Erfolgskritische Faktoren der koordinativen Ausgestaltung und Steuerung von Akteursbeziehungen: Analyse auf Basis einer integrativen Modellierung zentraler Perspektiven der Theorie der Unternehmung [1 ed.] 9783428540785, 9783428140787

Wie kann man in China erfolgreich sein, bzw. wie sollten Unternehmen ihre Wertschöpfung überhaupt erfolgreich organisier

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Erfolgskritische Faktoren der koordinativen Ausgestaltung und Steuerung von Akteursbeziehungen: Analyse auf Basis einer integrativen Modellierung zentraler Perspektiven der Theorie der Unternehmung [1 ed.]
 9783428540785, 9783428140787

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Duisburger Volkswirtschaftliche Schriften Band 45

Erfolgskritische Faktoren der koordinativen Ausgestaltung und Steuerung von Akteursbeziehungen Analyse auf Basis einer integrativen Modellierung zentraler Perspektiven der Theorie der Unternehmung

Von

Tobias Kulka

Duncker & Humblot · Berlin

TOBIAS KULKA

Erfolgskritische Faktoren der koordinativen Ausgestaltung und Steuerung von Akteursbeziehungen

Duisburger Volkswirtschaftliche Schriften

Herausgeber: Prof. Dr. Peter Anker (geschäftsführend) Prof. Dr. Christian Müller · Prof. Dr. Werner Pascha Prof. Dr. Marie Elina Paul · Prof. Dr. Joachim Prinz Prof. Dr. Tobias Seidel · Prof. Dr. Jens Südekum Prof. Dr. Markus Taube · Prof. Dr. Manfred Tietzel

Band 45

Erfolgskritische Faktoren der koordinativen Ausgestaltung und Steuerung von Akteursbeziehungen Analyse auf Basis einer integrativen Modellierung zentraler Perspektiven der Theorie der Unternehmung

Von

Tobias Kulka

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich für Betriebswirtschaft der Universität Duisburg-Essen hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0936-7020 ISBN 978-3-428-14078-7 (Print) ISBN 978-3-428-54078-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84078-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Motivationale Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beitrag zur theoretischen Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Konzeptionalisierung der Ausgestaltungsentscheidung anhand der Offshoring- und Outsourcingdimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mehrwertgenerierung und -aneignung als Vorteilhaftigkeitskriterien für die Auswahl von Ausgestaltungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mehrwertgenerierungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit des potentiellen Mehrwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 18 25 28 31 33 37

Teil 1 Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen in der Internationalisierungsliteratur

42

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Determinanten des eigentums- und standortspezifischen Vorteils . . . . . 46 1. Klassische Theorien internationalen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Klassische Theorien multinationaler Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 50 3. Transaktionskostentheoretisch fundierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4. Ressourcen- und wissensbasierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Akteursspezifität als mehrwertbestimmendes Ressourcencharakteristikum und Wissen als bedeutendste Ressourcenart . . 60 b) Interdependenz als mehrwertbestimmende Variable . . . . . . . . . . 66 c) Kognitive Distanz als mehrwertbestimmende Variable . . . . . . . . 73 d) Umweltunsicherheit als mehrwertbestimmende Variable . . . . . . 82 5. Dynamische Entwicklung vorteilbegründender Ressourcen . . . . . . . 85 II. Determinanten des Internalisierungsvorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Klassische Theorien internationalen Handels . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Klassische Theorien multinationaler Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 96 3. Transaktionskostentheoretisch fundierte Modelle . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Umweltunsicherheit und intentionale Unsicherheit als koordinationskostenbestimmende Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

6

Inhaltsverzeichnis b) Transaktionsspezifität als koordinationskostenbestimmende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Zusammenhang von Umweltunsicherheit, intentionaler Unsicherheit und Transaktionsspezifität zur Bestimmung der Koordinationskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Relative Effizienzunterschiede in Abhängigkeit des Internalisierungsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Einsatz einer dritten Partei zu Koordinationszwecken . . . . . 4. Ressourcen- und wissensbasierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Akteursspezifität als koordinationskostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interdependenz als koordinationskostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umweltunsicherheit als koordinationskostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kognitive Distanz als koordinationskostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Einsatz einer dritten Partei zu Koordinationszwecken . . . . . f) Relative Effizienzunterschiede in Abhängigkeit des Internalisierungsgrades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Dynamische Koordinationsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dynamische Veränderung der intentionalen Verhaltensunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Einfluss des Spezifitätsgrades auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Einfluss des Interdependenzgrades auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Einfluss der kognitiven Distanz auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Der Einfluss des Koordinationsmodus auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dynamische Veränderung der kognitiven Distanz . . . . . . . . . . . . aa) Der Einfluss des Akteursspezifitätsgrades auf die Möglichkeit einer Reduzierung der kognitiven Distanz . . . . bb) Der Einfluss des Koordinationsmodus auf die Möglichkeit einer Reduzierung der kognitiven Distanz . . . . . . . . . . . . . .

108

110 111 117 124 126 128 130 130 131 133 145 147 157 161 162 166 178 179 185

Inhaltsverzeichnis

7

Teil 2 Formale Darstellung und Analyse der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen C. Das transaktionskostentheoretisch fundierte Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Koordination als Maximierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Spezifikation des Produktionskostenterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Spezifikation des Governancekostenterms und Erweiterung um die Governanceform Hybrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Produktionskostenunterschiede aufgrund der Governanceformenwahl . V. Erweiterung um die Möglichkeit des Einsatzes spezifischer Anlagen zur Steigerung des Erlöses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Erweiterung des Modells um die Variablen intentionale Unsicherheit und Umweltunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Intentionale Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Umweltunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Kritische Würdigung des transaktionskostentheoretisch fundierten Grundmodells und daraus resultierende Erweiterungsmöglichkeiten . . D. Statische Modellerweiterung um exploitative Aspekte der ressourcenbasierten Perspektive unter besonderer Berücksichtigung von Wissen als Ressource . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Integrierte Betrachtung des Maximierungsproblems . . . . . . . . . . . . . . . II. Analyseeinheit und Spezifitätsbegriff im integrierten Modell . . . . . . . . III. Konkretisierung des Produktionskostenterms im integrierten Modell . 1. Ressourcenspezifität und -heterogenität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ressourcen- oder Aktivitäteninterdependenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Produktionskostenunterschiede aufgrund der Koordinationsformenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konkretisierung des Erlösterms und dessen Erweiterung um die Einflussvariable Umweltunsicherheit im integrierten Modell . . . . . V. Erweiterung des Koordinationskostenterms im integrierten Modell . . . 1. Veränderung der Governancekosten durch die Erweiterung um Spill-over-Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erweiterung des Koordinationskostenterms um opportunismusunabhängige Managementkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifische Ressourcen als managementkostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umweltunsicherheit als managementkostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interdependenz als managementkostendeterminierende Variable d) Kognitive Distanz als managementkostendeterminierende Variable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194

196 196 197 200 208 210 212 213 218 224

230 230 233 237 237 243 247 250 256 256 257 259 263 267 273

8

Inhaltsverzeichnis VI. Integrierte Betrachtung der Koordination von Akteursbeziehungen als Maximierungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 VII. Integrierte Betrachtung der Koordinationsseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 VIII. Kritische Würdigung des erweiterten statischen Modells und Begründung der Notwendigkeit einer Dynamisierung . . . . . . . . . . . . . . 288

E. Dynamische Modellerweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dynamische Modellerweiterung um exploitative Aspekte . . . . . . . . . . . 1. Intertemporale Veränderung des Produktionskostenterms . . . . . . . . . a) Intertemporaler Einfluss des Einsatzes spezifischer Ressourcen in der ersten Periode auf die Produktionskosten in der zweiten Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Intertemporaler Einfluss des Einsatzes spezifischer Ressourcen in der ersten Periode auf das Produktionskostenreduzierungspotential in der zweiten Periode . . . . . . . . . . c) Intertemporale Änderung der kognitiven Distanz . . . . . . . . . . . . d) Intertemporale Änderung des Interdependenzgrades . . . . . . . . . . e) Gemeinsame Betrachtung der diskutierten Effekte . . . . . . . . . . . 2. Intertemporale Veränderung des Erlösterms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Intertemporale Einflussmöglichkeiten anderer Variablen . . . . . . . . . 4. Intertemporale Veränderung der Koordinationskosten . . . . . . . . . . . a) Intertemporale Veränderung der die Koordinationskosten beeinflussenden Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit . . . . II. Dynamische Modellerweiterung um explorative Aspekte . . . . . . . . . . . 1. Einfluss explorativer Aspekte auf die Produktionskosten in der zweiten Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfluss explorativer Aspekte auf den Erlös in der zweiten Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfluss explorativer Aspekte auf die Koordinationskosten in der zweiten Periode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritische Würdigung der dynamischen Modellerweiterung . . . . . . . . .

295 296 298

298

300 302 307 311 312 316 317 320 323 329 333 340 342 347

F. Der Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 I. Governancefunktionen des Einsatzes einer dritten Partei . . . . . . . . . . . 356 II. Managementfunktionen des Einsatzes einer dritten Partei . . . . . . . . . . 366

Inhaltsverzeichnis

9

Teil 3 Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

370

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen . . . . . 370 I. Die Hypothesen und ihre Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 II. Zusammenfassung der aufgestellten Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 H. Fallstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Familienunternehmen HUDORA und dessen Entwicklung . . . . . . II. Die Evolution internationaler Aktivitäten HUDORAs . . . . . . . . . . . . . . 1. Indirekte und direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Direkte längerfristige Herstellerbeziehungen zum Einkauf individualisierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Diskussion der Herstellerbeziehungen in den einzelnen Entwicklungsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die erste Internationalisierungsphase HUDORAs: Indirekte und direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diskussion der beobachtbaren Variablenausprägungen und deren intertemporaler Veränderungen in Anlehnung an das Formalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überprüfung der aufgestellten Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die zweite Internationalisierungsphase HUDORAs: Direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte . . . . a) Diskussion der beobachtbaren Variablenausprägungen und deren intertemporaler Veränderungen in Anlehnung an das Formalmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Überprüfung der aufgestellten Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung der Hypothesendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

387 387 391 393 395 396

396

406 422 426

436 467 484

I. Abschließende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Determinanten des Mehrwertgenerierungspotentials und der Mehrwertaneignungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Abbildung 2:

Der Einfluss der kognitiven Distanz auf die Möglichkeit einen Mehrwert aus der Interaktion von Akteuren bei der Durchführung von Aktivitäten zu generieren . . . . . . . . . . . . . . 94

Abbildung 3:

Reduktion der kognitiven Distanz: der Unterschied zwischen einer Angleichung und einer Überbrückung der kognitiven Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191

Abbildung 4:

Optimale Ausbringungsmenge und optimaler Spezifitätsgrad im ideellen Vergleichsfall ohne Governancekosten mit variierendem Kostenreduzierungspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Abbildung 5:

Einfluss des Spezifitätsgrades eingesetzter Anlagen auf die Governancekosten der unterschiedlichen Governanceformen . . 203

Abbildung 6:

Optimale Ausbringungsmenge und optimaler Spezifitätsgrad in Abhängigkeit von der jeweiligen Governanceform. . . . . . . . . . 205

Abbildung 7a:

Einfluss der Fixkostenbestandteile der Governancekosten auf die Profite der einzelnen Governanceformen . . . . . . . . . . . . . . 207

Abbildung 7b:

Profite der einzelnen Governanceformen in Abhängigkeit der jeweiligen Fixkostenbestandteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Abbildung 8:

Einfluss des Einsatzes spezifischer Anlagen zur Erlössteigerung auf die optimale Ausbringungsmenge und den optimalen Spezifitätsgrad der unterschiedlichen Governanceformen. . . . . 212

Abbildung 9:

Einfluss einer Änderung der intentionalen Unsicherheit auf die Governancekostenverläufe der unterschiedlichen Governanceformen in Abhängigkeit vom Anlagenspezifitätsgrad . . . . . . . . 217

Abbildung 10:

Relative Unterschiede zwischen den einzelnen Governanceformen bei verschiedenen Koordinationsfunktionen . . . . . . . . . . . 223

Abbildung 11:

Einfluss der Umweltunsicherheit auf Governancekostenverläufe der unterschiedlichen Governanceformen . . . . . . . . . . . . . . . 224

Abbildung 12:

Einfluss der kognitiven Distanz auf das Mehrwertgenerierungspotential durch den Einsatz spezifischer Ressourcen bei der Durchführung unterschiedlicher Aktivitäten . . . . . . . . . . . . 240

Abbildungsverzeichnis

11

Abbildung 13:

Auswirkungen der Integration eines vormals unabhängigen Produzenten für den fokalen Akteur und andere Kunden . . . . 248

Abbildung 14:

Einfluss des Umweltunsicherheitsgrades auf die optimalen Ausbringungsmengen und Spezifitätswerte der einzelnen Koordinationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

Abbildung 15:

Auswirkungen einer Steigerung der Umweltunsicherheit auf die Profite der unterschiedlichen Governanceformen . . . . . . . . 255

Abbildung 16:

Einfluss der kognitiven Distanz auf die Managementkosten der unterschiedlichen Koordinationsformen in Abhängigkeit vom Spezifitäts- und Interdependenzgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

Abbildung 17:

Integrative Betrachtung der einzelnen Koordinationskostenarten der unterschiedlichen Koordinationsformen und ihrer Verläufe in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades eingesetzter Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

Abbildung 18:

Integrierte Betrachtung der einzelnen Koordinationskostenbestandteile und deren koordinationsformenabhängigen Verläufe in Abhängigkeit der kognitiven Distanz bei konstant hohem Spezifitätsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

Abbildung 19:

Auswirkungen einer Änderung der kognitiven Distanz und des Interdependenzgrades auf den optimalen Spezifitätsgrad vorhandener und neuer Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Abbildung 20:

Einfluss des Einsatzes einer dritten Partei auf die Governancekosten der unterschiedlichen Governancemodi in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

Abbildung 21a: Zusammenfassende Darstellung der den Spezifitäts- und Interdependenzgrad betreffenden Hypothesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Abbildung 21b: Zusammenfassende Darstellung der die Koordinationsform betreffenden Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 Abbildung 22a: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 1919 und 1982 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 Abbildung 22b: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 1987 und 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 390 Abbildung 22c: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 2005 und 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 Abbildung 23:

HUDORAs Chinageschäft unter Einbezug von Tradern . . . . . 399

Abbildung 24:

Die Etablierung direkter Herstellerbeziehungen in der VR China für den Bezug standardisierter Produkte . . . . . . . . . . . . . . . 400

12 Abbildung 25:

Abbildungsverzeichnis Herstellerbeziehung in der VR China für den Bezug individualisierter Produkte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430

Abbildung 26a: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung der den Spezifitätsund den Interdependenzgrad betreffenden Hypothesendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 Abbildung 26b: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung der die Koordinationsform betreffenden Hypothesendiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . 486

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abbildung

BDI

Bundesverband der Deutschen Industrie

BIP

Bruttoinlandsprodukt

bspw.

beispielsweise

bzw.

beziehungsweise

DDR

Deutsche Demokratische Republik

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

evtl.

eventuell

f.

folgende

FDI

Foreign Direct Investment

ff.

fortfolgende

FuE

Forschung und Entwicklung

ggf.

gegebenenfalls

HQ

Headquarters

Hrsg.

Herausgeber

i. d. R.

in der Regel

IfM

Institut für Mittelstandsforschung

IMF

International Monetary Fund

IMP

Industrial Marketing and Purchasing

i. S. v.

im Sinne von

JV

Joint Venture

Kap.

Kapitel

KMU

Kleine und mittelständische Unternehmen

Mio.

Millionen

MNC

Multinational Company

Mrd.

Milliarden

PRC

Peoples Republic of China

RBV

Ressource-based View

SOE

State-owned Enterprise

sog.

sogenannt

14

Abkürzungsverzeichnis

TCE

Transaction Cost Economics

u. a.

unter anderem

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development

US

United States

USA

United States of America

usw.

und so weiter

u. U.

unter Umständen

vgl.

vergleiche

VR

Volksrepublik

z. B.

zum Beispiel

z. T.

zum Teil

Variablenverzeichnis A

Spezifitätsgrad (vorhandener Wissenssets)

CCOO

Koordinationskosten

CGOV

Governancekosten

CMAN

Managementkosten

CPRO

Produktionskosten

CD

kognitive Distanz / kognitiver Distanzgrad

COO

Koordinationsform

FA

fokaler Akteur

G

variable Governancekosten

H

Produktionskostennachteil

h

hybride Koordination

I

intentionale Unsicherheit

i

hierarchische Koordination (Integration)

IN

neues integriertes Unternehmen

K

Kunde

M

variable Managementkosten

m

marktliche Koordination

N

neues implizites Wissensset

P

Produzent

R

Erlös

r

Zinssatz

t

Zeitperiode

U

Umweltunsicherheit

X

Menge eines Gutes

α

Produktionskostenreduzierungspotential

β

Koordinationsfixkosten

γ

Einsatzkosten einer Spezifitätseinheit

δ

Erlössteigerungspotential

η

Explorationskosten

π

Profit / Profitfunktion

16

Variablenverzeichnis

πX

partielle Ableitung der Profitfunktion nach der Menge

πA

partielle Ableitung der Profitfunktion nach dem Spezifitätsgrad

ΨC

relativer Kostenvorteil in Abhängigkeit der kognitiven Distanz CD

*

kennzeichnet die optimale Ausprägung einer Variablen



kennzeichnet die intertemporale Veränderung einer Variablen



kennzeichnet den Einsatz einer dritten Partei

A. Einleitung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Ausgestaltung von internationalen Austauschbeziehungen ökonomischer Akteure. Die Motivation, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, liegt in der Tatsache begründet, dass mittlerweile nicht mehr nur große multinationale Konzerne, sondern auch kleinere Unternehmen, angelockt von neuen Markterschließungs- und Kostenreduzierungspotentialen, international tätig werden und in zunehmendem Maße Aktivitäten in ausländischen Märkten aufnehmen oder dorthin verlagern. Auf der anderen Seite scheinen aber die hohen Erwartungen an eine solche Internationalisierung häufig nicht erfüllt zu werden, sodass ein nicht unwesentlicher Teil dieser Unternehmen ihre Internationalisierungsbestrebungen wieder aufgeben und Aktivitäten aus dem Ausland an ihren Heimatstandort rückverlagern. Diese beiden gegenläufigen Beobachtungen legen die Vermutung nahe, dass die Internationalisierung von Aktivitäten zwar signifikante Erfolgspotentiale für die jeweiligen Unternehmen offenbart, eine ausreichende Realisierung dieser Potentiale aber eine so große Herausforderung darstellt, dass einige Unternehmen an ihr scheitern. Es stellt sich also die zentrale Frage, warum einige Unternehmen im Ausland „scheitern“, während andere augenscheinlich in der Lage sind, dort erfolgreich zu agieren. Daher ist es das primäre Ziel der vorliegenden Arbeit, kritische Faktoren für eine erfolgreiche Internationalisierung von Unternehmen zu identifizieren. Zu diesem Zweck werden zunächst die dominanten Internationalisierungsansätze sowie deren Theoriefundamente analysiert, um relevante Argumente und Einflussfaktoren zu identifizieren (Teil 1). Diese werden dann innerhalb eines integrativen Modells formaltheoretisch konzeptionalisiert, um jeweils ihren Einfluss auf internationale Ausgestaltungsentscheidungen im Kontext der anderen Variablen und Erklärungen zu untersuchen (Teil 2). Dabei werden insbesondere mögliche Interaktionseffekte sowohl aus statischer wie aus dynamischer Sicht diskutiert. Die wesentlichen Ergebnisse dienen dann zur Bildung von Hypothesen bzw. werden anhand dieser „zusammengefasst“, um sie abschließend anhand von Fallstudienbeobachtungen bezüglich der Entwicklung der Internationalisierungsaktivitäten eines deutschen mittelständischen Familienunternehmens in der VR China auf ihre Relevanz hin zu überprüfen (Teil 3). Grob vereinfacht zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit, dass die Ressourcen oder Wissenssets, die von den beteiligten Akteuren eingesetzt

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werden können, sowie die kognitiven Positionen – also Wahrnehmungen und Ansichten – der Beteiligten und der Grad an Vertrauen im Zusammenspiel mit den gewählten Koordinationsmechanismen erfolgskritisch sind. Dabei sind die intertemporalen Veränderungen der kognitiven Positionen und des Vertrauensgrades von besonderer Bedeutung. Diese sind zudem durch die Entscheidungsträger differenziert beeinflussbar, da mit einzelnen Entscheidungsvariablen unterschiedliche – in Art und Stärke – dynamische Interaktionseffekte mit anderen Faktoren verbunden sind. Die Entscheidungsvariablen wirken dabei direkt und / oder indirekt auf die kognitiven Positionen und den Vertrauensgrad, wobei hier den etablierten Koordinationsmechanismen und den eingesetzten Wissenssets ein zentraler Stellenwert zukommt. Ein besonders interessantes Ergebnis der theoretischen Diskussion, dass sich mit den Fallstudienbeobachtungen deckt, ist, dass unterschiedliche Ausgestaltungskonfigurationen den Internationalisierungserfolg differenziert beeinflussen, je nach dem ob eine statische oder eine dynamische Perspektive gewählt wird und ob die Zielsetzung einen rein exploitativen Charakter hat oder aber auch explorative Absichten verfolgt werden sollen. Bevor in Teil 1 die ausführliche Diskussion der für die internationale Ausgestaltung von Aktivitäten relevanten theoretischen Ansätze erfolgt, wird in Kap. A. I. die praktische Relevanz der hier verfolgten Zielsetzung aufgezeigt und die geografische Einschränkung der empirischen Untersuchung begründet. In Kap. A. II. wird der Beitrag der vorliegenden Arbeit zur theoretischen Diskussion der Internationalisierung von Unternehmen kurz dargestellt. In Kap. A. III. erfolgt dann die theoretische Einordnung des Themas der vorliegenden Arbeit, um in Kap. A. IV. den verwendeten allgemeintheoretischen Bezugsrahmen, der die Arbeit grundsätzlich anleiten soll, vorzustellen.

I. Motivationale Grundlage Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren Auslandsaktivitäten für Unternehmen immer relevanter. So stieg bspw. der Export deutscher Unternehmen zwischen den Jahren 1990 und 2009 von $ 473 Mrd. auf $ 1.348 Mrd. und der Bestand an ausländischen Direktinvestitionen von $ 152 Mrd. um fast das Zehnfache auf $ 1.379 Mrd. an (UNCTAD 2010).1 Dabei war die Implementierung internationaler oder globaler Strategien in der Vergangenheit vornehmlich multinationalen Konzernen vorbehalten. Bedingt durch immer leistungsfähigere Infrastrukturen, Informations- und 1 Die hier sowie im Folgenden aufgeführten Werte und Prozentzahlen sind gerundet.

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Kommunikationstechnologien sowie die fortschreitende Globalisierung und insbesondere die damit verbundene Liberalisierung und Öffnung internationaler Märkte, ist es nunmehr auch kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zunehmend möglich, international tätig zu werden (Bassen / Behnam / Gilbert 2001; Kinkel / Lay / Maloca 2004; Kinkel / Maloca / Dachs 2010; Koller / Raithel / Wagner 1998). Dieselben Trends tragen gleichzeitig dazu bei, dass mit der Internationalisierung diverse Ziele teilweise simultan verfolgt und die Ausgestaltungsmöglichkeiten sowohl in räumlicher als auch in organisationaler Hinsicht zahlreicher und komplexer werden, da ein immer größerer Anteil an Unternehmensbereichen, Aktivitäten und sogar einzelne Elemente dieser geografisch und organisatorisch getrennt voneinander an unterschiedlichen Standorten grenzübergreifend durchgeführt werden können. So wuchs zwischen 1994 und 2004 die Anzahl an deutschen Unternehmen, die mindestens in einen Auslandsmarkt exportierten, um 20 %, während die Gesamtanzahl an deutschen Unternehmen lediglich um 6 % anstieg (IfM 2007, S. 40 f.). Von 2004 bis 2008 nahmen weitere 19.000 Unternehmen (netto) Exportaktivitäten auf, von denen KMU mit einem Jahresumsatz von weniger als € 50 Mio. mit 90 % den bei weitem größten Anteil ausmachten (IfM 2010). 2008 existierten damit insgesamt 361.000 deutsche Exportunternehmen, von denen 352.800 bzw. 98 % KMU waren. Dabei stellt der Export nur einen Teil des beobachtbaren grenzübergreifenden Aktivitätenspektrums dar. Zwischen 2003 und 2007 führten bspw. auch 3 % der deutschen KMU Auslandsinvestitionen durch, was ca. 100.000 Unternehmen entspricht (Reize / Lo 2008; Lo 2009, S. 4). Dabei war der Anteil von Betrieben mit 10 bis 49 Mitarbeitern fast doppelt und der größerer Mittelständler mit mehr als 50 Beschäftigten mit 14 % sogar fast fünfmal so hoch.2 Laut der Studie „MIND – Mittelstand in Deutschland“ (Gruner + Jahr / Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2005), S. 20 f.; IfM 2007, S. 85 f.) hatten 2004 bereits 28 % der befragten deutschen KMU grenzübergreifende Handelsbeziehungen, wobei der Anteil produzierender Unternehmen 33 % und des Handels sogar 52 % betrug. In der gleichen Studie gaben aber auch 36 % aller befragten Unternehmen an, in Zukunft (stärker) mit ausländischen Unternehmen kooperieren zu wollen (Gruner + Jahr / Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2005), S. 24). 17 % hatten demnach vor, (stärker) im Ausland zu investieren, und jeweils 21 % wollten Zweigstellen im Ausland eröffnen bzw. ihren Standort ins Ausland verlegen. 2 Dies liegt daran, dass der bei weitem größte Teil der KMU (ca. 90 % aller deutschen Unternehmen) aus Kleinstunternehmen besteht, die einem Jahresumsatz von weniger als € 2 Mio. erwirtschaften und weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen (Reize 2007, S. 29). Dass diese Unternehmen insgesamt eine wesentlich geringere Internationalisierungsneigung zeigen, liegt auf der Hand.

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Dass KMU auch tatsächlich diversifizierte und komplexe Ausgestaltungen wählen, zeigen die Ergebnisse des „BDI-Mittelstandspanels“ aus dem Jahr 2005 (Kayser / Wallau / Adenauer 2005; IfM 2007, S. 109 f.). Demnach engagierten sich 69 % des deutschen industriellen Mittelstandes bzw. 71.891 Betriebe im Ausland. Dabei exportierte zwar mit 68.064 Unternehmen der bei weitem größte Anteil ins Ausland, jedoch nutzen nur etwas mehr als die Hälfte (39.977) ausschließlich diese Form der Internationalisierung. Von allen exportierenden Unternehmen unterhielten fast 30 % (19.840) darüber hinaus grenzübergreifende Kooperationsbeziehungen und immerhin knapp über 5 % (3.482) tätigten zusätzlich Direktinvestitionen im Ausland. Immerhin 7 % (4.765) nutzen sogar alle drei abgefragten Internationalisierungsformen – Export, Kooperationen und Direktinvestitionen – gleichzeitig.3 Insgesamt verfolgten damit bereits etwas weniger als die Hälfte der auslandsaktiven mittelständischen Industrieunternehmen eine multiple Internationalisierungsstrategie durch die Nutzung mehrerer Koordinationsmodi. Innerhalb des „BDI-Mittelstandspanels“ aus dem Jahre 2010 wurden noch weitere Internationalisierungsformen abgefragt, wodurch sich das Bild der Internationalisierung von KMU noch differenzierter darstellt (Brink / Wallau 2010, S. 25). 60 % der 1.196 an der Befragung teilnehmenden Unternehmen gaben an, Geschäftsbeziehungen mit dem Ausland zu unterhalten, wobei diese Beziehungen unterschiedlich ausgestaltet waren. So exportierten 85 % der Betriebe mit Auslandsaktivitäten eigene Produkte, 30 % vergaben Lohnfertigungs- und Veredlungsaufträge, 29 % unterhielten Kooperationen, 18 % eigene Service- und Vertriebsgesellschaften und 15 % eigene Produktionsstätten. 12 % der Unternehmen engagierten sich mit Kapitalbeteiligungen / Joint Ventures und 6 % vergaben Lizenzen oder schlossen Franchiseverträge. Eine Gesamtbetrachtung legt dabei nahe – Mehrfachnennungen waren offensichtlich möglich –, dass sehr viele der international tätigen KMU gleichzeitig unterschiedliche Beziehungsformen unterhielten. Dabei scheinen die Unternehmen mit der Internationalisierung auch diverse Ziele häufig simultan zu verfolgen. So gaben in der gleichen Studie 71 % der Unternehmen an, mit ihrem Auslandsengagement Absatzmärkte erschließen oder ausbauen zu wollen. 50 % reagierten damit auf die Wünsche ihrer Kunden (Nähe zum Kunden) und 36 % wurden durch niedrigere Lohn- und Gehaltskosten am Auslandsstandort motiviert.4 Dies legt zum einen nahe, dass Markterschließungs- und Kostenreduzierungspotentiale die 3 Außerdem engagieren sich 1.332 Unternehmen ausschließlich mit Direktinvestitionen, 2.398 lediglich mit Kooperationen im Ausland. 97 Betriebe kombinieren Direktinvestitionen und Kooperationen. 4 Daneben gaben 18 % persönliche Beweggründe oder zufällige Kontakte, 15 % niedrigere Steuern, Zölle und Abgaben, 15 % weniger Bürokratie oder Regulierung, 5 % höhere Produktivität und 2 % besseres FuE-Know-how im Ausland an.

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dominanten Motive für eine Internationalisierung waren, und zum anderen, dass die Unternehmen zumindest zu großen Teilen (gleichzeitig) multiple Ziele mit ihrem Auslandsengagement verfolgen.5 Bezüglich des geografischen Bezugsrahmens der vorliegenden Arbeit – die ausgewählte Fallstudie bezieht sich auf die Internationalisierungsentwicklung eines deutschen Familienunternehmens auf dem chinesischen Markt – ist zunächst herauszustellen, dass das vorrangige Motiv dieser Wahl in einer Eingrenzung des Untersuchungsrahmens auf „einen“ Auslandsmarkt zu sehen ist. Das Ziel ist es hier schließlich, allgemeingültige und nicht länderspezifische Aussagen über die Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen herauszuarbeiten. Grundsätzlich hätte also auch ein anderer Auslandsmarkt betrachtet werden können. Die Auswahl der VR China kann aber aus folgenden Gründen dennoch als besonders geeignet angesehen werden: An erster Stelle ist hier sicherlich die herausragende und weiterhin anwachsende weltweite Bedeutung der chinesischen Volkswirtschaft sowohl als Absatzmarkt als auch als Produktionsstandort für international agierende Unternehmungen zu nennen. Die VR China durchlief in den vergangenen 30 Jahren einen ökonomischen Entwicklungs- und Wachstumsprozess, der in puncto Dauer und Dynamik historisch einzigartig ist (Taube 2009, S. 111 f.). So stieg zwischen 1985 und 2010 bspw. das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Jahr im Schnitt um mehr als 10 %, das BIP pro Kopf vervierzehnfachte sich und der Anteil an der weltweiten Leistungserstellung gemessen in Kaufkraftparitäten stieg von ca. 3 % auf 13 %, was die VR China hinter den USA zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde macht (IMF 2011). Allein diese Daten scheinen die Vorstellungen oder Träume vieler ausländischer Unternehmen zu bestätigen, die James McGregor (Moody 2010; siehe auch McGregor 2005) anschaulich wie folgt beschreibt: „Foreigners have always had the dream of the China market, the hundreds of millions, if not a billion, customers. […] There is no market like China in the world. It is a continental-sized market that has another billion people to reach the middle class. If you develop a product here and could scale it up enough, you can be a global winner“.

Dass viele ausländische Unternehmen bereits versuchen, diesen Traum in die Tat umzusetzen, lässt sich allein an den immensen Zuströmen ausländischer Direktinvestitionen in den letzten zwei Jahrzehnten ablesen. Während im Jahre 1996 erstmals über $ 40 Mrd. an ausländischen Direktinvestitionen nach China flossen, kletterte dieser Zustrom in den Folgejahren kontinuier5 Zu vergleichbaren Ergebnissen bezüglich der Internationalisierungsmotive kommt auch die Studie „Globalisierung des Mittelstandes“ von der KfW Bankengruppe bezüglich ausländischer Direktinvestitionen deutscher KMU (Brenken 2006, S. 28).

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lich bis auf über $ 100 Mrd. in 2008 an (UNCTAD 2010). China absorbierte damit über 15 % aller weltweiten Direktinvestitionen und war das zweitgrößte Empfängerland nach den USA. Die VR China scheint dabei als Zielland für Direktinvestitionen auch für deutsche KMU von signifikanter Bedeutung zu sein. So flossen zwischen 2003 und 2007 22 % aller Auslandsinvestitionen deutscher KMU in die VR China, die damit das mit Abstand größte Empfängerland außerhalb der EU war (Lo 2009, S. 6 f.).6 Die Anziehungskraft Chinas für ausländische Unternehmen ist aber nicht allein in einzigartigen potentiellen Absatzmöglichkeiten begründet. Vor allem aufgrund der signifikanten Lohnkostenvorteile gegenüber den etablierten Industriestaaten ist China zudem als Produktionsstandort und Sourcingquelle von herausragender Bedeutung und wird daher als „Werkbank der Welt“ bezeichnet. Bspw. verachtfachten sich die Exporte aus der VR China von 1994 auf ein Volumen von mehr als $ 1.000 Mrd. im Jahre 2006, um bis 2008 auf fast $ 1.600 Mrd. weiter anzusteigen (UNCTAD 2010). Dementsprechend sind auch längst nicht alle oben angesprochenen ausländischen Direktinvestitionen mit einem Absatzmotiv verknüpft. Vielmehr investiert eine große Anzahl von Unternehmen in Produktionsanlagen, um von niedrigen Produktions- sowie insbesondere Lohnkosten zu profitieren und die hergestellten Produkte direkt wieder zu exportieren. So wuchs bspw. der Anteil an den Gesamtexporten der VR China, der von Unternehmen mit ausländischer Kapitalbeteiligung (foreign invested enterprises) bestritten wurde, von ca. 30 % im Jahr 1994 auf knapp 60 % in 2006, was angesichts der konstatierten Vervierfachung der Gesamtexporte im gleichen Zeitraum umso fulminanter wirkt (Bottelier / Fosler 2007, S. 18). Ein großer Anteil der Exporte – 2006 waren es 55 % – besteht dabei auch aus Leistungen, die nicht direkt an den Endkonsumenten verkauft werden, sondern als Vorprodukte in den Leistungserstellungsprozess von Unternehmen an anderen Standorten einfließen. Es sind aber natürlich längst nicht alle aus China importierenden ausländischen Unternehmen mit eigenem Kapital an der Produktion beteiligt. Viele Unternehmen beziehen ihre Güter oder Vorleistungen von eigenständigen chinesischen Produzenten (Nassimbeni / Sator 2007; Hemerling / Lee 2007). Die VR China stellt dabei auch für deutsche KMU einen bedeutenden Sourcingstandort bzw. laut einer Studie der Einkaufsberatung Inverto AG aus dem Jahre 2009 den mit Abstand wichtigsten asiatischen Beschaffungsmarkt dar (Inverto 2009). So gingen denn auch 72 % der befragten KMU von einem weiteren Anstieg des Einkaufsvolumens aus China aus. 6

Im gleichen Zeitraum flossen 56 % in „alten“ EU-Länder (EU-15).

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Der Fokus der vorliegenden Arbeit auf die VR China ist neben der dargestellten ökonomischen Bedeutung aber auch darin begründet, dass der chinesische Markt als kompliziert angesehen werden kann und selbst global erfolgreiche Konzerne scheitern oder zumindest mit signifikanten Schwierigkeiten zu kämpfen haben (Chen / Vishwanath 2005; Hemerling / Lee 2007; Hollmann 2011; Tang / Reisch 1995). Dietz und Harnischfeger-Ksoll (1998, S. 2) stellen diesbezüglich fest, dass es keine „Garantien für den Erfolg […] in China […] gibt […]. Extreme Schwierigkeiten und Risiken sind vertraute Schlagworte aus der Diskussion um den chinesischen Markt. Kultur, Sprache und schwer durchschaubare Verhandlungsgepflogenheiten erscheinen als hohe Hürden, die vielschichtige chinesische Bürokratie, mangelnde Rechtssicherheit sowie die Notwendigkeit von Geduld und Ausdauer bergen oft schwer kalkulierbare Risiken für Businesspläne.“

So scheint der Traum vieler Unternehmen von nahezu unbegrenzten Absatzmöglichkeiten und / oder Kostenreduzierungspotentialen sich nicht realisiert zu haben oder gar zu einem Albtraum geworden zu sein (Dickinson 2007; Sieren 2008; Wollenschläger / Reinhold 2010). Mit anderen Worten: Dass das Risiko wirtschaftlich größer sei, nicht in China dabei zu sein, als das, dabei zu sein, wie der ehemalige Vorsitzende der Siemens AG Heinrich von Pierer in einem Interview konstatierte (Deutsche Welle 2004), ist wohl nicht für alle Unternehmen und vor allem nicht für alle kleinen und mittelständischen zutreffend. In jedem Fall aber stellt der chinesische Markt eine große Herausforderung für dort tätige ausländische Unternehmen und damit auch für deutsche KMU dar (Böhn / Bosch / Haas / et al. 2003; Bund / Fischermann / Sieren 2010; Hemerling / Lee 2007; Inverto 2009). Untermauert wird diese These durch die Ergebnisse der Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung, in der die Entwicklungen und Treiber von Produktionsverlagerungs- und Rückverlagerungsaktivitäten deutscher verarbeitender Unternehmen untersucht wurden (Kinkel / Maloca 2009).7 Dort konnte die VR China im Jahr 2009 nach den „neuen EU-Ländern“ (40 %) als attraktivste „Verlagerungsregion“ – 27 % aller Verlagerungsaktivitäten und damit 8 % mehr als noch 2006 hatten China zum Ziel – noch vor den „alten EU-Staaten“ (10 %), dem „sonstigen Osteuropa“ (12 %) und Nordamerika (9 %) gleichermaßen für große Betriebe und KMU identifiziert werden (Kinkel / Maloca 2009, S. 9 f.). Schon allein aufgrund der großen geografischen und kulturellen Distanz scheint dies gerade im Hinblick auf die KMU bemerkenswert. Auf der anderen Seite ist die VR China aber auch das Land, aus dem mit 16 % die zweitmeisten Rückverlagerungen erfolgen, von denen ein Großteil auf KMU entfällt. 7 Von den knapp 1500 teilnehmenden Unternehmen können 96 % als KMU charakterisiert werden.

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Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die VR China tatsächlich eine hohe Anziehungskraft auf deutsche Unternehmen ausstrahlt, jedoch mehr als jedes zweite Unternehmen die mit dem chinesischen Standort verknüpften Erwartungen und Ziele nicht oder nur unzureichend realisieren kann. Dies ergibt sich auch aus einer vergleichenden Betrachtung der allgemeinen Motive für die Verlagerung und Rückverlagerung von Produktionsaktivitäten.8 Bei der Entscheidung, Aktivitäten ins Ausland zu verlagern, dominierten Kostenreduktions- und Markterschließungsziele klar. Bspw. wollten 77 % der verlagernden Unternehmen nach eigenen Abgaben Personalkosten und 15 % Transport- und Logistikkosten einsparen.9 Die angegebenen Motive für eine Rückverlagerung deuten nun darauf hin, dass hier der maßgebliche Grund eine nicht oder unzureichende Realisierung der genannten Verlagerungsziele ist. So gaben fast 70 % der rückverlagernden Betriebe Qualitätsprobleme als Begründung an für die die unterschätzte Zeitdauer für die Sicherstellung der angestrebten Produkt- und Prozessqualität an Standorten mit fremder Kultur und Sprache sowie die daraus resultierenden Aufwendungen für die interne Qualitätssicherung die Auslöser sind (Kinkel / Malcoa 2009, S. 7 f.). Mehr als 30 % gaben ihre Produktionsaktivitäten im Ausland auf, da die dortigen Personalkosten unvorteilhaft (geworden) waren, 32 % nannten zu hohe Transport- und Logistikkosten und immerhin 20 % unterschätzen nach eigenen Angaben den Koordinations- und Kontrollaufwand. Insgesamt deuten die obigen Ausführungen darauf hin, dass die VR China für ausländische Unternehmen auf der einen Seite eine starke Anziehungskraft ausübt und entsprechende Internationalisierungsaktivitäten große Erfolgspotentiale bergen. Auf der anderen Seite scheint eine Realisierung dieser Potentiale äußerst anspruchsvoll und gerade für KMU eine sehr und zum Teil zu große Herausforderung darzustellen. Zusammenfassend kann hier damit zunächst festgehalten werden, dass die oben dargestellten Daten und Fakten den Bezugsrahmen und das Untersuchungsziel der vorliegenden Arbeit hinreichend begründen. Die Internationalisierung von Unternehmensaktivitäten auch von deutschen KMU weist gegenwärtig eine hohe Relevanz auf, wobei die VR China in diesem Zusammenhang eine der – auch in Zukunft – bedeutendsten Regionen ist. Die Entscheidungsträger scheinen hier große Chancen und Potentiale zu sehen, 8 Hier muss relativierend angemerkt werden, dass diese Motive innerhalb der Studie nicht länderspezifisch aufgeschlüsselt werden. 9 Des Weiteren wurden von 12 % die Verlagerungen mit dem Themenkomplex „Steuern, Abgaben und Subventionen“ begründet; 29 % gaben an, sich in Nähe ihrer Schlüsselkunden ansiedeln zu wollen, und 28 % verfolgten Markterschließungsabsichten.

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den ökonomischen Erfolg ihrer Unternehmen zu sichern und / oder noch zu steigern. Eine hinreichende Realisierung dessen ist aber offensichtlich äußerst schwierig und stellt eine große Herausforderung an das Management dar. Die hier verfolgte Zielsetzung, kritischen Faktoren für eine erfolgreiche Internationalisierung zu identifizieren, sollte daher von großem Interesse sein. Da die Diskussion solcher Erfolgsfaktoren als das zentrale Thema im Bereich des internationalen Managements angesehen werden kann, existiert eine Vielzahl an Publikationen aus diversen ökonomischen Theorieperspektiven, die sich diesbezüglichen Fragestellungen widmen. Damit stellt sich die Frage, welchen theoretischen Beitrag die vorliegende Arbeit zu dieser Diskussion leisten kann.

II. Beitrag zur theoretischen Diskussion Wie innerhalb der Literaturdiskussion in Kap. B. noch herausgestellt wird, existiert bis heute keine einheitliche und umfassende Internationalisierungstheorie. Vielmehr lassen sich in der Literatur unterschiedliche Ansätze identifizieren, die sich der Internationalisierung von Unternehmen widmen und meist auf allgemeineren ökonomischen Theoriefundamenten basieren. So bediente sich bspw. Hymer (1960), der sich als einer der ersten Autoren dem Phänomen ausländischer Direktinvestitionen von multinationalen Unternehmungen widmete, vornehmlich einer industrieökonomisch motivierten Argumentation, indem er die dortigen allgemeintheoretischen Erkenntnisse bezüglich der Ursachen für ein Versagen des Marktmechanismus in einen Internationalisierungskontext „übertrug“. Diese „Theorie“ multinationaler Unternehmen wurde in den Folgejahren sukzessive modifiziert und erweitert, wobei sich insbesondere die Transaktionskostentheorie sowie der ressourcenbasierte Ansatz und seine Fortentwicklungen – die hier zusammen als wissensbasierte Perspektive bezeichnet werden – im Zeitverlauf als die dominanten Theoriefundamente herauskristallisierten. Diese beiden Perspektiven werden häufig als konfliktäre Alternativen angesehen, um die grenzübergreifende Ausgestaltung von Unternehmensaktivitäten zu analysieren. In jüngster Zeit versuchen jedoch auch einige Autoren diese Sichtweisen zu vereinen, indem sie innerhalb dieser Schwachstellen bzw. Erklärungslücken identifizieren und aufzeigen, dass sich diese durch den Einbezug von Argumenten aus der jeweils anderen Perspektive schließen lassen (bspw. Jacobides / Winter 2005; Nooteboom 2004a). Diese Arbeiten weisen jedoch keinen Internationalisierungsbezug auf. In diesem Zusammenhang ist der Beitrag der vorliegenden Arbeit zu sehen. Hier werden die einzelnen Argumente der Transaktionskostentheorie

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und der wissensbasierten Perspektive in einen einheitlichen Ansatz überführt, um so die Internationalisierung von Unternehmen zu erklären bzw. kritische Faktoren bei dieser zu identifizieren. Dieses Vorgehen ist jedoch an sich nicht neu. So stellte bspw. bereits Dunning (1977; 1980; 1981; 1988; 1999; 2000) mit seinem bekannten eklektischen Paradigma eine Art Metarahmen bereit, innerhalb dessen Argumente unterschiedlicher Theoriefundamente gemeinsam betrachtet werden können. Bei diesem sowie vergleichbaren Beiträgen handelt es sich aber um einen qualitativen Ansatz, der einen heuristischen Charakter hat. Daher stehen dort die einzelnen Argumente eher nebeneinander, was zur Folge hat, dass potentielle statische und insbesondere dynamische Interaktionseffekte zwischen den einzelnen Theorieperspektiven nicht beachtet werden können oder zumindest undeutlich bleiben (Zenger / Argyres 2008). Des Weiteren findet innerhalb solcher Ansätze die Möglichkeit der Exploration bzw. Entwicklung neuer Fähigkeiten oder Vorteile durch und bei dem Internationalisierungsprozess eines Unternehmens kaum Beachtung (Pitelis / Teece 2010). Durch die formaltheoretische Modellierung in Teil 2 dieser Arbeit lassen sich anhand des dortigen neoklassisch inspirierten Gleichungssystems die wesentlichen Argumentationslinien der Transaktionskostentheorie und der wissensbasierten Perspektive integrieren und so in Bezug zueinander setzen, dass statische und dynamische Interaktionseffekte klar ersichtlich und quantifizierbar werden. Dazu trägt auch die vorgenommene Integration explorativer Aspekte bei, durch die dynamische Wechselwirkungen mit exploitativen Aspekten herausgestellt werden können. Der resultierende wesentliche Erkenntnisgewinn ist, dass die Transaktionskostentheorie und die wissensbasierte Perspektive unter Einbezug dynamischer exploitativer und explorativer Aspekte so in Verbindung zueinander stehen, dass sie gemeinsam eine umfassendere Erklärung für internationale Ausgestaltungsentscheidungen ermöglichen, als dies bis dato existierende Ansätze vermögen. So kann z. B. gezeigt werden, dass verschiedene Ausgestaltungsoptionen unterschiedlich starke intertemporale und erfolgskritische Effekte bewirken und sich dadurch in ihrer relativen Vorteilhaftigkeit unterschieden, je nachdem welche Bedeutung der Entscheidungsträger explorativen Aspekten im Vergleich zu exploitativen beimisst. In diesem Zusammenhang ist auch der weitere zentrale und konkretere Beitrag der vorliegenden Arbeit zur theoretischen Diskussion kritischer Erfolgsfaktoren bei der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen zu sehen. Der diesbezügliche Erkenntnisgewinn aus der beschriebenen integrativen Konzeptionalisierung ist in vollem Umfang nämlich erst durch den Einbezug des eher neuropsychologisch fundierten Konzeptes der kognitiven

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Distanz (Nooteboom 2009) sowie der auf vornehmlich sozioökonomischen Argumenten basierenden Möglichkeit des Aufbaus von Vertrauen möglich. Vielleicht weil diese beiden Aspekte nicht zu den Kernbereichen der dominanten Theorieperspektiven zählen, wird ihnen in der Internationalisierungsliteratur kaum oder gar keine Beachtung geschenkt. In Teil 2 wird jedoch gezeigt werden, dass insbesondere intertemporale Veränderungen der kognitiven Distanz sowie der intentionalen Unsicherheit bzw. des Vertrauensgrades zentrale erfolgskritische Parameter bei der Internationalisierung sind. Vertrauen ist zwar Gegenstand einiger Beiträge innerhalb der Internationalisierungsforschung, die aber auf einige (wenige) Aspekte der Ausgestaltung fokussieren. Der Aufbau von Vertrauen scheint jedoch kein integrativer Bestandteil von Ansätzen zu sein, die sich auf die beiden oben angesprochenen dominanten Theoriefundamente beziehen und Ausgestaltungsentscheidungen umfassender diskutieren. So wird die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus meist dazu genutzt, eine ausschließlich transaktionskostentheoretisch fundierte Argumentation zu kritisieren und aufzuzeigen, wie sich diese durch den Einbezug von Vertrauen verändern kann. Argumente aus und mögliche Interaktionseffekte mit der wissensbasierten Perspektive werden jedoch nicht mit einbezogen. Anhand des vorliegenden formalen Modells kann hier nun gezeigt werden, dass die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus differenziert durch Parameter beeinflusst wird, die auf der Transaktionskostentheorie und der wissensbasierten Perspektive basieren und den Internationalisierungserfolg kritisch beeinflussen können. Es konnte hingegen überhaupt kein Beitrag mit Internationalisierungsbezug identifiziert werden, der die kognitive Distanz zwischen Akteuren thematisierte. Eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit kommt dem Konzept der psychischen Distanz zu, das sich auch auf kognitive Wahrnehmungsund Interpretationsunterschiede bezieht (Johanson / Vahlne 1977). Wie in Kap. B. I. 4. c) noch gezeigt werden wird, handelt es sich dabei jedoch um einen kollektiv begründeten Einflussparameter, der im Gegensatz zur kognitiven Distanz eher auf nationalstaatlicher Ebene denn auf einer individuellen verankert ist. Ein entscheidender Unterschied ist zudem, dass die psychische Distanz zwischen einem Unternehmen und dem ausländischen Zielmarkt als ausschließlich negativ auf den Internationalisierungserfolg wirkend konzipiert wird. Je größer diese Distanz ist, umso schwieriger ist die Internationalisierung; Wahrnehmungs- und Interpretationsunterschiede werden also nur als problematisch angesehen. Die vorliegende Arbeit zeigt nun zunächst, dass die kognitive Distanz und insbesondere ihre intertemporale Veränderung aus einer integrierten dynamischen Perspektive ganz entscheidende Einflussparameter auf den Internatio-

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nalisierungserfolg sind. So wird zum einen die Vorteilhaftigkeit der Ausprägungen verschiedener Variablen, die unterschiedlichen Theorieperspektiven zuzuordnen sind, maßgeblich durch den kognitiven Distanzgrad determiniert. Zum anderen kann dessen intertemporale Veränderung differenziert durch bestimmte Entscheidungsvariablen beeinflusst werden. Dabei ermöglicht dieses Konzept im Vergleich zur psychischen Distanz eine robustere und differenzierte Betrachtung von Wahrnehmungs- und Interpretationsunterschieden, deren Auswirkungen bei der Internationalisierung sowie des intertemporalen Einflusses von Ausgestaltungsentscheidungen auf eine Veränderung dieser Unterschiede. Außerdem wird herausgestellt werden, dass durch den Einbezug von Explorationsmöglichkeiten solche Wahrnehmungs- und Interpretationsdifferenzen auf der einen Seite zwar problematisch sind, auf der anderen jedoch auch positive Auswirkungen auf den Internationalisierungserfolg haben können, was aus Arbeiten, die sich auf die psychische Distanz beziehen, nicht hervorgeht. Zusammenfassend liegt also der Beitrag der vorliegenden Arbeit zur theoretischen Diskussion in der Ausarbeitung einer statische und dynamische Aspekte integrierenden Betrachtung der Internationalisierung von Unternehmen, bei der die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus sowie die kognitive Distanz zwischen involvierten Akteuren und deren intertemporale Veränderung einen zentralen Stellenwert einnehmen. Dadurch werden eine umfassendere Identifikation und Analyse kritischer Erfolgsfaktoren ermöglicht.

III. Konzeptionalisierung der Ausgestaltungsentscheidung anhand der Offshoring- und Outsourcingdimensionen Die diversen theoretischen Ansätze, die sich mit der Internationalisierung von Aktivitäten durch ökonomische Akteure beschäftigen, vereint die Suche nach Antworten auf zwei verknüpfte zentrale Fragenkomplexe, die in der Literatur neueren Datums häufig unter den Schlagworten „Offshoring“ und „Outsourcing“ diskutiert werden (Aron / Singh 2005; Aron / Clemons / Reddi 2005; Bhagwati / Panagariya / Srinivasan 2004; Blinder 2006; Carmel / Tjia 2005; Farrell 2005; Grossman / Rossi-Hansberg 2006; Helpman 2006; Levy / Murnane 2004; Mankiw / Swagel 2006; Markusen / Deardorff / Irwin 2005; Olsen 2006; Robinson / Kalakota / Sharma 2005; Samuelson 2004; Schurch 2009; Sturgeon 2002). Während unter Offshoring die Verlagerung von Unternehmensaktivitäten ins Ausland verstanden wird, bezieht sich der Begriff Outsourcing auf die Auslagerung von Unternehmensaktivitäten an einen externen Akteur. Beide Begriffe beziehen sich auf jeweils eine grundsätzliche Ausgestaltungs- bzw. Organisationsdimension für ökonomische Aktivitäten und begründen somit

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ein interdependentes Entscheidungs- bzw. Problemfeld für Akteure: Es muss nämlich entschieden werden, wo – also an welchem Standort – eine bestimmte Aktivität ausgeführt werden sollte und wie diese Aktivität koordiniert bzw. durch wen sie durchgeführt werden soll. Daraus ergeben sich vier grundsätzliche Handlungsoptionen: Ein Unternehmen kann eine bestimmte Aktivität (1) im Heimatmarkt eigenständig durchführen oder (2) von einem externen Akteur „ausführen lassen“. Alternativ besteht die Möglichkeit, die fragliche Aktivität (3) selbst in ausländischen Märkten durchzuführen oder aber sie dort (4) durch einen externen Akteur durchführen zu lassen. Diese Konzeptionalisierung legt nahe, dass es sich bezüglich beider Dimensionen um binominale Entscheidungsalternativen handelt: Entweder wird eine Aktivität im In- oder aber im Ausland sowie entweder vom fokalen Akteur selbst oder aber von einem externen Akteur durchgeführt. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch die Auffassung vertreten, dass beide Dimensionen eher ein Kontinuum an Möglichkeiten darstellen und die angesprochenen binominalen Alternativen jeweils die beiden Extrempunkte oder -werte sind. Bezüglich der Outsourcingdimension wird dies bspw. in der Literatur zur Theorie der Unternehmung und dabei insbesondere in Arbeiten deutlich, die sich auf Unternehmenskooperationen und -allianzen beziehen (Alchian / Demsetz 1972; Antonelli 2005a; Arrow 1985; Barney 1996; 1999; Conner / Prahalad 1996; Das / Teng 1998; 2000; 2002; Demsetz 1988; Doz / Hamel 1998; Foss 1993; Foss / Knudsen 1996; Grant / Baden-Fuller 2004; Grant 1996; Gulati / Singh 1998; Gulati 1999; Hamel 1991; Heiman / Nickerson 2002; Kanter 1994; Klein / Crawford / Alchian 1978; Kogut / Zander 1992, 1996; Langlois / Robertson 1995; Langlois / Foss 1999; Larsson / Bengtsson / Henriksson / et al. 1998; Lui / Ngo 2004; Madhok 1996; 2000; 2002; Ménard 2009; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 1999a, 2009; Parkhe 1993b; Richardson 1972; Rumelt 1984; Sallusti 2008b; Schilling / Steensma 2002; Wernerfelt 1984; White / Lui 2005; White 2005; Williamson 1975; 1985; 1991; 1995; 1996b; 2008; Williamson / Winter 1993; Zenger / Argyres 2008; Zollo / Reuer / Singh 2002). Dort erfolgt die Konzeptionalisierung der Ausgestaltungsalternativen auf kontinuierlicher Basis anhand des Internalisierungs- oder Integrationsgrades der betrachteten Aktivitäten, der letztendlich die strukturellen Eigenschaften der Koordinationsform beschreibt. Diesbezüglich ist hier anzumerken, dass in der Literatur zwei wesentliche Koordinationsaspekte in Verbindung mit dem Internalisierungsgrad unterschieden werden: Auf der einen Seite stellen vor allem transaktionskostentheoretisch und industrieökonomisch fundierte Arbeiten auf die Einflussnahmemöglichkeiten des fokalen Akteurs auf die Leistungserstellung sowie deren Ergebnis bzw. Ergebnisaneignung ab, die hier letztendlich durch den Grad an Entscheidungsautonomie oder Verhandlungsmacht der beteiligten

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Akteure determiniert werden (Anderson / Gatignon 1986; Grossman / Helpman / Szeidl 2005; Grossman / Hart 1986; Hennart 1991; Klein / Crawford / Alchian 1978; Oxley 1997; Parkhe 1993b; Porter 1981; 1998c; Rugman 1986; Sturgeon 2002; Teece 1985; Tirole 1988; Walker / Weber 1984; Williamson 1981; 1985; 1991; 2008). Arbeiten aus Ressourcen- und Wissensperspektive fokussieren hingegen eher auf die Befähigungen der Akteure, den Leistungserstellungsprozess und dessen Ergebnis zu beeinflussen, wobei sich diese sich aus dem Zusammenspiel der Informations- und Wissensanforderungen und den entsprechenden Ausstattungen der Akteure in Bezug auf die jeweiligen Aktivitäten ergibt (Antonelli 2005a; 2006; Barney 1996; 1999; Grant / Baden-Fuller 2004; Gulati / Singh 1998; Kogut / Zander 1996; Langlois / Robertson 1995; Langlois / Foss 1999; Madhok / Tallman 1998; Mesquita / Brush 2008; Nooteboom 1999a; 2004a; Richardson 1972; Rumelt 1984; White / Lui 2005). Anders formuliert, bezieht sich der Internalisierungsgrad auf die informations- und entscheidungsstrukturellen Aspekte der Koordination von Aktivitäten (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Gulati / Singh 1998; Heiman / Nickerson 2002; Mesquita / Brush 2008; Nooteboom 2009) bzw. die Kontroll- und Koordinationsanforderungen sowie die diesbezüglichen Möglichkeiten und Fähigkeiten des fokalen Unternehmens (Chen 2004; 2008; Dunning / Lundan 2008a; 2008b; 2010).10 Dass auch die Offshoringdimension ein Kontinuum an Ausgestaltungsalternativen beschreiben soll, ist hingegen nicht ganz so offensichtlich. Diesbezüglich scheinen zunächst nur die klar voneinander abgegrenzten binominalen Alternativen zu existieren, Aktivitäten im In- oder aber im Ausland durchzuführen. Bei genauerer Betrachtung scheint dies der Problematik jedoch nicht hinreichend gerecht zu werden: Erstens würde so die räumliche Distanz zwischen In- und dem jeweiligen Ausland irrelevant. Es würde dann bspw. keinen Unterschied machen, ob eine Aktivität aus Deutschland in die Schweiz oder aber nach China verlagert würde, was unrealistisch scheint. Folglich könnte die Offshoringdimension als kontinuierliches räumliches Distanzmaß verstanden werden. Zweitens würde durch die binominale Unterteilung impliziert, dass jede Aktivität die gleiche Bedeutung bzw. den gleichen Interdependenzgrad mit den jeweils anderen Aktivitäten im betrachteten Leistungserstellungsprozess aufweist. Es ist jedoch unmittelbar einsichtig, dass verschiedene Aktivitäten 10 Hier ist darauf hinzuweisen, dass diese Anforderungen an die Informationsund Entscheidungsstruktur von anderen Faktoren differenziert beeinflusst werden, die die Vorteilhaftigkeit eines bestimmten Internalisierungsgrades bestimmen (Mesquita / Brush 2008; Williamson 1985; 1991).

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und deren konkrete Ausgestaltung einen unterschiedlich starken Einfluss auf andere Aktivitäten eines Unternehmens oder Leistungserstellungsprozesses haben sowie andersherum von letzteren in unterschiedlichem Ausmaß beeinflusst werden (Bartlett / Ghoshal 1989; Doz / Santos / Williamson 2001; Ferdows 1997; Fujita / Krugman / Venables 1999; Grossman / Helpman / Szeidl 2005; Grossman / Rossi-Hansberg 2006; 2008; Helpman 2006; Leamer / Storper 2001; Rugman / Verbeke 2004; Verbeke / Kenworthy 2007). So wird bspw. eine im Ausland durchgeführte Produktionsaktivität für den dortigen Binnenmarkt einen geringeren Interdependenzgrad mit anderen Aktivitäten des fokalen Unternehmens oder des Leistungserstellungsprozesses aufweisen als eine Forschungs- und Entwicklungsaktivität, innerhalb derer Produkte für sämtliche Absatzmärkte konzipiert werden. Somit ist es zudem möglich, die Offshoringdimension im Hinblick auf eine Aktivität kontinuierlich anhand des Grades der Abhängigkeit oder Interdependenz mit den anderen Aktivitäten im Leistungserstellungsprozess zu konzeptionalisieren (Aron / Singh 2005; Bartlett / Ghoshal 1989; Ferdows 1997; Ghoshal / Bartlett 1990; Roth 1995; Thompson 1967; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976; Van de Ven / Walker 1984). Dieser Interdependenz- sowie der räumliche Distanzgrad werden hier zusammen als Internationalisierungsgrad definiert (Doz / Santos / Williamson 2001; Hedlund 1994; Johanson / Vahlne 1977; 1990; Rugman / Verbeke 2004; Sullivan 1994). Zusammenfassend lässt sich hier festhalten, dass die Outsourcingdimension anhand des Internalisierungsgrades und die Offshoringdimension anhand des Internationalisierungsgrades kontinuierlich konzeptionalisiert werden können. Während sich Erstere damit auf informations- und entscheidungsstrukturelle Aspekte der Ausgestaltung von Aktivitäten bezieht, wird die Offshoringdimension durch die Distanz und Interdependenz der zwischen den einzelnen Aktivitäten bzw. Aktivitätenelementen des Leistungserstellungsprozesses determiniert.

IV. Mehrwertgenerierung und -aneignung als Vorteilhaftigkeitskriterien für die Auswahl von Ausgestaltungsalternativen Damit stellt sich die Frage, auf Basis welcher Handlungsmaxime die Auswahl einer der dargestellten Ausgestaltungsoptionen bzw. einer Ausprägungskombination der Internalisierungs- und Internationalisierungsgrade gewählt werden kann. Offensichtlich sollte eine solche Entscheidung vom übergeordneten ökonomischen Ziel der Profitmaximierung geleitet werden.

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Eine Ausgestaltungsoption kann dabei als optimal angesehen werden, wenn sie unter den gegebenen Umständen bzw. Umweltbedingungen die Realisierung des größtmöglichen Profits für den fokalen Akteur gewährleistet. Der realisierbare Profit wird dabei essenziell vom Zusammenspiel der beiden grundsätzlichen und evtl. konfliktären Managementprozesse der Wertgenerierung und -verteilung bzw. -aneignung bestimmt (Brandenburger / Stuart 1996; Dekker 2004; Doz / Hamel 1998; Ghosh / John 1999; Hamel 1991; Jacobides / Winter 2005; Langlois / Foss 1999; Leiblein / Miller 2003; Lepak / Smith / Taylor 2007; Zeng 2003):11 Die Durchführung von Aktivitäten innerhalb eines Leistungserstellungsprozesses muss zunächst das Potential aufweisen, einen Mehrwert für die beteiligten Akteure generieren zu können, wobei auch ein gewisser Teil dieses Mehrwertgenerierungspotentials realisierbar sein muss. Des Weiteren muss sich der fokale Akteur auch einen Teil dieses realisierbaren Mehrwertes aneignen können, da dieser letztendlich den erzielbaren Profit bestimmt. Diese Aspekte werden von der Ausgestaltung der betrachteten Aktivitäten, also der Frage, welche Aktivitäten wo, wie und von wem ausgeführt werden, beeinflusst. Das Problem bzw. Dilemma, das sich daraus für den Entscheidungsträger bezüglich der möglichen Ausgestaltungsoptionen ergibt, beruht auf dem interdependenten Charakter der beiden Managementprozesse, der auch die Möglichkeit begründet, dass beide gegenläufige Effekte aufweisen können (Axelrod / Hamilton 1981; Doz / Hamel 1998; Grossman / Hart 1986; Hamel 1991; Hart / Moore 1990; Jensen / Meckling 1976; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Zeng 2003): Dann kann es bspw. dazu kommen, dass eine Ausgestaltungsoption zwar die größtmögliche Realisierung eines Mehrwertes unter den prinzipiell möglichen Alternativen erlaubt, sich der fokale Akteur jedoch nur einen so geringen Anteil aneignen kann, dass der tatsächlich realisierbare Profit für diesen Akteur geringer ist als bei einer alternativen Ausgestaltungsoption, bei der das Mehrwertgenerierungspotential zwar geringer ist, jedoch durch eine höhere Aneignungsfähigkeit überkompensiert wird. Anders formuliert, hängt die Optimalität einer Ausgestaltungsoption bzw. der so realisierbare Profit von den jeweiligen Ausprägungen der Variablen Mehrwertgenerierung und -aneignung ab, die multiplikativ miteinander verknüpft sind. Je geringer eine der Variablen ist, umso insignifikanter ist auch 11 In diesem Kontext wird auch von der Produktions- und Koordinationsfunktion gesprochen (Gulati / Singh 1998; Langlois 1992; Langlois / Robertson 1995; Langlois / Foss 1999; Riordan / Williamson 1985). Trotz einer engen Verbindung mit den Konzepten der Mehrwertgenerierung und -aneignung sind sie nicht deckungsgleich, da die Produktions- und Koordinationsfunktion gemeinsam Auswirkungen sowohl auf die Mehrwertgenerierung als auch auf die -aneignung haben (Kap. C.).

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der positive Einfluss der anderen Variablen auf den realisierbaren Profit des fokalen Akteurs. Es stellt sich dann zunächst die Frage, welchen Einfluss der Internalisierungs- und Internationalisierungsgrad auf das Mehrwertgenerierungspotential haben können (Harrigan 1986; Hennart 1982; Kanter 1994; Killing 1983).12 Eine Beantwortung dieser Frage stellt zwar eine notwendige, jedoch nicht hinreichende Basis für die Bewertung der potentiellen Ausgestaltungsalternativen dar, da sie keine Schlussfolgerungen über die Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit des jeweiligen Mehrwertes ermöglicht und damit letztendlich noch keine Aussage über den realisierbaren Profit des fokalen Akteurs in der betrachteten Ausgestaltungsmöglichkeit erlaubt. Zusätzlich stellt sich nämlich die Frage nach dem Einfluss der Internalisierungs- und der Internationalisierungsgrade auf die Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit des potentiellen Mehrwertes. Bisher blieb jedoch unklar, wie Internationalisierungs- und Internalisierungsgrad den realisierbaren Profit beeinflussen könnten. Damit nämlich obige Argumentation überhaupt gültig sein kann, müssen bestimmte Faktoren existieren, die den realisierbaren Profit differenziert beeinflussen können, wobei dieser Einfluss gleichzeitig mit den angesprochenen Graden variieren sollte. Daher wird hier zunächst diskutiert, wie sich Mehrwertgenerierungspotential und -aneignungsfähigkeit grundsätzlich bestimmen. Dies soll als übergeordneter Rahmen für die im Anschluss erfolgende Diskussion der Internationalisierungsliteratur dienen, innerhalb derer auf die Verbindungen zwischen Internationalisierungs- sowie Internalisierungsgrad und realisierbarem Profit in den diversen ökonomischen Ansätzen eingegangen wird. 1. Mehrwertgenerierungspotential Grundsätzlich kann ein Mehrwert nur dadurch entstehen, dass ein Akteur einen Nutzen aus dem Konsum einer bestimmten Leistung ziehen kann, der den Bereitstellungsaufwand dieser Leistung übersteigt.13 Dabei hat der Akteur die Möglichkeiten, die Leistung selbst oder aber diese unter Einbezug 12 Dies eröffnet die prinzipielle Möglichkeit, dass bezüglich des Mehrwertgenerierungspotentials mehrere optimale Ausgestaltungsoptionen bzw. Internalisierungsund Internationalisierungsgradkombinationen bestehen. So könnte bspw. ein kleiner Internalisierungsgrad gepaart mit einem großen Internationalisierungsgrad das gleiche Mehrwertgenerierungspotential aufweisen wie eine andere Ausprägungskombination. 13 Hierunter werden sämtliche Kosten verstanden, die entstehen, damit der Akteur die Leistung tatsächlich konsumieren kann, also bspw. auch Entwicklungs-, Produktions-, Distributions-, Organisations-, Transaktions-, Informations- und Opportunitätskosten. Des Weiteren könnten hier bestimmte „intrinsische Kosten“ der Bereit-

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A. Einleitung P a b

f

c d e

k

g

S

h

l i

D

S' D'

X Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 1: Determinanten des Mehrwertgenerierungspotentials und der Mehrwertaneignungsfähigkeit

anderer Akteure anteilig bereitzustellen, wobei der Beitrag externer Akteure bis zu 100 % betragen kann.14 Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 1 exemplarisch dargestellt. Der angesprochene Nutzen aus dem Konsum einer bestimmten Leistung ist hier durch die D-Kurve dargestellt, die einen fallenden Verlauf in Abhängigkeit der Leistungsmenge X aufweist, da von einem abnehmenden Grenznutzen des Konsums ausgegangen wird. D zeigt damit gleichzeitig die maximale Zahlungsbereitschaft P für den Konsum einer bestimmten Leistungsmenge X. Der Bereitstellungsaufwand wird anhand der Kostenkurve S abgebildet, die hier als horizontal verlaufend und somit ausbringungsmengenunabhängig angenommen wird.15 S stellt damit gleichzeitig die minimale Zahlungsbereitschaft dar, die der konsumierende Akteur haben muss, stellung integriert werden. Auf diese Möglichkeit wird im weiteren Verlauf noch genauer eingegangen. 14 Eine ähnliche Unterscheidung bezüglich des Konsums wäre möglich, ein gemeinsamer Konsum würde aber letztendlich zu einem individuellen Nutzen des Akteurs führen, der als Anteil des gemeinsamen Nutzens aus gemeinsamem Konsum verstanden werden kann. Um die Diskussion nicht unnötig zu verkomplizieren, wird hier daher ein Konsum unter Einbezug eines weiteren Akteurs ausgeschlossen. 15 Dies stellt eine vereinfachende Annahme dar. Genauso gut könnte jeder andere Verlauf der S-Kurve angenommen werden. Dies würde jedoch die Diskussion verkomplizieren, ohne dass sich die grundsätzlichen kategorisierenden Aussagen, die ja hier angestrebt werden, verändern würden.

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damit ein rationaler Anbieter die Leistung bereitstellen kann. Die Höhe des potentiellen Mehrwertes ergibt sich nun aus der Differenz zwischen minimaler und maximaler Zahlungsbereitschaft, was in der Abbildung der Fläche entspricht, die von den Punkten b, d und h begrenzt wird. Es ist damit unmittelbar ersichtlich, dass die Höhe des potentiellen Mehrwertes durch die beiden Kurvenverläufe D und S determiniert wird. Damit überhaupt ein Mehrwert realisiert werden kann, muss D mindestens in einem Kurvenpunkt über S liegen, andernfalls würde der Aufwand, die Leistung bereitzustellen, immer größer sein als der Nutzen, der aus dem Konsum der Leistung entstehen kann. Die Höhe des potentiellen Mehrwertes kann aus komparativ statischer Sicht auf zweierlei Weise beeinflusst werden: Einerseits könnte versucht werden, den Bereitstellungsaufwand für die Leistung zu senken und / oder andererseits die bereitzustellende Leistung zu verbessern bzw. den Nutzen zu erhöhen. Erstere Möglichkeit würde zu einer Verschiebung der S-Kurve nach unten und / oder Verringerung deren Steigung bei gleichbleibender D-Kurve führen. Dies ist hier exemplarisch mit der Verschiebung von S auf S′ dargestellt und resultiert in einer Mehrwertsteigerung in Höhe der Fläche, die von den Punkten d, e, h und i begrenzt wird. Eine Leistungsverbesserung bzw. Nutzenerhöhung würde zu einer Verschiebung der D-Kurve nach oben und / oder Vergrößerung der Steigung von D auf D′ bei gleichbleibender S-Kurve führen, was einer Mehrwertsteigerung in Höhe der Fläche a, b, h und k entspricht. Eine gleichzeitige Veränderung der S- und D-Kurven auf S' und D′ würde darüber hinaus einen weiteren Mehrwertzuwachs in Höhe der Fläche, die von den Punkten h, i, k und l begrenzt wird, ermöglichen. Sowohl Aufwand als auch Nutzen werden sowohl von „objektiven“ als auch „subjektiven“ Faktoren bestimmt. Bspw. bestimmt sich die Höhe des Aufwandes aus dem objektiven Ressourcenverbrauch, um die fragliche Leistung bereitzustellen, und der „subjektiven“ Bewertung dieses Verbrauchs durch die bereitstellenden Akteure.16 Mit anderen Worten: D und S werden jeweils von bestimmten extrinsischen und intrinsischen bzw. ökonomischen und sozioökonomischen (sozialen oder psychologischen) Faktoren bestimmt (Adler 2001; Granovetter 1985; Håkansson 1982; Håkansson / Snehota 1989; 1995; Jansson 2008; Jap 1999; Kramer 1999; Lindenberg 2000; Madhok / Tallman 1998; Madhok 2000; Maitland / Bryson / Van de Ven 1985; Nooteboom 2002; Nooteboom / Six 2003; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Six 2005; Uzzi 1997; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 16 So werden verschiedene Akteure den gleichen objektiven Zeitaufwand, der zur Beistellung einer bestimmten Leistung erforderlich ist, bzw. die damit verbundene verlorene Zeit, etwas anderes zu tun, evtl. unterschiedlich bewerten, je nachdem wie leidvoll sie die zeitkonsumierende Tätigkeit empfinden.

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2005): Einerseits kann ein extrinsischer oder ökonomischer Mehrwert in der betrachteten (Austausch-)Beziehung durch den Einsatz bestimmter physischer Ressourcen und / oder Wissenssets geschaffen bzw. erhöht werden. Diese Möglichkeit wird extensiv in der Ressourcen- und Wissensperspektive diskutiert (vgl. Kap. B. I. 4.). Bspw. könnte durch den Einsatz bestimmter Technologien eine Leistung kostengünstiger bereitgestellt oder die Leistung so verbessert werden, dass sie einen höheren Nutzenwert für den Konsumenten hat. Andererseits kann ein intrinsischer Mehrwert aufgrund bestimmter Beziehungs- bzw. Akteurs- und Prozesscharakteristika entstehen oder variieren (vgl. Kap. B. II. 5. a)).17 Beide Möglichkeiten können dabei grundsätzlich sowohl S als auch D beeinflussen. Daraus ergibt sich der unmittelbare Zusammenhang der Offshoringentscheidung bzw. des Internationalisierungsgrades mit dem Mehrwertgenerierungspotential, der in der Literatur unter dem Begriff der Internationalisierungsmotive diskutiert wird (vgl. bspw. Buckley / Casson 1976; 1985; 1998a; 1998b; Dunning 1977; 2000; 2003; Hennart 1982; Rugman 1980a; 1986): Demnach engagieren sich Unternehmen im Ausland, um Zugang zu dort vorhandenen Ressourcen sowie Wissenssets zu erlangen (resource seeking) und / oder diesen Markt unter Nutzung der ihnen bereits zur Verfügung stehenden Ressourcen und Wissenssets zu bedienen (market seeking).18 Diese 17 Als verdeutlichendes Beispiel für den möglichen Einfluss von bestimmten Prozesscharakteristika in einer Austauschbeziehung auf den Mehrwert bzw. für die Bedeutung intrinsischer Werte kann evtl. das Feilschen auf Wochenmärkten insbesondere in arabischen Ländern angesehen werden. Dort kann es vorkommen, dass ein Händler nicht bereit ist, seine Ware einem Kunden zu verkaufen, wenn letzterer nicht um den Preis feilscht. Dies ist unter alleinigem Bezug auf ein extrinsisches Wertkonstrukt nicht erklärbar. Schließlich verringert sich der Mehrwert aus der Transaktion unabhängig von seiner Verteilung durch den Prozess des Feilschens, da dieser einen Mehraufwand in Form von zusätzlich aufzubringender Zeit für beide Parteien bedeutet. Dieses Phänomen wird aber erklärbar, wenn zusätzlich ein intrinsisches Wertkonzept akzeptiert wird. Dann könnte es sein, dass der Händler einen zusätzlichen intrinsischen Mehrwert durch den Prozess des Feilschens realisiert, da diesem das Feilschen Freude bereitet. 18 Teilweise werden noch weitere Motive diskutiert. So führt bspw. Dunning (Dunning 2000, S. 164 f.) außerdem noch zwei weitere Motive auf. Unter dem Begriff efficiency seeking diskutiert er die Möglichkeit einer effizienteren Arbeitsteilung oder Spezialisierung, stellt aber gleichzeitig heraus, dass

„[t]his type […], though related to the first [resource-seeking] or second [marketseeking] kind, is usually sequential to it.“ Des Weiteren verweist er unter dem Begriff „strategic asset seeking“ auf die Möglichkeit, existierende Wettbewerbsvorteile zu schützen, die im vorliegenden Kontext als existierende Mehrwertgenerierungspotentiale verstanden werden können. Dieses Motiv ist damit eindeutig auf die Aneignungsfähigkeit eines Mehrwertes bezogen.

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Motive entsprechen dabei genau den hier angesprochenen Möglichkeiten, einen potentiellen Mehrwert zu generieren bzw. zu erhöhen.19 Damit lässt sich durch Internationalisierung eine Verschiebung von S auf S′ und / oder von D auf D' erreichen. 2. Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit des potentiellen Mehrwertes Als Nächstes stellt sich die Frage, wie bzw. zu welchem Grad dieser potentielle Mehrwert von den beteiligten Akteuren tatsächlich realisiert und jeweils angeeignet werden kann. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die Aneignungsfähigkeit offensichtlich zunächst von der Realisierbarkeit determiniert wird: Was nicht realisierbar ist, kann auch nicht angeeignet werden. Insbesondere die Industrie- und Informationsökonomik verweisen darauf, dass es einen bedeutenden Unterschied zwischen potentiellem und tatsächlich realisierbarem Mehrwert auf unvollständigen Märkten geben kann, wobei hier die Verteilung von Informationen und Wissenssets innerhalb einer Akteurspopulation einen zentralen Stellenwert einnimmt (Akerlof 1970; Arrow 1962; 1974b; 1985; Bain 1956; Baron / Besanko 1984; Baumol / Panzar / Willig 1982; Carlton / Perloff 2000; Holmstrom 1982; Motta 2004; Phlips 1983; Porter 1974; Posner 1975; Rothschild / Stiglitz 1976; Salop 1977; Simon 1962; 1991b; Stiglitz 2000; Tirole 1988; Varian 1989). So können Informationsasymmetrien dazu führen, dass der realisierbare Mehrwert geringer als der potentielle sein kann. Im hier vorliegenden Kontext würde die Existenz von Informationsasymmetrien bedeuten, dass zumindest einigen der beteiligten Akteure vollständige Informationen über die genaue Position und den exakten Verlauf der mehrwertpotentialbestimmenden S- und DKurven fehlen. Dann ist eine vollständige Realisierung des potentiellen Mehrwertes nicht mehr möglich, was wie folgt anhand Abb. 1 verdeutlicht werden kann:20 Angenommen sei zunächst, dass der Nutzen aus einer bestimmten Leistung durch D beschrieben und durch bestimmte einer Akteurspopulation 19 Durch den Zugang bzw. die Nutzung von bisher nicht zur Verfügung stehenden oder günstigeren Ressourcen und Wissenssets im Ausland lassen sich evtl. die Bereitstellungskosten der Leistung senken und / oder der Wert und damit der Nutzen aus dem Konsum der Leistung erhöhen. Auch durch den Einsatz bereits zur Verfügung stehender Ressourcen und Wissenssets zur Bedürfnisbefriedigung im Ausland kann der Nutzen in Form einer Absatzsteigerung erhöht werden und / oder können die Bereitstellungskosten – bspw. durch eine höhere Kapazitätsauslastung – gesenkt werden. 20 Die folgenden Ausführungen stellen eine vereinfachende Verallgemeinerung der Argumentation von Akerlof (1970) bezüglich des von ihm genutzten „market for lemons“-Beispiels dar.

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prinzipiell zur Verfügung stehende Ressourcen bzw. Technologien zu einem Aufwand S′ bereitgestellt werden kann. Der potentielle Mehrwert entspricht hier der Fläche, die von den Punkten b, e und i begrenzt wird. Des Weiteren sei angenommen, dass das Wissen über die Technologien innerhalb der Akteurspopulation asymmetrisch verteilt ist, sodass einige Akteure einen Anteil dieser Technologien nicht kennen. Wenn nun ausschließlich diese Akteure die Leistung bereitstellen, so können sie folglich nicht zu einem Aufwand S′ gewährleisten. Hier sei beispielhaft angenommen, dass die Akteure die Leistung lediglich zu einem Aufwand S bereitstellen können. Daraus folgt dann, dass der tatsächlich realisierbare und damit prinzipiell aneignungsfähige Mehrwert der Fläche entspricht, die von den Punkten b, d und h begrenzt wird. Der potentielle Mehrwertanteil, der durch die Fläche b, e, h, i beschrieben wird, kann aufgrund von Informationsasymmetrien nicht realisiert werden und wird folglich keinem Akteur zugute kommen. Es ist offensichtlich, dass sich eine ähnliche Argumentation bezüglich eines möglichen Unterschiedes zwischen potentiellem und tatsächlich realisierbarem Nutzen in Bezug auf D und D' führen ließe.21 Sind die Informationsasymmetrien groß genug, kann dies dazu führen, dass trotz eines potentiellen Mehrwertes kein realisierbarer existiert. Wird nun angenommen, dass der potentielle Mehrwert zumindest teilweise auch realisierbar ist, so stellt sich hier abschließend die Frage, wie Letzterer zwischen den beteiligten Akteuren aufgeteilt wird bzw. wer sich welchen Anteil aneignen kann. Diesbezüglich soll zunächst angenommen werden, dass die Akteure über vollständige Informationen verfügen. Dann lässt sich insbesondere aus der Industrieökonomik und Transaktionskostentheorie ableiten, dass der grundsätzliche die Aneignungsfähigkeit bestimmende Faktor die relative Verhandlungsmacht eines Akteurs ist (Bain 1956; Baumol / Panzar / Willig 1982; Dyer / Singh 1998; Hamel 1991; Maitland / Bryson / Van de Ven 1985; Porter 1974; 1998b; 1998c; Porter / Millar 1985; Williamson 1975; 1985). Die Verhandlungsmacht eines Akteurs wird dabei vom relativen Abhängigkeitsver21 Hier sollte angemerkt werden, dass Informationsasymmetrien natürlich konzeptionell unterschiedlich auf den Unterschied zwischen potentiellem und realisierbarem Mehrwert wirken können. Bspw. könnten den bereitstellenden Akteuren lediglich Konsumenten bzw. Nutzenwerte bekannt sein, die der D-Kurve zwischen den Punkten b und f entsprechen. D würde somit in Punkt f „abbrechen“ bzw. von den bereitstellenden Akteuren als ab f vertikal verlaufend wahrgenommen. Es würden aber prinzipiell noch Konsumenten geben, deren Nutzen der D-Kurve zwischen den Punkten f und h entspräche. Folglich würde ein potentieller Mehrwert existieren, der der Fläche entspricht, die von den Punkten b, d und h begrenzt wird. Der tatsächlich realisierbare Mehrwert hätte jedoch lediglich die Größe, die der Fläche b, d, f, g entspricht; der Mehrwertanteil f, g, h könnte nicht realisiert werden.

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hältnis der Akteure zueinander bestimmt.22 Besitzt ein Akteur absolute Verhandlungsmacht, kann sich dieser den gesamten Mehrwert aneignen.23 Liegt die tatsächliche Verhandlungsmacht der Akteure jeweils zwischen den beiden Extremen absoluter und nicht vorhandener Verhandlungsmacht, so wird der aneignungsfähige Anteil des Mehrwertes eines Akteurs vom relativen Machtverhältnis der Akteure zueinander determiniert. In Abb. 1 ist dies exemplarisch anhand der Linie c, f dargestellt. Hier besitzt der konsumierende Akteur eine begrenzte Verhandlungsmacht und wird sich daher einen Anteil des Mehrwertes in Höhe der Fläche b, c, f aneignen können. Das Komplement dieses Anteils, das der Fläche c, d, h, f entspricht, wird sich hingegen der bereitstellende Akteur aneignen können, da auch dieser über eine gewisse Verhandlungsmacht gegenüber dem Konsumenten verfügt. Könnte der konsumierende (bereitstellende) Akteur seine Verhandlungsmacht weiter steigern, so könnte er sich dementsprechend einen größeren Mehrwertanteil aneignen; die Linie c, f würde sich also nach unten (oben) verschieben.

22 Hier könnten Informationen über das Akteursverhalten als weiteres die Aneignungsfähigkeit beeinflussendes Konstrukt eingeführt werden, wenn von begrenztrationalen Akteuren bzw. unvollständigen Verträgen ausgegangen wird (Hart / Moore 1990; Jensen / Meckling 1976; March / Simon 1958; Mesquita / Brush 2008; Nooteboom 1996; 2009; Ouchi 1979; 1980): Je weniger Informationen ein Akteur über das Verhalten eines anderen Akteurs erhalten kann, umso weniger wird Ersterer dazu in der Lage sein zu bestimmen, welchen Anteil am Mehrwert sich der andere Akteur angeeignet hat. Letztendlich lässt sich diese Argumentation aber auch in das Konstrukt der Verhandlungsmacht überführen: Wenn ein Akteur vollständige Informationen über das Verhalten eines anderen Akteurs hätte, so ließen sich vollständige Verträge zwischen diesen schließen. Innerhalb eines solchen Vertrages hätte der andere Akteur geringe Verhandlungsmacht, da ja sein zu erfolgendes Verhalten vorab vertraglich spezifiziert und im Nachhinein auch vollständig überprüfbar wäre. Das vertraglich fixierte Aneignungsanteilsverhältnis hingegen würde sich aus den hier diskutierten relativen Verhandlungsmachtverhältnissen ableiten. In diesem Sinne ist hier Wissen Macht. 23 Im einfachsten Fall, indem ein Akteur die Leistung selbst bereitstellt und konsumiert, besitzt dieser Akteur sozusagen absolute Verhandlungsmacht und wird sich folglich den gesamten Mehrwert aneignen können. Auch wenn ein Akteur die Leistung bereitstellt und ein anderer Akteur diese konsumiert, kann es zu einer vollständigen Aneignung des Mehrwertes durch einen Akteur kommen, wenn dieser über absolute Verhandlungsmacht verfügt. Ist dies der Konsument, so entspricht die Situation dem neoklassischen Idealfall eines vollständig kompetitiven Marktes oder einem Monopson mit perfekter Preisdiskriminierung. Hier wird der gesamte Mehrwert jeweils in die Konsumentenrente umgewandelt und kommt folglich dem konsumierenden Akteur zugute. Kann sich hingegen der bereitstellende Akteur den gesamten Mehrwert aneignen, so entspricht die Situation der industrieökonomischen Konzeption eines monopolistischen Marktes mit einer Preisdiskriminierung ersten Grades. Hier wird der Mehrwert vollständig in Produzentenrente umgewandelt.

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Bei unvollständigen Informationen bzw. asymmetrischer Informationsverteilung sind Aussagen bezüglich der Aneignungsfähigkeit komplizierter, da Informationsverteilungs- und Machtverhältnisse zwischen den beteiligten Akteuren interagieren können. Die Aneignungsfähigkeit eines Akteurs ergibt sich dann aus der Kombination seiner relativen Verhandlungsmacht und dem diesen zur Verfügung stehenden Informationen, was anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden kann:24 Es sei angenommen, dass ein bereitstellender Akteur über absolute Verhandlungsmacht und vollständige Informationen bezüglich des Bereitstellungsaufwandes einer bestimmten Leistung S verfügt, jedoch Informationsasymmetrien zwischen diesem und den konsumierenden Akteuren bestehen, sodass Ersterem lediglich der Nutzenwert f auf der D-Kurve in Abb. 1 bekannt ist. Daraus folgt, dass sich der bereitstellende Akteur nur einen Anteil des Mehrwertes in Höhe der Fläche c, d, g, f aneignen kann. Die konsumierenden Akteure werden sich, obwohl sie über keine Verhandlungsmacht verfügen, dennoch einen Teil des Mehrwertes in Höhe der Fläche b, c, f aneignen können.25 Außerdem existiert hier noch ein Anteil des Mehrwertes, der von keinem der Akteure angeeignet werden kann bzw. nicht realisierbar ist in Höhe der Fläche f, g, h.26 Damit kann hier abschließend festgehalten werden, dass die den am Konsum und der Bereitstellung beteiligten Akteuren zur Verfügung stehenden Informationen sowohl die Realisierbarkeit des potentiell generierbaren Mehrwertes als auch dessen Aneignungsfähigkeit bestimmen. Letzteres wird zudem von der relativen Verhandlungsmacht der beteiligten Akteure untereinander determiniert. 24 Da es hier nicht das Ziel sein kann, diese Problematik in allen Einzelheiten in allgemeiner Form darzustellen, sei an dieser Stelle auf die einschlägige Literatur verwiesen (vgl. bspw. Baumol / Panzar / Willig 1982; Carlton / Perloff 2000, Abschnitte 9 / 20; Tirole 1988, Abschnitt 3; Varian 1989). Im Bezug auf die konkrete Fragestellung der vorliegenden Arbeit sei auf die Diskussion in Teil 3 dieser Arbeit verwiesen. 25 Dies ist der Fall, da dem bereitstellenden Akteur Informationen über den Verlauf von D zwischen den Punkten b und f fehlen und somit die entsprechende maximale Zahlungsbereitschaft der Konsumenten unbekannt ist. Folglich wird er diese auch nicht durch seine absolute Verhandlungsmacht ausnutzen können. Ein vergleichbares Ergebnis würde auch zustande kommen, wenn der fokale Akteur zwar über mehr Informationen verfügen würde, sodass diesem der Verlauf von D bekannt wäre, jedoch eingeschränkte Verhandlungsmacht besäße, sodass Arbitrage auf Seiten des oder der Konsumenten nicht verhindert werden könnte. 26 Zwar liegt die maximale Zahlungsbereitschaft bzw. die D-Kurve hier immer noch über dem Bereitstellungsaufwand S, sodass ein potentieller Mehrwert besteht, jedoch verfügt der bereitstellende Akteur auch nicht über die relevanten Informationen bezüglich des Verlaufs von D. Daher wird dieser die der Strecke g, h entsprechende Menge der betrachteten Leistung gar nicht erst bereitstellen.

A. Einleitung

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Daraus ergibt sich der unmittelbare Zusammenhang der Outsourcingentscheidung bzw. des Internalisierungsgrades mit der Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit eines potentiellen Mehrwertes, der als Internalisierungsmotiv oder -vorteil beschrieben werden kann (vgl. bspw. Buckley / Casson 1976; 1985; 1998b; Dunning 1977; 2000; 2003; Hennart 1982; Rugman 1980a). Demnach führen Unternehmen Aktivitäten, mit denen ein gewisses Mehrwertgenerierungspotential verbunden ist, umso eigenständiger aus, je größer der so realisierbare und aneignungsfähige Anteil des Mehrwertes wird. Wie oben dargestellt, werden die Realisierungs- und Aneignungsfähigkeit eines potentiellen Mehrwertes durch die Verhandlungsmacht der beteiligten Akteure und den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen bestimmt. In der Diskussion der Outsourcingdimension wurde herausgestellt, dass sich auf dieser die informations- und entscheidungsstrukturellen Aspekte der Koordination von Aktivitäten differenziert betrachten lassen. Folglich kann hier zunächst angenommen werden, dass der Internalisierungsgrad die Verhandlungsmacht und die Vollständigkeit der zur Verfügung stehenden Informationen differenziert beeinflussen kann, wodurch letztendlich die Realisierungs- und Aneignungsfähigkeit eines mit der Durchführung bestimmter Aktivitäten verbundenen potentiellen Mehrwertes determiniert werden. Der Internationalisierungs- und Internalisierungsgrad können somit als grundlegende Entscheidungsdimensionen bezüglich der Ausgestaltung von internationalen Akteursbeziehungen angesehen werden. Handlungsmaxime bzw. Zielfunktion sollte es dabei sein, diejenige Ausgestaltungsalternative zu wählen, die die Realisierung des maximalen Profits für den fokalen Akteur ermöglicht. Der realisierbare Profit eines Akteurs bzw. das Mehrwertgenerierungspotential und die Mehrwertaneignungsfähigkeit innerhalb einer Akteursbeziehung hängen dabei von bestimmten zur Verfügung stehenden Ressourcen und Wissenssets, Beziehungscharakteristika sowie der relativen Verhandlungsmacht ab. Damit stellt sich hier letztendlich die Frage, welcher Zusammenhang zwischen den angesprochenen Entscheidungsdimensionen und Profiteinflussfaktoren besteht. Um dies zu beantworten, sollen im folgenden Abschnitt zunächst die wesentlichen Ansätze, die sich mit Internationalisierungsaktivitäten beschäftigen, auf ihren Beitrag hin untersucht werden.

Teil 1

Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen in der Internationalisierungsliteratur Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die grundsätzliche Problematik der Ausgestaltungsentscheidungen internationaler Akteursbeziehungen dargelegt wurde, werden im Folgenden Ansätze der Internationalisierungsliteratur sowie deren jeweilige Theoriebasis vorgestellt und auf ihren Beitrag zur vorliegenden Arbeit und dabei insbesondere zur Konzeptionalisierung eines formaltheoretischen Modells der optimalen Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen hin untersucht.

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze Vorab ist in Bezug auf die vorzustellenden Internationalisierungsansätze festzustellen, dass es bis heute kein allgemein akzeptiertes Modell, geschweige denn eine einheitliche Theorie über die Internationalisierung von Unternehmen zu geben scheint (Bilkey 1978; Dalli 1994; Dunning 2000; Ford / Leonidou 1991; Håkansson / Snehota 1995; Leonidou / Katsikeas 1996; Mtigwe 2006; Ramaswamy / Kroeck / Renforth 1996; Sullivan 1994; Werner 2002). Daher ist es hilfreich, „die Internationalisierungstheorie“ als Sequenz oder Portfolio unterschiedlicher Modelle anzusehen und in einem ersten Schritt für die vorliegende Arbeit relevante Elemente dieser Theorien herauszustellen (Koopmans 1957; Markusen / Deardorff / Irwin 2005).27 Diese Elemente sollen dann später in ein integrierendes Modell der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen einbezogen werden. Um die diesbezügliche Diskussion zu strukturieren, bietet sich das eklektische Paradigma Dunnings (1977; 1980; 1981; 1988; 1999; 2000) an, das eine Art Rahmen für die existierenden (Teil-)Theorien und Ansätze be27 Dies bedeutet dann jedoch auch eine Art natürliche Selektion von darzustellenden Internationalisierungsansätzen, wobei diejenigen, die einen anderen Fokus als die vorliegende Arbeit aufweisen, nicht diskutiert werden. Daher ist die Nichtbeachtung einzelner Internationalisierungsansätze auch nicht mit mangelnder Wertschätzung oder Bedeutung gleichzusetzen.

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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schreibt. Diese werden hier anhand der drei (Meta-)Kategorien „Ownership Advantage (O)“, „Location Advantage (L)“ und „Internalization Advantage (I)“ integrativ in Bezug zueinander gesetzt, sodass insbesondere die Verbindungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Ansätze herausgestellt werden können. Dunning (2000, S. 163, 166) beschreibt diesen auch als „OLI Paradigma“ bezeichneten Rahmen als ein „envelope for economic and business theories of MNE activity“ und konstatiert: „The eclectic paradigm is a simple, yet profound, construct. It avers that the extent, geography and industrial composition of […] [international activities] is determined by the interaction of three sets of interdependent variables – which, themselves, comprise the components of three sub-paradigms [– the Ownership, Location and Internalization advantages]. […] The content and predictions of the eclectic paradigm are firmly embedded in a number of different economic and business theories. Although taken separately, none of these offer a comprehensive explanation of the growth and decline of MNE business activity, taken together – i. e. as a group – they do so. Most of the theories, too, are complementary, rather than substitutable, to each other. Some tend to focus on particular kinds of fdi, but not others. Others are designed to explain different aspects of international production, e. g. its ownership, structure, its locational profile or its organizational form.“

Erklärtes Ziel des OLI-Paradigmas ist es, die grenzübergreifende Konfiguration der Aktivitäten multinationaler Unternehmungen zu erklären (Dunning 2000; Pitelis 2007). Dazu muss es eine befriedigende Antwort auf die Frage ermöglichen, warum, wie und wo Unternehmungen international tätig werden. Dies wird – so Dunnings These – durch die Betrachtung und Analyse der oben bereits angesprochenen Kategorien bzw. Faktoren sowie deren Interaktionen untereinander ermöglicht (Buckley / Hashai 2009; Buckley 1990; Buckley / Casson 1998b; Dunning 1977; 2000; Dunning / Pitelis 2007; Dunning / Lundan 2008b; 2010; Li 2007; Peng 2001; Pitelis 2007; Rugman / Verbeke 2005). Ausgangspunkt ist die Annahme, dass dies die Wettbewerbsfähigkeit und damit letztendlich den Profit international operierender Unternehmen determiniert. Diesbezüglich kann die grundlegende Argumentation wie folgt zusammengefasst werden: Damit Unternehmen überhaupt grundsätzlich in der Lage sind, durch die Internationalisierung von Aktivitäten bzw. deren Verlagerung in einen ausländischen Markt einen Mehrwert zu generieren, müssen sie in Bezug auf diese Aktivitäten über einen relativen (Wettbewerbs-)Vorteil gegenüber anderen Unternehmen verfügen, insbesondere gegenüber den bereits auf dem jeweiligen Auslandsmarkt tätigen Unternehmen. Dies ist notwendig, um das Unternehmen im Vergleich zu seinen lokalen Wettbewerbern für die zusätzlichen Kosten zu kompensieren, die aus der internationalen Tätigkeit – bspw. durch geringeres Marktwissen, kulturelle Unterschiede oder höhere Kommunikationskosten – entstehen (Dunning 2000; Hennart 1991; Kogut / Zan-

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

der 1993; Pitelis 2007). Ein solcher Vorteil wird als eigentumsspezifisch (Ownership Advantage) bezeichnet, wobei dieser Begriff zu eng gefasst und damit nicht ganz korrekt scheint. Genau genommen stellt dieser nämlich eher einen „zugangs- oder verfügungsspezifischen Vorteil“ dar, weil die vorteilbestimmenden Faktoren nicht unbedingt besessen werden müssen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Unternehmung über diese Faktoren verfügen kann und andere Unternehmen nicht (Dunning / Lundan 2008a; 2010; Dyer / Singh 1998; Li 2007). Der eigentumsspezifische Vorteil (O) bzw. die bestimmenden Faktoren müssen somit akteursgebunden sein. O bezieht sich dann auf all jene Faktoren, die determinieren, welche Aktivitäten internationalisiert werden (sollten) bzw. welche Faktoren zu einem potentiellen Mehrwert durch Internationalisierung beitragen können. Bspw. könnte ein Unternehmen, das über eine wettbewerbsvorteilbegründende überlegene Produktionstechnologie verfügt, diese dazu nutzen, neben dem Heimatmarkt auch einen ausländischen Markt mit superioren Produkten zu bedienen. Durch die Nutzung des wettbewerbsvorteilbegründenden Faktors „Produktionstechnologie“ für den ausländischen Markt kann somit ein potentieller Mehrwert generiert werden. Diesbezüglich ist es unerheblich, ob diese Produktionstechnologie selbst im Ausland eingesetzt wird, jedoch muss der aus dem Einsatz resultierende Vorteil zumindest teilweise in den jeweiligen Auslandsmarkt transferiert werden können. Damit unmittelbar verbunden ist die Frage, wohin bzw. in welche Märkte der jeweilige Vorteil transferiert werden sollte. Es ist nämlich offensichtlich so, dass der Zugang zu vorteilbegründenden Faktoren zwar eine notwendige, jedoch allein noch keine hinreichende Bedingung für die Realisierung eines Mehrwertes darstellt. Zudem muss ein ausländischer Standort bestimmte Charakteristika – bspw. eine hinreichend große Nachfrage – aufweisen, damit durch den Einsatz eigentumsspezifischer vorteilbegründender Faktoren auch ein Mehrwert realisiert werden kann. Letztendlich geht es hier somit um die Identifikation von standortspezifischen Faktoren, die als standortspezifische Vorteile (Location Advantage) bezeichnet werden, wenn sie denn zur Mehrwertgenerierung beitragen. Diese sind im Gegensatz zu den oben angesprochenen eigentumsspezifischen Vorteilen örtlich gebunden und können nicht einfach in einen anderen Markt transferiert werden (Dunning / Lundan 2008a; 2010; Grossman / Rossi-Hansberg 2006; Krugman 1979; Pitelis / Teece 2010). Damit können dann eigentums- (O) und standortspezifische (L) Vorteile als Komplemente angesehen werden, die gemeinsam bestimmen, welche Aktivitäten wo ausgeführt werden, damit ein Mehrwert realisierbar ist (Dunning 1999, S. 2, ähnlich argumentieren bspw. auch: Dunning / Lundan 2010; Grossman / Helpman / Szeidl 2005; Grossman / RossiHansberg 2008; Helpman 2006; Leamer / Storper 2001):

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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„The scope and pattern of foreign [evolvement] […] is determined by […] the interaction between the competitive advantages of investing, or potentially investing corporations and that of the nation states in which they might engage in value adding activities […].“

Anders formuliert, muss ein standortspezifischer Vorteil existieren, der mit einem eigentumsspezifischen Vorteil komplementär verbunden ist, damit Letzterer überhaupt bei einer Internationalisierung genutzt oder realisiert werden kann. Dabei müssen nicht unbedingt die vorteilbegründenden Faktoren selbst, sondern der resultierende Vorteil zumindest teilweise in einen anderen geografischen Markt transferierbar sein.28 Diesbezüglich nehmen Distanz und Interdependenz zwischen den vorteilbegründenden und die Realisierung ermöglichenden Aktivitäten einen zentralen Stellenwert ein (Athanassiou / Nigh 1999; 2000; Doz / Hamel 1998; Dunning 1995; 2009; Dunning / Lundan 2008b, S. 468; Enright 2000; Hamel 1991; Håkansson / Snehota 1995; Jansson 2008; Johanson / Vahlne 1977; Nooteboom 2004d; Pitelis / Teece 2010).29 Wenn bezüglich des obigen Beispiels angenommen wird, dass die Nutzung der besagten Produktionstechnologie den Einsatz unqualifizierter Arbeitskräfte erfordert und weitere Faktoren – bspw. Transportkosten – außer Acht gelassen werden, so wird die Höhe des generierbaren Mehrwertes von der Verfügbarkeit unqualifizierter Arbeitskräfte und den diesbezüglichen Einsatzkosten abhängen. Folglich sollte die entsprechende Produktionsaktivität an einem Standort durchgeführt werden, an dem möglichst viele unqualifizierte Arbeitskräfte möglichst kostengünstig verfügbar sind. Letztendlich stellt sich dann die Frage, von wem die eine Mehrwertrealisierung ermöglichenden Aktivitäten ausgeführt bzw. wie sie koordiniert werden. Diesbezüglich werden im OLI-Paradigma unter dem Begriff Internalisierungsvorteile (Internalization Advantages) all jene Faktoren diskutiert, die die relative Vorteilhaftigkeit der zur Verfügung stehenden Markteintrittsformen für die Durchführung dieser Aktivitäten determinieren. Anders ausgedrückt, stellt sich hier die Frage, mit welcher Koordinationsform sich der 28 Würde ein solcher Vorteil bspw. lediglich bezüglich der Befriedung einzigartiger Bedürfnisse auf dem Heimatmarkt bestehen, so könnte dieser Vorteil prinzipiell nicht in einen Auslandsmarkt transferiert werden, da dort solche Bedürfnisse nicht bestehen. Als erläutendes Beispiel sei hier der chinesische Markt für Schwalbennester zum Verzehr genannt. Das Produkt Schwalbennester ist auf die spezifischen Bedürfnisse chinesischer Konsumenten zugeschnitten, die aus dem Verzehr einen Nutzen ziehen. Außerhalb Chinas bzw. bei nichtchinesischen Konsumenten ist die Nachfrage nach Schwalbennestern jedoch zumindest sehr begrenzt. Genießt ein Unternehmen nun einen Vorteil bei der Bereitstellung von Schwalbennestern, so ließe sich dieser Vorteil prinzipiell nicht oder zumindest kaum in andere Märkte transferieren. 29 Diesbezüglich sei hier außerdem auf Kap. D. I. verwiesen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

durch die Kombination der O- und L-Vorteile ergebende potentielle Mehrwert in größtmöglichem Ausmaß realisieren und durch den fokalen Akteur aneignen lässt. Im hier betrachteten Beispiel muss das Unternehmen entscheiden, wie bzw. durch wen die Produktionstechnologie eingesetzt werden soll. Diesbezüglich könnten z. B. die Möglichkeiten bestehen, die entsprechenden Aktivitäten selbst intern auszuführen oder aber dies durch Lizenzierung der Produktionstechnologie einem anderen Unternehmen zu überlassen. Entscheidend wird diesbezüglich sein, mit welcher dieser Koordinationsformen das fokale Unternehmen den größten Profit realisieren kann. Abschließend sei hier darauf hingewiesen, dass aus der obigen allgemeinen Darstellung des OLI-Paradigmas dessen konzeptionelle Übereinstimmung mit der vorliegenden Arbeit deutlich erkennbar ist. So wurde im vorangegangenen Abschnitt konstatiert, dass die Ausgestaltung internationaler Aktivitäten anhand der Offshoring- und Outsourcingdimension diskutiert werden kann. Erstere bezieht sich dabei auf den Internationalisierungsgrad, der wiederum von Distanz- und Interdependenzgrad determiniert wird. Letztere bezieht sich hingegen auf den Internalisierungsgrad. Eine Ausprägungskombination dieser Dimensionen stellt eine konkrete Ausgestaltungsoption dar. Die relative Vorteilhaftigkeit einer solchen Ausgestaltungsoption wird durch die Höhe des Profits bestimmt, der durch diese ermöglicht wird. Dieser realisierbare Profit setzt sich wiederum aus dem jeweiligen Mehrwertgenerierungspotential sowie dessen Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit zusammen. Das OLI-Paradigma stellt nunmehr unter den Kategorien der eigentumsspezifischen und standortspezifischen Vorteile eine Verbindung zwischen Internationalisierungs- bzw. Interdependenz- sowie Distanzgrad und dem potentiell generierbaren Mehrwert her. Der Internalisierungsvorteil bezieht sich auf den Internalisierungsgrad und stellt eine Verbindung zur Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit des Mehrwertes dar. Im Folgenden sollen nunmehr die Beiträge verschiedener Internationalisierungsansätze zur Identifikation und Erklärung der wesentlichen Faktoren erfolgen, die die vorgestellten O-, L- und I-Vorteile determinieren.

I. Determinanten des eigentums- und standortspezifischen Vorteils Wie oben bereits angesprochen, wird der eigentumsspezifische Vorteil (O) bzw. dessen Höhe von Faktoren bestimmt, die dem fokalen Akteur zur Verfügung stehen und die Generierung eines Mehrwertes prinzipiell ermöglichen. Diese müssen dann mit dem jeweiligen standortspezifischen Vorteil (L) bzw. den diesen begründenden Faktoren komplementär verknüpft werden können, damit der Mehrwert auch realisierbar ist. Da diese beiden

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Vorteilkategorien somit untrennbar miteinander verbunden sind, werden sie im Folgenden gemeinsam betrachtet. 1. Klassische Theorien internationalen Handelns Die Verbindung von Wertgenerierungspotential und Internationalisierungsgrad ist bereits der Ausgangspunkt klassischer Ansätze, die vornehmlich versuchen Antworten auf die Frage zu geben, warum ökonomische Akteure Aktivitäten überhaupt über Landesgrenzen hinweg ausdehnen und international tätig werden (sollten) bzw. wieso internationaler Handel vorteilhaft sein kann. Theoretische Überlegungen bezüglich internationaler Wirtschaftsaktivitäten erfolgen bereits im 18. Jahrhundert (Mtigwe 2006). Adam Smith (1776, S. 340) beschäftigte sich in seinem Werk „The Wealth of Nations“ mit Ursachen und Wirkung internationaler Wirtschaftsaktivitäten, indem er seine Theorie absoluter Vorteile von Nationalstaaten darlegte und somit den Handel über Landesgrenzen hinweg erklärte: „It is the maxim of every prudent master of a family, never to attempt to make at home what it will cost him more to make than to buy […] What is prudence in the conduct of every private family can scarce be folly in that of a great kingdom. If a foreign country can supply us with a commodity cheaper than we ourselves can make it, better buy it of them with some part of the produce of our own industry employed in a way in which we have some advantage.“

Aus dieser Sicht ist internationaler Handel für ein Land von Vorteil, wenn dieses im Vergleich zu einem anderen Land einen absoluten Vorteil bei Produktion mindestens eines bestimmten Gutes hat und gleichzeitig einen absoluten Nachteil bei der Produktion mindestens eines anderen Gutes aufweist, die es benötigt. Produktionsvor- und -nachteile bestimmen sich dabei aus den zwischen den Ländern variierenden Ausstattungen von Produktionsfaktoren bzw. Ressourcenausstattungen, die als grundsätzlich immobil angesehen werden (Dunning / Pitelis 2007; Li 2007; Markusen / Deardorff / Irwin 2005; Pitelis / Teece 2010). Ein Land sollte sich folglich auf die Produktion und den Export der Güter spezialisieren, bei denen es einen absoluten Kostenvorteil aufgrund einer superioren Faktorausstattung genießt, und die anderen Güter importieren, da sich so die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt steigern lässt (Krugman 1979; Myerson / Satterthwaite 1983; Myint 1958). Den Grundgedanken eines notwenigen Kostenvorteils aufnehmend, stellt Ricardo (1817) in seiner Theorie komparativer Vorteile heraus, dass es nicht so sehr auf absolute, sondern vielmehr auf relative Kostenunterschiede bzw. -vorteile eines Landes gegenüber einem anderen im Bezug auf das Produktionskostenverhältnis mehrerer Güter ankommt, um einen Mehrwert aus internationalem Handel zu realisieren (Mtigwe 2006). Formaltheoretisch

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

fundiert wird dieser Grundgedanke im Heckscher-Ohlin-Modell, das die Bedeutung von zwischen Ländern unterschiedlichen Einsatzfaktorproportionalitäten auf die Möglichkeit, einen Mehrwert durch Handel zu generieren, herausstellt (Davis 1995; Leamer 1995; Morgan / Katsikeas 1997). So kann es für ein Land selbst dann von Vorteil sein, mit einem anderen Land Austauschbeziehungen zu unterhalten, wenn es bei der Produktion aller gehandelten Güter absolute Kostennachteile besitzt. Entscheidend ist vielmehr, dass es zwischen den betrachteten Ländern Unterschiede bei den Produktionskostenverhältnissen der jeweiligen Güter untereinander gibt. Dann kann es zu einer Wohlfahrtssteigerung durch internationalen Handel kommen, wenn die Länder jeweils mehr von den Gütern herstellen und den Überschuss exportieren, bei denen sie ein relativ günstigeres Produktionskostenverhältnis zu bestimmten anderen Gütern aufweisen als der jeweilige Handelspartner. Entscheidend für evtl. Produktionskostendifferenzen ist das Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoreinsatzintensitäten bei der Produktion verschiedener Güter mit unterschiedlichen Faktorausstattungen der betrachteten Länder (Markusen / Deardorff / Irwin 2005). Anders formuliert, hängt die Vorteilhaftigkeit internationalen Handels von der jeweiligen Ressourcenausstattung und dem Ressourcenbeitrag zur Erstellung einer bestimmten Leistung ab. Diese klassischen Handelstheorien stellen die Basis oder Referenz für alle weiteren Internationalisierungstheorien dar, da durch sie grundsätzlich die Bedeutung der Ressourcenausstattung, das Kriterium der Effizienz und die Auswirkungen einer Spezialisierung auf die Möglichkeit, einen Mehrwert im internationalen Kontext zu generieren, begründet werden (Grossman / Rossi-Hansberg 2006; Krugman 1979). Vereinfacht ausgedrückt, hängt die Höhe des potentiellen Mehrwertes durch internationalen Handel von den Ausstattungen an werthaltigen und immobilen Ressourcen der betrachteten Länder oder Akteure bzw. den relativen Ausstattungsunterschieden ab. Diesbezüglich ist jedoch anzumerken, dass sich die Diskussion auf Länder oder Nationalstaaten bezieht und Unternehmen – wenn überhaupt – nur am Rande als eine Art passiver Erfüllungsgehilfen betrachtet werden. Daher stellt sich hier auch die Frage nach dem Internalisierungsgrad und insbesondere der Aneignungsfähigkeit des Mehrwertes nicht. Aufgrund dieses Länderfokus verschwimmen zudem die Grenzen zwischen eigentums- und standortspezifischen Vorteilen: Laut obiger Darstellung unterscheiden sich diese beiden Vorteilkategorien anhand der dahinterstehenden Faktoren. Eigentumsspezifische Vorteile beruhen auf einer Faktorausstattung, die insofern akteursspezifisch ist, als dass diese Faktoren eben anderen Akteuren nicht zur Verfügung stehen (dürfen). Standortspezifische Vorteile entstehen hingegen aufgrund von landesspezifi-

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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schen Faktorausstattungen, da die fraglichen Faktoren immobil sein müssen. Demnach könnte hier zunächst angenommen werden, dass in den hier diskutierten klassischen Handelstheorien standortspezifische Vorteile diskutiert werden. Da hier die Länder aber auch gleichzeitig die handelnden Akteure sind, könnte genauso gut argumentiert werden, dass hier eigentumsspezifische Vorteile diskutiert werden. Letztendlich lässt sich diese Unklarheit aber auch als Hinweis darauf verstehen, dass beide Vorteilarten nur sinnvoll gemeinsam betrachtet werden können; damit ein Land einen Mehrwert aus internationalem Handel generieren kann, müssen sowohl ein O- als auch ein L-Vorteil bestehen: Ein Land kann bspw. aufgrund seiner Ausstattung an bestimmten Ressourcen über einen Produktionskostenvorteil und somit über einen eigentumsspezifischen Vorteil bei der Produktion eines bestimmten Gutes gegenüber einem anderen Land verfügen. Damit daraus auch tatsächlich ein Mehrwert für das fokale Land entstehen kann, muss das andere Land jedoch gleichzeitig über einen ähnlichen Vorteil bezüglich eines anderen Gutes und über eine hinreichend große Nachfrage nach dem erstgenannten Gut verfügen. Beide letztgenannten Bedingungen stellen aus Sicht des fokalen Landes eine Art standortspezifischen Vorteil des anderen Landes dar. So stellt auch Dunning heraus: (2000, S. 168, 178, ähnlich argumentieren bspw. auch: Dunning / Lundan 2010; Pitelis 2007): „When the eclectic paradigm was first put forward (in 1977), it was assumed that such competitive or O specific advantages largely reflected the resources and capabilities of the home countries of the investing firms; and that [internationalization] […] would only occur when the benefits of exploiting, i. e. adding value to, these advantages from a foreign location outweighed the opportunity costs of so doing. […] [T]he nature and composition of a country or region’s comparative advantage […] [is] based on its possession of a unique set of immobile natural resources and capabilities […] [with] which foreign MNEs might […] complement their own core competencies.“30

Grundsätzlich hat sich an der dargestellten Begründung für die Möglichkeit, einen Mehrwert aus internationaler Tätigkeit zu generieren, bis heute nicht viel geändert: Die Annahme, dass das Mehrwertgenerierungspotential eines Akteurs maßgeblich von komparativen Vorteilen und damit von dessen Ressourcenausstattungen im Vergleich zu anderen Akteuren abhängt, wird so in fast allen maßgeblichen Internationalisierungsansätzen mehr oder weniger explizit vertreten (Anderson / Gatignon 1986; Andersson 2000; Araujo / Rezende 2003; Arvidsson / Birkinshaw 2004a; Asmussen / Benito / 30 In derselben Arbeit stellt Dunning zudem heraus, dass internationale Unternehmen ihre eigentumsspezifischen Vorteile mit standortspezifischen Vorteilen komplementieren, indem sie bspw. Allianzen mit an dem jeweiligen Standort ansässigen Unternehmen eingehen, wobei die angesprochenen standortspezifischen Vorteile dann gleichzeitig die eigentumsspezifischen Vorteile letztgenannter Unternehmen sind. Diesbezüglich sei hier auf die Diskussion im folgenden Abschnitt verwiesen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Petersen 2009; Barkema / Vermeulen 1998; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw / Hood 1998; Buckley 1990; Buckley / Pearce 1979; Buckley / Hashai 2009; Buckley / Casson 1976; 1998b; Caves 1971; 1996; Dunning 1974; 1977; 2000; 2003; Ford / Leonidou 1991; Grossman / Rossi-Hansberg 2006; Hamel 1991; Hashai 2009; Hedlund 1994; Jansson 2008; Johanson / Vahlne 1990; 2009; Kogut 1993; Kogut / Zander 1993; Li 2007; Madhok 1998; Markusen / Deardorff / Irwin 2005; Morgan / Katsikeas 1997; Nooteboom 2004d; Olsen 2006; Oviatt / McDougall 2004; Peng 2001; Pitelis 2007; Rugman 1976; 1986; Teece 1985; Vissak 2003). So konstatieren Kogut und Zander (1993, S. 625, 627 f.): „[A] necessary condition for trade among firms and among countries is comparative advantage: differences in productivity in carrying out economic activities make it desirable for firms and nations to specialize and trade the products and services that reflect their superior capabilities. […] [T]he primary advantage that a firm brings to foreign markets is its possession of superior knowledge […] which embodies a firm’s advantage, whether it be the knowledge underlying technology, production, marketing or other activities.“

Allerdings veränderten sich im Zeitverlauf zunächst die vorteilbegründenden Ressourcenarten, auf die jeweils das Hauptaugenmerk gerichtet wurde. Die bisher dargelegten klassischen Handelstheorien bezogen sich vornehmlich auf natürliche Ressourcen sowie die allgemeinen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital (Dunning 2000; Dunning / Lundan 2010; Grossman / Rossi-Hansberg 2006; Mtigwe 2006; Pitelis 2007) 2. Klassische Theorien multinationaler Unternehmen In den 1950er Jahren verlagert sich die Analyseeinheit vom Nationalstaat hin zu der international agierenden Unternehmung. Motiviert durch die Beobachtungen von sich beschleunigendem technologischen Fortschritt und dem Aufkommen großer multinationaler Unternehmungen (MNC) (Leontief 1966) stellt sich Hymer (1960) die Frage, warum Unternehmen überhaupt international tätig werden, und dabei insbesondere, warum sie eigenständig Aktivitäten an ausländischen Standorten durchführen. Ausgangspunkt der sich etablierenden Theorie multinationaler Unternehmen ist die Annahme, dass Unternehmen bei der eigenständigen Durchführung von Aktivitäten in fremden Märkten grundsätzlich einen Kostennachteil gegenüber Akteuren haben, die auf ihrem jeweiligen Heimatmarkt agieren (Dunning 1977; 2000; Hymer 1960, S. 46; Weisfelder 2001). Daraus folgt, dass international agierende Unternehmen über einen Vorteil verfügen müssen, der den Nachteil gegenüber den heimischen Unternehmen mindestens ausgleichen kann, und dass dieser Vorteil nur oder zumindest effektiver realisierbar ist, wenn diese Unternehmen direkt auf dem Auslandsmarkt tätig werden. Anders formu-

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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liert, müssen internationale Unternehmen über die Möglichkeit verfügen, einen potentiellen Mehrwert zu generieren, und diesen Mehrwert am effektivsten durch eine (vollständige) Internalisierung der entsprechenden Aktivitäten realisieren und sich aneignen können.31 Diesbezüglich entwickeln sich zwei Ansätze – die Theorie ausländischer Direktinvestitionen (FDI) und die Theorie des internationalen Produktlebenszyklus – mehr oder weniger parallel. Laut der FDI-Theorie muss eine Unternehmung, um überhaupt einen potentiellen Mehrwert durch eine Internationalisierung zu generieren, einen industrieökonomisch fundierten monopolistischen Vorteil gegenüber (potentiellen) Wettbewerbern genießen, der als strukturelle Markteintrittsbarriere verstanden werden kann (Bain 1956). Dieser basiert hier vornehmlich auf dem Besitz von superioren (Produktions-)Technologien bzw. technologischen Neuerungen und Entwicklungen, die dann z. B. Produktionskostensowie Differenzierungsvorteile ermöglichen (Calvet 1981; Caves 1971; Hirsch 1976; Hymer 1960; Kindleberger 1969). All diese vorteilbegründenden Faktoren lassen sich damit als bestimmte Ressourcenarten verstehen, über die das betrachtete Unternehmen im Gegensatz zu seinen Wettbewerbern verfügen kann, um damit letztendlich einen Mehrwert zu generieren. Da der FDI-Ansatz vornehmlich zu erklären versucht, warum Unternehmen (direkt) international tätig werden, und sich weniger der Frage widmet, wo die Unternehmen dies tun, werden hier standortspezifische Faktoren bzw. Vorteile nur am Rande betrachtet. Diesbezüglich ist aber anzunehmen, dass die Argumente der klassischen Handels- und Standorttheorien (Hoover 1948; Hotelling 1929; Isard 1956; Losch 1940; Weber / Pick 1909) hier übernommen werden. Dies geht insbesondere aus dem zweiten hier zu diskutierenden Ansatz der internationalen Produktlebenszyklustheorie hervor. Bezüglich des eigentumsspezifischen Vorteils beruht diese im Wesentlichen auf einer der FDI-Theorie vergleichbaren Argumentation, fokussiert jedoch stärker auf vorteilbegründende (Produkt-)Innovationen sowie internationale Handelsströme und hat zudem einen intertemporalen Charakter (Vernon 1966; 1979; Wells 1968). Den Ausgangspunkt stellt hier die Beobachtung dar, dass es meist zu einer zeitlichen Verzögerung zwischen der Einführung einer Innovation und deren Nachahmung von ausländischen Wettbewerbern kommt (Buckley / Casson 1998b; Morgan / Katsikeas 1997; Posner 1961). Dieses Phänomen wird durch die Annahme erklärbar, dass sich die internationalen Handelsstrukturen ähnlich wie der Produktlebenszyklus verhalten (Vernon 1966; 1979; Wells 1968): Unternehmen, die einen monopolistischen 31 Die hier bereits angedeuteten Internalisierungsaspekte sollen im Folgenden zunächst nicht weiter betrachtet werden. Diesbezüglich sei auf Kap. B. II. verwiesen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Wettbewerbsvorteil bezüglich eines bestimmten Produktes aufgrund einer Innovation innehaben, werden dieses zunächst auch in ausländische Märkte exportieren, um den monopolistischen Vorteil auch dort auszunutzen. Wenn die Auslandsnachfrage im Zeitverlauf ansteigt, wird das Unternehmen aus Effizienzgründen auch im jeweiligen Auslandsmarkt produzieren (Cavusgil 1980; Hirsch 1976). Gleichzeitig wird das Produkt immer standardisierter, und andere Unternehmen sind evtl. in der Lage, den Innovationsvorsprung aufzuholen und ein vergleichbares Produkt herzustellen. Als Folge werden die Produktionskosten für die Profitgenerierung immer bedeutender und die Produktion wird zunehmend in Länder mit geringeren Produktionskosten verlagert. Diesbezüglich wird vor allem die Bedeutung von Arbeits- und Rohstoffkosten und damit letztendlich der Faktorausstattung an Arbeit und natürlichen Ressourcen herausgestellt. Anders formuliert, sind hier eigentumsspezifische Vorteile auf Basis technologischer Innovationen anfangs die notwendige Bedingung für die Internationalisierung von Unternehmen, da sie ein bestimmtes Mehrwertgenerierungspotential begründen. Um dieses durch Internationalisierung auch realisieren zu können, müssen in den ausländischen Märkten auch entsprechende Nachfragebedingungen herrschen und zudem vor allem gegen Ende des Lebenszyklus standortspezifische Vorteile auf der Basis von Faktorausstattungs- und -kostendifferenzen existieren. Im Zeitverlauf entstehen mehrere Varianten oder Weiterentwicklungen der beiden hier diskutierten Theorien, von denen hier stellvertretend zwei Ansätze vorgestellt werden sollen, die als internationale Portfoliotheorien bezeichnet werden können (Knickerbocker 1973; Markusen / Deardorff / Irwin 2005; Mtigwe 2006; Rugman 1976; Rugman / Verbeke 2005). Ausgangspunkt dieser Ansätze ist auch hier die Annahme, dass internationalisierende Unternehmen über einen eigentumsspezifischen Vorteil auf Basis bestimmter Ressourcen verfügen. Das Hauptaugenmerk liegt hier aber auf den Faktoren, die die Standortwahl dieser Unternehmen determinieren. Diesbezüglich wird die Bedeutung einer durch Internationalisierung möglich werdenden Risikodiversifikation herausgestellt.32 So verweist Rugman (1976) darauf, dass Unternehmen die negativen Konsequenzen eines exogenen Schocks auf einem bearbeiteten Markt dadurch abfedern können, indem sie gleichzeitig auf anderen unabhängigen Märkten agieren. So kann dann die Risikoexposition eines Unternehmens aufgrund von ökonomischen Schocks auf dem Heimatmarkt reduziert werden. Die Vorteilhaftigkeit eines bestimmten ausländischen Standortes bestimmt sich folglich aus dessen (makroökonomischer) Unabhängigkeit vom Heimatmarkt des Unternehmens. Auch Knicker32 Hierauf zielen auch Ansätze ab, die ähnlich auf Basis von Wechselkursrisiken argumentieren (siehe bspw. Aliber 1971; Cushman 1985).

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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bockers (1973, S. 26) „Follow-my-leader-Ansatz“ hat die Möglichkeit einer Risikoreduktion durch den Eintritt in einen ausländischen Markt zum Gegenstand und lässt sich wie folgt beschreiben: „[F]irms A and B…export competing products to foreign country X. Now, suppose A established a manufacturing subsidiary in X. B, uncertain of production economies, if any, that A might gain by manufacturing locally, faces the possibility that it could be underpriced by A in the market place. By establishing its own manufacturing subsidiary, B can match the production costs of A and thereby preserve its market share should A resort to price competition.“

Hier hängt die Vorteilhaftigkeit eines ausländischen Standortes folglich davon ab, ob und wie dessen Konkurrenten in diesem Markt agieren. Letztendlich beruhen damit auch hier die standortspezifischen Vorteile bzw. der mögliche Realisierungsgrad eines potentiellen Mehrwertes auf den Nachfragebedingungen und verfügbaren klassischen Produktionsfaktoren – vornehmlich Verfügbarkeit und Kosten von Arbeitskräften sowie natürlichen Ressourcen – eines Auslandsmarktes.33 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die hier diskutierten Ansätze der Theorie internationaler Unternehmungen prinzipiell die bereits in den klassischen Handelstheorien herausgestellte Begründung für eine Internationalisierung ökonomischer Aktivitäten vorbringen. Damit ein Unternehmen überhaupt international tätig werden kann, muss dieses über einen eigentumsspezifischen bzw. monopolistischen Wettbewerbsvorteil aus dem Besitz bestimmter Ressourcen verfügen, der ein bestimmtes Mehrwertgenerierungspotential begründet. Insgesamt fokussieren die hier diskutierten Ansätze jedoch stärker auf technologiebasierte Begründungen für die Möglichkeit, einen potentiellen Mehrwert zu generieren; ein Aspekt, der in den früheren Theorien weitestgehend vernachlässigt wurde. Damit wird folglich die Bedeutung von technologischen Ressourcen bzw. Fähigkeiten und Wissen in Bezug auf (neue) Technologien als vorteilbegründende Ressourcenarten erstmals explizit angesprochen. Genau diese Aspekte stehen im Fokus der im Folgenden zu diskutierenden ressourcen- oder wissensbasierten Ansätze. Bezüglich der standortspezifischen Vorteile wird die Argumentationsnähe zu den klassischen Handelstheorien insbesondere in der Internationalen Produktlebenszyklustheorie deutlich, indem hier auf die Bedeutung von Produktionskostenvorteilen aufgrund der Faktorausstattungen und -kosten bestimmter Länder für den Export in andere Länder verwiesen wird. Ferner wird auf makroökonomische Faktoren wie bspw. die Bedeutung von Wechselkursen und Zinssätzen für die Standortwahl hingewiesen. 33 Aus dem hier vorgestellten Ansatz Knickerbockers geht darüber hinaus die industrieökonomische Fundierung der hier vorgestellten Ansätze besonders deutlich hervor. Die Grundlage des Ansatzes ist hier eindeutig ein industrieökonomisches Oligopolmodell.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Des Weiteren ist noch auf einen interessanten Aspekt hinzuweisen: Wie bereits dargelegt, stellt die Annahme, dass ausländische Unternehmen zunächst einmal einen Wettbewerbsnachteil gegenüber einheimischen Unternehmen aufweisen, der von eigentumsspezifischen Vorteilen (über-)kompensiert werden muss, die Argumentationsgrundlage für die vorgestellten Ansätze dar. Daraus lässt sich ableiten, dass internationale Unternehmen einen negativen standortspezifischen Vorteil in einem Auslandsmarkt besitzen. Welche Faktoren zu einem solchen Nachteil konkret und evtl. differenziert nach unterschiedlichen Standorten beitragen könnten, bleibt hier jedoch weitestgehend unklar. Auch diese Überlegung wird in den folgenden Ansätzen, die sich einer ressourcenbasierten Perspektive und deren Erweiterungen und Ergänzungen zuordnen lassen, aufgegriffen und nimmt insbesondere im prozessualen Internationalisierungsmodell einen zentralen Stellenwert ein (Johanson / Wiedersheim-Paul 1975; Johanson / Vahlne 1977; 2009; Luostarinen 1980). Bevor diese Darstellung erfolgt, werden vornehmlich aus chronologischen Gründen zunächst Ansätze, die auf der Transaktionskostentheorie basieren, auf ihren Beitrag zur Erklärung eigentums- und standortspezifischer Vorteile hin untersucht. 3. Transaktionskostentheoretisch fundierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen Ansätze, die sich vornehmlich auf ein transaktionskostentheoretisches Fundament stützen, werden in der Literatur häufig unter dem Begriff Internalisierungstheorie subsumiert (Anderson / Gatignon 1986; Buckley / Hashai 2005; 2009; Buckley / Casson 1976; 1985; 1998a; Calvet 1981; Chen 2004; Dunning 1977; 1988; 1999; 2003; Gao 2004; Globerman 1986; Hashai 2009; Hennart 1982; 1991; Horaguchi / Toyne 1990; Root 1987; Rugman 1980a; 1986; Teece 1985; 1986b; Verbeke / Kenworthy 2007; Weisfelder 2001; Williamson 1981). Wie diese Bezeichnung schon vermuten lässt, beziehen sich die entsprechenden Ansätze vornehmlich auf die Diskussion möglicher Internalisierungsvorteile. Dennoch scheint eine Diskussion an dieser Stelle angebracht, da bspw. Buckley (Buckley / Casson 1985; Dunning 2000) behauptet, dass das eigentumsspezifische und das Internalisierungsvorteilkonstrukt gleich sind. Zunächst wird auch hier von der Notwendigkeit für Unternehmen ausgegangen, einen eigentumsspezifischen Vorteil aus zur Verfügung stehenden insbesondere technologischen Ressourcen zu besitzen (Calvet 1981; Mtigwe 2006). Darüber hinaus stellen diese Internalisierungsansätze jedoch noch die Bedeutung von transaktionskostentheoretisch fundierten Marktunvollkom-

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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menheiten oder Marktversagenstatbeständen heraus.34 Demnach können Unternehmen bezüglich grenzübergreifender Aktivitäten einen „Transaktionsvorteil“ innehaben, der nicht primär aus dem Besitz bestimmter Ressourcen, sondern aus deren hierarchischer Organisationsstruktur bzw. der Fähigkeit entsteht, Transaktionen intern effizienter zu organisieren (Buckley 1988; 1989; Buckley / Casson 1976; 1985; Rugman 1986; Rugman / Verbeke 2003a). Genauer scheinen die Autoren zu argumentieren, dass eigentumsvorteilbegründende Ressourcen erst durch Internalisierung bzw. interne Koordination erschaffen werden können und damit aus dynamischer Sicht eigentumsspezifischer und Internalisierungsvorteil ein und dasselbe sind. So kann dann ein Mehrwert durch interne Koordination von Transaktionen realisiert werden, was durch externe marktliche Arrangements aufgrund von Marktversagenstatbeständen nicht möglich ist. Letztere beruhen vor allem auf unvollständigen oder asymmetrisch verteilten Informationen, die Friktions- und Suchkosten verursachen oder den Transfer von Technologien bzw. technologischem Wissen erschweren (Buckley / Casson 1985; Coase 1937; Dunning 2000; 2003; Dunning / Lundan 2008a; Mtigwe 2006). Obwohl in der Literatur dieses Vorteilkonzept zum Teil unter der Rubrik der eigentumsspezifischen Vorteile diskutiert wird (vgl. bspw. Buckley / Casson 1985; Dunning 2000; 2003; Rugman 1980a; Rugman / Verbeke 2005), soll hier davon ausgegangen werden, dass es sich eher um Internalisierungsvorteile handelt, da diese – wie aus der kurzen Beschreibung bereits deutlich wird – unmittelbar mit der Koordinationsform bzw. dem Internalisierungsgrad zusammenhängen. Entscheidend ist hier letztendlich, dass durch die Internalisierung kein zusätzlicher Mehrwert generiert und realisiert werden kann, sondern lediglich die Realisierbarkeit und Aneignungsfähigkeit eines potentiellen Mehrwertes – der aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen bzw. Anlagen eines Unternehmens resultiert – verbessert werden kann (Conner 1991; Madhok 1996; 1997; 1998). Darüber hinaus bieten die angesprochenen Ansätze hier keinen weiteren Erkenntnisgewinn: Damit Unternehmen überhaupt einen Vorteil aus der internen Koordination ziehen können, müssen sie zunächst über Vorteile verfügen, die auf dem Zugang zu bestimmten 34 Hier ist darauf hinzuweisen, dass transaktionskostentheoretische Überlegungen, die von der Annahme opportunistisch agierender Akteure ausgehen, einen zentralen Stellenwert in diesen Ansätzen einnehmen. Hier soll jedoch vornehmlich auf die eher industrieökonomisch fundierten Argumente eingegangen werden, weshalb eine Einordnung dieser Ansätze unter dem vorliegenden Kapitel erfolgt. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass fast alle Arbeiten auf einer Kombination industrieökonomisch und transaktionskostentheoretisch fundierter Erklärungen basieren. Dies scheint auch notwendig, da ohne die Annahme opportunistischer Akteure die Vorteilhaftigkeit einer Internalisierung in vielen Fällen schleierhaft bleibt (Foss 1996b; 1996a; Williamson 1999; für eine gegenteilige Auffassung siehe aber bspw. Kogut / Zander 1992; Love 1995).

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Ressourcen basieren, und diese prinzipiell – also unabhängig von der Koordinationsform – sinnvoll mit standortspezifischen Vorteilen verbinden können. Zur Konzeptionalisierung solcher Vorteile scheinen die angesprochenen Internalisierungsansätze jedoch keinen eigenständigen Beitrag zu leisten. 4. Ressourcen- und wissensbasierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen Wie bereits angesprochen, wird in der Internationalisierungsliteratur unterstellt, dass Unternehmen eine „Bürde“ oder „Last der Fremdartigkeit“ (liability of foreignness) tragen, wenn sie auf ausländischen Märkten agieren wollen (Buckley / Casson 1976; Caves 1996; Dunning 1981). Folglich müssen sie über einen eigentumsspezifischen Vorteil verfügen, der mit dem standortspezifischen Vorteil des betrachteten Auslandsmarktes so verbunden werden kann, dass diese Last mindestens kompensiert wird. Diesbezüglich verweisen die bisher dargestellten Ansätze auf Faktor- bzw. Ressourcenarten, deren Beitrag insbesondere zum eigentumsspezifischen Vorteil eher aufgrund empirischer Beobachtungen „angenommen“ denn theoretisch begründet würde. Bspw. verweist Vernon (1966; 1979) auf die empirische Beobachtung, dass Wettbewerber erst mit einiger zeitlicher Verzögerung Produktinnovationen eines Unternehmens kopieren oder imitieren können. Warum es jedoch zu einer solchen Verzögerung kommt, kann durch alleinigen Rekurs auf die klassische Industrieökonomie nicht hinreichend geklärt werden, da diese eher deskriptive denn präskriptive Vorteilbegründungen bereitstellt (Conner 1991; Foss / Iversen 1997; Peng 2001; Rumelt 1984).35 Damit bleiben diese Ansätze dann auch eher vage bezüglich generalisierbarer Eigenschaften, die Ressourcen besitzen müssen, um einen Vorteil zu begründen bzw. zu einem solchen beizutragen.36 Eine theoretische Reduk35 Die Industrieökonomik fokussiert eher auf die Klärung der Fragen, wie bestimmte Faktoren zur Marktmacht eines Unternehmens beitragen können und welche Auswirkungen eine solche Macht auf den jeweiligen Markt haben kann. Entscheidend ist hier, dass diese Faktoren persistent sind, um hinreichende Marktbarrieren zu begründen (Baumol / Panzar / Willig 1982; Tirole 1988). Diese Persistenz wird dabei vornehmlich durch exogene Ursachen wie bspw. Patentschutz und anderen staatlichen Zugangsbeschränkungen oder durch Skalenvorteile erklärt. Insoweit als dass diese Barrieren auf dem Zugang zu superioren Ressourcen bzw. Technologien und Wissen etablierter Unternehmen basieren, wird diese Persistenz dann entweder durch solche exogene Ursachen erklärt oder einfach angenommen. Ein endogenes Entwickeln oder Erlernen solcher Ressourcen und Fähigkeiten kann hier jedoch nicht hinreichend erklärt werden. 36 Die Unsicherheit bezüglich bestimmter Charakteristika von Ressourcen könnte hier aber als vorteilbegründende Eigenschaft abgeleitet werden (Akerlof 1970). Diese Unsicherheit könnte dann dazu führen, dass Ressourcen von anderen Akteuren

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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tion der Betrachtung (vieler) „Ressourcenarten“ auf (einige) vorteildeterminierende „Ressourceneigenschaften“ wäre aber aus methodologischer Sicht äußerst wünschenswert, da so „an identification of the unknown with the known“ ermöglicht werden kann (Popper 1974, S. 260). Dies bedeutet im vorliegenden Kontext, dass durch die Konkretisierung und theoretische Begründung wesentlicher vorteilbegründender Ressourcencharakteristika auch Internationalisierungsaktivitäten von Unternehmungen erklärt werden können, die evtl. nicht (allein) auf dem Zugang zu superioren Technologien oder exogenen vorteilbestimmenden Faktoren gründen (Bartlett / Ghoshal 1989; Dunning 1995; Dunning / Lundan 2008a; Ghoshal / Bartlett 1990; Hitt / Dacin / Levitas / et al. 2000; Peng 2001; Peng / Wang 2000; Rugman / Verbeke 2004). Des Weiteren scheinen sich so die Entstehung und Entwicklung von Internationalisierungsaktivitäten nicht mehr nur durch exogene Faktoren, sondern auch endogen durch Entscheidungsparameter und Verhaltensweisen der betrachteten Akteure erklären zu lassen. Anders formuliert, kann so die Betrachtung und Analyse von Internationalisierungsentscheidungen um dynamische Aspekte erweitert werden. Arbeiten, die theoretisch vornehmlich auf einer ressourcen- und / oder wissensbasierten Perspektive fundiert sind, widmen sich genau diesen vorteilbegründenden Ressourcencharakteristika, indem sie diese spezifizieren und ihre Entwicklung thematisieren (Arvidsson / Birkinshaw 2004b; Athanassiou / Nigh 1999; 2000; Autio / Sapienza / Almeida 2000; Barkema / Vermeulen 1998; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw / Hood 1998; Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Chang 1995; Delios / Beamish 1999; Dess / Gupta / Hennart / et al. 1995; Dubois / Toyne / Oliff 1993; Foss / Iversen 1997; Geringer / Tallman / Olsen 2000; Ghoshal / Bartlett 1990; Hamel 1991; Hitt / Hoskisson / Kim 1997; Hitt / Dacin / Levitas / et al. 2000; Kogut 1993; Kogut / Zander 1996; Luo / Peng 1999; Madhok 1997; 1998; 2006; Nooteboom 2004d; Oviatt / McDougall 2004; Peng 1998; 2001; Peng / Hill / Wang 2000; Peng / Wang 2000; Peng / Lee / Tan 2001; Steensma / Lyles 2000; Tallman 1991; 1992). Dazu bedienen sie sich der konzeptionellen Begründung für die Entstehung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils von Unternehmen, die durch den „Renicht imitiert werden können und so exklusiv beim fokalen Akteur verbleiben, der dann so einen Mehrwert aus der Nutzung dieser Ressource generieren könnte. Ein alleiniger Rekurs auf eine solche Unsicherheit scheint bei genauerer Betrachtung zwar korrekt, jedoch zu grob, was bspw. bei dem dargelegten möglichen Zusammenhang von Unsicherheit und Imitierbarkeit deutlich wird: Es ist zwar richtig, dass Unsicherheit bezüglich bestimmter Ressourceneigenschaften dazu führen kann, dass diese Ressource nicht imitierbar ist, jedoch muss dies nicht in jedem Fall so sein. Bspw. kann ein Akteur dazu in der Lage sein, ein mechanisches Uhrwerk nachzubauen, sodass seine Kopie genauso gut funktioniert wie das Original, ohne genau verstehen zu müssen, wie der Mechanismus funktioniert bzw. welche physikalischen Gesetze die Funktionsfähigkeit begründen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

source-based View“ (RBV) sowie dessen Weiterentwicklungen etabliert wurde, die wiederum auf (Kern-)Kompetenzen, dynamische Fähigkeiten sowie (organisationales) Lernen fokussieren und damit die zentrale Bedeutung von Wissen bzw. bestimmter Wissensarten als Ressource herausstellen (Antonelli / Quéré 2003; Antonelli 2005c; Argyris / Schön 1978; Barney 1986b; 1991; 1996 Barney / Zajac 1994; Cohen / Levinthal 1990; Conner 1991; Doz / Hamel 1998; Fiol / Lyles 1985; Foss / Knudsen 1996; Foss 1997; Grant 1991; 1996; Hamel / Prahalad 1990; Huber 1991; Kogut / Zander 1992; 1993; 1996; Lane / Lubatkin 1998; Langlois / Foss 1999; Larsson / Bengtsson / Henriksson / et al. 1998; Levinthal / March 1993; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; March 1991; Nelson / Winter 1982a; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2001; 2004a; 2009; Penrose 1959; Peteraf 1993; Pisano 2000; Pitelis 2007; Pitelis / Teece 2010; Quinn 1992; Reed / DeFillippi 1990; Richardson 1972; Rumelt 1984; Simon 1991a; Spence 1981; Spender 1996; Teece 1986a; 1998; Weick / Westley 1996; Wernerfelt 1984; Zollo / Winter 2002).37 Da die genannten Ansätze sich vornehmlich in ihrem jeweiligen Fokus auf verschiedene Aspekte bezüglich der Generierung eines nachhaltigen Wettbewerbsvorteils unterscheiden, diese Aspekte jedoch in allen Ansätzen zumindest implizit als bedeutend anerkannt werden, sollen sie im Folgenden einheitlich als ressourcen- oder wissensbasierte Perspektive bezeichnet werden.38 37 Hier wird auf eine Abgrenzung zwischen den Begriffen Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen verzichtet, da sie für die vorliegende Arbeit nicht wesentlich scheint. Da jedoch eine genauere Erklärung der Begriffe zum besseren Verständnis beitragen kann, sei hier stellvertretend auf die Ausführung Nootebooms (2009, S. 31 f.) verwiesen, die der hier vertretenen Auffassung entspricht:

„[…] [A] resource is anything that may support economic activity. It includes things like water, air, energy, land, space, institutions, language, access to markets, and social position. It also includes assets, tangible and intangible, which are resources that may be built, designed, and owned, may spill over, and require investment. That includes knowledge, understanding, reputation, legitimation, trust and abilities. Abilities include competence and capability, and I am not sure about the difference between the two. They may include know-that, but certainly include know-how, and have a greater or lesser tacit component. According to ordinary language they may apply, I think, to both individuals and organizations, so I keep it that way. Perhaps the difference between competence and capability can be seen as follows. Capability is the ability to appropriately employ competence, depending on context, that is the ability for appropriate selection from a repertoire of possible actions. On an individual level, we speak of skills. On an organizational level, I speak simply of organizational capabilities, which relate to coordination, combination and development of individual level competence and capability, within and outside the organization.“ 38 So beruhen die genannten Erweiterungen auf der Argumentation des ressourcenbasierten Ansatzes. Der wissensbasierte Ansatz fokussiert dabei vornehmlich auf Wissen als bedeutendste Ressourcenart. Die auf Lernen und dynamische Fähigkeiten

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Ursprünglich widmen sich Arbeiten dieser Perspektive Fragen bezüglich der Generierung von (dauerhaften) Wettbewerbsvorteilen, die sich in der Möglichkeit manifestieren, „über-normale“ Renditen bzw. einen ökonomischen Mehrwert über Wettbewerbsniveau zu generieren (Barney 1991; 1996; Foss 2002; Hamel / Prahalad 1990; Lippman / Rumelt 1982; Loasby 2002; Penrose 1959; Richardson 1972; Rumelt 1984; Wernerfelt 1984). Die diesbezügliche Argumentation basiert auf der grundlegenden Annahme, dass Akteure bzw. Unternehmen innerhalb einer Population heterogen sind, insbesondere im Hinblick auf ihre Ressourcenausstattungen und Fähigkeiten, diese zu nutzen (Amit / Schoemaker 1993; Jacobides / Winter 2005; Penrose 1959; Priem / Butler 2001; Richardson 1972). Dies ist so zu verstehen, dass Akteure zwar über gleiche Ressourcen und Fähigkeiten verfügen können, diese dann jedoch, der neoklassischen und industrieökonomischen Argumentation folgend, irrelevant für die Möglichkeit sind, Renten über Wettbewerbsniveau zu realisieren. Vielmehr muss dieser Wettbewerbsvorteil aus dem Anteil an Ressourcen und Fähigkeiten resultieren, die heterogen verteilt sind. Damit eine bestimmte Ressource (bzw. ein Ressourcenbündel) einen Wettbewerbsvorteil begründen oder zu einem solchen beitragen kann, muss sie werthaltig, rar sowie schwer imitier- und / oder substituierbar sein (Amit / Schoemaker 1993; Barney 1991; 1995; 1996; Grant 1991; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993; Wernerfelt 1984). Werthaltig sind Ressourcen, wenn sie durch ihren Einsatz zu einem Mehrwert beitragen können. Sie sind somit nur werthaltig, wenn der Akteur, dem diese Ressourcen zur Verfügung stehen, auch Aktivitäten durchführt, innerhalb derer er diese produktiv einsetzen kann (Conner 1991; Zott / Amit 2006). Außerdem müssen sie insofern rar sein, als dass sie nicht jedem Akteur, der eine vergleichbare Aktivität ausführt oder ausführen könnte, zur Verfügung stehen. Diese beiden Eigenschaften lassen eine unmittelbare Verbindung zu den bisher diskutierten Ursachen eigentums- und standortspezifischer Vorteile erkennen. Bspw. sind superiore Technologien, über die ein Unternehmen exklusiv verfügt und die es innerhalb seiner Aktivitäten einsetzten kann, werthaltig und rar. Gleiches gilt auch für eine einzigartige Ausstattung natürlicher Ressourcen eines Standortes. In der ressourcenbasierten Perspektive wird das verbundene Mehrwertgenerierungspotential auch als RicardoRenten bezeichnet, was als weiteres Indiz für die konzeptionelle Nähe zu den dargestellten klassischen Ansätzen gewertet werden kann (Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993).

fokussierenden Ansätze widmen sich vornehmlich Fragestellungen bezüglich der Generierung von Ressourcen, und dabei insbesondere von Wissen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

a) Akteursspezifität als mehrwertbestimmendes Ressourcencharakteristikum und Wissen als bedeutendste Ressourcenart Neben Ricardo-Renten werden aus der ressourcenbasierten Perspektive zudem Pareto- oder Quasirenten als Mehrwertkonzept eingeführt, deren Generierung außer Werthaltigkeit und Knappheit oder Exklusivität zusätzlich noch Immobilität oder mangelnde Imitier- und Substituierbarkeit der fraglichen Ressourcen voraussetzt. Werthaltige Ressourcen müssen insofern rar sein, als dass sie den Konkurrenten eines Akteurs nicht zur Verfügung stehen und außerdem von diesen nicht (einfach) erschaffen, kopiert, akquiriert oder substituiert werden können. Diesen Quasirenten wird eine höhere Bedeutung bzw. ein nachhaltigeres Wertgenerierungspotential attestiert (Amit / Schoemaker 1993; Barney 1991; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993; Reed / DeFillippi 1990; Rumelt 1984; Silverman 1999). So stellt Conner (1991, S. 132, Hervorhebung im Original) heraus, dass „central to resource-based theory is the view […] that persistent above-normal earnings are possible. A resource-based approach, however, views such earnings as rents accruing to uncopyable assets […].“

Peteraf (1993, S. 183 f.) erklärt dies genauer: „Resources are imperfectly mobile when they are somewhat specialized to firmspecific needs […] it should be recognized that the rents are in fact jointly produced and are as much due to the firm as to the factor. A specialized factor cannot be so productive apart from the firm. Therefore, its super-productivity is attributable as much to the context and other elements of the firm as to the factor itself.“

Was aber genau ist hier mit dem Kontext und anderen Elementen der Unternehmung gemeint? Madhok und Tallman (1998, S. 329) spezifizieren: „Such firm-specific quasi-rents are largely derived from tacit, organizationally embedded, and socially complex resources and capabilities which are not easily replicable by other firms“.

Alle drei hier diskutierten Ressourcencharakteristika und insbesondere die der mangelnden Imitier- und Substituierbarkeit weisen letztendlich darauf hin, dass eine Ressource akteursspezifisch sein muss, damit durch sie ein Mehrwert generiert werden kann, wobei die Höhe des Mehrwertgenerierungspotentials positiv von einem solchen Spezifitätsgrad abhängt (Amit / Schoemaker 1993; Barney 1991; Dierickx / Cool 1989; Dyer 1996; Langlois 1999; Langlois / Foss 1999; Zenger / Argyres 2008; Zott / Amit 2006).39 So 39 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang meist der Term „firm specificity“ verwendet (Collis / Montgomery 1997; Conner 1991; Madhok / Tallman 1998;

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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stellt Connor (1991, S. 137, Hervorhebung im Original) heraus, dass Ressourcen „that cannot be purchased, such as learning-by-doing and organizational culture, are, on average, likely to be more specific to the firm than purchasable inputs and hence have the potential to be the more significant rent-generators.“

Das Zitat verweist auch schon auf einen Faktor, der die Akteursspezifität einer Ressource entscheidend beeinflussen und als Isolationsmechanismus verstanden werden kann, der ähnlich dem Konzept der Markteintrittsbarrieren in der Industrieökonomie eine ex-post Angleichung von Renten zwischen den einzelnen Unternehmen verhindert (Dierickx / Cool 1989, S. 1508 f.; Rumelt 1984). Intangible Güter oder Ressourcen – z. B. Erfahrungswissen, Konsumentenvertrauen, Markenimage und Unternehmenskultur (Dyer / Singh 1998; Itami / Roehl 1991; Nelson / Winter 1982a) – qualifizieren sich durch ihren hohen Implizitätsgrad und tiefe Kontexteinbettung in besonderem Maße, einen solchen Isolationsmechanismus aufzuweisen (Antonelli 2005c; Huber 1991; Polanyi 1958; Quinn 1992; Reed / DeFillippi 1990). Diese Ausführungen verweisen damit auf Wissen und insbesondere implizite Wissensbestandteile als bedeutendste Ressourcenart für eine nachhaltige Mehrwertgenerierung (Antonelli 2005c; 2005b; 2006; Grant 1996; Kogut / Zander 1992; 1996; Langlois 1992; 1999; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2001; 2009; Spender 1996). Grant (1996, S. 112) erklärt: „[T]he critical input in production and primary source of value is knowledge. Indeed, if we were to resurrect a single-factor theory of value in the tradition of the classical economists’ labor theory of value or the French Physiocrats landbased theory of value, then the only defensible approach would be a knowledgebased theory of value, on the grounds that all human productivity is knowledge dependent, and machines are simply embodiments of knowledge.“

Die Implizität und Komplexität eines bestimmten Wissenssets und damit dessen Imitierbarkeit und möglicher Mehrwertbeitrag werden essenziell durch dessen Einbettung in oder Interaktionen mit einem lokalen Kontext determiniert (Antonelli 2005a; 2005b; 2005c; Cohen / Levinthal 1990; Huber 1991; Kogut / Zander 1992; Langlois 1999; Loasby 1999; Nickerson / Zenger Zott / Amit 2006). Der Term Akteursspezifität ist insoweit allgemeiner, als dass er sich nicht ausschließlich auf (profitorientierte) Unternehmen im rechtlichen Sinne bezieht, sondern auch andere, wie individuelle und kollektive Akteure, inkludieren kann. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Spezifitätsbegriff im vorliegenden Kontext unterschiedlich verwendet wird. So werden in der Literatur unterschiedliche Spezifitätsaspekte betont. Während bspw. Collins und Montgomery (1997, S. 37) auf die Spezifität von Ressourcen im Bezug auf (potentielle) Applikationsfelder fokussieren, stellt Chi (1994, S. 273) auf Spezifität bezüglich der Akteursbedürfnisse ab und Conner (1991) wiederum auf das Zusammenspiel oder die Abstimmung mit anderen (unternehmenseigenen) Ressourcen.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

2004; Nooteboom 2001; 2009; Postrel 2002; Quinn 1992; Spender 1996). Als verdeutlichendes Beispiel sei hier folgende Beobachtung Polanyis (1958, S. 54 f.) angeführt: „I have myself watched in Hungary a new, imported machine for blowing electric lamp bulbs, the exact counterpart of which was operating successfully in Germany, failing for a whole year to produce a single flawless bulb. […] An art which cannot be specified in detail cannot be transmitted by prescription, since no prescription for it exists. It can be passed on only by example […].“

Wie aus dem Zitat ersichtlich wird, ist häufig nicht das (explizite) Wissen über die Funktion einzelner Bestandteile eines Systems erfolgskritisch, sondern vielmehr das Wissen über das Zusammenspiel dieser Elemente, das erst mit der Zeit und durch den Einsatz des Systems erlangt und übertragen werden kann. Mit anderen Worten: Diese Art von Wissen lässt sich nicht hinreichend kodifizieren, sondern ist implizit und eingebettet in einen Kontext oder laut Badaracco (1991, S. 79) in „relationships among individuals and groups and in the particular norms, attitudes, information flows and ways of making decisions that shape their dealings with each other.“

Argyres (1996) gibt in seiner Diskussion über die Arbeitsweisen von Kunststofftechnikern zur Herstellung von Spritzgussformen ein anschauliches Beispiel für die Bedeutung impliziter nicht kodifizierbarer Wissensbestandteile für die Mehrwertgenerierung und die daraus folgende Akteursspezifität. Der Autor stellt die Herstellung von Spritzgussformen als hochgradig unternehmens- bzw. akteursspezifischen Prozess dar, dessen Effektivität und Effizienz maßgeblich vom individuellen Erfahrungswissen der beteiligten Akteure sowie ihren unstrukturierten und informellen Interaktionen abhängen (Argyres 1996, S. 135 f.): „These are very specialized skills, requiring as many as 7 years apprenticeship under an experienced mold-maker. Very little formal schooling is available, or necessary, for training in mold-making. An adage in the industry is that ‚moldmaking is sculpture.‘ An important skill developed by mold-makers over time is the ability to estimate how different shrinkage rates for different materials, shapes, and sizes must be accounted for in the design of the mold. […] Experienced mold-makers have knowledge of the characteristics of hundreds of types of plastics and steels of various compositions, each with different critical characteristics. […] Manuals which list shrink rates of various materials at different temperatures do exist, but they provide rough guidance at best since so many other parameters impinge on outcomes. Mold-makers rely almost entirely on their own experiences and those of their coworkers.“

Für Außenstehende ist solches nicht kodifizierbares Wissen also – wenn überhaupt – nur schwer zu imitieren oder anzueignen. Reed und DeFillippi (1990, S. 91) erklären dies anschaulich wie folgt:

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„Crucial to the value of tacitness, then, is the inability of even a skilled performer to codify the decision rules and protocols that underlie performance. Thus, tacitness generates ambiguity through the skilled operator’s own level of unawareness of the actions that he or she undertakes. Consequently, the causal relationship between actions and results remains less than apparent or is not understandable to rivals.“

Die erfolgte Konkretisierung der entscheidenden Ressourcencharakteristika, die Einführung der Akteursspezifität als mehrwertbestimmendes Konstrukt und die Betonung der zentralen Bedeutung impliziter Wissenssets in diesem Zusammenhang haben bedeutende Implikationen für die Konzeptionalisierung der hier zu diskutierenden eigentumsspezifischen und standortspezifischen Vorteile im Internationalisierungskontext: Erstens wird so die Basis an möglichen Ressourcen ausgeweitet, die zu einem eigentumsspezifischen Vorteil beitragen können. Diesbezüglich werden neben dem Zugang zu superioren Technologien bspw. administrative Strukturen und Mechanismen (Collis 1991) oder organisationale Praktiken (Peng / Lee / Tan 2001; Tallman 1991; 1992; Zaheer 1995) genannt. Insbesondere wird die Bedeutung von Fähigkeiten oder Erfahrungswissen sowie dessen Transferierbarkeit in andere Kontexte herausgestellt (Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Hedlund 1994). So verweisen bspw. Hitt, Hoskisson und Kim (1997, S. 767) darauf, dass Erfahrungswissen über die Diversifikation von Produkten zu Fähigkeiten beitragen kann, auch eine internationale Diversifikation effektiver zu managen: „International diversification is negatively related to performance in non-diversified firms, positively related in highly product-diversified firms, and curvilinearly related in moderately product-diversified firms.“

Damit wird die zentrale Stellung individueller Akteure als Träger von Erfahrungswissen innerhalb von Unternehmen für die Vorteilgenerierung deutlich. Athanassiou und Nigh (1999; 2000) sowie Roth (1995) stellen heraus, dass je internationaler Unternehmen werden, umso mehr internationale Erfahrungen werden ihre Manager besitzen, die wiederum schwer für andere Unternehmen zugänglich sind und so zu einem Wettbewerbsvorteil führen (Chang 1995; Lee / Miller 1999; Peng / Lee / Tan 2001).40 Verallgemeinert wird ein eigentumsspezifischer Vorteil hier durch das Wissen bzw. die Fähigkeiten erklärt, die es einem Unternehmen ermöglichen, besonders geeignete Organisationsstrukturen und -routinen zu etablieren, um Unterneh40 Die zentrale Bedeutung von internationalem Erfahrungswissen wird auch in der Literatur zum Born-global-Phänomen herausgestellt, indem argumentiert wird, dass einige Unternehmen direkt nach ihrer Gründung international tätig werden können, da ihre Eigentümer bzw. Manager über superiores implizites Wissen über globale Geschäftsmöglichkeiten sowie die Fähigkeiten verfügen, dieses vorteilhaft einzusetzen (Mtigwe 2006; Oviatt / McDougall 2004; Peng 2001).

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

mensressourcen global zugänglich zu machen und diese effektiv einzusetzen und zu koordinieren (Bartlett / Ghoshal 1989; Doz / Prahalad 1991; Doz / Santos / Williamson 2001; Dunning 2000; Ghoshal / Bartlett 1990; Prahalad / Doz 1999). So konstatiert Peng (2001, S. 820): „[The] most significant contributions from the integration of a resource-based logic into International Business] […] lie in the identification of international knowledge and experience as a valuable, unique, and hard-to-imitate resource that differentiates the winners from the losers and mere survivors in global competition […].“

Zweitens wird durch die Ressourcen- oder Wissensperspektive auch die Konzeptionalisierung des standortspezifischen Vorteils in ähnlicher Weise konkretisiert und erweitert. Deutlich wird dies in Arbeiten der New Economic Geography, die die Argumentationslogik der ressourcen- und insbesondere der wissensbasierten Perspektive in industrieökonomisch fundierte Modelle integrieren und so die Entstehung und das Wesen geografischer (Industrie-)Cluster erklären (Baldwin / Forslid / Martin / et al. 2005; Clark / Gertler / Feldman 2003; Coe / Helpman 1995; Feldman 2000; Fujita / Krugman / Venables 1999; Grossman / Helpman 1993; Krugman 1979; 1991; Martin / Ottaviano 1999; Ohmae 1995; Ottaviano / Puga 1998; Porter 1998a; 1998b; Storper 1992; 1997; Storper / Scott 1992; Storper / Venables 2004). Hier wird zudem die zentrale Bedeutung von Wissen für die Vorteilhaftigkeit eines Standortes für bestimmte Unternehmen bzw. Industrien herausgestellt, was als bedeutende Erweiterung des standortspezifischen Vorteilkonzeptes verstanden werden kann (Fujita / Krugman / Venables 1999; Leamer / Storper 2001; Storper 1992; Storper / Venables 2004). Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass diese wissensbasierten Faktoren immer wichtiger werden, während die bereits diskutierten klassischen Standortfaktoren – z. B. die Ausstattung mit natürlichen Ressourcen, günstige Arbeitskosten, gute Infrastruktur und makroökonomische Faktoren wie Wechselkurse – an Bedeutung verlieren. Porter (1998a, S. 78 ff.) erklärt dies anschaulich in seiner Diskussion über Cluster: „Although location remains fundamental to competition, its role today differs vastly from a generation ago. In an era when competition was driven heavily by input costs, locations with some important endowment – a natural harbor, for example, or a supply of cheap labor – often enjoyed a comparative advantage that was both competitively decisive and persistent over time. […] Modern competition depends on productivity, not on access to inputs or the scale of individual enterprises. Productivity rests on ‚how‘ companies compete, not on the particular fields they compete in. Companies can be highly productive in any industry – shoes, agriculture, or semiconductors – if they employ sophisticated methods, use advanced technology, and offer unique products and services. All industries can employ advanced technology; all industries can be knowledge intensive. […] Being part of a cluster allows companies to operate more productively in sourcing

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inputs; accessing information, technology, and needed institutions; coordinating with related companies; and measuring and motivating improvement. […] Companies in vibrant clusters can tap into an existing pool of specialized and experienced employees […]. […] A well-developed cluster also provides an efficient means of obtaining other important inputs. Such a cluster offers a deep and specialized supplier base. […] Proximity improves communications and makes it easier for suppliers to provide ancillary or support services such as installation and debugging […] [which is especially important for advanced and specialized inputs involving embedded technology, information, and service content. […] Extensive market, technical, and competitive information accumulates within a cluster, and members have preferred access to it. In addition, personal relationships and community ties foster trust and facilitate the flow of information. These conditions make information more transferable. The ongoing relationships with other entities within the cluster also help companies to learn early about evolving technology, component and machinery availability, service and marketing concepts, and so on. Such learning is facilitated by the ease of making site visits and frequent face-to-face contact.“

Aus dem Zitat ist die besondere Bedeutung des Zugangs zu impliziten Wissenskomponenten klar ersichtlich. Da solche impliziten Wissenssets – wie oben diskutiert – akteursspezifisch sind, wird hier außerdem deutlich, dass ein potentieller Standortvorteil weniger von geografischen Faktoren abhängt, sondern vielmehr von den an einem Standort ansässigen Akteuren bzw. den diesen zur Verfügung stehenden Wissenssets. Damit lässt sich schlussfolgern, dass sowohl das eigentums- als auch das standortspezifische Vorteilkonstrukt unter Berücksichtigung der ressourcenbasierten Argumentation in ein akteursspezifisches Vorteilkonzept integriert werden können. Wenn dem gefolgt wird, so kann zudem davon ausgegangen werden, dass der potentiell generierbare Mehrwert aus Internationalisierung von der Ausgestaltung entsprechender Akteursbeziehungen bzw. von der Suche und Auswahl geeigneter Akteuren für eine internationale Beziehung determiniert wird. Zusammenfassend lässt sich hier zunächst festhalten, dass durch den Einbezug der Argumentation der ressourcen- bzw. wissensbasierten Perspektive die eigentums- und standortspezifischen Vorteilkonzepte rekonzeptionalisiert werden können und jeweils eine verbesserte Erklärung für das Zustandekommen und die Höhe des potentiellen Mehrwertes ermöglichen. Diesbezüglich wurden akteursspezifische Ressourcen als wesentliche vorteilbegründende Faktoren herausgestellt, wobei sowohl die Höhe des eigentums- als auch des standortspezifischen potentiellen Vorteils vom Grad der Akteursspezifität bestimmt wird. Damit rückt die Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen ins Zentrum der Betrachtung. Des Weiteren wurden Wissen bzw. implizite Wissenssets als bedeutendste akteursspezifische Ressource identifiziert.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Wie eingangs erwähnt, ergibt sich der Mehrwert aus Internationalisierung jedoch aus der Kombination bzw. komplementären Ergänzung des eigentumsspezifischen Vorteils mit dem standortspezifischen. Auch aus der obigen Diskussion bezüglich der vorteilbegründenden Faktoren ist dies unmittelbar ersichtlich. Damit ein Unternehmen die an einem Standort von einem anderen Akteur potentiell zur Verfügung gestellten Ressourcen bzw. Wissenssets vorteilhaft nutzen kann, müssen diese auch für die jeweiligen Unternehmensaktivitäten relevant sein bzw. mit den unternehmenseigenen Ressourcen vorteilhaft kombiniert werden können. Bspw. wird ein Stahlproduzent nur sehr begrenzten Nutzen aus dem Zugang zu superioren Wissenssets von Akteuren innerhalb eines Biotechnologieclusters ziehen können. Dieser Zusammenhang soll im Folgenden unter dem Begriff der Interdependenz genauer betrachtet werden. b) Interdependenz als mehrwertbestimmende Variable Im vorherigen Abschnitt wurde herausgestellt, dass die Höhe des generierbaren Mehrwertes maßgeblich vom Grad der Akteursspezifität der eingesetzten Ressourcen bzw. Wissenssets determiniert wird. Dabei wird ein solcher Mehrwert auch vom Interdependenzgrad der durchgeführten Aktivitäten und damit letztendlich der dazu eingesetzten Ressourcen beeinflusst werden. Als verdeutlichendes Beispiel sei ein produzierendes Unternehmen angenommen, das ein standardisiertes Produkt anbietet, welches es bei Bedarf an spezielle Kundenbedürfnisse anpassen kann. Weiterhin sei angenommen, dass das Unternehmen im Vergleich zu seinen Konkurrenten ein gleichwertiges standardisiertes Produkt zu gleichen Kosten anbieten kann, jedoch superiore Fähigkeiten bei der kundenspezifischen Anpassung (Customization) seiner Produkte besitzt. Durch Letzteres verfügt das Unternehmen über einen Differenzierungsvorteil und kann folglich durch die Befriedigung spezieller Kundenbedürfnisse Renten über Wettbewerbsniveau auf seinem Heimatmarkt generieren. Existieren in einem bestimmten Auslandsmarkt Kunden, die eine ausreichend hohe Nachfrage nach dem maßgefertigten Produkt haben, so könnte das Unternehmen in der Lage sein, durch Internationalisierung und Eintritt auf diesen Markt einen Mehrwert aus dem Verkauf der angepassten Produkte zu realisieren. Zunächst müssen dazu die Fähigkeiten zur kundenspezifischen Anpassung auch auf dem Auslandsmarkt akteursspezifisch sein, die (potentiellen) Wettbewerber also über keine vergleichbaren Fähigkeiten verfügen. Voraussetzung ist weiterhin, dass das Unternehmen Zugang zu Wissenssets bezüglich der individuellen Anpassungsbedürfnisse der Kunden auf dem ausländischen Markt hat. Diese Wissenssets sind daher interdependent mit den unternehmensspezifischen

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Produktanpassungsfähigkeiten verknüpft. Bessere Informationen über individuelle Kundenbedürfnisse werden den Mehrwert aus der Durchführung der Produktanpassungsaktivitäten bzw. aus der Anpassungsfähigkeit erhöhen und umgekehrt. Würde das Unternehmen hingegen nicht über die angenommenen Fertigkeiten zur kundenspezifischen Anpassung verfügen, sondern lediglich standardisierte Produkte anbieten können, so wären Wissenssets über die individuellen Anpassungsbedürfnisse von Kunden relativ wertlos für das Unternehmen. Diese Wissenssets wären mit den Fähigkeiten zur Produktion standardisierter Produkte kaum interdependent verknüpft, da bessere individuelle Anpassungsbedarfsinformationen nur geringen Einfluss auf den durch Produktion und Verkauf des standardisierten Produktes generierbaren Mehrwert haben. Das diskutierte Beispiel zeigt exemplarisch den Zusammenhang des Interdependenzgrades mit dem Mehrwertgenerierungspotential und basiert auf organisationstheoretischen Arbeiten, die sich der Interdependenz von Aktivitäten und deren Implikationen für die relative Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Koordinationsarrangements widmen (Borys / Jemison 1989; Kelley / Thibaut 1978; McCann / Ferry 1979; Thompson 1967; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976; Van de Ven / Walker 1984; Weick 1976).41 In diesen Arbeiten bezieht sich das Interdependenzkonstrukt vornehmlich auf Aktivitäten bzw. den Arbeitsfluss zwischen diesen und die resultierenden Koordinationsanforderungen. Die Interdependenz von Ressourcen und deren Auswirkungen auf den Mehrwert werden hier, wenn überhaupt, eher implizit diskutiert. Dem widmen sich nun Arbeiten neueren Datums aus einer ressourcenbasierten Perspektive, die hier von „co-specialization“ oder „interrelatedness“ von Ressourcen sprechen, was den Zusammenhang mit dem oben dargestellten Spezifitätskonstrukt bereits begrifflich verdeutlicht (Barney 1985; 2000; Becker / Murphy 1992; Borys / Jemison 1989; Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Conner 1991; Conner / Prahalad 1996; Dierickx / Cool 1989; Enright 2000; Foss 2001; Grant 1996; Håkansson / Persson 2004; Langlois 2002; Langlois / Robertson 1995; Langlois / Foss 1999; Lippman / Rumelt 1982; Milgrom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995; Nickerson / Zenger 2004; Peteraf 1993; Pitelis / Teece 2010; Reed / DeFillippi 1990; Roth 1995; Rumelt 1984; Smith / Vasudevan / Tanniru 1996; Teece 1986a; 1998; Wageman 1995; Wernerfelt 1984; Zenger / Argyres 2008). Sind Aktivitäten interdependent, so wird sich der marginale Nutzen aus der Durchführung einer Aktivität erhöhen, wenn diese mit den anderen 41 Als allgemeine Theoriebasis für die Interdependenz von Elementen und die Auswirkungen auf das System, das von diesen Elementen konstituiert wird, kann die Arbeit von Kauffman (1993; 1995) über komplexe adaptive Systeme herangezogen werden (Nickerson / Zenger 2004).

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

interdependenten Aktivitäten verknüpft wird, da so Synergien entstehen (Foss / Iversen 1997; Milgrom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995; Osterloh / Weibel 2004; Simon 1991b). Wenn nun akzeptiert wird, dass Aktivitäten durch den Einsatz von Ressourcen ausgeführt werden, dann können auch Ressourcen, wenn sie entsprechend über Aktivitäten verknüpft sind, als interdependent verstanden werden (Madhok / Tallman 1998; Milgrom / Roberts 1995; Porter 1998c; Reed / DeFillippi 1990). Ressourceninterdependenz resultiert dann aus der Notwendigkeit des Austausches oder Transfers dieser Ressourcen bzw. diesbezüglicher Informationen (Astley / Zajac 1991; Holm / Eriksson / Johanson 1999; Victor / Blackburn 1987). Allgemein lassen sich durch den Einbezug des Interdependenzkonzeptes in Verbindung mit der ressourcenbasierten Argumentation unterschiedliche Ressourcen einer Ressourcenkategorie oder -art bezüglich ihres Mehrwertgenerierungspotentials differenzieren. Die gleiche werthaltige Ressource bzw. das gleiche werthaltige Ressourcenelement kann für verschiedene Akteure oder Aktivitätenkombinationen einen unterschiedlich hohen Beitrag zum potentiell generierbaren Mehrwert leisten. Dieser Beitrag bestimmt sich maßgeblich über den Interdependenzgrad mit anderen komplementären Aktivitäten bzw. Ressourcen, über die der jeweilige Akteur verfügt (Becker / Gerhart 1996; Dierickx / Cool 1989; Harrison / Hitt / Hoskisson / et al. 2001; Lavie 2006; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; Nooteboom 1999a; 2004b; Peteraf 1993; Teece 1998; Wernerfelt 1984). Smith, Vasudevan und Tanniru (1996, S. 45) beschreiben dies anschaulich wie folgt: „Beyond their individual contributions to competitive advantage, resources may interact and have impact on […] competitive advantage [which] is separately measurable. […] [This] concept […] is based on the notion of synergy among resources: that is, the potential contribution to competitive advantage from a bundle of resources is greater than the sum of the contribution from each individual resource in the bundle.“

Synergieeffekte aufgrund der Interdependenz von Ressourcen tragen dabei in besonderem Maße zur Erhöhung des Mehrwertpotentials bei, wenn diese Ressourcen akteursspezifisch sind. Als Begründung dient das Konzept der kausalen Ambiguität (Barney 1985; 2000; Dyer 1996; Dyer / Singh 1998; Reed / DeFillippi 1990; Rumelt 1984). So führen Lippman und Rumelt (1982, S. 420) aus: „[A]mbiguity as to what factors are responsible for superior (or inferior) performance acts as a powerful block on […] imitation. […] [It is the] ‚basic ambiguity concerning the nature of the causal connections between actions and results‘.“

Wie im vorherigen Abschnitt herausgestellt, sind akteursspezifische Ressourcen durch implizite Elemente besonders schwer oder gar nicht von

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externen Akteuren imitierbar und können daher in besonderem Maße zu einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil bzw. Mehrwertgenerierungspotential beitragen. Kommt es nun aufgrund der Interdependenz von solchen akteursspezifischen Ressourcen zu Interaktionseffekten zwischen diesen, so wird die vollständige Imitierbarkeit eines solchen werthaltigen Ressourcenbündels noch weiter erschwert, da es zusätzlich noch zu Ambiguitäten bezüglich der Wechselwirkungen zwischen den interdependenten Elementen kommen kann. Selbst wenn ein Konkurrent in der Lage ist, einige akteursspezifische Ressourcen(-elemente) aus einem solchen Bündel zu imitieren, ist dieser evtl. nicht in der Lage, die Interaktionen mit anderen Ressourcen des Bündels zu verstehen.42 So konstatiert Barney (1985, S. 359), dass „in complex […] human or technological systems, the causes of success and failure are often difficult to assign […] the establishment of cause-effect relationships can be very difficult, and the concomitant assessment of performance may be highly ambiguous.“

In der Internationalisierungsliteratur scheint die Bedeutung der Interdependenz von Aktivitäten bzw. Ressourcen für die Mehrwertgenerierung in vielen Arbeiten anerkannt, jedoch wesentlich seltener explizit thematisiert zu werden. So verweisen bspw. Dunning (1974; 1977; 1980; 1981; 1988; 1995; 2000; 2009; 2010) im Rahmen seines OLI-Paradigmas und Autoren, die dies als konzeptionelle Basis nutzen (bspw. Buckley 1990; Buckley / Casson 1998b; Buckley / Hashai 2009; Pitelis 2007; Rugman / Verbeke 2004; 2005; Verbeke / Kenworthy 2007), konsequent darauf hin, dass es zur Mehrwertgenerierung durch die Internationalisierung von Aktivitäten notwendig ist, dass ein Unternehmen seine eigentumsspezifischen Vorteile möglichst effektiv mit den jeweiligen Standortvorteilen komplementiert oder augmen42 Es könnte zunächst angenommen werden, dass Komplexität und Implizität unabhängig zu kausaler Ambiguität beitragen und daher das hier diskutierte Interdependenzkonstrukt in ähnlicher Weise wie Implizität direkt zum Akteursspezifitätsgrad einer Ressource bzw. eines Ressourcenbündels beträgt. Es stellt sich dann aber die Frage, ob die Komplexität eines Systems, die durch die Interdependenz seiner Elemente entsteht, auch in völliger Abwesenheit impliziter Bestandteile – die ja auch innerhalb der Wechselwirkungsbeziehungen der Elemente existieren könnten – dazu führen kann, dass dieses System dauerhaft „nicht vollständig“ verstanden werden kann. Dies scheint fraglich, da ein solches System vollständig kodifizierbar wäre und daher auch imitierbar sein müsste. Falls dies nicht der Fall sein sollte, müsste dies in der beschränkten Verarbeitungskapazität von Informationen des imitierenden Akteurs begründet sein. Das gleiche müsste dann jedoch auch für den Akteur gelten, der das System nutzt oder betreibt. Daher wird hier davon ausgegangen, dass ein Mindestmaß an Implizität innerhalb eines Systems vorhanden sein muss, damit kausale Ambiguität dazu beitragen kann, dass das System von Außenstehenden nicht imitierbar ist. Anders formuliert, stellen Akteursspezifität und Interdependenz jeweils eigenständige Variablen dar, die jedoch gemeinsam und interaktiv auf das Mehrwertgenerierungspotential wirken.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

tiert. Wenn anerkannt wird, dass beide Vorteilarten, wie oben argumentiert, aus dem Zugang zu und der Nutzung akteursspezifischer Ressourcen resultieren, so bedeutet dies folglich, dass die jeweils vorteilbegründenden Ressourcen interdependent sein müssen, damit durch die komplementäre Verknüpfung von standortspezifischem mit eigentumsspezifischem Vorteil ein Mehrwert entstehen kann. Deutlicher wird die Bedeutung der Interdependenz von Ressourcen bzw. Wissenssets in der internationalen Managementliteratur, die auf multinationale Unternehmen fokussiert und diese als interorganisationale Netzwerke ansieht (Aron / Singh 2005; Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Birkinshaw / Hood 1998; 2000; Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Chen / Chen 1998; Chen 2004; Doz / Prahalad 1991; Doz / Santos / Williamson 2001; Ferdows 1997; Ghemawat 2003; Ghoshal / Bartlett 1990; Harrison / Hitt / Hoskisson / et al. 2001; Hedlund 1994; Hitt / Hoskisson / Kim 1997; Hitt / Dacin / Levitas / et al. 2000; Hitt / Duane 2002; Kuemmerle 1999; Luo / Peng 1999; Peng 2001; Peng / Wang 2000; Prahalad / Doz 1999). Vereinfacht dargestellt, wird hier argumentiert, dass sich die strategische Bedeutung ausländischer Tochtergesellschaften aus deren jeweiligen Beiträgen zur Realisierung von internationalen Verbundvorteilen (economies of international scope) für das multinationale Unternehmen und damit zum potentiellen Gesamtmehrwert aus Internationalisierung ergibt (Birkinshaw 2000; Ferdows 1997).43 Verbundvorteile können hier vor allem aus dem Transfer, der Kombination und gemeinsamen Nutzung von Ressourcen entstehen (Hitt / Hoskisson / Kim 1997; Hitt / Duane 2002; Rugman / Verbeke 2003a; 2003b; 2004; Verbeke / Kenworthy 2007). Die dahinterstehende Argumentationslogik fassen Lou und Peng (1999, S. 289) anschaulich wie folgt zusammen: „[…] subsidiary growth [and therefore its value contribution to the MNC] is driven by its own distinctive capabilities […]. If subsidiary capabilities remain locally focused and globally underutilized, they cannot become the MNC’s firmspecific advantage.“44

Tochtergesellschaften können in Abhängigkeit ihres jeweiligen Beitrags in mehrere Stereotype untergliedert werden. Die Bedeutung des Interdependenzgrades für eine solche Beitragshöhe wird im Folgenden exemplarisch 43 Hier ist darauf hinzuweisen, dass die genannten Arbeiten sich allesamt vornehmlich Koordinationsaspekten innerhalb des interorganisationalen Netzwerkes widmen und die hier verfolgte Diskussion bezüglich der potentiellen Mehrwertgenerierung durch Internationalisierung nur kurz beschreiben oder implizit voraussetzten. 44 Die hier sowie in der folgenden Diskussion bereits erkennbaren dynamischen Theorieelemente bezüglich der Entwicklung von neuen Ressourcen oder Fähigkeiten soll hier noch nicht weiter thematisiert werden. Diesbezüglich sei auf Kap. B. I. 5. verwiesen.

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anhand des Modells von Bartlett und Ghoshal (1989) dargestellt, das in seinen grundlegenden Aussagen den anderen oben angesprochenen Arbeiten weitestgehend entspricht. Die Autoren unterscheiden diesbezüglich zwischen vier möglichen Rollen von Tochtergesellschaften innerhalb der multinationalen Unternehmung: Die größte strategische Bedeutung haben „strategic leaders“ gefolgt von „contributors“ und „implementers“. Die geringste Bedeutung weisen sogenannte „black holes“ auf. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale dieser Typen ergeben sich dabei aus bestimmten Wissenstransfercharakteristika, von denen die bedeutendsten die Art bzw. Herkunft der Wissenssets und die Informationsflussrichtungen sind. „Strategic leaders“ sind in der Lage, den größten Beitrag zur Realisierung von Verbundvorteilen zu leisten, da sie an ihrem jeweiligen Standort Zugang zu lokalen vorteilbegründenden Wissenssets haben, diese mit vorhandenen – vom Mutterunternehmen oder anderen Töchtern vormals transferierten – vorteilbegründenden Wissenssets verknüpfen, damit auf dem jeweiligen Auslandsmarkt einen Mehrwert generieren und darüber hinaus diese neuen Kombinationen innerhalb der gemeinsamen Unternehmung an andere Gesellschaften transferieren können, sodass auch diese die neuen Wissenskombinationen vorteilhaft einsetzten können. Anders formuliert, vermögen es diese Tochterunternehmen standort- und eigentumsspezifische Vorteile so zu verknüpfen und an andere Akteure innerhalb des interorganisationalen Netzwerkes zu transferieren, dass ein neuer eigentumsspezifischer Vorteil entsteht. Entscheidend ist somit die Verbindung bestehender Wissenssets mit am Auslandsstandort zugänglichen und (neu) angeeigneten. Damit diese Kombination ein Mehrwertpotential für das fokale Tochterunternehmen an dessen Standort aufweist, müssen die Wissenssets interdependent sein. Damit darüber hinaus auch ein Mehrwertpotential für andere Unternehmensteile entstehen kann, muss das neue Wissensset zudem mit von diesen anderen Unternehmensteilen eingesetzten Wissenssets interdependent sein. „Contributors“ leisten einen geringeren Beitrag. Sie besitzen oder entwickeln zwar eigentumsvorteilbegründende Wissenssets und können diese auch an andere Tochtergesellschaften zu deren Vorteil transferieren, jedoch haben sie keinen Zugang zu vorteilbegründenden Wissenssets von externen Akteuren an ihrem jeweiligen Standort, die sie mit internen Wissenssets kombinieren könnten, sodass diese neuen Kombinationen vorteilhaft an anderen Standorten eingesetzt werden könnten. Anders formuliert, sind die am Standort des Tochterunternehmens zugänglichen externen Wissenssets hinreichend interdependent mit den intern vorhandenen oder entwickelten, um aus deren Kombination einen Mehrwert an dem Standort generieren zu

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

können. Die ausschließlich internen Wissenssets sind auch hinreichend interdependent mit internen Wissenssets an anderen Standorten, was einen Transfer an Letztere vorteilhaft macht. Die extern zugänglichen Wissenssets weisen jedoch keinen hinreichend großen Interdependenzgrad zu internen Wissenssets an anderen Standorten auf, sodass aus dem Transfer der externen Wissenssets und / oder einer möglichen Kombination dieser mit internen Wissenssets ein Mehrwert auch an anderen Standorten generiert werden könnte. „Implementers“ können die zu ihnen intern transferierten vorteilbegründenden Wissenssets an ihrem jeweiligen Standort zwar vorteilhaft einsetzten, können darüber hinaus aber keinen Beitrag durch einen Transfer in- und externer Wissenssets an andere Standorte leisten. Die zum fokalen Standort transferierten internen Wissenssets sind also interdependent verknüpft mit externen, am jeweiligen Standort zur Verfügung stehenden Sets. Jedoch weisen weder diese externen Wissenssets noch an diesem Standort intern entwickelten oder kombinierten Sets einen hinreichend großen Interdependenzgrad zu Wissenssets an anderen Standorten auf, damit ein Transfer Ersterer zu diesen anderen Unternehmensteilen ein Mehrwertgenerierungspotential begründen könnte. „Black holes“ leisten kaum einen Beitrag zum Mehrwert des multinationalen Unternehmens. Diese Tochtergesellschaften können weder die zu ihnen transferierten Wissenssets an ihrem jeweiligen Standort vorteilhaft nutzen, noch die dort prinzipiell zugänglichen externen Wissenssets mit internen kombinieren und / oder an andere Standorte transferieren, damit dort ein Mehrwert generiert werden kann. Extern zugängliche, intern vorhandene und an anderen Standorten zur Verfügung stehende Wissenssets weisen hier einen zu geringen Interdependenzgrad auf, damit ein Mehrwert aus Internationalisierung entstehen könnte. Die aus der Diskussion ersichtliche Bedeutung des Interdependenzgrades für die Mehrwertgenerierung innerhalb eines multinationalen Unternehmensnetzwerkes lässt sich mit den folgenden Worten Bartletts und Ghoshals (1988, S. 66, 73) zusammenfassen: „[A transnational organization has] developed what we termed transnational capabilities – the ability to manage across national boundaries, retaining local flexibility while achieving global integration […] [which] is key to long-term success. […] Perhaps the most important requirement of the transnational organization is the need for the organizational configuration to be based on a principle of reciprocal dependence among units [which is based on] […] an interdependence of resources and responsibilities“.

Damit kann hier festgehalten werden, dass der Interdependenzgrad zwischen akteursspezifischen Ressourcen das Mehrwertgenerierungspotential

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aus dem Einsatz dieser Ressourcen maßgeblich beeinflussen kann: Je interdependenter die einzelnen Ressourcen miteinander verknüpft sind, umso größer wird das Mehrwertgenierungspotential sein. c) Kognitive Distanz als mehrwertbestimmende Variable In der bisherigen Diskussion wurden Akteursspezifität und Interdependenz von Ressourcen als wesentliche, das Mehrwertgenerierungspotential bestimmende Variablen herausgestellt. Damit stellt sich die Frage, welche Faktoren den Realisierungsgrad eines solchen Potentials bestimmen. Im Internationalisierungskontext sind Akteursspezifität und Interdependenz über die Notwendigkeit des fokalen Unternehmens verbunden, eigentumsvorteilbegründende Ressourcen mit standortvorteilbegründenden so zu kombinieren, dass die Bürde oder Last der Fremdartigkeit mindestens kompensiert werden kann. Dazu müssen diese Ressourcen zunächst einen hinreichenden Akteursspezifitäts- und Interdependenzgrad aufweisen, damit ein entsprechendes Mehrwertgenerierungspotential besteht. Zusätzlich muss aber auch ein hinreichend großer Anteil dieses Potentials realisiert werden können, damit die negativen Effekte aufgrund der Bürde der Fremdartigkeit mindestens kompensiert werden können. Letzteres könnte dabei auch so verstanden werden, dass eine solche Bürde die Realisierungsfähigkeit einschränkt. Damit stellt sich die Frage, welche Faktoren die Mehrwertrealisierung beeinflussen bzw. woraus eine solche Bürde der Fremdartigkeit resultiert. Die Argumentation verweist darauf, dass hier der Distanzgrad, der vorab bereits als die Internationalisierungsdimension determinierende Variable dargestellt wurde, eine wesentliche Bedeutung zukommen könnte. Damit der potentielle Mehrwert aus der Kombination unterschiedlicher interdependenter akteursspezifischer Ressourcen bzw. Wissenssets überhaupt realisiert werden kann, müssen diese Wissenssets bzw. diesbezügliche Informationen zwischen den beteiligten Akteuren ausgetauscht werden. Hier ist der angesprochene Distanzgrad zwischen den involvierten Akteuren von zentraler Bedeutung, wobei dessen Konzeptionalisierung durch Einbezug der wissensbasierten Perspektive eine wesentliche Veränderung erfährt. Bisher wurde die Distanz als geografisches bzw. räumliches Maß zwischen dem jeweils betrachteten ausländischen Standort und dem Heimatmarkt bzw. den bisherigen Standorten des fokalen Unternehmens verstanden. Bezüglich des internationalen Transfers physischer Güter scheint eine solche Konzeption aufgrund der Bedeutung von Transportkosten auch aussagekräftig. Vor dem Hintergrund der Kombinationsnotwendigkeit eigentums- und standortvorteilbegründender Ressourcen und der diesbezüglich herausgestellten zentralen Bedeutung von Wissenssets scheint eine räumliche Kon-

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zeptionalisierung der Distanz zwischen den jeweiligen Ressourcen bzw. den ressourcenkontrollierenden Akteuren jedoch weniger aussagekräftig. Wissen und Informationen stellen immaterielle Güter dar, deren Transferkosten für die Übertragung zwischen zwei Akteuren, verstärkt durch den heutigen Stand der Informations- und Kommunikationstechnologie, wenn überhaupt nur unwesentlich von der räumlichen Distanz zwischen diesen Akteuren beeinflusst werden (Arrow 1974b; Baldwin / Forslid / Martin / et al. 2005; Fujita / Krugman / Venables 1999; Leamer / Storper 2001; Teece 1977; von Hippel 1994). Vielmehr scheinen hier bestimmte Charakteristika der zu transferierenden Wissenssets in Verbindung mit bestimmten Merkmalen der beteiligten Akteure bzw. Unterschieden zwischen den Akteuren maßgeblich. Ein solches Unterschiedsmaß kann dabei auch als Distanzgrad bezeichnet werden kann.45 In der Internationalisierungsliteratur werden diese Überlegungen – insbesondere innerhalb der prozessualen Internationalisierungstheorie der sog. „Uppsala-Schule“ – als wesentlich für die Internationalisierung von Unternehmen herausgestellt (Johanson / Wiedersheim-Paul 1975; Johanson / Vahlne 1977; 1990; 2009; Luostarinen 1980). Zentrales, das Internationalisierungsverhalten von Unternehmen bestimmendes Konstrukt ist hier die sogenannte „psychische Distanz“ zwischen dem Heimatmarkt des fokalen Unternehmens und den betrachteten ausländischen Standorten. Diese bestimmt die Realisierungsmöglichkeiten eines potentiellen Mehrwertes durch die Ausdehnung der Unternehmensaktivitäten auf einen ausländischen Markt, da sie die reziproke Transferierbarkeit von Wissenssets zwischen den beteiligten Akteuren determiniert. Der unmittelbare Zusammenhang der psychischen Distanz und der Transferierbarkeit von Wissen und Informationen ergibt sich bereits aus den Faktoren, die den psychischen Distanzgrad bestimmen und von Nordstrom und Vahlne (1992, S. 3) als „factors preventing or disturbing the flow of information between potential or actual suppliers and customers“

definiert werden. Diese Faktoren beziehen sich dabei auf Unterschiede zwischen dem Heimatmarkt bzw. den bereits existierenden Standorten des fokalen Unternehmens und dem jeweils betrachteten Auslandsstandort bspw. im Hinblick auf den ökonomischen Entwicklungsstand, das Bildungsniveau, die (Geschäfts-)Sprache und die Kultur (Benito / Gripsrud 1992; Johan45 Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass ein solches Distanzmaß nicht unabhängig von der räumlichen Entfernung zwischen den betrachteten Akteuren sein muss. So ist es durchaus möglich, dass die geografische Entfernung zwischen zwei Akteuren signifikant positiv mit der Unterschiedlichkeit der Akteursmerkmale korreliert. Entscheidend ist hier vielmehr, dass die räumliche Distanz nicht die maßgebliche Beeinflussungsvariable der Transferkosten an sich ist, sondern lediglich als empirisch operationalisierbare Proxi-Variable gelten könnte.

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son / Wiedersheim-Paul 1975; Johanson / Vahlne 1977; Kogut / Singh 1988; Nordstrom / Vahlne 1992, S. 10). Es handelt sich hier also um Unterschiede zwischen kollektiven Merkmalen auf Makroebene – bspw. zwischen Nationalstaaten – und nicht zwischen einzelnen individuellen Akteuren. Je größer diese Unterschiede, umso größer ist die psychische Distanz auch zwischen den beteiligten Akteuren, was wiederum den Informations- und Wissensaustausch umso schwieriger bzw. unvollständiger macht. Müssen nun implizite Wissensbestandteile ausgetauscht werden, wird dieses Problem noch verstärkt, da diese Elemente nicht kodifiziert werden können. Die zentrale These des hier diskutierten Ansatzes ist nun, dass die Internationalisierung von Unternehmen als sequenzieller Prozess angesehen werden kann. Anfänglich wird ein Unternehmen sich zunächst unter relativ geringem Ressourceneinsatz – bspw. durch Export – in Märkten engagieren, zu denen es eine relativ geringe psychische Distanz aufweist. Der Grund dafür ist, dass den Managern anfänglich spezifisches Wissen über den jeweiligen Auslandsmarkt und internationales Erfahrungswissen über das Agieren auf fremden Märkten fehlt, was ein Engagement auf distanteren Märkten und / oder einen größeren internationalen Ressourceneinsatz zu riskant macht. Anders formuliert, fehlen dem Unternehmen (implizite) Wissenssets, die auch nicht einfach akquiriert werden können, um einen potentiellen Mehrwert aus der Internationalisierung auf psychisch distanteren Auslandsmärkten auch realisieren zu können. Auf psychisch nahen Auslandsmärkten können sie hingegen größere Bestandteile ihres auf dem Heimatmarkt gewonnenen Erfahrungswissens einsetzen, um dort spezifisches Marktwissen zu akquirieren oder zu substituieren, sodass ein Engagement auf diesen Märkten nicht so riskant ist bzw. hier ein größerer Teil des potentiellen Mehrwertes realisiert werden kann. Durch die auf diesen nahen Märkten im Zeitverlauf gewonnenen Erfahrungen kann immer mehr internationales Erfahrungswissen akkumuliert werden. Diese Wissenssets ermöglichen es dem Unternehmen dann, seine internationalen Aktivitäten sukzessive auch auf psychisch distantere Märkte auszudehnen und den Ressourceneinsatz auszuweiten. Dies kann dann so verstanden werden, dass das gewonnene Erfahrungswissen die Kombination aus eigentums- und standortvorteilbegründenden Ressourcen erleichtert. Den Managern ist es durch ihre internationalen Erfahrungen besser möglich, notwendige Wissenssets von Akteuren auf einem ausländischen Markt zu absorbieren. Der potentielle Mehrwert aus der Internationalisierung auf distantere Märkte wird hier somit auch zu einem größeren Teil realisierbar. Letztendlich wird hier die maßgebliche Bedeutung des Zugangs zu Erfahrungswissen für die Möglichkeit herausgestellt, einen Mehrwert aus der Internationalisierung zu realisieren (Chang 1995; Delios / Beamish 2001; Isobe / Makino / Montgomery 2000; Kolb 1984; Luo / Peng 1999; Peng 2001;

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Steensma / Lyles 2000). Warum solches Erfahrungswissen entscheidend für die Fähigkeit ist, insbesondere implizite Wissenssets von einem anderen Akteur zu absorbieren, lässt sich anhand des Konzeptes der „Absorptive Capacity“ verdeutlichen (Cohen / Levinthal 1990; Lane / Lubatkin 1998; Zahra / George 2002). Verallgemeinert besagt dies, dass die Fähigkeit eines Akteurs, Wissenssets mit impliziten Bestandteilen aus der Interaktion mit einem anderen Akteur zu absorbieren, davon abhängig ist, wie groß sein Bestand an Wissenssets der gleichen Kategorie oder aus einem vergleichbaren Kontext ist. Dahinter liegt die Annahme, dass in einem Bereich, indem bereits Kenntnisse oder Wissen erworben wurden, neue Kenntnisse und Wissen leichter zu absorbieren sind als in Bereichen, in denen ein Akteur bisher noch keine Erfahrung gemacht hat. Cohen und Levinthal (1990, S. 129) stellen diesbezüglich heraus, dass „[t]he premise of the notion of absorptive capacity is that the organization needs prior related knowledge to assimilate and use new knowledge. Studies in the area of cognitive and behavioral sciences at the individual level both justify and enrich this observation. […] [P]rior knowledge enhances learning because memory – or the storage of knowledge – is developed by associative learning in which events are recorded into memory by establishing linkages with preexisting concepts.“

Einschränkend ist hier jedoch festzustellen, dass das Konzept der Absorptive Capacity die Möglichkeit für einen Akteur, Erfahrungswissen zu generieren, nur unzureichend beschreibt. Die Autoren gehen nämlich lediglich auf die Fähigkeiten des empfangenden Akteurs ein und nicht auf die des Gegenübers – des Wissensübermittlers. Dies ist verwunderlich, da an einem Wissenstransfer per Definition immer mindestens zwei Seiten bzw. Akteure beteiligt sein müssen. Folglich könnten die Fähigkeiten des Wissensübermittlers – bspw. dessen Artikulationsfähigkeiten – hier genauso relevant sein. So stellt Nooteboom (2009, S. 96, 233) heraus, dass „[The a]bility to collaborate [and therefore the possibility to absorb knowledgesets from interaction] entails not only the ability to absorb and make sense of what others do and say, but also, in opposite direction, the rhetorical ability to help others absorb what one does or says oneself, by the use of apt illustrations, examples or metaphors. […] The more experience one has, the greater is the fund of one’s metaphors.“

Aus dem Zitat wird deutlich, dass es für die Generierung von Wissen neben der Absorptionsfähigkeit des einen Akteurs die Übermittlungsfähigkeit des anderen genauso bedeutend sein kann. Beide bestimmt sich dabei aber anscheinend in vergleichbarer Art und Weise. Auch die Fähigkeit, Wissen zu übermitteln, wird durch die Erfahrungen mit dem Transfer gleicher oder ähnlicher Wissenssets und / oder mit dem Transfer von Wissenssets mit dem gleichen oder ähnlichen Partner determiniert. Der Verweis auf die Bedeutung der Übermittlungsfähigkeit des Transferpartners scheint damit

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eine anschlussfähige Erweiterung des Konzeptes der Absorptive Capacity im Kontext der Wissensgenerierung durch Interaktion zu sein. Bezüglich der Internationalisierung von Aktivitäten bedeutet dies, dass sich ein Unternehmen umso höhere Anteile des potentiellen Mehrwertes aus einer Kombination eigentums- und standortvorteilbegründender Wissenssets aneignen kann, je größer dessen Bestand an internationalem Erfahrungswissen ist, das aus in der Vergangenheit gesammelten Erfahrungen bei der Kombination ähnlicher Wissenssets resultiert (Delios / Beamish 2001; Lane / Salk / Lyles 2001; Luo / Peng 1999; Minbaeva / Pedersen / Bjorkman / et al. 2003; Nooteboom 2000b; O’Grady / Lane 1996; Peng 2001; Steensma / Lyles 2000). Dabei scheint es jedoch fraglich, ob das dargestellte Konzept der psychischen Distanz geeignet ist, die Realisierungsfähigkeit eines potentiellen Mehrwertes hinreichend zu erklären. Einige Autoren bezweifeln dies und untermauern ihre Kritik mit empirischen Beobachtungen, die den Vorhersagen des dargestellten prozessualen Internationalisierungsmodells widersprechen (Andersen 1993; Axinn / Matthyssens 2002; Bell 1995; Chetty / Campbell-Hunt 2004; Forsgren 2002; Johanson / Vahlne 2009; Leonidou / Katsikeas 1996; Madsen / Servais 1997; O’Grady / Lane 1996; Oviatt / McDougall 1997; 2004; Sharma / Blomstermo 2003). Meist bezieht sich diese Kritik auf den prozessualen, in einzelne Phasen unterteilten Charakter der Internationalisierung, der so bei einigen Unternehmen nicht existiert. Insbesondere wird hier auf sogenannte „Born-globalUnternehmen“ verwiesen, die bereits bei oder kurz nach ihrer Gründung international auf (mehreren) psychisch distanten Märkten erfolgreich agieren. Diese Unternehmen können somit noch kein Erfahrungswissen aufgebaut haben. Von größerer Bedeutung im vorliegenden Kontext ist jedoch die (meist implizit) dahinter verborgene Kritik am Konzept der psychischen Distanz, die Andersen (1993, S. 219; ähnlich auch O’Grady / Lane 1996) explizit herausstellt: „The concepts in the U[ppsala]-model are not defined. Instead, some possible indicators are presented.“

Wie oben bereits erwähnt, sind diese möglichen Indikatoren zudem auf einer Makro- oder nationalstaatlichen Ebene verankert, was leicht dazu führen kann, Unterschieden zwischen individuellen Akteuren innerhalb einer Region oder eines Landes zu geringe Bedeutung zuzumessen. Dies bestätigen die angesprochenen Arbeiten zu den Born-global-Unternehmen. Letzteren wird hier attestiert, in der Lage zu sein, psychisch distante Märkte direkt bearbeiten zu können. Als Begründung werden hier die (unternehmerischen) Fähigkeiten bzw. Wissenssets bestimmter unternehmenszugehö-

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riger Akteure angeführt, die diese bereits bei Unternehmensgründung besitzen (Chetty / Campbell-Hunt 2004; Knight / Cavusgil 1996; Leonidou / Katsikeas 1996; Oviatt / McDougall 1997; 2004; Sharma / Blomstermo 2003). Diese Akteure scheinen sich also signifikant von anderen innerhalb eines Landes zu unterscheiden.46 Bei der kurzen Darstellung der Kritik wird aber auch deutlich, dass keiner der Autoren die grundsätzliche Einsicht in Frage stellt, dass Erfahrungen aus einem bestimmten Kontext die Fähigkeit von Akteuren beeinflussen, für die Internationalisierung relevante Informationen zu absorbieren und zu verstehen.47 Daher soll hier das Konzept der psychischen Distanz nicht verworfen, sondern die Kritikpunkte aufgreifend modifiziert werden. Dazu bietet sich das von Nooteboom eingeführte Konzept der „kognitiven Distanz“ an (Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Nooteboom 2000b; 2001; 2004b; 2004c; 2004d; 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Dieses basiert auf der Argumentation der psychologischen „Aktivitäts- und / oder Entwicklungstheorie“ (vgl. bspw. Merleau-Ponty 1967; 1968; Piaget 1953; 1973; Wygotski 1934) und wird durch Einsichten aus der neuronalen Forschung untermauert, die unter den Begriffen „Neural Darwinism“und „Embodied Cognition“ zusammengefasst werden können (Anderson 2003; Bechara / Damasio 2005; Damasio 1994; Edelman 1987; 1992; Hendriks-Jansen 1996; Varela / Thompson / Rosch 1993; Wilson 2002). Ähnliche Ideen finden sich auch bei Hayek (1952) sowie Mead (1934), Popper (1972), Weick (1979; 1995) und Kolb (1984). Demnach scheint das Konzept, wie von Andersen (1993) gefordert, hinreichend theoretisch definiert und darüber hinaus auf einer individuellen Akteursebene verankert zu sein (O’Grady / Lane 1996). Die kognitive Distanz bezieht sich auf die Unterschiede zwischen den mentalen Positionen der jeweils betrachteten Akteure. Grundlegend ist dabei die auf oben erwähnten Forschungsrichtungen basierende These, dass individuelle Akteure ihre mentalen Kategorien oder kognitiven Modelle, die zur Wahrnehmung und Beurteilung ihrer Umwelt notwendig sind, im Zeitver46 O’Grady und Lane (1996, S. 310) stellen genau das entgegengesetzte Phänomen dar. Sie zeigen, dass einige Unternehmen große Schwierigkeiten bei der Bearbeitung eines psychisch nahen Marktes haben, während andere Unternehmen aus dem gleichen Land auf diesem Markt mit wesentlich geringeren Problemen agieren:

„What appears on the surface to be psychically close may, in reality, be more distant than expected.“ 47 In allen genannten Arbeiten, die das Born-global-Phänomen erklären, wird herausgestellt, dass die eine unmittelbare Internationalisierung ermöglichenden Akteure vor Unternehmenseintritt bereits internationales Erfahrungswissen (in anderen Kontexten) gesammelt haben.

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lauf konstruieren.48 Sie erschaffen diese Kategorien und Modelle dabei durch die Interaktion mit ihrer physischen und insbesondere sozialen Umwelt.49 Daraus folgt, dass je weniger Überschneidungen oder Gemeinsamkeiten zwischen der jeweiligen Umwelt zweier Akteure existieren und je weniger diese Akteure bereits interagiert haben, desto größer die kognitive Distanz zwischen diesen sein wird. Kognitiv distante Akteure werden also Informationen aus ihrem Umfeld und voneinander signifikant unterschiedlich wahrnehmen und interpretieren. Daraus folgt dann, dass diese Akteure Verständigungsprobleme haben werden, da die Informationen, die von einem Akteur zu einem anderen übertragen werden, von Letzterem evtl. anders wahrgenommen und interpretiert werden als von Ersterem intendiert oder sogar überhaupt nicht verstanden werden. Interaktionen und die Übermittlung von Informationen zwischen Akteuren finden mittels Sprache statt. Ein Konzept von Sprache nimmt daher eine zentrale Rolle bei der Diskussion der (unterschiedlichen) kognitiven Positionen von Akteuren ein. Von besonderem Interesse ist dabei, welche Bedeutung sprachlichen Ausdrücken beigemessen wird. Hier bietet sich die von Wittgenstein (1953) in seinem Spätwerk begründete „Gebrauchstheorie der Bedeutung“ als Grundlage an, die später u. a. von Searle (1970) in seiner „Theorie der Sprachakte“ ausgearbeitet wurde. Vereinfacht dargestellt, besagt diese zunächst, dass Ausdrücke oder Worte niemals eine „wahre Bedeutung“ haben können bzw. diese zumindest irrelevant wäre. Sie sollten vielmehr als Instrument verstanden werden, dessen „Richtigkeit“ sich pragmatisch durch seinen Gebrauch im jeweiligen Kontext ergibt bzw. dadurch, dass mit seinem Einsatz ein intendierter Zweck erreicht wird.50 Die Bedeutung eines Wortes erschließt sich also nicht direkt durch den Gegenstand, auf den sie sich bezieht. Vielmehr ist die Bedeutung eines Wortes sein (gemeinsamer) Gebrauch in der Sprache (Wittgenstein 1953, § 43). Daher kann dann jedes Wort in Abhängigkeit von seinem Gebrauch in einem be-

48 Dabei wird anerkannt, dass bestimmte Reflexe bereits angeboren zu sein scheinen. Jedoch zeigt gerade die angesprochene neuropsychologische Forschung, dass sich die Wahrnehmung und insbesondere die Interpretation der Umwelt eines Akteurs erst im Zeitverlauf entwickelt, wobei diese Entwicklung maßgeblich von den im Folgenden angesprochenen Interaktionen determiniert wird. 49 Allen oben genannten Autoren ist gemein, dass sie den „Cartesianischen Dualismus“ der Trennung von Geist und Körper ablehnen, sondern davon ausgehen, dass beides untrennbar miteinander verbunden und daher eins ist. 50 Bspw. ist es bei der Aussage eines Kunden, dass dieser einen „Berliner“ kaufen möchte, irrelevant, ob der Begriff tatsächlich eine in Öl ausgebackene Teigware beschreibt, also an sich wahr ist. Die Bezeichnung „Berliner“ ist jedoch pragmatisch richtig, wenn der Kunde vom Händler etwas ausgehändigt bekommt, das den Vorstellungen des Kunden von einem „Berliner“ entspricht.

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stimmten Kontext etwas anderes bedeuten.51 Damit zwei Akteure ein und dasselbe Wort auch gleich deuten, ist es somit erforderlich, dass sie dieses Wort in gleichen oder zumindest ähnlichen Handlungskontexten erlernt haben oder aber dieses gemeinsam definieren (Wittgenstein 1953, § 206).52 Daraus folgt im Kontext der vorliegenden Diskussion unmittelbar die entscheidende Bedeutung des individuellen Kontextes für die Übermittlung und das Verstehen von Informationen zwischen Akteuren. Damit lassen sich dann auch die Einsichten in Verbindung mit dem Konzept der psychischen Distanz und der dagegen vorgebrachten Kritik konstruktiv miteinander verbinden: Die kognitive Position eines Akteurs bestimmt sich aus seinem individuellen Umfeld, das zu mehr oder weniger großen Teilen aus den kollektiven länderspezifischen Merkmalen, die die psychische Distanz determinieren, bestimmt wird. Daneben spielen aber auch Erfahrungen aus dem individuellen evtl. nicht länderspezifischen Kontext der betrachteten Akteure eine signifikante Rolle. Daher kann es sein, dass ein Akteur, der aus einem psychisch distanten Markt stammt, einen anderen wesentlich besser versteht als ein Dritter, der aus einem psychisch nahen Land stammt. Dies könnte der Fall sein, wenn die beiden erstgenannten über ein Thema kommunizieren, bezüglich dessen sie viele gleiche Erfahrungen in ähnlichen individuellen Kontexten gesammelt haben, während der Dritte kaum solche Überschneidungen aufweist. Bspw. könnten sich zwei Programmierer aus Deutschland und China evtl. wesentlich effektiver über ein bestimmtes Programmierungsproblem austauschen, als dies ein Maler und ein Programmierer aus dem gleichen Land könnten. Wie unmittelbar ersichtlich wird, ist hier auch die vorgenommene Erweiterung des Konzepts der Absorptive Capacity um die Eigenschaften bzw. Erfahrungen des übermittelnden Akteurs von Bedeutung: Die Erfahrungen des Interaktionspartners des fokalen Akteurs werden die Effektivität der Wissensübermittlung beeinflussen. 51 Der Begriff „Berliner“ kann sich sowohl auf die angesprochene Teigware als auch auf einen Einwohner der gleichnamigen Stadt beziehen. 52 Der Kunde aus obigem Beispiel wird bspw. in einer Kölner Bäckerei auf seine Frage nach einem „Berliner“ aller Wahrscheinlichkeit nach die von diesem gewünschte Teigware ausgehändigt bekommen. In der Stadt Berlin wird dieser Kunde bei der gleichen Frage aber evtl. auf Unverständnis stoßen, da hier der gleiche Gegenstand als „Pfannkuchen“ bezeichnet wird, während sich die Bedeutung des Begriffes „Berliner“ auf einen Einwohner der Stadt bezieht. Hierbei ist aber zu betonen, dass Verständnis und Missverständnis von den individuellen Personen und deren Erfahrungen und nicht von den Regionen Köln oder Berlin determiniert werden. Ein aus Köln stammender Verkäufer in Berlin oder jemand, der bereits mit Kunden aus Köln interagierte, wird wahrscheinlich den Wunsch des Kunden richtig verstehen.

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Allgemein müssen Akteure also Auffassungen, Begriffe, Vorstellungen, Sichtweisen, Interpretationen, Werte etc. zu einem gewissen Grad teilen, damit sie gemeinsame Ziele realisieren können (Cohen / Levinthal 1990; Daft / Weick 1984; Nooteboom 2000b; 2009; Postrel 2002; Smircich 1983; Weick 1995). In Bezug auf die Aneignung von Wissenssets, die den Austausch von Informationen zwischen den beteiligten Akteuren voraussetzt, wird dies umso bedeutender, je impliziter bzw. akteursspezifischer diese Wissenssets bzw. Informationen sind, da hier die Interpretationsspielräume immer größer werden (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002). Explizites Wissen ist kodifizierbar, kann also durch standardisierte Codes übermittelt werden, deren Bedeutung weitestgehend allgemeingültig definiert ist (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Powell 1990; Powell / Koput / SmithDoerr 1996).53 Je impliziter zu transferierende Wissenssets jedoch sind, desto geringere Bestandteile dieser Wissenssets können durch solche Codes übermittelt werden, die einen geringen Interpretationsspielraum lassen. Daher wird eine gleiche oder ähnliche Interpretation von Informationen zur effektiven Wissensübermittlung umso bedeutender, je impliziter die jeweiligen Wissenssets sind. Je geringer nun die kognitive Distanz zwischen den Akteuren ist, umso ähnlicher werden sie die übermittelten Informationen interpretieren. Daraus folgt letztendlich, dass die kognitive Distanz eine bedeutende Variable bezüglich der Realisierbarkeit eines potentiellen Mehrwertes ist. Je geringer die kognitive Distanz zwischen zwei Akteuren ist, umso größer wird der realisierbare Anteil eines potentiellen Mehrwertes sein. Anders formuliert, determiniert die kognitive Distanz den Nutzen des Einsatzes akteursspezifischer Ressourcen in einem bestimmten Kontext in ähnlicher Weise wie der vorab diskutierte Interdependenzgrad. Überdies wird hier auch der Zusammenhang von Wissenssets bzw. Erfahrungswissen als vorteilbegründende Ressource und der kognitiven Distanz 53 Dabei ist anzumerken, dass selbst explizite, kodifizierte Informationen Interpretations- oder Bedeutungsspielräume offen lassen. Diesbezüglich sei auf das vorab genannte Beispiel des Kaufs eines „Berliners“ verwiesen. Dieses Problem scheint auch nicht durch eine extensivere Ausdrucksweise oder Beschreibung lösbar. Bspw. werden die Interpretationsspielräume bei der Aufforderung zu einem Hochzeitsfest „Bekleidung“ zu tragen nicht entscheidend dadurch verringert, dass die Aufforderung um „festliche Kleidung z. B. dunkler Anzug“ erweitert wird. Prinzipiell stehen hier einem Gast immer noch viele Interpretationsmöglichkeiten zur Verfügung, die den Intentionen des Einladenden widersprechen. Die Möglichkeit von diesbezüglichen Missverständnissen wird in diesem Beispiel jedoch in entscheidendem Maße von geteilten Konventionen reduziert, die die Akteure aufgrund von Interaktionen mit ihrer Umwelt kennen gelernt haben. Gibt es hier genügend Überschneidungen, so können die erlernten Konventionen der Akteure so identisch sein, dass sich ein expliziter Hinweis auf die Kleiderordnung evtl. ganz erübrigt.

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deutlich. Wissen im Allgemeinen und insbesondere dessen implizite Bestandteile – z. B. Erfahrungswissen – resultieren aus der Interaktion eines Akteurs mit seiner Umwelt in der Vergangenheit, die ja auch dessen kognitive Position bestimmen (Nooteboom 2000b; 2004d; 2009).54 Das Wissen eines Akteurs könnte somit auch als Manifestation dessen kognitiver Position aufgefasst werden; ein bestimmtes Wissensset entspricht also in diesem Sinne der kognitiven Position eines Akteurs. Wenn nun, wie hier vorgeschlagen, akzeptiert wird, dass ein Mehrwert aus der Kombination mehrerer Wissenssets entsteht, folgt daraus, dass es prinzipiell jeweils optimale Wissenssets gibt, durch deren Kombination sich ein maximaler Mehrwert bzw. das Mehrwertpotential ergibt. Je weiter entfernt bzw. kognitiv distanter nun das einem Akteur tatsächlich zur Verfügung stehende Wissensset von dem jeweils optimalen ist, umso geringer wird der realisierbare Anteil des potentiellen Mehrwertes sein (Langlois 1992; 1999; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2009; Weick 1995). d) Umweltunsicherheit als mehrwertbestimmende Variable Bisher wurden Akteursspezifität und Interdependenz von Ressourcen sowie die kognitive Distanz zwischen den involvierten Akteuren als wesentliche den Mehrwert aus Internationalisierung bestimmende Faktoren identifiziert. Hierbei wurden jedoch potentielle Einflüsse externer Umweltfaktoren und deren Veränderungen auf die Möglichkeit der Mehrwertgenerierung weitgehend ausgeblendet. Interessanterweise wird dieser Zusammenhang auch selten innerhalb einer ressourcen- oder wissensbasierten Perspektive explizit diskutiert (König 2009). Es scheint aber bereits intuitiv einsichtig, dass die Unsicherheit bezüglich zukünftiger Umweltzustände den Mehrwert beeinflussen kann, der aus dem Einsatz und der Kombination akteursspezifischer Wissenssets resultiert (Duncan 1972; Dunning 1995; König 2009; Root 1987). Sind zukünftige Umweltzustände unsicher, kann dies so verstanden werden, dass mehrere potentielle Zustände möglich sind, von denen jedoch nur einer in Zukunft eintreten wird. Je größer nun die Umweltunsicherheit ist, umso weniger ist ein Akteur in der Lage einzuschätzen, welcher Umweltzustand in Zukunft tatsächlich eintreten wird. Der Mehrwert, der durch den Einsatz bestimmter Wissenssets zur Erstellung einer Leistung generiert werden kann, wird letztendlich von Marktcharakteristika – bspw. der Zahlungsbereitschaft der Konsumenten dieser Leistung – determiniert (Barney 1991; Peteraf 1993). Diese Charakteristika werden dabei von einer Vielzahl von für das fokale Unternehmen exogenen Umwelteinflüssen de54 Auf die Frage, wie Wissen zustande kommt, wird im folgenden Abschnitt genauer eingegangen.

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terminiert. So wird bspw. die Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten u. a. von dessen verfügbarem Einkommen sowie der Existenz von Leistungssubstituten abhängen. Je größer nun die Umweltunsicherheit ist, umso ungewisser sind die zukünftige Entwicklung dieser Umwelteinflüsse und damit letztendlich auch der in Zukunft generierbare Mehrwert (Colombo 2003; Knight 1921; Krickx 2000; König 2009; Milliken 1987; Prater / Biehl / Smith 2001; Schilling / Steensma 2002; Sutcliffe / Zaheer 1998).55 Bspw. wird Letzterer wesentlich größer sein, wenn keine Leistungssubstitute existieren und auch in Zukunft nicht eingeführt werden. Diesbezüglich ist hier zu betonen, dass ein steigender Umweltunsicherheitsgrad nicht unbedingt den Wert eines akteursspezifischen Wissenssets an sich negativ beeinflussen muss, wohl aber den Mehrwert, der durch dessen Einsatz zur Leistungserstellung realisiert werden kann (Barney 1986a; 1991). So weist Sanchez (1995, 1996; ähnlich argumentieren bspw. auch: Balakrishnan / Wernerfelt 1986; Jones / Hesterly / Borgatti 1997) darauf hin, dass gerade akteursspezifische Wissenssets häufig flexibel, also in unterschiedlichen Kontexten vorteilhaft einsetzbar sind. In diesem Sinne könnte dann gerade ein hoher Umweltunsicherheitsgrad zum Wert des betrachteten Wissenssets beitragen, da dieses eben in unterschiedlichen Umweltzuständen vorteilhaft einsetzbar ist. Die Realisierung eines Mehrwertes kommt jedoch nicht durch den Besitz einer bestimmten Ressource, sondern erst durch ihren Einsatz zustande, wobei dieser Einsatz mit einem bestimmten Aufwand verbunden ist. Ist nun der Ertrag, der sich durch diesen Einsatz letztendlich realisieren lässt, aufgrund ungewisser zukünftiger Umweltzu-

55 Als bekanntes Beispiel sei hier der „Videokrieg“ angeführt (Cusumano / Mylonadis / Rosenbloom 1992; Lardner 1987). Dabei ging es um zwei konkurrierende Systeme – VHS und Beta –, um Filmvideos abzuspielen, von denen nur eines langfristig auf dem Markt bestehen konnte. Entscheidend für die vorliegende Arbeit ist dabei, dass es einen Zeitraum gab, in dem es für Hersteller von Videogeräten äußerst ungewiss war, welche Technologie sich letztendlich durchsetzen würde (Cowan 1991). Wenn ein Hersteller nun unter Einsatz akteursspezifischer Wissenssets ein Gerät entwickelte, das VHS-kompatibel, jedoch unbrauchbar für den Beta-Standard war, so wäre der generierbare Mehrwert relativ hoch gewesen, wenn sich der VHSStandard durchgesetzt hätte. Wäre hingegen Beta der Standard geworden, so wäre der generierbare Mehrwert aus der Entwicklung eines VHS-Gerätes deutlich geringer oder gar Null geworden (Katz / Shapiro 1994). Nun könnte hier zwar eingewendet werden, dass es evtl. Wissenssets geben könnte, die zur Entwicklung beider Varianten einsetzbar gewesen wären und hier daher der Grad der Unsicherheit darüber, welches der Systeme sich später durchsetzten würde, irrelevant wäre. Dann hätten hier zwar vom Hersteller beide Gerätetypen entwickelt werden können, es hätte sich jedoch im Endeffekt trotzdem nur ein System durchgesetzt, wodurch auch hier ein geringerer Mehrwert aus der Entwicklung für den Hersteller realisierbar gewesen wäre als bei Gewissheit über das zukünftige System.

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stände unsicher, so wird der realisierbare Mehrwert hier geringer sein, als wenn ein Zustand mit Sicherheit eintritt. Besonders deutlich wird dieser Zusammenhang bei Arbeiten, innerhalb derer sich die Unsicherheit auf Nachfragecharakteristika bezieht und akteursspezifische Ressourcen oder Wissenssets zur Anpassung der Leistung an die spezifischen Bedürfnisse der Konsumenten eingesetzt werden (Balakrishnan / Wernerfelt 1986; Hoetker 2005, 2006; Jones / Hesterly / Borgatti 1997; Zenger / Hesterly 1997). Hier wird herausgestellt, dass der Einsatz akteursspezifischer Ressourcen zur kundenspezifischen Anpassung einer Leistung umso weniger lohneswert ist, je größer die Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Kundenbedürfnisse ist, da so die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die angepasste Leistung nachher nicht mehr den Kundenbedürfnissen entspricht. In einer interessanten Studie über die Filmindustrie zeigen Miller und Shamsie (1996), dass eigentumsspezifische Ressourcen der Filmstudios in größerem Maße zur Erzielung von Profiten über Wettbewerbsniveau in einem stabilen Umfeld beitragen als in einem turbulenteren. Auch im Internationalisierungskontext wird der Zusammenhang zwischen Umweltunsicherheit und Mehrwert aus Internationalisierung vereinzelt diskutiert. So stellen bspw. Kwon und Konopa (1993, S. 64) heraus, dass in „nations where political risks are perceived to be high, it is unlikely that a high resource commitment […] will be undertaken.“

Luo (2002b) untersucht in seiner Studie anhand 167 in der VR China tätigen multinationalen Unternehmen den Einfluss des Umweltunsicherheitsgrades auf die Exploitation der unternehmenseigenen Fähigkeiten im chinesischen Markt und kommt zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen umso weniger strategische – also akteursspezifische – Ressourcen in der VR China einsetzen, je größer die von ihnen wahrgenommene Umweltunsicherheit ist. Wang, Lo und Yang (2004, S. 258) zeigen in ihrer Studie über in der VR China tätige Technologieunternehmen, dass das Ausmaß an (technologischer und marktlicher) Umweltunsicherheit den positiven Einfluss von Technologie- und Marketingkompetenzen bzw. -wissenssets auf die Unternehmensperformance moderiert: „[T]he contribution of technological competencies diminishes with […] increasing market turbulence since the key challenge is not how to catch up with technological trends or achieve technological innovations when market turbulence is dominant. […] [T]echnological competencies at this time usually contribute less, if any, to the accurate forecasting and successful meeting of rapidly changing customer demands and may even constitute, somewhat, the waste of limited resources of a firm. […] [In O]rganizations that work with nascent technologies that

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are undergoing rapid changes […] the importance of marketing competencies [is diminishing] since the key challenge in such a context is not how to respond effectively to customer preferences […]. […] [Therefore, utilization of] marketing competencies may imply nothing but a waste of limited resources of a firm in such a technologically turbulent environment.“

5. Dynamische Entwicklung vorteilbegründender Ressourcen Die bisherige Diskussion stellte Akteursspezifität, Interdependenz, kognitive Distanz als wesentliche vorteilbestimmende Variablen bezüglich der Internationalisierung bzw. der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen heraus. Dabei wurden die Ausprägungen dieser Variablen sowie die Ressourcen, auf die sie sich beziehen, bisher statisch betrachtet und als gegeben oder vorhanden angesehen. Die Diskussion verweist aber bereits darauf, dass eine rein statische Betrachtung nicht hinreichend für die vorliegende Diskussion ist, sondern um dynamische Elemente erweitert werden muss. Es stellt sich nämlich die Frage, wie Akteure überhaupt zu vorteilbegründenden Ressourcen kommen. Im Internationalisierungskontext sind dabei die Fragen, ob und wie Akteure durch ihr internationales Engagement (neue) vorteilbegründende Ressourcen generieren können, von besonderem Interesse. Die diskutierten klassischen Ansätze in der Internationalisierungsliteratur scheinen diesbezüglich wenig beizutragen. Hier wird lediglich argumentiert, dass Unternehmen vorhandene Ressourcen zu ihrem Vorteil im Ausland ausnutzen können, jedoch wird nicht thematisiert, wie diese Ressourcen zustande kommen und vor allem ob sich solche Ressourcen evtl. durch die Internationalisierung generieren lassen. Die ressourcen- und insbesondere die wissensbasierte und die Lernperspektive ermöglichen durch ihre Konzepte eine Diskussion genau dieser Fragestellungen. Diesbezüglich würde bereits die Bedeutung von internationalem Erfahrungswissen diskutiert, das sich Akteure im Zeitverlauf bei der Durchführung internationaler Aktivitäten aneignen können. Dabei wurde jedoch bisher nicht explizit angesprochen, welche Voraussetzungen hierfür erforderlich sind. Darüber hinaus könnte es noch andere Ressourcen- bzw. Wissensarten geben, die durch oder bei der Internationalisierung generiert werden können. Allgemein stellt sich hier also wieder analog zur Diskussion über vorteilbegründende Ressourcencharakteristika die Frage nach generalisierbaren Eigenschaften, die eine Entwicklung vorteilbegründender Wissenssets beeinflussen. Als Ausgangspunkt bietet sich diesbezüglich die These an, dass Unternehmen, um langfristig überleben zu können, notwendigerweise exploitative Aspekte mit explorativen bei der Durchführung ihrer Aktivitäten verknüpfen müssen (Abernathy 1978; Abernathy / Utterback 1978; Holland 1975; Levinthal / March 1993; March 1991; Tushman / Romanelli 1985; Tushman / O’Reilly

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1996; Weick / Westley 1996). Die Begriffe „Exploitation“ und „Exploration“ dienen dazu, Wissensprozesse und damit verbundenen Lern-, Innovationsund Adaptionsaktivitäten innerhalb und zwischen Unternehmen differenziert zu charakterisieren (Auh / Menguc 2005; Benner / Tushman 2003; Frost / Vogel 2008; Gupta / Smith / Shalley 2006; Levinthal / March 1993; March 1991; Raisch / Birkinshaw / Probst / et al. 2009). Exploration beschreibt dabei die mit der Suche nach neuem Wissen verbundenen Prozesse, während Exploitation sich auf die Nutzung von vorhandenem Wissen bezieht. Levinthal und March (1993, S. 105) führen diesbezüglich an, dass Exploration „a pursuit of new knowledge“ bedeutet, während sich Exploitation auf „the use and development of things already known“ bezieht. Beide Begriffe sind dabei eng dem Konzept des „single-“ und „dubble-loop learning“ verknüpft (Argyris / Schön 1978; Fiol / Lyles 1985; Hedberg 1981; Holland 1975; Nooteboom 2000b; 2001; 2009): Einerseits kann gelernt werden, existierende bekannte Dinge auszuführen und besser zu machen, also vorhandenes Wissen auszunutzen oder zu exploitieren. Andererseits kann versucht werden, neue unbekannte Dinge zu erlernen, also neues Wissen zu suchen und zu entdecken, d. h. zu explorieren. Diese Begriffe beziehen sich dabei auf die zwei fundamentale Prozesse oder Funktionen, die beide von Unternehmen verfolgt werden müssen, um langfristig zu überleben. Kurzfristig ist es notwendig, die vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen effizient auszunutzen; langfristig müssen Unternehmen aber auch neue Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln, um in einem dynamischen Wettbewerbsumfeld bestehen zu können (Benner / Tushman 2003; Gupta / Smith / Shalley 2006; Holland 1975; Lavie / Rosenkopf 2006; March 1991). Dass dabei beide Funktionen durch den Lernprozess untrennbar miteinander verbunden sind bzw. aufeinander aufbauen, erklärt Nooteboom (2004b, S. 54) anschaulich wie folgt: „Exploitation is based on exploration, and vice versa. We exploit what we have explored, and it is on the basis of exploitation that we explore.“

Aufgrund der signifikanten konzeptionellen Unterschiede und damit verbundenen divergierenden Anforderungen an die jeweils ausführenden Akteure scheint eine Verknüpfung und Balance dieser beiden Funktionen innerhalb eines Unternehmens jedoch trotzdem nicht einfach zu sein. Generell bedingt eine erfolgreiche Exploitation stabile Standards und Bedingungen sowie feste Beziehungen innerhalb der Arbeitsteilung, da sich der Erfolg hier maßgeblich über die Effizienz des Prozesses definiert (Auh / Menguc 2005; Katila / Ahuja 2002; Nooteboom 2000a). Für eine erfolgreiche Exploration ist hingegen die Prozesseffektivität entscheidend und erfordert die lose Handhabung und Veränderung von Standards, Bedingungen und Bedeutungen sowie von organisationalen Strukturen. March (1991, S. 71) beschreibt diesen Gegensatz wie folgt:

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„Exploration includes things captured by terms such as search, variation, risk taking, experimentation, play, flexibility, discovery, innovation. Exploitation includes such things as refinement, choice, production, efficiency, selection, implementation, execution.“

Exploration und Exploitation unterscheiden sich also, wenn sie auf eine Aktivität bezogen werden. Bspw. ist es für die Exploration notwendig zu experimentieren, also die Elemente innerhalb einer Aktivität zu verändern, zu deren Durchführung Ressourcen eingesetzt werden. Da nicht jeder Versuch zwangsläufig zu einer Verbesserung oder Neuerung führen kann, müssen hier (temporäre) Misserfolge und damit einhergehende Ergebnisverschlechterungen akzeptiert werden. Daraus folgt, dass hier aus einer rein exploitativen Perspektive zwangsläufig vom optimalen bzw. effizientesten Vorgehen abgewichen wird. Andersherum erlaubt eine optimale Exploitation keine explorativen Elemente in der gleichen Aktivität, da Abweichungen bspw. durch Experimente zu Ablaufstörungen führen (March 1991; Raisch / Birkinshaw / Probst / et al. 2009).56 Die Bedeutung der Exploration neuer Ressourcen bzw. Wissenssets in Verbindung mit der Exploitation dieser sowie vorhandener Ressourcen und Wissenssets für die Mehrwertgenerierung aus Internationalisierung ging im Grunde bereits aus der Diskussion der Arbeiten des internationalen Netzwerkansatzes über die strategische Rolle von Tochtergesellschaften innerhalb multinationaler Unternehmungen hervor (Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Ghoshal / Bartlett 1990; Hedlund 1994). Hier wurde konstatiert, dass die größte strategische Bedeutung bzw. der größte Beitrag zum gesamten Mehrwert von den Tochtergesellschaften ausgeht, die als „strategic 56 Diese konfliktäre Beziehung zwischen den beiden Funktionen lässt sich auch aus Arbeiten, die sich auf Lern- oder Erfahrungskurveneffekte beziehen, ableiten (Henderson 1993; Lieberman 1984; Wright 1936; Yelle 1979). Vereinfacht ausgedrückt, zeigen diese einen Zusammenhang zwischen sich wiederholenden Aktivitäten bzw. Arbeitsabläufen und einer Effizienzsteigerung. Bspw. zeigt Wright (1936) in seiner Studie über die Flugzeugindustrie, dass sich der Fertigungsaufwand pro hergestelltem Flugzeug umso mehr verringert, je größer die Gesamtmenge an bisher von denselben Akteuren produzierten Flugzeugen ist. Als Begründung wird in diesen Arbeiten angeführt, dass die Akteure im Zeitverlauf durch die wiederkehrenden Arbeitsabläufe diese inkremental immer weiter verbessern und sich so sukzessive der bekannten optimalen Handlungsweise annähern. Anders formuliert, werden die Akteure durch die vorgegebenen Strukturen und prinzipiell immer gleichen Abläufe in die Lage versetzt, Erfahrungen im gleichen Kontext zu sammeln, durch die immer mehr Handlungselemente bzw. -variationen als inferior oder ineffizient ausgeschlossen werden können, sodass nur noch eine bekannte optimale Handlung übrig bleibt. Dies impliziert dann aber auch, dass dieser Effizienzfortschritt nicht oder nur in begrenztem Maße in einen anderen Kontext bzw. zur Entwicklung und Herstellung eines anderen Produktes übertragen werden kann. Anders ausgedrückt, ist die Exploitation hier schlecht mit der Exploration vereinbar.

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leaders“ und „contributors“ bezeichnet wurden. Eine wesentlich geringere strategische Bedeutung wird hingegen den „implementers“ und „black holes“ zugemessen.57 Diese unterscheiden sich von beiden erstgenannten im Wesentlichen durch eine Eigenschaft: „Strategic leaders“ und „contributors“ sind in der Lage, neue distinkte Ressourcen und Wissenssets zu generieren, die zum eigentumsspezifischen Vorteil des gesamten multinationalen Unternehmens – also auch an anderen Standorten – beitragen oder einen solchen begründen können. Anders ausgedrückt, explorieren diese Tochtergesellschaften an ihrem jeweiligen Standort neue Wissenssets und sind gleichzeitig dazu in der Lage die Exploitation dieser Wissenssets auch an anderen Standorten zu ermöglichen. „Implementers“ exploitieren hingegen lediglich vorhandene Ressourcen. In der Diskussion über die vier vorgestellten Typen ausländischer Tochtergesellschaften wurde auch herausgestellt, dass der potentielle Mehrwert aus dem Transfer von an einem Standort generierten vorteilbegründenden Ressourcen zu anderen Tochtergesellschaften maßgeblich vom Interdependenzgrad der am fokalen Standort ausgeführten Aktivitäten bzw. den dahinterliegenden Ressourcen mit Aktivitäten und dahinterliegenden Ressourcen an anderen Standorten abhängt. Je höher ein solcher Interdependenzgrad ist, umso größer wird die strategische Bedeutung des fokalen Tochterunternehmens sein. Während „strategic leaders“ und „contributors“ einen hinreichend großen Interdependenzgrad aufweisen, ist dies bei den „implementers“ und „black holes“ nicht der Fall. Zudem wurde im Hinblick auf die strategische Bedeutung auch zwischen „strategic leaders“ und „contributors“ differenziert, wobei die Ersterer als größer herausgestellt wurde. Auch bei dieser Differenzierung wurde das Interdependenzkonstrukt als determinierende Variable herausgestellt: Da „strategic leaders“ einen hinreichend großen Interdependenzgrad mit Aktivitäten und dahinterliegenden Ressourcen von Akteuren an ihrem jeweiligen Standort – und darüber hinaus ja auch mit anderen unternehmensinternen Akteuren – aufweisen, sind diese in der Lage, standort- und eigentumsspezifische Faktoren zu neuen Ressourcen oder Wissenssets zu kombinieren, 57 Hier ist darauf hinzuweisen, dass insbesondere im Bezug auf die „implementers“ eine geringere strategische Bedeutung nicht gleichzusetzen ist mit einer insgesamt geringen Bedeutung für das multinationale Unternehmen. So stellen Bartlett und Ghoshal (1989, S. 125 f.) in diesem Zusammenhang heraus:

„These national organizations [called implementers] cannot contribute much to the strategic knowledge of the firm. […] Their task is not unimportant, however. The implementers often maintain the commercial viability of the company and generate the resources that support strategic and innovative processes.“ Implementers stellen somit „cash cows“ dar.

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die dann auch an anderen Unternehmensstandorten vorteilhaft eingesetzt werden können. „Contributors“ sind dazu nicht in der Lage, da sie eben keinen hinreichend großen Interdependenzgrad zu lokalen Akteuren bzw. von diesen kontrollierten Aktivitäten und Ressourcen aufweisen. Daher können sie nur aus unternehmensinternen Ressourcen und Wissenssets neue erschaffen, die dann auch an anderen Standorten eingesetzt werden, was aber auch „strategic leaders“ prinzipiell möglich ist. Unter Rekurs auf die obige Diskussion bezüglich der Exploration und Exploitation muss nun festgestellt werden, dass vor allem das auf unternehmensinterne Elemente bezogene Interdependenzkonstrukt zunächst auf exploitative Aspekte bezogen ist: Durch einen hinreichend großen Interdependenzgrad mit anderen unternehmensinternen Akteuren kann ein Transfer neu generierter oder explorierter Wissenssets vorteilhaft sein. Anders formuliert, ist ein solcher Interdependenzgrad damit notwendige Voraussetzung dafür, dass eine Exploration solcher Wissenssets überhaupt sinnvoll ist, sich also ein Einsatz vorhandener akteursspezifischer Wissenssets zur Exploration neuer Wissenssets lohnt. Ähnlich verhält es sich auch beim Interdependenzgrad mit externen lokalen Akteuren bzw. deren Aktivitäten und Ressourcen. Dieser erhöht nämlich nur die strategische Bedeutung der „strategic leaders“, da diese gleichzeitig Interdependenzen mit anderen unternehmensinternen Akteuren aufweisen. Anders formuliert, ermöglicht die Verknüpfung der externen Wissenssets über die internen am jeweiligen Standort mit weiteren internen Wissenssets an anderen Standorten die Exploitation neuer explorierter Wissenssets und ist damit eine notwendige Voraussetzung für die vorteilhafte Exploration. Es kann jedoch zudem angenommen werden, dass die Interdependenz von Aktivitäten und Ressourcen einen direkten Einfluss auf die Exploration neuer Wissenssets hat, der dem oben dargestellten entgegengesetzt ist. Interessanterweise scheint dieser jedoch in der hier dargestellten Internationalisierungsliteratur nicht explizit diskutiert zu werden. Hierauf verweisen jedoch Arbeiten mit Innovationsbezug aus einer wissensbasierten Perspektive (Andriopoulos / Lewis 2009; Barkema / Vermeulen 1998; Brusoni 2005; Ethiraj / Levinthal 2004; Gilsing 2003; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Langlois 1992; 2002; Laureiro-Martínez / Brusoni / Zollo 2009; Levinthal / March 1993; March 1991; Nooteboom 2004d, S. 14; Osterloh / Weibel 2004; Pisano 2000; Puranam / Singh / Zollo 2006; Sallusti 2008a; 2008b; Sobrero / Roberts 2001; Tushman / O’Reilly 1996; Tushman / Moore 1998; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Verallgemeinert wird hier konstatiert, dass es durch Exploration bedingte Variationen innerhalb einer Aktivität zu (Ablauf-)Störungen innerhalb anderer Aktivitäten kommen kann, wenn die Aktivitäten in einem interdependenten Verhältnis zueinander stehen. Dies scheint auch intuitiv einsichtig, wenn die Gegensätze zwischen

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Exploration und Exploitation noch einmal vergegenwärtigt werden. Exploration bedingt Experimente und Veränderungen mit ungewissem Ausgang innerhalb einer Aktivität. Dies bedeutet, dass es hier zwangsläufig zu Ineffizienzen kommt. Effiziente Exploitation hingegen verlangt nach weitestgehend standardisierten gleichbleibenden Abläufen. Wenn nun bspw. eine exploitative Aktivität das Ergebnis einer anderen Aktivität als Input nutzt, so können diese beiden Aktivitäten insofern als interdependent angesehen werden, als dass Prozess und Ergebnis der exploitativen Aktivität von der anderen Aktivität bzw. deren Ergebnis beeinflusst werden. Werden nun in Letzterer aus explorativen Gründen Experimente und Veränderungen vorgenommen, so können diese zu (temporären) Ergebnisvariationen führen. Diese Variationen werden dann aufgrund der angenommenen Interdependenz einen negativen Einfluss auf die Effizienz der nachgelagerten Aktivität ausüben. Anders ausgedrückt, erhöhen sich die Opportunitätskosten der Exploration mit steigendem Interdependenzgrad. In den hier diskutierten Internationalisierungskontext übertragen bedeutet dies, dass der Interdependenzgrad zwei gegenläufige Effekte in Bezug auf die Exploration neuer Wissenssets an ausländischen Standorten verursacht. Einerseits ist ein gewisser Interdependenzgrad mit internen Wissenssets an anderen Unternehmensstandorten notwendig, damit die explorierten neuen Wissenssets auch hier vorteilhaft exploitiert werden können. Auf der anderen Seite kann ein steigender Interdependenzgrad aber auch dazu führen, dass sich die Opportunitätskosten der Exploration an einem Standort erhöhen. Als Nächstes stellt sich die Frage, was eine effektive Exploration neuer Wissenssets insbesondere an ausländischen Standorten ermöglicht oder fördert. Auch diesbezüglich lassen sich Hinweise in der obigen Diskussion über die strategische Bedeutung der unterschiedlichen Rollen von Tochtergesellschaften einer multinationalen Unternehmung und dabei insbesondere im Vergleich von „strategic leaders“ und „contributors“ finden. Wie bereits herausgestellt, ist die strategische Bedeutung Ersterer größer, da sie zusätzlich in der Lage sind, neue Wissenssets durch die Interaktion mit externen lokalen Akteuren zu generieren. Als wesentliche Begründung führen Bartlett und Ghoshal (1989, S. 121 ff.) an, dass die Märkte, auf denen die „strategic leaders“ agieren, von hoher strategischer Bedeutung sind, während die Märkte, auf denen „contributors“ agieren, eine solche nicht aufweisen. Die dahinterliegende Begründung scheint insoweit offensichtlich, als dass auf strategisch bedeutenden Märkten eben auch strategisch bedeutende Wissenssets prinzipiell zugänglich sind, die das multinationale Unternehmen auch an anderen Standorten vorteilhaft nutzen kann. Es handelt sich hier also um ein exploitatives Argument. Diesem soll auch nicht widersprochen werden, jedoch wird hier daneben noch auf einen anderen – evtl. in der hier disku-

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tierten Internationalisierungsliteratur implizit verborgenen – Aspekt eingegangen, der sich unmittelbar auf die Explorationsfunktion bezieht. Eine zusätzlich notwendige Voraussetzung muss nämlich sein, dass sich die auf dem strategisch bedeutenden Markt prinzipiell zugänglichen Wissenssets von den beim Unternehmen bzw. auf dessen Heimatmarkt vorhandenen unterscheiden. Diesbezüglich stellen Peng und Wang (2000, S. 80) heraus, dass Markteintritte auch „as an option to maintain access to innovations resident in the host country, thus generating information spillovers that may lead to opportunities for future organizational learning and growth“

angesehen werden können. Peng (2001, S. 814) konstatiert in diesem Zusammenhang, dass „market entries are not only ‚pushed‘ by firm-specific advantages possessed by the MNC, but also ‚pulled‘ by the resources and capabilities of the target firm abroad that may help the investing MNC develop new advantages […].“

Dies verweist damit auf die bereits von von Hayek (1945; 1969) formulierte Sichtweise, Märkte als Entdeckungsverfahren zu verstehen und auch auf Schumpeters (1934, S. 65) Ansicht, dass Innovationen durch die Rekombination existierender Faktoren entstehen können. Dahinter steht die grundsätzliche Einsicht, dass Vielfalt oder Verschiedenheit eine notwendige Bedingung für Innovationen bzw. die Exploration neuer Wissenssets ist (Bechara / Damasio 2005; Knudsen / Levinthal 2007; Laureiro-Martínez / Brusoni / Zollo 2009; Nonaka 1994; Nonaka / Takeuchi 1995; Nooteboom 2001; Powell / Koput / Smith-Doerr 1996; von Hippel 2007; Zollo / Winter 2002). So verweist March (1991) darauf, dass innerhalb einer Organisation die Generierung neuer Ideen durch Personalfluktuation bzw. den Eintritt neuer Individuen mit divergierenden Wissenssets ermöglicht wird. Dadurch wird zwar die Exploitation gestört, jedoch die Exploration gefördert. Damit ist letztendlich auch bei der vorliegenden Diskussion dynamischer Aspekte und insbesondere der Möglichkeit der Exploration durch Internationalisierung die Bedeutung des Konzeptes der kognitiven Distanz ersichtlich. Diesbezüglich wurde aus exploitativer Sicht bereits darauf verwiesen, dass ein steigender kognitiver Distanzgrad problematisch ist, da er Interaktionen zwischen Akteuren schwieriger bzw. ineffizienter werden lässt, die Exploitation also gestört wird. Im Zusammenhang mit der Exploration lässt sich nun jedoch noch ein zweiter entgegengesetzter Effekt einer steigenden kognitiven Distanz einführen, der so in der diskutierten Internationalisierungsliteratur nicht explizit angesprochen wird (Nooteboom 2004d, S. 9):58 58 Am ehesten wird dieser in der dargestellten Literatur mit Bezug auf die „New Economic Geography“ (Baldwin, Forslid, Martin, et al. 2005; Clark, Gertler und Feldman 2003; Coe und Helpman 1995; Feldman 2000; Fujita, Krugman und Vena-

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„A tenaciously held assumption in the literature on internationalization is that cognitive distance is a problem to be overcome, and is not seen also as an opportunity to be taken. When learning is discussed, in the literature on international business, it is mostly discussed as learning to cope with transnational differences, by accumulating experience in cross-border collaboration (e. g. Barkema and Vermeulen 1997), rather than taking those differences as a potential source of learning to change home country products or practices.“59

Im Prinzip ist dieser Effekt jedoch schon im prozessualen Internationalisierungsmodell, das die Bedeutung von Erfahrungswissen herausstellte, verborgen. Hier wird allerdings vornehmlich auf die negativen Konsequenzen einer großen psychischen bzw. kognitiven Distanz eingegangen, die sich aber auf die Exploitation von internen Wissenssets bezog. Daneben wurde hier auf die Bedeutung von internationalem Erfahrungswissen zur „Abmilderung“ dieser negativen Effekte eingegangen. Internationales Erfahrungswissen entsteht dabei dadurch, dass ein Akteur im Zeitverlauf auf immer psychisch distanteren Märkten bzw. durch die Interaktion mit immer kognitiv distanteren Akteuren Erfahrungen sammelt. So betrachtet, verweist diese Argumentation unmittelbar auf einen positiven Effekt, der mit der kognitiven Distanz verbunden ist. Und zwar führt die kognitive Distanz zwischen einem fokalen und einem anderen Akteur ja überhaupt erst dazu, dass aus der Interaktion zwischen diesen ein explorativer Wert – hier also internationales Erfahrungswissen – entstehen kann (Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Nooteboom 2000b; 2004b; 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Ist die kognitive Distanz zwischen den beiden Akteuren sehr gering, so werden sie kaum Probleme haben, zu interagieren und Wissenssets auszutauschen. Dessen ungeachtet werden beide Akteure aufgrund der geringen kognitiven Distanz bereits ähnliche oder gleiche Wissenssets besitbles 1999; Grossman und Helpman 1993; Krugman 1979; 1991; Martin und Ottaviano 1999; Ohmae; Ottaviano und Puga 1998; Porter 1998b; 1998a; Storper 1992; 1997; Storper und Scott 1992; Storper und Venables 2004) sowie auf Allianzen (Borys und Jemison 1989; Chathoth, Heiman und Ungson 2005; Das und Teng 2000; 2003; de Jong und Klein Woolthuis 2008; De Rond und Bouchikhi 2004; Doz und Hamel 1998; Dunning 1995; Grant und Baden-Fuller 2004; Gulati und Singh 1998; Hamel 1991; Harrison, Hitt, Hoskisson, et al. 2001; Kale, Singh und Perlmutter 2000; Kanter 1994; Larsson, Bengtsson, Henriksson, et al. 1998; Lavie und Rosenkopf 2006; Nooteboom 1999a; Parkhe 1991; Reuer, Zollo und Singh 2002; Sallusti 2008b; White und Lui 2005; White 2005; Zollo, Reuer und Singh 2002) deutlich. 59 Siehe aber bspw. Morosini, Shane und Singh (1998, S. 137), die zeigen, dass eine solche Distanz auch dazu führen kann, die Performance einer internationalen Unternehmensakquisition „by providing access to the target’s and / or the acquirer’s diverse set of routines and repertoires embedded in national culture“ zu erhöhen. Ähnlich argumentieren auch Vermeulen und Barkema (2001).

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zen und / oder ähnlich oder gleich interpretieren. Folglich wird ein Akteur durch Interaktion mit einem kognitiv nahen Akteur kaum neue Wissenssets absorbieren oder gemeinsam mit letzterem generieren können; internationales Erfahrungswissen kann eben nicht durch ein ausschließliches Engagement auf dem Heimatmarkt generiert werden. Wächst die kognitive Distanz hingegen an, so werden beide Akteure mit größer werdender Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Wissenssets besitzen und / oder die Wissenssets des jeweils anderen unterschiedlich interpretieren und auf einen anderen Kontext beziehen können. Durch Interaktion werden die beiden Akteure damit eher in der Lage sein, neue Ressourcen oder Wissenssets zu erschaffen bzw. zu explorieren.60 Nooteboom (2009, S. 96) stellt diesen Zusammenhang anschaulich wie folgt dar: „For collaboration between people, cognitive distance is both a problem and an opportunity. The problem is that with increasing distance the ability of people to collaborate, intellectually and behaviorally or morally, is less, which hinders effective and efficient collaboration. […] The opportunity of cognitive distance is that it offers options for new knowledge and perspectives.“

Anders formuliert, ist eine steigende kognitive Distanz für die Exploitation eher hinderlich, fördert jedoch die Möglichkeit der Exploration. Bezüglich Letzterem ist jedoch zu bedenken, dass für die Erschaffung neuer Wissenssets aus Interaktion zuvor ein erfolgreicher Austausch von vorhandenen Wissenssets notwendig ist, wobei eine große kognitive Distanz wiederum problematisch ist. Dieser Zusammenhang soll exemplarisch an Abbildung 2 verdeutlicht werden. Die Abbildung zeigt zwei unterschiedlich stilisierte Aktivitäten, die Akteure kollaborativ durchführen können. Auf der linken Seite handelt es sich dabei um eine Aktivität mit vornehmlich exploitativen Zielen, während auf der rechten Seite eine Aktivität mit explorativen Zielen dargestellt ist. In beiden Fällen kann der generierbare Mehrwert aus der Durchführung der jeweiligen Aktivitäten als Produkt der Fähigkeiten aufgefasst werden, neue Wissenssets zu explorieren und vorhandene Wissenssets zu exploitieren, die jeweils von der kognitiven Distanz beeinflusst werden. Wie diskutiert, wird die Exploitationsfähigkeit mit steigender kognitiver Distanz abnehmen, 60 Diese Aussage wird auch von Arbeiten unterstützt, die sich effektiver Teamarbeit widmen. Schnellere Entscheidungsfindung, reibungslosere Koordination, höheres Vertrauen und bessere Verständigung wird dabei Gruppen zugeschrieben, die aus homogenen Akteuren bestehen (Murray 1989; Zenger / Lawrence 1989). Auf der anderen Seite scheint es problematischer für homogene Teams zu sein, mit Veränderungen umzugehen und neue Dinge zu erfinden oder zu entwickeln (Bantel / Jackson 1989; Cannella / Park / Lee 2008; Murray 1989). Heterogene Teams scheinen diesbezüglich kreativer zu sein (Ancona / Caldwell 1992; Knight / Pearce / Smith / et al. 1999; Smith / Smith / Olian / et al. 1994).

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Mehrwert Exploitationsfähigkeit

Exploitationsfähigkeit Explorationsfähigkeit

Explorationsfähigkeit

kognitive Distanz Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Nooteboom (2009, S. 107).

Abbildung 2: Der Einfluss der kognitiven Distanz auf die Möglichkeit einen Mehrwert aus der Interaktion von Akteuren bei der Durchführung von Aktivitäten zu generieren

während die Explorationsfähigkeit zunimmt. Bei vornehmlich auf Exploitation ausgerichteten Aktivitäten, die in der Abbildung links dargestellt sind, ist die Exploitationsfähigkeit wesentlich wichtiger als die Explorationsfähigkeit, was durch die jeweiligen unterschiedlichen Kurvenverläufe dargestellt ist. Während der mit der Exploitation verbundene Mehrwert bei geringer kognitiver Distanz sehr hoch ist und mit zunehmender Distanz rapide abnimmt, ist der mit der Exploration verknüpfte Mehrwert bei geringer kognitiver Distanz sehr gering und nimmt mit steigender Distanz langsam zu. Das Resultat der angenommenen multiplikativen Verknüpfung der beiden Fähigkeiten ist durch die graue durchgezogene Kurve dargestellt, die zum Ausdruck bringt, dass bei Aktivitäten mit vorrangig exploitativer Zielsetzung der generierbare Mehrwert aus Interaktion von Akteuren bei der geringstmöglichen kognitiven Distanz zwischen diesen am höchsten sein wird. Auf der rechten Seite der Abbildung ist hingegen eine Aktivität mit vorrangig explorativer Zielsetzung dargestellt. Auch hier ist die Fähigkeit zur Exploitation von Bedeutung, da die beteiligten Akteure Wissenssets bzw. Informationen und Interpretationen über diese austauschen müssen. Diesbezüglich ist auch hier davon auszugehen, dass diese Fähigkeit bei geringer kognitiver Distanz stark ausgeprägt ist und mit steigender kognitiver Distanz abnimmt. Jedoch ist die Abnahmerate hier nicht so stark ausgeprägt, da hier „more tolerance of ambiguity and of problems of mutual understanding and agreement“ (Nooteboom 2009, S. 107) existiert. Auf der anderen Seite ist hier die Fähigkeit, neue Wissenssets zu explorieren, wesentlich

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bedeutender als bei auf Exploitation fokussierten Aktivitäten, weshalb die korrespondierende Explorationsfähigkeitenkurve wesentlich stärker mit größer werdender kognitiver Distanz ansteigt. Wird nun auch hier der mögliche Mehrwert als Produkt exploitativer und explorativer Fähigkeiten angesehen, so zeigt die schwarze durchgezogene Kurve auf der rechten Seite, dass der maximal generierbare Mehrwert durch die Interaktion von Akteuren bei der Durchführung der auf Exploration ausgerichteten Aktivität bei einer wesentlich größeren kognitiven Distanz liegen wird, als dies bei der auf Exploitation ausgerichteten Aktivität der Fall war.

II. Determinanten des Internalisierungsvorteils Die bisherige Diskussion bezog sich auf die Faktoren, die die Höhe des generierbaren Mehrwertes durch Internationalisierung determinieren. Dabei wurde herausgestellt, dass der Mehrwert aus der Kombination eigentumsund standortspezifischer Vorteile resultiert, denen jeweils Ressourcen bzw. Wissenssets zugrunde liegen, die bestimmte Charakteristika aufweisen müssen. Da das fokale Unternehmen anfänglich zwar bereits Zugang zu eigentumsvorteilbegründenden Wissenssets haben muss, jedoch standortvorteilbegründende Wissenssets von externen Akteuren kontrolliert werden, sind Beziehungen zu Akteuren an ausländischen Standorten zur Generierung eines Mehrwertes folglich notwendig. Damit stellt sich die Frage, wie solche Beziehungen ausgestaltet werden sollten, damit sich das fokale Unternehmen einen größtmöglichen Anteil des Mehrwertes aneignen kann. Diesbezüglich rückt also die koordinative Ausgestaltung internationaler Aktivitäten bzw. die Vorteilhaftigkeit potentiell zur Verfügung stehender Markteintrittsformen ins Zentrum des Interesses. Die Frage, die sich hier stellt, ist, wann bzw. warum ein Unternehmen das Recht, seine eigentumsvorteilbegründenden Ressourcen an einem Standort einzusetzen, selbst ausnutzen sollte, anstatt sie an einen externen Akteur abzutreten (Buckley / Pearce 1979; Buckley / Casson 1976; Dunning 2000; Dunning / Lundan 2010). Diesbezüglich stellen Kogut und Zander (1993, S: 626) heraus: „Comparative advantage is the condition governing [international] firm trade, [foreign] direct investment, and [international] growth. The question facing the firm is whether this advantage is more economically – in terms of its costs and market effects – transferred to an affiliate subsidiary or to other firms.“

Damit ist ein direkter Bezug zur Arbeit von Coase (1937; 2000; 2006; siehe bspw. auch Madhok 2002) ersichtlich, der sich mit den möglichen Gründen beschäftigt, warum manche Transaktionen effizienter internalisiert – also innerhalb eines Unternehmens – durchgeführt werden können als über den externen Marktmechanismus.

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1. Klassische Theorien internationalen Handels Die bereits dargestellten klassischen Theorien internationalen Handels thematisieren die koordinative Ausgestaltung internationaler Aktivitäten von Unternehmen gar nicht, was auch nicht verwunderlich scheint, da hier die Analyseeinheit Nationalstaaten sind und sich die Analyse auf die Vorteilhaftigkeit des internationalen Güteraustausches auf die Ebene von Nationen beschränkt (Mtigwe 2006; Ricardo 1817; Smith 1776). Eine Internalisierung von internationalen Aktivitäten ist in diesen Modellen überhaupt nicht als Möglichkeit vorgesehen, da die essenziellen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital als immobil angesehen werden. Daly (1999, S. 32) erklärt diesen Zusammenhang anschaulich wie folgt: „In the classical 19th-century vision of Smith and Ricardo, the national community embraced both national labor and national capital […] to produce national goods – largely with national natural resources. These national goods then competed in international markets against the goods of other nations, produced by their own national capital / labor teams using their own resources. […] Immobile capital does not mean that producer goods cannot be exchanged […]. What is immobile is capital in the ‚fundist‘ sense, money, or liens on the future product of the deficit country. Immobile capital in the fundist sense is the same thing as balanced trade on the current account […]. In the globally integrated world of the late 20th century, however, both capital and goods are free to move internationally. […] [Now,] we [can] have global capitalists competing with each other for both laborers and natural resources, as well as markets, in all countries.“

Da also ein Kapitaltransfer in einen ausländischen Markt – der offensichtlich eine notwendige Voraussetzung für ein direktes (zumindest teilweise) internalisiertes Engagement im Ausland ist – zu Smiths und Ricardos Zeit schlicht nicht möglich war, spielt auch eine evtl. Internalisierung von Aktivitäten im Ausland keine Rolle in diesen theoretischen Ansätzen. Folglich kann hier ein internationaler Austausch nur über den Marktmechanismus stattfinden, was einer vollständigen Externalisierung internationaler Aktivitäten entspricht; Unternehmen exportieren ihre im Heimatland erstellten Produkte. 2. Klassische Theorien multinationaler Unternehmen Anders verhält es sich bei den Theorien multinationaler Unternehmungen, die erstmals die Internalisierung von Unternehmensaktivitäten auf ausländischen Märkten diskutieren (Caves 1971; Dunning / Pitelis 2007; Horaguchi / Toyne 1990; Hymer 1960; Vernon 1966; 1979; Wells 1968). Bis dahin, so konstatieren Dunning und Rugman (1985, S. 228), basierte „the prevailing explanation of international capital movements […] exclusively upon a neoclassical financial theory of portfolio flows. In this frictionless world

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of perfect competition, with no transaction costs, […] capital is assumed to be transacted between independent buyers and sellers, that is, there is no role for the MNE. At the time there was no separate theory of foreign direct investment (FDI).“

Hymer (1960) richtet nun sein Hauptaugenmerk auf die Frage, warum sich Unternehmen überhaupt direkt auf einem ausländischen Markt engagieren (Dunning / Rugman 1985, S. 228): „Hymer’s great insight was in focusing attention upon the MNE as the institution for international production, rather than international exchange. Until [then] […], it was not possible to understand why the MNE transfers intermediate products such as knowledge or technology among its units across different nations while still retaining property rights over such assets. […] [T]he theory of FDI (i. e., international production) is primarily about the transfer of nonfinancial and ownership-specific intangible assets by the MNE, which needs to appropriate and control the rate of use of its internalized advantage(s) […].“

Anders formuliert, ist hier vor allem von Interesse, warum Unternehmen Aktivitäten auf einem ausländischen Markt überhaupt internalisieren, wobei unterschiedliche Internalisierungsgrade zwar als differenzierte Optionen des Markteintritts wahrgenommen, jedoch zumindest anfänglich nicht genauer betrachtet werden (Dunning / Pitelis 2007; Horaguchi / Toyne 1990; Hymer 1960; Vernon 1966). Die angeführten Begründungen für die Existenz international agierender Unternehmungen bzw. die Internalisierung internationaler Aktivitäten sind industrieökonomisch fundierte strukturelle Marktversagenstatbestände, die laut Moon und Roehl (2001, S. 198) zu „oligopolistic advantages of Bain (1956), which include scale economies, knowledge advantages, distribution networks, product diversification, and credit advantages“

führen (Dunning / Rugman 1985; Dunning / Pitelis 2007; Horaguchi / Toyne 1990; Hymer 1960; Markusen / Deardorff / Irwin 2005). Ausgangspunkt der Argumentation ist, dass Unternehmen, um international tätig zu werden, über einen monopolistischen oder oligopolistischen Vorteil bei der Durchführung bestimmter Aktivitäten verfügen müssen und somit ein Versagen des Marktmechanismus quasi endogen erschaffen (Rugman 1981, S. 81): „The MNC is engaged in the process of internalization. It is a creature of imperfect markets.“

Durch die interne Ausführung dieser Aktivitäten an einem ausländischen Standort bzw. des dazu notwendigen internen Transfers von Ressourcen können solche Unternehmen durch die damit einhergehende Erschaffung von Marktversagenstatbeständen folglich auch dort einen Mehrwert generie-

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ren. Anders ausgedrückt, handelt es sich hier also nicht um einen effizienzbasierten Internalisierungsvorteil, sondern sozusagen um Auf- oder Ausbau eines eigentumsspezifischen Vorteils durch die eigenständige Durchführung der vorteilbegründenden Aktivitäten auch auf dem jeweiligen Auslandsmarkt (Dunning / Rugman 1985; Moon / Roehl 2001; Teece 1985). Durch das dortige direkte Engagement lässt sich ein zusätzlicher Mehrwert erschaffen. Hymer (1960, S. 25, 48) führt in diesem Zusammenhang aus, dass eine Internalisierung und daraus resultierende Kontrolle über im Ausland durchgeführte Aktivitäten vorteilhaft ist „in order to remove competition between that foreign enterprise and enterprises in other countries. […] The [multinational] firm is a practical institutional device, which substitutes for the market. The firm internalizes or supersedes the market.“61

Da diese Ansätze vorrangig erklären wollen, warum Unternehmen überhaupt international tätig werden, scheint eine Diskussion der Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Markteintrittsformen aus Effizienzperspektive eher rudimentär geführt zu werden (Buckley / Pearce 1979; Dunning 1974; 1981; Horaguchi / Toyne 1990; Moon / Roehl 2001; Teece 1985). Bspw. verweist Vernon (1966) lediglich darauf, dass Unternehmen anfangs aufgrund geringer Nachfrage in einen ausländischen Markt exportieren, während bei steigender Nachfrage eine eigenständige Produktion aufgrund relativ geringerer Transportkosten zunehmend vorteilhafter wird. Hymer (1960) verweist im Zusammenhang mit den von multinationalen Unternehmungen kreierten strukturellen Marktunvollkommenheiten – die ja bereits auf dem Heimatmarkt existieren sollten und folglich nicht unbedingt auch auf dem Auslandsmarkt erschaffen werden müssen, sondern evtl. durch einen Export substituiert werden könnten – auf die Rolle von Einfuhrzöllen, die ein direktes Engagement vorteilhaft machen können. Diese klassischen Arbeiten thematisieren dabei jedoch mögliche Transaktionskosten- bzw. Effizienzunterschiede bei der Nutzung unterschiedlicher Koordinationsformen nicht, die erstmals von Coase (1937) explizit diskutiert wurden. So konstatieren bspw. Dunning und Rugman (1985, S. 229 f.): „Unfortunately, Hymer misses the distinction between structural and transactioncost (cognitive) market imperfections […]. Hymer’s entire analysis is based upon [endogenous] structural imperfections, which are Bain-type advantages to enhance the asset power of the MNE. […] On the other hand, cognitive imperfections are Williamson-type transaction costs (see Oliver Williamson, 1975). These transaction costs arise naturally, or at least are assumed to be exogenous to the MNE. […] The latter type of market imperfections are inadequately treated by Hymer. 61 Hier ist anzumerken, dass obwohl insbesondere die letzten beiden Sätze direkt auf die Arbeit von Coase (1937) zu verweisen scheinen, Hymer diese nirgendwo in seiner Dissertation als Referenz angibt. Er führt diese auf Transaktionskostenunterschieden basierende Idee auch nicht weiter aus (Safarian 2003).

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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[…] However, it is always important to distinguish the source of the advantage. If an exogenous market imperfection leads the MNE to organize an internal market as a substitute for either a missing regular (external) market, […] then the process of internalization improves efficiency. No rents would be expected for the MNE when it is exercising transaction-cost power. In contrast, Hymer’s concept of the MNE is restricted to the structural market imperfections view. He sees the MNE as having the power to close markets by using one or more of the Baintype advantages. In turn, he believes that this leads to the generation of rents for the MNE. […] The reader of Hymer does not get the message that internalization of transactions by the MNE is required in order to capture the externalities of separately related but commonly owned activities.“

Aus dem obigen Zitat geht damit klar hervor, dass hier der Internalisierungsgrad von Aktivitäten im Ausland nicht mit der Aneignungsfähigkeit eines potentiellen Mehrwertes durch Internationalisierung in Verbindung gebracht wird, sondern mit der Möglichkeit, überhaupt einen Mehrwert aus Internationalisierung zu generieren, wobei Letzteres offenbar mit der Aneignungsfähigkeit gleichgesetzt wird. Damit ermöglichen diese Ansätze auch keine klaren Aussagen über den Internalisierungsgrad, wenn dieser wie hier vorgeschlagen als Kontinuum an Möglichkeiten angesehen wird. Vielmehr scheinen die Ansätze diesbezüglich von binominalen Konstrukten auszugehen, intermediäre Formen wie bspw. Joint Ventures oder Allianzen werden, wenn überhaupt, nur am Rande betrachtet (Dunning / Pitelis 2007; Horaguchi / Toyne 1990; Mtigwe 2006; Safarian 2003).62 Aufbauend auf diesen Theorien internationaler Unternehmen, und dabei insbesondere ihren Argumentationslinien bezüglich der Mehrwertgenerierung durch Internationalisierung, entwickeln sich später sogenannte Internalisierungsmodelle, die Fragen bezüglich des Internalisierungsgrades internationaler Aktivitäten und damit der evtl. damit verbundenen Aneignungsfähigkeitenunterschiede ins Zentrum ihrer Betrachtung rücken. Als Ausgangspunkt dient die vorgebrachte Kritik an den bis dato existierenden Modellen, dass sie (exogene) Effizienzunterschiede der verschiedenen Markteintrittsformen weitestgehend außer Acht lassen und daher relativ vage im Blick auf deren relative Vorteilhaftigkeitsunterschiede bleiben (Buckley / Casson 1998a; Dunning 1974; 1988; Rugman 1986; Teece 1985; 1986b). Diese Lücke versuchen nun Internalisierungsansätze zu schließen, indem sie die Vorteilhaftigkeitsunterschiede verschiedener Markteintrittsformen unter besonderer Berücksichtigung von damit verbundenen Effizienzunterschieden bezüglich der Realisierung und Aneignung eines Mehrwertes aus Internationalisierung untersuchen (Buckley / Casson 1976; 1985; 1996; 1998a; 62 Hier sei angemerkt, dass einige Autoren feststellen, dass Hymer (1960) sehr wohl Internalisierungsvorteile differenziert thematisiert (vgl. bspw. Dunning 2003; Horaguchi / Toyne 1990).

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Calvet 1981; Caves 1996; Dunning 2000; 2003; Dunning / Pitelis 2007; Kogut / Zander 1993; Root 1987; Rugman 1980a; 1986; Safarian 2003; Teece 1985; 1986b; Weisfelder 2001). Diesbezüglich lassen sich zwei dominante Forschungsrichtungen unterscheiden, die in den folgenden beiden Abschnitten getrennt voneinander betrachtet werden. Während sich die eine vorrangig mit Aneignungsaspekten beschäftigt und Argumenten der Transaktionstheorie (Alchian / Demsetz 1972; Coase 1937; Klein / Crawford / Alchian 1978; Williamson 1975; 1981; 1985; 1991) bedient, nutzt die andere vornehmlich Erklärungen aus Wissensperspektive, um vor allem Aussagen über die Realisierbarkeit eines Mehrwertes zu treffen (Arrow 1974b; 1985; Kogut / Zander 1992; Langlois 1992; Nelson / Winter 1982a; Penrose 1959; Pitelis 2007; Richardson 1972).63 3. Transaktionskostentheoretisch fundierte Modelle Ansätze, die vornehmlich auf eine transaktionskostenbasierende Argumentation aufbauen, widmen sich der Diskussion möglicher Determinanten, die Effizienzunterschiede unterschiedlicher Markteintritts- und Marktbearbeitungsformen bei der Exploitation vorteilbestimmender Ressourcen an ausländischen Standorten bestimmen.64 Bedeutende Beiträge innerhalb dieser Forschungstradition sind bspw. die Arbeiten von Anderson und Gatignon (1986), Buckley und Casson (1985; 1976; 1998a; 1998b), Casson (1979; 1987), Dunning (1981), Rugman (1980a; 1981), Teece (1977; 1981; 1985; 1986b) und Williamson (1981). Demnach haben Unternehmen grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten, in einen ausländischen Markt einzutreten. Eine solche Markteintrittsform kann dabei als Koordinationsform verstanden werden, die die Art und 63 Hier ist anzumerken, dass die vorgeschlagene konzeptionelle Zuordnung zu der einen oder anderen Theoriebasis insbesondere unter Rekurs auf neuere Arbeiten mit Internationalisierungsbezug nicht immer trennscharf erfolgen kann, da viele dieser Arbeiten Argumente aus beiden Perspektiven in ihrer Diskussion nutzen. Andererseits beziehen sich jedoch viele Autoren bei ihrer Kritik an unterschiedlichen Internationalisierungsmodellen genau auf diese theoretischen Fundamente (siehe bspw. Conner / Prahalad 1996; Foss 1996a; Kogut / Zander 1993; Langlois / Foss 1999; Madhok 1998; Williamson 1999), sodass diese Unterteilung dennoch als sinnvoll erachtet werden kann. 64 Dunning und Lundan (2010, S. 7 f.) stellen bspw. heraus, dass der Internalisierungsansatz

„closely related to transaction cost economics, although it stems directly from Coase (1937) rather than from Williamson (1975)“ ist.

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Weise bestimmt, wie internationale Transaktionen organisiert und ausgeführt werden (Root 1987).65 Die Modi erstrecken sich dabei von Export und Lizenzierung über Allianz- und Joint-Venture-Beteiligungen bis hin zu vollständigen Tochterunternehmen, wobei das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der Internalisierungsgrad ist, der vom Export bis hin zu Tochterunternehmen anwächst (Buckley / Casson 1985; Gao 2004; Rugman 1981; Teece 1985). In Bezug auf die koordinative Ausgestaltung von Akteursbeziehungen kann der Internalisierungsgrad als Maß für die Entscheidungsautonomie und Verhaltenskontrolle der beteiligten Akteure aufgefasst werden (Anderson / Gatignon 1986; Calvet 1981; Caves 1996; Cray 1984; Erramilli / Rao 1993; Kogut 1988). Bei vollständiger Internalisierung kann der internalisierende Akteur sämtliche Entscheidungsbefugnisse auf sich vereinen und hat die umfangreichsten Kontrollmechanismen zur Sicherstellung seiner Entscheidungsumsetzung zur Verfügung. Findet hingegen keine Internalisierung statt, bleiben die Beziehungspartner weitestgehend autonom bei ihren Entscheidungen und können folglich ihr Verhalten selbst bestimmen. Welcher Eintrittsmodus zu wählen ist, hängt grundsätzlich von der relativen Effizienz der jeweiligen Eintrittsform ab, was grundsätzlich auch schon aus den oben diskutierten klassischen Ansätzen hervorgeht. Diese bezogen sich jedoch vornehmlich auf Produktionskostenunterschiede, bezüglich derer die oben eingeführte Konzeptionalisierung des Internalisierungsgrades keine eindeutigen Aussagen erlaubt. Buckley und Casson (1976) stellen diesbezüglich zunächst heraus, dass dann die relativen Kostenunterschiede der Modi von der jeweiligen Höhe der Ausbringungs- bzw. Absatzmenge auf dem jeweiligen Auslandsmarkt determiniert werden. Verallgemeinert bestimmen sich die Produktionskosten aus fixen und variablen Kosten. Einerseits kommt es zu fixen Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten des jeweiligen Modus, wobei diese mit der Ausweitung direkt am ausländischen Standort durchgeführter Aktivitäten sukzessive ansteigen. Bspw. sind diese bei einem Export relativ gering, da so keine Produktionsanlagen am ausländischen Standort aufgebaut werden müssen, während sie relativ hoch bei der Etablierung einer Tochtergesellschaft und einhergehender Investition in eigene Produktionsanlagen sind. 65 Bereits an dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass Markteintrittsformen bzw. in der Realität beobachtbare Organisationsformen nicht gleichzusetzen sind mit den unterschiedlichen Governance- oder Koordinationsmechanismen, die innerhalb dieser Formen angewandt werden können (Adler 2001; Adler / Kwon 2002). Es besteht aber dennoch eine Verbindung zwischen beiden Konstrukten, was im weiteren Verlauf noch ausführlicher thematisiert wird.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Andererseits kommt es zu wiederkehrenden variablen Kosten, die mit der Absatzmenge ansteigen und umso geringer sind, je größer der Anteil von Aktivitäten des gesamten Leistungserstellungsprozesses ist, die im Ausland direkt durchgeführt werden. Bspw. werden die Kosten pro Absatzeinheit aufgrund der Transportkosten relativ hoch sein, während sie bei der Produktion auf dem Auslandsmarkt durch eine Tochtergesellschaft – so denn die benötigten Inputs auf diesem Markt zur Verfügung stehen – geringer sein werden. Damit determiniert die mögliche Absatzmenge auf dem jeweiligen Auslandsmarkt die relative Vorteilhaftigkeit bzw. Effizienz der zur Verfügung stehenden Markteintrittsmodi. Ist die Absatzmenge gering, so wird bspw. ein Export relativ effizienter sein als die Etablierung einer Tochtergesellschaft, da die geringeren variablen Kosten Letzterer aufgrund der geringen Ausbringungsmenge nicht für die deutlich höheren Fixkosten kompensieren können. Je höher allerdings die mögliche Absatzmenge wird, desto relativ effizienter würde eine Tochtergesellschaft, da die korrespondierenden hohen Fixkosten zunehmend durch die geringeren variablen Kosten kompensiert werden können. Bezüglich der beiden Kostenarten existiert ein prinzipieller Trade-off: Je höher die fixen Kosten der jeweiligen Eintrittsform, umso niedriger die variablen Kosten pro Mengeneinheit. Daraus folgt, dass es für ein Unternehmen umso vorteilhafter ist, einen Modus mit höheren Fixkosten zu wählen, je größer das geplante Geschäftsvolumen über einen längeren Zeitraum hinweg ist (Globerman 1986). Insoweit ist die hier angeführte Argumentation konzeptionell weitestgehend identisch mit der der oben diskutierten klassischen Theorien internationaler Unternehmen (Dunning / Pitelis 2007; Hymer 1960; Markusen / Deardorff / Irwin 2005; Vernon 1966; 1979). Buckley und Casson (1976) konstatieren nun aber, dass diese Argumentation zwar richtig, jedoch unvollständig ist, da so nicht alle Effizienzunterschiede zwischen den prinzipiell möglichen Eintrittsmodi erklärt werden können. Verdeutlichen lässt sich dies, indem anstelle eines Exports eine Lizenzierung mit der Gründung einer Tochtergesellschaft verglichen wird. Dann könnte in beiden Fällen auf dem jeweiligen Auslandsmarkt zu vergleichbaren fixen und variablen Kosten produziert werden, wodurch es wiederum zu höchstens geringen Effizienzunterschieden der beiden Modi kommen sollte, obwohl sich beide signifikant bezüglich des Internalisierungsgrades unterscheiden. Damit müssten Unternehmen, die über vorteilbegründende Ressourcen verfügen, folglich indifferent bezüglich ihrer Wahl einer der beiden Markteintrittsformen sein, was jedoch in der Realität nicht der Fall zu sein scheint (Agarwal / Ramaswami 1992; Anderson / Gatignon 1986; Buckley / Pearce 1979; Buckley / Casson 1976; Dunning 1980; Hill / Hwang / Kim 1990; Kim / Hwang 1992; Rugman 1980a; 1986; Teece 1977; 1981). Dem-

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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nach scheinen Unternehmen, die über vorteilbegründende Technologien bzw. diesbezügliche Wissenssets verfügen, diese häufig nicht über den Marktmechanismus an externe Akteure – z. B. durch Lizenzen – in einen ausländischen Markt zu transferieren, sondern internalisierte Koordinationsformen – z. B. die Gründung von Tochtergesellschaften – zu präferieren. Dies führt unmittelbar zu der Annahme, dass neben produktionskostenbasierten Überlegungen transaktionskostentheoretische Argumente und damit der Internalisierungsgrad an sich wesentlich für die Effizienz der Koordination zu sein scheinen. Dahinter steht die grundlegende Überlegung, dass der Marktmechanismus in bestimmten Fällen nicht – wie von der Neoklassik postuliert – die effizienteste Allokation von Gütern gewährleistet, da die Nutzung des Marktes als Koordinationsmechanismus unter Umständen mit hohen Kosten verbunden sein kann (Coase 1937). So konstatieren Buckley und Casson (1976, S. 47): „In a situation where firms are attempting to maximise profits in world of imperfect markets, there will often exist an incentive to bypass imperfect markets in intermediate products. Their activities which were previously linked by a market mechanism are brought under common ownership and control in a ‚market‘ internal to the firm.“

Was genau nun diesen Anreiz, den Marktmechanismus mit einer alternativen Koordinationsform zu substituieren, bestimmt bzw. welche Faktoren ein solches exogenes Marktversagen (Dunning / Rugman 1985) determinieren, ist die zentrale Fragestellung der Transaktionskostentheorie (Alchian / Demsetz 1972; Coase 1937; Klein / Crawford / Alchian 1978; Williamson 1975; 1985; 1991), die diesbezüglich relative Unterschiede von „cognitive imperfections“, die von Dunning und Rugman (1985, S. 229 f.) als „Williamson-type transaction costs“ bezeichnet werden, zwischen den einzelnen Koordinationsformen ins Zentrum ihrer Betrachtung stellt. Zur Verdeutlichung des hier verwendeten Transaktionskostenkonzeptes soll hier vom abstrakten Beispiel eines sequenziellen Leistungserstellungsprozesses ausgegangen werden, in dem eine bestimmte Aktivität A die Vorstufe für eine Aktivität B darstellt.66 Für die Durchführung von B wird das Ergebnis der Aktivität A als Ressource (Input) benötigt. Werden nun beide Aktivitäten von unterschiedlichen Akteuren durchgeführt, muss diese materielle oder immaterielle Ressource von A zu B transferiert werden; es kommt zu einer Transaktion. Die Transaktionskostentheorie bedient sich 66 Die Einschränkung auf einen „sequenziellen Prozess“ wird hier lediglich zur besseren Veranschaulichung gewählt. Die hier getroffenen Aussagen gelten aber auch für „nichtsequenzielle Prozesse“. Entscheidend ist weiterhin die Einschränkung, dass nur prinzipiell teilbare Aktivitäten bzw. Aktivitätsketten für die Analyse relevant sind (Houthakker 1956; Nooteboom 2004a; Williamson 1975).

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dieser Art von Transaktion als Analyseeinheit, da bestimmte Transaktionscharakteristika das zentrale Koordinationsproblem im Leistungserstellungsprozess bestimmen, das von von Hayek (1945, S. 524) wie folgt beschrieben wird:67 „The economic problem […] is mainly one of adaptation to changes in particular circumstances of time and place“

Koordinations- bzw. Governanceformen weisen nun in Abhängigkeit des mit diesen verbundenen Internalisierungsgrades und damit einhergehenden Unterschieden der Entscheidungsautonomie und Kontrollmöglichkeiten unterschiedliche Koordinationskapazitäten auf. Diese Kapazitäten determinieren in Verbindung mit bestimmten Transaktionscharakteristika die relative Vorteilhaftigkeit bzw. relative Effizienz der Modi untereinander (Langlois / Foss 1999; Williamson 1975; 1985) was anhand der „Transaktionskosten“ bestimmt werden kann. Letztere lassen sich damit allgemein als Kosten der Aufrechterhaltung des ökonomischen Systems bezeichnen (Arrow 1974b; Williamson 1991). 67 Das ökonomische System bzw. der Leistungserstellungsprozess bei Unternehmen besteht aus Produktions- und Transferaktivitäten. Die Transaktionskostentheorie fokussiert nun eine Seite dieses Leistungserstellungsprozesses – die Transferaktivitäten (Transaktionen). Transformationsaktivitäten (Produktion) werden an den Rand der Betrachtung gedrängt, indem die Produktionskosten über alle Governanceformen hinweg konstant gehalten werden (Langlois / Foss 1999, S. 203 f; Williamson 1985). Die Koordinationsform hat somit keinen Einfluss auf die Transformationsaktivitäten an sich, sondern lediglich auf die Transfereffizienz ihrer Ergebnisse. Dies soll nicht bedeuten, dass die Produktionsseite als völlig unabhängig von der Transaktionsseite der Organisation angesehen wird. So wird bspw. anerkannt, dass unterschiedliche Governanceformen unterschiedlich starke Anreize erzeugen, spezifische Investitionen in Produktionsressourcen zu tätigen, die wiederum die Höhe der Produktionskosten beeinflussen (Grossman / Hart 1986). Dieses Vorgehen hat vor allem methodologische Gründe bei der Betrachtung von Koordinationsentscheidungen, was Williamson (1985, S. 88) wie folgt erklärt:

„A useful strategy for explicating the decision to integrate is to hold technology constant across alternative modes of organization and to neutralize obvious sources of differential economic benefit.“ Die relative Vernachlässigung der Produktionsseite im Vergleich zur Transaktionsseite ist aber auch theoretisch konsistent: Transaktionsbeziehungen sind mit Informationsasymmetrien behaftet, die gravierende Probleme bzw. Kosten für mindestens eine Beziehungspartei verursachen. Diese Informationsasymmetrien existieren – so zumindest die implizite Annahme – auf Seiten der Produktion nicht (Langlois / Foss 1999; Nooteboom 2009). Hier wird auf die Preistheorie zurückgegriffen; die Kenntnis der Produktionsfunktion und der verbundenen Annahmen genügt für die Spezifizierung der Produktionsseite. Wissen über alternative Produktionsmöglichkeiten ist frei zugänglich und transferierbar und eben nicht asymmetrisch verteilt oder sogar implizit.

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Die Hervorhebung von Adaptionskapazitätsunterschieden verweist schon auf eine zentrale Annahme der Transaktionskostentheorie, in der von begrenzt rationalen Akteuren ausgegangen wird (Arrow 1974b; Gibbons 2005; Heiman / Nickerson 2002; Nooteboom 2004a; Simon 1962). Dadurch kann es vor und während einer Transaktionsbeziehung zu Transaktionskosten kommen, die von Coase (1937) als „frictional costs“ bezeichnet werden und die z. B. durch die Notwendigkeit, einen Partner zu finden, einen Vertrag zu verhandeln und die Einhaltung im nachhinein sicherzustellen bzw. zu überwachen, entstehen (Jacobides / Winter 2005).68 All diese Gründe für die Entstehung von Transaktionskosten werden auch von Williamson (1975; 1981; 1985; 1991; 1993; 1996a; 1996b; 2008; 1999) – dem wahrscheinlich prominentesten Vertreter dieser Perspektive – angeführt. Jedoch fokussiert dieser in seinen Arbeiten insbesondere auf die letztgenannten ex-post entstehenden Kosten der Aufrechterhaltung einer Transaktionsbeziehung. a) Umweltunsicherheit und intentionale Unsicherheit als koordinationskostenbestimmende Variablen Ausgangspunkt ist hier die Annahme, dass aufgrund der begrenzten Rationalität der Akteure Unsicherheit bezüglich zukünftiger Umweltentwicklungen existieren kann, die dazu führt, dass im Zeitverlauf i. d. R. Anpassungen oder Veränderungen innerhalb von Transaktionsbeziehungen von den beteiligten Akteuren vorgenommen werden müssen, die anfangs noch nicht ersichtlich waren (Williamson 1991). Daher entstehen hier folglich ex-post Koordinations- bzw. Adaptionskosten. Des Weiteren bestehen Verhaltensunsicherheiten bezüglich der Motivation oder den Intentionen des jeweils anderen Beziehungspartners (Chiles / McMackin 1996; König 2009; Slater / Spencer 2000; Williamson 1975). Wenn es nun aufgrund von Umweltunsicherheiten zur Notwendigkeit der Adaption innerhalb einer Transaktionsbeziehung kommt, können die damit verbundenen Handlungen und Verhaltensweisen eines Beziehungspartners vorab nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, da dessen Intentionen nicht bekannt sind. Damit ist es dann für einen Akteur unmöglich, mit Sicherheit vorherzusagen, ob dessen Transaktionspartner die zur erfolgreichen Adaption notwendigen Handlungen ausführen oder sich anders verhalten wird.69 Es kommt hier somit zu Opportunitätskosten der Koordination. 68 Transaktionskosten können auch aus Schwierigkeiten der Messung und des Beobachtens von Performance (Alchian / Demsetz 1972) oder der mangelnden Fähigkeit, benötigte Güter zu spezifizieren, entstehen (Jacobides / Croson 2001). 69 Für die Existenz von intentionaler Unsicherheit ist es nicht erforderlich, dass sich alle Akteure in einer Population immer opportunistisch verhalten. Es reicht aus,

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Da es sich bei den Intentionen eines Akteurs um essenziell private Informationen handelt, kommt es zwangsläufig zu Informationsasymmetrien innerhalb von Transaktionsbeziehungen. Hier ist nun die zweite zentrale Annahme der Transaktionskostentheorie von Bedeutung, wonach Akteure opportunistisch motiviert sind und demnach ihre Handlungen grundsätzlich als „self-interest-seeking with guile“ (Kreps 1996b; Williamson 1975, S. 26) charakterisiert werden können.70 Demnach ist anzunehmen, dass ein Akteur, sofern eine unvorhergesehene Notwendigkeit zur Adaption auftritt, opportunistisch handeln wird. Dies bedeutet, dass davon auszugehen ist, dass der Transaktionspartner diejenige Handlungsoption wählen wird, die diesem den größten Nettonutzen verspricht. Dies muss folglich nicht unbedingt die Handlung sein, die eine effektive Adaption am effizientesten gewährleistet. dass sich einige (wenige) manchmal opportunistisch verhalten, da die eindeutige Abgrenzung opportunistischer Akteure von nicht opportunistischen aufwendig ist (Williamson / Ouchi 1981, S. 351). Die tatsächliche Opportunismusneigung eines Individuums ist essenziell private Information, die von anderen nicht oder nur unter signifikantem Aufwand aufgedeckt werden kann. Verhaltensunsicherheit ist damit ein Ambiguitätsproblem bezüglich des Zusammenhangs von Motivation und Handlung eines Akteurs – ob sich ein Akteur opportunistisch oder kooperativ verhalten wird, kann erst bestimmt werden, wenn sich das Verhalten in einer Handlung manifestiert. Selbst wenn mehrere beobachtete Handlungen eines Akteurs kooperativen Charakter haben, also kein Indiz für opportunistisches Verhalten aufweisen, lässt sich daraus nicht mit Sicherheit ableiten, ob dieser Akteur tatsächlich keine opportunistischen Intentionen besitzt oder kooperatives Verhalten z. B. vortäuscht, um später einen größeren Nutzen aus opportunistischem Verhalten erzielen zu können. Daher ist es nicht oder nur schwer möglich, mit Gewissheit zwischen opportunistischen und nicht opportunistischen Akteuren zu unterscheiden. Wenn dies nicht möglich ist, sollten Akteure potentielles opportunistisches Verhalten anderer in ihr Entscheidungskalkül einbeziehen, um nicht überrascht zu werden (Williamson 1985; 1999). So schlussfolgern Milgrom und Roberts (1992, S. 42), dass selbst wenn die Opportunismusannahme eine „extreme Karikatur“ der Wirklichkeit darstellt, Austauschbeziehungen so konfiguriert werden sollten, als wären Menschen ausschließlich opportunistisch. 70 Williamson (1985, S. 47) beschreibt „guile“ als „lying, stealing, cheating, and calculated efforts to mislead, distort, disguise, obfuscate, or otherwise confuse.“ Macneil (1981, S. 1023) definiert „guile“ als „taking advantage of opportunities with little regard for principles or consequence [for others].“ Opportunismus ist also eine starke Form des Eigeninteresses. Opportunistisch motivierte Akteure werden versuchen, durch ihr Handeln ihren eigenen Nutzen zu maximieren, ohne dabei die potentielle Nutzenveränderung für andere Akteure als Konsequenz des Handelns zu berücksichtigen und dabei evtl. sogar arglistig vorzugehen (John 1984; Wathne / Heide 2000).

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Die Ausprägungen der beiden Unsicherheitsarten bestimmen damit letztendlich die Höhe der Koordinationskosten. Während ein steigender Umweltunsicherheitsgrad zu häufiger notwendig werdenden Adaptionen führt, deren Ausführung ja jedes Mal mit Kosten verbunden ist, führt wachsende intentionale Unsicherheit zu einem höheren Risiko, dass der Transaktionspartner nicht die zur erfolgreichen Adaption notwendigen Handlungen durchführt, und damit letztendlich zu Opportunitätskosten. Die beiden Unsicherheitsarten – Umweltunsicherheit und intentionale Verhaltensunsicherheit – können an sich jedoch noch nicht zu einem (teilweise) Versagen des Marktmechanismus führen, da auch unter diesen beiden Bedingungen die effizienteste Koordination von Transaktionen zwischen autonom agierenden Akteuren über den Markt erfolgen könnte (Coase 1937; Hill 1990; Klein / Crawford / Alchian 1978; Kreps 1996b). So erklärt denn auch Williamson (1985, S. 79): „Market governance (classical contracting) thus holds across standardized transactions of all kinds, whatever the degree of [both kinds of] uncertainty.“

Die dahinterstehende Logik basiert auf der neoklassischen Konzeptionalisierung vollständiger Märkte (für standardisierte Transaktionen) und scheint auch intuitiv einleuchtend: Werden aufgrund von Umweltunsicherheit Adaptionen innerhalb einer Transaktionsbeziehungen in Zukunft notwendig, die vorab nicht vorhersehbar waren, so könnte der Transaktionspartner aus Eigeninteresse so handeln, dass es aus Sicht des fokalen Akteurs zu einer erfolgreichen Anpassung kommt. In diesem Fall entspricht das opportunistisch motivierte Handeln des Transaktionspartners den Interessen des fokalen Akteurs. Divergieren die Interessen der beiden Partner, so wird der fokale Akteur über den Marktmechanismus ohne (signifikanten) Mehrwertverlust einen anderen Transaktionspartner finden, der – opportunistisch motiviert – die Adaptionen auch im Sinne des fokalen Akteurs vornimmt. Die weitreichende Entscheidungsautonomie der an der Transaktion beteiligten Akteure und die daraus resultierende Möglichkeit divergierender Verhaltensweisen haben hier also nur geringe Auswirkungen auf die Koordinationseffizienz. Anders formuliert, haben Umweltunsicherheit und intentionale Unsicherheit für einen Akteur und dessen Austauschbeziehungen keine (signifikanten) Konsequenzen, wenn ein Transaktionspartnerwechsel einfach und schnell möglich ist; der Marktmechanismus entfaltet hier sein superiores Effizienzpotential im Vergleich zu anderen Koordinationsformen vollständig (Demsetz 1988; Foss 1993; Kreps 1996b). Folglich wäre marktliche Koordination hier im Vergleich zu anderen Modi mit höheren Internalisierungsgraden unabhängig von den jeweiligen Ausprägungen der beiden Umweltunsicherheitsarten immer das effizienteste Arrangement.

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b) Transaktionsspezifität als koordinationskostenbestimmende Variable Eine fundamentale Veränderung erfährt die Konzeptionalisierung jedoch, wenn zusätzlich noch transaktionsspezifische Anlagen innerhalb einer Beziehung zum Einsatz kommen (Alchian 1984; Klein / Crawford / Alchian 1978; Kreps 1996b; Nooteboom 1993; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1975; 1985, S. 79; 1991; Zott / Amit 2006). Vereinfacht ausgedrückt, sind Anlagen transaktionsspezifisch, wenn diese innerhalb einer bestimmten Transaktionsbeziehung zur Generierung eines Mehrwertes eingesetzt werden und so spezifisch an die Bedürfnisse und Eigenschaften des jeweiligen Transaktionspartners „angepasst“ sind, dass der generierbare Mehrwert durch ihren Einsatz außerhalb dieser fokalen Akteursbeziehung geringer ist. So erklärt Williamson (1991, S. 281): „Asset specificity has reference to the degree to which an asset can be redeployed to alternative uses and by alternative users without sacrifice of productive value.“

Aus der Investition in solche spezifischen Anlagen innerhalb einer Transaktionskostenbeziehung resultieren damit zwei unmittelbare Konsequenzen für den fokalen Akteur: Zum einen führt der Einsatz von spezifischen Anlagen zu einem höheren potentiell generierbaren Mehrwert, als dieses ohne einen solchen Einsatz in der gleichen Beziehung möglich wäre – bspw. durch die Ausrichtung des Produktionsprozesses an die spezifischen Bedürfnisse des Partners.71 Die Bedeutung des Einsatzes transaktionsspezifischer Anlagen für die Generierung eines Mehrwertes innerhalb von Akteursbeziehungen beschreibt Williamson (1985, S. 32) dabei wie folgt: „The special purpose technology requires greater investment in transaction-specific durable assets and is more efficient for servicing steady state demands.“

Spezialisierte Anlagen ermöglichen also eine effizientere Produktion als nicht spezialisierte Anlagen, womit eine Mehrwertgenerierung durch transaktionsspezifische Investitionen impliziert wird. Damit scheint das Konzept der transaktionsspezifischen Anlagen eine Verbindung oder Überscheidung mit dem bereits eingeführten Konstrukt der akteursspezifischen Ressourcen oder Wissenssets aufzuweisen, wobei dem 71 Diesbezüglich verweist bspw. Nooteboom (1996, S. 997) jedoch darauf, dass Anlagenspezifität keine notwendige Bedingung sein muss:

„[T]he value of Y to X […] depends on the degree to which X has adapted to the specific demands of X, which is likely to yield specific assets but not necessarily – flexible production technology allows for specific products with nonspecific assets […].“

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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in der Literatur jedoch teilweise widersprochen wird (vgl. bspw. Zott / Amit 2006; siehe aber Zenger / Argyres 2008).72 Auf der anderen Seite führt die Investition in spezifische Anlagen in Verbindung mit dem daraus resultierenden Mehrwertgenerierungspotential jedoch auch zu einem bilateralen Abhängigkeitsverhältnis der beteiligten Akteure, da ja dieser Mehrwert innerhalb einer anderen Beziehung in dieser Höhe nicht generiert werden kann, ohne hier noch einmal in vergleichbare spezifische Anlagen zu investieren (Monteverde / Teece 1982b; Nooteboom 1993; 1996; Williamson 1985). Die spezifischen Anlagen können auch nicht in eine andere Transaktionsbeziehung transferiert werden, ohne dass es zu einem Mehrwertverlust kommt, da diese per Definition spezifisch auf eine bestimmte Transaktion bzw. einen bestimmten Transaktionspartner abgestimmt sind, ihr Einsatz mit einem anderen Akteur also zwangsläufig zu einem Nutzenverlust führt. Problematisch ist eine solche bilaterale Abhängigkeit zwischen den beteiligten Akteuren, wenn diese asymmetrisch verteilt ist. Die relative Abhängigkeit eines Akteurs wird dabei offensichtlich von der Höhe der von diesem getätigten Investition in spezifische Anlagen im Vergleich zum Investitionsaufwand des Beziehungspartners determiniert. Werden nur vom fokalen Akteur Investitionen in spezifische Anlagen getätigt, so ist für diesen ein Beziehungsaustritt nicht mehr ohne Mehrwertverlust wie noch im vorab geschilderten Fall standardisierter Anlagen möglich. Der fokale Akteur ist also in diesem Sinne abhängig von seinem Beziehungspartner. Für Letzteren ist jedoch ein Beziehungsaustritt mit weit weniger negativen Konsequenzen bzw. einem geringeren Mehrwertverlust möglich, da dieser ja keine Investitionen in spezifische Anlagen tätigte. Dadurch verfügt der Beziehungspartner über Verhandlungsmacht, die er gegenüber dem fokalen Akteur opportunistisch ausnutzen kann. Anders betrachtet, stellen die Investitionen in spezifische Anlagen eines Akteurs einen Anreiz für dessen Beziehungspartner dar, die asymmetrische Abhängigkeitsverteilung opportunistisch auszunutzen und sich den innerhalb der Akteursbeziehung generierbaren Mehrwert – bspw. durch nachträgliche Verhandlungen – anzueignen. Die Höhe des Opportunismusanreizes für einen Akteur entspricht somit dem potentiellen Nutzenverlust des anderen bei Beziehungsaustritt (Monteverde / Teece 1982b; Nooteboom 1996).

72

Auf diesen Punkt wird in Kap. D. II. noch eingegangen.

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c) Der Zusammenhang von Umweltunsicherheit, intentionaler Unsicherheit und Transaktionsspezifität zur Bestimmung der Koordinationskosten Damit ein Akteur diesen Opportunismusanreiz auch ausnutzen kann, müssen diesem auch entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Diese werden vom Grad der Umweltunsicherheit determiniert, die die Transaktionsbeziehung umgibt, was Williamson (1985, S. 79) wie folgt erklärt: „Matters change when asset specificity is introduced. Since continuity now matters, increasing the degree of parametric [environmental] uncertainty makes it more imperative to organize transactions within governance structures that have the capacity to ‚work things out‘.“

Da Umweltunsicherheit dazu führt, dass es zu unvorhergesehnen zukünftigen Umweltveränderungen kommen kann, die eine Adaption der Transaktionsbeziehung an die neuen Bedingungen notwendig machen, können diese Situationen als Möglichkeit für einen Akteur angesehen werden, die Abhängigkeit des Beziehungspartners opportunistisch auszunutzen, was der Autor (1991, S. 278) an anderer Stelle wie folgt erklärt:73 „More generally, parties that bear a long-term bilateral dependency relation to one another must recognize that incomplete contracts [due to bounded rationality] require gap filling and sometimes get out of alignment. Although it is always in the collective interest of autonomous parties to fill gaps, correct errors, and effect efficient realignments, it is also the case that the distribution of the resulting gains is indeterminate. Self-interested bargaining predictably obtains.“

Während also Investitionen in transaktionsspezifische Anlagen Opportunismusanreize darstellen können, determiniert der Grad der Umweltunsicherheit bzw. die dadurch determinierte Häufigkeit, unvorhergesehene Adaptionen vornehmen zu müssen, die Opportunismusmöglichkeiten. Natürlich muss ein Akteur zudem noch die Intention haben, sich opportunistisch zu verhalten, also eine gewisse Opportunismusneigung aufweisen, wovon mit Verweis auf die Annahme prinzipiell opportunistisch agierender Akteure innerhalb der Transaktionskostentheorie ausgegangen werden kann.74 73 Das Fehlen jeglicher Unsicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen – und damit auch des zukünftigen Verhaltens des Transaktionspartners – würde bedeuten, dass die Akteure insofern rational sind, als dass sie alle zukünftigen Entwicklungen und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten vorhersagen könnten (Simon 1962). Die alternative, gleich unrealistische Annahme wäre, dass sich die Welt nicht verändert. In beiden Fällen könnte dann jede Transaktion, unabhängig vom Spezifitätsgrad, durch einen vollständigen Vertrag abgesichert werden, in dem alle Eventualitäten, die ja bekannt sind, ausreichend geregelt werden. Unterschiedliche Koordinationsmodi wären dann unbedeutend, was Williamson (1985, S. 57) wie folgt schildert:

„[T]hose issues [the different adaptive capacities of governance structures] would vanish were it not for bounded rationality, since then it would be feasible to develop a detailed strategy for crossing all possible bridges in advance.“

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Des Weiteren ist hier darauf hinzuweisen, dass diese drei Variablen – Opportunismusanreiz, -möglichkeit und -neigung – multiplikativ miteinander verknüpft sein müssen (Nooteboom 1996). Könnten bspw. opportunistische Intentionen eines Akteurs vollständig ausgeschlossen werden, so würden offensichtlich selbst vorhandene Opportunismusanreize und -möglichkeiten nicht zu opportunistischem Verhalten des Akteurs führen können. 74

Wenn opportunistisches Verhalten eines Beziehungspartners wie beschrieben zu negativen Konsequenzen bzw. zu einem Nutzenverlust des fokalen Akteurs führen kann, wird ein Akteur ein grundsätzliches Interesse daran haben, bereits vor oder bei Beziehungseintritt zukünftiges opportunistisches Verhalten seines Partners weitestgehend auszuschließen.75 d) Relative Effizienzunterschiede in Abhängigkeit des Internalisierungsgrades Dazu werden in der transaktionskostentheoretischen Literatur unterschiedliche (stilisierte) Governancemechanismen identifiziert, die in unterschiedlichem Ausmaß auf die Opportunismusanreize und / oder -möglichkeiten wirken (Williamson 1985; 1991; 1996b). Grob vereinfacht, lassen sich diese in die drei Koordinationsformenkategorien Markt, Hybrid und Hierarchie in Abhängigkeit des damit verbundenen Internalisierungsgrades unterteilen. Hier ist jedoch vorab darauf hinzuweisen, dass diese Koordinationsmodi nicht unbedingt mit in der Realität beobachtbaren Organisationsformen oder dem Internalisierungsgrad gleichzusetzen sind (Adler 2001; Adler / Kwon 2002; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 1993; 1996; 2004a; 2009; Williamson 1996b; Zenger / Argyres 2008). Vielmehr handelt es sich hier um ideelle Mechanismen zur Koordination, die evtl. auch gemeinsam innerhalb realer Institutionen oder Organisationsformen genutzt werden können, was Adler (2001, S. 216) in Bezug auf Markt und Hierarchie anschaulich wie folgt beschreibt: „[R]eal institutions, notably empirically observed markets and firms, embody varying mixes of […] ideal-typical organizational forms and their corresponding coordination mechanisms: (a) the hierarchy form relies on the authority mecha74 In diesem Sinne ist es hier also eigentlich irreführend, die Opportunismusneigung als Variable zu konzeptionalisieren, da ja in jedem Fall von opportunistischen Akteuren ausgegangen werden sollte und diese Variable daher immer die maximale Ausprägung aufweist (Milgrom / Roberts 1992; Osterloh / Frost / Weibel 2001). 75 Hier ließe sich argumentieren, dass auch versucht werden könnte, die negativen Konsequenzen zu minimieren. Offensichtlich wäre dies wie oben bereits diskutiert einfach dadurch möglich, keine Investitionen in spezifische Anlagen zu tätigen. In diesem Fall muss jedoch bedacht werden, dass dann auch der potentiell generierbare Mehrwert innerhalb der Akteursbeziehung gering ist.

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nism, (b) the market form relies on price […]. For brevity’s sake, an organizational form and its corresponding mechanism will be referred to as an organizing ‚mode.‘ Modes typically appear in varying proportions in different institutions. For example, inter firm relations in real markets embody and rely on varying degrees of […] hierarchical authority, even if their primary mechanism is price. Similarly, real firms’ internal operations typically rely to some extent on […] price signals, even if their primary coordination mechanism is authority. Hierarchy uses authority (legitimate power) [with the corresponding decision rights in specialized functional units and at higher levels of the organization] to create and coordinate a horizontal and vertical division of labor. […] The market form, as distinct from the actual functioning of most real markets, relies on the price mechanism to coordinate competing suppliers and anonymous buyers.“

Aus diesem Zitat ist nun aber auch ersichtlich, dass die Koordinationsmodi zwar nicht mit dem Internalisierungsgrad gleichzusetzen sind, jedoch in Verbindung zueinander stehen. So stellt der Autor bspw. heraus, dass innerhalb integrierter Organisationen zwar auch der Preismechanismus Anwendung finden kann, jedoch der primäre Modus die hierarchische Koordination darstellt. Dies ist auch intuitiv einleuchtend, da innerhalb einer integrierten Organisation aufgrund der begrenzten Autonomie der Akteure die auf Autorität basierende hierarchische Koordination einfach zu einem wesentlich größeren Grad möglich ist, als dies in marktlichen Arrangements autonomer Akteure der Fall ist. Die relative Effizienz dieser ideellen Governanceformen wird – ähnlich wie schon in Bezug auf die Produktionskostenseite argumentiert – von einem Trade-off zwischen fixen und variablen Governancekostenbestandteilen determiniert (Nooteboom 1999a; Riordan / Williamson 1985). Als Governancefixkosten können dabei die Bürokratiekosten oder Kosten zur Einrichtung und Aufrechterhaltung des jeweiligen Governancearrangements angesehen werden, deren Höhe vom verbundenen Internalisierungsgrad, jedoch nicht von der Ausprägung der Variablen Opportunismusanreiz, -möglichkeiten und -neigung des jeweiligen Beziehungspartners abhängen. Riordan und Williamson (1985, S. 368) erklären dies wie folgt: „Also important […] are the differential incentive and bureaucratic costs of firm and market organization. […] [M]arkets are extraordinary institutions for delivering high-powered incentives. Best efforts to preserve market-like incentives (e. g., transfer pricing and appropriability rules) within unified ownership notwithstanding, internal organization unavoidably experiences incentive degradation. Also, internal organization experiences a series of bureaucratic distortions (management excesses, investment renewal biases, and the like) as compared with market organization. Both of these incentive and bureaucratic effects, moreover, are relatively independent of the condition[s] of asset specificity [, environmental uncertainty and opportunistic intentions].“

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Eine vollständige Internalisierung durch eine hierarchische Governanceformenwahl wird daher mit höheren Governancefixkosten einhergehen als die geringstmögliche Internalisierung durch marktliche Arrangements; hybride Modi liegen bezüglich Internalisierungsgrad und Governancefixkosten zwischen den beiden erstgenannten Formen. Die variablen Governancekostenbestandteile können hingegen als Kontroll- oder Opportunitätskosten opportunistischen Verhaltens aufgefasst werden, die zunächst über alle Governanceformen hinweg mit wachsenden Opportunismusanreizen und / oder -möglichkeiten anwachsen (Carson / Madhok / Wu 2004; Conner / Prahalad 1996; Erlei 1998; König 2009; Oxley 1997).76 Dieser Anstieg wird jedoch zwischen den einzelnen Modi unterschiedlich stark ausgeprägt sein, was Riordan und Williamson wie folgt begründen (1985, S. 367 f.): „Transaction cost economics maintains that complex, bilateral contracts are invariably incomplete [over all feasible governance forms]. Contingencies will thus arise for which the appropriate adaptations have not been expressly agreed upon ex ante. Although it is always in the mutual interest of the parties to adapt efficiently, the disposition of the gain must be resolved. As compared with unified ownership of the two stages [in a hierarchical arrangement], autonomous ownership [as within market-based transactions] normally gives rise to more intensive, self-interested bargaining over the allocation of the adaptive gains. Added contract execution costs thereby result. Autonomous ownership may therefore forego some potentially beneficial adaptations altogether. The upshot is that internal organization enjoys a progressive [variable] governance cost advantage over market organization as the condition of asset specificity [and / or environmental uncertainty] deepens.“

Während also marktliche Governanceformen mit steigenden Spezifitätsund / oder Umweltunsicherheitsgraden den relativ größten Anstieg variabler Governancekosten verzeichnen, wird dieser bei der Hierarchie am relativ geringsten ausfallen; Hybride sind diesbezüglich zwischen beiden Ersteren anzusiedeln (Borys / Jemison 1989; Jacobides / Winter 2005; Leiblein / Miller 2003; Ménard 2009; Wathne / Heide 2000).77 Die Hierarchie stellt dabei die effizientesten Methoden „to work things out“ bereit, da eine vollständige Internalisierung mit der Vereinheitlichung 76 Gleiches gilt natürlich auch für eine wachsende Opportunismusneigung. Da diese innerhalb der Transaktionskostentheorie jedoch sowieso als maximal ausgeprägt angenommen wird, soll sie hier zunächst nicht gesondert erwähnt werden. 77 Diesbezüglich sei hier noch einmal auf die bereits zitierte Aussage Williamsons (1985, S. 79) verwiesen:

„Matters change when asset specificity is introduced. Since continuity now matters, increasing the degree of parametric [environmental] uncertainty makes it more imperative to organize transactions within governance structures that have the capacity to ‚work things out‘.“

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und Übertragung der Nutzungs- und Entscheidungsrechte auf eine Instanz einhergehen kann. Potentiell schädigendes opportunistisches Verhalten verliert hier größtenteils seine Bedeutung, da die Ziele und Interessen der nunmehr integrierten Parteien entweder konvergieren oder das erwünschte Verhalten der integrierten Akteure – hierarchisch legitimiert – einfach vorgegeben und kontrolliert werden kann (Williamson 1971, S. 114 f.): „Perhaps the most distinctive advantage of the firm, however, is the wider variety and greater sensitivity of control instruments that are available for enforcing intrafirm in comparison with interfirm activities (Williamson, 1970). Not only does the firm have the constitutional authority and low-cost access to the requisite data which permit it to perform more precise own-performance evaluations (of both a contemporaneous and ex post variety) than [less internalized governance modes] […], but its reward and penalty instruments […] are more refined. Especially relevant in this connection is that, when conflicts develop, the firm possesses a comparatively efficient conflict resolution machinery. To illustrate, fiat is frequently a more efficient way to settle minor conflicts (say differences of interpretation) than is haggling or litigation. Interorganizational conflict can be settled by fiat only rarely, if at all.“

Die hierarchische Integration bzw. vollständige Internalisierung einer Transaktionsbeziehung ermöglicht also vor allem eine flexiblere und weiterreichende Koordination durch Kontrollmechanismen, als dies bei geringeren Internalisierungsgraden möglich ist. Folglich wird der Einfluss steigender Opportunismusanreize und -möglichkeiten die variablen Governancekosten zwar positiv, jedoch nicht so stark beeinflussen, wie bei geringeren Internalisierungsgraden. Den Governancemodus mit dem geringsten Internalisierungsgrad stellen marktlich organisierte Koordinationsarrangements dar. Hier kommen Transaktionen durch Kaufverträge (spot-market contracts) zwischen autonomen Akteuren zustande, bei denen die Koordination allein durch den Preis erfolgt, der als Signal oder Anreizmechanismus für die beteiligten Parteien fungiert (Macneil 1981; Williamson 1971; 1975). Folglich werden hier weder Regelungen für unbekannte zukünftige Eventualitäten getroffen, noch existiert die Möglichkeit von Verhaltenskontrolle und autoritärer Entscheidungsfindung. Dies führt dann dazu, dass evtl. in Zukunft auftretende Differenzen nur durch „haggling or litigation“ (Williamson 1971, S. 114 f.) beigelegt werden können, was wiederum aufgrund des Einsatzes transaktionsspezifischer Anlagen notwendig werdende, gemeinsam koordinierte Adaptionen kostspieliger macht oder ganz verhindert. Die intermediären bzw. hybriden Governanceformen unterscheiden sich voneinander im Hinblick auf den Grad der formalen Einflussnahmemöglichkeit auf das Verhalten des Transaktionspartners, der hier aber immer zwischen dem der Hierarchie und marktlicher Arrangements liegt (Dietrich

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1994; Macneil 1980; Nooteboom 1999b; Williamson 1971; 1975; 1983; 1985; 1991). Ausgangspunkt ist die Annahme, dass aufgrund der begrenzten Rationalität von Akteuren vollständige Verträge, die alle möglichen Eventualitäten erfassen und klar regeln, nicht oder nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten etabliert werden können. An deren Stelle treten dann neoklassische (unvollständige) Verträge (Dietrich 1994; Grossman / Hart 1986; Macneil 1980; Williamson 1975; Zhou / Poppo 2005). Diese Verträge beinhalten Elemente, die Prozesse und Prozeduren spezifizieren, wie die Vertragsparteien mit unvorhergesehenen zukünftigen Entwicklungen umgehen wollen. So können in diesen Verträgen, obwohl sie nicht vollständig sind, zumindest die Lücken identifiziert und durch einen Rahmen, der die potentielle Adaptionen leitet, geschlossen werden (Williamson 1996b, S. 96). Hier werden also nicht alle zukünftigen Eventualitäten explizit geregelt, sondern vielmehr Normen und Richtlinien geschaffen, anhand derer die zukünftigen Probleme gelöst werden sollen (Grossman / Hart 1986; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005). Konkret werden hier die „residualen Entscheidungs- oder Kontrollrechte“ bei zukünftigen unvorhergesehenen Entwicklungen den beteiligten Akteuren zugeordnet.78 Damit ist ummittelbar ersichtlich, dass hybride Governanceformen einen Effizienzvorteil im Hinblick auf die variablen Governancekosten gegenüber marktlichen Arrangements aufweisen werden, da hier zukünftige Eventualitäten zumindest teilweise berücksichtigt werden. Auf der anderen Seite werden die variablen Governancekosten mit zunehmenden Spezifitäts- und / oder Umweltunsicherheitsgraden hier jedoch stärker ansteigen als bei der Hierarchie, da es hier nicht zu einer generellen Übertragung der Entscheidungsgewalt auf eine Partei kommt, sondern die Akteure weitestgehend ihren autonomen Status beibehalten (Williamson 1971, S. 114): „Interorganizational conflict can be settled by fiat only rarely, if at all. For one thing, it would require the parties to agree on an impartial arbitrator, which agreement itself may be costly to secure. It would also require that rules of evidence and procedure be established. If, moreover, the occasion for such interorganizational settlements were to be common, the form of organization converges in effect to vertical integration, with the arbiter becoming a manager in fact if not in name.“

Bisher bezog sich die Diskussion bezüglich der Effizienzunterschiede zwischen den Governanceformen im Endeffekt auf deren differierende Eignungen, das Ausnutzen von Opportunismusanreizen zu verhindern. Insbe78 In diesem Sinne stellt die hierarchische Koordination lediglich eine Art der Koordination durch unvollständige Verträge – Arbeitsverträge – dar. In einem Arbeitsvertrag überträgt der Arbeitnehmer nämlich die residualen Entscheidungs- und Kontrollrechte an den Arbeitgeber. Daher wird ein Unternehmen auch als „Nexus von Verträgen“ gesehen (Grossman / Hart 1986; Hart / Moore 1990).

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sondere im Kontext hybrider Arrangements existiert darüber hinaus noch die Möglichkeit, die Opportunismusanreize aufgrund einer asymmetrischen Verteilung der Investitionen in transaktionsspezifische Anlagen zu reduzieren, die von Williamson (1983; 1985, Kapitel 7 / 8) vor allem in Verbindung mit hybriden Governancemodi diskutiert wird. Es kann nämlich versucht werden, ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zu etablieren, das als regulativer Rahmen für die betrachtete Transaktion fungiert. Hier wird entweder versucht, die potentiellen Kosten opportunistischen Verhaltens so weit zu erhöhen, dass sie den damit verbundenen Nutzen übersteigen, oder den durch kooperatives Verhalten erzielbaren Mehrwert so weit zu vergrößern, dass opportunistisches Verhalten suboptimal wird (Blau 1964; Hirschman 1970; Maguire / Phillips / Hardy 2001; Nooteboom 1999a; 2004b; Williamson 1983; 1996b; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005). So kann bspw. der Wert künftiger Transaktionen in die Waagschale geworfen werden, indem mit einem Beziehungsaustritt bei opportunistischem Verhalten glaubhaft gedroht wird (Axelrod / Hamilton 1981; Bradach / Eccles 1989). Potentiell opportunistisches Verhalten ist besonders problematisch, wenn es zu asymmetrischen Abhängigkeiten der Beziehungspartner kommt, also bspw. ein Akteur die gesamten Investitionen in spezifische Anlagen trägt, wodurch ein Beziehungsaustritt für diesen zu signifikanten Nutzenverlusten führen kann, während diese bei dessen Beziehungspartner relativ gering ausfallen werden. Demnach kann auch versucht werden, eine Transaktionsbeziehung mit weitestgehend symmetrischen Abhängigkeitsverhältnissen zu etablieren (Dyer 1997; Dyer / Singh / Kale 2008; Joshi / Stump 1999; Nooteboom 1996; Williamson 1983; Wilson 1995). Zunächst kann dies durch gleich hohe Anteile der Beziehungspartner an den transaktionsspezifischen Investments erfolgen, wodurch ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis („mutual reliance relation“) kreiert wird, das eine Androhung eines Beziehungsaustritts weniger glaubwürdig werden lässt (Williamson 1985, S. 190). Sind solche symmetrischen Investitionen nicht möglich oder unvorteilhaft, kann eine solche gegenseitige Abhängigkeit evtl. durch „ökonomische Geiseln“ oder Reputationseffekte erreicht werden. Im ersten Fall kann die Partei, die den Großteil der spezifischen Investitionen tätigt, im Gegenzug von der anderen ökonomische Geiseln bspw. in Form sensibler Informationen erhalten. Damit kann dann glaubhaft angedroht werden, diese Informationen bei opportunistischem Verhalten z. B. an Konkurrenten weiterzugeben. Im zweiten Fall ist die investierende Partei evtl. in der Lage, die Reputation des Partners durch Beziehungen mit anderen Akteuren im Falle opportunistischen Verhaltens zu schädigen. Beide Optionen stellen somit Abschreckungsmechanismen dar. Damit wird auch deutlich, dass diese Möglichkeiten vorrangig innerhalb hybrider Governanceformen existieren, da sie einerseits komplexere und

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weiterreichende Regelungen als Spot-Market-Verträge ermöglichen, andererseits aber im Gegensatz zu hierarchischen Arrangements prinzipiell autonome Akteure voraussetzen. e) Der Einsatz einer dritten Partei zu Koordinationszwecken Eng mit dieser Diskussion verknüpft ist die potentielle Governancefunktion einer dritten Partei (Nooteboom 1999b). Reicht der Einfluss eines Akteurs in der relevanten Population nicht aus, um eine Reputationsschädigung glaubhaft anzudrohen, so kann diese Funktion von einem anderen angesehenen Akteur als dritte Partei übernommen werden. Besteht bspw. die Gefahr, dass eine ökonomische Geisel auch bei kooperativem Verhalten nicht wieder herausgegeben wird, so kann eine unabgängige dritte Partei die Rolle des Hüters der sensiblen Informationen übernehmen. Eine weitere Funktion der dritten Partei kann in der Offenbarung oder Enthüllung von Informationen oder Wissen liegen und basiert auf dem Informationsparadoxon nach Arrow (1974b). Demnach kann der Wert einer Information vom Empfänger erst bestimmt werden, nachdem diese transferiert wurde. Daraus ergibt sich unmittelbar ein Hold-up-Problem in einer Transaktionsbeziehung, in der Informationen oder Wissen das Transaktionsobjekt darstellen. Als Lösung können diese einer kompetenten dritten Partei offenbart werden, die den Wert der Information beurteilt und diese dann evtl. auch an den Empfänger weitergibt (Heiman / Nickerson 2002). Die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes einer dritten Partei wird des Weiteren in Verbindung mit der Transaktionsfrequenz oder -häufigkeit diskutiert. Verbietet bspw. ein hinreichend hoher Spezifitätsgrad eine marktliche Koordination, kann es aus Kostengründen trotzdem suboptimal sein, die Transaktion hierarchisch oder über ein bilaterales hybrides Arrangement zu koordinieren (Nooteboom 1999b; Williamson 1985; 1996b). Wird nämlich ein bestimmter Grad der Transaktionsfrequenz nicht erreicht, kann es sein, dass das Austauschvolumen die Kosten einer hierarchischen Koordination oder bilateraler Arrangements nicht rechtfertigt. In diesem Fall kann eine trilaterale Lösung unter Einbezug einer dritten unabhängigen Partei effizient sein.79 Vereinfacht dargestellt, kommt es zwischen den Transaktionsparteien 79 Genau betrachtet, stellen alle als bilateral bezeichneten vertraglich geregelten Transaktionsbeziehungen eigentlich trilaterale Beziehungen dar. Diese basieren nämlich auf dem Rechtssystem, das Teil des institutionellen Kontextes ist. Ein wesentlicher Bestandteil des Rechtssystems sind die Gerichte, die als dritte, „vermittelnde“ Partei angerufen werden können, falls es zu Unstimmigkeiten oder Konflikten kommt. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass Gerichte sich bei ihrer Vermittlung auf allgemeine in den Rechtsnormen verankerte Grundsätze beziehen, die folglich schon bei der Vertragsausgestaltung berücksichtigt werden müssen. Dies ist

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zu einer (vertraglich) „limitierten“ Übereinkunft bezüglich der Transaktion, deren wichtigster Bestandteil prozeduraler Natur ist: Kommt es zu Unstimmigkeiten oder Konflikten, wird die dritte Partei angerufen, um zu vermitteln. Ein klassisches Beispiel ist der Architekt, der als Vermittler zwischen Bauherr und Bauunternehmen tätig ist. Notwendige Bedingungen für das Funktionieren solcher trilateraler Arrangements sind, dass der dritten Partei von beiden Transaktionspartnern Vertrauen entgegengebracht wird und dass sie über das notwendige Wissen bezüglich Technologien, Märkten und Strategien verfügt, um die Anliegen der Transaktionspartner zu verstehen und zu bewerten (Nooteboom 1999b). Hier ist wichtig zu betonen, dass der Begriff Vertrauen kongruent mit den Verhaltensannahmen der TCE ist. Vertrauen bzw. die Vertrauenswürdigkeit der dritten Partei kann mit kalkulativem Selbstinteresse, also opportunistisch motiviertem Verhalten erklärt werden (Dasgupta 1988; Nooteboom 1999; Williamson 1993). Zwischen den Transaktionspartnern besteht der Anreiz zu defektieren, sich also auf Kosten des jeweils anderen besserzustellen. Im Gegensatz dazu kann sich die dritte Partei nur verbessern, indem sie verhindert, dass eine der beiden Transaktionspartner defektiert. Dies kann sie durch Vermittlung zwischen den Parteien erreichen, wobei ihr Nutzen vom Vermittlungserfolg determiniert wird. Diese Vermittlungsfunktion kann aber nur effektiv sein, wenn die dritte Partei in der Lage ist, glaubhaft zu versichern, dass sie sich den beiden anderen Akteuren gegenüber „fair“ verhält, ihr also beide Transaktionsparteien vertrauen. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass eine Erhöhung des Internalisierungsgrades innerhalb von Akteursbeziehungen einerseits zu größeren fixen Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten führt, andererseits jedoch auch die Ausnutzung von Opportunismusmöglichkeiten erschwert. Hierarchische und hybride Governanceformen verfügen zudem noch über Möglichkeiten, Opportunismusanreize zu verringern oder diesen Kooperationsanreize entgegenzustellen. Anders formuliert, verringert sich der potentiell generierbare Mehrwert aufgrund steigender Fixkosten innerhalb einer Akteursbeziehung mit steigendem Internalisierungsgrad80, wobei jedoch die Fähigkeit zur Aneignung dieses Mehrwertes für den internalisierenden Akteur sukzessive zunimmt. Die unterschiedlichen Governanceformen stellen damit laut Williamson (1999, S. 1090) letztendlich unterschiedlich effiziente Mechanismen zur Verfügung, bei dem trilateralen Arrangement nicht unbedingt der Fall, weshalb hier flexibler und spezifischer „vermittelt“ werden kann; z. B. können so a priori nicht vertraglich geregelte Tatbestände entschieden werden. 80 Dies gilt natürlich nur aus komparativ statischer Sicht, wenn also alle anderen mehrwertpotentialbestimmenden Faktoren wie der Spezifitätsgrad konstant gehalten werden.

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„by which to infuse order in a relation where potential conflict threatens to undo or upset opportunities to realize mutual gains.“

Die hier dargestellten Governanceformen stellen Absicherungsmechanismen gegen potentielles opportunistisches Verhalten eines Transaktionspartners dar. Sie basieren dabei vor allem auf formalen Eigentums- bzw. Entscheidungs- und Kontrollrechten und ermöglichen daher eine direkte oder indirekte Einflussnahme auf das Verhalten von Akteuren in bestimmten Situationen (Bachmann 2001, S. 339; Masten / Meehan / Snyder 1991; Poppo / Zenger 2002; Santos / Eisenhardt 2005; Zenger / Lazzarini / Poppo 2002). So stellen Gulati und Singh (1998, S. 782) bezüglich der hierarchischen Governanceform heraus, dass „[t]he logic for hierarchical controls as a response to appropriation concerns is based on their ability to assert control by fiat, provide monitoring, and align incentives.“

Direkt können Verhaltensweisen überwacht und ggf. ge- oder verboten werden. Indirekt können Verhaltensanreize gesetzt werden. Diese formalen Sicherungsmechanismen konstituieren somit allesamt Machtmechanismen und basieren – überspitzt formuliert – auf Abschreckung (deterence) (Adler 2001; Bachmann 2001; Cook / Emerson 1978; Dekker 2004; 2008; Emerson 1972; Gulati / Singh 1998; Nooteboom 2004a; Osterloh / Frey 2000; Wild / Enzle / Nix / et al. 1997; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005; Zenger / Lazzarini / Poppo 2002).81 Die relative Effizienz einer Governanceform wird maßgeblich vom Transaktionsspezifitätsgrad der innerhalb einer Akteursbeziehung eingesetzten Anlagen in Verbindung mit dem Umweltunsicherheitsgrad determiniert, wobei hier grundsätzlich vom größtmöglichen Ausmaß intentionaler Verhaltensunsicherheit ausgegangen wird (Klein / Crawford / Alchian 1978; Mesquita / Brush 2008; Nooteboom 1996; 2000c; 2004a; Riordan / Williamson 1985). Die dargestellte transaktionskostentheoretische Argumentation wird nun in der Internationalisierungsliteratur vornehmlich zur Diskussion der Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Markteintrittsformen genutzt, wobei hier auf die Konzeptionalisierung des Internalisierungsvorteils fokussiert wird (Agarwal / Ramaswami 1992; Anderson / Gatignon 1986; Buckley / Casson 1976; 1985; 1998a; 1998b; Calvet 1981; Casson 1979; 1987; Chen 2004; Dunning 1981; 2003; Erramilli / Rao 1993; Gao 2004; Hashai 2009; Rugman 81 Kontrolle, Ge- und Verbote implizieren nämlich, dass bei Nichteinhaltung des vorgegebenen Verhaltens Sanktionen drohen. Anreize versprechen einen Vorteil bei anreizkonformem Verhalten, der nicht gewährt oder entzogen werden kann. Hierbei ist die tatsächliche Umsetzung einer Sanktionierung oder eines Leistungsentzugs meist nicht intendiert, muss aber glaubhaft als durchsetzbar vermittelt werden und fungiert somit als Abschreckung gegen opportunistisches Verhalten.

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1980a; 1981; Teece 1977; 1981; 1985; 1986b; Williamson 1981). Vereinfacht lässt sich die grundlegende Argumentation in diesen Arbeiten in Anlehnung an die obige Diskussion der allgemeinen Transaktionskostentheorie wie folgt darstellen: Wie bereits dargestellt, müssen Unternehmen ihren eigentumsspezifischen Vorteil mit einem standortspezifischen Vorteil kombinieren, um einen Mehrwert durch Internationalisierung generieren zu können. Produktions- bzw. Transportkostenüberlegungen können es dabei notwendig bzw. vorteilhaft machen, eigentumsvorteilbegründende Ressourcen an den jeweiligen ausländischen Standort zu transferieren und diese nicht ausschließlich auf dem Heimatmarkt zur Leistungserstellung einzusetzen, um diese dann zu exportieren (Buckley / Pearce 1979; Buckley / Casson 1976; Rugman 1980b). Ist dies der Fall, muss eine geeignete Governance- bzw. Markteintrittsform gewählt werden, die den Transfer und die Nutzung dieser Ressourcen möglichst effizient gewährleisten kann. Diese wird auch in der Internalisierungsliteratur anhand des dargestellten Trade-off zwischen fixen und variablen Governancekosten betrachtet, was Buckley (1988, S. 182 ff.) wie folgt erklärt: „[T]he general statement [of the internalization approach] that imperfect markets will be internalized until the benefits are equaled by the costs must be restricted by carefully defining costs and benefits in relation to particular markets [– that is governance forms –] at specific points of time and across limited economic space. […] Here a major bridge is built with transaction costs economics and the distinct ‚markets and hierarchies‘ approach associated with Oliver Williamson and others. Much of the argument rests on the incidence of transaction costs in internal and external markets. […] [T]wo types of market-related costs can be postulated: a set-up cost of bringing buyers and sellers together and a variable cost associated with bargaining and enforcement of individual contracts which occurs with each transaction […].“

Die zentrale Bedeutung akteursspezifischer Wissenssets als eigentumsvorteilbegründende Determinante wurde bereits dargestellt, da ein Unternehmen aus dem Zugang zu solchen Wissenssets einen monopolistischen Vorteil generieren kann. Dieser Vorteil würde erodieren, wenn andere Unternehmen bzw. (potentielle) Wettbewerber Zugang zu diesen Wissenssets bekommen. Sollen diese vorteilbegründenden Ressourcen nun an einem ausländischen Standort zur Mehrwertgenerierung eingesetzt werden, bedingt dies den effektiven Transfer der damit verbundenen Wissenssets an einen Akteur auf diesem ausländischen Markt (Teece 1977; 1981). Diese beiden Aspekte führen folglich zu dem Problem, dass akteursspezifische Wissenssets zwar transferiert werden müssen, um überhaupt einen Mehrwert zu generieren, bei diesem Transfer jedoch gewährleistet sein muss, dass diese Wissenssets nicht an (potentielle) Wettbewerber diffusionieren (Buckley / Casson 1998a; Casson 1979). Beim Transfer vorteilbegründender Wissenssets besteht somit

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grundsätzlich ein „Spill-over-Problem“ (Antonelli 2005b; 2006; Buckley / Casson 1998a; Casson 1979; Garzarelli 2006; Görg / Greenaway 2004; Inkpen 1998; Nooteboom 2004a; 2004c; 2009). Daraus folgt, dass eine Governanceform bzw. Markteintrittsform umso vorteilhafter für das wissentransferierende Unternehmen ist, je geringer das damit einhergehende Spillover-Risiko ist. Neben dem dargestellten Spill-over-Risiko besteht beim Transfer von Wissenssets zudem noch ein potentielles Hold-up-Problem.82 Wissenssets weisen bestimmte Charakteristika eines öffentlichen Gutes auf, was Kogut und Zander (1993, S. 628, 643) abstrakt wie folgt erklären: „[K]nowledge has the property of being a public good […]. […] By public good, it is meant that one party may enjoy the use of a common good (such as the rose bush planted on the property of the other party) without diminishing its availability to the other. The issue of market failure arises out of a problem whether the owner of the rose can ‚appropriate‘ a pecuniary payment from the neighbor.“

Streng genommen ist die Charakterisierung von Informationen als ein öffentliches Gut hier nicht ganz korrekt, da Informationen nicht zwangsläufig die Eigenschaft der Nichtrivalität aufweisen müssen (Love 1995). Von vorrangiger Bedeutung ist hier jedoch, dass Wissen die Eigenschaft der Nichtausschlussfähigkeit öffentlicher Güter aufweist (Arrow 1974b; Love 1995; Teece 1981; 1986b; 1988). Sind Informationen oder Wissenssets einmal erfolgreich an einen Akteur transferiert, so können diese nicht wieder zurückgenommen werden. Nun wurde bereits herausgestellt, dass Ressourcen oder Wissenssets, die an einen ausländischen Standort transferiert werden sollen, akteursspezifisch sein müssen, damit ein Mehrwert entstehen kann. Als maßgeblich diesen Spezifitätsgrad determinierende Eigenschaft wurde dabei die Implizität bzw. mangelnde Kodifizierbarkeit der Wissenssets herausgestellt. Dies bedeutet, dass es für eine effektive Übertragung dieser Wissenssets an Akteure im Ausland zwangsläufig erforderlich ist, dass eine direkte persönliche Interaktion mit dem transferierenden Akteur stattfindet (Arrow 1974b; Buckley / Casson 1976; Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Heiman / Nickerson 2002; Polanyi 1958; Teece 1977; 1981). Eine solche Form des Informations- oder Wissenstransfers kann als hochgradig transaktionsspezifische Anlage angesehen werden. Da der Transfer personalisierte Interaktionen der beteiligten 82 Hold-up- und Spill-over-Problem stellen ähnliche Konzepte dar, weshalb sie auch unter einem Begriff subsumiert werden könnten (Nooteboom 2004a). Hier soll jedoch herausgestellt werden, dass beim Wissenstransfer einerseits das Problem der Weitergabe an Dritte besteht, die auch unintendiert und damit opportunismusunabhängig erfolgen kann. Andererseits besteht das Problem der opportunistischen Ausnutzung durch einen Transaktionspartner.

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Akteure erfordert, sind letztere quasi per Definition an die speziellen Bedürfnisse und Eigenschaften der Transaktionspartner angepasst, sie sind also nur in der jeweils betrachteten Akteursbeziehung von Nutzen. Damit ergibt sich für den empfangenden Akteur unmittelbar ein Opportunismusanreiz, wenn er die Wissenssets erfolgreich internalisiert hat. Da akteursspezifische Wissenssets – so sie denn nicht zu (potentiellen) Wettbewerbern diffusionieren – über einen längeren Zeitraum ein positives Mehrwertgenerierungspotential aufweisen und folglich längere Zeit zur Mehrwertgenerierung eingesetzt werden können, ergeben sich überdies auch Opportunismusmöglichkeiten aufgrund unvorhergesehener Adaptionsnotwendigkeiten, die aus der die Beziehung umgebenden Umweltunsicherheit resultieren (Adler 2001, S. 216; Root 1987). Da sich also aufgrund des Wissenstransfers an einen ausländischen Standort Opportunismusanreize und -möglichkeiten für den empfangenden Akteur ergeben und annahmegemäß von einer ausgeprägten Opportunismusneigung ausgegangen werden kann, kommt es in einer solchen Transaktionsbeziehung zu einem potentiellen Hold-up-Problem. Damit kommt es zu folgendem Dilemma: Ein Unternehmen, das in einen ausländischen Markt eintreten will, wird einen umso größeren Mehrwert aus dieser Internationalisierung generieren können, je akteursspezifischer die an den ausländischen Standort transferierten Wissenssets sind. Damit steigt dann das Spill-over-Risiko mit dem Akteursspezifitätsgrad an. Des Weiteren müssen die transaktionsspezifischen Investitionen umso höher bzw. müssen die eingesetzten Anlagen umso transaktionsspezifischer sein, je akteursspezifischer die Wissenssets sind, damit ein effektiver Transfer gewährleistet werden kann (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Gulati / Singh 1998; Heiman / Nickerson 2002; Kogut 1988; Teece 1977; 1981; 1986a; White 2005). Anders formuliert, werden das Spill-over-Risiko und das potentielle Holdup-Problem umso größer, je höher der generierbare Mehrwert aus Internationalisierung wird, was genau der oben dargestellten Argumentation der Transaktionskostentheorie entspricht. Dort wurden dann die relativen Effizienzunterschiede der einzelnen Governanceformen in Abhängigkeit des mit diesen verbundenen Internalisierungsgraden bei der Absicherung gegen diese beiden Probleme diskutiert. Damit vergleichbar ist die Diskussion über die relative Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Markteintrittsformen, die vornehmlich anhand des Eigenkapitalanteils differenziert werden (Agarwal / Ramaswami 1992; Andersen 1997; Anderson / Gatignon 1986; Asmussen / Benito / Petersen 2009; Brouthers / Hennart 2007; Brouthers / Brouthers 2003; Brouthers / Brouthers / Werner 2003; Brouthers / Nakos 2004; Buckley / Casson 1976; 1985; 1996; 1998a; Casson 1979; 1987; Child / Yan / Lu 1996; Child / Faulkner 1998; Child / Yan 1999;

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Delios / Beamish 1999; Erramilli / Rao 1993; Gao 2004; Kim / Hwang 1992; Kogut 1988; Lu / Beamish 2001; Madhok 1997; 1998; Pan / Tse 2000; Root 1987; Rugman 1980a; 1980b; 1981; Yan / Gray 1994; Zhao / Luo / Suh 2004). Allgemein wird hier konstatiert, dass die Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten sowie -fähigkeiten mit steigendem Internalisierungsgrad zunehmen. Dies bedeutet, dass die variablen Governancekosten bei steigendem Transaktionskosten- und Umweltunsicherheitsgrad umso weniger stark zunehmen, je größer der Internalisierungsgrad der jeweiligen Markteintrittsform ist. Folglich wird eine Markteintrittsform mit relativ hohem Internalisierungsgrad, obwohl diese mit höheren Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten verbunden ist, relativ effizienter als Modi mit geringerem Internalisierungsgrad werden, je größer das potentielle Hold-up-Problem sowie das Spill-over-Risiko ist. Damit kann dann hier auch die eingangs angeführte Frage, warum bzw. unter welchen Umständen die Gründung einer ausländischen Tochtergesellschaft vorteilhaft gegenüber der Lizenzierungsoption ist, beantwortet werden. Da Tochtergesellschaften den größtmöglichen Internalisierungsgrad der einzelnen Markteintrittsformen darstellen, werden sie umso relativ effizienter gegenüber Lizenzierungen werden, je größer der Spezifitäts- und / oder Umweltunsicherheitsgrad beim Transfer und Einsatz von Wissenssets an einem ausländischen Standort wird. So stellt Rugman (1980a, S. 371 f.) heraus, dass „[t]he role of the MNE as an agency for the internalization of markets arises since it is necessary to exploit on a worldwide basis the production of the good using the knowledge advantage. The MNE is a device superior to other potential solutions such as licensing or patents, since it is able to regulate and monitor the use of its information advantage. […] There is an ever present danger of the firm’s information monopoly being compromised by the licensee […]. […] Once the firm’s knowledge advantage is lost it becomes impossible for the firm to receive a fair return for its previous investment in research and development.“

Explizit Bezug nehmend auf die Probleme, die aus dem potentiellen opportunistischen Verhalten der Akteure in einem solchen internationalen Transferkontext bestehen, konstatiert Teece (1981, S. 87): „Specifically, intrafirm transfer to a foreign subsidiary, which avoids the need for repeated negotiations and attenuates the hazards of opportunism has advantages over autonomous trading. Better disclosure, easier agreement, better governance, and more effective team organization and reconfiguration all result. Here lies the incentive for internalizing technology transfer within the multinational firm.“

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

4. Ressourcen- und wissensbasierte Ansätze der Internationalisierung von Unternehmen Die oben diskutierte transaktionskostentheoretisch fundierte Perspektive bezüglich der Koordination internationaler Akteursbeziehungen fokussiert auf die diesbezüglichen Mehrwertaneignungsaspekte. Da durch die Aneignung kein ökonomischer Mehrwert an sich generiert werden kann, sondern nur verteilt wird – also kein Nutzen, sondern lediglich Kosten entstehen –, geht es hier vorrangig um Fragen der (kosten-)effizienten Ausgestaltung und Koordination dieser Aneignungsprozesse (Conner 1991; Kogut / Zander 1992; 1996; Langlois / Foss 1999; Madhok 1996; 2000; 2002; Madhok / Tallman 1998; Nooteboom 2004a; Zajac / Olsen 1993). Daher stehen hier die von den unterschiedlichen Governanceformen bereitgestellten formalen Sicherungsmechanismen gegen potentielles opportunistisches Verhalten im Vordergrund, was Conner (1991, S. 139) zu folgender Aussage verleitet: „[T]ransaction cost theory (Williamson, 1975) emphasizes the existence of firms as a means to lessen the opportunistic potential that arises when team-specific investments are made. […] [It therefore views] the firm as an ‚avoider of a negative,‘ […].“

Die hier zu diskutierenden Koordinationsaspekte aus einer ressourcenoder wissensbasierten Perspektive unterscheiden sich von dieser Sichtweise, da Erstere (ibid.) „the firm as the ‚creator of a positive,‘ as creator of unique productive value“

ansieht. Dies ging auch schon deutlich aus der Diskussion über die Determinanten des Mehrwertgenerierungspotentials innerhalb internationaler Akteursbeziehungen in Kap. B. I. 4. hervor, wobei die Argumente dort aus einer Werterschaffungsmaxime heraus konzeptionalisiert sind und sich auf die Begründung (dauerhafter) Wettbewerbsvorteile fokussieren und dementsprechende Beeinflussungsvariablen herausarbeiten (Barney 1986b; 1995; 1996; 2000; 2001; Hamel / Prahalad 1990; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993; Wernerfelt 1984). Die Höhe des generierbaren Mehrwertes aus Internationalisierung bestimmt sich jedoch nicht ausschließlich aus dem Mehrwertpotential. Von entscheidender Bedeutung ist hier zudem, dass ein möglichst hoher Anteil dieses prinzipiell vorhandenen Potentials auch tatsächlich realisiert werden kann, was zunächst unabhängig von der Aneignungsfrage ist. Die wissensbasierte Perspektive versucht nun Faktoren zu identifizieren, die den Realisierungsgrad des potentiell generierbaren Mehrwertes determinieren und damit das Koordinationsverständnis aus dieser Sichtweise begründen. Zweck der Koordination von Aktivitäten ist es hier, die Mehrwertgenerierung möglichst (kosten-)effektiv zu gewährleisten bzw. eine effektive Ko-

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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operation der Akteure innerhalb einer Beziehung möglichst effizient zu ermöglichen (Clemons / Row 1992; Das / Teng 2000; Gulati / Singh 1998; Hagedoorn / Narula 1996; White / Lui 2005).83 Fragen, die die Mehrwertaneignung betreffen, werden hier – wenn überhaupt – eher rudimentär behandelt (Foss 1996a; Gulati / Singh 1998; Nooteboom 2004a; 2009; White / Lui 2005; White 2005; Williamson 1999). Das divergierende Koordinationsverständnis zwischen Transaktionskostentheorie und wissensbasierter Perspektive erklären Mesquita und Brush (2008, S. 785, ähnlich argumentieren bspw. auch: Gulati / Singh 1998 sowie Madhok 2002) anschaulich wie folgt: „According to this prevailing logic [based on Transaction Cost Economics], managers implement governance mechanisms to safeguard owners of specialized assets from the losses, haggling, and negotiation inefficiencies resulting from exchanges with opportunistic partners. Although research has largely benefited from these efforts, it has also suffered from a dearth of studies on the production coordination logic of such governance choices. […] [There are] two interdependent, yet different efficiency-promoting roles associated with governance choices: safeguard (as explained above) and production coordination. By production coordination, we mean the handling of the organizational complexity inherent in decomposing production tasks and managing their interdependent parts across firms. This concept of coordination differs from the idea of coordination of incentives in the safeguard logic in that the latter is akin to the agency costs and moral hazards involved in organizing resources and aligning incentives for transactions subject to threats of misappropriation (Williamson, 1985). Production coordination is analogous instead to the cognitive and administrative challenges involved in synchronizing decomposed but interdependent tasks over firm boundaries (Gulati & Singh, 1998; Thompson, 1967).“84

Wie aus dem Zitat deutlich wird, stehen hier insbesondere kognitive und auf die Interdependenz der Aktivitäten bzw. Wissenssets bezogene Aspekte bei der Koordination im Vordergrund, womit letztendlich Unterschiede bei den Fähigkeiten von Akteuren diskutiert werden, in einer Beziehung, einen Mehrwert zu realisieren (Bakos / Brynjolfsson 1993; 1998).

83

So konstatieren bspw. Madhok und Tallman (1998, S. 327):

„Rather than efficiency through economizing on (transaction) costs, the value perspective approaches boundary-related phenomena in terms of cost-effectiveness with respect to rent-earning capacity.“ 84 Casadesus-Masanell und Spulber (2000, S. 67) argumentieren darüber hinaus, dass Komplexität und Produktionseffizienz die wesentlichen Einflussvariablen bei der Entscheidung über Governancemodi sind. Coase (2006, S. 259) konstatiert sogar, dass der Grad der Anlagenspezifität irrelevant für die Koordinationsentscheidung ist.

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

a) Akteursspezifität als koordinationskostendeterminierende Variable Ausgangspunkt ist auch hier wieder die Annahme, dass akteursspezifische Wissenssets innerhalb von Akteursbeziehungen eingesetzt werden müssen, damit ein potentieller Mehrwert überhaupt entstehen kann. Damit dieser nun auch realisiert werden kann, ist es notwendig, diese Wissenssets oder zumindest diesbezügliche Informationen zwischen den beteiligten Akteuren auszutauschen (Ghoshal / Moran 1996; Gulati / Singh 1998; Nooteboom 2004a; White / Lui 2005; White 2005). So müssen die Akteure Elemente gemeinsamer Aktivitäten identifizieren und aufteilen, Aktivitätselemente, die Aktivitäten des jeweils anderen Akteurs beeinflussen, erkennen und diesbezügliche Informationen austauschen. Es geht also darum, die Wissenssets von (individuellen) Akteuren zu integrieren (Grant 1996, S. 113). Während nun ein steigender Akteursspezifitätsgrad bzw. Implizitätsgrad der eingesetzten Wissenssets den potentiellen Mehrwert positiv beeinflusst, wird dieser auch den Koordinationsaufwand zur effektiven Realisierung koordinationsformenunabhängig ansteigen lassen. Ein erfolgreicher Transfer impliziter Wissenssets ist nur durch wesentlich umfangreichere und damit aufwendigere Kommunikation möglich, als dies bei explizitem, kodifizierbarem Wissen der Fall ist (Arrow 1974b; 1985; Conner / Prahalad 1996; Demsetz 1988; Heiman / Nickerson 2002; Nooteboom 2009; Polanyi 1958; Teece 1981; von Hippel 2007). Dass die Wissenstransferkosten in entscheidendem Maße vom Implizitätsgrad beeinflusst werden, erklären Heiman und Nickerson (2002, S. 85 f.) anhand der Notwendigkeit einer Überprüfung der korrekten Wissensübertragung anschaulich wie folgt: „The cost to transfer knowledge involves, among other things, verifying that the recipient accurately understands the knowledge received. Such costs are a reflection of the limited rate at which individuals can assimilate knowledge. With knowledge that is represented via physical, formal, or formulaic means, verification costs are low as the recipient can verify the knowledge by inspecting its physical representation, referring to its formal representation, or logically interpreting its formulaic representation. In contrast, when knowledge is stored in humans, informally, or linguistically, the recipients can only verify knowledge by transferring it back to the sender who must then provide the verification. The entire transmission sequence must be repeated if the recipient’s initial understanding of the knowledge is inconsistent with knowledge received by the original sender, which incurs additional costs. Thus, verification costs are likely to increase with the tacitness of the knowledge transmitted, which increases knowledge transfer costs.“

Anders formuliert, ist also für den effektiven Transfer impliziter Wissenssets eine intensivere und persönlichere Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren notwendig als beim Transfer kodifizierbarer Informationen

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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(Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Kogut / Zander 1992; 1996; Nahapiet / Ghoshal 1998; Nooteboom 1999a; 2009; Polanyi 1958; Simon 1962). So zeigen im Internationalisierungskontext bspw. Bresman, Birkinshaw und Nobel (1999, S. 452, zu ähnlichen Ergebnissen teilweise unter Betrachtung anderer Koordinationsformen kommen z. B. auch: Child / Faulkner / Pitkethly 2003; Håkansson / Snehota 1995; Inkpen 1998; Jensen / Szulanski 2004; Kogut 1988; Szulanski 1996; Zander 1991), dass bei grenzübergreifenden Unternehmensakquisitionen „[t]he more tacit form of knowledge (i. e. technological know-how) is best transferred through intensive communication, with many visits and meetings […]. But when knowledge is relatively articulated, i. e. in the form of a patent, it can be made available to the other party with little regard for personal interaction.“

Dabei wird der Transfer impliziten Wissens umso effizienter, je größer die durch die Kanäle und Mittel ermöglichte Bandbreite ist (Arrow 1974b, S. 39). Kommunikationskanäle mit hoher Bandbreite sind z. B. persönliche Gespräche, da hier Informationen auf unterschiedliche Art und Weise – bspw. durch Sprache, Gesten, Visualisierungen und gemeinsame Handlungen – ausgetauscht werden können. Der dargestellte Einfluss des Implizitätsgrades auf die Koordinationskosten wird so auch in der Internationalisierungsliteratur bezüglich der Koordination internationaler Unternehmensaktivitäten diskutiert (Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Athanassiou / Nigh 1999; 2000; Autio / Sapienza / Almeida 2000; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw / Hood 2000; Birkinshaw 2000; Buckley / Casson 1998a; 1998b; Casson 1979; Chen 2004; Child / Faulkner 1998; Cray 1984; Doh 2005; Dunning 1995; 2000; Dunning / Lundan 2010; Dyer 1996; 1997; Ghoshal / Bartlett 1990; Hamel 1991; Hashai 2009; Hedlund 1994; Inkpen 1998; Jansson 2008; Kogut / Zander 1993; Lane / Salk / Lyles 2001; Love 1995; Minbaeva / Pedersen / Bjorkman / et al. 2003; Nooteboom 2004d; Peng 2001; Pitelis 2007; Rugman / Verbeke 2003a; Teece 1977; 1985; 1986a; White / Lui 2005). So stellt bspw. Teece (1981, S. 83 f.) bezüglich des internationalen Transfers von Technologien heraus, dass „[u]ncodified or tacit knowledge […] is slow and costly to transmit. Ambiguities abound and can be overcome only when communications take place in face-toface situations. Errors of interpretation can be corrected by a prompt use of personal feedback. […] With respect to the international transfer of technology, the costs of transfer are very much a function of the degree to which know-how can be codified and understood in that form by the recipient. Typically, only the broad outline of technical knowledge can be codified by non-personal means of intellectual communication or communication by teaching outside the production process itself. Accordingly, the transfer of technology generally requires the transfer of skilled personnel, even when the cultural and infrastructural differences are not great.“

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Kogut und Zander (1993, S. 629 f.) greifen die Argumentation von Teece (1977; 1981) auf und konstatieren: „[T]he costs of technology transfer are viewed as stemming from the degree of tacitness of the knowledge. […] These costs declined with each subsequent transfer and with the experience of the recipient of the technology. None of these measures of costs was obviously related to transaction costs arising out of opportunism, such as legal fees or the dissipation of technology. Rather, these costs are derived from the efforts of codifying and teaching complex knowledge to recipients; more efforts must be expended, the less capable the user.“85

b) Interdependenz als koordinationskostendeterminierende Variable Des Weiteren werden die Koordinationskosten auch vom Interdependenzgrad der in einer Akteursbeziehung eingesetzten Aktivitäten bzw. Wissenssets untereinander sowie mit anderen Aktivitäten bzw. Wissenssets der jeweiligen Akteure im Zusammenspiel mit dem Spezifitäts- bzw. Implizitätsgrad beeinflusst (Das / Teng 2003; 1996; Dyer / Singh 1998; Gulati / Singh 1998; Kumar / Nti 1998; Mesquita / Brush 2008; Park / Ungson 2001; Parkhe 1991; 1993b; Reuer / Zollo / Singh 2002; Ring / Van de Ven 1994; Thompson 1967; Van de Ven / Walker 1984; White / Lui 2005; Zollo / Reuer / Singh 2002). Je interdependenter Aktivitäten sind, umso mehr Aktivitäten sowie einzelne Elemente der interdependenten Aktivitäten müssen miteinander durch die Akteure koordiniert und im Zeitverlauf aneinander angepasst werden. Dadurch wird die Koordination komplexer (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Clark / Chew / Fujimoto / et al. 1987; Macher / Richman 2008; Masten 1984; Masten / Meehan / Snyder 1991; Mesquita / Brush 2008; Park / Ungson 2001; Reed / DeFillippi 1990; Shelanski 2004). Die Quantität und Diversität der Informationen, die von den einzelnen Akteuren transferiert und verarbeitet werden müssen, vergrößern sich dadurch, was wiederum den kognitiven Aufwand, die einzelnen Aktivitäten zu koordinieren, und damit letztendlich die Koordinationskosten erhöht (Chang / Chu 2004; Christopher 2000; Lee / Baron / Hannan 2002; Viswanadham / Desai / Gaonkar 2005; Xu / Beamon 2006). Dieser Einfluss des Interdependenzgrades auf den Koordinationsaufwand wird auch in der Internationalisierungsliteratur anerkannt und dabei insbesondere in den in Kap. B. I. 4. b) bereits dargestellten interorganisationalen Netzwerkansätzen sowie in Arbeiten zu strategischen Allianzen deutlich (Aron / Singh 2005; Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Bartlett / Ghoshal 85 Die Autoren verweisen damit auch auf den Einfluss der „Absorptive Capacity“ (Cohen / Levinthal 1990) auf die Transfereffizienz, die ja bereits im Zusammenhang mit dem Konzept der kognitiven Distanz diskutiert wurde. Dies wird im weiteren Verlauf wieder aufgegriffen.

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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1989; Birkinshaw 2000; Birkinshaw / Hood 1998; 2000; Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Chen / Chen 1998; Chen 2004; Child / Faulkner 1998; Doz / Prahalad 1991; Doz / Santos / Williamson 2001; Dunning 1995; Ferdows 1997; Ghemawat 2003; Ghoshal / Bartlett 1990; Hamel 1991; Harrison / Hitt / Hoskisson / et al. 2001; Hedlund 1994; Hitt / Hoskisson / Kim 1997; Hitt / Dacin / Levitas / et al. 2000; Hitt / Duane 2002; Inkpen 1998; Ireland / Hitt / Vaidyanath 2002; Kuemmerle 1999; Lui / Ngo 2004; Luo / Peng 1999; Parkhe 1991; Peng 2001; Peng / Wang 2000; Prahalad / Doz 1999; White / Lui 2005; White 2005). Der Einfluss des Interdependenzgrades auf die Koordinationskosten ging dabei implizit bereits aus der Diskussion der interorganisationalen Netzwerkansätze der Internationalisierung hervor. Dort wurde herausgestellt, dass sich mit steigendem Interdependenzgrad das Mehrwertgenerierungspotential aus dem Einsatz akteursspezifischer Ressourcen innerhalb einer internationalen Akteursbeziehung vergrößert. Als maßgebliche Begründung wurde dabei angeführt, dass die Interdependenz von Aktivitäten bzw. Wissenssets es einem multinationalen Unternehmen ermöglicht, an einem Standort vorteilbegründende Wissenssets auch an anderen Standorten vorteilhaft einzusetzen. Dabei ist es nun offensichtlich, dass es zur Realisierung dieses Mehrwertpotentials notwendig ist, dass die Akteure an den jeweiligen Standorten interagieren, also Informationen zwischen den interdependenten Standorten austauschen und Anpassungen vornehmen, was Koordinationskosten verursacht. Dabei werden diese Interaktionen umso extensiver sein müssen, je größer der Interdependenzgrad ist (Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Bartlett / Ghoshal 1989; Buckley / Hashai 2005; Ghoshal / Bartlett 1990; Hashai 2009; Hedlund 1994). Eine vergleichbare Argumentation lässt sich auch in der Allianzliteratur finden. Gulati und Singh (1998, S. 785) stellen in ihrer Arbeit, in der sie auch internationale Allianzen betrachten, Folgendes heraus: „The extent of the anticipated interdependence between partners at the time they form an alliance can vary substantially and depends on the tasks included and the likely division of labor in the partnership, all of which are a function of the strategic rationale for the alliance. At one extreme, an alliance may have a simple division of labor with minimal ongoing adjustments that require each partner to share information about the progress of its initiatives for the partnership to achieve strategic goals. At the other extreme, the likely interdependence can be extensive, resulting from the anticipation of a complex and overlapping division of labor that will entail continuing mutual adjustments between partners and require each partner to link specific activities with other partners closely and regularly. The higher the anticipated interdependence between alliance partners, the greater the magnitude of expected coordination costs. While the anticipated interdependence across partners in an alliance may also influence the extent of the appropriation concerns

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

partners experience […], the primary concerns from interdependence are the administrative challenges of coordinating tasks between partners. For two firms considering an alliance, the greater the need for ongoing task coordination and joint decision making between the partners in an alliance, the higher the anticipated level of interdependence and coordination costs.“

c) Umweltunsicherheit als koordinationskostendeterminierende Variable Daneben werden in der Internationalisierungsliteratur – ähnlich der Diskussion über den Einfluss des Interdependenzgrades – auch die Auswirkungen eines steigenden Umweltunsicherheitsgrades auf die Koordinationskosten diskutiert (Bartlett / Ghoshal 1989; Lu / Beamish 2004; Porter / Fuller 1986; Prater / Biehl / Smith 2001; White / Lui 2005; Xu / Beamon 2006). Ausgangspunkt ist hier der bereits diskutierte Einfluss der Umweltunsicherheit auf die Notwendigkeit, Adaptionen innerhalb einer Beziehung vorzunehmen (Daft / Lengel / Trevino 1987; Daft / Lengel 1986; Galbraith 1973; 1977; Ring / Van de Ven 1994; Van de Ven 1976; Williamson 1985; 1991). Demnach wird ein steigender Umweltunsicherheitsgrad zu häufig notwendig werdenden Adaptionen innerhalb einer Akteursbeziehung führen, damit ein Mehrwert realisiert werden kann, was wiederum die Koordinationskosten ansteigen lässt. Dieses Argument gilt dabei offensichtlich auch ohne die Annahme opportunistischen Verhaltens, da auch ein Aufwand „pro einzelne Adaption“ entsteht, wenn sich die Akteure völlig kooperativ verhalten. d) Kognitive Distanz als koordinationskostendeterminierende Variable Abschließend ist hier noch auf den Einfluss der kognitiven Distanz auf die Koordinationskosten hinzuweisen, der positiv sein wird (Nooteboom 2000; 2004a; 2004b; 2009). So verwiesen bereits Buckley und Casson (1976, S. 42 ff., ähnlich argumentieren bspw. auch: Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Buckley / Clegg / Tan 2006; Kogut / Singh 1988; Kogut / Zander 1993; Morosini / Shane / Singh 1998; Nordstrom / Vahlne 1992) im Kontext des internationalen Wissenstransfers innerhalb multinationaler Unternehmungen darauf, dass der Transfer von Wissen effizienter erfolgen kann, wenn die am Transfer beteiligten Personen ähnliche Hintergründe haben oder in einem ähnlichen Umfeld operieren, da es ansonsten zu erheblicheren Missverständnissen kommen kann, die nur durch einen zusätzlichen Überprüfungsaufwand beseitigt werden können: „Either way, communication costs will vary with the economic, social and linguistic dissimilarities between regions. Transmission costs are partly accounted for by the terminal costs of the system, but there are other significant costs which are dependent on the distances involved.“

B. Ökonomische Internationalisierungsansätze

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Während die Autoren ein Distanzkonstrukt verwenden, das eher auf einer Makroebene verankert zu sein scheint, also vermutlich eher der bereits diskutierten psychischen Distanz entspricht, sind hier dennoch Parallelen – bspw. die Bedeutung von Sprache – zum Konzept der kognitiven Distanz ersichtlich. White und Lui (2005, S. 915, 917) verweisen im Kontext internationaler Allianzen auf die Bedeutung eines „organizational fit“ innerhalb einer Akteursbeziehung, das dem Konzept der kognitiven Distanz ähnlich zu sein scheint, und konstatieren: „Differences in resources and capabilities may be a key reason for two firms to ally and the source of their mutual or shared benefit […]. However, differences along social and cognitive dimensions – culture, managerial personalities, priorities, operating logics, and so forth – may reduce […] the ‚organizational fit‘ of two partners and make an alliance difficult or impossible to manage. […] Overcoming or accommodating such differences (whether individual, organizational, industrial, or national) requires adjustment by the partners in order to achieve the objectives of the alliance, causing one or both partners to incur related costs in terms of time and effort. […] Explaining the difference in time and effort for a manager to undertake the same task with different partners requires an explicit recognition of the social distance, or differences in organizational fit, with these alternative partners. The importance of this distinction can be seen through a hypothetical example in which a firm is engaged in alliances with two different partners to undertake the same task, and the firm trusts each partner equally (i. e., to simplify the discussion, the threat of opportunism and associated transaction costs are the same in the two cases). The firm is very similar to one partner in terms of organizational culture, formal structure, informal processes, and managerial orientation, but quite different from the other in these characteristics. The firm will likely expend considerably more managerial effort in its interaction with the latter partner to avoid or mitigate the effects of miscommunication, conflict, and other problems arising from these differences.“

Aus beiden Zitaten wird deutlich, dass eine steigende kognitive Distanz die Koordinationskosten, die entstehen, damit ein potentieller Mehrwert innerhalb einer internationalen Akteursbeziehung auch realisiert werden kann, anwachsen lassen wird. e) Der Einsatz einer dritten Partei zu Koordinationszwecken An dieser Stelle ist noch auf die mögliche Beeinflussung der Koordinationseffizienz durch den Einsatz eines Intermediärs oder einer dritten Partei einzugehen, die jedoch in der Internationalisierungsliteratur nur wenig Beachtung zu finden scheint (vgl. aber bspw. Andersson 2002; Bello / Lohtia 1995; Chetty / Blankenburg Holm 2000; Cho 1987; Jansson 2008; Johanson / Mattsson 1988; Oviatt / McDougall 2004; Peng 1998; Peng / Ilinitch

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

1998; Peng / Hill / Wang 2000; Phillips McDougall / Shane / Oviatt 1994; Sharma / Blomstermo 2003; Vissak 2003). Intermediäre oder dritte Parteien können grundsätzlich zur Steigerung der Koordinationseffizienz innerhalb von Akteursbeziehungen eingesetzt werden (Burt 1992; 2000; Cosimano 1996; Duplat 2009; Dyer / Singh 1998; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Granovetter 1985; Howells 2006; Nooteboom 1999b; 2004b; Uzzi 1997). Innerhalb der Diskussion aus transaktionskostentheoretischer Perspektive wurde diese Möglichkeit bereits angesprochen, wobei dort lediglich die Funktion einer dritten Partei zur Opportunismusabsicherung bzw. zur Reduktion von Opportunismusmöglichkeiten und -anreizen diskutiert wurde. Aus einer wissensbasierten Perspektive ergibt sich darüber hinaus noch die Möglichkeit, eine dritte Partei zur Steigerung der opportunismusunabhängigen Koordinationseffizienz einzusetzen, wobei dieser Effekt vor allem mit dem kognitiven Distanzkonstrukt zusammenhängt. Es wurde bereits herausgestellt, dass die kognitive Distanz die Entfernung zwischen den kognitiven Positionen zweier Akteure beschreibt. Wenn nun im Internationalisierungskontext der Eintritt in einen ausländischen Markt auch als Eintritt in eine Beziehung mit einem der dort ansässigen Akteure verstanden werden kann, folgt daraus, dass die kognitive Distanz im gleichen Auslandsmarkt variieren kann. Voraussetzung dafür ist, dass der fokale Akteur prinzipiell mit verschiedenen Akteuren auf diesem Markt eine Beziehung eingehen kann, die sich in ihren kognitiven Positionen unterscheiden. Wenn nun der fokale Akteur aufgrund der Annahme begrenzter Rationalität nicht alle potentiellen Akteure am ausländischen Standort kennt, kann es dazu kommen, dass Ersterer nicht diejenige Beziehung mit der geringsten kognitiven Distanz wählt, da er keine Kenntnis von der Existenz des entsprechenden Beziehungspartners hat. Werden alle weiteren Charakteristika sämtlicher Akteure als gleich angenommen, so kommt es in diesem Fall folglich zu einer suboptimalen Entscheidung bzw. ineffizienteren Koordination als innerhalb der potentiell möglichen Beziehung mit dem geringsten Distanzgrad. Eine dritte Partei kann nun dazu eingesetzt werden, einen Beziehungspartner für den fokalen Akteur zu finden, der eine geringere kognitive Distanz zu letzterem aufweist. Voraussetzung dazu ist aber natürlich, dass diese dritte Partei bessere Kenntnisse über die Akteurspopulation auf dem Auslandsmarkt hat, was unter Rekurs auf Kap. B. I. 3. d) letztendlich bedeutet, dass die dritte Partei über eine geringere kognitive Distanz zu den Akteuren auf dem ausländischen Markt verfügt als der fokale Akteur.86 Genau diese Rolle einer dritten Partei wird in der Internationalisierungslite86 Dieses Argument bezieht sich auf eine kumulierte Betrachtung sämtlicher Akteure auf dem Auslandsmarkt.

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ratur insbesondere innerhalb von Arbeiten betrachtet, die sich mit der Funktion von Exportintermediären beschäftigen (Andersson 2002; Bello / Lohtia 1995; Chetty / Blankenburg Holm 2000; Cho 1987; Johanson / Mattsson 1988; Peng 1998; Peng / Ilinitch 1998; Peng / Hill / Wang 2000; Vissak 2003; Weaver / Pak 1990). Neben dieser Möglichkeit, durch den Einsatz einer dritten Partei eine Akteursbeziehung mit relativ geringer kognitiver Distanz bereits zu Beziehungsbeginn zu ermöglichen, kann eine dritte Partei auch eine Überbrückungsfunktion bezüglich dieser Variablen einnehmen (Burt 1992; 2000; Cosimano 1996; Duplat 2009; Dyer / Singh 1998; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Granovetter 1985; Howells 2006; Nooteboom 1999b; 2004b; Uzzi 1997). In der Internationalisierungsliteratur wird diese Funktion meist unter dem Begriff „boundary spanners“ diskutiert (Burt 1992; Callon 1994; Chetty / Blankenburg Holm 2000; Hargadon / Sutton 1997; Howells 2006; Håkansson / Snehota 1995; Håkansson / Persson 2004; Jones 1999; Kogut / Zander 1992; 1996; Salmi 2006; Shohet / Prevezer 1996; Watkins / Horley 1986). Auch hier muss die dritte Partei eine geringere kognitive Distanz zu allen beteiligten Akteuren aufweisen als diese untereinander. Ist dies der Fall, kann die dritte Partei beim Transfer von Informationen und Wissenssets zwischen den Akteuren vermitteln oder moderieren, sodass es zu weniger Missverständnissen und Fehlinterpretationen kommt, da erstere aufgrund der geringeren kognitiven Distanz dazu in der Lage ist, insbesondere implizite Elemente beider Akteure „fehlerfreier“ zu absorbieren und an den jeweils anderen Akteur zu übermitteln (Nooteboom 1999b; 2009). Damit kann hier zusammenfassend festgehalten werden, dass der Akteursspezifitäts-, Interdependenz-, Umweltunsicherheits- und kognitive Distanzgrad die Koordinationskosten innerhalb internationaler Akteursbeziehungen positiv beeinflussen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass dies über alle möglichen Koordinationsformen hinweg geschieht. f) Relative Effizienzunterschiede in Abhängigkeit des Internalisierungsgrades Wie schon in der Diskussion über die relativen Transaktionskostenunterschiede der einzelnen Governanceformen stellt sich auch hier nunmehr die Frage, ob bzw. welche relativen Unterschiede bezüglich der Koordinationskosten zwischen den einzelnen Koordinationsmodi bzw. Markteintrittsformen bestehen, ob also relative Effizienzunterschiede bei der effektiven Realisierung eines Mehrwertes innerhalb einer Akteursbeziehung in Abhängigkeit von deren strukturellen Ausgestaltung existieren. Diesbezüglich wird hier vornehmlich die Dichotomie marktlicher und hierarchischer Modi dis-

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kutiert, wobei gerade aus der angesprochenen Allianzliteratur auch Aussagen über hybride Formen getätigt werden. Aus wissensbasierter Perspektive wird auch in der diesbezüglichen Internationalisierungsliteratur allgemein davon ausgegangen, dass hierarchische Koordinationsformen zunehmende Effizienzvorteile bei den variablen Koordinationskosten gegenüber marktlichen Arrangements aufweisen werden, je größer die jeweiligen Ausprägungen der koordinationskostenbeeinflussenden Variablen Akteursspezifität, Interdependenz und Umweltunsicherheit werden (Arvidsson / Birkinshaw 2004b; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Buckley / Hashai 2005; Buckley / Casson 1976; 1998a; Caves 1996; Ghoshal / Bartlett 1990; Gupta / Govindarajan 2000; Kogut / Singh 1988; Kogut / Zander 1992; 1993; 1996; Kostova 1999; Madhok 1997; 1998; Nooteboom 2000b; 2004d; Pitelis / Teece 2010; Rugman 1980a; Rugman / Verbeke 2003a; Teece 1981; 1985; 1986a; Zhou / Poppo 2005; Zhou / Poppo / Yang 2008).87 Die diesbezügliche Argumentation ist konzeptionell ähnlich der innerhalb der Transaktionskostenperspektive, wobei ein essenzieller Unterschied darin besteht, dass im Gegensatz zur Letzteren hier die Annahme opportunistisch agierender Akteure als nicht notwendig angesehen wird (vgl. aber bspw. Foss 1996a; 1996b; Love 1995). Auch hier wird zunächst wieder zwischen fixen und variablen Kosten bzw. Koordinationskosten der einzelnen Modi unterschieden. Die fixen Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten können dabei essenziell als Kosten für die Etablierung von Interaktions- oder Kommunikationsstrukturen und -regeln aufgefasst werden, die ja bereits als maßgeblich für die effektive Koordination bzw. den effektiven Austausch von Informationen herausgestellt wurden (Conner / Prahalad 1996; Heiman / Nickerson 2002; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2000a; 2000b; 2009; Sallusti 2008b; Sallusti / Addessi 2009). Diese werden bei hierarchischen Arrangements ungleich größer sein als bei marktlichen, da bei Ersteren Kommunikationskanäle mit einer relativ großen Bandbreite und extensive Kommunikationsregeln und -normen etabliert werden (Arrow 1974b; 1985). Marktliche Koordination findet hingegen über den Preismechanismus – also den Austausch expliziter Informationen – statt, für den meist schon bestehende Kommunikationsmittel mit geringer Bandbreite und vorgegebene (minimale) Interaktionsregeln effektiv genutzt werden können, deren Etablierung aus Sicht des fokalen Akteurs folglich relativ kostengünstig erfolgen kann. Heiman und Ni87 Hier wurde bewusst die Variable der kognitiven Distanz ausgelassen. Auf diese bzw. ihren Einfluss auf die relativen Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen wird im weiteren Verlauf des vorliegenden Abschnitts noch eingegangen.

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ckerson (2002, S. 107 f.) erklären diese Bandbreitenunterschiede genauer wie folgt: „The bandwidth of a transmission – hereafter referred to as an interaction – refers to the degree of intensity of communication among individuals. […] High-bandwidth interactions involve tight, rich, immediate interfaces between partners, and are generally relatively costly […]. A high-bandwidth interaction is intended to facilitate a high degree of rich context, high-affect, and high-transparency in communications between partners. High-bandwidth interactions provide easy access to knowledge by allowing, for example, physical demonstrations, immediate redundancy and restatement (rephrasing), high clarity, rich contextual cues, high interactivity, and clear emphases. Low-bandwidth interactions, in contrast, are characterized by low-context communications measures: for example, email, faxes, letters, and phone calls. Lowbandwidth interactions offer little clarity of emotional affect, low or no redundancy, time-lagged (sometimes severely) queries and responses, low interactivity, very low or no contextual cues, and comparatively less clear emphases. Generally, low-bandwidth interactions provide low degrees of knowledge transparency at comparatively low cost, versus high-bandwidth interactions, which provide high transparency albeit at a high-cost.“

Bereits für Penrose (1959, S. 15 f.) ist das Vorhandensein extensiver Regeln und Normen ein wesentliches (Differenzierungs-)Merkmal eines Unternehmens, das sie als „autonomous administrative planning unit, the activities of which are interrelated and are coordinated by policies which are framed in the light of their effect on the enterprise as a whole […] [thus defining] the area of administrative coordination […] [and] authoritative coordination“

beschreibt. Diese fixen Einrichtungskosten sind auch hier unabhängig von den genannten Einflussvariablen. Daher werden marktliche Arrangements auch relative Effizienzvorteile gegenüber der Hierarchie beim Transfer explizierter bzw. akteursunspezifischer Informationen haben; in der Hierarchie werden sozusagen Interaktionskapazitäten bereitgestellt, die für den Transfer expliziter Informationen nicht erforderlich sind. Für den Transfer akteursunspezifischer Wissenssets werden sich die variablen Koordinationskosten der Modi daher nicht signifikant unterscheiden. Mit zunehmendem Implizitäts- bzw. Akteursspezifitätsgrad der zu übermittelnden Informationen wird sich dieses Verhältnis jedoch immer mehr zu Gunsten hierarchischer Modi verändern, da sie die für einen solchen Transfer geeigneteren und evtl. in einem anderen Kontext bereits etablierten Strukturen und Prinzipien bereitstellen, was Kogut und Zander (1992, S. 389 f.) wie folgt beschreiben:

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„The teaching of [implicit] know-how and information requires frequently interaction within small groups, often through the development of a unique language or code. Part of the knowledge of a group is simply knowing the information who knows what. But it also consists of how activities are to be organized […]. It is the sharing of a common stock of knowledge, both technical and organizational, that facilitates the transfer of knowledge within groups. […] [O]ne of the advantages of the organization […] [is] its ability to economize in communication through a common code. […] [In this way, P]roduction knowledge […] [is] like a language common to a particular group of workers. […] It is this language which provides a normative sanction of how activities are to be organized or what information is to be collected and evaluated. But whereas the accumulation of small group interactions facilitate the creation of shared coding schemes within functions, a fundamental problem arises in the shifting of technologies from research groups to manufacturing and marketing (Dougherty forthcoming). At this point, the identification with a professional orientation conflicts with the need to integrate within the organization. […] [This] poses additional problems insofar that the shared codes of functional groups differ. […] To facilitate this transfer, a set of higher-order organizing principles act[s] as mechanisms by which to codify technologies into a language accessible to a wider circle of individuals. These principles establish how the innovation is transferred to other groups, the responsibility of engineers to respond to complaints, and the allocation of incentives to establish authority over decisions. These organizing principles […] [are called] higher-order as they facilitate the integration of the entire organization […].“

In Bezug auf diese „higher-order organizing principles“ führen die Autoren (Kogut / Zander 1996, S. 506) an anderer Stelle aus, dass „[f]irms provide the normative territory to which members identify. […] [I]t defines conventions and rules by which individuals coordinate behavior and decision making.“

Anders formuliert, führt ein steigender Akteursspezifitätsgrad der zu transferierenden Informationen also dazu, dass die Interaktionen der beteiligten Akteure intensiver werden müssen. Steigende Interdependenz- und Umweltunsicherheitsgrade führen nun dazu, dass diese Interaktionen zudem extensiver – also über mehr unterschiedliche Aspekte – und häufiger stattfinden müssen, damit eine effektive Koordination erfolgen kann (Artz / Brush 2000; Cannella / Park / Lee 2008; Carson / Madhok / Wu 2004; König 2009; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2009; Zenger / Argyres 2008). Heiman und Nickerson (2002, S. 105 f.) führen insbesondere in Bezug auf den Einfluss des Interdependenzgrades aus, dass „[a]s a [coordination] problem increases in complexity [– where complexity is defined as the number of interdependent technologies, routines and individuals linked to a particular knowledge or asset and thus seams similar to the concept of interdependence –] so too does the number of distinct specialized knowledge sets and, because of cognitive limitations, the number of actors involved in transfer-

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ring and receiving knowledge. Moreover, the greater the number of knowledge sets to be transferred, the more costly such transfer is on the margin because cognitive limitations of human ability to accumulate and apply knowledge are increasingly likely to be reached, rendering transfer less effective and less complete and thereby further increasing transfer costs.“

Ein Anstieg jeder der drei Variablen Akteursspezifität, Interdependenz und Umweltunsicherheit führt somit sukzessive dazu, dass hierarchische Arrangements relativ effizienter werden als marktliche, da Erstere durch das Vorhandensein von Kommunikationskanälen mit hoher Bandbreite und extensiven Interaktionsregeln und -normen den Transfer impliziter Wissenssets relativ effizienter gewährleisten können: „The more tacit the knowledge to be transferred, the more likely that using highbandwidth channels will provide greater net benefit than low-bandwidth. The transfer of tacit knowledge benefits from high-bandwidth channels because it provides rich context, high-affect and high-transparency, and real-time verification of the knowledge transferred. As described earlier, low-bandwidth channels are poorly suited for conveying such knowledge and are slow and costly for verifying that the knowledge has been correctly assimilated. Of course, low-bandwidth channels are better suited than high-bandwidth channels for transmitting codified knowledge since verification is trivial or not necessary.“ (Heiman / Nickerson 2002, S. 107)

Problematisch ist aber nun, dass die bisher diskutierten Variablen bzw. deren Ausprägungsunterschiede zwar eine Unterscheidung der Koordinationsformen Markt und Hierarchie im Hinblick auf deren relative Koordinationseffizienz zulassen, jedoch wenig zur Diskussion über evtl. Vorteilhaftigkeitsunterschiede zwischen hierarchischen und hybriden Modi beizutragen scheinen. Ohne die Opportunismusannahme ist hier nämlich nicht ersichtlich, wie der Akteursspezifitäts-, Interdependenz- und Umweltunsicherheitsgrad diskriminierend auf die relative Koordinationseffizienz dieser beiden Modi untereinander wirken könnte (Dunning / Lundan 2010; Foss 1996b; 1996a; Jacobides / Winter 2005; Love 1995; Oxley 1997). Hybride Koordinationsformen können schließlich gleiche oder ähnliche Kommunikationsstrukturen, -regeln und -normen bereitstellen wie hierarchische, was unmittelbar und intuitiv einsichtig wird, wenn im Internationalisierungskontext bspw. die Gründung einer Tochtergesellschaft mit der eines Joint Ventures verglichen wird. In beiden Fällen werden individuelle Akteure an einem Standort dazu in die Lage versetzt, durch die Etablierung von Kommunikationskanälen mit großer Bandbreite zu interagieren.88 Unterschiede ergeben 88 Diese Unklarheit könnte der Grund dafür sein, dass Kogut und Zander in ihren späteren Arbeiten (1993; 1996) lediglich Unterschiede rein marktlicher und hierarchischer Koordination diskutieren und hybride Formen unerwähnt lassen. In ihrer früheren Arbeit (1992, S. 390) finden sich jedoch Anhaltspunkte in ihrer Diskussion von Netzwerkstrukturen, die die hier angeführte Argumentation, dass hybride und

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sich hier vor allem bezüglich der Entscheidungsautonomie der beteiligten Akteure, was jedoch nur zu koordinativen Effizienzunterschieden führen kann, wenn von potentiellem opportunistischem Verhalten ausgegangen wird (Foss 1996a; Williamson 1991). Wird hingegen kooperatives Verhalten angenommen, so scheint der Grad der Entscheidungsautonomie kaum Einfluss auf die Effizienz der Koordination zu haben (Arrow 1974b, S. 69 f; Nickerson / Zenger 2004, S. 626). So konstatieren auch Kogut und Zander (1996, S. 506), dass „a communication net is qualitatively unaffected by boundaries. A network of firms, wired electronically, is technologically equivalent to the communication capability within a firm. The authority relationship written into a contract can be similarly replicated among independent agents.“

Es stellt sich also die Frage, warum eine vollständige Internalisierung bzw. hierarchische Koordinationsform eine relativ effizientere Koordination ermöglichen sollte als ein mittlerer Internalisierungsgrad bzw. ein hybrider Modus. Diesbezüglich nimmt nun die Variable der kognitiven Distanz einen zentralen Stellenwert ein, was aus der Diskussion Koguts und Zanders (1996, S. 502 ff., Hervorhebung hinzugefügt) bezüglich der Bedeutung einer gemeinsamen oder geteilten Identität der individuellen Akteure innerhalb einer Unternehmung hervorgeht: „A firm is distinct from a market because coordination, communication, and learning are situated not only physically in locality, but also mentally in […] [a shared] identity. […] Because identity implies an adherence to a symbolic coding of values and rules, the costs and substance of discourse, coordination, and learning are influenced by normative boundaries of firms. Thus,] a firm [can] be understood as a social community specializing in the speed and efficiency in the creation and transfer of knowledge. […] Firms provide a sense of community by which discourse, coordination, and learning are structured by identity. […] This shared identity does not only lower the costs of communication, but establishes explicit hierarchische Koordination bezüglich ihrer Koordinationseffizienz schwer zu differenzieren sind, stützen: „In this sense, a firm’s functional knowledge is nested within a higher-order set of recipes that act as organizing principles. Complex organizations exist as communities within which varieties of functional expertise can be communicated and combined by a common language and organizing principles. To the extent that close integration within a supplier or buyer network is required, long-term relationships [– which can be seen as hybrid governance modes –] embed future transactions within a learned and shared code. In fact, the trading of know-how among firms often requires the establishment of long-term relationships (von Hippel 1988). In this wider perspective, a firm’s knowledge consists also of the information of other actors in the network, as well as the procedures by which resources are gained and transactions and cooperation are conducted.“

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and tacit rules of coordination and influences the direction of search and learning. […] Through membership in a social community called the firm, identity is developed that changes the character and quality of human discourse and behavior. […] This identification has two implications. First, it defines the conventions and rules by which individuals coordinate their behavior and decision making. […] Second, identification sets out the process by which learning is developed socially through the formation of values and convergent expectations. […] The act of identifying has important implications for the shared cognitive schemas and moral values that people apply to how others are categorized. […] Through identities, individuals share ideal cognitive models of the world, based upon similar categories […] [and] interpretation of the world , which are] […] influenced by discourse.“

Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich das dargestellte Konzept der gemeinsamen oder geteilten Identität als distinktes Koordinationsmittel hierarchischer Organisation signifikant von der Konzeptionalisierung innerhalb der (klassischen) Transaktionskostentheorie unterscheidet. In Letzterer beruhte der Effizienzvorteil hierarchischer Koordination essenziell darauf, dass die Entscheidungsfindung zentralisiert werden kann und somit die Handlungen innerhalb einer Hierarchie zentral gesteuert werden können (Williamson 1975; 1985; 1991). Das Konzept der geteilten Identität als Koordinationsmittel bezieht sich dagegen eher auf die von Ouchi (1980) etablierte „Clan-Form“ der Koordination, von Birkinshaw (2000, S. 107) bezeichnet als: „overarching capability at the corporate level that facilitates the coordination of individual units in unique ways – a sort of ‚network management capability‘.“

Zentral ist hier das Verständnis von integrierten hierarchischen Organisationen als „cognitive focusing device“ (Nooteboom 2009), „missionary“ (Mintzberg 1989), „system of shared meanings“ (Smircich 1983), „interpretation system“ (Daft / Weick 1984), „sense making“ (Weick 1995), oder „collective mind“ (Weick / Roberts 1993). Alle genannten unterschiedlichen Begriffe scheinen sich auf eine andere Organisationsfunktion zu beziehen als auf die der Absicherung gegen opportunistisches Verhalten. Zentral scheint bei diesen vielmehr zu sein, dass hierarchische Organisationen ihren Mitgliedern „etwas Gemeinsames“ zur Verfügung stellen bzw. die Akteure innerhalb einer Hierarchie durch „etwas Gemeinsames“ verbunden sind, was es diesen Akteuren ermöglicht, ihr individuelles spezifisches Wissen zu integrieren bzw. für das Kollektiv nutzbar zu machen (Demsetz 1988; Grant 1996; Kogut / Zander 1996). Dieses „Gemeinsame“ wird als „gemeinsamer (Kommunikations-)Code“ (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Kogut / Zander 1992), „geteilte Strukturen und Bedeutungen“, „gemeinsame Identität“ und „geteilte Geschichten“ (Brown / Duguid 1991; 2001), „gemeinsames Wissen“ (Grant 1996), „gemeinsame kognitive Schemata und

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Rahmen“ (Simon 1991a; Spender 1989) sowie „gemeinsame Metaphern und Analogien“ (Nonaka 1994; Nonaka / Takeuchi 1995) beschrieben. Nooteboom (2009, S. 73) fasst die übergreifende Bedeutung der unterschiedlichen Begriffe anschaulich zusammen und erklärt, dass „people in an organization […] share views, interpretations, understandings, values and norms of behavior, which are not shared outside the organization. […] [T]hey may share underlying basic categories concerning Man, the World, Knowledge, and the relations between Man and World and between Man and Man, in organizational culture, that govern the construction of views, interpretations and options.“

Der sich im Vergleich zur transaktionskostentheoretisch fundierten Argumentation ergebende wesentliche Unterschied im Internationalisierungskontext ist daher die Erkenntnis, dass das Mutterunternehmen bestimmte strategische Entscheidungen dem Tochterunternehmen überlassen und diesem folglich einen gewissen Grad an Entscheidungsautonomie einräumen sollte, da Ersterem benötigte Informationen fehlen, um die Handlungsalternativen zu bewerten. Eine gemeinsame Identität kann dabei gewährleisten, dass die Entscheidungen des Tochterunternehmens nicht im Konflikt zu den Interessen des Mutterunternehmens stehen (Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Birkinshaw 2000; Rugman / Verbeke 2003a). Nooteboom (2000b; 2009, S. 95, 101) bezeichnet daher die bedeutendste Funktion von Unternehmen als „cognitive focusing device“:89 „[C]ognitive distance also applies at the higher aggregation level of organizations, if we then define it as difference in organizational focus, that is differences in shared knowledge, language, meanings, perceptions, understandings and values and norms of behaviour. […] [C]ognitive focus […] includes views of how people ‚deal with each other around here‘. The larger the cognitive distance is, the more cumbersome and inefficient it is to achieve mutual understanding on perceptions of the environment, goals and priorities of the firm, relevant technologies, products, markets, actions in jobs and roles, and technical coordination between them […] and categories and instruments for alignment of interests, and conflict resolution, in a ‚normative order‘ […]. Without cognitive focus of shared perceptions, meanings, understandings and values, too much effort, time and aggravation would have to be spent to disambiguate meanings, eliminate misunderstanding, set priorities, establish directions, coordinate activities, and negotiate the terms of collaboration. […] [T] function as a coordinated system of actions, and achieve sufficient focus, with a sufficient limitation of cognitive distance, organizations develop and maintain their own specialized semiotic systems, in language, symbols, metaphors, myths, and rituals as part of organizational culture.“

Die zentrale Aussage ist hier, dass Akteure innerhalb von Unternehmen einen geringeren kognitiven Distanzgrad zueinander aufweisen als innerhalb 89 Interessanterweise beziehen sich alle drei Autoren zu großen Teilen auf die gleiche Theoriebasis bzw. dieselben Autoren, um ihre Argumente zu fundieren.

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interorganisationaler Akteursbeziehungen. Da, wie oben bereits dargestellt, die Koordination von Aktivitäten umso effizienter wird, je geringer die kognitive Distanz ist, könnte daraus geschlossen werden, dass die hierarchische Koordination innerhalb von Unternehmen relative Effizienzvorteile gegenüber anderen Modi mit geringerem Internalisierungsgrad aufweist. Aus einer rein statischen Sicht ist diese Argumentation jedoch problematisch.90 Hier müsste nämlich davon ausgegangen werden, dass die kognitive Distanz eine abhängige Variable ist, also von der gewählten Koordinationsform determiniert wird. In diesem Zusammenhang ist die von Foss (1996b, S. 520, Hervorhebung im Original) vorgebrachte Kritik an der Arbeit von Kogut und Zander zu sehen, in der der Autor argumentiert, dass „[t]he ultimate argument for firm organization in Kogut & Zander’s reasoning is some postulated wish to belong to a moral community; firms exist because they fulfill this desire. […] Firms exist because people have a preference for the moral communities and shared identities they supply. This is an essentially non-economic explanation. Even granting it, it is not at all clear in this story why firms are necessary for realizing moral communities and bringing shared identities.“

Dass die kognitive Distanz aus statischer Sicht nicht von der gewählten Koordinationsform determiniert werden kann, wird aus einem hypothetischen Vergleich der beiden Markteintrittsformen „Akquisition eines ausländischen Unternehmens“ und „Gründung einer Tochtergesellschaft“ deutlich, die beide einer vollständigen Internalisierung und damit der hierarchischen Koordination entsprechen. Folgt man der Argumentation von Kogut und Zander, so sollten beide Modi folglich eine gemeinsame Identität bzw. geringe kognitive Distanz aufweisen. Während bei der Gründung einer Tochtergesellschaft an einem ausländischen Standort wahrscheinlich Mitarbeiter aus dem Mutterunternehmen an den ausländischen Standort allokiert und neue Mitarbeiter an diesem Standort selektiert und eingestellt werden, kommt es bei der Akquisition eines Unternehmens an einem ausländischen Standort meist zur Übernahme eines großen Teils der Belegschaft. Im ersten Fall werden die transferierten Mitarbeiter aufgrund einer gemeinsamen Interaktionshistorie und die neu eingestellten Mitarbeiter aufgrund von einhergehenden Selektions- und Selbstselektionsmechanismen (March 1991; Nooteboom 2009, S. 112) eine relativ geringe kognitive Distanz aufweisen. Wird das Argument von Kogut und Zander aufgegriffen sowie akzeptiert, dass ein Unternehmen bzw. die hierarchische Koordination eine gemeinsame Identität „bereitstellt“, so kann hier davon ausgegangen werden, dass diese Identität zu großen Teilen in das neu zu gründende Tochterunternehmen übertragen werden kann. Wenn jedoch Unternehmen bzw. die hierar90 Hiermit soll nicht impliziert werden, dass die zitierten Autoren aus einer statischen Perspektive heraus argumentieren. Vielmehr wird in beiden Fällen offensichtlich eine dynamische Argumentation verfolgt.

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chische Koordination eine gemeinsame Identität für ihre Mitglieder bereitstellt, folgt daraus auch, dass zwei Unternehmen sich bezüglich ihrer jeweiligen Identitäten signifikant unterscheiden können, die kognitive Distanz zwischen ihnen also sehr groß sein kann. Ist dies der Fall, so wird ein Zusammenschluss solcher Unternehmen dazu führen, dass (zumindest anfangs) zwei unterschiedliche Identitäten innerhalb des neuen Unternehmens existieren, die dann jeweils nur einem Teil der Mitglieder gemein sind. Folglich ist es prinzipiell möglich, dass eine interorganisationale Beziehung zu einem anderen Unternehmen eine geringere kognitive Distanz bzw. größere Überschneidung der jeweiligen Unternehmensidentitäten aufweist als ein solcher Unternehmenszusammenschluss. Anders formuliert, wird hier dann eine Koordinationsform mit geringerem Internalisierungsgrad eine kleinere kognitive Distanz aufweisen als eine Koordinationsform mit dem größtmöglichen Internalisierungsgrad. Kogut und Zander erkennen diese Problematik und konstatieren (1996, S. 513): „[I]ndependence of each [internal] division is in conflict with […] identification, social comparison, and consistency in rules that characterize organizations and firms. The well-studied phenomenon of post-acquisition integration points to the grave problems posed by trying to merge two firms with different identities and social comparisons.“

Damit ist hier festzuhalten, dass der kognitive Distanzgrad zumindest aus statischer Sicht als unabhängig von der gewählten Koordinationsform angesehen werden muss. Aus dynamischer Sicht – in der dann die Frage im Zentrum steht, welche Faktoren wie und zu welchem Ausmaß zu einer Verringerung der kognitiven Distanz bzw. zum Zustandekommen einer gemeinsamen Identität beitragen – wird dies jedoch nicht der Fall sein. Hier können dann unterschiedliche Koordinationsformen bzw. Internalisierungsgrade sehr wohl in unterschiedlichem Maße zu einer gemeinsamen Identität bzw. Reduzierung der kognitiven Distanz beitragen. Dies soll im folgenden Abschnitt noch ausführlicher betrachtet werden. Bevor dies geschieht, soll hier jedoch zunächst noch auf einen bedeutenden statischen Effekt im Zusammenhang mit dem Einfluss der kognitiven Distanz auf die relative Effizienz der einzelnen Koordinationsformen eingegangen werden. Ausgangspunkt ist hier die obige Argumentation bezüglich der Unabhängigkeit der kognitiven Distanz von der gewählten Governanceform. Dies bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass die Koordinationseffizienz unabhängig von der kognitiven Distanz ist, was bereits gezeigt wurde. Des Weiteren ist nun davon auszugehen, dass die kognitive Distanz bzw. eine Steigerung dieser unterschiedlich stark auf die Koordinationseffizienz der einzelnen Markteintrittsmodi wirken wird, wodurch es zu relativen Effizienzunterschieden der einzelnen Koordinationsformen untereinander in Abhängigkeit des kognitiven Distanzgrades kommt.

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Eine Steigerung der kognitiven Distanz wird zunächst die Koordinationskosten über alle Modi hinweg erhöhen. Dabei ist davon auszugehen, dass diese Kostensteigerung am geringsten bei marktlichen Arrangements ausgeprägt sein wird. Die marktliche Koordinationsform stellt minimale und unpersönliche Koordinationsmechanismen zur Verfügung, die ausreichend effektiv sind, um explizite Informationen oder Wissenssets zu transferieren. Als Begründung wurde dabei angeführt, dass explizite Informationen so kodifiziert werden können, dass relativ geringe Interpretationsspielräume bestehen und eine persönliche Interaktion der beteiligten Akteure nicht notwendig ist. Daraus folgt dann auch, dass in diesem Fall eine Vergrößerung der kognitiven Distanz nur geringe Auswirkungen auf die Koordinationseffizienz haben wird, da sie ja vor allem zu wachsenden Ineffizienzen bei der persönlichen Interaktion führt. Je akteursspezifischer bzw. impliziter die zu transferierenden Wissenssets werden, umso weniger sind marktliche Arrangements geeignet, diesen Transfer zu koordinieren, da dann in zunehmendem Maße persönliche Interaktionen bzw. Kommunikationskanäle mit großer Bandbreite notwendig werden. Anders formuliert, wird es hier schnell zu prohibitiv hohen Koordinationskosten kommen, die einen marktlichen Transfer spezifischer Wissenssets verbieten. Diese Aussage gilt selbst dann, wenn die beteiligten Akteure eine geringe kognitive Distanz aufweisen. Folglich wird eine steigende kognitive Distanz die ohnehin schon kaum vorhandene Eignung der marktlichen Koordination – hier wird ja bewusst der Begriff Marktversagen verwendet – nicht signifikant weiter verschlechtern können. Innerhalb hybrider Arrangements können hingegen auch Wissenssets mit einem hohen Spezifitätsgrad effektiv transferiert werden, da intensive persönliche Interaktionen möglich sind. Daher führt hier eine Steigerung der kognitiven Distanz beim Austausch akteursspezifischer Wissenssets zu einem steileren Anstieg der Koordinationskosten. Dieser wird jedoch nicht so ausgeprägt sein wie bei der hierarchischen Koordinationsform, was wie folgt begründet werden kann. In einem hybriden Arrangement wird es prinzipiell möglich sein, die Koordination auf bestimmte Aktivitäten zu beschränken und andere Aktivitäten den autonomen Akteuren selbst zu überlassen. So kann hier bspw. die Produktion eines Gutes mehr oder weniger gemeinsam koordiniert werden, während die Produktion eines anderen Gutes oder unterstützende Aktivitäten wie die Personalentwicklung exklusiv autonom von den jeweiligen Akteuren koordiniert wird. Diese Möglichkeit besteht bei der hierarchischen Koordination nicht oder nur in geringerem Maße. Daher wird Letztere bei zunehmender kognitiver Distanz nicht nur bezüglich der fokalen Aktivität zunehmend ineffektiver, sondern auch bezüglich aller weiteren die Akteure betreffenden Aktivitäten, die evtl. nicht direkt mit der Aktivität, für die ein

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Transfer notwendig ist, zusammenhängen. Letztere müssen innerhalb eines hybriden Arrangements nicht im selben Ausmaß gemeinsam koordiniert werden (Antonelli 2005a; 2006; Nooteboom 2000b; 2009; Sallusti 2008b; Sallusti / Addessi 2009; White 2005). Sallusti und Adessi (2009, S. 9) konstatieren in diesem Zusammenhang: „Differently from integration, however, in case of hybrids the firm has not to sustain the burden of the loss of productivity related to the / [effect of cognitive distance on (other)] organizational processes“

Auf der Argumentation bezüglich der Bedeutung des kognitiven Distanzgrades aufbauend, lässt sich nunmehr auch der Einfluss eines steigenden Interdependenzgrades auf die relative Koordinationseffizienz der einzelnen Markteintrittsformen diskutieren, wobei hier die Beurteilung der Modi genau entgegengesetzt der Erstgenannten ist. Die Diskussion entspricht dabei der Argumentation und den Ergebnissen von Gulati und Singh (1998, siehe bspw. auch: Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Mesquita / Brush 2008; White 2005): Es wurde bereits herausgestellt, dass ein steigender Interdependenzgrad zu wachsenden Koordinationskosten über alle Modi hinweg führen wird. Wird von einem gewissen Akteursspezifitätsgrad der zu transferierenden Wissenssets ausgegangen, so wird der Anstieg der Koordinationskosten bei marktlichen Arrangements am größten ausfallen. Ein steigender Interdependenzgrad bedeutet hier, dass nicht nur implizite Informationen zur Durchführung der fokalen Aktivität ausgetauscht werden müssen, sondern diese und evtl. noch weitere implizite Informationen darüber hinaus auch mit anderen interdependenten Aktivitäten auszutauschen sind (Simon 1991; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976). Darüber hinaus müssen bei steigendem Interdependenzgrad immer mehr Wechselwirkungen von Aktivitäten, die nicht in das marktliche Koordinationsarrangement einbezogen sind, mit solchen, die eingeschlossen sind, beachtet werden. Da diese Interaktionen aber eben nicht durch das marktliche Arrangement koordiniert werden können, kommt es zu Fehlanpassungen und -abstimmungen. Der Anstieg des Interdependenzgrades wird die Koordinationskosten hybrider Arrangements in geringerem Maße anwachsen lassen, da hier Interaktionsstrukturen existieren, die einen Transfer akteursspezifischer Wissenssets effektiver ermöglichen. Hier kommt es jedoch zu dem gleichen Problem wie bei der marktlichen Koordinationsform, wenn durch einen steigenden Interdependenzgrad in zunehmendem Maße Wechselwirkungen mit Aktivitäten bestehen, die nicht Bestandteil des hybriden Koordinationsarrangements sind. Da nun innerhalb der Hierarchie alle Aktivitäten integriert sind und es daher nicht zu solchen Anpassungs- und Abstimmungsproblemen mit nicht einbezogenen Aktivitäten kommen kann, wird hier ein wachsender Interdependenzgrad den ge-

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ringsten Koordinationskostenanstieg verursachen; hier kann die Hierarchie sozusagen ihre Koordinationskapazitäten weitestgehend ausspielen. Dieses Kapitel abschließend lässt sich zusammenfassen, dass aus komparativ statischer Sicht ein Anstieg des Akteursspezifitäts-, Umweltunsicherheits-, Interdependenz- und kognitiven Distanzgrades die Koordinationskosten über alle Markteintrittsformen bzw. Internalisierungsgrade hinweg anwachsen lassen wird. Darüber hinaus führt ein Anstieg all dieser Variablen dazu, dass marktliche Arrangements relativ ineffizienter werden als hybride und hierarchische Modi. Bezüglich der Letzteren wird sich ein relativer Effizienzunterschied jedoch lediglich bei einem Anstieg des Interdependenzund kognitiven Distanzgrades ergeben. Während bei einem Anstieg der Interdependenz der hierarchische Modus relativ effizienter als hybride Formen wird, kommt es bei einem Anstieg der kognitiven Distanz zu dem genau umgekehrten Fall. 5. Dynamische Koordinationsaspekte In Kap. B. I. 5. wurde bereits auf dynamische Aspekte der Internationalisierung von Unternehmen eingegangen, wobei dort vornehmlich die Möglichkeit diskutiert wurde, innerhalb von internationalen Akteursbeziehungen im Zeitverlauf neue vorteilbegründende Faktoren bzw. Wissenssets zu explorieren. Unabhängig davon ist jedoch auch davon auszugehen, dass sich eine internationale Akteursbeziehung durch die Interaktionen der beteiligten Akteure im Zeitverlauf verändern bzw. entwickeln können wird (Araujo / Rezende 2003; Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Das / Teng 2002; Dunning / Lundan 2008a; 2010; Gilsing 2003; Holm / Eriksson / Johanson 1999; Håkansson 1982; Håkansson / Snehota 1989; 1995; Jap 1999; Johanson / Mattsson 1988; Kogut / Zander 1993; 1996; Nooteboom 1999a; 2000b; 2001; 2002; 2004b; 2004c; 2004d; 2006a; 2009; Nooteboom / Six 2003; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Ring / Van de Ven 1994; Sharma / Blomstermo 2003; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005; Zenger / Lazzarini / Poppo 2002; Zhou / Poppo 2005). Somit besteht offensichtlich auch die Möglichkeit, im Zeitverlauf die Zusammenarbeit innerhalb solcher Akteursbeziehungen zu verbessern bzw. die Koordinationseffizienz zu steigern, wobei dies zunächst unabhängig davon ist, ob innerhalb einer Beziehung vorhandene Wissenssets mit einer exploitativen oder explorativen Zielsetzung kombiniert werden sollen. Aus einer dynamischen Koordinationsperspektive ist daher von besonderem Interesse, wie Interaktionen im Zeitverlauf die Effizienz der einzelnen Koordinationsformen bzw. die diese determinierenden Variablen beeinflussen können und ob diesbezüglich relative Unterschiede zwischen den einzelnen Modi existieren könnten.

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In der transaktionskostentheoretisch fundierten Diskussion statischer Koordinationsaspekte wurden neben der intentionalen Verhaltensunsicherheit noch der Transaktionsspezifitäts- und der Umweltunsicherheitsgrad als wesentliche koordinationsformeneffizienzdeterminierende Variablen herausgestellt. Je geringer die Variablen jeweils ausgeprägt sind, umso geringer werden die Governancekosten sein, wobei es hier zu den dargestellten relativen Unterschieden zwischen den einzelnen Governancemodi kommt. Bezüglich des Transaktionsspezifitäts- und Umweltunsicherheitsgrades ist jedoch davon auszugehen, dass sich diese im Zeitverlauf nicht durch Interaktionen endogen verändern. Während der Umweltunsicherheitsgrad, der eine Akteursbeziehung umgibt, nicht durch die Akteure beeinflusst werden kann, ist der Spezifitätsgrad von den Akteuren frei wählbar und stellt damit einen Entscheidungsparameter dar, wobei der optimale Grad von der Ausprägung der beiden anderen Variablen sowie der gewählten Governanceform determiniert wird (Chiles / McMackin 1996; David / Han 2004; Koopmans 1957; Krickx 2000; König 2009; Mosakowski 1997; Williamson 1985). In der wissensbasierten Diskussion statischer Koordinationsaspekte wurden neben der kognitiven Distanz noch der Akteursspezifitäts-, Umweltunsicherheits- und Interdependenzgrad als Variablen dargestellt. Für den Spezifitäts- und Umweltunsicherheitsgrad gilt dabei die obige Argumentation, da auch hier nicht ersichtlich ist, wie sich diese durch Interaktionen der Akteure endogen verändern sollten.91 Des Weiteren ist auch der Interdependenzgrad entweder aufgrund technologischer Bedingungen exogen vorgegeben oder aber ein Entscheidungsparameter innerhalb einer Akteursbeziehung, also auch nicht endogen veränderbar (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Galbraith 1977; Grant 1996; Gulati / Singh 1998; Milgrom / Roberts 1995; Thompson 1967; Van de Ven 1976; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976; White / Lui 2005; Xu / Beamon 2006).92 Daher werden im Folgenden lediglich mögliche Veränderungen der intentionalen Verhaltensunsicherheit bzw. Opportunismusneigung und der kognitiven Distanz nacheinander betrachtet. Bezüglich beider Variablen geht aus der statischen Koordinationsdiskussion klar hervor, dass deren Verringerung jeweils einen positiven, weil effizienzverbessernden Effekt auf die Durchführung von Aktivitäten innerhalb einer Akteursbeziehung hätte. Folglich ist hier von besonderem Interesse, wie die Ausprägung dieser Variablen im Zeitverlauf verringert werden kann. 91 Bezüglich des Akteursspezifitätsgrades ist hier jedoch auf die bereits dargestellte Möglichkeit der Exploration neuer Ressourcen oder Wissenssets hinzuweisen. Die daraus resultierenden Konsequenzen für die Koordination werden noch ausführlich in Kap. E. II. 3. diskutiert und sollen daher hier nicht weiter beachtet werden. 92 Auf die Unterscheidung wird in Kap. E. I. 1. d) noch ausführlicher eingegangen.

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Im Internationalisierungskontext lassen sich in neueren Arbeiten, die eher dem Internalisierungsansatz zugerechnet werden können, Bemühungen finden, die existierenden Modelle um eine solche dynamische Betrachtung zu erweitern (Boersma / Buckley / Ghauri 2003; Buckley / Clegg / Tan 2006; Buckley / Casson 2002; Contractor / Lorange 2002; Dunning 1995; Dunning / Lundan 2008a; 2010; Rugman / Verbeke 2003a; 2004; Verbeke / Kenworthy 2007; Verbeke / Greidanus 2009). So konstatiert bereits Buckley (1988, S. 880): „The original attempt by Buckley and Mark Casson to fuse the neo-classical analysis of the firm with institutional elements may now be seen as conceding too much to the neo-classical position [Buckley and Casson 1989]. Attempts to refine the theory have been made by the original proponents [Buckley and Casson 1985; Casson 1987; Buckley 1988] and others, but there are several more promising avenues still to be followed. These include: (1) the infusion of more radical (to neo-classical economists) elements such as forbearance, trust, reciprocity, commitment in an overarching concept of co-operation, […] [and] (2) the inclusion of corporate culture more specifically within the analysis“.

Innerhalb der eher wissensbasierten Arbeiten scheint die dynamische Betrachtung der Entwicklung von vertrauensvollen Akteursbeziehungen „und die Herausbildung einer gemeinsamen Identität bzw. Reduzierung der kognitiven Distanz sowie die Analyse der jeweils dazu beitragenden Faktoren sogar eine zentrale Rolle zur Erklärung der koordinativen Ausgestaltung von internationalen inter- und intraorganisationalen Unternehmensbeziehungen einzunehmen (vgl. bspw. Bartlett / Ghoshal 1989; Bresman / Birkinshaw / Nobel 1999; Fey / Birkinshaw 2005; Ghoshal / Bartlett / Kovner 1998; Gibson / Birkinshaw 2004; Kogut / Zander 1993; Raisch / Birkinshaw / Probst / et al. 2009; Tsai / Ghoshal 1998). a) Dynamische Veränderung der intentionalen Verhaltensunsicherheit Aus der Diskussion transaktionskostentheoretisch fundierter Aspekte der Internationalisierung ging hervor, dass die Variable der intentionalen Verhaltensunsicherheit für die Opportunismusneigung eines (möglichen) Transaktionspartners steht. Da dort konstatiert wurde, dass Entscheidungsträger grundsätzlich von potentiell opportunistischem Verhalten ihrer Transaktionspartner ausgehen sollten, ist folglich von der maximalen Ausprägung der Opportunismusneigung eines Akteurs bzw. vom maximalen Grad an intentionaler Verhaltensunsicherheit auszugehen.93 93 Hier ist darauf hinzuweisen, dass diese Opportunismusannahme nicht bedeutet, dass alle Akteure jederzeit geneigt sind, sich opportunistisch zu verhalten. So stellt auch Williamson (1985, S. 64, Hervorhebung im Original; 1993b) heraus, dass lediglich

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Andere Autoren kritisieren nun gerade diesen Punkt der Transaktionskostentheorie bspw. als überbestimmt, soziale Aspekte außer Acht lassend (under-sozialized) oder selbsterfüllende Prophezeiung (Adler 2001; Bachmann 2001; Barber 1983; Friman / Gärling / Millett / et al. 2002; Gambetta 2000; Ghoshal / Moran 1996; Granovetter 1985; Hardin 2002; Madhok 2006; Maitland / Bryson / Van de Ven 1985; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; McKnight 2000; Morgan / Hunt 1994; Nooteboom 1996; 2000c; 2002; 2004a; 2006a; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Six 2005; Uzzi 1997; Williams 1988). Grob vereinfacht, konstatieren all diese Autoren, dass, wenn von potentiell opportunistischem Verhalten ausgegangen werden kann, auch das Gegenteil – namentlich vertrauensvolles Verhalten – möglich sein muss bzw. zumindest im Zeitverlauf Vertrauen innerhalb einer Beziehung aufgebaut werden können sollte. So stellt auch Arrow (1972, S. 345 f, 357) heraus, dass „many of us consider it possible that the process of exchange requires or at least is greatly facilitated by the presence of several of these virtues (not only truth, but also trust, loyalty, and justice in future dealings). […] Virtually every commercial transaction has within itself an element of trust, certainly any transaction conducted over a period of time.“

Es wird hier also nicht von einer „einseitigen grundsätzlich opportunistischen Veranlagung“ ausgegangen, sondern davon, dass die menschliche Natur sowohl Opportunismus als auch Vertrauen beinhaltet, was Noorderhaven (1996, S. 112 f, Hervorhebungen im Original) als „split-core model of human nature“ bezeichnet: „According to the split-core model human beings are inherently trustworthy and opportunistic, and this antinomy cannot be resolved by referring to a higher level of utility, like the ‚enlightened self-interest‘ argument (Etzioni, 1988; Macneil 1983, 1986). In the periphery around this split-core we find the transaction context, evoking one or the other of the basic characteristics more strongly or weakly. The split-core model has as an advantage that it is in keeping with our intuitive knowledge that trustworthiness and opportunism are seldom absolute. We tend to trust or distrust people to a certain extent, and in certain situations only.“

Der Verweis auf den Transaktionskontext führt unmittelbar zu der Annahme, dass es innerhalb unterschiedlicher Akteursbeziehungen insbesondere im Zeitverlauf zu unterschiedlichen intentionalen Verhaltensunsicherheits„some individuals are opportunistic some of the time […] [but] differential trustworthiness is rarely transparent ex ante.“ Daher sollte denn auch grundsätzlich von opportunistischem Verhalten eines jeden Akteurs in ökonomischen Beziehungen ausgegangen werden, da es unmöglich oder zumindest extrem kostspielig ist, die Opportunismusneigung eines Akteurs zu beobachten und folglich eine Identifikation nichtopportunistischer Akteure de facto unmöglich ist (Williamson 1975, S. 27).

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graden kommen können muss, die folglich einen unmittelbar differenzierenden Einfluss auf die jeweiligen Koordinationskosten haben sollten. Dies stellt die Grundlage für die folgende Diskussion dar, in der ja die Einflussfaktoren (innerhalb des Transaktionskontextes) auf den intentionalen Unsicherheits- oder Vertrauensgrad im Zentrum des Interesses stehen. Verallgemeinert wird hier Vertrauen als eine positive Erwartungshaltung eines Akteurs gegenüber einem anderen verstanden, obwohl ein nicht unerhebliches Risiko der Enttäuschung dieser Erwartung besteht (Luhmann 2000; Nooteboom 2009, S. 78, Hervorhebung im Original): „Trust may be defined as accepting relational risk in the expectation that the trustee will not cause great harm, even if he has both the opportunity and the incentive to do so.“

Hier ist nun zunächst darauf hinzuweisen, dass zwei Seiten von Vertrauen – Vertrauen in die Fähigkeiten und Vertrauen in die Intentionen eines Akteurs – unterschieden werden können (Barber 1983; Das / Teng 1998; 2004; Dasgupta 1988; Gambetta 1988; Lui / Ngo 2004; Lui / Ngo / Hon 2006; Mayer / Davis / Schoorman 1995; McAllister 1995; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Nooteboom 1996; 2002; Ring / Van De Ven 1992; Rousseau / Sitkin / Burt / et al. 1998; Williams 1988; Zucker 1986). Vertrauen in die Fähigkeiten eines Akteurs lässt sich als Erwartung verstehen, dass der Beziehungspartner seine Rolle (technisch) kompetent wird ausüben können, und bezieht sich daher weniger auf die Intentionen, sondern steht eher in Zusammenhang mit der kognitiven Distanz zwischen Akteuren, ist jedoch nicht mit dieser gleichzusetzen.94 Durch diesen Zusammenhang besteht dann aber sehr wohl eine indirekte Verbindung zum intentionalen Vertrauenskonstrukt, wie weiter unten noch deutlich gemacht wird (Lindenberg 2000; Nooteboom 2002). Intentionales Vertrauen (goodwill trust) bezieht sich dagegen direkt auf die moralische Verpflichtung und Verantwortung des Interaktionspartners, im Zweifelsfall die eigenen Interessen zurückzustellen (Barber 1983, S. 14; Eberl / Kabst 2006, S. 116). „Goodwill“ stellt damit das genaue Gegenteil 94 Auch die kognitive Distanz kann als Unsicherheitsmaß interpretiert werden, da die kognitive Distanz ja das Ausmaß möglicher Missverständnisse zwischen zwei Akteuren determiniert. Bezüglich der Fähigkeiten eines Akteurs bedeutet dies dann, je größer die kognitive Distanz ist, umso größer ist die Unsicherheit bezüglich der tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten eines Akteurs. Vertrauen in die Fähigkeiten eines Akteurs hängt damit nur mittelbar zusammen. Ist die kognitive Distanz sehr gering, so ist die Unsicherheit bezüglich der vorhandenen Fähigkeiten eines Akteurs klein, was wiederum die Bedeutung bzw. den Einfluss von Vertrauen bezüglich dieser Fähigkeiten reduziert. Dem jeweiligen Akteur muss schlicht nicht vertraut werden, da die Fähigkeiten dieses Akteurs relativ sicher eingeschätzt werden können.

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von Opportunismus dar, weil sich hier die vertrauenden Beziehungspartner auf eine nichtopportunistische Handlungsintention des jeweils anderen verlassen (Nooteboom 2002, S. 51). Intentionales Vertrauen und Opportunismus beziehen sich also beide unmittelbar auf das Konstrukt der intentionalen Unsicherheit, womit dann auch eine Veränderung der intentionalen Unsicherheit als Veränderung des Vertrauensgrades eines Akteurs in einen andern verstanden werden kann. Je geringer die intentionale Unsicherheit ist, umso geringer schätzt der fokale Akteur die Möglichkeit ein, dass ein anderer Akteur sich in einer Situation schädigend verhalten wird, in der letzterer sowohl die Möglichkeit als auch den Anreiz hat, dies zu tun (Adler 2001; Gambetta 1988; Nooteboom 2002; Ring / Van De Ven 1992). Je geringer diese intentionale Unsicherheit wird, umso größer wird der Vertrauensgrad des fokalen Akteurs in den anderen Akteur; die subjektive Wahrscheinlichkeit, die ersterer dem Eintreten schädigenden Verhaltens seitens des anderen Akteurs beimisst, wird geringer.95 Die verbundenen Implikationen für die Koordinationseffizienz aus Transaktionskostenperspektive sind unmittelbar ersichtlich: Kann opportunistisches Verhalten innerhalb einer Akteursbeziehung in einer bestimmten Situation ausgeschlossen werden, so müssen für diese auch keine Sicherungsmaßnahmen mehr implementiert werden, was die Governancekosten bei gleichbleibendem Mehrwertgenerierungspotential senkt. So stellen bspw. Sako und Helper (1998, S. 388) heraus, dass „trust may enhance organizational performance in a number of ways. For instance, trust enables a network of firms to adapt to unforeseen circumstances which are common in a world of risk and uncertainty, thus reducing transaction costs (Jarillo 1988). Also, trust is said to promote suppliers’ willingness to invest in customer-specific and general assets“.

Dabei ist das größte Governancekostenreduzierungspotential durch eine Reduktion der intentionalen Verhaltensunsicherheit bei marktlichen Arrangements und das geringste bei der hierarchischen Koordination zu erwarten; Hybride werden diesbezüglich zwischen beiden Ersteren liegen. Da markt95 Genau genommen ist diese Argumentation nicht ganz korrekt, da „wachsendes Misstrauen“ genauso wie „wachsendes Vertrauen“ die intentionale Unsicherheit reduziert. Im ersten Fall reduziert sich die Unsicherheit insofern, als dass mit wachsender Gewissheit von opportunistischen Intentionen eines Akteurs ausgegangen werden kann. Da jedoch der zweite Fall – Vertrauensaufbau – offensichtlich der interessantere im vorliegenden Kontext ist, soll hier auf diesen fokussiert werden, zumal sich der erste Fall konzeptionell nicht vom zweiten unterscheidet. Außerdem wäre es zumindest fraglich, ob im Falle wachsenden Misstrauens die Akteursbeziehung über mehrere Perioden fortgesetzt würde, was ja die grundlegende Annahme der hier vorliegenden intertemporalen Betrachtung ist. In diesem Fall scheint es wahrscheinlicher, dass die Beziehung terminiert und eine neue mit einem anderen Akteur in der folgenden Periode etabliert wird.

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liche Arrangements nur minimale Sicherungsmechanismen bereitstellen, kann Vertrauen hier sozusagen sein volles Governancekostenreduzierungspotential ausspielen. Innerhalb der Hierarchie stellt Vertrauen dagegen in wesentlich größerem Umfang ein Substitut zu den ohnehin vorhandenen Sicherungsmechanismen dar (Bachmann 2001; Lane / Bachmann 2000; Lyons / Mehta 1997; Nooteboom 2000c; 2002; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005).96 Diese Argumentationslogik wird zumindest teilweise auch im Internationalisierungskontext anerkannt. So argumentiert bspw. Parkhe (1993b; 1998a; 1998b), dass es der Aufbau von Vertrauen in internationalen organisationsübergreifenden Unternehmensbeziehungen den beteiligten Akteuren erlaubt, weniger formelle Koordinationsmechanismen einzusetzen, was sich insofern vorteilhaft auswirkt, als dass so „Bürokratiekosten“ eingespart werden können. Beamish und Banks (1987) konstatieren, dass Vertrauen innerhalb von Joint-Venture-Beziehungen dazu führen kann, dass die Partner toleranter und beharrlicher sind, wenn unvorhergesehene Probleme auftreten, was letztendlich zum Fortbestand der Beziehung beiträgt. Buckley und Casson (2002) behaupten gar, dass Vertrauen innerhalb von internationalen Unternehmensbeziehungen sich positiv auf die Performance auswirkt, da so mehr Investitionen in spezifische Anlagen getätigt werden können. Dahinter steht offensichtlich die Annahme, dass die aufgrund des Vertrauensaufbaus geringere intentionale Unsicherheit die Governancekosten so weit reduziert, dass zusätzliche Investitionen in spezifische Anlagen möglich sind. Diese Argumentation aufgreifend, zeigen Mohr und Speckman (1994, zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch die Studien von: Inkpen / Currall 1997; Li / Zheng Zhou / Lam / et al. 2006; Ng / Lau / Nyaw 2007; Wang / Nicholas 2005) empirisch, dass sich Vertrauen innerhalb internationaler Partnerschaften positiv auf deren Profitabilität auswirkt, während Nielsen (2007) in seiner Studie internationaler strategischer Allianzen einen positiven Einfluss von Vertrauen auf die Koordinationseffizienz nachweist. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Skarmeas, Katsikeas und Schlegelmilch (2002) sowie Katsikeas, Skarmeas und Bello (2008) in ihren Studien über internationale Zuliefererbeziehungen. Aus der vorangegangenen Diskussion lässt sich bereits ablesen, dass der Einbezug von Vertrauen eher eine dynamische Erweiterung der transaktions96 Hier ist darauf hinzuweisen, dass Vertrauen grundsätzlich sowohl ein Substitut als auch ein Komplement zu Kontrolle darstellen kann, da Letztere über die Verhaltenskontrolle hinaus noch weitere Funktionen haben kann (Mellewigt / Madhok / Weibel 2007; Nooteboom 2002; 2009; Poppo / Zenger 2002; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005). Da Kontrolle innerhalb der Transaktionskostentheorie jedoch vornehmlich als Sicherungsmechanismus verstanden wird, scheint hier eine substitutionelle Konzeptionalisierung angebracht.

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kostentheoretischen Argumentation bezüglich opportunistisch agierender Akteure darstellt und dieser nicht unbedingt widerspricht (Barney / Hansen 1994; Eberl / Kabst 2006; Joshi / Stump 1999; Madhok 1995; 2000; Nooteboom 1996; 2004a). So stellen bspw. Chiles und McMackin (1996, S. 88) heraus, dass „inclusion of the social-context variable of trust in the TCE framework will yield a model with greater predictive validity“.

Die Transaktionskostentheorie stellt eine statische oder besser zeitlose Sicht auf die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen dar, weshalb die Opportunismusannahme hier als eine Art Fixum angesehen werden kann, also in jedem Fall von opportunistisch agierenden Akteuren ausgegangen wird. Der Einbezug von Vertrauen bedeutet insofern eine Dynamisierung, als dass eine Relativierung der Opportunismusannahme eintritt, indem der Möglichkeit, innerhalb von Akteursbeziehungen im Zeitverlauf Vertrauen zu entwickeln, Rechnung getragen werden kann (Joshi / Stump 1999, S. 294, Hervorhebung hinzugefügt):97 „From the […][Transaction Cost] perspective, exchange relationships are nothing more than a series of discrete exchange transactions held together by a governance mechanism. Repetitive transaction, however, can create a sentiment of continuity between exchange partners (Heide und John 1990) that serves to regulate opportunism in future transactions.“

Konkret bedeutet dies: Bevor eine Akteursbeziehung (mit einem unbekannten Akteur) zustande kommt, sollte der fokale Akteur weiterhin grundsätzlich von einem opportunistischen Beziehungspartner ausgehen, was gleichbedeutend mit der größtmöglichen Ausprägung intentionaler Unsicherheit ist. Es wird nun jedoch davon ausgegangen, dass die Akteure durch Interaktionen bzw. das dadurch ermöglichte Beobachten und Interpretieren von Verhalten innerhalb der Beziehung die intentionale Unsicherheit im Zeitverlauf reduzieren können (Nooteboom 1996, S. 987, ähnlich argumentieren bspw. auch: Hill 1990; Madhok / Tallman 1998; Madhok 2006; Nooteboom 2004a; Poppo / Zhou / Ryu 2008): „It is reasonable to say that prior to transaction one is uncertain about the partner’s potential opportunism, and hence take opportunism into account. Once one takes time into account, in ongoing transactions, it is unreasonable to ignore the formation of perceptions about propensities towards opportunism, and the possibility of building trust.“

Diese Möglichkeit der intertemporalen Veränderung intentionaler Unsicherheit ist eng mit der Diskussion der Quellen oder Ursachen für den 97 Hier ist anzumerken, dass Vertrauen zwischen zwei Akteuren auch schon vor dem Eintritt in die fokale Beziehung bestehen kann, wenn die beiden Parteien in einem anderen Kontext bereits vorher interagiert haben.

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Vertrauensaufbau verknüpft. Diesbezüglich werden vornehmlich zwei Perspektiven angeführt, die Poppo und Zhou (2008, S. 40 f.) anschaulich als „Schatten der Zukunft“ und „Schatten der Vergangenheit“ beschreiben (ähnlich argumentieren bspw. auch: Adler 2001; Bachmann 2001; Dasgupta 1988; Gambetta 1988; Lyons / Mehta 1997; Nooteboom 2000c; 2002; 2009; Rousseau / Sitkin / Burt / et al. 1998; Williamson 1993a). Erstere stellt dabei eine rationale, eher ökonomisch motivierte Perspektive dar, die im Wesentlichen auf Argumenten der Rational Choice Theorie basiert (Bradach / Eccles 1989; Dasgupta 1988; Hardin 1992; 2002; Kreps 1996a; Williamson 1993a). Vertrauen wird hier als vergleichbar mit Entscheidungen unter Risiko rational agierender Akteure angesehen, die durch „conscious calculation of advantages, a calculation that in turn is based on an explicit and internally consistent value system“ (Schelling 1960, S. 4)

motiviert sind. Die zweite Perspektive stellt eine relationale, eher soziologisch motivierte Perspektive dar (Adler 2001; Coleman 1990; Granovetter 1985; Mayer / Davis / Schoorman 1995; McAllister 1995; Powell 1990; Tyler / Degoey 1996; Uzzi 1997): „According to these arguments, trust needs to be conceptualized not only as a calculative orientation toward risk, but also a social orientation toward other people and toward society as a whole“ (Kramer 1999. S. 573).

Luhmann (2000, S. 98) unterscheidet daher auch zwischen kalkuliertem Entscheiden und Vertrauen, da „Kalkülmodelle für richtiges Entscheiden an der Vertrauensfrage vorbei [greifen]“.

Beiden Perspektiven liegt die grundsätzliche (implizite) Annahme zugrunde, dass eine Beziehung fortgeführt wird, wenn sich die Akteure vertrauensvoll verhalten, während sie endet, wenn einer der beteiligten Akteure defektiert. Damit stellt sich in beiden Perspektiven die Frage, welches Interesse die Akteure an einem Fortbestand der Beziehung haben könnten bzw. welcher Anreiz besteht, sich vertrauensvoll zu verhalten. Die eher soziologisch motivierte vergangenheitsorientierte Perspektive stellt die Bedeutung bereits gemachter Erfahrungen und Interaktionen von Akteuren für den Aufbau von Vertrauen heraus. Das Vertrauen eines fokalen Akteurs in einen anderen entwickelt sich im Zeitverlauf auf der Basis von Erfahrungen, die der fokale Akteur bei der Interaktion mit dem anderen Akteur erlangen konnte. Die ursprüngliche intentionale Unsicherheit lässt sich im Zeitverlauf reduzieren, indem der fokale Akteur seine Erwartungen mit dem tatsächlich eingetretenen Verhalten des anderen Akteurs vergleicht und so im Zeitverlauf das zu erwartende Verhalten des anderen Akteurs immer besser einschätzen bzw. Rückschlüsse auf die Intentionen des anderen ziehen kann. Daher steht diese Perspektive auch unmittelbar in Zusam-

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menhang mit dem Konstrukt der intentionalen Unsicherheit: Vertrauen in Intentionen kann nämlich Reflexion von Informationen über die bisherige Beziehungsgeschichte, Eigenschaften des Beziehungspartners und / oder die eine Beziehung umschließenden institutionellen Rahmenbedingungen beinhalten, was teilweise als Produktionsmodus von Vertrauen beschrieben wird (Zucker 1986), wobei hier wohl eher von Rahmenbedingungen gesprochen werden sollte, die eine Vertrauensentwicklung ermöglichen oder fördern (Eberl / Kabst 2006; Lindenberg 2000). Vertrauen wird hier dadurch aufgebaut, dass die Akteure innerhalb einer Beziehung gemeinsame (soziale) Normen, Werte und Identitäten aufbauen (Gulati 1995; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Uzzi 1997), die dann zumindest mittelbar einen intrinsischen Wert für die beteiligten Akteure darstellen können (Blau 1964; Murakami / Rohlen 1992; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001). Demnach wird das Vertrauen umso größer sein, je länger eine kontinuierliche Beziehung zwischen Akteuren bereits existiert, in der opportunistisches Verhalten möglich und vorteilhaft gewesen wäre, jedoch nicht eintrat. Diese Perspektive wird als eher soziologisch motiviert beschrieben, da der Anreiz, sich vertrauensvoll zu verhalten, nicht (allein) auf einem möglichen extrinsischen – also ökonomisch bzw. monetär bestimmten – Nutzenzuwachs oder Mehrwert basiert, der durch vertrauensvolles Verhalten realisiert werden kann. Vielmehr stellen die aufgebauten Normen, Werte und Identitäten einen (intrinsischen) Wert an sich dar, der zusätzlich zum extrinsischen Wert innerhalb der Beziehung realisiert werden kann, wenn durch vertrauensvolles Verhalten die Beziehung fortbesteht. Die zentrale Folgerung ist dann, dass es für einen Akteur lohnenswert sein kann, sich vertrauensvoll zu verhalten, selbst wenn der so realisierbare extrinsische Mehrwert geringer als der bei opportunistischem Verhalten ist, da bei Letzterem eben kein intrinsischer Wert durch eine Aufrechterhaltung der Beziehung entstehen kann. Im Gegensatz dazu fokussiert eine eher ökonomisch motivierte Perspektive des Aufbaus von Vertrauen auf den Zusammenhang von zukünftigen Ereignissen und dem Erwartungsnutzen unterschiedlicher Handlungsoptionen (Axelrod / Hamilton 1981; Dasgupta 1988; Dyer / Singh 1998; Hill 1990; Parkhe 1993b; Ring / Van De Ven 1992; Williamson 1993a). Der Erwartungsnutzen resultiert dabei ausschließlich aus extrinsischen – also ökonomischen oder monetären – zukünftigen Werten. Rational agierende Akteure werden sich vertrauensvoll bzw. kooperativ verhalten, solange der Erwartungsnutzen eines solchen Verhaltens den der möglichen Alternativen übersteigt. So kann es dann dazu kommen, dass sich ein Akteur in einer Situation vertrauensvoll verhält, obwohl dem Akteur zu diesem Zeitpunkt defektierendes Verhalten einen höheren Nutzen versprechen würde als die Kooperation. Entscheidend ist hier wieder, dass bei opportunistischem Verhalten

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die Beziehung (wahrscheinlich) beendet wird, während es bei vertrauensvollem Verhalten zu einer Fortsetzung kommen kann, wodurch auch zukünftige extrinsische Mehrwerte innerhalb der Beziehung realisierbar werden. Vertrauensvolles Verhalten ist folglich genau dann vorteilhaft, wenn die Summe aller abdiskontierten zukünftigen Mehrwerte, die innerhalb der Beziehung realisiert werden können, größer ist als der Mehrwert bei (einmaligem) opportunistischem Verhalten. Daher wird hier auch von kalkulativem oder durch Eigeninteresse motiviertem Vertrauen gesprochen (Das / Teng 2004; Nooteboom 2002; 2009; Williamson 1993a). Beide Perspektiven stellen somit die Bedeutung intertemporaler Aspekte für den Aufbau von Vertrauen heraus und können diesbezüglich auch als Komplemente betrachtet werden. Vereinfacht ausgedrückt, werden sowohl in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen und deren (zukünftiger) intrinsischer Wert als auch der Erwartungshorizont bezüglich zukünftiger extrinsischer Werte einen gewichtigen Einfluss auf die intertemporale Veränderung des Vertrauens in einen Akteur haben (Nooteboom 1996; 2000c; Nooteboom / Six 2003; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Williams 1988; siehe aber: Williamson 1993a). So bemerken Lane und Bachmann (2000, S. 303, ähnliche Aussagen finden sich auch im Internationalisierungskontext bspw. bei Boersma / Buckley / Ghauri 2003; Buckley / Casson 2002; Inkpen / Currall 1997): „[…] [t]rust is a hybrid phenomenon, including both calculation and goodwill.“

In der vorliegenden Arbeit wird nun vornehmlich auf die vergangenheitsorientierte Perspektive des Vertrauensaufbaus fokussiert, womit keinesfalls ausgedrückt werden soll, dass die zukunftsorientierte Perspektive weniger relevant wäre. Vielmehr wird dieser Fokus gewählt, da eine Erweiterung um die ökonomische Vertrauensperspektive nur wenig zur hier vorliegenden Diskussion beitragen würde und es zudem fraglich ist, ob das Vertrauenskonzept auf Basis kalkulativem Eigeninteresses in gleicher Weise mit dem Grad intentionaler Unsicherheit verbunden ist wie das soziologisch motivierte Vertrauenskonstrukt: Erstens sollte die Bedeutung zukünftiger Erwartungen für alle betrachteten Koordinationsformen gleich sein. Ein höherer extrinsischer Erwartungsnutzen eines anderen Akteurs wird die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens des Beziehungspartners über alle Koordinationsformen hinweg gleich stark reduzieren, da der so etablierte Anreiz zu kooperativem Verhalten prinzipiell in allen Koordinationsformen durch eine entsprechende Beziehungsausgestaltung gesetzt werden könnte (Axelrod / Hamilton 1981; Nooteboom 2002). So ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit, auch in zukünftigen Perioden einen extrinsischen Mehrwert innerhalb der betrachteten Beziehung zu generieren, reduzierend auf die Governancekosten über

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alle Koordinationsformen hinweg wirkt.98 Diese Möglichkeit stellt somit lediglich eine Art Gegenanreiz dar, sich opportunistisch zu verhalten, und ist damit im Prinzip schon innerhalb der transaktionskostentheoretisch fundierten Argumentation enthalten (Kap. B. II. 3. d); Williamson 1993a). Zweitens scheint es bei genauerer Betrachtung zudem fragwürdig, ob sich Vertrauen aus kalkulativem Eigeninteresse tatsächlich mit dem Konstrukt der intentionalen Unsicherheit deckt. Wird von (begrenzt) rationalen Entscheidungsträgern ausgegangen, so wird sich ein Akteur immer für vertrauensvolles Verhalten entscheiden, wenn dieses Verhalten dem Akteur einen höheren Nettonutzen verspricht als opportunistische Handlungen. Es ist dann unerheblich, ob dieser Akteur bspw. aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur prinzipiell eher zu opportunistischem Verhalten neigt oder nicht. Intentionen spielen hier insofern keine Rolle, als dass sie von kalkulativen Nutzenmaximierungsüberlegungen dominiert werden (Williamson 1993a). In diesem Sinne führt dann die Möglichkeit, auch zukünftig einen Mehrwert innerhalb der Beziehung zu generieren, zum selben Anreizeffekt wie die Governanceinstrumente, die ja über die potentielle Sanktionierung opportunistischen Verhaltens den relativen Mehrwert vertrauensvollen Verhaltens steigern. Daher wird hier davon ausgegangen, dass kalkulatives Vertrauen eher mit der Rubrik „Opportunismusanreiz“ verbunden ist bzw. diesbezüglich einen Gegenanreiz darstellt.99 Bezüglich des ökonomischen Vertrauenskonstruktes, das auf kalkulativem Eigeninteresse rational agierender Akteure beruht, wird hier daher die gleiche Auffassung vertreten, die Williamson (1993a. S. 475) wie folgt artikuliert: „Situations that are mainly explained by bounded rationality […] are not illuminated by appealing to trust.“

Allerdings wird dem Autor bezüglich seiner Einschätzung über nichtkalkulatives, intrinsisch motiviertes Vertrauen widersprochen. Diese Art von 98 Hier könnte argumentiert werden, dass z. B. die Hierarchie längerfristig ausgelegt ist als die marktliche Koordinationsform, wodurch dann das Reduktionspotential bezüglich der intentionalen Unsicherheit unterschiedlich stark ausgeprägt sein sollte. Bei näherer Betrachtung scheint diese Argumentation jedoch nur bis zu einer bestimmten zeitlichen Begrenzung der jeweils betrachteten Perioden zu gelten. Wird der Zeitraum als hinreichend groß angesehen, so können die beiden angesprochenen Koordinationsformen gleichgut beendet oder fortgeführt werden. 99 Dass kalkulatives Vertrauen sich nicht auf intentionale Unsicherheit bezieht, wird auch aus der Begriffswahl deutlich. Ersteres stellt insofern ein Risikokonstrukt dar, als dass Eintrittswahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Verhaltensoptionen eines Akteurs „kalkuliert“ werden können (Das / Teng 2004; Williamson 1993a). Intentionale Unsicherheit bedeutet hingegen, dass die Intentionen eines Akteurs nicht exakt, sondern höchstens zu einem gewissen Grad oder Intervall bestimmt werden können, also „unsicher“ im engeren Sinn sind (Nooteboom 1996; Uzzi 1997).

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Vertrauen muss eben nicht nur in „very special relations between family, friends, and lovers“ (Williamson 1993a. S. 484) von Bedeutung sein, sondern kann auch in primär ökonomischen Beziehungen relevant sein (Lyons / Mehta 1997; Madhok / Tallman 1998; Nooteboom 1996; 2000c; 2002; 2004a; 2009; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Poppo / Zhou / Ryu 2008). Für die folgende Diskussion der Faktoren, die den Aufbau von Vertrauen determinieren, wird daher Vertrauen als nichtkalkulatives Konstrukt spezifiziert, das sich auf die Intentionen und nicht auf die Fähigkeiten eines Akteurs bezieht. Die intentionale Unsicherheit wird damit in eine kontingente Variable überführt (Chiles / McMackin 1996; Nooteboom 1996; Nooteboom / Six 2003). Diese Auffassung wird auch innerhalb der Internationalisierungsliteratur in Arbeiten anerkannt, die sich mit den Auswirkungen von Vertrauen auf Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen beschäftigen (Ariño / De La Torre 1998; Ariño / de la Torre / Ring 2005; Brouthers / Brouthers 2003; Das / Teng 1998; Dyer / Chu 2003; Eberl / Kabst 2006; Li 2005; Lui / Ngo 2004; Lui / Ngo / Hon 2006; Madhok 1995; 1997; 1998; 2000; 2006; Madhok / Tallman 1998; Parkhe 1998a; 1998b; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Tsai / Ghoshal 1998; Tsai 2000; Wang / Tong / Koh 2004). aa) Der Einfluss des Spezifitätsgrades auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus Der Spezifitätsgrad innerhalb einer Akteursbeziehung wird die Möglichkeit beeinflussen, Vertrauen zwischen den Partnern aufzubauen, wobei hier bereits vorab darauf hinzuweisen ist, dass der konzeptionelle Unterschied der bereits vorgestellten Spezifitätskonstrukte Akteursspezifität und Transaktionsspezifität von Bedeutung ist. Aus der transaktionstheoretisch fundierten Diskussion ging hervor, dass der Einsatz transaktionsspezifischer Anlagen innerhalb einer Akteursbeziehung die Anreizstärke determiniert, sich opportunistisch zu verhalten (Klein / Crawford / Alchian 1978; Nooteboom 1996; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1985). Werden in einer Beziehung vom fokalen Akteur überhaupt keine Investitionen in spezifische Anlagen eingesetzt, so kann sich der Beziehungspartner durch opportunistisches Verhalten nicht besserstellen, wodurch wiederum die Auswirkung intentionaler Unsicherheit äußerst gering sein wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass ohne den Einsatz transaktionsspezifischer Anlagen kaum Vertrauensaufbau möglich ist, da dann ein Akteur überhaupt keine Möglichkeit hat, vertrau-

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ensvolles Verhalten zu zeigen.100 Wenn sich ein Akteur in einer solchen Situation kooperativ verhält, so sagt dies nicht besonders viel über seine Intentionen aus, da er schlicht keinen Opportunismusanreiz hatte. Folglich bleibt der fokale Akteur bei der Bewertung des kooperativen Verhaltens des anderen Akteurs darüber im Unklaren, ob dieses Verhalten tatsächlich auf den kooperativen Intentionen des anderen Akteurs beruhte oder aber ob dieser schlicht keinen Anreiz hatte, seine opportunistischen Intentionen in die Tat umzusetzen. Die gleiche Argumentation gilt auch für eine symmetrische Verteilung der Investitionen in spezifische Anlagen, da hier der Anreiz, sich opportunistisch zu verhalten, durch einen Gegenanreiz kompensiert wird, der aus dem potentiellen Mehrwertverlust bei Beziehungsaustritt des jeweiligen Partners resultiert. Je höher nun die einseitigen Investitionen in transaktionsspezifische Anlagen eines Akteurs werden, umso stärker wird der Opportunismusanreiz für den anderen Akteur. Verhält sich dieser trotz des extrinsischen Anreizes zu defektieren kooperativ bzw. vertrauensvoll, so kann dies als Anzeichen gewertet werden, dass die Summe aus extrinsischem und intrinsischem Nutzen aus kooperativem Verhalten größer ist als aus opportunistischem Verhalten. Daher kann dann angenommen werden, dass sich der Akteur in vergleichbaren Situationen ebenso verhalten wird. Dies lässt bis zu einem gewissen Grad Rückschlüsse auf dessen Intentionen zu, und der fokale Akteur kann von einem gewissen Vertrauensgrad bzw. von einer reduzierten intentionalen Unsicherheit bezüglich des Verhaltens des anderen Akteurs ausgehen (Bijlsma-Frankema / Costa 2005; Blau 1964; Bradach / Eccles 1989; Butler 1991; Coleman 1990; Deutsch 1973; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005; Zand 1972).101 So stellt bspw. Noorderhaven (1996, S. 119, 121, Hervorhebung im Original) heraus, dass 100 Streng genommen ist diese Argumentation nicht ganz richtig, da sich die Opportunismusneigung auch durch andere Mechanismen, die nicht in Verbindung mit transaktionsspezifischen Anlagen stehen, im Zeitverlauf reduzieren könnte. Entscheidend ist hier aber, dass selbst wenn es zu einer solchen Reduktion auf Seiten eines Akteurs kommt, dessen Beziehungspartner ohne den Einsatz spezifischer Anlagen keine rationale Möglichkeit hat, kooperative Verhaltensweisen des Ersteren mit dessen Intentionen in Verbindung zu setzten. Diesbezüglich sei noch einmal auf Nootebooms (2009, S. 78) oben erwähnte Definition von Vertrauen hingewiesen, in der der Autor herausstellt, dass ein Anreiz für opportunistisches Verhalten eine notwendige Bedingung darstellt. 101 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass diese Schlussfolgerung nur gilt, wenn von einem Mindestmaß an Umweltunsicherheit sowie der Annahme begrenzt rationaler Akteure ausgegangen wird, die vollständige Verträge und lückenlose Überwachungsmöglichkeiten verbieten (Nooteboom 1996). Anders formuliert, muss in einer Situation, in der Investitionen in transaktionsspezifische Anlagen innerhalb einer Beziehung getätigt werden, auch ein Mindestmaß an Umweltunsicherheit existieren, damit sich Vertrauen bilden kann, wobei die Möglichkeit des Vertrauensauf-

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„the riskiness of the interaction process is important, because if the other party actually has the opportunity to defect, but refrains from doing so, this is a powerful booster of trust. Put differently, if the interaction is more risky, the chance that conflicts occur is larger, and the way these conflicts are dealt with is very important for the […] development of trust: it can either break down, or be reinforced. If expectations based on the existing degree of trust are betrayed by (what is seen as) unduly combative behavior during a conflict episode, a negative affective response is likely […]. […] [A]sset specificity and safeguards […] [can be] taken as a proxy of the riskiness of the exchange“.

In der Internationalisierungsliteratur lässt sich diese Argumentation vornehmlich in Arbeiten finden, die sich auf die Transaktionskostentheorie beziehen bzw. diese als Kritikbasis heranziehen (Beamish / Banks 1987; Boersma / Buckley / Ghauri 2003; Buckley / Casson 2002; Madhok 1995; 1997; 2006; Vivek / Banwet / Shankar 2008; Vivek / Richey / Dalela 2009). Verallgemeinert argumentieren diese Autoren, dass bereits zu Beginn getätigte (geringe) Investitionen in spezifische Anlagen als eine Art Beziehungstest angesehen werden können, da dies „[an] experimentation with safeguards calibrated to higher degrees of risk and greater reliance on trust“ (Ring / Van De Ven 1992, S. 491)

darstellt. Wird dann in der Folgezeit innerhalb der Beziehung kein opportunistisches Verhalten beobachtet und kommt es zu zufriedenstellenden Resultaten, so wird der jeweilige Partner als vertrauensvoller als noch zu Beginn eingeschätzt, was dann zu einer Ausweitung der Geschäftsbeziehung führen kann. So zeigen bspw. Skarmeas, Katsikeas und Schlegelmilch (2002, S. 759) in ihrer Studie über internationale Zuliefererbeziehungen, dass spezifische Investitionen auf Seiten des Käufers zu einem wachsenden „Commitment“ des jeweiligen Zulieferers führen, was wiederum positiv auf die Performance innerhalb der jeweiligen Beziehung wirkt.102 baus auch hier mit größer werdendem Umweltunsicherheitsgrad ansteigen wird, da es dann häufiger oder wahrscheinlicher zur Notwendigkeit vorab unvorhergesehener Adaptionen kommt, bei denen dann der Transaktionspartner vertrauensvolles Verhalten „zeigen“ kann (Aulakh / Kotabe / Sahay 1996; Madhok 1995). 102 Die verwendete Konzeptionalisierung des Commitment-Begriffs weist dabei eindeutige Parallelen zur hier proklamierten Bedeutung von Vertrauen auf (Skarmeas / Katsikeas / Schlegelmilch 2002, S. 759 f.): „In our cross-border buyer-seller relationship context, we […] define commitment as the extent to which a firm is dedicated to a close and enduring relationship with another firm and view continuance, behavioral, and affective commitment as its essential components. Continuance commitment is defined as the importer’s desire to continue the relationship with the overseas supplier. Behavioral commitment reflects the extent the importer provides special help to its overseas supplier in times of need. Affective commitment refers to the sense of unity binding the importer to its overseas supplier.“

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Zu einem ähnlichen empirisch überprüften Ergebnis kommen auch Aulakh, Kotabe und Sahay (1996, S. 1015) in ihrer Studie über Marketingbeziehungen US-amerikanischer Unternehmen und ihren ausländischen Distributionspartnern oder Lizenznehmern: „Since trust has generally been conceptualized as being the opposite of opportunistic behavior […] [we] propose that the risk of opportunistic behavior must be present for trust to have meaningful consequences. This suggests that trust becomes important only when there is risk of opportunistic behavior by the partners […]. In particular, from the focal firm’s perspective its investment in idiosyncratic assets specific to its relationship with the foreign partner creates a dependence situation which can be exploited by the foreign partner“.

Madhok (1995, S. 120) findet eine vergleichbare Argumentationslogik in Bezug auf den Umweltunsicherheitsgrad, der ja in ähnlicher Weise zum Risiko opportunistischen Verhaltens beiträgt: „[T]rust is especially important in situations of uncertainty since, in its presence, less stringent contracting can occur in the expectation that social dimensions of the relationship will occasion mutually desirable behavior.“

Im Bezug auf die wissensbasierte Perspektive kann hier des Weiteren konstatiert werden, dass auch der Akteursspezifitätsgrad bzw. Implizitätsgrad der auszutauschenden Wissenssets die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus beeinflussen wird. Es wurde bereits herausgestellt, dass der Transfer impliziter Wissenssets eine intensive Interaktion zwischen den Akteuren unter Nutzung von Kommunikationskanälen mit hoher Bandbreite bzw. eine persönliche Interaktion von Angesicht zu Angesicht notwendig macht. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass Interaktionen zwischen Akteuren eine notwendige Voraussetzung für den Aufbau von Vertrauen sind, wobei intensive persönliche Kontakte den Vertrauensaufbau besonders befördern. Folglich sollte der Akteursspezifitätsgrad den Aufbau von Vertrauen innerhalb einer Akteursbeziehung positiv beeinflussen. Auch dieser Zusammenhang wird in der Internationalisierungsliteratur angeführt. So untersuchen bspw. Blomqvist, Hurmelinna und Seppänen (2005) Kooperationsverhandlungen zwischen Technologieunternehmen, die eine Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung anstreben. Vorrangiges Ziel dieser Verhandlungen ist es, die Komplementarität der jeweiligen Wissenssets der Partner zu bestimmen. Die Autoren argumentieren nun, dass die hierzu notwendige intensive Interaktion quasi als Nebenprodukt dazu genutzt werden kann, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Parteien schnell aufzubauen, was als kritischer Faktor für eine erfolgreiche Kooperation identifiziert wurde. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Li, Zheng Zhou, Lam, et al. (2006), die die Entwicklung von Vertrauen in Beziehungen von Mutter-

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unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften bzw. deren lokalen Managern untersuchen. Die Autoren kommen dabei zu dem Schluss, dass intensive Interaktionen mit dem Zweck, implizite Wissenskomponenten zu transferieren, dazu genutzt werden können, ein vertrauensvolles Verhältnis zu etablieren. Bresman und Birkinshaw (1999) zeigen in ihrer Studie über internationale Unternehmensakquisitionen, dass die persönlichen Interaktionen von Managern unmittelbar nach der Akquisition, die zuvorderst notwendig sind, um implizite Wissenskomponenten zu transferieren, auch zum Aufbau von Vertrauen beitragen. Boersma und Buckley (2003, S. 1038 f.) konstatieren bezüglich der Entwicklung von Vertrauen innerhalb internationaler Joint-Venture-Verhandlungen, bei denen die jeweiligen Partnerunternehmen innerhalb intensiver Interaktionen ihre spezifischen Kompetenzen auf Komplementarität überprüfen und das gemeinsame Vorgehen erörtern, dass „personal friendship is both created and built on to progress the IJV through mutual trust.“

bb) Der Einfluss des Interdependenzgrades auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass auch der Interdependenzgrad von Bedeutung für den Aufbau von Vertrauen sein kann. Wenn aufgrund der Notwendigkeit, implizite Wissenssets zu transferieren, intensive Interaktionen notwendig sind, die dann wie oben beschrieben zum Aufbau von Vertrauen beitragen, so wird ein steigender Interdependenzgrad innerhalb solcher Akteursbeziehungen dazu führen, dass diese Interaktionen intensiver oder häufiger stattfinden müssen (Kap. B. II. 4. b)). Dies wird dann wiederum positiv zum Vertrauensaufbau beitragen (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Ring / Van De Ven 1992; Williams 2001; Zenger / Argyres 2008). Obschon diese Argumentation innerhalb der Internationalisierungsforschung offenbar nicht explizit verfolgt und / oder überprüft wird, lassen sich bspw. bei Luo (2002a) Anhaltspunkte finden. Der Autor untersucht innerhalb seiner Analyse internationaler Allianzbeziehungen in der VR China zwar nicht direkt den Einfluss des Interdependenzgrades auf den Aufbau von Vertrauen innerhalb dieser Beziehungen, jedoch zeigt er, dass ein gewisser Vertrauensgrad umso positiver auf die Performance der untersuchten Allianzen wirkt, je größer der Interdependenzgrad zwischen den jeweils beteiligten Parteien ist. Daraus lässt sich dann zumindest ableiten, dass ein höherer Interdependenzgrad positiv auf den Anreiz wirken könnte, Vertrauen innerhalb einer solchen Beziehung aufzubauen.

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cc) Der Einfluss der kognitiven Distanz auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus Auch die kognitive Distanz zwischen zwei Akteuren wird die intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit beeinflussen. Wie oben bereits dargestellt, ermöglicht die Beobachtung von eintretendem Verhalten eines Akteurs in einer Beziehung Rückschlüsse auf dessen Intentionen, wenn dieser zuvor Anreize und Möglichkeiten hatte, auch anders zu agieren (Luhmann 1984; 2000). Für den Mechanismus, wie Akteure Rückschlüsse aus beobachtetem Verhalten ziehen, ist das Konzept der kognitiven Distanz von Bedeutung. Akteure nehmen Informationen aus ihrer Umwelt wahr und selektieren, verstehen, interpretieren sowie bewerten diese auf der Basis mentaler Kategorien oder kognitiver Modelle (Bechara / Damasio 2005; Damasio 1994; Hendriks-Jansen 1996; Nooteboom 2006a; 2009). Wenn nun zwei Akteure gleiche oder ähnliche mentale Kategorien aufweisen, was gleichbedeutend mit einer relativ geringen kognitiven Distanz ist (Lindenberg 2000), so stellt dies die Basis für gegenseitiges Verständnis und Identifikation – die zu Empathie führen kann – dar. Identifikation und Empathie ist bedeutend für den Aufbau von Vertrauen, da sie die Zurechnung von Motiven und das Sympathisieren mit selbigen erleichtert (Adler 2001; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Moorman / Zaltman 1993; Nooteboom 2002; Ouchi 1980). So scheinen bspw. Lewick und Bunker (1996, S. 123) darauf zu verweisen, dass Identifikation sogar direkt zum Aufbau von Vertrauen beiträgt, da „identification-based trust develops as one both knows and predicts the other’s needs, choices, and preferences and also shares some of those same needs, choices, and preferences as one’s own. Increased identification enables one to ‚think like‘ the other, ‚feel like‘ the other, and ‚respond‘ like the other.“

Hier stellt sich jedoch die Frage, ob Identifikation in jedem Fall dazu führen muss, Bedürfnisse und Präferenzen zu teilen. Außerdem scheint fraglich, ob die Auswirkungen dieses Teilens – was dann ja letztendlich so verstanden werden muss, dass auch gemeinsame Ziele etabliert werden – immer noch als Vertrauen im hier dargelegten Sinne verstanden werden kann. Schließlich wäre ja dann hier kooperatives Verhalten im eigenen extrinsisch motivierten Interesse. Ein robusteres Argument für den positiven Einfluss einer geringeren kognitiven Distanz auf den Aufbau von Vertrauen lässt sich aber wie folgt herleiten: Wie bereits diskutiert, kann ein Akteur zwar die Intentionen eines anderen Akteurs nicht direkt beobachten, wohl jedoch dessen Handlungen, die ja durch die Intentionen des anderen motiviert sind. Je geringer nun die kognitive Distanz zwischen den Akteuren ist, umso eher wird der fokale

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Akteur den beobachteten Handlungen die tatsächlich dahinterliegenden Intentionen zuordnen können. Je größer die kognitive Distanz hingegen wird, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit einer Fehlassoziation. Demnach kann es dann auch sein, dass Akteure bestimmte Handlungen anderer Akteure als bedeutender wahrnehmen als andere oder gar bestimmte Signale oder Informationen ganz missachten: „A person’s perception of another will be determined not only by the information he receives, but also by his need to absorb this information in such a way as to prevent disruption of existing perceptions, cognitions, or evaluations to which he is strongly committed.“ (Deutsch 1973, S. 159)

Außerdem werden Akteure das Verhalten anderer Akteure innerhalb einer Beziehung auch auf Basis ihrer mentalen Kategorien im Hinblick darauf bewerten, inwieweit es sich bei dem beobachteten Verhalten um kooperative bzw. vertrauensvolle Handlungen handelt. Entscheidend ist hier letztendlich, dass der bewusst handelnde Akteur bestimmte Intentionen verfolgt. Während die konkreten Handlungen von einem anderen Akteur beobachtet werden können, ist dies bezüglich der dahinterliegenden Intentionen nicht möglich. Vielmehr muss Letzterer die Handlungen auf Basis seiner eigenen mentalen Kategorien interpretieren und bewerten. Dabei ist davon auszugehen, dass diese Interpretation und Bewertung der tatsächlichen Intention des handelnden Akteurs umso mehr entspricht, je ähnlicher die mentalen Kategorien der beiden Akteure sind, also je geringer die kognitive Distanz zwischen diesen ist: „It is not so much what happens in relations so much as how that is interpreted, and how people infer and attribute competencies and motives to people that matters, in the formation or destruction of trust.“ (Nooteboom 2002, S. 24)

Wenn innerhalb einer Beziehung die Erwartungen des fokalen Akteurs nicht erfüllt werden bzw. die tatsächlichen Handlungen des anderen Akteurs und / oder das resultierende Ergebnis nicht dem vom fokalen Akteur erwarteten Verhalten und / oder Ergebnis entsprechen, mag es dafür eine Reihe unterschiedlicher Gründe geben: ein Missgeschick oder Unfall, unzureichende Fähigkeiten bzw. fehlendes Wissen, mangelnde Aufmerksamkeit und / oder eben andere (opportunistische) Intentionen. Das Problem in vielen Situationen ist nun, dass aus der Beobachtung von Verhalten nicht eindeutig hervorgeht, welcher dieser Gründe die tatsächliche Ursache darstellt. So wird bspw. ein opportunistisch agierender Akteur eher eine Verkettung unglücklicher Zustände oder andere unintendierte Ursachen für sein Handeln und / oder das Ergebnis anführen als die Intention, sich opportunistisch oder schädigend zu verhalten. Die Frage, die sich dem fokalen Akteur in einer solchen Situation stellt, ist, wie er seine Beobachtungen der Handlungen und die Erklärungen des

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anderen Akteurs interpretieren soll. Diesbezüglich ist zwar nicht unbedingt davon auszugehen, dass eine geringe kognitive Distanz immer direkt dazu beiträgt, die Intentionen eines Akteurs besser zu erkennen, jedoch scheint auch dies durchaus plausibel: Durch eine geringe kognitive Distanz wird Empathie und Identifikation zwischen den Akteuren ermöglicht; es fällt also leichter, sich in den anderen hineinzuversetzen. Dadurch wird dann die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass vertrauensvoll intendierte Handlungen des anderen vom fokalen Akteur auch tatsächlich als solche interpretiert werden. Je größer die kognitive Distanz wird, umso eher ist es hingegen möglich, dass der fokale Akteur nichtopportunistisch motivierte Handlungen des anderen Akteurs opportunistisch motiviert wahrnimmt. Eine geringe kognitive Distanz kann aber vor allem indirekt zum besseren Erkennen der Intentionen eines Akteurs beitragen, da so der Einfluss nichtintentionaler Ursachen auf das Verhalten und die Erklärungen eines Akteurs besser eingeschätzt werden kann (Deutsch 1973; Lui / Ngo 2004; Nooteboom 2002; 2006a; Nooteboom / Six 2003; Six 2005). Demgemäß lassen sich dann indirekt Rückschlüsse auf die Neigungen oder Intentionen eines Akteurs ziehen. Gleiches gilt auch für den umgekehrten Fall: Weist eine Beziehung eine geringe kognitive Distanz zwischen den beteiligten Parteien auf, so wird der fokale Akteur besser einschätzen können, wie der andere seine Handlungen und Erklärungen interpretieren wird. Verdeutlichen lässt sich der konstatierte Einfluss der kognitiven Distanz wie folgt: Bspw. ist „ein“ Effekt geringer kognitiver Distanz, dass (implizite) Informationen und Wissen zwischen Akteuren störungsfreier übertragen werden können. Wenn somit Übertragungsfehler oder Missverständnisse mit einiger Gewissheit ausgeschlossen werden können, so lassen sich diese auch als mögliche Ursache für im Nachhinein nicht erfüllte Erwartungen eliminieren, wodurch wiederum andere Gründe wahrscheinlicher werden.103 103 Als verdeutlichendes Beispiel sei hier folgendes vereinfachtes Problem angenommen, dass so oder ähnlich häufig von Interaktionen mit Akteuren aus der VR China berichtet wird (McKay / Wong 1996, S. 585):

„[…] she [the Non-Chinese teacher] complained about […] [his, the Chinese student’s] ‚lack of honesty,‘ by which she meant that whenever she asked whether he understood anything, he would say ‚Yes, yes.‘ ‚God knows whether he really understands anything,‘ she said“. In diesem Beispiel hatte die Lehrerin bisher keine Erfahrungen mit chinesischen Akteuren und interpretierte folglich das Verhalten ihres chinesischen Schülers als „unaufrichtig“ anhand ihrer kognitiven Kategorien, die sich aus den Interaktionen mit westlichen Studenten gebildet haben. Diese hätten wahrscheinlich klar artikuliert, dass sie etwas nicht verstanden haben. Ein anderer Lehrer, der bereits Erfahrungen mit chinesischen Akteuren gesammelt oder sich zumindest Wissen über die chinesische Kultur angeeignet hat, würde die Situation evtl. anders bewerten. Es

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In diesem Punkt wird auch der bereits erwähnte Zusammenhang der kognitiven Distanz mit dem Konstrukt des fähigkeitenbasierten Vertrauens ersichtlich. Letzteres beruht ja auf der Idee, dass ein Akteur unsicher bezüglich der Fähigkeiten seines (potentiellen) Beziehungspartners ist. Je geringer die kognitive Distanz wird, umso relativ sicherer wird nun der fokale Akteur bezüglich der Fähigkeiten des anderen Akteurs sein. Da somit dann eine Verhaltensunsicherheitsart reduziert werden kann – es bspw. mit relativer Sicherheit vom fokalen Akteur eingeschätzt werden kann, ob ein schädigendes Verhalten des Partners auf dessen mangelnde Fähigkeiten zurückgeführt werden könnte –, wird die Attribution von Intentionen zum beobachteten Verhalten erleichtert. Der beschriebene Einfluss der kognitiven Distanz auf den Aufbau von Vertrauen scheint auch in der Literatur verfolgt zu werden, die sich auf die Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen bezieht (Beamish / Banks 1987; Carson / Madhok / Wu 2004; Cullen / Johnson / Sakano 1995; Doney / Cannon / Mullen 1998; Dunning 1995; 2009; Dunning / Lundan 2008a; Kogut / Singh 1988; Lane / Beamish 1990; Lane / Salk / Lyles 2001; Madhok 1995; 1998; Parkhe 1991; 1993a; 1998a; 1998b; Sirmon / Lane 2004; Steensma / Lyles 2000). Hier ist jedoch anzumerken, dass sich diese Arbeiten vornehmlich auf kulturelle Unterschiede und damit eher auf das aggregierte Konzept der psychischen Distanz beziehen, das ja aber, wie in Kap. B. I. 4. c). dargestellt, einen unmittelbaren Bezug zur kognitiven Distanz aufweist. Ein offensichtlicherer Bezug zum Konzept der kognitiven Distanz lässt sich in Arbeiten finden, die dem internationalen Netzwerkansatz zugeordnet werden können, wobei hier wiederum die Verbindung zum Vertrauensaufbau meist nicht im Zentrum der Betrachtung steht (Arvidsson / Birkinshaw 2004a; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Birkinshaw / Hood 2000; Birkinshaw / Hood / Jonsson 1998; Gulati 1995; Tsai / Ghoshal 1998). Deutlicher geht der Einfluss der kognitiven Distanz auf den Vertrauensaufbau aus dem skandinavischen Netzwerkansatz der IMP-Group hervor, der auch als Interaktionsansatz bezeichnet wird (Chetty / Blankenburg Holm 2000; Holm / Eriksson / Johanson 1999; Holm / Johanson / Thilenius 1995; Håkansson 1982; Håkansson / Snehota 1989; 1995; Johanson / Mattsson 1988; Johanson / Vahlne 2009). So argumentieren bspw. Doney, Cannon und Mullen (1998), dass Wahrnehmungsdifferenzen aufgrund von kulturellen Unterschieden den Aufbau scheint nämlich plausibel, dass der chinesische Student verlegen war oder sein mangelndes Verständnis nicht zugeben wollte, um „sein Gesicht nicht zu verlieren“ (Hutchins 1995; Yang 2008; Yau 1993).

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von Vertrauen erschweren, und führen diese Aussage auf Diskrepanzen zwischen den jeweiligen sozialen Wert- und Normvorstellungen zurück. Eine eher wissensbasierte Perspektive zugrunde legend zeigen Poppo, Zhou und Ryu (2008, S. 42, zu ähnlichen Aussagen kommt bspw. auch Dyer / Chu 2003; Larson 1992) in ihrer Studie über Zuliefererbeziehungen, dass „as prior history increases, parties learn how to transact with one another in a more efficient and effective manner. This learning is reflected by standard routines and procedures that enhance mutual coordination and cooperation […]. […] Learning how to transact with one another reduces a tendency to shift to an unknown supplier because parties become more committed to the exchange relationship. […] This […] logic suggests that interorganizational trust is built incrementally over time as social institutions become more refined and capable of producing trust.“

Luo (2002, S. 676, siehe bspw. auch Skarmeas / Katsikeas / Schlegelmilch 2002) konstatiert in seiner Studie über internationale Allianzbeziehungen in der VR China, dass die kulturelle Distanz zwischen den jeweiligen Partnerunternehmen den Aufbau von Vertrauen negativ beeinflusst: „[C]ultural blending and communication effectiveness […] [are] substantially affected by cultural distance between two parties in a cross-cultural alliance. […] When culture distance between two parties is shorter, cultural blending becomes easier. This helps to develop common values and norms for the alliance and to strengthen much-needed socialization for maintaining or revitalizing existing trust […]. Further, in […] [International Strategic Alliances] with shorter cultural distance between parties, there are more common foundations upon which to build trust.“

dd) Der Einfluss des Koordinationsmodus auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus Abschließend wird im Folgenden der Einfluss der unterschiedlichen Koordinationsformen bzw. der Koordinationsformenwahl auf die Möglichkeit betrachtet, Vertrauen innerhalb einer Akteursbeziehung aufzubauen. Dies ist hier von besonderer Bedeutung, da so im Gegensatz zu den bisher diskutierten Einflussvariablen evtl. direkt relative Unterschiede zwischen den einzelnen Modi in Bezug auf den Vertrauensaufbau identifiziert werden können. Vorab ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass die unterschiedlichen Koordinationsformen nicht unbedingt mit konkreten Organisations- oder Vertragsformen im rechtlichen Sinne gleichzusetzen sind, sondern in erster Linie als Mechanismen zur Koordination von Aktivitäten verstanden werden (Adler 2001; Adler / Kwon 2002; Nooteboom 2004a; 2009). So können bspw. innerhalb einer integrierten Organisation marktliche

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Koordinationsmechanismen existieren und evtl. gemeinsam mit hierarchischen zusammen angewandt werden.104 Zunächst ist davon auszugehen, dass jede mögliche Koordinationsform zum Aufbau von Vertrauen beitragen kann, da durch diese ja Interaktionen zwischen den beteiligten Parteien ermöglicht werden. Das Erreichen gemeinsamer Ziele innerhalb einer Koordinationsbeziehung macht es für die Akteure erforderlich zu interagieren. Durch solche Interaktionen können die Akteure überhaupt erst Informationen aus erster Hand über das Verhalten anderer Akteure erlangen, was ja die konstituierende Basis für die Möglichkeit darstellt, Vertrauen aufzubauen:105 Durch Interaktionen werden Handlungen und Verhalten eines Akteurs beobachtbar und können dann im Hinblick auf ihren Beitrag zum resultierenden Ergebnis interpretiert werden (Blau 1964; Deutsch 1973; Granovetter 1985; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Luhmann 1988; Nooteboom 2002; 2006a; Uzzi 1997). Dies gibt den Akteuren dann die Möglichkeit, Rückschlüsse auf die Neigungen, Motive und Intentionen anderer Akteure zu ziehen, mit denen sie interagieren (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Coleman 1990; Fukuyama 1995; Gulati 1995; Kramer 1999; Luhmann 1988; Lui / Ngo 2004; Nooteboom 2002; 2006a; Shapiro / Sheppard / Cheraskin 1992; Uzzi 1997; White / Lui 2005; Zucker 1986). Der Einfluss auf eine intertemporale Veränderung des intentionalen Verhaltensunsicherheitsgrades wird jedoch zwischen den einzelnen Modi unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Ausgangspunkt dieser Argumentation ist die These, dass die Intensität von Interaktionen – wie bereits angemerkt – und die Diversität ihrer Inhalte positiv zum Vertrauensaufbau beiträgt, da von diesen beiden Charakteristika die Anzahl und die Unterschiedlichkeit der beobachtbaren Handlungen und Verhaltensweisen abhängen (Adler 2001; Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Gulati 1995; Gulati / Singh 1998; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Madhok 2006; Mayer / Davis / Schoorman 1995; Mellewigt / Madhok / Weibel 2007; Nooteboom 1996; 2006a; Six 2005; Tyler / Degoey 1996; 104 Natürlich steht aber die Organisationsform bzw. der Internalisierungsgrad in direktem Zusammenhang mit den unterschiedlichen Koordinationsmechanismen. So wird bspw. lediglich innerhalb einer integrierten Organisation hierarchische Koordination möglich sein, während dies in einer Beziehung zwischen vollständig autonomen Akteuren nicht der Fall ist. 105 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass Interaktionen generell sowohl zum Aufbau von Vertrauen als auch von Misstrauen führen, je nachdem zu welchen Erkenntnissen der fokale Akteur durch diesen Interaktionsprozess bezüglich der Intentionen des jeweils anderen Akteurs kommt (Deutsch 1973; Kramer 1999; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Luhmann 1988; 2000; Six 2005; Tyler / Degoey 1996).

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White 2005). Die Diversität scheint für den Aufbau von Vertrauen wichtig zu sein, da so das Verhalten eines Akteurs in unterschiedlichen Situationen beobachtet werden kann und so eine robustere Interpretation des Verhaltens möglich wird (Fischbacher / Gächter / Fehr 2001; Kramer 1999; Kurzban 2001; Lindenberg 2000; Nooteboom 2000c; Osterloh / Weibel 2004; Six 2005; Uzzi 1997). Daraus lässt sich nun ableiten, dass der schwächste positive Einfluss auf den Vertrauensaufbau von marktlichen Arrangements ausgehen wird, da hier sowohl Intensität als auch Diversität innerhalb von Interaktionen am geringsten ausgeprägt sind: Erstens wird hier lediglich ein Minimum an Informationen ausgetauscht. Zweitens werden auch nur wenige unterschiedliche Verhaltens- und Handlungsarten beobachtet werden können. Bspw. werden bei Preisverhandlungen unabhängig vom Verhandlungsobjekt immer gleichartige Informationen in ähnlichen Kontexten zwischen den Akteuren ausgetauscht. Drittens stellt der marktliche Koordinationsmechanismus keine Mechanismen zur persönlichen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht bereit. Letzteres scheint ein gewichtiger Punkt zu sein, da Experimente zeigen, dass Interaktionen zwischen Akteuren generell den Vertrauensaufbau fördern, wobei dieser Effekt sich signifikant verstärkt, wenn es zu persönlicher Kommunikation von Angesicht zu Angesicht kommt (Dawes / Van De Kragt / Orbell 1988; Fischbacher / Gächter / Fehr 2001; Kramer 1999; Kurzban 2001; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004). Die Interaktionsintensität und Informationsdiversität sowie die Möglichkeit der persönlichen Kommunikation sind bei der hybriden und hierarchischen Koordination wesentlich größer, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass durch diese Koordinationsformen eine stärkere Reduktion der intentionalen Unsicherheit im Zeitverlauf möglich ist. Wie jedoch das Verhältnis zwischen diesen beiden Koordinationsformen ist, wird in der Literatur unterschiedlich diskutiert. Auf der einen Seite wird argumentiert, dass Organisationen besonders geeignet sind, Vertrauen zwischen ihren Mitgliedern aufzubauen (Barber 1983; Kogut / Zander 1992; 1996; Kramer 1999; March / Olsen 1989; McKnight 2000; McKnight / Cummings / Chervany 1998; Miller 2001; Nooteboom 2006a; 2009; Ouchi 1980; Tyler / Degoey 1996; Zucker 1986; Zucker / Darby / Brewer / et al. 1996). Andere Autoren konstatieren hingegen, dass die hierarchische Koordinationsform sogar Misstrauen und opportunistisches Verhalten fördert (Adler 2001; Conner / Prahalad 1996; Ghoshal / Moran 1996; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Sitkin / Roth 1993).

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Die Argumentation der ersten Autorengruppe basiert im Wesentlichen darauf, dass Organisationen bzw. Unternehmen als soziale Einheiten angesehen werden können, deren Mitglieder gemeinsame Ansichten, Normen, Werte, Routinen, Rollenverständnisse etc. teilen und auf deren Basis interagieren..106 So konstatiert Nooteboom (2009, S. 79): „Within organizations, and here lies their [coordinating] function, there is scope for hierarchical control, and, on the trust side, the building of further, more dedicated and specialized shared norms and values, empathy, identification and routinized conduct. […] the conclusion is that organizations have the possibility and function to create cognitive focus as a basis for trust, with firm-specific ethics, values and norms of conduct, empathy and some degree of identification.“

Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich diese differenzierende Eigenschaft von Organisationen meist auf den Vergleich mit der marktlichen Koordinationsform bezieht und hybride Arrangements nicht explizit betrachtet werden (Barber 1983; Kogut / Zander 1992; 1996; McKnight 2000; McKnight / Cummings / Chervany 1998; Miller 2001; Ouchi 1980; Zucker / Darby / Brewer / et al. 1996). Wesentlich dabei ist, dass sich das zugrunde liegende Unterscheidungsmerkmal eher darauf bezieht, ob die betrachteten Akteure Mitglieder in einer Organisation bzw. Gruppe sind oder zu unterschiedlichen Organisationen oder Gruppen gehören.107 Im Unterschied dazu werden in der vorliegenden Arbeit Koordinationsformen bzw. -mechanismen betrachtet, die eher als „Prinzipien“ verstanden werden können und evtl. gemeinsam in einer reellen Organisation oder Institution zur Koordination genutzt werden können (Adler 2001; McEvily / Perrone / Zaheer 2003). So geht ja aus dem obigen Zitat Nootebooms klar hervor, dass innerhalb von Organisationen Koordination sowohl durch hierarchische Kontrolle als auch durch gemeinsame Normen, Werte etc., also durch vertrauensvolle Akteursbeziehungen erfolgen kann. Die Möglichkeit, hierarchische Kontrolle zu Koordinationszwecken zu nutzen, ist auch tatsächlich vornehmlich auf integrierte Organisationen beschränkt, innerhalb derer die Akteure sehr begrenzte Entscheidungsautonomie besitzen; je autonomer die Akteure innerhalb einer Beziehung agieren können, umso geringer werden die hierarchischen Kontrollmöglichkeiten. Daher ist diese Art der Koordination – wenn überhaupt – nur sehr begrenzt innerhalb hybrider Arrangements einsetzbar. Im 106 So konstatieren March und Olson (1989, S. 27) bspw., dass Vertrauen innerhalb von Organisationen „not [by] an explicit contract […] [but] by socialization into the structure of rules“ aufgebaut werden kann. 107 Als verdeutlichendes Beispiel sei hier die Studie von Zucker, Darby, Brewer et al. (1996) angeführt, die zeigt, dass durch Organisationszugehörigkeit Vertrauen zwischen Wissenschaftlern aufgebaut werden kann, was sie dazu befähigt zu kooperieren. Die beobachteten Akteure standen aber nicht in einem hierarchischen Verhältnis zueinander.

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Gegensatz dazu können jedoch die oben angesprochenen gemeinsamen Ansichten, Normen, Werte, Routinen, Rollenverständnisse etc. sowohl in integrierten Organisationen als auch in Gruppen von autonomen Akteuren – also in eher hybriden Koordinationsformen – vorhanden sein oder aufgebaut werden (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Granovetter 1985; Gulati 1995; Gulati / Singh 1998; Lindenberg 2000; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Nooteboom 2002; Sitkin / Roth 1993; Uzzi 1997; White / Lui 2005; White 2005). Wie bereits ausführlich diskutiert, ist das Ausmaß gemeinsamer Normen, Werte, Routinen etc. eher eine Frage der kognitiven Distanz bzw. eines kognitiven Fokus zwischen den beteiligten Akteuren denn eine des Koordinationsmechanismus (Nooteboom 2004a; 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005).108 Dies bedeutet, dass bspw. innerhalb eines hybriden Arrangements mit einer sehr geringen kognitiven Distanz ein größerer Vertrauensaufbau möglich sein kann als innerhalb einer integrierten Organisation bzw. Hierarchie, deren Akteure eine große Distanz zueinander – bspw. aufgrund eines Unternehmenszusammenschlusses – aufweisen. Daraus lässt sich für die vorliegende Arbeit ableiten, dass der obigen Argumentation bezüglich der Möglichkeit des Vertrauensaufbaus durch hierarchische Koordination zwar gefolgt wird, der dahinterliegende Mechanismus jedoch zunächst in Verbindung mit der Ausprägung und intertemporalen Veränderung der kognitiven Distanz zu sehen ist, die dann wiederum den Vertrauensaufbau beeinflusst. Daher sollten die hybriden und hierarchischen Koordinationsformen auf Basis dieser Argumentationslinie gleich gut geeignet sein, Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren aufzubauen. Die Ansicht der zweiten Autorengruppe, dass hierarchische Koordination sogar negativ auf den Vertrauensaufbau zwischen Akteuren wirken kann, beruht im Wesentlichen auf anderen, eher psychologischen bzw. motivationalen Argumenten, die sich wie folgt zusammenfassen lassen. Durch hierarchische Koordination wird insbesondere die extrinsische Motivation der Akteure befördert, wodurch die intrinsische Motivation „verdrängt“ werden kann (Cialdini 1996; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Wild / Enzle / Nix / et al. 1997). Die Basis dieser Argumentation stellt die Annahme dar, dass Akteure intrinsisch motiviert sein können, 108 Hier könnte noch argumentiert werden, dass hierarchisch koordinierte Organisationsformen, bedingt durch einen höheren Konformitätsdruck auf die Mitglieder oder solche, die es werden wollen, eine stärkere Basis gemeinsamer Normen, Werte, Routinen und Rollen etabliert als hybride Formen (Nooteboom 2006a; 2009). Bei genauerer Betrachtung scheint diese Argumentation jedoch auch eher mit der kognitiven Distanz bzw. der Notwendigkeit verbunden zu sein, für Organisationen als kognitiver Fokussierungsmechanismus zu fungieren (vgl. Kap. D. VI.).

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eine bestimmte Aktivität durchzuführen, also bspw. eine Aufgabe als interessant und herausfordernd ansehen, wenn sie diese selbstbestimmt ausführen können. Wesentlich für eine solche intrinsische Motivation ist, dass die Akteure autonom über ihr Verhalten und Handeln entscheiden können oder dies zumindest so wahrnehmen. Genau diese Entscheidungsautonomie ist jedoch bei der hierarchischen Koordination geringer ausgeprägt als bei den anderen Koordinationsmodi. Hier wird autoritär darüber entschieden, welche Aktivitäten wie auszuführen sind; für (gemeinsame) Adaptionen ist kein Konsens erforderlich (Nickerson / Zenger 2004; Williamson 1991; Zenger / Argyres 2008). Konformes Verhalten wird durch Sanktionierung und Kontrolle sichergestellt (Klein / Crawford / Alchian 1978; Williamson 1985, S. 205). Dies hat zwei bedeutende negative Konsequenzen im Hinblick auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus: Erstens wird so die potentiell vorhandene intrinsische Motivation der Akteure, sich zielkonform oder kooperativ zu verhalten, durch extrinsische Aspekte verdrängt: „People feel that they are not the origins of their behavior. Their attention shifts from the activity itself to the reward or sanction. The content of the activity loses its importance.“ (Osterloh / Weibel 2004, S. 13)

Dadurch wird dann kooperatives bzw. vertrauensvolles Verhalten im eigentlichen Sinne durch konformes ersetzt, was den potentiellen Aufbau von Vertrauen unterminiert (Cialdini 1996; Enzle / Anderson 1993; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003). Das Problem ist an dieser Stelle, dass konformes Verhalten effektiv durch die negativen und positiven Anreize definiert wird, die durch die Ausgestaltung des hierarchischen Kontrollsystems etabliert werden. Dadurch kann es dann sogar zu perversen, den eigentlichen Intentionen des kontrollierenden Akteurs entgegengesetzten Verhaltensweisen der kontrollierten Akteure kommen (Cialdini 1996; Hochschild 1983; Moore-Ede 1993). Akteure verhalten sich dann zwar konform, aber nicht kooperativ. Kontroll- und Überwachungsmechanismen können dann die Opportunismusneigung sogar noch verstärken, wenn sie von Akteuren als Misstrauenssignale verstanden werden (Ghoshal / Moran 1996; Madhok 2006; Mellewigt / Madhok / Weibel 2007; Osterloh / Frost / Weibel 2001). Dies ist der Fall, wenn Eingriffe in die Entscheidungsautonomie als Vertrauenssubstitut wahrgenommen werden, da die Akteure dann Kontrollsysteme als „Misstrauensbeweis“ ansehen können (Cialdini 1996; Lindenberg 2000; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Sitkin 1995; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005), was letztendlich negative Konsequenzen für den Vertrauensaufbau hat (Kramer 1999, S. 591): „Because of psychological reactance, even honest employees may try to cheat or sabotage monitoring systems.“

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Zweitens ist es durch die angesprochenen hierarchischen Koordinationsmechanismen ungleich schwieriger, beobachtetes Verhalten und Handlungen von Akteuren im Hinblick auf die dahinterliegenden Intentionen abzuschätzen. Es bleibt nämlich unklar, ob sich der betreffende Akteur lediglich konform verhalten hat, um bspw. eine Sanktionierung zu vermeiden, oder aber vertrauensvolle Intentionen die Basis des Handelns bildeten (McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Perrone / Zaheer / McEvily 2003; Sitkin / Roth 1993). Zur Veranschaulichung sei hier folgendes Zitat angemerkt, dass von einem Manager stammt, der ein computergestütztes Überwachungssystem (Overview) für Mitarbeiter in einem Unternehmen einführte (Zuboff 1988, zitiert in Kramer 1999, S. 592): „If I didn’t have the Overview, I would walk around and talk to people more […] I would be more interested in what people are thinking about.“

Die beschriebenen Probleme werden im Gegensatz zur Hierarchie in hybriden Arrangements nicht oder nur in wesentlich kleinerem Ausmaß vorkommen. Hier sind die Akteure autonomer und können daher Handlungen selbstbestimmter bzw. eigenverantwortlicher durchführen. Dadurch kann die intrinsische Motivation nicht so leicht durch extrinsische verdrängt werden. Gewichtiger scheint hier aber vor allem, dass die Möglichkeiten zur Verhaltenskontrolle begrenzter sind als bei hierarchischer Koordination. Dadurch sollte es erstens zu weniger „perversem“ Verhalten kommen sowie ein geringeres Maß an Misstrauen empfunden werden. Zweitens erleichtert dies die Interpretation des beobachteten Verhaltens im Hinblick auf die dahinterstehenden Intentionen (Creed / Miles 1996; Dwyer / Schurr / Oh 1987; Ganesan 1994; Gulati 1995; Lindenberg 2000; Morgan / Hunt 1994; White 2005; Whitener / Brodt / Korsgaard / et al. 1998; Zenger / Argyres 2008). Als verdeutlichendes Beispiel sei hier die von Williamson (1991, S. 276, 291) diskutierte Notwendigkeit angeführt, unvorhergesehene Adaptionen innerhalb einer Akteursbeziehung im Zeitverlauf vorzunehmen. Während diese innerhalb der hierarchischen Form durch autoritäre Entscheidungen den beteiligten Akteuren einfach „aufoktroyiert“ werden können, müssen sie in hybriden Koordinationsbeziehungen bedingt durch die Autonomie der Akteure erst durch Konsensentscheidungen herbeigeführt werden. Durch das Durchführen aufoktroyierter Handlungen lassen sich nichtopportunistische, vertrauensvolle Intentionen offensichtlich wesentlich schwieriger signalisieren als durch selbstbestimmtes Verhalten während der Adaptionsverhandlung unter autonomen Akteuren. Aus einer gemeinsamen Betrachtung der hier dargestellten Argumente ergibt sich letztendlich folgendes zusammenfassendes Bild: Erstens scheinen marktliche Arrangements weniger geeignet als hybride und hierarchische, Vertrauen innerhalb einer Akteursbeziehung aufzubauen. Zweitens

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werden hybride Koordinationsmechanismen den Aufbau von Vertrauen stärker befördern als hierarchische. Diese Sichtweise findet sich auch in der Internationalisierungsliteratur, wobei anzumerken ist, dass hier häufig nur zwei der Koordinationsmodi vergleichend betrachtet werden. Sogar in Arbeiten, die eher dem Internalisierungsansatz zugeordnet werden können und folglich vornehmlich eine transaktionskostentheoretisch motivierte Argumentation verfolgen, lassen sich zumindest implizit Hinweise auf die Akzeptanz obiger Argumentation finden. So stellen bspw. Buckley und Casson (2002, S. 50) heraus, dass sich der Marktmechanismus nur begrenzt für den Aufbau von Vertrauen zwischen Akteuren eignet: „[This kind of] market environment […] does not […] create much need for meetings at which open forbearance and reciprocity can be displayed. […] It therefore generates little output of trust.“

Bezüglich der Unterscheidung zwischen hybriden und hierarchischen Koordinationsformen verweisen die Autoren zunächst auf die klassische transaktionskostentheoretisch fundierte Sichtweise, wonach hierarchische Koordination bei einem hinreichend großen Opportunismusrisiko relative Vorteile gegenüber hybriden Modi aufweist und folglich Letztere nur gewählt werden sollte, wenn eine vollständige Internalisierung – bspw. aus wettbewerbsrechtlichen Gründen – nicht möglich ist. Im weiteren Verlauf gestehen Buckley und Casson (2002, S. 52, ähnlich argumentieren bspw. auch: Beamish / Banks 1987; Madhok 1995) jedoch ein, dass hybride Arrangements– wobei hier anzumerken ist, dass die Autoren auf Joint Ventures mit symmetrischer Eigenkapitalbeteiligung fokussieren – evtl. besser als andere Koordinationsformen geeignet sind, den Aufbau von Vertrauen zwischen den Partnern zu fördern: „Joint ventures are, first and foremost, a device for mitigating the worst consequences of mistrust. In the language of internalization theory, they represent a compromise contractual arrangement that minimizes transaction costs under certain environmental constraints [, that is, full internalization is not possible due to external factors.] But some types of joint venture also provide a suitable context in which the parties can demonstrate mutual forbearance and thereby build up trust. This may open up possibilities for coordination that could not otherwise [that is by market or hierarchy] be entertained. The prospect of this encourages partners to take an unusually open-ended view of JV partnerships and gives JVs their political and cultural mystique. An important role of JVs, from the limited perspective of internalization economics, is to minimize the impact of quality uncertainty […]. From the more openended perspective of long-term cooperation, however, JVs designed to cope with quality uncertainty are also well adapted to help partners to reciprocate and also to learn the values that inspire the other partner to unreserved commitment to a venture.“

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

Aulakh, Kotabe und Sahay (1996) überprüfen in ihrer bereits erwähnten Studie die Auswirkungen des Einsatzes unterschiedlicher Koordinationsbzw. Kontrollmechanismen auf den Aufbau von Vertrauen innerhalb internationaler Distributions- und Lizenzierungsbeziehungen empirisch. Während hier Output- und Prozesskontrollmechanismen als eher hierarchische Koordinationsmechanismen charakterisiert werden können, scheint das verwendete Konzept der sozialen Kontrolle eher auf einen hybriden Koordinationsmechanismus bezogen zu sein (Aulakh / Kotabe / Sahay 1996, S. 1025, Hervorhebung hinzugefügt): „Social control, although initiated by the focal firm, has a bilateral property as this mechanism involves interpersonal interactions to inculcate shared organizational beliefs. Output and process control, on the other hand, are formal [hierarchical] mechanisms initiated by the focal firm to specify the outcomes and monitor the behavior of the partner firm.“

Die Autoren finden nun empirisch signifikante Hinweise dafür, dass dieser hybride Koordinationsmechanismus positiv auf den Vertrauensaufbau wirkt, während sie in ihrer Studie keine signifikanten positiven oder negativen Auswirkungen der eher hierarchischen Kontrollmechanismen finden. Auch Arbeiten, die sich eher dem Netzwerkansatz der Internationalisierung zuordnen lassen, diskutieren den Einfluss der unterschiedlichen Koordinationsmechanismen im Einklang mit der oben geführten Argumentation, wobei sich diese Autoren vornehmlich auf das intraorganisationale Netzwerk multinationaler Unternehmen beziehen und Vertrauen, wenn überhaupt, meist eher am Rande betrachten. So untersuchen bspw. Birkinshaw, Holm, Thilenius und Arvidsson (2000 / S. 322, 339) in ihrer Studie auch den Einfluss des Einsatzes von formalen Kontrollmechanismen durch die Muttergesellschaft, die explizit macht- bzw. autoritätsbasiert sind, auf die Kooperationsbereitschaft von Tochterunternehmen. Dabei zeigen sie empirisch, dass der Einsatz dieser Kontrollmechanismen negativ auf die Kooperationsbereitschaft wirkt: „[A]ctive HQ control can be interpreted as a lack of trust […]. […] [H]igh control will be associated with low cooperation. […] For subsidiary management, high levels of control are likely to be perceived negatively. They have been charged with responsibility for managing the subsidiary’s activities and delivering on the subsidiary’s goals, and as a result they are likely to feel strongly that they should have freedom to make whatever decisions they deem appropriate. HQ control, from this perspective, looks like ‚interference‘, and it is potentially rather demoralizing for subsidiary management. More critically, HQ control is likely to also result in conflict between HQ and subsidiary management, because the two parties have different points of view. […] [B]ecause HQ managers are attempting to ‚enforce‘ their view of the role that the subsidiary should be playing; […] high levels of HQ control leads to a lower

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level of cooperation between HQ and subsidiary […]. The suggestion is of a vicious circle, in which perception gaps lead to tight control, which leads to cooperation problems, which in turn leads to ever greater perception gaps.“

Birkinshaw und Fry (1998, S. 59, ähnlich argumentiert auch Birkinshaw 1998, S. 362) konstatieren, dass „MNCs need control systems to constrain the number of poorly thought-out initiatives, but increasingly, such systems should be based on the development of a shared understanding of the corporation’s strategic priorities, rather than on intervention into subsidiary affairs. The concept is similar to that of employee empowerment [which gives employees autonomous decision rights, a central feature of hybrid coordination modes]. The corporation gives subsidiary’s managers the tools they need to manage their operation effectively, along with a clear indication of the boundaries of their responsibilities. Within those limits, they have free rein to pursue opportunities as they see fit, on the assumption that they understand their operation and the local marketplace better than executives sitting in a distant head office. […] Control systems are necessary to make it work, but the philosophy of empowerment underlying this model shifts the headquarters-subsidiary relationship from one of mutual suspicion and interference toward one of trust and shared destiny.“

Besonders deutlich wird die Relevanz der oben postulierten Argumentation bezüglich der relativen Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen in Bezug auf den Vertrauensaufbau bei Gooderham, Minbaeva und Pedersen (2011), die sich dabei explizit auf die Sichtweise von Ghoshal und Moran (1996) beziehen. Die Autoren untersuchen in ihrer Studie über die intraorganisationalen Beziehungen von multinationalen Unternehmen den Einfluss dreier unterschiedlicher Koordinationsformen (Adler 2001; Adler / Kwon 2002) auf den Aufbau von Sozialkapital, was – wie in ihrer Arbeit deutlich wird – in unmittelbarer Verbindung mit dem hier verwendeten Vertrauenskonstrukt steht, und stellen diesbezüglich die folgenden Hypothesen auf (Gooderham / Minbaeva / Pedersen 2011, S. 131 f.): „[In market-based governance-forms C]ooperation […] is based on price-based or market-like quid-pro-quo contracts or agreements with colleagues that not only assume no [development of] mutual goodwill [trust] but which might also, because of the latent danger of asymmetries and opportunism, be harmful. […] [T]he effects of hierarchy on social capital are primarily destructive […]. On the individual level, cooperation with colleagues is based on an assumption of compliance and conformity with a set of impersonal rules and regulations. As such, hierarchical governance mechanisms not only fail to presume goodwill [trust] but they may also undermine any development of goodwill [trust] among colleagues. Interactions are based on the latent threat that a lack of cooperation will trigger an appeal to authority with the prospect of sanctions. In other words, rather than ‚consummate cooperation‘, hierarchical control mechanisms may result in purely ‚perfunctory compliance‘ (Ghoshal and Moran, 1996, p. 25). […]

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These [social governance] mechanisms are employed to facilitate social relations that form social capital. […] [T]hey constitute mechanisms of organizational control that vary significantly from those involving the exercise of authority or the use of reward systems. […] The implication is that management can positively influence knowledge transfer by deploying non-market, intrinsic incentives (Osterloh and Frey, 2000) that ‚allow for establishing psychological contracts based on emotional loyalties’ […]. […] These mechanisms create a context of identification, trust, and commitment that is free of the ‚perfunctory compliance‘ associated with hierarchical control (Ghoshal and Moran, 1996). Therefore, the application of social governance mechanisms serves to increase the sense of mutual goodwill on the individual level“.

Nach der empirischen Überprüfung kommen die Autoren (Gooderham / Minbaeva / Pedersen 2011, S. 143, 145 f, Hervorhebung hinzugefügt) zu folgenden Schlüssen: „As proposed […], the use of social governance mechanisms […] is highly significant (p < 0.01) and positive (coefficient: 0.56) in terms of promoting social capital. […] In line with Adler and Kwon’s assertion that social relations underlie social capital, one of our key findings is that the use of [social] governance mechanisms […] is an important driver of social capital. […] [W]e [also] find that the use of hierarchical governance mechanisms undermines the formation of social capital […]. These mechanisms, which include the application of authority, rules, and regulations, have a clear negative impact on social capital, as they constrain the positive influence of the social governance mechanism and result in what Ghoshal and Moran (1996, p. 25) denote as ‚perfunctory compliance‘. […] Our main finding regarding the application of market-based governance mechanisms is paradoxical and puzzling. On the one hand, these mechanisms have a negative, albeit weak, impact on the promotion of social capital, which is in line with our hypothesis. On the other hand, the total effect of market-based mechanisms on the promotion of social capital is negligible because of its strongly positive correlation with social governance mechanisms. In other words, our findings suggest that the application of market-based mechanisms do no overall ‚damage‘ to the promotion of social capital. Indeed, it is almost as though they are irrelevant.“

Hier ist zunächst festzustellen, dass die angeführten sozialen oder informellen Governancemechanismen nicht mit der hybriden Koordinationsform gleichzusetzen sind, jedoch trotzdem von einem Zusammenhang ausgegangen werden kann, der die hier verfolgte Argumentation zu stützen scheint: Es wurde bereits konstatiert, dass die diskutierten (ideellen) Governancebzw. Koordinationsmechanismen nicht mit (realen) Organisationsformen gleichzusetzen sind, jedoch mit diesen in Verbindung stehen, da innerhalb der Organisationsformen zwar alle Koordinationsmechanismen prinzipiell einsetzbar sind, diese Einsatzmöglichkeiten oder -anreize jedoch in Abhängigkeit vom jeweiligen Internalisierungsgrad unterschiedlich stark ausge-

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prägt sind (Adler 2001; Kap. C. III.). Soziale Koordination basiert nun vor allem auf informellen Beziehungen und erlaubt dadurch die Etablierung „psychologischer Verträge“, die auf „emotionalen Loyalitäten“ basieren, wodurch letztendlich die Koordination von Akteuren bzw. deren Aktivitäten ermöglicht wird (Adler 2001; Adler / Kwon 2002; Foss 2007). Das Konzept scheint daher vergleichbar mit dem unter dem Begriff der gemeinsamen Identität bereits diskutierten. Unter Rekurs auf die Diskussion der evtl. notwendig werdenden unvorhergesehenen (gemeinsam) koordinierten Adaption innerhalb von Akteursbeziehungen lässt sich die soziale Koordination daher als Substitut zur hierarchischen und Komplement zur marktlichen sehen (Conner / Prahalad 1996; Demsetz 1988; Grant 1996): Der hierarchische Koordinationsmechanismus ermöglicht eine koordinierte Adaption durch formale Mechanismen – bspw. Anweisungen und Kontrolle –, wohingegen der soziale Koordinationsmechanismus, wie oben beschrieben, das Gleiche durch informelle Mechanismen erlaubt. Die Anwendbarkeit der formalen Mechanismen ist dabei positiv mit dem Internalisierungsgrad verknüpft; eine vollständige Internalisierung ermöglicht die weitestgehende Anwendung von formalen Mechanismen, da hier die internalisierten Akteure nicht mehr autonom sind (Conner / Prahalad 1996; Williamson 1991). Demgemäß besteht bei vollständiger Internalisierung der geringste Anreiz, soziale Koordinationsmechanismen zu etablieren; schließlich ließe sich dadurch die aufgrund der formalen Mechanismen ohnehin ermöglichte Koordination zu größten Teilen lediglich auf anderem Wege erlangen. Der marktliche Mechanismus ermöglicht hingegen kaum eine gemeinsame Koordination unvorhergesehener Adaptionen, weshalb hier soziale Mechanismen als ergänzend angesehen werden könnten. Da die rein marktliche Organisationsform bzw. der geringste Internalisierungsgrad jedoch kaum Möglichkeiten persönlicher Interaktionen bereitstellt, ist auch die Etablierung sozialer Koordinationsmechanismen kaum möglich. Bezüglich hybrider Organisationsformen bzw. mittlerer Internalisierungsgrade kann nun davon ausgegangen werden, dass diese die diskutierten Nachteile oder Probleme vollständig integrierter und rein marktlicher Organisationsformen jeweils in geringerem Maße aufweisen: Weil hier kein so weitreichender Einsatz formaler Mechanismen aufgrund der relativen Autonomie der Akteure möglich ist, stellen soziale Mechanismen in begrenzterem Maße ein Substitut zur hierarchischen Koordination dar. Vielmehr können soziale Mechanismen hier unzureichende hierarchische kompensieren. Da hybride Organisationsformen darüber hinaus zumindest prinzipiell persönliche Interaktionen eher ermöglichen als rein marktliche, ist auch die Etablierung sozialer Mechanismen eher möglich.

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Die obige Studie lässt sich damit im Einklang mit der hier postulierten Argumentation wie folgt interpretieren: Innerhalb hybrider Arrangements existiert im Vergleich zu hierarchischen ein größerer Anreiz und im Vergleich zu marktlichen eher die Möglichkeit, soziale Koordinationsmechanismen zu etablieren und einzusetzen. Daraus folgt dann letztendlich, dass hybride und hierarchische Organisationsformen den Vertrauensaufbau befördern können, während dies in rein marktlichen – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt möglich ist. Hierarchische Organisationsformen können jedoch im Vergleich zu hybriden einen stärkeren gegenläufigen Effekt erzeugen.109 b) Dynamische Veränderung der kognitiven Distanz Wie bereits in Kap. B. II. 4. d) herausgestellt, hat die kognitive Distanz Auswirkungen auf die Koordinationseffizienz innerhalb internationaler Akteursbeziehungen. Daher stellt sich hier aus dynamischer Perspektive die Frage, wie es zu einer Veränderung bzw. Reduktion der kognitiven Distanz kommen kann. Ein erster Anhaltspunkt lieferte dabei bereits die Diskussion in Kap. B. II. 4. d), wo konstatiert wurde, dass die hierarchische Koordination im Vergleich zu anderen Modi aus einer wissensbasierten Internationalisierungsperspektive einen relativen Effizienzvorteil aufweisen kann, da die individuellen Akteure innerhalb einer integrierten Organisation durch eine gemeinsame Identität verbunden sein können und dann somit eine relativ geringe kognitive Distanz aufweisen, wodurch letztendlich der effektive Transfer insbesondere von impliziten Wissensbestandteilen zwischen den Akteuren vereinfacht bzw. relativ effizienter wird. Dort wurde aber auch herausgestellt, dass aus statischer Sicht nicht ersichtlich ist, wieso innerhalb integrierter Koordinationsformen generell eine geringere kognitive Distanz vorherrschen sollte als bei geringeren Internalisierungsgraden. Bspw. ist es nicht einleuchtend, warum ein individueller Akteur, sobald sich dieser einem Unternehmen anschließt, unmittelbar eine geringere kognitive Distanz zu anderen Mitgliedern aufweisen sollte als vor dem Eintritt. 109 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass hier die Auswirkungen des Internalisierungsgrades auf den Vertrauensaufbau isoliert betrachtet werden. Es wird jedoch im folgenden Abschnitt auch noch gezeigt werden, dass die hierarchische Organisationsform in stärkerem Maße dazu befähigt, die kognitive Distanz im Zeitverlauf zu reduzieren. Da bereits herausgestellt wurde, dass sich eine geringere kognitive Distanz positiv auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus auswirkt, kann auf Basis dieser Argumentation auch gefolgert werden, dass die hierarchische Organisationsform in stärkerem Maße zum Vertrauensaufbau beitragen kann, als dies eine hybride vermag. Welcher Effekt nun dominieren wird, lässt sich allgemeingültig nicht sagen, sondern scheint vielmehr kontextabhängig zu sein.

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Aus einer dynamischen Perspektive heraus könnte es jedoch durchaus zu den geschilderten Effizienzvorteilen der Hierarchie kommen, wenn diese eine weiterreichende und / oder schnellere Reduktion der kognitiven Distanz erlaubt als andere Modi. Damit stellen sich hier die Fragen, welche Faktoren wie zu einer Veränderung der kognitiven Distanz beitragen und welche Verbindungen hier zu den einzelnen Koordinationsmodi bestehen. Diesbezüglich lassen sich zwei wesentliche komplementäre Argumentationsstränge identifizieren, die im Folgenden nacheinander betrachtet werden. Zum einen wird der eingesetzte Akteursspezifitätsgrad Auswirkungen auf eine intertemporale Veränderung der kognitiven Distanz haben, was dann unter Rekurs auf die in Kap. B. II. 4. f.) diskutierten Unterschiede zwischen den Koordinationsformen bezüglich des Einsatzes spezifischer Ressourcen auf indirektem Wege auch Unterschiede zwischen diesen Modi in Bezug auf die Reduktion der kognitiven Distanz erklären könnte. Zum anderen wird auch die gewählte Koordinationsform direkt einen differenzierenden Einfluss auf die Veränderung der kognitiven Distanz zwischen den beteiligten Akteuren ausüben. aa) Der Einfluss des Akteursspezifitätsgrades auf die Möglichkeit einer Reduzierung der kognitiven Distanz Der Akteursspezifitätsgrad der zu transferierenden Wissenssets wird die Veränderung der kognitiven Distanz beeinflussen, da ja dieser Spezifitätsgrad die notwendige Interaktionsintensität zwischen den Akteuren bestimmt, um einen Transfer effektiv durchzuführen. Da aus der statischen Koordinationsdiskussion hervorging, dass die einzelnen Koordinationsmodi unterschiedliche Transferkapazitäten bzw. Interaktionsmöglichkeiten bereitstellen, kommt es zu relativen Effizienzunterschieden zwischen diesen in Abhängigkeit des eingesetzten oder zu transferierenden Spezifitätsgrades. Folglich kann angenommen werden, dass es einen indirekten Einfluss des Internalisierungsgrades auf die kognitive Distanz geben wird, der über den Spezifitätsgrad vermittelt wird. In diesem Zusammenhang ist zunächst noch einmal auf das Konzept der „Absorptive Capacity“ und dessen Verbindung mit der kognitiven Distanz zu verweisen. Die Fähigkeit eines Akteurs, ein spezifisches Wissensset zu internalisieren, wird von seiner kognitiven Position in Relation zu diesem Wissensset beeinflusst. Je größer die kognitive Distanz des Akteurs zum betrachteten Wissensset ist bzw. zu dem Akteur, der über dieses verfügt, umso schwerer wird es für Ersteren werden, das Wissensset zu internalisieren (Bhagat / Kedia / Harveston / et al. 2002; Kedia / Bhagat 1988; Lane / Lubatkin 1998). Die kognitive Position eines Akteurs ist wiederum das Ergebnis

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Teil 1: Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen

von vorangegangenen Erfahrungen und somit auch von erfolgten Wissenstransfers (Edelman 1987; Hedberg 1981; Hendriks-Jansen 1996; Nooteboom 2000b; 2009). Wenn die kognitive Position eines Akteurs durch Erfahrungen determiniert wird, kann sich diese Position durch neue Erfahrungen auch verändern. Dies bedeutet dann, dass zwei Akteure, die gemeinsame Erfahrungen sammeln, sich kognitiv annähern, also die kognitive Distanz zwischen ihnen durch ihre Interaktionen verringern werden, was Nooteboom (2009, S. 83) wie folgt beschreibt:110 „Reducing cognitive distance entails alignments on the deep level of cognition, so that people think more similarly. […] When people who think differently continue interaction, starting from surface agreements, they may in time come to think more similarly, that is share underlying cognition, in a reduction of cognitive distance.“

Der Einsatz spezifischer Ressourcen bzw. der Transfer spezifischer Wissenssets zwischen Akteuren bedingt genau solche gemeinsamen Erfahrungen, da der Einsatz abhängig vom Spezifitätsgrad der Wissenssets mehr oder weniger Interaktionen erfordert bzw. der Transfer nur durch diese ermöglicht wird. Je spezifischer das Wissen ist, das innerhalb einer Akteursbeziehung transferiert wird, umso intensiver und extensiver werden die Interaktionen zwischen den Akteuren sein müssen, wodurch die Akteure mehr gemeinsame Erfahrungen machen und so ihre kognitiven Positionen stärker aneinander annähern. Hier ist jedoch anzumerken, dass sich die gemeinsamen Erfahrungen aufgrund eines Transfers von Wissenssets auf bestimmte damit zusammenhängende kognitive Bereiche beschränken werden und es damit nur zu Veränderungen von Teilen der kognitiven Positionen der beteiligten Akteure kommen kann, während andere nicht betroffen sind. Anders formuliert, kann es durch den Wissenstransfer also zu einer kognitiven Überbrückung bei den betroffenen Wissens- oder Erfahrungsbereichen kommen, während andere „Lebensbereiche“ der Akteure, die auch Bestandteil von deren kognitiven Positionen sind, überhaupt nicht tangiert werden (Edelman 1987; Nooteboom 2000b; 2009). Auf diesen Punkt wird am Ende des folgenden Abschnitts noch eingegangen. Ungeachtet dessen kann auf Basis dieser Argumentationslinie bereits konstatiert werden, dass die marktliche Koordination das geringste Potential aufweisen wird, die kognitive Distanz zu reduzieren, da innerhalb dieser der relativ geringste Akteursspezifitätsgrad effektiv und effizient eingesetzt werden kann. Innerhalb hybrider und hierarchischer Arrangements können 110 Natürlich hängt das Ausmaß dieser Annäherung vom Ausmaß bzw. Anteil dieser Erfahrungen im Vergleich zur Gesamtheit aller Erfahrungen im gleichen Zeitraum ab (Ring / Van de Ven 1994).

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hingegen höhere Akteursspezifitätsgrade transferiert werden, weshalb auch davon auszugehen ist, dass hier eine stärkere Reduktion der kognitiven Distanz möglich ist (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Nooteboom 2009; Park / Ungson 2001; Zenger / Argyres 2008). Diese Argumentation scheint zumindest implizit in Arbeiten der Internalisierungstheorie anerkannt zu werden, indem hier propagiert wird, dass die Vorteilhaftigkeit einer Internalisierung internationaler Aktivitäten gegenüber externen Marktbeziehungen vor allem dynamischer Natur ist, wobei hier anzumerken ist, dass sich diese Arbeiten nicht auf das Konzept der kognitiven Distanz beziehen (Buckley 1988; 1990; Buckley / Casson 1976; 1998a; 1998b; Casson 1979; 1987; Rugman 1980a; 1981). Grob vereinfacht ist die Argumentation hier, dass werthaltige Ressourcen bzw. Wissenssets unternehmensintern entwickelt werden und sich dieser Vorteil durch Internationalisierung auch auf ausländischen Märkten ausnutzen lässt. Die Ausnutzung dieser Wissenssets an einem ausländischen Standort lässt sich nun am relativ effizientesten durch vollständige Internalisierung erreichen, da sich so opportunistisch motivierte Aneignungsprobleme am ehesten vermeiden bzw. minimieren lassen (Hennart 1982; 1991). Daneben implizieren aber bspw. Buckley und Casson (1976, S. 42) einen weiteren Vorteil des internen Transfers, indem sie konstatieren, dass „[t]he personnel responsible for encoding and decoding [knowledge] must have similar backgrounds or […] [must have operated] in a similar environment, otherwise misunderstandings will arise […] [which] can be avoided only by additional expenditure on checking.“

Da ein solcher ähnlicher Hintergrund innerhalb einer multinationalen Unternehmung bereits vor der betrachteten Internationalisierungsentscheidung durch die Zusammenarbeit von Akteuren – evtl. bei der Entwicklung der zu transferierenden Wissenssets oder bei vormaligen internationalen Transfers –entstehen kann, ist ein interner Transfer über solche Akteure besonders effizient. Auf diesen letztgenannten Punkt bezieht sich auch Teece (1977, S. 247 f; 1976; 1981) in seinen Arbeiten bezüglich des internationalen Technologietransfers multinationaler Unternehmen und weist empirisch nach, dass ein: „critical factor in the transfer of technology is the extent to which the technology is completely understood by […] [the actors involved]. The number of manufacturing start-ups or applications which [those actors have] […] already conducted with a specific technology can be used as an index of this knowledge. An increase in the number of applications is likely to lower transfer costs since with each start-up additional knowledge about the technology is acquired. […] Besides these engineering economies, additional applications provide expanded opportunities for the pre-start-up training of the labour force. Clearly, if identical or similar plants exist elsewhere, then experienced operators from these plants can be used to assist

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the start-up in the new plant. In addition, untrained operators can be brought into existing plants for pre-start-up training. […] [The empirical findings] suggest that […] the second start-up could lower transfer costs by 34 % over the first start-up, other variables held constant. The corresponding change for conducting a third start-up is I9 % [in the surveyed companies on average].“

Diese Aussagen legen nahe, dass die persönlichen Interaktionen beim Transfer impliziter Wissenssets auch dazu führen, dass die beteiligten Akteure sich besser verstehen, was wiederum vermuten lässt, dass sich die kognitive Distanz verringert und so spätere Transfers erleichtert werden. Bezüglich des Vergleichs hybrider Markteintrittsformen mit marktlichen argumentieren bspw. Beamish und Banks (1987, S. 4 f.), dass „[in Equity Joint Venures there] are strong incentives for the parties to pool their respective resources. By doing so, it is possible for the [foreign partner firm] […] to economize on the information requirements of foreign investment […]. The [foreign partner] […] can provide firm-specific knowledge regarding technology, management and capital markets while the local partner can provide locationspecific knowledge regarding host-country markets, infrastructure and political trends. By pooling and sharing information through the mechanisms of a joint venture [which the authors specify as supporting inter-organizational linkages such as mechanisms for the division of profits, joint decision-making processes and reward and control systems] the [foreign partner] […] is able to reduce uncertainty at a lower long-term average cost than through pure […] market approaches. […] What seems to often be overlooked by management in the overall economic evaluation of joint ventures is that even though the start-up costs of [less integrated modes] […] may be substantially lower, the long-term average costs may be much higher than joint ventures due to the very significant costs associated with independent efforts to overcome a lack of knowledge about the local economy, politics and culture.“

Dies impliziert, dass es durch den bereits anfangs höheren Transfer an spezifischen Wissenssets in Joint Ventures im Vergleich zu marktlichen Beziehungen zu in- und extensiven Interaktionen zwischen den beteiligten Akteuren kommt. Dadurch ergeben sich längerfristige Effizienzvorteile, da so innerhalb von Joint Ventures der zukünftige Austausch von Wissenssets einfacher wird. Anderson und Gatignon (1986, S. 10 ff., Hervorhebung hinzugefügt) konstatieren: „Such [tacit] knowledge is often ill codified and difficult to transmit across organizational boundaries. […] This obliges information-holders to exploit it themselves, resulting in high levels of ownership, and hence control, of a foreign business entity. Ownership has the added advantage of encouraging team work and keeping the (employee) team together […]. […] [The same logic applies to] products customized to the user. […] [B]y the nature of customization, the entrant

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must work actively with the local entity to tailor the product to the user. Accordingly, working relationships [are] […] developed between personnel from each company (contractor and contractee). Those relationships will include a knowledge of what to expect from individuals and of how to communicate. […] [T]he strong reliance of decision-makers on such relationships when assessing other foreign opportunities […] underscores their importance. Since these relationships exist only with the current contractee, the entrant is locked in. Team effects have been created, and control is needed to preserve them“.

Die Autoren scheinen damit darauf hinzuweisen, dass neben der Notwendigkeit, potentielles opportunistisches Verhalten bei Einsatz spezifischer Anlagen durch höhere Internalisierungsgrade zu kontrollieren, auch Effizienzvorteile dadurch entstehen, dass es aufgrund der einhergehenden persönlichen Interaktionen zu einem besseren Verständnis zwischen den involvierten Akteuren kommt. Deutlicher geht der hier postulierte positive Einfluss des Internalisierungsgrades auf die Reduktion der kognitiven Distanz, vermittelt über den durch Erstere ermöglichten relativ höheren Spezifitätsgrad, aus Arbeiten hervor, die eindeutiger einer wissensbasierten Perspektive zugeordnet werden können. So untersuchen bspw. Yamin und Sinkovics (2006, S. 354, zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Isobe / Makino / Montgomery 2000; Luo / Peng 1999; Pedersen / Petersen 2004) den Einfluss unterschiedlicher Markteintrittsformen bzw. Internalisierungsgrade von Unternehmen auf die Möglichkeit einer Reduzierung der psychischen Distanz zu im Auslandsmarkt ansässigen Kunden. Dabei kommen sie zu dem Schluss, dass ein höherer Internalisierungsgrad – der in der Studie durch den Einsatz von unternehmenszugehörigen Exportagenten definiert ist – zu einer schnelleren Reduktion der psychischen Distanz führt als ein geringerer Internalisierungsgrad, der hier durch allein onlinebasierte und vom Heimatmarkt aus geführte Kundenkontakte gekennzeichnet ist und so eher als marktliches Arrangement verstanden werden kann: „[T]he importance attached to the employment of export agents and own offices was the key factor in moderating the impact of online contact in reducing psychic distance for firms B and C. However, even firms that did not currently rely heavily on export agents agreed that online activity and contacts with customers and other counterparts would not fully substitute for onsite knowledge and experience. Thus, although the interviewee thought that online-interaction had reduced feelings of cultural distance, online […] [interaction] in practice had a mixed impact on reducing elements of business distance.“

Auch Kogut und Zander (1993, S. 631 ff.) beziehen sich auf den höheren Spezifitätsgrad zu transferierender Wissenssets, der durch die Koordinationsstruktur innerhalb von Unternehmen im Gegensatz zum Markt bereits

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anfangs ermöglicht wird, und dessen Bedeutung für die Effizienz folgender (internationaler) Transfers: „Through repeated interactions, individuals and groups in a firm develop a common understanding by which to transfer knowledge from ideas into production and markets. In this very critical sense, what determines what a firm does is not the failure of a market, but the firm’s efficiency in this process of transformation relative to other firms. It is the difference in knowledge and the embedded capabilities between the creator and the users (possessed with complementary skills) which determine the firm boundary, not market failure itself. […] [E]xperience in internal transfers encourages more internal transfers in the future. These findings lend themselves to the interpretation that the experience in internal transfers is codified [or expressed] in a way idiosyncratic to the firm […]. […] There are, then, clear indications that the costs of transfer are related to the accumulation of experience and learning. The standardization of evaluation systems and procedures is an expression of the shared knowledge, values, and assumptions and eases the transfer of knowledge within the firm.“

Ähnliche Argumentationsmuster lassen sich auch in den bereits angesprochenen Arbeiten zu strategischen Allianzen finden. So erklärt bspw. White (2002, S. 6, ähnlich argumentieren bspw. auch: Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Madhok / Tallman 1998; Madhok 2000; Zajac / Olsen 1993) im Kontext interorganisationaler Allianzen, „it is more efficient in terms of coordination costs to limit the need for interaction between two or more units involved in a joint task because it reduces the costs associated with interorganizational coordination mechanisms“.

Unmittelbar darauf folgend erklärt der Autor jedoch auch, dass aus dynamischer Sicht, „some benefits (e. g. learning and transfer of tacit knowledge) require greater interaction, so limiting interaction could have the effect of reducing efficiency even while reducing costs.“

Nun ist hier aber problematisch, dass die oben angeführte generelle Argumentation sowie die zitierten Arbeiten im Internationalisierungskontext zwar den Nachteil der marktlichen Koordination bei der Reduzierung der kognitiven Distanz im Vergleich zur hybriden und hierarchischen fundiert darlegen, jedoch kein diesbezüglicher Unterschied zwischen den beiden letztgenannten Koordinationsmodi erkennbar wird. Dies deckt sich auch mit den Ausführungen in Kap. B. II. 4. f.), in dem unter anderem festgestellt wurde, dass keine Effizienzunterschiede zwischen Hybrid und Hierarchie bezüglich des Akteursspezifitätsgrades ersichtlich sind. Wenn folglich davon ausgegangen werden kann, dass gleich hohe Akteursspezifitätsgrade in diesen beiden Modi effizient eingesetzt werden können, so sollten beide auch das gleiche Potential aufweisen, die kognitive Distanz im Zeitverlauf zu reduzieren.

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In diesem Zusammenhang könnte aber der Einbezug einer transaktionskostentheoretisch fundierten Perspektive eine Unterscheidung zwischen hybriden und hierarchischen Koordinationsformen auf Basis der obigen Spezifitätsdiskussion ermöglichen. Aus dieser Perspektive ging eindeutig hervor, dass die Hierarchie relative Effizienzvorteile gegenüber dem Hybrid bei der Koordination von Aktivitäten aufweist, zu deren Durchführung transaktionsspezifische Anlagen eingesetzt werden. Wenn angenommen wird, dass der Transfer akteursspezifischer Wissenssets gleichbedeutend mit dem Einsatz transaktionsspezifischer Anlagen ist oder Ersterer zumindest den Einsatz solcher Anlagen erfordert, so ergäbe sich folglich auch ein relativer Effizienzunterschied zwischen Hybrid und Hierarchie in Abhängigkeit des Akteursspezifitätsgrades der zu transferierenden Ressourcen.111 Dann würde die Hierarchie einen Transfer von Wissenssets mit höherem Akteursspezifitätsgrad effizienter ermöglichen als hybride Arrangements, wodurch der obigen Argumentation folgend letztendlich die kognitive Distanz innerhalb der Hierarchie schneller oder weiter reduziert werden könnte als innerhalb hybrider Akteursbeziehungen. Dieser Argumentation scheinen aber keine Arbeiten im Internationalisierungskontext explizit zu folgen. Diesbezüglich wird hier daher auf die Diskussion des Formalmodells in Kap. D. II. und F. I. 1. c) verwiesen, in der dieser Punkt wieder aufgegriffen und genauer beleuchtet wird. Es kann jedoch auch von einem Unterschied zwischen hybrider und hierarchischer Koordination ausgegangen werden, der unabhängig vom Spezifitätsgrad ist und im folgenden Abschnitt betrachtet wird. bb) Der Einfluss des Koordinationsmodus auf die Möglichkeit einer Reduzierung der kognitiven Distanz Und zwar können distinkte Charakteristika der einzelnen Koordinationsformen auch direkt – also relativ unabhängig vom Akteursspezifitätsgrad – einen Unterschied zwischen den einzelnen Koordinationsmodi bezüglich der Möglichkeit begründen, die kognitive Distanz im Zeitverlauf zu reduzieren. 111 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass spezifische Wissenssets ja nicht zwangsläufig auch transaktionsspezifsch sein müssen. Jedoch werden für den Transfer spezifischer Wissenssets transaktionsspezifische Investitionen getätigt werden müssen, damit ein effektiver Transfer zustande kommen kann. Es wurde bereits herausgestellt, dass der Transfer impliziter Wissenselemente nur durch intensive oder persönliche Interaktionen möglich ist. Diese Interaktionen sind daher zwangsläufig transaktionsspezifisch, da sie außerhalb der betrachteten Transferbeziehung keinen oder zumindest einen wesentlich geringeren Wert haben. Dieser Punkt wird in Kap. D. II. noch ausführlich diskutiert.

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Ein erster Anhaltspunkt im Internationalisierungskontext lässt sich innerhalb der Arbeiten der bereits erwähnten New Economic Geography finden. Dort wird nämlich auch die Vorteilhaftigkeit diskutiert, bestimmte Aktivitäten in unmittelbarer geografischer Nähe zu bestimmten anderen Akteuren durchzuführen. Als Ausgangspunkt sei angenommen, dass zwei Akteure innerhalb einer Transaktionsbeziehung zur effektiven Zusammenarbeit implizite Wissenssets austauschen müssen. Folglich könnte sich der eine Akteur in geografischer Nähe des anderen Akteurs ansiedeln, um effiziente persönliche Interaktionen zu ermöglichen bzw. so einen Kommunikationskanal mit großer Bandbreite zu etablieren. Eine solche Co-Lokation kann daher zunächst hybriden und hierarchischen Modi zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang diskutieren Leamer und Storper (2001, S. 652) die Auswirkungen von neueren internetbasierten Kommunikationstechnologien, die auch eine persönliche Interaktion zwischen Akteuren über größere geografische Distanzen ermöglichen, ohne dass sich diese tatsächlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen: „[Unlike e]arlier innovations in communication technologies including print media, the telegraph, recordings, the telephone and the television [which only allow interactions with a rather narrow bandwidth] […], broadband Internet communication […] allow[s] inexpensive simultaneous real-time interactive visual, oral, numerical and textual messages, creating a much more powerful imitation of closeness than has heretofore been possible.“

Da Investitionen in solche Kommunikationstechnologien auf eine einzelne Akteursbeziehung bezogen offensichtlich geringer sein werden als in eine Co-Lokation – Erstere können ja in mehreren Beziehungen eingesetzt werden –, sollten sie folglich eine gleich effektive Koordination relativ effizienter ermöglichen als die Ansiedlung in geografischer Nähe. Leamer und Storper (2001, S. 652 f., Hervorhebung hinzugefügt) argumentieren aber nun, dass dies nicht der Fall sein muss: „But the imitation does not have all the properties of the real thing. Face-to-face communication derives its richness and power not just from allowing us to see each other’s faces and to detect the intended and unintended messages that can be sent by such visual contact. Co-presence – being close enough literally to touch each other – allows visual ‚contact‘ and ‚emotional closeness,‘ the basis for building human relationships. […] [T]he Internet does nothing by itself to put a message in the right context, and does not help in understanding. Moreover, […] there is little relationship bond created by the process. […] The virtual world of the Internet has no physical neighborhoods, no Starbucks where […] people bump into each other for serendipitous hand-shaking in communities defined by cultural affiliation, language, ideology, desire, mutual identification, and other powerful forms of bonding.“

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Anders ausgedrückt, ermöglicht die Investition in die Co-Lokation einen Bindungs- oder Identifikationsprozess zwischen den involvierten Parteien, was einer Reduktion der kognitiven Distanz entspricht (Nooteboom 2009).112 Genau dies verweist nun auf eine Begründung für einen dynamisch motivierten Unterschied insbesondere zwischen Hybrid und Hierarchie bei der Reduktion der kognitiven Distanz, der direkt mit den Eigenschaften und damit auch mit dem Internalisierungsgrad der unterschiedlichen Modi verknüpft ist und nicht indirekt über den Spezifitätsgrad vermittelt wird. Ausgangspunkt ist hier wieder die Auffassung, integrierte hierarchische Organisationen als „cognitive focusing device“ (Nooteboom 2009) zu verstehen. Demnach scheinen integrierte Organisationen in der Lage zu sein, ihre Mitglieder durch Gemeinsamkeiten – z. B. Ansichten, Normen und Werte – miteinander zu verbinden, also eine gemeinsame Identität zu stiften, was March (1991, S. 75, ähnlich argumentieren bspw. auch: Demsetz 1988; Grant 1996; Kogut / Zander 1996) wie folgt beschreibt: „An organization socializes recruits to the languages, beliefs, and practices that compromise the organizational code.“

Wenn demnach Organisationen bzw. Entscheidungsträger innerhalb von Organisationen eine solche Sozialisation aktiv betreiben, stellt sich zunächst die Frage, warum sie dies tun bzw. warum sie ein größeres Interesse an einer solchen Sozialisation innerhalb der Organisation als außerhalb haben. Ein Teil der Antwort auf diese Frage wurde bereits in der Diskussion über die statische Koordinationseffizienz der einzelnen Modi in Kap. B. II. 2. f.) gegeben: Da eine Vergrößerung der kognitiven Distanz die Koordinationseffizienz innerhalb hierarchischer Modi im Vergleich zu anderen Formen am stärksten verringert, haben im Umkehrschluss die Entscheidungsträger auch den größten Anreiz an einer Reduktion der kognitiven Distanz innerhalb solcher Organisationen. Den unmittelbaren Zusammenhang mit der Generierung eines Wettbewerbsvorteils bzw. Mehrwertes erklärt Nooteboom (2009, S. 76 f.) anschaulich wie folgt: „Many firms still define themselves in terms of specific activities, but as the pace of change of knowledge, technologies and markets increases, firms are learning to shift their focus from a given range of activities, products, […] [etc.] to a focus of underlying capabilities that have the potential of generating and supporting a 112 Ähnlich argumentiert auch Dyer (1997, S. 549, Hervorhebung hinzugefügt) in seinem Vergleich japanischer und US-amerikanischer Autobauer bezüglich der Ausgestaltung von Zuliefererbeziehungen:

„[A] Nissan seat supplier decided to build its plant on the property adjacent to a Nissan assembly plant […] [leading to a] high degree of information sharing […] [which resulted] in higher levels of relation-specific investments because the parties discover new ways to enhance performance“.

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variety of products and production processes (Quinn, 1982, 1992). […] [T]here is increasing pressure to strengthen the focus of capabilities to those ‚core capabilities‘ in which firms can maintain durable competitive advantage. While such focus limits the range of potential activities of the firm by itself, it yields a further increase of flexibility, in a wider scope of more variable configurations of the firm’s capabilities with those of other firms. It also improves their distinction with respect to other firms, with the usual consideration […] that differentiation yields higher profitability than price competition […]. […] For any given focus of capabilities, in order to profit from complementarities between them cognitive coordination is needed on their interfaces […] to enable sufficient mutual understanding and ability to collaborate […]. Such alignment of cognition requires what I call ‚organizational cognitive focus‘.“

Bezüglich der Fragen, wie nun integrierte Organisationen eine höhere Sozialisationskapazität erreichen und warum durch hybride Arrangements nicht eine vergleichbare gemeinsame Identität gestiftet werden kann, gibt bereits Boulding (1961, S. 58) einen wertvollen Hinweis: „The organization begins, shall we say, as a fertile image in the mind of some creative individual. […] An organization is a structure of roles tied together by lines of communication. The existence of such a structure depends on the presence of a ‚public image‘ among those who participate in its roles.“113

Der Unternehmensgründer wird also eine Vorstellung der Unternehmensidentität haben, die seiner individuellen kognitiven Position entspringt. Im Zeitverlauf werden weitere Individuen in die Organisation eintreten, die mehr oder weniger divergierende Vorstellungen bzw. kognitive Positionen innehaben werden. Damit nun alle Individuen zusammenarbeiten bzw. ihr jeweiliges spezifisches Wissen integrieren können, werden sie Strukturen und Rollen erschaffen, die auf Gemeinsamkeiten in ihren Vorstellungen basieren und so eine gemeinsame Identität stiften (Ring / Van de Ven 1994). Die Individuen werden nun innerhalb des Organisationskontextes interagieren und Handlungen (gemeinsam) durchführen, die sich an der gemeinsamen Identität orientieren und diese so gleichzeitig manifestieren (Giddens 1984; Nooteboom 2000b; 2009; Weick 1979; 1995; Weick / Roberts 1993; Windeler 2001). Anfänglich wird die gemeinsame Identität einem gewissen Veränderungsdruck ausgesetzt sein, wenn neue Individuen mit ihren (distinkten) Vorstellungen und kognitiven Positionen der Organisation beitreten. Dadurch kann es zu Verschiebungen dieser Identität kommen, wenn akzeptiert wird, dass eine gemeinsame Identität aus der Schnittmenge der individuellen Vorstellungen bzw. kognitiven Positionen resultiert. Im Zeitverlauf wird der Veränderungsdruck jedoch aus zweierlei Gründen sukzessive abnehmen: Zum einen wird der eben beschriebene zirkuläre Effekt, dass eine gemeinsame Identität Hand113 Eine ähnliche, jedoch nicht ganz so klare Argumentation lässt sich auch schon bei Penrose (1959, S. 15 f.) finden.

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lungen ermöglicht, die wiederum auf Erstere wirken, die vorhandene gemeinsame Identität verstärken bzw. die etablierten Rollen und Strukturen manifestieren. Zum anderen wird bei steigender Mitgliederzahl die mögliche Einflussnahme auf die gemeinsame Identität durch ein neu eintretendes Individuum sukzessive geringer werden (March 1991).114 Bezüglich des Unterschieds zwischen hierarchischen und hybriden Koordinationsformen kann nun angenommen werden, dass es innerhalb von Ersteren zu wesentlich mehr Interaktionen und gemeinsamen Handlungen zwischen den integrierten individuellen Akteuren kommt, als dies bei hybriden Arrangements der Fall ist. Eine mögliche Begründung ging indirekt bereits aus dem oben vorgestellten Zitat von Leamer und Storper (2001, S. 652 f.) hervor. Die Autoren verwiesen darauf, dass physische Nähe auch primär sozial motivierte Interaktionen (im Starbucks Café) erlaubt, die über die Interaktionen im Kontext des eigentlichen Kooperationsvorhabens hinausgehen und evtl. andere kognitive Bereiche betreffen. Integrierte Akteure werden innerhalb von Organisationen einen relativ längeren Zeitraum in physischer Nähe zueinander verbringen können als bei hybriden Koordinationsformen. In Letzteren ist bspw. davon auszugehen, dass die Akteure nach Beendigung einer gemeinsamen Aktivität bis zur nächsten andere Aufgaben innerhalb ihres jeweiligen Unternehmens (an einem anderen Standort) wahrnehmen. Innerhalb von hierarchischen Organisationen können die Akteure hingegen auch bei unabhängigen Aktivitäten in räumlicher Nähe zueinander stationiert sein. Gerade in einem internationalen Kontext scheint diese Begründung für einen relativen Unterschied hybrider und hierarchischer Koordination jedoch fraglich. Robuster scheint aber folgendes Argument zu sein: Innerhalb hierarchischer Organisationsstrukturen sind aufgrund des umfassenden Charakters eines Arbeitsvertrages noch weitere Interaktionen mit anderen integrierten Akteuren notwendig, die Produktions- oder Transferaktivitäten nicht direkt betreffen. Bspw. werden Interaktionen zwischen Mitarbeitern aufgrund der Notwendigkeit erfolgen, über persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, Gehaltsveränderungen, Schulungsmaßnahmen usw. zu diskutieren. Bei hybriden Arrangements finden solche Interaktionen jedoch jeweils innerhalb der beteiligten Organisationen und nicht zwischen diesen statt. 114 Diese Erklärung gilt nur, solange angenommen wird, dass sich die Umwelt, in der die etablierten Strukturen und Rollen das Erreichen der Unternehmensziele gewährleisten, nicht so radikal ändert, dass die Identität zur Zielerreichung nutzlos oder sogar schädigend wird. Außerdem wird eine starke Mitgliederfluktuation dieses Ergebnis einschränken, da so relativ mehr neue Individuen im Vergleich zu alteingesessenen in die Organisation eintreten (Eesley / Hsu / Roberts 2009).

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Verknüpft mit diesem Argument ist auch die größere Bedeutung von gemeinsamen Symbolen, Ritualen, Mythen und Geschichten als Manifestation kognitiver Positionen innerhalb von integrierten Organisationen, die darüber hinaus evtl. nur dort und nicht zwischen autonomen Akteuren entstehen können (Mintzberg 1989; Nooteboom 2009; Simmel 1917). Innerhalb hybrider Arrangements werden Akteure zwar auch über Symbole, Rituale usw. verfügen, jedoch werden sich diese eher auf Organisationen, denen die Akteure angehören, und nicht auf das hybride Arrangement beziehen, also nicht unbedingt geteilt werden. Außerdem kann es zwar innerhalb hybrider Arrangements zu intensiven Interaktionen zwischen den Akteuren kommen, womit es hier zu einer Reduktion der kognitiven Positionen im Zeitverlauf kommt, allerdings existiert hier auch ein gegenläufiger Effekt, der so innerhalb integrierter Modi eher nicht existiert (Daft / Weick 1984; Ring / Van de Ven 1994; Weick 1995). Durch die Interaktionen innerhalb eines Hybrids reduziert sich die kognitive Distanz zwischen den Akteuren der beteiligten Organisationen. Gleichzeitig wird sich dadurch aber auch die kognitive Distanz dieser Akteure zu nicht beteiligten Mitgliedern ihrer jeweiligen Organisationen erhöhen; sie entfernen sich sozusagen ein Stück weit von der Organisationsidentität. Finden nun wieder Interaktionen mit organisationszugehörigen Akteuren statt, so wird die kognitive Distanz zwar wieder reduziert, jedoch führt dies dann gleichzeitig dazu, dass die vormalige Annäherung innerhalb des Hybrids zumindest teilweise rückgängig gemacht wird. Hier ist zudem von Bedeutung, dass innerhalb eines hybriden Arrangements selbst eine sehr intensive Interaktion auf einige Bereiche begrenzt bleiben wird, also wahrscheinlich nach wie vor intensive Interaktionen mit außerhalb des Hybrids stehenden Akteuren stattfinden. Insbesondere das zuletzt angeführte Argument verweist letztendlich auf eine mögliche Differenzierung bei der Konzeptionalisierung der kognitiven Distanzreduktion, die den diesbezüglichen Unterschied zwischen hierarchischer und hybrider Koordination verdeutlicht: Wie herausgestellt, sollte es innerhalb einer Hierarchie zu intensiven Interaktionen in vielen unterschiedlichen Bereichen bzw. über diverse Themen kommen. Mitglieder einer Organisation verbringen einen Großteil ihres bewussten Lebens innerhalb des organisationalen Kontextes. Dies resultiert dann in einer Angleichung der Wahrnehmungen und damit der kognitiven Positionen der beteiligten Akteure. Im Gegensatz dazu wird selbst eine sehr intensive Interaktion innerhalb eines hybriden Arrangements auf einige wenige Bereiche oder Themengebiete beschränkt bleiben. Dies bedeutet dann, dass es zwar in Bezug auf diese Bereiche zu einer Wahrnehmungsangleichung kommen kann, andere Dimensionen hingegen unberührt bleiben, die aber auch die kognitiven

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kognitive Distanzdimensionen C

A

C

D

A

B

D

B

kognitive Distanz Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 3: Reduktion der kognitiven Distanz: der Unterschied zwischen einer Angleichung und einer Überbrückung der kognitiven Positionen

Positionen bestimmen. Demzufolge kann hier eher von einer Überbrückung der kognitiven Positionen im Sinne eines Aufbaus von einem gegenseitigen Verständnis gesprochen werden (Nooteboom 2009). Diese Überlegung wird anhand der schematischen Abbildung 3 noch einmal verdeutlicht. Für die Abbildung werden zunächst zwei Akteure A und B angenommen, die miteinander eine hierarchisch organisierte Koordinationsbeziehung eingehen. Vor Beziehungseintritt sei zudem angenommen, dass die jeweiligen kognitiven Positionen der beiden Akteure den grau dargestellten Rechtecken entsprechen. Es existiert hier also eine relativ große kognitive Distanz, die sich auf sämtliche kognitive Bereiche oder Dimensionen erstreckt. Durch die intensive Interaktion zwischen A und B über einen gewissen Zeitraum kommt es nun zu einer Angleichung der kognitiven Positionen beider Akteure, was in der Abbildung durch die schwarzen Rechtecke dargestellt ist.115 Des Weiteren sei angenommen, dass die beiden Akteure C und D eine hybrid koordinierte Beziehung zur Erreichung eines bestimmten Ziels eingehen, während der Interaktionen mit anderen Akteuren jeweils bestehen bleiben. Vor Beziehungseintritt entsprechen die kognitiven Positionen der Akteure den grauen Rechtecken C und D. Durch die Interaktionen innerhalb der Beziehung kommt es nun im Zeitverlauf zu einer Überbrückung der 115 Hier ist anzumerken, dass es sich hier um eine extreme Darstellung handelt, der die Annahme zugrunde liegt, dass fast überhaupt keine Interaktionen von A und B mit anderen Akteuren stattfinden und sich die Interaktionen zwischen A und B auf sämtliche Lebensbereiche erstrecken. Erfahrungen werden also ausschließlich innerhalb der hierarchischen Beziehung gemacht.

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kognitiven Distanz, was in der Abbildung durch die Ausdehnung der kognitiven Positionen auf die schwarzen Rechtecke dargestellt ist. Hier reduziert sich somit auch die kognitive Distanz zwischen C und D im Bezug auf einige Dimensionen. Durch die fortbestehenden anderweitigen Beziehungen der Akteure und den engeren Fokus des hybriden Arrangements werden hier auch noch anderweitige Erfahrungen gesammelt und es sind nicht alle kognitiven Bereiche oder Dimensionen von der Interaktion betroffen. Daher bleiben gleichzeitig auch Dimensionen der kognitiven Positionen der Akteure unverändert, sodass es zu der dargestellten Ausdehnung der kognitiven Positionen kommt. Die daraus resultierende Reduktion der kognitiven Distanz zwischen C und D fällt deshalb aber auch nicht so stark aus wie bei der hierarchischen Koordination zwischen A und B. Die Relevanz der obigen Argumentation im Internationalisierungskontext scheint zumindest auch implizit innerhalb der im vorherigen Abschnitt diskutierten Arbeiten anerkannt zu werden, die sich explizit auf solche Sozialisationsprozesse bezogen (siehe darüber hinaus auch: Arvidsson / Birkinshaw 2004a; Athanassiou / Nigh 1999; 2000; Bartlett / Ghoshal 1989; Birkinshaw 2000; Doz / Santos / Williamson 2001; Hedlund 1994; Kostova 1999; Prahalad / Doz 1999). Daher soll hier abschließend lediglich noch auf die Studie von Bresman und Birkinshaw (1999) über internationale Unternehmensakquisitionen hingewiesen werden, in der die diskutierte distinkte Eigenschaft integrierter Modi besonders deutlich wird. Die Autoren argumentieren hier, dass es durch den Prozess der normativen Integration innerhalb von integrierten Koordinationsformen (Athanassiou / Nigh 1999; 2000; Bartlett / Ghoshal 1989; Hedlund 1994) bei internationalen Unternehmenszusammenschlüssen schneller möglich ist, implizite Wissenssets zwischen Akteuren zu transferieren, als dies innerhalb hybrider Koordinationsformen möglich wäre (Bresman / Birkinshaw 1999, S. 456 f.): „[T]he knowledge transfer patterns changed over the course of the post-acquisition integration period. Early-stage transfers were primarily imposed, and they represented one-off changes that the acquiring firm felt were particularly easy and / or important to make to enhance the performance of the acquired firm. The knowledge transferred in these cases was in a relatively articulate form […]. Late stage transfers were much more typical of what one would expect to see in a single firm, in that they involved high levels of collaboration, sharing of resources, and transfers of individuals between units. The knowledge in such cases was more tacit than in early-stage transfers. […] [The] change over time in the pattern of knowledge transfer is an important characteristic that distinguishes acquisitions from other [less integrated coordination] modes of knowledge transfer. […] [T]he knowledge transfer process in acquisitions is distinctly different from the process under other [less integrated] modes of governance, because of the rapidly-evolving relationship between the two parties.“

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Zusammenfassend lässt sich hier also festhalten, dass die integrierte hierarchische Koordinationsform eine extensivere intensive Interaktion der Akteure in vielfältigeren Kontexten ermöglicht und notwendig macht, als dies bei hybriden Arrangements der Fall ist. Dadurch wird hier ein schnellerer oder effektiverer Sozialisationsprozess in Gang gesetzt, der letztendlich die kognitive Distanz zwischen integrierten Akteuren schneller oder effektiver reduziert. Am schwächsten wird dieser Prozess bei rein marktlichen Arrangements sein, da hier die Interaktionen der Akteure auf ein Minimum beschränkt werden.

Teil 2

Formale Darstellung und Analyse der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen Im vorangegangenen Abschnitt wurden verschiedene Ansätze der Internationalisierungsliteratur sowie ihrer theoretischen Fundamente im Hinblick auf ihren Beitrag zur Ausgestaltung und Koordination internationaler Akteursbeziehungen dargestellt. Dabei wurde deutlich, dass vornehmlich unterschiedliche Aspekte der Mehrwertgenerierung und Aneignung sowohl aus statischer wie aus dynamischer Sicht diskutiert werden, die von unterschiedlichen Variablen beeinflusst werden. Die Aussagen beruhen dabei im Wesentlichen auf solchen Ansätzen – der ressourcen- oder wissensbasierten Perspektive (RBV) und der Transaktionskostentheorie (TCE) –, die jeweils für sich beanspruchen, eine mehr oder weniger eigenständige Theorie der Unternehmung zu begründen. Selektiv ergänzt wurden diese um Argumente aus einer eher neuropsychologischen sowie sozioökonomischen Perspektive, die sich vornehmlich auf die diskutierten Konzepte der kognitiven Distanz und deren Veränderung sowie der Neigung zu opportunistischem Verhalten bzw. des Vertrauensaufbaus beziehen. Im Laufe der Diskussion all dieser Aspekte bleibt aber relativ unklar, wie sie zueinander stehen und insbesondere ob es evtl. Interaktionseffekte zwischen Mehrwertgenerierung und -aneignung sowohl aus statischer wie auch aus dynamischer Sicht geben könnte. Daher wird im Folgenden ein integratives formales Modell eingeführt, um in vertiefender analytischer Form die Interaktionen und Auswirkungen der verschiedenen vorab diskutierten Koordinationsaspekte integrativ darstellen zu können.116 Als Ausgangspunkt wird hierfür das Modell von Riordan und Williamson (1985) herangezogen, das dann abgewandelt und erweitert wird. Das Modell hat im Gegensatz zu anderen TCE-orientierten Arbeiten den Vorteil, dass es bezüglich der Governanceentscheidung nicht ausschließlich die Seite der 116 Durch die Formalisierung müssen zwar Einbußen bei der Extensivität der Darstellung hingenommen werden, die jedoch durch eine so erzielbare größere analytische Klarheit kompensiert werden sollten (Arrow 1985, S. 303).

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

195

Governancekosten bzw. die Minimierung der Transaktionskosten zum Schwerpunkt hat. Vielmehr wird die Unternehmensentscheidung in Anlehnung an die Neoklassik als Profitmaximierungsproblem konzeptionalisiert. Dadurch wird sowohl die Koordinationsseite als auch die Erlös- und Produktionskostenseite in die Analyse mit einbezogen. Die Modellwahl hat damit drei wesentliche Vorteile im Hinblick auf die hier verfolgten Ziele: Erstens ermöglicht das Modell eine formaltheoretische Betrachtung auch von internationalen Ausgestaltungsaspekten aus TCE-Sicht: Im ursprünglichen Modell von Riordan und Williamson (1985) stellt der Grad der Anlagenspezifität die zentrale Variable sowohl auf der Produktionsseite als auch auf der Koordinationsseite für die Entscheidung über die optimale Governanceform dar. Diese Entscheidungsvariable scheint auch im Internationalisierungskontext maßgeblich (Kap. B. I. 3. und B. II. 3.). Bei der Diskussion über die geografische Verlagerung von Aktivitäten ins Ausland stehen darüber hinaus auch noch Unsicherheitsaspekte bzw. Umweltunsicherheit und intentionale Verhaltensunsicherheit im Fokus. Dort wurde herausgestellt, dass das Zusammenspiel von drei zentralen Faktoren – Anlagenspezifität (Opportunismusanreize), Umweltunsicherheit (Opportunismusmöglichkeiten) und intentionale Unsicherheit (Opportunismusneigung) – den Bedarf an Sicherungsmechanismen innerhalb einer Austauschbeziehung bestimmen. Dementsprechend soll das hier vorgestellte Modell auch diesen Faktoren Rechnung tragen; als weitere zentrale Variablen neben der Anlagenspezifität werden Umweltunsicherheit und intentionale Unsicherheit eingeführt. Damit werden dann auch die Erkenntnisse aus der eher soziologisch motivierten Diskussion über den Einfluss von Vertrauen auf Akteursbeziehungen anschlussfähig (Kap. B. II. 3. c) und B. II. 5. a)). Da bei internationalen Ausgestaltungsentscheidungen neben rein marktlichen und streng hierarchisch koordinierten Unternehmensbeziehungen insbesondere hybride Strukturen eine hohe Relevanz aufweisen, wird das Modell zudem um die hybride Governanceform erweitert. Diese wird in Einklang mit der Diskussion in Kap. B. II. 3. d) sowie den Ausführungen Williamsons (1985; 1991) zunächst als intermediäre Form eingeführt, die bezüglich der betrachteten Einflussvariablen zwischen Markt und Hierarchie anzusiedeln ist. Zweitens erlaubt das Modell durch die integrierte Betrachtung der Koordinations-, Erlös- und Produktionsseite im weiteren Verlauf den Anschluss der Argumente aus der Wissensperspektive (Kap. B. I. 4. und B. II. 4.). Drittens wird durch die neoklassische Konzeptionalisierung die Erweiterung um dynamische Aspekte und dabei insbesondere die Argumente bezüglich der Veränderungen der kognitiven Distanz und der intentionalen Verhal-

196

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

tensunsicherheit sowie des Erlernens bzw. des Weiterentwickelns von Fähigkeiten erleichtert. Somit ermöglicht das Modell durch die aufgeführten Erweiterungen und Ergänzungen, alle diskutierten internationalisierungsstrategischen Aspekte von Unternehmen zu integrieren.

C. Das transaktionskostentheoretisch fundierte Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen Im Folgenden wird das formale Grundmodell eingeführt, das einen komparativ-statischen Charakter aufweist. Die Diskussion beruht dabei vornehmlich auf transaktionskostentheoretisch fundierten Argumenten.

I. Die Koordination als Maximierungsproblem Ausgangspunkt ist die neoklassische Konzeptionalisierung des primären Ziels einer Unternehmung, ihre Profite zu maximieren. Die Profitfunktion π besteht dabei aus dem Erlös R und den Produktionskosten CPRO. Konsistent mit der TCE wird diese Profitfunktion um Governancekosten CGOV erweitert, sodass sich bei gegebener Marktnachfrage folgende Zielfunktion ergibt: (1)

max  = R - C PRO - CGOV

Der zu maximierende Unternehmensgewinn π ergibt sich aus dem Erlös R abzüglich der Produktionskosten CPRO und der Governancekosten CGOV. Riordan und Williamson (1985) spezifizieren dieses Maximierungsproblem, um die Vorteilhaftigkeit verschiedener Governanceformen in Abhängigkeit der Anlagenspezifität zu diskutieren. Zusätzlich zur Ausbringungsmenge wird daher auch der Grad der Anlagenspezifität endogenisiert.117 Der Einsatz spezifischer Anlagen verursacht auf der einen Seite Kosten und auf der anderen Seite einen potentiellen Nutzen für den fokalen Akteur. Diesbezüg117 In den eher heuristischen Modellen ist dies nicht unbedingt notwendig. Hier kann der Grad an Anlagenspezifität auch als exogene Variable angesehen werden. Dann ist ein bestimmter Grad an Anlagenspezifität z. B. schlicht notwendig, um ein bestimmtes Gut zu produzieren. Durch eine solche Konzeptionalisierung stellt sich die Optimierungsaufgabe für Unternehmen jedoch als reines Kostenminimierungsproblem dar.

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

197

lich entspricht das Modell zunächst der am engsten mit den eher heuristischen Modellen der TCE-verknüpften Konzeptionalisierung der Governanceentscheidung (Chiles / McMackin 1996; Erlei 1998; Klein / Crawford / Alchian 1978; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1975; 1985; 1991). Dabei wird angenommen, dass sich durch den Einsatz spezifischer Investitionen die Produktionsstückkosten reduzieren lassen (Williamson 1985, S. 32–35; 1991).

II. Spezifikation des Produktionskostenterms Die Zielfunktion aus Gleichung (1) kann wie folgt konkretisiert werden: max  ( X ; A; ) = R ( X ) - C ( X ; A; ) -  A - CGOV    C PRO

(1.1)

mit:  R > 0;  C > 0;  C < 0 X X A 2 2 2 und:  C < 0;  C < 0;  C < 0  X A  X   A

Die Gesamtfunktion π, innerhalb derer die Menge des Gutes X und der Grad der Anlagenspezifität bzw. die Anzahl an spezifischen Anlagen A die abhängigen Variablen sind, wird als global konkav angenommen.118 Die Erlösfunktion R ist lediglich von X abhängig; Nachfrageeffekte aufgrund des Einsatzes spezifischer Anlagen werden später eingeführt. Es kann angenommen werden, dass die Erlösfunktion zumindest zunächst positiv mit X korreliert ist (∂R / ∂X > 0).119 118 Hier sei darauf hingewiesen, dass A im vorliegenden Modell analog zu Riordan und Williamson (1985) eigentlich quantitativ und nicht qualitativ modelliert wird. Der Parameter misst also die Anzahl an spezifischen Anlageneinheiten und nicht den Grad der Anlagenspezifität. Der Unterschied scheint aber unproblematisch, da beide Konstrukte in gleicher Art und Weise die bilaterale Abhängigkeit beeinflussen (Williamson 1985; 1991, S. 282). 119 Riordan und Williamson (1985) spezifizieren die Erlösfunktion in ihrem Modell nicht. Dass der Erlös mit zunehmender Ausbringungsmenge zumindest zunächst steigt, scheint jedoch intuitiv plausibel. Eine weitere, genauere Bestimmung ist hier nicht notwendig und würde zudem zu einer unnötigen Spezifikation führen, die dann wiederum eigentlich überflüssige, aber dann notwendige Implikationen für zu treffende Annahmen bezüglich der Produktionskostenfunktion hätten, um der Annahme einer global konkaven Gewinnfunktion Rechung zu tragen. Durch die generelle Modellierung ist das Modell zudem für verschiedene Marktformen anwendbar, in denen das betrachtete Unternehmen Preisnehmer oder Preissetzer sein kann.

198

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Die Produktionskostenfunktion CPRO korreliert positiv mit X, da eine Erhöhung der produzierten Menge X eine Produktionskostensteigerung verursacht (∂C / ∂X > 0). Des Weiteren korrelieren die Produktionskosten negativ mit A (∂C / ∂A < 0; ∂2C / ∂X∂A < 0). Dieser Effekt ist in Zusammenhang mit dem Parameter α zu verstehen, für den dann α > 0 gelten muss. Dieser gibt die Höhe der Produktionskostenreduzierungspotentiale durch den Einsatz spezifischer Anlagen an (∂2C / ∂X∂α < 0; ∂2C / ∂A∂α < 0). Es wird angenommen, dass spezifische Anlagen prinzipiell jedem Akteur zu konstanten Einsatzkosten zur Verfügung stehen (Riordan  /  Williamson 1985, S. 370). Der Parameter γ stellt dabei die Kosten für den Einsatz einer Einheit einer spezifischen Anlage bzw. einer Spezifitätseinheit A dar. Nach der Einführung der maßgeblichen, die Zielfunktion determinierenden Variablen kann nun folgendes Maximierungsproblem aufgestellt werden: max π ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - CGOV ( A ) (1.2) unter den Nebenbedingungen: ! ! ! ! ∂C π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π A = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - GOV = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

Das Unternehmen maximiert seine Profite π unter den beiden Nebenbedingungen πX = 0, πA = 0. Während sich durch Erstere die optimale Ausbringungsmenge X bestimmen lässt, determiniert Letztere den optimalen Spezifitätsgrad der einzusetzenden Anlagen A. Wie aus (1.2) ersichtlich wird, ist der Verlauf der Funktion πX unabhängig von der gewählten Governanceform, da durch die Differenzierung nach X der Governancekostenterm CGOV wegfällt, der ja nur vom Grad der Anlagenspezifität abhängt. Dies bedeutet, dass die erste Nebenbedingung governanceformunabhängig ist und somit für alle möglichen Governancemodi den gleichen Verlauf aufweist. Damit kommt es zur klassischen Annahme, dass im Gewinnoptimum der Grenzerlös (∂R / ∂X) den Grenzkosten bzw. den Grenzproduktionskosten ∂C / ∂X entspricht. Da die Produktionskosten als weitere Variable den Grad der Anlagenspezifität A enthalten, verändert sich die optimale Ausbringungsmenge X bei einer Änderung von A. Daher ergibt πX = 0 kein eindeutiges Ergebnis, sondern stellt vielmehr eine von A abhängige Funktion dar, die in Abb. 4 als πX-Kurve eingezeichnet ist. Beim Verlauf von πA fällt der Governancekostenterm CGOV durch Differenzierung nach A nicht weg. Demnach können verschiedene Governancemodi zu unterschiedlichen Verläufen von πA führen. Zunächst wird jedoch entsprechend der neoklassischen Grundlage des Modells angenommen, dass



C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen199

keine Governancekosten (CGOV = 0) existieren. Dann wird der optimale Spezifitätsgrad A bei gegebenem X maßgeblich durch die Parameter γ und α beeinflusst. Während γ das Ausmaß der Kostenerhöhung durch den Einsatz von A angibt, beeinflusst α das Produktionskostenreduzierungspotential, das mit dem Einsatz von A verknüpft ist. Anders formuliert, lohnt es sich für den fokalen Akteur, den Spezifitätsgrad A zu erhöhen, solange gilt: (1.3)

∂C ³γ ∂A

Während der erste Term aus Gleichung (1.3) eine Art Grenznutzen des Einsatzes von A angibt und laut (1.1) bei gegebenem X maßgeblich von α abhängt, gibt γ die Grenzkosten des Einsatzes von A an. Je größer α und / oder je geringer γ ist, umso lohnenswerter ist der Einsatz spezifischer Anlagen und umso größer wird folglich der gewählte Grad an Anlagenspezifität A sein. Eine Änderung von α wird daher einen Einfluss auf beide Kurvenverläufe πA und πX haben. Je größer α ist, umso höher ist das Kostenreduzierungspotential aufgrund eines Einsatzes von A. Somit werden höhere A eingesetzt und größere Mengen X im Optimum produziert. In Abb. 4 ist dieser Effekt durch eine Drehung der πA- und πX-Kurven gekennzeichnet. Je größer α wird, umso flacher wird die πX-Kurve und umso steiler wird die πA-Kurve verlaufen (α1 < α2). Daher wird die optimale Ausbringungsmenge X* und der optimale Spezifitätsgrad A* bei α1 geringer sein als bei α 2. Damit ergibt sich analog zu den obigen Ausführungen bezüglich πX, dass πA = 0 eine eindeutige Funktion darstellt, die abhängig von X ist. Dies ist in Abb. 4 als π*A-Kurve eingetragen. Der Schnittpunkt der π*X- und der π*A-Kurve, in dem beide Nebenbedingungen erfüllt sind, ist das Optimum des Maximierungsproblems, aus dem die optimale Ausbringungsmenge X* und der optimale Grad an Anlagenspezifität A* hervorgehen. Dies stellt einen „ideellen Vergleichsfall“ für die komparative Betrachtung des Einflusses unterschiedlicher Governanceformen dar.

200

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

A

π*X(X;A;α1 )

π*X(X;A;α2 ) π*A (X;A;α2 )

A*(α2 )

π*A (X;A;α1 )

A*(α1 )

X*(α1 )

X*(α2 )

X

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 4: Optimale Ausbringungsmenge und optimaler Spezifitätsgrad im ideellen Vergleichsfall ohne Governancekosten mit variierendem Kostenreduzierungspotential

III. Spezifikation des Governancekostenterms und Erweiterung um die Governanceform Hybrid Nachdem die Erlös- und die Produktionskostenseite des Maximierungsproblems operationalisiert wurden, erfolgt hier die Konzeptionalisierung der Governancekosten CGOV, die mit den Koordinationsmodi Markt m und Hierarchie i verbunden sind (Riordan  / Williamson 1985). Erweitert wird die Betrachtung um die Koordinationsform Hybrid h. Die funktionale Spezifikation für die hybride Governanceform reflektiert die Idee, dass diese eine intermediäre Form zwischen Markt und Hierarchie darstellt (Cook / Emerson 1978; David / Han 2004; Nooteboom 1999a; Richardson 1972; Williamson 1991). So konstatiert Williamson (1991, S. 283): „[T]he hybrid mode is located between market and hierarchy with respect to incentive, adaptability, and bureaucratic costs.“

Diese Aussage steht damit im Einklang mit der Diskussion bezüglich der Unterschiede zwischen den einzelnen Governanceformen in Kap. B. II. 3. d). Dort wurde herausgestellt, dass sich die einzelnen Modi vorrangig anhand der Kriterien Anreizstärke, Adaptionskapazität und Governancekosten differenzieren lassen. (Sallusti / Addessi 2009; Williamson 1991).



C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen201

Es ergeben sich folgende Governancekosten: m m CGOV = β m + G m ( A ) mit: ∂ G > 0; ∂A i i CGOV = β i + G i ( A ) mit: ∂ G > 0; ∂A

(2)

h h CGOV = β h + G h ( A ) mit: ∂ G > 0; ∂A

m h i wobei gilt: ∂ G > ∂ G > ∂ G für A > 0 ∂A ∂A ∂A

und β i > β h > β m ³ 0

Die obigen Governancekostenfunktionen bestehen jeweils aus einem Fixkostenparameter β und einem variablen Kostenparameter G, der vom Grad der Anlagenspezifität A abhängig ist. Die Fixkosten stellen eine Art Bürokratiekosten dar und können als Kosten zur Einrichtung der jeweiligen Governanceform verstanden werden (Chiles / McMackin 1996; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1985; 1991).120 Diese sind für den hierarchische Governancemodus i am größten und für die marktliche Form m am geringsten; das hybride Arrangement h liegt dazwischen. Die variablen Governancekosten G entsprechen den in der TCE postulierten Eigenschaften in Bezug auf den Grad der Anlagenspezifität A (Klein / Craw­ ford / Alchian 1978; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1985; 1991).121 120  Riordan und Williamson (1985) nutzen in ihrem Modell andere Notationen für die Governancekostenbestandteile. Außerdem sind in ihrem Modell keine von A unabhängigen Governancekostenbestandteile βm für die marktliche Koordinationsform notiert. Diese unnötige Einschränkung ist verwunderlich und steht im Widerspruch zur gängigen Konzeptionalisierung in der TCE (Coase 1937; Jacobides / Winter 2005; Klein / Crawford / Alchian 1978; Krickx 2000; Nickerson / Van den Bergh 1999; Williamson 1975; 1985; 1991; 1999). So entstehen über alle Governancemodi hinweg bereits vor der Transaktion Kosten, bspw. durch die Suche nach dem richtigen Partner. Die Konzeptionalisierung von Riordan und Williamson (1985) beschränkt sich somit auf Governancekosten, die nach Vertragsabschluss entstehen. Diese Einschränkung ist im vorliegenden formalen Modell unnötig. Wie in (2) ersichtlich ist, kann diese Einschränkung jedoch auch im vorliegenden Modell einfach eingeführt werden, indem βm = 0 gesetzt wird. 121  Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Vorliegen von Umweltunsicherheit und intentionaler Unsicherheit angenommen wird, da ja Umweltunsicherheit, Opportunismus und Anlagenspezifität gemeinsam vorliegen müssen, damit überhaupt ein Governanceproblem besteht (Kap B. II. 2. c)).

202

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

G steigt mit zunehmendem Spezifitätsgrad A über alle Governanceformen hinweg an (∂Gi,h,m / ∂A > 0), wobei jedoch dieser Anstieg beim Vergleich der jeweiligen Governanceformen untereinander verschieden stark ausgeprägt ist. Den steilsten Anstieg von G(A) hat m zu verzeichnen, zum schwächsten Anstieg kommt es bei i; eine mittlere Steigung weist h auf und liegt damit wieder zwischen den beiden anderen Modi (∂Gm / ∂A > ∂Gh / ∂A > ∂Gi / ∂A). Wie aus (2) leicht ersichtlich ist, können zwei kritische Werte Amh und A konstruiert werden, bei denen eine Organisation indifferent bei der Governanceformenwahl bezüglich Markt und Hybrid (Amh) oder Hybrid und Hierarchie (Ahi) ist (Nickerson / Van den Bergh 1999).122 Dies ist genau dann der Fall, wenn CmGOV = ChGOV bzw. ChGOV = CiGOV gilt. Die kritischen A-Werte reflektieren also das Verhältnis der Governancekosten bzw. der Governancekostenbestandteile β und G der betrachteten Modi untereinander und ergeben sich wie folgt: hi

(2.1)

Amh =

( h -  m ) ( i -  h ) und Ahi = (Gm - Gh ) (G h - Gi )

Ein geringer Amh (Ahi)-Wert bedeutet somit, dass durch die gegebenen β- und G-Werte marktliche (hybride) Koordination nur bei geringen Graden an Anlagenspezifität A < Amh (A < Ahi) vorteilhaft ist. Der obige Zusammenhang ist in Abbildung 5 graphisch dargestellt. Werden zunächst der Spezifitätsgrad A und die korrespondierende Ausbringungsmenge X als gegeben angesehen, so ist diejenige Governanceform optimal, die die niedrigsten Kosten verursacht. Dies ist in Abbildung 5 unter Einsatz der kritischen A-Werte aus (2.1) dargestellt. Bei A < Amh ist die marktliche Koordination, bei Amh < A < Ahi die hybride und bei A > Ahi die hierarchische Governanceform kostenminimierend. Die Gleichung (2.1) ist insofern interessant, da sie sich auf den Einfluss der absoluten Governancekosten bezieht und nicht auf die Marginalanalyse, innerhalb derer der Parameter β keine Relevanz hat. Wie später noch ausführlich diskutiert wird, kann eine Governanceform aus einer marginalen Betrachtung durchaus einer anderen überlegen sein, während sich aus absoluter Perspektive unter Einbezug der fixen Kosten das gegenteilige Bild ergibt. Gleichung (2.1) ermöglicht wie schon (1.3) die Ermittlung kritischer Spezifitätswerte. Deren Aussagen unterscheiden sich jedoch fundamental. Aus (2.1) ergeben sich kritische A-Werte, bei denen sich die relative Vor122 Dies gilt zunächst lediglich für das Ziel, die Governancekosten zu minimieren. Produktionskosten- und Nachfrageeffekte in Verbindung mit A werden hier somit nicht beachtet.

C . Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

203

C m GOV

C GOV

C h GOV C iGOV

βi βh βm

Gi Gh Gm Amh Markt

Ahi Hybrid

A Hierarchie

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Williamson (1991, S . 284) .

Abbildung 5: Einfluss des Spezifitätsgrades eingesetzter Anlagen auf die Governancekosten der unterschiedlichen Governanceformen

teilhaftigkeit von einem Governancemodus hin zu einem anderen verändert . Entscheidend ist hier die Frage, welche Governanceform bei gegebenem A die geringsten Governancekosten verursacht . Gleichung (1 .3) ermöglicht nun die Herleitung dieses gegebenen A . Hier geht es um die Frage, welcher A-Wert die Produktionskosten minimiert . Anders formuliert, kann anhand (1 .3) der optimale, weil produktionskostenminimierende Einsatz von A ermittelt werden . Der sich ergebende A-Wert kann dann unter Einbezug von (2 .1) zur Ermittlung der effizientesten Koordinationsform genutzt werden . Da nunmehr die Governancemodi für das Modell hinreichend spezifiziert wurden, kann Gleichung (1) weiter konkretisiert werden . Es ergeben sich die folgenden drei unterschiedlichen Optimierungsprobleme für die jeweiligen Governanceformen: „Markt“ max π m ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - β m - G m ( A ) (3 .1) unter den Nebenbedingungen: ! m ! m ! m ! π Xm = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π Am = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - ∂ G = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

204

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

„Hierarchie“ max π i ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - β i - G i ( A ) (3.2)

unter den Nebenbedingungen: ! i ! i ! i ! π iX = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π iA = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - ∂ G = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

„Hybrid“ max π h ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - β h - G h ( A ) (3.3)

unter den Nebenbedingungen: ! h ! h ! h ! π Xh = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π Ah = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - ∂ G = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

Durch die Spezifikationen in den Gleichungen (3.1) bis (3.3) wird nun eine Marginalanalyse unter Einbezug der Governancemodi möglich. Die optimale Ausbringungsmenge X bei gegebener Anlagenspezifität A wird durch das Gleichsetzen von Grenzerlös und Grenzkosten bestimmt. Da dies unabhängig von der gewählten Governanceform geschieht, ist die Nebenbedingung πX = 0 gleich für alle betrachteten Governanceformen sowie für den idealen Vergleichsfall ohne Governancekosten (π*X = πiX = πhX = πmX). Sie wird daher in Abb. 6 als π*X notiert. Die Nebenbedingung π*X = 0 ist jedoch eine Funktion, auf der alle möglichen optimalen Ausbringungsmengen X liegen, was in Abb. 6 am Verlauf der π*X-Funktion ersichtlich wird. Die konkrete optimale Ausbringungsmenge – ein einzelner Wert für X – wird erst unter Einbezug der zweiten Nebenbedingung πA ersichtlich, die den optimalen Spezifitätsgrad A determiniert. So ergeben sich unterschiedliche optimale Ausbringungsmengen X*  > Xi > Xh > Xm für die jeweiligen Governanceformen, die jeweils vom Schnittpunkt der Funktionen πX = πA = 0 bestimmt werden. πA unterscheidet sich laut (3.1) bis (3.3) bezüglich der unterschiedlichen Governanceformen. Damit existiert nicht wie bei πX eine Funktion für alle Governanceformen, sondern jeweils eine πA-Funktion pro Governanceform (π*A ≠ πiA ≠ πhA ≠ πmA). Die Steigungen dieser Funktionen werden für alle πA durch das in Gleichung (1.3) postulierte Verhältnis von Grenzkosten zu Grenznutzen des Einsatzes spezifischer Anlagen und damit letztendlich vom Verhältnis der Parameter α zu γ bestimmt. Durch die unterschiedlichen Gleichungen (3.1) bis (3.3) kommt es zu unterschiedlichen optimalen Graden der Anlagenspezifität A* > Ai > Ah > Am.

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

A

205

ʌ X ʌ A

$

ʌ iA

Ai

ʌ hA ʌ mA

Ah

Am

Xm

Xh

Xi

;

X

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Riordan / Williamson (1985, S. 372).

Abbildung 6: Optimale Ausbringungsmenge und optimaler Spezifitätsgrad in Abhängigkeit von der jeweiligen Governanceform

Für alle betrachteten Governanceformen existieren somit jeweils ein optimaler Spezifitätsgrad und eine optimale Ausbringungsmenge, bei der der Profit maximiert wird. Die Kurvenverläufe sowie die korrespondierenden Ausbringungsmengen und Spezifitätsgrade sind in Abbildung 6 dargestellt. Aus den obigen Ausführungen und der Abbildung geht eindeutig hervor, dass die hierarchische Governanceform den größten Einsatz spezifischer Anlagen und die größte Ausbringungsmenge im Optimum ermöglicht, wenn der unrealistische ideelle Vergleichsfall ohne Governancekosten nicht betrachtet wird. Die optimalen Spezifitätsgrade und Ausbringungsmengen werden bei den hybriden Modi geringer, aber immer noch größer als bei marktlicher Koordination sein. Aus einer rein marginalen Betrachtungsweise folgt daraus, dass sich die Hierarchie relativ vorteilhafter als hybride Governanceformen ist, wobei Letztere wiederum marktliche Arrangements dominieren. Die Verläufe bzw. Steigungen der πA- und πX-Kurven sind dabei wie bereits anfänglich angemerkt vom Parameter α abhängig, der das Kostenreduzierungspotential des Einsatzes von A angibt. Je größer dieses Potential ist, umso lohnenswerter ist der Einsatz von A. Folglich werden die πX-Kurve flacher und alle πA-Kurven steiler verlaufen als bei niedrigerem α. In Bezug auf Gleichung (3) bzw. (3.1) bis (3.3) zeigt der Umhüllungssatz:

206

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

π α = ∂π = ∂α (3.4)

∂ C ( X ; A ;α ) ∂α

Þ π αi = ∂π = i

∂α

und π αm = ∂π

m

∂α

∂ C ( X i ; Ai ;α ) h ∂π h ∂ C ( X h ; A h ;α ) ;π α = =∂α ∂α ∂α

=-

∂ C ( X m ; A m ;α ) ∂α

Wenn Ai > Ah > Am und Xi > Xh > Xm gilt, wird auch ∂πi / ∂α > ∂πh / ∂α > ∂πm /  ∂α gelten. Je größer das Kostenreduzierungspotential aufgrund des Einsatzes von α bzw. je größer α, umso relativ vorteilhafter wird die hierarchische Koordination im Vergleich zur hybriden, die wiederum relativ vorteilhafter gegenüber der marktlichen wird. Unternehmen werden aber diejenige Governanceform wählen, die ihnen den größten absoluten Profit ermöglicht, und dieser hängt dann signifikant von den Ausprägungen der Parameter β ab. Wenn bspw. βi hinreichend groß ist, so können diese Kosten den positiven Effekt einer höheren optimalen Ausbringungsmenge (Xi > Xm) und Spezifität (Ai > Am) überkompensieren. Operationalisieren lässt sich diese Aussage unter Zuhilfenahme der Gleichung (2.1). Es sei angenommen, dass der aus obiger Marginalanalyse determinierte optimale Spezifitätsgrad Ai für die hierarchische Governanceform (signifikant) kleiner ist als der kritische Wert Aih aus (2.1). Dann kann es möglich sein, dass obwohl aus marginaler Betrachtung die hierarchische Governanceform optimal ist, mit ihr absolut geringere Profite erzielt werden als bei einem hybriden Arrangement und dies, obwohl Ai unter h suboptimal bzw. zu groß ist. Anders formuliert, ist hier die entscheidende Frage, ob der relative Kostennachteil einer Governanceform durch den Einsatz von A – bezogen auf Produktions- und Governancekosten – durch den absoluten Vorteil dieser Governanceform aufgrund niedrigerer Fixkosten β überkompensiert wird. Dieser Zusammenhang wird in Abb. 7a und 7b noch einmal durch eine Veränderung der fixen Kosten β verdeutlicht. Die erste Abbildung zeigt den Profit der unterschiedlichen Governanceformen als Funktion der Anlagenspezifität A und Ausbringungsmenge X. Dabei wird angenommen, dass für jede Governanceform der jeweilige optimale Grad für X und A gewählt wurde. Zur übersichtlicheren Darstellung wird weiter angenommen, dass βm = 0 ist, es sich also um eine reine Betrachtung der ex post Governancekosten handelt (Riordan / Williamson 1985, S. 372 f.). Die unterschiedlichen Verläufe der Profitfunktionen für jeweils eine Governanceform ergeben sich dann aus den jeweiligen Veränderungen der Fixkostenparameter βi und βh, wobei gilt: βi1 > βi0 und βh1 > βh0. Bei entsprechend großem βi1 bzw. βh1 ermöglicht eine marktliche Koordination einen höheren Profit als die hyb-

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

207

ride oder hierarchische, obwohl die optimale Menge X und Anlagenspezifität A geringer sind. Der Einfluss der Fixkostenparameter β auf die Verläufe der Profitfunktionen bei jeweils gegebenen optimalen A und X ist noch einmal kontinuierlich in Abbildung 7b dargestellt. Die Schnittpunkte mit der Profitachse werden von den relativen Unterschieden der Nebenbedingungen bzw. der ʌ

ʌ* ʌ i(ȕ i0 ) ʌ h (ȕ h 0 ) ʌm

ʌ h (ȕ h 1 )

ʌ i(ȕ i1 )

A; X Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Riordan / Williamson (1985, S. 372).

Abbildung 7a: Einfluss der Fixkostenbestandteile der Governancekosten auf die Profite der einzelnen Governanceformen

ʌ

ʌm

ʌh

ʌi

ȕ Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 7b: Profite der einzelnen Governanceformen in Abhängigkeit der jeweiligen Fixkostenbestandteile

208

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

optimalen X- und A-Werte bestimmt. Je größer bspw. Xi relativ zu Xm und Ai zu Am ist, desto größer wird auch πi relativ zu πm bei β = 0 sein. Die Steigung wird vom Verhältnis Gh(A) zu Gm(A) zu Gi (A) bestimmt. Je geringer bspw. der Unterschied zwischen Gh(A) und Gm(A) ist, umso steiler wird πh sinken.

IV. Produktionskostenunterschiede aufgrund der Governanceformenwahl Aus den Gleichungen (3.1) bis (3.3) wird ersichtlich, dass hier eine Unabhängigkeit der Produktionskosten von der Governanceformwahl postuliert wird. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass die Produktionskosten direkt durch die gewählte Governanceform beeinflusst werden. Bei einer marktlichen Lösung könnte bspw. der Zulieferer in der Lage sein, andere Kunden zu bedienen und so Skaleneffekte (Economies of scale and scope) zu realisieren. Folglich hätte der unabhängige Zulieferer geringere Produktionskosten als bei der integrierten hierarchischen Produktion. Dieser Effekt ist unabhängig vom Produktionskostenreduzierungspotential durch den Einsatz von A in Verbindung mit α (Gleichung (2)). Letzterer gilt ja für alle Governanceformen in gleichem Maße und ist damit unabhängig von der Governanceform. Im obigen beispielhaft dargestellten Fall resultieren die Produktionskostenunterschiede aus der Wahl unterschiedlicher Governancefunktionen, die folglich das Kostenreduzierungspotential direkt beeinflussen. Für eine Integration in das vorliegende formale Modell müssten demnach die Produktionskosten wie schon die Governancekosten in den Gleichungen (3.1) bis (3.3) bezüglich der einzelnen Governanceformen differenziert werden. Dies geschieht, indem der Produktionskostenfunktion bei der hierarchischen Koordination der Term Hi(X,A)X hinzugefügt wird (Riordan / Williamson 1985, S. 373). Durch diesen wird der Produktionskostennachteil hierarchischer Koordination aufgrund geringerer Skaleneffekte in das Modell eingeführt. Die resultierende Funktion würde wie folgt aussehen: (4)

i C PRO = C ( X ; A) +  A + H i ( X ; A) X

Es wird angenommen, dass Hi(X,A)X positiv ist und mit steigendem X und A gegen null geht. Für die marktliche Koordinationsform sind solche Effekte nicht zu erwarten. Daher gilt hier weiterhin: CmPRO = C(X,A) + γA. Aufgrund des semiautonomen Status der hybriden Form ist hier analog zur obigen Diskussion zu erwarten, dass zwar Produktionskostennachteile Hh(X,A)X im Vergleich zum Markt existieren, diese jedoch geringer sein

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

209

sollten als die bei hierarchischer Koordination (Hi(X,A)X > Hh(X,A)X). Da bei der hybriden Koordinationsform mehr Unternehmensressourcen für die Koordination aufgewandt werden müssen als bei der marktlichen, könnte bspw. angenommen werden, dass für den Zulieferer nicht mehr so viele Ressourcen zur Verfügung stehen, um neue Kunden zu generieren, die zu den Skaleneffekten beitragen könnten. Bei einer hinreichend großen Ausbringungsmenge bzw. Anlagenspezifität würde sich nichts an den modellierten Relationen ändern, da ähnlich große Skaleneffekte innerhalb der Hierarchie realisiert werden können: Bei hinreichend großen X bzw. X → ∞ gilt Hi(X,A)X → 0 und Hh(X,A)X → 0 sowie CiGOV < ChGOV < CmGOV. Folglich bleiben die Ergebnisse aus Kap. C. III. bestehen. Bei einer geringen Ausbringungsmenge in einer Transaktionsbeziehung kann sich die relative Vorteilhaftigkeit der Governanceformen hingegen hin zu hybriden oder marktlichen Modi ändern, da hier außerhalb der Beziehung und damit auch für den fokalen Akteur größere Skaleneffekte realisiert werden können als bei hierarchischer Koordination. In diesem Fall sind die Terme Hi(X,A)X und Hh(X,A)X signifikant größer als 0 und können unter Umständen die Governancekostenvorteile der Hierarchie oder des hybriden Modus bei höheren Spezifitätsgraden A überkompensieren. Dann wären selbst bei relativ hoher Anlagenspezifität marktliche Koordinationsmodi vorteilhafter. Eine einfache Rangfolge der Optimalität nur in Abhängigkeit von A ist hier dann auch bei der Marginalanalyse nicht mehr möglich. Diese hängt dann von den konkreten Ausprägungen der Variablen Hi und Hh sowie den Werten Amh und Ahi ab. Wichtig für die weitere Diskussion ist, dass Interaktionseffekte der Governancemodi und der korrespondierenden Produktionskosten modelliert werden können. Da der Term Hi(X,A)X nur bei hierarchischer Koordination in die Produktionskostenfunktion einfließt, kann dies auch so interpretiert werden, dass die Governancemodi selbst eine produktionskostendeterminierende Variable darstellen. Kritisch anzumerken sind jedoch gleich mehrere Punkte. Erstens beruht obige Diskussion allein auf Argumenten bezüglich realisierbarer Skaleneffekte. Damit stellt sich unmittelbar die Frage, ob es denn nicht auch andere Gründe für Produktionskostenvorteile unabhängiger Anbieter geben könnte. Damit verbunden ist ein zweiter Kritikpunkt. Es bleibt nämlich unklar, warum integrierte Unternehmen oder hybride Strukturen nicht die gleichen Skaleneffekte realisieren können sollten, wenn sie die gleichen anderen Kunden bedienen (Erlei 1998, S. 77 f.; Williamson 1985, S. 131). Mit den TCE-inhärenten Akteursannahmen lässt sich eine solche Situation nur schwer begründen.

210

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Auch wenn Fälle konstruierbar sind, mit denen obige Fragen modellkonform beantwortet werden können, bleibt die obige Modellierung eines direkten Einflusses der Governancemodi auf die Produktionskosten rudimentär und nicht generalisierbar.

V. Erweiterung um die Möglichkeit des Einsatzes spezifischer Anlagen zur Steigerung des Erlöses Im Folgenden wird die Möglichkeit diskutiert, dass spezifische Anlagen auch positiv auf den Erlös wirken können. Es handelt sich somit um einen ähnlichen bzw. spiegelbildlichen Effekt wie das oben bereits diskutierte Produktionskostensenkungspotential durch den Einsatz von A. Mit spezifischen Anlagen könnte es bspw. möglich sein, ein Produkt mit einem höheren Nutzenwert für die Konsumenten zu schaffen, wodurch diese bereit wären, einen höheren Preis zu zahlen. So könnte dann die gleiche Menge X zu diesem höheren Preis abgesetzt werden, woraus eine Erlössteigerung resultieren würde. Die Größe dieses Effektes hängt von einem Parameter δ ab. Produktionskostenunterschiede aufgrund unterschiedlicher Spezifitätsgrade wurden bereits diskutiert. Daher werden diese hier aus Gründen der Übersichtlichkeit als konstant angenommen und innerhalb des Produktionskostenterms nicht mehr notiert. Folglich wird eine veränderte Erlösfunktion, die jedoch für alle Governanceformen gleich bleibt, in die Gewinnfunktionen der einzelnen Governancemodi wie folgt integriert: max π ( X ; A; δ ) = R ( X ; A; δ ) - C ( X ) - γ A - CGOV ( A )

(5)

2 2 ∂C mit: ∂ R > 0; ∂ R > 0; ∂ R > 0 ∂ C > 0; GOV > 0 ∂A ∂ X∂ A ∂ A∂δ ∂X ∂A

unter den Nebenbedingungen: ! ! ! ! ∂C π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π A = ∂π = 0 Û ∂ R - γ - GOV = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

Wie aus (5) ersichtlich wird, ist der Effekt, den eine Steigerung des Spezifitätsgrades A auf die Erlösfunktion R hat, unabhängig von den koordinationsformspezifischen Governancekosten CGOV. Somit ist auch hier, wie schon im obigen ursprünglichen Modell, die Bestimmung der optimalen Ausbringungsmenge X bei gegebener Spezifität A unabhängig von der Governanceform; der Verlauf der Funktion π*X ist auch hier gleich für alle betrachteten Governanceformen sowie für den idealen Vergleichsfall ohne Governancekosten (π*X = πiX = πhX = πmX).

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

211

Damit ergeben sich unterschiedliche optimale Ausbringungsmengen X*′ > Xi′ > Xh′ > Xm′ für die jeweiligen Governanceformen. Diese werden hier zusätzlich mit einem Strich im Superskript versehen, da sie aufgrund des nunmehr zusätzlich zum Produktionskosteneffekt eingeführten Erlöseffekts durch den Einsatz spezifischer Anlagen andere Werte annehmen können als im ursprünglichen Modell. Die Steigung der Funktion π*X hängt nämlich nun zusätzlich zum mit α verbundenen Effekt vom Parameter δ ab. Je größer dieser ist, umso flacher verläuft π*X, da eine Steigerung der Spezifität A einen größeren positiven Effekt auf die optimale Ausbringungsmenge X hat (∂R / ∂Xδ > 0). Dies ist in Abb. 8 unten durch die Drehung der Funktion π*X dargestellt. Auch hier ergeben sich unterschiedliche optimale Grade der Anlagenspezifität A*′ > Ai′ > Ah′ > Am′. An den bereits bestimmten relativen Ergebnissen ändert sich somit nichts. Ferner ergeben sich die Abstufungen der Nebenbedingungsfunktionen π*A ausschließlich aufgrund der unterschiedlichen Governancekosten, sodass auch hier gilt: π*A ≠ πiA ≠ πhA ≠ πmA. Die korrespondierenden optimalen Spezifitätsgrade können aber aufgrund des Parameters δ andere sein. Je größer dieser ist, umso steiler verlaufen die πAFunktionen, da ∂R / ∂Aδ > 0. Diese Steigungen sind weiterhin für alle Funktionen gleich, da CGOV unabhängig von δ ist. Dies ist in Abb. 8 durch die Drehungen der Funktionen πA dargestellt. Der Effekt, der mit einer Veränderung des Parameters δ verbunden ist, entspricht dem mit α verbundenen, der bereits in Bezug auf Gleichung (3.4) diskutiert wurde. Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass der Erlöseffekt lediglich wie eine Verstärkung der relativen Vorteilhaftigkeit der hierarchischen Governanceform wirkt, die aus dem Produktionskosteneffekt resultierte, da gilt: Ai '- Ai > Ah '- Ah > Am '- Am und X i '- X i > X h '- X h > X m '- X m . Eine hierarchische Governanceform ermöglicht den kostenminimierenden Einsatz hoher Grade an Anlagenspezifität, und diese bergen noch den zusätzlichen Vorteil einer Erlössteigerung. Es besteht somit ein größerer Anreiz als im ursprünglichen Modell, höhere Grade an Anlagenspezifität einzusetzen, was wiederum hierarchischere Koordinationsformen vorteilhafter macht. Im Prinzip ist der hier diskutierte Erlössteigerungseffekt damit gleich bzw. spiegelbildlich dem bereits diskutierten Produktionskostenreduzierungseffekt durch den Einsatz spezifischer Anlagen.123 Daher wird hier auf eine ausführlichere Diskussion verzichtet. 123 So ließe sich auch hier analog zur Gleichung (1.3) ein entsprechendes, den optimalen Spezifitätsgrad determinierendes Verhältnis von δ und γ konstruieren.

212

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

A

ʌ X

ʌ Xƍ

ʌ iAƍ ʌ iA

Aiƍ

ʌ h Aƍ

Ai

ʌ hA Ah ƍ

ʌ m Aƍ

Ah

ʌ mA

Am ƍ Am

Xh

Xm Xm ƍ

Xi Xh ƍ

Xiƍ

X

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 8: Einfluss des Einsatzes spezifischer Anlagen zur Erlössteigerung auf die optimale Ausbringungsmenge und den optimalen Spezifitätsgrad der unterschiedlichen Governanceformen

Erwähnenswert ist es jedoch, dass der Parameter δ bzw. seine Ausprägung genauso rätselhaft bleibt wie zuvor schon α. Es ist nicht ersichtlich, welche Faktoren die Höhe des Erlössteigerungspotentials wie beeinflussen.

VI. Erweiterung des Modells um die Variablen intentionale Unsicherheit und Umweltunsicherheit In Kap. B. II. 3. wurde bereits diskutiert, dass neben der Anlagenspezifität A auch Umweltunsicherheiten U und intentionale Verhaltensunsicherheiten I die Notwendigkeit bestimmen, Sicherungsmaßnahmen für Transaktionsbeziehungen zu etablieren. Daher sollten diese Unsicherheiten auch einen Einfluss auf die oben eingeführten Governancemodi bzw. deren Kosten CiGOV, ChGOV und CmGOV haben. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die beiden Variablen U und I eigentlich schon in der obigen formalen Betrachtung integriert waren, da ja der Effekt der Anlagenspezifität A auf die Koordinationsentscheidung nur relevant ist, wenn ein hinreichender Grad an Umweltunsicherheit und intentionaler Verhaltensunsicherheit gegeben ist (Nooteboom 1996; Williamson 1985; 1991). Sie wurden jedoch aufgrund des komparativ statischen Modellcharakters zunächst als konstant



C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen213

angenommen und daher nicht dargestellt. Im Folgenden sollen sie nun explizit in das formale Modell integriert werden. Zunächst wird der Einfluss intentionaler Verhaltensunsicherheit näher betrachtet, wobei die Umweltunsicherheit U weiterhin als signifikant und konstant angenommen, jedoch nicht abgebildet wird. Im nächsten Abschnitt wird U dann gesondert als variabel untersucht und die intentionale Unsicherheit I signifikant konstant gehalten. Dieses Vorgehen scheint auch theoriekonsistent, da keine Interaktionseffekte zwischen den drei Variablen postuliert werden (Krickx 2000; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1985; 1991; 1999). 1. Intentionale Unsicherheit Zunächst wird im Folgenden der Einfluss der intentionalen Unsicherheit I auf die Governanceentscheidung betrachtet. Hier ist zu betonen, dass I in der TCE-basierten Betrachtung eine exogene Variable darstellt, die folglich durch Unternehmensentscheidungen nicht beeinflusst werden kann (Kap. B. II. 3. a  / B. II. 5. a)). Laut TCE hat I keinen Einfluss auf die Erlös- und Produktionsfunktion, sondern ist lediglich in der Governancekostenfunktion relevant (John 1984; Krickx 2000; König 2009; Slater / Spencer 2000; Williamson 1985). Daher ergibt sich bezüglich der vorliegenden Modellerweiterung analog zu (3) folgendes Maximierungsproblem über sämtliche Governanceformen hinweg: max π ( X ; A;α ; I ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - CGOV ( A; I ) (6)

mit den Nebenbedingungen: ! ! ! ! ∂C π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0; π A = ∂π = 0 Û ∂ C - γ - GOV = 0; ∂X ∂X ∂ X ∂A ∂A ∂A ! ! ∂C π I = ∂π = 0 Û - GOV = 0 ∂I ∂I

Aus der obigen Formulierung geht hervor, dass sich durch die Erweiterung um I im Vergleich zu (3) fast nichts ändert. So bleiben die Erlös- und Produktionskosten sowie die ersten beiden Nebenbedingungen gleich. Lediglich die Governancekosten CGOV werden um die Variable I erweitert, was sich dann in der zusätzlichen dritten Nebenbedingung niederschlägt. Wie erwähnt, war I in obigem „Standardmodell“ implizit vorhanden und wurde dabei mit der höchstmöglichen Ausprägung angenommen, da dies den grundsätzlichen Annahmen der TCE entspricht (Milgrom / Roberts 1992; Williamson 1985; 1991; 1999):

214

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

„Even if the assumption of opportunism is an ‚extreme caricature‘ […] institutions should be designed as if people were entirely selfish“ (Osterloh / Frost / Weibel 2001, S. 17, die Autoren beziehen sich dabei auf: Williamson 1996a; Milgrom / Roberts 1992, S. 42).

Wenn ein Anreiz (Anlagenspezifität) und die Möglichkeit (Umweltunsicherheit) bestehen, durch opportunistisches Handeln einen größeren Anteil des Mehrwertes aus einer Transaktionsbeziehung abzuschöpfen, so wird ein Akteur aufgrund seiner Opportunismusneigung (intentionale Unsicherheit) dies auch tun, wenn keine adäquaten Sicherungsmechanismen etabliert werden. Aus der Diskussion über die Opportunismusneigung oder Vertrauenswürdigkeit von Akteuren in Kap. B. II. 5. a) ging jedoch hervor, dass I durchaus unterschiedlich stark ausgeprägt sein könnte. Je geringer der Grad an intentionaler Verhaltensunsicherheit bezüglich eines Akteurs ist, umso großer ist das Vertrauen, das über kalkulatives Eigeninteresse hinausgeht.124 Dies bedeutet, dass selbst wenn ein Anreiz und die Möglichkeit bestehen, opportunistisch zu handeln, ein Akteur auch in Abwesenheit von Sicherungsmechanismen diese Chance nicht in jedem Fall ergreifen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dies dennoch tut, hängt von seiner Opportunismusneigung ab; je geringer diese ausgeprägt ist, umso geringer ist die angesprochene Wahrscheinlichkeit. Der Grad an Vertrauen und damit an intentionaler Verhaltensunsicherheit kann also variieren. Diesbezüglich scheint es aber obere und untere Grenzen zu geben (Dasgupta 1988). Die obere Grenze intentionaler Verhaltensunsicherheit entspricht dem Fall, dass ein Akteur, sofern er einen Anreiz und die Möglichkeit hat, in jedem Fall opportunistisch agieren wird. Die untere Grenze stellt ein geringer, jedoch vorhandener Grad an I dar. Der Fall vollständiger Abwesenheit intentionaler Verhaltensunsicherheit würde ein „grenzenloses Vertrauen“ in einen Akteur bedeuten, was zumindest in ökonomischen Beziehungen unrealistisch erscheint, da davon ausgegangen werden kann, dass jeder Akteur eine Art Vertrauensgrenze aufweist, ab der der 124 In Kap. B. II. 5. a) wurde bereits auf den Unterschied zwischen kalkulativem und nichtkalkulativem Vertrauen hingewiesen. Dort wurde festgestellt, dass kalkulatives Vertrauen, das aus Eigeninteresse motiviert ist, eigentlich nicht unter dem Begriff „intentionale Verhaltensunsicherheit“ zu erfassen ist. Intentionale Verhaltensunsicherheit entsteht durch die evtl. Neigung eines Akteurs, opportunistisch zu handeln. Sie bezieht sich damit auf den intrinsischen Wert, den ein Akteur einer kooperativen Beziehung zumisst, und damit auf persönliches Vertrauen (Osterloh / Frey 2000; Williamson 1993a). Kalkulatives Vertrauen bezieht sich hingegen auf die Differenz der extrinsischen Werte einer Beziehung bei opportunistischem oder kooperativem Verhalten. Es ist damit eher unter die Rubrik „Opportunismusanreiz“ zu fassen, da eine Erhöhung dieser Art des Vertrauens einer Absenkung des Anreizes, sich opportunistisch zu verhalten, entspricht.



C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen215

Nutzen opportunistischen Verhaltens zu groß wird, um zu widerstehen ­(Dasgupta 1988; Mellewigt / Madhok / Weibel 2007; Nooteboom 1996; 2009; Williamson 1999). Wird ein normierter Wert für I angenommen, ergibt sich diesbezüglich folgende Bandbreite, innerhalb derer I variieren kann: 0  0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂ A∂ I i i 2 i i CGOV = β i + G i ( A; I ) mit: ∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂ A∂ I h h 2 h h CGOV = β h + G h ( A; I ) mit: ∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂ A∂ I

(7)

m h i wobei gilt: β i > β h > β m ³ 0; ∂ G > ∂ G > ∂ G ; ∂A ∂A ∂A

∂ G m > ∂ G h > ∂ Gi ; ∂ 2 G m > ∂ 2 G h > ∂ 2 Gi ∂I ∂I ∂ I ∂ A∂ I ∂ A∂ I ∂ A∂ I und β i > β h > β m ³ 0 für A > 0 und 0 < I £ 1

Die obige formale Darstellung entspricht dabei der aus Gleichung (2), erweitert um die Variable I, die den Einfluss der intentionalen Unsicherheit auf die Governancekosten widerspiegelt. I ist dabei multiplikativ mit A verknüpft, da annahmegemäß beide positive Werte annehmen müssen, damit eine dieser Variablen einen differenzierenden Einfluss auf die Governancekosten der verschiedenen Koordinationsmodi haben kann (Nooteboom 1996; Williamson 1985). Bei einer Ausprägung von null einer dieser Variablen wäre die jeweils andere unbedeutend für die Governanceentscheidung. m h i Des Weiteren ist auf die propagierten Verhältnisse ∂ G > ∂ G > ∂ G , ∂ A ∂ A ∂ A ∂ G m > ∂ G h > ∂ G i und ∂ 2 G m > ∂ 2 G h > ∂ 2 G i für gegebenes A > 0 ∂I ∂I ∂I ∂ A∂ I ∂ A∂ I ∂ A∂ I und 0 >  I  ≤  1 hinzuweisen. Die erste Ungleichung bleibt auch bei einer Erweiterung um I gleich der in (2) dargestellten. Dies bringt entsprechend den TCE-Argumenten zum Ausdruck, dass die betrachteten Governanceformen unterschiedliche Koordinationskapazitäten auch im Hinblick auf intentionale Verhaltensunsicherheit aufweisen. Aufgrund des multiplikativen

216

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Charakters entspricht das Verhältnis untereinander dabei dem bei alleiniger Betrachtung der Variablen Anlagenspezifität A: Die Koordinationsform Markt m (Hierarchie i) hat die geringste (höchste) Kapazität, die Transaktion gegen opportunistisches Verhalten bei steigenden Spezifitätsgraden abzusichern, wenn von vollständiger intentionaler Unsicherheit (I = 1) ausgegangen wird. Hybride h liegen dazwischen. Bis hierher scheint somit die Erweiterung um die Variable I überflüssig, da sich nichts Wesentliches ändert. Interessant ist jedoch der Fall, dass I als variabel angesehen werden kann und so Werte I < 1 existieren könnten. Wenn I < 0, hat dies positive Konsequenzen für den fokalen Akteur. Die Governancekosten G werden so nämlich über alle Modi hinweg im Vergleich zu einer Situation reduziert, in der I = 1 ist, weil ∂G / ∂I > 0 gilt. Da I und A innerhalb des Governancekostenterms G multiplikativ miteinander verknüpft sind, kann so entweder der gleiche Spezifitätsgrad A zu geringeren Governancekosten G oder aber ein höherer Spezifitätsgrad A zu gleichen Kosten innerhalb der Beziehung eingesetzt werden. Beides würde im Endeffekt einen höheren Profit ermöglichen. Darüber hinaus unterscheiden sich die einzelnen Governanceformen untereinander bezüglich des obigen Effekts. Der positive Effekt einer Reduktion von I wird beim marktlichen Governancemodus am größten, bei der hierarchischen Lösung am geringsten sein. Die hybride Governanceform liegt dazwischen. Dies geht unmittelbar aus dem postulierten Verhältnis ∂Gm / ∂I > ∂Gh / ∂I > ∂Gi / ∂I hervor. Dies bedeutet dann auch, dass die so ermöglichte Erhöhung des Spezifitätsgrades A im Vergleich zur Situation mit I = 1 im marktlichen Arrangement m am größten und die hierarchischer Koordination i am geringsten ausfällt; Hybride h liegen wieder zwischen beiden Ersteren, da ∂2Gm / ∂A∂I > ∂2Gh / ∂A∂I > ∂2Gi / ∂A∂I gilt. Diese relativen Unterschiede durch eine Reduktion von I zwischen den einzelnen Governancemodi sind intuitiv einsichtig: Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass Vertrauen und Kontrolle Substitute darstellen können (Kap. B. II. 5. a)). Da durch die Hierarchie die umfangreichsten Sicherungsmechanismen gegen opportunistisches Verhalten etabliert werden, hat eine Reduktion der intentionalen Verhaltensunsicherheit, durch die ja opportunistisches Verhalten teilweise ausgeschlossen werden kann, den geringsten positiven Effekt. Die Reduktion von I steht nämlich in einem substitutiven Verhältnis zu den Sicherungsmaßnahmen: Wenn opportunistisches Verhalten durch bereits etablierte Sicherungsmaßnahmen nicht mehr möglich ist, spielt es keine Rolle, ob ein Akteur überhaupt die Intention hat, opportunistisch zu agieren. Somit hat der Aufbau von Vertrauen hier einen relativ geringen positiven Effekt. Dieser beschränkt sich auf die Handlungen oder Handlungssituationen, für die (noch) keine Sicherungsmaßnahmen eingerichtet

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

C GOV

217

C m GOV (I 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂U ∂ A∂ I ∂ A∂ U ∂ I∂ U

m h i 2 m 2 h 2 i wobei außerdem gilt: ∂ G > ∂ G > ∂ G ; ∂ G > ∂ G > ∂ G ; ∂U ∂U ∂ U ∂ A∂ U ∂ A∂ U ∂ A∂ U

∂ 2 G m > ∂ 2 G h > ∂ 2 G i und β i > β h > β m ³ 0 ∂ I∂ U ∂ I∂ U ∂ I∂ U für A > 0; 0 < I £ 1; U > 0

In (9) ist der in der TCE postulierte Einfluss einer Veränderung des Spezifitätsgrades A, der intentionalen Verhaltensunsicherheit I und Umweltunsicherheit U auf die Governancekosten gemeinsam formal dargestellt (Williamson 1991). Alle drei Variablen haben dabei die gleiche Wirkungsrichtung: Die Erhöhung einer Variablen führt zu einer Erhöhung der Governancekosten, wenn die beiden anderen Variablen konstant gehalten werden. Dies kommt in den partiellen Ableitungen von G nach den einzelnen Variablen, die größer null sind, zum Ausdruck. Kommt es zu einer Erhöhung von mehreren Variablen, so steigen die Governancekosten überproportional, 126  Da die Variable I hier konstant gehalten werden soll, könnte sie eigentlich aus der Formulierung ausgeschlossen werden. Sie wird hier aber zunächst noch einmal dargestellt, um den multiplikativen Charakter der Variablen A, I und U zu verdeutlichen.

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

221

was durch die partiellen Kreuzableitungen zum Ausdruck kommt. Das bereits in (2) und (7) postulierte Verhältnis der variablen Governancekostenbestandteile der einzelnen Modi zueinander bezüglich A und I bleibt auch bei der Erweiterung um U erhalten. Eine Steigerung von U führt zur höchsten relativen Kostensteigerung bei marktlicher Koordination m und zur geringsten bei hierarchischer Koordination i. Die hybride Form h nimmt diesbezüglich mittlere Werte an. Somit lässt sich zunächst das bereits erwartete Ergebnis festhalten: Eine Erhöhung der Umweltunsicherheit U bei gleichbleibenden positiven A und I führt dazu, dass hierarchischere Koordinationsformen relativ vorteilhafter gegenüber marktlichen werden. Dabei ist abermals zu betonen, dass es sich um eine Aussage innerhalb der Marginalanalyse handelt. Absolut kann die marktliche oder hybride Form bei entsprechenden Ausprägungen der Fixkostenparameter βm, βh und βi auch bei hoher Umweltunsicherheit profitmaximierend sein (Kap. C. III.).127 Des Weiteren sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass die dargestellten Zusammenhänge nur gültig sind, wenn alle drei Variablen A, I und U eine positive Ausprägung besitzen, da sie innerhalb der Governancekostenfunktion multiplikativ verknüpft sind (Nooteboom 1996; Williamson 1985, S. 59). Würde keine Unsicherheit bezüglich zukünftiger Umweltzustände bestehen (U = 0), so würden keine Möglichkeiten zu opportunistischem Verhalten existieren, wodurch wiederum Sicherungsmechanismen obsolet würden. Da dann Gm(A;I;U = 0) = Gh(A;I;U = 0) = Gi(A;I;U = 0) = 0 gilt, wäre die marktliche Koordination aufgrund der geringsten Fixkosten β bei allen potentiellen Ausprägungen von A und I vorteilhaft. Gleiches würde bei A = 0 und / oder I = 0 gelten: Würden keine spezifischen Anlagen A eingesetzt, existierte kein potentielles Hold-up-Problem und folglich kein Anreiz zu opportunistischem Verhalten. Kann opportunistisches Verhalten aufgrund fehlender intentionaler Verhaltensunsicherheit I ausgeschlossen werden, sind Sicherungsmechanismen auch nicht erforderlich. In beiden Fällen ist dann eine Erhöhung der Umweltunsicherheit U und damit der Opportunismusmöglichkeiten irrelevant. Interessant ist hier eine genauere Betrachtung der hybriden Governanceform. Wie bereits diskutiert, weist die marktliche Koordination Effizienzvorteile gegenüber der Hierarchie bei geringer Spezifität A auf, während bei hohem A die Effizienzvorteile genau andersherum gelagert sind 127 Außerdem gilt diese Aussage nur, wenn kein Einfluss von U auf den Erlös ausgeht. Ist dies der Fall, so kann sich auch das dargestellte Ergebnis einer Marginalbetrachtung verändern (Kap. D. V.).

222

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

(Kap. B. II. 3. c) und C. III.). Bei geringer Anlagenspezifität sind autonome Adaptionen ausreichend, während es bei steigendem Spezifitätsgrad zunehmend zu bilateralen Abhängigkeiten der Partner kommt, die koordinierte Adaptionen in zunehmendem Maße erforderlich machen. Hier liegt der Effizienzvorteil hierarchischer Koordination, bei der Entscheidungen zentral für alle Beteiligten getroffen werden können, während bei marktlicher Koordination die einzelnen Parteien weitestgehende Entscheidungsautonomie besitzen. Dadurch kann eine koordinierte Adaption im Zeitverlauf erschwert werden (Williamson 1991). Eine Erhöhung der Umweltunsicherheit ändert an diesem Verhältnis zunächst einmal nicht viel. Eine höhere Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Umweltentwicklung führt nämlich dazu, dass die potentielle Adaptionsnotwendigkeit bzw. -häufigkeit im Zeitverlauf zunimmt (Manigart / Lockett / Meuleman / et al. 2006). Bei geringer Spezifität können die häufigeren Adaptionen aber weiterhin relativ effizient autonom durchgeführt werden, bei einem hohen Spezifitätsgrad bleibt die Hierarchie hingegen der effizienteste Modus. Da die Governancekosten marktlicher Koordination in Abhängigkeit von A jedoch eine größere Steigung aufweisen als die hierarchischer Koordination (∂Gm / ∂A > ∂Gi / ∂A), wird dieses relative Verhältnis durch eine Erhöhung der Umweltunsicherheit noch verstärkt (∂2G / ∂A∂U), sodass sich der kritische Wert Ami aus Gleichung (2.1) verringert, bei dem ein Entscheidungsträger indifferent bezüglich marktlicher und hierarchischer Koordination ist.128 Anders formuliert, wird bei hoher Umweltunsicherheit die hierarchische Koordination schon bei geringeren Spezifitätsgraden als bei niedriger Umweltunsicherheit vorteilhaft, da zusätzlich zu ∂Gm / ∂A > ∂Gi / ∂A und ∂Gm / ∂U > ∂Gi / ∂U auch ∂2Gm / ∂A∂U > ∂2Gi / ∂A∂U gilt. Dieser Effekt ist in Abb. 11 mit der exemplarischen Drehung der Governancekostenkurven dargestellt. Wird diese Betrachtung nun um die hybride Koordinationsform erweitert, so kann sich ein interessanter Effekt durch eine Veränderung bzw. Erhöhung von U ergeben. Diese führt dazu, dass die Steigungen der Governancekostenverläufe zunehmen (∂G / ∂U > 0). Dies kann darauf hinauslaufen, dass der hybride Governancemodus bei jedem Grad von A suboptimal ist, wie in Abb. 11 dargestellt. Hier liegt ChGOV bei niedrigen A oberhalb der CmGOV und bei höheren A-Werten oberhalb der CiGOV. Es existiert folglich kein mittlerer Spezifitätsbereich, innerhalb dessen eine hybride Form effizient Der Wert Aim wurde in (2.1) nicht definiert, da dort die hybride Governanceform zwischen Markt und Hierarchie eingeführt wurde. Wird diese, wie in der hier vorliegenden Diskussion, vorübergehend ausgeblendet, so ließe sich analog zur ( i -  m ) Gleichung (2.1) der Wert Aim einfach wie folgt definieren: Aim = . (G m - Gi ) 128

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

223

wäre. Diesem Effekt liegt die Annahme zugrunde, dass Umweltunsicherheit dazu führt, dass die Transaktionsbeziehung im Zeitverlauf an unvorhergesehene Zustände angepasst werden muss. Eine Erhöhung von U führt dann dazu, dass solche Anpassungen häufiger notwendig oder gravierender werden. Die hybride Koordinationsform sitzt bezüglich dieser ex post Adaptionskapazität sozusagen „zwischen den Stühlen“ (Chiles / McMackin 1996; König 2009; Williamson 1991, S. 291). Sie besitzt Effizienznachteile bei der autonomen Adaptionsfähigkeit bzw. niedriger Anlagenspezifität im Vergleich zum Markt, die sich in ihren höheren Fixkosten widerspiegeln (βm < βh). Bei zunehmender Anlagenspezifität werden diese Fixkostenunterschiede zunehmend unbedeutender für die Effizienzbeurteilung, da die variablen Governancekostenbestandteile G(A;I;U) an Relevanz gewinnen. Hier ist die hybride Form aber wiederum relativ ineffizienter als die Hierarchie (∂Gh / ∂A > ∂Gi / ∂A). Maßgeblich ist, dass aufgrund unvorhergesehener Umweltveränderungen notwendig werdende Adaptionen, die durch den höheren Spezifitätsgrad eher aufeinander abzustimmen sind, bei der hybriden Governanceform (wie auch bei der marktlichen) nur durch erneute Verhandlungen und in gegenseitigem Einvernehmen möglich werden (Fried / Hisrich 1995; Manigart / Lockett / Meuleman / et al. 2006; Wright / Lockett 2003). Werden diese koordinierten Adaptionen nun durch eine Erhöhung von U häufiger notwendig, so verstärkt sich der geschilderte Effizienznachteil hybrider im Vergleich zu hierarchischer Koordination, da ∂2Gh / ∂A∂U > ∂2Gi / ∂A∂U gilt. Beide Effekte sind noch einmal schematisch in Abbildung 10 zusammengefasst.

Governanceformen Attribute Markt

Hybrid

Hierarchie

Anreizintensität

+++

++

+

Kontrollmöglichkeit

+

++

+++

Autonome Adaptionskapazität

+++

++

+

Koordinierte Adaptionskapazität

+

++

+++

+ + + = stark;

+ + = mittel ; + = schwach

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Williamson (1991, S. 281).

Abbildung 10: Relative Unterschiede zwischen den einzelnen Governanceformen bei verschiedenen Koordinationsfunktionen

224

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

C GOV

C m GOV (Un)

C m GOV C h GOV (Un) C iGOV (Un) C h GOV C iGOV

Ami

Amh

Ahi

A

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 11: Einfluss der Umweltunsicherheit auf Governancekostenverläufe der unterschiedlichen Governanceformen

Grafisch kommt er in Abb. 11 zum Ausdruck. Hier führt eine Erhöhung von U zu einer Drehung der CGOV-Kurven von Cm,h,iGOV auf Cm,h,iGOV(U↑). Während vormals die hybride Koordinationsform der effizienteste Governancemodus im mittleren Bereich der Anlagenspezifität war (Amh bis Ahi), kommt es durch die Drehung dazu, dass dieser effiziente Bereich verschwindet. Die kostenminimierende Koordinationsform springt direkt von Markt auf Hierarchie im Punkt Ami.

VII. Kritische Würdigung des transaktionskostentheoretisch fundierten Grundmodells und daraus resultierende Erweiterungsmöglichkeiten Im vorherigen Abschnitt wurde die Koordination von Akteursbeziehungen aus einer reinen TCE-basierten Perspektive formalisiert. Insbesondere wurde dabei die relative Vorteilhaftigkeit der Governanceformen Markt m, Hybrid h und Hierarchie i in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades der eingesetzten Anlagen A diskutiert; ein Aspekt, der so auch im Zentrum vieler Arbeiten in der TCE-Tradition steht (Alchian 1984; Anderson / Gatignon 1986; Antonelli / Quéré 2003; David / Han 2004; Hansen / Schütter 2009; Jacobides / Winter 2005; Klein / Crawford / Alchian 1978; Masten 1984; Monteverde / Teece 1982a; 1982b; Oxley 1997; Parkhe 1993b; Silverman 1999; Walker / Weber 1984; Wil-

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

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liamson 1975; 1985; 1991; Zott / Amit 2006). Diese Arbeiten präsentieren die Effekte und Schlussfolgerungen bezüglich der Vorteilhaftigkeit jedoch anhand einer eher heuristischen Argumentation (Riordan / Williamson 1985, S. 367, 374). Die vorliegende neoklassisch inspirierte Formalisierung führt diesbezüglich zunächst zu vergleichbaren Ergebnissen, was Konsistenz mit den erstgenannten Arbeiten impliziert. Darüber hinaus vermittelt die formale Darstellung im Vergleich zu einer eher heuristischen Argumentation eine größere analytische Klarheit bei der Diskussion von Koordinationsentscheidungen. Von zentraler Bedeutung für die vorliegende Arbeit sind jedoch die beiden folgenden, zusammenhängenden Punkte: So werden durch die formale Darstellung der TCE-basierten Argumentation Unzulänglichkeiten dieser bzw. bisher nicht dargestellte Aspekte sichtbar, deren Einbezug durchaus relevant oder sogar kritisch für die Ausgestaltungsentscheidungen internationaler Akteursbeziehungen sein könnten. Dies steht im Einklang mit TCEkritischen Arbeiten, in denen argumentiert wird, dass die Analyse und daraus resultierende Schlussfolgerungen über die optimale Ausgestaltung von Akteursbeziehung ausschließlich aus TCE-Perspektive nicht hinreichend sein könnten (z. B. Conner 1991; Conner / Prahalad 1996; Foss 1993; Ghoshal / Moran 1996; Jacobides / Winter 2005; Langlois 1992; Langlois / Foss 1999; Langlois / Robertson 1995; Loasby 1999; Madhok 1996; 2002 Nooteboom 1996; 1999a; 2004a). Gleichzeitig erlaubt die Formalisierung auf einer neoklassischen Basis die Integration von Argumentationslinien anderer Theorieperspektiven, die diese Lücken schließen könnten. Das Koordinationsproblem wurde als Maximierungsproblem dargestellt, das die beiden fundamentalen Problembereiche der Mehrwertgenerierung und -aufteilung innerhalb von ökonomischen Akteursbeziehungen beinhaltet. Konkret wurde dies durch die Darstellung der Produktionsseite in Form der Erlös- und Produktionskostenfunktion sowie der Koordinationsseite anhand der Governancekostenfunktion erreicht. Da beide Seiten und damit auch die Mehrwertgenerierungs- und -aneignungsaspekte von einem Spezifitätskonstrukt – dem Spezifitätsgrad der eingesetzten Anlagen – beeinflusst werden, ist es auch prinzipiell möglich, diese gemeinsam zu betrachten und mögliche Interdependenzen zwischen ihnen zu berücksichtigen (Das / Teng 2000; Larsson / Bengtsson / Henriksson / et al. 1998; Zeng 2003). Im vorliegenden Modell kann durch den Einsatz spezifischer Anlagen A eine Produktionskostensenkung und / oder Erlössteigerung erreicht werden, denen dann aber mit dem Spezifitätsgrad A ansteigende variable Governancekosten G gegenüberstehen, wobei dieser Anstieg zwischen den einzelnen Governanceformen m, h und i unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Der Fokus der TCEPerspektive liegt dabei eindeutig auf den Governanceaspekten, was im Modell dadurch deutlich wird, dass die governancebezogenen Bestandteile klar und eindeutig dargestellt werden.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Auf der Produktionsseite sind hingegen einige Unzulänglichkeiten zu erkennen. Insbesondere bleibt unklar, wie die Parameter α und δ, die das Ausmaß des Kostenreduzierungs- und Erlössteigerungspotentials aufgrund des Einsatzes spezifischer Anlagen A und damit das Mehrwertgenerierungspotential entscheidend mitbestimmen, zu ihren konkreten Ausprägungen kommen bzw. welche Variablen diese beeinflussen (Riordan / Williamson 1985, S. 370).129 Dies ist aber für die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen und damit auch für die optimale Koordination von essenzieller Bedeutung, da ja auf dieser Seite die Möglichkeit dargestellt ist, einen Mehrwert zu generieren. Wenn nun die jeweilige Ausgestaltung einer Akteursbeziehung diesen Mehrwert differenziert beeinflusst, ist es nicht mehr hinreichend, allein die Governanceseite, die sich ja ausschließlich auf Mehrwertaneignungsaspekte bezieht, zu betrachten (Foss 1993; Jacobides / Winter 2005; Langlois 1992; Langlois / Foss 1999; Madhok 1996). Bspw. könnte die Partnerauswahl – also unterschiedliche Akteure oder Kombinationen von Akteuren und deren Charakteristika und Faktorausstattungen – oder die Partitionierung von Aktivitäten innerhalb einer Beziehung zu unterschiedlichen Mehrwertgenerierungspotentialen führen. Wenn dem so ist, bei der Ausgestaltung von Akteursbeziehungen aber nur Mehrwertaneignungsaspekte genau betrachtet werden, dann kann es z. B. sein, dass zwar ein optimales Aneignungs- bzw. Governancearrangement durch den fokalen Akteur gewählt wird, jedoch der insgesamt aneignungsfähige Mehrwert in einer anderen oder anders ausgestalteten Beziehung wesentlich höher wäre. Außerdem könnten Interaktionseffekte zwischen der Koordinations- und Produk129 Diesbezüglich wird von Riordan und Williamson (1985, S. 370) lediglich konstatiert:

„[A] higher value of α yield[s] […] greater cost reducing consequences to asset specificity.“ Abgesehen von exemplarischen Begründungen – bspw. der Einsatz von Spezialmaschinen – bleibt es aber unklar, welche Faktoren dieses Kostenreduzierungspotential ausmachen. Und auch diese exemplarischen Begründungen sind teilweise zumindest unglücklich gewählt, da sie nicht unbedingt hinreichend sein müssen. So weist bspw. Nooteboom (1993; 2006b) darauf hin, dass der Einsatz von Spezialmaschinen zur Erstellung spezifischer differenzierter Produkte nicht unbedingt mit transaktionsspezifischen Anlagen korrelieren muss. Durch den Einsatz flexibler Produktionstechnologie ist es möglich, mit den gleichen Anlagen spezifische Güter für unterschiedliche Akteure bzw. Anwendungen herzustellen. Auf der anderen Seite bleibt unklar, ob der Einsatz der gleichen Art von Spezialmaschinen zum gleichen Kostenreduzierungspotential in unterschiedlichen Akteursbeziehungen und in unterschiedlichen Kontexten führt. Die Begründung, warum spezifische Anlagen zu einem Hold-up-Problem führen können, ist wesentlich klarer und konsistenter: Ist die Anlage außerhalb der Beziehung nur noch weniger wert als beim Einsatz innerhalb der Beziehung, so ergibt sich ein Hold-up-Problem, das mit der Höhe der Wertdifferenz korrespondiert.

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

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tionsseite existieren und folglich Koordinationsaspekte der verschiedenen Modi selbst unterschiedliche Auswirkungen auf den generierbaren Mehrwert haben. Damit ist dann aus einer Gesamtbetrachtung eine optimale Ausgestaltung von Akteursbeziehungen unter alleinigem Rekurs auf governancebezogene Aspekte nicht möglich (Eesley / Hsu / Roberts 2009). In diesem Zusammenhang ist auch die bereits als unzulänglich charakterisierte Darstellung möglicher Produktionskostennachteile nichtmarktlicher Koordination anhand des H(X;A)-Terms zu nennen. Diesbezüglich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass hier nicht unbedingt die Richtigkeit der Aussagen in Frage gestellt wird, sondern die Argumentation als unzulänglich empfunden wird. Des Weiteren ist bei der bisherigen Betrachtung der Mehrwertgenerierungsaspekte auf Produktionsseite die Annahme unbefriedigend, dass spezifische Anlagen „assumed to be available at the constant per unit cost of γ“ (Riordan / Williamson 1985, S. 370)

sind. Insgesamt bleibt damit schleierhaft, ob und wie sich die Durchführung von Aktivitäten im Hinblick auf verschiedene Akteure, Aktivitäten und / oder Anlagen bzw. deren Charakteristika unterscheiden könnte. Dies ist insofern von essenzieller Bedeutung, als dass so nicht klar ist, warum spezifische Anlagen überhaupt bzw. in welchem Ausmaß diese eingesetzt werden sollten. Mit alleinigem Bezug auf die TCE kann dies auch nicht eindeutig geklärt werden, da die TCE zumindest implizit von homogenen Akteuren bzw. einer homogenen Ressourcenausstattung dieser ausgeht (Conner 1991; Jacobides / Winter 2005; Langlois / Foss 1999; Nooteboom 2004a; Williamson 2008, S. 11). Genau diese Lücke steht jedoch im Zentrum der ressourcenund wissensbasierten Perspektiven, die sich vornehmlich mit Ursachen und Konsequenzen heterogener Ressourcen-, Fähigkeiten- und Wissensausstattungen von Akteuren beschäftigen. Zentrales Element sind hier auch Spezifitätskonstrukte. Selbst wenn sich diese vom Konzept der Anlagenspezifität unterscheiden, ist es durch die vorliegende formale Konzeptionalisierung – dann evtl. durch entsprechende Erweiterungen um zusätzliche Variablen – prinzipiell möglich, Argumente aus diesen Perspektiven zu integrieren. So können dann die dargelegten Unzulänglichkeiten des bisherigen Modells beseitigt oder zumindest abgeschwächt werden. Insbesondere die Kritik an der Konzeptionalisierung der Einsatzkosten für spezifische Anlagen γ verweist hier noch auf einen weiteren kritischen Aspekt. So wird ersichtlich, dass eine rein statische Erweiterung um Argumente der wissensbasierten Perspektive weiterhin unzureichend bleiben muss,

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

da so nicht umfassend erklärt werden kann, welche Determinanten diese Einsatzkosten beeinflussen. Offensichtlich müsste dazu auch die Exploration oder Entwicklung neuer Möglichkeiten bzw. neuer Mehrwertgenerierungspotentiale abgebildet werden. Anders formuliert, wird bereits hier die Notwendigkeit einer dynamischen Modellerweiterung um explorative Aspekte ersichtlich. Dieses Argument wird hier aber zunächst nicht genauer betrachtet, sondern erst im weiteren Verlauf in Kap. E. wieder aufgegriffen. Neben den vorgebrachten Kritikpunkten mit Bezug auf das Mehrwertgenerierungspotential wird unter Rekurs auf die Diskussion in Kap. A. IV. und B. noch eine weitere potentielle Schwachstelle und Anschlussmöglichkeit von Argumenten aus anderen Theorieperspektiven deutlich: So bezieht sich die bisherige Konzeptionalisierung der Koordinationsseite ausschließlich auf Mehrwertaneignungsaspekte anhand des Governancekostenterms CGOV, also auf Kontrolle von und Absicherung gegen opportunistisches Verhalten von Beziehungspartnern. Wenn dies jedoch die einzige Begründung für das Auftreten von Koordinationskosten bzw. Koordinationskostenunterschieden wäre, so würden Letztere verschwinden, sobald opportunistisch motiviertes Verhalten ausgeschlossen werden könnte. Aktivitäten müssen jedoch auch zwischen den beteiligten Akteuren koordiniert werden, wenn opportunistisches Verhalten ausgeschlossen werden könnte, was auf eine andere Art von Koordinationskosten verweist, die darauf zurückzuführen sind, dass ein potentieller Mehrwert innerhalb einer Beziehung zunächst auch realisiert werden können muss (Conner / Prahalad 1996; Heiman / Nickerson 2004; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2004a). Gulati und Singh (1998, S. 782 f., ähnlich argumentieren bspw. auch: Madhok 2002; Mesquita / Brush 2008; White / Lui 2005) erklären dies anschaulich wie folgt: „While appropriation concerns originating from contracting obstacles, combined with pervasive behavioral uncertainty, can clearly be an important concern, once firms decide to enter [a relationship] […], there is another set of concerns that arises from anticipated coordination costs. By coordination costs we mean the anticipated organizational complexity of decomposing tasks among partners along with ongoing coordination of activities to be completed jointly or individually across organizational boundaries and the related extent of communication and decisions that would be necessary. […] [This] can create considerable uncertainty at the outset of [a relationship] […] that is different from appropriation concerns. The uncertainty for participants concerns the way activities will be decomposed and integrated and the extent to which there is likely to be an ongoing need for mutual adaptation and adjustment. The distinction between coordination costs and appropriation concerns can be understood with a hypothetical example. Imagine that [a relationsship] […] is formed between two firms [to generate a certain value] that have complete confidence in each other and face no appropriation concerns whatsoever. Despite this frictionless situation, they must still coordinate the division of labor and the interface of activities and products between them [to realize the anticipated value].“

C. Das Grundmodell der Koordination von Akteursbeziehungen

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Solche in der TCE nicht betrachteten Argumente bezüglich der Koordination – insbesondere kognitive und auf die Interdependenz der Aktivitäten bezogene Aspekte – können durch entsprechende Erweiterungen auch in das formale Modell integriert werden. Lohnenswert wäre dies, wenn opportunismusunabhängige relative Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen existieren, die von den gleichen Variablen A, I und / oder U wie bei den Governancekosten aber in anderer Art und Weise verursacht werden oder sogar andere Variablen diese Unterschiede maßgeblich determinieren. Abschließend geht aus der formalen Darstellung und dabei insbesondere aus der Erweiterung um die Variable der intentionalen Unsicherheit I eine weitere potentielle Unzulänglichkeit hervor, die direkt die Konzeptionalisierung der Governancekosten und damit die Argumentation der TCE betrifft und durch den Anschluss eher sozioökonomisch motivierter Aspekte der Koordination von Aktivitäten beseitigt werden könnte. Bisher wurde I lediglich als Variable eingeführt, um so den Einfluss dieser auf die Koordination bzw. die Governancekosten darzustellen. Diesbezüglich wurde bereits festgestellt, dass die explizite Darstellung der Variable I bisher eigentlich überflüssig ist, da eine rein TCE-basierte Argumentation keine Erklärungsmöglichkeit für unterschiedliche Ausprägungen von I bietet und diese mit der höchstmöglichen Ausprägung angenommen werden sollte (Milgrom / Roberts 1992; Osterloh / Frost / Weibel 2001, S. 17; Williamson 1985; 1991; 1999). Zumindest bei einer längerfristigen Betrachtung von Akteursbeziehungen stellt sich hier jedoch intuitiv die Frage, warum sich die Unsicherheit über die Intentionen eines Beziehungspartners nicht verändern können sollte bzw. warum nicht zumindest die Möglichkeit des Aufbaues eines vertrauensvollen Verhältnisses in die Analyse mit einfließen sollte. Durch die Erweiterung um die Variable I ist nun zunächst überhaupt möglich, auch solche Aspekte zu modellieren. Es ist also die Basis gelegt, um den Einfluss von Vertrauen auf die Koordination und insbesondere die Möglichkeit des Aufbaus von Vertrauen innerhalb von Akteursbeziehungen durch entsprechende Erweiterungen des Modells analysieren zu können. So kann dann der häufig vorgebrachten Kritik begegnet werden, die TCE zeichne durch die Opportunismusannahme und Ablehnung eines nichtkalkulativen Vertrauenskonstruktes (Williamson 1993a) ein realitätsfernes Menschenbild, das potentielle Wertgenerierungspotentiale ausschließt (Adler 2001; Bachmann 2001; Fukuyama 1995; Gambetta 1988; Ghoshal / Moran 1996; Granovetter 1985; Lyons / Mehta 1997; Madhok / Tallman 1998; Madhok 2000; 2006; Maitland / Bryson / Van de Ven 1985; McAllister 1995; Miller 2001; Nooteboom 2000c; 2002; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Uzzi 1997). Auch hier wird unmittelbar ersichtlich, dass eine rein statische Erweiterung weiterhin unzureichend bleiben muss, da so gerade Aspekte des Vertrauensaufbaus, die ja zwangsläufig einen intertemporalen Charakter auf-

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

weisen, nicht darstellbar sind. Wie bereits erwähnt, soll eine damit notwendig werdende dynamische Erweiterung hier aber zunächst unterbleiben, dann aber in Kap. F. erfolgen. Zunächst werden im folgenden Abschnitt die angesprochenen Erweiterungen, die eine Integration von Argumenten aus einer wissensbasierten Perspektive erlauben, aus statischer Sicht vorgenommen. Im Fokus werden dabei die Konkretisierung des Mehrwertgenerierungspotentials auf der Produktionsseite und die Erweiterung um Mehrwertrealisierungs- bzw. opportunismusunabhängige Koordinationsaspekte stehen.

D. Statische Modellerweiterung um exploitative Aspekte der ressourcenbasierten Perspektive unter besonderer Berücksichtigung von Wissen als Ressource Im nun folgenden Abschnitt sollen die in Kap. B. dargestellten Argumente bezüglich der Ausgestaltung von Akteursbeziehungen aus einer ressourcen- oder wissensbasierten Perspektive (RBV) in das vorliegende Formalmodell integriert werden. Dabei ist zunächst herauszustellen, dass sowohl die vorherige auf der TCE basierende Modellkonzeption als auch die hier vorgenommene Erweiterung (RBV) einen statischen exploitativen Charakter aufweisen. Die in Kap. B. bereits diskutierten dynamischen und explorativen Aspekte werden dann in Kap. E. integriert. Trotz dieser Gemeinsamkeit konstatieren einige Autoren signifikante Unterschiede zwischen dem RBV und der TCE, die zu unterschiedlichen oder gar gegensätzlichen Aussagen führen (Conner / Prahalad 1996; Heiman / Nickerson 2002; Kogut / Zander 1992; 1996; Zajac / Olsen 1993; Zott / Amit 2006). Hier wird die Auffassung – wie im weiteren Verlauf noch ausführlicher dargestellt – vertreten, dass bezüglich der exploitativen Unternehmensfunktionen die Argumente des RBV zwar teilweise unterschiedlich, aber weitestgehend komplementär zu denen der TCE sind und folglich in das vorliegende TCE-basierte Modell integriert werden können.

I. Integrierte Betrachtung des Maximierungsproblems Im vorliegenden Modell wurde das übergeordnete Koordinationsziel als Profitmaximierungsproblem konzeptionalisiert, da davon ausgegangen wird, dass eine optimale Koordination der Aktivitäten im Leistungserstellungsprozess die Erreichung des optimalen Profitlevels ermöglicht. Daher ist zunächst zu prüfen, welches Zielverständnis den RBV-entlehnten Argumenten zugrunde liegt.

D. Statische Modellerweiterung

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Beide Theorieperspektiven scheinen sich signifikant im Hinblick auf das Koordinationsproblem von Unternehmungen zu unterscheiden. So kreist die Diskussion bezüglich des primären Koordinationsziels um die „creator of the positive“ (RBV) versus „avoider of the negative“ (TCE) Debatte (Conner 1991, S. 139). Dort wird postuliert, dass die Argumente des RBV aus einer Werterschaffungsmaxime heraus konzeptionalisiert sind, während die TCE vor allem ein Kostenminimierungskalkül verfolgt. Die TCE betrachtet vorrangig Aneignungsaspekte eines innerhalb von Akteursbeziehungen generierten Mehrwertes. Da durch Aneignungsprozesse kein ökonomischer Mehrwert realisiert, sondern nur verteilt wird – also kein Nutzen, sondern lediglich Kosten entstehen –, geht es hier vorrangig um Fragen der (kosten-)effizienten Ausgestaltung und Koordination dieser Aneignungsprozesse (Conner 1991; Kogut / Zander 1992; 1996; Langlois / Foss 1999; Madhok 1996; 2000; 2002; Madhok / Tallman 1998; Nooteboom 2004a; Zajac / Olsen 1993). Dies wird unter dem Konstrukt der Governancekosten diskutiert. Zwar wurde im vorliegenden Modell auch die Wertgenerierung konzeptionalisiert, dies erfolgte jedoch teilweise rudimentär und unzureichend, wie die Modelldiskussion zeigte. Genau in diesem Punkt ist das Potential einer Integration der RBV-basierenden Wissensaspekte begründet. Diese Perspektive fokussiert nämlich genau diesen Wertgenerierungsaspekt innerhalb von Akteursbeziehungen, indem sie die Begründung (dauerhafter) Wettbewerbsvorteile diskutiert und dementsprechend Beeinflussungsvariablen herausarbeitet (Barney 1986b; 1995; 1996; 2000; 2001; Hamel / Prahalad 1990; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993; Wernerfelt 1984). Zweck der Koordination von Aktivitäten ist es hier, die Mehrwertgenerierung möglichst (kosten-)effektiv zu gewährleisten.130 Fragen, die die Mehrwertaneignung betreffen, werden hier – wenn überhaupt – eher rudimentär behandelt (Foss 1996a; Gulati / Singh 1998; Nooteboom 2004a; 2009; White / Lui 2005; White 2005; Williamson 1999). Somit weisen beide Perspektiven zwar signifikante Unterschiede bezüglich ihres jeweiligen Koordinationsverständnisses auf, jedoch scheinen sich diese eher zu ergänzen als konfliktär entgegenzustehen. RBV-basierende Argumente ermöglichen eine vollständigere Konzeptionalisierung der Entstehung eines Mehrwertes – also Potentialhöhe und Realisierungsgrad – innerhalb einer Akteursbeziehung, während die TCE besonders geeignet ist, Fragen über die Aneignung dieses Mehrwertes zu diskutieren. Da beides – Wertgenerierung und -aneignung – gemeinsam die zentralen Aspekte des 130

So konstatieren bspw. Madhok und Tallman (1998, S. 327):

„Rather than efficiency through economizing on (transaction) costs, the value perspective approaches boundary-related phenomena in terms of cost-effectiveness with respect to rent-earning capacity.“

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Koordinationsproblems von Unternehmungen darstellen, scheint eine Integration der beiden genannten Perspektiven lohnenswert (Kap. A. III. und A. IV.; Das / Teng 2000; 2002; Zeng 2003). Im Bezug auf das hier dargestellte Modell wird dies besonders deutlich. Wenn davon ausgegangen wird, dass es das primäre Unternehmensziel ist, den Profit zu maximieren, stellen Wertgenerierung und Kostenminimierung die beiden Seiten der Profitmaximierung dar. Daraus folgt, dass das Maximierungsproblem für beide Ansätze im formalen Modell grundsätzlich gleich beschrieben werden kann. Daher kann die Zielfunktion aus Gleichung (1) weitestgehend übernommen werden: (10)

max  = R - C PRO - CCOO

Das vorrangige Ziel des Unternehmens ist es, den Profit π zu maximieren. π besteht aus dem generierbaren Erlös R abzüglich der Produktionskosten CPRO und der Koordinationskosten CCOO. Es fällt auf, dass Gleichung (10) bis auf den Term CCOO Gleichung (1) entspricht. In Letzterer stand an dieser Stelle noch der Term CGOV, der die Governancekosten auf Basis der Verhaltensannahme opportunistisch agierender Akteure beschrieb. Er stellt damit einen Koordinationskostenbestandteil dar, der aus der Notwendigkeit resultiert, das Akteursverhalten im Hinblick auf die Aneignung von Mehrwerten zu kontrollieren (Das / Teng 2000; 2002; De Rond / Bouchikhi 2004; Hagedoorn / Narula 1996; Kim 2000; Madhok 2000; Zeng 2003). Der RBV blendet hingegen solche Kooperationsaspekte bzw. Kontrollprobleme weitgehend aus. Er betrachtet eher fähigkeiten- oder kompetenzbasierte Koordinationsbelange, bei denen es vorrangig darum geht, es den involvierten Akteuren zu ermöglichen, effektiv zu kooperieren und so einen Mehrwert innerhalb ihrer Beziehung zu realisieren (Clemons / Row 1992; Das / Teng 2000; Gulati / Singh 1998; Hagedoorn / Narula 1996; White / Lui 2005) Um beiden Koordinationsaspekten in einem integrierten Modell Rechnung zu tragen, ist es notwendig, den koordinationskostenbeschreibenden Term so abzuändern, dass er sowohl intentionale als auch fähigkeitenbasierte Koordinationsaspekte beinhalten kann (Bakos / Brynjolfsson 1993; 1998). Daher wird hier die Bezeichnung CCOO gewählt, auf die weiter unten noch detailliert eingegangen wird. Des Weiteren wurde in Gleichung (10) die Zielfunktion des Maximierungsproblems beschrieben. Es fehlen jedoch die Nebenbedingungen, unter denen die Zielfunktion maximiert wird. Um diese aufstellen zu können, müssen die wesentlichen Einflussvariablen innerhalb der Zielfunktion iden-

D. Statische Modellerweiterung

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tifiziert werden. Im ursprünglichen Modell waren dies zunächst die Ausbringungsmenge X und der Anlagenspezifitätsgrad A. Während X bei der hier verfolgten Erweiterung einfach übernommen werden kann, ist dies bezüglich A zu hinterfragen, da sich die Analyseeinheiten der Perspektiven voneinander unterscheiden.

II. Analyseeinheit und Spezifitätsbegriff im integrierten Modell Die TCE und der RBV nutzen unterschiedliche primäre Analyseeinheiten. Während Erstere die Transaktion ins Zentrum ihrer Überlegungen stellt, betrachtet Letzterer Ressourcen, Fähigkeiten und / oder Kompetenzen eines Unternehmens.131 So gesehen beziehen sich beide Ansätze auf unterschiedliche Objekte. Im Kontext der Koordination von Aktivitäten begründen die unterschiedlichen Analyseeinheiten jedoch nicht die Unvereinbarkeit der beiden Ansätze. Obwohl in beiden Ansätzen nicht unbedingt explizit darauf hingewiesen wird, sind beide Konstrukte in diesem Zusammenhang nämlich letztendlich auf eine Akteursbeziehung bzw. auf einen Akteur innerhalb einer Beziehung bezogen und erlauben damit eine Analyse dieser Relation aus verschiedenen – kostenminimierenden oder wertmaximierenden – Blickwinkeln (Nooteboom 2004c; Nooteboom 2006b): Transaktionen finden innerhalb von Akteursbeziehungen statt. Gewisse Transaktionscharakteristika bestimmen dabei die Art dieser Beziehung bzw. die Koordinationsform. Als bedeutendste, den Koordinationsmodus determinierende Variable wird in der TCE der Grad der Anlagenspezifität innerhalb der Transaktion angesehen (Grossman / Hart 1984; Klein / Crawford / Alchian 1978; Williamson 1975; 1985; 1991, S. 281). Anlagen sind dabei nichts anderes als Ressourcen und Fähigkeiten, die zur Leistungserstellung benötigt werden (Williamson 1991) und somit die Generierung eines Mehrwertes innerhalb einer Akteursbeziehung erst ermöglichen. Daher sind sie werthaltig. Genau dies entspricht der Definition kritischer Ressourcen und Fähigkeiten innerhalb des RBV (Barney 1986b; 1996; Hamel / Prahalad 1990; Madhok / Tallman 1998; Wernerfelt 1984). Das Mehrwertgenerierungspotential hängt dabei in beiden Ansätzen von bestimmten Ressourcen- und Fähig131 Dieser Unterschied ist der Tatsache geschuldet, dass die TCE sich primär mit der Koordination des Leistungserstellungsprozesses auch über Unternehmensgrenzen hinweg befasst, während der RBV zunächst auf die Erklärung von unternehmensinternen Wettbewerbsvorteilen abzielte und erst später mit der Koordination von Aktivitäten auseinandersetzte.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

keitencharakteristika ab. Diese bestimmen wiederum die Art der Akteursbeziehung.132 Somit sind in beiden Ansätzen bestimmte Ressourcen bzw. Ressourcencharakteristika die kritischen Determinanten bei der Ausgestaltung oder Koordination von Akteursbeziehungen. In Kap. B. I. 4. a) und B. II. 3. b) wurde bezüglich dieser Charakteristika bereits herausgearbeitet, dass beide Perspektiven den Spezifitätsgrad der jeweiligen Ressource oder Anlage als wesentlich ansehen. In der TCE bestimmt der Grad der Anlagenspezifität das Mehrwertgenerierungspotential maßgeblich, weshalb im vorliegenden Modell die Variable A eine wesentliche Determinante in der Erlös- und Produktionskostenfunktion darstellt (Klein / Crawford / Alchian 1978; Williamson 1975; 1985).133 Außerdem stellt der Spezifitätsgrad, da er die Höhe der Opportunismusanreize bestimmt, die maßgebliche differenzierende Variable bei der Wahl der Koordinations- bzw. Governanceform dar.134 Spezifische Anlagen sind ganz speziell und „in besonderem Maße“ auf die Bedürfnisse und Anforderungen innerhalb einer Akteursbeziehung ausgerichtet. Daher sind sie in einer anderen Beziehung – „in its next best use to another […] [user]“ (Klein / Crawford / Alchian 1978, S. 298, Hervorhebung im Original) – weniger wert (Williamson 1975; 1985). Laut RBV haben Ressourcen und Fähigkeiten umso größeres Wertgenerierungspotential, je akteursspezifischer diese sind. Daher wird auch hier der Spezifitätsgrad eine wesentliche Variable sein, die den Erlös- und Produktionskostenterm beeinflusst. Da akteursspezifische Ressourcen, wenn überhaupt, schwer zu einem anderen externen Akteur zu transferieren oder von diesem zu imitieren sind, stehen sie nicht jedem Akteur in gleichem Ausmaß 132 In der TCE ist die wesentliche Begründung für die Verknüpfung der Ressourcencharakteristika mit der Beziehungsart die Notwendigkeit einer transaktionskosteneffizienten Koordination der Aktivitäten. Im RBV liegt der wesentliche Aspekt dieser Verknüpfung hingegen in einer möglichst effektiven Realisierung des potentiellen Mehrwertes. 133 Hier sei aber noch einmal darauf hingewiesen, dass in der TCE von einem gewissen Mehrwertgenerierungspotential spezifischer Anlagen ausgegangen wird – es entstehen „non-trivial cost advantages“ (Williamson 1985, S. 28) oder aneignungsfähige Quasirenten (Klein / Crawford / Alchian 1978). Es bleibt jedoch weitestgehend unklar, wie dieses Potential zustande kommt, wodurch seine Ausprägung determiniert wird. 134 Derjenige Akteur, der in die spezifischen Anlagen investiert hat, würde bei einer Beendigung der Beziehung folglich einen Wertverlust erleiden. Das Wissen darum stellt für den anderen Akteur einen Opportunismusanreiz dar. Letzterer kann nämlich davon ausgehen, dass sein (rational handelnder) Beziehungspartner opportunistisches Verhalten dulden wird, solange der daraus resultierende Verlust geringer ist als der durch Beziehungsaustritt verursachte.

D. Statische Modellerweiterung

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zur Verfügung, wodurch ein Differenzierungsvorteil bzw. eine Pareto- oder Quasirente erzielt werden kann (Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993). Dies bedeutet dann auch, dass der Spezifitätsgrad die Koordination von Aktivitäten und damit die Koordinationskosten beeinflussen wird. Nun wurde bereits die Möglichkeit angesprochen, dass sich die Bedeutung des Spezifitätskonstruktes zwischen beiden Ansätzen unterscheiden könnte. Dies muss jedoch nicht der Fall sein, wenn die Analyseeinheiten der beiden Perspektiven als auf eine Akteursbeziehung bzw. einen Akteur bezogen verstanden werden, was im Folgenden noch weiter verdeutlicht werden soll. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Wissen aus RBV-Perspektive als besonders wichtige Ressource angesehen werden kann (Kap. B. I. 4. a)). Daneben scheint Wissen aber auch eine maßgebliche (spezifische) Anlagenart darzustellen. Spezifische Anlagen können als Ressourcen mit Wertgenerierungspotential angesehen werden (Nooteboom 1996; Rumelt 1984; Williamson 1975; 1985). Eine wichtige Ressourcen- oder Anlagenart stellt dabei Humankapital dar, da es die Akteure mit ihrem Wissen und dem Austausch von Informationen sind, die ein Unternehmen zusammenhalten (Polanyi 1958; Rajan / Zingales 2001; Rumelt 1984; Wernerfelt 1984). Für die Generierung eines nachhaltigen Mehrwertes wird Humankapital bzw. das damit verbundene Wissen immer häufiger als die wichtigste Determinante angesehen (Kogut / Zander 1996; Lippman / Rumelt 1982; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2004c; 2009; Rajan / Zingales 2001; Reed / DeFillippi 1990; Teece 1998). Diese Einsicht beruht im Wesentlichen auf der Annahme, dass das Mehrwertgenerierungspotential von Ressourcen und Anlagen auf der Basis von Ricardo-Renten geringer ist als das auf der Basis von ParetoRenten (Madhok / Tallman 1998). Ricardo-Renten entstehen aufgrund des Besitzes von raren und werthaltigen Ressourcen. Für Pareto-Renten ist es zudem erforderlich, dass diese Ressourcen nicht oder schwer transferierbar sind, wodurch sie werthaltiger für den „besitzenden“ Akteur als für andere Akteure sind (Dierickx / Cool 1989; Rumelt 1984). Implizites Wissen kann damit sowohl akteursspezifisch als auch transaktionsspezifisch sein, wobei die beiden Spezifitätskonstrukte sich nicht unterscheiden müssen, was Silverman (1999, S. 1110) wie folgt formuliert: „[R]ent-generating [firm specific] resources are necessarily too asset-specific to allow contracting.“

Selbst wenn spezifisches Wissen nicht als spezifische Anlage verstanden wird, so müssen für die gemeinsame Nutzung von spezifischem Wissen bzw. den Transfer spezifische Anlagen eingesetzt werden, die eben außerhalb der betrachteten Akteursbeziehung weniger Wert sind (Conner / Prahalad 1996; Demsetz 1988; Heiman / Nickerson 2002; Nooteboom 2009; Polanyi

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

1958; von Hippel 2007). So kann implizites Wissen bspw. durch persönliche Gespräche und gemeinsame Durchführung von Aktivitäten transferiert werden. Diese Gespräche und gemeinsamen Aktivitäten mit einem Akteur sind jedoch, wenn überhaupt, nur in sehr begrenztem Umfang für den Transfer desselben Wissenssets an einen anderen Akteur außerhalb der fokalen Beziehung nutzbar. Wenn, wie oben diskutiert, spezifische Anlagen und spezifische Ressourcen ähnliche Konstrukte darstellen, mit denen essenziell die gleichen Implikationen bezüglich der Koordination von Akteursbeziehungen verbunden sind, so kann die Zielfunktion aus Gleichung (1.1) hier weitestgehend übernommen werden:  ( X ; A; ) = R ( X ) - C ( X ; A; ) -  A - CCOO ( A ) (10.1)

mit:  R > 0;  C > 0;  C < 0 X X A 2 2 2 und:  C < 0;  C < 0;  C < 0  X A  X   A

Die Konkretisierung der Zielfunktion stimmt auch bei der Erweiterung um die RBV-Argumente mit derjenigen im Ausgangsmodell überein. Der Erlösterm R wird hier zunächst als abhängig von der Ausbringungsmenge X konzeptionalisiert, wobei weiterhin angenommen wird, dass R mit steigender Menge X anwächst (∂R / ∂X > 0).135 Die Produktionskosten CPRO hängen neben der Ausbringungsmenge zusätzlich vom Spezifitätsgrad A der als Anlagen eingesetzten Ressourcen ab. Während mit steigender Menge X die Kosten ansteigen werden (∂CPRO / ∂X > 0), führt eine Steigerung des Spezifitätsgrades zu einer Kostensenkung (∂CPRO / ∂A < 0 und ∂2CPRO / ∂A∂X < 0). Das Ausmaß des Produktionskostenreduzierungspotentials spezifischer Ressourcen wird auch hier als von einem Parameter α abhängig konzipiert, auf den später noch detaillierter eingegangen wird (∂2CPRO / ∂A∂α < 0 und ∂2CPRO / ∂X∂α). Auch hier wird angenommen, dass der Einsatz spezifischer Ressourcen oder Anlagen zu konstanten Kosten von γ erfolgen kann. Lediglich der Koordinationskostenterm CCOO ist anders bezeichnet als in Gleichung (1.1), da sich das Koordinationsverständnis in der TCE und im RBV unterscheiden. Beide Perspektiven weisen dem Spezifitätsgrad A jedoch einen signifikanten Einfluss auf die Koordination zu, weshalb CCOO hier als von A abhängig konzeptionalisiert werden kann. Für eine genauere 135 Auf mögliche Erlöseffekte durch den Einsatz von A wird, wie schon im ursprünglichen Modell, später eingegangen.



D. Statische Modellerweiterung237

Spezifikation sei auf die Diskussion der Koordinationskosten im weiteren Verlauf verwiesen. Somit lässt sich auch das Maximierungsproblem, bestehend aus Zielfunktion und Nebenbedingungen, analog zur Gleichung (1.2) formulieren: max π ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - CCOO ( A ) (10.2) unter den Nebenbedingungen: ! ! ! ! ∂C π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0 und π A = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - COO = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

Gleichung (10.2) bringt wie schon (1.2) zum Ausdruck, dass die optimale Ausbringungsmenge X sowie der optimale Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A genau dann erreicht wird, wenn die jeweiligen Grenzkosten dem Grenznutzen entsprechen (πX = 0 und πA = 0).

III. Konkretisierung des Produktionskostenterms im integrierten Modell Nachdem nunmehr das um die RBV-Argumente zu erweiternde Modell in seinen Grundzügen dargestellt wurde, wird im Folgenden detailliert auf den Produktionskostenterm eingegangen. Im Vordergrund steht dabei die Integration der innerhalb der wissensbasierten Perspektive herausgestellten Einflussfaktoren auf die Mehrwertgenerierung. Die folgende Diskussion basiert dabei auf den Ausführungen in den Kap. B. I. 4. a) bis B. I. 4. c). Hier wurden die zentralen Konstrukte Akteursspezifität, Heterogenität und Interdependenz bezüglich der Ressourcen bzw. Wissenssets diskutiert und ihr Einfluss auf den generierbaren Mehrwert innerhalb einer Akteursbeziehung herausgearbeitet. 1. Ressourcenspezifität und -heterogenität Die TCE geht (implizit) von einer homogenen Ressourcenausstattung der Akteure aus (Conner 1991; Nooteboom 2004a; Williamson 2008, S. 11). Dies bedeutet, dass zwei Akteure prinzipiell in der Lage sind, eine bestimmte Aktivität gleich gut auszuführen. Im vorliegenden Modell wird dies dadurch deutlich, dass der Produktionskostenterm CPRO und die Erlösfunktion R nicht zwischen verschiedenen Akteuren differenziert. Unterschiede ergeben sich lediglich durch eine Änderung der Ausbringungsmenge X sowie des Einsatzes spezifischer Anlagen A. Dies impliziert damit letztendlich,

238

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

dass der Einsatz spezifischer Anlagen oder Ressourcen bzw. der diesbezügliche Spezifitätsgrad unabhängig davon ist, mit welchem Akteur eine Beziehung etabliert wird. Die Diskussion in Kap. B. I. 4. a) hat jedoch gezeigt, dass zwischen Akteuren Ressourcen- oder Fähigkeitenunterschiede bei der Ausführung einer bestimmten Aktivität bestehen können. Diese Unterschiede bilden den Kern des RBV und begründen die dort diskutierten Wettbewerbsvorteile. Entscheidend dabei ist, dass diese Unterschiede akteursspezifisch sind und bleiben. Als wesentliche Begründung für diese Persistenz wurde implizites Wissen von Akteuren herausgearbeitet, das nicht oder nur schwer zu transferieren und imitieren ist. Dieses Wissen stellt somit eine akteursspezifische Ressource dar, die Unterschiede bei der Ausführung einer Aktivität zwischen unterschiedlichen Akteuren begründet. Auch in der TCE, insbesondere im vorab vorgestellten Modell, wurde die Möglichkeit eines persistenten komparativen Vorteils eines anderen Akteurs angesprochen. Dazu wurde hier in Gleichung (4) der Term Hi(X;A)X eingeführt, der lediglich bei hierarchischer bzw. integrierter Koordination auftreten konnte. Dies wurde mit der Möglichkeit der nicht übertragbaren Realisierung von Skalenvorteilen bei der Produktion begründet. Im Lichte der Diskussion über akteursspezifische Ressourcen bzw. Produktionskostenvorteile scheint diese Konzeptionalisierung jedoch rudimentär und unvollständig (Erlei 1998, S. 77 f.). Der Term Hi(A,X)X bezieht sich allein auf Skaleneffekte und diesbezüglich ausschließlich auf Kostennachteile integrierter Produktion, deren Zustandekommen darüber hinaus nicht ganz klar wird. Insbesondere scheint hier problematisch, dass diese Kostennachteile zwar von der Koordinations- bzw. Governanceform determiniert werden, jedoch akteursunabhängig sind. Die hier zu integrierende RBV-Perspektive offeriert hingegen eine wesentlich breitere Ursachenkonzeptionalisierung solcher Effekte – die auch Skaleneffekte einschließen kann – und erlaubt zudem die Betrachtung von Vor- und Nachteilen. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen bezüglich der Spezifität und Heterogenität von Ressourcen und Fähigkeiten bzw. dahinter liegender Wissenssets, die einem Akteur zur Verfügung stehen. Wie die Diskussion in Kap. B. I. 4. a) zeigte, stellt der RBV klar heraus, dass dieses Wissen akteursspezifisch sein muss – also einem externen Akteur nicht (einfach) zur Verfügung stehen darf –, damit durch dessen Einsatz ein Mehrwert entstehen kann (Amit / Schoemaker 1993, S. 39, ähnlich argumentieren bspw. auch: Barney 1996; Dierickx / Cool 1989; Dyer 1996; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993): „[Specificity is] a necessary condition for rent“.

D. Statische Modellerweiterung

239

Wird dieses spezifische Wissen als spezifische Anlage verstanden, so ist diese Aussage gleich der Argumentation in der TCE-Perspektive: Durch den Einsatz spezifischer Anlagen kann ein Mehrwert generiert werden. Das angesprochene Mehrwertgenerierungspotential eines bestimmten Wissenssets bezieht sich dabei auf die Durchführung bestimmter Aktivitäten. Dies bedeutet dann aber auch, dass es andere Aktivitäten gibt, bezüglich derer das angesprochene Wissensset nicht (so) nützlich ist, also kein oder ein geringeres Mehrwertgenerierungspotential aufweist (Langlois 1992; Langlois / Foss 1999). Hier wird dann der Begriff der Heterogenität bzw. heterogenen Ressourcen oder Wissensausstattung der Akteure in einer Population bedeutend, der in Kap. B. I. 4. c) unter dem Begriff der kognitiven Distanz diskutiert wurde. Die Akteure verfügen über verschiedene Ausstattungen, die sie dazu befähigen, jeweils unterschiedliche Aktivitäten besser auszuführen als andere.136 Je größer die Distanz zwischen dem zur (optimalen) Durchführung einer Aktivität notwendigen und einem zur Verfügung stehendem Wissensset ist, umso weniger wird der Akteur in der Lage sein, einen Mehrwert aus dieser Aktivität zu generieren (Kogut / Zander 1996; Langlois 1992; Nooteboom 1999a; 2000b; 2001; 2004c; 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Im Prinzip ist eine solche Argumentation auch bereits schon im vorliegenden Modell enthalten und bedarf lediglich der Erweiterung um das Konzept der kognitiven Distanz CD, die im Folgenden als Variable in des Modell integriert wird. Produktionskosten lassen sich durch den Einsatz spezifischer Anlagen senken, wodurch ein Mehrwert generiert werden kann (∂CPRO / ∂A < 0). Das Ausmaß dieses Mehrwertgenerierungspotentials wird dabei maßgeblich vom Parameter α bestimmt. Diesbezüglich wurde bereits darauf hingewiesen, dass rätselhaft bleibt, wie α zu seiner jeweiligen konkreten Ausprägung kommt bzw. welche Faktoren diese determinieren. Die vorangegangenen Ausführungen ermöglichen es nunmehr, diese Lücke zu schließen: Das Ausmaß des Mehrwertgenerierungspotentials wird maßgeblich durch die kognitive Distanz CD zwischen notwendigem und zur Verfügung stehendem Wissensset beeinflusst. Damit kann hier zunächst festgehalten werden, dass α von CD beeinflusst wird. Je größer die CD eines Akteurs zum optimalen Wissensset im Hinblick auf eine bestimmte Aktivität ist, umso geringer wird das Mehrwertgenerierungspotential sein, 136 Hier ist es wichtig zu betonen, dass sich das Konzept der Heterogenität auf die Ressourcen und Fähigkeitenausstattungen bezieht und nicht auf die Aktivitäten. Unterschiedliche Aktivitäten können mit den gleichen Ressourcen und Fähigkeiten evtl. gleich gut ausgeführt werden; die gleiche Aktivität kann jedoch mit unterschiedlichen Wissenssets unterschiedlich gut ausgeführt werden (Garzarelli 2008; Langlois 1992).

240

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

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Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 12: Einfluss der kognitiven Distanz auf das Mehrwertgenerierungspotential durch den Einsatz spezifischer Ressourcen bei der Durchführung unterschiedlicher Aktivitäten

das mit dem Einsatz der dem Akteur zur Verfügung stehenden spezifischen Anlagen bzw. Wissenssets ermöglicht wird. Dieser Zusammenhang wird anhand der Abbildung 12 verdeutlicht. Bezüglich der Abbildung sei zunächst angenommen, dass alle Akteure einer Population über jeweils ein unterschiedliches spezifisches Wissensset verfügen, das sie bei der Durchführung von Aktivitäten einsetzen können. In der Abbildung sind exemplarisch sechs unterschiedliche Aktivitäten dargestellt, die ein Akteur unter Einsatz seines jeweiligen spezifischen Wissenssets durchführen kann. Ferner sei angenommen, dass für jede dieser Aktivitäten jeweils ein optimales Wissensset prinzipiell existiert, dessen Einsatz die Durchführung der jeweiligen Aktivität zu geringstmöglichen Kosten erlaubt. Da es sich um sechs unterschiedliche Aktivitäten handelt, wird es auch sechs verschiedene optimale Wissenssets geben. Ferner sei angenommen, dass das dem fokalen Akteur zur Verfügung stehende Wissensset eine geringe kognitive Distanz zum optimalen Wissensset für Aktivität 1 aufweist, was in der Abbildung durch einen geringen CD-Wert der Aktivität 1 dargestellt ist. Dies kann so verstanden werden,

D. Statische Modellerweiterung

241

dass ein hoher Anteil der Elemente des zur Verfügung stehenden Wissenssets gleich den Elementen des optimalen Wissenssets sind. Folglich wird der Akteur in der Lage sein, die Aktivität 1 zumindest fast zu den geringstmöglichen Kosten – die ja unter Einsatz des optimalen Wissenssets realisierbar wären – durchzuführen. Folglich wird der Akteur einen relativen Vorteil gegenüber allen Akteuren haben, die über kein oder lediglich über ein spezifisches Wissensset mit größerer kognitiver Distanz zum optimalen Wissensset für Aktivität 1 verfügen. Da es sich hier um spezifische – also nicht (einfach) übertragbare – Wissenssets handelt, wird der Anteil der so relativ benachteiligten Akteure an der gesamten Population relativ hoch sein und relativ viele Akteure werden wesentlich schlechter geeignete Wissenssets aufweisen. Damit wird der fokale Akteur einen großen relativen Kostenvorteil bei der Durchführung von Aktivität 1 im Vergleich zur Gesamtpopulation aufweisen, was in der Abbildung durch einen hohen negativen ΨC-Wert für Aktivität 1 dargestellt ist. Folglich ist es für den fokalen Akteur von Vorteil, die Aktivität 1 selbst durchzuführen. Die sechs dargestellten Aktivitäten sind auf der CD-Achse anhand der kognitiven Distanz zwischen dem jeweils optimalen und dem fokalen Akteur zur Verfügung stehenden spezifischen Wissensset angeordnet. Je größer also der CD-Wert der betrachteten Aktivität ist, umso weniger Elemente des zur Verfügung stehenden Wissenssets lassen sich kostenreduzierend zur Durchführung der Aktivität einsetzen. Außerdem wird es mit wachsender CD immer mehr Akteure in der Gesamtpopulation geben, die über ein Wissensset mit größerer kognitiver Nähe zum jeweils optimalen Wissensset verfügen. Folglich wird der relative Kostenvorteil (ΨC < 0) mit wachsender CD sukzessive abnehmen und ab einem bestimmten CD-Wert zu einem relativen Kostennachteil (ΨC > 0). In der Abbildung verfügt der fokale Akteur bezüglich der Aktivitäten 2 und 3 immer noch über einen – wenn auch geringer werdenden – relativen Kostenvorteil. Bei den Aktivitäten 4, 5 und 6 besitzt der Akteur jedoch einen relativen Kostennachteil; es existieren also andere Akteure, die diese Aktivitäten relativ kostengünstiger durchführen können. Bisher bezog sich CD auf die Distanz zwischen notwendigem und vorhandenem Wissensset, was auf den ersten Blick nicht unbedingt der Konzeptionalisierung aus Kap. B. I. 4. c) entspricht. Wenn jedoch angenommen wird, dass das vorhandene Wissensset einem Akteur und das notwendige einem anderen Akteur zur Verfügung steht, so kann CD auch als Distanzmaß zwischen diesen Akteuren aufgefasst werden, das die Fähigkeit der Akteure beeinflussen wird, einen Mehrwert zu generieren. Wie in Kap. B. I. 4. c) ausführlich dargelegt wurde, begründet die jeweilige kognitive Position eines Akteurs dessen Interpretation von Informationen. Der Einfluss der individuellen kognitiven Position auf die Interpretation ist

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

umso bedeutender, je implizierter die Information ist.137 Wenn zur (besseren) Durchführung einer Aktivität der Transfer von impliziten Informationen bzw. Wissenssets notwendig ist, wird es erfolgskritisch sein, dass die beteiligten Akteure die zu transferierenden Informationen gleich verstehen und deuten. Je geringer die CD, umso ähnlicher wird daher die Interpretation der Akteure sein. Folglich wird ein Wissenstransfer umso effektiver, je geringer die CD zwischen den beteiligten Akteuren ist. Der beschriebene Einfluss der CD ist besonders gewichtig für implizite Informationen bzw. Wissenssets, da hier der individuelle Interpretationsspielraum sehr groß sein kann. Explizite und somit akteursunspezifische Informationen können kodifiziert und durch einheitliche oder standardisierte Codes transferiert werden (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Powell 1990; Powell / Koput / Smith-Doerr 1996). Aufgrund der Kodifizierungsmöglichkeit ist hier der Interpretationsspielraum der Akteure nicht besonders groß. Der Einsatz akteursspezifischen Wissens kann im Formalmodell als Einsatz einer spezifischen Ressource A interpretiert werden. Das damit verbundene Produktionskostenreduzierungspotential ist von der Ausprägung des Parameters α abhängig. Aus obigen Ausführungen kann nun gefolgert werden, dass dieser Faktor α maßgeblich von der kognitiven Distanz CD abhängt. Ist diese sehr groß, so wird sich ein Einsatz bzw. Transfer von vorhandenem spezifischen Wissen nicht lohnen, da dieses Wissen einfach nicht oder kaum relevant für die betrachtete Aktivität ist. Genauso verhält es sich bei kognitiv distanten Akteuren. Selbst wenn ein Transfer der jeweiligen impliziten Wissenssets dieser Akteure einen Produktionskostenvorteil begründen könnte, wäre dieser Transfer aufgrund von Fehlinterpretationen allenfalls lückenhaft. Somit könnte das gesamte aus dem Transfer der impliziten Wissenssets ermöglichte Reduzierungspotential nur in geringem Maße ausgeschöpft werden. Der Einsatz von A bzw. der damit verknüpfte Transfer von implizitem Wissen wäre somit wenig lohnenswert. Daraus folgt, dass je größer CD wird, desto geringer wird α sein (∂α / ∂CD < 0).138 137 Explizite Informationen können per Definition (größtenteils) durch linguistische Codes transferiert werden. Da linguistische Codes standardisiert sind – also Bedeutungen für alle Codenutzer weitestgehend festgelegt sind –, ist hier der individuelle Interpretationsspielraum relativ gering (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002). Je impliziter die Informationen werden, umso ungeeigneter sind standardisierte Transfermechanismen bzw. umso mehr müssen diese individualisiert werden. Dadurch wächst der individuelle Interpretationsspielraum an. 138 An dieser Stelle ist noch einmal zu betonen, dass die vorliegende Argumentation auf der exploitativen Perspektive basiert. Es geht folglich vornehmlich um die Frage, wie ein vorhandener potentieller Mehrwert möglichst effizient „ausgenutzt“ werden kann. Daher wird hier auch ein negativer Einfluss von CD auf α propagiert. Es scheint natürlich einleuchtend, dass eine größere CD auch positive Auswirkungen

D. Statische Modellerweiterung

243

Außerdem kann angenommen werden, dass sich dieser negative Effekt auf α noch verstärken oder zumindest gleich bleiben wird, je größer CD wird (∂2α / ∂2CD ≤ 0). Die dahinterstehende intuitive Überlegung ist, dass bei relativ geringen Maßen kognitiver Distanz zwar auch schon Fehlinterpretationen und Übermittlungsverluste auftreten mögen. Jedoch können diese noch relativ einfach durch einen Mehraufwand – bspw. durch eine andere Formulierung oder den Einsatz zusätzlicher Kommunikationsmedien – korrigiert werden. Sind die Fehlinterpretationen und Übermittlungsverluste aufgrund einer sehr großen kognitiven Distanz jedoch gravierend, so werden diese nur noch schwer oder gar nicht durch einen Mehraufwand beseitigt werden können. Der umgekehrte Fall ∂2α / ∂2CD > 0 scheint zudem nicht schlüssig, würde dieser doch bedeuten, dass das Ausmaß an Fehlinterpretationen mit steigender CD zwar nicht absolut, jedoch relativ abnimmt, also sozusagen der Korrekturaufwand pro fehlinterpretierter Informationseinheit mit steigender Anzahl an Fehlinterpretationen abnimmt. Die hier dargestellte Argumentation wird im folgenden Abschnitt gemeinsam mit den dort angeführten Überlegungen noch formal dargestellt und damit in das vorliegende Modell integriert. 2. Ressourcen- oder Aktivitäteninterdependenz Die bisherige Diskussion über die Spezifität und Heterogenität von Ressourcen basierte auf einer individuellen Betrachtung. Beide Konstrukte beziehen sich auf Ressourcen, insbesondere auf Wissen, das zur Durchführung einer Aktivität innerhalb einer Akteursbeziehung genutzt werden kann. Unternehmen führen aber mehrere unterschiedliche Aktivitäten aus, und auch der Leistungserstellungsprozess besteht in der Regel aus mehreren miteinander verknüpften Aktivitäten. Daher scheint eine isolierte Betrachtung einzelner Aktivitäten ohne den Einbezug weiterer mit diesen verknüpfen Aktivitäten unvollständig. Wie die Diskussion in Kap. B. I. 4. b) gezeigt hat, kann die Art und Weise, wie zum einen die Elemente der betrachteten Aktivität innerhalb des Leistungserstellungsprozess untereinander und zum anderen mit anderen von den Akteuren ausgeführten Aktivitäten miteinander verknüpft sind, einen signifikanten Einfluss auf die Mehrwertrealisierung haben (Baldwin / Clark 2000; Becker / Murphy 1992; Dierickx / Cool 1989; Grant 1996; Milauf einen Mehrwert haben könnte, da ein Zugang bzw. die Kombination distinkter Wissenssets einen neuen Wert schaffen könnte. Wie jedoch unmittelbar ersichtlich ist, hat eine solche Argumentation eher explorativen Charakter – Kombinationsmöglichkeiten distinkter Wissenssets werden „erforscht“ – und ist daher konzeptionell vom hier propagierten Effekt zu trennen. Diesbezüglich sei auf Kap. E. verwiesen.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

grom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995; Nooteboom 2009; Schaefer 1999; Thompson 1967; Weick 1976). Dies kann unter dem Begriff der Interdependenz von Aktivitäten bzw. dahinterliegenden Ressourcen und Anlagen diskutiert werden. Interdependenz besagt, dass das Ergebnis einer Aktivität von der Durchführung bzw. dem Zusammenspiel mit einer anderen Aktivität abhängig ist: Aktivitäten sind dann interdependent, wenn der Nutzen aus der Durchführung einer Aktivität mit der Art und Weise variiert, wie eine andere Aktivität ausgeführt wird (Milgrom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995). Daraus folgt, dass sich der Nutzen aus der Durchführung einer Aktivität für einen Akteur zumindest teilweise durch den Grad der Interdependenz dieser Aktivität mit anderen Aktivitäten im Leistungserstellungsprozess determiniert. Im Kontext der Koordination von Aktivitäten entlang des Wertschöpfungsprozesses bezieht sich dieses Konstrukt vornehmlich auf komplementäre heterogene Aktivitäten. Sind Aktivitäten interdependent, so wird sich der marginale Nutzen aus der Durchführung einer Aktivität erhöhen, wenn diese mit den anderen interdependenten Aktivitäten koordiniert wird. Koordination kreiert hier somit Synergien (Foss / Iversen 1997; Osterloh / Weibel 2004). Simon (1991b, S. 33) stellt diesbezüglich heraus: „[T]he greater the interdependence among various members of the organization, the more difficult it is to measure their separate contributions to the achievement of organizational goals. But of course, intense interdependence is precisely what makes it advantageous to organize people instead of depending wholly on market transactions.“

Laut Scott (1981, S. 211) beschreibt der Interdependenzgrad ID dabei „the extent to which the items or elements upon which work is performed or the work processes themselves are interrelated so that changes in the state of one element affect the state of the other“.

Für die Diskussion über die Vorteilhaftigkeit verschiedener Koordinationsformen ist eine isolierte Betrachtung des Interdependenzgrades ID jedoch nicht hinreichend (Milgrom / Roberts 1992; Teece 1986a; Zenger / Argyres 2008). Der Interdependenzgrad ID muss in Relation zum Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A bzw. zur Notwendigkeit, spezifische Ressourcen einzusetzen, gesehen werden. Dieser Zusammenhang wurde in Kap. B. I. 4. c) bereits unter den Begriffen „co-specialization“ diskutiert (Baldwin / Clark 2000; Barney / Zajac 1994; Barney 1996; Becker / Murphy 1992; Christensen 1996; Dierickx / Cool 1989; Dyer 1996; Lippman / Rumelt 1982; Madhok / Tallman 1998; Teece 1986a; Wernerfelt 1984). Dort wurde herausgearbeitet, dass sich der Nutzen aus dem Einsatz spezifischer Anlagen / Ressourcen mit steigendem Interdependenzgrad erhöht (Nooteboom 2009,

D. Statische Modellerweiterung

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S. 102; Postrel 2002). Ein steigender Interdependenzgrad zwischen unterschiedlichen Aktivitäten bedeutet, dass immer mehr einzelne Elemente der jeweiligen Aktivitäten miteinander interagieren (Kauffman 1993; Simon 1962; 1991a). Dadurch werden die Anforderungen komplexer, was bedeutet, dass immer mehr und unterschiedlichere Informationen zwischen den beteiligten Akteuren transferiert und verarbeitet werden müssen (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Galbraith 1977; Gulati / Singh 1998; Thompson 1967; Van de Ven / Walker 1984). Aufgrund des so steigenden Komplexitätsgrades der Kommunikation und der damit wachsenden Notwendigkeit, auch spezifisches Wissen auszutauschen, wird es zunehmend vorteilhaft, akteursspezifische Kommunikationsstrukturen zu schaffen (Arrow 1974b; Dyer 1996; Scott 1981; Thompson 1967).139 Nur so wird es möglich, das Mehrwertgenerierungspotential auch zu realisieren. Eine alternative Argumentationslinie, die zum gleichen Ergebnis führt, beschreiben Spiller und Zelner (1997). Die Autoren weisen darauf hin, dass es bei steigendem Interdependenzgrad zunehmend notwendig wird, die „Kerntransaktionen“, die zum eigentlichen Leistungserstellungsprozess notwendig sind, durch „unterstützende Transaktionen“ zu komplementieren. So kann es zu Situationen kommen, in denen zwar zur Durchführung der Kerntransaktionen kein oder ein geringer Einsatz spezifischer Ressourcen notwendig wird, jedoch die steigende Anzahl von unterstützenden Transaktionen – bedingt durch den höher werdenden Interdependenzgrad – einen Einsatz zunehmend notwendig macht, um den generierbaren Mehrwert auch tatsächlich zu realisieren. Demnach wächst der Nutzen des Einsatzes spezifischer Ressourcen bzw. des Transfers spezifischen Wissens mit steigendem Interdependenzgrad an. Somit stellt der Grad der Interdependenz ID von Aktivitäten eine wichtige Variable innerhalb des Maximierungsproblems von Unternehmen dar und muss folglich in das vorliegende Modell integriert werden. Aus den obigen Ausführungen wird unmittelbar ersichtlich, dass ID einen Einfluss auf den Parameter α haben wird. α determiniert das Ausmaß des Kostenreduzierungspotentials durch den Einsatz spezifischer Anlagen A. Wie oben dargelegt wurde, steigt der Nutzen des Einsatzes spezifischer Ressourcen A mit steigendem ID. Daher kann davon ausgegangen werden, dass ID den Para139 Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass technologische, insbesondere informationstechnologische Neuerungen diesen Effekt abschwächen können Durch den Einsatz von Informationstechnologien kann es möglich werden, dass die Schnittstellen (Interfaces), über die Informationen ausgetauscht werden, standardisiert werden und somit von einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure gleich gut genutzt werden können. Bis zu dem Grad, bei dem ein solcher standardisierter Informationsaustausch möglich ist, macht ein höherer Interdependenzgrad den Einsatz spezifischer Ressourcen nicht unbedingt erforderlich (Daft / Lengel / Trevino 1987; Daft / Lengel 1986).

246

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

meter α positiv beeinflusst, also ein steigender Interdependenzgrad zu einer steigenden Vorteilhaftigkeit des Einsatzes spezifischer Anlagen führt (∂α / ∂ID > 0). Dieser positive Effekt von ID auf α wird jedoch mit steigendem ID relativ abnehmen (∂2α / ∂2ID < 0). Würde kein Zusammenhang mit anderen Aktivitäten des fokalen Akteurs bestehen – also keine Interdependenz vorliegen –, so würde ein Einsatz des dem Akteur zur Verfügung stehenden spezifischen Wissens kaum nutzen, da dieses höchstwahrscheinlich nicht relevant ist. Sobald jedoch ein geringer Zusammenhang – sprich Interdependenzgrad – besteht, wird der Nutzen des Einsatzes von A stark ansteigen. Dieser starke relative Nutzenzuwachs wird sich aber mit größer werdendem ID relativ abschwächen, sodass der Nutzen einer zusätzlichen Einheit A bei sehr hohem ID relativ geringer ist als der bei einem geringen ID (Postrel 2002). Unter Berücksichtigung der hier sowie im vorherigen Abschnitt dargestellten Einflüsse der Variablen CD und ID auf den Parameter α lässt sich die Gleichung (10.1) im vorliegenden Modell nunmehr wie folgt genauer spezifizieren: max π ( X ; A;α ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - CCOO ( A )    C PRO

∂ C PRO ∂ C PRO ∂ 2 C PRO ∂ 2 C PRO ∂ 2 C PRO ∂R (10.3) mit: ∂ X > 0; ∂ X > 0; ∂ A < 0; ∂ X ∂ A < 0; ∂ X ∂α < 0; ∂ A∂α < 0 wobei α definiert ist als: α (CD; ID) 2 2 mit α ³ 0; ∂α < 0; ∂2 α £ 0; ∂α > 0; ∂ 2 α < 0 ∂ CD ∂ ID ∂ CD ∂ ID

Dabei gelten die bereits angeführten Produktionskosteneffekte weiterhin. Der Einsatz spezifischer Anlagen oder Ressourcen A kann zu einer Produktionskostensenkung führen (∂CPRO / ∂A < 0 und ∂2CPRO / ∂X∂A < 0). Das Ausmaß dieser Senkung wird dabei durch den Faktor α bestimmt. Je größer α ist, umso lohnenswerter ist der Einsatz von A (∂2CPRO / ∂X∂α < 0 und ∂2CPRO / ∂A∂α < 0). In Verbindung mit den in Gleichung (10.1) aufgestellten Nebenbedingungen bedeutet dies, dass A im Optimum umso größer sein kann, je größer die Ausprägung des Parameters α ist. Im Gegensatz zum ursprünglichen Modell ist es den obigen Ausführungen folgend nun aber möglich, das Produktionskostenreduzierungspotential, das sich aus der Ausprägung von α bestimmt, genauer zu erklären. α wird negativ von der kognitiven Distanz zwischen den beteiligten Akteuren CD abhängen und positiv mit dem Grad der Interdependenz zwischen den von



D. Statische Modellerweiterung247

den jeweiligen Akteuren durchgeführten Aktivitäten ID abhängen (∂α / ∂CD < 0 und ∂α / ∂ID > 0). Dabei wird der Einfluss von CD auf α den von ID dominieren (∂2α / ∂2CD ≤ 0 und ∂2α / ∂2ID < 0), was unmittelbar aus der obigen Diskussion zu CD und ID hervorgeht. Dort wurde festgestellt, dass sich der Nutzen des Einsatzes von A mit steigendem ID erhöht, da so „reichhaltigere“ Informationen transferiert und verarbeitet werden können, oder sich der Austausch auch von impliziten Wissenssets zunehmend lohnt. Wenn nun aber die CD zwischen den interdependenten Akteuren größer wird, so ist dieser Informations- und Wissensaustausch zunehmend ineffektiv. Anders formuliert, ließe sich – selbst wenn der Einsatz von A durch einen hohen ID äußerst lohnenswert wäre – dieser Mehrwert bei hoher CD kaum realisieren. 3. Produktionskostenunterschiede aufgrund der Koordinationsformenwahl Mit der nun vorliegenden Konzeptionalisierung der Produktionskostenfunktion wird auch der als problematisch charakterisierte Term H(X,A)X aus Kap. C. IV. überflüssig. Im ursprünglichen Modell wurde der angesprochene Effekt damit begründet, dass vom unabhängigen Akteur realisierbare Skaleneffekte bei integrierter Produktion evtl. nicht mehr umsetzbar sind. Eine stichhaltige Begründung, warum dies der Fall sein könnte, blieb aber aus. Nun lassen sich unter Berücksichtigung der mit CD und ID verbundenen Effekte allgemeingültigere und konsistentere Begründungen dafür finden, warum eine hierarchische integrierte Koordination einer bestimmten Aktivität unvorteilhafter sein kann als die marktliche Koordination, obwohl in Ersterer ein höherer Spezifitätsgrad A eingesetzt werden kann (Erlei 1998; Loh / Venkatraman 1992; Nooteboom 2009). Diesbezüglich sei hier zunächst noch einmal auf die Gleichung (1.3) verwiesen ¶C ³ γ , aus der hervor¶A ging, dass das Kostenreduzierungspotential auf Basis von A hinreichend groß sein muss, damit sich die Investition in A lohnt. Als maßgebliche Beeinflussungsvariable dieses Potentials wurde α identifiziert, das nunmehr als abhängig von ID und CD konkretisiert wurde.

(

)

Wenn α von CD und ID abhängt, dann ist es möglich, dass für unterschiedliche Akteursbeziehungen bezüglich der gleichen Aktivitäten unterschiedliche α-Werte bestehen. Dies ist in folgender Abbildung beispielhaft anhand potentieller Unterschiede bezüglich der Variable CD dargestellt. Ein fokaler Akteur (FA) kann eine Beziehung mit einem unabhängigen Produzenten (P) eingehen, bezüglich derer eine kognitive Distanz (CD)

248

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse ǻ&' K > 0 (IN_K1 ) und (IN_K 2 ) (P_K 1 ) und (P_K 2 )

FA

IN(FA_P)

P

K2 , K1

CD

(IN(FA_P) ) (P_FA)

ǻ&' FA < 0 Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 13: Auswirkungen der Integration eines vormals unabhängigen Produzenten für den fokalen Akteur und andere Kunden

entsprechend der Strecke (P_FA) angenommen wird. Eine Integration von P würde diese CD reduzieren, sodass für das neue integrierte Unternehmen IN die CD der Strecke (IN(FA_P)) angenommen wird.140 Durch Integration verringert sich somit die CD für den FA um ∆CDFA. Da wie oben dargestellt eine geringere CD eine Erhöhung von α zur Folge hat, kann im Optimum ein höherer Spezifitätsgrad A bei der Produktion genutzt werden, wodurch sich die Produktionskosten reduzieren lassen und somit letztendlich eine höhere optimale Ausbringungsmenge XIN realisierbar wird als ohne Integration (XIN > XP_FA). Es kommt somit zum postulierten positiven Effekt einer Integration von P durch FA. Weiterhin sei angenommen, dass P neben FA noch zwei weitere Kunden K1 und K2 für das gleiche Produkt hat und dass diese Kundenbeziehungen ähnliche Interdependenzgrade ID und kognitive Distanzen CD aufweisen wie die Beziehung von P zu FA, also gilt: (P_K1) ≈ (P_K2) ≈ (P_FA). Dadurch ist auch die realisierbare Ausbringungsmenge in allen drei Bezie140 Die Annahme einer Reduktion von CD durch Integration entspricht dabei den Aussagen bezüglich der Vorteilhaftigkeit hierarchischer Koordination aus einer Wissensperspektive (Conner / Prahalad 1996; Grant 1996; Kogut / Zander 1996; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2009). Dort wird postuliert, dass durch den hohen Interaktionsgrad zwischen den Akteuren innerhalb einer integrierten Unternehmung sowie durch gemeinsame Normen und Werte eine Art gemeinsame soziale Identität geschaffen wird (Kap. B. II. 5. a) cc); B. II. 5. b) bb) und F. I. 1. c)).

D. Statische Modellerweiterung

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hungen ungefähr gleich (XP_FA ≈ XP_K1 ≈ XP_K2). Die CD zwischen K1 sowie K2 und FA ist jedoch ungleich größer. Eine Integration von P seitens FA hat dann zur Folge, dass einerseits der oben beschriebene positive, mit ∆CDFA verbundene Effekt für FA entsteht ((XIN – XP_FA) > 0). Andererseits vergrößert sich die CD jedoch zwischen IN und K1 sowie K2 um ∆CDK im Vergleich zur Beziehung mit dem vormals unabhängigen Akteur P. Da eine Vergrößerung von CD eine Verringerung von α zur Folge hat, kann nun nicht mehr ein so hoher Spezifitätsgrad A eingesetzt werden wie vormals, was wiederum zu einer Produktionskostenerhöhung führt. Eine Integration ist somit unvorteilhaft für die Beziehungen mit K1 und K2. Der optimale Spezifitätsgrad A verringert sich in beiden im Vergleich zur Ausgangssituation, wodurch wiederum die optimalen Ausbringungsmengen X reduziert werden. Es gilt: (XIN_K1 – XP_K1) < 0 und (XIN_K2 – XP_K2) < 0.141 Es ergibt sich somit ein Produktionskostenvor- oder -nachteil integrierter Produktion aus dem Verhältnis der oben beschriebenen gegenläufigen Effekte. Ein Produktionskostennachteil existiert, solange gilt: (XIN – XP_FA) –

[(XIN_K1 – XP_K1) + (XIN_K2 – XP_K2)] < 0.

Diese Argumentation ließe sich auch in fast gleicher Art und Weise bezüglich der Variablen ID führen, was hier nicht explizit erfolgt. Abschließend ist noch anzumerken, dass die Koordinationskosten ausgeblendet wurden, die aber zwischen den einzelnen Koordinationsformen variieren und so die obigen Ergebnisse beeinflussen könnten. Der beschriebene Effekt entspricht damit letztendlich dem von Riordan und Williamson (1985) dargestellten, wobei sich die hier eingeführte Konzeptionalisierung vor allem dadurch unterscheidet, dass sie eine konsistentere und breitere Diskussion solcher Effekte erlaubt. Zudem scheint sie formal eleganter, da so auf die Integration eines zusätzlichen Terms (H(X,A) X), der ja nicht für alle Governanceformen verwendet werden kann, verzichtet wird.

141 Existiert ein ähnlicher Produzent wie P, der auch nach dessen Integration durch FA unabhängig bleibt, ist die CD von K1 und K2 zu diesem nun geringer als zu IN. Folglich lassen sich größere Produktionskostenreduzierungspotentiale mit diesem unabhängigen Produzenten realisieren als mit IN, weshalb K1 und K2 von IN zum unabhängigen Produzenten wechseln werden.

250

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

IV. Konkretisierung des Erlösterms und dessen Erweiterung um die Einflussvariable Umweltunsicherheit im integrierten Modell Der im ursprünglichen Modell konzeptionalisierte Erlöseffekt aufgrund des Einsatzes spezifischer Anlagen basiert auf der gleichen Argumentation wie der dort dargestellte Produktionskosteneffekt (Kap. C. V.). Dort wurde ausgehend von Gleichung (5) der Möglichkeit Rechnung getragen, dass der Einsatz spezifischer Anlagen nicht nur zu einer Produktionskostensenkung, sondern auch zu einer Erlössteigerung führen kann. Daher wird dies prinzipiell auch bei einer Integration RBV-basierter Argumente, insbesondere bei der Betrachtung spezifischen Wissens der Fall sein. Aus der Diskussion bezüglich Gleichung (5) ging hervor, dass dieser positive Erlöseffekt aufgrund eines Einsatzes von A maßgeblich vom Parameter δ abhing, der in seiner Konzeptionalisierung dem Parameter α ähnelt. Je höher δ, umso größer war das Erlössteigerungspotential durch den Einsatz von A. Daher kann hier auch angenommen werden, dass δ wie schon α von der kognitiven Distanz CD und dem Interdependenzgrad ID abhängen wird. Die Argumentation folgt diesbezüglich der des vorherigen Abschnitts: Während CD einen negativen Effekt auf δ haben wird, zieht ein steigendes ID eine Vergrößerung von δ nach sich. Formal lässt sich das Maximierungsproblem unter Einbezug eines Erlöseffektes aufgrund des Einsatzes spezifischer Ressourcen wie folgt darstellen: max π ( X ; A; δ ) = R ( X ; A; δ ) - C ( X ) - γ A - CCOO ( A ) 2 2 2 ∂ C PRO mit: ∂ R > 0; > 0; ∂ R > 0; ∂ R > 0; ∂ R > 0 ∂A ∂X ∂ X∂ A ∂ X ∂δ ∂ A∂δ (11)

unter den Nebenbedingungen: ! ! ! ! ∂C ∂C π X = ∂π = 0 Û ∂ R - PRO = 0 und π A = ∂π = 0 Û ∂ R - γ - GOV = 0 ∂X ∂X ∂X ∂A ∂A ∂A

Gleichung (11) entspricht damit (5), erweitert um die Konzeptionalisierung des Parameters δ, der wie α von CD und ID beeinflusst wird. Daher wird hier auf eine detaillierte Diskussion verzichtet. Es ist jedoch ein gewichtiger Unterschied beim Vergleich der beiden Parameter zu erkennen. δ wird im Gegensatz zu α auch noch vom Umweltunsicherheitsgrad U beeinflusst. Diese Möglichkeit wurde bereits in obigen Ausführungen bezüglich des Einflusses von U auf die Governancekosten kurz angesprochen. Dort wurde zunächst festgestellt, dass Umweltunsicherheit die Governancekosten

D. Statische Modellerweiterung

251

beeinflusst, da sie die Opportunismusmöglichkeiten für Akteure determiniert. Hier soll nun analog zur Diskussion in Kap. B. I. 4. d) der mögliche Einfluss des Umweltunsicherheitsgrades auf die Mehrwertgenerierung innerhalb einer Beziehung diskutiert werden, der unabhängig von der Opportunismusannahme ist und daher an dieser Stelle diskutiert wird (Jones / Hesterly / Borgatti 1997; König 2009; Milliken 1987; Mosakowski 1997). Der Diskussion in Kap. B. I. 4. d) folgend, wird hier angenommen, dass U einen negativen Einfluss auf den generierbaren Mehrwert innerhalb einer Akteursbeziehung haben wird, da mit steigendem U die zukünftige Erlösrealisierung durch den Verkauf einer bestimmten Leistung immer unsicherer wird. Ist das Mehrwertgenerierungspotential durch externe Einflüsse unsicher, so ist eine fixe Bindung an einen Akteur riskant, da sich diese Beziehung später als „wertlos“ erweisen kann. Folglich ist hier ein hohes Maß an Flexibilität bezüglich der Akteursbeziehungen günstig.142 Wenn im Zeitverlauf klar wird, dass ein Umweltzustand eintritt, bei dem innerhalb der betrachteten Beziehung kein oder nur ein geringer Mehrwert mehr generiert werden kann, ist ein Beziehungsaustritt evtl. vorteilhaft. Damit ist der Einfluss dieser Unsicherheit U auf den Mehrwert unabhängig vom Einfluss des Einsatzes spezifischer Anlagen A auf den Mehrwert innerhalb der Erlösfunktion R. Genauer gesagt, lässt sich der negative Einfluss steigender Umweltunsicherheit nicht durch einen höheren Einsatz spezifischer Ressourcen ausgleichen. Des Weiteren ist der mit U verbundene Effekt unabhängig von der Opportunismusannahme. Auch wenn durch den Einsatz hochspezifischer Ressourcen bei Eintritt eines bestimmten Umweltzustandes ein hoher Mehrwert in Form einer Erlössteigerung geschaffen werden könnte, kann es passieren, dass dieser Mehrwert bei Eintritt eines anderen Umweltzustandes nicht realisiert werden kann. Diese Möglichkeit besteht auch, wenn opportunistisches Verhalten der Akteure vollständig ausgeschlossen werden könnte.143 142 Harrigan (1986) untersucht explizit den Einfluss steigender Umweltunsicherheit auf die vertikale Integrationsentscheidung von Unternehmen. Diesbezüglich stellt der Autor heraus, dass steigende Umweltunsicherheiten einen negativen Einfluss auf die Integrationsentscheidung haben. Als wesentliche Begründung dafür wird die mit steigender Unsicherheit wachsende Notwendigkeit, flexibel zu agieren, angesehen. 143 Als Beispiel sei hier das von Riordan und Williamson (1985, S. 274) angeführte zur Erklärung des Erlöseffektes durch den Einsatz von A herangezogen: Die Autoren konstatieren, dass durch den Einsatz hochspezifischer Anlagen in der Automobilproduktion eine Heckflosse produziert werden könnte, die die Konsumenten höher wertschätzen als ein standardisiertes Automobilheck. Die erhöhte Zahlungsbereitschaft führt dann zu einer Erlössteigerung für das Automobilunternehmen. Da die

252

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Dennoch sind die beiden Konstrukte U und A miteinander verknüpft, was mit der Forderung nach Flexibilität bei steigendem U zusammenhängt. Flexibilität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Akteure ohne signifikanten Wertverlust aus einer Beziehung austreten können, wenn sich im Zeitverlauf herausstellen sollte, dass sich innerhalb dieser Beziehung kein Mehrwert generieren lässt. Die Höhe des Wertverlustes durch Beziehungsaustritt wird signifikant vom Ausmaß des Einsatzes spezifischer Ressourcen A beeinflusst. Diese erzeugen Verluste, da sie per Definition bei der Nutzung in der nächstbesten alternativen Beziehung weniger wert sind bzw. Wert erzeugen können. Somit entstehen durch den Einsatz von A unmittelbar Wechselkosten, wenn es danach zu einem Beziehungsaustritt kommt. Wenn ein Anstieg von U die potentielle Notwendigkeit, Akteursbeziehungen zu wechseln, erhöht, so wird der Einsatz von A nachteilig für den fokalen Akteur sein, da diesem Wechselkosten entstehen. Aus dieser Argumentation folgt letztendlich, dass in Verbindung mit einer Steigerung von U ein gegenläufiger negativer Effekt durch eine Steigerung von A entsteht. Der Nutzen des Einsatzes von A bzw. das Erlössteigerungspotential wird mit zunehmendem U sinken. Für das vorliegende Modell bedeutet dies, dass U einen negativen Einfluss auf den Parameter δ haben wird, was in der folgenden Erweiterung der Zielfunktion zum Ausdruck kommt: π ( X ; A; δ ) = R ( X ; A; δ ) - C ( X ) - γ A - CCOO ( A )

(11.1)

2 2 2 ∂ C PRO mit: ∂ R > 0; > 0; ∂ R > 0; ∂ R > 0; ∂ R > 0 ∂A ∂X ∂ X∂ A ∂ X ∂δ ∂ A∂δ

wobei δ definiert ist als: δ (CD; ID; U) mit δ ³ 0; ∂δ < 0; ∂δ > 0; ∂δ < 0 ∂ CD ∂ ID ∂U

Damit wird auch das geschilderte, den TCE-basierten Argumenten entgegenstehende empirische Phänomen erklärbar, warum es bei steigender UmProduktionsentscheidung – Heckflosse oder standardisiertes Heck – jedoch vor der Kaufentscheidung der Konsumenten getroffen werden muss, ist Erstere mit Unsicherheiten verbunden. Werden die Konsumenten die Heckflosse wirklich mehr wertschätzen? Eine Steigerung der Umweltunsicherheit führt nun dazu, dass die zukünftige Nachfrage bzw. zukünftigen Nachfragepräferenzen unsicherer werden. Sicheren Investitionskosten in spezifische Anlagen stehen unsichere Erlöse entgegen, selbst wenn opportunistisches Verhalten vollständig ausgeschlossen werden kann. Je größer U wird, umso unvorteilhafter wird diese Relation und umso geringer wird der Nutzen durch einen Einsatz von A.



D. Statische Modellerweiterung253

weltunsicherheit zu eher marktlichen als hierarchischen Koordinationsformen kommen kann (Acheson 1985; Balakrishnan / Wernerfelt 1986; Harrigan 1986; Hoetker 2005; Nooteboom 2004a; Walker / Weber 1984). Der Einsatz spezifischer Anlagen kann einen erlössteigernden Effekt haben, da auch laut Gleichung (11.1) ∂R / ∂A > 0 gilt. Werden spezifische Anlagen in signifikantem Ausmaß eingesetzt, so stellt die Hierarchie die effizienteste, weil kostenminimierende Governanceform dar, da bezüglich der variablen Governancekosten G als Teil der Koordinationskosten weiterhin das Verhältnis ∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gm / ∂A gilt. Wie bereits dargestellt, wird dieser Erlössteigerungseffekt in der TCE angenommen und im vorliegenden Modell durch den Parameter δ angegeben, jedoch nicht weiter erläutert. Da R = R(X;A;δ), wird die Ausprägung von ∂R / ∂A signifikant positiv von δ abhängen. Wenn nun, wie oben dargestellt, angenommen werden kann, dass U diesen Parameter signifikant negativ beeinflusst, so hat dies einen Einfluss auf die Kosten-Nutzen-Relation, die analog zu (1.3) wie folgt aufgestellt werden kann: ¶R ³ γ . Der erste Term steht für den Nutzen des ¶A Einsatzes von A und hängt positiv signifikant vom Parameter δ ab, für den nunmehr u. a. ∂δ / ∂U < 0 gilt. γ gibt nach wie vor die als konstant angenommenen Kosten für den Einsatz von A an. Damit wird der erste Term bei einem Anstieg von U immer kleiner, während Letzterer von U nicht beeinflusst wird. Somit kann es bei hohen Graden von Umweltunsicherheit sein, dass sich ein Einsatz von A nicht lohnt, da der verbundene Erlössteigerungseffekt nicht mehr vorhanden ist oder zu gering ausfällt. Allgemein wird es zu einem geringeren optimalen A kommen als bei geringer Umweltunsicherheit. Aus Gleichung (2.1) geht nun hervor, dass ein kritischer A-Wert Ahi existiert, ab dem die hierarchische Koordination am effizientesten wird æ (β i - β h )÷ö ÷ . Umgekehrt heißt dies aber auch, dass bei geringeren çççAhi = h (G - G i )÷ø è A-Werten andere Koordinationsformen vorzuziehen sind. Ist nun der oben angesprochene optimale A-Wert geringer als der kritische Ahi-Wert, so werden hybride oder marktliche Governanceformen effizienter sein als hierarchische. Unternehmen werden bei hohen Umweltunsicherheitsgraden somit ihre Akteursbeziehung eher nicht hierarchisch organisieren. Allgemein wird der mit einer Steigerung von U verbundene Effekt durch Betrachtung der Nebenbedingungen aus Gleichung (11) ersichtlich. Eine Steigerung von U hat zur Folge, dass δ sinken wird, was wiederum die Ableitung ∂R / ∂A relativ kleiner werden lässt. Die erste Nebenbedingung πX wird einen steileren Verlauf bekommen, da sich die Ausbringungsmenge X

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

A

ʌ Xƍ

ʌ X

ʌ iA ʌ iAƍ

Ai

ʌ hA Aiƍ

ʌ h Aƍ ʌ mA

Ah Ah ƍ

ʌ m Aƍ

Am Am ƍ

Xh ƍ

Xm ƍ Xm

Xiƍ Xh

Xi

X

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 14: Einfluss des Umweltunsicherheitsgrades auf die optimalen Ausbringungsmengen und Spezifitätswerte der einzelnen Koordinationsformen

durch einen vermehrten Einsatz von A nicht mehr so einfach steigern lässt. Bezüglich der Diskussion der zweiten Nebenbedingung πA sei angenommen, dass keine Koordinationskosten CCOO außer den bereits etablierten Governancekosten CGOV bestehen und folglich CCOO = CGOV gilt. Damit ergeben sich auch hier drei unterschiedliche πA-Funktionen für die jeweiligen Koordinationsformen i, h und m. Deren Verläufe werden grundsätzlich den in Kap. C. III. bereits dargestellten entsprechen. Eine Steigerung von U wird jedoch über den Parameter δ dazu führen, dass alle πA-Funktionen flacher verlaufen, da nunmehr eine potentielle Steigerung der Ausbringungsmenge X nicht mehr so stark von einer Erhöhung von A abhängt. Die resultierenden Kurvenverläufe sind in Abbildung 14 dargestellt, die lediglich eine Erweiterung von Abb. 6 darstellt. In der Abbildung sind Effekte, die mit einer Erhöhung von U und damit einer Absenkung von δ verbunden sind, jeweils mit einem Strich im Superskript versehen. So führt bspw. eine Erhöhung von U zu der Drehung der πX-Kurve auf πX″. Bei allen drei Governanceformen hat eine Erhöhung von U die Reduktion der optimalen Mengen X und Spezifitätsgrade A zur Folge, sodass für i, h und m gilt: A″ < A und X″ < X. Wie ersichtlich ist, ändert eine Erhöhung von U die relativen Verhältnisse bezüglich der optimalen Mengen X und Spezifitätsgrade A nicht. Es gilt weiterhin Xi″ > Xh″ > Xm″

D. Statische Modellerweiterung

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ʌ ʌi

ʌi ʌh

ʌh ʌm

ʌ mƍ

ʌ mƍ

ʌm ʌ hƍ

ʌ hƍ

ʌ iƍ

ʌ iƍ 0

A;X

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 15: Auswirkungen einer Steigerung der Umweltunsicherheit auf die Profite der unterschiedlichen Governanceformen

und Ai″ > Ah″ > Am″. Jedoch sind die Reduktionen der optimalen X und A aufgrund einer Steigerung von U bei der Hierarchie i weitaus größer als beim Hybrid h; am geringsten fallen die Reduktionen bei der marktlichen Koordination m aus. Während sich innerhalb der Marginalanalyse an den relativen Verhältnissen der einzelnen Governanceformen nicht viel ändert, kann eine Steigerung von U jedoch maßgebliche Veränderungen bei der absoluten Betrachtung nach sich ziehen. Dies ist in Abbildung 15 dargestellt. In einer absoluten Betrachtung haben die Governancefixkosten β – für die weiterhin βi > βh > βm gilt – einen signifikanten Einfluss auf die Optimalität der einzelnen Governanceformen. Da diese Kosten unabhängig von X und A sind, wird eine Erhöhung von U diese auch nicht beeinflussen. In obiger Abbildung kommt es durch eine Erhöhung von U zu verringerten Profiten aller betrachteten Governanceformen von π auf π″. Diese Verringerung fällt jedoch bei der Hierarchie am stärksten aus, da hier aufgrund einer Steigerung von U die optimalen A und X am stärksten sinken, β jedoch unverändert bleibt. Am geringsten fällt die Profitreduktion bei der marktlichen Koordination aus, da hier die optimalen A und X nur in geringem Maße absinken und β konstant auf niedrigem Niveau bleibt. Hybride Koordinationsformen werden zwischen diesen beiden liegen. Dadurch kann es dazu kommen, dass eine Erhöhung von U dazu führt, dass die optimalen Profite bei hierarchischer Koordination geringer werden als bei marktlicher Koordination, was in obiger Abbildung anhand der Höhe der einzelnen Profithügel abzulesen ist.

256

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

V. Erweiterung des Koordinationskostenterms im integrierten Modell Im Kap. D. I. wurde innerhalb der Ausführungen zu Gleichung (10) bereits auf den konzeptionellen Unterschied zwischen dem Governancekostenterm CGOV und dem neu eingeführten Kooperationskostenterm CCOO hingewiesen. Mit den neu eingeführten CCOO wird nunmehr die Möglichkeit eröffnet, dass noch andere Aspekte bzw. Kostenarten bei der Koordination von Aktivitäten relevant sein könnten als die auf der Opportunismusannahme basierenden Governancekosten CGOV. CCOO stellt damit einen übergreifenden Term dar, der CGOV beinhaltet. Bevor auf den weiteren Bestandteil CMAN eingegangen wird, ist hier jedoch zunächst noch auf eine Erweiterung bezüglich der Governancekosten der einzelnen Koordinationsmodi und ihr Verhältnis untereinander hinzuweisen, die aus der hier vorliegenden Integration der Argumente aus einer Wissensperspektive hervorgehen. 1. Veränderung der Governancekosten durch die Erweiterung um Spill-over-Risiken Die ursprüngliche rein auf Basis der TCE begründete Konzeptionalisierung des Governancekostenterms CGOV beruhte essenziell auf der Annahme, dass es durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A innerhalb einer Akteursbeziehung zu einem Hold-up-Problem kommt, dem durch die unterschiedlichen Governanceformen unterschiedlich effektiv begegnet werden kann. Aus der vorliegenden Erweiterung um Argumente aus der Wissensperspektive bzw. die Konzeptionalisierung spezifischer Wissenssets als einsetzbare spezifische Ressourcen ergibt sich nun noch ein weiteres Problem, das so in der TCE eher vernachlässigt wird (Nooteboom 2004a; 2004c; 2006b; Teece 1986a; Teece 1998): Durch den Einsatz spezifischer Wissenssets durch den fokalen Akteur innerhalb einer Beziehung kann es zusätzlich zu einem „Spill-over-Problem“ kommen, das die Wettbewerbsposition des Akteurs schwächt. Neben der intendierten Nutzung innerhalb der Akteursbeziehung kann nämlich der Beziehungspartner das zu ihm transferierte Wissen evtl. direkt im Wettbewerb mit dem fokalen Akteur nutzen oder aber – gewollt oder nicht – innerhalb einer anderen Beziehung einem Wettbewerber des fokalen Akteurs zur Verfügung stellen und damit indirekt dessen Wettbewerbsposition schwächen.144 144 Die Spill-over-Problematik wurde innerhalb der Literaturdiskussion in Kap. B. eher den transaktionskostentheoretisch fundierten Modellen der Internationalisierung zugeordnet. Da solche Probleme aber auch ohne die Annahme opportu-

D. Statische Modellerweiterung

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Die Spill-over-Gefahr kann seitens des fokalen Akteurs durch die Wahl einer geeigneten Governanceform reduziert werden (Nooteboom 2004c). Hierbei werden die gleichen bereits eingeführten Verhältnisse der einzelnen Governancemodi untereinander im Hinblick auf den Einsatz spezifischer Ressourcen A gelten, wodurch hier keine Änderung des Modells erforderlich wird, um die Spill-over-Problematik in die formale Betrachtung zu integrieren. Die marktliche Koordinationsform m bietet die geringste Absicherung gegen das Spill-over-Risiko, da hier die Möglichkeiten der Verhaltenskontrolle am geringsten ausgeprägt sind. Daher wird ein Einsatz von A hier auch den größten Anstieg der variablen Governancekosten G verursachen. Diesbezüglich wird die Hierarchie den geringsten Anstieg verzeichnen, da hier die umfangreichsten Kontrollmöglichkeiten gegeben sind; die hybride Koordinationsform wird zwischen den beiden anderen Modi liegen (∂G / ∂A > 0 mit ∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gm / ∂A). 2. Erweiterung des Koordinationskostenterms um opportunismusunabhängige Managementkosten Neben diesen Governancekosten werden nun Managementkosten CMAN als zweite wesentliche Koordinationskostenart eingeführt, die ebenfalls in CCOO enthalten sind. Die folgende Diskussion bezüglich dieser Managementkosten orientiert sich dabei an den Ausführungen aus Kap. B. II. 4. Dort wurde bereits herausgestellt, dass die hier als Managementkosten bezeichnete Kostenart konzeptionell von den Governancekosten zu unterscheiden ist, da für ihre Existenz die Annahme opportunistisch agierender Akteure nicht notwendig ist. Dies bedeutet, dass es – selbst wenn keine Governancekosten bei der Durchführung einer Aktivität entstünden – immer noch zu positiven Koordinationskosten CCOO kommen kann, wenn Managementkosten CMAN existieren (Ghoshal / Moran 1996; Gulati / Singh 1998; Nooteboom 2004a; White / Lui 2005; White 2005). Wenn bspw. zwei Akteure innerhalb einer Beziehung opportunistisches Verhalten des jeweils anderen vollständig ausschließen können, wären die variablen Governancekosten G(A;I;U) in dieser Beziehung gleich null. Nichtsdestotrotz müssten die Akteure immer noch die Elemente der gemeinsamen Aktivitäten identifizieren und aufteilen sowie ihre Handlungen koordinieren. Somit existieren hier immer noch Koordinationskosten, die im Folgenden als Managementkosten bezeichnet werden. Grant (1996, S. 113, ähnlich argumentieren auch: Ghoshal / Moran 1996, S. 13) verdeutlicht den konzeptionellen Unterschied wie folgt: nistisch agierender Akteure vorhanden sein können und diese Annahme ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen der TCE- und der RBV-Perspektive darstellt, werden Spill-over-Aspekte hier diskutiert.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

„[T]he key distinction [between the Knowledge-based and Transaction-Cost-based perspective on coordination] is emphasis upon the firm as an organization for managing team production rather than an institution for managing transactions […] the central advantage of firms in the production process is not simply an avoidance of the transactions costs associated with market exchange, but their unique advantages for governing certain types of economic activities from a logic that is very different from that of a market. Integrating the knowledge of many different individuals in the process of producing goods and services is such a logic.“

Für das vorliegende Modell bedeutet dies, dass sich erstens der Koordinationskostenterm CCOO aus Governancekosten CGOV und Managementkosten CMAN zusammensetzt und zweitens CGOV und CMAN additiv innerhalb von CCOO verknüpft sind (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Das / Teng 1996; 2000; 2002; 2003; Dyer / Singh 1998; Gulati / Singh 1998; Kumar / Nti 1998; Mesquita / Brush 2008; White / Lui 2005; White 2005). Formal ist dies in folgender Gleichung dargestellt: (12)

CCOO = CGOV + C MAN =  i, h, m + G i, h, m + M i, h, m

Die variablen Managementkosten werden mit dem Term M beschrieben. Dieser kann zwischen den unterschiedlichen Koordinationsformen variieren, was wie schon bei den Governancekosten durch die Superskripte i, h und m zum Ausdruck kommt. Der Fixkosten- oder Bürokratiekostenterm β ist nur einmal in CCOO enthalten, da dieser die Einrichtungskosten der unterschiedlichen Koordinationsmodi beschreibt, die auch und genau so wie in der TCE-Perspektive in einer RBV-basierten Betrachtungsweise entstehen (Gulati / Singh 1998; Kogut / Zander 1992; 1996; Mesquita / Brush 2008; Williamson 1985; 1991).145 Daher kann auch im vorliegenden erweiterten Modell bezüglich der Fixkosten das Verhältnis βm < βh < βi angenommen werden. Der Governancekostenterm G wurde bereits hinreichend beschrieben und wird daher in der folgenden Betrachtung nicht mehr detailliert diskutiert. Nachdem nunmehr das Verhältnis von Governancekosten und Managementkosten dargestellt wurde, gilt es im Folgenden die Einflussfaktoren für 145 Streng genommen wäre β schon im ursprünglichen Modell als eine separate Koordinationskostenart einzuführen gewesen, da die Kosten für die Einführung eines Koordinationsmodus unabhängig von der Annahme opportunistisch agierender Akteure entstehen. Des Weiteren wird hier nicht propagiert, dass β die gleiche absolute Größe bei einer rein TCE-basierten Betrachtungsweise und bei einer TCE und RBV integrierenden Perspektive einnehmen muss. Variationen der absoluten Größe von β waren überdies auch schon im ursprünglichen Modell möglich (Riordan / Williamson 1985).

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CMAN bzw. M und ihre differenzierende Wirkung auf die unterschiedlichen Koordinationsformen Markt, Hybrid und Hierarchie zu bestimmen. a) Spezifische Ressourcen als managementkostendeterminierende Variable In den vorangegangenen Ausführungen sowie in Kap. B. I. 4. a) wurde bereits herausgearbeitet, dass spezifisches Wissen bzw. dessen Einsatz innerhalb einer Akteursbeziehung ein bestimmtes Mehrwertgenerierungspotential aufweisen kann. Des Weiteren wurde dort postuliert, dass akteursspezifische Ressourcen und Fähigkeiten bzw. akteursspezifisches Wissens als RBV-inhärentes Konstrukt nicht von dem der spezifischen Anlage in der TCE unterschieden werden muss. Ein wesentliches, den Spezifitätsgrad und damit auch das Mehrwertgenerierungspotential bestimmendes Wissensattribut ist der Grad der Implizität des betrachteten Wissenssets. Dies ist der Fall, da implizites Wissen schlechter von externen Akteuren beobachtbar und imitierbar ist. Ein Transfer ist dann nur durch spezifische, auf einen konkreten Akteur ausgerichtete (Kommunikations-)Mittel möglich (Conner / Prahalad 1996; Demsetz 1988; Heiman / Nickerson 2002; Nooteboom 2009; Polanyi 1958; von Hippel 2007). Aufgrund dieser mangelnden unintentionalen Transferierbarkeit zu externen Akteuren kann ein aus dem Wissen hervorgehender Differenzierungsvorteil dauerhaft sein.146 Dieses mit dem Implizitätsgrad verbundene Mehrwertgenerierungspotential geht jedoch untrennbar mit Kosten einher, die nunmehr als Managementkosten konzeptionalisiert werden können (Kap. B. II. 4. a)). Um Aktivitäten unter Einsatz impliziter Wissenssets gemeinsam ausführen und so einen Mehrwert generieren zu können, ist es erforderlich, dass implizites Wissen kommuniziert oder transferiert wird. Dadurch entsteht ein gewisser Aufwand, der mit dem Implizitätsgrad variiert. Dies ist unmittelbar ersichtlich, da implizites Wissen schwieriger und damit nur zu höheren Kosten transferiert werden kann als explizites Wissen (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Kogut / Zander 1992; 1996; Nahapiet / Ghoshal 1998; Nooteboom 1999a; 2009; Polanyi 1958). Diese Einsicht gilt zunächst für alle Governanceformen. Für das vorliegende Formalmodell bedeutet dies, dass die Managementkosten M abhängig vom Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen bzw. des involvierten Wissens A sind, wobei M mit A positiv korreliert ist: 146 Der Implizitätsgrad wird dabei von drei Wissensdimensionen bestimmt, die sich auf die Art der Wissensspeicherung beziehen (Heiman / Nickerson 2002; 2004; Nickerson / Zenger 2004): physisch / human; formell / informell; formelhaft / linguistisch.

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(12.1)

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse i, h, m M i, h, m ( A ) > 0 für A > 0 mit:  M > 0 A m h i wobei gilt:  M >  M =  M A A A

Aus der Gleichung geht hervor, dass die Managementkosten M mit steigendem Spezifitätsgrad A größer werden. Als Bedingung dafür muss jedoch ein Spezifitätsgrad A > 0 vorliegen.147 Des Weiteren wird hier ein Verhältnis der Koordinationskostenverläufe der unterschiedlichen Modi untereinander in Abhängigkeit von A propagiert. Entsprechend den Ausführungen in Kap. B. II. 4. a) werden die Koordinationskosten marktlicher Arrangements Mm bei steigendem A stärker anwachsen als diejenigen hybrider und hierarchischer Arrangements (Mh, Mh). Der Markt stellt eine anonymisierte Koordinationsform dar, bei der die Koordination allein durch die Kommunikation der expliziten Preisinformation zustande kommt.148 Daher existieren hier auch keine Mechanismen zur Übermittlung impliziter Informationen oder Wissenssets, die folglich auch nicht zwischen Akteuren transferierbar sind. Ist der Transfer impliziten Wissens für eine optimale Koordination erforderlich, entstehen bei marktlicher Koordination folglich hohe Kosten aufgrund mangelhafter Koordination, Kommunikation und Anpassung. Die hierarchische Koordination stellt hingegen umfangreiche Kommunikationsmittel und -strukturen zur Verfügung, um gerade implizites Wissen effizient zu transferieren. So konstatieren Kogut und Zander (1996, S. 503): „[A] firm [can] be understood as a […] community specializing in the speed and efficiency of […] transfer of knowledge.“

Was bei der Betrachtung von (12.1) unmittelbar ins Auge fällt, ist, dass die Effizienz hybrider Koordination bezüglich des Transfers impliziten Wissens gleich der hierarchischen Koordination sein soll. Auf den ersten Blick 147 Dies bedeutet nicht, dass keine Koordinationskosten existieren, falls überhaupt keine spezifischen Ressourcen involviert sind. Wird jedoch kein spezifisches Wissen eingesetzt, so kann angenommen werden, dass sich die damit verbundenen Koordinationskosten nicht zwischen den einzelnen Koordinationsmodi unterscheiden. Auf die Begründung wird im Folgenden noch eingegangen. Folglich müssen diese Kosten auch nicht im vorliegenden Modell abgebildet werden, da es hier vorrangig um den Vergleich unterschiedlicher Koordinationsformen geht. 148 Selbst wenn angenommen wird, dass unter marktlicher Koordination auch noch andere Informationen – bspw. Produktspezifikationen – als Preise transferiert werden, so handelt es sich dennoch um explizites kodifizierbares Wissen. Dies ist zwangsläufig der Fall, da der Markt essenziell eine Koordinationsform ist, die es den partizipierenden Akteuren erlaubt, anonym zu bleiben (Arrow 1974b; Nooteboom 1999a; Oxley 1997).

D. Statische Modellerweiterung

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scheint dies im Widerspruch zu der oben angeführten Aussage von Kogut und Zander zu stehen, sprechen diese doch explizit von Effizienzvorteilen der hierarchischen Koordination. Diese Aussage bezieht sich aber auf den Vergleich hierarchischer mit der marktlichen Koordination und entspricht somit genau dem in Gleichung (12.1) dargestellten Verhältnis. Dennoch stellt sich die Frage, warum hierarchische und hybride Koordination gleich effizient beim Transfer impliziten Wissens sein sollen bzw. ob nicht die hierarchische Koordination effizienter sein sollte. Schließlich war dies noch beim Einfluss von A auf die Governancekosten G der Fall.149 Entscheidend bezüglich dieser Frage ist es, dass sich die hier betrachteten Managementkosten nicht auf intentionale oder motivationale Akteurseigenschaften beziehen, sondern fähigkeitenbasiert sind bzw. essenziell auf kognitiven Beschränkungen der Akteure basieren (Polanyi 1958; Simon 1962). Bei der Konzeptionalisierung von M können folglich intentionale und motivationale Aspekte ausgeblendet werden, zumal diese im vorliegenden Modell schon durch die Spezifikation der Governancekosten G abgedeckt sind. Die Fähigkeit, implizites Wissen zu transferieren, wird dabei wesentlich von den genutzten Kommunikationskanälen und -mitteln sowie vom Vorhandensein eines gemeinsamen Kommunikationscodes determiniert (Arrow 1974b; Heiman / Nickerson 2002; Nickerson / Zenger 2004; von Hippel 2007).150 Dabei wird der Transfer impliziten Wissens umso effizienter, je 149 Des Weiteren ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass – obwohl bereits ein ähnliches Verhältnis der Koordinationsformen untereinander bei den Governancekosten Gi und Gm postuliert wurde – die hier diskutierten Managementkosten M konzeptionell von Ersteren zu unterscheiden und von diesen unabhängig sind. Die in Zusammenhang mit G stehenden Effekte basierten auf dem Anreiz zu opportunistischem Verhalten, das aus dem Einsatz bzw. der Steigerung von A hervorging. Die Unterschiede der Governanceformen untereinander beruhen dabei vor allem auf deren unterschiedlichen Kapazitäten, opportunistisches Verhalten zu kontrollieren. Die Variable M hingegen richtet den Fokus auf prozessuale Koordinations- und Kommunikationsaspekte, die mit dem Transfer von A zusammenhängen und unabhängig von potentiellem opportunistischen Verhalten sind. 150 Gemeinsame Kommunikationscodes sollen hier nicht weiter diskutiert werden, da sie eher in Zusammenhang mit dem Konzept der kognitiven Distanz stehen und folglich auch im Abschnitt, der sich mit dieser befasst, behandelt werden. Bei gemeinsamen Kommunikationscodes handelt es sich um ein von Akteuren geteiltes Sprach- bzw. Kommunikationskonzept. Maßgeblich ist diesbezüglich bspw., ob unter einem Begriff von den beteiligten Akteuren das Gleiche verstanden wird oder ob Interpretationsdifferenzen existieren. Fragen bezüglich der Interpretation der Umwelt – also auch von sprachlichen Konstrukten, Bildern und Artefakten – hängen, wie in Kap. B. I. 3. d) und B. II. 5. b) bb) beschrieben, eng mit dem Konzept der kognitiven Distanz zwischen Akteuren zusammen. Bezüglich der Spezifität von Wissen sind Kommunikationscodes zwar auch relevant, jedoch sind sie allgemeiner gefasst,

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

größer die durch die Kanäle und Mittel ermöglichte Bandbreite ist (Arrow 1974b, S. 39). Kommunikationskanäle mit hoher Bandbreite – bspw. persönliche Gespräche – sind spezifisch, da sie nicht einfach mit anderen Akteuren genutzt werden können.151 Grundsätzlich können aber Kommunikationskanäle mit hoher Bandbreite in beiden nicht anonymen Koordinationsmodi zum Transfer von implizitem Wissen gleich gut genutzt werden (Nickerson / Zenger 2004). Da die Hierarchie als autoritätsbasierte und Hybride als konsensbasierte Organisationssysteme verstanden werden können (Nickerson / Zenger 2004; Williamson 1991), gilt bezüglich der Transfereffizienz (Nickerson / Zenger 2004, S. 626, die Autoren beziehen sich auf Arrow 1974): „[C]onsensus can substitute for authority so long as knowledge transfer is inexpensive and actors within the group have a sufficiently overriding commonly valued purpose […].“

Durch den Einsatz von Kommunikationskanälen mit hoher Bandbreite wird der Wissenstransfer zu geringeren Kosten möglich. Probleme aus Differenzen zwischen individuellen und kollektiven Zielen beziehen sich auf die opportunismusmotivierten Governancekosten und können folglich konzeptionell bei der Betrachtung der Managementkosten ausgeschlossen werden, sodass hier von gemeinsamen Zielen – „overriding commonly valued purpose“ – der Akteure ausgegangen werden kann. Somit stellen Hierarchie und Hybrid gleich gute Substitute dar. Als verdeutlichendes Beispiel der obigen Argumentation sei hier noch einmal die Beobachtung Polanyis über den internationalen Transfer impliziter Wissenssets zum Betreiben einer Glühbirnenproduktionsanlage (Polanyi 1958, S. 54 f., Kap. B. II. 4. a)) angeführt:152 Die beschriebene Produktionsals dass sie für jedwede Art von Wissenstransfer und Informationsaustausch notwendig sind. 151 Ein persönliches Gespräch, in dem implizites Wissen transferiert wird, scheint nur schwer als spezifische Ressource konzeptionalisierbar. Um jedoch Wissen innerhalb eines solchen Gespräches effektiv zu übermitteln, sind gewisse Prozeduren, Regeln, Kommunikationskodes zu etablieren, damit sich die Parteien verstehen (Nooteboom 2009). Diese müssen neu entwickelt oder zumindest erst wieder eingeführt und akzeptiert werden, wenn eine neue Beziehung etabliert wird. Dies verursacht Kosten – zumindest in Form von Zeitaufwand –, die in jeder neuen Beziehung wieder entstehen. 152 Die bereits zitierte Passage lautete: „I have myself watched in Hungary a new, imported machine for blowing electric lamp bulbs, the exact counterpart of which was operating successfully in Germany, failing for a whole year to produce a single flawless bulb. […] An art which cannot be specified in detail cannot be transmitted by prescription, since no prescription for it exists. It can be passed on only by example […].“

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anlage wurde marktlich transferiert (Import), wodurch es nicht möglich war, die impliziten – „cannot be specified in detail“ – Produktionswissensbestandteile aus Deutschland zu transferieren. Dies wäre aber evtl. möglich gewesen, wenn das ungarische Unternehmen das deutsche aufgekauft und integriert hätte. Dann hätte dieses Wissen durch gemeinsames Betreiben der Anlage von den deutschen zu den ungarischen Arbeitern transferiert werden können – „passed on by example“. Integration und somit hierarchische Koordination scheint hier aber nicht die einzige potentielle Lösung des Transferproblems. Genauso gut hätte bspw. das ungarische Unternehmen mit dem deutschen per Vertrag eine Projektgruppe bilden können, was einer hybriden Koordinationsform entspräche. Deutsche Mitarbeiter hätten für einen begrenzten Zeitraum in das ungarische Unternehmen entsandt werden können, um die ungarischen Arbeiter anzulernen. Werden intentionale und motivationale Aspekte aus der Betrachtung ausgeschlossen, ist nicht ersichtlich, wie sich beide Koordinationsformen hinsichtlich ihrer Effizienz beim Wissenstransfer unterscheiden sollten.153 b) Umweltunsicherheit als managementkostendeterminierende Variable Wie in Kap. B. II. 4. c) herausgestellt, hat der Grad der Umweltunsicherheit, dem die betrachteten Akteure ausgesetzt sind, einen signifikanten Einfluss auf die Höhe der Koordinationskosten CCOO. Wie schon bei der Diskussion bezüglich der CGOV herausgestellt wurde, führt steigende Um153 Hier kann noch angemerkt werden, dass durch die vorliegende Konzeptionalisierung unterschiedliche konfliktäre Hierarchieverständnisse obsolet werden (Nickerson / Zenger 2004). Einige Autoren vertreten die Auffassung, dass durch die Hierarchie Wissenstransfer vermieden werden kann: „direction substitutes for education“ (Demsetz 1988, S. 157; Conner 1991; Conner / Prahalad 1996). Andere wiederum betonen den Vorteil hierarchischer Koordination beim Wissenstransfer (Arrow 1974b; Kogut / Zander 1992; Nahapiet / Ghoshal 1998). Hier wird nun in Zusammenhang mit der Diskussion über die opportunismusmotivierten Governancekosten deutlich, dass die Aussagen beider Autorengruppen ihre Berechtigung haben, da sie jeweils auf unterschiedlichen Koordinationsdimensionen beruhen (Langlois / Robertson 1995). Obsolet werden beide Sichtweisen hinsichtlich der hier geführten Diskussion bezüglich des Einflusses impliziten Wissens, da sie dieses als koordinationsendogen konzeptionalisieren. Während die erste Gruppe argumentiert, dass durch hierarchische Koordination weniger implizites Wissen transferiert werden kann, postuliert die zweite Gruppe, dass innerhalb der Hierarchie mehr implizites Wissen transferiert werden kann. Im vorliegenden Modell wird nun gezeigt, dass der Grad oder die Menge an zu transferierendem impliziten Wissen vom damit verbundenen Mehrwertgenerierungspotential abhängt und nicht direkt von der Governanceform. Bspw. bestimmt die Form des Produktionskostenterms die optimale Menge des zu transferierenden impliziten Wissens. Die Koordinationsformen unterscheiden sich hinsichtlich der effizienten Ermöglichung dessen.

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weltunsicherheit dazu, dass Akteure sich häufiger an veränderte Umweltbedingungen anpassen müssen (Williamson 1991). Daraus folgt unmittelbar, dass Akteure innerhalb einer Austauschbeziehung diese notwendigen Adaptionen koordinieren müssen. Die zentrale Schlussfolgerung der TCE aus diesem Umstand war, dass durch diese größer werdende Notwendigkeit, Adaptionen durchzuführen, die Möglichkeiten für einen Akteur, opportunistisch zu handeln, größer werden. Ergo führt eine steigende Umweltunsicherheit zu einer größeren Notwendigkeit, potentielles opportunistisches Verhalten zu kontrollieren. Dementsprechend besitzen die betrachteten Koordinationsformen unterschiedliche Kapazitäten, was in ihrem Verhältnis untereinander bezüglich des Governancekostenterms G zum Ausdruck kommt. Die Argumentation bezüglich des Einflusses von Umweltunsicherheit auf die Managementkosten CMAN bzw. M folgt im Prinzip dem gleichen Muster, kommt jedoch ohne die Annahme opportunistisch handelnder Akteure aus. Wie bereits dargestellt, macht es eine höhere Umweltunsicherheit für die Akteure erforderlich, die Aktivitäten häufiger zu verändern und an die neuen Bedingungen anzupassen. Auch wenn die Akteure diese notwendigen Anpassungen nicht opportunistisch ausnutzen wollen, müssen sie die Veränderungen der Aktivitäten an andere Akteure im Leistungserstellungsprozess kommunizieren und / oder mit diesen Akteuren abstimmen.154 Je häufiger dies notwendig ist oder je gravierender die Veränderungen sind, umso höher werden auch die Koordinationskosten im Allgemeinen sein (Daft / Lengel / Trevino 1987; Daft / Lengel 1986; Galbraith 1973; 1977; Van de Ven 1976). Das Verhältnis der einzelnen Koordinationsmodi untereinander in Bezug auf den Parameter U ist jedoch nicht gleich dem aus TCE-Perspektive propagierten, sondern entspricht dem Verhältnis der einzelnen Managementkostenterme in Bezug auf die Spezifität A. Je größer die Umweltunsicherheit U wird, umso größer wird der Anstieg der Koordinationskosten marktlicher Koordination im Vergleich zu hybrider und hierarchischer sein; Letztere weisen jedoch die gleiche Steigung auf. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Anlagenspezifität A und Umweltunsicherheit U – wie auch schon im Governancekostenterm G – als Einflussvariablen auf die Managementkosten M multiplikativ miteinander verknüpft und folglich jeweils größer null sein müssen, damit es zu einem 154 Dies ist natürlich nur der Fall, wenn die Akteure bzw. Aktivitäten im Leistungserstellungsprozess interdependent sind. Wären die Akteure völlig unabhängig voneinander, würden die Aktivitäten und deren Veränderungen eines Akteurs keinen Einfluss auf die Aktivitäten des fokalen Akteurs haben. Dann wäre folglich eine Kommunikation und / oder Abstimmung zwischen den Akteuren nicht erforderlich. Der Einfluss unterschiedlicher Interdependenzgrade auf die Managementkosten wird später noch gesondert betrachtet und soll daher hier nicht weiter diskutiert werden.

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differenzierenden Effekt kommt: Wird angenommen, dass innerhalb einer Akteursbeziehung keine spezifischen Ressourcen zum Einsatz kommen bzw. kein implizites Wissen transferiert werden muss, so wird eine Steigerung der Umweltunsicherheit zwar einen größeren Adaptions- und Koordinationsaufwand erzeugen, jedoch werden sich diesbezüglich die alternativen Koordinationsformen in der marginalen Betrachtung nicht unterscheiden.155 Vollständig kodifizierbare Veränderungen lassen sich genauso effizient anonym (Markt) transferieren wie innerhalb einer hybriden oder hierarchischen Organisationsstruktur. Eine Abwesenheit von jeglicher Umweltunsicherheit ist schlicht unrealistisch. Somit entstehen die unten postulierten relativen Koordinationskostenunterschiede bei einer Steigerung von U, wenn A > 0 ist. Wenn die hierarchische und hybride Koordination bezüglich des Transfers von A relativ effizienter ist als die marktliche, so wird ein häufiger notwendig werdender Transfer aufgrund steigender Umweltunsicherheit das gleiche Verhältnis der Koordinationsmodi untereinander aufweisen und dieses sogar noch betonen. Wenn die hierarchische und die hybride Form bezüglich des Transfers von spezifischem Wissen gleich effizient sind, so wird ein häufiger notwendig werdender Transfer durch eine Steigerung von U an diesem Verhältnis nichts ändern. Dies ist aber vielleicht intuitiv nicht ersichtlich und steht zudem im Widerspruch zur TCE. So stellt Williamson (1991, S. 291 f.) heraus, dass die Hierarchie größer werdende Effizienzvorteile gegenüber dem Hybrid aufweisen wird, wenn die Umweltunsicherheit steigt: „That is because hybrid adaptations cannot be made […] by fiat (as with hierarchy) but require mutual consent. Consent, however, takes time. If a hybrid mode is negotiating an adjustment to one disturbance only to be hit by another, failures of adaptation predictably obtain […]. If an increase in the variance of the disturbances uniformly increases the benefits to be associated with each successful adaptation, then the effect of increasing the consequentiality of disturbances [through an increase in asset specificity] can again be assessed through the effects on efficacy. Since outliers induce greater defection on the spirit of the agreement for hybrid modes, the efficacy of the hybrid is adversely affected by added variance. Unless similar disabilities can be ascribed to […] hierarchy, the hybrid is disfavored by greater variance, ceteris paribus.“

Die obige Argumentation basiert essenziell auf der Feststellung, dass innerhalb eines hybriden Koordinationsmodus Adaptionen nur auf der Basis 155 Hier ist darauf hinzuweisen, dass ohne die Notwendigkeit, spezifisches implizites Wissen zu transferieren, aus absoluter Sicht natürlich in jedem Fall die marktliche Koordination zu wählen wäre. Obige Ausführungen beziehen sich auf die Marginalanalyse, innerhalb derer die fixen Koordinationskosten β irrelevant sind. Wenn diesbezüglich keine Unterschiede zwischen den Koordinationsformen bestehen, aber weiterhin βm < βh < βi gilt, so gilt auch CmCOO < ChCOO < CiCOO.

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von Konsensentscheidungen gleichberechtigter Akteure getroffen werden können. Dann – so die Annahme Williamsons – wird eine Entscheidung durch Konsens einen längeren Zeitraum benötigen als die autoritätsbasierte Hierarchie und somit höhere Koordinationskosten verursachen. Damit stellt sich die Frage, warum dies so sein sollte. An anderer Stelle erläutert der Autor (Williamson 1991, S. 278 f.): „[P]arties that bear a long-term bilateral dependency relation to one another [as in the hybrid mode] must recognize that incomplete contracts require gap-filling and sometimes get out of alignment. Although it is always in the collective interest of autonomous parties to fill gaps, correct errors, and effect efficient realignments, it is also the case that the distribution of the resulting gains is indeterminate. Selfinterested bargaining predictably obtains. Such bargaining is itself costly. The main costs, however, are that transactions are mal-adapted to the environment during the bargaining interval.“

Der zentrale Grund für den längeren Entscheidungszeitraum ist somit unmittelbar mit der Annahme opportunistisch agierender Akteure verbunden. Aufgrund konfliktärer individueller Interessen bei der Aneignung des generierten Mehrwertes werden die Akteure länger verhandeln, um sich einen möglichst großen Anteil zu sichern. Da aber bezüglich der hier diskutierten Managementkosten opportunistisch motiviertes Handeln ausgeschlossen wurde bzw. damit verbundene Effekte bereits durch den Governancekostenterm G abgedeckt sind, ist diese Begründung hier hinfällig. Der Managementkostenterm bezieht sich explizit auf die Kosten, die entstehen, damit ein Mehrwert generiert werden kann und nicht auf Verhandlungen bezüglich dessen Aufteilung. Die Generierung des Mehrwerts ist auch laut obiger Aussage Williamsons ein gemeinsames Interesse der Akteure. Wenn divergierende Interessen ausgeschlossen und folglich von gemeinsamen Interessen ausgegangen werden kann, ist ein Konsens und damit eine Entscheidung „spontan“ bzw. genauso schnell wie in der Hierarchie erreichbar (Arrow 1974b; Carson / Madhok / Wu 2004; Nickerson / Zenger 2004, S. 626). Die obigen Ausführungen lassen sich formal wie folgt darstellen: M i, h, m ( A;U ) > 0 i, h, m i, h, m 2 i, h, m 2 i, h, m mit:  M > 0;  M > 0 und  M > 0;  M > 0 A U  A U  U A

(12.2)

m h i m h i wobei gilt:  M >  M =  M ;  M >  M =  M A A  A U U U für A > 0;U > 0

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Die dargestellten Effekte wurden schon diskutiert und folgen dem gleichen Muster wie die anhand der Gleichungen (9) und (12.1) beschriebenen. Daher wird hier lediglich kurz auf die zweiten partiellen Ableitungen bzw. Kreuzableitungen (∂2M / A∂U > 0 und ∂2M / ∂U∂A > 0) eingegangen. Diese bringen zum Ausdruck, dass sich die Effekte steigender Spezifität A und steigender Unsicherheit U jeweils gegenseitig verstärken. Anders ausgedrückt, führt eine Steigerung von A zu einem Anstieg der Koordinationskosten M. Dieser Anstieg fällt umso größer aus, je höher die Umweltunsicherheit wird. Selbiges gilt für den umgekehrten Fall: Eine Steigerung von U führt zu einem Anstieg von M, der umso größer ausfällt, je größer A wird. In beiden Fällen werden so die relativen Verhältnisse der Koordinationsformen untereinander betont. Nicht so offensichtlich ist der genau entgegengesetzte Effekt. Sinkt nämlich die Umweltunsicherheit U, so fällt die Steigerung der Managementkosten M durch eine Erhöhung von A relativ geringer aus. Dies bedeutet dann unter Einbezug der in (12.2) postulierten Verhältnisse, dass die relativen Vorteilhaftigkeiten der Koordinationsformen untereinander im Bezug auf eine Steigerung von A abgeschwächt werden. Unter Einbezug des Fixkostenverhältnisses βm < βh < βi bedeutet dies, dass durch eine Verringerung von U der hybride Koordinationsmodus auch bei größeren Spezifitätsgraden A vorteilhaft gegenüber der Hierarchie bleibt. Genauso verhält es sich bezüglich des Vergleiches der marktlichen mit der hybriden Organisationsform. Dieser Effekt ist damit ähnlich dem bereits diskutierten bezüglich des Einflusses von Umweltunsicherheit U und intentionaler Unsicherheit I auf die Governancekosten CGOV (Kap. C. VI. 1. und C. VI. 2.). c) Interdependenz als managementkostendeterminierende Variable Auch der Interdependenzgrad ID der betrachteten Aktivitäten kann einen signifikanten Einfluss auf den Aufwand haben, diese Aktivitäten zu koordinieren (Das / Teng 1996; 2003; Dyer / Singh 1998; Gulati / Singh 1998; Kumar / Nti 1998; Mesquita / Brush 2008; Park / Ungson 2001; Parkhe 1991; 1993b; Reuer / Zollo / Singh 2002; Ring / Van de Ven 1994; Thompson 1967; Van de Ven / Walker 1984; White / Lui 2005; Zollo / Reuer / Singh 2002). Je interdependenter Aktivitäten sind, umso mehr Aktivitäten sowie einzelne Elemente der interdependenten Aktivitäten müssen miteinander durch die Akteure koordiniert und im Zeitverlauf aneinander angepasst werden. Dadurch wird die Koordination komplexer (Mesquita / Brush 2008). Die Quantität und Diversität der Informationen, die von den einzelnen Akteuren transferiert und verarbeitet werden müssen, erhöht sich bei steigender ID. Dies erhöht wiederum den kognitiven Aufwand, die einzelnen Aktivitäten zu koordinieren, was die Koordinationskosten erhöht (Chang / Chu 2004;

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Christopher 2000; Lee / Baron / Hannan 2002; Viswanadham / Desai / Gaonkar 2005; Xu / Beamon 2006). Der Grad der Interdependenz ID kann folglich als Einflussparameter auf die Koordinationskosten CCOO konzeptionalisiert werden. Dieser Einfluss ist dabei opportunismusunabhängig, da der Koordinationsaufwand auch besteht, wenn davon ausgegangen wird, dass sich die Akteure in jedem Fall kooperativ verhalten werden (Foss 2001; Mesquita / Brush 2008; White / Lui 2005). Es stellt sich aber die Frage, ob ID als eigenständige Variable innerhalb von CMAN konzeptionalisiert werden muss. In der Diskussion über mögliche Erlös- und Produktionskosteneffekte wurde ID zwar auch schon ein Einfluss eingeräumt, jedoch wurde dieser indirekt konzeptionalisiert. ID wurde dort als Einflussfaktor eingeführt, der die Parameter α und δ beeinflusst, die wiederum den optimalen Spezifitätsgrad A bestimmen. Dort wurde gezeigt, dass die Parameter α und δ umso größer werden, je interdependenter die betrachteten Aktivitäten sind. Größere α und δ bedeuten, dass der Einsatz spezifischer Anlagen bzw. spezifischen Wissens A lohnenswerter wird. Wird der Nutzen des Einsatzes von A größer, so führt dies zu einem steigenden optimalen Spezifitätsgrad A. Da dieser bereits als Einflussvariable auf CMAN konzeptionalisiert wurde, hat ID folglich indirekt über A einen Einfluss auf die Koordinationskosten und müsste somit nicht mehr als zusätzlicher Parameter eingeführt werden (Bensaou / Venkatraman 1995; Gulati / Singh 1998; Klein / Crawford / Alchian 1978; Kumar / Van Dissel 1996; Masten 1984). Dieser Ansicht wird in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht gefolgt, sondern vielmehr postuliert, dass ID als eigenständige zusätzliche Variable von CMAN eingeführt werden muss, die unabhängig vom Spezifitätskonstrukt A ist (Casadesus-Masanell / Spulber 2000; Dyer 1996; Mesquita / Brush 2008; Miwa / Ramseyer 2000; White / Lui 2005; White 2005; Xu / Beamon 2006). Da α und δ nicht ausschließlich von ID beeinflusst werden, sondern auch von der kognitiven Distanz CD, kann es Situationen geben, in denen trotz hohen Interdependenzgrades nur ein geringer Spezifitätsgrad A optimal wäre. Würde der obigen Argumentation gefolgt, so wären die Managementkosten in dieser Situation relativ gering. Selbst bei Abwesenheit spezifischer Anlagen führt ein hoher Interdependenzgrad jedoch zu einem relativ hohen Koordinationsaufwand. Bei hoher ID müssen mehr Informationen zwischen den Akteuren ausgetauscht und verarbeitet werden als bei niedrigem ID. Auch wenn diese vollständig kodifizierbar und somit explizit sind – wodurch ihr Transfer ja relativ günstiger ist als der impliziter bzw. spezifischer Informationen (Arrow 1974b) –, werden damit die Transferkosten und damit auch die Koordinationskosten ansteigen (Casadesus-Masanell / Spulber 2000; Mesquita / Brush 2008; Miwa / Ramseyer 2000; White / Lui 2005). Ähnliche Argumente lassen sich u. a. in Arbeiten mit Bezug auf den bekannten „Bullwhip-Effekt“ im Supply-Chain-Management finden (Byrnes / Shapiro

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1991; Chang / Chu 2004; Christopher 2000; Forrester / Wright 1961; Lee / Padmanabhan / Whang 1997; Lee / Baron / Hannan 2002; Viswanadham / Desai / Gaonkar 2005). Um den Bullwhip-Effekt möglichst gering zu halten und sich somit dem Systemoptimum anzunähern, ist ein extensiver Informationsaustausch zwischen den einzelnen interdependenten Wertschöpfungsstufen notwendig. Hier kann es durchaus vorkommen, dass die einzelnen Akteure keine spezifischen Ressourcen innerhalb ihrer Beziehungen einsetzen oder zumindest ursprünglich überhaupt keine Beziehung unterhielten. Da ihre jeweiligen Aktivitäten interdependent sind, ist ein extensiver Informationsaustausch dennoch notwendig, um den Bullwhip-Effekt zu reduzieren (Christopher 2000; Lee / Padmanabhan / Whang 1997; Sterman 1989). Wie auch deutlich geworden ist, wird sich der Einfluss von ID auf CMAN noch verstärken, je größer A und / oder U wird und umgekehrt: Je größer ID ist, umso mehr Informationen müssen transferiert werden. ID hat somit einen positiven Einfluss auf CMAN. Erhöht sich nun der Spezifitätsgrad A insofern, als dass die zu transferierenden Informationen spezifischer oder impliziter werden, wird dieser positive Einfluss noch verstärkt (Chang / Chu 2004; Viswanadham / Desai / Gaonkar 2005; Xu / Beamon 2006). Gleiches gilt für eine Steigerung der Umweltunsicherheit U. Müssen bedingt durch einen hohen ID relativ viele Informationen transferiert werden, so wird dies durch eine Steigerung von U häufiger geschehen müssen (Chang / Chu 2004; Lee / Baron / Hannan 2002; Mesquita / Brush 2008; Xu / Beamon 2006). Somit kann hier zunächst festgehalten werden, dass ID als zusätzliche Einflussvariable auf die Managementkosten CMAN konzipiert werden kann, die einen positiven Einfluss auf CMAN über alle Koordinationsformen hinweg haben wird. Zwischen den betrachteten Koordinationsformen wird der Einfluss von ID auf CMAN ferner unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn akzeptiert wird, dass ID mit A und U multiplikativ verknüpft ist. Die Begründung ist dabei ähnlich der Argumentation bezüglich der notwendigen multiplikativen Verknüpfung von A und U. Wird angenommen, dass innerhalb einer Akteursbeziehung keine spezifischen Anlagen zum Einsatz kommen bzw. kein implizites Wissen transferiert werden muss, so wird eine Steigerung des Interdependenzgrades zwar einen größeren Koordinationsaufwand erzeugen, jedoch werden sich diesbezüglich die alternativen Koordinationsformen in der marginalen Betrachtung nicht unterscheiden. Vollständig kodifizierbare Informationen lassen sich genauso effizient anonym (Markt) transferieren wie innerhalb einer hybriden oder hierarchischen Organisationsstruktur. Eine Abwesenheit von jeglicher Umweltunsicherheit ist wie bereits angemerkt unrealistisch.

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Zunächst ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Diskussion des Interdependenzkonstruktes eine über die isolierte Betrachtung einzelner Aktivitäten hinausgehende Sichtweise notwendig macht. Interdependenz bezieht sich schließlich auf die Interaktionen der einzelnen Elemente der fokalen Aktivität untereinander sowie die gegenseitigen Abhängigkeiten dieser Aktivität mit anderen von den Akteuren ausgeführten Aktivitäten. Ein steigender Interdependenzgrad besagt dann, dass sowohl die Interaktionen der Aktivitätselemente als auch der verschiedenen Aktivitäten ansteigen (Thompson 1967; Van de Ven 1976; Van de Ven / Walker 1984; Xu / Beamon 2006). Des Weiteren sei hier noch einmal auf die Ursachen für die Unterschiede der Fixkostenparameter β zwischen den betrachteten Koordinationsformen innerhalb von CCOO verwiesen, für die βm < βh < βi gilt. Diese stehen für die jeweiligen Etablierungs- und Aufrechterhaltungskosten der Koordinationsformen Markt, Hybrid und Hierarchie, die unabhängig von den Ausprägungen der Variablen sind, die CCOO beeinflussen. Marktliche Arrangements weisen die geringsten Fixkosten auf, da die Koordinationsregeln extern vorgegeben und bereits vor der Beziehungsetablierung existieren. Bspw. ist ein einfacher Kaufvertrag bzw. sind dessen Regelungen und Strukturen durch den Gesetzgeber vorgeschrieben. Akteure, die ihre Beziehung durch einen Kaufvertrag koordinieren, können daher auf die vorgegebenen Regelungen und Strukturen zurückgreifen und müssen diese nicht erst erschaffen und aufrechterhalten. Die Koordination erfolgt über standardisierte bereits bestehende Regelungen und Strukturen (March / Simon 1958; Thompson 1967; Van de Ven 1976). Hybride Koordinationsstrukturen weisen höhere Fixkosten auf, da hier Regelungen und Strukturen zur Koordination innerhalb der Beziehung von den Akteuren erschaffen und aufrechterhalten werden müssen. So müssen bspw. individuelle Verträge abgeschlossen werden, die spezifizieren, was wann wie von wem zu tun ist, sowie evtl. Regelungen und Instanzen etabliert werden, die in Situationen koordinieren können, in denen formale Vertragsbestandteile Lücken aufweisen. Diese Regelungen und Strukturen betreffen jedoch nur eine oder einige wenige aller Aktivitäten, die die Akteure ausführen. Entschließen sich bspw. zwei Unternehmen dazu, eine Allianz zur Entwicklung eines Produktes einzugehen, so werden sie in diesem hybriden Koordinationsarrangement die relevanten Entwicklungsaktivitäten der beiden Unternehmen regeln. Andere Aktivitäten wie die Vermarktung bereits bestehender Produkte oder das Personalmanagement werden sie jedoch nicht in das Arrangement einschließen, sondern weiterhin autonom koordinieren. Dies ist auch der Grund für die noch höheren Fixkosten der hierarchischen Koordination. Hier müssen Regelungen und Strukturen für sämtliche von den Akteuren durchgeführte und sie betreffende Aktivitäten geschaffen und etab-

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liert werden. Bspw. müssen innerhalb der Hierarchie nicht nur die produktiven Aktivitäten, die unmittelbar zum Leistungserstellungsprozess beitragen, koordiniert werden. Darüber hinaus müssen auch noch unterstützende Aktivitäten wie bspw. Kompensationsmechanismen und Weiterbildungsprogramme innerhalb des Personalmanagements in die Koordination eingeschlossen werden. Bei hybriden Arrangements hingegen werden i. d. R. lediglich Koordinationsmechanismen für die produktiven Aktivitäten etabliert, während andere Aktivitäten in der autonomen Verantwortung der Akteure bleiben. Werden nunmehr die gerade dargestellten Unterschiede der einzelnen Koordinationsmodi mit den obigen Ausführungen zum Interdependenzgrad verbunden, so ergeben sich die relativen Managementkostenunterschiede der Modi untereinander bei Veränderung des Interdependenzgrades unmittelbar (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Chesbrough / Teece 1998; Clemons / Row 1992; Daft / Lengel 1986; Galbraith 1973; Grant 1996; Gulati / Singh 1998; March / Simon 1958; Mesquita / Brush 2008; Miwa / Ramseyer 2000; Nooteboom 2000b; 2001; Teece 1986a; Thompson 1967; Van de Ven 1976; Van de Ven / Walker 1984; White / Lui 2005; White 2005; Xu / Beamon 2006). Bei sehr geringem Interdependenzgrad ID wird die marktliche Koordination die effizienteste sein, da die Abstimmung der Aktivitäten durch unpersönliche standardisierte Mechanismen erfolgen kann, die nicht an eine bestimmte Beziehung geknüpft sind (Galbraith 1973; March / Simon 1958; Thompson 1967). Mit steigendem ID werden die variablen Managementkosten der marktlichen Koordination Mh jedoch am stärksten ansteigen, da die unpersönlichen standardisierten Mechanismen zunehmend ungeeignet werden, die wachsenden Abstimmungs- und Anpassungsanforderungen zu erfüllen (Simon 1991; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976). Darüber hinaus müssen bei steigendem ID immer mehr Interaktionen von Aktivitäten, die nicht in das marktliche Koordinationsarrangement einbezogen sind, mit solchen, die eingeschlossen sind, beachtet werden. Da diese Interaktionen aber eben nicht durch das marktliche Arrangement koordiniert werden können, kommt es zu Fehlanpassungen und -abstimmungen. Die hybride Koordinationsform wird bei steigendem ID relativ effizienter sein als die marktliche (∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂ID). Hier werden persönliche und individuelle Strukturen sowie Regelungen geschaffen, die eine reichhaltigere Kommunikation und damit auch den Transfer von impliziten Informationen zwischen den Akteuren erlauben. Diese werden bei steigendem ID zunehmend notwendig, da immer mehr Elemente der einzelnen Aktivitäten miteinander interagieren (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Mesquita / Brush 2008; Nooteboom 2000b; 2009; Van de Ven 1976; White / Lui 2005). Bei weiter steigendem ID werden jedoch auch hybride Arrangements zunehmend ungeeignet, da nicht nur die Interaktionen zwischen den einzel-

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nen Elementen der Aktivitäten zunehmen, auf die das hybride Arrangement bezogen ist, sondern auch die Interdependenzen mit anderen nicht einbezogenen Aktivitäten. Letztere können aber nicht oder nur unzureichend durch die etablierten Strukturen und Regelungen koordiniert werden (Hage 1974; Merkuryev / Petuhova / Van Landeghem / et al. 2002; Nooteboom 2000b; Park / Ungson 2001; Thompson 1967; Xu / Beamon 2006). Daher wird die Hierarchie die geringste Erhöhung von M bei steigendem ID aufweisen (∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂ID). Hier können prinzipiell alle Aktivitäten der Akteure, die unter dem hierarchischen Arrangement vereint sind, koordiniert werden. Daher ist hier auch bei einem maximalen ID, bei dem alle Aktivitäten miteinander interagieren, eine effektive Koordination möglich (Chesbrough / Teece 1998; Demsetz 1988; Grant 1996; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2000b; Simon 1991b; Stieglitz / Heine 2007; Teece 1986a).156 Die obigen Ausführungen lassen sich formal wie folgt darstellen: M i, h, m ( A;U ; ID ) > 0 für A >0;U > 0 und/oder ID > 0 i, h, m i, h, m i, h, m mit:  M > 0;  M > 0;  M > 0 A U  ID 2 i, h, m 2 i, h, m 2 i, h, m 2 i, h, m und  M > 0;  M > 0;  M > 0;  M > 0  A U  U A  A ID  U  ID

(12.3) m h i m h i wobei gilt:  M >  M =  M ;  M >  M =  M ; A A  A U U U

 M m >  M h >  Mi  ID  ID  ID für A > 0;U > 0 und ID > 0

Gleichung (12.3) entspricht zum größten Teil (12.2), die lediglich um die Variable ID erweitert wird. M hängt nunmehr von A, U und ID ab. ID wird einen positiven Einfluss auf die Managementkosten M haben (∂M / ∂ID > 0). 156 Es könnte natürlich argumentiert werden, dass in ein hybrides Arrangement alle interdependenten Aktivitäten einbezogen werden, also im Extremfall alle Aktivitäten, die die Akteure ausführen, hybrid koordiniert werden. Dann wäre diese Koordinationsform gleich effektiv wie die hierarchische und folglich wäre die Steigerung der variablen Koordinationskosten M durch eine Erhöhung von ID gleich in beiden Koordinationsformen. Eine solch umfangreiche Ausweitung des hybriden Arrangements würde jedoch mit erheblich höheren Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten einhergehen, sodass angenommen werden kann, dass die Fixkosten der hybriden Form βh mindestens ebenso groß wie die des hierarchischen Modus βm werden.

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Dieser Einfluss wird zwischen den einzelnen Koordinationsformen unterschiedlich stark ausgeprägt sein, solange spezifische Ressourcen zum Einsatz kommen und Umweltunsicherheit vorherrscht (A > 0, U > 0). Dann wird ein Anstieg von ID die größte Managementkostenerhöhung bei der marktlichen Koordination m und die kleinste bei der hierarchischen i verursachen. Die hybride Form h liegt zwischen den beiden (∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂ID > ∂Mi / ∂ID).157 d) Kognitive Distanz als managementkostendeterminierende Variable Auch die kognitive Distanz CD zwischen Akteuren wird einen Einfluss auf die Koordinations- bzw. Managementkosten CMAN haben, wenngleich dies in der Literatur seltener explizit diskutiert wird (Antonelli / Quéré 2003; Antonelli 2005a; 2005c; Kogut / Zander 1992; 1996; Nooteboom 1999a; 2000b; 2001; 2004c; 2009; Sallusti 2008a; 2008b; Sallusti / Addessi 2009; Wageman 1995; White 2000; White / Lui 2005; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Häufiger ist die Diskussion über Konzepte wie z. B. „psychic distance“, „cultural distance“, „liability of foreignness“ etc. und deren Einfluss auf die Koordinationsentscheidung in der Internationalisierungsliteratur (bspw. Anderson / Gatignon 1986; Buckley / Clegg / Tan 2006; Buckley / Hashai 2009; Buckley / Casson 1976; 1998b; Calhoun 2002; Dunning 1974; 1981; 1988; 2000; Hofstede 1984; Johanson / Vahlne 1977; 1990; 2009; Kohn 1987; Kostova / Zaheer 1999; Lu / Beamish 2001; O’Grady / Lane 1996; Schein 2004; Zaheer 1995). Diese Konstrukte stehen zwar in Bezug zum Konzept 157 Bezüglich der Variable ID ließe sich auch ein Einfluss auf die Governancekosten CGOV bzw. G konstruieren, der jedoch selten in der Literatur diskutiert wird (siehe aber bspw. Antonelli 2005a; 2005b; Nooteboom 2000b; 2004a; 2006b). Die Ausgangsüberlegung dabei ist, dass ID die Aneignungsfähigkeit einer werthaltigen Ressource A beeinflussen kann. Ist z. B. ein Wissensset nicht interdependent mit anderen Wissenssets, so wird das mit Ersterem verbundene Mehrwertgenerierungspotential nur begrenzt von anderen Aktivitäten oder Wissenssets beeinflusst. Folglich vergrößert sich die Möglichkeit, aus dem Wissensset unabhängig von anderen einen Mehrwert zu generieren. Somit kann ein Akteur, der ein solches Wissensset innerhalb einer Beziehung akquiriert hat, dieses einfacher zur Mehrwertgenerierung außerhalb der Beziehung einsetzen als ein hoch interdependentes Wissensset, dessen Mehrwertgenerierungspotential signifikant vom Zusammenspiel mit anderen Wissenssets abhängt. Daraus lässt sich folgern, dass ID einen negativen Einfluss auf G haben könnte: Je größer ID wird, umso geringer ist die Aneignungsfähigkeit bzw. die Opportunismusmöglichkeit für einen Akteur (∂G / ∂ID < 0). Da hier jedoch keine signifikanten Effizienzunterschiede zwischen den einzelnen Governanceformen zu erwarten sind – ein hoher Interdependenzgrad kann ja als eine Art Absicherungsmechanismus gegen opportunistisches Verhalten angesehen werden, das governanceformenunabhängig ist bzw. in allen Modi zur Verfügung steht (Antonelli 2005b) –, wird hier auf die Integration des Parameters ID in den CGOV-Term verzichtet.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

der kognitiven Distanz CD, sind jedoch nicht deckungsgleich, da CD mehrere Distanzdimensionen umfasst und anders fundiert ist, wie die Diskussion in Kap. B. I. 4. c) bereits zeigte. Folgt man dieser Diskussion, wird im Hinblick auf die exploitativen Aspekte der Koordinationsentscheidung, die im vorliegenden Abschnitt betrachtete werden, eine wachsende CD einen positiven Einfluss auf die Koordinationskosten ausüben. Je kognitiv distanter Akteure sind, umso schwieriger wird es für sie werden, Informationen und Wissen auszutauschen. Wenn davon ausgegangen wird, dass selbst der Transfer von expliziten vollständig kodifizierten Informationen und Wissenssets einen gewissen Interpretationsspielraum zulässt (Antonelli / Quéré 2003; Antonelli 2006; Nooteboom 2009), so wird mit wachsender CD die Wahrscheinlichkeit zunehmen, dass sich die Interpretationen der am Transfer beteiligten Akteure unterscheiden werden. Wenn dann der Informationen empfangende Akteur auf der Basis seiner Interpretation handelt, sich diese jedoch von der (intendierten) des übermittelnden Akteurs unterscheidet, so wird es zu Missverständnissen zwischen den Akteuren kommen. Wenn nun der Transfer von Informationen den Zweck hatte, eine gemeinsame Aktivität oder interdependente Aktivitäten zu koordinieren, so wird es zu mangelnden oder fehlerhaften Abstimmung und Anpassung der Aktivitäten kommen. Somit müssen die Akteure den Koordinationsaufwand erhöhen, um den potentiellen Mehrwert auch tatsächlich realisieren zu können (White / Lui 2005; Williamson 1991). Die Begründung für die eigenständige Konzeptionalisierung von CD innerhalb von CMAN folgt der obigen bezüglich ID und wird daher hier nicht ausführlich wiederholt. Zur Verdeutlichung dessen sei hier aber folgendes kurz angemerkt: Innerhalb des Produktionskosten- oder Erlösterms beeinflusst CD die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von A, da durch CD die Möglichkeit determiniert wird, überhaupt einen Mehrwert durch den Einsatz bzw. Transfer spezifischer Wissenssets innerhalb einer Akteursbeziehung zu generieren (Kap. D. III. 1.). Wenn nun wie hier postuliert ein zentraler Koordinationsaspekt die (gemeinsame) Adaption ist, für die weitere Informations- oder Wissenstransfers notwendig sind, so wird CD darüber hinaus eben auch die Koordinationskosten beeinflussen, die entstehen, um einen Mehrwert (über einen längeren Zeitraum) auch zu realisieren. Anders formuliert, wird CD sowohl die Höhe des potentiellen Mehrwertes als auch dessen Realisierbarkeit beeinflussen (Kap. A. IV.). Wie auch schon bei ID wird sich der Einfluss von CD auf CMAN noch verstärken, je größer A und U werden. CD ist somit multiplikativ mit A, U und ID innerhalb von M verknüpft. Je größer A, umso mehr Interpretationsspielraum existiert für die beteiligten Akteure aufgrund des impliziten Cha-

D. Statische Modellerweiterung

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rakters des ausgetauschten Wissens zur Durchführung der Aktivität. Wenn sich U erhöht, werden Abstimmungen und Anpassungen häufiger notwendig, die ja durch eine höhere CD fehlerhaft sein können. Ähnliches gilt für eine Steigerung von ID. Wenn sich ID erhöht, werden Abstimmungen und Anpassungen häufiger notwendig und umfassen mehr Elemente. Dadurch erhöht sich der Koordinationsmehraufwand. Auch der Einfluss auf die Managementkosten wird – wie schon der von ID – unterschiedlich stark bei den einzelnen Koordinationsformen ausgeprägt sein, solange die anderen managementkostenbeeinflussenden Variablen A, U und ID positiv sind. Diesbezüglich ist zunächst noch einmal darauf hinzuweisen, dass es sich sowohl bei der kognitiven Distanz CD als auch bei einer Ressource bzw. einem Wissensset A um ein aggregiertes Maß oder Konstrukt handelt. CD misst die Distanz zwischen zwei Akteuren über alle kognitiven Dimensionen – bspw. Kultur, Sprache, Technologie – hinweg. So können zwei Akteure eine relativ große CD aufweisen, wenn sie aus sehr unterschiedlichen Kulturen stammen und unterschiedliche Sprachen sprechen, obwohl sie in vergleichbaren Unternehmensfunktionen arbeiten und sich dort mit der gleichen Technologie befassen. Die kulturelle Distanz wäre somit größer und die technologische kleiner als die aggregierte CD zwischen den Akteuren. Die Folge einer wachsenden CD zwischen Akteuren ist, dass diese sich zunehmend schwer verstehen werden und somit ein Transfer eines Wissenssets unvollständiger und / oder fehlerhafter wird. Auch ein Wissensset besteht jedoch aus mehreren Elementen, die auf ähnlichen unterschiedlichen Dimensionen verankert sind. Daher müsste der Einfluss der CD auf den Transfer von Wissenssets oder Informationen genau genommen noch den unterschiedlichen Dimensionen Rechnung tragen. Bestünden die impliziten Bestandteile des zu transferierenden Wissenssets im vorliegenden Beispiel vornehmlich aus technologischen Elementen, so wird der negative Effekt der hohen CD auf den Transfer geringer ausfallen, als wenn die kulturellen Elemente innerhalb des zu transferierenden Wissenssets dominieren. Bspw. wird es zwei Architekten aus unterschiedlichen Ländern leichter Fallen, sich über Statikaspekte eines gemeinsamen Bauprojektes zu verständigen als über den Umgang mit den beteiligten Bauunternehmungen. Der Einfluss von CD auf M wird bei der marktlichen Koordination am geringsten ausfallen. Dieser Koordinationsmodus ist unpersönlich und auf den Transfer von expliziten, standardisierten Informationen bzw. Wissenssetelementen wie z. B. Preise ausgelegt. Bei diesem existiert ein sehr geringer individueller Interpretationsspielraum, was ja ein wesentlicher Aspekt marktlicher Koordination ist, soll diese doch gerade eine große Anzahl diverser Akteure und deren Aktivitäten koordinieren können. Dazu bedarf es

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

weniger und von allem gleich interpretierter Informationen. Folglich sind diese Informationen oder Elemente von Wissenssets relativ unsensitiv bezüglich der kognitiven Distanz der am Transfer beteiligten Akteure. Selbst bei sehr großer CD werden diese universellen expliziten Informationen von den Akteuren relativ gleich interpretiert. Daher wird hier eine Vergrößerung der CD keinen signifikanten Einfluss auf die Koordination haben. Je geringer die expliziten, standardisierten Bestandteile der auszutauschenden Informationen werden bzw. je mehr implizite Elemente die zu transferierenden Wissenssets haben und je interdependenter die gemeinsamen Aktivitäten werden, umso ungeeigneter wird die marktliche Koordinationsform, wie oben ausführlich dargestellt wurde. Bei der marktlichen Koordination existieren keine Mechanismen, um implizite Informationen und interdependente Wissenssets zu transferieren, weshalb mit steigendem A und ID die Managementkosten Mm stärker ansteigen als die anderer Koordinationsformen. Daran ändert auch eine Variation der kognitiven Distanz nichts. Selbst bei sehr geringer CD werden die Akteure nicht in der Lage sein, implizite und interdependente Informationen auszutauschen. Dies wird auch bei steigender CD so bleiben. Daher ist insgesamt davon auszugehen, dass eine Erhöhung der CD zwar die Managementkosten marktlicher Koordination ansteigen lassen wird, dieser Anstieg jedoch relativ gering ausfallen wird. Stärker wird der Einfluss einer wachsenden CD auf hybride und hierarchische Koordinationsformen sein. Hier werden im Unterschied zur marktlichen Koordination der Transfer von impliziten Wissenssets und die Koordination interdependenter Aktivitäten durch entsprechende Mechanismen – bspw. persönliche Gespräche – ermöglicht. Daher wird hier auch der durch eine Erhöhung von A und / oder ID induzierte Anstieg von M geringer ausfallen als bei der marktlichen Koordination, wie aus der Diskussion bezüglich der Gleichungen (12.1) bis (12.3) hervorging. Hybrid und Hierarchie werden jedoch zunehmend ineffektiver, je größer die CD zwischen den beteiligten Akteuren wird. Selbst wenn Mechanismen mit höherer Bandbreite zum Transfer impliziter und komplexerer Informationen etabliert werden und so der Transfer prinzipiell gewährleistet ist, werden diese Informationen bei größer werdender CD zunehmend unterschiedlich interpretiert. Im Extremfall, bei einer sehr großen CD, werden somit die Managementkosten Mh und Mi auch bei signifikanten A, U und ID gleich groß und nicht mehr geringer als bei marktlicher Koordination sein. Der Anstieg von Mh aufgrund einer größer werdenden CD wird jedoch moderater ausfallen als der von Mi. Die Begründung dafür lässt sich im Zusammenhang der Charakteristika der unterschiedlichen Koordinationsformen und den obigen Ausführungen zum aggregierten Charakter von CD

D. Statische Modellerweiterung

277

finden und wurde bereits in Kap. B. II. 5. b) bb) dargelegt. In einem hybriden Arrangement wird es prinzipiell möglich sein, die Koordination auf bestimmte Aktivitäten zu beschränken und andere Aktivitäten den autonomen Akteuren selbst zu überlassen.158 Diese Möglichkeit besteht bei der hierarchischen Koordination nicht oder nur in geringerem Maße. Daher wird i bei zunehmender CD nicht nur bezüglich der fokalen Aktivität zunehmend ineffektiver, sondern auch bezüglich aller weiteren die Akteure betreffenden Aktivitäten. Letztere müssen innerhalb eines hybriden Arrangements nicht im selben Ausmaß gemeinsam koordiniert werden (Antonelli 2005a; 2006; Nooteboom 2000b; 2009; Sallusti 2008b; Sallusti / Addessi 2009; White 2005). Die Aussage, dass CD einen größeren Einfluss auf die Managementkosten hierarchischer Koordination haben wird als auf die der hybriden, scheint im Widerspruch zu den Aussagen einiger Vertreter der wissensbasierten Perspektive zu stehen (Demsetz 1988; Grant 1996; Kogut / Zander 1996). Grant konstatiert bspw. aufbauend auf die Argumentation von Demsetz, dass innerhalb eines hierarchischen Arrangements explizite Anweisungen den Transfer von implizitem Wissen substituieren können, wodurch dann die Koordination auch bei großer CD relativ effizient erfolgen kann (Demsetz 1988; Grant 1996). Dieser Ansicht wird hier auch nicht widersprochen, ganz im Gegenteil entspricht diese Beobachtung – zunächst abstrahiert von der jeweiligen Koordinationsformenwahl – den modellinhärenten Aussagen: Wenn es möglich ist, implizites Wissen in explizites zu transferieren, so wird der Einsatz des impliziten Wissens A keinen Produktionskosten- oder Erlösvorteil im Vergleich zum Einsatz rein expliziten Wissens haben. Der Einsatz von A innerhalb von R und / oder CPRO wird also keinen oder einen sehr geringen positiven Effekt auf den Profit haben. Da jedoch über alle Koordinationsformen hinweg sowohl die Governancekosten G also auch die Managementkosten M mit einer Erhöhung von A ansteigen, kann es sich durchaus lohnen, den Einsatz von A zu reduzieren, was ja durch die angesprochene Substitution impliziten durch explizites Wissen möglich ist. Grant (1996, S. 115) konstatiert jedoch auch, dass es Situationen oder Aktivitäten geben kann, in denen eine solche Substitution nicht möglich ist: „While all the above mechanisms seek efficiency of integration through avoiding the costs of communication and learning, some tasks may require more personal and communication-intensive forms of integration.“ 158 Diese Möglichkeit wird natürlich von ID beeinflusst. Bei sehr großen Interdependenzgraden, wird eine solche Teilung der Aktivitäten in autonom und gemeinsam zu koordinierende zunehmend ineffizient, wie die obige Diskussion bezüglich des Einflusses von ID auf M zeigt.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Und genau diese Feststellung entspricht der hier postulierten Konzeptionalisierung spezifischer Ressourcen A. Sie müssen nur eingesetzt bzw. transferiert werden, wenn eine Explizierung nicht möglich ist (Galbraith 1973; Heiman / Nickerson 2002; Nooteboom 2000b; 2004b). Außerdem führt Grant (1996) weiter aus, dass ein gewisser gemeinsamer Wissensbestand existieren muss, damit die Wissenstransfermechanismen – sowohl die Substitution von implizitem durch explizites Wissen als auch der Transfer von implizit verbleibendem Wissen – effektiv sein können. Diese Aussage ist mit der von Kogut und Zander (1992; 1996, ähnlich argumentieren auch: Foss 1996a; Heiman / Nickerson 2002) vergleichbar. Diese konstatieren, dass hierarchische Koordinationsformen besonders für den Transfer impliziten Wissens geeignet sind, da sie eine gemeinsame soziale Identität besitzen bzw. befördern. Beide Konstrukte – gemeinsamer Wissensbestand und geteilte soziale Identität – stehen in unmittelbarem Bezug zum Konzept der kognitiven Distanz und können als geringe CD zwischen den Akteuren verstanden werden (Kap. B. II. 4. d) und B. II. 5. b) bb)). Demnach ist eine relativ geringe CD notwendig, damit die hierarchische Koordination bei notwendigem Transfer spezifischen Wissens vorteilhaft ist. Dies entspricht dann der hier postulierten Aussage, dass die Hierarchie besonders effizient ist, wenn hohe Interdependenzgrade ID und Spezifitätsgrade A vorliegen. Somit lassen sich die obigen Ausführungen wie folgt darstellen: M i, h, m ( A;U ; ID ; CD )  0 für A >0;U  0; ID  0 und/oder CD >0 i, h, m i, h, m i, h, m i, h, m mit: w M  0; w M  0; w M  0; w M 0 wA wU w ID w CD 2 i, h, m 2 i,h, m 2 i, h, m 2 i, h, m und w M  0; w M  0; w M  0; w M  0; w Aw U w Uw A w Aw ID w U w ID

w 2 M i, h, m  0; w 2 M i, h, m  0; w 2 M i, h, m  0 w Aw CD w U w CD w IDw CD (12.4) m h i m h i wobei gilt: w M  w M  w M ; w M  w M  w M ; wA wA w A wU wU wU

w M m  w M h  w Mi ; w Mi  w M h  w M m w ID w ID w ID w CD w CD w CD für A > 0;U  0; ID  0 und CD >0

Diese Gleichung ist die Erweiterung von (12.3) um die Variable CD. Wie oben diskutiert, werden die Managementkosten über alle Koordinationsformen hinweg mit einer Erhöhung von CD ansteigen (∂M / ∂CD > 0), wobei

D. Statische Modellerweiterung

C MAN

279

C iMAN(A2 ;ID2 ) C iMAN(A1 ;ID1 ) C m MAN(A2 ;ID2 ) C h MAN(A2 ;ID2 )

C h MAN(A1 ;ID1 )

C m MAN(A1 ;ID1 ) ȕi ȕh ȕm CD ih

CD im

CD

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 16: Einfluss der kognitiven Distanz auf die Managementkosten der unterschiedlichen Koordinationsformen in Abhängigkeit vom Spezifitäts- und Interdependenzgrad

dieser Anstieg am geringsten bei der marktlichen Koordination und am größten bei der hierarchischen Koordination ausfallen wird; die hybride Form liegt diesbezüglich zwischen beiden Ersteren (∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂CD). Zur Veranschaulichung ist in Abbildung 16 der Einfluss einer Steigerung der CD auf die Managementkosten der einzelnen Koordinationsmodi grafisch dargestellt. Insbesondere wird hier das Zusammenspiel der Variablen A und ID dargestellt, denen ein Einfluss auf M zugesprochen wurde. In der Abbildung sind die Verläufe der Managementkosten CMAN der unterschiedlichen Koordinationsformen in Abhängigkeit der kognitiven Distanz CD dargestellt. Dazu werden die weiteren Variablen konstant gehalten, diesbezüglich jedoch zwei Fälle unterschieden. Die schwarzen Kurven stellen einen Fall niedriger Interdependenz ID1 und niedriger Spezifität A1 dar, die jedoch beide als > 0 angenommen werden.159 In einem solchen Fall 159 Genauer gesagt ist die Annahme, dass A kleiner als der kritische Spezifitäts1 wert aus Gleichung (2.1) Amh ist – wobei natürlich G durch M ersetzt werden müss-

280

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

wird eine Vergrößerung der CD einen relativ geringen positiven Effekt auf die Managementkosten marktlicher Koordination Mm haben, was am Verlauf der CmMAN(A1;ID1)-Kurve zu sehen ist. Dass diese Kurve bereits bei einer sehr geringen CD positiv und sogar größer als die Fixkosten βm ist, resultiert aus der Annahme, dass sowohl A als auch ID zwar geringfügig, aber dennoch größer null sind. Da ∂M / ∂A > 0 und ∂M / ∂ID > 0 gilt, wird folglich CmMAN(A1;ID1) selbst bei sehr geringer CD positiv sein und über βm liegen. Weil ∂Mm / ∂A > ∂Mh / ∂A = ∂Mi / ∂A und ∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂ID > ∂Mi / ∂A darüber hinaus gilt, wird der Abstand von CmMAN(A1;ID1) zu βm größer sein als der der hybriden Koordinationskosten ChMAN(A1;ID1) zu βh, der wiederum größer sein wird als bei der Hierarchie (CiMAN(A1;ID1) zu βi). Dennoch liegt CmMAN(A1;ID1) über den gesamten CD-Bereich unterhalb ChMAN(A1;ID1) und CiMAN(A1;ID1), da wie oben dargestellt CD den geringsten Einfluss auf Mm hat. Die hierarchische Koordinationsform wird den höchsten Managementkostenanstieg durch eine Vergrößerung von CD verzeichnen, was in der Grafik durch die höhere Steigung der CiMAN(A1;ID1)-Kurven dargestellt ist. Sie ist damit in sämtlichen CD-Bereichen oberhalb der CmMAN(A1;ID1)-Kurve. Die Managementkosten hybrider Koordination ChMAN(A1;ID1) liegen über den gesamten CD-Bereich oberhalb CmMAN(A1;ID1), jedoch unterhalb CiMAN(A1;ID1). Die beschriebenen Verhältnisse verändern sich jedoch im zweiten grau dargestellten Fall. Hier werden ein wesentlich höherer Spezifitätsgrad A2 und Interdependenzgrad ID2 angenommen ((A1 < A2 und ID1 < ID2, wobei A2 > Amh und ID2 > IDmh. aus Gleichung (2.1)).160 In diesem zweiten Fall werden folglich selbst bei sehr geringer CD die Managementkosten marktlicher Koordination CmMAN weit oberhalb von βm liegen, da marktliche Arrangements nicht geeignet sind, Aktivitäten mit hohen A- und ID-Graden zu koordinieren. Die Steigung von CmMAN aufgrund einer Vergrößerung von CD bleibt jedoch gleich gering wie im ersten Fall. Daher kommt es durch die Veränderung von A1 auf A2 und ID1 auf ID2 zu einer Parallelverschiebung der schwarzen CmMAN-Kurve nach oben auf die graue CmMAN-Kurve. Bei geringer CD werden CiMAN nur geringfügig oberhalb von βi liegen, da ja laut Gleichung (12.1) und (12.3) eine Erhöhung von A und ID den geringsten positiven Effekt auf die Kosten hierarchischer Koordination hate. Analog zu (2.1) könnten auch kritische ID-Werte ermittelt werden. ID1 wäre dann auch kleiner IDmh. 160 A > Amh und ID > IDmh. 2 2

D. Statische Modellerweiterung

281

ben wird. Die Steigung von CiMAN aufgrund einer Erhöhung von CD bleibt gleich groß der im ersten Fall postulierten, wodurch es zu der dargestellten Parallelverschiebung der schwarzen CiMAN-Kurve auf die graue CiMAN-Kurve kommt. Im grau dargestellten zweiten Fall kommt es somit zu dem oben diskutierten Effekt, dass bei hohen A- und ID-Werten sowie relativ geringer CD die hierarchische Koordination vorteilhaft gegenüber der marktlichen ist. Da die Managementkosten jedoch bei größer werdender CD stärker ansteigen als bei den anderen Koordinationsmodi, reduziert sich dieser Vorteil sukzessive, je kognitiv distanter die Akteure sind. Somit existiert ein kritischer CD-Wert – in der Abbildung als CDim gekennzeichnet –, ab dem die marktliche Koordination trotz hoher A- und ID-Werte vorteilhaft gegenüber der Hierarchie wird. Ab CDim sind CiMAN größer als CmMAN. Im zweiten Fall werden die Kosten hybrider Koordination ChMAN bei geringer CD weiter oberhalb βh liegen als CiMAN über βi, da ∂Mi / ∂A = ∂Mh / ∂A und ∂Mi / ∂ID < ∂Mh / ∂ID gilt. Die Steigung von Mh aufgrund einer Erhöhung der CD ist jedoch geringer als die von Mi. Daher ist bei geringen CD-Werten und hohen A- und ID-Werten die hierarchische Koordination auch vorteilhafter als die hybride. Es existiert jedoch ein kritischer Wert CDih, ab dem die hybride Form effizienter als die hierarchische ist. Da der hybride Koordinationsmodus jedoch sensitiver bezüglich einer Erhöhung von CD ist als marktliche Arrangements, wird bei hinreichend großer CD auch der Hybrid ineffizienter als die marktliche Koordinationsform. Dies wäre ab einem in der Abbildung nicht mehr eingezeichneten CDhm Wert der Fall, der sich genauso wie die dargestellten kritischen CD-Werte ergäbe.

VI. Integrierte Betrachtung der Koordination von Akteursbeziehungen als Maximierungsproblem Da nunmehr die Erweiterung um die statischen Argumente aus einer wissensbasierten Perspektive abgeschlossen ist, werden im Folgenden die Zusammenhänge dieser mit der transaktionskostentheoretisch fundierten Diskussion aus Kap. C. in integrierter Form dargestellt. Dazu wird zunächst auf das Koordinations- bzw. Maximierungsproblem in Gänze eingegangen, um dann im folgenden Abschnitt die Koordinationsseite integriert zu betrachten. Auf eine zusammenfassende Betrachtung der Produktionsseite des integrierten statischen Modells wird hier verzichtet, da diese lediglich die Ausführungen zu den Gleichungen (10.3) und (11.1) wiederholen würde. Durch die erfolgte Erweiterung lässt sich das Koordinationsproblem bzw. die Zielfunktion wie folgt spezifizieren:

282

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse max π ( X ; A;α ; CD ; ID ; I ;U ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ) - γ A - CCOO ( β ; G ; M ) = R ( X ) - C ( X ; A;α ( CD ; ID )) - γ A - β - G ( A;U ; I ) - M ( A;U ; CD ; ID ) mit den Nebenbedingungen:

(13.1)

! ! π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0; ∂X ∂X ∂X ! ! π A = ∂π = 0 Û - ∂ C - γ - ∂ G - ∂ M = 0; ∂A ∂A ∂A ∂A ! ! π CD = ∂π = 0 Û - ∂ C - ∂ M = 0; ∂ CD ∂ CD ∂ CD ! ! π ID = ∂π = 0 Û - ∂ C - ∂ M = 0 ∂ ID ∂ ID ∂ ID !

!

π I = ∂π = 0 Û - ∂ G = 0; ∂I ∂I ! ! π U = ∂π = 0 Û - ∂ G - ∂ M = 0 ∂U ∂U ∂U

Hier ist zunächst anzumerken, dass in (13.1) lediglich der mögliche Produktionskosteneffekt aufgrund des Einsatzes von A dargestellt ist, der Erlös R jedoch nur von der Ausbringungsmenge X beeinflusst wird. Die Möglichkeit einer Erlössteigerung aufgrund des Einsatzes von A wird in Gleichung (13.2) gesondert dargestellt. Aus (13.1) geht hervor, dass der fokale Akteur seinen Profit π unter sechs Nebenbedingungen maximiert. Dabei bleiben lediglich die Nebenbedingungen πX = 0 und πI = 0 bei der Erweiterung gleich wie im TCE-basierten Basismodell. Die Nebenbedingungen πA = 0 und πU= 0 werden im Vergleich zum Basismodel nun zusätzlich von den Managementkosten M determiniert, da sowohl der Spezifitätsgrad A als auch die Umweltunsicherheit U diesen von der Opportunismusannahme unabhängigen Koordinationskostenbestandteil beeinflussen. Des Weiteren sind hier die zwei neuen Nebenbedingungen πCD = 0 und πID = 0 zu beachten, die so im ursprünglichen Modell nicht existierten, da dort sowohl die kognitive Distanz CD als auch der Interdependenzgrad ID keine Beeinflussungsvariablen darstellten. Durch die erfolgte Erweiterung konnte gezeigt werden, dass CD und ID die Produk­ tionskosten über den Parameter α sowie die Koordinationskosten über M beeinflussen und daher auch die Maximierung über die entsprechenden Nebenbedingungen beeinflussen.



D. Statische Modellerweiterung283

Hier ist abschließend noch darauf hinzuweisen, dass der Einfluss der Variablen A, I und U auf die Governancekosten G sich jeweils in seiner Stärke zwischen den einzelnen Koordinationsformen m, h und i unterscheiden wird. Gleiches gilt für die Variablen A, CD, ID und U in Bezug auf die Managementkosten M, was bedeutet, dass sich die Nebenbedingungen mit Ausnahme von πX = 0 in ihren konkreten Ausprägungen zwischen den unterschiedlichen Koordinationsformen unterscheiden werden. Dies wird für jede Nebenbedingung konzeptionell gleich der Diskussion bezüglich der unterschiedlichen Verläufe der Nebenbedingung πA = 0 für m, h und i im Basismodell sein, die bereits ausführlich in Kap. C. I. anhand der Gleichungen (3.1) bis (3.3) sowie der Abb. 6 geführt wurde. Im Folgenden ist das Maximierungsproblem noch einmal unter Einbezug der Möglichkeit des Einflusses von A auf den Erlös R dargestellt, wobei hier dann die Produktionskosten analog zur Konzeptionalisierung im ursprünglichen Modell nur noch von X abhängen. max π ( X ; A; δ ; CD ; ID ; I ;U ) = R ( X ; A; δ ) - C ( X ) - γ A - CCOO ( β ; G ; M ) = R ( X ; A; δ ( CD ; ID ;U )) - C ( X ) - γ A - β - G ( A;U ; I ) - M ( A;U ; CD ; ID ) mit den Nebenbedingungen: ! ! (13.2) π X = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ C = 0; ∂X ∂X ∂X ! ! π A = ∂π = 0 Û ∂ R - γ - ∂ G - ∂ M = 0; ∂A ∂A ∂A ∂A ! ! π CD = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ M = 0; ∂ CD ∂ CD ∂ CD ! ! π ID = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ M = 0 ∂ ID ∂ ID ∂ ID !

!

π I = ∂π = 0 Û - ∂ G = 0; ∂I ∂I ! ! π U = ∂π = 0 Û ∂ R - ∂ G - ∂ M = 0 ∂U ∂U ∂U ∂U

Die Gleichung (13.2) ist konzeptionell vergleichbar mit (13.1). Auch hier ist die Maximierung des Profits von sechs Nebenbedingungen abhängig, wobei die Nebenbedingungen πX = 0 und πI = 0 genau gleich denen im Basismodell bleiben. Bezüglich der weiteren Nebenbedingungen πA = 0, πCD = 0 und πID = 0 ergeben sich die erwarteten Unterschiede zu (13.1), da

284

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

diese nun nicht mehr durch die Produktionskosten C, sondern durch den Erlös R determiniert werden. In (13.2) ist nun aber die Nebenbedingung πU = 0 zusätzlich vom Erlös R abhängig, da der das Erlössteigerungspotential determinierende Parameter δ von CD sowie ID und darüber hinaus von U beeinflusst wird. Der das Produktionskostensenkungspotential determinierende Parameter α wurde hingegen nur von CD und ID beeinflusst, weshalb die Nebenbedingung πU = 0 in Gleichung (13.1) lediglich von G und M determiniert wurde. Wie schon in (13.1) werden sich auch hier Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen bei allen Nebenbedingungen außer πX = 0 ergeben. Da somit signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen bezüglich der dargestellten Maximierung bestehen, die ausschließlich durch Unterschiede bei den Koordinationskosten CCOO zwischen den Koordinationsformen m, h und i begründet sind, sollen diese Kosten bzw. die diesbezüglichen Effekte durch Veränderungen der Variablen im Folgenden noch einmal gemeinsam betrachtet werden.

VII. Integrierte Betrachtung der Koordinationsseite CCOO kann nunmehr als aus Governancekosten CGOV und Managementkosten CMAN sowie einem fixen, die Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten beschreibenden Parameter β bestehend konzeptionalisiert werden. Diese Bestandteile können sich jeweils zwischen den einzelnen Koordinationsformen Markt, Hybrid und Hierarchie unterscheiden. Dies ist in Abbildung 17 grafisch dargestellt. In der Abbildung sind die jeweiligen Verläufe der variablen Governancekosten G und der variablen Managementkosten M für die einzelnen Koordinationsformen m, h und i in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades A schematisch dargestellt. Die weiteren Variablen I, U, ID und CD werden dabei als konstant im unteren mittleren Bereich angenommen. M und G weisen, den vorangegangenen Ausführungen entsprechend, bei den einzelnen Koordinationsmodi unterschiedliche Steigungen auf. Aufaddiert und unter Einbezug der Koordinationsfixkosten β ergeben sich so die gesamten Koordinationskosten CCOO für die einzelnen Koordinationsformen. Auffällig bei dieser integrierten Betrachtung ist, dass sich in den bereits bei der exklusiven Betrachtung der Governancekosten resultierenden Verhältnissen der einzelnen Koordinationsmodi durch den Einbezug der Managementkosten nichts Wesentliches ändert. Insbesondere wird ersichtlich, dass bei alleiniger Betrachtung der Managementkosten nicht erklärt werden kann, wann eine hierarchische Koordination bzw. integrierte Lösung einer hybriden vorzuziehen ist. Dies deckt sich mit den kritischen Anmerkungen

D. Statische Modellerweiterung

C COO

C m COO

285 C h COO C iCOO

Mh Gm ȕi

Gh

ȕh

Mh Mi Gi

ȕm

A Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 17: Integrative Betrachtung der einzelnen Koordinationskostenarten der unterschiedlichen Koordinationsformen und ihrer Verläufe in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades eingesetzter Ressourcen

bezüglich der Anwendung rein RBV-basierter Argumente (Foss 1996a; 1996b; Heiman / Nickerson 2002; Jones / Hesterly / Borgatti 1997; Love 1995; Nooteboom 2004a; Oxley 1997; Williamson 1999). Diese konstatieren im Wesentlichen, dass es ohne die Annahme opportunistischen Verhaltens nicht ersichtlich ist, welchen Vorzug hierarchische Koordination gegenüber hybriden Arrangements haben könnte. Diese Kritik kann im Hinblick auf die Diskussion über den Einfluss des Interdependenzgrades ID und der kognitiven Distanz CD auf die Managementkosten zumindest abgeschwächt werden. Es wurde gezeigt, dass relative Effizienzunterschiede zwischen den Koordinationsformen Hybrid h und Hierarchie i existieren, wenn sich die Variablen ID oder CD verändern. Da die Auswirkungen einer Erhöhung von CD und ID auf die Koordinationskosten jedoch gegenläufig sind und beide Variablen zudem den optimalen Spezifitätsgrad A gegenläufig beeinflussen, sind einfache Vorteilhaftigkeitsaussagen nicht mehr möglich. Diesbezüglich sei aber noch mal auf die Diskussion der Gleichung (12.4) und die Abb. 16 hingewiesen. Dort wurde gezeigt, dass es selbst bei relativ hohen Spezifitäts- und Interdependenzgraden A und ID zu Situationen kommen kann, bei denen die Managementkosten hierarchischer Koordination Mi

286

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

größer sind als die hybrider Mh und sogar marktlicher Koordination Mm, wenn die kognitive Distanz CD sehr groß wird. Wenn dem so ist und dieser Effekt sehr stark ausgeprägt ist, könnte es sein, dass selbst bei einer integrierten Betrachtung von CCOO die Hierarchie bei relativ hohen A- und IDWerten ineffizienter als insbesondere hybride und evtl. auch marktliche Arrangements ist. Hier müsste der beschriebene Effekt zusätzlich die unterschiedlich starke Auswirkung von A auf die Governancekosten der einzelnen Koordinationsmodi (∂Gm / ∂A > ∂Gh / ∂A > ∂Gi / ∂A) überkompensieren.161 Dies wird noch einmal zur Verdeutlichung in Abbildung 18 gezeigt, die eine Erweiterung der Abb. 16 um die Governancekosten darstellt. In der Abbildung sind die Koordinationskostenverläufe der unterschiedlichen Koordinationsformen CiCOO, ChCOO und CmCOO in Abhängigkeit der kognitiven Distanz CD unter der Annahme konstant hoher Spezifitätsgrade A dargestellt.162 Die gesamten Koordinationskosten CCOO ergeben sich aus der Addition der drei Koordinationskostenbestandteilen: Koordinationsfixkosten β, Governancekosten G und Managementkosten M, die sich zwischen den einzelnen Koordinationsformen jeweils unterscheiden. Die Koordinationsfixkosten weisen dabei bei jeder Ausprägung der betrachteten Variablen das konstante Verhältnis βi > βh > βm auf, das entsprechend in der Abbildung dargestellt ist. Des Weiteren sind dort die variablen Governancekostenkurvenverläufe der einzelnen Koordinationsformen Gi, Gh und Gm dargestellt. Da hier angenommen wird, dass der Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A konstant und signifikant hoch über den gesamten dargestellten CD-Bereich ist, ergibt sich bei sehr geringen CD-Werten das bekannte Verhältnis Gi < Gh < Gm. Dieses bleibt bei ansteigenden CD-Werten konstant gleich, da die Governancekosten G nicht von CD beeinflusst werden. 161 Dass dies für marktliche Arrangements zutrifft, scheint aber relativ unwahrscheinlich, da diese Koordinationsform schon bei alleiniger Betrachtung der opportunismusunabhängigen Managementkosten M erst bei sehr hohen CD-Werten vorteilhaft gegenüber der Hierarchie wurde. Bei gemeinsamer Betrachtung von M und G müsste folglich der CD-Wert noch viel höher sein. Dieser Fall scheint dann eher unrealistisch, da bei solchen extremen CD-Werten nicht mehr plausibel ist, warum überhaupt noch hohe A-Werte eingesetzt werden sollten. 162 Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass konstant hohe A bei steigender CD die Annahme erfordern, dass ID mit steigender CD auch, und zwar genau so ansteigt, dass A konstant bleibt. Dies ist der Fall, da der optimale Spezifitätsgrad A durch α determiniert wird (∂A / ∂α > 0) und für α außerdem ∂α / ∂ID > 0 und ∂α / ∂CD < 0 gilt. Außerdem muss damit die vorab dargestellte Argumentation gültig sein: Erstens wird der Effekt von CD auf die Managementkosten M stark ausgeprägt sein (∂M / ∂CD > 0) und zweitens werden die relativen Unterschiede zwischen i, h und m bezüglich dieses Effektes (∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂CD) die entgegengesetzten Unterschiede bezüglich des Einflusses von ID auf M (∂M / ∂ID > 0 und ∂Mi / ∂ID < ∂Mh / ∂ID < ∂Mm / ∂ID) dominieren.

D. Statische Modellerweiterung

C COO

287 C iCOO C m COO C h COO Mi

Mm Mh

Gm ȕi

Gh

ȕh

Gi

ȕm CD ih

CD im

CD

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 18: Integrierte Betrachtung der einzelnen Koordinationskostenbestandteile und deren koordinationsformenabhängigen Verläufe in Abhängigkeit der kognitiven Distanz bei konstant hohem Spezifitätsgrad

Dementsprechend weisen die G-Kurven der einzelnen Koordinationsmodi auch einen horizontalen Verlauf auf. Ein anderes Bild ergibt sich bei der Betrachtung der variablen Managementkosten M. Bei sehr geringen CDWerten liegen die Managementkosten marktlicher Arrangements Mm über denen hierarchischer Koordination Mi, da erstere wesentlich stärker vom Spezifitätsgrad A – der hier ja als signifikant hoch angenommen wird – beeinflusst werden (∂Mm / ∂A > ∂Mi / ∂A). Die Managementkosten hybrider Koordination Mh werden aber gleich denen der Hierarchie Mi sein, da bezüglich des Einflusses von A das Verhältnis ∂Mi / ∂A = ∂Mh / ∂A gilt.163 Deshalb werden die Mh- und Mi-Kurve anfänglich auch gleich hoch sein. Ein Anstieg von CD beeinflusst aber die einzelnen M-Kurvenverläufe un163 Dies erfordert die Annahme, dass der Interdependenzgrad ID bei geringen CD-Werten auch sehr niedrig ist – also der hohe Spezifitätsgrad A ein Resultat aus dem geringen CD-Wert ist –, da ansonsten Mh > Mi sein müsste, da ∂Mh / ∂ID > ∂Mi / ∂ID gilt.

288

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

terschiedlich stark (∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂A). Dies führt dazu, dass die Mi-Kurve im gesamten CD-Bereich oberhalb der Mh-Kurve liegt und ab einem entsprechend hohen CD-Wert auch über die Mm-Kurve hinausgeht. Werden nun die Koordinationskostenbestandteile der einzelnen Governanceformen β, G und M addiert, ergeben sich die dargestellten CCOOKurvenverläufe in Abhängigkeit von CD. Diesbezüglich ist ersichtlich, dass es einen kritischen Wert CDih gibt, ab dem die hybride Koordination eben auch bei hohen A-Werten absolut effizienter sein kann als die hierarchische. Ab einer sehr hohen CD existiert zudem ein CDim-Wert, ab dem sogar die marktliche Koordination absolut effizienter wird als die hierarchische. Diesbezüglich wurde aber bereits darauf hingewiesen, dass dies unrealistisch scheint.

VIII. Kritische Würdigung des erweiterten statischen Modells und Begründung der Notwendigkeit einer Dynamisierung Bis hierher ist die Modelldiskussion statisch und auf eher exploitative Aspekte der Koordinationsentscheidung beschränkt. Konkret wurde die Frage diskutiert, wie eine Akteursbeziehung, in der exploitative Aktivitäten ausgeführt werden, ausgestaltet bzw. koordiniert werden sollte. Durch die Erweiterung des vormals exklusiv auf Argumenten der TCE basierenden Modells um Aspekte aus einer Ressourcen- und Wissensperspektive konnten dabei die in Kap. C. VII. dargelegten und auf statische Aspekte bezogenen Unzulänglichkeiten beseitigt werden. Insbesondere ist es nunmehr durch den Einbezug der kognitiven Distanz CD und des Interdependenzgrades ID als Variablen, die das Kostenreduzierungs- und / oder Erlössteigerungspotential durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A über die Parameter α respektive δ bestimmen, die Produktionsseite bei der Ausgestaltung von Akteursbeziehungen zufriedenstellender darstellbar. Unter anderem wurde dadurch auch ein weiterer Einfluss der Umweltunsicherheit U – die im ursprünglichen Modell lediglich auf die Governancekosten wirkte – auf der Produktionsseite bzw. auf den Parameter δ, der das Erlössteigerungspotential durch den Einsatz spezifischer Ressourcen determiniert, ersichtlich. Durch den Einbezug von CD konnte des Weiteren die vormalige Kritik an der Konzeptionalisierung der Möglichkeit eines Produktionskostennachteils bei integrierter Produktion beseitigt werden.

D. Statische Modellerweiterung

289

Darüber hinaus wurde eine von der Opportunismusannahme der TCE unabhängige Koordinationskostenart – die Managementkosten M – eingeführt, die zwischen den betrachteten Koordinationsformen unterschiedlich stark vom Spezifitätsgrad A und der Umweltunsicherheit U sowie darüber hinaus von den neu eingeführten Variablen CD und ID beeinflusst werden. Insbesondere durch die Integration Letzterer als Einflussvariablen auf die Koordinationskosten CCOO wurden damit Interaktionseffekte zwischen Produktions- und Koordinationsseite formal (genauer) darstellbar: Der mit ID verbundene Interaktionseffekt verstärkt dabei die Schlussfolgerungen aus der ausschließlich TCE-basierten Analyse. Da ID positiv auf den Parameter α wirkt (∂α / ∂ID > 0), wird mit steigendem ID der Einsatz spezifischer Ressourcen A immer lohnenswerter.164 Bereits bei alleiniger Beachtung der TCE-basierten Argumentation folgt durch den vorteilhaften hohen Spezifitätsgrad A, dass die hierarchische Koordination relativ vorteilhafter als die hybride wird, die wiederum relativ effizienter ist als die marktliche (∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gm / ∂A). Verstärkt wird dieses relative Vorteilhaftigkeitsverhältnis nunmehr dadurch, dass der Interdependenzgrad ID (Spezifitätsgrad A) die Managementkosten M der einzelnen Koordinationsformen auch unterschiedlich stark in gleicher (ähnlicher) Relation beeinflusst (∂Mi / ∂ID < ∂Mh / ∂ID < ∂Mm / ∂ID und zudem ∂Mi / ∂A = Mh / ∂A < ∂Mm / ∂A). Der mit der kognitiven Distanz CD verbundene Interaktionseffekt steht den Schlussfolgerungen aus der TCE jedoch entgegen oder ist zumindest so nicht ersichtlich. Bei einer hohen CD kann es durch einen hohen Interdependenzgrad immer noch zu relativ großen vorteilhaften Spezifitätsgraden A kommen, obwohl CD den Parameter α negativ beeinflusst (∂α / ∂CD < 0). Auf der Koordinationsseite kommt es dann zu den oben beschriebenen Effekten bzw. Vorteilhaftigkeitsverhältnissen zwischen den Koordinationsformen bezüglich A und ID. Dem entgegen steht aber nunmehr der Einfluss einer hohen CD auf die Managementkosten M. Eine wachsende CD lässt dabei die Managementkosten der hierarchischen Koordination Mi wesentlich stärker ansteigen als die hybrider Arrangements Mh, wobei diese wiederum stärker ansteigen als die Managementkosten marktlicher Koordination Mm (∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂ID). Dies kann dann insgesamt dazu führen, dass selbst bei relativ hohen Spezifitätsgraden A die hierarchische Koordination relativ ineffizienter ist als insbesondere die hybride. In Kap. C. VII. wurde aber auch die dort schon offensichtlich werdende Notwendigkeit einer Dynamisierung des vorliegenden Modells thematisiert, die jedoch bisher nicht erfolgte. Vielmehr handelt es sich bisher beim hier 164

Eine analoge Diskussion ließe sich auch bezüglich des Parameters δ führen.

290

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

vorliegenden Modell um eine statische Zeitpunktbetrachtung, bei dem die Ausprägungen der modelldeterminierenden Variablen exogen vorgegeben und / oder Entscheidungsparameter des fokalen Akteurs sind.165 Dies ist insofern nicht verwunderlich, als dass sowohl die allgemeine TCE-Argumentation als auch die bisher integrierten Aspekte aus Ressourcen- und Wissensperspektive eine statische Sicht auf die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen darstellen (Nooteboom 2004a; Williamson 1999). Wenn aber begrenzt rationale Akteure zukünftige Entwicklungen in ihr Entscheidungskalkül einbeziehen, reicht es nicht aus, allein mögliche zukünftige Auswirkungen einer statischen Interaktion der Gestaltungsvariablen zu berücksichtigen, wie dies die bisherige Konzeptionalisierung des Modells ermöglichte. Vielmehr müssen auch potentielle Interaktionseffekte und Veränderungen dynamisch im Zeitverlauf berücksichtigt werden. Konkret ist eine solche Dynamisierung des Modells vornehmlich durch zwei gewichtige Aspekte begründet: Erstens scheint es einleuchtend, dass sich einige der im statischen Modell exogen determinierten Variablen im Zeitverlauf ändern können. Dann determinieren nicht mehr nur die Ausprägungen der Variablen zu einem Zeitpunkt die relative Vorteilhaftigkeit der einzelnen Koordinationsformen. Zudem können auch Veränderungen der Ausprägungen einen Einfluss auf die optimale Ausgestaltung einer Akteursbeziehung haben, weshalb auch eben diese Veränderungen in das Entscheidungskalkül des fokalen Akteurs einbezogen werden müssen. Es stellt sich dann die Frage, zu welchen wechselseitigen Einflüssen der Variablen es kommen kann. Von besonderem Interesse ist dabei offensichtlich, ob sich solche Veränderungen von den Akteuren bzw. ihren Charakteristika, ihrem Verhalten und den gewählten Koordinationsformen zumindest teilweise beeinflussen lassen. Aus einer längerfristigen Perspektive heraus könnten die vormals exogenen Einflussvariablen untereinander interagieren und von der jeweils implementierten Koordinationsform evtl. unterschiedlich stark beeinflusst werden, sodass es, abhängig von den unterschiedlichen Ausprägungen, zu unterschiedlich starken Veränderungen kommt (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Jacobides / Winter 2005; Kogut / Zander 1992; Kogut / Zander 1996; Nelson / Winter 1982a; Nooteboom 1996; Nooteboom 2004a; Nooteboom 2009; Poppo / Zhou / Ryu 2008; Wuyts / Colombo / Dutta / 165 Bspw. ist die Ausprägung der intentionalen Unsicherheit I exogen vorgegeben und wird nicht durch andere Variablen innerhalb des Modells beeinflusst. I ließe sich aber offensichtlich auch als Entscheidungsparameter verstehen. Der fokale Akteur kann anfangs zwischen unterschiedlichen Akteursbeziehungen wählen, bezüglich derer in Abhängigkeit vom jeweiligen Partner die Ausprägung von I variieren kann. Eine vergleichbare Argumentation lässt sich offensichtlich für alle Variablen konstruieren.

D. Statische Modellerweiterung

291

et al. 2005; Zhou / Poppo / Yang 2008). Anders formuliert, stellt sich hier also die Frage, ob bestimmte Entscheidungsparameter andere Variablen intertemporal differenziert beeinflussen und es somit zu endogenen Veränderungen kommt. Bspw. sind zwar unterschiedliche intentionale Unsicherheits- bzw. Vertrauensgrade zwischen Akteuren und deren Einfluss auf die Koordination – wie hier auch erfolgt – modellierbar. Es ist jedoch bisher nicht möglich, einen Vertrauensaufbau – der ja augenscheinlich eine Zeitkomponente beinhaltet – zu betrachten. Es scheint aber intuitiv plausibel, dass unterschiedliche Koordinationsformen bzw. -mechanismen zu unterschiedlich starken und evtl. zu entgegengesetzten Veränderungen des Vertrauensgrades im Zeitverlauf führen könnten. Wenn dem so ist und zudem Vertrauen über die Variable I wie beschrieben einen signifikanten Einfluss auf die Koordinationsentscheidung ausübt, so ist eine rein statische Modellierung nicht mehr hinreichend, um Aussagen über die Vorteilhaftigkeit verschiedener Koordinationsaspekte bzw. -formen für die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen zu treffen. Eine ähnliche Argumentation lässt sich bezüglich der kognitiven Distanz CD führen: Die kognitive Position eines Akteurs bestimmt sich durch gesammelte Erfahrungen. Aus einer statischen Sicht stellen die kognitiven Positionen der Akteure bzw. ihre kognitive Distanz CD zueinander somit eine exogene fixe Variable dar; der fokale Akteur kann lediglich zwischen unterschiedlichen Beziehungspartnern wählen, zu denen Ersterer evtl. unterschiedliche kognitive Distanzen haben könnte. Die kognitive Position eines Akteurs kann sich jedoch durch neue Erfahrungen im Zeitverlauf verändern. Werden in einer Akteursbeziehung gemeinsame Erfahrungen von den Akteuren gemacht, so können sich diese folglich auf die kognitiven Positionen der Akteure und damit auch auf die kognitive Distanz CD zwischen ihnen auswirken. Damit stellt sich dann unmittelbar die Frage, wie sich bspw. unterschiedliche Koordinationsformen auf die CD zwischen den Akteuren auswirken könnten. Allgemein könnten solche potentiellen endogenen Veränderungen gewichtige Auswirkungen auf die Koordinationsentscheidung haben, umso mehr, wenn sich diese in ihrer Ausprägung zwischen den Koordinationsformen unterscheiden. Es könnte dann bspw. möglich sein, dass eine bestimmte Koordinationsform zwar aus einer Zeitpunktbetrachtung heraus vorteilhaft gegenüber einer anderen ist, Letztere jedoch durch Interaktionseffekte über einen längeren Zeitraum hinweg vorteilhafter wird. Je nachdem ob ein Wechsel der Koordinationsform im betrachteten Zeitraum möglich ist oder nicht, bedeutet dies, dass entweder ein Moduswechsel vorteilhaft werden kann oder aber die Wahl einer zu einem Zeitpunkt suboptimalen Koordina-

292

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

tionsform über den gesamten Zeitraum betrachtet vorteilhafter sein kann als der statisch optimale Modus. Zweitens gewinnen durch eine Dynamisierung dann auch explorative Aspekte an Bedeutung. Innerhalb der Diskussion über die notwendige Verknüpfung exploitativer und explorativer Unternehmensziele wurde schon deutlich, dass eine rein exploitative Betrachtung der Koordinationsentscheidung zu kurz greifen könnte (Holland 1975; Levinthal / March 1993; March 1991). Konkret wurde bisher angenommen, dass (spezifische) Ressourcen A vorhanden sind. Die grundsätzliche Annahme war, dass sich durch den Einsatz von A der Profit steigern lässt (Barney / Zajac 1994; Barney 1996; Klein / Crawford / Alchian 1978; Madhok / Tallman 1998; Peteraf 1993; Riordan / Williamson 1985; Rumelt 1984; Williamson 1985). Es ist aber schwer vorstellbar, dass das Profitgenerierungspotential des Einsatzes von vorhandenen spezifischen Ressourcen oder Wissenssets in einer dynamischen, sich verändernden Welt konstant bleibt (Christensen 1996; Langlois 1992; Langlois / Robertson 1995; Langlois / Foss 1999; March 1991; Nelson / Winter 1982a; Teece 1998; von Hippel 2007). Im Zeitverlauf werden immer mehr Akteure bspw. durch Imitation in der Lage sein, die vorhandenen A in gleicher Art und Weise einzusetzen, oder aber es kommt zu einer Innovation, die den relativen Wert von A reduziert. Daher gewinnen über einen längeren Betrachtungszeitraum hinweg die Entdeckung und Entwicklung neuer spezifischer Ressourcen und Wissenssets für ökonomische Akteure neben der Ausnutzung vorhandener Ressourcen zunehmend an Bedeutung (Langlois / Robertson 1995; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2004b; 2004c; 2009; Zenger / Argyres 2008). Eesley, Hsu und Roberts (2009, S. 7 f., Hervorhebung im Original) beschreiben die resultierende Problematik anschaulich: „The organizational economics theory of the firm does not yet shed theoretical light on what bundles of capabilities to develop or where to look for them. It only tells us once capabilities and resources are there how to structure the firm to optimize incentives and effort. Conversely, if we think only […] [about] identify[ing] or develop[ing] valuable resources, we miss entirely […] that the idea for these unique bundles must be embedded into proper organizational and contractual arrangements. […] What managers need are valuable resources identified / developed and put into the proper transactional and governance structures.“

Es gilt folglich einerseits möglichst potentiell werthaltige neue Möglichkeiten bzw. Ressourcen, Fähigkeiten und Wissenssets zu entdecken und zu entwickeln sowie andererseits potentiell vorhandene Möglichkeiten zu identifizieren. Neue und vorhandene Möglichkeiten müssen zudem möglichst effektiv und effizient ausgenutzt werden. Bisher wurde jedoch nur Letzteres in Bezug auf vorhandene Möglichkeiten modelliert. So erlaubt die bisherige statische Erweiterung um Argumente aus der ressourcen- und wissensbasierten Perspektiven zwar, Konsequenzen für die Koordination abzubilden, die

D. Statische Modellerweiterung

293

aus heterogenen spezifischen Ressourcen-, Fähigkeiten- und Wissensausstattungen der beteiligten Akteure entstehen, indem die Parameter α und δ konkretisiert wurden. Dies muss jedoch unbefriedigend bleiben, da der die Einsatzkosten spezifischer Ressourcen beschreibende Parameter γ nach wie vor nicht genauer spezifiziert werden konnte und daher zumindest implizit als für alle Akteure bzw. potentielle Beziehungspartner und für sämtliche Koordinationsformen gleich angenommen werden muss. Insofern als mit γ die Einsatzkosten für prinzipiell vorhandene spezifische Ressourcen A beschrieben werden, ist dies nicht unbedingt problematisch, da γ dann die Opportunitätskosten des Einsatzes oder aber die Akquirierungskosten von A angibt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest längerfristig nicht immer alle relevanten Ressourcen zur Verfügung stehen, sondern einige auch neu erforscht, entwickelt und erlernt werden müssen. Den bisher modellierten Aspekten liegt aber die (implizite) Annahme zugrunde, dass die notwendigen Anlagen oder Ressourcen prinzipiell vorhanden sind und ihr bestmöglicher bzw. wertmaximierender Einsatz bekannt ist. Sowohl die TCE also auch der RBV in seiner ursprünglichen Form beschreiben die Produktionsfunktion in Anlehnung an die Neoklassik und nehmen daher an, dass die zur Produktion notwendigen Wissenssets allgemein bekannt und alle notwendigen produktionsrelevanten Fähigkeiten prinzipiell vorhanden sind (Foss 2001; Langlois / Foss 1999; Loasby 1999). Somit schweigen sie zu Fragen bezüglich der Entstehung, (Weiter-)Entwicklung und Veränderungen von Ressourcen, Fähigkeiten und Wissen (Nooteboom 2009, S. 21 f.). Sie nehmen diese als gegeben hin und klammern das Entdecken und Erlernen aus ihrer Betrachtung mehr oder weniger aus (Foss / Knudsen 1996; Foss 1996a; 1997; 1999; Garzarelli 2008; Grant 1996; Jacobides / Winter 2005; Langlois 1992; Langlois / Foss 1999; Nooteboom 2009).166 Ähnlich verhält es sich mit den meisten der in Kap. B. dargestellten Internationalisierungsansätze (Anderson / Gatignon 1986; Buckley / Casson 1976; Buckley / Casson 1998b; Caves 1971; Dunning 1981; Dunning 1988; Hymer 1960). So stellt bspw. Dunning (1988; 2000) heraus, dass Unterneh166 Dies ist umso erstaunlicher, als dass der TCE eigentlich (implizit) die Annahme zugrunde liegen müsste, dass die Ressourcenausstattung der einzelnen Unternehmen heterogen verteilt sind. Wäre dies nicht der Fall, so wären Transaktionskosten irrelevant für den „vertical scope“ einer Unternehmung (Jacobides / Winter 2005). Diese Heterogenität steht zwar im Zentrum des RBV, jedoch hat auch dieser wenig über die Entstehung und Entwicklung von Ressourcen beizutragen. Dies verwundert, da sich bereits E. Penrose, die meist als geistige Mutter des RBV angesehen wird, laut Foss (2002, S. 156) auf „entrepreneurship and learning in a world characterized by change and uncertainty“ fokussierte und Unternehmen als Ursprung für Innovationen ansah (Garzarelli 2008; Jacobides / Winter 2005; Loasby 2002).

294

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

men einen „organizational advantage“ besitzen müssen, um erfolgreich international tätig zu werden. Wie es zu einem solchen Vorteil kommt oder ob dieser gar durch Internationalisierungsaktivitäten entstehen oder gefördert werden kann, wird nicht betrachtet. Diese Ansätze weisen folglich einen starken exploitativen Fokus auf und betrachten explorative (Lern-)Prozesse – wenn überhaupt – nur am Rande, am deutlichsten der vornehmlich exploitative Charakter der Internationalisierungsansätze bei der Diskussion des Einflusses der kognitiven Distanz und damit verbundener Konzepte – bspw. die psychische Distanz – auf den Internationalisierungserfolg (Kap. B. I. 4. c); B. II. 4. d) und B. II. 5. b)). So scheint in sämtlichen Arbeiten die Distanz ausschließlich als problematisch bzw. mehrwertreduzierend konzeptionalisiert zu werden, da sie die Exploitation vorhandener Ressourcen verhindert. Dass unterschiedliche Wahrnehmungen und Interpretationen – also die Distanz zwischen den kognitiven Positionen – von Akteuren eine notwendige Voraussetzung für die Exploration neuer Wissenssets sein könnten, wird dort offenbar nicht in Erwägung gezogen. Sowohl in der TCE als auch im RBV lassen sich lediglich Aussagen bezüglich des Transfers von Wissen treffen, das mindestens bei einem Akteur bereits vorhanden ist. Dabei geht es dann folglich darum, wie das vorhandene Wissen möglichst effizient und / oder effektiv zwischen Akteuren transferiert oder eben exploitiert werden kann. Explizit Bezug nehmend auf Wissen als kritische Ressource konstatiert Grant (1996, S. 109): „In contrast to earlier literature, knowledge is viewed as residing within the individual, and the primary role of the organization is knowledge application rather than knowledge creation.“

So wird ein wesentlicher Aspekt – das Entdecken und Erlernen von Neuem und Unbekanntem – nicht betrachtet.167 Durch Einbezug explorativer Aspekte können aber Fragen bezüglich der Suche und Entwicklung von neuem, nicht vorhandenem Wissen in die Betrachtung integriert werden, was von elementarer Bedeutung ist, da ökonomische Akteure (langfristig) nur Überleben können, wenn sie die Exploitation von Vorhandenem mit der Exploration von Neuem verbinden (Antonelli / Quéré 2003; Antonelli 2005b; 2006; Brown / Duguid 1991; Cohen / Levinthal 1990; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Holland 1975; Holmqvist 2004; Huber 1991; Kolb 1984; Larsson / Bengtsson / Henriksson / et al. 1998; Levinthal / March 1993; March 1991; Nooteboom 2001; 2004b; 2009; Sobrero / Roberts 2001; Spender 1996). So müsste es durch die Generierung neuen Wissens möglich sein, insbesondere neue Ressourcen oder Anlagen zu schaffen, durch deren Einsatz dann der Erlös gesteigert und / oder die Produktionskosten (weiter) gesenkt 167 So gibt auch Williamson (1999, S. 1103) zu, dass die TCE bisher „only limited contact with the subject of learning“ hat.



E. Dynamische Modellerweiterung295

werden können. Dies wird dann aber auch mit Kosten verbunden sein, die mit dem Parameter γ bzw. seiner bisherigen Konzeptionalisierung nicht mehr hinreichend beschrieben werden können. Es handelt sich dann nämlich nicht mehr (nur) um Opportunitäts- oder Akquirierungskosten, sondern Entwicklungskosten. Diese müssten dann sowohl von den einzelnen Charakteristika z. B. Fähigkeiten und Wissenssets der beteiligten Akteure als auch von der konkreten Ausgestaltung der Akteursbeziehung beeinflusst werden. Anders ausgedrückt, scheint es für solche explorativen Aspekte nicht mehr möglich, die Einsatz- bzw. zumindest die Entwicklungskosten für spezifische Ressourcen als akteurs- und koordinationsformunabhängig darzustellen. Insgesamt verspricht eine Dynamisierung des Modells somit einen essenziellen Erkenntnisgewinn, indem dynamische Interaktionseffekte zwischen den koordinationsproblemdeterminierenden Variablen analysiert und explorative und exploitative Aspekte innerhalb einer Akteursbeziehung gemeinsam betrachtet werden können. Diese Modellerweiterung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird das bestehende statische Modell durch eine entsprechende Erweiterung dynamisiert, wobei der rein exploitative Charakter des Modells bestehen bleibt. Vorrangiges Ziel ist es hier, bezüglich der Koordination von Akteursbeziehungen Veränderungen von Variablen im Zeitverlauf zu endogenisieren und ein formale Darstellung von potentiellen intertemporalen Effekten zu ermöglichen. Dies stellt dann zudem die Basis für die darauf folgende Erweiterung um explorative Aspekte dar und dabei insbesondere für die Möglichkeit, neue Ressourcen innerhalb einer bestehenden Akteursbeziehung zu entwickeln und einzusetzen.

E. Dynamische Modellerweiterung Aufgrund der angestrebten Dynamisierung des formalen Modells wird die bekannte Zielfunktion des Maximierungsproblems wie folgt erweitert:168,  169 168  Die dynamische Modellerweiterung orientiert sich dabei konzeptionell an der formalen dynamischen Modellierung der Konfigurationsentscheidungen international agierender Unternehmen von Buckley und Hashai (2005; 2009) sowie Asmusen, Benito und Petersen (2009). Die konkreten Modelle der genannten Autoren unterscheiden sich aber signifikant von dem hier vorliegenden. Erstere können folglich eher als konzeptionelle Inspiration aufgefasst werden denn als Ausgangspunkt für die hier vorliegende Modellierung. 169  Hier wird ein diskretes Zeitmodell gewählt. Es wäre jedoch auch relativ einfach möglich, ein entsprechendes kontinuierliches Zeitmodell zu konstruieren, in dem die Länge jeder Zeitperiode t als gegen null tendierend verstanden wird. In ¥

diesem Fall würde die Zielfunktion wie folgt aussehen:

ò

t=0

e- rt ( π t ) dt .

296

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse ¥

å (1 + r )- t π t

(14)

für t = (0,1, . . .¥ )

t=0

Ziel eines Akteurs ist es, die Summe aus allen Periodengewinnen πt zu maximieren. Alle zukünftigen πt werden mit einem Zinssatz r abdiskontiert. Da es hier das erklärte Ziel ist, bestimmte dynamische Effekte und deren Auswirkungen auf die optimale Koordinationsentscheidung formaltheo­ retisch darzustellen und nicht eine möglichst realitätsnahe konkrete Entscheidungshilfe für Unternehmen zu entwickeln, kann obige Zielfunktion vereinfacht werden: Erstens wird ein Zinssatz von r = 0 angenommen. Zweitens soll lediglich ein Zweiperiodenmodell betrachtet werden. Der Zeitpunkt t = 1 entspricht dabei im Wesentlichen der Situation, die bereits in der obigen Modelldiskussion beschrieben wurde. Der Zeitpunkt t = 2 entspricht einem zukünftigen Zustand, der eintritt, nachdem dynamische Effekte über einen nicht näher definierten Zeitraum eine gewisse Wirkung entfaltet haben.

I. Dynamische Modellerweiterung um exploitative Aspekte Vorerst wird auf die angesprochene explorative Erweiterung, also eine Modellierung der Möglichkeit, neue Ressourcen und Wissenssets zu generieren, verzichtet. Diese Idee wird später durch eine entsprechende Modellerweiterung wieder aufgegriffen. Im vorliegenden Abschnitt soll zunächst auf die angesprochenen Interaktionseffekte der Einflussvariablen und Koordinationsformen eingegangen werden. Zu diesem Zweck kann die Zielfunktion aus Gleichung (14) wie folgt konkretisiert werden:

å π1 + π 2 mit:

π 1 = R1 - C PRO 1 - CCOO (14.1)

1

Û

π 1 ( X 1 ; A1 ;α1 ;δ1 ; CD1 ; ID1 ;U1 ; I1 ) = R1 ( X 1 ; A1 ; δ1 ) - C1 ( X 1 ; A1 ;α1 ) - γ 1 A1 - éêëβ1i, h, m + G1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 )ùúû und

- CAussagen π2 = R2 - C PRO 2die Da diese COO 2 Û in der vorliegenden Arbeit nicht signifikant Abwandlung ändert und um die formale Darstellung möglichst einfach zu halten, wird im Folgenπ 2 (die X 2 diskrete ; A2 ;α 2 ;δModellierung 2 ; CD2 ; ID2 ;Uverwendet. 2 ; I2 ) den weiter = R2 ( X 2 ; A2 ; δ 2 ) - C2 ( X 2 ; A2 ;α 2 ) - γ 2 A2 - éëêβ 2i, h, m + G2i, h, m ( A2 ;U 2 ; I 2 ) + M 2i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 )ùûú

π 1 = R1 - C PRO 1 - CCOO

1

Û

π 1 ( X 1 ; A1 ;α1 ;δ1 ; CD1 ; ID1 ;U1 ; I1 ) = R1 ( X 1 ; A1 ; δ1 ) - C1 ( X 1 ; A1 ;α1 ) - γ 1 A1

E. Dynamische Modellerweiterung297 - éëêβ1i, h, m + G1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 )ùûú und

π 2 = R2 - C PRO

2

- CCOO

2

Û

π 2 ( X 2 ; A2 ;α 2 ;δ 2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 ; I 2 ) = R2 ( X 2 ; A2 ; δ 2 ) - C2 ( X 2 ; A2 ;α 2 ) - γ 2 A2

- éëêβ 2i, h, m + G2i, h, m ( A2 ;U 2 ; I 2 ) + M 2i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 )ùûú

Die Einflussvariablen werden den Perioden t = 1 und t = 2 entsprechend mit dem Subskript 1 oder 2 versehen. Ziel des Akteurs ist es nunmehr, die Summe der Profite in beiden Perioden π1 und π2 zu maximieren. In beiden Perioden werden die jeweiligen Ausbringungsmengen X1 und X2 des gleichen Gutes unter dem möglichen Einsatz der gleichen spezifischen Anlagen- oder Ressourcenarten A1 und A2 hergestellt. Die π1 und π2 bestimmenden Funktionen R1 und R2, CPRO 1 und CPRO 2 sowie CCOO 1 und CCOO 2 sind dabei konzeptionell gleich denen im statischen Modell des vorherigen Abschnittes. In jeder Periode können neue Erlöse R, Produktionskosten CPRO und Koordinationskosten CCOO entstehen, deren Höhe von den Ausprägungen der jeweiligen Einflussvariablen abhängt. Bezüglich der Konzeptionalisierung von CCOO 1 und CCOO 2 ist noch darauf hinzuweisen, dass der Fixkostenparameter β in beiden Perioden auftritt (β1 und β2), was zunächst verwunderlich scheinen mag. Da β im dynamischen wie auch im statischen Modell die Einrichtungs- und Aufrechterhaltungskosten der jeweiligen Koordinationsform beschreiben soll, wird hier davon ausgegangen, dass diese Kostenart in jeder Periode anfällt. Des Weiteren wird im vorliegenden Modell die Möglichkeit eines Koordinationsformwechsels zwischen den beiden Perioden ausgeschlossen.170 Es ist unmittelbar ersichtlich, dass π1 = π2 gelten wird, wenn sich keine der Einflussvariablen ändert und auch die gleiche Koordinationsform gewählt wird. Daher sind hier periodenübergreifende Einflüsse und potentielle Veränderungen der Variablen von t = 1 zu t = 2 von Interesse. Insbesondere soll versucht werden, die modellendogenen Ausprägungen der Veränderungen und Ausprägungsunterschiede durch die Interaktion mit anderen 170  Diese Möglichkeit wäre zweifelsohne realistischer und könnte offensichtlich auch durch eine entsprechende Erweiterung modelliert werden. Jedoch würde dies das Modell durch die sich zusätzlich ergebenden Möglichkeiten weiter verkomplizieren, ohne dass ein signifikanter Erkenntnisgewinn ersichtlich wäre, da sich die hier dargestellten Ergebnisse auch leicht im Kontext einer solchen Erweiterung reinterpretieren ließen (Asmussen / Benito / Petersen 2009; Hansen / Schütter 2009).

298

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Variablen zu untersuchen. Zu diesem Zweck sollen die einzelnen Bestandteile des Maximierungsproblems im Folgenden nacheinander diskutiert werden. 1. Intertemporale Veränderung des Produktionskostenterms Die Produktionskosten in beiden Perioden CPRO 1 und CPRO 2 werden weiterhin von den Variablen X, A und dem Parameter α beeinflusst, wobei Letzterer wiederum in bereits dargestellter Art und Weise von CD und ID beeinflusst wird. Daher gilt hier analog zu den Ausführungen bezüglich der Produktionskosten in Gleichung (1.1) und (10.3): C PRO1 = C1 ( X 1 ; A1 ;1 ) und C PRO2 = C2 ( X 2 ; A2 ; 2 )

(15)

mit:

 C1 C  2 C1  2 C1  2 C1 > 0; 1 < 0; < 0; < 0; < 0  X1  A1  X 1 A1  X 11  A11

und

 C2 C  2 C2  2 C2  2 C2 > 0; 2 < 0; < 0; < 0; < 0  X2  A2  X 2  A2  X 2  2  A2  2

Aus dynamischer Sicht ist nun von besonderem Interesse, wie es zu einer endogenen Änderung zwischen den Perioden und somit zu einem endogen determinierten Unterschied zwischen CPRO 2 und CPRO 1 kommen könnte.

a) Intertemporaler Einfluss des Einsatzes spezifischer Ressourcen in der ersten Periode auf die Produktionskosten in der zweiten Periode A und X wurden im statischen Modell bereits als wesentliche Entscheidungsvariablen konzeptionalisiert. Daran ändert sich durch die intertemporale Erweiterung zunächst nichts. Die optimalen A- und X-Werte ergeben sich aus den Nebenbedingungen des Maximierungsproblems ∂π / ∂A = 0 und ∂π / ∂X = 0. Bei der dynamischen Betrachtung über zwei Perioden gilt dann jeweils ∂π1 / ∂A1 = 0 und ∂π1 / ∂X1 = 0 sowie ∂π2 / ∂A2 = 0 und ∂π2 / ∂X2 = 0. Es kann jedoch von einem intertemporalen Effekt durch A1 ausgegangen werden, da A1 auch noch in t = 2 wirken wird. Dies scheint intuitiv plausibel: Wenn in der ersten Perioden spezifische Ressourcen eingesetzt werden, so werden diese i. d. R. auch noch in den Folgeperioden nutzbar sein (Langlois 1999; Marshall 2009; Spence 1981; Williamson 1985). Im Falle spezifischer Wissenssets werden diese, wenn sie einmal zu einem Akteur

E. Dynamische Modellerweiterung

299

transferiert wurden, dem Akteur zumindest für einen längeren Zeitraum weiter zur Verfügung stehen.171 Der Möglichkeit des Einflusses von A1 auf π2 bzw. CPRO 2 wird im vorliegenden Modell wie folgt Rechnung getragen: In t = 1 wird die Ausprägung von A1 im Optimum ohne Koordinationskosten weiterhin allein durch den Parameter α1 determiniert, dessen Ausprägung wiederum von der kognitiven Distanz CD1, Interdependenz ID1 abhängt. Es soll nun angenommen werden, dass in t = 2 die Produktionskosten CPRO 2 weiterhin direkt von A1 beeinflusst werden. Kommt es dann in der ersten Periode zum Einsatz spezifischer Ressourcen A1, so führt dies zu einer Produktionskostensenkung in t = 1. Dieses mit dem Einsatz von A1 verbundene Potential ist in t = 2 nicht vollständig aufgebraucht, sondern wird auch hier noch auf CPRO 2 wirken. Formal kann dieser Effekt wie folgt beschrieben werden: C PRO2 = C2 ( X 2 ; A1 ; A2 ; 2 )

(15.1)

mit:

 C2 C  2 C2  2 C2  2 C2 > 0; 2 < 0; < 0; < 0; < 0  X2  A2  X 2  A2  X 2  2  A2  2

und

 C2  2 C2 < 0; < 0  A1  X 2  A1

Wie oben erläutert, wird der Einsatz von A1 in t = 1 auch in t = 2 einen zusätzlichen Reduzierungseffekt auf die Produktionskosten C2 haben (∂C2 / ∂A1; ∂2C2 / X2∂A1; ∂2C2 / ∂A1∂α2). Das mit A1 verbundene Potential lässt sich sozusagen in die zweite Periode herüberretten. Wird angenommen, dass im Optimum A1 > 0 ist und alle anderen Modellparameter in t = 1 gleich in t = 2 bleiben, so wird folglich π1 < π2 gelten, selbst wenn α2 = 0 und demnach A2 = 0 ist. Dies ist der Fall, da die mit dem Einsatz von A1 verbundenen Kosten γ1, G1 und M1 bereits in t = 1 anfallen, während der mit A1 verbundene Nutzen ∂CPRO / ∂A < 0 nunmehr in t = 1 und t = 2 zustande kommt. Daraus folgt dann auch, dass der Einsatz von A2 in t = 2 zusätzliches Produktionskostensenkungspotential mit sich bringen kann. Mit der verein171

Diesbezüglich konstatiert bspw. Adler (2001, S. 216):

„Unlike other resources, most forms of knowledge grow rather than diminish with use.“

300

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

fachenden Annahme der Nichtabnutzung von A1 wird, sofern α2 > 0 ist, jede eingesetzte Einheit A2 die Produktionskosten in t = 2 weiter senken können, sodass dann ∂CPRO 1 / ∂X1 > ∂CPRO 2 / ∂X2 gilt.172 b) Intertemporaler Einfluss des Einsatzes spezifischer Ressourcen in der ersten Periode auf das Produktionskostenreduzierungspotential in der zweiten Periode Grundsätzlich wird der Parameter α auch bei intertemporaler Betrachtung von der kognitiven Distanz CD sowie dem Interdependenzgrad ID beeinflusst werden. Dennoch ergibt sich eine gewichtige Änderung bezüglich α2 in t = 2, die in direktem Zusammenhang mit den obigen Ausführungen bezüglich des intertemporalen Einflusses von A1 steht. Bedingt durch diesen wird nämlich der Nutzen eines zusätzlichen Einsatzes spezifischer Ressourcen A2 in t = 2 bedeutend geringer ausfallen als der Nutzen des Einsatzes von A1, der sich ja nunmehr über beide Perioden erstreckt, wenn die weiteren Variablen konstant bleiben: 172 Die Ausführungen sind vereinfachend und vernachlässigen streng genommen zwei weitere intertemporale Effekte: Erstens müsste angenommen werden, dass es zu einem gewissen Abnutzungseffekt der spezifischen Ressourcen A1 im Zeitverlauf kommt, sodass das Erlössteigerungs- oder Kostenreduzierungspotential durch A1 in t = 2 geringer ausfällt als in t = 1 (∂C1 / ∂A1 > ∂C2 / ∂A1). Scheidet bspw. ein individueller Akteur aus einem Unternehmen aus, so kann das zu diesem transferierte Wissen verloren gehen. Die daraus notwendig werdende Darstellung eines Abdiskontierungseffektes soll jedoch im Folgenden nicht weiter beachtet werden, da sie das Modell weiter verkomplizieren würde, ohne dass ein signifikanter Erkenntnisgewinn ersichtlich wäre. Der mit ∂C2 / ∂A1 beschriebene Effekt würde lediglich abgeschwächt. Außerdem muss es nicht zwangsläufig zu solchen Abnutzungseffekten kommen; es könnte sogar zum genau gegenteiligen Effekt einer Nutzensteigerung kommen. Scheidet bspw. kein Akteur aus einem Unternehmen aus, so wird zunächst einmal das zu diesem transferierte Wissen „genau so gut“ in t = 2 nutzbar sein. Dann könnte es sogar durch bestimmte Lernkurveneffekte zu einer Nutzenerhöhung kommen (Adler 2001, S. 216). Wie dem auch sei, wesentlich ist hier, dass es zu einem intertemporalen Effekt kommt. Die Stärke dieses Effektes wird dabei von den jeweiligen Ressourcen- und Akteurscharakteristika abhängen. Zweitens müsste der dargestellte Effekt in t = 2 bereits in t = 1 bei der Bestimmung von A1 berücksichtigt werden. Da der Einsatz von A1 nunmehr in beiden Perioden einen positiven Effekt auf die jeweiligen Periodenprofite hat, wäre der Nutzen des Einsatzes von A1 folglich größer im Vergleich zu einem auf t =1 begrenzten Einfluss. Daher müsste das Kostenreduzierungspotential ∂C2 / ∂A1 als zusätzlicher Einflussparameter auf α1 konzeptionalisiert werden. Wie beim ersten hier diskutierten intertemporalen Effekt würde der Einbezug jedoch das Modell verkomplizieren, ohne einen signifikanten Erkenntnisgewinn zu erbringen.



E. Dynamische Modellerweiterung301

A1 wird im Optimum über α1 durch CD1 und ID1 eindeutig determiniert. Dies bedeutet, dass die gegebenen CD1- und ID1-Werte keine weitere Steigerung von A1 zur Ergebnisverbesserung zulassen. Wenn nun davon ausgegangen wird, dass A1 wie oben dargestellt weiterhin in t = 2 wirkt, sich die kognitive Distanz sowie der Interdependenzgrad zwischen den Perioden aber nicht ändert (CD1 = CD2 sowie ID1 = ID2), und auch alle weiteren Variablen gleich bleiben, könnte zunächst angenommen werden, dass auch α2 = α1 gilt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Da in t = 1 bereits alle relevanten spezifischen Ressourcen A transferiert wurden, deren Transfer durch α1 als vorteilhaft bestimmt wurde, würde jedes zusätzliche A in t = 2 mit höheren Kosten als Nutzen einhergehen (Gleichung 1.3). Diese Argumentation scheint intuitiv einsichtig: Wenn in t = 1 bereits alle relevanten Wissenssets eingesetzt bzw. transferiert wurden, um eine Produktionskostensenkung ­realisieren zu können, und diese Wissenssets auch in t = 2 weiterhin zur Verfügung stehen, so ist ein erneuter Einsatz bzw. Transfer dieser Wissenssets überflüssig. Darüber hinaus existieren auch keine weiteren Wissenssets, deren Transfer einen zusätzlichen Nettonutzen bzw. eine Pareto-Verbesserung stiften könnten, da diese sonst bereits in t = 1 eingesetzt worden wären. Dies bedeutet nicht, dass dem Akteur prinzipiell keine weiteren Wissenssets zur Verfügung stehen könnten, die eine weitere Kostensenkung ermöglichen würden. Der Einsatz bzw. Transfer dieser wäre aber aufgrund der gleichbleibenden CD- und ID-Werte entweder bereits in t = 1 erfolgt oder aber nicht möglich bzw. zumindest suboptimal. Da α als α ≥ 0 definiert ist, kann angenommen werden, dass α2 = 0 gilt, so lange die kognitive Distanz in der zweiten Periode gleich oder größer als in t = 1 ist (CD2 ≥ CD1) und der Interdependenzgrad in t = 2 kleiner oder gleich groß wie in t = 1 ist (ID2 ≤ ID2). Formal lässt sich dies wie folgt darstellen: C PRO 2 = C2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α 2 ) wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) (15.2)

mit:

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0; ∂∆CD ∂∆ID

wobei gilt: ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 mit: ∆CD = ( CD1 - CD2 ); ∆ID = ( ID1 - ID2 )

302

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Obige Gleichung bedeutet jedoch nicht, dass in t = 2 keine spezifischen Ressourcen mehr eingesetzt bzw. transferiert werden sollten. Wie ersichtlich ist, ist dies sehr wohl möglich und vorteilhaft, wenn sich die kognitive Distanz im Zeitverlauf verringert (∆CD > 0) und / oder der Interdependenzgrad sich erhöht (∆ID < 0).173 Der zusätzliche Einsatz spezifischer Ressourcen A2 in t = 2 könnte dann aus exploitativer Sicht als inkrementale Verbesserung aufgefasst werden, laut March (1991, S. 85) also als „refinement and extension of existing competences, technologies, and paradigms. Its returns are positive, proximate, and predictable.“

Damit stellt sich die Frage, wie es zu einer endogenen intertemporalen Veränderung von CD und ID kommen kann. c) Intertemporale Änderung der kognitiven Distanz Es wurde in der Diskussion des statischen Modells bereits darauf hingewiesen, dass CD den Parameter α negativ beeinflusst; je größer CD, umso geringer wird das Mehrwertgenerierungspotential aus einem Einsatz von A. Daher wird eine Veränderung der kognitiven Distanz ∆CD = CD1 – CD2 auch einen Effekt auf α2 haben: ∆CD wird umso größer, je weiter sich die kognitive Distanz CD im Zeitverlauf verringert. Daraus folgt, dass α2 positiv von ∆CD beeinflusst wird (∂α2 / ∂∆CD > 0). Damit stellt sich die Frage, wie es zu einer Änderung der kognitiven Distanz ∆CD kommen kann. Diesbezüglich kann angenommen werden, dass ∆CD maßgeblich vom Einsatz spezifischer Ressourcen A1 sowie von der gewählten Koordinationsform COO1i,h,m in t = 1 abhängt. Diesbezüglich ist zu erwarten, dass sowohl der Einsatz von A1 als auch das Eingehen einer Akteursbeziehung mit einer entsprechenden Koordinationsform COO1 die kognitive Distanz zwischen den betrachteten Akteuren im Zeitverlauf verringern wird. Beide Effekte werden im Folgenden nacheinander betrachtet. Der Einfluss von A auf ∆CD

Der Einfluss von A1 auf ∆CD geht wie in Kap. B. II. 5. b) aa) beschrieben aus der Verbindung der Konzepte der kognitiven Distanz bzw. der ko173 Es könnte angenommen werden, dass α < 0 werden kann, wenn CD > CD 2 2 1 und / oder ID2 < ID2 gilt. Dies würde bedeuten, dass in t = 1 bereits ein über das Optimum in t = 2 hinausgehender Spezifitätsgrad A1 eingesetzt wurde und folglich ein „negativer Einsatz“ spezifischer Ressourcen A2 erfolgen sollte. Die Implikationen dieses „mathematischen“ Arguments sind aber unklar. Wie sollte bspw. einmal transferiertes Wissen zurückgenommen werden und wofür sollte dies gut sein. Außerdem ist ja auch in diesem Fall A1 in t = 1 optimal. Da in t = 2 keine Kosten mehr für den Einsatz von A1 entstehen, ist der Nettowert in t = 2 trotz des überhöhten Einsatzes von A1 gleich 0.

E. Dynamische Modellerweiterung

303

gnitiven Position eines Akteurs mit dem der „Absorptive Capacity“ hervor (Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Bhagat / Kedia / Harveston / et al. 2002; Hedlund 1994; Kedia / Bhagat 1988; Nooteboom 2001; 2004b; 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Dort wurde herausgestellt, dass der effektive Transfer spezifischer Wissenssets durch (persönliche) Interaktionen der beteiligten Akteure gewährleistet werden kann, wobei diese Interaktionen um so intensiver und extensiver sein müssen, je spezifischer die zu transferierenden Wissenssets sind. Gleichzeitig bestimmt sich die kognitive Position eines Akteurs durch seine in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen bzw. Interaktionen mit seiner Umwelt. Folglich werden sich die kognitiven Positionen zweier Akteure, die direkt miteinander interagieren, aufgrund der so erlangten gemeinsamen Erfahrungen im Zeitverlauf sukzessive annähern, was einer Verringerung von CD entspricht. Das Ausmaß dieser Veränderung wird daher letztendlich vom Spezifitätsgrad determiniert, da dieser ja die Interaktionsintensität und -extensität und damit die Menge an gemeinsamen Erfahrungen bestimmt.174 Somit kann angenommen werden, dass der Einsatz von spezifischen Ressourcen A1 in t = 1 die kognitive Distanz CD2 verringern wird, also A1 einen positiven Effekt auf ∆CD haben wird. Da ∂α2 / ∆∂CD > 0 und nach wie vor ∂CPRO / ∂α < 0 gilt, wird somit A1 einen weiteren Effekt auf CPRO 2 haben. Diesbezüglich sei auf den Unterschied zwischen dem gerade beschriebenen und dem Effekt, der anhand der Gleichung (15.1) diskutiert wurde, hingewiesen. Wie anhand Gleichung (15.1) beschrieben, wird A1 einen direkten Einfluss auf die Produktionskosten in t = 2 CPRO 2 haben, da einmal eingesetzte Ressourcen auch in der Folgeperiode nutzbar sind (∂CPRO 2 / ∂A1 < 0). Wie hier diskutiert, wird A1 zudem einen indirekten Effekt auf CPRO 2 haben. Der Einsatz von A1 führt zu einer Reduktion von CD2 in t = 2, die wiederum α2 positiv beeinflusst. Dadurch kann mehr A2 eingesetzt werden, was eine weitere Reduktion von CPRO 2 möglich macht. Es wird sozusagen durch den Einsatz von A1 in t = 1 der vorteilhafte Einsatz von A2 in t = 2 ermöglicht. Der Einfluss von COO auf ∆CD

Auch der Einfluss der Koordinationsform COO auf die Veränderung der kognitiven Distanz ∆CD steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem fundamentalen Einfluss von Erfahrungen eines Akteurs auf seine kognitive Position, in wie Kap. B. II. 5. b) bb) herausgestellt wurde. Erfahrungen bzw. gemeinsame Erfahrungen von Akteuren kommen nicht nur wie oben beschrieben durch den Transfer spezifischer Ressourcen A zur Durchfüh174 Genau genommen kommt es auf das relative Verhältnis der in der fokalen Beziehung gemachten Erfahrungen zur Gesamtheit aller Erfahrungen der Akteure im selben Zeitraum an.

304

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

rung einer bestimmten Aktivität zustande. Dies stellt nur eine Seite – die Produktionsseite – einer Akteursbeziehung dar. Darüber hinaus spielen Koordinationsaspekte eine Rolle, da selbst ohne den Transfer von A eine gemeinsam durchgeführte Aktivität koordiniert werden muss, wodurch es zu Interaktionen zwischen den Akteuren kommt. Interaktionen sind, wie oben bereits dargestellt, die Basis für (gemeinsame) Erfahrungen. Der Markt stellt im Gegensatz zu Hierarchie und Hybrid eine anonymisierte Koordinationsform dar. Interaktionen zwischen den Akteuren können hier durch standardisierte Mechanismen unpersönlich durch den Austausch expliziter kodifizierter Informationen erfolgen. Dies war schon die Begründung dafür, dass der Einfluss der kognitiven Distanz auf die Koordinationskosten marktlicher Arrangements geringer war als bei den anderen Modi, wodurch der Markt selbst bei sehr hohen CD-Graden relativ effizient genutzt werden kann. So ermöglicht bspw. der Preismechanismus eine Interaktion zwischen Akteuren auf Angebots- und Nachfrageseite, bei der persönliche Eigenschaften, Beweggründe und Ziele eines Akteurs einem anderen Akteur nicht bekannt sein müssen, damit eine Interaktion bzw. Transaktion zustande kommt. Die persönlichen Eigenschaften, Beweggründe und Ziele eines Anbieters werden evtl. den geforderten Preis beeinflussen, jedoch muss der Nachfrager lediglich seine eigenen persönlichen Präferenzen kennen, um über das Angebot zu entscheiden. Der individuelle Interpretationsspielraum der Akteure ist bei expliziten kodifizierten Informationen wie einem Preis gering. Die kognitive Distanz zwischen Akteuren als Basis für divergierende Interpretationen von Informationen wird folglich nur einen geringen Einfluss haben. Ein Ab- und Angleichen der Interpretationen ist hier nicht unbedingt erforderlich. Dies bedeutet dann aber auch, dass die marktliche Koordinationsform die geringsten Möglichkeiten bzw. Mechanismen und Anreize für Akteure bietet, gemeinsame Erfahrungen zu sammeln, die auf ihre jeweilige kognitive Position wirken können (Nooteboom 2009, S. 75). Dies ist schlicht nicht erforderlich und wird auch von marktlichen Koordinationsmechanismen nicht unterstützt. Somit ist davon auszugehen, dass der Markt das geringste Potential aufweist, die kognitive Distanz der Akteure zu verringern. Anders sieht es hingegen bei den nicht anonymen Koordinationsmodi Hierarchie und Hybrid aus. So wird die Hierarchie als integrierte Koordinationsform das höchste Reduzierungspotential bezüglich der CD unter den betrachteten Modi aufweisen, was insbesondere aus Arbeiten der wissensbasierten Perspektive und der Diskussion in Kap. B. II. 4. d) und B. II. 5. b) bb) über die Konzepte des Unternehmens als „cognitive focusing device“ oder Stifter einer gemeinsamen Identität hervorgeht.

E. Dynamische Modellerweiterung

305

Hier bezog sich die zentrale Funktion eines integrierten Unternehmens nicht vorrangig auf die Absicherung gegen opportunistisches Verhalten, wie sie vornehmlich in der TCE propagiert wird, sondern vielmehr darauf, dass hierarchische Organisationen ihren Mitgliedern „etwas Gemeinsames“ zur Verfügung stellen bzw. die Akteure innerhalb einer Hierarchie durch „etwas Gemeinsames“ verbunden sind, was es diesen Akteuren ermöglicht, ihr individuelles spezifisches Wissen zu integrieren bzw. für das Kollektiv nutzbar zu machen (Demsetz 1988; Grant 1996; Kogut / Zander 1996). Eine Koordinationsform, die zumindest teilweise auf geteilten Normen, Werten, Zielen und Vorstellungen beruht, wird die kognitive Distanz zwischen den so koordinierten Akteuren reduzieren können, und zwar stärker als dies bei marktlicher Koordination möglich scheint. Bei Letzterer ist nämlich eine gemeinsame Identität für die Koordination nicht erforderlich und wird auch durch Interaktionen nicht unbedingt erschaffen. Gemeinsame Ziele, Normen, Werte und Vorstellungen charakterisieren jedoch nicht ausschließlich die hierarchische Koordinationsform, sondern genauso hybride Arrangements (Adler 2001; Dyer / Singh 1998; Gulati / Singh 1998; Mesquita / Brush 2008; Nahapiet / Ghoshal 1998; Nooteboom 2000b; Van de Ven 1976; Van de Ven / Walker 1984; White 2000; White / Lui 2005). Hier können die gleichen Mechanismen zur Schaffung einer gemeinsamen Identität und damit auch zur Reduzierung der kognitiven Distanz zwischen den Akteuren angenommen werden. Auch hier werden Handlungen und Interaktionen zur (gemeinsamen) Durchführung einer Aktivität zur Reduktion der CD beitragen. Während daher sowohl bei hierarchischer als auch bei hybrider Koordination das Reduzierungspotential der CD auf gleichartigen Mechanismen beruht, wird sich jedoch das Ausmaß bzw. die Effektstärke relativ unterscheiden. Diese Annahme ergibt sich unmittelbar aus den Ausführungen bezüglich des Einflusses von CD auf die Managementkosten der unterschiedlichen Koordinationsformen (Kap. B. II. 4. d) und D. V. 2. d)). In hybriden Arrangements ist das Ausmaß oder die Anzahl der gemeinsam auszuführenden und zu koordinierenden Aktivitäten i. d. R. geringer als bei der Hierarchie. Beim Hybrid verbleiben bestimmte Aktivitäten, die nicht direkt mit dem Leistungserstellungsprozess verbunden sind, und damit auch die verbundenen Handlungen und Interaktionen exklusiv bei den autonomen Akteuren, ohne dass diese mit dem jeweils anderen koordiniert werden (müssten). Anders formuliert, ist hier der Wirkungsbereich gemeinsamer Normen, Werte, Ziele und Vorstellungen geringer als bei der Hierarchie. Folglich kommt es im gleichen Zeitraum zu weniger gemeinsamen Erfahrungen der Akteure als unter hierarchischer Koordination. Wenn nun gemachte Erfahrungen die kognitive Position eines Akteurs bestimmen und

306

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

verändern können, so werden sich die kognitiven Positionen der betrachteten Akteure durch das Mehr an gemeinsamen Erfahrungen in der Hierarchie stärker annähern als bei einem hybriden Arrangement. Durch die obige Diskussion der Einflüsse von A1 und COO1 auf ∆CD kann Gleichung (15.2) wie folgt konkretisiert werden: C PRO 2 = C2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α 2 ) wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) mit:

(15.3)

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0; ∂∆CD ∂∆ID

wobei gilt: ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 und wobei: ∆CD ( A1 ; COO1 ) mit: ∂∆CD >0; ∂∆CD > 0 ∂ A1 ∂ COO1 wobei gilt: ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

Die Ausprägung von α2 wird vom Ausmaß der Veränderungen der kognitiven Distanz ∆CD und des Interdependenzgrades ∆ID im Zeitverlauf abhängen. ∆CD wird dabei von A1 und der gewählten Koordinationsform COO1 determiniert. Je größer A1 ist, umso mehr wird sich die kognitive Distanz reduzieren bzw. umso größer wird ∆CD werden. Bezüglich COO1 wird das größte Reduzierungspotential eine hierarchische Koordinationsform, gefolgt von der hybriden, aufweisen; das geringste wird von markt­ lichen Arrangements ausgehen. Diesbezüglich ist hier abschließend noch einmal auf die in Kap. B. II. 5. b) bb) bereits diskutierte Differenzierung des Reduktionskonzeptes der CD hinzuweisen. Dort wurde herausgestellt, dass es einen Unterschied zwischen einer (permanenten) Verringerung der CD und einer Überbrückung zu geben scheint. Während Erstere auf einer Verschiebung der kognitiven Positionen der beteiligten Akteure beruht, bezieht sich Letztere eher auf eine Ausweitung der jeweiligen kognitiven Positionen. Anders formuliert, kommt es bei einer Verringerung der CD zu einer Art kognitiver Angleichung der Akteure, während eine Überbrückung eher als Verstehen des jeweils anderen zu sehen ist. Im Zusammenhang mit der obigen Diskussion lässt sich

E. Dynamische Modellerweiterung

307

hier daher ableiten, dass die hierarchische Koordination eher zu einer Reduktion der CD im Sinne einer Angleichung führt, während Hybride eher eine Überbrückung ermöglichen. d) Intertemporale Änderung des Interdependenzgrades Sowohl in der statischen als auch in der dynamischen Konzeptionalisierung des Modells wird ID einen positiven Einfluss auf α haben. Je höher ID wird, umso größer wird das Mehrwertgenerierungspotential aus einem Einsatz von A. Daher wird eine Veränderung des Interdependenzgrades ∆ID = ID1 – ID2 auch den in Gleichung (15.2) bereits dargestellten Effekt auf α2 haben: ∆ID wird umso geringer, je höher ID im Zeitverlauf wird. Daraus folgt, dass α2 negativ von ∆ID beeinflusst wird (∂α2 / ∂∆ID < 0). Damit stellen sich die Fragen, wie es zu einer Änderung des Interdependenzgrades kommen kann und insbesondere ob und inwieweit die konkrete Ausgestaltung der Akteursbeziehung in t = 1 – in ähnlicher Weise wie oben bezüglich ∆CD beschrieben – einen differenzierenden Einfluss auf ∆ID haben kann. Im vorliegenden Modell wird der Interdependenzgrad ID auch aus dynamischer Perspektive als exogen konzeptionalisiert. Zwar kann sich eine Änderung von ID zwischen den Perioden t = 1 und t = 2 ergeben, jedoch wird eine solche Änderung nicht von anderen Variablen endogen verursacht oder beeinflusst. Wie bereits in Kap. B. I. 4. b) angesprochen könnte angenommen werden, dass bezüglich des Interdependenzgrades zwei konfliktäre Meinungen in der Literatur vertreten werden. Eher klassische Arbeiten zu diesem Thema beschreiben den Interdependenzgrad als exogene Variable, die vor allem technologisch determiniert ist (Galbraith 1977; Thompson 1967; Van de Ven 1976; Van de Ven / Delbecq / Koenig 1976; Xu / Beamon 2006). Andere Arbeiten (Grant 1996, S. 114, siehe beispielsweise auch: Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Gulati / Singh 1998; Milgrom / Roberts 1995; White / Lui 2005), die vornehmlich der Wissensperspektive zuzuordnen sind, hingegen „encourage […] us to perceive interdependence as an element of organizational design and the subject of managerial choice rather than exogenously driven by the prevailing production technology“.

Der letzten Meinung folgend, könnte ID dann evtl. endogen bspw. durch die Koordinationsformenwahl beeinflusst werden. Es wurde bereits festgestellt, dass beide Meinungen eher Komplemente darstellen. Einerseits wird der Interdependenzgrad von den Eigenschaften der betrachteten Aktivitäten bzw. Aktivitätselemente determiniert, die keine

308

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Entscheidungsvariablen darstellen, sondern von der gegebenen Technologie abhängen (Galbraith 1973; Houthakker 1956; Milgrom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995; Thompson 1967). Andererseits kann nun unter Bezug auf diese Gegebenheiten (zumindest in einem bestimmten Ausmaß) entschiedenen werden, wie viele und welche Elemente innerhalb des Leistungserstellungsprozesses zu einer Aktivität, die von einem Akteur durchgeführt werden kann, zusammengefasst werden sollen (Baldwin / Clark 2000; Langlois 1999; 2002; Sanchez / Mahoney 1996; Schaefer 1999). Maßgeblich für diese Entscheidung ist der Trade-off zwischen internen und externen Koordinationskosten (Houthakker 1956). Dieser Trade-off wird wiederum von der existierenden Technologie beeinflusst. Ändert sich diese bzw. kommt es zu Neuerungen, die technologische Alternativen ermöglichen, so lässt sich auch der Interdependenzgrad zwischen Aktivitäten verändern (Baldwin / Clark 2000; Milgrom / Qian / Roberts 1991; Milgrom / Roberts 1995; Schaefer 1999). Entscheidend ist hier jedoch, dass beide Auffassungen keinen Hinweis darauf liefern, wie ID aus einer exploitativen Perspektive endogen veränderbar sein sollten. Entweder wird ID durch exogene technologische Gegebenheiten determiniert oder aber zusätzlich als Entscheidungsvariable aufgefasst, wobei dann die Ausprägung von ID in den betrachteten Perioden vom Entscheidungsträger zumindest teilweise bestimmt werden kann. Letzteres geschieht dann durch die Partitionierung von Aktivitäten bzw. durch die Auswahl der Elemente einer Aktivität, die innerhalb der betrachteten Akteursbeziehung durchgeführt werden soll (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; White / Lui 2005). Gulati und Singh (1998, S. 785) bringen dies auf den Punkt, wenn sie feststellen, dass „[t]he extent of the anticipated interdependence between partners at the time they form […] [a relationship] can vary substantially and depends on the tasks included and the likely division of labor in the partnership, all of which are a function of the strategic rationale for the […] [relationship].“

Wenn ID somit als Entscheidungsvariable aufgefasst wird, so würde dies die Bedeutung der Nebenbedingung ∂π / ∂ID  =  0 für das Maximierungsproblem erhöhen.175

175  Aus

dynamischer Sicht würde das Maximierungsproblem wie folgt erweitert:

max å π t = 1 + π t = 2 =

max [R1 ( X 1 ) - C ( X 1 ; A1 ;α1 ( ID1 ; CD1 )) - γ 1 A1 - CCOO1 ( A1 ;U1 ; I1 ; CD1 ; ID1 )] +

[R2 ( X 2 ) - C ( X 2 ; A1 ; A2 ;α 2 ( A1 ; ID2 ; CD2 )) - γ 2 A2 - CCOO 2 ( A2 ;U 2 ; I 2 ; CD2 ; ID2 )] unter den Nebenbedingungen:

πx =

é∂ R ∂π 1 ∂π 2 ! ∂ R2 ù é ∂ C1 ∂ C2 ù ! + =0 Û ê 1 + + ú-ê ú = 0; ∂X ∂X ∂X ∂X ∂X ∂X



E. Dynamische Modellerweiterung309

Obwohl somit eine Erweiterung des Modells um die Konzeptionalisierung von ID als Entscheidungsvariable grundsätzlich möglich ist, wird diese hier nicht weiter explizit diskutiert, da dies keinen besonderen Erkenntnisgewinn verspricht. Wenn davon ausgegangen wird, dass der fokale Akteur grundsätzlich zwischen unterschiedlichen Beziehungspartnern bzw. Akteursbeziehungen wählen kann, so ist offensichtlich, dass prinzipiell jede Variable als Einflussparameter angesehen werden kann, deren Ausprägung dann für den fokalen Akteur durch eine entsprechende Beziehungsauswahl beeinflussbar ist. Problematisch ist zudem, dass eine Änderung des Interdependenzgrades mit einer Aktivitätenänderung bzw. anderen Partitionierungen des Leistungserstellungsprozesses einhergeht (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Gulati / Singh 1998; White / Lui 2005). Bspw. kann der ID erhöht werden, indem ein Akteur, der vormals allein für die Produktionsaktivität im Leistungserstellungsprozess zuständig war, nun auch in die Produktentwicklung eingebunden wird. Damit verändert sich jedoch genau genommen auch die Aktimax å vität, dieπ t vom Akteur durchgeführt wird: „Produzieren“ ist et= 1 + πbetrachteten t=2 = was anderes als „Entwickeln und))Produzieren“. sich dann A1 ;U1 ; Ischließt max [R1 ( X 1 ) - C ( X 1 ; A1 ;α1 ( ID1 ; CD - γ 1 A1 - CCOO1 (Daran 1 1 ; CD1 ; ID1 )] + auch die Frage an, ob die beiden unterschiedlichen Aktivitäten mit der [R2 ( X 2 ) - C ( X 2 ; A1 ; A2 ;α 2 ( A1 ; ID2 ; CD2 )) - γ 2 A2 - CCOO 2 ( A2 ;U 2 ; I 2 ; CD2 ; ID2 )] gleichen Ressourcenart durchgeführt werden, was im vorliegenden Beispiel unter den Nebenbedingungen:

πx =

é∂ R ∂π 1 ∂π 2 ! ∂ R2 ù é ∂ C1 ∂ C2 ù ! + =0 Û ê 1 + + ú-ê ú = 0; ∂ X1 ∂ X 2 êë∂ X 1 ∂ X 2 ûú ëê∂ X 1 ∂ X 2 ûú

é∂ C é∂ C ∂ CCOO 2 ù ! ∂π 1 ∂π 2 ! ∂ C2 ù + =0 Û -ê 1 + ú = 0; ú - γ 1 - γ 2 - ê COO1 + ∂ A1 ∂ A2 ∂ A2 ûú êë ∂ A1 ëê∂ A1 ∂ A2 ûú é ∂ C1 ∂π 1 ∂π 2 ! ∂ C2 ù é∂ CCOO1 ∂ CCOO 2 ù ! und π ID = ∂ ID1 + ∂ ID2 = 0 Û - êëê∂ ID1 + ∂ ID2 úûú - êê ∂ ID1 + ∂ ID2 úú = 0 ë û

πA =

Bezüglich der obigen Gleichung soll zur Vereinfachung angenommen werden, dass α1 > 0 und A1 > 0 ist, ∂π1 / ∂A1 = 0; ∂π1 / ∂X1 = 0; ∂π1 / ∂ID1 = 0 gilt und die Variablen I und U sowie der Parameter γ in t = 1 und 2 gleich bleiben. Wird zunächst angenommen, dass X1 = X2; A1 = A2; ID1 = ID2 wäre, so geht aus den Gleichungen (15.1) bis (15.3) hervor, dass ∂π2 / ∂A2 > 0; ∂π2 / ∂X2 > 0; ∂π2 / ∂ID2 > 0 wäre. Demnach muss im Optimum X1 < X2; A1 < A2; ID1 < ID2 gelten. Der Akteur sollte also sowohl den Einsatz spezifischer Ressourcen A2 als auch den Interdependenzgrad ID2 in t = 2 ausweiten. Dieses Ergebnis ist konsistent mit anderen Arbeiten, die den Interdependenzgrad und den Einsatz spezifischer Ressourcen als Entscheidungsvariable ansehen (z.  B. Chathoth  /  Heiman  /  Ungson 2005; Grant 1996; Gulati / Singh 1998; Mesquita / Brush 2008; White / Lui 2005) und scheint auch im Einklang mit eher prozessorientierten Arbeiten zur Internationalisierung von Unternehmen zu stehen (Andersson 2000; Asmussen / Benito / Petersen 2009; Dalli 1994; Hashai 2009; Johanson / Vahlne 1977; 1990; 2009; Lu / Beamish 2001; Madhok 2006; Vissak 2003).

310

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

wohl eher nicht der Fall sein wird. Zur Produktion sind andere Arten von Wissenssets erforderlich als zur Entwicklung. Um das Modell weiterhin konsistent zu halten, müsste folglich davon ausgegangen werden, dass eine andere Aktivität durchgeführt wird, durch die ein anderes Gut als mit X beschrieben mit anderen spezifischen Ressourcenarten als mit A beschrieben erstellt wird. Für das vorliegende Modell ist die wesentliche Schlussfolgerung aus den obigen Ausführungen, dass der Interdependenzgrad ID auch aus dynamischer Sicht weiterhin als exogene Variable angesehen werden kann. Es ist folglich keine endogene Veränderung ∆ID zu erwarten. Eine exogene, vom Entscheidungsträger verursachte oder technologisch bedingte Veränderungen ist jedoch durchaus möglich, die dann offensichtlich Auswirkungen auf α2 haben wird. Um dem Rechnung zu tragen, kann Gleichung (15.3) wie folgt erweitert werden: C PRO 2 = C2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α 2 ); wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) mit:

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0; ∂∆CD ∂ ∆ID

wobei gilt: ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 (15.4) und wobei: ∆CD ( A1 ; COO1 ) und ∆ID = exogen mit: ∂∆CD >0; ∂∆CD >0; ∂ A1 ∂ COO1 wobei: ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

Es kommt in Gleichung (15.4) im Vergleich zu (15.3) lediglich zu einer Erweiterung um ∆ID, die mit einem Oberstrich versehen ist, um zu kennzeichnen, dass eine Veränderung des Interdependenzgrades exogen ist. Da ∆ID  =  ID1 – ID2 und weiterhin ∂α / ∂ID > 0 gilt, wird ∆ID einen negativen Einfluss auf α2 haben. Anders ausgedrückt, hat eine Erhöhung von ID1 auf ID2 im Zeitverlauf zur Folge, dass α2 > 0 wird.



E. Dynamische Modellerweiterung311

e) Gemeinsame Betrachtung der diskutierten Effekte In folgender Gleichung sollen die oben separat diskutierten Effekte noch einmal kurz gemeinsam dargestellt werden: C PRO 2 =C2 ( X 2 ; A1 ; A2 ;α 2 )

mit:

∂ C2 ∂C ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 > 0; 2 < 0; < 0; < 0; 0; ∂∆CD >0 ∂ A1 ∂ COO1 wobei: ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

Die Produktionskosten in der zweiten Periode CPRO 2 lassen sich durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A1 senken (∂C2 / ∂A1 < 0). Zusätzlich lassen sich CPRO 2 durch den weiteren Einsatz spezifischer Ressourcen A2 in der zweiten Periode verringern (∂C2 / ∂A2 < 0). Die optimale Größe von A2 wird dabei vom Parameter α2 bestimmt, dessen Ausprägung wiederum von der kognitiven Distanz CD und dem Interdependenzgrad ID bzw. deren jeweiliger Veränderung zwischen beiden Perioden ∆CD und ∆ID abhängt. Bleibt CD2 gleich groß wie CD1 oder wächst sogar an, so wird α2 = 0 sein. Gleiches gilt, wenn ID im Zeitverlauf sinkt oder gleich bleibt. Folglich wird sich ein Einsatz spezifischer Ressourcen A2 nur lohnen, wenn im Vergleich zu t = 1 die kognitive Distanz CD2 sinkt und / oder der Interdependenzgrad ID2 steigt. Während eine Änderung von ID exogen determiniert wird, kann eine Änderung der kognitiven Distanz ∆CD auch endogen durch die Höhe der eingesetzten spezifischen Ressourcen A1 (∂∆CD / ∂A1 > 0) und / oder die gewählte Koordinationsform COO1 (∂∆CD / ∂COO1 > 0) beeinflusst werden.

312

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Bezüglich Letzterem ist noch zwischen den einzelnen Modi zu unterscheiden: Die Hierarchie i wird das größte CD-Reduzierungspotential aufweisen, gefolgt vom Hybrid h. Am geringsten wird der Einfluss marktlicher Koordination m sein (∂∆CD / ∂COOi1 > ∂∆CD / ∂COOh1 > ∂∆CD / ∂COOm1). 2. Intertemporale Veränderung des Erlösterms Nachdem im vorherigen Abschnitt die möglichen intertemporalen Veränderungen in Bezug auf die Produktionskosten diskutiert wurden, erfolgt selbiges nunmehr im Bezug auf den Erlös. Analog zu Gleichung (15) kann dies formal wie folgt konzeptionalisiert werden. R1 = R1 ( X 1 ; A1 ; 1 ) und R2 = R2 ( X 2 ; A2 ;  2 )

(16)

mit:

 R1 R  2 R1  2 R1  2 R1 > 0; 1 > 0; > 0; > 0; > 0;  X1  A1  X 1 A1  X 11  A11

und

 R2 R  2 R2  2 R2  2 R2 > 0; 2 > 0; > 0; > 0; > 0  X2  A2  X 2  A2  X 2  2  A2  2

Wie schon bei der Diskussion bezüglich CPRO stellt sich hier nunmehr die Frage, wie es zu einer Änderung des Erlösterms R zwischen den Perioden t = 1 und t = 2 kommen kann. Da bereits in der Betrachtung des statischen Modells in Kap. C. V. herausgestellt wurde, dass die Diskussion bezüglich des Erlösterms grundsätzlich der des Produktionskostenterms folgt, wird dies auch bei der vorliegenden dynamischen Erweiterung der Fall sein. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Umweltunsicherheit U einen differenzierenden Einfluss auf R über den Parameter δ ausübt, während CPRO bzw. α nicht von U beeinflusst wurde. Daher sollen die einzelnen in den vorherigen Abschnitten diskutierten Effekte hier nicht mehr detailliert betrachtet werden, sondern anhand folgender Gleichung kurz zusammengefasst werden; auf den Einfluss von U wird danach detaillierter eingegangen: R2 = R2 ( X 2 ; A1 ; A2 ;  2 )

(16.1)

mit:

 R2 R  2 R2  2 R2  2 R2 > 0; 2 > 0; > 0; > 0; > 0  X2  A2  X 2  A2  X 2 1  A2 1

und

 R2  2 R2 > 0; > 0  A1  X 2  A1

mit:

∂ R2 ∂R ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 > 0; 2 > 0; > 0; > 0; >0 ∂ X2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂δ1 ∂ A2 ∂δ1

und

∂ R2 ∂ 2 R2 > 0; >0 ∂ A1 ∂ X 2 ∂ A1



E. Dynamische Modellerweiterung313

wobei: δ 2 (∆CD ; ∆ID ; ∆U) und ∆CD = ( CD1 - CD2 ); ∆ID = ( ID1 - ID2 ); ∆U = (U1 - U 2 )

mit:

∂δ 2 ∂δ 2 ∂δ 2 > 0; < 0; >0 ∂∆CD ∂ ∆ID ∂ ∆U

und ∆CD £ 0 ® δ 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® δ 2 = 0; ∆U ³ 0 ® δ 2 wobei: ∆CD ( A1 ; COO1 ); ∆ID = exogen und ∆U = exogen

mit ∂∆CD > 0; ∂∆CD > 0 ∂ A1 ∂ COO1 wobei: ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

Hier wird A1 einen positiven Einfluss auf den Erlös R2 ausüben, da bereits einmal eingesetzte spezifische Ressourcen bzw. transferierte Wissenssets auch in der Folgeperiode ihre Wirkung entfalten (∂R2 / ∂A1 > 0). Die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes zusätzlicher spezifischer Ressourcen in der zweiten Periode A2 – durch die eine weitere Erlössteigerung möglich sein kann – wird durch den Parameter δ2 determiniert. Dieser hängt wie bereits α2 von den Variablen CD und ID bzw. deren jeweiliger Veränderung zwischen beiden Perioden ∆CD und ∆ID ab. Im Vergleich zu Gleichung (15.5) wird in (16.1) die Umweltunsicherheit U als zusätzliche den Erlösterm R beeinflussende Variable eingeführt. Auf die Möglichkeit und die Auswirkungen einer intertemporalen Änderung von U soll daher im Folgenden detaillierter eingegangen werden. Eine Änderung der Umweltunsicherheit ∆U  =  U1 – U2 zwischen den Perioden t = 1 und t = 2 wird offensichtlich Auswirkungen auf δ2, nicht jedoch auf α2 haben, da δ(CD;ID;U) aber α(CD;ID) gilt. Weil ∂δ / ∂U < 0 gilt, wird δ2 positiv von ∆U beeinflusst. Somit stellt sich die Frage, ob ∆U endogen sein kann oder exogen ist. In der Literatur wird Umweltunsicherheit sehr heterogen konzeptionalisiert, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass sie ein multidimensionales Konstrukt darstellt und damit sowohl als endogen beeinflussbar als auch als exogenes Datum angesehen werden kann (Jones  /  Hesterly  /  Borgatti 1997; König 2009; Li  /  Poppo  /  Zhou 2008; Mosakowski 1997). Im Kontext der vorliegenden Arbeit wurde die Umweltunsicherheit sowohl auf der Zustandsdimension als Einflussparameter auf δ als auch auf der Effektdimension als Einflussvariable auf M und G verankert (Milliken 1987). In beiden

314

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Fällen ist U unter anderem mit weiteren Unsicherheitsarten verknüpft. Während U innerhalb von G mit der intentionalen Unsicherheit I multiplikativ verbunden ist und nur so ihre Wirkung entfaltet, ist sie innerhalb von M und δ mit der kognitiven Distanz CD verknüpft, die ja auch Unsicherheitsaspekte beinhaltet. Die Variable U bezieht sich auf ungewisse zukünftige Umweltzustände und wird daher im vorliegenden Modell als exogene Variable angesehen, die sich nicht endogen verändern lässt. Daher wird auch eine mögliche Veränderung der Umweltunsicherheit zwischen den Perioden ∆U exogen bleiben, was in obiger Gleichung durch den Oberstrich gekennzeichnet ist. Dies entspricht der Konzeptionalisierung von Umweltunsicherheit innerhalb der TCE und scheint auch in Einklang mit dem RBV bzw. einer Wissensperspektive zu stehen (Grant 1996; Kogut / Zander 1992; 1996; König 2009; Madhok 1998; Milliken 1987; Nickerson / Zenger 2004; Sutcliffe / Zaheer 1998; Williamson 1985; 1991; Zenger / Argyres 2008). Im Kontext der vorliegenden Arbeit, die sich auf Internationalisierungsentscheidungen von Unternehmungen bezieht, scheint die Konzeptionalisierung als exogene Variable jedoch zunächst verwunderlich, da insbesondere in den eher prozessualen wissensbasierten Internationalisierungstheorien (Arvidsson / Birkinshaw 2004a; 2004b; Johanson / Vahlne 1977; 2009) anscheinend davon ausgegangen wird, dass sich Unsicherheiten bezüglich eines fremden Marktes reduzieren lassen bzw. von Akteur zu Akteur variieren können (Duncan 1972; Li / Poppo / Zhou 2008; Mosakowski 1997).176 Vereinfacht dargestellt wird argumentiert, dass sich die wahrgenommene Umweltunsicherheit für einen Akteur, der in einen fremden Markt eintritt, zumindest anfänglich von der eines dort bereits etablierten Akteurs unterscheidet. Auch wenn beide nicht in der Lage sind, zukünftige Entwicklungen auf diesem Markt – bspw. neue Vorschriften oder Konkurrenten – mit Sicherheit vorherzusagen, kann der etablierte Akteur die aktuellen Vorgänge, aus denen sich zukünftige Zustände entwickeln können, evtl. besser interpretieren und so die zukünftige Entwicklung besser abschätzen, da er über einen Informationsvorteil gegenüber dem neuen Akteur verfügt. Demnach könnte sich die Umweltunsicherheit bspw. endogen durch gemachte Erfahrungen eines Akteurs in dessen spezifischem Umfeld verändern. Diesbezüglich ist jedoch zunächst anzumerken, dass es sich hier eher um Risiko handelt, also Ungewissheiten bezüglich zukünftiger Umweltzustände, 176 Gleiches gilt auch für andere Internationalisierungsperspektiven (Arvidsson und Birkinshaw 2004a; Asmussen, Benito und Petersen 2009; Buckley und Hashai 2005; 2009; Buckley und Casson 1976; 1998a; Dunning 1974; 1981; Hedlund 1994; Håkansson 1982; Jansson 2008; Li, Poppo und Zhou 2008; Mtigwe 2006; Oviatt und McDougall 2004).

E. Dynamische Modellerweiterung

315

denen sich Eintrittwahrscheinlichkeiten zuordnen lassen (Cuypers / Martin 2009; Miller 1992). Die Bestimmung dieser Wahrscheinlichkeiten lässt sich dann durch zusätzliche Informationen evtl. verbessern (Arrow 1974a; Luce / Raiffa 1957; Savage 1954). Wird Unsicherheit jedoch wie hier im engeren Sinne verstanden, lassen sich keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen, weshalb auch zusätzliche Informationen keinen Nutzen haben (Duncan 1972; Galbraith 1977; Knight 1921; Koopmans 1957; Loasby 1999; Mosakowski 1997; Simon 1962; Weick 1995). Der oben angesprochene Unterschied zwischen dem neuen und dem etablierten Akteur kann somit nicht mit verschiedenen Umweltunsicherheiten bzw. endogen veränderbaren Umweltunsicherheitsgraden erklärt werden. Außerdem sind ja beide den gleichen Ungewissheiten bezüglich der zukünftigen Entwicklung in ihrer Umwelt ausgesetzt. Der etablierte Akteur scheint lediglich in der Lage, bestimmte Anhaltspunkte oder Indikatoren besser interpretieren zu können. Diese Fähigkeit resultiert aus den Erfahrungen, die dieser Akteur in seinem Umfeld bereits gemacht hat. Anders ausgedrückt, scheint den etablierten Akteur seine kognitive Position in die Lage zu versetzten, seine Umwelt besser einschätzen zu können. Das angeführte Beispiel ließe sich im Kontext des vorliegenden Modells somit aus dem Zusammenspiel der Variablen Umweltunsicherheit U und kognitiver Distanz CD erklären. Während U für beide Akteure gleich ist, unterscheiden sie sich bezüglich ihrer CD, wobei der neue Akteur eine größere CD aufgrund fehlender Erfahrungen im neuen Umfeld aufweisen wird als der etablierte Akteur (Cuypers / Martin 2009). Durch den relativen Unterschied der CD ergibt sich dann ein verschieden starker Einfluss der gleichen U für die Akteure. Auch allgemein steht die hier gewählte Konzeptionalisierung von Umweltunsicherheit als exogene Variable nicht im Widerspruch zu den angesprochenen Internationalisierungsansätzen. Die dort diskutierte Reduktionsmöglichkeit wird hier entweder durch das Zusammenspiel der endogenen Variablen CD oder I mit U abgedeckt. So wird im vorliegenden Modell bspw. δ als von CD und U abhängig konzeptionalisiert, wobei ∂δ / ∂U < 0 und ∂δ / ∂CD < 0 gilt. Während U bzw. ∆U auch bei einer dynamischen Betrachtung exogen und für alle Akteure gleich bleibt, ist CD bzw. ∆CD endogen und kann zwischen unterschiedlichen Akteuren variieren. Daraus folgt dann auch, dass der Einfluss von U auf δ für alle Akteure gleich bleibt, δ aber aufgrund des mit CD verbundenen Effektes dennoch zwischen Akteuren variieren kann.

316

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

3. Intertemporale Einflussmöglichkeiten anderer Variablen Die Diskussion der Produktionsseite abschließend, wird im Folgenden kurz auf potentielle Einflussmöglichkeiten bisher nicht diskutierter Variablen eingegangen. Konkret stellt sich die Frage, ob die in t = 1 gewählte Koordinationsform COO1 und / oder die intentionale Unsicherheit I bzw. deren Veränderung evtl. R2 und / oder CPRO 2 (direkt) beeinflussen könnten. Außerdem könnten sich die Einsatzkosten spezifischer Ressourcen γ ändern und diese ggf. Auswirkungen auf CPRO 2 und / oder R2 haben. Ein direkter Einfluss von COO1 auf CPRO 2 und R2 bzw. α2 und δ2 ist nicht zu erwarten. Beide letztgenannten Parameter bestimmen direkt das Kostenreduzierungs- bzw. Erlössteigerungspotential des Einsatzes von A2. Diesbezüglich ist es nicht ersichtlich, welchen Einfluss Governance- oder Managementmodi haben sollten. Unterschiedliche Koordinationsformen haben zwar über die Koordinationskosten einen Einfluss auf die Realisierung des Mehrwertes bzw. die Aneignungsfähigkeit dessen, beeinflussen jedoch nicht direkt das Potential bzw. dessen Höhe. Ähnlich verhält es sich bezüglich der intentionalen Unsicherheit I. Zwar scheint teilweise propagiert zu werden, dass durch den Aufbau von Vertrauen, also die Reduzierung von I ein Wert geschaffen werden kann (Madhok / Tallman 1998; Madhok 2002; 2006; Nooteboom 2002; Zajac / Olsen 1993), jedoch beziehen sich diese Aussagen auf die Möglichkeit, eine Leistung zu geringeren (Koordinations-)Kosten zu erstellen, als dies ohne Reduzierung von I möglich wäre. Wenn dann ohne Reduktion von I die Kosten prohibitiv hoch sind, bei geringerem I jedoch ein (Netto-)Mehrwert realisiert werden kann und folglich die Leistungserstellung tatsächlich erfolgt, so wird in diesem Sinne ein Wert durch die Reduktion von I erschaffen. Die Reduktion von I trägt aber nicht unmittelbar zur Werterschaffung bei. Bspw. können durch eine Reduktion von I höhere Spezifitätsgrade im Optimum realisiert werden, da die Steigerung der Governancekosten G durch eine Erhöhung von A so abgeschwächt wird (∂G / ∂A > 0 und ∂G / ∂I > 0). Dies würde dann zu einer weiteren Produktionskostensenkung oder Erlössteigerung bei gleichen Governancekosten führen. Genau dieser Effekt aber ist im vorliegenden Modell bereits durch den Einbezug intentionaler Unsicherheit in die Konzeptionalisierung der Governancekosten – G(A;I;U) mit ∂G / ∂I < 0 – abgebildet. Es ist darüber hinaus nicht ersichtlich, wie Vertrauen zur Generierung eines Mehrwertes, insbesondere zur Steigerung eines potentiellen Mehrwertes beitragen sollte. Mit γ wurden die Kosten des Einsatzes spezifischer Ressourcen beschrieben. Deren Höhe bestimmt sich entweder durch den Aufwand, die notwendigen spezifischen Ressourcen A marktlich zu akquirieren, falls sie dem Akteur nicht zur Verfügung stehen, und / oder durch die Opportunitätskosten



E. Dynamische Modellerweiterung317

auf Basis alternativer Einsatzmöglichkeiten (Riordan  /  Williamson 1985). Aus Gleichung (1.3) geht hervor, dass eine Änderung von γ unmittelbare Konsequenzen auf den optimalen Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen und damit auch auf die Koordinationsentscheidung hat. Insofern ist dann eine potentielle Änderung dieser Kosten im Zeitverlauf ∆γ = γ1 – γ2 auch für die hier vorliegende dynamische Betrachtung des Koordinationsproblems relevant. Wenn sich γ zwischen t = 1 und t = 2 verändert, ergibt sich dadurch eine Änderung des optimalen Einsatzes von A in t = 2 im Vergleich zu t = 1. Eine endogene Änderung von γ im Zeitverlauf ist jedoch nicht zu erwarten. γ wird sich nämlich nur ändern, wenn sich der „Marktpreis für A“ und / oder die Opportunitätskosten des Einsatzes von A ändern. Während Ersteres nur durch eine Marktstrukturveränderung möglich scheint – A steht ja jedem Akteur prinzipiell zur Verfügung –, wird Letzteres durch andere beziehungsexterne Aktivitäten des fokalen Akteurs bzw. dessen Änderung determiniert. In beiden Fällen handelt es sich um modellexogene Veränderungen. γ bzw. ∆γ wird wie schon im statischen Modell darüber hinaus auch keinen direkten Einfluss auf R2 oder CPRO 2 bzw. α2 und δ2 haben. 4. Intertemporale Veränderung der Koordinationskosten Die Konzeptionalisierung des Koordinationskostenterms CCOO bleibt bei einer dynamischen Erweiterung gleich der des statischen Modells. Aufbauend auf den Ausführungen der statischen Modelldiskussion können unter Rekurs auf Gleichung (14.1) die Koordinationskosten in t = 1 und t = 2 daher wie folgt konkretisiert werden: CCOO1 = β1i, h, m + G1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 ) und CCOO 2 = β 2i, h, m + G2i, h, m ( A2 ;U 2 ; I 2 ) + M 2i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 ) wobei für t = 1 und t = 2 gilt: (17)

β ³ 0 mit: β i > β h > β m ; und

∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂U m h i m h i m h i ∂ ∂ G G mit: > > ∂G ; ∂G > ∂G > ∂G ;∂G > ∂G > ∂G ∂A ∂I ∂I ∂ I ∂U ∂U ∂U ∂A ∂A und

318

∂ G > 0; ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂I ∂U m h i m h i m h i ∂ G ∂ G mit: > > ∂G ; ∂G > ∂G > ∂G ;∂G > ∂G > ∂G ∂ A Darstellung ∂I ∂ I und ∂Analyse I ∂U ∂U ∂U ∂ A Teil∂ A2: Formale und



∂ M > 0; ∂ M > 0; ∂ M > 0; ∂ M > 0 ∂A ∂U ∂ ID ∂ CD m h i m h i mit: ∂ M > ∂ M = ∂ M ; ∂ M > ∂ M = ∂ M ; ∂A ∂A ∂ A ∂U ∂U ∂U ∂ M m > ∂ M h > ∂ Mi ; ∂ Mi > ∂ M h > ∂ M m ∂ ID ∂ ID ∂ ID ∂ CD ∂ CD ∂ CD

Die Koordinationskosten CCOO 1 und CCOO 2 werden in beiden Perioden von den gleichen bereits bekannten Variablen β, G und M beeinflusst, die additiv miteinander verbunden sind. G ist dabei von A, I und U abhängig, M wird von A, CD, ID und U bestimmt. Bezüglich β, G und M in Verbindung mit den jeweiligen Einflussvariablen gelten auch für die intertemporale Betrachtung die gleichen bereits etablierten Verhältnisse der Koordina­ tionsformen i, h und m zueinander. Wenn davon ausgegangen wird, das die Koordinationsform COO zwischen den Perioden konstant bleibt, so wird sich eine Änderung der Koordinationskosten ∆CCOO = CCOO 1 – CCOO 2 nur ergeben, wenn sich mindestens eine der Variablen β, A, CD, I, ID und U zwischen t = 1 und t = 2 ändert. Die Auswirkungen intertemporaler Änderungen der Koordinationsfixkosten ∆β = β1 – β2, des Spezifitätsgrades ∆A  = A1 – A2, der kognitiven Distanz ∆CD  =  CD1 – CD2, der intentionalen Unsicherheit ∆I  =  I1 – I2, des Interdependenzgrades ∆ID = ID1 – ID2 und der Umweltunsicherheit ∆U = U1 – U2 gehen eigentlich auch schon aus der statischen Diskussion der Koordinationskosten hervor und sollen daher anhand folgender Gleichung nur kurz angesprochen werden. ∆CCOO = ∆CCOO ( ∆β ; ∆G ; ∆M ) = éëêβ1i, h, m + G1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 )ùûú éβ i, h, m + G i, h, m ( A2 ;U 2 ; I 2 ) + M i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 )ù 2 2 ëê 2 ûú (17.1)

= éêëβ1i, h, m - β 2i, h, m ùúû + éêëG1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) - G2i, h, m ( A2 ;U 2 ; I 2 )ùúû + é i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 ) - M i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 )ù 2 êëM 1 úû

Þ

∂ CCOO2 ∂ ∆β

< 0;

∂ CCOO2 ∂ CCOO2 < 0;

; > > ; und > ∂∆A ∂∆A ∂∆A ∂∆I ∂∆I ∂∆I ∂∆U ∂∆U ∂∆U mit:

und wobei: M 2 ( ∆A; ∆CD ; ∆ID ; ∆U )

∂ M2 ∂ M2 ∂ M2 ∂ M2 < 0; < 0; < 0;

; < < ; ∂∆A ∂∆A ∂∆A ∂∆CD ∂∆CD ∂∆CD ∂ M 2i ∂ M 2h ∂ M 2m ∂ M 2i ∂ M 2h ∂ M 2m > ; = > > ∂∆ID ∂∆ID ∂∆ID ∂∆U ∂∆U ∂∆CD mit:



Es ist offensichtlich, dass die Koordinationskosten zwischen t = 1 und t  =  2 sinken werden (∆CCOO > 0), wenn die Koordinationsfixkosten (∆β = (β1 – β2) > 0), die Governancekosten (∆G  =  (G1 – G2) > 0) und / oder die Managementkosten zwischen den Perioden sinken (∆M  =  (M1 – M2) > 0). Der Fixkostenparameter β ist wie schon bei der statischen Betrachtung auch aus dynamischer Sicht exogen vorgegeben, wodurch dann auch ∆β exogen ist. Die Auswirkungen einer Änderung von β2 im Vergleich zu β1 ergeben sich unmittelbar aus der Diskussion bezüglich des Einflusses von β auf die Vorteilhaftigkeit der einzelnen Governanceformen in Kap. C. III. und D. V. und sollen daher hier nicht noch einmal wiederholt werden. Da die Höhe der Governancekosten G vom Spezifitätsgrad A, der intentionalen Unsicherheit I und der Umweltunsicherheit U determiniert wird, kann es nur zu einer intertemporalen Änderung der Governancekosten ∆G  =  G1 – G2 kommen, wenn sich mindestens eine dieser Beeinflussungsvariablen ändert. Eine Verringerung des Spezifitätsgrades (∆A > 0), der intentionalen Unsicherheit (∆I > 0) und / oder der Umweltunsicherheit (∆U > 0) wird offensichtlich die Governancekosten in t  =  2 reduzieren (∆G > 0), weshalb ∂G2 / ∂∆A < 0, ∂G2 / ∂∆I < 0 und ∂G2 / ∂∆U < 0 gilt. Da nach Gleichung (17) der Einfluss der Variablen A, I und U auf die Governancekosten der einzelnen Governancemodi Hierarchie, Hybrid und Markt Gi, Gh und Gm unterschiedlich stark ausgeprägt ist, werden Veränderungen der Einflussvariablen ∆A, ∆I und ∆U unterschiedlich stark auf die Governancekosten in t = 2 der verschiedenen Modi Gi2, Gh2 und Gm2 wirken. Da jeweils eine

320

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Erhöhung von A, I und / oder U die marktlichen Governancekosten Gm relativ stärker ansteigen lassen als Gh, die wiederum relativ stärker als Gi ansteigen (∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gi / ∂A, ∂Gi / ∂I < ∂Gh / ∂I < ∂Gi / ∂I und ∂Gi / ∂U ∂Gm2 / ∂∆A, ∂Gi2 / ∂∆I > ∂Gh2 / ∂∆I > ∂Gm2 / ∂∆I und ∂Gi2 / ∂∆U > ∂Gh2 / ∂∆U > ∂Gm2 / ∂∆U). Analog zur Diskussion der Governancekosten ergeben sich die erwarteten Effekte bezüglich der Managementkosten, auf die nicht mehr detailliert eingegangen wird. a) Intertemporale Veränderung der die Koordinationskosten ­beeinflussenden Variablen Wenn die Koordinationskosten intertemporal von den Veränderungen der dargestellten Beeinflussungsvariablen zwischen t = 1 und t = 2 beeinflusst werden, ist nun von Interesse, wie es zu solchen Veränderungen kommen kann, insbesondere ob es modellendogene Effekte gibt. Die intertemporalen Veränderungen der Variablen A, CD, ID und U wurden bereits im Kap. E. I. 1. diskutiert, was daher hier nicht ausführlich wiederholt, sondern lediglich in den folgenden Gleichungen gesondert für Governance- und Managementkosten formal dargestellt wird. G2 ( ∆A; ∆I ; ∆U )

wobei gilt: und (17.2)

∂ G2 ∂G ∂ G2 < 0; 2 < 0;

> ; > > ; > > ∂∆A ∂∆A ∂∆A ∂∆I ∂∆I ∂∆I ∂ ∆U ∂ ∆U ∂ ∆U

wobei: ∆A (α 2 ) und ∆U = extern wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) mit:

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0; und ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 ∂∆CD ∂ ∆ID

wobei: ∆CD ( A1 ; COO1 ) und ∆ID = exogen mit: ∂∆CD >0; ∂∆CD >0 ∂ A1 ∂ COO1

wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) mit:

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0; und ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 ∂∆CD ∂ ∆ID

E. Dynamische Modellerweiterung321

wobei: ∆CD ( A1 ; COO1 ) und ∆ID = exogen mit: ∂∆CD >0; ∂∆CD >0 ∂ A1 ∂ COO1 wobei: ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

Obige Gleichung konkretisiert Gleichung (17.1) in puncto Governancekosten G, indem dargestellt wird, wie es zu einer Veränderung der Beeinflussungsvariablen ∆A und ∆U kommt. A wird von α2 und / oder δ2 abhängen, was bereits anhand Gleichung (15.2) diskutiert wurde.177 Aus Gleichung (16.2) ging des Weiteren hervor, dass ∆U exogen ist. ∆I wird hier nicht weiter spezifiziert und auch nicht als exogen charakterisiert. Diesbezüglich sei auf den folgenden Abschnitt verwiesen, in dem die intertemporale Veränderung von I ausführlich diskutiert wird. Die folgende Gleichung bezieht sich auf die Managementkosten M und stellt dar, dass diese durch Veränderungen der Einflussvariablen ∆A, ∆CD, ∆ID und ∆U intertemporal beeinflusst werden. ∆A und ∆CD wurden bereits diskutiert, ∆ID und ∆U sind exogen. M 2 ( ∆A; ∆CD ; ∆ID ; ∆U )

wobei gilt: und (17.3)

∂ M2 ∂ M2 ∂ M2 ∂ M2 < 0; < 0; < 0;

; < < ; ∂∆A ∂∆A ∂∆A ∂∆CD ∂∆CD ∂∆CD ∂ M 2i ∂ M 2h ∂ M 2m ∂ M 2i ∂ M 2h ∂ M 2m > > ; = > ∂ ∆ID ∂ ∆ID ∂ ∆ID ∂ ∆U ∂ ∆U ∂ ∆U

wobei: ∆A (α 2 ); ∆CD ( A1 ; COO1 ); ∆ID = exogen und ∆U = exogen wobei: α 2 (∆CD ; ∆ID) mit:

∂α 2 ∂α 2 > 0; < 0 und ∆CD £ 0 ® α 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α 2 = 0 ∂∆CD ∂ ∆ID

177  In der Gleichung Gründen Übersichtlichkeit lediglich α explizit wobei: ∆CD ( A1wird ; COOaus ∆ID =derexogen 1 ) und genannt und δ vernachlässigt, da beide Parameter bereits ausführlich diskutiert wurmit: ∂∆CD > 0; ∂∆CD > 0 den. ∂ A1 ∂ COO1

wobei ∂∆CDi > ∂∆CDh > ∂∆CDm ∂ COO1 ∂ COO1 ∂ COO1

322

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse wobei: CD ( A1 ; COO1 ) und ID = exogen mit: CD > 0; CD > 0  A1  COO1 wobei CDi > CDh > CDm  COO1  COO1  COO1

Hier soll noch kurz auf die nunmehr offensichtlich werdenden unterschiedlichen Effekte eingegangen werden, die aus einer Veränderung der kognitiven Distanz ∆CD resultieren, da diese besonders komplex sind. CD bzw. ∆CD hat den dargestellten intertemporalen Einfluss auf die Produktionskosten- und / oder Erlösveränderungen über die Parameter α2 und / oder δ2. Eine Verringerung von CD zwischen den Perioden (∆CD = (CD1 – CD2) > 0) wird in beiden Fällen – über eine Senkung der marginalen Produktionskosten und / oder Erhöhung der marginalen Erlöse – profitsteigernde Auswirkungen für den fokalen Akteur haben. Gleiches gilt nunmehr auch bezüglich der Koordinationskosten bzw. Managementkosten M2 (∂M2 / ∂∆CD < 0). Anders formuliert, hat eine Senkung von CD somit eine doppelt positive Wirkung für den fokalen Akteur. Aus der Diskussion zu den Gleichungen (15.3) und (15.4) in Kap. E. I. 1. c) ging hervor, dass ∆CD positiv vom Spezifitätsgrad A1 und der Koordinationsform COO1 in t = 1 beeinflusst wird. Werden nunmehr die unterschiedlichen Koordinationsformen i, h und m im hier dargestellten Kontext gesehen, so ergibt sich ein interessantes Bild: Bereits aus der Diskussion des statischen Modells ging hervor, dass bei hohen Spezifitätsgraden A die hierarchische Koordinationsform am relativ vorteilhaftesten ist (∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gm / ∂A und ∂Mi / ∂A = ∂Mh / ∂A < ∂Mm / ∂A). Andererseits ist die Hierarchie jedoch bei relativ großer kognitiver Distanz CD relativ nachteilig im Vergleich mit den anderen Koordinationsformen (∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂CD).178 Wenn davon ausgegangen wird, dass in t = 1 relativ hohe Spezifitätsgrade A1 eingesetzt werden und CD nicht zu hoch ist, wird folglich die hierarchische Koordinationsform in t = 1 am vorteilhaftesten sein. Hohe Spezifitätsgrade und hierarchische Koordination führen dann intertemporal dazu, dass CD relativ stärker sinkt als bei niedrigeren A und anderen Koordinationsformen. Dies hat wiederum drei Effekte in t = 2 zur Folge, die die Vorteilhaftigkeit hierarchischer Ko178 Der optimale Spezifitätsgrad A wird über die Parameter α und δ positiv beeinflusst, wobei letztere wiederum negativ von der kognitiven Distanz CD und positiv vom Interdependenzgrad ID beeinflusst werden. Folglich kann es bspw. zu hohen A- und großen CD-Graden kommen, wenn ID entsprechend hoch ist.

E. Dynamische Modellerweiterung

323

ordination noch verstärken: Erstens wird durch eine Reduktion von CD α2 größer, was den Einsatz von A2 in t = 2 vorteilhaft macht (Gleichung (15.2)). Da i das größte Reduktionspotential bezüglich CD aufweist, wird folglich auch A2 im Optimum am größten sein, wenn in t =1 die hierarchische Koordinationsform i gewählt wurde. Zweitens wird durch steigendes A2 die hierarchische Koordination auch in der zweiten Periode relativ vorteilhafter bzw. effizienter, da auch hier ∂Gi / ∂A < ∂Gh / ∂A < ∂Gm / ∂A gilt. Drittens führt die relativ hohe Reduktion von CD aufgrund hoher A1 und gewählter hierarchischer Koordination in t = 1 zur relativ größten Managementkostenreduktion bei i in t = 2, da aus ∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD > ∂Mm / ∂CD und ∂M2 / ∂∆CD < 0 folgt, dass ∂Mi2 / ∂∆CD < ∂Mh2 / ∂∆CD < ∂Mm2 / ∂∆CD gilt. b) Intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit Wie oben bereits angesprochen, wurden alle Variablen, die eine intertemporale Veränderung der Koordinationskosten beeinflussen können, mit Ausnahme der Veränderung der intentionalen Unsicherheit ∆I = I1 – I2 bereits definiert und diskutiert. Im Folgenden soll daher den exploitativen Teil der Diskussion abschließend ∆I ausführlich betrachtet werden. Die Argumentation wird dabei im Wesentlichen auf der Diskussion in Kap. B. II. 5. a) über die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus basieren. Demnach konnte die intentionale Unsicherheit I sozusagen als der Kehrwert von Vertrauen angesehen werden. Je kleiner die intentionale Unsicherheit ist, umso geringer schätzt der fokale Akteur die Möglichkeit ein, dass sich sein Beziehungspartner in einer Situation schädigend verhalten wird, in der dieser die Möglichkeit und den Anreiz hat, dies zu tun (Adler 2001; Gambetta 1988; Nooteboom 2002; Ring / Van De Ven 1992). Im Folgenden sollen die möglichen Einflussfaktoren auf den intertemporalen Aufbau von Vertrauen gesondert diskutiert werden. Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A

Aus der statischen Diskussion des Modells wird bereits deutlich, dass die intentionale Unsicherheit I unmittelbar mit dem Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A sowie dem Grad an Umweltunsicherheit U verknüpft ist. Alle drei waren als die Governancekosten G determinierenden Variablen multiplikativ miteinander verknüpft. Während I als die Intention, sich opportunistisch zu verhalten, angesehen werden kann, determiniert der Einsatz spezifischer Ressourcen A die Anreizstärke, selbiges zu tun (Klein / Crawford / Alchian 1978; Nooteboom 1996; Riordan / Williamson 1985; Williamson 1985). Werden überhaupt keine spe-

324

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

zifischen Ressourcen vom fokalen Akteur in einer Beziehung eingesetzt, so kann sich ein anderer Akteur durch opportunistisches Verhalten nicht besserstellen, wodurch wiederum die Auswirkung intentionaler Unsicherheit äußerst gering sein wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass ohne den Einsatz von A kaum Vertrauensaufbau möglich ist, da dann ein Akteur überhaupt keine Möglichkeit hat, vertrauensvolles Verhalten zu zeigen. Wenn sich ein Akteur in einer solchen Situation kooperativ verhält, so sagt dies nicht besonders viel über seine Intentionen aus, da er schlicht keinen Anreiz hatte, sich opportunistisch zu verhalten. Folglich bleibt der fokale Akteur bei der Bewertung des kooperativen Verhaltens des anderen Akteurs darüber im Unklaren, ob dieses Verhalten tatsächlich auf den kooperativen Intentionen des anderen Akteurs beruhte oder aber dieser schlicht keinen Anreiz hatte, seine opportunistischen Intentionen in die Tat umzusetzen. Je größer A wird, umso stärker wird der Anreiz für den anderen Akteur, sich opportunistisch zu verhalten. Verhält sich dieser trotz des extrinsischen Anreizes zu defektieren kooperativ bzw. vertrauensvoll, so kann davon ausgegangen werden, dass die Summe aus extrinsischem und intrinsischem Nutzen aus kooperativem Verhalten größer ist als aus opportunistischem Verhalten. So kann angenommen werden, dass der Akteur sich in vergleichbaren Situationen ebenso verhalten wird. Dies lässt bis zu einem gewissen Grad Rückschlüsse auf dessen Intentionen zu. Der fokale Akteur ist folglich einer reduzierten intentionale Unsicherheit I bezüglich des Verhaltens des anderen Akteurs ausgesetzt.179 Für das vorliegende Modell bedeutet dies, dass der Einsatz von A1 die intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit ∆I = I1 – I2 positiv beeinflussen wird (∂∆I / ∂A1 > 0). Abschließend ist hier jedoch darauf hinzuweisen, dass die Einflussstärke von A1 auf ∆I auch von der Koordinationsform abhängig sein wird, was im weitern Verlauf noch ausführlicher diskutiert wird. Hier sei aber bereits angemerkt, dass dies intuitiv einsichtig ist, da die einzelnen Governanceformen eine unterschiedlich starke Absicherung gegen opportunistisches Verhalten bieten. Da diese Absicherungsmechanismen als Gegenanreiz angesehen werden können, sich opportunistisch zu verhalten, wird der mit A1 verbundene vertrauensfördernde Effekt umso schwächer ausgeprägt sein, je umfassender die Sicherungsmechanismen sind.

179 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass diese Schlussfolgerung nur gilt, wenn von einem Mindestmaß an Umweltunsicherheit sowie der Annahme begrenztrationaler Akteure ausgegangen wird, die vollständige Verträge und lückenlose Überwachungsmöglichkeiten verbieten (Nooteboom 1996).

E. Dynamische Modellerweiterung

325

Umweltunsicherheit U

Die Diskussion bezüglich des Einflusses der Umweltunsicherheit U auf ∆I basiert auf einer der obigen vergleichbaren Argumentation. Bei vollständiger Abwesenheit von U besitzt der andere Akteur schlicht keine Möglichkeit, sich opportunistisch zu verhalten, da alle zukünftigen Eventualitäten bekannt sind (Nooteboom 1996). So hebt Luhmann (1988; 2000) bezüglich des Aufbaus von Vertrauen hervor, dass Wahlmöglichkeiten auf beiden Seiten der Akteursbeziehung bestehen müssen. Folglich ließe vertrauensvolles oder kooperatives Verhalten bei vollständiger Abwesenheit von U auch keine Rückschlüsse auf die Intentionen des Akteurs zu. Je größer nun U wird, umso größer werden auch die Möglichkeiten, sich opportunistisch zu verhalten. Verhält sich der andere Akteur trotzdem vertrauensvoll, so lässt dies wie schon bei der obigen Diskussion bezüglich A Rückschlüsse auf die Intentionen des Akteurs zu, wodurch sich die intentionale Unsicherheit verringern lässt. Für das vorliegende Modell bedeutet dies, dass U1 die intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit ∆I = I1 – I2 positiv beeinflussen wird (∂∆I / ∂U1 > 0). Kognitive Distanz CD

Auch die kognitive Distanz zwischen zwei Akteuren CD wird die intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit ∆I beeinflussen. Wie oben bereits dargestellt, ermöglicht die Beobachtung von eintretendem Verhalten eines Akteurs in einer Beziehung Rückschlüsse auf dessen Intentionen, wenn dieser Anreize und Möglichkeiten hatte, auch anders zu agieren (Luhmann 1984; 2000). Für den Mechanismus, wie Akteure Rückschlüsse aus beobachtetem Verhalten ziehen, ist das Konzept der kognitiven Distanz von Bedeutung. In der Diskussion in Kap. B. I. 4. c) und B. II. 5. a) cc) wurde herausgestellt, dass Akteure auf der Basis mentaler Kategorien oder kognitiver Modelle Informationen aus ihrer Umwelt wahrnehmen, selektieren, verstehen, interpretieren und bewerten (Bechara / Damasio 2005; Damasio 1994; Hendriks-Jansen 1996; Nooteboom 2006a; 2009). Wenn nun zwei Akteure gleiche oder ähnliche mentale Kategorien aufweisen, was gleichbedeutend mit einer relativ geringen kognitiven Distanz CD ist (Lindenberg 2000), so stellt dies die Basis für gegenseitiges Verständnis und Identifikation – die zu Empathie führen kann – dar. Identifikation und Empathie sind bedeutend für den Aufbau von Vertrauen, da sie die Zurechnung von Motiven und das Sympathisieren mit selbigen erleichtert (Adler 2001; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Moorman / Zaltman 1993; Nooteboom 2002; Ouchi 1980). Ein Akteur kann zwar die Intentionen eines anderen Akteurs nicht direkt beobachten, wohl jedoch dessen Handlungen, die ja durch die Intentionen des anderen motiviert sind.

326

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Je geringer nun die kognitive Distanz zwischen den Akteuren ist, umso eher wird der fokale Akteur den beobachteten Handlungen die tatsächlich dahinterliegenden Intentionen zuordnen können, während mit steigender CD die Wahrscheinlichkeit einer Fehlassoziation steigt (Kap. B. II. 5. a) cc)). Des Weiteren wurde bereits darauf verwiesen, dass es auch noch einen indirekten Effekt in Verbindung mit einem geringen CD-Grad gibt. Der fokale Akteur kann nämlich häufig die Wahrscheinlichkeiten anderer Ursachen auf Basis der Handlungen des anderen Akteurs besser einschätzen und / oder dessen Erklärungen bzw. Signale besser interpretieren und so indirekt Rückschlüsse auf die Neigungen oder Intentionen eines Akteurs ziehen. Dieser wird wiederum eher einschätzen können, wie Handlungen vom fokalen Akteur im Hinblick auf die Intentionen des Ersteren interpretiert werden könnten. Abschließend ist hier noch klar herauszustellen, dass die vorliegende Diskussion bezüglich des Einflusses von CD auf ∆I nicht gleichzusetzen ist mit dem Effekt, den „gemeinsam gemachte Erfahrungen“ auf den Aufbau von Vertrauen bzw. die Intentionen der Akteure haben können (Deutsch 1973; Hirschman 1970; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Tyler / Degoey 1996). Bei Letzterem wird die These vertreten, dass gemeinsame Erfahrungen dazu führen, dass sich die Präferenzen der beteiligten Partner im Hinblick auf das Wohlergehen des Partners ändern. Dieser Mechanismus entspricht damit eher zwei anderen Effekten: Erstens werden Interaktionen zwischen Akteuren auf die kognitive Distanz zwischen diesen wirken, was bereits unter dem Einfluss der Koordinationsformen COO auf die intertemporale Veränderung der kognitiven Distanz ∆CD thematisiert wurde. Zweitens werden Interaktionen auch direkt die intentionale Unsicherheit I verändern können, was im folgenden Abschnitt diskutiert wird. Hier geht es hingegen vornehmlich darum herauszustellen, dass eine geringere CD – die im Übrigen auch ohne extensive gemeinsame interaktive Erfahrungen bestehen kann – positiv auf die Einschätzungsmöglichkeit bzw. -genauigkeit der Intentionen eines Akteurs wirkt (Adler 2001; Lui / Ngo 2004; Lui / Ngo / Hon 2006; Maitland / Bryson / Van de Ven 1985; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Moorman / Zaltman 1993; Nooteboom 1999a; 2002; Ouchi 1979; 1980). Es geht hier also nicht um eine direkte Veränderung der Intentionen im Zeitverlauf, sondern um eine Veränderung der „Fähigkeit“ eines Akteurs, die Intentionen eines anderen Akteurs zu bestimmen. Somit kann hier festgehalten werden, dass die kognitive Distanz CD eine Veränderung der intentionalen Unsicherheit ∆I = I1 – I2 negativ beeinflussen wird (∂∆I / ∂CD1 < 0). Je größer die kognitive Distanz in t = 1 CD1 ist, umso geringer wird die Reduzierung der intentionalen Unsicherheit ∆I sein.

E. Dynamische Modellerweiterung

327

Koordinationsform COO

Auch die in t = 1 gewählte Koordinationsform COO1 wird einen Einfluss auf die intertemporale Veränderung der intentionalen Unsicherheit I bzw. den Aufbau von Vertrauen im Zeitverlauf haben, was bereits in Kap. B. II. 5. a) dd) ausführlich diskutiert wurde. Dort wurde herausgestellt, dass durch Interaktionen innerhalb von Akteursbeziehungen die intentionale Unsicherheit I im Zeitverlauf grundsätzlich reduziert werden kann (∂∆I / ∂COO1 > 0), wobei dieser Einfluss zwischen den einzelnen Koordinationsmodi unterschiedlich stark ausgeprägt sein wird und darüber hinaus wie oben beschrieben maßgeblich von der kognitiven Distanz bestimmt wird.180 Am schwächsten ausgeprägt wird das Reduzierungspotential bezüglich der intentionalen Unsicherheit in marktlichen Arrangements m sein, da es hier lediglich zu minimalen und unpersönlichen Interaktion zwischen den beteiligten Parteien kommt, wodurch die Möglichkeiten, Verhalten und Handlungen eines Akteurs im Hinblick auf dessen Vertrauenswürdigkeit zu interpretieren, sehr begrenzt sind. Wesentlich größer wird die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus innerhalb hybrider und hierarchischer Arrangements sein, wobei auch schon herausgestellt wurde, dass es bezüglich des Verhältnisses dieser Modi untereinander unterschiedliche Auffassungen gibt. Während einige Autoren der Hierarchie das größere Potential zum Vertrauensaufbau aufgrund einer gemeinsamen Identität zusprechen als Hybriden (Barber 1983; Kogut / Zander 1992; 1996; March / Olsen 1989; McKnight 2000; McKnight / Cummings / Chervany 1998; Miller 2001; Nooteboom 2006a; 2009; Ouchi 1980; Tyler / Degoey 1996; Zucker 1986; Zucker / Darby / Brewer / et al. 1996), konstatieren andere Autoren, dass die hierarchische Koordinationsform sogar Misstrauen und opportunistisches Verhalten fördern kann (Adler 2001; Conner / Prahalad 1996; Ghoshal / Moran 1996; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Osterloh / Frey 2000; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Sitkin / Roth 1993). Hier wird der erstgenannten Auffassung zwar gefolgt, jedoch wird der dahinterliegende Mechanismus in Verbindung mit der Ausprägung und intertemporalen Veränderung der kognitiven Distanz CD gesehen. Da dies damit zunächst unabhängig von der Koordinationsform ist, wird hier davon ausgegangen, dass auf Basis dieser Argumentationslinie die hybride und 180 Hier ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass Interaktionen generell sowohl zum Aufbau von Vertrauen als auch von Misstrauen führen können, je nachdem wie der fokale Akteur das Verhalten seines Interaktionsparners interpretiert (Deutsch 1973; Kramer 1999; Lawler / Yoon 1995; Lindenberg 2000; Luhmann 1988; 2000; Six 2005; Tyler / Degoey 1996).

328

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

hierarchische Koordinationsform gleich gut geeignet sind, Vertrauen zwischen den beteiligten Akteuren aufzubauen. Die Argumentation der zweiten Autorengruppe bezieht sich jedoch auf die direkten Eigenschaftsunterschiede zwischen den Koordinationsformen und ist folglich an dieser Stelle in die formale Darstellung zu integrieren. Im Wesentlichen wurde hier konstatiert, dass durch hierarchische Koordination insbesondere die extrinsische Motivation der Akteure befördert wird und die intrinsische Motivation dadurch sowie insbesondere durch weitreichende Verhaltenskontrolle „verdrängt“ werden kann (Cialdini 1996; Osterloh / Frost / Weibel 2001; Osterloh / Weibel 2004; Wild / Enzle / Nix / et al. 1997). Dadurch wird dann kooperatives bzw. vertrauensvolles Verhalten im eigentlichen Sinne durch konformes ersetzt, was den potentiellen Aufbau von Vertrauen unterminiert (Cialdini 1996; Enzle / Anderson 1993; Kramer 1999; McEvily / Perrone / Zaheer 2003). Außerdem wird hier darauf hingewiesen, dass es durch die extensive Kontrolle wesentlich schwieriger wird, beobachtetes Verhalten und Handlungen von Akteuren im Hinblick auf die dahinterliegenden Intentionen abzuschätzen, da unklar bleibt, ob sich ein Akteur lediglich konform verhält – also Sanktionen vermeiden will – oder aber vertrauensvolle Intentionen die Basis des Handelns bildeten (McEvily / Perrone / Zaheer 2003; Perrone / Zaheer / McEvily 2003; Sitkin / Roth 1993). Darüber hinaus kann eine solche extensive Kontrolle sogar zu Aufbau von Misstrauen führen. All diese Punkte führen damit letztendlich zu der Annahme, dass die Hierarchie das geringere Potential, Vertrauen aufzubauen, aufweist als hybride Arrangements. Somit kann hier konstatiert werden, dass alle Koordinationsformen ein gewisses Potential aufweisen, Vertrauen aufzubauen bzw. die intentionale Unsicherheit zu reduzieren. Marktliche Arrangements werden diesbezüglich das geringste, der hybride Modus das größte Potential aufweisen. Die Hierarchie liegt zwischen beiden erstgenannten Koordinationsformen (∂∆Ι / ∂COO1 > 0, ∂∆Ι / ∂COOh1 > ∂∆Ι / ∂COOi1 > ∂∆Ι / ∂COOm1). Damit kann hier Gleichung (17.2) im Bezug auf I durch den Einbezug der diskutierten Einflüsse des Spezifitätsgrades A1, der Umweltunsicherheit U1, der kognitiven Distanz CD1 und der gewählten Koordinationsform COO1 auf ∆Ι wie folgt konkretisiert werden: G2 ( A; I ; U )

(17.4)

 G2 G  G2 < 0; 2 < 0; < 0 A I  U  G2i  G2h  G2m  G2i  G2h  G2m  G2i  G2h  G2m und > > ; > > ; > > A A A I I I  U  U  U wobei gilt:

E. Dynamische Modellerweiterung

329

wobei: A ( 2 ), I ( A1 ;CD1 ;COO1 ;U1 ) und U = extern wobei: I > 0; I < 0; I > 0; I > 0  COO1  U1  A1  CD1 und

I > I > I  COO1h  COO1i  COO1m

Die Governancekosten in der zweiten Periode G2 werden maßgeblich von der intertemporalen Veränderung des Spezifitätsgrades ∆A = A1 – A2, der intentionalen Unsicherheit ∆I = I1 – I2, und der Umweltunsicherheit ∆U = U1 – U2 beeinflusst. Dabei wird eine Verringerung des Spezifitätsgrades A, der intentionalen Unsicherheit I und der Umweltunsicherheit U jeweils auch G verringern (∂G2 / ∂∆A < 0; ∂G2 / ∂∆I < 0; ∂G2 / ∂∆U < 0). Eine Verringerung jeder der drei Variablen wird dabei die größte Reduktion der Governancekosten marktlicher Koordination und die geringste bei der Hierarchie verursachen; hybride Strukturen liegen diesbezüglich dazwischen (∂Gi2 / ∂∆A > ∂Gh2 / ∂∆A > ∂Gm2 / ∂∆A, ∂Gi2 / ∂∆I > ∂Gh2 / ∂∆I > ∂Gm2 / ∂∆I und ∂Gi2 / ∂∆U > ∂Gh2 / ∂∆U > ∂Gm2 / ∂∆U). Eine Veränderung des Spezifitätsgrades ∆A wird dabei vom Parameter α2 beeinflusst, die Veränderung der Umweltunsicherheit ∆U ist exogen. ∆I wird hingegen vom Spezifitätsgrad A1, der kognitiven Distanz CD1, der Koordinationsform COO1 und der Umweltunsicherheit U1 jeweils in der ersten Periode determiniert. Während A1, COO1 und U1 wie oben beschrieben die Möglichkeit, die intentionale Unsicherheit intertemporale zu reduzieren, jeweils positiv beeinflussen (∂∆I / ∂A1 > 0; ∂∆I / ∂COO1 > 0; ∂∆I / ∂U1 > 0), wirkt sich eine größere kognitive Distanz CD1 negativ auf ∆I aus (∂∆I / ∂CD1 < 0). Bezüglich der einzelnen Koordinationsmodi ist davon auszugehen, dass die hybride Form die größte und die marktliche die geringste intertemporale Reduktion von I zulässt; die Hierarchie liegt diesbezüglich zwischen beiden ersteren (∂∆I / ∂COOh1 > ∂∆I / ∂COOi1 > ∂∆I / ∂COOm1).

II. Dynamische Modellerweiterung um explorative Aspekte Bereits aus der Diskussion bezüglich des Verhältnisses von Exploration und Exploitation ging hervor, dass es für Akteure von elementarer Bedeutung ist, sich in exploitativen und explorativen Aktivitäten zu engagieren, um langfristig zu überleben (Holland 1975; March 1991; Nooteboom 2001; 2004b; 2009). Das vorliegende Modell bezog sich bisher aber allein auf die exploitative Seite der Koordination von Aktivitäten. Betrachtet wurden die Erstellung und der Verkauf eines bekannten Gutes. Dabei ließ sich die Erlös- und / oder

330

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Produktionskostenseite durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A beeinflussen. Wenn auch bisher nicht ausführlich explizit diskutiert, ist es offensichtlich, dass es sich bei diesen spezifischen Ressourcen oder Wissenssets um bereits vorhandene handelt. Sie stehen jedem Akteur prinzipiell zur Verfügung und ihr Einsatz ist zu konstanten Kosten γ möglich (Riordan / Williamson 1985). Entscheidend ist hier folglich die optimale Ausnutzung vorhandenen Wissens. γ ist ein Kostenparameter, der lediglich Opportunitätskosten oder Akquisitionskosten prinzipiell vorhandener Ressourcen beschreibt. Auch die dargestellten dynamischen Koordinationsaspekte bezogen sich im Wesentlichen auf die Exploitation. Hier wurde jedoch die Möglichkeit eingeführt, dass es zu Verbesserungen kommen kann. In der Diskussion bezüglich der Parameter α und δ wurde diese Möglichkeit bspw. anhand des intertemporalen Einflusses von A1 sowie der Möglichkeit einer weiteren Verbesserung durch den zusätzlichen Einsatz von A2 in der zweiten Periode konzeptionalisiert. Beide Effekte könnten evtl. auch im Sinne von inkrementalen Neuerungen interpretiert werden (Henderson / Clark 1990; March 1991; Nelson / Winter 1982b; von Hippel 2007). Hier kann es auch schon zum Erlernen von neuem Wissen durch einen Akteur kommen und dennoch stellt diese Art des Lernens – die auch als „single-loop learning“ bezeichnet werden kann – eher eine exploitative Tätigkeit dar (Argyris / Schön 1978; Cohen / Levinthal 1990; Fiol / Lyles 1985; Huber 1991; Spender 1996). Entscheidend ist, dass es sich nach wie vor um vorhandenes Wissen handelt und Lernen hier somit die Adaption (durch einen Transfer) von vorhandenem Wissen darstellt, das einem anderen Akteur bereits zur Verfügung steht (Cohen / Levinthal 1990; Nooteboom 2009). Langfristig würde eine solche rein auf exploitative Aspekte bezogene Sichtweise zu suboptimalen Ergebnissen führen. Vorhandene Aktivitäten und die dahinterliegenden Ressourcen können zwar immer weiter verbessert werden und so profitsteigernd wirken, jedoch wird dieser Effekt im Zeitverlauf relativ abnehmen. Innerhalb des formalen Modells wurde dieser Zusammenhang implizit dadurch abgebildet, dass ein zusätzlicher Einsatz oder Transfer spezifischer Ressourcen A2 in t = 2 nur sinnvoll ist, wenn sich auch bestimmte andere Variablen im Zeitverlauf ändern. Bspw. führt eine intertemporale Reduktion der kognitiven Distanz (∆CD > 0) über den Parameter α2 zu einem solchen Effekt. Es ist aber offensichtlich, dass eine Reduktion von CD nicht unendlich weit fortsetzbar ist und zudem in abnehmenden Grenzraten erfolgen wird.181 181 Hier ist anzumerken, dass im Formalmodell keine Abnutzung von Ressourcen oder Wissen im Zeitverlauf konzeptionalisiert wurde, was bereits als eher unrealistische Annahme charakterisiert wurde. Über einen hinreichend langen Zeitraum betrachtet wird das von A1 ausgehende Kostenreduzierungs- oder Erlössteigerungspotential aber wahrscheinlich in t = 1 größer sein als in t = 2.

E. Dynamische Modellerweiterung

331

Außerdem kann es dazu kommen, dass so neue Möglichkeiten bzw. Aktivitäten und die dazu benötigten Ressourcen bzw. Wissenssets gar nicht erst entwickelt werden, die evtl. superior im Vergleich zu vorhandenen sind (Argyris / Schön 1978; March 1991; Nooteboom 2009). Der entscheidende Unterschied zur oben angesprochenen exploitativen Lernart ist hier, dass ein neues, bisher unbekanntes Wissensset generiert wird. Dazu sind zunächst auch vorhandene Wissenssets notwendig, die evtl. auch transferiert werden müssen. Anders formuliert, stellen oben angesprochene exploitative Aspekte notwendige Voraussetzungen für die Exploration dar (Adner / Levinthal 2008; Knudsen / Levinthal 2007; McNamara / Baden-Fuller 1999; Nooteboom 2001; Siggelkow / Levinthal 2003). Hinreichend ist der Transfer von Wissenssets allein jedoch nicht. Vielmehr müssen unterschiedliche Wissenssets so miteinander kombiniert werden, dass aus ihnen neues Wissen entsteht (Antonelli 2006; Chesbrough / Teece 1998; Grant 1996; Nonaka / Takeuchi 1995; Nooteboom 2001; Osterloh / Weibel 2004; Stieglitz / Heine 2007; von Hippel 2007; Zollo / Winter 2002). Neues Wissen entsteht dann i. d. R. durch die Kombination und das Zusammenspiel von drei unterschiedlichen „Lernformen“: intellektuelle Inferenz, Interaktionen zwischen Akteuren und Experimenten (Gersick 1991; Kolb 1984; Tushman / Romanelli 1985). Nooteboom (2009, S. 173) erklärt die Zusammenhänge wie folgt: „Ideas arise from thought, experience and debate, and they yield experiments, alone or in collaboration with others, which yield new ideas.“

Daraus kann gefolgert werden, dass es für einen Akteur zur effektiven Generierung neuer Ideen essenziell ist, dass dieser eine „Abweichung“ vom etablierten zur Verfügung stehenden Wissen wahrnimmt (Levinthal / March 1993; March 1991; Zollo / Winter 2002). Ohne eine solche Abweichung existiert kein Stimulus, das Etablierte zu hinterfragen und damit letztendlich etwas Neues zu entwickeln. Die Wahrnehmung von Abweichungen kann dabei nur durch Interaktionen eines Akteurs mit seiner Umwelt, insbesondere anderen Akteuren erfolgen (March 1991; Nooteboom 2001; 2009. S. 187). Folglich können Akteursbeziehungen – auch wenn diese primär aus exploitativen Beweggründen etabliert wurden – ein wichtiges Instrument zur Generierung neuen Wissens für die Beziehungspartner darstellen. Im Kontext der vorliegenden Arbeit stellt sich damit die Frage, welche Auswirkungen die Integration der Möglichkeit, neue Ressourcen und neues Wissen zu entwickeln und zu nutzen, auf die Koordination einer Akteursbeziehung hat. Von besonderem Interesse ist dabei, wie sich diese Erweiterung auf die Optimalität der Koordination von existierenden exploitativen Akteursbeziehungen bzw. auf das Verhältnis der diskutierten Koordinationsformen untereinander auswirkt.

332

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die hier verfolgte Konzeptionalisierung explorativer Aspekte nicht zum Ziel hat, detailliert unterschiedliche Innovationsprozesse zu beschreiben. Vorrangig geht es hier darum aufzuzeigen, wie sich die bereits diskutierten Effekte in Verbindung mit den eingeführten Variablen verändern, wenn explorative Aspekte zusätzlich zu exploitativen betrachtet werden. Daher werden auch explorative Aktivitäten eher rudimentär beschrieben, indem lediglich das Ergebnis dieses Prozesses – nämlich neue Wissenssets – im vorliegenden Modell konzeptionalisiert wird. Die oben angesprochenen explorativen Aspekte werden im Folgenden durch die Erweiterung um die Variable N in das formale Modell integriert. N kennzeichnet die neuen, innerhalb der betrachteten Akteursbeziehung entwickelten, spezifische Wissenssets. N kann ähnlich wie A dazu beitragen, die Produktionskosten zu senken und / oder den Erlös zu steigern, wobei dieses Potential auch hier jeweils von der Ausprägung von α und / oder δ abhängen wird.182 Es wird ferner davon ausgegangen, dass die neuen Wissenssets N im Laufe der Interaktionen, die in t = 1 beginnen, zwischen den Akteuren entdeckt und entwickelt werden, sodass N erst in t = 2 innerhalb der Beziehung zur Verfügung steht. Daher werden sich auch erst die Produktionskosten respektive der Erlös in t = 2 durch den Einsatz von N senken respektive steigern lassen. Wie bereits erwähnt, soll der Prozess der Exploration von N hier nicht genau beschrieben werden, weshalb N auch innerhalb des Maximierungsproblems in t = 1 nicht betrachtet wird. Vielmehr soll dieser Prozess durch die Modellierung des Kostenterms η approximiert werden, der die Kosten des Einsatzes von N ähnlich wie schon γ für A darstellt. η soll damit in t = 2 den Aufwand darstellen, N in t = 1 kontinuierlich zu entwickeln.183 Das formale Modell wird daher wie folgt erweitert: (18)

åπ t =1 + π t = 2

mit: wird die implizite Annahme getroffen, dass es sich hier um neues Wisπ t = 1 handelt. = R - C PRO - CCOOkönnten aber genauso gut sen im Sinne von Prozessinnovationen Natürlich auch neue Produkte innerhalb vonÛAkteursbeziehungen π 1 ( X 1 ; A1 ;α1 ;δ1 ; CD1entwickelt ; ID1 ;U1 ; I1werden. ) = R ( X 1Diese ; A1 ;δ1 ) - C ( X 1 ; A Möglichkeit wird in der formalen Diskussion jedoch nicht modelliert, da dies das h, m éβ i, h, meinen Modell weiter verkomplizieren würde,-ohne + G1i, signifikanten + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 )ùúû ( A1 ;U1 ; I1 )Erkenntnisgewinn êë 1 zu produzieren. 183  Dieses streng genommen intertemporal nicht konsistente Vorgehen ist hier unproblematisch, da auf eine Abdiskontierung verzichtet wurde, und vereinfacht die und Modellierung. π t = 2 = R - C PRO - CCOO 182  Damit

Û π 2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α A 2 ;δ A 2 ; N 2 ;α N 2 ;δ N 2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 ; I 2 )

= R ( X 2 ; A2 ; A1 ;δ A 2 ; N 2 ;δ N 2 ) - C ( X 2 ; A2 ; A1 ;α A 2 ; N 2 ;α N 2

åπ t =1 + π t = 2

E. Dynamische Modellerweiterung333 mit:

π t = 1 = R - C PRO - CCOO Û π 1 ( X 1 ; A1 ;α1 ;δ1 ; CD1 ; ID1 ;U1 ; I1 ) = R ( X 1 ; A1 ;δ1 ) - C ( X 1 ; A1 ;α1 ) - γ 1 A1 - éëêβ1i, h, m + G1i, h, m ( A1 ;U1 ; I1 ) + M 1i, h, m ( A1 ; CD1 ; ID1 ;U1 )ùûú

und

π t = 2 = R - C PRO - CCOO Û π 2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α A 2 ;δ A 2 ; N 2 ;α N 2 ;δ N 2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 ; I 2 ) = R ( X 2 ; A2 ; A1 ;δ A 2 ; N 2 ;δ N 2 ) - C ( X 2 ; A2 ; A1 ;α A 2 ; N 2 ;α N 2 ) - γ 2 A2 - η 2 N 2 - éëêβ 2i, h, m + G2i, h, m ( A2 ; N 2 ;U 2 ; I 2 ) + M 2i, h, m ( A2 ; CD2 ; ID2 ;U 2 )ùûú

Auch hier ist die Zielfunktion des fokalen Akteurs, die Summe aus den Profiten der beiden Perioden t = 1 und t = 2 zu maximieren. Dabei ergeben sich keine Änderungen bezüglich π1 im Vergleich zu Gleichung (14.1). Der Profit der zweiten Periode π2 wird nun jedoch um die oben angesprochene Möglichkeit erweitert, neue Ressourcen N zu entwickeln und einzusetzen. Dadurch wird π2 zusätzlich von den Variablen N2; αN2; δN2 und η2 beeinflusst. Wie sich diese Erweiterung im Detail auswirkt, wird im Folgenden für die Produktions-, Erlös- und Koordinationskostenterme gesondert diskutiert. 1. Einfluss explorativer Aspekte auf die Produktionskosten in der zweiten Periode Im Folgenden soll der Einfluss neuer explorativ entwickelter spezifischer Ressourcen oder Wissenssets N auf die Produktionskosten CPRO 2 diskutiert werden. Zu diesem Zweck kann der Produktionskostenterm wie folgt formal erweitert werden: C PRO 2 = C2 ( X 2 ; A1 ; A2 ;α A 2 ; N 2 ;α N 2 ) - γ A2 - η N 2 mit: (18.1) ∂ C2 ∂C ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂C > 0; 2 < 0; < 0; < 0; < 0; 2 < 0; ∂ X2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂α A 2 ∂ A2 ∂α A 2 ∂ A1

∂ 2 C2 ∂ C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 < 0; < 0; < 0; < 0; 0;

∂α A 2

< 0 und ∆CD £ 0 ® α

= 0; ∆ID ³ 0 ® α

=0

∂ C2 ∂C ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂C > 0; 2 < 0; < 0; < 0; < 0; 2 < 0; ∂ X2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂α A 2 ∂ A2 ∂α A 2 ∂ A1 334

∂ 2 C2 ∂ C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 < 0; < 0; < 0; < 0; 0; A 2 < 0 und ∆CD £ 0 ® α A 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α A 2 = 0 ∂∆CD ∂ ∆ID

und wobei: α N 2 (CD2 ; ID2 ) mit:

∂α N 2 ∂α < 0; N 2 > 0 ∂ CD2 ∂ ID2

In obiger Gleichung bleiben die bereits anhand der Gleichung (15.5) diskutierten Effekte bezüglich der Variablen A1; A2; αA2 und X2 bestehen. Zusätzlich werden die Produktionskosten CPRO 2 nun aber von der Variable N2 in Verbindung mit den Parametern αN2 und η beeinflusst. Die Auswirkungen von N2 in Verbindung mit αN2 sind dabei qualitativ gleich derer, die bereits im statischen Modell anhand der Variablen A und α diskutiert wurden. Der Einsatz von N2 wird ähnlich wie der von A2 einen reduzierenden Effekt auf die Produktionskosten haben (∂C2 / ∂N2 < 0; ∂2C2 / ∂X2N2 < 0). Je größer der Spezifitätsgrad neuer Ressourcen N2 ist, umso geringer werden die Produktionskosten bei gleichbleibender Ausbringungsmenge X sein. Das Ausmaß dieses Kostenreduzierungspotentials wird dabei vom Parameter αN2 determiniert; je größer dieser ist, umso höher wird das Reduzierungspotential sein (∂2C2 / ∂X2∂αN2 < 0; ∂2C2 / ∂N2∂αN2 < 0). Die Argumentation bezüglich dieser Effekte ist gleich der bezüglich des Produktionskostenreduzierungspotentials spezifischer Ressourcen A und soll daher hier nicht wiederholt werden. Hier soll aber noch auf einen bedeutenden Unterschied zwischen dem mit A2 und αA2 und dem mit N2 und αN2 verbundenen Reduzierungspotential hingewiesen werden. Der Einsatz vorhandener spezifischer Ressourcen A2 kann in t = 2 nur lohnenswert sein, wenn sich die kognitive Distanz intertemporal verringert (∆CD > 0) oder sich der Interdependenzgrad erhöht (∆ID < 0) und so αA2 > 0 wird. Für den Einsatz neuer spezifischer Ressourcen N gilt dies nicht, da diese erstmals in t = 2 eingesetzt werden können. Folglich wird der Parameter αN2 in vollem Umfang von der kognitiven Distanz CD2 und dem Interdependenzgrad ID2 in der zweiten Periode determiniert. Die zentrale Schlussfolgerung aus der Erweiterung um die Möglichkeit, innerhalb einer Akteursbeziehung im Zeitverlauf neue spezifische Ressourcen explorativ zu generieren, ist somit zunächst, dass in der zweiten Periode die Produktionskosten zusätzlich reduziert werden können. Die Höhe dieses Potentials bzw. die optimale Einsatzmenge von N wird hier dann – ähnlich wie auch schon der optimale Spezifitätsgrad A durch das Verhältnis von αA und γ determiniert wurde (Gleichung (1.3)) – allein

E. Dynamische Modellerweiterung

335

vom Verhältnis der Parameter αN und η zueinander abhängen, wenn die Koordinationskosten zunächst vernachlässigt werden. Während αN das Produktionskostenreduzierungspotential durch den Einsatz von N angibt, determiniert η das Ausmaß der Kostenerhöhung durch den Einsatz von N. Von Interesse ist hier nunmehr der Parameter η, der hier nicht mehr wie noch γ lediglich die Opportunitäts- oder Akquisitionskosten für den Einsatz spezifischer Ressourcen angibt, sondern zusätzlich die explorativen Kostenbestandteile der Entwicklung von N approximiert. Diesbezüglich kann angenommen werden, dass η vom Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A1 sowie von der kognitiven Distanz CD1 und dem Interdependenzgrad ID1 in t = 1 abhängen wird: Es wurde bereits mehrfach herausgestellt, dass es ein hoher Spezifitätsgrad A für die beteiligten Akteure notwendig macht, intensiv zu interagieren. Demnach wird im Umkehrschluss eine umso intensivere Interaktion in t = 1 stattgefunden haben, je höher A1 im Gleichgewicht war.184 Bezüglich der Exploration von N ist nunmehr diese Interaktionsintensität und nicht direkt der Spezifitätsgrad A von Bedeutung. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine hohe Interaktionsintensität und der damit verbundene intensive Austausch an Informationen positiv zur Möglichkeit beiträgt, neue spezifische Ressourcen N zu entdecken und zu entwickeln (Antonelli 2005c; Arvidsson / Birkinshaw 2004a; Chang / Chu 2004; Ethiraj / Levinthal 2004; Heiman / Nickerson 2004; Kogut / Zander 1992; March 1991; Nahapiet / Ghoshal 1998; Nickerson / Zenger 2004; Nooteboom 2004b; 2009; Osterloh / Weibel 2004; von Hippel 2007). Um diesen Effekt anhand der Einsatzkosten η für N zu approximieren, wird η mit zunehmendem A1 sinken (∂η / ∂A1 < 0). Dies soll zum Ausdruck bringen, dass die Entdeckung und Entwicklung neuer Ressourcen durch intensive Interaktion erleichtert werden. Oben wurde bereits darauf hingewiesen, dass es für die Entwicklung neuer Ideen für einen Akteur erforderlich ist, einen Impuls in Form einer Abweichung von vorhandenem Wissen wahrzunehmen. Innerhalb einer Akteursbeziehung kann dies dadurch zustande kommen, dass der Beziehungspartner eine hinreichend große kognitive Distanz CD zum fokalen Akteur aufweist. Es existiert hier also entgegen den negativen Auswirkungen einer großen CD auf exploitative Aktivitäten innerhalb der Beziehung ein positiver Zusammenhang zwischen CD und der Exploration neuer Möglichkeiten. Innerhalb der Interaktion zwischen kognitiv distanten Akteuren kommt es 184 Hier ist nicht allein die Koordinationsform maßgeblich, da diese einen Rahmen oder eine Struktur für die Interaktion vorgibt und somit die Möglichkeit zu interagieren bestimmt. Bspw. wird durch die Hierarchie eine hohe Interaktionsintensität ermöglicht bzw. vereinfacht. Dies bedeutet aber nicht, dass intensive Interaktionen zwangsläufig stattfinden müssen. Dies ist nur der Fall, wenn Ressourcen mit einem hohen Spezifitätsgrad transferiert werden sollen.

336

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

zu Abweichungen zwischen von einem Akteur gesendeten und vom anderen Akteur empfangenen Informationen und damit verbundenen Intentionen. Außerdem werden beide Akteure über unterschiedliche Wissenssets verfügen; ein dem einen Akteur bekanntes Wissensset kann für den anderen neu sein. Beide Mechanismen stellen eine Quelle für potentiell neues Wissen dar und sind daher maßgeblich für die Entwicklung neuer Ressourcen. Die Abweichungen und die Unterschiede in den jeweiligen Wissenssets werden umso größer, je kognitiv distanter die betrachteten Akteuren sind, wodurch dann wiederum die Möglichkeiten oder Chancen steigen, neues Wissen zu generieren. Für die Approximation dieses Effektes über den Parameter η bedeutet dies, dass η bei sehr geringer CD sehr groß sein wird und mit steigender CD abnimmt. Bei sehr geringer CD sind die Möglichkeiten oder Chancen, neue Ressourcen N zu explorieren, sehr gering, was auch als sehr oder sogar prohibitiv hohe Kosten für den Einsatz von N verstanden werden kann.185 Für das oben angesprochene kritische Verhältnis zwischen η und αN2 bedeutet dies, dass η von der kognitiven Distanz in der ersten Periode CD1 beeinflusst wird, während αN2 von CD2 abhängt.186 Dies bedeutet aus Sicht des fokalen Akteurs, dass es für die Generierung des Profits in t = 2 vorteilhaft sein kann, zum einen eine höhere CD in t = 1 zum Beziehungspartner aufzuweisen, da dann ein relativ höherer Spezifitätsgrad N2 in t = 1 entwickelt werden kann.187 Zum anderen lohnt es sich, CD im Zeitverlauf möglichst weit zu reduzieren (∆CD > 0), da so in t = 2 größere Spezifitätsgrade A2 und N2 und das damit verbundene Kostenreduzierungspotential realisiert werden können. Bezüglich Letzterem ist jedoch zu bedenken, dass sich eine Reduktion von CD negativ auf die Möglichkeit, neue Ressourcen N in zukünftigen Perioden t > 2 einzusetzen, auswirken wird, da in diesen so der Parameter η erhöht wird. Auch ID1 wird die Höhe η beeinflussen, und zwar auch hier genau entgegengesetzt dem bereits diskutierten Einfluss von ID auf α: η wird mit 185 η wird dabei als von CD abhängig konzeptionalisiert, da im vorliegenden 1 Modell angenommen wird, dass die zu N führenden Interaktionen sich in t = 2 im Kontext der exploitativen Zusammenarbeit ereignen und dann in t = 2 eingesetzt werden können. 186 Die Exploitation der neu generierten spezifischen Ressource wird im Gegensatz zu ihrer Exploration wiederum negativ von einer wachsenden CD beeinflusst. Während distinkte Wissenssets förderlich für die Entwicklung sind, können diese als eher problematisch beim Einsatz der neuen Ressource in interdependenten Prozessen sein, da hier ein möglichst gleiches Verständnis zwischen den beteiligten Akteuren förderlich ist (Nooteboom 2009; Sallusti 2008a; Sallusti / Addessi 2009; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). 187 Dem steht natürlich der Effekt entgegen, der von einer hohen CD ausgeht 1 und über ein so verringertes α1 den Spezifitätsgrad A1 im Gleichgewicht reduziert.

E. Dynamische Modellerweiterung

337

zunehmendem Interdependenzgrad ID1 ansteigen. Ein hoher Inderdependenzgrad bedeutet, dass die Aktivitäten, die die betrachteten Akteure durchführen, systemisch miteinander verknüpft sind, wodurch Änderungen in einer Aktivität auf viele oder gar alle Aktivitäten wirken können (Langlois / Robertson 1995; Langlois 2002). Dies bedeutet dann, dass explorative Elemente – die ja wie oben beschrieben auf Abweichungen basieren – nicht nur die fokale Aktivität beeinflussen, sondern auch potentiell negative Auswirkungen auf die anderen interdependenten Aktivitäten haben werden (Barkema / Vermeulen 1998; Gilsing 2003; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Nooteboom 2004d, S. 14). Variationen bei der Durchführung einer Aktivität führen dann nämlich zu Störungen in den anderen interdependenten Aktivitäten, die negativ auf deren Ergebnis wirken werden (Brusoni 2005; Ethiraj / Levinthal 2004; Langlois 2002; Laureiro-Martínez / Brusoni / Zollo 2009; Osterloh / Weibel 2004; Pisano 2000). Dies ist unmittelbar ersichtlich, wenn man sich nochmals vor Augen führt, dass Exploration mit den Begriffen „search, variation, risk taking, experimentation, play, flexibility, discovery, innovation“ (March 1991, S. 71) beschrieben werden kann. Dem positiven Effekt von Abweichungen auf die Exploration neuer Ressourcen stehen daher mit steigender ID in zunehmendem Maße negative Effekte bei der Exploitation existierender Ressourcen entgegen (Sallusti 2008a; 2008b; Sobrero / Roberts 2001).188 Wenn Exploration und Exploitation miteinander verknüpft sind, können diese Ineffizienzen bei der Exploitation auch als Opportunitätskosten der Exploration aufgefasst werden. Dieser Zusammenhang wird im vorliegenden Modell dadurch approximiert, dass die Kosten des Einsatzes neuer spezifischer Ressourcen η mit zunehmendem Interdependenzgrad in der ersten Periode ID1 ansteigen. Dies bedeutetet, dass ein steigender ID1 über αA1 einen positiven Effekt auf den Spezifitätsgrad vorhandener Ressourcen A1 in t = 1 hat und somit das Produktionskostenreduzierungspotential in dieser Periode erhöht. Hinzu kommt nunmehr jedoch ein über η2 vermittelter negativer Effekt auf den optimalen Spezifitätsgrad neu entwickelter Ressourcen N2 in t = 2. Die hier diskutierten Zusammenhänge bezüglich des Einflusses von CD und ID sollen gemeinsam anhand folgender Abbildung verdeutlicht werden. 188 Dies scheint bspw. die wesentliche Begründung dafür zu sein, dass in der Biotechnologiebranche neue Endeckungen und Entwicklungen vornehmlich von kleinen eigenständigen Start-up-Unternehmen gemacht werden, während die anschließende Vermarktung meist durch große integrierte Konzerne erfolgt (Gilsing 2003; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008). Die kommerzielle Produktion von Wirkstoffen erfolgt nämlich i. d. R. mittels eines Produktionssystems, innerhalb dessen die einzelnen Aktivitäten hochinterdependent sind und systemisch miteinander interagieren.

338

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

$ ĮA;Ȗ) N(Į N) 1 ĮNȘ

N(Į N) A(ĮA)

A(ĮA) A(CD)*

A(ID)*

CD

N(CD)* A(Ȗ)

N(ID)*

ID

A(Ȗ)

N(Ș) N(Ș) Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 19: Auswirkungen einer Änderung der kognitiven Distanz und des Interdependenzgrades auf den optimalen Spezifitätsgrad vorhandener und neuer Ressourcen

In der Abbildung sind die optimalen Spezifitätsgrade vorhandener Ressourcen A* und neuer Ressourcen N* jeweils in Abhängigkeit der kognitiven Distanz CD (A(CD)* und N(CD)*) auf der linken Seite sowie des Interdependenzgrades ID (A(ID)* und N(ID)*) auf der rechten Seite abgebildet:189 A(CD)* und N(CD)* ergeben sich dabei aus der Multiplikation der A(αA)- mit der A(γ)- und der N(αN)- mit der N(η)-Kurve. A* wird vom Verhältnis der Parameter αA und γ, N* vom Verhältnis von αN und η zueinander determiniert. αA gibt das Produktionskostenreduzierungspotential durch A an und wird folglich positive A*-Werte erzeugen, wobei A* mit steigender CD immer weiter absinkt. Dies ist durch die A(αA)-Kurve abgebildet, die den optimalen A-Wert in Abhängigkeit von CD auf Basis des Einflusses von CD auf αA angibt. γ steht für die Einsatzkosten spezifischer Ressourcen A und ist nicht von CD abhängig. Daher hat die A(γ)-Kurve einen negativen horizontalen Verlauf. Werden beide Kurven multipliziert, so 189 Hier wird auf eine intertemporale Darstellung verzichtet, die ja CD und ID der beiden Perioden t = 1 und t = 2 berücksichtigen müsste. Es geht hier aber vornehmlich darum, die generellen Zusammenhänge und Unterschiede bezüglich der beiden Variablen A und N darzustellen.

E. Dynamische Modellerweiterung

339

ergibt sich die A(CD)*-Kurve, die eine negative Steigung in Abhängigkeit von CD annimmt.190 Somit wird A* am größten bei der geringstmöglichen CD sein. Da das Kostenreduzierungspotential durch den Einsatz von N in gleicher Weise von CD beeinflusst wird wie das durch den Einsatz von A, weist auch die entsprechende N(αA)-Kurve eine negative Steigung auf. Die Einsatzkosten für N unterscheiden sich jedoch von denen für A, da η von CD beeinflusst wird. η wird wie oben beschrieben umso geringer, je größer CD wird, weshalb die N(η)-Kurve negativ ist, aber mit größer werdender CD ansteigt. Da die N(αA)- und die N(η)-Kurven somit gegenläufig sind, wird – wie anhand der N(CD)*-Kurve ersichtlich – N* insgesamt mit wachsender CD zunächst ansteigen, um dann ab einem bestimmten CD-Wert wieder abzusinken. Die Konsequenz ist, dass der größte N*-Wert bei einer höheren CD als der größte A*-Wert erreicht wird.191 Ähnliches gilt für die Betrachtung des Einflusses der Interdependenz ID auf die A*- und N*-Werte. Die Ausprägung von A* wird vom Parameter αA und die von N* von αN beeinflusst, wobei beide α positiv sind und mit steigendem ID weiter anwachsen, was auf der rechten Seite der Abbildung durch die A(αA)- und N(αN)-Kurve vermittelt wird. Dem stehen die Einsatzkosten γ für A entgegen, die nicht von ID beeinflusst werden. Daher ist A(γ) negativ und hat einen horizontalen Verlauf in Abhängigkeit von ID. Die Einsatzkosten η für N hingegen steigen mit zunehmendem ID an, weshalb die N(η)-Kurve negativ ist und zudem mit steigendem ID weiter abfällt. Daher weist die A(ID)*-Kurve über den gesamten ID-Bereich einen steigenden Verlauf auf, während N(ID)* mit steigendem ID zunächst anwächst, um dann ab einem bestimmten Wert wieder kleiner zu werden. Der größte N*Wert wird also bei einem geringeren ID erreicht als der größte A*-Wert.192 Der Einfluss von A1 auf η ist aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht abgebildet, könnte jedoch einfach integriert werden. Eine Vergrößerung von A1 würde dann zu einer Verschiebung der N(η)-Kurven auf beiden Seiten führen, da ein größerer Spezifitätsgrad A1 ja die Einsatzkosten η unabhängig von CD und ID senkt. Formal lassen sich obige Ausführungen wie folgt darstellen.

190 Da es sich hier um eine schematische Abbildung handelt, ist A*(CD) durchweg positiv, was jedoch keinesfalls immer der Fall sein muss. Genauso gut könnte sie durchweg negativ sein oder ab einem bestimmten CD-Wert negativ werden. 191 Aus intertemporaler Sicht bezieht sich der angesprochene CD-Wert auf eine Art Mittelwert von CD1 und CD2. 192 Auch hier bezieht sich der angesprochene ID-Wert aus intertemporaler Sicht auf eine Art Mittelwert von ID1 und ID2.

340

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse C PRO 2 =C2 ( X 2 ; A2 ; A1 ;α A 2 ; N 2 ;α N 2 ) - γ A2 - η N 2

∂ C2 ∂C ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 > 0; 2 < 0; < 0; < 0; < 0; ∂ X2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂α A 2 ∂ A2 ∂α A 2

mit:

∂ C2 ∂ 2 C2 < 0; < 0; ∂ A1 ∂ X 2 ∂ A1 ∂ C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 ∂ 2 C2 < 0; < 0; < 0; 0; A 2 < 0; ∆CD £ 0 ® α A 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® α A 2 = 0 ∂∆CD ∂ ∆ID

und

∂α N 2 ∂α < 0; N 2 > 0 ∂ CD2 ∂ ID2

und wobei: γ = exogen und η (A1 ; CD1 ; ID1 ) mit:

∂η ∂η ∂η 0 ∂ A1 ∂ CD1 ∂ ID1

2. Einfluss explorativer Aspekte auf den Erlös in der zweiten Periode Auf eine ausführliche Diskussion des Einflusses explorativer Aspekte auf den Erlösterm in der zweiten Periode R2 wird hier verzichtet, da diese genau dem gleichen Muster folgen würde wie die vorliegende Darstellung bezüglich des Produktionskostenterms. Stattdessen sollen die verbundenen Effekte lediglich formal wie folgt dargestellt werden: R2 = R2 ( X 2 ; A1 ; A2 ; δ A 2 ; N 2 ; δ N 2 )

mit: (19)

∂ R2 ∂R ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 > 0; 2 > 0; > 0; > 0; > 0; ∂ X2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂ A2 ∂ X 2 ∂δ A 2 ∂ A2 ∂δ A 2 ∂ R2 ∂ 2 R2 > 0; > 0; ∂ A1 ∂ X 2 ∂ A1

und

∂ R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 > 0; > 0; > 0; >0 ∂ N2 ∂ X 2∂ N2 ∂ X 2 ∂δ N 2 ∂ N 2 ∂δ N 2

wobei: δ A 2 (∆CD ; ∆ID ; ∆U) und δ A 2 (CD2 ; ID2 ;U 2 ) mit:

∂δ A 2

> 0;

∂δ A 2

< 0;

∂δ A 2

> 0;

∂ R2 ∂ 2 R2 > 0; > 0; ∂ A1 ∂ X 2 ∂ A1 und

∂ R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 ∂ 2 R2 > 0; > 0; > 0; >0 ∂ N2 ∂ X 2∂ N2 ∂ X 2 ∂δ N 2 ∂ N 2 ∂δ N 2

E. Dynamische Modellerweiterung341

wobei: δ A 2 (∆CD ; ∆ID ; ∆U) und δ A 2 (CD2 ; ID2 ;U 2 )

mit:

∂δ A 2 ∂δ ∂δ > 0; A 2 < 0; A 2 > 0; ∂∆CD ∂ ∆ID ∂ ∆U ∆CD £ 0 ® δ A 2 = 0; ∆ID ³ 0 ® δ A 2 = 0; ∆U ³ 0 ® δ A 2

und

∂δ N 2 ∂δ ∂δ < 0; N 2 > 0; N 2 < 0 ∂ CD2 ∂ ID2 ∂U

Die obige Gleichung ist prinzipiell gleich (16.1), jedoch erweitert um die Möglichkeit, zusätzlich neu entwickelte spezifische Ressourcen N zur Erlössteigerung einzusetzen. Das mit N verbundene Erlössteigerungspotential hängt dabei in gleicher Weise von der Ausprägung des Parameters δN bzw. δN2 ab, wie das mit dem Einsatz von A verbundene Potential von δA abhängt. Die Ausprägung von δN2 wird von der kognitiven Distanz CD2 und dem Interdependenzgrad ID2 sowie der Umweltunsicherheit U2 in t = 2 abhängen. Während eine wachsende CD2 und steigende U2 einen negativen Einfluss auf die Höhe von δN2 haben werden, wird ein größerer ID2 den Parameter δN2 positiv beeinflussen.193 Was aus der obigen Gleichung nicht unmittelbar hervorgeht, ist, dass dem Erlössteigerungspotential durch den Einsatz von N auch hier die Einsatzkosten η entgegenstehen. Diese werden, wie im vorangegangenen Abschnitt anhand Gleichung (18.2) beschrieben, von A1, CD1 und ID1 determiniert, sodass sich auch hier der größtmögliche optimale N*-Wert bei höheren A1 und CD1- sowie niedrigeren ID1-Werten ergeben wird als der entsprechende A*-Wert.194 193  Es wäre auch möglich, den Nutzen der Exploration neuer Ressourcen in einer Reduzierung der Umweltunsicherheit zu konzeptionalisieren (König 2009; Li / Poppo /  Zhou 2008; McEvily / Eisenhardt / Prescott 2004; Osterloh / Weibel 2004; Spencer 2003). Die Argumentation wäre hier, dass verschiedene Akteure bzw. ihre Ansätze auf unterschiedlichen technologischen Trajektoren basieren können. Eine gemeinsame Exploration erlaubt dann die Beobachtung mehrerer Trajektoren, was das Risiko senkt, einen Ansatz zu verfolgen, der nachher nicht dem dominanten Design entspricht. Dieser Ansatz wird hier aber nicht weiter verfolgt, da er im Widerspruch zur hier gewählten exogenen Konzeptionalisierung von Umweltunsicherheit steht. Bei genauerer Betrachtung scheint ein solcher Ansatz zudem nicht direkt von Umwelt­ unsicherheit auszugehen, sondern vielmehr von einer Risikoart, die sich dann durch Diversifikation reduzieren lässt. Letztendlich scheint eine solche Erweiterung auch nicht besonders wichtig, da der resultierende Effekt – eine Steigerung des Erwartungswertes des Erlöses – auch durch die hier gewählte Konzeptionalisierung entsteht. 194  Genau genommen ist der optimale Einsatzgrad von N umso höher, je größer CD1 und je geringer ID1 sowie umso geringer CD2 und umso größer ID2 sind.

342

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

3. Einfluss explorativer Aspekte auf die Koordinationskosten in der zweiten Periode Bisher wurde die Diskussion über die Möglichkeit, innerhalb einer Akteursbeziehung neue spezifische Ressourcen N zu entwickeln und einzusetzen, unter Ausschluss der Koordinationskostenbetrachtung geführt. Daher stellt sich nunmehr die Frage, welche Auswirkungen die Erweiterung um N auf die Koordinationskosten hat, wobei wieder von vorrangigem Interesse ist, ob es zu unterschiedlich starken Effekten zwischen den betrachteten einzelnen Koordinationsmodi kommt. Diesbezüglich fällt bei der Betrachtung von Gleichung (18) auf, dass N nicht als Einflussvariable auf die Managementkosten M konzeptionalisiert wurde. Dies scheint zunächst verwunderlich, da es bei der eigentlichen Exploration – also der Entdeckung und Entwicklung – von N auch zu damit verknüpften Koordinationskosten in Form von Managementkosten M kommen sollte. Wenn davon ausgegangen wird, dass die hier diskutierte Form der Exploration durch Interaktionen ermöglicht wird, so müssen diese Interaktionen zwischen den einzelnen Akteuren innerhalb der Beziehung auch koordiniert werden. Jedoch wurde die Exploration von N hier so konzeptionalisiert, dass diese innerhalb der betrachteten Akteursbeziehung mit den exploitativen Aktivitäten verbunden ist: Durch Interaktionen zur Durchführung exploitativer Tätigkeiten kann sozusagen als „Nebenprodukt“ neues Wissen exploriert werden. Diese Argumentation wurde in den vorherigen Abschnitten bereits formalisiert, indem die Möglichkeiten oder Chancen, N zu entwickeln, positiv mit dem Spezifitätsgrad eingesetzter Ressourcen in der ersten Periode A1 verknüpft wurden. Da A1 bereits die Managementkosten M1 in t = 1 nach Koordinationsformen differenziert beeinflusst, kann folglich davon ausgegangen werden, dass damit auch die Managementkosten für die Exploration von N in t = 1 hinreichend abgebildet sind.195 Der Logik des formalen Modells folgend, werden dann auch in t = 2 zumindest keine zwischen den Koordinationsformen differenzierten Managementkosten M2 in Verbindung mit N anfallen, da N ja bereits in t = 1 195 Es könnte argumentiert werden, dass die Managementkosten für die Koordination von exploitativen und explorativen Aktivitäten höher sein sollten als bei rein auf Exploitation ausgerichteten Akteursbeziehungen. Diese Feststellung ist aber zunächst unproblematisch, wenn sie sich auf absolute Werte bezieht. Bspw. kann die Variable M ja ohne weiteres als größer angenommen werden, wenn exploitative und explorative Aktivitäten durchgeführt werden, als wenn keine Exploration stattfindet. Es ist aber nicht ersichtlich, warum sich solche „Mehrkosten“ relativ zwischen den Koordinationsmodi unterscheiden sollten. Anders formuliert, würde sich dadurch lediglich die absolute Größe der Variablen M ändern, wobei diese Änderung für m, h und i gleich groß sein sollte.

E. Dynamische Modellerweiterung

343

entwickelt wurde. Weil dies gemeinsam durch die beteiligten Akteure erfolgte, muss N innerhalb der Beziehung auch nicht mehr kommuniziert und transferiert werden.196 Zusammenfassend wird hier davon ausgegangen, dass die Möglichkeit, neue Ressourcen zu entwickeln und einzusetzen, die Managementkosten der einzelnen Koordinationsformen in beiden Perioden zumindest nicht unterschiedlich stark beeinflusst. Daher soll dies auch formal nicht durch eine entsprechende Erweiterung modelliert werden. Ein anderes Bild ergibt sich bei Betrachtung der Governancekosten G, die sich ja im Gegensatz zu den oben diskutierten Managementkosten M auf motivationale Aspekte zur Sicherung kooperativen Verhaltens innerhalb von Akteursbeziehungen beziehen. Die Entwicklung und Nutzung neuer Wissenssets innerhalb von Akteursbeziehungen kann als soziales Dilemma verstanden werden (Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Holmqvist 2004; Larsson / Bengtsson / Henriksson / et al. 1998; Nooteboom 1999a; 2000b; 2004c; Osterloh / Weibel 2004; Parkhe 1993b; White 2005). Hier wird davon ausgegangen, dass neue Ressourcen bzw. neues Wissen innerhalb von Akteursbeziehungen dadurch entstehen, dass Wissenssets, die einem Akteur zur Verfügung stehen, mit Wissenssets anderer Akteure verknüpft werden. Demnach ist es für eine erfolgreiche Exploration neuer Wissenssets notwendig, dass die Akteure innerhalb einer Beziehung ihre Wissenssets jeweils mit anderen teilen. Folglich wird das kollektive oder soziale Optimum erreicht, wenn alle Akteure ihre jeweiligen Wissenssets miteinander teilen. Das Problem ist aber, dass es für einen Akteur individuell vorteilhafter ist, das Wissen anderer Akteure zu absorbieren, ohne sein eigenes Wissen an andere zu transferieren (Alchian / Demsetz 1972; Cabrera / Cabrera 2002; Dawes 1980; Dawes / Van De Kragt / Orbell 1988; Kollock 1998). Es existiert hier folglich ein Hold-up-Problem (Nooteboom 1999a; 2000b; 2004c), wobei sich dieses nicht direkt auf die Exploration neuer Möglichkeiten, sondern auf den dazu notwendigen Transfer vorhandener Wissenssets bezieht. Dass der Transfer spezifischer Wissenssets förderlich für die Exploration neuen Wissens ist, wurde im formalen Modell bereits dadurch konzeptionalisiert, dass die Einsatzkosten η negativ vom Spezifitätsgrad der in t = 1 transferierten Wissenssets A1 beeinflusst werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass es mit zunehmendem A1 immer wahrscheinlicher wird, neues Wissen N zu generieren. Darüber hinaus stellt A1 auch eine bedeutende 196 Auch hier könnte es möglich sein, dass M größer ist als bei rein exploitativen 2 Akteursbeziehungen. Jedoch ist auch hier nicht ersichtlich, warum es diesbezüglich Unterschiede zwischen den Koordinationsmodi geben sollte.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Einflussvariable auf die Governancekosten G1 dar, womit dann dem oben angesprochenen sozialen Dilemma bezüglich der Motivation, Wissenssets zu transferieren, ausreichend Rechnung getragen wird. Einige Autoren scheinen dieser Sichtweise jedoch zu widersprechen, wenn sie argumentieren, dass exploitative Tätigkeiten zwar hinreichend durch formale Governance- bzw. Kontrollmechanismen koordiniert werden können, dies jedoch nicht für explorative Aktivitäten gilt (Brown / Duguid 1991; Chathoth / Heiman / Ungson 2005; Das / Teng 1998; 2002; Nonaka 1994; Osterloh / Weibel 2004; White 2005). So konstatieren Bijlsma-Frankema und Costa (2005, S. 268), dass „social control modes of governance will be more suited to sustain exploration of tacit knowledge and knowledge-based value creation, whereas formal control modes of governance are more adequate to sustain exploitation of knowledge.“

Dies könnte so verstanden werden, dass andere Governancemechanismen für die Exploration notwendig sind als für die Exploitation. Bei genauerer Betrachtung steht diese Argumentation jedoch nicht im Widerspruch zur hier gewählten formalen Modellierung, sondern scheint diese ganz im Gegenteil zu bestätigen. Die Konzeptionalisierung sozialer Kontrollmechanismen steht bei den genannten Autoren nämlich in unmittelbarer Verbindung mit den hier betrachteten Variablen der intentionalen Unsicherheit I und der kognitiven Distanz CD. So weisen die Autoren auf die Bedeutung von vertrauensvollen Beziehungen und / oder von gemeinsamen Normen, Werten, Verhaltensweisen und Interpretationen der beteiligten Akteure für die Exploration hin. Der Bedeutung von Letzterem wird durch die Variable CD, der von Vertrauen durch die Variable I Rechnung getragen. Bspw. führt eine Reduktion von I dazu, dass ein höherer Spezifitätsgrad A im Gleichgewicht gewählt werden kann. Dass dies besonders relevant für explorative Aktivitäten sein sollte, steht in unmittelbarer Verbindung mit der Tatsache, dass im Vergleich zu exploitativen Tätigkeiten der Ertrag bzw. Nutzen explorativer Bestandteile von Aktivitäten viel unsicherer ist, da das Ergebnis Letzterer per Definition ungewiss ist, jedoch positiv von A beeinflusst wird (Gilsing 2003; Levinthal / March 1993; March 1991). Auf der anderen Seite verursacht Exploration jedoch einen definitiven Aufwand; eine Interaktion der Akteure unter Einsatz spezifischer Ressourcen A ist notwendig und verursacht daher Koordinationskosten. Daraus folgt, dass es vorteilhaft wäre, höhere Spezifitätsgrade A bei gleichbleibenden Koordinationskosten G und M einzusetzen. Bei gleichbleibendem I ist ein höherer Spezifitätsgrad A nur zu höheren G und M möglich (∂M / ∂A > 0; ∂G / ∂A > 0). Kann I jedoch reduziert werden, können höhere Spezifitätsgrade A zumindest zu gleichen Governancekosten G eingesetzt werden (∂G / ∂I < 0).

E. Dynamische Modellerweiterung

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Die kognitive Distanz CD übt im vorliegenden Modell keinen Einfluss auf die Governancekosten aus, determiniert jedoch die Managementkosten M. Da sowohl G als auch M Bestandteile der Koordinationskosten CCOO sind, hat eine Reduzierung von CD bezüglich CCOO den gleichen Effekt wie der oben beschriebene bezüglich I. Dass CD hier als Einflussvariable auf M und nicht auf G wirkt, hat hier bezüglich der Exploration keinen differenzierenden Effekt, sondern stellt lediglich einen definitorischen Unterschied zu den oben angesprochenen Arbeiten dar. Folglich kann diesbezüglich auf eine formale Erweiterung verzichtet werden. Im Bezug auf den Einfluss von CD auf die Entwicklungsmöglichkeit von N in Verbindung mit den verschiedenen Koordinationsformen ist hier aber auf einen bedeutenden Aspekt hinzuweisen, der sich zwar bereits aus der vorliegenden formalen Modellierung ergibt, jedoch evtl. nicht direkt ersichtlich ist. So wurde in Kap. B. II. 5. b) bb) und in Kap. E. I. 1. c) anhand der Gleichung (15.4) bereits herausgestellt, dass die verschiedenen Koordinationsformen unterschiedliche intertemporale CD-Reduktionspotentiale aufweisen (∂∆CD / ∂COOi1 > ∂∆CD / ∂COOh1 > ∂∆CD / ∂COOm1). Hier ist nun weniger dieses Verhältnis direkt von Bedeutung, sondern vielmehr die ergänzenden Ausführungen bezüglich des Unterschieds zwischen einer Verringerung und einer Überbrückung der kognitiven Distanz. In Kap. B. II. 5. b) bb) wurde konstatiert und anhand Abb. 3 verdeutlicht, dass es bei hierarchischer Koordination eher zu einer Verringerung der CD, also zu einer Angleichung der kognitiven Positionen kommt, während eine hybride Koordination eher eine Überbrückung dieser ermöglicht. Unter Rekurs auf die Diskussion in Kap. E. II. 1. und dort insbesondere Abb. 19 kann daher angenommen werden, dass eine hybride Koordination im Vergleich zur hierarchischen bei der gemeinsamen Exploitation und Exploration innerhalb von Akteursbeziehungen gewisse relative Vorteile aufweisen wird. Dies ist der Fall, da einerseits für die Exploration eine hinreichend große CD vorteilhaft ist, andererseits die CD zu Exploitationszwecken möglichst gering sein sollte. Die hybride Koordination erlaubt durch die angesprochene Überbrückungsfunktion folglich im Zeitverlauf eine relativ große Reduktion der CD zur Exploitation, ohne dass sich die kognitiven Positionen der Akteure „zu weit“ annähern, um die Exploration zu gefährden. Durch die Hierarchie kann es hingegen dazu kommen, dass sich die kognitiven Positionen der involvierten Akteure so weit angleichen, dass eine Exploration nicht oder nur zu höheren Kosten möglich ist. Es stellt sich weiterhin die Frage, ob es durch den Einbezug explorativer Aspekte in die Betrachtung von Akteursbeziehungen notwendig wird, den Governancekostenterm in der zweiten Periode zu verändern bzw. zu erwei-

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

tern. In t = 2 können die explorierten Ressourcen N wie bereits beschrieben zur Erlössteigerung und / oder zur Produktionskostensenkung eingesetzt werden. Ihre Funktion ist hier folglich vergleichbar mit der des Einsatzes a priori vorhandener Ressourcen A. Im Unterschied zu Letzterem kommt es aber durch den Einsatz von N zu keinem Hold-up-Problem, da dieses nur bei einer asymmetrischen Verteilung der spezifischen Ressourcen zwischen den Beziehungspartnern besteht (Klein / Crawford / Alchian 1978; Oxley 1997; Williamson 1975; 1985; 2008). N ist zwar spezifisch im Hinblick auf die betrachtete Beziehung und trägt innerhalb dieser zur Mehrwertsteigerung bei, jedoch ist mit N über den Beitrag von A1 hinaus kein Opportunismusanreiz verbunden. Die spezifischen Investitionen, die für den Einsatz von N erforderlich sind, fallen bereits in t = 1 durch den Einsatz von A1 an und werden zur gleichen Zeit auch die Governancekosten G1 beeinflussen. In t = 2 steht N dann bereits allen Akteuren zur Verfügung und muss nicht erst transferiert werden; für den Einsatz von N sind in t = 2 somit keine spezifischen Investitionen mehr erforderlich. In t = 2 stellt N sozusagen ein gemeinsames oder gegenseitiges spezifisches Investment dar, dessen Mehrwertgenerierungspotential für alle Parteien bei Beziehungsaustritt reduziert würde. Unter alleinigem Verweis auf N ist die Androhung eines Beziehungsaustritts nicht glaubhaft, da sich der drohende Akteur selbst schlechter stellen würde. So betrachtet müssen keine zusätzlichen Sicherungsmechanismen durch den Einsatz von N etabliert werden, da ein opportunistisch agierender Akteur sich aus Eigeninteresse kooperativ verhalten wird. Es kann in t = 2 jedoch durchaus ein Spill-over-Problem bestehen, da die neu entwickelte Ressource N außerhalb der betrachteten Akteursbeziehung kompetitiv im Bezug auf den fokalen Akteur genutzt werden könnte (Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Nooteboom 2004a; 2004b; 2004c; 2006b; Wuyts / Colombo / Dutta / et al. 2005). Bspw. könnte N durch andere Beziehungen des Partners mit weiteren Akteuren evtl. unintendiert zu (potentiellen) Wettbewerbern übertragen werden oder sogar vom Beziehungspartner außerhalb der fokalen Beziehung im Wettbewerb mit dem betrachteten Akteur eingesetzt werden. Als Konsequenz muss der fokale Akteur geeignete Governance- bzw. Sicherungsmechanismen etablieren, wobei hier die Argumentation gleich der bezüglich des Einsatzes spezifischer Ressourcen A ist. Der Spezifitätsgrad neuer Ressourcen N wird einen positiven Einfluss auf die Höhe der Governancekosten G haben, wobei auch hier die etablierten Unterschiede zwischen den Governanceformen bestehen (∂G2 / ∂N > 0). Offensichtlich wird auch hier eine hierarchische Governanceform i relativ effizienter sein, einen Spill-over zu vermeiden, als die hybride h, die wiederum relativ effizienter sein wird als der marktliche Koordinationsmodus (∂Gm2 / ∂N > ∂Gh2 / ∂N > ∂Gi2 / ∂N).

E. Dynamische Modellerweiterung

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Zusammenfassend ergibt sich bezüglich der Koordinationskosten bei Integration explorativer Aspekte lediglich eine Änderung im Vergleich zu den Gleichungen (17), (17.1) bis (17.4), die wie folgt formal dargstellt werden kann G2 ( A2 ; I 2 ; N 2 ;U 2 )

wobei:

 G2 G  G2  G2 > 0; 2 > 0; > 0; > 0  A2  I2  N2 U2

wobei:

 G2i  G2h  G2m  G2i  G2h  G2m < < ; < < ;  A2  A2  A2  I 2  I 2  I 2

(20)

 G2i  G2h  G2m  G2i  G2h  G2m < < ; < <  N2  N2  N2  U 2  U 2  U 2

Die Governancekosten in t = 2 G2 werden von dem Spezifitätsgrad vorhandener Ressourcen A2, der intentionalen Unsicherheit I2, dem Spezifitätsgrad neuer Ressourcen N2 und der Umweltunsicherheit U2 jeweils positiv beeinflusst (∂G2 / ∂A2 > 0; ∂G2 / ∂I2 > 0; ∂G2 / ∂N2 > 0; ∂G2 / ∂U2 > 0). Dabei ergeben sich bezüglich aller genannten Variablen Unterschiede zwischen den einzelnen Governanceformen. Die Hierarchie i wird den geringsten, marktliche Arrangements m den höchsten Anstieg der Governancekosten G bei einer Steigerung von A2, I2, N2 und / oder U2 erfahren, hybride Modi liegen bezüglich all dieser Variablen zwischen beiden erstgenannten Formen (∂Gi2 / ∂A2 > ∂Gh2 / ∂A2 > ∂Gm2 / ∂A2; ∂Gi2 / ∂I2 < ∂Gh2 / ∂I2 < ∂Gm2 / ∂I2; ∂Gi2 / ∂N2 < ∂Gh2 / ∂N2 < ∂Gm2 / ∂N2 und ∂Gi2 / ∂U2 < ∂Gh2 / ∂U2 < ∂Gm2 / ∂U2).

III. Kritische Würdigung der dynamischen Modellerweiterung In vorliegenden Abschnitt erfolgte die zuvor geforderte Dynamisierung des zuvor statisch konzeptionalisierten Modells, wobei exploitative und explorative Aspekte getrennt voneinander diskutiert wurden. Dabei konnten die identifizierten und in Kap. D. VIII. herausgestellten Unzulänglichkeiten einer rein statischen Modellierung aufgegriffen und beseitigt werden. Durch die Dynamisierung können nunmehr bestimmte Interaktionseffekte zwischen Gestaltungsvariablen modelliert werden. Hier standen die dynamischen endogenen Veränderungen im Zentrum des Interesses, da gerade diese von den Akteuren in ihrem Entscheidungskalkül bezüglich der optimalen Ausgestaltung von internationalen Beziehungen berücksichtigt werden müssen. Insbesondere die Modellierung von intertemporalen Auswirkungen einer Koordi-

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

nationsformenwahl sowie des Spezifitätsgrades der eingesetzten Ressourcen oder Wissenssets führt dabei zu Ergebnissen, die so aus einer rein statischen Sicht nicht erkennbar sind und evtl. zu einer anderen Bewertung der möglichen Ausgestaltungsalternativen führen können. Konkret wurde in Kap. E. I. auf exploitative Aspekte einer Dynamisierung eingegangen. Dort wurden wesentliche intertemporale Effekte insbesondere im Bezug auf den Spezifitätsgrad A, die kognitive Distanz CD und die intentionale Unsicherheit I dargestellt, die jeweils von den unterschiedlichen Koordinationsformen i, h und m differenziert beeinflusst werden. So konnte gezeigt werden, dass der Einsatz spezifischer Ressourcen zu einem Zeitpunkt auch in den Folgeperioden positiv auf den erzielbaren Mehrwert innerhalb einer Beziehung wirken kann (∂C2 / ∂A1 < 0 und ∂R2 / ∂A1 > 0). Für die Koordinationsformenwahl bedeutet dies, dass sich das relative Vorteilhaftigkeitsverhältnis in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades A zu Gunsten hierarchischerer Koordination verstärkt (∂CiCOO / ∂A < ∂ChCOO / ∂A < ∂CmCOO / ∂A).197 Anders formuliert, könnte der Einbezug dieses Effektes in das Einscheidungskalkül dazu führen, dass im Vergleich zur rein statischen Betrachtung ein bereits anfänglich höherer Spezifitätsgrad optimal ist und folglich eine hierarchischere Koordinationsform gewählt werden sollte. Zu vergleichbaren Ergebnissen führt auch die dynamische Diskussion möglicher intertemporaler Veränderungen der kognitiven Distanz CD. Bereits aus der statischen Modellkonzeptionalisierung ging klar hervor, dass eine Verringerung von CD positiv auf den realisierbaren Mehrwert wirken wird. Einerseits lassen sich durch den über die Parameter α und / oder δ vermittelten Effekt höhere Spezifitätsgrade A einsetzen, die wiederum produktionskostensenkend oder erlössteigernd wirken. Andererseits verringern sich die Managementkosten M über alle Koordinationsformen hinweg. Folglich ist aus dynamisch exploitativer Sicht von besonderem Interesse, wie sich die CD innerhalb einer Akteursbeziehung größt- oder schnellst197 Wenn der Einsatz von A wie beschrieben auch in den Folgeperioden positiv wirkt, so wird ein Einsatz von A relativ vorteilhafter im Vergleich zur reinen zeitpunktbezogenen Betrachtung, wodurch tendenziell höhere Spezifitätsgrade A optimal werden. Da nun die Hierarchie auch aus dynamischer Sicht bei steigendem A relativ vorteilhafter im Vergleich zu hybriden Koordinationsformen wird, die wiederum relativ vorteilhafter im Vergleich zu marktlichen Arrangements werden, sollten hierarchischere Koordinationsformen aus dynamischer Sicht „relativ häufiger“ gewählt werden als aus statischer. Außerdem ist hier darauf hinzuweisen, dass die Unterschiede zwischen marktlichen Arrangements auf der einen und der hybriden sowie hierarchischen Koordinationsform auf der anderen Seite stärker ausgeprägt sein werden als zwischen beiden letztgenannten Modi, da sich hier die Managementkosten M in Abhängigkeit von A nicht unterscheiden, die marktlicher Koordination jedoch schon.

E. Dynamische Modellerweiterung

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möglich reduzieren lässt. Diesbezüglich wurde in der dynamischen Modelldiskussion herausgestellt, dass hierarchischere Koordinationsformen – i und h – besser geeignet sind als marktliche Arrangements m, wobei diese Aussage auf mehreren diskutierten Effekten beruht, die alle auf der Annahme basieren, dass das Maß an Interaktionsintensität sowie -häufigkeit eine Reduktion von CD positiv beeinflussen wird: Erstens wird der Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A den notwendigen Intensitätsgrad der Interaktion positiv beeinflussen. Da nun bereits aus der statischen Argumenten hervorging, dass innerhalb der Hierarchie höhere Spezifitätsgrade A effizient eingesetzt werden können als innerhalb hybrider Arrangements, innerhalb derer wiederum höhere A als in marktlichen effizient eingesetzt werden können, kann auch aus dynamischer Sicht davon ausgegangen werden, dass die Hierarchie das größere CD-Reduzierungspotential aufweisen wird als Hybride und insbesondere das Reduktionspotential marktlicher Arrangements deutlich geringer sein wird als das der beiden erstgenannten. Eine Reduktion der CD hat daher zur Folge, dass höhere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden können, die wie oben beschrieben mehrwertsteigernd wirken und zudem dazu führen, dass hierarchischere Koordinationsformen relativ effizienter werden als marktliche. Zweitens wurde gezeigt, dass die Koordinationsmodi auch unmittelbar einen differenzierten Einfluss auf eine mögliche Reduzierung der CD aufweisen, wobei auch hier das zuvor beschriebene relative Verhältnis der Modi untereinander existieren wird (∂∆CD / COOi1 > ∂∆CD / ∂COOh1 > ∂∆CD / ∂COOi1) auf ∆CD C2 / ∂A1 < 0 und ∂R2 / ∂A1 > 0). Zusammengenommen führt daher auch der Einbezug der intertemporalen Möglichkeit einer CD-Reduktion aus komparativ statischer Sicht dazu, dass sich das relative Vorteilhaftigkeitsverhältnis zu Gunsten hierarchischerer Koordination verstärkt, wobei hier die Unterschiede zwischen marktlichen Arrangements auf der einen und hybrider sowie hierarchischer Koordination auf der anderen Seite stärker ausgeprägt sein werden als die der beiden letztgenannten Modi untereinander. Den dynamischen Effekten in Verbindung mit A und CD im Bezug auf die relative Vorteilhaftigkeit der Koordinationsformen entgegengesetzt ist jedoch der dritte wesentliche intertemporale Effekt, der die Möglichkeit einer Veränderung der intentionalen Unsicherheit I bzw. eines Vertrauensaufbaus beschreibt. Diesbezüglich wurde herausgestellt, dass ein möglicher Vertrauensaufbau zum einen voraussetzt, dass opportunistisches Verhalten auf Seiten eines Akteurs potentiell möglich und vorteilhaft sein muss. Daher wird sich Vertrauen umso eher oder mehr aufbauen lassen, je größer der Spezifitäts-

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

grad A der eingesetzten Ressourcen innerhalb einer Beziehung ist (∂∆I / ∂A1 > 0).198 Zum anderen muss der fokale Akteur dazu in der Lage sein, bei der Beobachtung der Handlungen seines Beziehungspartners zwischen vertrauensvoll motivierten und anderen Verhaltensweisen zu unterschieden. Dazu spielt neben der kognitiven Distanz CD die gewählte Koordinationsform COO eine zentrale Rolle. Je geringer die kognitive Distanz CD zwischen zwei Akteuren ist, umso wahrscheinlicher wird eine richtige Zuschreibung oder Attribution von Intentionen und beobachtbaren Handlungen oder Verhaltensweisen, was letztendlich positiv auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus wirkt ((∂∆I / ∂CD1 < 0). Im Bezug auf den Einfluss der gewählten Koordinationsform COO wurde nun herausgestellt, dass der marktliche Modus m einen Vertrauensaufbau wenn überhaupt nur in geringem Maße ermöglicht, wobei hier auch nicht von gegenteiligen Effekten – also dem Aufbau von Misstrauen – ausgegangen wird. Maßgeblich für diese Einschätzung waren die relativ geringen Interaktionsmöglichkeiten, die ein direktes Beobachten von Verhalten und Handlungen des Beziehungspartners schwer möglich machen. Hierbei ist zu betonen, dass diese Beurteilung der Möglichkeit des Vertrauensaufbaus sowohl direkt auf den Eigenschaften der marktlichen Koordinationsform basiert als auch darauf, dass innerhalb dieser nur geringe Spezifitätsgrade A effizient eingesetzt werden können, wenn nicht schon zuvor ein hohes Maß an Vertrauen existiert. Das größte Potential, Vertrauen aufzubauen, ist mit der hybriden Koordination verbunden, da sich deren Eigenschaft am ehesten zur Reduktion von I eignen und hier zudem höhere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden können. Die hierarchische Koordination gibt hingegen ein zwiespältiges Bild ab. Einerseits ermöglicht diese den Einsatz der relativ höchsten Spezifitätsgrade A und eine intensive Interaktion, wodurch sie den Vertrauensaufbau befördern kann. Andererseits kann die Hierarchie sogar zur Reduktion von Vertrauen bzw. Misstrauen führen. Daher wurde davon ausgegangen, dass sich dieser Modus insgesamt zwar eher als marktliche, jedoch weniger als hybride Koordinationsformen zu Aufbau von Vertrauen eignet (∂∆Ι / ∂COOh1 > ∂∆Ι / ∂COOi1 > ∂∆Ι / ∂COOm1). Bereits im statischen Modell wurde herausgearbeitet, dass eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit I zu einer Reduktion der Koordinationskosten bzw. der variablen Governancekosten G führt, was sich offensichtlich profitsteigernd auswirken kann. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass der größte Reduktionseffekt bei marktlichen Arrangements m und der geringste bei der Hierarchie i zu erwarten ist; Hybride h liegen diesbezüglich dazwi198 Hier wurde außerdem auf den Einfluss des Umweltunsicherheitsgrades U auf die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen, hingewiesen (∂∆I / ∂U1 > 0).

E. Dynamische Modellerweiterung

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schen. Daher ist mit Bezug auf die obige Argumentation des dynamischen Vertrauensaufbaus davon auszugehen, dass aus komparativ statischer Sicht hybride Koordinationsformen relativ vorteilhafter gegenüber hierarchischen und auch marktlichen werden.199 Die zusammenfassende Darstellung der exploitativen Aspekte in der dynamischen Modellierung abschließend, soll hier noch auf den möglichen Zusammenhang zwischen intertemporaler Reduktion der kognitiven Distanz CD und der intentionalen Unsicherheit I hingewiesen werden, aus dem dann in Verbindung mit obiger Argumentation nicht mehr ganz so eindeutige Konsequenzen für die Koordinationsformenwahl resultieren. Da wie oben beschrieben ∂∆Ι / ∂CD < 0 gilt und die Hierarchie ein größeres intertemporales CD-Reduzierungspotential aufweist als Hybride, kann auch argumentiert werden, dass die hierarchische Koordination den Vertrauensaufbau indirekt stärker befördert als die hybride. Welcher Effekt stärker ist, kann folglich nicht mehr allgemeingültig geklärt werden. Marktliche Arrangements werden jedoch auch aus dieser Sicht das schwächste Potential aufweisen, die intentionale Unsicherheit I zu reduzieren. In Kap. E. II. wurde dann, die formale Diskussion abschließend, auf explorative dynamische Aspekte der Ausgestaltung von internationalen Akteursbeziehungen eingegangen und dabei insbesondere auf die Möglichkeit, im Zeitverlauf innerhalb einer Beziehung neue spezifische Wissenssets N zu entwickeln. Die Bedeutung des Einbezugs dieser intertemporalen Aspekte in das Entscheidungskalkül der Akteure kann dabei wie folgt zusammengefasst werden: Wenn neue spezifische Wissenssets N im Zeitverlauf entwickelt werden können, so lassen sich diese evtl. auch innerhalb der fokalen internationalen Akteursbeziehung ähnlich wie schon vorhandene spezifische Ressourcen A zur Mehrwertgenerierung (∂C2 / ∂N2 < 0 und / oder ∂R2 / ∂N2 > 0) und damit letztendlich profitsteigernd einsetzen. Folglich war es hier von besonderem Interesse, welche Variablen eine solche Entwicklung von N befördern und wie sich diese Erweiterung auf die Optimalität der Koordination von existierenden exploitativen Akteursbeziehungen bzw. auf das Verhältnis der diskutierten Koordinationsformen untereinander auswirkt. In der formaltheoretischen Diskussion wurde dabei herausgestellt, dass die Möglichkeit N zu entwickeln – die innerhalb des Modells durch den 199 Wie dargestellt würde eine Reduktion von I zwar den größten positiven Effekt auf die relative Vorteilhaftigkeit marktlicher Koordination haben, dem steht jedoch entgegen, dass hier eine Reduktion von I am wenigsten möglich ist. Die Hierarchie bietet diesbezüglich zwar größere Möglichkeiten, wobei jedoch ein noch signifikanterer Vertrauensaufbau innerhalb hybrider Arrangements realisierbar ist. Zudem ist der positive Effekt einer Reduktion von I auf die relative Vorteilhaftigkeit der hierarchischen Koordinationsform am geringsten. Damit kann das Verhältnis von Markt und Hierarchie hier nicht eindeutig angegeben werden.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

(Opportunitäts-)Kostenparameter η dargestellt wurde – entscheidend vom Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A, dem Interdependenzgrad ID sowie von der kognitiven Distanz CD abhängt. Ein direkter Einfluss der Koordinationsform COO ist dagegen hier nicht ersichtlich. Da eine Steigerung von A eine intensivere Interaktion notwendig macht und eine solche wiederum positiv auf die Entwicklungsmöglichkeit neuer Wissenssets N wirkt, kann ein positiver Einfluss von A auf Letztere angenommen werden (∂η / ∂A1 < 0). Der Einfluss der kognitiven Distanz CD auf N ist komplexer. Einerseits müssen die neu entwickelten Ressourcen N vergleichbar mit A innerhalb einer Akteursbeziehung eingesetzt werden, damit ein Mehrwert entstehen kann. Daher wird sich eine große CD zum Zeitpunkt des Einsatzes – wie schon bei A über αA – negativ auf die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N über den Parameter αN2 auswirken (∂αN2 / ∂CD2 < 0). Andererseits sind die aus der kognitiven Distanz zwischen Akteuren resultierenden divergierenden Ansichten und Erfahrungen zum Entwicklungszeitpunkt notwendig für das gemeinsame Entdecken neuer Wissenssets N, sodass hier von einem positiven Einfluss von CD auf die Möglichkeit, N zu entwickeln, ausgegangen wird (∂η / ∂CD1 < 0). Zusammenfassend kann hier somit angenommen werden, dass eine Reduktion der kognitiven Distanz CD auch unter Einbezug explorativer Aspekte vorteilhaft ist, dies jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt gilt. Wird die CD darüber hinaus weiter reduziert, so werden die mit der CD-Reduktion einhergehenden Effizienzvorteile vom auch damit verbundenen „Verlust der Innovationsfähigkeit“ überkompensiert. Anders formuliert, wäre es optimal, eine hinreichend geringe kognitive Distanz für eine effiziente Kooperation zu erreichen, die auf der anderen Seite ausreichend groß sein sollte, um neue Wissenssets entdecken zu können. Diesbezüglich wurde innerhalb der Koordinationsformendiskussion mehrfach darauf hingewiesen, dass hier letztendlich hybride Modi besser geeignet scheinen als hierarchische und marktliche, da allein Hybride eine Überbrückung der CD ermöglichen. Der Einfluss des Interdependenzgrades ID auf die Möglichkeit, neue Wissenssets N zu entwickeln und zu nutzen, ist dem der CD genau entgegengesetzt. Während ein hoher Interdependenzgrad bei der Entwicklung von N hinderlich ist bzw. diese verteuert (∂η / ∂ID1 > 0), macht ein hoher ID den Einsatz von N vorteilhafter (∂αN2 / ∂ID2 > 0). Auch die Koordinationskosten werden über die variablen Governancekosten G vom Spezifitätsgrad der neuen Ressourcen N – wie von A – beeinflusst, wobei sich dieser Effekt weniger auf die Entwicklung bezieht, sondern erst relevant wird, wenn ein Spill-over-Risiko besteht (∂G2 / ∂N > 0). Hier besteht das bereits etablierte relative Verhältnis der Governanceformen untereinander (∂Gi2 / ∂N < ∂Gh2 / ∂N < ∂Gi2 / ∂N).

E. Dynamische Modellerweiterung

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Insgesamt verweisen die obigen Ausführungen bezüglich der intertemporalen Exploration und Exploitation neuer Wissenssets darauf, dass hybride Koordinationsmodi relativ geeigneter als insbesondere marktliche zu sein scheinen und zu einem geringeren Maß auch als hierarchische Arrangements: Innerhalb von Hybriden können höhere Spezifitätsgrade A als im Marktmodus eingesetzt werden, wobei diesbezüglich die Hierarchie sogar noch vorteilhafter wäre. Allerdings ist eine effiziente Koordination durch hybride Strukturen im Vergleich zur Hierarchie auch noch bei größeren kognitiven Distanzgraden möglich. Außerdem lässt sich die CD im Zeitverlauf innerhalb von Hybriden im Vergleich zu marktlichen Arrangements besser „überbrücken“, was hier von besonderer Bedeutung ist, da so die Koordinationseffizienz gesteigert werden kann, ohne die CD im entsprechenden Ausmaß zu reduzieren und so an Innovationsfähigkeit einzubüßen. Im Gegensatz dazu kommt es innerhalb der Hierarchie im Zeitverlauf zu einer stärkeren CD-Reduktion. Anders als marktliche Arrangements können Hybride drüber hinaus bei größeren Interdependenzgraden ID eine effiziente Koordination gewährleisten. Diesbezüglich ist zwar die Hierarchie noch vorteilhafter, da hier noch höhere ID effizient koordiniert werden können, jedoch werden sich wie dargestellt hohe ID negativ auf die Exploration von N auswirken. Bezüglich dieser relativen Vorteilhaftigkeitsaussagen ist hier jedoch noch einmal auf den Unterschied zwischen real existierenden institutionellen Arrangements oder Organisationsformen und ideellen Mechanismen zur Koordination hinzuweisen, die evtl. auch gemeinsam innerhalb realer Institutionen oder Organisationsformen genutzt werden können. Die obigen Aussagen beziehen sich dabei auf diese ideellen Mechanismen. Diesen Ausführungen folgend sollte dann bspw. innerhalb einer Akteursbeziehung zwischen Mutter- und ausländischem Tochterunternehmen – die ja als real existierende hierarchische Organisationsform beschrieben werden kann – der Einsatz eher hybrider Koordinationsmechanismen vorteilhaft für die Exploration und Exploitation neuer Wissenssets sein. Da bezüglich Letzterem insbesondere hierarchische und hybride Mechanismen darüber hinaus in unterschiedlichen Bereichen relative Vorteilhaftigkeitsunterschiede aufweisen, die zum Teil gegenläufig sind, scheint insbesondere eine Kombination hybrider und hierarchischer Mechanismen vorteilhaft, die die jeweiligen Stärken dieser ausnutzt.200 Abschließend soll hier noch kurz auf zwei Einschränkungen des vorliegenden Modells bzw. evtl. bedeutende potentielle Ergänzungen eingegangen 200 Bspw. könnte versucht werden, die relative Stärke der Hierarchie bei der Absicherung opportunistischen Verhaltens, die den Einsatz größtmöglicher Spezifitätsgrade erlaubt, mit der relativen Stärke des Hybrids bezüglich der Beibehaltung einer ausreichenden kognitiven Distanz zu kombinieren.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

werden, die in Verbindung mit der vorliegenden dynamischen Erweiterung stehen: Erstens könnten sich bedeutende Konsequenzen für die Ausgestaltung von internationalen Akteursbeziehungen ergeben, wenn die Betrachtung von der Dyade – wie sie hier vorliegt – auf ein Beziehungsnetzwerk ausgedehnt wird, da es in diesem Fall zu Interaktionen zwischen den einzelnen dyadischen Beziehungen kommen könnte. Aus einer Netzwerkperspektive könnte sich bspw. eine interessante Interpretation der dargestellten Konsequenzen des Einbezugs explorativer Aspekte durch die Integration der Möglichkeit, mehrere simultane Akteursbeziehungen mit jeweils unterschiedlichen Koordinationsformen einzugehen, ergeben. Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich, hat nämlich eine hierarchischere Koordination relative Vorteile gegenüber einer marktlicheren bei der Exploitation einmal entwickelter Wissenssets, wohingegen Erstere insgesamt eher problematisch bei der Exploration ist. Folglich könnte dann versucht werden, neue Wissenssets innerhalb hybrider Arrangements zu entwickeln und diese anschließend innerhalb hierarchischer Modi zu nutzen. Außerdem könnten aus einer Netzwerkperspektive andere Variablen – wie bspw. die Dichte (density) oder Betweenness-Zentralität – für die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen von Bedeutung sein (Burt 2000; Dekker 2001; Dyer / Singh / Kale 2008; Gilsing 2003; Gilsing / Nooteboom / Vanhaverbeke / et al. 2008; Nooteboom 2004a; 2009). Zweitens wurde hier die Möglichkeit, neue Wissenssets zu entwickeln, relativ eingeschränkt diskutiert, da hier lediglich der Fall betrachtet wurde, dass solche Wissenssets sozusagen als „Nebenprodukt“ in einer exploitativen Akteursbeziehung entwickelt und auch in dieser eingesetzt werden können. Es ist aber durchaus plausibel, dass Akteursbeziehungen primär oder gar ausschließlich zu Explorationszwecken eingegangen werden, wie dies in der Realität anhand von R&D-Kooperationen offensichtlich der Fall ist. Außerdem können, wie schon kurz angesprochen, neue Wissenssets auch auf anderen Wegen als durch Interaktion von Akteuren entstehen (Nooteboom 2001; 2009).

F. Der Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung Im vorhergehenden Abschnitt wurde bereits kurz die potentielle Ergänzungsmöglichkeit thematisiert, im vorliegenden Modell die Betrachtung über eine dyadische Akteursbeziehung hinaus zu erweitern. Wenngleich dies hier nicht mehr umfassend erfolgen soll, so bietet sich dennoch ein erster Schritt in diese Richtung durch die Ergänzung um einen möglichen Einbe-

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

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zug einer dritten Partei in eine Akteursbeziehung an. So wurde innerhalb der Ausführungen in Kap. B. an mehreren Stellen auf Möglichkeiten verwiesen, eine dritte Partei innerhalb einer Akteursbeziehung zu unterschiedlichen (Koordinations-)Zwecken einzusetzen. Die formale Diskussion abschließend, sollen diese hier daher integrativ und in Bezug auf das vorliegende Modell diskutiert werden. Bezüglich der Koordination von Akteursbeziehungen wird in der Literatur die Möglichkeit des Einsatzes einer dritten Partei zwar erwähnt, anerkannt und teilweise auch ausführlicher diskutiert, jedoch betrachten die Autoren die Rolle dritter Parteien weitestgehend als „tangential“ zu der von ihnen jeweils diskutierten Problematik und sprechen daher meist nur eine mögliche Funktion dritter Parteien an (Bello / Lohtia 1995; Burt 1992; 1997; Chetty / Blankenburg Holm 2000; Cho 1987; de Jong / Klein Woolthuis 2008; Fukuyama 1995; Grant / Baden-Fuller 2004; Gulati 1999; Jansson 2008; Johanson / Mattsson 1988; Mesquita 2007; Peng / Ilinitch 1998; Peng / Hill / Wang 2000; Peng 1998; Simmel 1917; Sharma / Blomstermo 2003; Vissak 2003; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005; Zucker 1986). Eine systematische Betrachtung der unterschiedlichen Funktionen, die dritte Parteien in einer Akteursbeziehung einnehmen können, erfolgt i. d. R. jedoch nicht (siehe aber bspw.: Duplat 2009; Gould / Fernandez 1989; Howells 2006; Nooteboom 1999a; 1999b; 2000a; 2004c). In Kap. B. wurde bereits herausgestellt, dass dritte Parteien unterschiedliche Funktionen bei der Koordination von Akteursbeziehungen einnehmen und so letztendlich die Ergebnisse solcher Beziehungen signifikant beeinflussen können. Dabei wurde festgestellt, dass sich diese unterschiedlichen Funktionen bzw. Koordinationsaspekten zuordnen lassen, die im Kontext mit den hier betrachteten Theorieperspektiven stehen: Einerseits können dritte Parteien Managementfunktionen wahrnehmen, indem sie die Interaktionen der Akteure erleichtern, andererseits können dritte Parteien unterschiedliche Governancefunktionen bei der Kontrolle und Absicherung gegen opportunistisches Verhalten ausfüllen (Duplat 2009; Howells 2006). Darüber hinaus können dritte Parteien zur Reduktion der intentionalen Unsicherheit bzw. zum Vertrauensaufbau innerhalb einer Akteursbeziehung beitragen, was vornehmlich auch einen Governanceaspekt darstellt (Dasgupta 1988; Mesquita 2007; Nooteboom 2004c; Woolthuis / Hillebrand / Nooteboom 2005). Im Folgenden werden diese Funktionen und resultierenden Effekte detaillierter diskutiert und in Beziehung zum vorliegenden formalen Modell gesetzt. Diesbezüglich ist zunächst allgemein anzumerken, dass der Einsatz einer dritten Partei – die sowohl ein individueller Akteur als auch eine Organisation sein kann – in einer Akteursbeziehung grundsätzlich in allen drei hier

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

betrachteten Koordinationsformen möglich ist.201 Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal einer dritten Partei ist damit, dass sie im Gegensatz zu den anderen Akteuren nicht direkt am Leistungserstellungsprozess beteiligt ist, sondern ausschließlich oben genannte Koordinationsfunktionen wahrnimmt. Solche trilateralen Akteursbeziehungen erhöhen dann zunächst den Fixkostenbestandteil β der Koordinationskosten gegenüber β in einer bilateralen Akteursbeziehung über alle Koordinationsmodi hinweg. Das Ausmaß dieser Erhöhung wird dabei nicht unbedingt von der jeweils gewählten Koordinationsform bestimmt werden, sondern vielmehr von der Anzahl und Intensität der von der dritten Partei bereitgestellten Leistungen. So wird bspw. die Inanspruchnahme von Leistungen der dritten Partei zur Partnersuche und -auswahl geringere Mehrkosten verursachen als der permanente Einbezug zur kontinuierlichen Absicherung gegen opportunistisches Verhalten (Nooteboom 1999b). Diesen Mehrkosten sollte dann ein Nutzen durch den Einsatz einer dritten Partei entgegenstehen, wobei dieser Nutzen in den oben angesprochenen unterschiedlichen Funktionen begründet ist. Diese werden daher im Folgenden nacheinander diskutiert.

I. Governancefunktionen des Einsatzes einer dritten Partei Bereits in der klassischen TCE wird die Möglichkeit einer trilateralen Beziehungsausgestaltung angezeigt, um dem Hold-up-Problem bei Einsatz spezifischer Ressourcen zu begegnen (Kreps 1996b; Williamson 1985; 1996b). Da in einem solchen Fall eine bilaterale marktliche Lösung ineffizient ist, stellt der Einbezug einer dritten Partei eine Alternative zur hierarchischen Integrationslösung oder der hybriden bilateralen Ausgestaltung dar, wenn die Frequenz der einzelnen Transaktionen mit einem Akteur gering ist. In diesem Fall ist zwar eine Absicherung gegen opportunistisches Verhalten notwendig, jedoch können Kosten einer bilateralen hybriden oder hierarchischen Beziehungsausgestaltung evtl. durch das geringe Transaktionsvolumen nicht gerechtfertigt sein.202 Der Einsatz einer dritten Partei wird somit durch ein Effizienzargument gerechtfertigt. Eine trilaterale Governanceform erlaubt es, eine geringere Anzahl an Aspekten und Eventualitäten bei der Beziehungsausgestaltung zu berücksichtigen. Fehlende Übereinkünf201 Dies bedeutet dann auch, dass eine dritte Partei nicht unbedingt ein autonomer Akteur sein muss (Gould / Fernandez 1989; Nooteboom 1999b). 202 Eine hierarchische Lösung könnte hier zudem unvorteilhaft sein, wenn so Ineffizienzen – bspw. durch Produktionskostennachteile – gegenüber einer Lösung, die die Autonomie der Akteure bewahrt, entstehen (Kap. C. IV. und D. III. 3.).

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

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te werden durch die prozedurale Festlegung beider Transaktionsparteien substituiert, sich im Falle von Meinungsverschiedenheiten an die dritte Partei zu wenden, die so eine Arbitragefunktion ausfüllt. Entscheidend für das Funktionieren einer solchen trilateralen Lösung ist, dass die beteiligten Akteure unterschiedliche Interessen bzw. Anreize haben (Nooteboom 1999b). Die beiden am Leistungserstellungsprozess direkt beteiligten Akteure haben auf Basis des Einsatzes spezifischer Ressourcen des jeweiligen Beziehungspartners einen Anreiz zu defektieren. Transaktionsparteien werden aus opportunismusmotiviertem Eigeninteresse dem jeweils anderen Akteur bei vorab nicht berücksichtigten Adaptionsnotwendigkeiten mit Beziehungsaustritt drohen, um sich so einen größeren Anteil des Mehrwerts zu Ungunsten des Partners anzueignen. Es liegt also im jeweiligen Interesse dieser Akteure, sich „unfair“ gegenüber dem jeweils anderen zu verhalten. Die dritte Partei hat keinen solchen Anreiz, zu defektieren und mit Beziehungsaustritt zu drohen. Vielmehr hat diese ein opportunistisch motiviertes Eigeninteresse an einer Fortführung der Beziehung, da sie sich nur so einen Teil des in der Beziehung generierten Mehrwertes aneignen kann. Folglich wird sie besonderes Interesse an fairen Regelungen vorab nicht berücksichtigter Aspekte haben, da dies die Fortführung einer Beziehung wahrscheinlicher macht. Durch den Einsatz einer dritten Partei werden dann die Opportunismusanreize der am Leistungserstellungsprozess direkt beteiligten Akteure reduziert, da sich so unvorhergesehene Adaptionen nicht mehr in vollem Umfang opportunistisch ausnutzen lassen, sondern von vornherein bekannt ist, dass die dritte Partei diesbezüglich verbindliche faire Regelungen einsetzten wird.203 Eine erste Funktion des Einsatzes dritter Parteien ist somit die Vermittlung oder Mediation bei Unstimmigkeiten. Damit unmittelbar verbunden ist zweitens eine mögliche Kontroll- oder Überwachungsfunktion (O’Farrell / Moffat 1991; Ostrom / Roundtree / Bettencourt / et al. 2002; Wood 2002). So stellt Duplat (2009, S. 26 f.) heraus, dass „monitoring the relationship throughout the contractual duration is also extremely important and not trivial; especially when the partners are strongly heterogeneous, young and inexperienced. In order to deal with the opportunism […] concern […], it is indeed important to be able to ensure that the partner respects its contractual commitments […]. […] [S]ome third parties can monitor the partner’s activities 203 Ein klassisches Beispiel stellt der Einbezug eines Architekten als dritte Partei in die Beziehung eines Bauherren mit den Bauunternehmen dar. Während Letztere einen Anreiz haben, bei unvorhergesehenen Veränderungsnotwendigkeiten beim Bauobjekt vom Bauherren einen höheren Preis für ihre Aktivitäten zu verlangen und andernfalls mit Beziehungsaustritt drohen können, kann der Architekt nur durch den Fortbestand der Beziehung Geld verdienen und wird daher ein größeres Interesse an fairen oder gerechtfertigten Preisen für die Leistungen haben.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

and behaviors throughout the duration of the contract. Auditing firms, for instance, may be in charge of this monitoring as they inspect, control and certify activities and notably the respect of the contractual commitments via predefined mechanisms and rules.“

Eine dritte Partei mit einer solchen Kontrollfunktion zu beauftragen birgt damit zwei potentielle Vorteile: Erstens kann die dritte Partei superiore Fähigkeiten bei der Kontrolle und Überwachung gegenüber mindestens einem der Akteure besitzen. Zweitens setzten sich die am Leistungserstellungsprozess unmittelbar beteiligten Akteure jeweils einem geringeren Spillover-Risiko aus als bei einer bilateralen Beziehung (Nooteboom 1999b). Würde der fokale Akteur seinem Beziehungspartner erlauben, seine Aktivitäten direkt zu überwachen und zu kontrollieren, könnten sensible Informationen und Wissenssets als unintendiertes Nebenprodukt dieser Kontrollaktivitäten an den Beziehungspartner übertragen werden, die dieser dann opportunistisch „gegen“ den fokalen Akteur verwenden könnte. Mit der Arbitragefunktion verknüpft ist drittens die Möglichkeit, eine dritte Partei als Wächter ökonomischer Geiseln einzusetzen (Bernstein 1996; Greif / Milgrom / Weingast 1994; Milgrom / North 1990; Scher 1997; 2001; Williamson 1985). Um den Opportunismusanreiz durch einseitige spezifische Investitionen eines Akteurs abzuschwächen, kann die andere Partei sensible wettbewerbsrelevante Informationen an den investierenden Akteur übergeben. Dieser kann dann glaubhaft damit drohen, bei opportunistischem Verhalten des anderen Akteurs die sensiblen Informationen bspw. an dessen Wettbewerber weiterzugeben. Problematisch bei einem bilateralen Arrangement ist dabei, dass es auch im opportunistischen Eigeninteresse sein kann, diese Informationen weiterzugeben oder gar selbst zu nutzen. Diese Gefahr des Missbrauchs kann durch den Einsatz einer dritten Partei umgangen werden, indem die Informationen an selbige übertragen werden. Notwendige Voraussetzung ist natürlich, dass die dritte Partei die Informationen nicht zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen kann. Eine vierte auf dem Arbitrageargument basierende Funktion dritter Parteien kann als Reputationsmechanismus umschrieben werden (Greif / Milgrom / Weingast 1994; Gulati / Nohria / Zaheer 2000; Nooteboom 1999b; Tucker 2008). Hier fungieren dritte Parteien sozusagen als Speichermedium für das Verhalten von Akteuren in unterschiedlichen Beziehungen, wobei diese Informationen dann mehreren anderen Akteuren zugänglich gemacht werden können. Durch einen solchen Zugang ist es dann dem fokalen Akteur bereits vor Beziehungseintritt möglich, relativ einfach Informationen über das Verhalten eines anderen Akteurs in der Vergangenheit zu erlangen. Bedeutend ist hier ein Verstärkungseffekt, der opportunistisches Verhalten eines Akteurs wesentlich verteuern kann. Durch den Einsatz einer dritten Partei kann der opportunistisch agierende Akteur nämlich nicht mehr ledig-

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

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lich innerhalb der bestehenden Beziehung sanktioniert werden, sondern verliert darüber hinaus auch andere potentielle Beziehungspartner, die durch die dritte Partei vom opportunistischen Verhalten des Akteurs Kenntnis erlangen und so abgeschreckt werden. Fünftens lassen sich durch den Einsatz einer dritten Partei auch die Transaktionskosten in Form von Suchkosten nach einem geeigneten Partner reduzieren, wenn erstere die Fähigkeit besitzt, Informationen bezüglich der Fähigkeiten und Bedürfnisse potentieller Partner zu sammeln und zu übermitteln (Duplat 2009; Hargadon / Sutton 1997; McEvily / Zaheer 1999).204 Dies kann gerade bei geringen Transaktionsvolumina von essenzieller Bedeutung sein, da hier ansonsten prohibitiv hohe Suchkosten eine Transaktionsbeziehung evtl. gar nicht erst zustande kommen lassen.205 Diesbezüglich ist herauszustellen, dass solche Suchkosten eine Art von Governancekosten darstellen können, die vom Spezifitätsgrad abhängig sind. Je höher der Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen innerhalb einer Akteursbeziehung zur Mehrwertgenerierung sein soll, umso spezifischer werden auch die Anforderungen des fokalen Akteurs an die Fähigkeiten und Bedürfnisse des potentiellen Transaktionspartners sein (Duplat 2009; Hargadon / Sutton 1997). Dadurch wird es dann auch schwieriger, einen Transaktionspartner mit entsprechenden Eigenschaften zu finden. In Bezug auf das formale Modell bedeuten die oben dargestellten Funktionen des Einsatzes dritter Parteien, dass so der positive Einfluss des Spezifitätsgrades A auf die Governancekosten G reduziert wird, da sich durch den Einsatz einer dritten Partei der Opportunismusanreiz für einen Akteur reduziert bzw. die Kosten opportunistischen Handelns erhöht werden. Formal lassen sich obige Ausführungen damit analog zu Gleichung (2) wie folgt zusammenfassen: 204 Diesbezüglich muss hier angemerkt werden, dass die Argumentation bezüglich der Suchkosten nicht allein TCE-basiert sein kann, sondern Argumentationslinien der Wissensperspektive integrieren muss. Notwendige Voraussetzung für die Möglichkeit, die Suchkosten durch den Einsatz einer dritten Partei zu reduzieren, ist nämlich, dass die Akteure über heterogene Ressourcenausstattungen in Form von spezifischem Wissen verfügen müssen. Die dritte Partei muss nämlich über Wissenssets verfügen, die für die Partnersuche und -identifikation relevant sind und die der fokale Akteur nicht besitzt. 205 Ein neueres Beispiel für den Einsatz dritter Parteien in Transaktionsbeziehung stellen Internetplattformen wie „EBAY“ oder „ALIBABA“ dar, die als Intermediäre zwischen Käufern und Verkäufern fungieren. Einerseits reduzieren sie die Suchkosten, um einen geeigneten Transaktionspartner zu finden, andererseits reduzieren sie die Vertragskosten, indem sich sowohl Käufer als auch Verkäufer an ein standardisiertes vorab festgelegtes Transaktionsprocedere halten müssen. Zudem wird hier die Gefahr opportunistischen Verhaltens durch Reputationsmechanismen reduziert.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse Ñ CGOV = β + G ( A ) und CGOV = β Ñ + GÑ ( A)

(21)

mit: β ³ 0; β Ñ > 0 und ∂ G > 0; ∂ G > 0 ∂A ∂A Ñ

Ñ wobei gilt: β < β Ñ und ∂ G > ∂ G ∂A ∂A

In Gleichung (21) sind zunächst die bekannten bilateralen Governancekosten CGOV dargestellt, neben denen nun die allgemeine Formulierung der Governancekosten bei Einbezug einer dritten Partei C∇GOV stehen, deren Bestandteile jeweils mit dem Superskript ∇ versehen sind. Die Bestandteile der Governancekosten mit und ohne Einbezug einer dritten Partei unterscheiden sich nicht hinsichtlich ihrer Art, jedoch in ihren jeweiligen Ausprägungen: Die Fixkostenparameter β und β∇ sowie die Steigungen der variablen Governancekosten in Abhängigkeit vom Einsatz spezifischer Ressourcen ∂G / ∂A und ∂G∇ / ∂A sind positiv. Wie anfangs bereits erwähnt, wird der Einsatz einer dritten Partei aus Sicht des fokalen Akteurs dabei höhere Fixkosten verursachen als bei einer rein bilateralen Beziehungsausgestaltung. Daher wird β < β∇ gelten.206 Dem stehen jedoch geringere variable, vom Spezifitätsgrad A abhängige Governancekosten G durch die oben diskutierten Funktionen der dritten Partei entgegen, sodass ∂G / ∂A > ∂G∇ / ∂A gilt. Anders ausgedrückt, können durch Einbezug einer dritten Partei zu höheren Fixkosten im Optimum größere Spezifitätsgrade A innerhalb einer Beziehung realisiert werden, als dies bei einer gleichen bilateral aus­ gestalteten Beziehung möglich wäre. Dies geht aus der Nebenbedingung ∂π / ∂A  =  –  ∂CPRO / ∂A  –  γ  –  ∂CGOV / ∂A  =  0 in Gleichung (1.2) hervor. Die obige Argumentation impliziert weiterhin, dass die so konzeptionalisierten Einsatzmöglichkeiten einer dritten Partei vor allem innerhalb der marktlichen und der hybriden Koordinationsform Anwendung finden können, jedoch bei der Hierarchie kaum Vorteile versprechen (Williamson 1996b).207 Letzteres ist hier der Fall, da unvorhergesehene Adaptionen durch 206  Aufgrund der Erweiterung um die Managementkosten M, die gemeinsam mit G die Koordinationskosten darstellen, ist der Einbezug von β in den Governancekostenterm CGOV hier genau genommen nicht korrekt, da die Fixkosten für beide Koordinationskostenarten gelten. Dennoch wird β hier den Governancekosten zugerechnet, damit die gegenläufigen Effekte in Bezug auf die Koordinationskosten durch den Einbezug einer dritten Partei klarer erkennbar sind. 207  Hier ist anzumerken, dass auch argumentiert werden könnte, dass eine rein marktliche Beziehung durch den Einsatz einer dritten Partei als hybrides Arrangement anzusehen ist und folglich ein Einsatz einer dritten Partei innerhalb eines marktlichen Arrangements konzeptionell unmöglich ist. Dem wird hier jedoch nicht gefolgt, da vor allem herausgestellt werden soll, dass eine dritte Partei innerhalb



F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung361

autoritäre Entscheidungen bzw. hierarchische Anweisungen erfolgen können und damit die oben beschriebene Vermittlungs- oder Arbitragefunktion einer dritten Partei obsolet ist (Williamson 1991). Genauso scheinen daher auch die Kontrollfunktion, der Reputationsmechanismus und der Einsatz als Geiselwächter relativ bedeutungslos. Bei der hierarchischen Koordination muss der Einbezug einer dritten Partei jedoch nicht völlig nutzlos sein, wenn mögliche Suchkosten in die Betrachtung integriert werden. So können bspw. dritte Parteien ein Unternehmen bei der Suche nach einem geeigneten Übernahmekandidaten behilflich sein (Hargadon / Sutton 1997; McEvily / Zaheer 1999). Da dies jedoch nur eine der fünf bisher dargestellten Funktionen einer dritten Partei entspricht, kann hier davon ausgegangen werden, dass innerhalb der Hierarchie der geringste Nutzen durch einen Einsatz einer dritten Partei im Vergleich zu den anderen Koordinationsformen entsteht. Formal lässt sich damit die obige Gleichung wie folgt erweitern: mÑ m CGOV = β m + G m ( A ) und CGOV = β mÑ + G mÑ ( A ) hÑ h CGOV = β h + G h ( A ) und CGOV = β hÑ + G hÑ ( A ) iÑ i CGOV = β i + G i ( A ) und CGOV = β iÑ + G iÑ ( A )

m h i mÑ hÑ iÑ wobei gilt: ∂ G > ∂ G > ∂ G ; ∂ G > ∂ G > ∂ G für A > 0 ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A

(21.1) und β i > β h > β m ³ 0; β iÑ > β hÑ > β mÑ ³ 0 mit: β m < β mÑ ; β h < β hÑ ; β i < β iÑ m mÑ h hÑ i iÑ und ∂ G > ∂ G ; ∂ G > ∂ G ; ∂ G > ∂ G ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A

(

) (

) (

m mÑ h hÑ i iÑ wobei gilt: ∂ G - ∂ G = ∂G -∂G > ∂G -∂G ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A ∂A

)

Gleichung (21.1) zeigt zunächst, dass sich auch bei der nach einzelnen Koordinationsformen differenzierten Betrachtung durch eine Erweiterung um die Möglichkeit, eine dritte Partei zu Koordinationszwecken einzusetzen, konzeptionell im Vergleich zur ursprünglichen Modellierung nichts ändert. Auch hier bleiben die Verhältnisse der einzelnen Modi untereinander bezüglich der Fixkosten β und der variablen Governancekosten G erhalten einer auch ansonsten als hybrid charakterisierten Akteursbeziehungen weitreichendere Funktionen übernehmen kann als in einer anonymen marktlichen Beziehung.

362

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

(βm∇ < βh∇ < βi∇ und ∂Gm∇ / ∂A > ∂Gh∇ / ∂A > ∂Gi∇ / ∂A). Bezüglich jeder einzelnen Governanceform werden analog zu Gleichung (21) die Governancefixkosten bei Einbezug einer dritten Partei größer sein als ohne (βm < βm∇; βh < βh∇; βi < βi∇) und die Steigung der variablen Kosten geringer (∂Gm / ∂A > ∂Gm∇ / ∂A; ∂Gh / ∂A > ∂Gh∇ / ∂A; ∂Gi / ∂A > ∂Gi∇ / ∂A). Dabei wird die Steigung von G bei den marktlichen und hybriden Modi durch den Einsatz einer dritten Partei im Vergleich zu den entsprechenden bilateralen Arrangements stärker reduziert, als dies bei der Hierarchie der Fall ist ((∂Gm / ∂A – ∂Gm∇ / ∂A) = (∂Gh / ∂A – ∂Gh∇ / ∂A) > (∂Gi / ∂A > ∂Gi∇ / ∂A)). Anders formuliert, kann durch den Einsatz einer dritten Partei im Vergleich zu bilateralen Koordinationsformen innerhalb marktlicher und hybrider Arrangements ein wesentlich höherer Spezifitätsgrad A zu gleichen Governancekosten G eingesetzt werden. Innerhalb der Hierarchie fällt eine solche Steigerungsmöglichkeit des Spezifitätsgrades zwar positiv, jedoch geringer aus.208 Die diskutierten Zusammenhänge sind in der Abbildung 20 noch einmal grafisch dargestellt. Hier sind die Governancekosten der einzelnen Modi ohne den Einsatz einer dritten Partei in Abhängigkeit von A grau abgesetzt. Die Kurvenverläufe der einzelnen Governanceformen entsprechen dabei den Ausführungen in Kap. C. Zusätzlich sind nun die Governancekostenkurvenverläufe unter Einsatz einer dritten Partei schwarz dargestellt. Die Fixkosten werden in diesem Fall über alle Governanceformen hinweg höher sein als ohne den Einsatz einer dritten Partei. Die Steigungen aller Kurven durch eine Vergrößerung des Spezifitätsgrades A werden nun jedoch geringer ausfallen, was in der Abbildung durch die entsprechende Drehung der einzelnen Kurven dargestellt ist. Die stärkste Verringerung der Steigung wird bei marktlichen Arrangements durch den Einsatz einer dritten Partei ermöglicht und die geringste bei hierarchischen. Hybride liegen diesbezüglich zwischen beiden erstgenannten. Dies kann dann – wie in der Abbildung exemplarisch dargestellt – dazu führen, dass marktliche Arrangements auch bei höheren Spezifitätsgraden als ohne den Einsatz einer dritten Partei im Vergleich zu den anderen Modi relativ vorteilhafter bleiben. Ein vergleichbarer Effekt ist auch bezüglich der hybriden Governanceform ersichtlich. Des Weiteren ist in der Abbildung im Bezug auf die hierarchische Koordinationsform die Möglichkeit angedeutet, dass sich der Einsatz einer dritten Partei nicht lohnt. Da die Hierarchie auch ohne den Einsatz einer dritten 208 Diesbezüglich ist hier anzumerken, dass dieses Verhältnis auf einer kumulierten Betrachtung aller möglichen Funktionen der dritten Partei basiert. Eine dritte Partei kann aber natürlich auch nur für einige Funktionen eingesetzt werden. Wird sie bspw. nur zur Suche nach einem geeigneten Partner eingesetzt, so ergeben sich keine Unterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsformen.

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

C GOV

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C m GOV

C m GOV

C h GOV C h GOV C iGOV C iGOV

Markt

Hybrid

Markt

Hierarchie Hybrid

A

Hierarchie

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 20: Einfluss des Einsatzes einer dritten Partei auf die Governancekosten der unterschiedlichen Governancemodi in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades

Partei über eine relative geringe positive Steigung in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades verfügt, wird die Reduktion der Steigung, die durch den Einsatz einer dritten Partei ermöglicht wird, relativ klein sein. Dies kann dann dazu führen, dass die höheren Fixkosten durch den Einsatz einer dritten Partei nicht bzw. nur bei sehr hohen Spezifitätsgraden durch die Steigungsverringerung kompensiert werden können. Bisher wurde der direkte Einfluss des Einsatzes einer dritten Partei auf den Profit des fokalen Akteurs im Optimum diskutiert, der so auch von Vertretern der TCE diskutiert wird (Kreps 1996b; Williamson 1985; 1996b). Durch den Einsatz der dritten Partei lässt sich ein höherer Spezifitätsgrad A im Gleichgewicht realisieren, was den Profit im Gleichgewicht positiv beeinflusst. Ob damit dann auch eine tatsächliche Profitsteigerung verbunden ist, hängt jedoch vom Ausmaß des Anstiegs der Koordinationsfixkosten β ab, der den Profit negativ beeinflusst. Durch die hier vorgenommene dynamische Modellerweiterung zeigen sich darüber hinaus aber noch weitere Effekte, die aus einem Einsatz einer dritten Partei resultieren können, die so in der TCE-basierten Literatur nicht angesprochen oder zumindest nicht deutlich werden:

364

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Erstens wird eine so ermöglichte Erhöhung des Spezifitätsgrades A1 in der ersten Periode auch auf den Profit der zweiten Periode π2 positiv wirken, da laut Gleichungen (15.1) und (16.1) ∂CPRO_2 / ∂A1 < 0 und / oder ∂R2 / ∂A1 > 0 gilt. Zweitens wird eine Erhöhung von A1 laut Gleichung (15.3) auch die Veränderung der kognitiven Distanz CD positiv beeinflussen, wodurch es zu einer geringeren CD2 in t = 2 kommen kann, was dann über α2 und dem korrespondierenden höheren Spezifitätsgrad A2 wiederum positiv auf π2 wirkt.209 Hier ist jedoch weiterhin die Argumentation aus der Modellerweiterung um explorative Effekte aus Kap. E. II. zu beachten, laut derer eine Verringerung der CD negative Auswirkungen auf die Möglichkeit hat, neue Ressourcen bzw. Wissenssets innerhalb der Beziehung zu entwickeln. Während der Einsatz einer dritten Partei über eine intertemporale Reduzierung der kognitiven Distanz ∆CD positiv auf den Profit unter alleinigem Einbezug exploitativer Aspekte wirken kann, müssten bei Integration explorativer Aspekte auch negative Wirkungen berücksichtigt werden.210 Drittens wurde anhand der Gleichung (17.4) diskutiert, dass A1 positiv auf die Möglichkeit wirkt, innerhalb der Akteursbeziehung intertemporal die intentionale Verhaltensunsicherheit I zu reduzieren bzw. Vertrauen aufzubauen, da ∂∆I / ∂A1 > 0 gilt. Wenn es durch den Einsatz einer dritten Partei möglich wird, höhere Spezifitätsgrade in der ersten Periode A1 einzusetzen, kann dies die intentionale Verhaltensunsicherheit in der zweiten Periode I2 stärker reduzieren und damit über die korrespondierende Senkung der Governancekosten CGOV 2 bzw. G2 positiv auf den Profit in t = 2 wirken. Darüber hinaus kommt es zu einem weiteren mit der Betrachtung der intentionalen Unsicherheit verbundenen Effekt des Einsatzes einer dritten Partei, der aus der rein TCE-basierten Betrachtung so nicht deutlich hervor209 Das Ausmaß dieser Profitsteigerungsmöglichkeit wird dabei von den wahrgenommenen Funktionen sowie der Dauer des Einsatzes der dritten Partei abhängen. Da auch in t = 2 der mögliche Profit von den Koordinationskosten CCOO 2 abhängt, ist es hier kritisch, ob die dritte Partei auch in t = 2 eingesetzt wird und folglich auch die Governancekosten G2 senken wird. Ist dies der Fall, können höhere Spezifitätsgrade A2 eingesetzt werden, als wenn die dritte Partei lediglich in t = 1 aktiv ist, da auch hier eine Nebenbedingung ∂π2 / ∂A2 = 0 existiert. 210 Hier ist darauf hinzuweisen, dass dieser negative Einfluss nicht unmittelbar aus dem Modell hervorgeht, da die Exploration neuer Möglichkeiten bzw. Ressourcen eine größere kognitive Distanz in der ersten Periode CD1 voraussetzte, während die Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Ressourcen in t = 2 von α2 abhingen und damit positiv von einer geringeren CD2 beeinflusst wurden. Es ist aber dennoch ersichtlich, warum es zu dem hier postulierten negativen Einfluss des Einsatzes einer dritten Partei auf die Exploration kommen kann, wenn weitere Perioden t > 2 in die Betrachtung integriert würden, da bereits in t = 2 die Explorationsmöglichkeiten durch die Reduktion von CD abnehmen.

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

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geht. Die Governancekosten CGOV werden über ihren variablen Bestandteil G nämlich nicht ausschließlich vom Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen A beeinflusst. Bei der Erweiterung des ursprünglichen Modells wurde gezeigt, dass G zusätzlich von der intentionalen Unsicherheit I und der Umweltunsicherheit U determiniert wird (G(A;I;U)). Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass durch den Einsatz einer dritten Partei kein Effekt in Verbindung mit der Umweltunsicherheit U zu erwarten ist. Es wurde bereits festgestellt, dass U eine exogene Variable darstellt, die nicht durch einen Akteur und folglich auch nicht durch eine dritte Partei beeinflussbar ist. Der Einsatz einer dritten Partei wird daher zu keinen Veränderungen des Umweltunsicherheitsgrades U und damit auch nicht zu einer mit U verknüpften Veränderung der Governancekosten führen. Die intentionale Unsicherheit I kann jedoch durch den Einsatz einer dritten Partei sehr wohl beeinflusst werden, was unmittelbar mit deren möglicher Funktion zusammenhängt, die Suchkosten zu reduzieren. Konkret kann es durch den Einsatz einer dritten Partei für den fokalen Akteur möglich sein, einem anderen unbekannten Akteur bereits zu Beginn der Beziehung zu einem gewissen Grad zu vertrauen (Burt 1992; Deutsch 1973; Gould / Fernandez 1989; Mesquita 2007; Nooteboom 1999b; Uzzi 1997; Zucker 1986).211 Dies kann der Fall sein, wenn der fokale Akteur den anderen Akteur nicht kennt, beide Akteure jedoch der dritten Partei bekannt sind und eine vertrauensvolle Beziehung mit dieser haben. Dann kann davon ausgegangen werden, dass das Vertrauen innerhalb der jeweiligen Beziehungen mit der dritten Partei auf die direkte (neue) Beziehung des fokalen Akteurs mit dem anderen zumindest zu einem gewissen Grad übertragen werden kann.212 Hier ist jedoch nicht davon auszugehen, dass der beschriebene Effekt zwischen den verschiedenen Koordinationsformen unterschiedlich stark ausgeprägt sein wird. Die beschriebene Möglichkeit der transitiven Vertrauensbildung sollte vielmehr in allen Modi gleich gut möglich sein (Burt / Knez 1995; Creed / Miles 1996; Kramer 1999; Tyler / Degoey 1996; Zucker 1986; Zucker / Darby / Brewer / et al. 1996). 211 Hier muss angefügt werden, dass es sich auch bei dem hier verwendeten Vertrauensbegriff um Vertrauen handelt, das über Eigeninteresse hinausgeht. Vertrauen aus Eigeninteresse steht in unmittelbarer Verbindung mit den oben diskutierten Arbitragefunktionen einer dritten Partei. 212 Zu beachten ist auch hier, dass die dritte Partei über Ressourcen bzw. Wissenssets – nämlich Informationen über die Vertrauenswürdigkeit der beiden anderen Akteure – verfügen muss, die dem fokalen und dem anderen Akteur nicht zur Verfügung stehen. Es muss hier also auch von der Möglichkeit einer heterogenen Ressourcenausstattung ausgegangen werden, weshalb das Argument nicht ausschließlich TCE-basiert sein kann.

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Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Eine Diskussion der Auswirkungen, eine bis zu einem gewissen Grad vertrauensvolle bzw. mit geringerer intentionaler Unsicherheit I behaftete Akteursbeziehung durch den Einsatz einer dritten Partei bereits anfangs zu etablieren, entspräche dabei der bereits geführten generellen Diskussion über eine Veränderung der intentionalen Unsicherheit I und soll daher hier nicht wiederholt werden.213 Dennoch soll hier nochmals darauf hingewiesen werden, dass eine geringere Ausprägung von I den größten Effekt bzw. die größte Governancekostenreduzierung bei der marktlichen, gefolgt von der hybriden Koordinationsform, verursachen wird. Die Governancekosten der Hierarchie werden nur in geringerem Maße beeinflusst (∂G / ∂I > 0 und ∂Gi / ∂I < ∂Gh / ∂I < ∂Gi / ∂I). Dies wurde damit begründet, dass Vertrauen und Kontrolle Substitute sein können. Da die Hierarchie die umfangreichsten Kontrollmöglichkeiten bietet und die marktliche Koordinationsform die geringsten, wird höheres Vertrauen – was einer geringeren intentionalen Unsicherheit I entspricht – die Governancekosten der Hierarchie weniger stark beeinflussen als die der marktlichen Form.

II. Managementfunktionen des Einsatzes einer dritten Partei Neben den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Effekten kann es durch den Einsatz einer dritten Partei noch zu weiteren koordinationsrelevanten Effekten kommen, die unabhängig von der Opportunismusannahme sind. Im Zentrum der Betrachtung steht diesbezüglich die Beeinflussungsmöglichkeit der kognitiven Distanz CD zwischen den am Leistungserstellungsprozess beteiligten Akteuren durch den Einbezug einer dritten Partei. Daneben lässt sich durch den Einbezug einer dritten Partei auch der Interdependenzgrad ID beeinflussen, wobei dies vornehmlich auf die Suchfunktion begrenzt bleibt. Im vorherigen Abschnitt wurde bereits die Möglichkeit diskutiert, die Hilfe einer dritten Partei bei der Suche und Auswahl nach einem geeigneten Partner in Anspruch zu nehmen. Neben einer so ermöglichten Reduktion der Governancekosten G wurde insbesondere die Möglichkeit diskutiert, so bereits zu Beginn eine Beziehung mit reduzierter intentionaler Unsicherheit I einzugehen. Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, durch die dritte Partei einen Beziehungspartner zu finden, zu dem der fokale Akteur eine geringere kognitive Distanz CD aufweist, als dies ohne die Unterstützung der dritten Partei möglich gewesen wäre.214 Des Weiteren besteht die Mög213 Es kommt hier zu den Effekten, die in Kap. C. VI. 1. anhand der Gleichung (9) diskutiert wurden. 214 Genauso gut könnte eine dritte Partei natürlich auch für die Suche nach einem Beziehungspartner mit einer großen CD zum fokalen Akteur eingesetzt

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

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lichkeit, dass so ein Partner gefunden werden kann, mit dem sich – aufgrund dessen Fähigkeitenausstattung bzw. zur Verfügung stehender Wissenssets – ein größerer oder niedrigerer Interdependenzgrad ID realisieren lässt. So können dann laut den Gleichungen (10.3) und (11.1) zum einen über den positiven Einfluss einer Reduktion von CD sowie einer Erhöhung von ID auf α und / oder δ höhere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden, durch die sich wiederum eine Produktionskostenreduzierung und / oder eine Erlössteigerung realisieren lässt (Kap. D. III. und D. IV.).215 Aus dynamischer Sicht ist hier allerdings zu bedenken, dass sich eine Senkung von CD und / oder Steigerung von ID negativ auf den explorativen Aspekt der Möglichkeit, neue Ressourcen innerhalb der Beziehung intertemporal zu entwickeln, auswirken, da laut Gleichung (18.2) ∂η / ∂ID1 > 0 und ∂η / ∂CD1 < 0 gilt. Durch eine Senkung von CD lassen sich des Weitern die Managementkosten M reduzieren, da laut Gleichung (12.4) ∂M / ∂CD > 0 gilt (Kap. D. V. 2. d)). Allerdings wirkt diesem koordinationskostensenkenden Effekt der durch den so ermöglichten höheren Spezifitätsgrad A verursachte Anstieg der Governance- und Managementkosten entgegen, da laut Gleichung (2) und (12.1) ∂G / ∂A > 0 und ∂M / ∂A > 0 gilt. Letzteres gilt auch für einen durch Realisierung eines höheren Interdependenzgrades ID verursachten Anstieg von A. Zudem wirkt sich ein höherer ID auch direkt managementkostensteigernd aus, da laut Gleichung (12.3) ∂M / ∂ID > 0 gilt. Damit ist offensichtlicht, dass die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes einer dritten Partei zur Beeinflussung der kognitiven Distanz CD und des Interdependenzgrades ID bei der Partnersuche generell von den Nebenbedingungen des Optimierungsproblems ∂π / ∂CD1 = 0 und ∂π / ∂ID1 = 0 abhängen wird. Von Bedeutung sind hier zudem noch die in Kap. E. I. 4. b) anhand der Gleichung (17.4) diskutierten intertemporalen Effekte in Verbindung mit der kognitiven Distanz in der ersten Periode CD1. Dort wurde herausgestellt, dass CD1 einen negativen Effekt auf die Möglichkeit hat, die intentionale Unsicherheit intertemporal zu reduzieren (∂∆I / ∂CD1 < 0). Je geringer also die kognitive Distanz in t = 1 ist, umso eher kann zwischen den Akteuren innerhalb einer Beziehung im Zeitverlauf Vertrauen aufgebaut werden. Wenn nun eine dritte Partei durch die Suchfunktion zu einer relativ geringen CD1 beitragen kann, so trägt sie damit auch zur Möglichkeit bei, im Zeitverlauf Vertrauen zwischen dem fokalen Akteur und dessen Beziehungspartner aufzubauen. werden. Dies könnte sich dann aus explorativen Überlegungen lohnen (Nooteboom 1999b). 215 Es ist offensichtlich, dass genau die gegenteiligen Effekte bei einer durch den Einsatz einer dritten Partei ermöglichten Erhöhung von CD oder Verringerung von ID auftreten. Dies gilt auch für die folgenden Ausführungen.

368

Teil 2: Formale Darstellung und Analyse

Neben dieser Möglichkeit, durch den Einsatz einer dritten Partei eine Akteursbeziehung mit relativ geringer CD bereits zu Beziehungsbeginn zu ermöglichen, kann eine dritte Partei auch zur (weiteren) Überbrückung der CD zwischen zwei Akteuren eingesetzt werden (Burt 1992; Callon 1994; Hargadon / Sutton 1997; Howells 2006; Shohet / Prevezer 1996; Watkins / Horley 1986). Notwendige Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die dritte Partei zu allen direkt am Leistungserstellungsprozess beteiligten Akteuren eine geringere CD aufweist als die Akteure untereinander. So wurde bereits mehrfach angeführt, dass die Effektivität der Übermittlung von Informationen – die die Basis für Interaktionen darstellt – zwischen zwei Akteuren maßgeblich von zwei Eigenschaften abhängt. Einerseits muss der übermittelnde Akteur die Informationen so artikulieren, dass der Empfänger möglichst viele Informationselemente – zu denen auch vom Übermittler intendierte Interpretationen zählen – empfangen kann. Andererseits muss der Empfänger in der Lage sein, möglichst viele Informationselemente zu absorbieren. Beide Fähigkeiten hängen dabei essenziell von den jeweiligen kognitiven Positionen der Interaktionspartner bzw. der kognitiven Distanz zwischen ihnen ab. Je größer die CD ist, umso weniger wird der Übermittler in der Lage sein, Informationen für den Empfänger „verständlich“ zu artikulieren, und umso weniger wird der Empfänger in der Lange sein, diese Informationen auch zu absorbieren. Weist nun die dritte Partei eine geringere CD zum übermittelnden und zum empfangenden Akteur auf als Letztere untereinander, so wird die dritte Partei dazu in der Lage sein, einerseits die Informationen „verständlicher“ zu artikulieren und andererseits auch mehr Informationselemente absorbierbar zu machen. Dann kann die dritte Partei als Vermittler bzw. Übermittler fungieren und insbesondere den Transfer spezifischer Wissenssets zwischen den Akteuren erleichtern.216 Aus dieser Überbrückungsfunktion einer dritten Partei resultieren damit die gleichen Effekte, wie die oben bezüglich der Suchfunktion beschriebenen: Auch hier werden über α und / oder δ höhere Spezifitätsgrade A und die damit verbundenen Produktionskostenreduzierungs- und / oder Erlössteigerungspotentiale ermöglicht. Zudem lassen sich auch hier die Managementkosten bei gleichem A senken. Darüber hinaus kann der Einsatz einer dritten Partei zur Überbrückung der kognitiven Distanz aber noch einen weiteren gewichtigen Effekt verursachen, der aus der Diskussion explorativer Aspekte bei der intertemporalen Betrachtung in Kap. E. II. hervorgeht. Dort wurde postuliert, dass es zwei gegenläufige Effekte in Verbindung mit der kognitiven Distanz CD gibt. Einerseits ist eine möglichst geringe 216 Hier sei darauf hingewiesen, dass die Argumentation der in Kap. D. III. 3. bezüglich des möglichen Produktionskostennachteils integrierter Produktion entspricht.

F. Einsatz einer dritten Partei zur Koordination einer Akteursbeziehung

369

CD aus exploitativer Sicht vorteilhaft, da aufgrund des Einflusses auf α1 und / oder δ1 sowie α2 und / oder δ2 ein relativ hoher Spezifitätsgrad A1 sowie A2 zu relativ geringen Managementkosten (∂M / ∂CD > 0) eingesetzt werden kann. Andererseits ist aber aus explorativer Sicht zumindest in der ersten Periode eine hinreichend große CD1 von Vorteil, da laut Gleichung (18.2) so besser neue Ressourcen innerhalb der Akteursbeziehung entdeckt und entwickelt werden können, die dann bei ihrem Einsatz in t = 2 den Profit steigern können. Durch die Überbrückungsfunktion einer dritten Partei können nun die positiven Auswirkungen beider gegenläufigen Effekte innerhalb ein und derselben Akteursbeziehung besser realisiert werden. Entscheidend ist dabei, dass durch die Überbrückung die Probleme bzw. Verständigungsschwierigkeiten aufgrund der unterschiedlichen kognitiven Positionen der beiden Akteure behoben oder zumindest verringert werden können, ohne dabei tatsächlich die kognitive Distanz zwischen beiden zu reduzieren; die Distanz wird eben überbrückt und nicht verringert. Damit wird es dann möglich, bezüglich der Exploitation durch den Einbezug der dritten Partei Missverständnisse aufgrund der CD zu reduzieren und „gleichzeitig“ die für die Exploration notwendige kognitive Diversität zu erhalten. In Bezug auf Gleichung (18.2) bedeutet dies, dass durch den Einbezug einer dritten Partei sowohl höhere Spezifitätsgrade an vorhandenen Ressourcen A1 und A2 als auch neuer Ressourcen N eingesetzt werden können als in der gleichen, aber bilateral ausgestalteten Akteursbeziehung.217

217 Bezüglich der hier diskutierten Überbrückungsfunktion könnte noch ein weiterer Effekt angenommen werden. Es könnte nämlich argumentiert werden, dass die Überbrückung der kognitiven Distanz dazu führt, dass sich die CD zwischen den Akteuren selbst im Zeitverlauf reduziert, da ja so durch den dritten Akteur das Verständnis zwischen den direkt am Leistungserstellungsprozess beteiligten Akteuren gefördert wird. Das die Interaktion zwischen den Akteuren unter Einbezug einer dritten Partei zu einer Reduktion der kognitiven Distanz im Zeitverlauf CD führen kann, scheint auf Basis der vorliegenden Modelldiskussion auch unstrittig. Dennoch wird die Konzeptionalisierung eines direkten Einflusses des Einsatzes einer dritten Partei auf ∆CD hier verworfen, da Letztere maßgeblich vom Interaktionsausmaß zwischen den Akteuren determiniert wird. Durch die Überbrückungsfunktion einer dritten Partei wird nun ein höherer Spezifitätsgrad ermöglicht, der dann auch mit einer ausgeweiteten Interaktion einhergeht, die wiederum zu einer Reduktion der CD führen wird. Darüber hinaus ist aber nicht ersichtlich, wie eine dritte Partei zu einer solchen Reduzierung beitragen sollte. Anders ausgedrückt, scheint die Möglichkeit der Reduzierung von CD im Zeitverlauf durch die bereits modellierten Mechanismen bereits hinreichend abgebildet.

Teil 3

Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells Im nun folgenden Abschnitt werden die aus der Diskussion des Formalmodels resultierenden Aussagen auf ihre empirische Relevanz überprüft. Dies erfolgt anhand einer Fallstudie, innerhalb derer das Engagement eines deutschen mittelständischen Unternehmens auf dem chinesischen Markt sowie dessen Entwicklung dargestellt und unter Rekurs auf das Formalmodell diskutiert wird. Bevor dies geschieht, werden hier zunächst Hypothesen aufgestellt. Diese haben vornehmlich den Zweck, die wesentlichen Aussagen des Formalmodells strukturiert und zusammenfassend darzustellen, um so die Fallstudiendiskussion anzuleiten.

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen Die Hypothesen sind dabei dem als wahrscheinlich zu erachtenden Fall angepasst, dass sich die betrachteten Akteure vor Eintritt in eine internationale Akteursbeziehung unbekannt sind. Damit werden hier die zwei folgenden grundlegenden Prämissen angeführt, auf denen die Formulierung der einzelnen Hypothesen basiert: Erstens wird davon ausgegangen, dass die kognitive Distanz zwischen den Akteuren bei Beziehungsanfang relativ hoch sein wird bzw. noch signifikantes Reduzierungspotential aufweist, da die Akteure bis zu diesem Zeitpunkt keine gemeinsamen Erfahrungen sammeln konnten. Auf einer vergleichbaren Begründung beruht die zweite Annahme, dass die intentionale Unsicherheit des fokalen Akteurs bezüglich des jeweiligen Beziehungspartners relativ hoch ist bzw. bis zu diesem Zeitpunkt kaum Vertrauensaufbau zustande kam. Wie bereits erwähnt, scheinen diese Prämissen im vorliegenden Kontext intuitiv einsichtig. Hier ist aber zu betonen, dass sie nicht zwingend erforderlich sind, sondern lediglich die Darstellung der folgenden Hypothesen vereinfachen bzw. die Anzahl der Hypothesen begrenzen. Für Fälle, in denen – aus welchem Grund auch immer – eine relativ geringe kognitive Distanz und / oder die intentionale Unsicherheit existiert, sind die entspre-

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

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chenden Veränderungen der einzelnen Hypothesen, den Ausführungen des Formalmodells folgend, unmittelbar einsichtig und werden daher hier nicht expliziert.

I. Die Hypothesen und ihre Herleitung Im Folgenden werden nun die einzelnen Hypothesen dargestellt. Dabei werden diesen Hypothesen jeweils Teilhypothesen zugeordnet, aus denen sich zusammengenommen die zugehörige Hypothese ergibt. Die Teilhypothesen werden dabei den einzelnen Termen innerhalb des Formalmodells – Erlös, Produktionskosten und Koordinations- bzw. Governance- und Managementkosten – zugeordnet, auf die sie sich vornehmlich beziehen. Des Weiteren erfolgt hier eine kurze Begründung oder Herleitung der einzelnen (Teil-)Hypothesen anhand des Formalmodells. 1A: Aus statischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Zwecke sind in einer internationalen Akteursbeziehung umso geringere Spezifitätsgrade A einzusetzen und ein umso geringerer Interdependenzgrad ID zu wählen, je größer die kognitive Distanz CD sowie die intentionale Unsicherheit I zwischen den beteiligten Parteien sind. 1.1 Je größer die kognitive Distanz CD zu einem Beziehungspartner ist, umso geringer werden der Spezifitätsgrad A und Interdependenzgrad ID sein. Beeinflussen A und ID den Erlösterm, werden diese umso größer sein, je geringer der (exogene) Umweltunsicherheitsgrad U ist. (Erlös R und / oder Produktionskosten CPRO) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus (1.1) bzw. (10.3) und / oder (5) bzw. (11.1) geht hervor, dass ∂C / ∂A < 0 und ∂2C / ∂A∂α < 0 und / oder ∂R / ∂A > 0 und ∂2R / ∂A∂δ > 0 gilt. Dies bedeutet, dass sich durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A die Produktionskosten C senken und / oder der Erlös R steigern lassen. Diese Kostensenkungs- und / oder Erlössteigerungspotentiale werden dabei jedoch von den Parametern α und / oder δ beeinflusst; je geringer α und / oder δ, umso geringer ist auch das entsprechende Potential, umso weniger lohnenswert ist also der Einsatz von A. Aus (10.3) und (11.1) geht auch hervor, dass α und / oder δ von der kognitiven Distanz CD negativ beeinflusst werden (∂α / ∂CD < 0 und / oder ∂δ / ∂CD < 0). Je größer also CD ist, umso weniger vorteilhaft ist der Einsatz von A. Aus den Gleichungen (1.2) und (5) – hier insbesondere aus den Nebenbedingungen ∂π / ∂A = 0 – in Verbindung mit Gleichung (3.4) folgt

372

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

daher: Je geringer α und / oder δ sind, desto geringer wird der Spezifitätsgrad A sein. Da α und / oder δ laut (10.3) und (11.1) zudem vom Interdependenzgrad ID positiv beeinflusst werden (∂α / ∂ID > 0 und / oder ∂δ / ∂ID > 0), kommt es zu einem entgegengesetzten Effekt bezüglich A. Ist ID folglich relativ hoch, so sollte ein höherer Spezifitätsgrad A gewählt werden. Diese Steigerung von A wird jedoch umso moderater ausfallen, je größer CD ist, da laut (10.3) und (11.1) sowie der diesbezüglichen Diskussion der Einfluss von CD auf α und / oder δ den Einfluss von ID auf selbige dominieren wird. Daher sollte ein umso geringerer ID gewählt werden, je größer CD ist.218 Da laut (12.1) δ zudem vom Umweltunsicherheitsgrad U negativ beeinflusst wird (∂δ / ∂U < 0), wird A umso größer sein, je geringer U ist. Ist U folglich relativ gering, so sollte ein höherer Spezifitätsgrad A gewählt werden. Diese Steigerung von A wird jedoch umso moderater ausfallen, je größer CD ist, da laut (12.1) und der diesbezüglichen Diskussion der Einfluss von CD auf δ den Einfluss von U auf selbige dominieren wird. 1.2 Je größer die intentionale Unsicherheit I bezüglich eines Beziehungspartners ist, desto geringer wird der Spezifitätsgrad A sein. Dabei wird A umso größer sein, je geringer der (exogene) Umweltunsicherheitsgrad U ist. (Governancekosten G) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus Gleichung (2), (7) und (9) geht hervor, dass die variablen Koordinations- bzw. Governancekosten G positiv von A beeinflusst werden (∂G / ∂A > 0). Aus (7) und (9) geht zudem hervor, dass die Einflussstärke von A auf G signifikant vom intentionalen Unsicherheitsgrad I determiniert wird. Je größer I ist, umso stärker wird der Anstieg von G in Abhängigkeit von A ausfallen, da ∂G / ∂I > 0 und ∂2G / ∂A∂I > 0 gilt. Dies bedeutet, dass bei hohen intentionalen Unsicherheitsgraden I die Governancekosten G bei größer werdenden Spezifitätsgraden A stark ansteigen werden, wodurch wiederum der Spezifitätsgrad A relativ gering sein wird (Abb. 9). Aus Gleichung (9) geht auch hervor, dass der Umweltunsicherheitsgrad U die Governancekosten G beeinflussen wird, wobei ∂G / ∂U > 0 und ∂2G / ∂A∂U > 0 sowie ∂2G / ∂I∂U > 0 gilt. Daher werden die Governancekosten G in Abhängigkeit von A umso weniger stark ansteigen, je geringer U 218 Die letzte Aussage erschließt sich in vollem Umfang erst aus einer Gesamtbetrachtung heraus bzw. erst, wenn die Koordinations- bzw. Managementkosten in die Betrachtung mit einbezogen werden. Diesbezüglich sei auf die Argumentation unter 1.3 verwiesen.

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

373

ist, was letztendlich bedeutet, dass der eingesetzte Spezifitätsgrad A umso größer sein wird, je geringer U ist. 1.3 Je größer die kognitive Distanz CD zu einem Beziehungspartner ist, umso geringer werden der Spezifitätsgrad A und der Interdependenzgrad ID sein. Je geringer der Umweltunsicherheitsgrad U ist, umso weniger stark wird der Einfluss von CD auf A und ID sein. (Managementkosten M) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (12.1) bis (12.4) geht hervor, dass die variablen Koordinations- bzw. Managementkosten M positiv von A beeinflusst werden (∂M / ∂A > 0). Aus (12.4) geht zudem hervor, dass aufgrund der multiplikativen Verknüpfung der einzelnen Variablen unter M der Anstieg von M in Abhängigkeit von A umso stärker ausfällt, je größer die kognitive Distanz CD ist (∂M / ∂CD > 0 und ∂2M / ∂A∂CD > 0). Da somit schon eine relativ geringe Steigerung von A zu einem relativ großen Anstieg von M führt, wird A relativ gering sein. Aus (12.3) und (12.4) geht hervor, dass der Interdependenzgrad ID positiv auf die Managementkosten M wirkt (∂M / ∂ID > 0 sowie ∂2M / ∂A∂ID > 0; ∂2M / ∂U∂ID > 0 und ∂2M / ∂CD∂ID > 0). Bezüglich des Spezifitätsgrades A kommt es auf Koordinationskostenseite somit zu einer Auswirkung (∂A / ∂ID < 0), die dem in Hypothese 1.1 dargestellten Effekt auf der Produktionsseite (∂A / ∂ID > 0) entgegengesetzt ist. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Koordinationskosteneffekt den Effekt auf Produktionsseite insgesamt dominiert, was wie folgt begründet werden kann: Wie unter Rekurs auf die Gleichungen (10.3) und (11.1) in Hypothese 1.1 bereits herausgestellt wurde, beeinflussen CD und ID gegenläufig die Parameter α und / oder δ; während ein Anstieg von CD α und / oder δ negativ beeinflusst, führt ein Anstieg von ID zu deren Erhöhung. Wenn folglich wie hier von einer großen CD ausgegangen wird, führt eine Steigerung von ID lediglich zu einem moderaten Anstieg von α und / oder δ und daher auch nur zu einem moderaten Anstieg von A. Auf Koordinationskostenseite wirken nun – wie oben dargestellt – Vergrößerungen von ID, CD und A allesamt positiv auf die Koordinationskosten M. Während also eine Steigerung von ID auf Produktionsseite durch die große CD nur eine relativ geringe Erhöhung von A vorteilhaft werden lässt, da der damit verbundene Produktionskostenund / oder Erlöseffekt relativ gering ausfällt, führt diese Steigerung von ID auf Koordinationsseite aufgrund der großen CD zu einem wesentlich größeren Anstieg der Managementkosten M. Daher kann hier festgehalten werden, dass der positive Effekt einer Steigerung von ID auf π innerhalb CPRO und / oder R relativ moderat ausfällt, während der korrespondierende negati-

374

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

ve Effekt auf π durch den verbundenen Anstieg von M relativ stark ausgeprägt sein wird. Wenn ID eine Entscheidungsvariable darstellt, sollte ID folglich relativ gering gewählt werden. Aus (12.2) und (12.4) geht hervor, dass der Umweltunsicherheitsgrad U positiv auf die Managementkosten wirkt (∂M / ∂U > 0 sowie ∂2M / ∂U∂A > 0; ∂2M / ∂U∂ID > 0 und ∂2M / ∂U∂CD > 0). Daher wird der Spezifitätsgrad A umso größer sein, je geringer U ist, wobei dieser Effekt umso stärker ist, je geringer CD und / oder ID sind. 1B: Aus statischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Zwecke ist eine Akteursbeziehung umso marktlicher bzw. weniger hierarchisch auszugestalten, je geringer der Spezifitätsgrad A und der Interdependenzgrad ID sind. 1.4 Je geringer der Spezifitätsgrad A ist (vgl. Hypothese 1A), umso relativ effizienter wird eine marktliche Koordination. (G) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus Gleichung (2) geht hervor, dass die variablen Governancekosten G in Abhängigkeit von A den stärksten Anstieg bei marktlicher m und den geringsten bei hierarchischer Koordination i aufweisen, Hybride h liegen diesbezüglich dazwischen. Aus den Gleichungen (3.1) und (3.2) geht daher hervor, dass der Spezifitätsgrad A aus einer Marginalbetrachtung bei i größer sein kann als bei h, bei der wiederum ein größeres A möglich ist als bei m. Dabei geht jedoch aus Gleichung (3.4) hervor: Je geringer α und / oder δ ist, umso geringer werden alle optimalen A-Werte und umso kleiner werden die Abstände zwischen den jeweiligen optimalen A-Werten der einzelnen Koordinationsformen. Dies bedeutet, dass schon bei der Marginalanalyse die relative Vorteilhaftigkeit hierarchischer Koordination i mit sinkendem α und / oder δ abnimmt. Werden nun die Koordinationsfixkosten β – für die bezüglich der einzelnen Governanceformen laut Gleichung (2) βi > βh > βm gilt – mit einbezogen, zeigt Gleichung (2.1), dass je geringer A aufgrund der Ausprägung der Parameter α und / oder δ über alle Governanceformen hinweg ist, umso wahrscheinlicher ist es, dass sämtliche optimalen A-Werte geringer sind als der kritische Ahi-Wert und in geringerem Maß als Amh.219 Daher wird die Koordination bei geringen A-Werten umso ineffizienter, je hierarchischer die gewählte Governanceform ist. Anders formuliert, können 219 Ahi beschrieb den kritischen A-Wert, ab dem die hierarchische Koordination absolut gesehen relativ effizienter als die hybride Koordination wird. Ahi wurde dabei wie folgt definiert: Ahi = (βi – βh) / (Gh – Gh). Amh beschrieb entsprechend den kritischen A-Wert, ab dem Hybride relativ vorteilhafter als marktliche Koordination werden.

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

375

die höheren Fixkosten der Hierarchie i bei geringen A-Werten nicht mehr durch den geringeren Anstieg der variablen Governancekosten G in Abhängigkeit von A kompensiert werden. Die dargestellte relative Ineffizienz der hierarchischen Koordination i würde laut den Gleichungen (7) und (9) weiter zunehmen, je geringer die intentionale Unsicherheit I und / oder die Umweltunsicherheit U sind. 1.5 Je geringer der Spezifitätsgrad A und der Interdependenzgrad ID und je größer die kognitive Distanz CD sind (vgl. Hypothese 1A), umso relativ ineffizienter wird die Koordination, je hierarchischer diese ausgestaltet wird. (M) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus Gleichung (12.1) geht hervor, dass die variablen Managementkosten M in Abhängigkeit von A ansteigen, wobei dieser Anstieg bei marktlicher Koordination m relativ stärker ausgeprägt ist als bei hybrider h und marktlicher Koordination i (∂M / ∂A > 0 und ∂Mm / ∂A > ∂Mh / ∂A = ∂Mi / ∂A). Da auch hier das obige Fixkostenverhältnis βi > βh > βm gilt, kann analog zur Hypothese 1.4 auf Basis der Gleichung (12) angenommen werden, dass aufgrund der relativ geringen optimalen A-Werte durch eine hohe CD die Koordination umso relativ ineffizienter wird, je hierarchischer diese ausgestaltet ist. Außerdem geht aus Gleichung (12.4) hervor, dass M von der kognitiven Distanz positiv beeinflusst wird (∂M / ∂CD > 0), wobei der Anstieg von M in Abhängigkeit von CD am stärksten innerhalb hierarchischer Koordination i sein wird und am schwächsten bei marktlicher Koordination m (∂Mm / ∂CD < ∂Mh / ∂CD < ∂Mi / ∂CD). Daraus folgt: Je größer CD ist, umso relativ vorteilhafter wird die marktliche Koordination. Die Ausführungen bezüglich des Einflusses von U und ID unter Hypothese 1.3 gelten auch hier.220 220 Dort wurde darauf hingewiesen, dass A über α und / oder δ zudem vom Interdependenzgrad ID und / oder Umweltunsicherheitsgrad U determiniert wird. Aus Gleichung (12.3) geht hervor, dass M auch von ID positiv beeinflusst wird, wobei ∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂A > ∂Mi / ∂A gilt. Daher wird es im Bezug auf ID zu einem den obigen Ausführungen entgegengesetzten Effekt bezüglich der relativen Vorteilhaftigkeitsverhältnisse kommen. Der Argumentation aus Hypothese 1.3 folgend kann davon ausgegangen werden, dass dieser jedoch von den Effekten in Verbindung mit A und CD dominiert werden wird. Ein Anstieg von ID führt zu einer Vergrößerung von A über die Parameter α und / oder δ und damit auf zweierlei Weise zu einem Anstieg von M (∂M / ∂ID > 0 und ∂M / ∂A > 0). Das heißt, dass eine Steigerung von ID zwar einerseits erlössteigernd wird, jedoch auf der anderen Seite auf zweierlei Weise zu einem Koordinationskostenanstieg führt. Daher wird der Effekt ausgehend

376

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

2A: Aus dynamischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Zwecke sind in einer internationalen Akteursbeziehung (möglichst frühzeitig) höhere Spezifitätsgrade A1 einzusetzen und höhere Interdependenzgrade ID221 zu wählen als aus rein statischer Perspektive. 2.1 Da vom anfänglichen Einsatz spezifischer Ressourcen A1 auch in den Folgeperioden eine profitsteigernde Wirkung ausgeht, die darüber hinaus sogar stärker als in der ersten Periode sein kann, wird der Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein bzw. höher als aus rein statischer Perspektive. (R und / oder CPRO) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (15) und (15.1) sowie (16) und (16.1) geht hervor, dass der Einsatz spezifischer Ressourcen in der ersten Periode A1 sowohl in dieser als auch in der zweiten Periode produktionskostenreduzierend und / oder erlössteigernd und damit auch auf den Profit in der zweiten Periode π2 positiv wirkt (∂C1 / ∂A1 < 0; ∂C2 / ∂A1 < 0 und ∂R1 / ∂A1 < 0; ∂R2 / ∂A1 < 0). Außerdem können diese Auswirkungen auf π2 relativ stärker ausfallen als auf π1, da die Kosten, die mit dem Einsatz von A1 verbunden sind – γ, G und M – bereits alle in t = 1 anfallen (Kap. D. I: 1. a) und D. I. 2.). Dazu kommt es aber nur, wenn es keine oder nur geringe intertemporale Abnutzungserscheinungen von A1 gibt. Folglich geht aus Gleichung (14.1) in Verbindung mit (1.2) hervor, dass der Spezifitätsgrad A1 höher sein wird als aus einer rein statischen Perspektive.222 von CD auf A den, der mit ID verbunden ist, dominieren. Aus Gleichung (12.2) geht hervor, dass M auch vom Umweltunsicherheitsgrad U positiv beeinflusst wird, wobei hier ∂Mm / ∂U > ∂Mh / ∂U = ∂Mi / ∂U gilt, wobei herausgestellt werden muss, dass diesbezüglich die hybride Koordinationsform – die ja bereits als weniger hierarchisch kategorisiert werden kann – keine Effizienzunterschiede zur Hierarchie offenbart. Da U darüber hinaus über α und / oder δ A negativ beeinflusst, kommt es hier in sich schon zu gegenteiligen Effekten in Bezug auf die relativen Vorteilhaftigkeitsverhältnisse: Einerseits führt eine Steigerung von U dazu, dass h und i relativ vorteilhafter als m werden. Andererseits führt diese Steigerung auch zu einem geringeren A, wodurch unter Einbezug der Fixkostenverhältnisse m relativ vorteilhafter wird als h und i, wobei hier h relativ effizienter wird als i. 221 Warum hier zwar der Spezifitätsgrad A mit einem Subskript, das die jeweilige Zeitperiode angibt, versehen wird, ID jedoch nicht, wird noch unter Teilhypothese 3.4 erläutert. 222 Hier könnte argumentiert werden, dass auch ID eine hohe Ausprägung an1 nehmen sollte, da dies die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von A1 über die Parameter α und / oder δ steigen ließe. Dieser Zusammenhang ist aus dynamischer Sicht zwar immer noch existent, jedoch ist die entsprechende Korrelation nicht mehr so signifikant wie noch aus rein statischer Perspektive, da hier zusätzlich eben die mit A1 verbundenen intertemporalen Effekte auf die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von A1

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

377

2.2 Da durch den anfänglichen Einsatz spezifischer Ressourcen A1 in den Folgeperioden t > 1 die intentionale Unsicherheit I reduziert werden kann, was dann hier eine Steigerung von π über eine Reduktion der variablen Governancekosten G in t > 1 ermöglicht, wird der Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein bzw. höher als aus rein statischer Perspektive. (G) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (17.1) und (17.2) geht hervor, dass eine Reduzierung der intentionalen Unsicherheit im Zeitverlauf ∆I > 0 eine intertemporale Verringerung der Koordinations- bzw. variablen Governancekosten ∆G > 0 ermöglicht, was laut Gleichung (14.1) zu einer Steigerung von π2 führt. Aus Gleichung (17.4) geht hervor, dass A1 positiv auf ∆I wirkt (∂∆I / ∂A1 > 0). Daher kann die intertemporale Reduktion von I umso größer sein, je größer A1 ist, was wiederum positiv auf den Profit π2 wirkt. Folglich wird A1 höher sein als aus rein statischer Perspektive. 2.3 Da durch den anfänglichen Einsatz spezifischer Ressourcen A1 in den Folgeperioden die kognitive Distanz CD reduziert werden kann, was wiederum eine Profitsteigerung ermöglicht, wird der Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein bzw. höher als aus einer rein statischer Perspektive. (M und CPRO) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus Gleichungen (17.1) und (17.3) folgt, dass eine Reduzierung der kognitiven Distanz im Zeitverlauf ∆CD > 0 eine intertemporale Verringerung der Koordinations- bzw. variablen Managementkosten ∆M > 0 ermöglicht, was laut Gleichung (14.1) zu einer Steigerung von π2 führt. Aus Gleichung (17.3) folgt, dass A1 positiv auf ∆CD wirkt (∂∆CD / ∂A1 > 0). Daher kann die intertemporale Reduktion von CD umso größer sein, je größer A1 ist, was wiederum positiv auf π2 wirkt. Außerdem wird laut Gleichung (15.2) und (16.2) in Verbindung mit (14.1) eine Reduktion von CD zu einer Steigerung von α2 und / oder δ2 in t = 2 führen (∂α2 / ∂∆CD > 0; ∂δ2 / ∂∆CD > 0), wodurch sich dann ein zusätzlicher Einsatz spezifischer Ressourcen A2 profitsteigernd auswirkt. Folglich wird A1 höher sein als aus rein statischer Perspektive. wirken. So kann bspw. bei gleichem ID aus dynamischer Sicht ein höherer Spezifitätsgrad A1 vorteilhaft sein als aus statischer. Daher wird hier sowie im weiteren Verlauf auf den Einbezug von Aussagen bezüglich ID verzichtet, wenn sie sich lediglich auf den bereits dargestellten Effekt in Verbindung mit A beziehen. Der Einfluss von ID wird aber unter der Teilhypothese 2.4 sowie unter 3A thematisiert.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

2.4 Da der Einsatz größerer Spezifitätsgrade A1 eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit I und der kognitiven Distanz CD im Zeitverlauf ermöglicht und daher auch positiv auf den realisierbaren Profit wirken kann, wird der Interdependenzgrad ID – so er denn eine Entscheidungsvariable darstellt – möglichst hoch sein bzw. höher als aus rein statischer Perspektive, da dieser A1 positiv beeinflusst. (M, G und CPRO) Herleitung aus dem Formalmodell

Durch eine Steigerung von ID1 kommt es zu dem anhand Hypothese 1.1 dargestellten positiven Effekt auf A1 (∂A / ∂ID > 0) auf Produktionsseite und damit auf π1. Dem stehen zwar auch hier die in Hypothese 1.4 dargestellten gegenläufigen Effekte auf der Koordinationsseite entgegen (∂A / ∂ID < 0 bzw. ∂M / ∂ID > 0 sowie ∂2M / ∂A∂ID > 0; ∂2M / ∂U∂ID > 0 und ∂2M / ∂CD∂ID > 0), jedoch kommt es aus dynamischer Perspektive zu weiteren in den Herleitungen der Teilhypothesen 2.1 bis 2.3 dargestellten positiven Effekten auf π2, die dann über ID1 vermittelt werden. 2B

Aus dynamischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Zwecke ist eine internationale Akteursbeziehung (bereits frühzeitig) eher hierarchisch bzw. weniger marktlich auszugestalten.

2.5 Wenn der Spezifitätsgrad A1 in einer Akteursbeziehung relativ hoch ist (vgl. Hypothese 2A), wird die Koordination umso relativ effizienter, je hierarchischer diese ausgestaltet wird. (G) Herleitung aus dem Formalmodell

Die Begründung ist analog zu der bezüglich Hypothese 1.4 und soll daher hier nicht weiter verfolgt werden. 2.6 Da die marktliche Koordination am wenigsten geeignet ist, die intentionale Unsicherheit I im Zeitverlauf zu reduzieren, wird die Koordination umso relativ effizienter, je weniger marktlich diese ausgestaltet ist. (G und M) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (17.1) und (17.2) geht hervor, dass eine Reduzierung der intentionalen Unsicherheit im Zeitverlauf ∆I > 0 eine intertemporale Verringerung der Koordinations- bzw. variablen Governancekosten ∆G > 0 ermöglicht, was gemäß Gleichung (14.1) zu einer Steigerung von π2 führt. Aus Gleichung (17.4) geht hervor, dass die in t =1 gewählte Koordi-

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

379

nationsform COO grundsätzlich positiv auf ∆I wirkt (∂∆I / ∂COO1 > 0), wobei diese Wirkung unterschiedlich stark zwischen den jeweiligen Koordinationsformen ausgeprägt sein wird (∂∆Ι / ∂COOh1 > ∂∆Ι / ∂COOi1 > ∂∆Ι / ∂COOm1). Da demnach das schwächste Reduzierungspotential bezüglich I von marktlichen Arrangements m ausgeht, werden diese intertemporal am wenigsten zu einer Profitsteigerung beitragen können. 2.7 Wenn der Spezifitätsgrad A1 in einer Akteursbeziehung relativ hoch ist (vgl. Hypothese 2A), wird die Koordination umso relativ effizienter, je weniger marktlich diese ausgestaltet ist. (M) Herleitung aus dem Formalmodell

Die Begründung ist analog zu der bezüglich Hypothese 1.5 und soll daher hier nicht weiter verfolgt werden. 2.8 Da die Hierarchie das größte intertemporale Potential aufweist, die kognitive Distanz CD zu reduzieren, wird die Koordination umso relativ effizienter, je hierarchischer diese ausgestaltet ist. (M) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (17.1) und (17.3) geht hervor, dass eine Reduzierung der kognitiven Distanz im Zeitverlauf ∆CD > 0 eine intertemporale Verringerung der Koordinations- bzw. variablen Managementkosten ∆M > 0 ermöglicht, was gemäß Gleichung (14.1) zu einer Profitsteigerung π2 führt. Aus Gleichung (17.3) geht hervor, dass ∆CD am relativ größten sein kann, wenn in t = 1 eine hierarchische Koordinationsform i gewählt wird, und am geringsten, wenn eine marktliche m gewählt wird (∂∆CD / ∂COOi1 > ∂∆CD / ∂COOh1 > ∂∆CD / ∂COOm1). ∆CD > 0 hat zudem den Effekt, dass in den Folgeperioden höhere Spezifitätsgrade A2 eingesetzt werden können, die auch positiv auf π2 wirken. Daher wird eine hierarchische Koordination i intertemporal am meisten zu einer Profitsteigerung beitragen. 3A

Aus dynamischer Sicht und zur Erreichung explorativer Zwecke sind in einer internationalen Akteursbeziehung höhere Spezifitätsgrade A1 einzusetzen und höhere Interdependenzgrade ID zu wählen als aus statischer Sicht. ID wird jedoch geringer sein, als zur Erreichung exploitativer Zwecke aus dynamischer Sicht.

3.1 Da der Spezifitätsgrad der anfänglich eingesetzten Ressourcen A1 die Möglichkeit, neue spezifische Ressourcen N zu entwickeln, positiv beeinflusst, wird der Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein bzw. höher als aus statischer Sicht. (CPRO)

380

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Herleitung aus dem Formalmodell

Gleichung (18.2) besagt, dass η, die als Entwicklungskosten neuer Ressourcen N verstanden werden können, negativ von A1 beeinflusst werden (∂η / ∂A1 < 0). Da somit durch den Einsatz von A1 neue Ressourcen N relativ günstiger entwickelt bzw. eingesetzt werden können, die dann wiederum laut Gleichung (18.1) und (19) zu einer zusätzlichen Produktionskostensenkung (∂CPRO 2 / ∂N < 0) und / oder Erlössteigerung (∂R2 / ∂N < 0) und damit letztendlich zu einer Erhöhung von π2 beitragen können, wird der optimale Spezifitätsgrad A1 folglich relativ hoch sein. 3.2 Da der Spezifitätsgrad der anfänglich eingesetzten Ressourcen A1 die Möglichkeit, die intentionale Unsicherheit I intertemporal zu reduzieren, positiv beeinflusst und damit eine weitere Steigerung von π2 durch den Einsatz neuer spezifischer Ressourcen N über die so reduzierten Governancekosten G2 ermöglicht, wird der Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein. (G) Herleitung aus dem Formalmodell

Wie anhand der Hypothese 2.2 bereits erläutert, geht aus den Gleichungen (17.1) und (17.2) hervor, dass eine Reduzierung der intentionalen Unsicherheit im Zeitverlauf ∆I > 0 eine intertemporale Verringerung der Koordinations- bzw. variablen Governancekosten ∆G > 0 in Abhängigkeit von A (und U) ermöglicht, was gemäß Gleichung (14.1) zu einer Steigerung von π2 führt. Aus Gleichung (17.4) geht hervor, dass A1 positiv auf ∆I wirkt (∂∆I / ∂A1 > 0). Daher kann die intertemporale Reduktion von I umso größer sein, je größer A1 ist, was wiederum positiv auf den Profit π2 wirkt. Dieser positive Einfluss einer Reduktion von I auf π kann unter Einbezug explorativer Aspekte sogar größer sein als aus rein exploitativer Sicht, da nun laut Gleichung (20) durch den Einsatz von N weitere variable Governancekosten G entstehen (∂G2 / ∂N > 0). Durch eine Reduktion von I wird daher analog zu den Gleichungen (17.1) und (17.2) die Steigung von G2 in Abhängigkeit von A2 sowie N reduziert, was letztendlich zu einer Steigerung von π2 führt. 3.3 Da der Spezifitätsgrad der anfänglich eingesetzten Ressourcen A1 die Möglichkeit, die kognitive Distanz CD intertemporal zu reduzieren, positiv beeinflusst und damit eine weitere Steigerung von π2 durch den Einsatz neuer spezifischer Ressourcen N über die Parameter αN2 und / oder δN2 ermöglicht, wird der optimale Spezifitätsgrad A1 relativ hoch sein. (M)

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

381

Herleitung aus dem Formalmodell

Eine Steigerung von A1 wird, wie anhand der Hypothese 2.3 dargelegt, positiv auf eine intertemporale Reduzierung von CD wirken (∂∆CD / ∂A1 > 0). Aus den Gleichungen (18.1) und (19) geht nun hervor, dass die Parameter αN2 und / oder δN2, die die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N in t = 2 bestimmen, in gleicher Weise wie schon α bzw. αA1 und αA2 und / oder δ bzw. δA1 und δA2 von CD determiniert werden (∂αN2 / ∂CD2 < 0 und / oder ∂δN2 / ∂CD2 < 0). Daher werden αN2 und / oder δN2 bzw. die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N umso größer, je stärker die intertemporale Reduktion von CD vermittelt durch A1 ist. Hier ist jedoch anzumerken, dass sich eine solche Reduktion von CD in weiteren Perioden negativ auf die Entwicklung weiterer neuer Ressourcen N auswirken kann, da laut Gleichung (18.2) ∂η / ∂CD < 0 gilt. Dieser gegenteilige Effekt wird hier jedoch den Ausführungen in Kap. B. I. 4. c) und E. II. 1. folgend als eher gering angenommen, da eine intertemporale Reduktion von CD aufgrund des Einsatzes von A vorrangig zu einer „Überbrückung der kognitiven Positionen“ und weniger zu einer „Annäherung der kognitiven Positionen“ der beteiligten Akteure führt.223 3.4 Da der Interdependenzgrad ID die Entwicklung neuer Ressourcen N über den Parameter η negativ, die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N über die Parameter αN2 und / oder δN2 aber positiv beeinflusst, wird ID eine mittlere Ausprägung annehmen. (CPRO) Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (18.2) und (19) geht hervor, dass der Interdependenzgrad ID1 über den Parameter η die (Opportunitäts-)Kosten der Entwicklung neuer Ressourcen positiv beeinflusst (∂η / ∂ID1 > 0). Folglich wird ein möglichst geringer Interdependenzgrad ID1 gewählt werden. Aus den Gleichungen (18.1) und (19) geht jedoch hervor, dass der Interdependenzgrad 223 Hier könnte angenommen werden, dass hier eine weitere Teilhypothese analog zu 2.4 bezüglich des Interdependenzgrades aufgestellt werden sollte. Hierauf wird jedoch verzichtet, da sich aus dem Formalmodell keine eindeutigen Aussagen bezüglich ID1 aus einer explorativen Sichtweise ableiten lassen: Einerseits sollte es nämlich zur Erreichung explorativer Ziele zu einer (weiteren) Steigerung von ID1 kommen, da so analog zu 2.4 höhere Spezifitätsgrade A1 eingesetzt werden können, die dann zu den in 3.1 bis 3.3 beschriebenen Effekten führen. Auf der anderen Seite wirkt sich laut Gleichung (18.2) eine Steigerung von ID1 auch positiv auf den die Entwicklungskosten von N beschreibenden Parameter η aus, was bedeutet, dass ID1 geringer sein sollte. Welcher Effekt nun dominiert, lässt sich allgemeingültig nicht sagen, sondern hängt von den konkreten Variablenausprägungen und Effektstärken ab.

382

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

ID2 die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N über die Parameter αN2 und / oder δN2 positiv beeinflusst (∂αN2 / ∂ID2 > 0 und / oder ∂δN2 / ID2 > 0). Folglich wird ein möglichst großer Interdependenzgrad ID2 gewählt werden. Wird von einer kontinuierlichen Akteursbeziehung ausgegangen, wird daher aus einer Gesamtbetrachtung ein mittlerer Interdependenzgrad ID gewählt werden.224 3B

Aus dynamischer Sicht und zur Erreichung explorativer Zwecke ist eine internationale Akteursbeziehung eher als Hybrid bzw. weniger hierarchisch und weniger marktlich auszugestalten.

Herleitung aus dem Formalmodell

Aus den Gleichungen (18.2) und (19) geht hervor, dass die Interaktionsintensität, die über A1 approximiert werden kann, die Möglichkeit, N zu entwickeln, positiv beeinflusst (∂η / ∂A1 < 0). Den obigen Ausführungen folgend kann analog zur Hypothese 2B daher davon ausgegangen werden, dass die marktliche Koordination relativ ineffizienter im Vergleich zu hierarchischen Koordinationsformen i und Hybriden h ist. Aus den Gleichungen (18.2) und (19) geht aber auch hervor, dass die Möglichkeit, N zu entwickeln, positiv von der kognitiven Distanz CD beeinflusst wird (∂η / ∂CD1 < 0), wohingegen der genau gegenteilige Effekt bezüglich des Einsatzes von N festzustellen ist (∂αN2 / ∂CD2 < 0 und / oder ∂δN2 / CD2 < 0). Dies bedeutet: Während zur Entwicklung von N eine hohe CD vorteilhaft ist, ist für den Einsatz von N eine niedrige CD günstig. Folglich ist eine CD optimal, die hinreichend groß zur Entwicklung von N ist sowie hinreichend klein zum Einsatz von N, also insgesamt einen mittleren Wert annimmt. Daher ist auch aus dieser Sichtweise, den Ausführungen bezüglich den Gleichungen (15.5), (16.1), (17.2) und (17.3) folgend, eine marktliche Koordination m relativ unvorteilhaft, da durch diese die kognitive Distanz intertemporal nicht ausreichend stark verringert werden kann (∂∆CD / ∂COOi1 > ∂∆CD / ∂COOh1 > ∂∆CD / ∂COOm1). Gleichzeitig 224 Streng genommen impliziert das Formalmodell wie dargestellt, dass in t = 1 ein geringer und in t = 2 ein hoher Interdependenzgrad gewählt werden sollte. Dafür muss ID jedoch zwischen den einzelnen Perioden stark veränderbar sein, was eher unrealistisch erscheint. Außerdem ist hier zu beachten, dass dies nur dann sinnvoll ist, wenn die Akteursbeziehung nach t = 2 beendet wird. Kommt es hingegen zu einer kontinuierlichen, zeitlich vorab nicht begrenzten Zusammenarbeit, so stellt t = 2 neben der Einsatzperiode für N auch eine Entwicklungsperiode für neue N dar, die dann in den Folgeperioden t > 2 eingesetzt werden können. Folglich ist in diesem Fall ein sehr hoher Interdependenzgrad ID2 nicht mehr optimal. Daher wird hier postuliert, dass aus einer Gesamtbetrachtung heraus ein mittlerer Interdependenzgrad ID, der sozusagen einen Kompromiss zwischen Entwicklung und Einsatz von N ermöglicht, zu wählen ist.

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

383

wird aber auf dieser Grundlage auch die Hierarchie i weniger vorteilhaft sein als weniger stark hierarchisch ausgeprägte Hybride h, da die intertemporale Reduktion von CD durch i bereits zu stark ausgeprägt sein kann. Zudem ist hier noch mal auf die Diskussion in Kap. B. II. 5. b) hinzuweisen, in der herausgestellt wurde, dass eine Reduktion der CD innerhalb der Hierarchie eher im Sinne einer „Angleichung der kognitiven Positionen“ der beteiligten Akteure verstanden werden kann, was dann offensichtlich die Entwicklungsmöglichkeiten von N über η einschränkt. Innerhalb von hybriden Arrangements h besteht die Reduktion der CD hingegen zu einem größeren Teil aus einer „Überbrückung der kognitiven Positionen“ , das bedeutet, dass die Akteure also die kognitive Position des jeweils anderen besser verstehen, aber gleichwohl eine gewisse kognitive Distanz zueinander wahren. Des Weiteren geht aus Gleichung (20) hervor, dass auch aus explorativer Sicht eine intertemporale Reduktion der intentionalen Unsicherheit ∆I > 0 vorteilhaft bzw. governancekostenreduzierend wirkt. Da, wie oben dargelegt, die Möglichkeit, N zu entwickeln, positiv vom Einsatz vorhandener spezifischer Ressourcen A beeinflusst wird (∂η / ∂A1 < 0) und durch ∆I > 0 der Spezifitätsgrad A gesteigert werden kann, wird eine Reduktion von I folglich auch einen positiven Einfluss auf die Entwicklungsmöglichkeit von N haben. Aus Gleichung (17.4) ging hervor, dass Hybride h ein größeres Reduzierungspotential bezüglich I aufweisen als die Hierarchie i (∂∆I / ∂COOh1 > ∂∆I / ∂COOi1 > ∂∆I / ∂COOm1). Daher wird auch aus dieser Perspektive eine hybride Koordination relativ vorteilhafter sein als eine hierarchische oder marktliche. Abschließend ist hier anzumerken, dass jedoch laut Gleichung (20) die Hierarchie relativ effizienter als Hybride bezüglich der variablen Governancekosten G in Abhängigkeit von N ist. Da sich diese jedoch lediglich auf ein potentielles Spill-over-Problem beziehen und nicht wie bei A zusätzlich noch auf ein Hold-up-Problem, sollte G(N) insgesamt geringer sein als G(A) bei vergleichbaren Ausprägungen von N und A. Abgeschwächt wird dieses relative Verhältnis vom dargestellten Einfluss einer Reduktion von I, wobei diese zudem relativ stärker auf Gh wirkt als auf Gi. Für eine hybride Koordination spricht zudem die Betrachtung der Managementkosten M, wenn, wie innerhalb der Teilhypothesen (3.1) bis (3.4) postuliert, ein hoher Spezifitätsgrad A1 sowie ein mittlerer Interdependenzgrad ID gewählt werden und wie oben dargelegt ein mittlerer kognitiver Distanzgrad CD angestrebt wird. Aus den Gleichungen (12.1) bis (12.4) sowie (17.3) geht hervor, dass M in Abhängigkeit von A bei hybrider und hierarchischer Koordination die gleiche Steigung aufweisen, während diese bei marktlichen Arrangements höher ausfällt (∂Mi / ∂A = ∂Mh / ∂A < ∂Mm / ∂A).

384

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Wenn nun die Koordinationsfixkosten β mit dem postulierten Verhältnis βi > βh > βm in die Betrachtung einbezogen werden, so werden bei hohen A Hybride h relativ effizienter sein als die Hierarchie i und marktliche Arrangements m. Die Steigung von M in Abhängigkeit von ID ist bei der Hierarchie i zwar geringer als bei Hybriden h, jedoch wird dieser Effizienzvorteil von i aufgrund der mittleren ID-Grade nicht besonders groß sein, wobei hier zudem auf das bereits dargestellte Fixkostenverhältnis, das auch hier gegen i spricht, hingewiesen werden kann. Die Steigung von M in Abhängigkeit von CD spricht bei mittleren CD-Graden auch eher für eine hybride denn für eine hierarchische Koordination, da hier ∂Mi / ∂CD > ∂Mh / ∂CD gilt.

II. Zusammenfassung der aufgestellten Hypothesen Die aufgestellten Hypothesen werden anhand der Abbildungen 21a und 21b zusammengefasst. In Abbildung 21a sind die Haupthypothesen 1A, 2A und 3A sowie die dazugehörigen Teilhypothesen, die Aussagen über den zu wählenden SpeziHypothese 1A (A, ID) 1.1 (A, ID) 1.2 (A) 1.3 (A, ID) Hypothese 2A (A, ID) 2.1 (A) 2.2 (A) 2.3 (A) 2.4 (ID) Hypothese 3A (A) Hypothese 3A (ID) 3.1 (A) 3.2 (A) 3.3 (A) 3.4 (ID)

Quelle: Eigene Darstellung.

A, ID

Abbildung 21a: Zusammenfassende Darstellung der den Spezifitätsund Interdependenzgrad betreffenden Hypothesen

G. Darstellung der aus dem Formalmodell abgeleiteten Hypothesen

385

fitätsgrad A und Interdependenzgrad ID treffen, vergleichend schematisch dargestellt. Dazu ist es erforderlich, von konstanten CD- und I-Graden auszugehen. Anhand der Ausdrücke in Klammern wird jeweils verdeutlicht, über welche der Variablen A und / oder ID Aussagen getroffen wurden. 1A sowie die entsprechenden Teilhypothesen 1.1 bis 1.3 besagen, dass aus statischer exploitativer Sicht ein relativ geringer Spezifitätsgrad A und / oder Interdependenzgrad ID zu wählen ist als aus dynamischer Perspektive. Daher sind die hypothesenbeschreibenden Pfeile nach links gerichtet. Dabei ist der Pfeil 1A länger als die Pfeile der Teilhypothesen, was zum Ausdruck bringen soll, dass sich die Wirkungen, die in letzteren konstatiert werden, zur Hypothese 1A „aufkumulieren“, also insgesamt ein stärkerer Anreiz besteht, weniger spezifische Ressourcen A einzusetzen und einen geringeren Interdependenzgrad ID zu wählen, als jeweils aus den einzelnen Teilhypothesen hervorgeht. Dieser Logik folgend ist die Teilhypothese 1.1 aufgrund der beschriebenen schwach gegenläufigen Wirkungen mit einem kürzeren Pfeil dargestellt. 2A sowie die zugehörigen Teilhypothesen 2.1 bis 2.4 besagen, dass aus dynamischer exploitativer Sicht relativ höhere Spezifitätsgrade A und Interdependenzgrade ID zu wählen sind als aus rein statischer Perspektive. Daher sind die entsprechenden Pfeile auch nach rechts gerichtet. Diese sind allesamt kürzer als 1A und 1.1 bis 1.3, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass die postulierten Anreize aus statischer Sicht natürlich auch innerhalb einer dynamischen Sicht relevant sind. Die Darstellung der Hypothese 3A unterscheidet sich von den vorherigen durch die Differenzierung in 3A (A) und 3A (ID), was hier den unterschiedlichen Aussagen bezüglich des Spezifitätsgrades A und Interdependenzgrades ID Rechnung trägt. So besagen 3A sowie die zugehörigen Teilhypothesen 3.1 bis 3.3, dass auch aus dynamischer explorativer Sicht ein höherer Spezifitätsgrad A zu wählen ist als aus statischer Sicht. Daher sind die entsprechenden Pfeile auch alle nach rechts gerichtet. Auffällig ist, dass der die Teilhypothese 3.3 beschreibende Pfeil kürzer ist als die anderen Teilhypothesenpfeile. Dies soll der diesbezüglichen Argumentation gerecht werden, innerhalb derer darauf hingewiesen wurde, dass es hier auch einen gegenläufigen Effekt oder Anreiz gibt, weniger spezifische Ressourcen A einzusetzen, wodurch unter alleinigem Bezug auf 3.3 davon ausgegangen wird, dass zwar ein Anreiz besteht, höhere Spezifitätsgrade A einzusetzen, dieser jedoch weniger stark ausgeprägt ist als bei den anderen Teilhypothesen. In Bezug auf ID besagen 3A sowie die Teilhypothese 3.4, dass aus dynamischer explorativer Sicht ein mittlerer Grad bzw. ein geringerer als aus dynamisch exploitativer Sicht gewählt werden sollte. Dies wird jeweils durch die beiden entgegengesetzten Pfeile zum Ausdruck gebracht.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells Hypothese 1B 1.4 1.5 Hypothese 2B 2.5 2.6 2.7 2.8 Hypothese 3B

m

Hypothese 3B

h

i

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 21b: Zusammenfassende Darstellung der die Koordinationsform betreffenden Hypothesen

In Abbildung 21b sind die Hypothesen 1B, 2B und 3B sowie die zugehörigen Teilhypothesen dargestellt, die unter Rekurs auf die zugehörigen A-Hypothesen allesamt Aussagen über die zu wählende Koordinationsform treffen. 1B sowie die Teilhypothesen 1.4 und 1.5 besagen, dass – wenn 1A zutrifft – eine internationale Akteursbeziehung aus rein statischer Sicht weniger hierarchisch und eher marktlich auszugestalten ist als aus dynamischer. Daher sind auch die entsprechenden hypothesenbeschreibenden Pfeile nach links ausgerichtet und relativ lang, führen also von der hierarchischen Koordination i weg über die hybride h bis hin zur marktlichen Koordination m. 2B sowie die Teilhypothesen 2.5 bis 2.8 besagen hingegen, dass aus dynamischer exploitativer Sicht eine hierarchischere Koordinationsform zu wählen ist, weshalb hier die Hypothesenpfeile allesamt nach rechts gerichtet sind. Dabei fällt auf, dass die 2.6 und 2.7 beschreibenden Pfeile kürzer sind als die der Teilhypothesen 2.5 und 2.8 bzw. zwar auch weg von marktlichen Arrangements m führen, jedoch im Gegensatz zu Letzteren bereits auf Höhe der hybriden Koordination h enden. Dies soll zum Ausdruck bringen, dass innerhalb von 2.6 und 2.7 postuliert wird, dass zwar eine weniger marktliche Koordination vorteilhaft ist, jedoch keine relativen Unterschiede aus einer Marginalbetrachtung zwischen Hybriden h und der Hierarchie i bestehen. Da die Fixkosten hierarchischer Koordination höher sind als die der hybriden, kann folglich davon ausgegangen werden, dass hier zwar ein Anreiz besteht, die fokale Akteursbeziehung weniger marktlich auszugestalten, jedoch ab dem Hybrid kein Anreiz zu einer weitergehenden Hierarchi-

H. Fallstudie

387

sierung besteht. Daher sowie dadurch, dass auch hier die gegenläufigen Anreize aus statischer Sicht wirken, ist der die Hypothese 2B beschreibende Pfeil hier kürzer als 1B. 3B besagt, dass aus dynamischer explorativer Sicht Anreize bestehen, eine internationale Akteursbeziehung als Hybrid bzw. weder extrem marktlich noch streng hierarchisch auszugestalten. Daher existieren hier auch zwei gegenläufige Pfeile, die jeweils weg von der marktlichen und der hierarchischen Koordination hin zur hybriden weisen.

H. Fallstudie Im folgenden Abschnitt werden die Internationalisierungsaktivitäten bzw. die Entwicklung des Chinageschäfts der HUDORA GmbH dargestellt und diskutiert, wobei hier die Etablierung und Entwicklung internationaler Akteursbeziehungen im Fokus stehen.225 Dies dient als Ausgangsbasis für die anschließende Überprüfung der Hypothesen.

I. Das Familienunternehmen HUDORA und dessen Entwicklung Das Familienunternehmen HUDORA wird 1919 in Radevormwald als Schlittschuhfabrik gegründet. Sieben Jahre später gelingt der Marktdurchbruch mit der Herstellung eines Schlittschuhs aus einem Stück. In den Folgejahren etabliert sich HUDORA als Produzent von Schlittschuhen und weitet sukzessive seine Produktpalette aus, wodurch sich das Unternehmen vom Schlittschuhhersteller zum „Spezialisten für alles, was rollt und gleitet“ wandelt. HUDORA fertigt in unternehmenseigenen Produktionsanlagen am Unternehmenssitz und bezieht dazu Vorprodukte von deutschen Zulieferern aus der Region. Die grob skizzierte Entwicklungsgeschichte ist in Abbildung 22 ausführlicher dargestellt. HUDORA ist bis Anfang der 1980er Jahre ein ausschließlich auf dem deutschen Binnenmarkt tätiges Unternehmen. 1984 kommt es jedoch zu einem elementaren Umbruch. Auslöser hierfür ist der immer stärker werdende Globalisierungsdruck. Wie fast alle EU-Staaten öffnet auch die Bundes225 Die dargestellten Informationen und die zitierten Äußerungen basieren allesamt auf einem ausführlichen Gespräch mit einem vormaligen Geschäftsführer und jetzigen Aufsichtsratvorsitzenden im Jahre 2010 sowie mehreren kurzen Interviews mit diesem, sowie einer Geschäftsführerin zwischen 2006 und 2010. Werden zusätzlich noch andere Quellen herangezogen, ist dies explizit angegeben. Die hier wiedergegebene Fallstudiendarstellung sowie die diesbezügliche Diskussion wurden zudem im Jahr 2011 vom Aufsichtsratsvorsitzenden überprüft und autorisiert.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells 1919 Am 4. August 1919 gründet Hugo Dornseif das Unternehmen. Seine Idee: die Herstellung von Schlittschuhen. Er gibt der Firma seinen Namen. Aus HUgo DOrnseif, RAdevormwald wird HUDORA. 1926 HUDORA wird zum Ausrüster von internationalen Spitzensportlern, Weltmeistern und Goldmedaillengewinnern. Darunter befinden sich EiskunstlaufStars wie Herber/Baier, Kilius/Bäumler, Dagmar Lurz, Norbert Schramm, Rudi Cerne und Katarina Witt. 1945 Demontage und Abtransport der Spezialmaschinen. 1954 HUDORA stellt zum ersten Mal – und seit dem ununterbrochen – auf der Nürnberger Spielwarenmesse aus. 1956 Mit dem Rollschuh mit Gummirollen (vorher: Stahlrollen) bringt HUDORA eine bahnbrechende Innovation in den Markt. Da zu diesem Zeitpunkt niemand Rollen in der gewünschten Qualität liefern kann, wird zur eigenen Produktion das Unternehmen RaDo (RAdevormwald DOrnseif) gegründet. 1965 HUDORA steigt in die Produktion von Fitnessartikeln ein, jedoch lässt der Erfolg dieser Produktgruppe 40 Jahre lang auf sich warten. 1973 HUDORA nimmt Skateboards in das Programm auf. 1980 Der Rollerboot-Boom ist da! Mit „Disco-Rollern“ von HUDORA, deren bunte Stiefel auf ein lenkbares Chassis mit großen weichen Rollen montiert sind. 1982 HUDORA gerät durch die Folgen der Erbauseinandersetzung Schwierigkeiten. Aus dem HUDORA Werk wird die HUDORA GmbH.

in

Quelle: Eigene Darstellung; HUDORA 2011.

Abbildung 22a: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 1919 und 1982

republik ihre Märkte immer weiter für Produkte ausländischer Unternehmen. Zur gleichen Zeit holen ausländische Hersteller insbesondere aus dem asiatischen Raum immer weiter auf und schließen die vormals vorhandenen Technologie- und Wissenslücken zu europäischen Unternehmen. Dadurch werden diese ausländischen Unternehmen sukzessive zu ernstzunehmenden Wettbewerbern auch für deutsche Unternehmen wie HUDORA auf deren heimischem Markt, zumal Erstere häufig aufgrund signifikanter Arbeitskostenvorteile ihre Produkte auf den deutschen Markt exportieren und dort

H. Fallstudie

389

günstig anbieten können. Damit steigt letztendlich der Wettbewerbs- und insbesondere der Kostendruck für in Deutschland produzierende Unternehmen. Als Folge wird das auf den Binnenmarkt fokussierte Geschäftsmodell HUDORAs zunehmend unrentabler und das Unternehmen beschließt 1982, die eigenen Produktionsaktivitäten in Deutschland aufzugeben und fortan seine Produkte von ausländischen Herstellern zu beziehen, um von den dortigen Produktionskostenvorteilen zu profitieren. Nachdem die Produkte anfänglich größtenteils aus der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bezogen werden, verlagern sich diese Aktivitäten – anfangs noch über Hongkong und Taiwan – zunehmend in die VR China. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks findet ab 1989 die Produktion von HUDORA-Produkten fast ausschließlich in China statt. Die Produktpalette wird in den Folgejahren sukzessive ausgebaut und HUDORA etabliert sich immer mehr als differenzierter Anbieter für Sportgeräte und Zubehör im Hobby- und Amateurbereich: „Wir sind die Spezialisten für alles, was Menschen bewegt. Dazu zählen Inline [-] Skates, Rollschuhe, Skateboards, Skateroller, Schlittschuhe, Gleitschuhe sowie das ganze dazugehörige Equipment.“ (HUDORA-Homepage)

Die Produkte werden dabei zunächst weiter im Facheinzelhandel angeboten. Im Zeitverlauf kommen große deutsche Einzelhandelsketten, insbesondere Discounter und später auch Online-Versandunternehmen als Vertriebskanäle hinzu. Damit einher geht ein stetiges Wachstum. So wuchs der Umsatz des Unternehmens seit 1999 im deutlich zweistelligen Bereich auf ca. 40 Mio. Euro im Jahre 2005, in dem ca. 700.000 Paar Inline-Skates, 400.000 Protektoren, 140.000 Schlittschuhe, 100.000 Skateboards, 110.000 Scooter, 130.000 Tore, 650.000 Nordic-Walking-Stöcke und knapp 200.000 Trampoline verkauft werden. Im Jahr 2010 beträgt der Umsatz bereits 60 Mio. Euro, was HUDORA an den Verkaufszahlen gemessen zu einem der größten Anbieter in vielen der genannten Produktsegmente auf dem deutschen Markt sowie in anderen Ländern der Europäischen Union macht. So zeigt bspw. die Marktforschungsstudie der NPD Group in der Kategorie „Toys“ für das Geschäftsjahr 2010, dass der Marktanteil HUDORAs im Bereich „Scooter“ bei 50,9 % liegt. HUDORA ist damit in diesem sowie in den Bereichen InlineSkates, Ice-Skates, Laufräder und Trampoline Marktführer. Neben der Produktionsverlagerung nach China lassen sich in diesem Zeitraum die folgenden zwei Ereignisse als bedeutendste Meilensteine für die internationale Unternehmensentwicklung identifizieren: Im Jahr 1999 kommt es zum ersten Großauftrag einer der umsatzstärksten deutschen Einzelhandelsketten (Discounter): über 600.000 Inline-Skates. Ab diesem Zeitpunkt kommt es stetig zu neuen Großaufträgen desselben und anderer Einzelhandelsunternehmen auch über andere Produkte.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Im Jahr 2007 wird schließlich die unternehmenseigene Niederlassung HUDORA Asia Ltd. am Standort Shenzhen gegründet, in der ausschließlich chinesische Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Niederlassung wird in den Folgejahren sukzessive ausgebaut, sodass hier im Jahr 2010 bereits 22 Mitarbeiter beschäftigt sind. HUDORA Asia Ltd. ist nicht direkt mit Produktionsaktivitäten betraut, sondern widmet sich ausschließlich der Prozess- und Qualitätskontrolle sowie der technischen Unterstützung und Kompetenzentwicklung bei den diversen eigenständigen Herstellern bzw. Lieferanten der HUDORAProdukte. Diese sowie weitere bedeutende Meilensteine in der Unternehmensentwicklung sind in den Abbildungen 22b und 22c kurz dargestellt. 1987 HUDORAs Gebrauchsmuster auf ‚weiche‘ Schuhe für Rollsportartikel läuft aus. Später wird K2 mit dieser Technologie großen Erfolg haben. 1989 HUDORA verlagert Teile der Produktion nach Asien. 1990 Als einer der Ersten bietet HUDORA Inline Skates in Deutschland an. In kurzer Zeit erreicht das Unternehmen eine Marktabdeckung von 20%. In den nächsten 20 Jahren wird der Marktanteil auf über 50 % steigen. 1997 Die Produktpalette wird ausgeweitet und um das HUDORA Kinder- und Spielwarensortiment ergänzt. 1999 Das Familienunternehmen bezieht das neue Domizil in Remscheid mit großem Showroom. Es kommt zum ersten Großauftrag über die Lieferung von Inline Skates für einen der umsatzstärksten deutschen Discounter. Im Zuge dessen werden auch die Marke HYSKATE ins Leben gerufen und ein innovatives Verpackungskonzept implementiert. 2000/2001 HUDORA entwickelt in Kooperation mit der Universität Wuppertal den patentierten Klappmechanismus für Aluminiumroller. Die Aluminium-Scooter avancieren zum Verkaufshit. Der ‚Big Wheel‘ wird in Ausgabe 04/01 der Stiftung Warentest zum Testsieger und mit der Note „gut“ (2,2) bewertet. Er ist mit Abstand der preiswerteste. Im selben Jahr wird die Kindermarke ‚joey‘ geschaffen. Quelle: Eigene Darstellung; HUDORA 2011.

Abbildung 22b: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 1987 und 2001

H. Fallstudie

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2005 HUDORA verdreifacht seine Lagerfläche in Remscheid, wechselt auf ein “chaotisches Lager” und eine neue Warenwirtschaft. Nach Anfangsschwierigkeiten kann HUDORA seine Logistikeffizienz maßgeblich steigern. 2006 HUDORA bringt das Kinderlaufrad ‚Ratzfratz‘ zum günstigen Preis auf den Markt und löst damit einen regelrechten Laufrad-Boom aus. HUDORA startet mit einem Webshop für Ersatzteile und Prozessverbesserungen für die inzwischen tausende von Endverbraucheranfragen pro Woche. 2007 Mit der HUDORA Asia Ltd. wird eine Niederlassung in China gegründet. HUDORA Cybernetics, der interne IT-Dienstleister von HUDORA, führt ein selbst entwickeltes Track & Trace System (huLOG) ein, das den Prozeus Förderpreis gewinnt. Das Callcenter zur Endverbraucherbetreuung wird von einem externen Dienstleister zurück ins Haus geholt. 2008 Ein von HUDORA Cybernetics selbstentwickeltes Lagerverwaltungssystem (myPL) und EDI-Routingsystem (benEDIct) werden eingeführt. Ende 2008 tritt HUDORA in die BSCI ein – die Business Social Compliance Initiative – und setzt sich damit für die Verbesserung der Sozialstandards in Risikoländern ein. 2009 HUDORA geht erfolgreich gegen zahlreiche Plagiate seiner Produkte vor. Auf dem Gelände in Remscheid wird ein neues Bürogebäude eröffnet. 2010 Auf 3000 qm entsteht ein neues After-Sales Zentrum. Quelle: Eigene Darstellung; HUDORA 2011; Interview.

Abbildung 22c: Meilensteine der Entwicklung HUDORAs zwischen 2005 und 2010

II. Die Evolution internationaler Aktivitäten HUDORAs Der Zeitraum zwischen 1984 bis 1988 lässt sich als eine Art Experimentierphase der Internationalisierung HUDORAs beschreiben. Anfangs wird die Produktion größtenteils an ein volkseigenes Kombinat in der DDR ausgelagert. Im gleichen Zeitraum wird außerdem – teilweise parallel – mit diversen Herstellern in unterschiedlichen Ländern in Osteuropa und Asien

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

„experimentiert“. Im Rahmen dessen werden jeweils einmalige Lieferungen einer Produktart und relativ geringe Stückzahlen vereinbart. Diese ersten internationalen Unternehmensbeziehungen erweisen sich jedoch mit Ausnahme eines in Hongkong ansässigen Unternehmens „schwieriger als gedacht“, sodass keine Folgeaufträge vergeben werden: „Die Zusammenarbeit mit [in] Thailand und Sri Lanka [ansässigen Herstellern] war dann doch eher unbefriedigend. Anfangs klappte die Zusammenarbeit hier eigentlich ganz gut. Problematisch wurde es dann allerdings meistens, wenn die Ware geliefert wurde. Da gab es dann oft Probleme mit der Qualität; teilweise sahen die Sachen sogar anders aus, als wir vorher abgesprochen haben. Schwierig wurde es manchmal auch, wenn wir [nachträglich] etwas ändern mussten und vor allem wenn das schnell gehen sollte. […] Da mangelte es dann oft an Flexibilität und […] [dem unbedingten Willen], Geschäfte zu machen, […] [sodass] man dann oft den Eindruck hatte, dass die eigentlich nicht unbedingt Geschäfte machen wollten. Das hat dann nicht immer alles so geklappt und ich musste mich dann hier […] [mit den Kunden auseinandersetzen]. […] Jedenfalls haben die [Produzenten in Thailand] sich nicht so […] [bemüht], wie ich das später in [Hongkong und dann direkt in der VR] China erlebt habe. […] Wenn ich da hingehe und [während einer Besprechung bezüglich eines anderen Produktes] frage, ob die auch so ein Teil [(zeigt auf einen Plastikschlüsselanhänger)] machen können und der [chinesische Unternehmensrepräsentant] sagt mir, dass er mir in zwei Tagen ein Muster fertigen kann, dann steht der auch in zwei Tagen mit dem Muster […] [vor mir].“

Nach dem Zusammenbruch der Ostblockstaaten und dem daraus resultierenden Ende der Geschäftsbeziehung mit dem volkseigenen Kombinat in der DDR fokussiert sich HUDORA ab 1989 ausschließlich auf die Zusammenarbeit mit Herstellern aus dem Großraum China (Hongkong, Taiwan und die VR China). Hier ist anzumerken, dass HUDORA bereits 1982 erste Geschäftsbeziehungen knüpft. Bevor auf die Entwicklung dieses Chinageschäfts HUDORAs eingegangen wird, ist vorab zu klären, warum sich das Unternehmen im Laufe dieser Experimentierphase der Internationalisierung neben der bedeutenden Beziehung zum erwähnten Kombinat in der DDR zunehmend auf Beziehungen mit Herstellern im Großraum China fokussiert. Sowohl die DDR als auch (später) der Großraum China scheinen von HUDORA dabei vornehmlich aus zwei Gründen gewählt worden zu sein: In beiden Regionen waren die Arbeitskosten wesentlich geringer als in der BRD oder in anderen EU-Staaten, was als potentieller standortspezifischer Vorteil dieser Regionen angesehen werden kann. Zudem scheinen die dort vorhandenen Ressourcen und Wissenssets bzw. die Fähigkeiten und Einstellungen der dortigen Akteure in besonderem Maße komplementär zu denen

H. Fallstudie

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HUDORAs gewesen zu sein. So war HUDORA durch die Zusammenarbeit mit diesen Akteuren in der Lage, die spezifischen Kundenbedürfnisse auf dem deutschen Absatzmarkt besser zu befriedigen und insbesondere auf diesbezügliche Änderungen zu reagieren, als dies in den anderen „Testländern“ der Fall war. Anders formuliert, ließ sich anscheinend ein potentiell höherer Mehrwert innerhalb von Akteursbeziehungen mit Unternehmen aus dem Großraum China und der DDR generieren als mit Unternehmen aus anderen Regionen. Im Folgenden soll nunmehr auf die generelle Entwicklung des Chinageschäfts HUDORAs unter besonderer Berücksichtigung der Evolution internationaler Akteursbeziehungen fokussiert werden. Diese lässt sich grob in zwei Phasen unterteilen, wobei anzumerken ist, dass sich diese Phasen nicht zeitpunktgenau voneinander differenzieren lassen, es also zu keinen plötzlichen Umbrüchen kommt. Vielmehr existiert hier jeweils eine Art Transformationszeitraum, innerhalb dessen das etablierte System einer Phase inkrementell von einem neuen abgelöst wird. 1. Indirekte und direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte Die ersten Geschäftsbeziehungen kommen ausschließlich mit in Hongkong und Taiwan ansässigen Unternehmen zustande, die als Trader bezeichnet werden können. Das Geschäftmodell dieser Trader beruht vornehmlich auf der Ausnutzung von Arbitragemöglichkeiten. Diese Unternehmen fungieren dabei als eine Art Brücke zwischen Kunden aus den westlichen Industrieländern und Produzenten in der VR China, was Ellis (1998, S. 39 f.; für den netzwerktheoretischen Hintergrund siehe bspw. Burt 1992; 2000; 2003) anschaulich wie folgt beschreibt.226 „Throughout its colonial history, Hong Kong has benefited from the tertius activities of a diverse mix of traders […]. […] [T]hese people-[…] have mediated the link between China and the outside world, and have profited from doing so. […] The essence of any tertius strategy is captured in the successful negotiation for those information and control benefits that lead to entrepreneurial profit when brokering transactions between otherwise disconnected players. It is the political 226 Victor Fung, Vorsitzender eines der größten „Handelshäuser“ (Trading Companies) in Hongkong, beschreibt bspw. das Geschäftsmodell seines Unternehmens Li & Fung mit folgendem Bild (zitiert in: Bund / Fischermann / Sieren 2010): „Wir sind wie ein Mann, der mit einem Fallschirm im Dschungel abspringt. In der einen Hand hält er eine Machete, um einen Weg zur nächsten Billigfabrik zu schlagen, und in der anderen Hand ein Multimediatelefon, damit der Kunde laufend seine neuesten Anforderungen mitteilen kann und über den Produktionsstand informiert wird.“

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

tension and cultural distance between China and the United States [or other western countries] […] that provides Hong Kongers with the entrepreneurial opportunities to apply their capitalistic endeavor in negotiating trade and investment deals between Chinese factories and U.S. buyers. […] Hong Kong plays a mediating role between the largely untapped markets and cheap suppliers of the PRC [Peoples Republic of China] and […] [w]estern traders, who have historically used Hong Kong as an entry point into the Middle Kingdom […]. […] An example of this would be a Hong Kong trading company purchasing Chinese-made products through its Shanghai office and shipping them directly to buyers in the European Union.“

Diese Trader produzieren meist nicht selbst in unternehmenseigenen Produktionsstätten, sondern lassen größtenteils von anderen Akteuren in der VR China – teilweise auch durch Joint Ventures mit diesen – produzieren. In dieser Phase versucht HUDORA vornehmlich das Kerngeschäft mit Roll- und Schlittschuhen durch komplementäre Produkte – bspw. Knie- und Ellbogenprotektoren – zu ergänzen. Daher sondiert das Unternehmen den existierenden Markt für solche Produkte und findet einige Trader in Hongkong, die entsprechende Artikel anbieten bzw. bereits in ihrem Sortiment führen. Es handelt sich hierbei also vornehmlich um eher standardisierte Produkte, die nicht auf Basis der Anforderungen HUDORAs kundenspezifisch gefertigt werden. Wie oben skizziert, beziehen diese Trader die Produkte von Herstellern in der VR China und verkaufen diese dann an HUDORA weiter. Da die Trader eine Art Vermittlungsgebühr meist in Form eines Aufschlages auf den Preis des eigentlichen Herstellers in der VR China erheben, besteht bei dieser Ausgestaltungsform für HUDORA ein unmittelbarer Anreiz, die Trader zu umgehen und direkt mit den Herstellern in Geschäftsbeziehungen einzutreten. So kann der Anteil des Mehrwertes, der von den Tradern abgeschöpft wird, zwischen Hersteller und HUDORA aufgeteilt werden. Bereits kurze Zeit später versucht HUDORA die Erfahrungen aus den ersten Tradergeschäften und dadurch entstandene Kontakte dazu zu nutzen, eigenständig potentielle Hersteller in der VR China vornehmlich im Großraum Shenzhen zu finden und mit diesen direkt Geschäftsbeziehungen zu etablieren. Dadurch verlagert sich der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeiten zunehmend auf die VR China. Auch hier werden zunächst vornehmlich Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen eingegangen, die ein bestehendes Produkt anbieten, das zur Produktpalette HUDORAs passt. Bspw. kommt es zu Lieferverträgen über Protektoren für Rollschuhfahrer, wobei hier jeweils eine Lieferung von Knie- und Ellbogenschützern sowie Helmen mit drei unterschiedlichen Herstellern vereinbart wird. Dabei werden bestehende Produkte, die die Herstel-

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ler bereits in ihrem jeweiligen Sortiment führen, meist mit nur geringen Modifikationen bestellt. Daher kommt es in dieser Phase auch zu einer relativ hohen Fluktuation unterschiedlicher Hersteller. Häufig kommt es zu einer kurzfristigen Zusammenarbeit mit einem Hersteller, die mit der Auslieferung eines Produktes bzw. der Erfüllung eines einmaligen Liefervertrages endet. Unter Umständen wird ein gleichartiges Produkt zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Hersteller bezogen. Abschließend ist hier noch darauf hinzuweisen, dass HUDORA bis zum heutigen Zeitpunkt die hier dargestellte Art von Herstellerbeziehungen für den Bezug standardisierter Produkte unterhält. 2. Direkte längerfristige Herstellerbeziehungen zum Einkauf individualisierter Produkte Im Zeitverlauf – und ab ca. 1989 aufgrund des Ausfalls des Herstellers in der DDR verstärkt – versucht HUDORA jedoch auch zunehmend eigene Produktideen und -entwicklungen mit chinesischen Herstellern umzusetzen. Dadurch wird die Zusammenarbeit bzw. werden die Interaktionen mit den jeweiligen Geschäftspartnern notwendigerweise wesentlich intensiver. So müssen bspw. die Konstruktionspläne vermittelt, Material- sowie Herstellungsprozessspezifikationen abgesprochen und Zulieferer von Vorprodukten überprüft und ausgewählt werden. Außerdem wird der Kontrollaufwand größer und umfangreicher. Während zuvor eine Produktendkontrolle ausreichend war, müssen innerhalb der intensiveren Herstellerbeziehungen auch umfangreiche Prozesskontrollen stattfinden, die i. d. R. bereits bei den Herstellern der Vorprodukte ansetzen. Da es sich um Neuentwicklungen oder zumindest Produkte handelt, die die jeweiligen Hersteller so zuvor noch nicht produziert haben, sind zudem intensive persönliche Interaktionen bei den Herstellern vor Ort zumindest bei der Prototypentwicklung und Nullserienproduktion unabdingbar. Durch diese Veränderung kommt es zu signifikanten Veränderungen innerhalb des Chinageschäfts HUDORAs im Vergleich zur ersten Internationalisierungsphase: Erstens nimmt die oben geschilderte Fluktuation der Hersteller im Zeitverlauf immer weiter ab und es kommt zu längerfristig orientierten Beziehungen mit den gleichen Herstellern über mehrere Lieferungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten teilweise von unterschiedlichen Produkten. Zweitens fasst – durch den notwendigen wesentlich größeren Kontrollaufwand, der zu großen Teilen eine persönliche Präsenz vor Ort bzw. bei dem jeweiligen Hersteller erfordert, der aufgrund der kontinuierlichen Produktpalettenerweiterung und Umsatzsteigerung zudem stetig anwächst – die Idee

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

bei HUDORA zunehmend Fuß, eine eigenständige Niederlassung in der VR China zu gründen, die vornehmlich den Zweck haben soll, die entsprechenden Kontrollaktivitäten vor Ort durchzuführen. 2007 wird schließlich die HUDORA Asia Ltd. in Shenzhen gegründet, die Ende des Jahres 2010 bereits 22 festangestellte chinesische Mitarbeiter beschäftigt. Drittens kommt es innerhalb einiger der längerfristigen Geschäftsbeziehungen ca. ab dem Jahr 2000 zudem zu einem weiteren interessanten Phänomen. Und zwar wenden sich einige dieser chinesischen Hersteller mit eigenen Produktideen und Verbesserungsvorschlägen proaktiv an HUDORA, die dann teilweise auch umgesetzt werden. So kommt es bspw. aufgrund des Vorschlags eines Herstellers im Jahr 2003 dazu, dass mobile Fußballtore und später auch diese Kategorie ergänzende Produkte in das Sortiment HUDORAs aufgenommen werden.

III. Diskussion der Herstellerbeziehungen in den einzelnen Entwicklungsphasen Nach der erfolgten Darstellung des Unternehmens HUDORA und dessen internationaler Entwicklung wird im Folgenden die Ausgestaltung der internationalen Akteursbeziehungen HUDORAs mit chinesischen Herstellern jeweils innerhalb der einzelnen Entwicklungsphasen genauer betrachtet und in Anlehnung an das Formalmodell diskutiert, um darauf aufbauend die aufgestellten Hypothesen zu überprüfen. 1. Die erste Internationalisierungsphase HUDORAs: Indirekte und direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte Im folgenden Abschnitt werden die indirekten Herstellerbeziehungen über vornehmlich in Hongkong ansässige Trader und die direkten Beziehungen HUDORAs zu den in der VR China ansässigen Herstellern zum Bezug standardisierter Produkte dargestellt. Dabei wird in Anlehnung an das Formalmodell auf die Ausprägungen der dort identifizierten Beeinflussungsvariablen und deren Veränderungen im Zeitverlauf eingegangen. Von besonderem Interesse wird dabei sein, ob die dort diskutierten und theoretisch begründeten Effekte auch empirisch beobachtbar sind bzw. ob sich Indizien für eine Bestätigung der aufgestellten Hypothesen finden lassen. Eine für das Tradergeschäft typische Akteursbeziehung kommt 1984 zustande. HUDORA ist auf der Suche nach einer Bezugsquelle für Knie- und Ellbogenprotektoren, um das bestehende Geschäft mit Rollschuhen zu komplementieren. Auf einer Messe in Hongkong kommt es zum Kontakt zu

H. Fallstudie

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„Jeffrey“, dem aus Taiwan stammenden Eigentümer und Geschäftsführer der Hierarch-Trading-Company, die in Hongkong Produkte ausstellt, die in das Anforderungsprofil HUDORAs passen. Hierarch ist ein kleines Unternehmen, das keines der ausgestellten Produkte selbst produziert, sondern über das persönliche Netzwerk Jeffries von unterschiedlichen Herstellern in der VR China beziehen kann. Bereits auf der Messe kommt es zur Vereinbarung über die Lieferung von jeweils 3.000 Paar Knie- und Ellbogenprotektoren aus dem bestehenden Sortiment von Hierarch und zu einem entsprechenden Kaufvertrag, der letztendlich auch erfolgreich umgesetzt wird. Es kommt zur Übergabe der Ware zum vereinbarten Liefertermin und zur entsprechenden Gegenleistung bzw. Bezahlung. Bei der anschließenden Wareneingangs- und Qualitätskontrolle werden keine signifikanten Abweichungen festgestellt. Der dargestellte Fall kann als typisch für die Ausgestaltung einer indirekten Herstellerbeziehung angesehen werden, wobei aber längst nicht alle Tradergeschäfte so erfolgreich verlaufen. Auf diesen Punkt wird später noch eingegangen. Anfangs stellen Tradergeschäfte vor allem eine Art Experimentierfeld der Internationalisierung für HUDORA dar, wobei das Vorgehen relativ unstrukturiert ist: „Zu Anfang war das [die Geschäftsbeziehungen mit den Tradern] ja eher ein kleines Experiment. Den bei weitem größten Teil unseres Geschäfts [das damals fast ausschließlich aus Schlitt- und vor allem Rollschuhen, die in der DDR produziert wurden, bestand] haben wir ja damals mit der DDR gemacht. […] In Hongkong haben wir dann erstmal nach Produkten gesucht, die die Sachen aus der DDR ergänzen sollten. […] Das waren z. B. Knie- und Ellbogenschoner, die wir dann gleich mit den Rollschuhen verkaufen konnten. […] Das waren nicht so große Stückzahlen. […] Nein, also die Rollschuhe haben wir schon selbst entwickelt oder entwickeln lassen. Da bin ich dann mit den Unterlagen [Konstruktionspläne und -spezifikationen] in die DDR gefahren und bin das mit denen in ellenlangen Sitzungen durchgegangen. […] Das war auch nicht immer einfach, bis die verstanden haben, was wir da genau wollen, weil die z. B. nicht immer verstanden haben, warum es jetzt besser wäre, das […] [ein oder andere Detail] so und nicht so zu machen. […] In Hongkong haben wir aber eigentlich erstmal geguckt, was es da so gibt. […] Nein, also wir haben über Messen, die Handelskammer usw. nach Anbietern gesucht, die solche Produkte angeboten haben. […] Eigentlich mussten wir mit denen dann nur noch absprechen, wo die Etiketten und der Name hinkommen soll […] und natürlich den Preis, Liefertermine usw.“

Wie aus dem zitierten Gesprächsausschnitt deutlich wird, handelt es sich bei dem Chinageschäft HUDORAs in dieser anfänglichen Phase der Internationalisierung eher um ein Experiment mit relativ begrenztem Einfluss auf den kurz- und insbesondere den langfristigen Unternehmenserfolg. Zwar

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

kommt es durch den Warenbezug von Tradern aus Hongkong zu einer Erweiterung des Sortiments HUDORAs, jedoch handelt es sich hier ausschließlich um Produkte, die das Kerngeschäft HUDORAs mit Roll- und Schlittschuhen komplementieren. Dennoch hat diese Phase größere wettbewerbsstrategische Bedeutung, da sie eine Transformation des Geschäftsmodells bzw. der Marktbearbeitungsstrategie HUDORAs „einläutet“: „Besonders viel Geld haben wir mit diesen [von Tradern aus Hongkong bezogenen] Produkten zu Anfang eigentlich nicht verdient. Umsatz haben wir ja vor allem mit den Roll- und Schlittschuhen [die von HUDORA entwickelt und nach diesen Spezifikationen zu dieser Zeit in der DDR gefertigt wurden] generiert. […] Man konnte ja damals [in den 80er Jahren] schon sehen, dass wir uns breiter aufstellen müssen [um wettbewerbsfähig zu bleiben] und [der Verkauf von] Rollschuhe[n] nicht mehr ausreich[t.] […] Mittlerweile läuft das ja so: Wenn ich […] [einer Supermarktkette] Inline Skates verkaufen will, funktioniert das nicht mehr. Die haben da ein Regal [bzw. einen Bereich], in dem die Freizeit[- / Sport] artikel anbieten. Wenn ich dann einen Auftrag von denen haben will, muss ich ja möglichst das komplette Regal füllen. Die wollen ja nicht nur Inline Skates, sondern auch das Zubehör [Helme, Knieschützer, usw.] und dazu am besten noch Roller, Fußballtore, […] usw. […] Ja, die nehmen dann lieber den Anbieter, der [möglichst] das ganze Sortiment abdeckt.“

Die Traderbeziehungen können somit als erster Schritt HUDORAs weg vom Spezialanbieter für einige wenige Produkte, hin zu einer Art „Systemanbieter“ mit einem differenzierten Produktsortiment angesehen werden. Um die Ausprägungen aller Variablen diskutieren zu können, wird im Folgenden zunächst genauer auf den prozessualen Ablauf einer solchen Traderbeziehung eingegangen, um im Anschluss die Ausprägungen der einzelnen Variablen zu bestimmen, die – wie im Formalmodell diskutiert – die optimale Ausgestaltung einer internationalen Akteursbeziehung determinieren sollten: Prozessualer Ablauf

Um die jeweiligen Ausgestaltungen der indirekten und direkten Herstellerbeziehungen sowie den Übergang zwischen diesen unter Rekurs auf das Formalmodell diskutieren zu können, werden zunächst die „typischen“ prozessualen Abläufe innerhalb dieser Beziehungsarten in Abbildung 23 exemplarisch dargestellt. In der Abbildung ist zu erkennen, dass sich das anfängliche Chinageschäft HUDORAs durch den Einbezug von in Hongkong ansässigen Tradern über drei Länder – Deutschland, Hongkong und die VR China – erstreckt.227 Ein 227 Hongkong war bis 1997 britische Kronkolonie und gehörte daher zu Großbritannien. Obwohl die VR China am 1. Juni 1997 die Kontrolle über Hongkong übernahm, ist es bis dato eine Sonderverwaltungszone mit weitgehender wirtschaftlicher

H. Fallstudie

Deutschland

H

Einkauf

D O

SupplyChainManagement

R

Vertrieb

A

Hongkong

After-Sales

VR China Hersteller C

1

Entwicklung

U

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2

Trader A

1

Hersteller D

2,3,5 1,4,5 Trader B

Hersteller E

1 Hersteller F

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 23: HUDORAs Chinageschäft unter Einbezug von Tradern

Trader (A oder B) verfügt über ein Netzwerk an Herstellern in der VR China (C und D, E und F) von denen er jeweils eine bestimmte Produktart beziehen kann (Pfeile 1). HUDORA bzw. die Einkaufsfunktion kontaktiert nun unterschiedliche Trader (A und B) auf der Suche nach einem bestimmten Produkt (Pfeile 2). Hierbei sind andere Unternehmensfunktionen nicht oder nur in geringem Maße involviert, da nicht von HUDORA eigens konzipierte oder zumindest nach den speziellen Vorstellungen des Unternehmens gefertigte Produkte eingekauft werden sollen. Im oben dargestellten Fall findet HUDORA das gesuchte Produkt bei Trader B; Trader A kann das Produkt über sein Herstellernetzwerk entweder gar nicht oder aber zu einem höheren Preis für HUDORA beziehen. Folglich kommt es zum Abschluss eines Kaufvertrages zwischen HUDORA und Trader B (Pfeil 3), der die Produktspezifikationen, zugesicherte Produkteigenschaften, Kaufpreis, Bestellmenge und Liefertermin beinhaltet. Unmittelbar nach Vertragsabschluss wird vom Trader eine kleine Stückzahl des Produktes an HUDORA übergeAutonomie, anderen rechtlichen Regelungen als der Rest der VR China (Auswärtiges Amt 2011). Daher kann Hongkong bis heute eher als eigenständiger Standort „außerhalb“ der VR China angesehen werden denn als „gewöhnliche“ chinesische Provinz. Des Weiteren ist hier darauf hinzuweisen, dass einige dieser Geschäfte auch über in Taiwan ansässige Trader zustande kommen.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Deutschland

Hongkong

VR China

1,2,3

H

Entwicklung

U

Einkauf

D O

SupplyChainManagement

R

Vertrieb

A

Hersteller C

After-Sales

Hersteller D

Trader A

2,3,5 Hersteller E

1,4,5 Trader B

1 Hersteller F

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 24: Die Etablierung direkter Herstellerbeziehungen in der VR China für den Bezug standardisierter Produkte

ben, um eine Qualitätskontrolle durchführen zu können. Ersterer wird nun an den Hersteller dieses Produktes (Hersteller E) einen Produktions- oder Lieferauftrag vergeben, der Bestellmengen, Liefertermine usw. beinhaltet (Pfeil 4). Nach Fertigstellung wird Hersteller E die Ware an den Trader B oder aber in Zusammenarbeit mit diesem direkt an HUDORA übergeben (Pfeile 5). Als Zahlungsbedingung wird ein Akkreditiv vereinbart, sodass die Zahlung an den Trader de facto bei Warenübergabe stattfindet. Für die Warenlogistik ist ein externer Dienstleister verantwortlich. Nach der Wareneingangskontrolle in Deutschland und stichprobenartiger Qualitätsprüfung im Distributionslager kann die Ware an die Kunden HUDORAs ausgeliefert werden. Wie bereits angesprochen, kommt es in der hier diskutierten Phase der Internationalisierung bereits relativ kurze Zeit nach den ersten Tradergeschäften zur Etablierung direkter Herstellerbeziehungen durch HUDORA, die auch dem Bezug standardisierter Produkte dienen. Der hier typische prozessuale Ablauf ist in Abbildung 24 exemplarisch dargestellt. Aus der Abbildung ist zunächst ersichtlich, dass es sich hier nicht um einen radikalen Umbruch der Beziehungsstruktur HUDORAs im Chinageschäft handelt. Es werden weiterhin Transaktionen über Trader – wie im vorherigen Abschnitt diskutiert – durchgeführt. Daneben kommt es aber nun

H. Fallstudie

401

parallel zu einzelnen direkten Herstellerbeziehungen, wobei diese im Zeitverlauf immer weiter zunehmen, während immer weniger Transaktionen über Trader abgewickelt werden. So ist in der Abbildung dargestellt, dass HUDORA Geschäftsbeziehungen mit dem Trader B eingeht, um Waren von Hersteller E zu beziehen. Gleichzeitig wird aber der Trader A umgangen und eine direkte Beziehung mit dem in der VR China ansässigen Hersteller C etabliert. Außer der Umgehung des Traders und der daraus resultierenden Reduktion der insgesamt notwendigen Prozessschritte ändert sich innerhalb einer solchen direkten Herstellerbeziehung jedoch qualitativ wenig: Hier wird nun entweder der Hersteller A die Einkaufsfunktion HUDORAs von einem bestimmten Produktangebot unterrichten oder Letztere tritt auf der Suche nach einer Bezugsquelle für eine bestimmte Produktart an Hersteller A heran (Pfeil 1). Entspricht das Produkt den Vorstellungen HUDORAs, kommt es zu Preisverhandlungen, die bei Erfolg mit einem Kaufvertrag abgeschlossen werden (Pfeil 2), der die Produktspezifikationen, zugesicherte Produkteigenschaften, Kaufpreis, Bestellmenge und Liefertermin beinhaltet. Auch hier wird HUDORA die zugesicherten Produkteigenschaften sowie -qualität anhand eines Musters überprüfen. Abgeschlossen wird auch diese Transaktionsart mit der Warenübergabe und Zahlung über ein Akkreditiv (Pfeil 3). Auch hier sind während des gesamten Ablaufs andere Unternehmensfunktionen HUDORAs als der Einkauf nicht oder nur minimal involviert, da nach wie vor standardisierte und nicht von HUDORA selbst entwickelte Produkte eingekauft werden sollen. Wie bereits kurz angesprochen, ergeben sich aus einem Vergleich der beiden dargestellten prozessualen Abläufe bis auf eine Ausnahme kaum wesentliche Änderungen. So bleibt aus Sicht HUDORAs das primäre Ziel beider Beziehungsarten – der Bezug standardisierter Produkte – und der Inhalt der einzelnen Interaktionsprozesse bzw. die transferierten Informationen und Ressourcen insgesamt weitestgehend identisch. Auch die involvierten Unternehmensfunktionen HUDORAs sind gleich. Eine bedeutende Veränderung ist jedoch ersichtlich. Und zwar kommt es durch die Umgehung des Traders zu einer Reduktion der involvierten Akteure und damit einhergehend der notwendigen Prozessschritte. Bspw. müssen innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen zwei Mal Preisverhandlungen – sowohl zwischen Hersteller und Trader als auch zwischen Letzterem um HUDORA – geführt werden, während diese offensichtlich innerhalb der direkten Herstellerbeziehungen nur ein Mal notwendig sind. Somit stellt sich hier die Frage, wie und warum die Traderbeziehungen im Zeitverlauf sukzessive durch direkte Herstellerbeziehungen ersetzt wurden. Diesbezüglich ist festzustellen, dass bereits zu Beginn des Chinageschäfts für HUDORA ein offensichtlicher Anreiz bestand, die Trader zu umgehen

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und direkt mit den Herstellern Geschäftsbeziehungen zu etablieren. Das Geschäftsmodell der Trader besteht schließlich aus der Ausnutzung von Arbitragemöglichkeiten, also der „Vermittlung“ zwischen Käufern und Verkäufern, für die eine Art Gebühr meist in Form eines Aufschlages auf den Preis des Herstellers in der VR China erhoben wird. Durch die Etablierung direkter Geschäftsbeziehungen mit den Herstellern und der damit einhergehenden Reduktion der Prozessschritte kann folglich der Gesamtaufwand für eine Transaktion reduziert und zudem der Anteil des Mehrwertes, der vormals von den Tradern abgeschöpft wurde, zwischen Hersteller und HUDORA aufgeteilt werden. Es stellt sich also zunächst die Frage, warum HUDORA trotz des offensichtlichen Anreizes, die Trader zu umgehen, nicht bereits zu Beginn direkte Herstellerbeziehungen etabliert. Wie aus dem folgenden Gesprächsausschnitt hervorgeht, scheint dies damit begründet werden zu können, dass es HUDORA anfangs schlicht noch nicht möglich war, standardisierte Produkte von Herstellern aus der VR China direkt zu beziehen: „Ja, wir wollten […] [bereits anfangs] schon lieber mit den Herstellern direkt verhandeln. Ganz zu Anfang war das aber auch wegen der politischen Lage in [der VR] China schwierig [Geschäftsbeziehungen zu etablieren]. Vor allem war es überhaupt schwer, an Kontakte mit ‚geeigneten‘ Unternehmen in [der VR] China zu kommen. […] Das lief zuerst nur über Trader, die in Hongkong und Taiwan sitzen. […] In [der VR] China war uns alles fremd, die gesamte Kultur und auch die […] [chinesischen Unternehmen] hatten ja noch kaum Kontakt zum Westen. […] Das fing dann schon bei der Verständigung an. Die [chinesischen Unternehmensrepräsentanten] sprachen alle kein Englisch und ich kann leider kein Chinesisch. Dadurch war es dann schon schwierig, überhaupt verständlich zu machen, weshalb man eigentlich da war. […] Ja, natürlich haben wir einen Dolmetscher gehabt. Das ist aber auch nicht unbedingt viel besser, weil man ja nie direkt mit einem reden kann und nicht wirklich weiß, was der jetzt genau gesagt hat. […] [Maßgeblich war aber] eigentlich, dass wir zu Anfang große Schwierigkeiten hatten, überhaupt ein Unternehmen zu finden, dass passte. Wir haben erstmal ein Screening gemacht [und Informationen gesammelt]. Das war glaube ich 1982. Man kann da z. B. ein paar Informationen von der AHK [Außenhandelskammer] in Hongkong bekommen. Wir haben dann auch versucht herauszufinden, wo denn andere [Mitkonkurrenten] einkaufen, und sind dann auf Messen gefahren. So haben wir dann drei bis sechs Firmen gefunden und sind dann relativ blauäugig nach China gefahren, um uns mal ein paar Unternehmen anzugucken. […] Das war schrecklich. […] Das waren eigentlich alles […] [staatseigene Betriebe (state owned enterprises)] und der erste Eindruck war immer, dass die unglaublich dreckig und schwerfällig waren. […] Vor allem waren die aber viel zu groß […]. [Daher] war es für die gar nicht interessant, mit uns Geschäfte zu machen. […] Private Unternehmen, mit denen wir ja jetzt zusammenarbeiten, gab es da ja eigentlich so gut wie gar nicht, außer eben den Joint Ventures. […] Das waren

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Gemeinschaftsunternehmen von […] [den taiwanesischen oder in Hongkong ansässigen Tradern und Unternehmern aus der VR China]. […] Mit denen [den Tradern] konnte man dann ganz gut arbeiten. Die hatten auch schon Erfahrungen mit Ausländern und haben daher besser verstanden, worauf es uns ankommt.“

Das Zitat verweist damit letztendlich auf zwei wahrscheinlich miteinander verbundene Probleme HUDORAs, bereits anfänglich direkte Geschäftsbeziehungen mit Herstellern in der VR China einzugehen: Zum einen scheint die (exogene) Situation auf dem chinesischen Markt schwierig gewesen zu sein, da zu dieser Zeit überhaupt wenige geeignete Partnerunternehmen existierten und der Markt relativ intransparent war, sodass Informationen über die wenigen evtl. geeigneten Hersteller schwer zugänglich waren. Die VR China befand sich zu diesem Zeitpunkt in den Anfängen der Transformation einer von der Außenwelt weitestgehend abgeschotteten Plan- hin zu einer Marktwirtschaft. Der Großteil der existierenden staatseigenen Unternehmen war daher noch gar nicht in der Lage, Produkte herzustellen, die den Kundenanforderungen in westlichen Industrieländern genügten (Björkman / Kock 1995). Zudem war es überhaupt nur wenigen Unternehmen erlaubt, direkte Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Unternehmen einzugehen. Institutionen, die potentielle Käufer mit Anbietern bzw. Herstellern über das Preissystem verknüpften, waren erst in ihren Anfängen. Die Koordination marktwirtschaftlicher Aktivitäten erfolgte in dieser Zeit vornehmlich durch persönliche und familiär oder ethnisch abgegrenzte Netzwerkbeziehungen, die für Außenstehende schwierig zugänglich waren (Boisot / Child 1996; Hamilton 1996; Redding 1990; Whitley 1992). Insbesondere der letztgenannte Punkt verweist auf ein weiteres potentielles Problem für HUDORA, um direkte Beziehungen mit chinesischen Herstellern einzugehen. Das Unternehmen verfügte anfangs über keine Kenntnisse und Erfahrungen mit diesen informellen Netzwerken und vor allem über keinen Zugang zu diesen. Selbst wenn HUDORA auf anderem Wege (zufällig) einen potentiell geeigneten Hersteller gefunden hätte, wäre der direkte Bezug standardisierter Produkte von diesem wahrscheinlich problematisch gewesen, da sowohl HUDORA als auch Hersteller aus der VR China zu diesem Zeitpunkt höchstens über sehr geringes internationales Erfahrungswissen verfügten. So hatten die Akteure innerhalb der SOEs keine oder kaum direkte Erfahrungen mit ausländischen Kunden und marktwirtschaftlichen Geschäftsbeziehungen, während HUDORA weder Erfahrungen mit dem chinesischen Wirtschaftssystem und der dortigen Kultur noch mit chinesischen Herstellern hatte. Anders stellt sich die Situation unter Einbezug der vornehmlich in Hongkong und Taiwan ansässigen Trader dar. Hongkong und Taiwan waren zu

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

diesem Zeitpunkt eigenständige Volkswirtschaften, denen ein marktwirtschaftliches System zugrunde lag und die zudem durch den starken Exportfokus bereits damals schon seit längerer Zeit in hohem Maße in das internationale Wirtschaftssystem eingebunden waren (Ellis 1998; Hamilton 1996; Whitley 1992). Dadurch war es westlichen bzw. europäischen Akteuren wesentlich einfacher möglich, Informationen über potentielle Anbieter bzw. Trader aus Hongkong und Taiwan und den von diesen angebotenen Leistungen zu erlangen. Außerdem besaßen viele Trader im hier relevanten Zeitraum bereits Erfahrungen mit ausländischen bzw. europäischen Akteuren und Kenntnisse über die generellen Anforderungen und Vorstellungen eines Unternehmens wie HUDORA. Da diese Trader, wie oben bereits beschrieben, quasi als Brücke zwischen westlichen Akteuren und Unternehmen in der VR China fungieren, verfügten sie auch bereits damals schon über fundierte Kenntnisse der institutionellen und kulturellen Besonderheiten der VR China aufgrund von Erfahrungen im Umgang mit dort ansässigen Unternehmen. Von besonderer Bedeutung war in diesem Zusammenhang sicherlich der Zugang zu oder die Mitgliedschaft in den angesprochenen informellen Netzwerken der Trader. In diesem Sinne besteht die wesentliche Funktion der Trader letztendlich darin, Austauschbeziehungen zwischen westlichen Akteuren wie HUDORA und chinesischen Herstellern zu ermöglichen, indem sie die mangelnden Erfahrungen und Kenntnisse letzterer mit- und übereinander kompensieren und so die daraus potentiell entstehenden Probleme vermeiden. Damit stellt sich nunmehr die Frage, wie es HUDORA trotz der dargestellten Problematik möglich wurde, im Zeitverlauf direkte Beziehungen mit Herstellern in der VR China einzugehen und von diesen standardisierte Produkte zu beziehen. Neben dem allgemeinen institutionellen Wandel in der VR China scheinen die Traderbeziehungen hier eine zentrale Rolle gespielt zu haben. Wenngleich innerhalb dieser die Interaktionen nicht besonders intensiv sind, ermöglichten sie es HUDORA dennoch, erste Erfahrungen mit der chinesischen Kultur im Allgemeinen und in Einzelfällen sogar direkt mit chinesischen Herstellern zu sammeln. Des Weiteren erhielt HUDORA durch die Trader – wenn auch von diesen in der Regel nicht so intendiert – verlässlichere Kontaktinformationen über potentiell geeignete Hersteller, als durch die zuvor durchgeführten Informationsbeschaffungsmaßnahmen, die im obigen Gesprächszitat angesprochen wurden. Interessanterweise scheinen diesbezüglich gerade die Geschäftsbeziehungen mit Tradern wesentlich gewesen zu sein, in denen es zu unvorhergesehenen Problemen kam, was sich anhand des folgenden Tradergeschäfts HUDORAs verdeutlichen lässt:

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„[Wir hatten] eine Vereinbarung mit […] [einer großen deutschen Schuheinzelhandelskette] über Eishockeyschützer. Das waren 24.000 Stück. […] Bei so einem Auftrag möchten wir dann immer [zeitnahe] Informationen über die Produktion haben, damit wir evtl. noch reagieren können. Auf einmal haben wir dann von unserem Geschäftspartner [einem Trader aus Taiwan, der innerhalb eines Joint Ventures in Pudong produziert hat,] nichts mehr gehört. Als wir den dann nicht ausfindig machen konnten, bin ich sofort nach Shanghai geflogen, um in der Fabrik in Pudong zu sehen, was da los ist. […] Dort gab es dann einen Streik [der chinesischen Mitarbeiter] in der Produktion. Der taiwanesische Chef [bzw. Trader] war […] [weg] und wurde später glaube ich auch verhaftet. […] Ich bin dann mit einem Dolmetscher zu dem Vorarbeiter gegangen, um zu erfahren, was da los ist. Da stellte sich heraus, dass die Arbeiter ihr Essen in den Baracken mit einem Gaskocher selbst gekocht haben und es eine Gasexplosion gab und die ganze […] [Unterkunft] abgebrannt ist. Gott sei Dank ist da niemand ernsthaft verletzt worden, aber die Arbeiter haben ihr ganzes Hab und Gut verloren […] und wollten deshalb [da die Geschäftsführung nicht für den Schaden aufkommen wollte] nicht mehr weiter arbeiten. Das war alles grauenhaft. Ich habe dann dem chinesischen Vorarbeiter 10.000 Dollar gegeben und gesagt, sie sollen sich davon Kleidung und Essen kaufen, und ihm gesagt, wie schlimm ich das alles finde. Dann habe ich versucht ihm mein Problem mit […] [dem Kunden] zu erklären, wenn ich die Ware nicht liefern kann. Ich habe dann gesagt: ‚Schau, wenn ich die Ware, die ihr hier produziert, nicht liefern kann, dann verliere ich mein Gesicht.‘ […] Am Ende haben wir es dann doch noch gemeinsam geschafft und die Ware pünktlich ausgeliefert.“

Aus dem Zitat wird deutlich, dass erst die gravierenden Probleme innerhalb der ursprünglichen Geschäftsbeziehung mit dem taiwanesischen Trader bzw. deren Scheitern dazu geführt haben, dass HUDORA direkt in der VR China persönliche intensive Erfahrungen sammeln konnte. Wäre die Geschäftsbeziehung hingegen erfolgreich verlaufen, so wäre es nicht zu dem persönlichen Kontakt mit der chinesischen Kultur und der Zusammenarbeit vor Ort in Pudong gekommen. Durch das so angesammelte Erfahrungswissen lassen sich später potentielle Probleme innerhalb von Geschäftsbeziehungen mit Herstellern in der VR China teilweise bereits im Vorhinein vermeiden. Bspw. kommt es bei einigen Tradergeschäften zu Lieferverzögerungen, die von den jeweiligen Tradern mit Stromausfällen an den chinesischen Produktionsstandorten erklärt werden. Diese Erklärung sensibilisiert HUDORA letztendlich für potentielle Probleme mit der Stromversorgung bei der direkten Zusammenarbeit mit Herstellern in der VR China: „Zu Anfang [der Phase, in der wir direkt mit Herstellern in der VR China zusammengearbeitet haben] sind wir noch relativ blauäugig an die […] [Auswahl potentieller Hersteller] herangegangen. […] Wenn wir uns die [Produktionsanlagen] angeschaut haben, haben wir als Erstes geschaut, ob die ein Dieselaggregat für die Stromerzeugung haben. Das war sehr wichtig, da es in China damals häufig Stromausfälle gab und niemand sagen konnte, wann es wieder Strom gibt.“

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Außerdem kommt es durch unvorhergesehene Probleme innerhalb von Traderbeziehungen zu direkten Kontakten zu Herstellern in der VR China, was sich anhand des folgenden Beispiels anschaulich zeigen lässt: „Wir hatten die Möglichkeit, an […] [einen großen deutschen Discounter] Trampoline zu liefern, und haben dann ein Angebot von Hierarch [dem bereits anfangs erwähnten Trader] bekommen. Dabei ist dann aber anscheinend etwas in der Kommunikation zwischen Hierarch und dem [chinesischen] Hersteller schief gelaufen. Jeffrey [der Geschäftsführer von Hierarch] hat mir aber nur gesagt, dass es irgendwelche Lieferprobleme gibt. Er wollte dann einen Ersatzlieferanten finden, aber das hat irgendwie nicht so richtig funktioniert. […] Ich bin dann langsam unruhig geworden und habe eigene Nachforschungen angestellt. Dabei habe ich dann herausgefunden, wer der Hersteller war und dass der zufällig gerade auf einer Messe war. Ich bin dann sofort dahin gefahren und hab versucht mit dem [Hersteller] zu reden. […] Dabei habe ich dann auch herausgefunden, was da eigentlich passiert ist. Es gab da nämlich keine Lieferprobleme, sondern etwas ganz anderes. […] Irgendwie scheint da bei Hierarch etwas durcheinandergekommen zu sein. Die haben nämlich mit mir einen Preis von 10 $ [pro Trampolin] vereinbart, was aber wohl deren Einkaufspreis war. Als die das dann gemerkt haben, wollten sie den [Einkaufspreis beim Hersteller] natürlich drücken, was der […] [Hersteller] aber nicht mitmachen wollte. Und deshalb wollte der dann nicht mehr liefern. Auf der Messe hat der [chinesische Eigentümer des Herstellers] mir dann klargemacht, dass er 10 $ und eben nicht weniger pro Trampolin haben wollte. […] Nachdem wir einige Zeit geredet haben, habe ich zu ihm gesagt: Pass auf, so geht das doch nicht, wir verlieren beide das Gesicht. Wir machen das Geschäft jetzt ohne Hierarch und du bekommst 10 $ pro Trampolin von mir. […] Ja, das hat dann am Ende noch alles so funktioniert und das war dann auch sozusagen der Startschuss [mit diesem Hersteller]. Mit dem haben wir dann in der Folgezeit auch noch mal Geschäfte gemacht.“

Zusammenfassend lässt sich hier somit zunächst festhalten, dass die innerhalb von Geschäftsbeziehungen mit Tradern – und hier insbesondere den problematischen – gesammelten Erfahrungen HUDORA in die Lage versetzten, direkte Akteursbeziehungen mit in der VR China ansässigen Herstellern einzugehen und die Trader als Vermittler mehr und mehr zu umgehen. a) Diskussion der beobachtbaren Variablenausprägungen und deren intertemporaler Veränderungen in Anlehnung an das Formalmodell Nachdem nunmehr die Akteursbeziehungen und deren Entwicklungen in der ersten Phase der Internationalisierung HUDORAs dargestellt wurden, wird im Folgenden auf die Ausprägungen der einzelnen Einflussvariablen innerhalb der beiden Beziehungsepisoden – indirekte und direkte Herstellerbeziehungen – sowie deren intertemporale Veränderungen in Anlehnung an

H. Fallstudie

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das Formalmodell eingegangen. Dies dient als Ausgangspunkt für die darauffolgende Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. Zur besseren Unterscheidung werden dabei die Variablenbezeichnungen mit den Subskripten 1 für indirekte und 2 für direkte Herstellerbeziehungen gekennzeichnet, was der Darstellung der aufeinanderfolgenden Zeitperioden t = 1 und t = 2 im Formalmodell entspricht. Hier wird zuerst auf den Spezifitätsgrad A, den Interdependenzgrad ID sowie die Koordinationsform COO eingegangen, da diese als von HUDORA aktiv gewählt und damit als Entscheidungsparameter aufgefasst werden können. Daran anschließend werden die weiteren Variablen kognitive Distanz CD, intentionale Unsicherheit I und Umweltunsicherheit U diskutiert. Bezüglich der intertemporalen Veränderungen der Variablenausprägungen sind hier die möglichen endogenen Effekte der Argumentation aus dem Formalmodell folgend von besonderem Interesse. Abschließend wird sodann auf die Exploration oder Entwicklung neuer Ressourcen N eingegangen. A (A1, A2,π2(A1))

Aus Sicht HUDORAs werden innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen unter Einbezug eines Traders kaum Investitionen in spezifische Ressourcen A1 getätigt und es kommt auch zu keinem signifikanten Transfer spezifischer Wissenssets A1 zwischen HUDORA und dem jeweiligen Trader und / oder Hersteller: Es handelt sich um standardisierte Produkte, zu dessen Entwicklung und Produktion der Hersteller bereits über die relevanten Wissenssets verfügt. Diese Wissenssets müssen folglich weder von noch an HUDORA übermittelt werden. Die für HUDORA maßgeblich relevanten Wissenssets bezüglich der Produkteigenschaften werden durch den physischen Transfer der Produkte bzw. der Kontroll- und der Gesamtcharge übermittelt. Offensichtlich kommt es auch auf Seiten der Hersteller und Trader damit zu keinen signifikanten Investitionen in Anlagen, die auf die spezifischen Bedürfnisse HUDORAs ausgerichtet wären. Selbst der zeitliche und materielle Aufwand für die Suche nach einem geeigneten Hersteller sowie für Verhandlungen über die Transaktionsausgestaltung weisen hier einen sehr geringen Akteursspezifitätsgrad A1 vor allem in Bezug auf den Hersteller auf. Die obigen Ausführungen legen nahe, dass die wesentliche institutionelle Funktion der Trader darin besteht, als Vermittler im Sinne einer Art von Marktplatz zu agieren, auf dem potentielle Käufer und Verkäufer zusammengebracht werden. Die Trader vermitteln dabei jeweils zwischen mehreren potentiellen Käufern und Verkäufern, sodass in diesem Sinne HUDORA durch die Interaktion mit einem Trader Informationen über mehrere Hersteller und deren Produkte generieren kann.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Im Vergleich zu den Traderbeziehungen ist innerhalb der direkten Herstellerbeziehungen keine signifikante Veränderung des Spezifitätsgrades ∆A = A2 – A1 beobachtbar. Es handelt sich immer noch um den Bezug standardisierter Produkte, für den kaum signifikante Spezifitätsgrade innerhalb der jeweiligen Beziehungen eingesetzt werden. Die ausgetauschten Wissenssets und Informationen bestehen auch größtenteils aus expliziten Elementen. Es kann hier jedoch argumentiert werden, dass es zu einem moderaten Anstieg des Akteursspezifitätsgrades A2 im Vergleich zu den Traderbeziehungen kommt. Wie oben dargestellt, fungieren Letztere ja aus Sicht HUDORAs als Vermittler bzw. Brücke zu unterschiedlichen chinesischen Herstellern. Dies bedeutet, dass HUDORA durch den direkten Kontakt zu einem Trader indirekt Informationen über und von mehreren potentiellen chinesischen Herstellern erlangen konnte. Die Etablierung direkter Herstellerbeziehungen führt nun dazu, dass die Suche eines und Informationsbeschaffung über einen bestimmten Hersteller bzw. dessen Produkte in dem Sinne akteursspezifisch sind, als dass sie für die Suche nach und Beziehungsetablierung mit einem anderen Hersteller keinen oder nur einen sehr geringen Nutzen aufweisen. Der damit verbundene Aufwand kann jedoch aufgrund der geringen Informationsmenge über Hersteller- und Produkteigenschaften, die für diese Transaktionsart relevant sind und zudem größtenteils aus expliziten Elementen bestehen, als relativ klein angesehen werden, weshalb auch nur von einem sehr moderaten Anstieg des Spezifitätsgrades A2 auszugehen ist. Zusammengefasst kann hier daher konstatiert werden, dass innerhalb der indirekten und direkten Herstellerbeziehungen relativ geringe Spezifitätsgrade A1 und A2 eingesetzt werden. Aus dem Formalmodell ging für solche Fälle hervor, dass der erzielbare Profit π nicht signifikant über Wettbewerbsniveau liegen, also aus einer solchen Beziehung kein signifikanter Wettbewerbsvorteil resultieren sollte (Gleichungen (1.1), (1.2) sowie (3.1) bis (3.3)). Diese Aussage entspricht weitestgehend den Beobachtungen aus der Fallstudie. Dort wurde herausgestellt, dass die betrachteten Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte dienen und damit das Kerngeschäft HUDORAs komplementieren, ohne aber selbst direkt wettbewerbsstrategisch relevant zu sein. Dies bedeutet, dass sie höchstens in geringem Maße zu einem Wettbewerbsvorteil HUDORAs beitragen. Die beobachtbare Veränderung des Spezifitätsgrades ∆A bzw. die Entscheidung HUDORAs, einen geringfügig höheren Spezifitätsgrad A2 innerhalb der direkten Herstellerbeziehungen einzusetzen, lässt sich unter Rekurs auf das Formalmodell durch den oben dargestellten Anreiz für HUDORA erklären, die Trader zu umgehen: In der formalen Diskussion wurde heraus-

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gestellt, dass der Einsatz spezifischer Ressourcen eine produktionskostensenkende Wirkung228 hat (Gleichungen (1.1) und (15): ∂CPRO / ∂A < 0) und dadurch letztendlich positiv auf den erzielbaren Profit π wirken kann. In der Fallstudiendarstellung wurde konstatiert, dass die Umgehung eines Traders und Etablierung direkter Herstellerbeziehungen zu einer Mehrwertsteigerung führen kann, da so der vormals vom Trader angeeignete Anteil zusätzlich zwischen HUDORA und Hersteller aufgeteilt werden kann. Zusammengenommen lässt sich dies so interpretieren, dass durch den einzusetzenden moderat höheren Spezifitätsgrad A2 innerhalb der direkten Herstellerbeziehungen eine Umgehung des Traders möglich wird und so ein höherer Profit π2 realisiert werden kann. Ein, wie im Formalmodell behaupteter intertemporaler Einfluss des eingesetzten Spezifitätsgrades auf den Profit π2(A1) bzw. die Produktionskosten229 innerhalb einer Akteursbeziehung in den Folgeperioden (Gleichungen (15.1) bis (15.5)) kann innerhalb der Fallstudie nicht oder nur in sehr geringem Maße festgestellt werden. „Ja, man könnte vielleicht schon sagen, dass die Verhandlungen [mit einem Trader oder Hersteller] schneller gehen, wenn man vorher schon einmal Geschäfte mit demjenigen gemacht hat, das fällt aber eigentlich nicht besonders ins Gewicht. […] [E]s gibt ja auch noch so viele andere Faktoren, die so eine Verhandlung zäh machen können. Z. B. kommt es ja immer darauf an, wie weit die Preisvorstellungen [anfangs] auseinander liegen. Hat man da ungefähr die gleichen Vorstellungen, findet man da schnell zueinander. Ist man da aber weit auseinander, kann das manchmal sogar mehrere Tage dauern. […] [Frage: Ist es denn z. B. nicht so, dass Sie sich die Suche nach einem Hersteller sparen können, wenn Sie das gerade gesuchte Produkt so oder so ähnlich schon einmal von einem bestimmten Hersteller bezogen haben? Dann könnten Sie diesen doch direkt kontaktieren.] Ja, das könnte man natürlich meinen, funktioniert so aber der Regel nicht. Erstmal produzieren die [Hersteller bzw. vermitteln die Trader] ja nicht immer das gleiche Produkt. Wenn uns einer vorher also schon mal Helme geliefert hat, ist das schon eher ein Zufall, wenn der[jenige] genau dann auch wieder Helme produziert oder auf Lager hat, wenn ich sie wieder brauche. Außerdem wollen wir ja auch einen gewissen Wettbewerb unter den Herstellern. Deshalb macht es auch manchmal Sinn, das gleiche Produkt von einem anderen Hersteller zu kaufen, allein um dem [Ersteren] zu zeigen, dass man nicht auf ihn angewiesen ist. […] Ja, insgesamt stimmt es schon, dass wir mittlerweile ein mehr oder weniger festes Netz an Herstellern haben, mit denen wir zusammenarbeiten. Dadurch ist die Suche nach einem [Anbieter] für ein bestimmtes Produkt, das wir verkaufen können, schon einfacher geworden als ganz zu Anfang.“ 228 Von einem Einfluss von A auf den Erlös R, wie er im Formalmodell diskutiert wurde, ist hier aufgrund des Bezugs standardisierter Produkte nicht auszugehen. 229 Von einem Einfluss von A auf den Erlös in der zweiten Periode R , wie er 1 2 im Formalmodell diskutiert wurde, ist hier aufgrund des Bezugs standardisierter Produkte nicht auszugehen.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Wie aus dem zitierten Gesprächsausschnitt deutlich wird, sind keine oder kaum klare Effizienzverbesserungen innerhalb einer Herstellerbeziehung in dieser Phase ersichtlich. Unter Rekurs auf das Formalmodell kann dies so interpretiert werden, dass die eingesetzten Spezifitätsgrade innerhalb einer einzelnen direkten oder indirekten Herstellerbeziehung so insignifikant sind, dass sie eben nicht zu einer klaren Effizienzverbesserung bzw. Profitsteigerung in den Folgeperioden beitragen. Und die wenigen eingesetzten spezifischen Ressourcen – bspw. bei der Suche nach und den Verhandlungen mit einem geeigneten Hersteller oder Trader – scheinen sozusagen größtenteils mit einer Transaktion verbraucht zu sein. Hinzu kommt hier noch, dass es in dieser Phase zu ständig wechselnden Beziehungen kommt, sodass eine Beziehung innerhalb derer im obigen Sinne spezifische Ressourcen eingesetzt werden, häufig nicht über eine Transaktion hinaus bestehen bleibt. Über alle indirekten sowie direkten Herstellerbeziehungen und über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet, scheint aber durchaus ein – wenn auch relativ geringer – intertemporaler Effekt des Einsatzes spezifischer Ressourcen beobachtbar. Durch die ständige Suche nach und die entsprechenden Verhandlungen mit immer neuen Akteuren baut sich HUDORA eine Art Netzwerk an bekannten Tradern und Herstellern auf, das hernach zumindest die Suche nach einem Anbieter für ein bestimmtes Produkt erleichtern kann. ID (ID1, ID2, α2(∆ID))

Wie aus der Diskussion anhand der Abbildung 24 ersichtlich wird, existiert innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen eine relativ geringe Interdependenz ID1 zwischen Aktivitäten HUDORAs und des jeweiligen Herstellers in der VR China. Vorkommnisse innerhalb einer fokalen Akteursbeziehung haben zwar offensichtliche Konsequenzen für den Verkauf des jeweiligen Produktes, jedoch darüber hinaus kaum Auswirkungen auf die sonstigen Aktivitäten HUDORAs. Bspw. ist die Entwicklungsfunktion HUDORAs nicht in die Entwicklung und Produktion der Produkte involviert, die vom Trader bezogen werden, sodass diesbezügliche Veränderungen auf Seiten eines Akteurs kaum Auswirkungen auf Aktivitäten des anderen haben. Da durch den Trader standardisierte, extern entwickelte Produkte bezogen werden, die das bestehende Sortiment HUDORAs komplementieren sollen, weisen auch die diesbezüglichen jeweiligen Wissenssets einen geringen Interdependenzgrad ID1 auf. So werden bspw. selbst gravierende Probleme innerhalb eines Tradergeschäfts, die zu einem Ausfall der Lieferung führen, keine signifikanten Konsequenzen für den Verkauf anderer HUDORA-Produkte haben. Gleiches gilt für evtl. Änderungen im Produktionsprozess oder der Produkteigenschaften.

H. Fallstudie

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Aus der Betrachtung der direkten Herstellerbeziehungen ergeben sich bezüglich des Interdependenzgrades ID2 keine signifikanten Veränderungen im Vergleich zu ID1. Auch hier werden sich Änderungen innerhalb einzelner Aktivitäten und / oder Wissenssets nur in begrenztem Maße auf andere Aktivitäten und Wissenssets auswirken bzw. dort Anpassungen notwendig machen, wobei die Begründung im Wesentlichen der obigen entspricht. Hier könnte jedoch von einem geringen Anstieg des Interdependenzgrades im Vergleich zu den Tradergeschäften ∆ID = (ID1 – ID2) > 0 ausgegangen werden, was sich wie folgt begründen ließe: Wird eine Herstellerbeziehung über einen Trader wie oben dargestellt etabliert, fungiert dieser als eine Art „Schnittstellenpuffer“, der ähnlich wie ein Zwischenlager funktioniert. Zur Verdeutlichung sei beispielhaft angenommen, dass ein bestimmter Hersteller nicht in der Lage ist, zum vereinbarten Termin zu liefern. Ein solcher Vorfall wird offensichtlich Konsequenzen für die Vertriebsfunktion HUDORAs haben, da dadurch potentielle Kunden evtl. nicht beliefert werden können. Eine Lösung dieses Problems bestünde bspw. darin, einen anderen Hersteller für das gleiche Produkt zu finden, der in der Lage wäre, noch fristgerecht zu liefern. Bei einer direkten Herstellerbeziehung müsste HUDORA selbst versuchen, eine solche alternative Bezugsquelle ausfindig zu machen. Ist hingegen ein Trader involviert und Vertragspartner HUDORAs, so ist dieser für die Alternativensuche verantwortlich oder kann zumindest mit einbezogen werden. Hierbei ist es zudem wahrscheinlich, dass dieser Trader aufgrund seines bestehenden Netzwerkes an (potentiellen) Herstellern eher in der Lage ist, eine alternative Bezugsquelle rechtzeitig zu finden. Beide Aspekte führen letztendlich zu der Aussage, dass bei einem Einbezug eines Traders dieser sozusagen die Aktivitäten HUDORAs gegen potentielle negative Einflüsse abschirmen kann, die sich aus Aktivitätenveränderungen auf Seiten des Herstellers ergeben. Anders formuliert, erhöht sich der notwendige Interdependenzgrad ID2 durch die Umgehung eines Traders und Etablierung einer direkten Herstellerbeziehung. Dieser Anstieg scheint jedoch gering zu sein. Diesbezüglich ist hier zunächst daran zu erinnern, dass innerhalb der Diskussion des Formalmodells herausgestellt wurde, dass von keinen endogenen Veränderungen des Interdependenzgrades auszugehen ist, sondern dieser vielmehr auch aus dynamischer Perspektive eine exogene Größe oder eine Entscheidungsvariable bleibt (Kap. E. I. 1. d)). Diese Konzeptionalisierung scheint durch die vorliegende Betrachtung der Beziehungsausgestaltung HUDORAs bestätigt zu werden. Hier ist keine endogene intertemporale Veränderung des Interdependenzgrades ersichtlich. Vielmehr kommt der oben diskutierte geringe Anstieg dadurch zustande, dass HUDORA aktiv versucht, im Zeitverlauf die Trader zu umgehen und direkte Herstellerbeziehungen zu etablieren, wobei Letztere einen geringfügig höheren Interdepen-

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

denzgrad zu erfordern scheinen. Damit kann, wie im Formalmodell proklamiert, die ersichtliche intertemporale Veränderung des Interdependenzgrades als Entscheidung HUDORAs aufgefasst werden. Auch dass in der Fallstudie ein moderater Anstieg des Interdependenzgrades von ID1 auf ID2 mit einer geringfügigen Steigerung des Spezifitätsgrades von A1 auf A2 einhergeht, steht im Einklang mit den diesbezüglich im Formalmodell postulierten Zusammenhängen (α2(∆ID)). Wie aus der Gleichung (10.3) hervorgeht, ermöglicht ein höherer Interdependenzgrad ID, vermittelt über eine korrespondierende Vergrößerung des Parameters α, einen höheren optimalen Spezifitätsgrad A*. Aus Gleichung (15.2) folgt, dass eine intertemporale Vergrößerung des Interdependenzgrades ∆ID = (ID1 – ID2) < 0 über die entsprechende Erhöhung von α2 dazu führt, dass in t = 2 weitere spezifische Ressourcen A2 profitabel eingesetzt werden können (α2(∆ID)). Aus der Fallstudie geht nun diesbezüglich hervor, dass der Wechsel von indirekten zu direkten Herstellerbeziehungen zu einem moderat höheren ID2 führt und innerhalb der direkten Herstellerbeziehungen auch höhere Spezifitätsgrade bzw. zusätzliche spezifische Ressourcen A2 eingesetzt werden (müssen) als noch bei den Tradergeschäften. COO (COO1, COO2)

Die Ausgestaltung der Geschäftbeziehung HUDORAs mit den Tradern bzw. den mit diesen verbundenen Herstellern COO1 kann als marktliche Koordinationsform m angesehen werden: Zunächst sind die so entstehenden Geschäftsbeziehungen sehr kurzfristig für den Zeitraum einer Transaktion ausgelegt. In vielen Fällen kommt es selbst für Transaktionen der gleichen Produktart zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Anbieter- bzw. Traderwechsel. Innerhalb einer Traderbeziehung sind auch keine oder zumindest kaum Investitionen ersichtlich, die eindeutig als Koordinationsfixkosten β anzusehen wären. Evtl. könnte ein bestimmter Anteil an den Personalkosten HUDORAs dahingehend interpretiert werden, da dieser durch den Aufwand entsteht, Traderbeziehungen in Hongkong anzubahnen und mit diesen die jeweiligen Geschäfte abzuwickeln. Dieser Anteil kann aber wohl als relativ gering angesehen werden, zumal es innerhalb der Organisationsstruktur und bei der Mitarbeiteranzahl HUDORAs zu keinen signifikanten Änderungen kommt, die eindeutig auf die neu etablierten Tradergeschäfte zurückzuführen wären. Alle beteiligten Akteure können weitestgehend autonom agieren und es kommt zu keiner Internalisierung. Es kommt hier zwar zu persönlichen Interaktionen wie im dargestellten Fall im Rahmen des Messebesuchs, jedoch sind diese nicht besonders intensiv, noch werden sie in signifikantem

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Ausmaß zur Übermittlung von implizitem Wissen genutzt. Vielmehr stellen diese Interaktionen eine Art von klassischen Verkaufsgesprächen dar, in denen vorrangig explizite Informationen – bspw. Preisvorstellungen und Lieferbedingungen – ausgetauscht werden. Direkte Interaktionen zwischen HUDORA und den jeweiligen Herstellern finden so gut wie überhaupt nicht statt; die Kommunikation läuft in der Regel vollständig über die Trader. Des Weiteren handelt es sich hier um Transaktionen weitestgehend standardisierter Produkte, die nicht auf spezifische Bedürfnisse HUDORAs zugeschnitten sind. Es erfolgen bestenfalls geringfügige Produktänderungen wie bspw. das Etikett, auf das die vorgeschriebenen Produktinformationen sowie der Name HUDORAs in deutscher Sprache aufgedruckt werden. Daher beinhalten die vertraglichen Regelungen außer den Regelungen bezüglich der Produktspezifikationen, Liefer- bzw. Übergabetermine, Preise und Zahlungsbedingungen keine weiteren wesentlichen Bestandteile und es kann hier weitestgehend von einem klassischen marktlich ausgestalteten Kaufvertrag ausgegangen werden: „Die Verträge waren eigentlich sehr kurz […] [und] passen auf eine Seite. Mehr ist das nicht.“

Die so ausgestalteten Akteursbeziehungen beinhalten fast überhaupt keine formalen Absicherungsmechanismen gegen opportunistisches Verhalten der Trader oder Hersteller: „Komplizierte Regelungen vertraglich festzuhalten, also z. B. so etwas wie Konventionalstrafen, machte eigentlich keinen Sinn, da man die in China gerade damals sowieso nicht durchsetzten konnte. […] Selbst wenn man als Gerichtsstand Frankfurt festschreibt, bringt das nicht viel. Schließlich können die [deutschen Gerichte] da ja letztendlich auch nichts machen, wenn dann hier keiner auftaucht.“

Darüber hinaus beinhaltet der Kaufvertrag ein Akkreditiv als Zahlungsbedingung – teilweise werden hier sogar Vorauszahlungen vereinbart. Dadurch ist es für HUDORA de facto unmöglich, bspw. bei einer Lieferung von Produkten, die den vereinbarten Qualitätsstandard unterschreiten, die Zahlung zu verweigern. In einem solchen Fall existiert dann zwar ein theoretischer rechtlicher Anspruch HUDORAs gegen den jeweiligen Vertragspartner, der jedoch, wie aus dem obigen Zitat deutlich wird, in der Regel nicht durchsetzbar ist. Auch die Ausgestaltung der direkten Herstellerbeziehungen COO2 kann wie schon die Tradergeschäfte als marktlich koordiniert m aufgefasst werden: Sie sind sehr kurzfristig für den Zeitraum einer Transaktion ausgelegt, und es kommt immer wieder zu Herstellerwechseln. Die beteiligten Akteure agieren weitestgehend autonom und es kommt nur in relativ geringem Ausmaß zu persönlichen Interaktionen. Aufgrund des fortwährenden Bezugs standardisierter Produkte müssen vornehmlich explizite Informationen aus-

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

getauscht werden, was zu großen Teilen über Kommunikationskanäle mit geringer Bandbreite – z. B. E-Mails – geschieht. Daher beinhalten auch die vertraglichen Regelungen außer den Regelungen bezüglich Produktspezifikationen, Liefer- bzw. Übergabetermin, Preis und Zahlungsbedingungen keine weiteren wesentlichen Bestandteile, womit diese als klassische Kaufverträge aufgefasst werden können. Es bestehen fast überhaupt keine formalen Absicherungsmechanismen gegen opportunistisches Verhalten der Hersteller. Hier könnte allenfalls argumentiert werden, dass sich die Ausgestaltung der direkten Herstellerbeziehungen COO2 geringfügig in Richtung Hybrid h verschiebt, da hier Kommunikationskanäle mit einer höheren Bandbreite – persönliche Gespräche – mit den Herstellern etabliert werden. Innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen existieren solche hingegen nicht. Hier könnten die Trader als eine Art Kommunikationskanal mit geringer Bandbreite zwischen HUDORA und Hersteller aufgefasst werden, über den nur explizite Informationen – Preise, Mengen, etc. – direkt ausgetauscht werden können. Insgesamt scheinen auch diese Beobachtungen aus der Fallstudie den Aussagen des Formalmodells zu entsprechen. In Letzterem wurde darauf hingewiesen, dass bei geringen Spezifitätsgraden A die marktliche Koordination m relativ vorteilhafter sein wird als die hybride h und die hierarchische i, da Erstere geringere Fixkosten β aufweist als die letzten beiden, die bei geringen Spezifitätsgraden auch nicht durch die relativen Effizienzvorteile der hybriden und hierarchischen Koordination bei den variablen Koordinationskosten G und M kompensiert werden können (Gleichungen (2), (12) und (12.1)). Außerdem trägt eine hohe kognitive Distanz CD laut Gleichung (12.4) zur relativen Vorteilhaftigkeit der marktlichen Koordination gegenüber der hybriden und marktlichen im Bezug auf M bei. Im Vorgriff auf den folgenden Abschnitt kann diesbezüglich festgestellt werden, dass die CD zwischen HUDORA und den jeweiligen chinesischen Herstellern als relativ groß angenommen werden kann, sodass auch aus dieser Perspektive die Koordinationsentscheidung HUDORAs den Aussagen des Formalmodells zu entsprechen scheint. CD (CD1, CD2, α(CD), ∆CD)

Innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen kann die kognitive Distanz CD1 zwischen HUDORA und den jeweiligen Herstellern als sehr hoch angenommen werden. HUDORA verfügt zu diesem Zeitpunkt über fast keine Erfahrungen innerhalb asiatischer Länder und mit asiatischen Akteuren: „Das war zu Anfang schon eine fremde Welt. […] Mittlerweile weiß ich z. B., dass es in China sehr wichtig ist, erst eine Beziehung aufzubauen und dann erst

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über das Geschäft zu reden. Zu Anfang habe ich aber vielleicht diese ganze persönliche Beziehungsebene unterschätzt. […] [Ich] musste auch erst lernen, dass in China ‚Ja‘ nicht immer ‚Ja‘ heißt. […] Mittlerweile, […] achte [ich] da sehr auf die Nuancen. Es ist da sehr wichtig, dass man zwischen den Zeilen lesen kann.“

Zudem ist das Geschäftsmodell bzw. der Bezug über Tradern für HUDORA relativ neu. Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass die kognitive Distanz HUDORAs zu den jeweiligen Tradern jedoch als wesentlich geringer eingeschätzt werden kann als die zu den eigentlichen Herstellern in der VR China, da die Trader ja bereits über Erfahrungen mit Unternehmen aus westlichen Industrieländern verfügten. Aus den obigen Darstellungen der Traderbeziehungen sowie der Episoden, die zur Möglichkeit der Etablierung direkter Herstellerbeziehungen beitrugen, kann abgeleitet werden, dass anfänglich die kognitive Distanz zwischen HUDORA und den jeweiligen Herstellern in der VR China CD1 so groß war, dass eine direkte Herstellerbeziehung de facto nicht möglich war oder aber zumindest unrentabler gewesen wäre als eine entsprechende Traderbeziehung. Dies entspricht den Aussagen des Formalmodells weitestgehend. So wurde anhand der Gleichung (10.3) herausgestellt, dass der Spezifitätsgrad A, der innerhalb einer Beziehung vorteilhaft eingesetzt werden kann, von der kognitiven Distanz und dem Interdependenzgrad über den Parameter α determiniert wird, wobei A umso größer sein kann, je geringer CD ist (α1(CD1)). Des Weiteren geht aus Gleichung (12.4) hervor, dass die Koordinations- bzw. Managementkosten M bei A > 0 positiv von der CD beeinflusst werden (M(CD)). Beide Effekte zusammengenommen führen letztendlich dazu, dass eine Akteursbeziehung umso unprofitabler wird, je größer die kognitive Distanz CD ist. Wie aus den obigen Ausführungen bezüglich des Spezifitätsgrades A und des Interdependenzgrades ID in der Fallstudie hervorging, macht es eine direkte Herstellerbeziehung erforderlich, höhere Spezifitätsgrade A einzusetzen, als innerhalb der indirekten Beziehungen notwendig war, wobei dies mit dem höheren Interdependenzgrad ID in Ersterer begründet werden konnte. Diesbezüglich wurde dort insgesamt eine positive Wirkung auf den Profit konstatiert. Hier muss diese Aussage nunmehr insofern eingeschränkt werden, als dass diese Profitsteigerung maßgeblich von der kognitiven Distanz CD beeinflusst wird. Im Bezug auf die indirekten Herstellerbeziehungen kann daher angenommen werden, dass die CD1 zwischen HUDORA und den Herstellern anfangs so groß gewesen ist, dass der korrespondierende profitsenkende Effekt den potentiell profitsteigernden Effekt aufgrund des vermehrten Einsatzes von A bei einer Etablierung einer direkten Herstellerbeziehung überkompensiert hätte. Wie oben bereits angesprochen, kann bei den späteren direkten Herstellerbeziehungen bezüglich der kognitiven Distanz zwischen HUDORA und den jeweiligen chinesischen Herstellern CD2 angenommen werden, dass

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sich diese im Vergleich zu den indirekten Herstellerbeziehungen reduziert hat (∆CD = (CD1 – CD2) > 0). Jedoch scheint diese Reduktion nicht sehr signifikant gewesen zu sein, da HUDORA zwar erste Erfahrungen mit der chinesischen Kultur und bei der Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern sammelt, diese jedoch eher sporadisch sind. Zudem kommt es in der hier diskutierten Phase weiterhin zu wechselnden Herstellerbeziehungen, innerhalb derer es auch nicht zu besonders intensiven persönlichen Interaktionen kommt. Insofern ist davon auszugehen, dass sich die kognitiven Positionen HUDORAs und einzelner chinesischer Hersteller gerade so weit angenähert haben, dass funktionierende Herstellerbeziehungen überhaupt möglich wurden, innerhalb derer aber vornehmlich explizite Informationsbestandteile effektiv ausgetauscht werden konnten. Es kommt in dieser Phase jedoch zu keiner intensiven Zusammenarbeit mit Herstellern bspw. zur Umsetzung eigener Produktideen HUDORAs, was damit begründet werden kann, dass die kognitive Distanz CD2 zu groß gewesen ist, um die dazu notwendigen impliziten Wissenssets effektiv austauschen zu können (α2(CD2)). Diesbezüglich ist hier darauf hinzuweisen, dass die Anhaltspunkte, die zu dieser Aussage führen, aus der bisherigen Diskussion der Fallstudie nicht besonders deutlich hervorgehen. Substanziellere Argumente für diese Sichtweise ergeben sich jedoch aus der noch folgenden Diskussion der Entwicklung direkter Herstellerbeziehungen für den Bezug individualisierter Produkte. Die dargestellten Beobachtungen decken sich auch hier mit den Aussagen des Formalmodells bezüglich der intertemporalen Veränderung der kognitiven Distanz ∆CD = (CD1 – CD2). Diesbezüglich ist hier zunächst festzustellen, dass sich eine solche Veränderung tatsächlich endogen – also aufgrund der Entscheidungen und Handlungen der Akteure – zu ergeben scheint. Des Weiteren geht aus den Gleichungen (15.3) und (17.3) hervor, dass ∆CD sowohl vom Spezifitätsgrad A1 als auch von der gewählten Koordinationsform COO beeinflusst wird, wobei eine Steigerung von A1 zu einer größeren intertemporalen Reduktion der CD führt und eine marktliche Koordination m die geringste Reduktion ermöglicht. Diese Aussagen entsprechen dabei den obigen Beobachtungen innerhalb der Fallstudie. Hier wurde konstatiert, dass der Spezifitätsgrad A1 innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen sehr gering ist, diese marktlich ausgestaltet werden. Dem Formalmodell entsprechend ist hier eine intertemporale Reduktion der kognitiven Distanz zwar beobachtbar (∆CD > 0), jedoch fällt diese eher gering aus. Damit liegt hier die Vermutung nahe, dass diese moderate Reduktion auf die Ausprägungen der genannten Variablen zurückzuführen ist.

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I (I1, I2, ∆I)

Da es sich hier um die Anfänge der internationalen Entwicklung HUDORAs handelt und das Unternehmen folglich über keine längerfristigen Beziehungen und Erfahrungen mit den jeweiligen Tradern bzw. Herstellern verfügt, kann die intentionale Unsicherheit innerhalb der indirekten Herstellerbeziehungen I1 als sehr hoch angenommen werden. „Vertrauen […] ist unglaublich wichtig, aber das muss man erst aufbauen und sich verdienen. […] Anfangs kann man […] [eine Trader- oder direkte Herstellerbeziehung] jedenfalls nicht als vertrauensvolles Verhältnis bezeichnen. […] Nein, Vertrauen hat da nicht so eine große Rolle gespielt. […] Ja, natürlich vertrauen wir darauf, dass unser Partner den Vertrag auch erfüllt. […] [D]as ist letztendlich ja wie jeder Einkauf in einem Geschäft. Da vertraut man ja auch darauf, dass in der Verpackung drin ist, was darauf steht. Deshalb spricht man aber doch nicht von einer guten Beziehung [also einem vertrauensvollen Verhältnis] zum Verkäufer. […] Ich vertraue eigentlich nur darauf, dass der [jeweilige Trader] uns ja auch später noch etwas verkaufen will. […] Dafür [für einen Aufbau von Vertrauen] ist dieses Geschäft auch viel zu schnell. Auf so einer Messe schließen wir ja manchmal zwei, drei Geschäfte mit [jeweils] anderen […] [Tradern] ab und das nächste Mal kaufen wir dann wieder bei anderen. Besonders persönlich ist das dann alles nicht. […] [D]er einzelne Trader ist da ja auch nicht so wichtig. Also, verstehen Sie mich nicht falsch. Wenn da etwas nicht gut läuft, ist das schon sehr ärgerlich und kostet auch Geld, aber das bringt uns noch nicht um den Schlaf. […] Es ist z. B. schon mal vorgekommen, dass […] [ein Trader] […] Protektoren zu dem vereinbarten Preis plötzlich nicht mehr liefern konnte, weil da [angeblich] etwas teurer geworden sei. Bisher haben wir dann aber immer einen anderen gefunden, sodass wir wenigstens den Liefertermin einhalten konnten.

Vertrauen, das über kalkulatives Eigeninteresse hinausgeht, scheint in dieser Beziehungsart also keine große Bedeutung zu haben. Aus dem zitierten Gesprächsausschnitt geht auch relativ deutlich hervor, warum dies der Fall ist: Zum einen wird dort konstatiert, dass ein vertrauensvolles Verhältnis zu einem unbekannten Akteur eher unwahrscheinlich ist, sondern erst „aufgebaut“ werden muss, also zuvörderst Interaktionen über einen längeren Zeitraum erfordert. Dies scheint aber durch die relativ kurzfristig ausgelegten und ständig wechselnden Beziehungen schwer möglich. Zum anderen besteht dadurch sowie aufgrund der nicht besonders großen negativen Konsequenzen potentiell opportunistischen Verhaltens eines Traders oder Herstellers kein besonders hoher Anreiz für HUDORA, Vertrauen aufzubauen. Die Beobachtung, dass zumindest anfangs in den direkten und indirekten Herstellerbeziehungen ein hoher Grad an intentionaler Unsicherheit I1 und I2 vorherrscht, deckt sich somit mit den diesbezüglichen Aussagen im Theorieteil dieser Arbeit (Kap. B. II. 5. a) und E. I. 4. b)).

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Den Aussagen des Formalmodells entspricht zudem, dass keine signifikante Reduktion der intentionalen Unsicherheit (I = (I1 – I2) > 0) innerhalb der indirekten und direkten Herstellerbeziehungen festgestellt werden kann. Aus Gleichung (17.4) geht hervor, dass ∆I vom Spezifitätsgrad A1, der kognitiven Distanz CD1 und der Koordinationsform COO beeinflusst wird.230 Je größer A1 sowie je geringer CD1 ist, umso größer kann demnach ∆I sein. Bezüglich des Einflusses von COO auf ∆I wurde konstatiert, dass der geringste Reduktionseffekt von der marktlichen Koordinationsform m ausgeht. Diese Effekte decken sich mit der obigen Diskussion, in deren Verlauf festgestellt wurde, dass A1 relativ gering sowie CD1 sehr groß ist und sowohl die indirekten als auch die direkten Herstellerbeziehungen marktlich ausgestaltet sind. Damit liegt die Vermutung nahe, dass der beobachtete relativ geringe intertemporale Vertrauensaufbau ∆I > 0 tatsächlich auf die Ausprägungen dieser Variablen zurückzuführen ist. Auch die Aussagen aus dem Formalmodell in Bezug auf den Einfluss von I auf die Koordinationskosten bzw. Governancekosten sowie die daraus folgenden Implikationen für die Ausgestaltung von Akteursbeziehungen (Gleichungen (7), (8)) decken sich mit den Beobachtungen der Fallstudie. Im Formalmodell wurde aus komparativ statischer Sicht konstatiert, dass je höher der intentionale Unsicherheitsgrad I ist, desto stärker steigen die Governancekosten G in Abhängigkeit von A an, wobei dieser Anstieg am relativ stärksten bei der marktlichen Koordination, also bei Gm ausfällt. Daraus folgt, dass im Optimum nur relativ geringe Spezifitätsgrade A innerhalb einer solchen Akteursbeziehung eingesetzt werden können. Genau diese Aussage entspricht nun den Beobachtungen der Fallstudie. Hier wurde festgestellt, dass sowohl A1 als auch A2 relativ gering ausgeprägt sind, was unter Rekurs auf die gerade dargestellte Argumentation im Einklang mit den beobachteten Koordinationsformen COO1 und COO2, die als marktlich charakterisiert wurden, sowie den relativ hohen intentionalen Unsicherheitsgraden I1 und I2 steht. U

Bezüglich des Umweltunsicherheitsgrades U, der das Chinageschäft HUDORAs im Allgemeinen und damit auch die jeweiligen indirekten und direkten Herstellerbeziehungen umgibt, kann Folgendes festhalten werden: 230 Zudem wird ∆I von der Umweltunsicherheit U beeinflusst. Dieser Effekt soll hier jedoch nicht diskutiert werden, da, wie weiter unten noch ausgeführt wird, keine signifikanten Änderungen von U im Zeitverlauf ersichtlich sind und die Interviews keinen expliziten Einfluss von U auf einen Aufbau von Vertrauen erkennen lassen. Insgesamt wäre es daher wohl nicht überzeugend möglich, den Einfluss von U auf ∆I anhand der Fallstudie zu überprüfen.

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Der Umweltunsicherheitsgrad kann auf der Zustandsdimension als moderat angesehen werden. Es kommt auf dem Absatzmarkt HUDORAs immer wieder zu „Trendveränderungen“, durch die es zu Produktkategorieveränderungen kommt. Diese vollziehen sich jedoch nicht plötzlich und unerwartet. Bspw. nimmt die Nachfrage nach Rollschuhen ab Ende der 1980er Jahre sukzessive ab und es kommt zu einer weitestgehenden Substitution durch Inline-Skates, die sich jedoch relativ langsam über mehrere Jahre hinweg vollzieht. Auch die entsprechenden produktions- und materialtechnologischen Veränderungen vollziehen sich eher langsam und sind vor allem relativ gut vorhersehbar, da solche technologischen Neuerungen aus anderen Industrien übernommen werden. Zudem unterliegt die auf das Gesamtsortiment HUDORAs bezogene Marktnachfrage relativ moderaten Schwankungen und wächst zumindest seit 1990 stetig an. Bezüglich der Effektdimension kann der Umweltunsicherheitsgrad jedoch als relativ hoch angenommen werden, da es häufig zu unvorhergesehenen Adaptionsnotwendigkeiten kommt. Auf der Verkaufsseite hängt dies vor allem damit zusammen, dass ein gewisser Zeitraum zwischen Produkteinkauf und Weiterverkauf an die Kunden HUDORAs vergeht und die vorherrschenden Geschäftspraktiken häufig keine rechtlich bindenden Absichtserklärungen umfassen: Bei Vertragsabschluss mit dem jeweiligen Trader existiert in der Regel noch kein Kaufvertrag mit (potentiellen) Kunden HUDORAs. Das Unternehmen „schätzt“ daher die Bestellmenge vornehmlich aufgrund von informellen Absichtserklärungen seiner Kunden ein. Die so ermittelte potentielle Absatzmenge weicht aber teilweise signifikant von der späteren tatsächlichen Bestellmenge eines Kunden ab. „[Eine große deutsche Einzelhandelskette für Sportwaren] verspricht einem schon manchmal das Blaue vom Himmel. Einmal haben die z. B. einen großen Auftrag über Inline Skates ausgeschrieben. […] Das sollten 1 Mio. Stück sein. […] Wir haben dann ein Angebot gemacht und auch den Zuschlag erhalten. Plötzlich wollten die aber nur noch 10.000 Stück davon haben. […] [Da habe ich gefragt,] wie soll das gehen? Wir haben ja den Preis mit ganz anderen Größen kalkuliert.“

Aufgrund des Kostendrucks, dem die deutschen Kunden HUDORAs ausgesetzt sind, kommt es zudem häufiger zu nachträglichen Preisverhandlungen. „Die [großen deutschen Discounter] nutzen natürlich alle ihre Macht bei den Preisverhandlungen aus und die von […] [einem dieser Discounter] sind da besonders schlimm. […] Einmal ist da der Sohn [von einem der Eigner] in die Geschäftsführung eingestiegen. Am nächsten Tag hatte ich dann ein Fax auf meinem Tisch. Da stand dann, dass der Herr […] in die Geschäftsführung eingestiegen sei und wir deshalb jetzt einen ‚Willkommensrabatt‘ von 5 % gewähren sollten.“

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Auch auf der Einkaufsseite kann aufgrund der spezifischen chinesischen Marktcharakteristika insbesondere in diesen Anfangsjahren von einem relativ hohen Maß an Umweltunsicherheit ausgegangen werden. Wie bereits angesprochen, befand sich die VR China zu dieser Zeit mehr oder weniger in den Anfängen der Systemtransformation, wodurch es in der gesamten Volkswirtschaft zu relativ häufigen und unvorhergesehenen strukturellen Veränderungen kam. Hinzu kommt hier, dass diese Transformation nicht unbedingt als ein linearer stetiger Prozess aufgefasst werden kann, sondern eine der grundlegenden Prämissen der chinesischen Regierung darin bestand, eine Vielzahl von kleineren Reformprojekten durchzuführen, die erstens nur begrenzte Auswirkungen auf das Gesamtsystem haben und zweitens schnell wieder beendet und in den ursprünglichen Zustand rücküberführbar sein sollten.231 Zwei für HUDORAs Chinageschäft bedeutende Konsequenzen daraus waren, dass die Eigentumsverhältnisse bei den jeweiligen Herstellern häufig unklar waren und nur eine sehr geringe Rechtssicherheit bestand. Dadurch ist es schwer, selbst offensichtliche Ansprüche aus einem Kaufvertrag durchzusetzen. Die Konsequenzen dieser Unsicherheit lassen sich auch relativ deutlich an den Episoden oder Vorkommnissen ablesen, die zur Erklärung des Übergangs von indirekten zu direkten Herstellerbeziehungen angeführt wurden. Außerdem ist HUDORA durch die Internationalisierung an sich höheren Umweltunsicherheitsgraden ausgesetzt, wobei hier zwei Dinge maßgeblich zu sein scheinen. Zum einen ist das Risiko eines Warenverlustes, Transportschadens oder von Lieferverzögerungen aufgrund der großen räumlichen Distanz wesentlich größer als bei einem innerdeutschen Transport, wobei dieses Risiko anscheinend auch nicht durch den Abschluss einer entsprechenden Versicherung vollständig ausgeschlossen werden kann: „Auf dem Schiff [auf dem sich ein Container HUDORAs befand] gab es vor Singapur einen Brand. […] Das Schiff wurde dann erst nach einer Woche in den Hafen geschleppt, weil es auch Gefahrgut an Bord gab und die Behörden in Singapur das Schiff deshalb erst auf See ausbrennen lassen wollten. […] Nachdem wir unseren Container geöffnet haben, konnten wir feststellen, dass unsere Ware nicht beschädigt war. Das war aber trotzdem ein großes Problem, weil wir einen Liefertermin mit […] [dem Kunden] hatten. Die haben natürlich gesagt: Das ist nicht unser Problem. […] Wir mussten dann letztendlich die Ware per Luftfracht weiterbefördern, was natürlich sehr viel Geld gekostet hat. […] Ja, natürlich hatten wir eine Versicherung. Die haben aber gesagt: Wieso, die Ware ist ja nicht beschädigt. Sie können sie doch dann mit dem nächsten Schiff der Reederei schicken. […] Die Mehrkosten für den Lufttransport haben die aber nicht über231 Ein prominentes Beispiel stellen die so genannten Sonderwirtschaftszonen dar, innerhalb derer viele Wirtschaftsreformen abgeschottet vom Rest des Landes durchgeführt werden konnten.

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nommen. […] Wir haben sogar dagegen geklagt, haben den Prozess dann aber in zweiter Instanz verloren […].

Zum anderen existiert durch das grenzüberschreitende Geschäft ein signifikantes Währungsrisiko, da die Akteure in Hongkong und der VR China mit US-Dollar bezahlt werden. Dadurch kann es vorkommen, dass ein vormals rentables Geschäft zu den ausgehandelten Konditionen durch eine Wechselkursänderung plötzlich unprofitabel wird. „Wir versuchen das [Währungsrisikoproblem] zwar zu vermeiden, indem wir Dollar-Futures nutzen. Wenn der Währungskurs dann aber länger ungünstig bleibt, können wir das damit auch nicht mehr ganz abfedern.“

Eine Veränderung der dargestellten Ausprägung der Umweltunsicherheit beim Übergang von indirekten zu direkten Herstellerbeziehungen ist aus der Fallstudie nicht ersichtlich. Wird akzeptiert, dass der Umweltunsicherheitsgrad U – wie hier postuliert – als relativ hoch angenommen werden kann, so scheinen auch die beobachteten Ausgestaltungsentscheidungen HUDORAs in Einklang mit den Aussagen des Formalmodells bezüglich des Umweltunsicherheitsgrades zu stehen. Dort wurde anhand der Gleichungen (8), (9) und (12.2) bis (12.4) argumentiert, dass eine Steigerung von U zu einem Anstieg der Governancekosten G und Managementkosten M führt. Bei G fällt dieser Anstieg umso steiler aus, je höher der Spezifitätsgrad A und die intentionale Unsicherheit I ist; bezüglich M gilt selbiges für A sowie eine Vergrößerung der kognitiven Distanz CD. Aus der Fallstudiendiskussion geht nun hervor, dass CD und I – wie eben auch U – relativ groß sind. Des Weiteren konnte beobachtet werden, dass HUDORA sich für den Einsatz geringer Spezifitätsgrade A und eine marktliche Ausgestaltung m der Beziehungen entscheidet. Folglich können diese Entscheidungen, dem Formalmodell entsprechend, als Reaktion auf den hohen U in Verbindung mit den Ausprägungen der anderen angesprochenen Variablen aufgefasst werden. Die im Formalmodell diskutierten dynamischen Effekte, die sich aus einer intertemporalen Veränderung der Umweltunsicherheit ∆U ergeben, können hingegen anhand der Fallstudie nicht überprüft werden, da hier keine hinreichende Veränderung von U erkennbar ist. N

In der hier betrachteten ersten Internationalisierungsphase sind keine neuen Ressourcen oder Wissenssets N zu erkennen, die innerhalb der betrachteten Herstellerbeziehungen entwickelt werden. Dies scheint auch nicht verwunderlich und entspricht den Aussagen des Formalmodells. Dort wurde anhand der Gleichung (18.2) herausgestellt, dass die Möglichkeit, N zu entwickeln, über die Parameter η und αN von der kognitiven Distanz CD,

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

dem Spezifitätsgrad A sowie dem Interdependenzgrad ID determiniert wird. Während eine Vergrößerung von A positiv auf die angesprochene Möglichkeit wirkt, wurde anhand der Abb. 19 in der Diskussion verdeutlicht, dass mittlere CD- und ID-Grade optimal für die Möglichkeit der Umsetzung von N sind. Sehr kleine und sehr große CD- sowie ID-Grade sind somit relativ ungeeignet. Aus der Diskussion der Fallstudie ging nun hervor, dass insbesondere die Spezifitätsgrade A1 und A2 sowie die Interdependenzgrade ID1 und ID2 als äußerst gering angenommen werden können, während die kognitive Distanz CD1 und CD2 sehr groß ist. Daher sollte es laut Formalmodell auch zu keiner signifikanten Entwicklung von N kommen. b) Überprüfung der aufgestellten Hypothesen Die erfolgte Darstellung der prozessualen Abläufe sowie die Diskussion bezüglich der Ausprägungen der einzelnen Variablen dienen als Basis für die nunmehr folgende Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. In Hypothese 1A bzw. in den Teilhypothesen 1.1 und 1.3 wurde behauptet, dass bei einem hohen kognitiven Distanzgrad CD ein möglichst geringer Spezifitätsgrad A und Interdependenzgrad zu wählen seien. Diese Aussage scheint den Beobachtungen sowohl der indirekten wie auch der direkten Herstellerbeziehungen HUDORAs weitestgehend zu entsprechen: Die kognitive Distanz CD zwischen HUDORA und den Herstellern ist in beiden Fällen relativ hoch. Der Interdependenzgrad ID ist relativ gering. Dies sollte zu einem sehr geringen Spezifitätsgrad A der eingesetzten oder transferierten Ressourcen führen, was innerhalb der Herstellerbeziehungen HUDORAs auch beobachtbar ist. In diesem Zusammenhang ist hier des Weiteren zu konstatieren, dass der geringe Interdependenzgrad ID als Entscheidung HUDORAs aufgefasst werden kann. Es wurde deutlich gemacht, dass sich das Unternehmen bewusst für den Bezug standardisierter Produkte entschied, gerade weil dies relativ begrenzte Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche hatte. In diesem Zusammenhang ist die Darstellung als „Internationalisierungsexperiment“ zu verstehen, bei dem ein signifikantes Risiko negativer Ergebnisse bestand, die bei tatsächlichem Eintritt möglichst geringe Konsequenzen für das gesamte Unternehmen bzw. das Kerngeschäft haben sollten. Die Darstellung verweist weiterhin zumindest implizit darauf, dass dieses hohe Risiko aus den mangelnden Erfahrungen HUDORAs mit dieser Art von internationalen Aktivitäten sowie den chinesischen Akteuren herrührt, was als relativ große kognitive Distanz CD verstanden werden kann. Dies legt nahe, dass ein potentieller positiver bzw. profitsteigernder Effekt durch die Wahl eines höheren Interdependenzgrades ID und dem korrespondierenden höheren Spezifitätsgrad A –

H. Fallstudie

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bspw. durch die Umsetzung eigener Produktideen HUDORAs mit einem Hersteller – nicht zustande kam, da der Einfluss der großen kognitiven Distanz CD dominiert, als dass diese eine solche Profitsteigerung verhindert. Dies bestätigen dann 1.1 und 1.3 auch im Bezug auf ID. Des Weiteren wurden eine eher moderate Reduktion der CD (CD1 > CD2) und relativ geringfügige Anstiege des ID (ID1 < ID2) und von A (A1 < A2) zwischen indirekten und direkten Herstellerbeziehungen beobachtet. Auch dies deckt sich mit Hypothese 1A sowie den Teilhypothesen 1.1 und 1.3, als dass eben eine Reduktion von CD zu einem höheren A und ID zu führen scheint. In Hypothese 1A wurde innerhalb der Teilhypothese 1.2 des Weiteren konstatiert, dass eine große intentionale Unsicherheit I zusätzlich dazu beiträgt, dass ein möglichst geringer Spezifitätsgrad A optimal ist. Auch dieser Zusammenhang lässt sich in der Darstellung des Tradergeschäfts wiederfinden, wenngleich dieser eher indirekt aus den zitierten Gesprächspassagen hervorgeht.232 Hier wurde herausgestellt, dass opportunistisches Verhalten eines Traders keine gravierenden negativen Konsequenzen für HUDORA bedeutet, obwohl keine signifikanten Sicherungsmechanismen etabliert werden. Dies ist scheinbar vor allem darauf zurückzuführen, dass nur sehr geringe A innerhalb solcher Beziehungen eingesetzt werden, wodurch ein Beziehungswechsel relativ günstig realisierbar ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass aufgrund der relativ großen I – die ja eindeutig aus den zitierten Gesprächsausschnitten hervorgeht – in Verbindung mit der eher rudimentären Absicherung gegen opportunistisches Verhalten ein Einsatz höherer A zu riskant scheint, um die damit verbundene potentielle Profitsteigerung zu rechtfertigen. Eine signifikante intertemporale Reduktion von I konnte nicht beobachtet werden, wohl aber ein Anstieg von A. Dieser Widerspruch zur Teilhypothese 1.2 kann jedoch unter Rekurs auf die obige Argumentation bezüglich der Teilhypothesen 1.1 und 1.3 aufgelöst werden, sodass sich hieraus letztendlich kein Einwand gegen Hypothese 1A ableiten lässt. In Hypothese 1B bzw. innerhalb der Teilhypothesen 1.4 und 1.5 wurde konstatiert, dass bei einem geringen Spezifitätsgrad A und Interdependenzgrad ID sowie einer großen kognitiven Distanz CD internationale Akteursbeziehungen eher marktlich und weniger hierarchisch ausgestaltet werden sollten. Auch diese Aussage lässt sich unter Rekurs auf die Diskussion der Fallstudie bestätigen. Hier wurde herausgestellt, dass geringe Spezifitätsgrade A 232 Deutlicher wird dieser Zusammenhang unter Einbezug der noch folgenden Darstellungen der direkten Herstellerbeziehungen.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

eingesetzt und kleine Interdependenzgrade ID gewählt werden, eine relativ hohe kognitive Distanz CD besteht und die jeweiligen Akteursbeziehungen als marktlich ausgestaltet angesehen werden können. Dass Letzteres unter den gegebenen Bedingungen bzw. Ausprägungen der einzelnen Variablen die relativ effizienteste Koordinationsform darstellt, wurde insbesondere in der Diskussion der Koordinationsform COO deutlich gemacht. Diesbezüglich sei hier noch einmal auf den anfänglich experimentellen Charakter des Chinageschäfts verwiesen, bei dem eine möglichst weitgehende Wahrung der Flexibilität im Sinne einer Minimierung der irreversiblen oder versunkenen Kosten (sunk costs) von besonderer Bedeutung war. Im Falle eines negativen Ergebnisses dieses Internationalisierungsexperimentes sollte selbiges offensichtlich möglichst schnell mit dem geringstmöglichen Verlust beendet werden können. Ein vergleichbares Ergebnis lässt sich – wenn auch eher indirekt – aus den zitierten Aussagen bezüglich der geringen Bedeutung von Vertrauen bzw. aus der relativ großen intentionalen Unsicherheit ableiten. Die dort angesprochene Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand bzw. ohne große Verluste den Trader für den Bezug eines bestimmten Produktes zu wechseln, verweist nämlich letztendlich auch auf die zentrale Bedeutung von Flexibilität in dieser ersten Internationalisierungsphase, die in besonderem Maße durch eine kurzfristig ausgelegte marktliche Koordination m gewahrt werden kann. Dies entspricht genau den Aussagen im Formalmodell sowie in der Diskussion bezüglich der Hypothese 1B: Bei geringen A-Werten kann die relative Vorteilhaftigkeit der hierarchischen und hybriden Koordinationsformen im Vergleich zur marktlichen bei den variablen Governancekosten G nicht mehr für die höheren Koordinationsfixkosten βi und βh erstgenannter Modi kompensieren. Anders formuliert, sind bei geringen Spezifitätsgraden die relativ besseren Adaptionskapazitäten hierarchischer und hybrider Koordination so unbedeutend, dass die daraus resultierenden Vorteile gegenüber der marktlichen Koordination die höheren Einrichtungskosten Ersterer nicht rechtfertigen. Bei geringen Spezifitätsgraden ist das damit verbundene Hold-up-Problem selbst bei marktlicher Koordination so unerheblich, dass die hiermit verbundene größere Flexibilität aufgrund der geringen Fixkosten in diesem Fall entscheidend ist.233 Dass zudem die große kognitive Distanz, wie in der Teilhypothese 1.5 konstatiert, zur relativen Unvorteilhaftigkeit der hierarchischen und hybriden Ausgestaltung führt, lässt sich unter alleinigem Rekurs auf die bisher 233 Hier muss jedoch angemerkt werden, dass es für HUDORA im Zeitraum der ersten Traderbeziehungen in den 80er Jahren auch aus rechtlichen Gründen zumindest äußerst schwierig gewesen wäre, eigene Tochtergesellschaften in der VR China zu gründen.

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vorgestellten Beziehungsarten nicht eindeutig belegen. Auf diesen Punkt wird noch innerhalb der folgenden Hypothesendiskussion bezüglich der zweiten Internationalisierungsphase eingegangen. Es kann aber bereits festgestellt werden, dass die moderate intertemporale Reduktion von CD beim Wechsel von den indirekten zu den direkten Herstellerbeziehungen mit einer geringfügigen Verschiebung der Koordination zu „hybrideren“ Arrangements einhergeht. Diese Beobachtung entspricht damit eindeutig der Argumentation der Teilhypothese 1.5. Die erfolgte Darstellung der Fallstudie und dabei insbesondere der für den Übergang von indirekten zu direkten Herstellerbeziehungen maßgeblichen Aspekte stehen auch im Einklang mit den Hypothesen 2A, 2B, 3A und 3B. Diesbezüglich ist jedoch herauszustellen, dass hier keine direkte Bestätigung gefunden werden kann, sondern die Hypothesen lediglich nicht widerlegt werden. So wurde in Hypothese 2A konstatiert, dass aus dynamischer Sicht (bereits frühzeitig) ein möglichst hoher bzw. höherer Spezifitätsgrad A als aus statischer Sicht eingesetzt werden sollte, da sich erstens die damit verbundenen produktionskostensenkenden und / oder erlössteigernden Effekte auch in den Folgeperioden realisieren lassen (Teilhypothese 2.1), zweitens durch diesen eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit im Zeitverlauf erreichen (Teilhypothese 2.2) und drittens so die kognitive Distanz reduzieren lässt (Teilhypothese 2.3). In Teilhypothese 2.4 wurde – sozusagen als Folgerung – konstatiert, dass dementsprechend ein relativ hoher bzw. höherer Interdependenzgrad ID als aus statischer Sicht gewählt werden sollte. Innerhalb der Diskussion der Fallstudie wurde nun gezeigt, dass sowohl innerhalb der indirekten als auch der direkten Herstellerbeziehungen relativ geringe Spezifitätsgrade A eingesetzt und ein geringer Interdependenzgrad ID gewählt werden. Außerdem konnten hier kaum Effizienzsteigerungen bzw. produktionskostensenkende Effekte durch den Einsatz von A in folgenden Transaktionen π2(A1) sowie allenfalls geringe Reduktionen der intentionalen Unsicherheit ∆I und der kognitiven Distanz ∆CD im Zeitverlauf nachgewiesen werden. Dies legt die Vermutung nahe, dass das geringe Ausmaß letztgenannter Effekte auf den geringen Spezifitätsgrad der eingesetzten Ressourcen zurückzuführen ist, was damit letztendlich im Umkehrschluss die Hypothese 2A zu untermauern scheint. In Hypothese 2B wurde konstatiert, dass aus dynamischer Sicht eine Akteursbeziehung weniger marktlich bzw. hierarchischer ausgestaltet werden sollte als aus statischer Sicht. Dies wurde damit begründet, dass die marktliche Koordination erstens bei steigenden Spezifitätsgraden A relativ unvorteilhafter gegenüber hierarchischeren Koordinationsformen wird (Teilhypothesen 2.5 und 2.7), zweitens im geringsten Maße dazu geeignet ist,

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Vertrauen aufzubauen (Teilhypothese 2.6), und drittens am wenigsten dazu geeignet ist, die kognitive Distanz im Zeitverlauf zu reduzieren (Teilhypothese 2.8). In der Fallstudiendiskussion wurde nun konstatiert, dass sowohl indirekte als auch direkte Herstellerbeziehungen eher marktlich ausgestaltet sind und in beiden nur geringe Spezifitätsgrade A eingesetzt werden, was damit im Umkehrschluss die Teilhypothesen 2.5 und 2.7 zu bestätigen scheint. Außerdem konnten weder ein signifikanter Vertrauensaufbau ∆I noch eine substanzielle Reduktion der kognitiven Distanz ∆CD festgestellt werden, was im Umkehrschluss den Teilhypothesen 2.6 und 2.8 entspricht. In Hypothese 3A und 3B wurde konstatiert, dass aus dynamischer Sicht und unter Berücksichtigung explorativer Zwecke bzw. zur Generierung neuer Ressourcen N innerhalb von Akteursbeziehungen höhere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden sollten als aus statischer Sicht sowie mittlere bzw. niedrigere Interdependenzgrade als aus exploitativ dynamischer Sicht (3A) und dass die Beziehung als Hybrid auszugestalten ist (3B). In der Fallstudiendiskussion konnten bisher keine Hinweise auf die Entwicklung neuer Ressourcen N gefunden werden, was wiederum im Umkehrschluss den Hypothesen 3A und 3B entspricht, da weder innerhalb der indirekten noch der direkten Herstellerbeziehungen signifikante Spezifitätsgrade A eingesetzt sowie Interdependenzgrade ID gewählt werden und da beide Beziehungstypen zudem nicht als Hybride, sondern marktlich ausgestaltet sind. Wie bereits angesprochen, ist bezüglich der Hypothesen aus dynamischer Sicht aber darauf hinzuweisen, dass sich bisher noch keine positiven oder direkten Bestätigungen innerhalb der Fallstudie finden lassen. 2. Die zweite Internationalisierungsphase HUDORAs: Direkte Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte Die in der zuvor dargestellten Phase der Internationalisierung gesammelten Erfahrungen mit Tradern und Herstellern stellen die Basis für die im Folgenden darzustellende zweite Phase der Entwicklung der Internationalisierung HUDORAs dar. In dieser Phase versucht HUDORA, motiviert durch den bisherigen Erfolg, in zunehmendem Ausmaß das Geschäftsvolumen mit chinesischen Herstellern auszuweiten. Dabei werden sowohl der Gesamtumsatz als auch der Umsatzanteil, der sich durch die Zusammenarbeit mit diesen Herstellern ergibt, gesteigert. Forciert wird diese Entwicklung seitens HUDORAs ab ca. 1989, da ab diesem Jahr die Herstellerbezie-

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hung mit dem in der DDR ansässigen Kombinat aufgrund des dortigen politischen Umbruchs endet. Damit verliert HUDORA nicht nur den Zulieferer, mit dessen Produkten der weitaus größte Umsatzanteil generiert wird. Maßgeblich ist hier zudem, dass HUDORA vornehmlich mit diesem Hersteller eigene Produktideen umsetzte, die das Kerngeschäft des Unternehmens ausmachen. Daher wurde es für HUDORA nach 1989 notwendig, andere Hersteller zu finden, um mit diesen eigene Produktideen und -entwicklungen umzusetzen. Interessanterweise entstehen diese Beziehungen fast ausnahmslos mit chinesischen Herstellern, mit denen HUDORA zuvor bereits mehrere Transaktionen zum Bezug standardisierter Produkte erfolgreich durchgeführt hat. Daraus lässt sich ableiten, dass die Interaktionen und gemeinsamen Erfahrungen mit diesen Herstellern einen maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl geeigneter Hersteller für den Bezug individualisierter Produkte hatten: „Ja, natürlich haben wir uns bewusst dazu entschieden, als Erstes mit den Lieferanten, mit denen wir bereits gute Erfahrungen gemacht haben, unsere eigenen Produktideen umzusetzen. Das ist ja auch vollkommen logisch. Schließlich haben wir mit denen ja schon zusammengearbeitet und konnten daher schon ungefähr einschätzen, ob die überhaupt dazu in der Lage sind, das zu bewerkstelligen. Das war unwahrscheinlich wichtig. […] Mit der Zeit habe ich in China ja gelernt, dass einem die Leute da manchmal das Blaue vom Himmel versprechen. Ich bin mittlerweile vorsichtig, wenn da jemand kommt, den ich nicht kenne, und mir sagt, dass er das und das machen kann. Ich sage dann immer: ‚Gut, dann zeig es mir.‘ […] Nein, […] [bei einem Hersteller, mit dem wir schon ein paar Mal zusammengearbeitet haben] ist das eigentlich nicht mehr so ein Problem. Erstens weiß ich da ja schon, ob der so etwas herstellen kann. Ich weiß ja dann z. B., ob der die richtigen Maschinen hat und wie der auf die Qualität achtet. Außerdem wissen die[se bekannten Hersteller] ja auch schon ganz genau, welche Vorstellungen [und Anforderungen] wir haben und ob sie das erfüllen können. Die sind da dann schon ehrlich [und geben keine falschen Tatsachen vor, um einen Auftrag zu bekommen], weil die ja auch weiter mit uns zusammenarbeiten wollen.“

Auch hier scheinen wieder unvorhergesehene Probleme beim Bezug standardisierter Produkte von Bedeutung für die Evolution einer solchen Beziehung hin zur Zusammenarbeit für die Umsetzung von HUDORAs Produktideen zu sein. Zur Verdeutlichung sei hier auf die bereits dargestellte Problematik innerhalb des Tradergeschäfts mit Hierarch zum Bezug von Trampolinen hingewiesen. Diese wurde von HUDORA ja durch die Umgehung des Traders Hierarch und den Abschluss eines Liefervertrages mit dem Hersteller der Trampoline gelöst. Hier ist zunächst herauszustellen, dass die dargestellte relativ unsichere Rechtslage in China bzw. die dortige Problematik der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche hier HUDORA zum Vorteil gereicht zu haben scheint, da ja eigentlich bereits eine Vereinbarung mit

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Hierarch vorlag. In jedem Fall bestand der Trader hier nicht auf der Einhaltung des Vertrags, und es wurden in der Folgezeit sogar wieder Transaktionen mit Hierarch durchgeführt: „Als ich mit dem [chinesischen Hersteller der Trampoline] dann endlich eine Übereinkunft erzielt hatte, war der Jeffrey [der Unternehmenseigner von Hierarch] erst mal raus aus dem Geschäft. Ich habe mich dann gleich mit ihm in Verbindung gesetzt und ihm erklärt, dass wir das Geschäft ohne ihn machen müssen. […] Obwohl ihn das bestimmt nicht gefreut hat, der hatte ja damit ein Geschäft verloren, hat er das aber geschluckt und auch nicht auf unsere Vereinbarung gepocht. Das habe ich ihm hoch angerechnet. Ich habe ihm gesagt: ‚Schau, ich muss das jetzt ohne dich machen‘ und ihm erklärt warum. Dann habe ich ihm aber auch deutlich gemacht, dass wir in Zukunft gerne wieder Geschäfte mit ihm machen würden und so etwas jetzt doch bestimmt nicht noch einmal vorkommt.“

Tatsächlich kommt es zu weiteren Transaktionen zwischen Hierarch und HUDORA, wobei das Unternehmen Hierarch in den 1990er Jahren durch die Gründung eines eigenen Produktionsbetriebs in Shenzhen auch zum Hersteller wird. In der Folgezeit versucht HUDORA die Geschäftsbeziehungen mit Hierarch zu intensivieren und zu verbessern, was letztendlich dazu führt, dass HUDORA beginnt, mit Hierarch eigene Produktideen umzusetzen: „Das war eine Art Entwicklungsprozess. Wir hatten ja schon einige Male [standardisierte] Produkte bei Jeffrey eingekauft, und das hat alles in allem auch immer gut funktioniert. Dabei kam es aber natürlich immer mal wieder zu ein paar Problemen. […] Das betraf vor allem Qualitätseigenschaften [der Produkte]. […] Deshalb hatte ich dann sozusagen immer noch ein zusätzliches Gesprächsthema. Wir sind dann ein paar Mal gemeinsam durch […] [die Produktionsstätte in Shenzhen] gelaufen und ich habe ihm erklärt, wo man da an manchen Stellen etwas ändern könnte, damit solche [Qualitäts-]Probleme vermieden werden können. […] Wenn wir dann später noch einmal das gleiche Produkt [von Hierarch] einkaufen wollten, haben wir uns dann schon mal darüber unterhalten, ob man da nicht gewisse Sachen dran ändern könnte. Und dadurch ist es dann eigentlich dazu gekommen, dass wir versucht haben, auch unsere Produkte [bzw. Produktideen] mit Hierarch zu produzieren.“

Die Herstellerbeziehung mit Hierarch steht auch im Fokus, als es 1999 zum ersten Großauftrag eines großen deutschen Discounters über die Lieferung von 600.000 von HUDORA entwickelten Inline-Skates kommt: „Das Fax mit der Auftragsbestätigung von […] [dem Discounter] kam am Freitag und am Montag war ich bereits in China. […] Ich habe da eigentlich direkt an Jeffrey gedacht, [um diesen Auftrag produzieren zu lassen. […] [D]as lag vor allem daran, dass die Zusammenarbeit [mit Hierarch] eigentlich immer ganz gut war. […] Ich war mir relativ sicher, dass die das auch können. Durch die vorherigen Lieferungen konnten wir uns ja davon [also von den vorhandenen Kompetenzen und Fähigkeiten] schon ein ganz gutes Bild machen und Jeffrey wusste

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ja auch, welche Anforderungen wir [an die Produkt- und Prozessqualität] haben. […].“

Bei der folgenden Zusammenarbeit kommt es zu intensiven persönlichen Interaktionen zwischen HUDORA und Hierarch. „Da muss man schon länger [persönlich] vor Ort sein. Wir haben uns dann als Erstes gemeinsam den Maschinenpark angeschaut, um zu sehen, ob das passt […] [also ob] die das mit ihren Maschinen überhaupt herstellen können. Dann haben wir gemeinsam die Zulieferer besichtigt. Das ist sehr wichtig, weil die Qualität und damit auch die Probleme schon bei den Zulieferern anfangen. […] Nein, wir gucken uns da nicht jeden Zulieferer an, aber die wichtigen. Für solche InlineSkates sind ja z. B. die Kugellager [in den Rollen] ein entscheidendes Teil. Wenn die nicht taugen, ist das ein großes Problem. Daher muss man da überprüfen, ob der Kugellagerhersteller auch in der Lage ist […] [in entsprechender Qualität zu liefern]. Wenn wir damit fertig sind, setzen wir uns zusammen und machen die Preiskalkulation. Das ist wie ein großer Basar. […] Ja, das waren ellenlange Sitzungen, weil da dann teilweise über jedes Teil gefeilscht wird. Das ist ja wesentlich komplexer, als wenn wir einfach […] [ein standardisiertes Produkt] einkaufen, weil es [bei Ersterem] viele Spielräume gibt. […] Dann wird erst mal eine Nullserie produziert. Die ist ja wichtig für die Prüfungen vom TÜV. […] Ja, dabei bin ich auch noch die ganze Zeit da. In der Phase kommt es ja noch zu vielen Änderungen und man muss ja da auch die Qualität [von den einzelnen Teilen] überprüfen. Häufig überlegen wir ja dann gemeinsam, wie wir da ein bestimmtes Problem lösen können. […] Nein, ich bin da kein Experte, aber ich hab ja durch meine langen Erfahrungen viel gelernt. Wenn die [Mitarbeiter eines Herstellers] mir dann z. B. so eine Verbindung aus Spritzguss zeigen und da sind Schlieren drauf, dann kann ich schon sagen, dass das an der falschen Temperatur liegt, und dann muss man eben ein bisschen herumprobieren, bis das passt. […] Während der Serienproduktion sind wir nicht mehr vor Ort, wir machen da aber schon von Zeit zu Zeit unangekündigte Qualitätskontrollen bei der Produktion […] beim Hersteller, aber auch bei den Zulieferern.“

Wie aus der zitierten Gesprächspassage hervorgeht, handelt es sich hier nicht um eine reine Fortsetzung der Beziehungen zum Bezug standardisierter Produkte. Vielmehr kommt es zu signifikanten Veränderungen der Beziehungsausgestaltung durch die Umsetzung eigenständiger Produktideen. Dies soll anhand Abbildung 25 in allgemeiner Form verdeutlicht werden. Diesbezüglich ist vorab zu erwähnen, dass es sich in den Anfängen keinesfalls um den dargestellten klar strukturierten prozessualen Ablauf handelt, sondern wesentlich unstrukturierter improvisiert und experimentiert wird. Aus den so gesammelten Erfahrungen entwickelt sich bei HUDORA jedoch relativ schnell ein entsprechendes Problembewusstsein, was zu der dargestellten standardisierten Prozessstruktur führt. Zunächst ist hier anzumerken, dass parallel immer noch Herstellerbeziehungen für den Bezug standardisierter Produkte bestehen, die der zweiten Internationalisierungsphase zugeordnet wurden (Beziehung zu Hersteller

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

VR China

Deutschland

2,4

H U

2,4

Entwicklung 1,3

D 2,4

Einkauf

O

SupplyChainManagement

R

Vertrieb

A

After-Sales

3 5

1

Zulieferer B

2,4 5

Hersteller A 2,4 2,4 5

5

Zulieferer D

Hersteller C

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 25: Herstellerbeziehung in der VR China für den Bezug individualisierter Produkte

C).234 Daneben kommt es aber nun zu einer weiteren Beziehungsart mit Hersteller A, von dem evtl. zuvor standardisierte Produkte bezogen wurden. Zweck dieser Beziehung ist es, eigene Produktideen und -entwicklungen HUDORAs produzieren zu lassen. Dazu wird zunächst eine Produktidee HUDORAs von der Entwicklungsabteilung – evtl. in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern – in Deutschland entwickelt und spezifiziert. Im Rahmen dessen werden z. B. Design, Maße, Materialien, einzusetzende Werkzeuge usw. festgelegt und in einem Konzeptpapier dokumentiert. Als Nächstes werden geeignete Hersteller in der VR China gesucht, wobei es sich hier zunächst um eine relativ grobe potentielle Eignungsüberprüfung handelt. Hier ist die Einkaufsabteilung, die ja bereits über ein bestehendes Netzwerk aus potentiellen Herstellern verfügt, federführend (Pfeil 1). Im Gegensatz zu den Beziehungsarten früherer Phasen ist hier nun aber auch die Entwicklungsabteilung aufgrund deren Kenntnis der Anforderungen an einen potentiellen Hersteller involviert (interner Pfeil 1). Wird ein geeigneter Hersteller gefunden (Hersteller A) und signalisiert dieser eine prinzipielle Bereitschaft der Auftragsannahme, so initiiert HUDORA ein persönliches Treffen mit Vertretern – i. d. R. auf Geschäftsführerebene – des Herstellers A an dessen Standort, um über den Produktionsauftrag zu verhandeln. Diese Verhandlungen stellen i. d. R. sehr intensive per234 Außerdem existieren auch noch Tradergeschäfte, die jedoch in der Abbildung aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mehr dargestellt sind.

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sönliche Interaktionen zwischen beiden Parteien dar, die mehrere Tage andauern, mehrere Themen bzw. Aktivitäten umfassen und in die folglich mehrere Unternehmensfunktionen HUDORAs involviert sind: Zunächst werden auf Grundlage des Konzeptpapiers sämtliche Produktionsanforderungen detailliert besprochen (Pfeil 2). Im Anschluss werden die Produktionsanlagen des Herstellers gemeinsam mit diesem im Hinblick auf deren Eignung für die Herstellung und Qualitätssicherstellung des jeweiligen Produktes überprüft (Pfeil 2). Diese Überprüfung wird dabei nicht nur beim Hersteller A vorgenommen, sondern auch – gemeinsam mit diesem – bei dessen Zulieferern B und D für kritische Vorprodukte (Pfeile 2). Bei diesen Aktivitäten ist die Entwicklungsfunktion HUDORAs federführend, wird jedoch bereits hier vom Supply-Chain-Management, das für die Qualitätssicherung verantwortlich ist, unterstützt (interner Pfeil 2). Im Anschluss kommt es zu Preisverhandlungen zwischen HUDORA und Hersteller A (Pfeil 3), wobei hier wieder die Einkaufsfunktion maßgeblich ist, jedoch von der Entwicklungsfunktion unterstützt wird (interner Pfeil 3). Diese Preisverhandlungen sind komplexer als noch beim Bezug standardisierter Produkte, was vor allem daran liegt, dass hier nunmehr ein gewisser Qualitätsspielraum besteht, der sich auf die Produktionskosten und damit letztendlich auf die Preise auswirken kann. Es existieren nämlich verschiedene Produktbestandteile, für die unterschiedliche Materialien und Prozesse eingesetzt werden können. Bspw. lassen sich bei der Produktion von InlineSkates unterschiedliche Kugellager in den Rollen nutzen, die sich sowohl qualitativ als auch preislich unterscheiden. Die Preisverhandlungen enden mit dem Abschluss eines Kaufvertrages, der interessanterweise nicht wesentlich komplexer ist als bei den zuvor diskutierten Beziehungsarten. Da es sich um ein für den Hersteller A zumindest in seinen konkreten Spezifikationen neues Produkt handelt, werden nun zunächst entsprechende Muster und im Anschluss eine Nullserie gefertigt. Weil hier noch relativ häufig Veränderungen und Anpassungen innerhalb des Produktionsprozesses notwendig sind, bleibt HUDORA bzw. ein Mitarbeiter der Entwicklungsfunktion während dieser Aktivitäten weiterhin in unterstützender Funktion vor Ort (Pfeile 4), wobei auch hier das Supply-Chain-Management involviert sein kann (interner Pfeil 4). Ist diese Testphase erfolgreich abgeschlossen, so kommt es zur Serienproduktion durch den Hersteller A, während der es auch bei reibungslosem Ablauf weiterhin zu Interaktionen zwischen HUDORA und Hersteller A sowie den Zulieferern B und D kommt. Zunächst übermittelt der Hersteller A in regelmäßigen Zeitabständen Informationen über den bis dato fertiggestellten Anteil an der vereinbarten Gesamtmenge des Produktes. Dies geschieht i. d. R. unpersönlich via elektronischer Datenübermittlung (Pfeil 5). Des Weiteren kommt es zu unangekündigten Kontrollbesuchen von Mit-

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

arbeitern des Supply-Chain-Managements sowohl bei Hersteller A als auch bei den Zulieferern B und D, um die Produkt- bzw. Prozessqualität sicherzustellen (Pfeile 5).235 Nach Auftragsfertigstellung wird die Ware an HUDORA übergeben und mit einem externen Logistikdienstleister an das Distributionszentrum HUDORAs in Deutschland verschifft. Die dargestellte Ablaufstruktur innerhalb einer Akteursbeziehung zum Bezug eines von HUDORA spezifizierten Produktes besteht weitestgehend bis heute, wobei es jedoch im Zeitablauf zu den folgenden bedeutenden Veränderungen kommt, die letztendlich auch die wesentlich größere Bedeutung dieser Herstellerbeziehungsart für den Bezug individualisierter Produkte im Vergleich zum Bezug standardisierter Produkte verdeutlichen. Zunächst führt HUDORA ab Ende der 1990er Jahre die Erstellung und das Arbeiten anhand von Workbooks bei der Zusammenarbeit mit Herstellern zur Umsetzung von eigenen Produktideen ein. Innerhalb dieser Workbooks werden der gesamte zu erfolgende Produktionsablauf dokumentiert sowie die einzelnen Prozessschritte und Spezifikationen definiert. Erstellt werden diese Workbooks während der Nullserienproduktion zu Anfang gemeinsam von dem jeweiligen Hersteller und HUDORA. Es wird von Seiten HUDORAs jedoch erwartet, dass die Hersteller nach einer gewissen Zeit bei Folgeaufträgen diese Workbooks auch größtenteils eigenständig anfertigen, nutzen und verändern. „Wir geben da aber schon Hilfestellung. Wenn das bei einem Hersteller nicht so gut funktioniert, dann bringen wir auch externe Berater mit.“

Obwohl durch die Einführung der Workbooks offensichtlich ein Mehraufwand entsteht, scheint dies insgesamt vorteilhaft, da so die Qualitätsanforderungen HUDORAs wesentlich besser umgesetzt werden: „So eine Dokumentation ist da unwahrscheinlich wichtig. Das kostet zwar auch einiges, gerade weil so etwas für viele [Hersteller] ja neu ist und die erst lernen müssen, wie man das überhaupt macht und wie man damit arbeitet. […] Seitdem wir mit den Workbooks arbeiten, haben wir [aber] auch wesentlich weniger Probleme mit der Qualität, und die [Hersteller] merken da ja, dass das auch gut für sie ist […], [da sie] lernen, dass sie wesentlich weniger [Qualitäts-]Probleme bekommen, wenn sie genau das Workbook abarbeiten.“

Außerdem führt HUDORA mittlerweile in regelmäßigen Abständen sogenannte Lieferantenkongresse mit den wichtigsten Herstellern sowie deren Zulieferern zum primären Zweck der Qualitätssicherung durch: 235 Hier ist anzumerken, dass es bspw. aufgrund der Anforderungen bestimmter ISO-Normen des GS-Prüfsiegels teilweise auch zu unangemeldeten Kontrollvisiten seitens unabhängiger Dienstleister wie dem TÜV kommt.

H. Fallstudie

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„[D]ie Qualität [beim Bezug individualisierter Produkte ist] unglaublich wichtig […]. Und das war zu Anfang schon ein relativ großes Problem. Die [chinesischen Hersteller] haben da einfach eine andere Mentalität. […] Die legen da einfach nicht so viel Wert auf Qualität[-saspekte] […], gerade wenn man das nicht sofort sieht. Die sagen sich dann eher: ‚Warum soll ich jetzt in so eine Prüfmaschine investieren? Das kostet doch nur unnötig Geld. Das führt dann ja auch noch dazu, dass man manche Teile wegschmeißen muss, obwohl die doch eigentlich ganz gut aussehen.‘ So einem Kugellager sieht man es ja nicht an, ob es bald kaputt geht, also kann man das doch erst mal verkaufen. Für uns ist das aber natürlich ein großes Problem. So was machen die Kunden hier [in Deutschland] nämlich nur einmal mit. […] Wir haben uns dann überlegt, dass wir so etwas wie Qualitätsschulungen für die Lieferanten machen müssen. […] Ja, durch die Workbooks wird schon festgehalten, worauf es [unter Qualitätsgesichtspunkten] ankommt, es ist aber noch viel wichtiger, dass man auch versteht, ‚warum‘ es darauf ankommt. Wenn wir einen Lieferanten dazu bringen können, dass er versteht, dass so etwas ja auch für ihn gut ist und er das aus eigenem Interesse macht, erst dann funktioniert […] [die Produktion und Einhaltung eines ausreichenden Qualitätsstandards] vernünftig. […] Wir können da ja auch nicht alles kontrollieren. […] Wenn sich z. B. etwas innerhalb der Produktion ändert, dann muss das dokumentiert werden. Wenn man aber nicht versteht, warum das so wichtig ist, dann macht man das auch nicht richtig oder vielleicht nicht immer. […] Der Schwerpunkt liegt [bei solchen Kongressen] auf der Qualität, und da packen wir die Leute nicht mit Samthandschuhen an. Wir zeigen denen dann schon anhand konkreter Beispiele, wo und was da schiefgelaufen ist. […] Ja, bspw. zeigen wir ja dann Fotos von Reklamationen und sagen den [verantwortlichen] Herstellern dann schon direkt, dass das nicht passieren darf, und fragen, wieso das passieren konnte. Das ist schon nicht immer einfach für die [Mitarbeiter der chinesischen Hersteller], aber das muss sein. […] Eigentlich funktioniert das aber ganz gut, weil die Hersteller ja mittlerweile wissen, dass wir da ehrlich sind. Wir achten da dann aber auch immer sehr darauf, auch zu loben, wenn etwas gut war. Kritik und Lob, das ist zusammen sehr wichtig. […] [S]chließlich geht es dabei ja vor allem darum, dass […] [die Hersteller und Zulieferer] auch die Hintergründe verstehen, warum wir das so haben wollen, also warum das und das jetzt gut war und das und das eben nicht. Deshalb versuchen wir denen auch immer zu zeigen, was mit den Sachen passiert, wenn sie ihre Fabrik verlassen […], weil da ja erst die Probleme entstehen.“

Die Durchführung solcher Kongresse ist dabei mit einem erheblichen Aufwand verbunden: „Ja, das ist richtig teuer. Auf dem letzten Lieferantenkongress waren z. B. 10 Unternehmen. Das sind dann aber jeweils der Einkaufsleiter, Produktionsleiter und Qualitätsleiter, und die wichtigen Vorlieferanten von denen kommen auch noch dazu. Außerdem sind da ja auch noch einige unserer Mitarbeiter [aus Deutschland], sodass das ungefähr 80 Leute waren, und da kommen dann noch Übersetzer hinzu. Das ganze dauert dann 3 volle Tage, da kann man sich ja ausrechnen, was das kostet.“

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Sowohl die Einführung der Workbookpraktik als auch die Etablierung der Lieferantenkongresse scheinen zu der gewünschten Sicherung und Steigerung der Qualität beizutragen: „Durch das Arbeiten mit den Workbooks sind die Qualitätsprobleme schon wesentlich besser geworden. […] Das kommt schon immer mal wieder vor, wir haben jetzt aber wesentlich seltener Probleme. […] Ja, die Lieferantenkongresse sind da gerade für die neuen [Hersteller] sehr wichtig. Dadurch verstehen die viel besser, was wir verlangen und was so nicht geht.“

Des Weiteren kommt es 2007 zur Gründung der HUDORA Asia Ltd. Zu dieser entschließt sich das Unternehmen anscheinend vornehmlich aufgrund des aus der Darstellung ersichtlichen hohen Kontrollaufwands sowie der wesentlich größeren bzw. gesamterfolgskritischeren Bedeutung einer einzelnen Transaktion innerhalb dieser Beziehungen im Vergleich zum Bezug standardisierter Produkte: „Bei solchen [standardisierten] Produkten [von denen noch eine relativ geringe Stückzahl verkauft wird und die die Kernprodukte HUDORAs komplementieren] war die Qualität auch schon wichtig. Wenn das […] [minderwertige Produkte] sind, dann kostet uns das [aufgrund von Reklamationen und den daraus notwendig werdenden Ersatzlieferungen] ja Geld, und so hoch sind unsere Margen auch nicht. Da kann es dann schnell passieren, dass wir nichts mehr verdienen. […] Bei [individualisierten] Produkten wie solchen Inline-Skates ist das aber eine ganz andere Dimension. Erst mal sind das ja viel höhere Stückzahlen, weshalb dann Rückläufer richtig ins Geld gehen können. Das Problem ist aber vor allem, dass […] [ein Discounter bzgl. der Produktqualität] sehr strenge Maßstäbe ansetzt. Wenn da dann einmal etwas wirklich schiefläuft, ist man da sofort raus aus dem Geschäft. Wenn wir jetzt z. B. […] [einen solchen Discounter] mehrere Jahre beliefern – und das sind ja jedes Mal richtig große Stückzahlen – und wir würden den [Kunden] dann verlieren, kann man sich ja vorstellen, was das bedeutet. […] Ja, bei den [standardisierten] Produkten ist es auch einfacher, [rechtzeitig] Ersatz zu finden [wenn es da mit einem Lieferanten zu Problemen kommt]. Das geht dann [z. B.] bei unseren Inline-Skates nicht mehr so einfach.“

Die Niederlassung übernimmt ausschließlich die Funktionen der Qualitätssicherung und -kontrolle bei den chinesischen Herstellern vor Ort sowie der Überwachung der Logistikprozesse bis zur Verschiffung. Da im Rahmen dessen regelmäßig unangekündigte Produkt- und Prozesskontrollen sowohl bei den einzelnen Herstellern als auch bei deren wichtigsten Zulieferern durchgeführt werden sollen, ist dies offensichtlich wesentlich effizienter und effektiver durch Mitarbeiter möglich, die sich permanent in China befinden. „[…] Deshalb ist [Qualitäts-]Kontrolle bei solchen Geschäften auch unglaublich wichtig. Da wir ja [aufgrund der sukzessiven Ausweitung der Produktpalette] mit der Zeit immer mehr solcher Geschäfte machen, haben wir uns dann 2007 dazu entschieden [in Shenzhen eine Niederlassung] zu gründen. Es ist einfach wichtig, da immer vor Ort zu sein, um, wenn etwas passiert, schnell reagieren zu können.“

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Um diese Funktionen erfolgreich umsetzen zu können, findet ein intensiver Wissenstransfer zwischen den deutschen und den in Shenzhen ansässigen Mitarbeitern HUDORAs statt: „Wir haben da mittlerweile 22 festangestellte chinesische Mitarbeiter, die für uns regelmäßig zu den Herstellern fahren, und das funktioniert mittlerweile auch sehr gut. Dafür war es aber sehr wichtig, dass die [Mitarbeiter] auch unsere Anforderungen verstehen und ihre Aufgaben auch ausführen können. Deshalb mussten wir da [zunächst] intensive Schulungen durchführen. [Solche Schulungen] […] machen wir auch permanent, weil es da ja immer wieder Veränderungen z. B. bei den einzelnen Normen gibt. […] Ja, das ist ganz schön aufwendig. Anders geht das aber nicht. Die [Mitarbeiter in Shenzhen] müssen ja mehr oder weniger mit allen [unseren] Produkten vertraut sein.“

Bei den Funktionen, die HUDORA Asia Ltd. übernimmt, scheint zudem die ethnische Zugehörigkeit der Mitarbeiter – es handelt sich ausschließlich um chinesische Staatsbürger – eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen: „Ja, ich habe schon den Eindruck, dass die [aus der VR China stammenden Mitarbeiter] da besser sind. Zum einen sprechen die ja die Sprache und können dann den Leuten z. B. wesentlich besser klarmachen, worauf man achten muss. Außerdem glaube ich, dass die [chinesischen Mitarbeiter] auch viel besser wissen, worauf sie achten müssen. […] Die haben z. B. eine viel bessere Antenne dafür, ob da etwas nicht stimmt, und die kommen da dann manchmal hinter Sachen, da wäre ich nicht unbedingt drauf gekommen. […] Die [chinesischen Mitarbeiter] können sich da besser [in die Mitarbeiter der chinesischen Hersteller] hineinversetzen und wissen daher besser, wobei man hellhörig werden muss.“

Zusammengenommen führen die Workbooks sowie die Übernahme der diversen Kontrollaktivitäten durch die Mitarbeiter der chinesischen Niederlassung HUDORAs letztendlich dazu, dass es zu weniger persönlichen Interaktionen zwischen den in Deutschland ansässigen Mitarbeitern und den jeweiligen Herstellern kommt. Intensive persönliche Interaktionen finden hier i. d. R. nur noch innerhalb der dargestellten Ablaufschritte bis hin zur Nullserienproduktion statt. Dem entgegen stehen aber die zusätzlichen intensiven Interaktionen auf den Lieferantenkongressen. Insgesamt lassen sich diese Entwicklungen damit insofern als eine Art Ablaufstandardisierung auffassen, als dass nunmehr jede Herstellerbeziehung zum Bezug individualisierter Produkte in einen mehr oder weniger gleichen strukturellen Rahmen eingebettet ist. Anders formuliert, scheinen sich im Zeitverlauf gewisse Routinen entwickelt zu haben. In länger bestehenden Herstellerbeziehungen, innerhalb derer diese Routinen offenbar fest etabliert sind, kommt es nunmehr zu einem weiteren interessanten Phänomen. Und zwar tragen diese Hersteller von Zeit zu Zeit proaktiv zu Explorationsaktivitäten bei, indem sie Produktideen an HUDORA übermitteln.

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„Eigentlich kommen die Ideen für neue Produkte schon von uns. Wir sehen ja auch, was auf dem Markt passiert und was unsere Konkurrenz macht. Es kommt mittlerweile aber schon mal vor, dass ein Lieferant zu uns mit einem neuen Produkt kommt. Die [chinesischen Hersteller] kennen sich ja alle untereinander […] und ich weiß ja auch, für wen die arbeiten. […] Die [Hersteller] bekommen dann ja auch mit, was jemand anderes gerade so macht, und dann kommt schon mal einer und sagt: ‚Ich hab da das und das gesehen. Wäre das nichts für euch.‘ […] Ja, also bspw. sind wir so auf die Idee mit den Laufrädern [für Kleinkinder] gekommen. Da ist […] [ein Lieferant, mit dem wir schon länger zusammenarbeiten] auf mich zugekommen und hat mir erzählt, dass er so etwas bei einem anderen Hersteller gesehen hat. Ich hab mir das dann mal angeguckt. Das Teil selbst war dann zwar […] [nicht so durchdacht und qualitativ eher minderwertig], aber wir fanden die Idee gut. […] Wir haben uns mit […] [einigen Mitarbeitern der Universität Wuppertal, mit der HUDORA schon häufiger bei der Produktentwicklung zusammenarbeitet] zusammengesetzt und so ein Laufrad entwickelt. […] Nein, […] [der Hersteller] war da [in die Entwicklung] nicht eingebunden. […] Wir haben das Laufrad dann aber nachher mit dem produziert.“

Wie aus der zitierten Gesprächspassage deutlich wird, handelt es sich bei dem dargestellten Phänomen nicht unbedingt um eine Zusammenarbeit zwischen HUDORA und dem jeweiligen Hersteller mit einem erklärten Explorationsziel. Vielmehr scheint sich die Exploration neuer Produkte aus der exploitativen Zusammenarbeit zur Realisierung bzw. Produktion bestehender Produkte zu ergeben. a) Diskussion der beobachtbaren Variablenausprägungen und deren intertemporaler Veränderungen in Anlehnung an das Formalmodell Nach der obigen Darstellung der Akteursbeziehungen und deren Entwicklungen in der zweiten Phase der Internationalisierung HUDORAs wird im Folgenden auf die Ausprägungen der einzelnen Einflussvariablen sowie deren intertemporale Veränderungen in Anlehnung an das Formalmodell eingegangen. Dies dient auch hier als Ausgangspunkt für die darauf folgende Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. Vorab ist hier noch anzumerken, dass in der folgenden Diskussion die oben dargestellte zweite Internationalisierungsphase in zwei Zeitperioden t = 3 und t = 4 unterteilt wird und dementsprechend die beobachtbaren Variablenausprägungen mit den Subskripten 3 und 4 versehen werden. Dies erfolgt zum einen, um sie von den bereits diskutierten Variablenausprägungen der ersten Phase zu unterscheiden, die ja mit den Subskripten 1 und 2 versehen wurden. Des Weiteren kann so die Entwicklung zwischen der ersten und zweiten Internationalisierungsphase verdeutlicht werden. Vereinfachend werden hier alle Elemente der Periode t = 3 zugeordnet, die sich

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auf die Anfänge der Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte beziehen. Unter t = 4 fallen hingegen die Variablenausprägungen, die nach den dargestellten Entwicklungen – Workbooks, Lieferantenkongresse, Niederlassungsgründung und Generierung neuer Produktideen unter Herstellerbeteiligung – beobachtbar sind. A (A3, A4, π3(A2), π4(A3))

Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass es in der zweiten Internationalisierungsphase bereits anfänglich innerhalb der Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte zu wesentlich höheren Spezifitätsgraden A3 und später auch A4 kommt, als dies noch bei den direkten Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte (A2) der Fall war. Wie oben dargestellt, macht es die Umsetzung der Produktideen HUDORAs durch einen Hersteller erforderlich, diesem Konstruktionszeichnungen, Spezifikationen und ähnliche Materialien zur Verfügung zu stellen. Die Tatsache, dass diese Wissenssets trotz ihres eindeutig expliziten Charakters innerhalb persönlicher intensiver Interaktionen transferiert werden, lässt vermuten, dass diese expliziten Wissenssets von impliziten komplementiert werden müssen: „Ja, wir könnten den Lieferanten auch die Konstruktionszeichnungen zuschicken und darauf hoffen, dass wir nachher das […] [so spezifizierte Produkt] bekommen. Das funktioniert aber leider nicht. […] Die Dokumente beinhalten ja […] nur das ‚was‘, also ‚wie etwas aussehen soll‘. Darüber ‚wie man das am besten hinbekommt‘ muss man aber zusammen erst mal herumtüfteln. […] Häufig ergeben sich bei solchen Treffen ja auch noch Änderungen. […] Damit das Ganze ordentlich funktioniert, muss man schon mit den Leuten [vor Ort] persönlich sprechen und vor allem gemeinsam herumprobieren. […] Ja, das ist sehr wichtig. Bspw. ist ja schon das Herstellen von so einem einfachen Spritzgussteil aus Plastik […] eine Wissenschaft für sich. Da spielen so viele Aspekte eine Rolle, die nachher alle die Qualität von dem Teil beeinflussen. Da muss z. B. das Werkzeug die richtige Temperatur haben, die dann noch von [verwendetem Kunststoff-] Granulat abhängt. […] Da gehört schon eine Menge Erfahrung dazu.“

Aus diesem Zitat sowie der obigen prozessualen Darstellung wird auch deutlich, dass es innerhalb einer solchen Beziehung zu mit HUDORA (gemeinsam) koordinierten Adaptionen kommt. Dies sowie die dargestellte Form der Interaktion verweisen darauf, dass hier Ressourcen bzw. Wissenssets mit wesentlich höheren Spezifitätsgraden eingesetzt bzw. transferiert werden, als dies noch innerhalb von Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte der Fall war. So wird, wie dargestellt, innerhalb der intensiven Interaktion mit dem Hersteller an diesen explizites und implizites Produkt- und Produktionswissen von HUDORA transferiert. Zwar

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müssen diese Wissenssets an sich nicht unbedingt einen hohen Akteursspezifitätsgrad aufweisen, jedoch sind die Ressourcen, die zur Übermittlung insbesondere der impliziten Wissensbestandteile eingesetzt werden, hochgradig spezifisch. Sie sind den individuellen Eigenschaften des jeweiligen Herstellers und HUDORAs angepasst und fast völlig wertlos für oder innerhalb anderer Herstellerbeziehungen.236 Bspw. müsste bei einer (vorzeitigen) Beendigung der betrachteten Herstellerbeziehung innerhalb einer neuen Beziehung mit einem anderen Hersteller der gesamte Wissenstransferprozess wiederholt werden. Dass hier relativ hohe Spezifitätsgrade A3 eingesetzt werden, lässt sich auch daran ablesen, dass es nunmehr zu signifikanteren potentiellen Holdup- und Spill-over-Problemen kommt.237 „Ja, solche Probleme gibt es und sind gerade in China aufgrund der mangelnden Rechtssicherheit besonders schwierig. […] Z. B. ist uns mal Folgendes passiert: Ich habe mit einem Hersteller – den nenne ich seitdem ‚Tripple Win‘ – über [die Produktion von] Inline-Skates verhandelt, die […] [dieser Hersteller] für uns fertigen sollte. Wir haben dann auch schon über die Spezifikationen gesprochen und plötzlich, mitten in dieser Phase, war der Kontakt weg. […] Ja, die [Vertreter des Herstellers] wollten einfach nicht mehr weiterverhandeln. […] Zwei Jahre später wurde dann plötzlich unser Container [mit Produkten, die ein anderer Hersteller produziert hatte] vom Zoll gesperrt. […] Es stellte sich dann heraus, dass der Markenname HUDORA in China in Shenzhen von diesem ‚Tripple Win‘ angemeldet wurde und der Zoll deshalb unseren Container aufgehalten hat. […] Ja, […] [‚Tripple Win‘] war mit dem Produkt [Inline-Skates] auch im Markt, die waren aber […] [qualitativ minderwertig]. […] Ich habe denen ja nicht alles verraten. […] Das [Problem mit dem Markennamen] war schon ärgerlich, hat sich aber Gott sei Dank relativ schnell quasi von selbst erledigt.“238 236 Genauer gesagt, können diese Ressourcen den generierbaren Mehrwert innerhalb anderer Beziehungen aus statischer Sicht nicht oder kaum positiv beeinflussen. Aus dynamischer Sicht können diese jedoch selbst bei einer Beendigung der fokalen Beziehung indirekt durchaus wertvoll sein, da durch den Transfer von Wissenssets Erfahrungen gesammelt werden können, die durchaus in anderen Beziehungen vorteilhaft eingesetzt werden können. Auf diesen Punkt wird später noch eingegangen. 237 Auf die Hold-up-Problematik wird noch innerhalb der Koordinationsformendiskussion COO eingegangen. 238 Auf die Nachfrage, wie sich dieses Problem von selbst gelöst habe, berichtete der Geschäftsführer HUDORAs Folgendes: „Zunächst wollte ich ja zu dem ‚Tripple Win‘ gehen und sagen: ‚Wir kennen uns doch schon länger, das mit dem Markennamen, das waren doch bestimmt Mitarbeiter von dir, du machst doch so was nicht. Du wolltest das doch löschen.‘ Davon hat mir unser Anwalt aber abgeraten. Also bin ich gemeinsam mit unserem Anwalt zu der Behörde gegangen und wir haben uns erkundigt, wie wir denn unseren Markennamen in China jetzt registrieren können. Wir mussten dann jede Menge Dokumente vorlegen. Das waren bestimmt zwei Aktenordner voll. Und das war eine Arbeit! […] Die mussten alle notariell beglaubigt werden. Das reichte aber noch nicht. Die

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Interessant ist hier zudem die Beobachtung, dass eine größere Anzahl impliziter Wissenssets in t = 3 ausgetauscht wird und es daher auch zu einem höheren Spezifitätsgrad A3 kommt, als dies zur Umsetzung der Produktideen HUDORAs unbedingt erforderlich scheint. Besonders deutlich wird dies bei den Interaktionen über qualitätsbezogene Aspekte: „Ja, wir diskutieren da schon auch Sachen, die jetzt in dem Sinne nicht unbedingt direkt mit dem [gerade anstehenden] Geschäft zu tun haben. Ich hatte ja aber bereits gesagt, dass wir vor allem auf die Qualitätsaspekte besonders viel Wert legen müssen. Und die Sicherung von Qualität ist ja eine komplizierte Sache. Wenn man das richtig machen will, dann muss man da ganzheitlich herangehen. […] Z. B. müssen da die Zulieferer auch mit einbezogen werden, denn damit fängt die Qualität ja an. […] Besonders wichtig war aber nach meiner Erfahrung, dass wir es geschafft haben, bei den Lieferanten ein Qualitätsbewusstsein zu entwickeln. Dafür war es dann aber wichtig, nicht nur Sachen anzusprechen, die das konkrete Produkt betreffen. Wenn ich jetzt bspw. mit einem [Hersteller] Trampoline produziere, dann kann ich auch mit dem [Hersteller vor und bei der Nullserienproduktion] durch den Maschinenpark gehen und die kritischen Punkte finden, die [nur] für die Trampolinproduktion wichtig sind. Dann kann ich aber davon ausgehen, dass da später irgendwas anderes passiert, was wir bis dahin nicht gesehen haben [und dem Lieferanten das dann aber egal ist]. Ich schau daher immer, dass ich auch ganz grundsätzliche Sachen anspreche und vielleicht auch Dinge, die jetzt gar nichts mit den Trampolinen zu tun haben. Das ist natürlich aufwendiger, ich will ja aber erreichen, dass sich bei dem Lieferanten auch ein grundsätzliches Bewusstsein für Qualität entwickelt und dafür, wie man die sicherstellen kann. […] Ja, dafür ist es auch wichtig, über unser Geschäft [in Deutschland] zu sprechen, damit der auch versteht, was wir da machen und warum die Qualität so wichtig ist. […] Ja, das hat uns natürlich auch geholfen, die Lieferanten besser zu verstehen. Das hat uns dann auch sehr geholfen, wenn wir da Hilfestellungen geben sollten.“

Aus der zitierten Gesprächspassage wird deutlich, dass HUDORA anscheinend auch spezifische Wissenssets transferiert bzw. mit den Herstellern austauscht, die nicht direkt im Zusammenhang mit einer Transaktion stehen bzw. für diese von eher geringer Bedeutung sind. Des Weiteren kann angenommen werden, dass es zu einer weiteren Steigerung des Spezifitätsgrades im Zeitverlauf innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase kommt (A4 > A3). Wie dargestellt, werden im Zeitvernotarielle Beglaubigung musste dann noch mal von einem Amtsgericht beglaubigt werden, usw. Ich bin da fast im Kreis gesprungen. Ich hab dann alles vorgelegt, es fehlten dann aber natürlich auf einmal noch weitere Unterlagen. […] Am nächsten Tag kam dann aber plötzlich ein Fax, dass der Name [HUDORA] angemeldet werden kann und wir die fällige Gebühr bis dann und dann zahlen sollten. […] Es stellte sich dann heraus, dass der [‚Tripple Win‘] keinen Antrag auf Verlängerung gestellt hatte und die [Behördenmitarbeiter] in Shenzhen den Namen wieder gelöscht haben.“

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lauf sowohl die Workbookpraktik bei der Zusammenarbeit mit einem Hersteller als auch regelmäßige Lieferantenkongresse für die bedeutenden Hersteller individualisierter Produkte und deren Zulieferer etabliert. Die Workbooks substituieren zwar bis zu einem gewissen Grad die vormals üblichen unstrukturierteren persönlichen Interaktionen bis hin zur Serienproduktion, jedoch stellen sie im Vergleich zu Letzteren einen höheren Aufwand dar. Da es das erklärte Ziel HUDORAs ist, dass ein Hersteller später in der Lage ist, solche Workbooks zu großen Teilen eigenständig zu erstellen und zu verändern, werden hier anfänglich offensichtlich auch dazu notwendige konzeptionelle Fähigkeiten von HUDORA an den jeweiligen Hersteller transferiert. Anders formuliert, werden hier zusätzlich zu den für die Produktion eines Produktes notwendigen spezifischen Wissenssets noch weitere auch für zukünftige Transaktionen einsetzbare Wissenssets übermittelt, die zudem eine höhere kausale Ambiguität aufweisen.239 Vergleichbares gilt in noch stärkerem Maße für die Lieferantenkongresse. Diese stellen einen zusätzlichen, auf die Bedürfnisse der Hersteller ausgerichteten Aufwand dar, da hier Wissenssets von HUDORA an die Hersteller übermittelt werden, die nicht direkt einer einzelnen Transaktion mit einem Hersteller zugeordnet werden können, sondern vor allem beziehungs- oder akteursspezifisch sind. Insbesondere die letzten beiden Punkte verweisen auch schon darauf, dass hier der im Formalmodell proklamierte intertemporale Einfluss spezifischer Wissenssets (Gleichungen (15.1) bis (15.5)) beobachtbar ist (π5(A4)). Der offensichtliche Zweck der Workbookpraktik sowie der Lieferantenkongresse ist es ja gerade, dass die hierbei transferierten Wissenssets auch in den Folgeperioden zum Einsatz kommen und auch dort den Profit positiv beeinflussen. Für eine einzelne Transaktion wäre eine entsprechende Sicherung der Qualität – bspw. durch die anfänglich ausschließlich verwendeten individuellen Kontrollmechanismen – auch mit einem wesentlich geringeren Aufwand möglich. Deutlich werden die intertemporalen Auswirkungen des Einsatzes spezifischer Ressourcen zudem bei der Beobachtung, dass HUDORA bereits anfänglich für die Zusammenarbeit bei der Umsetzung eigener Produktideen ausschließlich auf Hersteller zurückgreift, von denen vorher – i. d. R. mehrmals – bereits standardisierte Produkte bezogen wurden (π3(A2)). Da wie 239 Letztere scheinen eine größere kausale Ambiguität aufzuweisen, da es sich hier um relativ abstraktes konzeptionelles Wissen handelt (Lippman / Rumelt 1982; Conner 1991; Reed / DeFillippi 1990). Bspw. ist es leichter möglich, einem Akteur zu erklären, wie dieser eine konkrete Spritzgussform verwenden sollte, als demselben Akteur die allgemeinen Prinzipien und Funktionsweisen der Spritzgusstechnik – ein wesentlich abstrakteres Konzept – zu vermitteln. Letzteres kann jedoch im Gegensatz zu Erstem auch in anderen Kontexten genutzt werden.

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bereits herausgestellt zur Etablierung direkter Herstellerbeziehungen für den Bezug standardisierter Produkte zumindest geringe Spezifitätsgrade A2 erforderlich waren, die in Verbindung mit der Suche und Auswahl geeigneter Akteure zusammenhingen, stand HUDORA mit der Zeit ein Netzwerk an mehreren Herstellern zur Verfügung, deren Fähigkeiten HUDORA bekannt waren. Durch den Rückgriff auf diese bekannten Hersteller auch zur Umsetzung eigener Produktideen sparte HUDORA folglich vergleichbare Aufwendungen zur Suche und Auswahl von Herstellern. Anders formuliert, wirken die eingesetzten spezifischen Ressourcen A2 auch in der Folgeperiode noch positiv auf den Profit π3.240 Die hier postulierte sukzessive Steigerung des Spezifitätsgrades (∆A < 0) von A2 über A3 auf A4 sollte laut Formalmodell mit einer Veränderung des Interdependenzgrades ID sowie der kognitiven Distanz CD auf der Produktionsseite (Gleichungen (10.2), (10.3), (11), (11.1), (15.2) bis (15.5) und (16.1)), der Koordinationsform COO und der variablen Koordinationskosten G und M bzw. deren jeweiligen Beeinflussungsvariablen – intentionale Unsicherheit I, Umweltunsicherheit U sowie auch hier CD und ID (Gleichungen (8), (9), (12.4), (13.1), (13.2) und (17) bis (17.4)) – und / oder der Möglichkeit, neue spezifische Ressourcen N zu entwickeln (Gleichungen (18.2) und (19)), erklärbar sein. Demnach würde eine solche Steigerung der Formaldiskussion entsprechen, wenn ID steigt, die Entwicklung von N lohnenswert ist, die Koordinationsform COO hierarchischer wird und / oder CD, I sowie U sinken. Hierauf wird in den entsprechenden folgenden Abschnitten eingegangen. Dass eine Steigerung des Spezifitätsgrades (A2 < A3 und A3 < A4), wie im Formalmodell postuliert, zu einer korrespondierenden Profitsteigerung führt (Gleichungen (1.1), (1.2) sowie (3.1) bis (3.3)), lässt sich aus den angeführten Beobachtungen der Fallstudie nicht unbedingt direkt ableiten. Es sprechen jedoch einige Indizien für eine Bestätigung. Zuvorderst sind hier das kontinuierliche Umsatz- und Unternehmenswachstum sowie die starke Ausweitung der Produktpalette HUDORAs zu nennen. Laut Unternehmensangaben verzeichnet HUDORA im Jahr 2004 – also einige Zeit nach der erfolgreichen Etablierung von Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte und der damit einhergehenden Steigerung des Spezifitätsgrades zumindest von A2 auf A3 – „das bisher beste Geschäftsjahr“ (HUDORA 2011). Aber auch die innerhalb der Gespräche mit den 240 Ein vergleichbarer intertemporaler Effekt zwischen t = 3 und 4 geht aus den Beobachtungen nicht so eindeutig hervor. Es kann jedoch auch hier von der Existenz solcher Effekte ausgegangen werden. So ließe sich bspw. argumentieren, dass die Etablierung der Workbookpraktik mit einigen Herstellern in t = 4 voraussetzte, dass in t = 3 bereits entsprechende Wissenssets transferiert wurden.

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Interviewpartnern des Unternehmens positive Bewertung des Chinageschäfts und dabei insbesondere dessen Entwicklung scheinen einen positiven Einfluss des eingesetzten Spezifitätsgrades auf den Unternehmensprofit zu bestätigen. Diesbezüglich ist vor allem auf die angeführten Aussagen hinzuweisen, dass die Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte wesentlich bedeutender sind als die zum Bezug standardisierter Produkte. „Wir sind schon sehr zufrieden damit, wie sich das [Chinageschäft] entwickelt hat und wie das momentan läuft.“

Evtl. einschränkend ist hier jedoch anzuführen, dass HUDORA gerade in den letzten Jahren auch mehrere Maßnahmen zur Verbesserung bzw. Effizienzsteigerung des Supply-Chain-Managements durchgeführt hat, die auch positiv auf das Unternehmensergebnis wirken. Bspw. werden 2005 das Warenlager in Remscheid vergrößert und das Lagerhaltungssystem umgestellt, was zu „bisher unbekannter logistischer Effizienz“ (HUDORA 2011) führt. Hier könnte jedoch auch angeführt werden, dass diese Maßnahmen gerade dadurch positiv wirken können, da sich das Chinageschäft erfolgreich entwickelt. Die im Formalmodell postulierte produktionskostensenkende Wirkung einer Steigerung des Spezifitätsgrades (Gleichungen (1.1) und (15): ∂CPRO / ∂A < 0) lässt sich wesentlich besser aus den Beobachtungen der Fallstudie ableiten. Hier wurde mehrfach auf die große Bedeutung der Sicherung eines gewissen Qualitätsstandards und von Qualitätsverbesserungen bei der Umsetzung von Produktideen HUDORAs hingewiesen, die offensichtlich durch den entsprechenden Einsatz spezifischer Ressourcen erreicht wird. Diesen Abschnitt abschließend soll hier noch auf die Gründung der chinesischen Niederlassung HUDORAs eingegangen werden. Diesbezüglich ist zu erwähnen, dass hier größere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden als innerhalb der Herstellerbeziehungen. Wie dargestellt, kommt es zu Schulungen der chinesischen Mitarbeiter, innerhalb derer zu großen Teilen auch implizite Wissenssets von HUDORA bzw. den Mitarbeitern in Deutschland transferiert werden. Diese Schulungen sind wesentlich intensiver und finden auch häufiger statt als bspw. die Lieferantenkongresse, da den chinesischen Mitarbeitern mehr oder weniger sämtliche qualitätsrelevanten Wissenssets übermittelt werden müssen. Anders formuliert, ist die Aus- und Weiterbildung der chinesischen Mitarbeiter HUDORAs wesentlich aufwendiger als die Schulungen der Hersteller. ID (ID2, ID3, ID4, α3(∆ID))

Im Vergleich zur zuvor dargestellten ersten Internationalisierungsphase kommt es innerhalb der hier zu diskutierenden zweiten bereits anfänglich

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zu einem erheblichen Anstieg des Interdependenzgrades ∆ID = (ID2 – ID3) < 0. Dies lässt sich unmittelbar aus dem Vergleich der dargestellten prozessualen Ablaufstrukturen ableiten. Innerhalb der Herstellerbeziehungen zur Umsetzung von eigenen Produktideen HUDORAs kommt es zu einer relativ hohen Interdependenz ID3 zwischen Aktivitäten HUDORAs und des jeweiligen Herstellers in der VR China. Auch hier haben Vorkommnisse innerhalb einer fokalen Akteursbeziehung – wie bereits beim Bezug standardisierter Produkte – Auswirkungen auf den Verkauf des jeweiligen Produktes. Da die individualisierten Produkte jedoch das Kerngeschäft HUDORAs darstellen und somit erfolgskritischer sind, können auch die Auswirkungen und daraus resultierenden Konsequenzen als wesentlich bedeutender angenommen werden. Zudem sind bei der Umsetzung eigener Produktideen die unterschiedlichen Unternehmensfunktionen HUDORAs wesentlich intensiver eingebunden als noch beim Bezug standardisierter Produkte. Hinzukommt, dass bei Ersterem auch weitere Funktionen – bspw. ist die Entwicklungsfunktion direkt beteiligt – involviert sind. Auch die involvierten Wissenssets weisen einen wesentlich größeren Interdependenzgrad ID3 auf, was insbesondere aus der Darstellung der Interaktionen bis einschließlich zur Nullserienproduktion deutlich wird. Hier wurde herausgestellt, dass bspw. die (Produktions-)Fähigkeiten eines Herstellers auch zu den (Produkt-)Anforderungen und Spezifikationen HUDORAs passen müssen und es anderenfalls teilweise zu Anpassungen auf beiden Seiten kommt. Außerdem wird von HUDORA bei der Umsetzung eigener Produktideen auch den (wichtigen) Zulieferern des jeweiligen Herstellers große Aufmerksamkeit gewidmet, während die Zulieferer beim Bezug standardisierter Produkte noch nicht einmal bekannt waren. Aus der Fallstudie geht nun deutlich hervor, dass der Einbezug der Zulieferer erfolgt, da deren Aktivitäten und Wissenssets einen bedeutenden Einfluss auf die Produktqualität und damit letztendlich auf die Verkaufs- und After-Sales-Aktivitäten HUDORAs haben. Dies bedeutet letztendlich, dass die Aktivitäten und Wissenssets einen größeren Interdependenzgrad ID3 zu den Aktivitäten und Wissenssets HUDORAs aufweisen, als dies noch beim Bezug standardisierter Produkte (ID2) der Fall war. Insgesamt scheint also der Interdependenzgrad bereits am Anfang der zweiten Entwicklungsphase HUDORAs bzw. bei den Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte ID3 wesentlich größer zu sein als ID2. Die intertemporale Veränderung des Interdependenzgrades ∆ID ist auch hier eine Entscheidung HUDORAs und bestätigt damit die entsprechende Konzeptionalisierung innerhalb des Formalmodells. Der beobachtbare An-

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stieg von ID2 auf ID3 kommt dadurch zustande, dass HUDORA aktiv versucht, im Zeitverlauf mit bekannten Herstellern eigene Produktideen umzusetzen, was wiederum einen höheren Interdependenzgrad erforderlich zu machen scheint. Dass in der Fallstudie ein Anstieg des Interdependenzgrades von ID2 auf ID3 mit einer Steigerung des Spezifitätsgrades von A2 auf A3 einhergeht, steht des Weiteren im Einklang mit den im Formalmodell postulierten Zusammenhängen (α3(∆ID)). Die diesbezüglichen Ausführungen würden denen in Kap. H. III. 1. a) weitestgehend entsprechen und sollen daher hier nicht wiederholt werden. Aus der Darstellung der Entwicklung der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase sind jedoch anders als in der ersten keine oder zumindest kaum Veränderungen des Interdependenzgrades ∆ID = (ID3 – ID4) = 0 zu erkennen. So ist nicht ersichtlich, wie die Einführung der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse sowie die Gründung der chinesischen Niederlassung HUDORAs den Interdependenzgrad signifikant beeinflussen sollten. Es könnte jedoch zunächst angenommen werden, dass die Übermittlung von (vorläufigen) Produktideen seitens einiger Hersteller an HUDORA zu einer Steigerung führt, da so gemeinsame Entwicklungsaktivitäten entstehen. Dies ist jedoch so nicht beobachtbar, da HUDORA zwar die Vorschläge der Hersteller für neue Produkte teilweise umsetzt, die korrespondierende Produktentwicklung und -spezifikation jedoch nicht gemeinsam mit dem jeweiligen Hersteller umsetzt. Interessanterweise wurde jedoch eine signifikante Steigerung des Spezifitätsgrades von A3 auf A4 festgestellt, die folglich nicht mit einer entsprechenden Steigerung von ID3 auf ID4 einhergeht. Demnach scheinen diese Beobachtungen zunächst nicht im Einklang mit den diesbezüglich im Formalmodell postulierten Zusammenhängen zu stehen (α3(∆ID)), sondern diesen vielmehr zu widersprechen. Dies muss jedoch nicht unbedingt der Fall sein, da eine genauere Betrachtung der Gleichungen (10.3) sowie (15.2) offenbart, dass der Parameter α zusätzlich auch noch von der kognitiven Distanz CD determiniert wird. Demnach könnte die beobachtete Veränderung ∆A = (A3 – A4) < 0 auf eine Reduktion der kognitiven Distanz ∆CD = (CD3 – CD4) > 0 zurückzuführen sein (α4(∆CD)). Hierauf wird im entsprechenden Abschnitt weiter unten noch eingegangen. Der Interdependenzgrad, der innerhalb der Beziehung zu der chinesischen Niederlassung HUDORAs zu beobachten ist, scheint höher zu sein als innerhalb der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase, obwohl hier nur ein wesentlich begrenzteres funktionales Spektrum involviert ist. Die HUDORA Asia Ltd. ist zwar ausschließlich mit der Qualitätssicherung bei den chinesischen Herstellern befasst, jedoch wurde bereits

H. Fallstudie

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mehrfach deutlich herausgestellt, dass dies die anscheinend zentrale, weil erfolgskritischste Aktivität ist. Dies ist eben gerade deshalb der Fall, da Veränderungen innerhalb fast aller anderen Unternehmensfunktionen HUDORAs und auch innerhalb der Herstellerbeziehungen Auswirkungen auf die Qualitätskontrolle haben, was darüber hinaus auch in umgekehrter Richtung gilt. So können bspw. die Entwicklung eines neuen Produktes, Veränderungen der Kundenanforderungen sowie Umstellungen innerhalb der Logistikprozesse oder Produktionsverfahren allesamt neue Anforderungen an die Qualitätskontrolle stellen. Auf der anderen Seite könnten bspw. Verfehlungen bei der Herstellerkontrolle den Vertrieb sowie den After-Sales-Service und damit letztendlich den Unternehmensprofit negativ beeinflussen, was dann wiederum über eine entsprechende Budgetkürzung die Produktentwicklung negativ beeinflussen würde. Ein weiteres Argument, das für einen höheren ID als innerhalb der Herstellerbeziehungen spricht, ist, dass die HUDORA Asia Ltd. für die Qualitätskontrolle bei sämtlichen chinesischen Herstellern verantwortlich ist und damit Veränderungen innerhalb der Kontrollaktivitäten auf alle Herstellerbeziehungen wirken können. COO (COO3, COO4)

Aus einer rein auf die Etablierung von Sicherungsmechanismen bezogenen Sichtweise – also aus Governanceperspektive – scheint sich die Koordination der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase (COO3 und COO4) im Vergleich zur ersten (COO2) nicht sonderlich zu unterscheiden, sodass weiterhin von einer marktlichen Beziehungsausgestaltung m ausgegangen werden kann. Wie bereits angeklungen, kommt es auch innerhalb der Herstellerbeziehungen in t = 3 und t = 4 zum Abschluss eines relativ einfachen Kaufvertrages zwischen HUDORA und dem jeweiligen Hersteller. Hier werden lediglich die groben Eckdaten des konkreten Transfers – Kaufpreis, Bestellmenge, Liefertermin usw. – festgehalten. Auch hier wird in den Anfängen wieder ein Akkreditiv als Zahlungsbedingung vereinbart.241 Der oben beschriebene, relativ komplexe prozessuale Ablauf zur (gemeinsamen) Umsetzung der Produktideen HUDORAs wird jedoch nicht detailliert festgehalten und auch damit verbundene Rechte und Pflichten der Parteien werden nicht vertraglich fixiert. Bspw. werden keine Regelungen bezüglich der Maßnahmen zur Qualitätskontrolle oder der Verhaltensweisen bei unvorhergesehenen Problemen getroffen. Vertragliche Bestandteile, die sich auf Aspekte, die über den Bezug des jeweils betrachteten Produktes hinausgehen – bspw. Absichtserklärungen zur weiteren Zusammenarbeit – 241 Im Zeitverlauf ändern sich die Zahlungsbedingungen insofern, als dass fast alle Hersteller in t = 4 auf Rechnung liefern und HUDORA erst nach dem Wareneingang im deutschen Distributionslager zahlt.

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beziehen, sind überhaupt nicht vorhanden. Anders formuliert, werden hier nur minimale Regelungen bezüglich der fokalen Transaktion und überhaupt keine längerfristig angelegten, die über die konkrete einmalige Transaktion hinausgehen, vertraglich festgehalten, sodass davon ausgegangen werden kann, dass keine relationalen Vertragsbestandteile existieren. Dass hier aus einer reinen Governanceperspektive von einer marktlichen Koordinationsausgestaltung ausgegangen werden kann, bei der ja keine oder kaum Sicherungsmechanismen gegen potentiell opportunistisches Verhalten etabliert werden, lässt sich darüber hinaus anhand der folgenden Beobachtung exemplarisch verdeutlichen: „[Nach Vertragsabschluss und erfolgreicher Nullserienproduktion] bekam ich auf einmal einen Anruf, in dem mir […] [der Geschäftsführer des chinesischen Herstellers] mitteilte, dass es ein paar kleine Schwierigkeiten bei der Produktion gäbe. Das sei aber alles kein großes Problem und würde bestimmt bald gelöst. Da war ich natürlich [aufgrund negativer Erfahrungen, die ähnlich angekündigt wurden] sofort alarmiert und bin direkt dahin gefahren, um zu sehen, was da los ist. Dabei stellte sich heraus, dass zwei Werkzeuge […] [defekt waren und ersetzt werden mussten]. Das Problem war nun, dass dafür wohl nicht genügend Geld da war. Mir saß ja aber […] [der Kunde] im Nacken. Also habe ich gesagt: Ich bezahle euch erst mal die neuen Werkzeuge [im Wert von 100.000 $] und wir verrechnen das dann bei den nächsten Aufträgen. Dafür müsst ihr aber den Liefertermin schaffen. […] Ja, das ist schon ein Risiko. Wenn der [Hersteller] […] ‚einfach vergisst‘, [dass wir vorher sozusagen ein Darlehen gewährt haben,] arbeiten wir zwar nicht mehr mit dem zusammen, aber unser Geld bekommen wir dann nicht wieder. […] Nein, eine vertragliche Absicherung gibt es dabei eigentlich nicht. Das sind ja Ausnahmefälle, bei denen es dann schnell gehen muss. Außerdem ist es ohnehin schwierig, solche Ansprüche dann rechtlich durchzusetzen.“

Wie aus diesem Beispiel ersichtlich wird, kommt es zu überhaupt keinen expliziten eigentumsrechtlichen Regelungen bezüglich der Produktionsanlagen, die von HUDORA (mit-)finanziert und dem Hersteller zur Nutzung überlassen werden. Auch die Rückzahlungsbedingungen werden nicht expliziert. Es ist daher zumindest fraglich, ob HUDORA im Falle einer Beendigung der Beziehung die Herausgabe oder eine entsprechende finanzielle Kompensation effektiv geltend machen könnte. Anders formuliert, kommt es also zu keiner Ausweitung des reinen Kaufvertrages. Aus einer wissensbasierten Perspektive können die Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte jedoch nicht mehr als rein marktlich ausgestaltet angesehen werden. Vielmehr wird schon aus der Betrachtung des prozessualen Ablaufs innerhalb solcher Beziehungen der hybride Charakter der Koordination deutlich. So werden hier bereits anfänglich Strukturen und Mechanismen etabliert, die eine intensive persönliche Interaktion zwischen den Akteuren ermöglichen. Diese Strukturen werden später in t = 4 durch die Etablierung der Workbookpraktik und der Lieferantenkon-

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gresse sozusagen institutionalisiert, wodurch spätestens hier mehrere Mechanismen existieren, die den auch tatsächlich beobachtbaren Austausch implizierter Informationen und Wissenssets ermöglichen. Als weiteres Indiz für den hybriden Charakter der koordinativen Ausgestaltung lässt sich hier die relativ geringe Fluktuation der Hersteller anführen. So nutzt HUDORA in der zweiten Internationalisierungsphase fast ausschließlich bereits zuvor etablierte Herstellerbeziehungen für den Bezug individualisierter Produkte, wobei hier zudem die Transaktionen fast immer innerhalb der gleichen Herstellerbeziehungen stattfinden. Es kommt also offensichtlich zu längerfristig ausgelegten Akteursbeziehungen. Für eine hybride Koordination spricht hier zudem die beobachtete signifikante Reduktion der kognitiven Distanz CD bzw. die Etablierung einer gemeinsamen Identität sowie die Verringerung der intentionalen Unsicherheit I bzw. der Aufbau von Vertrauen, worauf weiter unten in den entsprechenden Abschnitten noch eingegangen wird. Zusammenfassend kann hier somit konstatiert werden, dass die Koordinationsformen der Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte in der zweiten Internationalisierungsphase COO3 und COO4 als hybrid charakterisiert werden können, wobei jedoch die auf Governanceaspekte bezogenen Merkmale eher marktlich zu sein scheinen. Dass die Koordination der chinesischen Niederlassung – also der Beziehung zwischen der HUDORA GmbH und der HUDORA Asia Ltd. – als hierarchisch charakterisiert werden kann, ist offensichtlich, da es sich ja um ein 100 %iges Tochterunternehmen handelt und die in der VR China tätigen Mitarbeiter Arbeitsverträge besitzen und nicht eigenständig agieren. Dennoch lassen sich hier gewisse Aspekte insbesondere aus einer wissensbasierten Perspektive beobachten, die eher einer hybriden Koordination zuzuordnen sind: „Nein, jeden einzelnen Schritt unserer Mitarbeiter [in China] können wir ja gar nicht kontrollieren, und das wollen wir ja auch gar nicht. Wir versuchen ja [durch die extensiven Schulungen] unsere Mitarbeiter so auszubilden, dass sie ihre Kontrollaufgaben möglichst eigenständig wahrnehmen. […] Darum geht es ja gerade. Die [Mitarbeiter] sollen ja eigenständig entscheiden können, zu […] [welchem Hersteller] sie wann gehen, da sie ja auch viel besser einschätzen können, wann und wo das nötig ist. Wenn wir das hier von Deutschland aus alles detailliert vorgeben müssten, dann könnten wir das ja auch selbst machen. […] Ja, man kann schon sagen, dass die [Mitarbeiter] da [also bezüglich der ihnen zugewiesenen Aufgaben] eigenständig entscheiden sollen. […] Wir bezahlen unsere chinesischen Mitarbeiter sehr gut und machen [ihnen] auch relativ wenige Vorgaben. Das Einzige, was wir aber jedem direkt ganz klar machen, ist, dass wir keine Korruption dulden. […] So ein Hersteller versucht z. B. vielleicht einen [unserer Mitarbeiter] zu bestechen, wenn es da Qualitätsprobleme

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gibt, damit […] [der Mitarbeiter] das dann nicht an uns weitergibt. So etwas geht natürlich nicht [und würde nachher große Probleme für uns verursachen]. Deshalb sagen wir unseren Mitarbeitern schon immer sehr deutlich, dass es eben diese eine goldene Regel gibt, und wer sich bestechen lässt und wir davon erfahren, sofort […] [entlassen wird].“

Aus dem zitierten Gesprächsausschnitt wird deutlich, dass die Verhaltenskontrolle der chinesischen Mitarbeiter durch HUDORA nicht besonders stark ausgeprägt ist und auch hierarchisch legitimierte Anweisungen i. d. R. unterbleiben. Vielmehr scheint HUDORA großen Wert auf eigenständiges Verhalten seiner Mitarbeiter zu legen und vor allem nur in sehr begrenztem Ausmaß auf extrinsische Motivation – ein überdurchschnittliches Gehalt verbunden mit der Entlassungsandrohung bei korruptem Verhalten – zu bauen. Vielmehr scheint HUDORA diesbezüglich vornehmlich auf intrinsische Motivationsaspekte zu setzten und diese gezielt zu fördern, was noch in den folgenden Abschnitten, die der kognitiven Distanz CD und der intentionalen Unsicherheit I gewidmet sind, herausgestellt wird. Zusammenfassend lässt sich also die Koordination der HUDORA Asia Ltd. aus Governanceperspektive als hierarchisch ausgestaltet ansehen, wobei sich hier auch einige hybride Aspekte, die eher einer wissensbasierten Perspektive zuzuordnen sind, beobachten lassen. CD (CD3, CD4, ∆CD, α4(∆CD))

Die Beobachtungen der Fallstudie legen nahe, dass es zu einer Reduktion der kognitiven Distanz im Zeitverlauf zwischen der ersten und der zweiten Internationalisierungsphase kommt (∆CD = (CD2 – CD3) > 0). Bereits durch die Tradergeschäfte in t = 1 und zu einem stärkeren Maße durch die direkten Herstellerbeziehungen zum Bezug standardisierter Produkte in t = 2 sammelt HUDORA im Zeitverlauf direkte Erfahrungen mit chinesischen Akteuren und auf dem chinesischen Markt im Allgemeinen. In der obigen Darstellung der Fallstudie wurde diesbezüglich bereits darauf hingewiesen, dass diese Erfahrungen wesentlich dazu beigetragen haben, dass HUDORA sich zu Beginn der zweiten Internationalisierungsphase dazu entschließt, mit denjenigen Herstellern, von denen das Unternehmen bereits standardisierte Produkte bezog, nunmehr auch eigene Produktideen umzusetzen. Dabei wurde herausgestellt, dass die in t = 2 gesammelten Erfahrungen dazu geführt haben, dass HUDORA zum einen die Fähigkeiten eines Herstellers besser einschätzen konnte – also ob diese komplementär zu den Anforderungen HUDORAs sind – und zum anderen die erfolgskritischen Aspekte für das Chinageschäft insbesondere im Bezug auf die Sicherstellung der Produkt- und Prozessqualität kennen lernte. „Es hat sich da [innerhalb der einzelnen Transaktionen mit unterschiedlichen Herstellern zum Bezug standardisierter Produkte] immer klarer herauskristallisiert,

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mit wem wir auch unsere eigenen Produkte umsetzen können […], also wer das überhaupt kann. […] [Außerdem haben wir] ja auch im Zeitverlauf gelernt, worauf es ankommt, also worauf man da ganz besonders achten muss. Ja, natürlich, immer wenn es da Probleme mit der Qualität gab, habe ich ja daraus gelernt, worauf man das nächste Mal achten muss. Zu Anfang wären mir da ja manche Sachen überhaupt nicht in den Sinn gekommen […], also dass jemand überhaupt auf so eine Idee kommt. […] Ja, also dass man z. B. die Kugellager auf […] einen Dorn steckt und dann nach Gehör prüft, wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Das kann ja auch eigentlich gar nicht funktionieren. Als ich das dann da [in der Produktionsstätte eines Herstellers] gesehen habe, war mir auch klar, warum es da immer Qualitätsprobleme mit den Kugellagern gab.“

Unter Rekurs auf die Diskussion des Konzeptes der kognitiven Distanz kann hier zudem angemerkt werden, dass die postulierte Reduktion von CD2 auf CD3 vornehmlich aus einer Verschiebung der kognitiven Position HUDORAs resultiert, es sich also aus Sicht der chinesischen Hersteller sozusagen um eine passive Reduktion der CD handelt. In dieser Phase scheint sich vor allem HUDORA an die Gegebenheiten und Praktiken in der VR China anzupassen. Als Begründung kann angeführt werden, dass ein einzelner Hersteller in t = 2 zwar gemeinsame Erfahrungen mit HUDORA sammelt, diese jedoch nicht besonders intensiv sind. HUDORA sammelt hingegen solche Erfahrungen mit mehreren Herstellern im gleichen Zeitraum, sodass sich die Erfahrungen aus den einzelnen Herstellerbeziehungen aufkumulieren. Als weiteres Indiz für die hier konstatierte Reduktion der CD kann der signifikante Anstieg des Spezifitätsgrades von A2 auf A3 angesehen werden. Im obigen Abschnitt, der sich auf den Interdependenzgrad bezog, wurde zwar bereits konstatiert, dass der beobachtbare Anstieg von ID2 auf ID3 einen höheren Spezifitätsgrad notwendig macht, jedoch wäre ein solcher wohl äußerst problematisch, wenn weiterhin ein sehr großer kognitiver Distanzgrad CD3 vorherrschen würde. Im Formalmodell wurde dies anhand der Diskussion bezüglich der Gleichung (10.3) verdeutlicht. Dort wurde herausgestellt, dass der Einfluss von CD auf den Parameter α den von ID dominiert, also bei einer sehr großen CD auch ein entsprechend größerer ID nicht zu einem signifikanten Anstieg von A führen sollte. Des Weiteren wurde anhand der Gleichung (12.4) herausgestellt, dass es bei einer großen CD zu einem sehr steilen Anstieg der Koordinations- bzw. Managementkosten M durch Erhöhungen von ID und A kommt. Anders formuliert, sprechen beide Aspekte dafür, dass bei einer großen kognitiven Distanz CD3 ein Einsatz signifikanter Spezifitätsgrade A3 relativ unvorteilhaft ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine anfänglich hohe CD2 signifikant auf CD3 reduziert werden muss, damit ein signifikanter Anstieg von A2 auf A3 überhaupt profitsteigernd wirken kann. In der Fallstudie lässt sich dieser Sachverhalt aus den Beobachtungen des prozessualen Ablaufs zur Umset-

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

zung von Produktideen HUDORAs ableiten. Dort wurde herausgestellt, dass hier intensive persönliche Interaktionen zum Transfer impliziter Wissenssets notwendig sind. Es scheint dabei offensichtlich, dass ein erfolgreicher Transfer dieser Wissenssets eine hinreichend geringe kognitive Distanz erfordert, damit der jeweilige Hersteller überhaupt versteht, was von ihm gefordert ist. So muss bspw. HUDORA in der Lage sein, kritische Elemente dieser Wissenssets im Bezug auf den jeweiligen Hersteller überhaupt zu identifizieren und verstehen, wie diese Elemente zu „artikulieren“ sind, damit der Hersteller sie auch absorbieren kann und es hier nicht zu Missverständnissen kommt. Besonders deutlich wird dies innerhalb der Ausführungen, die sich auf die Qualitätsaspekte beziehen. Hier scheint es weniger ein Problem zu sein, bestimmte Qualitätskriterien zu artikulieren, sondern vielmehr dem Hersteller die dahinterstehende Bedeutung für das Geschäft HUDORAs zu verdeutlichen. Anders formuliert, scheint der Bezug individualisierter Produkte erst dadurch ermöglicht zu werden, dass HUDORA sich der (kulturellen) Bedeutungsunterschiede des Qualitätsbegriffs zwischen Deutschland und China bewusst wird (Tang / Reisch 1995). Die Realisierung eines Mehrwertes durch den Einsatz spezifischer Ressourcen A wird also erst durch die vorhergehende Reduktion der kognitiven Distanz CD bzw. die Verschiebung der kognitiven Position HUDORAs ermöglicht. Innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase lässt sich im Zeitverlauf eine weitere und womöglich signifikantere Reduktion der kognitiven Distanz (∆CD = CD3 – CD4 > 0) innerhalb derjenigen Herstellerbeziehungen feststellen, die auch längerfristig Bestand haben. Der obigen Diskussion folgend und unter Rekurs auf das Formalmodell, war dies eigentlich auch nicht anders zu erwarten, da es durch die Zusammenarbeit von HUDORA mit den Herstellern zur Umsetzung eigener Produktideen zu intensiven persönlichen Interaktionen und damit einhergehenden gemeinsamen Erfahrungen kommt. So wiesen die Gesprächspartner von HUDORA explizit darauf hin, dass es bei den Herstellern, mit denen das Unternehmen bereits seit längerem zusammenarbeitet, zu deutlich sichtbaren Produktivitätssteigerungen kommt, die auf eine effizientere Zusammenarbeit zurückzuführen sind: „[W]ir merken da schon deutlich, dass die Produktivität immer weiter zunimmt. […] Die [jeweiligen chinesischen Hersteller] verstehen ja mit der Zeit immer besser, worauf sie achten müssen. Z. B. brauchen wir ja für die meisten Produkte ein GS- oder TÜV-Prüfsiegel, und dafür müssen dann Anforderungen [an das Produkt – bspw. die Einhaltung bestimmter DIN-ISO-Normen –] erfüllt werden, mit denen die [chinesischen Hersteller] manchmal noch nicht so vertraut sind. Vor allem haben wir hier aber gelernt, dass es wichtig ist […], [den Herstellern] klarzumachen, was überhaupt [hinter diesen Qualitätsanforderungen] steckt. […] Das hat schon eine Zeit gedauert, bis ein Hersteller verstanden hat, warum das überhaupt wichtig ist, und dass er ja auch etwas davon hat, wenn er […] [seine Prozesse] so [organisiert und] optimiert, dass er diese Anforderungen auch erfüllt. Zu

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Anfang dachte ich manchmal, die [Hersteller] sehen das als eine Art Sport, also ‚wie bekomme ich das jetzt hin, dass die bei der Kontrolle nicht merken, dass da was nicht stimmt‘. Die haben also nicht verstanden, dass die [Qualitäts-]Kontrolle kein Selbstzweck ist. […] Ja, bspw. funktioniert das mit Hierarch mittlerweile sehr gut. Bei meinem letzten Besuch hat mir Jeffrey [der Eigentümer] ganz stolz seine […] [Geräte zur Qualitätskontrolle für Kunststoffprodukte] gezeigt, die er sich selbst zugelegt hat. […] Damit kann er jetzt die gleichen Kontrollen durchführen, die der TÜV auch macht. […] Ja, der hat mittlerweile verstanden, dass er da auch selbst etwas von hat, wenn er in die Qualitätssicherung investiert […] auch für andere Kunden […].

Die zitierte Gesprächspassage verweist dabei auch noch auf einen weiteren interessanten Aspekt. Und zwar scheint sich durch die intensive Zusammenarbeit – wie bereits bei der Veränderung von CD2 auf CD3 – die kognitive Position HUDORAs zu verschieben. Darüber hinaus ist hier nun aber zudem eine entsprechende Verschiebung der kognitiven Position des jeweiligen Herstellers zu beobachten, die zusätzlich zur Reduktion von CD3 auf CD4 beiträgt. Die Hersteller scheinen durch die Zusammenarbeit das Qualitätsverständnis HUDORAs in zunehmendem Maße zu begreifen und dieses sogar selbst zu übernehmen. So investiert bspw. der Eigner von Hierarch eigenständig in seine Qualitätssicherungsausrüstung, da er sich dadurch einen Vorteil auch im Hinblick auf andere (westliche) Kunden verspricht. Innerhalb der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase lässt sich zudem der im Formalmodell postulierte Einfluss der Koordinationsform auf die Möglichkeit einer Reduktion der kognitiven Distanz beobachten (Gleichungen (15.3) bis (15.5) und (17.3) sowie (17.4)). Dort wurde herausgestellt, dass eine hybride Koordination h ein wesentlich größeres Potential aufweist, die kognitive Distanz im Zeitverlauf zu reduzieren als die marktliche m. In der Diskussion der Fallstudie wurde nun konstatiert, dass die indirekten und direkten Herstellerbeziehungen in der ersten Internationalisierungsphase auch aus einer wissensbasierten Perspektive vornehmlich marktlich koordiniert werden und es in dieser Phase zu keiner besonders großen Reduktion der kognitiven Distanz kommt. Die Koordination der Herstellerbeziehungen in der zweiten Phase der Internationalisierung lässt sich hingegen eher als hybrid kennzeichnen. Den Aussagen des Formalmodells entsprechend ist hier dann auch eine wesentlich größere Reduktion der kognitiven Distanz zu beobachten. Hier könnte eingewendet werden, dass sich diese Reduktion der CD auf andere Effekte und dabei insbesondere den erhöhten Einsatz spezifischer Ressourcen A3 und A4 zurückführen lässt und folglich nicht mit der Koordinationsformenwahl zusammenhängen muss. Der erste Teil dieser Argumentation wurde oben bereits angesprochen und bestätigt. Dennoch kann

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hier zudem von dem propagierten Einfluss der Koordinationsform COO ausgegangen werden, was sich wie folgt verdeutlichen lässt. HUDORA versucht – ob bewusst oder unbewusst – innerhalb der Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte eine Art Identifikation der Hersteller mit dem Geschäft HUDORAs bzw. zu einem gewissen Maße eine gemeinsame Identität zu etablieren, was ja in Anlehnung an das Formalmodell einer Reduktion der CD entspricht: „[Zu Beginn der Zusammenarbeit mit einem Hersteller zur Umsetzung eigener Produktideen] laden wir […] [den Geschäftsführer oder Verantwortlichen des Herstellers] nach Deutschland ein. Wir bezahlen den Flug, Hotel usw. und wenn dann bei […] [einem großen deutschen Discounter] der Verkaufsstart für die Inline-Skates [oder andere Produkte] ist, gehen wir da gemeinsam […] [in ein Verkaufslokal]. Wir schauen uns dann zusammen an, wie die Kunden in den Laden kommen und unsere Produkte in ihren Einkaufswagen legen […]. Ich sage dann immer: ‚Das haben wir gemeinsam geschafft. Darauf können wir stolz sein.‘ Dann gehen wir meist abends gemeinsam gut essen und stoßen auf das gute Geschäft an. Ich sage dann aber auch immer: ‚Heute können wir feiern, dass haben wir uns verdient. Aber morgen geht es wieder weiter, da müssen wir wieder etwas gemeinsam bewegen‘.“

Wie aus der zitierten Gesprächspassage deutlich wird, scheint diese Initiative darauf abzuzielen, Empathie und / oder Identifikation des jeweiligen Herstellers mit HUDORA und dessen Geschäft herzustellen; der Verkauf des Produktes wird als Erreichen eines gemeinsamen Ziels dargestellt. Für die einzelne Transaktion mit dem Hersteller wäre diese Maßnahme hingegen nicht notwendig.242 Dass es tatsächlich zum Aufbau von Empathie oder gar einer gemeinsamen Identität kommt, lässt sich anhand der Fallstudie nicht hinreichend belegen. Dafür spricht aber bspw. das beobachtete Phänomen, dass Hersteller mit Produktideen an HUDORA herantreten, die dann auch häufig erfolgreich umgesetzt werden. Dies scheint nur möglich, wenn die Hersteller das Geschäft HUDORAs auch verstehen, da sie nur so in der Lage sind einzuschätzen, welche Produkte für HUDORA überhaupt interessant sein könnten.243 Zusammenfassend legen die obigen Aussagen nahe, dass es in der zweiten Internationalisierungsphase zu einer signifikanten Reduktion der kognitiven Distanz ∆CD = CD3 – CD4 > 0 kommt. Damit lässt sich dann auch 242 Hieraus entstehen offensichtlich auch Implikationen für die Etablierung einer intrinsischen Motivationsgrundlage und damit für den Aufbau von Vertrauen innerhalb der Herstellerbeziehungen, worauf im folgenden Abschnitt noch eingegangen wird. 243 Auch hier existiert offensichtlich ein motivationaler Aspekt, auf den im folgenden Abschnitt eingegangen wird.

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der beobachtbare Anstieg des Spezifitätsgrades von A3 auf A4 durch die Etablierung der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse im Einklang mit dem Formalmodell erklären. Durch die weitere Reduktion von CD bzw. durch die intensiven persönlichen Erfahrungen mit den Herstellern ist HUDORA in der Lage, erfolgskritische Aspekte und Verbesserungspotentiale innerhalb der Herstellerbeziehungen zu erkennen und vor allem so zu verallgemeinern sowie zu artikulieren, dass diese durch die Workbookpraktik und die Lieferantenkongresse effektiv angegangen werden können. Anders formuliert, führt die Reduktion auf CD4 erst dazu, dass dem signifikanten Aufwand aufgrund der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse ein Ertrag in Form von Effizienzsteigerungen entgegensteht. Hier ist jedoch zu betonen, dass eine gewisse kognitive Distanz zwischen HUDORA und den chinesischen Herstellern bestehen zu bleiben scheint, sich die jeweiligen kognitiven Positionen also weiterhin deutlich unterscheiden. Diese Vermutung liegt nahe, da die chinesischen Hersteller weiterhin auch für andere (westliche und chinesische) Kunden produzieren und daher auch mit anderen Akteuren als HUDORA Erfahrungen sammeln. Für das Bestehenbleiben einer gewissen kognitiven Distanz zwischen Herstellern und HUDORA spricht vor allem die Beobachtung, dass die Hersteller mit neuen Produktideen, die sie in anderen Kontexten generieren konnten, an HUDORA herantreten. Insgesamt kommt es wohl weniger zu einer permanenten Verschiebung oder Angleichung der kognitiven Positionen HUDORAs und der Hersteller. Vielmehr scheint die beobachtete Reduktion der CD eine Überbrückung der kognitiven Distanz in den relevanten Bereichen darzustellen (Kap. B. II. 5. b) und E. I. 1. c)). Ein weiterer Aspekt, der für eine signifikante Reduktion der kognitiven Distanz zwischen HUDORA und chinesischen Akteuren im Allgemeinen zwischen t = 1 und t = 4 spricht, ist der Fakt, dass die chinesische Niederlassung HUDORAs – in der ja ausschließlich chinesische Mitarbeiter beschäftigt sind – erst in t = 4 gegründet wird. Die bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Erfahrungen HUDORAs auf dem chinesischen Markt und insbesondere mit den chinesischen Herstellern führen erst zu der Idee, chinesische Mitarbeiter direkt vor Ort für Kontrollaufgaben einzusetzen. Auch hier ist also wieder eine Reduktion der kognitiven Distanz Voraussetzung, die vornehmlich aus der vormaligen Verschiebung der kognitiven Position HUDORAs resultiert. Diese Beobachtung entspricht damit auch insofern den Aussagen des Formalmodells, als dass anhand der Gleichung (12.4) argumentiert wurde, dass eine Vergrößerung der kognitiven Distanz den größten Anstieg der Managementkosten M bei hierarchischer Koordination i verursacht, was bedeutet, dass bei einer sehr großen CD eine hierarchische Koordination i relativ unvorteilhaft ist. Dies entspricht den Beobachtungen der Fallstudie, da es hier erst in t = 4 – also bereits nach einer relativ sig-

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nifikanten Verschiebung der kognitiven Position HUDORAs – zur Etablierung der hierarchisch koordinierten Niederlassung kommt. Innerhalb der Beziehung HUDORAs zu der chinesischen Niederlassung bzw. zu den dort beschäftigten Mitarbeitern scheint der extensive Einsatz spezifischer Ressourcen bzw. Transfer spezifischer Wissenssets an die chinesische Niederlassung zu einer weiteren Reduktion der CD zu führen, wobei diese nunmehr auch durch eine Verschiebung der kognitiven Positionen der chinesischen Mitarbeiter zustande kommt. „Unsere chinesischen Mitarbeiter haben schon relativ schnell verstanden, worum es uns geht […] [und auch] verinnerlicht, was wir erwarten. Wir haben die [Mitarbeiter] ja auch sehr intensiv geschult und das machen wir ja auch kontinuierlich immer wieder. […] Wir stehen da schon in intensivem regelmäßigen Kontakt mit unseren Mitarbeitern in China. […] Ja, der Kontakt [mit unseren chinesischen Mitarbeitern] ist schon wesentlich intensiver [als mit einem Hersteller].“

Interessant ist hier aber vor allem der Einfluss, den die gewählte Koordinationsform – die ja bereits als hierarchisch mit hybriden Elementen identifiziert wurde – auf die kognitive Distanz CD bzw. deren Reduktionspotential ausübt. Diesbezüglich wurde im Formalmodell konstatiert, dass die Hierarchie die relativ größte Reduktion der kognitiven Distanz im Vergleich der Koordinationsformen untereinander ermöglicht (Gleichungen (15.3) bis (15.5) und (17.3)). In der diesbezüglichen Diskussion wurde argumentiert, dass dies der Fall ist, da die Hierarchie am besten geeignet ist, eine gemeinsame Identität der Akteure zu schaffen, da hier der größte Raum für gemeinsame Erfahrungen geboten wird, weil hier auch Interaktionen notwendig oder möglich sind, die nicht direkt in Verbindung mit der fokalen Transaktion stehen und weil zudem weniger Interaktionen mit externen Akteuren stattfinden. Diese Argumentation scheint dabei genau den Beobachtungen aus der Fallstudie zu entsprechen: „Loyalität ist uns [bei unseren chinesischen Mitarbeitern] sehr wichtig. Schließlich sollen die ja eigenständig unsere Hersteller kontrollieren. Deshalb müssen wir uns schon sicher sein, dass das auch alles korrekt abläuft. […] Ja, das ist eben der Vorteil eines Familienunternehmens. Wir tun da schon einiges dafür […] [unsere chinesischen Mitarbeiter] sollen ja das Gefühl bekommen, mit dazuzugehören. Z. B. feiern wir ja meinen und […] [den] Geburtstag [meiner Frau] häufig in Hongkong. Da laden wir dann alle Mitarbeiter in ein schönes Restaurant ein und feiern gemeinsam. […] Ja, das ist schon aufwendig, gerade für […] [meine Frau], die ja dann extra nach Hongkong kommt. Ich glaube aber, das ist sehr wichtig, damit unsere Mitarbeiter auch sehen, dass sie dazugehören und wir uns für sie interessieren. […] Normalerweise kündigen ja […] [Angestellte in China] relativ schnell, das ist aber bei uns nicht so. Ich glaube schon, dass die sich sehr wohl bei uns fühlen. Dafür ist es dann aber auch wichtig, dass man dafür etwas tut und sich auch für den

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Menschen interessiert. Bspw. wurde […] [einem unserer Mitarbeiter] neulich sein Notebook aus dem Auto geklaut. Also, das war sein privates Notebook. Wir sind dann hingegangen und haben ihm das Notebook ersetzt. […] Nein, das muss man natürlich nicht machen, aber ich glaube, solche Sachen sind wichtig, und bisher haben wir da glaube ich auch immer etwas zurückbekommen. […] Neulich hat z. B. ein Mitarbeiter, der von Anfang an dabei war, gekündigt […] [weil] seine Frau […] ein Kind erwartet [hat] und der ja bei uns immer in ganz China unterwegs war. Das wollten die dann nicht mehr und das kann ich ja auch verstehen. Ich hab dann aber noch einen persönlichen Brief von dem [Mitarbeiter] bekommen, indem er sich bedankt hat, für alles, was er bei uns gelernt hat […] [usw.]. […] Der hatte wirklich das Bedürfnis, mir zu sagen, wie schade er das findet, dass er bei uns aufhört.“

HUDORA ist es offensichtlich wichtig, dass sich die Mitarbeiter der chinesischen Niederlassung mit dem Unternehmen identifizieren und dass dies wohl auch zu gelingen scheint. Außerdem handelt es sich bei den zitierten Begebenheiten um Handlungen HUDORAs, die nicht unbedingt notwendig sind und nicht in direktem Zusammenhang mit den Koordinationsanforderungen zur eigentlichen Aufgabenerfüllung stehen. I (∆I, G(I); ∆I(A, CD, COO))

Im Gegensatz zur ersten Internationalisierungsphase HUDORAs ist innerhalb der zweiten eine signifikante Reduktion der intentionalen Unsicherheit I bzw. ein Aufbau von Vertrauen zwischen HUDORA und einigen Herstellern zu beobachten, mit denen HUDORA längere Zeit zusammenarbeitet (∆I = (I3 – I4) > 0).244 Exemplarisch verdeutlichen lässt sich dies anhand der folgenden Begebenheit innerhalb der Beziehung mit Hierarch, bei der eine große Charge Inline-Skates nach den Spezifikationen HUDORAs für einen großen deutschen Discounter gefertigt wurde: „Vertrauen ist da schon sehr wichtig. […] Da hatten wir einen großen Auftrag von […] [einem deutschen Discounter], und diese Aufträge sind schon sehr kritisch für uns […], da muss man unbedingt den Liefertermin einhalten, und deshalb kontrollieren wir dabei auch täglich die aktuellen Produktionszahlen. Plötzlich gab es dann bei uns Alarm. Da hat ein Mitarbeiter festgestellt, dass […] [der Hersteller Hierarch] mit 50.000 Stück im Rückstand ist. Das sind immerhin 20 Arbeitstage […] [daher habe ich mir große Sorgen gemacht]. Ich bin dann direkt am nächsten 244 Diesbezüglich ist hier jedoch anzumerken, dass aus der Fallstudie nicht klar hervorgeht, ob bestimmte Vorkommnisse und Effekte, die der ersten Internationalisierungsphase zuzuordnen sind, bereits zu einem Aufbau von Vertrauen beitragen. Dies scheint aber zumindest wahrscheinlich. Bspw. finden in t = 2 erste direkte Interaktionen mit chinesischen Herstellern statt, die es HUDORA ermöglichten, Handlungen und Verhalten der Hersteller zu beobachten und auf Basis dessen eine intentionale Einschätzung vorzunehmen. Zur Vereinfachung sollen diese Aspekte hier jedoch der zweiten Internationalisierungsphase zugeordnet werden.

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Tag nach Hongkong geflogen und vom Flughafen direkt mit dem Taxi nach Shenzhen [zum Produktionsstandort von Hierarch] gefahren und da direkt in die Fabrik marschiert. Ich wollte ja mit denen reden und herausfinden, was da bei der Produktion schiefläuft. Da war Jeffrey [der Eigentümer von Hierarch] aber sauer. Er hat mir gesagt, dass wir nicht über die Produktion sprechen können. Ich hab ihm dann erklärt, dass […] [ich mir große Sorgen aufgrund] des Produktionsrückstands mache und er hat erwidert: ‚Ich verspreche dir, wenn wir das nicht aufholen, dann schicke ich dir die Sachen per Luftfracht.‘ Da habe ich ihm gesagt, dass das doch viel zu teuer ist, worauf er entgegnete: ‚Du kennst mich doch. Wenn ich dir sage, ich schaffe das, dann kannst du dich auf mich doch verlassen.‘ Ich bin dann also wieder gefahren, weil ich ja gemerkt habe, dass das nichts bringt. Und Jeffrey war immer noch sauer. Er hat mir dann gesagt: ‚[…] Warum hast du kein Vertrauen? Du hast mich einfach überfallen!‘ […] Am Ende hat dann auch tatsächlich alles noch geklappt. […] Ja, mittlerweile mache ich das auch nicht mehr. Wenn es da [vermeintliche] Probleme gibt, dann rufe ich Jeffrey an, und wenn er mir sagt, dass er das schafft, dann glaube ich das auch, und bisher hat er mich auch nicht enttäuscht.“

Anhand des zitierten Beispiels wird deutlich, dass es innerhalb von Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte zwischen t = 3 und t = 4 zum Aufbau von Vertrauen kommt. Darüber hinaus lässt sich auch ableiten, dass Vertrauen hier, der formalen Diskussion entsprechend, einerseits als Substitut formaler Sicherungsmechanismen und andererseits als Kontrollkomplement fungiert. Im Formalmodell wurde anhand der Gleichungen (6) und (7) argumentiert, dass eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit I dazu führt, dass die Koordinations- bzw. Governancekosten G bei konstantem A sinken, wobei dieser Effekt am relativ stärksten bei einer marktlichen Koordination ausfällt. In der obigen Diskussion der beobachtbaren Koordinationsformen in der Fallstudie wurde nun herausgestellt, dass die Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte aus einer reinen Governanceperspektive nach wie vor als marktlich ausgestaltet angesehen werden können, da hier nur minimale Absicherungsmechanismen etabliert werden. Dies war insofern verwunderlich, da ja auch festgestellt wurde, dass relativ hohe Spezifitätsgrade A3 und A4 innerhalb dieser Beziehungen eingesetzt werden, die ein signifikantes Hold-up-Problem begründen. Auch dies wird aus der oben zitierten Gesprächspassage deutlich. Ein Ausfall oder eine nicht fristgerechte Lieferung von Hierarch hätte gravierende negative Konsequenzen für HUDORA bedeutet, da aufgrund der bereits eingesetzten signifikanten Spezifitätsgrade ein Herstellerwechsel zur Fristeinhaltung wahrscheinlich unmöglich gewesen wäre: „Ja, bei solchen Beziehungen [innerhalb derer Produktideen HUDORAs gemeinsam mit einem Hersteller umgesetzt werden, die das Kerngeschäft betreffen] ist […] [ein vertrauensvolles Verhältnis] also dass man sich gegenseitig hilft, wenn es Probleme gibt, viel wichtiger. Wenn da etwas passiert und ich kann den Liefertermin bei […] [einem großen deutschen Discounter] nicht einhalten, dann

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bekommen wir da auch keine Aufträge mehr. Bei dem Umsatzvolumen wäre so was schon sehr kritisch [bzw. existenzgefährdend]. […] Das Problem ist dabei, dass es so schnell unmöglich ist, das Produkt dann von einem anderen Hersteller […] [produzieren zu lassen]. Mit diesem müssten wir ja erst wieder Muster und Nullserien usw. machen, also im Prinzip wieder von vorne anfangen. […]“

Die offensichtlich fehlenden formalen Absicherungsmechanismen werden hier also durch Vertrauen substituiert, das eine effiziente gemeinsame Adaption ermöglicht. Letztendlich scheint so analog zum Formalmodell erklärbar, warum HUDORA trotz relativ hoher Spezifitätsgrade in der zweiten Internationalisierungsphase aus Governanceperspektive marktlich koordiniert: Die variablen Governancekosten G können durch die Reduktion der intentionalen Unsicherheit I bei der marktlichen Koordination so weit abgesenkt werden, dass diese Koordinationsform trotz signifikanter Spezifitätsgrade A vorteilhafter ist als Modi, die mehr formale Sicherungsmechanismen bereitstellen, jedoch auch höhere Fixkosten β verursachen. Vertrauen stellt hier aber eben auch ein Komplement zur Kontrolle der Hersteller dar, wobei sich diese ergänzende Beziehung eher auf den Aufbau von Vertrauen ∆I bezieht. Aus dem obigen Beispiel sowie den vorangegangenen Beobachtungen bezüglich der Qualitätskontrollaktivitäten HUDORAs geht nämlich auch hervor, dass es selbst innerhalb vertrauensvoller Herstellerbeziehungen zu keiner signifikanten Reduktion der Kontrollaktivitäten zur Sicherstellung der Produktqualität kommt. Hierbei geht es jedoch offensichtlich weniger um eine Verhaltenskontrolle aufgrund intentionaler Unsicherheit. Vielmehr scheint sich diese Kontrolle auf die Unsicherheit bezüglich der Fähigkeiten eines Herstellers zu beziehen. Deutlich wird dies aus der folgenden Gesprächspassage: „Kontrolle ist da unwahrscheinlich wichtig, weil wir ja sonst nachher die Probleme bekommen. Wir sind ja als Importeur haftbar. Wir versuchen dabei unseren Lieferanten aber immer klarzumachen, dass es dabei ja nicht darum geht, dass wir sie an den Pranger stellen wollen. […] Wir versuchen da ja immer ehrlich zu sein und die Probleme offen anzusprechen. Uns geht es ja in erster Linie darum, die Probleme gemeinsam zu lösen. Das funktioniert aber nur, wenn die [Lieferanten] nicht versuchen etwas zu vertuschen. Dann geben wir ja auch immer Hilfestellung, und das verstehen die [Lieferanten] ja auch mittlerweile. […] Mittlerweile melden sich die Lieferanten ja auch meistens freiwillig von alleine, wenn es Probleme gibt.“

Die zitierte Passage verweist also auf die komplementäre Beziehung zwischen Kontrolle und Vertrauen und entspricht damit der Diskussion innerhalb des Formalmodells bezüglich der Gleichung (17.4). Dort wurde u. a. herausgestellt, dass eine große kognitive Distanz CD negativ auf die Möglichkeit wirkt, Vertrauen aufzubauen (∂∆I / ∂CD < 0). Als Begründung wurde hier angeführt, dass eine große CD dazu führt, dass der fokale Akteur die

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Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Fähigkeiten des Beziehungspartners schwer einschätzen kann bzw. bei auftretenden Problemen nur schlecht einschätzen kann, ob diese aus den mangelnden Fähigkeiten des Partners oder aus dessen opportunistischem Verhalten resultieren. Folglich kann es dann zu Fehleinschätzungen kommen, die den Vertrauensaufbau unterminieren können, da so bspw. die Ursache eines Problems in opportunistischem Verhalten des Beziehungspartners gesehen wird, obwohl tatsächlich dessen (mangelnde) Fähigkeiten zu dem Problem führten. Besteht eine relativ große kognitive Distanz, könnte bspw. ein Beziehungspartner versuchen, einen Fähigkeitenmangel unmittelbar und offen zu kommunizieren, und / oder aber der fokale Akteur probieren, die Fähigkeiten des anderen vorab besser einzuschätzen, um die dargestellte Fehlattribution zu vermeiden. Genau dies ist innerhalb der Herstellerbeziehungen HUDORAs offensichtlich beobachtbar. So wird aus den oben zitierten Gesprächspassagen deutlich, dass die Qualitätskontrollaktivitäten gerade nicht aufgrund mangelnden Vertrauens in die Intentionen eines Herstellers durchgeführt werden, sondern vielmehr die Basis für einen Vertrauensaufbau darstellen, da so nicht durch opportunistisches Verhalten motivierte Probleme auch als solche wahrgenommen werden können. Zumindest implizit geht hier zudem hervor, dass diese Kontrollaktivitäten zur Reduktion der kognitiven Distanz CD beitragen, was dann wiederum positiv auf die Möglichkeit wirkt, Vertrauen aufzubauen. So verstehen bspw. die Hersteller mit der Zeit HUDORAs Motivation für die Kontrollaktivitäten – sie wenden sich proaktiv an HUDORA bei aufkommenden Problemen – und scheinen damit zum Aufbau von Vertrauen beizutragen. Deutlicher wird der allgemeine positive Einfluss einer Reduktion der CD auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus ∆I. „Vertrauen ist ja eine ziemlich komplizierte Sache. Das [– der Aufbau von Vertrauen –] funktioniert ja auch nur, wenn man sich schon länger kennt. Zu Jeffrey [dem Eigentümer von Hierarch] habe ich z. B. mittlerweile schon ein vertrauensvolles Verhältnis. Mit dem arbeiten wir ja aber auch schon sehr lange zusammen. Da lernt man sich natürlich auch besser kennen und weiß in etwa, wie der andere tickt. Da kann man dann auch viele Sachen auf Zuruf regeln, weil man weiß, dass der andere schon versteht, was man meint, und man sich dann auch auf den verlassen kann. […] Nein, auf alles verlassen kann man sich natürlich nicht, aber ich weiß […] [bei welchen Dingen] ich mich auf Jeffrey verlassen kann und wobei vielleicht nicht.“

Wie aus dem Gesprächszitat deutlich wird, sind es also gerade die gemeinsamen Erfahrungen und das daraus resultierende bessere Verständnis des jeweils anderen, die den Aufbau von Vertrauen ermöglichen. Anders formuliert, scheint gerade die Annäherung der kognitiven Positionen der beiden Akteure bzw. die Reduktion der kognitiven Distanz den Vertrauensaufbau zu ermöglichen.

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In der Diskussion anhand der Gleichung (17.4) wurde zudem argumentiert, dass die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus positiv vom Einsatz spezifischer Ressourcen beeinflusst wird (∂∆I / ∂A > 0), da der Einsatz von A für den Beziehungspartner einen potentiellen Opportunismusanreiz darstellt. Agiert dieser nun trotz des Anreizes und fehlender adäquater Sicherungsmechanismen nicht opportunistisch, so kann dies für den fokalen Akteur als Indiz für vertrauensvolles Verhalten des Partners gewertet werden. Auch dieser Effekt ist innerhalb der Fallstudie deutlich zu beobachten. So nutzt bspw. Hierarch die Produktionsprobleme und das daraus resultierende potentielle Hold-up-Problem für HUDORA nicht opportunistisch – z. B. durch nachträgliche Preisverhandlungen – aus, was wiederum die Basis für das Vertrauen HUDORAs in diesen Hersteller bei späteren Transaktionen bildet. In diesem Zusammenhang ist auch der anhand der Gleichung (17.4) diskutierte Einfluss der gewählten Koordinationsform auf die Möglichkeit des Vertrauensaufbaus zu sehen (∂∆I / ∂COO < 0), wobei hier argumentiert wurde, dass diese Möglichkeit bei einer marktlichen Koordination wesentlich geringer ist als bei einer hybriden (∂∆I / ∂COOm < ∂∆I / ∂COOh). Als Begründung wurde hier angeführt, dass es im Gegensatz zur hybriden Koordination bei einer marktlichen kaum zu persönlichen Interaktionen kommt, die jedoch die Basis für einen potentiellen Vertrauensaufbau darstellen, da nur so das Verhalten eines Akteurs beobachtbar wird. Die Argumentation bezieht sich also weniger auf die Governanceseite der Koordination, sondern eher auf die wissensbasierte Perspektive. Innerhalb der Fallstudie kann dieser Zusammenhang zwar nicht direkt bestätigt werden, jedoch sprechen die Beobachtungen für genau diesen Effekt. So wurde bereits herausgestellt, dass die Herstellerbeziehungen innerhalb der ersten Internationalisierungsphase auch aus wissensbasierter Perspektive marktlich koordiniert werden und es zu keinem signifikanten Aufbau von Vertrauen kommt. In der zweiten Internationalisierungsphase intensivieren sich jedoch die Interaktionen zwischen HUDORA und den jeweiligen Herstellern individualisierter Produkte, die Koordination beinhaltet hybride Elemente, und ein Vertrauensaufbau ist beobachtbar. Hier ist auch noch darauf hinzuweisen, dass innerhalb der Fallstudie der Aufbau von Vertrauen innerhalb der längerfristigen Herstellerbeziehungen zwischen t = 3 und t = 4 auf beiden Seiten beobachtbar ist, was die theoretische Argumentation bezüglich der Faktoren, die zu einem Vertrauensaufbau positiv beitragen, weiter bestätigt. Hier ist zunächst herauszustellen, dass sich die Zahlungsbedingungen im Zeitverlauf ändern. Während die chinesischen Hersteller in der ersten Internationalisierungsphase ausschließlich Akkreditivzahlungen akzeptierten, bei denen HUDORA in Vorleistung gehen musste, werden in t = 4 Zahlungen auf Rechnungen üblich. HUDORA bezahlt die Hersteller hier also erst einige Zeit nach der Warenübergabe.

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Mit dieser Veränderung gehen jedoch keine neuen Sicherheitsleistungen HUDORAs einher. Zudem muss hier bedacht werden, dass die Auftragsvolumina in t = 4 wesentlich größer sind, sodass die Hersteller insgesamt ein wesentlich größeres Risiko eingehen. „Wir haben immer sehr darauf geachtet, unsere Lieferanten pünktlich und korrekt zu bezahlen, und das zahlt sich dann aus. […] Mittlerweile können wir bei den Lieferanten eigentlich immer auf Rechung zahlen, was natürlich ein großer [Finanzierungs-]Vorteil ist.“

Diese Beobachtung spricht offensichtlich dafür, dass die jeweiligen Hersteller aufgrund der durchweg positiven Erfahrungen mit HUDORA Vertrauen in das Verhalten des Unternehmens aufgebaut haben. Auch hier wird damit deutlich, dass positive Erfahrungen innerhalb einer Akteursbeziehung zum Vertrauensaufbau beitragen (∂∆I / ∂COO > 0). Des Weiteren wird hier ersichtlich, dass Vertrauen bzw. eine reduzierte intentionale Unsicherheit I > 0 – wie im Formalmodell propagiert – über eine Reduktion der Governancekosten G positiv auf den Profit π wirkt. Verdeutlichen lässt sich dies, sowie auch der Einfluss gemeinsamer Erfahrungen auf den Vertrauensaufbau, noch einmal anhand des folgenden Beispiels: „Wir müssen unsere Lieferanten ja immer in [US-]Dollar bezahlen und versuchen das Währungsrisiko durch Termingeschäfte abzufedern. Manchmal funktioniert das aber nicht so gut. Da ist es z. B. mal vorgekommen, dass der Euro so in den Keller gerauscht ist, dass wir […] [einem Hersteller mit dem HUDORA bereits länger zusammenarbeitete] den vereinbarten Preis nicht mehr zahlen konnten. Da hätten wir dann Verlust gemacht. Ich bin dann zu dem hingegangen und hab ihm erklärt, dass es diese Probleme gibt und er uns 20 Cent [pro Stück] von dem vereinbarten Preis nachlassen muss. Ich hab ihm dann aber versprochen, dass wir das später wiedergutmachen. Da hat er wirklich geweint, weil er ja daran dann keinen Gewinn machen konnte. Das sind ja alles nur geringe Margen. Aber er hat es gemacht. […] Ja, wir haben ihm das dann auch zwei Jahre später wiedergutgemacht und ihm 30 Cent [pro Stück] mehr für die Lieferung gegeben. […] So etwas geht aber nur, wenn man sich kennt. Ganz zu Anfang [einer Herstellerbeziehung] lässt der [Hersteller] dich fallen und geht weg.“

Abschließend ist hier noch darauf hinzuweisen, dass ein Aufbau von Vertrauen innerhalb der Beziehungen zu den chinesischen Mitarbeitern der HUDORA Asia Ltd. aus der Fallstudie nicht klar hervorgeht. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass es hier zu keinem Aufbau von Vertrauen kommt, vielmehr scheint das Gegenteil der Fall zu sein, was bspw. die zitierte Gesprächspassage bezüglich des persönlichen Briefes des kündigenden chinesischen Mitarbeiters vermuten lässt. Dennoch kann ein Aufbau von Vertrauen hier nicht klar belegt werden. So ist zwar z. B. nicht zu beobachten, dass sich ein Mitarbeiter von einem Hersteller bestechen lässt, jedoch kann dies

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auch einfach daran liegen, dass dies nicht bekannt wurde. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es tatsächlich nie zu einem solchen Fall kam, muss dies nicht unbedingt für eine vertrauensvolle Beziehung sprechen, sondern könnte lediglich anreizkonformes Verhalten darstellen. Schließlich entlohnt HUDORA seine Mitarbeiter überdurchschnittlich und droht mit sofortiger Kündigung, falls sich ein Mitarbeiter bestechen lässt. Somit ist hier nicht eindeutig festzustellen, ob das konforme Verhalten der Mitarbeiter extrinsisch oder intrinsisch motiviert ist. Damit können hier letztendlich die Ausführungen bezüglich der Gleichung (17.4) im Formalmodell nicht in vollem Umfang bestätigt werden, da dort auch konstatiert wurde, dass die hierarchische Koordination weniger gut geeignet ist, Vertrauen aufzubauen, als die hybride. Dies ist in der Fallstudie jedoch nicht zweifelsfrei beobachtbar. U

Bezüglich des Umweltunsicherheitsgrades U sind innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase HUDORAs auf Basis der Fallstudienbeobachtungen keine signifikanten Veränderungen ersichtlich. Daher wird an dieser Stelle auf die Diskussion des vorangegangenen Kapitels verwiesen. N

Im Gegensatz zur ersten Internationalisierungsphase kann in der zweiten die Entwicklung und der Einsatz neuer Ressourcen oder Wissenssets innerhalb einiger Herstellerbeziehungen N beobachtet werden. Diesbezüglich ist hier zunächst zu diskutieren, welche identifizierten Ressourcen oder Wissenssets als neu im Sinne von N angesehen werden können. Im Formalmodell wurde N als Ressource oder Wissensset definiert, das innerhalb einer Beziehung durch die Zusammenarbeit mit einem anderen Primärziel entwickelt wird und dann in dieser Beziehung sowie in anderen von den beteiligten Akteuren eingesetzt werden kann. Entscheidend hierbei ist, dass es sich nicht nur um einen Transfer eines bei einem Beziehungspartner vorhanden Wissenssets zu dem jeweils anderen handelt, N also keine Wissenssets beschreibt, die bereits zu Beginn einer Akteursbeziehung prinzipiell zur Verfügung stehen. In diesem Kontext sind zunächst die neuen Produktideen, die von den Herstellern an HUDORA herangetragen werden, zu nennen. Zwar stellen diese neuen Ideen als solche nicht unbedingt neue Wissenssets N in obigem Sinne dar, jedoch kann aufgrund der Bobachtungen in der Fallstudie angenommen werden, dass neue Wissenssets N innerhalb einer solchen Herstellerbeziehung entwickelt und eingesetzt werden, die letztendlich die erfolgreiche Umsetzung dieser Produktideen erlauben. So stellt bspw. die Produkt-

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idee an sich eine Beobachtung bzw. ein Wissensset dar, das ein Hersteller durch seine Interaktionen mit seiner Umwelt absorbiert, also nicht innerhalb oder durch die Beziehung mit HUDORA generiert. Es kann jedoch argumentiert werden, dass ein Hersteller im Zeitverlauf grundsätzlich eine Vielzahl diverser Beobachtungen in dessen Umfeld macht, die dieser jedoch nicht allesamt an HUDORA übermittelt. Vielmehr wählt ein solcher Hersteller ganz bestimmte Beobachtungen aus, die er potentiell als geeignet oder interessant für HUDORA ansieht. Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass es durch die Zusammenarbeit zur Entwicklung einer Art von Selektionsmechanismus kommt, mit dem die Eignung jeder Umweltbeobachtung für HUDORA abgeschätzt werden kann. Anders formuliert, wird ein Hersteller erst durch die vormalige Zusammenarbeit mit HUDORA dazu in die Lage versetzt abzuschätzen, welche Produktideen für HUDORA interessant sein könnten. Dies kann insofern als neues Wissensset N verstanden werden, als dass dieses die Rolle des Herstellers innerhalb der Beziehung von einem passiven Agenten oder Erfüllungsgehilfen HUDORAs hin zu einem aktiven, neue Möglichkeiten innerhalb der Beziehung (mit) generierenden Akteur zu verändern vermag. Des Weiteren ist dieses Wissensset eindeutig auf HUDORA bezogen und damit akteursspezifisch, da es außerhalb der Beziehung ein wesentlich geringeres Mehrwertpotential aufweisen würde, wenn davon ausgegangen wird, dass ein anderer Kunde auch eine andere kognitive Position einnehmen würde als HUDORA. Eine vergleichbare Argumentation ließe sich im Bezug auf HUDORA führen. So ist das Unternehmen durch die vormalige Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern zur Umsetzung eigener Produktideen in der Lage abzuschätzen, ob innerhalb einer Beziehung auch eine Produktidee, die von einem Hersteller stammt, umsetzbar ist. Dass innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase neue Wissenssets N innerhalb der Herstellerbeziehungen entwickelt werden, lässt sich noch deutlicher an der Evolution der dargestellten Maßnahmen zur Qualitätssicherung ablesen. So kommt es erst durch die Zusammenarbeit auf beiden Seiten zu dem Bewusstsein bzw. zu der Idee, zusätzliche Investitionen in Qualitätssicherungsmaßnahmen zu investieren, und so erfolgt auf beiden Seiten der Aufbau von (weiteren) Kompetenzen im Bereich der Qualitätssicherung. Bspw. generiert HUDORA erst im Laufe der Zusammenarbeit mit Herstellern die Idee, die Workbookpraktik sowie die regelmäßigen Lieferantenkongresse zu etablieren und dementsprechende Kompetenzen zu entwickeln. „Auf die Idee mit den Workbooks sind wir eigentlich erst durch unsere Erfahrungen mit unseren Lieferanten [bei der Umsetzung eigener Produktideen] gekommen. […] Wir haben da zu Anfang gemerkt, dass es manchmal zu Problemen gekommen ist, weil bestimmte Sachen nicht eingehalten wurden, die wir aber

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eigentlich vorab besprochen hatten. Wir haben dann gemerkt, dass die Dokumentation so nicht ausreicht. […] [W]ir haben vorher ja mehr oder weniger nur die Produktspezifikationen und Konstruktionsdetails detailliert besprochen und festgehalten. Uns ist dann aber immer mehr bewusst geworden, dass wir mit unseren Lieferanten auch den gesamten prozessualen Ablauf bei der Produktion fixieren müssen und dabei eben besonders auf die qualitätsrelevanten Aspekte achten müssen, also eben nicht nur, was z. B. der Toleranzbereich für ein bestimmtes Teil ist, sondern auch, wie das zu prüfen ist usw. […] Nach einigem Herumprobieren sind wir dann bei den Workbooks [wie wir sie heute benutzen] angelangt. […] Zu Anfang war das schon mühsam und aufwendig. Wir wussten ja zwar schon von früher, wie man so etwas grundsätzlich angeht, hatten das ja aber noch nie mit chinesischen Herstellern gemacht. Da [in China] funktioniert das ja alles ein bisschen anders und die haben ja auch ganz andere Vorstellungen und Herangehensweisen. […] Da muss man dann z. B. Sachen dokumentieren und festschreiben, da wäre ich vorher gar nicht auf die Idee gekommen. Ja, dabei haben mir natürlich dann die Erfahrungen [aus früheren Beziehungsepisoden] geholfen, weil ich ja dann schon wusste, was da in China alles möglich ist. So haben sich ja auch dann erst die kritischen Stellen bei der Produktion herausgestellt, auf die wir besonders achten müssen. […] Ja, auch für die Lieferanten ist das natürlich eine große Umstellung. Die waren ja meistens mit so einer […] [Art der Dokumentation] überhaupt nicht vertraut, sondern haben ja mehr ad hoc gearbeitet. So ein bisschen nach dem Motto: Das Feuer einfach da austreten, wo es gerade brennt. Denen mussten wir ja erst mal beibringen, wie man an so eine Sache überhaupt herangeht. Das Schwierige dabei ist ja vor allem klarzumachen, worum es dabei genau geht, also warum wir das wollen. Die sagen ja natürlich erst mal, warum sollen wir dass denn unbedingt machen, das hat doch bisher auch ohne immer funktioniert.“

Aus der zitierten Gesprächspassage wird deutlich, dass die Workbookpraktik bzw. die dazu notwendigen Wissenssets zumindest teilweise erst durch die vorherige Zusammenarbeit und dabei generierte Erfahrungen miteinander zustande kommen, diese also erst die Etablierung der Workbookpraktik ermöglichen. Auch die Etablierung der Lieferantenkongresse stellt ein Indiz dafür dar, dass innerhalb der Herstellerbeziehungen neue Wissenssets N entwickelt werden, da ja HUDORA auch hier erst durch die Zusammenarbeit auf die Idee kommt, solche Schulungen durchzuführen. Dabei entwickelt HUDORA offensichtlich neue Kompetenzen, die es dem Unternehmen ermöglichen, Hersteller größtenteils eigenständig zu schulen. Als Basis für diese Kompetenzen dienen dabei auch Wissenssets, die HUDORA während der Zusammenarbeit mit Herstellern generiert. So lernt HUDORA bspw. offenbar mit der Zeit, welche kritischen Qualitätsaspekte vorrangig sind und wie diese thematisiert werden sollten. Für eine effektive Schulung der Hersteller und Vorlieferanten scheinen daher die vorherigen gemeinsamen Erfahrungen maßgeblich gewesen zu sein.

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Zusammenfassend kann hier damit zunächst festgehalten werden, dass es zur Entwicklung neuer Ressourcen oder Wissenssets N innerhalb der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase zwischen t = 3 und 4 kommt. Hier ist darauf hinzuweisen, dass der damit beobachtete Anstieg des Spezifitätsgrades von A3 auf A4 zumindest teilweise durch den Einsatz von N in t = 4 zustande kommt. Als Nächstes stellt sich damit die Frage, ob diese Entwicklung – also die Entdeckung und Umsetzung – von N auch mit den diesbezüglich im Formalmodell postulierten Mechanismen im Einklang steht. Dort wurde anhand der Gleichung (18.2) herausgestellt, dass die Möglichkeit, N zu entdecken und umzusetzen, durch die Parameter η und αN determiniert wird. η wird dabei positiv vom Spezifitätsgrad A und der kognitiven Distanz CD sowie negativ vom Interdependenzgrad ID beeinflusst. αN hängt hingegen nicht von A, negativ von der CD und positiv von ID ab. Die daraus resultierende Konsequenz für die Entwicklung von N wurde anhand der Abb. 19 verdeutlicht. Hier wurde gezeigt, dass eine Steigerung von A positiv auf die Entwicklung von N wirkt, während diesbezüglich jeweils mittlere CD- und ID-Grade aus einer Gesamtbetrachtung heraus optimal sind. Bezüglich der CD wurde hier des Weiteren herausgestellt, dass zur Erreichung und Wahrung eines mittleren CD-Grades die Überbrückung der CD – die vor allem durch hybride Arrangements erreicht wird – besonders geeignet scheint. Das war der Fall, da bei hybriden Arrangements durch intensive Interaktionen im Zeitverlauf zwar ein Verständnis der kognitiven Position des Beziehungspartners ermöglicht wird, weitere Interaktionen mit anderen Akteuren außerhalb der fokalen Beziehung aber gleichzeitig dazu beitragen, einen gewissen Distanzgrad beizubehalten. Aus den oben diskutierten Beobachtungen ging nun hervor, dass es im Vergleich zur ersten Internationalisierungsphase bzw. t = 2 zu einem signifikanten Anstieg des Spezifitätsgrades von A2 auf A3 und des Interdependenzgrades von ID2 auf ID3 kommt. In Bezug hierauf kann hier unter Rekurs auf die Darstellung des prozessualen Ablaufs jedoch davon ausgegangen werden, dass der Interdependenzgrad ID3 eher eine Ausprägung im mittleren möglichen Bereich annimmt, da es zwar im Vergleich zu t = 2 zu einer signifikanten Ausweitung der Interdependenzen zwischen den Aktivitäten und Funktionen HUDORAs und der des jeweiligen Herstellers kommt, jedoch nach wie vor längst nicht alle Unternehmensaktivitäten und Funktionen HUDORAs von einer Herstellerbeziehung bzw. darin inkludierten Elementen beeinflusst werden. Des Weiteren wurde herausgestellt, dass sich auch die kognitive Distanz von CD2 auf CD3 reduziert, wobei hier aber herausgestellt werden muss, dass die CD2 als sehr groß dargestellt wurde. Außerdem legen hier die Beobachtungen nahe, dass es sich um eine Reduktion der CD in Form einer Überbrückung handelt, da HUDORA zwar im Zeitverlauf lernt, die Hersteller und

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deren Sichtweisen besser zu verstehen, diese jedoch nicht übernimmt (Kap. B. II. 5. b)). Gleiches gilt offenbar auch für die Reduktion der kognitiven Distanz von CD3 auf CD4. Auch hier kommt es nämlich im Zeitverlauf zu einem immer besseren Verständnis zwischen den Beziehungspartnern, wobei hier zudem gerade die chinesischen Hersteller einige Sichtweisen HUDORAs zu übernehmen scheinen. Diese Angleichung scheint jedoch ausschließlich Qualitätsaspekte zu betreffen. Daraus folgt, dass die Beobachtungen der Fallstudie im Einklang mit dem Formalmodell bezüglich der Entwicklung von N stehen: Während, wie dargestellt, in t = 2 einfach zu geringe Spezifitätsgrade A2 und Interdependenzgrade ID2 sowie eine zu große kognitive Distanz CD2 bestehen, um N zu entwickeln, ermöglicht der signifikante Anstieg auf A3 und ID3 sowie die Reduktion auf CD3 in der Folgeperiode genau dies. Aus den Beobachtungen der Fallstudie geht dabei auch hervor, warum ab t = 3 N entwickelt werden kann. Durch A3 und ID3 kommt es zu wesentlich intensiveren Interaktionen zwischen HUDORA und den jeweiligen Herstellern, durch die, wie oben dargestellt, die Entwicklung von N erst ermöglicht wird. So wird sich HUDORA bspw. erst durch die intensive Zusammenarbeit und der in diesem Zuge gesammelten Erfahrungen bewusst, welche kritischen Qualitätsaspekte bei den Herstellern und deren Zulieferern verbessert werden sollten und wie dies erfolgversprechend bewerkstelligt werden könnte. In diesem Zusammenhang ist hier noch einmal auf die bereits diskutierte Bobachtung hinzuweisen, dass es in t = 3 anscheinend zum Austausch von spezifischen Wissenssets kommt, die nicht direkt mit der konkreten Transaktion verbunden sind und daher auch höhere Spezifitätsgrade A3 eingesetzt werden, als es zur ausschließlichen Erreichung exploitativer Ziele notwendig bzw. vorteilhaft wäre. Genau diese zusätzlichen Wissenssets sind aber offensichtlich von Bedeutung für die Entwicklung von N. Außerdem wird hier die maßgebliche Rolle der kognitiven Distanz bzw. deren Veränderung deutlich. So führen bspw. die unterschiedlichen Erfahrungen HUDORAs und der Hersteller und folglich die Distanz zwischen ihren kognitiven Positionen erst dazu, dass die Hersteller Produktideen generieren können, die HUDORA unbekannt sind. Dies war dabei prinzipiell auch schon in t = 2 der Fall. Jedoch scheint hier die CD2 noch so groß gewesen zu sein, dass den Herstellern überhaupt nicht klar war, dass bzw. welche ihrer externen Beobachtungen überhaupt interessant für HUDORA hätten sein können. Durch die fortwährende Zusammenarbeit zwischen HUDORA und einigen Herstellern kommt es bis zu t = 3 zu einer Reduktion auf CD3, die Hersteller lernen also durch die Interaktionen mit HUDORA, welche Produktideen überhaupt interessant für HUDORA sein könnten, und sind auch in der Lage, diese entsprechend zu übermitteln. Die Reduktion

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der CD auf ein mittleres Niveau scheint hier also erst die Entwicklung von N zu ermöglichen. Als Indiz hierfür kann die Beobachtung herangezogen werden, dass neue Produktideen an HUDORA ausschließlich von Herstellern übermittelt werden, die zuvor bereits über einen längeren Zeitraum mit dem Unternehmen zusammengearbeitet haben. Eine ähnliche Argumentation lässt sich zudem bezüglich der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse führen. Auf die Idee, diese zu etablieren, kommt HUDORA ja erst dadurch, dass dem Unternehmen während der Zusammenarbeit mit den Herstellern Unterschiede im Qualitätsverständnis bewusst werden. Da Letztere auf unterschiedliche kognitive Positionen der Akteure zurückzuführen sind, ermöglicht die entsprechende kognitive Distanz CD in diesem Sinne also erst die Entwicklung der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse. Um diese nun aber effektiv durchführen zu können, den Herstellern also auch tatsächlich das Qualitätsverständnis HUDORAs zu vermitteln, ist offensichtlich eine nicht zu große CD erforderlich, da es sonst zu Verständnisproblemen kommen würde. Anders formuliert, scheint die Entfernung zwischen den kognitiven Positionen in t = 3 maßgeblich für die Entdeckung dieser Praktiken gewesen zu sein, während das bis t = 4 aufgebaute Verständnis für die kognitive Position des jeweils anderen vorteilhaft auf die Umsetzung wirkte. Innerhalb der Beziehungen zu den chinesischen Mitarbeitern der HUDORA Asia Ltd. ist keine Entwicklung von N zu beobachten, was aus zwei Gründen auch nicht verwunderlich scheint: Erstens wurde diese Niederlassung erst 2007 gegründet, weshalb der Zeitraum, in dem N hätte entwickelt werden können, sehr (oder zu) kurz ist. Zweitens ist das Unternehmen zu dem Zweck gegründet worden, die Kontrollaktivitäten in der VR China zu übernehmen, weshalb es auch ausschließlich in diesem Bereich zu einer Zusammenarbeit bzw. zu einem Transfer von Wissenssets aus Deutschland an die chinesischen Mitarbeiter kommt. Dies hat wiederum zwei für die mögliche Entwicklung von N bedeutende Konsequenzen. Erstens ist der beobachtbare Interdependenzgrad ID hier sehr hoch, was laut Gleichung (18.2) unvorteilhaft für die Entwicklungsmöglichkeit von N ist bzw. die Opportunitätskosten der Entwicklung von N stark erhöht. Dies scheint auch unmittelbar einleuchtend, wenn bedacht wird, dass die Exploration von N z. B. Experimente mit ungewissem, also evtl. auch negativem Ausgang erfordert. Die Qualitätssicherung scheint aber wie dargestellt ein äußerst kritischer Bereich für HUDORA zu sein, in dem fehlgeschlagene Experimente bspw. bei der Produktprüfung unter Umständen sogar existenzgefährdende Konsequenzen haben könnten. Zweitens wurde konstatiert, dass es zu einem sehr intensiven Transfer von qualitäts- oder kontrollbezogenen Wissenssets kommt, was wie dargestellt zu einer raschen Reduktion der kognitiven Distanz CD vor allem in diesem Bereich führt. Daher kann hier angenommen

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werden, dass es hier relativ schnell zu einer Angleichung der kognitiven Positionen kommt, was laut Gleichung (18.2) die Möglichkeit begrenzt, überhaupt neue Wissenssets N zu entdecken. So führen die chinesischen Mitarbeiter ausschließlich Kontrollaktivitäten für HUDORA genau nach den Vorgaben der deutschen Mitarbeiter aus, wodurch Erstere sich auch keine divergierenden Wissenssets oder Erfahrungen durch die Übernahme von Kontrollaktivitäten für andere Unternehmen aneignen können.245 b) Überprüfung der aufgestellten Hypothesen Die erfolgte Darstellung der prozessuale Ablaufe sowie die Diskussion bezüglich der Ausprägungen der einzelnen Variablen in der zweiten Internationalisierungsphase HUDORAs dient als Basis für die nunmehr folgende Überprüfung der aufgestellten Hypothesen. In der Hypothese 1A bzw. in den Teilhypothesen 1.1 und 1.3 wurde behauptet, dass bei einer großen kognitiven Distanz CD ein möglichst geringer Spezifitätsgrad A und Interdependenzgrad ID zu wählen sei. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass A und ID umso größer sein sollten, je geringer CD ist. Diese Aussage entspricht augenscheinlich zunächst auch weitgehend den Beobachtungen der Herstellerbeziehungen innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase: Hier wurde festgestellt, dass es sowohl zwischen t = 2 und t = 3 als auch zwischen t = 3 und t = 4 zu einer Reduktionen der kognitiven Distanz ∆CD = (CD2 – CD3) > 0 sowie ∆CD = (CD3 – CD4) > 0 kommt. Die Anstiege des Spezifitätsgrades ∆A = (A2 – A3) < 0 und ∆A = (A3 – A4) < 0 sowie des Interdependenzgrades ∆ID = (ID2 – ID3) < 0 gehen damit einher. So kann hier zunächst festgehalten werden, dass die beobachteten Effekte grundsätzlich im Einklang mit 1A sowie 1.1 und 1.3 stehen. Bei genauerer Betrachtung sind hier jedoch Ungereimtheiten zu erkennen. In der Diskussion der einzelnen Variablen wurde konstatiert, dass die Reduktion von CD2 auf CD3 den signifikanten Anstieg von A2 auf A3 nicht vollständig zu erklären vermag, sondern für Letzteren zudem die signifikante Vergrößerung des Interdependenzgrades von ID2 auf ID3 maßgeblich ist. Und genau dies steht bei genauerer Betrachtung nicht im Einklang mit 1.1 und 1.3: Es scheint einfach äußerst unwahrscheinlich, dass das Ausmaß der nicht besonders großen Reduktion der CD zwischen t = 2 und t = 3 aus245 Hier könnte eingewendet werden, dass dies aber durch eine entsprechend hohe Mitarbeiterfluktuation sehr wohl möglich wäre. Tatsächlich ist jedoch keine solche Fluktuation beobachtbar.

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reicht, um den starken Anstieg von A und ID im selben Zeitraum zu erklären. Daher muss hier letztendlich davon ausgegangen werden, dass diese Beobachtungen im Widerspruch zu den Teilhypothesen 1.1 und 1.3 stehen. Dies muss jedoch nicht zwangsläufig zu einer Ablehnung von 1A führen, da laut Teilhypothese 1.2 auch eine intertemporale Reduktion der intentionalen Unsicherheit ∆I = (I2 – I3) > 0 den Anstieg auf A3 und ID3 erklären könnte. Auch dies scheint hier aber nicht der Fall zu sein. Selbst wenn die Beobachtungen der Fallstudie dahingehend gedeutet werden, dass es bereits zwischen t = 2 und t = 3 zum Aufbau von Vertrauen und damit zu einer Reduktion von I kommt, muss diese als relativ gering angesehen werden. Folglich vermag auch die Reduktion von I den starken Anstieg von A und ID nicht zu erklären. Nun könnte angenommen werden, dass die Verringerungen von CD und I zwischen t = 2 und t = 3 gemeinsam den starken Anstieg von A und ID erklären können, was durch die Beobachtungen aus der Fallstudie auch nicht eindeutig widerlegt werden kann. Es scheint aber dennoch wahrscheinlicher, dass die relativ geringfügigen Reduktionen von CD und I den signifikanten Anstieg von A und ID nicht in vollem Umfang erklären können. Daher wird hier insgesamt angenommen, dass die Beobachtungen die Teilhypothesen 1.1 bis 1.3 und damit auch 1A eher widerlegen. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch bei der Betrachtung der Folgeperiode t = 4. Hier wurde ein weiterer Anstieg des Spezifitätsgrades von A3 auf A4 sowie eine signifikante Reduktion der kognitiven Distanz von CD3 auf CD4 und des intentionalen Unsicherheitsgrades von I3 auf I4 beobachtet. Bezüglich des Einflusses von CD und I auf A können hier daher die Teilhypothesen 1.1 bis 1.3 und damit auch Hypothese 1A bestätigt werden. Interessanterweise führt aber die weitere Reduktion der CD und I zwischen t = 3 und t = 4 zwar zu einem weiteren Anstieg von A3 auf A4, jedoch nicht zur Wahl eines signifikant höheren ID in t = 4. Daher könnte hier zunächst angenommen werden, dass dies 1A sowie den zugehörigen Teilhypothesen im Bezug auf ID widerspricht. Dies muss jedoch nicht unbedingt der Fall sein: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass für ID3 ja bereits eine signifikante Ausprägung festgestellt werden konnte, die zudem den obigen Ausführungen entsprechend nicht vollständig durch die in t = 3 vorgefundenen CDund I-Grade erklärbar waren. Dies legt dann hier wiederum den Schluss nahe, dass ID3 und daher auch ID4 im Einklang mit der kognitiven Distanz und dem intentionalen Unsicherheitsgrad in t = 4 ist. Zweitens kann laut 1.1 und 1.3 auch eine alleinige Reduktion der CD zu einem entsprechenden Anstieg von A führen, ohne dass ID signifikant ver-

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ändert wird. Diesen Zusammenhang scheinen die Beobachtungen der Fallstudie zu bestätigen, da hier gezeigt wurde, dass das sich entwickelnde bessere Verständnis zwischen HUDORA und den chinesischen Herstellern dazu führt, dass beide Seiten zusätzliche spezifische Investitionen tätigen. Drittens kann laut Teilhypothese 1.2 auch eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit I dazuführen, dass eine Steigerung von A vorteilhaft ist. Genau dies ist in der Fallstudie zwischen t = 3 und t = 4 zu beobachten. Es kommt zu einer signifikanten Reduktion ∆I = (I3 – I4) > 0 und zu einem korrespondierenden Anstieg ∆A = (A3 – A4) < 0. Dass diese beiden Beobachtungen zusammenhängen, lässt sich auch aus der Fallstudie ableiten. So wurde bspw. gezeigt, dass der hohe Spezifitätsgrad A4 aus einer Governanceperspektive nur aufgrund der Reduktion der intentionalen Unsicherheit auf I4 bei dem hier gewählten marktlichen Koordinationsmodus vorteilhaft sein kann. Zusammenfassend ergibt sich damit bezüglich der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase ein eher widersprüchliches Bild. Während die Beobachtungen in t = 3 der Hypothese 1A sowie den Teilhypothesen 1.1 bis 1.3 eher zu widersprechen scheinen, stehen die Untersuchungsergebnisse aus t = 4 weitestgehend mit diesen im Einklang. Es stellt sich daher die Frage, wie dies insgesamt zu bewerten ist. Hier wird die Auffassung vertreten, dass die Fallstudienbeobachtungen zusammengenommen eher schwach gegen eine Bestätigung der (Teil-)Hypothesen sprechen, was wie folgt begründet werden kann: Zwar sprechen die Beobachtungen aus t = 4 für eine Bestätigung, jedoch konnte in der Diskussion der Fallstudie eindeutig gezeigt werden, dass es zu den konstatierten Ausprägungen von CD4 und I4 erst aufgrund der Variablenausprägungen in t = 3 kommt, wobei hier insbesondere A3 von entscheidender Bedeutung war. Der starke Anstieg auf A3 konnte aber eben nicht unter Rekurs auf 1A bzw. 1.1 bis 1.3 erklärt werden, wodurch dann wiederum die Bestätigung der Hypothesen durch die Beobachtungen aus t = 4 zweifelhafter erscheinen. Anders formuliert, wird die Bestätigung von 1A durch die Beobachtungen in t = 4 erst durch die Ausprägungen von Variablen in t = 3 möglich, die nicht im Einklang mit 1A stehen. Die Beobachtungen bezüglich der Gründung der unternehmenseigenen chinesischen Niederlassung HUDORAs widerlegen die Teilhypothesen 1.1, 1.2 und 1.3 deutlicher. So konnte hier festgestellt werden, dass es bereits unmittelbar nach der Gründung der HUDORA Asia Ltd. in t = 4 signifikante Spezifitätsgrade A und Interdependenzgrade ID bzw. noch höhere A und ID als im gleichen Zeitraum innerhalb einer der Herstellerbeziehungen eingesetzt werden. Laut den Teilhypothesen 1.1 und 1.3 müsste folglich die kognitive Distanz CD zwischen den in Deutschland und den in der VR

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China ansässigen Mitarbeitern des Unternehmens sehr gering bzw. geringer als zu den jeweiligen Herstellern sein. Nun wurde zwar festgestellt, dass die CD zwischen den beiden Unternehmensstandorten durch die vor t = 4 bereits gesammelten allgemeinen Erfahrungen HUDORAs mit chinesischen Akteuren im Vergleich zu t = 1 als deutlich geringer angenommen werden kann, jedoch ist zu bezweifeln, dass CD sehr gering bzw. geringer ist als zu Herstellern, mit denen HUDORA bereits längere Zeit zusammenarbeitete. Schließlich handelt es sich im Gegensatz zu diesen Herstellern bei den Mitarbeitern der HUDORA Asia Ltd. um Akteure, zu denen HUDORA vor deren Einstellung in t = 4 keinen Kontakt hatte. Daher scheint es hier wahrscheinlicher, dass die kognitive Distanz zu den chinesischen Mitarbeitern bei Gründung der Niederlassung größer gewesen ist als zu den Herstellern, mit denen bereits intensive Interaktionen stattfanden. Folglich widersprechen diese Beobachtungen den Teilhypothesen 1.1 und 1.3. In diesem Zusammenhang muss auch der Teilhypothese 1.2 deutlich widersprochen werden. Hier wurde konstatiert, dass bei einem hohen intentionalen Unsicherheitsgrad I geringe Spezifitätsgrade A eingesetzt werden sollten. Aus der Fallstudie geht nun hervor, dass die intentionale Unsicherheit bezüglich der bei Gründung der Niederlassung gerade eingestellten Mitarbeiter groß gewesen ist, jedoch unmittelbar danach hohe Spezifitätsgrade A eingesetzt werden. Hier muss zwar angemerkt werden, dass die chinesischen Mitarbeiter hierarchisch koordiniert werden und daher aus einer Governanceperspektive höhere Spezifitätsgrade A eingesetzt werden können als bei einer weniger hierarchischen Koordination. Dennoch scheint es hier äußerst fraglich, dass diese Koordinationsformenwahl den eingesetzten hohen Spezifitätsgrad A vollständig erklären kann, zumal die etablierten Sicherungsmechanismen hier auch nicht besonders umfangreich zu sein scheinen. Zusammenfassend kann hier damit konstatiert werden, dass die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase HUDORAs bezüglich der Herstellerbeziehungen nicht im Einklang mit der Hypothese 1A stehen und die Ergebnisse bezüglich der HUDORA Asia Ltd. der Hypothese 1A relativ deutlich widersprechen. In Hypothese 1B bzw. innerhalb der Teilhypothese 1.4 wurde konstatiert, dass bei einem geringen Spezifitätsgrad A internationale Akteursbeziehungen eher marktlich und weniger hierarchisch ausgestaltet werden sollten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei steigendem A eine Akteursbeziehung weniger marktlich ausgestaltet werden soll. Diesbezüglich ist hier zunächst darauf hinzuweisen, dass die Herleitung von 1.4 ausschließlich auf Argumenten der Governanceperspektive beruhte.

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Hier ist nun festzustellen, dass die Beobachtungen aus der Fallstudie bezüglich der Herstellerbeziehungen dieser Teilhypothese augenscheinlich widersprechen. So wurde festgestellt, dass es zu signifikanten Anstiegen des Spezifitätsgrades ∆A = (A2 – A3) < 0 und ∆A = (A3 – A4) < 0 kommt, die koordinative Ausgestaltung aus einer reinen Governanceperspektive aber sowohl in t = 3 als auch in t = 4 als marktlich zu charakterisieren ist. Hier ist jedoch zwischen den Beobachtungen aus den beiden Perioden zu unterscheiden: Der hohe Spezifitätsgrad A4 und die marktliche Koordination in t = 4 gehen mit einer geringeren intentionalen Unsicherheit I4 einher. Wenn daher angenommen wird, dass dieses reduzierte I4 zu großen Teilen die mangelnden Sicherungsmechanismen der marktlichen Koordination kompensiert, können die Beobachtungen aus der Fallstudie in t = 4 durchaus im Einklang stehen. Für die Beobachtungen aus t = 3 kann dies jedoch nicht gelten. So wurde gezeigt, dass es zwischen t = 2 und t = 3 kaum zum Aufbau von Vertrauen kommt. Selbst wenn hier angenommen wird, dass die beobachtbare signifikante Reduktion von I3 auf I4 bereits in der zweiten Periode beginnt und daher I3 tatsächlich niedriger sein könnte, als es die Beobachtungen nahelegen, so ist dennoch schwer vorstellbar, dass die Reduktion ∆I = (I2 – I3) > 0 groß genug wäre, um den starken Anstieg von A2 auf A3 bei gleichbleibender marktlicher Koordination vollständig erklären zu können. Letztendlich sprechen also offenbar insbesondere die Beobachtungen aus t = 3 der Teilhypothese 1.4 dagegen, was hier analog zur obigen Interpretation der Ergebnisse bezüglich 1A zur Aussage führt, dass die Beobachtungen innerhalb der Herstellerbeziehungen 1.4 widersprechen.246 Die Beobachtungen bezüglich der chinesischen Niederlassung in t = 4 bestätigen hingegen die Teilhypothese 1.4. So ist hier eindeutig ersichtlich, dass unmittelbar nach der Gründung hohe Spezifitätsgrade A eingesetzt werden und aus einer reinen Governanceperspektive eine hierarchische Koordinationsform gewählt wird. Einschränkend muss hier jedoch angemerkt werden, dass die in der Hierarchie prinzipiell zur Verfügung stehenden Si246 Hier könnte jedoch eingewendet werden, dass eine hybride Governanceform nicht effektiv umsetzbar ist, da ja aus der Fallstudie hervorging, dass HUDORA pessimistische Ansichten bezüglich der Durchsetzbarkeit von vertraglichen Ansprüchen in China besitzt. Folglich würde eine hybride Vertragsausgestaltung zwar höhere (Fix-)Kosten verursachen, jedoch de facto keine verbesserte Absicherung gegen opportunistisches Verhalten bereitstellen. Des Weiteren könnte argumentiert werden, dass eine hierarchische Lösung aufgrund sehr hoher Fixkosten βi trotz des hohen Spezifitätsgrades ineffizienter als eine marktliche Ausgestaltung wäre. Bei genauerer Betrachtung scheinen diese Argumente jedoch unbefriedigend, da nur schwer vorstellbar ist, dass HUDORA tatsächlich überhaupt keine Möglichkeiten haben sollte, sich bspw. durch bilaterale Mechanismen wie der Androhung einer Reputationsschädigung zusätzlich gegen opportunistisches Verhalten der Hersteller abzusichern.

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cherungsmechanismen offenbar längst nicht in vollem Umfang eingesetzt werden. So etabliert HUDORA zwar Sicherungsmechanismen in Form von positiven und negativen Anreizen gegen korruptes Verhalten seitens der chinesischen Mitarbeiter, darüber hinaus sind jedoch kaum weitere Absicherungen gegen opportunistisches Verhalten zu erkennen.247 Daher muss hier von einer eher schwachen Bestätigung ausgegangen werden. In der Teilhypothese 1.5 wurde behauptet, dass eine Akteursbeziehung weniger hierarchisch ausgestaltet wird, wenn der Spezifitätsgrad A gering und die kognitive Distanz CD groß ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Akteursbeziehung umso weniger marktlich ausgestaltet wird, je größer A und je geringer CD ist. Die Teilhypothese 1.5 basierte dabei auf einer wissensbasierten Argumentation und bezog sich auf die Managementkosten M. Diese Aussage lässt sich mit den Beobachtungen der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase belegen. So konnte gezeigt werden, dass es zu signifikanten Anstiegen des Spezifitätsgrades ∆A = (A2 – A3) < 0 und ∆A = (A3 – A4) < 0 kam, die mit entsprechenden Reduktionen der kognitiven Distanz ∆CD = (CD2 – CD3) > 0 und ∆CD = (CD3 – CD4) > 0 einhergingen sowie in t = 3 aus einer wissensbasierten Perspektive hybride Koordinationsmechanismen etabliert und bis t = 4 weiter ausgebaut wurden. Dabei wurde gerade innerhalb der Diskussion über die Koordinationsformen COO3 und COO4 deutlich, dass die beobachtete Etablierung (COO3) und Ausweitung (COO4) hybrider Mechanismen durch die höheren Spezifitätsgrade A3 und A4 notwendig und durch die geringeren kognitiven Distanzgrade CD3 und CD4 ermöglicht bzw. durch die Veränderungen der beiden letztgenannten Variablen im Vergleich zu t = 2 vorteilhaft wurden. So scheint hier der geringere Anstieg der variablen Managementkosten der hybriden Koordination Mh durch eine Ausweitung von A im Vergleich zur marktlichen Koordination (Mm) in Kombination mit der signifikanteren Reduktion von Mh durch die geringere CD im Vergleich zu Mm die höheren Fixkosten βh im Vergleich zu βm (über-)kompensieren zu können. Auch die Beobachtungen der chinesischen Niederlassung bestätigen Teilhypothese 1.5. Hier wurde die Koordinationsform als hierarchisch beschrieben, wobei insbesondere aus einer wissensbasierten Perspektive viele eher hybride Elemente identifiziert werden konnten. Nun ist zu beobachten, dass signifikante Spezifitätsgrade A eingesetzt werden und es zumindest zu einer hybriden, also weniger marktlichen Koordination kommt. Bei der alleinigen 247 So übermittelt HUDORA bspw. Wissenssets über Qualitätskontrollaspekte an chinesische Mitarbeiter, die diese dann eigenständig für die von ihnen auszuführenden Aktivitäten einsetzen. Es erfolgt jedoch keine (systematische) Output-Kontrolle dieser Aktivitäten.

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Betrachtung von A ist hier auch noch unerheblich, ob die Koordination hierarchisch oder als Hybrid erfolgt, da laut Gleichung (12.4), die der Teilhypothese 1.5 zugrunde liegt, ∂Mm / ∂A > ∂Mh / ∂A = ∂Mi / ∂A gilt. Außerdem konnte auch beobachtet werden, dass die kognitive Distanz CD zu den Mitarbeitern in t = 4 zwar nicht so groß ist, wie sie in t = 1 gewesen wäre, jedoch immer noch als signifikant angenommen werden sollte. Anhand der Teilhypothese 1.5 bzw. der Herleitung aus dem Formalmodell ließe sich für einen solchen Fall vermuten, dass die Koordination zwar weniger marktlich sein kann – der Einfluss von A auf Mm sollte hier den von CD dominieren –, jedoch eher hybrid als hierarchisch ausgestaltet werden sollte, da laut (12.4) ∂Mh / ∂CD < ∂Mi / ∂CD gilt. Genau dies ist hier zu beobachten. Zusammenfassend kann hier somit festgehalten werden, dass Hypothese 1B durch die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen nur teilweise bestätigt werden konnte, da die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase zwar die Teilhypothese 1.5 stützen, jedoch der Teilhypothese 1.4 nicht entsprechen. Bezüglich der Beobachtungen der HUDORA Asia Ltd. konnten hingegen sowohl 1.4 als auch 1.5 bestätigt werden. In Hypothese 2A wurde konstatiert, dass aus dynamischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Ziele ein möglichst hoher Spezifitätsgrad A und Interdependenzgrad ID eingesetzt werden sollten, wobei dies mit den innerhalb der Herleitungen der Teilhypothesen 2.1 bis 2.4 propagierten Effekten konkreter begründet wurde. So wurde in Teilhypothese 2.1 behauptet, dass ein hoher Spezifitätsgrad A vorteilhaft ist, da sich die damit verbundenen profitsteigernden bzw. produktionskostensenkenden und / oder erlössteigernden Effekte auch in den Folgeperioden realisieren lassen. Dies kann nunmehr durch die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsperiode bestätigt werden. So wurde innerhalb der Diskussion bezüglich der Spezifitätsgrade herausgestellt, dass die in t = 2 und t = 3 eingesetzten spezifischen Ressourcen A2 und A3 offensichtlich sowohl in den jeweiligen Einsatzperioden als auch in den jeweiligen Folgeperioden t = 3 und t = 4 produktionskostensenkend wirken, wobei hier angemerkt werden muss, dass ein profitsteigernder Effekt nicht eindeutig belegt werden konnte, jedoch sehr wohl Indizien für einen solchen Effekt sprechen. Die Teilhypothese 2.1 kann durch die Beobachtungen bezüglich der HUDORA Asia Ltd. nicht eindeutig bestätigt werden, da hier keine intertemporalen Effekte für die Perioden t > 4 diskutiert werden konnten. Dennoch scheint einiges für eine Bestätigung von 2.1 zu sprechen, da hier signifikante Spezifitätsgrade A in t = 4 mit dem klar ersichtlichen Ziel eingesetzt werden, die Produktionskosten auch in der Folgezeit zu senken. So werden innerhalb intensiver Interaktionen Wissenssets von HUDORA an die chine-

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sischen Mitarbeiter transferiert, die diese auch in den Folgeperioden bei ihren Aktivitäten nutzen können. Für eine Bestätigung von 2.1 spricht zudem, dass HUDORA versucht, seine chinesischen Mitarbeiter an das Unternehmen längerfristig zu binden, da sich die Kosten für den Wissenstransfer anscheinend nur über einen längeren Zeitraum amortisieren, was wiederum für die postulierte intertemporale Wirkung von A spricht. In Teilhypothese 2.2 wurde konstatiert, dass ein hoher Spezifitätsgrad A vorteilhaft ist, da der Einsatz von A in einer Periode positiv auf den Aufbau von Vertrauen bzw. die Reduktion der intentionalen Unsicherheit I bis zur Folgeperiode wirkt. Auch dieser Zusammenhang lässt sich eindeutig unter Rekurs auf die Fallstudienbeobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen bestätigen. So konnte zunächst gezeigt werden, dass es zwischen t = 2 und t = 3 zumindest zu keinem besonders signifikanten Aufbau von Vertrauen (∆I = (I2 – I3) > 0) kommt, was darauf zurückgeführt werden konnte, dass in t = 2 auch keine signifikanten Spezifitätsgrade A2 eingesetzt wurden. In der Folgeperiode t = 3 kommt es jedoch zu einem signifikanten Anstieg des Spezifitätsgrades auf A3 und es konnte ein signifikanter Aufbau von Vertrauen ∆I = (I3 – I4) > 0 bis hin zur Folgeperiode t = 4 beobachtet werden. Die Beobachtungen legen zudem nahe, dass diese Korrelation tatsächlich eine kausale Verbindung aufweist, also der Einsatz von A3 ein ursächlicher Faktor für die Reduktion der intentionalen Unsicherheit auf I4 ist. Die Teilhypothese 2.2 lässt sich durch die Untersuchung der HUDORA Asia Ltd. weder eindeutig be- noch widerlegen, was jedoch auf die diesbezüglich nicht ausreichenden Beobachtungen zurückzuführen ist. Es sprechen jedoch einige Indizien für eine Bestätigung, da hier tatsächlich hohe Spezifitätsgrade eingesetzt werden, es zu keiner intensiven Verhaltenskontrolle kommt und HUDORA bis dato sehr zufrieden mit dem Verhalten seiner Mitarbeiter zu sein scheint. In Teilhypothese 2.3 wurde behauptet, dass ein hoher Spezifitätsgrad A vorteilhaft ist, da sich so die kognitive Distanz CD bis zur Folgeperiode reduzieren lässt. Dies kann durch die Analyse der Herstellerbeziehungen bestätigt werden. So wurde festgestellt, dass es durch den moderaten Einsatz spezifischer Ressourcen in t = 2 A2 zu einer moderaten Reduktion der kognitiven Distanz in der Folgeperiode CD3 kommt. In t = 3 wird dann ein wesentlich größerer Spezifitätsgrad A3 eingesetzt und es ist auch eine signifikantere Reduktion der kognitiven Distanz auf CD4 beobachtbar. Diesbezüglich konnte auch gezeigt werden, dass die eingesetzten Spezifitätsgrade A2 und A3 zur jeweiligen Reduktion der kognitiven Distanz (CD3 und CD4) bis zur Folgeperiode beitragen. Das gleiche Ergebnis lässt sich aus der Analyse der HUDORA Asia Ltd. ableiten. So wurde dort festgestellt, dass es aufgrund der sehr intensiven

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Interaktionen durch den Einsatz hoher Spezifitätsgrade A in der Folgezeit zu einer signifikanten und schnellen Reduktion der kognitiven Distanz CD zwischen chinesischen und deutschen Mitarbeitern kommt. In der Teilhypothese 2.4 wurde konstatiert, dass ein hoher Interdependenzgrad ID gewählt werden sollte, da ein solcher einen hohen Spezifitätsgrad A und damit die in 2.1 bis 2.3 propagierten Effekte ermöglicht. Grundsätzlich ist auch dieser Zusammenhang im Kontext der Herstellerbeziehungen zu beobachten. So wurde von HUDORA in t = 2 ein wesentlich geringerer Interdependenzgrad ID2 und auch Spezifitätsgrad A2 gewählt als in der Folgeperiode (ID3 und A3). Der Teilhypothese 2.4 entsprechend, konnte wie oben dargestellt bei einem Vergleich der jeweiligen Folgeperioden t = 3 und t = 4 festgestellt werden, dass sowohl ∆CD = (CD2 – CD3) als auch ∆I = (I2 – I3) geringer waren als ∆CD = (CD3 – CD4) und ∆I = (I3 – I4). Hier ist jedoch anzumerken, dass sowohl ID3 als auch ID4 prinzipiell noch Steigerungspotential aufzuweisen scheinen. Als Indiz hierfür kann erstens angeführt werden, dass innerhalb der Beziehung zu der chinesischen Niederlassung ein noch größerer Interdependenzgrad identifiziert wurde, und es zweitens zu keinem Anstieg von ID3 auf ID4 kam. Es ist daher fraglich, ob HUDORA innerhalb der Herstellerbeziehungen tatsächlich den größtmöglichen Interdependenzgrad wählt. Dagegen spricht bspw. die Beobachtung, dass HUDORA die Anzahl Beziehungen zu unterschiedlichen Herstellern nicht reduziert, was jedoch wie dargestellt zu einem Anstieg des ID geführt hätte. Insgesamt kann hier daher davon ausgegangen werden, dass die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen 2.4 eher widersprechen, da hier zwar ein höherer Interdependenzgrad gewählt wird als in t = 1 und t = 2, jedoch ein höherer als der gewählte möglich gewesen wäre. Teilhypothese 2.4 kann durch die Beobachtungen bezüglich der chinesischen Niederlassung HUDORAs bestätigt werden. So wurde hier herausgestellt, dass ein großer bzw. größerer Interdependenzgrad ID als innerhalb der Herstellerbeziehungen festzustellen ist und auch der Spezifitätsgrad A größer ist als innerhalb der Herstellerbeziehungen. Mit der Argumentation unter Teilhypothese 2.4 übereinstimmend konnte gezeigt werden, dass es zu der propagierten Reduktion der kognitiven Distanz kommt, wobei diese auch größer als innerhalb der Herstellerbeziehungen zu sein scheint. Eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit wurde zumindest vermutet. Hier muss jedoch einschränkend festgestellt werden, dass nicht ganz klar wird, ob bzw. in welchem Maße die beobachtete starke Reduktion der CD auf die Ausprägungen von A und ID zurückzuführen ist, und welchen Anteil die gewählte Koordinationsform daran hat. Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass die Beobachtungen aus der Fallstudie die Hypothese 2A insgesamt bestätigen. Hier muss

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bezüglich der Analyse der HUDORA Asia Ltd. jedoch angemerkt werden, dass die Beobachtungen nicht ausreichen, um die Teilhypothesen 2.1 und 2.2 eindeutig zu belegen, jedoch nichts für eine Ablehnung spricht. Außerdem spricht die Analyse der Herstellerbeziehungen eher gegen 2.4. Dass hier dennoch von einer Bestätigung von 2A ausgegangen wird, liegt daran, dass die in 2.4 postulierte Wirkungs- bzw. Ausprägungsstärke zwar nicht der beobachteten zu entsprechen scheint, die grundsätzliche Wirkungsrichtung jedoch schon. In Hypothese 2B wurde konstatiert, dass aus dynamischer Sicht und zur Erreichung exploitativer Ziele eine Akteursbeziehung weniger marktlich bzw. hierarchischer ausgestaltet werden sollte. Diesbezüglich ist bei den einzelnen fundierenden Teilhypothesen darauf zu achten, ob diese jeweils für eine hierarchische und damit gegen eine marktliche und (in geringerem Maße) auch gegen eine hybride Koordination sprechen oder aber lediglich eine weniger marktliche Koordination propagieren, wobei hier dann Hybride gleich gut oder sogar besser geeignet sein können. In Teilhypothese 2.5 wurde aus einer Governanceperspektive heraus argumentiert, dass die Koordinationsform umso hierarchischer sein sollte, je größer die Spezifitätsgrade A sind. Dieser Behauptung widersprechen die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen eindeutig. So konnte hier festgestellt werden, dass die Koordinationsformen COO2, COO3 und COO4 aus einer Governanceperspektive allesamt als marktlich zu bezeichnen sind, obwohl sich der Spezifitätsgrad von A2 über A3 auf A4 sukzessive und signifikant erhöht. Es kommt also trotz signifikant steigender Spezifitätsgrade zu keiner Etablierung zusätzlicher formaler Sicherungsmechanismen. Ein anderes Bild ergeben die Beobachtungen der HUDORA Asia Ltd. Hier werden signifikante Spezifitätsgrade A eingesetzt und eine hierarchische Koordinationsform etabliert, was damit die Teilhypothese 2.5 bestätigt. Hier muss jedoch wieder einschränkend angemerkt werden, dass HUDORA längst nicht alle prinzipiell in der Hierarchie zur Verfügung stehenden formalen Sicherungsmechanismen einsetzt. In Teilhypothese 2.6 wurde behauptet, dass eine weniger marktliche Koordinationsform zu wählen ist, da der Markt im geringsten Maße dazu geeignet ist, Vertrauen aufzubauen. Diesbezüglich ist zunächst zu ergänzen, dass das größte Potential, Vertrauen aufzubauen, von hybriden Arrangements ausgeht, wobei die Hierarchie immer noch geeigneter ist als marktliche Arrangements. Außerdem ist hier anzumerken, dass die größeren Potentiale hybrider und hierarchischer Koordination im Vergleich zur marktlichen vornehmlich auf wissensbasierten Argumenten beruhen, während die Begründung des Unterschieds zwischen den beiden erstgenannten Modi die Governanceperspektive mit einschließt (Kap. B. II. 5. a) dd) und E. I. 4. b)).

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Vor diesem Hintergrund bestätigen die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen die Teilhypothese 2.6. Zwar wurde festgestellt, dass aus einer reinen Governanceperspektive hier von einer marktlichen Koordination auszugehen ist, die Herstellerbeziehungen jedoch aus einer wissensbasierten Perspektive, die ja maßgeblich für die Aussagen bezüglich der Potentialunterscheidungen im Hinblick auf den Vertrauensaufbau ist, als Hybride charakterisiert werden können. Der Teilhypothese 2.6 folgend sollte hier also eine entsprechende Reduktion der intentionalen Unsicherheit beobachtbar sein, was auch der Fall ist. So konnte festgestellt werden, dass die intentionale Unsicherheit von I3 auf I4 signifikant reduziert wird, was außerdem auch auf die in t = 3 gewählte hybride Koordinationsform zurückgeführt werden konnte. In diesem Kontext ist hier noch auf die obige Diskussion der Teilhypothese 2.2 zu verweisen, da im Zusammenhang mit dieser hier nun deutlich wird, dass die marktliche Ausgestaltung der Herstellerbeziehungen aus Governanceperspektive bzw. die damit einhergehenden geringen formalen Sicherungsmechanismen zusammen mit den hohen Spezifitätsgraden A3 sogar weiter positiv zum Aufbau von Vertrauen beiträgt. Diese Beobachtung legt damit eine differenzierende Erweiterung der Teilhypothese 2.6 nahe, indem hier die beiden Koordinationsperspektiven unterschieden werden könnten: So scheint eine Kombination einer marktlichen Ausgestaltung aus Governanceperspektive und einer hybriden aus wissensbasierter Perspektive optimal für den intertemporalen Vertrauensaufbau, was unter Rekurs auf die Gleichung (17.4) auch der Argumentation des Formalmodells entspräche. Die Teilhypothese 2.6 kann durch die Analyse bezüglich der chinesischen Niederlassung HUDORAs auch hier weder eindeutig be- noch widerlegt werden, da hier die Beobachtungen bezüglich des Aufbaus von Vertrauen nicht hinreichend sind. Wenn aber weiterhin angenommen wird, dass ein tatsächlicher Vertrauensaufbau zustande kommt, so stehen auch diese Beobachtungen im Einklang mit 2.6, da in diesem Fall eine hierarchische Koordinationsform mit hybriden Elementen gewählt wurde. In der Teilhypothese 2.7 wurde unter Bezug auf die relativen Managementkostenunterschiede zwischen den einzelnen Koordinationsmodi aus einer wissensbasierten Perspektive konstatiert, dass die Koordinationsform umso weniger marktlich sein sollte, je höher die Spezifitätsgrade A sind. Zwischen hybriden und hierarchischen Modi bestehen solche Unterschiede aber nicht (∂Mi / ∂A = ∂Mh / ∂A). Diese Behauptung entspricht den Beobachtungen aus der Fallstudie, da sowohl innerhalb der Herstellerbeziehungen hohe Spezifitätsgrade A3 und A4, als auch innerhalb der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. hohe A eingesetzt wurden und die Koordinationsformen Erstgenannter als hybrid sowie Letzterer als hierarchisch mit hybriden Elementen bestimmt wurden.

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In Teilhypothese 2.8 wurde postuliert, dass zur Erreichung exploitativer Ziele eine marktliche Koordinationsform relativ unvorteilhaft ist, da diese am wenigsten geeignet ist, die kognitive Distanz CD zu reduzieren. Der Argumentation aus dem Formalmodell folgend kann diese Behauptung dahingehend konkretisiert werden, dass zudem die hierarchische Koordination der hybriden vorzuziehen ist, da Erstere ein relativ größeres Reduktionspotenzial aufweist. Die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen widersprechen dieser Aussage offensichtlich, wenn davon ausgegangen wird, dass HUDORA ausschließlich oder zumindest vorrangig exploitative Ziele verfolgt, für deren Erreichung eine größtmögliche Reduktion der kognitiven Distanz CD vorteilhaft wäre. Zwar wird hier eine hybride, also weniger marktliche Koordinationsform ab t = 3 etabliert, und es kommt auch zu einer Reduktion von CD3 auf CD4, jedoch wurde auch deutlich, dass HUDORA keine hierarchische Koordination wählt oder anstrebt, obwohl angedeutet werden konnte, dass so eine größere Reduktion der kognitiven Distanz möglich gewesen wäre. Untermauert wird dieses Argument durch die Beobachtungen bezüglich der chinesischen Niederlassung. Hier wurde festgestellt, dass diese hierarchisch koordiniert wird und es zu einer größeren Reduktion der CD kommt als innerhalb der Herstellerbeziehungen. Während also die Analyse der HUDORA Asia Ltd. der Teilhypothese 2.8 in vollem Umfang entspricht, ist dies bei den Herstellerbeziehungen nur zum Teil der Fall. Zwar wird hier eine weniger marktliche Koordinationsform gewählt, was 2.8 entspricht, jedoch keine hierarchische, was 2.8 widerspricht. Zusammenfassend ist hier zunächst festzustellen, dass die obigen Ausführungen eine differenzierte Betrachtung der Hypothese 2B nahelegen, die aus den Unterschieden zwischen den Teilhypothesen hervorgeht. In 2B wurde konstatiert, dass eine Akteursbeziehung aus dynamischer exploitativer Sicht weniger marktlich bzw. hierarchischer auszugestalten ist. Diesbezüglich existiert jedoch ein bedeutender Unterschied: Eine weniger marktliche Ausgestaltung differenziert nämlich nicht zwischen hybriden und hierarchischen Koordinationsformen, während eine hierarchischere Ausgestaltung sowohl gegen eine marktliche als auch in geringerem Maße gegen eine hybride spricht. Sämtliche Teilhypothesen fundieren nun die Aussage in 2B, dass eine Akteursbeziehung weniger marktlich auszugestalten ist. Jedoch beziehen sich lediglich die Teilhypothesen 2.5 und 2.8 auf eine hierarchischere Ausgestaltung. Vor diesem Hintergrund führen die obigen Aussagen zu einem differenzierten Ergebnis bezüglich Hypothese 2B. So kann durch die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen und der chinesischen Niederlassung 2B insofern bestätigt werden, als dass es tatsächlich zu einer weniger marktlichen Ausgestaltung kommt. Die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen widersprechen jedoch 2.5 sowie 2.8 und damit auch 2B insofern,

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als dass gerade keine hierarchische Koordination zu beobachten ist. Die Analyse der HUDORA Asia Ltd. bestätigt hingegen 2B auch in diesem Punkt vollständig. So konnten hier den Teilhypothesen 2.5, 2.7 und 2.8 entsprechende Beobachtungen gezeigt werden. Teilhypothese 2.6 konnte hingegen weder eindeutig be- noch widerlegt werden, wobei auch hier einige Indizien für eine Bestätigung sprechen. In Hypothese 3A wurde konstatiert, dass aus dynamischer Sicht und unter Berücksichtigung explorativer Zwecke bzw. zur Generierung neuer Ressourcen N innerhalb von Akteursbeziehungen hohe Spezifitätsgrade A und mittlere Interdependenzgrade ID einzusetzen sind. Während die Vorteilhaftigkeit eines hohen A durch die Teilhypothesen 3.1 bis 3.3 fundiert wurde, beruht die Begründung für die Wahl eines mittleren ID vornehmlich auf der Teilhypothese 3.4 bzw. deren Herleitung. Hier kann zunächst festgestellt werden, dass die Beobachtungen innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase – insbesondere bei einer vergleichenden Betrachtung der Herstellerbeziehungen und der Beziehung zu der chinesischen Niederlassung – Hypothese 3A entsprechen. So konnte innerhalb dieser beiden Beziehungstypen der Einsatz hoher Spezifitätsgrade A identifiziert werden. Während jedoch innerhalb der einzelnen Herstellerbeziehungen ein Interdependenzgrad eher mittlerer Ausprägung festgestellt werden konnte, war dieser innerhalb der Beziehung zu der chinesischen Niederlassung wesentlich höher. Laut 3A sollten folglich innerhalb Letzterer keine oder zumindest wesentlich weniger neue Ressourcen N entwickelt werden als innerhalb der Herstellerbeziehungen, was innerhalb der Fallstudie auch so beobachtet werden konnte. In Teilhypothese 3.1 wurde konstatiert, dass zur Erreichung explorativer Zwecke der Einsatz hoher Spezifitätsgrade A vorteilhaft ist, da dieser intensive Interaktionen erforderlich macht oder ermöglicht, was sich positiv auf die Entwicklung von N auswirkt. Dieser Zusammenhang kann durch die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen eindeutig bestätigt werden. So wurde hier herausgestellt, das HUDORA hohe Spezifitätsgrade A3 einsetzt bzw. sogar höhere, als für die eigentliche Transaktion notwendig oder vorteilhaft gewesen wären, und es auch tatsächlich zur Entwicklung neuer Ressourcen N zwischen t = 3 und t = 4 kommt. Des Weiteren ging aus den Ausführungen auch eindeutig hervor, dass diese hohen A3 zu intensiven (persönlichen) Interaktionen zwischen den Herstellern und HUDORA führten, die wiederum die Entwicklung von N erst ermöglicht zu haben scheinen. Interessanterweise konnte jedoch auch der Einsatz hoher Spezifitätsgrade A bzw. sogar höherer A innerhalb der Beziehung zu der HUDORA Asia Ltd. beobachtet werden, innerhalb derer es jedoch zu keiner Entwicklung

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neuer Ressourcen N kam. Dies spricht damit gegen die Teilhypothese 3.1. Hier muss jedoch angemerkt werden, dass der Argumentation des Formalmodells folgend A nicht der einzige Einflussfaktor auf N ist, sondern Letzteres vielmehr zudem vom Interdependenzgrad ID und der kognitiven Distanz CD abhängt. Wie innerhalb der Diskussion bezüglich der Teilhypothese 3.4 sowie 3B noch gezeigt wird, nehmen diese Variablen eine ungünstige Ausprägung für die Entwicklung von N an, sodass es hier durchaus sein könnte, dass Letzteres den positiven Einfluss von A auf N dominiert und es daher zu keiner Entwicklung neuer Ressourcen N kommt. Daher bestätigen die Beobachtungen bezüglich der HUDORA Asia Ltd. Teilhypothese 3.1 zwar nicht, müssen diese jedoch auch nicht zwangsläufig widerlegen. In Teilhypothese 3.2 wurde behauptet, dass ein hoher Spezifitätsgrad A insbesondere für den Einsatz von N in der Folgeperiode vorteilhaft ist, da A eine Reduktion der intentionalen Unsicherheit I bis zur Folgeperiode (∆I > 0) und damit auch eine Reduktion der variablen Governancekosten G – die wie von A auch von N positiv beeinflusst werden – in dieser ermöglicht. Der positive Einfluss von A auf ∆I ist innerhalb der Herstellerbeziehungen eindeutig zu identifizieren, während die Beobachtungen bezüglich der HUDORA Asia Ltd. hierzu nicht hinreichend zu sein scheinen, jedoch auch hier einige Indizien für eine Bestätigung sprechen. Die Argumentation entspricht hier der oben bereits diskutierten Teilhypothese 2.2 und wird daher nicht wiederholt. Dass eine Reduktion von I auch positiv auf die Umsetzung von N bzw. die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N wirkt, kann aufgrund der Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen bestätigt werden. So wurde hier herausgestellt, dass es im Vergleich zu t = 3 in der Folgeperiode zum Einsatz höherer Spezifitätsgrade A4 kommt, wobei diese Steigerung erst durch die neu entwickelten Wissenssets N ermöglicht wurde. So wurde bspw. herausgestellt, dass es erst zu der Etablierung der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse – was für den Anstieg auf A4 verantwortlich war – kommt, da innerhalb der Herstellerbeziehungen im Zeitverlauf neue Wissenssets N entwickelt wurden. Des Weiteren wurde herausgestellt, dass trotz der Steigerung auf A4 nach wie vor eine marktliche Governanceform gewählt wird bzw. keine zusätzlichen Sicherungsmechanismen gegen opportunistisches Verhalten etabliert werden. Daher scheint hier der beobachtete Aufbau von Vertrauen bis t = 4 und die korrespondierende Reduktion der variablen Governancekosten G den vorteilhaften Einsatz von N ermöglicht zu haben. Bezüglich der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. kann dieser Zusammenhang nicht bestätigt werden, da hier weder die Entwicklung von N identifiziert noch eine intertemporale Reduktion von I eindeutig bestätigt werden konnten.

H. Fallstudie

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In Teilhypothese 3.3 wurde behauptet, dass ein hoher Spezifitätsgrad A vorteilhaft ist, da dieser zu einer intertemporalen Reduktion bzw. Überbrückung der kognitiven Distanz bis zur Folgeperiode ∆CD > 0 führt, was dann wiederum die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N positiv beeinflusst. Dass der hohe Spezifitätsgrad A3 zu einer Reduktion der kognitiven Distanz auf CD4 innerhalb der Herstellerbeziehungen führt, wird in der Fallstudie deutlich. Der gleiche Effekt ließ sich auch bei der HUDORA Asia Ltd. beobachten. Diesbezüglich sei auf die Diskussion der Teilhypothese 2.3 verwiesen, innerhalb der diese Effekte bereits dargelegt wurden. Dass sich die durch A ermöglichte Reduktion bzw. Überbrückung der CD in der Folgeperiode auch positiv auf die Entwicklung bzw. den Einsatz von N auswirkt, lässt sich auch durch die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen belegen. Besonders deutlich wurde dies bei der Diskussion der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse. Dort wurde herausgestellt, dass sich das im Zeitverlauf entwickelnde Verständnis der kognitiven Position des jeweils anderen, also der Aufbau der Fähigkeit, die kognitive Distanz zu überbrücken, positiv auf den Erfolg bzw. die Resultate der Workbookpraktik sowie der Lieferantenkongresse auswirkte. Bezüglich der HUDORA Asia Ltd. lassen sich diese Effekte nicht beobachten, da hier keine neuen Wissenssets N entwickelt werden. In Teilhypothese 3.4 wurde postuliert, dass ein mittlerer Interdependenzgrad zu wählen ist, da es bei der Entwicklung neuer Ressourcen zu zwei gegenläufigen Effekten kommt: Auf der einen Seite ist ein niedriger ID bei der Entwicklung von N vorteilhaft, da so die negativen Auswirkungen fehlgeschlagener Experimente auf andere Aktivitäten minimiert werden. Auf der anderen Seite hat solch ein niedriger ID aber auch negative Konsequenzen für die Entwicklung von N, da so die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N begrenzt bleibt. Auch diese Aussage lässt sich durch die Fallstudie bestätigen, wobei hierbei eine gemeinsame vergleichende Betrachtung der Herstellerbeziehungen und der HUDORA Asia Ltd. verstärkend wirkt. So konnte innerhalb der Analyse der Herstellerbeziehungen festgestellt werden, dass neue Ressourcen N entwickelt werden und der Interdependenzgrad ID einen mittleren Wert annimmt. Dabei wurde auch herausgestellt, dass diese Beobachtungen anscheinend zusammenhängen, was sich anhand des Beispiels der Workbookpraktiken verdeutlichen lässt. Hier wurde konstatiert, dass deren erfolgreiche Umsetzung bei einem Hersteller gerade deshalb vorteilhaft für HUDORA ist, da sie positiv auf mehrere Unternehmensfunktionen wirkt. So führt die so erreichte Qualitätsverbesserung bspw. dazu, dass sowohl bei den Kontrollaktivitäten als auch beim After-Sales-Service weniger Aufwand entsteht. Gleichzeitig führt die Etab-

482

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

lierung der Workbookpraktik dazu, dass die Umsetzung weiterer Produktideen HUDORAs im Zeitverlauf durch den gleichen Hersteller einfacher bzw. effizienter wird. Auf der anderen Seite war hier aber auch gerade bei der erstmaligen Etablierung der Workbookpraktik offenbar ein nicht allzu großer Interdependenzgrad wichtig. So wurde berichtet, dass einige Hersteller anfangs Probleme mit der Erstellung der Workbooks haben, in diesem Sinne also Experimente mit negativem Ausgang durchgeführt werden, die dann zu Liefer- oder Qualitätsproblemen führen können. Da HUDORA noch über Beziehungen zu anderen Herstellern verfügt, die unabhängig von der fokalen Beziehung sind, bleiben die potentiell negativen Konsequenzen auf Letzterer und damit auch für HUDORA aus einer Gesamtbetrachtung heraus begrenzt. Eine ähnliche Argumentation lässt sich auch bezüglich der Entwicklung von Produktideen führen, die von Herstellern an HUDORA herangetragen werden. Hier ist offensichtlich ein gewisser Interdependenzgrad der diesbezüglichen Aktivitäten bzw. Wissenssets insbesondere zu den Entwicklungsund Vertriebsaktivitäten sowie den diesbezüglichen Wissenssets HUDORAs erforderlich, damit Synergien mit anderen Produkten des Unternehmens erzielt werden können. Auf der anderen Seite ist es hier aber auch vorteilhaft, dass der Interdependenzgrad zu den Aktivitäten HUDORAs bezüglich anderer Produkte nicht zu groß ist, da sich so Probleme bei der Umsetzung der neuen Produktideen nicht oder nur begrenzt auf andere Bereiche negativ auswirken können. Die Aktivitäten bzw. die dahinterstehenden Wissenssets der HUDORA Asia Ltd. weisen hingegen, wie dargestellt, einen wesentlich größeren Interdependenzgrad zu weiteren Aktivitäten und Wissenssets HUDORAs auf. So führt die chinesische Niederlassung die Qualitätskontrolle bei sämtlichen chinesischen Herstellern HUDORAs aus, weshalb Veränderungen innerhalb der diesbezüglichen Aktivitäten und Wissenssets auch Auswirkungen auf die Aktivitäten in sämtlichen Herstellerbeziehungen und damit auch auf deren Ergebnisse haben können. Würde es folglich zu fehlgeschlagenen Experimenten bei der Qualitätskontrolle kommen, so könnte dies negative Konsequenzen für alle Herstellerbeziehungen und damit dann auch gravierende negative Folgen für den Vertrieb und After-Sales-Service haben. Daher liegt die Vermutung hier nahe, dass innerhalb der Beziehung mit der HUDORA Asia Ltd. keine Entwicklung neuer Wissenssets N beobachtet werden kann, da die aus potentiellen Fehlschlägen resultierenden negativen Konsequenzen zu gravierend wären. Insgesamt kann hier daher angenommen werden, dass ein Grund dafür, dass innerhalb der Herstellerbeziehungen neue Ressourcen N entwickelt werden und innerhalb der Beziehung zu der chinesischen Niederlassung

H. Fallstudie

483

nicht, ist, dass innerhalb Ersterer mittlere Interdependenzgrade ID3 und ID4 existieren, in Letzterer aber sehr hohe. Damit sprechen diese Beobachtungen dann für eine Bestätigung der Teilhypothese 3.4. In Hypothese 3B wurde behauptet, dass aus dynamischer Sicht und zur Erreichung explorativer Ziele eine hybride Koordinationsform am besten geeignet ist. Die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase sprechen insgesamt für eine Bestätigung dieser Hypothese, insbesondere dann, wenn die Analyse der ersten Internationalisierungsphase hier mit beachtet wird. So kann hier zunächst angeführt werden, dass eine Exploration im Sinne einer Entdeckung und Umsetzung neuer Ressourcen N weder innerhalb der rein marktlich koordinierten Beziehungen der ersten Internationalisierungsphase noch innerhalb der hierarchisch ausgestalteten Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. beobachtet werden kann. Zur Entwicklung von N kommt es hingegen in den hybrid koordinierten Herstellerbeziehungen der zweiten Internationalisierungsphase. Des Weiteren stehen diese Beobachtungen auch im Einklang mit der Herleitung der Hypothese 3B. Besonders deutlich wurde dies innerhalb der Analyse der Bedeutung der kognitiven Distanz CD sowie deren intertemporaler Veränderung ∆CD für die Entwicklung von N innerhalb der Herstellerbeziehungen. So konnte gezeigt werden, dass die kognitive Distanz CD3 sowie deren intertemporale Reduktion durch Überbrückung auf CD4 in besonderem Maße zur Entwicklung von N innerhalb dieser Beziehungen beiträgt. Dabei wurde auch deutlich, dass die hybride Koordination für die Art und Ausprägung von ∆CD maßgeblich verantwortlich war. So ermöglichte der hybride Modus einerseits, dass es zu intensiven persönlichen Interaktionen kam, durch die die signifikante Reduktion auf CD4 überhaupt erst realisiert werden konnte. Andererseits führte die hybride Koordination aber auch dazu, dass es nicht zu einer (zu) starken Annäherungen der kognitiven Positionen HUDORAs und des jeweiligen Herstellers kam, da Letzterer weiterhin Beziehungen zu anderen Akteuren unterhalten kann. Bestärkt wird diese Erklärung durch die Beobachtungen der marktlich koordinierten Herstellerbeziehungen in t = 1 und t = 2 sowie der hierarchischen Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. in t = 4. Bezüglich Ersterer konnte herausgestellt werden, dass es aufgrund der marktlichen Koordination in t = 1 und t = 2 zu keiner hinreichenden Reduktion der CD kommt, um N entwickeln zu können. Bei der Beziehung zur chinesischen Niederlassung wurde hingegen vermutet, dass es auch aufgrund der relativ schnellen Reduktion der CD zu keiner signifikanten Entwicklung von N kommt. Die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase stehen auch im Einklang mit den weiteren in der Herleitung angeführten Argumen-

484

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

ten für die relative Vorteilhaftigkeit der hybriden Koordination, um N zu entwickeln. Hier muss jedoch angemerkt werden, dass es sich diesbezüglich nicht unbedingt um eine direkte Bestätigung handelt. So wurde argumentiert, dass die zur Entwicklung von N notwendigen oder zumindest vorteilhaften relativ hohen Spezifitätsgrade A und mittleren Interdependenzgrade ID eine marktliche Koordination aufgrund der damit verbundenen Management- und Governancekosteneffekte relativ unvorteilhaft werden lassen, wohingegen die Hierarchie hier nur geringe Vorteile gegenüber dem Hybrid aufweist. Die diesbezügliche Argumentation entspricht der obigen Diskussion der Hypothese 2B sowie der zugeordneten Teilhypothesen und soll daher hier nicht detailliert wiederholt werden. Verkürzt konnte dort herausgestellt werden, dass HUDORA sich bewusst für einen Wechsel von der marktlichen Koordination in der ersten Internationalisierungsphase hin zur hybriden für die Herstellerbeziehungen in t = 3 und t = 4 entschied. Begründet wurde dies mit den zur Umsetzung eigener Produktideen notwendigen höheren Spezifitätsgraden A3 und A4 sowie Interdependenzgraden ID3 und ID4, die eine marktliche Koordination in der zweiten Internationalisierungsphase relativ unvorteilhaft hätten werden lassen. Des Weiteren wurde herausgestellt, dass für die Aktivitäten, die von der chinesischen Niederlassung durchgeführt werden, wesentlich höhere Spezifitätsgrade A und Interdependenzgrade ID notwendig oder vorteilhaft sind als für die Aktivitäten innerhalb der Herstellerbeziehungen und sich HUDORA daher für eine hierarchische Koordination entschied. Zusammengenommen impliziert dies, dass die hybride Koordination der Herstellerbeziehungen in t = 3 und t = 4 trotz höherer Fixkosten βh vorteilhafter ist als die marktliche, jedoch so geringe Nachteile gegenüber der Hierarchie bezüglich der variablen Koordinationskosten M und G aufweist, dass diese durch die geringeren Fixkosten (βh < βi) (über-)kompensiert werden. Zu Letzterem scheint die beobachtete Reduktion der intentionalen Unsicherheit von I3 auf I4 in besonderem Maße beigetragen zu haben, was ein weiteres Indiz für eine Bestätigung der Hypothese 3B darstellt. Abschließend kann hier daher festgehalten werden, dass die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase insgesamt für eine Bestätigung der Hypothese 3B sprechen, wobei hier die Ausführungen bezüglich der kognitiven Distanz CD von zentraler Bedeutung sind.

IV. Zusammenfassung der Hypothesendiskussion Im Folgenden wird die Diskussion der Hypothesen für beide Internationalisierungsphasen HUDORAs im Rahmen der Fallstudiendiskussion abschließend zusammengefasst. Eine solche integrative Betrachtung verspricht dabei neben einem umfassenden Überblick insbesondere deshalb einen

H. Fallstudie

485

Mehrwert, da so evtl. einige Ergebnisse aus der individuellen Diskussion der einzelnen Hypothesen unter Rekurs auf andere erklärbar werden, wodurch sich dann letztendlich Rückschlüsse auf die relative Bedeutung der einzelnen Hypothesen ziehen lassen. Die zusammenfassende Darstellung erfolgt dabei anhand der Abbildungen 26a und 26b. Abb. 26a und 26b entsprechen Abb. 21a und Abb. 21b, erweitert um die Darstellung der Ergebnisse der Hypothesendiskussion, die jeweils in der hinzugefügten rechten Tabelle schematisch eingetragen sind. Hier werden die Hypothesen, die mit den Beobachtungen aus der Fallstudie im Einklang stehen, mit „+“ für eine Bestätigung oder „+ / o“ für eine schwache Bestätigung gekennzeichnet. Festgestellte Widersprüche bzw. schwache Widersprüche werden dementsprechend mit „–“ respektive „– / o“ notiert. Waren die Beobachtungen nicht hinreichend für eine eindeutige Aussage, ist dies mit t = 1,2

t = 3,4 Hersteller

Tochter

Hypothese 1A (A, ID)

+

-/o

-

1.1 (A, ID) 1.2 (A)

+ +

-/o -/o

-

1.3 (A, ID)

+

-/o

-

Hypothese 2A (A, ID)

(+)

+

+

2.1 (A) 2.2 (A) 2.3 (A) 2.4 (ID)

(+) (+) (+) (+)

+ + + -/o

+/o +/o + +

Hypothese 3A (A)

(+)

+

(o)

Hypothese 3A (ID)

(+)

+

(+)

3.1 (A) 3.2 (A) 3.3 (A)

(+) (+) (+)

+ + +

(o) (+/o) (+)

3.4 (ID)

(+)

+

(+)

A, ID mit: + = Bestätigung; +/o = schwache Bestätigung; o = unzureichende Beobachtungen; -/o = schwacher Widerspruch; - = Widerspruch; (...) = indirekte(r ) ... Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 26a: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung der den Spezifitäts- und den Interdependenzgrad betreffenden Hypothesendiskussion

486

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells t = 1,2

t = 3,4 Hersteller

Tochter

Hypothese 1B

+

-/+

+

1.4 1.5

+ +

+

+/o +

Hypothese 2B

(+)

+/-

+

2.5 2.6 2.7 2.8

(+) (+) (+) (+)

+ + -

+ +/o + +

(+)

+

(+)

Hypothese 3B

Hypothese 3B

h

m

i

mit: + = Bestätigung; +/o = schwache Bestätigung; o = unzureichende Beobachtungen; -/o = schwacher Widerspruch; - = Widerspruch; (...) = indirekte(r ) ... Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 26b: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung der die Koordinationsform betreffenden Hypothesendiskussion

„o“ dargestellt. Notationen, die in Klammern „( )“ gefasst sind, sollen zum Ausdruck bringen, dass die Beobachtungen nur indirekt für (gegen) eine Bestätigung sprechen, was bedeutet, dass sie zwar (nicht) im Einklang mit den Hypothesen stehen, daraus jedoch nicht unbedingt eine Bestätigung (ein Widerspruch) abzuleiten ist.248 Wie ersichtlich wird, ergibt sich aus der gemeinsamen Betrachtung beider Internationalisierungsphasen ein eher widersprüchliches Bild bezüglich der auf einer statischen Argumentation beruhenden Hypothese 1A sowie den 248 Bspw. wurde in 3A behauptet, dass zur Entwicklung neuer Ressourcen N ein möglichst großer Spezifitätsgrad A zu wählen ist. Können nun innerhalb einer Akteursbeziehung sowohl hohe Spezifitätsgrade A als auch neu entwickelte Ressourcen N beobachtet werden, so spräche dies für eine direkte Bestätigung. Würden hingegen N, jedoch keine hohen A beobachtet, so würde dies 3A direkt widersprechen. Beides ist bspw. bei den Herstellerbeziehungen in der ersten Internationalisierungsphase nicht der Fall. Hier konnte aber festgestellt werden, dass es zu keiner Entwicklung von N kommt und auch keine hohen A eingesetzt werden. Diese Beobachtung steht somit zwar im Einklang mit 3A, bestätigt diese aber nicht direkt. Dies wird hier als indirekte Bestätigung bezeichnet.

H. Fallstudie

487

entsprechenden Teilhypothesen 1.1 bis 1.3. Dort wurde konstatiert, dass die kognitive Distanz CD sowie die intentionale Unsicherheit I den einzusetzenden Spezifitätsgrad A sowie den zu wählenden Interdependenzgrad ID determinieren, sodass A und ID umso geringer sein werden, je höher CD und I sind. Die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen in der ersten Internationalisierungsphase bestätigen 1A sowie 1.1 bis 1.3 in vollem Umfang. Hier konnte gezeigt werden, dass in t = 1 sowie t = 2 niedrige A1, A2, ID1 und ID2 gewählt wurden, da CD1, CD2, I1 und I2 sehr groß waren. Außerdem kam es zu einer eher geringfügigen Reduktion von CD1 auf CD2, was einen entsprechenden Anstieg von A1 auf A2 und ID1 auf ID2 zur Folge hatte. Die Analyse der zweiten Internationalisierungsphase und hier insbesondere die Beobachtungen bezüglich der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. widersprechen 1A sowie 1.1 bis 1.3 jedoch. In der Untersuchung der Herstellerbeziehungen ist zwar die in den Hypothesen behauptete Wirkungsrichtung – eine verringerte CD3 (CD4) im Vergleich zu CD2 (CD3) und Reduktion von I3 auf I4 führen zu Anstiegen von A2 (A3) und ID2 auf A3 (A4) sowie ID3 – beobachtbar, die Anstiege von A und ID sind jedoch aus statischer Sicht längst nicht in vollem Umfang durch die Veränderungen von CD und I erklärbar, sondern fallen wesentlich stärker aus. Ähnliches lässt sich auch bezüglich 1B sowie den zugehörigen Teilhypothesen 1.4 und 1.5 anführen. Hier wurde propagiert, dass die Koordination einer Akteursbeziehung umso marktlicher auszugestalten ist, je geringer A und ID sind. Während diese durch die Beobachtungen aus der ersten Internationalisierungsphase und zu einem geringeren Maße auch durch die Analyse der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. in der zweiten Phase bestätigt werden können, ergibt sich aus der Diskussion der Herstellerbeziehungen in der zweiten Phase ein widersprüchlicheres Bild. Hier wurde zwar die Teilhypothese 1.5 bestätigt, die auf einer wissensbasierten Argumentation beruht, jedoch musste der auf Argumenten der Governanceperspektive beruhenden 1.4 widersprochen werden. Insbesondere konnte hier gezeigt werden, dass trotz des signifikanten Anstiegs von A2 auf A3 und weiter von A3 auf A4 die Koordination aus Governanceperspektive marktlich blieb, also keine weiteren Sicherungsmechanismen etabliert wurden, was auch nicht (in vollem Umfang) durch entsprechenden Veränderungen der Vertrauensgrade I erklärbar war. Bei der Betrachtung der auf dynamischen Argumenten mit exploitativem Fokus basierenden Hypothese 2A sowie der zugehörigen Teilhypothesen 2.1 bis 2.4 ergibt sich ein wesentlich konsistenteres Bild. Hier wurde postuliert, dass im Vergleich zu einer statischen Perspektive höhere A und ID zu wählen sind, da sich so insbesondere CD und I intertemporal reduzieren lassen, was sich letztendlich positiv auf den Gesamtprofit über mehrere Perioden auswirkt. Dies konnte durch alle Beobachtungen aus der zweiten Interna-

488

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

tionalisierungsphase bestätigt werden. Auch die Untersuchungsergebnisse der ersten Phase stehen im Einklang mit 2A sowie 2.1 bis 2.4 bzw. bestätigen diese indirekt, wobei diesbezüglich anzumerken ist, dass in t = 1 und t = 2 geringere A1, A2, ID1 und ID2 gewählt werden, als dies 2A nahelegt, und es daher auch zu keinen oder allenfalls geringen intertemporalen Effekten bzw. Reduktionen von CD sowie I kommt. Bezüglich der dynamisch exploitativ motivierten Hypothese 2B ist zunächst noch einmal herauszustellen, dass diese differenziert zu betrachten ist. Während hier alle Teilhypothesen eine weniger marktliche, also eher hybride oder hierarchische Ausgestaltung einer Akteursbeziehung propagieren, als dies eine rein statische Sicht rechtfertigen würde, legen 2.5 und 2.8 darüber hinaus eine hierarchischere, also weniger marktliche und weniger hybride Koordination nahe. Dass nun eine Akteursbeziehung aus dynamischer exploitativer Sicht weniger marktlich auszugestalten ist (2.6 und 2.7), wird durch die Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase direkt bestätigt und steht auch im Einklang mit der Analyse der ersten Phase, wobei hier nur eine indirekte Bestätigung gefunden werden konnte. Dass eine solche Beziehung darüber hinaus auch eher hierarchisch koordiniert werden sollte (2.5 und 2.8), steht hingegen im Widerspruch zu den Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase, die trotz großer A- und relativ hoher ID-Werte hybrid ausgestaltet sind bzw. aus einer Governanceperspektive sogar marktlich koordiniert werden. Die Analyse der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. bestätigt jedoch wiederum auch die Teilhypothesen 2.5 und 2.8. In Hypothese 3A sowie den zugehörigen Teilhypothesen 3.1 bis 3.4 wurde propagiert, dass aus dynamischer explorativer Sicht höhere A einzusetzen sind als aus statischer Perspektive (3.1 bis 3.3), jedoch geringere ID zu wählen sind als aus dynamischer exploitativer Sicht (3.4), da sich dies jeweils positiv auf die Möglichkeit der Entwicklung neuer Ressourcen oder Wissenssets N innerhalb der Akteursbeziehung auswirkt. Dies konnte insbesondere durch die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase bestätigt werden und steht auch im Einklang mit den Untersuchungen aus der ersten Phase.249 Letzteres gilt dabei auch für die Analyse der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. Aus einer Betrachtung sämtlicher Beziehungen in beiden Internationalisierungsphasen kann darüber hinaus gefolgert werden, dass die (mittlere) Ausprägung des Interdependenzgrades ID von besonderer Bedeutung für die Entwicklung von N ist 249 Hier ist anzumerken, dass die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen in der ersten Internationalisierungsphase 3A nur indirekt bestätigen bzw. lediglich mit dieser im Einklang stehen, da hier sehr geringe A und ID sowie keine N identifiziert wurden.

H. Fallstudie

489

bzw. maßgeblich positiv zu dieser beiträgt. Dies ist der Fall, da allein innerhalb der Herstellerbeziehungen der zweiten Phase ein mittlerer ID und eine tatsächliche Entwicklung von N festzustellen war. Innerhalb der Beziehung zur HUDORA Asia Ltd. konnten hingegen sehr hohe Spezifitäts- und Interdependenzgrade, jedoch keine N identifiziert werden. Dies legt damit nahe, dass hier (auch) der hohe ID signifikant negativ auf die Entwicklungsmöglichkeit von N wirkt. In Hypothese 3B wurde behauptet, dass eine Akteursbeziehung aus dynamisch explorativer Sicht hybrid auszugestalten ist, da dies vorteilhaft im Vergleich zu einer marktlichen und hierarchischen Koordination für die Entwicklung von N ist. Maßgeblich für diese Aussage ist, dass die Entwicklung von N durch einen mittleren kognitiven Distanzgrad CD am ehesten ermöglicht wird und sich ein solcher am besten innerhalb hybrider Arrangements erreichen und aufrechterhalten lässt. Diese Hypothese wurde insbesondere durch die Beobachtungen der Herstellerbeziehungen in der zweiten Internationalisierungsphase bestätigt und steht darüber hinaus auch im Einklang mit den Untersuchungsergebnissen bezüglich der HUDORA Asia Ltd. sowie mit den Beziehungen in der ersten Phase. Diesen Abschnitt abschließend stellt sich hier nunmehr die Frage, wie die oben zusammengefassten einzelnen Ergebnisse der Fallstudiendiskussion aus einer Gesamtbetrachtung heraus interpretiert werden können. Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass sowohl die dem Formalmodell zugrunde liegenden Theorieperspektiven – die wissensbasierte, die sozioökonomisch fundierte und die Governanceperspektive – als auch die statische, dynamisch exploitative und dynamisch explorative Sichtweise allesamt für die Internationalisierungsentscheidung relevant zu sein scheinen. So konnten alle Hypothesen durch die Fallstudienbeobachtungen zumindest teilweise bestätigt werden. Es ergaben sich jedoch auch einige Ungereimtheiten, insbesondere bei der Überprüfung der statisch fundierten (1A und 1B) und der auf dynamische exploitative Aspekte bezogenen Hypothesen (2A und 2B) aus der vergleichenden Betrachtung der Untersuchungen der ersten und zweiten Internationalisierungsphase. Daraus lassen sich zwei weitere Schlussfolgerungen ableiten: Erstens kann angenommen werden, dass die Bedeutung oder Relevanz der angesprochenen Perspektiven von den Internationalisierungsphasen und damit vom Entwicklungsstadium der Internationalisierung beeinflusst wird, wobei dann die Variablen kognitive Distanz CD und intentionale Unsicherheit I die entscheidenden Determinanten sind. Wenn diese Variablen zu Beginn der Internationalisierung bzw. bei Markteintritt sehr groß sind, so dominieren statische Aspekte dynamische bzw. sind erfolgskritischer. Hier-

490

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

für spricht, dass die statisch fundierten Hypothesen 1A und 1B durch die Fallstudienbeobachtungen der ersten Internationalisierungsphase – innerhalb derer sehr hohe CD- und I-Werte identifiziert wurden – bestätigt werden konnten, während hier dynamische Effekte allenfalls in geringem Ausmaß zu finden waren. Dem entgegengesetzt konnten die dynamisch fundierten Hypothesen (2A, 2B, 3A und 3B) jedoch durch die Beobachtungen aus der zweiten Phase weitestgehend bestätigt werden, während sie 1A und 1B sogar eher widersprachen. Insgesamt legen diese Beobachtungen damit nahe, dass die relative Bedeutung der statischen und dynamischen Perspektiven für den Internationalisierungserfolg differenziert betrachtet werden sollte. Konkret kann hier vermutet werden, dass jeweils ein gewisser Grenzwert bezüglich des kognitiven Distanzgrades CD und des intentionalen Unsicherheitsgrades I besteht, ab dem die statische Perspektive hinreichend bzw. wesentlich erfolgskritischer ist als dynamische Effekte. So konnte in der Fallstudiendiskussion bspw. gezeigt werden, dass in der ersten Internationalisierungsphase CD und I so groß waren, dass die anscheinend vorteilhaften Ausgestaltungsentscheidungen bezüglich des Spezifitätsgrades A, des Interdependenzgrades ID und der Koordinationsform COO allenfalls geringe dynamische Effekte ermöglichten. Dies lässt vermuten, dass andere Entscheidungen, die prinzipiell stärkere positive intertemporale Effekte ermöglicht hätten, aus statischer Sicht so unvorteilhaft gewesen wären, dass diese auch aus einer Gesamtbetrachtung heraus suboptimal gewesen wären. Gestützt wird diese Vermutung durch eine integrative Betrachtung des Formalmodells. Daraus geht hervor, dass insbesondere das Konzept der kognitiven Distanz CD einen zentralen Stellenwert einnimmt, da CD sämtliche intertemporalen Effekte beeinflusst, die sich (indirekt) positiv auf den Gesamtprofit auswirken können, wobei diese Effekte jeweils umso geringer werden, je größer die CD ist. Vorteilhafte dynamische Effekte sind also umso kleiner, je größer CD ist. Auf der anderen Seite beeinflusst CD den Profit in einer Periode aber auch unmittelbar, und zwar sowohl innerhalb des Produktionskosten- und / oder Erlösterms als auch innerhalb des Koordinationskostenterms, wobei hier eine Vergrößerung von CD jeweils negativ auf den Profit wirkt. Dadurch erzeugt selbst der Einsatz hoher Spezifitätsgrade A bei einer großen CD nur geringe profitsteigernde intertemporale Effekte, während die unmittelbare profitsenkende Wirkung hoher A bei einer großen CD sehr stark ist. Anders formuliert, scheinen ab einem hinreichend großen CD- und I-Grad statische Überlegungen dynamische zu dominieren. Unterschreiten die Ausprägungen von CD und I jedoch diesen kritischen Wert, so scheinen dynamische Effekte größer und damit auch erfolgskritischer zu werden. Damit ergibt sich hier letztendlich die Schlussfolgerung, dass die relative Bedeutung dynamischer Aspekte für den Internationalisierungserfolg mit

H. Fallstudie

491

sinkenden CD- und I-Graden stetig zunimmt, sodass ab bestimmten kritischen CD- und I-Werten der Einbezug einer dynamischen Perspektive in das Entscheidungskalkül im Vergleich zu ausschließlich statischen Überlegungen vorteilhaft wird. Zweitens standen nicht alle Beobachtungen der zweiten Internationalisierungsphase im Einklang mit den dynamisch exploitativ motivierten Hypothesen 2A und 2B, was zur folgenden Schlussfolgerung führt: Während die Beobachtungen bezüglich der unternehmenseigenen Niederlassung 2A und 2B ausnahmslos bestätigten, jedoch keine direkte Bestätigung für die auf explorative Aspekte bezogenen Hypothesen 3A und 3B gefunden werden konnten, führte die Untersuchung der Herstellerbeziehungen zum entgegengesetzten Ergebnis. Hier wurden teilweise Widersprüche zu 2A und 2B identifiziert, 3A und 3B jedoch direkt bestätigt. Die Fallstudie bzw. die Aussagen der Gesprächspartner legen nun insgesamt nahe, dass die HUDORA Asia Ltd. vorrangig mit einer exploitativen Zielsetzung etabliert wurde, während innerhalb der Herstellerbeziehungen zumindest auch eine Exploration neuer Möglichkeiten bzw. Wissenssets gewollt oder als vorteilhaft erachtet wurde. Wird dies so akzeptiert, ergibt sich auch hier eine schlüssige Interpretation, die im Einklang mit den Aussagen des Formalmodells steht. Interessanterweise stehen nämlich die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen lediglich im Widerspruch zu den exploitativ fundierten Teilhypothesen 2.4, 2.5 und 2.8, die sich auf den Interdependenzgrad ID und die Koordinationsform COO beziehen. Bezüglich dieser Variablen besteht ein Konflikt zwischen exploitativer und explorativer Perspektive, was durch einen Vergleich von 2.4 und 3.4 sowie 2.5, 2.6 und 3B deutlich wird. Dementsprechend bestätigen die Beobachtungen bezüglich der Herstellerbeziehungen denn auch 3.4 und 3B. Daraus lässt sich letztendlich schlüssig folgern, dass es bei Ausgestaltungsentscheidungen zu einem Trade-off kommt, wenn exploitative Ziele mit explorativen kombiniert werden sollen: Je relativ vorteilhafter die Ausgestaltungsentscheidungen bezüglich der Variablen ID und COO für das Erreichen exploitativer Ziele ist, umso relativ unvorteilhafter sind sie für explorative Zwecke. Hier muss jedoch einschränkend ergänzt werden, dass dies nur ab einem gewissen Interdependenzgrad ID bzw. ab dessen mittlerer Ausprägung gilt und lediglich für einen Vergleich hybrider und hierarchischer Koordination. Bei einem sehr geringen ID ist eine Steigerung aus beiden Perspektiven vorteilhaft; sowohl Hybride als auch die Hierarchie sind aus exploitativer und explorativer dynamischer Sicht relativ vorteilhaft gegenüber marktlichen Arrangements. Dieses Kapitel abschließend, ist hier noch auf zwei wesentliche Einschränkungen bezüglich der Überprüfung der Aussagen des Formalmodells anhand der Fallstudienbeobachtungen hinzuweisen:

492

Teil 3: Empirische Überprüfung der Aussagen des Formalmodells

Zum einen konnten die mit der Umweltunsicherheitsvariablen U verbundenen Effekte anhand der Fallstudie nicht zufriedenstellend diskutiert werden. Dies liegt daran, dass lediglich (grobe) Anhaltspunkte für die Beurteilung der Ausprägung von U identifiziert werden konnten, was sich insbesondere negativ auf die Qualität der Beurteilung intertemporaler Veränderungen von U ausgewirkt haben könnte. Hierbei scheint vor allem negativ ins Gewicht zu fallen, dass weder mit HUDORA vergleichbare Unternehmen noch ein Engagement HUDORAs auf anderen Märkten beobachtbar waren, was jedoch evtl. durch einen entsprechenden Vergleich zu einer fundierteren Einschätzung von U hätte beitragen können. Als Indiz für eine evtl. zu rudimentäre Charakterisierung von U innerhalb der Fallstudie kann hier angeführt werden, dass keine signifikanten Veränderungen von U identifiziert wurden, was aufgrund des langen Betrachtungszeitraumes eher unwahrscheinlich erscheint. Daher muss hier letztendlich davon ausgegangen werden, dass es zumindest möglich ist, dass einige Beobachtungen auch durch nicht identifizierte Veränderungen des Umweltunsicherheitsgrades erklärbar sein könnten. Zum anderen konnten innerhalb der Fallstudie kaum Anhaltspunkte für die in der formalen Diskussion dargestellten unterschiedlichen Funktionen einer dritten Partei gefunden werden. Hier wurde lediglich die Arbitragefunktion durch die Trader in der ersten Internationalisierungsphase identifiziert. Bis auf diese konnten daher auch die mit dem Einsatz einer dritten Partei verbundenen Effekte, die in der formalen Diskussion postuliert wurden, anhand der Fallstudienbeobachtungen nicht überprüft werden.

I. Abschließende Betrachtung Thema der vorliegenden Arbeit war die Ausgestaltung internationaler Aktivitäten von Unternehmen, die als koordinative Ausgestaltung grenzübergreifender Akteursbeziehungen angesehen werden kann. Ziel war es, kritische Erfolgsfaktoren für die Ausgestaltung solcher Beziehungen herauszuarbeiten. Nachdem in Kap. A. I. zunächst die Relevanz des Themas aufgezeigt wurde, konnte die Ausgestaltung in Kap. A. III. anhand der Outsourcing- und der Offshoringdimension bzw. des Internationalisierungsund Internalisierungsgrades systematisiert werden, um in Kap. A. IV. die Höhe des für den fokalen Akteur generierbaren Mehrwertes als generelles Erfolgsmaß einzuführen, die sich aus dem potentiellen Mehrwert sowie dessen Realisierungsgrad und aneignungsfähigen Anteil bestimmt. Durch den so aufgespannten allgemeintheoretischen konzeptionellen Rahmen konnte die Diskussion der im vorliegenden Kontext wesentlichen internationalisierungstheoretischen Ansätze in Kap. B strukturiert werden. Ziel war es dort, die die Internationalisierungs- und / oder Internalisierungsdimension betreffenden Variablen zu identifizieren, die die Höhe des potentiellen Mehrwertes innerhalb einer internationalen Akteursbeziehung, dessen Realisierungsgrad und / oder Aneignungsfähigkeit durch den fokalen Akteur bestimmen. Von besonderem Interesse war dabei, ob und wie ein Entscheidungsträger des fokalen Unternehmens diese Variablen beeinflussen kann. Die Diskussion in Kap. B zeigte zunächst, dass es keine umfassende und allgemein akzeptierte Internationalisierungstheorie gibt, sondern mehrere, teilweise als konfliktär angesehene Ansätze existieren, anhand derer unterschiedliche Phänomene der Internationalisierung von Unternehmungen diskutiert werden. Diesbezüglich konnte jedoch herausgearbeitet werden, dass die vorgestellten Ansätze sich größtenteils transaktionskostentheoretisch fundierter Argumente bedienen und / oder sich auf Erklärung der ressourcenbzw. wissensbasierten Perspektive – der sogenannte Resource-based View sowie seine Weiterentwicklungen – stützen. Dabei werden diese beiden Theoriefundamente meist zur Erörterung distinkter Internationalisierungsaspekte genutzt, was letztendlich bedeutet, dass sie eher komplementär denn konfliktär zueinander stehen. Außerdem lassen sich diese beiden Theoriestränge im Bezug auf die Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen erkenntnissteigernd durch

494

I. Abschließende Betrachtung

die beiden Konzepte eines möglichen Aufbaus von Vertrauen sowie der kognitiven Distanz und deren Veränderung ergänzen. Diese sind eher sozioökonomisch respektive neuropsychologisch motiviert und daher nicht unbedingt zum Kern der Transaktionskostentheorie und einer wissensbasierten Perspektive zu zählen. Es konnte jedoch deutlich herausgestellt werden, dass der Aufbau von Vertrauen Anknüpfungspunkte zur Transaktionskostentheorie aufweist und das Konzept der kognitiven Distanz vornehmlich einer wissensbasierten Perspektive zugeordnet werden kann. Das zweite wesentliche Resultat der Diskussion in Kap. B war, dass eine rein statische Betrachtung der Mehrwertgenerierungsaspekte bei der Internationalisierung nicht hinreichend ist, um kritische Erfolgsfaktoren der Ausgestaltung von grenzübergreifenden Akteursbeziehungen umfassend identifizieren zu können. Vielmehr wurde deutlich, dass zu diesem Zweck der Einbezug dynamischer Effekte notwendig ist. Diesbezüglich konnte zunächst gezeigt werden, dass eine statische und exploitative Analyse um explorative Aspekte – also die Möglichkeit, Neues innerhalb einer Beziehung zu entdecken und entwickeln – ergänzt werden sollte, was eine intertemporale Betrachtung notwendig macht. Daneben sprechen insbesondere die erwähnten neuropsychologisch und sozioökonomisch fundierten Komplemente für eine Dynamisierung, selbst wenn lediglich exploitative Aspekte relevant sind. So wurde herausgestellt, dass der Vertrauensgrad sowie Wahrnehmungsunterschiede bzw. das Verhältnis der kognitiven Positionen zwischen den Parteien innerhalb einer Akteursbeziehung den generierbaren Mehrwert beeinflussen, wobei diese beiden Variablen intertemporal endogen veränderbar sind. Dies bedeutet, dass ein Akteur durch seine Ausgestaltungsentscheidungen sowohl den Vertrauens- als auch den kognitiven Distanzgrad differenziert intertemporal beeinflussen kann, was dann wiederum bedeutende Implikationen für den – aus einer längerfristigen Perspektive heraus betrachteten – generierbaren Mehrwert innerhalb einer internationalen Akteursbeziehung hat. Interessanterweise wurde innerhalb der Literaturdiskussion aber auch deutlich, dass Vertrauen und die kognitive Distanz innerhalb der dominanten Internationalisierungsansätze nicht oder nur am Rande Beachtung finden. Arbeiten, die auf diese beiden Konzepte fokussieren, scheinen hingegen zumindest einige transaktionskostentheoretisch fundierte und / oder wissensbasierte Argumente zu vernachlässigen bzw. diese nicht in Verbindung zu ihrem primären Fokus zu setzen. Der dritte aus der Diskussion in Kap. B resultierende Punkt ergibt sich sozusagen als Synthese der beiden oben angesprochenen. Es konnten nämlich keine Ansätze identifiziert werden, die sämtliche dargestellten Aspekte der Internationalisierung bzw. alle herausgearbeiteten Variablen und deren Interaktionen aus statischer sowie aus dynamischer Sicht beachten und in-

I. Abschließende Betrachtung

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tegrativ in Verbindung zueinander setzten.250 Aufgrund des weitestgehend komplementären Charakters der Argumente scheint dies aber möglich und wegen der signifikanten Bedeutung einzelner Aspekte sowie möglicher Interaktionseffekte sinnvoll. Eine solche integrative Betrachtung der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen war die Zielsetzung für den anschließenden Teil 2 der vorliegenden Arbeit, in dem die einzelnen Aspekte bzw. in Kap. B identifizierten Variablen in ein formaltheoretisches Modell integrierten wurden. Die dazu verwendete neoklassisch inspirierte Modellierung einer ökonomischen Akteursbeziehung beinhaltet eine Produktions- und eine Koordinationsseite als wesentliche Elemente, die gemeinsam den Profit determinieren. Damit existiert hier eine direkte Verbindung mit den in Kap. A. IV. diskutierten Mehrwertgenerierungsaspekten, weil die Produktionsseite vor allem die Höhe des Mehrwertpotentials bestimmt, während sich die Aneignungsaspekte auf die Koordinationsseite beziehen. Der Realisierungsgrad des Mehrwertpotentials wird von Faktoren auf Produktions- und Koordinationsseite beeinflusst. Eine solche Formalisierung erlaubt dabei eine größere analytische Klarheit bezüglich des Zusammenspiels der in Kap. B herausgestellten Variablen als bspw. durch das heuristischere, eher auf einer qualitativen Argumentation basierende eklektische Paradigma. In Kap. C wurden zunächst die transaktionskostentheoretisch fundierten Argumente aus der Literaturdiskussion bzw. die identifizierten Variablen in die formale Darstellung überführt. Dort nahm insbesondere der Spezifitätsgrad der innerhalb einer Akteursbeziehung eingesetzten Anlagen A einen zentralen Stellenwert ein. Während A auf der Produktionsseite die Höhe des potentiellen und realisierbaren Mehrwertes über eine entsprechende Produktionskostensenkung und / oder Erlössteigerung in Abhängigkeit von A bestimmt (∂CPRO / ∂A < 0 und / oder ∂R / ∂A > 0), determiniert A auf der Koordinationsseite die Aneignungsfähigkeit, was anhand des positiven Einflusses von A auf die variablen Governancekosten G konzeptionalisiert wurde (∂G / ∂A > 0). Damit wirkt der Einsatz von A auf Produktionsseite profitsteigernd und auf Koordinationsseite profitsenkend, wobei der erstgenannte Effekt koordinationsformenunabhängig ist, letztgenannter jedoch in Abhängigkeit der gewählten Governanceform – Markt m, Hybrid h oder Hierarchie i – variiert (∂Gm / A > ∂Gh / ∂A > ∂Gi / ∂A). Diese Governancekosten Gm, 250 Zwar wurde Kap. B. anhand des eklektischen Paradigmas strukturiert, das als eine Art Metarahmen auch für die hier diskutierten Internationalisierungsansätze betrachtet werden kann, jedoch kann dieses Paradigma nicht als integratives Modell angesehen werden, da hier die einzelnen Ansätze nebeneinander stehen. Außerdem verweist selbst Dunning darauf, dass dynamische Internationalisierungsaspekte bisher allenfalls rudimentär behandelt werden (Dunning 2000; Dunning / Lundan 2010).

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Gh und Gi steigen zudem ungleich stark bei einer entsprechenden Erhöhung des Umweltunsicherheitsgrades U (∂Gm / ∂U > ∂Gh / ∂U > ∂Gi / ∂U) und / oder des intentionalen Unsicherheitsgrades I an (∂Gm / ∂I > ∂Gh / ∂I > ∂Gi / ∂I), wobei alle drei Variablen A, I und U innerhalb von G multiplikativ verknüpft sind. Da diesen Governanceformen auch unterschiedlich hohe Fixkosten (βm < βh < βi) zugerechnet werden, die unabhängig von A, I und U sind, kann es letztendlich bei verschiedenen Ausprägungskombination dieser Variablen zu jeweils anderen profitmaximierenden Governancemodi kommen. Sowohl die Auswahl einer Koordinationsform als auch der Spezifitätsgrad stellen hier Entscheidungsvariablen dar. U sowie I sind hingegen exogen und Letztere darüber hinaus konstant maximal ausgeprägt, was den Annahmen der TCE über die Opportunismusneigung von Akteuren Rechnung trägt. Die wesentliche Konsequenz der Diskussion in Kap. C. für die Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen kann wie folgt grob zusammengefasst werden: Ohne jeglichen Einsatz spezifischer Anlagen wird aufgrund des Fixkostenverhältnisses eine marktliche Koordination relativ vorteilhafter sein als eine hybride, die wiederum relativ vorteilhafter ist als die Hierarchie. Ist durch den Einsatz spezifischer Anlagen eine Produktionskostensenkung und / oder Erlössteigerung möglich und existiert ein Mindestmaß an Umweltunsicherheit, so wird die Hierarchie sukzessive relativ vorteilhafter als hybride Modi, die wiederum relativ vorteilhafter werden als marktliche Arrangements, je größer der Spezifitätsgrad ist. Wird mindestens ein geringer Spezifitätsgrad eingesetzt, so kommt es zum gleichen Ergebnis in Bezug auf eine Änderung der Umweltunsicherheit. Da die intentionale Unsicherheit als maximal ausgeprägt und unveränderlich angenommen wird, existieren hier eigentlich keine Effekte. Es wird jedoch deutlich, dass eine Senkung von I – so denn der Aufbau von Vertrauen möglich wäre – die oben postulierten Verhältnisse der Governanceformen untereinander bezüglich A und U relativieren würde: Je weiter I sinkt, umso relativ höher können die Aund / oder U-Grade sein, bei denen eine marktliche respektive hybride immer noch vorteilhaft gegenüber der Hierarchie bleibt. Anhand der formaltheoretischen Modellierung in Kap. C. konnten auch die in Kap. B. bereits angesprochenen (möglichen) Unzulänglichkeiten der ausschließlich TCE-basierten Argumentation für die Diskussion internationaler Akteursbeziehungen verdeutlicht werden, die eine Integration weiterer Theorieelemente notwendig erscheinen lassen. Insbesondere wurde dort gezeigt, dass unklar bleibt, wie sich das mit dem Spezifitätsgrad A verbundene Produktionskostenreduzierungs- und / oder Erlössteigerungspotential bestimmt. Außerdem wurde opportunismusunabhängigen Koordinationskosten keine Bedeutung zugemessen. Ein weiterer besonders kritischer Punkt war die rein statische Perspektive, die mögliche intertemporale Effekte aus

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der Betrachtung ausschließt. Diesbezüglich ist vor allem die Unveränderlichkeit der intentionalen Unsicherheit I zu nennen, die damit einen Aufbau von Vertrauen grundsätzlich ausschließt, sowie die Nichtbeachtung der Möglichkeit, im Zeitverlauf etwas „Neues“ bzw. neue Ressourcen und Wissenssets innerhalb einer Akteursbeziehung zu explorieren. Aufgrund der somit ersichtlichen Erweiterungsnotwendigkeit der formaltheoretischen Modellierung erfolgte in Kap. D. zunächst die Integration der statischen Argumente, die in Kap. B. der wissensbasierten Perspektive zugeordnet wurden, wobei hier auch das eher neuropsychologisch fundierte Konzept der kognitiven Distanz mit einbezogen wurde. Zunächst konnte gezeigt werden, dass die beiden Theoriefundamente bezüglich der für die formale Modellierung wesentlichen Aspekte kongruent und daher prinzipiell integrierbar sind, wenn akzeptiert wird, dass in beiden Perspektiven die Akteursbeziehung als maßgebliche Analyseeinheit angesehen werden kann und der Spezifitätsbegriff sich letztendlich auf den Implizitätsgrad von eingesetzten Wissenssets bezieht. Der Einbezug statischer wissensbasierter Argumente ermöglichte sodann auf der Produktionsseite die Erklärung des mit dem Spezifitätsgrad A verbundenen Erlössteigerungs- und / oder Produktionskostenreduzierungspotentials, das bereits durch die Parameter δ und / oder α beschrieben wurde. Dieses Potential und damit der (gerade noch) vorteilhafte Spezifitätsgrad wird zum einen vom Interdependenzgrad der Wissenssets oder Aktivitäten innerhalb der Akteursbeziehung mit anderen den Beziehungspartnern zur Verfügung stehenden Sets oder von diesen durchgeführten Aktivitäten ID determiniert, wobei der vorteilhafte Spezifitätsgrad umso höher ist, je größer ID ist (∂δ / ∂ID > 0 und ∂α / ∂ID > 0). Zum anderen ist hier die Distanz zwischen den kognitiven Positionen der involvierten Parteien CD maßgeblich, wobei der vorteilhafte Spezifitätsgrad umso höher ist, je geringer CD ist (∂δ / ∂CD < 0 und ∂α / ∂CD < 0). Auf Koordinationsseite wurden in Kap. D. zusätzlich zu den variablen Governancekosten G, die nicht verändert wurden, noch variable Managementkosten M eingeführt, die der Notwendigkeit Rechnung tragen, dass Handlungen innerhalb einer Akteursbeziehung auch bei vollständiger Abwesenheit opportunistischen Verhaltens koordiniert werden müssen. M wird dabei positiv von den Variablen A, CD, ID und U beeinflusst, die auch hier multiplikativ miteinander verknüpft sind. Die Managementkosten steigen also mit zunehmendem Spezifitäts-, kognitivem Distanz-, Interdependenzund / oder Umweltunsicherheitsgrad an (∂M / ∂A > 0, ∂M / ∂CD > 0, ∂M / ∂ID > 0 und ∂M / ∂U). Wie schon bei den Governancekosten, wird auch dieser Anstieg der Managementkosten durch eine Veränderung der Variablen in Abhängigkeit der gewälten Koordinationsform Mm, Mh oder Mi unterschied-

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lich stark ausgeprägt sein (∂Mm / ∂A > ∂Mh / ∂A = ∂Mi / ∂A, ∂Mm / ∂CD < ∂Mh / ∂CD < ∂Mi / ∂CD, ∂Mm / ∂ID > ∂Mh / ∂ID = ∂Mi / ∂ID und ∂Mm / ∂U > ∂Mh / ∂U = ∂Mi / ∂U). Bezüglich der relativen Vorteilhaftigkeiten der Koordinationsformen untereinander ergeben sich durch den Einbezug wissensbasierter Argumente somit im Vergleich zu Kap. C. kaum konfliktäre Aussagen; lediglich der Einfluss der kognitiven Distanz CD ist hier entgegengesetzt. Aufgrund des Einflusses von CD auf der Produktionsseite (∂δ / ∂CD < 0 und ∂α / ∂CD < 0) ergibt sich jedoch auch diesbezüglich letztendlich keine signifikante Änderung. Die Wahl einer bestimmten Koordinationsform sowie des einzusetzenden Spezifitätsgrades stellen hier weiterhin Entscheidungsvariablen dar, wobei zusätzlich auch der Interdependenzgrad ID (innerhalb gewisser Grenzen) als vom fokalen Akteur wählbar konzeptionalisiert wurde. Der Umweltunsicherheitsgrad U ist hier weiterhin und der kognitive Distanzgrad CD ist zusätzlich eine durch den Entscheidungsträger nicht beeinflussbare Variable. Auch der intentionale Unsicherheitsgrad I bleibt exogen, womit deutlich wird, dass auch die erfolgte Integration statischer wissensbasierter Argumente nicht ausreicht, einen potentiellen Aufbau von Vertrauen zu modellieren bzw. dessen Determinanten zu diskutieren. Gleiches gilt für die Exploration neuer Möglichkeiten bzw. Wissenssets. Hinzu kommt nun auch noch, dass die kognitive Distanz zwar als bedeutende mehrwertbestimmende Variable eingeführt wurde, eine offensichtlich durch das Sammeln von Erfahrungen mögliche intertemporale Veränderung der kognitiven Positionen der Beziehungspartner aber noch nicht erklärbar ist. Um auch die drei letztgenannten Aspekte innerhalb der formaltheoretischen Modellierung diskutieren zu können, erfolgte in Kap. E. eine dynamische Erweiterung durch die Ausdehnung auf ein zweiperiodiges Modell (π = πt = 1 + πt = 2). Zunächst wurden im weiterhin auf exploitative Aspekte fokussierten Kap. E. I. insbesondere die Möglichkeiten einer intertemporalen Veränderung des intentionalen Unsicherheitsgrades ∆I = (I1 – I2) und der kognitiven Distanz ∆CD (CD1 – CD2) analog zu den Ausführungen in Kap. B modelliert. Der Aufbau von Vertrauen (∆I > 0) wird negativ von der kognitiven Distanz CD (δ∆I / δCD1 < 0) und positiv vom Spezifitätsgrad A (δ∆I / δAt = 1 > 0), dem Umweltunsicherheitsgrad U (δ∆I / δU1 > 0) und der gewählten Koordinationsform (δ∆I / δCOO1 < 0) beeinflusst, wobei die Wirkung der koordinativen Ausgestaltung unterschiedlich stark ausgeprägt sein wird, je nachdem welcher Modus gewählt wurde (δ∆I / δCOOh1 > δ∆I / δCOOi1 > δ∆I / δCOOm1). Letzteres gilt auch bezüglich einer intertemporalen Reduktion der kognitiven Distanz, die positiv und unterschiedlich stark von der Koordinationsform beeinflusst wird (δ∆CD / δCOO1 > 0 und δ∆CD / δCOOi1

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> δ∆CD / δCOOh1 > δ∆CD / δCOOm1). Zudem ermöglicht ein höherer Spezifitätsgrad A eine größere Reduktion von CD (δ∆CD / δA1 > 0). Damit werden unter Einbezug der dargestellten dynamischen Effekt Aussagen über die relativen Vorteilhaftigkeitsverhältnisse der Koordinationsformen komplexer. Bspw. hat der Aufbau von Vertrauen über die so vermittelte Reduktion der Governancekosten G positive Auswirkungen auf den Profit. Da hybride Modi den größtmöglichen Vertrauensaufbau erlauben, sind sie aus einer auf diesen Effekt begrenzten Sichtweise relativ vorteilhafter als die Hierarchie. Anders ausgedrückt, werden die variablen Governancekosten G als Vorteilhaftigkeitsdeterminanten der Koordinationsformen um so unbedeutender, je größer das aufgebaute Vertrauen ist, wodurch sich insbesondere die diesbezüglichen Unterschiede zwischen Hierarchie und Hybriden relativieren bzw. zugunsten von Hybriden verschieben. Ein genau gegenteiliges Bild ergibt sich jedoch aus einer Betrachtung der Reduzierungsmöglichkeit der kognitiven Distanz, bei der die bereits aus Kap. C. und D. hervorgehenden Vorteilhaftigkeitsverhältnisse noch verstärkt werden. In Kap. E. II. wurde dann die zwar bereits dynamische, aber bis dato rein exploitative Modellierung um den explorativen Aspekt des Entdeckens und Entwickelns neuer Ressourcen und Wissenssets N innerhalb einer Akteursbeziehung erweitert. Dazu wurde der Parameter η eingeführt, der die Entdeckungs- und Entwicklungskosten für N in t = 1 approximieren sollte. Die Vorteilhaftigkeit des Einsatzes von N wurde dann in t = 2 vergleichbar mit der von A modelliert. Dabei nahm das Konzept der kognitiven Distanz einen zentralen Stellenwert ein. Während für die Exploitation eine möglichst geringe CD vorteilhaft ist (∂α / ∂CD < 0 und / oder ∂δ / ∂CD < 0 sowie ∂M / ∂CD > 0), ist für die Exploration eine hinreichend große CD notwendig, auf die außerdem der Spezifitätsgrad A positiv wirkt (∂η / ∂CD1 < 0 und ∂η / ∂A1 < 0). Des Weiteren verändert sich auch der Einfluss des Interdependenzgrades ID auf den generierbaren Mehrwert unter Einbezug explorativer Aspekte im Vergleich zu einer rein exploitativen Betrachtung. Während bezüglich letzterer ID auf Produktionsseite das Erlössteigerungs- und / oder Produktionskostenreduzierungspotential durch den Einsatz prinzipiell bereits vorhandener Wissenssets A und damit den Profit positiv beeinflusst (∂α / ∂ID > 0 und / oder ∂δ / ∂ID > 0), wirkt sich eine Steigerung von ID auf die Exploration neuer Wissenssets negativ aus (∂η / ∂ID1 > 0). Durch diese Erweiterung um explorative Aspekte müssen die vorherigen Aussagen bezüglich der Vorteilhaftigkeit bestimmter Ausgestaltungsentscheidungen damit evtl. substantiell verändert werden, je nachdem welche Bedeutung die Exploration neuer Wissenssets im Vergleich zur Exploitation vorhandener hat bzw. welcher Stellenwert Ersterer vom Entscheidungsträger beigemessen wird. Grob vereinfacht lässt sich das Ergebnis der Diskussion

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in Kap. E. II. daher wie folgt zusammenfassen: Je bedeutender die Exploration neuer Wissenssets für den (längerfristigen) Internationalisierungserfolg eines Unternehmens ist, umso relativ vorteilhafter wird eine hybride Ausgestaltung einer internationalen Akteursbeziehung gegenüber einer hierarchischen, wenn die Koordinationsform zwischen den Zeitperioden nicht oder nur zu sehr hohen Kosten änderbar ist. Unter Einbezug explorativer Aspekte ergibt sich somit ein Trade-off bei gemeinsamer Verfolgung exploitativer und explorativer Ziele zwischen den koordinativen Ausgestaltungsvarianten Hybrid und Hierarchie. Die formale Modellierung abschließend erfolgte in Kap. F. eine Diskussion der unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten und resultierender Effekte eines Tertius gaudens. Teil 3 der vorliegenden Arbeit widmete sich der empirischen Überprüfung der in Teil 2 herausgearbeiteten kritischen Faktoren für den Internationalisierungserfolg anhand einer Fallstudiendiskussion. Zu diesem Zweck wurden die wesentlichen Argumente der formalen Modelldiskussion in Kap. G. in Hypothesen überführt. In Kap. H. erfolgte dann die Fallstudiendiskussion zum Zweck der empirischen Überprüfung des formaltheoretischen Modells anhand dieser Hypothesen. Dort wurde die Internationalisierung des deutschen Familienunternehmens HUDORA und dabei insbesondere der Entwicklung von Akteursbeziehungen mit in der VR China ansässigen Herstellern über einen längeren Zeitraum hinweg dargestellt. Dabei konnten zwei aufeinander aufbauende Entwicklungsphasen identifiziert werden, die sich durch die beobachteten Beziehungstypen unterscheiden und jeweils in zwei Perioden unterteilt wurden, um der formalen Modellierung gerecht zu werden. In der ersten Phase bezieht HUDORA standardisierte Produkte von Herstellern in der VR China, wobei diese Beziehungen marktlich ausgestaltet sind und anfangs über eine dritte Partei – den sogenannten Trader – vermittelt werden. Durch die beobachtbaren Entwicklungen innerhalb dieser Beziehungen kommt es ab der zweiten Internationalisierungsphase zu fundamentalen Änderungen. HUDORA beginnt innerhalb bereits bestehender Beziehungen gemeinsam mit den Herstellern eigene bereits vorhandene Produktideen umzusetzen, wobei diese Beziehungen nunmehr hybride Arrangements darstellen, wesentlich höhere Spezifitätsgrade eingesetzt werden und ein größerer Interdependenzgrad gewählt wird. Im weiteren Verlauf sind zudem zwei weitere interessante Phänomene zu beobachten: Zum einen gründet HUDORA eine hierarchisch koordinierte chinesische Niederlassung, die umfangreiche Kontrollfunktionen bei den Herstellern übernimmt. Zum anderen werden durch bzw. innerhalb einiger Herstellerbeziehungen neue Wissenssets exploriert. Im Anschluss an die ausführliche Darstellung einer jeden Phase erfolgte die Hypothesenüberprüfung. Diesbezüglich ist vorab auf die wahrscheinlich

I. Abschließende Betrachtung

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grundsätzliche wissenschaftliche Kausalitätsproblematik hinzuweisen, den Erfolg mit Sicherheit bestimmten Faktoren zuzurechnen (Popper 1974). Im vorliegenden Kontext bedeutet dies, dass es wahrscheinlich unmöglich ist, das Ausmaß des Internationalisierungserfolges eines Unternehmens mit Gewissheit auf bestimmte Ausgestaltungsentscheidungen zurückzuführen, da die Beiträge zufällig eintretender „günstiger Umstände“ oder einfachen Glücks wahrscheinlich nie exakt quantifizierbar sind. Vor diesem Hintergrund legt die Fallstudie insgesamt nahe, dass sich die Internationalisierungsaktivitäten HUDORAs als durchaus erfolgreich charakterisieren lassen, da in diesem Zeitraum sowohl Umsatz als auch Profit stetig anwachsen und auch der diesbezügliche Anteil des Chinageschäfts stark zunimmt. Außerdem wurde dieses von den Unternehmensrepräsentanten durchweg als erfolgreich charakterisiert. Daraus kann wiederum abgeleitet werden, dass die Ausgestaltungsentscheidungen bezüglich der internationalen Akteursbeziehungen, aus denen sich die dargestellten vorteilhaften Konsequenzen ergaben, maßgeblich zu diesem Unternehmenserfolg beitrugen und somit erfolgskritisch waren. Dies kann aber eben nur eine begründete Annahme darstellen, da hier ein möglicher Beitrag von anderen Faktoren – bspw. Zufälle oder Glück – zum Unternehmenserfolg nicht mit letzter Gewissheit ausgeschlossen werden kann, obwohl oder gerade weil dies nicht beobachtet werden konnte. Wird diese Annahme akzeptiert, so konnte in Kap. H. gezeigt werden, dass sich die formaltheoretischen Effekte aus Teil 2 und die resultierenden wesentlichen Schlussfolgerungen, die anhand der Hypothesen in Kap. G. „zusammengefasst“ wurden, auch in der Realität bestätigen lassen. Auf die einzelnen Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung soll hier nicht mehr detailliert eingegangen werden, da diese erst im vorherigen Abschnitt diskutiert wurden. Zu erwähnen ist hier jedoch, dass es Beobachtungen gab, die nicht im Einklang oder gar im Widerspruch zu einzelnen Hypothesen standen, dann jedoch andere Hypothesen bestätigten. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass sich die einzelnen Hypothesen vornehmlich auf die jeweiligen Aspekte der in Teil 2 differenzierten Betrachtungsperspektiven der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen bezogen. So lag den Hypothesen 1A und 1B ausschließlich die in Kap. C. und D. diskutierten TCE- und wissensbasierten Effekte aus exploitativer und statischer Sicht zugrunde. 2A und 2B fokussierten hingegen auf die in Kap. E. I. dargelegten exploitativen dynamischen Argumente, während sich die Hypothesen 3A und 3B vor allem auf die explorativen und dynamischen Aspekte aus Kap. E. II. bezogen. Daher ist es auch nicht unbedingt verwunderlich, dass manche Beobachtungen einzelnen Hypothesen nicht, anderen jedoch sehr wohl entsprachen. Von wesentlicher Bedeutung ist hier jedoch, dass sich aus einer vergleichenden Gesamtbetrachtung der Hypothesenüberprüfung und dabei gerade aus den oben angesprochenen Ergebnisunterschieden unter Rekurs auf die

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formaltheoretische Modellierung die folgenden Schlussfolgerungen ergeben: Zunächst ist festzustellen, dass die beobachteten Ausprägungen der Entscheidungsvariablen – Spezifitäts- und Interdependenzgrad sowie die Koordinationsform – in beiden Phasen in Einklang mit den in Teil 3 diesbezüglich herausgestellten Vorteilhaftigkeitspostulaten stehen. Diese unterscheiden sich jedoch, je nachdem ob eine rein statische Perspektive (Kap. C. und D.) gewählt wird oder auch dynamische Aspekte mit einbezogen werden (Kap. E.).251 Interessanterweise stehen die Beobachtungen der ersten Internationalisierungsphase im Einklang mit der rein statischen Perspektive (Kap. C. und D. bzw. Hypothesen 1A und 1b), während dynamische Aspekte die Ausgestaltungsentscheidungen nicht signifikant beeinflusst zu haben scheinen. Die Beobachtungen der zweiten Internationalisierungsphase entsprechen hingegen weitestgehend den Argumenten aus Kap. E. bzw. bestätigen die Hypothesen 2A, 2B, 3A und 3B, decken sich aber nicht mit der rein statischen Argumentation und widersprechen dieser sogar teilweise. Des Weiteren stehen die Beobachtungen aus der Fallstudie im Einklang mit den in Teil 2 bzw. Kap. E. modellierten intertemporalen Effekten. Dabei sind diese – insbesondere die intertemporale Reduktion der kognitiven Distanz ∆CD und der intentionalen Unsicherheit ∆I – vor allem innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase signifikant, was insofern im Einklang mit Kap. E. steht, als dass relativ hohe Spezifitätsgrade A eingesetzt, größere Interdependenzgrade ID und hybride h oder hierarchische Arrangements i gewählt wurden sowie die kognitive Distanz CD und intentionale Unsicherheit I nicht mehr sehr hoch oder maximal ausgeprägt waren. Innerhalb der ersten Phase konnten jedoch keine oder nur geringe intertemporale Effekte beobachtet werden, was insofern im Einklang mit Kap. E. steht, als dass hier sehr geringe Spezifitäts- und Interdependenzgrade innerhalb rein marktlich koordinierter Arrangements gewählt wurden sowie die kognitive Distanz HUDORAs zu den Herstellern und die intentionale Unsicherheit bezüglich dieser sehr hoch bzw. maximal ausgeprägt waren. Insbesondere konnten hier nur geringe intertemporale Veränderungen der kognitiven Distanz und der intentionalen Unsicherheit festgestellt werden. Letztendlich verdeutlichen und untermauern diese beiden Punkte damit die beiden zentralen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit bezüglich der Diskussion erfolgskritischer Faktoren bei der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen: Als Erstens ist hier die kritische Bedeutung einer integrierenden Betrachtung der Internationalisierung anzuführen. Diesbezüglich wurde in Teil 2 bzw. 251 Bspw. sind aus statischer Sicht geringere Spezifitätsgrade A vorteilhaft als unter Einbezug dynamsicher Effekte.

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Kap. C. und D. der vorliegenden Arbeit herausgestellt, dass Argumente unterschiedlicher Theoriestränge – und dabei insbesondere der Transaktionskostentheorie und der wissensbasierten Perspektive – gemeinsam umfassendere Erklärungen ermöglichen sollten. Des Weiteren wurde anhand Kap. E. postuliert, dass auch eine solche Integration nicht ausreichend sein kann, wenn sie ausschließlich statische Argumente umfasst. Vielmehr sollte zudem eine Erweiterung um eine dynamische Perspektive erfolgen, die sowohl exploitative als auch explorative Aspekte umfasst, da andernfalls bestimmte erfolgskritische Faktoren nicht (hinreichend) beachtet werden können. Anhand der Fallstudiendiskussion in Teil 3 konnte nun mehrfach gezeigt werden, dass eine solche integrierte Betrachtung tatsächlich notwendig ist, um den beobachtbaren Internationalisierungserfolg umfassend erklären zu können. So geht bereits aus einer rein statischen Betrachtung der beiden Internationalisierungsphasen HUDORAs hervor, dass transaktionskostentheoretisch fundierte Argumente allein zu kurz greifen, um die Ausgestaltungsentscheidungen insbesondere im Hinblick auf den eingesetzten Spezifitätsgrad sowie die gewählte Koordinationsform hinreichend zu erklären bzw. um den Einfluss Letzterer auf den Internationalisierungserfolg darzustellen. Gleiches gilt für eine rein wissensbasierte Betrachtung. Beide Perspektiven zusammen ergeben jedoch ein wesentlich konsistenteres Bild. Bspw. sind der Einbezug von Tradern sowie die anschließende Umgehung dieser in der ersten Phase nur unter Beachtung beider Theorieperspektiven erklärbar, da diese Trader sowohl eine Absicherungsfunktion gegen opportunistisches Verhalten (TCE) wahrnehmen als auch zur Überbrückung der kognitiven Distanz zwischen HUDORA und den eigentlichen Herstellern (RBV) eingesetzt werden. Insbesondere die Beobachtungen der zweiten Internationalisierungsphase zeigen darüber hinaus, dass eine solche statische Betrachtungsweise immer noch nicht ausreichend ist. So konnte herausgestellt werden, dass die koordinativen Ausgestaltungen der Herstellerbeziehungen aus Governanceperspektive und aus einer wissensbasierten Sicht jeweils unterschiedlich einzuordnen waren und diese Koordinationsaspekte zu differenzierten intertemporalen Effekten führten, die wesentliche erfolgskritische Faktoren darstellten. So konnte bspw. gezeigt werden, dass die Ausprägungen und Veränderungen der Spezifitätsgrade A zwar von Produktionskostenreduzierungskalkülen (RBV) und Absicherungsüberlegungen gegen opportunistisches Verhalten (TCE) beeinflusst werden, sie jedoch nur in vollem Umfang erklärbar sind, wenn intertemporale Effekte bezüglich Veränderungen der kognitiven Distanz CD und der intentionalen Unsicherheit mit einbezogen werden. Gegen diese Argumentation spricht nun aber der offensichtliche Unterschied zwischen den Beobachtungen bezüglich der ersten und der zweiten Internationalisierungsphase. Es konnte nämlich auch festgestellt werden,

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dass die Analyse der Herstellerbeziehungen in der ersten Phase die Hypothesen 1A und 1B bestätigten und die Herstellerbeziehungen auch dort als erfolgreich charakterisiert werden können. Es wurden jedoch lediglich geringe und kaum mit der Signifikanz der Beobachtungen aus der zweiten Internationalisierungsphase vergleichbare dynamische Effekte insbesondere im Bezug auf eine intertemporale Veränderung der kognitiven Distanz und der intentionalen Unsicherheit festgestellt. Damit könnte sich hier letztendlich insofern ein Widerspruch zur obigen Aussage ergeben, als dass eine rein statische Betrachtung durchaus ausreichend war, um erfolgskritische Faktoren zu identifizieren. Zumindest scheinen hier dynamische Effekte keine besonders große Bedeutung zu haben. Aus einer integrierenden Betrachtung der ersten und zweiten Internationalisierungsphase ergibt sich jedoch, dass insbesondere die intertemporale Reduktion der kognitiven Distanz in der ersten Phase bzw. zwischen t = 1 und t = 2 sowie zwischen t = 2 und t = 3 – wenngleich diese auch relativ gering gewesen ist – in ganz entscheidendem Maße die erfolgreiche Entwicklung des Chinageschäfts HUDORAs begründete. So führten diese dynamischen Effekte überhaupt erst zur Möglichkeit des Wechsels von indirekten Herstellerbeziehungen, die über Trader vermittelt wurden, zu direkten in der ersten Internationalisierungsphase. Gleiches gilt für den Übergang von Letztgenannten zu den Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte in der zweiten Internationalisierungsphase. Vor dem Hintergrund, dass beide Internationalisierungsphasen zwar als erfolgreich charakterisiert werden können, der Beitrag zur positiven Gesamtentwicklung des Unternehmens der ersten Phase jedoch wesentlich geringer und damit unkritischer war als der der zweiten, zeigen damit letztendlich auch diese Beobachtungen die erfolgskritische Bedeutung einer Integration statischer und dynamischer Aspekte. Darüber hinaus belegen insbesondere die Beobachtungen innerhalb der zweiten Internationalisierungsphase die Bedeutung der Integration explorativer Aspekte in das Entscheidungskalkül eines Unternehmens bei der Internationalisierung. So konnte gezeigt werden, dass die zur Etablierung der Workbookpraktik und der Lieferantenkongresse sowie der Entwicklung einiger Produktideen notwendigen neuen Wissenssets innerhalb von Herstellerbeziehungen exploriert wurden. Da insbesondere die beiden erstgenannten Neuerungen von HUDORA als wichtige „Meilensteine“ der internationalen Entwicklung angesehen werden, kann damit letztendlich der Einbezug explorativer Aspekte als erfolgskritisch angesehen werden. Erst durch eine solche integrative Betrachtung wird auch das zweite zentrale Ergebnis ersichtlich, das den vielleicht bedeutendsten Erkenntnisgewinn der vorliegenden Arbeit darstellt.

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Den Variablen kognitive Distanz CD sowie intentionale Unsicherheit I und dabei insbesondere deren intertemporalen Veränderungen ∆CD und ∆I kommt eine zentrale erfolgskritische Bedeutung bei der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen zu. Da sich diese Veränderungen zudem differenziert durch Ausgestaltungsentscheidungen des fokalen Akteurs beeinflussen lassen, sollten diese Aspekte im Kalkül des Unternehmens berücksichtigt werden. Es konnte in der formaltheoretischen Diskussion gezeigt und anhand der Fallstudienbobachtungen empirisch bestätigt werden, dass die Ausprägungen von CD und I den Mehrwert und damit den Internationalisierungserfolg bereits aus statischer Sicht über das Produktionskostenreduzierungsund / oder Erlössteigerungspotential, die Governancekosten und die Managementkosten in mehrfacher Hinsicht beeinflussen. Bspw. zeigten die Beobachtungen aus der ersten Internationalisierungsphase innerhalb der Fallstudie, dass es die anfänglich sehr große kognitive Distanz zu den chinesischen Herstellern für HUDORA unmöglich machte, profitable direkte Beziehungen mit diesen einzugehen. Vielmehr mussten zunächst Trader mit einbezogen werden, deren kognitive Positionen jeweils näher an denen HUDORAs und der chinesischen Hersteller lagen. Diese große CD sowie die anfangs maximal ausgeprägte intentionale Unsicherheit bzw. das noch nicht vorhandene Vertrauen waren außerdem maßgeblich dafür, dass HUDORA in der ersten Phase lediglich standardisierte und das Kerngeschäft komplementierende Produkte von den Herstellern bezog und nicht eigene Produktideen mit diesen umsetzte. Der Übergang zu direkten Herstellerbeziehungen zur Umsetzung eigener Produktideen HUDORAs am Anfang der zweiten Internationalisierungsphase war dann auch nur aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bereits reduzierten kognitiven Distanz und intentionalen Unsicherheit möglich. Insbesondere diese verringerte intentionale Unsicherheit trug auch zur erfolgreichen Entwicklung der Herstellerbeziehungen in der zweiten Periode bei, da gezeigt werden konnte, dass gerade dieser Faktor zu einer maßgeblichen Senkung der Koordinationskosten für HUDORA beitrug. Insbesondere die Beobachtungen der zweiten Internationalisierungsphase verdeutlichen darüber hinaus, dass gerade die dynamische Angleichung und / oder Überbrückung der kognitiven Positionen sowie der Aufbau von Vertrauen in entscheidendem Maße zum Internationalisierungserfolg beitragen. So ist die dargestellte Entwicklung der Herstellerbeziehungen HUDORAs bis zum Ende der zweiten Internationalisierungsphase ohne die zu beobachtende Reduktion der kognitiven Distanz und dem Aufbau von Vertrauen nicht möglich. Wird nun bedacht, dass die Herstellerbeziehungen in der zweiten Phase wesentlich erfolgskritischer waren, da innerhalb dieser ein wesentlich größerer Beitragsanteil zum gesamten Unternehmenserfolg HUDORAs generiert werden konnte als noch in der ersten Phase, so spre-

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chen diese Beobachtungen eindeutig für die herausragende Relevanz dieser dynamischen Veränderungen. Da die Stärke dieser Veränderungen maßgeblich durch den eingesetzten Spezifitätsgrad sowie die gewählte Koordinationsform, die beide Entscheidungsparameter darstellen, beeinflusst wird, stellen diese Variablen bedeutende erfolgskritische Faktoren bei der Ausgestaltung internationaler Akteursbeziehungen dar. So konnte anhand der Fallstudie gezeigt werden, dass die Entscheidung über den einzusetzenden Spezifitätsgrad sowie die Wahl der Koordinationsform durch HUDORA gerade in der zweiten Internationalisierungsphase maßgeblich auf das Kalkül zurückzuführen waren, genau solche intertemporalen Effekte zu bewirken bzw. zu verstärken. Ohne den Einbezug dieser Aspekte wären die Ausgestaltungsentscheidungen hingegen nicht oder zumindest nicht in vollem Umfang nachvollziehbar. Die Relevanz dieser dynamischen Veränderungen und dabei insbesondere der kognitiven Distanz wird auch aus den auf explorative Aspekte bezogenen Fallstudienbeobachtungen deutlich. Diesbezüglich ist zunächst noch einmal auf den in Kap. B. II. 5. b) bb) und E. I. 1. c) dargelegten Unterschied zwischen einer Angleichung und Überbrückung der kognitiven Positionen hinzuweisen. Dort wurde herausgestellt, dass es bei hierarchischer Koordination eher zu einer Angleichung kommt, während hybride Arrangements vor allem eine Überbrückung ermöglichen. Damit sind unterschiedliche Konsequenzen für das Erreichen exploitativer und explorativer Ziele verbunden, da zur Exploitation eine möglichst geringe kognitive Distanz vorteilhaft ist, für die Exploration jedoch eine hinreichend große Distanz erforderlich ist. Auf Basis dieser Überlegungen wurde postuliert, dass sich hybride Arrangements im Vergleich zu hierarchischen aus einer dynamischen Perspektive besser zur Exploration eigenen und die Hierarchie vorteilhaft zur Erreichung exploitativer Ziele ist, womit letztendlich deutlich wird, dass dieser Trade-off bei der koordinativen Ausgestaltungsentscheidung bedacht werden sollte. Bestätigt werden diese Überlegungen innerhalb der Fallstudie durch eine vergleichende Betrachtung der Beziehung zur chinesischen Niederlassung HUDORA Asia Ltd. und der Herstellerbeziehungen zum Bezug individualisierter Produkte, die beide als erfolgreich angesehen werden können. Bei Ersterer existierte ein eindeutig exploitativer Fokus, weshalb hier auch eine hierarchische Ausgestaltung gewählt wurde. Dadurch sowie durch den so ermöglichten Einsatz höherer Spezifitäts- und Interdependenzgrade konnte eine größere Reduktion der kognitiven Distanz erreicht werden als innerhalb der Herstellerbeziehungen. Dort waren jedoch auch explorative Ziele von Bedeutung, für deren Erreichen vor allem die Wahrung einer hinreichend großen kognitiven Distanz maßgeblich war, die aufgrund der hybriden Ausgestaltung realisiert werden konnte. So wurde bspw. deutlich, dass insbeson-

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dere die Generierung neuer Produktideen für HUDORA durch einzelne Hersteller auf die hybride Ausgestaltung und die damit ermöglichte Überbrückung der kognitiven Distanz zurückzuführen war. Die vorliegende Arbeit abschließend ist im Folgenden noch kurz auf zwei potentielle Erweiterungsmöglichkeiten hinzuweisen.252 Die erste vielversprechende Ergänzungsmöglichkeit ergibt sich aus der Diskussion des Trades-offs zwischen exploitativen und explorativen Zielen bei der Internationalisierung. Diesbezüglich wurde herausgestellt, dass die relative Vorteilhaftigkeit der Ausgestaltungsentscheidungen und dabei insbesondere der gewählten Koordinationsform letztendlich von der relativen Bedeutung explorativer Aspekte im Vergleich zu exploitativen für das fokale Unternehmen determiniert wird. Es wurde jedoch kein Kriterium zur Bestimmung einer solchen Bedeutung eingeführt. Problematisch dabei ist, dass der Mehrwert, der durch neu explorierte Wissenssets zumindest in vielen Fällen anfangs unsicher und daher schwer quantifizierbar ist, insbesondere dann, wenn es zu ungeplanten oder unvorhergesehenen Innovationen kommt. Die Bestimmung der relativen Bedeutung explorativer Aspekte hat damit den Charakter einer Entscheidung unter Unsicherheit. An diesem Punkt liegen damit zwei potentielle Erweiterungsmöglichkeiten des formalen Modells nahe. Zum einen könnten die Präferenzen des Entscheidungsträgers integriert werden. Diesbezüglich scheint sich insbesondere das Hurwitz-Kriterium unter Unsicherheit anzubieten, das als Präferenzfunktional eine Kombination des minimalen und maximalen Ergebnisses aller möglichen Umweltzustände mit einem Pessimismusparameter nutzt (Arrow / Hurwitz 1972). Durch diesen Parameter ließe sich dann die relative Bedeutung konzipieren, die der Entscheidungsträger ungewissen Explorationsergebnissen beimisst. Zum anderen könnte hier eine Erweiterung um Argumente auf Basis einer Realoptionenlogik erkenntnisfördernd sein. Die zweite Erweiterungsmöglichkeit steht in Verbindung mit der in der vorliegenden Arbeit verfolgten integrativen Sicht auf die Internationalisierung von Unternehmen. So wurden hier zwar Argumente unterschiedlicher Theorieansätze aus statischer und dynamischer Perspektive innerhalb der formaltheoretischen Konzeptionalisierung gemeinsam betrachtet und in Bezug zueinander gesetzt, jedoch war die grundlegende Analyseeinheit die Akteursbeziehung. Damit hatte die Arbeit einen dyadischen Fokus. Bereits aus der eher rudimentären Erweiterung um die Möglichkeit des Einsatzes einer dritten Partei wurde jedoch deutlich, das eine holistischere Perspektive 252 Daneben wäre eine quantitative empirische Überprüfung der vorliegenden Argumentation, die sich über eine größere Anzahl von Unternehmen und evtl. verschiedene Branchen erstreckt, offensichtlich sinnvoll, da so eine robustere Überprüfung der wesentlichen Aussagen des Formalmodells erreicht werden könnte.

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I. Abschließende Betrachtung

bzw. die Betrachtung des Beziehungsnetzwerkes des fokalen Unternehmens evtl. die Identifikation weiterer erfolgskritischer Faktoren ermöglichen und damit erkenntnisfördernd sein könnte. So wäre es durchaus vorstellbar, dass bestimmte Variablen aus der Netzwerkanalyse – bspw. die relative Position bzw. Zentralität eines Unternehmens innerhalb eines Netzwerkes oder dessen gesamte Beschaffenheit bzw. die Dichte – den generierbaren Mehrwert des fokalen Unternehmens bei der Internationalisierung und damit auch die relative Vorteilhaftigkeit verschiedener Ausgestaltungsoptionen einzelner Akteursbeziehungen differenziert beeinflussen.

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Sachwortregister Abhängigkeitsverhältnis, bilaterales – 109 Abschreckungsmechanismen 116 Absorptive Capacity 76, 77, 80, 179, 303 Adaptionsaktivitäten 86 Adaptionsfähigkeit, autonome 223 Adaptionskapazitätsunterschiede 105 Akteursbeziehungen 235 – Entwicklung von vertrauensvollen 147 – internationale 42, 423, 470 Akteursspezifität 61–66, 73, 82, 134, 137, 157 Akteursspezifitätsgrad 122, 126, 135, 136, 160, 179, 180, 184, 185, 407, 438 Aktivitäten – grenzübergreifende 55 – interdependente 68, 128 – ökonomische 28 Aktivitätstheorie 78 Allianzen 131 – internationale 129, 151, 161 – strategische 128, 184 Ambiguität, kausale 68, 69, 440 Aneignungsfähigkeit eines Mehrwertes 32, 33, 37, 38, 40, 41, 46, 48, 55, 99, 493, 495 Anlagen – spezifische 108, 109, 116, 151, 159, 183, 197–199, 204, 205, 210, 211, 225, 227, 235, 239, 240, 244, 250, 253, 268, 297, 495, 496 – transaktionsspezifische 108, 110, 116, 122, 157, 158, 185

Anlagenspezifität 195, 196, 198, 199, 201, 202, 204, 206, 209, 211, 212, 216–219, 223, 227, 233 Ansatz, ressourcenbasierter siehe RBV Arrangements, hybride siehe Hybride Aspekte, explorative und exploitative 26, 85, 295 Asset specificity 108, 110, 112, 113 Ausgestaltung, koordinative 95 Ausgestaltungsalternativen 29, 30, 33, 348 Ausgestaltungsentscheidungen 26, 42, 195, 225, 421, 490, 491, 494, 499, 501, 502, 505–507 Ausgestaltungsoption 32 avoider of the negative 231 Bandbreite von Kommunikationsmitteln 134 Bedeutung, strategische 87 Bereitstellungsaufwand 35 black holes 71, 72, 88 born-global-Unternehmen 77 boundary spanners 133 Bürde der Fremdartigkeit 73 China 23, 84, 161, 166, 389, 392–394, 396, 399, 401, 403, 404, 406, 410, 415, 420, 430, 447, 450, 466, 500 Clan-Form der Koordination 139 Cluster 64 cognitive focusing device 140, 187, 304 Co-Lokation 186 contributors 71, 88–90 co-specialization 67, 244 creator of the positive 231

568

Sachwortregister

Customization 66 Differenzierungsvorteil 51, 66 Direktinvestitionen, ausländische 18, 20–22, 25, 51 Distanz – kognitive 27, 78, 91, 92, 131, 138, 141, 162, 170, 178, 179, 187, 191, 239, 241, 243 – psychische 27, 74, 77, 80, 131, 183 – Überbrückung der kognitiven 133, 180, 191, 192, 306, 345, 352, 368, 369, 383, 453, 464, 481, 483, 503, 505–507 Distanzgrad – kognitiver 28, 91, 132, 133, 140, 142, 144, 145, 353, 383, 422, 449, 464, 472, 489, 490, 494, 498 – zwischen Akteuren 73 Diversifikation, internationale 63 dritte Partei 117, 118, 132, 133, 355–369, 492, 500 dubble-loop learning 86 Dunnings Paradigma 26, 42, 43, 45, 46, 69, 495 Effizienzunterschiede verschiedener Markteintrittsformen 99, 102 eklektisches Paradigma siehe Dunnings Paradigma Embodied Cognition 78 Empathie 162 Entscheidungsautonomie 138, 171 Entscheidungsrechte, residuale 115 Entwicklungstheorie 78 Erfahrungen, internationale 63 Erfahrungswissen 61–63, 76, 77, 81, 405 – internationales 75, 77, 85, 92, 93, 403 Erkenntnisgewinn 26 Erlös 195 Erwartungsnutzen

– kooperativen Verhaltens 154 – unterschiedlicher Handlungsoptionen 154 Exploitation 86, 87, 89–95, 294, 329, 337, 344, 345, 353, 354, 369, 499, 506 – unternehmenseigener Fähigkeiten 84 – vorteilbestimmender Ressourcen 100 Exploitationsfähigkeit 93 Exploration 26, 86, 87, 89–91, 93, 94, 146, 228, 294, 329, 331, 332, 335–337, 341–345, 353, 354, 364, 369, 407, 436, 466, 483, 491, 498, 499, 500, 506 – Opportunitätskosten der 90, 337 Explorationsfähigkeit 94 Export 75 – deutscher Unternehmen 18 Exportagent siehe dritte Partei Exporte 22 Exportintermediäre 133 Fähigkeitenunterschiede 238 Faktorausstattungen 48 Faktoren, vorteilbegründende siehe vorteilbegründende Ressourcen Fehlinterpretationen 243 Follow-my-leader-Ansatz 53 frictional costs 105 Gebrauchstheorie der Bedeutung 79 Geiseln, ökonomische 116 goodwill trust 149 Governanceentscheidung 194 Governancefixkosten 112, 113, 255, 362 Governanceform 104, 115, 116, 118, 119, 121, 122, 124, 133, 142, 195, 198, 204, 362, 374, 495, 496 – marktliche 480 Governancekosten 120, 123, 146, 150, 151, 155, 194, 196, 198, 200, 202,

Sachwortregister 203, 206, 210, 211, 213, 215, 216, 218, 220, 231, 232, 250, 253, 256–258, 261, 277, 284, 286, 316, 319, 323, 329, 343, 344, 346, 347, 352, 359, 362, 372, 374, 378, 383, 418, 421, 456, 460, 480, 495, 497 – variable 113, 201 Governancekostenreduzierungspotential 150 Governancemechanismen 111, 176, 344 Grenznutzen des Konsums 34 Handel, internationaler 47 Handlungskontext 80 Heckscher-Ohlin-Modell 48 Hierarchie 112, 113, 134, 138, 141, 142, 167, 168, 170, 173, 174, 177, 178, 185, 187, 193, 200, 206, 261, 263, 276, 278, 280, 281, 284, 289, 305, 307, 322, 323, 328, 351, 362, 379, 453, 461, 471, 476–479, 484 Hold-up-Problem 117, 121 Hybride 114, 118, 173, 185, 187, 188, 190, 192, 193, 195, 200, 201, 205, 206, 208, 209, 216, 217, 221, 222, 223, 224, 255, 257, 260–262, 265, 267, 270, 271, 277, 279–281, 288, 305, 320, 328, 329, 345, 349, 350–354, 360, 362, 382–384, 386, 387, 414, 446, 447, 451, 464, 472, 476, 477, 483, 484, 488, 491, 496, 499, 500, 506 Identifikation 162 Identität, gemeinsame 138, 140, 141, 178, 188, 452, 454 IMP-Group 165 implementers 72, 88 Implizität von Wissenssets 61, 121, 259 Implizitätsgrad – von Wissenssets 61, 126–128, 160, 259, 497 Informationen

569

– unvollständige 40 – vollständige 38 Informationsasymmetrien 37, 38, 40, 106 Informationsparadoxon 117 integrierenden Betrachtung 28 Intentionen – Attribution von 165, 350 – eines Akteurs 167, 171, 172, 229, 324–326, 328, 458 – opportunistische 158 Interaktionen 79 Interaktionsansatz 165 Interaktionsintensität 179 Interdependenz 45, 125, 244 Interdependenzgrad 31, 66, 70, 72, 88, 90, 136, 144, 161, 244, 246, 278, 301, 302, 307, 311, 337, 338, 352, 371, 372–379, 381, 383, 385, 410–412, 415, 422, 424–426, 443, 464, 467, 469, 475, 480, 482, 484, 487, 491, 497 – von Wissenssets 128 Intermediär 131 Internalisierung 51, 96 – vollständige 138, 181 Internalisierungsansätze, dynamische 147 Internalisierungsgrad 30, 33, 41, 99, 101, 103 Internalisierungsmodelle 99 Internalisierungstheorie 54, 181 Internalisierungsvorteile 45, 54, 119 Internalization Advantage 43 Internationalisierung 17, 20, 28, 72, 77, 85, 129, 181, 391, 392, 397, 426, 489, 493, 502, 507 – dynamische Aspekte der 145 – Mehrwert aus 75, 82, 99 – Ziele 20 Internationalisierungsansätze 17, 42, 49, 494

570

Sachwortregister

Internationalisierungserfolg 18, 27, 28, 294, 490, 500, 501, 503, 505 Internationalisierungsformen 20 Internationalisierungsgrad 31, 33, 41 Internationalisierungsmodell, prozessuales 54, 77, 92 Internationalisierungsmotive 36 Internationalisierungstheorie 25, 42, 48, 493 – prozessuale 74, 314 interrelatedness 67 Investitionen, spezifische 116, 159 Isolationsmechanismus 61 Joint Venture 20, 99, 101, 137, 151, 161, 173, 182, 394 Kategorien, mentale 78, 162, 163, 325 Kommunikationskanäle 127, 134, 137, 143, 160, 261, 262, 414 Kommunikationsstrukturen 134, 137, 245 Kontrollanforderungen 30 Kontrollmöglichkeiten 104, 123, 169, 257, 366 Kooperation 20, 125, 154, 160, 232, 352, 354 Koordination 195, 229 – hierarchische 247 – hybride 168 – marktliche 107, 117, 134, 144, 167, 168, 180, 202, 206, 209, 221, 247, 271, 281, 288, 304, 366, 375, 382, 412, 414, 416, 424, 425, 471, 476, 484, 496 Koordinationsanforderungen 30, 67 Koordinationsaspekte 29, 194 Koordinationseffizienz 107, 131, 132, 137, 142–145, 150, 151, 178, 187, 353 Koordinationsformen 45, 100, 155, 166 Koordinationsformenwahl 166, 277, 307, 348, 351, 451, 470

Koordinationskapazitäten 104, 145, 215 Koordinationsmechanismen, soziale – 178 Koordinationsmodi 20, 111, 112, 133, 171, 173, 179, 184, 185, 215, 256, 258, 265, 271, 279, 284, 327, 329, 349, 356 Koordinationsperspektive 477 – dynamische 145 Koordinationsziel 230, 231 Kostenreduktionsziele 24 Leistungserstellung 29, 83 Leistungserstellungsprozess 30, 31, 102, 103, 230, 243–245, 271, 305, 308, 309, 356–358 Lernperspektive 85 Lernprozess 86 Location Advantage 43, 44 Machtmechanismen 119 Marktcharakteristika 82, 420 Märkte als Entdeckungsverfahren 91 Markteintritt 91, 97, 489 Markteintrittsbarriere 51, 61 Markteintrittsformen 95, 98–100, 102, 119, 122, 123, 133, 141, 144, 145, 183 – hybride 182 Markterschließungsziele 17, 20, 24 Marktunvollkommenheiten 55, 98 Marktversagenstatbestände 55, 97 Mehrwert 32, 33, 84, 87, 95, 98, 108, 130, 226, 231–233, 239, 251, 402, 485 – extrinsischer 36, 154, 155 – generierbarer 93, 95, 108, 245, 493, 499 – intrinsischer 36, 154, 155 – potentieller 33, 35, 37, 88, 94, 126, 131, 228, 274, 316, 393, 493

Sachwortregister – Realisierbarkeit eines 33, 37, 40, 41, 46, 55, 81, 274 – Realisierungsgrad eines potentiellen 53, 73, 124, 231, 493, 495 Mehrwertaneignung 41, 124, 125, 226, 228, 231 Mehrwertgenerierung 32, 44, 72, 82, 87, 99, 120, 124, 194, 225, 231, 237, 251, 351, 359 Mehrwertgenerierungspotential 32, 33, 36, 41, 46, 49, 52, 53, 59, 60, 68, 72, 122, 124, 129, 150, 226, 228, 230, 233, 235, 239, 245, 259, 307, 346 Mehrwertsteigerung 35, 346, 409 Mehrwertverteilung 32 Motivation – extrinsische 171, 328, 448 – extrinsische und intrinsische 170 – intrinsische 171, 172, 328 Netzwerkansatz – internationaler 87, 165, 174 – skandinavischer 165 Netzwerke, interorganisationale 70, 71, 128, 129 Neural Darwinism 78 New Economic Geography 64, 186 Offshoring 28 Offshoringdimension 31, 46 Offshoringentscheidung 36 OLI Paradigma siehe Dunnings Paradigma Opportunismusabsicherung 132 Opportunismusannahme 137, 152, 218, 229, 251, 256, 282, 289, 366 Opportunismusanreiz 109–116, 122, 158, 195, 234, 346, 357–359, 459 Opportunismusmöglichkeiten 110, 118, 122, 132, 218, 221, 251 Opportunismusneigung 110, 122, 146, 147, 171, 195, 214, 496 Opportunitätskosten der Koordination 105

571

Opportunitätskosten opportunistischen Verhaltens 113 Organisation – hierarchische 55, 139, 178, 189, 269, 305, 353 – hybride 177, 178, 265, 267 – integrierte 112, 139, 166, 169, 170, 178, 187, 188, 190 – marktliche 177 organizational fit 131 Outsourcing 28, 41 Outsourcingdimension 29, 31, 41, 46 Ownership Advantage 43 Pareto-Renten 60, 235 Partei, dritte 117, 132 Perspektive – relationale 153 – wissensbasierte 25–27, 53, 57, 58, 64, 65, 73, 82, 85, 89, 124, 125, 132, 160, 166, 178, 183, 194, 227, 230, 277, 292, 446–448, 451, 459, 472, 477, 493, 497, 503 Position, kognitive 79–82, 180, 188, 190, 191, 241, 291, 294, 303–306, 315, 345, 369, 383, 449, 451, 453, 454, 458, 462, 466, 467, 481, 494, 497, 505 Produktionskostenvorteil 49, 53, 209, 238, 242, 389 Produktionsverlagerung 23, 389 Produktlebenszyklus, internationaler 51, 53 Prozesseffektivität 86 Quasirente 60, 235 Rational Choice Theorie 153 RBV 194, 230–236, 238, 293, 294, 314, 503 Realisierbarkeit eines Mehrwertes 100 Renditen, über-normale 59 Reputationseffekte 116 Resource-based View siehe RBV

572

Sachwortregister

Ressourcen – akteursspezifische 65, 68, 70–73, 81, 84, 234, 259 siehe akteursspezifische Wissenssets – eigentumsvorteilbegründende 55, 73, 95, 120 – intangible 61 – vorteilbegründende 70, 72, 73, 75, 81, 85, 88, 102, 129, 145 Ressourcenausstattung 47 – hetergogene 227, 239, 293 – homogene 227, 237 Ressourcencharakteristika 60 – vorteilbegründende 57, 85 Ricardo-Renten 59, 60, 235 Risikodiversifikation 52 Routinen, gemeinsame 169, 170, 435

159, 194, 196, 201, 209, 213, 215, 220, 224, 225, 227, 229, 231, 233, 234, 236, 237, 239, 252, 253, 256, 258, 259, 264, 265, 282, 288, 289, 293, 294, 305, 314, 356, 363, 364, 494, 496, 501, 503 Technologien, superiore 51, 57, 59, 63 tertius gaudens siehe dritte Partei Theorie der Sprachakte 79 Theorie multinationaler Unternehmen 25, 50 Tochtergesellschaften 70–72, 87, 88, 103, 123, 161 – Rollen von 71, 90 Transaktionen 55, 95, 101, 107, 114, 116, 233, 245, 356, 400, 412, 413, 425, 427, 428, 440, 447, 459 Transaktionscharakteristika 104, 233

Schatten der Vergangenheit 153 Schatten der Zukunft 153 Selbstselektionsmechanismen 141 Sicherungsmaßnahmen 150, 212, 216, 218, 462 Sicherungsmechanismen 151, 195, 214, 216, 221, 324, 346, 423, 445, 446, 459, 470, 472, 480 – formale 124, 217, 413, 414, 456, 457, 476, 477 single-loop learning 86 Skaleneffekte 208, 209, 238, 247 Sozialisation 187 Sozialisationskapazität 188 Sozialisationsprozesse 192, 193 Spill-over-Problem 121, 257, 346, 383, 438 split-core model of human nature 148 Sprache 24, 74, 79, 127, 131, 275, 413 Standortfaktoren 64 strategic leaders 71, 88, 89 Synergieeffekte 68 TCE 25–27, 38, 54, 103, 105, 106, 110, 120, 122, 125, 139, 148, 152,

Transaktionsfrequenz 117 Transaktionskostentheorie siehe TCE Transaktionsspezifitätsgrad 119 Umweltfaktoren 82 Umweltunsicherheit 82–84, 107, 110, 122, 130, 134, 137, 195, 212, 218–223, 250, 251, 253, 264–267, 269, 273, 282, 288, 312–315, 318, 319, 323, 325, 328, 329, 341, 365, 375, 407, 420, 421, 441 Umweltunsicherheitsgrad 83, 84, 107, 113, 115, 119, 123, 130, 136, 146, 160, 219, 250, 251, 315, 365, 372–374, 418–420, 461, 492, 496–498 Unsicherheit – intentionale 27, 107, 119, 146, 147, 149, 150–153, 156–158, 167, 168, 195, 196, 212–221, 229, 291, 314, 316, 318, 319, 323–329, 344, 347–351, 355, 364–367, 370–372, 375, 377, 378, 380, 383, 407, 417, 418, 421, 423–425, 441, 447, 448, 455–457, 460, 468–471, 474, 475, 477, 480, 484, 487, 489, 490, 496, 498, 502, 503, 505

Sachwortregister Unternehmen, multinationale 25, 43, 50, 70–72, 84, 87, 88, 90, 96, 98, 129, 130, 174, 175, 181 Unternehmensakquisitionen, internationale 127, 161, 192 Unternehmensidentität 142, 188 Unternehmenskooperationen 29 Untersuchungsziel 24 Uppsala-Schule 74 Verbundvorteile, internationale 70, 71 Verhalten – konformes 171, 328, 461 – kooperatives 116, 117, 138, 155, 158, 162, 171, 324, 325, 328, 343 – opportunistisches 111, 114, 116, 119, 123, 124, 130, 138, 139, 147, 148, 150, 154–160, 168, 183, 215, 216, 220, 221, 228, 251, 257, 264, 285, 305, 324, 327, 349, 355–359, 413, 414, 417, 423, 446, 458, 472, 480, 497, 503 – vertrauensvolles 148, 154–156, 158, 171, 324, 328, 459 Verhaltenskontrolle 101, 114, 172, 257, 328, 448, 457, 474 Verhaltensunsicherheit, intentionale siehe intentionale Unsicherheit Verhandlungsmacht 29, 38–41, 109 Verständigungsprobleme 79 Vertrauen – Aufbau von siehe Vertrauensaufbau – Entwicklung von 160, 161 – fähigkeitenbasiertes 165 – intentionales 149 – Produktionsmodus von 154 Vertrauensaufbau 27, 148, 151, 153, 154, 155, 157, 160–162, 165–168, 170, 171, 174, 175, 178, 194, 229, 291, 316, 323–328, 349–351, 355, 370, 418, 426, 447, 455–460, 468,

573

471, 474, 477, 480, 494, 496–499, 505 – vergangenheitsorientierte Perspektive des 155 Vertrauensgrad 18, 27, 149, 150, 158, 161, 291, 487, 494 Vertrauenswürdigkeit 118, 214, 327 Vorteil – absoluter 47, 206 – eigentumsspezifischer 44, 45, 46, 48, 49, 51, 52, 54–56, 59, 63, 65, 66, 69–71, 88, 95, 98, 120 – komparativer 47, 49, 238 – monopolistischer siehe monopolistischer Wettbewerbsvorteil – oligopolistischer siehe monopolistischer Wettbewerbsvorteil – standortspezifischer 44–49, 51–54, 56, 59, 63–66, 70, 95, 120, 392 – zugangs- oder verfügungsspezifischer 44 Wert – extrinsischer siehe extrinsischer Mehrwert – intrinsischer siehe intrinsischer Mehrwert Wettbewerbsumfeld, dynamisches 86 Wettbewerbsvorteil 59, 63, 187, 238, 408 – dauerhafter 59, 124, 231 – monopolistischer 52, 53 – nachhaltiger 57, 58, 69 – relativer 43 Williamson-type transaction costs 103 Wissen 235 – explizites 81, 259, 277, 278 – implizites 61, 65, 75, 127, 178, 235, 236, 238, 242, 259–262, 265, 269, 277, 278, 413, 438 – kodifizierbares 81, 126 – nicht kodifizierbares 62

574

Sachwortregister

– spezifisches 75, 139, 188, 235, 239, 242, 245, 246, 250, 259, 265, 268, 278, 305 Wissensarten 58, 85 Wissensaustausch 75, 247 Wissensbestandteile, implizite siehe implizites Wissen Wissenssets 36, 71, 82, 91, 93, 179, 239, 240, 241, 275, 331, 336, 461, 462 – akteursspezifische 81–83, 89, 108, 120, 122, 126, 143, 144, 185, 238 – eigentumsvorteilbegründende siehe eigentumsvorteilbegründende Ressourcen – explizite 437

– implizite 63, 65, 76, 126, 137, 160, 161, 182, 186, 192, 242, 247, 259, 262, 276, 416, 439, 442, 450 – Transfer von 126, 137, 160, 182, 183, 262, 450 – vorteilbegründende siehe vorteilbegründende Ressourcen Wissenstransfer 71, 76, 121, 122, 130, 180, 242, 262, 263, 274, 435, 438, 474 Wissenstransferkosten 126 Wissensübermittler 76 Wohlfahrtssteigerung 48 Zahlungsbereitschaft 34, 82