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German Pages 713 [714] Year 2014
Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften Band 1
Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften Unter Mitarbeit von Zachary Chitwood, Emese Kozma, Tillmann Lohse, Ignacio Sánchez und Annette Schmiedchen herausgegeben von
Michael Borgolte
Band 1: Grundlagen Redaktion: Paul Predatsch, Ruth Schwerdtfeger, Philipp Winterhager und Benjamin Wolff
DE GRUYTER
Die Arbeiten, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, wurden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Zuge des Siebten Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union (FRP7/20072013) gemäß der ERC-Finanzhilfevereinbarung Nr. 287389 gefördert.
ISBN 978-3-05-006476-5 e-ISBN 978-3-05-006477-2
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Akademie Verlag GmbH, Berlin Ein Unternehmen von De Gruyter ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt
Zur Einführung 9 Introduction 14
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff 19
1.1 Interkulturelle Perspektiven 19 1.2 Lateinische Christen 23 Allgemeines — 23. Die Terminologie der mittel lateinischen Quellen — 25. Die Terminologie der vernakularsprachlichen Quellen — 28. Die Terminologie der Forschung — 30. Das Vokabular mediävistischer Stiftungsforschung — 31. 1.3 Muslime 36 Allgemeines — 36. Das Wortfeld ‚Stiftung‘ in den muslimischen Quellen — 37. Rechtliche Definition und terminologische Systematisierung — 40. Wissenschaftliche Terminologie — 42. Wissenschaftliche Definiton der islamischen Stiftung — 43. 1.4 Juden 46 Allgemeines — 46. Vorgeschichte — 47. Der mittelalterliche Sprachgebrauch — 48. Forschungsbegriffe und moderner Sprachgebrauch — 52. 1.5 Griechisch-orthodoxe Christen 57 Allgemeines — 57. Vorgeschichte — 58. Der mittelalterliche Sprachgebrauch — 61. Wissenschaftliche Terminologie — 66. Das Vokabular der byzantinistischen Stiftungsforschung — 67. 1.6 Indien 70 Allgemeines — 70. Vorgeschichte — 71. Der Mittelalterliche Sprachgebrauch — 72. Moderne Forschungsbegriffe — 77.
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Forschungsgeschichten 83
2.1 Interkulturelle Perspektiven 83 2.2 Lateinische Christen 87 Allgemeines — 87. Kirchengeschichte — 88. Rechtsgeschichte — 90. Sozialgeschichte — 91. Landes‑ und Stadtgeschichte — 93. Bildungs‑ und Universitätsgeschichte — 94. Kunst‑ und Musikgeschichte — 95. Transdisziplinäre und interkulturell vergleichende Ansätze — 97. 2.3 Muslime 103 Allgemeines — 103. Rechtsgeschichte — 108. Religionsgeschichte — 110. Wirtschafts‑ und Gesellschaftsgeschichte — 112. Bildungs‑ und Kunstgeschichte — 114. Gender Studies — 115. 2.4 Juden 118 Allgemeines — 118. Rechts‑ und Religionsgeschichte — 120. Sozial‑ und Wirtschaftsgeschichte — 124. Interdisziplinäre und transregionale Forschung — 127. 2.5 Griechisch-orthodoxe Christen 131 Allgemeines — 131. Rechtsgeschichte — 134. Kirchen‑ und Religionsgeschichte — 136. Sozial‑ und Strukturgeschichte — 138. Wirtschaftsgeschichte — 140. Kunstgeschichte — 141. Neuere Forschungen — 141. 2.6 Indien 145 Allgemeines — 145. Dynastie‑ und Regionalgeschichte — 148. Sozial‑, Wirtschafts‑ und Strukturgeschichte — 149. Religionsgeschichte — 153. Rechtsgeschichte — 158. Kunstgeschichte — 159. Neuere Forschungsansätze — 160.
3
Typologisierungen 165
3.1 Interkulturelle Perspektiven 165 3.2 Lateinische Christen 167 Allgemeines — 167. Stiftungszwecke — 169. Stiftungsorganisationen — 172. Stiftungsvermögen — 173. Sozialer Status des Stifters — 176. Topographie — 177. 3.3 Muslime 183 Allgemeines — 183. Stiftungszwecke — 185. Organisationsformen — 191. Stiftungsvermögen — 193. Sozialer Status der Akteure — 194. Topographie — 197. 3.4 Juden 200 Allgemeines — 200. Stiftungszwecke — 201. Organisationsformen — 206. Stiftungsvermögen — 208. Sozialer Status des Stifters — 209. Topographie — 209. 3.5 Griechisch-orthodoxe Christen 212 Allgemeines — 212. Stiftungszwecke — 213. Organisationsformen — 215. Stiftungsvermögen — 221. Sozialer Status des Stifters — 223. Topographie — 224. Kirchenrecht und staatliche Rechtsordnung — 225. 3.6 Indien 229 Allgemeines — 229. Stiftungszweck und Organisationsform — 230. Stiftungsvermögen — 238. Sozialer Status des Stifters — 240. Topographie — 242.
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Periodisierungen 249
4.1 Interkulturelle Perspektiven 249 4.2 Lateinische Christen 252 Allgemeines — 252. Der kirchenrechtliche Ansatz: Kirchen, Klöster und Spitäler — 252. Der religions‑ und sozialhistorische Ansatz: Gräber, Gruppen und Gedenken — 261. Der mentalitätsgeschichtliche Ansatz — 268. 4.3 Muslime 275 Allgemeines — 275. Vorislamische Vorläufer und die Islamisierung religiöser Stiftungen — 278. Awqāf im Wandel der Dynastien — 282. Stiftung und historischer Wandel — 288. 4.4 Juden 294 Allgemeines — 294. ‚Jüdisches Mittelalter‘ — 294. Jüdisches Stiftungswesen — 295. 4.5 Griechisch-orthodoxe Christen 299 Allgemeines — 299. Antiker Hintergrund (bis ca. 300 u. Z.) — 302. Frühbyzantinische Phase (ca. 300–600) — 302. Mittelbyzantinische Phase (ca. 600–1204) — 306. Spät‑ und nachbyzantinische Phase (1204 bis nach 1453) — 308. 4.6 Indien 313 Allgemeines — 313. Anfänge im Altertum (bis ca. 300 u. Z.) — 314. Spätes Altertum (ca. 300–550) — 318. Dominanz des Brahmanentums im Frühmittelalter (ca. 550–1000) — 319. Aufschwung des hinduistischen Tempelwesens (ca. 1000–1250) — 323. Islam, Ikonoklasmus und Brahmanenverfolgungen (ca. 1200–1500) — 324. Kontinuität und Diskontinuität nach 1500 — 326.
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Schriftzeugnisse 331
5.1 Interkulturelle Perspektiven 331 5.2 Lateinische Christen 333 Allgemeines — 333. Normative Quellen — 334. Dokumentarische Quellen — 336. Narrative Quellen — 346. 5.3 Muslime 354 Allgemeines — 354. Normative Quellen — 356. Dokumentarische Quellen — 360. Narrative Quellen — 370. 5.4 Juden 378 Allgemeines — 378. Normative halachische Quellen — 379. Dokumentarische heqdesh‑ Quellen — 384. Deskriptive Quellen — 387. 5.5 Griechisch-orthodoxe Christen 397 Allgemeines — 397. Normative Quellen — 398. Dokumentarische Quellen — 401. Narrative Quellen — 406. 5.6 Indien 412 Allgemeines — 412. Normative Quellen — 413. Dokumentarische Quellen — 417. Deskriptiv‑ narrative Quellen — 425.
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Sachzeugnisse 431
6.1 Interkulturelle Perspektiven 431 6.2 Lateinische Christen 433 Allgemeines — 433. Baulichkeiten — 435. Bildwerke und Ausstattungsteile — 444. Kultgegenstände — 457. Bücher und Bibliotheken — 461. Musik — 463. Siegel — 463. 6.3 Muslime 472 Allgemeines — 472. Baulichkeiten — 475. Einzelobjekte — 482. Bücher und Bibliotheken — 485. Stiftungspraktiken und Sachkultur — 487. 6.4 Juden 495 Allgemeines — 495. Baulichkeiten — 497. Inneneinrichtung — 503. Kultus und Dekoration — 504. Schriftgut — 505. 6.5 Griechisch-orthodoxe Christen 511 Allgemeines — 511. Baulichkeiten — 512. Bildwerke — 518. Kultgegenstände — 525. Handschriften und andere Objekte — 526. 6.6 Indien 530 Allgemeines — 530. Baulichkeiten — 531. Bildwerke — 542. Kultobjekte — 546. Handschriften — 546.
Intercultural Perspectives 557 1
Foundation – Medieval Terminology and Modern Understanding 557
2
Research on Foundations 561
3
Typologies 565
4
Periodizations 567
5
Written Sources 570
6
Material Sources 572
Autoren 575 Siglen 577 Literatur 581 Abbildungen 667
Zur Einführung Die hier mit ihrem ersten Band eröffnete Enzyklopädie ist das Ergebnis eines einma‑ ligen Experiments der kulturwissenschaftlichen Fächer: Wissenschaftler_innen von fünf Disziplinen, die zusammenzuarbeiten bisher nicht gewohnt waren, verfassen gemeinsam in fünf Jahren ein Nachschlagewerk, das die interkulturell‑vergleichende Erforschung des ‚mittelalterlichen Jahrtausends‘ erproben und weiter anregen soll. Er‑ möglicht wird das Projekt durch ein Advanced Grant des European Research Council (ERC), das von Juni 2012 bis Mai 2017 großzügige Mittel bereitstellt. Unter Leitung des ‚Principal Investigators‘ (PI) wirken Experten der Byzantinistik, Indologie, Islamwis‑ senschaft, Judaistik und Mediävistik zusammen; Promovenden und Studierende der Mittelalterlichen Geschichte unterstützen die fünf Postdoktoranden und den Heraus‑ geber bei der Verwaltung des Vorhabens und Redaktion der Bände. Vorstudien hatten gezeigt, dass Stiftungen1 offenbar eine universale Erscheinung entwickelter Gesellschaften mit ‚privaten‘ Kapitalakkumulationen und einer Ethik des Einanderhelfens und Füreinanderhandelns waren und sind, auch wenn sie nicht über‑ all zu jeder Zeit errichtet und tätig wurden.2 Ob es zu ihrer Verbreitung Vorbilder zur Nachahmung an anderen Orten bedurfte oder ob mit analogen spontanen Erfindungen gerechnet werden sollte, ist bis heute ungeklärt. Ihre offenkundige Ähnlichkeit in ver‑ schiedenen Gesellschaften macht Stiftungen zu einem geeigneten Objekt des interkul‑ turellen Vergleichs, für den es trotz globaler Ausdehnung unseres Vorstellungskreises gegenwärtig noch nicht viele Pilotstudien gibt.3 Dazu gehören aber Abhandlungen gerade aus der jüngsten Zeit, die sich dem Vergleich von christlichen beziehungswei‑ se jüdischen mit muslimischen Stiftungen widmen; unabhängig voneinander und an verschiedenen Orten entstanden, belegen sie internationale Tendenzen der beteilig‑ ten Wissenschaften, die diese Enzyklopädie weiter intensivieren soll.4 Dankbar sind Stiftungen als Forschungsgegenstand besonders deshalb, weil sie alle Bereiche einer Gesellschaft tangieren: die Religion und Politik, das soziale Gefüge, die Wirtschaft und die Fürsorge, die Kunst, Gender oder Raumerschließung. Man kann deshalb von einem totalen sozialen Phänomen sprechen.5 Der Vergleich sollte nicht auf benach‑ barte Kulturen beschränkt bleiben, deren Angehörige interagieren (können), sondern auch einen Fernvergleich einschließen, bei dem Akteursbeziehungen kaum oder gar
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Zur Einführung
nicht anzunehmen sind.6 Deshalb arbeitet an der Enzyklopädie neben Fachleuten miteinander verbundener europäisch‑mediterraner Kulturen auch eine Indologin mit. Für den Vergleich kam es selbstverständlich auf die Auswahl eines Zeitraumes für die Untersuchung an, in dem die fünf ‚Stiftungskulturen‘ nebeneinander existierten; das war im Wesentlichen in demjenigen Jahrtausend der Fall, mit dem das ‚Mittel‑ alter‘ der lateineuropäischen Welt gewöhnlich abgegrenzt wird (500–1500 u. Z.).7 Da Mohammed erst im 7. Jahrhundert u. Z. gewirkt hat und das Reich von Byzanz 1453 untergegangen ist, konnte die gemeinsame Arbeit also nicht auf die ‚Vormoderne‘ unter Einschluss der Antike und der sogenannten ‚Frühen Neuzeit‘ bis zum Zeitalter von Aufklärung und Revolutionen ausgedehnt werden 8, obwohl das sonst vielleicht sachgerechter gewesen wäre.9 Da es sich nicht bezweifeln lässt, dass Stiftungen des mittelalterlichen Jahrtausends sehr stark religiös bestimmt waren, werden die jeweiligen ‚Kulturen‘ nach dem Glau‑ ben oder bevorzugten Kult der Stifterinnen und Stifter unterschieden. Jeder Artikel der Enzyklopädie enthält deshalb Abschnitte über ‚lateinische Christen‘, ‚Muslime‘, ‚Juden‘ und ‚griechisch‑orthodoxe Christen‘. Nur die plurireligiöse Welt des asiatischen Subkontinents wurde, um weitere Aufsplitterungen zu vermeiden, nach dem geogra‑ phischen Begriff ‚Indien‘ zusammengefasst.10 Vermieden haben wir im Allgemeinen die Zubenennung großer Räume oder Bevölkerungen nach ‚Kulturen‘, weil es sich dabei um generalisierende Konstrukte allzu großer Vereinfachung handelt; im Titel der Enzyklopädie ist deshalb das Wort ‚Stiftungskulturen‘ vermieden worden, wäh‑ rend von ‚Gesellschaften‘ die Rede ist, die sich auch bei gemeinsamer Prägung durch eine bestimmte Religion in ihrer Stiftungsgeschichte erheblich von anderen ihrer Art unterscheiden konnten. Dieser inneren Vielfalt haben wir durch häufige Wechsel der Schauplätze Rechnung zu tragen versucht, obwohl es leider ein unerreichbares Ziel gewesen wäre, eine gleichmäßige Repräsentanz aller Regionen und Gesellschaften zu erreichen. Unerfüllbar, und zwar dann doch aus finanziellen Gründen, war auch der Wunsch, noch andere Stiftungsgeschichten einzubeziehen, so etwa das russische und das chinesische Stiftungswesen. Immerhin konnten wir wenigstens zeitweise auch einen Sinologen beschäftigen,11 dessen Essay über Stiftungen seines Studiengebietes in einem Begleitband zur Enzyklopädie veröffentlicht werden soll. Die Artikel der Enzyklopädie sind so konzipiert, dass jeder Fachvertreter einen Beitrag dazu leisten kann; Spezialartikel, die nur eine oder zwei Disziplinen betrafen,
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waren zu vermeiden, da der ständige vergleichende Dialog aller Beteiligten der oberste Maßstab der gemeinsamen Arbeit sein sollte. Der Herausgeber hat jeweils eine verglei‑ chende und wenn möglich auch weiterführende Zusammenfassung als ‚Interkulturel‑ le Perspektiven‘ verfasst. Hier kam es besonders darauf an, offene Forschungsfragen anzusprechen; denn diese Enzyklopädie kann nicht das Schlusswort einer langen Ge‑ schichte wissenschaftlicher Bemühungen sein, sondern soll in erster Linie Forschungen anregen, die sich als Desiderate erwiesen haben. Das Werk ist nicht alphabetisch, sondern systematisch aufgebaut. Der vorgelegte erste Band betrifft die ‚Grundlagen‘, im zweiten soll ‚Das soziale System Stiftung‘, im dritten ‚Stiftung und Gesellschaft‘ behandelt werden. Wir haben uns entschieden, die Enzyklopädie in deutscher Sprache herauszubringen, jede Artikeleinleitung aber auch ins Englische zu übersetzen. Dass dieser erste Band nach nur anderthalb Jahren in Druck gehen konnte, ist dem hohen Engagement aller Beteiligten zu verdanken. Es war atemberaubend zu erleben, wie sich die Mitarbeiter_innen aus verschiedenen Disziplinen und Ländern, die sich vorher nie gesehen und gesprochen hatten, vom 1. Juni 2012 an auf die gemeinsame Aufgabe konzentriert, ja fixiert haben. In allwöchentlichen Kolloquien wurden alle Texte meist mehrfach besprochen und aufeinander abgestimmt, so dass mindestens alle drei Monate ein Artikel in sechs Teilen fertiggestellt werden konnte. Das vom ERC approbierte Programm setzt voraus, dass wir diesen straffen Rhythmus bis Mai 2017 durchhalten, und ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ziel auch erreichen. Autor_innen der ersten Artikel waren die Mitarbeiter_innen Zachary Chitwood (By‑ zantinistik), Patrick Koch (Judaistik), Tillmann Lohse (Mediävistik), Ignacio Sánchez (Islamwissenschaft) und Annette Schmiedchen (Indologie). An die Stelle von Patrick Koch, der nach einem Jahr auf eigenen Wunsch ausgeschieden ist, trat inzwischen Emese Kozma; für Tillmann Lohse, der sechs Monate Elternzeit in Anspruch genom‑ men hat, konnten wir, was die ‚Lateinischen Christen‘ betrifft, die Kunsthistorikerin Susanne Ruf für den Artikel ‚Sachzeugnisse‘ gewinnen, während der Herausgeber hier den Artikel ‚Periodisierungen‘ übernahm. Der erfolgreiche Abschluss des ersten Bandes wäre nicht möglich gewesen ohne die Übersetzungen englisch verfasster Artikel zum byzantinischen und muslimi‑ schen Stiftungswesen ins Deutsche, die wir Gisela Grabo verdanken, sowie die Über‑ tragungen der ‚Interkulturellen Perspektiven‘ und dieser Einführung ins Englische durch Zachary Chitwood. Große Verdienste haben sich die beiden Koordinatoren Paul
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Predatsch M. Ed. und Philipp Winterhager M. A. erworben, die nicht nur die aufwändige Verwaltung des Projekts nach außen und im Innern reibungslos und effektiv gestaltet haben, sondern auch die beiden Redaktionsteams für die formale Anpassung und für die Druckvorlagen der einzelnen Artikel leiteten. In diesen Tandems und auch sonst haben die beiden Hilfskräfte Ruth Schwerdtfeger B. A. und Benjamin Wolff B. A. viel mehr als Hilfsarbeiten geleistet, sondern unsere Debatten durch sachkundige Beiträ‑ ge bereichert. Volker Olles konnte uns wenigstens zeitweise mit Parallelen aus der Geschichte chinesischer Stiftungen den Blick für manch unerwartete Parallelen und Differenzen öffnen. Von Anfang an haben auswärtige Advisors die Arbeit unseres Projekts FOUNDMED be‑ gleitet, das beim ERC als ‚Foundations in medieval societies. Cross‑cultural comparisons‘ geführt wird. Prof. Dr. Stefan Conermann (Bonn) beriet uns für die Islamwissenschaft, Prof. Dr. Johannes Heil (Heidelberg) für die Jüdischen Studien, Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch (Mainz) für die Byzantinistik und Prof. Dr. Benjamin Scheller (Essen) für die Mediävistik. Benjamin Scheller sprang überdies im Frühjahr 2013 einige Wochen als Leiter des Projekts ein, als der PI wegen einer Krankheit nicht zur Verfügung stand. Geholfen hat uns auch die Humboldt‑Universität durch Bereitstellung geeigneter Räume und besonders Renate Ubachs als EU‑Liaison Officer von Humboldt‑Innovation. Als Leiter des Projekts und Herausgeber des Werkes danke ich allen Beteiligten sehr herzlich für ihre hingebungsvolle und ernsthafte Arbeit. Es war und ist ein großes Erlebnis und Geschenk, ein Teil dieses großen Unternehmens zu sein. Berlin, zum Jahreswechsel 2013/2014
Michael Borgolte
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Anmerkungen 1 Zum Stiftungsbegriff → 1. Allsen, Pre‑modern Empires [2011], neuerdings 2 Vgl. Borgolte, Stiftung und Memoria (2012), 337– „traditional empires“ von der akkadischen Dy‑
419; Ders., Stiftungen in Christentum, Judentum nastie in Mesopotamien, ca. 2360–2180 v. u. Z., und Islam (2005); Geelhaar / Thomas, Stiftung und an von den „modern empires“), dann soll sie im Staat (2011); B. Schuler, Stifter und Mäzene (2013); Allgemeinen Antike, Mittelalter und Frühe Neu‑ Stiftungen in der Geschichte (2012). zeit umfassen; siehe jetzt Ridder / Patzold, Ein‑ 3 Für das Stiftungswesen wegweisend, aber zu‑ leitung (2013), bes. 8; 10 f. Ob es nur eine oder nächst ohne Nachfolge: G. Baer, Muslim Waqf nicht eher mehrere Modernen (Modernitäten) (2005); zwei Beispiele aus anderen Themenfeldern: gebe (gegeben habe), ist aber ebenfalls umstritten: Borgolte, Otto Hintzes Lehre vom Feudalismus Sh. Eisenstadt, Comparative Civilizations (2003); (2002, ND 2014); Ders., Universität und Intellek‑ Ders., Multiple Modernities (2005); Ders., Vielfalt tueller (2008, ND 2014). der Moderne (2000); Osterhammel, Verwandlung 4 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011); der Welt (2009), 1281–1284. Pahlitzsch, Concern for Spiritual Salvation (2001). 9 Hierzu → 4.2.4. – Vgl. auch Macuch, Pious Foundations (2004); 10 ‚Indien‘ bezeichnet hier einen historischen Dies., Sasanidische Stiftung für die Seele (1994); Kulturraum, der schon im Altertum als Einheit Jones, Pious Endowments (1980). aufgefasst wurde, auch wenn er in indischen 5 Borgolte, Totale Geschichte (1993, ND 2012). Quellen selbst diesen Namen nicht trägt. Statt‑ 6 Zum historischen Vergleich immer noch dessen ist von Jambūdvīpa, ‚Rosenapfelbaumkon‑ M. Bloch, Histoire comparée (1928, ND 1963), dt. tinent‘, die Rede. Dieser wird durch den Hima‑ Übers.: Vergleichende Geschichtsbetrachtung laya im Norden, das Meer im Westen und Osten (1994), doch lehnte Bloch den Fernvergleich ab; und Sri Lanka im Süden begrenzt. ‚Südasien‘, der vgl. Borgolte, Erfindung der europäischen Ge‑ heute gebräuchliche geographische Begriff, um‑ sellschaft (1999). Zum Vergleich in der modernen fasst im gleichen Sinne Indische Union, Pakistan, Geschichte: Kaelble, Historischer Vergleich (1999); Bangladesch, Sri Lanka, Nepal und kleinere Staa‑ im Mittelalter: Borgolte, Theorie und Praxis des ten. Freundliche Auskünfte von PD Dr. Annette Vergleichs (2008); Ders., Europäisches Mittelal‑ Schmiedchen. ter im Spannungsbogen des Vergleichs (2001); 11 Dr. Volker Olles, Berlin. – Zum altrussischen durchgeführt an einer mittelalterlichen Periode: Stiftungswesen vgl. Steindorff, Glaubenswelt und Ders., Europa entdeckt seine Vielfalt (2002); ferner: Prestige (2005); Ders., Memoria in Altrußland Drews, Karolinger und Abbasiden (2009); Oesterle, (1994). Kalifat und Königtum (2009). 7 Zur Problematik des Mittelalterbegriffs in interkultureller Perspektive → 4.1. 8 Mit dem Periodisierungsbegriff ‚Vormoderne‘ wird das weltgeschichtliche Kontinuum im All‑ gemeinen in nur zwei Hälften geteilt. Der Beginn der Moderne ist allerdings umstritten. Manche datieren sie schon 1492 oder gehen bis 2001 hin‑ auf (vgl. Lauzon, Modernity [2011], 72), die meis‑ ten aber setzen sie seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an (vgl. Thamer, Entstehung der Moderne [2010]; Bayly, Geburt der modernen Welt [2008], 25 f.; Wittrock, Modernity [2005]). Wenn man nicht die gesamte Zeit vor ca. 1750 bis 1780 zur Vormoderne zählen will (so unterscheidet
Introduction The first volume of the encyclopedia presented here is the result of a unique experiment of five fields within the humanities: researchers from five disciplines, which hitherto have not been accustomed to working together, shall in five years write a reference work, which is to test and further encourage the cultural comparative research on the ‘Medieval Millennium’. The project was made possible by an Advanced Grant of the European Research Council (ERC), which provided generous funds from June, 2012 until May, 2017. Under the guidance of the ‘Principal Investigator’ (PI) specialists in Byzantine Studies, Indology, Islamic Studies, Jewish Studies and Medieval Studies col‑ laborate together; doctoral candidates and students within Medieval History provide support to the five post‑doctoral researchers and the editor in the administration of the project and the editing of the volumes. Preliminary studies have demonstrated that foundations1 were and are clearly a universal phenomenon of developed societies with ‘private’ capital accumulation and an ethic of mutual aid and assistance, even when they were not established and ac‑ tive in every period.2 Whether their prevalence required models for imitation in other locations or should be attributed to analogously spontaneous innovations remains unexplained to the present‑day. Their clear similarity in different societies makes foundations a suitable vehicle for cross‑cultural comparison, for which not many pilot studies exist, despite the current global reach of our mindset.3 Of the few exist‑ ing studies many compare Christian or Jewish foundations with Muslim ones; these research projects were carried out independently from one another and in different locations and thus are themselves evidence for new international tendencies towards intercultural and comparative approaches in thinking about foundations that this en‑ cyclopedia will hopefully help to further.4 Foundations are a particularly gratifying subject of research because they touch on all areas of a society: religion and politics, social structures, the economy and welfare, art, gender or regional development. One can therefore speak of a total social phenomenon.5 The comparison is not to be limited to neighboring cultures, whose members (could) interact, but also includes a long‑ distance comparison, in which relations between the actors are hardly or not at all assumed.6 Thus an Indologist is collaborating on the encyclopedia along with experts on interconnected Euro‑Mediterranean cultures.
Introduction
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For the comparison it understandably came down to the question of a period of time for the examination, in which the five ‘foundation cultures’ existed alongside one another; this was essentially the case in that millennium, in which the ‘Middle Ages’ of the Latin West is normally circumscribed (500–1500 C. E.).7 Since Mohammed lived in the 7 th century C. E. and the Empire of Byzantium fell in 1453, the cooperative work was not able to be extended to the ‘Pre‑Modern Period’ to include Antiquity and the so‑called ‘Early Modern Period’ to the age of the Enlightenment and revolutions8, although that otherwise would have been more appropriate.9 Since there is no doubt that foundations of the Medieval Millennium had a strongly religious character, the respective cultures are differentiated according to the faith or preferred confession of the founders and foundresses. Each article of the encyclopedia thus contains sections on ‘Latin Christians’, ‘Muslims’, ‘Jews’ and ‘Greek Orthodox Christians’. Only the multi‑religious world of the Asiatic subcontinent, in order to avoid further fragmentation, is encapsulated according to the geographical construct ‘India’.10 In general we have avoided designating larger areas or populations according to ‘cultures’, because it is a matter of generalizing constructs of too much simplifica‑ tion; thus the phrase ‘foundation cultures’ was avoided in the title of the encyclopedia, while the word ‘societies’ is used. These societies, even given the common influence of a particular religion, could substantially differ in other respects in the history of their foundations. We have tried to represent this inner diversity via the constant shifting of vantage points, though achieving a uniform representation of all regions and societies would have been an unattainable goal. Unrealized due to financial reasons was the wish to include other histories of foun‑ dations, for instance Russian and Chinese foundations. Nonetheless we were able to temporarily employ a Sinologist,11 whose essay on the foundations of his specialization is to appear in a companion volume to the encyclopedia. The articles of the encyclopedia were conceptualized in such a way, so that each expert could offer a contribution; specialist articles that only applied to one or two disciplines were to be avoided, since the continuous comparative dialogue of all the participants was to constitute the foremost touchstone of the cooperative endeavor. The editor wrote a comparative and, when possible, a further contributory summary under the title ‘Intercultural Perspectives’. Here the task consisted of discussing open ques‑ tions of research; because this encyclopedia cannot be the last word on a long history of scholarly labors, but should first and foremost encourage studies on evident desiderata.
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Introduction
The work is not alphabetically, but rather systematically, arranged. The present first volume deals with the ‘Fundamentals’, in the second ‘Foundations as Social Systems’ and in the third ‘Foundations and Society’ are to be addressed. We have decided to publish the encyclopedia in German, while also translating each introductory article into English. That this first volume was able to go to press after only a year and a half is due to the high level of engagement of all the participants. It was breathtaking to experi‑ ence how researchers from different disciplines and countries, who had never seen or spoken with one another, concentrated on, indeed devoted themselves to, the mutual endeavor from June 1st, 2012 onward. In weekly colloquia all the texts were for the most part discussed on multiple occasions and harmonized, so that every three months an article could be brought to completion in six components. The schedule approved by the ERC requires that we maintain this strict cadence until May, 2017, and I am con‑ vinced that we shall reach this goal. The authors of the first articles were the researchers Zachary Chitwood (Byzantine Studies), Patrick Koch (Jewish Studies), Tillmann Lohse (Medieval Studies), Ignacio Sánchez (Islamic Studies) and Annette Schmiedchen (Indology). Meanwhile Emese Kozma has taken the position of Patrick Koch, who of his own accord left after a year; for Tillmann Lohse, who claimed six months of parental leave, we were able to obtain, with regard to the ‘Latin Christians’, the art historian Susanne Ruf for the article ‘Material Sources’, while the editor undertook the writing of the article ‘Periodizations’. The successful conclusion of the first volume would not have been possible without the translation of articles which were written in English into German, for which we have Gisela Grabo to thank, as well as the rendering of the articles on ‘Intercultural Perspectives’ and this introduction into English by Zachary Chitwood. The two co‑ ordinators, Paul Predatsch M. Ed. and Philipp Winterhager M. A. have earned special merits; they not only smoothly and effectively organized the demanding adminis‑ tration of the project both externally and internally, but also led the editorial teams charged with the harmonization of formalia and the preparation of the manuscripts. In these tandems and elsewhere both student assistants, Ruth Schwerdtfeger B. A. and Benjamin Wolff B. A., have been more than mere aides, instead enriching our debates with informed contributions. Volker Olles could at least temporarily turn our gaze to many unexpected parallels and differences from the history of Chinese foundations.
Introduction
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From the beginning external advisors have accompanied the work of our pro ject FOUNDMED, which was listed at the ERC as ‘Foundations in medieval societies. Cross‑ cultural comparisons’. Prof. Dr. Stefan Conermann (Bonn) acted as our advisor for Islamic Studies, Prof. Dr. Johannes Heil (Heidelberg) for Jewish Studies, Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch (Mainz) for Byzantine Studies and Prof. Dr. Benjamin Scheller (Essen) for Medieval Studies. Benjamin Scheller moreover stepped in at the beginning of 2013 for a few weeks as the leader of the project, as the PI was indisposed due to an illness. The Humboldt University, and particularly Renate Ubachs as the EU‑Liaison Officer of Humboldt‑Innovation, assisted us by providing suitable quarters. As the leader of the project and the editor of the endeavor I offer my warmest thanks to the all the participants for their dedicated and earnest work. It was and is a tremen‑ dous experience and gift to be a part of this great undertaking. Berlin, at the turn of 2013/2014
Michael Borgolte
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Introduction
Notes 1 On the conception of a foundation → 1. 2 Cf. Borgolte, Stiftung und Memoria (2012),
337–419; Id., Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam (2005); Geelhaar / Thomas, Stiftung und Staat (2011); B. Schuler, Stifter und Mäzene (2013); Stiftungen in der Geschichte (2012). 3 Pathbreaking for the cross‑cultural perspec‑ tive on the history of foundations though largely ignored at first: G. Baer, Muslim Waqf (2005); two examples from other fields: Borgolte, Otto Hintzes Lehre vom Feudalismus (2002, repr. 2014); Id., Universität und Intellektueller (2008, repr. 2014). 4 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011); Pahlitzsch, Concern for Spiritual Salvation (2001). – See also Macuch, Pious Foundations (2004); Ead., Sasanidische Stiftung für die Seele (1994); Jones, Pious Endowments (1980). 5 Borgolte, Totale Geschichte (1993, repr. 2012). 6 Still relevant to the debate around historical comparison: M. Bloch, Histoire comparée (1928, repr. 1963), German trans.: Vergleichende Ge‑ schichtsbetrachtung (1994), English trans.: Con‑ tribution towards a comparative history (1967), but Bloch dismisses the long‑distance comparison; cf. Borgolte, Erfindung der europäischen Gesellschaft (1999). On comparison in modern history: Kaelble, Historischer Vergleich (1999); in the Middle Ages: Borgolte, Theorie und Praxis des Vergleichs (2008); Id., Europäisches Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs (2001); implemented on a medieval period: Id., Europa entdeckt seine Vielfalt (2002); furthermore: Drews, Karolinger und Abbasiden (2009); Oesterle, Kalifat und Königtum (2009). 7 On the term ‘Middle Ages’ in intercultural perspective → 4.1. 8 With the periodizing conception of the ‘Pre‑ Modern Period’ the world historical continuum is in general divided into only two halves. The beginning of Modernity is however debated. Some date it already to 1492 or go all the way to 2001 (cf. Lauzon, Modernity [2011], 72), most however place it in the second half of the 18th century (cf. Thamer, Entstehung der Moderne [2010]; Bayly, Geburt der modernen Welt [2008], 25 f.; Wittrock, Modernity, [2005]). If one does not wish to count the entire epoch before ca. 1750 to 1780 as the Pre‑Modern
Period (thus Allsen, Pre‑modern Empires [2011], differentiates between “traditional empires” from the Akkadian Dynasty in Mesopotamia, ca. 2360– 2180 B. C. E., and “modern empires”), then the ‘Pre‑Modern Period’ should in general include Antiquity, the Middle Ages and the Early Modern Period; see now Ridder / Patzold, Einleitung (2013), esp. 8; 10 f. Whether there exist (or existed) only one or multiple Modernities, is however likewise debated: Sh. Eisenstadt, Comparative Civiliza‑ tions (2003); Id., Multiple Modernities (2005); Id., Vielfalt der Moderne (2000); Osterhammel, Ver‑ wandlung der Welt (2009), 1281–1284. 9 See → 4.2.4. 10 ‘India’ denotes here a cultural zone, which was already understood as a unity in Antiquity, even though this name is not found in Indian sources. Instead they speak of Jambūdvīpa, the ‘Continent of the Indian Blackberry Tree’. This was circumscribed by the Himalayas in the North, the ocean in the West and East and Sri Lanka in the South. ‘South Asia’, the contemporary geographic construct, encompasses in the same sense the Union of India, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Nepal and smaller states. Friendly information of PD Dr. Annette Schmiedchen. 11 Dr. Volker Olles, Berlin. – On foundations in Old Russia cf. Steindorff, Glaubenswelt und Prestige (2005); Id., Memoria in Altrußland (1994).
1 Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
1.1 Interkulturelle Perspektiven ‚Stiftung‘ ist ein Rechtsbegriff. In der Anti‑ ke waren die Stiftungen aber kein Produkt der Rechtswissenschaft gewesen, sondern hatten sich aus praktischen Bedürfnissen entwickelt: Die römischen Stiftungen „ka‑ men aus dem Volke selbst. Sie haben das Parfüm von Chianti und Salami.“1 Für die meisten in dieser Enzyklopädie bearbeite‑ ten Stiftungskulturen des mittelalterlichen Jahrtausends gilt das Gleiche. Die verschie‑ denen Rechtsschulen der lateinischen Chris‑ ten haben keine Theorie der Stiftung entwi‑ ckelt; auch in Indien, wo die ältesten sicher belegten Stiftungen in die Zeit des Kaisers Aśoka (gest. um 232 v. u. Z.) zurückgehen und Anregungen durch den Hellenismus denkbar sind,2 hat es, soweit bekannt, kei‑ ne „allgemeine normative Literatur zum Stiftungsrecht“ gegeben. (→ 1.6.1) Nur in der muslimischen Umma haben Juristen seit dem neunten Jahrhundert u. Z. wenigstens die Terminologie des Stiftungswesens ge‑ prägt und eine streng rechtlich bestimmte Auffassung des waqf begründet. Für alle mittelalterlichen Kulturen von Westeuropa bis zum Indischen Ozean lässt sich die auch sonst verbreitete Auffassung von ‚Stiftung‘ geltend machen:3 Als Rechts‑ institut wird sie dadurch geschaffen, dass
eine Person die Erträge ihres Vermögens einem dauernden Zweck widmet. Das Ka‑ pital der Stiftung selbst muss also erhalten bleiben, während die Zinsen gemäß dem Stifterwillen konsumiert werden. Von der einfachen Schenkung unterscheidet sich die Stiftung dadurch, dass die Gabe nicht durch einen einmaligen Akt den Besitzer wech‑ selt, sondern ständig wiederholt wird. Weil die Stiftung auf eine unbestimmte Zukunft hin angelegt ist – eigentlich auf Ewigkeit –, bedarf sie einer eigenen Verwaltung. Man spricht von ‚Stiftungsorganen‘, die das Ver‑ mögen zu erhalten und zu mehren suchen und im Namen des Stifters regelmäßig die Empfänger der Wohltaten versorgen. Neben der rechtlichen hatte die ‚Stiftung‘ also eine wirtschaftliche, administrative und ethische Dimension, vor allem aber fehlte ihr im mittelalterlichen Jahrtausend nie eine religiöse Sinngebung. Den Über‑ gang vom ‚Heidentum‘ zum Christentum markiert schon in der Spät antike, dass die Erträge der Stiftung nicht mehr für den Totenkult, sondern für das Seelenheil der Verstorbenen aufgewendet wurden.4 In den lateinischen Quellen mutieren das Verb fundare und das Substantiv fundatio zum Vokabular christlichen Sprechens über
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
das Stiften. Einen religiösen Sinn haben die hebräischen Termini heqdesh beziehungs‑ weise qodesh stets bewahrt. Die ihnen zu‑ grunde liegende Wurzel q-d-sh scheint sich auf den Jerusalemer Tempelkult mit der Opfergabe bezogen zu haben; heqdesh hat sogar die Transformation profaner in sa‑ kralisierte Güter zum Ausdruck gebracht. Griechische Kirchenväter empfahlen den Gläubigen, Kirchen statt Bädern und Märk‑ ten zu stiften. Muslime erwarteten von ih‑ ren Stiftungen, „Gott nahe“ zu sein (qurba). Ähnliche Jenseitsvorstellungen herrschten bei Byzantinern und den Rus’.5 In Indien war Herrschern und Fürsten auferlegt, bud‑ dhistische Kult‑ und Klosterbauten und hinduistische Tempel oder die Brahma‑ nen persönlich zu bewidmen. Neben In‑ stitutionen, menschlichen Gruppen oder Einzelpersonen wurden als Adressaten der Gaben auch die Götter selbst bezeichnet; im Sanskrit bedeutete devāgrāhārasthiti „Regel für Stiftungen (agrāhāra) an Götter“. Diese Vorstellungen und Wendungen erinnern an den altrömischen Grundsatz, dass res sacrae et religiosae et sanctae niemandem gehören, sondern allein göttlichen Rechtes sind. (→ 1.5.3) Gestiftete Güter waren der menschli‑ chen Verfügungsfreiheit entzogen, weil sie in göttlichen Besitz übergegangen waren; diese Auffassung scheint in allen fünf Stif‑ tungskulturen und auch in Altrussland wirksam gewesen zu sein. Im Christentum hatte die religiöse Stiftung, verstanden als Gabe an Gott selbst, ihr Vorbild in der Eucharistiefeier der Messe. Schon in der Al‑ ten Kirche brachten die Gläubigen Opferga‑ ben zum Altar, neben Brot und Wein auch Öl, Käse, Erstlingsfrüchte, Blumen und so weiter.6 Der Liturg hatte dann die Worte zu sprechen: „Memento domine – gedenke, Herr, Deiner Diener und Dienerinnen und aller Dabeistehenden, deren Glauben und Opfergesinnung Du kennst. Sie bringen Dir
dieses Lobopfer dar für sich selbst und alle die Ihrigen, damit ihre Seelen gerettet und ihre Hoffnung auf Heil und Unversehrt‑ heit gesichert werde; sie weihen Dir, dem ewigen, lebendigen und wahren Gott ihre Gaben.“7 Gott – oder Christus – wurde also als Empfänger der Gaben angesehen und schuldete dafür dem Spender sein Geden‑ ken. Gottes Memoria an den Darbringer der Gaben sollte in der Rettung der Seele durch Vergebung der Sünden geschehen. Das Memento der Opfernden mochte de‑ ren Angehörige einschließen und wurde später ausdrücklich um ein Totengedenken, Memento mortuorum, ergänzt. Die Namen der Lebenden und Verstorbenen hielt man in Verzeichnissen auf dem Altar fest.8 Na‑ türlich waren beim Aufruf der offerentes die wohlhabenderen Spender bevorteilt, was auch Kritik auslöste (Ambrosius von Mailand, gest. 397 u. Z.; Hieronymus, gest. 420 u. Z.).9 Stiftungsgüter, die in den Besitz Got‑ tes – oder der Götter – übergehen, sind mit den Menschen auch der Zeit entzogen; hier könnte der Ursprung für die Vorstel‑ lung liegen, dass Stiftungen auf ewig be‑ stehen. Im Christentum war der Gedanke wirksam, dass Geistliche und Mönche als Empfänger einer Stiftung auf Dauer zum Gebetsgedenken verpflichtet waren, weil dies der Seele des Stifters bis zum Jüngsten Tag zugutekommen konnte. Obwohl im Judentum ein Klerus wie bei den Christen fehlte, verbreitete sich in Aschkenas das Totengedenken unter christlichem Einfluss als Gegenleistung für Spenden an die Sy‑ nagoge; das Gleiche galt aber nicht für die sephardischen Juden, wohl weil in Spanien auch bei den Christen die Gedenkpraxis selbst weniger ausgeprägt war. Die Bestän‑ digkeit in der Zeit hat die neuere Forschung als besonders charakteristischen Zug von Stiftungen erkannt und dabei zu unterschei‑ den gelernt, ob Zweck und Vermögen oder
Interkulturelle Perspektiven
eher Verwaltung und Vollzug die Dauer der Stiftung erhalten. (→ 1.2.4) Ein gemeinsames Kennzeichen jüdi‑ scher, christlicher und muslimischer Stif‑ tungen war die Wohltätigkeit; eine Aus‑ nahme bildete hier nur Altrussland.10 Als Akkusativobjekt für das ‚Stiften‘ erscheint in lateinischen Quellen neben Einrich‑ tungen für Mönche und Kleriker u. a. das hospitale als Haus für die Versorgung Be‑ dürftiger. Die idealtypische Begründung und Beschreibung dieser Stiftungen hatte bereits Kaiser Justinian (gest. 565 u. Z.) gegeben: „Einem jeden Menschen ist vom Schöpfer nur der Lauf eines einzigen Le‑ bens gegeben, an dessen Ende der Tod steht. Nicht aber ziemt es, den ehrwürdigen Häu‑ sern und ihren Kongregationen, die als unsterblich unter Gottes Schutz stehen, ein Ende zu setzen, auch nicht in ihren Gütern. Sondern solange die ehrwürdigen Häuser bestehen – und sie werden in Ewigkeit be‑ stehen, ja bis ans Ende der Tage, solange der Name ‚Christen‘ bei den Menschen gilt und verehrt wird –, ist es gerecht und billig, dass auch die ihnen auf Ewigkeit zu‑ gewendeten Spenden und Einkünfte ewig dauern, damit sie unaufhörlich dienen den nie erlöschenden frommen Werken.“11 Mit ihrer caritas hatten sich die Christen von Anfang an in ihrer spätrömischen Welt von den ‚Heiden‘ unterschieden, die nur die liberalitas kannten, also die Freigebigkeit gegen Verwandte, Freunde und Gäste, ge‑ gen die Vaterstadt, die Mitbürger oder die Genossen eines Collegiums. Reiche Bürger hatten ihrer Stadt ein neues Theater, ein Schlachthaus, eine Bibliothek errichtet, sie hatten verfallene Mauern wiederherge‑ stellt, neue Straßen gebaut, eine Wasserlei‑ tung oder einen Brunnen angelegt, wenn sie nicht Wein, Getreide und Öl verteilen ließen oder Spiele und Gastmähler aus‑ richteten. Aber diese Liberalität sollte nur Mitbürgern zugutekommen und war nicht
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vom Motiv der Bedürftigkeit bestimmt.12 Allerdings war Wohltätigkeit ohne An‑ sehen der Person keine christliche Norm allein. Vielmehr lassen sich die Spuren dieses Verhaltens bis ins alte Ägypten zu‑ rückverfolgen. In den Grabschriften des Landes am Nil, die schon im Kontext von Totenstiftungen standen, werden den Ver‑ storbenen immer wieder ihre Werke der Barmherzigkeit nachgerühmt. Dazu ge‑ hörte es, Hunger und Durst zu stillen, die Armen zu kleiden, die Not von Fremden und Gefangenen zu lindern, für Kranke zu sorgen und die Toten zu bestatten. Der Kanon erinnert an Mt 25.35–44, also die christlichen ‚Sieben Werke der leiblichen Barmherzigkeit‘, die ihrerseits auf israeliti‑ sche Vorläufer zurückverweisen.13 In dieser Tradition wird in mittelalterlichen Quel‑ len des Judentums heqdesh als Synonym für Objekte gebraucht, die für wohltätige Zwecke bestimmt waren. Insbesondere im europäischen Raum wurde der hebräische Begriff für ‚Stiftung‘ zunehmend für ca‑ ritative Einrichtungen verwendet. Auch im Islam wurden Stiftungen auf Ewigkeit für ‚wohltätige Zwecke‘ (ṣadaqa) errichtet, aber hier findet sich eine charakteristi‑ sche Erweiterung, die an die römische Zeit erinnert und in der Christenheit kaum Parallelen hat: Die religiösen Stiftungen konnten nämlich ‚öffentliche‘ Aufgaben, wie Befestigungsanlagen, Straßenbau, Wasserversorgung, oder Einrichtung und Betrieb von Märkten einschließen. Wer im Mittelalter stiftet, ‚beginnt‘ ein Werk, ‚errichtet‘ oder ‚erbaut‘ ein Haus oder eine Institution. Allerdings zeigen die Quellensprachen, dass die Grenzen im Vokabular für ‚stiften‘ und für ‚schenken‘ beziehungsweise ‚besitzen‘ zerfließen. Im Sanskrit gab es überhaupt kein spezifisches Verb für ‚stiften‘ im Unterschied zu ‚schen‑ ken‘, im Latein standen dare und tradere zum Beispiel neben donare oder der plantator und
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
instaurator neben dem largitor; besonders eindrücklich ist in Byzanz die Ablösung des noch im sechsten Jahrhundert gebräuch‑ lichen ktistēs, ‚Erbauer‘, durch ktētōr, der ursprünglich den Wohlhabenden im Un‑ terschied zu dem Armen und dann den ‚Besitzer‘ oder ‚Eigentümer‘ bezeichnet. Be‑ sonders weit scheint sich das muslimische Stiftungswesen von den übrigen Kulturen dadurch entfernt zu haben, dass es die re‑ ligiöse oder auch caritative Stiftung mit der Begünstigung des Stifters selbst oder seiner Angehörigen und Erben verbinden konnte. Bekannt waren hier auch von al‑ ters her zeitlich limitierte Stiftungen, die dort anerkannt blieben, wo das mālikītische Recht galt. Dies erinnert an die modernen ‚operativen‘ Stiftungen, die man besonders aus den Vereinigten Staaten von Amerika kennt; den Stiftungsorganen ist es dabei erlaubt, die Zwecke der Stiftung zu ändern, je nachdem, wie sich neue Aufgaben bei der Behebung von Mangelerscheinungen stellen. Weniger aus dem Wortgebrauch der Überlieferungen als aus der Praxis der Akteure lässt sich ableiten, dass ‚Stiftun‑ gen‘ in den durch verschiedene Religio‑ nen bestimmten Kulturen überwiegend so verstanden wurden wie in der Gegenwart: Bei ihnen wurden Güter zur Verfügung gestellt, mit denen bestimmte Leistungen auf Dauer oder mindestens längere Frist erbracht werden sollten. Eine offene Frage ist jedoch, wie dieses Rechtsinstitut, das tat‑ sächlich ein ‚totales soziales Phänomen‘ (M. Mauss) war,14 erklärt werden soll. In jünge‑ ren sozialhistorisch ausgerichteten Studien zum lateinischen Stiftungswesen hat sich gezeigt, dass die Lehre von der Stiftung als juristischer Person, die aus der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts stammt, einen Anachronismus darstellt.15 Nach mittelalterlicher Vorstellung handelte nämlich nicht eine durch Stiftung errichtete Institution so wie eine natürliche Person,
sondern der tote Stifter wurde selbst als fortlebendes Rechtssubjekt gedacht, das durch die Verwalter (‚Organe‘) den durch die Stiftung Begünstigten (‚Destinatären‘) die Erträge seines Vermögens durch ständig wiederholte Gaben zugutekommen ließ. Da Gabe ohne Gegengabe aber nicht denkbar war, bestand die Gegenleistung der Geför‑ derten vor allem im Stiftergedenken über den Tod hinaus. Stiftungen setzten nach diesem Verständnis einen ständigen so‑ zialen Mechanismus des Gabentauschs in Gang. Sie „beruhten also auf einer Denk‑ form, die in der europäischen Geschichte erst während der Zeit Napoleons und Goe‑ thes aufgegeben wurde: auf der Vorstellung nämlich, dass Lebende und Tote gemeinsam die Gesellschaft bilden.“16 Es waren allerdings weniger Einzelper‑ sonen als Gruppen, denen das Stiftungs‑ werk aufgetragen war. Nur Gemeinschaf‑ ten, die sich ständig erneuerten, konnten der Intention des Stifters Geltung verschaf‑ fen. Entweder musste der Stifter also eine Personengruppe bilden, die sich seinen Willen zu eigen machte, oder er musste einen vorhandenen Verband zur Annahme seines Willens bewegen. Indessen gilt auch, dass man dieses Verhältnis keineswegs einseitig auf einen Befehl zurückführen kann, denn „es bedarf stets einer aktiven Zustimmung der betreffenden Gemein‑ schaft (…). In Abwandlung der berühm‑ ten Herrschaftsdefinition von Max Weber könnte man geradezu sagen: ‚Stiftung soll die Chance heißen, für Befehle bestimm‑ ten Inhalts ü b e r d e n e i g e n e n T o d h i n a u s bei angebbaren Gruppen von Menschen Gehorsam zu finden.‘“17 Der Wille des Stifters konnte nicht uneinge‑ schränkt gelten, sondern hatte sich an den Möglichkeiten und auch an der Bereitschaft derjenigen zu orientieren, die gegenwärtig und künftig in seinem Sinne handeln sol‑ len. Eine rein zweckrationale Auffassung
Lateinische Christen
von Stiftung führt in die Irre, weil dabei die Gestaltungschancen und der Hand‑ lungsspielraum derjenigen unterschätzt werden, an die sich der Stifter wendet und auf die er angewiesen ist. Schließlich muss der Stifter oder die Stifterin auch das poli‑ tische, soziale, wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Umfeld der Stiftung beein‑ flussen, ja verändern; solange der Staat mit seiner Rechtsordnung den Bestand der Stiftung nicht schützt, obliegt es ihm
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oder ihr selbst, das Überleben des Werkes durch prospektive Maßnahmen zu sichern. Die Perspektiven, die dieser am latei‑ nischen Christentum gewonnene Ansatz zur Deutung des Phänomens ‚Stiftung‘ für andere Kulturen der Vormoderne eröffnet, sind zu prüfen. Was den zentralen Mecha‑ nismus des Gabentauschs betrifft, haben sich entsprechende Beobachtungen schon am altrussischen Stiftungswesen erzielen lassen. MB
Anmerkungen 1 Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 72. Borgolte, Geschichte des Stiftungsrechts (2002, 2 Vgl. ebd., 49; 57 f. ND 2012), 348. Diese Konstitution wurde fast wört‑ 3 Für die vorchristliche Antike: Laum, Stiftun‑ lich in einer späteren Novelle wiederholt: Iusti‑ gen, Bd. 1 (1914, ND 1964), 1 f.
niani Novellae. Ed. Rudolfus Schoell / Guilelmus Kroll. (CIC 3.) Dublin / Zürich 101972, 658, Nr. 131.9 (vom Jahr 545). Borgolte, Freigelassene (1983, ND 2012). 5 Vgl. Steindorff, Glaubenswelt und Prestige 12 Uhlhorn, Christliche Liebesthätigkeit, Bd. 1: (2005); Ders., Memoria in Altrußland (1994). In der alten Kirche (1882, ND 1895 und 1959), 7. 6 Klauser, Kleine abendländische Liturgiege‑ 13 Von den Driesch, Geschichte der Wohltätig‑ keit (1959), 171. schichte (1965), 11–22. 7 Stuiber, Diptychon‑Formel (1954), 127. 14 Borgolte, Totale Geschichte (1993, ND 2012). 8 K. Schmid / Wollasch, Gemeinschaft der Leben‑ 15 Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ den und Verstorbenen (1967), 366–369. und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012); Ders., 9 Angenendt, Theologie und Liturgie (1984), 141; Stiftung und Memoria (2012). Stuiber, Diptychon‑Formel (1954), 137–139. 16 Borgolte, Planen für die Ewigkeit (2012), 38. 10 Vgl. Steindorff, Glaubenswelt und Prestige 17 Borgolte, König als Stifter (2000, ND 2012), (2005), 174. 312. Vgl. Max Webers Definition von Herrschaft 11 Codex Iustinianus 1.3.57.3. Ed. Paulus Krue- in Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1980), 28. ger. (CIC 2.) Dublin / Zürich 151970, 38 f.; zur Übers.:
4 K. Schmid, Stiftungen für das Seelenheil (1985);
1.2 Lateinische Christen 1.2.1 Allgemeines Eine elaborierte Begrifflichkeit zur Bezeich‑ dementsprechend diffuse Wortfeld ‚stiften‘ nung von Stiftungen ist im abendländischen – ‚Stiftung‘ – ‚Stifter_in‘ wurde bislang für Mittelalter nicht entwickelt worden. Das keine seiner Quellensprachen en détail
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
analysiert, weder für das Mittellateinische und seine regionalen Vulgarisierungen noch für die germanischen, nordischen, kelti‑ schen oder slawischen Vernakularsprachen. Meist begnügte man sich damit, anhand sprachgeschichtlicher Wörterbücher mög‑ lichst frühe Belege für einschlägige Termini zu ermitteln.1 Allein Otto Meyer stützte sich bei seinen Überlegungen zur „Terminologie, deren sich Nachrichten über Klostergrün‑ dungen bedienen“, auf ein eigenständiges Quellenstudium.2 Doch so wichtig Meyers Beobachtungen zur Wort‑ und Begriffsge‑ schichte von fundare bis heute sind, so wenig konnten sie das Thema erschöpfend behan‑ deln, weil sie einerseits auf einem sowohl geographisch als auch gattungstypologisch sehr eng umrissenen Quellencorpus (rö‑ misch‑deutsches Reich; Urkunden) fußten und weil sie andererseits nur eine ganz spezifische Form von Stiftungen, nämlich Klöster, vor Augen hatten. Wenn die historische Forschung den von Meyer eingeschlagenen Weg in der Folgezeit nicht weiter beschritten hat, dann hängt das wohl in erster Linie damit zu‑ sammen, dass die Beschäftigung mit der zeitgenössischen Terminologie zur Klä‑ rung der Frage, was die moderne Forschung unter einer mittelalterlichen ‚Stiftung‘ zu verstehen habe, nur wenig beizutragen vermag. In diesem Sinne stellte etwa der belgische Rechtshistoriker Robert Feenstra 1956 fest: „Il y a une chose qui est certaine: dans le cas précis de la fondation, il est absolument impossible de se tenir à la ter‑ minologie des sources, méthode qui d’ail‑ leurs, même là où elle serait possible dans une certaine mesure, ne donne aucune garantie dʼêtre fructueuse. L’emploi des mots fondation, fundatio, Stiftung, Stichting dans le sens de ‚ce qui a été fondé‘ et non dans celui de ‚acte de fonder‘ ne semble pas apparaître avant la fin du moyen âge. Mais quel sera notre point d’appui si nous
ne partons ni d’une définition de la théorie du droit moderne ni de la terminologie des sources?“3 Feenstra selbst hegte große Zweifel da‑ ran, ob es überhaupt möglich sei, den Be‑ griff ‚Stiftung‘ so zu definieren, dass seine Anwendung auf die Vormoderne keinen Anachronismus darstelle; und in der Tat sah sich die traditionelle rechtshistorische Forschung, die trotz der artikulierten Vor‑ behalte weiterhin von der Begrifflichkeit des modernen kontinentalen Stiftungs‑ rechts ausging, seit den 1980er Jahren ge‑ nau diesem Vorwurf immer stärker aus‑ gesetzt.4 Demgegenüber hat die neuere, sozial‑ und kulturwissenschaftlich inspi‑ rierte Stiftungsforschung in unterschied‑ lichen Anläufen die von Feenstra kons‑ tatierte Aporie durch die Konstruktion eines Idealtypus ‚Stiftung‘ zu überwin‑ den versucht, also „durch einseitige Stei‑ gerung eines oder einiger Gesichtspunkte und durch Zusammenschluss einer Fülle von diffus und diskret, hier mehr, dort weniger, stellenweise gar nicht, vorhande‑ nen Einzelerscheinungen (…) zu einem in sich einheitlichen Gedankengebilde“. Wie jeder andere Idealtypus, so ist auch derje‑ nige der ‚Stiftung‘ „in seiner begrifflichen Reinheit (…) nirgends in der Wirklichkeit empirisch vorfindbar, (…) und für die his‑ torische Arbeit erwächst [daraus unter anderem] die Aufgabe, in jedem einzelnen Fall festzustellen, wie nahe oder wie fern die Wirklichkeit jenem Idealtypus steht“5. Mit diesem forschungsstrategischen Neu‑ ansatz wurde ein begriffliches Fundament gewonnen, das nicht nur unangemessene Rückprojektionen moderner Rechtszustän‑ de zu ver meiden hilft, sondern auch auf die terminologische Rückkopplung an den Sprachgebrauch der mittelalterlichen Zeit‑ genossen nicht mehr angewiesen ist. Letz‑ teren zu untersuchen wurde damit jedoch keineswegs obsolet, darf man doch von der
Lateinische Christen
sprachlichen Bewältigung des Phänomens ‚Stiftung‘ sehr wohl wertvolle Einsichten in die Vorstellungswelten früherer Gene‑ rationen erwarten. 1.2.2 Die Terminologie der mittellateinischen Quellen
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Anlage ihrer Werke ebenfalls keine defini‑ torische Beschäftigung mit dem Phänomen Stiftung ab. Die Semantik von fundare, fundatio und fundator / fundatrix kann deshalb nur aus dem jeweiligen Gebrauchskontext erschlossen werden. (2.) Fundare bezeichnete neben ‚stiften‘ auch andere Aktivitäten. Bereits im klassischen Latein begegnen mit ‚(be)gründen‘ und ‚(be)festigen‘ zwei Grundbedeutungen die‑ ses Verbs, die sich auch während des Mit‑ telalters europaweit nachweisen lassen.8 Wie in der Antike wurden sowohl konkrete Baulichkeiten (zum Beispiel Häuser oder Siedlungen) als auch Abstrakta (zum Bei‑ spiel Staaten, An‑ oder Absichten) sowie – durch Gottes Hand – sogar die ganze Welt ‚gegründet‘ und ‚gefestigt‘.9 Dass die Bedeutung von fundare im Laufe des Mittel‑ alters aber noch sehr viel weiter streute als das mit den Verben ‚errichten‘, ‚einrichten‘, ‚ansiedeln‘ und ‚herstellen‘ umrissene se‑ mantische Feld, zeigen unter anderem die – zum Teil erst relativ späten – Nachweise für Verwendungen im Sinne von ‚beisetzen‘, ‚einsetzen‘ oder ‚instruieren‘.10 Zumindest im deutschen Sprachraum belegen die zeit‑ genössischen Vokabularien und Glossare jedoch eindeutig, dass ‚stiften‘ sich im aus‑ gehenden Mittelalter zur Hauptbedeutung von fundare entwickelt hatte.11
Angesichts der dürftigen Vorarbeiten er‑ scheint es ratsam, bei der Analyse des Wortfeldes ‚stiften‘ – ‚Stiftung‘ – ‚Stifter‘ von einer geeigneten Leitvokabel auszu‑ gehen. Als solche kann für das Mittel‑ lateinische (und für die daraus erwach‑ senen romanischen Sprachen) zweifellos das Verb fundare gelten, von dem die Sub‑ stantive fundatio, fundator und fundatrix abgeleitet sind. Obschon fundare und sei‑ ne Derivate bereits zum Vokabular des klassischen Lateins zählten, haben erst christliche Autoren der Spätantike diese Termini auf das Stiftungswesen bezogen. Die heidnischen Stifter im Alten Rom cha‑ rakterisierten ihre Tätigkeit dagegen mit anderen Verben, vor allem mit dare (‚ge‑ ben‘), bei testamentarischen Stiftungen auch mit legare (‚vermachen‘).6 Die mittelalterliche Semantik der fundare‑ Wortgruppe ist ausweislich der zahlreichen zur Verfügung stehenden lexikographi‑ schen Nachschlagewerke relativ komplex. Dabei sind mit Blick auf das Stiftungswe‑ sen vier Aspekte besonders hervorzuheben: (3.) Fundare und seine Derivate waren nicht die einzigen Termini, die zur Bezeichnung (1.) Eine explizite Definition der Begriffe vom Phänomen des Stiftungswesens Ver‑ fundare, fundatio oder fundator / fundatrix wendung fanden. Der Vorgang des Stiftens ist im Mittelalter niemals formuliert, ge‑ konnte auch mit anderen Verben ausge‑ schweige denn allgemein anerkannt wor‑ drückt werden. Im Zusammenhang mit der den. Wie bereits die Juristen des römischen Errichtung von Baulichkeiten verwandte Imperiums kamen auch die mittelalterli‑ man z. B. Ausdrücke wie construere (‚er‑ chen Legisten und Kanonisten jahrhun‑ richten‘), aedificare (‚erbauen‘), constituere dertelang ohne eine verallgemeinernde (‚ansiedeln‘), instituere (‚einrichten‘), condere Begriffsbildung aus.7 Den zeitgenössischen (‚gründen‘), initiare (‚beginnen‘) oder inEnzyklopädisten nötigte die systematische chohare (‚anfangen‘). Bei der Bewidmung
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
von Treuhändern und / oder Destinatären bzw. anlässlich der expliziten Zweckbin‑ dung von Stiftungsgütern fiel vor allem das Verb dare, seltener auch conferre (‚verleihen‘), tradere (‚übergeben‘), dotare (‚ausstatten‘) und donare (‚schenken‘) sowie – insbesonde‑ re bei testamentarischen Stiftungen – legare (‚vermachen‘).12 Der ‚Stifter‘ wurde nicht nur als fundator angesprochen, sondern auch als conditor, auctor (‚Gründer‘), initiator (‚Beginner‘), plantator (‚Pflanzer‘), constructor, erector, instaurator (‚Erbauer‘), dotator, instructor (‚Ausstatter‘), donator, largitor (‚Spender‘) oder benefactor (‚Wohltäter‘).13 (4.) Das Substantiv fundatio bezeichnete ursprünglich und in erster Linie den Vor‑ gang des Stiftens. Am Ende des Mittelalters stand es dann aber nachweislich auch für das durch den Stifter geschaffene rechtliche, ökonomische und soziale Gebilde, ohne dass freilich bislang geklärt worden wäre, wie es zu dieser Bedeutungserweiterung kam.14 Für die durch den Stiftungsakt geschaffe‑ ne ‚Institution‘ wurden im früheren, aber auch noch im späteren Mittelalter in der Regel zahlreiche andere Termini verwendet. Diese hoben entweder auf den Zweck oder die Organisationsform der Stiftung ab. Zur ersten Gruppe zählten zum Beispiel Begriffe wie commemoratio (‚Gedenken‘), anniversarium (‚Jahrtag‘), elemosyna (‚Almosen‘) und convivium (‚Mahl‘), zur zweiten Gruppe die typischen Akkusativobjekte der Tätigkeit ‚stiften‘, nämlich ecclesia (‚Kirche‘), monasterium (‚Kloster‘), hospitale (‚Spital‘), altare (‚Altar‘), beneficium (‚Pfründe‘), vicaria (‚Vi‑ karie‘) usw.,15 denen bei Bedarf auch das Partizipialadjektiv fundatus (‚gestiftet‘) bei‑ gelegt wurde. Daneben waren aber auch die weniger konkreten Sammelbezeichnungen piae causae (‚fromme Zwecke‘) oder venerabiles domus (‚ehrwürdige Häuser‘) gebräuch‑ lich. Das durch den Stifter geschaffene Stif‑ tungsgefüge wurde vonseiten Dritter mit
Formulierungen wie pia disposicio (‚fromme Anordnung‘) umschrieben.16 Der lexikographische Blick auf die mit‑ tellateinische Überlieferung führt also zu dem Ergebnis, dass die semantische Uneindeutigkeit der fundare‑Wortgruppe im Mittelalter zwei Ursachen hatte: Einer‑ seits konnten die Signifikanten fundare, fundatio und fundator / fundatrix auf ganz verschiedene Signifikate verweisen, an‑ dererseits wurden die Signifikate ‚stiften‘, ‚Stiftung‘ und ‚Stifter / Stifterin‘ durch ganz verschiedene Signifikanten bezeichnet. Die mangelnde Präzision bei der sprachlichen Bewältigung des Phänomens ‚Stiftung‘ ist zweifellos ein wichtiger Befund. Und doch stellt sich die Frage, ob das sprachliche Handeln der mittelalterlichen Zeitgenos‑ sen allein mithilfe der mittellateinischen Wörterbücher, die ja eo ipso die Polyvalenz einzelner Termini besonders betonen, ad‑ äquat erfasst werden kann, oder ob nicht vielmehr der Historischen Semantik eine Historische Pragmatik zur Seite treten müsste, die die konkreten Anlässe und Umstände bestimmter Arten des Schrei‑ bens über ‚Stiftungen‘ zu untersuchen hätte. Dass sich dabei nicht nur bemerkenswerte Sinngebungen und ‑verschiebungen, son‑ dern mitunter auch geographische und temporale Differenzierungen feststellen lassen, soll hier am Beispiel der fundare‑ Wortgruppe zumindest angedeutet werden. Im Hinblick auf das Verb fundare ist zunächst festzustellen, dass es zwar wäh‑ rend des gesamten Mittelalters im Sinne von ‚stiften‘ Verwendung gefunden hat, die ganze Bandbreite möglicher Konjuga‑ tionen dabei aber mitnichten ausgeschöpft wurde. Auffällig ist zum einen, dass das Verb in der schriftlichen Überlieferung nur ganz selten in der ersten Person Singular oder Plural, also als Artikulation eines Stifters, erscheint;17 zum anderen, dass es
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fast ausschließlich im Perfekt gebraucht wurde (meist in der dritten Person Sin‑ gular oder Plural, sowohl aktiv als auch passiv). Vor allem der Verzicht auf pros‑ pektive oder konjunktivische Beugungen erscheint bei einer Tätigkeit, die in einem solch hohen Maße wie das Stiften auf vor‑ ausschauende Planung angewiesen ist, als höchst erklärungsbedürftig. Vielleicht han‑ delt es sich lediglich um eine Verzerrung der Überlieferung, da die vorbereitenden Verhandlungen lange Zeit ausschließlich mündlich geführt wurden und man erst das tatsächlich vollzogene Stiftungsge‑ schäft dem kostbaren Pergament anver‑ traute. Vielleicht konnte die Vielzahl der einzelnen Handlungen, die zwischen der gedanklichen Geburt des Stiftungsvorha‑ bens und dem tatsächlichen Beginn des Stiftungsvollzuges vom Stifter zu bewerk‑ stelligen waren, aber auch erst im Rück‑ blick unter einem einzigen Tätigkeitswort subsumiert werden. Wurde der Initiator einer Stiftung von den mittelalterlichen Zeitgenossen als fundator bezeichnet, dann hatte das im Wesent‑ lichen zwei unterschiedliche Konnotationen, die in der Praxis meist überlappten. Zum ei‑ nen war ein fundator jemand, der aufgrund dieser Stellung bestimmte rechtliche Befug‑ nisse gegenüber ‚seiner‘ Stiftung innehaben wollte oder eben gerade nicht innehaben sollte. Das hielten bereits die Konzilien des frühen Mittelalters fest, deren canones im 12. Jahrhundert dann zum Teil Eingang in das ‚Decretum Gratiani‘ fanden.18 Ein ju‑ ristisches Verfahren, mit dessen Hilfe die Beanspruchung oder Zuschreibung des fundator‑Titels auf ihre Rechtmäßigkeit hätte überprüft werden können, wurde allerdings niemals entwickelt.19 Zum anderen war ein fundator jemand, für dessen Totengedenken sich im Laufe des Mittelalters vielerorts eine besonders feierliche Liturgie ausbildete. Spätestens ab dem 11. Jahrhundert existierte
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sogar ein festes Formular für die collecta pro fundatore, demzufolge für den Stifter gebetet werden sollte: „Wir bitten, Herr, sei gnädig mit der Seele Deines Knechts, und gewähre, dass derjenige, der an diesem Orte mit den Gaben, die Du ihm gegeben hast, in nie nachlassender Sorge Deinem Namen tägliche Huldigungen eingerichtet hat, es sich verdiene, mit Deinen Heiligen die ewige Glückseligkeit zu genießen. Durch unsern Herrn, Jesus Christus, Deinen Sohn.“20 Im Vergleich zu den Termini fundare und fundator blieb der Gebrauch des Ab‑ straktums fundatio im Laufe des Mittelalters ausweislich der erhaltenen Schriftquellen auf einen ziemlich engen Personenkreis be‑ schränkt. In der Regel waren es keineswegs die Stifter selbst, die von ihren frommen Werken als fundationes sprachen. Ganz im Gegenteil: Wenn etwa Herzog Albrecht II. von Österreich 1330 das von ihm gegründete Karthäuserkloster in Gaming ausdrücklich als nostra fundacio apostrophierte, dann war das eher die Ausnahme.21 Auch Juris‑ ten und Theologen nutzten fundatio nicht als Terminus technicus für Stiftungen; die Vokabel wurde vielmehr fast ausschließlich von Historiographen verwendet, und auch das erst seit dem hohen Mittelalter. Zwar erörterte bereits Beda Venerabilis um 730 eine fundatio templi; der angelsächsische Mönch meinte damit aber keine Stiftung im Sinne der historischen Stiftungsforschung, sondern die Errichtung des zweiten Jeru‑ salemer Tempels durch die aus dem baby‑ lonischen Exil zurückgekehrten Juden.22 In frühmittelalterlichen Annalen fällt der Begriff dementsprechend noch überhaupt nicht, und selbst in hochmittelalterlichen Jahrbüchern findet man ihn allenfalls als späteren Nachtrag oder Zusatz.23 Erst ab dem 11. Jahrhundert, als Mönche und Kanoniker die Geschichte ihrer Kom‑ munitäten zunehmend als eigenständigen Berichtsgegenstand entdeckten, wurde der
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
Terminus fundatio häufiger benutzt und avancierte gewissermaßen aus dem Nichts zu einem historiographischen Schlüssel‑ begriff. Nun wurden nämlich nicht nur die Abtskataloge programmatisch ab ipso fundationis exordio usque ad nostra tempora konzipiert,24 sondern auch regelrechte Stif‑ tungsgeschichten geschrieben. (→ 5.2.4) Diese beschränkten sich in der Regel nicht auf den eigentlichen Gründungs‑ vorgang, sondern schlugen – gestützt auf den Stammbaum der Stifterfamilie, die Reihe der Institutsvorstände oder die Ab‑ folge der Zustiftungen – den Bogen bis in die Gegenwart ihres jeweiligen Verfassers. Nichtsdestotrotz bildete die ursprüngliche Stiftung der eigenen Klostergemeinschaft in diesen meist nur wenige Pergamentblät‑ ter ausfüllenden Geschichtswerken un‑ verkennbar den zentralen Fluchtpunkt historischen Erinnerns. Es war deshalb nur konsequent, wenn derartige Texte ab der Mitte des 12. Jahrhunderts mitunter mit fundatio monasterii oder ähnlichen Überschriften versehen wurden.25 Auch wenn eine solche Selbstbezeichnung im Mittelalter quantitativ stets randständig blieb, erschien sie der Forschung des aus‑ gehenden 19. Jahrhunderts doch so treffend, dass diese kurzerhand jedes Geschichts‑ werk, das man zur historiographischen Gattung der Gründungsgeschichten zäh‑ len konnte, fortan als fundatio bezeichne‑ te; selbst dann, wenn dieses im Original überhaupt keinen 26 oder sogar einen ganz anderen Titel hatte27. Die Bedeutung des Stiftungsaktes für die historische Selbst‑ verortung der Treuhänder respektive De‑ stinatäre spiegelte sich freilich nicht nur in der Betitelung historiographischer Elaborate, sondern auch in deren chrono‑ logischer Strukturierung. So datierte etwa der Mönch Ortlieb von Zwiefalten den Lauf der Klostergeschichte in seiner 1135 niedergeschriebenen Chronik nicht nur
nach der Geburt Christi, sondern auch nach der Stiftung des eigenen Konvents.28 Außerhalb der Historiographie lässt sich die Verwendung des Begriffs fundatio ab dem 11. Jahrhundert ebenfalls häufiger nachweisen, allerdings auf sehr viel ge‑ ringerem Niveau und zum Teil mit anderen Konnotationen. Wenn etwa in königlichen Urkunden von (omnia) primę fundationis predia die Rede ist,29 dann meint fundatio in diesem Kontext wohl nicht den gesam‑ ten Vorgang des Stiftens, sondern ganz konkret den Akt der initialen Bewidmung mit Gütern. Auffällig an Formulierungen wie diesen ist darüber hinaus, dass hier ausdrücklich von der „e r s t e n Stiftung“ die Rede ist. Eine solche Betonung des ‚Anfänglichen‘ scheint angesichts der oben erläuterten Semantik von fundare eigent‑ lich überflüssig, findet sich in den hoch‑ mittelalterlichen Quellen aber auch dann, wenn von Rechtsansprüchen die Rede ist, die seit Anbeginn der Stiftung existieren 30, wenn über Patrozinien gesagt wird, sie seien bereits am Anfang der Stiftung fest‑ gelegt worden 31, oder die ursprünglichen Baulichkeiten einer Stiftung bezeichnet werden sollen 32. Da in all diesen Fällen eine bewusste Opposition zu – anderweitig sehr wohl belegten – „Zweit‑“ oder „Neu‑ Stiftungen“33 auszuschließen ist, können Formulierungen wie prima fundatio, exordium oder primordium fundationis vielleicht als sprachliche Hilfskonstruktionen gedeu‑ tet werden, die den Stiftungsakt von dessen Ergebnis begrifflich unterscheiden sollten. 1.2.3 Die Terminologie der vernakularsprachlichen Quellen Das mittellateinische Vokabular der fundare‑ Wortgruppe hat im Laufe des Mittelalters Eingang in verschiedene, vor allem romani‑ sche, Vernakularsprachen gefunden.34 Eine
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kursorische Durchsicht der etymologischen Wörterbücher vermittelt jedoch den Ein‑ druck, dass dieser Prozess nicht nur durch regionale Phasenverschiebungen, sondern auch durch divergierende semantische Ak‑ zentuierungen gekennzeichnet war. So lässt sich etwa das altspanische Verb fondare bereits zu 899 belegen35, das altfranzösische fonder dagegen erst im 12. Jahrhundert36. Während das Altfranzösische aber seit dem 13. Jahrhundert nachweislich sowohl die fondacïon / fondance (‚Gründung‘) als auch den fondëor / fondateur bzw. die fondatrice / fondatresse / fonderesse (‚Gründer‘ / ‚Grün‑ derin‘) kannte,37 sucht man entsprechende Substantivierungen in altspanischen Lexika vergeblich38. Kennzeichnend für das Altitali‑ enische scheint wiederum eine semantische Engführung der fondazione auf den Vorgang der Grundsteinlegung gewesen zu sein,39 die sich so weder im Mittellateinischen noch in anderen romanischen Sprachen findet. Dem mittellateinischen fundare ent‑ sprechen in den germanischen Vernaku‑ larsprachen die Verben: stigte (altdänisch), stikta (altschwedisch), stiftian (altsächsisch), stihtan (altenglisch und angelsächsisch), stifta, stichta (altfriesisch), stiften, stihten (althochdeutsch), stiften (mittelhochdeutsch), stiftan, stihtan bzw. stichten, stechten (alt‑ bzw. mittelniederländisch), stichten (mittelnieder‑ deutsch).40 Die sprachgeschichtliche Grund‑ lage dieser Termini ist nach verbreiteter Auffassung eine Verquickung der germa‑ nischen Verben *stiftian / *stiftôn (‚gründen, einrichten, ordnen, veranstalten, anstiften, anreizen‘) und *stihtian / *stihtôn (‚einrich‑ ten, ordnen, lenken‘), deren indogermani‑ sche Wurzeln nicht mit letzter Sicherheit zu erschließen sind.41 Daneben stößt man in den Quellen auch auf die bereits aus dem Lateinischen bekannten Substantivie‑ rungen, allerdings sind diese erst deutlich später als die Tätigkeitsworte und auch kei‑ neswegs für alle Zweige der germanischen
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Sprachfamilie belegbar. So findet man etwa ein Nomen Agentis erstaunlicherweise nur im Mittelhoch‑ und Mittelniederdeutschen, im Mittelniederländischen sowie im Alteng‑ lischen.42 Allein diese Sprachzweige schei‑ nen auch das Abstraktum ‚Stiftung‘ hervor‑ gebracht zu haben.43 Die Vokabel stiftunga begegnet bereits in einer althochdeutschen Glosse des 10. Jahrhunderts; allerdings bloß als Übersetzung für lateinisch machina (hier gebraucht im Sinne von ‚Machenschaft‘).44 Zur Bezeichnung gestifteter Institutionen fand das mittelhochdeutsche stift bzw. stiftunge seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert in Privaturkunden Verwendung.45 Das mit‑ telniederländische bzw. mittelniederdeut‑ sche sticht bzw. stichtinge wurde im Laufe des späteren Mittelalters als Lehnwort ins Altfriesische und in die nordischen Spra‑ chen übernommen.46 Wie im Mittellateinischen ist auch in den mittelalterlichen Vernakularsprachen eine erhebliche terminologische Inkonse‑ quenz bei der Bezeichnung von Phänome‑ nen des Stiftungswesens zu beobachten. Zum einen meinte ‚stiften‘ keineswegs immer ‚stiften‘. Die älteste belegte alt‑ hochdeutsche Form des Verbs (chistiftu) erscheint im ausgehenden 8. Jahrhundert in einer lothringisch‑rheinfränkischen Übersetzung von Isidors ‚De fide catholica‘ als Äquivalent für lateinisch stabilire und statuere;47 mit eindeutigem Bezug auf Kir‑ chengründungen benutzte es wohl erst Notker der Deutsche (gest. 1022), als er in seinem Kommentar zu Psalm 103.17 notier‑ te: Sie stiftent monasteria an íro eígenen, daz dár ínne sí sanctorum fratrum communio.48 Zum anderen existierte ein breites Reper‑ toire an Termini, die die Vokabeln ‚stiften‘, ‚Stifter‘ und ‚Stiftung‘ ersetzen konnten. Das zeigt etwa, um ein beliebiges Beispiel herauszugreifen, der Bericht Snorri Sturlu‑ sons über die Kirchenstiftungen des nor‑ wegischen Königs Øystein II. Haraldsson
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(gest. 1157). Dieser hatte, schrieb Snorri um 1230 in seiner ‚Heimskringla‘, „viel getan im Land, was nützlich war, während Kö‑ nig Sigurd [sein Bruder und Mitherrscher] auf Kreuzzug war. Er begann (hefja) [das Benediktinerkloster] Munklífi in Bergen auf dem Nordnes und legte viel Besitz dazu (ok lagði þar fé mikit til). (…) Er ließ auch eine Kirche in Vågen in Hålogaland ma‑ chen (lét gera) und legte eine Präbende dazu (ok lagði próvendu til).“49 Eine eingehende Untersuchung nicht nur der Denotationen und Konnotationen einschlägiger Termini, sondern auch des situationsabhängigen Sprachgebrauchs der mittelalterlichen Zeitgenossen, wie sie oben bereits für das Mittellateinische eingefordert wurde, wäre für die Vern‑ akularsprachen dringend erwünscht, da diese den mittellateinischen Sprachmus‑ tern keineswegs zu entsprechen scheinen. So wartet etwa der älteste urkundliche Nachweis für das althochdeutsche Wort ‚stiften‘ ausgerechnet mit einer Konjuga‑ tion auf, die im Mittellateinischen eher nicht zu erwarten ist: daz ich ein capellen (…) gestiftet han.50 1.2.4 Die Terminologie der Forschung In Analogie zum Sprachgebrauch der spät‑ mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Zeitgenossen bezeichnet die moderne Forschung mit dem Begriff ‚Stiftung‘ im Allgemeinen nicht nur den Vorgang des Stiftens (1.), sondern vor allem auch das durch diesen geschaffene rechtliche, öko‑ nomische und soziale Gebilde (2.). (1.) Im Hinblick auf den Vorgang des Stif‑ tens spricht man deshalb präzisierend auch vom ‚Stiftungsakt‘ oder vom ‚Stif‑ tungsprozess‘, wobei der zweite Begriff die mittelalterliche Lebenswirklichkeit wohl
besser einfängt, da sich die Verhandlungen über die Errichtung einer Stiftung meist über einen längeren Zeitraum hinzogen und die Abwandlungen ursprünglicher Absichten keine Seltenheit waren.51 Der ebenso geläufige Begriff ‚Gründung‘ ist dagegen weniger spezifisch, da er außer der Errichtung einer Stiftung auch die Schaffung einer kirchlichen Institution bezeichnen kann, die – gemäß den Kri‑ terien der modernen Stiftungsforschung – nicht als Stiftung, sondern als Eigenkirche anzusprechen ist.52 (→ 4.2.2) Seitens der modernen Forschung hat es wiederholt Versuche gegeben, den Stiftungs‑ prozess in eine idealtypische Abfolge zu untergliedern. Besonders gerne wurden und werden dabei drei Schritte unterschieden, die nacheinander erfolgen konnten, aber nicht mussten: (a.) die fundatio (hier ver‑ standen als ‚Grundsteinlegung‘53), (b.) die dotatio (‚Ausstattung‘) und (c.) die dedicatio (‚Weihe‘).54 Dieses Schema kann sich unter anderem auf die in juristischen und litur‑ gischen Texten des Mittelalters codifizier‑ ten Normen berufen, die aber stets nur die Errichtung organisatorisch selbständiger Stiftungen mit eigenen, neu zu errichten‑ den Baulichkeiten zu regeln trachteten.55 Analogieschlüsse auf organisatorisch un‑ selbständige Stiftungen sind zwar möglich, aber nicht unproblematisch. (→ 3.2.3) Die modellhafte Abfolge der für die Er‑ richtung einer Stiftung notwendigen (oder üblichen) Aktivitäten darf jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese im mit‑ telalterlichen Abendland vergleichsweise schwach standardisiert und formalisiert war. Das eigentliche Stiftungsgeschäft wur‑ de zwar oft zum Zwecke der Rechtssiche‑ rung in einer Stiftungsurkunde (seltener ‑inschrift) niedergelegt, verpflichtend war ein solches Vorgehen aber nicht. Ein ver‑ bindliches oder zumindest vorbildhaftes Formular für derartige Schriftstücke ist nie
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entwickelt worden. (→ 5.2.3) Bei der Ana‑ lyse von Stiftungsprozessen sind deshalb neben den einzelnen Rechtsakten immer auch die vor‑ und nachgängigen individu‑ ellen Planungsstadien des Stifters und die gegebenenfalls notwendigen Unterhand‑ lungen zwischen den am Stiftungsgeschäft beteiligten Parteien (Stifter, Destinatäre / Benefiziare, Treuhänder / Exekutoren / Ad‑ ministratoren) zu beachten. (2.) Die terminologische Unschärfe der Überlieferung hat die mediävistische For‑ schung seit jeher dazu gezwungen, eigene (idealtypische) Definitionen davon zu ent‑ wickeln, was eine Stiftung als ‚Institution‘ im Mittelalter war. Die ältere Forschung orientierte sich dabei sehr eng an dem Stiftungsbegriff, den deutsche Juristen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt haben und der das kontinentale Stiftungsrecht bis heute prägt. Nach diesem Stiftungsbegriff neh‑ men selbständige Stiftungen als (fiktive) Rechtssubjekte am Rechtsverkehr teil. Im Mittelpunkt der stiftungsrechtsgeschicht‑ lichen Forschung stand lange Zeit die Frage, wie nahe einzelne Herrscher oder Rechts‑ gelehrte des Mittelalters (z. B. Justinian, gest. 565; Jacques de Révigny, gest. 1296) dieser rechtsdogmatischen Lösung in ihren Gesetzen bzw. Kommentaren gekommen seien.56 Im Vergleich mit dem modernen Stiftungswesen musste das mittelalterliche Stiftungswesen dabei immer als defizitär erscheinen. Die neuere mediävistische Spezial‑ forschung begreift die mittelalterlichen Stiftungen hingegen nicht in erster Linie als Rechtsinstitute, sondern als „soziale System[e]“, die den Tod aller an Errichtung, Verwaltung und Vollzug der Stiftung betei‑ ligten Personen überdauerten.57 Sie stützt sich dabei auf die mittelalterliche Vorstel‑ lung einer ‚Gegenwart der Toten‘, die sich
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einerseits in der liturgischen Vergegen‑ wärtigung des Stifters, andererseits im stellvertretenden Handeln der Stiftungs‑ organe und ‑empfänger manifestierte.58 Als zentrales Charakteristikum gilt – gerade auch in Abgrenzung zur Schenkung, die immer uno actu erfolgt – die Beständigkeit in der Zeit, wobei umstritten ist, ob der Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen, die Stiftungsverwaltung, der Stiftungsvoll‑ zug oder auch Kombinationen dieser vier ‚Stiftungselemente‘ von Dauer sein müssen, damit man von einer Stiftung sprechen kann.59 Ungeachtet solcher Bemühungen um terminologische Präzision, wie sie vor allem in der deutschen Mediävistik zu be‑ obachten sind, werden Begriffe wie ‚Stifter‘ und ‚Wohltäter‘ (bzw. ‚founder‘, ‚donor‘, ‚benefactor‘, ‚patron‘ usw.) weiterhin auch quasisynonym verwandt; an die Stelle von ‚Stiftung‘ (bzw. ‚foundation‘ oder ‚endow‑ ment‘) tritt dabei – gerade in der englisch‑ sprachigen Forschung – oftmals der Begriff der ‚(religious) patronage‘.60 Patronage mag als Oberbegriff für religiös motiviertes Engagement durchaus seine Berechtigung haben, kann als solcher aber die spezifi‑ schen Charakteristika der Handlungsweise eines Stifters mitsamt deren historischen Effekten (etwa in Abgrenzung zu derjeni‑ gen eines Mäzens61) gerade nicht erhellen. 1.2.5 Das Vokabular mediävistischer Stiftungsforschung Aufgrund der forschungsgeschichtlichen Tradition ist das Vokabular der mediävis‑ tischen Stiftungsforschung stark durch juristische Termini geprägt, denen im Zuge gewandelter Erkenntnisinteressen aber auch andere Begriffe zur Seite ge‑ stellt worden sind. Die vier zentralen Ka‑ tegorien zur Beschreibung des Phänomens Stiftung sind: (1.) der Stiftungszweck, (2.)
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das Stiftungsvermögen (auch Stiftungsgut oder Stiftungskapital), (3.) die Stiftungsor‑ gane (auch Verwalter, Administratoren, Exekutoren, Provisoren, Pfleger) und (4.) die Stiftungsempfänger (auch Stiftungsbe‑ günstigte, Destinatäre, Benefiziare). Der Stiftungszweck wird in der Re‑ gel durch die Auflagen des Stifters kon‑ kretisiert; er steht in einem engen Zu‑ sammenhang mit den Motivationen des Stifters, ohne jedoch mit diesen identisch zu sein. Das Stiftungsvermögen umfasst das Grundstockvermögen sowie die aus diesem erwirtschafteten Stiftungserträge. Den Anteil des Grundstockvermögens, der auf die wirtschaftliche (Erst‑)Ausstattung des Stifters zurückgeht, bezeichnet man als Dotation; andere Anteile beruhen entweder auf Zustiftungen vonseiten Dritter oder aus Grundstockerweiterungen durch die Stif‑ tungsorgane, die mithilfe überschüssiger
Stiftungserträge bestritten werden. Die Stiftungsorgane fungieren vielerorts als Treuhänder des Stiftungsvermögens; sie können mit den Stiftungsempfängern per‑ sonenidentisch sein. Die Stiftungsorgane und ‑empfänger vollziehen den oder die Stiftungszweck(e): erstere, indem sie das Grundstockvermögen ungeschmälert be‑ wahren und die Erträge an die vom Stifter bestimmten Empfänger ausschütten; letz‑ tere, indem sie die Auflagen des Stifters erfüllen, an die der Genuss der Stiftungs‑ erträge in der Regel gekoppelt ist. Von den Stiftungsempfängern zu unterscheiden sind die vom Stifter benannten Profiti‑ enten, deren ‚Seelenkonten‘ die spirituel‑ len Erträge der jeweiligen Stiftung (zum Beispiel Fürbittengebete oder stellvertre‑ tende Frömmigkeitsakte) zugutekommen sollen.62 TL
Anmerkungen 1 Vgl. etwa K. Schmid, Stiftungen für das See‑ Mittellateinisches Wörterbuch (2011), 560 f.; Weilenheil (1985), 60.
jers / Gumbert-Hepp, Lexicon Latinitatis Nederlan‑ dicae Medii Aevi (1990), 2176 f.; Latham / Howlett, (1931), 182–191, das Zitat 182. Dictionary of Medieval Latin, Bd. 1.4 (1989), 1029 f.; 3 Feenstra, Concept de fondation (1956), 248, Blatt, Lexicon mediae latinitatis Danicae (1987), Anm. 11. 307; Plezia, Lexicon mediae et infimae latinitatis 4 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in Polonorum (1975–1977), 443–445; Varcl, Latinita‑ rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012). tis medii aevi lexicon Bohemorum (1993), 788 f.; Zustimmend: Schulze, Historischer Hintergrund Bellus / Boronkai / Déri, Lexicon latinitatis medii (1989); Drossbach, Stiftungen (2005). aevi Hungariae (1993), 168 f. 5 Weber, Objektivität (1991), 73. – Den idealty‑ 10 Vgl. Antony / Wellhausen, Mittellateinisches pischen Charakter des sozialhistorischen Stif‑ Wörterbuch (2011), 562 (mit einem Beleg aus dem tungsbegriffs verkannte Theisen, Stiftungen oder frühen 7. Jahrhundert); Latham / Howlett, Dictio‑ nary of Medieval Latin, Bd. 1.4 (1989), 1030 (mit Schenkungen (2001). 6 Vgl. Laum, Stiftungen, Bd. 1 (1914, ND 1964), 130 f.; Belegen von 1289 bzw. 1340). Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 70 f., Anm. 4. 11 Vgl. Diefenbach, Glossarium Latino‑Germa‑ 7 Vgl. Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 70; nicum (1857, ND 1997), 252; Damme, Vocabularius Helmholz, Law of charity (2005). theutonicus, Bd. 2 (2011), 781. Ein mittelnieder‑ 8 Vgl. Robbert, Fundo (1912–1926). deutsch‑lateinisches Glossar des 15. Jahrhun‑ 9 Vgl. Arnaldi / Smiraglia, Latinitatis Italicae me‑ derts reiht dementsprechend: stichten anlegghen dii aevi lexicon (2001), 205; Antony / Wellhausen, fundare (Damme, Stralsunder Vokabular [1988],
2 Vgl. O. Meyer, Klostergründung in Bayern
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390, Nr. 10755). Ein englisches Glossar von ca. 1440 1725, 27–31, hier 31. Zur Urkunde siehe auch Stelzer, übersetzt fundator dagegen mit grounder (‚Grün‑ Herzog Albrecht II. (1991). der‘) und nicht mit founder. Vgl. Tremblay, Medie‑ 22 Beda Venerabilis, In Ezram et Neemiam. Ed. David Hurst, in: Bedae Venerabilis Opera, val Latin‑English dictionary (2005), 197. 12 Vgl. O. Meyer, Klostergründung in Bayern Bd. 2.2 A. (CCSL 119 A.) Turnhout 1969, 235–392, (1931), bes. 183 f. hier 272; vgl. ebd., 297. Bedas Wortwahl ist offen‑ 13 Vgl. Antony / Wellhausen, Mittellateinisches kundig inspiriert durch Ez 3.6 in der lateinischen Wörterbuch (2011), 557 f.; Bellus / Boronkai / Déri, Übersetzung des Hieronymus: templum Dei funLexicon latinitatis medii aevi Hungariae (1993), datum necdum erat. Vgl. auch Ez 3.10. 168. – Für Stifterinnen wurden die entsprechen‑ 23 Vgl. zum Beispiel die Annales Formoselenses, den weiblichen Formen benutzt. in: Les Annales de Saint‑Pierre de Gand et de 14 Vgl. Feenstra, Histoire des fondations (1956), 441; Saint‑Amand. Ed. Philip Grierson. (Commission Ders., Foundations in Continental Law (1998), 317 f. Royale d’histoire. Recueil de textes pour servir 15 Vgl. Plezia, Lexicon mediae et infimae lati‑ à lʼétude de lʼhistoire de Belgique.) Brüssel 1937, nitatis Polonorum (1975–1977), 443 f. 116–131, hier 127, zum Jahr 1055: Fundatio aeclesiae 16 Vgl. zum Beispiel das Urkundenbuch des Islensis (Nachtrag von einer Hand des beginnen‑ Hochstifts Merseburg, Bd. 1. Ed. Paul Kehr. (Ge‑ den 12. Jahrhunderts; vgl. ebd. Anm. a und 1.); schichtsquellen der Provinz Sachsen und angren‑ Auctarium Cremifanense. Ed. Wilhelm Wattenzender Gebiete, Bd. 36.) Halle 1899, Nr. 121 (von bach, in: MGH SS 9. Hannover 1851, 551, zum Jahr 1180 VII 24). 782: Hoc anno confirmatur nostre ecclesie fundacio 17 Beispiele: Die Urkunden Heinrichs II. und Ar‑ (Additamentum aus dem 14. Jahrhundert zu den duins. Ed. Harry Bresslau / Hermann Bloch / Robert Annales Mellicenses; vgl. ebd., 550). Holtzmann. (MGH Diplomata regum et impera‑ 24 Chronique et chartes de l’abbaye de Saint‑ torum Germaniae, Bd. 3.) Hannover 1900–1903, Mihiel. Ed. André Lesort, in: Mettensia 6, 1909–1912, Nrn. 197 (von [1009] VI 1) und 408 (von 1019 V 10). 1–38, hier 13, cap. 10 (von ca. 1021 bis 1044). Vgl. 18 Vgl. Concilio de Toledo IX (a. 655). Ed. José auch: Breviarium Gotscalchi. Ed. Wilhelm WattenVives / Toás Marín / Gonzalo Martínez, in: Dies. bach, in: MGH SS 9. Hannover 1851, 221–224, hier (Hrsg.), Concilios Visigoticos e Hispano‑Romanos. 224, cap. 8: Nomina abbatum et praepositorum a Barcelona / Madrid 1963, 297–307, hier 299, can. 2; prima fundacione loci (um 1055); Series Abbatum Decretum Magistri Gratiani. Ed. Emil Friedberg. s. Benigni Divionensis. Ed. Oswald Holder-Egger, (CICan 1.) Leipzig 21879, 809, causa 16, quest. 7, in: MGH SS 13. Hannover 1881, 380 f., hier 380: can. 32. Hec sunt nomina abbatum, qui ab initio fundationis 19 Vgl. Wagner, Landesfürsten und Professo‑ prime usque ad presens Divionense rexerunt monasren (2002), 294. Zu der nicht unproblematischen terium (1. Hälfte des 12. Jahrhunderts). Gleichsetzung von fundator und patronus vgl. 25 So wohl zuerst die Fundatio claustri in auch ebd., 270 f., sowie Landau, Jus patronatus Bǒmburch. Ed. Oswald Holder-Egger, in: MGH SS 15.2. (1975), bes. 9 f. Hannover 1888, 1061–1064 (bald nach 1155). Weitere 20 Corpus orationum, Bd. 7. Ed. Edmond Eu- Beispiele: Fundatio monasterii Lobbiensis aucto‑ gène Moeller / Bertrandus Coppieters ’t Wallant. re Hugone priore. Ed. Geog Waitz, in: MGH SS 14. (CCSL 160 F.) Turnhout 1995, Nr. 4701: Propicia- Hannover 1883, 544–548 (ca. 1170/1174); Fundatio re, quesumus, Domine, anime famuli tui, illius, et Osterhovensis ecclesie a domino Heinrico IIII. duce presta, ut, qui de tuis donis in hoc loco pervigili Bawarie. Ed. Oswald Holder-Egger, in: MGH SS 15.2. cura nomini tuo quotidiana preparavit obsequia, Hannover 1888, 1105 f. (um 1300). perpetua cum sanctis tuis mereatur perfrui leticia. 26 Vgl. zum Beispiel die so genannte Fundatio Per Christum Dominum nostrum. Amen. Vgl. Lohse, ecclesiae Hildensemensis. Ed. Adolf Hofmeister, Dauer (2011), 98, Anm. 9. in: MGH SS 30.2. Leipzig 1926–1934, 939–946 (bald 21 Vgl. den Abdruck der Urkunde in: Anton nach 1080). Steyerer, Commentarii pro historia Alberti II., 27 Vgl. zum Beispiel die Fundatio monasterii Ducis Austriae cognomento sapientis. Leipzig Comburgensis. Ed. Oswald Holder-Egger, in:
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MGH SS 15.2. Hannover 1888, 1028–1032 (im Ori‑ ginal: Hystoria de constructoribus monasterii Komburgensis; vermutlich 12. Jahrhundert). – Es gibt aber auch gegenläufige Tendenzen. So avancierte etwa die fundatio domus Bellelande von 1197 in ihrer jüngsten Edition zu einer historia fundationis. Vgl. The Foundation History of the Abbeys of Byland and Jervaulx. Ed. Janet Burton. (Borthwick texts and studies, Bd. 35.) York 2006, 1, und dazu ebd., ix, Anm. 10, den Kommentar der Herausgeberin. 28 Vgl. Ortliebs Chronik, in: Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds. Ed. Luitpold Wallach / Erich König / Karl Otto Müller. (Schwäbi‑ sche Chroniken, Bd. 2.) Sigmaringen 21978, 2–135, hier 56, cap. 11: Consummatus est [Nogerus] autem IIIº Nonas Iulii anno dominicae incarnationis MXCIº, fundationis huius coenobii IIIº. Vgl auch ebd., 66, cap. 14; 70, cap. 16. Ein solches Datierungsverfah‑ ren verwendete später auch Konrad von Scheyern. Vgl. Chounradi Schirensis annales. Ed. Philipp Jaffé, in: MGH SS 17. Hannover 1861, 629–633, hier 630, zu den Jahren 1171 und 1183, sowie 632, zum Jahr 1215. Es fand darüber hinaus auch des Öfteren bei Weihenotizen Verwendung. Vgl. Notae dedi‑ cationum Wettingenses. Ed. Oswald Holder-Egger, in: MGH SS 15.2. Hannover 1888, 1285 f., hier 1285 (13. Jahrhundert). 29 Die Urkunden Heinrichs III. Ed. Harry Bresslau / Paul Kehr. (MGH Diplomata regum et impe‑ ratorum Germaniae, Bd. 5.) Hannover 1926–1931, Nr. 362b (1056 I 8 [?]). Ebenso: Die Urkunden Fried‑ richs I. Ed. Heinrich Appelt. (MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. 10.1–5.) Hannover 1975–1990, Nrn. 106 (1155 V 15) und †1056 (Anfang 13. Jahrhundert). Ähnlich: Die Urkunden Lothars III. und der Kaiserin Richenza. Ed. Emil von Ottenthal / Hans Hirsch. (MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. 8.) Hannover 1927, Nrn. 29 (1130 X 18), 68 (1134 X 26) und 74 (1135 VIII 1); Die Urkunden Konrads III. Ed. Harry Bresslau / Hans Wibel / Alfred Hessel. (MGH Diplomata regum et imperatorum Germaniae, Bd. 4.) Hannover 1909, Nr. 258 (1151 [nach IX 17]; wiederholt in Urkunden Friedrichs I. [wie oben], Nr. 40). Bei Karl IV. be‑ gegnet hierfür dann 1349 der uns geläufige Be‑ griff der Dotation (Dokumente zur Geschichte des Deutschen Reiches und seiner Verfassung. 1349. Ed. Margarete Kühn. [MGH Const. 9.] Weimar 1974–1983, Nr. 193: ad fundationem et dotationem capellarum).
30 So zum Beispiel Urkunden Friedrichs I. Ed. Appelt (wie Anm. 29), Nr. 788 (1179 IX 15): quod Gurcensis episcopatus a prima sui fundatione eo iure esset institutus. 31 Ebbonis vita Ottonis. Ed. Rudolf Köpke, in: MGH SS 12. Hannover 1856, 822–883, hier 840: dedicatum est monasterium (…) in honorem praescripti archangeli [Michaheli] sanctique Benedicti abbatis, sicut a primordio fundationis monasterii diffinitum est. 32 Chronicon Ebersheimense. Ed. Ludwig Weiland, in: MGH SS 23. Hannover 1874, 427–453, hier 444 (12./13. Jahrhundert): Egelolfus (…) capellam prime fundationis iam vetustate collapsam destruxit. 33 Vgl. etwa Chronica monasterii Sancti Bertini auctore Iohanne Longo de Ipra. Ed. Oswald HolderEgger, in: MGH SS 25. Hannover 1880, 736–866, hier 760 und öfter: secunda fundatione (14. Jahrhun‑ dert); Continuatio Novimontensis. Ed. Wilhelm Wattenbach, in: MGH SS 9. Hannover 1851, 669–677, hier 670: novella fundatione (14. Jahrhundert). 34 Vgl. Meyer-Lübke, Romanisches etymolo‑ gisches Wörterbuch (1935), 305, Nr. 3580. Das Lehnwort fundere begegnet aber auch im spätmit‑ telalterlichen Norwegisch. Vgl. Diplomatarium Norvegicum. Oldbreve til kundskab om Norges indre og ydre forholde, sprog, slaegter, saeder lov‑ givning og rettergang i middelalderen, Bd. 5. Ed. Christian Christoph Andreas Lange / Carl Richard Unger. Kristiania 1860, Nr. 977: sticthe oc ffundere eina prebenda i helga Nidrose domkirke (1497 IV 15). Im 15./16. Jahrhundert sind analoge Ableitungen auch im Polnischen (zuerst das Verb ufundować, später auch die Substantive fundacyja, fundator und fundownik) und im Serbokroatischen (fùndati, fundàtŭr) zu belegen. Vgl. Urbańczyk, Słownik staropolski, Bd. 9 (1982–1987), 334; Mayenowa, Słownik Polszczyzny XVI wieku (1973), 142 f.; 149; 153; Budmani, Rječnik Hrvatskoga ili Srp‑ skoga jezika (1887–1891), 78. Ihnen entsprechen die auf slawische Wurzeln zurückgehenden Ter‑ mini nadać, nadanie und nadawca bzw. nadarati / nadáriti, nadarb(in)a / nadarje und nadariteļ. Vgl. Urbańczyk, Słownik staropolski, Bd. 5 (1965–1969), 27 f.; Maretić, Rječnik Hrvatskoga ili Srpskoga jezi‑ ka (1911–1916), 255–257. Im Alttschechischen schei‑ nen Ableitungen von fundare hingegen zu fehlen, lexikographisch werden mit nadati und nadánie jedenfalls nur Begriffe urslawischer Provenienz
Lateinische Christen
nachgewiesen. Vgl. Gebauer, Slovník staročeský, Bd. 1 (1970), 390; ebd., Bd. 2 (1970), 445. 35 Vgl. Seco, Léxico hispánico primitivo (2003), 271. 36 Vgl. Greimas, Dictionnaire de l’ancien fran‑ çais (1992), 272. 37 Vgl. Godefroy, Dictionnaire de l’ancienne langue française (1885), 55–57; Lommatzsch, Alt‑ französisches Wörterbuch (1954), 2022; 2028–2031. 38 Ein Beleg für fundadora findet sich indes bei Cátedra, Fundación y dote (1987), 318 (Stiftungs‑ urkunde von 1473 VI 21). 39 Diesen Eindruck vermitteln zumindest Meldi / Carassiti / Canevaro, Dizionario etimologico (2005), 403. 40 Vgl. Falk / Torp, Norwegisch‑dänisches ety‑ mologisches Wörterbuch (1960), 1161, s. v. Stift II. Hellquist, Svensk etymologisk ordbok (1948), 1074. – Tiefenbach, Altsächsisches Handwörterbuch (2010), 374 (als Übersetzung für lateinisch condere in ei‑ ner Vergil‑Glosse des 10./11. Jahrhunderts). – Holthausen, Altenglisches etymologisches Wörter‑ buch (1934), 323; Roberts / Kay / Grundy, Thesaurus of Old English (2000), 1352. – Toller, Anglo‑Saxon dictionary (1898), 920; Clark Hall, Anglo‑Saxon Dictionary (1966), 322. – Richthofen, Altfriesisches Wörterbuch (1840), 1049; Hofmann / Tjerk, Altfriesi‑ sches Handwörterbuch (2008), 465. – Schützeichel, Althochdeutsches Wörterbuch (2006), 335. – Müller / Zarncke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch (1866, ND 1990), 629 f. (auch Belege für bestifte, gestifte); Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (1876, ND 1992), 1191 f.; Kirschstein / Schulze, Wörterbuch der mittelhochdeutschen Urkundensprache (2003), 1666 f. – Verwijs / Verdam, Middelnederlandsch woordenboek (1907–1912), 2114–2118. – Lübben / Walther, Mittelniederdeutsches Handwörterbuch (1888, ND 1965), 380. 41 Vgl. Jóhannesson, Isländisches etymologi‑ sches Wörterbuch (1951–1956), 1189. 42 Der älteste urkundliche Beleg datiert von 1294. Vgl. Corpus der altdeutschen Originalur‑ kunden bis zum Jahr 1300, Bd. 3. Ed. Friedrich Wilhelm. Lahr (Baden) 1942–1957, Nr. 1871. Weite‑ re frühe Belege bei Kirschstein / Schulze, Wörter‑ buch der mittelhochdeutschen Urkundensprache (2003), 1667. Siehe ferner Müller / Zarncke, Mittel‑ hochdeutsches Wörterbuch (1866, ND 1990), 630; Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (1876, ND 1992), 1193 (ebd. auch ein Nachweis für die
35 weibliche Form stifterinne). – Lübben / Walther, Mittelniederdeutsches Handwörterbuch (1888, ND 1965), 380: stichter. – Verwijs / Verdam, Mid‑ delnederlandsch woordenboek (1907–1912), 2118: stichter. – Roberts / Kay / Grundy, Thesaurus of Old English (2000), 1352: stihtere (mit den De‑ notationen: ‚guide‘, ‚director‘, ‚ruler‘, ‚steward‘, ‚treasurer‘). 43 Vgl. Müller / Zarncke, Mittelhochdeutsches Wörterbuch (1866, ND 1990), 628–630; Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (1876, ND 1992), 1193. – Lübben / Walther, Mittelnieder‑ deutsches Handwörterbuch (1888, ND 1965), 380. – Verwijs / Verdam, Middelnederlandsch woorden‑ boek (1907–1912), 2120: stichtinge. – Roberts / Kay / Grundy, Thesaurus of Old English (2000), 1352: (ge)stihtung (mit den Denotationen: ‚providence‘, ‚disposing‘). 44 Vgl. Schützeichel, Althochdeutscher und alt‑ sächsischer Glossenwortschatz (2004), 215, mit Verweis auf das Manuskript München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14747, fol. 94v. 45 Die ältesten urkundlichen Belege datieren von 1291 (stift) bzw. 1293 XII 26 (stiftung). Vgl. Cor‑ pus der altdeutschen Originalurkunden, Bd. 3. Ed. Wilhelm (wie Anm. 42), Nr. 1861; Corpus der altdeutschen Originalurkunden bis zum Jahr 1300, Bd. 5. Ed. Helmut de Boor / Bettina Kirschstein. Lahr (Schwarzwald) 1963–2004, Nr. N 474 (1353 a). Wei‑ tere frühe Belege bei Kirschstein / Schulze, Wörter‑ buch der mittelhochdeutschen Urkundensprache (2003), 1665 f., 1668. Die Sächsische Weltchronik, deren erste Redaktion in die Jahre um 1229 gesetzt werden darf, verwendet das Substantiv stiftunge nur für die Gründung Roms, die in manchen Ab‑ schnitten als Epoche der Jahreszählung fungiert. Vgl. Sächsische Weltchronik. Ed. Ludwig Weiland, in: MGH Dt. Chron. 2. Hannover 1877, 1–384, hier 94, cap. 37, und öfter. 46 Vgl. Ahlsson, Altfriesische Abstraktbildungen (1960), 94; Falk / Torp, Norwegisch‑dänisches ety‑ mologisches Wörterbuch (1960), 1161 f., s. v. Stift II. (ebd. der Hinweis auf das „echt nordische“, dem deutschen ‚Stift‘ entsprechende Wort stađr [‚kirch‑ liche Stiftung, Kloster, Bischofssitz‘]; zu diesem siehe auch Holthausen, Vergleichendes und ety‑ mologisches Wörterbuch [1948], 278). 47 Vgl. Seebold, Wortschatz des 8. Jahrhunderts (2001), 280. Vier weitere Glossen‑Belege aus dem
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
9. Jahrhundert als Übersetzungen für molirentur, inrogat und tendere verzeichnet Ders., Wortschatz des 9. Jahrhunderts (2008), 810. 48 Notker der Deutsche, Der Psalter. Psalm 101– 150, die Cantica und die katechetischen Texte. Ed. Petrus W. Tax. (Die Werke Notkers des Deutschen. Neue Ausgabe, Bd. 10.) Tübingen 1983, 383. 49 Snorri Sturluson, Heimskringla, Bd. 3. Ed. Bjarni Aðalbjarnarson. Reykjavík 1951, 254 f.; deutsche Übersetzung in Anlehnung an: Snor‑ ris Königsbuch, Bd. 3. Übers. Felix Niedner. (Thule, Bd. 16.) Jena 1923. 50 Corpus der altdeutschen Originalurkunden, Bd. 3. Ed. Wilhelm (wie Anm. 42), Nr. 653. 51 Das betonte bereits Jacob, Founders and Foundations (1962, ND 1968). In diesem Sinne neuer‑ dings auch Carvalho Andrade, Processo funda‑ cional (2005), 79: „Fundar um convento não resulta de um acto único mas é processo complexo que se prolonga, com anvanços e recuos contextu‑ alizados no tempo e no espaço.“ Ein besonders krasses Beispiel behandelt Scheller, Memoria an der Zeitenwende (2004). 52 Zur Abgrenzung siehe Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche (1985, ND 2012); Moddelmog, Stif‑ tung oder Eigenkirche (2008). 53 Zur rituellen Ausgestaltung derselben sie‑ he neben Benz, Ecclesiae pura simplicitas (1980), und Adámková, Reflections (2008), jetzt vor allem Holder, Medieval foundation stones (2010). 54 Vgl. zum Beispiel O. Meyer, Klostergründung in Bayern (1931); Ehlers, Fundatio, Dotatio und Dedicatio (1998).
55 Vgl. z. B. Marculfi Formulae. Ed. Karl Zeumer.
(MGH Formulae Merowingici et Karolini aevi, Bd. 1.) Hannover 1886, 70–74, lib. 2,1 (Ende des 7. Jahrhunderts); Le Pontifical romano‑germa‑ nique du dixième siècle, Bd. 1. Ed. Cyrille Vogel / Reinhard Elze. (Studi e Testi, Bd. 226.) Vatikanstadt 1963, 122 f., Nr. 36 (10. Jahrhundert). 56 Vgl. Reicke, Stiftungsbegriff und Stiftungs‑ recht (1933); Feenstra, Foundations in Continental Law (1998). 57 Vgl. Borgolte, Stiftung (abendländ. Westen) (1996), 179. 58 Grundlegend: Borgolte, Stiftungen des Mit‑ telalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012). In Unkenntnis der einschlägigen deutschen Literatur neuerdings auch: Lurdes Rosa, Almas (2012). 59 Vgl. Lohse, Dauer (2011), bes. 14–19 und 211–214. 60 Beispiele: Chibnall, Changing Expectations (2006); Esmark, Religious Patronage (2006). 61 Vgl. Borgolte, Stiftung und Wissenschaft (2011, ND 2011 und 2012). 62 Zur Sache: Wagner, Gebetsgedenken (1994), 28–32 (anhand königlicher Stiftungen des 10. Jahr‑ hunderts); Rosenthal, Purchase of Paradise (1972), 15–17 (anhand adliger Stiftungen des 14. und 15. Jahrhunderts); Othenin-Girard, Ländliche Le‑ bensweise (1994), 121–143 (anhand bäuerlicher Stif‑ tungen des 15. Jahrhunderts). Der Begriff ‚Profi‑ tienten‘ fällt zum Beispiel bei Lohse, Dauer (2011), 56, um die geistlichen von den materiellen Nutz‑ nießern einer Stiftung begrifflich abzugrenzen.
1.3 Muslime 1.3.1 Allgemeines Die muslimischen frommen Stiftungen, im Arabischen waqf, Pl. awqāf, genannt, zählen in den mittelalterlichen Gesellschaften zu den besonders charakteristischen und ver‑ breiteten Institutionen. Über Jahrhunderte gründeten Herrscher, hochrangige Beamte
sowie Männer und Frauen der Elite Schulen, Hospize, Mausoleen und öffentliche Ein‑ richtungen. Aber auch Personen, die nicht diesen privilegierten Gruppen angehörten, hatten Anteil an dieser kulturellen Pra‑ xis, indem sie ihr Eigentum für wohltätige
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Muslime
Zwecke stifteten. Die islamischen Stiftungen haben immer in allen Schichten der Gesell‑ schaft eine herausragende Rolle gespielt. Die soziale und wirtschaftliche Bedeutsamkeit des waqf indes reicht noch weit über sein erklärtes frommes Ziel hinaus. Einerseits verkörpern die islamischen Stiftungen die muslimische caritas und als solche bildeten sie die tragenden Säulen der sozialen Ver‑ sorgung und des Gemeinwohls während der gesamten Vormoderne, andererseits dien‑ ten sie auch als ein Instrument zur Steige‑ rung des wirtschaftlichen Nutzens und zur Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit. Sie boten eine legale Möglichkeit, das rigi‑ de islamische Erbrecht zu umgehen. Den herrschenden Dynastien dienten sie als ein Mittel zur Umwandlung von Nutzungsrech‑ ten an öffentlichem Grund und Boden in Privateigentum und zur Appropriation von öffentlichen Einnahmen. Im Allgemeinen kann die islamische Stif‑ tung als Eigentum definiert werden, das auf Dauer für wohltätige Zwecke (ṣadaqa) gestiftet wurde oder, wie es in den Quellen heißt, um „Gott nahe zu sein“ (qurba). Durch diesen Akt verliert der Gründer der Stiftung seine Eigentumsrechte zu Gunsten Gottes. Der Gründer bestimmt einen Verwalter, der für die Umsetzung der im Stiftungsvertrag (waqfīya) festgelegten Bedingungen Sorge trägt, und eine Gruppe von Personen oder öffentlichen Einrichtungen als Begünstigte. Das gestiftete Objekt wird unveräußerlich: Es kann nicht verkauft, verschenkt oder ver‑ erbt werden, jedoch kann es gegen anderes Eigentum oder Geld ausgetauscht werden, sofern dieser Tausch eine Verbesserung der Bedingungen für die Begünstigten bedeutet. Die Objekte der Stiftung können unbeweg‑ liche oder bewegliche Güter – wie etwa Bücher, Waffen oder Pferde – sein. Trotz der riesigen Ausdehnung der Umma im Mittelalter, der kulturellen Viel‑ falt ihrer herrschenden Dynastien und der
großen Bedeutung der darin lebenden reli‑ giösen Minderheiten, basierte die Idee des waqf weder auf kulturellen noch religiö‑ sen Unterschieden, sondern vielmehr auf streng rechtlichen Grundlagen. Unter den gleichen Bedingungen wie den Muslimen war es auch Juden und Christen erlaubt, Stiftungen zu gründen, vorausgesetzt, dass die gesamte Gesellschaft und nicht nur ihre Glaubensbrüder vom gestifteten Eigentum profitierten.1 Auch spielte der unterschied‑ liche kulturelle Hintergrund der herrschen‑ den Dynastien keine wesentliche Rolle bei der rechtlichen Definition des waqf. Zwar gibt es historisch bedingte Unterschiede bei der Verwaltung von Stiftungen, aber die Verbreitungsgebiete der beiden Haupt‑ richtungen der Definition des muslimi‑ schen waqf und der damit einhergehenden sozialen Praktiken sind deckungsgleich mit den Einflussbereichen der beiden be‑ deutendsten islamischen Rechtsschulen: der ḥanafītischen und der mālikītischen Schule. Das ḥanafītische Recht wurde im Mittelalter von allen östlichen Dynastien mit Ausnahme der schiitischen Fatimiden übernommen. Die muslimischen Dynas‑ tien in Nordafrika und al‑Andalus hinge‑ gen folgten dem mālikītischen Recht. Die ḥanafītische und die mālikītischen Schule unterscheiden sich sowohl im Hinblick auf die Stiftungsgesetzgebung als auch im Hinblick auf das Stiftungsvokabular. 1.3.2 Das Wortfeld ‚Stiftung‘ in den muslimischen Quellen Von seinen Anfängen im 1./7. Jahrhundert bis zum 9./15. Jahrhundert breitete sich der Islam im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika, auf der Iberischen Halbinsel, in Zentralasien und Indien aus. Die Spra‑ chenvielfalt unter den Völkern, die den islamischen Glauben angenommen hatten
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oder die unter muslimischer Herrschaft lebten, war extrem groß, aber Arabisch als die Sprache Gottes und des Korans galt von jeher als das Ausdrucksmittel der islamischen Religion und die Sprache der religiösen Disziplinen, wie der Theo‑ logie (kalām), der Exegese (tafsīr) oder des Rechts (fiqh). Obwohl es kleine phoneti‑ sche Varianten gibt, sind die in den isla‑ mischen Ländern im Zusammenhang mit Stiftungen gebrauchten Termini immer arabische Wörter oder Lehnwörter aus dem Arabischen. Das Wortfeld mit Bezug zur Idee der Stiftung wird von drei Konzeptbereichen bestimmt: (1.) Wohltätigkeit, (2.) Unveräu‑ ßerlichkeit und (3.) Dauer. (1.) Es gibt zwei verschiedene Arten der Wohltätigkeit im Islam. Die erste ist die zakāt, das obligatorische Almosen, das alle Muslime geben sollten und das eine der fünf Säulen des Islam darstellt. Die zweite ist die ṣadaqa, die freiwillige Wohltätigkeit in Form von Almosen oder guten Taten, die als ein übergebührlicher Akt betrachtet wird. In frühen Quellen gibt es bei diesen beiden Begriffen terminologische Unklar‑ heiten – vom Koran gar nicht zu sprechen – und es lässt sich nicht immer erkennen, welcher Wohltätigkeitsbegriff jeweils ge‑ meint ist. (→ 9.3) Islamische Stiftungen sind ein freiwilliger Akt der Nächstenliebe und ṣadaqa ist einer der dafür verwende‑ ten Begriffe. Es wurde behauptet, dass in frühen Quellen das Substantiv ṣadaqa stets ‚Stiftung‘ bedeute2, diese Bezeichnung tritt jedoch meistens in Verbindung mit ande‑ ren Begriffen auf, die ihre Bedeutung ein‑ schränken. Als Verb taucht ein Derivativ dieser Wurzel in der Form von taṣaddaqa in den Aussprüchen des Propheten auf, den sogenannten taṣaddaqa‑Hadithen, die in Rechtstexten herangezogen werden, um die Rechtmäßigkeit von Stiftungen zu
unterstreichen. Mittelalterliche muslimi‑ sche Gelehrte vertraten die Auffassung, dass das Verb in diesem Kontext ‚Eigentum stiften‘ bedeute, aber sowohl die Bedeutung des Verbs als auch die Historizität dieser Berichte werden in Zweifel gezogen.3 (2.) Das mit dem islamischen Stiftungsbe‑ griff verbundene Konzept der Unveräußer‑ lichkeit hat eine doppelte Bedeutung. Rein rechtlich bezieht es sich auf den Status der Stiftung als unveräußerliches Eigentum, aber es impliziert auch, dass die allge‑ meinen Geschäften zu Grunde liegenden Regeln nicht mehr für das gestiftete Ei‑ gentum gelten, da es einen semisakralen Status erworben hat. Das Eigentum wird unveräußerlich, weil sein Eigentümer seine Eigentumsrechte zu Gunsten Gottes abtritt und die Stiftung als ḥaqq Allāh, ‚Eigentum‘ oder ‚Recht Gottes‘, betrachtet wird.4 Die für dieses Konzept verwendeten Bezeich‑ nungen sind verschiedene Formen von fünf arabischen Wortwurzeln: Die Wurzel w-q-f bezeichnet das all‑ gemeine Konzept von Immobilität oder Stillstand. Die erste Form oder Grundform dieser Wurzel ist waqafa und bedeutet ‚an‑ halten‘ oder ‚unbeweglich bleiben‘. Seine kausativen Formen waqqafa und awqafa, die im wörtlichen Sinne bedeuten ‚etwas davon abhalten, sich zu bewegen‘ oder ‚festsetzen‘, sind die gebräuchlichsten Verben, um den Begriff der Stiftung von Eigentum und des‑ sen Unveräußerlichkeit auszudrücken. Das Substantiv waqf, Pl. awqāf, ist auch der Ter‑ minus, der zu allen Zeiten am häufigsten für islamische Stiftungen benutzt wurde, da er die von den Anhängern der ḥanafītischen Schule – der bedeutendsten aller sunni‑ tischen Rechtsschulen – verwendete Be‑ zeichnung ist. Es gibt weitere Derivative dieser Wurzel im semantischen Bereich des Stiftungsbegriffs: Das Partizip Passiv mawqūf, fem. mawqūfa (‚gestiftet‘), wird oft
Muslime
gebraucht, um das Substantiv ṣadaqa (‚frei‑ willige Wohltätigkeit‘) in dem Terminus ṣadaqa mawqūfa näher zu bestimmen, der wörtlich eine freiwillige, wohltätige und unveräußerliche Schenkung, also gestiftetes Eigentum, bezeichnet; als substantiviertes Partizip kann es sich im Allgemeinen auf das Stiftungsobjekt beziehen: al-mawqūf. Das Partizip Aktiv wāqif, fem. wāqifa, mit den Formen vāqif / vāqifa im Persischen und im Türkischen, wird für den Stifter benutzt. Das Substantiv waqfīya, Pl. waqfīyāt, ist der arabische Terminus, der für die Stiftungsur‑ kunde verwendet wird, insbesondere in den Regionen, die das ḥanafītische Recht befol‑ gen. Im Persischen und im Türkischen wird dieser Akt auch mit vaqfīya und vaqfnāmah bezeichnet. Die Wurzel ḥ-b-s hat die allgemei‑ ne Bedeutung ‚Immobilität‘, ‚Haft‘ oder ‚Einschränkung‘. Ihre erste Form ḥabasa ist transitiv und bedeutet wörtlich ‚ein‑ sperren‘ oder ‚festnehmen‘. Verbformen mit dieser Wurzel werden auch benutzt, um das Konzept ‚Eigentum stiften‘ aus‑ zudrücken, insbesondere bei den Anhän‑ gern der mālikītischen Rechtsschule, ent‑ weder in seiner Grundform ḥabasa oder in seinen kausativen Formen aḥbasa und insbesondere ḥabbasa. Die Substantive ḥubs, Pl. aḥbās oder ḥubūs, wurden in den ersten drei Jahrhunderten weithin benutzt und so zum üblichen Terminus für die isla‑ mische Stiftung in den Regionen, in denen das mālikītische Recht vorherrschte. In den östlichen muslimisch dominierten Regio‑ nen benutzten die Mamlūken das Adjektiv aḥbāsī, fem. aḥbāsīya, als Terminus techni‑ cus, um sich auf die in den Provinzen ge‑ gründeten frommen Stiftungen zu beziehen (ar-rizāq al-aḥbāsīya).5 Weitere in diesem Kontext verwendete Derivate sind das Par‑ tizip Passiv maḥbūs, fem. maḥbūsa (‚gestif‑ tet‘), das substantiviert als al-maḥbūs (‚das gestiftete Eigentum‘) auftreten kann, das
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Partizip Aktiv muḥabbis, fem. muḥabbisa (‚Stifter‘), das Adjektiv ḥabīs, fem. ḥabīsa (‚gestiftet‘), auch als Substantiv, und der Terminus rasm at-taḥbīs, der meistens von den Mālikīten für die Benennung der Stif‑ tungsurkunde eingesetzt wird. Die Wurzel ḥ-r-m bezeichnet das Ver‑ bot oder die Unantastbarkeit, insbeson‑ dere im Zusammenhang mit einer religi‑ ösen Vorschrift. Derivate dieser Wurzel sind im Kontext islamischer Stiftungen selten und auf einen einzigen Terminus beschränkt, der aber im Hinblick auf den religiösen Charakter dieser Praxis sehr be‑ deutsam ist. Das Partizip Passiv muḥarram, fem. muḥarrama, bedeutet ‚für unantastbar erklärt‘. Es wurde verwendet, um das Sub‑ stantiv ṣadaqa (‚freiwillige Wohltätigkeit‘) in dem Terminus ṣadaqa muḥarrama (‚eine für unantastbar erklärte freiwillige, wohl‑ tätige Schenkung‘) näher zu bestimmen, und ist eine der Formen, mit der islamische Stiftungen bezeichnet werden, insbeson‑ dere vor dem 3./9. Jahrhundert.6 Die Wurzel s-b-l bezeichnet ursprüng‑ lich das Konzept des Herabfallens oder des Verteilens. Obwohl etymologisch nicht mit dem Begriff der Unveräußerlichkeit ver‑ wandt, erlangten das kausative Verb sabbala und der davon abgeleitete Begriff tasbīl die Bedeutung ‚Eigentum frommen Zwecken widmen‘ oder ‚Eigentum stiften‘. Ihr Ein‑ gang in das Wortfeld der islamischen Stif‑ tungen lässt sich mit der Verbindung zu einem Terminus, der mit dem Substantiv sabīl (‚Weg, Pfad‘) gebildet wird, erklären: fī sabīl Allāh (‚auf Gottes Wegen‘), was sich im Wesentlichen auf bewegliche und un‑ bewegliche Güter bezog, die zur Unterstüt‑ zung des ǧihād gespendet wurden, und im erweiterten Sinn auf das um Gottes Wil‑ len gestiftete Eigentum. Das Verb sabbala, wie auch das bereits erwähnte taṣaddaqa, kommt in den Aussprüchen des Propheten vor, die gesammelt wurden, um zu belegen,
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dass Stiftungen nicht gegen das islamische Recht verstoßen.7 In den waqf-Urkunden der Mamlūken und Osmanen bezieht sich das Substantiv sabīl (‚Weg, Pfad‘) metonymisch sowohl auf öffentliche Einrichtungen als auch auf gestiftete wohltätige Institutionen.
Unterschiede zwischen den Ḥanafīten und Mālikīten wider. Die ältesten bekannten Traktate über die rechtlichen Aspekte des waqf wurden von Hilāl ar‑Raʾy (gest. 245/859 oder 249/863)8 und al‑Ḫaṣṣāf (gest. 261/874)9 verfasst. Diese Arbeiten stellten nicht nur eine hermeneutische Leistung in der Auslegung der Rechtsgrundlagen und der Definition der rechtlichen Para‑ meter für islamische Stiftungen dar, son‑ dern hatten auch die Klärung und Verein‑ heitlichung der Rechtsterminologie zum Ziel. Bis zu diesem Jahrhundert wurde eine Vielzahl von Bezeichnungen und Verbindungen aus den oben vorgestellten Begriffen genutzt, um gestiftetes Eigen‑ tum zu bezeichnen: ṣadaqa (‚freiwillige Wohltätigkeit‘), ḥubs (‚Stiftung‘), ḥabīs (‚Stiftung‘), ṣadaqa muḥarrama (‚für un‑ antastbar erklärte wohltätige Schen‑ kung‘), ṣadaqa maḥbūsa, ṣadaqa ḥubsan, ḥubs mawqūfa, ṣadaqa mawqūfa, ṣadaqa ḥabīs, oder ḥabīs ṣadaqa (‚unveräußerliche wohltätige Schenkung‘); ṣadaqa musabbala (‚wohltätige Schenkung um Gottes Wil‑ len‘), sabīl (‚wohltätige Schenkung um Gottes Willen‘ oder ‚öffentliche Stiftung‘), ṣadaqa mafrūda (‚Verpflichtungen unter‑ liegende wohltätige Schenkung‘), ṣadaqa muʾabbada (‚wohltätige Schenkung auf Dauer‘), maḥbīsa muʿtiqa (‚irreversible unveräußerliche Schenkung‘).10
(3.) Das Konzept der Dauer hat Eingang in das Lexikon der islamischen Stiftungs‑ kultur durch die Derivative zweier Wur‑ zeln gefunden, die die zeitliche Fortdauer bezeichnen, und wird in den Urkunden oft mit dem Koran‑Zitat „Wir sind es, Die die Erde, und alle, die auf ihr sind, erben werden, und zu Uns werden sie zurückge‑ bracht“ unterstrichen (Q 19.40). Die Wurzel ʾ-b-d bezeichnet die Kon‑ zepte ‚Dauer‘ und ‚Ewigkeit‘. Im lexika‑ lischen Kontext der religiösen Stiftungen wird das kausative Verb ʾabbada benutzt, um ‚Eigentum auf Dauer stiften‘ auszudrü‑ cken. Das Partizip Passiv dieser Verbform muʾabbad, fem. muʾabbada, bedeutet ‚ewig, immer während‘ und wird verwendet, um das Substantiv ṣadaqa in dem Terminus ṣadaqa muʾabbada (‚eine freiwillige wohl‑ tätige Schenkung auf Ewig‘) näher zu be‑ stimmen. Die Wurzel ḫ-l-d drückt ebenso die zeit‑ liche Fortdauer aus. Sie kommt vereinzelt im Wortschatz des islamischen Stiftungs‑ wesens in Form eines Partizips Passiv der kausativen Form muḫallad, fem. muḫallada, vor und wird auch verwendet, um das Sub‑ stantiv ṣadaqa in dem Terminus ṣadaqa 1.3.3 Rechtliche Definition muḫallada (‚eine freiwillige wohltätige und terminologische Schenkung auf Ewig‘) näher zu bestimmen. Systematisierung Die diachronen und geographischen Varia‑ tionen in der Terminologie deuten nicht auf bedeutende semantische Veränderungen hin, bezeugen aber die Versuche der musli‑ mischen Juristen im 3./9. Jahrhundert, die Vielfalt der Praktiken zu systematisieren, und spiegeln dabei die terminologischen
Die wenigen frühen Quellen, die uns über‑ liefert sind, geben nicht viel Aufschluss über die spezifischen Bedeutungen dieser verschiedenen Bezeichnungen. (→ 5.3) Es erscheint evident, dass frühe Stiftungen in den Regionen des Nahen und Mittle‑ ren Ostens zum Teil von artverwandten
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Institutionen und Praktiken aus früheren und benachbarten Kulturen beeinflusst wurden. Epigraphische Quellen beweisen, dass Stiftungen im vorislamischen Ara‑ bien gängige Praxis waren11, und einige Forscher vertreten die Ansicht, dass die islamische waqf-Gesetzgebung durch das sasanidische pat ruvan oder ruvānagān12, die byzantinischen piae causae 13 und die römischen Konzepte von res sacrae und fidei commissum14 beeinflusst gewesen sein könnte. Über den tatsächlichen Einfluss dieser institutionellen Vorbilder auf das islamische Recht wird weiterhin disku‑ tiert, aber es besteht Einigkeit darüber, dass das waqf ‑Recht im 3./9. Jahrhundert systematisiert wurde und in der Folge die relevanten Begriffe und ihre Verwendung vereinheitlicht wurden. Bis zu diesem Jahrhundert gab es in den islamischen Ländern drei Formen der Stiftung: (1.) Stiftungen ‚um Gottes Willen‘, wie die Schenkung von Häusern, Pferden und militärischer Ausrüstung zur Unterstüt‑ zung des ǧihād. Diese Form wird von den Quellen üblicherweise als ḥabs fī sabīl Allāh15 bezeichnet. (2.) Temporäre Stiftungen zu Gunsten einer bestimmten Anzahl von Leuten, die nach Ablauf des Vertrages an den Stif‑ ter oder seine Erben zurückfallen. Diese Praxis wurde von irakischen Gelehrten stark kritisiert, in Medina jedoch vertei‑ digt. Der Terminus, der für diese Art von Stiftungen vom profiliertesten Vertreter der medinitischen Schule und Namensgeber der mālikītischen Schule, Ibn Mālik, ver‑ wendet wurde, ist ḥabs mawqūf.16 (3.) Dauerhafte Stiftungen zu Gunsten von Armen oder zu Gunsten von Einzel‑ personen, wie Verwandten, Klienten oder Sklaven (und nach deren Ableben zu Guns‑ ten von Armen), oder zu Gunsten von öf‑ fentlichen wohltätigen Institutionen und
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öffentlichen Versorgungseinrichtungen. Für diese Art von Stiftungen wird keine einheitliche Terminologie verwendet. Im Laufe des 3./9. Jahrhunderts lehnten alle Rechtsschulen außer der mālikītischen Schule die temporären Stiftungen ab, und so verblieben im Wesentlichen zwei For‑ men des waqf, deren Definition und Be‑ nennung bis heute Bestand haben:17 (1.) Waqf ḫairī – oder ḥubs ḫairī gemäß der māli kītischen Terminologie – ist der Terminus für eine Stiftung zu Gunsten von öffentlichen Versorgungseinrichtun‑ gen unter öffentlicher Verwaltung. (2.) Waqf ahlī bzw. waqf ḏurrī – oder ḥubs ahlī bzw. ḏurrī bei den Mālikīten – ist die Bezeichnung für eine Personen‑ oder Familienstiftung, das heißt eine Stiftung zu Gunsten von Verwandten, Nachkommen oder Klienten und nach deren Ableben zu Gunsten von Armen. Die Begünstigten die‑ ser Art von Stiftungen sind üblicherweise die direkten Erben des Gründers – insbe‑ sondere männliche Erben in väterlicher Linie – einschließlich ungeborener Kinder. Nur ein Teil der waqf-Einkünfte kommt der Wohlfahrt zu Gute, und der Gründer kann auch sich selbst zum Begünstigten und zum Verwalter bestimmen. Familiä‑ re Stiftungen sind stets die am weitesten verbreitete Form des waqf gewesen. Gemäß der waqf ‑Definition im māli‑ kītischen Recht, das heißt vor allem in Nord‑ afrika und al‑Andalus, hat die Stiftung von Eigentum nicht den Verlust des Eigentums‑ rechts zur Folge und das gestiftete Gut kann an seinen Stifter oder seine/ihre Erben zu‑ rückfallen. Wenn die Stiftung von Dauer sein soll, wird dies mit den adjektivischen Partizipien muʾaddab oder muḫallad (‚im‑ merwährend‘) oder mit dem Terminus ʿalā at-taʾbīd (‚auf Dauer‘)18 bezeichnet. Der ewige Charakter der Stiftungen wird in den Ur‑ kunden der Länder mit mālikītischem und ḥanafītischem Recht auch durch den oben
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erwähnten Koran‑Vers (Q 19.40) unterstri‑ chen. Erwähnenswert ist außerdem, dass im schiitischen Recht, das der ḥanafītische Schule sehr nahe steht, dem Gründer im Falle äußerster Not die Widerrufbarkeit seines waqf zugestanden wurde.19 Das waqf‑Recht erhielt seine nahezu end‑ gültige Form im 3./9. und 4./10. Jahrhundert. Es gab natürlich verschiedene Versuche der jeweils herrschenden Dynastien, die Geset‑ ze nach ihren jeweiligen Interessen auszu‑ legen, insbesondere im Falle der Mamlūken, aber erst im 9./15. Jahrhundert wurde von den osmanischen Juristen eine neue, um‑ strittene Form des waqf zugelassen. Diese wurde als waqf an-nuqūd (‚Geld‑waqf ‘) be‑ zeichnet und bestand aus einer Geldstiftung, deren Zinsen, zumindest in der Theorie, für wohltätige Zwecke bestimmt waren.20 1.3.4 Wissenschaftliche Terminologie Angesichts der Komplexität und der Mehr‑ deutigkeit des islamischen Stiftungsbe‑ griffs nimmt es nicht Wunder, dass es in der Wissenschaft üblich ist, Übersetzungen durch einfaches Transkribieren des ara‑ bischen Begriffs ‚waqf ‘ (manchmal auch ‚wakf ‘ oder ‚waḳf ‘) oder seiner persischen und türkischen Varianten (‚vaqf ‘ bzw. ‚vakıf ‘) zu vermeiden. Die Pluralformen dieser Substantive werden in den meisten Sprachen entweder in ihrer ursprünglichen arabischen Form (‚awqāf ‘, ‚avqāf ‘, ‚auqāf ‘) oder in einer der jeweiligen Wissenschafts‑ sprache angepassten Form (etwa ‚waqfs‘, ‚vaqfs‘ im Englischen) benutzt. Wenn der Fokus auf dem Studium des māli kītischen Rechts liegt, in dem die Stiftung üblicher‑ weise ‚ḥubs‘ oder ‚ḥabs‘ genannt wird, wird sie auch auf diese Weise transkribiert, au‑ ßer in der französischen Literatur, wo die gebräuchlichste Übersetzung ‚habous‘ oder ‚hubous‘ – abgeleitet von der Pluralform
‚ḥubūs‘ – ist. Besondere Erwähnung ver‑ dient auch die spanische Sprache, da dort der arabische Begriff ‚ḥubs‘ bereits im Mit‑ telalter Eingang gefunden hat. Aus dem Plural ‚aḥbās‘, in arabisch‑andalusischer Aussprache ‚aḥbīs‘, entstand das spanische Substantiv ‚habiz‘, Pl. ‚habices‘, das ein ge‑ bräuchlicher Terminus in den Urkunden des Mittelalters und der Frühen Neuzeit ist. Noch heute ist es in der spanischen Wis‑ senschaft die am häufigsten verwendete Bezeichnung für islamische Stiftungen. Diese Termini werden in vielfältiger Weise übersetzt. Im Deutschen ist die üb‑ liche Übersetzung der Substantive ‚waqf ‘ und ‚habs‘ ‚Stiftung‘ oder ‚fromme Stiftung‘. Im Englischen sind die gebräuchlichsten Übersetzungen ‚endowment‘, ‚foundation‘ oder ‚trust‘ und werden normalerweise mittels der Adjektive ‚religious‘, ‚pious‘ oder ‚charitable‘ näher bestimmt. Im Fran‑ zösischen werden ‚waqf ‘ und ‚ḥubs‘ mit ‚fondation pieuse‘, ‚leg pieux‘, ‚bien pieux‘ übersetzt, im Spanischen mit ‚bien habiz‘, ‚legado pío‘ oder ‚fundación pía‘. Es ist bemerkenswert, dass – im Gegen‑ satz zu den Wissenschaften von anderen Kulturbereichen – die bei der Erforschung von religiösen Stiftungen im Islam verwen‑ dete Nomenklatur nicht übermäßig von der westlichen Rechtsterminologie beeinflusst ist. Die arabischen Termini für die verschie‑ denen Beteiligten gleichen jenen, die in den Verwaltungsquellen benutzt wurden, und im Allgemeinen gab es bei den Wis‑ senschaftlern die Vorliebe, Begriffe aus der Verwaltungsgeschichte zu entlehnen. Eine Ausnahme von dieser Praxis bilden diejeni‑ gen französischen Arbeiten, die im 19. Jahr‑ hundert über das in französischen Kolonien geltende islamische Recht verfasst wurden, wobei deren Einfluss heute bei den Wissen‑ schaftlern, deren Forschungsschwerpunkt auf der Kolonialzeit liegt, erkennbarer ist als bei den französischen Mediävisten.
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Der Terminus für den Gründer der Stiftung, in den islamischen Quel‑ len, ‚wāqif / wāqifa‘, ‚vāqif / vāqifa‘ oder ‚muḥabbis / muḥabbisa‘ genannt, wird üb‑ licherweise mit ‚founder‘, ‚endower‘ oder ‚donor‘ im Englischen, ‚fondateur‘, ‚dona‑ teur‘ oder ‚benefacteur‘ im Französischen, ‚Stifter‘ im Deutschen und ‚donante‘ oder ‚fundador‘ im Spanischen übersetzt. Der Begünstigte, in den Quellen ‚al-mawqūf ʿalayhi‘ oder ‚al-muḥabbas ʿalayhi‘ bezeich‑ net, wird übersetzt mit ‚beneficiary‘ im Englischen, ‚bénéficiare‘ im Französischen, ‚Begünstigter‘ im Deutschen und ‚benefi‑ ciario‘ im Spanischen. Der Verwalter der Stiftung, der in den Quellen als ‚mutawallī‘ oder ‚nāẓir‘ auftreten kann, wird meistens mit ‚administrator‘ im Englischen, ‚admi‑ nistrateur‘ im Französischen, ‚Verwalter‘ im Deutschen und ‚administrador‘ im Spa‑ nischen übersetzt. Der Verwalter war sehr oft ein qāḍī (‚Richter‘). Dieser Terminus wird aber im Allgemeinen nicht übersetzt. Die Person, die das Verfahren überwacht und sicherstellt, dass der Stifterwille um‑ gesetzt wird, kann ein qāḍī sein oder ein spezieller Regierungsbeamter, bekannt als ‚nāẓir‘ oder ‚nāqib‘, was mit ‚overseer‘ oder ‚supervisor‘ im Englischen, ‚supervi‑ seur‘ oder ‚mandataire‘ im Französischen, ‚Aufseher‘ im Deutschen und ‚supervisor‘ im Spanischen übersetzt worden ist. Die Verwaltung von Ackerland, das in einen waqf umgewandelt wurde, oblag manch‑ mal der Aufsicht eines Beamten, bekannt als ‚ʿāmil‘, ‚tax agent‘ oder ‚agent‘ im Eng‑ lischen, ‚collecteur de taxes‘ im Franzö‑ sischen und ‚recaudador‘ im Spanischen. Mit der Abschaffung des Familien‑ waqf in verschiedenen islamischen Na‑ tionen im 20. Jahrhundert gelangte die Aufsicht und Kontrolle der öffentlichen religiösen Stiftungen in die Hände von Waqf ‑Ministerien, die ad hoc gegründet wurden und die gleichen Vorschriften wie
in den vergangenen Jahrhunderten anwen‑ den. Der rechtliche Status der modernen privaten Stiftungen und die Gesetze für deren Verwaltung wurden von westlichem Recht inspiriert, genauso wie die moderne arabische Bezeichnung für diese Institu‑ tionen: muʾassasa (‚Stiftung‘), ein Derivat des Verbes ʾassasa, das wörtlich übersetzt ‚gründen‘ bedeutet, und nicht mit dem re‑ ligiösen waqf verwechselt werden sollte. 1.3.5 Wissenschaftliche Definiton der islamischen Stiftung Die Funktion der Stiftungen in den mus‑ limischen Gesellschaften des Mittelalters lässt sich nicht einfach beschreiben. Isla‑ mische Stiftungen sind Institutionen und verstehen sich als Systeme auf der Basis von formellen und informellen Regelungen, die eine regelmäßige soziale Interaktion er‑ zeugen und durch individuelles Verhalten ausgestaltet werden.21 Diese Regelungen fanden ihren Niederschlag in formellen Rechtsvorschriften, die alle Muslime zu befolgen hatten, aber auch in stillschwei‑ genden Konventionen, wodurch oft die islamische Stiftung zu einem perfekten Instrument wurde, um in bestimmten Be‑ langen zwar den Buchstaben des Gesetzes zu achten, während man seinen Gehalt aber ignorierte. Die islamische öffentliche Stiftung (waqf ḫairī) entspricht im Allgemeinen den Stiftungsarten, die wir auch in ande‑ ren Kulturen finden: Es handelt sich um unveräußerliches Eigentum, das auf Dauer für wohltätige Zwecke gestiftet wird, den vertraglichen Bestimmungen des Gründers unterliegt und wirtschaftlich unabhängig ist.22 Reine ḫairī‑Stiftungen sind in den islamischen Regionen selten, aber es gibt zahlreiche Beispiele von öffentlichen Stif‑ tungen in großen Gebäudekomplexen, die
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öffentliche Einrichtungen, wie etwa Mo‑ scheen und Schulen, mit Familien‑awqāf kombinierten.23 Diese letzte Kategorie, die Familienstiftung, ist es, die nicht nur die Definition der Stiftung, sondern auch be‑ stimmte Rechtsprinzipien in Frage stellt. Die wichtigsten Textquellen des isla‑ mischen Rechts sind der Koran und die Aussprüche des Propheten Mohammed (ḥadīṯ). Es gibt keinen Hinweis auf irgend‑ eine Stiftungsart im Koran.24 In der Tat waren die ersten Systematisierungsversu‑ che des waqf ‑Rechts eine Antwort auf die Notwendigkeit, rechtliche Grundlagen für eine soziale Praxis zu schaffen, die einige Gelehrte im Widerspruch zu den Bestim‑ mungen des Korans hinsichtlich Eigentums und Erbrechts sahen. Schon im 2./8. Jahr‑ hundert erhob Abū Ḥanīfa, der Gründer und Namengeber der ḥanafītischen Schule, Einwände gegen den unveräußerlichen Charakter von gestiftetem Eigentum, da dies gegen das Recht verstieße; sein Zeit‑ genosse, der Gelehrte Šuraih b. al‑Ḥāriṯ (wirkte 78–99 / 697–717), überlieferte über‑ dies ein ḥadīṯ mit der Aussage „es gibt keine Stiftung (ḥubs) zur Umgehung der Anteile Gottes“, also des koranischen Erbrechts.25 Die ersten Traktate über den waqf, verfasst im 3./9. Jahrhundert, wurden offensicht‑ lich im Lichte dieser Einwände und gegen das koranische Erbrecht geschrieben und sie versuchten, den waqf sowohl auf der Grundlage der rechtlichen Hermeneutik als auch auf der Grundlage der Aussprü‑ che des Propheten zu verteidigen.26 Der Gegensatz von waqf und Erbrecht wurde auch im Kontext der rituellen Reinheit (warʿ) diskutiert, vor allem in der frühen ḥanbalītischen Schule.27 Jedoch ungeachtet dieser Harmonisierungsversuche blieb die Spannung zwischen Familienstiftungen und Erbrecht in der gesamten Geschichte des Islam bestehen. Familien‑awqāf sind wiederholt als eine donatio inter vivos
benutzt worden, vor allem zu Gunsten erst‑ geborener männlicher Erben, um die Tei‑ lung des Familienbesitzes zu vermeiden.28 Die Rolle, die fromme Stiftungen in wirtschaftlicher Hinsicht in mittelalterli‑ chen muslimischen Gesellschaften spiel‑ ten, ist ebenfalls nicht auf ihre wohltätige Funktion beschränkt. Untersuchungen der von den Herrschern und Eliten in der Zeit der Ayyūbiden, Mamlūken und Osmanen gegründeten Stiftungen zeigen, dass diese Institutionen von den Mächtigen für ver‑ schiedene Zwecke benutzt wurden und oft zu ihrem eigenen Vorteil. Die Ayyūbiden veränderten das System der Landvergabe (iqṭāʿ) und ließen Geld in den Wirtschafts‑ kreislauf einfließen, indem sie Staats‑ land in awqāf umwandelten, aus deren Erträgen sie großen Nutzen zogen.29 Die mamlūkischen Sultane setzten diese Praxis fort und benutzten offen awqāf, um öffent‑ lichen Grund und Boden zu stiften und die Erträge daraus ihren Familien zukommen zu lassen, bekannt als sog. awlād an-nās.30 Dispute und Kritiken hinsichtlich der An‑ eignung von erobertem Land mit Hilfe des waqf ‑Systems sind auch in andalusischen Quellen häufig zu finden.31 Es waren nicht ausschließlich die herrschenden Eliten, die Stiftungen als Finanzinstrument benutzten, auch Familien‑awqāf wurden häufig von Privatpersonen dazu benutzt, um die auf ihr Land erhobenen Steuern zu senken 32, Mietkosten und Löhne zu reduzieren 33 und den wirtschaftlichen Schutz vor Konfis‑ kationen zu erhöhen, genauso wie sie sie nutzten, um das Erbrecht zu umgehen 34. Einige dieser Praktiken wurden als unrechtmäßig erachtet und von zeitge‑ nössischen Gelehrten verurteilt, aber ihre Kritik bezog sich hauptsächlich auf die Rechtmäßigkeit der Übertragung von Ei‑ gentum und nicht auf die offensichtliche Abweichung von den erklärten wohltätigen Zwecken des waqf. Wenn wir einmal den
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Verstoß gegen das Eigentumsrecht ausneh‑ men, scheinen diese verschiedenen Ver‑ wendungen der Stiftung ihrem frommen Charakter nicht widersprochen zu haben. Es wäre deshalb falsch zu interpretieren, dass diese Praktiken gegen die islamischen Prinzipien verstießen oder eine Abwei‑ chung von den wohltätigen Zwecken der Stiftungen darstellten: Diese Verwendun‑ gen sind völlig normgerecht und erfüllen das Konzept der Wohltätigkeit. Aus dieser Perspektive betrachtet, stel‑ len islamische Stiftungen ein praktisches – wenn auch nicht gänzlich erfolgreiches35 – Vehikel dar, um die islamische Gesellschaft zu finanzieren und zu formen; zugleich sind sie ein Mittel, um sich durch fromme
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Taten ein ewiges Leben zu sichern, und ein rechtmäßiges Instrument, gesetzliche Bestimmungen zu verhandeln und sie so‑ gar zu umgehen. In dieser Hinsicht ist die Definition dieser Institution kein bloßer Idealtypus, sondern sie wird vielmehr – da der waqf als lebendiges kulturelles Phäno‑ men einen festen Sitz im Leben hatte – in einer Vielfalt von Situationen bestimmt und fortentwickelt, die sowohl vom kasu‑ istischen Charakter des islamischen Rechts und seiner Interpretation geprägt sind als auch von den Gestaltungsmöglichkeiten, die sich jeweils in sozialen, religiösen und wirtschaftlichen Praktiken ergeben. IS
Anmerkungen 1 Vgl. Aḥmad ibn ʿAmr al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb aḥkām
al‑awqāf. Kairo 1904, 335–344. 2 Gil, Earliest Waqf Foundations (1998), 130. 3 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 110–156. 4 Vgl. Hoexter, Ḥuqūq Allāh (1995). 5 Michel, Rizāq aḥbāsiyya (1996). 6 Vgl. aš‑Šāfiʿī, Kitāb al‑umm. Ed. Muḥammad Zuhrī an-Naǧǧār, Bd. 4. Kairo 1961, 53. 7 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 110 f. 8 Hilāl ar‑Raʾy, Aḥkām al‑waqf. Medina 1936. 9 Al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb aḥkām al‑awqāf (wie Anm. 1). 10 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004). 11 Die berühmte Taymāʾ‑Stele etwa (fünftes Jahrhundert v. u. Z.), die heute im Louvre auf‑ bewahrt wird und deren aramäische Inschrift eine dauerhafte Stiftung zu Gunsten des örtlichen Tempels bezeugt; vgl. den Abdruck des Textes in: Frederick Viktor Winnett / William LaForest Reed, Ancient Records from North Arabia. Toronto 1970, 171 f. 12 Macuch, Charitable Foundations (1991); Dies., Sasanidische fromme Stiftung (2009). 13 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 52–54; Schacht, Droit byzantin et droit musulman (1957); Jokisch, Islamic Imperial Law (2007), 136 f.
Gegen diese Theorie vgl. Cahen, Réflexions sur le waqf ancien (1961). 14 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 52–54; Morand, Études de droit musulman algérien (1910), 244 f.; Schacht, Droit byzantin et droit musul‑ man (1957); Jokisch, Islamic Imperial Law (2007), 136 f. 15 Vgl. Muḥammad ibn al‑Ḥasan aš‑Šaibānī, Šarḥ kitāb as‑siyar al‑kabīr, Bd. 4. Ed. Muḥammad Ḥasan Ismaʿīl. Beirut 1997, 249 f. 16 Vgl. Mālik ibn Anas, Muwaṭṭaʾ. Ed. Aḥmad Rāṭib ʿArmūsh. Beirut 1977, 180. 17 Vgl. Peters, Waqf (2002), 59 f. 18 Layish, Mālikī Family Waqf (1983), 3 f. 19 Aš‑Šarīf al‑Murtaḍā, Al‑Intiṣār al‑muštamal ʿalā al‑masāʾil al‑fiqhīya. Mumbai 1897, 124. 20 Vgl. Mandaville, Usurious Piety (1979). 21 Vgl. Greif, Institutions (2006), 14–23. 22 Vgl. Borgolte, Stiftungen – eine Geschichte von Zeit und Raum (2009, ND 2012). 23 Vgl. Shatzmiller, Waqf K͟ hayrī (1991); B. Hoffmann, Waqf im mongolischen Iran (2000); Winter, Mamluks and their Households (2004); The build‑ ings of Qaytbay as described in his endowment deed. Ed. Leo. A. Mayer. London 1938. 24 Vgl. Kresmárik, Waḳfrecht (1891), 517–520; Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 50 f.
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25 Zit. bei Hilāl ar‑Raʾy, Aḥkām al‑waqf (wie 29 Vgl. Heidemann, Frömmigkeit und Wohltä‑ Anm. 8), 5, und aš‑Šāfiʿī, Kitāb al‑umm. Ed. an- tigkeit (2009), 61–77; Lev, Charity, Endowments, Naǧǧār, Bd. 4 (wie Anm. 6), 53. Vgl. Hennigan, Birth and Charitable Institutions (2005), 153–156. of a Legal Institution (2004), xvii–xx; Powers, Is‑ 30 Vgl. Amīn, Awqāf wa‑ʾl‑hayāt al‑iǧtimāʿīya lamic Inheritance System (1990), 22 f. (1980); Conermann / Saghbini, Awlād al‑nās (2002); 26 Vgl. Hennigan, Birth of a Legal Institution Sabra, Public Policy or Private Charity (2005), 95–108. (2004), 83–92; 107–186. 31 Vgl. Serrano, Dos fetuas (1991). 27 Vgl. etwa Aḥmad Ibn Ḥanbal, Kitāb al‑waraʿ. 32 Vgl. Johansen, Islamic Law (1988), 33 f. Ed. Samīr Amī az-Zuhairī. Riad 1997, 147 f. 33 Vgl. G. Baer, Ḥikr (2004), 369 f. 28 Vgl. Layish, Mālikī Family Waqf (1983); 34 Vgl. Lev, Charity, Endowments, and Chari‑ Powers, Islamic Inheritance System (1990), 24–26.; table Institutions (2005), 60. García Sanjuán, Hasta que Dios herede la tierra 35 Zur schwachen Wirtschaftsleistung von (2002), 145–158; Ch. Müller, Legal instrument (2008). awqāf vgl. Shatzmiller, Islamic Institutions (2001), 44–74; Kuran, Long Divergence (2012).
1.4 Juden 1.4.1 Allgemeines Der Terminus ‚Stiftung‘, wie er von der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahr‑ hunderts geprägt wurde, hat nur schein‑ bar allgemeine Gültigkeit. Insbesondere bei einem kulturvergleichenden Zugriff erschließen sich hingegen die wandlungs‑ fähigen Elemente des Phänomens.1 Diese Unfestigkeit manifestiert sich vor allem in den Varianten des vormodernen jüdi‑ schen Stiftungswesens, das mit den heb‑ räischen Termini qodesh (קודש, Pl. qodashim, קודשים/ qodashot, )קודשותund heqdesh (הקדש, Pl. heqdeshim, הקדשים/ heqdeshot, )הקדשותassoziiert wurde. Konsequenter‑ weise soll deshalb hier von regional un‑ terschiedlich ausgeprägten Begriffen der ‚Stiftung‘ ausgegangen werden. Eine der Ursachen für die verschiedenen Ausprägungen des jüdischen Stiftungsbe‑ griffes ist der Minderheitenstatus der Juden in der sogenannten Diaspora, der zu einer Kenntnisnahme von und Auseinanderset‑ zung mit den jeweiligen Stiftungsmodellen
der Umweltkulturen führte. Als weiterer Grund können die politischen Abhängig‑ keitsverhältnisse der Gemeinden von den jeweiligen Herrschaftssystemen angeführt werden. Die Willkür der Herrschenden ge‑ genüber den Juden führte oft zu Zwangsmi‑ grationen, die wiederum Konfrontationen mit anderen, oft neuen, gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zur Folge hatten.2 Der Umstand, dass jüdische Gemeinden im Mittelalter über ganz Europa, den Mit‑ telmeerraum sowie den Nahen und Mitt‑ leren Osten angesiedelt waren, macht eine differenzierte Untersuchung des Sprachge‑ brauchs der Begriffe qodesh / heqdesh für Nordafrika und Andalusien, das christli‑ che Spanien, Frankreich und Deutschland ebenso wie den Nahen und Mittleren Osten erforderlich. Trotz der Divergenzen und Variationen lassen sich die unterschiedlichen Lesarten der Wörter qodesh / heqdesh auf eine ge‑ meinsame Quelle zurückführen, nämlich
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auf die Bezeichnung von Objekten, die dem Jerusalemer Tempel geweiht waren. Die Relevanz dieser biblischen und rabbi‑ nischen Konnotation für den mittelalter‑ lichen Sprachgebrauch von qodesh / heqdesh macht eine Berücksichtigung dieser Textquellen für eine Untersuchung zum mittelalterlichen Stiftungsbegriff daher un‑ verzichtbar.3 Diese Bedeutung erklärt zu‑ gleich die Kontinuität der Verwendung der Ausdrücke qodesh / heqdesh auf Hebräisch. Besonders deutlich lässt sich dies an der Herausbildung der unterschiedlichen jüdischen Vernakularsprachen erkennen, die der Linguistin Erika Timm zufolge glei‑ chermaßen einer ‚Adoption und Adaption‘ entsprechen.4 So ist auffällig, dass im Ara‑ mäischen, Jiddischen, Judaeo‑Arabischen, Judaeo‑Spanischen wie auch im Judaeo‑ Griechischen das Phänomen ‚Stiftung‘ in der Regel mit den Hebraismen qodesh / heqdesh benannt wird. Eine Ausnahme bildet vor allem das Judaeo‑Arabische, in dem die Verwendung der arabischen Termini waqf und ḥubs relativ häufig anzutreffen ist. Neben den hebräischen und vernakular‑ sprachlichen Quellen sind für die Unter‑ suchung der mittelalterlichen Stiftungsbe‑ griffe der Juden jene Schriftzeugnisse, die in den Sprachen der jeweiligen Umweltkul‑ turen verfasst wurden, besonders wertvoll. Selten finden sich phonetische Transkrip‑ tionen der Begriffe qodesh / heqdesh, die ver‑ bindliche Aussagen über den abweichenden Sprachgebrauch erst möglich machen. Diese Zeugnisse liefern nicht nur wichtige An‑ haltspunkte für mögliche jüdische Adap‑ tionen von Stiftungspraktiken der jeweili‑ gen Umweltkulturen, sondern auch für die Adaptionen der biblischen und rabbinischen Konnotationen der Vokabeln qodesh und heqdesh an die gesellschaftlichen Realitäten der jüdischen Gemeinden im Mittelalter. Die geographische Verbreitung der jü‑ dischen Gemeinden in der Vormoderne
– von der Iberischen Halbinsel bis Indien und von Aschkenas bis Nordafrika – zeigt jedoch zugleich, dass man nicht nur von variierenden jüdischen Vorstellungen von ‚Stiftung‘, die sich im Spannungsfeld ihrer jeweiligen Umweltkulturen herausgebildet haben, ausgehen muss, sondern dass auch divergente, sogenannte innerjüdische Dif‑ ferenzen auftreten, die auf abweichende Interpretationen des kanonischen Text‑ corpus zurückzuführen sind. 1.4.2 Vorgeschichte Um den mittelalterlichen Sprachgebrauch von ‚Stiftung‘ adäquat darstellen zu kön‑ nen, ist zunächst eine Analyse der Be‑ deutung von qodesh und heqdesh in der biblischen und rabbinischen Literatur erforderlich.5 In der Bibel, der Mischna (Endredaktion um 200 u. Z.), dem palästini‑ schen Talmud (3.–4. Jahrhundert) und dem babylonischen Talmud (3.–5. Jahrhundert) werden Wortbildungen aus der Wurzel q-d-sh ( )קדשvor allem mit einem Zustand von Heiligkeit und insbesondere mit dem Jerusalemer Tempelkult assoziiert.6 So fin‑ den sich in der Bibel und den Textfunden aus Qumran unterschiedliche Verbformen der Wurzel q-d-sh in den Bedeutungen ‚heilig sein‘, ‚als heilig behandelt werden‘, ‚etwas heilig machen‘ im Sinne von ‚etwas widmen‘ sowie ‚heiligen‘ im Sinne von ‚et‑ was als göttlichen Besitz behandeln‘. Auch für Personen (insbesondere Priester), Ge‑ genstände und Orte findet diese Wurzel in den Bedeutungen ‚reinigen‘, ‚weihen‘ bzw. ‚heiligen‘ Verwendung.7 In Abgrenzung zum Profanen be‑ schränkt sich der Gebrauch von q-d-sh al‑ lerdings nicht nur auf das Wortfeld ‚Heilig‑ keit / (rituelle) Reinheit‘, sondern bezeichnet auch Verbotenes oder religiöse Tabus, im Sinne von ‚etwas unberührbar machen‘
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oder ‚etwas aussondern / abgrenzen‘.8 Diese Ambivalenz des Konzeptes der ‚Heiligkeit‘ wird vor allem von mittelalterlichen Bibel‑ kommentatoren aufgegriffen.9 Der Terminus heqdesh ist in der Bibel und den Textfunden aus Qumran nicht nachgewiesen. Es finden sich jedoch ei‑ nige Varianten der Form qodesh, die eine Grundlage für die späteren rabbinischen Abhandlungen über den Jerusalemer Tem‑ pelritus bieten. In den Heiligkeitsgeset‑ zen im Leviticus werden zum Beispiel die dargebrachten Speiseopfer durch die priesterliche Weihung als qodesh für Gott erklärt, gleichzeitig aber auch als Eigen‑ tum der Priester bezeichnet.10 An anderer Stelle werden jegliche Gaben an Gott als qodesh kategorisiert.11 Die Wendung kesef ha-qodashim ( )כסף הקודשיםbezeichnet Sil‑ ber beziehungsweise einen Geldbetrag, der an den Tempelschatz übertragen wird.12 In der rabbinischen Literatur kann man grundsätzlich zwischen zwei Verwendun‑ gen des Wortes heqdesh unterscheiden: Einerseits bezeichnet es das Tempeleigen‑ tum oder ‑vermögen. Andererseits ergibt sich aus der Auffassung, dass Tempelbesitz göttlicher Besitz ist, eine attributive Ver‑ wendung von heqdesh als ‚geweiht‘ oder ‚geheiligt‘. Durch die Weihung wurde das Objekt zum göttlichen Besitz. Es war somit unveräußerlich und entzog sich jeglicher kommerzieller Nutzung.13 Dabei wurde zwischen zwei unterschied‑ lichen Kategorien von Heiligkeit unterschie‑ den: Erstens wurden Objekte der Kategorie qedushat ha-guf ( )קדושת הגוףals heilig an sich betrachtet und konnten daher als ri‑ tuell taugliche Gaben für den Opferkult verwendet werden. So sind sie auch unter dem Terminus heqdesh mizbeaḥ ()הקדש מזבח oder ‚für den Altar geweihte Objekte‘ be‑ kannt.14 Zweitens fielen Güter, die für den Tempelfonds bestimmt waren, unter die Kategorie der ‚geldwirtschaftlichen Mittel‘
oder qedushat damim ()קדושת דמים.15 Diese beinhaltete auch finanzielle und materiel‑ le Güter, die für Reparatur‑ und Instand‑ haltungsarbeiten am Tempel vorbehalten waren (bedeq ha-bait, )בדק הבית.16 1.4.3 Der mittelalterliche Sprachgebrauch Erst in nachtalmudischer Zeit erlebten die Wörter heqdesh / qodesh einen Bedeu‑ tungswandel. So bezeichnete der Terminus setam heqdesh ()סתם הקדש, beziehungsweise heqdesh setam ( ‚)הקדש סתםgeweihte Güter, die von ihrem Stifter nicht explizit den Kategorien qedushat ha-guf oder qedushat damim zugeschrieben werden konnten und daher ihr Verwendungszweck ‚nicht ge‑ nauer bestimmbar‘ (wörtl. setam) war.17 Interessanterweise wurde diese Definition, die zunächst lediglich einer juristischen Grauzone gleichkam, die Grundlage für den mittelalterlichen Sprachgebrauch von heqdesh, und zwar als Synonym für gestif‑ tete Objekte, die nicht mehr für den Tem‑ pel, sondern für wohltätige Zwecke oder das Erfüllen von Geboten intendiert wa‑ ren.18 Im Frühmittelalter wurden darunter noch vornehmlich Geld‑ und Sachspenden für Synagogen oder Bedürftige verstan‑ den.19 Später, insbesondere im europäi‑ schen Raum, fand heqdesh zunehmend als Bezeichnung für caritative Einrichtungen Verwendung. Trotz dieser semantischen Neuausrich‑ tung des Wortes heqdesh blieb seine ur‑ sprüngliche Assoziation mit dem Jerusale‑ mer Tempelvermögen erhalten. In welchem Maße sich diese Konnotation auf die mittel‑ alterliche religiöse Praxis auswirkte, lässt sich allerdings schwer feststellen. Es ist jedoch klar zu erkennen, dass zum Beispiel die juristische Sonderstellung des Tempel‑ besitzes auf den Gemeindefonds namens
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heqdesh übertragen wurde.20 Auch die Auf‑ fassung von Schenkungen und Stiftungen als göttliches Eigentum lässt sich auf eine Analogie zwischen dem Tempelfiskus und dem Gemeindefonds zurückführen.21 Analog hierzu bezeichnete das von der Wurzel q-d-sh abgeleitete Verb im kausati‑ ven Wortstamm Hifʿil (Infinitiv: lehaqdish, )להקדישden Vorgang der Schenkung oder der Widmung, jedoch auch den transfor‑ mativen Prozess eines Gegenstandes von ‚profan‘ in ‚geheiligt / geweiht‘. Es kann daher auch im wörtlichen Sinn als ‚et‑ was heilig machend‘ verstanden werden. Das Nomen Agentis der Verbwurzel q-d-sh im Wortstamm Hifʿil entsprach gleichzei‑ tig in seiner femininen und maskulinen Form dem hebräischen Wort für ‚Stifter_in‘, das allerdings nur selten in den Quellen belegt ist.22 Weitaus häufiger ist die Ver‑ wendung der Bezeichnung nadiv (‚Stifter‘ / ‚Gönner‘ / ‚Wohltäter‘, )נדיב, die seit dem frühen 13. Jahrhundert vor allem in In‑ schriften nachgewiesen werden kann.23 Widmungen und Inschriften auf gestifteten Objekten der Frühen Neuzeit verweisen so‑ gar fast ausschließlich auf den Stiftungsakt oder die Stiftenden anhand von Termini, die sich von der Wurzel n-d-v ( )נדבableiten. Für das jüdische Stiftungswesen im mit‑ telalterlichen Nordafrika stellen die rund 200 000 Schriftstücke, die Ende des 19. Jahr‑ hunderts in der Ben‑Ezra‑Synagoge in Fustat (Alt‑Kairo) entdeckt wurden, zweifelsohne die bedeutendste Informationsquelle dar.24 Besonders interessant ist die relativ häufige Verwendung der arabischen Termini waqf und ḥubs für ‚Stiftung‘, die sich in den dort gefundenen, zumeist auf Judaeo‑Arabisch verfassten Dokumenten wiederfindet. Die hebräischen Termini qodesh und heqdesh dominieren jedoch auch hier. Da in vielen Dokumenten Bedürftige als Empfänger von heqdeshot, häufig sogar als juristische Eigen‑ tümer dieser Schenkungen genannt wurden,
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geht Moshe Gil davon aus, dass der Be‑ griff al-ʿanyīm (‚die Armen‘) in den Geniza‑ Dokumenten synonym für qodesh verwen‑ det wurde.25 Abgeleitet von der hebräischen Wurzel q-d-sh ist im Judaeo‑Arabischen die Verbform aqdas nachweisbar, welche den Akt der Widmung eines Objekts für einen heiligen, das heißt caritativen Zweck be‑ schrieb.26 So orientierte sich auch hier der mittelalterliche Sprachgebrauch von qodesh / heqdesh an seiner rabbinischen Konnotation des geweihten und unveräußerlichen Ob‑ jekts. Anhand dieser Beobachtung schluss‑ folgert Mark Cohen: „If, as seems, in many respects the heqdesh in the Middle East stuck closer to its original, biblical purpose of upkeep of holy institutions and religious leaders, it would appear (…) that in Europe some transformation, perhaps influenced by local Christian models, occurred“.27 Unklar bleibt jedoch, inwiefern heqdesh in den Dokumenten der Kairoer Geniza tatsächlich eine Institution bezeichnete. Shlomo Dov Goitein interpretierte qodesh in seinem nordafrikanischen Kontext als ‚Idee‘ oder ‚Modell‘.28 Die Dokumente selbst bekräftigen Goiteins These für die Gemein‑ de in Fustat durchaus. So belegt ein Doku‑ ment aus dem Jahre 1050 eine Transaktion, in der zehn Dinar als qodesh an die Armen Jerusalems zu zahlen waren 29; in einem anderen aus dem Jahre 1006 liest man die Anweisung einer Sterbenden, ein Drittel ihres Grundstückes als heqdesh an die bei‑ den Synagogen in Fustat zu übergeben.30 In einem dritten Dokument aus dem Jahr 1090 ist von einem Haus die Rede, welches der ursprüngliche Eigentümer in einen waqf 31 für die Große Synagoge in Damas‑ kus umwandelte, so dass dieses von nun an als heqdesh derselben zu betrachten war.32 Die Frage, ob die hebräischen und arabi‑ schen Termini in diesen Texten synonym verwendet wurden, konnte die Forschung bisher nur unzureichend klären.33 (→ 2.4)
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Haim Gerber geht davon aus, dass eine solche Gleichsetzung schon aufgrund der typologischen Differenzen unwahrschein‑ lich ist. (→ 3.4) So betont er, dass es sich bei dem jüdischen Modell des heqdesh / qodesh um eine Umwandlung von privatem in nicht‑privates Vermögen handelt. Im mus‑ limischen Kontext hingegen existierten neben dieser ‚öffentlichen‘ Form des waqf / ḥubs auch die private beziehungsweise se‑ mi‑private Formen der Familienstiftung (waqf ahlī ).34 Ob es sich bei den jüdischen awqāf um die Adaption des islamischen waqf ahlī‑Modells handelt oder ob sich hinter der Verwendung des arabischen Ter‑ minus waqf eine Adaption des jüdischen heqdesh verbarg, kann daher nur kontex‑ tuell beantwortet werden. Im christlichen Spanien finden sich deutliche Anzeichen dafür, dass unter dem Terminus heqdesh eine Form der jüdischen Fami lienstiftung nach dem Vorbild des waqf ahlī Verbreitung fand. Im osmanischen Kontext wurden awqāf von Juden fast ausschließlich nach islamischem Scharia‑Recht gegründet.35 Für Frankreich und Deutschland ist diese private Form der Stiftung unter Juden nicht nachgewiesen. Im christlichen Spanien – einer der wichtigsten Regionen hinsichtlich der jü‑ dischen Ansiedlung im Mittelalter – finden sich gleich drei Variationen des Begriffes heqdesh.36 Erstens wurde jede Spende eines Juden an eine religiöse Einrichtung, eine Synagoge, ein Lehrhaus oder an Bedürf‑ tige als Ersatzhandlung für die Abgabe an den Tempel (heqdesh) verstanden. Be‑ sonders deutlich ist hier auch eine Gleich‑ setzung des Begriffes heqdesh mit Almo‑ sen zu erkennen. Auf die Frage, ob die Armen grundsätzlich als Destinatäre der Kategorie setam heqdesh anzusehen sind, schreibt der Rabbiner der Gemeinde Sara‑ gossa, Isaak ben Abraham Ishbili (Ritva, 1250–1330): „[Die Kategorie] setam heqdesh
wird in unserer Zeit als Almosen (heqdesh) für die Armen beurteilt“.37 Zweitens kann heqdesh jedoch auch ei‑ nen gemeinnützigen Fonds bezeichnen. Bei dieser Variante befand sich das Vermögen in der Regel im Besitz der Gemeinde.38 Ver‑ waltet wurde es von einem gizbar ()גזבר oder gabbai ()גבאי, beides Bezeichnungen für einen offiziellen Gemeindevertreter.39 Salomon ben Abraham ibn Aderet (Rashba, 1235–1310), der in den Jahren 1265–1307 als Rabbiner der jüdischen Gemeinde Barce‑ lona diente, berichtete in seinen Responsa von einigen solcher Gaben. So schrieb er über einen gewissen Ruben – ein Pseudo‑ nym, das für die Fallbeschreibungen in der Responsaliteratur häufig zum Einsatz kommt –, der seinen Besitz an den Gemein‑ defonds (heqdesh) der Stadt Saragossa ver‑ machte.40 In einem Responsum seines Schü‑ lers, Moshe Ḥallewa (ca. 1290–1370), findet eine Person Erwähnung, die ihren Immobi‑ lienbesitz dem heqdesh der Gemeinde Tor‑ tosa überließ.41 Auffällig ist hier, dass die Stifter beziehungsweise Stifterinnen in der Regel gänzlich anonym blieben. So erfährt man zumeist mehr über das Stiftungsver‑ mögen oder den Stiftungszweck als über den Stifter beziehungsweise die Stifterin selbst. Eine Institutionalisierung des heqdesh ist im christlichen Spanien ab dem 14. Jahr‑ hundert zu erkennen. Es finden sich sogar vereinzelt Nachweise von der Einführung einer steuerlichen Abgabe an den heqdesh.42 Im Jahre 1345 wird in einem von dem christlichen Arzt Geraldus de Sancto Dio‑ niso aus Gerona verfassten Dokument eine elemosina (…) ebrayce vocata (…) ehrdez er‑ wähnt.43 In Saragossa ist bis zum Jahre 1391 die spanische Bezeichnung Almosna de la aljama für heqdesh nachweisbar. Nach 1391 fand die Angabe confraria de la Almosna de la aljama Verwendung.44 Diese Identifika‑ tion von heqdesh mit confraria, hebräisch ḥevrah ()חברה, deutet darauf hin, dass dem
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Gemeindefonds ein genossenschaftliches Modell zu Grunde lag. (→ 3.4.3) Als dritte Variante findet sich die Ver‑ wendung von heqdesh für private bezie‑ hungsweise semi‑private Stiftungen – ein Modell, das klare Parallelen zur oben er‑ wähnten islamischen Familienstiftung auf‑ weist (waqf ahlī).45 So berichtet Rashba in einem Responsum erneut von einem gewissen Ruben, der seinem Sohn hundert Silbermünzen vermachte, um damit Land als heqdesh für die Armen zu erwerben. Die Einnahmen dieses privaten heqdesh sollten jährlich sowohl an die Angehörigen als auch an die Armen ausgeschüttet werden.46 Die Verwaltung dieser privaten Stiftungen wurde also im Unterschied zum heqdesh als Gemeindefonds ausdrücklich an Privat‑ personen übertragen. Die testamentarische Anweisung einer gewissen Frau Vidale aus Huesca zeigt dies unmissverständlich: „There should not be any access to the above mentioned monies (…), no permission, no discussion, no advice, voice or action from the holy community of this city, neither from the collective nor from individuals, not the leaders, administrators, not from any person“.47 In der Praxis existierten jedoch auch in‑ teressante Mischformen dieser drei Model‑ le. Dies belegt zum Beispiel das Responsum des R. Ascher ben Jeḥiʾel (Rosh, 1250–1327)48: In seinem letzten Willen beauftragte ein gewisser Ruben seine Nachkommen damit, eines seiner Weingüter dem heqdesh der jü‑ dischen Gemeinde Esca lonas zu stiften. Je‑ doch machte er zur Bedingung, dass seine Frau die kompletten Erträge des Weingutes bis zu ihrem Ableben erhielte – was einer privaten Stiftung nach dem islamischen waqf ahlī‑Modell entspricht. Nach ihrem Tod sollten von einer festgelegten Summe der Erträge des Weingutes Bücher für seine Neffen erworben werden – was wiederum einer Schenkung gleichkommt. Erst dann
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sollte das Weingut endgültig in den Besitz des heqdesh der Gemeinde Escalonas über‑ gehen und wurde somit schließlich in ei‑ nen gemeinnützigen Fonds umgewandelt.49 Für das Jahr 1431 ist überliefert, dass der letzte Verwalter des heqdesh der jüdischen Gemeinde zu Gerona zum Christentum konvertierte. Auf Befehl Alfons’ V. von Aragón wurde dieser gabbai angewiesen, das verbleibende heqdesh‑Vermögen weiter zu verwalten und an die Armen – Juden wie auch Christen – zu verteilen.50 In Frankreich und Deutschland (Aschke‑ nas)51 lässt sich bis ins 13. Jahrhundert eine klare Ausbildung des Wortes heqdesh nicht erkennen.52 Im Vergleich zu der in Spanien und Nordafrika verbreiteten Verwendung von heqdesh für Schenkungen an die Syna‑ goge bezeichnet heqdesh in Frankreich und Deutschland in erster Linie Spenden an Arme und Bedürftige.53 Auch das Modell der privaten oder semi‑privaten Stiftung nach islamischem Vorbild ist für diese Regionen nicht nachgewiesen.54 Im aschkenasischen Raum wurde der Begriff heqdesh allerdings als Synonym für Armenhäuser, Spitäler und Herbergen für Reisende verwendet.55 Es ist anzunehmen, dass diese Konnotation auf die innerhalb der christlichen Mehrheits‑ gesellschaft weit verbreitete Assoziation von Stiftungen mit Spitälern zurückzuführen ist. Für diese Semantik liegen unterschied‑ liche Erklärungsversuche vor: In den einen wird das Spital mit der Synagoge assoziiert, andere erkennen eine Parallele zwischen der Bedeutung von heqdesh als ‚heilig‘ und der christlichen Auffassung des Hospitals als ‚Gotteshaus‘, ‚Hôtel Dieu‘ oder ‚Maison‑ Dieu‘.56 Jacob Marcus hingegen sieht die Verwendung des Terminus heqdesh für Ge‑ meindefonds nach spanischem Vorbild als Ursprung für den synonymen Gebrauch von heqdesh und ‚Hospital‘.57 Bereits im 13. Jahrhundert finden sich Nachweise für jüdische Spitäler in den
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Städten Regensburg (1210), Köln (ca. 1255) und Nürnberg (1280). Weitere folgen in Koblenz (1356), Wien (1379), München (1381), Trier (1422) und Ulm (1499). Der älteste uns bekannte schriftliche Nachweis, in dem sich eine Gleichsetzung von heqdesh mit ‚Spital‘ findet, stammt jedoch erst aus dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. In diesem auf Latein verfassten Dokument aus Frankreich aus dem Jahre 1414 ist von einer domus hospitalis pauperum judeorum qui ebrayce vocatur heddes die Rede, wobei es sich ein‑ deutig um eine phonetische Transkription des Begriffes heqdesh handelt.58 Eine weitere, noch außergewöhnlichere Sprachentwick‑ lung bietet die deutsche Überlieferung: In einem Rechenbuch aus dem Jahre 1463, das sich im Institut für Stadtgeschichte Frank‑ furt am Main befindet, stößt man auf die Erwähnung von heckhus. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine phonetische Tran‑ skription, sondern ganz offensichtlich um die eingedeutschte Form des jiddischen hekedisch, welches wiederum auf das hebrä‑ ische heqdesh zurückzuführen ist.59 Über die Errichtung, Finanzierung und Administration dieser jüdischen heqdesh‑ Spitäler ist heute sehr wenig bekannt.60 Folglich ist es schwierig, klare Aussagen über die komplexen Beziehungen zu ma‑ chen, die zweifelsohne zwischen dem heqdesh und weiteren caritativen Institutio‑ nen bestanden. Aufgrund der Assoziation von heqdesh mit caritativen Aspekten in Frankreich und Deutschland ist es daher sinnvoll, für ein besseres Verständnis der jüdischen Vorstellungen von ‚Stiftung‘ im mittelalterlichen Aschkenas weitere Ter‑ mini zu berücksichtigen. Die heqdesh‑Spitäler wurden allem Anschein nach oft von Wohlfahrtsgesell‑ schaften (ḥevrot) oder durch Spenden‑ kästen finanziell unterstützt.61 Für den Unterhalt der heqdeshot wurden wohl auch die wöchent lichen Spendensammlungen
(quppah) herangezogen.62 Diverse Bezeich‑ nungen von Angestellten dieser Einrich‑ tungen lassen jedoch noch andere Modelle denkbar erscheinen. So sind zumindest für die Frühe Neuzeit das Tätigkeitsfeld des gabbai biqur ḥolim oder der gabbai ṣedaqa belegt – beides Bezeichnungen, die sowohl auf eine administrative Funktion inner‑ halb der Gemeinde (gabbai) als auch auf Praktiken der Wohltätigkeit (biqur ḥolim [Krankenpflege bzw. ‑besuche] und ṣedaqa [Wohltätigkeit]) schließen lassen.63 Diese enge Beziehung spiegelt sich am deutlich‑ sten im jiddischen Sprachgebrauch wider, in dem die Wörter heqdesh und ṣedaqa im Grunde als Synonyme auftauchen.64 Im Jiddischen wird vorwiegend das he‑ bräische heqdesh beziehungsweise das jid‑ dische Lehnwort hekdëisch verwendet. Ne‑ ben seiner schon oben genannten Bezeich‑ nung für Armenhäuser oder Spitäler wurde der Begriff auch als Synonym für einen stark verschmutzten Ort eingesetzt.65 In dieser Bedeutung erscheinen auch die Wör‑ ter ben heqdesh ( )בן הקדשbeziehungsweise heqdeshniq ( )הקדש’ניקfür eine ungepflegte Person.66 Im 18. Jahrhundert wurde der Ausdruck heqdeshleute hingegen für Ange‑ stellte eines Armenhauses gebraucht.67 Im späteren Sprachgebrauch ist der Terminus des olmos-fond ( )עולמות‑פֿאָנדfür ‚Stiftungs‑ fonds‘ belegt, wobei fond wahrscheinlich ein Anglizismus ist. Gleiches gilt für das Nomen fondatsie ()פֿונד אַציע, das entweder auf das Polnische ‚fundacja‘ oder das Eng‑ lische ‚foundation‘ zurückzuführen ist.68 1.4.4 Forschungsbegriffe und moderner Sprachgebrauch In wissenschaftlichen Untersuchungen des jüdischen Stiftungswesens werden die Ter‑ mini heqdesh und qodesh meist gar nicht übersetzt, sondern lediglich transkribiert.
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Diese Vorgehensweise liegt aufgrund der oben dargestellten Ambivalenz des Begriffes sowie des unterschiedlichen Sprachgebrau‑ ches einerseits nahe; andererseits lässt sich dieses Verfahren auch auf die vielen Un‑ klarheiten und offenen Fragen hinsichtlich des kaum erforschten Stiftungswesens der Juden im Mittelalter zurückführen. (→ 2.4) In den Studien zur Kairoer Geniza wird der Terminus qodesh bevorzugt, da des‑ sen Verwendung bei den mittelalterlichen jüdischen Gemeinden in Nordafrika laut Goitein gängiger war und auch heute noch von jemenitischen Juden präferiert wird.69 Der Terminus heqdesh scheint sich aller‑ dings heute in den Wissenschaftssprachen durchgesetzt zu haben. In der englischsprachigen Sekundär‑ literatur zum jüdischen Stiftungswesen werden die Begriffe qodesh / heqdesh oftmals mit ‚Jewish pious foundation‘70 oder ‚char‑ itable trust‘ übersetzt.71 Auffällig ist, dass in beiden Fällen der caritative Aspekt be‑ tont wird. Die Übersetzungen stellen wohl den Versuch dar, einen mittelalterlichen Stiftungsbegriff durch Hinzufügung der At‑ tribute ‚fromm‘ beziehungsweise ‚wohltä‑ tig‘ von seiner biblischen und rabbinischen Konnotation zu unterscheiden. Dies ist gerechtfertigt, da heqdesh erst in den mit‑ telalterlichen Diskussionen der Responsa‑ literatur zunehmend mit dem jüdischen Wohltätigkeitsgedanken (ṣedaqah, )צדקה assoziiert wurde.72 Besonders zutreffend mag diese Charakterisierung vor allem für das christliche Spanien, Frankreich und Deutschland sein. Für Nordafrika ist die Einschätzung allerdings problematisch. Denn wie die detaillierte Auswertung der in der Geniza entdeckten Dokumente ergab, wurden nur etwa zehn Prozent der nachge‑ wiesenen heqdesh‑Vermögen direkt für so‑ genannte wohltätige Zwecke verwendet.73 Aufgrund der wenigen Studien, die zum jüdischen Stiftungswesen vorliegen, ist die
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Verwendung einer besonderen juristischen Terminologie des Stiftungsrechts in den Wissenschaftssprachen nicht festzustellen. Hinsichtlich der modernhebräischen juris‑ tischen Terminologie im heutigen Israel lässt sich vielmehr eine gegensätzliche Tendenz aufweisen: Die aus dem osmani‑ schen oder englischen Recht übernomme‑ nen Gesetze und Rechtskategorien werden oftmals sowohl mit biblischen und rab‑ binischen als auch mit mittelalterlichen Termini benannt. So existiert im heutigen Recht des Staates Israel die rechtliche Ka‑ tegorie des ‚öffentlichen heqdesh‘ (הקדש – )ציבוריeine Sondervariante eines Treu‑ handfonds.74 Definiert wird der heqdesh ziburi als ein treuhänderisch verwaltetes Vermögen (Grundbesitz oder Geld), dessen Erträge für festgesetzte öffentliche Zwe‑ cke mit humanitärem Charakter bestimmt sind.75 Diese im Rahmen des Treuhänder‑ Gesetzes (ḥoq ha-neʾemanut, )חוק הנאמנות von 1979 eingeführte juristische Kategorie orientiert sich in erster Linie am engli‑ schen Recht.76 Auf die Gesetzeslage der britischen Mandatszeit gehen auch die heu‑ te existierenden zwei Arten von heqdesh zurück, die entweder der Gerichtsbarkeit der religiösen, rabbinischen, oder der zi‑ vilen Gerichte unterstehen.77 Im heutigen israelischen Sprachge‑ brauch finden die Vokabeln heqdesh / qodesh fast gar keine Verwendung. Als modern‑ hebräisches Pendant für die operative ‚Stiftung‘ hat sich vielmehr der Terminus qeren ( )קרןdurchsetzen können. Dieser Begriff, der ursprünglich einen ‚Geld‑ betrag‘ oder ein ‚Grundkapital‘ bezeichnet, taucht schon früh im übertragenen Sinn als Bezeichnung für einen abstrakten Wert auf.78 So wird in der Mischna Wohltätig‑ keit ( gemilut ḥasadim, )גמילות חסדיםals ein Akt beschrieben, „von dessen Früchten der Mensch in dieser Welt kostet, deren Wert (qeren) für ihn jedoch in der kommenden
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Welt Bestand haben wird“.79 Interessan‑ terweise wird im juristischen Sprach‑ gebrauch der Terminus ‚Früchte‘ (peirot, )פרותfür ‚Erträge‘ beziehungsweise ‚Pro‑ fit‘ verwendet. Die Assoziation von qeren mit Dauerhaftigkeit ist wohl auch darauf zurückzuführen. So bezeichnet das Wort heute vornehmlich eine ‚fest angelegte Geldsumme‘ oder ‚ein sich erhaltendes Vermögen‘, dessen Erträge der Allgemein‑ heit dienen sollen.80 Als prominente Bei‑ spiele einer solchen Verwendung lassen sich der ‚Jüdische Nationalfonds‘ (qeren qayyemet le-yisraʿel, )קרן קיימת לישראלoder
der ‚Palästina‑Grundfonds‘ (qeren ha-yesod, )קרן היסודanführen. Aufgrund seiner zentralen Bedeutung im Zusammenhang mit Sachzeugnissen ‚jüdischer‘ Stiftungen muss nicht zuletzt der Terminus nedivut ( )נדיבותan dieser Stelle ge‑ nannt werden. So trägt der wohl prominen‑ teste jüdische Stifter der Moderne, Edmond Benjamin James de Rothschild (1845–1934), den Beinamen ha-nadiv ha-yaduʿa (הנדיב הידוע, ‚der bekannte Stifter / Gönner / Wohl‑ täter‘). Dieses Attribut ist daher auch na‑ mengebend für einige der von der Familie Rothschild begründeten Stiftungen.81 PK
Anmerkungen 1 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelaltes in
rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 7 f.; Ders., Planen für die Ewigkeit (2012), 37 f. 2 Hier wäre jedoch zu untersuchen, inwiefern die Konversion des chasarischen Herrscherhauses zu Beginn des 9. Jahrhunderts Auswirkungen auf die Ausbildung eines jüdischen Stiftungswesens hatte. 3 Einzig die karäischen Gemeinden lehnten den autoritativen Charakter der rabbinischen Literatur ab. 4 Timm, Early History of the Jiddish Language (2004), 353 f. 5 Der Begriff ‚rabbinische Literatur‘ bezeich‑ net hier die Schriften der talmudischen Ära (die Mischna, den palästinischen oder Jerusale‑ mer Talmud sowie den babylonischen Talmud). Das Attribut ‚rabbinisch‘ wird jedoch auch als Oberbegriff für die jüdische Rechtsliteratur im Allgemeinen verwendet, zum Beispiel für die mittelalterlichen Gesetzeskodizes oder die Re‑ sponsaliteratur. 6 So zum Beispiel ‚Heiligkeit‘ (qedushah, )קדושה, ‚heilig‘ oder als Nomen ‚[der] Heilige‘ ([ha‑]qadosh, )]ה[קדוש, ‚das Allerheiligste‘ (qodesh-ha-qodashim, )קֹדש הקודשיםoder ‚der Tempel‘ (beit ha-miqdash, )בית המקדש. 7 Clines, Dictionary of Classical Hebrew, Bd. 7 (2010), 190 f.; 196 f.
8 Clines, Dictionary of Classical Hebrew, Bd. 7
(2010), 192. Die Frau wird während ihrer Mens‑ truation als ‚tabu‘ im Sinne von ‚unberührbar‘ bezeichnet (qedushah, )קדושה. 9 In seinem Kommentar zu Lev 19.2 interpre‑ tiert Nachmanides das Adjektiv qedushim ()קדושים als perushim ()פרושים, ‚abgesondert‘ (siehe Torat Ḥayyim, Va‑Yiqrʿa, Bd. 5. Jerusalem 1990, 174). 10 Lev 23.20: קודש יהיו ליהוה. In Lev 27.21 wird das Feld im Sabbatjahr als qodesh bezeichnet, die Er‑ träge des Feldes gelten als Eigentum der Priester. 11 Lev 27.9: יהיה ̇קדש,כל אשר ניתן ממנו ליהוה. 12 II Reg 12.5. 13 Siehe Webber, Principles of Jewish Law (1928), 85. 14 Objekte, die den rituellen Standards des Tem‑ pels nicht entsprechen, fallen in eine dritte Kate‑ gorie und können daher veräußert werden. Detail‑ lierte Ausführungen über den Rechtsstatus von heqdesh finden sich in der Mischna (m Qod 8.1–2). Für eine englische Übersetzung siehe Mishnayot (Kodashim). Ed. Philip Blackman, Bd. 5. London 1954, 428–461. Vgl. auch Ehrman, Meʿilah (2007), 775. 15 Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 775; Sperber, Heqdesh (2011). 16 Die Wendung wird schon in II Reg 12.6 f. und 22.5 erwähnt, findet aber erst in der rabbinischen Literatur Verwendung als Terminus technicus für ‚Instandhaltungsfonds‘.
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17 Vgl. Yizḥaq Lamparoni, Paḥad Yitzhaq, Bd. 5.
Livorno 1839, 194. 18 Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 777. 19 Kochen, It was not for naught (2008), 131. 20 Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 776. Zu dem komplexen Phänomen der unterschiedlichen Bedeutungsebenen von heqdesh im Mittelalter und deren Auswirkungen auch auf das juridi‑ sche System liegt noch keine Untersuchung vor. 21 Siehe zum Beispiel Menaḥem ha‑Meʾiri, Beit ha‑Beḥirah. Ed. Avraham Sofer. Jerusalem 1971, zu bT Kid, fol. 28b. 22 Erst in frühneuzeitlichen Dokumenten, vor allem aus dem Osmanischen Reich, wird ‚die Stif‑ terin‘ (maqdisha, )מקדישהbeziehungsweise ‚der Stifter‘ (maqdish, )מקדישhäufiger erwähnt; siehe z. B. Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983), 130. In 11 der von Gerber analysierten 26 osmani‑ schen Dokumente aus der Frühen Neuzeit werden Frauen als Stifterinnen erwähnt. Auch in den Dokumenten der Kairoer Geniza und der Respon‑ saliteratur finden sich einige prominente Fälle von Frauen als Stifterinnen (siehe z. B. Lamparoni, Paḥad Yitzhaq [wie Anm. 17], Bd. 2, 1753, 73). 23 Für Kairo siehe Ben-Sasson, Medieval Peri‑ od (1994), 222. Für Aschkenas siehe Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), 107 f. 24 Im Vergleich zu anderen genizot (גניזות, Sg. geniza, – גניזהLagerräume für ausgemusterte hei‑ lige Schriften) ist die Kairoer von so zentraler Bedeutung, da in ihr eine Fülle an Texten, die Auskunft über die materielle Kultur der jüdischen Gemeinden in Ägypten geben, gelagert wurde. 25 Gil, Documents (1976), 3 f. 26 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 99 f. 27 M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 202. 28 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 100. 29 Gil, Documents (1976), 211 f., Nr. 31, hier 211: הדה אלעצאב )!( כאן עליה קודש עשרה דנאניר לעניי ירושלים. 30 Ebd., 119–127, Nr. 1, hier 120 f.: שמונה חלקים מחצר זו מתוך עשרים וארבעה חלקים להקדש לשתי הכנסיות שבפסטאט נתתי. 31 Ebd., 214–217, Nr. 33, hier 215: אוקפת, wörtl. „Ich machte es zu einem waqf “. 32 Ebd., 214–217, Nr. 33, hier 215: מעכ]שו[ הקדש// הו ]לל[כניסה אלכבירה//.
55 33 Vgl. Wansbrough, Review Moshe Gil (1977), 613. 34 Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983),
107. Siehe auch M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 201, und Gil, Documents (1976), 36. 35 Vgl. Tannenboim / Kaplan, Meqarqeʿei heq‑ desh (2003), 2 f. 36 Vgl. im Folgenden Galinsky, Jewish Chari‑ table Bequests (2005), 425 f. 37 Sheʾelot u‑Teshuvot Rabeinu Yom Tov ben Avraham Asevilli (ha‑Ritvʺa). Ed. Joseph D. Qāfiḥ. Jerusalem 1978, Nr. 167: גם מה שאמרת שסתם הקדש כן הוא התפוס בידי וכן,בזמן הזה דנין אותו כהקדש לעניים ; אנו דנין בכל יום מדעתי ודעת רבותיÜbersetzung d. Verf. Vgl. Assis, ʿEzrah hadadit (1992), 259 f. 38 Ebd., 260. 39 Fink, Corporate Status of Hekdesh (1985), 18. 40 Sheʾelot u‑Teshuvot ha‑Rashba. Ed. Aharon Zalaznik, Bd. 4. Jerusalem 22005, 139, Siman 239, und Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 424; 426. 41 Shuʺt Maharaʺm Ḥallewa le‑Rabeinu Moshe Ḥallewa zllʺ h. Ed. Moshe Hershler / Ḥ. ben Zion Hershler. Jerusalem 1987, 61–64, Siman 66.; vgl. Ben-Yehuda, Milon ha‑Lashon ha‑ʿIvrit, Bd. 3 (1912, ND 1980), 1171: „ועוד הוא מקדיש בתים שיש לו בטורטושא “להקדש קהל טורטושא. 42 Shuʺt ha‑Rosh. Ed. Yehuda Leib ben Eliezer Lipmann Metz. Wilna 1885, Kelal 12, Siman 3. 43 Girbal, Beneficencia Judáica en Gerona (1894), 2. Vgl. auch Assis, ʿEzrah hadadit (1992), 262. 44 Ebd., Anm. 27. 45 Laut Galinsky handelt es sich bei 50 Prozent der uns bekannten Quellen aus dem christlichen Spanien um private oder semi‑private heqdeshim (Galinsky, Jewish Charitable Bequests [2005], 427, sowie die Tabellen auf 429 f.). 46 Sheʾelot u‑Teshuvot ha‑Rashba. Ed. Zalaznik. (wie Anm. 40), Bd. 3, 190, Siman 293, und Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 427. 47 Sheʾelot u‑Teshuvot ha‑Ritvʺa, Ed. Qāfiḥ (wie Anm. 37), Nr. 206; vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 438. 48 Shuʺt ha‑Rosh. Ed. Metz (wie Anm. 42), Kelal 3, Siman 13; vgl. Ben-Yehuda, Milon ha‑Las‑ hon ha‑ʿIvrit, Bd. 3 (1912, ND 1980), 1171: „ראובן צוה , והקדיש בצואתו כרם אחד להקדש אשקלונה,מחמת מיתה ואחרי מותה.על תנאי שתקח אשתו פירות הכרם כל ימיה יקחו מפירותיו מאתים זהובים ויקנו בהם ספרים וילמדו בהם ואחרי זה יהיה הכרם להקדש אשקלונה.“בני שמעון אחיו.
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
49 Übertragungen von Gütern beziehungsweise
Schenkungen an die Gemeinden im Heiligen Land finden sich häufig. In den Dokumenten der Kairo‑ er Geniza ist zum Beispiel mehrmals von einem Grundstück in Fustat die Rede, dessen gesamte Erträge an die Gemeinde von Jerusalem gestiftet wurden (siehe Gil, Documents [1976], 116; M. Cohen, Poverty and Charity [2005], 81; 203). Siehe auch Kaplony, Manifestations of Private Piety (2004), 43 f. Aus der Kairoer Geniza sind auch Dokumen‑ te überliefert, die von flexiblen beziehungsweise konditional festgelegten Verwendungszwecken der Stiftungsvermögen berichten (so zum Bei‑ spiel das Testament der Maklerin Al‑Wuḥsah, TS Arabic Box 4.5, in Goitein, Mediterranean Society, Bd. 3 [1978, ND 1999], 348–350; Frenkel, Charity in Jewish Society [2009], 363). 50 Beinart, Gerona (2007), 547. 51 Zur geografischen Eingrenzung von Asch‑ kenas siehe Heil, Ashkenazic Piyyut (2008), 338. 52 Marcus’ Zweifel an Carl Brischs These von der Existenz eines jüdischen Hospitals in Köln im 11. Jahrhundert sind völlig berechtigt. Die Infor‑ mationen des Deutzer Memorbuch lassen Brischs Rückschlüsse nicht zu (siehe Brisch, Geschichte der Juden [1879], 19 f., und J. Marcus, Communal Sick‑Care [1947], 165). 53 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 425, Anm. 5. 54 Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005), 201. 55 Beeri, Amenities, Communal (2007), 40. 56 J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947), 161. 57 Ebd. 58 Vidal, Juifs des anciens comtés (1888), 173, Anm. 1; J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947), 275. 59 Siehe Rechenbuch II im Institut für Stadtge‑ schichte (Karmeliterkloster) Frankfurt am Main, Untergewölb E, Nr. 44, fol. 26. Siehe auch Kracauer, Geschichte der Judengasse (1906), 309. Marcus’ Annahme, dass der Begriff heqdesh in einem Brief der jüdischen Gemeinde in München an die Ge‑ meinde in Straßburg aus dem Jahre 1381 in der Bedeutung von ‚Hospital‘ erwähnt wird, ist prob‑ lematisch. In der Quelle ist lediglich von dem Bau einer Synagoge und dem käuflichen Erwerb eines heqdesh die Rede ()לבנות בניין בית הכנסת ולקנות הקדש, ohne letzteren näher zu definieren (abgedruckt in Breßlau, Straßburger Judenacten [1892], 116; 118).
60 Vgl. J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947), 173. 61 Meier / Tabak, Hospitals (2007), 562; J. Marcus,
Communal Sick‑Care (1947), 174. Eine ausführli‑ che Diskussion über die Wörter pundaq, funduq, xenodocheion und ‚Hospiz‘ findet sich in M. Cohen, Foreign Jewish Poor (2003), 63–65. 62 Vgl. J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947), 192. 63 Vgl. ebd., 186. 64 Vgl. Weinberg, Z(e)doko (1994), 295 f. Zum Verhältnis von heqdesh und ṣedaqah siehe Kochen, It was not for naught (2008), 135, Anm. 11. Eine Dis‑ kussion zu ṣedaqah und seinen aramäischen und arabischen Äquivalenten findet sich bei M. Cohen, Foreign Jewish Poor (2003), 64. 65 Niborski / Neuberg, Werterbuch (1999), 74. 66 Beresniak, Milon Idi‑ʿIvri Malʾe (1939), 263; Weinreich, Modern English‑Yiddish (1990), 632 f. 67 J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947), 186. 68 Weinreich, Modern English‑Yiddish (1990), 104; 128; 512. 69 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 542, Anm. 24. Auch Gil bevorzugt den Terminus qodesh in seinen Studien, obwohl der Terminus heqdesh in den von ihm veröffentlich‑ ten Dokumenten statistisch häufiger auftaucht. 70 Gil, Documents (1976); Kochen, It was not for naught (2008). 71 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 435; Beinart, Gerona (2007), 547. 72 Kochen, It was not for naught (2008), 132 f. 73 M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 201 f. 74 Tannenboim / Kaplan, Heqdeshot be‑Yisraʾel (1997), 69. 75 Ebd., 67; 69. Der Zusatz ‚öffentlich‘ (ziburi) bezieht sich also auf die Destinatäre, die keine Privatpersonen sein dürfen, sondern eine Gesell‑ schaftsgruppe bilden müssen (wie z. B. Studenten, Krankenhäuser, verwundete Soldaten, Studen‑ ten religiöser Lehranstalten usw.). Der genaue Wortlaut des ḥoq ha-neʾemanut findet sich online: Nemo Verlag, http://www.nevo.co.il/law_html/ law01/302_001.htm. (Zugriff: 12.11.2012). 76 Tannenboim / Kaplan, Heqdeshot be‑Yisraʾel (1997), 79. 77 Jüdische Stiftungen im Osmanischen Reich konnten ausschließlich als awqāf nach islami‑ schem Scharia‑Recht errichtet werden. Ab 1922 beziehungsweise 1924 wurde in Palästina unter britischer Mandatsherrschaft eine Neu regelung
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Griechisch-orthodoxe Christen
nach englischem Recht eingeführt, die sowohl 79 m Peʾah 1.1. eine zivilrechtliche als auch eine religiöse Rechts‑ 80 In dieser Verwendung findet sich der Be‑ grundlage zur Gründung von Stiftungen zuließ griff zum Beispiel in Samson ben Yoshua Morpur(Tannenboim / Kaplan, Heqdeshot be‑Yisraʾel [1997], go, Shemesh Ṣedaqa, Bd. 1. Venedig 1743, fol. 62a. 76). Erst im Jahre 1979 trat mit dem ḥoq ha- 81 So zum Beispiel yad ha-nadiv (יד הנדיב, wört‑ neʾemanut das heute verbindliche israelische Ge‑ lich ‚die Hand des Gönners‘; vgl. Yad‑Hanadiv‑ setz des heqdesh ziburi in Kraft (Dies., Meqarqeʿei Stiftung, http://www.yadhanadiv.org.il/ [Zugriff: heqdesh [2003], 16). Laut Tannenboim und Kaplan 22.12.2012]), oder der Beiname ‚Hanadiv‘ der ist die heutige Gesetzeslage jedoch unbefriedi‑ Rothschild‑Stiftung in Europa (vgl. Homepage gend und lückenhaft und bedarf dringend einer der Rothschild‑Stiftung: http://www.rothschild‑ Nachbesserung (ebd., 18). foundation.eu/ [Zugriff: 12.11.2012]). 78 Vgl. im Folgenden Ben-Yehuda, Complete Dic‑ tionary, Bd. 12 (1951, ND 1980), 6198 f. (Hebräisch); Shushan, Ha‑Milon ha‑Ḥadash (1969), 2412.
1.5 Griechisch-orthodoxe Christen 1.5.1 Allgemeines Weder seitens der griechisch‑orthodoxen Christen des Mittelalters noch seitens der modernen Wissenschaft ist bisher eine um‑ fassende Definition des Stiftungsbegriffs entwickelt worden. Dies ist hauptsächlich das Resultat zweier Tatsachen: (1.) Stiftun‑ gen sind aus der gesellschaftlichen Praxis entstanden. Deswegen stellt der Versuch einer Formulierung des Rechtsbegriffs ‚Stif‑ tung‘ das Resultat der bereits entstande‑ nen griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur dar. (2.) Im Mittelalter erfuhren der Stifter sowie seine Privilegien und Pflichten stär‑ kere Betonung als die Stiftung als solche. Ebenso verhält es sich in der bisherigen Stiftungsforschung. Die Ungenauigkeit des Stiftungsbegriffs und die sich ständig wandelnde Praxis des Stiftens im byzantinischen Raum spiegeln sich in der Vielfalt des Sprachgebrauchs wider. Trotzdem ist es möglich, allgemeine Tendenzen der Quellensprachen zu erken‑ nen. Die Zeugnisse für das Stiftungswesen
in Byzanz bestehen hauptsächlich aus Stif‑ tungsurkunden, vor allem den sogenann‑ ten ktētorika typika (κτητορικὰ τυπικά) oder ‚Stiftervorschriften‘. Daneben existieren Dokumente aus Klosterarchiven, deren Reichweite chronologisch und geogra‑ phisch allerdings sehr begrenzt ist. Aber auch andere Genres geben Auskunft über Stiftungen. (→ 4.5) Die ktētorika typika sind von ‚liturgischen‘ typika zu unterscheiden. Rechtstexte, insbesondere die justiniani‑ sche Gesetzgebung (‚Codex Iustinianus‘, ‚Digesta‘ und ‚Institutiones‘ aus den Jahren 529–534 u. Z.; ‚Novellae‘ entstanden nach 534) und ihre späteren Redaktionen, wie die ‚Basilika‘, bieten ein normatives Bild des Stiftungswesens, das mit Vorsicht be‑ trachtet werden muss und oft nicht der Stiftungspraxis entspricht.1 Das kanoni‑ sche Recht beruht bezüglich Stiftungen hauptsächlich auf der justinianischen Gesetzgebung. Byzantinische Inschriften, besonders Stiftungsinschriften, sind auch
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
aus dem Mittelalter überliefert, obwohl ihre Anzahl im Vergleich zur Antike ge‑ ringer ist.2 Leider sind diese Inschriften, wie auch andere Überreste byzantinischer Stiftungen, oft kontextlos überliefert. Zum Beispiel finden die berühmten Höhlenklös‑ ter Kappadokiens fast keine Erwähnung in der urkundlichen Überlieferung.3 (→ 6.5.2) Die Sprache der byzantinischen Quellen ist hauptsächlich byzantinisches oder mit‑ telalterliches Griechisch. Latein als Sprache der Verwaltung und Gesetzgebung war zu Beginn des mittelalterlichen Jahrtausends, also im 6. Jahrhundert, noch weit verbreitet, spielte aber danach außerhalb Unteritaliens nur eine untergeordnete Rolle. Das byzan‑ tinische Stiftungswesen war dennoch nicht ausschließlich ein griechisches Phänomen, sondern im Gegenteil: Byzantinische Stif‑ tungen, vor allem Stiftungen von Klöstern, erscheinen in den Quellen als multikulturell und mehrsprachig. Dies gilt besonders für die Zentren des byzantinischen Mönchtums außerhalb Konstantinopels. Hierzu zählen unter anderem der Berg Athos, Nordsyrien oder Palästina, wo neben griechischen auch armenisch‑, georgisch‑, und slawischspra‑ chige Mönche sowie (im Fall Palästinas und Nordsyriens) auch arabisch‑ und syrisch‑ sprachige Klosterinsassen belegt sind. Um nur ein Beispiel anzuführen, sei erwähnt, dass das 1083 geschriebene typikon des by‑ zantinischen Feldherrn Gregor Pakourianos ursprünglich auf Armenisch, Georgisch und Griechisch verfasst wurde.4 Angesichts der Vielfalt von Sprachen und Kulturen, die in einem gewissen Sinn alle als ‚byzantinisch‘ erachtet werden können, hilft bei der Untersuchung des Stiftungswesens in Byzanz auch ein Blick auf die Quellen aus orientalisch‑christli‑ cher Überlieferung. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte der Entstehung und Ent‑ wicklung der byzantinischen Stiftungskul‑ tur in sprachlicher und terminologischer
Hinsicht vor allem griechisch geprägt. Außerdem neigte die Mehrheit von Klös‑ tern, die sich unter byzantinischer Herr‑ schaft befanden, im Laufe der Zeit zur Hellenisierung.5 An dieser Stelle ist es außerdem angesichts der Forschungslage nötig, sich im Wesentlichen auf die Aus‑ wertung griechischer Quellen zu beschrän‑ ken. Es ist zu hoffen, dass eine solcherart eingeschränkte Untersuchung des Sprach‑ gebrauches und der Begrifflichkeit des mittelalterlichen griechisch‑orthodoxen Stiftungswesens entsprechende Analysen von anderen orientalisch‑christlichen Stif‑ tungskulturen fördern kann. 1.5.2 Vorgeschichte Wie im mittelalterlichen Abendland liegt der Ursprung der byzantinischen Stif‑ tungsterminologie teilweise in der vor‑ christlichen Antike, stärker jedoch in der christlichen Spätantike. Die Eigenschaf‑ ten dieser antiken Stiftungen sind haupt‑ sächlich durch Inschriften zu erschließen; unter den Papyri, die als Quellen für das Stiftungswesen der byzantinischen Zeit von großem Wert sind, sind dagegen nur zwei Dokumente über Stiftungen aus der vorchristlichen Zeit überliefert.6 Die Terminologie für die Begriffe ‚Stif‑ tung‘, ‚Stifter‘, ‚stiften‘ war in der grie‑ chischen und römischen Antike weniger einheitlich als der spätere christliche Wortschatz. Ein verbreiteter Terminus technicus für Stifter, wie das byzantini‑ sche ktētōr, fehlte noch ganz. Dagegen sind Begriffe für ‚stiften‘ leichter zu erkennen. Der Wille des Stifters, eine Stiftung zu gründen, wurde in einem Stiftungsver‑ sprechen durch das Substantiv epangelia (ἐπαγγελία), ‚Ankündigung‘, sowie die Ver‑ ben epangellomai (ἐπαγγέλλομαι), ‚ankün‑ digen‘, und hypischneomai (ὑπισχνέομαι),
Griechisch-orthodoxe Christen
‚versprechen‘, zum Ausdruck gebracht.7 Für den Stiftungsakt selbst entspricht die Terminologie für ‚stiften‘ dem allgemei‑ nen Sprachgebrauch der Verben für ‚geben‘, ‚schenken‘ und ‚weihen‘; ein eigenes Verb für ‚stiften‘ hat es auf Altgriechisch nie gegeben.8 Die am häufigsten auftauchen‑ den griechischen Verben sind anatithēmi (ἀνατίθημι), ‚errichten‘, didōmi (δίδωμι), ‚geben‘, und epididōmi (ἐπιδίδωμι), ‚hinzu‑ geben‘; alle drei Verben beziehen sich auf sakrale Gaben. Wie im späteren byzanti‑ nischen Sprachgebrauch existierte kein allgemeiner Terminus für ‚Stiftung‘. Für das Stiftungsvermögen wurden die ent‑ sprechenden Formen der Verben für ‚stiften‘ verwendet (zum Beispiel τὸ ἀργύριον τὸ ἐπιδοθέν, ‚das gestiftete Geld‘), gelegent‑ lich in Verbindung mit Adjektiven, die den Stiftungszweck oder die Empfänger bezeichnen.9 Die vorchristliche Entwicklung ist auch für den späteren byzantinischen Sprach‑ gebrauch in gewisser Weise prägend; be‑ sonders gilt dies für das Fehlen eines Ter‑ minus für ‚Stifter‘ und ‚Stiftung‘ und die – wenn auch nicht unveränderte – Fort‑ setzung des antiken Sprachgebrauchs für ‚stiften‘ in der byzantinischen Epoche. In Bezug auf die Begrifflichkeit unterschie‑ den sich Stiftungen des Altertums von ih‑ ren christlichen Nachfolgern darin, dass diese selbständige Einrichtungen waren und von christlicher Mildtätigkeit (caritas / philanthrōpia [φιλανθρωπία]) geprägt waren.10 Selbst der berühmte Kaiser Julian (361–363 u. Z.), der sich vom Christentum abgewandt und für kurze Zeit die pagane als Staatsreligion wiedereingeführt hat‑ te, gestand ein, dass die Christen durch ihre mildtätigen Einrichtungen den Ar‑ men viel geholfen hatten. In einem Brief an einen (heidnischen) Priester benannte Julian die christliche Mildtätigkeit als ei‑ nen der Hauptgründe für die erfolgreiche
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Verbreitung des Christentums: „Nachdem es dazu gekommen war, dass die Armen von den [heidnischen] Priestern überse‑ hen und vernachlässigt worden waren, widmeten sich die unfrommen Galiläer, die dies erkannt hatten, der Mildtätigkeit [philanthrōpia] (…) und erstarkten durch den guten Ruf ihrer Aktivitäten.“11 Deswe‑ gen versuchte Julian sogar, Mildtätigkeit in der überkommenen griechisch‑römischen Kultur zu verankern und entsprechend den christlichen Institutionen heidnische mild‑ tätige Einrichtungen zu stiften.12 In einem weiteren Brief, der an Arsakios, den Hohe‑ priester Galatiens, adressiert war, schrieb er: „Es ist erbärmlich, dass kein Jude bettelt, die unfrommen Galiläer aber ihre eigenen [Armen] sowie die unseren ernähren“.13 Schon Homer beispielsweise hätte schließ‑ lich zur Mildtätigkeit aufgerufen. Obwohl der Begriff für ‚Stiftung‘ in By‑ zanz aus der sozialen Praxis entstand und sehr früh mit dem Christentum verbun‑ den war, kam Literatur, die von Stiftun‑ gen handelte und diese begrifflich fasste, im griechisch‑orthodoxen Kontext erst zu der Zeit auf, in der Kaiser Julian diese Zeilen schrieb. Besonders einflussreich waren die sogenannten ‚kappadokischen Väter‘ (oder einfach ‚Kappadokier‘): Basi‑ leios von Kaisareia (um 329–379 u. Z.), sein Bruder Gregor von Nyssa (um 335/340 bis nach 394 u. Z.) und Gregor Nazianzenos (329/330–390). Erst Basileios von Kaisareia und dann Gregor Nazianzenos verbreite‑ ten die Idee des ‚Seelteils‘, das später als psychikon (ψυχικόν)14 bezeichnet wurde, derzufolge (wohlhabende) Christen einen Teil ihres Vermögens für das Seelenheil geben sollten.15 Wörtlich heißt es bei Ba‑ sileios: „[Gib] nicht alles für den Genuss, sondern auch etwas für die Seele.“16 Für die Weiterentwicklung des Begriffs des Seelteils war hauptsächlich Johannes Chrysostomos, Bischof von Konstantinopel
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
(398–404 u. Z.), verantwortlich.17 Unter den von ihm propagierten Neuerungen im Be‑ reich der griechisch‑orthodoxen Stiftungs‑ kultur sind hier besonders die Erweiterung des Seelteilkonzeptes von der Armensorge auch auf die Gründung von Kirchen und die Vorstellung von Christus als Empfän‑ ger der Spenden für das Seelenheil zu er‑ wähnen. Die Wandlung von heidnischer zu christlicher Stiftungsaktivität findet sich ebenfalls in einer der Homilien des Johan‑ nes Chrysostomos exemplarisch verdeut‑ licht.18 Dort klagte er darüber, dass viele Reiche typisch heidnische Stiftungen wie Märkte und Bäder anstelle von Kirchen gründeten. Diejenigen, so Chrysostomos, die Kirchen auf dem Land gründeten – er verwendet das Verb oikodomeō (οἰκοδομέω, ‚bauen‘) –, würden geistlichen Lohn, näm‑ lich die Erwähnung des Stifters in un‑ aufhörlichen Gebeten und Hymnen bei jedem sonntäglichen Gottesdienst, sowie weltliche Gegengaben (Spenden) erhalten.19 Dieses Gedenken für den Stifter – eventu‑ ell auch für die Familie des Stifters oder für andere vom Stifter bezeichnete Perso‑ nen – wurde später als das mnēmosynon (μνημόσυνον) bezeichnet.20 Die Byzantiner selbst waren sich dieser Veränderungen in der Stiftungsaktivität auch noch später bewusst. Der im 11. Jahrhundert lebende Jurist Eustathios Rhomaios hat sie folgen‑ dermaßen gerechtfertigt: „Im Altertum war es unter Sterbenden üblich, Geld zu hinter‑ lassen, um ein kleines Hippodrom in Thes‑ saloniki entstehen zu lassen oder ein Spiel oder Vergnügungen für die Bevölkerung einzurichten. Aber als das Christentum kam, hat all dies aufgehört und die Sorge galt nun der Seele anstelle des Körpers.“21 Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in der späteren christlichen Erinnerung an heid‑ nische Stiftungsaktivität die Bedeutung von Erbschaften für das Stiftungswesen
in so hohem Maße betont wurde. Gewisse Ähnlichkeiten zwischen heidnischem und christlichem Stiftungswesen, besonders die Anklänge an den antiken Totenkult, blieben unerwähnt.22 Demnach waren bereits im frühen fünf‑ ten Jahrhundert allgemeine Eigenschaften des griechisch‑orthodoxen Stiftungsbe‑ griffs erkennbar: die Pflicht der Christen, für das Seelenheil zu spenden, die (oft, aber nicht immer vorkommende) Bezeichnung Christi als Empfänger der Spenden und die Möglichkeit, den Seelteil für eine Kir‑ chengründung statt für die Armensorge zu verwenden. Als Christen die Konzepte von Chrysostomos und anderen Geistli‑ chen in der Stiftungspraxis umzusetzen begannen, förderte und regulierte auch der römische Staat christliche Stiftungs‑ aktivität. Obwohl die ersten christlichen Kaiser bereits im vierten und fünften Jahr‑ hundert Erlasse mit Bezug auf christliche Stiftungen verfügt hatten, wurden erst mit der justinianischen Gesetzgebung Regeln für die Errichtung von Stiftungen aufge‑ stellt, die auch die spätere Entwicklung des Stiftungsbegriffs prägten. Dabei er‑ schienen nicht nur Kirchen und Klöster als Stiftungsobjekte, sondern auch Ein‑ richtungen der christlichen Wohltätigkeit oder piae causae beziehungsweise eusebeis aitiai (εὐσεβεῖς αἰτίαι).23 Bei Justinian sowie den späteren byzantinischen Kaisern und Kanonisten war der Zweck dieser Gesetz‑ gebung immer eindeutig der, Erbschaften dieser piae causae zu erleichtern, besonders in solchen Fällen, in denen ein Vermächt‑ nis normalerweise nicht gültig war, etwa wenn die Erben nicht klar benannt waren (incertae personae).24 Aber einen klar defi‑ nierten Stiftungsbegriff hat es im weltli‑ chen oder kanonischen Recht von Byzanz nie gegeben. Die Auswirkungen der früheren Prägung der Begrifflichkeit durch die Kappadokier
Griechisch-orthodoxe Christen
und Chrysostomos sowie ihre weitere Ent‑ wicklung in der sozialen Praxis sind deut‑ lich in der justinianischen Gesetzgebung erkennbar.25 Darin erscheint der Seelteil als Erbteil oder Vermächtnis. Ein im Jahr 530 von Justinian I. erlassenes Gesetz behandelt die Frage, was geschehe, wenn Christus oder – ein Zeichen der wachsenden Bedeu‑ tung des Heiligenkults – ein Heiliger als Erbe oder Vermächtnisempfänger benannt werde.26 Auch für diese Zeit ist klar, dass nicht nur Kirchen oder Klöster, sondern auch eine Reihe christlicher mildtätiger Einrichtungen gestiftet worden sein dürf‑ ten: Neben dem schon früh nachweisbaren xenodocheion (ξενοδοχεῖον, ‚Herberge‘), das in den frühesten Jahrhunderten christlicher Stiftungsaktivität allgemein als wohltätige Einrichtung in Erscheinung trat und unter anderem auch als ‚Krankenhaus‘ bezeich‑ net werden konnte,27 findet man auch eine darüber hinausgehende, sich entwickeln‑ de Typologie von Stiftungen. So werden in Justinians Novella 131.10 außer einem xenodocheion eine Betkapelle (euktērion / εὐκτήριον), ein Krankenhaus (nosokomeion / νοσοκομεῖον, xenōn / ξενών), ein Pflegeheim (gērokomeion / γηροκομεῖον) und ein Waisen‑ haus (orphanotropheion / ὀρφανοτροφεῖον) als weitere mögliche Stiftungsobjekte er‑ wähnt.28 1.5.3 Der mittelalterliche Sprachgebrauch Die griechisch‑orthodoxe Stiftungstermi‑ nologie wurde insbesondere von Begriffen für die Person des Stifters her bestimmt. Nichtsdestotrotz herrscht in den Quellen Uneinigkeit, wann und wie eine Person als ‚Stifter‘ bezeichnet werden soll. Oft wird der in den Quellen am meisten verbreite‑ te Terminus technicus ktētōr / Pl. ktētores (κτήτωρ / κτήτορες) ohne weitere Erklärung
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oder Definition verwendet. Dabei hat sich der Wortgebrauch des Wortes ktētōr im Laufe der Zeit gewandelt.29 Die ursprüng‑ liche Bedeutung des Quellenbegriffs, der von dem Verb ‚besitzen‘ (κτάομαι) abge‑ leitet ist, war ‚Besitzer‘ oder ‚Eigentümer‘. In der justinianischen Gesetzgebung be‑ zeichneten ktētores die Wohlhabenden, oft im Gegensatz zu den Armen.30 Zu dieser Zeit wurde der Stifter normalerweise als ‚Erbauer‘ oder ktistēs (κτίστης) bezeichnet; Justinians Novella 67 zeigt das soziale Ka‑ pital dieser Bezeichnung, indem sie davon spricht, dass ein Stifter, der nicht genug Geld hatte, um seine eigene Kirche zu bau‑ en (οἰκοδομεῖν, oikodomein), aber doch „be‑ geistert war von dem Namen [Stifter] und davon, selbst Stifter (ktistēs) genannt zu werden“, diesen Ehrentitel auch bekommen konnte, wenn er lediglich eine verfallene oder beschädigte Kirche reparierte.31 Erst mit der justinianischen Gesetzge‑ bung entstand ein schwer durchschaubares System von Auflagen und Vorschriften für Stiftungen, das spätere Kaiser, Kano‑ nisten und Patriarchen noch weiterent‑ wickelten.32 Die vorherrschende Tendenz der justinianischen Gesetzgebung sowie weiterwirkender Auffassungen aus dem frühen kanonischen Recht seit dem Konzil von Chalkedon (451 u. Z.) war die rechtli‑ che Unterordnung von Stiftungen unter die Kirchengewalt, genauer unter die Ge‑ walt des Ortsbischofs, dessen Aufgabe es unter anderem war, die Wahl von Äbten und Mönchen durch den Stifter zu geneh‑ migen sowie die Gottesdienste in den Stif‑ tungen zu regeln.33 Aus der Sicht des by‑ zantinischen kanonischen und weltlichen Rechts können überblicksartig folgende Ansprüche des Stifters hinsichtlich seiner Stiftung genannt werden: (1.) Das Anden‑ ken an den Stifter in Form der Erwähnung des Stifters, seiner Verwandten oder ande‑ rer vom Stifter benannter Personen in der
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Liturgie und die Verzeichnung derselben in Diptychen (→ 8.5); (2.) die Beerdigung des Stifters im Stiftungsobjekt; (3.) das Ernen‑ nungsrecht für die Anstellung der Kleriker oder, falls die Stiftung ein Kloster war, die Ernennung neuer Mitglieder oder des Vorsitzes der Gemeinschaft, theoretisch mit der Zustimmung des Ortsbischofs oder des zuständigen Kirchenamts.34 Im Ge‑ genzug ist der Stifter verantwortlich für das Erbauen und die Finanzierung seiner Stiftung.35 Dieses sogenannte ‚Stifterrecht‘ – ein Terminus, der, so muss betont wer‑ den, nur mit Vorbehalt verwendet werden darf (→ 2.5.2) – wird im späten Byzanz (14.–15. Jahrhundert) mit dem Ausdruck to ktētorikon dikaion (τὸ κτητορικὸν δίκαιον) bezeichnet. Die besten Nachweise für die frühchrist‑ liche oder frühbyzantinische Stiftungsak‑ tivität, nämlich die Papyri aus dem spät‑ antiken Ägypten, bestätigen den Gebrauch des Begriffs ktistēs (‚Erbauer‘) für ‚Stifter‘. Obwohl die Besonderheiten Ägyptens be‑ rücksichtigt werden müssen und die Re‑ präsentativität Ägyptens für das Römische Reich oder den Mittelmeerraum als ganzen fraglich ist, erlauben die Inschriften und Papyri dieses Landes einen Blick darauf, wie Stiftungen in der gesellschaftlichen Pra‑ xis des frühen Christentums funktioniert haben.36 Eine Inschrift aus dem 5. Jahr‑ hundert gedachte des comes Caesarius als ktistēs des berühmten Schenuteklosters.37 Der Gebrauch von ktistēs für ‚Stifter‘ scheint in den Papyri sogar die Regel gewesen zu sein.38 Im Gegensatz zu der justinianischen Gesetzgebung, in der die Rede von koinobia – größeren klösterlichen Gemeinschaften des Zusammenlebens – ist, entdecken wir in den Papyri, dass ein ktistēs nicht zwin‑ gend größere Stiftungen gründen muss‑ te, um diese Bezeichnung zu verdienen. Wenn wir einen Blick auf die ägyptischen Mönchstestamente werfen, wird klar, dass
die Mehrzahl der Stiftungen in diesem Zeit‑ raum nur geringen Umfang hatte; aber sogar Eremiten, die nur in Einzelzellen wohnten, konnten Güter besitzen. In der Regel ver‑ wenden die ägyptischen Mönchstestamente in Bezug auf Stiftungen den Wortschatz des römischen beziehungsweise byzantinischen Eigentumsrechts; der Begriff der res sacrae ist überhaupt nicht belegt.39 Wann genau und wie sich der Begriff für ‚Stifter‘ änderte und der Terminus ktētōr40 (‚Eigentümer‘) anstelle von ktistēs (‚Erbauer‘) breitere Anwendung fand, kann nicht mit Gewissheit festgestellt werden. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war noch umstritten, wie diese Veränderung vor sich gegangen war. Einige Forscher waren der Ansicht, dass ktētōr eigentlich mit dem Verb ‚erbauen‘ (κτίζω, ktizō) ver‑ wandt sei. Diese Annahme ist teilweise aus der Tatsache abgeleitet worden, dass für ktētōr (κτήτωρ) auf Neugriechisch oft ktitōr (κτίτωρ) geschrieben wurde,41 wenngleich man auch ktitōr in der mittelalterlichen Überlieferung findet (besonders in Inschrif‑ ten)42. Dadurch konnte ein etymologischer Zusammenhang zwischen ktētōr (‚Eigen‑ tümer‘) und ktistēs (‚Erbauer‘) begründet werden. Im Mittelalter wurden auch die passiven und aktiven Formen von ‚erbau‑ en‘ verwendet. Gegen diese Herleitung spricht jedoch, dass die korrekte Form des Nomen Agentis zum Verb ‚erbauen‘ ktistōr (κτίστωρ) und nicht ktitōr lauten müsste. Die alte Deutung Karl Krumbachers da‑ gegen, derzufolge eine Verwirrung durch die gleiche Aussprache der Formen ‚ich habe besessen‘ (ἐκτησάμην, ektēsamēn) und ‚ich habe (für mich) erbaut‘ (ἐκτισάμην, ektisamēn) entstanden sei, gilt noch im‑ mer.43 Zu erwähnen ist, dass Krumbachers Untersuchung auf der Analyse von Hand‑ schriften, besonders von Schlussformeln, sogenannten Kolophonen, in gestifteten Handschriften beruht; jedoch wurde im
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mittelalterlichen griechischen Sprach‑ gebrauch nicht deutlich unterschieden zwischen Stiftungsobjekten im Sinne der modernen Forschung, wie etwa Baulich‑ keiten oder caritativen Einrichtungen, und kleineren Stiftungsobjekten, wie Büchern, die auf Griechisch auch ‚gestiftet‘ wurden. Krumbacher begründete seine Einwände gegen die These einer etymologischen Ver‑ wandtschaft zwischen ktētōr (‚Eigentümer‘) und ktistēs (‚Erbauer‘) damit, dass die By‑ zantiner als Angehörige einer juristisch fortgeschrittenen Kultur einen Stifter nicht als ‚Eigentümer‘ seiner Stiftung bezeichnet hätten, was ein klarer Bruch des überkom‑ menen res sacrae‑Konzepts gewesen wäre und auch gegen das geltende justinianische Recht verstoßen hätte, wonach niemand Eigentümer einer res sacra sein konnte.44 Während Krumbacher mit seinen Einwän‑ den in der Sache Recht hat, so ist seine Begründung doch fragwürdig geworden, denn die Annahme byzantinischer Treue gegenüber dem justinianischen Recht, be‑ sonders gegenüber den Prinzipien der res sacrae, scheint, wie oben gesagt, heute we‑ niger gerechtfertigt. Auch an einer starken begrifflichen Unterscheidung zwischen ‚Eigentum‘ (dominium; κυριότης, kyriotēs) und ‚Besitz‘ (possessio; νομή, nomē, oder κατοχή, katochē), die selbst in der klassi‑ schen Fassung des römischen Rechts nicht ganz klar ist, haben die byzantinischen Urkunden in der Regel nicht festgehalten.45 Schließlich erzeugen die Papyri und die typika, in denen Stiftungen normalerweise nach privatem Vermögensrecht behandelt werden, den Eindruck, dass eine stärkere Betonung der Rechte eines Stifters an sei‑ ner Stiftung letztlich für die Sprachwand‑ lung von ktistēs zu ktētōr verantwortlich gewesen ist. Obwohl der älteste datierbare Gebrauch des Substantivs ktētōr im Kontext einer Stif‑ tung – das aber vielleicht an dieser Stelle
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besser als ‚Auftraggeber‘ zu übersetzen wäre – in der Schlussformel einer Hand‑ schrift aus dem Jahr 1037 zu finden ist,46 ist die Verwendung von Partizipien des ihm zugrundeliegenden Verbes ktaiomai, wie κτησάμενος und κτηθεῖσα, mit der‑ selben Bedeutung wie ktētōr schon früher überliefert. In den typika erscheint das Wort ktētōr in der Bedeutung ‚Stifter‘ in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, und zwar in denjenigen des Michael Attalei‑ ates (1077)47 und des Gregor Pakourianos (1083)48. Neben der männlichen Form ktētōr findet man auch die weibliche Variante ktētorissa (κτητόρισσα) für ‚Stifterin‘. Ein interessantes Beispiel hierfür ist im typikon für das Kloster Johannes’ des Vorläufers (prodromos) zu finden (erste Fassung nach 1113 u. Z., zweite Fassung um 1144). Neben einem ersten legendären Stifter49 wird die adlige Eudokia Komnene vom Schreiber der zweiten Fassung des typikon wegen ihrer großen und mehrmaligen Spenden an das Kloster ‚zweite Stifterin‘ (δευτέρα κτητόρισσα) genannt.50 Obwohl ktistēs (bis etwa 1000 u. Z.) und ktētōr (danach) die verbreitetsten Termini für ‚Stifter‘ waren, existieren für ktētōr in den Quellen weitere Bezeichnungen. Zum Beispiel findet man die Bezeichnung domētōr (δομήτωρ) als Synonym für ktētōr in einer Urkunde aus dem Jahr 1275.51 Eine Variante des Substantivs ktētōr ist ektētōr (ἐκτήτωρ / weibliche Form ἐκτητόρισσα).52 Anstelle von ktētōr wurde auch ktitōr (κτίτωρ) ge‑ schrieben und selbst in ein und derselben Urkunde tauchen beide Varianten auf53, viel‑ leicht, weil im Mittelalter die Buchstaben Eta (η) und Iota (ι) die gleiche Aussprache hatten. Besonders in Inschriften, die im Allgemeinen eine viel größere Vielfalt an Abweichungen in der Schreibung bieten, er‑ scheint ktitōr häufig. Schließlich ist der Ge‑ brauch des Substantivs ktētorios (κτητόριος) für ‚Stifter‘ in einigen Handschriften eines
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Traktats des griechisch‑orthodoxen Patriar‑ chen von Antiochia, Johannnes V. Oxeites (um 1089–1100), überliefert.54 Interessanterweise wurde nicht nur der Gründer einer Stiftung als ktētōr bezeich‑ net, sondern manchmal zum Beispiel auch ein besonders erfolgreicher Abt oder ein großzügiger Patron.55 Auch blieb der erste ktētōr in einigen Fällen legendenhaft oder sogar ohne Namen. Diese Tendenz ist be‑ sonders auffällig in einer im 10. Jahrhun‑ dert bearbeiteten Liste der Denkmäler in der Hauptstadt Konstantinopel, der ‚Patria von Konstantinopel‘. Dem Verzeichnis zu‑ folge hatte ein Viertel der kaiserlichen Stif‑ tungen Kaiser Konstantin I. (306–337 u. Z.) oder seine Mutter Helena als Stifter be‑ ziehungsweise Stifterin; heutige Forscher begegnen diesen Zuschreibungen jedoch mit Skepsis.56 Aus all diesen Gründen kam es häu‑ fig zu Abweichungen vom Idealtyp einer Stiftung, die nur von einem einzigen Stif‑ ter gegründet wurde. Eine interessante Ausprägung des Stifterbegriffs ist deuteros ktētōr (δεύτερος κτήτωρ) oder ‚zweiter Stif‑ ter‘, der normalerweise chronologisch durch eine lange Zeitspanne von dem ersten Stifter getrennt ist.57 Es ist mög‑ lich, diese verschiedenen Stiftertypen in einem Papyrus zu verifizieren, der im Jahr 573 u. Z. verfasst wurde. Diese Schenkungs‑ urkunde des Mönches Psates bezeichnet den Stifter des Klosters Apa Apollo, in dessen Diakonie er wohnte, als neoktistēs (νεοκτίστης) oder ‚neuen Stifter‘, und weil er es ‚erneuert‘ hatte, wurde das Kloster auch nach ihm benannt.58 Im selben Papy‑ rus behauptet Psates auch, dass er seine Zelle (κελλίον) verschenken dürfe, weil er sie durch Weitergabe (ἐκ παραδόσεως) von dem prōtoktistēs (πρωτοκτίστης), dem ‚ers‑ ten Stifter‘, bekommen habe.59 Es gibt auch seltene Beispiele, in denen es so scheint, als habe eine Stiftung zwei gleichzeitige
Gründer. Ein Beispiel dafür ist die Grün‑ dung des Klosters Christos Soter (‚Retter‘) von zwei Brüdern, einem Mönch und ei‑ nem Laien.60 Vom Stiftungsakt wurde die Widmung eines ‚gestifteten‘ Objektes, besonders von Handschriften, unterschieden. Außer For‑ men der Verben ktaiomai und ktizō erschei‑ nen in den byzantinischen Quellen andere Verben mit der Bedeutung ‚stiften‘.61 Die beiden Verben epiktaomai (ἐπικτάομαι) und prosktaomai (προσκτάομαι) bedeuten im Stiftungskontext ‚hinzustiften‘. Daneben wurden zwei bedeutungsgleiche Verben für ‚herstellen‘ in der Bedeutung ‚stiften‘ verwendet, nämlich draō (δράω) und teuchō (τεύχω). Unter möglichem Einfluss des la‑ teinischen aedificare findet man beson‑ ders in süditalienischen Handschriften das Verb oikodomeō (οἰκοδομέω), ‚errichten‘, in dieser Bedeutung. Verben für ‚widmen‘ umfassen aphieroō (ἀφιερόω), ‚widmen‘, epididōmi (ἐπιδίδωμι), ‚schenken‘, prosēloō (προσηλόω), ‚hinzunageln‘, und dōreomai (δωρέομαι), ‚schenken‘. Auch wurden For‑ men des Verbes tithēmi (τίθημι), ‚aufbau‑ en‘, im Sinne von ‚widmen‘ verwendet: anatithēmi (ἀνατίθημι) und paratithēmi (παρατίθημι). Ohne Verb findet man den einfachen Gebrauch der Präposition eis (εἰς), ‚an‘, mit dem Akkusativ. Das Vokabular für die Gründung, Aus‑ stattung oder Wiederherstellung von Kir‑ chen und Klöstern, das hauptsächlich aus der inschriftlichen Überlieferung zu er‑ schließen ist, bietet auch eine Vielfalt an. Weil es keine umfassende Untersuchung dieses Wortgebrauchs gibt, kann hier nur von allgemeinen Beobachtungen die Rede sein. Der Errichtungsakt bzw. Wieder‑ errichtungsakt einer Kirche oder eines Klosters wurde häufig mit dem Verb egeirō (ἐγείρω), ‚errichten‘, oft mit der entsprechen Phrase ‚von Grund auf‘ (ἐκ βάθρων) sowie verschiedenen Formen des Verbs histēmi
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(ἵστημι, ‚aufstellen‘) formuliert. Eine Wie‑ derherstellung wurde mit dem Verb kainizō (καινίζω, ‚erneuern‘) oder durch ein Verb mit dem Präfix ana‑ (ἀνα‑, ‚wieder‑‘) be‑ zeichnet. Bei der Beschreibung von Stiftungsak‑ ten herrschen Verbformen im Passiv vor. Interessanterweise unterscheidet man nicht zwischen dem Stiftungsakt und dem Stifterauftrag; dementsprechend fin‑ det man in der Regel eine Formulierung wie ‚die Bilder in der Kirche wurden vom Stifter gemalt‘ und nicht ‚der Stifter hat die Bilder in der Kirche malen lassen‘.62 (→ 6.5.3) Viel größer ist die Unklarheit beim Wortfeld für ‚Stiftung‘. In der Regel ent‑ sprach der Gebrauch des Substantivs ktēma (κτῆμα) nicht dem neuen Gebrauch des Verbes ‚besitzen‘ (ktaiomai) für ‚stiften‘; es wahrte stattdessen die Bedeutung ‚Besitz‘.63 Vereinzelt taucht der (rhetorische) Termi‑ nus charis (χάρις) für Stiftung auf, aber in der Tat gab es keine eigene griechische Bezeichnung für ‚Stiftung‘.64 Nichtsdesto‑ trotz wurden caritative Einrichtungen, wie zum Beispiel Gästehäuser, Krankenhäu‑ ser, Pflegeheime und Waisenhäuser, oft in Abgrenzung gegenüber Klöstern gemein‑ sam als ‚fromme Häuser‘ (euageis oikoi / εὐαγεῖς οἶκοι) oder als piae causae / eusebeis aitiai bezeichnet.65 Obwohl in der justini‑ anischen Gesetzgebung diese ‚frommen Häuser‘ selbständige, nicht‑klösterliche Einrichtungen waren, erschienen sie vom 10. Jahrhundert an ausnahmslos als Teil eines Klosters. Mögliche Stiftungsobjekte im byzan‑ tinischen Raum waren eine Betkapelle (euktērion), ein Buch (biblion / βιβλίον), eine Herberge (xenodocheion / ξενοδοχεῖον), eine Kirche (domos / δόμος, ekklēsia / ἐκκλησία, naos / ναός), ein Kloster (monastērion / μοναστήριον, monē / μονή, usw.), ein Kran‑ kenhaus (nosokomeion, xenōn / ξενών), ein
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Altenheim (gerokomeion), ein Waisenhaus (orphanotropheion), eine Mönchszelle (kellion / κελλίον) und auch Kunstwerke, wie zum Beispiel Ikonen oder Schmuck. Wie oben erwähnt, ist es nötig, auch die adjektivische Form des Substantives ktētōr, ktētorikos (κτητορικός), zu betrach‑ ten. Dieses Adjektiv bedeutet ‚stifterlich‘ in Bezug auf den Stifter, aber nicht auf die Stiftung. In der späteren byzantinischen Geschichte (14.–15. Jahrhundert), in den Urkunden des Patriarchatsregisters von Konstantinopel, wird ktētorikos besonders in dem Ausdruck to ktētorikon dikaion (τὸ κτητορικὸν δίκαιον), ‚das Stifterrecht‘, ver‑ wendet.66 Zusammen mit diesem Adjektiv ist auch das Adverb ktētorikōs (κτητορικῶς) zu finden. Im Laufe der Zeit tritt auch das Verb ktētoreuō (κτητορεύω), ‚besitzen‘, in Erscheinung. Die Entwicklung der byzantinisch‑ griechischen Terminologie für ‚Stiftung‘, ‚Stifter‘ und ‚stiften‘ hat die entsprechende Terminologie in den anderen Sprachen des orientalischen Christentums nur we‑ nig geprägt, mit der wichtigen Ausnahme des Altkirchenslawischen, wo das Wort ktētōr als Lehnwort (ктнторъ) nachgewie‑ sen ist.67 Obwohl die griechische Sprache nach der arabischen Eroberung Ägyptens (640–642 u. Z.) dort noch lange verwen‑ det wurde, ist die Änderung von ktistēs zu ktētōr in den ägyptischen Papyri nicht nachgewiesen. Ktistēs wurde jedoch als griechisches Lehnwort ins Koptische über‑ nommen.68 Man findet in der syrischen Sprache griechische Lehnwörter für Dia‑ konie, Herberge und Waisenhaus.69 Eingehende Untersuchungen des Stif‑ tungswortschatzes in den anderen Spra‑ chen des orientalischen Christentums sind bisher nicht erschienen und stellen wis‑ senschaftliche Desiderate für die weitere Stiftungsforschung dar.
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1.5.4 Wissenschaftliche Terminologie In vielen Wissenschaftssprachen wird über Stiftungen geschrieben. Obwohl seit lan‑ gem die wissenschaftliche Forschung die Tendenz der byzantinischen Quellen, den Stifter zu betonen, widerspiegelt, gibt es derzeit nur mangelhafte Versuche der De‑ finition des Begriffes ‚Stifter‘. Der bisher beste Versuch stammt aus der deutschspra‑ chigen Literatur, die eine wichtige Rolle in der frühen Phase der Stiftungsforschung gespielt hat, besonders durch die einfluss‑ reiche Monographie ‚Das Stifterrecht (τὸ κτητορικὸν δίκαιον) in der morgenländi‑ schen Kirche‘ von Joseph von Zhishman (1888). Deswegen sind die Begriffe ‚Stiftung‘, ‚Stifter‘ und ‚stiften‘ sowie ‚Stifterrecht‘ in der deutschsprachigen Literatur weit verbreitet. Daneben wird der griechische Terminus ktētōr verwendet. Da es keine allgemeine Geschichte des byzantinischen Mönchtums gibt, dient das auf Latein ge‑ schriebene Handbuch ‚De monachico statu iuxta disciplinam byzantinam‘ von Placi‑ dius de Meester (1942) quasi als ein Ersatz‑ werk. Hier werden ‚Stifter‘ als fundator oder conditor und ‚Stiftung‘ als fundatio übersetzt. Die entsprechenden französi‑ schen Termini sind in ähnlicher Weise ‚fondateur‘ und ‚fondation‘.70 Interessant ist die Weiterentwicklung der Stiftungsterminologie auf Neugrie‑ chisch. Die byzantinische Stiftungstermi‑ nologie ist im modernen Stiftungswesen und der Begrifflichkeit kaum noch spür‑ bar. Die entsprechende Rechtstermini für ‚Stiftung‘ sind idryma (ίδρυμα), für ‚Stif‑ ter‘ idrytēs (ιδρυτής), für ‚Stifterin‘ idrytria (ιδρυτρία) und für ‚stiften‘ idryō (ιδρύω).71 In den letzten Jahrzehnten haben Unter‑ suchungen auf Englisch die byzantinisti‑ sche Stiftungsforschung sehr geprägt, vor allem die Veröffentlichungen von John Phi‑ lip Thomas. Als Forschungsbegriff bietet
John Thomas vielleicht die umfassendste Stiftungsdefinition (jedoch nur für private und religiöse Stiftungen): „In the broadest sense, private religious foundations can be held to encompass all those churches, mon‑ asteries, and philanthropic institutions (e.g., nosokomeia, or ‘hospitals,’ gerokomeia, or ‘old age homes,’ and ophanotropheia, or ‘orphanages’) founded by private in‑ dividuals (usually laymen) and retained for personal administration, independent of the public authorities of the state and church.“72 Wie hier ist das englische Wort ‚foundation‘ der bevorzugte Terminus für ‚Stiftung‘.73 Obwohl Thomas in seiner De‑ finition auch Einrichtungen der christli‑ chen Wohltätigkeit erwähnt, bedeutet ‚Stif‑ tung‘ in der byzantinistischen Forschung selten etwas anderes als ‚Klosterstiftung‘. Zum Teil ist die Gleichbehandlung von Klöstern und anderen, wohltätigen Ein‑ richtungen problematisch, besonders für einen Großteil der ersten Hälfte des von uns untersuchten Zeitraums: Etwa bis zum Jahr 900 bildeten sie eigentlich zwei getrennte Kategorien von Stiftungen, so‑ wohl im rechtlichen Kontext als auch in der gesellschaftlichen Praxis; erst danach wurden wohltätige Einrichtungen übli‑ cherweise als Teil eines Klosters betrachtet und gestiftet. Zu betonen ist die Tatsache, dass sich die Definition von Thomas, die im Grun‑ de dem Stiftungsbegriff in der Forschung überhaupt entspricht, auf bestimmte Weise von dem entsprechenden byzantinischen Quellenbegriff unterscheidet. Denn seine Definition umfasst einige Dinge nicht, die tatsächlich auch ‚gestiftet‘ wurden, wie Bü‑ cher und kleinere Kunstobjekte. Auch eine starke Trennung zwischen ‚religiösen‘ und ‚weltlichen‘ sowie ‚privaten‘ und ‚staatli‑ chen‘ Stiftungen ist nicht unproblematisch. Ähnliche Erwägungen gelten für die Definition von ktētōr im ‚Oxford Dictionary
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of Byzantium‘, in welchem der Beginn des Artikels wie folgt lautet: „Ktetor (κτήτωρ), founder (ktistes), patron, or owner of an ecclesiastical institution (a church, mon‑ astery, gerokomeion, ptochotropheion, etc.) and its properties.“74 Wie bei der Defini‑ tion von Thomas mangelt es hier an einer diachronen Dimension, und so muss der Leser fälschlich annehmen, dass ktētōr und ktistēs in byzantinischer Zeit ohne Bedeutungswandel und im Grunde syno‑ nym gebraucht wurden. Zu kritisieren ist außerdem, wie eng sich die Definition an Zhishmans problematischen Begriff des ‚Stifterrechts‘ anlehnt. Das sogenannte Stifterrecht (τὸ κτητορικὸν δίκαιον) ist in den Papyri nicht sicher nachgewiesen, wie Kazhdan fälschlich behauptet; mit Bezug auf die Papyri hat sich Steinwenter in eben jenem Aufsatz, den Kazhdan in den Lite‑ raturhinweisen am Ende seines Artikels aufführt, sehr deutlich gegen den Begriff des ‚Stifterrechts‘ ausgesprochen.75 In jedem Fall ist der englische Terminus ‚founder‘ für ‚Stifter‘ verbreitet.76 ‚Founder‘ ist jedoch nicht äquivalent zu dem byzan‑ tinischen Begriff ktētōr, welcher ‚founder‘ (‚Gründer‘) und ‚patron‘ (‚Stifter‘) bedeu‑ ten kann.77 Diese unklare Abgrenzung der Begriffe ‚founder‘ und ‚patron‘ trifft auch auf die Wahl der englischen Worte für ‚stiften‘ zu. Das Verb ‚to found‘ betont den
Gründungsakt, deutet aber nicht immer die Finanzierung der Stiftung an. ‚To en‑ dow‘ beinhaltet das Gegenteil, nämlich eine Finanzierung, aber nicht ipso facto die Gründung. 1.5.5 Das Vokabular der byzantinistischen Stiftungsforschung Im Allgemeinen verwendet die byzantinis‑ tische Stiftungsforschung das Vokabular der Quellen. Demzufolge finden dort viele griechische Termini in Transkriptionen Verwendung, wie beispielsweise ktētōr und ktistēs für ‚Stifter‘, ephoros und epitropos für ‚Verwalter‘ oder charistikarios für ‚Treuhän‑ der‘. In der Regel existiert kein selbständi‑ ges Vokabular. Eine Ausnahme bildet teil‑ weise das Vokabular in Bezug auf Klöster, in das die Terminologie der Forschung zum westlichen Mönchtum übertragen wird; so werden ‚Abt‘ oder ‚Abbot‘ für das griechische Wort hēgoumenos verwendet. Aber selbst wenn vom Mönchtum die Rede ist, erscheinen oft transkribierte griechi‑ sche Wörter: In der byzantinistischen Stif‑ tungsforschung verbreitet ist zum Beispiel der erwähnte Terminus hēgoumenos oder hegoumenos. ZC
Anmerkungen 1 Auf die Differenz zwischen den Vorschriften
2 Mango, Epigraphy (2008). der justinianischen Gesetzgebung und der in den 3 Rodley, Cave Monasteries (1985), 5. Papyri überlieferten Stiftungspraxis wies bereits 4 Griechische Fassung: Le typikon du sébaste Steinwenter, Rechtsstellung (1930), 37, hin: „Wir Grégoire Pakourianos. Ed. und übers. Paul Gautier, sehen ein vererbliches und auch unter Leben‑ in: REB 42, 1984, 5–145; georgische Fassung: Ty‑ den übertragbares Verwaltungsrecht des Stifters, picon Gregorii Pacuriani. Ed. und übers. Michael nicht bloß bei frommen Stiftungen, sondern auch Tarchnišvili. (CSCO Scriptores Iberici, Bde. 3–4.) bei Klöstern in einer Stärke, wie wir es nach den Löwen 1954. Hinweise auf weitere Literatur und justinianischen Quellen kaum vermutet hätten“. eine englische Übersetzung von Robert Jordan
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in: BMFD 2, 507–563. Die armenische Fassung ist nicht überliefert. 5 Charanis, Monk (1971), 78 f.: „When all is said and done, however, it should be emphasized that Byzantine monastic establishments – leaving out of consideration the Georgian, Armenian, and Slavic provinces – whatever their compositions, ended by becoming Greek, unless special cir‑ cumstances affected the situation.“ 6 Laum, Stiftungen, Bd. 1 (1914, ND 1964), 2 f. 7 Ebd., 118 f. 8 Ebd., 120–126. 9 Ebd., 133. 10 Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 11. 11 Letter to a Priest. Ed. und übers. Wilmer Cave Wright, in: The Works of the Emperor Julian, 3 Bde. London / New York 1913–1923, hier Bd. 2, 336 f.: ἐπειδὴ γὰρ οἶμαι συνέβη τοὺς πένητας ἀμελεῖσθαι παρορω‑ μένους ὑπὸ τῶν ἱερέων, οἱ δυσσεβεῖς Γαλιλαῖοι κατα‑ νοήσαντες ἐπέθεντο ταύτῃ τῇ φιλαντθρωπίᾳ (…) διὰ τοῦ εὐδοκιμοῦντος τῶν ἐπιτηδευμάτων ἐκράτυναν. 12 Vgl. dazu Kislinger, Kaiser Julian (1984). 13 Letter to Arsacius, High‑Priest of Galatia. Ed. Wright (wie Anm. 11), hier Bd. 3, 70 f.: αἰσχρὸν γάρ, εἰ τῶν μὲν Ἰουδαίων οὐδεὶς μεταιτεῖ, τρέφουσι δὲ οἱ δυσσεβεῖς Γαλιλαῖοι πρὸς τοῖς ἑαυτῶν καὶ τοὺς ἡμετέρους. 14 In Anbetracht der großen Bedeutung des Terminus ist es erstaunlich, dass es noch keine Untersuchung zum Gebrauch von ‚psychikon‘ in Byzanz gibt; vgl. Kaplan, Why were monasteries founded (2007), 32, Anm. 17, mit Bezug auf Lemerle, Cinq études (1977), 101, Anm. 81. 15 Bruck, Kirchenväter (1956), 1–21; Holman, Hungry Are Dying (2001), 3–30. 16 Basilius Magnus, Homilia XIX in sanctos quadraginta martyres. Ed. Julianus Garnier, in: PG 31. Paris 1857, 507B–526A, hier 523C, cap. 8: Μὴ τὰ πάντα τῇ ἡδονῇ, δός τι καὶ τῇ ψυχῇ. 17 Vgl. Bruck, Kirchenväter (1956), 21–29. 18 Johannis Chrysostomi in Acta apostolorum homilia XVIII. Ed. Bernard de Montfaucon, in: PG 60. Paris 1862, 141–150, hier 147–150. 19 Johannis Chrysostomi in Acta apostolorum homilia XVIII. Ed. Montfaucon (wie Anm. 18), 147, Z. 27 f.: Ἐυχαὶ ἐκεῖ διηνεκεῖς διὰ σὲ, ὕμνοι καὶ συνάξεις διὰ σὲ, προσφορὰ καθ’ ἐκάστην Κυριακὴν.
20 Vgl. Zhishman, Stifterrecht (1888), 48 f. 21 Practica ex actis Eustathiou Romani. Ed. Carl
Eduard Zachariä von Lingenthal. (JGR 1.) Leipzig 1856, 289, cap. 67.1: Ἐπὶ γὰρ τὸ παλαιὸν ἔθος ἦν τοῖς τελευτῶσι καταλιμπάνειν χρήματα, ἵνα τὸ τῆς Θεσσαλονίκης τυχὸν ἱπποδρόμιον γένηται ἢ ἵνα κτισῇ λουτρὸν ἢ τῷ δήμῳ τέρψις τὶς γένηται· τοῦ δὲ χριστιανισμοῦ ἐλθόντος ταῦτα πάντα ἀνῄρηνται, καὶ ἡ τῆς ψυχῆς ἐπιμέλεια πλείονα τῶν σωμάτων ἔσχε χώραν. 22 Auch heutzutage wird der ‚panem et circenses‘‑Aspekt antiker Stiftungstätigkeit be‑ tont; siehe Magdalino, Philanthropy (1991). 23 Hierzu allgemein und mit weiterer Litera‑ tur Kaser, Römisches Privatrecht (1975), 158; 488. 24 Vgl. Zachariä von Lingenthal, Geschichte des griechisch‑römischen Rechts (1892), 205–207. 25 Bruck, Kirchenväter (1956), 121–126. 26 Codex Iustinianus, 1.2.25 (26). Ed. Paulus Krueger. (CIC 2.) Dublin / Zürich 151970, 18. Diese Konstitution wurde fast wörtlich in einer späte‑ ren Novella wiederholt: Iustiniani Novellae 131.9. Ed. Rudolfus Schoell / Guilelmus Kroll. (CIC 3.) Dub‑ lin / Zürich 101972, 658 (vom Jahr 545). 27 Vgl. Kazhdan / Talbot, Xenodocheion (1991). 28 Iustiniani Novellae 131.10. Ed. Schoell / Kroll (wie Anm. 26), 658 f. 29 Krumbacher, Κτήτωρ (1909). 30 Archi / Bartoletti Colombo, Novellae: pars graeca, Bd. 4 (1986), 1578. 31 Iustiniani Novellae 67.2. Ed. Schoell / Kroll (wie Anm. 26), 345, Z. 13–15: (…) ὀνόματος δὲ ἴσως ἐπιθυμῶν τοῦ καὶ αὐτὸς κτίστης ἐκκλησίας καλεῖσθαι (…). 32 Die ausführlichste Darstellung dieses Sys‑ tems von Stifterobligationen ist bei Zhishman, Stifterrecht (1888), zu finden, aber das Werk muss mit Vorsicht behandelt werden. (→ 2.5) 33 Vgl. Granić, Rechtliche Stellung (1929/1930), 9; Zhishman, Stifterrecht (1888), 40 f.; 50–61. 34 Ebd., 47–64; Meester, Monachicus status (1942), 11 f.; 138 f. 35 Zhishman, Stifterrecht (1888), 64–81. 36 Zur Repräsentativität Ägyptens für das spätrömische Reich siehe Sarris, Economy and Society (2006), 129 f. 37 Grossmann, Stiftung (2008), 39 f. 38 Vgl. die Beispiele bei Steinwenter, Rechtsstel‑ lung (1930).
Griechisch-orthodoxe Christen
39 Ebd., 36: „Von einem ‚Stifterrecht‘ hier zu
sprechen, haben wir m. E. keinen Anlaß, da das Recht des Grundherrn durch den Besitz des κτῆμα (possessio) und nicht durch Stiftung bedingt zu sein scheint (…). Dieselbe rein privatrechtliche Auffassung des Rechtes an den res sacrae, die in direktem Widerspruche zur justinianischen Gesetzgebung steht, läßt sich auch in anderen orientalischen Kirchen nachweisen.“ 40 In den Wörterbüchern für die griechische Sprache sind der korrekte mittelalterliche Ge‑ brauch des Terminus ktētōr für ‚Stifter‘ sowie Variationen und verwandte Adjektive, Adverbien und Verben nur nachgewiesen in Trapp, Lexikon zur byzantinischen Gräzität, Bd. 4 (2001), 892. 41 Dēmētrakos, Mega lexikon, Bd. 8 (1950), 4161; Vyzantios, Lexikon, Bd. 1 (1852, ND 1964), 752. 42 Ktitōr ist die Bezeichnung für Symeon, der wahrscheinlich Mönch war, in einer nicht erhalte‑ nen Stifterinschrift des benediktinischen Klosters S. Maria di Cerrate; vgl. Recueil des inscriptions grecques médiévales d’Italie. Ed. André Guillou. Rom 1996, 179, Nr. 169. 43 Krumbacher, Κτήτωρ (1909), 393–395. 44 Iustiniani Institutiones 2.1.7. Ed. Paulus Krueger. (CIC 1.) Dublin / Zürich 211970, 10: „Aber res sacrae und religiosae und sanctae gehören nie‑ mandem, weil dasjenige, das des göttlichen Rechts ist, niemandes Eigentum ist.“ (Nullius autem sunt res sacrae et religiosae et sanctae: quod enim divini iuris est, id nullis in bonis est.) Aber vgl. Knecht, System (1905, ND 1963), 19: „Justinian kennt kein Divinaleigentum, ebensowenig ein Eigentum der Engel und Heiligen.“ 45 Fögen, Possession (1991); Kazhdan, New His‑ tory (1989), 19–21. 46 Nach Krumbacher, Κτήτωρ (1909), 404, ist der erste Gebrauch in Bezug auf Stiftungen in der Handschrift Vat. gr. 1650, fol. 185 v, nachge‑ wiesen. Dort heißt es: „Dieses Werk wurde von der Hand Theodors, des sizilianischen Klerikers, mit der Unterstützung von Nikolaus, der Bischof und Stifter des Werkes ist, geschrieben.“ (Ἐγράφη αὓτη ἡ δέλτος διὰ χειρὸς Θεοδώρου κληρικοῦ Σικελιώτου κατ’ἐπιτροπὴν Νικολάου ἐπισκόπου κτήτορος αὐτῆς.) 47 La diataxis de Michel Attaleiate. Ed. Paul Gautier, in: REB 39, 1981, 5–143, hier 35, Z. 279; 41, Z. 409; 67, Z. 832; 81, Z. 1052; 83, Z. 1094; 85,
69 Z. 1106; 91, Z. 1201; 95, Z. 1272; 97, Z. 1290 und Z. 1293; 117, Z. 1615; 125, Z. 1732 und Z. 1747; 127, Z. 1752, Z. 1754 und Z. 1763. 48 Typikon du sébaste Grégoire Pakourianos. Ed. Gautier (wie Anm. 4), 21, Z. 19 und Z. 41; 23, Z. 57; 51, Z. 528; 91, Z. 1182; 101, Z. 1375. 49 Nicht einmal der Name dieses ersten Stifters wurde überliefert; Hypotypōsis kai Ermēneia. Ed. Athanasios I. Papadopoulos-Kerameus, in: Noctes Petropolitanae. Sankt Petersburg 1913, 6, Z. 24–27. 50 Hypotypōsis kai Ermēneia. Ed. PapadopoulosKerameus (wie Anm. 49), 62, Z. 27 f. 51 Acta et diplomata monasteriorum et ecclesi‑ arum orientis. Ed. Franz Miklosich / Joseph Müller, Bd. 1. (MM 4.) Wien 1871, 426–429, hier 427. 52 So z. B. in einer Urkunde für das Kloster Iviron auf dem Berg Athos, wo es falsch als ἐκτήτωραν statt des richtigen ἐκτήτορα geschrie‑ ben wurde: Actes d’Iviron. Ed. Jacques Lefort / Hélène Métrévéli / Nicholas Oikonomidès et al., Bd. 3. (Archives de l’Athos, Bd. 18.) Athen 1985, 147, Z. 6. 53 Diataxis de Michel Attaleiate. Ed. Gautier (wie Anm. 47), 83, Z. 1101. 54 Ioannis Oxeitae Oratio de monasteriis laicis non tradendis. Ed. und übers. Tizania Creazzo. (Quarderni della Rivista di Bizantinistica, Bd. 8.) Spoleto 2004, 69, Z. 272; die Handschriften R (Pa‑ risinus graecus 364) und A (Atheniensis graecus B. N. 496) haben κτητορίων statt κτητόρων. 55 Mullett, Founders and Refounders (2007), 9 f. 56 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 5, Anm. 1. 57 Zhishman, Stifterrecht (1888), 11 f. 58 P. Cair. Masp. 1 67096. Ed. Gabriel Bodard et al., online: Duke Databank of Documentary Pa‑ pyri, http://papyri.info/ddbdp/p.cair.masp;1;67096/ (Zugriff: 11.03.2013), Z. 4–6. 59 P. Cair. Masp. 1 67096. Ed. Bodard (wie Anm. 58), Z. 33 f. 60 Mullett, Founders and Refounders (2007), 13–15. 61 Zum Folgenden vgl. Krumbacher, Κτήτωρ (1909), 395–402. 62 Lauxtermann, Byzantine Poetry (2003), 159. 63 Aber es gibt vereinzelte Fälle, wo das Wort ktisma (κτίσμα) vielleicht ‚Stiftung‘ bedeuten könnte; z. B. ein gemaltes Epigramm von der Kirche Hagios Nikolaos, a. 1337/1338, bei Platsa (Mani). Text in: Hörandner / Rhoby / Paul, Byzantinische Epigramme, Bd. 1. (2009), 229–233, Nr. 135, hier 230, Z. 12.
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
64 Schreiner, Stiftung (1997), 180. 70 Z. B. Guillou / Rognoni, Nouvelle fondation 65 Constantelos, Byzantine Philanthropy (1991), (1991/1992). 113–119; Kazhdan / Cappel, Euageis Oikoi (1991); 71 Köbler, Rechtsgriechisch (2004), 183. Knecht, System (1905, ND 1963), 43–55; Magdalino, 72 J. Thomas, Private Religious Foundations Philanthropy (1991).
(1987), 2 f.
66 Das Register des Patriarchats von Konstan‑ 73 Etwa ebd.; vgl. auch BMFD (Byzantine Mo‑
tinopel. Ed. Herbert Hunger / Otto Kresten / Ewald Kislinger et al., 3 Bde. (CFHB 19.) Wien 1981–2001, hier Bd. 1, 528, Nr. 93, Z. 14; Bd. 2, 190, Nr. 127, 10 f.; 304, Nr. 139, Z. 30; Bd. 3, 516, Nr. 258, Z. 16 f. 67 Miklosich, Etymologisches Wörterbuch der slavischen Sprachen (1886), 145; Ders., Lexicon palaeoslovenico‑graeco‑latinum (1862–1865), 320. 68 Förster, Wörterbuch (2002), 448. 69 Für ‚Diakonie‘ vgl. Payne Smith, Thesau‑ rus Syriacus, Bd. 1 (1879), 89; für ‚Herberge‘ vgl. Margoliouth, Compendious Syriac Dictionary (1903, ND 1999), 221; für ‚Waisenhaus‘ vgl. Payne Smith, Thesaurus Syriacus, Bd. 1 (1879), 38.
nastic Foundation Documents).
74 Kazhdan, Ktetor (1991), 1140. 75 Siehe oben Anm. 39. Auch J. Thomas, Private
Religious Foundations (1987), 1, hat fälschlicher‑ weise – wie vor ihm Zhishman – das Wirken eines Stifterrechts in den Papyri angenommen. 76 Vgl. etwa den Titel von Mullett, Founders and Refounders (2007). 77 Mullett, Founders, Refounders, Second Foun‑ ders, Patrons (2007), 9 f.; Dies., Future Founding (2007), 526.
1.6 Indien 1.6.1 Allgemeines Äquivalente für das spezifische Wortfeld ‚Stiftung‘, ‚Stifter‘, ‚stiften‘ – in Abgrenzung zu ‚Gaben geben‘ – sind für das indische Mittelalter im Wesentlichen aus Quellen der Stiftungspraxis, d. h. aus Stiftungs‑ inschriften und ‑urkunden, zu erschlie‑ ßen. Mit dem 12. Jahrhundert setzt zwar die Überlieferung von Sammlungen mit Musterurkunden und mit Vorlagen für an‑ dere Dokumente1 ein, aber eine allgemeine normative Literatur zum Stiftungsrecht hat es vermutlich nicht gegeben. Bereits die von Brahmanenpriestern (brāhmaṇa) ver‑ fassten Rechtstexte (‚Dharmaśāstras‘) des späten Altertums und des frühen Mittel‑ alters behandeln jedoch unter der Rubrik ‚Königsrecht‘ (rājadharma) auch die Pflicht der Herrscher, würdige Personen, vor allem gelehrte Brahmanen, mit Schenkungen
und Stiftungen zu bedenken.2 In diesem Zusammenhang finden sich Aussagen dazu, dass Landstiftungen passende Gaben für Brahmanen seien, sowie Vorgaben hin‑ sichtlich der Ausfertigung entsprechender Stiftungsurkunden.3 Buddhistische und ji‑ nistische kanonische und post‑kanonische Texte des Altertums und des Mittelalters sowie mittelalterliche hinduistische Kom‑ pendien (‚Purāṇas‘) enthalten ebenfalls Abschnitte zum Thema Freigebigkeit (dāna). Eine ausgeprägte normative Diktion zeigen aber erst Texte, die in der Periode vom 11. bis zum 13. Jahrhundert verstärkt auftau‑ chen: spezielle Anthologien (nibandha) zum Thema dāna innerhalb der brahmanischen ‚Dharmaśāstra‘‑Tradition sowie allgemei‑ nere jinistische und buddhistische Abrisse zur Laienfrömmigkeit.4
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Indien
Die Hauptquellensprache für das Gebiet der Stiftungen im indischen Mittelalter ist das Sanskrit, da die meisten Urkunden in dieser klassischen Amts‑ und Gelehrten‑ sprache aufgezeichnet sind. Das sprach‑ geschichtlich jüngere, mittelindische Pra‑ krit war durch die Renaissance des altindi‑ schen Sanskrit bereits im späten Altertum als Urkundensprache verdrängt worden. Die Vorläufer der neuindischen Sprachen, und zwar sowohl diejenigen der indoari‑ schen als auch die der dravidischen Sprach‑ familie, traten nur ganz allmählich und re‑ gional in höchst unterschiedlichem Maße an die Seite des Sanskrit und ersetzten es nicht. Zweisprachige Stiftungsurkunden, in denen ganze Textpassagen in Proto‑ Regionalidiomen geschrieben wurden, sind zwar in Südindien, im Verbreitungsgebiet der dravidischen Sprachen Tamil und Ka‑ naresisch, bereits für das 7. Jahrhundert belegt, doch auch hier fußte die Stiftungs‑ terminologie auf Sanskrit‑Lehnwörtern mit regionalsprachlichen Endungen.5 Inschrif‑ ten in ‚islamischen‘ Sprachen erscheinen seit dem Ende des 12. Jahrhunderts, sind aber erst nach dem 15. Jahrhundert zahl‑ reicher. Sie wurden zunächst in Arabisch, seit dem 14. Jahrhundert dann verstärkt in Persisch geschrieben.6 Vornehmlich Alt‑ Singhalesisch, partiell auch Tamil wurde für mittelalterliche Stiftungsinschriften in Sri Lanka / Ceylon benutzt.7 Die buddhistische Literatur bediente sich zum Teil mittelindischer Prakrit‑ Dialekte, zum Teil des Sanskrit. Die auf Sri Lanka verschriftlichte Literatur des Theravāda‑Buddhismus ist in mittelindi‑ schem Pali gehalten. Die Texte der Jai‑ nas wurden entweder in Prakrit oder in Sanskrit geschrieben, später auch in Ta‑ mil, Kanaresisch, Gujarati und Hindi. Die brahmanische ‚Dharmaśāstra‘‑Tradition benutzte ausschließlich Sanskrit. Die hin‑ duistischen ‚Purāṇas‘ sind überwiegend in
Sanskrit verfasst; erst im Spätmittelalter geriet diese Textgattung unter Einfluss der Regionalsprachen. 1.6.2 Vorgeschichte Frühe Hinweise auf Stiftungen und mithin auch auf Begriffe wie ‚Stiftung‘, ‚Stifter‘, ‚stiften‘ finden sich sowohl in den ka no‑ nischen Texten der Buddhisten als auch in den Prakrit‑Inschriften des Maurya‑Königs Aśoka. Die ältesten Teile der buddhi sti‑ schen Kanonliteratur könnten in das 5. und 4. Jahrhundert v. u. Z., die Lebenszeit des historischen Buddha, zurückreichen, doch erhielten diese Texte erst einige Jahrhun‑ derte später ihre heute bekannte Fo rm und wurden verschriftlicht. Die Stei nin‑ schriften des Aśoka sind hingegen relativ sicher in die Mitte des 3. Jahrhun derts v. u. Z. zu datieren. Nach eigener Aussage stiftete dieser König im 12. und im 19. Jahr nach seiner Krönung im Osten Ind iens einige [Wohn‑]Höhlen zugunsten der so‑ genannten Ājīvika‑Sekte, die eine mit den Buddhisten und Jinisten konkurrierende religiöse Gruppierung darstellte.8 In den kanonischen Texten der Buddhisten (vor allem in den Regeln des ‚Vinayapiṭaka‘, des sogenannten Ordensrechts) wurden, wenn es um Stiftungen von Aufenthaltsorten für Angehörige des buddhistischen Ordens und um die dauerhafte Ausstattung der Ordi‑ nierten ging, die relativ uns pezifischen Begriffe dā, ‚geben, schenken; darbringen‘, dāna, ‚das Geben; die Gabe‘, und dānapati, ‚der Gabenherr‘, benutzt.9 Zahlreicher waren Hinweise auf die Stiftungspraxis in den ersten Jahrhunder‑ ten u. Z., und zwar in kurzen Inschriften in mittelindischem Prakrit oder in ‚Epigra‑ phical Hybrid Sanskrit‘, die zunächst an buddhistischen Kultbauten (stūpa), später auch an buddhistischen Klostergebäuden
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
(vihāra) angebracht wurden und die Stif‑ tung von ganzen Gebäuden, Bauteilen und Bauelementen sowie von Mitteln für den dauerhaften Unterhalt dieser Anlagen dokumentierten. Die Terminologie blieb im gesamten Altertum diffus. Die gestifte‑ ten Objekte wurden häufig als ‚religiöse Gabe‘ (Prakrit: deyadha[ṃ]ma; Sanskrit: deyadharma) beziehungsweise seltener als ‚religiöse Brücke‘ (Prakrit: dhamasetu; Sanskrit: dharmasetu) bezeichnet.10 Der letztgenannte Terminus spielt auf die Metapher vom ‚Ozean der Wiedergebur‑ ten‘ (saṃsārasamudra / saṃsārasāgara) zur Beschreibung der Leidhaftigkeit irdischer Existenz an. Diesen ‚Ozean des Leidens‘ galt es zu überwinden, und dabei waren religiöse Stiftungen besonders wirksam. 1.6.3 Der Mittelalterliche Sprachgebrauch Obwohl auch zahlreiche Steininschriften über mittelalterliche Stiftungen Auskunft geben, war das typische Stiftungsdokument des indischen Mittelalters die königliche, in Sanskrit verfasste Kupfertafelurkun‑ de. (→ 5.6.3) Solch eine Stiftungsurkunde wurde allgemein als śāsana (‚Befehl, Er‑ lass, Anweisung‘) oder nach dem verwen‑ deten Material als tāmraśāsana (‚Kupfer‑ befehl‘) beziehungsweise tāmrapaṭṭa oder tāmrapatra (‚Kupferplatte[n]‘) bezeichnet.11 Die Praxis, Kupfertafelurkunden zur Be‑ zeugung von Stiftungen auszustellen, war seit dem späten Altertum ein geradezu panindisches Phänomen, und der Aufbau dieser Inschriften ähnelte sich in den ver‑ schiedenen Regionen sehr stark.12 Derar‑ tige Urkunden beginnen in der Regel mit einer Lobpreisung (praśasti) der betreffen‑ den Dynastie bis zum stiftenden Regenten. Am Ende dieser Genealogien steht übli‑ cherweise eine Formulierung wie: „Jener
König N. N. informiert alle seine Beamten / Untertanen: Durch mich wurde dem [reli‑ giösen] Empfänger N. N. das Objekt N. N. für den Zweck N. N. als religiöse Gabe gestiftet.“ Aus der Konstruktion ist bereits zu ersehen, dass in diesen Urkunden Be‑ griffe für den ‚Stifter‘ – gewissermaßen im Rahmen einer Eigenbezeichnung – selten sind. Eher trifft man sie in den normativen Texten der Brahmanen und in der kano‑ nischen Literatur der Buddhisten an. Ne‑ ben dem bereits erwähnten Kompositum dānapati ist auch dātṛ, das Nomen Agentis von der Verbwurzel dā, belegt. Allerdings handelt es sich hierbei ebenfalls nicht um einen spezifischen Terminus für ‚Stifter‘ im Unterschied zu anderen Spendern und Mäzenen.13 Für das Verb ‚stiften‘ findet sich eine ganze Reihe von Quasi‑Synonymen, so‑ wohl in den Stiftungsurkunden als auch in anderen Texten, in denen von Stiftun‑ gen die Rede ist. Da das mittelalterliche indische Stiftungswesen bisher nicht systematisch erforscht worden ist, liegen auch keine qualifizierten Erhebungen zur Stiftungsterminologie vor. Um derartige Untersuchungen leisten zu können, müss‑ ten Tausende von Inschriften konsultiert werden, die zum Teil nur mangelhaft er‑ schlossen sind. Überdies wird erst seit jüngster Zeit begonnen, bereits edierte Urkundentexte auch digital nutzbar zu ma‑ chen. Erschwerend kommt hinzu, dass die vorhandenen Sanskrit‑Wörterbücher die epigraphische Terminologie nicht erfassen. Daher kann sich der Artikel der Frage der Begrifflichkeit nur vorläufig annähern. Der systematisch anhand von west‑ und zentralindischen Urkunden und aus‑ schnittsweise auf der Basis von nord‑, ost‑ und südindischen Inschriften gewonnene Befund lässt darauf schließen, dass Äqui‑ valente für das Verb ‚stiften‘ vor allem in Form des Partizips Präteritum Passiv
Indien
verwendet wurden. Besonders verbreitet war das von der Verbwurzel dā abgeleitete datta, ‚gegeben, geschenkt‘, das mitunter auch mit Präfixen verwendet wurde, z. B. pratta (unregelmäßige Form von pra-dā) be‑ ziehungsweise pradatta (regelmäßige Form von pra-dā), ‚übergeben‘. Ableitungen von der Verbwurzel sṛj, ‚schleudern; gießen; [ent]senden; gewähren, verleihen‘, mit dem Partizip Präteritum Passiv sṛṣṭa, ‚gewährt, verliehen‘, waren ebenfalls sehr geläufig: vor allem atisṛṣṭa, prasṛṣṭa, nisṛṣṭa, visṛṣṭa. Weiterhin ist das Kausativ der Verbwurzel prati-pad belegt, die ‚erhalten; annehmen‘ bedeutet, wobei pratipādita, das Partizip Präteritum Passiv des Kausativs, für ‚ge‑ währt; gegeben, geschenkt‘ steht. Ferner wurden Ableitungen von [pra-]yam, ‚dar‑ bieten; geben, schenken‘, und vi-dhā, ‚zu‑ teilen; gewähren‘, benutzt.14 Nicht unüblich waren auch Bildungen von anu-jñā, ‚gestat‑ ten; gnädig behandeln; ermächtigen‘, mit den Partizipien Präteritum Passiv anujñāta und samanujñāta, ‚übertragen‘, sowie vom Kausativ der Verbwurzel [sam-]ṛ, ‚darbrin‑ gen‘, mit dem Partizip Präteritum Passiv des Kausativs [sam]arpita, ‚überreicht‘. Angesichts der für das Sanskrit durchaus typischen Vielzahl von Quasi‑Synonymen ist es schwierig, bei der Übersetzung ins Deutsche oder in eine andere Sprache eben‑ so zu differenzieren, zumal klare Bedeu‑ tungsunterschiede jenseits von Nuancen kaum nachweisbar sind. Sicher scheint nur, dass es kein spezifisches Verb für ‚stiften‘ im Unterschied zu ‚schenken‘ gab. Frühe Urkunden einiger Dynastien be‑ zeugen mitunter keine neuen Stiftungen, sondern bestätigen ältere Dotationen be‑ ziehungsweise ältere Rechte in einem allge‑ meineren Sinne mit anumodita, ‚gutgehei‑ ßen, gebilligt‘, dem Partizip Präteritum Pas‑ siv des Kausativs von anu-mud. Das Objekt wird als eines bezeichnet, das ‚[bereits] frü‑ her genossen wurde und [noch] genossen
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wird‘ (pūrvabhuktabhujyamānaka), bezie‑ hungsweise als eines, dessen Fortbestand nach den ‚Konditionen früheren Brauchs‘ (pūrvācārasthiti)15 garantiert wird.16 Wenn (religiöse) Baulichkeiten bezie‑ hungsweise Institutionen gestiftet oder gegründet wurden,17 dann benutzte man in der Regel entweder kārita, ‚gebaut; ge‑ gründet‘, das Partizip Präteritum Passiv vom Kausativ der Verbwurzel kṛ, ‚machen, tun‘,18 oder [prati]ṣṭhāpita, ‚errichtet; ge‑ gründet‘, das Partizip Präteritum Passiv vom Kausativ der Verbwurzel [prati-]sthā, ‚[da]stehen‘. Das letztgenannte Verb fand auch Verwendung, wenn Kultbilder – im indischen Kontext vor allem Plastiken und Statuen – aufgestellt wurden.19 Das Errich‑ ten von Bauten wurde ferner mit [vi]nirmita, ‚geschaffen‘, von [vi-]nis-mā, ‚ausmessen; herstellen‘,20 und [vi]racita, ‚angefertigt‘, von [vi-]rac, ‚anfertigen, herstellen‘,21 aus‑ gedrückt. Belegt sind auch einige von den Verben für ‚stiften; gründen‘ in Bezug auf Baulichkeiten abgeleitete Termini für die ‚Stiftung‘ und den ‚Stifter‘ eines solchen Gebäudes: upakaraṇa, pratiṣṭhāpana und nirmāṇa, ‚Gründung‘; kārayitṛ, ‚Gründer‘. In den Wörterbüchern ist dhātṛ ebenfalls für ‚Gründer, Stifter‘ aufgeführt, das Nomen Agentis von dhā, ‚setzen, stellen, legen‘.22 Ein prägnantes Beispiel für den Gebrauch verschiedener Verben mit der Bedeutung ‚stiften‘ im außerepigraphischen Bereich lie‑ fert ein mittelalterlicher buddhistischer Text, die ‚Sphuṭhārthāvyākhyā‘ des Yaśomitra zu Vasubandhus ‚Abhidharmakośa‘. Da‑ rin werden verschiedene Arten von Stif‑ tungen einem ‚Sohn aus [guter] Familie‘ (kulaputra) oder einer ‚Tochter aus [gu‑ ter] Familie‘ (kuladuhitṛ) empfohlen, um religiöses Verdienst zu erwerben: Für das Stiften eines Klostergrundstücks (ārāma) wird pratipādayati, ‚er / sie gewährt‘, ver‑ wendet; für das Gründen eines Klosters (vihāra) pratiṣṭhāpayati, ‚er / sie errichtet
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
bzw. lässt errichten‘; für die Bereitstellung von Mobiliar (śayanāsana, wörtlich: ‚Bett und Sitz‘) durch eine Stiftung prayacchati, ‚er / sie schenkt‘, beziehungsweise dadāti, ‚er / sie gibt‘.23 Während für ‚Stiftung‘ im Sinne des Prozesses neben den sehr allgemeinen Nomina dāna, ‚das Geben; die Gabe‘, und pratiṣṭhāpana, ‚das Gründen; die Grün‑ dung‘, keine speziellen Begriffe belegt sind, wurde eine Reihe spezifischer Termini in den Inschriften benutzt, um den Stif‑ tungscharakter der vergebenen Objekte hervorzuheben. Die Tatsache, dass dau‑ erhaft Stiftungsvermögen zur Verfügung gestellt wurde, drückt das Kompositum akṣayanīvī, wörtlich: ‚unvergängliches Ka‑ pital‘, aus, das bereits im Altertum eine typische Bezeichnung für Geldstiftungen zu religiösen Zwecken war, die später zum Teil auch auf Landstiftungen übertragen wurde.24 Mitunter vergab man Land auch gemäß nīvīdharma, der ‚Regel für [unver‑ gängliches] Kapital‘.25 Der gewisserma‑ ßen ‚klassische‘, wenn auch semantisch nicht ganz klare Terminus für Land‑ und Dorfstiftungen war jedoch seit dem Alter‑ tum agrāhāra, sehr häufig auch agrahāra geschrieben, dessen Bedeutung fast nur aus seiner epigraphischen Verwendung herzuleiten ist.26 Auf diese Weise wurden Ländereien und Dörfer als steuerfreie (reli‑ giöse) Gaben bezeichnet, die ursprünglich nur Brahmanen galten. Dieser Terminus ist später aber in Einzelfällen auch in an‑ deren Begünstigtenkontexten anzutreffen. Die weite Verbreitung des Begriffs spiegelt sich unter anderem in der Tatsache wider, dass °agrahāra bzw. °agrāhāra zweites Glied in Ortsnamen sein konnte27 und teilwei‑ se bis in die Gegenwart ist. Bei solchen Belegen ist wohl zu vermuten, dass die betreffenden Siedlungen einst im Rahmen von Stiftungen zugunsten von Brahmanen gegründet worden waren.
Im frühen Mittelalter wurde durch die Terminologie besonders häufig der religi‑ öse Charakter von Stiftungen betont. Stif‑ tungen an Brahmanen wurden im Sans‑ krit als brahmadāya oder brahmadeya (> Tamil piramadēya) spezifiziert,28 wobei dieser Begriff gelegentlich für andere Empfänger benutzt wurde. Die Sanskrit‑ Termini devadāya und devadāna (> Tamil tēvadaṇa) bezeichneten primär Stiftungen an Götter,29 d. h. an hinduistische Tempel, wurden mitunter aber auch für Dotationen zugunsten buddhistischer Klöster, nicht jedoch für solche an Brahmanen benutzt. Vermutlich sollte dieser Begriff die Stiftun‑ gen an Institutionen (Tempel, Klöster) von denen an Einzelpersonen und Personen‑ gruppen (Brahmanenpriester) abgrenzen. Kumulativ wurden religiöse Stiftungen als devabrahmadeya / devabrahmadāya, ‚Gaben an Götter und Brahmanen‘, aber auch als devabhogāgrahāra, ‚Stiftungen an Götter (devabhoga, wörtlich: ‚Götternießbrauch‘) und Stiftungen an Brahmanen (agrahāra)‘ klassifiziert. Allgemeinere Termini für ‚re‑ ligiöse Stiftungen‘ beziehungsweise ‚from‑ me Stiftungen‘ stellten dharmadeya und dharmadāya dar, offenbar eingeführt, um Dotationen an verschiedenste Empfän‑ gerkategorien adäquat beziehungsweise neutral bezeichnen zu können.30 Instruktiv für die semantische Bewer‑ tung der Termini brahmadāya, devadāya und dharmadāya ist der Befund des In‑ schriftencorpus der Maitraka‑Dynastie, die vom 6. bis zum 8. Jahrhundert in Gujarat regierte. Der heute bekannte Bestand um‑ fasst mehr als einhundert Urkunden – wo‑ bei es sich ausschließlich um königliche Stiftungsinschriften handelt, und zwar zu‑ gunsten von Brahmanen, buddhistischen Klöstern und einigen wenigen hinduisti‑ schen Tempeln – und stellt mithin eine der dichtesten epigraphischen Überlieferun‑ gen der indischen Vormoderne dar. In den
Indien
Stiftungspassagen der Maitraka‑Urkunden können die oben genannten Begriffe prin‑ zipiell an vier Stellen auftauchen: (1.) Als Attribut zur Charakterisierung des Stif‑ tungsobjekts (wie bereits erwähnt), (2.) in einer Passage, die die Nutzungsrechte des Begünstigten definiert, (3.) in einer formel‑ len Beschränkung der Rechte der aktuellen Stiftung und (4.) bei der Beschreibung der Grenzen des vergebenen Objekts. Welcher Terminus jeweils Verwendung fand, hing nicht nur von der Art des Empfängers, sondern auch davon ab, in welchem Kon‑ text er erschien.31 (1.) Bereits die frühesten Stiftungen der Maitraka‑Könige an Brahmanen wur‑ den als brahmadeya oder brahmadāya bezeichnet. In den zeitgenössischen bud‑ dhistischen Stiftungen fehlte hingegen ein solcher Terminus. Seit dem Ende des 6. Jahrhunderts wurden dann prinzipiell Stiftungen an Brahmanen, buddhistische Klöster und hinduistische Tempel als dharmadeya beziehungsweise dharmadāya bezeichnet.32 Mit der Zunahme der Stif‑ tungen zugunsten buddhistischer Klöster im Verlaufe des 6. Jahrhunderts hatte sich vermutlich das Bedürfnis entwickelt, einen allgemeineren Begriff zur Bestimmung des Stiftungsobjekts als ‚religiöse Gabe‘ zu finden,33 wobei auch andere Indizien, etwa die Formulierung bestimmter Privi‑ legien, dafür sprechen, dass die Initiative dazu von den buddhistischen Mönchen ausgegangen sein könnte. Am Ende des 7. Jahrhunderts, als buddhistische Stiftun‑ gen der Maitrakas offenbar zum Erliegen gekommen waren und nur noch brahma‑ nische Dotationen überliefert sind, wurde der Begriff dharmadāya dann wieder durch brahmadāya ersetzt.
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Stiftungsobjekt ‚genießen, [selbst] pflügen oder [durch Dritte] pflügen lassen‘ durfte. In diesem Kontext zeigen nur die brah‑ manischen Stiftungen der Maitrakas ein einheitliches Bild. In ihnen ist davon die Rede, dass Nießbrauch und Nutzung nach der üblichen ‚Regel für Stiftungen an Brah‑ manen‘ (brahmadeyasthiti) zu erfolgen hat‑ ten. Bemerkenswert ist dabei, dass selbst in denjenigen brahmanischen Stiftungen, die zunächst allgemein als dharmadāya bezeichnet wurden, an dieser Stelle auf die brahmadeyasthiti verwiesen wurde.34 In buddhistischen Stiftungen findet sich hin‑ gegen eine ganze Bandbreite von Formu‑ lierungen: Es ist von der Nutzung nach der ‚Regel für buddhistische edle Mönchsorden‘ (śākyāryabhikṣusaṃghasthiti), nach der ‚Re‑ gel für Götter und Klöster‘ (devavihārasthiti) oder gar nach der ‚Regel für Stiftungen (agrāhāra) an Götter‘ (devāgrāhārasthiti) die Rede.35 (3.) In der Aufzählung der Rechte und Privilegien, die mit der Stiftung verbun‑ den waren, ist – nicht nur bei den Mai‑ trakas – eine Formel enthalten, die eine formelle Beschränkung der Rechte der aktuellen Stiftung beinhaltete. Sie lau‑ tet: ‚mit Ausnahme [bereits] früher gestif‑ teter Gaben an Götter und Brahmanen‘ (pūrvadattadevabrahmadeyarahita oder ähnlich) und dürfte vor allem bei Stiftun‑ gen ganzer Dörfer relevant gewesen sein, die ältere Ansprüche auf einzelne Felder usw. nicht beeinträchtigen beziehungswei‑ se außer Kraft setzen sollten.
(4.) Bei Stiftungen von Ländereien wur‑ den deren Grenzen durch die Nennung der Nachbarliegenschaften klar definiert. Solche angrenzenden Felder wurden häu‑ fig als °brahmadeyakṣetra-, ‚brahmadeya‑ (2.) In der Nutzungsformel wurde fest‑ Feld [des N. N.]‘ klassifiziert. In diesen gehalten, dass der Begünstigte das Fällen muss wohl davon ausgegangen
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Stiftung – Mittelalterlicher Sprachgebrauch und moderner Begriff
werden, dass das betreffende Ackerland ebenfalls durch eine religiöse Stiftung in die Hände seines derzeitigen brahma‑ nischen Besitzers gelangt war.36 Häufig steht nach dem Namen des Nachbarn sogar °satkabrahmadeyakṣetra-, ‚brahmadeya‑Feld im Eigentum (satka) [des N. N.]‘. Dies ist als klarer Hinweis darauf zu werten, dass sich zumindest bei Brahmanen im Laufe der Zeit stärkere, eigentumsähnliche Besitz‑ ansprüche an den Stiftungsobjekten her‑ ausbildeten, die die königlichen Stifter so vermutlich nicht beabsichtigt hatten, aber durch die schriftliche Fixierung späterer Stiftungen an andere Begünstigte indirekt akzeptierten. Stiftungsgüter durften (und sollten) vererbt werden, und nach brahma‑ nischer Rechtsauffassung ging über drei Generationen gehaltener Besitz in echtes Eigentum über. Im 10. Jahrhundert finden sich in den Stif‑ tungsurkunden verschiedener indischer Dynastien bedeutungsschwächere Begriffe als die bereits diskutierten der vorange‑ gangenen Periode, ohne dass ein Motiv für diesen Wechsel in der Terminologie erkennbar wäre. Stiftungen wurden als namasya und mānya bezeichnet, d. h. mit Termini, die lediglich ‚zu verehren‘ be‑ ziehungsweise ‚zu achten‘ bedeuten.37 Die Genealogien der Könige der Rāṣṭrakūṭas, einer der bedeutendsten Dynastien des indischen Mittelalters, enthalten Stro‑ phen, die mit der eigentlichen und mit der (neuen) technischen, auf Stiftungen bezogenen Bedeutung des Wortes namasya spielen: „Dieser von allen Menschen zu verehrende (namasya) König war, nach‑ dem er viele Stiftungen (namasya), [und zwar] Dotationen an Götter (devabhoga) und Stiftungen an Brahmanen (agrahāra) getätigt hatte, durch den Ruhm [seiner] Freigebigkeit dem Paraśurāma überlegen, dessen Tugendschwere [nur im Lichte] der
Stiftung (dāna) eines einzigen unbedeuten‑ den Dorfes strahlte“ (sakalajananamasyaḥ so ʼtha kṛtvā namasyān bhuvanapatir anekān devabhogāgrahārān / upari paraśurāmasyaikakugrāmadānasphuritaguṇagarimṇas tyāgakīrtyā babhūva //).38 Doch bereits nach wenigen Jahrzehnten fügte man vielerorts den eindeutigeren Begriff brahmadāya wie‑ der hinzu. In dem Sinne, in dem agrahāra / agrāhāra für ein ganzes an einen oder mehrere Brahmanen gestiftetes Dorf stehen konn‑ te, wurde vor allem in Südindien auch der Begriff caturvedimaṅgala (Tamil śaruppeṭimaṅgalam) verwendet,39 der auf die Gelehr‑ samkeit der Brahmanen hinsichtlich der vier Veden anspielte. Eine im Rahmen einer Stiftung gegründete ‚Brahmanensiedlung‘ wurde als brahmapura oder brahmapurī 40 bezeichnet. Zur Abgrenzung einzelner Stiftungsanteile, insbesondere bei Dota‑ tionen an größere Brahmanengruppen, wurden der Terminus vṛtti, ‚[Anteil für den] Lebensunterhalt‘,41 und das im Süd‑ Konkan‑Gebiet im 10./11. Jahrhundert be‑ deutungsgleich verwendete Kompositum jīvaloka benutzt.42 Deutlicher noch als durch den Gebrauch von Begriffen wie akṣayanīvī, agrāhāra, brahmadāya, devadāya und dharmadāya kam der Stiftungscharakter durch die Fest‑ legung konkreter Rechte, Privilegien und Zweckbindungen (→ 8.6, 9.6) – im Unter‑ schied zu einer ‚freien‘, bedingungslosen Verfügungsgewalt – sowie durch die Be‑ tonung der Dauerhaftigkeit dieser Gaben zum Ausdruck. Letztere wurde seit dem Al‑ tertum durch bestimmte feste Formeln aus‑ gedrückt. Es heißt, dass die betreffenden Stiftungen auf ‚ewig‘ gemacht wurden, d. h. ‚für so lange, wie Mond und Sonne, die Oze‑ ane und die Erde, Flüsse und Berge exis‑ tieren‘ (ācandrārkārṇavakṣitisaritparvatasamakālīna).43 Bestimmte Elemente konnten weggelassen werden, und Modifizierungen
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dieser recht stereotypen Prosaformel sind ebenfalls belegt, wie beispielsweise in der folgenden metrischen Variante aus dem frühen 13. Jahrhundert: ‚für so lange, wie Śeṣa44 mit seinen unzähligen Köpfen die Erde trägt, die Ozeane nicht die gesamte Küstenlinie überfluten, Sterne, Mond und Sonne existieren‘.45 Stiftungen wurden zur Erlangung religiösen Verdienstes (puṇya) vorgenommen, seltener mit dem Ziel des nirvāṇa, des ‚Verwehens, Erlöschens‘, d. h. der Erlösung. (→ 7.6) Insbesondere in der brahmanischen Rechtsliteratur finden auch einige Begriffe für stiftungsartige Vorgänge Verwendung, die epigraphisch kaum belegt sind, wie zum Beispiel pūrta und utsarga. Die Be‑ deutung des offenbar recht alten Neutrums pūrta geben die Wörterbücher mit ‚[Opfer‑] Lohn; Verdienst, Meritum‘46 beziehungs‑ weise ‚fulfilling, fulfilment; granting, rewarding, a reward, merit, a meritori‑ ous work, an act of pious liberality‘47 an. Unter Verweis auf den mittelalterlichen Kommentator Aparārka erklärt Pandu‑ rang Vaman Kane, unter die Kategorie pūrta falle das Anlegen von Brunnen und Wasserreservoirs, Tempeln, öffentlichen Speisehallen und Gärten.48 Ein von der bereits erwähnten Verbwurzel sṛj abge‑ leitetes Maskulinum utsarga wird in den Wörterbüchern unter anderem mit ‚han‑ ding over, delivering; granting, gift, dona‑ tion‘ paraphrasiert.49 Zur Bedeutung dieses Begriffs äußert sich Kane wie folgt: „There is a difference in the technical meaning of dāna and utsarga. In the former the do‑ nor gives up his ownership over a thing, makes another the owner of it and cannot thereafter use it or has any control over it. When a man makes an utsarga, he no doubt gives up his ownership, but he gives up the thing for the benefit of all (…) and (…) can as a member of the public make use of the thing (…).“50
1.6.4 Moderne Forschungsbegriffe Die Tatsache, dass es keinen klaren Stif‑ tungsbegriff in den indischen Schriftzeug‑ nissen gibt, hat sich auch auf den wissen‑ schaftlichen Sprachgebrauch ausgewirkt. So bedient sich die Forschung der deutsch‑ sprachigen Indologie, die sich mit Stif‑ tungsurkunden befasst, in der Regel keiner exakten Terminologie, sondern benutzt fast ausschließlich den Begriff ‚Schenkung‘ und bestenfalls zufällig den Terminus ‚Stiftung‘, wobei die Verfasserin eigene Vorarbeiten in diese Kritik ausdrücklich einschließt. Dieser Mangel an Differenzierung zeigt sich bereits in den Titeln der einschlägigen Aufsätze und Monographien, wie einige Beispiele illustrieren sollen: 1936 edierte Ernst Waldschmidt eine noch heute zum Bestand des Berliner Museums für Asia‑ tische Kunst gehörende Stiftungsurkunde unter dem Titel ‚Eine Schenkungsurkunde auf Kupferplatten des Śilāhāra‑Herrschers Chittarāja aus dem Jahre 1034 n. Chr‘.51 Swapna Bhattacharya nannte die 1985 in Stuttgart erschienene Veröffentlichung ih‑ rer Dissertation ‚Landschenkungen und staatliche Entwicklung im frühmittelalter‑ lichen Bengalen‘. Die Verfasserin schließ‑ lich publizierte 1993 einen Aufsatz unter dem Titel ‚Einige Besonderheiten der bud‑ dhistischen Schenkungsinschriften unter den Maitrakas‘.52 Häufiger noch als der Begriff ‚Stiftung‘ sind die Termini ‚Dorf‑ verleihung‘ und ‚Landverleihung‘ belegt.53 Entsprechend ist auch davon die Rede, dass Dörfer und Ländereien ‚verliehen‘ wurden. Da der bei weitem überwiegende Teil der Forschungsarbeiten, die sich mit Stiftungen des indischen Mittelalters beschäftigen, in englischer Sprache erschienen ist, soll auch auf die dort verwendete wissenschaftliche Terminologie eingegangen werden, die den Spezifika von Stiftungen im Unterschied zu Schenkungen tendenziell eher Rechnung
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zu tragen scheint. Die am häufigsten an‑ zutreffenden Begriffe sind ‚copper‑plate grant‘ und ‚land grant‘, wie sich vor al‑ lem an den Titeln der Editionen von Dorf‑ und Landstiftungsurkunden, aber auch an einschlägigen Aufsätzen ablesen lässt.54 Hierzu gehören das Verb ‚to grant‘ und die Nomina ‚grantor‘ für den Stifter und ‚grantee‘ für den Stiftungsempfänger. Auch der Terminus ‚donation‘ wird benutzt.55 Hierzu gehören das Verb ‚to donate‘ und die Nomina ‚donor‘ und ‚donee‘.56 Der tref‑ fendere Ausdruck ist jedoch ‚endowment‘, mit dem Verb ‚to endow‘.57 Richard Salo‑ mon bezeichnet in seiner Klassifizierung indischer Inschriften die Stiftungsurkun‑ den auf Kupfertafeln als ‚land grant (cop‑ per plate) charters‘, welche ‚donations‘, ‚endowments‘ und ‚gifts‘ beurkundeten.58 ‚Foundation‘ benutzt er mit Bezug auf
die Gründung von Tempeln – häufig in Steininschriften beziehungsweise genauer in „royal donative and panegyric inscrip‑ tions (praśasti)“59 bezeugt. In dem 2011 in ‚Brill’s Encyclopedia of Hinduism‘ erschie‑ nenen Lemma ‚Religious Endowments and Gift Giving’ benutzt Leslie Orr nicht nur den Terminus ‚endowment‘, sondern gibt auch eine Definition: „Within the vast and extremely important category of the gift, we may distinguish gifts of a particular type, for which the English word ‚endow‑ ment‘ is a convenient label. An endowment is a gift where the transfer of property is accompanied by the expectation that the gift will be able to provide permanent and ongoing support to its recipient or for the gift’s intended purpose.“60 AS
Anmerkungen 1 Vgl. die Darstellung bei Strauch, Lekhapad‑ Benachrichtigung künftiger und untergeord‑
dhati‑Lekhapañcāśikā (2002), 16 f.; 116–122; 244– 266. 2 Ebd., 37: „In beiden Fällen – sowohl bei den Schuldbriefen als auch bei den Schenkungsurkun‑ den – wird deutlich, daß der Verfasser (…) bestrebt war, ein aus der Praxis bekanntes Phänomen in den Bestand seiner Rechtsnormen zu überführen.“ 3 Vgl. The Yājñavalkyasmṛti. With the Com‑ mentary Bālākrīḍā of Viśvarūpācārya. Ed. Taruvagraharam Ganapati Sastri. Trivandrum 1921– 1922, ND Delhi 1982, Strophen 1.314–316; The Law Code of Viṣṇu. A Critical Edition and Annotated Translation of the Vaiṣṇava‑Dharmaśāstra. Ed. Patrick Olivelle. (Harvard Oriental Series, Bd. 73.) Cambridge (Mass.) 2009, Abschnitte 3.81–83; Bṛhaspatismṛti (Reconstructed). Ed. K. V. Rangaswami Aiyangar. (Gaekwad’s Oriental Series, Bd. 85.) Baroda 1941, Strophen 1.6.20–25. In der ‚Yājñavalkyasmṛti‘ (1.314–316) heißt es: „Nachdem er Land gestiftet oder eine begünstigende Fest‑ setzung getroffen hat, möge der Herrscher zur
neter Könige ein Schriftstück anfertigen lassen. Der Herrscher lasse auf einem Stück Stoff oder einer Kupferplatte, versehen mit seinem Siegel, die [Namen der] Angehörigen seines Geschlechts und seinen eigenen [Namen] schreiben und einen dauerhaften Erlass anfertigen, der das Maß der Gabe [und] die Beschreibung der [Folgen einer] Verletzung der Stiftung enthält und mit seiner eigenhändigen Unterschrift und der Zeit[angabe] versehen ist“ (dattvā bhūmiṃ nibandhaṃ vā kṛtvā lekhyaṃ tu kārayet / āgāmikṣudranṛpatiparijñānāya pārthivaḥ // paṭe vā tāmrapaṭṭe vā svamudrāparicihnitam / abhilekhyātmano vaṃśyān ātmānam ca mahīpatiḥ // pratigrahaparīmāṇaṃ dānācchedopavarṇanam / svahastakālasaṃpannaṃ śāsanaṃ kārayet sthiram //); zur Übersetzung dieser Stelle vgl. auch Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañcāśikā (2002), 37. 4 Vgl. Heim, Theories of the Gift (2004), 1. Die betreffende Literaturgattung im Jinismus heißt ‚Śrāvakācāra‘; vgl. ebd., 14–21. Zu mittelalterlichen
Indien
Pali‑Kompendien des Theravāda‑Buddhismus über Laienfrömmigkeit vgl. ebd., 21–28. 5 In frühmittelalterlichen Tamil‑Stiftungs‑ inschriften findet sich häufig das Sanskrit‑Lehn‑ wort brahmadeya; vgl. z. B. Inscriptions of the Early Pāṇḍyas (from c. 300 B. C. to 984 A. D.). Ed. K. G. Krishnan. Delhi 2002, 19, Nr. 11, Z. 60; 31, Nr. 19, Z. 1; 37, Nr. 26, Z. 4; 41, Nr. 29, Z. 6; 138, Nr. 109A, Z. 3. Viel seltener sind Belege für dem tamilischen Lautstand angepasste Termini wie tēvadāṇappiramadēyam (für Sanskrit devadānabrahmadeya); vgl. ebd., 56, Nr. 48, Z. 83. 6 Vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 105–107. Muslimische Herrscher ließen zum Teil Stiftungs‑ inschriften in Sanskrit oder in Sanskrit und Ara‑ bisch beziehungsweise in Sanskrit und Persisch niederschreiben; vgl. ebd., 150. 7 Sanskrit‑Lehnwörter sind auch im Singha‑ lesischen belegt; vgl. z. B. Wella, Dictionary of Sinhala Epigraphical Words (2007), 6 (agrahāra); 81 (devadāna). 8 Vgl. H. Falk, Aśokan Sites and Artefacts (2006), 266–268. 9 Vgl. Rhys Davids / Stede, Pali‑English Dictio‑ nary (1921–1923, ND 1989), 313 (dadāti); 318 (dāna; dānapati). 10 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples (1883), 84–88; 110–112. Zu deyadharma siehe auch Damsteegt, Epigraphical Hybrid Sanskrit (1978), 163; 176 f.; 182; 184 f.; 201; 245; 249. 11 Im ostindischen Orissa werden einst durch Stiftungen gegründete Brahmanensiedlungen noch heute śāsana‑Dörfer genannt; vgl. Pfeffer, Puris Sasana‑Dörfer (1976). 12 Vgl. Chhabra, Diplomatic of Sanskrit Copper‑ Plate Grants (1995). 13 Zu dānapati vgl. The Gilgit Manuscripts of the Śayanāsanavāstu and the Adhikaraṇavastu. Ed. Raniero Gnoli. Rom 1978, ‚Śayanāsanavastu‘, 35.7–9; Schopen, Lay Ownership (1996, ND 2004), 225; 228. Zu dātṛ vgl. Bṛhaspatismṛti. Ed. Aiyangar (wie Anm. 3), 1.6.20–25. Der chinesische buddhis‑ tische Pilgermönch Faxian, der im 5. Jahrhundert Indien bereiste, benutzte ein Pendant des Begriffs dānapati unter anderem für denjenigen, der offen‑ bar seine Heimreise nach China ganz oder teilwei‑ se finanzierte; vgl. Deeg, Gaoseng‑Faxian‑Zhuan (2005), 574. Am Ende einiger Kupfertafelurkunden der Paramāra‑Dynastie aus dem 10./11. Jahrhundert
79 erscheint der Titel dāpaka bezogen auf eine na‑ mentlich genannte, mit der betreffenden Stiftung in nicht spezifizierter Weise befasste Person; vgl. Inscriptions of the Paramāras, Chandellas, Kachchhapaghātas and Two Minor Dynasties. Ed. Harihar Vitthal Trivedi, Bd. 2. (CII 7.) Delhi 1978, 6 f., Nr. 1, Z. 25 f.; 8, Nr. 2, Z. 28; 10, Nr. 3, Z. [9]; 24, Nr. 6, Z. 53; 35, Nr. 9, Z. 29. Dieser Terminus ist vom Kausativ der Verbwurzel dā abgeleitet und bezeichnet daher wörtlich jemanden, ‚der zu geben veranlasst‘. Gebraucht wird der Begriff jedoch in einer Weise, als handele es sich um ein Synonym für dūtaka, ‚Bote‘. Zu einem anderen Interpretati‑ onsversuch vgl. Sircar, Indian Epigraphical Glos‑ sary (1966), 83: „Dāpaka (…) usually regarded as the same as Dūtaka; but really ‚one who causes another to give‘, i. e. the creator of a rent‑free hol‑ ding which was ratified by the king.“ Siehe auch Sircar, Indian Epigraphy (1965), 118. 14 Zu Belegen für all diese Formen vgl. The Inscriptions of the Maitrakas of Valabhī. Texts, Translations, Glossary. Ed. Annette Schmiedchen. Wiesbaden 2014, Appendix: Glossary. Zu dattvā, ‚gegeben habend‘, dem Absolutiv I von dā, in der ‚Yājñavalkyasmṛti‘ siehe oben, Anm. 3. In der ‚Viṣṇusmṛti‘ (siehe Anm. 3) heißt es: „Er [der Herrscher] möge den Brahmanen Land gewähren“ (3.81: brāhmaṇebhyaś ca bhuvaṃ pratipādayet //). Hier wird also eine flektierte Form (Optativ des Kausativs) von prati-pad benutzt. Die analoge Bildung von der Verbwurzel dā – dadyāt, ‚er möge geben‘ – findet hingegen in der Bestim‑ mung Verwendung, die besagt, dass der König den Begünstigten eine Urkunde mit den nötigen Details übergeben möge (3.82). 15 Zu Belegen vgl. Inscriptions of the Maitra‑ kas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Appendix: Glossary. 16 Ein weiterer Begriff taucht in speziellen Kontexten auf: prasādīkṛta, ‚gnädig gewährt‘. Er wurde verwendet, wenn ein Objekt nicht an einen religiösen Empfänger, sondern an einen Vasallen oder Beamten übertragen wurde. So konnte ein buddhistisches Kloster, das an einen hohen Amtsträger zwecks künftiger Fürsorge durch diesen gegeben wurde, bezeichnet wer‑ den, oder aber ein Dorf, das der König einem Vasallen verlieh, damit dieser in die Lage versetzt wurde, Land zu stiften; vgl. Inscriptions of the
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Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Nr. 26, Z. [6]; Nr. G1, Z. 15. 17 Derartige Vorgänge sind häufiger in Stein‑ inschriften als in Kupfertafelurkunden festge‑ halten. 18 Insbesondere in Steininschriften – und dort vor allem in Versen – finden sich auch andere von dieser Verbwurzel abgeleitete Formen. Zu akārayat, ‚er / sie gründete‘ (dritte Person Singular Imperfekt Aktiv vom Kausativ), vgl. Salomon, In‑ dian Epigraphy (1998), 278, Nr. 8, Z. 13; zu akāryata, ‚(durch ihn / sie) wurde gegründet‘ (dritte Person Singular Imperfekt Passiv vom Kausativ), vgl. ebd., 286, Nr. 10, Z. 17; zu cakāra / cakre, ‚er / sie gründete‘ (dritte Person Singular Perfekt Aktiv / Medium), vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 366. 19 Das Stiften von Kultbildern konnte auch durch das Kausativ von sam-ṛ ausgedrückt wer‑ den: samarpayati, ‚er / sie überreicht‘; vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 299, Nr. 12, Z. 7. 20 Selbst die Gründung einer Moschee durch einen islamischen Herrscher konnte in einer in Sanskrit aufgezeichneten Stiftungsinschrift mit diesem Verb formuliert werden; vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 307, Nr. 14, Z. 6: „wurde diese Moschee zum Schutze der eigenen Reli‑ gion (dharma) geschaffen“ (masītir iyaṃ nirmitā svadharmapālanārtham //). 21 Vgl. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Appendix: Glossary; Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi. (CII 6.) Delhi 1977, 67, Nr. 11, Z. 50; 103, Nr. 15, Z. 60. Zu vyaracayat, ‚er / sie fertigte an‘ (dritte Person Singular Imperfekt Aktiv), vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiö‑ ses Patronat (2014), 225; zu araci, ‚(durch ihn / sie) wurde angefertigt‘ (dritte Person Singular Aorist Passiv), vgl. ebd., 388. Das Stiften von Bauten konnte auch durch das Kausativ der Verbwurzel nis-pad bezeichnet werden. Zu niṣpādayitum, ‚ent‑ stehen lassen; ausführen‘ (Infinitiv), vgl. ebd., 120. 22 Vgl. Mylius, Wörterbuch Sanskrit‑Deutsch (1975), 227. 23 Vgl. Sphuṭārthā Abhidharmakośavyākhyā by Yaśomitra. Ed. Unrai Wogihara. Tokio 1971, 352 f. 24 Vgl. Sircar, Indian Epigraphical Glossary (1966), 15. Zu den betreffenden Prakrit‑Inschriften der ersten Jahrhunderte u. Z., die vornehmlich
Geldstiftungen bezeugen, vgl. Njammasch, Akhayanīvi‑Schenkungen (1971). Zu akṣayanīvi in frühen Inschriften siehe auch Damsteegt, Epi‑ graph ical Hybrid Sanskrit (1978), 175; 180; 255; 258. Zur Verwendung von akṣayanīvī in buddhisti‑ schen Sanskrit‑Texten vgl. Schopen, Doing Busi‑ ness for the Lord (1994, ND 2004), 52–56. 25 Sircar, Indian Epigraphical Glossary (1966), 220: „nīvī-dharma (…), the custom regarding per‑ manent endowments; the condition that the donee should not destroy the principal but should enjoy the income arising from it.“ 26 Ebd., 10 f. Siehe auch oben, Anm. 7. Bele‑ ge für agrahāra finden sich allerdings auch im ‚Mahābhārata‘ (3.65.3; 3.222.43; 15.2.2), dem gro‑ ßen altindischen Epos; vgl. The Mahābhārata. For the First Time Critically Edited, Bde. 3–4: The Āraṇyakaparvan. Ed. Vishnu S. Sukthankar. Pune 1942, hier Bd. 3, 214; Bd. 4, 797; Bd. 19: The Āśramavāsikaparvan. Ed. Shripad Krishna Belvalkar. Pune 1959, hier 7. Das vermutlich ‚richtigere‘ agrāhāra ist wohl aufzulösen in agra-āhāra, wört‑ lich: ‚beste Speise‘ oder ‚Speise für die Besten‘ (d. h. ‚Unterhalt für Brahmanen‘); vgl. Krishnan, Agraha‑ ras (1996), 340. Scharfe, Education in Ancient India (2002), 166, Anm. 2, diskutiert die Etymologie von agrahāra in Auseinandersetzung mit Gurumurthy, Education in South India (1979): „His etymology (agrahāra from agra + āhāra as ‘foremost district’ on p. 26) must be rejected, as it violates sandhi rules; is it perhaps ‘first take’ after a conquest or a forest clearance?“ Das von Scharfe vorgebrachte strukturelle Argument ist allerdings nicht stich‑ haltig, da das Wort agrāhāra (statt agrahāra) sehr gut belegt ist. 27 Vgl. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Appendix: Glossary. 28 Vgl. Sircar, Indian Epigraphical Glossary (1966), 60 f. Der Begriff brahmadeya wird schon im ‚Kauṭilīya‑Arthaśāstra‘, dem altindischen Buch der Staatsrechtslehre, benutzt, und zwar im Zu‑ sammenhang mit Steuerfreiheit und Vererbbar‑ keit der betreffenden Stiftungsgüter (→ 5.6.2); vgl. The Kauṭilīya Arthaśāstra. Ed. R. P. Kangle, Bd. 1: A Critical Edition with a Glossary. Bombay 21970, ND Delhi 1997, Abschnitte 2.1.7 und 2.20.20. Zu brahmadeyika, ‚Besitzer eines brahmadeya‘, vgl. ebd. 3.10.9. Zur Übersetzung dieser Stellen sie‑ he auch King, Governance and Law in Ancient
Indien
India. Kauṭilya’s Arthaśāstra. A New Annota‑ ted Translation. Übers. Patrick Olivelle. Oxford / New York 2013, 99; 146; 200. Zu piramadēya siehe oben, Anm. 5; zu brahmadāna / piramadāna vgl. Sircar, Indian Epigraphical Glossary (1966), 60. 29 Vgl. ebd., 87 f. Zu devadāna / tēvadāṇa siehe auch oben, Anm. 5. 30 Vgl. ebd., 92. Siehe auch die älteren Bildungen deyadharma und dharmasetu (→ 1.6.2). Dharma ist ein sehr vielschichtiger Begriff, der in Abhängig‑ keit von der jeweiligen religiösen Richtung eine spezielle Konnotation besitzt. In buddhistischem Kontext bezeichnet dharma in erster Linie die Leh‑ re des Buddha; in brahmanischem Kontext bedeu‑ tet dharma ‚Gesetz; Recht; Pflicht‘ und verweist auf die von Brahmanen formulierten Standesregeln. Zur Benutzung dieses Begriffs, um in einer mus‑ limischen, auf Sanskrit verfassten Inschrift den Islam zu bezeichnen, siehe oben, Anm. 20. 31 Vgl. (auch zu den folgenden Ausführungen) Schmiedchen, Besonderheiten der Schenkungsin‑ schriften unter den Maitrakas (1993), 85–90. 32 Dharasena II., der Maitraka‑Herrscher, un‑ ter dem der Begriff dharmadāya eingeführt wur‑ de, ist als ‚Beschützer der von früheren Königen gewährten religiösen Stiftungen‘ beschrieben (prathamanarapatisamatisṛṣṭānām anupālayitā dharmadāyānām) und mithin mit dem Terminus dharmadāya unmittelbar assoziiert; vgl. z. B. In‑ scriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Nr. 27–29, jeweils Z. 17. 33 Zu einigen Abweichungen von dieser Regel, die wohl mit Schreibernachlässigkeit erklärt wer‑ den können, vgl. Schmiedchen, Besonderheiten der Schenkungsinschriften unter den Maitrakas (1993), 86. 34 Dafür allerdings, dass solche Spezifika – insbesondere in den Zweckbindungen und Pri‑ vilegien – bestanden, spricht nicht zuletzt das epigraphische Material selbst. 35 Schmiedchen, Besonderheiten der Schenkungs‑ inschriften unter den Maitrakas (1993), 88–90. 36 Derartige Belege sind auch ein Indiz für die einstige Existenz von wesentlich mehr Stiftungen als denen, für die sich Urkunden erhalten haben. 37 Es findet sich analog auch die Bezeichnung namasyaśāsana für eine Stiftungsurkunde. 38 Jambgaon Plates of Indra III, Saka 836. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi, in: Epigraphia Indica 36,
81 1965/1966, 223–238, bes. 236, Z. 39–41, Str. 31. Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 148. 39 Vgl. Sircar, Epigraphical Glossary (1966), 70. 40 Vgl. ebd., 61 f. 41 Monier-Williams, Sanskrit‑English Dictionary (1899), 1010: „vṛtti, f. (…) profession, maintenance, subsistence, livlihood“. Vgl. Sircar, Indian Epigra‑ phical Glossary (1966), 381. Siehe auch Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 295; 305–307; 313; 377; 381; 392; 396 f.; 399 f.; 404; 408 f.; 413; 418. 42 Vgl. Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Mirashi (wie Anm. 21), 181, Nr. 40, Z. 36: ° jīvalokadvaya°; 189, Nr. 41, Z. 49: jīvalokaḥ / 1 /; 196, Nr. 42, Z. 56: jīvaloko. Während die Bedeutung klar zu sein scheint, ist es die Etymologie nicht. Die aus der Literatur geläufige Konnotation des Komposi‑ tums jīvaloka ist ‚Welt der Lebenden‘; vgl. MonierWilliams, Sanskrit‑English Dictionary (1899), 423: „jīvaloka, m. the world of living beings (opposed to that of the deceased), living beings, mankind“. Möglich ist, dass jīvaloka in den betreffenden Inschriften als lebensweltlicher / diesseitiger Stif‑ tungsanteil in Abgrenzung zum jenseitig wirksa‑ men religiösen Verdienst verstanden wird. Denk‑ bar wäre jedoch auch, die beiden Komponenten des Kompositums jīva-loka anders aufzufassen; vgl. in diesem Zusammenhang auch ebd., 422: „ jīvana (…) n. (…) livelihood, means of living“. 43 Vgl. Hinüber, Bhūmicchidranyāya (2005), 491; Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 14), Appendix: Glossary. 44 Der Śeṣa ist die mythische Weltschlange, auf deren Körper die Erde lagert. 45 Vgl. Bahal Inscription of the Yadava King Singhana, Saka‑Samvat 1144. Ed. Franz Kielhorn, in: Epigraphia Indica 3, 1894/1895, 110–113, Str. 19: śeṣo yāvad vahati vasudhām eṣa śīrṣair aśeṣair yāvad velāvalayam akhilaṃ nābdhayyo laṅghayanti / tārās tārāpatir api raver maṇḍalaṃ yāvad etad (…) //. 46 Vgl. Mylius, Wörterbuch Sanskrit‑Deutsch (1975), 291. 47 Vgl. Monier-Williams, Sanskrit‑English Dic‑ tionary (1899), 642. 48 Vgl. Kane, History of Dharmaśāstra, Bd. 2.2 (1941), 844. Vgl. auch Orr, Religious Endowments (2011), 151.
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49 Vgl. Monier-Williams, Sanskrit‑English Dic‑ Formen von dāna, vgl. ebd., 13: „But even charita‑ tionary (1899), 182.
50 Kane, History of Dharmaśāstra, Bd. 2.2 (1941),
893. Vgl. auch Orr, Religious Endowments (2011), 151. 51 Vgl. Eine Schenkungsurkunde auf Kupfer‑ platten des Śilāhāra‑Herrschers Chittarāja aus dem Jahre 1034 n. Chr. Ed. Ernst Waldschmidt, in: ZDMG 90, 1936, 265–297. 52 Auch der Herausgeber der bereits erwähn‑ ten Musterurkundensammlung aus dem mittel‑ alterlichen Gujarat spricht von ‚Schenkungs‑ urkunde‘ und ‚Landschenkung‘; vgl. Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañcāśikā (2002), 10; 12; 239; 244–266; 401. Zu religiösen ‚Landschen‑ kungen‘ vgl. ferner Stietencron, Brahmanen als Integratoren (1985), 28 f.; Witzel, Regionale und überregionale Faktoren (1985), 40; 45; Michaels, Hinduismus (1998), 59. Marlene Njammasch geht gar von ‚maßlosen Schenkungen‘ an Tempel und Klöster aus; vgl. Njammasch, Genesis des Feuda‑ lismus (1984), 164 f. 53 Vgl. Schmiedchen, Dorfverleihungen an Brah‑ manen (2001), 63–105; Njammasch, Bauern, Bud‑ dhisten und Brahmanen (2001), 16; 57; 68. 54 Vgl. z. B. A New Copper‑Plate Grant of Harṣavardhana from the Punjab. Ed. Ashvini Agrawal, in: BSOAS 66.2, 2003, 220–228; Chakravarti, Imprecatory Verses (1930); Chhabra, Di‑ plomatic of Sanskrit Copper‑Plate Grants (1995); H. Kulke, Political Functions of Copper‑Plate Grants (1997); Sinha, Early Maitrakas (2001). 55 Für das französische ‚donation‘ vgl. z. B. Lévi, Donations religieuses (1937). 56 Vgl. z. B. den erläuternden Untertitel zu G. Bhattacharya, Dāna‑Deyadharma (1987): ‚Do‑ nation in Early Buddhist Records‘. 57 Vgl. z. B. Karunatillake, Hindu Temples in Bihar and Orissa (1987), mit dem Untertitel: ‚Some Aspects of the Management of Their Monetary Endowments‘; Sontheimer, Religious Endowments in India (1965). 58 Vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 113–118. 59 Ebd., 111. 60 Orr, Religious Endowments (2011), 151. Nath, Dāna (1987), ist hinsichtlich der Terminologie ebenfalls instruktiv, obwohl sich die Monogra‑ phie dem Altertum (hier: 600 v. u. Z. bis 300 u. Z.) und nicht dem Mittelalter widmet. Vijay Nath benutzt den Begriff ,endowment‘ für besondere
ble endowments which are often accompanied by some amount of ceremonialism are also charac‑ ter ized as dāna.“ Ferner ist von „large endow‑ ments of cash and kind to religious beneficiaries“ (ebd., 58) die Rede und davon, dass „monks and nuns made endowments of chiefly structural parts, such as railings, umbrella posts, Buddha images, pillars of Buddhist shrines, etc.“ (ebd., 79), und Termini wie ,monetary endowment‘, ,per‑ manent endowment‘ und ,perpetual endowment‘ werden benutzt (vgl. ebd., 153 f.; 187).
2 Forschungsgeschichten
2.1 Interkulturelle Perspektiven Die Forschungen zum Stiftungswesen vor moderner Kulturen haben sich in der Vergangenheit unabhängig voneinander entfaltet; auch die Eigendynamik der je‑ weiligen Wissenschaften lenkte nur selten den Blick beziehungsgeschichtlich oder vergleichend auf andere Kulturen. Erst seit der Jahrtausendwende hat ein Gespräch über die Grenzen begonnen, das allerdings sogleich mehrere Disziplinen einbezogen hat.1 Zweifellos können künftig alle Part‑ ner_innen aus einer Intensivierung dieser Kontakte und Kooperationen Nutzen zie‑ hen, aber vorläufig treten vor allem diver‑ gente oder gar gegenläufige Tendenzen in den Vordergrund, und selbstverständlich wird die je unterschiedliche Quellenlage auch weiterhin verschiedene Forschungs‑ wege vorschreiben, die auch zu heteroge‑ nen Ergebnissen führen. Eine eigenständige oder theoretisch ela‑ borierte Stiftungsforschung wird von den Vertreter_innen anderer Fächer (Indolo‑ gie, Islamwissenschaft) nur der Mediävistik zugeschrieben, doch vermisst der Experte für abendländisch‑christliche Stiftungen seinerseits einen „über Fach‑ und Länder‑ grenzen hinweg geläufige[n] Kanon von Forschungsbegriffen, Theoriebildungen,
Analysemethoden oder auch nur Grund‑ lagenwerken“. (→ 2.2.1) Trotzdem ist es wohl auf die vergleichsweise reiche und vielfälti‑ ge schriftliche Überlieferung Lateineuropas zurückzuführen, dass von hier aus Fragen an die anderen Fächer gestellt und durch diese teilweise auch aufgegriffen werden konnten. Die indologische Forschung muss sich hingegen ausschließlich auf die Aus‑ wertung eines Genus, der – allerdings reich tradierten – Stiftungsinschriften, beschrän‑ ken, die mit ihren pragmatischen Gehalten oft sogar von den religionsgeschichtlich arbeitenden Vertretern des Faches selbst ignoriert wurden. Andererseits begünstigt die religiöse Vielfalt Indiens eine starke Selbstbezüglichkeit einschlägiger Unter‑ suchungen, zumal hierbei muslimische Stiftungen des asiatischen Subkontinents traditionell gar nicht berücksichtigt werden. Ähnlich einseitig wie für Indien erweist sich die Quellenlage für Byzanz, wo sehr stark die Stiftungsurkunden für Klöster dominieren. Da es in der orthodoxen Kirche im Unterschied zum europäischen Westen keine allgemein verbindlichen Vorschriften wie die ‚Regula Benedicti‘ gab, konnten die Stifter in den oft sehr umfangreichen typika für die monastischen Gemeinschaften eine
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Lebensordnung einschließlich der Memo‑ rialleistungen bis ins Einzelne festlegen. Die Klosterstiftungen nahmen zeitweise exorbitant zu, sodass sich auch Kaiser und Patriarchat mit ihnen befassten; ihre regu‑ lierenden Eingriffe haben Niederschlag in normativen Texten gefunden. Im Gegensatz zu Indien und Byzanz ist die Überlieferung in den muslimisch geprägten Ländern ei‑ gentlich bescheiden, was die Rechtswirk‑ lichkeit angeht; gerade das Stiftungswe‑ sen, das Schriftgut über den waqf, macht hier aber eine Ausnahme. Von Indien bis Spanien haben sich, auch unter dem Ein‑ fluss christlicher Nachbarn oder Unterta‑ nen, ganz unterschiedliche muslimische Kulturen ausgebildet, und sogar die ver‑ schiedenen Rechtsschulen setzten starke regionale Akzente. Von einem einheitlichen muslimischen Stiftungswesen kann man also kaum reden, und dementsprechend partikularisiert erweist sich auch die is‑ lamwissenschaftliche Forschung. Immer‑ hin wird diskutiert, ob sich die frühesten Stiftungen der Muslime eher am byzantini‑ schen oder am persischen (sasanidischen) Vorbild orientiert haben. Karg ist trotz der Funde von Alt‑Kairo die Quellenlage für Stiftungen im Judentum. Trotzdem ergibt sich für die Spezialforschung der Befund verschiedener jüdischer Kulturen, die unter christlichen oder muslimischen Einflüssen standen; deshalb konnte sich auch „keine kohärente Vorstellung von ‚Stiftung‘“ he‑ rausbilden. (→ 2.4.1) Die Identifizierung von Stiftungen selbst ist schwierig, weil der aus dem Tempelkult stammende und mit Armenfürsorge überhaupt verbundene Begriff heqdesh unspezifisch erscheint. Zur Interpretation von Stiftungen im Juden‑ tum – die Bezeichnung ‚jüdische Stiftungen‘ ist problematisch – müssen jedenfalls die Praktiken der andersgläubigen Mehrheits‑ gesellschaften oder Nachbarn mit herange‑ zogen werden.
Forschungsgeschichten
Die Eigenart der indischen Inschriften auf Stein‑ oder Kupfertafeln erlaubt in einzigartiger Weise, mit Stiftungen die politische Ordnung sowie die soziale und ökonomische Struktur des Landes, mindes‑ tens einzelner Regionen, zu durchdringen. Die Texte bieten Genealogien der wichtigs‑ ten Stifter, der Könige und Fürsten, und somit für die allgemeine Geschichte eine unentbehrliche Grundlage. Da Stiftungen „geradezu omnipräsent“ waren (→ 2.6.3) und eine große Anzahl Dorf‑ und Land‑ stiftungen, vor allem an Brahmanen, der jeweiligen Dynastie einen unverkennba‑ ren Machtverlust eintrugen, spielen die Verleihungen und Vergabungen in der bis heute andauernden Diskussion um einen indischen Feudalismus eine Schlüsselrolle; ähnliches gilt für die später aufgekommene Kontroverse über das für Indien geltend gemachte Modell des ‚segmentary state‘. Auch für die Kenntnis der Verwaltung in indischen Reichen und Fürstentümern sind Stifterinschriften entscheidend, während Buddhologen erst seit den 1980er Jahren die religionsgeschichtliche Relevanz dieser Zeugnisse gegenüber den längst geläu‑ figen normativen Texten erkannt haben. Eine überregionale Geschichte des Brah‑ manentums im Mittelalter, die sich gerade mit Hilfe von Stiftungen schreiben ließe, wird aber schon seit zwanzig Jahren als Desiderat angemahnt. Was die indischen Zeugnisse nicht zulassen, ist, die Geschich‑ te einzelner Stiftungen über den Grün‑ dungsakt und gar über längere Zeit hinaus zu verfolgen und darzustellen. Diesseits ihrer Informationen über die Welt, in die sie sich einfügen sollten, sind Stiftungen in Indien deshalb selbst auch kaum nach ihrer inneren Bestimmung untersucht worden; abzuwarten bleibt, ob der Vergleich mit anderen Stiftungskulturen den indischen Forschungen in dieser Hinsicht eine neue Wende geben kann.
Interkulturelle Perspektiven
Ähnlich wie für Indien wird auch für Byzanz der gesamtgesellschaftliche Stel‑ lenwert von Stiftungen im Hinblick auf einen Feudalismus diskutiert. Besonders nachhaltig beeinflusste der amerikanische Wissenschaftler Peter Charanis die For‑ schung von 1948 bis heute mit der These, „dass die langfristige Anhäufung von Lände‑ reien bei größeren byzantinischen Klöstern nicht nur die finanzielle und militärische Kraft des Staates ausgesogen habe, sondern auch die tragende Schicht (…) [des] freie[n] Kleinbauerntum[s], was noch gravierender gewesen sei“. (→ 2.5.4) Eine eindeutige Be‑ stätigung oder Widerlegung dieser Auffas‑ sung könne es nicht geben, argumentierte ein sorgfältiger Kritiker von Charanis in jüngster Zeit: „Although many more sour‑ ces are now available in published monastic archives than Charanis had available to him, the greatest obstacle to reaching any definitive conclusion with regard to his the‑ sis is the almost total disappearance of state records (…). The few state records that have been preserved, like grants of land to and tax concessions for monasteries, owe their preservation to their inclusion in monastic archives, and therefore tend to support the validity of the thesis. There is much less documentation of grants to other parties, such as military landholders, that may have had a comparable or even greater drain on the state’s resources, albeit with some tan‑ gible contribution to its welfare.“2 Trotzdem ermutigte sich der Autor zu dem Urteil, neuere Studien hätten mehr Argumente zugunsten der These als gegen sie erbracht. Indessen haben Wirtschaftshistoriker der letzten Jahre den Einfluss der großen Klöster auf die byzantinische Volkswirtschaft sehr günstig bewertet. (→ 2.5.5) Umgekehrt diskutiert die islamwissen‑ schaftliche Forschung, insbesondere, soweit sie sich mit Mamlūken und Osmanen be‑ schäftigt, über die Frage, ob die ökonomische
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Stagnation muslimischer Länder in neuerer Zeit nicht (auch) eine Folge extensiver Stif‑ tungstätigkeit gewesen ist. Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die frommen Stiftungen schon während des Mittelalters im Islam ‚allgegenwärtig‘ waren; wie hier nachgewiesen wird, datiert das älteste be‑ kannte Zeugnis bereits von 875/876 u. Z. (→ 2.3.1, Anm. 21 f.) ,Staatliche‘ Stiftungs‑ förderung, aber auch Kritik am angeblichen Missbrauch von Stiftungen sind in der mus‑ limischen Welt wohl weiter verbreitet als irgendwo sonst. Schon lange hat sich hier die Politik um das Stiftungswesen bemüht. Vor rund 75 Jahren begann das ‚General Directorate of Pious Foundations of the Re‑ public of Turkey‘ mit der Publikation einer Zeitschrift, die den frommen Stiftungen gewidmet sein sollte (‚Vakıflar Dergisi‘, seit 1938). In jüngerer Zeit hat auch die ‚Kuwait Awqaf Public Foundation‘ einen Kongress der Ministerien ‚of Awqaf and Islamic Af‑ fairs‘ koordiniert, um die Idee islamischer Stiftungen und zugleich die Erforschung des Stiftungswesens zu beleben (1995); dieselbe Institution finanziert seit 2001 ein anderes, alle zwei Jahre erscheinendes Periodikum von Studien zu muslimischen wohltätigen Stiftungen, in dem Beiträge in arabischer, englischer und französischer Sprache pub‑ liziert werden. Andererseits lässt sich eine Belebung der muslimischen Stiftungsfor‑ schung aus rein wissenschaftlichen An‑ trieben beobachten; denn es war offenbar die Entdeckung der Geniza von Alt‑Kairo, also des Depositums einer jüdischen Ge‑ meinde unter muslimischer Herrschaft, die seit den späten siebziger Jahren auch die Erforschung muslimischer Stiftungen ins‑ piriert hat. Dabei setzte sich, abgesehen von Akzenten auf der Sozial‑ und Wirtschafts‑ geschichte, immer mehr eine holistische Betrachtung der Stiftungen durch, die der Annäherung an Stiftungen als ,totales so‑ ziales Phänomen‘ in der abendländischen
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Forschung entspricht. Neben erstaunlich spät aufgekommenen religionsgeschichtli‑ chen sowie kunsthistorischen Studien, die mehr oder weniger auch Bestandteile der anderen Forschungstraditionen sind, haben sich Islamwissenschaftler_innen besonders mit Gender‑Fragen im Stiftungswesen aus‑ einander gesetzt. Erst neuerdings hat die These von der Stiftung als juristischer Persönlichkeit in der muslimischen Stiftungsforschung An‑ hänger_innen gefunden (→ 2.3.2); auch im Hinblick auf das mittelalterliche Judentum wird über diese Rechtsfiktion debattiert (→ 2.4.2). Demgegenüber geht die rezente Belebung der Forschungen zu lateineuro‑ päischen Stiftungen im Wesentlichen auf die Erkenntnis zurück, dass die These von der Rechtspersönlichkeit der mittelalterli‑ chen Stiftungen eine unzulässige Projektion deutscher Rechtshistoriker aus der Welt des 19. Jahrhunderts war. Man hat die Über‑ windung dieser Anschauung geradezu als „forschungsstrategischen ‚Befreiungsschlag‘“ bezeichnet. (→ 2.2.3) Jedenfalls ist für die abendländische Forschung ein sozial‑ und kulturhistorischer Ansatz fruchtbar ge‑ worden, nach dem Stiftung als soziales System betrachtet wird, durch das das Ge‑ denken des Stifters auf Dauer gewährleis‑ tet werden sollte. Konsequenter als in den anderen Forschungstraditionen rückt hier Anmerkungen 1 Vgl. Borgolte, Stiftungen in Christentum,
Judentum und Islam (2005), Ergebnis einer Ber‑ liner Tagung vom 13./14. Juni 2003. Siehe auch → 2.3.1, nach Anm. 31. 2 J. Thomas, Exkurs (2011), 65.
Forschungsgeschichten
die Stiftung selbst in den Mittelpunkt der Analysen, und zwar unter allen denkbaren Aspekten ihrer Bedeutung als totale soziale Tatsache und ihres historischen Wandels womöglich von der Gründung bis zur Ge‑ genwart. Die Einsicht einer gegenseitigen Bedingung von ‚Stiftung und Memoria‘ ist inzwischen auch von der byzantinistischen, islamwissenschaftlichen und judaistischen Forschung aufgegriffen worden. Anderer‑ seits lässt sich nicht verkennen, dass die Rolle von Stiftungen im Gesamtgefüge ei‑ ner vormodernen Gesellschaft bei der Er‑ forschung der lateinischen Zeugnisse bei weitem nicht so entschlossen angegangen worden ist wie etwa durch Indologen für ihren Forschungsbereich. Daran ändern auch Studien zu Klosterstiftungen im Or‑ densverband, in begrenzten Regionen oder in einzelnen Städten nicht viel. Intensiver bedenken als bisher müssen die Stiftungs‑ forscher_innen die Wechselbeziehungen ihrer eigenen Studien und der ihrer Vor‑ gänger_innen mit gesellschaftlichen oder politischen Prozessen und Ereignissen ihrer Zeit. Europäische Orientalisten, das wissen wir immerhin durch den folgenden Artikel, haben die muslimischen Stiftungen wohl erst entdeckt, seitdem französische Gelehrte im Gefolge Napoleons nach Ägypten zogen (1809–1829). MB
Lateinische Christen
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2.2 Lateinische Christen 2.2.1 Allgemeines Die mediävistische Stiftungsforschung hat bis auf den heutigen Tag ein solch schwa‑ ches Bewusstsein ihrer selbst ausgebildet, dass dieser Sammelbegriff nicht ohne eine gewisse Chuzpe verwendet werden kann. Die internationale und interdisziplinäre Mediävistik hat zwar seit dem ausgehen‑ den 19. Jahrhundert Hunderte von Publika‑ tionen zum abendländischen Stiftungswe‑ sen des Mittelalters vorgelegt,1 es existiert aber bislang weder ein einschlägiges Peri‑ odikum, das diesem Gegenstand in einem besonderen Maße gewidmet wäre, noch ein über Fach‑ und Ländergrenzen hinweg geläufiger Kanon von Forschungsbegrif‑ fen, Theoriebildungen, Analysemethoden oder auch nur Grundlagenwerken 2. Die Ursachen für den vergleichsweise geringen Grad an forschungsstrategischer Kohärenz und Institutionalisierung sind (1.) in der oftmals sehr starken Spezialisierung, (2.) in der geringen internationalen Vernetzung und (3.) in der – an sich erfreulichen – Interdisziplinarität der mediävistischen Stiftungsforschung zu suchen. (1.) Die Forschung zu den mittelalterlichen Stiftungen neigt seit jeher dazu, sich mit der Erkenntnis des Einzelnen zu begnü‑ gen.3 Viele Untersuchungen beschränken sich dementsprechend auf die Geschichte einer einzelnen Stiftung oder sogar bloß auf einen kurzen Ausschnitt derselben. Aber auch dort, wo mehrere Stiftungen in den Blick genommen werden, verengt die strikte Konzentration auf bestimmte Stif‑ tungstypen (zum Beispiel Klöster, Spitäler, Universitätskollegien) und / oder Untersu‑ chungsregionen (zum Beispiel Bistümer,
Königreiche, Grafschaften, Städte) in der Regel das Blickfeld ganz enorm. Zudem sind derartige Studien oftmals eher kom‑ pilatorisch als komparatistisch angelegt. Bezeichnenderweise ist die vornehmliche Publikationsform zum Thema ‚Stiftungen‘ denn auch der Aufsatz und nicht die Mono‑ graphie. Umfassende Abhandlungen werden fast ausschließlich im Rahmen von akade‑ mischen Qualifikationsarbeiten angefertigt und sind der ,scientific community‘ deshalb mitunter bloß als schwer zu beschaffende Mikrofilme oder auch gar nicht zugänglich.4 (2.) Die Stiftungen des Mittelalters werden seit der Mitte des 19. Jahrhundert überall in West‑, Mittel‑, Nord‑ und Südeuropa mit dem Instrumentarium moderner Quellen‑ kritik erforscht.5 Dabei beschränkt sich aber jede Wissenschaftsnation im We‑ sentlichen auf ihre ‚eigenen‘ Stiftungen; und zwar nicht nur in solchen Fällen, in denen ein vornehmlich lokalgeschicht‑ liches Interesse offenkundig erkenntnis‑ leitend ist, sondern auch dann, wenn es – wie etwa bei der Frage nach dem Beitrag von Stiftungen zur Ausbreitung religiöser Ordensgemeinschaften – eigentlich um die Erfassung und Deutung transnationaler Phänomene gehen müsste. Die geographi‑ sche Selbstbeschränkung im Hinblick auf die Forschungsgegenstände korrespondiert zudem immer wieder mit einer Nichtbeach‑ tung fremdsprachiger Forschungsbeiträge. (3.) Mittelalterliche Stiftungen werden von ganz verschiedenen historischen Diszipli‑ nen erforscht, die nicht nur unterschiedli‑ che Erkenntnisziele verfolgen, sondern sich
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oftmals auch auf bestimmte Stiftungstypen und / oder spezifische Quellencorpora kon‑ zentrieren. Komplexe und für Außenste‑ hende mitunter schwer zu durchschauende Forschungstraditionen der einzelnen Fächer sowie der Mangel an einer einheitlichen wissenschaftlichen Terminologie (→ 1.2) erschweren das interdisziplinäre Gespräch. Nichtsdestotrotz zeichnet sich gerade in neuerer Zeit eine zunehmende Profilierung der mediävistischen Stiftungsforschung ab. Die drei wichtigsten Indikatoren hier‑ für sind: (a) in immer kürzerer Frequenz stattfindende Konferenzen, die das Thema Stiftungen in den Mittelpunkt stellen und Experten unterschiedlicher Disziplinen und Länder miteinander ins Gespräch brin‑ gen;6 (b) Forschungsberichte, die zumindest die jüngsten Entwicklungen in der histori‑ schen Stiftungsforschung zusammenzufas‑ sen suchen;7 und (c) die Etablierung einer international anerkannten Schriftenreihe zum mittelalterlichen Stiftungswesen, in der bislang zehn Bände erschienen sind.8 2.2.2 Kirchengeschichte Die meisten Publikationen, die das okzi‑ dentale Stiftungswesen des Mittelalters behandeln, sind Beiträge zur kirchlichen Institutionengeschichte. In diesen werden Stiftungen allerdings mit ganz unterschied‑ lichen Zielsetzungen als historische Phäno‑ mene thematisiert. So beziehen sich etwa die zahllosen Institutionengeschichten ein‑ zelner Klöster, Stifte, Spitäler, Kapellen usw. in der Regel keineswegs systematisch auf den ursprünglichen Stiftungsimpuls. Im Mittelpunkt derartiger Studien steht also nicht der durch Treuhänder und Destina‑ täre vermittelte Wirkungszusammenhang von Stiftungskapital und Stiftungszweck im Wandel der Zeiten, sondern vielmehr
Forschungsgeschichten
die Verfassungs‑, Besitz‑, Bau‑ und / oder Liturgiegeschichte einzelner Institute von den Anfängen bis zu ihrer Aufhebung oder sogar bis zur Gegenwart.9 Nichtsdestotrotz tragen Untersuchungen wie diese mitunter viel kostbares Material für die historische Stiftungsforschung im engeren Sinne zu‑ sammen, ohne sich selbst ausdrücklich als Beitrag zu dieser zu verstehen. Wesentlich intensiver ist der Rekurs auf stiftungsgeschichtliche Fragestellungen naturgemäß bei den ebenfalls sehr zahl‑ reichen Einzelstudien, die die Errichtung einzelner Institute in den Mittelpunkt ih‑ rer Analysen rücken. Kennzeichnend für solche Untersuchungen ist die starke Kon‑ zentration auf die ereignisgeschichtlichen Abläufe. Stiftungsgeschichte unter diesen Vorzeichen meint zunächst einmal Erfas‑ sung und editorische Erschließung von Stiftungszeugnissen, angesichts der Fo‑ kussierung auf Stiftungsprozesse also vor allem der jeweils zur Verfügung stehen‑ den urkundlichen und historiographischen Quellen. (→ 5.2) Von den Publikationen des 19. Jahrhunderts beschränkten sich dem‑ entsprechend nicht wenige auf den – mit‑ unter gänzlich unkommentierten – Ab‑ druck einzelner Stiftungsurkunden.10 Mit der immer lückenloseren Erschließung der mittelalterlichen Urkundenbestände durch regionale Urkundenbücher11 wurde diese Grundlagenforschung zwar allmählich ob‑ solet. Noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts können Mittelalterforscher aber in den Quellenanhängen ihrer Untersuchungen reihenweise mit bislang ungedruckten Urkunden oder Testamenten aufwarten, die über die Errichtung von Stiftungen Auskunft geben.12 Bei den historiographi‑ schen Zeugnissen sind Erstdrucke dagegen mittlerweile eher selten geworden, doch werden auch altbekannte Geschichtserzäh‑ lungen fortlaufend in editorisch immer an‑ spruchsvolleren Neuausgaben präsentiert
Lateinische Christen
und mitunter sogar in moderne Sprachen übersetzt.13 Schon früh mussten die Historiker in‑ des erkennen, dass mit der bloßen Mittei‑ lung der mittelalterlichen Zeugnisse die Ereignisgeschichte der Stiftungsaktivitäten noch keineswegs abschließend rekonst‑ ruiert war; selbst dann nicht, wenn die Editionen nach den immer ausgetüftelte‑ ren Regeln der historischen Diplomatik erfolgten. Stattdessen setzte oftmals ge‑ rade mit der Veröffentlichung im Druck eine – mitunter sehr kontroverse – wis‑ senschaftliche Debatte um den historischen Aussagewert der jeweiligen Zeugnisse ein. Vermeintlich authentische Stiftungsurkun‑ den wurden nun von kritischen Denkern als plumpe oder geschickte Fälschungen entlarvt14 und die seit langem tradierten Gründungsgeschichten mittelalterlicher Stiftungen als bloße Legenden oder Mythen demaskiert15; was nicht immer, aber doch oft genug andere Forscher dazu herausfor‑ derte, die Authentizität dieses oder jenes Stückes nachweisen zu wollen. Neben der editorischen Bereitstellung einschlägiger Zeugnisse beschäftigt deren historische Kritik nach wie vor weite Teile der For‑ schung zum mittelalterlichen Stiftungs‑ wesen.16 Doch selbst in solchen Fällen, in denen über den Quellenwert bestimmter Urkunden oder Chroniken nicht (mehr) gestritten zu werden braucht, bereitet die Lückenhaftigkeit der mittelalterlichen Überlieferung oftmals arge Probleme bei der ereignisgeschichtlichen Auswertung. Fehlende oder fehlerhafte Datierungen pro‑ vozieren deshalb immer wieder komplexe Indizienbeweise.17 Das Gleiche gilt bei un‑ eindeutiger Benennung in den erhaltenen Schriftquellen auch für die Identifikation der am Stiftungsgeschäft beteiligten Per‑ sonen und erst recht für die Ermittlung ihres jeweiligen Anteils an dessen Zustan‑ dekommen.18 (→ 2.2.4)
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Einen besonders namhaften Beitrag zur Gründungsgeschichte kirchlicher Institutio‑ nen leistet traditionell die ordensgeschicht‑ liche Forschung. Ihr Interesse für die Er‑ richtung von Klöstern (seltener auch von Spitälern oder Kommenden) beruht nicht zuletzt darauf, dass diese sich als Weg‑ marken für die sukzessive Ausbreitung der verschiedenen Orden interpretieren lassen. Neben ordensgeschichtlichen Fallstudien zu einzelnen Klosterstiftungen existieren des‑ halb gerade für die großen Ordensgemein‑ schaften des mittelalterlichen Abendlands zahlreiche national oder regional fokus‑ sierte Untersuchungen, die das Vordringen der Zisterzienser19 und Zisterzienserinnen20, der Prämonstratenser21, der Kartäuser22, der Karmeliten23, der Dominikaner24, der Fran‑ ziskaner25 und Klarissen 26 in bestimmte Räume nachzeichnen. Dabei versuchen die Autoren in der Regel anhand einer schwie‑ rigen Überlieferungslage zu ermitteln, wel‑ chen Anteil einerseits die charismatischen Ordensgründer bzw. nach deren Tod die Ordensleitung und andererseits die lokalen Potentaten (Könige, Fürsten oder Bischöfe) an der Errichtung bestimmter Konvente hatten. Große Beachtung findet dabei stets die Frage, welches Kloster denn das erste seines Ordens innerhalb einer bestimmten Region war;27 sie bildet oftmals den Aus‑ gangspunkt für die Reihung aller übrigen Dependancen nach Anciennität, die bereits den mittelalterlichen Ordensbrüdern ein großes Anliegen war.28 Das institutionen‑ geschichtliche Interesse für die Expansion der einzelnen Orden wird dabei in der Regel aufs Engste verbunden mit der Frage nach deren spezifischer Spiritualität, da diese den meisten Autoren als zentraler, wenn auch nicht alleiniger Stiftungsanreiz von Ordensklöstern gilt. Damit sind die religiösen Rahmenbe‑ dingungen des mittelalterlichen Stiftungs‑ wesens angesprochen, die unter dem
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Aspekt der Jenseitsvorsorge insbesondere von der Frömmigkeitsgeschichte erörtert werden. Neben anderen Quellengattungen erweisen sich nämlich gerade die Stiftungs‑ urkunden mit ihren im Idealfall sehr klar artikulierten Stiftermotiven und ‑auflagen als hervorragende Indikatoren für die suk‑ zessive Perfektionierung der „gezählten Frömmigkeit“ des abendländischen Mit‑ telalters, bei der Frömmigkeitsakte wie Almosen und Messen kurzerhand mit den auf Erden begangenen Sünden ‚verrechnet‘ wurden.29 Der Hauptzweck vieler Stiftun‑ gen bestand schließlich darin, genau diese Frömmigkeitsakte stellvertretend für den Stifter zu vollziehen und so bis zum Tag des Jüngsten Gerichts fortlaufend Gutschriften auf dessen ‚Seelenkonto‘ zu erwirken.30 Als fromme Werke sollten Stiftungen aber nicht nur dem Seelenheil des Stifters die‑ nen, sondern – wie Karl Schmid 1985 zu Recht betont hat – auch demjenigen der Treuhänder und Destinatäre.31 Noch stärker auf das Stiftungswesen fokussiert sind solche Untersuchungen, die die Fragerichtung gewissermaßen umkeh‑ ren, sich also dafür interessieren, inwieweit der historische Wandel bestimmter Fröm‑ migkeitspraktiken das Stiftungswesen ver‑ änderte oder gar in seinen Grundfesten erschütterte. Von besonderer Bedeutung ist dabei die bislang nicht abschließend geklärte Frage, welche Folgen die Etablie‑ rung der Fegefeuerlehre, die 1247 auf dem Konzil von Lyon zum Dogma erklärt wurde, auf die spätmittelalterliche Stiftungspraxis hatte. Während Jacques Chiffoleau in Avi‑ gnon einen – im Sinne dieser Jenseitslogik zu erwartenden – Rückgang gestifteter ‚Ewig‑Messen‘ beobachtete,32 stellte Ralf Lusiardi in Stralsund eine unveränderte Bedeutung zeitlich unbegrenzter Stiftun‑ gen fest33. Wie repräsentativ das offenkun‑ dig divergierende Stiftungsverhalten der Avignoner bzw. Stralsunder Bürger für das
Forschungsgeschichten
gesamte Abendland war, wird wohl nur auf dem Weg weiterer Lokalstudien zu ermit‑ teln sein, die allerdings bislang noch aus‑ stehen.34 Die historischen Konjunkturen bestimmter Frömmigkeitsmuster betrafen indes nicht nur die Errichtung neuer, son‑ dern auch den Vollzug bereits bestehender Stiftungen. Als wichtigste Zäsur muss in dieser Hinsicht zweifellos die Reformation gelten, deren Wortführer die Werkgerech‑ tigkeit stellvertretender Frömmigkeitsakte grundsätzlich bestritten.35 Doch konnte mittlerweile auch für die mittelalterlichen Jahrhunderte aufgezeigt werden, dass und wie der Vollzug bestimmter Stifterauflagen im Laufe der Zeit durch die Destinatäre an neu aufgekommene Frömmigkeitsprakti‑ ken angepasst wurde.36 2.2.3 Rechtsgeschichte Im Mittelpunkt der rechtsgeschichtlichen Stiftungsforschung stand lange Zeit die Fra‑ ge, ob bereits die mittelalterlichen Juristen die – aus Sicht der modernen kontinen‑ taleuropäischen Stiftungsrechtsdogmatik – optimale Lösung für die Teilnahme von Stiftungen am Rechtsleben gefunden hätten, nämlich deren Subsumption unter die ju‑ ristischen Personen. Ausgangspunkt dieser Überlegungen bildete dabei stets die justi‑ nianische Gesetzgebung, in die man eine solche Rechtskonstruktion immer wieder hat hineinlesen wollen.37 Da sich ein un‑ gebrochenes Fortwirken der kaiserlichen Rechtssetzungen anhand der abendländi‑ schen Zeugnisse aber nicht erhärten lässt,38 ging man bald dazu über, von einer Rechts‑ persönlichkeit mittelalterlicher Stiftungen nur mehr mit erheblichen Einschränkun‑ gen zu sprechen, die allerdings ganz un‑ terschiedlich gefasst wurden. So versuchte etwa Siegfried Reicke in seiner einflussrei‑ chen Abhandlung über ‚Stiftungsbegriff und
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Stiftungsrecht im Mittelalter‘ von 1933 zu zeigen, dass die bereits im spätrömischen Recht ausgebildete Vorstellung einer Rechts‑ subjektivität von Stiftungen durch das Ei‑ genkirchenrecht der Germanen zunächst untergegangen sei, mit dem Aufblühen der Kanonistik jedoch seit dem hohen Mittelal‑ ter ein allmähliches Comeback erlebt habe, auch wenn man einräumen müsse: „Der Begriff [der Stiftung als juristischer Person] lebte, aber war noch nicht gefaßt. Der Ge‑ danke war gegenwärtig, aber noch nicht zur Abstraktion erhoben.“39 Noch vorsichtiger argumentierte dann 1938 Dietrich Pleimes, der lediglich bei bestimmten Stiftungsty‑ pen – nämlich den Anstaltsstiftungen, den Pfründstiftungen und den von städtischen Räten regierten Rahmenstiftungen – Ansät‑ ze zu einer abstrakten Rechtspersönlichkeit erblicken wollte, während bei der breiten Masse der Treuhänderstiftungen von einer solchen gar keine Rede sein könne.40 Pleimes war es auch, der wohl als Ers‑ ter grundsätzlich davor warnte, moderne Rechtszustände kurzerhand aufs Mittelalter zu projizieren. Doch blieben seine diesbe‑ züglichen Ausführungen im Wesentlichen ebenso ungehört wie später ähnliche Mah‑ nungen des niederländischen Rechtshis‑ torikers Robert Feenstra.41 Ein wirkliches Umdenken fand erst statt, nachdem Michael Borgolte 1988 die These aufgestellt hatte, dass der dauerhafte Bestand einer Stiftung im Mittelalter nicht durch eine qua Gesetz zugebilligte Rechtssubjektivität gesichert worden sei, sondern durch die reziproke Gabentauschbeziehung zwischen dem Stif‑ ter und den Empfängern der durch seine Stiftung erwirtschafteten Erträge.42 Mit diesem forschungsstrategischen ‚Befrei‑ ungsschlag‘ wurde die einseitige Fixierung der rechtshistorischen Stiftungsforschung auf die Frage nach der juristischen Per‑ sönlichkeit endlich überwunden, so dass fortan viel unvoreingenommener nach den
zeitgenössischen Strategien zur Rechtssiche‑ rung von Stiftungen gefragt werden konnte, mittels derer die sozialen Beziehungen zwi‑ schen dem früher oder später toten Stifter und seinen von Generation zu Generation ‚nachwachsenden‘ Stiftungsverwaltern und ‑empfängern konditioniert und verstetigt werden sollten.43 Vor diesem Hintergrund ergeben sich auch neue, bislang aber noch kaum genutzte Ansatzpunkte für Unter‑ suchungen zu zwei weiteren rechtshisto‑ rischen Phänomenen, die aufs Engste mit der Geschichte des Stiftungswesens verbun‑ den sind: zur mittelalterlichen Amortisa‑ tionsgesetzgebung44 und zur Frage nach der Rechtmäßigkeit von Stiftungsreduktionen45. 2.2.4 Sozialgeschichte Die sozialgeschichtliche Stiftungsforschung interessiert sich in erster Linie für die so‑ zialen Bindungen, die durch Stiftungen begründet wurden. Wegweisend für die‑ sen Forschungsansatz wurde die seit Mit‑ te der 1970er Jahre gereifte Einsicht, dass die im Rahmen von Stiftungen gepflegten zwischenmenschlichen Beziehungen sich nicht auf solche zwischen Lebenden be‑ schränkten, also etwa die Interaktionen von Stiftungsverwaltern und Stiftungsempfän‑ gern, sondern dass diese auch ausgewählte Tote einschlossen, nämlich den Stifter und mitunter auch die von diesem benannten Profitienten. Die Beziehung zwischen dem früher oder später verstorbenen Stifter und seinen Exekutoren und Destinatären wur‑ de dabei unter Rekurs auf ein Modell des französischen Ethnologen Marcel Mauss als Gabentausch ad infinitum gedeutet, ohne den das mittelalterliche Stiftungswesen gar nicht denkbar sei. Der fortwährende Austausch materieller Gaben (Stiftungser‑ träge) und immaterieller Gegengaben (Ge‑ bete, stellvertretende Frömmigkeitsakte)
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habe nämlich als sozialer Mechanismus den dauerhaften Bestand von Stiftungen viel effektiver sichern können als die durch kirchliche oder staatliche Instanzen sank‑ tionierten rechtlichen Vorschriften.46 Auch wenn sich dieses Muster sozialer Be‑ ziehungen zwischen dem Stifter und seinen Stiftungsverwaltern und ‑empfängern bei allen Stiftungstypen in sämtlichen Regionen des abendländischen Europa während des gesamten Mittelalters (und darüber hinaus) beobachten lässt, nahm es bei den meisten Stiftungen doch ganz individuelle Züge an. Mit großer Akribie haben Sozialhistoriker deshalb die konkreten Rollenverteilungen der am Stiftungsgeschehen beteiligten Par‑ teien für einzelne Stiftungen zu rekonstruie‑ ren versucht. Besonderes Interesse fand da‑ bei zunächst vor allem die Phase der ‚Kon‑ taktaufnahme‘, für die alsbald konstatiert werden konnte, dass Stiftungen nicht in einem einmaligen deklamatorischen Akt, sondern in einem komplexen und vor al‑ lem interaktiven Prozess ins Leben geru‑ fen wurden.47 Um diesen nachzuzeichnen, genügt es in der Regel nicht, die religiösen, wirtschaftlichen und politischen Motive zu erschließen, die den Stifter und seine Vertragspartner antrieben; es ist auch zu ermitteln, welche Hindernisse es im Vorfeld aus dem Weg zu räumen galt und welche Nachbesserungen noch zu Lebzeiten des Stifters unvermeidlich schienen. Wie bereits aus den Titeln derartiger Studien zu erse‑ hen ist, argumentieren die meisten Autoren bei aller Betonung der Multilateralität von mittelalterlichen Stiftungsprozessen aber letztlich doch in erster Linie aus der Per‑ spektive der jeweiligen Stifter; seien diese nun Könige48, Kanzler49 oder Kardinäle50, Bischöfe51, Bürger52 oder Bauern53. Stärker im Vordergrund steht die Rol‑ le der Stiftungsverwalter und ‑empfänger dagegen in Untersuchungen, die das Span‑ nungsverhältnis von Stiftungskonzeption
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und Stiftungswirklichkeit beleuchten, also der Verwaltung des Stiftungsvermögens und dem Vollzug der Stiftungszwecke im historischen Wandel nachspüren.54 Zu die‑ sem Zweck sind in den letzten Jahrzehnten neben den seit jeher behandelten urkund‑ lichen und historiographischen Zeugnis‑ sen verstärkt neue Quellengenera für die historische Stiftungsforschung erschlossen und zum Teil auch editorisch aufbereitet worden, vor allem Toten‑ und Ritualbücher, aber auch Rechnungen, Besitz‑ und Einkünf‑ teregister.55 (→ 5.2.3) Obgleich es sich bei der diachronischen Analyse von Stiftungs‑ geschichten noch um ein vergleichsweise unbestelltes Forschungsfeld handelt, ist neu‑ erdings ein erster Versuch unternommen worden, die bislang erhobenen Befunde für generalisierende Modellbildungen nutzbar zu machen. Tillmann Lohse entwarf 2011 eine Typologie der Handlungsoptionen, mit denen Treuhänder und Destinatäre dem Beständigkeitsanspruch ‚ihrer‘ Stiftung be‑ gegnen konnten, und erprobte zudem ein Verfahren zur approximativen Bestimmung des ‚tatsächlichen‘ Beständigkeitsgrades einer konkreten Stiftung.56 Müssen sich detaillierte Analysen von Stiftungsprozessen und Stiftungswirklich‑ keiten schon aus arbeitsökonomischen Gründen oftmals mit Detailstudien begnü‑ gen, erlauben gröbere Analyseraster auch die gleichzeitige Betrachtung einer Vielzahl von Stiftungen. Ein solcher Zugriff scheint immer dann geboten, wenn durch die Ana‑ lyse des Stiftungsverhaltens einer bestimm‑ ten Familie oder eines bestimmten Klosters die Etablierung, Verstetigung oder Verän‑ derung sozialer Netzwerke nachgezeichnet werden soll.57 Gilt es hingegen die Stiftungs‑ praxis innerhalb einer bestimmten Kommu‑ ne oder bei einer bestimmten Kommunität einer historischen Schichtungsanalyse zu unterziehen, erweisen sich quantifizierende Verfahren in der Regel als unverzichtbar.58
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2.2.5 Landes- und Stadtgeschichte Wie die Ordensgeschichte widmet sich auch die Landes‑ oder Regionalgeschich‑ te der fortschreitenden Durchdringung des Raumes durch die Stiftung kirchlicher Institutionen. Allerdings liegt hier der Ak‑ zent nicht auf einem bestimmten Orden und seiner von einem klar definierten Zen‑ trum ausgehenden Expansion, sondern auf einer bestimmten Landschaft mit ihren naturräumlichen Gegebenheiten, ihren verkehrs‑ und siedlungsgeographischen Charakteristika und ihren mehr oder we‑ niger alteingesessenen Eliten. So tritt nicht zuletzt die Konkurrenz der verschiedenen Ordensgemeinschaften auf den regionalen „Seelenheilsmärkten“ deutlicher zu Tage.59 Insgesamt spielen Klöster wohl die wich‑ tigste Rolle in der landesgeschichtlichen Stif‑ tungsforschung, was sich nicht zuletzt an den regionalen Klosterbüchern ablesen lässt, die in den letzten Jahren in rascher Folge in Deutschland erarbeitet worden sind. Diese kompilieren nach einem vorgegebenen und für vergleichende Studien sehr nützlichen Raster zahlreiche Informationen zur Grün‑ dungs‑, Bau‑, Besitz‑, Verfassungs‑ und Geis‑ tesgeschichte der einzelnen Institute und berücksichtigen neben Klöstern stets auch die Stiftskirchen der jeweiligen Region.60 Gerade mit Blick auf die Kanoniker‑ und Kanonissenstifte hat die Landesgeschichte seit den 1970er Jahren überdies wichtige Bei‑ träge zur Periodisierung und Topologisie‑ rung des mittelalterlichen Stiftungswesens geleistet, indem sie einerseits verschiedene „Gründungswellen“ ermittelte und anderer‑ seits spezifische „Stiftskirchenlandschaften“ identifizierte.61 Neben Klöstern und Stiften haben natürlich auch andere Stiftungsty‑ pen das Interesse von Landeshistorikern gefunden, zum Beispiel die Prädikaturen62 oder die – auch medizingeschichtlich inte‑ ressanten – Spitäler63. (→ 3.2.2)
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Wie die landesgeschichtliche hat auch die stadtgeschichtliche Forschung im Laufe der letzten Jahrzehnte eine von nieman‑ dem mehr zu überblickende Anzahl von Einzelstudien zu mittelalterlichen Stiftun‑ gen hervorgebracht, wobei den ältesten und / oder bis heute bestehenden Institu‑ tionen am Orte stets die größte Aufmerk‑ samkeit zuteilgeworden ist. Wesentlich seltener, aber ungemein verdienstvoll sind die mancherorts angefertigten – in der Regel leidlich vollständigen64 – kommu‑ nalen Stiftungsverzeichnisse. Bei ihnen lässt sich rückblickend auch ein deutlicher methodischer Fortschritt erkennen. War der liebevoll gestaltete Katalog ‚The reli‑ gious foundations of medieval Stamford‘, den John S. Hartley und Alan Rogers 1974 vorlegten, noch durch einen starken Hang zum Antiquarischen gekennzeichnet, ent‑ schied sich Michael Ruprecht in seiner 2011 gedruckten Dissertation über die ‚Stiftun‑ gen im mittelalterlichen Halle‘ für einen konsequent analytischen Zugriff auf das vorhandene Material.65 Noch ambitionier‑ ter geriet die ein Jahr später erschienene ‚Geschichte der Hofer Stiftungen‘ aus der Feder von Arndt Kluge konzipiert, da sie nicht nur sämtliche Stiftungen zu ermitteln suchte, die vom hohen Mittelalter bis zur Gegenwart in der oberfränkischen Stadt‑ gemeinde errichtet wurden, sondern auch den Motivationen der Stifter sowie dem Vermögen, der Verwaltung, der Beaufsich‑ tigung und dem Untergang von Stiftungen jeweils prägnante Längsschnittanalysen widmete.66 Vor allem in Deutschland und Großbri‑ tannien stößt darüber hinaus seit Langem die durch bürgerliche Stiftungen ange‑ bahnte Kirchenherrschaft der spätmittel‑ alterlichen Stadtgemeinden, die in Patro‑ naten und Pflegschaften ihren Ausdruck fand, auf ein besonderes Interesse.67 Im Laufe der Zeit hat die Forschung dabei
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nicht nur zwischen dem originären und sekundären Erwerb derartiger Herr‑ schaftsansprüche zu unterscheiden gelernt, sondern auch zwischen verschiedenen „Dauerpersonen“68, die die bürgerlichen Stifter mit der Wahrnehmung von Auf‑ sichtsrechten betrauen konnten: den Bür‑ germeister, den Rat, die Zünfte, die Bru‑ derschaften, die Pfarrzechen oder eigens geschaffene Kollegien. Die durch diese Instanzen ausgeübte Herrschaft über die in den städtischen Pfarrkirchen, Spitälern oder Kapellen gestifteten Pfründen sollte deren dauerhaften Bestand mittels einer unablässigen Kontrolle der Stiftungsemp‑ fänger und / oder ‑organe sicherstellen; sie wurde durch den Wildwuchs indivi‑ dueller Stifterauflagen aber auch erheb‑ lich konditioniert und zersplittert. Inso‑ fern scheint die früher geläufige – und durchaus emphatisch begrüßte – Diagno‑ se einer zielstrebigen ‚Verbürgerlichung‘ oder ‚Kommunalisierung‘ des städtischen Stiftungswesens im späteren Mittelalter kaum geeignet, das Phänomen in ange‑ messener Form zu beschreiben.69 Über‑ zeugender ist die mit unter akzidentelle, mitunter systematische Akkumulation von Stifterrechten durch die Stadtgemein‑ den und ihre Organe neuerdings als „kom‑ munaler Pfründenfeudalismus“ gedeutet worden.70 Das Verhältnis zwischen Obrig‑ keit und Stiftungen in der spätmittelalterli‑ chen Stadt hatte neben der ordnungs‑ und machtpolitischen Dimension aber auch eine nicht zu unterschätzende wirtschaft‑ liche Komponente, die zukünftig wohl mehr Beachtung verdienen würde. Die Honoratioren der mittelalterlichen Stadt‑ gemeinden schritten nämlich nicht nur ein, wenn ein Stiftungsempfänger seinen Pflichten nicht nachkam, sondern sie sorg‑ ten auch für die pünktliche Auszahlung der Stiftungserträge, die oft genug aus ihren eigenen Kassen erfolgte.71
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2.2.6 Bildungs- und Universitätsgeschichte Am Beginn der bildungsgeschichtlichen Stiftungsforschung stand – zumindest in Deutschland – weniger ein wissenschaft‑ liches als ein praktisches Interesse. Um bedürftigen Interessenten und staatlichen Behörden einen besseren Überblick darü‑ ber zu gewähren, welche Möglichkeiten zur finanziellen Förderung eines Universitäts‑ studiums existierten, gab der renommierte Staatsrechtler Johann Jacob Moser 1732 eine ‚Sammlung allerley würtembergischer Stipendiorum und anderer Stifftungen‘ he‑ raus, von denen einige bis ins Mittelalter zurückreichten.72 Die frühneuzeitlichen Stipendienverzeichnisse, die nach Mosers Vorbild bald auch für andere Territorien des Reichs kompiliert wurden, beschränk‑ ten sich allerdings nicht auf Hinweise dar‑ auf, wer wann bei wem Anspruch auf För‑ derung anmelden konnte, sie verzeichneten auch den Namen des jeweiligen Stifters, das Datum der Stiftung sowie die Höhe des Stiftungsvermögens oder druckten so‑ gar gleich alle einschlägigen Dokumente im Volltext ab und leisteten so geradezu Grundlagenforschung.73 Mit der Professionalisierung der Ge‑ schichtswissenschaft im 19. Jahrhundert wurden die bis heute andauernden Bemü‑ hungen um die quellengestützte Ermittlung mittelalterlicher Studienstiftungen dann zunehmend von wissenschaftsimmanen‑ ten Motiven angetrieben und schenkten dementsprechend auch den zwischenzeit‑ lich untergegangenen Stiftungen mehr Be‑ achtung.74 Dabei gerieten die gestifteten Einzel‑Stipendien jedoch bald gegenüber den Kollegien‑ und Bursenstiftungen ins Hintertreffen, da diese dem lange Zeit do‑ minierenden institutionengeschichtlichen Paradigma der Bildungshistorie offen‑ kundig stärker entgegenkamen.75 Seit der
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zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wur‑ den die vornehmlich an Gründungsum‑ ständen, Besitz und (innerer) Verfassung interessierten Darstellungen um immer ambitioniertere personengeschichtliche Studien zu den jeweiligen Alumnen er‑ gänzt. Beschränkte sich etwa Adolf Weis‑ brod 1966 in seiner Dissertation über die Freiburger ‚Sapienz‘ noch mit der bloßen Namensnennung der Stiftungsempfänger in chronologischer Reihenfolge, erarbeitete Nathalie Gorochov in ihrer 1997 publizier‑ ten ,thèse‘ über das Collège de Navarre in Paris eine detaillierte Prosopographie der Kollegiaten, die es ihr erlaubte, deren Herkunft und Karrierewege komparativ zu analysieren.76 Vergleichsweise spät reifte hingegen in der Universitätsgeschichtsschreibung die Einsicht, dass nicht nur die Bursen und Kollegien, in denen die armen und fremden Scholaren einst ihre Unterkunft und Unterweisung fanden, sondern auch viele mittelalterliche Universitäten selbst auf landesherrlichen oder städtischen Stif‑ tungen beruhten. Lange Zeit wurde den Gründungen der Hohen Schulen nämlich nur im Rahmen von Jubiläumsschriften ge‑ dacht, deren Verfasser wenig Interesse an Stiftung als einer spezifischen Form sozia‑ len Handelns zeigten.77 Erst mit der 1992 ge‑ druckten Dissertation von Frank Rexroth über ‚Deutsche Universitätsstiftungen von Prag bis Köln‘ setzte ein allmähliches Umdenken unter Universitätshistorikern ein.78 Auf Rexroths Ergebnisse konnte dann Wolfgang Eric Wagner aufbauen, dessen Verortung spätmittelalterlicher Stiftungen im Spannungsfeld von Herrschaft und Ge‑ nossenschaft zwar bei der Symbiose von Universitätsstift und Kollegium ansetzt, in ihren Ergebnissen aber weit über das universitäre Milieu hinausweist.79
2.2.7 Kunst- und Musikgeschichte Stifter und Stifterinnen gehören zu jenem exklusiven Personenkreis, der bereits im früh‑ und hochmittelalterlichen Okzident in sakralen Bildwerken dargestellt wurde, sei es auf den Mosaiken80 oder Glasfenstern81 von Kirchenbauten, sei es in der Tafel‑82 oder Buchmalerei83. (→ 6.2.3) Wegweisend für die Erforschung derartiger Kunstwer‑ ke wurde Joachim Prochnos Untersuchung ‚Das Schreiber‑ und Dedikationsbild in der deutschen Buchmalerei‘ von 1929. In ihr legte der Verfasser nicht nur einen umfas‑ senden Katalog von Lichtdrucktafeln vor, sondern entwarf auch eine typologische Ordnung des Materials.84 Gerade die Fülle der gebotenen Abbildungen macht dieses Buch bis heute zu einem gerne benutzten Referenzwerk, auch wenn der drucktech‑ nische Fortschritt natürlich längst bessere Reproduktionen erlaubt und insbesonde‑ re die aufwendigen Faksimileausgaben85 mittelalterlicher Prachthandschriften es mittlerweile ermöglichen, die jeweiligen Porträts nicht nur isoliert, sondern auch in ihrem codicologischen Kontext zu studieren. Prochno unterschied zwischen vier ikono‑ graphischen Grundtypen: dem Donations‑, dem Devotions‑, dem Schreiber‑ und dem Repräsentationsbild. Die anschließende For‑ schung hat dieses Schema in der Folge zum Teil variiert, zum Teil auch weiter ausdiffe‑ renziert.86 Dabei sah sie sich zunehmend mit dem von Prochno noch völlig vernachläs‑ sigten Problem konfrontiert, inwiefern die dargestellten Personen tatsächlich als Stifter (und nicht bloß als Amtsträger oder Auftrag‑ geber) ins Bild gesetzt wurden. Denn nur ein Bruchteil der in Frage kommenden Porträts sind mit Inschriften oder Widmungsgedich‑ ten versehen, aus denen eine entsprechen‑ de Lesart zweifelsfrei hervorgeht.87 Ob es sich bei den sogenannten ‚Stifterbildern‘88 tatsächlich um Porträts von Stiftern oder
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gar um komplexitätsreduzierende Visuali‑ sierungen konkreter Stiftungsakte handelt, kann deshalb nach Ansicht der neueren kunsthistorischen Forschung nicht allein aus der zugrundeliegenden Ikonographie erschlossen werden, sondern nur aus dem jeweiligen Gebrauchskontext, für dessen Re‑ konstruktion die Existenz einer schriftlichen Parallelüberlieferung stets von Vorteil ist.89 Abgesehen von der typologischen Ord‑ nung des Materials beschäftigt sich die Kunstwissenschaft mit den Stifterbildern aber auch noch unter ganz anderen Pro‑ blemstellungen. Neben der Rekonstruktion der handwerklichen Ausführung und der Ermittlung motivgeschichtlicher Vorlagen interessiert sie sich dabei zunehmend auch für deren einstigen ‚Sitz im Leben‘, wobei den jeweiligen Kunstwerken üblicherweise vor allem drei – mitunter überlappende – Funktionen zugeschrieben werden: die Re‑ präsentation des sozialen Rangs der darge‑ stellten Person(en)90, die Unterstützung der liturgischen Memoria (bis hin zur Reprä‑ sentation des physisch Abwesenden in der Totenliturgie91) und die Rechtssicherung der Stiftung im Medium des Bildnisses92. Unter Rekurs auf diese oder verwandte Deutungs‑ schemata werden zudem weitere Gattungen von Kunstwerken analysiert, die mit dem Stiftungswesen eng zusammenhängen: be‑ reits seit längerem die Stifterskulpturen93, neuerdings verstärkt auch Objekt‑94 und Ge‑ bäudestiftungen95. Die Rolle des Stifters als Auftraggeber und sein Verhältnis zum aus‑ führenden Künstler rücken dabei mitunter ganz in den Mittelpunkt der Betrachtung.96 Im Gegensatz zur Kunsthistorie hat die Musikhistorie Stiftungen erst vor Kurzem als lohnendes Arbeitsfeld für sich entdeckt. „Documents recording pious foundations“, konstatierte der amerikanische Musikwis‑ senschaftler Douglas Salokar 1994, „have been relatively underutilized by musicolo‑ gists, especially given the extent of their
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use by scholars of other disciplines, who have recognized the rich lode of informa‑ tion that they offer.“97 Um dies zu ändern, schlug Barbara Haggh zwei Jahre später ein sehr elaboriertes Analyseraster vor, das aber bislang kaum Anwendung gefunden zu ha‑ ben scheint.98 Obwohl die musik historische Stiftungsforschung deshalb rund zwanzig Jahre nach diesen ‚Weckrufen‘ immer noch ziemlich in den Anfängen steckt, zeigen bereits die wenigen vorliegenden Fallstu‑ dien, welch lohnendes Forschungsfeld sich hier einmal eröffnen dürfte. So versuch‑ te etwa Anne Walters Robertson nachzu‑ weisen, dass der französische Dichter und Komponist Guillaume de Machaut (gest. 1377) gemeinsam mit seinem Bruder an der Kathedrale von Reims eine Votivmesse stif‑ tete, in der fortan die von ihm komponierte ‚Messe de Nostre Dame‘, eine der ältesten polyphonen Vertonungen des Ordinariums überhaupt, gesungen werden sollte.99 Dass Machaut keineswegs ein Einzelfall war, zeigt das Beispiel des franko‑flämischen Komponisten Josquin Desprez (gest. 1521), der die periodische Aufführung eines von ihm komponierten Musikstücks ebenfalls durch eine Stiftung zu sichern trachtete. Er vererbte der Kirche Notre Dame in Condé‑ sur‑l’Escaut, als deren Propst er in seinen letzten Lebensjahren amtiert hatte, ein Haus und Grundbesitz mit der Auflage, bei Pro‑ zessionen zukünftig die von ihm kompo‑ nierte Motette ‚Pater noster / Ave Maria‘ just in dem Moment zu intonieren, in dem die Hostie auf dem Marienaltar platziert wurde, der wie sein (einstiger) Wohnsitz direkt am Marktplatz situiert war.100 Die breite Masse der mittelalterlichen Musik‑Stiftungen diente allerdings nicht in erster Linie dem musikologischen Nach‑ ruhm innovativer Komponisten, sondern der quantitativen und qualitativen Ver‑ mehrung des christlichen Gottesdienstes. Hier überschneidet sich dementsprechend
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das Arbeitsfeld der Musikgeschichte mit demjenigen der Liturgiegeschichte.101 Der erste, 2011 vorgelegte Versuch, sämtliche liturgischen Musik‑Stiftungen, die im Lau‑ fe des Mittelalters bei einer bestimmten Kommunität errichtet wurden, zu erfas‑ sen und einer summarischen Deutung zu unterziehen, stammt indes weder von ei‑ ner Musik‑ noch von einer Liturgie‑, son‑ dern von der Profanhistorikerin Irmgard Haas.102 In einem anderen Segment wissen‑ schaftlicher Auseinandersetzung mit dem mittelalterlichem Stiftungswesen sind die Musik historiker hingegen allen anderen geschichtswissenschaftlichen Disziplinen weit voraus: dem Historical Reenactment. Auf Initiative der amerikanischen Musi‑ kologin Mary Jennifer Bloxam führte das Ensemble ‚Capella Pratensis‘ am 11. und 12. Juni 2007 in der St. Jakob‑Kirche zu Brügge die von Jacob Obrecht komponierte ‚Missa de Sancto Donatiano‘ gemäß den Bestim‑ mungen ihrer Stifterin, der Pelzhändler‑ Witwe Adriane de Vos, noch einmal auf.103 2.2.8 Transdisziplinäre und interkulturell vergleichende Ansätze Seit den 1980er Jahren hat die internatio‑ nale und interdisziplinäre Mediävistik die mittelalterlichen Stiftungen zunehmend als einen Forschungsgegenstand sui generis begriffen. Dabei reifte bald die Erkenntnis, dass Stiftungen als ‚totale soziale Phäno‑ mene‘ im Sinne des französischen Ethno‑ logen Marcel Mauss begriffen werden müs‑ sen, da sie Recht und Religion, aber auch Kultur, Wirtschaft und Politik, mithin alle Bereiche menschlichen Lebens, gleicher‑ maßen durchdringen. Die methodischen Konsequenzen dieser Einsicht liegen auf der Hand: Als ‚totale soziale Phänomene‘ können Stiftungen mit den sektoriellen Ge‑ schichtsbetrachtungen, wie sie seit alters
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her unter dem Banner der Kirchen‑, Rechts‑, Sozial‑, Bildungs‑ oder Kunstgeschichte betrieben wurden (und bis heute betrieben werden), stets nur unzureichend profiliert werden. Ihre vielschichtigen Facetten und Wirkungen lassen sich nur im Rahmen einer ,histoire totale‘ adäquat erfassen, bei der die verschiedenen Aspekte nicht künstlich voneinander geschieden, son‑ dern – wie im Leben – miteinander in Beziehung gesetzt werden.104 Dass totale Geschichte kein unerreichbares Postulat bleiben muss, sondern sehr wohl ‚machbar‘ ist, zeigen einige neuere Studien, die von Grund auf transdisziplinär angelegt sind, z. B. Benjamin Schellers Abhandlung über ‚Die Stiftungen Jakob Fuggers des Reichen vor und während der Reformation‘ von 2004 oder Kyunghee Pyuns Studie über ‚Foundation Legends in the Illuminated Missal of Saint‑Denis. Interplay of Liturgy, Hagiography, and Chronicle‘ von 2008.105 Für eine stärkere Identitätsbildung der mediävistischen Stiftungsforschung könnte neben der Nivellierung disziplinärer Scheu‑ klappen aber noch eine andere Entwicklung der letzten Jahre von großer Bedeutung wer‑ den: das zunehmende Interesse an interkul‑ turellen Vergleichen, das zu den – bislang schmerzlich vermissten – generalisierenden Synthesen zwingt und so den europaweit lange unkritisch gepflegten Hang zur detail‑ versessenen Partikularstudie überwinden helfen dürfte. Einzelne Rechtshistoriker und Soziologen haben diesen Weg bereits vor vie‑ len Jahrzehnten vorsichtig und – wie man wohl konzedieren muss – insgesamt wenig wirkungsvoll beschritten.106 Neuere kompa‑ ratistisch angelegte Problemskizzen zum Verhältnis von Stiftung und Jenseitsvor‑ stellungen, Stiftung und Raumordnungen, Stiftung und Familie oder Stiftung und Staat lassen das enorme Potential derartiger For‑ schungszugänge aber deutlich erahnen.107 TL
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Anmerkungen 1 Im Folgenden können deshalb meist nur ex‑ Privatkapellenstiftungen im europäischen Ver‑ emplarische Belege angeführt werden.
2 Das einzige Werk mit einem umfassenden
Darstellungsanspruch – Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002) – ist nicht nur international kaum rezipiert worden, son‑ dern entspricht von seiner Konzeption her auch nicht mehr dem heutigen Forschungsstand. Vgl. Borgolte, Geschichte des Stiftungsrechts (2002, ND 2012), bes. 338–340; 342 f. 3 Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Zu diesen gehören zweifellos die monumentalen Studien von Wilbur Kitchener Jordan, die freilich nur die letzten Jahrzehnte des Mittelalters tangie‑ ren. Vgl. W. K. Jordan., Philanthropy (1959); Ders., Charities of London (1960); Ders., Forming of the Charitable Institutions (1960); Ders., Charities of Rural England (1961). 4 Nachweise ungedruckter Dissertationen fin‑ den sich unter anderem bei: Rousseau, Saving the souls (2011), 225; de Lurdes Rosa, Almas (2012), 343, Anm. 5. 5 Frühe Beispiele: Theillere, Fondation (1871/1872); Merlo, Stiftung (1882); Allard, Stichting (1894); Langlois, Fondazione (1897); Wilson, Foundation (1910). 6 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier folgende, zum Teil auch epochenübergreifende Tagungen, Workshops und Panels erwähnt: ‚Ma‑ terielle Kultur und religiöse Stiftung im Spätmit‑ telalter‘ (Krems, 26. September 1988; die Vorträge sind gedruckt bei Jaritz, Materielle Kultur und religiöse Stiftung [1990]); ‚Fondations et œuvres charitables au moyen âge‘ (Nizza, 26.–31. Oktober 1996; vgl. Dufour / Platelle, Fondations et œuvres charitables [1999]); ‚Fundationes / Stiftungen: me‑ moria, solidarietà e convenienze fra medioevo ed età moderna‘ (Trient, 2.–3. März 2001; vgl. Annali dell’Istituto storico italo germanico in Trento 27, 2001, 635–725); ‚Stiftungen in den großen Kulturen des alten Europa‘ (Berlin, 13.–14. Juni 2003; vgl. Borgolte, Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam [2005]); ‚Foundations and Donations – a common feature in European history‘ (Berlin, 27. Juli 2007; vgl. Jahrbücher für Geschichte Ost‑ europas 55, 2007, 481–565); ‚Spätmittelalterliche
gleich‘ (Bonn, 14.–17. Mai 2008); ‚Für Zeit und Ewigkeit – Stiftungen zwischen Mittelalter und Moderne‘ (Weingarten, 17.–20. September 2008; vgl. Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 29, 2010); ‚Seelenheil – Gemeinwohl – Ansehen. Stifter und Stiftungen im Rheinland vom Mittel‑ alter bis in die Gegenwart‘ (Bonn, 5.–6. Oktober 2009); ‚Stiftungskulturen: Ein Dialog zwischen Geschichte und Gegenwart‘ (Freiburg i. Br., 31. März – 2. April 2011). 7 Vgl. Wagner, Stiftungen des Mittelalters (2001); Scheller, Brief sketch (2005); Mühle, Sakralstiftun‑ gen (2013). 8 Die Schriftenreihe ‚StiftungsGeschichten‘ er‑ scheint seit 2000 im Akademie Verlag, Berlin. Ein Verzeichnis der bislang publizierten Bände findet sich bei: Borgolte, Stiftung und Memoria (2012), 427. 9 Von den klassischen Institutionengeschichten zu unterscheiden sind solche Untersuchungen, die sich mit der Errichtung, der Verwaltung und dem Vollzug von Stiftungen beschäftigen, die in den organisatorischen Rahmen einer kirchli‑ chen Institution ‚eingepflanzt‘ wurden. Beispiele: Baucells i Reig, Gènesi (1980, ND 1982); Büttner, Stiftungspraxis (2008); Lohse, Stift (2008). Bloße Aufzählungen bieten dagegen die älteren Pub‑ likationen von Barbier de Montault, Fondations (1889); Alonso García, Capillas (1979). 10 Vgl. Reiffenberg, Charte inédite (1843); Martonne, Charte (1858); Poupardin, Charte de fondation (1909). 11 Vgl. Schieffer, Urkundenbücher und Reges‑ tenwerke (1991). Da die Überlieferung im Spätmit‑ telalter exponentiell anschwillt, sind nur wenige derartige Editionsvorhaben über das Jahr 1400 hinausgekommen. Eine höchst willkommene Al‑ ternative zum gedruckten Urkundenbuch bietet seit einigen Jahren das virtuelle Archiv von http:// www.monasterium.net, in dem sich immer mehr Nutzer an der Tiefenerschließung von mittlerwei‑ le annähernd 400 000 digitalisierten Urkunden aus über 100 europäischen Archiven beteiligen. Vgl. Heinz, Monasterium.net (2009). 12 Beispiele: Morard, Fondation (2003), 33–39; Bowers, Guillaume de Machaut (2004), 47; Cuesta
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Nieto, Hospital (2006), 140–147; Miller / Jasper, Dobosz, Casimir le Juste (1995); Bonis / Wabont, Foundation (2010). Cisterciens (2001); Stauner, Fondations cisterci‑ 13 Vgl. The Foundation History of the Abbeys of ennes (2003); Gosse-Kischinewski, Fondations cis‑ Byland and Jervaulx. Ed. Janet Burton. (Borthwick terciennes (2004); J. Burton, Cistercians (2009); texts and studies, Bd. 35.) York 2006; The book of McGuire, Cistercian Origins (2009). the foundation of Walden Monastery. Ed. Diana 20 Vgl. Van Moolenbroek, Stichting (1985); Berings, E. Greenway. Oxford 2008; Die Chroniken [des Vijf Cisterciënzerinnenabdijen (1994); Berman, Stifts St. Simon und Judas in Goslar] aus dem 14. Abbeys (1997); McDonald, Foundation (1999); Bonis / und 15. Jahrhundert. Ed. Tillmann Lohse, in: Ders., Wabont, Cisterciens (2001); E. Jordan, Patronage (2002); Rêpas, Mosteiros cistercienses (2005). Dauer (2011), 295–382. 14 Vgl. Erhard, Angebliche Dagobertsche Stif‑ 21 Vgl. Clyne, Founders (2011). In der gesamt‑ tungsurkunde (1834); Tettau, Ächtheit (1871); Die- europäischen Analyse von Bond, Premonstratensi‑ kamp, Gründungslegende (1884); Schulte, Angeb‑ an order (1993), werden zwar viele Stifter erwähnt, liche Stiftungsurkunde (1903). die Bedeutung von Stiftungen für die Ausbreitung 15 Vgl. Crosnier, Légende (1852); Dubois, Légen‑ des Ordens aber nicht systematisch erörtert. des (1939); Johnson, Pious Legends (1981); Courtois, 22 Vgl. Bligny, Fondations (1966); Bligny / Chaix, Église (1982); Holzfurtner, Gründung (1984); Krüger, Naissance (1986). Corveyer Gründungsüberlieferung (2001); Lacour, 23 Vgl. Egan, English Carmelite Foundations Fondation (2003/2004); Bozóky, Legende (2005); (1992); Copsay, Foundation dates (1998). Gosse-Kischinewski, Fondation (2007); Treffort, Char‑ 24 Vgl. Miura Andrades, Fundaciones de la orden lemagne (2007). – Jenseits der faktengeschicht‑ (1988–1989); Gilardi, Fondazione dei conventi (2007). lichen Zuverlässigkeit sind die mittelalterlichen 25 Vgl. Escribano Castilla, Fundaciones francisca‑ Klostergründungsgeschichten auch form‑ und gat‑ nas (1982); Mattoso, Enquadramento (1982, ND 1985). tungsgeschichtlichen Analysen unterzogen wor‑ 26 Vgl. Marini, Fondazioni francescane (1993); den. Vgl. Patze, Adel und Stifterchronik (1964–1965, Tormo Sanz, Fundación y traslado (1994); Cavero ND 1982 und 2002); Ders., Klostergründung und Domínguez, Monarquía (1994); Miura Andrades, Klosterchronik (1977, ND 2002); Kastner, Historiae Fundaciones de clarisas (1994); Pecorini Cignoni, fundationum (1974); Goetz, Geschichtsbewußtsein Fondazioni francescane (2010). (1988); Lohse, Dauer (2011), 295–319. – Die identi‑ 27 Vgl. Hoyos, Primeras fundaciones domini‑ tätsstiftende Funktion derartiger Erzählungen canas (1952/1953); Wolfs, Stichting (1973); Villari, wurde unter anderem betont durch Remensnyder, Fondazione (1982); Abela, Carmelite foundation Remembering Kings (1995); Ehlers, Having the (1983); Righetti Tosti-Croce, Prime fondazioni (1990); King (2002); J. Burton, Corporate Identity (2009); Granja Alonso, Monasterio (1998); P.-A. Burton, Zwanzig, Gründungsmythen (2010). Beginnings (2007). 16 Vgl. Van Mingroot, Sapientie immarcessibilis 28 Ein Beispiel: Moloney, Brussels ms 3410 (1934). (1994); Barbier / Morelle, Diplôme (2011). 29 Vgl. Angenendt / Braucks / Busch, Gezählte 17 Vgl. Besson, Date (1910); Papillon, Date (1932); Frömmigkeit (1995). – Methodisch analog wer‑ Brouette, Date (1949); Dereine, Problème (1958); den spätmittelalterliche Kultus‑Stiftungen auch Grosjean, Dates (1960); Gibert, Date (1964); Rou- als Ausdruck anschwellender Marien‑ oder Hos‑ quette, Date de fondation (1982); Berman, Origins tienverehrung gedeutet. Vgl. etwa Haas, Leben im Kollegiatstift (2011), 343–356. (1990); Copsey, Foundation dates (1998). 18 Beispiele: Odložilík, Chapel of Bethlehem 30 Kreider, English chantries (1979), 5, sub‑ (1956); Gregersen, Foundation (2005); Méndez Pérez, sumierte die verschiedenen von ihm behandel‑ Familia (2007). ten Stiftungstypen deshalb treffend unter dem 19 Vgl. Brelot, Fondation (1950–1954); Dimier, Begriff „intercessory institutions“. Fondations (1957); Manselli, Fondazioni cisterci‑ 31 Vgl. K. Schmid, Stiftungen für das Seelen‑ ensi (1966); Álvarez Palenzuela / Recuero Astray, heil (1985). Fundación (1984); Cocheril, Problème (1984); 32 Vgl. Chiffoleau, Comptabilité (1980); Ders., Bouchard, Knights (1987); Berman, Origins (1990); Usage (1981). Siehe auch Lorcin, Vivre et mourir
100 (1981), 140 (mit analogen Beobachtungen zu Lyon); Marandet, Souci de l’au‑delà (1998), 514–526, bes. 526 (mit analogen Beobachtungen zu Toulouse und Umgebung); verallgemeinernd: J.-C. Schmitt, Revenants (1994), 17 f.; Tabbagh, Rythme (2011). 33 Vgl. Lusiardi, Stiftung und städtische Ge‑ sellschaft (2000); Ders., Fegefeuer und Welten‑ gericht (2000). Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Domingues da Costa Carvalho, Fortuna ao serviçio (2001/2002), bes. 17, anhand von Kleri‑ ker‑Testamenten aus Braga, sowie Faber, Laat‑ middeleeuwse obsessie (1995), der sich allerdings nicht auf ein Corpus von Testamenten, sondern vor allem auf die reichhaltige Leidener Toten‑ buchüberlieferung stützte. 34 Vgl. die Hinweise bei Lusiardi, Stiftung und Seelenheil (2005), 53 f. 35 Vgl. Kreider, English chantries (1979); Scheller, Streit (2000). 36 Vgl. Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012). 37 Einschlägige ältere Studien: Knecht, System (1905, ND 1963); Hagemann, Stellung der Piae Cau‑ sae (1953); Murga, Continuidad (1968). 38 Anders: Theisen, Mittelalterliches Stiftungs‑ recht (2002), dessen Beweisführung aber selbst Rechtshistoriker nicht recht zu überzeugen ver‑ mochte. Vgl. die Rezension von Drossbach (2003). 39 Reicke, Stiftungsbegriff und Stiftungsrecht (1933), 273. 40 Vgl. Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht (1938), 29–32; 63 f.; 123–125; 152 f.; 194. Vgl. auch Ders., Irr‑ wege der Dogmatik (1954), 80. 41 Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht (1938), 194: „Man versuche also nicht immer wieder, das Mit‑ telalter nach unseren modernrechtlichen Maß‑ stäben zu messen!“ – Feenstra, Concept de fon‑ dation (1956), 248, Anm. 11. 42 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012). Die mit diesem Aufsatz eingeleitete Forschungsentwicklung bleibt völlig unberück‑ sichtigt in dem Kompendium von Blanch Nougués, Régimen jurídico (2007), 261–281. 43 Vgl. Le Blévec, Sainte Marthe d’Avignon (1997); Lohse, Dauer (2011) 63–68. 44 Vgl. Sautel, Formation de droit royal (1965); Brand, Control (1978); Ders., King (1984); Palao Gil, Legislación (1993); Kamp, Amortisation (1995); Heirbaut, Legislation (2007); Raban, Mortmain
Forschungsgeschichten
legislation (1982, ND 2008); Röhrkasten, Amorti‑ sationsgesetze (2009). 45 Vgl. Nottarp, Stiftungsreduktion (1923); Wagner, Stiftungsurkunde (2000); H. Zimmermann, Stiftungsreduktion (2007). 46 Vgl. Oexle, Memoria und Memorialüberliefe‑ rung (1976, ND 2011); Ders., Gegenwart der Toten (1983, ND 2011); Borgolte, Stiftungen des Mittelal‑ ters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012); Ders., Totale Geschichte (1993, ND 2012); Ders., Memoria (1998, ND 2012). 47 Borgolte, Rolle des Stifters (1985, ND 2012), 192: „Nicht ein wirtschaftliches oder rechtliches Gut allein macht also einen Gebenden zum Stifter, sondern ein interaktiver Prozess zwischen ihm und den Empfangenden.“ 48 Vgl. K. Schmid, Sorge der Salier (1984), bes. 671–681; Borgolte, Stiftungsurkunden Heinrichs II. (1993, ND 2012); Wagner, Gebetsgedenken (1994); Borgolte, König als Stifter (2000, ND 2012); Proetel, Großes Werk (2000); Menzel, Memoria (2001); Lohse, Konrad I. (2006); Ders., Dauer (2011); Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012). 49 Vgl. Kamp, Memoria und Selbstdarstellung (1993). 50 Vgl. Martin / Rousset, Fondation (1951); Román Pastor, Monasterio (1981); Belfield, Cardinal Beaufort’s Almshouse (1982); Becquet, Fondation (1985); Moureau, Cardinal Des Prés (1997); Joubert, Commande artistique (2007); Tritz, Schätze (2008). – Zahlreiche testamentarische Stiftungen von Kar‑ dinälen des 12. bis 14. Jahrhunderts sind doku‑ mentiert in Paravicini Bagliani, Testamenti dei cardinali (1980), 507 f. (s. v. cappellani); 534 f. (s. v. messe di suffragio) und öfter. 51 Vgl. Bethell, Richard of Belmeis (1970); Orme, Medieval Almshouse (1988); Filippini, Vescovo (2001). 52 Vgl. Groten, Bürgermeister (2009–2011). 53 Vgl. Bünz, Bauern (2000). 54 Vgl. Imray, Charity (1968); Heidrich, Kirchli‑ che Stiftungen der frühen Karolinger (1990); Franz Fuchs, Anfänge Rottenbuchs (2004); Rabeler, Ka‑ ritatives Handeln (2005); Lohse, Konrad I. (2006); Hensel-Grobe, St.‑Nikolaus‑Hospital (2007); Lepine, Obits at Exeter Cathedral (2010); Lohse, Dauer (2011); Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012); Sweetsir, Wirkungsgeschichte (2012). 55 Totenbücher: Presuhn, Totengedenken (2001), 298–400; I libri degli anniversari di Cividale
Lateinische Christen
del Friuli. Ed. Cesare Scalon, Bd. 1–2. (Fonti per la storia della Chiesa in Friuli. Serie medieva‑ le, Bd. 5–6.) Rom 2008; Die Jahrzeitbücher des Konstanzer Domkapitels. Ed. Uwe Braumann (MGH Libri mem. N. S. 7.) Hannover 2009. Ritual‑ bücher: Behrendt, Seckauer Liber ordinarius (2009); Odenthal / Frauenknecht, Liber Ordinarius (2012). Rechnungen: Echaníz Sans, Alimentación (1988); Guntermann, Turmbau und Totengedenken (2003). Register: Das Urbar [des Stifts St. Simon und Judas in Goslar] von ca. 1191/94. Ed. Tillmann Lohse, in: Ders., Dauer (2011), 217–293; Inici del Capbreu de la Pia Almoina. Ed. López Pizcueta, in: Ders., Pia Almoina (1998), 391–448, Nr. 15. – Eine hervorragen‑ de Quellenanthologie in englischer Übersetzung haben David Lepine und Nicholas Orme vorgelegt. Vgl. Lepine / Orme, Death and memory (2003). 56 Vgl. Lohse, Dauer (2011). 57 Vgl. K. Schmid, Kloster Hirsau (1959); Ward, Fa‑ shions (1981); Hockey, House (1983); Hicks, Chantries (1985, ND 1991); Kinsey, Location (2010); Olschowski, Vmme erer selen salicheit willen (2011). 58 Beispiele: Kießling, Bürgerliche Gesellschaft (1971); Sánchez Saus, Aspectos de la religiosidad urbana (1991); Grafen, Forschungen (1996); G. Meyer, Milieu und Memoria (1998); L. Rasmussen, Monas‑ tic Benefactors (2006); Faber, Zorgen voor de ziel (2006), 78 f. – Das Stiftungsverhalten der gesamten „parliamentary aristocracy“ des spätmittelalterli‑ chen englischen Königreichs analysiert Rosenthal, Purchase of Paradise (1972). 59 Der Begriff nach Mol, Kruisheren (1990). 60 Vgl. Hengst, Westfälisches Klosterbuch (1992– 2003); W. Zimmermann / Priesching, Württember‑ gisches Klosterbuch (2003); Heimann / Neitmann / Schich, Brandenburgisches Klosterbuch (2007); Dolle, Niedersächsisches Klosterbuch (2012). – Das seit Jahren angekündigte ‚Stiftskirchenhandbuch Baden‑Württemberg‘ ist noch nicht erschienen. Zu seiner Konzeption siehe Auge, Stift Beutels‑ bach (2002); Lorenz, Tübinger Stiftskirchenprojekt (2003). Der Ansatz wurde inzwischen erfolgreich adaptiert für die Region Tirol‑Südtirol‑Trentino. Vgl. Obermair / Brandstätter / Curzel, Dom‑ und Kollegiatstifte (2006). 61 Vgl. Moraw, Hessische Stiftskirchen (1977); Ders., Typologie, Chronologie und Geographie (1980, ND 1995); Lorenz, Tübinger Stiftskirchenprojekt (2003); Marchal, Schweizerische Stiftslandschaft
101 (2010). Eine vergleichende Analyse spätmittel‑ alterlicher Gründungen von Kollegiatstiften in Burgund bietet Tabbagh, Fondations de collégia‑ les (2003). Speziell zu Kanonissenstiften: Parisse, Chanoinesses (1978); Röckelein, Klostergründungen (2008). – Mittlerweile noch verbreiteter, in sei‑ nem heuristischen Nutzen aber stark umstritten, ist der Begriff „Klosterlandschaft“. Vgl. dazu Melville, Klosterlandschaft (2012), bes. 207, Anm. 65; 221 f.; Felten, Klosterlandschaften (2012), bes. 158 f.; 185–189. Die englischsprachige Forschung kennt keine „collegiate landscapes“, wohl aber „monastic landscapes“. Vgl. Pestell, Landscapes of monastic foundation (2004). 62 Jetzt einschlägig: Neidiger, Prädikaturstif‑ tungen (2011). 63 Ein – etwas disparater – Überblick: Scheutz / Sommerlechner / Weigl, Europäisches Spitalwesen (2008). Einschlägige Fallstudien: Rubin, Charity and community (1987); Pohl-Resl, Rechnen mit der Ewigkeit (1996); Hatje, Gott zu Ehren (2002). Zur Medizingeschichte: Jankrift, Herren Kranke (2007). 64 Besonders weit trieb die positivistische Sehnsucht nach Vollständigkeit Frickhinger, Stif‑ tungen (1922–1929), dessen Materialsammlung bis in die Gegenwart des Verfassers reicht. 65 Vgl. Hartley / Rogers, Religious foundations (1974); Ruprecht, Stiftungen (2011). 66 Vgl. Kluge, Geschichte der Hofer Stiftungen (2012). Einen problemgeschichtlichen Ansatz ver‑ folgt auch die Skizze von Vogtherr, Stiftungen in der Stadt Uelzen (2003). 67 Vgl. Heepe, Organisation der Altarpfründen (1913); Schröcker, Kirchenpflegschaft (1934); Lentze, Rechtsform (1951); Wood-Legh, Perpetual Chan‑ tries (1965); C. Burgess, By Quick and by Dead (1987); Dobson, Citizens (1992, ND 1996); S. Graf, Niederkirchenwesen (1998). 68 Diesen Begriff prägte Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht (1938). 69 So etwa Reicke, Deutsches Spital (1932, ND 1970). 70 Vgl. Scheller, Stiftungen und Staatlichkeit (2005). 71 Vgl. Dobson, Citizens (1992, ND 1996), 278 f. 72 Vgl. Moser, Sammlung (1732). 73 Vgl. die knappe Würdigung bei Ebneth, Sti‑ pendienstiftungen (1994), 27–35. 74 Die Epochengrenze um 1500 wird jedoch nach wie vor in den meisten Studien ganz selbstverständ‑ lich überschritten. Vgl. Stieda, Hansestädtische
102 Universitätsstipendien (1911); Schaub, Älteste Sti‑ pendienstiftung (1925); Real, Private Stipendien‑ stiftungen (1972); Schäfer, Beförderung der Ehre Gottes (1977); Wriedt, Studienförderung (1993, ND 2005); Ebneth, Stipendienstiftungen (1994); Denk, Private Stipendienstiftungen (2000); Auge, Nutzen (2006); Emberger, Küchenlatein (2008). 75 Vgl. Gabriel, Student Life (1955); Ders., Ska‑ ra House (1960); Ders., Motivation (1964); ; Sohn / Verger, Universitäre Kollegien (2011). 76 Vgl. Weisbrod, Freiburger Sapienz (1966), 237– 254; Gorochov, Collège (1997). 77 Vgl. Borgolte, Freiburg (1988), bes. 33. 78 Vgl. Rexroth, Deutsche Universitätsstiftun‑ gen (1992). Rexroths Studie war inspiriert durch Borgolte, Rolle des Stifters (1985, ND 2012); wie schleppend sie durch die Universitätshistorie re‑ zipiert wurde, zeigen etwa die Beiträge in Lorenz, Universität (1999). 79 Vgl. Wagner, Universitätsstift (1999). Vgl. auch Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungs‑ feld von Herrschaft und Genossenschaft (1994, ND 2012); Marchal, Weltliches Kollegiatstift (2005). 80 Vgl. Beuckers, Stifterbild und Stifterstatus (2001). 81 Vgl. Becksmann, Fensterstiftungen (1975); Nesselrode, Chorfenster von Ehrenstein (2008); Daunton, Patrons (2010). 82 Vgl. Vavra, Kunstwerke (1987); Rooch, Stif‑ terbilder (1988). 83 Vgl. Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006). 84 Vgl. J. Prochno, Schreiber‑ und Dedikations‑ bild (1929), XIX–XXVII. 85 Ein besonders opulentes Exemplar: Das sali‑ sche Kaiser‑Evangeliar. Der goldene Pracht‑Codex Heinrichs III. Faksimile‑ und Bilddokumentation, 2 Bde. Madrid / Münster 1996–2001. 86 Vgl. P. Bloch, Bildnis im Mittelalter (1980), 116– 119; Reinle, Stellvertretendes Bildnis (1984), 31–112. 87 Zur Problematisierung der Aussagekraft von ‚Stifter inschriften‘ vgl. Zettler, Offerenten‑ inschriften (2001). 88 Dieser Terminus wird seit jeher relativ un‑ scharf als Oberbegriff für alle personal gebunde‑ nen Darstellungen von (vermeintlichen) Stiftern verwendet. Vgl. Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006), 65. Zur Genese des monumentalen Stifter‑ bildes als Darstellungsmotiv siehe insbesondere Jäggi, Donator oder Fundator (2002/2003).
Forschungsgeschichten
89 Vgl. Ruf, Stifterbilder (2008). 90 Vgl. J. Schmid, Bürgerliche repraesentatio (2002).
91 Vgl. M. Schwarz, Liturgie und Illusion (2000). 92 Vgl. Ch. Sauer, Fundatio und Memoria (1993), bes. 82–86; 92–101.
93 Vgl. Klinkenberg, Compressed Meanings
(2009), mit der älteren Literatur. Ein repräsen‑ tative Fallstudie aus jüngster Zeit: Suckow, Stif‑ terfiguren (2011), bes. 57–85. Zum Nordhäuser Figurenensemble siehe ferner Middeldorf Kosegarten, Stifterstatuen (2009); Bühner, Datierung (2012). – Die kunsthistorische Literatur zu mit‑ telalterlichen Stiftergrabmälern ist uferlos; eine Synthese fehlt. 94 Vgl. Jaritz, Seelenheil und Sachkultur (1980); Ders., Seelgerätstiftungen (1990); Vavra, Pro reme‑ dio animae (1990). 95 Vgl. Beuckers, Ezzonen (1993); Bushart, Fug‑ gerkapelle (1994); Gelfand, Regional Styles (2007); Roffey, Medieval chantry chapel (2007); Ruf, Stif‑ tungen (2011). – Die Armenhausstiftungen haben bereits vor Jahrzehnten das vornehmlich städte‑ baulich motivierte Interesse von Architekturhis‑ torikern gefunden; vgl. Hayessen, Gebäude (1925); Herold, Wohnstiftungen (1931). Erst in neueren Arbeiten rückte auch der Stiftungscharakter die‑ ser Gebäudeensembles stärker in den Fokus; vgl. Ropertz, Wohnungsstiftungen (1977); Tietz-Strödel, Fuggerei (1982); Scheftel, Gänge, Buden und Wohn‑ keller (1988); Turck, Leidener Wohnstiftungen (1989); Bruyne, Godshuizen (1994); Goodall, God’s House at Ewelme (2001). 96 Vgl. etwa Schleif, Donatio et Memoria (1990), 61–73, und v. a. W. Schmid, Stifter und Auftrag‑ geber (1994). 97 Salokar, Pious Foundations and Vespers Mo‑ tets (1994), 311 f. 98 Vgl. Haggh, Foundations or Institutions (1996), bes. 103–114. Siehe jedoch Dies., Noncon‑ formity (2000); Dies., Aldermen’s Registers (2009). Erhellend, aber ohne expliziten Rekurs auf das Forschungsprogramm von Haggh, neuerdings: Nosow, Ritual Meanings (2012), 105–134. 99 Vgl. Robertson, Mass (1992); Dies., Guillaume de Machaut (2002), 257–275. Präzisierend: Bowers, Guillaume de Machaut (2004), bes. 23–46, der die Interdependenz verschiedener Stiftungsprozes‑ se herausarbeitet, an denen neben den Brüdern
Muslime
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Machaut auch der Erzbischof Jean de Vienne und 107 Vgl. Lusiardi, Stiftung und Seelenheil (2005); vor allem die Reimser Kanoniker beteiligt waren. Borgolte, Stiftungen – eine Geschichte von Zeit 100 Vgl. Kellmann, Josquin (1976), 208. und Raum (2009, ND 2012); Lusiardi, Familie und 101 Vgl. Häußling, Mönchskonvent und Eucha‑ Stiftung (2008); Geelhaar / Thomas, Stiftung und ristiefeier (1973). Staat (2011). – Derartige Studien können in der 102 Vgl. Haas, Leben im Kollegiatstift (2011). Regel keine Primärforschung leisten, sondern Siehe dazu auch Lohse, Rez. Irmgard Haas (2011). müssen sich auf die Forschungsergebnisse der 103 Ein Video der Aufführung samt kommentie‑ Nachbarfächer verlassen. Nicht jeder Wissen‑ rendem Dokumentarfilm ist Teil der CD‑DVD‑Box schaftler ist bereit, ein solches Risiko einzuge‑ ‚Capella Pratensis – Missa de Sancto Donatiano hen. Allerdings wäre es forschungsstrategisch (Bruges 1487)‘ (Fineline Classical, FL 72414) von 2009. ganz verfehlt, das heuristische Potential kom‑ Vgl. auch Bloxam / Bull, Obrecht (2010); Bloxam, Text paratistischer Untersuchungen allein aufgrund and Context (2011). – Zu außerwissenschaftlichen fehlender Sprachkenntnisse prinzipiell ungenutzt Versuchen, das mittelalterliche Stiftergedenken in zu lassen. Vielmehr muss nachdrücklich davor der Gegenwart wieder aufleben zu lassen, siehe die gewarnt werden, dass gerade die Forderung, ein Hinweise bei Lohse, Dauer (2011), 12 mit Anm. 10; 211 f. jeder möge bloß immer innerhalb seines „eigent‑ 104 Vgl. grundlegend: Borgolte, Totale Ge‑ lichen Objektbereiches“ (Hartung) bleiben, ei‑ schichte (1993, ND 2012), unter Berufung auf ner ganz und gar unangemessenen, religiös oder Mauss, Gabe (1984). kulturell determinierten Essentialisierung des 105 Vgl. Scheller, Memoria an der Zeitenwende Phänomens Stiftung Vorschub leistet, die unter Rekurs auf einen Idealtyp Stiftung (→ 1.2) pro‑ (2004); Pyun, Foundation Legends (2008). 106 Vgl. Schnorr von Carolsfeld, Geschichte der blemlos vermieden werden kann. Anders: Hartung, juristischen Person (1933), 47–50; d’Emilia, Compa‑ Rez. Michael Borgolte (2006). Siehe aber Dilcher, razione (1953); Rassem, Entwurf einer Stiftungslehre Rez. Michael Borgolte (2007). (1952, ND 1979).
2.3 Muslime 2.3.1 Allgemeines Obwohl die Forschung zu religiösen isla‑ mischen Stiftungen noch nicht die gleiche Relevanz besitzt wie die verwandten Studi‑ en zum Stiftungswesen im mittelalterlichen Europa, so kann dieses Forschungsgebiet innerhalb der Orientalistik doch auf eine lange Tradition zurückblicken, die sich in den letzten Jahren sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht signi‑ fikant entwickelt hat. Die Ubiquität von frommen islamischen Stiftungen und die Komplexität ihres recht‑ lichen Status haben schon sehr früh die
Aufmerksamkeit der europäischen Orien‑ talisten auf sich gezogen. Es ist nicht ver‑ wunderlich, dass die ersten Versuche, die awqāf zu verstehen und zu beschreiben, im Zusammenhang mit den administrativen Erfordernissen der europäischen Kolonial‑ mächte entstanden sind. Die ,Description de l’Égypte‘ wurde von französischen Ge‑ lehrten geschrieben, die Napoleon bei seiner Invasion in Ägypten begleiteten. Zwischen 1809 und 1829 veröffentlicht, beinhaltet sie wahrscheinlich die erste moderne Defini‑ tion des Konzepts der islamischen awqāf,
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die den rechtlichen Besonderheiten der Stiftungen, der Unveräußerlichkeit ihres Eigentums und der steuerlichen Ausnahme‑ behandlung, derer sie sich erfreuten, beson‑ dere Aufmerksamkeit widmet.1 Sie enthält außerdem eine detaillierte Beschreibung der religiösen Stiftungen Kairos.2 Es ist ebenfalls keine Überraschung, dass sich die frühesten Studien zu islami‑ schen Stiftungen fast ausschließlich auf de‑ ren rechtlichen Status konzentrieren. Die Bemühungen italienischer und französi‑ scher Wissenschaftler im 19. Jahrhundert, die Feinheiten des islamischen Rechts zu enträtseln, sind eng mit der Codifizierung der Gesetzbücher ihrer nordafrikanischen Kolonien verbunden.3 Die ersten Veröffent‑ lichungen zum Konzept ‚waqf ‘ waren ju‑ ristische Untersuchungen, die mit einem klaren pragmatischen Ziel von französi‑ schen Gelehrten geschrieben wurden, wie etwa die von Marcel Morand4, Professor an der École de Droit in Algier, dem Rechts‑ anwalt Eugène Clavel5 oder dem Historiker Ernest Mercier6, der in Constantine in der französischen Kolonie Algerien geboren wurde. So war auch der Italiener David San‑ tillana, der eine grundlegende Studie über das mālikītische Recht geschrieben hat, in der das rechtliche Konzept von Stiftungen ausführlich diskutiert wird,7 zugleich der Autor eines Berichts, der grundlegend war für die Entstehung des Bürgerlichen Gesetz‑ buchs und des Handelsgesetzbuchs Tune‑ siens von 1906.8 Wenn diese Studien auch nicht ausschließlich dem mālikītischen Recht galten, so lag das Hauptaugenmerk jener Gelehrten doch auf der Lehre dieser Rechtsschule, der die nordafrikanischen Länder unter französischer und italieni‑ scher Herrschaft folgten. Im Gegensatz dazu entsprang die erste monographische Studie über die ḥanafītische waqf‑Gesetzgebung, verfasst vom Ungarn János Krcsmárik9, der Tradition der deutschen Orientalistik.10
Forschungsgeschichten
Neben dem kolonialen Bedürfnis, die Prinzipien des islamischen Rechts zu ver‑ stehen, welche letztendlich angepasst und in die von den Besatzungsmächten heraus‑ gegebenen Gesetzbücher integriert wurden, war der andere große Vorläufer der isla‑ mischen Stiftungsforschung die Edition und das Studium von handschriftlichen und epigraphischen Quellen. Im Gegen‑ satz zu anderen Traditionen mit ergiebigen Archivalien fußt das Studium der islami‑ schen Vergangenheit fast ausschließlich auf narrativen Quellen. Die Gründe, die für die fehlende Urkundenüberlieferung angeführt werden, reichen von der Ver‑ gänglichkeit des Schreibmaterials – mus‑ limische Verwaltungen haben Papier seit dem 2./8. Jahrhunderts verwendet11 – bis zur Entbehrlichkeit der Urkundenausstel‑ lung in der islamischen Gesellschaft.12 Ob‑ wohl spärlich und nicht vergleichbar mit den Urkundensammlungen zum mittelal‑ terlichen Europa, stellt die Quellenlage für das Studium der awqāf in dieser Hinsicht jedoch eine Ausnahme dar. Etliche frühe Papyri mit waqfīyas sind uns erhalten ge‑ blieben, ebenso Grabsteine und Monumen‑ te aller Epochen mit Inschriften, die uns Aufschluss über die Stifter geben, sowie zahlreiche Manuskripte mit ihren Testa‑ menten. Außerdem verfügen die Archive einiger muslimischer Institutionen noch über eine bedeutende Anzahl von mittel‑ alterlichen Stiftungsdokumenten. Die bisherige Erforschung dieser Doku‑ mente lässt einen sehr positivistischen und spezialistischen Tenor erkennen, da sie aus dem Blickwinkel von Disziplinen betrieben wurde, die normalerweise ihr Augenmerk auf die Beschreibung und Inventarisierung des Dokuments oder des Artefakts selbst richten und nicht auf die Untersuchung des waqf als historische soziale Praxis. Papyro‑ logie‑Experten spielten für die Erforschung religiöser Stiftungen eine wichtige Rolle,
Muslime
indem sie frühe Dokumente edierten, die den Brauch des Stiftens von Eigentum in verschiedenen religiösen Gemeinschaften bezeugen.13 Auch die Erschließung von In‑ schriften machte ein wichtiges Corpus von Dokumenten zugänglich, das hauptsäch‑ lich von Kunsthistorikern und Archäolo‑ gen ausgewertet wurde. Die Referenzwerke auf diesem Gebiet sind die ,Matériaux pour un Corpus Inscriptionum Arabicarum‘14, das ,Répertoire chronologique d’épigraphie arabe‘15 sowie der vierte Teil des ,Corpus Inscriptionum Iranicarum‘16, das den Zeit raum bis zur Safawiden‑Dynastie ab‑ deckt. Daneben gibt es zahlreiche Werke, die einzelne geographische Regionen wie Indien17, Nordafrika18 oder al‑Andalus19 in den Blick nehmen. Von der Max‑van‑ Berchem‑Stiftung zusammengestellt und verwaltet, basiert die Online‑Datenbank ,Thesaurus d’Epigraphie Islamique‘ auf all diesen Werken; in ihr können fast 200 islamische waqf ‑Inschriften konsultiert werden.20 Epigraphische Belege wurden in den Forschungsdiskussionen insbesondere ausgewertet hinsichtlich Chronologie und Verbreitung der Praxis, Eigentum zu stiften, und auch bezüglich der Terminologie, die bei frühen awqāf verwendet wurde.21 Paläographische und codicologische Studien haben ebenfalls wichtige – und oft übersehene – Belege für die Erfor‑ schung religiöser Stiftungen zu Tage ge‑ fördert. In Manuskripten mit den Testa‑ menten von waqf ‑Stiftern sind sogar die frühesten dokumentarischen Zeugnisse von islamischen Stiftungen greif bar, die uns erhalten geblieben sind.22 Die Un‑ tersuchung der waqfīyas ist ein wesent‑ licher Bestandteil der Beschreibung von Manuskripten und wurde als solcher auch in das Handbuch der islamischen Codi‑ cologie aufgenommen.23 Diese waqfīyas wurden hauptsächlich zur Datierung von Manuskripten und zur Untersuchung der
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Umstände ihrer Entstehung herangezogen. Eine eingehende Untersuchung dieser Do‑ kumente – auch im breiteren Kontext der gesellschaftlichen Praxis der Stiftung von Gütern und Besitzungen – zusammen mit anderen Quellen steht jedoch noch aus. Erstaunlicherweise waren die Erschlie‑ ßung und Untersuchung anderer Archivali‑ en nicht von demselben hilfswissenschaft‑ lich‑administrativen Ansatz geprägt wie die epigraphischen und codicologischen Studi‑ en. Das Ziel dieser Untersuchungen ging weit über die für die früheren waqf‑Studien charakteristischen juristischen Fragen hi‑ naus. Tatsächlich kennzeichnen die Kata‑ logisierung und die gelegentliche Edition von waqf‑Urkunden sowie der Sachverhalt, dass die Gelehrten deren Wichtigkeit für das Studium der mittelalterlichen islami‑ schen Gesellschaften erkannten, eine ein‑ schneidende Veränderung innerhalb dieser Fachrichtung. Mittelalterliche Archivalien verblassen im Vergleich zu der Ergiebig‑ keit von osmanischen Archivalien. Diese wurden schon sehr früh von türkischen Gelehrten studiert und in einer Zeitschrift veröffentlicht, die sich insbesondere dem Studium von awqāf widmet. Es handelt sich um die ,Vakıflar Dergisi‘, die vom tür‑ kischen Generaldirektorat für Stiftungen (‚Vakıflar Genel Müdürlüǧü‘) finanziert wird und erstmals 1938 herausgegeben wur‑ de. Wir haben keine systematischen Editi‑ onen von Archivquellen aus der Zeit der Vormoderne. Es gab jedoch wichtige Ver‑ suche, die vorhandenen Dokumente zu ka‑ talogisieren, wie etwa im ,Catalogue of the Islamic Documents from al‑Ḥaram aš‑Šarīf in Jerusalem‘ (1984) von Little oder in ,Fihrist waṯāʾiq al‑Qāhira ḥattā nihāyat ʿaṣr ṣalāṭīn al‑mamālīk‘ (1981) von Amīn, welches neben dem Bestandsverzeichnis die Edition und die Untersuchung einiger Dokumente bein‑ haltet.24 Was die persische Welt anbelangt, so wurden schon sehr früh einige wichtige
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waqfīyas von iranischen Gelehrten ediert, vor allem in der Zeitschrift ,Farhang‑i Īrān zamīn‘ oder in Monographien, wie etwa die berühmte Stiftungsurkunde von Rašīd ad‑ Dīn, die 1978 veröffentlicht und später von Birgitt Hoffmann untersucht wurde.25 Do‑ kumenten aus Zentralasien wurde ebenfalls Aufmerksamkeit geschenkt, insbesondere von russischen Gelehrten wie etwa Bahadir Kazakov.26 Es ist leicht, zu erkennen, welche Moti‑ vationen hinter den Untersuchungen der Kairoer Geniza standen. Zum einen sind es die Bemühungen, archivalische Schät‑ ze zu heben, und zum anderen sind es die auf diesen Dokumenten auf bauenden weiterführenden Studien. Miriam Hoexter stellte in ihrem Resümee des aktuellen Forschungsstands fest, dass die Studien israelischer Gelehrter zur Geniza – viele von ihnen Schüler von Goitein – einen Meilenstein auch in der islamischen Stif‑ tungsforschung darstellen. Diese können bis 1979 zurückverfolgt werden, als in Je‑ rusalem ein internationales Seminar über das Studium von islamischen religiösen Stiftungen abgehalten wurde. Die Organi‑ satoren, angeführt von Gabriel Baer, luden 27 Forscher verschiedener Fachrichtungen ein, um den waqf als totales Phänomen zu erforschen. Ihre Beiträge sollten sich auf die Bedeutung der Stiftungen als sozia‑ le Einrichtungen konzentrieren und so‑ wohl deren wirtschaftliche als auch politi‑ sche Verflechtungen, ihre Beziehung zum Erbrecht und ihre Auswirkung auf den patri linearen Erbgang aufzeigen. Dieses Seminar stellte in der Entwicklung der waqf ‑Forschung einen bedeutenden Wen‑ depunkt dar und bestimmte die Agenda für zukünftige Studien auf diesem Gebiet.27 Das offensichtlichste Beispiel für die Neuorientierung der Forschung in den acht‑ ziger Jahren ist der Artikel über waqf, der in der zweiten Ausgabe der ,Encyclopaedia
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of Islam‘ veröffentlicht wurde. Der Artikel in der ersten Ausgabe, 1938 veröffentlicht, konzentrierte sich hauptsächlich auf die Ur‑ sprünge des Konzepts und die Entwicklung rechtlicher Grundsätze von islamischen Stiftungen. Der Artikel in der zweiten Aus‑ gabe der Enzyklopädie hingegen, 2002 veröf‑ fentlicht, basiert in erster Linie auf Studien, die in den achtziger Jahren veröffentlicht wurden, und betrachtet die awqāf aus einer sozialen und wirtschaftlichen Perspektive.28 Erst in den neunziger Jahren wurden Untersuchungen zu mittelalterlichen isla‑ mischen Stiftungen in der akademischen Welt breiter wahrgenommen und betrieben. Auch wenn die Konferenz ,Le waqf dans le monde musulman contemporain (XIXe–XXe siècles)‘, die 1992 in Istanbul stattfand, einen zeitgeschichtlichen Schwerpunkt hatte, so leistete sie Pionierarbeit, indem sie mit ih‑ rem Tagungsband von 1994 eine Tradition von Sammelwerken begründete, die seither regelmäßig zu dieser Thematik herausgege‑ ben werden.29 Fortan erschienen nämlich etliche Veröffentlichungen, die sich aus‑ schließlich mit waqf‑Studien befassten, wie etwa der 1995 von Deguilhem edierte Sam‑ melband ,Le waqf dans l’espace islamique: outil le pouvoir socio‑politique‘ oder die Themenbände verschiedener Zeitschriften, die sich dem Studium der islamischen Stif‑ tungen widmen. Dazu gehören die Ausgabe Nr. 38.3 des ,Journal of Economic and Social History of the Orient‘ (1995) mit dem Titel ‚The Waqf‘, die Hoexters zuvor erwähnten Artikel über den aktuellen Forschungsstand enthält, außerdem die Ausgaben Nr. 79/80 der ,Revue des mondes musulmans et de la Méditerranée‘ (1996) oder die dritte Nummer der vierten Ausgabe von ,Islamic Law and Society‘ (1997). Ebenfalls in den neunziger Jahren wurden zwei wegweisende Arbei‑ ten über fromme Stiftungen veröffentlicht: Robert McChesneys ,Waqf in Central Asia. Four Hundred Years in the History of a
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Muslim Shrine, 1480–1889‘ (1990) und Mi‑ riam Hoexters ,Endowments, Rulers, and Community. Waqf al‑Ḥaramayn in Ottoman Algiers‘ (1998). In der islamischen Welt fördert das türkische Generaldirektorat für Stiftun‑ gen Forschungen zu Stiftungen vor allem der Osmanenzeit und der Moderne; es gibt auch die Zeitschrift ,Vakıflar Dergisi‘ heraus. Es ist ebenfalls erwähnenswert, dass der Kongress der Ministerien für Awqāf und Islamische Angelegenheiten im Jahr 1995 die ‚Kuwait Awqaf Public Foundation‘ zur Koordinatorin einer Reihe von Initiativen bestimmte, die eine Belebung und Förde‑ rung der islamischen Stiftungen anstrebt. Die Erforschung von awqāf zu fördern, war einer der Hauptpunkte auf ihrer kulturellen Agenda; die ‚Kuwait Awqaf Public Founda‑ tion‘ begründete 2001 auch eine ausschließ‑ lich der Erforschung muslimischer wohl‑ tätiger Stiftungen gewidmete regelmäßige Publikation, die halbjährlich erscheinende Zeitschrift ,Awqāf‘. Diese enthält Artikel auf Arabisch, Englisch und Französisch. Diesel‑ be kuwaitische Organisation veröffentlichte 2004 den Sammelband ,Les fondations pi‑ euses (waqf) en Méditerranée. Enjeux de societé, enjeux de pouvoir‘, herausgegeben von Deguilhem und Hénia. In den letzten Jahren hat sich die isla‑ mische Stiftungsforschung mit einem zu‑ nehmend pragmatischen Ansatz auf die an der Stiftung Beteiligten konzentriert. Als Ergebnis akademischer Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen und Gelehrten, die in verschiedenen geographischen und kulturellen Gebieten zu Hause sind, scheint sich außerdem eine interkulturelle Wende zu vollziehen. Diese methodische Verschie‑ bung ist aus den Studien ersichtlich, die in der Reihe ,StiftungsGeschichten‘ unter dem Herausgeber Michael Borgolte erschienen sind. Es handelt sich sowohl um den verglei‑ chend angelegten Tagungsband ,Stiftungen
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in Christentum, Judentum und Islam vor der Moderne‘ (2005)30, der die 2003 auf ei‑ ner Konferenz in Berlin unter der Leitung von Michael Borgolte präsentierten Vor‑ träge und einen bisher unveröffentlichten Artikel des verstorbenen Gabriel Baer mit dem Titel ,The Muslim Waqf and Similar Institutions in Other Civilizations‘ enthält, als auch um den Sammelband ,Islamische Stiftungen zwischen juristischer Norm und Praxis‘ (2009)31. Diese veränderte Perspektive beim Studium islamischer Stiftungen lässt sich ebenfalls an den Themen kürzlich stattge‑ fundener Konferenzen ablesen: etwa bei der 2005 von der American University in Kairo ausgerichteten Konferenz mit dem bezeichnenden Titel ,The Uses of Waqf: Pi‑ ous Endowments, Founders and Benificia‑ ries‘ oder dem Colloquium ,Les fondations pieuses waqf‑habous chez les chrétiens et les juifs en terre d’Islam‘, das 2011 am Institut d’Études de l’Islam et des Socié‑ tés du Monde Musulman (Paris) stattfand und bei dem sich jedes Panel mit ,Formes, normes et usages‘ der awqāf in einer an‑ deren historischen Periode befasste. Es ist ferner bemerkenswert, dass sich die Untersuchung islamischer Stiftungen für das Gebiet der Geschlechterstudien als besonders fruchtbar erwiesen hat, und zwar so sehr, dass Artikel über awqāf in Publikationen allgemeiner Natur aus dem Bereich der Gender Studies aufgenommen wurden, wie etwa in der ,Encyclopedia of Women and Islamic Cultures‘.32 Den Studien, die in den letzten Jahr‑ zehnten über awqāf erschienen, ist gemein, dass sie eine ganzheitliche Perspektive und zunehmend einen interkulturellen Ansatz verfolgen. Der größte Teil der For‑ schung, vor allem zum Osmanischen Reich, konzentriert sich jedoch nach wie vor auf die Moderne und die zeitgenössische Epo‑ che. Trotz des enormen Wertes einiger der
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erwähnten Untersuchungen hat sich eine spezifische Forschung auf dem Gebiet der mittelalterlichen awqāf nicht in dem Maße entwickelt wie für nachfolgende Perioden. Dieses chronologische Ungleichgewicht bei der Untersuchung von awqāf ist of‑ fensichtlich eine Folge des Mangels an mittelalterlichen Quellen, die angesichts der Vielzahl an osmanischen, kolonialen und zeitgenössischen Archiven verblassen. Ein zweites Manko, das ebenfalls berück‑ sichtigt werden sollte, ist die geographi‑ sche Überrepräsentation der arabischen Welt im Vergleich zu anderen Gebieten, insbesondere bei den Studien zur mittel‑ alterlichen Geschichte. 2.3.2 Rechtsgeschichte Rechtliche Studien standen immer im Mittelpunkt der islamischen Stiftungsfor‑ schung. Die ersten Annäherungen an das waqf ‑Recht – und an die Geschichte des waqf insgesamt – waren rein deskriptiv; das Ziel der Forscher war es, bei den Ko‑ lonialmächten Verständnis für die recht‑ lichen Feinheiten der islamischen Stiftun‑ gen zu wecken und die Gesetze der awqāf mit dem Erbrecht in den muslimischen Ländern in Einklang zu bringen.33 Die bereits erwähnten frühen Publikationen von Clavel, Mercier, Morand, Santillana und Krcsmárik sind gute Beispiele für die beschreibende und recht positivistische Herangehensweise an dieses Phänomen. Ein zweiter Zugang, der auch in der ori‑ entalistischen Tradition der ‚Suche nach dem Ursprung‘ fest verwurzelt ist, ist das vergleichende Studium der Entstehung der islamischen waqf‑Gesetze mit verwandten Aspekten in den rechtlichen Traditionen der Spät antike und des Mittelalters. Die frühesten Spekulationen über den nicht‑ islamischen Ursprung der awqāf beruhen
Forschungsgeschichten
auf dem Vergleich des islamischen Rechts mit dem römischen Recht, wobei beson‑ ders das byzantinische Konzept der piae causae sowie die römischen Konzepte res sacrae und fidei commissum das Interesse der Forscher fanden.34 Der erste von ihnen, dem die Gemeinsam‑ keiten zwischen dem islamischen waqf und den Institutionen res sacrae und piae causae auffielen, war offenbar Domenico Gatteschi, der 1877 eine Studie über das osmanische Eigentumsrecht veröffentlichte.35 Mit Hin‑ weis auf den unveräußerlichen Status und den wohltätigen Zweck, die den genann‑ ten Institutionen gemein sind, vertreten einige Forscher noch immer die Meinung, dass die islamischen waqf ‑Gesetze dem Byzantinischen entliehen sind. Zu ihnen zählt J. R. Barnes, der behauptet, dass der öffentliche waqf (waqf ḫairī) direkt von den piae causae inspiriert wurde.36 B. Jokisch37 argumentiert sogar, dass das gesamte is‑ lamische Rechtssystem einschließlich der waqf ‑Gesetze eine Weiterentwicklung des byzantinischen Rechts in islamischem Ge‑ wand ist. Diese Thesen wurden allerdings kontrovers diskutiert. Schon Morand kri‑ tisierte die res sacrae‑Theorie und zeigte die Besonderheiten der awqāf hinsichtlich Dotation, Erträgen und Verwaltung auf. Diese seien nicht mit der römischen res sacrae‑Gesetzgebung vergleichbar.38 Die These der Entstehung der waqf aus den piae causae war ebenfalls starker Kri‑ tik ausgesetzt. Claude Cahen führte an, dass sich ein möglicher byzantinischer Einfluss auf Ägypten beschränkte habe und byzantinisch inspirierte Stiftungen die Fatimiden‑Dynastie nicht überdauer‑ ten hätten.39 Hennigan kritisierte diese Theorie auch auf normativer Ebene, weil die Behörden der byzantinischen Kirche die Treuhänder aller christlichen wohltä‑ tigen Schenkungen waren, anders als im islamischem Recht, wo der Treuhänder
Muslime
vom Stifter bestimmt wurde.40 Auch Joseph Schacht verwarf in seinem Artikel ,Droit byzantin et droit musulman‘, dem wahr‑ scheinlich einflussreichsten Beitrag zur Diskussion über den Ursprung des waqf, den direkten Einfluss der piae causae. Er kritisierte, dass die piae causae‑These eine unsichere Grundlage habe, und lenkte die Aufmerksamkeit stattdessen auf die Beson‑ derheiten des islamischen Familien‑waqf (waqf ahlī) und dessen Gemeinsamkeiten mit der römischen Rechtsinstitution des fidei commissum: Beide erlaubten es, die Restriktionen des Erbrechts zu umgehen.41 Der Ursprung des rechtlichen Status islamischer Stiftungen wurde von For‑ schern wie etwa Maria Macuch42 sogar in den religiösen Bestimmungen des Zoro‑ astrismus vermutet. Sie weist auf Ähn‑ lichkeiten zwischen iranischen Stiftungen und dem öffentlichen waqf hin. Iranische Stiftungen wurden außerdem unter dem Gesichtspunkt der jüdischen Definition von heqdesh betrachtet, auch wenn es in diesem Fall so zu sein scheint, dass die jü‑ dischen Stiftungen vom islamischen Recht beeinflusst wurden und nicht umgekehrt.43 Die wegweisende Arbeit von Joseph Schacht hat auch den Studien zu Rechts‑ institutionen ihren Stempel aufgedrückt. In seiner ,Introduction to Islamic Law‘ be‑ zieht Schacht zum Fehlen des Konzepts der Rechtspersönlichkeit in der islamischen Gesetzgebung polemisch Stellung.44 Diese Thematik ist gelegentlich auch im Kontext von Studien zu islamischen Stiftungen auf‑ geworfen worden. Der Einfluss dieses recht‑ lichen Faktors hat aber in den Forschungen zu muslimischen Stiftungen in keiner Weise die gleiche Relevanz, die ihm in verwandten Studien zu christlichen Ländern zugestan‑ den wird. Tatsächlich wurde die fehlende Existenz einer Rechtspersönlichkeit haupt‑ sächlich in Bezug auf wirtschaftliche Si‑ cherheit und Haftung diskutiert, aber selten
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beim Studium mittelalterlicher islamischer Stiftungen. Makdisi war wahrscheinlich der erste, der behauptete, dass die europä‑ ische Universität „in form of organisation, owes nothing to Islam“45, weil das islami‑ sche Recht nur eine physische Person als Subjekt mit Rechtspersönlichkeit ansehe. Makdisi führte ebenfalls an, dass sich eine Institution wie die rechtsfähige Gilde im Islam niemals entwickelt habe, da Korpo‑ rationen auf fiktiven Rechtspersonen ba‑ sierten.46 Tatsächlich ist der erste Versuch, einen waqf als Rechtsperson zu definieren, erst im 20. Jahrhundert von einem der an‑ gesehensten modernen arabischen Juristen unternommen worden, nämlich von ʿAbd ar‑Razzāq as‑Sanhūrī (gest. 1971), als er das bürgerliche Gesetzbuch Ägyptens konzi‑ pierte.47 Die wissenschaftliche Polemik über die Rechtspersönlichkeit im Islam richtet sich weniger gegen Mängel in den Studi‑ en zu religiösen Stiftungen, als vielmehr gegen orientalistische Theorien, die in der vermeintlichen Unterentwicklung des isla‑ mischen Rechts einen der Gründe für die ökonomischen Entwicklungsdivergenzen zwischen der westlichen und der islami‑ schen Welt sehen.48 Angefochten wurden diese Theorien hauptsächlich von muslimi‑ schen Gelehrten wie Mahdi Zahraa49, Abū Zahra 50, M. S. Abu Saad51, Doris Behrens‑ Abouseif52 und Hmida Toukabri53, die argu‑ mentierten, dass der waqf eine Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit sei. Die dritte Thematik, welche die Auf‑ merksamkeit der Gelehrten auf sich gezo‑ gen hat, ist die Beziehung zwischen dem Erbrecht und den waqf ‑Gesetzen. Die Un‑ vereinbarkeiten, die islamische Autoren schon im 3./9. Jahrhundert angeprangerten, werden in allen Studien zum islamischen Recht erwähnt. Die Beziehung zwischen Stiftung und Erbrecht wurde bereits in eini‑ gen Fällen systematisch studiert, insbeson‑ dere in Verbindung mit der mālikītischen
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Rechtsschule und im weiteren Sinne auch im Kontext der Geschlechterstudien, da die Stiftungen normalerweise die agnatische Linie – zum Nachteil der Frauen – begüns‑ tigten. Der israelische Gelehrte Aharon Layish veröffentlichte 1983 eine innova‑ tive Studie über mālikītische awqāf auf der Basis von Erbschaftsurkunden und waqfīyas; darin erörtert er die Verwendung von Stiftungen zur Umgehung des rigi‑ den islamischen Erbrechts.54 Im folgenden Jahrzehnt veröffentlichte David Powers zwei wichtige Artikel: ‚The Islamic Inheri‑ tance System: A Socio‑Historical Approach‘ (1990) und ,The Maliki Family Endowment: Legal Norms and Social Practices‘ (1993). In beiden Fällen vergleicht Powers das is‑ lamische Erbrecht mit den verschiedenen sozialen Praktiken, die durch die Insti‑ tution des waqf ermöglicht wurden. Die Ergebnisse seiner Forschung wurden in eine spätere Monographie mit dem Titel ,Law, Society, and Culture in the Maghrib, 1300–1500‘ (2002) eingearbeitet. Hier wird die Anwendung des islamischen Rechts im Maghreb aus einer umfassenden sozialen Perspektive analysiert. Die Beziehung zwi‑ schen islamischer Stiftung und Erbrecht im mittelalterlichen Spanien wurde eben‑ falls erforscht, insbesondere von García Sanjuán, der dieser Thematik ein Kapitel in seiner Monographie über andalusische religiöse Stiftungen widmet.55 Auch wenn sich die moderne waqf ‑For‑ schung ein Stück weit von dieser rechtli‑ chen Tradition entfernt hat, so scheinen Rechtsthemen weiterhin ihre Aufmerk‑ samkeit zu finden. Dies belegt die Veröf‑ fentlichung von Hennigans ,The Birth of a Legal Institution. The Formation of the Waqf in Third‑Century A. H. Ḥanafī Legal Discourse‘ (2004) oder die 2006 an der Har‑ vard Law School abgehaltene Konferenz mit dem Titel ,The Law of Waqf: Origins of Ottoman‑Era Maturity‘.
Forschungsgeschichten
2.3.3 Religionsgeschichte Der Vorgang des Stiftens von Eigentum wurde stets als wohltätiger Akt definiert und hatte als solcher einen offensichtlich religiösen Hintergrund. Trotzdem wurde überraschenderweise die Bewertung der religiösen Beweggründe in frühen Studien außer Acht gelassen. J. N. D. Anderson ver‑ öffentlichte 1951 einen Artikel mit dem be‑ zeichnenden Titel ,The Religious Element in Waqf Endowments‘. In dieser Studie machte der Autor auf die Grenzen einer rechtli‑ chen Herangehensweise bei der Analyse islamischer Stiftungskultur aufmerksam, indem er ihre religiösen Elemente – etwa das Konzept der ṣadaqa – ebenso betonte wie die wissenschaftliche Notwendigkeit, die religiöse Motivation der Stifter zu un‑ tersuchen, um die Diskrepanzen zwischen dem rechtlichen Diskurs und der sozialen Praxis verstehen zu können. Anderson wur‑ de in der Folge eine obligatorische Fußnote in Publikationen auf dem Gebiet der waqf ‑ Forschung; obgleich nur wenige konkrete Studien darüber existieren, welcher Art die religiösen Beweggründe der waqf ‑Stifter waren, fand diese Thematik doch immer wieder das Interesse von Wissenschaftlern. Das gilt etwa für Said Arjomand und seinen einflussreichen Artikel über Philanthropie56 und für Yaacov Lev. In ,Charity, Endow‑ ments, and Charitable Institutions in Medie‑ val Islam‘ (2005), der einzigen Monographie über mittelalterliche islamische wohltätige Stiftungen, die bis dato veröffentlicht wurde, widmet dieser den Intentionen der Stifter, die über das Gebot des Almosengebens hi‑ nausgehen, ein ganzes Kapitel.57 Wohltätigkeit, verstanden nicht als reli‑ giöses Motiv, sondern als eine Möglichkeit, Armut zu verringern und soziale Hilfe zu leisten, ist dagegen offenkundig das am meisten erforschte Themenfeld in den waqf‑ Studien. Die relevantesten Monographien,
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die sich mit dem Studium von islamischen Stiftungen beschäftigen, sind de facto Studi‑ en zu Wohltätigkeit und Armut. Diese sind größtenteils von dem Dokumentenschatz der Geniza und den waqf ‑Urkunden in‑ spiriert. Dazu zählen Adam Sabras ,Poverty and Charity in Medieval Islam. Mamluk Egypt, 1250–1517‘ (2000), Amy Singers ,Con‑ structing Ottoman Beneficence. An Imperial Soup Kitchen in Jerusalem‘ (2002), Mark Cohens ,Poverty and Charity in the Jewish Community of Medieval Egypt‘ (2005) und Daniella Talmon‑Hellers ,Islamic Piety in Medieval Syria. Mosques, Cemeteries and Sermons under the Zanginds and Ayyūbids (1146–1260)‘ (2007). Zur islamischen Wohltä‑ tigkeit im Mittelalter entstanden auch Sam‑ melwerke, wie etwa die Aufsatzsammlun‑ gen ‚Poverty and Charity in Middle Eastern Contexts‘ (2003)58 und ‚Charity and Giving in Monotheistic Religions‘ (2009)59. Die Erforschung der awqāf ist zugleich eng verknüpft mit der Erforschung religiö‑ ser Praktiken in den gestifteten Institutio‑ nen sowie religiöser Gruppierungen, die zu den Hauptbegünstigten solcher Stiftungen zählten, nämlich Sufi‑Heilige, Bruderschaf‑ ten, Religionsgelehrte und Dschihadis‑ ten. Die allgegenwärtigen Sufi‑Konvente (ḫānqāhs, zāwiyas, ribāṭs) haben schon im‑ mer die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich gezogen, obwohl diese nicht im‑ mer als Stiftungen untersucht wurden. Mit dem Phänomen der Sufi‑Häuser haben sich überwiegend Archäologen und Kunsthisto‑ riker befasst. Die kulturelle Praxis des Stif‑ tens wurde jedoch in Monographien auch aus einer breiteren sozialen Perspektive be‑ trachtet, wie in Fernandes’ ,The Evolution of a Sufi Institution in Mamluk Egypt: the Khanqah‘ (1998) und in Wolpers ,Cities and Saints. Sufism and the Transformation of Urban Space in Medieval Anatolia‘ (2003). Studien zum mittelalterlichen Heiligen‑ kult und zum Besuch von Grabmalen und
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Schreinen (ziyāra) sind ebenfalls nur selten speziell auf die awqāf selbst ausgerichtet, enthalten aber trotz alledem eine Fülle von Informationen über fromme Stiftun‑ gen. Mittelalterliche ziyāra‑Literatur ist die quellenmäßige Grundlage von Studien zu Komplexen religiöser Gebäude und In‑ stitutionen, die größtenteils von Stiftun‑ gen gebildet wurden und Heiligen oder sufistische Gemeinden gewidmet waren. Dazu zählt zum Beispiel die Qarāfa in Kairo, die in dem grundlegenden Artikel von Massignon über die ,Stadt der Toten‘60 oder jüngst auch von Taylor61, Al‑Ibrashy62 und Ohtoshi63 untersucht wurde. Hierzu gehört außerdem die systematische und hauptsächlich auf narrativen Quellen be‑ ruhende Erforschung des sakralen Raums in Jerusalem von Amikam Elad.64 Das Studium der ǧihād‑Theorie in Bezug auf die Institution des waqf hat ebenfalls eine lange wissenschaftliche Tradition. Schon 1883 hatte van Berchem nahege‑ legt, dass sich die Idee des waqf von dem Konzept des eroberten Landes (fayʾ) ablei‑ ten könnte, welches als an Gott zurückge‑ führtes Eigentum verstanden wird.65 Diese Beziehung wurde in rechtlicher Hinsicht auch von Gil66 und Bonner67 diskutiert, je‑ doch von Barnes als „intellectual construct of a Western scholar who has found the theory beguiling“68 abgelehnt. Jedoch ste‑ hen eingehende Untersuchungen zu dieser Thematik noch immer aus. Die Verbindungen zwischen ǧihād und waqf wurden auch im Hinblick auf die Wohltätigkeit untersucht. Joseph Schacht veröffentlichte 1953 einen Artikel mit dem Titel ,Early Doctrines on Waqf‘, in dem er das Auftreten der ersten Verweise auf from‑ me Stiftungen als Schenkungen um Gottes Willen (fī sabīl Allāh) erörterte.69 Weitere Untersuchungen im Rahmen dieser The‑ matik befassten sich mit den an den Gren‑ zen des islamischen Reiches entstandenen
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islamischen Stiftungen (ribāṭs) und kon‑ zentrierten sich dabei besonders auf deren Rolle bei der Aufnahme von Asketen und Kriegern einschließlich der Rekrutierung von freiwilligen Kämpfern. Es gibt eine lange und bedeutende Tradition von Stu‑ dien zu diesem Thema, wie die von Mar‑ çais70, Chabbi71, Bosworth72 oder Bonner73. Sie wurden kürzlich von Christophe Picard und Antoine Borrut in einem Artikel mit dem Titel ,Rābata, Ribāt, Rābita: une in‑ stitution à reconsidérer‘74 zusammengefasst und ausgwertet. Das islamische ribāṭ war auch Gegenstand von vergleichenden Stu‑ dien wie der von Jörg Feuchter, welcher deren mögliche Beziehung mit christlichen militärischen Ritterorden untersuchte.75 Zu guter Letzt ist das Studium des Konzepts der Memoria eine der interes‑ santesten Entwicklungen in der jüngsten Forschung über islamische Stiftungen und religiöse Praktiken. Traditionelle Studien zur islamischen Eschatologie haben sich hauptsächlich auf die – fast unpersönliche – Beziehung des Einzelnen mit dem Gött‑ lichen konzentriert, ohne der Beziehung zwischen den Lebenden und den Toten viel Aufmerksamkeit zu schenken. Das Studium des waqf als Institution, die in Form von immer wiederkehrenden guten Taten oder Gebeten nach dem Ableben ih‑ res Gründers für ihn eine Sicherheit im Jen‑ seits darstellt, bietet eine interessante Mög‑ lichkeit, islamische Eschatologie aus einer anderen Perspektive zu betrachten, wie dies die jüngsten Artikel von J. Pahlitzsch zu dieser Thematik beweisen.76
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archivalische Quellen für das Verwaltungs‑ und Wirtschaftshandeln überliefert sind (→ 5.3.3), ist die Forschung zu islamischen Stiftungen größtenteils wirtschafts‑ und sozialgeschichtlich ausgerichtet. In der Hauptsache diskutieren Forscher über die mamlūkischen und osmanischen awqāf als Wirtschaftssystem, über das Verschwim‑ men der Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Eigentum und über die Rolle von Stiftungen bei der weiterhin bestehen‑ den wirtschaftlichen Stagnation in den islamischen Ländern. Die systematische Vergabe von Land durch ayyūbidische und insbesondere mamlūkische Eliten sowie die außerge‑ wöhnliche Bedeutung der waqf ‑Erträge für die muslimische Wirtschaft war neben anderen das zentrale Thema eines einfluss‑ reichen und für die Orientalistik beispiel‑ haften Artikels von Goitein aus dem Jahr 1973. Dort kommt der Verfasser zu folgen‑ dem Schluss: „This strange system by which the dead provide for the living is typical for a society which is becoming static and ceases to be competitive and enterprising“77. Die Sichtweise hat sich im Laufe der Zeit geändert, denn jetzt gibt es etliche Studien, die die Umwandlung von ayyūbidischem und mamlūkischem Land in awqāf unter anderen Gesichtspunkten betrachten. Ste‑ fan Heidemann hat untersucht, inwiefern Grund und Boden der awqāf zur Moneta‑ risierung der ayyūbidischen Wirtschaft genutzt wurden 78 und Stiftungen eine zentrale Rolle in der Wirtschaftspolitik der zangidischen Herrscher im 6./12. Jahr‑ hundert gespielt haben.79 Sabra hat die Kommodifizierung der awqāf durch die 2.3.4 Wirtschafts- und Sultane untersucht, die mithilfe der Stif‑ Gesellschaftsgeschichte tungen öffentlichen Grund und Boden zu Gunsten mamlūkischer Sultansfamilien in Aufgrund der Überrepräsentation von Privateigentum umwandelten; er erörtert osmanischen und mamlūkischen Bei‑ hierbei die Dichotomie von privat / öffent‑ spielen, für die besonders viele serielle lich.80 Conermann und Saghbini haben
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die Umwandlung von iqṭāʿ‑Eigentum in awqāf studiert. Dieses Verfahren wurde angewandt, um den Status der Erben der Sultane, der sogenannten awlād an-nās, zu sichern und dadurch die mamlūkische Herrschaft zu erhalten.81 Wissenschaftliche Arbeiten zur Wirt‑ schaftsgeschichte des mittelalterlichen Iran haben den islamischen Stiftungen eben‑ falls viele Seiten gewidmet. Die umfassend‑ sten Studien auf diesem Gebiet sind zwei klassische Arbeiten von Ann Lambton mit einigen Kapiteln über fromme Stiftun‑ gen: ‚Continuity and Change in Medieval Persia‘82 und ‚Landlord and Peasant in Per‑ sia‘83. Ein anderes gutes Beispiel für die Wirtschafts‑ und Sozialgeschichte des Iran aus der jüngsten Zeit ist Subtelnys Studie der Timuriden‑Dynastie, die größtenteils auf waqf ‑Urkunden basiert: ,Timurids in Transition. Turko‑Persian Politics and Ac‑ culturation in Medieval Iran‘ (2007). Sie enthält im Anhang eine Untersuchung von timuridischen waqfīyas sowie eine Editi‑ on der Stiftungsurkunde von Afaq Begim. Untersuchungen der awqāf wurden auch in die Wirtschafts‑ und Sozialgeschichte des Osmanischen Reiches eingebunden. Referenzwerke aus diesem Bereich, wie der von Inalcik und Quataert herausgegebene Sammelband, erörtern die wirtschaftliche Rolle von islamischen Stiftungen.84 Die Kritik am System des waqf hat als Gegenstand auch eine lange Tradition in den Islamwissenschaften; diese wird je‑ doch oft in eher impressionistischen Kom‑ mentaren behandelt wie dem oben erwähn‑ ten Diktum von Goitein, oder durch kultu‑ ralistische Erläuterungen.85 Heutzutage ist Timur Kuran der führende Vertreter der Theorie, dass die Stagnation der Wirtschaft in den islamischen Gesellschaften insti‑ tutionelle Ursachen habe. Anders als bei früheren Autoren basiert Kurans Analyse auf einer soliden theoretischen und von der
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wirtschaftlichen Institutionengeschichte beeinflussten Grundlage. Die detailliertes‑ te Studie über die wirtschaftlichen Auswir‑ kungen der islamischen Kultur der awqāf ist seine Monographie ‚The Great Diver‑ gence. How Islamic Law Held Back the Middle East‘ (2012). Auch wenn sich diese Arbeit hauptsächlich auf spätere Perioden konzentriert, ist sie methodologisch doch innovativ und zeigt muslimische Institu‑ tionen in einem neuen Licht. Wenn islamische Stiftungen als ein to‑ tales Phänomen behandelt werden, lässt sich auch die soziale Struktur des mittel‑ alterlichen Islam besser verstehen. Die Ein‑ ordnung von Studien zu dieser Thematik ist indes schwierig, da viele von ihnen Probleme ansprechen, die verschiedene historiographische Bereiche betreffen. Die zuvor erwähnten Arbeiten über Armut und Wohltätigkeit (→ 2.3.3) oder die nachfol‑ gend diskutierten Studien zur Geschichte muslimischer Frauen (→ 2.3.6) sind aus sozialgeschichtlicher Perspektive geschrie‑ ben und beleuchten die soziale Struktur und Dynamik von islamischen Ländern im Mittelalter. Nichtsdestotrotz wird der Ertrag der Forschungen oft durch informa‑ tionsarme Quellen geschmälert. Wenn wir die Rolle von islamischen Stiftungen als soziales Phänomen verstehen wollen, wird es notwendig, sich drei paradigmatische Studien anzusehen. Diese können jedoch paradoxer Weise nur schwer als Vorlage für weitere Forschungen dienen, da sie auf außergewöhnlichen Dokumenten basieren: Muḥammad Amīns ,Al‑awqāf wa‑ʾl‑ḥayāt al‑iǧtimāʿīya fī Miṣr 648–923 / 1250–1517‘ (1980), Carl F. Petrys ‚The Civilian Elite of Cairo in the Later Middle Ages. Social Au‑ tonomy and Political Adversity in Mamluk Egypt‘ (1981) und Birgitt Hoffmanns ‚Waqf im mongolischen Iran. Rašīduddīns Sor‑ ge um Nachruhm und Seelenheil‘ (2000). Amīns Studie beruht auf einer Sammlung
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von 500 waqf ‑Urkunden aus den Kaire‑ ner Archiven; Petry benutzt ein Archiv des Ḥaram von Jerusalem, das Dokumen‑ te enthält, die hauptsächlich von einem einheimischen Richter ausgestellt wur‑ den; Hoffmann studierte eine detaillierte waqfīya des berühmten persischen Histori‑ kers Rašīd ad‑Dīn. Die ersten beiden Fälle basieren auf umfangreicher Nachforschung in bedeutenden Dokumentensammlun‑ gen. Sie erlauben eine außergewöhnliche prosopographische Analyse, eine genaue Überprüfung der sozialen Herkunft der an der Stiftung Beteiligten und der sozialen Mobilität der mittelalterlichen ägyptischen Gesellschaft. Im Gegensatz dazu ist Hoff‑ manns Monographie eine intensive Studie einer einzelnen außergewöhnlichen Quelle. Diese erlaubt der Historikerin, die interne Arbeitsweise eines waqf ‑Komplexes im mittelalterlichen Iran detailliert zu rekons‑ truieren sowie die Verfügungen der Stifter und die Art und Weise, in der diese von den Erben umgesetzt wurden, zu untersuchen. Diese drei außergewöhnlichen Arbeiten geben einen weiten Überblick über die mittelalterliche islamische Gesellschaft, machen uns aber auch die Einschränkun‑ gen bewusst, die sich aus der Natur der muslimischen Quellen ergeben. Die Rolle von islamischen Stiftungen bei der Ausformung von urbanem Raum ist ein weiteres Thema, das neuerdings große Beachtung gefunden hat. Auch wenn es oft aus dem Blickwinkel von Kunsthistorikern betrachtet wird, verfügen wir doch über zahlreiche Studien, die die Stadt als soziales Phänomen analysieren. Dazu zählen van Leeuwens Monographie ‚Waqfs and Urban Structures: the Case of Ottoman Damascus‘ (1999), der Artikel über awqāf von Bonine im Sammelband ‚Urban Space in the Middle Ages and the Early Modern Age‘86, die Studie von Pahlitzsch über die Kontinuität christ‑ licher Stiftungen und deren Appropriation
Forschungsgeschichten
durch Muslime im ayyūbidischen Jerusa‑ lem87 oder Loiseaus ‚Reconstuire la Maison du sultan 1350–1450‘, eine Studie über die Entwicklung städtischer Strukturen im spätmamlūkischen Kairo88. 2.3.5 Bildungs- und Kunstgeschichte Eine Diskussion der Erforschung mittelal‑ terlicher muslimischer Bildung ist gleich‑ bedeutend mit einer Diskussion der Arbeit eines der einflussreichsten Historiker auf diesem Gebiet, George Makdisis. Auch die Wissenschaft der islamischen Stiftungen steht tief in seiner Schuld. Makdisis ‚The Rise of Colleges. Institutions of Learning in Islam and the West‘ ist nicht nur eine der viel zitierten Arbeiten auf dem Gebiet der Islamwissenschaft, sondern auch einer der frühesten Versuche, die Arbeitsweise und Administration von frommen islamischen Stiftungen zu systematisieren. Sie widmet der detaillierten Diskussion über das waqf ‑ Recht einen eigenen Abschnitt.89 Makdi‑ sis Monographie vergleicht außerdem die Lehrinstitutionen im mittelalterlichen Is‑ lam mit denen im mittelalterlichen Europa; dort entwickelte er seine berühmte These über den muslimischen Einfluss auf euro‑ päische Universitäten weiter. Diese These wurde von Gaudiosi in seinem bekannten Artikel ,The Influence of the Islamic Law of Waqf on the Development of the Trust in England. The Case of Merton College‘ (1988) weiter entfaltet. Die bahnbrechende Arbeit von Makdisi ebnete den Weg für zahlreiche Studien über muslimische Bildung. Unter diesen Arbei‑ ten nehmen diejenigen über die madrasa, die islamische Lehrinstitution par excel‑ lence, eine herausragende Stellung ein. Pe‑ dersen und Makdisi selbst haben in der zweiten Ausgabe der ‚Encyclopedia of Is‑ lam‘ einen detaillierten Artikel über die
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Muslime
Medresen verfasst.90 Über diese Institutio‑ nen sind seither zahlreiche weitere Studien erschienen. Obwohl sich die Mehrzahl mit Architektur und Kunstgeschichte befasst, gibt es auch einige Artikel, die sich auf die Rolle der Medrese als fromme Stiftung konzentrieren. Dazu zählen Haarmanns ‚Mamluk Endowment Deeds as a Source for the History of Education in the Late Me‑ dieval Egypt‘ (1980) oder Arjomands ‚The Law, Agency and Policy in Medieval Islamic Society. Development of the Institutions of Learning from the Tenth to the Fifteenth Century‘ (1999). Eine weitere mit den Studi‑ en über religiöse islamische Stiftungen eng verknüpfte Thematik ist die der Beziehung zwischen Herrschern und religiösen Gelehr‑ ten (ʿulamāʾ). Diese untersucht etwa Cham‑ berlain in seiner Monographie ‚Knowledge and Social Practice in Medieval Damascus‘ (1994), Ephrat in ‚A Learned Society in a Period of Transition. The Sunni ʿUlamāʾ in Eleventh‑Century Baghdad‘ (2000), Lev in ‚Symbiotic Relations: Ulama and the Mam‑ luk Sultans‘ (2009) oder Berkey in seinem Artikel ,„There are ʿUlamāʾ and then there are ʿUlamāʾ“. Minor Religious Institutions and Minor Religious Functionaries in Me‑ dieval Cairo‘ (2011). Auf dem Feld der Kunstgeschichte gibt es unzählige Publikationen über religiö‑ se islamische Stiftungen; sie reichen von kalligraphischen Studien bis zu architek‑ tonischen Beschreibungen. (→ 6.3) Das wichtigste Periodikum im Bereich der isla‑ mischen Kunstgeschichte ist die Zeitschrift ‚Muqarnas‘, in der auch regelmäßig Studien über Medresen, Moscheen und Mausoleen veröffentlicht werden. Obwohl die Betrach‑ tung von islamischen Stiftungen oft einen rein beschreibenden Charakter hat, gibt es hier doch zahlreiche Studien, die sich auf die Rolle der Stifter und Mäzene, insbe‑ sondere im Fall von Frauen, konzentrieren.
2.3.6 Gender Studies Die Rolle der Frauen in den islamischen Stiftungen und die Relevanz der weibli‑ chen Spender hat in den letzten Jahrzehn‑ ten zunehmend die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern gefunden. Der Grundton dieser Studien ist häufig offen polemisch. Deutlich sind sie der sogenannten ‚revi‑ sionist school‘ der Islamwissenschaften zuzuordnen, die in den vergangenen Jahr‑ zehnten eine umfassende kritische Neube‑ wertung frühislamischer Quellen vornahm, traditionelle Geschichtsbilder hinterfragte und im Lichte nicht‑islamischer Quellen zu einer neuen Darstellung frühislamischer Geschichte gelangte. Die Autoren solcher Studien hinterfragen in diesem Kontext den orientalistischen Topos der historischen Randposition von Frauen in islamischen Gesellschaften, und auch das Echo der zeit‑ genössischen Polemik über die Rolle von Frauen im Islam ist in diesen Studien klar zu vernehmen. Nichtsdestotrotz haben sich die Forschungen zum waqf als ein gutes Feld zur Neubewertung des Bildes muslimischer Frauen als Akteurinnen in Wirtschaft und Gesellschaft erwiesen. Ihre Rolle als Stifte‑ rinnen hat schon immer das Interesse der Forschung geweckt, aber wie in anderen Fällen auch waren es Studien zur Neueren und Neuesten Geschichte, die sich zuerst mit diesem Thema befassten. Schon 1983 ver‑ öffentlichte Gabriel Baer eine wegweisende Studie mit dem bezeichnenden Titel ‚Woman and Waqf‘ über eine Stiftungsurkunde, die 1546 von einer Frau in Istanbul ausgestellt worden war.91 Aber auch in den neunziger Jahren gewann die Forschung über Frauen im Kontext von Studien zum waqf weiter an Fahrt. 1991 veröffentlichte Carl F. Petry einen Artikel, der das Konzept der Klassen und die Solidarität unter den Geschlechtern im Lichte der Rolle der Frau als Besitzver‑ walterin im spätmittelalterlichen Ägypten
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untersuchte.92 Ebenfalls 1991 kritisierte B. Doumani die traditionelle patrilineare Defi‑ nition osmanischer Familien, indem sie die Rolle von Frauen bei Stiftungen in ihrem Artikel ‚Endowing Family. Waqf, Property Devolution and Gender in Greater Syria, 1800 to 1860‘ betrachtete.93 1997 erschienen zwei progressive Artikel, die die Defizite der waqf ‑Studien aus der Perspektive der Gen‑ der Studies anprangerten: M. A. Fays ,Wo‑ men and Waqf. Towards a Reconsideration of Woman’s Place in the Mamluk Household‘ und M. L. Meriwethers ‚Women and Waqf Revised. The case of Aleppo 1770–1840‘.94 Obwohl sich diese Artikel auf einen spä‑ teren Zeitraum konzentrieren, haben sie sich für das ganze Untersuchungsfeld als sehr einflussreich erwiesen. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden Forschungen zu islamischen Stiftungen in viele Arbei‑ ten zur Frauengeschichte integriert. Ein gutes Beispiel hierfür ist Yossef Rapoports
Forschungsgeschichten
Studie über Heirat und Scheidung in der mamlūkischen Gesellschaft; hier wird den weiblichen Stiftungen für geschiedene Frau‑ en ein Kapitel gewidmet.95 Beachtlich ist ferner Renate Jacobis ‚Frauen im Stiftungs‑ wesen der Mamlūkenzeit nach as‑Saḫāwīs biographischem Lexicon aḍ‑Ḍawʾ al‑lāmiʿ (9./15. Jahrhundert)‘96. Auch in der Kunst‑ geschichte hat die Beachtung von Frauen zugenommen. Zu den einschlägigen Pub‑ likationen zählen ‚Women in the Medieval Islamic World. Power, Patronage, and Piety‘, ein Band, der zwei Artikel zu religiösen Stiftungen enthält (Tolmachevas ‚Female Piety and Patronage in Medieval Hajj‘97 und S. Blakes ‚Contributors to the Urban Landscape. Women Builders in Safavid Is‑ fahan and Mughal Shahjahanabad‘98). Eine andere Aufsatzsammlung trägt den Titel ‚Women, Patronage, and Self‑Representation in Islamic Societies‘99. IS
Anmerkungen 1 Commission des Sciences et Arts d’Égypte, De‑ 13 Vgl. Sundelin, Papyrology (2000). Eine voll‑ scription de l’Égypte, Bd. 4 (1814), 238 f.
ständige Bibliographie zu islamischen Papyri
man (2011).
Abteilung Islamwissenschaft, online: http://www.
2 Ebd., Bd. 7 (1822), 627 f. wurde von der Universität Zürich zusammenge‑ 3 Buskens / Dupret, Invention du droit musul‑ tragen: Universität Zürich, Asien‑Orient‑Institut – 4 Morand, Étude sur la nature juridique (1904). ori.uzh.ch/research/papyrology/bibliograhy.html 5 Clavel, Droit musulman (1896). (Zugriff: 08.01.2013). 6 Mercier, Habous ou ouakof (1895). 14 Van Berchem, Matériaux (1894–1949). 7 Santillana, Istituzioni (1925). 15 Combe / Sauvaget / Wiet, Répertoire chrono‑ 8 Gabrieli, Orientalisti del Novecento (1933), 55–59. logique (seit 1931). 9 Krcsmárik, Wakfrecht (1891). 16 Corpus Inscriptionum Iranicarum. Part IV. 10 Zu den Unterschieden zwischen britischer, Persian Inscriptions down to the Early Safavid
französischer und deutscher Orientalistik siehe Period. London seit 1977. die oft zitierten impressionistischen Bemerkun‑ 17 Epigraphia Indo‑Moslemica, 1907/1908– gen von Said, Orientalism (1978), 67, und Marchand, 1939/1940; 1949/1950; Epigraphia Indica. Arabic German Orientalism (2009), 28–37; 333–335. and Persian supplement, seit 1951/1952. 11 Vgl. Bloom, Paper Before Print (2001). 18 Roy / Poinssot, Inscriptions arabes de Kai‑ 12 Vgl. Sijpesteijn, Preliminary Materials (2007); rouan (1950–1958). Chamberlain, Knowledge and Social Practice (1994, 19 Lévi-Provençal, Inscriptions arabes d’Espagne ND 2002), 1–20. (1931).
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Muslime
20 Vgl. Fondation Max van Berchem, online: http://
www.epigraphie‑islamique.org (Zugriff: 08.01.2013). 21 Vgl. z. B. Sharon, Waqf inscription from Ramlah (1966). Die Inschrift, datiert 913–914, wird in fast al‑ ler Literatur über awqāf als der älteste vorhandene dokumentarische Beleg angeführt, z. B. Lev, Charity, Endowments, and Charitable Institutions (2005), 53. 22 Der berühmte Koran, vom Gouverneur Amāğūr vermacht, enthält zwei waqfīyas, da‑ tiert 262 / 875–876, vgl. Déroche, Qurʾān of Amāğūr (1990/1991). Dieses Dokument, das von fast allen Studien übersehen wurde, ist älter als die zuvor erwähnte Inschrift von Ramla. 23 Vgl. Gacek, Arabic Manuscripts (2009), 16, Kapitel ,Bequest statements and documents‘. 24 Zu anderen dokumentarischen Studien über Jerusalem vgl. Salameh, Primary Sources of Social Life (2004). 25 Vgl. Rašīd ad‑Dīn, Waqfnāma‑yi Rabʿ‑i Rašīdī. Ed. Iraǧ Afšār / Muğtabā Minūwī. Teheran 1978. Zu Hin‑ weisen über die Publikation einzelner waqfīyas vgl. Lambton, Waqf (2002), 87. Zum waqf Rašīd ad‑Dīns vgl. B. Hoffmann, Waqf im mongolischen Iran (2000). 26 Vgl. Kazakov, Dokumental´nye pami͡atniki Sredneĭ Azii (1987); Ders., Analyse structurelle (1999); Ders., Bukharan Documents (2001). 27 Vgl. Hoexter, Waqf Studies (1998), 475. 28 Peters / Behrens-Abouseif / Powers, Waḳf (2002). 29 Bilici, Waqf dans le monde musulman (1994). 30 Borgolte, Stiftungen in Christentum, Juden‑ tum und Islam (2005). 31 Meier / Pahlitzsch / Reinfandt, Islamische Stif‑ tungen (2009). 32 Abul-Magd / Meier / Masyita, Religious Practi‑ ces: Waqf (2012). 33 Vgl. Powers, Orientalism, Colonialism, and Legal History (1989). 34 Zur allgemeinen Diskussion über diese The‑ matik vgl. Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 52–66. 35 Gatteschi, Étude sur la proprieté foncière (1877). 36 Barnes, Introduction to Religious Founda‑ tions (1986), 15 f. 37 Jokisch, Islamic Imperial Law (2007), 137–143. 38 Morand, Études de droit musulman algérien (1910), 244 f. 39 Cahen, Réflexions sur le waqf ancien (1961). 40 Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 54 f. 41 Schacht, Droit byzantin et droit musulman (1957).
42 Macuch, Sasanidische fromme Stiftung (2009). 43 Elon / Levitats, Hekdesh (2007). 44 Schacht, Introduction to Islamic Law (1964), 125 f. 45 Makdisi, Rise of Colleges (1981), 224. 46 Makdisi, Universities (2003), 51. 47 Bechor, God in the Courtroom (2011), 169. 48 Zu einer neueren Auseinandersetzung mit dieser Thematik: Kuran, Long Divergence (2012).
49 Zahraa, Legal Personality in Islamic Law (1995). 50 Abū Zahra, Muhādarāt fī al‑waqf (1971). 51 Abu Saad, Sharīʿa and Juridical Personality (2001).
52 Behrens-Abouseif, Waqf: a Legal Personality (2009).
53 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 77. 54 Layish, Mālikī Family Waqf (1983). 55 García Sanjuán, Hasta que Dios herede la tierra (2002), 141–172.
56 Arjomand, Philanthropy (1998). 57 Lev, Charity, Endowments, and Charitable Institutions (2005), 113–143.
58 Bonner / Ener / Singer, Poverty and Charity (2003). 59 Frenkel / Lev, Charity and Giving (2009). 60 Massignon, Cité des morts au Caire (1958). 61 Taylor, Vicinity of the Righteous (1998). 62 Al-Ibrashy, Cairo’s Qarafa (2006). 63 Ohtoshi, Tasawwuf (2006). 64 Elad, Medieval Jerusalem (1995). 65 Van Berchem, Propriété territoriale (1883), 11 f. 66 Gil, Earliest Waqf Foundations (1998), 128. 67 Bonner, Observations (1992), 30. 68 Barnes, Introduction to Religious Founda‑ tions (1986), 10.
69 Schacht, Early Doctrines on Waqf (1953). 70 Marçais, Note sur les ribâts (1925). 71 Chabbi, Ribāṭ (1995). 72 Bosworth, City of Tarsus (1992). 73 Bonner, Aristocratic Violence and Holy War (1996)
74 Picard / Borrut, Rābata, Ribāt, Rābita (2003). 75 Feuchter, Islamic Ribāt (2009). 76 Vgl. Pahlitzsch, Concern for Spiritual Sal‑
vation (2001), und Ders., Memoria und Stiftung im Islam (2005). 77 Goitein, Changes in the Middle East (1973), 30. 78 Heidemann, Economic Growth and Curren‑ cy (2009). 79 Heidemann, Frömmigkeit und Wohltätigkeit (2009).
118 80 Sabra, Public Policy or Private Charity (2005). 81 Conermann / Saghbini, Awlād al‑Nās (2002). 82 Lambton, Continuity and Change (1988), 130–157. 83 Lambton, Landlord and Peasent (1991), 230–238.
Forschungsgeschichten
88 Loiseau, Maison du sultan (2010). 89 Makdisi, Rise of Colleges (1981), 35–74. 90 Pedersen / Makdisi, Madrasa (1997). 91 G. Baer, Women and Waqf (1983). 92 Vgl. Petry, Class Solidarity versus Gender
Obwohl Lambton sich auf den modernen waqf konzentriert, bezieht sie sich auch auf mittelal‑ Gain (1991). terliche Vorläufer. 93 Doumani, Endowing Family (1991). 84 Inalcik / Quataert, Economic and Social His‑ 94 Meriwether, Women and Waqf Revised (1997). tory (1994), 120–132. 95 Rapoport, Marriage, Money and Divorce (2005), 85 Vgl. etwa Gibb / Kramers, Shorter Encyclo‑ 31–50. paedia of Islam (1953), 627 f. 96 Jacobi, Frauen im Stiftungswesen (2009). 86 Bonine, Waqf and its Influence (2009). 97 Tolmacheva, Female Piety and Patronage (1998). 87 Pahlitzsch, Transformation of Latin Religious 98 S. Blake, Contributors to Urban Landscape (1998). Institutions (2004); Ders., Christian Pious Foun‑ 99 Ruggles, Women, Patronage, and Self‑Repre‑ dations (2009). sentation (2000).
2.4 Juden 2.4.1 Allgemeines Bis heute gibt es in der Forschungslitera‑ tur keine umfassende systematische Dar‑ stellung von ‚jüdischen Stiftungen‘. Bei der folgenden Untersuchung der Forschungs‑ geschichten zeigen sich dabei vor allem zwei grundlegende Probleme: Zum einen fehlt eine nähere Bestimmung des Attri‑ butes ‚jüdisch‘ in dieser Bezeichnung. Zum anderen gestaltet es sich als Herausforde‑ rung, anhand der stark abweichenden re‑ gionalen jüdischen Kulturen eine gemein‑ same Grundlage für die Erforschung des Phänomens ‚Stiftung‘ zu schaffen. Aussa‑ gen wie jene von Ernst G. Lowenthal, dass „[z]u allen Zeiten (…) von begüterten und weitschauenden Juden Stiftungen errichtet worden [sind]“1, können daher bestenfalls als Behauptung gewertet werden, die es wissenschaftlich zu belegen gilt.2 In ihrem erst kürzlich publizierten Sam‑ melband ‚Jüdische Wohlfahrtsstiftungen‘ (2010) beschreiben Andreas Ludwig und
Kurt Schilde ‚jüdische Stiftung‘ im Deutsch‑ land des 19. und 20. Jahrhunderts als eine Sammelbezeichnung für Stiftungen, die „in einem explizit jüdischen Zusammen‑ hang getätigt worden sind“, das heißt die „von bewusst sich als jüdisch empfindenden Personen errichtet wurden“3 und bei deren Begünstigten es sich in der Regel, allerdings nicht zwangsläufig, um Juden oder jüdische Einrichtungen handelt. Dabei berücksich‑ tigen Ludwig und Schilde allerdings nicht, ob und inwiefern sich jüdische Stiftungen strukturell von denen der Umweltkulturen unterscheiden – eine Frage, die für die Er‑ forschung des jüdischen Stiftungswesens während der sich schrittweise vollziehen‑ den rechtlichen Gleichstellung der Juden in Deutschland seit dem ausgehenden 18. Jahr‑ hundert wohl weniger relevant scheint, für die Vormoderne allerdings große Tragweite hat. So charakterisiert Haim Gerber jüdi‑ sche Stiftungen im Osmanischen Reich mit
Juden
der paradox anmutenden Umschreibung ‚jüdisch‑muslimische awqāf ‘, soll heißen als eine jüdische Adaptation eines musli‑ mischen Stiftungstyps sowohl bezüglich der Organisationsform als auch des legalen Status.4 Die mittelalterlichen ‚Stiftungen‘ in Ägypten, wie sie in den Dokumenten der Kairoer Geniza zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert bezeugt sind, basierten al‑ lem Anschein nach auf der Gesetzesgrund‑ lage des jüdischen heqdesh‑Rechts und stel‑ len somit sowohl juristisch, konzeptionell als auch hinsichtlich der Geber ein ‚gänz‑ lich‘ jüdisches Phänomen dar.5 Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass sich in den verschiedenen jüdischen Kulturen keine kohärente Vorstellung von ‚Stiftung‘ herausgebildet hat. Zudem lässt die Vielfalt der Stiftungspraktiken zweifelsohne auf die Diasporasituation der Juden und die daraus resultierenden Interaktionen mit verschiedenen Umweltkulturen schließen. So stellt sich hier auch die grundsätzliche Frage, ob der Oberbegriff ‚jüdische Stiftung‘ den Forschungsgegenstand in seinen un‑ terschiedlichen Ausprägungen überhaupt angemessen umschreiben kann oder ob es nicht zutreffender wäre, von ‚Stiftungen im Judentum‘ oder ‚Stiftungen von Juden‘ zu sprechen, da diese in ihrer Organisa‑ tionsform oft denen der Umweltkulturen ähnelten. Erschwerend kommt hinzu, dass bis heute nicht ansatzweise geklärt werden konnte, inwiefern der hebräische Terminus heqdesh in seinem mittelalterlichen Sprach‑ gebrauch überhaupt ‚Stiftung‘ konnotiert. (→ 1.4) Der englische Terminus ‚pious foundation‘ als Äquivalent für das heb‑ räische heqdesh beziehungsweise qodesh findet zwar in einigen Studien immer wie‑ der Erwähnung, eine weitere Verifizierung dieser Gleichsetzung fehlt jedoch nach wie vor. Weitaus häufiger wird heqdesh schlicht als Gemeindefonds umschrieben, der seine
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Erhaltung sowohl durch Stiftungen als auch durch Schenkungen, Spenden und Pflichtabgaben sicherte. Die unterschiedlichen Forschungsin‑ teressen an Stiftungen im Judentum ste‑ hen in überaus engem Zusammenhang mit der Beschaffenheit des relativ jungen Fachs der Wissenschaft des Judentums und ihrer Nachfolgedisziplinen der Judaistik beziehungsweise der Jüdischen Studien.6 „Die Jüdischen Studien sind auch in ihrem Ursprung keine sich selbst tragende, klar zu bezeichnende Disziplin gewesen“, stellt der Mediävist Johannes Heil fest.7 Auch Martin Goodman, Historiker und Profes‑ sor of Jewish Studies an der University of Oxford, sieht die Judaistik selbst als keine spezifische Disziplin im eigentlichen Sinne, da die Erforschung jüdischer Themen in den unterschiedlichsten Fakultäten der Geistes‑ und Sozialwissenschaften anzutref‑ fen sei und dieses Interesse oft nur einen kleinen Anteil der intellektuellen Identität der entsprechenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausmache.8 So sieht Goodman die Jüdischen Studien besten‑ falls in Analogie zu anderen Regionalwis‑ senschaften, obwohl seiner Meinung nach selbst dieser Vergleich nicht akkurat sei.9 Die Judaistik zeichnet sich also vor allem durch Intradisziplinärität aus, das heißt als ‚Disziplin‘, die sich Methodologien anderer Disziplinen zu eigen macht.10 „Der Judaist“, so die Mediävistin Marianne Awerbuch, ist ein „Wissenschaftler eines unbestimmten Typus“11. Die Hybridität des Faches kann jedoch zugleich dessen eigentliche Stärke ausmachen.12 Vergleicht man die länderspezifischen Forschungsansätze, so lassen sich zudem ideologische Unterschiede erkennen. „Die Jüdischen Studien als Teil des neuen ethni‑ schen Selbstbewusstseins in den USA haben sich notwendigerweise von den vorsichtig tastenden Zugängen zu einem neuen, auf
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das Wesentliche beschränkten Zugang der Judaistik im Nachkriegsdeutschland auf der einen und von der (so nie eingelösten Erwartung einer) staatstragenden Rolle der madaei ha-jehadut in Israel [auf der anderen Seite] unterschieden“.13 Doch schon in ihren Anfängen hatte es sich die Wissenschaft des Judentums zum Ziel gesetzt, durch wissen‑ schaftliche Methode eine reine und authen‑ tische Form des Judentums zu etablieren, um sich von der Orthodoxie und ihrem Fokus auf den religiösen Ritus zu distan‑ zieren.14 Sowohl in der Wissenschaft des Ju‑ dentums in Deutschland vor 1933 als auch in den USA und vor allem in Israel wurden und werden die Jüdischen Studien zumeist von Juden für Juden betrieben und stellten und stellen somit oft eine Auseinandersetzung mit der eigenen religiösen Identität dar. Im Nachkriegsdeutschland hat sich hingegen eine „Judaistik [fast] ohne Juden“15 etabliert, deren Aufgabe in dem Auftrag zur Errich‑ tung eines ‚Aufarbeitungslehrstuhls‘ an der Freien Universität Berlin deutlich zum Aus‑ druck kommt.16 Die ersten Lehrstühle der Jüdischen Studien / Judaistik wurden so mit „Historiker[n], Philosophen, Philologen oder Religionswissenschaftler[n besetzt], denen Geschichtswissenschaft im weitesten Sinne das gemeinsame Fundament bedeutete“17. Ganz dieser Tradition verhaftet, be‑ schränken sich die wenigen verfügbaren Studien über Stiftungen im Judentum auf die Forschungsschwerpunkte der jeweili‑ gen Teildisziplinen, die sich oft nur anhand spezifischer Sprachkenntnisse erschließen lassen. So lässt sich bei deutschen Medi‑ ävisten ein klares Interesse an der Orga‑ nisation von Armenfürsorge (ṣedaqa) im mittelalterlichen Aschkenas feststellen. Methodologisch weist diese „judaistische Mediävistik“18 dabei deutliche Parallelen zu den Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen der christlichen Caritas‑ und Ar‑ mutsforschung auf. Die Erschließung von
Forschungsgeschichten
(Stiftungs‑)Dokumenten der Kairoer Geni‑ za wird hingegen vornehmlich von islam‑ wissenschaftlich ausgebildeten jüdischen Wissenschaftlern vorgenommen. Das In‑ teresse am jüdischen heqdesh ist auch hier stark von den entsprechenden islamwissen‑ schaftlichen Studien inspiriert, in denen der besondere Stellenwert des waqf innerhalb der muslimischen Gesellschaft untersucht wird. Die zunehmende Spezialisierung der judaistischen Teildisziplinen – beziehungs‑ weise die Erforschung jüdischer Themen innerhalb anderer Fakultäten – erschwert so den Austausch zwischen den verschiede‑ nen Forschungsperspektiven. Die wenigen Annäherungsversuche, die in den letzten Jahren vereinzelt zu beobachten waren, kön‑ nen aufgrund ihrer Aktualität bisher nur unter Vorbehalt beurteilt werden. Abgesehen von den weitgehend inven‑ tarisierten Beständen der Kairoer Geni‑ za stehen bis heute keine umfassenden Sammlungen von Primärquellen über ein jüdisches Stiftungswesen zur Verfügung, die eine Kooperation der Teildisziplinen vereinfachen könnten. Die wenigen wis‑ senschaftlichen Untersuchungen greifen dabei zumeist auf sehr spezifische, dem jeweiligen Forschungsinteresse entsprin‑ gende Textkorpora zurück. Auch wenn diese Vorgehensweise aufgrund der deso‑ laten Forschungslage für eine erste Erfas‑ sung der verstreuten Informationsquellen grundsätzlich zu begrüßen ist, erweist sie sich für einen kulturübergreifenden und transregionalen Zugang zu ‚Stiftungen‘ bisher als kontraproduktiv. 2.4.2 Rechts- und Religionsgeschichte In rechts‑ und religionsgeschichtlichen Stu‑ dien finden sich vereinzelt Diskussionen zu Stiftungen im Judentum. Als Grundla‑ ge dieser Erörterungen dienen vor allem
Juden
halachische Diskurse der Mischna, der bei‑ den Talmudim, der Responsaliteratur und der Gesetzescodices. Das Hauptinteresse dieser Untersuchungen liegt hierbei in dem rechtlichen Sonderstatus des mittelalterli‑ chen gemeindlichen heqdesh und der Bezie‑ hung zu seinem namengebenden Pendant, dem Jerusalemer Tempelvermögen. Es ist be‑ zeichnend, dass die bis heute maßgebenden Informationen zur rechtsgeschichtlichen Be‑ deutung von heqdesh sich fast ausschließlich auf Enzyklopädieeinträge beschränken: Eine ausführliche Darstellung der halachischen Aspekte von heqdesh findet sich in der ‚En‑ cyclopaedia Talmudit‘ (1962),19 die allerdings heqdesh als Bezeichnung für ‚Stiftung‘ in der mittelalterlichen Literatur nicht thematisiert. Die von Menachem Elon edierte Sammlung von Artikeln der ‚Encyclopaedia Judaica‘, veröffentlicht unter dem Titel ‚The Princip‑ les of Jewish Law‘ (1975),20 beinhaltet einige wenige Diskussionen zu heqdesh. Elon, Jurist und Professor Emeritus der rechtswissen‑ schaftlichen Fakultät der Hebräischen Uni‑ versität in Jerusalem, veranschaulicht dort anhand von heqdesh, inwiefern im jüdischen Religionsgesetz (halakhah) von keiner klaren Trennung zwischen Privatrecht (zwischen zwei gleichgestellten Rechtssubjekten) und religiösem Recht (zwischen Gott und dem Menschen) ausgegangen werden kann.21 In rabbinischen Diskussionen werden diesel‑ ben Argumentationsweisen, Terminologien und Interpretationsmodelle sowohl für pri‑ vatrechtliche als auch religiöse Bestimmun‑ gen angewandt.22 So schreibt Menachem Elon: „Many legal principles are common to both parts of the halakhah. Thus, for in‑ stance, the laws of agency apply in the same way to matters of hekdesh, terumah, and the slaughter of the paschal sacrifice, as they do to matters of marriage, divorce, recovery of debt, and so on“23. In der revidierten Version des Artikels ,Hekdesh‘ in der ‚Encyclopaedia Judaica‘
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(2007)24 demonstriert Elon anhand der Re‑ gulierungen zur Eigentumsübertragung den rechtlichen Sonderstatus von heqdesh. Da die Erhebung von Zinsen unter Juden dem Religionsgesetz zufolge prinzipiell verboten ist, jedoch für das Tempelvermögen eine Ausnahmeregelung für die Erhebung von Darlehenszinsen existierte, wurde für den Erhalt des Grundkapitals der mittelalter‑ lichen Gemeindefonds das heqdesh‑Recht des Tempels angewendet. Durch den Akt der Schenkung galt das übertragene Ob‑ jekt als ‚geweiht‘, seine Besitzverhältnisse wurden als ungeklärt beziehungsweise als Besitz Gottes definiert und somit das privat‑ rechtliche Zinsverbot außer Kraft gesetzt. Die Übertragung der göttlichen Rechts‑ ordnung auf ein Objekt, das vormals einer privatrechtlichen Gerichtsbarkeit unterlag, ermöglichte somit eine Neuinterpretation der Sachlage, ohne dass dabei das Religi‑ onsgesetz an sich verletzt wurde. Das be‑ deutet, dass der Status des Objektes zwar neu definiert, jedoch nicht das Gesetz – als Offenbarung des göttlichen Willens begrif‑ fen 25 – geändert wurde. Diese Übertra‑ gung von göttlichem Eigentumsrecht auf die menschliche Sphäre, die ab dem 13. Jahr‑ hundert vereinzelt in der Responsaliteratur nachzuweisen ist, beschreibt Elon als Prin‑ zip der „consecration by endowment“26. In der Mehrzahl der Responsa bezeichnete heqdesh jedoch lediglich den Gemeindefonds und so verwendet auch Elon die Umschrei‑ bung ‚hekdesh funds‘ weitaus häufiger.27 Elon betrachtet heqdesh in erster Linie als Fallbeispiel für die Entwicklung des jüdischen Gesetzes. Die Herausbildung von stiftungsähnlichen Strukturen, die aufgrund der modifizierten Gesetzeslage ermöglicht wurde, ist lediglich als Ne‑ benprodukt seiner Diskussion zu werten. So resümiert er: „The concept of hekdesh in its later meaning was a creation of the post‑talmudic historico‑social situation,
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and was accompanied by a number of le‑ gal developments corresponding to the changes in the social fabric of Jewish life. The phenomenon of a term bearing two different meanings, of which hekdesh is an interesting example, offers evidence of one of the paths along which Jewish law has developed. Adherence to a common appellation for a concept with alternative meanings, despite the substantial differ‑ ence between them, permitted the appli‑ cation of laws pertaining to the concept within one of its meanings – hekdesh or consecration for the Temple needs – to the concept within its alternative meaning – hekdesh or endowment for charitable pur‑ poses – for the purpose of solving certain problems emanating from the changing realities of everyday life“28. Als Folge dieser komplexen Rechtslage ergaben sich die kontrovers diskutierten Definitionsversuche des heqdesh als juristi‑ sche Person. Exemplarisch lässt sich diese Ambivalenz anhand der Aussagen Shalom Albecks und Moshe Gils darstellen. Al‑ beck ging davon aus, dass sich letztendlich nur das Individuum dem Gesetz gegenüber verantworten könne. Die Gemeinde stelle also „keine juristische Person dar, die un‑ abhängig von ihren Mitgliedern [existieren kann], vielmehr gelten [ihre] einzelnen [Mitglieder] als Partner“29. Gleiches gilt laut Albeck für den heqdesh: „Über den Charakter des heqdesh der Armen (…) gibt es keine eindeutigen Informationen. Es ist jedoch anzunehmen, dass [heqdesh] nicht als juristische Person betrachtet wurde, sondern als Besitz jener Armen, die zu‑ künftig von ihm profitieren würden“30. Gil wiederum widersprach Albecks Hypothe‑ se vehement: „Albeck is certainly wrong when he assumes that the heqdesh for the poor (…) should be considered not a legal person (…). That the qodesh was a legal person de facto and had no underlying
Forschungsgeschichten
idea of partnership is clear from our docu‑ ments“31. Aus Gils Textbeispiel, das er zur Untermauerung seiner Gegenthese anführt, geht jedoch nicht deutlich hervor, dass Ju‑ den im mittelalterlichen Ägypten qodesh tatsächlich als juristische Person begriffen. Dort ist lediglich die Rede von „the deeds of lease in the name of the waqf “, die von einem Schuldner erbeten wurden.32 Andere Forscher betrachten den Sach‑ verhalt differenzierter. So attestiert Aaron Kirschenbaum dem biblischen und rabbi‑ nischen Konzept von heqdesh als Tempel‑ vermögen eine bestimmte Ähnlichkeit zur juristischen Person, da eine klare Tren‑ nung zwischen Gott als Eigentümer (bireshut gavoha) und einem rechtmäßigen Verwalter (gizbar) bestehe. Kirschenbaum betont jedoch auch, dass aufgrund der un‑ terschiedlichen Gesetzgebungen für das Tempelvermögen (heqdesh) und den zwi‑ schenmenschlichen Handelsbereich (bireshut re‘ehu oder hedyot) diese Analogie nur bedingt Gültigkeit habe.33 Dies führt ihn zu der Schlussfolgerung: „the corpo‑ rate body of Temple properties may not be regarded as a typical legal person, subject to the normal rights and duties attributed to human beings“34. Auch Elon bescheinigt dem rabbinischen heqdesh eine bestimmte Nähe zur juristischen Person, bekräftigt al‑ lerdings, dass geweihte Objekte als Gottes Eigentum galten und somit nicht im Besitz einer juristisch kreierten Persona waren.35 Es ist darauf hinzuweisen, dass sich Kirschenbaums und Elons Darstellungen des heqdesh als quasi‑juristische Person auf theoretische Diskussionen aus rabbinischen Quellen stützen, sich Albecks Vermutung auf eine Aussage in R. Joseph Ibn Migashs (1077–1141) Talmudkommentar zum Trak‑ tat ‚Bava Batra‘ bezieht36 und Gil wieder‑ um seine These anhand von Alltagsdoku‑ menten aus der Kairoer Geniza formuliert. Es fällt also auf, dass nicht nur in völlig
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verschiedenen Bereichen, sondern auch auf Grundlage von unterschiedlichstem Mate‑ rial ein Bedürfnis besteht, heqdesh als juris‑ tische Person zu definieren. In dem Aufsatz ‚The Corporate Status of Hekdesh in Early Sefardic Responsa‘ (1985) versucht sich Da‑ vid Fink an einer solchen harmonisierenden und zugleich entwicklungsgeschichtlichen Darstellung.37 Dabei übernimmt er weitge‑ hend Kirschenbaums und Elons Modell der quasi‑juristischen Person für die talmudi‑ sche Periode. Schließlich, ab dem 11. Jahr‑ hundert, erkennt Fink eine Transformation der schon seit talmudischer Zeit existieren‑ den Wohltätigkeitsfonds (quppot, Singular quppah) in Quasi‑Körperschaften.38 Fink versucht diese „Evolution“39 anhand von Responsa nachzuzeichnen, die sich mit der Frage der Rechtsvertretung des Gemeinde‑ fonds (heqdesh) vor Gericht befassen. Dabei geht er davon aus, dass der mittelalterliche heqdesh als reines Gemeindevermögen und nicht als göttliches Eigentum galt.40 Madeline Kochen kritisiert wiederum Finks diachrone Vorgehensweise, die in dem Konzept des Tempelvermögens einen Prototyp der juristischen Person erkann‑ te und den mittelalterlichen heqdesh als weiteren Schritt in Richtung einer solchen Theorie wertete.41 Stattdessen wählt Kochen in ihrem Aufsatz ‚It was not for naught that they called it ‚hekdesh‘‘ (2008) einen komparativen Ansatz und konzentriert sich dabei insbesondere auf die juristischen Dis‑ kussionen über den quasi‑heiligen Status der „heqdesh‑Fonds“42 und „wohltätigen Spen‑ den“43 in der mittelalterlichen Responsali‑ teratur. Kochen vermeidet dabei bewusst den Vergleich des jüdischen heqdesh mit dem islamischen waqf und der christlichen Stiftung.44 Sie widerspricht Finks These der gemeinschaftlichen Eigentümerschaft des mittelalterlichen heqdesh, indem sie fest‑ stellt, dass der mittelalterliche heqdesh zwar keinen absoluten heiligen, jedoch
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auch keinen gewöhnlichen Rechtsstatus besaß.45 Ausgehend von dem Paradox, dass Menschen Eigentum besitzen können, Gott jedoch als der absolute Eigentümer von Al‑ lem wahrgenommen wird, argumentiert sie in Anlehnung an Marcel Mauss’ Theorie des ‚spirit of the gift‘: „the Rabbis had a notion of a general donor’s lien (with God as the donor in question) that was not only a socio‑ ethical concept, but, as importantly, a very real legal concept“46. Auf dieser Grundlage formuliert sie schlussendlich ihre eigent‑ liche These, dass in der mittelalterlichen jüdischen Rechtsliteratur die Vorstellung einer ‚göttlichen juristischen Person‘ exis‑ tierte, und „that this entity, with its own do‑ main, its own property, its own rights (and perhaps its own responsibilities) – interacts with human beings, through property in a real legal sense“47. Wie die Beispiele aus der rechts‑ und religionsgeschichtlichen Forschung zeigen, ermöglicht die Kombinationsmöglichkeit der zwischenmenschlichen und göttlich‑ menschlichen Teilgebiete der halachischen Rechtsordnung ein fast unerschöpfliches Maß an Flexibilität. Die daraus resultieren‑ de Komplexität halachischer Regulierungen, die sich zumeist auf sehr assoziative Weise in den rabbinischen Quellen niederschlägt, stellt eine der großen Herausforderungen im Umgang mit jüdischen Rechtstexten im Allgemeinen sowie mit dem Verständnis von heqdesh im Besonderen dar. Selbst detaillier‑ te wissenschaftliche Analysen lassen keine allgemeinen Rückschlüsse auf den rechtli‑ chen Status des mittelalterlichen heqdesh zu. Denn wie in den vielen Fallbeispielen der Responsaliteratur deutlich wird, gab es zu keiner Zeit eine einheitliche Lehrmeinung, sondern es herrschte seit jeher halachischer Pluralismus.
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2.4.3 Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Die Forschungslage zu ‚pious foundations‘48 beziehungsweise ‚mildtätigen Stiftungen‘49 der Juden in den sozial‑ und wirtschafts‑ geschichtlichen Teildisziplinen ist etwas breiter. Es ist jedoch auch hier bezeichnend, dass Simon Dubnow trotz seines ‚soziologi‑ schen Zugangs‘ in der zehnbändigen ‚Welt‑ geschichte des jüdischen Volkes‘ (1925–1929) ‚Stiftung‘ in keiner Weise erwähnt.50 Auch Salo W. Barons dreibändige Studie ‚The Jewish Community‘ (1942) verweist nur an einer Stelle auf heqdesh als Sammelbe‑ zeichnung für „medieval charities“ und „communal hospices“.51 Und in Jacob Katz’ Strukturgeschichte der aschkenasischen Juden in der Frühen Neuzeit (1958), die den Anspruch erhebt, „alle Aspekte, Ins‑ titutionen und Funktionen dieser Gesell‑ schaft darzustellen“52, findet heqdesh nur in einem einzigen Nebensatz als ‚Spital‘ Erwähnung.53 Eine der Ursachen für das Fehlen von ‚Stiftung‘ in der frühen sozi‑ al‑ und wirtschaftshistorischen Forschung ist sicherlich in dem Informationsgehalt der mittelalterlichen Quellen selbst zu su‑ chen. So schreibt Ephraim Frisch schon im Jahre 1924: „Benjamin of Tudela, a Jewish merchant‑traveler of the 12th century, who wrote a narrative of his travels in Asia, Europe and Egypt, where he visited the chief centers of Jewish population, does not mention seeing any Jewish charitable institutions at all, although he does note the existence of Christian hospices at Jeru‑ salem and Moslem hospitals and an insane asylum at Bagdad“54. Erst seit Ende der 1970er Jahre finden sich in der Forschungsliteratur einige we‑ nige Referenzen auf Stiftungen im Juden‑ tum, insbesondere in Untersuchungen zu Organisationsformen der jüdischen Ge‑ meinde (qahal) und ihrer Selbstverwaltung.
Forschungsgeschichten
‚Stiftung‘ wird jedoch auch hier meist nur am Rande, als ein spezifischer Aspekt der jüdischen Wohlfahrt, genannt. Für den sozial‑ und wirtschaftsgeschichtlichen For‑ schungsbereich lässt sich zudem ein diszi‑ plinübergreifendes Interesse an dem The‑ menkomplex der Mild‑ oder Wohltätigkeit feststellen. Diese Überschneidung beruht vor allem auf dem traditionell sehr hohen Stellenwert der ṣedaqah, die im biblischen Kontext ‚Rechtschaffenheit‘ bedeutet, in der rabbinischen Literatur jedoch schnell als Oberbegriff zur Bezeichnung unter‑ schiedlicher Formen der Armenfürsorge und Wohltätigkeit Verwendung fand.55 Die rabbinische Assoziation der ṣedaqah mit Tempelopfern – die als ‚geweiht‘ (heqdesh) galten – kennzeichnet einen weiteren Schritt zur Identifikation von Wohltätig‑ keit mit heqdesh.56 Vereinzelt finden sich rudimentäre Erklärungsversuche der Ent‑ stehung von ‚mildtätigen Stiftungen‘ im Judentum unter Einfluss des christlichen Konzepts der caritas beziehungsweise der piae causae.57 Auch hier sind ‚Stiftungen‘ nicht als der eigentliche Forschungsge‑ genstand zu betrachten, sondern sie fin‑ den vielmehr im Zusammenhang mit der Institutionalisierung von Wohltätigkeit Erwähnung. Innerhalb der sozial‑ und wirtschafts‑ geschichtlichen Teildisziplin erweisen sich die unter islamischer Herrschaft errichteten mittelalterlichen Stiftungen von Juden als der am besten erschlossene Forschungs‑ bereich. Dies begründet sich vor allem aus der guten Quellenlage, die der Bergung des Lagerraums (Geniza) der Ben‑Ezra‑Syna‑ goge in Fustat / Alt‑Kairo gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu verdanken ist. Aufgrund der Fülle des Materials und ihres außer‑ gewöhnlichen Inhalts zählt der Fund der Kairoer Geniza zu einer der spektakulärsten Entdeckungen jüdischer Texte überhaupt.58 Vor allem die vielen Alltagsdokumente,
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die für gewöhnlich nicht in einer Geniza eingelagert wurden und denen die ersten Generationen von Genizaforschern kaum Beachtung schenkten, erweisen sich für die sozial‑ und wirtschaftsgeschichtliche Erforschung von Stiftungen der Juden im Mittelalter als Quelle von unschätzbarem Wert. Als Pionier gilt hier zweifelsohne der Arabist und Orientalist Shlomo Dov Goitein. Anhand der Geniza‑Dokumente begann Goitein das ökonomische, gesellschaftliche und politische Milieu der ägyptischen Ju‑ den im Mittelalter zu (re)konstruieren. Die daraus entwachsene mehrbändige Darstel‑ lung ‚A Mediterranean Society‘ (1967–1988) markiert bis heute einen Meilenstein in der Erforschung der Juden in den islamischen Ländern.59 Goiteins Diskussion über das mittelal‑ terliche jüdische Sozialwesen im zweiten Band von ‚A Mediterranean Society‘ (1971) beinhaltet die erste Darstellung über „chari‑ table foundations“ der Gemeinde Fustats60 – eine Bezeichnung, die er in Anlehnung an den (judaeo‑)arabischen Terminus aḥbās al-yahūd (‚Stiftungen‘ der Juden)61 wählt. Als Appendix veröffentlicht er im selben Band eine Liste von hundertvierundachtzig Dokumenten nebst Inhaltsangaben,62 „re‑ lating to houses and other communal pro‑ perty and the use made of their revenue“63. Dieses Inventar bildet die Grundlage der Dissertation seines Schülers Moshe Gil,64 die in überarbeiteter Form unter dem Titel ‚Documents of the Jewish Pious Foundations from the Cairo Geniza‘ (1976) erschien.65 Gil präsentiert darin eine Auswahl von hun‑ dertsiebenundvierzig Dokumenten sowohl im Original ([Judaeo‑]Arabisch und He‑ bräisch) als auch in englischer Übersetzung. Gils Einleitung66 konzentriert sich vor allem auf die Frage nach den Ursprüngen, der Entstehungsgeschichte, der Administration und der Ökonomie des qodesh.67 Gils Studie wurde durch eine Liste von Korrekturen der
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Texteditionen von Joshua Blau (1979)68 und einen hebräischen Anhang seiner Schülerin Ora Vaza (1991) ergänzt.69 Einerseits präsentiert Gil die Institution des qodesh in Fustat als eine direkte Fort‑ führung der Zehntabgaben und Spenden an den Jerusalemer Tempel – was sich in der Terminologie und dem Rechtsstatus der wohltätigen Stiftungen manifestierte. Andererseits betrachtet er qodesh als jüdi‑ sches Pendant zum muslimischen waqf.70 Eine nähere Begriffsbestimmung und Definition des Verhältnisses von qodesh und waqf fehlt jedoch. Der Islamwissen‑ schaftler Haim Gerber kritisierte dieses Versäumnis.71 Laut Gerber ließe die Ver‑ wendung des arabischen Terminus waqf in den Geniza‑Dokumenten grundsätzlich zwei Rückschlüsse zu: entweder wurde von einer solch ,arabophilen‘ jüdischen Gemeinde, wie sie in Fustat existiert ha‑ ben soll, islamisches waqf ‑Recht zur Er‑ richtung ihrer Stiftungen übernommen; oder es handelte sich bei der Verwendung des arabischen waqf schlichtweg um eine Übersetzung des hebräischen heqdesh be‑ ziehungsweise qodesh.72 Gerber stellt fest, dass unter den von Gil veröffentlichten hundertsiebenundvierzig Dokumenten nur elf zu finden seien, die tatsächlich über eine Widmung oder einen Stiftungsakt berichten.73 In einem dieser Dokumente ist explizit erwähnt, dass ein waqf nach den Gesetzen Israels zu errichten sei.74 Selbst das spezifisch islamische Modell der Familienstiftung (waqf ahlī), das sich in drei Geniza‑Dokumenten nachweisen lässt, betrachtet Gerber lediglich als kulturelle Adaptation, da selbst diese dem jüdischem heqdesh‑Recht unterlagen.75 Für das christliche Spanien sind vor al‑ lem die Studien des Historikers Yom Tov As‑ sis und des Talmudisten Judah Galinsky be‑ deutend. Assis’ Aufsatz ‚Welfare and Mutual Aid‘ (1992) liefert einen ersten Überblick der
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wohltätigen Institutionen der mittelalterli‑ chen jüdischen Gemeinden im christlichen Spanien. Die Namen dieser Einrichtungen, so Assis, waren zumeist aus biblischen und rabbinischen hebräischen Quellen entlehnt, was somit den Eindruck erwecken kön‑ ne, dass diese in unveränderter Form seit der Antike existiert hätten. Sein Hauptan‑ liegen sei es daher, zwischen ‚Altem‘ und ‚Neuem‘ zu unterscheiden.76 Als besonders komplex erweist sich hier die unterschied‑ liche Verwendung des Begriffes heqdesh. Grundsätzlich unterscheidet Assis zwischen dem heqdesh als Gemeindefonds und der Herausbildung verschiedener privater Ge‑ sellschaften (,societies‘, ḥevrot) in Form von Bruderschaften (,confraternities‘, ḥavurot), Orden (,fraternities‘) und Gilden (,guilds‘). Er weist jedoch darauf hin, dass aufgrund der sich zunehmend verschlechternden po‑ litischen Situation der Juden, insbesondere nach den Verfolgungen von 1391, der heqdesh plötzlich als confraria (hebr. ḥavurah) bezeichnet wurde.77 Diese Umbenennung, so Assis, „should not give rise to an erroneous conception of the character of the hekdesh; the hekdesh was a communal institution whose administration and operation came under the authority and responsibility of the community“78. Seit Beginn des 15. Jahr‑ hunderts fand der Begriff heqdesh wieder zunehmend Verwendung, nun jedoch als Bezeichnung für Spitäler, die von privaten Gesellschaften beziehungsweise Bruder‑ schaften (ḥevrot oder ḥavurot) unterhalten wurden.79 Auch in seiner Monographie ‚Je‑ wish Economy in the Medieval Crown of Aragon‘ (1997) weist Assis darauf hin, dass es sich bei heqdesh um Besitztümer oder Ver‑ mögen handle, die an die Gemeinde gespen‑ det, vererbt oder gestiftet worden seien.80 Er ergänzt, dass der heqdesh als bedeutender wirtschaftlicher Faktor zu werten sei, der das Prestige der sich selbst verwaltenden jüdischen Gemeinden erhöht habe.81
Forschungsgeschichten
Galinsky hingegen erachtet Assis’ The‑ sen als problematisch. In seinem Aufsatz ‚Jewish Charitable Bequests‘ (2005) postu‑ liert er die weite Verbreitung und hohe Po‑ pularität des heqdesh schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und widerspricht somit Assis’ Einschätzung einer späten Aus‑ bildung von allgemeiner Wohlfahrt in Spa‑ nien erst ab dem 14. Jahrhundert.82 Darüber hinaus präsentiert Galinsky eine alternative Definition der verschiedenen Formen von heqdesh für das spätmittelalterliche christ‑ liche Spanien.83 Zusätzlich zu der Bedeu‑ tung eines öffentlichen Wohltätigkeitsfonds sei heqdesh als Abstraktum zu verstehen, da jede Spende grundsätzlich als Gabe an den heqdesh, soll heißen an die gesamte Judenheit begriffen worden sei.84 Besonders bedeutend sei jedoch die dritte Form des heqdesh als private beziehungsweise semi‑ private Stiftung, die Galinsky erstmals für das christliche Spanien nachweisen konnte. Die Organisationsform dieser Stiftungen weist hierbei deutliche Parallelen zur isla‑ mischen Familienstiftung (waqf ahlī) auf.85 Für das mittelalterliche Deutschland lie‑ gen so gut wie keine Untersuchungen über Stiftungen von Juden vor.86 Selbst in der sich deutlich herausbildenden jüdischen Armutsforschung für das mittelalterliche Aschkenas findet ‚Stiftung‘ nur sporadisch Erwähnung.87 Dies liegt unter anderem daran, dass die Quellen keine Auskunft über die Errichtung privater mildtätiger Stiftungen geben.88 Der weit verbreitete Gebrauch von heqdesh als Bezeichnung für Spitäler89 wurde jedoch im Rahmen der Erforschung jüdischer Krankenpflege immer wieder thematisiert. Einige wenige Referenzen hierzu finden sich in den von Siegmund Salfeld und Moritz Stern edierten mittelalterlichen Quellen aus Aschkenas (1898 und 1890/1896).90 Einen ersten Über‑ blick über ‚Jüdische Hospitäler im Mittel‑ alter‘ (1913) lieferte Karl Baas.91 Es folgte
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eine breiter angelegte Studie von Jacob R. Marcus (1947),92 die zwar insbesondere das jüdische Gesundheitswesen seit der Frühen Neuzeit im Fokus hat, aber dennoch eine wichtige, wenn auch kurze Darstellung des Ursprungs des mittelalterlichen heqdesh als Spital beinhaltet.93 Die wenigen Textzeug‑ nisse wurden später vor allem von Galinsky zusammengetragen und in seinen Publika‑ tionen diskutiert.94 Dabei wurde deutlich, dass gemeinschaftliche mildtätige Fonds in Aschkenas zwar existierten, jedoch mit dem Begriff quppah shel ṣedaqah und nicht mit heqdesh umschrieben wurden.95 Die Aufrechterhaltung dieser Fonds wurde zu‑ meist durch freiwillige Spenden gesichert. Vereinzelt finden sich jedoch Belege, dass in Notzeiten Beiträge von den Gemeinde‑ mitgliedern unter Androhung von Exkom‑ munikation erzwungen wurden.96 Auch die überwiegende Mehrheit der Spitäler wurde von der Gemeinde errichtet und durch die quppah finanziert.97 So konnte schon Israel Yuval in seiner Studie zu Spendenzahlungen aus Nürnberg an die Armen Jerusalems (1981) anhand einer Liste des Nürnberger Memorbuches nachweisen, dass zwischen 1352 und 1373 dreiundachtzig Prozent der Spenden an den städtischen heqdesh adres‑ siert waren.98 Yuval identifiziert den Ter‑ minus heqdesh in der Quelle eindeutig als Bezeichnung für ‚jüdisches Spital‘.99 Die Quelle selbst ließe jedoch auch eine Lesart von heqdesh als Gemeindefonds zu.100 Rainer Barzen hingegen spricht in seinem Aufsatz ‚Meaning of Tzedakah‘ (2009), wenn auch in Anführungszeichen, von der Exis‑ tenz von ‚Stiftungen‘ im hoch‑ und spätmit‑ telalterlichen Aschkenas: „‚[e]ndowments‘ (hekdesh in Hebrew) were founded that ap‑ pear to have reached beyond the scope of the local community, since they also pro‑ vided help for travelling people in need“101. Weitere Belege hierfür führt er jedoch nicht an. Auch seine Einschätzung, dass Spitäler,
deren Unterhalt ab Mitte des 14. Jahrhun‑ derts fast ausschließlich über private Spen‑ den, Vermächtnisse und reguläre Beiträge zur Armenfürsorge gesichert wurde, den heqdesh par excellence darstellten, wird an dieser Stelle nicht weiter begründet.102 Erst in der Frühen Neuzeit lässt sich für den aschkenasischen Raum ein Zugewinn an Prestige als ‚Stiftermotivation‘ klar aus‑ machen. (→ 7.4) Diese Popularität spiegelt sich insbesondere in den Gründungen von sogenannten Bruder‑ oder Genossenschaf‑ ten (ḥevrot), die ab dem 16. Jahrhundert in Europa schlagartig zunahmen.103 (→ 3.4.3) 2.4.4 Interdisziplinäre und transregionale Forschung Aufgrund der oben schon erwähnten zu‑ nehmenden Spezialisierung der Teildiszi‑ plinen der Judaistik liegen bis heute keine umfassenden interdisziplinären oder trans‑ regionalen Studien vor. Zumeist finden sich nur rudimentäre Vergleiche des jüdischen heqdesh mit christlichen und muslimischen Stiftungen.104 In der jüngsten Forschung zu Stiftun‑ gen von Juden unter christlicher Herrschaft lässt sich seit einigen Jahren die Tendenz erkennen, einen Zusammenhang zwischen Spendenzahlungen und Memoria aufzu‑ weisen. Eine richtungweisende transregi‑ onale Untersuchung hierzu findet sich in Galinskys Aufsatz ‚Commemoration and Heqdesh‘ (2005).105 Galinsky vergleicht da‑ rin die Motivationen für wohltätige Ver‑ mächtnisse und Schenkungen im christ‑ lichen Spanien des 13. Jahrhunderts mit denen in Frankreich und Deutschland und kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Errichter privater wohltätiger Stiftungen in Spanien Willensvollstrecker einsetzten, die für die Distribution und die Sicherung des Vermögens sowie das Gedenken an den
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Stifter verantwortlich waren; in Frankreich und Deutschland hingegen war Memoria an das Rezitieren des liturgischen Seelengeden‑ kens gekoppelt und wurde durch Spenden an die Gemeinde erwirkt.106 Demzufolge betrachtet Galinsky Memoria als eine der Hauptmotivationen für Spendentätigkeit im mittelalterlichen Aschkenas.107 Eine erste interdisziplinäre Studie, die wohltätige Stiftungen im Judentum und Islam vergleichend untersucht, wurde vor kurzem mit Hmida Toukabris Monographie ‚Satisfaire le ciel et la terre‘ (2011) präsen‑ tiert. Toukabris Hauptaugenmerk liegt auf der Darstellung der theoretischen, dogma‑ tischen und moralischen Grundlagen der jüdischen und muslimischen Stiftungen.108 Ihre Monographie untergliedert sie dem‑ entsprechend in drei Hauptteile: einen ana‑ lytischen, der in die jüdischen und musli‑ mischen Quellen einführt und sie kontex‑ tualisiert („Ouvertures sur les textes et sur leurs contextes“); einen zweiten, der sich den administrativen Besonderheiten des heqdesh und des waqf widmet („Bonne ou mauvaise volonté dans les fonctionnements et les dysfonctionnements des fondations“); schließlich einen dritten, der die Motiva‑ tionen und Intentionen für das Errichten
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von Stiftungen beleuchtet („Fonder dans l’entourage immédiat, fonder pour des ho‑ rizons lointains“).109 Dieser Vergleich lässt laut Toukabri zwei Rückschlüsse zu: Zum einen teilten sich muslimische und jüdi‑ sche Stiftungen eine Hybridität,110 die sich in Form einer doppelten Zeitebene (‚double temporalité‘) äußere.111 So zeigten Stiftungen eine unmittelbare Wirkung in der Gegen‑ wart, teleologisch betrachtet nutzten sie aber auch zukünftig dem Stifter beziehungsweise der Stifterin.112 Zum anderen bestehe ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem jüdischen heqdesh als öffentliche und dem muslimischen waqf als private Institution.113 Die Trilogie ‚Jewish Giving in Com‑ parative Perspectives‘ (2013) von Noam Zion liefert einstweilen den Versuch einer transregionalen sowie kulturübergreifen‑ den Darstellung von jüdischer Wohltätig‑ keit „in dialogue with Greek Philanthro‑ py, Christian Charity, and Islamic Zakat / Sedaqa“114. Gemessen am Gesamtumfang des Werkes fällt die Diskussion über Stif‑ tungen im Judentum, Christentum und Islam jedoch sehr knapp aus und bietet allenfalls eine kurze Zusammenfassung der verfügbaren Forschungsliteratur.115 PK
Anmerkungen 1 Lowenthal, Angewandte Zedaka (1964), 588. 6 Zur Unterscheidung zwischen Jüdischen Stu‑ 2 Gleiches gilt für die Behauptung von Hen‑ dien und Judaistik siehe Goodman, Nature of Je‑ nings und Hering, dass „Wanderfürsorge und der Aufbau sozialer Stiftungen (…) seit jeher die beiden typischen Ausformungen der jüdischen Wohlfahrt gewesen [sind]” (Hennings / Hering, Wanderfürsorge [2010], 207). 3 Ludwig / Schilde, Jüdisches Mäzenatentum (2010), 17. 4 Vgl. Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983), 108. 5 Vgl. ebd., 106–108.
wish Studies (2002), 8.
7 Heil, Jüdische Studien (2010), 5. 8 Vgl. Goodman, Nature of Jewish Studies (2002), 6. 9 Vgl. ebd. 10 Johannes A. van der Ven definiert Intradis‑ ziplinarität als „die Übernahme von Konzepten, Methoden und Techniken der einen Wissenschaft durch eine andere und […] die integrierende Auf‑ nahme dieser Elemente in diese andere Wissen‑ schaft“ (siehe Van der Ven, Entwurf einer empi‑ rischen Theologie [1990, ND 1994], 117).
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11 Awerbuch, Judaistik ohne Juden (1996), 20. 12 Vgl. Heil, Jüdische Studien (2010), 19 f. 13 Ebd., 13 f. 14 Siehe z. B. Kohler, Judaism Buried or Revi‑
talised (2012). 15 Awerbuch, Judaistik ohne Juden (1996), 15. 16 Vgl. ebd., 20. 17 Ebd., 20 f. 18 Liss, Judaistische Mediävistik (2010), 23. 19 Vgl. Bar-Ilan, Heqdesh (1962). 20 Vgl. Elon, Principles of Jewish Law (1975). 21 Vgl. Elon, Introduction (1975), 5. 22 Vgl. ebd., 6. 23 Ebd., 6. 24 Vgl. Elon / Levitats, Hekdesh (2007). 25 Vgl. Soloveitchik, Religious Law and Change (1987), 205. 26 Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 777. Zur Wei‑ hung als Eigentumsübertragung an den Tempel siehe Loewenberg, Charity (2001), 166. 27 Vgl. Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 778. 28 Elon stellt fest, dass „[f]rom the geonic peri‑ od onward, the term hekdesh came to be widely used to denote the dedication of property for public or communal needs, for the benefit of the poor or the fulfillment of other mitzvot“ (siehe ebd., 778). Der Terminus ‚heqdesh‘ benennt in diesem Zusammenhang den Widmungsakt, der im Vergleich zu der regulären Eigentumsübertra‑ gung nicht schriftlich festgehalten werden musste, sondern in Anwesenheit von Zeugen mündlich deklariert wurde. 29 Albeck, Yesodot Mishtar ha‑Qehilot (1960), 87 (Übers. d. Verf.). Dieselbe Aussage trifft Kirschenbaum, Legal Person (2007), 605: „Traditional Jewish law apparently did not recognize the type of ownership implied in the idea of the corpora‑ tion. Common ownership is ordinarily expressed in terms of partnership (shuttafut)“. 30 Albeck, Yesodot Mishtar ha‑Qehilot (1960), 89. 31 Gil, Documents (1976), 31. 32 Ebd., Nr. 112, 411 f., hier 412. 33 Vgl. Kirschenbaum, Legal Person (2007), 605 und Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 776. 34 Kirschenbaum, Legal Person (2007), 605. 35 Vgl. Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 776. 36 Vgl. Albeck, Yesodot Mishtar ha‑Qehilot (1960), 89. 37 Vgl. Fink, Corporate Status of Hekdesh (1985).
129 38 Vgl. ebd., 18; 24. 39 Ebd., 18. 40 Vgl. ebd., 20. Finks Annahme bezieht sich
offensichtlich auf den rechtlichen Status des talmudischen Wohltätigkeitsfonds (quppah shel ṣedaqah), der als Besitz der Armen galt und von ei‑ nem Gemeindevorsteher als Vertreter der Armen verwaltet wurde. Die Gesetze der ṣedaqah – dar‑ unter auch die des Wohltätigkeitsfonds – wurden tatsächlich von einigen mittelalterlichen Rechts‑ gelehrten mit denen des heqdesh kombiniert. Al‑ lerdings ist die Sachlage in den meisten Responsa nicht so kohärent wie in Finks Darstellung. 41 Vgl. Kochen, It was not for naught (2008), 141 und Anm. 35. Sie kritisiert somit auch Finks Vor‑ läufer Gulak, Yesodei ha‑Mishpat ha‑ʿIvri (1922), 50 f., und S. Eisenstadt, Hitpathut Musag ha‑Ishiyut ha‑Mishpatit (1927). 42 Kochen, It was not for naught (2008), 131. 43 Ebd., 138. 44 Vgl. ebd., 132 und Anm. 4. 45 Vgl. ebd., 141. 46 Ebd., 136. 47 Ebd., 141. Siehe auch Kochen, Beyond Gift and Commodity (2004); Dies., Property and Ju‑ stice (im Druck). 48 Vgl. Gil, Documents (1976), 2. 49 Vgl. Barzen / Escher-Apsner / Multrus, Religiös motivierte Barmherzigkeit (2004); A. Schwarz, Va‑ terstädtische Stiftung (2007), 43. Georg Heuberger bevorzugt die Bezeichnung ‚jüdisches Mäzenaten‑ tum‘ (siehe Heuberger, Jüdisches Mäzenatentum [1997], 65–67, und vgl. Ludwig / Schilde, Jüdisches Mäzenatentum [2010], 19). 50 Vgl. Dubnow, Weltgeschichte (1925–1929). 51 Baron, Jewish Community, Bd. 2 (1942), 328 f. 52 Katz, Tradition und Krise (2002). Katz’ Werk wurde erstmals 1958 auf Hebräisch veröffentlicht und 1993 ins Englische übersetzt. Christian Wie‑ ses deutsche Übersetzung folgte 2002. 53 Vgl. ebd., 87. 54 Frisch, Historical Survey (1924), 141. 55 Vgl. Posner / Ben-Sasson / Levitats, Charity (2007); Urbach, Magamot Datiyot (1951); Lowenthal, Angewandte Zedaka (1964), 585 f. 56 Vgl. Kochen, It was not for naught (2008), 135; Gil, Documents (1976), 12. 57 Siehe zum Beispiel Barzen, Was der Arme benötigt (2008), 139.
130 58 Zur Entdeckung und Bergung der Kairoer
Geniza siehe Hoffman / Cole / Schechter, Sacred Trash (2011). Normalerweise dienen Genizot zur Aufbewahrung von nicht mehr brauchbaren li‑ turgischen Texten. Als Aufbewahrungskriterium gilt in der Regel die Erwähnung eines hebräischen Gottesnamens in dem ausgesonderten Schrift‑ stück. Außergewöhnlich für die Kairoer Geniza ist daher nicht nur die Einlagerung von profanen Texten wie zum Beispiel Inventurlisten, sondern auch die Fülle an (judaeo‑)arabischen Quellen. 59 Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bde 1–5 (1967–1988, ND 1999). 60 Ebd., Bd. 2, 112–121. 61 Vgl. ebd., Bd. 2, 114. 62 Vgl. ebd., Bd. 2, 413–437 (Appendix [A]). 63 Ebd., Bd. 2, 92. 64 Vgl. Gil, Institution of Charitable Founda‑ tions (1970). 65 Vgl. Gil, Documents (1976). Siehe auch Stillman, Review Moshe Gil (1982). 66 Vgl. Gil, Documents (1976), 1–118. 67 Zur Wirtschaftsgeschichte des mittelalterli‑ chen qodesh in Fustat siehe Gil, Maintenance (1971). 68 Vgl. Blau, Heʾarot Textualiot (1979). 69 Vgl. Vaza, Jewish Pious Foundations (1991). 70 Vgl. Gil, Maintenance (1971), 136 f. Auch Mark Cohen beschreibt den ägyptischen heqdesh / qodesh als jüdisches Pendant zum islamischen waqf. Cohen schreibt weiter: „much can be learned from the Geniza about the way this parallel revenue system functioned not only in the Jewish commu‑ nity, but also among Muslims, since Islamic waqf deeds from this period have mostly not survived“ (M. Cohen, Poverty and Charity [2005], 11). Siehe auch Ders., Foundations and Charity (2005). 71 Vgl. Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983). Für eine ähnliche Kritik siehe Wansbrough, Review Moshe Gil (1977), 613. 72 Vgl. Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983), 106. 73 Vgl. ebd., 108 und Anm. 10. 74 Vgl. Gil, Documents (1976), Nr. 45, 246–251. 75 Vgl. Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983), 108. Ron Shaham geht jedoch davon aus, dass „despite the existence of the Christian piae causae, and the Jewish heqdesh, Christians and Jews availed themselves of the concept of the Muslim waqf from the Middle Ages until the end
Forschungsgeschichten
of the Ottoman state“ (Shaham, Christian and Jewish waqf [1991], 460). 76 Assis, Welfare and Mutual Aid (1992), 318. 77 Vgl. ebd., 322. 78 Ebd., 323. 79 Vgl. ebd., 330; 332. Siehe auch Baron, Jewish Community, Bd. 1 (1942), 348–374. 80 Vgl. Assis, Jewish Economy (1997), 244. 81 Vgl. ebd., 101. 82 Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 431; Ders., Public Charity (2010), 80 f. 83 Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 425 f. 84 Die gesamte Judenheit wurde somit als Sub‑ stitut an die Stelle des nicht mehr intakten Tem‑ pelvermögens gesetzt. 85 Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 426. 86 Für die Frühe Neuzeit und die Moderne ist die Forschungslage etwas vorteilhafter. Siehe z. B. Hennings / Hering, Wanderfürsorge (2010); Heuberger, Jüdisches Mäzenatentum (1997); Ludwig / Schilde, Jüdische Wohlfahrtsstiftungen (2010); Lustiger, Jüdische Stiftungen in Frankfurt (1988); A. Schwarz, Vaterstädtische Stiftung (2007); Wustmann, Jüdische Wohlfahrt (2002). 87 Vgl. Backhaus, Im Heckhuß die Lahmen (2000); Barzen, Was der Arme benötigt (2008); Ders., Meaning of Tzedakah (2009); Ders., Jüdische Armenfürsorge (2011); J. Bergmann, Mildtätigkeit (1914); Cronbach, Social Thinking (1949). B. Klein, Idealisieren, Neutralisieren, Bekämpfen (2000); Richtscheid, Hungersnot (2004); Schmidt, Religiöse Dimensionen (2004). 88 Vgl. Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005), 201. 89 Siehe z. B. Backhaus, Im Heckhuß die Lahmen (2000), 33; Frisch, Historical Survey (1924), 147–150. Auch bei Michael Toch findet sich kein Hinweis auf ein jüdisches Stiftungswesen im mittelalter‑ lichen Deutschland. Er verweist auf den heqdesh nur als ,Armenspital‘ (siehe Toch, Juden im mit‑ telalterlichen Reich [2013], 9; 17; 20; 86). Spitäler werden in den Dokumenten der Kairoer Geniza mit dem arabischen Terminus funduq beziehungs‑ weise dem hebräischen pundaq bezeichnet (siehe Gil, Documents [1976], 114 f., und M. Cohen, Poverty and Charity [2005], 234). Zu Spitälern in Spanien siehe Gutwirth, Jewish Hospitals (1988).
131
Griechisch-orthodoxe Christen
90 Vgl. Das Martyrologium des Nürnberger Me‑ Borgolte, Planen für die Ewigkeit (2012). Baers
morbuches. Ed. Siegmund Salfeld. Berlin 1898; Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 1: Überlingen am Bodensee (1890); Bd. 3: Nürnberg im Mittelalter (1894–1896). 91 Vgl. Baas, Jüdische Hospitäler (1913), 452. 92 Vgl. J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947). 93 Vgl. ebd., 161–197; 274 f. 94 Vgl. Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005); Ders., Public Charity (2010). 95 Vgl. R. Isaak Moshe aus Wien, Sefer ʾOr Zaruʾa. Ed. Akiba Lehren, 4 Bde. Zhitomir 1862, hier Bd. 1, fol. 7a (Hilkhot Ṣedaqa). 96 Vgl. Galinsky, Public Charity (2010), 86. 97 Vgl. Barzen, Meaning of Tzedakah (2009), 14*; Yuval, Hospices (1990), 125. 98 Vgl. Yuval, Almosen aus Nürnberg (1981), 187. 99 Ebd., 187, Anm. 26. 100 Eine Edition dieser Liste findet sich ebd., 194–197. 101 Barzen, Meaning of Tzedakah (2009), 14*. 102 Vgl. ebd., 16*. 103 Zur Ausbreitung und Popularität der ḥevrot in Frankreich, Deutschland und Italien siehe J. Marcus, Communal Sick‑Care (1947); Ruderman, Gemilut Ḥasadim Society (1976). Zu Spanien sie‑ he Assis, Welfare and Mutual Aid (1992), 333–345. 104 Siehe zum Beispiel G. Baer, Muslim Waqf (2005); Lusiardi, Stiftung und Seelenheil (2005);
Aufsatz basiert auf einem Vortrag, der im Rah‑ men des Internationalen Workshops „Economic and Social Aspects of the Muslim waqf“ im Jahre 1981 in Jerusalem präsentiert wurde (siehe G. Baer, Muslim Waqf [2005], 257, Editorial Note). 105 Vgl. Galinsky, Commemoration and Heq‑ desh (2005). 106 Vgl. ebd., 201. 107 Vgl. ebd., 195–198. 108 Vgl. Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 24. 109 Vgl. ebd., 29–135; 139–244; 247–356. Als jü‑ dische Primärquellen dienen Toukabri Moshe Gils ‚Documents‘ (1976) sowie die Schriften Mai‑ monides’. Weitere Erkenntnisse über heqdesh / qodesh stützen sich auf die Untersuchungen von Yom Tov Assis, Mark R. Cohen, Moshe Gil und Shlomo D. Goitein. 110 Vgl. Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 19. 111 Vgl. ebd., 357. 112 Vgl. ebd., 357. 113 Vgl. ebd., 359. 114 Zion, Jewish Giving, Bd. 3 (2013), 2. Mein Dank gilt Noam Zion, der freundlicherweise eine elektronische Version seiner Trilogie zur Verfü‑ gung gestellt hat. 115 Vgl. ebd., Bd. 1, 434–443; Bd. 3, 383; 564 f.
2.5 Griechisch-orthodoxe Christen 2.5.1 Allgemeines Die Forschungsgeschichte zu den byzanti‑ nischen Stiftungen hat sich entlang vieler Stränge entfaltet – besonders durch Be‑ arbeitung, Kommentar und Übersetzung der Überlieferung –, und in den jüngsten Jahrzehnten sind die Studien noch dichter geworden. Die Erklärung für diesen For‑ schungsstand liegt hauptsächlich in der Tatsache, dass Klöster im Laufe der Zeit die geläufigste Form der Stiftung geworden
sind, aber auch selbst Orte besonderer Stif‑ tungen, etwa für caritative Einrichtungen, wurden. Der Einfluss des Mönchtums in der byzantinischen Gesellschaft ist kaum zu überschätzen. Während der fünfhun‑ dert Jahre zwischen 705 bis 1204 waren 45 der 57 Patriarchen von Konstantinopel Mönche, und unter den Heiligen, die vom Anfang des 6. Jahrhunderts bis zur Erobe‑ rung Konstantinopels im Jahr 1453 gelebt
132
haben, lässt sich für Klosterbewohner eine Quote von fünf Sechsteln errechnen.1 Im Laufe der byzantinischen Geschichte hat die gesellschaftliche Bedeutung byzantinischer Klöster stetig zugenommen, viele Aspekte der griechisch‑orthodoxen Kirche, etwa die Liturgie, wurden geradezu ‚monasterisiert‘2: Hans‑Georg Beck hat Byzanz sogar schon für das 6. Jahrhundert als „vermöncht“ be‑ zeichnet.3 In der Überlieferung überwiegen Dokumente aus Stiftungen, insbesondere aus Klöstern; dementsprechend schreibt der Byzantinist Cyril Mango: „No other aspect of Byzantine life is as amply documented as monasticism. We possess hundreds of biographies of holy monks, countless medi‑ tations, epistles, sermons, exhortations and justifications dealing with the monastic condition. We have, in addition, a num‑ ber of rules, disciplinary canons, imperial edicts, even a considerable body of archival material. Yet, in spite of this overabundant harvest of literature, it is no easy matter to give an account of Byzantine monasticism in terms that would be understandable to us today.”4 Aber diesem Reichtum an Quellen und der ihn begleitenden Masse an Stiftungs‑ forschung entsprechen kaum die theore‑ tischen Anstrengungen um einen byzan‑ tinistischen Stiftungsbegriff. Zwar gibt es viele wertvolle Spezialstudien über byzan‑ tinische Stiftungen, doch fehlt derzeit eine fachliche Konvention über den Stiftungs‑ begriff.5 Deswegen behaupten sich noch immer ältere Zugänge zum Stiftungswe‑ sen in wissenschaftlichen Untersuchungen, denen man ihre besondere Berechtigung natürlich nicht absprechen kann.6 Bevor die Forschungsgeschichte zu grie‑ chisch‑orthodoxen Stiftungen nach me‑ thodologischen Zugängen im Einzelnen gewürdigt werden kann, lohnt es sich, die Geschichte der Erforschung und Veröffent‑ lichungen der monastischen Urkunden zu
Forschungsgeschichten
rekapitulieren. Besonders wichtig war die Veröffentlichung der sogenannten typika oder klösterlichen Ordnungen.7 Ganz eng ist die Bearbeitung dieser typika sowie der klösterlichen Archive mit der Geschichte der griechisch‑orthodoxen Kirche verbun‑ den. Kein Geringerer als der griechische Gelehrte Leo Allatius, später Bibliothekar der Bibliotheca Vaticana, konnte im Jahr 1646 – nicht einmal zwei Jahrhunderte nach der osmanischen Eroberung Konstantino‑ pels – behaupten, dass unter den Schriften der griechisch‑orthodoxen Kirchen das typikon von der größten Wichtigkeit sei.8 Wie Allatius waren die meisten der frühen Forscher, die sich mit der Geschichte und den Institutionen der griechisch‑ortho‑ doxen Kirche beschäftigten, Beamte der katholischen Kirche, darunter sogar ein paar Kardinäle wie Angelo Mai und der Kanonist Jean‑Baptiste Pitra.9 Obwohl die hohe Bedeutung der typika früh erkannt worden ist, gingen die Bearbeitung und Veröffentlichung dieser Quellen und an‑ derer Stiftungsurkunden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur langsam voran. Vor allem vor 1917, in den Anfangspha‑ sen der modernen Forschung über kirch‑ liche Institutionen bzw. Stiftungen in der Orthodoxie, haben Russen eine führende Rolle gespielt. Ihr Interesse an byzantini‑ schen Stiftungen war sehr eng mit dem Interesse an Frömmigkeitsgeschichte sowie andererseits mit der zaristischen ‚Realpolitik‘ im Balkan sowie im Nahen Osten verknüpft. Die wissenschaftliche Erforschung der griechisch‑orthodoxen Stiftungen war eine der vielen Leistun‑ gen des Russischen Archäologischen In‑ stituts in Konstantinopel (1894–1914), das aus einer Zusammenarbeit zwischen dem russischen Botschafter im Osmanischen Reich, Andreĭ Ivanovich Nelidov (1835–1910), und dem Byzantinisten Fëdor I. Uspenskiĭ (1845–1928) hervorgegangen war. Sogar der
Griechisch-orthodoxe Christen
Ort des Instituts, das sich auf dem Gelände des ehemaligen Stoudiou‑Kloster befand, deutet auf die Forschungsinteressen der dort ansässigen Wissenschaftler hin. Die Forscher des Instituts haben die Archive vieler der wichtigsten orthodoxen Klöster im östlichen Mittelmeerraum – auf dem Berg Athos, auf der Insel Patmos (Kloster des Johannes Theologes) und im Sinai in Ägypten (Kloster der heiligen Katharina) – untersucht.10 Bereits im Jahr 1885 schrieb Ivan Mans‑ vetov die erste Studie über klösterliche typika,11 während zwei Jahre später P. Be‑ zobrazov in einem Aufsatz die Bedeutung der typika für die Geschichte der byzantini‑ schen Kirche und des byzantinischen Staa‑ tes betonte12. Die größte Errungenschaft dieser Zeit war die Veröffentlichung eines dreibändigen Corpus von ‚Stiftungen‘ und liturgischen typika durch Dmitrievskiĭ;13 diese Sammlung galt als Standardwerk der Forschung bis zur Veröffentlichung der ‚By‑ zantine Monastic Foundation Documents‘ durch Thomas und Hero im Jahr 2000. Neben der Bearbeitung und Veröffentli‑ chung der typika zählen die Editionen der Dokumente in klösterlichen Archiven zu den wichtigsten Errungenschaften dieser Forschung. Zentral war vor allem die Veröf‑ fentlichung der Urkunden der verschiede‑ nen Athos‑Klöster, eine Herkulesarbeit, die heute noch nicht zu ihrem Abschluss ge‑ langt ist. Wie mit den typika waren damit auch vorrangig russische Forscher befasst – eine kaum überraschende Tatsache, weil gerade vor dem Ersten Weltkrieg das russi‑ sche Mönchtum auf dem Berg Athos seinen Höhepunkt erlebte. Damals wohnten mehr als 3 000 Russen als Mönche auf dem Heili‑ gen Berg14; von allen orthodoxen Nationa‑ litäten waren sie damit die größte Gruppe und übertrafen sogar die Griechen selbst.15 1873 erschien eine Sammlung der Akten des russischen Athos‑Klosters Panteleimon.16
133
Danach folgten die Editionen der Akten der Athos‑Klöster Pantokrator (1903)17, Xe‑ nophon (1903)18, Esphigmenou (1906)19 und Zographou (1907)20. Dann war es aber ein deutscher Forscher, Philipp Meyer, der einige der wichtigs‑ ten Urkunden der Athos‑Klöster erschloss (1894); dabei handelte es sich besonders um Dokumente aus der frühesten Phase des koinobitischen Mönchtums im späten 10. und frühen 11. Jahrhundert.21 Der franzö‑ sischer Byzantinist Gabriel Millet hat kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ei‑ nen großen Teil der monastischen Archive des Berges Athos fotografieren lassen; auf dieser Grundlage begann Millets Studentin Germaine Rouillard ein Projekt mit dem Ziel, alle mittelalterlichen Urkunden der Klöster des Heiligen Berges zu fotografie‑ ren, zu edieren und zu kommentieren.22 Seit dem Jahr 1937 sind Editionen der Urkun‑ den aus den Athos‑Klöstern in der Reihe ‚Archives de l’Athos‘ (derzeit insgesamt 22 Bände) erschienen. Das Ziel der Herausge‑ ber dieser Reihe besteht darin, alle etwa 1 200 mittelalterlichen Urkunden des Hei‑ ligen Berges in dieser Weise zu bearbeiten. Im Vergleich mit diesem Reichtum an Urkunden für die Klöster des Athos findet man – mit der wichtigen Ausnahme von Süditalien23 – anderswo relativ wenig. Des‑ wegen war die Veröffentlichung der Archive des pontischen Klosters Vazelon durch die russischen Byzantinisten Fëdor Ivanovich Uspenskiĭ und Vladimir Nikolaevich Bene‑ shevich im Jahr 1927 von so großem Wert24; diese hatten ihre Forschungen bereits wäh‑ rend der Besatzung der Stadt Trabzon durch die russische Armee (18. April 1916 – 24. Fe‑ bruar 1918) durchgeführt25. Uspenskiĭs Werk repräsentiert eine Wende nicht nur für die Stiftungsforschung, sondern auch für die ganze Byzantinistik. Sein Fach, dessen füh‑ render Vertreter er vor der Revolution (1917) gewesen war, wurde von den Bolschewiken
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als reaktionär und sogar als gefährlich an‑ gesehen; verwiesen sei zur Illustration nur auf die Geschichte der Orthodoxie und der Klöster, des kanonischen Rechtes oder der byzantinischen politischen Ideologie, be‑ sonders des sogenannten ‚Cäsaropapismus‘. 1923 wurde die Erforschung der byzanti‑ nischen Geschichte und Kultur sogar als ‚bourgeoise Wissenschaft‘ (‚burzhuaznazai͡a nauka‘) diffamiert26. Daraus leitete sich eine fast komplette Behinderung der Forschung in den ersten Jahrzehnten der UdSSR ab: „[A]ll instruction in ancient and medieval history was dropped and replaced by the so‑called obščestvovedenie, the description of exploitation and the class struggle, and the remaining medievalists were compelled to earn their living by peripheral jobs with institutions like the Soviet Encyclopedia or the Institute of Marxism‑Leninism.“27 Es dauerte danach einige Zeit bis zur Rehabi‑ litation der Byzantinistik sowie verwandter Fächer.28 Ein anderes großes Archiv eines byzan‑ tinischen Klosters, zwar nicht auf dem Berg Athos, aber noch im Gebiet von Makedonien, das des Johannes‑Prodromos‑Klosters bei Serrai, wurde von Franz Dölger (1935)29 und dann von Andre Guillou (1955)30 veröffent‑ licht. Viel später ist eine kritische Edition der Urkunden des Archivs des Johannes‑ klosters auf der Insel Patmos erschienen.31 2.5.2 Rechtsgeschichte Die frühe Phase der byzantinistischen Stiftungsforschung wurde durch einen rechtshistorischen Zugang bestimmt. Im Mittelpunkt standen die Rechtspersön‑ lichkeit einer Stiftung, die Stifterprivi‑ legien sowie die Stiftungsauflagen. Die einflussreichste Untersuchung dieser Art war Joseph von Zhishmans ‚Das Stif‑ terrecht (τὸ κτητορικὸν δίκαιον) in der
Forschungsgeschichten
morgenländischen Kirche‘ (1888). Der Pro‑ fessor an der Universität Wien hatte be‑ reits ein Vierteljahrhundert vor der Veröf‑ fentlichung seinen Ruf als Spezialist für Kirchengeschichte mit einer Studie über das Eherecht in der orthodoxen Kirche be‑ gründet.32 Es war freilich auch kein Zufall, dass Zhishman mit dieser fachlichen Aus‑ richtung in den multikulturellen Ländern der Habsburgerherrschaft wirkte. Ein gro‑ ßer Anteil der byzantinischen Stiftungsfor‑ schung dieser Zeit stammte nämlich aus Ländern, in denen sich die Frage der recht‑ lichen Geltung von Stiftungen nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch noch für die Gegenwart stellte. Für das Griechenland des 19. und frühen 20. Jahrhunderts leitete sich diese Bedeutung von der bis 1946 fort‑ dauernden Anerkennung des ‚Hexabiblos‘ ab, den der Kanonist Harmenopoulos 1348 verfasst hatte. Der Rechtshistoriker Karl Eduard Zachariä von Lingenthal konstatier‑ te dementsprechend über die zeitgenössi‑ schen griechischen Stiftungen in seiner ‚Ge‑ schichte des griechisch‑römischen Rechts‘: „Uebrigens zeichnen sich die Griechen, wie in der byzantinischen Zeit durch die Men‑ ge und Grösse der kirchlichen Stiftungen, so auch noch heut zu Tage durch einen charakteristischen Trieb wenn auch nicht grade vorwiegend zu kirchlichen, so doch zu gemeinnützigen Stiftungen aus. Millio‑ nen fliessen jährlich nicht blos dem eigenen Lande, sondern allenthalben her von im Ausland wohnenden Griechen den öffent‑ lichen Anstalten Griechenlands zu. Diesen Trieb auf die richtigen Ziele zu leiten, und das ganze Stiftungswesen unter möglichster Berücksichtigung der staats‑ und national‑ wirthschaftlichen Interessen zu regeln, ist eine besonders wichtige Aufgabe der grie‑ chischen Staatsmänner!“33 Der von Zhishman entwickelte Begriff des byzantinischen Stifterrechts hatte ein entsprechendes System des Stiftungsrechts
Griechisch-orthodoxe Christen
im Abendland zum Vorbild, das sogenann‑ te ius patronatus. Der Ansatz bei einem Begriff des mittelalterlichen Westens, den Zhishman auf Byzanz zu übertragen suchte, war verhängnisvoll für fast jeden späteren Schritt in der byzantinistischen Stiftungsforschung. Die Entwicklung des ius patronatus besteht nämlich im Wesent‑ lichen darin, dass das unbeschränkte Recht des Stifters auf seine Stiftung allmählich eingeschränkt und in ein besonderes ‚Stif‑ terrecht‘ verwandelt wurde. Dieses Stifter‑ recht wurde im Laufe der gregorianischen Reformen (11./12. Jahrhundert) umgesetzt und im kanonischen Recht geregelt.34 Zhishman plädierte für eine entspre‑ chende Entwicklung des Stifterrechts in Byzanz. Nach ihm war das Stifterrecht „der Inbegriff jener Rechte, welche einer physi‑ schen oder juristischen Person auf Grund der Errichtung einer kirchlichen Anstalt oder aus einem der Errichtung gleichge‑ stellten Grunde gegen Erfüllung bestimmter Verpflichtungen zukommen. Demgemäss wird der Inhaber des Stifterrechtes unun‑ terschiedlich als κτήτωρ bezeichnet, mag er sich dasselbe in der einen oder anderen Weise erworben haben. Weil dieses Recht sich als ein aus dem Eigenthume fliessen‑ des herausstellt und von dem Besitze der kirchlichen Anstalt und ihres Vermögens untrennbar ist, so kann es immer nur ein dingliches sein.“35 Nach der Darstellung Zhishmans konnte ein Stifter, der bestimm‑ te Voraussetzungen erfüllt, normalerwei‑ se durch die Gründung einer Stiftung be‑ stimmte Rechte erwerben.36 Neben einer Reihe von Rechten (dikaia / δίκαια) standen auch Pflichten (deonta / δέοντα). (→ 1.5.3) Abgesehen von zeitgenössischen Quel‑ len, die er auch benutzte, hatte Zhishman hauptsächlich zwei große Gruppen von Zeugnissen zur Verfügung: die justini‑ anische Gesetzgebung (6. Jahrhundert) und den damals gerade edierten Text des
135
Patriarchatsregisters von Konstantinopel (14. und frühes 15. Jahrhundert). Die Aus‑ wahl der Quellen hat natürlich die Ergeb‑ nisse seines Werkes geprägt; beide Quellen‑ gruppen stammen aus Zeiten der stärksten kirchlichen Gewalt und der besonderen Regulierung von Stiftungen. Spätere Unter‑ suchungen haben gezeigt, dass die Geltung der justinianischen Gesetzgebung sowie des kanonischen Rechts bezüglich des Stif‑ tungswesens relativ gering war. Während des Jahrtausends unserer Untersuchung war der fast unbeschränkte private Besitz einer Stiftung, der später als ktētoria (κτητορία) bezeichnet wurde, üblich, und nur im 14. und 15. Jahrhundert darf man eigentlich von einem ‚Stifterrecht‘ sprechen.37 Nichtsdestotrotz hatte gerade dieser Be‑ griff ein langes Nachleben. Beispielhaft dafür steht eine andere aus den Habsburger Ländern stammende Untersuchung von Nico Cotlarciuc: ‚Stifterrecht und Kirchen‑ patronat im Fürstentum Moldau und in der Bukowina‘ (1907). Cotlarciuc hat in diesem Buch die Entwicklung einer moldawischen Mischform von Stifterrecht untersucht, bei der sich das von der orthodoxen Kirche überlieferte Stifterrecht ab dem Ende des 18. Jahrhunderts mit dem abendländischen Patronatsrecht gemischt habe. Cotlarciucs Untersuchung war stark von Zhishmans Formulierung des Stifterrechts geprägt.38 Auf ähnliche Weise wurden die Nachwir‑ kungen des byzantinischen Stifterrechts im mittelalterlichen Serbien untersucht.39 In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahr‑ hunderts sowie nach der Jahrhundertwen‑ de erschienen weitere Studien mit einem rechtshistorischen Zugriff. Die Zahl dieser Untersuchungen ist sogar so groß gewor‑ den, dass sie hier nur exemplarisch behan‑ delt werden können. Obwohl die Ansätze der Abhandlungen nicht in jeder Hinsicht übereinstimmen, unterscheiden sich diese bezüglich der rechtlichen Grundlagen kaum
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voneinander. Für eine Reihe von kirchen‑ rechtlichen Studien über Justinians Gesetz‑ gebung40 stehen exemplarisch die Untersu‑ chungen von August Knecht. Dieser wollte ein festes ‚System des Justinianischen Kir‑ chenvermögensrecht‘ formulieren (1905).41 Knecht analysierte Fragen nach dem Stand der Klöster und der piae causae als Rechts‑ objekte und ‑subjekte und erörterte das Pro‑ blem der Rechtspersönlichkeit. Später un‑ tersuchte B. Granić ‚Die rechtliche Stellung und Organisation der griechischen Klöster nach dem justinianischen Recht‘ (1929/1930) sowie das Gleiche zur Zeit Kaiser Leos VI. (886–912) (‚Das Klosterwesen in der Novel‑ lengesetzgebung Kaiser Leons des Weisen‘, 1931). Über die juristische Qualität der piae causae erschien zwei Jahrzehnte später eine Untersuchung von Hans‑Rudolf Hagemann (1953). Als letzte umfassende rechtshistori‑ sche Untersuchungen der byzantinischen Stiftungen muss man die auf Neugriechisch geschriebenen Studien von I. M. Konidarēs erwähnen: ‚To dikaion tēs monastēriakēs periousias apo tou 9ou mechri kai tou 12ou aiōnos‘ (‚Das Recht des Klostervermögens vom 9. bis zum 12. Jahrhundert‘) von 1979 sowie ‚Nomikē theōrēsē tōn monastēriakōn typikōn‘ (‚Der Rechtsgedanke der klösterli‑ chen typika‘) von 1984. In der zweiten Un‑ tersuchung konzentrierte sich der Verfasser auf den Einfluss der typika, eigentlich kaum Rechtstexte im traditionellen Sinn42, auf die Entwicklung des kanonischen Rechts. Die Unzulänglichkeiten einer rein verfassungsgeschichtlichen Behandlung byzantinischer Stiftungen wurde durch Papyrus‑Entdeckungen in Ägypten erwie‑ sen. Die spätrömischen Papyri, die eine wertvolle Überlieferung der christlichen Stiftungen in Ägypten darstellen, hat Artur Steinwenter untersucht; im Wesentlichen handelt es sich um mönchische Testamen‑ te und ‚Schenkungsurkunden‘. Obwohl Steinwenter auch der rechtshistorischen
Forschungsgeschichten
Sichtweise seiner Zeit folgte, unterstrich er in seinen Aufsätzen die mangelnde Gel‑ tung des justinianischen Kirchenvermö‑ gensrechts in der gesellschaftlichen Pra‑ xis. Die Begrifflichkeit eines Stifterrechts wurde von ihm angefochten.43 Trotz der vielen Probleme einer rein rechtsgeschichtlichen Anschauung von byzantinischen Stiftungen betont noch in der Gegenwart der Rechtshistoriker Bernard Stolte die Ergiebigkeit einer sol‑ chen Betrachtung. Seiner Auffassung nach bedeutet die mangelnde Umsetzung von justinianischem und kanonischem Recht nicht, dass die Regeln keine zeitgenös‑ sische Bedeutung gehabt hätten: „[Civil laws and ecclesiastical canons] (…) [d]o not represent what happened in actual prac‑ tice, and perhaps we should assume that they almost never do. But being theoreti‑ cally binding they provide legal beacons for the Byzantine to set his course. To the extent to which he will have been aware of the theoretical position, he will have tried to take precautions in order to make his position unassailable.“44 Rechtshistori‑ sche Untersuchungen byzantinischer Stif‑ tungsvermögen finden heute auch Platz innerhalb verbreiteter Studien, z. B. in ‚The Economic History of Byzantium‘ (2002).45 2.5.3 Kirchen- und Religionsgeschichte Zu Recht hat der deutsche Religionshistori‑ ker Karl Beth gesagt: „Wer die Geschichte der griechischen Kirche schreibt, für den ist das Mönchtum ein sehr wichtiger Faktor.“46 Erneut soll auch hier betont werden, dass Stiftungen die griechisch‑orthodoxe Kirche in einem Ausmaß bestimmt haben, wie es z. B. im abendländischen Mittelalter kaum vorstellbar wäre. Deswegen haben Studien zur Kirchen‑ und Religionsgeschichte von
Griechisch-orthodoxe Christen
Anfang an viel Platz in der byzantinischen Stiftungsforschung gefunden. Unter ‚Kir‑ chen‑ und Religionsgeschichte‘ ist wesent‑ lich Institutionengeschichte zu verstehen, d. h. die Geschichte spezifischer kirchlicher Einrichtungen wie etwa des Klerus, der Liturgie oder des Mönchtums, sowie die Geschichte bestimmter Häuser, wie die der Klöster auf dem Berg Athos. Nach dem Untergang der Byzantinistik im revolutionären Russland entstanden an‑ dere Zentren der Stiftungsforschung. Zufäl‑ ligerweise im Jahr der Russischen Revoluti‑ on gründete Papst Benedikt XV. (1914–1922) das ‚Pontificum institutum orientalium stu‑ diorum‘ in Rom, das Studien der Ostkirchen gewidmet sein sollte. Emil Herman, Jesuit und ab 1931 Leiter des Instituts, schrieb eine Reihe sehr wichtiger Studien über die grie‑ chisch‑orthodoxe Kirche47 und über das Mönchtum48. Im Laufe seiner Erforschung des byzantinischen Mönchtums hat er dem Phänomen der charistikē (χαριστική) – ei‑ ner originär byzantinischen Art Treuhand‑ schaft – viel Beachtung geschenkt.49 Auch die Gründung von Privatkirchen und das Stifterrecht, Themen, die seit Zhishman längst überholt zu sein schienen, fanden wieder Platz in seinem Œuvre.50 Bemer‑ kenswert ist auch, dass das ausführlichste Handbuch über das byzantinische Mönch‑ tum auf Latein geschrieben wurde: ‚De mo‑ nachico statu juxta disciplinam byzantinam‘ (1942) des Benediktiners Placidus de Meester zählt zu den besten vatikanischen Werken seiner Zeit.51 Aber es waren nicht nur die Jesuiten oder die Benediktiner, die die byzantinische Stif‑ tungsforschung weiter vorantrieben, son‑ dern auch die Assumptionisten und die Bol‑ landisten. Die Forscher dieser zwei Gruppen haben sich auf unterschiedliche Themen der Stiftungsforschung spezialisiert: erstere auf die historische Geographie, zweitere auf die Hagiographie. Besonders beeindruckend ist
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die Arbeit des Assumptionisten Raymond Janin, der Kirchen und Klöster in Kons‑ tantinopel52 sowie in einigen Provinzen53 dokumentiert und kritisch behandelt hat. Wie für die lateinische Hagiographie ha‑ ben die Bollandisten durch ihre Editionen und Studien byzantinischer Heiligenviten auch viele Informationen über Stiftungen zusammengetragen. Eine neue Phase in der Kirchen‑ und Religionsgeschichte der byzantinischen Stiftungen leitete aber kein katholischer Ordensmensch, sondern ein orthodoxer Priester ein, nämlich ein Student von Pe‑ ter Charanis. (→ 2.5.4) Es handelt sich um Demetrios Constantelos und sein Buch ‚By‑ zantine Philanthropy and Social Welfare‘ (1968, 21991); dieses konnte als eine gute Ein‑ führung in die Welt griechisch‑orthodoxer Wohltätigkeit gelten und inspirierte ins‑ besondere die anglophone Forschung. In den achtziger Jahren erschienen Bücher, die die Rolle von Dumbarton Oaks, eines Forschungszentrums in Washington (DC), als weltweit führendes Zentrum für byzan‑ tinische Stiftungsforschung unterstrichen. Eines von ihnen war die Untersuchung von Timothy Miller ‚The Birth of the Hospital in the Byzantine Empire‘ (1985, ND 1997). Es handelte sich um die Geschichte einer be‑ sonderen Art wohltätiger Anstalten, näm‑ lich des Krankenhauses. Abgesehen davon, dass dieses Buch neues Interesse an byzan‑ tinischer Medizin weckte, unterschied sich Millers Untersuchung von älteren Arbeiten über byzantinische Stiftungen in zwei As‑ pekten: Erstens zog der Autor nicht das ent‑ sprechende Analogon für das byzantinische Krankenhaus im Westen, nämlich das hospitale, als Vorbild heran, wie es vorher fast immer der Fall gewesen war, und beschrieb deshalb das byzantinische Krankenhaus als Einrichtung sui generis. Zweitens behaupte‑ te Miller, dass das byzantinische Kranken‑ haus viel fortgeschrittener als das westliche
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Hospital und sogar in vieler Hinsicht ähn‑ lich dem modernen Krankenhaus gewesen sei. Diese positive Bewertung eines Teils der griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur, eine Umwertung der vorhergegangenen ne‑ gativen oder sogar katastrophischen Ein‑ schätzung (→ 2.5.4), stellte eine Wende in der Forschung dar. Miller schrieb später ein zweites Buch über andere Arten byzantini‑ scher frommer Anstalten (das Waisenhaus oder orphanotropheion [ὀρφανοτροφεῖον] sowie das Findelhaus [βρεφοτροφεῖον]).54 Das zweite aus dieser Zeit stammen‑ de Buch war eine Institutionengeschich‑ te, die heute als Standardwerk betrachtet wird, John Philip Thomas’ ‚Private Reli‑ gious Foundations in the Byzantine Empire‘ (1987). Thomas sah seine Untersuchung als Vorarbeit zu einer Institutionengeschichte der griechisch‑orthodoxen Kirche in byzan‑ tinischer Zeit und stellte sie in die Tradition Joseph von Zhishmans (→ 2.5.2) und Emil Hermans.55 Thomas’ Definition einer Stif‑ tung ist ziemlich weit und schließt neben Einrichtungen wie frommen Anstalten, die von der früheren Forschung als stiftungs‑ artig bezeichnet wurden 56, Klöster und Eigenkirchen ein: „In the broadest sense, private religious foundations can be held to encompass all those churches, monas‑ teries, and philanthropic institutions (e. g., nosokomeia, or ‘hospitals,’ gerokomeia, or ‘old age homes,’ and ophanotropheia, or ‘or‑ phanages’) founded by private individuals (usually laymen) and retained for personal administration, independent of the public authorities of the state and church.“57 Wie Zhishman hatte Thomas als Vorbild für ‚private religiöse Stiftungen‘ eine Eigen‑ schaft aus der Gregorianischen Reform im Westen als Bezugspunkt gewählt: die Ent‑ wicklung der unabhängigen Klöster und die Verwandlung des einst unbeschränkten Rechts eines Stifters auf seine Stiftung in ein Stifterrecht.58 Nach der Periodisierung
Forschungsgeschichten
von Thomas war die Entstehung des un‑ abhängigen Klosters ein Gegengewicht zur charistikē. Trotz einer zu großen Tei‑ len positiven Aufnahme der Untersuchung bleibt das von Thomas vermutete klöster‑ liche ‚reform movement‘ allerdings in der Forschung umstritten.59 Nichtsdestotrotz prägt die Idee als Ordnungsprinzip auch die von Thomas herausgegebenen ‚Byzantine Monastic Foundation Documents‘. (→ 2.5.7) Andere Forschungen richteten sich im Kontext des ‚byzantinischen Feudalismus‘ auf die Treuhandschaft und besonders die charistikē. Obwohl dabei die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der charistikē betont wurden, gab es auch einen Versuch, die charistikē als eine gültige Institution der griechisch‑orthodoxen Kirche darzustellen. Es handelt sich um das Buch von Sōtērios Varnalidēs, derzeit die ausführlichste Studie (1985) über charistikē. Der Autor vermutet, dass es zwei Klassen von Treuhändern oder charistikarioi gegeben habe: ‚gute Treuhän‑ der‘ (kaloi charistikarioi)60, die ihre Stiftun‑ gen wirklich verbessert hätten, manchmal zu Lasten ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen, sowie ‚böse Treuhänder‘ (kakoi charistikarioi)61, die ihre Stiftungen gewin‑ norientiert missbraucht haben sollen. 2.5.4 Sozial- und Strukturgeschichte Die Bewertung der Stiftungen in der byzan‑ tinischen Gesellschaft wurde seit langem wesentlich durch die vermutete Rolle der Klöster beim Niedergang des byzantini‑ schen Staates geprägt. Diese Theorie, in moderner Form als die ‚Charanis‑These‘62 bekannt, ist tief in der Geschichte der By‑ zantinistik verwurzelt. Der englische His‑ toriker Edward Gibbon deklarierte bereits in seinem ‚The Decline and Fall of the Ro‑ man Empire‘ (1776–1789) den Aufstieg des christlichen Mönchtums als Ursache für
Griechisch-orthodoxe Christen
die Schwächung des römischen Militärs und mithin für den späteren Verfall des Römischen Reichs: „The subjects of Rome, whose persons and fortunes were made responsible for unequal and exorbitant tributes, retired from the oppression of the Imperial government; and the pusil‑ lanimous youth preferred the penance of a monastic, to the dangers of a military, life. The affrighted provincials of every rank, who fled before the barbarians, found shelter and subsistence; whole legions were buried in these religious sanctuaries; and the same cause which relieved the distress of individuals impaired the strength and fortitude of the empire.“63 Erneut waren russische Forscher im spä‑ ten 19. und frühen 20. Jahrhundert an der Fortentwicklung dieser alten Auffassung entscheidend beteiligt. Byzantinische Klöster hätten den Staat und besonders seine mili‑ tärische Gewalt entscheidend geschwächt.64 Dreh‑ und Angelpunkt sei der Konflikt zwi‑ schen großgrundbesitzenden Magnaten, den sogenannten ‚Mächtigen‘ (dynatoi), zu denen auch größere Stiftungen gehört hätten, und einem unabhängigen Kleinbauerntum gewe‑ sen. Dieser Komplex wurde von einem der führenden Byzantinisten des 20. Jahrhun‑ derts, Georg Ostrogorsky, als ‚byzantinischer Feudalismus‘ bezeichnet.65 In diesem Kontext wurde auch die ‚Charanis‑These‘ (1948) aufgestellt. Peter Charanis, Professor an der Rutgers Uni‑ versität im US‑Bundestaat New Jersey, behauptete in einem umfangreichen Auf‑ satz, dass die langfristige Anhäufung von Ländereien durch größere byzantinische Klöster nicht nur die finanzielle und mi‑ litärische Kraft des Staates aufgesogen habe, sondern auch die tragende Schicht der byzantinischen Gesellschaft, nämlich das freie Kleinbauerntum, was noch gravie‑ render gewesen sei.66 Wie es in der frühe‑ ren und der zeitgenössischen Erforschung
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des ‚byzantinischen Feudalismus‘ der Fall ist, sucht auch Charanis die Ursache für das wachsende Vermögen byzantinischer Klöster bei drei Phänomenen: der charistikē (χαριστική)67, die Magnaten als Treuhänder und somit als größte Begünstigen klöster‑ licher Güter gefördert habe; der exkousseia (ἐξκουσσεία)68 oder Steuerbefreiung; und der pronoia (πρόνοια)69, also der Übertragung von Steuereinnahmen aus einem staatlichen Gut an den, der bestimmte Aufgaben über‑ nahm. Obwohl Charanis in seinem Beitrag sowie in späteren Untersuchungen niemals den Ausbau der riesigen Klostergüter als monokausale Ursache für den Niedergang des byzantinischen Staates benannt hat, stellte er diesen Prozess trotzdem als ent‑ scheidend für gesellschaftliche Krisen dar: „The monks did not bring about the decline of the Byzantine Empire; they did, how‑ ever, create economic and social conditions which helped to bring it about.“70 Der Einfluss der ‚Charanis‑These‘ auf die spätere Entwicklung der byzantinischen Stiftungsforschung war eigentlich erstaun‑ lich gering;71 damit wird jedoch die partielle Berechtigung der These noch nicht in Frage gestellt,72 sondern dies belegt wohl eher eine allgemeine Abneigung gegen das Konzept eines ‚byzantinischen Feudalismus‘. In sei‑ ner eigenen Bewertung der These sah John Thomas Parallelen zwischen den übermäßi‑ gen Immobilien der byzantinischen Klöster und den großen Vermögen der heutigen amerikanischen Universitäten.73 In den letz‑ ten Jahren ist eine interessante Antwort auf die ‚Charanis‑These‘ gegeben worden, in der die wirtschaftliche Rolle der Klöster positiv bewertet wird. (→ 2.5.5) Sozialgeschichte als solche trat in der by‑ zantinischen Stiftungsforschung erst in den siebziger Jahren in Erscheinung, nachdem die gesellschaftliche Rolle von Stiftungen nicht nur als eine Facette des byzantini‑ schen Feudalismus betrachtet worden war.
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Der sowjetische Byzantinist Alexander Kazhdan, der kurz darauf in die Vereinigten Staaten emigriert ist, veröffentlichte einen Aufsatz über byzantinische Klöster als ‚soziale Gruppe‘ (1971). In diesem Beitrag versuchte er durch die Untersuchung von typika des 11. und 12. Jahrhunderts zu zeigen, dass byzantinische Klöster ein Abbild der gesamten Gesellschaft abgegeben hätten.74 Im Gegensatz zum Ideal einer egalitären Mönchsgemeinschaft reproduzierten by‑ zantinische Klöster die Gesellschaftsform des Reiches. Kazhdan zufolge spiegelt die Organisation von Klöstern in Byzanz indi‑ viduell ihre jeweilige Umwelt und zeigt im Gegensatz zum Mönchtum im Abendland eine stark hierarchische Ordnung.75 Ein bahnbrechender Aufsatz über byzan‑ tinische Stiftungen in ihrem gesellschaft‑ lichen Kontext war ‚Byzantine Ktetorika Typika: A Comparative Study‘ (1987) von Catia Galatariotou. Diese Abhandlung be‑ ruht auf dem seltenen Versuch, das byzan‑ tinische Stiftungswesen nach bestimmten Kriterien zu kategorisieren. Nach Galata‑ riotou dürften byzantinische ‚Stifter‘‑typika in zwei Gruppen getrennt werden: ‚aristo‑ cratic‘ und ‚non‑artistocratic‘. Die typika von aristokratischen Stiftern seien von dem Bedarf an Gedenken und Seelenheil, starken Verbindungen mit der Welt der Laien und entspannter monastischer Dis‑ ziplin geprägt.76 Im Gegensatz dazu seien die Stiftungen von nicht‑aristokratischen Gründern mehr durch Asketismus und die Suche nach spiritueller Vollkommenheit motiviert; ihre Gemeinschaften hätten nach einer Trennung von der Welt und nicht nach einer Annäherung an sie gestrebt.77 Bis heute hat sich diese beeindruckende und überzeugende Schematisierung der byzan‑ tinischen Stiftungen in der Forschung noch nicht durchgesetzt.78 Die Beziehungen der byzantinischen Mönche zur Welt außerhalb des Klosters
Forschungsgeschichten
wurde ausführlich in einem Buch von Rosemary Morris (1995) untersucht. In ihrer Darstellung wurde klar, dass sogar Stifter, die den Rückzug aus der Welt gefördert ha‑ ben, nach weltlicher Unterstützung suchten oder suchen mussten.79 2.5.5 Wirtschaftsgeschichte Die wirtschaftliche Rolle der Stiftungen wurde normalerweise im Licht des ‚byzan‑ tinischen Feudalismus‘ betrachtet. (→ 2.5.4) Demnach galten die Klöster ökonomisch hauptsächlich als abträglich für Gesell‑ schaft und Staat. Verantwortlich für eine Änderung dieser Einschätzung wurden hauptsächlich französische Forscher wie Paul Lemerle und Michel Kaplan. In seiner Studie zu Michael Attaleiatēs (ca. 1020/1030 bis nach 1085), „one of the ‚Rockefellers‘ of the Byzantine Empire“80, untersuchte Paul Lemerle die privatwirtschaftlichen Interes‑ sen dieses byzantinischen Juristen bei der Gründung von Kloster und Armenhaus: „Mais il nous semble que, derrière la bana‑ lité de ces usages liés séculairement à une certaine forme de religion, se dissimule une autre intention, toute terrestre, qui est d’ordre économique. Attaliate n’assure pas seulement le salut de son âme (…) il assure aussi la stabilité d’une partie de ses biens, et il en consolide le rendement, pour lui‑ même et pour ses descendants.“81 Nicht nur die Erhaltung eines Stiftervermögens wie im Fall des Attaleiates, sondern auch bloße Grundstücksspekulation habe Motivation für eine Stiftungsgründung sein können.82 Die wirtschaftliche Dimension der Klös‑ ter wurde in den Aufsätzen von Michel Kaplan weiter recherchiert.83 Die Rolle der großen byzantinischen Klöster in der Wirtschaft hat Kostis Smyrlis (2006) mono‑ graphisch behandelt. Mit direktem Bezug auf die ‚Charanis‑These‘ behauptet Smyrlis,
Griechisch-orthodoxe Christen
der Einfluss der großen Klöster auf die Volkswirtschaft sei sehr positiv gewesen.84 Nach dieser Darstellung waren große by‑ zantinische Klöster, die wirtschaftlich oft sehr gut verwaltet wurden85, eine wichtige Kapitalquelle in der Volkswirtschaft 86. 2.5.6 Kunstgeschichte Die byzantinische Kunstgeschichte befasst sich mit Stiftungen hauptsächlich im Kon‑ text von Architekturgeschichte, wo Stif‑ tungs‑ bzw. Klostergebäude studiert und beschrieben werden. Diese umfassen einen großen Anteil byzantinischer Architektur; etwa von dem Jahr 850 an sind alle noch ste‑ henden wichtigen Kirchen in Griechenland Klosterkirchen.87 Kunsthistoriker konzen‑ trieren sich allerdings nur auf bestimmte Aspekte des byzantinischen Stiftungswe‑ sens, vor allem auf die Darstellungen von Stiftern88. Einige der berühmtesten Kirchen enthalten gut ausgeführte Stifterbilder, etwa in San Vitale in Ravenna oder in der Kir‑ che des Chora‑Klosters in Konstantinopel. Auch hat die Forschung die Rolle des Stif‑ ters als Auftraggeber künstlerischer Ob‑ jekte (Handschriften, Ikonen, Reliquiare usw.) erkannt. Unter dem Oberbegriff von ‚Patronage‘ subsumiert die byzantinische Kunstgeschichte eine Reihe von Stiftertä‑ tigkeiten, etwa Auftraggebung, Gründung und Schenkung.89 2.5.7 Neuere Forschungen Unter den neueren Forschungen über by‑ zantinische Stiftungen ist die Rolle von Frauen und Gender auffällig. Obgleich in Byzanz die Zahl der Frauenklöster im Ver‑ gleich zu der Zahl der Männerklöster gering war,90 traten in der griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur auch Frauen als Nonnen,
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Stifterinnen, sogar Treuhänderinnen auf. Das Interesse der Forschung an Frauen und ihren Stiftungen setzte in den achtziger Jahren ein; in den letzten Jahren ist die An‑ zahl solcher Untersuchungen noch einmal enorm angestiegen.91 Ein internationales Colloquium, das 2008 von der Universität Wien veranstaltet wurde, war dem Thema ‚Stifterinnen‘ gewidmet.92 Seit kurzem wid‑ met sich die Forschung unter dem Gender‑ Aspekt verstärkt Männlichkeitskonzepten im Stiftungswesen und damit vor allem im byzantinischen Mönchtum. Repräsentanten dieser Tendenz sind jüngste Forschungen zu Eunuchen und Eunuchen‑Klöstern.93 Eine bahnbrechende Leistung nicht nur der neuesten, sondern der gesamten byzan‑ tinistischen Stiftungsforschung war die Veröffentlichung eines Corpus von klös‑ terlichen ‚Stifter‘‑typika mit dem Titel ‚By‑ zantine Monastic Foundation Documents‘ (BMFD) durch John Thomas und Angela Constantinides Hero (2000). Die fünfbändi‑ ge Sammlung umfasst insgesamt Überset‑ zungen und Kommentare von 61 typika für die Zeit vom 7. bis zum 15. Jahrhundert. In‑ nerhalb der BMFD folgt die Periodisierung der Stiftungen einer von Thomas vermute‑ ten klösterlichen Reformbewegung, wobei unabhängige Klöster als Gegenwicht zur charistikē entstanden seien.94 Die Durch‑ führung der BMFD repräsentiert in ihrer Art die Forschungstendenzen der auf das Klosterwesen bezüglichen byzantinischen Forschungen. Was die Zugänglichkeit der Stiftungsquellen,95 die Untersuchung von Stiftungsurkunden sowie die Fähigkeit, Stiftungstätigkeit nicht nur als lokales, sondern auch als regionales oder sogar transregionales Phänomen zu betrachten, betrifft, ist die Erforschung von griechisch‑ orthodoxen Stiftungen im Vergleich zu anderen Fächern ziemlich fortgeschritten. Aber da die BMFD als Vorarbeit für eine künftige Geschichte des byzantinischen
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Mönchtums konzipiert waren, sind sie im Wesentlichen noch Institutionengeschichte. Ein Projekt der British Academy (be‑ gonnen 1996), das sich der Erforschung des Euergetidos‑Klosters in Konstantinopel (gegründet 1049) widmet, hat eine Reihe von Aufsätzen96 sowie Übersetzungen und Editionen von den Urkunden dieses Klos‑ ters hervorgebracht. Wie der Überblick oben gezeigt hat, sind viele individuelle Aspekte der byzantini‑ schen Stiftungen gut erforscht, aber es fehlt der byzantinischen Stiftungsforschung an neueren theoretischen bzw. erklärenden Modellen. Untersuchungen von byzantinischen Stiftungen haben Platz in den Forschungs‑ projekten von Michael Borgolte gefunden.
Forschungsgeschichten
Unter seiner Leitung haben John Thomas97 und Peregrine Horden98 die Motivationen byzantinischer Stifter untersucht. Diese Auf‑ sätze stellen eine grundsätzliche Frage, die derzeit noch nicht ausführlich beantwortet ist, nämlich in welchem Ausmaß caritative Zwecke eine Rolle als Stiftermotivation in Byzanz gespielt haben.99 In dem betreffenden Sammelband von 2005 findet sich auch ein Aufsatz über Spitäler im späten Byzanz.100 Thomas hat wiederum mit Tim Geelhaar eine Sammlung byzantinischer und lateini‑ scher Quellenexzerpte über das Verhältnis zwischen Stiftung und Staat im Mittelalter mit Übersetzungen vorgelegt.101 Zugleich hat Thomas eine neue Bewertung der ‚Charanis‑ These‘ vorgenommen.102 (→ 2.5.4) ZC
Anmerkungen 1 Vgl. Charanis, Monk (1971), 84; siehe auch 63. 2 Vgl. Taft, Liturgy (2008), 603–606. 3 Beck, Byzantinisches Jahrtausend (1978), 6. 4 Mango, Byzantium (1980), 105. 5 Diese Uneinigkeit betonte (bezüglich Klöstern)
zuletzt Mullett, Founders, Refounders, Second Founders, Patrons (2007), 2: „I would suggest (…) that we do not yet begin to understand the pro‑ cesses involved in foundation, or the nature of monastic communication and articulation.“ 6 Besonders auffällig ist der andauernde Ein‑ fluss des Stiftungsbegriffs Joseph von Zhishmans, auf den sich zum Beispiel Alexander Kazhdan stützte; vgl. Kazhdan, Ktetor (1991). 7 Diese Geschichte ist (bis zur Jahrtausendwen‑ de) ausführlich dargelegt in BMFD 1, 1–20. 8 Allatius, Libri et res (1646), 4. 9 BMFD 1, 1 f. 10 Papoulidis, Russian Archaeological Institute (2010), 187 f. 11 Mansvetov, T͡Serkovnyĭ ustav (1885). 12 Bezobrazov, Materialy (1887). 13 Opisanie liturgicheskikh rukopiseı̆ khran‑ i͡ ashchikhsi͡ a v bibliotekakh pravoslavnogo
Vostoka, 3 Bde. Ed. Alekseĭ Dmitrievskiĭ. Bde. 1–2. Kiew 1895–1901; Bd. 3. Sankt Petersburg 1917. 14 Nach den Zahlen Smyrnakēs’ aus dem Jahr 1903 waren 3 496 der 7 432 Mönche auf dem Berg Athos Russen; vgl. Smyrnakēs, Hagion Oros (1903), 704 f. Smyrnakēs zählte offensichtlich zu den ‚Rus‑ sen‘ nicht nur russische, sondern auch andere ostslawische (ukrainische, weißrussische) Mön‑ che aus dem Russischen Reich. 15 Für die Blütezeit des russischen Mönchtums auf dem Berg Athos (1875–1908) vgl. Fennell, Rus‑ sians (2001), 151–182. 16 Akty russkago na svi͡atomʺ Afonie͡ Velikomu‑ ͡ eliteli ͡ chenika i TSi a͡ Panteleimona. Acta, praesertim Graeca, Rossici in monte Athos monasterii. Kiew 1873. 17 Actes de Pantocrator. Ed. Louis Petit. (Actes de l’Athos, Bd. 2. / VV 10 [1903], Ergänzungsbd. 2.) Sankt Petersburg 1903, ND Amsterdam 1964. 18 Actes de Xenophon. Ed. Louis Petit. (Actes de l’Athos, Bd. 1. Ergänzungsband 1 zu VV 10 [1903].) Sankt Petersburg 1903, ND Amsterdam 1964. 19 Actes d’Esphigménou. Ed. R. P. Petit / W. Regel. (Actes de l’Athos, Bd. 3. Ergänzungsband 1 zu VV 12 [1906].) Sankt Petersburg 1906, ND Ams‑ terdam 1967.
Griechisch-orthodoxe Christen
20 Actes de Zographou. Ed. W. Regel / E. Kurtz / B. Korablev. (Actes de l’Athos, Bd. 4. Ergänzungs‑ band 1 zu VV 13 [1907].) Sankt Petersburg 1907, ND Amsterdam 1969. 21 Die Haupturkunden für die Geschichte der Athosklöster. Grössentheils zum ersten Male. Ed. Philipp Meyer. Leipzig 1894. 22 Morris, Documents. Athos (2008), 136 f. 23 Falkenhausen, South Italian Sources (2007), 96–98. Der Quellenüberblick der Autorin folgt einem prosopographischen Interesse, dient aber auch als eine gute allgemeine Einführung in die sehr reiche Quellenlage dieses Gebiets. 24 Vazelonskie akty. Materialy dli͡ a istorii krest ʹ i͡ anskogo i monastyrskogo zemlevladenii͡ a v Vizantii XIII–XV vekov. Ed. V. N. Beneshevich / F. I. Uspenskiĭ. Sankt Petersburg 1927. 25 Papoulidis, Russian Archaeological Institute (2010), 190. 26 Ebd., 190 f. 27 Kazhdan, Soviet Studies (1982), 3. 28 Vgl. das Lemma ‚Byzantine Studies‘ in einer englischen Übersetzung der dritten Edition der Great Soviet Enyclopedia: Litavrin, Byzantine Studies (1974). 29 Die Urkunden des Johannes‑Prodromos‑ Klosters bei Serrai. Ed. Franz Dölger. (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Sitzungsberichte der Philosophisch‑historischen Abteilung. Jg. 1935, Bd. 9.) München 1935. 30 Les archives de Saint‑Jean‑Prodrome sur le Mont Ménécée. Ed. André Guillou. (Bibliothèque byzantine. Documents, Bd. 3.) Paris 1955. 31 Vyzantina engrapha tēs Monēs Patmou. Ed. Maria Nystazopoulou–Pelekidou / Era L. Vranousē, 2 Bde. Athen 1980. 32 Zhishman, Eherecht (1864). 33 Zachariä von Lingenthal, Geschichte des griechisch‑römischen Rechts (1892), 206 f. 34 Für eine jüngere rechtshistorische Unter‑ suchung der Entwicklung des ius patronatus im Abendland vgl. Landau, Jus patronatus (1975). 35 Zhishman, Stifterrecht (1888), 13. 36 Vgl. ebd., 21–47. 37 Zu Kontextualisierung und Kritik an Zhish‑ man vgl. J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 253 f. 38 Cotlarciuc, Stifterrecht und Kirchenpatronat (1907, ND 1965), VI sowie passim.
143 39 Troicki, Ktitorsko pravo (1935). 40 Alivisatos, Kirchliche Gesetzgebung (1913);
Nissen, Regelung des Klosterwesens (1897); Pfannmüller, Kirchliche Gesetzgebung Justinians (1902). 41 Knecht, System (1905, ND 1963), ist eine bearbei‑ tete und erweiterte Fassung seiner ‚Inaugural‑Ab‑ handlung‘ (Knecht, Justinianisches Kirchenvermö‑ gensrecht [1905]), die im selben Jahr erschienen ist. 42 Die Frage von typika als Rechtstexten ist ausführlich diskutiert bei Stolte, Law for Foun‑ ders (2007). 43 Steinwenter, Rechtsstellung (1930), 36. 44 Stolte, Law for Founders (2007), 137. 45 Papagianni, Legal Institutions (2002). 46 Beth, Orientalische Christenheit (1902), 322; zitiert in Knecht, System (1905, ND 1963), 55. 47 Herman, Bénéfices (1937); Ders., Bischöfliches Abgabenwesen (1939); Ders., Professioni vietate (1944), Ders., Kirchliches Benefizialwesen (1939). Über sein Leben und seine wissenschaftliche Tä‑ tigkeit vgl. Ruyssen, Emil Herman (2012). 48 Herman, Stabilitas loci (1955); Ders., Regelung der Armut (1941). 49 Herman, Charisticaires (1939); Ders., Richer‑ che (1940). 50 Herman, Chiese private (1946). 51 Obwohl die Studie schon älter ist, ist sie noch heute unverzichtbar, da sie auf die relevanten kanonischen Vorschriften des byzantinischen Mönchtums eingeht. 52 Janin, Siège (1953). 53 Janin, Églises (1975). 54 T. Miller, Orphans (2003). 55 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 1. 56 Die byzantinische Forschung bietet kaum explizite Definitionen einer Stiftung an. Hans‑ Rudolf Hagemann untersuchte die Ähnlichkeiten zwischen frommen Anstalten in der Spätantike und modernen Stiftungen des Privatrechts; vgl. Hagemann, Stellung der Piae Causae (1953), 8 f. Auf Klöster ging der Verfasser nicht ein. 57 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 2 f. 58 Ebd., 253 f. 59 Vgl. mit Bezug auch auf BMFD: Mullett, Foun‑ ders, Refounders, Second Founders, Patrons (2007), 2; Morris, Monks and Laymen (1995), 270–275. 60 Varnalidēs, Thesmos (1985), 121–126.
144 61 Ebd., 126–131. 62 Für eine gute Kontextualiserung sowie eine
Neubewertung der ‚Charanis‑These‘ siehe J. Thomas, Exkurs (2011). 63 Gibbon, History of Decline and Fall, Bd. 4 (1788, ND 1898), 63. 64 J. Thomas, Exkurs (2011), 57. Ein guter Überblick der russischen Forschung bei Vasiliev, Question (1933). Auch Vasiliev wies auf die Rolle der Klöster bei der Entkräftung des byzantinischen Militärs hin (598): „Therefore the second half of the seventh century and the beginning of the eighth can be justly regarded as the period when monastery land‑ownership reached its climax. Because of many privileges, it undermined the finances of the State and as a great many robust young men entered monasteries and became there‑ fore exempt from military service.“ 65 Wie bei der Vermutung eines ‚Stifterrechts‘ (→ 2.5.2) wurde ein Begriff aus der westlichen Mediävistik übernommen. Das ursprünglich auf Serbisch geschriebene Werk wird im Westen nor‑ malerweise in der französischen Übersetzung von Henri Grégoire benutzt; vgl. Ostrogorsky, Histoire de la féodalité byzantine (1954). 66 Charanis, Monastic Properties (1948), 117: „The accumulation of huge properties in the hands of monasteries and the exemptions and privileges granted to these monasteries were, without a doubt, detrimental to the general welfare of Byz‑ antine society, and reduced sharply the financial power of the state. But the direct losses which the treasury suffered because of the exemptions enjoyed by the monasteries were perhaps less se‑ rious than the losses suffered indirectly because of the virtual disappearance of the free peasant holdings, largely, if not entirely, through the ac‑ cumulation of the huge monastic properties.“ 67 Charanis, Economic Factors (1953), 419 f.; Ders., Monastic Properties (1948), 72. 68 Ebd., 65 f. Diese Institution wurde ausführ‑ lich von Ostrogorsky, Histoire de l’immunité (1958), besprochen. 69 Charanis, Monastic Properties (1948), 87–91. Über pronoia jetzt Bartusis, Land and Privilege in Byzantium (2012). 70 Charanis, Monk (1971), 83. 71 J. Thomas, Exkurs (2011), 57. 72 Einige problematische Aspekte der ‚Charanis‑ These‘, wie z. B. die vermuteten demographischen
Forschungsgeschichten
Gründe für die antiklösterlichen Taktiken des Kaisers Konstantin V. (741–775) (Charanis, Monk [1971], 66: „Thousands of his own subjects, mo‑ reover, made chastity a cardinal principle of their own lives as well as an ideal to propagate, obviously a serious matter in its demographic implications“) oder die irreführenden Zitate früherer Forscher durch Charanis (Ferradou und Vasil’evskij, vgl. J. Thomas, Exkurs [2011], 58), stellen die meistens überzeugenden Schlüsse der Abhandlung noch nicht in Frage. 73 J. Thomas, Exkurs (2011), 66 f. 74 Zu Kazhdan, Vizantiĭskiĭ monastyr´ (1971), vgl. die Zusammenfassung von Sorlin, Publica‑ tions soviétiques (1976), 388–391. 75 Constable / Kazhdan, People and Power (1982), 25. 76 Galatariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987), 89–107. 77 Ebd., 108–135. 78 Vgl. zu den Kriterien von Galatariotou für ‚Stifter‘‑typika: BMFD 1, 38: „In a very real though surely unintended way, Catia Galatariotou’s ar‑ ticle referred to above illustrates the ultimate futility at this point of trying to impose rigorous criteria for including or excluding documents from the corpus.“ Für eine Zurückweisung der Unterscheidung zwischen ‚aristocratic‘ und ‚non‑ aristocratic‘ vgl. Mullett, Founders, Refounders, Second Founders, Patrons (2007), 16–18. 79 Morris, Monks and Laymen (1995), 64–142. 80 Constantelos, Byzantine Philanthropy (1991), 142. 81 Lemerle, Cinq études (1977), 101. Eine wirt‑ schaftliche Analyse des Vermögens ebd., 99–112; insgesamt besaß Attaleiates nach Lemerle ein Vermögen von ungefähr 150 Pfund Gold (ebd., 111). 82 Kaplan, Why were monasteries founded (2007), 42. 83 Kaplan, Moines (1993, ND 2011); Ders., Typi‑ kon (1994, ND 2011); Ders., Économie (2006, ND 2011). 84 Smyrlis, Fortune (2006), 247. 85 Smyrlis, Management (2002). 86 Smyrlis, Fortune (2006), 238–244; monasti‑ sche Urkunden, besonders typika, sind auch eine wertvolle Quelle für die Numismatik; vgl. Morrisson, Coinage and Money (2002). 87 Mango, Byzantium (1980), 118. 88 Kalavrezou, Donor Portraits (1991); KalopissiVerti, Dedicatory Inscriptions (1992).
Indien
145
89 Die Reichweite des Oberbegriffes spiegelt
we are nowhere near being able to posit such a sich wider in dem neuerschienenen Sammelband movement.“ über ‚Patronage‘ von Spieser / Yota, Donation et 95 Es wurde am Anfang des BMFD‑Projekts donateurs (2012). entschieden, keine neuen Editionen neben den 90 A.-M. Talbot, Comparison (1985), 1–5. Übersetzungen und Kommentaren vorzulegen, 91 Eine ‚Bibliography on Gender in Byzantium‘, vgl. BMFD 1, 1. Die Vorlagen für einige Überset‑ die auf der Homepage von Dumbarton Oaks steht zungen sind leider z. T. sehr schlecht und mehr und zur Zeit von der führenden Nonnen‑ und als ein Jahrhundert alt. Frauen‑Forscherin Alice‑Mary Talbot betreut 96 Konferenzberichte bei Kirby / Mullett, Theo‑ wird, enthält über 1 500 Aufsätze, Bücher und tokos Evergetis (1994); Dies., Work and Worship Studien; vgl. Gouma-Peterson / Talbot, Bibliogra‑ (1997); Mullett, Founders and Refounders (2007). phy (o. J.). 97 J. Thomas, In Perpetuum (2005). 92 Theis / Mullett / Grünbart, Female Founders 98 Horden, Memoria (2005). (2011/2012). 99 Thomas betont die geringe Bedeutung ca‑ 93 Tougher, Angelic Life (2006). ritativer Zwecke; vgl. J. Thomas, In Perpetuum 94 Kritisch dazu Mullett, Founders, Refounders, (2005), 124 f. Horden ist der Meinung, dass byzan‑ Second Founders, Patrons (2007), 2: „Thomas’s tinische Stiftermotivationen wegen des Mangels viewpoint, reproduced (confusingly) in the very an Quellen ziemlich schwer zu greifen sind, aber structure of the great corpus, is of a much bigger er spricht sich für einen größeren Einfluss dieser ecclesiological picture: in Byzantium we do not Zwecke aus als Thomas. have monastic orders, but we do have canoni‑ 100 Stathakopoulos, Stiftungen (2005). cal and ideological groupings, and we have a re‑ 101 Geelhaar / Thomas, Stiftung und Staat (2011). form movement which incorporates every sign 102 J. Thomas, Exkurs (2011). of ecclesiastical resistance. I would suggest that
2.6 Indien 2.6.1 Allgemeines Eine eigenständige Stiftungsforschung, wie sie aus der europäischen Mediävistik bekannt ist, existiert in der Indologie nur ansatzweise. Stiftungsinschriften haben jedoch in historisch orientierten Indien‑ studien stets eine zentrale, tragende Rolle gespielt. Zum einen machen Dotationsur‑ kunden einen sehr großen – für viele Regi‑ onen sogar den bei weitem überwiegenden – Teil der erhaltenen epigraphischen Zeug‑ nisse aus. Zum anderen stellen Inschriften insgesamt die beinahe einzigen Quellen für die Rekonstruktion der politischen, wirt‑ schaftlichen und sozialen Geschichte des
vorislamischen Indien dar und sind auch wichtige Zeugnisse für die Religionsge‑ schichte. „[T]here is no aspect of the life, culture and activities of the Indians that is not reflected in inscriptions“1, meinte der bedeutende indische Epigraphiker Dinesh Chandra Sircar, der außerdem eingeschätzt hat: „[N]early eighty per cent of what we know about the early period of Indian his‑ tory has been derived from the epigraphic sources alone.“2 Aufgrund der Bedeutung inschriftlicher Überlieferung für das vor‑ moderne Indien kommt der amerikani‑ sche Indologe Richard Salomon zu dem
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Schluss: „[E]pigraphy is a primary rather than a secondary subfield within Indology. Whereas in classical studies or Sinology, for example, epigraphy serves mainly as a corroborative or supplementary source to historical studies based mainly on textual sources, in India the situation is precisely the opposite. There, history is built upon a skeleton reconstructed principally from inscriptions, while literary or other sources usually serve only to add some scraps of flesh here and there to the bare bones.“3 Die ersten Artikel zu Sanskrit‑Inschrif‑ ten, die von den Briten Charles Wilkins und Sir William Jones sowie dem indischen Gelehrten Rādhākānta Tarkavāgīśa verfasst wurden und sich auf englische Überset‑ zungen (beziehungsweise Übersetzungs‑ versuche) beschränkten, wurden seit den 1780er Jahren in der von der Asiatick [sic!] Society in Kalkutta herausgegebenen Zeit‑ schrift ‚Asiatick Researches‘ veröffentlicht.4 Zu einem deutlichen Aufschwung in der Quellenforschung kam es erst mit dem re‑ gelmäßigen Erscheinen der Zeitschriften ‚The Indian Antiquary‘ (ab 1872) und ‚Epigra‑ phia Indica‘ (ab 1888), in denen zahlreiche indische Inschriften – insbesondere auch Stiftungsurkunden aus dem Mittelalter – ediert (und übersetzt) wurden. Einzelediti‑ onen in diesen und anderen einschlägigen Journalen des späten 19. Jahrhunderts gehen vor allem auf den britischen Epigraphiker John Faithful Fleet, die deutschen Indologen Georg Bühler, Eugen Hultzsch und Franz Kielhorn sowie die indischen Gelehrten Bhagvanlal Indraji und Ramakrishna Gopal Bhandarkar sowie seinen Sohn Devadatta Ramakrishna Bhandarkar zurück. In das ausgehende 19. Jahrhundert fällt zwar auch die Publikation der ersten drei Bände der Reihe ‚Corpus Inscriptionum Indicarum‘, die Zeugnisse nach bestimmten Ordnungs‑ kriterien sammeln sollten, doch die Bände 1–3 umfassen ausschließlich epigraphisches
Forschungsgeschichten
Material aus dem Altertum und keines aus dem Mittelalter. Umso wichtiger war der Druck von Kielhorns Listen nord‑ und süd‑ indischer Inschriften als Appendizes zu ‚Epigraphia Indica‘.5 Die Indologen, die seit dem späten 19. Jahrhundert Inschriften durch Editionen zugänglich machten, gehörten auch zu den ersten Forschern, die diese Quellengattung auszuwerten begannen. Weil mittelalter‑ liche indische Stiftungsinschriften und ‑urkunden in der Regel datierbar sind und umfangreiche Familienbeschreibungen der zumeist königlichen Stifter enthalten, während andere Zeugnisse, die über den Werdegang einzelner Dynastien Auskunft geben könnten, weitgehend fehlen, wurden diese Dokumente anfänglich vor allem für die Erforschung politischer Ereignisse herangezogen. Erste systematische Arbei‑ ten von Ramakrishna Gopal Bhandarkar, Bhagvanlal Indraji und John Faithful Fleet zu einzelnen Regionen Indiens (Dekkan, Gujarat, Karnataka) wurden bereits seit den 1880er Jahren publiziert und später auch in die ‚Gazetteer of the Bombay Pre‑ sidency‘ aufgenommen.6 Seit den 1930er Jahren erschienen Mono‑ graphien, die sich – wesentlich gestützt auf Kupfertafelurkunden und Steininschriften (→ 5.6.3) – nicht nur politischen Aspekten, sondern auch den administrativen Struk‑ turen sowie den wirtschaftlichen, sozia‑ len und religiösen Verhältnissen im indi‑ schen Mittelalter widmeten. Beispielhaft wären hier das 1934 erschienene Werk ‚The Rāshṭrakūṭas and Their Times‘ von Anant Sadashiv Altekar und die zweibändige Ab‑ handlung ‚The Cōḷas‘ (1935–1937) von Kallida‑ ikurichi Aiyah Nilakanta Sastri zu nennen, die sich der Geschichte zweier wichtiger mittelalterlicher Dynastien Zentral‑ bezie‑ hungsweise Südindiens zuwenden. In die gleiche Periode fallen jedoch auch schon erste kleinere Arbeiten, die sich mit den in
Indien
den Inschriften beschriebenen Stiftungen eingehender beschäftigen, wie z. B. ein 1937 veröffentlichter Aufsatz von Sylvain Lévi zu den ‚donations religieuses‘ der frühmittelal‑ terlichen Maitraka‑Könige von Valabhī.7 Das Interesse des französischen Buddhologen an den von dieser Königslinie des westindi‑ schen Gujarat vorgenommenen Stiftungen entsprang dabei vermutlich in erster Linie der Tatsache, dass ein Großteil der betref‑ fenden Urkunden buddhistische Klöster für Mönche und Nonnen als Begünstigte nennt. Seit der Unabhängigkeit Indiens liegt ein Schwerpunkt epigraphischer und histori‑ scher Forschung, die sich mit dem indischen Mittelalter beschäftigt, auf der Regional‑ geschichte. Ab den 1950er Jahren wurden einerseits von indischen Epigraphikern wei‑ tere, nun überwiegend der mittelalterlichen Periode gewidmete Bände des ‚Corpus In‑ scriptionum Indicarum‘8 ediert und andere Inschriftencorpora9 herausgegeben, die die Zeugnisse nach dynastischen oder regiona‑ len Kriterien gruppieren und in der Regel auch umfangreiche Einleitungen zu den aus ihnen gewonnenen Daten bieten. Ande‑ rerseits wurden zahlreiche Monographien publiziert, die vornehmlich von indischen Historikern stammen und die Geschichte der mittelalterlichen Regionalreiche auf der Grundlage des aus Stiftungsinschriften und, soweit vorhanden, anderen Quellen gewon‑ nenen Materials behandeln. Wichtig sind diese Arbeiten nicht zuletzt auch deshalb, weil sie in der Regel umfängliche Listen zu den zur Verfügung stehenden epigra‑ phischen Zeugnissen enthalten, die bei der Erschließung des insgesamt noch immer sehr verstreuten Bestandes sehr hilfreich sein können.10 Seit den 1960er und 1970er Jahren wer‑ den Stiftungsurkunden zunehmend unter strukturgeschichtlichen und historisch‑geo‑ graphischen sowie wirtschafts‑, sozial‑ und religionsgeschichtlichen Gesichtspunkten
147
untersucht. Angesichts der großen Zahl von Stiftungen, die sich auf den dörflichen Bereich beziehen, wird der ländliche Raum seit einigen Jahrzehnten stärker als zuvor in die Betrachtungen einbezogen. In jüngerer Zeit bedient sich auch die Migrationsfor‑ schung der Stiftungsurkunden, denn sie ermöglichen es, die Wanderungsbewegun‑ gen religiöser Gruppen auf dem Subkonti‑ nent zumindest partiell nachzuvollziehen. An diesen Untersuchungen beteiligen sich außer indischen auch europäische, ameri‑ kanische und japanische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Bis in die 1980er Jahre war die Verbin‑ dung zwischen Epigraphik und Geschichts‑ wissenschaft in Indien sehr eng. So edierte beispielsweise der führende Epigraphiker Dinesh Chandra Sircar nicht nur Inschrif‑ ten und verfasste grundlegende Werke zur Epigraphik,11 sondern äußerte sich auch sehr prononciert in Diskussionen zu historischen Fragestellungen, wie aus seinen Aufsatz‑ sammlungen12 ersichtlich ist. Umgekehrt verfügten bis zum Ende des 20. Jahrhun‑ derts indische Mittelalterhistoriker in der Regel über epigraphische Kenntnisse. Diese Entwicklung ist seit einigen Jahrzehnten rückläufig, und Epigraphik gehört an zahl‑ reichen Instituten für Mittelaltergeschichte und Sanskrit‑Philologie insbesondere Nord‑ und Westindiens nicht (mehr) zum Aus‑ bildungsprogramm, weshalb die jüngere Historikergeneration vielerorts nicht mehr imstande ist, Quellen im Original zu lesen. Dies wiegt umso schwerer, als auch die Epigraphik als eigenständiges Fachgebiet ge‑ samtindisch – mit Ausnahmen in Süd‑ und Ostindien – im Rückgang begriffen ist. Auf diese Problematik hat bereits in den 1970er Jahren Dinesh Chandra Sircar aufmerksam gemacht: „It has, however, to be admitted that the subject lost its popularity with the Western students considerably before the middle of this century while there are very
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few successful epigraphists even in India today. It is feared that soon there will be no‑ body to read and interpret an inscription cor‑ rectly.“13 Mit Band 42 der ‚Epigraphia Indica‘ für 1977/1978, der 1992 mit beinahe 15jähriger Verspätung gedruckt wurde, stellte der Ar‑ chaeological Survey of India das Erscheinen dieses wichtigsten Publikationsorgans zur Edition inschriftlicher Neuentdeckungen für zwanzig Jahre ein.14 Band 43.1 wurde erst 2011/2012 – aus Anlass des 150jährigen Be‑ stehens des ASI – veröffentlicht. In jüngerer Zeit werden jedoch neu entdeckte mittelal‑ terliche Stiftungsurkunden zunehmend von europäischen, amerikanischen und japani‑ schen Wissenschaftlern und Wissenschaft‑ lerinnen herausgegeben, die die Stiftungen in der Regel auch ausführlich diskutieren; dies gilt analog für Neueditionen bereits bekannten epigraphischen Materials.15 2.6.2 Dynastie- und Regionalgeschichte Wie bereits erwähnt, gehören die Zeugnisse des mittelalterlichen indischen Stiftungs‑ wesens zu den Hauptquellen für die unter‑ schiedlichsten historischen Fachgebiete, tra‑ ditionell werden sie jedoch vor allem für die ‚Rekonstruktion‘ der politischen Geschichte herangezogen.16 De facto bedeutet dies, dass nicht das wesentliche Anliegen der Urkun‑ den, nämlich Stiftungen zu bezeugen, im Fo‑ kus des Forschungsinteresses liegt, sondern gewissermaßen ein Nebenprodukt, und zwar die umfangreichen Beschreibungen insbesondere königlicher Stifter und ihrer Familien. Der Umstand, dass die Genealo‑ gien häufig sehr viel umfangreicher als die Darstellungen der eigentlichen Stiftungen sind, hat vermutlich nicht unwesentlich zu dieser Entwicklung beigetragen. Eine Reihe von Werken, die sich der Geschichte einer bestimmten Dynastie des indischen
Forschungsgeschichten
Mittelalters widmen, unternimmt den Ver‑ such, auf der Grundlage von (datierten) Stif‑ tungsurkunden und anderen Inschriften lediglich die ‚Ereignisgeschichte‘, d. h. die innerdynastische Thronfolge (inklusive Re‑ gierungsdaten), matrimoniale Allianzen, militärische Auseinandersetzungen mit an‑ deren Königshäusern usw., nachzuzeichnen. Das Verdienst vieler dieser Untersuchungen ist es, anhand epigraphischer Corpora die Stammbäume mittelalterlicher indischer Herrscherhäuser rekonstruiert zu haben. Allerdings ist mitunter nicht genügend be‑ rücksichtigt worden, dass die Genealogien insbesondere bei Brüchen in der Herrscher‑ abfolge in Fällen von Secundogenitur – oder wie David P. Henige es formuliert hat: bei ‚collateral suppression‘ infolge von ,colla‑ teral succession‘17 – höchst unzuverlässig werden können.18 Die ersten dynastiegeschichtlich ausge‑ richteten Arbeiten sind in den 1930er Jahren erschienen. Neben den bereits genannten Werken ‚The Rāshṭrakūṭas and Their Times‘ von Anant Sadashiv Altekar und ‚The Cōḷas‘ von Kallidaikurichi Aiyah Nilakanta Sastri sind zwei Monographien von Dhirendra Chandra Ganguly zu den Paramāras und den Östlichen Cālukyas zu erwähnen.19 Al‑ tekars in drei Teile untergliederte Abhand‑ lung zu den Rāṣṭrakūṭas gilt unter anderem deshalb heute noch als ‚Klassiker‘, weil sie nicht nur die politische Geschichte in den Blick nimmt: Der erste Abschnitt ist zwar ‚Political History‘ betitelt und umfasst Aus‑ führungen zu den einzelnen Königen der Dynastie. Aber ‚A Comparative Study in the Rāshtṛakūṭa Administration‘, der zweite Abschnitt, wertet die in den Stiftungsur‑ kunden erwähnten territorialen Verwal‑ tungseinheiten, Beamtenkategorien und Fiskaltermini aus, und der dritte Abschnitt trägt die Überschrift ‚A Comparative Study in the Religious, Social, Economic, Literary, and Educational Conditions of the Times‘.20
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In den 1950er und 1960er Jahren verstärk‑ te sich der Trend zur Dynastieforschung und fand seinen Niederschlag in Abhandlungen zu den Cālukyas, Caulukyas, Gāhaḍavālas, Gurjara‑Pratihāras und Maitrakas.21 In den anspruchsvolleren Arbeiten werden auch Informationen zur Verwaltung und zur Kulturgeschichte (‚history and culture‘) geboten. ‚The Hoysaḷas. A Medieval Royal Family‘ von John Duncan Martin Derrett (1957) stellt eines der wenigen Beispiele für ein solches nach der Unabhängigkeit Indi‑ ens entstandenes Werk dar, das nicht von einem indischen Autor oder einer indischen Autorin verfasst wurde. In Indien traten an die Seite von englischsprachigen Monogra‑ phien auch solche in Hindi, Gujarati und anderen Regionalsprachen, die sich in der Herangehensweise jedoch nicht von diesen unterscheiden.22 Die seit den 1950er Jahren publizierten Inschriftenbände der Reihe ,Corpus Inscriptionum Indicarum‘ enthal‑ ten ebenfalls umfangreiche Abschnitte zur politischen Geschichte der betreffenden Dy‑ nastien, bieten jedoch darüber hinaus Aus‑ führungen zu Verwaltung, Religion, Gesell‑ schaft, Wirtschaft und anderen Themen.23 Diverse dynastiegeschichtlich orien‑ tierte Abhandlungen dieser ‚nationalen‘ beziehungsweise ‚konventionellen Schule‘ sind vor allem bis in die 1990er Jahre er‑ schienen,24 wobei tendenziell das Bestre‑ ben erkennbar wird, den Fokus nicht mehr ausschließlich beziehungsweise vorrangig auf die politische Geschichte zu richten, sondern auch andere historische Aspekte gleichrangig einzubeziehen.
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des Stiftungswesens eine entscheidende Rol‑ le spielt, denn königliche Dorf‑ und Land‑ dotationen an religiöse Empfänger, über die die Mehrzahl der mittelalterlichen In‑ schriften berichtet, stellten ein wesentli‑ ches Merkmal der Periode vom 6. bis zum 12. Jahrhundert dar. Im Unterschied zu den dynastisch‑politischen Untersuchungen ba‑ sieren die sozial‑, wirtschafts‑ und struk‑ turgeschichtlichen Forschungen auf den aus den Stiftungsdetails selbst gewonnenen Informationen. Bisher hat zwar nie das Stif‑ tungswesen als eigenständiges und kom‑ plexes soziales Phänomen im Mittelpunkt gestanden, sondern es wurden stets einzelne Aspekte herausgegriffen und zum ‚Beweis‘ für die jeweilige Theorie zum strukturellen Charakter der frühmittelalterlichen Rei‑ che angeführt. Dennoch ist hervorzuheben, dass Stiftungen in der auf das vormoderne Indien bezogenen Geschichtswissenschaft – im Unterschied zu Forschungen über das mittelalterliche Europa und andere Regio‑ nen der Welt – geradezu omnipräsent sind. Diejenigen Monographien der ‚konventio‑ nellen Schule‘ (→ 2.6.2), deren Augenmerk nicht ausschließlich auf der Dynastiege‑ schichte lag, enthalten in der Regel Abschnit‑ te zu Aufbau und Wirken der Verwaltung unter dem betreffenden Königshaus und in der jeweiligen Region. Darin wird die große Zahl von Dorf‑ und Landstiftungen als Beleg für die vermeintlich zentralisierte Struktur der Regionalreiche interpretiert und die weite geographische Streuung der Verleihungsurkunden als Indikator für das Vorhandensein einer starken Zentralver‑ waltung und für deren nahezu uneinge‑ schränkte Macht bis in die Außengebiete ausgelegt. Auch die langen Listen von Be‑ 2.6.3 Sozial-, Wirtschafts- und amtenkategorien, die mit den königlichen Strukturgeschichte Urkunden über die Stiftungen in Kenntnis Sämtliche strukturgeschichtlichen Abhand‑ gesetzt wurden, sind als entscheidender An‑ lungen zum vorislamischen Indien haben haltspunkt für die Existenz klar geglieder‑ gemeinsam, dass in ihnen die Beurteilung ter Verwaltungsebenen gedeutet worden.25
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Kritiker äußern jedoch Zweifel daran, ob diese Beamtenlisten tatsächliche Verhält‑ nisse spiegeln. Vermutet wird vielmehr, dass es sich häufig um Zusammenstellungen handelt, die aus unterschiedlichen Quellen schöpfen – mit der Absicht, alle potentiel‑ len Adressaten zu nennen, nicht zwingend jedoch mit dem Ziel, die in der betreffenden Region zur fraglichen Zeit tatsächlich exis‑ tierenden Beamtengruppen akribisch auf‑ zuführen.26 Der deutsche Indienhistoriker Hermann Kulke hat wohl zu Recht die Re‑ levanz dieser Arbeiten der ‚konventionellen Schule‘ wie folgt bewertet: „Die Genealo‑ gien und Chronologien der Dynastien, die in diesen frühen ‚Klassikern‘ erstmals auf der Grundlage des inzwischen veröffent‑ lichten reichen epigraphischen Materials (…) erstellt wurden, haben auch heute noch weitgehend Geltung. Das gilt dagegen nur sehr bedingt für die Darstellung von Staat und Verwaltung der indischen Landesge‑ schichte.“27 Erst seit den 1960er Jahren wurden so‑ zial‑ und wirtschaftsgeschichtlichen Fra‑ gestellungen des indischen Mittelalters ei‑ genständige Forschungsarbeiten gewidmet. Derartige Werke verfassten zunächst einige indische Schüler des britischen Historikers Arthur Llewellyn Basham, der ab den 1950er Jahren an der School of Oriental and Afri‑ can Studies der Universität London lehrte.28 Bei Basham promovierten unter anderem Lallanji Gopal (zur frühmittelalterlichen Wirtschaft Nordindiens)29 und Ram Sha‑ ran Sharma, der später zum bedeutends‑ ten Verfechter der These wurde, dass es einen ‚indischen Feudalismus‘30 gegeben habe. Die Befürworter der von marxis‑ tisch31 orientierten Historikern geprägten ‚Feudalismustheorie‘ deuten die große Zahl mittelalterlicher Dorf‑ und Landstiftungen als Indikator für den Machtverlust der je‑ weiligen zentralen Dynastie zugunsten erstarkender, nach Autonomie strebender
Forschungsgeschichten
geistlicher und weltlicher Vasallen. Dieser Interpretation zufolge entstand durch die umfassende Gewährung von Immunitä‑ ten und durch die Übertragung königlicher Regalien (z. B. Steuereinnahmen, niedere Gerichtsbarkeit) eine Gruppe von Groß‑ grundbesitzern, die Land und Leute der direkten Kontrolle durch die Zentralgewalt entzog. Dieser Prozess habe in politischer Dezentralisierung und Fragmentierung so‑ wie in sozio‑ökonomischer Feudalisierung resultiert.32 Die Formulierung dieser Thesen führte zu Auseinandersetzungen mit den Vertre‑ tern der ‚konventionellen Schule‘, als deren Hauptrepräsentant sich nun der Epigraphi‑ ker Dinesh Chandra Sircar positionierte, der argumentierte: „The majority of the nu‑ merous charters, discovered all over India (…) record grants of land without stipulat‑ ing any obligation of the Brāhmaṇas and temple authorities to the donors. Obviously, the priestly class was the most unsuit‑ able for rendering services of the feudal type.“33 Sircars Verweis auf den religiö‑ sen Stiftungscharakter der Mehrheit der indischen Dorf‑ und Landverleihungen und auf die geringe Zahl insbesondere von frühen Belegen für Dienstlehen ist berechtigt. Allerdings waren gerade bei brahmanischen Begünstigten die Über‑ gänge fließend, und Brahmanen agierten nicht selten ganz ähnlich wie weltliche ‚Vasallen‘, was bereits Kulke festgestellt hat: „[I]n early medieval India Brahmins often fulfilled exactly this role (…), though with means different from their contemporary feudal counterparts in Merovingian and Carolingian Europe.“34 In den 1970er Jahren erhielt die Debatte um die ‚Feudalismustheorie‘ im Kontext von Dorf‑ und Landstiftungen durch Arbeiten des Historikers B. N. S. Yadava neuen Auf‑ trieb, der seinerseits beeinflusst worden war durch die (Übersetzungen der) Werke von
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Marc Bloch und Max Weber.35 Yadava kon‑ zentrierte sich in seiner Argumentation auf ein politisch‑strukturelles Phänomen, für das der Quellenbegriff sāmanta den Schlüs‑ selterminus darstellt, und auf Belege für die Zunahme von Dorf‑ und Landverleihun‑ gen an Militärführer seit dem 10. Jahrhun‑ dert.36 Das Wort sāmanta, das ursprünglich ‚Nachbar‘ bedeutete und im Altertum be‑ nachbarte Könige und Fürsten bezeichnete, wurde ab dem 6. Jahrhundert verstärkt in einer engeren, technischen Konnotation gebraucht, im Sinne von ‚(unterworfener) Fürst, der die Oberhoheit eines anderen Königs anerkennt‘, und wird mithin als ‚Tributärfürst‘ oder ‚Vasall‘ übersetzt.37 Diese Vasallenfürsten38 erscheinen in Dorf‑ und Landstiftungsurkunden zuweilen als Stif‑ ter, häufiger aber als diejenigen, die den betreffenden Herrscher um eine religiöse Stiftung ersucht hatten. In seiner Kritik der ‚Feudalismustheorie‘ hat Brajadulal Chatto‑ padhyaya jedoch berechtigterweise darauf hingewiesen, dass das sāmanta‑Konzept erheblich früher belegt ist als die Vergabe von weltlichen Dienstlehen an Vasallen: „[I]t has not been seriously examined as to how even the system of secular or service assignments to officials led to the emergence of a sāmanta‑feudatory network. It has been conceded that the general chronology of the epigraphic evidence for service assignments postdates the genesis of feudal polity.“39 Anhänger verschiedener Varianten ei‑ nes ‚indischen Feudalismus‘ gab es auch in der Sowjetunion und der DDR, doch nur die in Berlin tätige Indienhistorikerin Marlene Njammasch widmete der ‚Genesis des Feudalismus‘ eine eigenständige Studie (1984). Sie sah sich in der Tradition von Sharma und betonte vor allem wirtschafts‑ historische Aspekte. Ihrer Ansicht zufolge belegen die Urkunden des Frühmittelalters, dass die königliche Stiftungspraxis zur Individualisierung der Steuereinziehung
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und zur Entstehung von Großgrundbe‑ sitz – zunächst vor allem bei geistlichen ‚Feudalherren‘ – führte: „Durch maßlose Schenkungen an Tempel und Klöster je‑ der religiösen Richtung verringerte sich der Großgrundbesitz des obersten Feu‑ dalherren, des Herrschers, ständig. Dieses Verhältnis von Gewinn (durch Eroberung, Kolonisation) und Verlust (durch Erobert‑ werden, Landverleihungen) des königli‑ chen Bodeneigentums war wohl auch eine der Ursachen für die politische Instabilität der vielen Reiche und Dynastien des frü‑ hen Mittelalters in Indien und ihre unauf‑ hörlichen Kriege gegeneinander.“40 Wie auch immer man zu den einzelnen zugunsten eines ‚indischen Feudalismus‘ vorgetragenen Argumenten und Interpre‑ tationen stehen mag, als ein im Sinne der Stiftungsforschung wichtiges Ergebnis der einschlägigen Debatten ist festzuhalten, dass mittelalterliche Dorf‑ und Landstif‑ tungen erstmals als soziales und wirt‑ schaftliches Phänomen von überregionaler Bedeutung untersucht wurden und das Interesse an ihnen seit einem halben Jahr‑ hundert ungebrochen anhält.41 Ähnliche Kontroversen wie die ‚Feuda‑ lismustheorie‘ hat auch das strukturge‑ schichtliche Modell des ‚segmentary state‘ ausgelöst, das ebenfalls wesentlich auf der Auswertung von Stiftungsinschriften ba‑ siert und von dem amerikanischen Histo‑ riker Burton Stein 1977 erstmals skizziert wurde.42 Das in Steins Hauptwerk ‚Peasant State and Society in Medieval South India‘ (1980) weiter ausgeführte Modell bedient sich der Konzepte auf Ostafrika bezogener ethnologischer Forschungen und nimmt – im Unterschied zur ‚Feudalismustheorie‘ – vor allem Südindien in den Blick. Gemäß der Theorie vom ‚segmentary state‘ bestand das Reich der Coḷas aus vielen nur locker verbundenen, relativ selbständigen Terri‑ torialeinheiten, den sozio‑ökonomischen
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Segmenten (Tamil: nāḍu), und waren die königlichen Dorf‑ und Landstiftungen an Brahmanen und Tempel lediglich Aus‑ druck einer ‚rituellen Hegemonie‘ über die von den lokalen Machthabern verwalteten Gebiete: „The thousands of Chola inscrip‑ tions which are distributed unevenly over the vast macro‑region of the southern Indi‑ an peninsula, are taken in the conventional view to be evidence of the direct control of the Chola state. In fact, they are not evidence of political control, but of ritual sovereignty.“43 In der Forschung ist relativ unumstritten, dass gerade im Machtbereich der Coḷa‑Dynastie einflussreiche örtliche Selbstverwaltungsorgane existierten, de‑ ren Wirken in dem besonders reichhaltigen Material zu Stiftungen aus dieser Periode deutlich zutage tritt. Vorbehalte gegen die strikte Differenzierung zwischen ritueller Autorität44 und tatsächlicher politischer Macht wurden aber unter anderem von Hermann Kulke geäußert.45 Kulke hat mit seinem in den frühen 1980er Jahren formulierten Modell ‚konzen‑ trischer Integration‘46 versucht, die von den Vertretern der ‚Feudalismustheorie‘ und des Modells vom ‚segmentary state‘ jeweils in den Mittelpunkt gestellten, (scheinbar) widersprüchlichen Befunde neu zu inter‑ pretieren. Er vertritt die Ansicht, dass der Prozess kontinuierlicher Expansion und Integration seit der Mitte des 1. Jahrtau‑ sends u. Z. auch die Gebiete am Rande der einstigen Großreiche des Altertums erfasste und dass Dorf‑ und Landstiftungen an Brahmanen und religiöse Institutionen ein bedeutendes Herrschaftsinstrument darstellten. Die Initiative ging dabei so‑ wohl von den königlichen Stiftern als auch von den religiösen Stiftungsempfängern aus: Einwandernde Brahmanen boten den lokalen Fürsten ‚höheres‘ Wissen an; lo‑ kale Potentaten luden ihrerseits gezielt Brahmanen als ‚Entwicklungshelfer‘ ein.
Forschungsgeschichten
Brahmanische Priester spielten eine große Rolle für Herrscherlegitimation, Verwal‑ tung und Wirtschaft. Überdies wurden nach Kulkes Auffassung einheitliche Maß‑ stäbe – insbesondere an der Peripherie der Reiche – oft erst dadurch eingeführt, dass man in den Stiftungsurkunden sehr detailliert und standardisiert die künftigen Rechte der Empfänger sowie die Abgaben, die ihnen zustanden, auflistete. Mit der öffentlichen Verkündung der Stiftungsbe‑ stimmungen wurden rechtliche Normen für die gesamte Umgebung gesetzt.47 Al‑ lerdings sieht Kulke auch die von anderen Theoretikern thematisierten strukturellen Probleme: Die dauerhafte Stiftung von Dör‑ fern entzog der Krone langfristig die Ver‑ fügungsgewalt über bestimmte Bereiche ihres Territoriums (‚Feudalismustheorie‘), und diese Siedlungen wurden Teil loka‑ ler Machtkonstellationen, die sich für die herrschende Dynastie als problematisch erweisen konnten (‚segmentary state‘). In den letzten Jahrzehnten sind zahl‑ reiche Arbeiten mit wiederum regional‑ historischer Perspektive erschienen, die sich sozio‑ökonomischen Themen und der Frage von ‚Staatlichkeit‘ in der Vormoder‑ ne widmen und dazu Stiftungsurkunden systematisch auswerten. Diese Werke be‑ rücksichtigen zwar die theoretischen Dis‑ kussionen der 1960er, 1970er und 1980er Jahre, positionieren sich aber nicht immer explizit zugunsten eines der darin entwi‑ ckelten Mittelaltermodelle. In Indien selbst ist der Einfluss der ‚Feudalismusschule‘ noch deutlich zu spüren, besonders bei den an der Delhi University entstandenen Dis‑ sertationen.48 Bereits in den 1980er Jahren sind auch einige einschlägige Monographi‑ en von Kulkes indischen Promovenden ver‑ fasst worden: Swapna Bhattacharya, ‚Land‑ schenkungen und staatliche Entwicklung im frühmittelalterlichen Bengalen‘ (1985) und Shishir Kumar Panda, ‚Herrschaft und
Indien
Verwaltung im östlichen Indien unter den späten Gangas‘ (1986)49. Besonders zahlreich sind die Publika‑ tionen über südindische Stiftungsinschrif‑ ten. Zu ihnen haben neben indischen auch amerikanische und japanische Historiker wichtige Beiträge geleistet.50 An Ostin‑ dien, insbesondere dem mittelalterlichen Bengalen und Orissa, ist das Interesse aus‑ ländischer Forscher ebenfalls groß, wie die Arbeiten von Barrie M. Morrison, Ryosuke Furui und Mary F. Linda zeigen.51 2.6.4 Religionsgeschichte Obwohl die mittelalterlichen indischen Stiftungsinschriften und ‑urkunden Do‑ tationen zugunsten religiöser Empfänger dokumentieren, haben sie in der religi‑ onsgeschichtlichen Forschung lange Zeit keine prominente Rolle gespielt. Dies hängt wohl in erster Linie damit zusammen, dass die Quellenlage für dieses Fachgebiet sehr viel besser ist als für die politische, sozi‑ ale und wirtschaftliche Geschichte. Aus dem indischen Altertum und Mittelalter ist eine breite Palette religiöser Texte über‑ liefert, die die Grundlage für Abhandlun‑ gen über den Brahmanismus‑Hinduismus, den Buddhismus und den Jinismus bilden. All diesen Quellen ist jedoch gemeinsam, dass es sich überwiegend um Texte theore‑ tisch‑normativen Charakters handelt, die über einen längeren Zeitraum entstanden, mündlich tradiert oder immer wieder abge‑ schrieben worden sind und deren geogra‑ phische sowie chronologische Einordnung oft große Schwierigkeiten bereitet. Im Un‑ terschied dazu stellen Stiftungsinschriften Zeugnisse von höherer Authentizität dar, die von der religiösen Praxis berichten und deren Alter und geographische Herkunft relativ sicher zu bestimmen sind. Diese Vorteile epigraphischen Materials werden
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jedoch erst seit wenigen Jahrzehnten für die Forschung zur Religionsgeschichte sys‑ tematisch nutzbar gemacht. In den frühen 1990er Jahren hat Gregory Schopen die Situation mit Bezug auf die westliche Buddhologie – etwas überzeich‑ net – wie folgt beschrieben: „When Euro‑ peans first began to study Indian Buddhism systematically there were already two bo‑ dies of data available to them, and the same is true today. There was, and is, a large body of archaeological and epigraphical material, material that can be reasonably well located in time and space (…). This material records or reflects at least a part of what Buddhists – both lay people and monks – actually practiced and believed. There was, and is, an equally large body of literary material that in most cases cannot actually be dated and that survives only in very recent manuscript traditions. It has been heavily edited, it is considered canonical or sacred, and it was intended – at the very least – to inculcate an ideal. This material records what a small, atypical part of the Buddhist community wanted that community to believe and practice.“52 In noch stärkerem Maße als in der Bud‑ dhologie ist die beschriebene Herange‑ hensweise in westlichen Gesamtdarstel‑ lungen zum Hinduismus anzutreffen. So bezieht beispielsweise die auf etwa 400 Seiten angelegte Monographie von Axel Michaels mit dem Titel ‚Der Hinduismus. Geschichte und Gegenwart‘ (1998) Inschrif‑ ten nicht ein.53 Die ‚Historischen Grundla‑ gen‘ werden allein auf Basis von religiösen Texten und Werken der Sekundärliteratur erläutert. Das im mittelalterlichen Brah‑ manismus‑Hinduismus allgegenwärtige Phänomen des Stiftungswesens ist ledig‑ lich mit einem Satz im Kapitel ‚Religions‑ geschichtliche Epochen‘ erwähnt: „Steuer‑ freie Landschenkungen an Klöster, Tempel, Brahmanen (brahmadeya) waren üblich,
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sogar ganze Dörfer wurden verschenkt.“54 Noch problematischer ist das fast vollstän‑ dige Ausblenden von epigraphischem Ma‑ terial in David Kinsleys Abhandlung ‚Die indischen Göttinnen‘ (1990, ND 2000).55 Lediglich einmal – im Abschnitt ‚Die Erde als eine Göttin‘ – verweist der Autor in einem allerdings nicht stiftungsrelevanten Kontext auf einen inschriftlichen Beleg (aus dem späten Altertum).56 Dabei stellen mittelalterliche Inschriften insbesondere für die Rekonstruktion der Geschichte in‑ discher Göttinnenverehrung eine unver‑ zichtbare Quellengattung dar. Umso erfreulicher ist es, dass der 2011 erschienene dritte Band von ‚Brill’s En‑ cyclopedia of Hinduism‘ ein Lemma zu ‚Religious Endowments and Gift Giving‘ enthält. In ihrem fünfseitigen Eintrag reißt Leslie Orr terminologische Fragen an, wobei sie die Kategorie ‚endowment‘ unter anderem wie folgt charakterisiert: „The two aspects of such a gift that make it distinctive are (1) the donor’s expectati‑ on, and (2) the gift’s nature as permanent and ongoing.“57 Orr geht auch kurz auf einige spezielle Aspekte von ‚Religious Endowments in Pre‑Colonial India‘ und von ‚Religious Endowments in Colonial and Post‑Independence India‘ ein. Im Unterschied zur westlichen Indologie ist eine religionshistorische Perspektive schon in einigen Werken der traditionellen indischen Regionalgeschichtsschreibung der 1930er Jahre zu finden. So wertete Al‑ tekar die in den Inschriften enthaltenen Informationen zur ‚Konfession‘ der stif‑ tenden Herrscher – Epitheta und Lobprei‑ sungsstrophen – und zu den Begünstigten aus. Dies geschah allerdings, indem er die Aussagen der offiziellen Urkunden ähnlich wie bei der politischen Geschichte und der Entwicklung der Verwaltungsstruk‑ tur recht unkritisch übernahm und das Nebeneinander verschiedener religiöser
Forschungsgeschichten
Strömungen lediglich als ‚Harmonie‘ und die nicht seltene Ambivalenz zwischen dem religiösen Bekenntnis eines Königs und dessen Patronatspolitik als Ausdruck von ‚Toleranz‘ interpretierte.58 Da die Textüberlieferung im Jinismus wesentlich problematischer als im Bud‑ dhismus und im Hinduismus ist, wurde in der Jaina‑Forschung bereits früh die Bedeutung von Inschriften erkannt.59 1908 bemerkte Armand Albert Guérinot im Vor‑ wort zu seinem Inschriftenverzeichnis für eine künftig zu schreibende Geschichte des Jinismus: „Les sources pour l’histoire du jainisme sont de trois sortes: d’abord les documents de la tradition jaina, d’autre part les indications contenue dans les livres bouddhiques et brahmaniques, et enfin les inscriptions.“60 Seine Materialsamm‑ lung enthält aus Stiftungsinschriften ge‑ wonnene Informationen zu jinistischen Gruppierungen und zu Jaina‑Lehrern.61 Die jinistischen Stiftungen hat auch Phyllis Emily Granoff studiert.62 Ganz ähnlich wie zuvor bei Guérinot war es in den 1950er Jahren auch bei dem bedeutenden französischen Indologen und Veda‑Forscher Louis Renou die Suche nach Informationen über die historische Verbrei‑ tung bestimmter religiöser Gruppierungen, in diesem Falle der vedisch‑brahmanischen Schulrichtungen, die diesen dazu brachte, sich mit (brahmanischen) Stiftungsinschrif‑ ten zu befassen und seinen Artikel ‚The Vedic Schools and the Epigraphy‘ zu ver‑ fassen (1950).63 Der indische Epigraphiker D. B. Diskalkar war auf verwandte Frage‑ stellungen vermutlich durch seine Edition einiger Stiftungsurkunden der westindi‑ schen Maitraka‑Dynastie gestoßen, die die Angehörigen einer relativ seltenen brahmanischen Richtung, der Atharva‑ vedins, als Begünstigte nennen.64 Seit den 1960er Jahren rückten durch die Diskus‑ sionen um einen ‚indischen Feudalismus‘
Indien
die Brahmanen als Hauptempfänger der mittelalterlichen Dorf‑ und Landstiftungen stärker in den Blickpunkt. So erschien 1967 eine 90 Seiten umfassende Monographie von Pushpa Niyogi zu mittelalterlichen Brahmanensiedlungen in Bengalen.65 1968 veröffentlichte B. P. Mazumdar einen Auf‑ satz zu Stiftungen an Brahmanengruppen und widmete sich später den durch die Stiftungsinschriften nachvollziehbaren Migrationsbewegungen von Brahmanen in Nordindien in der Zeit vom 11. bis zum 13. Jahrhundert.66 Ebenfalls mit dieser The‑ matik beschäftigte sich Sister M. Liceria, allerdings bezogen auf das südindische Karnataka.67 Mit ‚The Brahmanas of India. A Study Based on Inscriptions‘ legte Chit‑ rarekha Gupta 1983 erstmals eine umfang‑ reichere, vergleichende Arbeit auf der Basis von Stiftungen zugunsten von Brahmanen vor.68 1989 erschien die auf der Auswertung von knapp 150 Dotationsurkunden fußen‑ de Monographie ‚Migrant Brāhmaṇas in Northern India‘ von Swati Datta, mit dem Untertitel ‚Their Settlement and General Impact c. A. D. 475–1030‘. Bereits 1985 hatte am Südasien‑Institut in Heidelberg das Symposium ‚Regionale Tradition in Südasien‘ stattgefunden, auf dem sich einige Beiträge mit der Rolle der Brahmanen befassten. Der in deutscher Sprache erschienene Tagungsband ist in Indien kaum zur Kenntnis genommen wor‑ den.69 Neben einem Artikel von Hermann Kulke zur Struktur der frühmittelalterli‑ chen Regionalreiche und zu den verschie‑ denen oben behandelten Erklärungsmodel‑ len70 (→ 2.6.3) enthält dieser Sammelband mehrere Aufsätze, die das aus Dorf‑ und Landstiftungszeugnissen zugunsten von Brahmanen gewonnene Material berück‑ sichtigen. So widmete sich Heinrich von Stietencron ‚Brahmanen als Integratoren und Interpreten von Regionaltraditio‑ nen‘ und thematisierte die weite Streuung
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brahmanischer Traditionen „durch einge‑ wanderte, mit Landschenkungen bedachte Siedler“71. ‚Regionale und überregionale Fak‑ toren in der Entwicklung vedischer Brah‑ manengruppen im Mittelalter‘ waren der Forschungsgegenstand von Michael Witzel, der hierzu festhielt: „Die bei weitem wich‑ tigsten Quellen sind die zahlreichen Land‑ schenkungsurkunden auf Kupferplatten und einige Inschriften.“72 Bernhard Kölver schließlich untersuchte die ‚Hinduisierung‘ Nepals ab 1200 und wertete dazu auf vergol‑ deten Kupfertafeln festgehaltene Stiftungen zugunsten von Brahmanen aus.73 1976 hatte Marlene Njammasch ihren ersten Beitrag zum indischen Mittelalter publiziert, der frühmittelalterliche Dorf‑ und Landstiftungen im westindischen Gu‑ jarat untersuchte.74 Speziell den Dotationen an Brahmanen in West‑ und Zentralindien wandte sie sich – zusammen mit ihren Schülern an der Humboldt‑Universität in Berlin – seit den 1990er Jahren zu.75 Eine ganz wesentlich auf den Stiftungszeugnis‑ sen basierende, überregionale Geschichte des Brahmanentums im Mittelalter ist aber immer noch ein Desideratum, wie Michael Witzel bereits 1993 festhielt.76 Wie erwähnt, hat die westliche Buddho‑ logie epigraphische Quellen zur Geschichte des Buddhismus lange Zeit vernachlässigt, und zwar insbesondere die zum Buddhis‑ mus im Mittelalter. Die indische Forschung hingegen hat Stiftungsinschriften stets, wenn auch in unterschiedlichem Maße, be‑ rücksichtigt.77 Japanischem Interesse am indischen Buddhismus (und japanischer Akribie) ist es zu verdanken, dass seit 1979 eine erste (in japanischer Sprache) verfasste Bibliographie zu buddhistischen Inschriften vorliegt. Diese Liste von Masao Shizutani ist chronologisch geordnet und versammelt verschiedenes Material, nicht nur solches, das Stiftungen an Klöster bezeugt.78 Eine Anthologie buddhistischer Inschriften ist
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in den späten 1990er Jahren von Keisho Tsukamoto herausgegeben worden.79 Eine quantitative Untersuchung auf der Basis epigraphischer Quellen zur Ausbreitung des Buddhismus in Süd‑ und Südostasien hat 2010 auch Karl‑Heinz Golzio vorgelegt.80 Die Tatsache, dass Inschriften in der bud‑ dhologischen Forschung seit den 1980er und 1990er Jahren mehr Beachtung finden, ist zu einem großen Teil das Verdienst des ameri‑ kanischen Buddhologen Gregory Schopen.81 Für seine eigenen Arbeiten hat er bereits seit den 1970er Jahren systematisch auf Stif‑ tungsinschriften zurückgegriffen, wenn es um Untersuchungen zur historischen Relevanz des Mahāyāna‑Buddhismus, zum Verhältnis von Laien und Mönchen, zur Übertragung von religiösem Verdienst, zu den Verpflichtungen buddhistischer Mön‑ che gegenüber ihren Eltern, zur Einführung des Bilderkultes, zu mönchischem Eigen‑ tum und zu Klöstern in Laienbesitz oder aber um die Frage ging, wer als Empfänger buddhistischer Stiftungen anzusehen sei.82 Die Wirkung von Schopens Arbeiten zeigt sich deutlich in neueren Überblicksdarstel‑ lungen zum Buddhismus.83 Die Verfasserin schließlich hat frühmit‑ telalterliche buddhistische Stiftungsin‑ schriften in den Mittelpunkt ihrer Disserta‑ tion (1994) gestellt.84 Dabei ging sie von der Prämisse aus, dass Unterhaltsdotationen an buddhistische Klöster im Vergleich zu solchen an Brahmanen in allen regionalen frühmittelalterlichen Inschriftencorpora in der Minderzahl sind und ihnen daher bisher kaum die gebührende Aufmerk‑ samkeit zuteil geworden sei.85 Das An‑ liegen war ein überregionaler Vergleich buddhistischer Stiftungen aus mehreren Jahrhunderten, insbesondere eine synchro‑ ne und diachrone Analyse der Stifterzu‑ sammensetzung, des Charakters der Stif‑ tungsobjekte sowie des Formelbestandes der Urkunden – unter Hinzuziehung von
Forschungsgeschichten
Texten der buddhistischen Literatur und in Gegenüberstellung zu Stiftungen an andere religiöse Richtungen.86 Während in diversen westlichen Ge‑ samtdarstellungen zum Hinduismus das Stiftungswesen zugunsten von Tempeln hinduistischer Gottheiten kaum Beachtung findet, liegen zahlreiche Aufsätze zu Ein‑ zelaspekten dieses Themenbereichs – in der Regel bezogen auf eine bestimmte Region oder Sekte – vor. Arbeiten zu viṣṇuitischen und śivaitischen Richtungen des Hindu‑ ismus haben z. B. Hans Bakker, David N. Lorenzen, Alexis Sanderson und Annette Schmiedchen vorgelegt.87 Besonders um‑ fang‑ und facettenreich ist die Literatur zu Tempeln im vormodernen Südindien, wobei eine wirtschaftshistorische Perspektive hier dominiert. In den 1960er und 1970er Jahren erschienen Artikel von Burton Stein, George W. Spencer, D. N. Jha, Arjun Appadurai und Peter Granda zum königlichen Patronat, zur ökonomischen Bedeutung südindischer Tempel, zum Geldverleih durch Tempel und zu religiösen Netzwerken.88 1984 veröffent‑ lichte Braj Kishore Pandeya eine Mono‑ graphie zur Tempelwirtschaft unter den Coḷas.89 Weitere kürzere Spezialstudien zu Tempelpriestern, zu königlicher Stiftungs‑ kontrolle usw. wurden in den 1980er und 1990er Jahren von B. P. Mazumdar, James Heitzman, Cynthia Talbot und anderen verfasst.90 Auch zu Tempelstiftungen in Ostindien, insbesondere in Orissa, liegen einige Beiträge vor.91 Regionalstudien, die anhand von Stif‑ tungszeugnissen die Multireligiosität des indischen Mittelalters in den Blick nehmen, tauchen sporadisch schon vergleichswei‑ se früh auf. Eine der ersten einschlägi‑ gen Untersuchungen war der bereits er‑ wähnte Aufsatz von Sylvain Lévi aus dem Jahr 1937 zu den ‚donations religieuses‘ der westindischen Maitrakas von Valabhī (6.–8. Jahrhundert), der die bis zum Ende
Indien
des 19. Jahrhunderts edierten Stiftungsur‑ kunden aus einem besonders dichten und homogenen Corpus auswertet: „Toutes les chartes de Valabhī enregistrent des dona‑ tions pieuses en faveur de particuliers, de communautés ou de divinités. Ces dona‑ tions sont désignées par l’expression géné‑ rique de dharmadāya (°deya), et, si elles sont attribuées à des Brahmanes, brahmadāya (°deya); une donation bouddhique reçoit par exception la désignation de devadāya. Le protocole dispose de plusieurs mots pour marquer les nuances de la générosité royale, et n’aboutit qu’assez tard à l’uniformité. Le don est tantôt remis (nisṛṣṭa), tantôt transmis (atisṛṣṭa), tantôt délivré (visṛṣṭa), tantôt donné (datta), ou concédé (anujñāta), ou même le roi le fait accepter (pratipādita). Une libation d’eau (udaka-sarga, °atisarga) symbolique accompagne presque toujours la donation. La donation a toujours un caractère strictement religieux: l’intention formelle du donateur, c’est d’assurer à son père et à sa mère une heureuse condition dans la vie future en engraissant leurs mérites pieux (mātāpitror puṇyāpyāyana).“92 2001 legte Marlene Njammasch eine Mo‑ nographie zu den inzwischen bekannten Stiftungen dieser frühmittelalterlichen Dynastie vor, deren Zahl um zwei Drittel auf über einhundert angestiegen war.93 Als für die religionshistorische Perspekti‑ ve der indienbezogenen Stiftungsforschung wegweisend muss die Monographie von Barrie M. Morrison, ‚Political Centers and Cultural Regions in Early Bengal‘, von 1970 angesehen werden, die sich mit dem Gebiet des heutigen Bangladesch und des indischen Bundesstaates Westbengalen im Mittelalter beschäftigt. Das Material, das hier einer systematischen Analyse unterzogen wird, besteht aus 71 Kupfertafelurkunden, die aus den Jahren 433 bis 1283 datieren.94 Das Cor‑ pus der Schriftzeugnisse zum bengalischen Stiftungswesen ist damit viel weniger dicht
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als das der Maitrakas, und es stammt aus der Regierungszeit mehrerer Dynastien. Morri‑ son ist es jedoch trotz des vergleichsweise geringen Umfangs seines Quellenmaterials überzeugend gelungen, verschiedene Perio‑ den und Subregionen der Stiftungsaktivitä‑ ten zu unterscheiden. Eine ähnliche Studie hat 1993 auch Upinder Singh mit ihrem Buch ‚Kings, Brāhmaṇas and Temples in Orissa‘ vorgelegt, das den Untertitel ‚An Epigraphic Study AD 300–1147‘ trägt und etwa 300 In‑ schriften analysiert.95 Den Monographien von Njammasch, Morrison und U. Singh sind jeweils umfangreiche Inschriftenlis‑ ten beigegeben. Dies unterscheidet sie von anderen Werken, wie z. B. Nandis ‚Religious Institutions and Cults in the Deccan‘ (1973), das auch auf Inschriften einer bestimmten Region basiert, jedoch kein klar umrissenes Corpus systematisch analysiert. Im Verhältnis zu den Studien aus verglei‑ chender monoreligiöser oder multireligiöser Perspektive nimmt sich die Zahl der Arbei‑ ten, die einzelne mittelalterliche indische Stiftungen untersucht, äußerst gering aus. Dies ist ein markanter Unterschied zur auf die lateinischen Christen bezogenen Stif‑ tungsforschung. (→ 2.2) Der Hauptgrund für diesen Befund dürfte sein, dass zwar eine Vielzahl von religiösen Dotationen aus dem indischen Mittelalter beurkundet ist, der Informationsgehalt zu den individuel‑ len Stiftungen jedoch recht gering ausfällt. In der Regel ist nicht viel mehr bekannt, als dass ein Stifter von einem konkreten, einmaligen Stiftungsakt berichten lässt. Meist ist nicht einmal die unmittelbare Umsetzung des Stifterwillens, geschweige denn die weitere Geschichte der Stiftung dokumentiert. Häufig ergeben sich ledig‑ lich aus den Umständen des Auffindens der Urkunden gewisse Vermutungen. Nur für wenige Orte wäre es überhaupt mög‑ lich, das Stiftungsgeschehen über mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in groben
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Zügen nachzuzeichnen (z. B. Nālandā in Bi‑ har, Valabhī in Gujarat, Rāmagiri / Ramtek in Maharashtra).96 Für komplexe Detailstu‑ dien fehlt jedoch die Quellenbasis. 2.6.5 Rechtsgeschichte Da Stiftungen im engeren Sinne nicht zen‑ trales Thema in den überlieferten (brah‑ manischen) Rechtstexten sind (→ 5.6.2), spielen sie keine besondere Rolle in der indischen Rechtsgeschichte, die sich mit Texten zu dharma beschäftigt. Traditionell fallen religiöse Dotationen in den normati‑ ven Schriften unter den allgemeineren Kon‑ text religiöser ‚Schenkungen‘ und werden unter der Rubrik dāna auch in Abhandlun‑ gen zur indischen Rechtsgeschichte behan‑ delt. Prominentestes Beispiel ist das mit ‚Dana (Gifts)‘ überschriebene 25. Kapitel in Band 2.2 der mehrbändigen ‚History of Dharmaśāśtra‘ von Pandurang Vaman Kane, das sich unter anderem dem Thema Landstiftungen – unter Hinzuziehung des epigraphischen Befundes – zuwendet.97 In einer vergleichenden Studie hat Maria Heim Überlegungen mittelalterlicher brah‑ manisch‑hinduistischer, buddhistischer und jinistischer Theoretiker zum Thema dāna auf der Basis normativer Texte untersucht, die in der Periode vom 11. bis 13. Jahrhundert in Indien und Sri Lanka entstanden sind. Sie hält fest: „During this period the main sources of prescriptive analysis on the gift – Hindu Dharmaśāstra dāna anthologies (nibandhas) and Jain and Buddhist compendia on lay morality – began to emerge and gain widespread cultural and intellectual consid‑ eration. (…) They are all scissors‑and‑paste digests or summaries of their earlier tradi‑ tions’ reflections on the gift that provide exegesis on what the authors regard as cru‑ cial aspects of inherited doctrine. (…) These texts arguably represent the most systematic
Forschungsgeschichten
theorizations of the gift available from their respective traditions.“98 Heim kommt ferner zu der Einschätzung: „[T]he very process of re‑organizing and re‑categorizing knowl‑ edge, so that certain terms like dāna are isolated and given extensive treatment, is in fact a new and different kind of critical reflection and interpretation of traditional values.“99 Auf Stiftungen in Abgrenzung zu anderen Formen von Gaben geht Heim – der Diktion der von ihr untersuchten Texte fol‑ gend – aber nur am Rande ein. Der Begriff ‚endowment‘ kommt in ihrer Arbeit zwar nicht vor, doch wird die Thematik der ‚land grants‘ zumindest gestreift.100 In den einschlägigen Texten des späten Altertums und des Mittelalters sind es vor allem Passagen zum Urkundenrecht, in die Ausführungen zu Stiftungen, eben unter dem Aspekt ihrer Beurkundung, aufge‑ nommen wurden. Dieser von der Rechts‑ geschichtsforschung beobachtete Befund101 korreliert in auffälliger Weise mit der Tat‑ sache, dass sich die Kenntnis über tatsäch‑ liche Stiftungen des indischen Mittelalters vor allem aus solchen Stiftungsurkunden speist. In der jüngeren rechtsgeschichtli‑ chen Forschung werden die Angaben der ‚Dharmaśāstras‘ zu Urkunden und damit auch zu Stiftungen vor allem für die Etablie‑ rung einer (relativen) Chronologie der Texte benutzt.102 Diese Untersuchungen haben festgestellt, dass das ‚Mānavadharmaśāstra‘, eine der einflussreichsten Schriften des altindischen Rechts, und das ‚Kauṭilīya‑ Arthaśāstra‘ noch keine Darlegungen der Urkundenlehre enthalten, obwohl schriftli‑ che Dokumente zur Beurkundung an eini‑ gen Stellen erwähnt werden.103 Die Überlie‑ ferungsgeschichte der sogenannten späten ‚Dharmaśāstras‘, die wohl eigenständige Kapitel zur Urkundenlehre enthielten, ist hingegen problematisch, da diese Lehr‑ werke zum Teil nur durch Fragmente und spätere Rekonstruktionen bekannt sind.104
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mehrere Gründe dafür verantwortlich zu sein scheinen: (1.) Das Hauptinteresse der Kunsthistoriker gilt (naturgemäß) Tempel‑ und Klosterbauten sowie Kultbildern. Die Mehrzahl der mittelalterlichen religiösen Dotationen aber ging an Brahmanen, die nicht an Tempel gebunden waren und kei‑ nen Bilderkult betrieben. (2.) Die Bautätig‑ keit an mittelalterlichen indischen Tempeln und Klöstern ist nicht immer epigraphisch dokumentiert und daher oft nur durch Stilanalysen zu erforschen. Umgekehrt ist eine Reihe von Stiftungsdokumenten zu‑ gunsten von Tempeln und Klöstern außer‑ halb jedes archäologisch‑architektonischen Kontextes gefunden worden. (→ 6.6.2) (3.) Stiftungsinschriften an Kultbildern (meist Steinplastiken oder Bronzen) werden von Kunsthistorikern systematisch ausgewer‑ tet, da sie oft auch Hinweise zur Ikonogra‑ phie und zur Identifizierung der jeweiligen Gottheit enthalten. Die seit 1983 von Michael W. Meister, Madhusudan A. Dhaky und George Michell herausgegebenen Bände der ‚Encyclopaedia of Indian Temple Architecture‘, die in erster Linie nach geographischen Gesichtspunk‑ ten (Bd. 1: ‚South India‘; Bd. 2: ‚North India‘) und in zweiter Linie nach chronologischen Aspekten (Bd. 1, Teile 1–4; Bd. 2, Teile 1–3) strukturiert sind, gehen nur beiläufig auf Stiftungen ein. Es finden sich kurze Bemer‑ kungen, wie zum Beispiel: „Jaina temples also received support from Rāṣṭrakūṭa roy‑ alty“108, und einige Belege werden summa‑ risch angeführt. Auf Schriftquellen wird jedoch nicht verwiesen, auf Anmerkungen ist völlig verzichtet worden, und die Biblio‑ graphien am Ende eines jeden Kapitels ent‑ halten lediglich Werke der Sekundärlitera‑ 2.6.6 Kunstgeschichte tur. Das 1987 erschienene dreibändige Werk von Thomas E. Donaldson, ‚Hindu Temple In Werken zur indischen Kunstgeschichte Art of Orissa‘, enthält am Ende des dritten haben Stiftungen in unterschiedlichem Bandes immerhin einen sechsseitigen, mit Maße Berücksichtigung gefunden, wobei ‚Inscriptions‘ betitelten Abschnitt, der im
Die wenigen Aufsätze, die sich dezidiert mit Einzelfragen des Dotationsrechts be‑ schäftigen, sind in der Forschung sehr stark rezipiert worden. Dies gilt insbesondere für die in der ‚Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft‘ 1965 veröffentlichte Studie von Günther‑Dietz Sontheimer zu ,Religious Endowments in India‘ mit dem Untertitel ‚The Juristic Personality of Hin‑ du Deities‘.105 Sontheimer diskutiert sowohl die Vorgaben der normativen Literatur als auch epigraphische Befunde. In Hinsicht auf letztere kommt er zu folgendem Schluss (wobei buddhistische und jinistische Stif‑ tungen nicht erwähnt sind): „Gifts of lands, etc., were either made to Brāhmans (…) or to deities (…). Sometimes a scheme provides for a clear division between the property intended for individual learned Brāhmans or a community of Brāhmans, and the deity. (…) However, inscriptions occur where the gift is made jointly to the Brāhmans and the deity, the property not being expressly divided“.106 Bezogen auf die Stiftungsemp‑ fänger setzt er fort: „If property is dedi‑ cated to a god, he is invariably mentioned in the dative case (…). It is significant that gifts to a deity are never made to the image of the deity or to the temple of the deity, but that the gift is always directed to the god indicating his name, and sometimes the place in which he is supposed to reside. (…) Very often the god is mentioned alone as the recipient of a gift, often the priest and the deity are mentioned jointly, and frequently we find examples of the priest acting as a ‚trustee‘, the deity being the ‚beneficial owner‘.“107
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Forschungsgeschichten
Wesentlichen aus einer Liste ‚relevanten‘ epigraphischen Materials besteht.109 Vereinzelt widmen sich kunsthistorische Arbeiten auch der Stifterthematik. Gelungene Synthesen von Stilanalysen und Inschriften‑ auswertung stellen die Arbeiten von Herbert und Ingeborg Plaeschke zur buddhistischen, hinduistischen und jinistischen Kunst, insbe‑ sondere zur Entwicklung von Baulichkeiten und Steinplastiken in Altertum und Mittelal‑ ter, dar.110 S. B. Singh löst in ‚Epigraphy and Art‘ (1996) zwar das mit dem Titel gegebene Versprechen ein, Inschriften auszuwerten, insbesondere nordindische aus der Zeit von 700 bis 1200, doch geschieht dies in Form einer recht unstrukturierten Aneinander‑ reihung der aus diesen Quellen gewonnenen Daten zu den Themenkomplexen ‚Patrons and Donors‘ (Kapitel 4), ‚Artists, Artisans and Architects‘ (Kapitel 5) und ‚Managment of Architectural Structures‘ (Kapitel 6). Im Rahmen der lange vernachlässigten Forschung zur Porträtkunst im vormoder‑ nen Indien wird in jüngerer Zeit auch die Frage von Stifterdarstellungen thematisiert. (→ 6.6.3) Zu den einschlägigen Arbeiten gehören mehrere Artikel von Padma Kai‑ mal und Crispin Branfoot zu südindischen Tempelanlagen sowie zwei Monographien von Vincent Lefèvre.111
Zum einen werden bestimmte religionsge‑ schichtliche Fragestellungen – ähnlich wie von dem Buddhologen Gregory Schopen praktiziert – auf einer breiteren Material‑ basis, namentlich unter Berücksichtigung von Inschriften, aus überregionaler112 und vergleichender Perspektive untersucht. Zu diesem Ansatz sind beispielsweise die Arbei‑ ten des britischen Indologen und Śivaismus‑ Experten Alexis Sanderson zu zählen, der unter anderem die Konkurrenz zwischen traditionellen brahmanischen Hofpriestern und śivaitischen Priestern um Einfluss am Königshof untersucht hat.113 Ferner werden Stiftungsurkunden ei‑ ner bestimmten Region oder Dynastie als komplexe Quellen kritisch untersucht und nicht nur auf bestimmte Segmente reduziert. Dies hat insbesondere zu einer Neubewer‑ tung der Genealogien königlicher Stifter ge‑ führt, die anders als in der ‚konventionellen Schule‘ nicht als Chroniken der Ereignisge‑ schichte, sondern als Mittel der ‚Selbstdar‑ stellung‘ und Ausdruck der politischen und religiösen Ideologie interpretiert werden.114 Zudem bedient man sich der Genealogien auch stärker zur Kontextualisierung der eigentlichen Stiftungsbeschreibungen.115 Wie in anderen Fachgebieten auch gibt es darüber hinaus seit einigen Jahrzehnten einen Forschungsstrang, der sich den Spe‑ zifika weiblicher Akteure im Stiftungswe‑ 2.6.7 Neuere Forschungsansätze sen und deren Anteil an religiös motivier‑ ten Stiftungen zuwendet, wie die Arbeiten Mehrere Haupttendenzen bestimmen die jün‑ von Leslie Orr, Janice Willis, Harihar Singh geren Ansätze in der Forschung zu den mit‑ und anderen zeigen.116 telalterlichen indischen Stiftungszeugnissen: AS
Anmerkungen 1 Sircar, Numismatic and Epigraphical Studies (1977), 102. 2 Ebd., 91. 3 Salomon, Indian Epigraphy (1998), 4.
4 Vgl. ebd., 200 f. 5 Vgl. Kielhorn, Inscriptions of Northern India
(1898/1899); Ders., Inscriptions of Southern India (1902/1903). Zu einer späteren Inschriftenliste vgl.
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Indien
D. R. Bhandarkar, List (1927/1928–1935/1936). 6 Vgl. z. B. R. G. Bhandarkar, Early History of the Dekkan (1884); Indraji / Jackson, Valabhis (1896); Fleet, Dynasties of the Kanarese Districts (1882). 7 Vgl. Lévi, Donations religieuses (1937). 8 Vgl. Inscriptions of the Kalachuri‑Chedi Era. 2 Bde. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi. (CII 4.) Oota‑ camund 1955; Inscriptions of the Vākāṭakas. Ed. Ders. (CII 5.) Ootacamund 1963; Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Ders. (CII 6.) Delhi 1977; Inscriptions of the Paramāras, Chandellas, Kachchhapaghātas and Two Minor Dynasties. 3 Bde. Ed. Harihar Vitthal Trivedi. (CII 7.) Delhi 1978–1991. 9 Vgl. z. B. Inscriptions of the Western Gaṅgas. Ed. K. V. Ramesh. Delhi 1984; Inscriptions of the Pallavas. Ed. T. V. Mahalingam. Delhi 1988; In‑ scriptions of Orissa. Bd. 2: Inscriptions of the Bhaumakaras. Ed. Snigdha Tripathy. Delhi 2000; Inscriptions of the Early Pāṇḍyas (from c. 300 B. C. to 984 A. D.). Ed. K. G. Krishnan. Delhi 2002; Inscriptions of the Gāhaḍavālas and Their Times. 2 Bde. Ed. T. P. Verma / A. K. Singh. Delhi 2011. 10 Vgl. z. B. die über 500 Einträge der von Venkate‑ sha zusammengestellten Inschriftenliste (Appendix I) in: B. Gopal, Rashtrakutas of Malkhed (1995), 429–465. 11 Vgl. Sircar, Indian Epigraphy (1965); Ders., Indian Epigraphical Glossary (1966). 12 Vgl. Sircar, Studies in Geography (1971); Ders., Studies in Religious Life (1971); Ders., Political and Administrative Systems (1974). 13 Sircar, Numismatic and Epigraphical Studies (1977), 91 f. Auch für die jüngere Zeit ist Richard Salomons optimistischer Einschätzung zumindest teilweise zu widersprechen, der meinte (Salomon, Indian Epigraphy [1998], 224): „Epigraphy is pur‑ sued at most major universities in India, many of which have established separate departments for epigraphy and ancient Indian history.“ An den wenigsten Abteilungen für ‚alte indische Geschichte‘ wird Epigraphik wissenschaftlich betrieben oder gelehrt. Zu den Ausnahmen ge‑ hört das Department of Ancient Indian History and Culture der University of Calcutta. 14 Das ‚Journal of the Epigraphical Society of India‘ (ab 1974) konnte dieses Vakuum nur teil‑ weise füllen. 15 Vgl. z. B. Indian Museum Copper Plate Inscrip‑ tion of Dharmapala, Year 26: Tentative Reading and Study. Ed. Ryosuke Furui, in: SAS 27.2, 2011,
145–156; Panchrol (Egra) Copperplate Inscription of the Time of Śaśāṅka: A Re‑edition. Ed. Ryosuke Furui, in: Pratna Samiksha, N. S., 2, 2011, 119–130. 16 Vgl. hierzu z. B. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 226–231. 17 Henige, Phantom Dynasties (1975). Vgl. auch Casparis, Inscriptions (1979). 18 Vgl. hierzu auch Schmiedchen, Herrscherge‑ nealogie und religiöses Patronat (2014), 63. 19 Vgl. Ganguly, History of the Paramāra Dy‑ nasty (1933) und Ders., Eastern Cālukyas (1937). 20 Von Altekar liegen auch weniger umfang‑ reiche Arbeiten zu anderen Königslinien vor, die sich auf Dynastiegeschichte im engeren Sinne beschränken; vgl. Altekar, Śilāhāras of Western India (1936); Ders., Yādavas of Seunadeśa (1960). 21 Vgl. Venkataramanayya, Eastern Cāḷukyas of Vengī (1950); Virji, Ancient History of Saurashtra (1952); Majumdar, Chaulukyas of Gujarat (1956); Puri, History of the Gurjara‑Pratihāras (1957); R. Niyogi, History of the Gāhaḍavāla Dynasty (1959); Mishra, Gurjara‑Pratīhāras (1966). Das Werk von Venkataramanayya beispielsweise stellt eine kommentierte Darstellung der reinen Herrscher‑ abfolge dar. Von den insgesamt 23 Kapiteln wid‑ men sich 20 einzelnen Regenten beziehungsweise bestimmten Phasen der Dynastiegeschichte. 22 Vgl. z. B. Mirashi, Kalacuri nareś aur unkā kāl [Die Kalacuri‑Könige und ihre Zeit] (1965); H. Shastri, Maitrakakālīn Gujarāt (1955). Bereits an den Titeln wird die starke Anlehnung an die englischsprachigen Vorbilder deutlich. 23 Siehe Anm. 8. 24 Vgl. Bhatia, Paramāras (1970); O. Verma, Ya‑ davas and Their Times (1970); Ritti, Seunas (1973); Sankaranarayanan, Viṣṇukuṇḍis (1977); Murari, Cāḷukyas of Kalyāṇi (1977); D. Dikshit, Political History of the Chalukyas (1980); Ramesh, Cha‑ lukyas of Vātāpi (1984); Madan, History of the Rāṣṭrakūṭas (1990); H. Shastri, Gujarat under the Maitrakas (2000). Zur Bewertung als ‚konventi‑ onell‘ beziehungsweise ‚national‘ vgl. H. Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (2005), 140–142. 25 Vgl. z. B. Altekar, Rāshṭrakūṭas and Their Times (1934), 173–188. Zur Zusammenfassung die‑ ser Vorstellungen (hier ‚Indian historiographical model‘) siehe H. Kulke, Introduction (1995), 2–4. 26 Vgl. H. Kulke, Political Functions of Cop‑ per‑Plate Grants (1997), 240 f.; Schmiedchen,
162 Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 139. In Bezug auf die Steuerformeln kommt zu einem ganz ähnlichen Schluss auch Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañcāśikā (2002), 266. 27 H. Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (2005), 142. 28 Vgl. ebd., 142 f. Bashams bekanntestes eigenes Werk ist ‚The Wonder that was India‘ (1954), nach Kulke die „wohl bekannteste Gesamtdarstellung indischer Kulturgeschichte“ (ebd., 142). 29 Vgl. L. Gopal, Economic Life of Northern India (1965). 30 Vgl. Sharma, Origins of Feudalism in India (1957/1958); Ders., Indian Feudalism (1965). Der Be‑ griff ,feudal‘ ist allerdings schon früher belegt, vgl. dazu H. Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (2005), 143. Auch der bereits erwähnte Verfasser einer Geschichte der Caulukya‑Dynastie von Gu‑ jarat spricht z. B. von ‚feudatory‘; vgl. Majumdar, Chaulukyas of Gujarat (1956), 253–255. 31 Direkte Bezugnahmen auf die Werke von Karl Marx finden sich noch in einer späteren Entgegnung von Sharma auf seine Kritiker; vgl. Sharma, How Feudal was Indian Feudalism (1985). 32 Vgl. Sharma, Indian Feudalism (1965), 159. 33 Sircar, Landlordism and Tenancy (1969), 33. 34 H. Kulke, Introduction (1995), 9. Vgl. auch Ders., Fragmentation and Segmentation (1982), 247. 35 Vgl. Yadava, Secular Landgrants (1966); Ders., Society and Culture (1973). Vgl. auch Sah, Feuda‑ tories and Beneficiaries (1969). Ferner H. Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (2005), 144 f.; Ders., Introduction (1995), 10. 36 Vgl. Yadava, Secular Landgrants (1966). An‑ dere Arbeiten zu Dorf‑ und Landverleihungen an weltliche Empfänger sind: Sharma, Land Grants (1961); K. Gopal, Assignment to Officials (1963/1964); B. Prakash, Genesis and Character (1971); O. Prakash, Early Indian Land Grants (1988). 37 Vgl. R. Gopal, Sāmanta (1963); K. Gopal, As‑ sembly of Samantas (1964); Chattopadhyaya, Po‑ litical Process (1994); S. Bhattacharya, Concept of Sāmantas (1988); H. Kulke, Frühmittelalterliche Regionalreiche (1985). 38 Der Begriff sāmanta (beziehungsweise mahāsāmanta) ist zwar der am weitesten verbrei‑ tete Terminus, aber auch andere Bezeichnungen für Provinzfürsten sind belegt. Zu maṇḍalika / māṇḍalika vgl. Majumdar, Chaulukyas of Gujarat
Forschungsgeschichten
(1956), 253 f.; Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 106; 213. 39 Chattopadhyaya, Political Process (1994), 194. 40 Njammasch, Genesis des Feudalismus (1984), 164 f. In Indien wurde Njammasch ab den 1990er Jahren wahrgenommen, als sie begann, englische Artikel zu veröffentlichen, z. B. Dies., Feudal Structures (1996). 41 Vgl. dazu z. B. S. Bhattacharya, Landschen‑ kungen (1985), 1: „Kupfertafel‑Urkunden (…) haben durch die Diskussion über den ‚indischen Feuda‑ lismus‘ seit den sechziger Jahren in‑ und außer‑ halb Indiens erheblich an Bedeutung gewonnen.“ 42 Stein, Segmentary State (1977). Eine Dis‑ kussion von Steins Thesen und deren Rezeption findet sich unter anderem in H. Kulke, Indische Geschichte bis 1750 (2005), 150–153; Ders., Intro‑ duction (1995), 18–31. 43 Stein, Segmentary State (1977), 17. Vgl. auch Ders., Peasant State (1980, ND 1994), 274. 44 Zu Steins Verständnis von ,ritual sovereign‑ ty‘ vgl. Ders., Segmentary State (1977), 16. 45 Vgl. H. Kulke, Fragmentation and Segmen‑ tation (1982). 46 Vgl. ebd. 47 Vgl. hierzu auch H. Kulke, Political Functions of Copper‑Plate Grants (1997). 48 Hierzu gehören insbesondere Arbeiten wie Lahiri, Pre‑Ahom Assam (1991); N. Verma, Soci‑ ety and Economy (1992); Dutta, Land System in Northern India (1995); R. Verma, Feudal Social Formation (2002). Vgl. aber auch Jena, State, So‑ ciety and Culture (2001). 49 Später auch Panda, Medieval Orissa (1991). 50 Vgl. K. Hall, Trade and Statecraft (1980); Karashima, South Indian History and Society (1984); R. Gopal, Cultural Study (2000), und Karuppiah, Socio‑cultural History (2010). 51 Vgl. Morrison, Political Centers and Cultural Regions (1970); Furui, Rural Society and Social Net‑ works (2007) und Linda, Temples of Stone (1993). 52 Schopen, Archaeology and Protestant Presup‑ positions (1991, ND 1997), 1. 53 Zumindest werden die Bedeutung dieser wichtigen Quellengattung nicht thematisiert und Erkenntnisse aus der Untersuchung epigraphi‑ scher Zeugnisse nicht diskutiert. 54 Michaels, Hinduismus (1998), 59. Dies steht unter: ‚Klassischer Hinduismus (ca. 200 v. Chr. – 1100 n. Chr.)‘.
Indien
55 Das ist die deutsche Übersetzung von Kinsley,
Hindu Goddesses (1986). 56 Vgl. Kinsley, Indische Göttinnen (1990, ND 2000), 240: „In einer Gupta‑Inschrift wird gesagt, Kumāragupta herrsche über die ganze Erde, ‚de‑ ren Eheband die Grenze der vier Ozeane ist, deren große Brüste die (Berge) Sumeru und Kailāsa sind; (und) deren Lachen [wie] die voll aufgeblühten Blumen sind, die sich von den Rändern des Waldes ergießen.‘“ Die diesem Zitat zugeordnete Anmer‑ kung 12 verweist auf: Inscriptions of the Early Gupta Kings and Their Successors. (CII 3.) Ed. John Faithful Fleet. Kalkutta 1888, ND Benares 1970, 86. 57 Orr, Religious Endowments (2011), 151. 58 Vgl. Altekar, Rāshṭrakūṭas and Their Times (1934), 272–276. Zu dieser Ambivalenz vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 238; Schmiedchen, Religious Patronage (2010/2011). 59 Hierbei handelt es sich vor allem um Ar‑ beiten von Forschern, die selbst Jainas sind; vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 257. 60 Guérinot, Répertoire d’épigraphie jaina (1908), 1. 61 Vgl. auch Deo, History of Jaina Monachism (1956); Diskalkar, Studies in Jain Inscriptions (1959). 62 Vgl. Granoff, Patrons, Overlords, and Ar‑ tisans (1994/1995). Vgl. auch Dies., Being in the Minority (1994). 63 Zuvor hatte er bereits eine umfassendere Monographie veröffentlicht; vgl. Renou, Écoles védiques (1947). 64 Vgl. Diskalkar, Atharvaveda and Epigraphi [sic!] (1959/1960); Ders., Atharvaveda Brāhmaṇas (1962). Zu späteren Studien über die epigraphischen Belege für Stiftungen zugunsten von Spezialisten des Athar‑ vaveda vgl. Gupta, Atharvavedī Brahmanas (1977); Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007). 65 Vgl. P. Niyogi, Brahmanic Settlements (1967). Zu Bengalen liegen auch einige ältere Arbeiten vor: P. Paul, Brāhmaṇa Immigrations (1939); Chakrabarty, Transfer of Landed Property (1942/1943). 66 Vgl. Mazumdar, Collective Landgrants (1968); Ders., Epigraphic Records on Migrant Brāhmaṇas (1978/1979). 67 Vgl. Liceria, Emergence of Brāhmaṇas (1974); Dies., Migration of Brāhmaṇas to Karnataka (1987). 68 Dieser Monographie waren kleinere Arbei‑ ten vorausgegangen, wie z. B. Gupta, Atharvavedī Brahmanas (1977); siehe hierzu auch Anm. 64.
163 69 Vgl. H. Kulke / Rothermund, Regionale Tradi‑
tion in Südasien (1985). Zu allen Beiträgen finden sich englische ‚summaries‘, und auch die Zusam‑ menfassung der Diskussionen wurde übersetzt. 70 Vgl. H. Kulke, Frühmittelalterliche Regio‑ nalreiche (1985). 71 Stietencron, Brahmanen als Integratoren (1985), 28 f. 72 Witzel, Regionale und überregionale Fakto‑ ren (1985), 40. An anderer Stelle (ebd., 45) spricht er dann von „kumulativer Evidenz der Landschen‑ kungsurkunden“. 73 Vgl. Kölver, Erstarkende Staatsgewalt (1985), 118–123. 74 Vgl. Njammasch, Dorfverleihungen (1976). Bis zu dieser Zeit hatte sie sich mit den Stiftungsin‑ schriften des Altertums beschäftigt. 75 Vgl. Njammasch, Brāhmaṇas und Brahma‑ deyas (1993); Schmiedchen, Brahmanen (1997); Dies., Dorfverleihungen an Brahmanen (2001); Virkus, Brahmanen und brahmanische Schenkungen (2001). Einen überregionalen Vergleich zu einer speziellen Brahmanengruppe, den Atharvavedins, bietet Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007). 76 Vgl. Witzel, History of the Brahmins (1993). 77 Vgl. z. B. Hazra, Royal Patronage (1984); Ders., Rise and Decline of Buddhism (1995). 78 Vgl. Shizutani, Indo Bukkyō Himei Moku‑ roku (1979). 79 Vgl. Tsukamoto, Comprehensive Study (1996– 1998). 80 Vgl. Golzio, Ausbreitung des Buddhismus (2010). 81 Ein großer Teil von Schopens Aufsätzen ist in drei Sammelbänden nachgedruckt worden, die in der Reihe ‚Studies in the Buddhist Traditions‘ erschienen sind: Schopen, Bones, Stones, and Buddhist Monks (1997); Ders., Buddhist Monks and Business Matters (2004); Ders., Figments and Fragments of Mahāyāna Buddhism (2005). Am Ende der einzelnen Artikel verweist Schopen auch auf Kritik von Buddhologen‑Kollegen. 82 Vgl. insbesondere Schopen, Mahāyāna in Indian Inscriptions (1979, ND 2005); Ders., Two Problems (1985, ND 1997); Ders., Filial Piety (1984, ND 1997); Ders., Monks, Nuns and Vulgar Practices (1988/1989, ND 1997); Ders., Buddha as Owner (1990, ND 1997); Ders., Monastic Law (1995, ND 2004); Ders., Lay Ownership (1996, ND 2004).
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83 Vgl. z. B. Kieffer-Pülz, Buddhistische Gemein‑ 96 Vgl. Bakker, Ramtek (1990). de (2000). 97 Vgl. Kane, History of Dharmaśāstra, Bd. 2.2 (1941), 837–888; zu Landstiftungen: 858–869. 84 Vgl. Schmiedchen, Untersuchungen (1994). 85 Eine Ausnahme ist Bihar / Bengalen; vgl. 98 Heim, Theories of the Gift (2004), 1. dazu P. Niyogi, Endowments (1972/1973); Morri- 99 Ebd., 2. son, Lalmai (1974). 100 Vgl. ebd., 72 f.; 120. 86 Zu Teilergebnissen vgl. Schmiedchen, Formulas 101 Vgl. Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañ‑
(1993); Dies., Besonderheiten der Schenkungsinschrif‑ ten unter den Maitrakas (1993). Zu Stiftungen des Altertums und des Mittelalters vgl. Dies., Stiftungen zum Unterhalt buddhistischer Klöster (2013). 87 Vgl. Bakker, Ramtek (1990); Lorenzen, Kāpālikas and Kālāmukhas (1972); Sanderson, Religion and the State (2004); Ders., Śaiva Age (2009); Schmiedchen, Patronage of Śaivism (2013). 88 Vgl. Stein, Economic Function (1960); Spencer, Temple Money‑Lending (1968); Ders., Religious Net‑ works (1969); Jha, Temples as Landed Magnates (1974); Appadurai / Appadurai Breckenridge, South Indian Temple (1976); Appadurai, Kings, Sects and Temples (1978); Granda, Gift after Purchase (1979). 89 Vgl. Pandeya, Temple Economy (1984). 90 Vgl. K. Hall / Spencer, Economy of Kāñcīpuram (1980); Mazumdar, Observations on the Chief Priests (1983); Tirumalai, Rajaraja’s Measures (1986); Heitzman, Temple Urbanism (1987); Ders., Ritual, Polity and Economy (1991); C. Talbot, Temp‑ les, Donors, and Gifts (1991); Choudary, Endow‑ ments (1991); Jha, Feudal Traits of Temples (1993); Ders., Temples and Merchants (1993). 91 Vgl. z. B. Karunatillake, Hindu Temples in Bihar and Orissa (1987); H. Kulke, Early Royal Patronage (1978); Ders., Royal Temple Policy (1993). 92 Lévi, Donations religieuses (1937), 224. 93 Wichtige Vorarbeiten waren Virji, Ancient History of Saurashtra (1952), und N. Verma, Society and Economy (1992). Das Erscheinen von Njammasch, Bauern, Buddhisten und Brahmanen (2001), hat deutlich das Desideratum eines Corpusbandes der bisher nur verstreut edierten Maitraka‑Ur‑ kunden gezeigt. Vgl. nun: The Inscriptions of the Maitrakas of Valabhī. Texts, Translations, Glossary. Ed. Annette Schmiedchen. Wiesbaden 2014. 94 Vgl. Morrison, Political Centers and Cultural Regions (1970), 1. 95 Die Territorien, aus denen das Corpus der Maitrakas, das bengalische Corpus und das Oris‑ sa‑Corpus stammen, sind von etwa vergleichba‑ rer Größe.
cāśikā (2002), 36 f.; 44 f. Vgl. hierzu auch Kane, History of Dharmaśāstra, Bd. 3 (1946), 306–316. 102 Vgl. Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañ‑ cāśikā (2002), 19. 103 Vgl. ebd., 23 f. 104 Vgl. ebd., 45 f.; 49–51. 105 Hierzu zählt auch Derrett, Development (1962). 106 Sontheimer, Religious Endowments in In‑ dia (1965), 69. 107 Ebd., 70 f. 108 Meister / Dhaky, Encyclopaedia of Indian Temple Architecture (1986), 108. 109 Vgl. Donaldson, Hindu Temple Art, Bd. 3 (1987), 1196–1201. 110 Z. B. Plaeschke / Plaeschke, Hinduistische Kunst (1978); Dies., Indische Felsentempel (1982). 111 Vgl. z. B. Kaimal, Problem of Portraiture 870–970 A. D.(1999); Dies., Problem of Portraiture 970–1000 A. D. (2000); Branfoot, Royal Portrait Sculpture (2000); Lefèvre, Commanditaires et artistes (2006); Ders., Portraiture in Early India (2011). 112 Häufig beziehen diese Untersuchungen nicht nur Sanskrit‑Inschriften aus Indien, son‑ dern auch solche aus Südostasien in die Argu‑ mentation ein. 113 Vgl. Sanderson, Religion and the State (2004); Ders., Śaiva Age (2009). 114 Vgl. Ali, Royal Eulogy (2000); Francis, Dis‑ cours royal (2013); Schmiedchen, Herrschergenea‑ logie und religiöses Patronat (2014). 115 Vgl. z. B. M. Willis, Archaeology of Hindu Ritual (2009). 116 Vgl. z. B. J. Willis, Female Patronage (1992); H. Singh, Women’s Patronage (1999); Orr, Donors, Devotees and Daughters (2000); Dies., Jain and Hindu Religious Women (1998); Dies. Women’s Wealth and Worship (2000).
3 Typologisierungen
3.1 Interkulturelle Perspektiven Die Stiftungen des mittelalterlichen Jahr‑ tausends zu typologisieren verhilft dazu, die unendliche Vielfalt geschichtlicher Er‑ scheinungen so zu ordnen, dass sie einer vergleichenden Analyse zugänglich wer‑ den. Die Überlieferung selbst bietet nur im Fall muslimischer Provenienz ernsthafte Versuche zur Klassifizierung an. Hier wa‑ ren schon im 9. Jahrhundert u. Z. Juristen am Werk, die als Gelehrte oder als Prakti‑ ker der Verwaltung vor allem gemeinnüt‑ zige und familienbegünstigende, wider‑ rufliche und unwiderrufliche, agrarisch radizierte oder auf ‚staatlichen‘ Gütern und Finanzquellen gegründete Stiftungen oder bewegliche und unbewegliche Kapi‑ talien unterschieden. Anderswo, wie im westlichen und im griechisch‑orthodoxen Christentum, finden sich in den Quellen demgegenüber nur mehr oder weniger improvisierte und nie auf systematische Durchdringung des Materials angelegte Kataloge von Stiftungstypen. Im Juden‑ tum war es sogar schwierig, Stiftungen überhaupt im Rahmen des Gemeindefonds (heqdesh) zu isolieren, während in Indien terminologisch Stiftungen von Schenkun‑ gen nicht getrennt wurden und der Begriff dāna für beides erschien.
Auf dem asiatischen Subkontinent lässt sich auch der Stiftungszweck von der Orga‑ nisationsform nicht sinnvoll scheiden; die Stiftungen sind in besonders enger Weise an die Praktiken und Gesellungsformen der religiösen Richtungen gebunden, sei es, dass sie brahmanischen Priestern, ihren Familien und genealogischen Gemeinschaf‑ ten (‚Kuhställen‘), sei es, dass sie hinduis‑ tischen Tempeln, buddhistischen Klöstern oder Jaina‑Institutionen zugutekommen sollten. In welchem Rahmen auch immer, erfüllten aber in Indien Stiftungen ähnliche Aufgaben wie in anderen kulturellen Kon‑ texten: Sie dienten dem Opfer und unbluti‑ gen religiösen Kulten, der Weitergabe von Wissen, der Versorgung von Mönchen und Nonnen oder – mit vergleichsweise schwä‑ cherer Intensität – der Hilfe für Bedürftige. Wenig ausgeprägt war das Memorialmotiv, es klingt nur in der gelegentlichen Zube‑ nennung von Klöstern und Tempeln nach der Stifterin oder dem Stifter an. Im Christentum und weniger wohl im Islam lag der Akzent der Stiftungszwecke dagegen deutlich auf dem Gedenken für Lebende und noch mehr für Verstorbene, während dieses Motiv im Judentum zwar vorkam, von manchem Gelehrten aber
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angefochten wurde. Wohltätigkeit und Kultus war überall bedeutend, aber was die Förderung von Wissenschaft und Un‑ terricht betrifft, stand sie bei muslimischen und jüdischen Stiftungen von Anfang an im Vordergrund. Im christlichen Westen blieben Ansätze zu einem zentral gelenk‑ ten und wabenartig verdichteten Schul‑ wesen, das nach Lage der Dinge nur auf Stiftungen hätte beruhen können, unter den Karolingern stecken; wenn auch die frühmittelalterlichen Klöster, die oft, aber nicht immer auf Stiftungen gründeten, hier vornehme Stätten der Gelehrsamkeit und auch der Schulen waren, ermöglichte doch erst die Ausbildung von Einzelpfründen in Stifts‑ oder Domkirchen seit dem hohen Mittelalter im dezidierten Sinne Stiftungen für die Wissenschaft. So konnten im lateini‑ schen Christentum, und nur hier, seit dem 13. Jahrhundert Universitäten entstehen, bei denen die Stiftung den Genossenschaften des Studiums ihre Freiheit von herrscher‑ lichem oder kirchlichem Zugriff bewahren sollte. Unter den Stiftungszwecken kannten Byzanz und besonders die muslimischen Länder militärische Aufgaben, die sich im ersten Fall auf Verteidigungsanlagen kon‑ zentrierten, im zweiten auch die Stärkung der Offensive gegen Länder der Ungläubigen einschlossen. Der Loskauf von Gefangenen spielte bezeichnenderweise bei den Juden, die ja über keine eigene Wehrhaftigkeit ver‑ fügten, eine herausragende Rolle, ist aber auch im orthodoxen Christentum und im Islam belegt. Im lateinischen Christentum haben Genossenschaften die Funktionen militärischer Stiftungen in anderen Kultu‑ ren wahrgenommen, man denke nur an die Ritterorden der Kreuzzugszeit und – was die Gefangenenbefreiung betrifft – an den Mercedarierorden (seit dem 14. Jahrhundert). Erhellend sind in diesem Zusammen‑ hang die Beobachtungen zur topographi‑ schen Verteilung der Stiftungen. Für die
Typologisierungen
Länder des Islams lassen sich awqāf für die eigenen Grenzräume und solche zugunsten der heiligen Stätten von Mekka und Me‑ dina hervorheben, und auch im Judentum bildeten Stiftungen für das Heilige Land einen eigenen Stiftungstyp aus. In Byzanz konzentrierte sich die Stiftungstätigkeit auf Konstantinopel, die politische und reli‑ giöse Hauptstadt des Reiches, andererseits wirkte bei den Klostergründungen das tra‑ ditionell hohe Ansehen der Wüstenväter als Motivation nach. Stiftungen auf Bergen sollten die kontemplative Ruhe der Aske‑ ten in der Abgeschiedenheit fördern. Auch in Indien kannte man Götterschreine in Bergeinsamkeit, aber auffällig ist hier doch der Vorzug, der Küstengebieten und Fluss‑ läufen, also verkehrsbegünstigen Zonen, bei Stiftungen gegeben wurde. Im westli‑ chen Christentum wurde der Handel durch planmäßig an Straßen angelegte Hospiz‑ stiftungen gefördert und andererseits ein Herrschaftsraum, besonders seit der hochmittelalterlichen Verdichtungsperiode, durch Stiftungen politisch durchdrungen. Die ‚Dispersion der Gedenkstätten‘ diente aber auch der Verbreitung, Sicherung und Intensivierung der Memoria. Das Vermögen der Stiftungen beruhte überall auf Gebäuden und sonstigen agrari‑ schen oder städtischen Liegenschaften, auf ‚staatlichen‘ Gefällen und Erträgen, Sachen (Schiffen, Bildern usw.), manchmal auch auf Geld. Die soziale Zusammensetzung der Stif‑ ter ähnelte sich. Abgesehen vom Judentum, wo es keine Monarchen gab, dominierten Könige und Fürsten. Dabei ist interessant, dass sie im westlichen und östlichen Chris‑ tentum den anderen Stiftern vorangingen, in Indien aber zu Stiftungen aufgefordert wurden, wenn ‚Privatleute‘ schon etwa das Gebäude eines Klosters errichtet hatten. Die Verbreiterung der Stifterkreise über Adel und (städtische) Bürger lässt sich in der katholischen Kirche über die Jahrhunderte
Lateinische Christen
besonders schön verfolgen, wobei sich die minder begüterten Bewohner von Dörfern oft zu genossenschaftlichen Werken zusam‑ menschlossen, wenn sie eine eigene Pfarrei haben wollten. Unter der Herrschaft des Islam konnten auch Juden und Christen Stiftungen errichten, mussten sich dann aber an das waqf‑Recht halten. In Indien begünstigten Herrscher durch ihre Stiftun‑ gen bisweilen alle oder mehrere religiöse Gemeinschaften, um das Staatswohl zu för‑ dern; das schließt nicht aus, dass sie gewis‑ sermaßen als Privatleute einem besonderen Kult den Vorzug gaben. Frauen sind unter den Stiftern im Islam, aber auch unter den mittelalterlichen Juden beobachtet wor‑ den; obgleich wegen des diesbezüglich nur schwachen Forschungsinteresses gewisse Vorbehalte gegen generalisierende Urteile gemacht werden müssen, dürfte ihnen im Christentum hingegen nur eine marginale Rolle zugekommen sein. Die Typologie verhilft auch zur Ab‑ grenzung von Stiftungen gegen ver‑ wandte Erscheinungen. So ist vor einiger Zeit darauf hingewiesen worden, dass
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Kirchenstiftungen von ‚Eigenkirchen‘ und Gedenkstiftungen von Verbrüderungen zum gegenseitigen Gedenken getrennt werden müssen.1 Auch wenn selbstverständlich die Übergänge in der Wirklichkeit verfließen, sind die begrifflichen Distinktionen doch von großer historischer Bedeutung. Die Eigenkirche ist eine herrschaftliche Orga‑ nisation, oft zum wirtschaftlichen und po‑ litischen Vorteil des Gründers gedacht und widerrufbar, während die Kirchenstiftung sich selbst gehört und ihre Dauer auf die Selbstrekrutierung ihres personellen Nach‑ wuchses gründet. Die Genossenschaft domi‑ niert umgekehrt als soziales Leitmotiv bei der Verbrüderung gegenüber der Stiftung, denn während bei dieser ein Einzelner sei‑ nen Willen in die Personengemeinschaft hineinlegt, ist ihr Auftrag bei jener durch gegenseitig bindende Vereinbarung festge‑ legt. In der Geschichte der Stiftungen geht es immer um die Frage von Herrschaft und Genossenschaft, bindende Vorschrift und Wandel durch Willkür oder in Freiheit. MB
Anmerkungen 1 Vgl. Borgolte, Stiftung und Memoria (2012),
28 f.; 32 f.; 37; 157 f.; 226. Der Anregung, Stiftung und Verbrüderung genauer zu unterscheiden,
folgte kürzlich Wagner, Liturgische Gegenwart (2010).
3.2 Lateinische Christen 3.2.1 Allgemeines Bereits die mittelalterlichen Zeitgenossen Wie zwei berühmte Beispiele von den chro‑ haben verschiedene Arten von Stiftungen nologischen Rändern des mittelalterlichen ausdrücklich voneinander unterschieden. Jahrtausends verdeutlichen, folgten sie
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dabei allerdings keineswegs einem ein‑ heitlichen Muster: Während der byzanti‑ nische Kaiser Justinian I. im Jahr 545 bei den venerabiles domus zwischen Waisen‑, Armen‑, Kranken‑ und Fremdenhäusern differenzierte,1 verfügte der englische Kö‑ nig Edward VI. in seinem Konfiskationsge‑ setz von 1547 die Aufhebung der folgenden (noch verbliebenen) Stiftungstypen: Mess‑ stipendien, Kollegien, Priesterpfründen, Gilden, Jahrtage, Kerzen und Lampen 2. So unterschiedlich die Klassifikationen der beiden Herrscher auch ausfielen, hatten sie doch eines gemeinsam: Beide waren nicht dem logischen Ordnungsstreben einer auf Abstraktion und Taxonomie abzielenden Wissenschaft verpflichtet, sondern folgten den praktischen Bedürfnissen des Lebens, die es in beiden Fällen geboten erscheinen ließen, die rechtlichen Rahmenbedingun‑ gen des Stiftungswesens neu zu justieren. Dabei hatten weder Justinian noch Edward das gesamte Stiftungswesen ihrer jeweili‑ gen Zeit im Blick, sondern nur denjenigen Ausschnitt desselben, der ihnen gerade besonders regelungsbedürftig erschien. Hinzu kommt, dass die Terminologie der mittelalterlichen Quellen im Hinblick auf einzelne Stiftungsformen alles andere als kohärent ist. So firmiert etwa das, was die moderne Forschung als ‚Armenhaus‘ bezeichnet, unter anderem als domus elemosinarie, almshouse, bedehouse, sick house, maison dieu, godshuis, hofje oder bodae.3 Insgesamt scheinen die Ordnungsange‑ bote der mittelalterlichen Schriftzeugnis‑ se deshalb kaum geeignet, der modernen Forschung bei der Suche nach einer nütz‑ lichen Systematik für das mittelalterliche Stiftungswesen als Richtschnur zu dienen. Einen anderen Ausgangspunkt hierfür bildet der – seinerseits historisch gewach‑ sene – Sprachgebrauch der mediävistischen Stiftungsforschung, kennt dieser doch seit alters her viele verschiedene Typen von
Typologisierungen
Stiftungen. Geläufige Begriffe wie ‚Gedenk‑ stiftung‘4, ‚Armenstiftung‘5 oder ‚Klosterstif‑ tung‘6 haben jedoch in der Regel entweder einen rein deskriptiven Charakter oder sie rekurrieren lediglich auf implizite Typo‑ logien. Der Herausforderung, durch sys‑ tematische Sammlung und hierarchische Ordnung eine umfassende Klassifikation aller Stiftungen des abendländischen Mit‑ telalters zu entwickeln, hat sich bislang noch niemand gestellt. Allein im Hinblick auf das spätmittelalterliche Stiftungswe‑ sen einzelner Stadtgemeinden sind entspre‑ chende Versuche unternommen worden. So unterschied etwa Ralf Lusiardi bei seiner Analyse der Stralsunder Urkunden und Tes‑ tamente zwischen der Fundation von Spitä‑ lern, Klöstern, Beginenhäusern, Kapellen, Altären, Patronatspfründen, Priesterstellen, Messen, Anniversarien, Memorien, kirch‑ lichen Objekten und Almosen, während Michael Ruprecht bei seiner Untersuchung der analogen Hallenser Zeugnisse zwischen Anniversar‑, Mess‑, Pfründen‑, Kapellen‑, Liturgie‑, Almosen‑, Prädikatur‑, Kirchen‑ hüter‑, Stipendien‑, Aussteuer‑, Instandhal‑ tungs‑ und Sühnestiftungen differenzierte.7 Der Vergleich der beiden Aufstellungen of‑ fenbart, wie stark die jeweilige Klassifika‑ tion von der Kontingenz des untersuchten Quellencorpus bestimmt ist. Aus der räum‑ lichen, zeitlichen und gattungsspezifischen Beschränkung der jeweiligen Stichproben resultiert demnach zwangsläufig eine ge‑ ringe Verallgemeinerbarkeit der postulier‑ ten Klassifikationssysteme. Problematisch erscheint zudem das methodische Verfah‑ ren der Typenbildung, von dem Lusiardi selbstkritisch konzediert, es sei „auf prag‑ matische und durchaus unsystematische Weise geschehen, indem die einzelnen Ty‑ pen das eine Mal mehr in Hinsicht auf den Gegenstand [d. h. den Zweck] der Stiftung, das andere Mal mehr im Hinblick auf ihren Empfänger oder auf die Art der erwarteten
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Lateinische Christen
Gegenleistung [also den Stiftungsvollzug] gebildet wurden.“8 Mit anderen Worten: Die Isolation einzelner Erscheinungsformen von Stiftung erfolgte auf ganz verschiedenen Ebenen. Dass sich die auf diese Weise ge‑ wonnenen Typen durch bloße Addition zu einer schlüssigen Typologie zusammenfüh‑ ren lassen, darf bezweifelt werden. Die bunte Vielfalt gebräuchlicher Termi‑ ni, die sich unter anderem in den Klassifi‑ kationen von Lusiardi und Ruprecht beob‑ achten lässt, ist freilich mitnichten (bloß) Ausdruck einer mangelhaften Präzision bei der gedanklichen Durchdringung des Forschungsgegenstands. Indem die ein‑ zelnen Komposita mal auf den Zweck der Stiftung abheben, mal auf deren Vermö‑ gen, Urheber, Verwalter, Empfänger usw., befriedigen sie auch spezifische Bezeich‑ nungs‑ und Abgrenzungsbedürfnisse der historischen Stiftungsforschung, die nicht zuletzt durch unterschiedliche Zugänge der verschiedenen (Sub‑)Disziplinen zum Thema Stiftungen determiniert sind. (→ 2.2) Inso‑ fern wäre es sicher ganz unzweckmäßig, gängige Begriffe aus dem Vokabular der Stiftungsforschung kurzerhand zu eliminie‑ ren, bloß weil sie sich der Systematik einer bestimmten Typologie nicht fügen wollen. Allerdings wird man zukünftig stärker als bisher darauf achten müssen, die verschie‑ denen Ebenen, auf denen sich Klassifikatio‑ nen von Stiftungen entwerfen lassen, nicht miteinander zu vermengen. Nützlicher als eine einzige, gleichermaßen allumfassende wie alternativlose Klassifikation sämtlicher Stiftungsformen erscheint also ein Verbund von mehreren Typologien, denen jeweils spezifische Perspektiven auf das Phänomen Stiftung zugrunde liegen. Nur so kann die – in absoluter Form wohl unbeantwortba‑ re – Frage, welche Klassifikationsstrategie die beste ist, relational an variierende Er‑ kenntnisinteressen zurückgebunden wer‑ den. Als alternative Ausgangspunkte für
eine analytische Taxonomie von Stiftungen mögen dabei fünf Kriterien dienen, die sich in der Forschungspraxis der vergangenen Jahrzehnte bereits bewährt haben, ohne jedoch bislang mit letzter Konsequenz sys‑ tematisch entfaltet worden zu sein: der Stif‑ tungszweck, die Stiftungsorganisation, das Stiftungsvermögen, der soziale Status des Stifters und das räumliche Beziehungsge‑ flecht von Stiftungen.9 Darauf aufbauend lassen sich unter Hinzuziehung zusätzlicher Merkmale zahlreiche weitere Subtypen dif‑ ferenzieren, die hier nur ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt werden können. In der Vergangenheit diente die Defi‑ nition bestimmter Formen von Stiftungen vor allem der Ein‑ und Abgrenzung des Untersuchungsmaterials. Es ist zu hoffen, dass mit der zunehmenden Etablierung bestimmter Klassifikationsstrategien zu‑ künftig nicht nur bislang vernachlässigte Stiftungsarten stärkere Beachtung finden, sondern auch verschiedene Erscheinungs‑ formen des Phänomens Stiftung intensiver miteinander verglichen werden.10 Ein Prob‑ lem, das es dabei immer wieder neu zu lösen gilt, ist der Umstand, dass es sich bei vielen Stiftungen des Mittelalters – ganz egal, wel‑ che (modernen) Ordnungsschemata man auch anwendet – nicht um Rein‑, sondern um Mischformen handelte, weil ihre jewei‑ ligen Stifter verschiedene Zwecksetzungen, Organisationsformen oder Vermögensarten kurzerhand miteinander kombinierten. 3.2.2 Stiftungszwecke Gemessen an ihrem jeweiligen Zweck las‑ sen sich im abendländischen Mittelalter vier Grundtypen von Stiftungen unter‑ scheiden: (1.) Gedenkstiftungen, (2.) Wohl‑ tätigkeitsstiftungen, (3.) Kultusstiftungen und (4.) Unterrichtsstiftungen.
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(1.) In ihrem ideellen Kern waren alle mit‑ telalterlichen Stiftungen Gedenkstiftungen, insofern sie die periodische Vergegenwär‑ tigung des physisch abwesenden Stifters durch das stellvertretende Handeln der Stif‑ tungsorgane intendierten. In einem enge‑ ren Sinne spricht man von Gedenkstiftun‑ gen, wenn diese ausdrücklich der liturgi‑ schen Memoria gewidmet waren, die Für‑ bittengebete der Stiftungsempfänger also im Rahmen gottesdienstlicher Handlun‑ gen gesprochen werden sollten. Bei dieser Gattung von Stiftungen müssen allein mit Blick auf Form, Dauer und Rhythmus des angestrebten Stiftungsvollzugs zahlreiche Spielarten differenziert werden. Das indi‑ viduelle oder summarische Gedenken des verstorbenen Stifters und / oder anderer von ihm benannter Personen(gruppen) konnte nämlich während der nächtlichen Vigilien, mittels einer morgendlichen Seelmesse, aber auch im Kollekten‑Reigen der kanonischen Horen und der missa publica bzw. missa privata erfolgen. Wurden die Gebetsleistun‑ gen – etwa unter Bezug auf die altchristli‑ chen Totengedächtnistage auf drei, sieben, dreißig oder dreihundertfünfundsechzig Tage – befristet, spricht man von gestifteten Messreihen;11 sollte die Fürbitte hingegen bis zum Ende aller Tage fortgeführt wer‑ den, handelte es sich um Ewigmessen. Einer solchen Perpetuierung konnten wiederum unterschiedliche Rhythmen zugrunde ge‑ legt werden. Besonders verbreitet waren An‑ niversar‑ oder Jahrzeitstiftungen, die man in der Regel am Todestag12, seltener am Ge‑ burts‑ oder (bei Bischöfen und Herrschern) am Salbungstag13 beging, seit dem hohen Mittelalter mitunter auch an Terminen, die nach Belieben des Stifters oder der Desti‑ natäre festgelegt worden waren. Daneben begegnen aber auch kürzere Frequenzen, die eine vierteljährliche (an die Quatember geknüpfte14), wöchentliche oder sogar täg‑ liche Wiederholung vorsahen. Eine andere
Typologisierungen
Untergliederung der Gedenkstiftungen setzt nicht beim Vollzugsrhythmus, sondern bei den vom Stifter bestimmten Profitienten an. Zwar sorgten sich die meisten mittelalterli‑ chen Stifter in erster Linie um ihre eigene Memoria; es wurden aber auch Stiftungen zum Gedenken an die eigenen Verwandten, Amtsvorgänger bzw. ‑nachfolger, Freunde15 oder Getreuen16 errichtet. Eine bemerkens‑ werte Sonderform waren in diesem Zusam‑ menhang die Sühnestiftungen, die manch mittelalterlicher Totschläger für sein Opfer errichten musste.17 (2.) Caritative Stiftungen dienten dazu, from‑ me Taten – insbesondere die sechs Werke der Barmherzigkeit nach Mt 25.34–46 – stell‑ vertretend für den Stifter zu vollziehen, und leisteten durch ihren repetitiven Charakter unterschiedlichen Institutionalisierungen der christlichen Nächstenliebe Vorschub. Grundsätzlich kann man bei ihnen zwi‑ schen zwei Formen unterscheiden: solchen, die zur Erfüllung ihres Stiftungszwecks auf eigene Baulichkeiten angewiesen waren (z. B. Spitäler), und solchen, die derer nicht bedurften (z. B. Spenden). Feiner abgestuft ist demgegenüber eine Differenzierung nach der Darreichungsform der erwiesenen Wohltat (z. B. Obdach, Pflege, Nahrung, Klei‑ dung, Geld). Üblicherweise werden Wohltä‑ tigkeitsstiftungen allerdings vor allem nach ihren jeweiligen Destinatären klassifiziert. Im Einzelnen unterscheidet man das Enga‑ gement für Arme (Almosen‑18 und Armen‑ hausstiftungen19, Familienstiftungen20), für Kranke (Siechen‑21, Leprösen‑22 und Blatter‑ hausstiftungen23), für Alte (Altenheimstif‑ tungen24), für Fremde (Pilgerstipendien 25, Hospizstiftungen26), für Studenten (Studi‑ enstipendien27, Bursen‑28 und Kollegienstif‑ tungen 29), für Waisen‑ und Findelkinder (Waisen‑ und Findel hausstiftungen), für zum Tode Verurteilte (Sterbebegleitungsstif‑ tungen30), für Geiseln, Kriegsgefangene und
Lateinische Christen
Sklaven (Lösegeldstiftungen 31) sowie für ‚gefallene‘, unverehelichte, verwitwete oder arme Frauen (Reuerinnen‑32, Seelhaus‑33, Aussteuer‑34 und Wöchnerinnenstiftun‑ gen35). Einer prononciert innerweltlichen Auffassung von christlicher Nächstenliebe waren schließlich die spätmittelalterlichen Stiftungen für den ‚gemeinen Nutzen‘ ver‑ pflichtet, zu denen neben Straßen‑ und Brü‑ cken‑36 vor allem auch die so genannten policey‑Stiftungen37 zu zählen sind.
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Bereitstellung kostbarer liturgischer Uten‑ silien (Paramente‑49, Prachtcodex‑50, vasa sacra‑51 und Reliquiar‑Stiftungen52) oder die Unterhaltung und Ausschmückung des Kir‑ chenraums (Bau‑53, Retabel‑54, Radleuch‑ ter‑55 und Fensterstiftungen56). Auch diese Subtypen lassen sich bei Bedarf noch weiter untergliedern. So ist – um nur ein Beispiel anzuführen – bei den gestifteten Kerzen und Öllampen zu unterscheiden zwischen solchen, die ununterbrochen brennen soll‑ ten (Ewig‑Lichter), und solchen, die nur an (3.) Kultusstiftungen hatten die quantitative bestimmten Terminen (dann aber in der und qualitative Vermehrung des Gottes‑ Regel in größerer Zahl) anzuzünden waren. dienstes zum Ziel. Auch bei ihnen kann man generell zwei Gruppen differenzie‑ (4.) Unterrichtsstiftungen förderten die ren: Die erste Gruppe von Kultusstiftungen Vermittlung von gelehrtem Wissen, ins‑ diente der dauerhaften Installation neu‑ besondere der artes liberales, der Theologie, er Kultstätten, die neben der Errichtung des Rechts und der Medizin. Sie hatten von Baulichkeiten in der Regel auch die entweder einen institutionellen oder ei‑ materielle Versorgung der zugehörigen nen instrumentellen Charakter. Zur ers‑ liturgischen Akteure einschloss. Je nach ten Gruppe zählen die Einrichtungen oder Charakter dieser Kultstätten differenziert Aufbesserungen von Scholaster‑ und Chor‑ man zwischen Kloster‑, Stifts‑, Spital‑38, Ka‑ schülerpfründen vor allem in den weltli‑ pellen‑39 und Altarstiftungen40. Noch fei‑ chen Kollegiat‑ und Kathedralstiften 57, die nere Einteilungen erlaubt bei geistlichen organisatorisch eigenständigen Schulstif‑ Kommunitäten das Geschlecht der Bene‑ tungen 58 sowie die Bursen‑59, Kollegien‑60 fiziare (Mönche oder Nonnen, Kanoniker und Universitätsstiftungen61. Zur zweiten oder Kanonissen), bei Kloster‑ oder Spital‑ Gruppe gehören neben den verschiedenen stiftungen zudem die Ordenszugehörigkeit Studienstipendien62 vor allem die Bücher‑ der jeweiligen Konvente. Die zweite Gruppe und Bibliotheksstiftungen63. von Kultusstiftungen hatte den Zweck, das gottesdienstliche Pensum bereits bestehen‑ Die vorangehende Aufzählung von mehr der Institute zu erhöhen; sei es durch die als fünfzig verschiedenen Subtypen von Fundierung zusätzlicher Votivmessen oder Stiftungen verdeutlicht, dass eine Katego‑ Offizien (Mess‑41 bzw. Offiziumsstiftungen42), risierung anhand der stifterlichen Zweck‑ sei es durch die feierlichere Ausgestaltung setzungen sehr präzise Differenzierungen des Gottesdienstes mit zusätzlichen Gebe‑ ermöglicht. Sie stößt allerdings immer dort ten, Lesungen und Gesängen bzw. einer an ihre Grenzen, wo mittelalterliche Stifter aufwendigeren Inszenierung derselben mit ihren frommen Werken mehr als einem (Chorgesang‑43, Orgelspiel‑44, Läut‑45 und Zweck dienen wollten. Das zeigt exempla‑ Lichterstiftungen46), sei es durch die Erhö‑ risch eine Stiftung, die der Ritter Purchard hung der Teilnehmerzahl mittels monetärer gemeinsam mit seiner Frau Mathilde und oder nutritiver Belohnungen (Präsenz‑47 seinem Sohn Rudolf im Jahr 1150 am Zür‑ und Pitanzstiftungen48), sei es durch die cher Großmünster errichtete: Die drei Stifter
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trugen den dortigen Kanonikern nämlich auf, zu Ehren des Heiligen Geistes und zum Heile ihrer Seelen alljährlich am Montag, Dienstag und Mittwoch nach Pfingsten im Anschluss an die Prim eine Totenmesse zu feiern, vor deren Beginn der Messner zum Gedenken an alle verstorbenen Gläubigen mit sämtlichen Glocken zugleich dreimal zu läuten hatte. Als Gegenleistung sollten die Chorherren von dem gestifteten Gut an jedem der drei Tage jeweils fünf Quartalia Weizen zum Brötchenbacken erhalten, der zelebrierende Priester zudem sechs Pfen‑ nige, der Messner zwei Pfennige und der Kämmerer, dem die gesamte Verwaltung der Stiftung übertragen war, deren acht. Allerdings wurde ein jeder Kanoniker dazu verpflichtet, von seinen Semmeln ein klei‑ nes Almosen an die Armen zu spenden, wenn unter diesen an den genannten Tagen jeweils zwei Schilling, die das gestiftete Gut neben dem Getreide als jährlichen Ertrag abwarf, im Kreuzgang zu verteilen waren.64 Mit diesem Geflecht von Auflagen bezo‑ gen Purchard, Mathilda und Rudolf ihre Anniversar‑, Mess‑, Läut‑, Pitanz‑, Präsenz‑ und Almosenstiftungen so eng auf einan‑ der, dass man ihrem Stifterwillen mit einer eindimensionalen Klassifizierung zweifellos arge Gewalt antun würde. Andernorts lässt sich hingegen sehr wohl eine Hierarchisie‑ rung der Stiftungszwecke beobachten, etwa bei einer Stiftung, die der Dekan Heinrich Groneland 1432 in Bremen errichtete. Dieser kaufte von den Bauherren seiner Kirche, dem St.‑Ansgarii‑Stift, eine Rente, mit der nach seinem Tod das Rübenöl für eine ‚Ewi‑ ge Lampe‘ besorgt werden sollte, die in der Vierung zu platzieren war. Da Groneland damit rechnete, dass der jährliche Ertrag in Höhe von fünf Bremer Mark dazu nicht vollständig benötigt würde, trug er seinen Treuhändern auf, den jeweiligen Über‑ schuss zu gleichen Teilen der Baukasse und den Hausarmen zuzuführen.65 Dem Stifter
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schwebte also eine Lichterstiftung vor, die nebenbei auch der Bau‑ und Armensorge dienen konnte, aber eben nicht musste. Die beiden angeführten Beispiele ließen sich noch um zahlreiche weitere ergänzen, in denen multilaterale Zwecksetzungen zu mehr oder weniger komplexen Stiftungs‑ konstruktionen führten. Dieser Befund darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch sehr viele mittelalterliche Stiftun‑ gen gab, die sich ganz problemlos einer der oben genannten Kategorien zuweisen lassen. 3.2.3 Stiftungsorganisationen Die Art und Weise der Stiftungsorganisati‑ on bildet seit jeher ein wichtiges Kriterium, um verschiedene Formen von Stiftungen voneinander abzugrenzen. Je nachdem, welcher Stiftungsbegriff zugrunde gelegt wird (→ 1.2), liegt der Akzent dabei stärker auf juristischen oder auf sozialen Aspekten der Administration. Hinsichtlich der Rechtsnatur mittelalter‑ licher Stiftungen begegnet in der Literatur mitunter die – aus dem modernen kon‑ tinentaleuropäischen Stiftungsrecht ent‑ lehnte – Unterscheidung von selbständigen und unselbständigen Stiftungen. Mit diesen Termini soll die unterschiedliche Rechts‑ qualität beschrieben werden, die z. B. zwi‑ schen der Gründung und Ausstattung eines Kanonikerkapitels und der Übertragung ei‑ nes zweckgebundenen Sondervermögens an eine bereits bestehende Stiftsherrengemein‑ schaft zwecks Abhaltung von Seelmessen bestand. Obgleich die Differenzen zwischen den beiden Stiftungsformen offen zu Tage treten, ist das Begriffspaar ‚selbständige Stiftung – unselbständige Stiftung‘ kaum geeignet, diese adäquat zu bezeichnen. Die Selbständigkeit von Stiftungen wird näm‑ lich in der neuzeitlichen Stiftungsrechtsdog‑ matik stets unmittelbar an deren tatsächlich
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vorhandene Rechtssubjektivität gekoppelt;66 im Mittelalter sind Stiftungen jedoch – nach mittlerweile vorherrschender Ansicht – nie‑ mals per se als juristische Personen auf‑ gefasst worden. (→ 2.2.3) Der Terminus ‚selbständige Stiftung‘ droht deshalb die mittelalterliche Wirklichkeit zu verfehlen, während der – sachlich durchaus angemes‑ sene – Terminus ‚unselbständige Stiftung‘ ohne seinen Gegenbegriff letztlich kaum noch etwas zur typologischen Ordnung des Materials beizutragen vermag.67 Um den vielerorts zu beobachtenden Vorgang der verwaltungs‑ und/oder vermögensmäßigen Anlagerung von neuen Stiftungen an bereits bestehende zu charakterisieren, spricht man deshalb besser von treuhänderischen oder fiduziarischen Stiftungen, deren Verwaltung und Vollzug durch Dach‑ oder Rahmenstif‑ tungen erfolgen sollte.68 Um die (zumindest intendierte) Autonomie von Stiftungen im Vergleich zu Eigenkirchen zu betonen, deren Fortbestand allein dem Belieben ihres Her‑ ren anheimgestellt war (→ 4.2.2), empfiehlt es sich von freien oder selbstverwalteten Stiftungen zu sprechen, wobei graduelle Einschränkungen der Stiftungsautonomie stets mitbedacht werden müssen.69 Neben dem Grad der institutionellen Eigenständigkeit ist aus rechtshistorischer Perspektive vor allem der vom Stifter in‑ tendierte und durch juristische Kautelen sanktionierte Grad an Beständigkeit von Interesse. Mit Blick auf das Stiftungsver‑ mögen unterscheidet man in diesem Sinne Verbrauchsstiftungen, deren Stiftungsver‑ mögen im Laufe der Zeit bewusst aufge‑ zehrt wurde, von Ertragsstiftungen, deren Grundstockvermögen für alle Zeiten unge‑ schmälert erhalten bleiben sollte.70 Bei den ausdrücklich nicht auf ewig festgeschrie‑ benen Stiftungszwecken ist wiederum zwi‑ schen solchen zu unterscheiden, die nur für eine bestimmte Zeitspanne gelten sollten,71 und solchen, die von den Stiftungsorganen
nach mehr oder weniger freiem Ermessen festgelegt und verändert werden durften72. Dass die Übergänge zwischen befristeten Stiftungen und operativen Stiftungen mit‑ unter auch fließend sein konnten, braucht wohl kaum eigens betont zu werden. Die Stiftungen des Mittelalters waren aber, wie bereits Otto Gierke lehrte, nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern zugleich auch „soziale[.] Schöpfungsakt[e]“73, insofern sie generationenübergreifende Gruppen von Menschen kreierten, die als Stiftungsorgane den Stifterwillen umzusetzen hatten. Dabei kann man grundsätzlich zwischen zwei Sorten von Stiftungsorganen unterscheiden: (1.) ‚Einzelpfründen‘, bei denen die Sukzes‑ sion der Inhaber in der Regel mittels Provi‑ sion durch amtskirchliche Instanzen erfolg‑ te, und (2.) genossenschaftlich organisierte Personenverbände, die ihren Fortbestand in der Zeit vornehmlich durch die Kooptation neuer Mitglieder sicherstellten. Zur ersten Kategorie gehören etwa gestiftete Kanoni‑ kate74, Vikarien75, Prädikaturen76, Mess‑, Al‑ tar‑ und Kapellenbenefizien77 sowie Spital‑, Armen‑ oder Seelhauspfründen78; zur zwei‑ ten neben den Freigelassenengemeinschaf‑ ten, denen spätantik‑frühmittelalterliche Stifter ihre Grabsorge anvertrauten,79 vor allem Mönchskonvente und Kanonikerkapi‑ tel, ferner die Schwureinungen der Gilden80 und Universitäten81 sowie (semi‑)laikale Treuhänderkollegien82. 3.2.4 Stiftungsvermögen Mit Blick auf das zur Erfüllung des Stif‑ tungszwecks bereitgestellte Vermögen las‑ sen sich fünf Grundformen von Stiftungen unterscheiden: (1.) Land‑Stiftungen, (2.) Ge‑ bäude‑Stiftungen, (3.) Gefälle‑Stiftungen, (4.) Geld‑Stiftungen und (5.) Objekt‑Stiftungen. Weil nicht nur die mittelalterlichen Stifter, sondern auch die von ihnen eingesetzten
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Stiftungsorgane oft danach strebten, das Stif‑ tungsvermögen zum Zwecke der Ertrags‑ steigerung oder der Risikominimierung zu diversifizieren, waren Mischformen der ge‑ nannten Typen – zumal bei größeren Stif‑ tungen – eher die Regel als die Ausnahme. (1.) Grundbesitz war die älteste und bis ins hohe Mittelalter vorherrschende Form der Dotation von Stiftungen. Der Vermögensan‑ spruch beschränkte sich dabei in der Regel keineswegs auf den Grund und Boden, son‑ dern umfasste auch alles, was nach mittel‑ alterlicher Auffassung zu diesem gehörte. Wie unzählige Pertinenzformeln mittelal‑ terlicher Urkunden festhalten, zählten dazu: die auf dem vergabten Land ansässigen Hö‑ rigen beiderlei Geschlechts, die Höfe und sonstigen Baulichkeiten, die bestellten und brachliegenden Äcker, die Wiesen und Wei‑ den, die Felder und Wälder mit allem Jagd‑ wild, die stehenden und fließenden Gewäs‑ ser mit allen Fischen, die Mühlsteine und Mühlen, die hin‑ und fortführenden Wege, das unwegsame Gelände sowie überhaupt jeder Anspruch und Nutzen, der gegen‑ wärtig oder zukünftig aus dem jeweiligen Stück Land hervorgehen könnte. Je nach wirtschaftlicher Potenz des Stifters konnte der gestiftete Grundbesitz einzelne Gärten, Äcker oder Hufen, aber auch ganze Dörfer oder Villikationen umfassen. Eine in der vorwiegend agrarisch geprägten Welt des abendländischen Mittelalters eher seltene Sonderform der Land‑Stiftungen waren die Gruben‑Stiftungen, die mit Anteilen an Bergbaustollen dotiert waren.83 (2.) Infolge der im hohen Mittelalter einset‑ zenden Urbanisierung dienten zunehmend auch Wohn‑, Wirtschafts‑ und Geschäfts‑ häuser zur wirtschaftlichen Fundierung von Stiftungen. Dabei wurden die jeweiligen Besitzer zur Zahlung eines Erbzinses oder einer Rente verpflichtet. Während Erbzinse
Typologisierungen
als dauerhafte Reallasten auf den Gebäuden lagen,84 konnten Renten in der Regel durch Wiederkauf der Hypothek abgelöst werden. (3.) Im Gegensatz zur Vergabe von Lände‑ reien und Baulichkeiten, die prinzipiell von jedem vermögenden Menschen in den Grundstock einer Stiftung überführt wer‑ den konnten, war eine Dotation mittels Übertragung obrigkeitlicher Rechts‑ und Abgabenansprüche (z. B. Zehnt‑, Jagd‑ oder Zollrechte) nur den jeweils befugten Amts‑ trägern möglich. De facto hing die ma‑ terielle Abschöpfung solcher Ansprüche allerdings ganz erheblich vom Wohlwol‑ len der jeweiligen Amtsnachfolger ab.85 Als spektakuläre Sonderfälle von Gefälle‑ Stiftungen können ferner die vereinzelt nachgewiesenen Institute gelten, die von ihren episkopalen Stiftern mit Ablässen dotiert wurden. Einen solchen versprach etwa Erzbischof Jean de Viennes in seiner Stiftungsurkunde vom 9. Januar 1340 so‑ wohl den Besuchern als auch den Sängern der von ihm gestifteten Marienmesse im Dom zu Reims. Anders als sonst üblich sollte also nicht nur die Gegengabe der Stiftungsempfänger (liturgische Dienste mit interzessorischen Gebeten), sondern auch die Gabe des Stifters (vierzigtägiger Sündennachlass) eine immaterielle sein. Allerdings war das fromme Werk des Präla‑ ten keineswegs eine reine Ablass‑Stiftung, da zumindest der Priester für die von ihm gefeierte Votiv‑Messe sehr wohl auch mit Münzen entlohnt wurde.86 (4.) Die seit der Jahrtausendwende unabläs‑ sig voranschreitende Monetarisierung der mittelalterlichen Wirtschaft führte dazu, dass die Erträge aus Land‑, Gebäude‑ und Gefälle‑Stiftungen im hohen Mittelalter zu‑ nehmend nicht mehr in Naturalien, son‑ dern in Münzen an die Stiftungsempfän‑ ger ausgezahlt wurden. Schon früher sind
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vereinzelt auch Stiftungen belegt, die der Stifter mit einer bestimmten Summe an Bar‑ geld ausstattete, welche dann von den Stif‑ tungsorganen zum Erwerb von Ländereien oder Baulichkeiten genutzt werden sollte. In beiden Fällen wird man jedoch besser nicht von Geld‑Stiftungen im engeren Sinne spre‑ chen. Eine typologisch trennscharfe Klassi‑ fikation muss diese Benennung nämlich sol‑ chen Stiftungen vorbehalten, bei denen die Erwirtschaftung monetärer Überschüsse ohne den ‚Umweg‘ über konkrete Sachwerte als Grundstockvermögen erfolgte. Diese Form der Wertschöpfung wurde wohl erst dann möglich, als die Stadtgemeinden im späteren Mittelalter begannen, kommunale Anleihen aufzulegen, die meist in Analogie zu einer wiederkäuflichen Rente konzipiert waren, im Gegensatz zu dieser aber nicht mittels einer Hypothek, sondern nur durch die Unsterblichkeit der Stadt als universitas abgesichert wurden.87 (5.) Objekt‑Stiftungen zeichneten sich da‑ durch aus, dass ihre jeweiligen Vermögen mitunter zwar erhebliche Sachwerte dar‑ stellten, diese aber – sofern sie nicht veräu‑ ßert wurden – ausschließlich immaterielle Erträge abwarfen. Das galt vor allem für liturgische Utensilien und andere sakrale Kunstwerke (Paramente, Kelche, Kreuze, Reliquiare bzw. Fresken, Retabel, Glas‑ fenster),88 aber auch für Bücher89. In den letzten Jahrhunderten des abendländischen Mittelalters akzeptierten große Rahmen‑ stiftungen wie das Straßburger Münster sogar diverse Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens (Rüstungen, Waffen, Pelze, Schmuck usw.) als Stiftungskapital, sofern sich diese entweder zu Geld machen oder einer liturgischen Nutzung zuführen ließen. Dementsprechend vermerkt das To‑ tenbuch der Kathedrale bei vielen Objekt‑ stiftungen deren monetären Erlös, der wohl akkumuliert und dann in Renten angelegt
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wurde; bei dem mit einem Saphir besetzten Goldring, mit dem Clara Heilmennin ihre Memorie dotierte, heißt es dagegen aus‑ drücklich, dass dieser weder verkauft noch entfremdet werden dürfe, sondern an allen Festtagen das Bild der seligen Jungfrau in der Marienkapelle schmücken solle.90 Allerdings wurde keineswegs jedes Ob‑ jekt zu einem Stiftungskapital, bloß weil sein Eigentümer oder Auftraggeber es einer Stiftung unentgeltlich übereignete. (→ 1.2.4) Die folgenden Beispiele mögen diese kate‑ goriale, von Fall zu Fall stets aufs Neue zu diskutierende Problematik verdeutlichen: Zu Beginn der 1150er Jahre offerierte Bischof Bruno von Hildesheim dem dortigen Dom‑ kapitel an die zwanzig Codices aus seinem Privatbesitz „zum Heile meiner Seele“.91 Mit‑ te des 15. Jahrhunderts ließ der Londoner Bürger John Colop for a comyn profite eine theologische Sammelhandschrift anferti‑ gen, die von Hand zu Hand wandern soll‑ te, wobei dem jeweiligen Besitzer in einer knappen Notiz nicht nur das vorgesehene Procedere der Weitergabe erläutert, sondern auch aufgetragen wurde, für Colops Seele zu beten.92 Im Jahr 1509 übereignete der Kaufmann Ulrich Fugger den Augsburger Dominikanern eine größere Anzahl von Büchern für deren neue Bibliothek, bedang sich dabei aber aus, dass diese ihm, seinen Söhnen oder Neffen bei Bedarf jeder Zeit und ohne Widerrede auszuhändigen sei‑ en.93 Im ersten Fall handelte es sich um eine typische Seelenheil‑Schenkung, die ihrem Urheber als ‚frommes Werk‘ zwar himmlischen Lohn einbringen sollte, aber keinen dauerhaften Gabentausch zwischen dem Donator und seinen Begünstigten in‑ tendierte. Die Schenkungsvermerke, die Bruno in den von ihm dedizierten Büchern vermutlich eigenhändig anbrachte, doku‑ mentieren dementsprechend bloß den Vor‑ gang der unentgeltlichen Zuwendung, ohne jedoch zukünftige Leser zum Gebet für den
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Bischof aufzufordern.94 Ganz anders da‑ gegen im zweiten Fall, in dem eindeutig eine Stiftung errichtet wurde, auch wenn Stiftungsorgan und Stiftungsempfänger in einer einzigen Person zusammenfielen, die allein durch die Designation ihres Nach‑ folgers eine langfristige Dauer in der Zeit gewährleisten sollte.95 Die vermeintliche „Bibliothekstiftung“96 Ulrich Fuggers wie‑ derum war genau genommen lediglich eine Schenkung unter Auflage, da der Kaufmann weder einen bleibenden Zweck definier‑ te, welcher mittels seiner Gabe von deren Treuhändern respektive Empfängern hätte verfolgt werden können, noch irgendwelche Vorkehrungen traf, um das Stiftungsgut als solches zu erhalten. 3.2.5 Sozialer Status des Stifters Auch im Mittelalter konnte nur derjenige stiften, der mehr besaß, als er zur Bestrei‑ tung seines Lebensunterhalts unmittelbar benötigte, und der deshalb als vergleichs‑ weise wohlhabend oder sogar reich gelten darf. Genügte das persönliche Vermögen nicht zur Verwirklichung der eigenen Ambitionen, konnte man sich aber auch mit Gleichgesinnten zusammenschließen. Aus diesem Grund ist im Hinblick auf den bzw. die Urheber einer Stiftung zunächst grundsätzlich zwischen Individual‑ und Kollektivstiftungen zu unterscheiden. Die Klein‑ und Kleinstgruppen, die für kollektive Stiftungen zusammenlegten, existierten in der Regel bereits vor und un‑ abhängig vom jeweiligen Stiftungsvorhaben, sei es durch familiäre, berufsständische oder parochiale Bindungen. Deshalb bie‑ tet es sich an, die Verwandtenstiftungen, die durch mindestens zwei Familienange‑ hörige gemeinsam errichtet wurden, von den städtischen Rats‑, Zunft‑ und Gilde‑ stiftungen97 bzw. den vor allem auf dem
Typologisierungen
Land verbreiteten Pfarrgenossenstiftungen98 abzugrenzen. Bei den Individualstiftungen kann man ganz allgemein die Laien‑Stiftungen von den Kleriker‑Stiftungen unterscheiden. Zu ersteren zählen die Stiftungen von Königen, Adligen, Bürgern und Bauern; zu letzteren gehören diejenigen von Päpsten, Bischöfen, Priestern und Diakonen. Auch wenn keineswegs alle Könige des abendländischen Mittelalters emsige Stif‑ ter waren, sind ihre Werke doch in der Regel nicht nur viel besser dokumentiert, sondern auch viel intensiver erforscht als alle anderen Typen von Stiftungen.99 Als Königsstiftungen im engeren Sinne gelten nur die von einem amtierenden Regenten ins Leben gerufenen Institute, wobei sich freilich der ‚Amtsträger‘ und der ‚Privat‑ mann‘ in der Person des königlichen Stif‑ ters nie völlig voneinander trennen lassen. In einem weiteren Sinne bezeichnet der Begriff auch die Stiftungen abgesetzter oder usurpatorischer Herrscher, königlicher Gat‑ tinnen100 und designierter Thronfolger. Bei adligen Stiftungen handelte es sich im frühen und hohen Mittelalter meist um sogenannte Hausklöster oder Hausstifte, die in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Stammburg der jeweiligen Dynastie er‑ richtet wurden und die deren Mitgliedern über mehrere Generationen als Grablege dienten.101 Im späten Mittelalter nahmen die Planungen für derartige Mausoleen zum Teil monströse Dimensionen an.102 Seit der ersten Jahrtausendwende u. Z. eiferten die adligen Herren (und Damen!103) aber zunehmend auch dem königlichen Vor‑ bild nach, gaben die lokale Konzentration ihrer ‚frommen Werke‘ auf und strebten stattdessen eine Dezentralisierung ihrer Memoria an.104 Die typologische Variation der errichteten Stiftungen verweist dabei unmissverständlich auf die Wechselwir‑ kungen zwischen Angebot und Nachfrage
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Lateinische Christen
auf dem ‚Seelenheilsmarkt‘ des ausgehen‑ den Mittelalters: „By the fourteenth cen‑ tury, the range of institutions offering commemorative services had dramatically increased. The monastic houses had been joined by the orders of friars, chantries and colleges. Each of these institutions had its own particular merits, both in terms of the type and quantity of intercessory prayers that they elicited and the kinds of social statements that they made. (…) Faced with such a multiplicity of options, wealthy families in the late Middle Ages did not limit themselves to one particular institution or location; rather they chose to invest in a combination, tailoring their own commemorative portfolios to suit their particular needs and interests.“105 Bürgerliche Stiftungen begegnen ab dem hohen Mittelalter.106 Sie lassen sich – je nach Stellung ihres Urhebers im Sozial‑ gefüge seiner Heimatstadt – noch weiter untergliedern; zum Beispiel in Ratsherren‑, Kaufmanns‑, Handwerker‑Stiftungen etc. Gerade in den spätmittelalterlichen Städ‑ ten wurden Stiftungen zu einem beliebten Medium, um gesellschaftlichen Aufstieg gegenüber den Zeitgenossen und der Nach‑ welt zu demonstrieren oder auch vorerst bloß anzubahnen. Individualstiftungen von Bauern sind dagegen erst seit dem 15. Jahr‑ hundert häufiger belegbar.107 Die päpstliche Stiftungstätigkeit war im früheren Mittelalter vor allem auf die Stadt Rom konzentriert.108 Später engagierten sich die Oberhirten der katholischen Kir‑ che auch andernorts;109 etwa in ihren Hei‑ matstädten.110 Die Erzbischöfe und Bischöfe fokussierten mit ihren frommen Werken oftmals ebenfalls den Ort ihrer jeweiligen cathedra. Im Frühmittelalter galt ihr be‑ sonderes Augenmerk der Armensorge.111 Im Hochmittelalter stellten sie dann vie‑ lerorts ihrem Metropolitankapitel weitere Kanonikergemeinschaften zur Seite, sodass
die Kathedrale zum Zentrum eines Kir‑ chenkreuzes avancierte.112 Im Spätmittelal‑ ter versahen schließlich nicht wenige von ihnen ihre Bischofskirche mit aufwendigen Kapellen‑ und / oder Grabmal‑Stiftungen113 oder engagierten sich als Stifter von Latein‑ schulen114. Auch der übrige Klerus versuchte, die zu Lebzeiten geknüpften gesellschaftli‑ chen Bande durch Stiftungen über den Tod hinaus zu erhalten: Stiftsherren stifteten meist für ihre Stiftskirche, Pfarrer für ihre Pfarrei, Vikare für ihre Vikarbruderschaft usw. Anspruch und Ausgestaltung der je‑ weiligen Stiftungen hingen dabei nicht un‑ erheblich von der ständischen Abkunft und dem (ererbten) Privatvermögen ab, wurden aber auch durch die Ausübung bestimmter Ämter konditioniert. So dürfte etwa bei den unumgänglichen Absprachen im Vorfeld einer Stiftung in der Regel die Verhand‑ lungsposition eines Propstes oder Pfarrers per se besser als diejenige eines Altaristen gewesen sein. 3.2.6 Topographie Die räumlichen Dimensionen von Stiftun‑ gen haben in den letzten Jahrzehnten ver‑ mehrt und unter ganz verschiedenen Ge‑ sichtspunkten Beachtung gefunden. Einige Beispiele mögen hier genügen: In politikge‑ schichtlicher Perspektive konstatierte man, dass einzelne Fürsten ihre Klosterstiftungen zur herrschaftlichen Durchdringung und wirtschaftlichen Abschöpfung neu hinzuge‑ wonnener Territorien eingesetzt hätten.115 In wirtschaftsgeschichtlicher Perspektive wur‑ de die Stiftung von Hospitälern entlang von Handelswegen als innovative Infrastruktur‑ maßnahme zur Förderung der Wirtschaft gewürdigt.116 In liturgiegeschichtlicher Perspektive ermittelte man den immen‑ sen Einfluss von Stiftungen auf die sakrale Binnentopographie von Kirchenbauten.117
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Und in religionsgeschichtlicher Perspektive wurde das im Mittelalter allenthalben zu beobachtende Streben nach einer „Disper‑ sion der Gedenkstätten für eine und die‑ selbe Person weit über den Ort des Grabes hinaus“118 als Charakteristikum christlicher Jenseitsvorsorge benannt. Obgleich jede die‑ ser Beobachtungen ausgesprochen wertvoll für die Konturierung von Stiftungen als ‚totale soziale Phänomene‘ ist (→ 2.2.8), hat doch wohl nur die letztgenannte das Zeug dazu, als Grundlage für eine allgemeine Typologie von Stiftungen zu dienen, da der vorhandene bzw. fehlende räumliche Bezug zum Stiftergrab eine fundamentale Diffe‑ renz markierte, die den Charakter der je‑ weiligen Institute nachhaltig prägen musste. Dementsprechend herrscht kein Mangel an Detailstudien, aus denen sich der Typus der Grabstiftung in seinen verschiedenen räumlichen Spielarten problemlos extrahie‑ ren ließe (z. B. Stiftergräber in Vierungen,
Typologisierungen
in Chören, in Kapellen, in Krypten oder auf Friedhöfen). Für seinen Widerpart, die grablose Stiftung, fehlt es hingegen bisher nicht nur an einem eingeführten Begriff, sondern auch an einer elaborierten Bin‑ nendifferenzierung, ohne die dieser Typus kaum an Profil gewinnen kann. Die topographischen Typologien, die von anderen Fächern für ‚ihre‘ Stiftungs‑ kulturen entwickelt worden sind – etwa die Unterscheidung von städtischen und ländlichen oder zentralen und peripheren Stiftungen –, können zwar grosso modo auf das abendländische Stiftungswesen übertragen werden, haben in der bisheri‑ gen Forschungsgeschichte aber keine nen‑ nenswerte Rolle gespielt. Daran wird sich wohl auch in Zukunft kaum etwas ändern, da andere Klassifikationen die heuristi‑ sche Funktion der Ordnung des Materials schlichtweg effektiver bewerkstelligen. TL
Anmerkungen 1 Iustiniani Novellae 131.13.2. Ed. Rudolfus Scho- 8 Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft ell / Guilelmus Kroll. (CIC 3.) Dublin / Zürich 101972, 662 (von 545 III 18). Bezeichnenderweise schließt die Aufzählung mit den Worten: et omnibus aliis. Weitere (frühere) Belege sind nachgewiesen bei Hagemann, Stellung der Piae Causae (1953), 33. 2 Vgl. The Statutes of the realm. From original records and authentic manuscripts, Bd. 4. Ed. Alexander Luders / Thomas Edlyne Tomlins. London 1819, 24–33 (1° Edw. VI., cap. 14). 3 Vgl. die Nachweise bei Rexroth, Zweierlei Be‑ dürftigkeit (2007), 13–15; Scheftel, Gänge, Buden und Wohnkeller (1988), 6. 4 Vgl. K. Schmid, Salische Gedenkstiftungen (1984); Sohn, Gedenkstiftung (2011). 5 Vgl. W. Prange, Pauperes (2008); Grundhöfer, Hospital (1996). 6 Vgl. Schedl, König (2004). 7 Vgl. Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft (2000), 167–172; Ruprecht, Stiftungen (2011), 23–93.
(2000), 167.
9 Damit ist das Spektrum möglicher Klassifika‑
tionen natürlich nicht erschöpft; andere Ansätze – wie zum Beispiel die Unterscheidung von inter vivos und post mortem errichteten Stiftungen – sind aber in der Regel nur für stark spezialisierte Fragestellungen von Interesse. 10 Bislang beschränken sich solche Vergleiche in der Regel auf die Errichtungsfrequenz einzel‑ ner Stiftungstypen. Vgl. etwa Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft (2000), 167–188; zur Kontextualisierung der Befunde siehe auch ebd., 189–222. 11 Vgl. Freistedt, Altchristliche Totengedächt‑ nistage (1928, ND 1971); Angenendt, Missa specialis (1983), 196; 200–203. 12 Vgl. P.-J. Schuler, Anniversar (1987). 13 Vgl. Wagner, Walahfrid Strabo (2008); Lohse, Heinrich IV. (2013).
Lateinische Christen
14 Beispiel einer Quatemberstiftung: RI 13, H.
22. Ed. Christine Ottner. Wien 2007, Nr. 98. Dazu: Zisler, Geistliche Stiftungen (1972), 37. 15 Vgl. Lauwers, Mémoire (1997), 377; Depreux, Dimension publique (2005). 16 Vgl. K. Schmid, Salische Gedenkstiftungen (1984). 17 Vgl. Poeck, Sühne (1996). 18 Vgl. die bei Maschke, Unterschichten (1967, ND 1980), 360 f., angeführten Beispiele. 19 Vgl. Cullum, For Pore People Harberles (1994); Rexroth, Armenhäuser (2005); Ders., Zweierlei Bedürftigkeit (2007); Rawcliffe, Dives Redeemed (2008). 20 Ein Beispiel: Schwemmer, Dr. Lorenz Tucher (1976). 21 Eine Fallstudie: Hatje, Gott zu Ehren (2002). 22 Vgl. Rawcliffe, Learning (2001); Keyzer, Ori‑ gines (2000); Cullum, Leprosy (1999); Arnoux, Ori‑ gines (1995); Ronan, Lazar houses (1995). 23 Vgl. Jütte, Syphilis and Confinement (1996). Eine Detailstudie: Scheller, Memoria an der Zei‑ tenwende (2004), 225–230. 24 Vgl. Fouquet, Zwölf‑Brüder‑Häuser (2007). 25 Ein (seltener) Nachweis findet sich etwa bei Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft (2000), 168, Anm. 1. 26 Ein berühmtes Beispiel ist das Hospiz S. Maria dell’Anima, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts durch das Ehepaar Johannes und Katharina Petri aus Dordrecht gestiftet wurde. Vgl. Matheus, S. Maria dell’Anima (2010). 27 Vgl. Real, Private Stipendienstiftungen (1972); Schäfer, Beförderung der Ehre Gottes (1977); Wriedt, Studienförderung (1993, ND 2005); Ebneth, Stipen‑ dienstiftungen (1994); Denk, Private Stipendien‑ stiftungen (2000); Emberger, Küchenlatein (2008); Irrgang, Studienförderung (2012). 28 Ein Beispiel: Hoenen, Stiftung (2004). 29 Einen konzisen Überblick gibt Schwinges, University Colleges (1993, ND 2008). Siehe jetzt auch die Beiträge in Sohn / Verger, Universitäre Kollegien (2011). 30 Ein Beispiel: B. Fuhrmann, Rentenverkäufe (2011), 188. 31 Diese wurden ab dem Ende des 12. Jahrhun‑ derts in den ‚erlösenden‘ Ordensgemeinschaften der Trinitarier und der Mercenarier institutio‑ nalisiert. Vgl. Brodman, Community (2006). Zur
179 Diversifizierung der Tätigkeitsbereiche bei den Trinitariern ab dem 13. Jahrhundert siehe die instruktive Fallstudie von Pestell, Founders and faith (1997); ergänzend J. Richards, Oliver de In‑ gham (2006). 32 Ein Beispiel: Armgard, Anfänge (1994). 33 Vgl. Wunder, Pilgerhaus (1851); Herberger, Seelhäuser (1876); J. Berger, Spital (1993–1996); Rugel, Bachsches Seelhaus (1997); Eckelt, Seelhäu‑ ser (1997/1998); Baumeister, Geistliche Schwestern (2002); Bauernfeind, Nürnberger Seelhäuser (2010); Hilz, Seelhäuser (2010). 34 Ein Beispiel aus Halle behandelt Ruprecht, Stiftungen (2011), 51. Siehe auch Kießling, Pfen‑ nigalmosen (1990). 35 Ein Beispiel: Rüger, Mittelalterliches Almo‑ senwesen (1932), 29 f. 36 Vgl. J. Prochno, Straßen‑ und Brückenbau (1939); Maschke, Brücke (1978), 33 f. 37 Vgl. Rexroth, Stiftungen (2000). 38 Zum Gottesdienst der Spitaliten siehe Auge, Pauperes et debiles (2007). 39 Beispiele: Favreau, Etienne Boinet (1995); Chancel-Bardelot, Fondation (2004); Scheller, Geden‑ ken und Geschäft (2005); Lurdes Rosa, Almas (2012). 40 Eine wegweisende Fallstudie zu diesem Ty‑ pus legte Dormeier, St. Rochus (1985), vor. 41 Vgl. grundsätzlich Angenendt, Missa specialis (1983); Chiffoleau, Usage (1981); Tabbagh, Rythme (2011). Lokale Fallstudien: Siebert-Gasper, Meßstif‑ tung (2000); Kroth, Frühmesserstiftung (2009). 42 Vgl. Haas, Leben im Kollegiatstift (2011); Lohse, Liber ordinarius‑Forschung (2012), 233–236. 43 Vgl. Haas, Leben im Kollegiatstift (2011). 44 Exemplarische Belege aus Brügge bietet Nosow, Ritual Meanings (2012), 106; 242 f.; siehe auch ebd., 106 f.; 127 f.; 130–132. 45 Beispiele bei Stanford, Commemorating the Dead (2011), 69, Anm. 98; 104 f. Zur ‚öffentlichen‘ Dimension derartiger Stiftungen siehe A. Brown, Civic Ceremony (2011), 108 f. 46 Ein Beispiel: Mayer, Stiftung (1980). Siehe auch Schilp, Memoria (2011). 47 Vgl. Van Baarsel, Memoriemeesters (1982). Weitere Beispiele: Elsener, Seelgerät (1975), 91–93; Lohse, Liber ordinarius‑Forschung (2012), 233 f. 48 Beispiele: Wille, Pitanzstiftung (2008); Herder, Women as Benefactors (2008), 499 f. Siehe auch Lentze, Pitanz und Pfründe (1954).
180 49 Ein Beispiel: Lohse, Liber ordinarius‑Forschung
(2012), 231 f. – Den Memorialcharakter von Ornat‑ stiftungen unterstreicht z. B. ein Inventar der Nürn‑ berger Lorenzkirche von 1524, gedruckt bei Schleif, Donatio et Memoria (1990), 237–241. 50 Exemplarisch für diesen Stiftungstyp und seine oftmals ausgesprochen kontroverse Deu‑ tung seitens der modernen Forschung sei hier nur auf das Prachtevangeliar verwiesen, das Hein‑ rich der Löwe um 1188 (?) dem Kollegiatstift St. Blasius in Braunschweig dedizierte. Vgl. Oexle, Kritik neuer Forschungen (1993). 51 Ein Beispiel: H. Fuhrmann, Balthasar von Neuenstadt (2002). 52 Vgl. Fey, Reliquienstiftung (2006). 53 Ein Beispiel: Ruprecht, Stiftungen (2011), 52. 54 Ein Beispiel: Mai, Loste‑Retabel (2009). 55 Zwei Beispiele: H. Fuhrmann, Balthasar von Neuenstadt (2002); Gallistl, Bedeutung (2009). 56 Neuere Fallstudien: Rauch, Memoria und Macht (1997); Böning, Glasmalereistiftung (2008); Fitz, Fensterstiftung (2011). 57 Ein instruktives Beispiel: Rüter, Schulstiftung (1974). Speziell zur Stiftung von Kantoreien siehe Demouy, Pueri chori (1993); Lehmann, Chapelle (2008), 162–170; Boynton, Boy Singers (2008), 43 f.; Mould, English Chorister (2007), 27 f. und öfter; ebd., 339–347, eine sehr nützliche Bibliographie zu den englischen Chorknaben‑Schulen. 58 Vgl. die Beispiele bei W. K. Jordan, Forming of the Charitable Institutions (1960), 36 f.; 61 f.; Ders., Charities of London (1960), 209 f.; 221–223; Ders., Charities of Rural England (1961), 53; 152; 307. 59 Siehe oben Anm. 28. 60 Siehe oben Anm. 29. 61 Vgl. Borgolte, Rolle des Stifters (1985, ND 2012); Rexroth, Deutsche Universitätsstiftungen (1992); Wagner, Universitätsstift (1999). 62 Siehe oben Anm. 27. 63 Fallstudien: Smith, Library (1952–1956); Hoeppner Moran, Common Profit Library (1984); Saygin, Bücher (2006); Heitzmann, Mittelalterliche Bücherstiftungen (2010). 64 Vgl. Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich. Ed. Jakob Escher, Bd. 1. Zürich 1888–1890, 179 f., Nr. 294. Zu dieser Urkunde siehe auch Elsener, Seelgerät (1975), 88 f. 65 Vgl. Bremisches Urkundenbuch. Ed. Dietrich Rudolf Ehmck / Wilhelm von Bippen, Bd. 5. Bremen
Typologisierungen
1902, 226–228, Nr. 214. Siehe auch Presuhn, Toten‑ gedenken (2001), 72 f. 66 So definiert etwa der Codex iuris canoni‑ ci. Auctoritate Ioannis Pauli P. P. II promulgatus. (Acta apostolicae sedis, Bd. 75.2.) Rom 1983, 224, liber 5, titulus 4, canon 1303, § 1, die piae fundationes autonomae als universitates rerum ad fines de quibus in can. 114, § 2 destinatae et a competenti auctoritate ecclesiastica in personam iuridicam erectae. Der Codex iuris canonici. Pii X Pontifi‑ cis Maximi iussu digestus, Benedicti Papae XV auctoritate promulgatus. (Acta Apostolicae Se‑ dis, Bd. 9.2.) Rom 1917, war begrifflich noch nicht so eindeutig. Vgl. ebd., can. 1489.1; 1544.1. Siehe dazu auch: Nottarp, Beiträge zum Stiftungsrecht (1956), bes. 346. 67 Von den ‚unselbständigen Stiftungen‘ strikt zu scheiden sind indes die ‚Zustiftungen‘, die kei‑ ne zweckgebundenen Sondervermögen ausbilden, sondern im Grundstockvermögen einer bereits bestehenden Stiftung aufgehen. 68 Vgl. Lohse, Stift (2008), 283 f.; Ders., Dauer (2011), 58 mit Anm. 78; 90–95. 69 Erfolgt die Bestellung der Stiftungsorgane durch eine andere, von der Stiftung klar geson‑ derte Instanz, handelt es sich um eine ‚abgeleitete Verwaltung‘; ist diese gegenüber den Administ‑ ratoren zudem weisungsberechtigt, spricht man von ‚abhängiger Verwaltung‘; üben die Adminis‑ tratoren ihre Aufgabe nicht aufgrund ausdrück‑ licher Bestellung, sondern qua Amt aus, liegt eine ‚angelehnte Verwaltung‘ vor. Vgl. Pleimes, Rechtsproblematik (1938), 26–29. 70 Vgl. Althaus, Stiftung (2000), 1003. 71 Siehe etwa die Beispiele bei Kreider, English chantries (1979), 79 f.; 83 f. 72 Vgl. Borgolte, Stiftung, Staat und sozialer Wandel (2001, ND 2002 und 2012). 73 Gierke, Deutsches Privatrecht (1895), 651. 74 Zu den Königs‑, Grafen‑ und Bischofskanoni‑ katen siehe Borgolte, Typologie und Chronologie (1991, ND 2012). 75 Vgl. Barrow, Vicars choral (1989); Heyken, Al‑ täre (1990); W. Prange, Vikarien und Vikare (2003); R. Hall / Stocker, Vicars choral (2005). 76 Vgl. Neidiger, Prädikaturstiftungen (2011). 77 Eine hervorragende Fallstudie hierzu bietet jetzt Rousseau, Saving the souls (2011). Zum Auf‑ kommen der ‚chantries‘ vgl. die divergierenden
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Erklärungsansätze von Colvin, Origin (2000), und Crouch, Origin (2001). Siehe ferner Heepe, Organi‑ sation der Altarpfründen (1913); Frölich, Rechtsfor‑ men (1931); Lentze, Rechtsform (1951); Bünger / Delius, Altarpfründen (1967); W. Müller, Kaplaneistiftung (1972); Orme, Medieval Chantries (1981–1982); C. Burgess, Increase (1985); Barrow, Vicars choral (1989); Harvey, Lay religious life (2006), 132–156; Rikhof, Ka‑ pelanieën (2006); Roffey, Chantry chapels (2008); C. Wood, Cage chantries (2010); Speetjens, Founder (2011). 78 Siehe oben Anm. 33. 79 Vgl. Borgolte, Freigelassene (1983, ND 2012). 80 Ein Beispiel: Imray, Charity (1968). 81 Siehe oben Anm. 61. 82 Vgl. Lentze, Unabhängige Treuhänderstif‑ tung (1959/1960). 83 Vgl. die beiden Beispiele im Urbar [des Stifts St. Simon und Judas] von ca. 1191/94. Ed. Lohse, in: Ders., Dauer (2011), 217–293, 252, §§ 88 f. 84 Vgl. Lentze, Erblaststifung (1960). 85 Ein Beispiel: Moddelmog, Königliche Stiftun‑ gen (2012), 227–231. 86 Die Urkunde ist gedruckt bei Bowers, Guillau‑ me de Machaut (2004), 47: nos de omnipotentis dei misericordia confisi omnibus et singulis vere penitentibus et confessis qui ad audiendas missas predictas convenient et in ipsarum celebracione devote intererunt, seu ad ulteriorem ac ampliorem ipsarum fundationem de facultatibus sibi a deo prestitis aliquid competenter iuxta suarum exigenciam facultatum voluntarie obtulerint (…), auctoritate nostra pontificali quadraginta dierum indulgentiam misericorditer impertimur. Vgl. auch ebd., 37–41. 87 Vgl. B. Fuhrmann, Rentenverkäufe (2011), bes. 186–192. 88 Siehe oben bei Anm. 49–56. 89 Siehe oben bei Anm. 63. 90 Vgl. Stanford, Commemorating the Dead (2011), bes. 41–63. Einschlägige Zitate aus der Handschrift Strasbourg, Archives Municipaux, Oeuvre Notre‑ Dame 1, fols. 295v; 231v: Item obiit uxor Johannis windecke sartor dedit tonicam valore xxxv solidi denarii. – Item Obijt Clara Heilmennin (…) que legavit .. annulum aureum sponsale suum cum saphiro precioso pro decoranda ymagine beate virginis in Capella in festiuitatis et alß condicione ut non vendatur nec alienetur (zit. nach ebd., 44, Anm. 55; 50, Anm. 57). Vgl. grundsätzlich auch Jaritz, Seelenheil und Sachkultur (1980); Ders., Seelgerätstiftungen (1990).
181 91 Als nominelle Adressaten fungierten Gott und
Maria. Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim. Ed. Karl Janicke, Bd. 1. (Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven, Bd. 65.) Leipzig 1896, 311–313, Nr. 324: Ego Bruno (…) offero deo et sanctę Marię iste quę subscripta sunt pro remedio animę meę (…). Im dritten Abschnitt der Urkunde wur‑ de übrigens noch eine weitere Bücherschenkung des Bischofs avisiert, die allerdings nur für den Fall, dass Bruno von einer geplanten Jerusalem‑ Pilgerfahrt nicht zurückkehren sollte, durch einen Treuhänder zu vollziehen war. Zu beiden Rechtsge‑ schäften siehe zuletzt Heitzmann, Mittelalterliche Bücherstiftungen (2010), der allerdings nicht strikt zwischen Schenkung und Stiftung unterscheidet. 92 Cambridge, University Library, Ms. Ff.vi31, fol. 100r: This booke was made of ƿe goodis of John Collopp for a comyn profite, that ƿat persoone ƿat hath ƿis booke committid to him off ƿe persoone ƿat haƿ power to committe it haue ƿe vse ƿeroif ƿe teerme of his lijf prayng for ƿe soule of ƿe seid John. (…) Also ƿat persoone to whom it was committid (…) vnder ƿe forseid condiciouns delyuere it to anoƿer persoone (…), and so be it delyuered and committed fro persoone to persoone man or womman as long as ƿe booke endureth. Zitiert nach Scase, Common‑Profit Books (1992), 261. 93 Das Revers von Prior und Konvent ist gedruckt bei Strieder, Älteste Bibliotheksstiftung (1933), 456 f. 94 So z. B. Hildesheim, Dombibliothek, Hs. 748, Vorsatzblatt: Ego Bruno (…) offero hunc librum (…) Deo et sanctae Mariae pro remedio animae meae; zitiert nach Giermann / Härtel, Handschriften (1993), 81. Dieser Vermerk ist nur durch eine Abschrift des 18. Jahrhunderts überliefert. Zur Eigenhän‑ digkeit der analogen zeitgenössischen Einträge siehe Heitzmann, Mittelalterliche Bücherstiftungen (2010), 157 mit Abb. 70. 95 Vgl. oben Anm. 92. 96 So Strieder, Älteste Bibliotheksstiftung (1933), 453, der die Begriffe ‚Bibliothekstiftung‘ und ‚Bi‑ bliothekschenkung‘ freilich synonym verwendet. 97 Vgl. Rawcliffe, Dives Redeemed (2008). 98 Vgl. R. Fuhrmann, Kirche und Dorf (1995). 99 Vgl. Appleby, Ecclesiastical Foundations (1962); Hallam, Henry II (1977); K. Schmid, Sorge der Salier (1984); Borgolte, Stiftungsurkunden Heinrichs II. (1993, ND 2012); Wagner, Gebetsgedenken (1994); Kiss, Monasterium (1996); Witkowski, Forgotten Carthusian Foundation (1998); Borgolte, König
182 als Stifter (2000, ND 2012); Proetel, Großes Werk (2000); Menzel, Memoria (2001); Depreux, Dimensi‑ on publique (2005); Lohse, Konrad I. (2006); Budak, Foundations and Donations (2007); Butz, Fundatio, Memoria, Caritas (2010); Lohse, Dauer (2011); Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012). 100 Fallstudien: Albertos San José / Ortiz GarcíaAlonso Montoya / Ibarz, París 1304 (1991); Aniz Iriarte / Callejo de Paz, Real Monasterio (1994); Plagnieux, Fondation (2000); Gelfand, Regional Styles (2007); Crusius, Dienst (2008); Moddelmog, Stiftung als gute Herrschaft (2010); E. Brown, Mort (2010), R. Walker, Sisters and Suburbs (2011). 101 Fallstudien: Martindale, Nun Immena (1990, ND 1997); Esmark, Religious Patronage (2006); J. Banik, Sakralstiftungen (2013). 102 Man denke etwa an die Bemühungen Her‑ zog Ludwigs des Gebarteten in Ingolstadt. Vgl. Straub, Hausstiftung (1978); Hofmann, Liturgische Stiftungen (1978); Brandl / Grimminger / Vollnhals, Liebfrauenmünster Ingolstadt (2007). 103 Beispiele: Schlütter-Schindler, Frauen der Herzöge (1999); E. Jordan, Female Founders (2008); Berman, Noble women’s Power (2009). 104 Fallstudien: Hicks, Chantries (1985, ND 1991); Tabbagh, Entreprise (2003); J. Burton, Fun‑ dator Noster (2006); Kinsey, Location (2010). Siehe auch Skwierczyński, Imitatio regni (2013). 105 Kinsey, Location (2010), 56 f. Das Jahr 1300 scheint mir allerdings als ‚Epochenschwelle‘ ein bis zwei Jahrhunderte zu spät angesetzt zu sein. 106 Zum Einsetzen (proto‑)bürgerlicher Stif‑ tungen ab dem ausgehenden 11. Jahrhundert vgl. die instruktiven Analysen von Grafen, Speyerer (1991); Ders., Forschungen (1996). Vgl. auch Dobson, Foundation (1967, ND 1996); Mason, Donors (1987); A. Brown, Civic Ceremony (2011). 107 Vgl. Othenin-Girard, Ländliche Lebensweise (1994), 121–167. 108 Zur reichhaltigen Überlieferung des ‚Liber pontificalis‘, der freilich nicht systematisch zwischen Schenkungen und Stiftungen differenziert, vgl. etwa Herbers, Papst Leo IV. (1996), 162–198; 474–488. 109 Vgl. Borgolte, Petrusnachfolge und Kaiser‑ imitation (1995). 110 So ließ zum Beispiel Papst Urban IV. auf dem Gelände seines Geburtshauses in Troyes eine Kirche errichten. Vgl. Onnen, Saint‑Urbain (2004); Sohn, Gedenkstiftung (2011).
Typologisierungen
111 Vgl. Borgolte, Felix est homo ille (1982); Laudage, Caritas und Memoria (1993).
112 Vgl. Crusius, Kollegiatstift (1995). 113 Beispiele: Sánchez-Palencia Mancebo, Fund‑
aciones (1985); H. Fuhrmann, Balthasar von Neu‑ enstadt (2002); Lehmann, Chapelle (2008). – Noch präzisere Einschätzungen werden möglich sein, sobald die neuerdings zugänglich gemachten Testamentscorpora aus England und Portugal ausgewertet worden sind. Vgl. Testamenti eccle‑ siae portugaliae, 1071–1325. Ed. Maria do Rosário Barbosa Morujão. (História religiosa. Fontes e subsídios, Bd. 6.) Lissabon 2010; Testamentary records of the English and Welsh episcopate, 1200–1413. Wills, executorsʼ accounts and inven‑ tories, and the probate process. Ed. Christopher M. Woolgar. (The Canterbury and York Society, Bd. 102.) York 2011. 114 Vgl. Jewell, English Bishops (1984); Orme, English Schools (1973), passim. 115 Vgl. Eugster, Adlige Territorialpolitik (1991); Greenway, Conquest (1996); Everard, Foundation (1997). 116 Vgl. Borgolte, König als Stifter (2000, ND 2012), 316 f. 117 Vgl. Odenthal, Gottesdienst (2011). 118 Vgl. Borgolte, Grab (2000, ND 2012), 292; vgl. auch ebd., 295.
Muslime
183
3.3 Muslime 3.3.1 Allgemeines Islamische Stiftungen gab es über die Jahr‑ hunderte hindurch in vielfältiger Ausge‑ staltung. Trotz der kulturellen, politischen und religiösen Unterschiede in den ver‑ schiedenen islamischen Gemeinschaften weisen jedoch die Arten des gestifteten Eigentums und die Modalitäten der Stif‑ tung sowohl in formaler als auch in funk‑ tionaler Hinsicht eine große Beständigkeit auf; ähnliche Typen von awqāf sind in islamisch geprägten Räumen während der gesamten Vormoderne dokumentiert. Muslimische Gelehrte und Beamte haben im Mittelalter verschiedene Kategorisierun‑ gen von awqāf mit unterschiedlichen Krite‑ rien geschaffen. Die bedeutendste Typologi‑ sierung, die sich in den Quellen finden lässt, basiert ganz offensichtlich auf juristischen Grundlagen, die die Stiftung als einen recht‑ lichen Akt definieren, durch den der Stifter seine Eigentumsrechte unter bestimmten Bedingungen abtritt. Daneben ordnen die Zeitgenossen Stiftungen auch nach der Na‑ tur des gestifteten Gutes selbst. Das dritten Kriterium ist administrativer Art: Die Re‑ gistrierung von frommen Stiftungen (dīwān al-awqāf ) stellte eine bedeutende Aufgabe muslimischer Verwaltung im Mittelalter dar und in den Quellen sind Angaben über die administrative Klassifikation der awqāf aus den verschiedenen Perioden überliefert. Seit dem 3./9. Jahrhundert haben mus‑ limische Rechtsgelehrte klar zwischen der Stiftung für das Gemeinwohl (waqf ḫairī) und der Familienstiftung (waqf ahlī) un‑ terschieden. Neben dieser grundlegenden Kategorisierung, die auf einem rechtlichen Akt beruht und deren verschiedene Moda‑ litäten ausführlich in der Rechtsliteratur
diskutiert werden, klassifizieren die Quel‑ len die awqāf je nach Art des Stiftungs‑ objekts (al-mawqūf, al-muḥabbas), wobei zwischen unbeweglichen (ġayr manqūl) und beweglichen Gütern (manqūl) und im mālikītischen und schiitischen Recht auch zwischen widerruflichen und unwiderruf‑ lichen awqāf differenziert wird.1 Während Hinweise auf diese Kategorisierungen in allen Epochen und Regionen aufzufinden sind, treffen wir erst in späteren Perioden auf eine klare Beschreibung von administ‑ rativen Einteilungen. Bereits im 2./8. Jahr‑ hundert wurde von den Umayyaden eine zentrale Verwaltung der awqāf gegründet.2 Seitdem haben die verschiedenen islami‑ schen Dynastien verschiedene Systeme zur Kontrolle der waqf ‑Einkünfte geschaffen. Die Administration der awqāf zur Zeit der Mamlūken ist, was nicht verwundert, die am besten dokumentierte, und obwohl sich deren typologische Kriterien nicht ver‑ allgemeinern lassen, bieten sie ein gutes Beispiel für eine mittelalterliche Klassifi‑ zierung von awqāf. Laut al‑Maqrīzī wurde bei den Mamlūken die Verwaltung von frommen Stiftungen unterteilt in: (1.) ar-rizāq al-aḥbāsīya (in diesem Kon‑ text ,Einkünfte aus ländlichen Bodenstif‑ tungen‘), (2.) awqāf ḥukmīya (sogenannte ,staatli‑ che Stiftungen‘, das heißt wohltätige Stiftun‑ gen der Sultane und Stiftungen zum Unter‑ halt der Schreine von Mekka und Medina), (3.) awqāf ahlīya (,Familienstiftungen‘). Diese dreifache Unterteilung verbindet ver‑ schiedene Kriterien: Einerseits wird ein siedlungsgeschichtliches Kriterium ver‑ wendet, um zwischen ländlichen (aḥbās)
184
und städtischen Stiftungen (awqāf ) zu un‑ terscheiden, andererseits die Dichotomie staatlich (ḥukmī) / privat (ahlī) benutzt, um eine Unterscheidung je nach Verwaltungs‑ art der awqāf vorzunehmen.3 Obwohl wir keinen umfassenden Über‑ blick über die möglichen Typologisierungen oder eine Diskussion über die taxonomi‑ schen Kriterien haben, die beim Verständnis der mit mittelalterlichen Stiftungen ver‑ bundenen sozialen Praktiken von Nutzen sein können, hat auch die wissenschaftliche Literatur verschiedene Klassifizierungen der awqāf hervorgebracht, die in Betracht gezogen werden sollten. Die gebräuchlichs‑ ten Klassifikationen fußen auf der mittel‑ alterlichen muslimischen Tradition, wobei die rechtliche Unterscheidung zwischen waqf ḫairī und waqf ahlī die bedeutendste ist. Wir finden jedoch auch Typologisierun‑ gen, die sich am Stiftungsobjekt ausrichten, insbesondere in der Kunst‑ und Stadtge‑ schichte. Städtische awqāf werden hier oft durch die Benutzung von architektonischen Typologisierungen kategorisiert.4 Ferner treffen wir auf Typologisierungen, die sich am Stiftungszweck orientieren, vor allem in Studien zur Wohltätigkeit und Bildung,5 und gelegentlich auch am Status des Stifters, obwohl die Quellenarmut normalerweise keine detaillierten prosopographischen Stu‑ dien zulässt. Das gebräuchlichste Kriterium, die Stifter zu kategorisieren, ist indes eher das Geschlecht als der soziale Status, wie dies zahlreiche Publikationen über Frauen und awqāf beweisen. (→ 2.3.6) In der Wis‑ senschaft wurde aber auch die Dichotomie staatlich / privat benutzt, um die islamischen Stiftungen zu klassifizieren, insbesondere im Hinblick auf die ‚Privatisierung‘ von staatlichem Grund und Boden und hin‑ sichtlich der waqf ‑Einkünfte6. Obgleich sich diese Klassifizierungen in zahlreichen Studien als fruchtbar erwiesen haben, sollten wir nicht außer Acht lassen,
Typologisierungen
dass formale und funktionale Typologisie‑ rungen in vielen Fällen irreführend sein können. Die Erarbeitung einer wissen‑ schaftlich zweckmäßigen Typologisierung von islamischen Stiftungen wird sowohl durch die Besonderheiten mittelalterlicher muslimischer Quellen als auch durch die eigentlichen Charakteristika der awqāf be‑ hindert, deren multifunktionale Natur keine präzise Klassifikation zulässt. Neben der Quellenarmut hat die Forschung mit der In‑ konsistenz des Vokabulars zu kämpfen, das für die gestifteten Institutionen verwendet wird. Das in hohem Maße informelle Bil‑ dungssystem im Islam des Mittelalters und die unpräzise Terminologie, auf die wir in den Quellen stoßen, machen es beispielswei‑ se sehr oft unmöglich, eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Bildungsin‑ stitutionen vorzunehmen: In den Mosche‑ en von Sūdūn min Zāda und aš‑Šiblī Kāfūr etwa – zu Beginn des 9./15. Jahrhunderts errichtet – wurden Lehrer und Schüler ver‑ sorgt; sie werden manchmal in den Quellen als madrasa bezeichnet, in ihren waqfīyas, den Stiftungsurkunden, aber werden sie als ğāmiʿ (,Versammlungsmoschee‘) bzw. masğid (,Moschee‘) definiert.7 Die Probleme, die aus der Vagheit der arabischen und persischen Termini erwachsen, sind bei solchen Ge‑ bäudearten von besonderer Bedeutung; wie Kunsthistoriker festgestellt haben, sind sie oftmals untereinander austauschbar, und zwar nicht nur für Medresen8, sondern auch für andere Stiftungsformen, wie etwa ḫān, ḫānqāh, funduq oder ribāṭ. Diese Begriffe können ohne Unterschied für Anlagen mit unterschiedlichen Funktionen benutzt wer‑ den, die in der Regel aus Kult‑, Wohn‑ und Wirtschaftsgebäuden bestehen, sind aber uneindeutig und lassen sich nur im Kontext bestimmen.9 Außerdem lassen sich anhand von insti‑ tutionellen Typen die funktionalen Grenzen der Stiftungen nicht präzise beschreiben.
Muslime
Der multifunktionale Charakter vieler In‑ stitutionen und die informellen Netzwer‑ ke, durch die in den islamischen Städten des Mittelalters für Bildung, Religion und Gesundheit gesorgt wurde, verhindern oft eine klare Typologisierung von awqāf nach ihren Zwecken. Lehrer und Schüler, die von waqf-Stipendien abhängig waren, konnten beispielsweise gleichermaßen Medresen, Moscheen, Mausoleen, Sufi‑Konventen, Wohnhäusern oder Hospitälern angehören. Umgekehrt konnten Bildungsinstitutionen oft die Dienste von Predigern, Imamen oder Koranrezitatoren, die von einem waqf be‑ zahlt wurden, in Anspruch nehmen. Die Grabmale und Mausoleen der Stiftungs‑ gründer einschließlich entsprechender Kulthandlungen, für die waqf ‑Geldmittel zur Verfügung standen, befinden sich oft innerhalb der Medresen, Moscheen und Klöster oder in angrenzenden Gebäuden. In der Tat stellen viele Stiftungen, die von be‑ deutenden Personen der muslimischen Höfe hinterlassen wurden, komplexe Netzwer‑ ke dar. In ihnen interagieren verschiedene Stiftungen auf verschiedenen Ebenen, um eine Vielfalt von Diensten anzubieten, die nicht immer von einer einzelnen Institu‑ tion abhängig sind. Zu dieser Komplexität kommt noch hinzu, dass die persönlichen Interessen der Stifter oft nicht mit den er‑ klärten altruistischen Zielen der awqāf im Einklang waren; dies gilt insbesondere bei den Familienstiftungen (awqāf ahlīya) oder den öffentlichen Stiftungen, die von den Behörden benutzt wurden, um Gewinne aus der öffentlichen Hand zu erzielen.
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Wissenschaft von der Entwicklung der städ‑ tischen Institutionen abhinge. Der maghre‑ binische Autor bestätigte die herausragende Stellung von Kairo als dem großen Zentrum des Wissens seiner Zeit und die zentrale Rolle, die die zahlreichen religiösen Stif‑ tungen dabei spielten. Seine Interpretation der Beweggründe und der Ziele, die hin‑ ter der mamlūkischen waqf‑Kultur stehen, zeigt jedoch deutlich, wie verschwommen die Grenzen zwischen öffentlicher Wohl‑ tätigkeit und privaten Interessen für den zeitgenössischen Beobachter waren. Die türkischen Emire, so sagt Ibn Ḫaldūn, be‑ fürchteten, dass die mamlū kischen Herr‑ scher zum Nachteil ihrer Nachkommen und ihrer Klientel handeln könnten, weshalb sie so viele Medresen und Sufi‑Konvente errich‑ teten und mit sicheren waqf ‑Einkünften ausstatteten. Auf diese Weise sorgten die Emire einerseits dafür, dass ihre Erben von dem gestifteten Gut profitierten – entweder als Verwalter oder als anderweitig materiell Begünstigte. Sie sicherten sich aber ande‑ rerseits als Stifter auch den Lohn, den ihnen ihre guten Taten im Jenseits einbringen würden.10 Ungeachtet des in dieser Aussage mitschwingenden antitürkischen Untertons, belegt Ibn Ḫaldūn hiermit den offensichtlich pragmatischen Charakter der islamischen Stiftungen: Muslimische awqāf stellen so‑ ziale und wohltätige Dienstleistungen zur Verfügung; sie sind aber zugleich ein norm‑ gerechtes Mittel, Kontrolle über das gestif‑ tete väterliche Erbe zu erhalten, welches als solches explizit in der Stiftungsurkunde beschrieben sein kann. Im Fall der Familien‑ awqāf läuft dies zwar unter Umständen dem islamischen Recht zuwider, es wird aber durch Juristen stillschweigend gedul‑ 3.3.2 Stiftungszwecke det. Bei der Diskussion über eine an dem Gegen Ende des 8./14. Jahrhunderts stell‑ Zweck ausgerichtete Typologisierung von te Ibn Ḫaldūn (gest. 808/1406) in seinen Stiftungen muss folglich bedacht werden, berühmten ‚Prolegomena‘ (al-Muqaddima) dass der Stiftungszweck oft zwei Ziele ver‑ fest, dass das Gedeihen von Wissen und bindet: Einerseits ist der waqf immer ein
186
Akt der Wohltätigkeit und die Begünstigte auf die eine oder andere Weise die muslimi‑ sche Gemeinschaft als ganze, andererseits ist der waqf ein rechtlicher Kunstgriff, aus dem der Stiftungsgründer und seine Familie sehr häufig große Vorteile ziehen. Eingedenk dieser Eigenarten und unter Berücksichtigung der sich oftmals über‑ schneidenden Funktionen der Stiftungen, können die Arten und Weisen, auf die die muslimische Umma von den frommen Stif‑ tungen profitierte, als ein zweckmäßiges Kategorisierungskriterium dienen. Grob besehen lassen sich die Zwecke der islami‑ schen awqāf in folgende Gruppen einteilen: (1.) Memoria: In einem oft zitierten ḥadīṯ sagte der Prophet Mohammed: „Wenn ein Mensch stirbt, vergehen all seine Taten – mit Ausnahme von drei Dingen: Wohltätig‑ keit, die weiterhin gewährt wird, Wissen, das für den Anderen von Nutzen ist, oder ein Sohn, der für ihn betet.“11 Die Bewah‑ rung des Andenkens an den Toten mittels frommer Stiftungen kann alle drei Aspekte gleichzeitig umfassen. So verstanden, hat memoriale Praxis im mittelalterlichen Is‑ lam verschiedene Formen angenommen.12 Die erste und offensichtlichste der waqf ‑ Formen zur Bewahrung des Andenkens an ihre Gründer sind die Gräber aus ein‑ fachen Grabsteinen mit Grabinschriften für gewöhnliche Leute 13, Grabmale für religiös verehrte Personen14, Mausoleen für bedeutende Personen15, große mul‑ tifunktionale architektonische Anlagen wie der berühmte Begräbniskomplex des Sultans Ibn Qalāwūn, der eine madrasa, ein Hospital und ein Mausoleum umfass‑ te16, oder sogar komplexe Netzwerke von Grabanlagen wie der al-Qarāfa‑Friedhof in Kairo17. Der Zweck dieser Stiftungen war es, das Andenken an die Toten unter den Lebenden zu bewahren. Aber awqāf waren oftmals auch ein Mittel, um nach ihrem Tod
Typologisierungen
Fürbittengebete (duʿā) für die Seelen ihrer Gründer zu sichern. Diese konnten von Nahestehenden oder anderen Besuchern an den Gräbern verrichtet werden, aber auch von den Gelehrten oder Sufis, die von der Stiftung versorgt wurden.18 Die Verrichtung der Gebete war jedoch nicht an den Besuch der Gräber gebunden. Wenn es vom Stifter festgelegt wurde, zählte es zu den Pflichten der Begünstigten eines waqf, selbst für die Seele ihres Wohltäters zu sorgen, insbesondere im Fall von Med‑ resen und Schulen, deren Schüler gehalten waren, für die Seele des Stifters zu beten.19 Diese Stiftungen sind also von doppel‑ tem Wert: Einerseits bewahren sie das Andenken an den Stiftungsgründer un‑ ter den Lebenden, andererseits stellen sie eine wechselseitige und stetige Beziehung zwischen dem Diesseits und dem Jenseits her, was oft explizit in den Stiftungsur‑ kunden erwähnt wird. Der mamlūkische Autor al‑Qalqašandī (gest. 821/1418) ver‑ sieht beispielsweise seine enzyklopädische Abhandlung über die Kunst des Schrei‑ bens, Ṣubḥ al-aʿšā, mit einem Muster für das Schreiben von einleitenden rhetori‑ schen Formeln in einer waqfīya für eine Moscheestiftung. Darin wird der folgende ḥadīṯ zitiert: „Wer immer für Gott eine Moschee baut, und sei sie so klein wie das Nest eines Vogels, für den wird Gott einen Palast im Paradies bauen.“20 Die Praxis zeigt, dass die frommen Stif‑ tungen zur Kultivierung des Andenkens an Herrscher und Dynastien benutzt wurden, indem ihr Reichtum öffentlich in Form von Monumenten oder Stiftungen von prächti‑ gen Koranen zur Schau gestellt wurde. Eine solche Verwendung frommer Stiftungen ist manchmal mit der Konfiszierung von frühe‑ ren awqāf und der damnatio memoriae ihrer Gründer verbunden. Ein gutes Beispiel dafür bietet der Gründer der Fatimiden‑Dynastie, ʿUbayd Allāh al‑Mahdī (gest. 322/934). Nach
Muslime
Ibn ʿIḏārī (gest. 695/1295) hatte er angeord‑ net, den Namen der Stiftungsgründer aus den Inschriften öffentlicher Institutionen zu tilgen und stattdessen seinen eigenen Namen einzusetzen.21 Eine andere und auch eher profane Weise, das Andenken an den Toten durch Stiftungen am Leben zu erhal‑ ten, bestand im Falle der Gelehrten darin, die Verbreitung ihrer Arbeiten zu bezu‑ schussen und ihre Lektüre zu unterstützen. Der Historiker und Politiker Rašīd ad‑Dīn (gest. 718/1318) trug sogar Sorge dafür, dass von einigen seiner Werke regelmäßig Ab‑ schriften aus Stiftungsmitteln angefertigt wurden, so wie er auch festlegte, dass die Moschee, die er gegründet hatte, regelmä‑ ßig mit einer Abschrift des Korans und ei‑ ner Abschrift seines ḥadīṯ‑Kommentars zu versorgen war.22 Möglicherweise ist diese Praxis aber mit dem Wunsch verbunden ge‑ wesen, die literarische Integrität der Werke und zugleich das Andenken an den Stifter als Autor zu schützen. Dies könnte bei dem berühmten Universalgelehrten Yāqūt al‑ Ḥamawī (gest. 626/1229) der Fall gewesen sein, der seine eigenen Werke in Form eines waqf an eine Zaydī‑Moschee in Bagdad übergab.23 Im Prolog seines opus magnum, des Muʿğam al-Buldān, brachte er seine Sorge über mögliche Änderungen seines Werkes nach seinem Tod durch Verwünschungen zum Ausdruck, die sich an jene richteten, die ein Plagiat des Buches oder einen Aus‑ zug daraus versuchen sollten.24 (2.) Wohltätigkeit und soziale Unterstützung: Der wichtigste praktische Zweck frommer Stiftungen war die Armenhilfe und im Gan‑ zen gesehen die Förderung der gesellschaft‑ lichen Wohlfahrt. Die Institutionen in dieser Kategorie sind vielgestaltig und zahlreich, können aber in zwei große Untergruppen eingeteilt werden: Fürsorgeeinrichtungen und öffentliche Anlagen. Zur ersten Kate‑ gorie gehören die Gesundheitsfürsorge und
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die Hospitäler (māristān oder bimāristān, Pl. māristānāt oder bimāristānāt), auch in der Funktion von Medizinschulen, wie die gro‑ ßen Hospitäler des abbasidischen Bagdad25, Leprakrankenhäuser26, Suppenküchen, Her‑ bergen für geschiedene Frauen und Witwen, wie jene in Kairo, die insbesondere von Frauen gestiftet wurden27, außerdem Wai‑ senhäuser, die üblicherweise in Form von Koranschulen (kuttāb) für Bildung, Unter‑ bringung und Unterhalt sorgten28. Was die öffentlichen Einrichtungen an‑ belangt, so gehörte zu den awqāf die städ‑ tische Infrastruktur, wie öffentliche Bäder (ḥammāms), Tränken, Zisternen, Trink‑ und Waschungsbrunnen sowie öffentliche Öfen,29 außerdem Infrastruktur für Land‑ wirtschaft und Verkehr, wie Brücken, Be‑ wässerungskanäle, Wasserräder, Dämme30 oder Mühlen, oder auch Anlagen zur mi‑ litärischen Verteidigung, wie Türme und Festungen31. Einige dieser Einrichtungen dienten neben der sozialen Fürsorge auch als Einkommensquelle für andere Stiftun‑ gen oder unterstützten die Armen direkt mit den Geldern, die sie von den Nutzern bestimmter Infrastrukturen einnahmen. Manchmal konnten die awqāf eines ein‑ zelnen Gründers ein ganzes Stadtviertel versorgen. Dies ist der Fall bei der Stiftung des timuridischen Emirs Niẓām ad‑Dīn Čaqmaq und seiner Gattin Bibi Fāṭima Ḫatūn, die gegen 857/1453 in Yazd gegrün‑ det wurde. Ihr Stiftungskomplex umfasste eine Reihe von Einrichtungen und Anla‑ gen: vor den Mauern der Stadt gelegen eine Moschee mit einer Versammlungshalle (ǧamāʿat ḫānah) und zwölf Läden, eine ḫānqāh, einen Brunnen, eine Karawanserei mit einer Arkade und weiteren zehn Läden, ein öffentliches Bad (ḥammām) mit einer Arkade, eine Zuckerfabrik und eine Was‑ sermühle; innerhalb ihrer Mauern einen weiteren Hammam und ein Verwaltungs‑ gebäude (dīvān-ḫānah).32
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Die Unterstützung einer bestimmten Ge‑ meinschaft konnte auch nahezu gänzlich von awqāf abhängen. Ein gutes Beispiel dafür gibt das Zeugnis des andalusischen Reisenden Ibn Ǧubair (gest. 614/1217). Er beschreibt, wie die von Saladin in Kairo gegründeten Stiftungen Fremden (ġurabāʾ) Unterstützung gewährten, die in der Stadt eintrafen. Ibn Ǧubair erwähnt Medresen für Studenten (ahl aṭ-ṭalab), die der Wissens‑ suche wegen nach Ägypten reisten, Wach‑ türme oder Posten (maḥāris) zum Schutz von Reisenden und Besuchern, Hammams, ein Hospital (māristān) für die Fremden mit verschiedenen Ärzten und die Bereitstellung von Brot für die Waisen der Abendländer (abnāʾ as-sabīl min al-maġāriba).33 (3.) Ausbau religiöser Infrastrukturen und Unterstützung religiöser Praktiken: Das umfassende Wesen des Islam macht es äußerst schwierig, die Grenzen dessen zu bestimmen, was als religiös zu betrachten war, und sei es auch nur zu Zwecken der bloßen Klassifizierung. Obwohl in allen mit den islamischen Stiftungen verbundenen Praktiken in gewisser Weise eine religiöse Bedeutung mitschwingt, lassen sich doch einige Stiftungen erkennen, deren Hauptziel es war, religiöse Infrastruktur, religiöse Gemeinschaften und Zeremonien zu un‑ terstützen. Das offensichtlichste Beispiel dieser Art von awqāf ist die Moschee, aber wir sollten in diese Kategorie auch Konven‑ te für die Sufi‑Bruderschaften und andere religiöse Gruppen (ribāṭs, zāwiyas, ḫānqāhs) einbeziehen ebenso wie Herbergen und Ka‑ rawansereien für Pilger (funduqs, ḫānqāhs), sei es nun zu den heiligen Stätten des Islam oder zu den Heiligtümern der Märtyrer und Heiligen.34 Diese Institutionen werden unabhängig von ihrer eigenen Rechtsform oftmals aus den jährlichen Einnahmen aus Landbesitzungen von Familien‑awqāf un‑ terstützt. Sie können darüber hinaus auch
Typologisierungen
bewegliche awqāf erhalten, wie Abschriften des Korans und, insbesondere wenn sie im Mittelpunkt der Volksfrömmigkeit stehen, Geld‑ und Sachspenden. Es gibt ferner eine Vielfalt an kultischen Praktiken, die übli‑ cherweise mit diesen Institutionen verbun‑ den sind, mit waqf‑Mitteln finanziert und von verschiedenen religiösen Ämtern aus‑ geführt werden. Bei der Beschreibung des landwirtschaftlich geprägten Hinterlandes von Damaskus beispielsweise bestätigt Ibn Baṭṭūṭa, dass Grund und Boden eines waqf auf den Damaszener Hügeln dafür verwen‑ det wurde, um die Stelle eines Imams, der die Gebetsleitung in den Moscheen inne hatte, zu finanzieren, ferner um die Mu‑ ezzins, die zum Gebet riefen, zu bezahlen, und auch, um den Notleidenden zur Seite zu stehen.35 Koranrezitatoren (qurrāʾ) und Prediger (ḫuṭabāʾ), die entweder eine Dau‑ erstelle in Moscheen, Medresen, Friedhöfen oder Mausoleen bekleideten oder zu spezi‑ ellen Anlässen eingesetzt wurden, konn‑ ten ebenfalls aus waqf‑Mitteln unterhalten werden.36 Awqāf wurden ferner dafür verwendet, armen Muslimen die Befolgung der Pilger‑ riten (ḥağğ) zu ermöglichen, arme Bräute mit einer Mitgift für ihre Ehe auszustatten (taǧwīz al-banāt ilā azwāğihinna)37 oder die Kosten für die Begräbnisse Notleidender zu tragen, etwa für Leichenwaschungen oder für den Erwerb von Leichentüchern. Hierbei handelt es sich um den sogenann‑ ten waqf aṭ-ṭuraḥāʾ (,Stiftung für die Aus‑ gegrenzten‘), der erstmalig von Baibars I. gegründet wurde38. Auch die Restaurierung und Renovie‑ rung von Gebäuden kann manchmal in die‑ se Kategorie eingeordnet werden, obwohl dies oft als eine allgemeine Verpflichtung und nicht als gottgefälliger und wohltätiger Akt angesehen wurde.39 Sie fanden oftmals nach Enteignungen im Zuge von Dynastie‑ wechseln oder Kriegen statt und konnten
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als ein Reinigungsritus zur Bestätigung oder Wiederherstellung des islamischen Charakters des Eigentums verstanden werden. Gleichermaßen dienten sie der Tilgung des Andenkens an den ursprüng‑ lichen Gründer oder an die durch ihn Be‑ günstigten. Typische Beispiele dafür sind Saladins Restaurierung und Reinigung der Al‑Aqsa‑Moschee, die zu einer Residenz der Tempelritter geworden war, und des Felsendoms, den die Kreuzfahrer in eine christliche Kirche umgewandelt hatten.40 (4.) Bildung und Gelehrsamkeit: Da der Islam eine Buchreligion ist, gehörte die Gewährleistung elementarer Erziehung und die Pflege der religiösen Wissenschaf‑ ten zweifellos zu den wichtigsten Zwecken religiöser Stiftungen. Die Weitergabe des Wissens war jedoch nicht notwendiger‑ weise auf eine bestimmte Institution be‑ schränkt. Religionsgelehrte konnten in Un‑ terrichtszirkeln lehren (ḥalqa, maǧlis) oder ein Lehrstipendium in Moscheen und Klös‑ tern innehaben. Awqāf konnten sowohl die institutionelle Infrastruktur als auch die finanziellen Mittel für den Unterhalt von Lehrern und Schülern bereitstellen. Aller‑ dings gilt es hier zu bedenken, dass das mit‑ telalterliche Bildungssystem von äußerst informeller Natur war und mehr auf Ein‑ zelpersonen als auf Institutionen beruhte. Es gab natürlich auch spezielle Institutio‑ nen, die Einrichtungen für den Unterricht zur Verfügung stellten und Schülern sowie Lehrern Unterstützung gewährten. Die herausragendste Einrichtung dieser Art ist die madrasa, ein Zentrum für die hö‑ here Bildung. Die genauen Ursprünge der Medrese sind unklar. Es scheint aber so zu sein, dass die ersten Medresen in Ḫurāsān erbaut wurden. Der seldschukische Wesir Niẓām al‑Mulk (gest. 485/1092) ist es jedoch, von dem man glaubt, dass er die Institu‑ tion durch die Gründung der berühmten
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Medrese Niẓāmiyya in Bagdad populär gemacht habe. Seitdem war die madrasa die bedeutendste Bildungseinrichtung in den islamisch geprägten Räumen und eines der häufigsten Stiftungsobjekte.41 Medresen entwickelten sich oftmals zu architektoni‑ schen Stiftungskomplexen, die auch Her‑ bergen und Bibliotheken umfassten, oder waren ihrerseits Teil von größeren Struk‑ turen aus Moscheen, Mausoleen, Länderei‑ en sowie Immobilien, um so ihren finanzi‑ ellen Unterhalt gewährleisten zu können. Eine weitere bedeutende Institution war die Koranschule (kuttāb), die häufig als eine Stiftung für Waisen gegründet wurde und sowohl für die Unterbringung und den Unterhalt der Schüler und Lehrer als auch für die Instandhaltung der Gebäude sorgte. Der kuttāb war vielfach Teil einer größeren architektonischen Gesamtanlage. Dies ist etwa der Stiftungsurkunde des Kairener Gelehrten Ibn Taġrībirdī zu entnehmen, der die Gründung einer Koranschule als Teil seines Mausoleumskomplexes (turba) bestimmte. Der kuttāb, so lautet die Klau‑ sel in dieser waqfīya, solle zehn junge Waisen beherbergen, die von einem mit waqf ‑Geldmitteln finanzierten Rechtsge‑ lehrten (faqīh) zu unterrichten waren. In Ibn Taġrībirdīs turba fanden auch zwei Ko‑ ranleser und zehn Sufis eine Anstellung.42 Wir sollten jedoch zur Kenntnis nehmen, dass nahezu alle diese Bildungsinstitutionen eine klare parteiische Ausrichtung hatten und eigens zur Förderung einer bestimmten Auslegung des Islam gegründet wurden. So lässt sich manchmal eine Einteilung dieser Institutionen entsprechend ihres schiiti‑ schen oder sunnitischen Profils vornehmen. Saladins Medresen in Ägypten wurden mit dem Ziel gegründet, den Sunnismus wie‑ derherzustellen und die schiitische Tradi‑ tion der abgesetzten Fatimiden‑Dynastie zu beenden.43 Im westlichen Maghreb spielte die königliche Stiftung von Medresen eine
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zentrale Rolle in der Religionspolitik der Meriniden‑Dynastie, die mālikītische Ge‑ lehrte förderte und die Doktrinen der Almo‑ haden ablehnte.44 Durch Medresen konnten auch orthodoxe Schulen unterstützt und so dem Einfluss der Sufi‑Bruderschaften entgegengewirkt werden. Dies bezeugt die von den Herrschern im post‑mongolischen Iran geförderte Politik, wo anscheinend Re‑ ligionsgelehrte begünstigt wurden, die die Sufis zunehmend ersetzten.45 Innerhalb des Einflussbereichs der Sunniten lassen sich die Institutionen auch entsprechend der Rechtsschulen, denen sie jeweils zugeord‑ net sind, typologisieren, so dass es Medre‑ sen der Ḥānafīten, Šāfiʿīten, Mālikīten und, zwar seltener, auch der Ḥanbalīten gab.46 Weitere Stiftungsobjekte, die sich in die Kategorie von Stiftungen zugunsten von Ausbildung und Kultur einordnen lassen, sind Bücher und Bibliotheken. Bei den Bü‑ chern, insbesondere den Koranhandschrif‑ ten, handelt es sich wahrscheinlich um den häufigsten beweglichen waqf.47 Gestiftete Korane enthalten auch die ersten Zeugnisse von Stiftungsurkunden48 und sind vielfach ein deutliches Beispiel für die demonstra‑ tive Zurschaustellung des Reichtums. Das berühmte Manuskript des vom Statthalter Amāğūr der Moschee in Tyros gestifteten Korans enthält beispielsweise eine sorg‑ fältige Abschrift des koranischen Textes in enormer Größe. Pro Seite sind nur drei Zeilen geschrieben und am oberen Rand jedes einzelnen folio recto heißt es: „Dies wurde von Amāğūr als waqf geschenkt.“49 (→ Abb. 27) Bücher wurden oftmals mit restriktiven Auflagen gestiftet, die ihre Be‑ nutzung regelten und teils sogar ihre Ab‑ schrift verboten.50 Es war auch eine übliche Praxis, insbesondere unter den Gelehrten, ganze Bibliotheken zu stiften. Diese wur‑ den in der Regel bei anderen Institutio‑ nen angesiedelt, obwohl einige davon auch unabhängig existierten. Der waqf einer
Typologisierungen
Bibliothek konnte auch mit Besitzungen ausgestattet sein, wodurch Einnahmen für den Unterhalt der Institution, die Gehälter ihrer Angestellten und den Erwerb neuer Bücher sichergestellt waren.51 (5.) Kriegführung: Die ersten Hinweise auf religiöse Stiftungen in der arabischen Lite‑ ratur beziehen sich auf Güter und Eigentum, die der Sache Gottes (ḥabīs fī sabīl Allāh) ge‑ widmet sind.52 Wir können ganz grob zwei zentrale wohltätige Zwecke identifizieren, die mit der Ausübung des ğihād verbun‑ den sind: Unterstützung der Kämpfer und Auslösung von muslimischen Gefangenen. Krieger, die am bewaffneten Kampf gegen Nicht‑Muslime teilnahmen, seien sie nun Freiwillige oder Berufssoldaten, konnten von einer Vielzahl von Stiftungen profi‑ tieren, angefangen bei Waffen und Tieren, über Unterhaltsstiftungen, finanziert durch gestifteten Grund und Boden, bis hin zu Befestigungsanlagen (ribāṭ).53 Es war auch üblich, dass ein ribāṭ jeweils zusammen mit dem Mausoleum und dem Grab des Stifters eine Gesamtanlage bildete. Die Auslösung von Gefangenen, obwohl im Koran aus‑ drücklich als religiöse Pflicht benannt54 und daher oft durch offiziellen Austausch von Gefangenen umgesetzt, war auch sonst ein allgemeines Anliegen der muslimischen Stifter, die vielfach einen Teil der waqf ‑ Einnahmen für diesen Zweck bestimmten oder sogar besondere Lösegeldstiftungen für Gefangene gründeten.55 Die Auslösung von Gefangenen scheint für Angehörige muslimischer Minderheiten, wie den Mu‑ déjares, die auf christlichem Territorium auf der Iberischen Halbinsel lebten,56 von großer Wichtigkeit gewesen zu sein. Seit dem Beginn der Kreuzzüge war es sowohl im Nahen Osten als auch in Al‑Andalus üblich, Vermögen für etwa Verteidigungs‑ anlagen zu stiften57 oder waqf ‑Mittel für die Kriegsführung zu verwenden58.
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3.3.3 Organisationsformen
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staatlichen Beamten verwaltet werden. So gesehen wäre es möglich, die awqāf nach der Art des Verwalters – öffentlicher Be‑ amter oder Privatperson – zu klassifizieren. Wird der waqf von den Behörden verwaltet, ist es allerdings schwer, zu entscheiden, ob dies bereits in der Stiftungsurkunde vorge‑ schrieben wurde, ob das Stiftungsgut kon‑ fisziert wurde oder ob die Behörden seine Verwaltung aufgrund von Unregelmäßig‑ keiten in der Amtsführung der Stiftungsor‑ gane oder des Aussterbens der Familie des Stiftungsgründers an sich zogen. (→ 1.3.3)
Ein zweites Kriterium, das sich für die Ty‑ pologisierung von islamischen Stiftungen als zweckmäßig erweisen kann, sind ihre unterschiedlichen Organisationsformen. Die Morphologie der islamischen Stiftun‑ gen kann äußerst komplex sein und wie bei ihren Zwecken können verschiedene Modalitäten gleichzeitig auftreten. Islami‑ sche awqāf können verschiedene Formen annehmen im Hinblick auf ihre rechtliche Definition, ihren finanziellen Status und die sozialen Organisationen, in denen ihre Stiftungszwecke zum Ausdruck kommen. (2.) Finanzieller Status: Die Typologisierung von islamischen Stiftungen anhand ihres (1.) Rechtliche Form: Die grundlegende recht‑ finanziellen Status kann in gewisser Hin‑ liche Unterscheidung bei den islamischen sicht zweckmäßig, aber auch irreführend awqāf besteht zwischen öffentlichen Stif‑ sein. Einerseits können nach dem islami‑ tungen für das Gemeinwohl (awqāf ḥayrīya schen waqf ‑Recht bewegliche und sogar oder, in der mamlūkischen Verwaltungs‑ vergängliche Güter, wie Bücher, Pferde oder terminologie, auch awqāf ḥukmīya) und Sklaven, als eine Stiftung betrachtet werden, Familien‑awqāf (awqāf ahlīya oder ḏurrīya). wobei bei diesen Arten des Eigentums kein Spätere Quellen fügen dieser Typologisie‑ finanzielles Kriterium anwendbar ist. Ande‑ rung die sogenannten awqāf irṣādīya hinzu. rerseits stellen islamische awqāf, anders als Dieser Begriff wird für die mamlūkischen Stiftungen in anderen Kulturen, nicht not‑ Stiftungen von öffentlichem Grund und Bo‑ wendigerweise wohltätige Dienste zur Ver‑ den verwendet, der in awqāf umgewandelt fügung und können möglicherweise einfach wurde; diese Praxis wurde von Rechtsge‑ nur eine Einnahmequelle für andere Orga‑ lehrten stark kritisiert. In der osmanischen nisationen sein. Die Umayyaden‑Moschee Zeit entwickelte sich eine weitere Form von Damaskus ist beispielsweise selbst kein des waqf, der sogenannte Geld‑waqf (waqf waqf, traditionell aber ist sie die Begünstigte an-nuqūd). Rechtliche Quellen unterschei‑ und von Zeit zu Zeit auch die Verwalterin den zudem zwischen beweglichen (manqūl) von zahlreichen Stiftungen gewesen. Dar‑ und unbeweglichen Stiftungsgütern (ġayr unter befanden sich viele Familien‑awqāf, manqūl). die aus gestiftetem Grund und Boden be‑ Das islamische Recht definiert und regelt standen; zwar wurden sie durch die Erben den rechtlichen Akt des Verzichts auf Eigen‑ des Stifters verwaltet, mussten jedoch einen tum, das Gott gewidmet wird. Abgesehen jährlichen Beitrag für wohltätige Zwecke von den rechtlichen Zwängen unterliegt an die Moschee leisten.59 der waqf aber auch den in der konkreten So wäre es möglich, eine Typologisierung Stiftungsurkunde festgelegten Stiftungsbe‑ der awqāf funktional gesehen auch hinsicht‑ dingungen. Hier werden u. a. die Begünstig‑ lich ihrer Beziehung zu den Begünstigten ten und normalerweise auch der Verwalter vorzunehmen: Dies können Einrichtungen bestimmt. Awqāf können aber auch von sein, die wohltätige Arbeit leisten, wie etwa
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Moscheen, Hospitäler, Medresen usw. Bei den Begünsigten kann es sich aber auch um Finanzinstitutionen wie die Land‑awqāf handeln, die nach Art von Fördereinrich‑ tungen ihre Zwecke verfolgen, indem sie andere Institutionen mit Geldzuwendungen unterstützen, anstatt selbst die von ihren Gründern erwünschten sozialen Tätigkei‑ ten zu organisieren. Es können aber ebenso bei sogenannten Land‑awqāf Personen sein, die, obwohl sie nicht direkt die von ihrem Gründer angestrebten wohltätigen Zwecke erfüllen. In dieser Hinsicht könnte man also von waqf‑Netzwerken sprechen, wenn eine Stiftung, die wohltätige Dienste zur Verfügung stellt, auch die Begünstigte ist. Die symbiotischen Beziehungen der is‑ lamischen awqāf untereinander lassen sich jedoch nicht rein finanziell beschreiben, und dieses Kriterium ist auch nicht immer zweckmäßig. Sicherlich gab es wirtschaft‑ lich unabhängige Stiftungen, die ihre eige‑ nen Mittel besaßen. Zu dieser Gruppe ge‑ hörten nahezu alle Familien‑awqāf. Ihr Ziel war es, den Familienbesitz zu bewahren und den Erben ein regelmäßiges Einkommen zu sichern. Ferner gehörten dazu die sogenann‑ ten awqāf irṣādīya, die von den Mamlūken genutzt wurden, um die Einnahmen aus gestiftetem öffentlichen Grund und Boden zu privatisieren; hier einzuordnen ist auch die Mehrheit der großen waqf‑Komplexe, die vom Hof und von Bürgereliten gestiftet wurden und immer Vermögen umfassten, um die wohltätigen Institutionen zu finan‑ zieren.60 Es gab jedoch auch wirtschaftlich abhängige Stiftungen oder Stiftungen ohne irgendeine eigene Einnahmequelle, wie z. B. Gräber. Aber selbst in den Fällen, in denen ein solcher waqf eine bedeutende soziale Rolle spielte – beispielsweise bei einem Grab, das zum Kultobjekt geworden ist –, war die‑ ser oftmals in ein waqf‑Netzwerk integriert und wurde dann zum Begünstigten anderer Stiftungen oder frommer Schenkungen.61
Typologisierungen
(3.) Soziale Organisation: Aufgrund des mul‑ tifunktionalen Charakters der islamischen Institutionen und der äußerst informellen Natur der wohltätigen Dienstleister ist eine Klassifizierung der Stiftungen hinsichtlich des sozialen oder berufsmäßigen Status der mit diesen Strukturen verbundenen Perso‑ nen nur in seltenen Fällen möglich. Obwohl es weder Kirche noch Mönchtum im Islam gibt, entwickelte sich bei verschiedenen Gruppen doch ein gemeinschaftliches Leben, das durch islamische Stiftungen ermöglicht und gefördert wurde. Das beste Beispiel dafür sind Sufi‑Bruderschaften (ṭarīqas), die über eigene Konvente (ḫānqāhs, ribāṭs) ent‑ weder in städtischen oder ländlichen En‑ klaven verfügten,62 aber auch andere Grup‑ pen, die sich der Askese und Entsagung verschrieben. Häufig waren dies religiöse Außenseiter, die ein Leben in Zurückgezo‑ genheit wählten, wie die Karrāmīya‑Sekte, zu der mittelalterlichen Quellen zufolge die ersten ḫānqāhs gehörten.63 Asketische Gemeinschaften waren jedoch auch in den islamischen Grenzgebieten sehr aktiv, wo sie mit einer besonderen Stiftung zu Ver‑ teidigungszwecken, dem ribāṭ, verbunden waren und in den Genuss von Unterhalts‑ zahlungen aus den ğihād‑awqāf kamen. Dies lockte zudem freiwillige Kämpfer (mutaṭauwiʿa) an und förderte eine beson‑ dere Art von Askese, die aus Spiritualität und Kriegsführung bestand und bedeutende Unterstützung aus frommen Stiftungen er‑ fuhr.64 Es lässt sich auch eine gelegentliche Wechselbeziehung zwischen Händlern und Stiftungen feststellen, die sich sowohl der Beherbergung von Karawanen als auch dem Handelsaustausch in ihren funduqs widme‑ ten.65 Obwohl nach dem 6./12. Jahrhundert die madrasa das islamische Zentrum für hö‑ here Bildung par excellence wurde, waren alle muslimischen Bildungseinrichtungen in ihren Strukturen auf die Bedürfnisse ih‑ rer Schüler ausgerichtet und sorgten nicht
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nur für ihre Unterweisung, sondern auch für ihren Unterhalt. Medresen und Koran‑ schulen (kuttāb) sorgten üblicherweise für die Unterbringung der Schüler vor Ort oder in angrenzenden Gebäuden, wobei die awqāf in der Regel auch Mittel für die Instandhaltung der Unterkünfte umfassten. Die Religionsgelehrten (ʿulamāʾ) dagegen, wahrscheinlich die herausragendsten Mit‑ glieder der gesellschaftlichen Elite, wohnten normalerweise nicht in den Medresen, und auch ihre Tätigkeit konzentrierte sich nicht ausschließlich auf diese Bildungszentren.
(1.) Einnahmen aus Grund und Boden: Awqāf konnten Kapital aus der agrarischen Nut‑ zung von Grund und Boden oder aus sei‑ ner Verpachtung erzielen. Mittelalterliche Rechtsgelehrte differenzierten hierbei zwi‑ schen zwei Arten von Verträgen, deren Be‑ zeichnungen manchmal metonymisch für den Grund und Boden der awqāf verwendet wurden: 1) iğāra (,Pachtvertrag‘)66 und 2) muzāraʿa (,Halbpachtvertrag‘)67. Außerdem bedeutete die Umwandlung von ländlichem Grund und Boden in awqāf eine beträchtli‑ che Reduzierung der Steuerlast für die pro‑ duzierenden landwirtschaftlichen Betriebe.
3.3.4 Stiftungsvermögen
(2.) Immobilien: Städtische awqāf bestan‑ den oftmals aus Immobilieneigentum, das mit einem langfristigen Vertrag vermietet werden konnte, bekannt als ḥikr und im Maghreb auch als ğalsa, ʿanā oder zīna,68 oder aus Geschäften, Werkstätten, Herber‑ gen (funduqs) oder auch aus Komplexen, in denen Handel getrieben wurde (qaisarīyas). Ein Teil der daraus erzielten Einnahmen war für die direkte Bereitstellung von wohltätigen Diensten vor Ort oder für die Finanzierung anderer wohltätiger Institu‑ tionen bestimmt. In Ägypten und Palästina wurde ein Sys‑ tem benutzt, um Geldmittel für Reparaturen von Immobilien zu beschaffen, das ḫuluww al-intifāʿ (wörtlich ‚ohne Gewinn‘) genannt wurde. Es bestand de facto aus einem Dar‑ lehen, das dem waqf im Gegenzug für die Nutzung des Eigentums gewährt wurde. Rechtlich gesehen wurde das religiöse Zins‑ verbot dabei geachtet, indem die Stiftung das Nutzungsrecht an dem Gebäude verkaufte und es später zurückerwarb, während der Käufer Gewinn aus der Nutzung der Immo‑ bilie einstrich. Auf diese Weise konnte die Stiftung das verkaufte Eigentum jederzeit zurückerwerben; der ursprüngliche Kauf‑ preis wurde dabei um die Wertsteigerung durch die Reparaturen erhöht.69
Typologisierungen, die entsprechend dem finanziellen Status der islamischen Stif‑ tungen vorgenommen werden, können aus verschiedenen Gründen zu ernsthaf‑ ten Missverständnissen führen. Erstens gibt es bewegliche und oft vergängliche waqf ‑Güter, wie Waffen, Bücher, Pferde, Sklaven usw., auf die diese Typologisierung nicht angewendet werden kann. Zweitens besteht das Ziel vieler awqāf nicht darin, wohltätige Dienste zur Verfügung zu stellen, sondern vielmehr andere Institutionen, die sich dieser Aufgabe annehmen, wirtschaft‑ lich zu unterhalten, ungeachtet dessen, ob diese nun ihrerseits awqāf sind oder nicht. Drittens ist das Stiftungsvermögen großer waqf‑Komplexe, mit dem die für die Finan‑ zierung der Stiftungstätigkeit notwendigen Einnahmen erzielt werden – Grund und Bo‑ den etwa oder Läden –, üblicherweise selbst ein waqf. Unter diesen Gesichtspunkten ist es sinnvoller, die islamischen Stiftungen nicht nach der Art ihrer Finanzierung zu klassifizieren, sondern vielmehr festzustel‑ len, auf welche Art und Weise die awqāf das Kapital erwirtschaften, mit dem sie wiederum die Institutionen, die wohltätige Dienste zur Verfügung stellen, finanzieren.
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(3.) Nutzungsrechte an öffentlichen Ein‑ richtungen: Das Einkommen wohltätiger Institutionen konnte auch aus öffentlichen Einrichtungen stammen, die Einnahmen erwirtschafteten. Dabei handelte es sich in der Regel um awqāf ḫayrīya, beispiels‑ weise Mühlen, Öfen, Märkte, öffentliche Bäder oder Hafeneinrichtungen. Awqāf, die Infrastrukturen für die Wasserversorgung bereitstellten, wie etwa Wasserräder, konn‑ ten ebenfalls eine Einnahmequelle darstel‑ len, desgleichen die Wassernutzungsrechte, wenn die Wasserversorgung von gestifte‑ ten Dämmen oder Bewässerungskanälen abhängig war.70
Typologisierungen
(6.) Investition von waqf ‑Einnahmen: Es war durchaus üblich, nicht den gesamten aus dem waqf erwirtschafteten Überschuss unter den Beteiligten aufzuteilen oder für wohltätige Zwecke aufzuwenden. Die Auf‑ lagen in den waqf‑Urkunden schrieben in der Regel vor, dass ein bestimmter Betrag des jährlichen Einkommens für die Erhal‑ tung der waqf‑Einrichtungen und ihre Re‑ staurierung zurückzulegen sei. Sofern die Infrastruktur des waqf keine größere In‑ vestition erforderte, konnte das für diesen Zweck angesammelte Kapital in weiteres Eigentum investiert werden, wie etwa in Immobilieneigentum – üblicherweise Lä‑ den – oder in landwirtschaftlich genutzten (4.) Istibdāl: Unter gewissen Voraussetzun‑ Grund und Boden. Dieses neu erworbene gen gestattete das islamische Recht, waqf‑ Eigentum erhielt ebenfalls den Status einer Eigentum gegen ein anderes Gut und Geld Stiftung und unterlag denselben Bedingun‑ einzutauschen (istabdala), sofern der Tausch gen wie der waqf, der es erworben hatte.73 für die Begünstigten von Vorteil war. So konnte etwa eine Immobilie verkauft wer‑ den, die stark reparaturbedürftig oder deren 3.3.5 Sozialer Status der Akteure Unterhalt für die Stiftung mit hohen Kos‑ ten verbunden war; mit dem erzielten Erlös Obwohl die Quellen keine detaillierten per‑ musste anschließend ein profitableres Gut sonengeschichtlichen Studien ermöglichen, gekauft werden, das höhere Erträge abwarf.71 wäre es nicht falsch zu behaupten, dass alle gesellschaftlichen Schichten auf die eine (5.) Spenden: Fromme Spenden (ṣadaqāt, oder andere Weise an der mittelalterlichen nawāfil al-ḫairāt) konnten eine beständige Praxis des Stiftens von Eigentum partizi‑ Einnahmequelle für solche awqāf sein, pierten. Für die Typologisierung der Stifter die zu Objekten der Volksfrömmigkeit ge‑ und, in geringerem Maße, auch der Be‑ worden waren, wie etwa Schreine, Gräber günstigten eignen sich folgende Kriterien: von Heiligen oder Moscheen, die Reliquien aufbewahrten. Dieses Phänomen kann als (1.) Sozialer Status der Stifter: Mittelalter‑ eine Umwandlung von spirituellem oder liche Muslime differenzierten bei der Ein‑ religiösem, das heißt symbolischem, Ka‑ teilung der Gesellschaft zwischen der ḫāṣṣa pital der Stiftung in ökonomisches Kapital (,Elite‘) und der ʿāmma (,gemeines Volk‘) interpretiert werden, das durch die Spende oder nahmen eine Klassifizierung nach va‑ akquiriert wurde, während sich die Spen‑ riablem sozialem Rang oder unterschied‑ der im Gegenzug Gottes Lohn im Jenseits licher Profession vor. Dies drückte sich in erhofften. Hier ist darauf hinzuweisen, verschiedenen Modellen sozialer Ordnung dass das islamische Recht klar zwischen aus, angefangen bei der platonischen drei‑ frommer Spende (ṣadaqa) und profanem teiligen Gesellschaft bis hin zu einer Katego‑ risierung in sieben soziale Schichten.74 Die Geschenk (hiba) differenzierte.72
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exakte Bedeutung dieser Benennungen und Einteilungen ist unklar, da sie moralische, soziale, wirtschaftliche und sogar episte‑ mologische Variablen vereinigen und ihre Verwendung in den verschiedenen Epochen und jeweiligen Kontexten erheblich variiert. Nach Ansicht der Forschung zählen in der Regel zur ḫāṣṣa das Militär und die mit dem Hof verbundenen zivilen Eliten (die Familie des Kalifen, bedeutende Amtsträger in Ver‑ waltung und Armee sowie die intellektuelle Elite der ʿulamāʾ) sowie die wohlhabendsten Kaufleute, wogegen die ʿāmma die übrigen gesellschaftlichen Gruppen umfasste. Was die Teilhabe an der waqf‑Kultur an‑ belangt, so waren die Mitglieder der Herr‑ scherfamilien und der Hof die hervorra‑ gendsten Stifter. Sie haben bedeutende awqāf an allen Orten und in allen Epochen hinter‑ lassen. Es ist jedoch bemerkenswert, dass es unter den Herrschern eine Tendenz gab, die Stiftung wohltätiger Institutionen an andere Mitglieder des Hofes, insbesondere Frauen, zu delegieren, aber auch an Wesire, Emire und andere hochrangige Beamte.75 Herrscher gründeten häufig in ihrer Eigenschaft als öf‑ fentliche Personen awqāf, indem sie Geldmit‑ tel aus der Staatskasse für einen bestimmten Zweck zur Verfügung stellten oder indem sie erobertes oder beschlagnahmtes Eigentum in awqāf umwandelten. Ihre Teilhabe an der waqf‑Kultur als Privatpersonen war in der Regel sekundär, allerdings mit der bemer‑ kenswerten Ausnahme der mamlūkischen Sultane, die die awqāf zur Appropriation der Einnahmen aus öffentlichem Grund und Boden benutzten. Die Praxis des Stiftens von Eigentum war auch unter Menschen üblich, die an Einfluss oder ökonomischem Kapital weniger reich waren, denn oftmals bot ihnen die Gründung von Familien‑awqāf die Möglichkeit, ihr Eigentum vor Willkür und Konfiskationen zu schützen oder die Teilung des Familienbesitzes im Erbfall zu verhindern.
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(2.) Professioneller Status der Stifter: In ge‑ wissen Fällen lässt sich eine Übereinstim‑ mung zwischen der Art der Stiftung und dem sozialen oder professionellen Status des Stifters feststellen. Die monumentalen waqf‑Komplexe wurden offenkundig von der Elite des Hofes gegründet, wie etwa den Herrschern selbst und ihren Ehefrauen oder von Wesiren. Über viele Religionsge‑ lehrte ist bekannt, dass sie Bildungsins‑ titutionen wie Koranschulen oder Biblio‑ theken gründeten, in die sie üblicherweise ihre eigene persönliche Bibliothek und ihre eigenen Werke einbrachten.76 Auch über einige Kaufleute ist bekannt, dass sie Stif‑ tungen wie etwa eine qaisarīya oder einen funduq errichteten, die ihnen für ihre eige‑ nen Geschäfte Vorteile einbrachten.77 Eine ausschließlich utilitaristische Erörterung dieses Phänomens wäre natürlich eine sehr reduktionistische Herangehensweise, aber wir sollten nicht außer Acht lassen, wie die soziale Rolle der islamischen awqāf im Kern verstanden wurde. In Nischapur etwa erlangte im 4./10. Jahrhundert eine rigoris‑ tische Sekte, bekannt als Karrāmīya, große Akzeptanz in der Bevölkerung, indem sie mehrere Herbergen in der Region unterhielt, und erfreute sich sogar eines großen Ein‑ flusses auf die Behörden. Einer der Grund‑ sätze dieser Sekte lautete, dass eine Betei‑ ligung an der Abwicklung von Geschäften als Sünde zu betrachten sei, und ihre radi‑ kalsten Mitglieder gingen so weit, dass sie den Reichtum der Patrizierfamilien in der Stadt gefährdeten. Die Eliten von Nischapur, einschließlich der Kaufleute, reagierten auf diese Bedrohung, indem sie Stiftungen für rivalisierende – und in ihren Augen ortho‑ doxe – religiöse Gruppen wie šāfiʿītische und ḥanafītische Gelehrte errichteten und unterstützten, die nach und nach den Ein‑ fluss der Karrāmīya überwanden.78 Die Stif‑ tungen der Eliten von Nischapur förderten zunächst die Weitergabe religiösen Wissens
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und eine besondere Form des Islam, ihr Ziel aber war eindeutig pragmatischer Natur. (3.) Religionszugehörigkeit: Die Religions‑ zugehörigkeit des Stifters kann ebenfalls als Typologisierungskriterium für awqāf genutzt werden. Das Ziel der von Juden oder Christen gegründeten Stiftungen war es, ihre Glaubensbrüder mit wohltätigen Diensten zu versorgen, obwohl gemäß islamischem Recht diese auch der mus‑ limischen Gemeinschaft zugutekommen sollten.79 Auch christliche Stiftungen pro‑ fitierten von Bücherschenkungen nach isla‑ mischem waqf‑Recht.80 Die innerislamische Rivalität zwischen Schiiten und Sunniten unter den Muslimen hat insbesondere nach der Niederlage der schiitischen Fatimiden in Ägypten die Gründung von zahlreichen Bildungsinstitutionen durch Mitglieder der Sunniten‑Elite begünstigt.81 Ähnlich stellt sich die Situation im Maghreb nach dem Niedergang der Almohaden, die durch die schiitische Ideologie der Fatimiden stark beeinflusst waren, und dem Aufstieg der merinidischen Herrscher dar, die den ortho‑ doxen Malikismus mit zahlreichen Stiftun‑ gen förderten.82 Bildungsinstitutionen orien‑ tierten sich in der Regel an der religiösen Ausrichtung des Gründers, der in den Be‑ dingungen der waqf‑Urkunde stets deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rechts‑ schule festlegte. Das berühmteste Beispiel ist die erste bekannte madrasa, die vom We‑ sir Niẓām al‑Mulk gegründet wurde. Dieser legte ausdrücklich in seiner waqf‑Urkunde fest, dass die madrasa der šāfiʿītischen Schu‑ le (aṣḥāb aš-šāfiʿīya) gewidmet sein solle. Die Bedingung ist von großer Bedeutung, weil die seldschukischen Eliten Anhänger der konkurrierenden ḥanafītischen Schule wa‑ ren. Durch den Historiker Ibn al‑Ǧawzī (gest. 597/1201) ist eine kurze Beschreibung dieser Medrese erhalten geblieben. Al‑Ǧawzī preist die Nächstenliebe von Niẓām al‑Mulk und
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führt zum Beleg die in großer Zahl erbauten Institutionen an (Medresen, Moscheen und Herbergen), eingeschlossen die dazugehöri‑ gen awqāf. Außerdem gibt der Autor einige Bedingungen aus der Stiftungsurkunde der Medrese Niẓāmīya wieder: Niẓām al‑Mulk habe bestimmt, dass ausschließlich Anhän‑ ger der šāfiʿītischen Schule Begünstigte der madrasa und ihres Vermögens sein sollten, wie Ibn al‑Ǧawzī zweimal erwähnt. Ferner habe der Stifter festgelegt, dass die Insti‑ tution mit einem Prediger (wāʿiẓ), einem Bibliothekar (mutawallī al-kutub), einem Koranleser (muqqariʾ) und einem Arabisch lehrenden Grammatiker (naḥwī) ausgestat‑ tet werden sollte.83 (4.) Geschlecht: Frauen partizipierten in der Kultur des waqf auf allen Ebenen. Schrift‑ und Sachzeugnisse belegen Stiftungen von Frauen, die zur Elite gehörten, und auch von kleinen Eigentümerinnen. Das von Frau‑ en gestiftete Eigentum ist von vielfältiger Natur, und es lässt sich kaum eine direkte Übereinstimmung zwischen der Art der Stiftung und dem Geschlecht finden. Al‑ lerdings gibt es eine Ausnahme, und zwar bei der Stiftung von ribāṭs für geschiedene Frauen und Witwen, was weitgehend eine weibliche Praxis gewesen zu sein scheint. Dem Historiker al‑Maqrīzī (gest. 845/1442) zufolge gründeten bereits die Frauen und Konkubinen der letzten fatimidischen Ka‑ lifen eine Anzahl von weiblichen ribāṭs auf dem Qarāfa‑Friedhof, wo alte Witwen und fromme Frauen sich einem Leben in Aske‑ se und Abgeschiedenheit verschrieben hat‑ ten.84 Die relativ hohe Scheidungsrate im mamlūkischen Ägypten scheint unter den Frauen der Kairener Eliten eine Zunahme der Gründung solcher Stiftungen befördert zu haben; insbesondere gilt dies für die zweite Hälfte des 7./13. Jahrhunderts.85 Die narrativen Quellen geben Zeugnis von ähn‑ lichen Institutionen in Mekka und Bagdad,
Muslime
obwohl in diesen Fällen das Geschlecht der Stifter unbekannt ist.86 3.3.6 Topographie Awqāf sind in islamischen Ländern allge‑ genwärtig und weisen allerorten eine hohe Ähnlichkeit auf. Es ist jedoch wichtig, die Bedeutung der islamischen sakralen Geo‑ graphie in Bezug auf religiöse Stiftungen zu betonen. Zumindest in zwei Fällen sind solche Kriterien für die Ortswahl offen‑ kundig: bei den awqāf an den Grenzen zu den nicht‑islamischen Ländern – ins‑ besondere Byzanz – und bei den awqāf in den heiligen Städten Mekka und Medina. (1.) Grenz‑awqāf: Für mittelalterliche Musli‑ me gab es ganz grob gesehen zwei Welten: dār al-islām, die islamischen Lande, oder wörtlich „die (Gott) unterworfenen Lande“, und dār al-ḥarb, „die Lande des Krieges“ oder gemäß anderer Interpretationen „die sich im Krieg (gegen Gott) befindenden Lande“. Die Idee des heiligen Krieges war von frühester Zeit an mit der Idee der Rückgewinnung von Land für Gott – nicht so sehr für die Menschen – verbunden. Der Begriff, der im frühen Islam für erobertes Land verwendet wurde, war fayʾ, was wörtlich übersetzt bedeutet „was (zu Gott) zurückkehrt“. Bei der Charakterisierung dieses Landes treten nicht wenige Ähnlichkeiten mit dem spä‑ teren Konzept des waqf zutage.87 Für viele mittelalterliche Muslime, insbesondere die frömmsten unter ihnen, sollten die erober‑ ten Lande Gott gehören und demzufolge kein Eigentum des Staates oder der Armee werden. Außerdem nahm die Grenze eine einzigartige Stellung in der symbolischen Vorstellungswelt der mittelalterlichen Mus‑ lime ein. Dies verlieh auch den Grenzstif‑ tungen einen besonderen Charakter. Der typische waqf an der Grenze war – neben
197
den beweglichen awqāf für den ğihād – der ribāṭ, eine Befestigungsanlage, die freiwil‑ lige Krieger mit strengen spirituellen und asketischen Werten beherbergte. Frühe Abhandlungen über den waqf, wie die von al‑Ḫaṣṣāf, verwendeten stets den Ausdruck al-ġuzāt waʾ-ʾl-murābiṭūn (‚die Krieger und die Bewohner des ribāṭ‘), um die Begüns‑ tigten der Grenzstiftungen zu bezeichnen.88 Das vollkommene Modell eines asketischen Kriegers ist der berühmte ʿAbd Allāh Ibn al‑Mubārak (gest. 181/797), dessen Diktum „Jede Gemeinschaft hat ihre eigene Form des Mönchtums, und das Mönchtum un‑ serer Gemeinschaft ist der ğihād für die Sache Gottes“89 deutlich den besonderen Charakter des heiligen Krieges und, in er‑ weitertem Sinn, der an den Grenzen der islamischen Gebiete gegründeten Stiftungen versinnbildlicht. (2.) Awqāf in und für heilige Orte: Eine zweite Gruppe von awqāf, die aufgrund ihrer geographischen Lage eine besonde‑ re Berücksichtigung verdient, sind die in den heiligen Städten Mekka und Medina gegründeten Stiftungen und die Stiftungen, die im Rest der islamischen Welt für deren Unterhalt gegründet wurden. Die Unter‑ scheidungsmerkmale zwischen den awqāf in Mekka und Medina und anderen Stiftungen sind von vielfältiger Art. Rein wirtschaft‑ lich gesehen stellen diese awqāf soziale und wohltätige Dienste für den Unterhalt der heiligen Orte zur Verfügung und nehmen sich der Bedürfnisse der Pilger an, denen die Behörden selbst aufgrund finanzieller Probleme nicht gerecht werden konnten: Da die Regionen um Mekka und Medina als heilig betrachtet wurden (ḥarām), war es Christen und Juden nicht gestattet, dort zu leben. Dadurch wurden die Behörden vor Ort jedoch einer der wichtigsten Ein‑ nahmequellen der islamischen öffentlichen Hand beraubt, und zwar der ğizia‑Steuer.
198
Diese hatten sonst religiöse Minderheiten in islamisch beherrschten Regionen zu zah‑ len. Ein zweites einzigartiges Merkmal ist, dass diese awqāf transregional waren: Die Stifter waren fromme Muslime aus allen islamisch geprägten Ländern, insbesondere Herrscher, die seit Jahrhunderten fromme Stiftungen in den heiligen Städten gegrün‑ det und unterhalten hatten. Sie stifteten aber auch regelmäßig bewegliche awqāf für die Ausrichtung der Pilgerzeremonien, zu denen etwa die berühmten kiswas (,zeremonielle
Typologisierungen
Tücher‘) gehörten, die die Kaaba bedeckten und deren Bereitstellung ein Privileg war, das den ägyptischen Herrschern gewährt wurde.90 Schließlich waren die awqāf der heiligen Städte die wichtigsten Begüns‑ tigten von anderen islamischen Stiftungen und erhielten jährliche Zuwendungen von Tausenden von awqāf aus allen islamischen Ländern, die oft die Bezeichnung awqāf alḤaramayn (‚die awqāf der zwei ḥarams‘, d. h. Mekka und Medina) tragen.91 IS
Anmerkungen 1 Peters, Waqf (2002), 59 f. Zum schiitischen
Recht siehe al-Murtaḍā, Intiṣār al‑muštamal (1897), 124. 2 Behrens-Abouseif, Waqf (2002), 64. 3 Ebd., 65; Lev, Charity, Endowments, and Cha‑ ritable Institutions (2005), 62–65. 4 Siehe etwa Van Leeuven, Waqfs and Urban Structures (1999), und ʿAbd al-ʿAẓīm, al‑Awqāf fī Baġdād (2002). 5 Lev, Charity, Endowments, and Charitable Institutions (2005), 53 f. 6 Siehe etwa Sabra, Public Policy or Private Charity (2005). 7 Berkey, Transmission of Knowledge (1992), 53 f. 8 Hillenbrand, Madrasa (1986), 1137; Chamberlain, Knowledge and Social Practice (1994, ND 2002), 52 f. 9 Hillenbrand, Islamic Architecture (1994), 341 f. Zu den Schwierigkeiten der Differenzierung von Sufi‑Institutionen in der mamlūkischen Epoche siehe Little, Nature of Khānqāhs, Ribāṭs, and Zāwiyas (1991). 10 Muqaddima Ibn Ḫaldūn. Ed. ʿAbd as-Salām Šaddādī, Bd. 2. Casablanca 2005, 357. 11 Nach Muslim b. al‑Ḥaǧǧaǧ, al‑Musnad aṣ‑ Ṣaḥīḥ. Ed. Muḥammad Fuʾād ʿAbd al-Bāqī, Bd. 3. Beirut o. J., 1255, Nr. 1613. Siehe auch Pahlitzsch, Concern for Spiritual Salvation (2001), 337. 12 Zum Überblick über dieses Phänomen siehe Pahlitzsch, Memoria und Stiftung im Islam (2005). 13 Diem / Schöller, Living and Dead (2004). 14 Meri, Cult of Saints (2002).
15 Leisten, Architektur für Tote (1998). 16 Siehe die Edition der waqfīya in: Kitāb waqf
as‑sulṭān an‑Nāṣir Ḥasan Ibn Muḥammad Ibn Qalāwūn ʿalā madrasatihi bi‑ʾr‑Rumayla. Ed. Huwayda al-Ḥāriṯī. Beirut 2001. 17 Massignon, Cité des morts au Caire (1958). 18 So etwa in den Bestimmungen zum waqf des als Yānūsīya bekannten Sufi‑Ordens, die die Rezi‑ tation von Gebeten am Grab vorschreiben, deren Verdienst (ṯawāb) den ‚Bewohnern‘ des Grabes und, nach seinem Tod, dem Stifter zugutekom‑ men sollte; vgl. hierzu D. Richards, Damascus Scroll (1990), 271. 19 Lev, Charity, Endowments, and Charitab‑ le Institutions (2005), 3; Lavish, Mālikī Family Waqf (1983), 6. 20 Nach Al‑Qalqašandī, Ṣubḥ al‑aʿshā fī ṣināʿat al‑inšāʾ, Bd. 14. Kairo 1963–1972, 352. 21 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 104. 22 B. Hoffmann, Waqf im mongolischen Iran (2000), 200 f. 23 Ibn ʿImād, Šaḏarāt aḏ‑ḏahab fī aḫbār man ḏahaba, Bd. 5. Beirut 1979, 122. 24 Yāqūt al‑Ḥamawī, Muʿğam al‑buldān, Bd. 1. Beirut 1977, 15. Der Autor bestätigt im Prolog, dass das Autograph dieses Werkes als Schenkung der Bibliothek des Richters Abū al‑Hasan ʿAlī b. Yūsuf aš‑Šaibānī überlassen wurde, wobei jedoch nicht von waqf gesprochen wird. 25 In seinem Bericht über die awqāf von Bagdad in der nachklassischen abbasidischen Epoche, der
Muslime
sich auf literarische Quellen stützt, verzeichnet Muḥammad ʿAbd al‑ʿAẓīm fünf große Institutionen dieser Art: das Ṣaʿadī‑Hospital und das Hospital von Badr al‑Muʿtaḍidī, die beide von dem Kali‑ fen al‑Muʿtaḍid (279–289 / 892–902 u. Z.) gegründet wurden, ein Hospital, das vom buyidischen Emir Muʿizz ad‑Dawla (333–356 / 945–967 u. Z.) gegründet wurde und in den Quellen seinen Namen trägt (bimāristān muʿizz ad-dawla), ein Hospital, gegrün‑ det von dem Buyiden ʿAḍud ad‑Dawla (367–372 / 978–983 u. Z.) (al-bimāristān al-ʿaḍudī), und die so‑ genannte Halle der Medizin (īwān aṭ-ṭibb) in der Medrese Mustanṣirīya, die von dem vorletzten abbasidischen Kalifen al‑Mustanṣir (646–675 / 1249–1277 u. Z.) gegründet wurde; vgl. ʿAbd al-ʿAẓīm, al‑Awqāf fī Baġdād (2002), 32–38. 26 In Córdoba etwa wurde eine Lepra‑Kolonie von einem waqf unterstützt, der von der Gattin Hakams I. gestiftet wurde; siehe Christys, Mean‑ ing of Topography (2010), 121. 27 Rapoport, Marriage, Money and Divorce (2005), 31–50. 28 Hamza, Economic and Social Life (2008). 29 Zu den zahlreichen Beispielen des mam‑ lū kischen Kairo vgl. Behrens-Abouseif, Islamic Architecture in Cairo (1989). 30 Zu Bewässerungsinfrastrukturen siehe Subtelny, Timurids in Transition (2007), 158; Clevenger, Dams in Ḫorāsān (1969). 31 Zu Verteidigungsstrukturen siehe Winter, Mamluks and their Households (2004), 304. 32 Iwatake, Waqf of a Timurid Amir (2003). 33 Ibn Ǧubair, Riḥlat. Ed. William Wright / Michael Jan de Goeje. Leiden 1907, 42. 34 O. Constable, Housing the Stranger (2003), 40–106. 35 Ibn Baṭṭūṭa, Riḥlat. Beirut 1992, 103. 36 Talmon-Heller, Islamic Piety in Medieval Sy‑ ria (2007), 66 f. 37 Siehe Beschreibung der awqāf von Damas‑ kus durch Ibn Baṭṭūṭa, der als Zwecke neben der Unterstützung von Pilgerschaft und Eheschlie‑ ßungen auch die Auslösung von Gefangenen (fakāk al-asārī), Armenspeisungen (abnāʾ as-sabīl) sowie den Unterhalt von Wegen und Straßen auf‑ führt; vgl. Ibn Baṭṭūṭa, Riḥlat (wie Anm. 35), 104. 38 Sabra, Poverty and Charity (2000), 94. 39 Vgl. Tāǧ ad‑Dīn as‑Subkī, Kitāb muʿin an‑ niʿam wa‑mubīd an‑niqam. The Restorer of Favours
199 and the Restrainer of Chastisements. Ed. David W. Myhrman. London 1908, 32 [arabischer Text]. 40 Eddé, Saladin (2011), 223. 41 Zu Ursprung und Entwicklung dieser In‑ stitution siehe Makdisi, Rise of Colleges (1981). 42 Hamza, Economic and Social Life (2008). 43 La Viere Leiser, Restoration of Sunnism in Egypt (1976). 44 Shatzmiller, Berbers and the Islamic State (2000), 87–93. 45 Potter, Sufis and Sultans (1994). 46 Die erste ḥanbalītische Medrese in Bagdad wurde z. B. ein halbes Jahrhundert nach den Med‑ resen anderer Schulen gegründet. Die schulische Lehrtätigkeit aber fand weiterhin vorrangig in der Moschee von al‑Manṣūr statt; vgl. Ephrat, Learned Society (2000), 47. 47 Ihr Status als waqf wurde jedoch bereits in der Entstehungszeit des Islam teils kontrovers diskutiert; vgl. Eche, Bibliothèques arabes (1967), 68–74; 301 f. 48 Déroche, Qurʾān of Amāğūr (1990/1991). 49 Die noch existierenden Fragmente des Ma‑ nuskripts werden vom Evkaf‑Museum in Istan‑ bul und von der Cambridge University Library aufbewahrt. Eine digitalisierte Online‑Kopie der Fragmente in Cambridge ist einsehbar unter: Cambridge University Library, http://cudl.lib.cam. ac.uk/view/MS‑ADD‑01116/1 (Zugriff: 08.02.2013) 50 Siehe etwa al‑Wanšarīsī, Al‑Miʿyār al‑muʿrib wa‑ʾl‑ǧamiʿ al‑muġrib ʿan fatāwā ʿulamāʾ al‑An‑ dalus wa‑ʾl‑Maġrib. Ed. Muḥammad Ḥaǧǧī, Bd. 7. Rabat 1981–1983, 293. 51 Eine gute Studie zu einem mittelalterli‑ chen Bibliotheks‑waqf bietet Subtelny, Making of Bukhārā‑yi Sharīf (2001). 52 Vgl. Schacht, Early Doctrines on Waqf (1953). 53 Picard / Borrut, Rābata, Ribāt, Rābita (2003). 54 Q 9.60. 55 Vgl. Abdel Wahab, Captive Waqfs (2000); Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 128 f. 56 K. Miller, Guardians of Islam (2008), 167 f. 57 Zur Stiftung eines mit militärischer Aus‑ rüstung ausgestatteten Wehrturms siehe etwa Winter, Mamluks and their Households (2004), 304. 58 Zu Saladins Verwendung von waqf ‑Einnah‑ men für die Bezahlung der Kämpfer siehe Lev, Charity, Endowments, and Charitable Institu‑ tions (2005), 59.
200
Typologisierungen
59 Siehe Heidemann, Charity and Piety (2009), 169 f. 76 Siehe etwa den durch den Historiker Ibn 60 Amīn, al‑Awqāf wa‑ʾl hayā al‑iǧtimāʿīya (1980), Taġrībirdī gestifteten kuttāb, beschrieben in Ham-
107 f.
61 Massignon, Cité des morts au Caire (1958);
Lev, Charity, Endowments, and Charitable Ins‑ titutions (2005), 128 f. 62 Siehe etwa Fernandes, Evolution of a Sufi In‑ stitution (1988); Wolper, Cities and Saints (2003). 63 Van Ess, Ungenützte Texte zur Karrāmīya (1980), 30. 64 Zur Askese der freiwilligen Kämpfer siehe Tor, Violent Order (2007), 37–82. 65 Vgl. O. Constable, Housing the Stranger (2003), 58 f. 66 Johansen, Islamic Law (1988), 25–50; zu spe‑ ziellen Bedingungen von awqāf, die einen beson‑ deren Status genossen und ihnen eine gerechte Pacht (aǧr al-miṯl) sicherten, siehe ebd., 33 f. 67 Johansen, Islamic Law (1988), 51–79. 68 G. Baer, Ḥikr (2004), 368. 69 Ebd., 368. 70 Siehe etwa Subtelny, Timurids in Transition (2007), 349 f. (zum Bau eines als waqf gestifteten Dammes). 71 Peters, Waqf (2002), 62. 72 Weir, Ṣadaḳa (1995); Linant de Bellefonds, Do‑ nations en droit musulman (1935). 73 Fernandes, Evolution of a Sufi Institution (1988), 60 f. 74 Marlow, Hierarchy and Egalitarianism (2002), 55 f.; 123 f. 75 Vgl. Rogers, Waqf and Patronage (1976), 75.
za, Economic and Social Life (2008).
77 Vgl. Labib, Handelsgeschichte Ägyptens im
Spätmittelalter (1965); Reinfandt, Kārimī‑Kaufleute als Stifter (2003). 78 Bulliet, Patricians of Nishabur (1972), 38 f. 79 Al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb aḥkām al‑awqāf. Kairo 1904, 335–342. 80 Siehe etwa die melkitischen und koptischen waqfīyas in: Troupeau, Actes de waqf (2002). 81 La Viere Leiser, Restoration of Sunnism in Egypt (1976). 82 Shatzmiller, Berbers and the Islamic State (2000), 85–114. 83 Vgl. Ibn al‑Ǧawzī, al‑Muntaẓam fī tāʾrīḫ al‑ mulūk wa‑ʾl‑umam, Bd. 9. Hyderabad 1940, 66. 84 Rapoport, Marriage, Money and Divorce (2005), 39. 85 Ebd., 40. 86 Schimmel, Soul as a Woman (1997), 48 f. 87 Bonner, Observations (1992), 30; Gil, Earliest Waqf Foundations (1998), 128. 88 Al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb aḥkām al‑awqāf (wie Anm. 79), 319 f. 89 ʿAbd Allāh Ibn al‑Mubārak, Kitāb al‑ğihād. Ed. Nazīh Ḥammād. Tunis 1972, 35, Nr. 16. 90 Vgl. Hamzah, Late Mamluk Patronage (2009), 39. 91 Obwohl sie sich auf die osmanische Epoche konzentriert, bietet Hoexter, Endowments, Rulers and Community (1998), 7–23, den besten Überblick über die Merkmale dieser Stiftungen.
3.4 Juden 3.4.1 Allgemeines In der judaistischen Sekundärliteratur hat sich bisher keine systematische Typologie von Stiftungen etabliert. Dies lässt sich so‑ wohl aus der unzureichenden Erforschung des Stiftungswesens der Juden (→ 2.4) als auch aus der dürftigen Quellenlage und dem Informationsgehalt der Quellen selbst
erklären. Stiftungsbegründende Dokumente sind uns heute kaum bekannt, da für die Widmung von Gütern an den heqdesh eine rein mündliche Erklärung unter Zeugen als rechtsverbindlich galt. Die anonym gehaltenen juristischen Präzedenzfälle, die in der Responsaliteratur bezeugt sind,
201
Juden
bieten bestenfalls Einblicke in einige weni‑ ge Aspekte des Zwecks oder der Organisa‑ tion des mittelalterlichen heqdesh. Ähnlich verhält es sich mit der Literatur der nach‑ talmudischen rabbinischen Verordnungen (taqqanot, תקנות, Sg. taqqanah, )תקנהund den sogenannten Minhag‑Büchern, in denen re‑ gional spezifische Brauchtümer (minhagim, )מנהגיםüberliefert sind.1 Die Schwierigkeit bei der Auswertung der Gesetzescodices besteht wiederum darin, dass sie sich auf die Tradierung der antiken Regulierun‑ gen des heqdesh konzentrieren, die seit der Zerstörung des Tempels 70 u. Z. zwar nicht mehr praktisch durchführbar waren, de‑ ren Studium jedoch als Ersatzhandlung für den eigentlichen Tempeldienst angesehen wurde. Zudem sind die in diesen Kompila‑ tionen aufgezeigten Analogien zwischen einer längst vergangenen und einer mittel‑ alterlichen Praxis im Umgang mit heqdesh‑ Vermögen – ganz im Stile der rabbinischen Literatur – nicht ergebnisorientiert, sondern präsentieren eine Bandbreite an Möglich‑ keiten, die zur Entscheidungsfindung von rabbinischen Verdikten dienen soll. Anhand der mittelalterlichen Primär‑ quellen lässt sich also schwerlich eine all‑ gemeingültige Typologisierung von jüdi‑ schen Stiftungen rekonstruieren. Vielmehr sind die zum Teil stark voneinander abwei‑ chenden Lehrmeinungen als Momentauf‑ nahmen zu werten, die uns Einblicke in die oft sehr unterschiedlichen Stiftungs‑ praktiken der jüdischen Kulturen geben. Kulturübergreifend lässt sich einzig eine Abgrenzung der mittelalterlichen ‚Stiftung‘ von dem biblischen und rabbinischen heqdesh feststellen, die zwischen einem nicht näher bestimmbaren heqdesh (setam heqdesh) und dem heqdesh des Tempels in seinen verschiedenen Varianten und Funktionen (mizbeaḥ, damim, bedeq ha-bait, → 1.4.2) dif‑ ferenziert. Auf einer ideengeschichtlichen Ebene zeigt sich jedoch oft eine gegenläufige
Tendenz, die versucht, religiöse Ideale mit sozialen und ökonomischen Strukturen der mittelalterlichen Gemeinden zu identifizie‑ ren: entweder um ‚neuen‘ Konzepten, die in ein bestehende System integriert wurden, autoritativen Charakter zu verleihen, oder um den religiösen Nutzen einer bestimm‑ ten Praxis zu bekräftigen. Eine solche Har‑ monisierung erschwert beispielsweise eine klare Unterscheidung zwischen Dotationen und Spenden, da beide unter der Kategorie ‚Wohltätigkeit‘ (ṣedaqah) zusammengefasst wurden. So kann ein Typologisierungsver‑ such an dieser Stelle nur als Hilfsmittel dienen, um ‚Stiftung‘ aus dem komplexen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, religi‑ ösen und moralischen Gefüge der jüdischen Selbstverwaltung zu extrahieren. 3.4.2 Stiftungszwecke In der Sekundärliteratur werden jüdische Stiftungen fast ausschließlich mit dem Ober‑ begriff ‚fromme‘ beziehungsweise ‚wohl‑ oder mildtätige Stiftungen‘ klassifiziert. (→ 2.4.3) Und in der Tat ist ‚Wohltätigkeit‘ (ṣedaqah, ;צדקהgemilut ḥasadim, )גמילות חסדים der geläufigste Stiftungszweck.2 Diese Ge‑ neralisierung rührt zum einen von einer frühen Assoziation der Wohltätigkeit mit dem Tempelopfer3 und zum anderen von der juristischen Gleichstellung des antiken heqdesh mit den mittelalterlichen Gemein‑ de‑ beziehungsweise Wohltätigkeitsfonds (quppah oder quppah shel ṣedaqah) her.4 Tat‑ sächlich finden sich neben den pauschal formulierten Stiftungszwecken (‚für die Armen‘, ‚zum Wohle der Gemeinde‘ etc.) wortreichere Anweisungen, die eine dif‑ ferenziertere Klassifikation ermöglichen. Wenn auch diese Typen als Unterkategorien der Wohltätigkeit gewertet werden müs‑ sen, so ist eine genauere Gliederung den‑ noch dienlich, um ein besseres Verständnis
202
von den unterschiedlichen Spielarten der ṣedaqah zu erlangen. (1.) Armenfürsorge: Die Unterstützung von ‚Armen‘ ist der am häufigsten auftretende wohltätige Stiftungszweck. Exemplarisch lässt sich diese Dominanz schon an dem arabisch‑hebräischen Hybrid waqf al-ʿaniyim setam (‚ein regulärer waqf für die Armen‘) aufzeigen, der in den Dokumenten der Kai‑ roer Geniza mehrmals nachzuweisen ist.5 Diese Assoziation führte laut Moshe Gil zu einer synonymen Verwendung der Be‑ griffe qodesh beziehungsweise heqdesh und al-ʿaniyim im mittelalterlichen Ägypten.6 Der hebräische Terminus ʿany ( )עניbe‑ zeichnet nicht nur die Mittellosen und Be‑ dürftigen. So unterscheidet schon die bibli‑ sche Literatur zwischen dem ʿany als einem Unterdrückten oder jemandem, der in Ab‑ hängigkeit zu anderen Personen stand, und dem ʾevyon ()אביון, dem Notleidenden, dem es an einer überlebenswichtigen Grundver‑ sorgung fehlt.7 In der rabbinischen Literatur (Mischna, Tosefta und den halachischen Midraschim) findet sich vorwiegend der Be‑ griff ʿany, und im babylonischen und paläs‑ tinischen Talmud das aramäische miskenaʾ ( )מסכנאals juristische Kategorie für Indi‑ viduen mit wenig Vermögen.8 Schließlich kann ‚Armut‘ eine religiöse und moralische Konnotation haben, die sich vor allem aus der etymologischen Verwandtschaft der Begriffe ‚demütig‘ (ʿanav, )ענוund ‚arm‘ ab‑ leitet. So zählt Demut (ʿanavah, )ענוהin der jüdischen Moralliteratur zu den wichtigsten Aspekten der imitatio Dei. In vielen Fällen verbirgt sich hinter der vermeintlich altruistischen Intention der Armenfürsorge der religiöse Zweck, die eigenen Sünden zu entsühnen. In der rab‑ binischen Literatur wird stets betont, dass das Wohlergehen der Armen im Verantwor‑ tungsbereich Gottes liege.9 Armenfürsorge auf zwischenmenschlicher Ebene verfolgt
Typologisierungen
somit auch eine Eigennützigkeit, da man durch Geben von Almosen Gott unterstützt und, laut den Gesetzen der ṣedaqa, als Ge‑ genleistung dafür entlohnt wird.10 Ein ha‑ lachischer Midrasch zum Buch Deuterono‑ mium beschreibt diese Beziehung wie folgt: „Und so sprach der Heilige, gepriesen sei Er, zu Israel: ‚Meine Söhne, wann immer ihr die Armen versorgt, rechne ich es euch an als ob ihr mich versorgen würdet‘“11. Eine noch deutlichere Formulierung wird einer der bedeutendsten Figuren des rabbinischen Judentums, Rabbi Akiva (ca. 40–137), im babylonischen Talmud zugeschrieben. Auf Turnus Rufus’ Frage, aus welchem Grund Gott die Armen trotz seiner Liebe zu ih‑ nen nicht versorge, antwortet er: „Sodass wir durch sie vor dem Gericht der Gehinom errettet werden können“.12 Auch in der mystischen Literatur nimmt diese Haltung einen wichtigen Stellenwert ein. So wird im ‚Zohar‘ (ca. 13. Jahrhundert), einem der be‑ deutendsten Werke der spanischen Kabbala des Mittelalters, der Arme beziehungsweise der Demütige zu einem Verbündeten Gottes stilisiert: „Der Arme steht Gott näher als alle anderen, denn es steht geschrieben ‚Und wenn er mich anruft, werde ich hören‘ (…). Derjenige, der sich um das Wohlerge‑ hen des Armen kümmert, wird von Gott wahrgenommen und verlängert sein Le‑ ben (…). Glücklich ist derjenige, der einem Armen begegnet, denn dieser Arme ist ein Geschenk, das Gott ihm gesendet hat“.13 (2.) Memoria: Erst in der jüngsten judais‑ tischen Forschung wird memoria als Stif‑ tungszweck berücksichtigt. Da das Ver‑ hältnis zwischen Totengedenken und Stif‑ tungsaktivitäten in den jüdischen Kulturen bisher nicht thematisiert wurde, blieb bis‑ lang unbeantwortet, inwiefern man von der Existenz eines jüdischen Typus der Gedenk‑ stiftung ausgehen kann. Es finden sich aber Hinweise, dass der Nutzen des Stiftens für
Juden
das Gedenken der Toten kontrovers disku‑ tiert wurde. Hai Gaon (939–1038), Oberhaupt der berühmten babylonischen Akademie in Pumbedita (heute Falludscha, Irak), ver‑ leiht seiner Geringschätzung einer solchen Praxis deutlich Ausdruck. Auf die Frage, ob Fürbitten von Armen für die Aufhebung der Sünden ihres verstorbenen Gönners von Nutzen seien, antwortet Hai Gaon: „Diese [Fürbitten] haben keinen Nutzen für den Verstorbenen (…). Das Zufügen eines [reli‑ giösen] Verdienstes durch eine [finanzielle] Vergütung kann in keiner Weise förderlich sein“.14 Eine ähnliche Haltung vertritt der in Katalonien wirkende Abraham bar Ḥiyya ha‑Nasi (ca. 1070–1136) in seinem einflussrei‑ chen moralphilosophischen Werk ‚Higayon ha‑Nefesh he‑Aṣuvah‘ (‚Meditationen der traurigen Seele‘). So schreibt er: „Jeder, der glaubt, dass ihm die Taten und Gebete seiner Söhne und Enkel nach seinem Tod behilf‑ lich sein könnten, [vertritt] fingierte Ge‑ danken, die in den Augen der Weisen und Vertreter der Wissenschaft einer falschen Erwartung entsprechen“.15 Es ist einerseits anzunehmen, dass die Meinungen von so namhaften religiösen Autoritäten wie Hai Gaon oder Abraham Bar Ḥiyya großen Einfluss auf die Gemein‑ den in Spanien, Nordafrika sowie die des Nahen und Mittleren Ostens hatten. Unter den Dokumenten der Kairoer Geniza befin‑ den sich zwar Memorial listen, die auf eine ausgeprägte Gedenkkultur bei den Rabba‑ niten und Karäern hindeuten. Jedoch geben die Quellen keinerlei Anhaltspunkte, die einen Zusammenhang zwischen Stiftungen und Totengedenken belegen würden.16 Des Weiteren beinhalten die Quellen keinerlei Referenzen auf einen sühnenden Nutzen von Stiftungen über das Ableben des Stifters hinaus.17 Die Tatsache, dass dieses Thema von solch prominenten Figuren aufgegrif‑ fen wurde, gibt andererseits Grund zu der Annahme, dass die Vorstellung von einer
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Kausalbeziehung zwischen Stiftung und Seelenheil durchaus verbreitet war. Judah Galinsky konnte beispielsweise nachweisen, dass im Spanien des 13. Jahrhunderts For‑ meln wie ‚zugunsten meiner Seele‘ (le-toʿelet nishmati, )לתועלת נשמתיvermehrt in jüdi‑ schen Testamenten Erwähnung finden.18 Im Unterschied zur christlichen Praxis zeigen diese Dokumente jedoch auch, dass nicht die Gebete der Destinatäre Einfluss auf das Seelenheil des Stifters nehmen konnten, sondern nur der Stifter selbst durch Schen‑ kung das Befinden seiner eigenen Seele zu beeinflussen vermochte. In Übereinstim‑ mung hiermit finden sich auch in den vielen auf Latein verfassten jüdischen Testamen‑ ten keinerlei Hinweise darauf, dass Gebete für das Seelenheil Verstorbener verrichtet werden sollen.19 Galinsky betont in diesem Zusammenhang den schon eingangs er‑ wähnten Status der ṣedaqah als religiöses Gebot: „[G]iving to the poor is a mitzva, a commandment granting special merit and reward. Giving to charity just before death emphasizes its protective quality. Charity, not prayer, shields the soul from hell and eases its way to paradise, thus explaining the popularity of the hekdesh / wakf trust in the Jewish community“.20 Allein das Errich‑ ten einer Stiftung erfüllt also schon ihren eigentlichen Zweck, nämlich die Sicherung des eigenen Seelenheils zu Lebzeiten. Das zeitlich befristete Gedenken an die Seelen Verstorbener als Stiftermotiv scheint sich hingegen im aschkenasischen Kulturkreis des 12. Jahrhunderts – vor al‑ lem in den sogenannten ShUʺM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz21 – ausgeprägt zu haben. Im ‚Sefer Ḥasidim‘ (‚Buch der Frommen‘), dessen Autorschaft teilweise Jehudah ben Samuel he‑Ḥasid (ca. 1140– 1217) zugeschrieben wird, findet sich bei‑ spielsweise folgende Passage: „Jemand, der von den Münzen profitiert, die für das Ge‑ denken an die Seelen der Toten im ersten
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Typologisierungen
den ersten Blick mag dieses Missverhält‑ nis befremdlich erscheinen. Es könnte je‑ doch auch zeigen, wie grundlegend sich die Wahrnehmung von ‚Armut‘ im mittel‑ alterlichen Ägypten von der unsrigen un‑ terscheidet. In jedem Fall lässt sich daran die Entscheidungsbefugnis der heqdesh‑ (3.) Instandhaltung von Gebäuden: Die In‑ Verwalter über den tatsächlichen Gebrauch standhaltung von Gebäuden des heqdesh des Vermögens erkennen. entspricht einem der drei klassischen Ver‑ wendungszwecke des Tempelvermögens, (5.) Kultus: Neben dem Gemeindeperso‑ dem bedeq ha-bait (Reparaturarbeiten an nal, das für den reibungslosen Ablauf des der Tempelanlage).24 Unter den Geniza‑ religiösen Kultus zuständig war, wurden Dokumenten befindet sich eine Vielzahl auch religiöse Gegenstände zur Ausstat‑ von Listen, in denen die Ausgaben für tung der Synagogen gestiftet. Besonders Sanierungsarbeiten von Synagogen, Ge‑ das Stiften von Thorarollen, die nicht nur meindeeinrichtungen und Wohnhäusern, als heilige Texte, sondern auch als sakrale aber auch die Entlohnung von Arbeitern Objekte eine zentrale Rolle in der synago‑ – sowohl Juden als auch Muslimen – auf‑ galen Liturgie einnahmen, finden in den geführt sind. Nach Gil bezeugt die große Quellen häufiger Erwähnung. (→ 3.4.4) Anzahl der erhaltenen Listen nicht nur Es ist davon auszugehen, dass auch wei‑ die stetige Durchführung baulicher Maß‑ tere Kultobjekte, die zur Ausschmückung nahmen; sie dokumentiert auch den gut der Thorarollen oder der Synagoge dienten, funktionierenden Verwaltungsapparat des von wohlhabenden Gemeindemitgliedern ägyptischen heqdesh.25 Es war durchaus gestiftet wurden. Aufgrund der wenigen üblich, dass Renovierungsarbeiten von den uns bekannten Sachzeugnisse gestaltet Mietparteien selbst verrichtet wurden. Als es sich allerdings schwierig, eine solche Gegenleistung wurde ihnen eine bestimm‑ Praxis zu rekonstruieren. (→ 6.4) Unter te Periode der Mietfreiheit gewährt.26 den Zweckbindungen der Mieteinnahmen des Kairoer heqdesh wird auch der Erwerb (4.) Finanzierung von Gemeindepersonal von Öl für die Synagogen erwähnt.28 Auch und Erziehungswesen: Wie die statistische im spätmittelalterlichen Aschkenas waren Auswertung der Geniza‑Dokumente zeigt, zweckgebundene Spendenzahlungen für Öl stellt die Finanzierung des Gemeindeper‑ und Kerzen anscheinend weit verbreitet. sonals und Erziehungswesens den größten So tauchen in den Listen des Nürnberger Anteil der Ausgaben des Kairoer heqdesh Memorbuches ab Mitte des 14. Jahrhunderts dar. Mark Cohen beziffert den Anteil der vermehrt Geldspenden für die Synagogen‑ Ausgaben für diesen Verwendungszweck beleuchtung auf.29 auf 75 %.27 Für die Kairoer Gemeinde ist somit eine bemerkenswerte Diskrepanz (6.) Freikauf von Gefangenen: Das Freikaufen zwischen der am häufigsten angegebe‑ Gefangener (pidion schwuiyim, )פדיון שבויים nen Bestimmung (Armenfürsorge – de zählt zu den wichtigsten Geboten des Juden‑ facto nur zehn Prozent der Gesamtaus‑ tums.30 So behauptet der spanische Gram‑ gaben) und der eigentlichen Verwendung matiker, Exeget und Übersetzer Joseph des heqdesh‑Vermögens festzustellen. Auf Qimḥi (1105–1170) in seiner polemischen
Jahr nach ihrem Ableben vorgesehen sind, muss für sie das ve-hu rakhum yikhaper ʿavon [sprechen],22 und ‚kraft meines Pro‑ fitierens von XY, Sohn von XY, mögen ihm seine Sünden vergeben werden und seine Seele wohl ruhen (…)‘ [hinzufügen] (…)“.23
Juden
Schrift ‚Sefer ha‑Brit‘ (‚Buch des Bundes‘), dass die Juden diese Fürsorgepflicht in Ehren halten, sie bei den Christen jedoch vernachlässigt werde.31 In Abraham ibn Daʾuds (1110–1180) Chronik ‚Sefer ha‑Qab‑ balah‘ (‚Buch der Überlieferung‘) ist jene berühmte Legende überliefert, die den Auf‑ stieg der jüdischen Gelehrtenzentren im Mittelmeerraum und den Beginn der Perio‑ de der rishonim (ראשונים, wörtl. ‚die Ersten‘, 11.–15. Jahrhundert) auf den Freikauf vier babylonischer Rabbinen aus ihrer Gefangen‑ schaft zurückführt.32 Auch Maimonides (ca. 1135–1104) verweist in seinem Gesetzescodex ‚Mishneh Torah‘ auf den übergeordneten Status der Gefangenenbefreiung: „Die Be‑ freiung Gefangener hat Vorrang vor der Speisung und Kleidung der Armen. In der Tat gibt es keine verdienstvollere religiöse Pflicht (miṣva rabah), als das Befreien Ge‑ fangener, denn der Gefangene ist nicht nur Teil der Hungrigen, Durstigen und Nackten, sondern zu alledem ist auch sein Leben in Gefahr“33. Berichte über den Freikauf byzantini‑ scher Juden, die im 11. Jahrhundert von ‚sarazenischen‘ Piraten in Gefangenschaft gehalten wurden, sind in den Berichten der Gemeinden Alexandriens und Fustats erhalten.34 Eigens für diesen Zweck wur‑ den Spendensammlungen durchgeführt.35 Zu welchem Anteil die Lösegelder über das heqdesh‑Vermögen finanziert wurden, ist jedoch unklar.36 Besonders David Ben Isaak ha‑Levi aus Fustat und Nethanʾel Ben Elʿazar ha‑Cohen aus Alexandrien werden für ihre großzügige Unterstützung in den Dokumenten hoch gepriesen.37 Ab Ende des 12. Jahrhunderts weisen die Rech‑ nungslisten des Kairoer heqdesh einzelne Posten auf, in denen die Versorgung von Gefangenen (vor allem mit Lebensmitteln [mezonot, )]מזונותverbucht wurde.38 Es sind allerdings auch Fälle bezeugt, in denen auf die Option des Freikaufs bewusst
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verzichtet wurde. Prominentestes Beispiel hierfür ist die Anweisung des Rabbi Meir von Rothenburg, der trotz seiner Inhaftie‑ rung im Jahre 1286 darauf bestand, den Lösegeldforderungen des Königs Rudolf von Habsburg nicht nachzukommen.39 Be‑ gründet hatte er diese Entscheidung mit den Worten: „Gefangene dürfen nicht be‑ freit werden, wenn [ihre] Befreiung neue Gefahren heraufbringen wird“.40 Es kann daher angenommen werden, dass einige Juden, zumindest im aschkenasischen Kul‑ turraum, dem Vorbild Rabbi Meirs folgten. (7.) Stiftungen für das Heilige Land: Die organisierte finanzielle Unterstützung der Juden im Heiligen Land (ḥaluqah, )חלוקה war im Mittelalter weit verbreitet. Durch sie wurde einerseits die Verbundenheit der Diasporagemeinden mit dem yishuv ha-yashan ( )ישוב הישןzum Ausdruck ge‑ bracht. Andererseits galten diese Zahlungen als Wiederaufnahme der Abgabe des hal‑ ben Schekels an den Jerusalemer Tempel.41 Unter Einsatz von Spendeneintreibern, den sogenannten ‚Sendboten aus dem Land Is‑ rael‘ (sheluḥei ereṣ yisraʾel, )שלוחי ארץ ישראל, sorgten die Gemeinden des Heiligen Landes selbst aktiv dafür, ihre finanzielle Grund‑ sicherung zu verbessern.42 Bis zum Spätmit‑ telalter hatte sich die ḥaluqah zu einer so gut organisierten Institution herausgebildet, dass die meisten Diasporagemeinden über spezielle Fonds für diesen Zweck verfügten. Einer der frühesten uns bekannten Stif‑ tungszwecke des heqdesh in Fustat war die finanzielle Unterstützung der Gemeinde in Jerusalem.43 Ende des 12. Jahrhunderts wird in den Geniza‑Dokumenten ein ‚Haus des qodesh für die Jerusalemer‘ (dār al-qodesh li’1-maqiidisa) genannt.44 Erträge des heqdesh erreichten auch die jüdische Gemeinde in Ramla – einer Stadt, die sich im Mittelalter aufgrund ihrer strategisch wichtigen Lage zu einem wirtschaftlichen und kulturellen
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Zentrum entwickelte. Im Nürnberger Me‑ morbuch sind Spendenzahlungen an Jeru‑ salem aus Aschkenas verzeichnet.45 Vor Ort wurde das Geld zumeist zum Unterhalt von Schulen, Lehrhäusern und Synagogen ein‑ gesetzt. Über die Errichtung von heqdeshim im Nahen Osten ist nichts bekannt. 3.4.3 Organisationsformen Hinsichtlich der Organisationsform des mittelalterlichen heqdesh wird besonders deutlich, wie komplex sich ein Typologisie‑ rungsversuch des ‚jüdischen‘ Stiftungswe‑ sens gestaltet. Nach islamischem Vorbild wird auch in der Judaistik zwischen einem gemeinnützigen und einem familiengebun‑ denen Typus von Stiftung unterschieden. Allerdings kennt das Hebräische keine der‑ artige Terminologie. In der Responsalite‑ ratur des 13. Jahrhunderts lässt sich zwar laut Galinsky eine frühe Variante des waqf ahlī-Modells erkennen, die er als private beziehungsweise semi‑private ‚wohltätige Stiftung‘ (‚charitable trust‘) klassifiziert.46 Doch auch diese Organisationsform wird, identisch mit ihrem gemeinnützigen Pen‑ dant, in den Quellen schlicht als heqdesh bezeichnet. Zudem unterscheidet sich diese Art der privaten Stiftung strukturell vom waqf ahlī. Eine faktische Übernahme des islamischen Modells der Familienstiftung kann erst eindeutig unter osmanischer Herrschaft nachgewiesen werden.47 So be‑ zeugen die Dokumente karäischer Gemein‑ den im Osmanischen Reich ausschließlich dieses Modell.48 Für die Stiftungen von Juden im Mittelalter erweist sich daher eine Unterscheidung in einen öffentlichen und einen privaten beziehungsweise semi‑ privaten Typus als geeigneter. Dabei be‑ zieht sich diese Kategorisierung in erster Linie auf die Verwaltung des Vermögens und nicht auf den gesellschaftlichen Status
Typologisierungen
beziehungsweise die politische Funktion der stiftenden Person. (1.) Gemeinschaftsfonds: Die gängigste Organisationsform des mittelalterlichen heqdesh war die eines gemeinnützigen, öf‑ fentlichen Fonds der Gemeinschaft (qehilah, )קהילה, der durch Pflichtabgaben, Spenden und gestiftete Güter sowie durch die Erträ‑ ge seines Vermögens finanziert wurde. Mit diesen Fonds wurde der Unterhalt für Ge‑ meindeinstitutionen wie Synagogen, rituelle Tauchbäder, Lehrhäuser, Schulen, aber auch die organisierte Armenfürsorge in Form von Suppenküchen (tamḥui, )תמחויoder Almo‑ senkassen (quppah, )קופהbestritten. Die Verwaltung dieser Gemeinschafts‑ fonds wurde an vertrauenswürdige Per‑ sonen aus der Gemeinde übertragen.49 Oft waren diese identisch mit den Gemeindevor‑ stehern (parnasim, ;פרנסיםgizbarim, ;גזברים zeqenim, )זקניםoder den wohlhabenden Gemeindemitgliedern.50 Zum Teil wurden zur Verwaltung der Fonds auch mehrere parnasim eingesetzt, denen verschiedene Aufgabenbereiche zugeteilt wurden.51 Die Organisationsform und Kontrollmechanis‑ men der Vermögensverwaltung orientierten sich an talmudischen Vorschriften.52 Zudem konnten die Verwalter über den genauen Einsatz des Vermögens bestimmen, wenn dieser von Seiten der Geber nicht explizit oder nur pauschal festgelegt worden war.53 Es ist auch anzunehmen, dass die Einnah‑ men und Ausgaben öffentlich einsehbar waren. So weist Moshe Gil auf die außer‑ gewöhnlich schöne kalligraphische Schrift einiger Listen hin, die ein Indiz dafür sein könnte, dass diese für den öffentlichen Aus‑ hang angefertigt wurden.54 Der heqdesh übernahm eine Mittler‑ funktion, die dazu führte, dass sich Ge‑ ber und Empfänger oft unbekannt blieben. Diese Anonymität ist jedoch keineswegs als Zufallsprodukt zu werten, sondern als
Juden
bewusster Versuch, die Dynamiken des zwischenmenschlichen Gabentauschs und die daraus hervorgehenden Abhängigkeits‑ verhältnisse zu umgehen. Auf diese Weise sollte gewährleistet werden, dass idealer‑ weise der Empfänger sein Gesicht wahren und der Stifter das Gebot der Wohltätig‑ keit nicht aus Eigennutz, sondern ‚um des Gebotes willen‘ (li-shemah, )לשמהerfüllen konnte. In Anlehnung an ein talmudisches Diktum 55 kategorisiert Maimonides diese Art des Gabentransfers als zweithöchste Form der ṣedaqah.56 (2.) Privater / semi‑privater heqdesh: Durch die zumeist sehr pauschal gehaltenen Stif‑ tungszwecke (→ 3.4.2) sowie die juris‑ tische Option, einen wohltätigen Zweck durch einen anderen zu ersetzen (leshanot mi-ṣedaqah le-ṣedaqah, )לשנות מצדקה לצדקה, lag die endgültige Entscheidungshoheit über die Verwendung des heqdesh‑Vermögens für gewöhnlich in den Händen der parnasim.57 Diesem Umstand zufolge wuchs die Popularität der familiengebundenen Stif‑ tungen im Spanien des 13. Jahrhunderts.58 Das Misstrauen gegenüber dem Monopol der heqdesh‑Offiziellen kommt in einigen Responsa deutlich zum Ausdruck. (→ 1.4.3) Diese Stifter und Stifterinnen bevorzugten es daher, eine Privatperson – oftmals einen Familienangehörigen – mit der Verwaltung des Vermögens und der Ausschüttung der Erträge zu beauftragen. Diese Stiftungsform mit dem islamischen waqf ahlī als Famili‑ enstiftung zu parallelisieren, wäre jedoch irreführend, da es nicht zwangsläufig im Interesse des Stifters war, sein Vermögen im Familienbesitz zu halten. Auch der private heqdesh galt, juristisch betrachtet, ohne‑ hin als göttliches Eigentum. Vielmehr zeigt sich das Anliegen, die Zweckgebundenheit des heqdesh durch den Einsatz eines pri‑ vaten Verwalters besser gewährleisten zu können. Die Stiftungszwecke waren fast
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immer gemeinnütziger Art und in den meis‑ ten Fällen sogar identisch mit denen, die in den Stiftungen an die Kollektivfonds genannt werden. Des Weiteren weist das private beziehungsweise semi‑private Mo‑ dell des heqdesh gewisse Ähnlichkeiten zu Gebrauchsstiftungen auf, da die Zweckbin‑ dungen oft zeitlich begrenzt waren. Sollte nach Erfüllen des festgelegten Zwecks noch Stiftungsvermögen vorhanden sein, wurde dieses in der Regel dem kollektiven heqdesh‑ Fonds zugeführt. (3.) Genossenschaften: Die als heqdesh be‑ zeichneten Spitäler und Armenhäuser im mittelalterlichen Spanien und Aschkenas unterlagen wiederum einer genossenschaft‑ lichen Organisationsform.59 Ähnlich den privaten beziehungsweise semi‑privaten heqdeshim wertet Yom Tov Assis die ra‑ sante Verbreitung dieser Institutionen ab Beginn des 14. Jahrhunderts generell als Reaktion auf die sozialen Missstände der Gemeinden Aragóns und Kastiliens und im Besonderen als Protest gegen deren oligarchische Führung durch die wohlha‑ benden Gemeindemitglieder.60 Die weniger vermögenden Juden organisierten sich in sogenannten ‚Gesellschaften‘ (ḥevrot, ;חברות auch confradia, confratria oder confrarie),61 die entweder nach ihrer Zweckbindung be‑ nannt wurden (‚Krankenbesuche‘ [biqur ḥolim, ‚ ;]ביקור חוליםKleidung der Armen‘ [malbishei ʿarumim, ;]מלבישי ערומים62 ‚Be‑ leuchtung von Synagogen‘ [ḥevrat maʾʾor, ‚ ;חברת מאורErwerb von Büchern bzw. Thora‑ rollen‘ [conffraria des Ceffarim, alias de las Atoras]63) oder ihr wohltätiges Anliegen zum Ausdruck brachten (‚fromme‘ bzw. ‚wohl‑ tätige Taten‘ [ʿosei ḥesed, עושי חסד/ ʿosei ṣedaqot, )]עושי צדקות.64 Finanziert wurden diese Einrichtungen durch Mitgliedsbei‑ träge und Spenden. In Perpignan erhielt eine ḥevrah einen festgelegten Anteil der Spenden, die an den gemeinschaftlichen
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Wohltätigkeitsfonds gerichtet waren.65 Zu den bedeutendsten ḥevrot zählten zweifels‑ ohne die Beerdigungsgesellschaften (qabarim, )קברים. Manche ḥevrot wurden von Handwerkergilden gegründet. So errichtete die Gilde der Schneider ein Spital (heqdesh) in Perpignan.66 Anders als im mittelalterlichen Spanien wurden im frühneuzeitlichen Aschkenas ḥevrot vornehmlich von wohlhabenden Gemeindemitgliedern begründet. Eine Mitgliedschaft in einer dieser zahllosen Gesellschaften sollte sich sogar als so pres‑ tigeträchtig erweisen, dass diese sich rasch zu Eliteorganisationen entwickelten. 3.4.4 Stiftungsvermögen Grundsätzlich lässt sich heqdesh‑Vermö‑ gen in bewegliche (metaltelim, )מטלטלים und unbewegliche (qevuʿim, )קבועיםGüter unterteilen.67 Shlomo Dov Goitein merkt jedoch an, dass in den Geniza‑Dokumen‑ ten Geldspenden und Stiftungen beweg‑ licher Güter an den heqdesh sehr selten genannt werden.68 Verschleißmaterialien wurden üblicherweise aus Mieteinnah‑ men der heqdesh‑Immobilien finanziert. Die gestifteten Objekte galten dabei nicht als eigenständige heqdeshim, sondern als Vermögen des heqdesh der Gemeinde. In einem Responsum des Maimonides wird beispielsweise ein Ladengeschäft genannt, dessen Erträge für die Unterstützung von Thoraschülern bestimmt waren.69 Ledig‑ lich der Gemeinschaftsfonds, der für die Bewirtschaftung und die Ausschüttung der Erträge Verantwortung zu tragen hat‑ te, und nicht das Geschäft selbst, werden hier als qodesh beschrieben.
Typologisierungen
auch nur den Teil eines Raumes zu verma‑ chen. Das Vermögen des Kairoer heqdesh be‑ stand daher zum Großteil aus Grundstücken und Gebäuden.70 Die kostenfreie Bereitstel‑ lung von Wohnraum oder Vergünstigungen der Mieten für sozial schwächere Gemeinde‑ mitglieder wurden allem Anschein nach nicht gewährt. Nur ein einziges Dokument aus dem Jahre 1201 informiert über einen Fall von Mietfreiheit.71 (2.) Herbergen / Wirtshäuser: Herbergen (pundaq, פונדק, arabisch funduq) bilden eine Untergruppe des Immobilienvermö‑ gens. Neben den privat betriebenen Wirts‑ häusern sind in den Rechnungsposten der ägyptischen Gemeinden auch Herbergen als Gemeindevermögen (funduq al-heqdesh) aufgelistet.72 Wie schon eingangs erwähnt, gilt auch hier, dass die Herbergen selbst nicht als qodesh beziehungsweise heqdesh bezeichnet wurden und sie somit nicht als unabhängige Stiftungen agierten. In einem Brief an Maimonides aus dem Jahre 1200 wird berichtet, dass die Restaurationsar‑ beiten an einer Synagoge in Alexandrien aus den Erträgen eines funduq des heqdesh finanziert wurden.73
(3.) Religiöses Schrifttum: Zu dem bedeu‑ tendsten beweglichen Vermögen zählten zweifelsohne Handschriften religiöser Tex‑ te. Insbesondere Thorarollen, die bei der Le‑ sung der Wochenabschnitte im synagoga‑ len Gottesdienst verwendet wurden, erwie‑ sen sich als beliebte und prestigeträchtigste Stiftungsobjekte. Eine halachische Anfrage an Maimonides erwähnt eine spezielle Kammer, die eigens für die Aufbewahrung gestifteter Thorarollen vorgesehen war.74 Jacob Safir (1822–1886), einer der Vorreiter der Geniza‑Forschung, schreibt in seinem (1.) Immobilien: In den wohlhabenden Ge‑ Reisebericht, solche gestifteten Thorarollen meinden Ägyptens war es allgemein üblich, in Fustat gesehen zu haben.75 Die aus dem dem heqdesh ein Haus, eine Wohnung oder Buch Exodus entlehnte Formel ‚qodesh für
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Juden
YHVH‘ findet sich später in karäischen Buchwidmungen der osmanischen Periode häufig wieder.76 (4.) Tausch von heqdesh‑Gütern: Zu Zeiten des Tempels galten die Güter des heqdesh als göttliches Eigentum und waren somit unver‑ äußerlich. Diese Eigentümlichkeit galt auch für die gleichnamigen mittelalterlichen Ge‑ meinschafts‑ und Familienstiftungen. In den frühneuzeitlichen osmanischen Stif‑ tungsdokumenten wird allerdings von der Tauschoption von awqāf berichtet. (→ 3.3.4) Diese Transaktionen basierten auf Scharia‑ Recht und fanden entweder in Absprache mit dem Eigentümer oder dem Verwalter des waqf statt.77 Zum Teil wurde ein Tausch von Seiten der Obrigkeit erzwungen. So ist für Konstantinopel ein Fall überliefert, bei dem ein jüdischer waqf zwangsumgesiedelt wurde, da er sich in unmittelbarer Nähe zu einer Moschee befand.78 3.4.5 Sozialer Status des Stifters Aufgrund der Organisationsform der Kol‑ lektivfonds sowie der juristischen Sonder‑ stellung des heqdesh‑Vermögens liegen fast keine Informationen über den sozialen Sta‑ tus der Stifter und Stifterinnen vor. Zudem bildeten sich aufgrund der fehlenden poli‑ tischen Autonomie gesellschaftliche Struk‑ turen aus, die mit denen der christlichen und muslimischen Mehrheitsgesellschaft schwerlich zu vergleichen sind. Ähnlich den Muslimen unterscheiden auch Juden zwischen einer Bildungselite (ḥakham, ;חכם maskil, )משכילund dem gemeinen Volk (ʿam ha-aretz, )עם הארץ. Die Gebildeten bekleide‑ ten für gewöhnlich die politischen Ämter der jüdischen Selbstverwaltung und über‑ nahmen somit auch eine führende Rolle in der Administration des heqdesh.79 Diese Distinktion lässt jedoch nicht zwangsläufig
Rückschlüsse auf die realen Stifteraktivitä‑ ten zu. So belegen die Geniza‑Dokumente, dass von Juden und Jüdinnen aller sozialen Schichten Güter an den heqdesh übertragen wurden. Nur in den seltensten Fällen lässt sich die Identität der Stifter ermitteln,80 da die Einkünfte ihrer Dotationen unter Anga‑ be ihres jeweiligen Berufstandes verbucht wurden. In den Dokumenten finden sich unter den Stiftern Gemeindeoffizielle (parnas, nagid), Beamte (amīn ad-dawla), Ärzte, Händler, jedoch auch Handwerker. Zudem sind viele Stiftungen von Frauen verzeichnet. Die Gebäude, die am häufigsten Erwähnung finden, stammen von einem Glaser und einem Färber.81 Bemerkenswert ist, dass einige Juden Fustats ein Kontingent ihres Nachlasses zu gleichen Teilen sowohl an karäische als auch an rabbanitische Institutionen spendeten.82 Andere teilten ihre Güter un‑ ter den palästinischen und babylonischen Kongregationen auf.83 Man könnte dem‑ nach vermuten, dass das Gebot der ṣedaqa es geradezu ermöglicht hat, die Grenzen zwischen verschiedenen Brauchtümern und rivalisierenden Glaubensrichtungen zu transzendieren. 3.4.6 Topographie Anhand der uns bekannten Quellen lassen sich Stiftungsaktivitäten von Juden aus‑ schließlich in wirtschaftlichen und kultu‑ rellen urbanen Ballungszentren nachwei‑ sen. Über den Sitz oder die Räumlichkeiten der heqdesh‑Verwaltung wissen wir fast nichts. (→ 6.4) Es ist jedoch bekannt, dass die an die Synagoge angrenzenden Ge‑ bäude besonders begehrte Objekte waren, die der heqdesh bestrebt war, käuflich zu erwerben, um die Infrastruktur der Ge‑ meinde auszubauen. PK
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Anmerkungen 1 Vgl. Jüdische Gemeindeordnungen aus Mainz, 15 Abraham bar Ḥiyya, Higayon ha‑Nefesh he‑
Worms und Speyer. Ed. Rainer Barzen. (MGH Heb‑ räische Texte aus dem mittelalterlichen Deutsch‑ land, Bd. 2.) (im Druck); A. Epstein, Wormser Min‑ hagbücher (1900, ND 1980). 2 Allgemeine Diskussionen über ṣedaqah fin‑ den sich bei M. Cohen, Foundations and Charity (2005); Ders., Poverty and Charity (2005); Galinsky, Public Charity (2010); Neusner, Tzedakah (1982); Zion, Jewish Giving (2013). 3 Diese Analogie wurde schon zur Zeit des zwei‑ ten Tempels eingeführt, so z. B. in Sir 35.3. Vgl. G. Anderson, I Give (2011), 8. 4 Vgl. Fink, Corporate Status of Hekdesh (1985). 5 Siehe Gil, Documents (1976), 24. 6 Ebd., 3 f. 7 Hamel, Poverty and Charity (1990), 167. Im Grie‑ chischen findet sich eine ähnliche Unterscheidung zwischen dem mittellosen Bettler (ptōchos) und dem Armen (penēs), dessen ökonomische Res‑ sourcen gering waren (vgl. Holman, Hungry are Dying [2001], 5). 8 Hamel, Poverty and Charity (1990), 175. 9 Vgl. Holman, Hungry are Dying (2001), 44 f. 10 Rustow, Benefaction (2009), 390. 11 Midrash Tannʾaim. Ed. David Zvi Hoffmann. Berlin 1908, 83. Vgl. Montefiore / Loewe, Rabbi‑ nic Anthology (1938, ND 1974), 414. Siehe auch Holman, Hungry are Dying (2001), 45. Aufgrund des fragmentarischen Textzustands kann dieser Midrasch nicht datiert werden (siehe Stemberger, Einleitung in Talmud und Midrash [1992], 270 f.). 12 bT Bava Batra, fol. 10a; vgl. Zion, Jewish Gi‑ ving, Bd. 3 (2013), 286. 13 Sefer ha‑Zohar. Ed. Reuven Margaliot, 3 Bde. Jerusalem 1999, hier Bd. 3, fols. 8b–9a. Vgl. auch Y. Baer, History of the Jews, Bd. 1 (1961), 265. Yitz‑ hak Baer interpretiert Aussagen wie diese als Aufruf zur sozialen Gerechtigkeit und somit als Reaktion auf die gesellschaftliche Realität im Kastilien des 13. Jahrhunderts. 14 Oṣar Ha‑Geonim. Teshuvot Geʾonei Bavel u‑Perusheihem al pi Seder ha‑Talmud. Ed. Benjamin M. Lewin, 12 Bde. Jerusalem 1931, hier Bd. 4 (bT Ḥagiga), 28; vgl. Zion, Jewish Giving, Bd. 3 (2013), 385.
Aṣuvah. Ed. Yehuda Leib Freimann. Leipzig 1865, ND Jerusalem 1976, 58; vgl. Zion, Jewish Giving, Bd. 3 (2013), 431 Anm. xxvi. 16 Vgl. J. Mann, Texts and Studies, Bd. 1 (1931, ND 1972), 452 f.; 466–472, und Gaster, Geniza‑Frag‑ mente (1900, ND 1980). 17 J. Mann, Texts and Studies (1931, ND 1972), Bd. 2, 256–283; Bd. 1, 414; Gaster, Geniza‑Frag‑ mente (1900, ND 1980). Hai Gaon stand mit den Gemeinden Kairos und Alexandriens im Brief‑ wechsel und genoss dort hohen Respekt. Daher kann davon ausgegangen werden, dass seine halachischen Entscheidungen in Ägypten als verbindlich galten. 18 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 431–437. 19 Vgl. ebd., 437, Anm. 23; Burns, Jews in the Notarial Culture (1996). 20 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 437. 21 Das Akronym ShUʺM ( )שו״םbildet sich aus den Anfangsbuchstaben der Orte Speyer ()שפיירא, Worms ()ורמייזא, und Mainz ( )מגנצאund bedeutet wörtlich ‚Knoblauch‘. 22 „Er aber vergab ihnen voll Erbarmen die Schuld“. Gebet nach Ps 78.38. 23 Sefer Ḥasidim, HS JTS Boesky 345, § 157: הנהנה מן המעות ה’’מ שהניחו לזכר נשמות המתים בתוך שנה לפטירתו צריכי’ הנהנין לומר והוא רחום יכפר עון בזאת ההנא’ שאני נהנה על אודות פלו’ בן פלו’ וחטאתו תכופר ונפשו בטוב תנוח. Vgl. auch HS Parma 3280 H, § 357; Bologna 1538, § 242, fol. 33. Transkriptionen der entsprechenden Handschriften können über die Princeton University Sefer Hasidim Database (PUSHD) abgerufen werden (https://etc.princeton. edu/sefer_hasidim/, Zugriff: 11.12.2013). Vgl. auch Zion, Jewish Giving, Bd. 3 (2013), 383 Anm. 10. 24 Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 775. 25 Zur Instandhaltung von heqdesh‑Besitz in Fustat siehe Gil, Documents (1976), 82–87; Ders., Maintenance (1971). 26 Gil, Documents (1976), 64–66. 27 M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 201. Vgl. auch Gil, Documents (1976), 36. 28 Gil, Documents (1976), 5; 54; 92; 98 f.; 117; 217–219, Nr. 34.
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29 Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 3: Nürn‑ 47 Gerber, Jews and the Islamic hekdesh (1983). berg im Mittelalter (1894–1896), 95–172; 190–205. Vgl. 48 Danon, Karaites in European Turkey (1925); auch Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 50 f.
Ders., Documents of the Karaites (1926–1927).
30 Im Talmud wird das Freikaufen von Gefange‑ 49 Assis, Welfare and Mutual Aid (1992), 321. nen als „große miṣva“ bezeichnet (bT Bava Batra, 50 Gil, Documents (1976), 42; Elon / Levitats, Hek‑
fol. 8b). So auch bei Moshe ben Maimon, Mishneh desh (2007), 779. Torah, Hilkhot Matenat ʿAniyim, Kap. 8, § 10. Vgl. 51 Gil, Documents (1976), 50. auch Y. Friedman, Great Precept (2000). 52 Vgl. bT Bava Batra, fol. 8b. Siehe auch Gil, 31 Joseph Kimḥi, The Book of the Covenant Documents (1976), 47, und Goitein, Mediterranean of Joseph Kimḥi. Übers. Frank Talmage. Toronto Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 115 f. 1972, 33. Vgl. Y. Friedman, Ransom of Captives 53 Gil, Documents (1976), 38. (1996), 178; Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre 54 Ebd., 57 f. (2011), 123, Anm. 2. 55 bT Bava Batra, fol. 9b: „R. Elʿazar sagte: Der‑ 32 A Critical Edition with a Translation and jenige, der ṣedaqa im Geheimen verrichtet, ist Notes of The Book of Tradition (Sefer ha‑Qabba‑ größer als Moses (…)“. lah) by Abraham Ibn Daud. Ed. Gerson D. Cohen. 56 In Moshe ben Maimon, Mishneh Torah, Hil‑ London 1967, 46–49, 63–67. khot Matenat ʿAniyim (wie Anm. 30), Kap. 10, § 8, 33 Moshe ben Maimon, Mishneh Torah, Hilk‑ spricht Maimonides von „demjenigen, der ṣedaqah hot Matenat ʿAniyim, Kap. 8, § 10. Siehe auch The für die Armen gibt und nicht weiß, wem er sie Code of Maimonides, Book Seven: The Book of gab, und dem Armen, der keine Kenntnis davon Agriculture. Ed. Leon Nemoy, Übers. Isaac Klein. hat, vom wem er sie genommen hat“. Vgl. auch (Yale Judaica Series, Bd. 21.) New Haven / London Neusner, Tzedakah (1982), 10 f. 1979, 82, sowie Toukabri, Satisfaire le ciel et la 57 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 438. terre (2011), 121. 58 Ebd., 427. 34 J. Mann, Texts and Studies, Bd. 1 (1931, ND 59 Siehe Assis, Institutions Économiques (1992); 1972), 366–370. Siehe auch Goitein, Mediterranean Ders., Institutions Sociales Médiévales (1992); Ders., Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 137 f. Welfare and Mutual Aid (1992); Yuval, Hospices (1990). 35 In Ägypten organisierte Maimonides höchst‑ 60 Assis, Welfare and Mutual Aid (1992), 324. persönlich solche Spendensammlungen. Vgl. M. 61 Ebd., 322. Friedman, New Sources (1986), 72–75. 62 Ebd., 326 f. 36 Gil, Documents (1976), 110 f. In der Tosefta 63 Ebd., 339 f. hingegen findet sich die Aussage, dass Zehntab‑ 64 Ebd., 326. gaben für die Armen nicht für den Freikauf Ge‑ 65 Ebd., 328 f. fangener verwendet werden dürfen (Tosefta zu 66 Ebd., 332 (vgl. auch 342). Traktat Pe’ah 4, 16; vgl. Montefiore / Loewe, Rab‑ 67 Vgl. Moshe ben Maimon, Mishneh Torah, binic Anthology [1938, ND 1974], 428). Hilkhot ʿArakhin, Kap. 8, § 8. 37 J. Mann, Jews in Egypt, Bd. 1 (1920), 88. 68 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, 38 Gil, Documents (1976), 111. ND 1999), 92. Eine der wenigen Schenkungen von 39 Heil, Meir von Rothenburg (2012), 25 f. unbeweglichen Gütern diskutiert M. Cohen, Po‑ 40 Übersetzung ebd., 26. Eine ähnliche Position verty and Charity (2005), 196. ist schon in der Mischna zu finden (m Gittin, 4,6). 69 Gil, Documents (1976), 10. Ein weiterer Fall 41 Vgl. Ex 30.11–16. zur Unterstützung von Thora‑Studenten ist im 42 David, Sheluḥei Ereẓ Israel (2007). Spanien des 14. Jahrhunderts bezeugt: Assis, Wel‑ 43 Gil, Documents (1976), 116. M. Cohen, Poverty fare and Mutual Aid (1992), 341. and Charity (2005), 81; 203. Siehe auch Kaplony, 70 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), Manifestations of Private Piety (2004), 43 f. 78 f.; Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), Appendix A, 413–437. 44 Gil, Documents (1976), 116. 45 Vgl. Yuval, Almosen aus Nürnberg (1981), 187. 71 Eine Edition und englische Übersetzung des 46 Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 426. Dokuments der Signatur BM Or 5549.6 findet sich
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Typologisierungen
bei Gil, Documents (1976), 386–388. Vgl. auch Go- Kolophon in einer Handschrift, die eine Frau na‑ itein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), mens „Risa, Tochter des Joseph ben Netira in ihrem 430; M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 235. und dem Namen ihres Mannes stiftete“, beschreibt 72 O. Constable, Housing the Stranger (2003), J. Mann, Texts and Studies, Bd. 1 (1931, ND 1972), 454. 85–87. Mehrere solcher Einrichtungen waren im 76 Ex 28.36; vgl. Danon, Documents of the Ka‑ Gemeindebesitz, darunter der funduq al-kanīsatayn raites (1926–1927), 190. (funduq [zwischen] zwei Synagogen), funduq as-sūq 77 Ebd., 255–257. al-kabīr (funduq des großen Marktes), funduq ǧadīd 78 Ebd., 278. (neuer funduq), und ein funduq saġīr (kleiner fun- 79 Siehe z. B. Agus, Rabbi Meir of Rothenburg duq). Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, (1947), 71–83, besonders 73–75. ND 1999), 114, und Gil, Documents (1976), 112–115. 80 Goitein ist es gelungen, einen der neggidim 73 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 4 (1983, (Sg. nagid, נגיד, Ehrentitel eines Gemeindeoffizi‑ ellen) als Samuel b. Hannanya zu identifizieren; ND 1999), 437, Anm. 99. vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, 74 Gil, Documents (1976), 25 f. 75 Jacob Safir, Iben Safir. Ed. L. Silbermann, 2 Bde. ND 1999), 113. Ełk 1866, hier Bd. 1, fol. 14b; vgl. Gil, Documents 81 Vgl. ebd., 113. (1976), 26. Die von Safir beschriebenen Rollen 82 Gil, Documents (1976), 6. sind heute nicht mehr auffindbar. Ein weiteres 83 Ebd., 92.
3.5 Griechisch-orthodoxe Christen 3.5.1 Allgemeines Wissenschaftliche Versuche, griechisch‑ orthodoxe Stiftungen zu typologisieren oder einzuteilen, sind rar und selten von bleibendem Einfluss.1 Die Schwierigkeit, etwa Klöster als Stiftungen nach allgemein akzeptierten Kriterien zu kategorisieren, liegt hauptsächlich in der äußerst vari‑ ablen organisatorischen Form des grie‑ chisch‑orthodoxen Mönchtums begründet. Angesichts des Fehlens von Mönchsorden in der byzantinischen Welt haben Klöster und Konvente eine erstaunliche Vielfalt an organisatorischen Formen und Grö‑ ßen hervorgebracht 2 – selbst innerhalb derselben monastischen Institution. So konnte ein größeres gemeinschaftliches Kloster mehrere abhängige Klöster, Kir‑ chen, Oratorien und Wohltätigkeitseinrich‑ tungen unterhalten und zusätzlich zahl‑ reiche Anachoreten versorgen. Außerdem
konnte ein Stifter in seinem typikon die organisatorische Form und den täglichen Ablauf einer Stiftung minutiös regeln, und obwohl bestimmte typika vielfach als Vor‑ lage verwendet wurden (beispielsweise das typikon für das Euergetidos‑Kloster oder das Stoudiou‑Kloster), so gleicht doch kein ‚Stifter‘‑typikon dem anderen. (→ 5.5.3) Während exakte Typologisierungen griechisch‑orthodoxer Stiftungen schwer durchführbar bleiben, gibt es dennoch eini‑ ge erkennbare Zusammenhänge zwischen dem Zweck einer Stiftung, ihrer organi‑ satorischen Form, dem Stiftungskapital, dem Status des Stifters, der geographi‑ schen Lage und der Jurisdiktion, unter die sie gestellt wird. Diese bei ähnlichen Stiftungsarten auftretenden Tendenzen herauszuarbeiten, ist vielleicht im Falle einer so formenreichen Stiftungskultur
Griechisch-orthodoxe Christen
wie der griechisch‑orthodoxen heuristisch gewinnbringender als die Einteilung von Stiftungen in absolute Kategorien. 3.5.2 Stiftungszwecke Auf den ersten Blick scheinen byzantinische Stiftungen sehr unterschiedlichen Zwecken gedient zu haben. Die vorrangige Aufgabe von monastischen Stiftungen war es bei‑ spielsweise, eine der askēsis (ἄσκησις) oder dem spirituellen Training der dort lebenden Mönche und Nonnen zuträgliche Umgebung entstehen zu lassen, die es ihnen ermög‑ lichen sollte, nach hēsychia (ἡσυχία) oder ,Gelassenheit‘ zu streben, einem nirvāṇa‑ gleichen Zustand, in dem sie hofften, den transzendenten Gott erfahren zu können.3 Im Gegensatz dazu wurden Wohltätigkeits‑ einrichtungen gestiftet, um die gesamte Bandbreite der Gesellschaft – oder häufiger auch nur sehr bestimmte benachteiligte Gruppen wie etwa Betagte, Waisen, Arme, Kranke oder Witwen – zu unterstützen und zu beherbergen. Letztendlich war das ultimative Ziel der byzantinischen Stifter, durch die Gründung sowohl von Wohltä‑ tigkeitseinrichtungen als auch von Klöstern ihre eigene Erlösung zu erwirken oder zu‑ mindest das Leid und die Zeit in den fege‑ feuerartigen Passierstellen zu verkürzen, die gläubige Christen erwarteten, bevor sie in den Himmel gelangten. Durch diese beiden Arten von Stiftungen ließen sich die Gebete für die Erlösung durch zwei separate Gruppen sichern, und zwar durch Mönche und Empfänger von Wohltaten, deren Bittgebete für die Seele des Stifters als besonders wirkungsvoll galten.
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Hauptmotivation byzantinischer Stifter, auch wenn dies nicht sein ausschließlicher Beweggrund war.4 Der Stifter oder Spender ließ seinen Namen sowie die Namen anderer ausgewählter Personen (sehr häufig die von Verwandten des Gründers) bereits zu Leb‑ zeiten in die Diptycha eintragen; er veran‑ lasste das Gedenken sowohl der Lebenden (anaphora; ἀναφορά) als auch der Verstorbe‑ nen.5 (→ 5.5, 8.5) Diese Kommemorationen unterschieden sich in ihrer Häufigkeit deut‑ lich: Von einmaligem Gedenken drei, neun oder vierzig Tage nach dem Begräbnis über Gebete in regelmäßigem Turnus an einem bestimmten Wochentag oder bestimmten religiösen Feiertagen bis hin zum täglichen Gebet ist alles vertreten.6 Bestimmungen für spezielle, dem Stifter jährlich an dessen Todestag gewidmete Kommemorationen sind in den typika üblich. Memoria war je‑ doch nicht in allen Fällen das Hauptmotiv byzantinischer Stifter: Eine moderne Ty‑ pologie von typika bringt die Stiftungsvor‑ schrift von liturgischem Gedenken und den Wunsch nach Erlösung als wesentlichen Beweggrund adliger Stifter, nicht jedoch nicht‑adliger Stifter, miteinander in Ver‑ bindung.7 Spenden, die die Durchführung solcher Kommemorationen ermöglichten, etwa für die Beleuchtung und die Bezah‑ lung der Geistlichen, gehören ebenfalls in diese Rubrik.
(2.) Wohltätigkeit: Wohltätigkeit war ein weiteres Anliegen byzantinischer Stifter, obwohl es von der Bedeutung her weit un‑ ter dem liturgischen Gedenken angesiedelt war.8 Nichtsdestotrotz war Wohltätigkeit ein oft genanntes Motiv für die Gründung einer Stiftung. Die Begriffe für Wohltätigkeitsein‑ richtungen auf Latein und Griechisch, piae (1.) Memoria: Liturgisches Gedenken oder causae bzw. eusebeis aitiai (εὐσεβεῖς αἰτίαι), mnēmosynon (μνημόσυνον) eines verstor‑ kommen aus der Rechtssprache und geben benen Stifters oder Spenders und der von dem Wortsinn nach den Beweggrund für diesem festgelegten Personen war die ein Vermächtnis an besagte Institutionen an.
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Den Empfängern der wohltätigen Dienste von philanthropischen Institutionen – etwa Leprakranken, Waisen, Armen, Kranken oder Witwen – wurde eine besondere Nähe zu Gott nachgesagt (ebenso wie Mönchen und Asketen). Als Ausgleich für die erhal‑ tenen Wohltaten wurden von ihnen erlö‑ sende Gebete erwartet. Kaiser Johannes II. Komnenos (1118–1143) hatte zum Beispiel in seinem typikon für das Pantokrator‑Kloster in Konstantinopel festgelegt, dass die Pa‑ tienten des Krankenhauses in dem von ihm gestifteten Klosterkomplex als Gegenleis‑ tung für die erhaltene medizinische Hilfe für die Krankenhausstifter (neben Johannes selbst für seine Frau Eirene und ihre Ver‑ wandten) beten sollten. Aus diesem Grund waren die Patienten, die dazu in der Lage waren, angehalten, sich zusammen mit den Angehörigen der gestifteten Gemeinschaft an den Todestagen der Stifter in der Theo‑ tokos‑Kirche zu versammeln.9
Typologisierungen
von Athanasios von den Meteora, der in seinem typikon festlegte, dass keine Frau, selbst wenn sie dem Hungertod nahe sei, Almosen von dem Kloster erhalten solle.10
(4.) Freikauf von Gefangenen: Der Umfang, in dem die Probleme im Zusammenhang mit der längeren Abwesenheit von gefan‑ gen genommenen Soldaten und Zivilisten im römischen und byzantinischen Recht diskutiert und geregelt wurden (Können Gefangene ein Testament machen? Können die Kinder von Gefangenen die elterlichen Anwesen erben, wenn diese in Gefangen‑ schaft sterben? Können Frauen von Gefan‑ genen erneut heiraten, und wenn ja, nach welcher Zeitspanne? usw.), gibt Aufschluss über die enormen Auswirkungen, die die große Zahl von Gefangenen in der Hand der Feinde des Byzantinischen Reiches hatte.11 Vom rechtlichen Standpunkt aus wurde ein Vermächtnis, das von einem Testator ‚den Gefangenen‘ zugedacht war, (3.) Spirituelle Vervollkommnung: Obgleich genauso behandelt wie eines, das für ‚die die zuvor erwähnten Beweggründe von Armen‘ bestimmt war, und zwar als ein memoria und Wohltätigkeit in den erhal‑ Vermächtnis ad pias causas.12 tenen Quellen über byzantinische Kloster‑ stiftungen häufig vertreten sind, ist doch (5.) Mission: Auch wenn es kein in den tyhervorzuheben, dass die Bildung von Klos‑ pika oder anderen erhaltenen Dokumenten tergemeinschaften, die den Mönchen und erklärtes Ziel griechisch‑orthodoxer Stif‑ Nonnen die askēsis erleichtern sollte, ein tungen war, wurde Mission doch im Zuge weiteres wichtiges Anliegen bestimmter der wohltätigen Arbeit vieler Stiftungen Stifter war. Dazu zählen beispielsweise durchgeführt. Kaiser Alexios I. Komnenos Athanasios Athonites und Neophytos En‑ (1081–1118) kehrte zum Beispiel nach einem kleistos. Das rigorose Streben nach askēsis Feldzug gegen die Türken in Kleinasien mit führte dazu, dass diese Stiftungen bewusst einer großen Gruppe Gefangener zurück. von der Außenwelt abgegrenzt wurden. Ge‑ Er teilte die Waisen unter den Gefangenen legentlich kollidierte dieses Streben mit den in drei Gruppen ein: Diejenigen mit Ver‑ anderen Zwecken einer Stiftung wie der wandten oder Vormündern in der Haupt‑ Wohltätigkeit. Beispielsweise verbaten man‑ stadt wurden in ihre jeweiligen Haushal‑ che Stifter aus Sorge um die Klosterzucht, te zurückgeführt; die getauften Waisen dass die Mönche in den von ihnen gegrün‑ ohne Vormünder und Verwandte wurden deten Klöstern auch weiblichen Bettlern auf Klosterschulen geschickt; die dritte Almosen gewährten. Ein außergewöhnli‑ Gruppe, entweder muslimische Türken ches Beispiel hierfür ist eine Bestimmung oder ungetaufte Griechen, wurde in das
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Griechisch-orthodoxe Christen
orphanotropheion (Waisenhaus) des Zoti‑ kos geschickt, die größte Wohltätigkeits‑ einrichtung des Byzantinischen Reiches.13 Dass diese Waisen in der hellenischen Kul‑ tur und nach orthodoxem Glauben erzogen werden sollten, belegt, dass wenigstens einige byzantinische Stiftungen auch eine missionierende Funktion hatten. Zudem ist diese Anekdote kein Einzelfall: Viele der Kinder im orphanotropheion des Zo‑ tikos stammten aus anderen kulturellen Kontexten und waren nicht‑orthodox; die Mission nicht‑christlicher Kinder war eine der Haupttätigkeiten dieser Stiftung.14
Neben der Ausführung von defensiven Anlagen waren Mönche auch angehalten, für den militärischen Erfolg der kaiserli‑ chen Armeen zu beten. Solche Gesuche finden sich in zahlreichen typika.18 In ei‑ nem Brief im Namen eines Kaisers, wahr‑ scheinlich Nikephoros’ II. Phokas (963–969), wurden die Mönche vom Berg Athos, von Kymina und Latros und vom bithynischen Olymp gebeten, für den Erfolg einer Mi‑ litärexpedition nach Kalabrien und einer weiteren gegen die Hamdaniden‑Dynastie in Nordsyrien zu beten.19
(6.) Verteidigung und militärischer Erfolg: Die Errichtung militärischer Befestigungs‑ anlagen, insbesondere von Wehrtürmen, inner‑ und außerhalb eines Klosters wurde als fromme Handlung angesehen. Der Abt Chariton von Imbros versicherte seinem Schutzherren, dem walachischen Woiwo‑ den Johannes Wladislaw, dass er sich durch die Erbauung von Befestigungsanlagen für das Kloster Koutloumousiou der Vergebung seiner Sünden und der Steigerung seines Ansehens unter anderen Herrschern si‑ cher sein könne.15 Jüngste Studien haben gezeigt, dass auf dem Berg Athos viele Klöster und die von ihnen abhängigen Stiftungen den Bau von zahlreichen Wehr‑ türmen und Gebäuden in Auftrag gaben, die byzantinischen Festungen nachemp‑ funden waren. Aus der spätbyzantinischen und frühosmanischen Phase sind sogar Geschützstellungen und Kanonen (eini‑ ge wurden auch auf den klostereigenen Schiffen eingesetzt) sowohl vollständig als auch bruchstückhaft erhalten geblieben.16 In seiner ersten Klosterstiftung verfügte der georgische General Gregor Pakouria‑ nos (gest. 1086) die Errichtung einer Rei‑ he von befestigten Ansiedlungen (kastra) und eines Wehrturms für eines der drei von dem Kloster abhängigen xenodocheia.17
3.5.3 Organisationsformen Die große Mehrheit der griechisch‑ortho‑ doxen Stiftungen lässt sich aufgrund ihrer organisatorischen Form weitgehend in zwei Kategorien unterteilen: (1.) Klosterstiftun‑ gen und (2.) Wohltätigkeitseinrichtungen. Diese beiden schließen sich keinesfalls ge‑ genseitig aus und etwa ab dem Jahr 1000 waren Wohltätigkeitseinrichtungen inner‑ halb von Klosteranlagen angesiedelt. Bereits vom letzten Viertel des 10. Jahrhunderts an war ein Altersheim, ein gērokomeion (γηροκομεῖον), für zwölf Bewohner und vier Bedienstete innerhalb eines Klosters mit zwölf Mönchen auf dem Berg Tmolos untergebracht. Danach umfassten etliche berühmte Klosterstiftungen des 11. Jahrhun‑ derts auch Wohltätigkeitseinrichtungen.20 Die bereits erwähnte Anlage des Panto‑ krator‑Klosters aus dem 12. Jahrhundert bestand aus einem Krankenhaus, einem Altersheim, einem Leprosorium (natürlich vom Rest der Anlage getrennt), einer Tri‑ as von miteinander verbundenen Kirchen, sechs abhängigen Klöstern, einer Friedhofs‑ anlage und zahlreichen anderen Immobilien. Obwohl Klöster und Wohltätigkeits‑ einrichtungen die am besten belegten Stif‑ tungsarten in Byzanz sind, könnten drei
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andere Gruppen von Institutionen, abhän‑ gig von den jeweils angewandten Kriteri‑ en, als Stiftungen eingestuft werden. (3.) Kirchen, martyria und Oratorien werden oftmals im Kontext von Stiftungen behan‑ delt, auch wenn die Byzantinistik bisher nicht ausreichend untersucht hat, ob diese unabhängigen Institutionen über eigenes Stiftungsvermögen verfügten, wie es die Einrichtungen anderer griechisch‑orthodo‑ xer Stiftungen taten. Desgleichen werden (4.) Bildungsinstitutionen und (5.) Bruder‑ schaften in der Sekundärliteratur manch‑ mal als Stiftungen bezeichnet. Am besten beschreibt man sie jedoch als Phänomene, die viele Merkmale griechisch‑orthodoxer Stiftungen aufwiesen, und nicht als Stiftun‑ gen an und für sich. (1.) Klöster oder Klosterstiftungen als Or‑ ganisationsform lassen sich in etliche Un‑ terkategorien aufteilen. Ein Kloster – die gebräuchlichsten Begriffe hierfür waren monē (μονή) oder monastērion (μοναστήριον), aber es existierten auch zahlreiche andere Synonyme21 – war ein Komplex, der entwe‑ der Mönche, Nonnen oder beide zusammen beherbergte. Diese waren entsprechend der drei Arten des Klosterlebens organisiert: zönobitisch, halb‑zönobitisch in Lauren oder idiorrhythmisch.22 Die Klöster waren nor‑ malerweise nach Geschlechtern getrennt in separate Klosterstiftungen für Männer und für Frauen. Es gab jedoch die interes‑ sante Mischform des Doppelklosters – einer Klosterstiftung, die sowohl einen Männer‑ als auch einen Frauenkonvent umfasste.23 Im Zentrum einer zönobitischen oder ge‑ meinschaftlichen Klosterstiftung stand das koinobion (κοινόβιον, wörtlich ‚gemeinsa‑ mes Leben‘). Wie das christliche Mönchtum überhaupt, hatte auch das gemeinschaftli‑ che Mönchtum seinen Ursprung im spätan‑ tiken Ägypten. Es wird davon ausgegangen, dass Pachomios der Große (ca. 290–346) ihm
Typologisierungen
den Weg bereitete, bevor es sich in Syrien, danach im Nahen Osten und schließlich im weiteren Mittelmeerraum ausbreitete. So‑ wohl die ägyptische oder pachomianische als auch die syrische Tradition des monas‑ tischen Lebens in Gemeinschaft hatte einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung des byzantinischen gemeinschaftlichen Mönch‑ tums.24 Bei weitem einflussreicher aber war der wichtigste Vertreter des gemeinschaft‑ lichen Mönchtums in Byzanz, Basileios von Kaisereia (ca. 329–379), der eine maßgebende Klosterregel verfasste, die in einer langen und in einer kurzen Fassung überliefert ist.25 Basileios meinte, dass ein Leben als einsamer Anachoret für die meisten Mön‑ che nicht geeignet sei und deshalb nur von einem Mönch auf sich genommen werden solle, der schon Zeit in einem gemeinschaft‑ lichen Kloster verbracht habe. Historiker, die sich mit dem byzantini‑ schen Mönchtum beschäftigt haben, nah‑ men bis ungefähr Anfang des 20. Jahr‑ hunderts an, dass das gemeinschaftliche Mönchtum in Byzanz andere Formen des Klosterlebens verdrängt habe.26 Zwei Fak‑ toren lagen diesem früheren Konsens zu Grunde. Zum ersten wurde die Bedeutung des gemeinschaftlichen Klosterlebens in der griechisch‑orthodoxen Kirche durch seine markante Stellung in den kirchlichen und weltlichen Gesetzen überbewertet. Tatsäch‑ lich befassten sich die Gesetze zu Kloster‑ stiftungen im spätrömischen Kaiserreich ausschließlich mit zönobitischen Klöstern, besonders die ‚Novellae‘ von Justinian I. (527–565). Zum zweiten wurde, wie bei vie‑ len anderen Aspekten der byzantinistischen Forschung über Stiftungen, das Bild des Mönchtums im westlichen Europa scha‑ blonenartig auch auf die Auseinanderset‑ zung mit dem byzantinischen Mönchtum übertragen. Historiker, die sich mit dem byzantinischen Mönchtum beschäftigten, sahen in Basileios von Caesarea das östliche
Griechisch-orthodoxe Christen
Gegenstück zu Benedikt von Nursia und betrachteten deshalb diese ‚Basilianer‘ als die dominierende Organisationsform von Klöstern in den östlichen Kirchen.27 Es gab jedoch einige Unterschiede zwi‑ schen den monastischen Formen in Latein‑ europa und Byzanz. Eine einzigartige Form der monastischen Organisation in Byzanz etwa war die der laura (λαύρα), welche als „ein Kompromiss zwischen eremitischem und zönobitischem Mönchtum“28 beschrie‑ ben wurde. Das System des halb‑zönobiti‑ schen Klosterlebens hatte seinen Ursprung im spätantiken Ägypten und war besonders in Palästina von Bedeutung. Es wurde im 6. Jahrhundert detailliert von Kyrillos von Skythopolis beschrieben: Lauren waren Klosteranlagen, in der sich separate Zellen in einiger Entfernung um die eigentliche laura im Zentrum gruppierten. Während die einzelnen Mönche unter der Woche in ihren Zellen lebten, versammelten sie sich am Wochenende in der laura, nahmen am Gottesdienst teil, trafen den Abt und erhiel‑ ten Vorräte. Die laura an sich bestand übli‑ cherweise aus einer Kirche, einem Gemein‑ schaftshaus, einem Refektorium und aus Wirtschaftsgebäuden, die der Ernährung und Versorgung der Klostergemeinschaft dienten (Lagerhäuser, Kornkammern, Bä‑ ckereien usw.). Wie in zönobitischen Klös‑ tern gab es Gemeinschaftsbesitz und die Mönche unterstanden einem Abt.29 Die byzantinische Form des Klosterle‑ bens in Lauren unterscheidet sich jedoch von dem spätantiken palästinischen Mo‑ dell. Eine byzantinische Laura unterstützte sowohl Mönche, die in der Gemeinschaft lebten, als auch Anachoreten. Beide un‑ terstanden zum einen den Regeln der Ge‑ meinschaft, die im typikon schriftlich oder mündlich festgelegt waren, und zum an‑ deren auch dem Abt oder Stifter.30 Dieser variantenreiche Charakter byzantinischer Klosterstiftungen gestattete eine große
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Flexibilität hinsichtlich der Organisation von Klöstern. Anachoreten und Mönche, die dem gemeinschaftlichen Klosterleben nachgingen, lebten Seite an Seite, und es wurde oft zwischen beiden Formen des Mönchtums hin und her gewechselt.31 Die dritte Organisationsform für ein Kloster war die idiorrhythmische. Diese Form existierte bereits in der Spätantike, gelangte aber erst in der spätbyzantini‑ schen Periode (13.–15. Jahrhundert) zu voller Blüte. Die Anhänger der idio[r]rhythmia (ἰδιο[ρ]ρυθμία), was wörtlich „dem eigenen [Lebens]maß folgen“ bedeutet, lehnten die Reglementierungen des gemeinschaftli‑ chen Klosterlebens ab, was häufig von der griechisch‑orthodoxen Kirche verurteilt wurde.32 Idiorrhythmischen Mönchen war es nicht nur erlaubt, über eigenen Besitz zu verfügen, sie durften diesen sogar selbst erwerben und auch wieder veräußern, wenn sie es für nötig erachteten.33 Anstatt sich der absoluten Autorität eines Abts zu unterwerfen, wurden idiorrhythmische Mönche von einem kleinen Gemeinderat, der synaxis (συνάξις) älterer Mönche, der proϊstamenoi (προϊστάμενοι), beaufsichtigt, dem ein (leicht abzusetzender) Abt vorste‑ hen konnte, aber nicht musste.34 Zusätzlich zu den beiden bereits betrach‑ teten Arten monastischer Stiftungen, die des geschlossenen Klosterkonvents und die der laura, lässt sich eine Reihe von kleineren abhängigen Stiftungen von den idiorrhyth‑ mischen Klöstern unterscheiden: Eine Zelle oder kellion (κελλίον), von einem, zwei oder vielleicht auch einer kleinen Gruppe von Mönchen bewohnt, konnte sowohl Teil eines koinobion als auch einer laura sein. Andere mögliche Formen unselbständiger Kloster‑ stiftungen waren etwa eine kleinere abhän‑ gige Behausung oder skētē (σκήτη), eine Einsiedelei – benannt mit einem der Begriffe hēsychastērion (ἡσυχαστήριον), hermētarion (ἑρμητάριον), egkleistērion (ἐγκλειστήριον)
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oder egkleistra (ἐγκλείστρα) –, die durch natürliche Gegebenheiten und Bauweise vom Rest der Klostergemeinschaft isoliert war und sich doch oft auf dem Klosterge‑ lände befand, ein vollwertiges abhängiges Kloster oder metochion (μετόχιον), manch‑ mal in einer völlig anderen Region als das Hauptkloster gelegen, und schließlich di‑ verse Kirchen und Oratorien.35
Typologisierungen
Aktivitäten der kappadokischen Väter.37 Im 4. Jahrhundert ist auch zum ersten Mal die Verwendung des Begriffes lōbotropheion (λωβοτροφεῖον), „Lepra‑Haus“, nachge‑ wiesen.38 Verwaiste Kinder wurden in einem orphanotropheion (ὀρφανοτροφεῖον) und Findelkinder im Säuglingsalter in einem brephotropheion (βρεφοτροφεῖον) unterge‑ bracht. Obwohl einige typika von Klöstern (2.) Wohltätigkeitseinrichtungen bilden die das Beherbergen von (in fast allen Fällen zweite Hauptkategorie der griechisch‑or‑ männlichen) Kindern auf dem Gelände des thodoxen Stiftungen. Im Gegensatz zum Klosters ausdrücklich untersagen, gibt es hospitale des mittelalterlichen Westeuro‑ einige Hinweise dafür, dass klösterliche pa – eine Bezeichnung, hinter der sich orphanotropheia auch eine gewisse Rolle als eine große Anzahl wohltätiger Funktionen Bildungseinrichtungen spielten.39 Das gilt verbergen kann – hatten byzantinische insbesondere für das angesehene Orphano‑ mildtätige Institutionen schon von einem tropheion des Zotikos in Konstantinopel.40 frühen Zeitpunkt an sehr spezielle Aufga‑ ben und Bezeichnungen. Forscher wenden (3.) Eigenkirchen, martyria und Oratorien bei der Klassifizierung von byzantinischen finden sich oft in Kategorisierungen by‑ Wohltätigkeitseinrichtungen normalerwei‑ zantinischer Stiftungen; auch John Philip se die gleichen Kategorien an, die sich auch Thomas hat sie in seine Betrachtung ‚priva‑ in zeitgenössischen Quellen, insbesondere ter religiöser Stiftungen‘ miteinbezogen.41 in der justinianischen Gesetzgebung, fin‑ Die Untersuchung von Eigenkirchen in den lassen. Das xenodocheion (ξενοδοχεῖον), Byzanz wurde stark von den Forschun‑ womit im Altgriechischen ein klassisches gen über Eigenkirchen im mittelalterlichen Gasthaus bezeichnet wird, konnte in der Westeuropa beeinflusst;42 Byzantinisten Spätantike Arme, Kranke oder Reisende haben jedoch den Rat ihrer mediävisti‑ beherbergen. Im mittelalterlichen Jahr‑ schen Kollegen, zwischen Eigenkirchen tausend, das wir behandeln, beherbergte und Kirchenstiftungen zu unterscheiden, eine so bezeichnete Einrichtung jedoch nicht befolgt43. Als Eigenkirche bezeichnet zumeist Reisende.36 man eine Kirche, die im Besitz und unter Die Bezeichnungen für stärker spezi‑ der Kontrolle ihres Gründers verbleibt. Die alisierte Institutionen, wie Armenhaus, umfangreichen Oxyrhynchus‑Papyri etwa das ptōchotropheion (πτωχοτροφεῖον) geben detailliert Aufschluss über die phil‑ oder ptōcheion (πτωχεῖον), und Kranken‑ anthropischen Aktivitäten der ägyptischen haus, das xenon (ξενών) oder nosokomeion Apionen, einer der wohlhabendsten und (νοσοκομεῖον), erscheinen während der politisch einflussreichsten Familien des zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts schein‑ spätrömischen Kaiserreiches. Insgesamt bar ex nihilo; der erste genannte Begriff unterstützten sie siebenundvierzig Kirchen ist um 350 unter der Herrschaft von Con‑ in Oxyrhynchus, des Weiteren elf Klös‑ stantius II. (337–361) belegt, der letzte um ter, zwei martyria und vier piae causae.44 370. Beide Begriffsbildungen stehen in Zu‑ Eigenkirchen wie die der Apionen kann sammenhang mit den philanthropischen man jedoch nicht als Stiftungen im Sinne
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betraf diesen Bereich. Wie bei so vielen anderen Aspekten der Forschung über griechisch‑orthodoxe Stiftungen haben vergleichbare Bildungsinstitutionen aus dem mittelalterlichen Westeuropa, insbe‑ sondere Universitäten, als Vorlage für die Untersuchung ähnlicher byzantinischer Phänomene gedient. In der Forschung zu byzantinischen Bildungsinstitutionen ist betont worden, dass die fehlende Rechts‑ persönlichkeit höherer byzantinischer Schulen der ausschlaggebende Faktor da‑ für war, diese nicht als Universitäten zu bezeichnen.48 Eine nuanciertere Bewertung hat den durchweg dirigistischen Charakter byzantinischer Akademien im Vergleich zu den Universitäten im mittelalterlichen Westeuropa hervorgehoben.49 Zieht man neuere Kriterien für die Einstufung von Einrichtung höherer Bildung aus der For‑ schung über das mittelalterliche Westeu‑ ropa in Betracht, so zeigt sich wiederum, dass byzantinische Schulen diesem Modell nicht entsprechen 50: Es existieren keine Analogien zu den Studentenorganisationen oder universitates, welche das Fundament für die Universitäten von Bologna und Paris darstellten,51 und byzantinische In‑ stitutionen der höheren Bildung verfügten auch nicht über Stiftungen, wie die Univer‑ sitäten im mittelalterlichen Deutschland, die ihnen ein hohes Maß an Autonomie ermöglicht hätten 52. Alle institutionalisierten byzantinischen Schulen der höheren Bildung waren staatli‑ cher Natur und in Konstantinopel ansässig. Eine solche Schule wurde im Jahr 425 von Theodosios II. (408–450) gegründet. Nach der Herrschaft Justinians scheint diese jedoch wieder verschwunden zu sein. Eine von dem Caesar Bardas während der Herrschaft Mi‑ (4.) Keine byzantinische Institution der chaels III. (842–867) gegründete Schule wur‑ höheren Bildung lässt sich glaubwürdig als de von früheren Forschergenerationen als Stiftung bezeichnen und keine bekannte Universität angesehen.53 Inzwischen wur‑ Stiftung der griechisch‑orthodoxen Welt de jedoch überzeugend argumentiert, dass
von Klöstern und Wohltätigkeitseinrich‑ tungen bezeichnen, unter anderem da sie kein eigenes Stiftungskapital besaßen. Sie waren daher untrennbar mit dem Besitz der Patronatsfamilie verflochten und ihr Fortbestand und Unterhalt hing von der Gunst der Apionen ab.45 Als kontrastierendes Beispiel für eine Kirchenstiftung kann man das Testament des Provinzmagnaten Eustathios Boїlas an‑ führen (im April 1059 verfasst). Er vermach‑ te einen Teil seines Vermögens der von ihm selbst errichteten Theotokos‑Kirche und einer Kirche, die Barbara von Nikomedien gewidmet war und als Grabkirche für seine Familie diente.46 Das Vermächtnis für die Theotokos‑Kirche bestand aus der Hälfte eines seiner Anwesen (Bouzina), sechs‑ undzwanzig Goldmünzen (nomismata) für die Gehälter der Priester und Diakone und zwölf Goldmünzen für den Unterhalt der Öllampen. St. Barbara vermachte er zwölf Goldmünzen für das liturgische Gedenken sowie eine beachtliche Menge Weizens, Weins und anderer Erzeugnisse eines nahe gelegenen Dorfes.47 Die eine Hälfte des Bouzina‑Anwesens sollte im Besitz der Theotokos‑Kirche bleiben, auch für den Fall, dass seine Erben sich weigern oder dabei scheitern sollten, für sein Gedenken zu sorgen. Es bleibt jedoch anzumerken, dass in den weitaus meisten Fällen einer in den Quellen greifbaren Kirchengründung na‑ hezu keine näheren dokumentarischen Belege existieren. Oftmals ist nur die In‑ schrift des Gründers erhalten geblieben. Diese Tatsache vereitelt alle Versuche einer durchgängigen Unterscheidung zwischen Eigenkirchen und Kirchenstiftungen.
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sich die von Bardas gegründete Einrichtung wenig von ähnlichen nicht institutionali‑ sierten Gruppierungen von Schülern und Ausbildern derselben Zeit unterschied.54 Die am besten belegte Schule der höheren Bildung in Byzanz war eine 1047 gegrün‑ dete Rechtsschule des Kaisers Konstantin IX. Monomachos (1042–1055).55 Der byzanti‑ nische Intellektuelle und spätere Patriarch Johannes VIII. Xiphilinos (ca. 1010–1075) war Leiter dieser Schule. Dass sie eine rein staatliche Institution war, lässt sich daraus ersehen, dass all ihre Privilegien (inklusive der Gehälter und der Nutzung der Bücher aus der kaiserlichen Bibliothek) an das neue kaiserliche Amt des Xiphilinos als ‚Hüter [und] Lehrer [des Rechts]‘ (didaskalos nomophylax [tōn nomōn]) gebunden waren. (5.) Wie im Fall der höheren Bildungs‑ institutionen würden griechisch‑orthodoxe Bünde und Bruderschaften nach den neues‑ ten Bewertungskriterien der Studien über das mittelalterliche Westeuropa nicht als Stiftungen bezeichnet werden.56 Analog zum mittelalterlichen Westeuropa gab es auch in Byzanz Bruderschaften, die der Frömmigkeit (Ikonenverehrung) oder der gegenseitigen Unterstützung (Krankheit, Tod und Begräbniskosten) dienten, jedoch keine Gedenkstiftungen, die analog zu einer Gebetsverbrüderung zur Komme‑ moration einer einzelnen Person gegrün‑ det wurden. Bruderschaften im östlichen Mittelmeerraum der Spätantike sind ver‑ hältnismäßig gut belegt. Verbindungen wie die philoponoi (‚die Arbeitsliebenden‘) oder die spoudaioi (‚die Eifrigen‘) verrichteten eine Vielzahl an wohltätigen Aufgaben.57 Solche Verbindungen kennzeichnete eine sehr asketische Ausrichtung (Vermeidung des Badens sowie Entsagung von Alkohol und Sex). Die vielleicht am stärksten in‑ stitutionalisierte christliche Verbindung der Spätantike war eine syrische Gruppe,
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die sich ‚Kinder des Bundes‘ (bnāy qyāmā) nannte. Diese Männer und Frauen, die manchmal schon als Kinder in die Bruder‑ schaft eingetreten waren, trugen markante Kleidung und waren Teil der Kirchenad‑ ministration. Dies alles geschah unter der strengen Aufsicht des Bischofs.58 Nach der Spätantike existieren nur spär‑ liche Belege für byzantinische Bruderschaf‑ ten. Dies trifft insbesondere auf den Zeit‑ raum zwischen dem 7. und 11. Jahrhundert zu. Eines der wenigen Schriftzeugnisse ist das typikon einer Grabbruderschaft in The‑ ben (1045).59 Diese Bruderschaft kümmerte sich um die Ikone der Gottesmutter (Theotokos) und organisierte Prozessionen. Die Gottesmutter wurde in einer nahegelegenen Kirche auf dem Gelände eines geistlichen Konvents verehrt. Einmal im Monat versam‑ melten sich die Mitglieder der Bruderschaft in der Kirche, wo die Ikone aufbewahrt wurde, und zogen unter Hymnengesang mit der Ikone zu dem Ort, an dem diese im folgenden Monat verbleiben würde. Jedem Mitglied der Bruderschaft wurde so reihum die Aufgabe zuteil, sich einen ganzen Monat um die Ikone zu kümmern. Die Thebanische Bruderschaft hatte auch eine wichtige kommemorative Funktion: Zweimal in der Woche (mittwochs und frei‑ tags) wurde ein Gottesdienst abgehalten, in dem die Brüder jedes lebenden und verstor‑ benen Mitglieds, der Kaiser von Byzanz, des Patriarchen von Konstantinopel, des Metro‑ politen von Theben, eines lokalen Abts und seiner Nachfolger sowie der Äbtissinnen des benachbarten Konvents der Naupaktischen Frauen gedachten. Sie beteten für Mitglieder, die krank waren, und organisierten das Be‑ gräbnis für ein verstorbenes Mitglied, wenn nötig mit dem Aufwand eigener Beiträge. Außerdem gedachten sie des verstorbenen Mitgliedes am dritten, neunten und vier‑ zigsten Tag nach seinem Begräbnis sowie am Jahrestag seines Todes.
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3.5.4 Stiftungsvermögen Der Versuch, griechisch‑orthodoxe Stiftun‑ gen nach der Form ihres Vermögens zu ty‑ pologisieren, wäre ein schwieriges Unter‑ fangen. Die am besten belegten Stiftungen (Klöster und Wohltätigkeitseinrichtungen) verfügten nämlich über eine Kombination aus unterschiedlichen Vermögenswerten. Nichtsdestotrotz ließen sich einzelne be‑ stimmte Segmente ihrer Stiftungsvermö‑ gen anderen ihrer Art gegenüberstellen. Bevor die verschiedenen möglichen Ver‑ mögenssegmente beschrieben werden, lohnt es sich, kurz zusammenzufassen, wie grie‑ chisch‑orthodoxe Stiftungen in den Besitz ihres Vermögens gelangen konnten.60 Am häufigsten erhielten bestehende Stiftungen Vermögenswerte durch Schenkungen (nor‑ malerweise als dōrea, δωρεά, wiedergege‑ ben) oder testamentarische Vermächtnisse oder durch Kauf aus eigenen Mitteln. Es war ebenfalls üblich, dass Personen, die ei‑ nem Kloster oder Konvent beitreten wollten, eine Schenkung zugunsten der Gemein‑ schaft veranlassten (apotagē, ἀποταγή). Eine besondere Form der Schenkung, die einer Leibrente gleichkam und an Bedingungen geknüpft war, wurde adelphaton (ἀδελφᾶτον) genannt; sie sicherte dem Spender (inner‑ oder außerhalb der Klostergemeinschaft) im Gegenzug für seine einmalige Schenkung le‑ benslange jährliche Bezüge. Ferner konnten Vermögenswerte durch die Inbesitznahme von terra nullius oder durch usucapio erwor‑ ben werden. Auch war die Übergabe der Besitzungen eines aufgelösten Klosters an ein anderes Kloster möglich, was als epidōsis (ἐπίδωσις) bezeichnet wurde. Zu guter Letzt konnte eine Vermehrung des Vermögens durch Investitionen in Güter erzielt werden, die schon im Besitz der Stiftung waren, oder durch ihre Aufwertung. Das byzantinische Recht lehnte sich an das römische Recht an und unterteilte
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Besitztümer in drei Gruppen: bewegli‑ che (kinēta), unbewegliche (akinēta) und sich fortbewegende (autokinēta). Neben (1.) Grundbesitz mit seinen abhängigen Bau‑ ern konnten Stiftungen auch (2.) direkte Zuwendungen verschiedener Art erhalten (in Geld oder Naturalien), ebenso (3.) Steu‑ ervorteile, (4.) Nutztiere, (5.) unbewegliche Güter (etwa Bücher, Ikonen, liturgische Objekte) oder (6.) Boote.61 Typika beinhalteten bisweilen eine In‑ ventarliste der Vermögenswerte einer Stif‑ tung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung, des Verfassens des typikon oder eines Wechsels an der Spitze der Stiftung.62 Die Vermö‑ genswerte eines Klosters sollten im Stif‑ tungsinventar oder brebeion (βρέβειον) auf‑ geführt werden, und Kopien davon wurden oft in staatlichen oder kirchlichen Archi‑ ven hinterlegt. Wie typika variieren brebeia in Länge und Form: manchmal listeten sie Grundbesitz auf, manchmal wertvolle Objekte, manchmal auch beides.63 (→ 5.5) (1.) Der Besitz und die Bewirtschaftung von Grund und Boden war die gängigste Form des Vermögens im mittelalterlichen Byzanz, und die griechisch‑orthodoxen Stif‑ tungen bildeten hier keine Ausnahme.64 Im rechtlichen Sinne zählte Grundbesitz zu der Gruppe der unbeweglichen Güter (akinēta) entsprechend der obigen Dreitei‑ lung. Als Kapitalquelle wurde Grundbesitz einem dem Verkehrswert entsprechenden Geldbetrag vorgezogen. Justinian ordnete beispielsweise an, dass Spender und Stifter ihre zugesagten Besitzüberschreibungen nicht in eine Geldzahlung umwandeln dürf‑ ten. Außerdem verfügte er, dass jährliche Zahlungen zu Gunsten von Stiftungen aus Hypotheken auf Grundbesitz finanziert werden könnten.65 Der unmäßige Grund‑ besitz in der Hand von Klöstern war jedoch einer der Hauptkritikpunkte am byzantini‑ schen Mönchswesen. Ein harscher Kritiker
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Möglichkeiten: Erstens konnte die Grund‑ steuer, welche an das Schatzamt zu ent‑ richten war, um den Betrag der jährlichen Zuwendung reduziert werden. Zweitens konnte der Betrag von dem kaiserlichen Steuereintreiber der Provinz an die Stiftung ausgezahlt werden; drittens konnte ange‑ ordnet werden, dass eine bestimmte Dorfge‑ meinschaft (chōria) ihre Steuern in Höhe des gewährten Betrages direkt an die Stiftung (2.) Insbesondere Klöster wurden als De‑ zahlte und nicht an das Schatzamt.72 pot für größere Geldsummen genutzt.67 Stiftungen konnten Vermögen durch ein‑ (4.) Verglichen mit anderen Besitztümern malige Schenkung oder Gewährung einer griechisch‑orthodoxer Stiftungen ist der jährlichen Geldzuwendung (prosodon) an‑ Viehbestand, insbesondere von Klöstern, häufen. Trotz seiner erklärten Vorliebe für eher spärlich dokumentiert.73 Das kann jährliche Zuwendungen, die durch entspre‑ teilweise dadurch erklärt werden, dass kei‑ chenden Grundbesitz abgesichert waren, ne Klosteraufzeichnungen aus dem Inneren gegenüber rein monetären Zuwendungen Kleinasiens erhalten geblieben sind, wo gewährte Justinian selbst eine ganze Rei‑ die Viehwirtschaft am intensivsten betrie‑ he von beträchtlichen prosoda.68 Viele der ben wurde. Gutshöfe mit riesigen Herden bekannten Klosterstiftungen des 10. und aus Rindern, Ziegen und Schafen bildeten 11. Jahrhunderts bekamen umfangreiche jedoch die Grundlage für den Reichtum jährliche Geldzuwendungen, welche in die‑ etlicher aristokratischer Sippen in dieser sem Zeitraum rhogai oder solemnia genannt Region, wie etwa der Phokades. Entspre‑ wurden.69 Das von Athanasios Athonites chend gehörte diese Form des Besitzes, wie gegründete Kloster erhielt beispielsweise einige Beispiele nahelegen, auch zum Ver‑ gegen Ende des 10. Jahrhunderts jährlich mögen der Stiftungen, die von ihnen be‑ 600–700 Goldstücke (nomismata) aus sol‑ günstigt wurden. chen solemnia.70 (5.) Mehrere Inventarlisten von Büchern, (3.) Grundsätzlich waren religiöse Stiftun‑ Ikonen sowie anderen Devotionalien und gen nicht von der Grundsteuer befreit. Be‑ liturgischen Objekten aus byzantinischen freiungen von den vielen Nebensteuern und Klöstern sind erhalten geblieben. Da man staatlichen Steuererhebungen waren jedoch sehr wenig über säkulare Bibliotheken in By‑ einer der Hauptvermögenswerte der Klös‑ zanz weiß, geben die Buchinventarlisten der ter.71 Dokumente mit Auflistungen dieser Klöster den Historikern die besten Anhalts‑ Ausnahmeregelungen wurden zusammen punkte hinsichtlich Lesegewohnheiten und mit anderen wichtigen Dokumenten und Geschmack des gebildeten homo byzantinus. wertvollen Objekten einer Stiftung gewis‑ senhaft archiviert. Seit dem 11. Jahrhundert (6.) Die Forschungen von Kostis Smyrlis entwickelten sich die kaiserlichen Zuwen‑ über große byzantinische Klosterstiftun‑ dungen an Klöster von direkten Zahlun‑ gen haben gezeigt, dass diese eine ganze gen des Schatzamtes hin zum sogenann‑ Anzahl von Wasserfahrzeugen für Fischerei ten solemnion logismon. Hierbei gab es drei und Transportzwecke besaßen. Darunter des klösterlichen Reichtums war Kaiser Ma‑ nuel I. Komnenos (1143–1180). Das von ihm gestiftete Kloster Kataskepe, welches dem Erzengel Michael gewidmet war, bedach‑ te er deshalb lieber mit einer jährlichen Geldzuwendung anstatt mit Grundbesitz, weil er der Meinung war, dass klösterlicher Grundbesitz zu einer Korrumpierung der monastischen Ideale führe.66
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waren sowohl seetüchtige Schiffe als auch solche für Binnengewässer.74 Für Klöster, die auf dem Landweg praktisch nicht zu erreichen waren (Athos) oder auf Inseln lagen (Patmos), war es in der Tat eine Not‑ wendigkeit, Schiffe oder Boote zu besitzen, um wenigstens bis zu einem gewissen Grad mit der Außenwelt in Kontakt zu bleiben. 3.5.5 Sozialer Status des Stifters Anstatt die feineren Nuancen bei den ge‑ sellschaftlichen Stellungen in Byzanz her‑ auszuarbeiten und sie zur Grundlage einer Typologisierung von Stiftungen zu machen, ist es sinnvoll, eine grobe Dichotomie zwi‑ schen den typika von (1.) aristokratischen und (2.) nicht‑aristokratischen Stiftern zu nutzen. Diese Typologisierung wurde zu‑ erst von Catia Galatariotou aufgestellt.75 Obwohl sie als Typologisierung von typika angelegt ist, lässt sie sich auch gut mit einer in der Forschung aktuellen Schema‑ tisierung der byzantinischen Gesellschaft als ganzer verknüpfen. Diese schlägt eine lose Kategorisierung der höheren Ränge innerhalb des Kaiserreichs als Elite im All‑ gemeinen vor, deren Mitglieder sich unter anderem aus der politischen Oberschicht rekrutierten.76 Hier ist anzumerken, dass die Unterscheidung zwischen aristokrati‑ schen und nicht‑aristokratischen Stiftern nur für die zweite Hälfte unserer Betrach‑ tung (1000–1500) sinnvoll getroffen werden kann. Das hat zwei Gründe: Zum einen sind nur wenige typika für den Zeitraum von 500 bis 1000 erhalten geblieben,77 zum anderen entwickelten sich erst im 11. und 12. Jahrhundert Adelsgeschlechter in der byzantinischen Gesellschaft. Das lässt sich an der Entstehung von Familiennamen und der Ausformung von Stammbäumen für be‑ deutende byzantinische Familien erkennen, die bis in die Spätantike zurückreichen.78
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(1.) Aristokratische Stifter hoben ihre gesell‑ schaftliche Stellung in ihren typika hervor, indem sie Stammbaum sowie Adelsstand der Familie, ihre Titel und, wenn zutreffend, auch ihren Status als Angehöriger der kö‑ niglichen Familie mit der Formulierung ‚in Purpur geboren‘ oder porphyrogennētos (πορ‑ φυρογέννητος) aufführten.79 Motive dieser Stifter waren die Sicherung des Gedenkens für ihr eigenes Seelenheil, die Stärkung der Beziehung zwischen der klösterlichen Gemeinschaft und den Laien außerhalb der Klostermauern sowie schließlich die Be‑ wahrung der Kontrolle über das Stiftungs‑ kapital in der Hand ihrer Familien, indem sie einen Laien als Treuhänder einsetzten. Während aristokratische Stifter dazu neig‑ ten, die Administration und Dotation ihrer Stiftung minutiös zu regeln, streifen ihre typika liturgische Vorgaben – abgesehen vom Gedenken natürlich – und das Ver‑ halten innerhalb der Klostergemeinschaft nur oberflächlich oder lassen sie ganz unter den Tisch fallen. Im Falle geistlicher Ge‑ meinschaften formulierten aristokratische Stifter häufig Regeln, die aristokratischen Mönchen und Nonnen die Aufnahme und das Leben in der Klostergemeinschaft er‑ leichterten und ihnen sogar gestatteten, zusammen mit ihren Dienern einzutreten. Diese sozialen Unterschiede galten auch für die Arbeitszuteilung: Es gab in aristo‑ kratischen Stiftungen eine Unterteilung in arbeitende Mönche (diakonētai, hypourgoi) und nicht arbeitende oder Kirchenmönche (ekklēsiastikoi). (2.) Anstatt ihren Stammbaum in den typika aufzuführen, erzählten nicht‑aristokrati‑ sche Stifter oftmals ihre persönlichen Ge‑ schichten und die ihrer Stiftungen. Nicht‑ aristokratische Stifter waren bemüht, eine gleichberechtigte Gemeinschaft innerhalb ihrer Stiftung zu schaffen, betonten des‑ halb die spirituelle Verwandtschaft und
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trachteten danach, die noch bestehenden Verbindungen ihrer Mitglieder mit dem Laienstand zu kappen. Laien als Treuhän‑ der wurden nur als Mittel erwähnt, um weltliche Angelegenheiten von dem Kloster fernzuhalten. Aufforderungen zur sexuellen Enthaltsamkeit und Ächtung der Anhäu‑ fung von zu viel Besitz und Geld durch die Stiftung standen im Vordergrund der viel strikteren Verhaltensregeln dieser Klöster. 3.5.6 Topographie Griechisch‑orthodoxe Stiftungen aufgrund von topographischen Kriterien zu typolo‑ gisieren, verdeutlicht, in welch hohem Maß die landschaftlichen Gegebenheiten Form und Funktion einer Stiftung beeinflusst haben. Relativ einleuchtend ist die Unter‑ teilung in (1.) urbane oder suburbane sowie (2.) ländliche Stiftungen, die auch weitere Subkategorien erlaubt. Zwei Schlüsselfak‑ toren sind für die Dichotomie zwischen urbanen und ländlichen Stiftungen ent‑ scheidend: Zum einen war der byzantini‑ sche Staat, für vormoderne Verhältnisse, sehr zentralisiert, was zur Folge hatte, dass sich kulturelle, ökonomische und politi‑ sche Ressourcen zum größten Teil auf die Hauptstadt Konstantinopel konzentrierten. Diese zentripetalen Tendenzen führten auch dazu, dass Konstantinopel, insbe‑ sondere nach dem Verlust der östlichen Provinzen im 7. Jahrhundert, die bei wei‑ tem größte Stadt im Byzantinischen Reich war. Thessaloniki folgte weit abgeschlagen als ‚zweite Stadt‘ des Reiches. Es ist des‑ halb in der Byzantinistik üblich, verschie‑ denste Aspekte der byzantinischen Gesell‑ schaft (Kunst, Zuständigkeiten usw.) in ‚provinzial‘ und ‚konstantinopolitanisch‘ zu unterteilen. Zum anderen verlor das Mönchtum, das seinen Ursprung in der ägyptischen Wüste hatte, in Byzanz nie
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seinen stark ländlichen Charakter und seine sogar isolationistisch zu nennen‑ den Tendenzen. Obwohl das Mönchtum erfolgreich urbanisiert wurde, bewahrte die ‚Wüste‘ ihre Verlockungen spiritueller Fruchtbarkeit und Erneuerung. (1.) Wie eingangs erwähnt, sind mit urbanen oder suburbanen Stiftungen im Wesentli‑ chen konstantinopolitanische Stiftungen ge‑ meint. Natürlich existierten auch in Athen, Thessaloniki und Trapezunt einige urbane Klöster, wenn auch in viel geringerer An‑ zahl. Es gibt eine Reihe von Faktoren, durch die sich urbane Stiftungen von ländlichen Stiftungen unterschieden. Zuallererst wa‑ ren weibliches Mönchtum und darum auch mit Nonnen verbundene Wohltätigkeitsein‑ richtungen sehr stark auf die Hauptstadt beschränkt: Frauenkonvente waren ein fast ausschließlich urbanes, gemeinschaftliches und insbesondere konstantinopolitanisches Phänomen.80 Des Weiteren waren urbane Stiftungen in Byzanz eng mit Formen ge‑ meinschaftlichen Mönchtums verknüpft, sodass selbst Lauren mit ihrem weniger von der Welt entfernten gemeinschaftli‑ chen Klosterleben im urbanen Kontext fast unbekannt sind.81 (2.) Trotz der Bedeutung und des Reichtums konstantinopolitanischer Stiftungen verlor die ‚Wüste‘ als angemessene Umgebung im griechisch‑orthodoxen Verständnis vom Mönchtum nie an Anziehungskraft. In sei‑ ner Darstellung der Stiftung des Micha‑ els‑Klosters von Kataskepe durch Kaiser Manuel I. Komnenos schildert der Histo‑ riker Niketas Choniates die Einstellung des Kaisers bezüglich der angemessenen Standorte von Klöstern wie folgt: „Mönche sollten ihre Wohnstatt weit entfernt an den entlegensten Orten wählen, in Höhlen‑ löchern und auf Berggipfeln, und sollten diese herrliche Stadt am Bosporus meiden
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wie es Odysseus mit den betörenden Zwei‑ gen des Lotusbaumes tat.“82 Griechisch‑orthodoxe religiöse Stiftun‑ gen, insbesondere Klöster, befanden sich überproportional oft in ländlichen Gegen‑ den, und die bedeutendsten Klöster wa‑ ren oftmals an den entlegensten Orten zu finden. Außerhalb der Hauptstadt lagen die großen Zentren des byzantinischen Mönchtums auf Bergen: Athos, Galesios (nördlich von Ephesus), Ganos, Latros (nordöstlich von Milet), Olymp (in Bithy‑ nien) sowie der Schwarze und der Wun‑ derbare Berg (bei Antiochien).
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Stiftung hatte aber auch eine fiskalische Komponente: alle Klöster innerhalb einer Diözese mussten an den Bischof eine Steu‑ er, das sogenannte kanonikon (κανονικόν), abführen.85 Ein Bischof konnte ebenfalls Gebühren, die synētheiai (συνήθειαι), für die zuvor erwähnte Bestätigung eines Ab‑ tes erheben, was durchaus üblich war.86
(2.) Eine Möglichkeit für Stifter oder ihre Stiftungen, der bischöflichen Kontrolle zu entgehen, war es, die direkte Oberaufsicht durch den Patriarchen von Konstantinopel zu erwirken.87 Mittels seines stauropēgion (σταυροπήγιον), wörtlich ‚Errichtung ei‑ nes Kreuzes‘, konnte der Patriarch Klös‑ ter auch außerhalb von Konstantinopel 3.5.7 Kirchenrecht und staatseiner Gerichtsbarkeit unterstellen. Ein liche Rechtsordnung Kloster zahlte dann das kanonikon direkt Im Byzantinischen Reich fiel jede Stiftung an ihn und nicht an den örtlichen Bischof, unter eine spezifische Gerichtsbarkeit, wel‑ weshalb auch der Patriarch anstelle des che entweder die kirchlichen oder staatli‑ Bischofs in das Diptychon des Klosters chen Behörden mit der obersten Aufsicht aufgenommen und kommemoriert wurde. und Verfügungsgewalt über die Stiftung be‑ traute. Stiftungen wurden dementsprechend (3.) Einige Stiftungen standen direkt unter als (1.) episkopal, (2.) patriarchal, (3.) kaiser‑ kaiserlicher Oberaufsicht. Interessanterwei‑ lich oder (4.) unabhängig kategorisiert.83 se war beim ersten Konzil, in dem die recht‑ lichen Aspekte der Klöster geregelt wurden, (1.) Ein Bischof, Erzbischof oder Metropolit dem Konzil von Chalkedon, keine kaiserli‑ war automatisch mit der Gerichtsbarkeit che Rolle bei der Regulierung und Stiftung über die Stiftungen in seinem Bistum be‑ von Klöstern vorgesehen. Der erste Kaiser, traut, wenn nicht ausdrücklich eine andere welcher eine Klosterstiftung schuf, war Jus‑ Form der Gerichtsbarkeit bestimmt worden tinian. Zusammen mit seiner Frau Theodora war.84 Die justinianische Gesetzgebung richtete er einen Konvent für geläuterte Pro‑ codifizierte den spätantiken Trend der epi‑ stituierte ein. Er trug den passenden Namen skopalen Zentralisierung, der besonders metanoia (μετάνοια), also ‚Buße‘, und war in in den canones des Konzils von Chalkedon einem früheren kaiserlichen Palast an der (451) deutlich wird. Ein Bischof musste Küste auf der asiatischen Seite des Bosporus einen vom Stifter ausgesuchten oder von untergebracht. Tatsächlich unterhielt der by‑ den Mönchen gewählten Abt bestätigen. zantinische Staat ein umfangreiches System Die Namen örtlicher Bischöfe oder anderer an Klöstern und frommen Stiftungen. Eine hoher kirchlicher Amtsträger wurden in der Aufgaben dieses Netzwerks war es, als das Diptychon eines Klosters aufgenom‑ Gefängnis oder Aufenthaltsort für Personen men und es wurde ihrer gedacht. (→ 8.5.2) im unfreiwilligen Exil zu dienen. Laut einer Die bischöfliche Gerichtsbarkeit über eine Zählung waren allein in Konstantinopel
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mindestens 22 Klöster mit dieser Aufgabe betraut.88 Einige Beamte, die mit dem Be‑ trieb dieses staatlichen Wohlfahrtssystems betraut waren, hatten erheblichen politi‑ schen Einfluss. Am namhaftesten war der Direktor des Waisenhauses des Zotikos, der sogenannte orphanotrophos.89
Stiftungen – ein Phänomen, das als ‚Reform‑ bewegung‘ beschrieben wurde.90 Technisch gesehen unterstanden unabhängige Stiftun‑ gen weder der Zivil‑ noch der Kirchenver‑ waltung. Dieser Unabhängigkeitsstatus war vom Gesichtspunkt des Stifters aus gesehen normalerweise der günstigste, wenigstens den typika nach zu urteilen, da solche Insti‑ (4.) Eine der bemerkenswertesten Entwick‑ tutionen nicht einfach von Bischöfen, zivilen lungen bei der Administration von grie‑ Beamten oder dem Patriarchen übernommen chisch‑orthodoxen Stiftungen war das Auf‑ werden konnten. kommen der Selbstverwaltung unabhängiger ZC Anmerkungen 1 Vgl. zum Beispiel die von Catia Galatariotou
vorgeschlagene Einteilung, die zwischen typika von ‚aristokratischen‘ und solchen von ‚nicht‑ aristokratischen‘ Stiftern unterscheidet: Galatariotou, Byzantine Kterorika Typika (1987). Sie blieb von anderen Gelehrten, die sich mit dem byzantinischen Mönchtum beschäftigen, weit‑ gehend unbeachtet. 2 So zum Beispiel Morris, Monks and Laymen (1995), 2: „The lack of any comprehensive modern study of Byzantine monasticism should therefo‑ re come as no surprise; such a task is well nigh impossible given the variety of monastic forms within the medieval greek church.“ Siehe auch Meester, Monachicus status (1942), 5; 93 f.; A.-M. Talbot, Monasticism (1991), bes. 1393. 3 Natürlich nahmen Klöster auch selbst wohl‑ tätige Aufgaben wie das Verteilen von Almosen wahr; siehe etwa BMFD 1, 29, Anm. 30. 4 J. Thomas, In Perpetuum (2005), 123 f. 5 Zhishman, Stifterrecht (1888), 48 f. 6 Siehe den Index für die verschiedenen Arten des Gedenkens in BMFD 5, 1882 f. 7 Galatariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987), 91–95. 8 Zwei kürzlich veröffentlichte Studien über die caritativen Beweggründe byzantinischer Stifter betonen, dass das ultimative Ziel immer noch die Erlangung des eigenen Seelenheils durch Kom‑ memoration war: Horden, Memoria (2005), 143; J. Thomas, In Perpetuum (2005), 123 f.
9 Le typikon du Christ Sauveur Pantocrator. Ed.
und übers. Paul Gautier, in: REB 32, 1974, 1–145, hier 89, Z. 1007–1019. Siehe die Beschreibung dieser Entwicklung bei T. Miller, Birth of the Hospital (1985, ND 1997), 19. 10 Zum Verbot des Athanasios von den Meteora, dass Frauen das von ihm gestiftete Kloster betre‑ ten, siehe Athanasios of Meteora, Symvolē eis tēn historian tōn monōn tōn Meteōrōn. Ed. Nikos A. Veēs, in: Vyzantis. Epitheōrēsis tōn vyzantiakōn spoudōn ekdidomenē kata trimēnian hypo tēs en Athēnais „Byzantiologikēs Hetaireias“ 1, 1909, 191–331, hier 251, § 7. Andere Beispiele für die Versuche byzantinischer Stifter, die Sittenrein‑ heit ihrer Mönche zu erhalten, in Galatariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987), 121–124. 11 Zum rechtlichen Status von Gefangenen laut zeitgenössischen römischen Juristen, aber ohne Erörterung der Verhältnisse in der Spätan‑ tike oder in Byzanz, siehe Amirante, Redemptio ab hostibus (1957). Für eine kenntnisreiche und differenzierte Erörterung der sich wandelnden Ansichten über Gefangene im Mittelmeerraum des frühen Mittelalters vor dem Hintergrund der sich ändernden geopolitischen Bedingungen siehe Rotman, Byzantine Slavery (2009), 27–57. 12 Justiniani Novellae 131,11. Ed. Rudolfus Schoell / Guilelmus Kroll. (CIC 3.) Dublin / Zürich 101972, 659 f. (vom Jahr 545) 13 T. Miller, Orphans (2003), 1–3. 14 Ebd., 221–226.
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15 Die drei Versionen des typikon von Koutlou‑ 22 Diese dreifache Unterteilung byzantinischer mousi sind zu finden in Actes de Kutlumus. Ed. Paul Lemerle. (Archives de l’Athos, Bd. 2.) Paris 1988, 113–116; 117–121; 135–138; hier 133. Englische Übersetzung von George Dennis mit Kommen‑ taren in BFMD 4, 1408–1432. 16 Theocharides, Recent Research (1996), 206–214. 17 Bezüglich der kastra siehe Le typikon du sé‑ baste Grégoire Pakourianos. Ed. und übers. Paul Gautier, in: REB 42, 1984, 5–145, hier 35–45, cap. 2; bezüglich der Anweisung für den Bau des Turmes siehe ebd., 112 f., cap. 29. 18 J. Thomas, Your Sword (2007), 43 f., Anm. 37. 19 Siehe Symeon Magistros and Logothetes (tou dromou), Letters. Ed. Jean Darrouzès, Épistoliers by‑ zantins du Xe siècle. (Archives de l’Orient chrétien, Bd. 6.) Paris 1960, 99–163, hier 146 f., Nr. 83 (Feldzug gegen die Hamdaniden); 149, Nr. 88 (Militärex‑ pedition nach Kalabrien). In der Forschung wird davon ausgegangen, dass der Brief etwa um das Jahr 960 verfasst wurde, da Nikephoros II. Phokas ab 964 mehrere Feldzüge gegen die Hamdaniden angeführt hat; siehe beispielsweise Janin, Églises (1975), 442, Nr. 7. Andere Überlegungen wie die von Høgel, Symeon Metaphrastes (2002), 84 f., gehen von einem früheren Datum, evtl. um 950, aus. 20 Nikephoros Erotikos, Ein byzantinisches Kloster am Berg Tmolos. Ed. und übers. Thomas Drew-Bear / Johannes Koder, in: JÖB 38, 1988, 197–215; siehe auch die Übersetzungen und Kommentare von John Thomas in BMFD 1, 310–312. Nach der Veröffentlichung der BFMD wurde ein weiteres Fragment des Typikons entdeckt: siehe Nikepho‑ ros Erotikos, Ein Altenheim als Jugendbrunnen? Neues zu einer byzantinischen Inschrift aus Phi‑ ladelphia in Lydien. Ed. und übers. Georg Petzl, in: Chiron 32, 2002, 173–189. Zu den Klosterstiftungen des 11. Jahrhunderts mit abhängigen Wohltätig‑ keitseinrichtungen gehört das Kloster von Michael Attaleiates mit seinem Armenhaus, das Kloster von Gregor Pakourianos mit seinen drei xenodocheia und das Kloster ‚des Granatapfels‘ (tou rhoidiou) mit seinem xenodocheion. 21 Weitere Synonyme sind askētērion (ἀσκητή‑ ριον), hēgoumeneion (ἡγουμενεῖον), mandra (μάν‑ δρα), monachōn katagōgion (μοναχῶν καταγώγιον), phrontistērion (φροντιστήριον) und semneion (σεμνεῖον); siehe dazu Meester, Monachicus status (1942), 7; 99–101.
Klöster nach ihrer Organisationsform ist zu fin‑ den bei A.-M. Talbot, Monasticism (1991), 1392. 23 A.-M. Talbot, Comparison (1985), 5–7. 24 BMFD 1, 32–41. 25 Eine Analyse der Schriften von Basileios über Askese und deren Einfluss auf die byzantinischen Klostergemeinschaften ist zu finden in BMFD 1, 21–32. 26 Papachryssanthou, Vie monastique (1973), 158 f. 27 Siehe dazu Beck, Kirche und theologische Literatur (1959, ND 1977), 125. 28 A.-M. Talbot / Kazhdan, Lavra (1991). 29 Meester, Monachicus status (1942), 7; 99–101. 30 Papachryssanthou, Vie monastique (1973), 173–180. 31 Ebd., 166 f. 32 A.-M. Talbot, Idiorrrythmic Monasticism (1991), 981. 33 Meester, Monachicus status (1942), 5; 78–81. 34 Zum Besitz‑ und Veräußerungsrecht der Mönche siehe ebd.; zu Verwaltung und Aufsicht der Kommunität siehe ebd., 8 f.; 27 f.; 63; 99–101; 291–294, sowie A.-M. Talbot, Idiorrythmic Mo‑ nasticism (1991), 982. 35 Meester, Monachicus status (1942), 8 f.; 99–101. 36 Kazhdan / Talbot, Xenodocheion (1991); Kislinger, Kaiser Julian (1984), 174–177; T. Miller, Birth of the Hospital (1985, ND 1997), 26 f. 37 Basileios von Kaisereia, der selbst um 370 das erste Armenhaus leitete, scheint den Begriff ptōchotropheion als erster zu benutzen; siehe Holman, Hungry Are Dying (2001), 74–76. 38 Neben lōbotropheion sind auch andere Be‑ zeichnungen gebräuchlich (τῶν λελωβημένων νοσοκομεῖον bzw. ξενών, πτωχεῖον λεπρῶν, λωβῶν γηροκομεῖον); siehe Kislinger, Leprosenhäuser (1991). 39 Beispiele für von Bistümern geführte Wai‑ senhäuser findet man in T. Miller, Orphans (2003), 108–140. 40 Ebd., 209–246. Das aussagekräftigste Indiz für ein Curriculum des orphanotropheion datiert aus dem 12. Jahrhundert – nach der Wiedergründung durch Kaiser Alexios I. Komnenos (1081–1118). Auch wenn die Beweislage bezüglich einer dauerhaften Bildungsfunktion des orphanotropheion dünn ist, legt Miller einige interessante Indizienbeweise dar, die für eine lange Tradition der musikalischen Aus‑ bildung, insbesondere des Waisenchors, sprechen.
228 41 Siehe die Definition von privaten frommen
Stiftungen in Byzanz bei J. Thomas, Private Re‑ ligious Foundations (1987), 1 f. 42 Die Theorie von Ulrich Stutz bezüglich der Existenz von Eigenkirchen hatte großen Einfluss auf die Aussagen von Thomas über private from‑ me Stiftungen in Byzanz; siehe J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 1 f. 43 Die problematische Resonanz auf die Eigenkir‑ chentheorie wurde ausführlich von Michael Borgol‑ te behandelt; über die Unterschiede von Eigenkirche und Kirchenstiftung siehe Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche (1985, ND 2012), 157 f. (→ 8.5.2) 44 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 83, 98–104. 45 Ebd., 83–97. 46 Le testament d’Eustathios Boїlas (Avril 1059). Ed. und übers. Paul Lemerle, in: Ders., Cinq étu‑ des (1977), 13–63. 47 Testament d’Eustathios Boїlas. Ed. Lemerle (wie Anm. 46), 23, Z. 99–108. 48 Alexander Kazhdan merkt an, dass die so‑ genannte Universität von Konstantinopel zwar durch kaiserliches Dekret offiziell anerkannt war, aber keine Rechtspersönlichkeit hatte, wie das bei den Universitäten im mittelalterlichen Westeuropa der Fall war: Kazhdan, University of Constantinople (1991). 49 Fögen, Modell und Mythos (1996). 50 Über die Diskussion dieser Kriterien siehe Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungs‑ feld von Herrschaft und Genossenschaft (1994, ND 2012), 32–40. 51 Ebd., 32 f. 52 Ebd., 34 f. 53 Friederich Fuchs, Höhere Schulen (1926). 54 Die Argumentation gegen die Einordnung der Schule des Bardas Mamikonian als Universität findet man bei Speck, Kaiserliche Universität (1974). 55 Novella constitutio saec. XI medii. Quae est de schola iuris Constantinopoli constituenda et legum custode creando a Ioanne Mauropode conscripta, a Constantino IX Monomacho promulgata. Ed. Paul de Lagarde, übers. A. Salač. Prag 1954. Eine ausführ‑ liche Diskussion über Hintergrund, Stiftung und Betrieb der Schule bei Wolska-Conus, École de droit (1979); Dies., Écoles de Psellos et de Xiphilin (1976). 56 Zur Notwendigkeit, zwischen Gebetsverbrü‑ derungen, die von Herrschern zum Zweck ihres
Typologisierungen
eigenen liturgischen Gedenkens gestiftet wur‑ den, und der eigentlichen Gebetsverbrüderung von Herrschern mit geistlichen Gemeinschaften zu unterscheiden, siehe Borgolte, Typologie und Chronologie (1991, ND 2012), 226. 57 Zu philoponoi und spoudaioi siehe Horden, Confraternities (1986, ND 2008), 40–42. 58 Zu den ‚Kindern des Bundes‘ siehe ebd., 42 f. 59 Siehe A Confraternity of the Comnenian Era. Ed. und übers. John William Nesbitt / John Wiita, in: BZ 68, 1975, 360–384. 60 Die folgende Typologie der Vermögensakqui‑ se folgt der von Smyrlis, Fortune (2006), 133–154. 61 Den besten Überblick über die verschiedenen Arten von Vermögen im Besitz byzantinischer Stiftungen bietet Smyrlis, Fortune (2006), 99–127. Die Analyse von Smyrlis beschränkt sich jedoch auf große Klöster am Ende des 10. Jahrhunderts bis zum 14. Jahrhundert. Dieser Fokus ist eher aus der Notwendigkeit heraus entstanden und nicht das Ergebnis fachlicher Überlegungen: Diese Art der Stiftung ist vergleichsweise gut dokumentiert. 62 Smyrlis, Fortune (2006), 99 f. 63 Später wurde der Begriff ‚brebeion‛ auch im Bezug auf die Liste der zu kommemorierenden Personen benutzt; siehe Kazhdan, Brebion (1991). 64 Bezüglich Grundbesitz als Vermögenswert byzantinischer Klöster siehe Smyrlis, Fortune (2006), 116–124. 65 Codex Justinianus 1.3.45 (46), § 9–15. Ed. Paulus Krueger. (CIC 2.) Dublin / Zürich 151970, 31–33 (vom Jahr 530); 1.3.55 (57), ebd., 38 f. (vom Jahr 534). 66 Charanis, Monastic Properties (1948), 82. 67 Smyrlis, Fortune (2006), 104 f. 68 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 49. 69 Morris, Monks and Laymen (1995), 194–196. 70 Bartusis, Solemnion (1991). 71 Zu den Befreiungen vom Zugriff des Fiskus und für eine Liste der verschiedenen Steuerer‑ leichterungen während der mittelbyzantinischen Zeit siehe Oikonomidès, Fiscalité (1996). 72 Bartusis, Solemnion (1991). 73 Einige Beispiele hierfür bei Smyrlis, Fortune (2006), 124 f. 74 Smyrlis, Fortune (2006), 106–116. 75 Galatariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987). Zu Kritik an der Dichotomie von Galatariotou siehe Mullett, Founders, Refounders, Second Founders,
Indien
229
Patrons (2007), 16–18. Enrico Morini hat eine Varia‑ kehrte der Patriarch nach Konstantinopel zurück tion der Typologie von Galatariotou angeregt, in (εἰς Κωνσταντινούπολιν ἐπανἐστρεφε); dieses Klos‑ der er zwar die enorme Vielfalt der byzantinischen ter war also sehr wahrscheinlich suburban gelegen. Stiftungen anerkennt, aber zwischen Stiftungen Siehe La version brève des relations historiques unterscheidet, die extern (esogena) und intern (en- de Georges Pachymérès. Ed. Albert Failler, Bd. 1. dogena) entstehen. Diese Kategorien entsprechen (Archives de L’Orient chretien, Bd. 17.) Paris 2001, grob besehen jenen von ‚aristokratisch‘ und ‚nicht‑ 159 f., lib.5, cap. 25. aristokratisch‘; siehe Morini, Tipologie (2006), 76 f. 82 Nicetae Choniatae historiae. Pars prior. Ed. 76 Haldon, Social Élites (2009), 171 f. Jan Louis van Dieten. (CFHB 11.1.) Berlin 1975, 207, 77 Nur 13 der 61 typika im Corpus der BMFD Z. 24–27. datieren vor dem Jahr 1000; diese frühen Doku‑ 83 Meester, Monachicus status (1942), 8 f.; 102–110. mente sind größtenteils auch viel kürzer als ihre In der hier präsentierten Typologisierung werden späteren Gegenstücke. Stifterklöster und unabhängige Klöster zu einer 78 Kazhdan / Epstein, Change (1985). Kategorie zusammengefasst. Sie werden aber von 79 Zu der angesprochenen Einteilung von ty- de Meester getrennt behandelt. pika nach der sozialen Position des Stifters, die 84 Eine allgemeine Übersicht der Charakte‑ auch der hier vorgeschlagenen Tyoplogisierung ristika von episkopalen Stiftungen ist zu finden zugrunde liegt, siehe Galatariotou, Byzantine bei Meester, Monachicus status (1942), 9 f.; 111–119. Ktetorika Typika (1987), 89; 91–106; 109–129, 134 f. 85 Eine Beschreibung der Entwicklung des ka80 A.-M. Talbot, Comparison (1985), 1–5. nonikon, erstmals im 11. Jahrhundert erwähnt, ist 81 Papachryssanthou, Vie monastique (1973), 180. zu finden bei Herman, Bischöfliches Abgabenwe‑ Eine Ausnahme ist eine laura aus dem 9. Jahrhun‑ sen (1939), 447–457. dert, wahrscheinlich auf dem Palatin gelegen: siehe 86 J. Thomas, Private Religious Foundations Sansterre, Laure (1974). Ein anderes Beispiel für eine (1987), 215. urbane laura wird bei A.-M. Talbot / Kazhdan, Lavra 87 Die Charakteristika von patriarchalen Stif‑ (1991), erwähnt. Das Kloster des Erzengels Michael tungen sind beschrieben bei Meester, Monachicus bei Anaplous befand sich wohl in Stadtnähe, aber status (1942), 10 f.; 119–137. doch ein ganzes Stück von Konstantinopel entfernt. 88 Eine gute Übersicht der funktionalen Band‑ Dies wird durch die Darstellung von Georg Pachy‑ breite kaiserlicher Stiftungen ist zu finden bei J. meres gestützt, der eine Krankheit des Patriarchen Thomas, Your Sword (2007); zu den erwähnten kai‑ Johannes XI. Bekkos (1275–1282) beschreibt. Die serlichen Klöstern in Konstantinopel siehe ebd., 27 f. Ärzte empfahlen diesem, im Kloster zu gesunden, 89 T. Miller, Orphans (2003), 185–187. da es exzellent gelegen und von frischer Luft erfüllt 90 J. Thomas, Private Religious Foundations sei (χρήσιμος καὶ εὐάερος). Nach seiner Genesung (1987), 186–243.
3.6 Indien 3.6.1 Allgemeines Da die indologische Stiftungsforschung noch am Anfang steht, liegen auch keine elaborierten Typologisierungen vor. Der folgende Versuch einer Systematisierung von Stiftungstypen im indischen Mittelalter
stellt daher lediglich einen Entwurf zur Bildung von Kategorien und zu deren Ord‑ nung dar. Die für die folgenden Typologien gewählten Kriterien Stiftungszweck und Organisationsform, Stiftungsvermögen,
230
sozialer Status des Stifters und Stiftungs‑ topographie stellen die ‚Parameter‘ dar, die am besten geeignet erscheinen, mit‑ telalterliche indische Stiftungen als kom‑ plexe soziale Phänomene zu erfassen. Am wichtigsten ist hierbei die Differenzierung nach Stiftungszweck und Organisations‑ form, da sich allein mit dieser Typologie die Multi religiosität der Stiftungskultur in Indien darstellen lässt. Stiftungszweck und Organisationsform werden gemeinsam behandelt, weil diese beiden Komponenten im indischen Kontext nicht sinnvoll von‑ einander zu trennen wären: Im Mittelalter ist die buddhistische Stiftung ebenso fest mit der Klosterstruktur verbunden wie die hinduistische mit Tempeln und Schreinen. Klassifizierungen nach Stiftungsvermögen und nach sozialem Status des Stifters wer‑ den ebenso wie die nach Stiftungszweck und Organisationsform ansatzweise bereits in den mittelalterlichen indischen Quellen reflektiert. Dies gilt nicht für das Kriterium der Stiftungstopographie. Naheliegend ist eine solche Typologie aus Forschungssicht jedoch angesichts der begründeten Vermu‑ tung, dass sich Stiftungen auf dem Land von denen in der Stadt ebenso unterschie‑ den wie Dotationen im Reichszentrum von denen an der Peripherie usw. Die mittelalterlichen Ansätze zur Klas‑ sifizierung brachten keine systematischen Typologien hervor, prägten aber Begriffe für besonders markante Stiftungsformen, die auch in – mitunter planlos wirkenden – Aneinanderreihungen verschiedenster Ty‑ pen anzutreffen sind. Bei der Auswertung dieser Aufzählungen ist zu berücksichtigen, dass meist zwischen Schenkungen und Stif‑ tungen nicht differenziert wird und unter‑ schiedslos der Begriff dāna Verwendung findet. (→ 1.6.3) So heißt es in der inschrift‑ lichen Beschreibung des Rāṣṭrakūta‑Königs Indra III., der im 10. Jahrhundert in Zen‑ tralindien herrschte, dieser habe sich „dem
Typologisierungen
vielfältigen und umfangreichen Geben von Kuhgaben, Landgaben, Goldgaben usw. ge‑ widmet“ (godāna-bhūmidāna-kanakadānādyanekānūnadāna-parāyaṇa).1 Dessen Sohn Govinda IV. wiederum berichtete in ei‑ ner seiner Urkunden,2 er habe Landgaben (pṛthivīdāna), Wissensgaben (vidyādāna),3 Speisegaben (āhāradāna), ‚Wunschbaumga‑ ben‘ (kalpavṛkṣadāna)4 und Medizingaben (bhaiṣajyadāna) gewährt. Vom 6. bis ins 10./11. Jahrhundert macht das Stiftungswesen in Indien einen sehr standardisierten, von stereotypen Formen geprägten Eindruck und erscheint trotz seiner Multireligiosität weniger facetten‑ reich als das Stifterwirken im lateinischen Christentum. (→ 3.2.2) Dieser Umstand erleichtert eine Klassifizierung nach den genannten Kriterien: Vier Haupttypen sind hinsichtlich des Stiftungszwecks zu differenzieren, sechs beziehungsweise zwei Grundtypen in Bezug auf Stiftungsvermö‑ gen und sozialen Status der Stifter. Jede kon‑ krete Stiftung stellte selbstverständlich eine Kombination der verschiedenen Kategorien dar. Erst ab dem 11. Jahrhundert wird das Bild insgesamt vielschichtiger, wobei die ursprünglichen Stiftungstypen auch in den Mischformen immer noch durchscheinen. 3.6.2 Stiftungszweck und Organisationsform Nach dem hauptsächlichen Stiftungs‑ zweck sind in der vorislamischen Perio‑ de (1.) brahmanische, (2.) hinduistische5, (3.) buddhistische und (4.) jinistische Stif‑ tungen zu unterscheiden, d. h. Dotationen an Brahmanenpriester ohne erkennbaren Tempelbezug sowie Stiftungen im Kontext von Tempeln und Schreinen hinduistischer Gottheiten, von buddhistischen Klöstern und von jinistischen Institutionen.6 All diesen Stiftungen ist gemeinsam, dass sie
Indien
mit der gleichen Grundintention vorge‑ nommen wurden. Unabhängig vom Cha‑ rakter des Stiftungsbegünstigten und von der religiösen Affiliation des Stifters wurde das Dotationsziel recht stereotyp und quasi konfessionsübergreifend formuliert: Religi‑ öse Stiftungen in Indien sollten in der Regel ‚dem Anwachsen des religiösen Verdienstes (puṇya) der Eltern und der eigenen Person‘ (mātāpitror ātmanaś ca puṇyābhivṛddhaye) dienen.7 Ab dem 11./12. Jahrhundert sind brahmanisch‑hinduistische Kombinati‑ onsstiftungen, d. h. Dotationen zuguns‑ ten von Brahmanengruppen und Tempeln, nachweisbar. Andere Formen gemeinsamer Stiftungen an Repräsentanten verschiede‑ ner religiöser Richtungen sind hingegen äußerst selten belegt (siehe weiter unten). Bei der genannten Klassifizierung han‑ delt es sich um eine nach den Destinatären. All diese Dotationen stehen den Kultusstif‑ tungen des lateinischen Christentums nahe, umfassen jedoch darüber hinaus Elemente der Unterrichts‑ und der Wohltätigkeits‑ stiftungen (→ 3.2.2), wobei das caritati‑ ve Element in Indien sehr viel schwächer entwickelt war als im Christentum und im Islam. Denkbar wäre auch, nach dem Krite‑ rium zu unterscheiden, ob die Destinatäre und die Stiftungen an eigene Baulichkeiten (Tempel und Klöster) gebunden waren oder nicht (Brahmanen). Eine solche Differenzie‑ rung ist aber von sekundärer Bedeutung: Es gab zwar Gemeinsamkeiten zwischen den Stiftungen an hinduistische, buddhistische und jinistische Tempel und Klöster, doch andererseits erwähnen auch einige brah‑ manische Stiftungen Wohn‑ und andere Bauten, während die Referenzpunkte der frühesten hinduistischen Stiftungen noch keine festen Baulichkeiten, sondern ledig‑ lich die die Gottheiten repräsentierenden Kultbilder waren. Außerdem stehen sich brahmanische und hinduistische Dotati‑ onen jenseits der Frage der Gebundenheit
231
an Bauten in vieler Hinsicht nahe, was in der Sekundärliteratur zuweilen dazu ge‑ führt hat, dass beide Grundtypen unter dem Oberbegriff ‚hinduistisch‘ subsumiert wurden.8 Zwischen den Stiftungen an Be‑ günstigte unterschiedlicher Glaubenstra‑ ditionen finden sich noch weitergehende Überschneidungen hinsichtlich der Kult‑ formen, der Versorgung der Repräsentan‑ ten und Akteure sowie des Unterhalts der Baulichkeiten. (→ 8.6.3) Dennoch scheint im indischen Kontext eine primäre Unter‑ scheidung nach der religiösen Ausrichtung der Destinatäre am sinnvollsten, zumal sich so Vergleichsmöglichkeiten mit den ande‑ ren untersuchten Stiftungskulturen bieten. (1.) Bereits am Ende des indischen Altertums war es zu einer ‚Renaissance‘ des vedischen Brahmanismus gekommen, in deren Folge sich das Brahmanentum über den gesamten Subkontinent ausbreitete. Dafür war maß‑ geblich die (königliche) Stiftungstätigkeit zugunsten von Brahmanen verantwortlich. Im Mittelalter, und zwar mindestens bis zum 10. Jahrhundert, hatten brahmanische Stiftungen in allen Regionen Indiens den größten Anteil am Dotationsaufkommen. Es handelt sich dabei um Dotationen an Einzelbrahmanen und an Brahmanengrup‑ pen, d. h. an in der Regel klar definierte Personen, wobei die Dauerhaftigkeit durch die Vererbbarkeit des Stiftungsvermögens (an den jeweils ältesten Sohn oder einen Adoptivsohn)9 gesichert werden sollte. Dies waren also eigentlich Stiftungen an patrilineare Verwandtschaftsverbände von Brahmanenpriestern. Dotationen an Brah‑ manengruppen konnten strukturell entwe‑ der Sammlungen von Einzelstiftungen mit deutlich abgegrenzten Anteilen oder echte Stiftungen an Gemeinschaften sein. Der erstgenannte Subtyp ist eher im Zusam‑ menhang mit kleineren Gruppen, der zweite häufiger bei größeren Gruppen anzutreffen.
232
Nicht in allen, aber in der Mehrzahl der brahmanischen Dotationen ist der Stif‑ tungszweck explizit festgehalten. Wenn eine solche Zwecksetzung erfolgte, dann ist stets davon die Rede, dass die betreffen‑ den Brahmanenpriester in die Lage versetzt werden sollten, ihren Verpflichtungen hin‑ sichtlich der Durchführung der vedischen Opfer nachkommen zu können. (→ 8.6.3) Ab dem 10./11. Jahrhundert wurden diese Bestimmungen der Stiftungsurkunden in den Rahmen der umfassenderen, durch die normativen Texte vorgeschriebenen Standesobliegenheiten eingebettet, die neben den Ritualpflichten vor allem das Studieren und Lehren der vedischen Texte umfassten. Da Brahmanenpriester nicht zölibatär lebten, wurde mitunter darauf verwiesen, dass brahmanische Stiftun‑ gen auch dem Unterhalt der Familien des Empfängers und der zu dessen Haushalt gehörenden Personen dienen sollten. In den Fällen, in denen eine Zweckbindung nicht ausdrücklich niedergeschrieben ist, wird der Charakter der Stiftungen in der Regel dadurch hinreichend bestimmt, dass sie als brahmadāya / brahmadeya (→ 1.6.3) bezeichnet sind und die Destinatäre als gelehrte Brahmanen beschrieben werden. Nach der Zugehörigkeit zu den verschie‑ denen Verwandtschafts‑ und Traditionsver‑ bänden können noch feinere Einteilungen hinsichtlich der brahmanischen Destina‑ täre vorgenommen werden. Die Stiftungs‑ empfänger wurden in der Regel – außer bei sehr großen Gruppen – namentlich ge‑ nannt; oft wurden auch deren Väter und Großväter aufgeführt. Darüber hinaus ist meist verzeichnet, welchem brahmanischen Geschlecht (gotra, ‚väterliche Sippe‘; wört‑ lich: ‚Kuhstall‘) und welcher vedischen Richtung sie angehörten; häufig sind auch ihre Herkunfts‑ und Wohnorte genannt. In den Stiftungen des mittelalterlichen Indien finden sich Belege für zahlreiche
Typologisierungen
Brahmanengeschlechter sowie für vie‑ le Herkunfts‑ und Wohnorte der Priester, wobei gewisse Häufungen nachweisbar sind. Hinsichtlich der vedischen Schulzu‑ gehörigkeit lassen sich vier Hauptgruppen (caraṇa) ausmachen, die ihrerseits wieder in Untergruppen (śākhā, ‚Zweig‘) zerfielen. In‑ nerhalb des Brahmanentums war es bereits früh, wohl zwischen 900 und 600 v. u. Z., zu einer Spezialisierung gekommen, die unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass die heiligen Texte mündlich tradiert wurden.10 Jeder Brahmanenpriester sollte mindestens einen der insgesamt vier Veden mitsamt der dazugehörigen Anhangslitera‑ tur studieren. Drei der vier Veden genos‑ sen uneingeschränkte Autorität: der Ṛg‑, der Yajur‑ und der Sāmaveda. Der Athar‑ vaveda wurde von den orthodoxen Brah‑ manen bestenfalls widerwillig akzeptiert. Ṛg‑, Yajur‑ und Sāmavedins, die Priester der ersten drei Veden, sind weitaus häufiger in den Genuss von Stiftungen gekommen als Atharvavedins. Die Vertreter aller vier Veden11 erscheinen als Destinatäre von Ein‑ zelstiftungen und in Dotationen an Grup‑ pen mit einheitlicher und mit gemischter Zugehörigkeit hinsichtlich einer bestimm‑ ten vedischen Richtung. Bei Dotationen an Großgruppen von Brahmanen ist auffällig, dass diese offenbar erst im Rahmen der Stif‑ tung zusammengestellt wurden und nicht selten sehr heterogen waren, in Hinsicht auf die Veda‑Zugehörigkeit sowie auf die geographische Herkunft.12 Bis ins 12. Jahrhundert sind Stiftungen an einzelne Brahmanen oder kleine Grup‑ pen in den meisten Regionen viel häufiger vorgenommen worden als Dotationen an große brahmanische Gemeinschaften. Dies gilt für die Stiftungen der frühen Kadam‑ ba‑Dynastie13 (Südwestindien, 4.–6. Jahr‑ hundert), der Vākāṭakas14 (Zentralindi‑ en, 5./6. Jahrhundert), der Viṣṇukuṇḍins15 (Südostindien, 6./7. Jahrhundert), der
Indien
Maitrakas16 (Westindien, 6.–8. Jahrhundert), der Gurjaras17 (Westindien, 7./8. Jahrhundert), der Bhaumakaras18 (Ostindien, 8./9. Jahr‑ hundert), der Rāṣṭrakūṭas19 (West‑ und Zen‑ tralindien, 8.–10. Jahrhundert), der Pālas20 (Ostindien, 8.–12. Jahrhundert), der Gurjara‑ Pratihāras21 (Nordindien, 9.–11. Jahrhundert), der Bhañjas22 (Ostindien, 10./11. Jahrhundert), der Candras23 (Ostindien, 10./11. Jahrhundert), der Śilāhāras von Nord‑Konkan24 (Westin‑ dien, 10.–13. Jahrhundert), der Gāhaḍavālas25 (Nordindien, 11./12. Jahrhundert) und der Senas26 (Ostindien, 12./13. Jahrhundert). Andererseits finden sich unter den Stif‑ tungen an Gruppen einige mit sehr hohen Empfängerzahlen. So ist in der zentralin‑ dischen Chammak‑Urkunde des Vākāṭaka‑ Königs Pravarasena aus dem 5. Jahrhundert von 1 000 Begünstigten die Rede, wobei nur 49 Namen tatsächlich aufgelistet sind.27 500 und 1 000 Brahmanen werden auch als Des‑ tinatäre in zwei Rāṣṭrakūṭa‑Urkunden des 8. und 10. Jahrhunderts genannt. Während die Empfänger dieser beiden Stiftungen nicht im Einzelnen verzeichnet sind28, werden im‑ merhin 495 der ‚500 Brahmanen‘ aufgezählt, die nach Aussage der Chandravati‑Urkunde des Gāhaḍavāla‑Königs Candradeva aus dem späten 11. Jahrhundert mehrere Dörfer im Gebiet um Benares erhielten.29 Der ostindi‑ sche König Śrīcandra aus der Candra‑Dynas‑ tie nahm im 10. Jahrhundert eine Stiftung zugunsten von 6 000 Brahmanen auf dem Gebiet des heutigen Bangladesch vor.30 Auch in einer bei Allahabad in Nordindien gefun‑ denen Gurjara‑Pratihāra‑Urkunde aus dem frühen 11. Jahrhundert wird eine Dotation zugunsten von 6 000 Brahmanen bezeugt.31 Seit dem 11. Jahrhundert wurden Landstif‑ tungen an Brahmanengruppen häufig mit der Gründung von Brahmanensiedlungen (brahmapurī) in Verbindung gebracht und ein spezieller Terminus für Urkunden über Dorfstiftungen an brahmanische Koloni‑ en benutzt: brahmapurīgrāmadānaśāsana.32
233
Nach Aussage der bereits erwähnten Chan‑ dravati‑Urkunde aus dem späten 11. Jahr‑ hundert stiftete der Gāhaḍavāla‑König Can‑ dradeva an 500 Brahmanen einen ganzen Distrikt (pattalā) – beziehungsweise dessen Steueraufkommen – mit Ausnahme eini‑ ger früher vergebener Dörfer.33 Die Dota‑ tion umfasste auch ein weiteres Dorf in einem anderen Distrikt, das „für die An‑ siedlung dieser brahmanischen Gemein‑ schaft“ (tadbrahmapurīnivāsāya) bestimmt war.34 Eine aus Goa stammende Kupferta‑ felinschrift des frühen 12. Jahrhunderts35 bezeugt, dass ein Höfling (bhṛtya, ‚Diener‘) des über dieses Gebiet herrschenden Kādamba‑Königs mehrere Felder, Gärten und Baugrundstücke36 käuflich erworben hatte, diese für zwölf Brahmanen37 stifte‑ te und damit eine brahmanische Siedlung (brahmapurī) gründete.38 Eine an der Kon‑ kan‑Küste gefundene Urkunde von der Mitte des 11. Jahrhunderts bezeugt eine Stiftung des Śilāhāra‑Königs Mummuṇirāja an eben‑ falls zwölf Brahmanen; diese werden als zu einer bereits bestehenden Brahmanensied‑ lung zugehörig charakterisiert, welche von einem hohen Beamten gegründet worden war.39 Mitunter wurde die Gründung einer brahmapurī auch dem Schöpfergott Brahman zugeschrieben, wie z. B. in einer Urkunde aus Kolhapur in Süd‑Maharashtra, die aus dem frühen 12. Jahrhundert datiert.40 Seit dem 11. Jahrhundert erscheinen Hinweise auf explizit als solche bezeichnete brahma‑ nische Siedlungen vor allem in kombinier‑ ten brahmanisch‑hinduistischen Stiftungen, die Brahmanengruppen und hinduistischen Tempeln gemeinsam zugutekommen sollten. Die jeweiligen Tempel befanden sich in der Regel auf dem Territorium der betreffenden brahmapurī. So lagen auf dem Gebiet der oben erwähnten Brahmanensiedlung von Kolhapur ein Heiligtum des Sonnengottes und eines, das den Göttern Brahman und Viṣṇu gemeinsam gewidmet war.41
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(2.) Die frühesten hinduistischen Stiftungs‑ urkunden des indischen Mittelalters las‑ sen noch keine institutionelle Verbindung zwischen Göttertempeln und vedischem Brahmanentum erkennen, und ihre Zahl ist bis ins 10. Jahrhundert in allen Regio‑ nen Indiens recht gering. Für hinduistische Stiftungen liegen – ebenso wie für bud‑ dhistische und jinistische – drei Grundty‑ pen von Inschriften vor, die unterschied‑ liche Dotationsformen dokumentieren: (a) Steininschriften für die Gründung von Tempeln und Schreinen, (b) Kupfertafel‑ urkunden für Stiftungen zum Unterhalt dieser Einrichtungen, wobei letztere bis ins 11. Jahrhundert zahlreicher als erstere sind, und (c) Inschriften auf Kultobjekten, insbesondere Götterbildern. (→ 5.6.3) In den Kupfertafelurkunden, die zugunsten hinduistischer Heiligtümer ausgestellt wurden, finden sich lediglich indirekte Hinweise auf die (einstige) Gründung der begünstigten Tempel. Nach indischem Ver‑ ständnis erfolgten diese Stiftungen, die als devadāna / devadāya (→ 1.6.3) und ähnlich bezeichnet sind, nicht an die Tempel, son‑ dern an die betreffenden Göttinnen und Götter selbst, die als juristische Personen angesehen wurden.42 (→ 2.6.5) Die ‚ewige‘ Präsenz der Götter bürgte für das Fort‑ bestehen der Dotationen. Unterschieden werden können Stiftungen an Viṣṇu, Śiva, den Sonnengott sowie verschiedene lokale weibliche und männliche Gottheiten. Die ‚vollständige‘ Zweckbindungsformel der in Kupfertafelurkunden dokumentier‑ ten hinduistischen Stiftungen umfasste drei Elemente: die kultische Verehrung der Götterbilder (meist Steinskulpturen, später auch Bronzen, → 6.6.3), die Instandhaltung und Reparatur der Tempelgebäude43 sowie die Versorgung der hinduistischen Pries‑ terschaft44. Die komplette Nennung die‑ ses dreifachen Dotationszwecks (→ 8.6.3) war jedoch nicht die Regel, so dass man
Typologisierungen
auf verschiedene Subformen der hinduis‑ tischen Stiftungen schließen kann. Insbe‑ sondere die Bestimmung zur Versorgung der Priesterschaft fehlt des Öfteren.45 Seit dem 9. Jahrhundert finden sich Belege für Stiftungen, in denen einzelne Priester, vor allem śivaitische Asketen und Tempelober‑ häupter, eine stärkere Rolle spielten.46 Doch mussten selbst derartige Dotationen neben Bestimmungen zum Kult nicht zwingend auch Verfügungen zum Lebensunterhalt der betreffenden Priester enthalten. An‑ dere Stiftungen wiederum gingen direkt und ausschließlich an Śaiva‑Asketen, die als Angehörige einer śivaitischen Lehrer‑ Schüler‑Linie beschrieben wurden und mit‑ unter als (spirituelle) Lehrer von Königen fungierten. Hier galt offenbar die als per‑ manent konzipierte und – anders als bei den vedischen Brahmanengeschlechtern – meist nicht auf Verwandtschaft beruhende Lehrer‑Schüler‑Tradition als Garant für die Dauerhaftigkeit der Dotationen. Neben Stiftungen zugunsten von Tem‑ peln im engeren Sinne (devakula, devāyatana, devālaya usw.) fallen unter die Rubrik der hinduistischen Dotationen solche an Insti‑ tutionen, die als maṭha bezeichnet wurden und eher den Charakter von Kollegien, d. h. von Bildungseinrichtungen, hatten.47 Der‑ artige Kollegien waren nicht immer aus‑ schließlich beziehungsweise vorrangig re‑ ligiöse Institute. Dies illustriert das Beispiel der Gründung eines maṭha in Zentralindien im 13. Jahrhundert, der für die Verbreitung der Theorien des berühmten indischen As‑ trologen Bhāskara sorgen sollte.48 Mitunter finden sich in hinduistischen Stiftungen auch Erweiterungen, die caritative Dota‑ tionsziele festlegten, wie die Unterhaltung von Speisehallen (sattra) für Bedürftige.49 Wie bereits erwähnt, wurden ab dem 11. Jahrhundert brahmanische und hindu‑ istische Stiftungen zunehmend miteinander kombiniert und die Dotationen insgesamt
Indien
sehr viel komplexer. Als Beleg sei hier eine Kupfertafelurkunde aus dem Gebiet des heutigen Karnataka im Süden Indiens angeführt. Dieser Inschrift zufolge über‑ gab Daśāvatī Padmaladevī, die ‚gekrönte Hauptgemahlin‘ eines Vasallenfürsten der Kādamba‑Dynastie, im Jahr 1245 eine Statue des Gottes Śrī‑Prasannakeśava Nārāyaṇa (d. h. des Viṣṇu), die sie im Ort Hulluṃgūru (heute Hulgur) hatte aufstel‑ len lassen, zusammen mit dem dazugehö‑ rigen Schrein in die Obhut der dortigen Brahmanengemeinschaft und verfügte, dass bestimmte Ländereien in konkret be‑ messenen, unterschiedlich großen Anteilen für den Kult des Śrī‑Prasannakeśava, für 64 viṣṇuitisch orientierte (śrīviṣṇubhakta) Brahmanen, für zwei Lehrer, für den Gott Pañcikeśvara (vermutlich Śiva), für eine Speisehalle (sattra), für (das Studium der) ‚Purāṇas‘, für den Unterricht der Knaben (bālaśikṣārtham) und für die Ahnenver‑ ehrung der Kādambas zu verwenden sei‑ en.50 Die Bestimmung, der zufolge ein kon‑ kreter Stiftungsanteil, wie es heißt, „für den großen Festtag der Ahnen[verehrung]“ (pitṛdinamahālayārtham)51 reserviert wurde, stellt einen der wenigen Belege für einen Subtypus dar, der wohl mit den Gedenkstif‑ tungen der lateinischen Christen (→ 3.2.2, 8.6.2) in Verbindung gebracht werden kann. Eine solche Festlegung zur periodischen Ahnenverehrung (pitṛparvārtham) als Teil einer ähnlichen Zusammenstellung von Zweckbestimmungen enthält auch eine nur wenige Jahre jüngere Urkunde aus derselben Region, die von einem anderen Vasallen der Dynastie der Yādavas stammt.52 In diesem Stiftungsdokument ist darüber hinaus die Anordnung festgehalten, dass ein Anteil des Stiftungsvermögens drei Dorfvorstehern zugutekommen solle. Gerade bei sehr um‑ fangreichen und komplexen Dotationen war es gängige Praxis, dörfliche Autoritäten mit der Stiftungsaufsicht zu betrauen und dafür
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auch an den Erträgen zu beteiligen. In den beiden genannten Urkunden fällt ferner auf, dass die Kombinationsstiftungen verschie‑ dene Untertypen hinduistischer Dotationen – hier viṣṇuitische und śivaitische – mitein‑ ander verbanden. (3.) Buddhistische Dotationen53 waren seit dem Altertum eng mit der Klosterkultur verbunden und stellten bis zum Ende des ersten Jahrtausends eine bedeutende Kom‑ ponente der indischen Stiftungstradition dar. Die Zahl der vom 6. bis zum 10. Jahrhundert dokumentierten buddhistischen Stiftungen ist zwar in allen Regionen Indiens geringer als die der Dotationen an Brahmanen, aber in vielen Gebieten konkurrierten buddhis‑ tische Klöster erfolgreich mit hinduisti‑ schen Tempeln um die Gunst potentieller Stifter.54 Die am weitesten verbreiteten Be‑ griffe für buddhistische Stiftungen waren deyadharma und dharmadāya. (→ 1.6.3) Un‑ terschieden werden können Stiftungen an Klöster (vihāra) für Mönche (bhikṣu) und – wenn auch nicht in gleichem Umfang – an Konvente für Nonnen (bhikṣuṇī). In einigen wenigen buddhistischen Dotationsurkun‑ den des indischen Mittelalters wird explizit darauf verwiesen, dass die betreffende Ins‑ titution dem Mahāyāna‑Buddhismus55 (und mithin nicht dem frühen oder traditionellen Buddhismus)56 zuzurechnen sei. Anders als im Altertum sind in den Stiftungen des Mittelalters kaum konkrete Schulrichtun‑ gen des frühen Buddhismus ausdrücklich erwähnt. Die Klöster wurden in der Regel über ihren Standort definiert und zum Teil auch nach ihrem Stifter oder ihrer Stifterin benannt. Die meisten auf Kupfertafeln doku‑ mentierten buddhistischen Stiftungen des indischen Mittelalters erwähnen drei Bestimmungen zum Zweck: die Versor‑ gung einer lokalen Mönchs‑ oder Nonnen‑ gemeinschaft mit den sogenannten vier
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Bedarfsgegenständen (Roben, Nahrung, Mobiliar und Medizin), die kultische Ver‑ ehrung der im Kloster oder in Annexbauten aufgestellten Statuen 57 des Buddha und anderer buddhistischer Heiliger sowie die Instandhaltung der Klostergebäude. (→ 8.6.3) In dieser meist befolgten Rei‑ henfolge: Ordensversorgung – Buddha‑Kult – Klostererhaltung zeigt sich bereits eine im Vergleich zu den hinduistischen Stiftungen veränderte Gewichtung. In Dotationen aus Ostindien wiederum ist mitunter eine ande‑ re Systematik verwendet, die sich weniger an der religiösen Praxis, dafür aber stär‑ ker an den Vorgaben der normativen bud‑ dhistischen Literatur orientierte. Die betref‑ fenden Gaben sollten der ‚Juwelendreiheit‘ (ratnatraya)58 zugutekommen: dem Bud‑ dha (d. h. dem Kult), der Lehre (dharma, d. h. dessen Verbreitung) und dem Orden (saṃgha, d. h. den Mönchen oder Nonnen).59 In diesem Zusammenhang ist interessant, dass sich in mindestens einem Beleg für die Komponente dharma[ratna] auch ei‑ ner der insgesamt nicht sehr zahlreichen Hinweise dafür findet, dass buddhistische Stiftungen unter anderem dem kontinuier‑ lichen Abschreiben (lekhana) kanonischer und anderer Texte dienen konnten.60 Die unmittelbaren Empfänger buddhisti‑ scher Stiftungen sind selten direkt erwähnt; dies geschah aber indirekt über die Zweck‑ bindungen. Obwohl Gregory Schopen in Analogie zu hinduistischen Dotationen vermutet hat, als Hauptdestinatär sei der in den Kultbildern präsente Buddha be‑ trachtet worden,61 spricht einiges dafür, dass dies vielmehr die jeweilige ortsansässige Ordensgemeinschaft war, die – anders als die Priesterschaft in hinduistischen Stiftun‑ gen – in buddhistischen Urkunden eigent‑ lich immer erwähnt ist.62 Während jedoch zu den hinduistischen Stiftungen neben einer großen Zahl von Dotationen an Götter respektive Tempel auch solche gehörten, die
Typologisierungen
unmittelbar an einzelne Priester gingen, ist in typologischer Hinsicht interessant, dass aus Indien keine Stiftungen an einzelne bud‑ dhistische Mönche oder Nonnen bekannt sind.63 Dies hängt vermutlich damit zusam‑ men, dass einerseits nach buddhistischem Ordensrecht bestimmte Güter, insbesondere Dörfer und Ländereien, nur die gesamte Gemeinde, nicht jedoch einzelne Ordinierte besitzen durften und es andererseits aus Stifterperspektive wohl der lokale saṃgha war, der das Fortbestehen einer auf Dauer angelegten Stiftung garantierte.64 (4.) Die Zahl der jinistischen Stiftungen war gesamtindisch gesehen stets relativ gering und konzentrierte sich regional vor allem auf bestimmte Gebiete in Westin‑ dien (Gujarat) und im Süden (Karnataka und Tamilnadu). Im Unterschied zum Bud‑ dhismus kamen Stiftungen zugunsten von Jaina‑Institutionen jedoch auch nach dem 10. Jahrhundert nicht zum Erliegen. Die mittelalterlichen jinistischen Stiftungen gingen an die männlichen Vertreter die‑ ser asketischen Tradition und begünstigten teilweise Mönche und Nonnen gemeinsam. Im Unterschied zum Buddhismus sind di‑ rekte Stiftungen an jinistische Nonnenklös‑ ter nicht belegt.65 Im Jinismus sind zwei Hauptrichtungen von Ordinierten zu un‑ terscheiden: die in Westindien verbreiteten Śvetāmbaras, die ‚Weißgekleideten‘, und die in Südindien ansässigen Digambaras, die ‚Luftgekleideten‘ oder Nackt asketen (hier tragen die Nonnen ebenfalls weiße Gewänder).66 Empfänger der Dotationen waren entweder Jaina‑Institutionen oder einzelne Jaina‑Asketen, die durch ihre Zu‑ gehörigkeit zu bestimmten Schulrichtungen charakterisiert wurden. Diese überregiona‑ len monastischen Gruppierungen wurden mit dem auch im Buddhismus geläufigen Terminus saṃgha, ‚Orden‘, bezeichnet. Zu den berühmten Orden der südindischen
Indien
Digambaras gehörten der Mūlasaṃgha, der Draviḍasaṃgha sowie der Yāpanīyasaṃgha, die – im Unterschied zu den buddhistischen Schulrichtungen – auch in mittelalterlichen Stiftungsurkunden Erwähnung finden. Die‑ se Orden waren in verschiedene Arten von Untergruppen unterteilt, die anvaya, gaccha oder gaṇa genannt wurden. Ähnlich wie bei śivaitischen Stiftungen sind auch bei jinistischen Dotationen bestimmten Lehrer‑ Schüler‑Linien angehörende Jaina‑Asketen als Destinatäre genannt. Die Kultbauten der Jainas waren nicht nur Mahāvīra Jina, dem (älteren) Zeitgenossen des Buddha, gewid‑ met, sondern – da dieser nach Jaina‑Auffas‑ sung 23 Vorgänger hatte – auch den soge‑ nannten ‚Furtbereitern‘, den Tīrthaṃkaras. Stiftungen sind vor allem für Tempel des Ādinātha (Nr. 1), Candraprabha (Nr. 8) und Pārśvanātha (Nr. 23), des unmittelbaren Vor‑ gängers von Mahāvīra Jina, belegt.67 Strukturell und inhaltlich ähnelt die Zweckbindung jinistischer Stiftungen in den Kupfertafelurkunden den parallelen Formulierungen in buddhistischen und hinduistischen Dotationen; in Hinsicht auf das konkret benutzte Vokabular finden sich jedoch religionsspezifische Unterschiede. Die einschlägigen Stiftungsurkunden ent‑ halten meist nur Bestimmungen zur Er‑ haltung der Bauwerke und zu kultischen Verrichtungen.68 In relativ wenigen In‑ schriften ist festgelegt, dass die betreffen‑ den Dotationen auch für die Speisung von Jaina‑Asketen zu nutzen waren.69 (→ 8.6.3) Erwähnt sei an dieser Stelle eines der selte‑ nen Beispiele für eine ‚transkonfessionelle‘ Stiftungsurkunde, die unter anderem Śiva, Buddha und Jina gewidmet war und auch ansonsten sehr komplexe Dotationen ver‑ einte. Es ist eine Kupfertafelurkunde der Śilāhāras von Kolhapur (Süd‑Maharashtra) aus dem frühen 12. Jahrhundert, die gut geeignet ist, das typologische Spektrum zu
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illustrieren. Die betreffende Passage lautet: „Der edle Mahāmaṇḍaleśvara Gaṇḍarāditya (…) gewährte (a) im Virodhin‑Jahr, als ein‑ tausendundzweiunddreißig [Jahre] vergan‑ gen waren seit der Zeit der Śaka‑Könige, am zehnten Tag der hellen [Hälfte] des [Mo‑ nats] Māgha, einem Dienstag, sechzehn Brahmanen aus verschiedenen Geschlech‑ tern, nachdem er [ihnen] Jungfrauen [zur Heirat] gegeben hatte, zum Zeitpunkt der Hochzeit mit diesen [Frauen] in dem zum Vakavaṃne‑Bezirk gehörigen Dorf namens Guḍā[la]ya (…) sechzehn Anteile, die jeweils mit einem Baugrundstück versehen waren, jeden einzelnen Anteil [zuvor] nach dem [gültigen] Maß auf drei nivartana bemessen habend. Er verlieh (b), nachdem er in Śrī‑ Prayāga 100 000 Brahmanen gespeist hatte, dem diese Speisung Beaufsichtigenden ei‑ nen Anteil. Er gab (c) im darauffolgenden Vikṛta‑Jahr, am Vollmondtag des [Monats] Vaiśākha, bei einer Mondfinsternis, nach‑ dem er die pañcalāṅgala‑Observanz voll‑ zogen hatte, als damit verbundenen Op‑ ferlohn (dakṣiṇā) zwei Anteile. Er vergab (d) an Īśvara (Śiva), Bauddha (Buddha) und Arhant (Jina), an [diese] drei, die er selbst aufgestellt hatte in dem zum Miriñje‑Dis‑ trikt gehörigen Dorf namens Irukuḍi, am Ufer des [auch] von ihm angelegten Teiches Gaṇḍasamudra, [insgesamt] drei nivartana, d. h. pro einzelnen [Empfänger] je ein nivartana. Er übertrug (e) dem Dorfvorste‑ her von Guḍālaya vier nivartana. Er gab (f) für ewige Lampen des Gottes Guḍāleśvara, für das Anlegen von Feuerplätzen, für die Bereitstellung von Brunnenwasser und für die Verteilung von großblättrigem Betel einen Anteil, wobei er (g) ein für den Kult des Gottes Guḍāleśvara bereits früher [als gestiftet] bekanntes nivartana bestätigte [und] (h) ein halbes für den Kult des im Wes‑ ten dieses Dorfes aufgestellten Mahādeva (Śiva) schon früher bekanntes nivartana bestätigte. Auf diese Weise verlieh er durch
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vielfältige Landgabe das Dorf einschließlich [seiner] Waldstücke mit einer Wasserliba‑ tion [und] mit einer Urkunde sowie als an Söhne und Enkel [vererbbar], für so lange, wie Mond und Sterne [existieren].“70 Die‑ se verschiedenen Stiftungsakte sind auch deshalb interessant, weil sie Belege für die im indischen Kontext eher seltenen Wohl‑ tätigkeitsstiftungen enthalten.71 (→ 9.6.2) 3.6.3 Stiftungsvermögen Stiftungen von (1.) religiösen Baulichkei‑ ten, (2.) Dörfern, (3.) Immobilien, (4.) Geld, (5.) abhängigen Personen und Tieren72 so‑ wie (6.) Kultobjekten und Büchern sind die Haupttypen in dieser Kategorie, wobei die genannte Reihenfolge eine Art idealtypi‑ sche Chronologie der Dotationsprozesse aus Forschungssicht, nicht jedoch eine Rang‑ ordnung der einzelnen Dotationsformen hinsichtlich ihrer Bedeutung oder Quan‑ tität widerspiegeln soll, die höchst unter‑ schiedlich waren. Die Typen (1.) und (6.) haben gemeinsam, dass es sich dabei zwar um beträchtliche Sachwerte handelte, diese aber im Sinne des Stifterwillens in der Regel lediglich ‚immaterielles‘ Stiftungsvermö‑ gen darstellten (→ 3.2.4), was sie von den Unterkategorien (2.) bis (5.) unterscheidet. Stiftungen von religiösen Baulichkeiten waren in buddhistischem und jinistischem und meist auch in hinduistischem Kontext der initiale Dotationsakt. Die wichtigsten Stiftungstypen im Mittelalter stellten aber Dorf‑ und Landgaben zugunsten von Brah‑ manen sowie zur Erhaltung der sakralen Bauten und zur Versorgung der daran ge‑ bundenen Institutionen dar. Geldstiftungen sind eine weitere Variante der Unterhalts‑ dotationen; sie haben jedoch – anders als im Altertum – im Mittelalter keine tragende Rolle gespielt. In Hinsicht auf die Struktur lässt sich festhalten, dass es kaum direkte
Typologisierungen
Belege für bereits in der Anlage komplexe Stiftungen gibt, d. h. die Gründung einer Institution und deren Ausstattung mit einer oder mehreren Dotationen waren offenbar in der Regel voneinander getrennte Vorgän‑ ge. Es gibt aber, wie bereits gesehen, auch Zeugnisse für nacheinander erfolgte Ku‑ mulativstiftungen. Während die Typen (2.) bis (5.) unter anderem für die Bereitstellung von Kultobjekten dienen sollten, umfasste eine ganze Reihe von Stiftungen auch Ein‑ zelgaben von Gegenständen, insbesondere von Kultbildern und Handschriften. (1.) Wie bereits erwähnt (→ 3.6.2), sind Stiftungen von sakralen Baulichkeiten in der Regel auf andere Weise dokumen‑ tiert worden als Dotationen zum Unterhalt von Klöstern und Tempeln, und zwar auf Steininschriften an Stelle von Kupfertafelur‑ kunden.73 Letztere enthalten jedoch häufig ebenfalls Informationen zur (einstigen) Er‑ richtung der Bauten, deren dauerhafter Un‑ terhaltung sie dienen sollten. Neben Klös‑ tern (vihāra usw.), Tempeln (devakula usw.), Kollegien (maṭha, dharmaśālā, khaṇḍikā) und Speisehallen (sattra), für deren Grün‑ dung zunächst, wie mitunter festgehalten ist, Baugrund zu beschaffen war, sind auch (andere) Wohn‑ und Nutzbauten für Mönche und Priester erwähnt. Letztere erscheinen ab dem 11. Jahrhundert sogar im Kontext von brahmanischen Stiftungen.74 Der in der mittelalterlichen Epigraphik geläufigste Begriff für ein buddhistisches Kloster – vihāra – hatte bereits im Altertum einen Bedeutungswandel durchlaufen. Die‑ ser Terminus, der wörtlich ‚Erholung‘ bedeu‑ tet, bezeichnete zunächst eine Einzelunter‑ kunft oder Mönchszelle und erst später ein ganzes Klostergebäude beziehungsweise die Unterkünfte für die Ordinierten. Wenn im Mittelalter von der Gründung eines buddhis‑ tischen vihāra die Rede war, so umfasste dies in der Regel die sukzessive Errichtung einer
Indien
komplexen Struktur, die aus Wohn‑, Nutz‑ und Kultbauten bestand. Je nach dem kon‑ kreten Charakter des betreffenden Klosters wurden unterschiedliche Begriffe benutzt: vihārikā für ein kleines, mahāvihāra für ein großes Kloster und vihāramaṇḍala für einen Klosterkomplex, der aus wirtschaftlich selb‑ ständigen Klostereinheiten bestehen konnte. Kultbauten – insbesondere der stūpa (auch: caitya), der buddhistische Kultbau schlecht‑ hin – waren in die Klöster eingegliedert, aber es existierten auch baulich und ökonomisch eigenständige buddhistische Tempel. Stei‑ nerne Statuen des Buddha in Form von in die Gebäude integrierten Plastiken gehör‑ ten ebenfalls bereits zur Grundausstattung mittelalterlicher Klöster und sind daher von späteren Hinzustiftungen weiterer Kultbil‑ der (und Schreine) zu unterscheiden. Während im Altertum der Begriff vihāra auch für jinistische Klöster benutzt wurde, ist ein häufig für Jaina‑Institutionen ver‑ wendeter Sanskrit‑Terminus im Mittelalter vasati (Kanaresisch: basadi), der wörtlich mit ‚Wohnstätte‘ zu übersetzen wäre. Es ist allerdings fraglich, ob es sich hierbei tatsächlich um ein jinistisches Gegenstück zum buddhistischen vihāra gehandelt hat.75 (→ 6.6.2) Eindeutig als Jaina‑Tempel sind jedoch die in Analogie zu buddhistischen Vorbildern als caityālaya oder caityāgāra bezeichneten Baulichkeiten und die in Kor‑ respondenz mit der hinduistischen Praxis jinabhavana, jinālaya usw. genannten Tem‑ pel zu klassifizieren. Im Unterschied zu buddhistischen und jinistischen handelte es sich bei hinduisti‑ schen Sakralbauten von vornherein primär um Kultgebäude, obwohl auch an diese Tem‑ pel (devakula, devālaya usw.) Unterkünfte für Priester und Pilger angeschlossen ge‑ wesen sein konnten. Im Hinduismus spielte das Aufstellen und Weihen76 der (anikoni‑ schen oder anthropomorphen) Kultbilder eine stärkere Rolle als im Buddhismus und
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Jinismus. Ein Gott oder eine Göttin konnte selbst dann Stiftungen in Empfang nehmen, wenn ein fester Schrein oder ein Tempel im eigentlichen Sinn (noch) gar nicht exis‑ tierte. Kultbilder wurden sehr häufig mit Komposita benannt, deren erstes Glied der Name des Stifters und deren zweites Glied die Bezeichnung des Gottes bildete.77 Wie Alexis Sanderson vermutet hat, wurde es wohl erst durch diese konkrete Benennung überhaupt möglich, einem Gott Stiftungs‑ güter zu übertragen.78 (2.) Stiftungen von Dörfern (grāmadāna), in der Regel auf Kupfertafeln beurkundet, waren in fast allen Gebieten Indiens im Mittelalter sehr verbreitet. Eine Dorfstif‑ tung stellte primär eine königliche Steu‑ erpfründe dar, d. h. es wurden der Krone zustehende Fiskaleinnahmen dauerhaft für konkrete religiöse Zwecke umgewid‑ met.79 Derartige Stiftungen umfassten die Verleihung eines oder mehrerer Dörfer, mitunter wurden solche Dotationen auch durch die Übertragung einzelner Lände‑ reien in anderen Dörfern ergänzt. Gesamt‑ indisch überwogen die Dorfstiftungen im Vergleich zu Dotationen einzelner Liegen‑ schaften, besonders bei Gaben an buddhis‑ tische und jinistische Klöster. Während bis zum 10. Jahrhundert Privilegien und Immunitäten – zum Teil in sehr großem Umfang – nach qualifizierenden Kriterien (Naturalabgaben, Arbeitsdienste, Geldsteu‑ ern usw.) aufgezählt wurden, zeigt sich ab dem 11. Jahrhundert die Tendenz, die den Begünstigten zustehenden Rechte auch quantitativ konkreter zu fassen.80 (3.) Ein Teil der Landstiftungen (bhūdāna, bhūmidāna, kṣitidāna, pṛthivīdāna usw.)81 stellte ebenfalls Steuerpfründen dar, wäh‑ rend es sich bei einem anderen Teil um echte Übertragungen von Bodenparzellen handelte, wie häufig nur aus den konkreten
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Stiftungsmodalitäten erkennbar wird.82 Eine Typologisierung kann auch nach der Art der vergebenen Liegenschaften vorgenommen werden. Ganz überwiegend handelte es sich um Felder (kṣetra), d. h. um Ackerland, das zum Teil zusammen mit Bewässerungsanla‑ gen wie Zisternen (vāpī) und Brunnen (kūpa) gestiftet wurde.83 Insbesondere in den kom‑ plexeren Stiftungen ab dem 11. Jahrhundert sind auch Obstbaumplantagen (ārāma) und Blumengärten (vāṭikā) erwähnt. Ölmühlen und Läden, d. h. mit Erträge abwerfenden Gebäuden bestandene Grundstücke, wurden dann ebenfalls gestiftet.84
Typologisierungen
Viehherden – die berühmten ‚Kuhgaben‘ (godāna) – wurden häufiger gestiftet, ins‑ besondere von Privatpersonen und vor al‑ lem für das kontinuierliche Brennen von Butterlämpchen vor Kultbildern.89 (6.) Auf zahlreichen buddhistischen, jinis‑ tischen und hinduistischen Steinplastiken und Bronzen, d. h. auf Kultbildern (pratimā) aus ‚unvergänglichen‘ Materialien, sind In‑ schriften eingraviert, die diese Skulpturen als dauerhafte Stiftungen ausweisen. Zur Kategorie der gestifteten Kultobjekte im weitesten Sinne sind wohl auch Abschrif‑ ten von religiösen Texten auf Palmblättern zu zählen. Vermutlich war man sich der Tatsache bewusst, dass diese Manuskripte angesichts der unvorteilhaften klimatischen Verhältnisse nur mit größten Mühen (z. B. durch konservierendes Ölen) auf ‚ewig‘ zu bewahren waren. Doch die Diktion der zu‑ gehörigen Kolophone zeigt ebenso wie die der Weihinschriften auf Kultobjekten aus Stein und Metall, dass man sich dauerhaft religiöses Verdienst versprach. (→ 6.6.5)
(4.) Stiftungen von Geld in Form von De‑ posita (akṣayanīvī), deren Zinsen für einen festgelegten Stiftungszweck auszuschütten waren, wobei die jeweilige Grundsumme nicht angetastet werden durfte (→ 1.6.3), sind im Mittelalter im Vergleich zum Al‑ tertum selten.85 Ab dem 11. Jahrhundert tauchen jedoch Belege für Dotationen von in Geld zu entrichtenden Handelssteu‑ ern auf.86 Es finden sich darüber hinaus Hinweise darauf, dass sich Händler‑ und Handwerkerkorporationen selbst zu wie‑ derkehrenden Abgabenleistungen in Geld 3.6.4 Sozialer Status des Stifters und / oder Naturalien zugunsten religiöser Institutionen verpflichteten.87 Hinsichtlich des sozialen Status der Stifter sind zwei Hauptgruppen zu unterschei‑ (5.) Nach dem epigraphischen Befund wa‑ den: (1.) königliche und fürstliche sowie ren Stiftungen von (abhängigen) Menschen (2.) private Dotationen, mit zahlreichen im mittelalterlichen Indien die Ausnah‑ Subtypen und Überschneidungen. Ein gän‑ me, und die konkreten Modalitäten be‑ giges Stiftungsmuster im Mittelalter war, ziehungsweise Abhängigkeitsverhältnisse dass Privatpersonen ein Kloster oder ei‑ sind nicht zweifelsfrei nachzuzeichnen. nen Tempel gründeten und der Herrscher So gehören zum Stiftungsumfang einer – nicht selten auf deren gezielte Anfrage – westindischen Kupfertafelurkunde vom Stiftungen zum Unterhalt dieser Institu‑ Beginn des 11. Jahrhunderts „Familien für tionen vornahm. Den Urkunden zufolge die [Rekrutierung] junger Mädchen [sowie] waren private Stiftungen vom 6. bis zum eine Ölmüllerfamilie, eine Kranzbinderfa‑ 10. Jahrhundert im Vergleich zum Altertum milie, eine Töpferfamilie [und] eine Wä‑ stark rückläufig. Ab dem 11. Jahrhundert scherfamilie“, über deren genauen Status nahmen Privatdotationen wieder zu, oft keine weiteren Informationen vorliegen.88 in Form von Kollektivstiftungen.
Indien
(1.) Die bei weitem überwiegende Zahl der mittelalterlichen religiösen Stiftungen in Indien waren königliche und fürstliche Dotationen ([rāja]śāsana, ‚königliche An‑ ordnung‘). Dies hängt wohl mit dem Um‑ stand zusammen, dass Steuerpfründen den Haupttypus des gestifteten Vermögens dar‑ stellten und zu deren Verleihung allein der jeweilige Herrscher befugt war. Innerhalb der königlich‑fürstlichen Stiftergruppe war das Spektrum relativ breit und reichte von Potentaten mit imperialen Machtambitio‑ nen bis zu Gebietsfürsten, die die Oberho‑ heit eines Großkönigs anerkennen mussten. Einen Sonderfall stellt die Stiftung eines Tājika‑Fürsten, eines arabischen Vasallen der Rāṣṭrakūṭa‑Könige, dar, der an der in‑ dischen Westküste, nördlich des heutigen Mumbai, regierte. Dieser Tājika namens Madhumati (< Muḥammad) Sugatipa ver‑ gab im frühen 10. Jahrhundert ein Dorf und ein Stück Land zur Förderung einer der Göttin Durgā gewidmeten religiösen Ein‑ richtung.90 Neben Königen und Vasallen‑ fürsten stifteten mitunter auch Königinnen sowie Kronprinzen und andere männliche Mitglieder der königlichen Familien Dörfer und Steuereinkünfte aus Ländereien, wobei sie in der Regel zuvor die Zustimmung des Regenten einzuholen hatten. Bei königlichen und fürstlichen Stiftun‑ gen ist die häufige Diskrepanz zwischen dem religiösen Bekenntnis der Stifter und deren Patronatsausrichtung auffällig. Indi‑ sche mittelalterliche Herrscher streuten in der Regel ihre Zuwendungen, doch die meis‑ ten Unterhaltsdotationen erfolgten – unab‑ hängig von persönlichen religiösen Präfe‑ renzen – zugunsten von vedischen Brah‑ manen (ohne eine erkennbare śivaitische, viṣṇuitische oder andere sektarische Affi‑ liation). Dies gilt sogar für die diesbezüg‑ lichen Aktivitäten buddhistischer Könige. Hinsichtlich der Typologie von Unter‑ haltsstiftungen war es unerheblich, ob der
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königliche oder fürstliche Mäzen buddhisti‑ scher Laienanhänger (paramopāsaka, paramasaugata usw.), Śivait (paramamāheśvara), Viṣṇuit (paramabhāgavata, paramavaiṣṇava usw.) oder Anhänger des Sonnengottes (paramādityabhakta) war.91 Diese Auffäl‑ ligkeit spricht dafür, dass Könige und Fürs‑ ten bei der Vergabe von Steuerpfründen als ‚Amtsträger‘ agierten. Doch indische mittel‑ alterliche Herrscher hatten nicht nur Zugriff auf das Kronvermögen, sondern verfügten auch über Privatbesitz, den sie ebenfalls für Stiftungen einsetzen konnten. Insbesondere bei Gründungen von Klöstern und Tempeln durch Herrscher fällt es mitunter schwer, anhand der vorhandenen Quellen eine klare Differenzierung vorzunehmen. (2.) Zu den Privatstiftern zählen verschiede‑ ne Untergruppen, für die gilt, dass sie sich mit Ausnahme der Brahmanen nicht gemäß der Zugehörigkeit zu den Geburtsständen (varṇa) des brahmanischen Sozialmodells, sondern nach Beruf, Dienstrang usw. defi‑ nierten. Betrachtet man beispielsweise das Stifterprofil in den für die mittelalterliche buddhistische Klosterkultur wichtigsten indischen Regionen, Bihar und Bengalen im Osten sowie Gujarat im Westen, so ergibt sich folgendes Bild: In Bihar und Bengalen wurden die meisten Klöster von Vasallen‑ fürsten und hohen Beamten gestiftet, teil‑ weise unter explizit erwähnter Beteiligung ihrer Frauen. Einen Spezialfall dokumentiert eine Urkunde des Pāla‑Königs Devapāla aus dem 9. Jahrhundert, die auf dem Gelände der berühmten Klosteranlage von Nālandā ge‑ funden worden ist. Darin ließ Devapāla den Ursprung desjenigen Klosters, dem er aktu‑ ell fünf Dörfer stiftete, so beschreiben: „Von Mahārāja Śrī‑Bālaputradeva, dem Herrscher über Suvarṇadvīpa [d. h. Sumatra], wurden wir aus dem Mund eines Boten wie folgt informiert: ‚Ich habe in Śrī‑Nālandā ein Kloster errichten lassen‘.“92 Zu dieser Zeit
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besaßen die Klosterkomplexe von Nālandā und Buddhagayā bereits eine solche ‚inter‑ nationale‘ Reputation, dass selbst Auslän‑ der, namentlich südostasiatische (wie im erwähnten Fall) und singhalesische Könige, dort Stiftungen errichteten.93 Auch die bud‑ dhistischen Klöster im Reich der Maitrakas (Gujarat, 6.–8. Jahrhundert) waren nur zu einem geringen Teil von den Königen die‑ ser Dynastie gebaut worden. Die meisten Klostergründungen stammten von adligen Damen, die sich als buddhistische Laien‑ anhängerinnen bezeichneten und zum Teil dem Königshaus angehörten, sowie von höfischen Beamten, von Händlern und von Mönchen.94 Die Zusammensetzung der Stifter hin‑ duistischer Institutionen (und brahmani‑ scher Kollegien) unterschied sich im Ver‑ gleich zu der der Förderer buddhistischer Klöster insofern, als Brahmanen eine grö‑ ßere Rolle, weibliche Stifter hingegen eine geringere Rolle spielten. Einzelbrahmanen und Brahmanengruppen, brahmanische Minister und brahmanische Dorfvorsteher stifteten Tempel und Kollegien, übertrugen Land für deren Unterhalt und / oder ersuch‑ ten die jeweiligen Herrscher um Dorfstif‑ tungen zugunsten der Heiligtümer und Einrichtungen, denn erst dadurch erhielten diese Institutionen ihren auf Dauer ange‑ legten Charakter und ein ‚unantastbares‘ Stiftungsvermögen.95 Im hinduistischen Kontext waren aber auch Lokalfürsten, Kaufleute und Händlergilden stifterisch aktiv.96 Zu den privaten Stiftern jinistischer Ein‑ richtungen gehörten – wie bei den Bud‑ dhisten – viele Laienanhängerinnen, die männlichen Vertreter der lokalen Eliten, vom Vasallenfürsten bis zum Dorfvorste‑ her, sowie Kaufleute und Händler. Daneben sind – wie im hinduistischen Umfeld – Brahmanen als Stifter jinistischer Klöster und Tempel belegt.97
Typologisierungen
3.6.5 Topographie Aufgrund der Tatsache, dass das Stiftungs‑ vermögen hauptsächlich aus Dörfern und landwirtschaftlichen Flächen bestand, spiel‑ te der ländliche Raum für das mittelalter‑ liche religiöse Stiftungswesen eine bedeu‑ tende Rolle. Ganze Städte oder einzelne Liegenschaften in Städten wurden nur sehr selten vergeben. Auf urbane Zentren be‑ ziehen sich aber die wenigen belegten mit‑ telalterlichen Geldstiftungen. Brahmanen siedelten sich häufig in den Dörfern an, die ihnen gestiftet worden waren oder in denen sich die ihnen übertragenen Felder befanden. Auch wurden Klöster und Tempel mitunter genau mit der Siedlung bedacht, in der sie gegründet worden waren.98 In vielen Fällen wird jedoch davon auszugehen sein, dass durch die Stiftung urbaner und länd‑ licher Raum miteinander verbunden wur‑ den. Den auf Stadtterritorium errichteten Klöstern und Tempeln stiftete man Dörfer in der näheren und weiteren Umgebung, und zahlreiche Brahmanen verwalteten den ihnen gewährten Grund und Boden wohl von ihren städtischen Wohnsitzen aus. Typologische Unterschiede gab es aber nicht nur hinsichtlich des Verhältnisses von (1.) Stadt und Land, sondern auch be‑ züglich anderer topographischer Kriterien: (2.) Reichszentrum versus Peripherie so‑ wie (3.) Küstengebiete und Flusstäler ver‑ sus Bergregionen. Hierbei handelt es sich um eine typologische Differenzierung, die sinnvoll für die Forschung erscheint, sich so jedoch nicht in den mittelalterlichen Zeug‑ nissen selbst findet. (1.) Obwohl die Stiftungsgüter im mittelal‑ terlichen Indien ganz überwiegend Dörfer waren beziehungsweise in Dörfern lagen, bestanden Unterschiede von Region zu Region hinsichtlich der topographischen Typologien. So wurden viele buddhistische
Indien
und brahmanische Stiftungsdokumente der Maitraka‑Dynastie (Gujarat, 6.–8. Jahr‑ hundert) in Valabhipur entdeckt. Dieser Fundort spricht dafür, dass sich nicht nur die meisten buddhistischen Klöster (und alle Nonnenkonvente), die von diesen Kö‑ nigen nachweislich mit Stiftungen bedacht wurden, auf dem Territorium (svatala) ihrer Hauptstadt Valabhī (Valabhipur) befanden, sondern auch viele Brahmanen in dieser Residenz lebten.99 In Valabhī selbst gelege‑ ne Grundstücke wurden hingegen kaum gestiftet;100 die Güter lagen zum Teil so‑ gar weit außerhalb. Buddhistische Klöster wurden auch auf dem Territorium anderer Städte des Reiches, namentlich in Verwal‑ tungszentren, errichtet. Überdies hatte ein hoher Beamter der Maitrakas in einem Dorf etwa 60 Kilometer südöstlich von Valabhī im 7. Jahrhundert ein Mahāyāna‑ Kloster gegründet, dem der regierende Kö‑ nig ebendieses Dorf übertrug.101 Die epi‑ graphisch belegten hinduistischen Tempel lagen nicht in Valabhī, sondern auf dem Territorium von anderen Städten und in Dörfern. In einigen Fällen erhielten Tem‑ pel und Brahmanen auf Stadtland gelege‑ ne Felder,102 weshalb man vermuten kann, dass es sich bei diesen Distriktzentren um ‚Ackerbürgerstädte‘ handelte. (2.) Anders als bei den westindischen Mai‑ trakas, bei denen sich die Stiftungen – von überwiegend einzelnen Ländereien, nicht ganzen Dörfern103 – wesentlich auf das Reichszentrum konzentriert hatten, sind zum Beispiel für die zentralindischen Rāṣṭrakūṭas (Maharashtra, Karnataka, Gujarat, 8.–10. Jahrhundert) kaum Dotatio‑ nen in und um Mānyakheṭa (Malkhed in Nord‑Karnataka, seit dem 9. Jahrhundert Hauptstadt) nachweisbar. Der nicht über‑ schriebene Teil eines Palimpsests104 beur‑ kundet mit einer Dotation des Herrschers Govinda IV. aus dem Jahr 930 eine der sehr
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wenigen Ausnahmen: Der König hatte einen Marktflecken in der Nähe seiner Residenz für die tägliche Speisung von 1 000 sich in der Hauptstadt aufhaltenden Brahmanen vergeben.105 Die bei weitem überwiegende Zahl der Rāṣṭrakūṭa‑Stiftungen stellte je‑ doch Übertragungen von (ganzen) Dörfern, die in großer Entfernung zu Mānyakheṭa lagen, an einzelne Brahmanen dar. Brah‑ manische Begünstigte erhielten Stiftungs‑ objekte hauptsächlich auf dem Gebiet des heutigen Maharashtra, bis zu 600 Kilometer nördlich, nordwestlich und westlich von Malkhed, aber auch in Gujarat, bis zu 900 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt.106 Die hinduistischen und jinistischen Tempel, die von den Rāṣṭrakūta‑Königen mit Dota‑ tionen bedacht wurden, befanden sich hin‑ gegen vor allem in Karnataka, doch auch an der Westküste von Maharashtra und somit Hunderte Kilometer südlich, südwestlich und westlich der Residenz.107 (3.) Die mittelalterlichen indischen Stiftun‑ gen verdichteten sich in den Küstenregio‑ nen und in den Flusstälern. Dies zeigt sich unter anderem in den Beschreibungen der Grenzen der Dotationsobjekte, bei denen das Meer sowie Flüsse und Bäche häufig erwähnt werden. Ebenso wie Kolonien von Brahmanen befanden sich auch buddhisti‑ sche und jinistische Klöster überwiegend auf dem flachen Land, innerhalb oder in der Nähe von Siedlungen. Bergklöster hatten im Altertum in der Regel an Handelswegen gelegen. Die berühmtesten Anlagen dieser Art sind die teilweise bis ins 9. Jahrhundert hinein entstandenen Wohn‑ und Kulthöh‑ len an den Pässen der sogenannten West‑ Ghats, eines Gebirgszuges zwischen der indischen Westküste und dem Hochland des Dekkan. Zu nennen wären hier vor al‑ lem die buddhistischen Höhlenklöster von Ajanta und Kanheri (< Sanskrit kṛṣṇagiri, ‚schwarzer Berg‘) sowie die buddhistischen
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Höhlenklöster und die jinistischen und hin‑ duistischen Höhlen‑ und Felsentempel von Ellora (< Sanskrit Elāpura) in Maharasht‑ ra.108 (→ 6.6.2) Seit den Jahrhunderten v. u. Z. existierten Götterschreine in Indien auch – oder gerade – auf relativ abgeschiedenen
Typologisierungen
Bergen. Aus Perspektive der Stiftungsfor‑ schung ist jedoch auffällig, dass für derarti‑ ge Heiligtümer sehr viel seltener Schriftdo‑ kumente über Dotationen vorliegen als für die großen Tempelanlagen in den Ebenen. AS
Anmerkungen 1 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und
religiöses Patronat (2014), 105. 2 Vgl. ebd., 209. 3 Vgl. hierzu auch Heim, Theories of the Gift (2004), 124: „A further gift given extensive treat‑ ment in the compendia is the gift of learning (vidyādāna) which encompassed a range of dif‑ ferent things. (…) First of all it could mean the Vedic teaching of the brahman guru given to his pupil. Here the brahman is the donor of the gift, not its recipient“; ebd., 125: „Copied manuscripts are also considered vidyādāna.“ 4 Der Begriff kalpavṛkṣa bezeichnet in der in‑ dischen Mythologie einen Baum im Himmel des Gottes Indra, der (alle) Wünsche erfüllt. Zahlrei‑ che indische Könige ließen sich als kalpavṛkṣa für ihre Untertanen bezeichnen. 5 Der Terminus ‚hinduistische Stiftung‘ ist et‑ was problematisch. Er wird hier in Abgrenzung zu Dotationen an Brahmanen (‚brahmanisch‘), an buddhistische Klöster (‚buddhistisch‘) und jinistische Institutionen (‚jinistisch‘) verwendet, um Stiftungen an Tempel und Schreine von Göt‑ tern und Göttinnen zu bezeichnen, und steht für den Dotationstyp, der in den Urkunden in der Regel als devadāna / devadāya, ‚Gabe an einen Gott‘ (→ 1.6.3), bezeichnet wird. 6 Wie mir mein Kollege Ryosuke Furui (Tokio) in einer E‑Mail vom 21.03.2013 mitteilt, ist er un‑ längst auf eine bengalische Stiftungsbestätigung des Gupta‑Königs Vainyagupta vom Beginn des 6. Jahrhunderts zugunsten eines Ājīvika‑Ordens gestoßen. Die jüngsten bisher bekannten ein‑ deutigen Erwähnungen dieser Konkurrenten der Buddhisten und Jinisten in ostindischen In‑ schriften stammten aus den Jahrhunderten v. u. Z. 7 Modifikationen, vor allem aber Zusätze zu dieser Grundintention sind belegt.
8 Vgl. z. B. M. Willis, Archaeology of Hindu Ri‑ tual (2009), 96 f.
9 Zu den zwölf Arten von Söhnen vgl. z. B. The
Kauṭilīya Arthaśāstra, Bd. 1: A Critical Edition with a Glossary. Ed. R. P. Kangle. Bombay ²1970, ND Delhi 1997, Abschnitte 3.7.4–18. Zur Überset‑ zung siehe auch King, Governance and Law in Ancient India. Kauṭilya’s Arthaśāstra. A New Annotated Translation. Übers. Patrick Olivelle. Oxford / New York 2013, 193 f. 10 Man muss wohl für den Zeitraum von zwei Jahrtausenden (ca. 1000 v. u. Z. bis ca. 1000 u. Z.) von einer ausschließlich oralen Überlieferungs‑ tradition ausgehen. 11 Nur bei Angehörigen des Yajurveda ist die Nennung eines konkreten Zweiges relativ häufig. Bei Ṛg‑, Sāma‑ und Atharvavedins ist sie hinge‑ gen selten. Zu den wenigen Belegen für Begüns‑ tigte der Paippalādaśākhā des Atharvaveda vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 374 f. 12 Eine gemischte Zusammensetzung hinsicht‑ lich des gotra war wegen der Exogamieregeln ohnehin erforderlich. 13 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 359; Inscriptions of the Early Kadambas. Ed. G. S. Gai. Delhi 1996. 14 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 358; Salomon, Indian Epigraphy (1998), 146; Inscrip‑ tions of the Vākāṭakas. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi. (CII 5.) Ootacamund 1963. 15 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 364; Sankaranarayanan, Viṣṇukuṇḍis (1977). 16 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 360; Njammasch, Bauern, Buddhisten und Brahmanen (2001), 313; The Inscriptions of the Maitrakas. Texts, Translations, Glossary. Ed. Annette Schmiedchen. Wiesbaden 2014, Appendix: Glossary.
Indien
17 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007),
367; Inscriptions of the Kalachuri‑Chedi Era. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi, Bd. 1. (CII 4.) Ootacamund 1955. 18 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 368; Inscriptions of Orissa, Bd. 2: Inscriptions of the Bhaumakaras. Ed. Snigdha Tripathy. Delhi 2000. 19 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 158. 20 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 362; G. Bhattacharya, Newly Discovered Copper Plate Grants (1994). 21 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 360 f.; Mishra, Gurjara‑Pratīhāras (1966), 128 f. 22 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 365; Inscriptions of Orissa. Bd. 6. [Inscriptions of the Bhañjas.] Ed. Snigdha Tripathy. Bhubaneswar 1974. 23 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 371 f.; S. Bhattacharya, Landschenkungen (1985), 123–126. 24 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 262. 25 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 370; Inscriptions of the Gāhaḍavālas and Their Times. Ed. T. P. Verma / A. K. Singh, Bd. 1. De‑ lhi 2011, 403–421. 26 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 363. 27 Vgl. ebd., 358; Inscriptions of the Vākāṭakas. Ed. Mirashi (wie Anm. 14), 22–27, Nr. 6. 28 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 158; 161; 166; 175; 179. Nur das Oberhaupt der 500 begünstigten Brahmanen wird genannt. Keiner der 1 000 Brahmanen ist namentlich aufgeführt, es werden jedoch Unter‑ gruppen spezifiziert. 29 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 368 f.; Chandravati Plates of Chandradeva: V. S. 1150 and 1156. – (A) Plates of Vikrama‑Samvat 1150. Ed. D. R. Sahni, in: Epigraphia Indica 14, 1917/1918, 192–209, Nr. 15 (A). 30 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 371; Epigraphic Discoveries in East Pakistan. Ed. Dinesh Chandra Sircar, Kalkutta 1973, 19–40, Nr. 2. 31 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 361; Bengal Asiatic Society’s Copper‑Plate Grant of Trilochanapala. The (Vikrama) Year 1084. Ed. Franz Kielhorn, in: IA 18, 1889, 33–35. 32 Vgl. Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi. (CII 6.) Delhi 1977, 170, Nr. 36, Z. 11.
245 33 Vgl. Chandravati Plates of Chandradeva. Ed. Sahni (wie Anm. 29), 202–209. 34 Vgl. ebd., 195, Z. 25. 35 Vgl. Copper‑Plate Grant of Kadamba Tribhu‑ vanamalla; Saka 1028. Ed. P. B. Desai, in: Epigra‑ phia Indica 30, 1953/1954, 71–77, Nr. 15. 36 Vgl. ebd., 77, Z. 35. 37 Vgl. ebd., 77, Z. 8–21. 38 Diese Stiftung ist insofern bemerkenswert, als sich die Empfängergruppe überwiegend aus Brahmanen zusammensetzte, die direkt in Kö‑ nigsdiensten standen (beziehungsweise gestan‑ den hatten). Zu ihnen gehörten unter anderem königliche Astrologen, Hofpriester und Richter. – Die Bereitstellung von Bauland wird des Öfteren im Zusammenhang mit der Gründung von Brah‑ manensiedlungen erwähnt. So z. B. in diversen Kupfertafelurkunden und Steininschriften aus der Regierungszeit der Yādava‑Dynastie (13. Jahr‑ hundert); vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 396 f. 39 Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Mirashi (wie Anm. 32), 103, Nr. 15, Z. 60: mahāmātyaśrīdaddapaiyaviracita[b]rahmapurīviprebhyaḥ, „an die [folgenden] Brahmanen (vipra) der Brahmanen‑ siedlung, die von Minister Śrī‑Daddapaiya ge‑ gründet wurde“. 40 Ebd., 227, Nr. 48, Z. 25: śrīkollāpure [b]rahmanirmita[b]rahmapuryāṃ, „in Śrī‑Kollāpura [heu‑ te Kolhapur], in der von Brahman gegründeten Brahmanensiedlung“. 41 Vgl. ebd., 227, Nr. 48, Z. 25 f. Vgl. auch ebd., Nr. 36. Diese ist eine Steininschrift, die die Grün‑ dung einer Brahmanensiedlung und deren Aus‑ stattung mit einem Dorf im 13. Jahrhundert beur‑ kundet. Diese brahmapurī wird als ‚geschmückt‘ mit einem Śiva‑Tempel beschrieben. 42 Sontheimer, Religious Endowments in India (1965), 70 f.: „If property is dedicated to a god, he is invariably mentioned in the dative case (…). It is significant that gifts to a deity are never made to the image of the deity or to the temple of the deity, but that the gift is always directed to the god indicating his name (…).“ 43 In den frühesten überlieferten hinduistischen Stiftungen aus dem späten Altertum fehlen noch jegliche Hinweise auf feste Tempelbauten und demzufolge auch entsprechende Bestimmungen zur Instandhaltung solcher Gebäude. So findet
246 sich nur in den zwei spätesten der insgesamt zehn hinduistischen Stiftungen eines zentralindischen Kupfertafelhortfundes aus dem 4./5. Jahrhundert der Begriff devakula; vgl. A Copper‑Plate Hoard of the Gupta Period from Bagh, Madhya Pradesh. Ed. K. V. Ramesh / S. P. Tiwari. Delhi 1990. 44 Die mittelalterliche hinduistische Tempel‑ priesterschaft entstammte häufig nicht dem Brah‑ manenstand, und orthodoxe Brahmanen standen dem Tempelwesen und Bilderkult lange Zeit sehr ablehnend gegenüber; vgl. Stietencron, Orthodox Attitudes (1977). 45 Vgl. z. B. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 1 (Stiftung an eine Göttin). Allerdings wird ein Priester in der letzten Zeile der Urkunde genannt. Siehe auch Dies., Herr‑ schergenealogie und religiöses Patronat (2013), 199. 46 Vgl. ebd., 191 f.; 275; 297 f.; 301 f.; 374; 377 f. Vgl. auch Inscriptions of Orissa. Ed. Tripathy (wie Anm. 18), 125–130, Nr. 8. 47 Belege für eine ähnliche Einrichtung, die dharmaśālā oder khaṇḍikā, finden sich auch im Brahmanismus. (→ 8.6) 48 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 383–387. 49 Vgl. z. B. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 1 (Stiftung an eine Göttin); Nr. 6 (Stiftung an den Sonnengott); Nr. 53 (Stiftung an den Sonnengott). 50 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 391–394. 51 Als Motiv für das Handeln der Stifterin wird auch „der Durst al ler Ahnen ihres Kādamba[‑ Geschlechts]“ (svakādaṃbāśeṣapitṛtṛṣṭi) genannt, den es offensichtlich zu stillen galt; vgl. ebd., 392, Anm. 305. 52 Vgl. ebd., 396 f. 53 Vgl. hierzu Schmiedchen, Formulas (1993); Dies., Stiftungen zum Unterhalt buddhistischer Klöster (2013). 54 Die Zahl der von der Maitraka‑Dynastie (Gu‑ jarat, 6.–8. Jahrhundert) ausgegebenen buddhisti‑ schen Stiftungsurkunden ist sogar erheblich höher als die ihrer hinduistischen Dotationsinschriften. 55 Vgl. z. B. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 71. Siehe auch Dies., Untersuchungen (1994), 125 f. 56 Der Begriff ‚Hīnayāna‘ wird hier bewusst vermieden, da es sich bei diesem Terminus nicht
Typologisierungen
um eine Eigenbezeichnung handelt, sondern um einen Namen, den die Anhänger des Mahāyāna für die Vertreter der einzelnen Schulrichtungen des frühen Buddhismus in eindeutig abwertender Bedeutung geprägt haben. 57 So wie in hinduistischen Stiftungen nicht die kultische Verehrung der bildlichen Darstellungen des jeweiligen Gottes, sondern nur der Kult des Gottes erwähnt ist, fehlt auch in buddhistischen Dotationen der direkte Hinweis auf Statuen / Plas‑ tiken oder andere Bildwerke. Vgl. hierzu die Aus‑ führungen von Sontheimer (siehe oben, Anm. 42). 58 Bekennende Buddhisten nehmen, wie es heißt, ‚Zuflucht zu den drei Juwelen‘ (ratnatraya oder triratna). 59 Vgl. z. B. The Kailan Copper‑plate Inscription of King Śrīdhāraṇa Rāta of Samataṭa. Ed. Dinesh Chandra Sircar, in: IHQ 23, 1947, 221–241, bes. 239, Z. 21 f.; 241, Z. 45. 60 Vgl. z. B. The Nalanda Copper‑Plate of De‑ vapaladeva. Ed. Hirananda Sastri, in: Epigraphia Indica 17, 1923/1924, 310–327, bes. 322, Z. 40. Zu einer Bestimmung über das Fertigen von Hand‑ schriften (pustaka) unter den Maitrakas vgl. In‑ scriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 24. 61 Vgl. Schopen, Buddha as Owner (1990, ND 1997). 62 Für die Interpretation, dass der jeweilige lokale Orden als Empfänger angesehen wurde, spricht auch die Tatsache, dass dieser in den Ur‑ kundentexten häufig im Dativ steht und daher gut mit dem entsprechenden Verb zur Bedeutung ‚dem Orden wurde gegeben‘ zu verbinden ist, wäh‑ rend die auf den Buddha‑Kult bezogene Formel in der Regel mit einem Genitivattribut konstruiert ist (‚für den Kult des Buddha‘). Zu einem analogen Argument in Bezug auf hinduistische Götter als Stiftungsempfänger siehe oben, Anm. 42. 63 Vgl. Schmiedchen, Stiftungen zum Unterhalt buddhistischer Klöster (2013), 11. 64 Nach (frühem) buddhistischem Verständ‑ nis ist die vom historischen Buddha gepredigte Lehre zwar nicht von ‚ewigem‘ Bestand, doch es ist fraglich, ob der Laienschaft derartige Überle‑ gungen bekannt und bewusst waren. 65 Nandi, Religious Institutions and Cults (1973), 73: „Grants of villages were made for the main‑ tenance of the orders of monks and of nuns, for‑ ming parts of the same monastic group[,] but no
Indien
donation was made for the exclusive benefit of an order of nuns.“ 66 Heute liegt die Zahl der Digambara‑Mön‑ che und ‑Nonnen bei jeweils etwa 500; die der Śvetāmbara‑Mönche bei ungefähr 2 500 und die der Śvetāmbara‑Nonnen sogar bei über 10 000. Zu diesen Zahlen für 2006 vgl. den entsprechenden Wikipedia‑Artikel, online: http://en.wikipedia.org/ wiki/Svetambara (Zugriff: 11.12.2013). Für das mit‑ telalterliche Tamilnadu hat Leslie Orr eine sehr starke Präsenz von Jaina‑Frauen nachgewiesen, für die nicht geklärt ist, ob es sich um Nonnen handelte. Als sicher kann nur gelten, dass sie im Unterschied zu den Mönchen keine feste Bindung an Jaina‑Institutionen hatten; vgl. Orr, Jain and Hindu Religious Women (1998). Diese Verhältnisse erinnern an das, was die Berichte der chinesischen Pilger hinsichtlich des vergleichsweise geringen Einflusses buddhistischer Nonnen auf die von Mönchen dominierte mittelalterliche Klosterkultur Indiens vermuten lassen. 67 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 318. 68 Vgl. ebd., 202 f. 69 Vgl. zum Beispiel ebd., 321. 70 Zur Übersetzung vgl. ebd., 305 f. Zum Sans‑ krit‑Text vgl. Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Mirashi (wie Anm. 32), 210 f., Z. 23–40. 71 Zur Einrichtung von Feuerplätzen (agnisthitikā) „zur Rettung schutzloser Menschen bei Käl‑ teeinbrüchen in Zeiten von sehr großem Chaos, [in Zeiten,] die denen der großen Flut gleichen und in Winter[zeiten]“, vgl. Schmiedchen, Herr‑ schergenealogie und religiöses Patronat (2014), 307. 72 Diese Zusammenstellung mutet befremdlich an, spiegelt aber die Sicht indischer Rechtslehrer auf Abhängige und insbesondere Sklaven wider, die als Vermögenswerte, d. h. Sachen mit Waren‑ charakter, betrachtet wurden. Für Sklaven wurde in Rechtstexten der Terminus ‚Zweifüßer‘ benutzt – im Unterschied zu den ‚Vierfüßern‘, dem Vieh. 73 Die Unterschiede im Beurkundungsmedium hängen mit dem Charakter des Stiftungsvermö‑ gens zusammen. 74 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 305 f.; 310–315; 322 f.; 395 f.; 404. 75 Nandi, Religious Institutions and Cults (1973), 66: „Where special quarters were not provided
247 the monks lived in the monastery (basadi), which was often a composite building incorporating the temple and the residence of monks.“ 76 Vgl. den Abschnitt ‚Devānāṃ Sthāpanaṃ: The Establishment of the Gods‘, in: M. Willis, Archa‑ eology of Hindu Ritual (2009), 128–144. 77 Bei einem Kultbild mit der Bezeichnung Govindeśvara (govinda-īśvara) beispielsweise handelte es sich um ein śivaitisches (īśvara = Śiva) – vermutlich ein Phallussymbol (liṅga) –, das eine Person namens Govinda gestiftet hat‑ te; vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 110. 78 Vgl. Sanderson, Śaiva Religion (2003/2004), 415 f., Anm. 250. 79 In den Kupfertafelurkunden werden religiöse Dorfstiftungen und die (bis zum 10. Jahrhundert seltenen) Dienstlehen formal nicht voneinander getrennt, was eine exakte Differenzierung erheb‑ lich erschwert. (→ 2.6.3) 80 Vgl. z. B. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 269–271. 81 Diese Begriffe sind von Wörtern für ‚Erde‘ abgeleitet. Daher ist im konkreten Fall nicht aus‑ zuschließen, dass unter bhūmidāna nicht nur die Vergabe einzelner Ländereien, sondern auch gan‑ zer Dörfer subsumiert wurde. 82 Hiervon ist beispielsweise dann auszugehen, wenn Privatpersonen von Dritten Liegenschaften käuflich erwarben, um diese in eine Stiftung ein‑ bringen zu können. 83 Zisternen und andere Bewässerungswerke wurden vor allem in trockenen Regionen, z. B. in Gujarat, gestiftet; vgl. Njammasch, Bauern, Bud‑ dhisten und Brahmanen (2001), 151. 84 Zu Ölmühlen vgl. Schmiedchen, Herrscherge‑ nealogie und religiöses Patronat (2014), 279; 369; 382; 389 f.; 394; 429 f.; zu Läden vgl. ebd., 394; 429. 85 Zu einigen wenigen Beispielen vgl. ebd., 261 f. 86 Ebd., 298 f. Auch die Erntesteuern auf Acker‑ land wurden zunehmend in Geld festgelegt; vgl. ebd., 269–272. 87 Ebd., 303–305. 88 Ebd., 298 f.; auch 394. 89 So stiftete eine Privatperson im 6. Jahrhun‑ dert am Ort der Erleuchtung des Buddha angeb‑ lich dreimal 100 Kühe (gośata) für Butterlämpchen (ghṛtapradīpa) vor drei verschiedenen Buddha‑ Bildern (buddhapratimā). Diese Dotation wurde
248 genauso wie eine Geldstiftung als akṣayanīv[ī], ‚unvergängliches Kapital‘, bezeichnet; vgl. Se‑ lected Inscriptions from Bodh Gayā. Ed. Theodor Bloch, in: ASIAR, 1908/1909, 153, Z. 1. 90 Schmiedchen, Herrschergenealogie und re‑ ligiöses Patronat (2014), 196 f. 91 Schmiedchen, Religious Patronage (2010/2011). 92 Nalanda Copper‑Plate of Devapaladeva. Ed. Sastri (wie Anm. 60), 310–327. 93 Vgl. auch Si‑Yu‑Ki. Buddhist Records of the Western World. Translated from the Chinese of Hiuen Tsiang (A. D. 629). Übers. Samuel Beal, Bd. 2. London 1884, 133: „It was built by a former king of Siṃhala (Ceylon).“ 94 Vgl. Njammasch, Bauern, Buddhisten und Brahmanen (2001), 204–213. In diesem Kontext ist erwähnenswert, dass zwei der drei aus dem Maitraka‑Reich bekannten Nonnenklöster von Männern gestiftet worden waren, während adlige Stifterinnen vor allem Mönchsklöster gründe‑ ten. Bei den Klostergründungen von Mönchen handelte es sich freilich nur um Konvente für männliche Ordinierte. 95 Schmiedchen, Herrschergenealogie und re‑ ligiöses Patronat (2014), 186–190; 193 f.; 197; 275. 96 Ebd., 191; 197; 275. 97 Ebd., 202; 204; 319–323. 98 Zu zwei Beispielen aus Stiftungen an bud‑ dhistische Klöster in Bengalen zur Pāla‑Zeit vgl. The Jagajjibanpur Plate of Mahendrapāla Com‑ prehensively Re‑Edited. Ed. S. C. Bhattacharya, in: JAIH 23, 2005/2006, 61–125, bes. 69, Z. 40 f.; A New Copper Plate Inscription of Gopala II. Ed. Ryosuke Furui, in: SAS 24, 2008, 67–75, bes. 73, Z. 48 und 51. Zu zwei Beispielen aus Dotationen an Sonnentempel in Gujarat zur Maitraka‑Zeit vgl. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 6; Nr. 53. 99 Brahmanen wohnten aber auch in brahma‑ nischen Zentren wie Kheṭaka, Ānandapura und Ānartapura. Darüber hinaus siedelte sich eine ganze Reihe von Brahmanen in den Dörfern an, in denen sie Land erhalten hatten. 100 Zu einer der wenigen Ausnahmen, der zu‑ folge einem in Valabhī gelegenen buddhistischen Kloster vier an der Grenze der Hauptstadt gele‑ gene Blumengärten (puṣpavāṭikā) nebst Brunnen (kūpa) gestiftet wurden, vgl. Inscriptions of the Maitrakas. Ed. Schmiedchen (wie Anm. 16), Nr. 43.
Typologisierungen
101 Vgl. ebd., Nr. 71. 102 Vgl. ebd., Nr. 27; Nr. 30; Nr. 56. 103 Das Verhältnis war etwa 2:1. 104 Dieses ist in der Nähe von Ujjain (Madhya
Pradesh) und mithin über 800 Kilometer nörd‑ lich von Mānyakheṭa gefunden worden. Etwa 50 Jahre nach der ursprünglichen Stiftung und nach dem Raub der Platten hat man versucht, den Text zu tilgen, und auf der Rückseite die Verleihungsurkunde eines Paramāra‑Königs zu schreiben begonnen. 105 Vgl. Three Copper‑Plate Inscriptions from Gaonri: A. – The Fragmentary Grant of the Rāshṭrakūṭa Suvarṇavarsha (Govinda IV): Śaka 851. Ed. K. N. Dikshit, in: Epigraphia Indica 23, 1959/1960, 101–108. 106 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 166–174. 107 Vgl. ebd., 191–206. 108 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 16; Schmiedchen, Herrschergenea‑ logie und religiöses Patronat (2014), 16; 68; 92; 97; 194; 200; 205 f.; 213.
4 Periodisierungen
4.1 Interkulturelle Perspektiven Ausdrückliche Vorschläge zur Periodisie‑ rung des Stiftungswesens werden in den Literaturen der an dieser Enzyklopädie be‑ teiligten Fächer nicht gemacht. Am meisten angenähert haben sich der Aufgabe bis‑ her noch die Kanonisten des lateinischen Westens, indem sie eine antike Zeit der Kirchenstiftungen von einer Epoche der frühmittelalterlichen ‚Eigenkirche‘ und ei‑ ner Periode des Kirchenpatronats seit dem hohen Mittelalter unterschieden. (→ 4.2.2) Andererseits ist gefragt worden, ob nicht die entscheidende Zäsur entlang der Grenze zwischen dem Toten als vollberechtigtem Mitglied der Gesellschaft und dem Toten als Leiche beim Übergang zur Moderne um 1800 gelegen habe. (→ 4.2.4) Als Bestandteil der Vormoderne reichen jedenfalls die ver‑ schiedenen Stiftungskulturen des mittelal‑ terlichen Jahrtausends mit ihren Wurzeln in frühere Zeiten hinab und wirken noch über das Jahr 1500 u. Z. hinaus. Das arabische Stiftungswesen war z. B. älter als der Islam (während mit Mohammed nicht schon die Geschichte der muslimischen Stiftungen begonnen hat; → 4.3.2), und umgekehrt sind im frühneuzeitlichen Mogul‑Reich noch hinduistische und jinistische Stiftungen nach ‚mittelalterlichem‘ Muster bezeugt.
(→ 4.6.7) Motive und Formen byzantinischer Stiftungen könnten selbst bei Griechen un‑ ter osmanischer Herrschaft und – mit dem orthodoxen Christentum – bei Süd‑ und Ost‑ slawen das Ende des Kaiserreiches überlebt haben, doch fehlen dazu noch eingehende Forschungen. (→ 4.5.6) Die Identifizierung des ‚Mittelalters‘ mit eintausend Jahren zwischen 500 und 1500 ist unter Mediävisten zwar nicht unumstritten, doch schafft sie einen geeigneten Bezugs‑ rahmen für den interkulturellen Vergleich. Wenn man es nicht mit dem letzten Reichs‑ einiger Kaiser Justinian I. (527–565) datiert, ist Byzanz zwar älter und führt mindestens bis zu Konstantin dem Großen (324–337) zurück, doch fällt sein staatliches Ende 1453 mit der westeuropäischen Periodengrenze annähernd zusammen. Der Islam gehörte dem Mittelalter an, seitdem seine arabischen Anhänger und ihre Helfer am Beginn des 8. Jahrhunderts u. Z. bis nach Spanien im Westen sowie an den unteren Indus und nach Transoxanien im Osten vorgestoßen waren; ein Systemwechsel, die Ablösung der mamlūkischen Sultane in Ägypten durch die Türken 1517, markiert für rezente ara‑ bische Gelehrte das Ende der ‚mittleren Jahrhunderte‘, bei dem sie den Osmanisten
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das Feld überlassen. Den Begriff ‚Mittelalter‘ hat auch die jüngere auf Indien bezogene historische Forschung übernommen; dabei soll der Niedergang des Gupta‑Reiches um die Mitte des 6. Jahrhunderts den Wechsel von der Antike zum frühen Mittelalter, die Gründung des Sultanats von Delhi 1206 den Beginn der ‚islamischen‘ Periode bezeich‑ nen, so dass das indische Spätmittelalter bis zu den Moguln (seit 1526) gereicht habe. (→ 4.6.4) In den Jüdischen Studien über‑ zeugt indessen die Datierung der Diaspora zwischen der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70 u. Z. und dem Beginn der jüdischen Aufklärung (Haskalah) im 18./19. Jahrhundert als allgemeine Periode mehr als das ‚Mittelalter‘. Die uniformierende Kraft des römischen Katholizismus im Westen sowie der Kir‑ chenleitung durch Kaiser (und Patriarchen) im Osten Europas hat es mit sich gebracht, dass sich Stiftungen in den beiden christ‑ lichen Kulturen typologisch weitgehend verallgemeinern lassen und eine entspre‑ chende Periodisierung zumindest disku‑ tiert werden kann. Der Differenz zwischen Eigenkirchen‑ und Stiftungszeitalter(n) im ‚Abendland‘ widerspricht indessen, dass Kirchenstiftungen hier von Anfang an eine wichtige Rolle spielten und die Einrichtun‑ gen von Klerikerstellen (Pfründen) mit oder ohne Sachausstattung bis zum Ende des Mittelalters niemals abrissen. Mindestens ebenso wichtig waren stets die Klosterstif‑ tungen, zumal diese in der Kreation von Personengemeinschaften bestanden, die sich stets erneuern und so dem Stiftungs‑ zweck Dauer verleihen konnten. Ähnliche Bedeutung kam den Spitälern wohl erst seit dem hohen Mittelalter und der star‑ ken Verlagerung der Fürsorge für Arme, Bedürftige und Kranke in die aufblühen‑ den Städte zu. Während die Mediävistik dazu neigt, die Geschichte der frommen Stiftung als selbstgenerierten Prozess aus
Periodisierungen
römisch‑antiker Wurzel zu beschreiben, achtet die Byzantinistik viel stärker auf Einflüsse einer plurikulturellen Umwelt, vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten. Neben der neuerdings betonten Nachwirkung altgriechischer Philanthro‑ pie wird in diesem Sinne auf Anregungen syrischer, armenischer und persischer (sa‑ sanidischer) Herkunft für klösterliche und caritative Stiftungen hingewiesen. Stark hervorgehoben wird schon seit längerem ein Übergang zum freien, unabhängigen und selbstbestimmten Kloster, also der Durchbruch des Stiftungsgedankens, am Ende des 11. Jahrhunderts – ein Reformim‑ puls, der gleichzeitigen Erscheinungen im Westen entspricht und wohl auch von dort angeregt wurde. Als in den letzten Jahr‑ hunderten des Reiches die Freiheitsrechte der Stifter wieder eingeschränkt wurden, blieb jedoch ein ‚Stifterrecht‘ erhalten, das dem Kirchenpatronat in der lateini‑ schen Christenheit ähnelte. Im späteren Mittelalter hat das Stiftungswesen seinen Schwerpunkt so sehr vom Kernland in das byzantinische ‚Commonwealth‘ (D. Obo‑ lensky) verlagert, dass man geradezu von einer ‚Balkanisierung‘ sprechen könnte. Die – nicht gleichmäßige und auch nicht ständig gleichbleibende – Zerstreuung der Juden über die Ökumene, die staatliche Pluralität der muslimischen Umma und die Multireligiosität und geographische Diversität Indiens erschweren oder verhin‑ dern bei den drei betreffenden Stiftungs‑ kulturen eine allgemeine Periodisierung. Für Indien ist es aber gelungen, mit ver‑ schiedenen Kriterien früh‑, hoch‑ und spät‑ mittelalterliche Zeiträume abzugrenzen. Zwischen etwa 550 und 1000 u. Z. stellen demnach „auf Kupferplatten eingravierte Stiftungsurkunden von Königen oder Fürs‑ ten ein geradezu panindisches Phänomen und das die Stiftungskultur bestimmende Moment dar. Die Destinatäre dieser sehr
Interkulturelle Perspektiven
standardisierten und äußerst typischen Dotationsform waren (…) überwiegend Brahmanen“, die bei ihrer ambulanten Le‑ bensweise die Kupfertafeln mit sich führen konnten. (→ 4.6.4) Eine neue Zeit habe in Südindien schon im 8. Jahrhundert, in Nord‑ und Zentralindien erst um 1000 eingesetzt. Die Zahl der Steininschriften stieg jetzt entscheidend an, auf denen vornehmlich regionale oder lokale Große hinduistische Tempel unterstützten und statt des Sanskrit zunehmend neuindische Regionalsprachen gebrauchten. An der Stiftertätigkeit von Kaufleuten lasse sich auch der Aufschwung von Fernhandel und Geldverkehr ablesen. Mit dem Vordringen des Islam und des mit ihm verbundenen Ikonoklasmus seit dem frühen 13. Jahrhundert gingen die Neustiftungen im Rahmen der alten Re‑ ligionen stark zurück oder kamen ganz zum Erliegen; die möglicherweise damit korrespondierende Verbreitung des mus‑ limischen waqf im gesamten Land harrt indessen noch eingehender Erforschung. Das Motiv der Philanthropie spielte im indischen Stiftungswesen erst in nachmit‑ telalterlicher Zeit eine Rolle. Im Bereich islamischer Länder bestimm‑ ten wechselnde Dynastien die Schwer‑ punkte der Stiftungstätigkeit, vor allem bei den herrschenden Eliten, so nachhaltig, dass eine allgemeine Periodisierung kaum möglich erscheint. Im Osten traten schon seit den Umayyaden (661–750 u. Z.) und dann unter den Abbasiden (bis 1258) die Stif‑ tungen von Waffen, Almosen und Lebens‑ mitteln für den ǧihād sowie von Herbergen und Stützpunkten für die Krieger in den Vordergrund. Das Aufkommen der Religi‑ onsschulen (Medresen) ist hier vor allem mit den türkischen Seldschuken (seit 1055) verbunden, während unter mongolischer Herrschaft (seit 1219/1256) die sufistischen Bruderschaften nachhaltige Förderung erfuhren. Im muslimischen Zentralland
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Ägypten förderten die Fatimiden (973–1171) als Schiiten die ismailitische Mission durch ‚Versammlungsmoscheen‘, aber ihre Mo‑ numentalbauten wurden dann durch ihre ayyūbidischen Nachfolger systematisch zerstört; durch analoge Demolierungen christlicher Gotteshäuser in Jerusalem gewannen die Herrschenden dieser Zeit Spolien für muslimische Stiftungsbauten, während Sultan Saladin das Kapital von waqf ‑Besitzungen für den Kampf gegen die Kreuzfahrer enteignete. Die Mamlūken (1250–1517) okkupierten fromme Stiftungen, um ihre aus dem Sklavenstand hervorge‑ gangenen Familien mit Land auszustatten und Herrschermausoleen zu errichten. An‑ dererseits ließen auch sie den Sufis ihre Unterstützung angedeihen. In den west‑ lichen Ländern, Spanien und dem Magh‑ reb, fehlen, vor allem bedingt durch eine bescheidene Überlieferungslage, Versuche zur chronologischen Ordnung des Stoffes. Es fällt aber auf, dass die Nachbarschaft der Christen und deren ‚Reconquista‘ bei den Muslimen die Sensibilität für die Be‑ achtung des ursprünglichen Stifterwillens gestärkt zu haben scheint. Im Judentum lassen Überlieferung und Forschungsstand nur zu, Faktoren für Aufschwung und Niedergang der Stif‑ tungstätigkeiten zu benennen, ohne zu einer auch nur regional gültigen Perio‑ disierung vorzudringen. Evident ist, dass eine blühende Autonomie der jüdischen Gemeinden sowie eine Gunst der anders‑ gläubigen Herrscher das Stiftungswesen begünstigt haben, während Pogrome und Verfolgungen wie im westeuropäischen Hochmittelalter die für Stiftungen nötige Kapitalakkumulation gar nicht zugelas‑ sen haben. Unter den sephardischen Ju‑ den scheint die Responsaliteratur seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine zunehmende Stifteraktivität zu spiegeln. MB
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Periodisierungen
4.2 Lateinische Christen 4.2.1 Allgemeines ‚Mittelalter‘ ist seiner Genese nach eine ‚Sinnformation‘ zur Gliederung der west‑ und mitteleuropäischen Geschichte; diese beruht auf einer Bedeutungszuweisung, mit der zuerst Humanisten des 14. und 15. Jahr‑ hunderts das ‚Medium Aevum‘ oder die ‚Media Aetas‘ gegenüber der als klassisch empfundenen lateinischen Antike abwerte‑ ten und von ihrer neuen Zeit als das nächste Fremde distanzierten.1 Die zunächst nur ästhetische Periodisierung für Gegenstände der Sprach‑ und Literaturgeschichte wurde im 17. bis 18. Jahrhundert historisch verall‑ gemeinert; der Leidener Historiker Georg Horn teilte 1666 die Kirchengeschichte, der Hallenser Christoph Cellarius 1688 die Ge‑ schichte überhaupt in das Dreier‑Schema ‚Altertum – Mittelalter – Neuzeit‘ ein.2 Nach Reinhart Koselleck vollzog sich um 1800 die „Erfindung des Mittelalters“, weil es „das Programm der Aufklärung“ war, „die geschichtliche Zeit nach Kriterien zu ord‑ nen“, die nicht mehr theologisch oder re‑ ligiös begründet waren, sondern „sich erst aus der Geschichte selbst ableiten ließen“.3 Das ‚Mittelalter‘ setzt ein es selbst be‑ dingendes ‚Altertum‘ voraus, auf das sich die späteren Generationen in wiederholten ‚Renaissancen‘ beziehen konnten. Wo es eine lateinische Antike nicht gegeben hatte, wie bei den griechisch‑orthodoxen Völkern des südöstlichen und östlichen Europa, konnte es deshalb auch nur ein abgeleitetes ‚Mittelalter‘ geben. Skandinavien hatte ebenfalls keine Antike gekannt, sondern dem ‚Mittelalter‘ ab ca. 1000/1050 gehen hier die Eisenzeit (bis ca. 800 u. Z.) und die Wikingerzeit voraus.4 Häufig, und auch in dieser Enzyklopädie, wird das Jahrtausend zwischen ca. 500 und
1500 u. Z. als Mittelalter aufgefasst; die eine Zäsur bezieht sich auf Ereignisse wie die Christianisierung des römischen Kaiser‑ reichs und die sogenannte germanische Völkerwanderung seit dem 4. Jahrhundert oder die letzte Einigung des antiken Im‑ periums unter Kaiser Justinian im 6. Jahr‑ hundert, die andere etwa auf die Refor‑ mation in Deutschland. Natürlich gibt es aber zahlreiche Versuche, Beginn und Ende des Mittelalters früher oder später anzuset‑ zen. Der Neuhistoriker Dietrich Gerhard sprach etwa von ‚Alteuropa‘ mit dem 11. und 18. Jahrhundert als Grenzen5, der französi‑ sche Mediävist Jacques Le Goff von einem „langen Mittelalter“ zwischen dem 2./3. und dem 19. Jahrhundert6. Gestritten wird um die Frage solcher Periodisierungen heute kaum noch, weiß man doch, dass es sich um wissenschaftliche Konstruktionen handelt, die sich nur bei der Ordnung des histori‑ schen Stoffes bewähren müssen. Obwohl die Epochenimagination ‚Mittelalter‘ eng mit Europa, der Antike und dem Chris‑ tentum verbunden war und ist, haben in‑ zwischen Wissenschaftler, die über andere Zivilisationen arbeiten, die Zeitrechnung übernommen und damit die Verständigung bei interkulturellen Vergleichen erleichtert. 4.2.2 Der kirchenrechtliche Ansatz: Kirchen, Klöster und Spitäler Deutsche Rechtshistoriker, besonders Kano‑ nisten, des 19. und 20. Jahrhunderts haben die bis heute wirkungsvollste Periodisie‑ rung des Stiftungswesens in der Welt des lateinischen Christentums entwickelt. Der
Lateinische Christen
Reichsdeputationshauptschluss von 1803 mit der Säkularisation umfangreichen Kir‑ chengutes hatte unter ihnen eine Diskussion über Charakter und systematische Einord‑ nung der Stiftungen ausgelöst; 1816 wurden die Stiftungen dabei zum ersten Mal als ‚ju‑ ristische Persönlichkeiten‘ deklariert.7 Dem‑ entsprechend setzte sich im Folgenden eine Auffassung von Stiftung als ‚Anstalt‘ durch, während die konkurrierende Bestimmung als ‚Körperschaft‘ zurückgedrängt wurde.8 Nach der ‚Willenstheorie‘ war es der Stif‑ terwille, welcher der Stiftung Rechtsper‑ sönlichkeit verlieh: „Der Stifter setzt einen Theil seines Willens außer sich.“ So ist die Stiftung „Objectivirung des menschlichen Willens (…). Das bleibt sie aber, gleichgültig, ob der Urheber noch lebt oder schon todt ist. In der Stiftung tritt also ein rechtstragen‑ der Wille in Erscheinung; dieser ist seinem Wesen nach wirksam und thätig, aber für alle Zeiten in seine Richtung gewiesen und gebunden.“ „Träger des Stiftungsvermögens oder der Stiftung ist der Stifterwille, der sich in einem dauernden Zweck verewigt und so eine Person wird.“9 Der Deutschrechtler Otto Gierke hing zwar auch der Willenstheorie an, wandte sich aber gegen eine strikte Opposition der Stiftung beziehungsweise Anstalt zur Kor‑ poration; er konnte sich nur Personen als Träger der Rechtssubjektivität vorstellen. Die Stiftung sei, wie er plastisch schrieb, „ein selbständiger gesellschaftlicher Orga‑ nismus, dessen Seele der in ihm fortwirken‑ de Wille des Stifters und dessen Körper der zur Verwirklichung dieses Willens herge‑ stellte Verband von Menschen bildet.“10 Für seine abweichende Auffassung hatte Gierke Grundlagen in seiner ‚Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft‘ gelegt (1868). Es war aber nicht der sozialhistorische Ansatz, mit dem er die Forschung seiner Zeit beein‑ flusste, sondern die These einer durchgehen‑ den Periodisierung der Rechtsentwicklung
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und sogar der Menschheitsgeschichte.11 Gierke sah die ganze Geschichte durch eine dialektische Spannung von ‚Herrschaft und Genossenschaft‘ bestimmt. Zwar sei keine Periode rein herrschaftlich oder rein ge‑ nossenschaftlich geprägt gewesen, doch ließen sich die Zeiten nach der Dominanz je eines Faktors bestimmen, gegen den sich der andere allmählich zur Geltung brachte, bis er selbst das Übergewicht gewann.12 Die erste Periode „von der ältesten historischen Kunde bis zur Kaiserkrönung Karls des Gro‑ ßen“ sei von der „freie[n] Genossenschaft des alten Rechts“ dominiert gewesen; in der zweiten, die bis 1200 reiche, habe „die Herrschaft über die Genossenschaft (…) de‑ finitiv gesiegt.“ Gegen Ende des Zeitraumes habe sich indessen „ein jüngeres, mächtige‑ res Princip“ geregt. „Es ist das Princip der freien Vereinigung (Einung), welches statt der alten, blos auf natürliche Grundlagen gestellten Genossenschaften gewillkür‑ te Genossenschaften erzeugt.“ Die dritte Periode dauerte dann bis zum Ende des Mittelalters; das Prinzip der Einung habe jetzt, „während Lehnsstaat und Hierarchie haltlos zusammenbrechen, von unten auf in gekorenen Genossenschaften auf allen Gebieten die herrlichsten Organisationen“ geschaffen. ‚Eigenkirche‘ versus Stiftung Obwohl die Stiftungstheoretiker den Ge‑ danken der Korporation oder Genossen‑ schaft für die Stiftung zugunsten der Deu‑ tung als Anstalt verwarfen, beeinflusste Gierkes Periodisierung doch die deutsche Kirchenrechtsgeschiche. Wegweisend wur‑ den der Schweizer Professor Ulrich Stutz und seine Schule.13 Stutz entdeckte kurz vor 1900 durch das Studium tausender früh‑ mittelalterlicher Urkunden das von ihm so genannte ‚Eigenkirchenwesen‘, das er auf germanische Einflüsse zurückführte.14 Dabei ging es um Gotteshäuser, die von
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Laien, besonders von Grundherren auf ih‑ ren Gütern, errichtet worden sind und die entscheidend zur Verbreitung des Christen‑ tums auf dem Lande beigetragen haben.15 Nach der antiken römischen Kirchenver‑ fassung hätte der Bischof auch bei solchen privaten Gründungen über das Kirchengut verfügen müssen, aus dem er die Geistlichen zu besolden, die Kultbauten zu erhalten und die Bedürftigen zu versorgen hatte. Bei der ‚Eigenkirche‘ habe sich aber der Gründer die vermögensrechtliche Verfügungsgewalt gesichert; zudem habe er noch die volle geistliche Leitungsgewalt usurpiert und wenn möglich einen von ihm abhängigen (unfreien) Mann zum Eigenpriester einge‑ setzt. Eigenkirche und Eigenpriester waren also der bischöflichen Kontrolle weitgehend entzogen. Die Nutzung der Rechte an der Kirche wurde besonders dann attraktiv, wenn es gelang, der grundherrlichen Kir‑ che auch die Pfarrrechte zu sichern, die beträchtliche Einkünfte versprachen. Nach Stutz wurde die Zeit der Eigenkir‑ che durch die des Patronatsrechtes abgelöst; gemäß dem ‚Decretum Gratiani‘ von ca. 1140 konnten Laien „weder kraft eigener noch kraft bischöflicher Autorität Kirchen besitzen (…). Sie haben das Recht der Fürsor‑ ge und des Rats [bei der Verwaltung] und können die Person des Priesters ausfindig machen. Aber sie haben kein Recht, die Kirchen zu verkaufen oder zu verschenken oder als ihr Eigentum zu nutzen.“16 Auch wenn sich die Inhaber der Patronate das Besetzungsrecht für die Priesterstellen si‑ cherten, gehe es nach Mitte des 12. Jahrhun‑ derts nicht mehr an, von Eigenkirchen und Eigenkirchenrecht zu sprechen. Stutz, der Gierke vielfach zitierte und schätzte17, unterschied also in deutlicher Entsprechung zu diesem eine frühmittel‑ alterliche Periode der Eigenkirchenherr‑ schaft von einer hoch‑ und spätmittelalter‑ lichen Zeit des Kirchenpatronats. Dabei kam
Periodisierungen
es ihm auf die Markierung des angeblich germanischen Einflusses auf die altrömi‑ sche Kirchenordnung an. Deutlicher als er selbst haben seine Schüler Walther Schön‑ feld und Siegfried Reicke die frühmittelalter‑ liche Eigenkirche von einer antiken Periode römisch‑rechtlicher Stiftungen unterschie‑ den; dabei übertrugen sie die Lehre von der Eigenkirche auf die Geschichte beson‑ derer kirchlicher Einrichtungen, nämlich der Xenodochien und Hospitäler. In der Tat waren in spätrömischer Zeit caritative Einrichtungen als selbständige Stiftungen entstanden (piae causae, auch venerabiles domus), über die der Bischof nur Aufsichts‑ rechte ausübte. Wie Schönfeld und Reicke zeigen konnten, gerieten diese Institute seit dem ausgehenden 7. Jahrhundert in die Ab‑ hängigkeit vom Gründer. Ein zunächst be‑ legbarer Herrschaftsvorbehalt habe sich zum Herrschaftsanspruch gesteigert, die freie Stiftung sei zum Eigenxenodochium geworden, „das unbeschützt der vollen und freien Verfügungsgewalt des Stifters als des Eigentümers und Herrn ausgeliefert war.“18 Dieser Schritt sei zuerst bei den Langobar‑ den und dann bei den Franken in einer Zeit getan worden, als „die Germanen das Übergewicht in der katholischen Kirche er‑ langten“. Die Entwicklung bei den Spitälern vollzog sich analog zu derjenigen bei den Kirchengründungen selbst, sie war „das Ergebnis des Eigenkirchenrechts“. Reicke charakterisierte die neue Lage mit präg‑ nanten Formulierungen: „Nach Laune und Willkür konnten [der Eigentümer und Herr] und noch mehr seine Erben [über die mil‑ den Stiftungen] schalten und walten, sobald es ihnen gelungen war (…), den kirchlich ordnungsgemäßen Stiftungsgaranten, den zuständigen Bischof, von der Aufsicht aus‑ zuschalten. Das bedeutete aber, daß auch die Aufrechterhaltung des Stiftungszweckes vollkommen in das Belieben des Gründers und seiner Nachfolger gestellt“ war. Der
Lateinische Christen
Stiftung wurde „die wesentlichste Stütze ihrer Existenz – die Garantie der Zwecker‑ haltung – entzogen (…). So ist der römisch‑ kirchliche Stiftungsbegriff dem (…) primi‑ tiven Rechte der Germanen (…) allmählich zum Opfer gefallen.“ Die germanische Ei‑ gentumsidee habe den Gedanken der Stif‑ tung „überwuchert“, es sei aber durch die karolingische Eigenkirchengesetzgebung gelungen, Reste des altkirchlichen Stif‑ tungswesens zu bewahren. Die Kirche als „berufene Wahrerin des Stiftungsgedankens“ habe sich im Laufe des früheren Mittelalters darum bemüht, „die Stützen der Aufrecht‑ erhaltung des Stiftungszweckes erneut zu befestigen und zu verstärken.“ „Gestützt auf die aufblühende Kanonistik“ habe sie in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts „den Kampf gegen das Eigenkirchenrecht“ erfolgreich geführt und „das Aufsteigen der Stiftung zur Höhe der freien Rechts‑ persönlichkeit“ ermöglicht. Exemplarisch lasse sich dieser Prozess an der Geschichte der hochmittelalterlichen Spitäler verfolgen. Nach Stutzens Tod (1938) versuchte einer seiner anderen Schüler, Hans Erich Feine, zum ersten Mal die römisch‑rechtliche Kirchenstiftung deutlich von der angeblich germanischen Eigenkirche zu unterschei‑ den und somit die Zäsur zwischen Antike und Mittelalter zu markieren.19 Dabei un‑ tersuchte er vorlangobardische und lango‑ bardische Kirchen‑ und Klostergründungs‑ urkunden in Italien. Für Stiftungen unter‑ schied Feine einleuchtend drei Merkmale, die „in den Dotationsurkunden auf die Schaffung einer selbständigen kirchlichen Rechtspersönlichkeit im Sinne des spät‑ römischen Kirchenrechts hinweisen: die Tradition des Kirchengrundes (fundamentum) an die Kirche selbst in persönlicher Anrede (trado tibi ecclesia Dei et S. N.); die Einsetzung der eigenen Gründung zum Er‑ ben; und die Selbstbegebung des Gründers zum persönlichen Dienst an der Kirche,
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denn wer nichts als der Kirche dienen will, mag nicht ihr Herr sein.“20 Wichtig ist darüber hinaus, dass die Konstruktion der Stiftung auch die Herrschaft des zustän‑ digen Diözesanbischofs ausschließt; eine Kirchenstiftung durfte also ebenso wenig im Besitz der Gründerfamilie verbleiben wie ins Eigentum des Bistums übergehen. Beispiel einer frühmittelalterlichen Klosterstiftung Ein glänzendes Beispiel im Sinne von Feines Kriterienkatalog bot diesem die Gründungs‑ urkunde des Klosters S. Pietro di Monteverdi von 754; danach habe der Pisaner Bürger Walfred für Gotteshaus und Kommunität seine Eigengüter bei Populonia zur Verfü‑ gung gestellt. Er habe sich, klagt Walfred in der Urkunde, lange Zeit dem vergäng‑ lichen Leben hingegeben, sei aber nun in Sorge, seiner Sünden wegen den Zugang zum Himmelreich verschlossen zu finden und nicht mit Christus das ewige Leben genießen zu können. Deshalb habe er sich entschlossen, ein Leben zu führen, durch das seine Vergehen ausgelöscht werden könnten. Darum habe er in proprio territurio meo („auf meinem Eigenland“) ein Kloster des heiligen Apostelfürsten Petrus errichtet, „aus Liebe zu Christus und als Heilmittel für meine Sünden“, in dem er ein reguläres Mönchsleben führen könne. „Und ich bringe mich“, gibt Walfred ferner an, „zusammen mit meinen Söhnen und meinem Besitz dar, wo unsere und anderer Leute Seelen geret‑ tet werden können.“21 Walfred trat also mit seinen Söhnen – genannt werden Ratchis, Gumfred, Taiso und Benedikt – in das von ihm geschaffene Kloster ein, um hier als Mönch zu leben. Weder der Bischof oder ein weltlicher Amtsträger noch einer sei‑ ner Söhne oder Erben sollten Macht über das Kloster mit seiner Mönchskongrega‑ tion haben. Walfreds Söhne sollten, wie des Weiteren festgelegt wurde, mit den anderen
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Mönchen ein der Klosterregel entsprechen‑ des Leben führen und für Walfreds Sünden Tag und Nacht Fürsprache im Gebet einle‑ gen. Im Kloster sollte die Benediktsregel gelten; falls über die Bestellung eines neuen Abtes Streit entstünde oder Missstände im Kloster einrissen, deren man aus eigener Kraft nicht Herr werden könnte, sollten die Bischöfe von Pisa und Populonia sowie die Äbte zweier anderer Klöster herbeikommen. Über das Korrektionsrecht hinaus sollte aber ihre Macht im Peterskloster nicht rei‑ chen. Wie weit sich Walfred seiner eigenen Rechte entäußern wollte, zeigt die Bestim‑ mung über die Disziplinargewalt des Abtes gegenüber seinen Söhnen. Wenn nämlich einer von diesen in Sünde falle, solle der Abt ihn strafen, vor allem aber im Kloster halten, „damit seine Seele geheilt werden könne; kei‑ neswegs soll er aus dem Kloster vertrieben werden, so dass seine Seele zugrunde gehen könne“22. Was seine Söhne nicht freiwillig tun würden, sollten sie gezwungenermaßen verrichten. Wenn einer der Söhne, Erben oder Nacherben gegen die Urkunde vor‑ gehen, etwas von den Gütern wegnehmen oder dem Kloster Beschwerliches bereiten würde, schrieb Walfred ein Strafgeld von 500 Goldsolidi vor. Die Urkunde wurde, wie endlich am Schluss vermerkt ist, in drei Exemplaren hergestellt; eines war für das Peterskloster selbst bestimmt, eines sollte der Kirche von Pisa zur Aufbewahrung gegeben werden, die dritte Ausfertigung wurde für das Archiv des Salvatorklosters von Ponziano hergestellt. Etwa um die Wende zum 9. Jahrhundert wurde dem inzwischen als heilig verehrten Walfred eine Vita gewidmet, die den Grün‑ dungsvorgang etwas anders darstellt.23 Am wichtigsten ist in unserem Zusammenhang, dass nach dieser Überlieferung Walfred selbst und danach einer seiner Söhne sowie vermutlich ein Neffe den Abbatiat ausge‑ übt haben.24 Walfred habe also, wie in der
Periodisierungen
jüngeren Forschung argumentiert wurde, „durch die geistliche Herrschaft die volle Verfügungsgewalt über seine Gründung und damit auch seinen Besitz wie über seine Söhne“ zurückerhalten.25 „Er retirierte vom adeligen Familienoberhaupt, vom Patriar‑ chen, zum Abt seiner Mönche, die in der Welt gegebene Ordnung setzte sich gewis‑ sermaßen im geistlichen Gewand, im Klos‑ ter, fort“26. Allerdings bedeutete das nicht, dass Walfred eine Eigenklosterherrschaft ausübte, denn dazu hätte er von außen über das Kloster als Sondervermögen verfügen müssen, etwa indem er es verschenkte oder zum Nutzen einer weltlichen Herrschaft nutzte; zweifellos sollten dagegen die Do‑ tationsgüter der Mönchsgemeinschaft zu ihren Bedürfnissen erhalten bleiben.27 Die innerklösterliche Herrschaft des Abtes darf mit Klosterherrschaft eines Externen nicht verwechselt werden, mögen die Wahlen Walfreds und seiner Nachfolger auch durch die Schaffung des Klosters selbst bestimmt oder beeinflusst gewesen sein. Die Gründung Walfreds von 754 trägt jedenfalls zweifellos die Züge einer Stiftung, da dem Kloster der Grund und Boden, auf dem es errichtet war, geschenkt worden war und Walfred mit seinen Söhnen selbst den Mönchshabit nahm. Der Stifter hatte für sich und seine Söhne vollständig auf sei‑ ne vermögensrechtlich begründeten Herr‑ schaftsrechte verzichtet und seine Angehö‑ rigen unter die Gewalt des Abtes gestellt. Gleichwohl befürchtete er, seine Söhne oder andere Verwandte könnten seinen Plan zunichtemachen, und setzte deshalb eine Geldstrafe fest, die an das Petersklos‑ ter zu zahlen wäre. Andererseits bedrohte sein Werk der zuständige Bischof; deshalb bestimmte er in Anlehnung an die Bene‑ diktsregel ein Eingriffsrecht, das bei vier Prälaten, zwei Bischöfen und zwei Äbten, lag. Der Absicherung gegen den Diözesan und andere mögliche Gegner diente auch
Lateinische Christen
die ausdrücklich vermerkte dreifache Aus‑ fertigung der Urkunde. Das beherrschende Motiv bei Walfreds Gründung war der Ge‑ winn der Seligkeit des Stifters. Merkwürdig ist, dass Walfred auch seine Söhne zum Gebet für sich selbst verpflichtet und dem Kloster offeriert hat. Indem er sie ebenfalls dem Kloster zuführte, glaubte er wohl, am besten für ihre Seele zu sorgen, andererseits aber eventuellen Übergriffen der Söhne auf seine Stiftung und ihre Güter vorzubeugen. Das Kloster S. Pietro di Monteverdi be‑ legt exemplarisch den Klostergründungs‑ stil der Stiftung; nach der Auffassung von Hans Erich Feine handelte es sich um eine Stiftung römischen Rechts, die aber durch einen Langobarden durchgeführt worden ist. Obwohl Feine mit seinem Lehrer Ulrich Stutz überzeugt war, dass die Einrichtung der Kloster‑ oder Kirchenstiftung beim Übergang zum Mittelalter durch die ger‑ manische Eigenkirche abgelöst wurde, hat mit dem Pisaner Bürger Walfred doch ein ‚Germane‘ den überkommenen Modus der Kirchengründung praktiziert. Schon diese kulturelle Aneignung spricht dafür, den strengen Antagonismus von Stiftung und Eigenkirche zu relativieren. Die jüngere Forschung hat in diesem Sinne auch sonst vielfach Kritik an der Lehre von Stutz ge‑ übt und deren Bedeutung eingeschränkt; einerseits neigen viele Historiker noch der Gegenwart dazu, jede Art der früh‑ mittelalterlichen Herrschaft in den oder über die Kirchen unbesehen als Eigenkir‑ chenherrschaft zu identifizieren, anderer‑ seits herrscht große Unsicherheit über die Geltung und Reichweite der alten These.
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österreichische Wirtschaftshistoriker Al‑ fons Dopsch folgte. Demnach sei die Eigen‑ kirche ein Attribut der Grundherrschaft, das überall dort vorkommen konnte und vorge‑ kommen ist, wo diese sich ausgebildet hat.29 Das Eigenkirchenwesen sei deshalb bei den Griechen und Römern ebenso nachzuweisen wie bei den Germanen, es sei national indif‑ ferent.30 Für diese Auffassung sprach auch, dass bald ebenso slawische Eigenkirchen nachgewiesen wurden.31 Als er 1968 eine Zwischenbilanz der Forschungslage zog, fragte dementsprechend der Rechtshisto‑ riker Karl Siegfried Bader: „Ist das ‚germa‑ nische‘ Eigenkirchenwesen wirklich ger‑ manisch, eine spezifische Errungenschaft also germanischen Rechtsdenkens, oder handelt es sich nicht vielmehr um einen archaischen Topos, der uns auch in ande‑ ren Kulturen begegnet? Eine abschließende Antwort wird erst die künftige rechtsver‑ gleichende Forschung ergeben (…). So gese‑ hen könnte das Eigenkirchenwesen Produkt des Zusammenstoßes einer fortgebildeten Kirchenverfassung mit archaischem Kultur‑ und Rechtsgut junger Völker sei. Daß wir Eigenkirchen der von Stutz gedeuteten Art bei slavischen und orientalischen Völkern ebenfalls – in gleicher oder abgewandelter Form – finden und daß wir andererseits die Eigenkirche nicht bei allen germanischen Stämmen – am wenigsten bei solchen, die spät oder gar nicht in engere Verbindung mit dem spätrömischen Reich gekommen sind – antreffen: dies spricht weniger für eine spezifisch germanische als für eine Übergangsform in der allgemeinen Rechts‑ entwicklung“32. Mit seinem entwicklungsgeschichtlichen Deutungsansatz hielt Bader an der Vorstel‑ Aktuelle Auffassungen von der Eigenkirche Überwunden ist inzwischen die Auffas‑ lung fest, die Eigenkirche sei eine primiti‑ sung einer exklusiv ‚germanischen‘ Ablei‑ vere, hinter den römischen Vorgängern zu‑ tung des Eigenkirchenwesens. Einwände rückbleibende Form der Kirchengründung; hatten schon französische Gelehrte gegen die Periodisierung der Stiftungsgeschichte Stutz geltend gemacht 28, denen 1920 der auf der Grundlage der Eigenkirchenlehre33
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wurde damit nicht grundsätzlich in Fra‑ ge gestellt. Tatsächlich dürften Stutz und seine Anhänger aber auch die Basis ihrer Thesenbildung im Recht der Alten Kirche falsch eingeschätzt haben. Mit Nachdruck ist darauf hingewiesen worden, dass die vorausgesetzte spätantik‑frühmittelalter‑ liche Vermögenseinheit des Bistums und die zentrale Verwaltung des Kirchenguts durch den Bischof, die das Eigenkirchen‑ wesen gestört, ja aufgelöst haben sollen, nach Bedeutung und Dauer stark einzu‑ schränken sei: „In reiner Form nirgends lückenlos durchgesetzt und zu allen Zeiten von Auflösungstendenzen begleitet, hat das ‚Zentralsystem‘ mehr den Charakter eines Modells, das eine wichtige Entwicklungs‑ linie im römisch geprägten Kirchenrecht verdeutlichen kann.“34 Für das andere Ende der Zeitskala wird zugleich kritisch der These widersprochen, dass das Eigenkir‑ chenrecht seit dem hohen Mittelalter durch das Patronatsrecht abgelöst worden sei.35 Aus der Perspektive von Spätmittelalter und Früher Neuzeit hat der Historiker Jörn Sieg‑ lerschmidt 1987 nämlich die Auffassung vertreten, das Eigenkirchenwesen sei erst „durch die kirchenrechtlichen Änderungen im Gefolge der allmählichen Durchsetzung territorialstaatlicher Kirchlichkeit“ ersetzt worden. Der Begriff der Eigenkirche bedürfe im Ganzen einer neuen Diskussion.36 Neue Spezialstudien haben Zweifel da‑ ran gesät, ob das Eigenkirchenwesen das frühe Mittelalter wirklich epochal geprägt hat. Man hat darauf hingewiesen, dass sich „die kirchliche und die weltliche Gesetzge‑ bung des Frankenreiches im 8. Jahrhundert höchstens andeutungsweise mit den Eigen‑ kirchen beschäftigt“ habe und die Anzahl solcher Kirchen oder Klöster, von denen Schenkungsurkunden erhalten geblieben sind, überhaupt sehr gering sei.37 Trotz an sich guter Überlieferungslage gelte das be‑ sonders für Alemannien; möglicherweise
Periodisierungen
sei hier erst im Verlauf des 8. und 9. Jahr‑ hunderts die adlige Eigenkirche neben die bischöfliche und königliche Kirchengrün‑ dung getreten. Die Behauptung von Eigen‑ kirchen im Churrätien des 7. Jahrhunderts erwies sich als unhaltbar38, und für die Provinz Narbonne zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert zeichnete eine französische Historikerin „das Bild von einer Gesell‑ schaft, in der das Eigenkirchenwesen un‑ bekannt ist, Kirche und Laien in relativer Harmonie leben, die Bischöfe aber (…) eine herausragende Rolle spielen.“39 Auch die Grundherrschaften zwischen Loire und Rhein scheinen nach neuer Analyse der klösterlichen Besitzbeschreibungen zu Be‑ ginn des 9. Jahrhunderts noch kein voll entwickeltes Eigenkirchenwesen aufzuwei‑ sen; dies dürfte vielleicht erst im folgenden Jahrhundert der Fall gewesen sein.40 Bei der Gründung sächsischer Frauenklöster im 9. und 10. Jahrhundert handelte es sich nach einer neuen Studie nicht um adli‑ ge Eigenklöster, sondern um Stiftungen.41 Über die Existenz des Eigenkirchenwesens überhaupt diskutierten jüngst die beiden Oxforder Mediävistinnen Susan Reynolds und Susan Wood. Während Reynolds die Stutz‑These ganz verwarf,42 belegte Wood das „proprietary church system“ in einer magistralen Abhandlung. Im Unterschied zu dem deutschen Gelehrten konzipierte sie allerdings kein Rechtsgebilde, sondern „a fluid set of attitudes and practices taking shape as customary law“ und ließ es sich angelegen sein, „to show how this worked in practice, and to discuss the interests, values, and ideas behind it and how these changed over time, until the patronage sys‑ tem – which was indeed a system – largely superseded it“43. Entwertet hat Wood ihre Analyse und Darstellung allerdings da‑ durch, dass sie Eigenkirchen ausdrücklich nicht von Kirchenstiftungen schied; dies sei ein „legalistischer Standpunkt“ ohne
Lateinische Christen
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Bedeutung für die Erkenntnis der histo‑ künftig folgenden Mönchen, die wir dort rischen Wirklichkeit.44 eingesetzt haben, und [die Schenkgüter] sollen zu deren Gebrauch und Verpflegung Neue Fallstudien: Keine eindeutigen auf Dauer dienen und in allen künftigen Zei‑ ten unangefochten bei ihnen verbleiben.“47 Zeitalter von Eigenkirche und Stiftung Oft kann in der Tat der Status einer von Als Pippin wenige Jahre später die früher ‚Privatpersonen‘ gegründeten Kirche in gemachten Gaben bestätigte, bekräftigte er der Überlieferung nicht eindeutig ermit‑ zwar auch die Gebetspflichten der Mönche, telt werden; vermutlich war der Charak‑ in die er jetzt auch die Söhne einschloss, ter als Kirchenstiftung oder Eigenkirche er betonte jedoch, dass die bisherigen und wirklich ungeklärt, und im Laufe der Zeit künftigen Schenkgüter „in unserer Macht konnte natürlich auch aus einer Stiftung und unter unserem Schutz sowie demjeni‑ eine Eigenkirche werden oder umgekehrt. gen unserer Erben bleiben sollen.“ Wenn Die neuere Forschung hat deshalb auch der Abt sterbe, sollte die Mönchsgemein‑ erkannt, dass man die Kirchengründung schaft „mit unserer Zustimmung“ einen als Prozess verstehen muss und sich, wo es Nachfolger wählen. Der ewige Bestand des möglich ist, nicht auf die Auskünfte eines Klosters und der Vorbehalt gegen jede äu‑ einzigen Dokuments verlassen darf.45 Ein ßere (bischöfliche oder weltliche) Gewalt gutes Beispiel dafür ist die Frühgeschichte werden hier unzweifelhaft an die erbliche des Klosters Prüm.46 Im Jahr 752 begrün‑ Eigenklosterherrschaft der karolingischen dete König Pippin eine Schenkung an das Herrscherfamilie gebunden.48 Obwohl also der Status einer ‚privaten‘ Eifelkloster als Memorialstiftung für sich und seine Gemahlin, bei der die Güter Kirchengründung im frühen Mittelalter ausschließlich zum Gebrauch der Brüder wechseln konnte oder die Überlieferung bestimmt waren und jeder Eingriff von in vielen Fällen kein eindeutiges Urteil außen, auch durch die königliche Familie, zulassen mag, kann der Ausweg für die ausgeschlossen sein sollte: „Und weil wir Forschung jedoch nicht darin bestehen, mit das Kloster, das Prüm genannt wird, durch Susan Wood den Unterschied für geradezu höhere Eingebung neu errichtet haben zu irrelevant zu erklären. Schließlich geht es Ehren des Heilandes und der heiligen Maria, um den Anspruch einer Theorie, dass ein soll sorgfältig darauf geachtet werden, dass großer Zeitraum des Mittelalters im Gan‑ wir darüber nachsinnen, wie die heilige zen unter den Vorzeichen einer vom Eigen‑ Gemeinschaft und die Mönche, die wir dort tum über Sachen abgeleiteten Herrschaft eingesetzt haben, leben und durch unsere zu kennzeichnen ist; der Nachweis von Schenkung auf Dauer ihren Lebensunter‑ Stiftungen im frühen Mittelalter in grö‑ halt erhalten sollen (…). Wir schenken unter ßerer Dichte würde dagegen den Schluss den Augen Gottes so, dass keine königliche auf genossenschaftliche Handlungsspiel‑ Macht und kein Zugriff der hohen Geist‑ räumen zulassen.49 In jüngster Zeit wurde lichen und keine richterliche Gewalt die dementsprechend eine ganze Reihe von Freiheit haben sollen, von dieser Schenkung Studien zu Gaben an die Kirche vorgelegt, in ihrem ganzen Umfang irgendetwas (…) die sich als Stiftungen qualifizieren lassen. vom Gewinn der Brüder zu entfremden Insbesondere gilt dies für die Könige bis oder abzuziehen, sondern unser und unserer in die Stauferzeit.50 Auch wenn diese For‑ Gemahlin Bertha Gedenken soll ewig ge‑ schungen nicht abgeschlossen sind, lässt halten werden von den gegenwärtigen und sich schon jetzt sagen, dass das angebliche
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Zeitalter der Eigenkirchen auch eine Zeit der Kirchenstiftungen gewesen ist. Weitergehend argumentierte unlängst Claudia Moddelmog, mit einem sozialhis‑ torischen Stiftungsansatz könne ein „kon‑ kurrierendes Deutungsmuster zur Eigenkir‑ chenlehre“ begründet werden; mit diesem sei auch „ein Einwand gegen die Annahme einer einseitigen Entwicklungslogik der Kir‑ chenverfassung: von der Eigenkirche zum Patronatsrecht“ verbunden: „Denn wenn Stiftung als soziale Beziehung aufgefasst wird, muss für jede Stiftung erst ermittelt werden, wie stark herrschaftlich sie geprägt ist und wieviel Genossenschaft (Freiheit) sie zulässt oder braucht. Stiftungen konnten weitgehend ‚herrschaftsfernen‘ Charakter tragen, wenn den gestifteten Gemeinschaf‑ ten die Freiheit gelassen wurde, sich als Genossenschaft zu konstituieren. Stiftungen konnten aber auch – etwa über das Instru‑ ment der Stiftervogtei – stark herrschaftlich dominiert sein und für die Stifter und deren Familie beträchtliche Vorteile mit sich brin‑ gen. Wie Eigenkirchen konnten also auch Stiftungen dazu herausfordern, die Rechte von Laien in der Kirche einzuschränken, etwa durch die Ausbildung des Patronats‑ rechts. Im Gegensatz zu den Eigenkirchen boten Stiftungen aber auch je individuelle Auswege aus der Herrschaft von Laien in der Kirche. Während Stutz die Veränderun‑ gen der Kirchenverfassung durchgängig auf das Wirken des Eigenkirchenrechts oder auch der (germanischen) ‚Eigenkirchenidee‘ und die herrschaftlichen oder kirchlichen Reaktionen darauf zurückführte, ist das Modell Stiftung frei von impliziten oder expliziten Entwicklungslogiken und an‑ schlussfähig für mehrdimensionale Deu‑ tungen von Herrschaftsverhältnissen in der Kirche. Dazu gehören selbstverständlich auch Veränderungen des Rechts. Denn die Bevorzugung der sozialhistorischen Sicht gründet zwar auf der Überzeugung, dass
Periodisierungen
im Mittelalter personale Beziehungen die Grundlage von Stiftungen bildeten, schließt aber die Beachtung rechtlicher Aspekte keineswegs aus.“51 Spital und Pfründe In der bisher einzigen umfassenden his‑ torischen Darstellung des Stiftungsrechts (nicht des Stiftungswesens überhaupt, die ohnehin fehlt) hat der Erlanger Kirchen‑ rechtler Hans Liermann 1963 formuliert: „Das hohe Mittelalter ist das Zeitalter der Stiftungen. Es ist die Epoche, welche eine Hochblüte des Stiftungswesens hervor‑ gebracht hat, wie sie sonst zu keiner an‑ deren Zeit, weder vorher noch nachher, wieder anzutreffen ist.“52 Liermann stützte sich dabei auf die Forschungen der Stutz‑ Schule und insbesondere die Arbeiten von Siegfried Reicke zur Geschichte der deutschen Spitäler.53 Tatsächlich haben Armut und Bedürftigkeit seit dem hohen Mittelalter im westlichen Europa offenbar stark zugenommen und sich gleichzeitig vom Land in die aufblühenden und stark vermehrten Städte verlagert, so dass dort neue Einrichtungen der Fürsorge geschaf‑ fen werden mussten.54 Nachdem im frühen Mittelalter vor allem Könige, Adlige und Bischöfe die Träger des Stiftungswesens waren, traten nun zunehmend die Bürger in den Städten als Stifter und Wohltäter, also auch als Gründer von Spitälern, in Erscheinung. Dementsprechend ist bis heute – und gerade in der Gegenwart – die Geschichte einzelner Spitäler, ganzer Spitallandschaften und des Spitalwesens im europäischen Vergleich ein beliebtes Feld mediävistischer Forschung geblieben (oder geworden).55 Der Zusammenhang mit einer Gründung durch Stiftung wird dabei aber meist gar nicht näher diskutiert oder als Problem behandelt 56, so dass auch die auf Reicke zurückgehende Periodisierung unerörtert bleibt.
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Lateinische Christen
Als zweite Stiftungsart, die aus dem frühen ins hohe Mittelalter hinüberreich‑ te, nannte Liermann nach dem Spital die Pfründe.57 Ursprünglich bezeichnete prebenda, Pfründe, denjenigen Anteil am Vermö‑ gen einer Kirche, der der Gemeinschaft der Domherren einer Bischofskirche oder der Herren an einer Stiftskirche zukam.58 Seit dem 10. oder 11. Jahrhundert begann, von Fall zu Fall in variierender Dynamik, die Auflösung der Gesamtpfründe in Einzel‑ pfründen der Geistlichen, die je nach Digni‑ täten sehr unterschiedlich dotiert sein konn‑ ten.59 Der einzelne Kanoniker oder Kleriker konnte gemessen an seinem je besonderen Einkommen auch verschiedene Aufgaben übernehmen. Dementsprechend begannen Könige, Prälaten und mehr und mehr auch Stadtbürger, zusätzliche Pfründen zu stiften; deren Inhaber hatten dann in der Regel die Pflicht, für die Memoria ihrer Wohltäter und deren Familien zu beten, womöglich an einem besonderen Altar, in einer eigens erbauten Kapelle und an einer separierten Grablege. Attraktiv war diese Form einer frommen Stiftung auch deshalb, weil sie der Stifterfamilie häufig das Patronatsrecht über die Pfründe vorbehielt und diese so u. U. zur Versorgung eigener Sprösslinge verwendet werden konnte. Damit drang die Idee und Praxis der Herrschaft mehr als irgendwie sonst in die fromme Stiftung des Mittelalters vor. In den außerordentlich verbreiteten Stiftskirchen, die aus Gemein‑ schaften solcher einzelbepfründeten Herren bestand, manifestierte sich diese Tendenz wohl am deutlichsten.60 Den Übergang zum späten Mittelalter markierte Liermann bei einer ‚Verweltli‑ chung‘ des Stiftungswesens. Nachdem zu‑ nehmend die Bürger das Spitalrecht und das Recht der Pfründe beanspruchten, seien all‑ mählich die Normen des kirchlichen Rechts durch das weltliche Recht ersetzt worden: „Die rein weltliche Stiftung (…) unterscheidet
sich von der verbürgerlichten, äußerlich noch kirchlichen Stiftung des hohen Mit‑ telalters dadurch, daß sie ausschließlich als Institution des weltlichen Rechts gestaltet ist.“61 In spätmittelalterlichen Städten und Staaten wurde die Armensorge zunehmend als öffentliche Aufgabe verstanden, so dass sich Fürsten beziehungsweise Räte mit Er‑ folg darum bemühten, die Verwaltung der Stiftungen in ihren Händen zu bündeln und mit dem Kirchenwesen überhaupt die Einkünfte für caritative Aufgaben zu zen‑ tralisieren. Diese Tendenzen setzten sich nach der Reformation fort, und zwar auch in altgläubig bleibenden Territorien.62 4.2.3 Der religions- und sozialhistorische Ansatz: Gräber, Gruppen und Gedenken Die Lehre von Eberhard F. Bruck Ähnlich wie der kirchenrechtshistorische Ansatz grenzt auch eine religionsgeschicht‑ liche Urteilsbildung das lateineuropäische mittelalterliche Stiftungswesen vor allem gegenüber der Antike ab. Grundlegend für die Kontrastfolie des römischen Altertums war und blieb bis heute eine Studie des re‑ ligions‑ und kulturhistorisch arbeitenden Rechtshistorikers Eberhard F. Bruck aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts; nachdem dieser schon 1926 eine Monographie über ‚Totenteil und Seelgerät im griechischen Recht‘ vorgelegt hatte,63 befasste er sich 1949 mit ‚Foundations for the Deceased in Roman Law, Religion and Political Thought‘ (in deutscher Übersetzung 1954)64. Nach sei‑ ner These bildete die Erhaltung des Toten‑ kults „das Hauptmotiv für die römischen Stiftungen“65; die Erträge der Stiftungsgü‑ ter sollten also der kultischen Verehrung der verstorbenen Stifter oder anderer von ihm nominierter Personen dienen. Zwar konnten andere Motive hinzutreten, etwa
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die Alimentierung bedürftiger Kinder, doch „blieb der Totenkult oder der Erinnerungs‑ kult das wichtigste oder wenigstens ein treibendes Motiv“. Bruck unterscheidet den Totenkult, der am Grabe des Stifters unter Einbeziehung des Toten vollzogen wurde, vom Erinnerungskult, der sich zwar auch auf Verstorbene bezogen hat, aber nicht auf den Ort der Bestattung konzentriert gewesen ist. In der Geschichte der vorchrist‑ lichen Stiftungen unterscheidet er zwei Zä‑ suren, im alten Griechenland den Beginn des 3. Jahrhunderts v. u. Z. sowie in Rom die Wende zum 2. Jahrhundert u. Z. In beiden Fällen habe sich im Verhältnis zum Leben nach dem Tode eine Hinwendung zum In‑ dividuum vollzogen, die sozialhistorisch begründet werden könne.66 Mit dem Zu‑ sammenbruch der griechischen Stadtstaaten hätten sich nämlich die alten Verbände der Familien und Geschlechter aufgelöst, die zuvor für den Kult am Grabe gesorgt hätten. Ähnliches habe sich rund vier Jahrhunderte später auch in Rom vollzogen. Der freiwil‑ lige Totenkult in den großen Familien der Republik sei zunehmend vernachlässigt worden, der Aufstieg neuer Schichten, so der equites, habe jedoch auch das Bedürfnis eines eigenen Totenkults mit sich gebracht. Zur Sicherung des Totenkults seien in Grie‑ chenland und in Rom rechtliche Formen nötig geworden, um die fehlende Familien‑ pietät zu ersetzen. Das Misstrauen gegen die Erben, die einst den Totenkult als wichtigs‑ te Pflicht gegenüber Eltern und Vorfahren verrichtet hätten, habe überhaupt erst zur weiten Verbreitung der Stiftungen geführt. Um die sacra, die Opfer am Grabe, zu sichern, hätten die römischen Juristen, ähnlich wie vorher die griechischen, die Rechtsform der unselbständigen Stiftung erfunden.67 Kennzeichnend hierfür sei die Anlehnung der Stiftungen an bereits beste‑ hende Anstalten oder Korporationen gewe‑ sen; politischen Gemeinden oder privaten
Periodisierungen
collegia wurden also Zuwendungen unter der Bedingung gemacht, dass an bestimm‑ ten Tagen Totenopfer oder Gedächtnis‑ feiern für den Toten veranstaltet wurden. Den Stiftungen wurden Ländereien oder Kapitalvermögen zur Verfügung gestellt, um von den Einkünften den Totenkult in aeternum (‚auf ewig‘) zu finanzieren; das schwierigste Problem war natürlich, wie die Dauer der Leistungen zu sichern war. Die römischen Juristen entwickelten dafür die Idee des Treuhänders. Dem lateini‑ schen Begriff der fiducia (des ‚Vertrauens‘) entsprechend bezeichnet man deshalb die unselbständigen Stiftungen auch als fiduzi‑ arische Stiftungen. Der Fiduciar erhält das Vermögen des Stifters zwar zu eigen, soll es aber für sich selbst nicht nutzen; viel‑ mehr übernimmt er mit dem Güterkomplex die „Verpflichtung, sie im Interesse der Stif‑ tungsberechtigten, zugleich aber auch im Interesse des Stifters, der im Jenseits weiter existiert, zu verwalten“68. Allerdings war die Verpflichtung rechtlich nur unvollkom‑ men abzusichern; zwar konnte der Stifter mit Strafen oder der Aufsicht städtischer oder staatlicher Organe drohen, er war je‑ doch letztlich auf das Vertrauen in die fides (‚Treue‘) des Empfängers bei der Erfüllung der auferlegten Pflichten angewiesen.69 Im Anschluss an Eberhard F. Bruck ha‑ ben jüngere Historiker die Entstehung eines christlichen beziehungsweise mittelalter‑ lichen Stiftungswesens aus der Auseinan‑ dersetzung mit seinen vorchristlich‑antiken Voraussetzungen verstehen wollen. Dabei stellten sie der heidnischen Totenkultstif‑ tung die christliche Seelenheilstiftung und der Motivation allgemeiner orientalischer Wohltätigkeit diejenige christlicher Cari‑ tas gegenüber. Im Mittelpunkt des heid‑ nisch‑antiken Totenkults hatte die Toten‑ speisung gestanden, die sich auf Erträge von Stiftungen stützen konnte: „Der Tote wird dabei als Handelnder gedacht und er
Lateinische Christen
wird von der Familie, den Verwandten, den Freunden, die an seinem Grab Totenmahl halten, als wirklicher Teilnehmer an dem gemeinsamen Mahl erlebt, für den Speisen, Geräte und Mobiliar bereitgestellt werden müssen.“70 Durch Nennung seines Namens wird er als Person herbeizitiert, der Tote ist also gegenwärtig und gilt als vollberech‑ tigtes Mitglied der Gesellschaft. Auch die Armen nahmen als Empfänger der Gaben am Totenmahl teil und trugen zur Verge‑ genwärtigung des Verstorbenen bei. Die Christen führten die Tradition des Toten‑ mahls zunächst weiter, doch wandten sich griechische Kirchenväter und lateinische Theologen seit Ende des 4. Jahrhunderts gegen das heidnische Brauchtum. An die Stelle des Totenkults sollte die christliche Memoria treten, die sich am deutlichsten in der Eucharistie manifestiert; das Mahl der Messe zum Gedenken an Leiden und Sterben Jesu in der Gemeinschaft der Gläu‑ bigen schloss durch das Memento‑Gebet im Kanon ausdrücklich tote Gemeindemitglie‑ der ein.71 Das Gedenken sollte nicht mehr der diesseitigen Erinnerung und Rühmung des Verstorbenen dienen, sondern das Ge‑ bet der Nachlebenden sollte als Fürbitte im Jenseits vor Gottes Gericht seiner Seele zu Hilfe kommen. Stiftungen stellten die Er‑ träge zum Unterhalt der Kirchen und zur Versorgung der Armen bereit und schufen dadurch die Basis für das Gebetsgedenken an die Toten. Allen Stiftungen im lateini‑ schen Mittelalter lag, so hat man geradezu formuliert, „ein und dieselbe Motivation zugrunde: die Sorge für das Seelenheil“72. Voraussetzung für das christliche Stif‑ tungswesen war die kirchengeschichtliche Wende des 4. Jahrhunderts mit der Aner‑ kennung der Rechts‑ und Erbfähigkeit der christlichen Gemeinden. Für den Rechts‑ historiker Hans Liermann sind sogar „erst auf dem Boden der christlichen Kirche“ seit Konstantin dem Großen „wirkliche
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Stiftungen im Sinne des modernen Rechts‑ denkens entstanden“73. Entscheidend für den Durchbruch sei das Motiv der christli‑ chen Nächstenliebe gewesen. Während das Stiftungswesen der vorchristlichen Antike „in seiner letzten Grundhaltung nicht altru‑ istisch, sondern egoistisch eingestellt“ ge‑ wesen sei,74 sei die Stiftung im christlichen Sinne als gutes Werk an den Bedürftigen aufgefasst worden, das dem Heil der eigenen Seele diene. Die Stiftungen seien nun auch nicht mehr, wie im Altertum, unselbstän‑ dig an bestehende Institutionen angelehnt worden, sondern selbständige Einrichtun‑ gen gewesen. Typische Stiftungen waren Fremdenhäuser, also Xenodochien, ferner Armenhäuser, Krankenhäuser, Waisenhäu‑ ser, Findelhäuser oder Altenheime. Eine gemeinsame Bezeichnung für alle Arten der christlichen Wohltätigkeitsanstalten findet sich in den Quellen nicht; nach dem oft bezeugten Motiv der frommen Gesinnung spricht man in Anlehnung an die spätantike Gesetzgebung zusammenfassend von piae causae (‚fromme Angelegenheiten‘) oder von venerabiles domus (‚ehrwürdige Häuser‘).75 Diese haben sich allem Anschein nach seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts durchgesetzt. Im ‚Codex Theodosianus‘, dem Gesetzbuch des Kaisers Theodosius II. von 438, werden die christlichen Wohltätigkeits‑ anstalten noch nicht erwähnt, während sie der ‚Codex Iustianianus‘ von 534 breit für den Osten des Reiches belegt. Dass sich die christlichen wohltätigen Stiftungen auch im Westen ausbreiteten, zeigen die Briefe Papst Gregors des Großen (gest. 604).76 Wohltätigkeit und Totenkultstiftung in der Alten Welt Die neuere Forschung hat die Ergebnisse des diachronen Vergleichs der mittelalter‑ lich‑christlichen mit den antik‑heidnischen Stiftungen im Wesentlichen bestätigt. Toten‑ kultstiftungen reichen, wie man seit langem
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weiß, in der Alten Welt viel weiter zurück als bis zu Griechen und Römern. Im pharao‑ nischen Ägypten stifteten die Herrscher zwar vor allem an Götter oder Tempel, oft aber auch für Statuen ihrer selbst, und ihre Beamten oder die Gaufürsten ihres Reiches taten es ihnen gleich.77 Die Statuen besaßen in der Regel in einem größeren Sakralkom‑ plex einen Nebenkult: „Das implizierte ei‑ nen überschaubaren kultischen Aufwand, so dass mit den dafür in eine institutionalisierte Form von Besitz überführten Gütern Über‑ schüsse zu erwirtschaften waren (…). Aus dem begrenzten Umfang der Stiftung er‑ gibt sich als zweites Charakteristikum, dass ihre Kapitalien bzw. Ansprüche in der Regel durch eine recht kleine, konkret festgelegte Gruppe von Personen verwaltet wurden.“78 Die Statuen selbst (oder Kultobjekte anderer Art) waren in der pharaonischen religiösen Praxis die primären Ziele kultischer Hand‑ lungen: „Sakrale Plätze, insbesondere Tempel, waren in erster Linie die Orte der Aufbewah‑ rung entsprechender Kultobjekte. Diese gal‑ ten – verkürzt dargestellt – als Manifestation einer sakralen Macht und damit als spezifi‑ sche Wesenheiten. Ihre Herstellung wurde, keineswegs euphemistisch, als ‚Geburt‘ be‑ zeichnet (…), und als am Dasein teilhaben‑ de Wesen bedurften sie einer permanenten kultischen Betreuung, die weitgehend in (ge‑ steigerter, z. T. inverser) Parallele zur Routine des menschlichen Lebens gedacht war. Das schließt neben der Kleidung und Beräuche‑ rung, der Ausfahrt zu bestimmten Anlässen, der Nutzung in konkreten Bedarfsfällen usw. insbesondere auch die Ernährung durch die Gabe von Lebensmitteln ein. Kultbilder, die ihre Funktion eingebüßt hatten, wurden (…) möglichst innerhalb sakraler Plätze vergra‑ ben.“79 Zur Betreuung des Kultes wurden Priesterkollegien geschaffen, die aus den Stiftungserträgen finanziert wurden. Fest‑ gehalten wurden die Stiftungen auf Stelen, die auch zur Rühmung der Stifter dienten,
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oder durch Bilder und Inschriften in Grab‑ anlagen. In den Totenstiftungen des Alten Reiches übte der präsumptiv Verstorbene als toter Ahn weiterhin Rechte an seinem Besitz aus, versah aber auch durch seine Verfügung „eine neue soziale Gruppe mit einer Subsistenzgrundlage“, der er selbst als Gründungsahn weiter vorstand80. Die Alten Ägypter hatten auch bereits einen Kanon der guten Werke ausgebildet, der an christliche Normen erinnert, und das Wohltun mit dem Gedanken der Belohnung im Diesseits und Jenseits verbunden. Bezo‑ gen auf älteste Spuren in der Überlieferung des Landes ist geradezu von „fünftausend Jahren Geschichte der Wohltätigkeit“ die Rede.81 Name und Wirken des Wohltäters wurden an den Gräbern präsent gehalten. Der ägyptische Totenglaube wurde nach Jan Assmann „von zwei Vorstellungen bestimmt: der Fortdauer im sozialen Gedächtnis und dem ewigen Leben der im Totengericht Ge‑ rechtfertigten. Beide Ideen beherrschen die ägyptischen Lebensdeutungen mit gleich starker Strahlkraft, und beide Ideen beto‑ nen gleichermaßen das Individuum. Das Individuum ist es, das auf Grund seiner ganz persönlichen Taten und Eigenschaften Unvergeßlichkeit im sozialen Gedächtnis beanspruchen darf, und das Individuum ist es, das sich vor dem Totengericht für seinen persönlichen Lebenswandel verantworten muß“.82 Die ägyptischen Totenstiftungen haben sich allerdings auf dauernde Grab‑ sorge und Opfer zugunsten der Verstorbe‑ nen beschränkt, sie schlossen aber keine Spenden für hilfsbedürftige Lebende ein, wenn man von der Schaffung der Pries‑ terkollegien absieht. Es handelte sich also noch nicht um fromme Stiftungen, durch die das philanthropische Werk auf Dau‑ er durch Nachlebende weitergeführt wird. Totenkult und Totenstiftung einerseits und verdienstliche Wohltaten andererseits wa‑ ren in Ägypten voneinander getrennt.
Lateinische Christen
Auch die griechische und römische An‑ tike schied Totenkult und Philanthropie bzw. liberalitas (‚Freigiebigkeit‘) vonein‑ ander.83 Die Stiftungsurkunden der Antike rückten, wie noch unlängst konstatiert wurde, „weniger jene menschliche Regung, die wir heute als Philanthropie bezeich‑ nen, als die öffentliche Anerkennung des Stifters und seine Großzügigkeit“ in den Mittelpunkt.84 Durch Gebäudeinschriften, Grabtituli und Stiftungsurkunden auf Stein sei eine hohe Öffentlichkeit angestrebt und der Mechanismus von Gabe und Ge‑ gengabe befördert worden: „Während der Stifter Teile seines Vermögens für eine Bürgerschaft, einen Kult‑ oder Sozialver‑ band einsetzte, waren deren Mitglieder zu Dank verpflichtet. Umgekehrt brachte die Stiftung eines Festes oder Totenkults der Bevölkerung oder Kultgemeinschaft vielerlei Segen. Der Dank (gr. charis; lat. gratia) konnte sich in Form von Statuen und Inschriften an die Stifter richten. Die wichtigste Gegenleistung aber war, dass sein Wille eingehalten und die Stiftung bestehen blieb.“85 Die jüngere Forschung hat allerdings gezeigt, dass Stiftungen in Rom entgegen der Annahme E. F. Brucks schon ins erste nachchristliche Jahrhundert zurückgehen; auch seien nur wenige der frühen Stifter aus der senatorischen Oberschicht hervor‑ gegangen, und wenn dies zutraf, habe es sich nicht um Totenkultstiftungen gehan‑ delt.86 Manche Althistoriker haben daraus abgeleitet, es sei irreführend, Stiftungen von ihrer Funktion der Erinnerungssiche‑ rung her zu definieren. Eigentliche Absicht der Stifter sei es hingegen gewesen, ma‑ terielle Gewinne zu erzielen und Besitz zu bewahren.87 Andere machten dagegen geltend, der sozioökonomische Ansatz verfehle die intendierte Wirkung der Stif‑ tung, die materielle Ressourcen auf Dau‑ er für bestimmte äußere Zwecke und die
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Memoria des Stifters sichern wolle.88 Die ans Grab gebundenen Totenkultstiftungen der augusteischen Zeit seien typisch für eine neue soziale Gruppe gewesen: ehema‑ lige Sklaven, die durch Freilassung zwar das römische Bürgerrecht erhalten hatten, denen aber die Übernahme von Ämtern und der Eintritt in den Militärdienst un‑ tersagt war. Während römische Vollbürger die Sicherung ihrer Erinnerung häufig in die Hand von Berufsvereinen legten, die vor der Statue der Verstorbenen auf der Grundlage von Stiftungserträgen jedes Jahr seinen Geburtstag feierten, war den liberti (‚Freigelassenen‘) dieser Weg versperrt. Als ehemalige Sklaven hatten sie juristisch keinen Vater und konnten keinen Geburts‑ tag feiern, sie trugen aber den Gentilna‑ men ihres Freilassers als Kennzeichen des neuen Bürgerrechts. Stiftungen, mit deren Ausführung sie eigene Freigelassenenge‑ meinschaften beauftragten, konnten den Mangel ihrer Herkunft eliminieren. Durch Inschriften und Totenkult bewahrten sie auf dieser Basis ihre eigene Memoria und perpetuierten zugleich den Namen ihres Patrons.89 Stiftungen für die Seele im Zoroastrismus und im Christentum Im lateinischen Christentum wurden die frommen Stiftungen pro remedio animae, zum Heil der Seele des Stifters oder an‑ derer von ihm benannter Personen moti‑ viert.90 ‚Stiftungen für die Seele‘ begegnen aber auch außerhalb des Christentums.91 Im Reich der persischen Sasaniden (224– 651 u. Z.), das mit Byzanz rivalisierte, gab die Religion des Zoroastrismus dafür die Grundlage ab. Stiftungen, die „der Seele angehören“ und für das „Seelenheil“ des Stifters und seiner Angehörigen errich‑ tet wurden, bezeugen hier das „Rechts‑ buch“ und Inschriften.92 Abgesehen von religiösen Ritualen, die dem Seelenheil
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zugutekommen sollten, konnten die Ver‑ walter und Nutznießer die Erträge der Stif‑ tungen auch für wohltätige Zwecke ver‑ wenden. Gemeint waren damit gemeinnüt‑ zige Einrichtungen, wie Brücken, Straßen und Bewässerungskanäle, ferner Almosen, Armenspeisungen und andere caritative Werke.93 In der Forschung hat man die Frage einer Ableitung der jüngeren musli‑ mischen von den sasanidischen Stiftungen, kaum aber schon das Verhältnis zwischen dem zoroastrischen und dem christlichen Stiftungswesen diskutiert.94 Obwohl es im Orient mindestens seit den Alten Ägyptern Wohltätigkeit gab95 und diese sich, wie der Befund bei den Sasaniden lehrt, auch mit dem Stiftungs‑ gedanken verbinden konnte, gilt die christliche Caritas zurecht als eine be‑ merkenswerte Weiterentwicklung der äl‑ teren Ansätze.96 Zum einen gründete sie in der Person des Religionsstifters selbst, der nicht bloß Liebe gelehrt und geboten, sondern selbst geübt hatte, zum zweiten bestand sie in der rückhaltlosen barm‑ herzigen Liebe zu den Bedürftigen ohne Ansehen der Person, zum dritten bot die neuartige Organisationsform der christ‑ lichen Kirche einen besonders effektiven und allgemeinen Rahmen: Die christli‑ che Gemeinde selbst, aber auch alle ihre Glieder im Einzelnen, waren zur Caritas verpflichtet. Weder die Griechen noch die Römer hatten eine derart planmäßige und außerplanmäßige, öffentliche und priva‑ te Sorge für notleidende und bedürftige Mitmenschen gekannt. Einen Anreiz bot der in den Evangelien mehrfach wieder‑ kehrende Gedanke der sündentilgenden Kraft des Almosens und die Lehre Jesu (Mt 19.21), dass die Gabe an die Armen einen Schatz im Himmel bedeute. Da umgekehrt ungeschmälerter Reichtum die Aussicht auf die Seligkeit gefährdete, entwickel‑ ten schon die Kirchenväter verschiedene
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Lehren, welchen Anteil Wohlhabende tes‑ tamentarisch der Kirche beziehungsweise den Armen hinterlassen sollten.97 Hier lag zweifellos ein entscheidender religiöser Antrieb für die frommen Stiftungen im Christentum, gerade auch in deren Verbin‑ dung mit der Planung für das Lebensende und darüber hinaus. Der Übergang vom antik‑heidnischen zum christlichen Stiftungswesen lässt sich besonders gut an den Freigelassenen be‑ obachten.98 Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert war noch deutlich gewesen, dass römische Testatoren ihre Sklaven in die Freiheit entließen und dafür die dau‑ ernde, auch von deren Nachkommen zu erbringende Versorgung des Stiftergrabes verlangten.99 Die liberti und libertae soll‑ ten also die Grabanlage ständig in Gang halten und mindestens an den jährlichen Gedenktagen durch Totenmähler die Erin‑ nerung an den Testator wachrufen. Unter Christen galt die Freilassung als frommes Werk, das dem Seelenheil des Gebers zu‑ gutekommen würde; schon im Jahr 321 hatte Konstantin der Große die manumissio religiosa mente (‚Freilassung aus religiö‑ sem Antrieb‘) durch ein Gesetz gefördert. Die alten Freigelassenengemeinschaften bestanden, wie die Synodalakten und Ur‑ kunden der spätantik‑frühmittelalterlichen Kirche belegen, an den Gräbern christli‑ cher Grundherren und Bischöfe zunächst weiter; periodische Gaben christlicher Freigelassener dienten der Memoria im Sinne der Gebetssorge für den Verstorbe‑ nen. Gleichzeitig wurden die Gräber zur Stätte der Caritas. Von jeher waren die Bestattungsplätze Orte der Freigebigkeit gewesen, da Arme hier bereits von den heidnischen Totenmählern zu profitieren pflegten; jetzt aber wurden diese selbst, ebenso wie die Freigelassenen, als Remu‑ neration für die Stiftergabe zum Gebets‑ gedenken am Grabe verpflichtet.100
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Europäische Seelenheilstiftungen seit der Merowingerzeit Im Frankenreich der Merowinger wirkten die Bischöfe um 561/567 durch Beschluss ei‑ ner Kirchenversammlung auf die Erhaltung der Kultgenossenschaft von Freigelassenen hin.101 Einen Beleg für deren tatsächliche Existenz und zugleich für den Wandel zu mittelalterlichen Memorialgemeinschaf‑ ten bietet das ausführliche Testament des Bischofs Bertram von Le Mans vom Jahr 616.102 Nach dem Willen des Stifters sollten aus seinen Freigelassenen einige Personen ausgewählt werden, die – aller sonstigen Dienstpflichten ledig – die letzte Ruhestätte des Bischofs und den dort eingerichteten Lichterdienst an einer eigens gegründeten Grabkirche versorgen sollten. Diese Aufga‑ be war von ihnen bis zu ihrem Lebensende zu erfüllen, danach sollten ihre Nachkom‑ men den Dienst „auf ewig mit allem Fleiß“ übernehmen.103 Seine Grablege hatte Bert‑ ram außerdem mit „Kanonikern“ besetzt; diese Kleriker hatten im Wesentlichen die gleichen Funktionen wie die Freigelassenen: Sie sollten das Grab des Bischofs und die „Lichter“ versorgen und durch Gebetsfürsor‑ ge zugunsten des Seelenheils die Memoria Bertrams halten. Neben die aus der Antike stammende Kultgenossenschaft der Frei‑ gelassenen trat also im Testament von 616 eine geistliche Memorialgemeinschaft – ein Typ, dem in der Kirche des Mittelalters die Zukunft gehören sollte. Besondere Erträge der Stiftung sollten den Armen zufallen. Bertram hatte dafür ein eigenes Xenodo‑ chium errichtet, das unter Leitung seiner Grabkirche stehen sollte und 16 feste Plätze für Arme, Blinde und Gebrechliche sowie Gasträume für „Freunde“ Bertrams sowie für „Fremde“ enthielt. Was die Kathedrale von Le Mans betrifft, so mussten die künf‑ tigen Bischöfe ein Zehntel ihrer Einkünfte aus dem zugefallenen Erbe Bertrams für den Unterhalt von Armen und Fremden bei
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einem weiteren Oratorium verwenden. Wie von den Freigelassenen und den Klerikern erwartete der Erblasser und Stifter auch von den Armen als Gegenleistung für sei‑ ne Wohltaten das Gebet „zur Auslöschung meiner Sünden.“ Im Unterschied zu seinen Anfängen wird die weitere Geschichte des christlichen Stif‑ tungswesens im europäischen Westen un‑ ter dem Aspekt des Kults in neuen Studien kaum einmal periodisiert. Die französi‑ schen Mediävisten Jacques Chiffoleau und Jean‑Claude Schmitt wollten allerdings im späten Mittelalter einen Niedergang der Seelenheilstiftung erkennen.104 Chiffoleau untersuchte fast 10 000 Testamente aus Avignon aus der Zeit von 1320 und 1480, und zwar besonders im Hinblick auf Mess‑ stiftungen.105 Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass ‚ewige Messen‘, insbesondere in Gestalt iterativer Jahrtagsmessen, zwar über den ganzen Zeitraum hinweg gestiftet worden seien, aber auch einen Bedeutungsrück‑ gang erlitten hätten. Etwa seit Mitte des 14. Jahrhunderts habe hingegen der Anteil jener Messen erheblich zugenommen, die in jeweils großer Anzahl in einer kurzen Frist nach dem Tod des Testators zu feiern waren. Der eine Typ der Terminierung von Messen deute mit seiner Logik der dauer‑ haften und ‚ewigen‘ Wiederholung auf die Idee des Jüngsten Gerichts am Ende aller Zeiten hin, der andere lasse mit seiner Logik der Akkumulation auf die Vorstellung eines Partikulargerichts über die Verstorbenen schließen, das durch eine dichte Folge von Messen in knapper Frist positiv zu beein‑ flussen gewesen sei. In diesem Fall sei die um 1300 aufkommende (oder doch stark entfaltete) Idee des Fegefeuers wirksam ge‑ worden, das zur Entlastung der leidenden Seele durch Gebete und Messen abgekürzt werden könnte. J.‑C. Schmitt hat aus dieser Deutung eines zwar umfangreichen, aber regional begrenzten Quellenbestandes die
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generelle Folgerung gezogen, mit der Ver‑ breitung der Fegefeuerlehre sei die dauer‑ hafte liturgische Memoria und mit ihr die Stiftung für das Seelenheil ihrer transzen‑ dentalen Logik beraubt und ihrem baldigen Niedergang geweiht worden.106 Dieser Thesenbildung ist indessen der deutsche Mediävist Ralf Lusiardi auf der Basis einer anderen Spezialstudie entge‑ gen getreten, die er an den Testamenten der norddeutschen Hansestadt Stralsund durchführte. Lusiardi ermittelte, dass nach diesem Quellencorpus die Fegefeuerlehre zwar auch die Memorialpraxis veränderte, dass die auf unbemessene Dauer konzi‑ pierten Stiftungen aber bis zum Ausgang des Mittelalters einen stabilen Platz in der Jenseitsvorsorge behaupteten.107 Trotz star‑ ker Bemühungen der Amtskirche um neue Formen der laikalen Seelenheilvorsorge sei bei den Gläubigen, wie Lusiardi vorsichtig verallgemeinert, offenbar kein stringentes neues Jenseitsbild entstanden. Die These von einem generellen Niedergang der See‑ lenheilstiftungen lässt sich deshalb nicht halten. Eher kann man davon sprechen, dass die Gläubigen vielfach ihre Seelenheil‑ maßnahmen ergänzten und kombinierten und dass das Handlungsmuster einer ewi‑ gen Stiftung auch im Spätmittelalter von großer Bedeutung blieb. In der Reformation wurde der Gedan‑ ke verworfen, durch fromme Stiftungen Werke zu schaffen, die dem Wohltäter zum ewigen Leben verhelfen könnten; der Ver‑ dienstlichkeit der guten Werke wurde die Rechtfertigung allein aus dem Glauben ent‑ gegengesetzt und das Gemeinwohl als Motiv caritativen Wirkens in den Vordergrund geschoben. Während manche Neuhisto‑ riker deshalb eine „Krise des Stiftens“108 konstatieren, überwiegt doch das Urteil einer stark ausgeprägten Beharrungskraft des alten Stiftungswesens. Die Existenz der Stiftungen ist nach Liermann grundsätzlich
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respektiert worden.109 Nur die Seelgerätstif‑ tungen, also die Stiftungen für das Seelen‑ heil, seien mit den reformatorischen Lehre in „wesensmäßigen Widerspruch“ geraten: „Aber die meisten aus dem Mittelalter stam‑ menden kirchlichen Stiftungen ließen sich ohne weiteres in die neue kirchliche Ord‑ nung übernehmen. Dazu gehörten die Kir‑ chenfabrik, die Pfründe und die zahlreichen Wohltätigkeitsstiftungen, vor allem die Spi‑ täler.“ Rezente Studien haben zwar die Zä‑ sur der Reformation für das auf Stiftungen gegründete Totengedenken nicht widerlegt, aber doch auch gezeigt, wie sich die nach‑ lebenden Verwalter und Begünstigten die ursprüngliche Zwecksetzung der Stiftung anverwandelten und das Stiftergedenken modifiziert weiterführten.110 4.2.4 Der mentalitätsgeschichtliche Ansatz Der dritte Ansatz zur Periodisierung des lateinchristlichen Stiftungswesens lässt sich als Variante oder als Weiterentwicklung des zweiten verstehen. Man kann ihn als mentalitätsgeschichtlich bezeichnen, weil hier überwiegend un‑ oder vorbewusste Geisteshaltungen eine bestimmte Disposi‑ tion zu einem Handeln hervorbrachten, das routinemäßig praktiziert wurde.111 Wäh‑ rend der „religions‑ und sozialhistorische Ansatz“ (→ 4.2.3) das mittelalterliche Stif‑ tungswesen deutlich zur vorchristlichen Antike absetzte, relativierte der mentali‑ tätsgeschichtliche diese Zäsur, um stattdes‑ sen die Grenze zwischen Vormoderne und Moderne um 1800 zu betonen. Grundlegend wurde eine Abhandlung des Mittelalterhis‑ torikers Otto Gerhard Oexle über die von ihm so genannte „Gegenwart der Toten“112. Oexle bezog sich dabei sowohl auf ältere religionsgeschichtliche Studien, wie dieje‑ nigen von E. F. Bruck, als auch auf Arbeiten
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der germanistischen Rechtsgeschichte.113 Schon 1915/1916 hatte der Rechtshistoriker Hans Schreuer ‚Das Recht der Toten‘ un‑ tersucht und dabei gezeigt, dass in der vor‑ modernen Zeit die Rechtspersönlichkeit den Tod überdauerte.114 Der Tote konnte nach dem Recht der Germanen, aber auch der nicht‑germanischen Völker, als Kläger auftreten und selbst beklagt werden; er war deliktfähig, konnte also Strafen erleiden, aber auch Güter erwerben. Exemplarisch be‑ handelte in diesem Sinne Heinrich Brunner ‚Die Klage mit dem toten Mann und die Kla‑ ge mit der toten Hand‘.115 Demnach musste die Klage um handhaften Totschlag vor Ge‑ richt in Gegenwart des Toten als sogenannte Klage mit dem Toten angebracht werden. Später habe sich daraus die Klage mit der toten Hand entwickelt. „Da es zu lästig war, daß der Erschlagene nicht beerdigt werden konnte, ehe die Klage erhoben und erledigt war, gestatteten die Gerichte, dem Todten die rechte Hand abzuhauen und mit der gelösten Hand ebenso wirksam zu klagen, als wenn der ganze Leichnam gegenwärtig wäre.“116 Wo der Tote mit seinem Körper nicht anwesend war, konnte gleichwohl in seinem Namen Recht gefordert und gewährt werden. Die Gegenwart des Verstorbenen, etwa die eines Herrschers oder eines Paps‑ tes, wurde durch die Nennung seines Na‑ mens evoziert: „Die Nennung des Namens wird der körperlichen Anwesenheit gleich geachtet“, formulierte ein anderer deutschen Rechtsgelehrter, Heinrich Mitteis.117 Eben‑ so wie im Rechtsleben war es, wie Oexle weiter zeigte, in der Liturgie der Kirche. Wenn etwa bei der Eucharistiefeier der Mes‑ se der Name eines Verstorbenen genannt wurde, gewann dieser Teilhabe am Opfer. Ein Liturgiewissenschaftler beschrieb den Vorgang so: „Der Name zwingt den Genann‑ ten herbei, das Aussprechen des Namens schafft Gegenwart des Genannten.“118 Äl‑ ter noch als die Teilhabe des Toten an der
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Eucharistie war diejenige am Totenmahl, einer heidnisch‑jüdischen Einrichtung aus der Antike, die noch im Mittelalter Bestand hatte und sich nach wie vor mit einer Ar‑ menspeisung verband.119 Oexle setzte die vormoderne Auffassung der ‚Gegenwart der Toten‘ mit ihren prak‑ tischen Vollzügen der Vergegenwärtigung scharf von der Moderne ab: „Nach Auffas‑ sung des modernen Rechts endet die Person mit dem Tode; es endet die Rechtsfähig‑ keit des Menschen, durch die er Subjekt von Rechtsverhältnissen, also Inhaber von Rechten und Adressat von Pflichten war, es enden seine Handlungsfähigkeit, seine Ver‑ mögensfähigkeit, seine personenrechtlichen Verhältnisse. Die Rechtspersönlichkeit ‚er‑ lischt‘. Was von der Person bleibt, so meinte ein Soziologe, ‚ist ein Ding, die Leiche‘.120 Außer ihr ‚bleibt‘ nur das Andenken bei den Nachlebenden. Deshalb sind nur die Leiche und das Andenken des Toten noch Gegenstand rechtlicher Normen: die Lei‑ che ist es im öffentlichen Recht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Leben‑ den vor gesundheitlichen Gefahren und strafrechtlich im Sinn eines Schutzes ge‑ gen pietätloses Verhalten. Auch das Anden‑ ken wird vor Verunglimpfungen geschützt. Ansonsten aber gilt: ‚das Rechtssubjekt ist gewesen‘, ‚der Tote ist aus unserem Kreise ausgeschieden. Er ist nicht mehr Subjekt von Beziehungen der menschlichen Gesell‑ schaft‘121, auch wenn die zu Lebzeiten ge‑ tätigten Rechtshandlungen fortwirken.“122 In diesem Punkt, so Otto Gerhard Oexle, unterschieden sich moderne Auffassungen über den Status der Toten grundsätzlich von älteren Auffassungen, die in der euro‑ päischen Geschichte begegnen: „Dort ist der Status der Toten nicht bestimmt vom subjektiven ‚Andenken‘, das im Belieben der Lebenden steht, sondern er ist gewis‑ sermaßen eine objektive Gegebenheit: die Toten sind Personen im rechtlichen Sinn,
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sie sind Rechtssubjekte und also auch Sub‑ jekte von Beziehungen der menschlichen Gesellschaft. Mit anderen Worten: sie sind unter den Lebenden gegenwärtig.“123 Die‑ se Denkform reichte über das Mittelalter weit ins Altertum zurück, die Differenz von Totenkult und Seelenheilssicherung wird unter diesem Gesichtspunkt aufge‑ hoben. Demgegenüber brach die Moderne mit der ‚Gegenwart der Toten‘. Oexle hat dies eindrucksvoll mit einer Erzählung aus Goethes ‚Wahlverwandtschaften‘ von 1808/1809 demonstriert.124 Die Herrin eines Dorfes lässt darin die Gräber einebnen, so dass der Ort der Bestattung unkenntlich und die Vergemeinschaftung der Lebenden mit den Verstorbenen im Kult unmöglich gemacht wurden. Im Tod endete für sie die Persönlichkeit; die ‚Anhänglichkeiten‘, also die sozialen Bindungen, werden durch den Tod zerschnitten. An die Stelle der Gegen‑ wart der Toten unter den Lebenden tritt die strenge Scheidung der Sphären von Le‑ benden und Verstorbenen. Memoria, die im vormodernen Sinne auch Formen sozialen und rechtlichen Handelns einschloss, durch welche die Gegenwart der erinnerten Toten konstituiert wurde, reduzierte sich fortan auf Erinnerung und Andenken im bloß ko‑ gnitiven oder emotionellen Sinne. Dies hat Konsequenzen für die Unter‑ scheidung von vormodernen und moder‑ nen Stiftungen.125 In der Vormoderne waren Stiftungen eines der Mittel und eine der Rechtsformen, durch die die Gegenwart der Toten unter den Lebenden gesichert und aktualisiert werden konnten. Da der Verstorbene als rechtsfähig galt, handelte er als Person durch die Stiftungsorgane. Nach der Vorstellung der Zeit ist er es selbst, der den Stiftungsberechtigten jeweils neu die von ihm geschaffene Anstalt zur Verfügung stellt oder die Erträge seines Vermögens widmet. Zwischen ihm selbst, den ‚Organen‘ und den ‚Destinatären‘ konnte es auch eine
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echte Wechselbeziehung geben. Die Gabe, die die Stiftung darstellte, begründete den Anspruch des Stifters auf Gegengabe. Die‑ se bestand darin, dass die Lebenden das Gedenken an den Toten erneuerten. Aber auch dort, wo gar nicht explizit Totenkult oder Totenmemoria gefordert oder prakti‑ ziert wurden, war alles Handeln nach der Auflage des Stifters memoriales Handeln. Indem die Stiftungsorgane ausführten, wo‑ für der Stifter die Erträge seines Vermögens bestimmt hatte, etwa durch Armenfürsorge, handelten sie an seiner Stelle und vergegen‑ wärtigten sie seine Person. Auch in der Moderne benennen vie‑ le Stifter und Stifterinnen ihr Werk nach ihrem Namen. Aber der Wille, auf diese Weise ihr Andenken zu sichern, ist diskre‑ ditiert, seitdem Denker der Aufklärung die frommen Stiftungen aus moralischen, kirchenkritischen und staatsphilosophi‑ schen Gründen angegriffen haben.126 1757 wandte sich etwa der französische Physio‑ krat Turgot entschieden gegen die Stifter in ihrer Eitelkeit; es sei nicht tolerabel, dass diese Menschen von begrenzter Einsicht ihr Vermögen für die Ewigkeit festzulegen suchten und damit dem gesellschaftlichen Wandel im Wege stünden. Vierzig Jahre da‑ rauf hat Immanuel Kant gegen das Bündnis der Stifter mit der Kirche im Namen der Mobilität Einspruch eingelegt. Stiftungen auf ewige Zeiten würden errichtet durch „gewisse andächtige und gläubige Seelen, um der Gnade teilhaftig zu werden, welche die Kirche den Gläubigen auch nach (…) ihrem Tode zu erzeigen verspricht“127. Mit seiner Wirkabsicht zugunsten der Armen oder der Schüler handle der Stifter zwar gutmütig, doch sei er auch ehrbegierig, er wolle, dass seine Stiftung „nicht ein anderer nach seinen Begriffen umändere, sondern Er darin unsterblich sei.“ Der Staat aber habe das Recht, ja die Pflicht „zum Umändern einer jeden Stiftung, wenn sie
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der Erhaltung und dem Fortschreiten“ sei‑ ner selbst „zum Besseren entgegen“ sei; die Stiftung könne also „niemals als auf ewig begründet betrachtet werden.“ Aufklärung und Revolution haben in Frankreich und Deutschland zur Nationali‑ sierung beziehungsweise Säkularisation des Kirchenvermögens geführt und ein vorher in seinem Ausmaß unbekanntes ‚Stiftungs‑ sterben‘ ausgelöst. Schon deshalb kommt dieser Zeit, und nicht der Epoche der Refor‑ mation, die Qualität eines Traditionsbruchs
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im Stiftungswesen zu.128 Wenn fortan und bis zur Gegenwart Stiftungen errichtet werden, liegt die Aufmerksamkeit einsei‑ tig auf den Zwecken, oft auf der Förderung des Gemeinwohls. Ein soziales System mit dem toten, aber handlungsfähigen Stifter, den mit der Ausführung seines Willens beauftragten ‚Organen‘ oder Verwaltern und den ‚Destinatären‘ oder Begünstigten seiner Wohltaten existiert nicht mehr. MB
Anmerkungen 1 Vgl. Oexle, Gegenwart des Mittelalters (2013), 6 f. 14 Vgl. Stutz, Eigenkirche (1895, ND 1955); Ders., 2 Vgl. Pitz, Mittelalter (1993), 684 f. Geschichte des kirchlichen Benefizialwesens (1895, 3 Koselleck, Moderne Sozialgeschichte (1987, ND ND 1972). Zum gegenwärtigen Forschungsstand 2003), 322; vgl. Oexle, Gegenwart des Mittelalters (2013), 15 f. 4 Vgl. Helle, Introduction (2003), 4–6. 5 Vgl. Gerhard, Old Europe (1981). 6 Le Goff, Long Moyen Âge (2004); vgl. Oexle, Gegenwart des Mittelalters (2013), 8. 7 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 19, mit Bezug auf Heise, Grundriss eines Systems (1816), 21/23. 8 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 13 f. 9 Meurer, Begriff und Eigenthümer (1885), 75; 77; 82. 10 Gierke, Deutsches Privatrecht (1895), 647. 11 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossen‑ schaft (1994, ND 2012), 27. 12 Vgl. Gierke, Deutsches Genossenschaftsrecht (1868, ND 1954), 8 f.; dort auch die folgenden Zitate. Vgl. auch Dilcher, Genossenschaftstheorie und Sozialrecht (1974/1975), bes. 327; Oexle, Otto von Gierkes Rechtsgeschichte (1988). 13 Das Folgende z. T. wörtlich nach Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossenschaft (1994, ND 2012), 27–29.
vgl. Borgolte, Mittelalterliche Kirche (2004), bes. 98–100; Landau, Eigenkirchenwesen (1982); Moddelmog, Stiftung oder Eigenkirche (2008), mit wei‑ teren Literaturnachweisen. 15 Vgl. Hartmann, Rechtlicher Zustand (1982). 16 Stutz, Eigenkirche, Eigenkloster (1913), 375 f., nach Decretum Gratiani, cap. 16, q. 7 pr, sowie Dict. post, cap. 16 q. 7, cap. 30. 17 Vgl. Stutz, Eigenkirchenvermögen (1911); Ders., Erinnerung an Otto von Gierke (1922). 18 Reicke, Stiftungsbegriff und Stiftungsrecht (1933), 256; die folgenden Zitate ebd., 256–258; 260; 263–265. Vgl. Schönfeld, Xenodochien in Italien und Frank‑ reich (1922); Reicke, Deutsches Spital (1932, ND 1970). 19 Zu Feines Beiträgen zur Theoriebildung vgl. im Übrigen: Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche (1985, ND 2012), 155 f. Das Folgende nach Dems., Churrätischer Bischofsstaat (1986), 97–101. 20 Feine, Langobardisch‑italisches Eigenkir‑ chenrecht (1941), 14. 21 Zit. nach: Walfreds „cartula dotis“ aus dem Jahre 754. Ed. Stephan Molitor, in: Vita Walfredi und Kloster Monteverdi. Toskanisches Mönch‑ tum zwischen langobardischer und fränkischer Herrschaft. Hrsg. v. Karl Schmid. (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Bd. 73.) Tübingen 1991, 146–173, hier 152 (Überlieferung B; vgl. ebd., 153 für Überlieferung C).
272 22 Walfreds „cartula dotis“. Ed. Molitor (wie Anm. 21), 154/156 (Überlieferung B; vgl. ebd., 155/157 für Überlieferung C). 23 Neuausgabe: Vita Walfredi. Ed. Heike Mierau, in: Vita Walfredi und Kloster Monteverdi (wie Anm. 21), 37–63. Dazu mehrere Studien in demsel‑ ben Band. Hervorgehoben wird durch die Autoren besonders, dass die Vita neben Walfred und vier Söhnen noch Walfreds Erstgeborenen namens Rat‑ causus nennt sowie neben Walfred als Gründer einen seiner Verwandten namens Gunduald aus Lucca und einen Bischof Fortis (ohne Diözese). Der Überlieferung dieser ‚Gründergruppe‘ kann man aber keinen höheren Wert als derjenigen der Urkunde zuweisen; es handelt sich vielleicht gar nicht um eine konkurrierende, sondern ergän‑ zende Version des Vorgangs aus der Perspektive des dritten Abtes Andreas, des Sohnes Gundualds, wenn nicht um eine verzerrte Erinnerung Jahr‑ zehnte später. Wertvoll ist der Hinweis der Vita (Ed. Mierau [wie Anm. 23], 46 f.), dass die Gründer ihre Gattinnen „zusammen mit anderen angesehe‑ nen Frauen“ bei ihrer conversio in einem eigenen, weit entfernten Kloster einschlossen und so ihre radikale Abkehr von der ‚Welt‘ und weltlicher Herrschaft zum Ausdruck brachten. 24 Vita Walfredi. Ed. Mierau (wie Anm. 23), 46 f., cap. 5; 54 f., cap. 12; 42 f., cap. 2. Zur ‚Grün‑ dergruppe‘ siehe Gerchow, Gründergruppe und Klosterverfassung (1991), hier bes. 195–201; 205. 25 Vgl. Gerchow, Gründergruppe und Kloster‑ verfassung (1991), 208. 26 Zettler, Grab (1991), 98. 27 Auch das Gründergrab Walfreds im Kloster lässt sich nicht als Argument für ein Eigenkloster verwenden, vgl. ebd., mit Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche (1985, ND 2012). 28 Siehe bes. P. Thomas, Droit de propriété (1906); Imbart de la Tour, Paroisses rurales (1900, ND 1979). 29 Vgl. Dopsch, Wirtschaftliche und soziale Grundlagen, Bd. 2 (1924), 232; danach u. a. Schäferdiek, Heiliges in Laienhand (1982), 122–140. 30 Vgl. Dopsch, Wirtschaftliche und soziale Grundlagen, Bd. 2 (1924), 245; vgl. auch Plöchl, Eigenkirche (1971); Ders., Geschichte des Kirchen‑ rechts (1960), 260–262. 31 Vgl. H. Schmid, Rechtliche Grundlagen der Pfarrorganisation (1938), bes. 55–67; Schieffer, Ei‑ genkirche (1986), 1705.
Periodisierungen
32 Bader, Ulrich Stutz (1969), 26 f. 33 Dem vorgeschlagenen Zeitschema folgten
noch Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002), 64; 77; 78; 120–122, und unlängst Steiner, Klöster und ihr Wirken (2009). Es liegt auch dem Buch von Theisen, Mittelalterliches Stif‑ tungsrecht (2002), zugrunde, das freilich völlig misslungen ist und dem „jegliche Seriosität ab‑ zusprechen“ sei, so Freund, Rez. Frank Theisen (2002); gleicher Tenor: Drossbach, Rez. Frank Thei‑ sen (2003), und Borgolte, Rez. Frank Theisen (2003); günstiger urteilt Eberl, Rez. Frank Theisen (2003). 34 Schieffer, Entstehung von Domkapiteln (1976), 104, Anm. 30, mit Bezug auf Pöschl, Bischofsgut und Mensa Episcopalis (1908), 10. 35 Vgl. Landau, Jus Patronatus (1975). 36 Sieglerschmidt, Territorialstaat und Kirchen‑ regiment (1987), 23 mit Anm. 38. 37 Vgl. Hartmann, Eigenkirche (2003), 6; zum Folgenden ebd., 11, und passim. 38 Vgl. Borgolte, Churrätischer Bischofsstaat (1986), in Auseinandersetzung mit Schneider-Schnekenburger, Churrätien im Frühmittelalter (1980), bes. 111. 39 Vgl. Magnou-Nortier, Société laïque (1974); Zitat von Schröder, Rez. Elisabeth Magnou‑Nortier (1978), 672. 40 Vgl. Hedwig, Eigenkirche (1992), bes. 63 f. 41 Vgl. Moddelmog, Stiftung oder Eigenkirche (2008), in Auseinandersetzung vor allem mit Vogtherr, Reichsabteien der Benediktiner (2000). Vgl. auch Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012), hier bes. zu Quedlinburg und Speyer. 42 Vgl. Reynolds, Fiefs and Vassals (1994), 418 f. 43 S. Wood, Proprietary Church (2006), 1. 44 Ebd., 14, Anm. 19; 50, Anm. 16; kritisch dazu Moddelmog, Stiftung oder Eigenkirche (2008), 218 f. 45 Vgl. Borgolte, Geschichte des Stiftungsrechts (2002, ND 2012), 343; Rexroth, Stiftungen (2000), 122. Zuletzt bes. die Monographien von Lohse, Dauer (2011), und Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012). 46 Undifferenziert spricht im Hinblick auf Prüm so‑ wohl von einer „Kirchenstiftung“ als auch von einer „Eigenkirche“ Zielinski, Kloster‑ und Kirchengründun‑ gen (1989), 103 f.; einen nicht geklärten Stiftungsbegriff verwendet auch Heidrich, Kirchliche Stiftungen der frühen Karolinger (1990), zu Prüm: 139–141. 47 Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen. Ed. Engelbert Mühlbacher. (MGH DD Kar. 1.) Berlin 21956, 5 f., Nr. 3 vom 752 V 27.
Lateinische Christen
273
48 Urkunden Pippins. Ed. Mühlbacher (wie Bulst / Spieß, Sozialgeschichte mittelalterlicher Anm. 47), 21–25, Nr. 16 vom 762 VIII 13. Hospitäler (2007); Themenschwerpunkt Europäi‑ sche Spitäler (2007); Matheus, Spätmittelalterliche 49 Dazu unten → 4.2.3. 50 Zu Karl dem Kahlen (gest. 877): Ewig, Sti‑ Hospitäler (2005); Drossbach, Christliche caritas pulation de la prière (1982); Ders., Gebetsdienst als Rechtsinstitut (2005); Hatje, Gott zu Ehren der Kirchen (1982); Wagner, Walahfrid Strabo (2002); Słoń, Spitäler Breslaus (2001). (2008); vgl. Ders., Liturgische Gegenwart (2010). 56 Am engagiertesten noch Pauly, Hospitäler – Zu Karl III. (gest. 888): Butz, Fundatio, Memoria, zwischen Maas und Rhein (2007), bes. 401–404. Caritas (2010). – Zu Konrad I. (gest. 918): Lohse, 57 Vgl. Liermann, Geschichte des Stiftungs‑ Konrad I. (2006). – Zu den Ottonen (bis 1024): Alt- rechts (1963, ND 2002), 78, u. ö. Auf das von ihm hoff, Adels‑ und Königsfamilien (1984); Wagner, erwähnte dritte Phänomen der ‚Kirchenfabrik‘ Gebetsgedenken (1994); Moddelmog, Stiftung oder gehe ich hier nicht ein. Eigenkirche (2008); Borgolte, Stiftungsurkunden 58 Vgl. Landau, Beneficum (1980); May, Präbende Heinrichs II. (1993, ND 2012). – Zu den Saliern (bis (1999); Borgolte, Mittelalterliche Kirche (2004), passim. 1125): K. Schmid, Sorge der Salier (1984); Ders., Sali‑ 59 Vgl. Schieffer, Entstehung von Domkapiteln sche Gedenkstiftungen (1984); Ehlers, Metropolis (1976), bes. 261–287; Borgolte, Typologie und Chro‑ Germaniae (1996); Lohse, Goslarer Pfalzstift (2004); nologie (1991, ND 2012). Ders., Dauer (2011). – Zum Staufer Friedrich I. (gest. 60 Die ältere Forschung zusammenfassend: Borgol1190): Borgolte, König als Stifter (2000, ND 2012). te, Mittelalterliche Kirche (2004), 108–113, mit Verweis – Ferner vgl.: Ders., Typologie und Chronologie insbesondere auf Moraw, Hessische Stiftskirchen (1991, ND 2012); Moddelmog, Königliche Stiftungen (1977); Dens., Typologie, Chronologie und Geogra‑ (2012); zu merowingerzeitlichen Zeugnissen vgl. phie (1980, ND 1995); Fouquet, Speyerer Domkapitel Ewig, Gebetsklausel für König und Reich (1982); (1987). Kritische Einwände bei Borgolte, Stiftungen des Ders., Prière pour le roi (1979); Borgolte, Felix est Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und homo ille (1982); zu den Arbeiten von Heidrich Genossenschaft (1994, ND 2012), 30 f. – Vorbildlich und Zielinski über karolingische Kirchen‑ und jetzt die Abhandlung von Lohse, Dauer (2011). Klostergründungen siehe oben, Anm. 46; zu König 61 Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts Friedrich dem Schönen (gest. 1330): Proetel, Großes (1963, ND 2002), 124. Werk (2000); zu Kaiser Ludwig dem Bayern (gest. 62 Vgl. Campenhausen, Geschichte des Stif‑ 1347) vgl. Menzel, Memoria (2001). – Undifferenziert tungswesens (1998, ND 1999), 31–34. von „Stiftungen“ und „Kirchengründungen“ spricht 63 Bruck, Totenteil und Seelgerät (1926). Ehlers, Gründungen geistlicher Institutionen (2005). 64 Bruck, Stiftungen für die Toten (1954). Der Text 51 Moddelmog, Stiftung oder Eigenkirche (2008), wurde zuerst auf Englisch veröffentlicht: Ders., Foundations for the Deceased (1949). – Das Folgende 220–222. 52 Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts nach Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 8–10. (1963, ND 2002), 78. 53 Vgl. Reicke, Deutsches Spital (1932, ND 1970); 65 Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 53. Hier Ders., Stiftungsbegriff und Stiftungsrecht (1933). auch das folgende Zitat. 54 Vgl. Borgolte, Sozialgeschichte des Mittelalters 66 Ebd., 49 f.; 57–59; 96 f. (1996), 357–372; Ders., Mittelalterliche Kirche (2004), 67 Vgl. ebd., 70–76. 120 f. u. ö.; Oexle, Armut, Armutsbegriff und Armen‑ 68 Ebd., 75. fürsorge (1986); Ders., Armut und Armenfürsorge 69 Vgl. ebd., 79. (1981, ND 2011). Neuerdings: Laqua, Bruderschaften 70 Oexle, Gegenwart der Toten (1983, ND 2011), 127. und Hospitäler (2011); Pauly, Hospitäler zwischen 71 Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung Maas und Rhein (2007); Drossbach, Hospitäler im (1976, ND 2011); Angenendt, Theologie und Litur‑ gie (1984); Oexle, Mahl und Spende (1984); Hänggi, Mittelalter (2012), jeweils mit weiterer Literatur. 55 Abgesehen von der in vorangegangenen Gedächtnis in der Liturgie (1985). Anm. zitierten Literatur vgl.: Scheutz / Sommer- 72 K. Schmid, Stiftungen für das Seelenheil lechner / Weigl, Europäisches Spitalwesen (2008); (1985), 67.
274 73 Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts
(1963, ND 2002), 24; vgl. hierzu Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 11 f.; Ders., Geschichte des Stiftungsrechts (2002, ND 2012), 343 f. 74 Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002), 13. 75 Vgl. Hagemann, Stellung der Piae Causae (1953); dagegen für venerabiles domus jetzt Alexander, Anstalten und Stiftungen (2003), 16–45. 76 Vgl. Hagemann, Stellung der Piae Causae (1953), 26; 29; vgl. Gregorii Papae Registrum Epis tolarum. Ed. Ludo Moritz Hartmann, Teil 2. (MGH Epp. 2.) Berlin 1899, 167 f., lib. IX, Nr. 170. 77 Vgl. Fitzenreiter, Statuenstiftung und religi‑ öses Stiftungswesen (2007). 78 Ebd., 242. 79 Ebd., 243. 80 Ebd., 254 f. 81 Von den Driesch, Geschichte der Wohltätig‑ keit (1959), 17; vgl. Brunner-Traut, Wohltätigkeit und Armenfürsorge (1990); Borgolte, Geschichte des Stiftungsrechts (2002, ND 2012), 344–346. 82 Assmann, Stein und Zeit (1991), 159. 83 Zur griechischen Philanthropie vgl. Constantelos, Byzantine Philanthropy (1991), 3–11; Bremner, Giving, Charity and Philanthropy (1994), 3–10. Zur (aristokratischen) römischen liberalitas: Thraede, Soziales Verhalten (1990); Wesch-Klein, Liberalitas in rem publicam (1990); ferner Hands, Charities and Social Aid (1968). Siehe ferner folgende An‑ merkungen. 84 Reden, Glanz der Stadt (2012), 22. 85 Ebd., 23. 86 Vgl. Andreau, Fondations privées et rapports sociaux (1977); Pickert, Römische Stiftungen (2005), 30. Vgl. auch Wesch-Klein, Rechtliche Aspekte privater Stiftungen (1989). 87 Vgl. Andreau, Fondations privées et rapports sociaux (1977), 157–161. 88 Vgl. Pickert, Römische Stiftungen (2005), 31. 89 Ebd., 33–39. 90 Die Formel wird allerdings auch zur Begrün‑ dung von Schenkungen verwendet, vgl. Borgolte, Gedenkstiftungen in St. Galler Urkunden (1984, ND 2012); Ders., Stiftungsurkunden Heinrichs II. (1993, ND 2012). 91 Zum Folgenden bereits Borgolte, Planen für die Ewigkeit (2012), 43.
Periodisierungen
92 Macuch, Sasanidische fromme Stiftung (2009),
26.
93 Vgl. Macuch, Sasanidische Stiftung für die Seele (1994), bes. 168.
94 Vgl. die in den vorangegangenen Anmerkun‑ gen zitierten Studien von M. Macuch.
95 Vgl. noch Bolkestein, Wohltätigkeit und Ar‑ menpflege (1939, ND 1967).
96 Standardwerk trotz Einwänden gegen konfes‑
sionelle Sichtbeschränkungen noch immer: Uhlhorn, Christliche Liebesthätigkeit (1882–1890, ND 1895 und 1959); des Weiteren Thraede, Soziales Verhalten (1990); Borgolte, Mittelalterliche Kirche (2004), 119 f. 97 Vgl. Bruck, Kirchenväter (1956). 98 Zum Folgenden bereits zusammenfassend Borgolte, Geschichte des Stiftungsrechts (2002, ND 2012), 345 f. 99 Vgl. Borgolte, Freigelassene (1983, ND 2012), hier bes. 136 f. 100 Vgl. Borgolte, Felix est homo ille (1982), 13–16. 101 Das Folgende angelehnt an Borgolte, Frei‑ gelassene (1983, ND 2012), 137 f. 102 Das Testament des Bischofs Berthramn von Le Mans vom 27. März 616. Ed. Margarete Weidemann. (Römisch‑Germanisches Zentralmuseum. Forschungsinstitut für Vor‑ und Frühgeschichte. Monographien, Bd. 9.) Mainz 1986, 6–49; Borgolte, Felix est homo ille (1982). 103 Testament des Bischofs Berthramn. Ed. Weidemann (wie Anm. 102), 44–46; das Folgende ebd., 11; 26; 22 und wieder 11. 104 Das Folgende nach Borgolte, Stiftungen – eine Geschichte von Zeit und Raum (2009, ND 2012), 390–392. 105 Vgl. Chiffoleau, Comptabilité (1980). 106 Vgl. J.-C. Schmitt, Revenants (1994), zit. nach der dt. Übers.: Wiederkehr der Toten (1995), 16–18. 107 Vgl. Lusiardi, Stiftung und städtische Ge‑ sellschaft (2000), passim; Ders., Fegefeuer und Weltengericht (2000); zusammenfassend Ders., Stiftung und Seelenheil (2005), 53. 108 Adam, Stiften für das Diesseits (2012), 6, unter Bezug auf Strachwitz, Stiftung (2010), 48–50. 109 Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002), 133 (hier auch die folgenden Zitate). 110 Vgl. bes. Scheller, Streit (2000); Ders., Memo‑ ria an der Zeitenwende (2004); Rexroth, Zweierlei Bedürftigkeit (2007); Lohse, Dauer (2011); Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012); Borgolte, König
275
Muslime
als Stifter (2000, ND 2012); Oexle, Memoria in der Reformation (2009, ND 2011); Besold-Backmund, Stiftungen und Stiftungswirklichkeiten (1986); Jakobi / Klötzer / Lambacher, Strukturwandel der Armenfürsorge (2002). 111 Zur ‚Mentalitätengeschichte‘ in der Pers‑ pektive auf die Forschungsgeschichte und deren diverse, nie ganz ausdiskutierte Definitionsver‑ suche siehe Borgolte, Sozialgeschichte des Mit‑ telalters (1996), 445–476. – In dem im Folgenden ausgewerteten Aufsatz von Oexle, Gegenwart der Toten (1983, ND 2011), 143, geht es nach Selbst‑ auffassung des Autors explizit um einen ‚Men‑ talitätswandel‘. 112 Oexle, Gegenwart der Toten (1983, ND 2011); vgl. Ders., Gegenwart der Lebenden und der Toten (1985). 113 Das Folgende bereits bei Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 15 f. 114 Schreuer, Recht der Toten (1915–1916), dazu Oexle, Gegenwart der Toten (1983, ND 2011), 138. 115 Brunner, Klage mit dem toten Mann (1910, ND 1931).
116 Brunner, Rechtliches Fortleben des Toten (1907, ND 1931), 345 f.
117 Mitteis, Recht als Waffe des Individuums (1957), 518.
118 R. Berger, Wendung offerre pro (1965), 233. 119 Siehe oben, bei Anm. 70. 120 W. Fuchs, Todesbilder (1973), 71. 121 Schreuer, Recht der Toten, Teil 1 (1915), 333–335. 122 Oexle, Gegenwart der Toten (1983, ND 2011), 101 f. 123 Ebd., 102. 124 Ebd., 102–105, unter Bezug auf Goethe,
Wahlvervandtschaften (1968), 361–363; Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozial‑ historischer Sicht (1988, ND 2012), 16–19. 125 Vgl. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, ND 2012), 19–22. 126 Hierzu bereits Borgolte, Stiftung, Staat und sozialer Wandel (2001, ND 2002 und 2012), 80 f. 127 Kant, Metaphysik der Sitten (1797, ND 1968), 494. Die folgenden Zitate ebd., 495. 128 Vgl. auch Liermann, Geschichte des Stif‑ tungsrechts (1963, ND 2002), 169.
4.3 Muslime 4.3.1 Allgemeines Wie viele andere historiographische Debat‑ ten auf dem Gebiet der Islamwissenschaft und der Middle Eastern Studies läuft die Diskussion über die verschiedenen Vor‑ schläge zur Periodisierung der Geschichte islamischer Gesellschaften allzu oft auf eine Denunziation als Orientalismus hinaus. Die Kritiken haben sich gegen zwei verbreitete Praktiken in der Forschung gerichtet: Einer‑ seits hat die Forschung den Eurozentrismus angeprangert, der der Übertragung chro‑ nologischer Kategorien wie ‚Mittelalterlich‘, ‚Vormodern‘ und ‚Modern‘ auf die Geschich‑ te anderer kultureller Kontexte inhärent ist; gleiches gilt auch für den kulturellen
Essentialismus und die ideologische Vor‑ eingenommenheit, die Bezeichnungen wie ‚Klassischer‘ und ‚Vorklassischer Islam‘ oder ‚Renaissance des Islam‘ inhärent sei. Ande‑ rerseits wurde die teleologische Sichtweise auf die Geschichte des Islam als einer Zi‑ vilisation, die ihren Höhepunkt etwa im 11. Jahrhundert erreicht habe und danach in eine mehrere Jahrhunderte währende Pha‑ se von Dekadenz und Stagnation verfallen sei, ebenfalls das Ziel zahlreicher Kritiken.1 Heutzutage ist die Verwerfung dieser chronologischen Aufteilungen im Grunde ein Allgemeinplatz in den historiographi‑ schen Debatten der Islamwissenschaft, die
276
jedoch sehr oft die tatsächlichen Diskussi‑ onen zur Chronologie in der europäischen Geschichte und den bloß konventionellen Charakter der von der Forschung abgesteck‑ ten Grenzen ignorieren. Die in diesem Ar‑ tikel verwendete Kategorie ‚Mittelalter‘ ist in der Forschung weitestgehend akzeptiert und wird auch von der arabischsprachigen Forschung benutzt, die den Begriff mit alqurūn al-wusṭā (‚die mittleren Jahrhunder‑ te‘) übersetzt hat. Obwohl mittelalterliche muslimische Historike diese Kategorie nicht kannten, bietet sie zwei große Vorteile: Ers‑ tens stellt uns diese Kategorie auch in An‑ betracht aller Unzulänglichkeiten einen einvernehmlichen chronologischen Rah‑ men zur Verfügung. Dieser erlaubt es uns, interkulturelle Studien insbesondere zur Erforschung des Mittelmeerraums anzu‑ stellen. Zweitens steckt sie nicht nur eine chronologische, sondern auch eine pragma‑ tische akademische Grenze zwischen den Disziplinen ab. Die Definition des islami‑ schen Mittelalters setzt sein Ende nämlich für gewöhnlich an den Beginn der osma‑ nischen Epoche, deren Erforschung in den Bereich der Osmanistik fällt und aufgrund der stärkeren Verbreitung von Turkspra‑ chen in den Quellen in der Regel die lin‑ guistischen Kompetenzen der arabistisch geschulten Forscher überschreitet, die sich mit früheren Perioden auseinandersetzen. Die Kritik am teleologischen und evo‑ lutionistischen Charakter der klassischen Periodisierung verdient indessen mehr Beachtung. Die Forschungstradition der Orientalistik beinhaltet eine Vielzahl von Lamenti des Untergangs der islamischen Zivilisation nach dem Spenglerschen Vor‑ bild. Diese Essentialisierung von histori‑ schen Phänomenen hat die Erforschung islamischer Stiftungen auf zweierlei Art beeinflusst: Zum einen wurde der histori‑ sche Wandel im islamischen Recht ignoriert und zum anderen wurde der Geschichte
Periodisierungen
islamischer Stiftungen ein evolutionisti‑ sches Modell auferlegt, das auf der heut‑ zutage verworfenen Modernisierungsthe‑ orie basiert. So behaupten die klassischen Theorien zur Entwicklung des islamischen Rechts, dass sich das hermeneutische und theoretische Gerüst der Scharia šarīʿa als Offenbarungsrecht bereits im 4./10. Jahr‑ hundert herausbildete. Seine Aktualisie‑ rung durch unterschiedliche rechtliche Auslegung war bis zum 6./12. Jahrhundert möglich, danach jedoch sei das ‚Tor der Rechtsauslegung‘ (bāb al-iǧtihād) defini‑ tiv verschlossen geblieben: Das islamische Recht verharre seither in einem Stillstand, was soziale Fortschritte auch im Hinblick auf den waqf verhindert habe.2 Viele Ori‑ entalisten haben auch in kulturellen und religiösen Faktoren die Gründe ausgemacht, die die ökonomische Stagnation des Mittle‑ ren Ostens seit dem Spätmittelalter erklären, genau zu der Zeit, als sich in Europa die öko‑ nomischen und finanziellen Institutionen zu entwickeln begannen, die den Weg zur modernen Marktwirtschaft ebnen sollten. Für diese Forscher war gerade der musli‑ mische waqf einer der Hauptschuldigen an dieser Situation. Er wurde als Institution angesehen, die von Anbeginn an die Pro‑ duktivität gesenkt sowie die Transaktion von Grundbesitz und ökonomischem Wett‑ bewerb verhindert habe. In diesen Fällen sind die Studien über Stiftungspraktiken und die Entwicklung ihrer rechtlichen Mechanismen nicht durch aufgezwunge‑ ne chronologische Kategorien aus Europa beeinflusst, sondern durch die Negierung überhaupt der Möglichkeit von historischer Veränderung. Obwohl in den Interpretati‑ onen der Probleme in der gegenwärtigen muslimischen Welt diese Theorien immer noch aunzutreffen sind, insbesondere in den massenkompatiblen Medien, wurden sie inzwischen glücklicherweise von der Forschung verworfen.
Muslime
Eine Geschichte der Stiftungspraktiken benötigt eine chronologische Ordnung, die sowohl historische und soziale Gegebenhei‑ ten für die Stiftung von Eigentum, die Be‑ weggründe hierfür als auch die praktischen Aspekte des Vollzuges, der Verwaltung und der Nutzung der Stiftung über Jahre hinweg berücksichtigt. Aufgrund der offenkundi‑ gen Hindernisse, die der Beschaffenheit der Quellen geschuldet sind, gibt es nicht viele Versuche einer Auseinandersetzung über chronologische Kategorien, die für die Untersuchung islamischer awqāf geeignet sein könnten. Für den Forscher ergeben sich zwei Schwierigkeiten: Erstens ist die Quellenlage für die formative Epoche des Is‑ lam sehr dürftig; die Überlieferung bezeugt zwar die große Bedeutung von islamischen Stiftungen, aber wie Claude Cahen in ei‑ nem oft zitierten Diktum feststellt: „Nous sommes cependant incapables d’en écrire l’histoire“3. Zweitens sind die Quellen trotz ihrer relativen Fülle in späterer Zeit über die gesamte Epoche des mittelalterlichen Jahrtausends verstreut und liefern nur ein sehr unvollständiges Bild der mittelalterli‑ chen islamischen Gesellschaften. Es ist also kein Wunder, dass sich der überwiegende Teil der Forschung zu isla‑ mischen Stiftungen auf Einzelfälle kon‑ zentriert. Es gibt nur wenige Studien, die die Kultur des waqf aus einer diachronen Perspektive betrachten. In diesen Fällen ba‑ siert der Ansatz zur Periodisierung zudem lediglich auf der Unterteilung der islami‑ schen Geschichte in Dynastien und Herr‑ scherfamilien, statt eine Periodisierung aus der Geschichte der islamischen Stiftungen selbst heraus zu entwickeln. Das hat den klaren Vorteil, die Stiftungspraktiken religi‑ ösen, sozialen und ökonomischen Aspekten der Herrschaftspraktiken dieser Dynastien gegenüberstellen zu können, was für die Evaluierung von Kontinuitäten und Dis‑ kontinuitäten des Phänomens sehr hilfreich
277
sein kann. Beispiele für diese Herangehens‑ weise sind Amīns Studien über fromme Stif‑ tungen im mittelalterlichen Ägypten, die die Stiftungspraktiken unter der Herrschaft der Fatimiden, Ayyūbiden und Mamlūken betrachten, wobei ein besonderes Augen‑ merk auf die Bedeutung von awqāf bei der Umsetzung der jeweiligen Religionspolitik dieser Herrscher gerichtet ist;4 Arjomands diachrone Untersuchung der Wohltätigkeit im Islam, die einen Schwerpunkt setzt auf die Kultur des waqf im mittelalterlichen Iran;5 Çizakças Geschichte islamischer Wohltätigkeitseinrichtungen, die sich be‑ sonders auf die osmanische Epoche konzen‑ triert;6 oder Toukabris vergleichende Studie von islamischen und jüdischen Stiftungen, die der Entstehung dieser Institutionen ein Kapitel widmet und dabei das Hauptau‑ genmerk auf die politischen Umstände in Ägypten sowie im östlichen und mittleren Maghreb legt7. Die heuristischen Grenzen dieser dynas‑ tischen Periodisierung sind jedoch ebenfalls evident: Erstens liegt der Schwerpunkt auf den Kontinuitäten und Diskontinuitäten der strukturellen Aspekte und ihrer Abhän‑ gigkeit von der jeweiligen herrscherlichen Politik in einer bestimmten geographischen Region. Das macht es oft schwierig, den Einfluss konjunktureller Faktoren oder von Ereignissen wie etwa Naturkatastrophen, Epidemien und Kriege mit einzubeziehen. Diese können jedoch für die Einschätzung signifikanter Veränderungen in den Stif‑ tungspraktiken – aus interregionaler oder interkultureller Perspektive – von großer Relevanz sein. Zweitens konzentriert sich diese Forschung hauptsächlich auf Stif‑ tungen der jeweiligen Herrscherfamilien und der Eliten des Hofstaates, während sie über die Stiftungspraktiken anderer sozialer Schichten nur wenige Informationen bietet. Gerade in diesem Bereich können Verände‑ rungen jedoch von Faktoren abhängig sein,
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die sich nicht in dynastische Rubriken fas‑ sen und nur dann richtig verstehen lassen, wenn sie in der ‚longue durée‘ betrachtet werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die spannungsvolle Wechselwirkung zwischen waqf-Stiftungen, Familienstrukturen und Erbrecht. Die Herrschaft der Fatimiden kann diese methodologischen Bedenken am Beispiel der Stiftungen von Versammlungsmoscheen veranschaulichen. Die fatimidische waqf‑ Politik war mitunter deutlich durch ihr Schiitentum geprägt, was sich an ihrer Be‑ vorzugung von Versammlungsmoscheen (ǧāmiʿ, Pl. ǧawāmīʿ) erkennen lässt. In die‑ sen Moscheen wurde der Imam von den Machthabern eingesetzt, um an Freitagen und zu besonderen Anlässen die Gebete anzuführen und zu predigen. In gewöhn‑ lichen Moscheen (masǧid, Pl. masāǧid) gab es hingegen keine von offizieller Seite ein‑ gesetzten Imame. Versammlungsmoscheen sind die Institutionen, an denen die Herr‑ schaft der Fatimiden am besten zu erfassen ist, da den Imamen bei der Missionierungs‑ tätigkeit der Schiiten eine zentrale Rolle zufällt. Der größte Teil der Ägypter blieb jedoch sunnitisch. In diesem Fall spiegelt eine Periodisierung, die auf der religiösen Ausrichtung der Herrschenden beruht, nicht die religiöse Praxis der Bevölkerung wider. Es ist auch unwahrscheinlich, dass die schi‑ itischen Gesetze großen Einfluss auf das Verständnis der Bevölkerung von awqāf aus‑ übten. Eine dynastische Zuordnung kann sinnvoll sein, um zu verstehen, warum die Stiftung von Versammlungsmoscheen unter fatimidischer Herrschaft so verbreitet war. Hinsichtlich der Stiftung anderer öffent‑ licher Institutionen, geschweige denn der gesamtgesellschaftlichen Praxis, die auch weiterhin durch die sunnitische Tradition geprägt blieb, mag sie jedoch irreführend sein. Die religionspolitische Rolle der awqāf in dieser speziellen Dynastie wird also zum
Periodisierungen
Periodisierungskriterium gemacht, wenn man sich auf die dynastische Perspektive beschränkt, und nicht eigentlich die Ent‑ wicklung oder Veränderung der Stiftungs‑ praktiken einer Gesellschaft. Wenn wir den islamischen waqf als tota‑ les soziales Phänomen auffassen, sollte eine funktionale Periodisierung der Stiftungs‑ praktiken auf deren Gebrauch basieren und sowohl die Entwicklung der Institution berücksichtigen als auch die Funktion des waqf für verschiedene Gesellschaftsberei‑ che, die historisch unterschiedlich stark veränderlich sind. In Anbetracht dessen sollte ein Versuch zur chronologischen Gliederung der Geschichte mittelalterlicher islamischer Stiftungen die Vorläufer des Stiftungskonzepts in der formativen Peri‑ ode des Islam ebenso mit einbeziehen wie seine doktrinäre und rechtliche Definition, die chronologischen Zäsuren aufgrund der verschiedenen politischen Ziele der Dynastien und eben auch die erkennbaren chronologischen Muster bei der Nutzung islamischer Stiftungen in unterschiedli‑ chen, aber sich oft überschneidenden sozia‑ len Bereichen, wie etwa religiöser Doktrin und Praxis, ökonomischer Praxis, ǧihād sowie interreligiösen Kontakten. 4.3.2 Vorislamische Vorläufer und die Islamisierung religiöser Stiftungen Das Konzept religiöser Stiftungen war den arabischen Stämmen, die die Arabische Halbinsel in vorislamischer Zeit besiedel‑ ten, keineswegs unbekannt. Das gilt auch für die verschiedenen Gesellschaften, die den Islam während des 1./7. und 2./8. Jahr‑ hunderts annehmen sollten. Die Arabische Halbinsel und der Nahe Osten waren die Heimat von verschiedenen heidnischen Re‑ ligionen, deren jeweilige Lehre die Stiftung
Muslime
von Eigentum für religiöse Zwecke erlaub‑ te. Als Teil der spätantiken Welt waren sie weitgehend hellenisiert oder romanisiert und zugleich Zeugen der Entstehung und Verbreitung von zwei großen monotheisti‑ schen Religionen: dem Judentum und dem Christentum. Deshalb waren ihnen grie‑ chische und römische Stiftungspraktiken, der jüdische heqdesh sowie frühe religiöse Stiftungen des Christentums bekannt. Zu diesen Vorläufern sollten wir auch die sa‑ sanidischen Stiftungen zählen, mit denen die arabischen Stämme möglicherweise schon vor der Eroberung des Persischen Reichs – auf Grund der sasanidischen Ober‑ hoheit über wichtige arabische Regionen – in Kontakt gekommen sind. Die wahr‑ scheinlich ältesten erhaltenen Zeugnisse von Stiftungen im Geburtsland des Islam sind die Stiftungsinschriften in südarabi‑ schen, aramäischen und nabatäischen In‑ schriften. Diese Quellen enthalten bereits einige der zentralen Elemente, die auch bei späteren Stiftungen vorhanden sind: den Namen des Stifters, die Begünstigten, das gestiftete Vermögen sowie Aussagen hin‑ sichtlich des immerwährenden Charakters der Stiftung und der Unveräußerlichkeit des gestifteten Eigentums. Ein gutes Bei‑ spiel für diese frühen Stiftungen ist eine Felsinschrift aus Wādī Labaḫ, die auf die Zeit zwischen dem Ende des 1. Jahrhunderts v. u. Z. und dem Beginn des 2. Jahrhunderts u. Z. datiert wurde. In dieser gestattet der König von Qataban dem Priester (ʾrby) des Gottes εm ḏ-Lbḫ die Bewirtschaftung ertrag‑ reicher Ländereien in der Region Daṯīna: „This agreement was meant as a dedication to εm ḏ-Lbḫ and his priests for ever; and thus let everyone, whom εm ḏ-Lbḫ shall ordain priest, record and administer and conform to this agreement“8. Im Fall von beweglichen Gütern, wie beispielsweise Grabsteinen oder Statuen, erinnert das Verbot, sie von dem Ort zu entfernen, der ursprünglich vom
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Stifter bestimmt wurde, stark an den isla‑ mischen Umgang mit beweglichen awqāf.9 Allerdings können diese Gaben auch eher als Schenkungen denn als idealtypische Stiftungen angesehen werden. Ein weiteres gutes Beispiel für arabische Stiftungen aus vorislamischer Zeit ist die al‑Hamra‑Stele aus dem 4. Jahrhundert v. u. Z.; die Inschrift besagt, dass der Ad‑ lige Paḍigu Šahrū den Göttern Sengallā und Ašīma einen Tempel widmet. Sie ent‑ hält aber auch Formulierungen, die dar‑ auf hindeuten, dass die Stiftung seinem Seelenheil und dem seiner Nachfahren zu Gute kommen sollte: „[Im Jahre … in der Stadt] Taymāʾ / errichtete Paḍigū Šahrū, der Sohn / des königlichen Beamten von Liḥyān Haʿlay, den Tempel / des Ṣalm von Raab und seine Weite und / errichtete die‑ sen Thron vor / Ṣalm von Rabb als Posta‑ ment für Sengallā / und Ašīmā, die Götter von Taymāʾ, / für das Leben der Seele von Paḍigū / Šahrū und (für das Leben) seiner Nachkommenschaft, [der] Herren, / [und] für das Leben ihrer eigenen Seele“10. Es ist bemerkenswert, dass diese voris‑ lamischen Stiftungen auf der Arabischen Halbinsel darauf ausgerichtet sind, religiöse Institutionen zu finanzieren, eine Infra‑ struktur für den Totenkult bereitzustellen oder dem Stifter und seiner Familie zur Er‑ langung des Seelenheils zu verhelfen, sich aber keine Hinweise auf wohltätige Stif‑ tungen finden. In Stammesgesellschaften ist jedoch schon die Frage nach wohltäti‑ gen Stiftungen irreführend: Ihre Mitglieder waren eindeutigen und ungeschriebenen Gesetzen zur gegenseitigen Unterstützung unterworfen und griffen nicht auf Wohl‑ tätigkeit zurück, um soziale Probleme zu lindern. Diese galten auch für Angehörige fremder Stämme, wie etwa die beduinischen Institutionen siqāya (die Pflicht, Wasser zur Verfügung zu stellen) und rifāda (die Pflicht, Lebensmittel zur Verfügung zu stellen).
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Bedauerlicherweise gibt es trotz eini‑ ger Gemeinsamkeiten zwischen diesen vorislamischen Stiftungen dem waqf kei‑ ne detaillierten Studien über diese Epoche der Stiftungsgeschichte. Fast die gesamte Forschung zu vorislamischen Stiftungen beschäftigt sich mit Byzanz und den Sa‑ saniden, die vom 3. bis zum 7. Jahrhundert u. Z. große Teile der Arabischen Halbinsel beherrschten. Die Forschung zu den byzan‑ tinischen Stiftungen befasst sich in diesem Kontext hauptsächlich mit dem Einfluss der antikrömischen Rechtsfigur der piae causae auf die Herausbildung des waqf im islamischen Recht. Bei den piae causae lag die Verwaltung in der Hand kirchlicher Amtsträger oder eines von der Kirche beauf‑ sichtigten Laien, während die Begünstigten das Nutzungsrecht hatten. Laut Claude Ca‑ hen gibt es zwar Zeugnisse von byzantini‑ schen Stiftungen in Ägypten, die man als piae causae kategorisieren könnte, dennoch lehnt er die Theorie eines byzantinischen Einflusses auf die Herausbildung des waqf weitgehend ab.11 Es gibt auch Belege für christliche Klosterstiftungen, die bereits im 5. Jahrhundert von Arabern in Palästi‑ na gegründet wurden. Dazu zählt die des Mönches Maris, der der Welt entsagte und sein Vermögen für den Bau und die Er‑ weiterung des Klosters hingab, dem er in den 460er Jahren beitrat. Das ist laut Irfan Shahīd die erste dokumentierte Stiftung, die von einem Araber gegründet wurde.12 Dass die arabische Bevölkerung in vo‑ rislamischer Zeit mit dem Christentum vertraut war, ist im Allgemeinen gut belegt. Das wohlhabende Königreich von al‑Hīra war christlich und auch mehrere arabische Stämme hatten den christlichen Glauben angenommen, andere waren jüdisch. Be‑ dauerlicherweise zeigen die arabischen Quellen kein Interesse an christlichen Stiftungen. Berichte aus vorislamischer und frühislamischer Zeit enthalten zwar
Periodisierungen
zahlreiche Verweise auf christliche Kon‑ vente, und es gab sogar ein eigenes literari‑ sches Genre, das sich mit Klöstern befasste (diyārāt).13 Die Informationen, die in diesen Texten übermittelt werden, sind allerdings von vielen Stereotypen gekennzeichnet und zeigen die christlichen Klöster als Orte der Zerstreuung, die für ihren Wein und schöne christliche Jünglinge bekannt gewesen seien. Dennoch liefern diese Texte wichtige Erkenntnisse über die Existenz und die geographische Verbreitung dieser christlichen Institutionen. In den Ländern, die erobert und isla‑ misiert wurden, finden sich ebenfalls Tra‑ ditionen, bei denen religiöse Stiftungen eine wichtige Rolle spielten. Sasanidische Stiftungen werden aufgrund der Gemein‑ samkeiten bei rechtlichen Anordnungen im sasanidischen Gesetzbuch ‚Mātakdān‑i hazār dātastān‘ (‚Eintausend Rechtsent‑ scheidungen‘) auch als möglicher Einfluss auf das islamische Recht bezüglich der awqāf angeführt. Diesem Gesetzeswerk zufolge gab es zwei Arten von sasanidi‑ schen Stiftungen: private Stiftungen für das Seelenheil des Stifters und religiöse Stiftungen für fromme Zwecke. Wie ei‑ nige Forscher anmerken, entspricht diese Einteilung den islamischen Kategorien der Familienstiftung und der öffentlichen Stif‑ tung.14 (→ 1.3.3, 3.3.3) Das Aufkommen des Islam brachte nicht nur eine neue religiöse Lehre mit sich, son‑ dern auch eine Reihe von juridischen Nor‑ men und verwandten Institutionen, die oft mit den bereits etablierten arabischen Praktiken, den lokalen Traditionen der er‑ oberten Bevölkerung und den Herausforde‑ rungen, die sich aus dem ständigen Wandel der sozialen, politischen und ökonomi‑ schen Verhältnisse ergaben, in Einklang gebracht werden mussten. Im Folgenden soll die Entstehung der religiösen Lehren und der rechtlichen Setzungen hinsichtlich
Muslime
islamischer Stiftungen in der formativen Epoche des Islam verfolgt werden. Obwohl die Gründung religiöser Stiftun‑ gen in Arabien schon vor dem 1./7. Jahr‑ hundert eine lange Geschichte hatte, wird der waqf im Koran nicht erwähnt. Das ist nicht erstaunlich, gibt es doch nur wenige Verse im Koran, die überhaupt rechtliche Informationen enthalten. Ein großer Teil der präskriptiven Passagen des Heiligen Buchs beschäftigt sich jedoch mit einer Reihe von Regeln, mit denen die Stiftungspraktiken der vorislamischen Religionen und der ers‑ ten Muslime nicht vollständig kompatibel erscheinen: Es handelt sich um das Erbrecht. Die ersten Erwähnungen des Konzepts einer islamischen Stiftung, die sich in den Quellen finden, stammen aus dem 2./8. Jahrhundert, und stehen genau im Kontext von Diskus‑ sionen zum Erbrecht. Diese frühen Quellen verurteilen den waqf als ein Modell, das gegen die Gesetze des Koran verstößt. Die Quellen bestätigen deutlich die Existenz einer Stiftungspraxis, die immerhin weit genug verbreitet war, um von angesehenen Gelehrten aufgegriffen und angeprangert zu werden. Um vollständig durch die muslimi‑ sche Gemeinschaft anerkannt zu werden, mussten Stiftungen den neuen religiösen Vorschriften und Bedürfnissen angepasst werden.15 Der Prozess der Islamisierung, den das Konzept der Stiftung durchlief, fand in zwei klar voneinander abgetrennten Phasen statt. Zunächst folgte die Reaktion der Gelehr‑ ten auf die kritischen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Stiftungen den Grund‑ sätzen der juristischen Hermeneutik. Die Rechtmäßigkeit islamischer Stiftungen und ihre allmähliche Anerkennung ist darauf begründet, dass die Offenbarungsquellen zu dieser Thematik schweigen. Gibt es nämlich keine Offenbarungsquelle, die sich mit ei‑ nem bestimmten Aspekt beschäftigt, kann nach dem Verständnis der Zeitgenossen die
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Gesetzmäßigkeit eines Phänomens bewiesen werden durch juristische Analogien mit ver‑ wandten, allgemein akzeptierten Praktiken und durch den Beleg, dass kein bekanntes Offenbarungsgesetz verletzt wird. Dieser doppelte Beweis gelang dem Gelehrten Hilāl in der ersten erhalten gebliebenen Abhand‑ lungen über die Stiftung im Islam in der ers‑ ten Hälfte des 3./9. Jahrhunderts.16 (→ 5.3.2) In der zweiten Phase dieses Adaptions‑ prozesses, in der die Form der waqf‑Gesetze endgültig festgelegt werden sollte, wurde das Problem der Rechtmäßigkeit von Stif‑ tungen aus einer entgegengesetzten Pers‑ pektive behandelt: Das Unbehagen über das Schweigen der Offenbarungsquellen wurde überwunden, indem man sie zum Sprechen brachte. Dies war zweifellos die Erfindung einer Tradition. Die zweite erhaltene Ab‑ handlung über die waqf, in der zweiten Hälf‑ te des 3./9. Jahrhunderts von dem Gelehrten al‑Ḫaṣṣāf verfasst, ist ein Beispiel für diesen Ansatz, denn ihre Argumentation basiert weniger auf juristischer Hermeneutik als auf Hadithen, die die Rechtmäßigkeit der awqāf behandeln, und auf dem persönli‑ chen Beispiel Mohammeds und seiner Ge‑ fährten. Obwohl muslimische Autoritäten die Echtheit dieser Hadithen beglaubigten, gibt es etliche Gründe, davon auszugehen, dass sie fingiert wurden, um eine Praxis einzuführen und zu legitimieren, die de facto schon anerkannt war. Hennigan hat die prophetischen Maximen, mit denen die Rechtmäßigkeit des waqf belegt wurden, in zwei Gruppen aufgeteilt: die taṣaddaqa‑ und die sabbala‑Hadithen. Sie beziehen sich auf die zwei arabischen Verben, die Mohammed benutzte, um den Akt der Stif‑ tung von Eigentum zu bezeichnen. Beide Maximengruppen nehmen Bezug auf ein Besitztum, das Kalif ʿUmar ibn al‑Ḫaṭṭāb in der Oase von Ḫaibar erworben hatte. Als er fragte, wie er diesen Besitz am besten nutzen solle, antwortete Mohammed: „If
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you want immobilise its principal (ḥabbasta aṣlahā) and give away [its production] as alms (taṣaddaqta bihā)“; oder in einer an‑ deren Version dieses ḥadīṯ: „Immobilise its principal (iḥbas aṣlahā) and give away its fruits as alms (sabil ṯamaratahā)“.17 Basierend auf einer gründlichen Studie der Überlie‑ ferungskette, die sowohl die Überlieferung als auch die Textualität dieser Tradition in Betracht zieht, legt Hennigan dar, dass die‑ se aḥādīṯ wohl tatsächlich eine ‚erfundene Tradition‘ sind; sie sei benötigt worden, um das Konzept des waqf mit dem islamischen Recht zu harmonisieren und selbst die zö‑ gerlichsten Gelehrten von der Rechtmäßig‑ keit von Stiftungen zu überzeugen.18 Die weiteren Entwicklungen der religiö‑ sen und juridischen Lehre über Stiftungen im Islam beruhen größtenteils auf den Prinzipien, die in diesen beiden Abhand‑ lungen aufgestellt wurden. Sie waren die Hauptquelle für die ḥanafītische Rechts‑ schule, die im östlichen Teil der islami‑ schen Welt vorherrschte, und ebenfalls für die mālikītischen Gelehrten, die im Wes‑ ten dominierten – trotz der inhaltlichen Unterschiede zwischen beiden Schulen in diversen Aspekten. Dies geht so weit, dass die wichtigste mālikītische Abhandlung über awqāf, verfasst von dem Gelehrten aṭ‑Ṭarabulusī (gest. 922/1516) mit dem Ti‑ tel ‚al‑Isʿāf fī aḥkām al‑awqāf‘, zu einem großen Teil auf den beschriebenen Wer‑ ken von Hilāl und al‑Ḫaṣṣāf basiert. Das bedeutet nicht, dass das waqf‑Recht seit dem 3./9. Jahrhundert unverändert blieb. Islamisches Recht ist kasuistisch und wird von legitimierten Gelehrten (muǧtahid, muftī) interpretiert, die Rechtsentschei‑ dungen (fatwā, Pl. fatāwā) erlassen. Die Sammlungen solcher Fatwas zu Stiftungen, zum Beispiel jene von Ibn Taimīya19 oder al‑Wanšarīsī 20, zeigen sehr deutlich die Anpassungen der Urteile an die jeweiligen sozialen Gegebenheiten.
Periodisierungen
4.3.3 Awqāf im Wandel der Dynastien Wie bereits erwähnt, nutzen diachrone Stu‑ dien zu wohltätigen und frommen Stiftun‑ gen häufig dynastische Epochen als chro‑ nologische Einheiten. Diese Periodisierung ist hilfreich, um Brüche in der hoheitlichen Stiftungspolitik herauszuarbeiten oder auch um die Auswirkungen anderer Politiken auf die Kultur der awqāf bewerten zu kön‑ nen. Dynastische Kategorien sind jedoch nicht zweckdienlich für das Verständnis der Kontinuität der Stiftungskultur; die schwer greifbaren Praktiken in Bevölke‑ rungsschichten, die nicht zur Elite zählten, lassen sich so erst recht nicht untersuchen. Vorbehaltlich dieser Einschränkungen ist jedoch ein Überblick der wichtigsten Cha‑ rakteristika der Haltung der verschiedenen Herrscherdynastien gegenüber den awqāf nützlich. So lassen sich historische Verän‑ derungen verstehen und die Annahmen widerlegen, dass islamische Institutionen monolithische und geschichtslose Entitäten gewesen seien. Mittlerer Osten Die spärlichen Informationen, die sich in den Quellen über die ersten beiden Jahr‑ hunderte des Islam erhalten haben, machen es unmöglich, sich einer Studie über isla‑ mische Stiftungen aus einem diachronen Blickwinkel anzunähern. Die einzigen Ausnahmen sind die doktrinären Wech‑ sel und die Erfindung einer muslimischen Tradition, um das Konzept des waqf zu legitimieren. (→ 4.3.2) Es scheint, als ob die Stiftung von Besitztümern für wohltä‑ tige und fromme Zwecke schon zu Zeiten der Umayyaden (41–132 / 661–750 u. Z.) weit verbreitet war und dies in einem so hohen Maße, dass es sogar eigene Amtsträger gab, um diese Institutionen zu beaufsichtigen. Aus der Dynastie der Abbasiden (132–656 /
Muslime
750–1258 u. Z.) sind zwar zahlreiche nar‑ rative Quellen überliefert, aber es gibt nur wenige dokumentarische Quellen und auch die materiellen Belege sind keinesfalls mit denen aus späteren Dynastien vergleich‑ bar. Wir wissen nicht, ob die abbasidische Revolution direkten Einfluss auf die Stif‑ tungspraktiken hatte oder in welchem Ausmaß die abbasidische Religionspolitik zur Entwicklung von Doktrinen in dieser Angelegenheit beigetragen hat. Die Quel‑ len bieten auch zur Geschichte der awqāf in der frühen abbasidischen Periode (2.–4. bzw. 8.–10. Jahrhundert) nur wenige Infor‑ mationen, obwohl wir für diese Zeit die Rolle von zwei Gruppen betonen sollten: Frauen und Asketen. Die ersten Hinweise auf religiöse Stiftungen der abbasidischen Familie betreffen in der Tat Stiftungen, die Ḫaizurān, die Mutter des Kalifen Hārūn ar‑ Rašīd, und dessen Frau Zubaida gegründet haben.21 Auch wenn es keine detaillierten Studien zu dieser Thematik gibt, scheint es, als ob die ersten abbasidischen Kalifen den Bau von waqf‑Moscheen gefördert haben,22 aber die Gründung anderer religiöser Stif‑ tungen an weibliche Familienmitglieder und ihre Wesire delegierten. In späterer Zeit gibt es jedoch keinen Zweifel daran, dass Kalifen persönlich in Stiftungsprakti‑ ken involviert waren. Dies wird durch die zahlreichen Erwähnungen von awqāf in den narrativen Quellen belegt, insbeson‑ dere für das 5./11. und 6./12. Jahrhundert.23 Die zweite Gruppe, der man bei der Un‑ tersuchung der frühen Geschichte der Stif‑ tungen unter den Abbasiden gesteigerte Aufmerksamkeit widmen sollte, sind die Asketen, insbesondere die freiwilligen Kämpfer, die am ǧihād teilnahmen. Das Phänomen der asketischen Krieger ist eng mit frühen Stiftungspraktiken verknüpft und ein Element der Kontinuität zwi‑ schen der umayyadischen Periode und der Zeit der islamischen Expansion. Die erste
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religiöse Lehre zum Konzept einer isla‑ mischen Stiftung beschrieb die Gabe von Waffen, Almosen und Lebensmitteln für den ǧihād. Die islamische Expansion war in der abbasidischen Periode zum Stillstand gekommen, aber der ǧihād gegen Byzanz nahm Züge ritueller Gewalt an und wurde von den Kalifen für ihre eigenen Zwecke instrumentalisiert. Dieser Versuch wurde jedoch von streng asketischen Muslimen nicht gutgeheißen, von denen viele den Truppen aus Ḫurāsān angehört und die Revolution unterstützt hatten. Sie verstan‑ den den ǧihād als religiöse Verpflichtung im Rahmen der muslimischen Umma und widersetzten sich dem Versuch der Kalifen, den Heiligen Krieg zu kontrollieren.24 Die Bewegung der asketischen Krieger gegen die abbasidischen Kalifen war so bedeutsam, dass sie die Legitimität ihrer Herrschaft untergraben konnte. Kalif Hārūn ar‑Rašīd wurde zum Beispiel vor Asketen wie ʿAbd Allāh Ibn al‑Mubārak gewarnt, der an Po‑ pularität gewann und viel Einfluss in der Bevölkerung hatte. Dem Kalifen wurde des‑ halb angeraten, sich aktiver für den ǧihād zu engagieren und jährlich nach Mekka zu pilgern.25 Die Gründung von Stiftungen zugunsten der Krieger, etwa eines ribāṭ oder eines ḫanqāh in einer Grenzregion, hat also auch politische Dimensionen, die nur im besonderen sozio‑religiösen Zusammen‑ hang der frühen abbasidischen Gesellschaft zu verstehen sind. Zudem standen viele Asketen, wie auch der erwähnte Ibn al‑ Mubārak selbst, mit dem ahl al-ḥadīṯ, dem sogenannten ‚Hadith‑Volk‘, in Verbindung. Diese Gruppe vertrat die Ansicht, dass die Gesetze wörtlicher ausgelegt werden sollten, und widersetzte sich der Religionspolitik der Kalifen. Während der von al‑Maʾmūn im Jahr 218/833 eingeleiteten Inquisition (miḥna) wurde sie von der Obrigkeit verfolgt, was sich erst durch einen von al‑Mutawakkil (gest. 247/861) auf den Weg gebrachten
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Wechsel in der Religionspolitik änderte. Hadith‑Studien wurden während dieser Zeit von wichtigen Familien der muslimischen Elite unterstützt, wie zum Beispiel den Ta‑ hiriden, die die Gouverneure der nahezu unabhängigen Provinz Ḫurāsān stellten. Wir wissen nicht genau, ob die Hadith‑ Gelehrten von einfachen Schenkungen oder genuinen awqāf profitierten, aber es gibt zumindest eine religiöse Stiftung, die eine Verbindung zwischen der Askese dieser Ge‑ lehrten und politischer Opposition herstellt: Sahl b. Salāma, Aufrührer und Kopf einer Bürgerwehr, entfachte während des Bür‑ gerkriegs eine Revolte in Bagdad. Er hatte sein Hauptquartier in einer Moschee, die von den Tahiriden gegründet worden war.26 Das Kalifat der Abbasiden endete mit der Eroberung Bagdads durch die Mongolen im Jahr 656/1258, aber schon seit der Mitte des 4./10. Jahrhunderts übten die Kalifen ihre Macht nur noch nominell aus, wäh‑ rend verschiedene Fürstendynastien die tatsächliche politische Macht innehatten. Die erste dieser Dynastien waren die Buy‑ iden (322–447 / 934–1055 u. Z.). Obwohl wir über keine spezifischen Untersuchungen der Stiftungspraktiken der Buyiden ver‑ fügen, lässt sich vermuten, dass es keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu jenen der späten abbasidischen Kalifen gab. Allerdings sollten wir die Einführung einer neuen Form von Landpachtverhältnissen, iqtāʿ, zur Kenntnis nehmen, die enormen Einfluss auf die spätere Entwicklung der Verwaltung und der Nutzung von Landstif‑ tungen haben sollte. (→ 4.3.4) Die andere große Dynastie, die zusammen mit den abbasidischen Kalifen herrschte, waren die türkischen Seldschuken (447–590 / 1055–1194 u. Z.). Die Informationen zu den Stiftun‑ gen der Seldschuken sind ergiebiger und erlauben es uns, einige Muster in den von dieser Dynastie geförderten Stiftungsprak‑ tiken zu erkennen. Die Seldschuken sind
Periodisierungen
hauptsächlich dafür bekannt, dass sie die Entstehung einer der charakteristischsten islamischen Institutionen initiiert und ge‑ fördert haben: der Medrese (madrasa). Die Gründung der ersten Medrese geht auf den seldschukischen Wesir Niẓām al‑Mulk (gest. 485/1092) zurück.27 Schon sie sollte die äuße‑ ren Merkmale der Institution prägen, die in der Folge so häufig übernommen wurden: Der Gründer legte fest, dass die Medre‑ se einen Prediger (wāʿiẓ), einen Bibliothe‑ kar (mutawallī-ʾl-kutub), einen Koranleser (muqqariʾ) und einen Grammatiker (naḥwī) als Arabischlehrer anstellen sollte.28 Cha‑ rakteristisch für diese Periode ist ferner die außergewöhnlich starke politische Rolle der Frauen, die nach dem Tod ihrer Ehemänner oft die Regierungsgeschäfte übernahmen, woraus auch eine größere Bedeutung der weiblichen Patronage resultiert. Zahlreiche awqāf, zum Beispiel Medresen, Moscheen, Mausoleen und öffentliche Einrichtungen, wurden von seldschukischen Fürstinnen gegründet. Zu diesen potenten Stifterinnen zählen Zāhida Ḫatun, die nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1146 mehr als zwan‑ zig Jahre lang über die persische Provinz Fārs herrschte, Zaitūn Ḫatun, die Frau des Herrschers der Provinz Kerman, und Ter‑ ker Ḫatun, die wiederum Fārs von 1260 bis 1264 regierte.29 Die mongolischen Invasionen unter Dschingis Khan im Jahr 1219 und Hülegü im Jahr 1256 markieren einen Wendepunkt in der Geschichte der islamischen Welt, aber die Rolle der awqāf im Bezug auf soziale und wohltätige Leistungen blieb unverän‑ dert. Nach der Konversion des Īlḫān Ghazan zum Islam im Jahr 1295 wurden fromme Stiftungen ebenfalls häufig von den mon‑ golischen Herrschern Persiens genutzt, aber auch von mongolischen Frauen. Wenn es einen Unterschied zu vorherigen Epochen gibt, so sind das die Entwicklung und end‑ gültige Verfestigung des Sufismus und die
Muslime
Stiftungspraktiken im Zusammenhang mit sufistischen Bruderschaften in den östlichen Regionen des Islam. Diese zunehmende Hin‑ wendung zum Sufismus war offenkundig nicht ausschließlich eine Folge der mongo‑ lischen Invasion, sondern hatte auch andere Gründe. Sie diente in vielfacher Weise als ein Instrument, um das Überleben der Eliten unter den neuen Herrschern zu sichern. Ein Beispiel hierfür ist Anatolien, wo von der Mitte des 7./13. bis zur Mitte des 8./14. Jahr‑ hunderts fünfzehn Sufi‑Konvente in den Handelsstädten Sivas, Tokat und Amasya erbaut wurden.30 Genau diese vermittelnde Rolle zwischen den alten Eliten und den neuen Eroberern ist bezeichnend für viele islamische Stiftungen, die in der Zeit der mongolischen Dynastien gegründet wur‑ den. Charakteristisch für die Epoche sind ferner die zunehmende Islamisierung der Turkvölker und die erneuten Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten. Während des 7./13. Jahrhunderts wurde der Sufismus in vielen ländlichen Gegen‑ den des Iran eine weit verbreitete Lebens‑ form des Islam, und neben der Medrese waren sowohl sufistische Herbergen in den Städten als auch Wehr‑ und Wohnanlagen für Asketen auf dem Land die beliebtesten Stiftungsobjekte. Die Kontrolle der awqāf war zur Zeit der Īlḫāne besser entwickelt als noch bei den Seldschuken; in der Hof‑ verwaltung gab es eine eigene für awqāf zuständige Abteilung.31 Vor der Konversi‑ on der mongolischen Herrscher zum Islam scheinen Wesire die bedeutendsten Stifter der mongolischen Epoche gewesen zu sein: Šams ad‑Dīn al‑Ǧuwainī (gest. 1284) zählt dazu oder Naṣīr ad‑Dīn aṭ‑Ṭūṣī, zugleich ein berühmter Astronom und Philosoph, der einige Stiftungen für wohltätige Zwe‑ cke und zur Verbreitung der ismailitischen Lehre ins Leben rief. Nach ihrer Konversion übernahmen die mongolischen Herrscher den Brauch, religiöse Stiftungen zu gründen,
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wie etwa den beeindruckenden Komplex des Īlḫān Ghazan in Yazd.32 Das herausra‑ gendste Beispiel eines mongolischen waqf wurde jedoch von dem Wesir und Historiker Rašīd ad‑Dīn (gest. 1318) in Täbris gegrün‑ det. Da seine Stiftungsurkunde vollständig erhalten ist, stellt dieser waqf eine der am besten erforschten islamischen Stiftungen des Mittelalters dar. Das Dokument ent‑ hält Vorschriften für die internen Abläufe innerhalb des Stiftungskomplexes, der eine ganze Reihe verschiedener Institutionen beherbergte, und gibt Aufschluss über die Administration der Vermögenswerte. Es weist aber auch innovative Merkmale auf, etwa die Förderung der persischen Kultur: Im Gegensatz zu den zeitgenössischen Ge‑ wohnheiten in der Verwaltung ist diese waqfīya auf Persisch verfasst und legt fest, dass ein Teil der Stiftungserträge für die Abschrift von persischen Büchern zu ver‑ wenden sei. Leider gibt es keine Studien zu dieser breiteren Thematik, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass awqāf während der Mongolenzeit häufig für die Förderung der persischen Kultur und Sprache eingesetzt worden sind. Naher Osten Die Geschichte islamischer Stiftungen ist untrennbar mit der Geschichte der Levante und mit Ägypten verknüpft. Aus der Zeit vor der fatimidischen Dynastie gibt es je‑ doch so gut wie keine Informationen über Stiftungen in dieser wichtigen Region und auch aus der Zeit der Fatimiden sind nur wenige Belege zu den Stiftungspraktiken überkommen. Aus der ayyūbidischen und mamlūkischen Zeit dagegen sind die ma‑ teriellen und dokumentarischen Quellen von herausragender Qualität, was Jeru‑ salem und Kairo in den Mittelpunkt der waqf ‑Forschung rückte. Die erste Dynastie mit einer klar defi‑ nierten Politik im Bezug auf awqāf in dieser
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Region war offenkundig die der Fatimiden. Ihre schiitischen Herrscher richteten sich nach dem imamitischen Recht, das dem ḥanafītischen Recht sehr ähnlich war, aber den Widerruf von awqāf unter bestimmten Umständen erlaubte. Anhand der spärli‑ chen Quellen lässt sich nur ein distinktives Charakteristikum der Stiftungen feststel‑ len, die von fatimidischen Herrschern ge‑ gründet wurden: Versammlungsmoscheen wurden anderen Stiftungstypen vorgezogen. Der Grund für diese Präferenz liegt in dem Ziel der Verbreitung ihrer ismailitischen Glaubens‑ und Rechtsauffassung, die in den Imamen der gestifteten Moscheen das perfekte Missionierungswerkzeug fand.33 Das schiitische Zwischenspiel unter den Fatimiden bestimmte als zu überwindender Vorläufer zu einem großen Teil auch die Stif‑ tungspraktiken der folgenden Dynastien; man bezeichnet ihre Religionspolitik nicht ohne Grund als ‚Sunnitische Restauration‘. Der zweite Faktor, der den Stiftungen des 7./12. bis 9./15. Jahrhunderts einen speziel‑ len religiösen Stempel aufdrücken sollte, kam aus der nicht‑islamischen Welt, näm‑ lich mit den Kreuzzügen aus dem Westen. Natürlich wurden islamische Stiftungen weiter für soziale und wohltätige Zwecke genutzt, aber bezeichnend für die zangi‑ dische und ayyūbidische Haltung gegen‑ über den awqāf ist deren offensichtliche Nutzung als religiöse Instrumente für die Umsetzung von politischen Entscheidun‑ gen, die sich um zwei Hauptpunkte dreh‑ ten: die schiitische Gedenkkultur und die christliche Bedrohung. Die antischiitische Haltung von zentra‑ len historischen Figuren wie Nūr ad‑Dīn az‑Zangī und insbesondere Saladin nahm unterschiedliche Züge an. Betrachtet man die Materialität der Stiftungen, so ist eine klare ästhetische Rückbesinnung auf die umayyadische Tradition und ihre Formen‑ sprache zu erkennen, die stellvertretend
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für das Sunnitentum angesehen wurde. (→ 6.3.2) Sunnitischen Berühmtheiten wur‑ de ebenfalls gehuldigt, wie etwa aš‑Šāfiʿī, dem Saladin ein beeindruckendes Mauso‑ leum in Kairo erbauen ließ. Schiitische Mo‑ numente wurden zudem systematisch abge‑ rissen, um das Andenken an die Fatimiden auszulöschen. Awqāf wurden ferner häufig zur Kontrolle und Erneuerung der religiö‑ sen Eliten genutzt; Saladin etwa gründete verschiedene Medresen in Jerusalem und Kairo, wo er syrische Gelehrte einsetzte, die den Lehren von al‑Ašʿarī folgten. Die Spuren, die die Erfahrung der Kreuz‑ züge in den Stiftungspraktiken der Zen‑ giden und Ayyūbiden hinterlassen haben, sind etwa in den christlichen Spolien zu erkennen, die für Stiftungsgebäude (etwa das berühmte Spital Nūr ad‑Dīns in Da‑ maskus) verwendet wurden. Christliche Bauten in Jerusalem wurden abgerissen und anschließend durch neue islamische Stiftun‑ gen ersetzt. Auch eine der wichtigsten In‑ novationen Saladins in der Stiftungspolitik war eine direkte Folge der Kreuzzüge: Zum ersten Mal wurden Erträge aus Stiftungs‑ eigentum, ungeachtet der ursprünglichen Bestimmungen des Stifters, an die staatliche Schatzkammer überstellt, um die Kriegs‑ kosten bestreiten zu können.34 Viele dieser Praktiken wurden auch von den türkischen Herrschern beibehalten, die das ayyūbidische Sultanat 1250 übernah‑ men und bis 1517 regierten. Der Beginn der Mamlūkenherrschaft stellt dennoch einen Wendepunkt in der Geschichte der islami‑ schen Stiftungen dar. Die Mamlūken waren freigelassene Sklaven, die ein elektives poli‑ tisches System begründeten, in dem das Sul‑ tanat nicht erblich war, sondern vielmehr an einen anderen, nicht in Ägypten geborenen, freigelassenen Sklaven weitergegeben wur‑ de. Die offenkundige soziale Instabilität, die dieses System erzeugte, betraf nicht nur die herrschenden Familien, sondern auch den
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Hofstaat, der ständigen politischen Verän‑ derungen ausgesetzt war. Dies wurde durch eine spezielle und innovative Nutzung der awqāf gelöst. Die Mamlūken verwende‑ ten religiöse Stiftungen, um öffentliches Eigentum zu appropriieren und ihren Fa‑ milien Vermögen hinterlassen zu können; insbesondere gilt das für die Nachkommen der Sultane, die in Ägypten geboren wa‑ ren und in den Quellen den Namen awlād an-nās (‚Die Kinder des Volkes‘) tragen.35 Diese Stiftungen nahmen viele Formen an, aber am charakteristischsten sind die mo‑ numentalen Mausoleen der Herrscher, die eine unübersehbare Zurschaustellung von Reichtum und sozialem Status boten. Eine weitere charakteristische Ei‑ genschaft der Stiftungspraktiken in der mamlūkischen Periode ist, wie auch im Fall der Mongolen, eine direkte Folge der Popu‑ larität und der Verbreitung des Sufismus. Obwohl die Ayyūbiden bemüht waren, die Lehre des Ašʿarī einzuführen, begann der Sufismus im Laufe des 7./13. Jahrhunderts eine Vormachtstellung bei der breiten Masse der Stadt‑ und Landbevölkerung einzuneh‑ men, deren Kontrolle die Mamlūken an‑ strebten. Zahlreiche Institutionen wurden an Sufi‑Bruderschaften und šaiḫs gestiftet, dazu zählten zāwiyas, ribāṭs und ḫānqāhs, wo die Mitglieder der sufischen Bruder‑ schaften ein asketisches Leben fernab von weltlichen Einflüssen führen konnten. Hier war es ihnen nun auch möglich zu lehren, was in offener Konkurrenz zu den Medre‑ sen geschah, die bis dahin das Monopol auf höhere Bildung genossen hatten.36
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liegt in der Beschaffenheit der Quellen. Do‑ kumentarische Quellen sind so gut wie nicht vorhanden, und obwohl sich die Forschung auch auf narratives und Verwaltungsschrift‑ gut stützen kann, ist die Hauptquelle ein einzelnes Werk, das im 10./16. Jahrhundert zusammengestellt wurde: ‚Miʿyār al‑muġrib‘ von al‑Wanšarīsī, eine Sammlung von Fat‑ was, die von mālikītischen Gelehrten zwi‑ schen dem 6./12. und dem 9./15. Jahrhundert ausgegeben wurden. Dieses Werk ist nicht chronologisch, sondern thematisch geord‑ net; viele der Fatwas sind anonym oder ver‑ fügen über keinen historischen Kontext.37 Was die Einstellung gegenüber den awqāf anbelangt, so gibt es nur wenige Verände‑ rungen, die mit historischen Ereignissen in Verbindung stehen. Die erste war eine doktrinäre Veränderung in Bezug auf die Vermächtnisse der Stifter im Kontext der christlichen ‚Reconquista‘. Je mehr Ressour‑ cen der ǧihād verschlang, desto mehr nahm die Bereitschaft der Juristen ab, sich an die Bestimmungen der Stifter hinsichtlich der Verwendung ihrer Vermögen zu halten; die Mittel wurden also dem Heiligen Krieg zugeführt. Die zweite relevante Verände‑ rung ist auch auf interreligiöse Spannungen zurückzuführen: Zum einen wurde den christlichen und jüdischen Minderheiten das Recht entzogen, ihre eigenen awqāf zu verwalten, um sie vor Zwangsenteignung durch die almoravidischen Behörden zu schützen. Zum anderen wurden diese reli‑ giösen Minderheiten später sogar von den Almohaden vertrieben, die sich in der Folge auch deren Stiftungen zu eigen machten. Da es Christen und Juden verboten war, das Al-Andalus und Maghreb Gebiet der Almohaden zu betreten, wurden Es gibt keine diachrone Studie über isla‑ ihre Stiftungen in der Regel in muslimische mische Stiftungen in Al‑Andalus und dem Institutionen, etwa Moscheen, eingegliedert. Maghreb. In dieser Region ist es für den ge‑ Die Heterodoxie der Almohaden hatte samten Zeitraum des Mittelalters überhaupt auch weitreichende Auswirkungen auf die sehr schwierig, Zäsuren in den Stiftungs‑ Regierung der Merinidendynastie, die jene praktiken zu identifizieren. Der Hauptgrund stürzte und ihnen nachfolgte. In Anbetracht
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der religiös devianten Positionen und Prak‑ tiken ihrer Vorgänger lässt sich in diesem Sinne die klare politische Ausrichtung der merinidischen Könige mit Blick auf die Stif‑ tung von Medresen erklären: Sie sahen darin das beste Instrument, um den almoha‑ dischen Einfluss zu beenden, die religiösen Eliten zu erneuern und die mālikītische Lehre wiedereinzuführen.38 Osmanisches Reich Obwohl das Osmanische Reich nicht in die chronologischen Grenzen des islami‑ schen Mittelalters fällt, scheint es zwin‑ gend notwendig, einige Anmerkungen zu den auffälligsten Merkmalen osmanischer Stiftungspraktiken zu machen, vor allem was die Kontinuitäten und Diskontinuitä‑ ten zu früheren Praktiken anbelangt. Das islamische Stiftungskonzept bot eine gute Lösung für Probleme mit Landbesitz, die im Zuge der osmanischen Eroberung im 9./15. Jahrhundert aufkamen. Während die Sultane eroberte Gebiete in Staatseigentum eingliedern wollten, sahen viele Pächter und Armeeangehörige, die erobertes Land als Le‑ hen erhalten hatten, ihren Grund und Boden als ihr privates Eigentum an und erklärten ihn zu einem waqf, um der Konfiskation durch die Behörden zu entgehen. Die Menge von Grundbesitz in der Hand von awqāf war im ersten Jahrhundert unter osmanischer Herrschaft noch ziemlich moderat, stieg dann aber im Zeitraum von 1600 bis 1800 kontinuierlich an und umfasste schließlich zwischen zwei Dritteln und drei Vierteln des gesamten Reichsgebietes.39 Wie bei den Mamlūken spiegelte der Status dieser Län‑ dereien den Geist der islamischen Gesetze im Hinblick auf die awqāf nicht hundert‑ prozentig wider, sondern stellte eher eine besondere Auslegung seines Wortlautes dar. Danach war die Inbesitznahme von öffentlichem Eigentum und Abgaben ebenso erlaubt wie die Weitergabe der Rechte von
Periodisierungen
Begünstigten einer Stiftung wie bei einer richtigen Erbschaft des Gutes.40 Die Zunahme von Besitztümern in der Hand von awqāf betraf nicht nur die Pacht‑ struktur, den Status von Grundbesitz und bewegliche Güter, sondern so ziemlich jeden Aspekt der osmanischen Wirtschaft und des sozialen Lebens. Die bekannteste Innovati‑ on dieser Zeit war jedoch die Antwort, die man auf das Problem des wachsenden Kre‑ ditbedarfes der Privatwirtschaft fand: den Bargeld‑waqf. Der Bargeld‑waqf war in der Theorie eine Stiftung in Form von Bargeld, in der Praxis war er jedoch ein Finanzin‑ strument, um ohne Verletzung religiöser Verbote Kredite mit Zinsen zu vergeben. Dies zog natürlich die Kritik zahlreicher muslimischer Gelehrter nach sich, wurde aber letztendlich seit dem 9./15. Jahrhundert von den Behörden geduldet.41 4.3.4 Stiftung und historischer Wandel Der Immobilienmarkt in Kairo während des 8./14. Jahrhunderts erlebte eine außer‑ gewöhnliche Entwicklung, die letztlich zu einer Immobilienblase führte: Die steigende Nachfrage der mamlūkischen Eliten nach urbanen Immobilien und der Mangel an ver‑ fügbaren Objekten zog nicht nur einen ra‑ santen Anstieg der Preise nach sich, sondern trug auch zur Entwicklung von neuen Stra‑ tegien für die Gewinnung von Bauland bei. Die häufigste Lösung basierte auf dem Prin‑ zip von istibdāl, was bedeutete, dass die un‑ produktive Liegenschaft eines waqf gegen ein vorteilhafteres Objekt getauscht werden konnte. Folglich wurden viele städtische waqf‑Immobilien, insbesondere Geschäfte und Werkstätten, abgerissen, um an ihrer Stelle neue Gebäude als Stiftungsgut zu er‑ richten, die den Bedürfnissen der urbanen Eliten eher entsprachen; vor allem waren dies monumentale Bauwerke. Diese Praxis
Muslime
erwies sich als ein fast unüberwindbares Hindernis für Händler, die ein Geschäft in der Stadt eröffnen wollten. Nicht nur die Immobilienpreise waren dafür verantwort‑ lich, sondern auch die Tatsache, dass sie mit den bereits etablierten Händlern oder Handwerkern konkurrieren mussten; diese waren Pächter eines Geschäftes in einem waqf ‑Gebäude und kamen somit in den Genuss von den sehr niedrigen Mieten, die die Stiftungen erhoben (ḥikr). Der Wettbe‑ werb unter urbanen Händlern stützte sich also auf künstlich niedrig gehaltene Mieten, was eine katastrophale Auswirkung auf die Wirtschaft hatte: Sowohl der Wettbewerb als auch die Produktivität wurden einge‑ schränkt, weil Objekte im Besitz eines waqf nicht veräußert und in Privateigentum um‑ gewandelt werden durften, sodass letztlich nur die jeweiligen Pächter in den Genuss der Vorteile kamen.42 Auch wenn diese kurze Beschreibung der Wohnungsnot in Kairo sehr einfach gehalten ist, so zeigt sie doch die vielseitige Problematik, die mit der Periodisierung von Stiftungspraktiken einhergeht. Die Rolle der awqāf in der ägyptischen Gesellschaft wäh‑ rend einer bestimmten Zeitspanne kann nicht erfasst werden anhand einer Periodi‑ sierung, die sich allein auf das Konzept von Stiftungen konzentriert. Die Bedeutung und Multivalenz des waqf kann nur angemes‑ sen gewürdigt werden, wenn man ihn als Teil eines breiteren historischen Prozesses bewertet; dazu gehören die Entwicklung von Grund‑ und Bodenbesitz, der Immobili‑ enwerte oder veränderte Handelsstrategien. Die Gründung eines waqf ist eine Handlung mit dem Ziel, Gott nahe zu kommen (qurba). Der waqf kann aber auch religiöse und soziale Leistungen zur Verfügung stellen, ein Finanzinstrument sein oder als ein Sys‑ tem für die Verpachtung von Grundbesitz und Vermietung von Immobilien dienen. So sollte also ein chronologischer Ansatz
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in der islamischen Stiftungsforschung auch auf der Periodisierung von Aktivitäten ba‑ sieren, an denen der waqf nur beteiligt ist. Obgleich es sehr schwierig ist, verschiede‑ ne soziale Felder für eine solche diachrone Untersuchung zu isolieren, gibt es doch ei‑ nige Aspekte, die diese Phänomene sowohl im Einflussbereich der Wirtschaft als auch der religiösen Doktrin veranschaulichen können. Wirtschaft Die Rolle des waqf für die wirtschaftliche Entwicklung in islamischen Ländern ist bereits hinlänglich diskutiert worden, ins‑ besondere was die Neuzeit betrifft. Obwohl es keine Debatten über die Periodisierung von ökonomischen Praktiken des Mittelal‑ ters gibt, können wir uns die veränderte Rolle der awqāf im Laufe der Zeiten an zwei Beispielen vergegenwärtigen. Das erste und offensichtlichste sind die Mo‑ dalitäten, die sich im Zusammenhang mit der Landverpachtung entwickelt haben. Es handelt sich hierbei insbesondere um das iqṭāʿ‑System, das im 3./9. Jahrhundert in den islamischen Ländern aufkam. Anfangs war damit das Recht von hochrangigen Mi‑ litärangehörigen verbunden, anstatt ihres regulären Solds Steuern für ein bestimmtes Stück Land einzutreiben; Voraussetzung war, dass die Erzeugnisse dieser Lände‑ reien vom Staat kontrolliert wurden. Diese Art der Verwaltung der Steuereintreibung erwies sich jedoch als extrem unvorteil‑ haft für den Staat, sodass die Buyiden im 4./10. Jahrhundert eine zweite Form die‑ ses Systems einführten: die sogenannten militärischen iqṭāʿ. Sie bestanden in der Vergabe von Lehen an ranghohe Militärs, die direkt von den Erträgen profitierten statt Steuern darauf eintreiben zu müssen. Die Begünstigten solcher Konzessionen erhielten ein jährliches Einkommen aus dem Ertrag dieser Ländereien, mit dem
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sie die Truppen unter ihrem Kommando entlohnen konnten. Obwohl das System mehr als ein Jahrhundert lang von ver‑ schiedenen Dynastien benutzt wurde, war es auch äußerst ineffizient und behinderte die Produktivität der Ländereien.43 Es gab etliche Versuche, die Verwaltung von Län‑ dereien auf iqṭāʿ‑Basis zu verbessern, aber es war Saladin, der die wichtigste dieser Reformen einleitete: Er konfiszierte den Grund und Boden, der den fatimidischen Armeen als iqṭāʿ zugewiesen worden war, und wandelte ihn in awqāf um, um selbst für seine Verwaltung Sorge tragen und von seinem Ertrag direkt profitieren zu kön‑ nen. Im 6./12. Jahrhundert nutzten Saladin und seine Nachfolger, die Ayyūbiden, das System des waqf jedoch nicht nur, um die landwirtschaftliche Produktion zu kont‑ rollieren, sondern auch, um die Wirtschaft mit Geld zu versorgen und die Abkehr von der Naturalwirtschaft zu forcieren.44 Der waqf wurde in der Folge auch von den Mamlūken als das Mittel der Wahl für die Bewirtschaftung von Grund und Boden angesehen, allerdings mit einem Unter‑ schied: Die awqāf der Ayyūbiden waren hauptsächlich öffentliche Stiftungen, die aus der Enteignung von Besitztümern der Kreuzfahrer und der Fatimiden hervorgin‑ gen, während die Mamlūken das System des waqf nutzten, um sich öffentliches Ei‑ gentum anzueignen. Sie gründeten damit Familienstiftungen und konnten auf diese Weise den Nachkommen der mamlūkischen Beamten eine wirkliche Erbschaft sichern. Obwohl der Status dieser Stiftungen oft unklar ist und viele dieser Ländereien wei‑ terhin zu einem großen Teil vom Staat ab‑ hängig waren, lässt sich doch ein Prozess der Privatisierung erkennen, der im Laufe des 9./15. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreichte.45 Natürlich stellte das waqf ‑Sys‑ tem auch in osmanischer Zeit die häufigste Form der Landverpachtung dar.
Periodisierungen
Wenn wir unsere Aufmerksamkeit also auf die Entstehung großer Grundbesitz‑ komplexe richten, bemerken wir, wie sich die Modalitäten von Pacht und Bewirtschaf‑ tung bis zur neuen Agrarpolitik von Sala‑ din verändert hatten. Diese Veränderungen hatten natürlich auch Auswirkungen auf andere Bereiche, wie zum Beispiel auf die waqf ‑Miete (ḥikr), die zunehmend an Be‑ deutung gewann, und auch auf Einnahmen, die der Staat aus diesen Geschäften erzielte, da awqāf wesentlich geringer besteuert wurden als andere Liegenschaften. Ein zweites Beispiel, das die Rolle des waqf im Spiegel von Wandel und Konti‑ nuität wirtschaftlicher Institutionen ver‑ anschaulichen kann, ist der Handel. Die Forschung hat die unterschiedliche Entste‑ hungsgeschichte der jeweiligen wirtschaftli‑ chen Institutionen in den europäischen und islamischen Gesellschaften hervorgehoben, insbesondere das Fehlen von Korporationen in der islamischen Welt.46 Paradoxerweise ist der Grund hierfür nicht die vermeint‑ liche Rigorosität der islamischen Gesetze und Institutionen, sondern die außerge‑ wöhnliche Flexibilität der Instrumente, wie beispielsweise des waqf. Die beiden wich‑ tigsten Formen einer Handelsgesellschaft nach islamischem Recht stammen aus der Anfangszeit des Islam. Die elementarsten Formen sind muḍāraba oder muqāraḍa, eine Partnerschaft zwischen Investor und Händ‑ ler, bei der nur der Investor haftet – ähnlich wie bei der europäischen comenda –, und mušāraka, eine Partnerschaft, bei der beide Parteien haften – ähnlich wie bei der euro‑ päischen compagna.47 Die Hauptprobleme dieser Formen von Handelspartnerschaften bestehen darin, weitere Partner ins Boot zu holen und den Bestand der Partnerschaft über den Tod eines ihrer Gründer hinweg zu sichern. Nach islamischem Recht war in diesem Falle eigentlich die Verbindung beendet, sodass eine Aufteilung des Kapitals
Muslime
entsprechend dem islamischen Erbrecht die Folge wäre. In Europa wurden deshalb neue Institutionen, wie Körperschaften und Banken, ins Leben gerufen. In islamischen Ländern war das nicht notwendig, weil diese Schwierigkeiten durch andere Inst‑ rumente, insbesondere awqāf, umgangen werden konnten. Obwohl wir über keine detaillierten Studien zur Nutzung von awqāf als Ersatz für geschäftliche Partnerschaften verfügen, wissen wir, dass islamische Stif‑ tungen während des Mittelalters in zuneh‑ mendem Maße dazu genutzt wurden, die Verbindung nach dem Tod eines der beiden Partner zu erhalten. Sie wurden ebenfalls dazu genutzt, die Haftung für geschäftli‑ che Operationen auf verschiedene Personen aufzuteilen. Diese Personen waren meistens die Begünstigten des waqf und wurden dadurch, wenn auch nicht de jure, so doch de facto, zu Partnern gemacht. Schließlich entwickelten sich die islamischen Stiftun‑ gen ab dem Zeitpunkt zu Kreditinstituten, als die Osmanen den Bargeld‑waqf ein‑ führten. Eine Periodisierung der Handels‑ vorschriften und der Modalitäten einer ge‑ schäftlichen Partnerschaft würde deshalb einen zweckmäßigen Rahmen bieten, um die Nutzung von awqāf als ökonomische Institutionen und die Veränderungen in den Stiftungspraktiken verstehen zu können. Religiöse Lehren Obwohl sich auch interessante Muster in der Chronologie von religiösen Praktiken im Kontext der waqf ‑Kultur erkennen lassen, wie zum Beispiel die wiederholte Nutzung von Stiftungen als eine Form der religiösen Buße nach Naturkatastrophen, so liegt doch die eigentliche Bedeutung der awqāf in der Entwicklung von religiösen Lehren, bei denen sie eine ganz entschei‑ dende Rolle spielen. Religiöse Lehren und auch die Geset‑ ze des Islam wurden von der Forschung
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oftmals als unwandelbare Diskurse wahr‑ genommen, die seit ihrer Entstehung in der formativen Epoche des Islam ohne jeg‑ liche Veränderungen geradezu versteinert geblieben seien. Diese Sichtweise ist jetzt widerlegt, und es wurde stichhaltig argu‑ mentiert, dass sich die islamischen Gesetze im Laufe der Zeit schon immer verändert haben, je nachdem, welcher muftī (‚Rechts‑ gelehrte‘) sie interpretierte. In dieser Hin‑ sicht ist die Veränderung der juristischen Interpretationen bezüglich des Phänomens waqf ein paradigmatisches Beispiel. Das gilt nicht nur für die eigentlichen doktrinären und rechtlichen Veränderungen, sondern auch für die außergewöhnliche Leistung der islamischen Stiftungen, ihre Funktio‑ nen an die jeweiligen sozialen Bedürfnisse anzupassen, die die historischen Umstände verlangen. Am offensichtlichsten sind die Veränderungen, die sich aus dem Kontakt mit den Christen ergeben haben. Das betrifft sowohl die christlichen Minderheiten in is‑ lamischen Ländern als auch die christlichen Armeen, die im ğihād bekämpft wurden. Die Veränderungen in der Haltung gegenüber den ḏimmīs etwa, den geschützten religi‑ ösen Minderheiten, sind sehr gut belegt, insbesondere deren Recht zur Gründung eigener awqāf : Al‑Ḥaṣṣāf erklärt in seiner Abhandlung aus dem 3./9. Jahrhundert, dass Juden und Christen Eigentum zu gleichen Konditionen wie Muslime stiften könnten, wenn die gesamte Gesellschaft von diesen Stiftungen profitierte und nicht nur ihre jeweiligen Glaubensgenossen. Einige der frühen mālikītischen Gelehrten, wie etwa Ibn al‑Qasim (gest. 191/807), ein Schüler von Mālik ibn Anas selbst und wichtigste Au‑ torität der mālikitischen Gelehrsamkeit in Al‑Andalus, setzten christliche Stiftungen von Kirchen und Klöstern mit muslimi‑ schen awqāf sogar weitgehend gleich und erklärten deren Enteignung durch die mus‑ limischen Behörden für unrechtmäßig.48 In
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späterer Zeit benennen juristische Abhand‑ lungen und Fatwas jedoch einige Einschrän‑ kungen: Die Gründung von Stiftungen zu Gunsten von Kirchen und Synagogen wurde verboten, wobei einige Autoren die Stiftun‑ gen zu Gunsten des Tempels in Jerusalem ausklammern. Ibn al‑Qayyim (gest. 751/1350) stellt darüber hinaus klar, dass Christen nicht Tavernen und Bordelle als Begüns‑ tigte einer Stiftung einsetzen dürften, was Muslimen ohnehin verboten wäre, Ange‑ hörigen anderer Religionen jedoch mögli‑ cherweise zuzutrauen sei. Diese Äußerung ist natürlich nicht durch tatsächliche Fälle erforderlich geworden, sondern ein Ver‑ such, die christlichen Stiftungspraktiken als Ganze zu diskreditieren. Auch sonst gab es Versuche, gegen christliche Stiftungen vor‑ zugehen. Der Damaszener Ibn Taimīya (gest. 728/1328), Lehrer von al‑Qayyim, erklärte in einer fatwa, dass alle christlichen Stiftun‑ gen von muslimischen Behörden annulliert werden könnten. In Andalusien wandte Ibn Qaṭṭān (gest. 460/1068) juristische Konzep‑ te, die eigentlich den ǧihād betrafen, auch auf den waqf an, um einige christliche Schenkungen für ungültig zu erklären.49 In diesen Fällen veränderte sich die Doktrin über awqāf religiöser Minderheiten parallel
Periodisierungen
zur Entwicklung der Beziehungen zu den christlichen Potentaten oder der religiösen Orientierung der herrschenden muslimi‑ schen Dynastien. Die Auseinandersetzun‑ gen mit Christen und Juden wirkten auch auf die muslimischen Stiftungen zurück. So wurden frühere Konzessionen einer Anpas‑ sung des Stiftungszwecks und der Stiftungs‑ begünstigten unter dem Eindruck ‚ewiger Stiftungen‘ bei den Christen durch die Ju‑ risten zunehmend eingeschränkt, da sie nicht mit der ursprünglichen Intention des Stifters übereinstimmten. Mit der Ankunft der Kreuzfahrer im Osten und den Erfolgen der ‚Reconquista‘ auf der Iberischen Halb‑ insel begann sich die rechtliche Meinung jedoch wieder zu ändern. Verschiedenen Rechtsgelehrten zufolge konnten sowohl die erwirtschafteten Erträge eines waqf dem ǧihād zugeführt werden als auch der Vollzug der Stiftung den militärischen Be‑ dürfnissen angepasst werden. In diesem Fall ist der Verlauf des ǧihād gegen die Christen der Faktor, von dem die historischen Ver‑ änderungen der religiösen Lehren und der praktischen Umsetzung islamischer Stif‑ tungen abhingen. IS
Anmerkungen 1 Einige Diskussionen zur Periodisierung islami‑ 7 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), scher Geschichte finden sich bei Goitein, Periodi‑ sation of Islamic History (1968); Hodgson, Venture of Islam (1974), 48 f.; Blankinship, Islam and World History (1991); Varisco, Making Medieval Islam Meaningful (2007). 2 Zu diesen Theorien siehe Hallaq, Gate of Ij‑ tihad (1984). 3 Cahen, Réflexions sur le waqf ancien (1961), 38. 4 Amīn, Awqāf wa‑ʾl‑ḥayāt al‑iǧtimāʿīya (1980). 5 Arjomand, Philanthropy(1998). 6 Çizakça, History of Philanthropic Founda‑ tions (2000).
91–135 (Kapitel: ‚Les fondations pieuses à l’épreuve du temps‘). 8 Corpus of South Arabian Inscriptions I–III. Qa‑ tabanic, Marginal Qatabanic, Awsanite Inscrip‑ tions. Ed. Alessandra Avanzini. Pisa 2004, 270 f. 9 Vgl. die Stiftungsinschriften von Votivobjek‑ ten in Corpus of South Arabian Inscriptions. Ed Avanzini (wie Anm. 8), 158 f. 10 Al-Ghabban / Franke / Gierlichs, Roads of Arabia (2011), 188. 11 Cahen, Réflexions sur le waqf ancien (1961), 31–56.
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Muslime
12 Shahīd, Byzantium and the Arabs (1989), 191. 13 Der bibliographische Katalog ,al‑Fihrist‘,
erstellt von Ibn an‑Nadīm im 4./10. Jahrhundert, verzeichnet fünf Bücher mit dem Titel ,Kitāb ad‑ Diyārāt‘ (‚Buch der Klöster‘); vgl. Kilpatrick, Mo‑ nasteries through Muslim Eyes (2003), 20. 14 Macuch, Sasanidische Stiftung für die Seele (1994). 15 Zu diesen frühen Polemiken siehe Hennigan, Birth of a Legal Institution (2004), 93 f. 16 Ebd., 107–110. 17 Ebd., 110 f. 18 Ebd., 107–185. 19 Ibn Taimīya, al‑Fatāwā al‑kubrā. Ed. Muḥammad ʿAbd al-Qādir ʿAṭā / Muṣṭafā ʿAbd alQādir ʿAṭā, Bd. 5. Beirut 1987, 425–461. 20 Al‑Wanšarīsī, Miʿyār al‑muġrib. Ed. Muḥammad Ḥağğī, Bd. 7. Rabat 1981. 21 Abbott, Two Queens of Baghdad (1974), 118 f.; 238 f.; 256 f. 22 So beispielsweise die Moschee von al‑Hādī (gest. 169/785) in Bagdad; vgl. Abū ʾn-Naṣr, Awqāf fī Baġdād (2002), 16. 23 Ein Bericht über abbasidische awqāf, er‑ wähnt in den Quellen vom 5./11. bis zum 7./13. Jahr‑ hundert, bei Abū ʾn-Naṣr, Awqāf fī Baġdād (2002). 24 Zu diesem Phänomen, siehe Tor, Privatized Jihad (2005); hier bezieht sie das Konzept der Pri‑ vatisierung auf ehrenamtliche Tätigkeiten und nicht auf den Staat. 25 El-Hibri, Reinterpreting Islamic Historiogra‑ phy (2004), 21 f. 26 Madelung, Vigilante Movement (1990). 27 Zu Ursprung und Entstehung dieser Insti‑ tutionen, siehe Makdisi, Rise of Colleges (1981). 28 Ibn al‑Ǧawzī, al‑Muntaẓam fī tāʾrīḫ al‑mulūk wa‑ʾl‑umam, Bd. 9. Hyderabad 1940, 66. 29 Arjomand, Philanthropy (1998), 117 f. 30 Wolper, Cities and Saints (2003), 16 f. 31 Arjomand, Philanthropy (1998), 119. 32 Lambton, Continuity and Change (1988), 155. 33 Loiseau, Maison du sultan, Bd. 1 (2010), 29 f. 34 Lev, Charity, Endowments, and Charitable Institutions (2005), 7 f. 35 Conermann / Saghbini, Awlād al‑Nās (2002). 36 Zu diesen Institutionen siehe Fernandes, Evo‑ lution of a Sufi Institution (1988). 37 Al‑Wanšarīsī, Miʿyār al‑muġrib. Ed. Ḥağğī (wie Anm. 20).
38 Shatzmiller, Berbers and the Islamic State (2000), 95–114.
39 Barnes, Introduction to Religious Founda‑ tions (1986), 42.
40 Ebd., 48. 41 Mandaville, Usurious Piety (1979). 42 Zu istibdāl und Immobilienmarkt in Kairo siehe Fernandes, Istibdāl (2000).
43 Sato, State and Rural Society (1997), 28 f. 44 Heidemann, Economic Growth and Curren‑ cy (2009).
45 Sabra, Rise of a New Class (2004). 46 Kuran, Long Divergence (2012), 97–116. 47 Über muslimische Regeln zur Partnerschaft
siehe Udovitch, Partnership and Profit (1970), und Çizakça, Comparative Evolution of Business Part‑ nerships (1996), bes. 10–64. 48 Siehe Ibn Rušd al‑Ǧadd, Al‑Bayān wa‑ʾt‑ taḥṣīl wa‑ʾš‑šarḥ wa‑ʾt‑tawǧīh wa‑ʾt‑taʿlīl fī masāʾil al‑muštaḫraǧa. Ed. Muḥammad al-ʿArāʾišī, Bd. 13. Beirut 1988, 327. 49 Zu diesen Polemiken gegen christliche Stiftun‑ gen siehe García Sanjuán, Caridad islámica (2011).
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4.4 Juden 4.4.1 Allgemeines Da systematische Auswertungen des uns heute bekannten Quellenmaterials nur unzureichend vorliegen, erweist sich eine Periodisierung des vormodernen Stiftungs‑ wesens der Juden als schwerlich praktikabel. Im Folgenden kann deshalb lediglich geprüft werden, ob die Periodisierungsmodelle, die sich in der jüdischen Geschichtsforschung etabliert haben, einen geeigneten Rahmen für eine chronologische Ordnung des Stif‑ tungswesens bieten können. Demzufolge muss zuerst geklärt werden, nach welchen Kriterien ‚jüdische Geschichte‘ überhaupt periodisiert wurde und inwiefern sich da‑ bei die Orientierung am mittelalterlichen Jahrtausend der eurozentrisch‑christlichen Tradition (500–1500 u. Z. – nach jüdischer Zeitrechnung 4359–5259 nach der Erschaf‑ fung der Welt) als hilfreich erwiesen hat. 4.4.2 ‚Jüdisches Mittelalter‘ In der Judaistik beziehungsweise in den Jüdischen Studien konnte sich bis heute keine allgemein anerkannte Periodisierung der jüdischen Geschichte etablieren. Be‑ reits zum Ende des 19. Jahrhunderts unter‑ schieden Vertreter der jüdischen Aufklä‑ rung (haskalah) eine sephardische judaeo‑ arabische Kultur im Mittelalter, die sie als ‚Goldenes Zeitalter‘ bewerteten, von einer aschkenasischen ‚mittelalterlichen‘ Kultur, die – nach christlichem Vorbild – in die Frühe Neuzeit datiert wurde und durch das Auftreten der jüdischen Aufklärung abgelöst worden sei.1 In späteren Bestrebun‑ gen, das ‚jüdische Mittelalter‘ zeitlich einzu‑ grenzen, lassen sich nach Patricia Skinner
drei Betrachtungsweisen unterscheiden 2: Erstens der Versuch, das Mittelalter vor allem durch gesetzliche Zwänge der Juden durch die Mehrheitsgesellschaft zu bestim‑ men. Diesen legalistischen Ansatz vertrat beispielsweise Jacob Marcus, nach dem das jüdische Mittelalter im 4. Jahrhundert mit der diskriminierenden Gesetzgebung Kaiser Konstantins begann und im 18. Jahrhundert mit der rechtlichen Gleichstellung der Juden nach der Französischen Revolution endete.3 Eine zweite Lehre richtete ihr Hauptaugen‑ merk auf innerjüdische Eigenheiten, bei de‑ nen die Idee einer untrennbaren Beziehung zwischen dem gesellschaftlichen Leben der Juden und ihrer Religion entscheidend war. Anhänger dieses Modells bewerteten jüdi‑ sches Recht und jüdischen Ritus als zeitlos und sahen darin die entscheidende Ursache für ein Desinteresse der Juden an der eige‑ nen Geschichte; dieses habe die gesamte Phase der Diaspora, von der Zerstörung des Jerusalemer Tempels (70 u. Z.) bis zum Beginn der Haskalah (18.–19. Jh.), gekenn‑ zeichnet.4 Drittens wurden neuerdings funktionale Zugänge zur chronologischen Ordnung der jüdischen Geschichte vorge‑ schlagen, die sich von einer allgemeinen Periodisierung absetzten und stattdessen versuchten, mit regional voneinander ab‑ weichenden Zeitabschnitten zu arbeiten.5 David Biale etwa, der dezidiert von ‚jüdi‑ schen Kulturen‘ im Plural spricht,6 datiert das Ende des jüdischen Mittelalters in Spa‑ nien auf das Jahr 1492, den Ausklang des polnisch‑jüdischen Mittelalters dagegen erst im 18. Jahrhundert.7 Auch bei den Anfängen des ‚jüdischen Mittelalters‘ ergeben sich in diesem Sinne multiple Datierungen. Man
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Juden
muss nur darauf hinweisen, dass jüdische Präsenz in England erst ab dem 11. Jahr‑ hundert nachgewiesen werden kann.8 Ähn‑ lich verhält es sich mit den Datierungen anderer europäischer Regionen. Obwohl für einige Länder vereinzelte Frühzeugnis‑ se jüdischen Lebens überliefert sind, lässt sich erst gegen Ende des ‚abendländischen‘ Frühmittelalters eine je zunehmende Beleg‑ dichte feststellen, in Aschkenas und Zarfat (Frankreich) ab dem 9.–10. Jahrhundert, in Al‑Andalus seit Ende des 10. Jahrhunderts, in Barcelona und Gerona ab dem 9., im Kö‑ nigreich Kastilien‑León seit dem 10. und in Aragón und Navarra nicht früher als im 11. beziehungsweise frühen 12. Jahrhundert. In Osteuropa waren Juden in bestimmten Re‑ gionen (Kiew, Böhmen, Ungarn und Polen) ab dem 10. und 11. Jahrhundert präsent, au‑ ßerhalb dieser Gebiete aber erst vom 12. und 13. Jahrhundert an.9 Generell lässt sich also sagen, dass die Mehrzahl der Informationen, die über mittelalterliche jüdische Gemein‑ den vorliegen, jener Periode zuzuordnen ist, die Jerry H. Bentley als ‚Zeitalter der inter‑ kulturellen Interaktion‘ beziehungsweise ‚der transregionalen nomadischen Imperien‘ bezeichnete.10 Nach Skinner konfrontiert daher „a close study of the Jewish example (…) the generalist with the incontrovert‑ ible and uncomfortable fact that his or her ‚medieval‘ period from 500 to 1500 is not a universal concept“.11 Auch Michael Toch geht von einer einschneidenden Neuord‑ nung des Judentums im 9. Jahrhundert aus, nämlich der Ausbildung ‚neuer Judentümer‘ auf der Iberischen Halbinsel und nördlich der Alpen, was zeitgleich zu grundlegen‑ den Veränderungen in den Gemeinden in Byzanz, Italien und Südfrankreich geführt habe.12 Eine ökonomische, kulturelle und religiöse Zäsur wäre also besser im letzten Jahrhundert des ersten Millenniums u. Z. zu verorten als zu Beginn des mittelalterlichen Jahrtausends.
4.4.3 Jüdisches Stiftungswesen Aufgrund der heterogenen Entfaltung un‑ terschiedlicher jüdischer Lebenswelten er‑ weisen sich sowohl monokausale als auch universale Ansätze zur Periodisierung der jüdischen Geschichte im Allgemeinen und des jüdischen Stiftungswesens im Besonde‑ ren als ungeeignet. Vielmehr hält die rezen‑ te Forschung aspekthafte Periodisierungen nach wechselnden religiösen, gesellschaft‑ lichen, ökonomischen und politischen Fak‑ toren für überzeugender. Trotzdem lauern Gefahren auch bei einer zu starken Atomi‑ sierung der jüdischen Kulturen, denn bei aller Differenzierung darf eine gemeinsame textliche Basis des Judentums nicht außer Acht gelassen werden.13 (1.) Politische und ökonomische Faktoren: Während manche Wissenschaftler für eine fremdbestimmte Periodisierung aufgrund der fehlenden jüdischen Eigenstaatlichkeit eintreten, betonen andere die Selbstverwal‑ tung der jüdischen Minderheit als eines der Hauptcharakteristika eines ‚mittelal‑ terlichen Rahmens‘.14 Trotzdem könnten Innen‑ wie Außenperspektiven gleicher‑ maßen für die Periodisierung des jüdischen Stiftungswesens herangezogen werden. So hatten etwa die Pogrome in Zarfat und Aschkenas oder die Herrschaft der Almo‑ haden über Al‑Andalus (1147–1269) negative Auswirkungen auf die Lebensumstände der betroffenen jüdischen Gemeinden und deren ökonomische Lage, was die Frequenz der Stiftungsaktivitäten entweder positiv oder negativ beeinflusst haben könnte. In umgekehrter Blickrichtung lässt sich fest‑ stellen, dass mitunter die umfangreichsten Stiftungen in jenen Regionen und Zeiten errichtet wurden, in denen die jeweiligen politischen Machthaber den Juden wohlge‑ sonnen waren. Sicherlich ist es in diesem Sinne nicht als Zufall zu werten , dass
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unter dem judenfreundlichen König Peter I. von Kastilien und León (1334–1396) eine der bedeutendsten Synagogen des mittelalter‑ lichen Spanien gestiftet wurde. (→ 6.4.2) Dass die Blüte der jüdischen gemeindlichen Selbstverwaltung im Mittelalter in engem Zusammenhang mit der Organisations‑ form des Stiftungswesens stand, ist aus den Quellen klar ersichtlich. So wurden in den meisten Fällen unter diesen Bedingungen Vermögen an den Gemeindefonds (heqdesh) gestiftet und durch Gemeindeoffizielle ver‑ waltet. (→ 3.4.3) Neben den Interaktionen zwischen Juden und ihren jeweiligen Umweltkulturen stellt sich auch die Frage nach der Bedeutung überregionaler innerjüdischer Kontakte. Neuesten Untersuchungen zufolge waren die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen jüdischen Gemeinden zu Zeiten des Früh‑ und Hochmittelalters weitaus weniger aus‑ gebildet als früher angenommen wurde. So argumentiert Michael Toch, dass die weni‑ gen Quellen das Bild eines sich über ganz Europa und Nordafrika erstreckenden in‑ ternationalen jüdischen Handelsnetzwerks nicht stützen.15 Eine Ausnahme bildeten die sogenannten Geniza‑Händler – in Nordaf‑ rika ansässige, arabischsprachige Juden –, die zwar internationale Handelsbeziehun‑ gen unterhielten, diese jedoch ausschließ‑ lich mit Christen. Shlomo Dov Goiteins Behauptung, „[genizah merchants] were connected to their coreligionists in Europe by bonds of general culture, religion, and philanthropy“,16 gilt es hingegen noch zu belegen. Wie verbreitet solche (angeblichen) Verbindungen wirklich waren und ob ein Zusammenhang zwischen transkulturellen Kontakten und jüdischen Stiftungsprakti‑ ken festzustellen ist, kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht beantwortet werden.
Periodisierungen
ökonomischen Faktoren steht eine Art von juristischem Dualismus, der sich einerseits aus der Gesetzgebung der Thora und Hala‑ cha, und andererseits aus dem Verhältnis der Juden zur jeweiligen mehrheitsgesell‑ schaftlichen Rechtsordnung ergibt. Dabei herrscht in der Forschung im Besonderen kein Konsens. Manche verfechten die Po‑ sition, dass die Dynamik des jüdischen Religionsgesetzes in erster Linie durch die innovative Exegese von (an sich statischen normativen) Quellen gesteuert worden sei, so dass sich das Recht als anpassungsfähig an wandelbare Umstände und Anforderun‑ gen der Zeit erwiesen habe.17 Andere For‑ scher argumentieren, jüdisches Recht habe sich in Übereinstimmung mit der gängigen Praxis entwickelt, die religiösen Autori‑ täten hätten also die im Gemeindeleben angenommenen Änderungen ex post codi‑ fiziert.18 Am Beispiel des mittelalterlichen Umgangs mit dem Konzept des heqdesh kann man verdeutlichen, dass beide Be‑ trachtungsweisen ihre Gültigkeit besitzen. So zeigt beispielsweise David Fink, dass in der sephardischen Responsaliteratur des 11. und 12. Jahrhunderts mit Hilfe juristischer Analogieschlüsse der rechtliche Sonder‑ status des biblischen heqdesh‑Vermögens mit dem Konzept des Wohltätigkeitsfonds (quppah), das auf entsprechende Diskussi‑ onen im Talmud und in der rabbinischen Literatur zurückzuführen ist, kombiniert wurde, was weitreichende Folgen für die Jurisdiktion jüdischer Stiftungen hatte.19 Die rechtspraktische Methode unterwirft sich hierbei den etablierten Regeln der rabbinischen Hermeneutik,20 wohingegen die Kasuistik kaum Zweifel daran lässt, dass es sich um ergänzende Regulierun‑ gen von schon etablierten Gepflogenheiten handelte. Da bis jetzt keinerlei Studien über mögliche Zusammenhänge zwischen (2.) Religionsgesetzliche Aspekte: In en‑ den halachischen Neuerungen (ḥidushim, ger Verbindung mit den politischen und )חידושיםund dem jüdischen Stiftungswesen
Juden
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vorliegen, fehlt auch hier eine Grundlage linguistisch‑kulturellen Milieu steht. In‑ für die Periodisierung unter religionsge‑ wiefern ein kollektives Curriculum eine setzlichen Gesichtspunkten. gemeinsame normative Basis für das Stif‑ tungswesen mittelalterlicher Juden zu bil‑ (3.) Sprachlich‑kulturelle Perspektive: Nach den vermochte und in welche Beziehungen A. Edrei und D. Mendels kann während dieses ideologische Fundament mit weite‑ des sogenannten Zeitalters der Mischna ren, regional auftretenden Bezugssystemen und des Talmuds sprachlich und kulturell trat, wären weitere Fragestellungen für eine zwischen einem rabbinischen Judentum mögliche Unterscheidung zwischen einem im Osten (Palästina und Babylonien) und spätantiken und einem mittelalterlichen einem biblischen Judentum in der westli‑ Stiftungswesen. chen Diaspora 21 unterschieden werden.22 Während die Lebensweise der griechisch‑ (4.) Intrasoziale Faktoren: Neben jüdischer sprachigen Juden durch die Septuaginta Interaktion mit der Mehrheitsgesellschaft und apokryphe Schriften geprägt wurde, kommen auch innerjüdische soziale Dy‑ standen die Juden Palästinas und Baby‑ namiken für die Periodisierung des Stif‑ loniens unter dem Einfluss der zeitgleich tungswesens in Betracht. Schon in spä‑ entstandenen aramäisch‑ und hebräisch‑ tantiken Quellen lässt sich eine Spannung sprachigen rabbinischen Literatur. Im Ge‑ zwischen dem Kollektiv und dem indivi‑ gensatz hierzu zeichnet sich das Mittelalter duellen Stifter erkennen, die vor allem durch eine – wenngleich unterschiedlich im Kontext der Fragen um kommunales ausgeprägte – breite Akzeptanz des rabbi‑ versus privates Eigentum an Synagogen nischen Schriftguts in fast allen Teilen der thematisiert wird.25 So wird schon in ei‑ jüdischen Welt aus. Demzufolge ließe sich ner Stifterinschrift aus Stobi betont,26 dass zwischen einer Periode der sprachlich und der namentlich genannte Stifter die Bau‑ kulturell geteilten Diaspora bis zum Ende lichkeiten aus eigenen Mitteln errichten des talmudischen Kanonisierungsprozes‑ ließ27 und sich dabei nicht an dem Geld ses und einer nachtalmudischen Phase, die der ‚heiligen Dinge‘ (tōn hagiōn) bedien‑ sich durch ein mehr oder weniger konsis‑ te.28 Genauer handelt es sich bei dieser tentes, kollektives Curriculum auszeichnet, Bezeichnung um das griechische Pendant differenzieren.23 Dass eine solche Einteilung des hebräischen Wortes qodashim,29 also weitreichende Konsequenzen für das Ver‑ jenen Begriff, der später zum Terminus ständnis des vormodernen Stiftungswesens technicus des jüdischen Gemeindefonds haben kann, wird von Edrei und Mendels werden sollte. (→ 1.4.3) In der sephardischen Responsaliteratur durch den Vergleich von griechischen mit hebräischen beziehungsweise aramäischen ist ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhun‑ Inschriften verdeutlicht: „Greek inscriptions derts ein deutlicher Anstieg von Diskus‑ tend to emphasize the Hellenistic focus on sionen über private beziehungsweise se‑ the individual donor, while the Aramaic mi‑private Stiftungen zu verzeichnen; seit and Hebrew inscriptions reflect the Rab‑ Beginn des 14. Jahrhunderts häufen sich im binic worldview that places the commu‑ christlichen Spanien auch die Gründun‑ nity at the center“.24 Dieses Beispiel ver‑ gen von sogenannten ḥevrot ()חברות, also deutlicht auch, dass die Ausbildung von genossenschaftlich organisierten Vereinen. spätantiken jüdischen Gedenkkulturen in (→ 3.4.3) Zwar lässt sich einerseits eine ge‑ engem Zusammenhang mit dem jeweiligen wisse Kontinuität im Spannungsverhältnis
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zwischen dem wohlhabenden Individuum und der Gemeinde erkennen, andererseits scheinen sich aber diese Konflikte auf die Menge der Stiftungsaktivitäten ausgewirkt
Periodisierungen
zu haben. Im Einzelnen wären diese Ent‑ wicklungen allerdings noch zu erforschen. PK
Anmerkungen 1 Vgl. Shear, Early Modern Construction (2010), 450–452. Zur Konstruktion des jüdischen ‚Golde‑ nen Zeitalters‘ in der Wissenschaft des Judentums siehe Hughes, Golden Age of Muslim Spain (2005). 2 Skinner, Confronting the Medieval (2003), 224–228. 3 Vgl. J. Marcus, Jew in the Medieval World (1938, ND 1999). Haim Hillel Ben‑Sasson zufolge erstreckte sich das jüdische Mittelalter von der muslimisch‑arabischen Eroberung 632 u. Z. bis zum Zusammenbruch der sabbatianischen Bewe‑ gung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts; vgl. Ben-Sasson, Geschichte (1995), 473. 4 Vgl. Abrahams, Jewish Life (1896); Kochan, Jew and his History (1977); Dawidowicz / Kozodoy, Use of Jewish History (1992). Häufig findet sich eine solche historische Indifferenz bei den mittelalter‑ lichen Autoren selbst, siehe L. Jacobs, Historical Thinking (1988), bes. 70–73. 5 Siehe z. B. I. Marcus, Medieval Jewish Studies (1990). 6 Biale, Cultures of the Jews (2002). 7 Biale, Power and Powerlessness (1986). 8 Vgl. Skinner, Confronting the Medieval (2003), 227. Unter König Edward I. wurden die Juden 1290 aus England vertrieben, vgl. Barzen / Güntzel, Vertreibungen der Juden (2008). Das ‚jüdische Mittelalter‘ in England würde demnach nur drei Jahrhunderte andauern. 9 Vgl. Toch, Economic History (2013), 70; 110; 117; 168. 10 Bentley, Cross‑Cultural Interaction (1996), 756; 766; vgl. auch Ders., Old World Encounters (1993). Vor allem zu späteren Jahrhunderten Bentley / Ziegler, Traditions and Encounters (2008), 458–592. 11 Skinner, Confronting the Medieval (2003), 221. 12 Toch, Economic History (2013), 242. 13 Vgl. Schwartz, Imperialism (2001), 9; 12. Siehe hierzu auch Satlow, Creating Judaism (2006), 1–21. 14 Vgl. I. Marcus, Medieval Jewish Studies (1990), 115; Skinner, Confronting the Medieval (2003), 227.
15 Toch, Economic History (2013), 134; 141. 16 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 1 (1967, ND
1999), 211; vgl. Toch, Economic History (2013), 62; 199.
17 Siehe z. B. Broyde, Innovation (2010), 133. 18 Vgl. Shapiro, Another Example (1990), 154. 19 Vgl. Fink, Corporate Status of Hekdesh (1985),
18 und vgl. Elon / Levitats, Hekdesh (2007), 779. 20 Vgl. z. B. mit Stemberger, Einleitung in Tal‑ mud und Midrash (1992), 25–40. 21 Edrei / Mendels, Split Jewish Diaspora (2007); vgl. Toch, Economic History (2013), 239 f. 22 Shmuel Safrai datiert in seinem Beitrag für die ‚Geschichte des jüdischen Volkes‘ das Zeital‑ ter der Mischna und des Talmud auf 70–640 u. Z.; siehe Ben-Sasson, Geschichte (1995), 376. Alternativ findet sich auch die Eingrenzung 200–650 u. Z., vgl. Botticini / Eckstein, Chosen Few (2012), 95–123. 23 Vgl. Edrei / Mendels, Split Jewish Diaspora (2007), 94. 24 Ebd., 101. Der Befund Edreis und Mendels’ stützt sich in weiten Teilen auf die vergleichen‑ de Studie Lea Roth‑Gersons (siehe Roth-Gerson, Similarities and Differences [1987], besonders 142). 25 Vgl. Schwartz, Imperialism (2001), 233. 26 Die Datierung der Inschrift variiert zwi‑ schen 165 und 311 u. Z. 27 Ob es sich bei den Baulichkeiten um die Sy‑ nagoge selbst oder vielmehr um spätere Anbau‑ ten handelt, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. 28 CIJ 1, 504–507, Nr. 694. Moshe Gils Behaup‑ tung, die Baulichkeiten seien für den Gemein‑ defonds errichtet worden, lässt sich anhand der Inschrift nicht bestätigen; siehe Gil, Documents (1976); vgl. Niehoff-Panagiotidis, Byzantinische Le‑ benswelten (2004), 96 f. Dort ist lediglich die Rede von einem hagiō topō – einem ‚heiligen Platz oder Ort‘; vgl. auch S. Klein, Neues zum Fremdenhaus (1933), 82 f., Anm. 1. 29 Vgl. Lev 22.4.
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Griechisch-orthodoxe Christen
4.5 Griechisch-orthodoxe Christen 4.5.1 Allgemeines Angesichts der Tatsache, dass es nicht einmal eine allgemein anerkannte Perio‑ disierung der byzantinischen Geschichte insgesamt gibt,1 mag der Versuch, die Ge‑ schichte der byzantinischen Stiftungen zu periodisieren, überraschen. Weniger über‑ raschend ist es dagegen, dass vorliegende Periodisierungsversuche byzantinischer Stiftungsgeschichte von den entsprechen‑ den Modellen des westlichen Mittelalters stark beeinflusst sind. Die frühesten Gesamtdarstellungen griechisch‑orthodoxer Stiftungen verzich‑ teten darauf, deren Charakteristika und Entwicklungen zu periodisieren. So stellte Joseph von Zhishman in seiner wegweisen‑ den Schrift ‚Das Stifterrecht in der morgen‑ ländischen Kirche‘ (1888) das griechisch‑ orthodoxe Stifterrecht als im Grunde zeit‑ loses Phänomen dar: Während kirchliches und weltliches Recht, Entscheidungen der Patriarchen und Belege aus der gesellschaft‑ lichen Praxis allesamt verschiedene Aspekte des griechisch‑orthodoxen Stifterrechts im Laufe der Jahrhunderte beleuchten halfen (Zhishman zitiert sogar zeitgenössische Bei‑ spiele aus dem 19. Jahrhundert), wurden seine Eigenschaften als im Wesentlichen zeitlos dargestellt.2 Berücksichtigt man die Zhishman zu‑ gänglichen Quellen3, so spricht einiges für die von ihm angenommene diachrone Un‑ veränderlichkeit des griechisch‑orthodoxen Stifterrechts. Dass er alle griechisch‑or‑ thodoxen Stiftungen berücksichtigte und sich nicht auf die Untergruppe der byzan‑ tinischen Stiftungen beschränkte, war eine Pionierleistung, mit der es keine spätere Periodisierung aufzunehmen versuchte. Die
ersten Schritte auf diesem Weg zu einer allgemeinen Periodisierung der Geschichte griechisch‑orthodoxer Stiftungen taten zwei Gelehrte, die bemerkenswerte Widersprü‑ che in der Hypothese eines unveränderli‑ chen griechisch‑orthodoxen Stifterrechts entdeckten. Einer der beiden Forscher, der österreichische Papyrologe Arthur Stein‑ wenter, zeigte in seiner Untersuchung von Papyrustexten, dass die in der spätrömi‑ schen Gesetzgebung beschriebene Unab‑ hängigkeit von Kirchen, piae causae und Klöstern in der gesellschaftlichen Praxis mitnichten belegt war; spätantike ägypti‑ sche Gründer wurden von einem vermeint‑ lichen Stifterrecht in keiner Weise einge‑ schränkt.4 Auch der zweite Forscher, der Kirchenrechtler Emil Herman, ein Jesuit, erkannte entscheidende Widersprüche im Narrativ eines unveränderlichen griechisch‑ orthodoxen Stifterrechts. Angesichts der Forschung zu den Eigenkirchen im frühen westlichen Mittelalter entschied er sich, das gleiche Phänomen in Byzanz zu untersu‑ chen, wenngleich er sich anscheinend nicht direkt auf Stutz’ Schriften gestützt hat. Ab‑ gesehen von gewissen Unterschieden zu den Eigenkirchen des westlichen Mittel‑ alters5 fand Herman zahlreiche Beispiele byzantinischer Eigenkirchen, bis auf zwei Ausnahmen alle aus den letzten Jahrhun‑ derten des Byzantinischen Reichs. Bereits in einer früheren Studie hatte Herman das damals gängige Bild des byzantinischen Mönchtums kritisiert als beladen mit Vor‑ stellungen „d’immobilità e d’immutabilità“.6 Das Stiftungswesen war natürlich auch in griechisch‑orthodoxen Gesellschaften kein unveränderliches Phänomen: Besonders im
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10. und 11. Jahrhundert vollzogen sich be‑ deutsame Veränderungen, zu denen das Aufkommen der Stifter‑typika ebenso ge‑ hörte, wie das der charistikē, einer Form der Treuhänderschaft. Als ein Ergebnis dieser Veränderungen entstanden zudem vermehrt unabhängige Klöster. Die nach‑ weisliche Existenz von Eigenkirchen und ‑klöstern sowohl im spätantiken Ägypten und in spätbyzantinischer Zeit als auch in der beschriebenen mittelbyzantinischen Übergangsphase von Stiftungen, die durch Laientreuhänder kontrolliert wurden, zu unabhängigen Einrichtungen diente als Grundlage für spätere Periodisierungen der Geschichte byzantinischer Stiftungen. Diese einzelnen Fäden verknüpfte der amerikanische Byzantinist John Philip Tho‑ mas sowohl in seiner Monographie ‚Priva‑ te Religious Foundations in the Byzantine Empire‘ (1987) als auch in der Sammlung ‚Byzantine Monastic Foundation Documents‘ (2000), in der er zusammen mit Angela Con‑ stantinides Hero eine Vielzahl von typika kommentierte. In seiner Einleitung zu ers‑ terem Werk bezog Thomas sich auf Zhish‑ man, Steinwenter und Herman und verband ihre Untersuchungen mit der Diskussion der Eigenkirchen im westlichen Mittelal‑ ter.7 Thomas legte in seiner Monographie eine Periodisierung vor, die er bereits in einer früheren Reihe von Artikeln erstmals vorgestellt hatte.8 Wie Emil Herman vor ihm betrachtete er das 10. und das 11. Jahr‑ hundert als entscheidende Phase für die institutionelle Ausbildung der byzantini‑ schen Stiftungen, in der die allgegenwär‑ tige Verbreitung von charistikē zur vielfach üblichen Ausbeutung von privaten religiö‑ sen Stiftungen führte.9 Laut Thomas spitzte sich diese „Krise der privaten religiösen Stiftungen“ während der Regierung Alexios’ I. Komnenos (1081–1118) zu.10 Die gegen die Praxis der charistikē gerichteten Schriften des griechisch‑orthodoxen Patriarchen von
Periodisierungen
Antiochia, Johannes V. Oxeites (ca. 1089– 1100), lösten eine Kirchenreformbewegung aus. Sie gewann Zulauf, als der Kaiser ver‑ suchte, Kirchenbesitz zu säkularisieren, um seinen ruinösen Krieg gegen die Norman‑ nen zu finanzieren. Der entschlossene Wi‑ derstand besonders des Klerikers Leon von Chalkedon führte zwischen 1089 und 1116 zu einer Reihe patriarchaler Synodaldekrete, die die rechtliche Grundlage für die Abschaf‑ fung der charistikē bildeten. Der Erfolg die‑ ser Reformbewegung äußerte sich zudem in der zunehmenden Beliebtheit unabhängiger religiöser Stiftungen, die nicht direkt den kirchlichen, kaiserlichen oder weltlichen Autoritäten unterstanden. Die von Thomas vorgeschlagene Beschrei‑ bung dieser Entwicklungen um 1100 als einschneidender Reformbewegung diente auch als Basis für seine Klassifizierung und Periodisierung von typika in den BFMD: Die frühesten typika (frühes 7. bis spätes 11. Jahrhundert) stammen aus „traditionel‑ len privaten religiösen Stiftungen“11. Die Charakteristika dieser frühen Stiftungen variieren stark. Das früheste typikon in den BFMD, das aus dem frühen 7. Jahrhundert stammende Testament des Bischofs von Hermonthis Apa Abraham zugunsten sei‑ nes Klosters St. Phoibammon (nahe Theben in Ägypten), entspricht kaum den Kriterien für eine Stiftung. Abrahams Schüler Vic‑ tor, Begünstigter des Testaments, wurde bevollmächtigt „den Besitz zu eignen, zu hegen, zu verwalten und zu verbessern, da‑ rauf zu leben, zu bauen, seine Einkünfte zu nutzen, ihn zu vermieten, zu verkaufen, abzutreten, zu übertragen, als Schenkung zu überlassen, für wohltätige Zwecke zu verschenken oder zur Verfügung zu stel‑ len und als Eigentümer ungehindert über ihn zu verfügen und die Einkünfte für den Unterhalt des zuvor erwähnten heiligen Ortes zu verwenden und für die Armen zu sorgen.“12 Kurz gesagt, das Kloster St.
Griechisch-orthodoxe Christen
Phoibammon unterschied sich in nichts von irgendeinem anderen Privatbesitz.13 Inner‑ halb dieser Periodisierung stellt die vom Mönch Athanasios Athonites (925/930–1001) etwa um das Jahr 963 gegründete Laura auf dem Berg Athos als erstes wirklich unab‑ hängiges und selbstverwaltetes Kloster eine dramatische Innovation dar.14 Für die Zeit, in der die unabhängigen Klöster auf dem Berg Athos entstanden, identifiziert Thomas eine Reihe religiöser Stiftungen, die den starken Einfluss der weltlichen Treuhän‑ derschaft deutlich machen.15 Als Reaktion auf die gelegentlich auftretende Habgier der weltlichen Treuhänder werden Thomas zufolge im 11. und 12. Jahrhundert mehrere „frühe Reformklöster“ gegründet.16 In den letzten Jahrhunderten des Byzantinischen Reichs dominieren die in Selbstverwaltung unabhängigen Klöster. Mediävisten sieht man es nach, wenn sie eine starke Ähnlichkeit zwischen der von Thomas vorgeschlagenen Periodisierung byzantinischer religiöser Stiftungen und entsprechenden älteren Paradigmen der aus der gregorianischen Reform stammenden Regelung der Stifterrechte im westlichen Mittelalter sehen. Die Annahme einer by‑ zantinischen ‚Reformbewegung‘, Eckpfeiler der von Thomas vorgebrachten Periodisie‑ rung der byzantinischen Stiftungen, ist aber kritisiert worden.17 Die größere Frage, nämlich die methodologischen Probleme bei der Periodisierung der Geschichte der griechisch‑orthodoxen Stiftungen im Sin‑ ne eines in erster Linie rechtshistorischen Ansatzes, wurde bisher jedoch nicht auf‑ gegriffen. Zu den von Mediävisten schon lange erkannten schweren Mängeln eines solchen Ansatzes tritt noch die Tatsache hinzu, dass die Dichotomie zwischen ei‑ ner Stiftung und einer Eigenkirche oder einem Eigenkloster, Grundlage der Lehre Ulrich Stutz’, im Nachleben des rechtshis‑ torischen Ansatzes in der byzantinischen
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Stiftungsgeschichte nicht fortgeführt wur‑ de: Auf viel größeres Interesse stieß dort die Unterscheidung zwischen privaten Einrichtungen einerseits und kirchlichen oder staatlichen Einrichtungen anderer‑ seits, während jeder Hinweis auf die private Gründung und dann persönliche Verwal‑ tung einer religiösen Einrichtung ipso facto so interpretiert wurde, dass eine religiöse Einrichtung eine private Stiftung war.18 Dennoch bleibt die von Thomas vorge‑ nommene rechtshistorische Periodisierung der Geschichte byzantinischer Stiftungen bisher der einzige umfassende Versuch. Andere Vorgehensweisen präsentieren in‑ teressante Entwicklungen byzantinischer Stiftungen innerhalb kürzerer historischer Epochen, jedoch bleibt Thomas’ rechts‑ historisches Narrativ bisher die einzige umfassende Erzählung. In den folgenden Abschnitten wird die chronologische Entwicklung der größe‑ ren Merkmale der griechisch‑orthodoxen Stiftungen auf der Basis von Studien skiz‑ ziert, die nicht ohne Weiteres als sozial‑ historisch, mentalitätsgeschichtlich etc. angesprochen werden können. Histori‑ ker, die sich mit der Geschichte des By‑ zantinischen Reichs und besonders der Spätantike befassen, haben verschiedene Übergangsperioden in der Geschichte der griechisch‑orthodoxen Stiftungen identi‑ fiziert. Diese Untersuchungen ballen sich in gewissem Maße vor allem um den Aus‑ gangspunkt unserer Untersuchung (500 u. Z.), während mittelalterliche griechische Stiftungen wesentlich seltener periodisiert werden. Periodisierungen, die sich mit dem Übergang von Stiftungen des Mittelalters zur Frühen Neuzeit oder der griechischen Moderne befassen, stecken im Grunde noch in den Kinderschuhen, trotz wachsenden Forschungsinteresses an diesem Thema in den letzten Jahren; derartige Forschungen bleiben ein wichtiges Desideratum.
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4.5.2 Antiker Hintergrund (bis ca. 300 u. Z.) Nicht nur Historiker unserer Zeit, sondern auch mittelalterliche Autoren haben darauf hingewiesen, dass zwischen der griechisch‑ römischen Stiftungskultur und ihrer chris‑ tianisierten griechisch‑orthodoxen Nach‑ folge in mancher Hinsicht eine Kontinuität besteht. Allerdings galt das nicht immer: Der anonyme Kompilator der ‚Peira‘, eines Rechtsbuchs aus dem 11. Jahrhundert, merk‑ te an, dass ein reicher heidnischer Wohltäter ein Hippodrom oder eine andere Zerstreu‑ ung für das einfache Volk gestiftet haben mochte, wohingegen die Menschen seiner Zeit stärker an ihrem Seelenheil interessiert gewesen seien.19 Schon eher in Übereinstim‑ mung mit der Auffassung einer Kontinui‑ tät über den Bruch der Christianisierung hinweg ist die Ansicht Michael Attaleiates’, eines bedeutenden Stifters aus derselben Zeit, demzufolge Kirchen, Klöster und piae causae den sakralen Status der ‚heiligen Din‑ ge‘ (res sacrae) von heidnischem Tempelgerät und Heiligtümern übernommen hätten.20 Bei der Frage nach dem Maß an Kontinui‑ tät zwischen klassischen und christlichen Stiftungen vertreten auch die heutigen Wis‑ senschaftler unterschiedliche Meinungen. Entsprechende Studien befassen sich mit der Frage, inwieweit die Verbreitung des Christentums einen Bruch in Begrifflichkeit und Praxis gegenüber den klassischen Stif‑ tungen mit sich brachte. Am einen Ende des Spektrums wird die große Kontinuität zwi‑ schen beiden Phänomenen unterstrichen. Eine Denkrichtung betont den gemeinsa‑ men hellenischen Charakter der klassischen ebenso wie der christlichen Stiftungen.21 Da Griechisch im östlichen Mittelmeerraum auch weiter als Kultursprache verwendet wurde, bietet sich die diachrone Analy‑ se bestimmter für die Stiftungspraxis we‑ sentlicher Begriffe an, etwa Philanthropie
Periodisierungen
(philanthrōpia / φιλανθρωπία) oder Gast‑ freundschaft (philoxenia / φιλοξενία). Die Versuche, antike und christliche Vorstel‑ lungen von Mildtätigkeit gleichzusetzen, blicken auf eine lange und glänzende Ge‑ schichte zurück, bis hin zum römischen Kaiser Julian (361–363), der als ehemaliger Christ versuchte, einige der gefälligeren Aspekte seiner früheren Religion in das reformierte Heidentum einzuarbeiten, das er einführen wollte.22 (→ 1.5.2) Wissenschaftler am anderen Ende des Spektrums sehen die Christianisierung als tiefgehende Abkehr von der Stiftungskultur der Antike. Dieser Position zufolge wurde in der zweiten Hälfte des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts ein neues Verständnis von Philanthropie und Stiftungen geprägt, vornehmlich von den berühmtesten Theo‑ logen und Apologeten der griechischspra‑ chigen Kirche, in erster Linie durch die kappadokischen Kirchenväter und Johannes Chrysostomos. Unterfüttert wurde das neue christliche Stiftungsmodell durch das Kon‑ zept des ‚Seelteils‘, ein häufig als Stiftung ausgestaltetes wohltätiges Vermächtnis ei‑ nes reichen Stifters für sein Seelenheil.23 Die jüngere Forschung sieht jedoch den Einfluss der kappadokischen Kirchenväter, vor allem des Basileios von Kaisereia, auf die Heraus‑ bildung des Konzepts vom ‚Seelteil‘ nicht mehr als entscheidend an, würdigt jedoch ihre Rolle bei dessen Verbreitung.24 (→ 1.5.2) 4.5.3 Frühbyzantinische Phase (ca. 300–600) Wagt man den Versuch, die Geschichte griechisch‑orthodoxer Stiftungen zu perio‑ disieren, so muss man die rege Forschung der letzten 40 Jahre auf dem aufblühenden neuen Feld der spätantiken Geschichte un‑ bedingt einbeziehen. Diese Forschungen beziehen sich zumeist auf den Zeitrahmen
Griechisch-orthodoxe Christen
von etwa 300 bis 600 u. Z. oder auch bis zum Jahr 1000; über den Zeitpunkt, an dem das Ende der Spätantike angesetzt werden sollte, wird intensiv diskutiert. Bereits die Diskussion an sich ist ein neuer Anstoß zur Periodisierung von Antike und Mittelalter. Peter Brown und Evelyne Patlagean haben besonders profunde und richtungsweisende Analysen zur Transformation der römischen Gesellschaft in der Spätantike vorgelegt und damit auch einen Beitrag zur Periodisie‑ rung der Geschichte griechisch‑orthodoxer Stiftungen geleistet. Evelyne Patlagean be‑ schreibt, wie ein antikes stadtkommunales Gesellschaftsmodell zusammenbrach und als Folge unausweichlicher demographischer und ökonomischer Faktoren durch das im ganzen Reich bestehende Nebeneinander von ‚Reichen‘ und ‚Armen‘ ersetzt wurde.25 Peter Brown zeigt, wie die klassische Kon‑ zeption von Wohltätigkeit und Unterstüt‑ zung für die ‚Armen‘, die in der griechisch‑ römischen Kultur auf die eigenen Mitbürger, also andere Mitglieder des Stadtstaates oder der polis, beschränkt gewesen war, durch frühe christliche Autoren neu gestaltet wur‑ de und nun auf die gesamte Gruppe der Unterprivilegierten in der spätrömischen Gesellschaft ausgedehnt wurde.26 Es han‑ delte sich um einen bewussten Prozess; wie Brown sagt: „In der christlichen Literatur wird uns eine Gesellschaft gezeigt, deren Ränder von verstörenden Bildern menschli‑ chen Elends besetzt sind.“27 Wenngleich also stärkere sozio‑ökonomische Faktoren bei der Formulierung einer griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur mit ausgeprägter Wohltä‑ tigkeit eine Rolle spielten, so führte doch vor allem die Präsenz und das diachrone Übergewicht marginalisierter Gruppen in der christlichen homiletischen Literatur zu einer deutlichen Abkehr von den griechisch‑ römischen Stiftungsvorläufern. Neben dem veränderten Konzept der Wohltätigkeit und der in Frage kommenden
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Empfänger waren das Auftreten des christ‑ lichen Mönchtums und seine allmähli‑ che Einbindung in die Gesellschaft das wichtigste Element in Konzeptualisierung und Praxis griechisch‑orthodoxer Stiftun‑ gen. Die Entwicklung des byzantinischen Mönchtums spiegelte einen Prozess, in dem Klöster – als Institution – die größten und erfolgreichsten Stiftungen wurden und in dem bis dahin unabhängige mildtätige Stiftungen (piae causae) allmählich monas‑ tisch wurden, so dass sie nach dem Jahr 900 kaum noch außerhalb eines klösterlichen Kontexts zu finden sind. Die früheste Form des ägyptischen Mönchtums, aus dem sich die syrische und später die von Basileios von Kaisereia pro‑ pagierte Mönchsgemeinschaft entwickel‑ ten, spielte in der spätantiken Stiftungskul‑ tur keine Rolle. Von seinen Ursprüngen in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts bis weit nach der Mitte des 4. Jahrhunderts war das christliche Mönchtum im Wesentlichen eine ländliche Sozialbewegung, deren An‑ hänger meistens arm waren und am Rand der Gesellschaft standen. Fast alle diese frühen Mönche waren arme Analphabeten, die Koptisch sprachen; zunächst konnten nur wenige wohlhabende gebildete und der griechisch‑römischen Kultur angehö‑ rende Mitglieder der Elite für diese neue Lebensform gewonnen werden. Und doch war es innerhalb weniger Jahrhunderte soweit, dass Stifter aller sozio‑ökonomi‑ schen Schichten Klöster stifteten oder be‑ schenkten. Da es ihnen an Land oder Geld fehlte, vergaben die ärmsten Stifter ihre Kinder als Schenkung und zwangen sie vertraglich, ihr Leben lang für ein Kloster zu arbeiten; 26 solcher Stiftungen sind für das Kloster St. Phoibammon überliefert.28 Auf der anderen Seite des sozialen Spek‑ trums steht die sagenhaft reiche Familie Apion, die ein weitgespanntes Netzwerk von Eigenkirchen, piae causae und Klöstern
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unterstützte.29 Aus Papyri, deren Überliefe‑ rung zugegebenermaßen stark abhängig ist vom Zufall, geht klar hervor, dass in Ägyp‑ ten schon von der Mitte des 6. Jahrhunderts an vor allem Klöster, nicht etwa Kirchen, wohltätige Einrichtungen oder Martyria, von religiösen Stiftungen profitierten.30 Ob‑ wohl das christliche Mönchtum in Ägypten entstand, war ein ähnlicher Prozess auch in den anderen Provinzen des Oströmi‑ schen Reichs zu beobachten. Bisher wurde noch nicht eingehend untersucht, wie das Klosterwesen zum Kerngegenstand griechisch‑orthodoxer Stif‑ tungskultur wurde. Der gebildete und aus einer wohlhabenden Familie stammende Basileios von Kaisereia wird traditionell als Wegbereiter gesehen, der das Mönch‑ tum an den städtischen Kontext anpasste und es für Mitglieder der Elite attraktiv machte.31 Außer der erwähnten Rolle bei der Entwicklung des Seelteilkonzeptes scheint Basileios von Kaisereia sich auch für die In‑ stitutionalisierung der Wohlfahrt engagiert zu haben. Schon als Priester, noch bevor er um 370 Bischof wurde, errichtete er auf dem ererbten kappadokischen Anwesen nahe Kaisereia die später nach ihm benannte Basileias, ein Armenhaus (ptōchotropheion, der erste Beleg für diesen Begriff).32 Wenngleich Basileios und die anderen kappadokische Kirchenväter ihre philan‑ thropischen Aktivitäten in ihren Schriften als Innovation ex nihilo darstellten, ver‑ sucht die Forschung, mögliche Einfluss‑ quellen zu identifizieren. Zweifellos spricht einiges dafür, die Inkorporation wohltätiger Institutionen in das byzantinische Kloster‑ wesen auf äußere Einflüsse zurückzuführen – es gab sie weder im frühen ägyptischen Mönchtum noch in den frühen Phasen des Mönchtums in Konstantinopel, der Haupt‑ stadt des Kaiserreichs. Allerdings war die Sorge für die Armen und Bedürftigen äu‑ ßerst wichtig und in einem sehr frühen
Periodisierungen
Stadium institutionalisierter Bestandteil des syrischen Mönchtums.33 Im 5. Jahrhundert war die institutionalisierte Philanthropie im syrischen Mönchtum gut etabliert, und so stellt ein von Marūtā unter dem Titel ‚Über die Herberge (xenodocheion)‘ verfass‑ ter pseudo‑nizäanischer Kanon fest, dass xenodocheia in jeder Stadt gegründet wer‑ den mussten und dass der Bischof einen (nach Möglichkeit von seiner Familie und seiner Heimat weit entfernten) Mönch von gutem Leumund zu benennen hatte, der als aksnādākrā oder Verwalter des xenodocheion fungieren sollte.34 Für den Fall, dass die finanziellen Mittel der Klosterstiftung für den Unterhalt eines xenodocheion nicht ausreichten, sollte es die ganze christliche Gemeinschaft im Rahmen ihrer Möglichkei‑ ten unterstützen. In Konstantinopel waren philanthropische Aktivitäten im Mönchtum bis zum 6. Jahrhundert weniger bedeutend, bis während der Herrschaft Justinians I. (527–565) zahlreiche syrische (miaphysiti‑ sche) Klöster gegründet wurden. Diese im Vorort Sykae (heute Galata) zusammenge‑ ballten Klostergemeinschaften überlebten den Tod ihrer kaiserlichen Schirmherrin, der Kaiserin Theodora, zwar nur um wenige Jahre, führten jedoch das Modell institutio‑ na lisierter klösterlicher Philanthropie in das byzantinische Mönchtum ein.35 Um noch einmal auf Basileios und Kap‑ padokien zurückzukommen: Ein Mentor von Basileios, die geheimnisvolle Figur des Eustathios von Sebaste (heute Sivas) in Kleinasien, könnte als unmittelbareres Vorbild gedient haben. Um das Jahr 341 be‑ schuldigte die Synode von Gangra dessen Anhänger radikaler sozialer Ansichten, etwa der Forderung nach Abschaffung des Privateigentums und der Unterstützung von Sklaven, die ihrer Herrschaft entflohen wa‑ ren, um Mönche zu werden. Obwohl diese Ansichten durchaus eine Umverteilung des vorhandenen Vermögens und Monastisches
Griechisch-orthodoxe Christen
miteinander verbanden, bleibt doch die Fra‑ ge offen, inwieweit diese Darstellung der Eustathios‑Anhänger durch die Synode eine echte soziale Bewegung beschrieb.36 Im Umfeld Eustathios’ von Sebaste und Basileios’ von Kaisereia gab es in dieser Zeit ein sehr ähnliches Wohlfahrtskon‑ zept. Auch der armenische Patriarch Nerses (gest. 372/373) rief ein Netz philanthropi‑ scher Einrichtungen ins Leben; angesichts der nur schwer nachzuweisenden direkten Verbindung zwischen Nerses und Basileios37 scheint es jedoch plausibler, einen Einfluss Eustathios’ mit seiner philanthropischen Arbeit auf Basileios und Nerses anzuneh‑ men.38 Die xenodocheia von Basileios und Nerses unterschieden sich außerdem in vieler Hinsicht. Dasjenige von Basileios wurde von Mönchen geleitet, die philan‑ thropischen Institutionen Nerses’ dagegen von Diakonen, die ihrerseits von Bischöfen kontrolliert wurden.39 Peter Brown betont ihre stark unterschiedliche Funktion zusätz‑ lich zu den organisatorischen Abweichun‑ gen: „Nersês war kein euergetés. Er war ein ‚Beschützer der Armen‘ nach iranischem Modell – ein Feudalherr, der für das Wohl‑ verhalten einer untergeordneten Klasse zu sorgen hatte. Indem er die Armen mit dem armenischen Äquivalent des xenodocheion unterstützte, versuchte Nersês vor allem, die gefährliche Mobilität der Besitzlosen in den Hochtälern der heutigen Türkei, Armeniens und des südlichen Kaukasus zu beenden (…). Besonders das xenodocheion war eine sehr vielseitig nutzbare Einrichtung. Es konnte mitten in einer griechisch‑römischen Stadt liegen, doch seine soliden Mauern konnten auch Schutz bieten – den Armen am Rand eines Bergdorfes oder im Schatten der Re‑ sidenz eines armenischen Adligen.“40 Das Beispiel Armeniens als einer Ge‑ sellschaft, in der die Spätantike viel stärker dem kulturellen Einfluss der iranischen als der spätrömischen Kultur ausgesetzt
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war, legt es nahe, für die Periodisierung der Geschichte griechisch‑orthodoxer Stiftun‑ gen ein anderes bedeutendes nahöstliches Stiftungsmodell, das der Sasaniden, heran‑ zuziehen. Auch hier bildet der erwähnte Pa‑ triarch Nerses ein interessantes Bindeglied, denn er wird von einem armenischen His‑ toriker aus dem 5. Jahrhundert ‚Beschützer aller Armen‘ (jatagov amenajn zrkelots’) ge‑ nannt, und eben diese Bezeichnung ersetzt auf den Siegeln bestimmter sasanidischer Beamter den Namen ihres Amtes.41 Ver‑ gleicht man byzantinische Stiftungen mit ihren sasanidischen Gegenstücken, so er‑ scheinen überraschend viele Ähnlichkeiten in den Vorschriften, die im Rechtssystem des jeweiligen Reichs für religiöse Stiftun‑ gen galten: (1.) In beiden Systemen gab es solche religiösen Stiftungen, wenngleich die der Sasaniden zwischen öffentlichen Wohltaten (Straßen, Brücken etc.) und dem Erhalt des Familienvermögens deutlich un‑ terschieden; (2.) sie waren unveräußerlich; (3.) die Verwalter hatten kein Besitzrecht; (4.) das Stiftungskapital konnte aus Land oder anderen Gütern bestehen; (5.) die Verwalter und Treuhänder wurden von den Stiftern ernannt.42 Kurz gesagt, diese rivalisierenden Reiche erließen erstaunlich ähnliche ge‑ setzliche Vorgaben für religiöse Stiftungen. Die Ähnlichkeiten zwischen den zwei Reichen in Bezug auf rechtliche Regelun‑ gen für Stiftungen stehen im weiteren Zusammenhang einer manchmal rivali‑ sierenden Interaktion zwischen den christ‑ lichen (ostsyrischen) und sasanidischen Kulturen, auch bezüglich Stiftungen. Als exemplarisch für diese Spannung kann die Vita des heiligen Mar Qardagh gelten: Dieser war ein typischer sasanidischer Adliger, der sich zum Christentum bekehrt hatte und vor seinem Märtyrertod den Familien feuertempel (möglicherweise eine Familienstiftung) in ein Kloster umwandel‑ te.43 Generell war die Interaktion zwischen
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den Religionen jedoch ein viel komplexeres Phänomen und nicht allein durch direkte Auseinandersetzung geprägt; der sasanidi‑ sche König Yazdgard I. (399–420) zum Bei‑ spiel stiftete ein christliches Märtyrergrab nahe der Hauptstadt Seleukia‑Ktesiphon.44 Wie in den vorigen Abschnitten gezeigt, war das 4. Jahrhundert eine entscheiden‑ de Epoche, in der sich das byzantinische Mönchswesen – zuerst in Kappadokien auf Initiative des Basileios von Kaisereia – zunehmend in philanthropischer Hinsicht engagierte und Wohltätigkeit stärker ins‑ titutionalisiert wurde. Ganz offensichtlich scheint sich die institutionalisierte Phil‑ anthropie im Nahen Osten der Spätantike entwickelt zu haben. Die Wechselwirkung zwischen den spätrömischen Stiftungsprak‑ tiken und denen im sasanidischen Reich ebenso wie in den Armenisch und Altsy‑ risch sprechenden Kulturen, die sich über beide Reiche erstreckten, ist noch nicht klar und sollte weiter erforscht werden. Institutionalisierte Philanthropie war jedoch nicht das einzige Merkmal anderer monastischer Traditionen der Spät antike, das erst viel später in den griechisch‑ orthodoxen Klöstern Einzug fand: Ganz anders als in späteren Jahrhunderten spiel‑ ten byzantinische Klöster in dieser Zeit und besonders in der Hauptstadt fast keine Rolle als kulturelle Zentren. Auch in dieser Hinsicht war das syrische Mönchtum ein Vorreiter; schon im 4. Jahrhundert existier‑ te die berühmte Mönchsschule von Nisibis, eine Bildungseinrichtung diesseits und jenseits der Grenze zwischen byzantini‑ schem und sasanidischem Reich.45 Die‑ ser erstaunliche Mangel von kulturellen Funktionen der Klöster in der Frühphase des byzantinischen Mönchwesens erklärt sich teilweise wohl dadurch, dass traditio‑ nellere Formen der griechisch‑römischen kulturellen Patronage dort bis weit ins 7. Jahrhundert überlebt haben.
Periodisierungen
4.5.4 Mittelbyzantinische Phase (ca. 600–1204) Bei der Periodisierung der weiteren Ge‑ schichte griechisch‑orthodoxer Stiftungen wurde der Aufstieg des Islam bisher noch nicht als wesentliches Ereignis für das by‑ zantinische Mönchtum und das griechisch‑ orthodoxe Stiftungswesen behandelt. Auf den ersten Blick mag das überraschen, denn die islamischen Eroberungen im 7. Jahrhun‑ dert und der Verlust Ägyptens und Syriens, der reichsten Provinzen des Byzantinischen Reichs, bedeuteten nicht nur ökonomisch und politisch, sondern auch kulturell eine tiefe Erschütterung. Zweifellos wirkte sich der große Vermögensverlust auf Stifter und Stiftungen in der Hauptstadt aus; von den 150 bis 200 Klöstern, die in Konstantinopel um das Jahr 600 existierten, waren ein Jahrhundert später nur noch 50 übrig.46 In dieser Zeit war die soziale Herkunft der Mönche viel bescheidener als unter Jus‑ tinian I. (527–565), und Mönche fremder Herkunft werden in den Quellen fast über‑ haupt nicht mehr erwähnt.47 Zur gleichen Zeit hatten christologische Auseinander‑ setzungen zwischen der Staatskirche und den Patriarchaten in Alexandria und An‑ tiochien vor allem nach dem Konzil von Chalkedon im Jahr 451 bereits dazu geführt, dass griechisch‑orthodoxe Stiftungen in Ägypten und Syrien nur noch am Rand prä‑ sent waren. In Palästina waren griechisch‑ orthodoxe Klöster zur Zeit der islamischen Eroberungen jedoch stark vertreten und ge‑ diehen unter der muslimischen Herrschaft zunächst weiter. Tatsächlich wissen wir sehr viel mehr über das Mönchtum jener Zeit in Palästina und auf dem Sinai als über dasjenige in Konstantinopel. Wahrschein‑ lich blieb Palästina im ersten Jahrhundert der islamischen Herrschaft das kulturelle Zentrum der griechisch‑orthodoxen Welt. Mönche wie Anastasios Sinaites (gest. nach
Griechisch-orthodoxe Christen
700) und Johannes Klimax (vor 579 bis ca. 650) vom Katharinenkloster auf dem Sinai schufen enorm einflussreiche Werke; Jo‑ hannes von Damaskus (ca. 675–749), der als Mönch im palästinischen Kloster von Mar Saba starb, war der bedeutendste ikonophile Theologe, und sein Einfluss im benachbar‑ ten Byzantinischen Reich lässt sich an der Verdammung ableiten, die er beim ikono‑ klastischen Konzil von Hiereia (754) erfuhr. Es gibt Hinweise darauf, dass auch christliche Stiftungen in den ersten Jahr‑ hunderten der islamischen Herrschaft noch prosperierten. Der syrisch‑orthodoxe Bi‑ schof Symeon ‚von den Oliven‘ von Harrān (699/700–734) etwa konnte seine Stiftung des Klosters von Qartamin im heutigen Nordirak bedeutend vergrößern: er soll zweitausend Olivenbäume gepflanzt haben, die für die von ihm begründete Stiftung eine reiche Einnahmequelle darstellten, und erhielt so auch seinen Beinamen. Christliche Stifter wurden zuweilen auch von muslimischen Herrschern in ihrem Vorhaben unterstützt.48 Die Zeit des byzantinischen Bilderstreits (730–843) und die führende Rolle, die sich Mönche im ikonophilen Lager zuschrieben, führten dazu, dass Klöster in der byzanti‑ nischen Gesellschaft enormen Zuwachs an politischer Bedeutung, sozialem Ansehen und Reichtum erlangten. Vom 8. Jahrhun‑ dert an waren Klöster völlig in die byzanti‑ nische Gesellschaft integriert, als kulturel‑ le Zentren, mildtätige Einrichtungen und wichtige Akteure in den politischen und theologischen Diskussionen.49 Der Wandel des byzantinischen Mönchtums in jener Zeit lässt sich anhand zweier griechisch‑ orthodoxer Heiliger und ihres Widerstands gegen die ikonoklastische Politik aufzeigen. Der erste, Joannikios von Bithynien (752/754–846), entsprach in vieler Hin‑ sicht dem typischen spätantiken Heiligen: Vermutlich slawischer Herkunft, war er
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Schweinehirt und Kriegsheld; nach einer katastrophalen Niederlage gegen die Bul‑ garen in der Schlacht von Markellai 792 wurde er Wandereremit. Sein Asketen‑ tum rief große Bewunderung hervor, und auch nachdem er die Tonsur erhalten hatte, verstand er sich vor allem als Einsiedler. Joannikios hatte vielseitigen Kontakt mit Mitgliedern der Elite und führte den Wi‑ derstand gegen die kaiserliche Politik des Ikonoklasmus an, doch sein politischer und sozialer Einfluss gründete sich vor allem auf seinem Ruf als Asket. Er war alles andere als ein Anführer; im Gegensatz zu späteren Asketen leitete oder gründete er keine eigene Mönchsgemeinschaft. Sein Zeitgenosse Theodor Stoudites (759– 826), ebenfalls Verteidiger der Ikonenvereh‑ rung und Spross einer Familie von Reichs‑ bediensteten, war hingegen als hervorra‑ gender Verwalter und Politiker bekannt. Auch sein Onkel Platon von Sakkoudion (ca. 735–814) war ein einflussreicher Mönch, der das Kloster der Familie nahe dem Berg Olympos in Bithynien leitete, in dem Theo‑ dor im Jahr 780 zum Mönch geweiht wurde. In Konstantinopel gründete Theodor das Kloster Stoudion neu, das sich im weiteren Verlauf zum führenden mittelbyzantini‑ schen Kloster entwickeln sollte. Durch das typikon und andere von Theodor verfass‑ te Schriften wurde es zum Modell einer Klostergemeinschaft und brachte mehrere Patriarchen hervor. Im Lauf von Theodors Leben entwickelte sich das byzantinische Mönchtum besonders in der Hauptstadt zu einer in jeder Hinsicht in die Gesellschaft integrierten Kraft; von nun an waren Stif‑ tungen mehr oder weniger synonym mit Mönchtum. Vor allem in Konstantinopel stand das Modell der Stouditen für eine neue Form des Mönchtums mit wesent‑ lich größerem gesellschaftlichen Einfluss als bislang: „Zwischen dem letzten Viertel des 8. und der Mitte des 9. Jahrhunderts
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betrat ein neuer, von Konstantinopel ge‑ prägter Mönchstyp die Bühne. Diese neue Mönchsgeneration zeichnete sich durch verstärktes seelsorgerliches Engagement aus, durch große Aufmerksamkeit für die politischen Entwicklungen in Kirche, Hof und Stadt, durch ihren erneuerten Einsatz für unterschiedliche soziale Wohltätigkeits‑ programme und ihre Tendenz, innerhalb der kirchlichen Hierarchie größere offiziel‑ le Verantwortung zu übernehmen.“50 Der wachsende Einfluss des Mönchswesens in dieser Zeit führte dazu, dass die Beteiligung von Mönchen an griechisch‑orthodoxen Stif‑ tungen unausweichlich wurde, selbst wenn die Stifter dem Mönchtum nichts abgewin‑ nen konnten. Darum schrieb im 11. Jahrhun‑ dert Michael Attaleiates, Rechtsgelehrter und Gründer eines ‚Armenhauses‘ und von manchen Wissenschaftlern als Kritiker des Mönchtums gesehen51, er habe zwar für die Liturgie in seiner Stiftung Vertreter des Klerus in Erwägung gezogen, sich aber für Mönche entschieden.52 In derselben Zeit konnte sich ein Stifter jedoch auch noch für Priester statt Mönche entscheiden; so vermachte der Provinzmagnat Eustathios Boїlas im April 1059 einen Teil seines Ver‑ mögens, um davon die Priester in einer von ihm gestifteten Kirche (der Theotokos) zu versorgen und in anderen Kirchen Gedenk‑ messen zu feiern.53 Der Erfolg von Stoudion spiegelte die spätere allgemeine Erneuerung des Kloster‑ lebens in der griechisch‑orthodoxen Welt in der Zeit vom Triumph der Orthodoxie am 11. März 843 bis zum Ende des 12. Jahr‑ hunderts wider.54 Die nächste Stufe in der Verflechtung von Mönchtum und byzanti‑ nischer Elite vollzog sich in dieser Epoche nach 843, eine Entwicklung, die Rosemary Morris in beispielgebender Weise unter‑ sucht hat. (→ 2.5.4) Großzügige staatliche Patronage hatte die während des Ikonoklas‑ mus erfahrenen kaiserlichen Verfolgungen
Periodisierungen
und Beschlagnahmungen abgelöst.55 Inner‑ halb eines Jahrhunderts seit sich auf dem Athos unter Athanasios die ersten Kloster‑ gemeinschaften herausgebildet hatten, wa‑ ren einige Einrichtungen auf dem Berg zu den größten Landbesitzern des Imperiums geworden und erfreuten sich großzügiger Steuer‑ und Frondienstbefreiungen. Bis in die 1970er Jahre gingen sozialhistorische Periodisierungen der Geschichte des byzan‑ tinischen Mönchtums davon aus, dass der wachsende Reichtum der Klöster mit gro‑ ßem Landbesitz zur weiteren gesellschaft‑ lichen ‚Feudalisierung‘ der byzantinischen Gesellschaft nach westlichen Modellen bei‑ trug. Dieser Denkrichtung zufolge, nach dem amerikanischen Byzantinisten Peter Charanis als ‚Charanis‑These‘ bekannt, eigneten sich Klöster ab dem 10. Jahrhun‑ dert einen immer größeren, der byzantini‑ sche Staat einen immer kleineren Teil der Ressourcen an. (→ 2.5.4) Neue Untersu‑ chungen haben bestätigt, dass der Staat im 11. Jahrhundert das bislang unkontrollierte Wachstum an Einfluss und Reichtum der Klöster erkannte und sich um eine Umkehr dieser Entwicklung bemühte.56 Während die Dynastie der Komnenen, besonders ihr Gründer Alexios I. Komnenos (1081–1118), versuchten, die kirchliche und staatliche Kontrolle über die Klöster – vor allem über die von Laientreuhändern (charistikarioi) kontrollierten – wiederherzustellen, waren die Komnenen selbst enthusiastische Stifter und Mäzene.57 4.5.5 Spät- und nachbyzantinische Phase (1204 bis nach 1453) Die Eroberung Konstantinopels im Vierten Kreuzzug 1204 stellt eine bedeutende Zäsur in der Geschichte der griechisch‑orthodo‑ xen Stiftungen dar.58 Zwanzig Kirchen und dreizehn Klöster in der Hauptstadt wurden
Griechisch-orthodoxe Christen
direkt lateinischer Kontrolle unterstellt.59 Hospitäler (xenōnes), die nachweislich vor der Eroberung der Stadt existiert hatten, scheinen die lateinische Besatzung nicht überlebt zu haben.60 Genaue Zahlen sind nicht bekannt, doch verloren die weiter exis‑ tierenden Stiftungen vermutlich einen gro‑ ßen Teil ihres Vermögens. Dagegen scheinen die Klöster auf dem Berg Athos keinen grö‑ ßeren Schaden genommen zu haben. Die Klöster vom Athos waren es auch, die die folgende Zeit eines im Vergleich zu den vergangenen Jahrhunderten wesentlich kleineren und schwächeren byzantinischen Staats unter der Dynastie der Palaiologen (1261–1453) sowie die osmanische Besatzung besser überstanden als die anderen grie‑ chisch‑orthodoxen Stiftungen. Laut mündli‑ cher Überlieferung (ek historias) vom Athos erkannten die Mönche vom Heiligen Berg, dass die Eroberung Konstantinopels durch die osmanischen Türken kurz bevorstand, und eilten, vielleicht während der Herr‑ schaft von Sultan Orhan (1326–1362), in die osmanische Hauptstadt Bursa, wo sie ihre Gemeinschaft der osmanischen Oberhoheit unterstellten und sich ihre Besitztümer und Privilegien durch den Sultan bestätigen lie‑ ßen.61 Andere, vielleicht auf Legenden beru‑ hende Quellen verweisen auf eher freund‑ schaftliche Beziehungen zwischen dem Berg Athos und den Osmanen in der Zeit von Orhans Herrschaft.62 Der Übergang von der byzantinischen zur osmanischen Herrschaft verlief mindestens für die Großklöster vom Athos relativ reibungslos: Ihre Besitztümer und Privilegien wurden offiziell anerkannt; sie wurden völlig oder teilweise von Steuern befreit63 und riefen in der Folge türkische Gerichte an, um Streitigkeiten zu schlichten. Zur geänderten Rechtsprechung kam in Spätbyzanz auch eine Neuausrichtung in der Patronage. Herrscher aus der weite‑ ren orthodoxen Welt, dem ‚Byzantinischen Commonwealth‘, spielten in der Förderung
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von Stiftungen eine entsprechend größere Rolle. Auch hier lässt sich aus den umfang‑ reicheren athonitischen Archiven ein klare‑ res Bild erkennen als in anderen Regionen. Orthodoxe Stiftungen nicht‑griechischen Ursprungs existierten schon seit längerem. Bereits im 11. Jahrhundert gab es außer‑ halb des Kaukasus und des östlichen Klein‑ asien georgische Klöster, nämlich auf dem Berg Athos (Iberer‑Kloster), in Bulgarien (Bačkovo) und in Konstantinopel sowie in der Nähe von Antiochia. Allerdings wur‑ den sie von georgischen Aristokraten in byzantinischen Diensten gegründet: Diese Form der Patronage unterschied sich von der der späteren orthodoxen Herrscher, die nicht unter der Herrschaft des byzantini‑ schen Kaisers standen. In den Jahren 1198 bis 1199 gründeten der serbische Herrscher Stefan Nemanja (reg. 1166–1196) und sein Sohn, der Heilige Sava, das athonitische Kloster Hilandar neu; es profitierte in der Folgezeit von den Zuwendungen serbischer Herrscher und Adliger. Koutloumousiou, ein weiteres Kloster auf dem Berg Athos, wurde im 14. Jahrhundert von dem cha‑ rismatischen Abt Chariton (1355/1356–1381), der sich die Patronage der Woiwoden in der Walachei sichern konnte, neu gegründet. Dank dieser Unterstützung konnte sich Koutloumousiou beachtlicher Reichtümer und von ihm abhängiger Klöster in der Walachei und in Moldawien bemächtigen, die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts unter seiner Kontrolle blieben. Hilandar und Koutloumousiou wichen in vieler Hinsicht von der Norm ab: Beide waren ethnisch geprägt (ersteres vor allem serbisch, letzteres mit einer starken ,wala‑ chischen‘ bzw. rumänischen Komponente); beide genossen königliche Patronage, und beide entsandten Mönche in die klerikale Hierarchie der Herkunftsländer ihrer Pa‑ trone; beide taugen als Beispiele für er‑ folgreiche Stiftungen – sie bestehen bis
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heute –, die das Ende von Byzanz nicht nur überlebten, sondern danach geradezu aufblühten. Allerdings zeigten serbische Herrscher sich abgesehen von Hilandar auch gegenüber anderen athonitischen Klöstern als sehr freigiebig. Im Geist der byzantinischen Tradition der kaiserlichen philanthrōpia gründete der serbische König Uroš II. (1282–1321) in Konstantinopel das berühmteste Krankenhaus der spätbyzan‑ tinischen Zeit, das Xenon vom Kral.64 Im 15. und 16. Jahrhundert änderte sich die ethnische Herkunft nicht nur der Stifter, sondern auch der Mönche. Die Unterschrif‑ ten auf den erhaltenen Verwaltungsdo‑ kumenten in den athonitischen Kloster‑ archiven zeigen die Abnahme der grie‑ chischen Mönche ganz deutlich: Während in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nur ein Viertel aller Unterschriften mit slawischen Buchstaben geschrieben war, hatte sich ihr Anteil im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts auf die Hälfte verdoppelt.65 Der Berg Athos repräsentierte nunmehr die weitere orthodoxe Welt, „les Balkans en miniature“66. Unter dem Gesichtspunkt von Patronage und ethnischer Zusammen‑ setzung kann man die meisten orthodoxen Stiftungen ab dem Jahr 1500 nicht mehr als ,griechisch‑orthodox‘ bezeichnen. Von ihrer geographischen Lage her kon zentrierten sich die Stiftungen in ers‑ ter Linie auf dem Balkan. In Kleinasien, dem einstigen Herzen des byzantinischen Mönchtums, überlebte nur in der ponti‑ schen Region ein kümmerlicher Rest von griechisch‑orthodoxen Stiftungen das Jahr 1500. Die meisten Stiftungen in Konstanti‑ nopel, im Mittelalter bedeutendstes Zent‑ rum des griechisch‑orthodoxen städtischen Mönchtums, wurden in Moscheen umge‑ wandelt oder aufgegeben. Obwohl viele größere Klöster die Pha‑ sen begrenzter finanzieller Unterstützung überstanden, mussten sie ihr Klosterleben
Periodisierungen
zeitweise an eine idiorrhythmische Lebens‑ weise (→ 3.5.3) anpassen:67 Idiorrhythmisch lebende Mönche, die nicht durchgängig im Kloster wohnten, waren weniger abhängig von Stiftern und deren Unterstützung und konnten stattdessen auch von ihrer eigenen Arbeit leben. Die nachbyzantinische Epoche endet genau wie diese Untersuchung im Jahr 1500, doch soll hier darauf hingewiesen werden, dass die allgemeine Geschichte der (griechisch‑)orthodoxen Stiftungen unter osmanischer Herrschaft noch zu schreiben ist, obwohl es einige wertvolle Einzelstudien gibt. In den Archiven vom Athos lagern gro‑ ße Mengen osmanischer Dokumente, die größtenteils noch nicht ediert sind. Obwohl die Verwaltungstätigkeit fast nahtlos vom Byzantinischen auf das Osmanische Reich überging und die athonitischen Klöster das Ende des Byzantinischen Reichs und die Erschließung neuer Patronagequellen aus der weiteren orthodoxen Welt relativ prob‑ lemlos meisterten, brachte die osmanische Epoche für die traditionellen (griechisch‑) orthodoxen Stiftungen zweifellos neue He‑ rausforderungen mit sich. Wie in den eins‑ tigen byzantinischen Ländern des Nahen Ostens, die nach dem 7. Jahrhundert unter muslimische Herrschaft gekommen waren, bedienten sich die orthodoxen Christen im Osmanischen Reich bekanntlich der vom islamischen Recht regulierten Stiftung, der osmanischen vakıf (arab. waqf ). Die osma‑ nische Verwaltung ihrerseits erklärte, je‑ denfalls im 15. und 16. Jahrhundert, einzelne Besitztümer von Klöstern – eher den Wein‑ berg oder die Windmühle eines Klosters, nicht aber die ganze Stiftung – zum vakıf.68 Während griechisch‑orthodoxe Stiftun‑ gen in den ersten Jahrhunderten der osma‑ nischen Herrschaft noch relativ unbehelligt fortbestanden, führten Verwaltungsrefor‑ men in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun‑ derts dazu, dass diese Stiftungen nun im
Griechisch-orthodoxe Christen
ganzen Reich nach den Regeln der muslimi‑ schen Rechtsschule der Ḥānafīten als vakıf behandelt wurden. Hatten frühere Sultane bei ihrem Amtsantritt noch regelmäßig die Besitzungen und Privilegien christli‑ cher Stiftungen bestätigt, erklärte Sultan Selim II. (1566–1574) mit einem firman vom 14. Oktober 1568 diese Stiftungen (anschei‑ nend aber nur jene im europäischen Teil des Reichs) aus verschiedenen Gründen für ungültig und zwang sie, ihr eigenes Stiftungsgut vom Staat erneut zu kaufen. Die rechtliche Grundlage für die Konfiska‑ tion der Güter von Kirchen und Klöstern bestand darin, dass die christlichen Stiftun‑ gen die Anforderungen an einen vakıf nicht erfüllten. So waren nach muslimischem Recht testamentarische Zuwendungen an Kirchen oder Klöster nicht zulässig, son‑ dern nur ‚an die Armen‘, zu denen Mönche und Priester nicht gezählt wurden, oder für öffentliche Zwecke wie Brücken oder Brun‑ nen.69 Dieser firman wird für viele kleinere und ärmere Stiftungen den Ruin bedeutet
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haben, wohingegen große Klöster imstande waren, die hohen Summen aufzutreiben, die für den Rückkauf der konfiszierten Güter verlangt wurden. Das bulgarische Kloster Johannes von Rila etwa, eines der reichsten in der Balkanregion, zahlte für seine Be‑ sitzungen eine Auslösesumme von 60 000 akçes; der gewaltige Reichtum der Klöster vom Berg Athos kann anhand der Höhe der Summe von insgesamt 970 000 akçes abgeschätzt werden, die sie für die Auslö‑ sung ihrer konfiszierten Besitzungen im Sandschak, einer Verwaltungseinheit des Osmanischen Reiches, von Thessaloniki bezahlten. Der firman von 1568 ist insofern ein typisches Ereignis in der nachmittelal‑ terlichen Geschichte griechisch‑orthodoxer Stiftungen: Er trug entscheidend zu dem komplexen Prozess von Selektion und Stif‑ tungssterben bei, den große Stiftungen und Stiftungskomplexe überstanden, während kleinere Stiftungen oft aufgehoben werden mussten. ZC
Anmerkungen 1 Bezeichnend für die Schwierigkeiten der By‑ 3 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987),
zantinistik bei der Periodisierung der byzantini‑ 253, weist darauf hin, dass Zhishman seine Arbeit schen Geschichte sind die vielen unterschiedli‑ vorgelegt hatte, bevor die bedeutenden ägypti‑ chen Auffassungen, wenn es darum geht, ab wann schen Papyrusfunde gründlich ausgewertet wur‑ wir vom Oströmischen Reich als ,Byzanz‘ spre‑ den, und dass seine Hauptquelle, die aus dem 14. chen können. Während die meisten traditionellen und 15. Jahrhundert datierenden patriarchalen Chronologien den Beginn des Byzantinischen Register, aus einer Zeit stammten, in der ein Stif‑ Reichs auf den Zeitpunkt der Übertragung der ter weit weniger über seine Stiftung verfügen Herrschaft von Rom nach Kon stantinopel legen konnte als in den Jahrhunderten zuvor. und in vielen Fällen das Jahr 324 annehmen (Be‑ 4 Steinwenter, Rechtsstellung (1930), 36 f. ginn von Konstantins Alleinherrschaft) oder 330 5 Herman, Chiese private (1946), 319–321, vermu‑ (Gründung von Konstantinopel als Hauptstadt) tete in einem expliziten Vergleich mit westlichen oder Justinian (527–565), gehen andere bereits und slawischen Eigenkirchen, dass die byzanti‑ vom Jahr 284 aus, vgl. Treadgold, Byzantine State nischen Stifter stärker religiös motiviert waren and Society (1997), oder erst ca. 650, vgl. Whittow, und ihre Eigenkirchen nicht in erster Linie zu ihrem ökonomischen Vorteil nutzten. Making of Orthodox Byzantium (1996), 96–98. 2 Vgl. besonders die ,Vorrede‘ zu Zhishman, Stif‑ 6 Herman, Ricerche (1940), 293. terrecht (1888). 7 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 1 f.
312 8 J. Thomas, Byzantine Ecclesiastical Reform Mo‑ vement (1984); Ders, Crisis (1985); Ders., Rise (1985). 9 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 149–185. 10 Die folgenden Ausführungen stützen sich auf ebd., 186–213. 11 Gemäß BMFD 1, 43–192. 12 Testament von Apa Abraham (P. Lond. I. 77), Ed. F. G. Kenyon, in: Ders., Greek Papyri in the Bri‑ tish Museum, Bd. 1. London 1893, 231–236, hier 233. 13 BMFD 1, 47 14 Ebd., 194; J. Thomas, Private Religious Foun‑ dations (1987), 149; 216; Ders., Rise (1985), 23 f. 15 Gemäß BMFD 1, 295–440. 16 Gemäß BMFD 2, 441–606; ebd. 3, 859–1092. 17 Morris, Monks and Laymen (1995), 270–275; Mullett, Founders, Refounders, Second Founders, Patrons (2007), 2. 18 Vgl. die Definition einer privaten religiösen Stiftung bei J. Thomas, Private Religious Foun‑ dations (1987), 2 f. 19 Practica ex actis Eustathiou Romani 67.1. Ed. Carl Eduard Zachariä von Lingenthal. (JGR 1.) Leipzig 1856, 289. 20 Michaēl Anthypatou kai kritou tou attaleiōtou poiēma nomikon ētoi pragmatikē poēntheisa kata keleusin tou basileōs Michael tou Douka. Ed. A. Sgoutas, in: JGR 7, 411–497, hier 420 (Titel 2, 3). At‑ taleiates’ Kommentar findet sich im Zusammen‑ hang in Stolte, Law for Founders (2007), 122 f. 21 Besonders Constantelos, Byzantine Philanth‑ ropy (1991), 3–13. Nach der Kritik an Constantelos’ 1968 erschienener Arbeit, er habe die Kontinuität von der klassischen griechischen Philanthropie zu den entsprechenden byzantinischen Modellen her‑ untergespielt, nahm der Autor an diesem Teil seiner Arbeit starke Veränderungen vor (vgl. ebd., ix f.). 22 Kislinger, Kaiser Julian (1984). 23 Dieser Ansatz geht vor allem auf Bruck, Kir‑ chenväter (1956), 1–29, zurück. 24 Insbesondere Holman, Hungry are Dying (2001), 14–16, kritisiert Bruck, weil er auf der Idee des Seelteils als genauen Prozentsatz der Besitztümer insistiert und die Rolle des Basileios von Kaisereia bei der Formulierung des Begriffs überbewertet habe. 25 Vgl. Patlagean, Pauvreté économique (1977). 26 P. Brown, Poverty and Leadership (2002), 1–44. 27 Ebd., 11.
Periodisierungen
28 Sie betreffen insgesamt 27 Kinder; daneben
ist eine weitere Stiftung belegt, durch die ein Erwachsener sich selbst dem Kloster übereignete. Eine eingehende Erörterung dieser Fälle findet sich in Papaconstantinou, Notes (2002). 29 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 83–87. 30 Vgl. die Darstellung in Papaconstantinou, Donation and Negotiation (2012), 78–80. 31 Hatlie, Monks and Monasteries (2007), 33–35. 32 Zur Basileias siehe Holman, Hungry are Dy‑ ing (2001), 74–76. P. Brown, Poverty and Leadership (2002), 40–44, untersucht die Stiftung Basileias in ihrem weiteren Kontext und verweist darauf, dass die Betonung der Hilfe für die Armen, die früheren Forschergenerationen so neu erschien, im christli‑ chen Denken schon weit verbreitet war, etwa im Werk des altsyrischen Dichters Ephrem (gest. 373). Er stellt auch fest, dass die Basileias (sofern sie 370 gegrün‑ det wurde) kurz vor der Ankunft der kaiserlichen Armee, die ihren Ostfeldzug vorbereitete, errichtet wurde, dass sie also eine Möglichkeit dargestellt haben könnte, den Kaiserhof zu beeindrucken (und somit eventuell weitere Stiftungsgelder zu erhalten). 33 Vööbus, History of Asceticism (1960), 361–371. 34 Zitat und Übersetzung ebd., 370 f. 35 Hatlie, Monks and Monasteries (2007), 143–150. 36 Vgl. P. Brown, Poverty and Leadership (2002), 36–38, der diese Beschreibung der Synode einer skeptischen Analyse unterzieht. 37 Garsoïan, Nersēs le Grand (1983, ND 1985), 145–163, betont besonders die chronologischen Probleme, wenn man Baileias als Vorbild für Ner‑ ses’ philanthropische Initiativen sehen will, da diese vermutlich in den 350er Jahren stattfanden, als Basilius noch in Athen studierte. 38 Ebd., 164–169. 39 Ebd., 160 f. 40 P. Brown, Poverty and Leadership (2002), 43. 41 Garsoïan, Titre de Protecteur des pauvres (1981, ND 1985). Die genaue Aufgabe der sasanidi‑ schen Behörde ist nicht klar; vgl. Macuch, Pious Foundations (2004), 193. 42 So die Schlussfolgerungen von Macuch, Pious Foundations (2004), 193 f. 43 Die Geschichte der Legende des Mar Qardagh mit einer englischen Übersetzung des syrischen Textes der Vita findet sich bei J. Walker, Legend of Mar Qardagh (2006).
313
Indien
44 Payne, Emergence of Martyrs’ Shrines (2011), 95 f. 45 Zur Schule von Nisibis, vgl. besonders A. Becker, Fear of God (2006), mit älterer Literatur.
56 Morris, Monks and Laymen (1995), 241–295. 57 Ebd., 281–283. 58 J. Thomas, Private Religious Foundations
46 Hatlie, Monks and Monasteries (2007), 219. (1987), 245–248. 47 Ebd., 244–248. 59 Janin, Sanctuaires de Byzance (1944); Dallegio 48 Pahlitzsch, Christliche Stiftungen (2009), 43– d’Alessio, Sanctuaires urbains (1953). 47; 50–53. 60 Stathakopoulos, Stiftungen (2005), 150. 49 Hatlie, Monks and Monasteries (2007), 255–440. 61 Smyrnakēs, Hagion Oros (1903), 109. 50 Ebd., 353. 62 Zachariadou, Early Ottoman Athos (1996), 127. 51 Kazhdan / Franklin, Byzantine Literature (1984), 63 Vgl. das Beispiel des Athos‑Klosters Diony‑ 76.
52 La diataxis de Michel Attaleiate. Ed. Paul
siou ebd.
64 Stathakopoulos, Stiftungen (2005), 155–157. 65 Oikonomidès, Monastères (1976), 8–10. 66 Ebd., 8. 67 Bryer, Late Byzantine Monastery (1979, ND
Gautier, in: REB 39, 1981, 5–143, hier 37. 53 Le testament d’Eustathios Boїlas (Avril 1059). Ed. und übers. Paul Lemerle, in: Ders., Cinq études 1980), 238 f. (1977), 13–63, hier 23, Z. 99–107. 54 Zum Wiederaufblühen des Mönchtums vgl. 68 Zachariadou, Ottoman Documents (1971), 1; Morris, Monks and Laymen (1995), 9–30. 23; 26. 55 Es muss aber betont werden, dass unsere Vor‑ 69 Fotić, Official Explanations (1994), 35–37, eng‑ stellung vom Ikonoklasmus als klosterfeindlicher lische Übersetzung des firmans 51–54. Zur loka‑ Bewegung fast ausschließlich auf späteren monas‑ len Reaktion der Äbte und ihren Verhandlungen tischen Quellen beruht. Diese tendenziöse Darstel‑ mit der osmanischen Verwaltung auf dem Berg lung der Quellen hat zu vielen Fehldeutungen der Athos und der Insel Patmos vgl. Kermeli, Central Epoche geführt; vgl. dazu besonders Brubaker / Hal- Administration (2008). don, Byzantium in the Iconoclast Era (2011).
4.6 Indien 4.6.1 Allgemeines In der bisherigen Forschung existieren kei‑ ne Periodisierungsversuche zum mittelal‑ terlichen Stiftungswesen in Indien. Es ist jedoch durchaus sinnvoll und auch mög‑ lich, einen Vorschlag zur Periodisierung zu unterbreiten oder zumindest bestimmte Zäsuren in der Geschichte der indischen Stiftungsaktivitäten herauszuarbeiten. Dies erscheint besonders nötig für die Phase des Übergangs vom Altertum zum Frühmit‑ telalter, zumal die Bezeichnung einer be‑ stimmten Phase der indischen Geschichte als ‚Mittelalter‘ und deren chronologische
Einordnung in die Zeit von 500 bis 1500 nicht unumstritten sind.1 Mindestens seit den ersten Jahrhunderten u. Z. liegen reich‑ liche Belege für Stifteraktivitäten in Indien vor, und ohne einen ausführlichen Blick auf diese – relativ gut erforschte – Vorgeschich‑ te ist die mittelalterliche Stiftungskultur kaum zu verstehen. Außerdem liefert ge‑ rade das Stiftungswesen wesentliche Ar‑ gumente zur Stützung der These, dass auch in Indien eine Periode des Mittelalters von einer Periode des Altertums unterschieden werden kann.2
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Für die genannte und weitere Zäsuren im Rahmen einer Periodisierung vormo‑ derner indischer Stiftungen bieten sich sozial‑ und wirtschaftshistorische ebenso wie religionsgeschichtliche Kriterien an. Auch räumliche Verbreitungsmuster und der sich verändernde Charakter der Zeugnisse sind als Merkmale verschiedener Perioden durchaus denkbar. Meist kennzeichnet eine Kombination aus mehreren Faktoren die jeweilige Zäsur. Auffällig im Vergleich mit anderen Stiftungstraditionen ist, dass es im vormodernen Indien kaum zu einschnei‑ denden Veränderungen im Verhältnis zur Wohltätigkeit und im Totenkult gekommen zu sein scheint, die einen Wandel in der Stiftungskultur hätten hervorrufen können. Bereits die Anfänge des Stiftungswesens im Altertum waren von Multireligiosität geprägt. In der Folge kam es zwar immer wieder zu Akzentverschiebungen, doch bis ins 13. Jahrhundert zu keinem solchen Ein‑ schnitt wie der Christianisierung oder Isla‑ misierung in anderen Regionen der Alten und frühmittelalterlichen Welt. Der folgende Versuch einer Periodisie‑ rung der indischen Stiftungskultur stützt sich in erster Linie auf epigraphisches Ma‑ terial, da Inschriften in ganz markantem Unterschied zu anderen Textgattungen des vormodernen Indien in der Regel recht gut zu datieren beziehungsweise zeitlich relativ sicher einzuordnen sind.
Periodisierungen
Aussage mehrerer Höhleninschriften stiftete der König im ostindischen Bihar Wohnhöh‑ len (mit Tonnengewölbe und hochpolierten Wänden) für die Ājīvika‑Sekte, eine mit Buddhisten und Jinisten konkurrierende religiöse Gruppierung. Harry Falk hat hier deutliche Anfänge einer Entwicklung aus‑ machen können, für die es in Indien wohl keine (sichtbaren) Vorläufer gab: „The three sites of Aśokan caves – Sītamarhi, Barābār and Nāgārjuni hills – present a stunning series of constructions which (…) appear out of the blue, as do Aśoka’s pillars and his pub‑ lic edicts. There certainly were rock shel‑ ters used by ascetics of many creeds in the times before Aśoka, however, no king ever thought of furnishing them with permanent settlements chisseled out of solid rock. As in so many other cases, his example was followed (…) by later rulers.“5 Dass Aśoka für seine ‚Erfindungen‘ – unter anderem auch für die Einführung einer Schrift zur Verbreitung seiner Edikte – Anleihen bei den persischen Achämeniden nahm, ist hin‑ länglich bekannt, und so vermutet Harry Falk: „The existence of artificial caves in Achaemenid Iran, housing the kings of old at Behisitun, were certainly known to him by hearsay. However, mere knowledge does not seem a sufficient reason to spend so much on the construction of such magnificent caves. We know that the Ājīvikas held the view that luxury does not have any effect on postmortal fate. They were certainly not averse to accepting luxury accommodation. We can only state that Aśoka had the caves 4.6.2 Anfänge im Altertum built at Barābār and that one of his succes‑ (bis ca. 300 u. Z.) sors donated three caves in the Nāgārjuni Frühe Hinweise auf Stiftungen finden hills to the same Ājīvikas as well.“6 sich in den in Stein eingravierten Prakrit‑ Die drei Stifterinschriften des Aśoka Inschriften des Maurya‑Königs Aśoka von in Barabar7, die aus dessen 12. und 19. Re‑ der Mitte des 3. Jahrhunderts v. u. Z.3 In gierungsjahr datieren, befinden sich über den meisten Edikten Aśokas geht es nicht dem Eingang der betreffenden Höhlen be‑ um Stiftungen, sondern um die Propagie‑ ziehungsweise an einer polierten Stelle des rung einer Art ‚Reichsideologie‘.4 Doch nach Portals. In allen Fällen ist ein spezifischer
Indien
Name der jeweiligen Höhle (kubhā) erwähnt, die „den Ājīvikas gegeben [wurde]“ (ājīvikehi dinā).8 Die Inschriften sind insgesamt relativ gut erhalten, allerdings ist versucht worden, jeweils den Terminus ājīvikehi zu tilgen.9 Die nahegelegenen, aber etwas jüngeren Höhlen von Nagarjuni wurden von König Daśaratha, einem Nachfolger des Aśoka, „für so lange verliehen, wie Mond und Sonne existieren“ (niṣiṭhā ācaṃdamaṣūliyaṃ).10 Spä‑ tere Inschriften in den Eingangsbereichen belegen, dass zur Gupta‑Zeit Buddhisten die Höhlen übernahmen. Drei Inschriften aus der Herrschaftsperiode der Maukhari‑ Dynastie wiederum bezeugen, dass sich dort im 7. Jahrhundert offensichtlich Vertreter einer hinduistischen Sekte ansiedelten; und noch heute leben Asketen in dieser Gegend.11 Erst aus der Nach‑Aśoka‑Zeit stammen die frühesten erhaltenen architektonischen Überreste buddhistischer und jinistischer Bauten.12 An ihnen finden sich häufig Stif‑ terinschriften, die die Baugeschichte doku‑ mentieren. Zu den ältesten dieser oft noch recht kurzen, ebenfalls in mittelindischem Prakrit verfassten Inschriften gehören die an den reich verzierten Steintoren und Steinzäunen des einstigen buddhistischen stūpa von Bharhut in Madhya Pradesh im Norden Zentralindiens.13 Die dort in recht großer Zahl vorhandenen epigraphischen Zeugnisse des 1. Jahrhunderts v. u. Z. nen‑ nen insgesamt rund 135 Einzelstifter.14 Zwei Inschriften aus Bharhut erwähnen, dass bestimmte Bauteile unter der Herrschaft der Śuṅga‑Dynastie gestiftet wurden,15 doch der Anteil fürstlicher Stifter an derarti‑ gen Aktivitäten war gering. Die meisten Stiftungen von Pfeilern und Querbalken mit figürlichem Schmuck sowie von Re‑ lieftondos wurden durch Privatpersonen aus der wohlhabenden städtischen Ober‑ schicht vorgenommen. Händler und Kauf‑ leute sowie deren Frauen, Laienanhänger des Buddhismus, zeigten sich besonders
315
aktiv.16 Überproportional hoch war zudem der Anteil von Ordinierten, von Nonnen und Mönchen, die im eigenen Namen stif‑ teten; in Bharhut lag er bei ungefähr 30 Prozent.17 Die Stifterinschriften belegen dar‑ über hinaus auch, dass es „zur Bhārhut‑Zeit (…) in Indien anscheinend noch nicht allzu viele Bauaufgaben [gab], denn die Stifter kamen zum Teil aus weiter Entfernung“.18 Der Fundort Bharhut steht für eine Stufe der Architektur‑ und Stiftungsent‑ wicklung, in der der buddhistische Kultbau (stūpa) noch unabhängig von Wohnbauten für Mönche und Nonnen errichtet wurde. Die frühesten erhaltenen Überreste von Klöstern gehen ebenfalls bis ins 1. Jahrhun‑ dert v. u. Z. zurück, doch sind kaum Schrift‑ zeugnisse zu Stiftungen überliefert. Aus der Zeit vom 1. bis zum 3. Jahrhundert u. Z., als in Zentralindien die Sātavāhanas und im Norden und Nordwesten die Kuṣāṇas herrschten,19 stammen dann aber zahlreiche private Stifterinschriften an buddhistischen Kult‑ und Wohnbauten: Gefunden wurden Zeugnisse der frühen Stiftungsaktivitäten in Sanchi, einer wie Bharhut im Norden Zentralindiens befindlichen stūpa‑Anlage, in den Höhlenklöstern des westlichen Dek‑ kan (Nasik, Karla, Junnar, Kanheri) in West‑ indien sowie an Fundstücken der einst in Freibauweise errichteten Klosterbauten in Amaravati und Nagarjunakonda im Südos‑ ten, im alten Mathurā in Nordindien und in der historischen Region von Gandhāra im Nordwesten des Subkontinents.20 Die Charakteristika dieser Stiftungen sind ganz ähnlich wie für Bharhut zu be‑ schreiben, mit dem Unterschied, dass die Stifter nun in der Regel in der jeweiligen Gegend ansässig waren und neben Indivi‑ dual‑ auch Kollektivstiftungen belegt sind, von Handwerkergilden und von ganzen städtischen oder – seltener – dörflichen Gemeinden. Für die Periode der ersten Jahr‑ hunderte u. Z. ist markant, dass auf den
316
einzelnen ‚Inseln‘ des Stiftungswesens je‑ weils ganz unterschiedliche Akzente gesetzt wurden: In Sanchi21 und Amaravati22 war es vor allem der bereits bekannte Reliquien‑ kult im stūpa, der auf diese Weise gefördert wurde. In Mathurā und in der sehr stark hellenistisch geprägten Gandhāra‑Region entstanden die ersten anthropomorphen Buddha‑Darstellungen, und so gehörten dort steinerne Skulpturen des Buddha be‑ reits in den ersten Jahrhunderten u. Z. zu den wichtigsten Stiftungsobjekten, während sie in vielen anderen Gebieten erst sehr viel später eingeführt wurden. In den aus Hunderten Höhlen bestehenden Anlagen des westlichen Dekkan, einer Region, die im Altertum ganz erheblich durch den See‑ handel mit dem Westen profitierte, tauchte nun erstmals ein völlig neuer Stiftungstyp auf. Neben einzelnen Bauelementen und ganzen Wohn‑ und Kulthöhlen, die aus dem anstehenden Gestein gehauen wurden, er‑ hielten einige der lokalen Ordensgemein‑ schaften auch Ländereien und Dotationen von Geld – genauer: die Zinsen aus in der Regel bei Gilden hinterlegten Deposita – für den Unterhalt dieser Komplexe. Aus Sicht der Stiftungsforschung sind für die ersten Jahrhunderte u. Z. weitere markante Spezifika zu konstatieren. In Mathurā gefertigte23, mit Weihinschrif‑ ten versehene Buddha‑Skulpturen wur‑ den auch an anderen Orten in der nord‑ indischen Ebene der Yamunā gefunden: im alten Śrāvastī, im alten Kauśāmbī (bei Allahabad) und in Sarnath (bei Benares) – letzteres mehr als 600 Kilometer südöstlich von Mathurā gelegen.24 Sie wurden durch gelehrte, vermutlich in Mathurā ansässige Mönche und Nonnen in Auftrag gegeben, und man kann von einer organisierten und koordinierten Verteilung früher Buddha‑ Plastiken mittels Stiftungen ausgehen.25 Mathurā war nicht nur ein Ort buddhis‑ tischen Stiftungsgeschehens, sondern galt
Periodisierungen
auch als bedeutendes Zentrum des Jinis‑ mus26 und anderer Kultgemeinden.27 Nach Aussage der Widmungsinschriften des westlichen Dekkan agierten Angehörige der miteinander konkurrierenden Dynas‑ tien der Sātavāhanas und der Westlichen Kṣatrapas als Mäzene, doch war ihr Anteil an der Gesamtzahl der bezeugten Stifter relativ gering und lag bei ungefähr 10 Pro‑ zent. Allerdings sind Stiftungsinschriften aus dem königlichen Bereich weitaus aus‑ sagefähiger als die häufig nur sehr kurzen privaten; und in der Regel sind die darin festgehaltenen Dotationen erheblich um‑ fangreicher. Darüber hinaus sind bestimmte Typen von Stiftungen nur für fürstliche Akteure belegt. Zum Unterhalt der Höh‑ lenklosteranlagen wurden neben diversen Geldsummen und einzelnen Ländereien auch einige ganze Dörfer als Steuerpfrün‑ den verliehen,28 wobei die letztgenannte Kategorie als ‚öffentliche‘ Dotation nur von Königen und Fürsten getätigt wurde, da diese die Fiskalhoheit besaßen. Höchst instruktive Belege und Beispiele kommen vor allem aus den über 20 bud‑ dhistischen Höhlen bei Nasik, einem Di‑ striktzentrum im heutigen Maha rashtra, mit etwa ebenso vielen Stifterinschriften, die sich allerdings sehr ungleich auf die einzelnen Baulichkeiten verteilen. In der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts u. Z. ließ die Königinmutter Gautamī Balaśrī aus der Sātavāhana‑Dynastie zu Ehren ihres ver‑ storbenen Sohnes das Kloster (vihāra) Nr. 3 aus dem Fels schlagen und stattete es mit Land und den Einkünften aus einem Dorf aus.29 Im späten 1. oder im frühen 2. Jahr‑ hundert u. Z. hatte Uṣavadāta, der Schwie‑ gersohn des Kṣatrapa‑Fürsten Nahapāna, zusammen mit seiner Frau das Kloster Nr. 10 sowie ein Gelddepositum und 8 000 Kokos‑ palmen gestiftet.30 Die Westlichen Kṣatrapas waren nicht‑indischen Ursprungs und ge‑ hörten zu den Indo‑Skythen, die im Sanskrit
Indien
Śaka genannt wurden. Fremde, die sich als Śaka (Prakrit: Saka) oder Yavana (Prakrit: Yona[ka]; Indo‑Grieche) bezeichneten, und ihre Frauen tauchen nicht selten als bud‑ dhistische Stifter in Westindien auf.31 Buddhistische Stiftungen der ersten Jahrhunderte u. Z. galten in der Regel einer bestimmten Mönchsgruppe, deren Zugehö‑ rigkeit zu einer Schulrichtung des älteren Buddhismus oft festgehalten ist. In einigen Fällen sind auch Nonnengemeinschaften erwähnt.32 Die Unterhaltsdotationen aus dem westlichen Dekkan waren dazu be‑ stimmt, die Versorgung der Ordinierten mit Almosenschalen (selten mit Speise), mit Kleidung, Sandalen sowie Medizin sicher‑ zustellen. Zum Teil sollten sie auch bereits für die Ausschmückung und Reparatur der Höhlenklöster verwendet werden.33 Der stūpa‑Kult wird hingegen von den Zweck‑ bindungen nicht erfasst. Da in den frühen Höhlen des Dekkan noch keine Buddha‑ Statuen aufgestellt wurden, sollten diese Stiftungen nicht dem Bilderkult dienen.34 Aus den ersten Jahrhunderten u. Z. gibt es nur sehr wenige Hinweise darauf, dass ähnliche Unterhaltsstiftungen auch Brah‑ manenpriestern, den Konkurrenten der Buddhisten, zugute kamen. Einige indirek‑ te Belege finden sich in den komplexeren buddhistischen Inschriften in den Höhlen des westlichen Dekkan, die von Personen aus dem höfischen Bereich stammen. Da‑ rin rühmten sich diese gewissermaßen summarisch, Dörfer, Kühe, Kokospalmen und Geld zugunsten von Brahmanen und Göttern gestiftet zu haben.35 Dokumentierte Unterhaltsstiftungen sind für die ersten Jahrhunderte u. Z. noch nicht sehr zahlreich und fast ausschließlich auf Westindien und ein buddhistisches Umfeld beschränkt. Es sind allerdings auch einige prominente Ausnahmen von dieser Regel belegt: zugunsten brahmanischer Begünstigter in Nordindien und zugunsten
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eines hinduistischen Tempels im Südosten. Aus der Zeit um 150 u. Z. stammt eine Säu‑ leninschrift aus Mathurā in Nordindien. Auf ihr ist festgehalten, dass ein hoher Be‑ amter des Kuṣāṇa‑Herrschers Huviṣka 550 purāṇa‑Münzen bei zwei Gilden deponierte, damit einmal monatlich 100 Brahmanen und täglich Bedürftige gespeist würden.36 Aus der Zeit des Ikṣvāku‑Königs Ehavala Cāntamūla, dem späten 3. Jahrhundert, datiert eine Steininschrift des Andhra‑ Gebiets,37 in der erwähnt ist, dass mehre‑ re Personen insgesamt 100 dīnāri‑(Gold‑) Münzen bei vier Gilden deponierten.38 Aus den Zinsen dieses Depositums sollten die monatlichen Ausgaben für den Kult im Tempel eines hinduistischen Gottes be‑ stritten werden. Darüber hinaus liegt eine Urkunde von Ehavala Cāntamūla vor, der zufolge dieser Ländereien an ein buddhis‑ tisches Kloster stiftete.39 Die beschriebene Stiftungskultur, die sehr stark buddhistisch geprägt war, jedoch zumeist auf die an den See‑ und Überland‑ handel mit dem Imperium Romanum an‑ geschlossenen Regionen des Subkontinents beschränkt blieb, florierte bis ins 3. oder 4. Jahrhundert u. Z. Zu den dokumentierten Stiftern zählten – nach Aśoka – nur noch wenige Könige und Fürsten, aber zahlrei‑ che Königinnen und Fürstinnen, z. B. die weiblichen Mitglieder der Ikṣvāku‑Dynastie, die die Nagarjunakonda‑Klöster in Südost‑ indien ausstatteten.40 Das Stiftungswesen dieser Periode wurde in erster Linie von Privatpersonen getragen, die einzeln oder gemeinschaftlich im Familien‑ beziehungs‑ weise Gildenverband agierten. Dabei han‑ delte es sich häufig um wohlhabende Städter der verschiedensten Berufe und Schichten: Minister und hohe Beamte, Händler und Kaufleute, Schreiber, Ärzte, Architekten, Bildhauer, Juweliere, Goldschmiede, Elfen‑ beinarbeiter, Schneider, Tischler und sogar Brahmanen sowie Fremde (Śaka, Yavana).41
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Laienstifterinnen nannten in Weihinschrif‑ ten ihren Namen und definierten sich meist über den Beruf beziehungsweise Status ih‑ res Ehemannes oder Vaters.42 Zahlreiche buddhistische Stiftungen – besonders auf dem Gebiet des Reliquien‑ und Bilderkults – wurden von Mönchen und Nonnen im ei‑ genen Namen ausgeführt. Der Prozentsatz monastischer Stifter lag weit über deren zu vermutendem prozentualen Anteil an der Bevölkerung.43 Weibliche Ordinierte stifteten in vielen Regionen in gleichem Umfang wie Mönche. Im buddhistischen Bereich wurden ungefähr zwei Fünftel al‑ ler Stiftungen von Frauen – Laiinnen und Nonnen – initiiert. Im jinistischen Umfeld waren es sogar vier Fünftel. Im Vergleich mit der relativ großen Dichte buddhistischer Stiftungen fiel die jinistischer und brahma‑ nischer insgesamt erheblich geringer aus. 4.6.3 Spätes Altertum (ca. 300–550) Ähnlich wie in Byzanz deutet sich bereits im späten Altertum in Indien44 eine Zäsur im Stiftungswesen an. Im 4. Jahrhundert, der Zeit des frühen Gupta‑Reiches, das oft mit dem Beginn der brahmanischen ‚Re‑ naissance‘ assoziiert wird, änderten sich die Überlieferungslage hinsichtlich der Stiftun‑ gen an Brahmanen und wohl auch das reale Stiftungsgeschehen. In dieser Periode wurde ein neues epigraphisches Medium zur Stif‑ tungsbeurkundung eingeführt: die Kupfer‑ tafelurkunde (→ 5.6.3) in Sanskrit, die die Steininschrift in Pra krit quasi ablöste.45 Die früheste bekannte Kupfertafelurkunde, die vermutlich vom Ende des 3. Jahrhunderts u. Z. datiert,46 dokumentiert eine Land‑ stiftung zugunsten eines buddhistischen Klosters.47 Dennoch scheint der umfas‑ sende Gebrauch dieses Urkundenmediums insgesamt auf einen verstärkten Einfluss der Brahmanen zurückzuführen zu sein.
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Während Stein inschriften das geeignete Medium für eine in‑situ-Beurkundung von Stiftungen an aus Stein errichtete Klöster und Tempel darstellten, waren die transpor‑ tablen Kupfertafeln ideal für brahmanische Belange, (wie) geschaffen für die ‚mobilen‘ Brahmanen ohne eine institutionelle Bin‑ dung. Obwohl Kupfertafelurkunden auch für nicht‑brahmanische Destinatäre aus‑ gestellt wurden, ist auffällig, dass im Un‑ terschied zu der vorangegangenen Periode seit dem 4., spätestens dem 5. Jahrhundert die überwiegende Zahl der Stiftungen an Brahmanen und Brahmanengruppen ging. Der Wechsel des Mediums zeigt aber nicht nur Veränderungen auf der Seite der Destinatäre, sondern auch in Hinsicht auf die Stifter und die Stiftungsobjekte an: Die auf Kupfertafeln verzeichneten Stiftungen wurden überwiegend von Königen und Fürs‑ ten getätigt und betrafen in erster Linie Dotationen von Dörfern und Ländereien zum Unterhalt religiöser Personen und In‑ stitutionen. Die geringere Präsenz von Stif‑ tungen städtischer Schichten könnte ein reines Quellenproblem sein, doch es scheint, als seien die stifterischen Aktivitäten wohl‑ habender Städter tatsächlich stark rückläu‑ fig oder zumindest ganz erheblich einge‑ schränkt gewesen. Diese Entwicklung sowie eine archäologisch recht klar nachweisbare Deurbanisierung48 in verschiedenen Regi‑ onen Indiens und auch das weitgehende Verschwinden von Geldstiftungen hingen mit dem Niedergang des Fernhandels in‑ folge der Krise im Imperium Romanum im 3./4. Jahrhundert und mit dem weitgehenden Erlöschen der merkantilen Beziehungen zu Byzanz im 6. Jahrhundert zusammen. Das Schwergewicht des Stiftungswesens verlagerte sich nun vom urbanen in den ländlichen Raum, für den die Brahmanen ohnehin eine Vorliebe hegten. Die bis zum Ende der Gupta‑Zeit (bis ins 6. Jahrhun‑ dert) ausgegebenen Kupfertafelurkunden
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bezeugen in erster Linie Stiftungen der Angehörigen von regionalen und lokalen Dynastien, nicht jedoch solche des Königs‑ hauses der Guptas selbst. Die frühesten Corpora von Urkunden auf Kupferplatten stammen von der Mitte des 4. Jahrhun‑ derts aus Süd‑ und Westindien, von den Śālaṅkāyanas von Veṅgi im heutigen An‑ dhra Pradesh und von den Pallavas in Ta‑ milnadu sowie von den Fürsten von Valkhā im westlichen Madhya Pradesh. Im 5. und 6. Jahrhundert nahm die Zahl der ausge‑ gebenen Kupfertafelurkunden erheblich zu; für diesen Stiftungstyp finden sich in vielen Regionen Belege, die zunächst noch relativ wenig standardisiert wirken. Von den Traikūṭakas und den Kaṭaccuris im Westen Indiens, von den Vākāṭakas, Uccakalpīyas und Parivrājakas in Zentral‑ indien, von den Śarabhapurīyas und vielen kleinen Dynastien im Osten sowie von den Pallavas, Viṣṇukuṇḍins und Kadambas in Südindien sind zahlreiche Dorf‑ und Land‑ stiftungen überliefert, die hauptsächlich oder gar ausschließlich Brahmanen galten. Angesichts der Fokussierung auf brah‑ manische Begünstigte ist es nicht ver‑ wunderlich, dass der relative Anteil von Baustiftungen seit dem späten Altertum geringer ausfiel als in den vorangegange‑ nen Jahrhunderten. Bei den Destinatären handelte es sich um Brahmanen der vedi‑ schen Schulen, die regelmäßige Einkünfte – vorzugsweise aus Ländereien – benötigten, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, aber in der Regel keine Beziehun‑ gen zu Tempeln unterhielten. Sie vollzogen verschiedene Riten für Nicht‑Brahmanen und waren in Rechtsfragen entscheidungs‑ kompetent. Gemessen am Gesamtstiftungs‑ aufkommen gab es seit dem 4. und 5. Jahr‑ hundert prozentual weniger buddhistische und jinistische Dotationen als in den ers‑ ten Jahrhunderten u. Z.; Ansätze zu einem hinduistischen Tempelwesen entwickelten
sich nur langsam und brachen in einigen Regionen wieder ab. In Bengalen49 ist während der Gupta‑ Zeit, vor allem im 5./6. Jahrhundert, eine Sonderform des privaten Stiftungswesens nachweisbar,50 über die ebenfalls Kupfer‑ tafeln Auskunft geben. Als Empfänger der entsprechenden Übertragungen wurden auch in diesen Fällen meist Brahmanen ge‑ nannt; zuweilen waren es jedoch frühhin‑ duistische Tempel oder Jaina‑Klöster. Als Stifter fungierten aber nicht Könige oder Fürsten, sondern – und das ist bei diesem Medium ungewöhnlich – stets Privatper‑ sonen: Kaufleute, Beamte, Schreiber und Brahmanen. In den betreffenden Urkunden sind kombinierte Kauf‑Stiftungstransaktio‑ nen dokumentiert. Bei den vergebenen Ob‑ jekten handelte es sich um Liegenschaften, und zwar vorzugsweise um brachliegende Flächen (khila),51 die die potentiellen Stifter zunächst der Krone, genauer: den regiona‑ len Verwaltungsinstanzen,52 unter Angabe des Zwecks abkaufen mussten,53 um sie dann im Rahmen religiöser Dotationen den jeweiligen Destinatären übergeben zu können.54 4.6.4 Dominanz des Brahmanentums im Frühmittelalter (ca. 550–1000) Der Übergang vom indischen Altertum zum Frühmittelalter ist erwartungsgemäß nicht genau zu datieren. Für die meisten derjenigen Indienhistoriker, die eine Ein‑ teilung der Vormoderne in Altertum und Mittelalter für berechtigt halten, liegt die‑ ser Einschnitt nach dem Untergang des (nordindischen) Gupta‑Reiches.55 Dieses zerfiel um die Mitte des 6. Jahrhunderts, nach den Einfällen der sogenannten wei‑ ßen Hunnen, die in indischen Quellen als Hūṇas bezeichnet wurden, und unter den
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Abspaltungsbestrebungen der Vasallen‑ dynastien. Die Unterteilung der indischen Geschichte in frühes Mittelalter (ca. 550– 1206) und spätes Mittelalter (1206–1526) geht auf Hermann Kulke zurück, wobei 1206, das Jahr der Gründung des Delhi‑Sulta‑ nats, als Beginn der ‚islamischen‘ Periode und damit des Spätmittelalters angesehen wird.56 Aus Sicht der Stiftungsforschung ist eine Modifikation dieser Zäsuren er‑ wägenswert. Der Beginn einer frühmittel‑ alterlichen Stiftungsperiode kann durch‑ aus um 550 angesetzt werden. Eine zwei‑ te Phase scheint in Südindien bereits im 8. Jahrhundert, in Nord‑ und Zentralindien um 1000 begonnen zu haben. (→ 4.6.5) Ein weiterer Einschnitt wird im Norden tatsächlich durch das Jahr 1206 und die darauf folgende Ausbreitung islamischer Staatlichkeit markiert, war in Zentralindi‑ en erst ab 1300 und im Süden noch später und abgeschwächter spürbar. (→ 4.6.6) Nach Anfängen im Altertum stellten zwischen 550 und 1 000 in Kupferplatten eingravierte Stiftungsurkunden von Köni‑ gen oder Fürsten ein geradezu panindisches Phänomen und das die Stiftungskultur be‑ stimmende Moment dar. Die Destinatäre dieser sehr standardisierten und äußerst ty‑ pisierten Dotationsform waren, wie bereits erwähnt, überwiegend Brahmanen, und die Stiftungspolitik war offensichtlich auf de‑ ren möglichst flächendeckende Ansiedlung ausgerichtet. Bereits im späten Altertum war es in den meisten Regionen Indiens zu einem Rückgang privater Stiftungstätigkeit und zur Verlagerung in der religiösen Aus‑ richtung der Dotationen gekommen. Die Stif‑ tungskultur der frühen Phase des indischen Mittelalters, der Periode vom 6. bis zum 10. Jahrhundert, wurde durch (‚öffentliche‘) Aktivitäten von Königen und Fürsten ent‑ scheidend geprägt, wobei in diesem Kontext festzuhalten ist, dass kaum ein indisches Herrscherhaus keine Kupfertafelurkunden
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hinterlassen hat, wenn auch erhebliche quantitative Unterschiede zu konstatie‑ ren sind, und (beinahe) alle Königslinien – selbst die buddhistischen57 – unabhängig von den persönlichen religiösen Präferen‑ zen der einzelnen Dynasten überwiegend Stiftungen an Brahmanen veranlassten.58 Als prägnantes Beispiel für die Diskre‑ panz zwischen persönlichem religiösem Be‑ kenntnis und herrschaftlichem Patronat sei hier die Dynastie der Maitrakas von Valabhī genannt, die im westindischen Gujarat min‑ destens vom frühen 6. bis zum späten 8. Jahr‑ hundert regierte. Von diesem Königshaus sind über einhundert komplette Kupfertafel‑ inschriften bekannt, was für Indien eine sehr hohe Urkundendichte darstellt. Die meisten Maitraka‑Könige definierten sich als Anhänger des Śiva (paramamāheśvara). Von dieser Regel gab es nur drei Ausnah‑ men: Jeweils ein König wurde als Viṣṇuit (paramabhāgavata), als Anhänger des Son‑ nengottes (paramādityabhakta) oder als bud‑ dhistischer Laienanhänger (paramopāsaka) bezeichnet. Angesichts der proklamierten Nähe der Maitraka‑Könige zum Śivaismus ist es erstaunlich, dass nur eine einzige der bekannten Urkunden eine Stiftung an einen Śiva‑Tempel bezeugt. Jeweils zwei weitere begünstigten Sonnenheiligtümer und Göttinnentempel. 25 Stiftungen gin‑ gen an buddhistische Klöster, knapp 80 an Brahmanen ohne Tempelbezug.59 Was unterschied die Brahmanen als Des‑ tinatäre königlicher Stiftungen von ihren potentiellen Konkurrenten? Sie wirkten nicht nur als Mittler spezifischer religiöser Konzepte, sondern brachten ‚erprobte‘ Sozi‑ alnormen und Strategien zur Legitimation königlicher Macht mit. Brahmanen fungier‑ ten als Träger entwickelter Rechtstraditio‑ nen60 und führten für andere Schichten der Bevölkerung Lebenszyklusrituale durch. In struktureller Hinsicht waren sie im Unter‑ schied zu Klöstern und Tempeln nicht an
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bestimmte Orte gebunden, also recht flexi‑ bel beziehungsweise ‚mobil‘ – so wie das Medium, das zur Beurkundung von Dotatio‑ nen an sie diente, die Kupfertafelurkunde. Eventuell spielte für ihr ‚Potential‘ als Be‑ siedler ländlicher Gebiete auch eine Rolle, dass sie anders als Mönche und Asketen im häuslichen Leben verblieben und Familien gründeten. Brahmanen bildeten besonders für Regionalherrscher mit überregionalen Ambitionen und Aktivitäten ideale Stützen des Königtums auf dem Land. Aus zahlrei‑ chen Urkunden geht unmissverständlich hervor, dass Brahmanen auch von selbst aus ihren Wohnorten an den Königshof kamen, wo sie von direkten Zuwendungen des Herr‑ schers lebten, bis sie eine königliche Land‑ stiftung zurück in ihre Heimat oder aber an einen anderen Ort ziehen ließ. Erst im Ergebnis der mittelalterlichen königlichen Ansiedlungspolitik durch Landstiftungen an brahmanische Wissensspezialisten kam es zu einer gesamtindischen Etablierung des Brahmanentums, dem ursprünglich nur der Norden des Subkontinents als rituell rein gegolten hatte. Brahmanische Ideen wurden buchstäblich bis (fast) in jeden Winkel und auch in abgeschiedene ländliche Regionen getragen, fernab der Königsresidenzen. Wie bereits das Corpus der Maitrakas gezeigt hat, ist jedoch auch auffällig, dass kaum ein frühmittelalterlicher indischer König nur Brahmanen förderte, obwohl das die brahmanische Schenkungstheo‑ rie dezidiert empfahl. Fast alle Dynastien streuten ihr Patronat zugunsten verschie‑ dener religiöser Richtungen. Als Motiv für dieses Handeln wird im indischen Kontext üblicherweise religiöse Toleranz unterstellt. Die Stiftungspraxis legt jedoch die Vermutung nahe, dass dies auch aus machtpolitischem Kalkül geschah, um die eigene Herrschaftsbasis nicht nur auf die Loyalität einer einzigen religiösen Strö‑ mung auszurichten und divergierende
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politische Kräfte durch eine vielschichtige Dotationspolitik in das Machtgefüge ein‑ zubinden. Vor diesem Hintergrund wurden auch buddhistische Klöster (bis etwa in das 10. Jahrhundert) und jinistische Instituti‑ onen durch Könige, die persönlich weder dem Buddhismus noch dem Jinismus an‑ hingen, bewahrt und weiter unterstützt.61 In Form von ‚öffentlichen‘ Dotationen stifteten frühmittelalterliche indische Herr‑ scher Dörfer und Ländereien als Steuer‑ pfründen, um dauerhaft den Unterhalt von Brahmanen(gruppen), buddhistischen Klös‑ tern, jinistischen Institutionen und hinduis‑ tischen Tempeln zu sichern. Bei an Bau‑ lichkeiten gebundenen Dotationen wird in den betreffenden Kupfertafelurkunden üblicherweise festgehalten, von wem diese einst errichtet worden waren. Auch liegen für das 6. bis 10. Jahrhundert weiterhin Steininschriften vor, die die Errichtung von Sakralbauten bezeugen. (→ 6.6.2) In Hin‑ sicht auf die epigraphisch belegten Kloster‑ und Tempelgründungen des Frühmittel‑ alters fällt auf, dass der Anteil der Könige hier – ähnlich wie bei den Stiftungen der ersten Jahrhunderte u. Z. – relativ gering war. Als Kloster‑ und Tempelstifter wirkten vor allem Lokalfürsten, hohe Beamte und adlige Damen. In hinduistischem Kontext erscheinen auch Brahmanen und in bud‑ dhistischem auch Mönche als Stifter. Do‑ tationen ortsansässiger ‚Fremder‘ sind, wie erwähnt, bereits für das indische Altertum belegt. Im frühen Mittelalter besaßen die be‑ rühmten buddhistischen Klosterkomplexe in Ostindien, dem Ursprungsgebiet dieser Heilslehre, bereits eine solche Reputation, dass sogar singhalesische und südostasia‑ tische Könige dort Stiftungen errichteten, insbesondere selbst Klöster gründeten. Im Unterschied zu den ersten Kupfertafel‑ urkunden des späten Altertums zeichnet die des Frühmittelalters ihre starke Standar‑ disierung aus, was für eine entwickeltere
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Stiftungskultur spricht. Im Vergleich zu den ‚Prototypen‘ des späten Altertums enthalten die betreffenden Unterhaltsstiftungen seit dem 6./7. Jahrhundert genauere Angaben zu den Destinatären und Stiftungszwecken. So wurden bei brahmanischen Empfängern Einzelheiten ihrer familiären und geogra‑ phischen Herkunft und Details ihrer fach‑ lichen Spezialisierung aufgeführt. Die buddhistischen Dotationen des Frühmittelalters zeigen, dass es sich bei den begünstigten Klöstern um permanente Wohnsitze handelte. Während in Inschrif‑ ten an den westindischen Höhlenklöstern aus den ersten Jahrhunderten u. Z. noch des Öfteren vermerkt ist, dass dies Regen‑ zeitbehausungen, temporäre Unterkünfte waren, wurden die mittelalterlichen Klös‑ ter das ganze Jahr über bewohnt, und die Insassen zogen nicht mehr auf tägliche Al‑ mosengänge. Das fand seinen Niederschlag im Stiftungswesen: In vielen Teilen Indiens erhielten Mönchs‑ und Nonnenkonvente umfangreiche ‚unvergängliche‘ Stiftun‑ gen für ihren Unterhalt. Der Zweck dieser Dotationen wurde seit dem 7. Jahrhundert zunehmend klarer bestimmt: Die Angehö‑ rigen des lokalen Ordens sollten kontinu‑ ierlich versorgt, die Klosterbauten erhalten und der Bilderkult durchgeführt werden. Wie erwähnt, müssen die Bauten und die Kultbilder selbst meist aus separaten Stif‑ tungen hervorgegangen sein. Dort, wo sich frühmittelalterliche Gründungs‑ und Weihinschriften erhalten haben, wird die Differenzierung in den Aktivitäten zwi‑ schen privaten Klosterstiftern auf der einen und fürstlichen Unterhaltsstiftern auf der anderen Seite deutlich. Auch dies ist ein markanter Unterschied zu den Stiftungen der ersten Jahrhunderte u. Z., in denen die Errichtung von Bauten oder Bauelemen‑ ten und Dotationen für deren dauerhaften Erhalt oft von denselben Personen vorge‑ nommen worden waren.
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Die Praxis des Aufstellens und regelmä‑ ßigen Verehrens von buddhistischen Kult‑ bildern scheint bis ins 5./6. Jahrhundert in fast allen Regionen Indiens Einzug gehalten zu haben. Aus den jeweiligen Widmungs‑ inschriften – soweit vorhanden – geht her‑ vor, dass es auch hier zu Veränderungen gekommen sein muss, denn Nonnen sind im augenfälligen Gegensatz zu den ersten Jahrhunderten u. Z. als Stifterinnen kaum noch präsent, was Gregory Schopen mit dem zunehmenden Einfluss von Mahāyāna‑ Ideen im Buddhismus erklärt hat.62 In Südindien (Karnataka und Tamilna‑ du) entwickelte sich der hinduistische Tem‑ pelbau seit dem 7. Jahrhundert geradezu sprunghaft. Für viele Regionen Indiens sind jedoch bis zum 11. Jahrhundert nur vergleichsweise geringe Stiftungsaktivitä‑ ten zugunsten von Göttinnen‑ und Götter‑ tempeln nachweisbar. Die epigraphische Materiallage deckt sich in dieser Hinsicht mit dem archäologisch‑architektonischem Befund.63 In verschiedener Hinsicht einen Sonderfall stellt die Stiftung eines Tājika‑ Fürsten dar, eines arabischen Vasallen der zentralindischen Rāṣṭrakūṭa‑Könige, der an der Westküste, nördlich des heutigen Mumbai, regierte. Dieser Tājika namens Madhumati Sugatipa vergab im frühen 10. Jahrhundert ein Dorf und ein Stück Land zur Förderung einer von einem Brah‑ manen gegründeten und der Göttin Durgā gewidmeten Einrichtung. Gaben zum Un‑ terhalt hinduistischer Institutionen waren unter den Rāṣṭrakūṭas noch recht selten, und bemerkenswert ist, dass gerade ein (vermutlich) muslimischer Stifter in einem Kontext agierte, in dem es auch ausdrück‑ lich um die kultische Verehrung von Göt‑ terbildern ging.64
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4.6.5 Aufschwung des hinduistischen Tempelwesens (ca. 1000–1250) Etwa das frühe 11. Jahrhundert markierte die Wende, mit der gesamtindisch die Zahl der Steininschriften wieder entscheidend anstieg. In ihnen meldeten sich andere Stif‑ tergruppen als in den Kupfertafelurkun‑ den zu Wort, vornehmlich Vertreter der regionalen und lokalen Eliten, die indivi‑ duell oder kollektiv in verstärktem Maße hinduistische Tempel unterstützten. Für das ‚wiederbelebte‘ epigraphische Medium bediente man sich oft nicht des Sanskrit, sondern zunehmend neuindischer Regio‑ nalsprachen. Diese Zäsur scheint in Zusam‑ menhang mit einem erneuten Aufschwung des Fernhandels und einer Intensivierung des Geldverkehrs gestanden zu haben, denn das stifterische Wirken von Händlern tritt erneut deutlich hervor. Oft scheinen nicht die Herrscher die Initiatoren der Hinwen‑ dung zum Tempelwesen gewesen zu sein, doch Könige förderten diese Entwicklung durch entsprechende Zustiftungen. In Südindien setzte diese Phase früher ein und dauerte länger als in Nordindien. Leslie Orr hat zu dieser Entwicklung fest‑ gestellt: „From the 8th century onwards (…), in Pallava territory, we see a huge prolif‑ eration of stone inscriptions recording en‑ dowments by private individuals and local corporate groups that had as their object the provision of perpetual lamps and regu‑ lar worship services, the employment of temple personnel, the feeding of devotees and ascetics, and the periodic renovation of temple buildings. This pattern of endow‑ ment continues in South India from the 9th to 14th century, as witnessed by the thousands of inscriptions issued during the reigns of the Pandyas, Cholas and Kakatiyas.“65 Im Gebiet des heutigen Tamilnadu sind be‑ sonders viele Stiftungsinschriften an den Wänden von Tempeln überliefert, und der
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Umfang des Materials erlaubt es dort eher als in anderen Regionen, die Geschichte der einem einzelnen hinduistischen Heiligtum zugedachten Dotationen zu verfolgen. In allen Teilen Indiens wurden in dieser Periode religiöse Stiftungen sehr viel kom‑ plexer ausgestaltet als im Frühmittelalter. Ab dem 11. Jahrhundert sind enge Verbin‑ dungen zwischen Brahmanen und hindu‑ istischen Tempeln auf der Seite der Desti‑ natäre in größerem Umfang nachweisbar. Brahmanische und hinduistische Stiftungen wurden häufiger kombiniert und sollten den in neu gegründeten Brahmanensiedlungen lebenden Brahmanengruppen und den an diesen Orten errichteten Göttertempeln ge‑ meinsam zugutekommen. Ab dieser Zeit fin‑ den sich auch des Öfteren – aber keinesfalls häufig oder regelmäßig – Belege dafür, dass Stiftungen an hinduistische Tempel nicht nur dem Kult einer Gottheit, dem Erhalt der Baulichkeiten und der Versorgung der Priester, sondern auch der Bereitstellung von Unterkünften, Nahrung und Wasser für die Armen dienen sollten. Neben der Unterhaltung von Brunnen wird mitunter auch das dauerhafte Einrichten von Feuer‑ plätzen genannt. (→ 9.6.2) Während bis zum 10. Jahrhundert Privi‑ legien und Immunitäten – zum Teil in sehr großem Umfang – nach qualifizierenden Kriterien (Naturalabgaben, Arbeitsdienste, Geldsteuern usw.) aufgezählt wurden, zeigt sich ab dem 11. Jahrhundert die Tendenz, die den Begünstigten zustehenden Rechte quantitativ konkreter zu fassen.66 Auch tauchen Belege für Dotationen von in Geld zu entrichtenden Handelssteuern auf, und es gibt Hinweise darauf, dass sich Händ‑ ler‑ und Handwerkerkorporationen selbst zu wiederkehrenden Abgabenleistungen in Geld und / oder Naturalien zugunsten religiöser Institutionen verpflichteten.67 Buddhistische Dotationen hatten bis zum Ende des ersten Jahrtausends eine
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bedeutende Komponente der indischen Stif‑ tungstradition dargestellt. Die Zahl der von ca. 550 bis 1 000 dokumentierten buddhisti‑ schen Stiftungen war zwar in allen Regio‑ nen Indiens geringer als die der Dotationen an Brahmanen gewesen, doch in vielen Gebieten hatten buddhistische Klöster er‑ folgreich mit hinduistischen Tempeln um die Gunst potentieller Stifter konkurriert.68 Nach gesamtindischen Niedergangserschei‑ nungen im 10. Jahrhundert konnte sich der Buddhismus nur noch für kurze Zeit in sei‑ nem letzten Rückzugsgebiet, in Bihar und Bengalen, halten. Vermutlich haben meh‑ rere Faktoren das weitgehende Verschwin‑ den der buddhistischen Klostertradition aus ihrem Ursprungsland bewirkt. Es spricht einiges dafür, dass das Stiftungswesen in diesem Kontext auch eine Rolle gespielt haben könnte. Aufgrund seiner Multireli‑ giosität war die Konkurrenz um materielle Zuwendungen im indischen Kulturraum stets besonders groß. Da die Stiftungen des Frühmittelalters ganz überwiegend im länd‑ lichen Bereich konzentriert waren, dürfte sich das geringe Interesse der indischen buddhistischen Mönche und Nonnen am dörflichen Leben bzw. deren Aversion ge‑ genüber ackerbaulichen Tätigkeiten nega‑ tiv ausgewirkt haben. Im Unterschied zum Buddhismus ist der Jinismus in Indien bis in die Neuzeit erhalten geblieben. Die Zahl der jinistischen Stiftungen war gesamtindisch gesehen stets relativ gering und konzent‑ rierte sich regional vor allem auf bestimmte Gebiete in Westindien (Gujarat) und im Süden (Karnataka und Tamilnadu). Im Unterschied zum Buddhismus kamen Stif‑ tungen zugunsten von Jaina‑Institutionen auch nach dem 10. Jahrhundert nicht zum Erliegen,69 obwohl die jinistischen Asketen eine noch striktere Haltung hinsichtlich des Nichtverletzens von Lebewesen als die Buddhisten hatten. Aber die Jaina‑Laien verwalteten in der Regel die Stiftungen für
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die Asketen, so dass diese kaum mit dörfli‑ chen Belangen in Berührung kamen. 4.6.6 Islam, Ikonoklasmus und Brahmanenverfolgungen (ca. 1200–1500) Ab dem frühen 13. Jahrhundert kam es – in Nordindien beginnend – zu einem deutli‑ cheren Bruch in der indigenen Stiftungs‑ praxis, der mit der Ausbreitung islamischer Staatlichkeit in Zusammenhang stand. Aus dieser Entwicklung resultierte ein ganz erheblicher Rückgang von (nicht‑muslimi‑ schen) Neustiftungen in vielen Regionen, zum Teil ihr völliges Erlöschen. Sie führte auch zu erheblichen Störungen der älteren, ‚auf ewig‘ angelegten religiösen Stiftungen, nicht selten sogar zu deren Ende.70 Diese Zä‑ sur ist in Zentralindien erst am Beginn des 14. Jahrhunderts und in Südindien noch et‑ was später und auch abgeschwächter nach‑ weisbar.71 Das Vordringen des Islam und der damit verbundene Ikonoklasmus führten insbesondere im Norden zum zeitweiligen oder zum endgültigen Abbruch bestimmter Stiftungsaktivitäten. Zahlreiche hinduis‑ tische Tempel, buddhistische Klöster und jinistische Institutionen wurden zerstört.72 Aufschlussreich hinsichtlich des etwa‑ igen Fortbestehens frühmittelalterlicher Stiftungen sind die Umstände, unter de‑ nen Kupfertafelurkunden über Dotationen zum Unterhalt religiöser Personen und In‑ stitutionen, die am besten dokumentierte Stiftungskategorie des vormodernen Indien, gefunden wurden. (→ 5.6.3) Für die Fälle, in denen die neuzeitlichen Fundumstände be‑ kannt sind, lassen sich drei Hauptarten von Entdeckungen unterscheiden, deren jeweili‑ ge Häufigkeit von Region zu Region und von Dynastie zu Dynastie differiert: Auffindun‑ gen in Privatbesitz, zufällige Bodenfunde sowie Entdeckungen bei archäologischen
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Grabungen. Die letztgenannte Variante stellt die seltenste dar, was damit zusam‑ menhängen kann, dass ein solcher Fund‑ kontext lediglich bei Stiftungen an Klöster und Tempel in Frage kommt und bei Dotatio‑ nen an Brahmanen eher unwahrscheinlich ist. Beim Pflügen oder bei Baumaßnahmen zutage geförderte Bodenfunde sprechen da‑ gegen, dass aus den jeweiligen Urkunden noch bis in die Gegenwart Landansprüche hergeleitet werden. Wahrscheinlicher wäre dies wohl bei in Brahmanenfamilien oder in Tempeln aufbewahrten Stiftungsurkunden. Die wenigsten der bei ihrer ‚Entdeckung‘ in Privatbesitz befindlichen Kupfertafeln fallen jedoch in diese Kategorie. Zumeist ist keine institutionelle oder personelle Beziehung zwischen den mittelalterlichen Destinatä‑ ren der Stiftungen und den neuzeitlichen Besitzern der Urkunden erkennbar. Noch seltener als bei den Schriftzeug‑ nissen finden sich Hinweise auf Besitzkon‑ tinuität bei den eigentlichen Dotations‑ objekten. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Stiftungsvermögen häufig um Steuereinkünfte aus Dörfern handelte, ist die Diskontinuität nicht allzu verwunderlich. Die Dauerhaftigkeit derar‑ tiger Verleihungen hing ganz wesentlich davon ab, ob spätere Herrscher und Dy‑ nastien den Bestand dieser Übertragun‑ gen garantierten. Dieses Problem wird in den Kupfertafelinschriften selbst themati‑ siert, die entsprechende Appelle an künf‑ tige Könige enthalten. Obwohl es auch in der vormuslimischen Periode gelegentlich zur Aberkennung aus Stiftungen resultie‑ render Ansprüche und zu Konfiskationen von Stiftungsgütern gekommen sein dürfte, scheint gesamtindisch die eigentliche Zäsur in engem Zusammenhang mit der Ausbrei‑ tung islamischer Staatlichkeit gestanden zu haben, durch die der Konsens über die potentielle Verdiensthaftigkeit brahma‑ nisch‑hinduistischer, buddhistischer und
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jinistischer Stiftungen weitgehend aufge‑ hoben wurde. Die Sachzeugnisse belegen ebenfalls ei‑ nen markanten Einschnitt im Fortbestand alter und frühmittelalterlicher Stiftungen seit dem 13. Jahrhundert, zunächst und vor allem im Norden. Bereits im frühen 12. Jahrhundert hatte es unter dem dafür berüchtigten Maḥmūd von Ghazni eine erste verheerende Welle islamischer Ver‑ wüstung gegeben, bei der zahlreiche Klös‑ ter und Tempel in Mathurā und Kanauj niedergerissen wurden.73 So fielen auch die meisten der unter der Gurjara‑Pratihāra‑ Dynastie vom 8. bis 11. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Uttar Pradesh gegrün‑ deten hinduistischen Heiligtümer diesen Zerstörungen zum Opfer, und für die Peri‑ ode ab dem 13. Jahrhundert ist kaum noch monumentaler Tempelbau in dieser Region belegt. Die berühmte buddhistische Klos‑ teranlage im ostindischen Nālandā wurde unter Muḥammad Bakhtiyār Khalajī im späten 12. Jahrhundert niedergebrannt. Die Jaina‑Tempel auf dem Berg Shatrunjara bei Palitana im westindischen Gujarat wurden im 14. Jahrhundert von den muslimischen Eroberern zerstört, doch dann von den Jainas wiederaufgebaut. Um 1336 entstand im Süden Indiens – gewissermaßen als geopolitische Reaktion auf das Vordringen des Islam – das Reich von Vijayanagara. Dieses letzte südindische und zugleich letzte hinduistische Großreich wird nicht dynastisch, sondern nach seiner Hauptstadt, der ‚Stadt des Sieges‘, benannt, die in Zentral‑Karnataka lag. Die äußere Bedrohung durch die in Nordindien und weiten Teilen Zentralindiens etablierte is‑ lamische Herrschaft, die mit der Zerstörung hinduistischer Heiligtümer, Verfolgungen von Brahmanen und offenbar gezielten Kon‑ vertierungskampagnen einherging, prägte wesentlich den Charakter und die Struktur des Reiches von Vijayanagara. Unter den
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Vijayanagara‑Dynastien kam es in Tamil‑ nadu und Teilen von Karnataka und Andhra Pradesh zu einer brahmanisch‑hinduisti‑ schen Restauration und zu einer erneuten Blüte der Tempelarchitektur. In Inschriften wurden Vijayanagara‑Krieger dafür geprie‑ sen, dass sie die Muslime im Tamil‑Land besiegt und den von diesen unterbrochenen Tempelkult wieder hergestellt hatten. 1565 erlag das Reich einem Angriff der zentral‑ indischen Sultanate, bei dem Vijayanagara zerstört wurde.74 In der Zeit des Sultanats von Delhi exis‑ tierte auch in Nord‑ und Zentralindien eine Reihe hinduistischer Fürstenstaaten, und es gab Gebiete, die von islamischen Er‑ oberungen und Zerstörungen weitgehend ausgenommen blieben, wie z. B. Orissa. Das von der Dynastie der Östlichen Gaṅgas begründete Reich bestand vom 12. bis ins 15. Jahrhundert und umfasste auf dem Hö‑ hepunkt seiner Macht außer Orissa weite Gebiete Bengalens und Andhra Pradeshs. Unter den Östlichen Gaṅgas wurden viele hinduistische Tempel gestiftet, die nicht den islamischen Einfällen zum Opfer fielen (und dennoch später vielfach aufgegeben wurden).75 Mit dem Islam kam auch die Institution des waqf nach Indien. Allerdings ist insbe‑ sondere die Frühzeit der Ausbreitung die‑ ses Phänomens im indischen Kulturraum schlecht erforscht.76 Erste Moscheen gab es nach arabischen Quellen bereits im 8. Jahr‑ hundert im heute zu Pakistan gehörenden Sindh und ab dem 10. Jahrhundert an der indischen Westküste.77 In der Frühzeit is‑ lamischer Stiftungen in Indien scheint es durchaus üblich gewesen zu sein, diese auf Sanskrit – mit der einschlägigen indischen Terminologie – oder aber zweisprachig zu beurkunden. Ein wichtiges frühes Do‑ kument ist eine bilinguale Steininschrift aus Veraval in Gujarat, die aus dem Jahr 1264 datiert. Der detaillierte Sanskrit‑Text
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und eine kurze arabische Übersetzung be‑ richten vom Bau einer Moschee für die ‚Musalamānas‘ und beurkunden die Stif‑ tung eines arabischen Schiffseigners für den Unterhalt dieses Sakralbaus.78 4.6.7 Kontinuität und Diskontinuität nach 1500 Das Vordringen des Islam konnte den Fort‑ bestand der hinduistischen Kultur in den meisten Regionen Indiens79 nie grundsätz‑ lich in Frage stellen. Noch in der Frühen Neuzeit, d. h. im Mogul‑Reich, wurden ne‑ ben islamischen Stiftungen80 auch hinduis‑ tische (und jinistische) Dotationen vorge‑ nommen, allerdings ist deren Geschichte nur unzureichend untersucht. Lediglich für die spätere britische Kolonialzeit seit dem frühen 19. Jahrhundert liegen einige Studien vor.81 In dieser Periode zeigten sich wiederum eine tendenziell stärker ausge‑ prägte Kontinuität in der Geschichte des südindischen Stiftungswesens und Züge von Diskontinuität in der nordindischen Stiftungslandschaft, wie Leslie Orr festge‑ stellt hat: „In South India, these donations were for the most part made to temples that were already in existence (…). In North India, however, new temples, or resthouses, were frequently founded, some of which seemed to have had a more ‚private‘ char‑ acter as family shrines or were destined for the use of a particular section of the Hindu community.“82 Besonders einflussreich waren die Stif‑ tungen von wohlhabenden Geschäftsleu‑ ten und von Händlerkorporationen, die sich den Ruf großer Freigebigkeit erwerben wollten. Unter dem Einfluss des Christen‑ tums und hinduistischer Reformbewegun‑ gen kam es zu einer stärker philanthro‑ pischen Ausrichtung der hinduistischen Stiftungskultur: „While mercantile support
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of traditional Hindu objects of donation continued, there was a greater and greater emphasis on the role of the donor as the sponsor of projects that would promote the general welfare of the public or pro‑ vide aid to the needy: hospitals and clin‑ ics, schools and colleges, and libraries and cultural centers.“83 Während der britischen Kolonialzeit än‑ derte sich auch das Verhältnis zwischen Staat und religiösen Institutionen. Als zen‑ trale Aufgabe hinduistischer (und buddhis‑ tischer) Könige des Mittelalters hatte gegol‑ ten, den Bestand religiöser Institutionen und ihrer Besitztümer zu garantieren. Die britische Kolonialregierung konfiszier‑ te – wie viele muslimische Herrscher vor ihr – den (aus Stiftungen hervorgegangenen) Landbesitz und andere Einkommensquellen zahlreicher Tempel mit dem eindeutigen Ziel, das ihr direkt zufließende Steuerauf‑ kommen zu erhöhen.84 Bereits 1841 wurde von der Leitung der East India Company er‑ klärt, sich fürderhin nicht mehr in religiöse Angelegenheiten der indigenen Bevölkerung einmischen zu wollen.85 Eine Reihe von in
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der Folge verabschiedeten Gesetzen belegt allerdings das Gegenteil, wie beispielsweise der Charitable Endowments Act von 1890, der mit weitreichenden Folgen für die Tem‑ pelautonomie zwischen öffentlichen und privaten Stiftungen und zwischen religiö‑ sen und caritativen Zwecken unterschied. Dieses und andere Gesetze eröffneten die Möglichkeit, bei vermutetem Stiftungsmiss‑ brauch vor Gericht zu ziehen. „In contrast to the precolonial view of gifts to temples as part of a web of transactions involving merit, status, and wealth, the judgements handed down by the Anglo‑Indian courts led toward an understanding of religious endowments as if they were trusts, the do‑ nor relinquishing control of his property to a neutral party, a trustee, who administered the endowment on behalf of the beneficia‑ ry.“86 Viele der in der Kolonialzeit entstan‑ denen Institutionen, Hindu Religious and Charitable Endowment Boards (heute: De‑ partments) ebenso wie muslimische Waqf / Wakf Boards, existieren bis heute fort. AS
Anmerkungen 1 Vgl. H. Kulke, Frühmittelalterliche Regional‑ Gebieten Indiens, die durch Stiftungen wesentlich reiche (1985).
2 Es gibt genügend sachliche Gründe, im
5./6. Jahrhundert den Übergang zu einer grund‑ legend neuen Phase in der geschichtlichen Ent‑ wicklung Indiens anzusetzen. Diese Periode war gekennzeichnet (1.) durch ein neues Verhältnis der Großregionen zueinander, insbesondere durch den machtpolitischen und zivilisatorischen Aufstieg Zentral‑ und Südindiens, (2.) durch die Entstehung wirtschaftlich und politisch eigenständiger regi‑ onaler Einheiten und die Entwicklung regionaler Kulturen und Sprachen, (3.) durch einen Nieder‑ gang von Handel, Stadtkultur und Geldwirtschaft (bis zum 9./10. Jahrhundert) und (4.) durch groß‑ angelegte Kolonisationsbewegungen in vielen
befördert wurden; vgl. z. B. H. Kulke, Frühmittel‑ alterliche Regionalreiche (1985). 3 Hinweise auf Stiftungen der Vor‑Aśoka‑Zeit finden sich in der religiösen Literatur, z. B. in buddhistischen kanonischen Texten; diese sind jedoch erst in der Nach‑Aśoka‑Zeit kompiliert und verschriftlicht worden. 4 Zur Bezeichnung der von ihm propagierten ‚Reichsideologie‘ benutzte Aśoka den Terminus dhaṃma. Im Kern handelte es sich um eine Art Sozialethik, die unter anderem auch die Emp‑ fehlung enthielt, sich freigebig gegenüber den verschiedenen Religionsgemeinschaften zu zeigen. 5 H. Falk, Aśokan Sites and Artefacts (2006), 255. 6 Ebd.
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7 Hier und im folgenden wird für heutige Orts‑ Aśoka aus dem 3. Jahrhundert v. u. Z. entdeckt
namen die englische Schreibung benutzt (Barabar, wurden, ist die hohe Dichte von Stifterinschriften nicht Barābār). Wenn es sich aber um alte / mit‑ auffällig – insgesamt 631 –, die zum Teil mehr telalterliche Bezeichnungen oder solche handelt, als eine stiftende Person nennen; vgl. Marshall / die seit dieser Zeit gebräuchlich sind, werden die Foucher, Monuments of Sanchi (1940). Sanskrit‑Namen mit Diakritika wiedergegeben 22 Vgl. Schopen, Monks, Nuns, and Vulgar (Mathurā, nicht Mathura). Practices, (1988/1989, ND 1997); Fynes, Religious 8 Vgl. H. Falk, Aśokan Sites and Artefacts (2006), Patronage (1995), 47. 266 f. 23 Mathurā‑Skulpturen sind am verwendeten Material, einem rötlichen, gefleckten Sandstein 9 Vgl. ebd., 262. zu erkennen, der in Sikri bei Mathurā abgebaut 10 Vgl. ebd., 276. 11 Vgl. ebd., 256. wurde. Zu den Inschriften vgl. Shrava, Dated 12 Dafür aber, dass diese Orte bereits zur Aśoka‑ Kushāṇa Inscriptions (1993). Zeit von Bedeutung waren, spricht die Tatsache, 24 All dies sind wichtige Orte der Buddha‑Le‑ dass sich an ihnen nicht selten Säulen mit Inschrif‑ gende. In Śrāvastī soll sich der Jetavana, ein dem ten dieses Maurya‑Königs befinden, z. B. in Sanchi; buddhistischen Orden durch den reichen Kauf‑ siehe unten, Anm. 21. mann Anāthapiṇḍika gestifteter Hain, befunden 13 Die Überreste der Zaunanlage befinden sich haben. Auf dem Gebiet des heutigen Sarnath hielt nicht mehr vor Ort, sondern im Indian Museum der Buddha angeblich seine erste Predigt nach in Kalkutta. der Erleuchtung. 14 Vgl. Schopen, Two Problems (1985, ND 1997), 25 Vgl. hierzu und zu den damit verbundenen 48, Anm. 40. Implikationen Schopen, Monks, Nuns, and Vulgar 15 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Frühe indische Practices, (1988/1989, ND 1997), 242–252. Plastik (1988), 13. 26 Vgl. z. B. Dehejia, Collective and Popular 16 Allerdings bezeichnete sich kein Stifter in Basis (1992), 43 f. Bharhut explizit als upāsaka, ‚buddhistischer 27 Hierzu gehören vor allem die Verehrer der Laie‘, oder upāsikā, ‚buddhistische Laiin‘. Auch Nāgas, der Schlangen[götter], und der Yakṣas, an anderen Orten sind diese Begriffe selten; vgl. einer Kategorie niederer Gottheiten, gutartiger Schopen, Ritual Obligations (1992, ND 1997), 84, Naturwesen; vgl. Plaeschke / Plaeschke, Frühe in‑ dische Plastik (1988), 16. Anm. 24. 17 Vgl. Schopen, Two Problems (1985, ND 1997), 28 Vgl. Njammasch, Akhayanīvi‑Schenkungen 48, Anm. 40. (1971), 206 f.; 213 f.; Dies., Wirtschaftliche Grundla‑ 18 Plaeschke / Plaeschke, Frühe indische Plastik gen (1971). In den Prakrit‑Inschriften aus der Zeit (1988), 33. der Sātavāhana‑Dynastie wurden Geldstiftungen 19 Die Chronologien der Kuṣāṇa‑ und der in der Regel akhayanivi, ‚unvergängliches Kapital‘ Sātavāhana‑Dy nastie sind höchst umstritten; für (zu Sanskrit akṣayanīvī → 1.6.3), und Landstif‑ die Sātavāhanas vgl. beispielsweise Fynes, Reli‑ tungen an buddhistische Mönche bhikhuhala, gious Patronage (1995), 43 f.; A. Shastri, Purāṇas on ‚Mönchspflug‘ (Sanskrit bhikṣuhāla), genannt. the Sātavāhanas (1999). Verschiedene sogenannte 29 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples (1883), Kṣatrapa‑Dynastien regierten im Nordwesten und 104–107. Norden vor den Kuṣāṇas und konkurrierten in 30 Vgl. ebd., 99 f.; auch Orr, Religious Endow‑ Zentral‑ und Westindien mit den Sātavāhanas. ments (2011), 152. Im Südosten, im heutigen Andhra Pradesh, wur‑ 31 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples, 93–96 den die Sātavāhanas im 3. Jahrhundert von den (Junnar); 114 f. (Nasik). Sie erscheinen auch im Ikṣvākus abgelöst. Norden und Nordwesten des Subkontinents. 20 All diese buddhistischen Zentren lagen an 32 Vgl. ebd., 93, Nr. 3 (Junnar). wichtigen Handelswegen. 33 Vgl. ebd., 107 f., Nr. 17 (Karla). 21 Für Sanchi, wo auch zwei an den buddhis‑ 34 Dies im Unterschied zum Norden und Nord‑ tischen Orden gerichtete Säuleninschriften des westen des Subkontinents.
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35 Vgl. z. B. J. Burgess, Buddhist Cave Temples
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49 Zu dieser Großregion gehören die Gebiete (1883), 99–102 (Nasik und Karla); Ray, Monastery des heutigen Bundesstaates Westbengalen im and Guild (1986), 221 (Appendix IV). Osten Indiens und das Territorium Bangladeschs. 36 Vgl. Mathura Brahmi Inscription of the 50 Vgl. Virkus, Politische Strukturen im Gup‑ Year 28. Ed. Sten Konow, in: Epigraphia Indica 21, tareich (2004). 1931/1932, 55–61; vgl. hierzu auch Orr, Religious 51 Ödland und ungenutzte Flächen fielen nach Endowments (2011), 152. altindischen Rechtsvorstellungen an den König. 37 Zur Datierung der Ikṣvākus vgl. Stone, Bud‑ 52 Derartige Gesuche wurden sowohl an städ‑ dhist Art of Nāgārjunakoṇḍa (1994), 3–9; 32. tische als auch an ländliche Verwaltungsbehör‑ 38 Vgl. More Inscriptions from Nagarjunikonda. den gerichtet, die diese Anfragen auch selbst Ed. Dinesh Chandra Sircar, in: Epigraphia Indica beschieden, vgl. Virkus, Politische Strukturen 35, 1963/1964, 1–36. im Guptareich (2004). 39 Vgl. The Pātagaṇḍigūdem Copper‑Plate Grant 53 Der lokal übliche Verkaufspreis wird explizit of the Ikṣvāku king Ehavala Cāntamūla. Ed. Harry festgehalten. Falk, in: Silk Road Art and Archaeology 6, 1999/2000, 54 Nicht immer geht aus dem Urkundentext 275–283. zweifelsfrei hervor, ob der oder die Begünstigte(n) 40 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Frühe indische Plas‑ steuerfrei gegenüber der Krone gestellt wurde(n). tik (1988), 34; H. Singh, Women’s Patronage (1999), Auffällig ist jedoch ein Passus, durch den dem 286 f.; Stone, Buddhist Art of Nāgārjunakoṇḍa (1994). jeweiligen Gupta‑König, der in den Transaktio‑ 41 Vgl. z. B. J. Burgess, Buddhist Cave Temples nen sonst nicht direkt in Erscheinung trat, ein (1883), 82 f. (Bhaja); 83 f. (Pitalkhora); 84–88 (Kuda); Sechstel des religiösen Verdienstes zugesprochen 88 f. (Mahad); 90–92 (Karla); siehe auch Plaeschke / wurde. Ṣaḍbhāga, ‚der sechste Teil‘, war nach Plaeschke, Frühe indische Plastik (1988), 33 f. altindischem Recht die übliche Höhe der regu‑ 42 Vgl. Njammasch, Akhayanīvi‑Schenkungen lären Erntesteuern. Zu einem Spezialfall vgl. Orr, (1971), 208 f.; 213 f.; Plaeschke / Plaeschke, Frühe in‑ Religious Endowments (2011), 152. dische Plastik (1988), 34; Dehejia, Collective and 55 Einige Historiker setzen den Übergang ins Popular Basis (1992), 43 f. Mittelalter erst in der Mitte des 7. Jahrhunderts 43 Zu einer groben Schätzung von 40 Prozent im an, der Phase nach der Herrschaft des berühmten Norden und 20 Prozent im Süden vgl. Plaeschke / nordindischen Königs Harṣa von Kanauj. Die Plaeschke, Frühe indische Plastik (1988), 33. Zu dif‑ traditionelle Periodisierung versteht hingegen ferenzierteren Zahlen: Schopen, Filial Piety (1984, unter Altertum die gesamte Periode bis zur mus‑ ND 1997), 62–65. limischen Eroberung. 44 Zu dieser Phase in der indischen Geschichte 56 Vgl. H. Kulke, Frühmittelalterliche Regio‑ vgl. Njammasch, Gab es eine indische Spätanti‑ nalreiche (1985). ke (1989). 57 Zu den Stiftungen der buddhistischen Pāla‑ 45 Diese Entwicklung verlief selbstverständlich Herrscher, des buddhistischen Bhaumakara‑Königs nicht linear: Steininschriften gab es auch weiter‑ Śubhākaradeva und des buddhistischen Candra‑ hin (aber sie wurden zunehmend auf Sanskrit ge‑ Königs Śrīcandra vgl. Schmiedchen, Epigraphical schrieben); und die ältesten Kupfertafelurkunden Evidence (2007), 362; 367; 371 f. waren selbst noch in Prakrit verfasst. 58 Es gibt einige Ausnahmen von dieser Regel, 46 Einzelne Inschriften auf Kupfertafeln sind die vor allem sehr kleine Dynastien betreffen, von schon älter, haben aber noch nichts mit der Kup‑ denen nur äußerst wenige Urkunden überliefert fertafelepigraphik zu tun. Zur Kalawan‑Kupfer‑ sind. Hierzu zählen z. B. drei zusammen gefundene tafelinschrift in Kharoṣṭhī‑Schrift aus dem Azes‑ Urkunden zweier in Śivabhāgapura residierender Jahr 134, d. h. aus dem 1. Jahrhundert u. Z., vgl. westindischer Lokalfürsten aus dem 5./6. Jahr‑ Salomon, Indian Epigraphy (1998), 267–270, Nr. 4. hundert, die Stiftungen an hinduistische Tempel 47 Siehe oben, Anm. 39. beurkunden; vgl. Three Early Charters from Sanjeli 48 Vgl. Sharma, Urban Decay in India (1987), in Gujarat. Ed. K. V. Ramesh, in: Epigraphia Indica 108–121. 40, 1973/1974, 175–186.
330 59 Vgl. The Inscriptions of the Maitrakas of Valabhī. Texts, Translations, Glossary. Ed. Annette Schmiedchen. Wiesbaden 2014, Introduction. 60 Bei der Vergabe von Steuerpfründen wurde in der Regel auch die niedere Gerichtsbarkeit übertragen. 61 So ging ein nicht unerheblicher Anteil der Stiftungen der westindischen Maitrakas (6. bis 8. Jahrhundert) an buddhistische Klöster, während ein Teil der Dotationen der südindischen Kadam‑ bas (4. bis 6. Jahrhundert) auch Jaina‑Institutionen zugute kam. Die ostindischen Pāla‑Könige (8. bis 12. Jahrhundert) wiederum, die Buddhisten waren, stifteten Ländereien an Brahmanen, buddhistische Klöster und hinduistische Tempel; vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 359 f.; 362. 62 Vgl. Schopen, Mahāyāna in Indian Inscrip‑ tions (1979, ND 2005). 63 Beide stehen jedoch in einem gewissen Ge‑ gensatz zu dem Bericht des chinesischen Pilgers Xuanzang aus dem 7. Jahrhundert, der von der Existenz vieler Göttertempel mit zahlreichen An‑ hängern in den meisten Gebieten Indiens spricht. Hierbei stellt sich die Frage, was unter solchen hinduistischen ‚Göttertempeln‘ bei Xuanzang zu verstehen sei. Vermutlich handelte es sich um kleine Schreine aus relativ vergänglichen Materi‑ alien (nicht aus Ziegeln oder Stein), vergleichbar heutigen Dorfheiligtümern. 64 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 196 f. 65 Orr, Religious Endowments (2011), 152 f. In ei‑ nigen Regionen Südindiens dauerte diese Periode auch weit über das 14. Jahrhundert hinaus an, ins‑ besondere im Reich von Vijayanagara. (→ 4.6.6) 66 Vgl. z. B. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 269–272. 67 Vgl. ebd., 303–305; 323 f. 68 Vgl. Schmiedchen, Stiftungen zum Unterhalt buddhistischer Klöster (2013), 102–109. 69 Vgl. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 201–205; 318–324. 70 Orissa und Nepal sowie Sri Lanka blieben von diesen Entwicklungen weitgehend ausge‑ nommen. 71 In Zentralindien fällt dieser Einschnitt mit dem Untergang der Yādava‑Dynastie zusammen. 72 Wie das Beispiel Kaschmir zeigt, scheint eine Methode der Desekration auch gewesen zu sein,
Periodisierungen
muslimische Gräber und Friedhöfe in der Nähe hinduistischer Tempel anzulegen, wodurch diese nach brahmanisch‑hinduistischem Verständnis entweiht beziehungsweise verunreinigt wurden. 73 Im späten Altertum hatten die sogenannten Hūṇas viele Klöster im Nordwesten des Subkon‑ tinents zerstört. 74 Vgl. Schmiedchen, Indischer Subkontinent (2010), 277. 75 Vgl. ebd., 278. 76 Muzaffar Alam (Chicago) hat mich in einer Mail vom 07.02.2013 auf einige Literatur hinge‑ wiesen, kommt aber insgesamt zu dem Schluss: „There is no substantial work on Waqf as such in medieval or Mughal India.“ 77 Vgl. Patel, Mosque in South Asia (2008), 8: „Although identifiable foundation inscriptions for these buildings have not been unearthed, it is believed that each’s city’s congregational mosque was founded shortly after its takeover.“ Siehe auch Wink, Al‑Hind (1990), 69; 203. 78 Vgl. Veraval Inscription of Chaulukya‑Vaghe‑ la Arjuna, 1264 A. D. Ed. Dinesh Chandra Sircar, in: Epigraphia Indica 34, 1960/1961, 141–150, bes. 147–149, Z. 17–34. 79 Eine wichtige Ausnahme ist Kaschmir, des‑ sen Bevölkerung im indischen Maßstab relativ spät – erst seit dem 14. Jahrhundert –, aber nahezu ‚vollständig‘ islamisiert wurde. 80 Vgl. Kozlowski, Imperial Authority (1995). Siehe auch Habib, Agrarian System of Mughal India (1999), 343–363; Siddiqi, Land Revenue Ad‑ ministration (1970), 123–134. 81 Vgl. Mudaliar, State and Religous Endow‑ ments (1976); Appadurai, Worship and Conflict (1981); Sundar / Kothai / Parthasarathy, For God’s Sake (2002); Varadachari, Law (2006); Birla, Stages of Capital (2009). 82 Orr, Religious Endowments (2011), 153. 83 Ebd., 153 f. 84 Vgl. ebd., 154. 85 Vgl. Appadurai, Worship and Conflict (1981), 157; Orr, Religious Endowments (2011), 154. 86 Orr, Religious Endowments (2011), 154.
5 Schriftzeugnisse
5.1 Interkulturelle Perspektiven Stiftungen werden mündlich begründet und erlangen Rechtskraft durch die Wil‑ lensäußerung des Stifters, oft aber unter Beachtung weiterer Vorschriften (Sprach‑ regelungen, Zustimmung betroffener Drit‑ ter, Anwesenheit von Zeugen usw.). Im Judentum galten Stiftungen (heqdeshot) als Gaben an die Gemeinde Gottes und waren geradezu dadurch ausgezeichnet, dass sie mündlich gewidmet wurden; abgeleitet war dieses Prinzip von der Gabe an den Tempel, es gründete also auf biblischer Überlieferung und folgte den Vorschriften des Talmud. Auch die Muslime mussten juristisch gesehen keine Urkunde (waqfīya) ausfertigen; bei Familienstiftungen, die im Mittelalter die große Mehrheit der stif‑ terischen Rechtsgeschäfte ausgemacht haben dürften, werden sich schriftliche Aufzeichnungen wegen einer Diffusion der Auflagen und Bestimmungen von Genera‑ tion zu Generation ohnehin erübrigt ha‑ ben. Brahmanische Rechtstexte verlangten aber mindestens vom königlichen Stifter die nachträgliche Ausfertigung eines Do‑ kumentes; vermutlich war dies bei einer herrscherlichen Stiftungspolitik, die (auch) der kolonisatorischen Erschließung ganzer Landstriche in größerer Entfernung vom
Hof dienen sollte, sinnvoll und geboten. Im lateinischen Christentum hatten ‚Privatur‑ kunden‘ als schriftliche Manifestationen eines Stiftungsaktes grundsätzlich nur ‚be‑ weisende‘, keine rechtssetzende Qualität. Hier war man sich auch bewusst, dass Wil‑ lensäußerungen oder Vorschriften dieser Art die Lebenswirklichkeit einer Stiftung weder vollständig festlegen konnten noch sollten, zumal den nachlebenden Verwal‑ tern und Nutznießern für die Erfüllung des Stiftungszwecks eigene Gestaltungs‑ spielräume belassen werden mussten. In Byzanz wurden die Regeln und Traditionen eines gestifteten Klosters oft nur mündlich weitergegeben, bevor sie als Stifterwille codifiziert werden konnten. Trotz dieser Einschränkungen bildet die Urkunde die im interkulturellen Vergleich wichtigste Überlieferung des Stiftungswe‑ sens. Eingemeißelt in Stein auf Gebäuden oder graviert in Kupferplatten, begegnen Urkunden nach Tausenden zählend bei Stiftungen in Indien für Brahmanen, Bud‑ dhisten und Jinisten; sie sind im aufgehen‑ den Mauerwerk von Tempeln und Klöstern oder im Boden erhalten geblieben, können also meistens als Originale gelten. Über‑ aus häufig sind Stiftungsurkunden durch
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Feder und Tinte auf Papyrus, Pergament und Papier im Christentum und Islam fest‑ gehalten, unter Muslimen verbreitet waren auch Gründungsinschriften bei Moscheen, Schulen, Herbergen und Karawansereien. Die klösterlichen Stiftungsurkunden (typika) von Byzanz zeichnen sich oft durch überaus detailfreudige Anweisungen für das monastische Leben und die Funktions‑ weise der Stiftungen aus; im Vergleich mit dem christlichen Westen, wo Mönchsre‑ geln überregional als Norm galten, ohne den Gemeinschaften die Kraft zur Selbst‑ organisation zu nehmen, und Indien, wo die Ordnung der vier Stände (varṇa) die sozialen Gestaltungsspielräume über‑ haupt verengt haben dürfte, scheint ein Stifter im orthodoxen Christentum also eine ungewöhnliche Dispositionsfreiheit besessen und genutzt zu haben. Im Ju‑ dentum beschränken sich die Zeugnisse des Stiftungsaktes fast vollständig auf In‑ schriften (→ 6.4.2); auch die Einträge der Stifter_innen im Nürnberger Memorbuch setzen eine Überlieferung von Stiftungs‑ urkunden wohl nicht voraus. Stiftungen mussten sich in eine allge‑ meine Rechtsordnung fügen und sollten sich unter deren Schutz in eine Zukunft jenseits menschlichen Maßes entfalten. Christliche Hierarchen legten Wert darauf, die vermögensrechtliche Stellung kirchli‑ cher Amtsträger, besonders der Bischöfe, gegenüber den Ansprüchen der Stifter zu wahren; in Byzanz entwickelten die Kai‑ ser, vor allem Justinian I. im 6. Jahrhun‑ dert und Leo VI. um 900, eine eigene Stif‑ tungsgesetzgebung, die aber, ebenso wie die Regelungen des kanonischen Rechts, in ihrer Wirksamkeit nicht überschätzt werden darf. Im Islam ging es vor allem um die Abstimmung des Stiftungsgesche‑ hens mit den Vorschriften des Korans und den Sprüchen des Propheten, der sich mit nachhaltiger Wirkung besonders zwei
Schriftzeugnisse
Ḥanafīten im 9. Jahrhundert u. Z. widme‑ ten. Eine zweite Gruppe normativer musli‑ mischer Rechtstexte, die Fatwas, ähnelten als gelehrte Rechtsgutachten den Respon‑ sa im Judentum, die das Religionsgesetz, die Halacha, auslegten und besonders das Verhältnis von ‚privater‘ und gemeindli‑ cher Wohltätigkeit traktierten. In Indien fehlte zwar offenbar eine allgemeine Li‑ teratur zum Stiftungsrecht, doch gab es spezifische Rechtstexte für Brahmanen und Buddhisten. Während sich die ers‑ te Gruppe entsprechend dem politischen Bündnis von Brahmanen (Priestern) und Kṣatriyas (Adligen) auf das (stifterliche) Königsrecht konzentrierte, sind die ande‑ ren fallrechtlich konzipiert, da Buddhis‑ ten ja die überkommene gesellschaftliche Ordnung durchbrachen und neue Lebens‑ verhältnisse kreierten. Jede Rechtsordnung sprengt die Am‑ bition der Stifter auf übergroße Dauer ihrer Schöpfung. Im Christentum sollte diese „dem ewigen Gedenken“ im Gebet dienen, im Islam existieren bis „Gott die Erde erbt“ (nach Sure 19.40), und in Indien war der Stiftung eine Zeitspanne zuge‑ dacht, solange „Mond, Sonne, Erde, Flüs‑ se und Berge bestehen“. Der begrenzten Endzeiterwartung gemäß konnte hier der Stifter 60 000 Jahre als Lohn im Himmel erwarten, während dem Konfiskator der Stiftung das gleiche Zeitmaß an Höllenleid zugedacht war. Offensichtlich wurde auch die Entsprechung von Stiftungsdauer und jenseitiger Existenz vorausgesetzt, wenn sich ein jüdischer Stifter von seinem Werk die ewige Ruhe im Garten Eden und sein Licht in alle Ewigkeit erhoffte. Nicht zuletzt der Anspruch auf ‚ewigen‘ Bestand war der Grund dafür, dass die mündliche Tradition zur Sicherung der Stif‑ tung nicht ausreichte. In Indien manifes‑ tierte er sich schon in den Beschreibstoffen von Stein und Metall; bemerkenswerter
Lateinische Christen
Weise fehlt in dieser Kultur aber jede Über‑ lieferung einer Stiftungsverwaltung oder Stiftungsgeschichte, was wohl nicht nur an der Vergänglichkeit anderer Schriftträger (Palmblätter, Birkenrinde) gelegen haben dürfte, da ja das religiöse, wissenschaft‑ liche und literarische Schrifttum Indiens ungeheuer reich überliefert ist. Vielmehr mangelte es in Indien überhaupt an prag‑ matischer Schriftlichkeit, an Verwaltungs‑ akten und Historiographie; ob man dafür nur die Stärke oraler Tradition oder eine religiös bedingte gesellschaftliche Immo‑ bilität verantwortlich machen muss, mag diskutabel sein. Demgegenüber zeichnen sich insbesondere die Überlieferungen der Christenheit und der Muslime durch einen großen Reichtum und weitgreifende Diver‑ sität von Schriftquellen aus, die Fortleben und Entfaltung der Stiftungen repräsen‑ tieren. Genannt seien die wiederholten
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Urkundenabschriften etwa in den abend‑ ländischen Traditions‑ und Kopialbüchern und die kalendarisch angelegten Totenbü‑ cher, die das permanente und terminlich fixierte Gebetsgedenken der verstorbenen Stifter ermöglichen sollten; man unter‑ scheidet Nekrologien und Anniversarbü‑ cher im westlichen Christentum, das synodikon in der georgischen und den sinodik in der altrussischen Kirche. Es spricht viel da‑ für, dass auch die jüdischen ‚Memorbücher‘ dem Konzept der christlichen Totenbücher folgten. Besonders für die westliche Chris‑ tenheit und die muslimische Welt gilt, dass sich Stiftung als ‚totales soziales System‘ auch in einem großen Variantenreichtum stiftungsrelevanter Quellen widerspiegelt, so dass von einer vollständigen Erfassung aller Zeugnisse jetzt und in absehbarer Zukunft nicht die Rede sein kann. MB
5.2 Lateinische Christen 5.2.1 Allgemeines Als totale soziale Phänomene finden Stif‑ tungen ihren Niederschlag in sämtlichen Gattungen der schriftlichen Überlieferung.1 Wollen sich die folgenden Ausführungen nicht zu einer allgemeinen Quellenkunde auswachsen, können sie deshalb nur ei‑ nen Ausschnitt des möglichen Spektrums beleuchten. Im Mittelpunkt sollen solche Quellengruppen stehen, denen entweder besonders viele oder besonders wichtige In‑ formationen über das okzidentale Stiftungs‑ wesen in den Jahrhunderten zwischen 500 und 1500 u. Z. entnommen werden kön‑ nen und die dementsprechend von den ver‑ schiedenen Strängen der mediävistischen
Stiftungsforschung in den letzten Jahrzehn‑ ten auch besonders intensiv ausgewertet worden sind. (→ 2.2) Das Material wird dabei in drei Kategorien eingeteilt, und zwar in: Schriftquellen, die allgemeine Normen für das Stiftungswesen und seine Akteure formulieren; Schriftquellen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Er‑ richtung, der Verwaltung oder dem Voll‑ zug einer konkreten Stiftung entstanden sind und somit deren Geschäftstätigkeit im weitesten Sinne dokumentieren; sowie Schriftquellen, die in einem narrativen Ges‑ tus über bestimmte Stiftungen und ihre Stifter Bericht erstatten. Diese Einteilung in
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normative, dokumentarische und narrative Texte steht in einer gewissen Spannung zu den verschiedenen Quellensystematiken, die in der Mediävistik üblicherweise Ver‑ wendung finden.2 Sie lässt sich nicht abs‑ trakt begründen, sondern nur pragmatisch rechtfertigen. Denn zum einen spiegeln sich in ihr die verschiedenen Traditionsstränge der mediävistischen Stiftungsforschung, die sich oft auf die Analyse bestimmter Quel‑ lencorpora (z. B. Gesetze, Urkunden oder Chroniken) beschränkt haben. Zum anderen vereinfacht die bewusst grobmaschige Kate‑ gorisierung den interkulturell‑vergleichen‑ den Brückenschlag von der ausgesprochen reichhaltigen und ausdifferenzierten Über‑ lieferung des Abendlandes zu den insgesamt eher mageren, auf jeden Fall hinsichtlich der vorhandenen Textsorten deutlich varian‑ tenärmeren Schriftzeugnissen aus anderen Regionen der mittelalterlichen Ökumene. 5.2.2 Normative Quellen Die ‚Allgemeingültigkeit‘ beanspruchen‑ den, normativen Texte zum abendländi‑ schen Stiftungswesen des Mittelalters sind im Wesentlichen Produkte der Jurispru‑ denz, auch wenn die gesetzlichen Rege‑ lungen formal natürlich von Personen oder Gremien mit legislativen Kompetenzen erlassen wurden, also z. B. Kaisern, Köni‑ gen und Stadträten bzw. Päpsten, Konzili‑ en und Synoden. Innerhalb der Gesetzge‑ bung kann man zwischen der weltlichen (1.) und der kirchlichen (2.) unterscheiden; sie wird ergänzt durch das weite Feld der juristischen Literatur (3.). Die einschlägi‑ gen Passagen all dieser Texte sind bislang fast ausschließlich durch Rechtshistoriker ausgewertet worden, die sich vornehmlich für die Dogmatik des mittelalterlichen Stif‑ tungsrechts interessierten.3 Neuere Studi‑ en zur Rechtssicherung mittelalterlicher
Schriftzeugnisse
Stiftungen kommen hingegen auffälliger‑ weise ganz ohne Rekurs auf die zeitgenös‑ sischen Gesetze aus.4 (1.) Die rechtlichen Rahmenbedingungen des mittelalterlichen Stiftungswesens wurden maßgeblich durch die Gesetzge‑ bung der römischen Kaiser des fünften und sechsten Jahrhunderts u. Z. geprägt. Die zahlreichen Einzelbestimmungen, die Kaiser Justinian I. 528/534 in seinem Codex versammelte und ab 535 in seinen Novellen weiter ergänzte, fügten sich zwar nicht zu einem Stiftungsrecht aus einem Guss. In der Summe ergaben sich aus ihnen aber: (a.) die allgemeine Vermögensfähigkeit und teilweise Steuerbefreiung5 der Kirchen, Klöster, Spitäler und sonstigen piae causae, (b.) strenge Vorschriften hinsichtlich der Entfremdung von Stiftungsvermögen6 sowie (c.) grundsätzliche Maßregeln für die Mitwirkung des Stifters und der von ihm benannten Administratoren an der Stiftungsverwaltung7. Lag der Schwerpunkt der spätantik‑ frühmittelalterlichen Gesetzgebung also auf der Definition bestimmter Vorrech‑ te, die den Stiftungen mittels kaiserlicher Konstitutionen, Reskripte und Edikte ins‑ besondere im Hinblick auf den Erwerb und das Inbesitzhalten von Vermögenswerten gewährt wurden, so trachteten die spät‑ mittelalterlichen Obrigkeiten danach, den durch die unablässige Stiftungstätigkeit der Gläubigen beförderten Vermögenszuwachs der ‚Toten Hand‘ (manus mortua) irgendwie zu beschränken oder gar völlig zu unter‑ binden. Alle zu diesem Zwecke erlassenen rechtlichen Bestimmungen fasst man unter dem nicht‑zeitgenössischen Oberbegriff der leges de non admortizando zusammen.8 Diese weisen zwar eine gemeinsame in‑ haltliche Stoßrichtung auf, die sich nicht allein gegen die Errichtung neuer Stiftun‑ gen wandte, sondern auch andere Formen
Lateinische Christen
kirchlicher Vermögensakkumulation (z. B. durch Kauf) zu verhindern suchte; in ihren konkreten Vorschriften weichen die Rege‑ lungen aber zum Teil stark voneinander ab. Denn „Amortisationsgesetze, welche aus dem Gesamtverhältnisse der rechtlichen Beziehungen zwischen Staat und Kirche und der Erkenntnis der volkswirthschaft‑ lichen Beziehungen zwischen Staats‑ und Kirchengesellschaft heraus entworfen ge‑ wesen wären, kennt das Mittelalter nur wenige. (…) Die Versuche, dem unheilvollen Wachsthum des Kirchenvermögens entge‑ genzutreten, giengen vielmehr zusammen‑ hanglos nach den verschiedensten Richtun‑ gen auseinander.“9 Die inhaltliche Vielfalt der Amortisationsgesetze korrespondiert dabei mit einer starken formalen Diversität unter quellenkundlichen Gesichtspunkten: König Jakob I. (der Eroberer) von Aragón ließ seine Bestimmungen ‚De rebus non alienandis‘ in die 1261 promulgierte Ge‑ setzessammlung ‚Fori Antiqui Valentiae‘ einarbeiten.10 Das ‚Statute of Mortmain‘ des englischen Königs Edward I. von 1279 war eine schriftliche Anordnung (writ) an die Richter des Court of Common Ple‑ as.11 In den spätmittelalterlichen Städten des römisch‑deutschen Reiches wieder‑ um wurden entsprechende Bestimmun‑ gen in Ratsbeschlüssen und kommunalen Rechtsbüchern niedergelegt, in mühsam ausgehandelten Vergleichen zwischen der Stadtgemeinde und einzelnen kirchlichen Instituten ausformuliert oder auch durch königliche oder landesherrliche Privilegien in Kraft gesetzt.12 (2.) Auch die kirchliche Gesetzgebung hat das Stiftungswesen im Laufe des Mittel‑ alters nie in Gänze zu regeln vermocht. Anstelle einer umfassenden Systematik fin‑ den sich deshalb in den Synodalbeschlüs‑ sen (canones) und päpstlichen Rechtsent‑ scheiden und Erlassen (litterae decretales)
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viele verstreute Einzelvorschriften, die erst durch die moderne Forschung zu einem Ge‑ samtbild zusammengefügt werden müssen. Wie kasuistisch die kirchliche Legislative oftmals agierte, demonstrieren etwa die Akten des V. Konzils von Orléans (549). Von den insgesamt 24 canones beschäftigt sich nämlich einer ausschließlich mit der Lyo‑ ner Spitalstiftung des Merowinger‑Königs Childeberts I. und seiner Gemahlin Ultro‑ gotha. Die Konzilsteilnehmer beschlossen, deren Vermögen vor dem Zugriff des Orts‑ bischofs zu sichern, dem man bei dieser Gelegenheit zugleich einschärfte, er habe seine Aufsicht über das Spital so auszuüben, dass „die Pflege der Kranken und die Zahl der Fremden gemäß der [vom Stifter] ge‑ gebenen Anordnung immer unverrückbar“ fortbestehe.13 Es gab aber sehr wohl auch vom Ein‑ zelfall abstrahierende Vorschriften. Sol‑ che wurden seit dem frühen Mittelalter insbesondere für das rechtliche Verhältnis zwischen dem Stifter und seiner Stiftung formuliert. So bestimmte etwa das IX. Kon‑ zil von Toledo (655), „dass die Stifter von Kirchen, solange sie in diesem Leben ge‑ genwärtig sind, für diese die aufmerksame Fürsorge innehaben und selbst dem Bischof brauchbare Leiter dieser Kirchen zur Ordi‑ nation anbieten sollen“14 – ein Grundsatz, den der Bologneser Magister Gratian noch ein halbes Jahrtausend später fast wörtlich in seine berühmte ‚Concordia Discordanti‑ um Canonum‘ von ca. 1140 aufnehmen soll‑ te.15 In einem dictum rückte der ‚Vater der Kanonistik‘ diesen und benachbarte Kano‑ nes dabei in einen größeren und zugleich systematischeren Zusammenhang, indem er notierte: „Hier aber ist zu unterscheiden, welches Recht die Stifter an ihren Kirchen halten und welches nicht? Sie haben das Recht, für diese zu sorgen, Ratschläge zu erteilen und Priester zu finden, aber sie haben nicht das Recht, diese zu verkaufen,
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Schriftzeugnisse
Regino von Prüm 22 und in dem zwischen 1008 und 1014 entstandenen Dekret Bischof Burchards von Worms23. Offenkundig war es also nicht der Originalwortlaut der jus‑ tinianischen Novellen, an dem sich die okzidentalen Rechtsgelehrten orientierten, sondern eine didaktisch aufbereitete Zu‑ sammenfassung in lateinischer Sprache. Die rechtlichen Belange des mittelalter‑ lichen Stiftungswesens wurden allerdings nicht nur in kompilatorischen Werken dar‑ gelegt, sondern auch in juristischen Trak‑ taten erörtert. So provozierte etwa die von (3.) Ein bedeutender Anteil der juristischen Papst Clemens V. auf dem Konzil von Vienne Textproduktion im Abendland begnügte (1311) zwecks einer allgemeinen Hospitalre‑ sich mit der Sammlung und Ordnung äl‑ form erlassene Dekretale ‚Quia contingit‘24 terer Rechtsvorschriften zu didaktischen eine ganze Reihe juristischer Kommentare, Zwecken. Anhand solcher Kompilationen die sich unter anderem mit der maßgebli‑ lässt sich nachverfolgen, wie das Wissen chen Bedeutung des ursprünglichen Stifter‑ um einzelne stiftungsrelevante Rechts‑ willens und dem (alleinigen) Recht des Paps‑ vorschriften durch die Jahrhunderte tra‑ tes, diesen ‚umzulenken‘, beschäftigten.25 diert wurde. Exemplarisch zeigt dies etwa das 32. Kapitel der sogenannten ‚Epitome Iuliani‘, einer bald nach 548 in Konstan‑ 5.2.3 Dokumentarische Quellen tinopel niedergeschriebenen lateinischen Vorlesung über die vornehmlich auf Grie‑ Das okzidentale Stiftungswesen des Mit‑ chisch verfassten Novellen Justinians.19 In telalters hat uns – gerade auch im in‑ diesem Abschnitt erläutert der Verfasser terkulturellen Vergleich – ausgesprochen zunächst das generelle Veräußerungsver‑ zahl‑ und formenreiche dokumentarische bot, mit dem der Kaiser Kirchen, Klöster Texte hinterlassen; insbesondere in Kom‑ und die verschiedenen loci venerabiles be‑ bination vermitteln sie ein facettenrei‑ legt habe, und erklärt seinen – vermutlich ches Bild nicht nur der ursprünglichen aus Italien geflohenen – Zuhörern bzw. Le‑ Stiftungskonzeptionen mittelalterlicher sern sodann, welcher Typ von Stiftung mit Fundatoren, sondern auch der verschie‑ den griechischen Fachtermini xenodochium, denen Stiftungswirklichkeiten im histori‑ ptochotrophium, nosocomium, orphanotro- schen Wandel. Zu den für die historische phium, gerontocomium und brephotrophium Stiftungsforschung besonders wichtigen eigentlich jeweils gemeint sei.20 In den fol‑ Quellengattungen zählen: (1.) Inschriften, genden Jahrhunderten wurde die gesamte (2.) Urkunden, Notitien und Testamente, (3.) Passage in der lateinischen Christenheit Briefe, (4.) Regeln, Gebräuche und Statuten, immer wieder wörtlich oder zumindest (5.) Ritualbücher, (6.) Memorialbücher, (7.) sinngemäß repetiert, unter anderem in Register, (8.) Rechnungen und (9.) Akten. der 827 vollendeten Kapitulariensammlung des Abtes Ansegis von Fontenelle21, in dem (1.) Unter den zahllosen mittelalterlichen 906 verfassten Sendhandbuch des Abtes Inschriften, die sich bis auf den heutigen zu verschenken oder wie Eigentum zu be‑ nutzen.“16 Auf dieser Grundlage entwickelte die kirchliche Rechtswissenschaft alsbald ein ausgefeiltes Geflecht von stifterlichen Rechten und Pflichten, für das der Bolog‑ neser Kanonist Rufinus in seiner um 1165 entstandenen Summe des ‚Decretum Gra‑ tiani‘ den Begriff ius patronatus prägte.17 Das Patronatsrecht wurde in der Folgezeit nicht zuletzt durch päpstliche Dekretalen und synodale Kanones immer feingliedri‑ ger ausgearbeitet.18
Lateinische Christen
Tag erhalten haben und die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in nationalen Inschrif‑ tencorpora gesammelt und erschlossen werden, gehört eine gewichtige Anzahl zum Genus der Stifter‑ bzw. Stiftungsin‑ schriften.26 Neben den für alle Inschriften konstitutiven formalen Merkmalen eint diese Untergruppe ein inhaltliches Krite‑ rium, und zwar die Dokumentation eines konkreten Stiftungsaktes. Die zu diesem Zweck angefertigten Texte weisen bereits im Hinblick auf ihren bloßen Umfang eine erhebliche Varianz auf: In ihrer rudimen‑ tärsten Form bestehen sie lediglich aus dem Namen (und gegebenenfalls dem Amt) des Stifters. Der Stiftername kann aber auch in einfache Aussagesätze integriert werden, die – durchaus in Kombination – das ge‑ stiftete Gut spezifizieren (hoc munus, hoc opus, hic locus, ipse, me), den spirituellen Adressaten des frommen Werkes benennen (pro amore dei, ob honorem sancti N.) und vor allem auf den Vorgang der Dedikati‑ on (offeret, obtulit, contulit, dedit) bzw. der Produktion (fieri iussit, fieri rogavit, fecit, construxit, decoravit) abheben.27 Wo der zur Verfügung stehende Raum es zuließ, wurden solche Sätze regelmäßig auch um Jahreszahlen oder die Aufforderung zum Fürbittengebet (orate pro me) ergänzt. Ab dem 13. Jahrhundert fixierte man mitunter zudem die konkreten Auflagen des Stifters im Medium der Inschrift.28 Vollständige Stiftungsurkunden in inschriftlicher Form wurden zum Teil schon früher angefer‑ tigt, blieben aber stets die Ausnahme.29 Zu diesen zählt etwa der sogenannte Wil‑ ligis‑Stein von ca. 975–1011 in der katho‑ lischen Pfarrkirche zu Eltville30 und das berühmte Diplom Kaiser Heinrichs V. für die Speyerer Bürger von 1111, das einst in goldenen Lettern über dem Westportal des Domes angebracht war.31 Ab dem ausge‑ henden 13. Jahrhundert begegnen im deut‑ schen Sprachraum auch volkssprachliche
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Stifterinschriften, deren Formular sich im Wesentlichen an den mittellateinischen Vorbildern orientiert.32 Ein frühes und be‑ sonders ausführliches Exemplar ist die Stiftungsnotiz, die Günther Scholle ca. 1287 auf einem Strebepfeiler der Würzburger Deutschordenskirche anbringen ließ.33 Stifterinschriften wurden in der Regel direkt auf dem gestifteten Objekt platziert, also auf Grundsteinen (→ Abb. 1) oder Wänden von Bauwerken, aber auch auf Büchern, Paramenten, Fenstern 34, Gemäl‑ den, Kreuzen, Kelchen, Reliquiaren, Glo‑ cken usw. Als Überlieferungsträger fanden dementsprechend die verschiedensten Ma‑ terialien Verwendung: Stein, Holz, Elfen‑ bein, Pergament, Stoff, Glas, Kupfer, Bronze, Silber und Gold. Nicht immer stehen die Inschriften solitär; manchmal sind ihre Aussagen auch bloß das erläuternde ‚Bei‑ werk‘ von Stifterbildern. (→ 2.2.7) Nicht immer sind sie zudem in situ erhalten; viele Exemplare kennen wir nur abschriftlich. Nicht immer sind sie schließlich auch im historisch‑kritischen Sinne echt; bereits in mittelalterlicher Zeit lassen sich nämlich vereinzelt gezielte Fälschungen nachwei‑ sen, z. B. die Inschrift + REX : IURIS : LATOR : KAROLUS PROBITATIS : AMATOR : HUIUS FUNDATOR : TEMPLI : FUIT : ET : DOMINATOR, mit der die Gründung der Abtei Charroux (im Département Vienne) auf Karl den Großen zurückgeführt wer‑ den sollte.35 Gemäß ihrer zentralen Aussageabsicht, Auskunft über einen konkreten Stiftungs‑ akt zu geben, werden Stifterinschriften von der Forschung vor allem zur Rekon‑ struktion von Stiftungsprozessen heran‑ gezogen.36 In den – insgesamt eher sel‑ tenen – Fällen, in denen die Inschriften nicht zeitgenössischen Ursprungs sind, können sie aber auch als Ausdruck spezi‑ fischer Erinnerungsbedürfnisse der jewei‑ ligen Stiftungsverwalter oder ‑empfänger,
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mithin als Zeugnisse des Stiftungsvollzu‑ ges, gedeutet werden.37 Serielle Analysen von Inschriftencorpora sind seitens der historischen Stiftungsforschung bislang kaum einmal unternommen worden.38 Eine Ausnahme ist die einschlägige Studie von Renate Neumüllers‑Klauser über die ‚Do‑ kumentation frommer Stiftungen in mit‑ telalterlichen Städten‘. Sie beobachtet das Aufkommen von ‚Anniversar‑Epitaphien‘ (Sterbeinschriften mit Stiftungsvermerken für Anniversarfeiern und Armenspeisun‑ gen) in Südfrankreich und dem Rheinland seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert. Da bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts vor al‑ lem Laien ihre Stiftungen auf diese Weise öffentlich dokumentieren ließen, schluss‑ folgert Neumüllers‑Klauser, die Inschriften hätten die kirchlicherseits unterbundene Bestattung im Kirchenraum substituieren sollen.39 (2.) Aus der unbezifferbaren Masse der ins‑ gesamt erhaltenen und für die Zeit bis ca. 1400 durch nationale oder regionale Edi‑ tionsunternehmen in der Regel auch gut erschlossenen Urkunden des Mittelalters interessieren die historische Stiftungs‑ forschung insbesondere die Stiftungsur‑ kunden. Darunter versteht man all jene Exemplare, in denen die Errichtung einer Stiftung das beurkundete Rechtsgeschäft darstellt. Stiftungsurkunden unterschei‑ den sich von anderen Urkunden nur durch diese inhaltliche Akzentuierung, nicht in ihrer äußeren Form. Sie weisen also weder ein besonderes Formular noch eine spezifi‑ sche Art der Beglaubigung auf. Beschreib‑ stoff ist wie bei allen anderen abendlän‑ dischen Urkunden bis ins 14. Jahrhundert hinein fast ausschließlich Pergament, spä‑ ter auch Papier. Die stiftungsrelevanten Informationen finden sich meist in der so genannten Arenga, in der der Urkunden‑ aussteller über seine Motive Auskunft gibt,
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ferner in der Poenformel, in der irdische und himmlische Strafen für Verstöße ge‑ gen den Stifterwillen angedroht werden, vor allem aber in der Dispositio, in der das eigentliche Rechtsgeschäft mehr oder weniger ausführlich dargelegt wird. Die Ausstattung der Stiftung mit Vermögens‑ werten erfährt dabei eigentlich immer eine schriftliche Fixierung. Die Definition der Stiftungsorgane und ihrer Kompetenzen sowie die Benennung der Destinatäre und der ihnen obliegenden Aufgaben können hingegen auch sehr pauschal ausfallen oder sogar ganz unterbleiben. In solchen Fällen vertraute der Stifter wohl entweder auf mündliche Absprachen oder er räumte den Stiftungsorganen bewusst einen gewissen Gestaltungsspielraum ein. Stiftungsurkunden sind in der Regel die zentralen (und oft auch einzigen) Quellen, die Aufschluss über die Errichtung einer konkreten Stiftung erlauben.40 Neben zahl‑ losen Fallstudien zu einzelnen Stiftungs‑ prozessen hat die Forschung Stiftungsur‑ kunden auch in vergleichender Perspektive analysiert. Im Mittelpunkt standen dabei vor allem die Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen des lokalen Ur‑ kundenformulars41, das Stiftungsverhalten einzelner Protagonisten im Längsschnitt42, die soziale Schichtung regionaler Stifter‑ gruppen43 oder die wechselnde Beliebtheit verschiedener Stiftungszwecke bzw. ‑emp‑ fänger44. Darüber hinaus sind die Stiftungs‑ urkunden eine besonders wertvolle Quelle für die prosopographische Erschließung der Memorialbücher (siehe unten). Eine ‚Schwundstufe‘ der Stiftungs‑ und Schenkungsurkunden sind die Traditions‑ notitien, die vom 8. bis 13. Jahrhundert vor allem in Bayern und Österreich, aber auch andernorts angefertigt wurden. Tra‑ ditionsnotitien bestehen meist bloß aus einer von Publikationsformel und Zeu‑ genliste eingerahmten Dispositio, die in
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der 3. Person Perfekt (statt in der 1. Person Präsens) abgefasst ist. Sie sind in der Regel nicht als Einzelakte überliefert, sondern in fortlaufenden Sammlungen der bedach‑ ten Institute, die in Anlehnung an deren mittelalterliche Selbstbezeichnungen (liber traditionum, liber donationum) als Tradi‑ tions‑ oder Schenkungsbücher bezeichnet werden. Diese Codices enthalten darü‑ ber hinaus meist noch weitere Texte, die mit den retrospektiv gesammelten oder ad hoc eingetragenen Traditionsnotitien allerdings in einem engen funktionalen Zusammenhang stehen; und zwar zum einen chronikalische Aufzeichnungen über die Geschichte der jeweiligen Kom‑ munität und ihrer Stifter, zum anderen Güter‑ und Memorienverzeichnisse (sie‑ he unten).45 Die Erforschung der Traditi‑ onsbücher erfolgte lange Zeit vor allem nach rechts‑ und wirtschaftsgeschicht‑ lichen Gesichtspunkten. Seit Ende der 1970er Jahre sind aber zunehmend auch stiftungsgeschichtliche Fragestellungen an das Material herangetragen worden.46 „Im Vordergrund steht [dabei] nicht mehr so sehr, wie die einzelnen Traditions‑ sammlungen entstanden sind, sondern die Wirksamkeit der Stiftungsimpulse in allen Teilen der betreffenden Handschriften.“47 Dieser methodische Neuansatz ist auch für die Erforschung der mittelalterlichen Chartulare (Kopialbücher), fruchtbar ge‑ macht worden; sie überliefern neben den namengebenden Urkundenkopien nämlich oftmals ebenfalls chronikalische Notizen, Urbare und Necrologien. Wurde eine Stiftung nicht zu Lebzei‑ ten, sondern erst für den Fall des Todes errichtet, erfolgte ihre schriftliche Fixie‑ rung in einem Testament, das den Testa‑ mentsvollstreckern darüber hinaus meist noch weitere Rechtsgeschäfte auferlegen konnte, z. B. Seelenheil‑Schenkungen in Form von Legaten.48 Testamente sind aus
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allen Jahrhunderten des Mittelalters über‑ liefert, doch schwillt ihre Überlieferung (wie auch diejenige der Urkunden insge‑ samt) im Spätmittelalter erheblich an und betrifft nun nicht mehr allein weltliche und kirchliche Große, sondern auch ver‑ mögende Kaufmänner, Handwerker und deren Witwen. Die Erforschung testa‑ mentarischer Stiftungen weist in ihrem Erkenntnisinteresse deutliche Parallelen zu der bereits geschilderten Analyse von Stiftungsurkunden auf; wesentlich häufi‑ ger als diese sind Testamente jedoch auch als serielle Quellen mit quantifizierenden Methoden ausgewertet worden. Dabei ging es nicht zuletzt um die Frage, ob die kon‑ ziliare Approbation der Fegefeuer‑Lehre ab 1247 zu einem Rückgang der (im Sinne dieser Jenseitslogik weitgehend wirkungs‑ losen) Anniversarstiftungen geführt hat oder nicht. (→ 2.2.2) Die urkundliche Überlieferung bezeugt indes nicht allein die Errichtung von Stif‑ tungen, sondern auch und vor allem de‑ ren weitere Geschichte. Verkaufs‑, Tausch‑ und Vergleichsurkunden berichten von der Geschäftstätigkeit der Stiftungsver‑ walter, während päpstliche, bischöfliche oder königliche Bestätigungsurkunden mitunter den im Laufe der Jahre (auch durch Zustiftungen) akquirierten Besitz von Stiftungen zusammenfassen und an die ursprünglichen oder gewohnheitsmäßigen Rechte und Pflichten der Stiftungsorgane erinnern. Auch Urkunden, die in überhaupt keinem inhaltlichen Zusammenhang mit einer konkreten Stiftung stehen, können wichtige Informationen über deren Treu‑ händer oder Destinatäre enthalten. (3.) Der Nutzen der epistolaren Überlie‑ ferung für die historische Stiftungsfor‑ schung nimmt im Laufe des Mittelalters beständig zu.49 Im Frühmittelalter werfen Briefe meist bloß kurze Schlaglichter auf
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einzelfallbezogene Fragen der Stiftungs‑ verwaltung;50 im Spätmittelalter wird ihr Informationsgehalt dann sehr viel reicher. Das hat zum einen mit einer starken Zu‑ nahme der Überlieferungsdichte zu tun, vor allem aber mit dem Umstand, dass die Stifter nun begannen, mit Hilfe von Briefen auch aus der Ferne Einfluss auf die von ihnen angestoßenen Stiftungsprozes‑ se zu nehmen. Exemplarisch belegt dies etwa die Korrespondenz Margaretes von Österreich: Am 28. August 1506 hatte die Herzogin von Savoyen den Grundstein für einen Klosterneubau in Brou (heute im Stadtgebiet von Bourg‑en‑Bresse, Dépar‑ tement Ain) gelegt, in dem ihr zwei Jahre zuvor verstorbener Gemahl Phillibert II. bestattet werden sollte. Die ursprünglichen Pläne für einen eher bescheidenen Kloster‑ komplex gab Margarete auf, nachdem sie kurz darauf zur Regentin der Niederlande ernannt worden war und wenig später den Entschluss gefasst hatte, sich am Ende ih‑ res Witwenlebens an der Seite Philliberts beisetzen zu lassen. Obwohl sie die rund 600 Kilometer Wegstecke von ihrer Resi‑ denz in Mechelen nach Brou wohl durchaus hätte bewältigen können, zog Margarete es vor, ihre Stiftung nie wieder in Au‑ genschein zu nehmen. Stattdessen ließ sie sich über den Fortgang der Bauarbeiten im Medium des Briefes informieren.51 Wel‑ che Probleme man sich mit einer solchen Vorgehensweise einhandeln konnte, zeigt indes folgende Wendung: 1512 feuerte die Regentin kurzerhand die zunächst enga‑ gierten Baumeister und heuerte an ihrer Stelle den Architekten Louis van Boghem an, der mit Hilfe flämischer Skulpteure dem Kirchengebäude und Grabmal ein dezidiert flämisches Gepräge verlieh. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern musste van Boghem einmal im Jahr nach Meche‑ len kommen, um über den Baufortschritt Bericht zu erstatten.52
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(4.) Die geistlichen Gemeinschaften des Mittelalters orientierten sich in ihrem Zu‑ sammenleben an schriftlich fixierten Nor‑ men, die u. a. die Verwaltung, Bekleidung Ernährung und (liturgischen) Pflichten ihrer Mitglieder regelten. Bei diesen Vor‑ schriften unterscheidet man vor allem drei Typen: (a.) Regeln, die von einer charisma‑ tischen Gründerfigur formuliert wurden, um für alle Zeiten unveränderlich Bestand zu haben; (b.) Gebräuche (consuetudines), die die tatsächliche Lebenspraxis einer Kommunität aufzuzeichnen trachteten und deshalb, sollte diese sich ändern, modifi‑ ziert werden durften; sowie (c.) Statuten, die durch Konsens einer Gemeinschaft oder deren Repräsentanten jeder Zeit als neues Recht gesetzt, aber auch abgeändert oder aufgehoben werden konnten.53 Regeln tau‑ gen meist bloß als mittelbare Quellen für das Stiftungswesen, insofern der Wunsch eines Stifters, seine Stiftungsverwalter respektive ‑empfänger dieser oder jener Regel zu unterwerfen, Rückschlüsse auf bestimmte Frömmigkeitsvorstellungen zu‑ lässt, die sich mit allgemeinen Gründungs‑ konjunkturen korrelieren lassen. Ganz an‑ ders dagegen die oftmals präzise datierten Statuten(sammlungen)! Mit ihren Bestim‑ mungen zur Ämterbesetzung, Wirtschafts‑ führung, Rechnungslegung usw. sind sie eine wichtige Quelle für die Geschichte der Stiftungsverwaltung, auch wenn sie bloß die zeitgenössischen Handlungsanweisun‑ gen für die Stiftungsorgane überliefern, deren tatsächliche Befolgung im Einzelfall stets zu überprüfen ist. Mitunter finden sich in derartigen Texten zudem wichti‑ ge Hinweise auf den Stiftungsvollzug. So spiegeln etwa die Statuten der Zisterzien‑ ser das jahrhundertelange Ringen um die Frage, ob und wie man den Wohltätern des Ordens ein individuelles Gedenken am Jahrtag erlauben solle. Nachdem das Generalkapitel zunächst nur für König
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Ludwig VII. von Frankreich eine Ausnah‑ megenehmigung erteilt hatte, schloss es im Jahre 1201 die Errichtung weiterer Anniver‑ sarien nicht mehr kategorisch aus, sondern band sie nur mehr an die Zustimmung der Ordensleitung.54 Im Laufe des 13. Jahrhun‑ derts haben dann tatsächlich fast vierzig Klostergründer diese ‚Einzelfallprüfung‘ bestanden.55 Wie ergiebig schließlich die consuetudines für stiftungsgeschichtliche Fragestellungen sind, hängt sehr stark von den inhaltlichen Schwerpunktsetzungen ihrer Kompilatoren ab. Vor allem die litur‑ gischen Vorschriften der Klosterbräuche können abermals helle Schlaglichter auf die Praxis des Stiftungsvollzuges werfen; wo derartige Inhalte einen großen Teil der mittelalterlichen Codices ausmachen, ist der Übergang zu den liturgischen Ritual‑ büchern fließend. (5.) Zu den ältesten kirchlichen Ritual‑ büchern, die Auskünfte über das Stiftungs‑ wesen erteilen, gehören die Pontifikalien.56 Sie beschreiben handbuchartig verschie‑ dene liturgische Handlungen, die ein Bi‑ schof vorzunehmen hatte, insbesondere die Benediktionen. Zum Ensemble der ge‑ schilderten Weihehandlungen zählte seit ca. 950/962 auch diejenige, die anlässlich der Grundsteinlegung einer Kirche voll‑ zogen werde sollte. Das in Mainz entstan‑ dene ‚Pontificale Romano‑Germanicum‘ nennt nicht nur die Initien der bei diesem Anlass zu vollziehenden Benediktionen, Gebete und Gesänge, sondern hält dar‑ über hinaus auch ausdrücklich fest, dass die Weihe nur dann gespendet werden dürfe, wenn die wirtschaftliche Funda‑ tion der Neugründung ausreichend sei.57 Die bisherige Forschung hat einerseits die redaktionellen Überarbeitungen die‑ ses ‚Canon de aedificanda aecclesia‘ in den hoch‑ und spätmittelalterlichen Pon‑ tifikalien nachverfolgt, andererseits die
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chronikalischen und materiellen Belege für konkrete Grundsteinlegungen mit den allgemeinen liturgischen Vorschriften ab‑ geglichen.58 Während die Pontifikalien ausschließ‑ lich das normative Umfeld skizzieren, in dem einzelne Stiftungsakte erfolgen konn‑ ten, berichten die libri ordinarii (dt. Ordina‑ rien) vor allem über den Stiftungsvollzug. Bei ihnen handelt es sich um solche litur‑ gischen Regelwerke, in denen mittelalter‑ liche Gottesdienstgemeinschaften (Kon‑ vente, Kapitel, Pfarreien usw.) seit dem 11. Jahrhundert festhielten, was im Laufe des Kirchenjahrs beim Stundengebet und in der Messe in welcher Reihenfolge von wem vorzutragen sei. Die Abfolge der ein‑ zelnen Gesänge, Lesungen und Gebete, von denen meist nur die Initien angeführt wur‑ den, füllt dementsprechend oft weite Teile der einzelnen Handschriften aus. In der Regel erschöpfen sich die Ordinarien je‑ doch nicht in einer bloßen Aufzählung der zu rezitierenden Texte, sondern enthalten überdies erläuternde Rubriken, in denen spezifische Anweisungen für die Feier des Gottesdienstes gegeben werden (Rollenver‑ teilung und Kleidung der Mitwirkenden, Beleuchtung und Ausschmückung des Kir‑ chenraums usw.). Man hat die Ordinarien deshalb auch treffend als die ‚Regiebücher‘ des hoch‑ und spätmittelalterlichen Got‑ tesdienstes bezeichnet. Selbstverständlich handelt es sich bei ihnen ebenfalls ‚nur‘ um normative Texte; viele der erhaltenen Ex‑ emplare zeugen aber von einer steten An‑ passung der Vorschriften an den tatsäch‑ lich vollzogenen Ritus.59 Die libri ordinarii sind erst in jüngster Zeit als bedeutende stiftungsgeschichtliche Quellen entdeckt worden. Besonders aufschlussreich sind sie aus naheliegenden Gründen für die Wirkungsgeschichte von Kultusstiftun‑ gen,60 während sie über Gedenkstiftungen im engeren Sinne oft nur wenig hergeben
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(zur Unterscheidung → 3.2.2).61 Mitun‑ ter findet man in den Ordinarien auch Hinweise auf (anderweitig nicht belegte) Stiftungen von liturgischen Gerätschaften oder Paramenten.62 (6.) Unter dem (nicht unumstrittenen63) Oberbegriff ‚Memorialbücher‘ können alle Sammlungen von Namenaufzeichnungen subsumiert werden, die im Laufe des Mit‑ telalters zum Zwecke des liturgischen To‑ tengedenkens während der Messe und im Stundengebet angefertigt worden sind.64 Ty‑ pologisch unterscheidet man vor allem vier Varianten: Verbrüderungsbücher, Toten‑ annalen, Nekrologien und Jahrzeitbücher. Die Verbrüderungsbücher (libri vitae, libri confraternitatum) erwuchsen aus den alt‑ christlichen Diptychen zur Verlesung der nomina offerentium bei der eucharistischen Feier und versammelten die Namen aller Mitglieder und Gebetsbrüder (confratres) einer Kommunität, für die Fürbitten gespro‑ chen werden sollten. Im Gegensatz zu den anderen Typen von Memorialbüchern ver‑ zeichneten sie außer Verstorbenen auch (zu‑ mindest zum Zeitpunkt des Eintrags noch) lebende Personen, und zwar nach Ständen geordnet oder in Gruppierungen von Köni‑ gen, Bischöfen, Äbten, Verwandten, Freun‑ den, Wohltätern, Konventsmitgliedern usw. Wie die Verbrüderungsbücher dienten auch die Totenannalen, bei denen die Namen der Verstorbenen in der chronologischen Reihung ihrer Todesjahre aufgezeichnet wurden, einem kollektiven Totengedenken. Die nach dem Vorbild der Martyrologien kalendarisch geordneten Nekrologien und Jahrzeit‑ oder Seelbücher (libri anniversariorum, libri animarum) ermöglichten hinge‑ gen eine individuelle Fürbitte am Todestag. Während sich die Einträge in Nekrologien auf den (teils mit Standes‑ und Amtsbe‑ zeichnungen versehenen) Namen des Ver‑ storbenen beschränkten, wurde dieser in
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Jahrzeitbüchern meist um Informationen zum Stiftungsgut, Stiftungsertrag und / oder Stiftungsvollzug ergänzt. Die verschiedenen Typen von Memori‑ albüchern sind ganz unterschiedlich dicht überliefert: Totenannalen kennen wir vor allem aus dem Kloster Fulda,65 frühmittel‑ alterliche Verbrüdungsbücher aus Salzburg, Durham, St. Gallen, Pfäfers, Remiremont, Brescia und von der Reichenau.66 Die Zahl der erhaltenen Nekrologien und Jahrzeit‑ bücher liegt hingegen europaweit wohl im unteren fünfstelligen Bereich.67 Auch wenn nicht jede in ein Memorialbuch ein‑ getragenene Person zwangsläufig ein Stif‑ ter sein muss,68 handelt es sich bei diesen Codices zweifellos um vorzügliche Quellen für die Geschichte des Stiftungsvollzugs; insbesondere dann, wenn anhand von Nachtragsschichten oder Neuanlagen das Fortbestehen, die Abwandlung oder auch das Abreißen einer spezifischen Gedenk‑ praxis nachgewiesen werden kann. Dar‑ über hinaus erlauben die Gedenkbücher in einzigartiger Weise einen Einblick in die Perspektive der Stiftungsempfänger, insofern sie den gesamten Geden khorizont einer geistlichen Gemeinschaft nicht nur in seiner zeitlichen Schichtung, sondern auch in seiner geographischen und sozia‑ len Extension beleuchten.69 Nur vor diesem Hintergrund wird zum Beispiel deutlich, warum die Destinatäre unter der Last der Stifterauflagen mitunter zusammenzubre‑ chen drohten und deshalb – rechtlich heik‑ le – Stiftungsreduktionen unvermeidlich wurden.70 Schließlich haben gerade die Jahrzeitbücher einen besonderen Quellen‑ wert für wirtschafts‑ und verwaltungsge‑ schichtliche Fragestellungen. Suchten die gattungsgeschichtlich älteren Nekrologien noch die codicologische Nähe zu Klosterre‑ geln und Messformularen, begegnen nicht wenige Anniversarbücher im Überliefe‑ rungsverbund mit Statutensammlungen,
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Urbaren oder Präsenzgeldregistern, so dass zum Teil sogar fraglich ist, ob es sich über‑ haupt noch um liturgische Bücher handelte, ob sie also einst der Priester auf dem Altar benutzte oder nicht vielmehr der Käm‑ merer oder Bursar in seiner Amtsstube.71 (7.) Von besonderem Wert für die Geschich‑ te des Stiftungsvermögens und der Stif‑ tungsverwaltung sind die verschiedenen Besitz‑ und Einkünfteverzeichnisse, die im Laufe des Mittelalters seitens der Stiftungs‑ organe angelegt wurden. Hierzu zählen etwa die früh‑ und hochmittelalterlichen Urbare, in denen die Liegenschaften einer Grundherrschaft oder einer Villikation mitsamt den Abgaben und Diensten der Hörigen verzeichnet wurden. Ihre heute als Rotulus oder Codex vorliegenden Textzeu‑ gen sind, wie die neuere Forschung heraus‑ gearbeitet hat, in der Regel nichts anderes als Durchgangsstadien eines mehr oder weniger beweglichen Textes, dessen In‑ formationen meist auf mündlichen Befra‑ gungen der Abgabenpflichtigen beruhten, die über den ‚Umweg‘ der Kerbhölzer und Wachstafeln auf Pergament verschriftlicht wurden und dann immer neuen Überar‑ beitungsprozessen ausgesetzt waren.72 Im Zuge solcher Um‑ und Neuorganisationen des Materials infiltrierten oftmals auch an‑ dere Textsorten den eigentlichen Urbartext, die für stiftungsgeschichtliche Fragestel‑ lungen ebenfalls sehr ergiebig sein können, z. B. Totenbuchexzerpte, Weistümer und Statuten.73 Im Laufe des späteren Mittelalters be‑ förderte die Stiftungstätigkeit der Kleri‑ ker und Laien die Entstehung von allerlei kirchlichen Sondervermögen, deren Ver‑ walter dann eigene Inventare erstellten. Hierzu zählen etwa die Obödienzen, die seit dem 11. Jahrhundert sukzessive an den Kathedral‑ und Kollegiatstiften des Reiches entstanden und die man in Süddeutschland
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auch Obleien oder Klosterlehen nennt. Sie wurden einzelnen Kanonikern zur Verwal‑ tung übergeben, die aus den Einkünften die festgelegten Stiftungszwecke zu voll‑ ziehen hatten, einen etwaigen Überschuss als Lohn für ihre Mühen aber selbst be‑ halten durften.74 Da das Stiftungsgut in der Regel keine Hufen, sondern Häuser, Zehnt‑ oder Rentenansprüche waren, wer‑ den in den Einkünfteregistern der Obö‑ dienziare oft keine Naturalabgaben oder Frondienste mehr erwähnt, sondern nur noch die verschiedene Geldzahlungen und deren Schuldner und Fälligkeitstermine vermerkt.75 Wie viele mittelalterliche Urbare, Obö‑ dienzenverzeichnisse und vergleichbare Register erhalten sind, ist nicht bekannt. Vor einigen Jahren sind aber allein für den relativ überschaubaren Raum ‚Main‑ franken‘ 464 Urbarhandschriften aus der Zeit vom frühen Mittelalter bis 1525/1550 inventarisiert worden, von denen zum da‑ maligen Zeitpunkt rund 10 % in mehr oder weniger brauchbaren Editionen vorlagen.76 Auch wenn man diese Überlieferungsdich‑ te und Erschließungsrate wohl kaum ohne weiteres auf das gesamte Abendland hoch‑ rechnen kann, stehen die Chancen, eine mittelalterliche Stiftungsurkunde mit ei‑ nem späteren Güter‑ oder Einkünfteregister in Beziehung setzen zu können, meist gar nicht so schlecht. Wie attraktiv ein solches Verfahren für Fragen nach der Stiftungs‑ wirklichkeit ist, bedarf wohl kaum einge‑ hender Erläuterung, ergibt sich durch den Vergleich der beiden Quellengattungen im Idealfall doch nicht nur die (stets durch Entfremdungen gefährdete) Kontinuität des Stiftungsvermögens, sondern auch der materielle Wert der periodisch wiederkeh‑ renden stifterlichen Gabe, der dann mit der liturgischen oder caritativen Gegen‑ gabe der Destinatäre in Beziehung gesetzt werden kann. Darüber hinaus erlauben die
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Inventare der Stiftungsadministratoren mitunter aber auch Rückschlüsse auf die ursprüngliche Dotation von Stiftungen, wenn diese in den Stiftungsurkunden nur recht pauschal benannt ist.77 Eine besondere Form der Güter‑ und Einkünfteverzeichnisse stellen ferner die chantry certificates aus dem Königreich England dar. Sie sind nämlich nicht von den Stiftungsorganen zum Zwecke der Stif‑ tungsverwaltung erstellt worden, sondern verdanken ihre Entstehung der Aufhebung aller ‚abergläubischen‘ Stiftungen durch zwei Parlamentsgesetze unter den Königen Heinrich VIII. (1545) und Edward VI. (1547), deren Vermögen auf dieser Grundlage kon‑ fisziert werden sollte.78 Die eingesetzten Kommissionen sandten zum Zwecke der Informationserhebung einen identischen Fragebogen an alle Pfarreien und Kommu‑ nitäten, die meist innerhalb einer ziemlich kurzen Frist zu antworten und sich gege‑ benenfalls auch mündlichen Befragungen zu stellen hatten. Auf dieser Quellenbasis erstellten die Kommissare dann ein weit‑ gehend standardisiertes Inventar, dessen Schwerpunkt – dem Auftrag der Kommis‑ sion entsprechend – auf einer Erfassung des Vermögens, der Einnahmen und der Ausgaben aller bestehenden Stiftungen lag, in das darüber hinaus aber auch Angaben über den jeweiligen Stifter, Stiftungszweck oder vom König verliehene Lizenzen ein‑ fließen konnten. Wie detailliert die Be‑ standsaufnahme ausfiel, sieht man z. B. daran, dass das chantry certificate für die Städte London und Westminster, die Graf‑ schaft Middlesex und die von den dortigen Korporationen und Gilden alimentierten Messpriester aus dem Jahre 1548 insge‑ samt vierzig fast durchgehend beidseitig beschriebene Pergamentseiten in dem ext‑ remen Groß‑Folio‑Format von 76 × 48 Zen‑ timetern ausfüllt.79 Der Vergleich mit den teilweise erhaltenen Originalantworten
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der Pfarreien und Kommunitäten offenbart aber auch, wie nachlässig die Kommission mitunter bei deren Reinschrift oder Zu‑ sammenfassung gearbeitet hat. Nichtsdes‑ totrotz bieten die chantry certificates neben einer faszinierend vollständigen Moment‑ aufnahme des englischen Stiftungswesens am Ende des Mittelalters80 auch viele wich‑ tige Einblicke in die Geschichte einzelner Stiftungen. (8.) Im Gegensatz zu Einkünfteregistern, die immer nur Soll‑Werte enthalten, dokumen‑ tieren Rechnungen den tatsächlich erfolg‑ ten Zahlungsfluss. Sie sind deshalb eine be‑ sonders wertvolle Quelle für die wirtschaft‑ liche Dimension des Stiftungsvollzugs; vor allem dann, wenn sie nicht als Einzelstücke, sondern als Serie vorliegen. Die (erhalte‑ ne) Überlieferung derartiger Quellen setzt nördlich der Alpen im 13. Jahrhundert ein, in Südeuropa und England ein paar Jahr‑ zehnte früher.81 Wie viele Abrechnungen über die Einnahmen und Ausgaben einzel‑ ner Stiftungen heute noch in abendländi‑ schen Archiven verwahrt werden, ist ganz und gar unbekannt, da die Stücke allenfalls in lokalen Archivrepertorien verzeichnet sind. Zweifellos handelt es sich bei dem überkommenen Material aber bloß um ei‑ nen Bruchteil der einst angefertigten Exem‑ plare, schließlich hatten die Abrechnungen nach der Entlastung des Rechnungsführers ihren hauptsächlichen Zweck erfüllt und konnten vernichtet werden. Selbst dort, wo einzelne Rechnungen schon von den Zeitgenossen zu Archivierungszwecken in Faszikeln zusammengeschnürt wurden, dürften Reformation und Säkularisation erhebliche Überlieferungsverluste mit sich gebracht haben. Mit welchen ursprünglich vorhandenen Massen man zu rechnen hat, wird deutlich, wenn man bedenkt, dass allein aus dem Kollegiatstift St. Blasius in Braunschweig von acht verschiedenen
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innerstiftischen Verrechnungsstellen mehr oder weniger lückenhafte Rechnungsserien aus dem 15./16. Jahrhundert erhalten sind, die von der Wirtschaftsführung der ver‑ schiedenen Stiftungsorgane künden, und zwar: die Rechnungen des Officium choralium (1396–1511), des Vicedominus (1397/1398– 1499), der Bursa dominorum (1401–1502), des Officium armarii (1430–1506/1507), des Officium S. Crucis (1449–1459), der Memoria benefactorum (1498–1608), des Officium custodie (1512/1513–1559/1560) sowie das sogenannte Salve‑Register (1530–1559).82 Da mittelalter‑ liche Rechnungen einen ziemlich spröden Lesestoff abgeben, ist es kein Wunder, dass der Forschung von den Braunschweiger Serien bislang bloß eine – nämlich die Rechnungen des Viztums – in einer kriti‑ schen Edition zugänglich gemacht worden ist.83 Dieser Befund lässt sich vorbehaltlos verallgemeinern: Historische Stiftungsfor‑ schung, die sich auf Rechnungen stützen möchte, muss in der Regel den Gang ins Archiv antreten. Dass sich der Aufwand lohnt, stellen einige neuere Studien unter Beweis.84 (9.) Unter dem Sammelbegriff ‚Akten‘ sub‑ sumiert man alle im Zuge schriftgestützer Geschäftstätigkeit erfolgten Ansammlun‑ gen von Einzelschriftstücken unterschied‑ lichsten Charakters (z. B. Suppliken, Kon‑ zepte, Denkschriften, Protokolle) durch Bündelung, Heftung oder Bindung seitens einer aktenführenden Instanz. Solche Ver‑ waltungsstellen, die sowohl veranlasst als auch befähigt waren, tatsächlich fortlau‑ fende Akten zu führen, entstanden im Abendland erst seit dem hohen Mittelal‑ ter.85 Welche (bislang kaum ausgeschöpf‑ ten) Erkenntnispotentiale gerade die Ak‑ tenüberlieferung von Stiftungen bietet, soll hier anhand von zwei Beispielen zumindest angedeutet werden: den Kapitelsprotokol‑ len der weltlichen Kollegiatstifte und den
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über monastische Kommunitäten erstatte‑ ten Visitationsberichten. Kapitelsprotokolle hielten die Ergeb‑ nisse von Beratungen fest, zu denen sich die (residenten) Säkularkanoniker einer Stiftskirche nahezu täglich versammelten, um alle Belange ihres Kapitels zu bespre‑ chen. Die erhaltene Überlieferung setzt günstigstenfalls im späten 14. Jahrhundert ein; gedruckte Volltexte oder Regesten lie‑ gen bislang – wenn überhaupt – nur für einzelne Domkapitel vor.86 Der besondere Wert der Protokollserien für die historische Stiftungsforschung besteht darin, dass sie wertvolle Einblicke in die Meinungsbil‑ dung der (zukünftigen) Destinatäre im Vor‑ feld eines Stiftungsgeschäfts gewähren, die selbstverständlich auch in früheren Zeiten erfolgte, aber eben noch nicht schriftlich dokumentiert wurde.87 Die Visitationsberichte hingegen wer‑ fen mitunter grelle Schlaglichter auf die Geschichte des Stiftungsvollzugs. Sie wur‑ den nach dem Vorbild der Zisterzienser in allen größeren Ordensgemeinschaften des spätmittelalterlichen Abendlands von ei‑ gens bestellten Visitatoren abgefasst, deren Aufgabe es war, die religiöse Disziplin und ordnungsgemäße Verwaltung des Kloster‑ besitzes einzelner Konvente zu überprüfen und etwaige Mißstände zu korrigieren.88 In diesem Sinne hielten zum Beispiel zwei Cluniazenser‑Visitatoren im Jahre 1290 fest: „In Marcigny [Département Saône‑et‑Loire] sind 18 Mönche mit einem Prior. Dort wird der Gottesdienst ehrbar gefeiert, wie es üb‑ lich ist. Die Vorgänger des dortigen Priors haben den Ertrag der Jahrtage des Bischofs Johanns von Mâcon in die Hand eines Laien entfremdet; weder findet dort das Toten‑ offizium des genannten Bischofs statt, noch wird an den festgelegten Tagen den Nonnen die Pitanz gereicht, und daher beklagen sich diese nicht wenig. Wir haben berichtigt, was wir dort als zu verbessern erachten.“89
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5.2.4 Narrative Quellen Seit jeher hat die stiftungshistorische For‑ schung die reiche historiographische Über‑ lieferung des okzidentalen Mittelalters vor allem als Steinbruch für die Rekonstruktion von Ereignisgeschichten genutzt (→ 2.2.2); zuletzt sind jene Texte aber auch vermehrt mentalitätsgeschichtlich ausgedeutet wor‑ den. Im Mittelpunkt stand dabei meist die Identitätsstiftung mittels einer „invention of tradition“ (nach Hobsbawm / Ranger).90 In konsequent stiftungsgeschichtlicher Per‑ spektive wäre die leitende Fragestellung für die Analyse historiographischer Zeugnisse aber wohl etwas anders zu akzentuieren. Während die normativen Texte vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen abste‑ cken, innerhalb derer sich das Stiftungswe‑ sen entfalten musste, und die dokumenta‑ rischen Texte in erster Linie davon Zeug‑ nis ablegen, wie sich das (stellvertretende) Stiftungshandeln konkreter Akteure im Einzelnen vollzog, gewähren die erzäh‑ lenden Texte der Geschichtsschreibung nämlich in einzigartiger Weise Einblicke in die gedankliche Bewältigung des lebens‑ weltlichen Phänomens ‚Stiftung‘. Denn der für die Geschichtsschreibung konstitutive Versuch einer Verzeitlichung der Wirklich‑ keit musste ja zwangsläufig in Widerspruch zu der von den mittelalterlichen Stiftern nahezu unisono beschworenen Dauerhaf‑ tigkeit ihrer Stiftungen treten, zumal diese keineswegs als ‚lange Dauer‘ im Sinne eines möglichst großen Zeitintervalls oder als ‚longue durée‘ im Sinne Fernand Braudels verstanden wurde, sondern als prospek‑ tiv unlimitierte Produktion von Perma‑ nenz durch Kontinuation und Iteration.91 Da die menschengemachte Gleichförmig‑ keit des Stiftungsvollzugs aus naheliegen‑ den Gründen keinen besonders attrakti‑ ven Berichtsgegenstand abgeben konnte, konzentrierte sich die mittelalterliche
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Geschichtsschreibung bei ihrer Behandlung des Stiftungswesens gerne auf solche Er‑ eignisse, die die Fortführung und Wieder‑ holung des Immergleichen vorübergehend oder endgültig störten; quellenkritisch ge‑ wendet sind ihre Nachrichten deshalb in der Regel arg zugunsten des historischen Wandels verzerrt.92 Schrieben die Auto‑ ren indes als unmittelbar Betroffene – sei es als Verwalter oder als Begünstigte der zu historisierenden Stiftung – nahm ihr Bericht oftmals die charakteristischen Züge einer „Geltungsgeschichte“ an. Dann wurden einerseits die ‚eigenen‘ Anfänge so dargestellt, „dass sie maßstabsetzend für alles Nachfolgende“ erschienen, und wurde andererseits „die Zeitspanne zwi‑ schen dem Beginn [der Stiftung] und der Gegenwart [des Geschichtsschreibers] als eine ungebrochene Abfolge konkreter Ein‑ lösungsakte der primordialen Qualitäten“ vorgeführt. Indem der Geschichtsschreiber seinen Lesern also en détail darlegte, dass die Dauer der Stiftung durch stellvertreten‑ des soziales Handeln im Sinne des Stifters bislang tatsächlich erfolgreich gegen den historischen Wandel verteidigt worden sei, gelang ihm das narrative Kunststück einer „Entzeitlichung des Geschehens, die allem Vergangenen die Kontingenz des Wan‑ dels [nahm] und die in jedem Augenblick der Geschichte das Unveränderliche als gegenwärtig zeigt[e]“.93 Um diesen Problem‑ aufriss zum Verhältnis von Stiftung und Historiographie weiter zu konkretisieren, zugleich aber auch ein wenig zu differenzie‑ ren, genügt es, aus den zahlreichen Genres mittelalterlicher Historiographie im Fol‑ genden nur drei herauszugreifen: (1.) die Annalen, (2.) die Biographien und (3.) die Fundationsgeschichten. Die auf diese Weise herausgearbeiteten Charakteristika lassen sich nämlich grosso modo auch auf ande‑ re Gattungen94 der Geschichtsschreibung übertragen.
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(1.) Mit ihrer strikten Konzentration auf die Chronologie der erinnerungswürdigen Ereignisse sind Annalen eine denkbare rudimentäre Spielart der Historiographie. Ihre Thematisierung von Stiftungen be‑ schränkte sich in der Regel auf die Do‑ kumentation von Stiftungsakten, meist solchen monastischer Kommunitäten; sie erfolgte häufig nach dem Schema: „Im Jahre des Herrn X wurde das Kloster Y von der Person Z gestiftet.“95 Eine derar‑ tige Konzentration auf die Anfänge der Stiftung bei gleichzeitigem Schweigen über irgendwelche anderen Ereignisse der spä‑ teren Stiftungsgeschichte,96 war zweifellos die einfachste Art und Weise, um eine Stiftung als etwas darzustellen, das allen Wechselfällen des historischen Wandels enthoben war. (2.) Auch die verschiedenen Formen von Biographien konzentrierten sich bei ihren Schilderungen des Stiftungswesens auf die Errichtung von Stiftungen. Genrebedingt erfuhr dabei der Anteil des jeweils Porträ‑ tierten am Zustandekommen des frommen Werkes besondere Aufmerksamkeit. In den Lebensbeschreibungen von Heiligen wurde die Errichtung einer Stiftung als Beleg für deren heiligenmäßiges Leben auf Erden ge‑ deutet, in den Biographien von weltlichen oder kirchlichen Amtsträgern vor allem als Ausdruck vorbildlicher Frömmigkeit.97 Überall dort, wo Amtsträger‑Biographien nicht als Einzelwerke entstanden, sondern als fortlaufende Serie in Form eines Kata‑ logs, entwickelte sich die Bilanz der indi‑ viduellen Stiftungstätigkeit früher oder später zu einem festen Bestandteil der bio‑ graphischen Würdigung. Als eine Art Mo‑ dell für derartige Werke fungierte dabei der römische ‚Liber pontificalis‘, in dem man seit Silvester I. (314–355) sporadisch und seit Hadrian I. (772–795) geradezu obliga‑ torisch über die päpstlichen Schenkungen
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und Stiftungen Buch führte.98 Nicht jeder Bischof oder Abt hatte freilich einen ihm freundlich gesonnenen Biographen. In den mittelalterlichen gesta episcoporum und gesta abbatum wurde deshalb gelegentlich auch über die Entfremdung von Stiftungs‑ vermögen berichtet, insbesondere dann, wenn die Domherren oder Mönche als Stiftungsbegünstigte die Leidtragenden derartiger Eingriffe ihrer Vorsteher waren. (3.) Waren Stiftungen in Annalen und Bio‑ graphien stets nur ein Thema unter vielen, rückten sie in den seit dem Hochmittelalter angefertigten ‚Gründungsgeschichten‘ so sehr in den Mittelpunkt der Darstellung, dass die historiographischen Elaborate mitunter von ihren Verfassern selbst mit dem Titel fundatio (‚Stiftung‘) versehen wurden. (→ 1.2.2) Zwar lag auch in diesen Werken der narrative Schwerpunkt auf dem Vorgang der Kloster‑ oder Stiftsgrün‑ dung, doch wurde der Stiftungsprozess hier meist nicht auf einen einzigen Akt verkürzt, sondern literarisch mehr oder weniger stark ausgestaltet. Darüber hi‑ naus schilderten die Verfasser auch die weitere Geschichte der Stiftung bis in ihre eigene Gegenwart hinein, wobei etwaige Störungen des Stiftungsvollzuges keines‑ wegs unter den Teppich gekehrt wurden. Im Vergleich zu späteren Bestätigungen der vom Stifter verliehenen Rechte, chronologi‑ schen Aufzählungen der zwischenzeitlich erhaltenen Zustiftungen oder auch den Bei‑ setzungen von Verwandten des Stifters im Kirchengebäude nahmen sie jedoch einen eher untergeordneten Rang ein. Insofern können die meisten ‚Gründungsgeschich‑ ten‘ als Geltungsgeschichten par excellence bezeichnet werden; und es überrascht denn auch kaum, dass es sich bei ihnen stets um „unfeste Texte“ handelte, die „nicht durch ein Autorbewusstsein in der Tradierung konsistent gehalten“, sondern nach den
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jeweils maßgeblichen Bedürfnissen ihrer Ab‑, Um‑ und Fortschreiber „ein‑ und um‑ gebaut, verkürzt und erweitert“ wurden.99 Formengeschichtlich hat man innerhalb des Genres ‚Gründungsgeschichten‘ eine sukzessive Entwicklung von der „Grün‑ dungstraditio“ zur „Chartularchronik“ aus‑ machen wollen;100 in sozialgeschichtlicher
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Perspektive spricht man auch von adligen Stifterchroniken, da in ihnen die Geschich‑ te der Stiftung und die Geschichte ihres Stiftergeschlechts oft so eng miteinander verknüpft wurde, dass die historiographi‑ sche fundatio zu einem Kristallisationskern adliger Hausüberlieferung avancierte.101 TL
Anmerkungen 1 Vgl. Borgolte, Totale Geschichte (1993, ND
2012); Ders., Memoria (1998, ND 2012). 2 Das gilt insbesondere für die Abgrenzung von ‚normativen‘ und ‚dokumentarischen‘ Quellen. So zählt etwa Boshof, Mittelalterliche Geschichte (1997), 115, neben Urkunden, Akten, Briefen, Ne‑ krologien, Verbrüderungsbüchern, Genealogien und Güterverzeichnissen auch „Rechtsquellen (Gesetze aller Art)“, also eindeutig normsetzende Texte, zu den ‚dokumentarischen‘ Quellen. Dem‑ gegenüber bezeichnet Theuerkauf, Einführung (1991, ND 1997), 69, in Abgrenzung zu den ‚fakti‑ schen‘ und ‚fiktiven‘ Quellen grundsätzlich alle Texte, die ‚nur‘ beschreiben, wie es sein soll (und nicht wie es ist, war oder sein könnte) als ‚nor‑ mative‘ Quellen. Dieses Merkmal trifft nun aber zweifellos nicht nur auf solche Texte zu, die das Stiftungswesen als Ganzes zu normieren trach‑ ten, sondern auch auf allerhand Dokumente, die Stiftungen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit produzieren (z. B. Statuten, aber auch Ritual‑ und Gedenkbücher). Aus den im Folgenden angeführ‑ ten Gründen werden jedoch nur erste im Rahmen dieses Artikels unter den ‚normativen‘, letztere hingegen unter den ‚dokumentarischen‘ Texten subsumiert. Vgl. zum Problem der Kategorienbil‑ dung ferner Genicot, Introduction (1972); Caenegem, Introduction aux sources (1997), 21–23; Goetz, Pro‑ seminar Geschichte (2006), 81–84; und vor allem A. v. Brandt, Werkzeug des Historikers (2012), 49–51. 3 Vgl. Liermann, Geschichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002); Feenstra, Foundations in Conti‑ nental Law (1998); Theisen, Stiftungen oder Schen‑ kungen (2001). 4 Vgl. Neiske, Rechtssicherung (1986); Goez, Miß‑ trauische Stifter (2000).
5 Vgl. Codex Iustinianus 1.2.22 f.; 1.3.32.7; 1.3.34.
Ed. Paulus Krueger. (CIC 2.) Dublin / Zürich 151970, 16; 23; Novellae 131.5. Ed. Rudolfus Schoell / Guilelmus Kroll. (CIC 3.) Dublin / Zürich 101972, 656. 6 Vgl. Codex Iustinianus 1.2.14; 1.2.17.1–3. Ed. Krueger (wie Anm. 5), 13 f.; 15; Novellae 7; 46; 54.2; 55; 67.4; 120. Ed. Schoell / Kroll (wie Anm. 5), 48–63; 280–282; 307 f.; 308–310; 346; 578–591. Als Entfrem‑ dung (alienatio) galten: Verkauf, Verschenkung, Tausch und ewige Emphyteuse (eine Art Erb‑ pacht). Vgl. Hagemann, Stellung der Piae Causae (1953), 57, mit Verweis auf Novellae 7.1. 7 Vgl. Codex Iustinianus 1.2.15.3; 1.3.41.12 und 16; 1.3.45.1b und 3; 1.3.55 [57].3. Ed. Krueger (wie Anm. 5), 14; 27; 31; 38 f.; Novellae 131.10.2. Ed. Schoell / Kroll (wie Anm. 5), 659. 8 Du Cange, Glossarium mediae et infimae lati‑ nitatis, Bd. 1 (1883, ND 2000), 86, definiert admortizatio als praediorum translatio in manum mortuam, seu praediorum acquisitio facta a monasteriis et collegiis religiosis, vel etiam laicis, quae semel acquisita in commercio, mutationibus aliisque praediorum oneribus obnoxia esse desinunt nec adventitia feudorum commoda productunt. Mittellateinische Synonyme zu admortizare sind admortificare und admortuare. Vgl. Latham / Howlett, Dictionary of Medieval Latin, Bd. 1.1 (1975), 33. 9 Kahl, Deutsche Amortisationsgesetze (1879), 45 f. 10 Vgl. Palao Gil, Legislación (1993). 11 Vgl. Raban, Mortmain legislation (1982, ND 2008), 1. 12 Vgl. die zahlreichen Beispiele bei Kahl, Deut‑ sche Amortisationsgesetze (1879), 46–56; Mack, Kirchliche Steuerfreiheit (1916, ND 1965), 216–233; Isenmann, Deutsche Stadt (2012), 618 f. Zur stiftungs‑ rechtlichen Gesetzgebung der spätmittelalterlichen
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Stadtgemeinden siehe ferner Pleimes, Weltliches 23 Burchardi Wormaciensis ecclesiae episcopi Stiftungsrecht (1938), der sich aber vor allem für Decretorum libri viginti. Ed. Jacques Paul Migne, dogmatische Fragen interessiert, quellenkundlich in: PL 140. Paris 1880, 537–1058, hier 706, lib. 3, also gegen den Strich gelesen werden muss. cap. 164 (nahezu wörtliche Wiederholung des 13 Concilium Aurelianense, 549 Oct. 28. Ed. Entfremdungsverbotes, aber ohne Differenzie‑ Friedrich Maassen, in: Concilia aevi Merovingici. rung verschiedener Stiftungstypen). (MGH Conc. 1.) Hannover 1893, ND 1989, 99–112, 24 Decretalium collectiones. Ed. Emil Friedberg. hier 105, can. 25: cura aegrotantium ac numerus (CICan. 2.) Leipzig 21881, ND Graz 1959, 1170 f., lib. 3, (…) peregrinorum secundum inditam institutionem tit. 11, cap. 2. inviolabili semper stabilitate permaneat. Dazu mit 25 Vgl. Frank, Spätmittelalterliche Hospitalre‑ anderen Akzentuierungen: Reicke, Stiftungsbe‑ formen (2010), mit Hinweisen auf die – wenn griff und Stiftungsrecht (1933), 254; Liermann, Ge‑ überhaupt – nur in Editionen des 16. Jahrhun‑ schichte des Stiftungsrechts (1963, ND 2002), 57. derts zugänglichen Clementinenkommentare von 14 Concilio de Toledo IX (a. 655). Ed. José Vives / Guillelmus de Monte Lauduno (1319), Johannes Toás Marín / Gonzalo Martínez, in: Dies. (Hrsg.), Andreae (1322), Paulus de Liazariis (vor 1323?), Concilios Visigoticos e Hispano‑Romanos. Bar‑ Jesselinus de Cassanis (1323), Lapus Abbas (nach celona / Madrid 1963, 297–307, hier 299, can. 2: 1338), Johannes Lapus de Castelliono (1370er Jah‑ (…) decernimus, ut quamdiu earumdem fundatores re), Petrus de Anc(h)arano (vermutlich 1387–1391), ecclesiarum in hac vita supprestes extiterint pro Bonifacius Ammanati ‚de Vitalinis‘ (nach 1388), eisdem locis curam permittantur habere sollicitam, Franciscus Zabarella (1402), Johannes de Imola atque rectores idoneos in eisdem basilicis idem ipsi (um 1430) und Nicolaus de Tudeschis (vor 1438). offerant episcopis ordinandos. 26 Vgl. Favreau, Inscriptions médiévales 15 Decretum Magistri Gratiani. Ed. Emil Friedberg. (1979/1985). Einen sehr nützlichen Überblick über (CICan 1.) Leipzig 1879, 809, causa 16, quest. 7, can. 32. die nationalen Corpus‑Werke gibt Koch, Inschrif‑ 16 Decretum Magistri Gratiani. Ed. Friedberg tenpaläographie (2007), 16–20; 235–241. Die mit‑ (wie Anm. 15), 809, causa 16, quest. 7, can. 30, § 1: unter etwas abseitig publizierten Studien zu ein‑ Hic autem distinguendum est, quid iuris fundatores zelnen Stifterinschriften lassen sich über die Sach‑ ecclesiarum in eis habeant, uel quid non? Habent ius register der einschlägigen Bibliographien bequem prouidendi, et consulendi, et sacerdotem inueniendi; recherchieren: Koch, Literaturbericht (1987); Koch / sed non habent ius uendendi, uel donandi, uel utendi Bornschlegel / Dietl, Literaturbericht (1994); Koch / tamquam propriis. Glaser / Bornschlegel, Literaturbericht (2000); Koch / 17 Die „Summa Decretorum“ des Magister Ru‑ Bornschlegel, Literaturbericht (2005). finus. Ed. Heinrich Singer. Paderborn 1902, 368 f., 27 Vgl. Favreau, Commanditaires dans les in‑ causa 16, questio 7. scriptions (1992). Siehe auch Lange, Mathildis, 18 Vgl. Landau, Jus patronatus (1975), und Sieg- Theophanu et aliae (2007). lerschmidt, Territorialstaat und Kirchenregiment 28 Ein Beispiel von 1274 aus der Erlöser‑Kirche (1987), 53–126, mit zahlreichen Hinweisen auf die in Anjou: ANNO . DOMINI . M . CC. LXX . IIII . VI . einschlägigen Quellen. IDUS . MAII | MAGISTER . BERTRANDUS . DANJO . 19 Zu dieser Quelle siehe Kaiser, Epitome Iuliani CLERICUS . ECLESIE . VIEN | NE . DEDIT . DEO . ET . (2004), hier bes. 173–180. ECLESIE . SANCTI . SALVATORIS . DANJO | XV . 20 Iuliani Epitome Latina Novellarum Iusti‑ SOLIDOS . CENSUALES . ITA . UT . CAP[E]LLAniani. Ed. Gustav Hänel. Leipzig 1873, 32, const. NUS . QUI . PRO | TEMPORE . FUERIT . IN . DICTA . 7.1, cap. 32. ECLESIA . REFICIAT . SECUM | ANNIS . SINGULIS . 21 Die Kapitulariensammlung des Ansegis. Ed. IN CRASTINUM . EPIPHANIE . VI . | SACERDOTES . Gerhart Schmitz. (MGH Capit. N. S. 1.) Hannover SIBI . VICINOS . PRO . ANIMABUS . PARENTUM . 1996, 549–553, lib. 2, cap. 29 (wörtlich). DICTI | BERTRANDI . ITEM . DEDIT . CONFRAT22 Das Sendhandbuch des Regino von Prüm. Ed. RIE . EIDEM . LOCI . X . SOLIDOS . CEN | SUALES . u. übers. Wilfried Hartmann. (FSGA 42.) Darm‑ ET . PATER . EJUS . DEDIT . IIII . SOLIDOS . UT . PRO . HIS . RE | FICIANTUR . IIII . PAUPERES . IN . stadt 2004, 190, lib. 1, cap. 372 (sinngemäß).
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DICTA . CONFRATRIA . PRO . DICTIS | ANIMABUS . DEM ∙ TVSCHE(N) | HUSE ∙ ZU ∙ EIME ∙ EWIGEN ∙ | PROUT . IN . LITERIS . CONTINETUR . (Ain, Isère LICHTE. Vgl. auch ebd., Nr. 37. Zu dieser Inschrift [sauf Vienne], Rhône, Savoie, Haute‑Savoie. Ed. ferner: W. Müller, Urkundeninschriften (1975), 90 f., Edmond-René Labande. [Corpus des inscriptions Nr. 33; Neumüllers-Klauser, Frühe deutschsprachi‑ de la France médiévale, Bd. 17.] Paris 1994, 27 f.; ge Inschriften (1992), 182. Abb. ebd., Tafel 9, Nr. 19). 34 Die mittelalterlichen Glasmalereien werden 29 Innerhalb der Gruppe der Urkundeninschrif‑ seit 1952 im Rahmen des internationalen Sammel‑ ten machen sie indes den Großteil aus. Nach W. werkes „Corpus Vitrearum Medii Aevi“ erschlos‑ Müller, Urkundeninschriften (1975), 13, bezeugen sen. Unter Mitwirkung des Comité international etwa zwei Drittel der echten Urkundeninschriften d’histoire de l’art (CIHA) sind unter dem Patronat aus dem mittelalterlichen Deutschland „Schen‑ der Union Académique Internationale (UAI) bis‑ kungen [recte: Stiftungen] von Privatpersonen an lang mehr als fünfzig regionale Inventare und kirchliche Institutionen“. Zur chronologischen zahlreiche Begleitpublikationen entstanden. Vgl. Streuung der Inschriften, ihren Auftraggebern, die aktuelle Aufstellung bei H. Scholz, Mittelalter‑ Anbringungsorten und Rechtsinhalten siehe ebd., liche Glasmalereien (2013), 705–710. Im Gegensatz 15–17. Ebd., 33 f., die Feststellung, „daß vor allem zu den Stifterbildern werden Stiftungsinschriften die Verpflichtungen der Kirche durch die Inschrift in den Sachregistern der Inventar‑Bände nicht festgehalten werden sollten. (…) [Deren] Siche‑ gesondert ausgewiesen. rung mußte dem Stifter umso mehr erwünscht 35 Vgl. Treffort, Charlemagne à Charroux (2007), erscheinen, als es sich bei [ihnen] um geistliche das Zitat ebd., 277. Handlungen wie Jahrgedächtnisse und Memorien 36 Aus naheliegenden Gründen spielen sie auch handelte, die erst nach seinem Tode zu erbringen in der Debatte um Selbstzeugnisse im Mittelalter waren. Auch die beschenkten Klöster und Stifte eine wichtige Rolle. dürften gegen eine Festhaltung der frommen Stif‑ 37 Vgl. etwa Lohse, Dauer (2011), 140 f. tungen nichts einzuwenden gehabt haben, boten 38 Eher impressionistisch ist: S. Scholz, Toten‑ sie doch unter anderem einen verstärkten Schutz gedenken (1999). vor Anfechtungen durch die Erben.“ 39 Vgl. Neumüllers-Klauser, Dokumentation 30 Edition: Die Inschriften des Rheingau‑Tau‑ frommer Stiftungen (1995). Ebd. auch der Hin‑ nus‑Kreises. Ed. Yvonne Monsees. (DI 43.) Wiesba‑ weis auf vergleichbare Inschriften in England. den 1997, Nr. 4. W. Müller, Urkundeninschriften 40 Ihnen sind in England ab 1279 (‚Statute of (1975), 121 f., Nr. 77, hielt den Stein für eine Fäl‑ Mortmain‘ König Edwards I.) die königlichen schung des 16. Jahrhunderts. Briefpatente (letters patent) zur Seite zu stellen, 31 Die Urkunden Kaiser Heinrichs V. für die mit denen der Herrscher den Stiftern die Vergabe Bürger der Stadt Speyer, 7. und 14. August 1111. des Stiftungsguts an die Tote Hand gestattete. Ed. Sebastian Scholz, in: Laura Heeg (Bearb.), Diese sind in chronologischer Ordnung gesam‑ Die Salier. Macht im Wandel, Bd. 1. München melt im ‚Calendar of the Patent Rolls‘, dessen 2011, 174 f. Zur Sache vgl. S. Scholz, Urkundenin‑ das Mittelalter betreffende Bände zwischen 1891 schriften Kaiser Heinrichs V. (2011); Moddelmog, und 1916 im Auftrag des Public Records Office in Königliche Stiftungen (2012), 68–76 (mit der äl‑ Regestenform publiziert worden sind. Der erste teren Literatur). belegte Fall für eine alienation in mortmain findet 32 Vgl. Neumüllers-Klauser, Schrift und Spra‑ sich im: Calendar of the Patent Rolls preserved che (1986). in the Public Records Office. Edward I. – A. D. 33 Die Würzburger Inschriften bis 1525. Ed. Karl 1272–1281. London 1901, 372 (vom 26. Mai 1280). Borchard / Franz Xaver Herrmann. (DI 27.) Wies‑ 41 Vgl. Borgolte, Gedenkstiftungen in St. Gal‑ baden 1988, Nr. 42: + ICH ∙ GVNTHER ∙ SCHOL(L) ler Urkunden (1984, ND 2012); Bossuyt, Founding O ∙ | BVRGER ∙ UO(N) ∙ W(U)RZEBVRC | HON ∙ a memory (2008), 134–146 (mit etlichen groben KAVET ∙ EIN ∙ PHVNT ∙ GULTE | ZU ∙ SANDE ∙ Schnitzern). VZWENDIC ∙ DER | MVREN ∙ DAZ ∙ HAN ∙ ICH GE- 42 Vgl. K. Schmid, Sorge der Salier (1984), bes. BEN | VNSER ∙ URAWEN ∙ SANTE | MARIEN ∙ ZU ∙ 671–681; Borgolte, Stiftungsurkunden Heinrichs II.
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(1993, ND 2012); Wagner, Gebetsgedenken (1994); 52 Vgl. Gelfand, Regional Styles (2007), bes. 197 Lohse, Konrad I. (2006). und 199 f. 43 Vgl. Bossuyt, Founding a memory (2008), 53 Vgl. Melville, Regeln – Consuetudines‑Texte – Statuten (2005). Ebd., 7 f., auch zu anderen, mündli‑ 132–134. chen und schriftlichen Medien zur Vermittlung re‑ 44 Vgl. ebd., 131 f. 45 Vgl. Johanek, Rechtliche Funktion (1977); ligiöser Normen in mittelalterlichen Kommunitäten. Wanderwitz, Traditionsbücher (1978). 54 Vgl. Statuta capitulorum generalium ordinis 46 Vgl. Molitor, Traditionsbuch (1990). Cisterciensis. Ed. Joseph Marie Canivez, Bd. 1. (Re‑ 47 Borgolte, Stiftergedenken im Kloster Dießen vue d’histoire ecclésiastique. Bibliothèque, Bd. 9.) (1990), 238. Löwen 1933, 91 f., cap. 1: Solemnia anniversaria 48 Vgl. Lusiardi, Stiftung und städtische Gesell‑ stando praeter quatuor generalia nulla fiant, excepto schaft (2000), 78–117; zur Abgrenzung von Schen‑ regis Ludovici, de quo concessum est, ut stando fiat kungen und Stiftungen bei testamentarischen Ver‑ tantummodo ibi, ubi sepultus est. (ann. 1183.) Ebd., gabungen vgl. ebd., 50–65. Siehe auch C. Burgess, 265, cap. 8: Anniversaria nulla fiant in Ordine, nisi By Quick and by Dead (1987). – Einen allgemei‑ de licentia Capituli generalis. (ann. 1201.) nen Einstieg in die Testamentsforschung bietet: 55 Vgl. Neiske, Cisterziensische Generalkapitel Guzzetti, Testamentsforschung in Europa (2007). (1996), 279, Anm. 95. Zur Sache siehe grundsätzlich Umfassende Repertorien edierter oder regestenmä‑ auch ebd., bes. 277–279; ferner Ders., Gebetsgeden‑ ßig aufgearbeiteter Testamentscorpora existieren ken und päpstlicher Ablaß (1994); Borgolte, König nicht; die Erschließung macht jedoch trotz der als Stifter (2000, ND 2012), 330 f. mit Anm. 95. zunehmenden Vorbehalte gegen langwierige Editi‑ 56 Zu diesem Genre und seiner Genese siehe onsunternehmen weiterhin große Fortschritte. Vgl. Palazzo, Moyen Âge (1993); N. Rasmussen, Ponti‑ neuerdings etwa Testamenti ecclesiae portugaliae, ficaux (1998). 1071–1325. Ed. Maria do Rosário Barbosa Morujão. 57 Le Pontifical romano‑germanique du dixi‑ (História religiosa. Fontes e subsídios, Bd. 6.) Lis‑ ème siècle. Ed. Cyrille Vogel / Reinhard Elze, Bd. 1. sabon 2010; Testamentary records of the English (Studi e Testi, Bd. 226.) Vatikanstadt 1963, 122 f., and Welsh episcopate, 1200–1413. Wills, executorsʼ Nr. 36. accounts and inventories, and the probate pro‑ 58 Vgl. Benz, Ecclesiae pura simplicitas (1980); cess. Ed. Christopher M. Woolgar. (The Canterbury Adámková, Reflections (2008); Holder, Medieval and York Society, Bd. 102.) York 2011. Üblicher als foundation stones (2010). die nach sachlichen Kriterien erfolgte Auswahl 59 Vgl. Lohse, Liber ordinarius‑Forschung (2012), und Sammlung des Materials ist allerdings die bes. 215 f. (mit der älteren Literatur). Zur Editions‑ Aufarbeitung geschlossener Quellenfonds; so z. B. lage siehe ebd., 218–222 u. 240–250; ferner Ders., Wills of the Archdeaconry of Sudbury, 1439–1474. Liber Ordinarius als unfester Text (2011); Földváry, Wills from the register ‚Baldwyne‘, 3 Bde. Ed. Peter Recent Survey (2013). Northeast. (Suffolk Records Society, Bde. 44 und 60 Vgl. Lohse, Liber ordinarius‑Forschung (2012), 53.) Woodbridge 2001–2010. 231–239; Behrendt, Seckauer Liber Ordinarius (2009). 49 Zu Briefen als historischen Quellen vgl. im 61 Siehe aber Lohse, Dauer (2011), 97–100 u. 205 f.; Allgemeinen G. Constable, Letters (1976). Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012), 97–105; 50 Einschlägige Beispiele bei: Gregorii I Papae, Re‑ Odenthal / Frauenknecht, Liber Ordinarius (2012). gistrum Epistolarum, Bd. 1. Ed. Paul Ewald / Ludo M. 62 Zahlreiche Beispiele in: Der Ordinarius [des Hartmann. (MGH Epp. 1.) Berlin 1887–1891, ND 1992, Stifts St. Simon und Judas] von 1435. Ed. Tillmann lib. 5, epist. 2 (ann. 594); lib. 6, epist. 43 (ann. 596). Lohse, in: Ders., Dauer (2011), 383–468. Vgl. auch 51 Texte in: Notice sur l’église de Brou suivie Ders., Liber ordinarius‑Forschung (2012), 231 f. des observations sur la correspondance de Je‑ 63 Vgl. K. Schmid / Wollasch, Gemeinschaft der han Perréal dit Jean de Paris avec Marguerite Lebenden und Verstorbenen (1967), 365 f.; Borgolte, d’Autriche. Hrsg. von Charles-Jules Dufaÿ. Bourg Memoria (1998, ND 2012), 65 f. mit Anm. 21 f. 1879, 31–35, Nr. 1; 42–51, Nr. 4–6; siehe auch ebd., 64 Grundlegend: Oexle, Memoria und Memori‑ 77–81. alüberlieferung (1976, ND 2011). Siehe jetzt die auf
352 beeindruckender Quellen‑ und Literaturgrund‑ lage beruhende Darstellung von Hugener, Buch‑ führung (2014), dem ich für die Möglichkeit, das Manuskript vorab zu studieren, auch an dieser Stelle ganz herzlich danke. 65 Vgl. Oexle, Memorialüberlieferung und Ge‑ betsgedächtnis (1978). 66 Vgl. Geuenich, Survey (2004). Zwei hochmit‑ telalterliche Exemplare aus der Hyde Abbey in Winchester (Anlage 1031/1032, mit Nachträgen bis 1538) und der Thorney Abbey in Cambridgeshire (Anlage 1100, Nachträge bis 1175) beschreibt Gerchow, Gedenküberlieferung (1988), 155–197. 67 Hugener, Buchführung (2014), ermittelte allein für das Gebiet der Schweiz mehr als 1 000 erhaltene Textzeugen. Lemaître, Documents nécrologiques franÇais (1980–2008), wies für Frankreich fast 3 500 zum Teil allerdings nur indirekt bezeugte „docu‑ ments nécrologiques“ aus der Zeit bis 1800 nach (überwiegend Memorialbücher, vereinzelt auch Anniversarrechnungen, Gräberverzeichnisse und ähnliches). Wesentlich schmaler ist die Überliefe‑ rung in England, wie aus den spärlichen Belegen bei Gerchow, Gedenküberlieferung (1988), 233–299, hervorgeht. Zu den spanischen Zeugnissen siehe die Hinweise bei Rodríguez Villar, Libro de Regla (2001), 3–6. Ein engagiertes Plädoyer für nationale Memorialbuch‑Repertorien hielt Lemaître, Obitu‑ aires suisses (2003). 68 Neben (physischer) Konvents‑ und Kapitels‑ zugehörigkeit sind auch Verbrüderungen (fraternitates) und Freundschaftsbündnisse (amicitiae) als Grundlagen der Namenseintragung in Be‑ tracht gezogen worden. Vgl. K. Schmid, Mönchtum und Verbrüderung (1989), 134 f.; Althoff, Verschrift‑ lichung von Memoria (1994), 61. Kritik am postu‑ lierten Zusammenhang von Einung und Eintrag äußerte H. Hoffmann, Anmerkungen (1997), 436 f. Dagegen wiederum: Althoff / Wollasch, Libri Me‑ moriales (2000), 36–39. Zum Problem siehe ferner Borgolte, König als Stifter (2000, ND 2012), 326 mit Anm. 74. 69 Drei Beispiele: Grafen, Forschungen (1996); Lohse, Stift (2008); Schmatz, Lorscher Necrolog‑ Anniversar (2007). 70 Vgl. Wagner, Stiftungsurkunde (2000). 71 Für solche Exemplare ist der Gattungsbe‑ griff ‚Distributionsbücher‘ vorgeschlagen worden. Vgl. Lemaître, Documents nécrologiques français,
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Bd. 1 (1980), 27. Ihre formgeschichtliche Genese lässt sich anhand der reichen Konstanzer Über‑ lieferung exemplarisch nachverfolgen. Vgl. Die Jahrzeitbücher des Konstanzer Domkapitels. Ed. Uwe Braumann, Bd. 1. (MGH Libri mem. N. S. 7.1.) Hannover 2009, 169; 357–441. 72 Vgl. Kuchenbuch, Ordnungsverhalten (1997). 73 Vgl. Das Urbar [des Stifts St. Simon und Judas in Goslar] von ca. 1191/94. Ed. Tillmann Lohse, in: Ders., Dauer (2011), 217–293, hier §§ 24; 135; 225. Siehe auch ebd., 222–230. 74 Vgl. Bünz, Oblatio – oblagium – Oblei (2007). 75 Ein Goslarer Obödienzenregister von ca. 1285/1296 inventarisiert z. B.: Iste sunt obediencie domini Johannis de Gosa: Domus Lif solvit Martini XXX solidos; inde dabit dominis viginti quinque solidos Otmari, sibi remanet quinque (…). (Urkun‑ denbuch der Stadt Goslar und der in und bei Gos‑ lar belegenen Stiftungen. Ed. Georg Bode, Bd. 2. [Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und an‑ grenzender Gebiete, Bd. 30.] Halle 1896, 422–430, hier 422, Nr. 419). Anders dagegen ein Mindener Obödienzenregister von ca. 1230, nach dem die Obödienzen über Grundherrschaften verfügten, die sowohl Natural‑ als auch Geldabgaben zu leisten hatten: Curia Budzehem habet V mansos solventes plaustratam siliginis, VI porcos, qui dicuntur hofswin, VI solidos denariorum, duo hospicia et duo munera valencia III solidos (Necrologien, Anniversarien‑ und Obödienzenverzeichnisse des Mindener Domkapitels aus dem 13. Jahrhun‑ dert. Ed. Ulrich Rasche. [MGH Libri mem. N. S. 5.] Hannover 1998, 241, Z. 11 f.). 76 Vgl. Bünz / Rödel / Rückert, Fränkische Urbare (1998). Nicht alle, aber sehr viele dieser Urbare stammen aus Stiftungen. 77 Vgl. etwa Lohse, Dauer (2011), 60–63. 78 37 Henr. VIII c. 4; 1 Edw. VI c. 14. Zur Entste‑ hungsgeschichte der beiden Parlamentsgesetze vgl. Kreider, English chantries (1979), 165–208. 79 Vgl. Kitching, Introduction (1980), xiii. Ebd., ix–xxiii, auch ein guter Überblick über die Arbeit der Kommissionen und nützliche Parallelüber‑ lieferungen. Viele ältere Editionen von chantry certificates für andere Grafschaften, meist in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in lo‑ kalgeschichtlichen Zeitschriften publiziert, sind nachgewiesen bei Kreider, English chantries (1979), 266–268.
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80 Eine (freilich auf Stiftungen der ‚Parlament‑ Bd. 1. (Publikationen der Gesellschaft für Rheini‑
saristokratie‘ beschränkte) quantitative Auswer‑ tung des Materials mit vielen instruktiven Tabel‑ len bietet Rosenthal, Purchase of Paradise (1972). 81 Vgl. Patze, Neue Typen (1970). 82 Vgl. Haas, Leben im Kollegiatstift (2011), 41–46. Von fünf weiteren Verrechnungsstellen sind zudem einige Einzelrechnungen erhalten, die ebenfalls stiftungsrelevante Positionen erhalten; vier weitere (heute verlorene) Rechnungsserien können erschlos‑ sen werden. Vgl. ebd., 46–49. Sehr schöne Farbab‑ bildungen einzelner Rechnungsseiten: ebd., 416 f. 83 Die Vizedominatsrechnungen des Domstifts St. Blasii zu Braunschweig 1299–1450. Ed. Hans Goetting / Hermann Kleinau. (Veröffentlichungen der niedersächsischen Archivverwaltung, H. 8.) Göttingen 1958. Wirtschaftsgeschichtliche Aus‑ wertung und Korrekturen durch H. Hoffmann, Braunschweiger Umland (1981). – Andere ergie‑ bige, aber bislang stiftungsgeschichtlich nicht erschöpfend ausgewertete Editionen von Rech‑ nungen (in Auswahl): Rechnungen und Register, Bd. 2: Das Stift St. Georg zu Limburg. Rechnungen und Register 1367 bis 1500, Seelbuch von 1470. Ed. Wolf-Heino Struck. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau, Bd. 12.5) Wiesbaden 1984; Echániz Sans, Alimentación (1988). 84 Vgl. Lepine, Obits at Exeter Cathedral (2010); Haas, Leben im Kollegiatstift (2011); Lohse, Dau‑ er (2011), 102–104; 205 f.; Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012), 58–61; 252; 256; 258–260; 264. 85 Vgl. A. v. Brandt, Werkzeug des Historikers (2012), 103–111. 86 Besonders frühe Fragmente haben sich z. B. in Breslau erhalten. Vgl. Grünhagen, Protokolle (1863). Wichtige Regestenwerke aus dem spätmit‑ telalterlichen Reich: Die Protokolle des Speyerer Domkapitels. Ed. Manfred Krebs, 2 Bde. (Veröf‑ fentlichungen der Kommission für Geschicht‑ liche Landeskunde in Baden‑Württemberg. Rei‑ he A, Bde. 17 und 21.) Stuttgart 1968–1969; Die Protokolle des Mainzer Domkapitels. Ed. Fritz Herrmann, Bd. 1. Darmstadt 1976; Die Protokolle des Lübecker Domkapitels. Ed. Wolfgang Prange, 2 Bde. (Schleswig‑Holsteinische Regesten und Urkunden, Bde. 11–12 / Veröffentlichungen des Landesarchivs Schleswig‑Holstein, Bde. 26 und 30.) Neumünster / Hamburg 1990–1993; Die Proto‑ kolle des Kölner Domkapitels. Ed. Klaus Militzer,
sche Geschichtskunde, Bd. 77.) Düsseldorf 2009.
87 Ein Beispiel: Protokolle des Kölner Dom‑ kapitels. Ed. Militzer (wie Anm. 86), 85, Nr. 352.
88 Zu dieser Quellengattung siehe grundsätz‑
lich: Oberste, Dokumente der klösterlichen Visi‑ tationen (1999). 89 Statuts, chapitres généraux et visites de l’Ordre de Cluny. Ed. Gaston Charvin, Bd. 2. Paris 1967, 1–4, Nr. 131: Apud Marciniacum sunt XVIII monachi cum priore. Officium divinum ibidem honeste celebratur sicut consuetum est. (…) Predecessores istius prioris alienaverunt redditus anniversarium domini Johannis episcopi Masticonensis in manu seculari, nec fit ibidem officium dicti episcopi, nec refectio datur monialibus diebus statutis, unde moniales non minime conqueruntur. (…) Correximus alia que ibidem reperimus corrigenda. Zum Verhältnis von Mönchen und Nonnen in Marcigny siehe Wischermann, Marcigny‑sur‑Loire (1986), 83–87. 90 Vgl. Hobsbawm / Ranger, Invention of tra‑ dition (1983); Remensnyder, Remembering Kings (1995); Ehlers, Having the King (2002); J. Burton, Corporate Identity (2009). 91 Vgl. Lohse, Dauer (2011), 14–19. 92 Zu der aus neurobiologischer Sicht unver‑ meidlichen Verformung aller menschlichen (und damit auch historiographischen) Erinnerungsleis‑ tungen vgl. die grundlegenden Überlegungen von Fried, Schleier der Erinnerung (2004); ergänzend: Müllerburg, Risse im Schleier (2010). 93 Vorländer / Melville, Geltungsgeschichten (2002), x. Vgl. dazu Lohse, Dauer (2011), 189–192. 94 Über die Probleme, diese zu definieren, er‑ hellend: Roest, Medieval Historiography (1999). 95 Vgl. z. B. Annales Stederburgenses auctore Gerhardo praeposito. Ed. Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 16, 197–231, hier 202: 1026. Monasterium sancti Mauricii in Hildensim a beato Godehardo fundatur. Annales Bremenses. Ed. Philipp Jaffé, in: MGH SS 17, 854–858, hier 855: Anno gratie 1001 fundata est Herseveldensis ecclesia ab Hinrico comite. Daneben, aber seltener, be‑ gegnen auch aktivische Formulierungen, z. B. in der Chronica domni Sigeberti Gemblacen‑ sis monachi. Ed. Ludwig Conrad Bethmann, in: MGH SS 6, 300–374, hier 355: 1014 (…) Baldricus episcopus in insula Leodicensi cenobium sancti Iacobi apostoli fundavit.
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Schriftzeugnisse
96 Erwähnt wurden allenfalls das Todesjahr
Dazu: Borgolte, Petrusnachfolge und Kaiserimi‑ des Stifters und – bei Annalen aus Ordensklös‑ tation (1995); Herbers, Papst Leo IV. (1996), 162–198; tern – mitunter die Stiftung weiterer Filialklöster. 474–488; Bauer, Bild der Stadt Rom (2004). Ein Beispiel: Annales Osterhovenses. Ed. Wilhelm 99 Formulierung in Anlehnung an Fromm, Mit‑ Wattenbach, in: MGH SS 17, 537–558, hier 540 f., zu telalterliche Handschrift (1976), 49, der freilich den Jahren 1126, 1130, 1145 und 1147. ganz andere Textgattungen vor Augen hatte. Vgl. 97 Vgl. Haarländer, Vitae episcoporum (2000), auch Lohse, Dauer (2011), 295–319. 187–198. 100 Vgl. Kastner, Historiae fundationum (1974). 98 Le Liber Pontificalis. Ed. Louis Duchesne, 3 Bde. 101 Vgl. neben Patze, Adel und Stifterchronik (Bibliothèque des Écoles Françaises dʼAthènes et (1964–1965, ND 1982 und 2002), vor allem Oexle, de Rome. Série 2, Bd. 3.1–3) Paris 1955–1957, ND 1981. Welfische Memoria (1995).
5.3 Muslime 5.3.1 Allgemeines Der Islam war in Bezug auf seine Schreib‑ kultur schon immer eine der am weitesten entwickelten vormodernen Zivilisationen. Muslime benutzten bereits im 2./8. Jahr‑ hundert Papier. Die Herstellung und die Verwendung von Büchern hatten zur Folge, dass es schon im 3./9. Jahrhundert einen lebhaften Markt für Literatur gab. Es ist deshalb paradox, dass Historiker, die sich schwerpunktmäßig mit mittelalterlichen islamischen Gesellschaften befassen, nur selten auf dokumentarische Quellen zu‑ rückgreifen können. Obwohl bereits früh sowohl eine kalifale als auch eine Pro‑ vinzverwaltung entstanden, sind die uns spärlich überlieferten Archivmaterialien im Vergleich zu denjenigen, die uns über das mittelalterliche Europa zur Verfügung stehen, verschwindend gering. Wir wissen, dass schriftliche Verwaltungsdokumente in diesen in hohem Maße auf Schriftlich‑ keit beruhenden mittelalterlichen Gesell‑ schaften sehr früh verbreitet waren, wes‑ wegen einige Forscher diese Praktiken so‑ gar als Resultat eines „archival mind“ be‑ zeichnet haben.1 Mittelalterliche islamische
Verwaltungen brachten eine Vielzahl von Dokumenten hervor, darunter Petitionen, Verträge, Inventarlisten, Testamente und Gerichtsregister. Alle sozialen Schichten griffen auf schriftliche Kommunikation zu‑ rück, auch illiterate Personen, die sich mit ihren Anliegen an professionelle Schreiber, schreibkundige Verwandte oder Kinder mit entsprechender Schulbildung wenden konnten. Die Gründe für den Mangel an Material aus muslimischen Archiven blei‑ ben unklar, obschon sich Historiker dabei über das Zusammenspiel einiger Negativ‑ faktoren einig sind, wie etwa die Vergäng‑ lichkeit des Papiers – des am häufigsten benutzten Beschreibstoffes –, archivarische Unzulänglichkeiten und die verheerenden Auswirkungen von Kriegen, Invasionen und Dynastiewechseln. Bei der Untersuchung des vorhandenen Archivmaterials sehen wir uns mit einem zweiten Paradoxon konfrontiert: Die Mehr‑ zahl der erhalten gebliebenen Dokumen‑ te bezieht sich auf Stiftungen, obwohl es laut islamischem Recht nicht notwendig war, die Gründung eines waqf schriftlich
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festzuhalten, sondern eine mündliche Erklärung in Anwesenheit von Zeugen ausreichte. Wie Chamberlain angemerkt hat, wird ausgerechnet die Erhaltung von waqfīyas und nicht von anderen archiva‑ lischen Zeugnissen verständlich, wenn wir die Verbreitung von Stiftungen seit frühester Zeit in Betracht ziehen; er führt weiterhin an, dass waqfīyas und andere administrative waqf‑Dokumente gebraucht wurden, um die Eigentumsrechte sowie die Verwaltung dieser Institutionen und ihrer Vermögenswerte über lange Zeit‑ räume hinweg nachvollziehbar festzu‑ halten. Ferner gilt es zu berücksichtigen, dass die waqfīya nicht nur einen simplen Verwaltungsakt, sondern ein veritables Ego‑Dokument darstellt. Stiftungsurkun‑ den zielten darauf ab, das Seelenheil des Stifters in der Nähe Gottes sicherzustellen, indem die rechte Verwendung der gestif‑ teten Besitztümer oder Güter, aber auch die weltliche Memoria seiner Werke ver‑ traglich festgelegt wurden. Es ist deshalb kein Wunder, dass es sich bei einigen der uns überlieferten waqfīyas nicht einfach nur um standardisierte Schriftstücke han‑ delt, die von einem Notar oder Kanzlisten ausgestellt wurden, sondern vielmehr um Autographe der Stifter, deren Inhalt und Stil eine enge persönliche Verbundenheit mit dem Verfahren ausdrücken. Zu den wenigen Dokumenten, die uns ne‑ ben den waqfīyas aus dem mittelalterlichen Islam erhalten geblieben sind, zählen Do‑ kumente der siǧillāt (‚Gerichtsakten‘), ins‑ besondere aus Kairo und Jerusalem. Es gibt jedoch ebenso Dokumente, die im Zusam‑ menhang mit der kommerziellen Tätigkeit und der Verwaltung von awqāf entstanden, daneben Inventare und Bibliothekskatalo‑ ge. Wir können auch auf Archivmaterial zurückgreifen, das nicht islamischen Ur‑ sprungs ist, wie etwa dasjenige der Geniza in Kairo, welches nicht nur die wichtigste
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Quelle für das wirtschaftliche und soziale Leben der Juden im Mittelalter darstellt, sondern auch wertvolle Informationen über interreligiöse Kontakte und islamische Stiftungen enthält. Im Gegensatz zu den spärlichen dokumentarischen Quellen des muslimischen Mittelalters sind narrative Quellen in quantitativer wie qualitativer Hinsicht reich überliefert. Was die Fach‑ literatur anbelangt, so waren muslimische Gelehrte in vielen Bereichen bemerkenswert produktiv, wie etwa auf dem Gebiet des Rechts – die frühesten rechtlichen Abhand‑ lungen stammen aus dem 3./9. Jahrhundert –, der ḥisba (‚Überwachung von Handel und öffentlicher Ordnung‘) und der Verwaltung. Dazu kommen noch einige mittelalterliche Sammlungen von Fatwas, die sich mit prak‑ tischen Problemen aus dem privaten und öffentlichen Bereich befassen und vielfach eigene Kapitel über wohltätige Stiftungen beinhalten. Historiographische und prosopogra‑ phische Werke aus der arabischen und der persischen Tradition sind ebenfalls unschätzbar wertvolle Quellen für die Un‑ tersuchung von Stiftungen. Diese Quellen enthalten nicht nur eine Menge histori‑ scher Daten über stiftungsbezogenes Han‑ deln, sondern mitunter auch Abschriften bestimmter Dokumente. Biographische Enzyklopädien, die Honoratioren einer bestimmten Stadt, aber auch einer spezi‑ fischen sozialen oder beruflichen Gruppe, wie etwa Richtern oder Ärzten, gewidmet sein konnten, sind ebenfalls äußerst ergie‑ bige Quellen für die Stiftungsgeschichte. Geographische Literatur, Reiseberichte, Pilgeritinerare und insbesondere Schriften, welche die Beschreibung von Monumen‑ ten bestimmter Städte zum Inhalt haben, vermitteln gleichermaßen ein lebendiges Bild von der mittelalterlichen waqf ‑Kultur. Schließlich sollten wir auch die zahl‑ reichen Inschriften berücksichtigen, die
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in Stein (als Teil eines Bauwerks) und in gestifteten Objekten aus Holz oder Metall erhalten sind. Diese Inschriften enthalten normalerweise Informationen über den Stifter und das Datum der Stiftung. Sie können aber auch aus kleinen Texten be‑ stehen, in denen die Namen der für die Bauten verantwortlichen Architekten und bei Kunstwerken der Name des Künstlers oder der Werkstatt angegeben sind. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Erforschung des mittelalterlichen Islam auf Grundlage der angeführten Quellen stellen – ob dokumentarischen oder narrativen –, unterscheiden sich nicht grundlegend von denen, die in anderen Forschungsberei‑ chen anzutreffen sind. Es gibt jedoch eine wesentliche Einschränkung nicht nur in Bezug auf Schriftquellen, sondern auch auf Sachquellen (→ 6.3.1), die berücksichtigt werden sollte und die sich aus dem Über‑ lieferungszufall ergibt: die geographische und chronologische Überrepräsentation bestimmter Gebiete und Epochen und die spärlichen Informationen über untere so‑ ziale Schichten. Diese Problematik lässt sich gut anhand der wichtigsten auf uns gekommenen ar‑ chivalischen Sammlung des Mittelalters veranschaulichen, der Dokumente vom Tempelberg (al‑Ḥaram aš‑Šarīf) in Jeru‑ salem. Dieses Corpus besteht aus 900 un‑ geordneten Schriftstücken, darunter Ver‑ mögensverzeichnisse, Grundstückstrans‑ aktionen, Verkaufs‑ und Steuerbelege im Zusammenhang mit den waqf ‑Besitztü‑ mern des Ḥaram aš‑Šarīf, Heiratsurkunden, Testamente, Beglaubigungsschreiben und auch die Abschrift einer Stiftungsurkunde. Der größte Teil dieser Sammlung besteht aus Dokumenten, die von der Verwal‑ tung des zwischen 793/1391 und 797/1395 in Jerusalem tätigen Šāfiʿī‑Richters Šaraf ad‑Dīn ʿĪsā b. Ġānim ausgestellt wurden. Die Erhaltung dieses Corpus ist entweder
Schriftzeugnisse
dem glücklichen Zufall eines Archivie‑ rungsfehlers zu verdanken, insofern, als es anscheinend aufgrund seiner Ähnlich‑ keit mit einem anderen Dossier aus dem ursprünglichen, heute verlorenen Archiv entfernt wurde; oder es wurde aus dem Archiv entnommen, um Belege für die kor‑ rupten Praktiken des Richters und seiner Verwaltung sicherzustellen, wie Christian Müller vermutet.2 Was auch immer der Grund sein mochte, die Tatsache, dass die‑ se Dokumente überlebt haben, stellt eine äußerst glückliche Ausnahme dar, die der Wissenschaft das Beschreiten wichtiger neuer Forschungswege ermöglicht hat. Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass sich die aus der Analyse dieses Corpus gezogenen Schlüsse nicht generalisieren lassen. Es gibt weitere außergewöhnliche Dokumente aus anderen Perioden und Dy‑ nastien, wie zum Beispiel die detaillierte und ergiebige waqfīya des mongolischen Wesirs Rašīd ad‑Dīn. Allerdings fehlt hier der materielle und dokumentarische Kon‑ text, wie wir ihn bei den mamlūkischen Quellen kennen. Wie bei den Sachquellen stammt auch der größte Teil der erhaltenen dokumentarischen Informationen über mit‑ telalterliche awqāf aus mamlūkischer Zeit und konkret aus Kairo und Jerusalem; die Mamlūkenzeit ist folglich in der Forschung überrepräsentiert. Es ist unnötig zu er‑ wähnen, dass dieses Ungleichgewicht auch die an den Stiftungen beteiligten Akteure betrifft – der größte Teil der dokumentari‑ schen Belege enthält Informationen über die Eliten. 5.3.2 Normative Quellen Genregrenzen sind in der islamischen Literatur alles andere als eindeutig, und der Begriff ‚normative Quellen‘ selbst kann irreführend sein. In der islamischen
Muslime
Religiösität steht eher eine persönliche und direkte Beziehung zwischen einer Person und Gott im Vordergrund. Während die Angehörigen der wichtigsten schiitischen Gruppen an die Unfehlbarkeit ihrer Imame in theologischen Fragen glauben, erkennen die Sunniten, die während des gesamten Mittelalters die Mehrheit der Muslime bil‑ deten, keine religiöse Autorität in Form einer hierarchischen Struktur an. In der Theorie, zumindest bei den wichtigsten sunnitischen Strömungen, ist es deshalb jedem geistig dazu fähigen Muslim gestat‑ tet, normative Rechtsfragen zu interpretie‑ ren. Selbst wenn die Auslegung falsch ist, begeht der Interpret keine Sünde, solange er in bester Absicht handelt, die Offenba‑ rung Gottes zu verstehen: Diese Doktrin ist als kull muğtahid muṣīb bekannt (‚jeder Interpret hat Recht‘). Natürlich hat es immer gebildete Musli‑ me gegeben, die mit der nötigen Autorität als Gelehrte ausgestattet waren und de‑ ren Interpretation der offenbarten Quellen, nämlich des Korans und der Hadithen, allgemein anerkannt wurde. Die beiden weiteren Quellen des islamischen Rechts sind der iğmāʿ (‚Konsens‘), im Allgemeinen verstanden als Konsens der Gelehrten (und nicht der Gemeinschaft aller Muslime), und der iğtihād (‚das persönliche Bemühen [die offenbarten Quellen zu interpretieren]‘). Die Kategorie der normativen Quellen umfasst deshalb rechtliche Abhandlun‑ gen, die sowohl auf dem Koran als auch auf den Aussprüchen des Propheten und seiner Gefährten beruhen, des Weiteren Abhandlungen über die hermeneutischen Methoden (insbesondere Analogie), mit denen Muslime neue Regeln, aus den of‑ fenbarten Quellen ableiten können, und schließlich Interpretationen bestimmter rechtlicher Normen in den verschiedensten literarischen Formen, deren Bandbreite von Fatwas bis zu Abhandlungen über ḥisba
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(‚Überwachung von Handel und öffentli‑ cher Ordnung‘) reicht. Ergänzend zu diesen Werken, die sich mit rechtlichen Fragen beschäftigen, können wir auch auf norma‑ tive Abhandlungen über bürokratische und gerichtliche Abläufe zurückgreifen. Diese notariellen und administrativen Handbü‑ cher enthalten oft Beispieldokumente mit Stiftungsbezug. Rechtliche Traktate Im Koran wird das Konzept des waqf nicht erwähnt, und die prophetischen Überlie‑ ferungen bieten keine ausreichend solide rechtliche Basis für das islamische Stif‑ tungswesen, obwohl sie in der muslimi‑ schen Tradition unbestritten sind. Nichts‑ destotrotz sind normative Quellen, die die waqf ‑Kultur betreffen, nur vor dem Hintergrund der Offenbarung zu erklären, insbesondere hinsichtlich des koranischen Erbrechts. Es ist daher verständlich, dass die wichtigste Inspirationsquelle für Ab‑ handlungen über die rechtliche Dimensi‑ on muslimischer Stiftungen das Heilige Buch war – auch wenn dort über Stiftun‑ gen selbst nichts geschrieben steht. Die grundlegenden Texte für waqf ‑Gesetze lieferten zwei ḥanafitische Abhandlungen aus dem 3./9. Jahrhundert: die ‚Aḥkām al‑ waqf‘ (‚Stiftungsvorschriften‘) von Hilāl ar‑Raʾy (gest. 245/859 oder 249/863)3 und der ‚Kitāb aḥkām al‑awqāf‘ (‚Buch über die Stiftungsvorschriften‘) von al‑Ḫaṣṣāf (gest. 261/874).4 Sie boten denjenigen eine Erwiderung, die behaupteten, dass die Nutzung von awqāf gegen die Koranverse über Erbschaftsregelungen verstieß. Diese Texte enthalten eine kasuistische Diskus‑ sion darüber, welche Bedingungen bei der Gründung einer Stiftung einzuhalten sei‑ en, und versuchen, die alte vorislamische Praxis der Stiftung von Besitztümern mit dem islamischen Recht zu harmonisie‑ ren. Hierbei widmen sie der Frage, ob der
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Besitz von gestifteten Gütern rechtmäßig sei, besondere Aufmerksamkeit, und eben‑ so dem Problem der Unvereinbarkeit des Übereignens solcher Besitztümer mit dem Erbrecht des Korans. In vielfältiger Weise stellen diese Abhandlungen de facto An‑ leitungen für eine donatio inter vivos dar, mit der die rechtliche Verpflichtung um‑ gangen werden sollte, den rechtmäßigen Erben zwei Drittel des väterlichen Erbteils zu überlassen. Obwohl es über diese The‑ matik keine Studien gibt, scheinen die‑ se Rechtspraktiken mit den sogenannten ‚rechtlichen Kniffen‘ (ḥiyal) oder ‚rechtli‑ chen Auswegen‘ (maḫāriğ) in Verbindung zu stehen, juristischen Operationen, die es erlauben sollen, den Sinn des Gesetzes zu umgehen, ohne gegen seinen Wortlaut zu verstoßen. Es scheint deshalb kein Zufall zu sein, dass die erste überlieferte Abhand‑ lung über ḥiyal von demselben al‑Ḫaṣṣāf stammt, der auch die Theorien zu awqāf verfasst hat.5 In allen islamischen Rechtsschulen sind Hilāl und al‑Ḫaṣṣāf die beiden maßgebli‑ chen Quellen für waqf ‑Gesetzgebung. So‑ gar die mālikītischen Gelehrten wurden von diesen Autoren inspiriert, obwohl es das mālikītische Recht im Gegensatz zu dem der anderen Rechtsschulen erlaubte, eine Stiftung zu widerrufen. Mālikītische Gelehrte haben sich immer stark auf diese beiden Autoren gestützt, wie die wichtigste mālikītischen Sammlung von Gesetzes‑ texten zum Stiftungsrecht erkennen lässt, der erst relativ spät von aṭ‑Ṭarabulusī (gest. 922/1516) verfasste ‚Aḥkām al‑awqāf‘ (‚Stif‑ tungsvorschriften‘) trägt. Weitere einfluss‑ reiche Abhandlungen aus dem Mittelalter sind zu berücksichtigen, deren Behandlung von awqāf ebenfalls direkt von Hilāl und al‑ Ḫaṣṣāf inspiriert wurden. Dazu zählen die berühmten ‚Aḥkām as‑ṣulṭānīya‘ (‚Regie‑ rungsvorschriften‘) von al‑Mawardī (gest. 450/1058), wahrscheinlich das wichtigste
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theoretische Werk über das Regieren im sunnitischen Islam, und der Rechtskom‑ mentar ‚al‑Hidāya‘ (‚Die Anleitung‘) des iranischen Gelehrten al‑Marġinānī (gest. 593/1197), dessen persische Übersetzung eines der einflussreichsten und meist ko‑ pierten Bücher der persischsprachigen Welt war. Fatwas Die zweite Gruppe von normativen Quel‑ len sind die Rechtsgutachten oder Fatwas (fatwā, Pl. fātāwa). Bei diesen Dokumenten handelt es sich in der überlieferten Form um Sammlungen von Gutachten, erstellt von renommierten, als Autoritäten erach‑ teten Rechtsgelehrten (muftin , al-muftī, Pl. muftiyūn). Diese Quellen konnten sowohl mündlicher als auch schriftlicher Natur sein. Auf ihren normativen Wert hatte das keine Auswirkung: Die Gutachten der Rechtsgelehrten waren rechtsgültig, ganz gleich ob sie mündlich abgegeben oder in Büchern niedergeschrieben wurden. Wie diese beiden Bereiche zusammenspielen, ist mit Blick auf die Historizität der Inhalte dieser Werke nicht immer verständlich. In der Theorie sind die an den muftī ge‑ stellten Fragen historisch authentisch und geben Aufschluss über reale Praktiken: Ein frommer Muslim mit einem rechtli‑ chen Problem fragte einen Experten um Rat, der ihm seine Frage beantwortete und dies in einem Buch niederschrieb, welches letztendlich vom muftī selbst oder von sei‑ nen Schülern veröffentlicht wurde. In der Praxis können wir uns hinsichtlich des realen, nicht‑hypothetischen Charakters rechtlicher Fragen nur sicher sein, was die Fatwas mālikītischer Gelehrter betrifft, da diese Rechtsschule keine hypothetischen Diskussionen erlaubte. Das heißt natürlich nicht, dass wir die von anderen Rechts‑ schulen veröffentlichten Fatwas als unhis‑ torisch betrachten sollten. Die wichtigsten
Muslime
Sammlungen beschäftigen sich mit rea‑ len rechtlichen Problemen und können als glaubwürdig betrachtet werden. Für die Autoren mit einem Hang zur Speku‑ lation gilt, dass selbst die unglaublichs‑ ten Diskussionen über eine Erbschaft die Feinheiten des Erbrechts erhellen können, zum Beispiel in dem Fall, in dem es sich bei einem Sohn, der von einer der vier Frauen geboren wurde, um einen Herm‑ aphroditen handelte. Das Hauptproblem, vor das Forscher im Umgang mit Fatwas gestellt werden, liegt nicht in der Glaub‑ würdigkeit der Informationen, sondern im fehlenden Kontext, weil bestimmte An‑ gaben wie etwa Datum, Ort und Namen standardmäßig weggelassen wurden. Trotz dieser Einschränkungen sind Fat‑ was eine der wichtigsten Quellen für die Erforschung von Stiftungspraktiken im mittelalterlichen Islam. Da die Gutachten in der Regel auf Rechtsstreitigkeiten zu‑ rückgehen, nimmt es nicht wunder, dass sich der größte Teil der erhaltenen Fat‑ was zu awqāf mit Erbstreitigkeiten befasst. Nichtsdestotrotz sind sie eine der Haupt‑ informationsquellen für die reale Nutzung von Stiftungen, insbesondere wenn die ursprünglichen Bedingungen des Stifters geändert oder gegen diese verstoßen wur‑ de, was Religionsgelehrte manchmal für rechtmäßig erklärten. Insofern sind Fat‑ was auch die Hauptquellen für die histori‑ sche Entwicklung von Stiftungen und den Wandel der Rechtsauslegung, besonders in Bezug auf die nachlassende Beachtung der vom Stifter ursprünglich festgelegten Be‑ dingungen. Des Weiteren zeigen sie auch sich verändernde Einstellungen gegenüber den awqāf, die von ḏimmīs – religiösen Minderheiten auf islamischem Gebiet – gegründet worden waren. Fast alle großen Sammlungen mittelal‑ terlicher Fat was enthalten Informationen über awqāf. Das für die Stiftungsforschung
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wichtigste Werk dieses Genres ist ohne Zweifel al‑Wanšārisīs ‚Miʿyār al‑muġrib‘ aus dem 10./16. Jahrhundert. Diese Samm‑ lung enthält Fatwas, die zwischen dem 6./12. und 9./15. Jahrhundert von mālikītischen Gelehrten veröffentlicht wurden. Die Be‑ deutung dieses Werks besteht nicht nur in der darin enthaltenen Informationsfül‑ le, sondern auch im Mangel an weiteren dokumentarischen Quellen für die Erfor‑ schung mittelalterlicher awqāf in den west‑ lichen islamischen Ländern. Das macht die Sammlung von al‑Wanšārisī zur Haupt‑ quelle für den Maghreb und al‑Andalus. Weitere erwähnenswerte Sammlungen, die ergiebige Informationen über awqāf enthalten, sind in Hinblick auf al‑Andalus die Fatwas des Ibn Rušd al‑Ǧadd. Für die östlichen islamischen Länder sind es die des ḥanbalitischen Gelehrten Ibn Taimīya (gest. 728/1328), die seines šāfiʿītischen Antagonisten Taqī ad‑Dīn as‑Subkī (gest. 756/1355) und die Fatwas des berühmten Universalgelehrten Ǧalāl ad‑Dīn as‑Suyūṭī (gest. 901/1505). Handbücher und Traktate Bei der dritten Gruppe von normativen Quellen, denen direkte und indirekte In‑ formationen über Stiftungspraktiken zu entnehmen sind, handelt es sich um fach‑ liche Abhandlungen, zum Beispiel über ḥisba, und Handbücher für Notare oder Kanzlisten. Die Abhandlungen über ḥisba sammeln Vorschriften für das öffentliche Leben in den islamischen Städten, insbe‑ sondere für den Warenverkauf auf öffent‑ lichen Märkten, aber auch die öffentliche Moral betreffend. Einige dieser Werke bie‑ ten direkte Informationen über islamische Stiftungen, wie das berühmte Handbuch des almoravidischen Richters Ibn ʿAbdūn. Dieses enthält Erörterungen über die Ver‑ waltung des Vermögens öffentlicher isla‑ mischer Stiftungen (awqāf ḫairīya) und gibt
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beispielsweise Aufschluss darüber, dass die Gehälter des Gefängniswärters und des Imams des öffentlichen Gefängnis‑ ses von diesem Geld bezahlt wurden, wie auch ein Teil des Gehalts des Beamten, der die ḥisba‑Vorschriften durchsetzte, des muḥtasib (üblicherweise mit ‚Marktaufse‑ her‘ übersetzt). Außerdem werden einige Aspekte im Zusammenhang mit waqf ‑In‑ stitutionen wie der Zentralmoschee oder den Friedhöfen erörtert.6 Handbücher für Notare enthalten Mus‑ terformulare, oftmals Abschriften von ech‑ ten Dokumenten, die notarielle Praktiken im Hinblick auf islamische Stiftungen er‑ hellen können. Ein bemerkenswertes Bei‑ spiel ist das Handbuch ‚Kitāb al‑waṯāʾiq wa‑ʾs‑siǧillāt‘ des Andalusiers Ibn al‑ʿAṭṭār (4./10. Jahrhundert), das von der Forschung in Studien über andalusische Stiftungen benutzt worden ist.7 Dieses Werk enthält Entwürfe einer Vielzahl von Dokumenten, die einen Bezug zu Stiftungen haben, wie zum Beispiel waqfīyas und formale Bestä‑ tigungen von awqāf, die mündlich ins Le‑ ben gerufen wurden. Es werden aber auch mögliche rechtliche Probleme erörtert, die aus ungenauen Dokumenten resultieren können; in jedem Fall sei es notwendig, die korrekte Phraseologie zu wählen und klare Aussagen zu treffen. Diese Erörterungen sind sehr wichtig für das Verständnis der Stiftungspraxis in al‑Andalus, und befas‑ sen sich in der Regel – wenig überraschend – mit Problemen, die im Zusammenhang mit der Bestimmung von Begünstigten entstehen. Ibn al‑ʿAṭṭār erörtert zum Bei‑ spiel, wie ein Nachtrag für eine waqfīya zu verfassen sei, wenn der Stifter seine Frau‑ en – sollten sie nach seinem Tod wieder heiraten – von der Liste der Begünstigten zu streichen wünsche.8 Anderswo wird ausgeführt, dass der Vormund auf einem Dokument ausdrücklich zu erwähnen sei, sofern es sich um einen minderjährigen
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Begünstigten handele,9 oder wie eine Stif‑ tungsurkunde für bewegliche Güter wie etwa Waffen, Bücher, Korane, Pferde oder Sklaven zu verfassen sei.10 Die Handbücher für Kanzlisten sind ähnlichen Inhalts und geben praktische Anweisungen zu Stil und Phraseologien in privaten und öffentlichen Dokumen‑ ten, die einen Bezug zu Stiftungspraktiken aufweisen. Diese Handbücher sind nicht nur dank dieser Informationen, sondern an sich schon eine interessante Quelle. Eine chronologische Untersuchung die‑ ses Genres erhellt, dass frühe Handbücher keinen einzigen Hinweis auf die Abfas‑ sung von waqfīyas enthalten, wie etwa die ‚Mawādd al‑bayān‘ von ʿAlī ibn Ḫalaf al‑Kātib (gest. 437/1045) und ‚al‑Qānūn fī dīwān ar‑rasāʾil wa‑ʾl‑išāra ilā man nāla al‑ wizāra‘ von Ibn as‑Saifadī (gest. 546/1147).11 In mamlūkischen Abhandlungen, etwa dem ‚Ṣubḥ al‑aʿšā‘ von al‑Qalqašandī (gest. 821/1418)12 und vor allem den ‚Ǧawāhir al‑ ʿuqūd wa‑muʿīn al‑quḍāt‘ von al‑Asyūṭī (gest. 861/1457), wird dagegen die Abfassung solcher Dokumente erörtert. Das Werk von al‑Asyūṭī ist für die Sozialgeschichte der Stiftungen nicht nur besonders wichtig, weil es viele Seiten über waqfīyas enthält, sondern auch, weil es praktische Probleme des eigentlichen Stiftungsakts erörtert und Beispieldokumente unter dem Aspekt des sozialen Status des Stifters klassifiziert, wobei Stiftungsobjekte und Phraseologie in den Dokumenten entsprechend variieren.13 5.3.3 Dokumentarische Quellen Stiftungsurkunden (waqfīyas) Das wichtigste Dokument für das Studium islamischer Stiftungspraktiken ist zweifel‑ los die Stiftungsurkunde selbst, die waqfīya. Die in diesem Urkundentyp enthaltenen Angaben beschränken sich jedoch nicht
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nur auf die Struktur und die Aufgaben der awqāf. Waqfīyas sind auch die wichtigste verfügbare Quelle für die Erforschung an‑ derer Aspekte der mittelalterlichen islami‑ schen Gesellschaften, wie beispielsweise des Arbeitsmarkts, da die in der Regel beigefüg‑ ten Listen Namen und Berufe, oftmals auch die Gehälter, der beim waqf beschäftigten Arbeiter enthalten. Manchmal geben die Ur‑ kunden auch Aufschluss über die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen, insbesondere was Bewässerungssysteme, Wasservorräte und die dafür erforderlichen Infrastruktu‑ reinrichtungen anbelangt. Die Stiftung von Eigentum kann münd‑ lich erfolgen und bedarf keines schriftli‑ chen Akts. Uns sind Stiftungsurkunden sowohl von öffentlichen als auch von Familien‑awqāf überliefert. Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass bei vielen der kleinen Familienstiftungen, die die Mehrheit der mittelalterlichen awqāf bilde‑ ten, jemals eine schriftliche Beurkundung stattfand. Ihre Existenz erschließt sich uns nur aus anderen Dokumenten oder nar‑ rativen Quellen. Eine waqfīya umfasst in der Regel folgende Teile, wenn auch nicht immer in dieser Reihenfolge: (1.) Eine förmliche Erklärung, zuweilen auch in Reimprosa, mit dem Namen des Stifters und den Stiftungsformeln, die aus Varianten mit den verschiedenen Verb‑ formen besteht, die sich auf den Akt der Stiftung als solchen beziehen, wie etwa waqqafa oder awqafa, ḥabbasa, ʾabbada und sabbala. (→ 1.3.2) Diese Erklärung kann koranische Zitate enthalten, insbesondere die Formulierung „bis Gott die Erde erben wird“ (Q 19.40). Es finden sich auch Hadi‑ the mit Bezug auf das Stiftungsobjekt, wie etwa derjenige, der von al‑Qalqašandī in seinem administrativen Leitfaden emp‑ fohlen wird: „Wer immer für Gott eine Moschee baut, und sei sie so klein wie das
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Nest eines Vogels, für den wird Gott einen Palast im Paradies bauen.“14 (2.) Im Anschluss an die Eingangserklä‑ rung enthält das Dokument in der Regel die Namen der Begünstigten, seien es In‑ stitutionen, Personengruppen, benannte Einzelpersonen oder, mit allgemeinen For‑ meln bezeichnet, Arme und Bedürftige. Wenn der waqf dem ğihād dienen soll, sind, sofern erwähnt, die Krieger (ġuzāt, muğāhidūn) die Empfänger. Es ist aber auch möglich, dass im Dokument gar keine Be‑ günstigten ausdrücklich erwähnt werden. In diesen Fällen besagt die übliche Formu‑ lierung, dass die Stiftung „für die Sache Gottes“ (fī sabīl Allāh) erfolgt und ihre letztendliche Zuweisung der Entscheidung der religiösen Autoritäten obliegt. (3.) Eine Beschreibung der gestifteten Güter und Besitztümer mit ihren Vermögens‑ werten (die auch den Status von awqāf innehaben). Ländereien und Immobilien sollten mit genauen Grenzangaben ver‑ sehen sein, und im Falle, dass es sich bei der Stiftung um ein in der Zukunft zu errichtendes Bauwerk handelt, auch ent‑ sprechende Maßgaben zum Bau enthalten. (4.) Den Zweck der Stiftung: Es werden die Aufgaben des waqf im Falle einer Instituti‑ on – Hospital, Medrese, Hospiz usw. –, bei Gegenständen oder verderblichen Waren die Benutzung geregelt: Glocken, die als Lampen verwendet werden sollen, Öl für Lampen, Maulesel für Brunnen usw. Diese vertraglichen Festlegungen können alle Aspekte des Lebens und der Tätigkeiten innerhalb der gestifteten Institutionen be‑ treffen, wie etwa Anzahl und Arbeitsbedin‑ gungen ihrer Angestellten, ihre Gehälter, Arbeitsstunden und arbeitsfreien Tage; Ge‑ schlecht, Alter und Familienstatus der An‑ gestellten und Begünstigten des waqf ; ihre
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religiöse Zugehörigkeit zu Rechts‑ oder theologischen Schulen; die Zuweisung von Einnahmen und Bereitstellung finanzieller Mittel für den Erhalt und die Reparatur von Infrastruktureinrichtungen und Gebäu‑ den. Die vertraglichen Bestimmungen des Stifters können auch die Verwendung der gestifteten Gegenstände betreffen, insbe‑ sondere im Fall von Koranen, bei denen die waqfīyas häufig das Ausleihen, manchmal sogar Abschriften verbaten. (5.) Schlussformeln, die die ewige Natur der Stiftung hervorheben, mit oftmals strafandrohenden Erklärungen, die Ana‑ theme und Verwünschungen gegenüber denjenigen beinhalten, die die Integrität des Eigentums beschädigen oder eine Ab‑ änderung der Stifterbestimmungen versu‑ chen sollten; diese Warnungen beziehen sich manchmal auch auf die istibdāl‑Praxis (‚Austausch [eines waqf ‑Eigentums gegen ein anderes]‘), indem ein Koranvers zitiert wird, der mit einer Verbform derselben Wurzel (b-d-l) beginnt: „Wenn dann je‑ mand [das Vermächtnis] abändert [baddala], nachdem er es (aus dem Mund des Sterbenden) gehört hat, trifft die Schuld daran (ausschließlich) diejenigen, die es ab‑ ändern. Gott hört und weiß (alles)“ (Q 2.181). (6.) Im Falle der Beglaubigung durch einen Richter können die waqfīyas auch die Un‑ terschriften der Zeugen und Verwaltungs‑ beamten enthalten. Stiftungsurkunden können nicht nur aus Einzeldokumenten auf Papier, Pergament oder Papyrus bestehen. Stiftungsinschrif‑ ten an Institutionen wie Moscheen, Me‑ dresen, Herbergen oder Karawansereien können ebenfalls als waqfīyas gelten und enthalten oftmals die gleichen Angaben wie diejenigen Dokumente, die in den Ar‑ chiven aufbewahrt werden, einschließlich
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einer Aufstellung der waqf-Vermögenswerte und Bestimmungen des Stifters. Waqfīyas können sich auch in gestifteten Büchern befinden, entweder als beigefügtes Doku‑ ment oder als Eintrag auf dem Titelblatt oder im Kolophon. Ferner können Doku‑ mente auch in Form von Abschriften in narrativen Quellen überliefert sein. In den meisten dieser Fälle gehören die waqfīyas zu Stiftungen, die von Kalifen, Königen und Sultanen gegründet wurden. Ihre Au‑ thentizität steht außer Zweifel, da sie von Historikern aus dem höfischen Umfeld, die Zugang zu den königlichen Archiven hatten, in den Chroniken festgehalten wurden. In anderen Fällen geben die Autoren nur eine Kurzfassung der waqfīya wieder, aber der narrative Kontext, in dem diese Abschriften erscheinen, enthält oft Informationen, die für das Verständnis der mittelalterlichen Stiftungspraxis im Islam von unschätzba‑ rem Wert sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Kurzfassung der waqfīya von der Medrese Nuṣairīya, die der berühmte En‑ zyklopädist al‑Nuwairī seiner ‚Nihāyat al‑ arab‘ beifügte, als er im Jahr 1324 Zugang zu dem Dokument hatte: „Ich erachtete es als notwendig, eine Kurzfassung der Stif‑ tungsurkunde der Medrese und des Mau‑ soleums hinzuzufügen. Mein Beweggrund, es in diesem Buch zu tun – trotz der Länge [der Urkunde] und obwohl es sich um eine Abschweifung von meiner historischen Er‑ zählung handelt – sind die vielen anderen Fälle, in denen weitere Stiftungsurkunden geheim gehalten worden sind, nachdem eine Verpflichtungserklärung [von Seiten der Begünstigten] zur Beachtung der darin enthaltenen Bestimmungen erfolgt war. In Wirklichkeit haben Verwalter und Aufse‑ her sie jedoch untereinander ausgetauscht und Kontrolle über die Stiftungen erlangt, wobei sie Stiftungsausgaben entgegen den von ihren Stiftern getroffenen Festlegungen abgeändert haben.“15
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Inhalt und Umfang der in den Stiftungs‑ urkunden enthaltenen Informationen ge‑ hen weit über die speziellen Aspekte der Stiftungspraktiken hinaus und berühren nahezu alle Bereiche des mittelalterlichen islamischen Lebens. Waqfīyas sind als Quellen für die Erforschung der Wirtschaft, mittelalterlicher Institutionen und religi‑ öser Praktiken von unschätzbarem Wert. Auf dem Gebiet der Islamwissenschaften, das von einer überwältigenden Fülle von narrativen Quellen gekennzeichnet ist, ra‑ gen die waqfīyas nicht nur als Dokumente der Lebenswirklichkeit heraus, sondern auch als Quellen mit reichhaltigem Zah‑ lenmaterial. Waqfīyas können somit auch als Quellen für quantitative Studien zu Gehältern dienen, etwa Urkunden, denen eine Aufstellung mit den jeweils in die‑ sen Institutionen arbeitenden Angestellten samt Entlohnung beigefügt ist. Außerdem können waqfīyas Aufschluss über Preise geben, wenn die erwarteten Kosten für Baustoffe, Arbeitskräfte – einschließlich Künstlern, Architekten und Handwerkern – sowie Pachten aufgelistet sind.16 In vielen Fällen verfügen sie auch über detaillierte Informationen zu architektonischen Kom‑ plexen, anhand derer sich die Struktur der gestifteten Institutionen und sogar ganze Stadtviertel quasi rekonstruieren lassen.17 Sofern die Stiftung Bücher umfasst, können in den waqfīyas auch ihre Titel verzeichnet sein, was sie zu den wichtigsten Quellen für Lesepraktiken und die mittelalterliche islamische Geistesgeschichte macht.18 Waqfīyas können auch als normative Texte zur Regelung des Lebens innerhalb der gestifteten Institutionen gelten. Die Stif‑ tungsurkunden von ḫānqāhs, ribāṭs und zāwiyas können sehr oft als richtiggehende ‚regulae‘ gelesen werden: Sie regeln zum Beispiel Anzahl und Status der Begünstig‑ ten (Geschlecht, Alter, religiöse und theo‑ logische Zugehörigkeit, Familienstand),
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unterschiedliche Aspekten des Gemein‑ schaftslebens wie etwa zu verrichtende Tätigkeiten (einfache körperliche Arbeit, Koran‑ und Hadith‑Lesungen, Gebete für den Stifter und seine Familie, Lehrverpflich‑ tungen usw.), Zeiten für Muße und das Ver‑ lassen der Einrichtung und freie Tage sowie auch die Folgen von Regelverstößen. Im Gegensatz zu den christlichen Institutionen im Westen, in denen auch Angehörige der religiösen Hierarchie oder etwa Ordens‑ regeln Einfluss auf das Zusammenleben innerhalb der monastischen Gemeinschaft hatten, sind es in den islamischen Gesell‑ schaften ausschließlich die Stifter dieser Institutionen, die ihre Regeln aufstellen – eine Praxis, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den byzantinischen typika aufzuwei‑ sen scheint. Auch können die waqfīyas von Lehranstalten wie Koranschulen (kuttāb) und Medresen Anordnungen enthalten über die Einstellungsbedingungen, Quali‑ fikation und theologische Zugehörigkeit des Lehrers, das Curriculum, die Unter‑ richtszeiten; ebenso Regeln zur Zulassung von Schülern und ihrem Leben innerhalb der Institution, da sie üblicherweise in den Genuss von freier Unterbringung kamen und von ihnen ein Leben in der Schule oder der Medrese erwartet wurde. Auch Mausoleen und Gräber waren Institutionen, deren Stiftungsurkunden normative Auf‑ lagen enthalten konnten. In diesen Fällen wurden die Begräbnisriten und Dienste für das Seelenheil der Bestatteten durch Rituale wie gemeinsame Gebete und Rezitationen von religiösen Texten sichergestellt. Strenge Regelungen waren auch in den waqfīyas von gestifteten Büchern, insbesondere Koranen, zu finden. Ein Koran‑Stifter schrieb in der Regel vor, dass das Buch nur innerhalb der Institution, der es vermacht wurde, verwen‑ det werden durfte. Sehr häufig bestimmte er, wie, wann und wo die Rezitation des Korans durchzuführen war, und vereinzelt
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legte er auch fest, über welche Qualifikati‑ on der Rezitator verfügen und zu welchen Bedingungen er eingestellt werden sollte. Eine weitere Dimension der waqfīyas, die in Betracht zu ziehen ist, ist ihr Cha‑ rakter als Selbstzeugnisse. In islamischen Gesellschaften ist die waqfīya wahrschein‑ lich das privateste, persönlichste und ver‑ traulichste Dokument, das existiert, mehr noch als das Testament, da mittels des waqf die Eigentumsrechte an einem Gut letzt‑ lich zu Gunsten Gottes abgetreten werden. Dieser Text ist nicht nur persönlich unter dem Gesichtspunkt der Beziehung, die er zum Göttlichen herstellt, sondern gilt auch als Garant sowohl für das Gedenken der Lebenden an den Stifter nach seinem Tod als auch für sein Seelenheil im Himmel bis zum Tag der Auferstehung. Ein para‑ digmatisches Beispiel einer waqfīya ist in dieser Hinsicht die Stiftungsurkunde des mongolischen Wesirs und Gelehrten Rašīd ad‑Dīn: Bei seiner waqfīya handelt es sich um eine eigenhändig geschriebene Urkunde, die er in einem kunstvollen Stil in seiner persischen Muttersprache verfasst hat und nicht in arabischer Sprache, wie es bis zum 8./14. Jahrhundert üblich war. In diesem Dokument sind nicht nur die Län‑ dereien und Besitztümer der Stiftung sorg‑ fältig aufgelistet, sondern es werden auch Geldmittel für die Pflege des Andenkens an Rašīd ad‑Dīn als Religionsgelehrten zur Verfügung gestellt mit der Maßgabe, dass alljährlich eine Abschrift seiner Werke und ihre Verbreitung zu erfolgen habe.19 Gerichtsakten (siǧillāt) Neben waqfīyas, die auch in einem Ge‑ richtsarchiv hinterlegt sein können, sind Aufzeichnungen juristischer Tätigkeiten an muslimischen Gerichten, die im Arabi‑ schen siǧillāt genannt werden, wichtige do‑ kumentarische Quellen für das islamische Stiftungswesen. Die an mittelalterlichen
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Gerichtshöfen aufbewahrten Dokumente sind sehr vielfältig; die für die Stiftungs‑ forschung wichtigsten lassen sich mit fol‑ gender Typologie zusammenfassen:20 (1.) Dekrete, Petitionen und Berichte, die sich innerhalb folgender Bandbreite bewegen: Petitionen, adressiert an eine Einzelperson (qiṣṣa, Pl. qiṣaṣ) oder an den Gerichtshof (in der Regel suʾāl, Pl. asʾila, bezeichnet); Dekre‑ te als Antworten auf Petitionen (marsūm, Pl. marāsim); Berichte, adressiert an bestimmte Personen (muṭālaʿa, Pl. muṭālaʿāt). (2.) Grundstücksverzeichnisse, in der Regel Vermögensverzeichnisse nach dem Tode des Besitzers (maḫzūn, Pl. maḫzūnāt). (3.) Gerichtliche Hinterlegungen in Form von förmlichen Erklärungen, die Rechts‑ gültigkeit erhalten oder den Begünstigten zusätzliche rechtliche Sicherheit gewähren, da sie in Gegenwart von Zeugen mit juris‑ tischer Kompetenz, Notaren oder Richtern formuliert wurden. Es gibt vier Hauptarten, obwohl die jeweiligen Unterschiede nicht immer erkennbar sind: förmliche Bestätigun‑ gen (iqrār, Pl. iqrārāt), Beglaubigungen (išāda, Pl. išādāt), Hinterlegungen, in der Regel mit dem Ausdruck yaqūlu (‚er sagte‘) versehen, und Bezeugungen von autorisierten Sachver‑ ständigen vor Gericht (šahāda, Pl. šahādāt). (4.) Gerichtsakten mit Protokollen von Gerichtsverhandlungen auf Antrag von Privatpersonen oder Regierungsbeamten. (5.) Verträge (ʿaqd, Pl. ʿuqūd), wie etwa Kauf‑ verträge (baiʿ , Pl. buyūʿ), Pachtverträge (iğāra oder im Falle von waqf‑Mieten ḥikr), Übertragungsurkunden (tamkīl, Pl. tamkīlāt), Heiratsverträge (ʿuqūd nikāḥ, auch iṣdāq, Pl. iṣdāqāt), Vollmachtsverträge (wakāla, Pl. wakālāt), mittels welcher ein Vorste‑ her (muwakkil) seine administrative oder
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Prozessvollmacht an einen Stellvertreter, der an seiner Stelle handelt (wakīl), überträgt.
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auf die männlichen Mitglieder der Familie bezögen (Nr. 25); ein Dekret, das die Stel‑ lung des Aufsehers (nāẓir) in einem waqf (6.) Rechtsvebindliche Verfügungen wie Tes‑ bestätigt (Nr. 36); ein Gesuch an den Richter tamente (waṣīya, Pl. waṣāyā) und Hinterle‑ Šaraf ad‑Dīn von einer Frau namens Ġāliya gungen (waḍīʿa, Pl. waḍāʾiʿ). Entsprechend ibnat ʿUṯmān b. Ṯuʿailib aš‑Šarafī, mit der dieser Dokumententypologie würden auch Bitte gegen ihren Bruder zu intervenieren, waqfīyas zu dieser Kategorie zählen. der zu Gunsten seiner Nachkommenschaft und zu Gunsten des Felsendoms die Bestim‑ (7.) Rechtsauffassungen zu juristischen mungen des von ihrem Vater gegründeten Fragen (istiftāʾ, Pl. istiftaʾʾāt, oder fatwā, Pl. waqf verletzt hatte (Nr. 278). fatāwā), die zuweilen von Gerichten archi‑ viert oder als Teil schriftlicher Tradition Ernennungen und Verträge: eine Ernen‑ nung eines Koranrezitators für einen waqf (mukātabāt) protokolliert wurden. (Nr. 303); eine Ernennung eines waqf‑Bevoll‑ (8.) Rechnungen wie Quittungen und Be‑ mächtigten (wakīl) (Nr. 304); eine Abschrift lege, Ausgabenlisten (nafaqāt) oder Ver‑ der Ernennung eines wakīl (Nr. 306); ein schuldungserklärungen. Dokument, das die Gehälter der Angestell‑ ten des waqf von Sitt ʿĀʾiša, Gemahlin von Aufgrund der Ubiquität der islamischen Stif‑ al‑Marḥūm Sulaimān, bestätigt (Nr. 509); tungen und der zentralen Rolle, die awqāf ein Dokument über die Miete eines Gast‑ im wirtschaftlichen und sozialen Leben der hauses (ḫān), bekannt als Ḫān al‑Qaṭṭānīn, mittelalterlichen muslimischen Gesellschaf‑ von Bediensteten des waqf von al‑Ḥaram ten spielten, können alle genannten Doku‑ aš‑Šarīf in Höhe von 580 Dirham (Nr. 410). mente Primär‑ und Sekundärinformationen für die Erforschung von Stiftungspraktiken Waqfīyas: eine Abschrift einer waqfīya für enthalten. Ein kurz gefasster Überblick über eine Stiftung des Sultans al‑Malik an‑Nāṣir das Dokumentencorpus von al‑Ḥaram aš‑ Muḥammad, die die Bestimmung enthält, Šarīf in Jerusalem kann in treffender Weise dass die Einnahmen der zum waqf gehö‑ sowohl die Bedeutung dieser Quellen für die renden Geschäfte für einen Pilgerbrunnen Forschung als auch das breite Spektrum der und für den Unterhalt der Kaaba sowie der Aktivitäten, das von den Stiftungen berührt heiligen Plätze in Mekka zu verwenden wird, veranschaulichen. In den Dokumen‑ seien (Nr. 77). ten, welche awqāf direkt betreffen, geht es um folgende Einzelheiten:21 Bestätigungsschreiben und Bezeugungen: Bestätigungen von Schulden einzelner Per‑ Dekrete und Petitionen: ein Dekret, das die sonen oder Gruppen beim waqf des Ḥaram Verwaltung einiger waqf ‑Ladengeschäfte aš‑Šarīf (Nrn. 19, 110, 280, 325, 348, 458); eine in Jerusalem regelt (Nr. 3); ein Dekret des Quittung (iqrār) über die waqf ‑Einnahmen Sultans, das besagt dass ein Dorf zu einem für die syrischen ḫānqāhs von Homs und waqf für Jerusalem werden sollte (Nr. 34); Aleppo, aus welcher die finanzielle Unter‑ eine Petition des Banū‑Salāma‑Clans aus stützung seitens des Ḥaram aš‑Šarīf in Je‑ Nablus, der einen Richter um einen marsūm rusalem hervorgeht (Nr. 206); ein Doku‑ ersucht betreffs einer Klage gegenüber ei‑ ment, das die Einwohner des Dorfes Nūba nem waqf, da sich die Begünstigung nur betrifft und die Bestätigung enthält, dass
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die vertraglich festgelegten Ernten für den waqf von al‑Ḥaram aš‑Šarīf eingebracht und eingelagert worden seien (Nr. 202); eine Be‑ stätigung darüber, dass ein Haus den Status eines waqf erhalten habe (Nr. 57); eine Be‑ stätigung darüber, dass ein Mann ein Haus zu Gunsten seiner selbst und seiner Frau sowie nach ihrem Tod zu Gunsten des al‑ Ḫānqāh aṣ‑Ṣalāḥīya als waqf gestiftet habe (Nr. 58); eine Beglaubigung, dass ein Haus in einen waqf für die zwei Töchter des Stifters umgewandelt wurde (Nr. 606); eine Bestä‑ tigung darüber, dass die Einwohner einer bestimmten Länderei nicht berechtigt seien, zwei zum waqf von al‑Ḥaram aš‑Šarīf ge‑ hörende Brunnen zu benutzen (Nr. 38); eine von Zeugen unterzeichnete Aussage, dass „das Dorf Mağdal Faḍīl im Bezirk Hebron Teil des waqf ist, der von Saif ad‑Dīn Bak‑ tamur al‑Ğūkandār zugunsten der qanāt as-sabīl in Hebron, der Armen und Kranken sowie der Nachkommenschaft des Stifters gegründet wurde, und zur Bestätigung, dass die ğawālī‑Steuern von Christen weiterhin für den Felsendom und die Masğid al‑Aqṣā zu verwenden sind“ (Nr. 311).22 Quittungen, Inventare und Ausgaben: ein Beleg für die Medrese aṣ‑Ṣalāḥīya und für die Waisen von Nāṣir ad‑Dīn al‑Ḥamawī (Nr. 662); Dokumente mit Teilverzeichnis‑ sen und detaillierten Aufstellungen von waqf ‑Besitztümern (Nrn. 174 und 836); Aus‑ gaben des öffentlichen Bades, bekannt als Ḥammām al‑Mubārak, zum waqf von al‑ Ḫānqāh aṣ‑Ṣalāḥīya gehörig, für das Jahr 796 / 1393–1394 (Nr. 773); Einnahmen des waqf von al‑Ḫānqāh aṣ‑Ṣalāḥīya (Nr. 774); eine Erklärung des Steuereintreibers des waqf der Madrasa aṣ‑Ṣalāḥīya (Nr. 852). Rechtsberatung: ein Gesuch um ein Rechts‑ gutachten hinsichtlich der Änderung von waqf‑Bedingungen in Bezug auf Lesezeiten von tafsīr (Korankommentaren) (Nr. 701).
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Bereits ein flüchtiger Blick auf diese Auf‑ stellung zeigt die vielfältigen Situationen, in denen Personen im Kontext von Stiftungs‑ praktiken auf das Rechtssystem zurückge‑ griffen haben. Der größte Teil der Fälle in diesem Corpus bezieht sich auf Schuldbe‑ scheinigungen oder Zahlungen in Anwe‑ senheit des Richters oder seiner Beamten, was nahelegt, dass Verwalter und Schuld‑ ner von awqāf oftmals auf der Suche nach ökonomischer Sicherheit vor Gericht gingen. Diese Dokumente enthalten mitunter wich‑ tige quantitative Daten, etwa aus Verträgen und Pachten, die auch Gehälter und Mieten beinhalten können. Ein weiterer Aspekt, der Erwähnung verdient, ist die Existenz von Dokumenten, die die Spannungen zwischen Erbrecht und Stiftungspraxis aufzeigen. Im Corpus von al‑Ḥaram aš‑Šarīf gibt es zwei Fälle (Nrn. 25 und 278), in denen die den männlichen Nachkommen zugestandenen Privilegien angefochten werden. Dies ist ein klarer Beleg dafür, dass die awqāf zur Umgehung des Erbrechts benutzt wurden, und zwar in der Regel zum Nachteil der weiblichen Familienmitglieder. Viele der‑ artige Rechtsstreitigkeiten sind durch die archivalische Dokumentation überliefert und gestatten uns unschätzbare Einblicke in den tatsächlichen Gebrauch von awqāf.23 Obgleich das Dokumentencorpus des Ḥaram aš‑Šarīf nur wenige Einzelfälle ent‑ hält, gewährt es dennoch Einsichten in die komplexe Morphologie der islamischen awqāf. Seine Dokumente bieten nicht nur Informationen zur Interaktion verschiede‑ ner Institutionen wie öffentlichen Bädern, Gasthäusern, Medresen und gestifteten Ländereien, sondern liefern auch indi‑ rekte Daten zur geographischen Verbrei‑ tung der awqāf im Raum von Jerusalem, da die Herkunftsorte der mit rechtlichen Angelegenheiten befassten Personen vom Gericht registriert und im Falle von gestif‑ teten Besitztümern als waqf bezeichnet
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wurden.24 Überdies gibt es mindestens zwei Dokumente, die das breite Spektrum und die überregionale Dimension des waqf ‑ Netzwerkes von al‑Ḥaram aš‑Šarīf bele‑ gen: Zwei syrische ḫānqāhs, in Homs und Aleppo, erhalten finanzielle Unterstützung aus Jerusalem (Nr. 206), ebenso die heili‑ gen Stätten in Mekka und Medina (Nr. 77). Weitere archivalische Dokumente Weitere Kategorien von Dokumenten zu Stiftungspraktiken sind entsprechend ih‑ rer Provenienz: (1.) Kanzleidokumente, wie etwa waqfīyas, die von den Hofsekretä‑ ren für Kalifen, Sultane und Emire nieder‑ geschrieben wurden, beispielsweise die‑ jenigen, die in den Archiven des awqāf ‑ Ministeriums in Ägypten aufbewahrt und von Amīn katalogisiert wurden25; Petitionen an Mitglieder der Herrscherfamilien 26 und auch einige diplomatische Traktate und Schreiben, die Angelegenheiten wie den Freikauf von Gefangenen oder den Unter‑ halt von Kultstätten in fremden Ländern betreffen konnten; (2.) Inventare, erstellt von den Verwaltern der awqāf oder von ihren Begünstigten, wie das Bestandsverzeichnis von waqf ‑Besitztümern der Umayyaden‑ Moschee in Damaskus;27 (3.) private Doku‑ mente, archiviert von den Verwaltern der awqāf, mit denen Verwalter, Bevollmäch‑ tigte oder Aufseher ernannt wurden; ein gutes Beispiel für derartige Dokumente ist die Schriftrolle des waqf der Yunūsīya‑ Bruderschaft in Damaskus mit einer Ab‑ schrift der Gründungs‑waqfīya und unter‑ zeichneten Beglaubigungen zur Ernennung und Ablösung von Verwaltungspersonal.28 (4.) Handlisten von Bibliotheken, in denen, abgesehen von bibliographischen Informa‑ tionen, sehr oft Angaben zur Herkunft der Bücher verzeichnet sind und die einen Ver‑ merk tragen, ob diese als waqf überlassen worden sind. Natürlich sind diese Hand‑ listen von größerer Bedeutung, wenn sie
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aus waqf‑Bibliotheken stammen; ein gutes Beispiel hierfür ist die Bücherhandliste der Bibliothek des Ašrafīya‑Mausoleums in Da‑ maskus aus dem 7./13. Jahrhundert.29 Dokumentarische Quellen nichtmuslimischen Ursprungs Neben den zuvor erwähnten Quellen sollten wir auch denjenigen Dokumenten Aufmerk‑ samkeit schenken, die von anderen religiö‑ sen Gruppen verfasst wurden und ein Licht auf deren Kontakte mit Muslimen werfen sowie mögliche kulturelle Einflüsse erhellen können. In dieser Hinsicht gibt es zwei Fälle besonderer Art: die Geniza in Kairo und von kastilischen Beamten nach der ‚Reconquista‘ in al‑Andalus erstellte Bestandsverzeich‑ nisse von gestifteten Besitztümern. In der Geniza in Kairo ist eine beeindruckende An‑ zahl von Dokumenten überliefert, die eine Erforschung des wirtschaftlichen Lebens in den mediterranen jüdischen Gemeinden ermöglicht hat. Es sind aber auch einige Dokumente darunter, die ihr Verhältnis zu den muslimischen Behörden betreffen. Es zeigen sich viele Ähnlichkeiten zwischen jüdischen und muslimischen Stiftungsprak‑ tiken, insbesondere was den Gebrauch des Familien‑waqf anbelangt.30 (→ 5.4) Die an‑ dere bedeutende dokumentarische Quellen‑ gruppe nicht‑muslimischen Ursprungs für die Untersuchung mittelalterlicher musli‑ mischer Stiftungen bilden die Bestandsver‑ zeichnisse von waqf‑Ländereien, die nach der Eroberung des Königreiches Granada angefertigt wurden. Obgleich die von den kastilischen Königen und Muslimen unter‑ zeichneten Kapitulationserklärungen letz‑ teren das Recht freier Religionsausübung und die Respektierung ihrer Institutionen zugestanden, wurden diese Rechte nach dem Umsturz von 1499 widerrufen und die waqf ‑Besitztümer als Kriegsbeute konfis‑ ziert; schlussendlich wurden sie oftmals christlichen Institutionen als Schenkung
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überlassen. Spanische Archive bergen un‑ gefähr vierzig dieser Bestandsverzeichnisse, die wichtige Informationen zu gestifteten Ländereien und Immobilien enthalten.31 Eine letzte Gruppe von beachtenswerten Dokumenten, obwohl nicht so bedeutsam wie die bereits erwähnten, bilden die Stif‑ tungsurkunden in nicht‑muslimischen Bü‑ chern. In dieser Hinsicht bieten die Bücher von koptischen Christen ein gutes Beispiel kultureller Interaktion, da sie die Praxis der Buchstiftung mittels des gleichen Do‑ kumentes wie im Islam vollzogen, nämlich indem sie ebenfalls eine waqfīya auf dem Titelblatt oder im Kolophon und nahezu die gleichen Formulierungen verwendeten.32 Inschriften Die Inschriften, die wichtige Informationen für die Stiftungsforschung enthalten, lassen sich grob in zwei Gruppen unterteilen, je nach Anbringung an beweglichen und un‑ beweglichen gestifteten Objekten. Einerseits finden wir Inschriften an Gebäuden, Ein‑ richtungen und Grabanlagen, in der Regel in Stein oder Putz, andererseits in metallene oder hölzerne Gegenstände gravierte oder auf Keramik gemalte Inschriften. Monumentale Inschriften wiederum kön‑ nen entsprechend ihrem Inhalt kategorisiert werden. Die wichtigsten unter ihnen sind diejenigen, die Stiftungsurkunden beinhal‑ ten. Waqfīya-Inschriften in Stein sind nicht nur von gleichem dokumentarischen Wert wie diejenigen auf anderem Beschreibstoff, sondern enthalten auch sehr oft gleichar‑ tige Texte mit gleichen Formulierungen, Bestandteilen und Koranzitaten. Diese In‑ schriften wurden in Grabsteine gemeißelt oder an den Wänden der gestifteten Insti‑ tutionen angebracht. Ein sehr gutes Beispiel ist die älteste existierende waqf‑Inschrift, die Stiftungsurkunde eines gewissen Fāʾiq al‑Ḫādim in Ramla aus dem Jahr 301/913. In dieser Inschrift verwendet der Stifter eine
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topische Formel zur Einrichtung des waqf und fasst die gestifteten Güter und die Be‑ günstigten zusammen. Der Stein enthält eines der erstaunlichsten Beispiele für Inter‑ textualität, da er den Leser der Inschrift auf eine detaillierte Liste von Besitztümern und Bedingungen verweist, die der Stifter dem Richter vorgelegt hatte. Die Inschrift endet genauso wie die Schriftstücke, nämlich mit einer langen Liste von Verfluchungsformeln gegenüber denjenigen, die eine Beschädi‑ gung der Integrität des waqf oder einen Verstoß gegen die Stifterbestimmungen ver‑ suchen sollten. Bezeichnenderweise erklärt der Stifter, dass auch kein Herrscher (sulṭān), Richter (qāḍī) oder Statthalter (amīr) die Be‑ dingungen der Stiftung abändern könne.33 Außer den waqfīyas sollten jene Inschrif‑ ten erwähnt werden, die Details zur Er‑ richtung der Gebäude nennen, wie etwa den Namen ihrer Geldgeber oder Stifter und gelegentlich weitere Angaben, die im Zusammenhang mit den Umständen der Gründung der jeweiligen Institution stehen. Diese Inschriften stellen keine eigentlichen Stiftungsurkunden dar, da sie sich auf die Errichtung des Gebäudes und nicht auf den Akt seiner Stiftung beziehen. Einige Mo‑ numente können auch mehrere Inschrif‑ ten enthalten, wie etwa eine Grundstein‑ inschrift, die waqfīya und gelegentlich auch Inschriften, die auf Restaurierungsarbeiten oder Erweiterungsbauten hinweisen. Weitere relevante Inschriften an Ge‑ bäuden sind Graffiti, die informelle Texte enthalten. Der Brauch, kurze und impro‑ visierte Graffiti in Wände und Steine zu schreiben, ist im mittelalterlichen Islam gut belegt und hat sogar die Entstehung eines Buches im 4./10. Jahrhundert inspi‑ riert, das eine Sammlung von Wandver‑ sen aus Klöstern, Moscheen, Gasthäusern und Tavernen beinhaltet, die mutmaßlich von nostalgischen Reisenden geschrieben wurden.34 In der ersten Anekdote dieses
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Buches sagt der General Aḥmad ibn Hišām (gest. 217/832): „Wenn Fremde und Leute auf Reisen, weit entfernt von ihren Freunden und Kameraden, einen bekannten Ort und eine berühmte Stätte betreten, so ist es Sitte, dass sie ein Zeichen ihrer Präsenz zurücklassen, um [ihrerseits] unter den Segen der Fürbitten von [anderen] Fremden, Reisenden und Leuten fern von Freunden und Verwandten, zu gelangen.“35 Topische Beschreibungen des Brauches, in der Fremde Graffiti anzubringen, wie die Ibn Hišāms, lassen sich auch im archäo‑ logischen Befund bestätigen: Eines der an‑ schaulichsten Beispiele dafür ist die rābiṭa von Guardamar del Segura (Spanien), erbaut im 4./10. Jahrhundert, an deren Moschee‑ wänden sich sechzehn Graffiti mit den Na‑ men der jeweiligen Verfasser und bisweilen einem kleinen Gebet oder einer Bitte er‑ halten haben. Unter den lesbaren Graffiti befinden sich mindestens sechs, die um die Fürbitte der Klosterbewohner bitten, wie beispielsweise der folgende: „Dem rechten Weg folgend betrat der Gefolgsmann von al‑Walīd ibn ʿAbd ar‑Raḥmān ibn al‑Qurašī al‑Ḫurāsānī diese rābiṭa. Er ist ein sündi‑ ger Diener [Gottes], der um Fürbitten bittet. Möge Gott jeden segnen, der [den Koran] für ihn rezitiert und für ihn sorgt. Erbitte für ihn Bußfertigkeit, Vergebung und Gnade. Möge Gott barmherzig sein mit denjenigen, die Fürbitte halten, denn in Gott und in der guten Fürbitte liegt die Antwort. Möge Gott Mohammed und seine Familie segnen und alle, die gehorsam sind.“36 Wenngleich wir über keine detaillierten Untersuchungen zu diesem Thema verfü‑ gen, so handelt es sich bei dieser Art von Quellen um ein Zeugnis von außergewöhn‑ licher Bedeutung. Mit ihrer Hilfe können wir vermutlich nicht nur verstehen, warum die ribāṭs und andere Stiftungen eine sol‑ che Anziehungskraft auf fromme Muslime ausübten, sondern auch das Konzept der
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Fürsprachen (šaffāʿa) und seinen möglichen Zusammenhang mit den Beweggründen und Bestimmungen der waqf‑Gründer. Eine Analyse der Graffiti kann auch für das Stu‑ dium von Stiftungspraktiken hinsichtlich der einzelnen Bauabschnitte von Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen interessant sein: Aus historiographischen Texten ist uns bekannt, dass die muslimischen Behörden christliche Gefangene als Arbeitskräfte für den Bau von öffentlichen Einrichtungen einsetzten, insbesondere zur Zeit der Kreuz‑ züge; diese Tatsache ist jedoch nicht nur in narrativen Quellen belegt. In den von den Ayyūbiden in Kairo erbauten Mauern haben sich beispielsweise steinerne Inschriften ihrer Arbeiter in Form von christlichen Symbolen erhalten;37 es ist auch behauptet worden, dass die von den Steinmetzen bei der Erweiterung der Moschee von Córdo‑ ba in Stein gehauenen Graffiti christliche Symbole und Namen enthielten.38 Was die Inschriften an als waqf gestifte‑ ten beweglichen Objekten und Kunstwer‑ ken anbelangt, wie etwa Lampen, Kohlen‑ pfannen, Behältnisse zur Aufbewahrung von Koranen, Türen, Möbelstücke, Minbars oder Kenotaphe, so wird darin häufig der waqf‑Status und gelegentlich der Name des Stifters festgehalten. Häufiger finden sich in den Inschriften solcher Objekte jedoch die Signaturen der Handwerker. Diese Ge‑ genstände können als wichtige Informa‑ tionsquellen über den Kontext, in dem diese Arbeiten hergestellt wurden, und die an ihrer Entstehung beteiligten Werkstätten und Künstler dienen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das hölzerne Kenotaph im Mau‑ soleum des Imam aš‑Šāfiʿī, von Saladin in Auftrag gegeben, das nicht nur den Namen des verantwortlichen Schreiners ʿUbayd Ibn Maʿālī und das Datum 574 / 1178–1179 enthält, sondern auch einen Segenswunsch, in dem um Fürsprache des Imam für den Schreiner und seine Mitarbeiter gebeten wird.39
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5.3.4 Narrative Quellen Ibn Qutayba (gest. 281/889) ist einer der be‑ deutendsten Gelehrten in der islamischen Geschichte. Seine ‚ʿUyūn al‑aḫbār‘ (‚Nach‑ richtenquellen‘), eine literarische Enzyklo‑ pädie, in der er die persische Literaturtradi‑ tion mit dem islamischen Glauben in Ein‑ klang brachte, war zu allen Zeiten eines der am meisten gelesenen und vervielfältigten Bücher und ist eine der Hauptquellen für das Verständnis der Herausbildung der klas‑ sischen islamischen Kultur. Im Prolog bietet Ibn Qutayba sein Werk mit diesen Worten dar: „Ich erachte es nicht für angemessen, dass dieses mein Buch, ein waqf, ausschließ‑ lich denjenigen dienen soll, die die Welt studieren, und nicht denjenigen, [die sich] um die zukünftige Welt [kümmern]; nur den Eliten, und nicht dem gewöhnlichen Volk; nur den Königen und nicht den Massen. Für jede dieser Gruppen sollte ein [nutzbringen‑ der] Teil dabei sein.“40 Es ist nicht bekannt, ob Ibn Qutayba jemals eine Abschrift dieses Buches gestiftet hat. Aber bei dem, was er hier als waqf präsentiert, handelt es sich nicht um ein Buch, sondern um einen Text, und der Bezug auf das Konzept des waqf sollte nicht wörtlich, sondern metaphorisch verstanden werden. Dieses Beispiel aus ei‑ ner Zeit, in der wir kaum über ein doku‑ mentarisches Zeugnis darüber verfügen, inwieweit die islamische Gesellschaft von Stiftungspraktiken durchdrungen war, ist in vielfacher Hinsicht ungemein bedeutend. Ein Konzept wird nicht einfach schnell zu einer Metapher, und seine Verwendung in diesem Kontext ist ebenso aufschlussreich wie dokumentarische Quellen, wenn es um die Bedeutung von Stiftungen in der Vor‑ stellung der Muslime geht. Andererseits ver‑ anschaulicht es eines der herausragendsten Charakteristika muslimischer narrativer Quellen: Sie lassen sich kaum als Literatur‑ gattung, geschweige denn als historische
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Quellen, einordnen. Arabische und persi‑ sche narrative Genres des Mittelalters sind weitschweifig und vielseitig, und alle Quel‑ len können theoretisch wichtige historische Informationen über Themen enthalten, die jenseits des eigentlich behandelten Themas des jeweiligen Autors liegen. Es kann aber erhellend sein, eine funktionale Klassifizie‑ rung narrativer oder deskriptiver Quellen, die für die Erforschung von muslimischen Stiftungspraktiken bedeutsam sind, zu ver‑ suchen. Einige relevante Gattungen folgen hier im Überblick. Historiographische Werke Die arabische Historiographie ist überaus reich, nicht nur was die Anzahl der Werke, sondern auch was ihren Umfang anbelangt. Hunderte von mittelalterlichen Chroniken sind uns überliefert und viele davon mit einer beträchtlichen Anzahl von Bänden. Die berühmte Geschichte des aṭ‑Ṭabarī (gest. 310/923) umfasst beispielsweise in ihrer mo‑ dernen Edition neununddreißig Bände (bzw. vierzig, den Indexband mitgezählt).41 Na‑ türlich variiert die Bedeutung dieser his‑ torischen Werke für die Erforschung von Stiftungen. Sie hängt einerseits von der Entwicklung der waqf‑Kultur der jeweils untersuchten Epoche und andererseits vom spezifischen Interesse des jeweiligen Au‑ tors ab. So enthält die erwähnte Chronik des aṭ‑Ṭabarī, die mit einem Bericht über die Schöpfung der Welt beginnt und bis in das Jahr 302/915 reicht, trotz ihres Umfangs nahezu keinen Hinweis auf awqāf. Die his‑ torischen Werke auf Persisch, der anderen großen Sprache, die von mittelalterlichen Muslimen gesprochen wurde, sind nicht so zahlreich wie diejenigen in arabischer Sprache, aber von ebenso großer Bedeutung für das Verständnis der historischen Ent‑ wicklung der Stiftungspraxis.42 Aufgrund der Anzahl und der Vielfalt dieser Werke ist es unmöglich, historische
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Hauptquellen für die Erforschung islami‑ scher Stiftungen aufzulisten: Viele ent‑ halten explizite Nachrichten über die Stif‑ tungen verschiedener waqf ‑Institutionen; auf jeden Fall beinhalten sie jedoch alle Informationen über deren Kontext. Noch einmal sollten wir auf die spezifi‑ schen Interessen der Autoren zurückkom‑ men. Zum einen war die islamische Histo‑ riographie von Mitgliedern der Elite ver‑ fasst und auf die Eliten fokussiert; deshalb fehlen uns Informationen über die unteren Schichten. Überdies waren die Autoren in der Regel Mitglieder höfischer Kreise und standen bisweilen unter dem Patronat der Herrscher, so dass sie in ihren Erzählungen die Geschichte der Dynastien, für die sie arbeiteten, beschönigt und die Leistungen ihrer Rivalen herabgesetzt und verdreht ha‑ ben mochten. Zum anderen stand dieser dy‑ nastische Wetteifer oftmals in Zusammen‑ hang mit religiösen Unterschieden, vor allem wenn Sunniten über Schiiten schrieben und andersherum. Diese spezifischen Ausrich‑ tungen wirken sich offenkundig auch auf die Wahrnehmung der Forschung aus, können aber auch Informationen über Aspekte der Stiftungskultur hervorbringen, die nicht in direktem Zusammenhang mit den behan‑ delten Fakten stehen. Beispielsweise berich‑ tete der berühmte mamlūkische Universal‑ gelehre al‑Qalqašandī (gest. 821/1418), dass in Ägypten keine Gasthäuser oder Klöster vor der ayyūbidischen Epoche gestiftet worden seien.43 Aus anderen Quellen – die auch diesem Autor zur Verfügung standen – ist uns hingegen bekannt, dass diese Aussage falsch und nicht wörtlich zu nehmen ist. Aber vielleicht kann man al‑Qalqašandīs falsche Darstellung der Fatimiden als ein weiteres Beispiel von damnatio memoriae – in diesem Fall von narrativer Art – sehen, das mit dem Prestige und der religiösen Legiti‑ mität herrscherlicher Stiftungsgründungen in Zusammenhang steht.44
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Wollte man das Potential islamischer Historiographie für die Erforschung von Stiftungen bestimmen, so gäbe es keine Uneinigkeit darüber, wer der substantiellste und bedeutendste Autor in dieser Hinsicht ist: der ägyptische Autor al‑Maqrīzī (gest. 865/1442). Al‑Maqrīzī ist Inbegriff sowohl für die Bandbreite und die Eigenarten is‑ lamischer Geschichtsschreibung als auch für die Vagheit gattungsmäßiger Unter‑ scheidungen. Seine bedeutendsten Werke sind die Geschichte der Fatimiden (‚Ittiʿāẓ al‑ḥunafāʾ‘), die Geschichte der Ayyūbiden und Mamlūken (‚as‑Sulūk li‑maʿrifat al‑ mulūk‘) und insbesondere der ‚Kitāb al‑ mawāʿiẓ wa‑ʾl‑iʿtibār fī ḏikr al‑ḥiṭaṭ wa‑ʾl‑ āṯār‘, im Allgemeinen bekannt als ‚Ḥiṭaṭ‘ (‚Stadtviertel‘).45 Obgleich al‑Maqrīzīs Schriften ergiebige und wertvolle Infor‑ mationen enthalten, so handelt es sich beim ‚Ḥiṭaṭ‘ zweifellos um die Quelle, die für die Erforschung der mittelalterlichen Stif‑ tungen Ägyptens am wichtigsten ist. Die Anordnung der Darstellungen erfolgt auf Grundlage der städtischen Topographie von Fustat und Kairo. In seinem Werk, das sich im Prinzip auf die Geschichte der einzel‑ nen Stadtviertel konzentriert, füllt er viele Seiten mit topographischen und architek‑ tonischen Beschreibungen, behandelt aber im Wesentlichen die Geschichte Ägyptens und die Biographien seiner bedeutendsten Bewohner. In seinen historischen Notizen äußert sich al‑Maqrīzī zum allgemeinen his‑ torischen Kontext, macht aber auch präzise Angaben zu den Umständen der Stiftungen aller Kairoer waqf ‑Institutionen sowie öf‑ fentlicher Einrichtungen, wobei er vielfach auch auf ihre Entwicklungen im Laufe der Zeiten eingeht, wie etwa Funktionswech‑ sel, Erweiterungen und Zerstörungen. Al‑ Maqrīzī überliefert oftmals Kurzdarstellun‑ gen von waqf‑Stiftungen und sogar teilwei‑ se Abschriften von originalen Dokumenten, die für die Erforschung der mamlūkischen
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waqf‑Kultur besonderes kostbar sind. So ist beispielsweise eines der frühesten erhalte‑ nen Dokumente über landwirtschaftliche awqāf in Ägypten dasjenige, das al‑Maqrīzī im Zuge seiner Beschreibung des Brun‑ nens von al‑Waṭāwīṭ transkribiert. Dieser ist neben vielen anderen Einrichtungen in einem Abschnitt des ‚Ḥiṭaṭ‘ aufgelistet, in dem die Namensgleichheit des Brunnen mit dem eines Kairoer Außenbezirks er‑ klärt wird. Al‑Maqrīzī nennt den Namen des Stifters, Wesir Abū al‑Faḍl Ǧaʿfar ibn al‑Faḍl ibn Ǧaʿfar ibn al‑Furāt, bekannt als Ibn Ḥatrābeh; er führt aus, dass er diesen Brunnen, der sieben Kanäle bewässerte, zu Gunsten aller Muslime gestiftet habe, und gibt dann den Text der waqfīya wieder, wahrscheinlich einer Inschrift entnommen, die das Stiftungsjahr des Brunnens mit 355/965 angibt. Al‑Maqrīzī ist in dieser Hinsicht eine Quelle von unschätzbarem Wert, aber es gibt noch weitere verschiedene Chroni‑ ken aus mamlūkischer Zeit, die ebenfalls reichhaltige Informationen über Stiftun‑ gen liefern und Abschriften von Stiftungs‑ urkunden beinhalten. Dieses Glück haben wir in Bezug auf andere Epochen und Dy‑ nastien nicht. Natürlich ist ihr prominentes Vorkommen in den Quellen der außerge‑ wöhnlichen Rolle geschuldet, die der waqf bei den Eliten in der mamlūkischen Ge‑ sellschaft gespielt hat. Bezogen auf andere Regionen, in denen Stiftungen weniger ver‑ breitet waren, sind historische Erzählungen auch weniger ergiebig. Die Hauptquellen für die Erforschung der Stiftungspraktiken im mongolischen und nachmongolischen Iran sind beispielsweise dokumentarischer Art, obwohl Chroniken, etwa Rašīd ad‑Dīns ‚Ǧawāmiʿ‑i Tavāriḫ‘, einige aufschlussrei‑ che Nachrichten enthalten. Was hingegen al‑Andalus und Nordafrika anbelangt, so verblassen die in den historiographischen Werken übermittelten Informationen im
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Vergleich zu denjenigen, die sich etwa in den Fatwas erhalten haben. Prosopographische Werke Eine zweite Gruppe narrativer Quellen, von größter Bedeutung in der islamischen Literatur, sind die biographischen Wörter‑ bücher und auch die prosopographischen Werke, die im Allgemeinen unter der Be‑ zeichnung ṭabaqāt (‚Klassen‘ oder ‚Kate‑ gorien‘) bekannt sind. Dieses Genre geht ursprünglich auf Versuche schon in frü‑ her Zeit zurück, die Überlieferungsketten gesicherter prophetischer Überlieferung festzuhalten, doch projizierten die ṭabaqāt jene frühe ‚taxonomische Obsession‘ schon bald auf alle möglichen Gruppen, darunter männliche und weibliche Hadith‑Über‑ mittler, Theologen, Koranleser, Mitglieder von Religions‑ und Rechtsschulen, Philo‑ sophen, Ärzte, Philologen, Asketen und Mystiker und sogar verrückte Liebhaber. Diese prosopographischen Werke lassen sich ganz grob in zwei Kategorien eintei‑ len: einerseits biographische Werke über die Bewohner eines bestimmten geogra‑ phischen Gebietes – üblicherweise eine Stadt – oder Zeitgenossen einer histori‑ schen Periode, andererseits biographische Werke über eine spezifische Berufsgruppe. Beide können wichtige Informationen über Stiftungspraktiken enthalten. Relevante Beispiele aus dem städtischen biographischen Genre sind die monumen‑ tale Geschichte der Bagdader, verfasst von al‑Ḥaṭīb al‑Baġdādī (gest. 463/1071) mit dem Titel ‚Taʾrīḫ Baġdād‘, und die Biographi‑ en der Damaszener, niedergeschrieben von Ibn ʿAsākir (gest. 571/1175) in seinem ‚Taʾrīḫ Dimašq‘. Umfassende biographi‑ sche Werke, die sich über verschiedene Epochen des Mittelalters erstrecken, sind der ‚Kitāb al‑wāfī bi‑ʾl‑wafayāt‘ des Ḥalīl ibn Aibak as‑Safadī (gest. 764/1363), das biographische Wörterbuch mit dem Titel
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‚Kitāb wafayāt al‑aʿyān‘ des Ibn Ḫallikan (gest. 681/1282) oder der ‚Ḍawʾ al‑lāmiʿ‘ von as‑Saḫāwī (gest. 902/1497), das sich auf die mamlūkischen Dynastien konzentrierte.46 Die Werke über bestimmte Berufsgrup‑ pen können zusätzliche Informationen lie‑ fern, da sie möglicherweise auch Einblicke in die Stiftungspraktiken einer spezifischen Gruppe gewähren. Die Liste der Berufe, die das Interesse der muslimischen Gelehrten fanden, ist zwar außergewöhnlich lang, doch lassen sich Beispiele anführen, die ein neues Licht auf die waqf‑Forschung werfen. Beispielsweise offenbaren die Biographien von Ärzten, verfasst vom Damaszener Ibn Abī Usaibīʿa (gest. 668/1270) in seinem Werk ‚Ṭabaqāt al‑aṭibbāʾ‘ (‚Kategorien von Ärzten‘), manchmal eine direkte Beziehung zwischen der medizinischen Profession und der Art der Stiftung, die sich etwa in der Schenkung von selbst verfassten medizinischen Werken des Stifters an die Bibliothek eines Hospi‑ tals, der Gründung von Medizinschulen, der Erweiterung von Hospitälern oder des Baus von Infrastruktureinrichtungen, die diesen Institutionen angegliedert waren, niederschlagen konnte.47 In anderen Fällen können die Erkenntnisse anders ausfallen. So enthalten die Biographien von Rich‑ tern zum Beispiel wichtige Angaben über Stiftungspraktiken, zeigen jedoch kaum eine für diese Gruppe spezifische Art von Stiftung. Unzählige Hinweise gibt es dort indessen auf Konflikte zwischen den Inte‑ ressen der herrschenden Eliten und dem geltenden Recht – oftmals im Zusammen‑ hang mit waqf ‑Besitztümern,48 und auch auf Skandale und rechtliches Fehlverhalten, welches persönliche Aneignung von gestif‑ teten Besitztümern einschließen konnte.49
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offenkundig. Obgleich einige kartographi‑ sche Werke in ptolemäischer Tradition sich auf die physikalische Geographie konzen‑ trierten, verbinden die meisten mittelalterli‑ chen geographischen Berichte in arabischer und persischer Sprache administratives Interesse und eine humangeographische Herangehensweise. Das Interesse der mus‑ limischen Geographen des Mittelalters be‑ stand darin, Wege, administrative Bezirke und Städte zu beschreiben, jedoch versahen sie ihre Darstellungen auch mit Anekdoten und historischen Notizen. So speist sich die Bedeutung dieser Berichte für die Stiftungs‑ forschung nicht nur aus der Aufzählung von waqf‑Institutionen in Städtebeschrei‑ bungen, sondern auch aus der historischen Kontextualisierung. Geographische Werke können zudem Auflistungen von Karawan‑ sereien und Gasthäusern entlang der Han‑ delswege, von ribāṭs entlang der Küste oder Grenze, oder von Moscheen und Medresen in den Städten enthalten. Die erste Erwäh‑ nung von ḫānqāhs in arabischen Quellen findet sich in einem geographischen Werk al‑Muqaddasīs (gest. 380/991) mit dem Ti‑ tel ‚Aḥsan at‑taqāsīm‘. Er informiert darin nicht nur über ihre Standorte, sondern auch über die Zugehörigkeit ihrer Bewohner zur Karrāmīya.50 Ein weiteres Genre geographischer Schriften kon zentriert sich auf die Be‑ schreibung von Städten, manchmal auch nur ihrer Institutionen. Ein herausragendes Beispiel dieser Art von deskriptiver Li‑ teratur ist die anschauliche Schilderung von Aleppo, verfasst von Ibn aš‑Šaddād in seinem Werk ‚al‑Aʿlāq al‑ḥaṭīra fī ḏikr umarāʾ aš‑Šām wa‑ʾl‑Ğazīra‘, in dem er die Viertel der Stadt auflistet und beschreibt, ihre Moscheen, Medresen, Schulen, Klöster, Geographische Werke und Reiseliteratur Hammams und Hospitäler aufzählt und in Die Bedeutung von geographischer Lite‑ der Regel auch Angaben über ihre Stifter ratur für die Erforschung von islamischen macht.51 Ein anderes Beispiel aus diesem Stiftungen ist aus verschiedenen Gründen Subgenre ist die allgemeine Geschichte der
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islamischen Medresen (‚ad‑Dāris fī ta’rikh al‑madaris‘) von an‑Nuʿaimī (gest. 927/1521), die Fakten über diese Institutionen aus ver‑ schiedenen Städten und Epochen enthält. Auch Reiseliteratur ist eine grundlegen‑ de Informationsquelle für die Erforschung islamischer Stiftungen. Die Berichte von Reisenden, wie dem Andalusier Ibn Ǧubair (gest. 614/1217), dem Marokkaner Ibn Baṭṭūṭa (gest. 779/1369) oder dem Chorasaner Nāṣir Ḫusraw (gest. 381/1088), bergen eine Fülle von Informationen nicht nur über die mit‑ telalterlichen awqāf, sondern auch über die Praktiken, die diese Institutionen her‑ vorbrachten, und das Leben hinter ihren Mauern. Desgleichen finden sich in der Pilgerliteratur, den sogenannten ziyārāt‑ Büchern, Angaben über Pilgerwege und die von frommen Muslimen aufgesuchten Schreine und Gräber. Viele dieser Schreine hatten den Status von awqāf oder wurden von frommen Stiftungen begünstigt. Diese Berichte können einen neuen Blick auf diese Institutionen eröffnen, da sie hauptsächlich auf die Persönlichkeit oder den Heiligen, dem sie geweiht waren, ausgerichtet sind, im Gegensatz zu anderen Berichten, die sich auf die Person des Stifters konzentrieren. Werke religiösen und moralischen Inhalts Die islamische Stiftung ist vor allem ein re‑ ligiöser Akt, ein wohltätiges Werk, das die Sicherung eines Gott nahen Platzes im Jen‑ seits zum Ziel hat. In dieser Hinsicht können alle religiösen Werke, die islamische Doktri‑ nen, eschatologische Belange, vermittelnde Fürsprache oder islamische Rituale zum Thema haben, als fundamentale Quellen betrachtet werden, die dem Verständnis der hinter der waqf‑Kultur liegenden reli‑ giösen Logik dienen. Es wäre unrealistisch, in Hinblick auf die Stiftungsforschung zum mittelalterlichen Islam einen umfassenden Überblick über alle Genres und Subgenres liefern zu wollen, doch gibt es bestimmte
Schriftzeugnisse
Werke, die besonders interessant sind und die die Bedeutung der religiösen Dimension des waqf veranschaulichen können. Ein Genre, das wichtige Hinweise zur Periodisierung des islamischen Stiftungs‑ wesens gibt, ist das der Traktate über Neue‑ rungen (bidaʿ), die in der Regel soziale und religiöse Praktiken verurteilen, die für die Zeit des Propheten Mohammed und sei‑ ner Gefährten nicht dokumentiert sind.52 Wenn einige Autoren beispielsweise anfüh‑ ren, dass es keine Stiftung von Gasthäu‑ sern im frühen Islam gegeben und es sich um eine in späteren Perioden eingeführte Praxis gehandelt habe, so können sie dabei interessante und oftmals exakte Daten zur Geschichte des funduq liefern.53 Religiöse Polemik – häufig in häresio‑ graphischen Schriften – kann ebenfalls eine unschätzbare Informationsquelle für die Erforschung von Stiftungen darstellen, da darin Stiftungspraktiken, die direkt mit der waqf‑Kultur verbunden sind, thematisiert sein können. Das offenkundigste Beispiel ist die polemische Diskussion über gemein‑ schaftliches Leben in religiösen Institutio‑ nen. Bereits im 3./9. Jahrhundert, zeitgleich mit der Entwicklung der waqf ‑Gesetzge‑ bung und dem Auftreten der ersten waqf‑ Institutionen, finden sich verschiedene Ab‑ handlungen, welche die Doktrin des tarak almakāsib oder tarak al-iktisāb anfechten, d. h. den Verzicht oder die Ablehnung materieller Lebensgüter oder zumindest der Güter, die ökonomisches Handeln beinhalten. Autoren wie aš‑Šaibānī (gest. 189/805) – dessen Aus‑ sagen vermutlich von seinen Schülern ge‑ sammelt wurden – und al‑Muḥāsibī (gest. 243/857) verurteilten diese Praxis, indem sie anführten, dass Arbeit als solche eine religiöse Verpflichtung sei und ein Leben in Zurückgezogenheit nur auf der Basis von Wohltätigkeit keine akzeptable muslimische Praxis sein könne.54 Die Hauptbefürworter der Doktrin des tarak al-makāsib und das
Muslime
Hauptziel der Kritik dieser Autoren war eine religiöse Gruppe mit der Bezeichnung Karrāmīya. Es ist demzufolge kein Zufall, dass die ersten Klöster (ḫānqāhs), die in ara‑ bischen geographischen Texten erwähnt wurden, genau dieser religiösen Gruppie‑ rung angehörten. Eine zweite Gruppe, die in religiösen Werken polemischen Tenors vielfach kritisiert wird, sind die Sufis. Um die Kritik zu veranschaulichen, sei hier para‑ digmatisch der berühmte ḥanbalitische Ge‑ lehrte Ibn al‑Ğawzī (gest. 597/1201), einer der schärfsten Kritiker des Sufismus, genannt. Seine Schrift ‚Tablīs Iblīs‘ (‚Täuschung des Teufels‘) enthält verschiedene Passagen, in denen er das gemeinschaftliche Leben in den Sufi‑Klöstern anprangert, und bedeutende Informationen nicht nur über das Leben innerhalb der waqf‑Institutionen, sondern auch über die Stiftungen selbst bietet.55 Die von den religiösen Gelehrten disku‑ tierten Themen können manchmal überaus spezifisch sein und in direktem Zusam‑ menhang mit Stiftungspraktiken stehen. Das trifft beispielsweise auf den Fall eines kurzen Traktats zu, der vom Universal‑ gelehrten as‑Suyūṭī über die rechtmäßige Ausleihe von Büchern aus einer waqf ‑Bi‑ bliothek unter Umgehung der Stifterbe‑ stimmungen verfasst wurde.56 Was moralische Werke nicht spezifisch religiösen Inhalts anbelangt, sind vermut‑ lich die Fürstenspiegel das interessanteste Beispiel; die darin dargelegten Idealvor‑ schriften können als Vorbild öffentlichen Handelns betrachtet werden, etwa die Verteilung von Lebensmitteln unter Be‑ dürftigen – was die Einrichtung von waqf ‑ Suppenküchen implizieren mag57 – oder die Pflege von kranken und alten Muslimen.58 Adab (Belletristik) Es ist überaus schwierig, das reichhaltige Spektrum der arabischen Belletristik unter einem Gattungsbegriff zu subsumieren. Der
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arabische Begriff adab wird in der Regel für belletristische Literatur – Prosa, Poesie, anekdotenhafte Dichtkunst und Fiktion – verwendet; adab ist jedoch auch als die arabische paideia charakterisiert worden, da es oftmals darum geht, Maßstäbe für beispielhaftes Verhalten vorzustellen. Ebenso wie in anderen Kulturen kann die Belletristik unschätzbare Einblicke in die verschiedenen Lebensbereiche mittelalterli‑ cher islamischer Gesellschaften gewähren; das gilt auch für die Stiftungspraxis. Die frühe Verwendung des Begriffs waqf als Methapher, wie weiter oben erwähnt, be‑ legt die Bedeutung der waqf‑Kultur in einer Zeit, aus der kaum dokumentarische Zeug‑ nisse über islamische Stiftungen existieren. Noch weitere Aspekte gesellschaftlicher Praxis, die von den gestifteten Institutio‑ nen begünstigt wurden, erhalten aus dem Blickwinkel der fiktionalen Literatur eine zusätzliche Dimension. Die folgenden Beispiele mögen genügen, um die Bedeutung dieser Quellen zu veran‑ schaulichen. Eine der wichtigsten Praktiken, die durch die Stiftung von waqf ‑Institutio‑ nen ermöglicht wurde, war, der Welt entsa‑ gen und ein Leben in klösterlicher Gemein‑ schaft führen zu können. Gleichzeitig mit der Gründung erster religiöser Konvente im 3./9. Jahrhundert und den Erörterun‑ gen über die Rechtmäßigkeit eines Lebens in Abhängigkeit von der Wohlfahrt (tarak al-makāsib), ohne selbst für den eigenen Lebensunterhalt zu arbeiten, gibt es man‑ nigfaltige literarische Werke, die sich die‑ sem Aspekt aus einer anderen Perspektive anzunähern scheinen, nämlich der Missbil‑ ligung der Keuschheit. Es ist offensichtlich, dass das von den muslimischen Asketen und später von den Sufi‑Bruderschaften vorgezogene gemeinschaftliche Leben für die frühe muslimische Gesellschaft einen eindeutig christlichen Beiklang hatte. Es verwundert nicht, dass die Kritik an dieser
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Art von Askese zeitgleich zu den ersten theologischen Polemiken gegenüber christ‑ lichen Lehren entstand. Daneben scheinen zwei interessante Narrative an Popularität gewonnen zu haben: Schriften über christli‑ che Klöster und Eunuchen. Die Schilderun‑ gen von Mönchsklöstern in der arabischen Literatur datieren aus vorislamischer Zeit, in der das Mönchskloster in der Regel als ein locus amoenus dargestellt wird, ein Ort der Zerstreuung, berühmt für seinen Über‑ fluss an Wein und seine schönen jungen Männer. In frühabbasidischer Zeit bildet dieses Thema den Gegenstand verschiede‑ ner monographischer Werke, die vielfach einen neuen literarischen Topos beinhalten: die Töchter von Priestern oder Mönchen. In diesen Geschichten leben Priester oder Mönche in Klöstern zusammen mit ihren Töchtern, die sich meist in tugendhafte Mus‑ lime von schönem Aussehen verlieben und den Islam annehmen.59 Die zweite narrative Linie, die durch die Werke über Eunuchen veranschaulicht wird, fällt zeitlich mit dem Aufkommen des Phänomens muslimischen gemein‑ schaftlichen Lebens und den Werken über Mönchsklöster zusammen. Obgleich das Wesen der Eunuchen aus verschiedenen Perspektiven behandelt wird, fand das The‑ ma der Kastration auch seinen Eingang in
Schriftzeugnisse
die polemische Literatur gegen die Chris‑ ten. Al‑Ğāḥiẓ, Autor des ersten doktrinären Werkes gegen Christen, behauptet, dass sie „ihre Söhne kastrieren und in ihre Kirchen einschließen“, und eines der Themen, das sich in seinen Texten findet, ist das des Mönchs, der sich selbst kastrierte. Natürlich erinnert die Geschichte an die des Origenes von Alexandrien, aber sie wurde von mus‑ limischen Autoren benutzt, um die extreme Askese als solche zu brandmarken.60 Diese tendenziösen Darstellungen des Mönchtums, welche die Absurdität der Keuschheit aus muslimischer Perspektive unterstreichen sollten, wurden verfasst, als die ersten muslimischen Asketen sich in ḫānqāhs zurückzogen und sich einem Leben der Entsagung hingaben. Wir ver‑ fügen über keine Informationen zu diesen frühen gemeinschaftlichen Institutionen. Wenn wir aber bedenken, dass die Frage des Zölibats in den späteren waqfīyas oft‑ mals thematisiert wird, so entpuppen sich selbst diese literarischen Werke als eine bedeutende Quelle, mit deren Hilfe sich das Unbehagen verstehen lässt, das die auf bestimmte Stiftungsarten zurückge‑ henden religiösen Praktiken in einfluss‑ reichen Kreisen der abbasidischen Gesell‑ schaft ausgelöst haben mochten. IS
Anmerkungen 1 Sijpesteijn, Archival Mind (2007). 8 Ibn al‑ʿAṭṭār, Kitāb al‑waṯāʾiq wa‑ʾl‑siǧillāt. 2 Ch. Müller, Ḥaram al‑Šarīf Collection (2011). Ed. Pedro Chalmeta / Federico Corriente. Madrid 3 Hilāl ar‑Raʾy, Aḥkām al‑waqf. Medina 1936. 1983, 210. 4 Al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb aḥkām al‑awqāf. Kairo 1904. 9 Ebd., 177. 5 Al‑Ḫaṣṣāf, Kitāb al‑ḥiyal wa‑ʾl‑maḫāriǧ. Ed. 10 Ebd., 202 f. Joseph Schacht. Hildesheim 1968. 11 Ibn al‑Saifadī, Al‑Qānūn fī dīwān ar‑rasāʾil 6 Ibn ʿAbdun, Un manuel hispanique de ḥisba. wa‑ʾl‑išāra ilā man nāla al‑wizāra. Ed. Amīn Fuʾād Ed. Évariste Lévi-Provençal. Paris 1931.
Sayyid. Beirut 1990.
ra (2002), 56 f.
Bd. 14. Kairo 1963, 352 f.
7 García Sanjuán, Hasta que Dios herede la tier‑ 12 Al‑Qalqašandī, Ṣubḥ al‑aʿšā fī ṣināʿat al‑inšāʾ,
Muslime
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13 Al‑Asyūṭī, Ǧawāhir al‑ʿuqūd wa‑muʿīn al‑ 33 Sharon, Waqf inscription from Ramla (1997). quḍāt, Bd. 1. Riad o. J., 313 f. 34 Das Werk wird traditionell – und fälschlicher‑ 14 Al‑Qalqašandī, Ṣubḥ al‑aʿshāʾ (wie Anm. 12), 352. weise – dem berühmten Abū al‑Faraḫ al‑Isfahānī 15 Šihāb ad‑Dīn An‑Nuwairī, Nihāyat al‑arab zugeschrieben. Sein Autor ist unbekannt, aber das fī funūn al‑adab. Ed. Ibrāhīm Šams ad-Dīn, Bd. 32. Beirut 2004, 43. 16 Zur Verwendung von waqf ‑Urkunden für die Wirtschaftsgeschichte des mamlūkischen Sultanats vgl. Hennequin, Waqf et monnaie (1995). 17 Vgl. etwa Bylinski, Darb Ibn al‑Baba (1994). 18 Zu diesem Thema vgl. Hirschler, Written Word (2012), 124–163, Kapitel 4: ‚Local Endowed Libraries and their Readers‘. 19 Vgl. B. Hoffmann, Waqf im mongolischen Iran (2000). 20 Diese Typologie und die Beschreibung von Dokumenten basiert auf Littles Untersuchung des Corpus von al‑Ḥaram aš‑Šarīf; vgl. Little, Ca‑ talogue (1984). 21 Die angegeben Zahlen beziehen sich auf die Einträge ebd. 22 Zitiert nach ebd., 256. 23 Vgl. zu diesen Prozessen Ch. Müller, Legal Instrument (2008). 24 Gemäß den Dokumenten bei Little, Catalogue (1984), ist dies der Fall in den Dörfern Quṣūr (ebd., 226; 271); Bait Ūnya (243); Nūba (245); al-ʿā-r-ma (?) im Bezirk Saidā (251); Maǧdal Fadīl im Be‑ zirk Hebron, einem von Saif ad‑Dīn Baktamur al‑Ğūkandār gegründeten waqf zugehörig (256); Saḥyūn auf dem Grund des waqf von al‑Madrasa al‑Ṣalāḥīya gelegen (294); oder beim sogenann‑ ten al‑Bāb al‑Silsila, dem waqf von Barka Ḫān zugehörig (372). 25 Amīn, Fihrist waṯāʾiq al‑Qāhira (1981). 26 Zu einer Petition bezüglich eines waqf in in der fatimidischen Epoche vgl. Rustow, Petition to a Woman (2010). 27 Dieses Dokument ist noch nicht ediert, seine Veröffentlichung jedoch für 2014 angekündigt: Eychenne / Atassi / Vigouroux, Damas et la Mosquée des Omeyyades (im Druck). 28 Zu diesem Dokument vgl. D. Richards, Da‑ mascus Scroll (1990). 29 Vgl. Hirschler, Catching the Eel (2012). 30 Zur Geniza vgl. Gil, Documents (1976). 31 Zu diesen Quellen vgl. García Sanjuán, Hasta que Dios herede la tierra (2002), 44 f. 32 Troupeau, Actes de waqf (2002).
Buch datiert zweifellos aus dem 4./10. Jahrhundert.
35 [Pseudo‑]Abū al‑Faraḫ al‑Isfahānī, Kitāb
ādāb al‑ġurabāʾ. Übers. Patricia Crone / Shmuel Moreh, in: Dies., Book of Strangers (2000), 21. 36 Vgl. den arabischen Text und die spanische Übersetzung in Barceló, Escritos árabes (2004), 137. 37 Vgl. Loiseau, Frankish Captives in Mamlūk Cairo (2011), 38. 38 Souto, Documentos de trabajadores cristia‑ nos (2010). 39 Mulder, Mausoleum of Imam al‑Shafiʿi (2006), 15. 40 Ibn Qutayba, ʿUyūn al‑aḫbār, Bd. 1. Kairo 1925, 6. 41 The history of al‑Ṭabarı̄. Hrsg. von Ehsan Yarshater, 40 Bde. Albany (NY) 1985–2007; es handelt sich um eine englische Übersetzung beruhend auf dem Kitāb taʾrīḵ ar‑rusul wa‑ʾl‑mulūk. Ed. Michael Jan de Goeje, 15 Bde. Leiden, 1879–1901. 42 Einen generellen Überblick über diese Erzäh‑ lungen bietet Robinson, Islamic Historiography (2003). 43 Al‑Qalqašandī, Ṣubḥ al‑aʿšā (wie Anm. 12), Bd. 3. Kairo 1914, 368 f. 44 Zu al‑Qalqašandī und Gasthäusern aus vorayyūbidischer Zeit vgl. O. Constable, Housing the Stranger (2003), 75. 45 Die beste Edition dieses Werkes ist Al‑Maqrīzī, al‑Mawāʿiẓ wa‑ʾl‑iʿtibār fī ḏikr al‑ḥiṭaṭ wa‑ʾl‑āṯār. Ed. Fuʾād Saiyid. London 2004. Es gibt auch eine Edition der Notizen des Autors, die er zur Ver‑ wendung für weitere Bände dieses Werks oder für Ergänzungen bereits geschriebener machte und die auch relevante Informationen enthalten: al‑Maqrīzī, Musawwadat kitāb al‑mawāʿiẓ wa‑ʾl‑ iʿtibār fī ḏikr al‑ḥiṭaṭ wa‑ʾl‑āṯār. Ed. Fuʾād Saiyid. London 1995. 46 Zu diesen Autoren und Verweisen auf die Edition dieser Werke vgl. Robinson, Islamic Historiography (2003), bes. 71 f. (zu al‑Ḥaṭīb al‑ Baġdādī); 109 (zu Ibn ʿAsākir); 68 (zu as‑Ṣafadī und as‑Saḫāwī); 69 (zu Ibn Ḫallikān). 47 Ibn Abī Uṣaibīʿa, ʿUyūn al‑anbāʾ fī ṭabaqāt al‑aṭibbāʾ. Ed. Nizār Riḍā. Beirut 1998, 305 (zur Gründung eines waqf‑Hospitals); 407 (zu Büchern, die als waqf geschenkt wurden); 689 (zu einem
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Haus, das zwecks medizinischer Lehre in eine al‑ʿĀlim, az‑zāhid, al‑faqīh. Ed. Kāmil Muḥammad Medrese umgewandelt wurde). ʿUwaida. Beirut 1994, 118–175. 48 Vgl. beispielsweise die Diskussion über die 55 Beispielsweise in Abū al‑Faraǧ Ibn al‑Ǧawzī, Konfiszierung eines Hauses, das in einen waqf Talbīs iblīs. o. O. 1975, 363 f. umgewandelt wurde, in al‑Kindī, The Governors 56 As‑Suyūṭī, Baḏl al‑maǧhūd fī ḫizānat maḥmūd. and Judges of Egypt or Kitāb el‑ʾUmarāʾ (el‑Wulāh) Ed. Fuʾād Saiyid, in: Ders., Naṣṣāni qaḍīmāni fī wa Kitāb el‑Quḍāh of El‑Kindī. Ed. Rhuvon Guest. iʿārat al‑kutub, in: Maǧalla Maʿhad al‑Maḫṭūṭāt Leiden 1912, 446. al‑ʿArabīya 4.1, 1958, 134–136. 49 Was beispielsweise die Richter von Córdoba 57 Siehe die Diskussion zu ‚Ḳutadgu Bilig‘, ei‑ anbelangt, vgl. al‑Ḥušanī, Historia de los jueces nem türkischen Fürstenspiegel aus dem 11. Jahr‑ de Córdoba por Aljoxaní (Kitāb al‑Quḍāh bi‑ hundert, und zu Niẓām al‑Mulks ‚Siyāsatnāmah‘ Qurṭuba). Ed. Julián Ribera. Madrid 1914, 166; 173. in Singer, Constructing Ottoman Beneficence 50 Al‑Muqaddasī, Kitāb aḥsan at‑taqāsīm fī (2002), 145 f. maʿrifat al‑aqālīm. Ed. Michael Jan de Goeje. Lei‑ 58 Beispielsweise befürwortet Ṭāhir ibn al‑ den 1967, 323. Ḥusain in einem Brief an seinen Sohn ʿAbd Allāh 51 Ibn aš‑Šaddād, al‑Aʿlāq al‑ḫaṭīra fī ḏikr die Errichtung von Hospizen für kranke Muslime umarāʾ aš‑Šām wa‑ʾl‑Ğazīra. Ed. Yaḥyā Zakariyā (duwar) und die Anstellung von Ärzten für ihre Behandlung. Siehe hierzu Ibn Abī Ṭāhir Ṭaifūr, ʿAbbāra. Damaskus 1991. 52 Zu diesem Genre vgl. Fierro, Treatises Against Kitāb Baġdād. Ed. Hans Keller. Leipzig 1908, 33. Innovations (1992). 59 Zu diesem Topos vgl. Sizgorich, Monks and 53 ʿAbd al‑Raḥmān Abū Šāma, al‑Bāʿiṯ ʿalā inkār Their Daughters (2013). Zur muslimischen Re‑ al‑bidaʿ wa‑ʾl‑ḥawādiṯ. Ed. Mašhūr Ḥasan Salmān. präsentation von Mönchsklöstern vgl. Kilpatrick, Riad 1990, 95. Monasteries through Muslim Eyes (2003). 54 Aš‑Šaibānī, Al‑Iktisāb fī rizq al‑mustaṭāb. Ed. 60 Siehe diese Geschichte in al‑Ǧāḥiẓ, al‑Radd Maḥmūd ʿArnūs. Beirut 1986; al‑Muḥāsibī, Kitāb al‑ ʿalā an‑naṣāra, in: Rasāʾil al‑Ǧāḥiẓ. Ed. ʿAbd armakāsib, in: Ders., Al‑Ḥārith b. Asad al‑Muḥāsibī: Raḥmān Hārūn, Bd. 3. Kairo 1979, 303–351, hier 322 f.
5.4 Juden 5.4.1 Allgemeines Es gibt drei Kategorien von Schriftzeug‑ nissen, die über den mittelalterlichen jüdi‑ schen heqdesh informieren: (1.) normative halachische1 Quellen, (2.) heqdesh‑Doku‑ mente und (3.) deskriptive Quellen. Neben solchen Quellen, die eindeutig zur einen oder zur anderen Kategorie gehören, exis‑ tieren auch Mischtypen. Der prominen‑ teste unter diesen ist die Gattung des Res‑ ponsum 2; diese wird zu den deskriptiven Quellen gezählt, beinhaltet aber manch‑ mal auch viele normative halachische
Religionsgesetze, Verordnungen, Entschei‑ dungen sowie auch heqdesh‑Dokumente. Solche Responsa, die Einzelfällen gewid‑ met sind, werden unter den deskriptiven Quellen erwähnt. Andere Responsa, die gänzlich oder teilweise normative Rege‑ lungen behandeln oder in denen sich der Respondent im Zusammenhang mit einem Einzelfall auf eine normative Regelung bezieht (die in vielen Fällen aus anderen Quellen nicht bekannt ist), werden unter den normativen Quellen genannt.
Juden
Im Folgenden werden innerhalb aller drei Schriftzeugniskategorien Quellen aus drei verschiedenen Gebieten mittelalterlichen jüdischen Lebens getrennt behandelt: (a.) Geniza (Fustat, Altkairo, 11.–13. Jahrhundert), (b.) Sepharad (d. h. Spanien, 11.–15. Jahrhun‑ dert) und (c.) Aschkenas (Deutschland, Ös‑ terreich, Nordfrankreich, 12.–15. Jahrhun‑ dert). Außerdem werden gegebenenfalls Babylonien (heutiger Irak), Palästina, der Maghreb (Kairouan, heutiges Tunesien), Südfrankreich (Provence), Norditalien und England einbezogen. 5.4.2 Normative halachische Quellen Geniza und Sepharad (1.) Responsa (Spanien, Ägypten): Den hala‑ chischen Status des heqdesh haben nament‑ lich vier gelehrte spanische Rabbiner neu bestimmt und dadurch auch einen sehr großen Einfluss auf das Leben der jüdi‑ schen Gemeinden in Ägypten und in allen anderen islamischen Ländern ausgeübt. Es handelt sich um Isaak Alfasi (1013–1103), seinen Schüler Ibn Migash (1077–1141), des‑ sen Schüler Rabbi Maimon b. Joseph (gest. 1165/1170), den Vater von Moshe Maimon, und Maimonides selbst (1135–1204). Die betreffenden Quellen sind keine Gesetz‑ codifikationen, sondern Responsa. Eine theoretische Neubegründung des heqdesh wurde von den jüdischen Gemeinden in islamischen Ländern tatsächlich benötigt. Bereits die späteren Geonim von Babylo‑ nien und Kairouan, Hai (939–1038), Sher‑ ira (906–1006) und Nissim (990–1062), hat‑ ten sich mit der Frage beschäftigt, ob der heqdesh als Eigentum behandelt werden könne. Nach David Fink stellte es einen Durchbruch dar, dass die spanischen Ge‑ lehrten dem heqdesh in der normativen halakhah einen korporativen Status zu‑ schrieben.3 Dabei mussten diese Autoren
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Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwi‑ schen dem Gemeindefonds als ‚physischem‘ Besitz und dem historischen – biblischen und talmudischen – Begriff des heqdesh betonen. Isaak Alfasi tat dies etwa, als er einen Fall lösen musste, in dem jemand sein Vermögen dem heqdesh vererbt hat‑ te; die Erben klagten indessen nach dem Tod des Mannes die Gemeinde an.4 Um die Interessen der Gemeinde zu wahren, musste Isaak Alfasi den Gemeindefonds – im Unterschied zum historischen heqdesh als Tempelschatz – als korporative Einheit auffassen, die im Rechtsstreit von einem Repräsentanten der Gemeinde vertreten werden konnte. Dagegen musste Ri Mi‑ gash einen Fall lösen, in dem jemand der Gemeinde eine Summe widmen wollte, um die Befreiung von Gefangenen zu ermög‑ lichen.5 Dazu musste der Rechtsgutachter darauf hinweisen, dass dem Gemeinde‑ fonds auch mit einfacher Deklaration Mit‑ tel gewidmet werden können. R. Maimon b. Joseph musste ebenfalls diese Gemein‑ samkeit des historischen heqdesh mit der neuen Form der Stiftung hervorheben, um die Begründung einer Familienstiftung zu ermöglichen. Er entschied, dass eine ein‑ fache Konsekration von Büchern genüge, um eine solche auf ewig zu gründen.6 Bei den Responsa des Maimonides, die sich mit dem heqdesh beschäftigen, ergibt sich eindeutig, dass der Gelehrte dessen Status als Gottes Eigentum von dem heqdesh als Rechtsperson der Gemeinde unterschei‑ det. Diese Auffassung von Maimonides entspricht der Stiftungswirklichkeit, wie sie sich in den Dokumenten der Kairoer Geniza widerspiegelt.7 (2.) Codifizierungswerke und Gesetzbücher (halachische Codices) aus Ägypten: Außer in seinen Responsa reflektiert Maimoni‑ des während seines Wirkens in Ägypten (1171–1177, 1195–1204) auch in seinen zwei
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großen Codifizierungswerken, dem ‚Sefer ha‑Miṣwot‘ (‚Das Buch der Gesetze‘, ur‑ sprünglich arabisch) und der ‚Mish neh Torah‘ (hebräisch, ca. 1178), theoretische Fragen, die sich mit Stiftungswirklichkeit und Wohltätigkeitspraxis beschäftigen.8 Maimonides sammelt zum ersten Mal alle Gesetze zur Wohltätigkeit, sowohl in der Bibel als auch in der nachbiblischen rabbi‑ nischen Literatur, in der ‚Mishneh Torah‘. Am Ende der ‚Hilkhot Mattanot ʿAniyyim‘ (‚Religionsgesetze über Armengaben‘) in der ‚Mishneh Torah‘ stellt Maimonides eine Taxonomie9 (‚Leiter‘) der Armut auf, die zu‑ gleich eine Priorisierung wohltätiger Werke darstellt. Diese Taxonomie wurde stark von der Wirklichkeit beeinflusst; so wird her‑ vorgehoben, dass die Rettung eines Armen vor der Scham des Bettelns sogar wichtiger sei als die Wohltätigkeit selbst. Im ‚Sefer ha‑Miṣwot‘10 zur Mitzwa Nr. 197 schreibt er, dass die Gabe an einen Armen eine größere Mitzwa sei als sonstiges Schenken, da ein Bittender, der sich demütigt und „sein Ge‑ sicht enthüllt“11, in geringere Gefahr gerate, als einer, der „sich verbirgt“. Diese Urteile entsprechen der Realität, die sich in den Dokumenten der Kairoer Geniza widerspie‑ gelt, in denen wiederholt ‚verborgene Arme‘ erwähnt werden, die sich zu ihrer Armut bekennen müssen. Realistisch ist auch sei‑ ne Gesetzgebung zur Prüfung von fremden Armen sowie zum Freikauf von Gefangenen, die sich auf die Rettung von Juden in isla‑ mischen Gefängnissen bezieht.12 Man muss unter den normativen Geset‑ zen noch einige Regelungen oder Statuten erwähnen, die in der Kairoer Geniza er‑ halten sind. Eine davon enthält z. B. eine lange Liste von Verordnungen, die Mieter von Häusern betreffen, die zum heqdesh gehören.13 (3.) Responsa, Talmudkommentare und halachische Codices aus dem christlichen
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Spanien mit normativen Entscheidungen: Im christlichen Spanien blieb beginnend mit dem 13. Jahrhundert der in der norma‑ tiven halakhah unter muslimischer Herr‑ schaft festgestellte Status des heqdesh im Wesentlichen unverändert. Bei der Verwen‑ dung der heqdesh‑Mittel gab es aber einen Unterschied zwischen den jüdischen Ge‑ meinden in den muslimischen und denen in den christlichen Ländern: In Ägypten wurde der heqdesh vor allem für die In‑ standhaltung von Synagogen verwendet, im muslimischen Spanien sowohl für die Instandhaltung von Synagogen als auch für die Armen14, während im christlichen Spanien im Laufe des 13. und 14. Jahrhun‑ derts häufig nur die Armen die Nutznießer waren. In den Responsa von Rashba (Shlo‑ mo b. Adret, 1235–1310) und Ritba (Yom Tov b. Abraham Ishbili, 1250–1330), zwei der größten spanischen Rechtsgelehrten des 13. Jahrhunderts, bedeutet heqdesh dem‑ entsprechend fast immer Armenfürsorge.15 Die wichtigste Aufgabe des Gemeinde‑ fonds war also die Versorgung der Armen, und ein Responsum von Rashba16 enthält Hinweise darauf, dass es eine Regelung zur Verteilung der Mittel gab. Das Responsum verdeutlicht aber auch, wie schwer es war, diese Verordnung durchzusetzen. Die Fra‑ ge, die an Rashba gerichtet wurde, betrifft das Problem, wie die Armen unterstützt werden sollten; sie lässt erkennen, dass es zwischen den sehr reichen und den ‚nur wohlhabenden‘ Mitgliedern der Gemeinde darüber Streit gab. Die sehr reichen Mitglie‑ der wollten sich nicht an das Gesetz halten und die Armen entsprechend ihrem Reich‑ tum unterstützen; vielmehr sollten diese an den Türen betteln gehen. Die wohlhaben‑ den Mitglieder wollten hingegen, dass die Armen zu Hause blieben und dass zu ihrer Unterstützung eine Steuer proportional zum Vermögen erhoben würde. Im Responsum wird auch deutlich, dass die „Last der Krone“
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schwer war, womit die hohe kommunale Steuerabgabe an die nicht‑jüdische Obrig‑ keit gemeint sein dürfte. Rashba entscheidet natürlich gemäß dem Gesetz, d. h. für die Steuer an den Gemeindefonds. Aus dieser Rechtsentscheidung wissen wir aber auch, dass die normative halakhah eine zentrale Administration des Gemeindefonds vor‑ schrieb.
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Gemeindefonds ein. Eine dem R. Gershom Meor ha‑Golah (ca. 960–1028) zugeschrie‑ bene Verordnung schrieb vor, dass sich nie‑ mand der Abgabepflicht entziehen dürfte, falls in der Gemeinde ein ḥerem für die Verweigerung des Zehnten ausgesprochen worden war.18 Eine Verordnung im Namen von R. Tam (ca. 1100–1171)19 bestimmte, dass sich jeder, der schon einen Monat lang in einer Gemeinde wohnte, dort der Pflicht zur Zahlung des Zehnten unterwerfen müsste. Aus dem 13. Jahrhundert (1223) ist eine taqqanah überliefert, die von den Rheingemeinden ausgegeben worden war; sie sah vor, dass jeder seiner Gemeinde ent‑ sprechend der Bestimmungen den Zehnten oder die ṣedaqah‑Abgabe zahlen müsste.20 Die Responsasammlung von Meir ben Baruch enthält auch Gemeindeverordnun‑ gen der Städte Speyer, Worms und Mainz (taqqanot ShU“M) von 1220, darunter auch Folgendes: „Wenn die Mittel im Fonds für die Bezahlung eines Lehrers für die Ju‑ gendlichen nicht ausreichen, darf die Ge‑ meinde von dem anderen Wohltätigkeits‑ fonds nehmen, den die Toten für ihre Seele hinterlassen haben; sie darf jedoch kein Geld für die Bezahlung des Lehrers ent‑ nehmen, wenn der Sterbende den Verwen‑ dungszweck ausdrücklich anders bestimmt hat. Was übrig bleibt, kann für einen Zweck verwendet werden, der in den Augen der Gemeinde gut erscheint.“ 21
Aschkenas Eine Entwicklung von privaten Stiftungen analog zu den jüdischen Gemeinden der islamischen Länder unter dem Einfluss des waqfs hat es in den jüdischen Gemeinden Nordeuropas (Deutschland und Frank‑ reich) nicht gegeben.17 In den mittelalterli‑ chen jüdischen Gemeinden in Deutschland und Nordfrankreich oblag die kommuna‑ le Wohltätigkeit in größeren Ortschaften dem Gemeindefonds (quppah shel ṣedaqah), manchmal war dies aber ebenso in klei‑ neren Gemeinden der Fall, auch wenn hier eine entwickelte Infrastruktur fehlte. Schriftliche Quellen für die normative halakhah in Aschkenas sind (1.) die Gemein‑ deverordnungen (taqqanot), (2.) die Talmud‑ kommentare der Tosafisten, die sich auf die allgemeine Gesetzgebung – z. B. taqqanot – berufen, und die auch über die gültige halakhah entscheiden, (3.) Gesetzescodi‑ ces und andere halachische Kompendien (wie Minhagbücher, d. h. Brauchbücher), die Verordnungen und Entscheidungen als Norm codifizieren, und (4.) Responsa, die (2.) Talmudkommentare: Die Wohltätig‑ auf Verordnungen basieren und normative keitsspenden wurden in Form eines Ge‑ Entscheidungen treffen. lübdes, meistens am Anfang des Jahres, am Jom Kippur, versprochen. Aus Raavans (1.) Gemeindeverordnungen (taqqanot): Die (Deutschland, Eliezer b. Nathan, 1090–1170, Verordnungen wurden unter Bannandro‑ Kommentar zu bT Meg 27a–b)22 wissen hung (ḥerem) ausgesprochen, um auf die‑ wir, dass die versprochene ṣedaqah dort sem Wege Verbindlichkeit herzustellen. Je dem Gemeindefonds gegeben werden soll‑ eine überlieferte taqqanah aus dem 11., 12. te, wo es, wie in Mainz, einen ḥever haund 13. Jahrhundert geht auf die verpflich‑ ʿir (ṣedaqah‑Sammler) gab. Die Gelübde tende Abgabe des Geldzehnten für den sollten aber auch dort erfüllt werden, wo
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diese Einrichtung fehlte, wie in Frankfurt. Raviah (Deutschland, Eliezer b. Joel ha‑ Levi, 1140–1225, Kommentar zum Traktat Megilla, Nr. 592) erlaubte den Verwaltern, die quppah (eine wöchentliche Spende für einheimische Arme) für den tamḥui (eine tägliche Verpflegung fremder Armer) zu verwenden, also den Wohltätigkeitszweck zu ändern. Wir wissen nicht genau, wie für den Gemeindefonds gesammelt wurde. Rabbenu Tam (Nordfrankreich, 1110–1171) entschied auch, dass der Gemeindefonds sogar für einen anderen, nicht obligatori‑ schen Zweck verwendet werden dürfte.23 Wenn man aber für einen bestimmte Arme gesammelt hätte, dürfte man das Geld nicht anderen Armen geben.24
seinen ganzen Geldzehntenteil seinen Ver‑ wandten geben dürfe. Er wusste wahr‑ scheinlich nichts von einer Verordnung, gemäß derer eine Hälfte des Zehnten ob‑ ligatorisch dem Gemeindefonds zustand.28 Räumlich und zeitlich gab es große Un‑ terschiede zwischen den Arten, wie man für den Gemeindefonds sammelte und seine Mittel verteilte. Isaak von Corbeil (Nordfrankreich) schreibt in seinem Co‑ difizierungswerk ‚Semaq‘ (‚Sefer Miṣwot Qatan‘, ‚Das kleine Buch der Gesetze‘, 1277, Nr. 248), dass die wöchentliche und die tägliche Spende für die Armen, wie sie im Talmud vorgeschrieben wurden, in den jüdischen Gemeinden seines Königreichs nicht üblich seien.29
(3.) Codifizierungswerke, Gesetzbücher und Sammelwerke von religiösen Geset‑ zen und Bräuchen: Das früheste erhaltene aschkenasische halachische Kompendium, das einen ganzen Abschnitt über die Re‑ ligionsgesetze der Wohltätigkeit und des Gemeindefonds enthält, ist das ‚Or Zarua‘ von Isaak b. Moshe (ca. 1200–1270).25 Er schreibt in ‚Hilkhot ṣedaqah‘ Nr. 22 vor, dass einer, der einen Zehnten seines Ver‑ mögens an die ṣedaqah abgegeben habe, nichts darüber hinaus abführen müsse.26 In Nr. 24 wird verordnet, dass einzelne Gemeindemitglieder nicht freiwillig eine erhöhte ṣedaqah‑Abgabe leisten dürften, wenn sie in der Absicht handeln, das Geld den eigenen Verwandten vorzuenthalten. Daraus kann man folgern, dass neben der verpflichtenden Abgabe des Geldzehnten auch die Unterstützung der eigenen armen Verwandten ein obligatorisches Religions‑ gesetz blieb. Shimshon ben Ṣadoq (ein Schüler von Meir von Rothenburg) schreibt in seinem codifikatorischen Werk ‚Tashbeṣ‘ in Nr. 405 über den Zehnten 27, dass einer, der Geld für Wohltätigkeit versprochen habe, sogar
(4.) Responsa: Responsa sind ebenfalls wichtige Informationsquellen für die Er‑ kenntnis normativer Gesetze in Aschke‑ nas. Die Entscheidungen Meir ben Baruchs von Rothenburg (1215–1293) waren in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in den jüdischen Gemeinden Deutschlands maß‑ gebend. In einem Responsum zur Frage, ob der Zehnt, der ursprünglich für die Armen gedacht war, auch für andere Zwecke ver‑ wendet werden dürfe, antwortet R. Meir Folgendes: Obwohl das Geben eines Zehn‑ ten kein biblisches Gebot sei, sei es überall religiöse Praxis, einen Geldzehnten den Armen zu widmen. Deshalb sei es verbo‑ ten, den Armenzehnten für einen anderen Zweck aufzuwenden.30 In einem anderen Responsum weist er darauf hin, dass es an manchen Orten eine Gemeindeverordnung (taqqanah) gebe, die den Armenzehnten für den Gemeindefonds obligatorisch mache.31 Die Frage war eigentlich, ob man den Zehn‑ ten seinen eigenen Kindern geben dürfe. Meir von Rothenburg antwortet, dass dies dem Gesetz gemäß unter der Bedingung erlaubt sei, dass diesem Vorgehen keine Gemeinderegelung entgegenstehe.
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Im 13. Jahrhundert wurde in den Ge‑ meinden Deutschlands die Entrichtung des Zehnten von einer freiwilligen religiösen Praxis zu einem obligatorischen Gebot. Vorbild war wahrscheinlich Südfrank‑ reich. Eine Frage in einem Responsum aus der Provence lautete, ob ein Mann namens Ezekiel, der sich gegen Zinsen Geld von einem gewissen Abraham geliehen hatte, den Zehnten an seinen Ort geben müsse oder ob er Abraham das Geld und den Zins zurückgeben solle und Abraham von bei‑ dem in seiner Stadt einen entsprechenden Zehnten zahlen müsse. Die Antwort von Rabbi Tuvya oder Tobias von Vienne, der eine Generation vor Meir b. Baruch von Ro‑ thenburg wirkte, war, dass Ezekiel das Geld und den Zins Abraham zurückgeben und dass davon Abraham den Zehnten in seiner Stadt abgeben solle, auch wenn in Ezekiels Stadt eine andere Verordnung in Gebrauch sei.32 Eine andere Quelle ist ein Responsum von R. Joseph Ḥayyim b. Moshe von Mus‑ sidan in Aquitanien betreffend der Abgabe des Zehnten zugunsten von Armen.33 Ge‑ mäß seiner Antwort müsse man die eine Hälfte dem Gemeindefonds geben, die an‑ dere Hälfte unter seinen eigenen armen Verwandten und den religiösen Angestell‑ ten der Gemeinde verteilen; wo es keinen Gemeindefonds gebe, müsse man die erste Hälfte des Zehnten fremden Armen oder armen Studenten geben. Galinsky weist auf den Zusammenhang dieser zwei Responsa mit Gemeindeverordnungen aus Südfrank‑ reich hin (Reillanne von 1313). Darin wird unter Bannandrohung vorgeschrieben, die Hälfte des Zehnten dem Gemeindefonds zu geben. Diese Quelle erwähnt auch die Ge‑ meindekasse, Namen von Administratoren und verschiedene Zwecke für die Verwen‑ dung von Gemeindezehnten. Eine Rechts‑ entscheidung von Isaak von Oppenheim, einer rabbinischen Autorität in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, bezieht sich auf
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die an R. Meir von Rothenburg gerichtete Frage, ob man von dem Geldzehnten die eigenen Eltern unterstützen dürfe.34 Seine Antwort ist affirmativ, obwohl R. Isaak den Geldzehnten für ein rabbinisches Gebot hält. R. Isaak von Oppenheim hat wahr‑ scheinlich die Auffassung von Jakob Mollin über die Zahlung des Zehnten beeinflusst; auch dieser betrachtet die Abgabe als ein rabbinisches Gebot.35 In einem Responsum schreibt er über die Zahlung des Zehnten, die von den Rabbis verordnet wurde, dass jedes Gemeindemitglied nach dem religiö‑ sen Gebot den Zehnten abgeben müsse.36 In einem anderen Responsum lobt er solche Frauen, die Geldzehnten sogar ohne das Einverständnis ihrer Männer geben.37 In einem weiteren Responsum verordnet Jakob Mollin, dass der Zehnt auch vom Vermögen von Waisen genommen werden müsse.38 In einem anderen verbietet er, dass man von dem Zehnten Purimgeschenke gibt, weil er zur Erfüllung eines religiösen Gebotes bestimmt ist. Im Unterschied zum Rheinland blieb wahrscheinlich in Österreich auch während des 14. und 15. Jahrhunderts die Abgabe von Geldzehnten nur ein frommer Brauch. Dies ergibt sich aus dem halachischen Kompen‑ dium von R. Israel Isserleins Schüler, Joseph b. Moshe, dem ‚Leqet Yosher‘. Er zitiert sei‑ nen Meister: „In Österreich gibt es keinen Brauch, einen Zehnten von Zinsen oder von anderem Einkommen abzugeben. Nur einzelne, besonders fromme Leute, geben einen Zehnten gleich, nachdem sie irgend‑ einen Profit erzielt haben.“39 Als Zusammenfassung zu den Schriftzeug‑ nissen, die normative halakhah enthalten, kann man folgende Schlüsse ziehen: (1.) Weder in Ägypten noch in Spanien oder Aschkenas gab es ein selbständiges Codifizierungswerk ausschließlich für die Gesetze der Wohltätigkeit und des heqdesh.
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(2.) Normative halakhot über Wohltä‑ tigkeit und den heqdesh finden sich in fast allen halachischen Gattungen: in Responsa, Codifizierungswerken, Brauchbüchern und Talmudkommentaren. (3.) Innerhalb größerer halachischer Werke erscheinen einzelne Traktate, die sich ausschließlich mit Wohltätigkeit und dem heqdesh beschäftigen (Mai monides, ‚Die Gesetze der Geschenke für die Armen‘ [‚Mattanot ʿAniyyim‘]; Isaak ben Moses, ‚Or Zarua‘, ‚Hilkhot ṣedaqah‘; Asher ben Yehiel, ‚Hilkhot ṣedaqah‘). (4.) Die halachischen Gesetze über Wohl‑ tätigkeit und den heqdesh unterscheiden sich regional. Die unterschiedlichen Nor‑ men wurden durch verschiedene Bräuche (minhag), in Aschkenas sehr oft auch durch Gemeindeverordnungen (taqqanot) reguliert. Bräuche und Verordnungen wurden dann oft in Talmudkommentaren, Gesetzescodi‑ ces oder Brauchbüchern zusammengefasst. (5.) Die Entscheidung einer herausra‑ genden halachischen Autorität in einem Responsum über den heqdesh oder die Wohltätigkeit konnte auch als normativ für ähnliche Fälle gelten. 5.4.3 Dokumentarische heqdesh-Quellen Geniza in Kairo Die Kairoer Geniza ist kein Archiv, in dem bewusst Dokumente aufbewahrt und er‑ halten wurden, sondern ein Sammlungs‑ ort von unbrauchbar gewordenen heiligen und profanen Schriften.40 Die meisten Do‑ kumente sind deshalb unvollständig oder ohne Kontext überliefert.41 Wenn wir den Kairoer heqdesh untersuchen, müssen wir eine kleinere Synagogengemeinde und die umfassende Altkairoer jüdische Gemein‑ schaft unterscheiden. Die Gemeinschaft, der der heqdesh gehörte, umfasste alle
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Gemeinden, die rabbinischen Gemeinden, die zum palästinischen und zum babyloni‑ schen Ritus gehörten, ebenso wie die ka‑ räischen Gemeinden. Bücher, Thorarollen, Lampen, Teppiche oder andere wertvolle Textilien wurden stets an bestimmte Sy‑ nagogen gegeben, die viel größeren Dota‑ tionen für gesellschaftliche Wohltätigkeit (darunter auch der Lohn der Gemeindebe‑ amten) wurden aber der ganzen jüdischen Gemeinschaft gestiftet.42 In Altkairo, wie auch im mittelalterli‑ chen Westeuropa und im byzantinischen Reich sowie in der muslimischen Umma überhaupt, wurden die Wohltätigkeits‑ und Bildungsinstitutionen vom Einkommen aus Immobilien oder Grund und Boden finanziert.43 Dies wird in den Geniza frag‑ menten gut dokumentiert. Alle drei Au‑ toren, die die Dokumente des Altkairoer heqdesh herausgegeben und vollständig studiert haben – Goitein, Gil und Cohen –, haben zwei größere Typen unterschieden: Listen und Briefe.44 Hier werden wir der Einteilung von Goitein folgen. Deshalb werden in der Klassifikation auch Testa‑ mente45 sowie Dokumente der Instand‑ haltung und der Vermietung von heqdesh‑ Gebäuden46 aufgeführt. (1.) Listen und Dokumente zur Verwaltung des heqdesh: Ohne zusätzliche Informa‑ tionen über die Wohltätigkeitspraxis in Altkairo sind die Schriftstücke nur schwer zu interpretieren. Die meisten Listen sind unvollständig, d. h. sie umfassen nicht all diejenigen, die in der Gemeinde zur Ver‑ sorgung berechtigt waren.47 Es gibt einige Ausnahmen, wie z. B. die Rezipienten einer Brotspende in den Dokumenten B19–24. Die drei Listentypen gehören sechs ver‑ schiedenen Perioden an (1000–1050, 1050– 1100, 1100–1165, 1165–1200, 1200–1266, Listen nach 1266).48 Diese Dokumente lassen sich typologisch in drei Gruppen unterteilen:
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Dokumente der Buchhaltung des heqdesh, Rechnungslisten und Buchungen: Es handelt sich um 184 Listen. Darunter befinden sich folgende Typen: eine Liste der Gemeindeimmobilien; 17 Listen über Dotationen von Häusern und anderen Be‑ sitzungen für den heqdesh; 27 Rechnungen über das Einkommen aus den Gemeindeim‑ mobilien; 32 kombinierte Rechnungen von Einkommen und Ausgaben des heqdesh49; 27 Rechnungen über Kosten von Repara‑ turen und anderen Baumaßnahmen; 51 Zahlungen aus dem heqdesh oder an den heqdesh; 30 Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und Mietern von Häusern und Immobilien, die dem heqdesh gehören. Listen der Versorgungsempfänger: Es handelt sich um 110 Listen, darunter be‑ finden sich folgende Typen: eine Liste mit den Namen von Armen, Gelehrten und Gemeindebeamten, die Spenden erhalten haben; weiterhin Lohnlisten, Lohnlisten kombiniert mit Spenden; 36 Listen über die Verteilung von Brot, Weizen, Kleidung und Bargeld; 23 Listen von Kopfsteuerzahlun‑ gen für solche Leute, die diese selbst nicht leisten konnten; Listen über die Verteilung von Wachskerzen und Öl für Beleuchtung; zahlreiche Dokumente, die sich mit ein‑ zelnen Rezipienten beschäftigen. Listen der Spender: Es handelt sich um 140 Listen. Darunter befinden sich Listen von Spendern, die sehr verschiedene Sum‑ men aufbringen; Listen von Spendern, die ausschließlich in Gold bezahlen; Listen von Sammlungen an bestimmten Tagen oder Wochen; Listen von Dotationen für solche, die ihre Kopfsteuer für die musli‑ mische Obrigkeit nicht bezahlen konnten; Appelle, für den Freikauf von Gefangenen zu spenden; Listen von Spendern von Wei‑ zen, Brot, Wein, Öl für die Beleuchtung und Wachskerzen; Listen von Spendern für die Schulgebühren armer Kinder; 16 Listen von speziellen Sammlungen für Jerusalem;
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28 Listen von Sammlungen für einzelne Personen.50 (2.) Briefe von Armen: Neben Dokumenten der Verwaltung des heqdesh und Listen von Spendern und Empfängern sind weitere ca. 60 Dokumente überliefert, darunter 6 Responsa, ca. 12 Testamente, 9 liturgische Gedichte und Gebete für Spender und ca. 485 Briefe, von denen ca. 175 ediert sind.51 Die Briefe sind Bittschreiben von Armen; die meisten von ihnen wurden auf Judaeo‑ arabisch, andere auf Hebräisch oder Ara‑ bisch verfasst. Diese Briefe sind in einem eher fordernden Ton gehalten und ahmen arabische Stereotype nach.52 Ein kleinerer Teil sind Empfehlungsbriefe, geschrieben von anderen zugunsten der Armen oder in deren Namen. In einigen dieser Briefe wiederholt sich der Ausdruck: „Er war nie einer, der sein Gesicht aufdeckt.“53 Sepharad (1.) Lateinische Testamente: Burns ver‑ öffentlichte 45 jüdische Testamente aus Aragón aus der Zeit zwischen 1260 und 1348, die auf Latein und von christlichen Notaren geschrieben wurden. Darin sind keine bedeutenden Stiftungen zugunsten des heqdesh belegt. Burns nimmt deshalb an, dass spanische Juden nur inter vivos‑ Spenden zugunsten der Gemeinde gemacht haben,54 Galinsky hat dies aber anhand der spanisch‑jüdischen Responsaliteratur widerlegt.55 (2.) Lateinische Liste von Büchern: Ein ein‑ zigartiges Zeugnis stellt die lateinische Liste von Büchern dar, die im Archivo Histórico Provincial de Huesca aus Jaca in Aragón überliefert ist. Die Handschrift besteht aus fünf Folios, beschrieben auf beiden Seiten, und sie beinhaltet eine Auf‑ stellung von hebräischen Büchern, die den Juden aus Jaca gehörten. Den historischen
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Kontext des Inventars bildet die Verord‑ nung des Gegenpapstes Pedro de Luna (Benedikt XIII.) für die Konfiskation von hebräischen Büchern nach der Disputation von Tortosa (1413–1414). In Jaca wurde die Verordnung im Dezember 1415 ausgeführt. Die Bücher mussten von den jüdischen Gemeindevertretern den christlichen Be‑ hörden übergeben werden. Das Inventar beinhaltet mehr als 600 Bücher von 26 hispano‑jüdischen Bibliotheken. Gutwirth zufolge waren unter diesen Bibliotheken auch confraternitas‑Bibliotheken.56 Die confraternitates oder hebräisch ḥavurot waren in Spanien im 15. Jahrhundert Wohltätig‑ keitsgesellschaften.
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Aschkenas Das Nürnberger Memorbuch: Jüdische Me‑ morialbücher sind vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert geführte Aufzeich‑ nungen aschkenasischer jüdischer Gemein‑ den, die das Totengedächtnis an Wohltäter und Märtyrer bewahrten.59 Das Nürnber‑ ger Memorbuch ist das einzige erhaltene mittelalterliche jüdische Memorialbuch.60 Die Einträge darin reichen von 1096 bis 1392. Die Entstehung des Nürnberger Me‑ morbuches geht auf den Schreiber Isaak von Meiningen zurück, der im Hinblick auf den Neubau der Synagoge in Nürnberg am 18. Kislev 5057 (15. November 1296) der Initia‑ toren und Spender der Synagoge gedachte. Die Handschrift ist in drei große Abschnitte gegliedert: Nekrolog I (1280–1347), Martyro‑ log (1273–1347) und Nekrolog II (1373–1392).61 Nach dem Tode Isaaks am 1. August 1298 während des sogenannten Rintfleisch‑Po‑ groms folgen Einträge von mindestens 24 Händen in Nekrolog I, die von 1296 bis 1392 reichen. Isaak von Meiningen, der erste Schreiber, bestimmte die Form der Einträ‑ ge im Nekrolog I. Nach der Nennung des Spenders und der Spendersumme wurde der Zweck der Spende genannt. Die meisten Spenden wurden der Synagoge, der Synago‑ genbeleuchtung, dem Friedhof, dem Unter‑ richt von Kindern und der Unterstützung von Kranken (Leprakranken) gewidmet. Nekrolog II ist ein Spendenregister von Verstorbenen der Gemeinde von Nürn‑ berg mit regelmäßiger Datierung. Neben dem Friedhof, den Armen und Spenden für Glaubensgenossen in Jerusalem62 sind die meisten Spenden dem Gemeindefonds (heqdesh) gewidmet, zu dem auch ein jüdi‑ sches Hospital gehörte.
(3.) Königliche Befehle einzelne Stiftungen betreffend: Die Königin Violante bestä‑ tigt in einem Befehl (erlassen in Valencia und Barcelona zwischen 1388 und 1390) die Anstellung eines Mittreuhänders für eine jüdische Stiftung infolge der Klage der jüdischen Gemeinde (aljama) und der elemosinarii (der verantwortlichen Vertreter für die Verteilung der Almosen).57 Auch in einem anderen Fall wissen wir von einer sephardischen Stiftung aus Do‑ kumenten der christlichen Obrigkeit: Gra‑ cianus Sabatanellus hatte der jüdischen Gemeinde in Girgenti auf Sizilien ein Ge‑ bäude vererbt; von dem Ertrag seiner Ver‑ mietung sollte eine jährliche Summe dem magister der scola bezahlt werden, der den Kindern litteras ebraycas beibrachte. Der königliche Richter Guglielmo Raimondo Moncada versuchte jedoch, das Gebäude zu konfiszieren, während sein Herr, König Juan II. von Aragón, sich offenbar verge‑ bens darum bemühte, die Rechte der Juden zu verteidigen, wie die Quellen aus den Zu den dokumentarischen Quellen für die Jahren 1476 und 1477 zeigen.58 Geschichte des jüdischen Stiftungswesens können wir zusammenfassend diese Punk‑ te festhalten:
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(1.) Das größte Corpus an dokumenta‑ rischen heqdesh‑Quellen ist das Material der Kairoer Geniza, das Dokumente über die Finanzierung, die Verwaltung und die Verteilung des heqdesh enthält. (2.) An anderen Orten sind dokumen‑ tarische Materialien nur selten erhalten geblieben. Die Ursache dafür ist erstens, dass gemäß der halakhah Stiftungen auch mündlich vorgenommen werden konnten, und zweitens, dass sehr viele jüdische Do‑ kumente wegen der Vertreibungen und Ver‑ folgungen der Juden verlorengegangen sind. (3.) Aus Spanien sind Fragmente auf Judaeo‑Spanisch und lateinische Quellen erhalten, die unmittelbar mit der Geschichte eines einzelnen heqdesh zusammenhän‑ gen und von der Existenz dieser Institution zeugen. (4.) Aus Aschkenas haben wir ein wichti‑ ges liturgisches Dokument, das Nürnberger Memorbuch, das Namen von Stiftern und Daten über ihre Stiftungen enthält. Ähnli‑ ches haben wir aus anderen Gebieten (aus den islamischen Ländern oder aus Spanien) nicht, da nur in Aschkenas ein Glaube an den Zusammenhang des Gedenkens mit dem Seelenheil des Stifters existierte. 5.4.4 Deskriptive Quellen In diese dritte Kategorie von Quellen gehö‑ ren Responsa und halachische Kompendien, die Informationen über die Stiftungs‑ be‑ ziehungsweise Wohltätigkeitswirklichkeit geben, konkrete Fälle behandeln und er‑ wähnen oder auf solche anspielen. Kairoer Geniza (1.) Responsa: Die Responsa von Moses Maimonides, von seinem Sohn, Abraham b. Maimon (1186–1237), und von anderen ge‑ ben wertvolle Informationen bezüglich der Stiftungswirklichkeit in der klassischen
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Geniza‑Zeit.63 In einem Responsum des Mo‑ ses b. Maimon wird festgestellt, dass für die Widmung einer Gabe an den heqdesh die mündliche Übertragung genügt, eine Tat‑ sache, die auch in den Geniza‑Dokumenten bezeugt ist.64 Aus einem Responsum von Abraham b. Maimon erfahren wir sogar, dass bei zwei Partnern in einem Geschäft einer von ihnen den anderen nicht um sein Einverständnis bitten musste, wenn er seinen Teil dem heqdesh stiften wollte; in anderen Fällen, bei denen es nicht um den heqdesh ging, musste man aber um die Erlaubnis des Partners bitten.65 (2.) Erzählende Quellen: Fast alles, was wir über die Stiftungswirklichkeit und Armenfürsorge in der klassischen Periode der Kairoer Geniza (11.–13. Jahrhundert) wissen, stammt aus dokumentarischen Quellen und nicht aus narrativen Tex‑ ten. Es gab im Judentum keine solchen deskriptiven Gattungen wie etwa die bei Muslimen verbreiteten Chroniken, admi‑ nistrativen Handbücher oder Traktate über Marktregulationen, die die Grundlage der heutigen Sozialgeschichte muslimischer Gesellschaften bilden.66 Erzählende Tex‑ te haben im mittelalterlichen Judentum dagegen oft einen belehrenden Impetus. In einem solchen aggadischen 67 Werk schildert R. Nissim Gaon von Kairouan durch eine Erzählung die Wirklichkeit der Armut (‚Eine elegante Komposition über die Befreiung nach der Not‘). Eine arabische Quelle von Al‑Muqaddasi, dem berühmten Geographen, lobt die Altkairo‑ er Gemeinde für ihre Großzügigkeit; zwar meint er dabei vermutlich die muslimische Gemeinde, doch kann man davon auch auf die Eigenschaften der jüdischen Mi‑ noritätsgemeinde schließen; wenigstens ist dies die Meinung Shlomo D. Goiteins, der behauptet, dass sich Minderheiten in Angelegenheiten wie der Wohltätigkeit
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nach der Mehrheitsgesellschaft richteten. Ein Brief aus der Geniza von dem jüdischen Nagid Joshua (1310–1355) lobt in jedem Fall mit demselben Ausdruck die Wohltätig‑ keitspraxis der Fustat‑Gemeinde.68 Sepharad (1.) Responsa: Die mittelalterliche spanische Responsaliteratur über heqdesh und Wohl‑ tätigkeit wurde bisher von der Forschung nur teilweise bearbeitet.69 Die große spani‑ sche halachische Autorität, Rosh (Asher b. Jehiel, 1250/1259–1327), Schüler von Meir b. Baruch von Rothenburg, wanderte einige Jahre nach den Rintfleisch‑Pogromen und den Judenverfolgungen in Deutschland von 1298 mit seiner Familie aus und siedelte sich in Toledo an, wo er als Religionsge‑ lehrter viel Einfluss erlangen sollte. Das Oberkapitel 13 in seiner Responsasamm‑ lung enthält seine Entscheidungen über heqdesh und Wohltätigkeit. Rosh wurde wahrscheinlich von Isaak b. Moshes Werk, dem ‚Or Zarua‘, beeinflusst.70 Außer den 21 Paragraphen in diesem Kapitel befinden sich einige Rechtsgutachten über heqdesh und ṣedaqah auch in anderen Paragraphen des Kompendiums. Z. B. erfahren wir aus diesen Rechtsgutachten von einer priva‑ ten Stiftung, die den Gemeindefonds un‑ terstützte71; weiterhin, dass jemand dem heqdesh Bücher gestiftet hatte (Nr. 13.15); ferner, dass eine Geschäftsfrau ihr Geld der ṣedaqah gab, obwohl ihr Mann damit nicht einverstanden war (Nr. 13.11). Die Entscheidungen von Rosh können ihren Themen nach in mehrere Gruppen ein‑ geteilt werden: (a.) Einige Responsa be‑ schäftigen sich mit der Art von Widmung für den heqdesh; die Rechtsgutachten be‑ zeugen, dass man, wie es auch in Ägyp‑ ten und im muslimischen Spanien üblich war, im christlichen Spanien mit einfachen Worten Eigentum dem heqdesh widmen konnte (Nr. 13.1). (b.) Eine andere Gruppe
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stellt solche Rechtsfälle dar, in denen ein Sterbender sein Vermögen dem heqdesh hinterließ. Manchmal entstand in solchen Fällen ein Rechtsstreit zwischen den Erben und der Gemeinde. In einem Fall hatte jemand fast alles als Geschenk vergeben und nur einen geringen Teil für seine Er‑ ben hinterlassen. Sie oder die Gemeinde waren verpflichtet, ihn zu begraben. Da die Gemeinde hier auch als für das Be‑ gräbnis verantwortlich erwähnt wurde, ist es wahrscheinlich, dass ein Teil des ge‑ schenkten Vermögens dem Gemeindefonds gestiftet wurde (Nr. 13.18). (c.) Weitere Res‑ ponsa berichten über das Einkommen der Gemeinde, das als Bußgeld in den heqdesh gelangt war: Ruben hatte Shimon geschla‑ gen und gemäß der Verordnung (taqqanah) der Stadtgemeinde musste Ruben Shimon 100 zehuvim (Geldeinheit, Goldmünzen) zahlen. Shimon sagte, dass das Geld für die Unterstützung der Thoraschüler verwendet werden solle. Danach bat Ruben Shimon um Verzeihung, was Shimon gewährte. Entschieden wurde, dass man die Wid‑ mung nicht verändern könne, und Ruben musste das Bußgeld für die Thoraschule bezahlen (13.4). (d.) Eine vierte Gruppe der Responsa berichtet über Häuser, die dem heqdesh gehören. Ein Gemeinde‑heqdesh be‑ saß Häuser, die renoviert werden mussten. Der Rechtsgutachter antwortete, dass man sie vermieten solle, damit die Bewohner die Gebäude als Gegenleistung für eine geringere Miete reparierten (Nr. 13.9).72 In einem anderen Fall hatte jemand die Häu‑ ser des heqdesh gepfändet und fragte, ob er er darin wohnen dürfe, bis die Gemeinde ihm das Geld bezahlt habe. Die Antwort von Rosh ist bejahend, nur in einer Syna‑ goge oder im Bet Midrash sei es verboten zu wohnen. Andere Häuser, die dem heqdesh gehörten, unterschieden sich nicht von gemeinen Häusern (Nr. 13.7). In einem Rechtsgutachten erlaubt Rosh, die Häuser
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des heqdeshs für den Bedarf des heqdesh zu vermieten beziehungsweise zu verkaufen (Nr. 17). (e.) Mehrere Responsa beschäfti‑ gen sich mit der Frage, ob die Verwalter des heqdesh den Zweck des gewidmeten Geldes ändern dürften. Die Antwort fällt bejahend aus (Nrn. 13.5, 13.14). (f.) Ein ande‑ re sich wiederholende Frage war, ob man heqdesh‑Mittel gegen Zinsen verleihen dür‑ fe. Die Antworten gehen auseinander. Meir b. Baruch verneint eindeutig: Man dürfe heqdesh-Geld nicht gegen Zinsen verleihen, um den Gewinn für die Unterstützung von Armen oder Thoraschülern auszugeben (Nr. 13.8). Im Namen von Rosh haben wir aber eine Entscheidung, in der dieser er‑ laubt, heqdesh-Gelder gegen Zinsen zu ver‑ leihen, wenn die Thoralehre davon Nutzen hat oder wenn man davon Synagogenange‑ stellte bezahlt (Nr. 13.17). (g.) Schließlich er‑ fahren wir durch ein Responsum auch von einer Wohltätigkeitsgemeinschaft: Einige Leute hatten sich zusammengeschlossen, um eine ḥaverut, d. h. eine Gemeinschaft für Wohltätigkeit, zu bilden (Nr. 13.12).73 Andere spanische Responsa über heqdesh wurden von der Forschung zum Teil untersucht.74 Die wichtigsten Vertreter dieser Literatur sind Rashba (Shlomo b. Adret, 1235–1310), Riṭba (Yom Tov b. Abra‑ ham Ishbili, 1250–1330)75, Ribash (Isaak b. Sheshet, 1326–1408)76, Rashbaṣ (Shimeon b. Ṣemah Duran, 1361–1444)77 und Rashbash (Salomon b. Shimon Duran, ca. 1400–1467)78. Ihren Responsa zufolge (und zum Teil im Gegensatz zu den Ergebnissen der Unter‑ suchung lateinischer Testamente 79) war es im 13. Jahrhundert in den jüdischen Gemeinden von Spanien üblich, Wohltätig‑ keitsvermächtnisse inter vivos zu machen. Das war mit dem Glauben verbunden, dass solche Wohltätigkeitsstiftungen das See‑ lenheil förderten; es war aber nicht mit Gebeten für das Seelenheil der Verstor‑ benen verknüpft. In der Responsaliteratur
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aus Spanien gibt es Hinweise auf einen heqdesh in Barcelona, Girona, Saragossa, Tortosa, Toledo und Escalona.80 (2.) Das Testament von Judah b. Asher: Wichtige Informationen über die Verwal‑ tung des heqdesh und die Abgabe von Zehn‑ ten sind im Testament des Sohnes von Rosh, Judah b. Asher (1270–1349), erhalten. Von diesem erfahren wir: „Mein ehrwürdiger Vater, gesegnet sei sein Andenken, hat in seiner Stadt in Deutschland verordnet, dass jeder von seinem Einkommen einen Zehnten bezahlen soll, und in Toledo hat er angeordnet, dass er und seine Kinder gleicherweise handeln sollen. (…) Deshalb sind wir in die Fußstapfen unserer Vorvä‑ ter getreten und haben uns verpflichtet, einen Zehnten von all unseren Profiten in den Geschäften, beim Zinsennehmen und bei allem anderen Handel aufzubewahren. Dreiviertel von diesem Zehnten werden wir in einem Kasten deponieren und das Geld wird danach von zwei Verantwortli‑ chen kontrolliert werden, die an alle, die darauf angewiesen sind, Subventionen verteilen werden.“ 81 Aschkenas (1.) Responsa: Die Responsaliteratur aus dem mittelalterlichen Aschkenas ist sehr reich an Informationen über Stiftungs‑ wirklichkeit und Wohltätigkeitspraxis, so‑ wohl was die Art der Widmung als auch was die Sammlung des Geldes oder die Verwaltung des Gemeindefonds betrifft. Diese Literatur ist noch nicht in ihrem ganzen Umfang bearbeitet worden. Dies gilt insbesondere für das 15. Jahrhundert. Wir können die Angaben um die folgenden Themen gruppieren: Gültige landwirtschatliche Gesetze der ṣedaqah: Isaak b. Moses von Wien entschei‑ det, dass man den leqet, das heißt die Nach‑ lese der Ernte, den Armen überlassen soll.82
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Die Art der Stiftung zugunsten des heqdesh: Eliezer b. Joel ha‑Levi (Raviah, 1160/1165–1235) erlaubt, den Zweck der Wohltätigkeit zu ändern.83 Isaak b. Moses von Wien, der ein Schüler von Raviah war, entscheidet, dass jemand, der am Rosh ha‑ Shana, dem jüdischen Neujahr, ein Gelübde für die ṣedaqah ausspricht, verpflichtet sei, das versprochene Geld zu bezahlen; wei‑ terhin, dass er sofort nach dem Gelübde verpflichtet sei, das zu tun; sogar wenn jemand stillschweigend entschieden habe, etwas für die ṣedaqah zu geben, müsse er dies erfüllen.84 Meir b. Baruch antwortet seinem Vetter, R. Shlomo, aber auch, dass einfache Worte eine Sache zum heqdesh machen.85 In einem anderen Responsum stellt Meir b. Baruch fest, dass fehlerhaft gewidmeter heqdesh kein heqdesh sei.86 Wenn jemand etwas dem heqdesh verspro‑ chen hat, kann er den Zweck ändern, be‑ vor die gabbaim, die Gemeindediener, das Geld einsammeln, aber er muss in jedem Fall zahlen.87 In dem Fall einer Witwe, die ein Gelübde für die ṣedaqah gemacht und dieses dann verleugnet hat, entscheidet R. Meir, dass die Gemeinde von ihr das Geld einfordern könne.88 Im Fall eines Gemein‑ demitglieds, das versprochen hat, etwas den Armen zu geben, entscheidet er, dass dieses es ebenfalls erfüllen müsse.89 In einem Responsum entscheidet Mordechai b. Hillel, der Schüler von Meir b. Baruch, für seinen Verwandten Rav Levi, dass man von einem jüdischen Apostat, der wäh‑ rend der Zwangstaufe sein ganzes Erbe dem heqdesh gewidmet hat und sich gleich danach hat taufen lassen, das Geld nicht nehmen dürfe.90 Gelübde und Bußgeld für den Gemeinde‑ fonds: Shmuel b. Baruch entscheidet im Fall eines Gemeindemitglieds, das versprochen hat, eine bestimmte Summe zu geben, dass es ein Bußgeld an den heqdesh zahlen müs‑ se, wenn es sein Gelübde nicht erfülle;91
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ebenso urteilt im Fall eines anderen, das Würfel spielt92. Von einem Responsum des Meir b. Baruch erfahren wir, dass in einer Stadt Bußgelder für die ṣedaqah verwendet werden.93 Testamente, Rechte der Erben: Isaak b. Moses entscheidet, dass man etwas den Erben hinterlassen und nicht alles zur ṣedaqah vergeben dürfe. Im Namen von Eliezer von Metz wird überliefert, dass jemand seine armen Verwandten gegen‑ über anderen Armen bevorzugen müsse, und auch, dass man nicht alles für die ṣedaqah geben dürfe, damit man selbst nicht verarmt. Isaak b. Moses entscheidet über jemanden, der ein Fünftel seines Ver‑ mögens für die ṣedaqah vergibt, dass dies Verschwendung und verboten sei. Das Eigentum von Waisen gilt als heqdesh: In einem Responsum entscheidet der Schüler von Meir b. Baruch, Shmuel Jehu‑ dah bar Menachem ha‑Levi von Landshut, über das Eigentum von Waisen, deren Vater etwas dem heqdesh gewidmet habe: Man müsse Zeugen von der Gemeinde dafür bringen, sonst gehöre das Eigentum den Waisen. Gemeindliches Gedenken der Verstor‑ benen, Sorgen für das Seelenheil: In einem Responsum erfahren wir von Shimshon bar Abraham (Tosafist aus Frankreich, ca. 1200), dass es Brauch sei, ṣedaqah-Gelübde für das Gedenken der Seelen der Verstorbenen abzulegen.94 Nach einem Responsum von Meir b. Baruch gab es einen Streit zwi‑ schen Ruben und Shimon: Shimon klagte Ruben an und behauptete, dass er ihm zwei Mark gegeben habe, um sie für den jährlichen Profit der Seele von Shimons Frau zu investieren; die Gemeinde solle ihrer gedenken. Jetzt wollte aber Shimon sowohl das Kapital als auch das Einkom‑ men zurückhaben.95 Durch ein anderes Responsum von Meir b. Baruch96 erfahren wir, dass ein gewisser Ruben gestorben sei;
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seine Frau und seine Mutter sollen gesagt haben, dass er für das Gedenken seiner Seele eine Thorarolle und ein wertvolles Gebetbuch hinterlassen habe. Die Gemein‑ de müsse wählen: Entweder werde sie aus der Thorarolle lesen und den Namen von Ruben zusammen mit den anderen Seelen erwähnen, oder sie werde das Gebetbuch bekommen, aber dann müsse sie zehn Jah‑ re lang daraus beten. Aus einem weiteren Responsum von Meir b. Baruch97 geht her‑ vor, dass ein gewisser Ruben seiner Frau gesagt habe, sie solle nach seinem Tod seine Kleider und sein Geld dem heqdesh zum Gedenken seiner Seele schenken. Eine weitere Gruppe von Responsa be‑ schäftigt sich mit Frauen, die ihr ketubbah‑ Geld, der Betrag, der ihr nach dem Tod ihres Mannes oder im Fall einer Scheidung zusteht, oder anderes Vermögen dem heqdesh widmen. Ein Responsum des Meir b. Baruch dazu besagt Folgendes: Eine Frau habe ihre ketubbah an drei verschiedenen Orten dem heqdesh gewidmet, bevor sie auf ihre ketubbah, den Ehevertrag, der auch den Anspruch der Frau auf die gleichna‑ mige Geldzahlung regelt, geschworen habe. Nachdem sie kinderlos gestorben war, sei‑ en jedoch die Verwandten ihres Mannes gekommen und hätten das Geld für sich gefordert, wozu sie nach dem Responsum kein Recht hätten.98 Häuser als heqdesh: Wenn jemand an einen anderen sein Haus vermietet und dann sein Haus dem heqdesh widmet, dann hat der Mieter ausstehende Mieten dem heqdesh zu zahlen. Verwaltung des heqdesh: Manche Res‑ ponsa beschäftigen sich damit, ob man von dem Gemeindefonds Geld gegen Zinsen leihen dürfe, um Gefangene zu befreien, oder ob man den Zweck der ṣedaqah än‑ dern dürfe. Raviah entscheidet, dass die Verwalter der Gemeindekasse das Geld zugunsten der Armen verleihen dürfe.99
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R. Simcha von Speyer (ca. 1200) verbietet, dass man das Geld der Armen für etwas anderes verwendet, und sei es, um Gefan‑ gene zu befreien.100 Geldzehnt und Krankenversorgung: Durch ein weiteres Responsum des R. Sim‑ cha von Speyer, der im Namen seines Leh‑ rers, R. Shemaria von Speyer101, spricht, er‑ fahren wir von einem Boten, der im Namen seiner Gemeinde zur Sammlung des heqdesh für Kranke gekommen sei und auch den Wert des Besitzes eines jeden Gemeindemit‑ gliedes in Büchern und Land habe schätzen wollen. An jenem Ort habe es aber eine lokale Verordnung gegeben, die dem ent‑ gegengestanden habe, so dass der Gelehrte gegen das Begehren des Boten entschied. Isaak b. Moses von Wien, ein Schüler von Simcha von Speyer, entscheidet, dass der biqqur ḥolim, der Besuch von Kranken, eine Mitzwa, d. h. eine religiöse Pflicht, sei.102 (2.) ‚Sefer Ḥasidim‘: Neben der Responsa‑ literatur gibt es ein weiteres Corpus von Quellen: der ‚Sefer Ḥasidim‘ (geschrieben von Jehudah he‑Ḥasid, gest. 1217, und sei‑ nem Vater, Shmuel he‑Ḥasid).103 Die histo‑ rische Authentizität der Paragraphen im ‚Sefer Ḥasidim‘ ist umstritten. Nach allge‑ meiner Auffassung werden sie heute als Quellen, die reale soziale und wirtschaftli‑ che Verhältnisse widerspiegeln, behandelt, auch wenn diese Paragraphen nicht über konkrete Fälle berichten. Im ‚Sefer Ḥasidim‘ wird das Wort heqdesh nicht erwähnt, das Werk enthält jedoch viele Informationen über Gemeindefonds, Zehnten, Widmun‑ gen und Schenkungen für die Synagoge. Aus dieser Beschreibung der deskriptiven Schriftzeugnisse für die Geschichte von Wohltätigkeit und heqdesh gehen folgende zusammenfassende Punkte hervor: (1.) Das größte und beinahe einzige Cor‑ pus deskriptiver Quellen in allen Gebieten
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des mittelalterlichen Judentums ist die Responsaliteratur. (2.) Responsa hängen nicht unmittelbar mit der Existenz einer Stiftung zusammen, sondern mit halachischen Problemen, die infolge einer eine Stiftung betreffenden Unregelmäßigkeit oder Gesetzeswidrig‑ keit entstanden sind. Diese halachischen Probleme in der Responsaliteratur können typologisch klassifiziert werden: Testa‑ mente; mündliche Formen der Stiftung;
Schriftzeugnisse
Rechte der Erben; Rechte der Waisen, wenn diese im Widerspruch zu den Rechten des Gemeindefonds stehen; das Verhältnis zwi‑ schen dem ketubbah‑Geld der Frauen und Stiftungen; Spenden für das Gedenken der Verstorbenen usw. (3.) Andere deskriptive Gattungen sind narrative Quellen aus Ägypten, das Testa‑ ment von Judah ben Asher in Spanien und der ‚Sefer Ḥasidim‘ in Aschkenas. EK
Anmerkungen 1 ‚Halakhah‘ bedeutet das jüdische Religions‑ (1980), 49–61; M. Cohen, Poverty and Charity (2005), gesetz.
23–25; 89–95; 121–123; 133–136.
schrieben meistens von einer anerkannten hala‑ chischen Autorität. Es antwortet auf eine – ka‑ suistische, d. h. einen konkreten Fall betreffende, oder auf eine theoretische halachische – Frage, die von einem Bet‑Din, einem jüdischen Rabbi‑ natsgericht, von Einzelpersonen oder von einer anderen halachischen Autorität gestellt wurde. Da Responsa als Grundsatzentscheidungen be‑ trachtet wurden, fügte man sie von Zeit zu Zeit in Sammlungen zusammen. 3 Fink, Corporate Status of Hekdesh (1985). 4 Isaak ben Jakob Alfasi, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Yehuda Ari Leib Ashkenazi. Livorno 1781, fol. 20af., Nr. 135. 5 Yosef ha‑Levi ibn Migash, Teshuvot. Ed. Michael Levi Frumkin. Warschau 1871, fols. 26a, Nr. 153; fol. 22b, Nr. 136. 6 Freimann, Teshuvot Rabbi Maimon (1936). 7 Moshe ben Maimon, Responsa. Teshuvot ha‑ Rambam. Ed. Joshua Blau, 3 Bde. Jerusalem 1957– 1961, Bd. 1, 45–47, Nr. 32; 89–90, Nr. 54; Bd. 2, 361–363, Nr. 206; 370–373, Nr. 209 f.; 469–479, Nr. 257; 613–614, Nr. 341. Vgl. auch Gil, Documents (1976), 30 f., Ende des Kapitels ‚The Qodesh as a legal person‘. 8 Moshe ben Maimon, Sefer ha‑Miṣwot. Ed. Isaac Simcha ben Yosef Dov ha-Levi Horowitz. Jerusa‑ lem 1927; Moshe ben Maimon, Mishneh Torah. Ed. Nahum Trebitsch, Bd. 4, Teil 2. Warschau 1881, lib. 7, fol. 33a–b; Twersky, Code of Maimonides
Maimonides’ ‚Leiter‘, sondern für die Darstellung der Beziehung zur Armut in den Dokumenten der Kairoer Geniza. Vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 48–51. 10 Moshe ben Maimon, Sefer ha‑Miṣwot. Ed. Horowitz (wie Anm. 8), 158 f. 11 Das ist eine stereotype Formel in den Kairoer Bettelbriefen; vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 41–51; Ders., Voice of the Poor (2005), 33–35. 12 Moshe ben Maimon, Mishneh Torah. Ed. Trebitsch (wie Anm. 8), Mattanot ʿAniyyim, fol. 30b und 31b halakhot 7.6 und 8.10. Vgl. M. Cohen, For‑ eign Jewish Poor (2003), 60 f. 13 Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 66. Die Signatur des Fragments ist TS 13 J 21 f. 31. 14 Ri Migash, der Gelehrte aus dem muslimi‑ schen Spanien, stellt in seinem Talmudkommen‑ tar fest: „Wenn eine Person [heute] etwas ohne Spezifikation [dem heqdesh] widmet [ohne Anga‑ be über den Zweck], beabsichtigt sie es entweder für die Synagoge oder für die Armen, da wir heute keinen Tempel haben.“ Yosef ibn Migash, Hid‑ dushei Ha‑Ri Migash le‑Bava Batra. Ed. Zalman Schreiber. Warschau 1883, fol. 16b, bBava Batra 102b. Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 423. 15 Shlomo ben Adret, Sheʾelot u‑teshuvot, Bd. 1. Ed. Zeev Wolf. New York 1958, 233, Nr. 618; 266,
2 Ein Responsum ist ein Rechtsgutachten, ge‑ 9 Cohen verwendet diesen Ausdruck nicht für
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Nr. 742; Bd. 4. Ed. Rafael ha-Levi. Pietrikov 1813, Lehrers Raviah (Rabbi Eliezer b. Yoel ha‑Levi) ND Jerusalem 1960, Teil 5, 24, Nr. 135; Teil 7, 22, einen selbständigen Abschnitt über Wohltätig‑ Nr. 250. In einem weiteren Responsum, das in keit geboten, es ist aber nicht erhalten geblieben, den Responsa von Bezalel Ashkenazi Nr. 14 zitiert nur Zitate daraus sind vorhanden in den Werken wurde, behauptet Rashba eindeutig, dass heqdesh späterer Gelehrter. in seiner Zeit Armenfürsorge bedeute. 26 Vgl. Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren 16 Shlomo ben Adret, Sheʾelot u‑teshuvot, Bd. 3. (wie Anm. 17), Bd. 1, fol. 9, Bs. a–b. Ed. Zeev Wolf. New York 1971, 219, Nr. 380; vgl. 27 Vgl. Galinsky, Custom (2011), 214, Anm. 32. J. Cohen, Charitable Contributions (2001). 28 Vgl. unten die Verordnung im Responsum 17 Vgl. Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Akiva des Isaak von Oppenheim. Moses Lehren, Bd. 4. Zhitomir 1862, fol. 19a, Kom‑ 29 Yiṣḥaq mi‑Corbeil, Semaq. Ed. David Harpenes. mentare zu bT ʿAvodah Zarah 13a. Vgl. Galinsky, Jerusalem 1959, 254, Nr. 248: ודין תמחוי וקופה אינו נוהג Jewish Charitable Bequests (2005), 425, Anm. 5. בזמן הזה בינינו לכן דלגתי חלוקתם שאינם נוהגים במלכות 18 Vgl. Finkelstein, Jewish Self‑Government האלה. Das Werk ‚Sefer Mizwot Qatan‘ ist eine Art (1964), 194 (hebräischer Text) und 199 (englischer Kurzfassung von Moses von Coucys Werk, ‚Sefer Text). Vgl. Galinsky, Custom (2011), 231, Anm. 94. Miṣwot Gadol‘ (‚Das große Buch der Gesetze‘). 19 Vgl. Finkelstein, Jewish Self‑Government Vgl. Galinsky, Public Charity (2010), 90, Anm. 13. (1964), 177 (hebräischer Text) und 185 f. (englischer 30 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Text). Vgl. Galinsky, Custom (2011), 231, Anm. 96. Bloch (wie Anm. 21), fol. 10, Nr. 74; vgl. Galinsky, 20 Vgl. Finkelstein, Jewish Self Government Custom (2011), 211, Anm. 28. (1964), 230 (hebräischer Text) und 247 (englischer 31 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Text). Vgl. Galinsky, Custom (2011), 231, Anm. 98. Bloch (wie Anm. 21), fol. 10, Nr. 75; vgl. Galinsky, 21 Meir b. Baruch von Rothenburg, Sheʾelot u‑ Custom (2011), 213, Anm. 30. teshuvot. Ed. Moses Bloch. Budapest 1895, fol. 158b, 32 Mordechai ben Hillel, Mordechai Ha‑shalem Nr. 1022: במקום שאין מספיק ]במה[ שנותנים למלמדים שלle‑Masekhet Bava Kamma. Ed. Avraham Halperin. תינוקות שאין מספיק ההקדש שאין שם כל כך יקחו משארJerusalem 1992, 238, Nr. 192, vgl. Galinsky, Custom ( הקדשות שהניחו נוחי נפש עבור נשמתן ויתנו למלמדים אם2011), 218, Anm. 49. לא פירש השכ"מ לצורך מה והמותר יתנו במקום שרוצים33 Vgl. Galinsky, Custom (2011), 218, Anm. 49; הקהל Emanuel, Responsa von Weisen Deutschlands Vgl. auch Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2000), 19, Nr. 4, Anm. 30. (2005), 200, Anm. 33. 34 Vgl. Peles, Responsa and Rulings (1992), 9–13; 22 Eleazar b. Natan, Sefer ha‑Raavan. Ed. H. L. Galinsky, Custom (2011), 224 f. Ehrenreich. Szilágysomlyó 1927, ND Jerusalem 35 Vgl. Galinsky, Custom (2011), 223. 1975, fol. 176, Sp. 4. 36 Jakob Mollin, Sheʾelot u‑teshuvot Maharil 23 Tosafot zum bT Bava Batra 8a–b. ‚Tosafot‘ ha‑hadashot. Ed. Yitzhok Satz. Jerusalem 1977, 202, nennt man die Talmudkommentare der Gelehr‑ Nr. 152; vgl. Galinsky, Custom (2011), 223, Anm. 64. ten aus Nordfrankreich im 12.–13. Jahrhundert, die 37 Jakob Mollin, Sheʾelot u‑teshuvot Maharil fast in allen Talmudeditionen gedruckt wurden. ha‑hadashot. Ed. Satz (wie Anm. 36), 131 f., Nr. 109; 24 Auch Tosafot bT Bava Batra 148a und Tosa‑ vgl. Galinsky, Custom (2011), 223, Anm. 65. fot bTan. 9a erwähnen die freiwillige Zahlung 38 Jakob Mollin, Sheʾelot u‑teshuvot Maharil des Geldzehnten für den Gemeindefonds in den ha‑hadashot. Ed. Satz (wie Anm. 36), 130, Nr. 108; aschkenasischen Gemeinden des 12. Jahrhunderts; vgl. Galinsky, Custom (2011), 223, Anm. 66. weiterhin auch Sefer Ḥasidim. Ed. Reuven Mar- 39 Joseph b. Moses, Leqet Yosher. Ed. Jacob galiot. Jerusalem 1957, 148 f. (zuerst Bologna 1538, Freimann, Bd. 2. Berlin 1903–1904, 76: ואמר שאין fols. 19b–20a, Nr. 145). Vgl. auch Galinsky, Custom מנהג באושטריך ליתן מעשר מן הרבית או מן שאר דברים רק אנשים מיוחדים שהם חסידים יתנו מעשר מיד כשקבלו (2011), 209 f., Anm. 22 f. 25 Vgl. Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren ריוח מכל דבר. (wie Anm. 17), Bd. 1, fols. 7 Bs. a–9 Bs. d. Wahr‑ 40 Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 1 scheinlich hatte auch das Werk ‚Avi Assaf‘ seines (1971, ND 1999), 7–9.
394 41 Ebd., Bd. 2, 139. 42 Ebd., Bd. 2, 53. 43 Ebd., Bd. 2, 112. 44 Ebd., Bd. 2, 411–471. Hier teilt Goitein die Do‑
kumente in drei Gruppen: Dokumente der Ver‑ waltung des heqdesh (meistens Häuser), Listen der Nutznießer und Listen der Spender bzw. Bettel‑ briefe. Gil, Documents (1976), ediert und analysiert Gruppe A nach Goiteins Klassifikation. Vgl. auch Stillman, Review Moshe Gil (1982). Hier gibt Still‑ man die Gattungen der Dokumente gemäß seiner eigenen Klassifikation an. Vgl. auch Wansbrough, Review Moshe Gil (1977). M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 12, bezeichnet diese zwei Typen von Dokumenten als ‚narratives‘ und ‚statistisches‘ Material. Innerhalb des narrativen Materials zählt er fünf Gattungen auf: (1.) Gesuchsbriefe der Ar‑ men; (2.) Empfehlungsbriefe; (3.) Gerichtsakten; (4.) Responsa (auch außerhalb der Geniza); (5.) Testa‑ mente. Innerhalb des statistischen Materials zählt er zwei Gattungen auf: (1.) Listen der Empfänger von Wohltätigkeit und (2.) Listen der Spender. 45 Zu den Testamenten aus der Geniza vgl. Goitein, Wills and Deathbed Declarations (1964); vgl. auch Gil, Documents (1976), 13–20. 46 Zu den Dokumenten über Instandhaltungen in der Geniza vgl. Gil, Maintenance (1971). 47 Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 139. 48 Ebd., Bd. 2, 411 f. 49 Aufgrund der Dokumente schätzt man das jährliche Einkommen des qodesh in Fustat auf 10 000–12 000 Dirham. Vgl. Goitein, Social Ser‑ vices (1964), 17; Ders., Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 112–121. Diese Schätzung wurde von seinem Schüler Gil akzeptiert, vgl. Gil, Do‑ cuments (1976), 79. 50 Vgl. die Diskussion der Listen und Über‑ setzungen bzw. Analysen der Texte in M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 33 –72; 189–243, und Ders., Voice of the Poor (2005), 108–198. Vgl. auch Worman, Two Book‑Lists (1908). 51 Vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 12. Vgl. auch Scheiber, Beggars’ Letters (1981). 52 Mark R. Cohen indentifiziert fast alle Kom‑ ponenten eines arabischen Bittbriefes in einem Genizabrief, geschrieben von Jahja b. Ammar (Signatur des Fragments: TS 13 J 18.14). Er datiert diesen Text zwischen 1084 und 1117. Die acht Teile
Schriftzeugnisse
des stereotypen arabischen Gesuchbriefes sind: (1.) Eröffnung mit dem Namen des Bittstellers (tarjama); (2.) die islamische Segensform (basmala); (3.) Segen für den Herrscher, an den das Gesuch gerichtet wurde; (4.) ein Ausdruck der Huldigung; (5.) Darstellung des Problems (beginnend mit den Worten: ‚dein Sklave berichtet‘); (6.) die Bitte in einer formalhaften diplomatischen Sprache; (7.) raʾy‑Formel: ‚unserem Herrn gehört die erhabe‑ ne Entscheidung‘; (8.) Abschlussformeln; vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 177–185. Vgl. für die Übersetzung von Bettelbriefen Ders., Voice of the Poor (2005), 16–103. Weiterhin vgl. Scheiber, Beggars’ Letters (1981). 53 Vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 41–51; Ders., Voice of the Poor (2005), 33–35. 54 Vgl. Burns, Jews in the Notarial Culture (1996), 136; kleinere Spenden erwähnt Burns jedoch: 98; 101; 108; 84; 89; 121–123; 133 f. Vgl. über Burns’ Buch Baumgarten, Review Elka Klein (2008). 55 Vgl. Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005), 192 mit Anm. 3; 201, und Ders., Jewish Charitable Bequests (2005), 423, Anm. 1. Für einen Vergleich zwischen den hebräischen und lateini‑ schen Rechtsdokumenten der spanischen Juden vgl. E. Klein, Hebrew Deeds (2004); Baumgarten, Review Elka Klein (2008). Zu hispano‑jüdischen Wohltätigkeitsformen im 15. Jahrhundert vgl. Castaño, Social Networks (1997); zu Fragmenten aus einem Register der jüdischen Gemeinde von Tarazona (1406–1407) über Wohltätigkeitsinstitu‑ tionen vgl. Castaño, Nuevos documentos hebraico‑ aljamiados (2004). 56 Vgl. Gutwirth / Motis Dolader, Twenty‑Six Je‑ wish Libraries (1996). Über spätere jüdische confraternitates vgl. Ruderman, Gemilut Ḥasadim Society (1976). 57 Vgl. F. Baer, Juden im christlichen Spanien (1929), 635, Anm. 397; Gil, Documents (1976), 2, Anm. 3. 58 Vgl. die Dokumente veröffentlicht in: Codice diplomatico dei giudei di Sicilia, 3 Bde. Ed. Bartolomeo Lagumina / Giuseppe Lagumina. Palermo 1884–1895, hier Bd. 2, 184 f., Nr. 584; 188 f., Nr. 587; 197 f., Nr. 591; 219 f. Nr. 609. Vgl. Gil, Documents (1976), 2, Anm. 3. Guglielmo Raimondo Moncada (V.) war der Hauptrichter des Königtums. Die‑ se Schriftzeugnisse gehören zur diplomatischen Korrespondenz und werden hier in der Kategorie
Juden
der Stiftungsdokumente aufgezählt, da sie einen Einzelfall betreffen (deshalb gehören sie nicht zu den normativen Quellen) und unmittelbar mit der Existenz der Stiftung zusammenhängen. 59 Auch die von Jacob Mann herausgegebenen karäischen Listen aus der Geniza enthalten Na‑ men, die wahrscheinlich liturgisch in der Syn‑ agoge rezitiert wurden. Hierbei handelt es sich aber nicht um Listen von Spendern, sondern um Memoriallisten von Verstorbenen. Vgl. J. Mann, Texts and Studies, Bd. 2 (1931, ND 1972), 257–283 für die Liste der Verstorbenen und Manns Ein‑ leitung dazu ebd., 256 f. 60 Das Martyrologium des Nürnberger Memor‑ buches. Ed. und übers. Siegmund Salfeld. Berlin 1898. Auf den Seiten XXVI–XXXIX sind 59 Me‑ morbücher aufgelistet. 61 Barzen, Nürnberger Memorbuch (2011), 5; 10 f. 62 Zur Spenderliste aus dem Nürnberger Me‑ morbuch für die Armen Jerusalems siehe Yuval, Almosen aus Nürnberg (1981). Zu Spenden für die jüdische Gemeinde in Jerusalem aus der Di‑ aspora siehe Kaplony, Manifestations of Private Piety (2004). 63 Die klassische Geniza‑Zeit reicht von ca. 1000–1250. Vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 9. 64 Moshe ben Maimon, Responsa. Ed. Blau, Bd. 2 (wie Anm. 7), 613 f., Nr. 341. 65 Teshuvot Rabbenu Abraham ben ha‑Rambam. Ed. A. H. Freiman, übers. S. D. Goitein. Jerusalem 1937, 34; 94–99. Vgl. Gil, Documents (1976), 15, Anm. 21. 66 M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 167. 67 Hierbei handelt es sich um eine erzählende Gattung der rabbinischen Literatur, im Unter‑ schied zur halachischen, die Gesetze enthält. Vgl. M. Cohen, Poverty and Charity (2005), 168. 68 Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 138; 549, Anm. 1 und 2. Das Fragment, das den Brief enthält, hat die Signatur BM Or. 5544, 2. 69 Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 423–426; Ders., Commemoration and Heq‑ desh (2005), 192; 201–203. 70 Isaak b. Moses wurde durch R. Eliezer b. Joel ha‑Levis (Raviahs) verlorenes Werk ‚Avi Assaf‘ beeinflusst. Wir wissen dies durch ein Zitat, das identisch in Isaak b. Moses Werk und in Jakob Mollins Responsum Nr. 54 wiederkehrt. Isaak b.
395 Moses erwähnt aber den Namen Raviahs nicht, Jakob Mollin zitiert den Satz mit der Benennung des Autors Raviah. Siehe Jakob Mollin, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Yitzhak Satz. Jerusalem 1979, 53, Nr. 54. 71 Asher b. Yehiel, Sheʾelot u‑teshuvot le‑ha‑Rav Rabbenu Asher zʺ l. Ed. Yitzhak Yudlov. Jerusalem 1994, Abschnitt ‚Zusätzliche Responsa‘, 497, Nr. 66; vgl. Galinsky, Public Charity (2010), 91, Anm. 24. 72 Dies war auch in Altkairo üblich, wie in den Dokumenten der Geniza bezeugt ist. 73 Vgl. Ruderman, Gemilut Ḥasadim Society (1976). 74 Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005). 75 Galinsky zählt insgesamt 26 inter vivos‑Schen‑ kungen und Sterbebett‑Testamente aus den Respon‑ sa von Rashba und Riṭba auf. Vgl. Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 428 f. Zu den Responsa, die sich auf den heqdesh beziehen, gehören auch folgende Texte in Rashbas Responsakollektion: Shlomo ben Adret, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Wolf, Bd. 1 (wie Anm. 15): 212, Nr. 563; 233, Nr. 618; 234, Nr. 622; 239, Nr. 642; 249, Nr. 680; 266, Nr. 742; 278, Nr. 811; 294, Nr. 887; 322–325, Nr. 968; 330, Nr. 1000; 338, Nr. 1047; 368–370, Nr. 1156 f.; Bd. 2: 58, Nr. 57; 199, Nr. 261; 214 f., Nr. 286; 241–243, Nr. 326; Bd. 3 (wie Anm. 16): 41, Nr. 46; 80–84, Nr. 122; 170–174, Nrn. 291–298; 240 f., Nr. 416; 248, Nr. 429; Ed. haLevi, Bd. 4 (wie Anm. 15): Teil 5, 8, Nr. 49. 76 Isaak ben Sheshet, Sheʾelot u‑teshuvot Bar Shes‑ het. Ed. Israel Deiches. Jerusalem 1968, 30 f.,Nr. 145; 34, Nr. 160; 36, Nr. 167 f.; 38–40, Nr. 171; 42 f., Nr. 179; 51–53, Nr. 207; 78, Nr. 281; 91 f., Nr. 331; 92, Nr. 335; 94, Nr. 341; 98, Nr. 355; 99, Nr. 359; 142 f., Nr. 465; 159, Nr. 507. 77 Shimon bar Semah Duran, Sefer ha Tashbes. Ed. Meir Crescas. Lemberg 1891, Teil 1: 9, Nr. 13; 20, Nr. 52; 38, Nr. 98; 51, Nr. 138; Teil 2: 22, Nr. 131; 23, Nr. 135; 24 f., Nr. 151; 25, Nr. 158; 27, Nr. 170; 37, Nr. 267; 38–41, Nr. 272; 42, Nr. 282; 44 f., Nr. 291; 47, Nr. 293; Teil 3: 1, Nr. 4 f.; 20, Nr. 104; 24, Nr. 139; 26, Nr. 152; 28, Nr. 167; 30, Nrn. 190 und 194; 32, Nr. 205; 37, Nr. 237; 39, Nrn. 251, 253 und 255 f.; 45, Nr. 301; 46, Nrn. 303 und 307. 78 Shlomo b. Shimon b. Semah, Sefer ha‑Rash‑ bash. Ed. Abraham ben Rafael Mildola. Livorno 1742, 2, Nr. 2; 7, Nr. 20; 13, Nr. 65; 27, Nr. 156; 33, Nr. 190; 53, Nr. 286; 58, Nr. 301; 62, Nrn. 324–327; 69 f., Nr. 361; 90, Nr. 468; 112, Nr. 568; 117, Nr. 597; 126 f., Nrn. 614, 616 und 621.
396 79 Galinsky, Commemoration and Heqdesh
(2005), 423–425; Burns, Jews in the Notarial Cul‑ ture (1996), 84; 89; 98; 101; 108; 121–123. 80 Burns, Jews in the Notarial Culture (1996), 22; 27; 115, hat zwar die Wichtigkeit der Responsali‑ teratur im Zusammenhang mit den Testamenten betont, aber auch behauptet, es habe keine be‑ deutenden Wohltätigkeitsstiftungen durch Tes‑ tamente gegeben; er hält für möglich, dass es stattdessen inter vivos‑Stiftungen gegeben habe, vgl. ebd., 103; 133 f.; 136. Dagegen demonstriert Galinsky, Jewish Charitable Bequests (2005), 423, Anm. 1, dass die sephardische Responsaliteratur aus dem 13. Jahrhundert doch Testamente als Wohltätigkeitsstiftungen belegt. 81 Judah b. Asher, Sheʾelot u‑Teshuvot Zichron Jehudah le‑Rabbenu ben ha‑Rosh. Ed. Avraham Y. Havtselet. Jerusalem 2005, 180 f.; vgl. Galinsky, Custom (2011), 214 f. Vgl. auch Abrahams, Hebrew Ethical Wills (1926), 193. 82 Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren (wie Anm. 17), fol. 8–9, Hilkhot ṣedaqah, Nr. 17–19. 83 Eliezer ben Joel ha‑Levi, Sefer Raviah. Ed. Avigdor Aptowizer. Jerusalem 1958, Nr. 799. 84 Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren (wie Anm. 17), fol. 8; fol. 7, Hilkhot ṣedaqah, Nr. 12; 5 f. 85 Shlomo Yiṣḥaqi, Teshuvot Rashi. Ed. Israel Elfenbein. New York 1943, 366 f., Nr. 366. 86 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 21), fol. 80, Nr. 586. 87 Ebd., fol. 101, Nr. 754. 88 Teshuvot Baale ha‑Tosafot. Ed. Irving Agus. New York 1954, 136, Nr. 58. 89 Meir b. Baruch von Rothenburg, Sheʾelot u‑ teshuvot. Ed. Moses Bloch. Berlin 1891, fol. 140, Nr. 16; fol. 194, Nr. 99. 90 Teshuvot Baale ha‑Tosafot. Ed. Agus (wie Anm. 88), 231–232, Nr. 125. 91 Meir b. Baruch von Rothenburg, Sheʾelot u‑ teshuvot. Gedruckt bei Vicenzo Conti. Cremona 1558, fols. 46b–47a, Nr. 143. 92 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 21), fol. 45, Nr. 493; Meir b. Baruch von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Raphael Nathan Rabinowicz. Lemberg 1860, fol. 16, Nr. 211. 93 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 89), fol. 193–196, Nr. 99. 94 Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren (wie Anm. 17), fol., 9, Hilkhot ṣedaqah Nr. 26.
Schriftzeugnisse
95 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed.
Bloch (wie Anm. 21), fol. 45, Nr. 286; vgl. Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005), 199, Anm. 28. 96 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 89), fol. 293 f., Nr. 371; vgl. Galinsky, Commemoration and Heqdesh (2005), 199, Anm. 26. 97 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 89), fol. 156 f., Nr. 33. 98 Meir von Rothenburg, Sheʾelot u‑teshuvot. Ed. Bloch (wie Anm. 89), fol. 140, Nr. 16. 99 Raviahs Entscheidung wurde aus seinem verlorenen Werk, dem Buch ‚Avi Assaf‘, durch Jakob Mollin zitiert, siehe in den Responsa von Jakob Mollin. Ed. Satz (wie Anm. 70), 53, Nr. 54; vgl. Galinsky, Custom (2011), 205, Anm. 6. 100 Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren (wie Anm. 17), Bd. 1, fol. 7–9, Hilkhot ṣedaqah Nr. 2–4; 27; 30; 11. 101 Sheʾelot u‑teshuvot shel Ḥakhmei Ash‑ kenaz u‑Ṣarfat. Ed. Ephraim Kupfer. Jerusalem 1973, 184 f., Nr. 121. 102 Isaak ben Moshe, Or Zarua. Ed. Lehren (wie Anm. 17), Bd. 1, fol. 7, Hilkhot ṣedaqah Nr. 1. 103 Vgl. eine umfassende Analyse der Wohl‑ tätigkeitspraxis im ‚Sefer hasidim‘ bei Cronbach, Social Thinking (1949).
397
Griechisch-orthodoxe Christen
5.5 Griechisch-orthodoxe Christen 5.5.1 Allgemeines Verglichen mit anderen historischen Phä‑ nomenen im Byzantinischen Reich sind griechisch‑orthodoxe Stiftungen durch schriftliche Quellen außerordentlich gut belegt. Schon in der Quantität übersteigt das Archivmaterial einzelner Athos‑Klös‑ ter das des ganzen byzantinischen Staates. Zudem beschränken sich die schriftlichen Quellen für griechisch‑orthodoxe Stiftun‑ gen nicht auf dokumentarisches Material, sondern können im Grunde in allen li‑ terarischen Gattungen gefunden werden. Will man die Schriftzeugnisse grie‑ chisch‑orthodoxer Stiftungen in einem Überblick darstellen, so stellen sich zu‑ nächst grundlegende Fragen nach Katego‑ risierung und Gattung. Mögliche Kategori‑ sierungen byzantinischer Quellen beschäf‑ tigen die Byzantinisten schon lange; der meistbeschrittene Weg ist die Definition und Taxonomie ‚byzantinischer Literatur‘. Sicher ist es nicht die schlechteste Idee, dem Vater der modernen Erforschung by‑ zantinischer Literatur, Karl Krumbacher (1856–1909), zu folgen, der in der zweiten Auflage seiner wegweisenden ‚Geschichte der byzantinischen Literatur‘ (1897) die by‑ zantinische ebenso wie die frühen Formen der modernen griechischen (‚vulgärgrie‑ chischen‘) Literatur in Prosa und Poesie unterteilte.1 Krumbacher unterschied nicht strikt zwischen säkularen und theologi‑ schen Werken, sondern behandelte sie als Unterpunkte der größeren Kategorien Pro‑ sa und Poesie, anders als die beiden Stan‑ dardwerke über byzantinische Literatur – ‚Kirche und theologische Literatur im By‑ zantinischen Reich‘ von Hans‑Georg Beck und ‚Die hochsprachliche profane Literatur
der Byzantiner‘ von Herbert Hunger.2 Die Verfasser dieser drei Werke bewegten sich im Rahmen der bei den meisten byzanti‑ nischen Autoren nachweisbaren, sehr weit gefassten Definition: Literatur – in etwa das Äquivalent zum griechischen Plural logoi – umfasste nicht nur das, was mo‑ derne Leser unter Belletristik verstehen, sondern Texte jeder Gattung in stilisier‑ ter Sprache.3 Die Byzantiner verstanden unter ‚Literatur‘ also auch Handbücher oder Abhandlungen über Recht, Medizin, Kriegswesen oder Naturwissenschaft. Viel‑ leicht wird der byzantinische Literaturbe‑ griff am besten durch das deutsche Wort ‚Schrifttum‘ wiedergegeben, das alle Arten von geschriebenen Texten umfasst.4 Eine derart weit gefasste Definition stößt nicht bei allen Forschern auf Zustimmung; der Verfasser eines neuen Überblicks über by‑ zantinische Literatur schließt theologische Bücher und Gebrauchstexte aus seinem Überblick über die Literatur weitgehend aus.5 Weniger schwierig ist die Definition von Gattungen. Obwohl die Byzantiner mit Ausnahme der Rhetorik6 Genres nicht umfassend schematisiert haben, beziehen Byzantinisten sich auf allgemein verständ‑ liche Klassifizierungen (Epistolographie, Hagiographie, Historiographie usw.). Während das Problem von Definition und Kategorisierung ‚byzantinischer Li‑ teratur‘ ausführlich diskutiert worden ist, gibt es keine allgemeine Kategorisierung für Quellen, die griechisch‑orthodoxe Stiftungen beschreiben oder von ihnen hervorgebracht wurden. Bei Editionen von Klosterarchiven werden gelegentlich grundlegende Dichotomien genannt, etwa
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die Unterscheidung zwischen öffentlichen und spezifisch ‚kaiserlichen‘ Dokumenten.7 Bei den Überlegungen zu einer angemes‑ senen Kategorisierung der Quellen, die griechisch‑orthodoxe Stiftungen beschrei‑ ben, spielen vergleichende wie auch spe‑ zifischere Betrachtungen eine Rolle. Was erstere angeht, so lässt eine Kategorisie‑ rung von Quellen nach fest etablierten Gat‑ tungen wie Hagiographie, Historiographie und Epistolographie sich problemlos auf byzantinische und lateinisch‑christliche Stiftungen anwenden, weniger jedoch auf die anderen Teilbereiche dieser Enzyklo‑ pädie. Selbst innerhalb der Byzantinistik führt die Anwendung traditioneller Gen‑ regrenzen bei bestimmten Arten von Do‑ kumenten zu Schwierigkeiten; so stellt die wichtigste Kategorie von Schriftzeugnissen, das Stifter‑typikon, selbst eine Mischung ganz unterschiedlicher Genres dar: Typika von Stiftern gibt es in den Viten von Heili‑ gen (Hagiographie), Testamenten (Recht), Briefen (Epistolographie), kaiserlichen Chrysobullen (offiziellen Schriftstücken) und als Inschriften (Epigraphik). Hier wird darum nach einem dreiglied‑ rigen Schema verfahren, das normative, dokumentarische und narrative Quel‑ len unterscheidet. Innerhalb jeder dieser Kategorien entsprechen kleinere Subka‑ tegorien den traditionelleren Gattungen. Dieser Überblick über Schriftzeugnisse griechisch‑orthodoxer Stiftungen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, d. h. der Abschnitt über typika bietet keine Liste aller Manuskripte mit typika, Editionen und Sekundärliteratur. Stattdessen wurde versucht, die generellen Charakteristika jeder Gattung von schriftlichen Quellen aufzuführen und die Schwierigkeiten der Nutzung von Quellen des jeweiligen Gen‑ res darzulegen. So zeigen sowohl weltli‑ che als auch kirchliche Rechtstexte häu‑ fig ein idealisiertes und von der Realität
Schriftzeugnisse
abweichendes Bild des Regelwerks von Stif‑ tungen. Ein weiteres Beispiel aus einer an‑ deren Gattung sind hagiographische Texte; wo sie mit Gewinn als Informationsquel‑ len herangezogen werden sollen, muss die häufige Verwendung literarischer Topoi in dieser Gattung berücksichtigt werden. 5.5.2 Normative Quellen Zivilrecht Griechisch‑orthodoxe Stiftungen beweg‑ ten sich innerhalb eines von Zivil‑ und Kirchenrecht eng gefassten Regelwerks. Wegen der Bedeutung, die die frühe For‑ schung über griechisch‑orthodoxe Stiftun‑ gen dem offiziellen Rechtssystem zumaß, wurde die Rolle normativer Rechtstexte in der Praxis der byzantinischen Stiftun‑ gen eingehend untersucht, jedoch auch in mancher Hinsicht überbewertet oder falsch interpretiert. (→ 2.5.2) Unter normativen Rechtstexten werden hier Dokumente des offiziellen Regelwerks verstanden – Geset‑ zestexte, vom Kaiser erlassene Vorschrif‑ ten, durch Konzile und patriarchale Akte erlassenes Kirchenrecht –, im Gegensatz zu nicht‑normativen Rechtstexten, die eher die Rechtspraxis widerspiegeln, wie Testamente, Stiftungen, Tauschgeschäfte, Verkäufe etc. Erstere blieben wesentlich häufiger erhalten als letztere. Obwohl die kaiserliche Gesetzgebung sich im 4. und 5. Jahrhundert gelegentlich mit christlichen Stiftungen befasst hatte, wurde erst durch Justinians (527–565) ehr‑ geizige Konsolidierung und Reform des rö‑ mischen Rechts ein umfassender Rahmen für die rechtliche Behandlung von Klöstern und wohltätigen Stiftungen (piae causae) geschaffen.8 Das sogenannte ‚Corpus Iuris Civilis‘, eine zwar eher frühneuzeitliche als spätantike, jedoch zweckdienliche Be‑ zeichnung für die aus dieser Rechtsreform
Griechisch-orthodoxe Christen
hervorgegangenen Texte (‚Codex Iustinia‑ nus‘, ‚Digesten‘, ‚Institutionen‘ und die für die Stiftungsvorschriften bei weitem wich‑ tigste Sammlung der ‚Novellen‘) bildeten die Grundlage für alle späteren Ordnungen der griechisch‑orthodoxen Stiftungen im zivilen und kirchlichen Recht. Die helleni‑ sierte Redaktion des ,Corpus Iuris Civilis‘ – die ‚kaiserlichen [Gesetze]‘ oder ‚Basilika‘ (888 fertig gestellt) – blieb das juristische Standardwerk des Byzantinischen Reichs bis zu seinem Untergang und bildete noch im 19. Jahrhundert im Königreich Grie‑ chenland die Grundlage des allgemeinen Rechts, bis während des Zweiten Welt‑ kriegs ein Bürgerliches Gesetzbuch in Kraft trat. Zumindest in einigen Fällen dienten die ‚Basilika‘ auch griechisch‑orthodoxen Gemeinden außerhalb des Byzantinischen Reichs als Rechtsgrundlage. Der byzanti‑ nische Kanonist Theodor Balsamon (ca. 1130/1140 bis nach 1195) berichtet, dass der Patriarch von Konstantinopel auf die Frage des griechisch‑orthodoxen Patriarchen von Alexandria nach dem für die orthodoxe Gemeinde in Ägypten anwendbaren Zi‑ vilrecht antwortete, dass die ‚Basilika‘ für die ganze oikoumenē galten, also für die orthodoxe Gemeinschaft weltweit; gegen ihre Anwendung hatte der Patriarch von Alexandria unter anderem mit dem Ar‑ gument protestiert, sie seien in Ägypten nicht auffindbar.9 Da das ‚Corpus Iuris Civilis‘ (über die ,Basilika‘ und ihre zahlreichen Bearbeitun‑ gen) die ganze byzantinische Geschichte hindurch den gesetzlichen Rahmen dar‑ stellte, bildete die kaiserliche Gesetzgebung in Form von Novellen die Hauptgrundlage für neue Rechtssetzungen oder wesentli‑ che Änderungen an den justinianischen Grundsätzen. Aus der Zeit nach Justinian ist von der kaiserlichen Gesetzgebung nur wenig erhalten, und das gilt besonders für die Stiftungsvorschriften. Vor allem
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Kaiser aus der sogenannten makedoni‑ schen Dynastie (867–1056) beeinflussten die Vorschriften byzantinischer Stiftun‑ gen durch wichtige neue Gesetze. Der produktivste Gesetzgeber nach Justinian, Leon VI., erließ 113 Novellen, von denen einige auch eine Reihe von Änderungen der justinianischen Stiftungsgesetzgebung vorsahen. Mönche durften nun nach dem Eintritt ins Kloster Besitz erwerben und darüber verfügen – eine Verletzung des in bei Justinian festgelegten Grundprinzips, demzufolge Mönche, sobald sie die Tonsur erhielten, ihre Rechtsfähigkeit hinsichtlich Familie und Besitz verloren.10 Damit wur‑ de jedoch im Grunde nur eine schon lang angewandte Praxis legalisiert, denn das Eigentumsverbot war im byzantinischen Mönchswesen schon länger nur noch lee‑ re Vorschrift, wie die Zeugnisse aus dem spätantiken Mönchtum Ägyptens über‑ zeugend belegen.11 Von größerer Tragweite war die Aufhebung des justinianischen Liturgieverbots in privaten Kapellen und Andachtsräumen.12 Bedenkt man, dass Leons Novellen in der Zeit ihrer Entste‑ hung wie auch in der späteren Entwicklung des byzantinischen Rechts nur begrenz‑ te Wirkung zeigten, so spricht wenig für die tatsächliche Umsetzung dieser Regeln und in weiten Teilen seiner Gesetzgebung überhaupt.13 Zu den wichtigsten nach Leon VI. erlassenen Novellen für griechisch‑ orthodoxe Stiftungen gehören ein Verbot fast aller neuen Stiftungen, das 964 unter Nikephoros Phokas (963–969) ausgespro‑ chen wurde, und dessen Widerruf unter Basileios II. (976–1025) im Jahr 988.14 Kirchenrecht Neben dem Zivilrecht gewährt uns auch das Kirchenrecht Einblicke in das Re‑ gelwerk griechisch‑orthodoxer Stiftun‑ gen. Das Kirchenrecht entstand auf der Grundlage von Konzilsakten, Schriften
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der Kirchenväter, Rechtsprechung kirch‑ licher Amtsträger und Kommentaren zu kanonischen Schriften und zu relevanten Zivilvorschriften. Anders als im lateini‑ schen Westen entwickelte sich in Byzanz keine strikte Trennung zwischen zivilem und kanonischem Recht. Bereits im Jahr 545 gewährte Justinian in seiner Novelle 131 den kanonischen Schriften der ersten vier ökumenischen Konzilien (Nikaia I [325], Konstantinopel I [381], Ephesos [431] und Chalkedon [451]) zivilrechtlichen Sta‑ tus; die Anerkennung der Kanones der drei späteren ökumenischen Konzilien (Konstantinopel II [553]), Konstantinopel III [680–681]15 und Nikaia II [787]) wur‑ de in den ‚Basilika‘ (→ 5.5.2, Zivilrecht) festgelegt. Bezeichnend für die wechsel‑ seitige Durchdringung von zivilem und kanonischem Recht war das spezifisch byzantinische Gesetzbuch, der sogenannte nomokanon, eine Sammlung von Kirchen‑ gesetzen, bestehend aus nomoi (Zivilgeset‑ zen) und kanones (kirchlichen Regeln). Die einflussreichste Sammlung kanonischer Vorschriften war der ‚Nomokanon der 14 Titel‘, eine vermutlich im 7. Jahrhundert entstandene Sammlung, die 882/883 und 1089/1090 stark überarbeitet wurde. Ab dem Ende des 12. Jahrhunderts nahm das byzantinische Kirchenrecht gegenüber dem weltlichen Recht an Bedeutung in dem Maße zu, wie die Macht des Staates schwand. Der Wert einer Untersuchung der Nor‑ men des byzantinischen Zivil‑ und Kir‑ chenrechts im Hinblick auf griechisch‑ orthodoxe Stiftungen wird durch deren äu‑ ßerst begrenzte Durchsetzung und Imple‑ mentierung relativiert. Zwar beschränkt sich die Disparität zwischen ‚Recht in der Theorie‘ und ‚Recht in der Praxis‘ historisch nicht auf Byzanz, doch wird sie beson‑ ders von Byzantinisten beklagt.16 Für die Inkongruenz der griechisch‑orthodoxen
Schriftzeugnisse
Stiftungspraxis mit dem byzantinischen Recht ließen sich zahlreiche Beispiele an‑ führen. Das oben erwähnte Beispiel, das justinianische Eigentumsverbot für Mön‑ che, wurde nicht nur im spätantiken Ägyp‑ ten ignoriert; solches ist auch für andere Zeiten und Orte gut dokumentiert.17 Die Einschränkungen, die einem Stifter bei Eingriffen in die administrativen und fi‑ nanziellen Angelegenheiten seiner Stiftung auferlegt waren – ebenfalls ein Grund‑ prinzip der justinianischen Kirchengesetz‑ gebung –, wurden häufig nicht beachtet. Im spätantiken Ägypten behandelten Stif‑ ter Kirchen, Klöster und andere religi‑ öse Einrichtungen im Allgemeinen wie jedes beliebige Privateigentum.18 Obwohl zwischen den im Zivil‑ und Kirchenrecht verankerten Regelungen für Stiftungen und der tatsächlichen Stiftungspraxis gro‑ ße Lücken klafften, bildeten diese Regeln doch in gewissem Maße die Gesellschaft ab. Die heftige Reaktion auf die charistikē, eine Form der Treuhänderschaft, die häu‑ fig von Verwaltern zu ihrer persönlichen Bereicherung missbraucht wurde, hätte keinen Erfolg gehabt, wären die unüber‑ sehbar selbstsüchtigen Beweggründe be‑ stimmter charistikarioi nicht als ebenso illegal wie unmoralisch betrachtet worden. Während die Überbewertung der normati‑ ven Rechtstexte bei der Untersuchung von griechisch‑orthodoxen Stiftungen früher zu falschen Schlussfolgerungen führte, können vom Zivil‑ und Kirchenrecht ab‑ geleitete Normen bei der Erforschung un‑ terschiedlicher Aspekte der Stiftungspraxis sehr wohl als Ausgangspunkt dienen. Liturgische typika Die wichtigste Textgattung überhaupt für die Untersuchung griechisch‑orthodoxer Stiftungen ist die der Kloster‑typika. Über die Merkmale eines typikon und über mögli‑ che weitere Unterkategorien wird bis heute
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Griechisch-orthodoxe Christen
lebhaft diskutiert.19 Das mittelalterliche griechische Wort typikon (τυπικόν) bezeich‑ net etymologisch gesehen einen Ritus, eine Regel oder eine Vorschrift.20 Der vatikani‑ sche Bibliothekar Leo Allatius erkannte im 17. Jahrhundert als erster die Bedeutung von typika für die Erforschung der griechisch‑ orthodoxen Kirche; er stellte fest, dass be‑ stimmte typika als Stifter‑typika bezeichnet wurden. Viele Forscher übernahmen seine beiden grundsätzlichen Kategorien: typika von Stiftern und liturgische typika.21 Die Stifter‑typika (→ 5.5.3) wurden aus‑ schließlich für eine bestimmte Stiftung verfasst und sind in hohem Maße idiosyn‑ kratische Dokumente, auch wenn sie sich stark an den typika anderer Stifter orien‑ tierten. Standardisierter und normativer waren die sogenannten liturgischen typika. Ein liturgisches typikon diente als liturgi‑ scher Kalender und enthielt die Angaben zu den Messen jedes Tages, während eine diataxis die Gottesdienstordnung festleg‑ te.22 Man teilt liturgische typika in drei unterschiedliche Gruppen ein: das typikon der Großen Kirche, also die in der Hagia Sophia benutzte Form, sowie zwei Kloster‑ typika, dasjenige der Studiten und das der Sabaiten, die die liturgischen Riten zweier großer Zentren des byzantinischen Mönch‑ tums repräsentierten: den des Stoudion‑ klosters in Konstantinopel und den von St. Sabas in Palästina. Aus der Geschich‑ te der byzantinischen liturgischen Texte lässt sich das allmähliche Übergewicht des byzantinischen Mönchtums im griechisch‑ orthodoxen Klosterleben ablesen: Die Li‑ turgie selbst wurde ‚monastisiert‘, was der Stärke der klösterlichen Institutionen eben‑ so geschuldet war wie der Schwäche der Staatskirche; tatsächlich ist auch der heu‑ tige byzantinische Ritus neo‑sabatisch.23 Wegen ihrer starken Standardisierung lässt sich wie aus anderen normativen Quellen nur bedingt etwas über die tatsächliche
Funktionsweise griechisch‑orthodoxer Stiftungen ableiten. 5.5.3 Dokumentarische Quellen Typika von Stiftern (ktētorika typika) Die Stifter‑ oder ktētorika typika (abgelei‑ tet vom Wort für Stifter, ktētōr) sind für die Erforschung der griechisch‑orthodo‑ xen Stiftungen die wichtigere der beiden Kategorien von typika. Im Wesentlichen enthalten sie, neben manchmal unglaub‑ lich detaillierten Vorschriften zur Leitung von Mönchgemeinschaften, Bestimmungen zum wirtschaftlichen Bestand der Stiftung und ihren Aufgaben. Im Gegensatz zu an‑ deren Aspekten der griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur finden sich typika fast aus‑ schließlich in Klöstern – von einer nicht‑ klösterlichen Stiftung ist kaum ein typikon erhalten.24 Sie unterscheiden sich stark in Umfang, Inhalt und Übertragungsmedium. Vor allem ist ‚Stifter‑typikon‘ eher eine mo‑ derne heuristische als eine zeitgenössische Bezeichnung: Während die Stifter im By‑ zantinischen Reich vielerorts ein typikon für die anfängliche Verwaltung oder Re‑ form der Stiftung entwarfen, verweisen die verwirrenden Abweichungen bei ihrer Umsetzung, ihr unklarer Rechtsstatus, ihre unterschiedliche Terminologie und ihre ad‑ hoc‑Formulierung auf ein außerordentlich variables Phänomen, weshalb es eine aus‑ gedehnte Diskussion über die Frage gibt, nach welchen Kriterien festgelegt werden sollte, ob es sich bei bestimmten typika um typika von Stiftern handelt. Die Verwendung von typika entwickel‑ te sich im Mittelalter. Das älteste Doku‑ ment im Corpus der BFMD, einer kom‑ mentierten und übersetzten Sammlung von 61 ktētorika typika, stammt aus dem ersten Viertel des 7. Jahrhunderts.25 Um die Jahrtausendwende waren typika in der
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griechisch‑orthodoxen Welt weit verbrei‑ tet und setzten sich zunehmend auch im weiteren orthodoxen Kulturraum durch. In der Frühen Neuzeit und in der Neuzeit, ja bis heute, sind die im Russischen und in anderen slawischen Sprachen als ustavy bekannten typika die Domäne von typikon‑ Spezialisten (ustavshchiki). Die typika der Stifter wurden in einer großen Formenvielfalt weitergegeben. So gut wie jede Klostergemeinschaft besaß eine Art typikon, wenn auch nur in mündli‑ cher Form; eine Sammlung von ungeschrie‑ benen Regeln und Traditionen, die vom Stifter und den ersten Mönchen an spätere Eingeweihte mündlich weitergegeben wur‑ den. In einigen der ersten Klöster Kons‑ tantinopels gibt es zahlreiche Beispiele solcher parangeliai, die Stiftern und Äbten zugeschrieben werden.26 Die Niederschrift des typikon bedeutete somit selbst in Ge‑ meinschaften mit einer lange bestehenden mündlichen Regel die Standardisierung von Klosterregeln. Die größte Gruppe von Stifter‑typika, die von ihren Verfassern nicht ausdrück‑ lich als typika bezeichnet wurden, sind Testamente (diathēkai).27 Das Testament oder die diathēkē als offizielles Dokument wendete sich häufig speziell an die zivilen und kirchlichen Behörden; gelegentlich schrieben Stifter zusätzlich zum typikon eine eigene diathēkē oder eine nach dem Testament verfasste weniger standardi‑ sierte Variante eines Testaments, Kodi‑ zill genannt. Anders als typika stellten Testamente eine genau geregelte Katego‑ rie offizieller Dokumente dar. Vermutlich waren Testamente für die Regelung von Stiftungen auch deshalb so beliebt, weil sie dem Wunsch des Stifters entsprachen, seinen Vorschriften einen verbindlichen Rahmen zu geben. Typika waren letztlich private Dokumente, und ob sie befolgt wurden, hing von der entsprechenden
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Bereitschaft der Stiftungsorgane ab.28 Ne‑ ben einem Testament und einem Kodizill wurde ein typikon oft durch eine dritte Art von Dokument ergänzt, eine Aufstellung des Klosterbesitzes oder brebeion.29 Je nach Art des brebeion konnte es den Landbesitz, liturgische Objekte oder Manuskripte auf‑ führen. Tragischerweise hat sich fast kein brebeion eines byzantinischen Klosters mit der Aufstellung des Grundvermögens er‑ halten. Während es sich bei typikon, Tes‑ tament, Kodizill und brebeion technisch gesehen um jeweils eigenständige Doku‑ mente handelte, ist es sinnvoll, diese vier zusammenhängenden Kategorien als Teil des Stifter‑typikons zu behandeln. Eine weitere Gattung von rechtsver‑ bindlichen und häufig als Stifter‑typika bezeichneten Dokumenten sind kaiserli‑ che Chrysobullen. Ob es sich tatsächlich um Stifter‑typika handelt, ist strittig; eine Forscherin etwa sieht in ihnen eher die Ergebnisse von kaiserlichen Schlichtungs‑ verfahren.30 Diese Charakterisierung trifft auf die meisten derartigen Dokumente zu; drei kaiserliche typika wurden in der Folge von Auseinandersetzungen auf dem Berg Athos ausgestellt, und zwar während der Herrschaft von Johannes I. Tzimiskes (969–976), Konstantin IX. Monomachos (1042–1055) und Manuel II. Palaiologos (1391–1425). Solche typika sind technisch gesehen keine Stifter‑typika; sie ersetzen ein Stifter‑typikon nicht, sondern ergänzen oder modifizieren es. Trotzdem wurden diese ‚typika‘ häufig in die Verzeichnisse von Stifter‑typika aufgenommen, auch in die BMFD‑Sammlung. Eine dritte Gattung von typika wird häufig aus der Hagiographie abgeleitet. Bei Stiftungen von Heiligen sind solche typika oft in Beschreibungen ihres exem‑ plarischen Lebens und ihrer Taten (bios kai politeia) eingeschlossen oder als Zusatz angehängt. Derartige typika gehen auf den
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Wunsch des Stifters zurück, seinen Regeln allgemeinere Geltung zu verschaffen; sie wurden häufig schon in Erwartung seines Ablebens verfasst. In mancher Hinsicht äh‑ neln solche typika gelegentlich formellen Testamenten (Zeugen mit Unterschriften, Formeln, die das Abweichen von den Wün‑ schen des Erblassers verhindern sollten, etc.), häufiger jedoch waren sie sehr infor‑ mell: Die Gemeinschaft versammelte sich am Sterbebett des Stifters und nahm seine Anweisungen für die künftige Leitung der Gemeinschaft entgegen. Die typika unterscheiden sich in ihrem Umfang enorm. Zwei der kürzesten typika wurden im 10. bzw. 11. Jahrhundert als in Stein gehauene Inschriften festgehalten und sind zum einen für das Altersheim ta Derma und das zugehörige, der Mutter Gottes geweihte Kloster auf dem Berg Tmo‑ los in Kleinasien gedacht, zum anderen für eine Klosterkirche, die für den Erhalt einer nahegelegenen Brücke auf der Pelo‑ ponnes sorgen sollte. Sie sind die einzigen bekannten typika in Form von Inschriften und gehen vielleicht auf ein in der Spätan‑ tike übliches Verfahren zurück.31 Keine Inschrift, doch ebenfalls sehr kurz, ist das aus elf Vorschriften bestehende typikon des Athanasios (1305–1383), Gründer des Klosters von Meteora; sein Inhalt würde ohne Weiteres auf eine DIN A4‑Seite pas‑ sen. Die wortreichsten typika sind dagegen etwa fünfzigmal so lang wie das typikon des Athanasios. Bedenkt man die unterschiedlichen In‑ halte der typika selbst und dazu noch die Kriterien für die Definition eines Textes als typikon, so überrascht es, dass nur wenige Versuche unternommen wurden, typika über die oben erwähnte Unterscheidung in Stifter‑ bzw. liturgische typika hinaus zu kategorisieren. Den überzeugendsten Versuch hat Catia Galatariotou vor mehr als 25 Jahren mit ihrer Unterscheidung
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zwischen ‚aristokratischen‘ und ‚nicht‑ aristokratischen‘ typika (→ 2.5.4) vorgelegt. Gemäß diesem Schema (→ 3.5.5) legten die Verfasser von aristokratischen typika großen Wert auf liturgisches Gedenken für sich selbst und für ihre Familien und gründeten daher Klostergemeinschaften mit starken Bindungen an die Welt der Laien, oft durch die Verpflichtung eines Laientreu‑ händers; klösterliche Disziplin und liturgi‑ sche Praxis außerhalb des Gedenkens an die Stifter wurden, anders als beim nicht‑ aristokratischen Typ, vernachlässigt.32 Bei nicht‑aristokratischen typika sind die Prio‑ ritäten ganz anders verteilt. Ihnen lag vor allem an der Schaffung disziplinierter und egalitärer Klostergemeinschaften, häufig fast ohne Kontakt zur Außenwelt.33 Intertextualität zwischen typika war weit verbreitet. Bestimmte typika wurden zu Archetypen; das gilt vor allem für das Stoudiou‑Kloster (nach 842) und, ab dem 12. Jahrhundert, das Euergetidos‑Kloster in Konstantinopel (erste Niederschrift 1054– 1070, dann bis zur endgültigen Version 1098– 1118 regelmäßig überarbeitet). Wörtliche Abschriften oder Paraphrasen von anderen typika sind in diesem Genre üblich. Aus der Art und Quelle der kopierten Textteile lässt sich manchmal auf die Ziele eines Stifters für sein neues Kloster schließen; so bezeugen die extensiven Anleihen bei der Ordnung der Stouditen im typikon des Athanasios von Athos seine lebenslangen Bemühungen, das für die Klöster der Stou‑ diten typische zönobitische Mönchtum auf dem Berg Athos durchzusetzen, auf dem bis dahin Einsiedler oder nur teilweise gemein‑ schaftlich geprägte Gruppen gelebt hatten. Testamente, Schenkungsurkunden, Urteile Testamente, Schenkungsurkunden und Urteile sind Dokumente, die sich in Klos‑ terarchiven finden. Die Zufälle des Fortbe‑ stehens haben zu einer Verzerrung bei der
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geographischen und zeitlichen Verteilung überlieferter Dokumente für griechisch‑ orthodoxe Stiftungen geführt. Für die ers‑ ten 400 Jahre unseres Untersuchungszeit‑ raums (500–900 u. Z.) gibt es praktisch keine derartigen Dokumente. Nur in dem einzigartig trockenen ägyptischen Klima haben Originaldokumente von Kirchen, Kapellen und Klöstern in signifikanten Mengen überlebt. Nicht einmal die zahl‑ reichen Papyri des spätantiken und by‑ zantinischen Ägypten sind gleichmäßig verteilt. Manche Gegenden in Mittel‑ und Oberägypten sind überrepräsentiert; Wet‑ terbedingungen und Überschwemmungen haben dagegen zum Verlust fast aller Pa‑ pyri im Metropolitensitz Alexandria und in ganz Unterägypten geführt.34 Die Gründung der Großen Laura auf dem Berg Athos im Jahr 963 durch Atha‑ nasios Athonites (925/930–1001) bildete den Auftakt zu einem halben Jahrhun‑ dert fast fieberhafter Klostergründungen; für das Jahr 1001 sind 46 Klöster auf dem Heiligen Berg schriftlich belegt.35 Schon vor der Mitte des 10. Jahrhunderts war der Athos zweifellos ein wichtiges Zent‑ rum des Mönchtums gewesen, doch hatten die klösterlichen Aktivitäten sich auf Ere‑ miten und kleine Gruppen von Mönchen beschränkt, die das Gemeinschaftsleben in unterschiedlichem Ausmaß praktiziert hatten. Die Gründung von großen zönobi‑ tischen Klöstern – deren Vorbild die Große Laura war36 – rief den sowohl den Bedarf an Archiven hervor und sicherte zugleich den Fortbestand der für ihren Erhalt er‑ forderlichen Strukturen. Folglich bilden die Archive der Athos‑Klöster mit etwa 1200 Rechtsdokumenten seit dem Mittel‑ alter das mit Abstand größte Archiv ei‑ ner byzantinischen Institution.37 Dagegen sind die Bestände der vermutlich riesigen staatlichen und kirchlichen Archive in der Hauptstadt bis auf wenige bekannte
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Ausnahmen ebenso untergegangen wie die der Archive in den Provinzen. Jenseits des Athos sind die griechisch‑ orthodoxen Klosterarchive geographisch sehr ungleich verteilt. Originale klöster‑ liche Urkundenbestände oder Abschriften gibt es noch im ebenfalls in Makedoni‑ en gelegenen Kloster Prodromos auf dem Berg Menoikeion, im Kloster von Johan‑ nes Theologos auf Patmos, im Kloster tou Stylou auf dem Berg Latros in Kleinasien, im Kloster von Vazelon im Pontischen Ge‑ birge, schließlich in zahlreichen Klöstern Süditaliens. Bei dokumentarischen Quellen unter‑ scheidet man normalerweise zwischen privaten und amtlichen Dokumenten.38 Amtliche Dokumente zeigen die ganze Bandbreite der Interaktionen zwischen Kirche und Staat: kaiserliche Chrysobullen, die Privilegien gewähren oder Streitigkei‑ ten schlichten, Beziehungen zum Patri‑ archen von Konstantinopel und weniger hoch gestelltem Klerus sowie Umgang mit Finanz‑ und Rechtsbeamten. Zu privaten Dokumenten gehören Schenkungsurkun‑ den, Verkäufe und Testamente. Inschriften Während monumentale Steininschriften in der griechisch‑römischen Antike von gro‑ ßer Bedeutung waren, war das im Mittel‑ alter offensichtlich weit weniger der Fall. Nichtsdestoweniger hielten Stifter ihre Stif‑ tung meist in einer normalerweise sehr knapp gehaltenen Inschrift fest: Name des Stifters, bei adligen Stiftern häufig auch Vorfahren und Titel; die einzelnen Wer‑ ke des Stifters (Bau oder Instandsetzung einer Kirche, eines Klosters oder einer wohltätigen Einrichtung; Beauftragung oder Restaurierung der Innengestaltung); schließlich das Jahr. Nur selten finden sich Hinweise auf die Finanzierung, abgese‑ hen von formelhaften Ausdrücken, meist
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mit den Präpositionen ek (‚von‘) oder dia (‚durch‘) eingeleitet und mit unterschied‑ lichen, meist in den Genitiv gesetzten Be‑ griffen, die die Kosten angeben (syndromē, exodos, kopos). Die Inschrift eines Stifters wurde häufig von seiner Abbildung beglei‑ tet. (→ 6.5.3) Metrische Inschriften waren nicht ungewöhnlich.39 Im Nahen Osten und besonders in Paläs‑ tina haben sich spätantike Inschriften von Gebern oder Stiftern erhalten.40 Über einen Zeitraum von etwa 600 Jahren, ca. 600 u. Z. bis ca. 1200 u. Z., gibt es kaum Inschriften zu Stiftungen. Die beiden oben genannten Stifter‑typika sind wichtige Ausnahmen. Rit‑ zinschriften, zum Beispiel am Parthenon in Athen (im Mittelalter war der Parthenon in eine der Jungfrau Maria gewidmete Kirche umgewandelt), die oft nur Namen und Jah‑ reszahlen enthalten, sind auch aus mittel‑ byzantinischen Zeit reich überliefert; ob sie mit Stiftungen zu tun haben oder nicht, muss noch untersucht werden.41 Aus der spätbyzantinischen Zeit (13. bis 15. Jahrhundert) sind nicht nur viel mehr Inschriften, sondern auch einige sehr de‑ taillierte Stifterinschriften erhalten.42 Re‑ lativ häufig erscheinen Gemeinschaftsstif‑ tungen auf dem griechischen Festland, Kreta, Zypern und dem Balkan, etwa wenn Dörfer Kirchen bauten und ausstatteten.43 In mancher Hinsicht erhellen Inschrif‑ ten auch die Beziehung zwischen Stif‑ tungen und Staat. In der Hagia Sophia in Konstantinopel dokumentieren mehrere Inschriften die kaiserliche Freigiebigkeit für Klerus, Chor und Beleuchtung der Kir‑ che. Justinian II. (685–695, 705–711) etwa gewährte steuerbefreite Salinen, um den Unterhalt der Geistlichkeit und der Be‑ leuchtung in St. Demetrios, der wichtigsten Kirche von Thessaloniki, der zweitwich‑ tigsten Stadt des Reichs, zu finanzieren.44 Durch Inschriften wissen wir auch, dass Verwalter beim Unterhalt von Stiftungen
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eine wichtige Rolle spielten; eine auf 817 datierende Inschrift aus Tzurulon in Thra‑ kien stellt fest, dass der kaiserliche kouratōr (die hellenisierte Form des Lateinischen curator) – ein für die Verwaltung staatsei‑ genen Kirchenbesitzes zuständiger Verwal‑ ter – ein der Theotokos geweihtes Kloster restaurierte.45 Synodika Außer den oben erwähnten liturgischen (also nicht von Stiftern stammenden) typika geben auch andere liturgische Do‑ kumente Hinweise zu griechisch‑ortho‑ doxen Stiftungen. Die typika geben sui generis Vorschriften vor, wie der Stifter, ihrer Familien oder anderer von den Stif‑ tern benannter Personen zu gedenken ist. (→ 8.5.2) Laut den typika und anderen dokumentarischen Quellen stellten Stifter das liturgische Gedenken sicher, indem sie Namen den Diptychen hinzufügten, den Listen derer, denen während der Liturgie gedacht wurde.46 Während der Eucharistie und der begleitenden Gebete wurden die Fürbitten, anaphora, für die Lebenden und die Toten nach entsprechenden Listen von diesen Diptychen abgelesen. Normaler‑ weise wurden die Diptychen in getrennte Listen für Lebende und Tote unterteilt und bei letzteren wiederum zwischen Laien und Klerus unterschieden.47 Interessanterweise scheint die grie‑ chisch‑orthodoxe Kirche zu Zeiten des Byzantinischen Reichs keinen eigenen Dokumententyp für das ausschließliche Gedenken an Stifter und Geber entwi‑ ckelt zu haben. Das mag allerdings der zufälligen Überlieferung geschuldet sein, denn in der Orthodoxie insgesamt lagen die Dinge anders. Die georgische Kirche entwickelte einen besonderen Kalender für das liturgische Gedenken an Geber und Stifter, genannt synodikon (georgisch სჳნოდიკი); diese synodika wurden entweder
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komplett ausgeschrieben oder als Register abgefasst und bei neuen Stiftungen durch zusätzliche Einträge ergänzt.48 Auch in der altrussischen Tradition, besonders in Nowgorod und im moskowitischen Russ‑ land, wurden im sinodik zwei Kategorien erfasst, kirchliche und weltliche Macht‑ haber sowie eine Abteilung für Geber und Stifter.49 Das griechische Wort synodikon, von dem die entsprechenden georgischen und slawischen Begriffe abgeleitet sind, be‑ zeichnete dagegen im liturgischen Bereich einen viel stärker formalisierten Text, in dem Märtyrer, Heilige, weltliche Herrscher und Patriarchen gefeiert und Häretiker verdammt wurden. Das bemerkenswerteste mittelalterliche Beispiel eines synodikon stammt aus dem georgischen Iberer‑Kloster auf dem Berg Athos.50 Es wurde in zwei Phasen vor 1074 und vor 1116 verfasst, nach 1116 dann eher willkürlich ergänzt und enthält eine Liste von Spendern für das Kloster mit dem Na‑ men des jeweiligen Gebers, den Einzelhei‑ ten seines liturgischen Gedenkens und oft einer Beschreibung der Schenkung selbst. Das Spektrum an Gaben, die mit liturgi‑ schem Gedenken erwidert wurden, war groß: Es umfasste Geldgeschenke, Sach‑ geschenke wie Lebensmittel, liturgische Gegenstände, Manuskripte, zweimal sogar ein Schiff, sowie Einflussnahme zugunsten des Klosters.51 5.5.4 Narrative Quellen Hagiographische Texte Zu den schwierigsten und bislang für die Erforschung griechisch‑orthodoxer Stif‑ tungen kaum genutzten Textsorten gehört die Hagiographie. Während die meisten Leser Hagiographie und Lebensbeschrei‑ bungen von Heiligen gleichsetzen würden (Lateinisch vitae, Griechisch bioi), konnte
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man in Byzanz auch Texte darunter verste‑ hen, die technisch keine Viten sind, etwa Märtyrerakten (Lateinisch passiones, Grie‑ chisch martyria), Wundererzählungen oder die Reliquientranslationen, Lobpreisungen (enkomia) und (möglicherweise) Hymno‑ graphie.52 Hagiographische Texte sind für die Erforschung griechisch‑orthodoxer Stif‑ tungen besonders relevant, da viele Stifter – vor allem die Verfasser von sogenannten ‚nicht‑aristokratischen‘ typika – schon zu Lebzeiten, besonders aber nach ihrem Tod, in ihren Gemeinschaften als Heilige galten. Bisher wurde die Bedeutung der Hagio‑ graphie für die Erforschung griechisch‑ orthodoxer Stiftungen jedoch noch nicht ausreichend gewürdigt,53 weil die ältere Forschung an ihrer Objektivität und Zu‑ verlässigkeit als historische Quelle zwei‑ felte54. Unbestreitbar bringt die Nutzung hagiographischer Texte als historische Quellen besondere Probleme mit sich.55 Das gilt beispielsweise für die Tendenz des Biographen, die Lebensgeschichte seines Protagonisten entsprechend literarischer Topoi zu formulieren.56 Im Vergleich zu anderen Gattungen haben hagiographische Texte trotzdem manche Vorteile für die Erforschung grie‑ chisch‑orthodoxer Stiftungen. Zum einen haben sich sehr viele von ihnen erhalten. Zum anderen gibt es keine Archivquel‑ len für griechisch‑orthodoxe Stiftungen zwischen der Mitte des 7. Jahrhunderts – als Papyri nach dem Verlust des byzanti‑ nischen Ägypten im Jahr 641 Stiftungen (ohnehin großenteils koptische, nicht grie‑ chisch‑orthodoxe) unter arabischer statt byzantinischer Herrschaft zu beschreiben beginnen – und dem Ende des 9. Jahrhun‑ derts, der Zeit, aus der die ersten erhalte‑ nen athonitischen Dokumente stammen.57 Gerade diese, von zahlreichen Heiligen und Märtyrern aus den ikonoklastischen Auseinandersetzungen geprägte Epoche
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brachte jedoch besonders viele hagiogra‑ phische Texte hervor. Während das wissenschaftliche Inter‑ esse an hagiographischen Texten sich von den historischen Daten auf ihre Relevanz für die zeitgenössische Weltsicht oder Ideo‑ logie verlagert hat, können sie auch wert‑ volle Hinweise auf die ökonomische Rol‑ le von griechisch‑orthodoxen Stiftungen geben, für die dokumentarische Quellen fehlen. Frank Trombleys Untersuchung der Viten von vier Heiligen aus dem Anatolien des 6. Jahrhunderts – einem ‚schwarzen Loch‘, was Archivquellen betrifft – zeigt die unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Funktionen von Klosterstiftungen in der spätantiken Gesellschaft. Aus einer Vita des Patriarchen von Konstantinopel, Eutychios (552–565, 577–582), geht beispiels‑ weise hervor, dass das Eigenkloster des Patriarchen als eine Art Nothilfe fungierte, denn es verteilte Getreide aus einem Korn‑ speicher an die Massen von Flüchtlingen, die nach der Invasion des sasanidischen Königs Chosrau I. Anushirvan im Jahr 575 nach Amaseia strömten. Das Leben von Nikolaos von der Hagia Sion, eines anderen Heiligen aus dieser Zeit, gibt detaillierte Informationen über die Menge der einhei‑ mischen Arbeiter, die sein Kloster errich‑ teten: Alle 75 arbeitsfähigen Männer eines benachbarten Dorfes wurden als Hilfe für die Steinmetze gebraucht, die den Stein für die Basilika aus einem nahegelegenen Berg schlugen, und 83 Handwerker bauten eine der kleineren Kirchen der Stiftung. Weniger aufwändig war das Vorgehen des paphlagonischen Säulenheiligen Alypios, der aus einer heidnischen, jedenfalls seiner Vita zufolge dämonenverseuchten Nek‑ ropole große Mengen Marmor für seine Stiftung stahl.58 Ebenso wichtig wie die Auskünfte, die hagiographische Texte uns über die Rolle von griechisch‑orthodoxen Stiftungen im
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weiteren gesellschaftlichen Zusammen‑ hang liefern, ist die Rolle, die sie innerhalb der Klostergemeinschaften für die interne Legitimation spielten. Indem hagiographi‑ sche Texte Stifter ebenso wie die wichtigs‑ ten Äbte und Asketen der Gemeinschaft rühmten, förderten sie ein Wirgefühl und vertieften das Verständnis der Mönchsge‑ meinschaft für die eigene Geschichte. Historiographische Texte Chroniken und Geschichtsschreibung bie‑ ten nicht nur weiterführende Hinweise zu griechisch‑orthodoxen Stiftungen, sondern eine bestimmte Art von Stiftungen, näm‑ lich Klöster, bildeten geradezu Zentren für die Produktion historiographischer Texte. Vor allem zwischen dem Ende des 7. Jahr‑ hunderts und dem 11. Jahrhundert u. Z. wa‑ ren die wichtigsten Historiker Mönche: Der berühmteste byzantinische monastische Historiker, Theophanes Homologetes (ca. 760–817), wohnte in dem von ihm selbst gegründeten Kloster Megas Agros. Meist liefern historiographische Texte nur we‑ nige Details über die Aktivitäten oder das Innenleben eines Klosters, doch können sie nützlich sein, um den Standort von Stiftungen, deren exakte geographische Lage unbekannt ist, auszumachen, um bis‑ lang unbekannte Stiftungen nachzuweisen und um die in anderen Texten gefundenen Angaben über Stiftungen zu untermauern. Der für die Erforschung griechisch‑or‑ thodoxer Stiftungen wertvollste historio‑ graphische Text ist die sogenannte ‚Patria von Konstantinopel‘. Die ‚Patria‘ ist eine kurz vor dem Jahr 1000 zusammengestellte und während der Herrschaft von Alexios I. Komnenos (1081–1118) überarbeitete Samm‑ lung von Texten, die Monumente und To‑ pographie der Hauptstadt des Reiches be‑ schreiben. In einem Abschnitt wird die Entstehung der größeren Bauwerke der Stadt, vornehmlich Kirchen und Klöster,
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beschrieben 59; wenngleich lokale Legen‑ den sich eindeutig mit konkreten Details mischen, zeichnet die ‚Patria‘ doch ein fas‑ zinierendes Bild dessen, was ein Besucher der ‚Königin der Städte‘ (hē basileuousa) zur Jahrtausendwende über die berühm‑ testen Stiftungen der Kapitale erfahren haben mag. Es folgt ein typischer Eintrag, in diesem Fall für die Klöster Alexandria und Gregoria: „Die Klöster Alexandria und Gregoria: Die beiden Klöster mit dem Na‑ men St. Dominica, eines Alexandria, das andere Gregoria genannt, wurden in der Zeit des großen Theodosios [I. (379–395)] gegründet. Nach ihrer Ankunft aus Rom fanden sie [Alexandria und Gregoria] den Ort menschenleer vor und baten den Kai‑ ser um Land und Geld und gründeten das Kloster.“60 Gerichtsakten Zur Schlichtung von Streitigkeiten wende‑ ten griechisch‑orthodoxe Stiftungen sich häufig an zivile und kirchliche Gerichte. Wenn ein Gericht angerufen wurde, so deshalb, weil der Disput nicht intern, also durch Intervention eines Abtes oder Laien‑ treuhänders, oder durch weniger formale Schlichtung beigelegt werden konnte. Uns liegen zahlreiche Protokolle von solchen Auseinandersetzungen auf dem Berg Athos vor, die durch den aus den Äbten der wich‑ tigsten Klöster gebildeten ‚Ältestenrat‘ (geronteia) des Heiligen Berges geschlichtet wurden. Athonitische Mönche sollten ihre Konflikte nicht vor weltliche oder kirchli‑ che Gerichte bringen, da Einmischungen von außen misstrauisch betrachtet wur‑ den. Vielmehr sollte die geronteia sämtliche Streitigkeiten auf dem Berg lösen. Wie bei den meisten anderen Kategorien von Quellen fehlen auch Gerichtsakten aus den ersten fünfhundert Jahren unserer Un‑ tersuchung, also aus der Zeit etwa 500–1000 u. Z., sieht man von einigen ägyptischen
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Papyri ab. Bei Zivilgerichten gibt es für die ganze byzantinische Epoche nur die sogenannte ‚Peira‘ (‚Erfahrung‘).61 Die ‚Peira‘ wurde um das Jahr 1050 von einem anonymen Kompilator aus etwa 300 Ent‑ scheidungen (hypomnēmata) des Obersten Richters von Konstantinopel, Eustathios Rhomaios, zusammengestellt. Das Gericht von Eustathios Rhomaios arbeitete wie ein Oberster Gerichtshof, dem der Kaiser selbst häufig Fälle zuwies. In der ‚Peira‘ finden sich zahlreiche faszinierende Fälle griechisch‑ orthodoxer Stiftungen. Einmal (‚Peira‘ 15.8) geht es um die Aufteilung der Einnahmen zwischen Eigentümern und Klerus in einer St. Auxentios geweihten Kirche im Thema, d. h. dem Verwaltungsdistrikt, von Chal‑ dia im nordöstlichen Kleinasien.62 In ei‑ nem anderen Fall, ‚Peira‘ 15.16, wurde dem Patrizier Panberios gestattet, eine Schuld von 62 Pfund Gold auszugleichen, indem er seine Laientreuhänderschaft (charistikē) von einem Kloster (St. Mamas in Konstanti‑ nopel) auf die prōtospatharia Maria Skleros übertrug, eindeutig in der Erwartung, dass eine Laientreuhänderin diese recht große Summe in einem überschaubaren Zeitrah‑ men von dem Kloster würde abschöpfen können.63 Ähnlich wie die Papyri aus dem spätantiken Ägypten dienen auch diese Fälle aus der ‚Peira‘ als nützliches Korrektiv eines auf normativen Rechtstexten basieren‑ den Verständnisses griechisch‑orthodoxer Stiftungen. Seit dem Ende des 11. Jahrhunderts exis‑ tieren eine Reihe Dokumente von kirch‑ lichen Gerichten, darunter die von zwei hochgestellten Geistlichen aus Epiros, näm‑ lich Demetrios Chomatenos, Erzbischof von Ohrid (gest. 1236)64, und Johannes Apokauos, Metropolit von Naupauktos (gest. 1233)65. Die bei weitem umfassendste Sammlung von Gerichtsurteilen über griechisch‑or‑ thodoxe Stiftungen in der gesamten byzan‑ tinischen Epoche ist das Gerichtsregister
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der Ständigen Synode des Patriarchats von Konstantinopel.66 Für das 14. Jahrhundert (ab 1315) bis in die ersten Jahre des 15. Jahr‑ hunderts ist das Register nahezu vollständig. Verglichen mit früheren Zeiten der byzan‑ tinischen Geschichte suchten vermutlich wesentlich mehr Stiftungen rechtliche Klä‑ rung bei der Synode des Patriarchats, weil Stiftungen zunehmend direkt dem Patri‑ archat unterstellt wurden. Wenn eine Stif‑ tung das stauropēgion, das ‚Kreuzzeichen‘, erhielt, konnte sie sich der Einmischung des örtlichen Bischofs entziehen, dem nor‑ malerweise die Aufsicht über Stiftungen in seiner Diözese oblag. Trotz der Fülle von Informationen, die das Register bereitstellt, zeigt es griechisch‑orthodoxe Stiftungen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt ih‑ rer Geschichte, als nämlich die kirchliche Aufsicht über Stiftungen stärker war denn je zuvor. So ist es zu erklären, dass frühe Forscher das Ausmaß der Kontrolle, die die meisten Stifter über ihre Stiftungen aus‑ übten, erheblich unterschätzten. (→ 2.5.2) Briefe Innerhalb der byzantinischen Literatur war die Epistolographie weit verbreitet und hoch entwickelt, und aus der byzantinischen Ge‑ schichte haben sich relativ gleichmäßig vie‑ le Briefsammlungen erhalten. Briefe von Stiftern, Laientreuhändern und Mönchen haben ebenso überlebt wie Briefe von kirch‑ lichen und staatlichen Amtsträgern. Das einzige ‚privat‘, nicht von einem Kloster, be‑ triebene Waisenhaus wird durch einen Brief
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des Theodor Stoudites an Moschos belegt, der ebenso wie seine beiden Schwestern für jeweils 40 Waisenkinder sorgte.67 Des Weiteren geben Briefe uns Auskunft über die Tätigkeit von Laientreuhändern, charistikarioi und charistikariai; Michael Psellos etwa, der berühmteste byzantinische Intel‑ lektuelle, fungierte auch als Laientreuhän‑ der für mindestens zwölf Einrichtungen, wie sich anhand seiner Briefe zweifelsfrei nachweisen lässt.68 Berichte von Pilgern und Reisenden Einige Berichte von Pilgern und Reisenden über ihren Besuch in Konstantinopel in den letzten beiden Jahrhunderten des Byzan‑ tinischen Reichs haben sich erhalten. Da fast alle größeren griechisch‑orthodoxen Stiftungen in Konstantinopel in Moscheen, Medresen oder andere islamische religiöse Einrichtungen umgewandelt wurden oder aber rasch verfielen, sind Reiseberichte entscheidend für die Rekonstruktion von Architektur, Art und Zahl der Reliquien und anderen Merkmalen von Stiftungen, für die es keine Aufzeichnungen mehr gibt. Am wertvollsten sind die Darstellungen von Pilgern aus der weiteren orthodoxen Welt; während nicht‑orthodoxe Reisende auch die größeren Klöster und Kirchen der Hauptstadt besuchten, interessierten orthodoxe Pilger sich naturgemäß stärker als lateinische Christen für die Stiftungen der Hauptstadt.69 ZC
Anmerkungen 1 Krumbacher, Geschichte der byzantinischen
3 Siehe die Diskussion über das Konzept der Litteratur (1897), XVII f. ‚byzantinischen Literatur‘ in Kazhdan, Literature 2 Beck, Kirche und theologische Literatur (1959, (1991), 1234 f. ND 1977); Hunger, Hochsprachliche profane Li‑ 4 Ebd., 1235. Nicht alle Wissenschaftler teilen diese teratur (1978). weitgefasste Definition von byzantinischer Literatur.
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5 Rosenqvist, Byzantinische Literatur (2007), 4 f. 21 Die grundlegende Unterscheidung zwischen 6 Kazhdan, Genre, Literary (1991). Stifter‑ und liturgischen typika geht zurück auf 7 Die Dichotomie kaiserlich / öffentlich wurde Meester, Typiques (1940), 490–496; die meisten For‑
bei der Edition der Archive von Patmos angewen‑ scher übernahmen seine Schlussfolgerungen. Eine det, siehe etwa Vyzantina engrapha tēs Monēs kritische Würdigung dieser Unterscheidung findet Patmou. Ed. Maria Nystazopoulou-Pelekidou / Era sich in Manaphēs, Monastēriaka typika‑diathēkai L. Vranousē, 2 Bde. Athen 1980. (1970), 33–59. Manaphēs’ Vorschlag klösterlicher 8 Zu Justinians Regelwerk für Stiftungen siehe und nicht‑klösterlicher Kategorien von typika mit J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), zusätzlichen Unterkategorien von ersterer konnten 37–58; speziell zu den piae causae siehe Hagemann, sich nicht durchsetzen. Stellung der Piae Causae (1953), 25–64. 22 Taft, Typikon, Liturgical (1991). 9 Pitsakis, Byzantine Law (2005), 251 f., Anm. 2. 23 Taft, Liturgy (2008), 603–607. 10 Granić, Klosterwesen (1931), 66–68. 24 Die Ausnahme in diesem Fall ist ein typikon 11 Steinwenter, Byzantinische Mönchstestamen‑ für eine Grabbruderschaft in Theben (→3.5.3); der te (1932). Forschungsbegriff von Stiftung in dieser Enzyk‑ 12 J. Thomas, Private Religious Foundations lopädie schließt Bruderschaften nicht ein. (1987), 139–143. 25 Das fragliche Dokument ist ein Testament 13 Marie Theres Fögen hat die Auswirkungen von Apa Abraham, dem Bischof von Hermonthis von Leons Gesetzen auf die ‚Basilika‘ umfassend in Ägypten; nach den Kriterien der westlichen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass Leons Mittelalterforschung würde man dieses Kloster Novellen die entsprechenden Vorschriften in den als Eigenkloster ansehen. ‚Basilika‘ nur in 20 eindeutigen Fällen modifizie‑ 26 Siehe die Beispiele in Hatlie, Monks and Mo‑ ren. Fögen, Legislation und Kodifikation (1989), 28 f. nasteries (2007), 101. 14 J. Thomas, Private Religious Foundations 27 Zur Einbeziehung bestimmter Testamentsfor‑ (1987), 149–154. men in die Kategorie von Stifter‑typika, siehe Gala15 Da bei diesem Konzil keine kanonischen tariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987), 82–84, Regelungen beschlossen wurden, geschah das zum Rechtsstatus des Testaments besonders 83. beim sogenannten Concilium Quinisextum, dem 28 Stolte, Law for Founders (2007), 130. Konzil ‚in Trullo‘ in Konstantinopel (691–692). 29 Zum brebeion siehe Smyrlis, Fortune (2006), 16 Zur Inkongruenz von Rechtspraxis und 99–101. Rechtstheorie in Byzanz siehe Kazhdan, New His‑ 30 Galatariotou, Byzantine Ktetorika Typika tory (1989), 7–10; Oikonomidès, Peira (1986), 186–190. (1987), 84. 17 Siehe die hauptsächlich aus dem spätbyzan‑ 31 BMFD 1, 311. tinischen Kloster Vazelon in Pontos stammenden 32 Galatariotou Byzantine Ktetorika Typika Beispiele in Kalopissi-Verti, Church Inscriptions (1987), 89–107. (2003), 87, Anm. 51. 33 Ebd., 108–135 18 Steinwenter, Rechtsstellung (1930), 36 f. 34 Hickey, Papyrology (2008), 115; 120–123. Für 19 Zu den jüngsten Diskussionen über Defini‑ einen Überblick über die wichtigsten erhaltenen tion und Eigenschaften von typika, mit Nennung säkularen Archive im spätantiken Ägypten siehe der älteren Literatur, gehören: BMFD 1, 1–8; Gala- Sarris, Lay Archives (2013), 26 f. tariotou, Byzantine Ktetorika Typika (1987), 77–88. 35 Siehe die Liste der Klöster aus dem 10. Jahrhun‑ 20 Die Etymologie von typikon ebenso wie die dert (dazu drei für das Jahr 1001 nachgewiesene) in des verwandten Substantivs typos, des Verbs typoō, Papachryssanthou, Actes du Prôtaton (1975), 86–93. des Adjektivs typikos und der zusammengesetzten 36 Trotz des Namens ‚Laura‘ (→3.5.3) war die Substantive diatypōsis und hypotypōsis werden in Laura des Athanasios auf dem Athos ein zönobi‑ Manaphēs, Monastēriaka typika‑diathēkai (1970), tisches Kloster nach dem Vorbild der Stouditen. 21–27, diskutiert. Zu den unterschiedlichen Be‑ 37 Zur Geschichte der modernen Edition der deutungen von typikon, siehe Herman, Ricerche athonitischen Archive siehe Morris, Documents. (1940), 295–298. Athos (2008), 136 f.
Griechisch-orthodoxe Christen
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38 Ebd., 138 f. 58 Zu diesen drei Fällen siehe Trombley, Mo‑ 39 Erst kürzlich wurde ein umfangreiches Cor‑ nastic Foundations (1985), 53 f., 56. pus byzantinischer metrischer Inschriften auf Ge‑ 59 Scriptores originum Constantinopolitana‑
bäuden mit vielen Informationen über griechisch‑ orthodoxe Stiftungen veröffentlicht: Hörandner / Rhoby / Paul, Byzantinische Epigramme (2009–2011). 40 Baumann, Spätantike Stifter (1999). 41 Eine Diskussion der Rolle dieser Ritzinschrif‑ ten in der Memorialkultur bei Grünbart, Memo‑ rialkultur (2012), 387. 42 Für diesen Zeitraum gibt es keine umfassen‑ de Sammlung byzantinischer Stifterinschriften; das bis jetzt hilfreichste Verzeichnis findet sich in Kalopissi-Verti, Dedicatory Inscriptions (1992). 43 Siehe besonders Kalopissi-Verti, Church Foun‑ dations (2007). 44 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 117 f. 45 Ebd., 131. 46 Zhishman, Stifterrecht (1888), 68 f. 47 Kazhdan / Taft, Diptychs, Liturgical (1991). 48 R. Blake, Byzantine Accounting Practices (1940), 18 f. 49 Steindorff, Synodikon (1997). 50 Siehe dazu R. Blake, Byzantine Accounting Practices (1940), 17–33. Die neueste Edition dieses synodikons befindet sich in: At´onis k´art´velt´a monas‑ tris saaġape cigni. Ed. M. Metreveli. Tiflis 1998, 131–191. 51 R. Blake, Byzantine Accounting Practices (1940), 32. 52 Gemäß der Definition von A.-M. Talbot, Ha‑ giography (2008), 862. 53 Das Standardwerk über byzantinische Stiftun‑ gen, J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), diskutiert hagiographische Texte nur beiläufig. 54 Kazhdan / Talbot, Hagiography (1991), 899. 55 Ein guter Überblick über das Problem von Hagiographie als historischer Quelle findet sich in Hatlie, Monks and Monasteries (2007), 9–15. 56 Besonders nützlich für die konkrete Iden‑ tifikation bestimmter Topoi (auf der Grundlage mittelbyzantinischer Viten) ist die Arbeit von Pratsch, Hagiographischer Topos (2005). 57 Die Monographie von Hatlie, Monks and Monasteries (2007), die sich fast ausschließlich auf hagiographische Texte stützt, zeigt, welche grundlegenden Informationen wir diesen Texten über griechisch‑orthodoxe Stiftungen entnehmen können, umso mehr, wenn andere Quellen fehlen.
rum. Ed. Theodor Preger, 2 Bde. Leipzig 1907, hier Bd. 2, 214–283. 60 Scriptores originum Constantinopolitana‑ rum. Ed. Preger (wie Anm. 59), Bd. 2, 275 f. 61 Practica ex actis Eustathiou Romani. Ed. Carl Eduard Zachariä von Lingenthal. (JGR 1.) Leipzig 1856. 62 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 163. 63 Ebd., 168 f. 64 Die gesammelten Schriften finden sich in Demetrii Chomateni Ponemata Diaphora. Ed. Günter Prinzing. (CFHB 38.) Berlin / New York 2002. 65 Gesammelte Schriften in Unedierte Schrift‑ stücke aus der Kanzlei des Johannes Apokaukos des Metropolitan von Nafpaktos (in Ätolien). Ed. N. A. Bees, in: Byzantinisch‑neugriechische Jahr‑ bücher 21, 1971–1974, 55–160; Sēmeiōma mēni…kai epi parousia… Ed. Marie Theres Fögen, in: Dies., Heißes Eisen (1983), 94–96. 66 Trotz ihrer Mängel ist die Edition von Miklo‑ sich und Müller aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute die einzige (relativ) vollständige Ausga‑ be, besonders was die späteren Jahre des Registers betrifft: Acta Patriarchatus Constantinopolitani MCCCXV–MCCCCII. Ed. Franz Miklosich / Joseph Müller, 2 Bde. (MM 1–2.) Wien 1860–1862. Drei Bän‑ de der neuen Ausgabe, die die Zeit von 1315–1363 abdecken, sind bereits erschienen, drei werden noch hinzukommen: Das Register des Patriar‑ chats von Konstantinopel. Ed. Herbert Hunger / Otto Kresten / Carlina Cupane et al., bisher 3 Bde. (CFHB 19.) Wien seit 1981. 67 T. Miller, Orphans (2003), 132–134. 68 J. Thomas, Private Religious Foundations (1987), 190. 69 Fünf russische Berichte von unschätzbarem Wert finden sich übersetzt und ausführlich kom‑ mentiert in Majeska, Russian Travelers (1984): der ‚Wanderer‘ von Stefan von Nowgorod, die ‚Reise nach Konstantinopel‘ von Ignatius von Smolensk, die ‚Anonyme Beschreibung von Konstantinopel‘, ‚Über Konstantinopel‘ von Alexander dem Schrei‑ ber und der ‚Xenos‘ von Zosimus dem Diakon.
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5.6 Indien 5.6.1 Allgemeines Stiftungen haben viele Lebensbereiche des mittelalterlichen Indien durchdrungen, und daher sind Informationen zu diesem Phänomen in den verschiedensten Schrift‑ zeugnissen enthalten. Aus systematischen Erwägungen könnte man geneigt sein, einen Überblick über die Texte zum Stif‑ tungswesen nach funktionalen Kriterien zu gliedern und die Schriftquellen gemäß ihrer Bedeutung für die Stiftungsprozesse in Kategorien wie ‚rechtliche Vorgaben‘, ‚Stiftungsakte‘ und ‚Stiftungsentwicklung‘ zu ordnen. Doch angesichts der Tatsache, dass man dem Charakter der betreffen‑ den Zeugnisse des indischen Kulturraums mit einer solcherart typologisierenden Be‑ trachtung nicht gerecht würde und narra‑ tives Material sowie metaphorischer Re‑ kurs wohl weitgehend unberücksichtigt bleiben müssten, erscheint eine ‚klassische‘ Differenzierung nach Textgattungen die sinnvollste. Relevant für Aussagen zum Stiftungswesen sind dabei in erster Linie normative, dokumentarische und deskrip‑ tiv‑narrative Quellen, d. h. also Werke mit allgemeinen Regeln, Urkunden über kon‑ krete Vorgänge sowie indirekte Hinweise enthaltende Texte. In Darstellungen zur indischen Quel‑ lenkunde wird oft konstatiert, dass zahl‑ reiche Textgenres für das alte und für das mittelalterliche Indien kaum, erst sehr spät oder gar nicht belegt sind. Dies gilt insbesondere für Werke der historiogra‑ phischen Literatur wie Chroniken, aber auch für typische Verwaltungsarchivalien sowie für Privatdokumente und ist umso augenfälliger, als diesem ‚Mangel‘ ein un‑ geheurer Reichtum religiösen, literarischen
und wissenschaftlichen Schrifttums gegen‑ übersteht. Für die partielle Materialarmut liegen verschiedene Erklärungen vor, die teilweise auch nach Textgattungen unter‑ scheiden. Eine wesentliche Frage ist dabei, ob man von einem prinzipiellen Fehlen bestimmter Quellentypen von vornherein (wegen der starken oralen Tradition und / oder eines angeblich unterentwickelten historischen Interesses) oder von einem späteren Verlust derselben (durch Zer‑ störungen und wegen der Nutzung von vergänglichen Beschreibstoffen in einem ungünstigen Klima) auszugehen habe. Eine allgemeine normative Literatur zum mittelalterlichen Stiftungsrecht hat es vermutlich nicht gegeben. Doch den umfangreichen und vergleichsweise gut überlieferten brahmanischen und buddhis‑ tischen Rechtstexten sind auch Vorgaben zu religiösen Stiftungen zu entnehmen, die in den Abschnitten stehen, die sich mit Schenkungen und anderen Gaben befassen. Die wichtigste Gruppe von Schriftzeug‑ nissen zum mittelalterlichen indischen Stiftungswesen bilden die dokumentari‑ schen Quellen, da sie der Stiftungspraxis am nächsten stehen und in großem Um‑ fang vorliegen. Die zahlreichsten Doku‑ mente zu religiösen Stiftungen in Indien im Zeitraum von 500 bis 1500 stellen In‑ schriften dar, wobei als Spezifikum gelten kann, dass auch Urkunden in epigraphi‑ scher Form, d. h. auf beständigen Trägern, verschriftlicht wurden, da sie so viel we‑ niger als auf Palmblättern, Birkenrinde oder anderen Medien geschriebene Do‑ kumente im feuchtwarmen Monsunkli‑ ma litten und nicht Insekten zum Opfer
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Indien
fielen. Angesichts der insgesamt relativ geringen Zahl von (erhaltenen) Archiv‑, Verwaltungs‑ und Privatdokumenten, ist der außerordentlich große Umfang der zur Verfügung stehenden Inschriften – und insbesondere der Stiftungsinschriften und ‑urkunden – aus dem indischen Mittelalter auffällig. Allerdings wird ihnen in man‑ chen Abhandlungen, die sich systematisch mit Schriftzeugnissen befassen, noch nicht die gebührende Aufmerksamkeit zuteil, da diese sich eher als ‚Literaturgeschichten‘ denn als ‚Quellenkunden‘ verstehen. In der Epigraphik werden nach den verwendeten Beschreibstoffen zwei große Hauptgruppen unterschieden: Inschriften auf Stein und solche auf Metall. Diese Ein‑ teilung kann für die Stiftungsinschriften beibehalten werden, doch andere Unter‑ gliederungen, wie z. B. nach funktionalen Kriterien, wären ebenfalls denkbar. Zu den Steininschriften gehören in erster Linie Schriftzeugnisse über Baugründungen und über Gebäudestiftungen. Dotationen zum Unterhalt religiöser Einrichtungen wurden auch auf Stein dokumentiert. Allerdings war das geradezu klassische Medium zur Bezeugung derartiger Stiftungen in Indien – besonders wenn es sich um Gaben von Kö‑ nigen handelte – die Kupfertafelurkunde. Stifterinschriften sind an steinernen eben‑ so wie an aus Metall gefertigten Kultbil‑ dern belegt. Gestiftete Objekte aus anderen Materialien können ebenfalls schriftliche Bezeugungen der Widmungsvorgänge ent‑ halten. Hier wären vor allem die Kolophone von – in Indien überwiegend auf Palm‑ blättern geschriebenen – Handschriften religiöser Texte zu nennen. Neben denjenigen Schriftzeugnissen, die sich an den gestifteten Objekten selbst befinden, und Dokumenten, die ebenfalls mit dem Hauptanliegen verfasst wurden, konkrete Stiftungen zu beurkunden, be‑ richten auch andere Quellen – religiöse
und literarische Texte, Chroniken und Pilgerberichte – von mittelalterlichen Dotationen. Jedoch handelt es sich hier‑ bei fast nie um Urkunden, sondern um deskriptiv‑narrative Erwähnungen und indirekte Hinweise. 5.6.2 Normative Quellen Normative Quellen, die sich dezidiert und systematisch dem indischen Stiftungsrecht widmen, liegen nicht vor, doch enthalten brahmanische ebenso wie buddhistische Rechtstexte relativ klare, wenn auch in der Regel wenig ausführliche Vorgaben zu religiösen Stiftungen. Einige dieser Texte stammen bereits aus dem Altertum, waren aber nachweislich noch im Mittelalter die entscheidenden Referenzpunkte. Brahmanische Rechtstexte In den auf Sanskrit verfassten brahmani‑ schen Rechtstexten wird die Empfehlung, würdige Personen, vor allem gelehrte Brah‑ manen, mit Schenkungen und Stiftungen zu bedenken, als Pflicht der Herrscher un‑ ter der Rubrik ‚Königsrecht‘ (rājadharma) behandelt. In dem Kontext finden sich all‑ gemeine Aussagen dazu, dass Landstiftun‑ gen passende Gaben für Brahmanen seien, sowie – seit dem späten Altertum – spezi‑ elle Anweisungen zu der Ausfertigung von Stiftungsurkunden, die sehr viele Überein‑ stimmungen mit dem aus der Epigraphik Bekannten zeigen. Solche Bemerkungen und Ausführungen sind sowohl in den Texten der ‚Arthaśāstra‘‑ als auch in de‑ nen der ‚Dharmaśāstra‘‑Expertentradition anzutreffen.1 Das ‚Kauṭilīya‑Arthaśāstra‘, das älteste erhaltene und bedeutendste Lehrwerk zu artha, 2 erwähnt königliche Stiftungen an Brahmanen (brahmadeya) an eini‑ gen wenigen Stellen, unter anderem im
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Zusammenhang mit der Besiedlung von Land (2.1.7): „Er [d. h. der Herrscher] möge Opferpriestern, brahmanischen Lehrern, Hofpriestern und Veda‑Gelehrten von Strafgeld‑ und Steuerzahlung befreite Brahmanengaben (brahmadeya) gewäh‑ ren, die an die Erben gleicher Qualifikation vererbbar sind.“3 In der ‚Yājñavalkyasmṛti‘, einem ‚Dharmaśāstra‘ aus dem späten Altertum,4 heißt es (1.314–316): „Nachdem er Land ge‑ stiftet oder eine begünstigende Festsetzung getroffen hat, möge der Herrscher zur Be‑ nachrichtigung künftiger und untergeord‑ neter Könige ein Schriftstück anfertigen lassen. Der Herrscher lasse auf einem Stück Stoff oder einer Kupferplatte, versehen mit seinem Siegel, die [Namen der] Angehöri‑ gen seines Geschlechts und seinen eigenen [Namen] schreiben und einen dauerhaften Erlass anfertigen, der das Maß der Gabe [und] die Beschreibung der [Folgen einer] Verletzung der Stiftung enthält und mit seiner eigenhändigen Unterschrift und der Zeit[angabe] versehen ist.“5 In der ‚Viṣṇusmṛti‘, dem Gesetzbuch des Viṣṇu, das wohl erst im 7. Jahrhundert entstanden ist, finden sich ähnliche Aus‑ führungen (3.81–83): „Brahmanen möge er [d. h. der Herrscher] Land gewähren. Denen, welchen er [Land] gewährt hat, möge er [ein Dokument] zur Information für künftige Könige geben, auf einem Stück Stoff oder einer Kupferplatte geschrieben und mit seinem Siegel versehen, mit den [Namen der] Angehörigen seines Ge‑ schlechts, mit dem Maß des Landes und mit der Beschreibung der [Folgen einer] Verletzung der Stiftung. Er möge von an‑ deren gestiftetes Land nicht konfiszieren.“6 Am ausführlichsten ist die Darstellung in der noch jüngeren ‚Bṛhaspatisṃrti‘: „Nachdem er Land und anderes gestiftet hat, lasse der König auf einer Kupferplatte oder einem Stück Stoff eine rechtmäßige
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Stiftungsurkunde anfertigen, versehen mit [der Angabe des] Ort[es ihrer Ausstellung], [seiner] Dynastie usw.: ‚Heute habe ich zum Zwecke [der Mehrung] meines Ver‑ dienstes und desjenigen meiner Eltern dem N. N., Sohn des N. N., aus der vedischen Schule N. N., eine Stiftung gewährt. Sie ist nicht zu verletzen, nicht wegzunehmen, von allen Abgaben befreit, beständig wie Mond und Sonne, vererbbar auf Kinder und Kindeskinder. Dem Stifter und Beschützer [der Stiftung werde] der Himmel und dem Räuber die Hölle für sechzigtausend Jah‑ re [zuteil].‘ – [So] möge er die Frucht der Gabe und [ihrer] Verletzung beschreiben. Gesiegelt, versehen mit [der Angabe des] Jahr[es], [des] Monat[s] usw.“7 Seit dem 7./8. Jahrhundert wurden Kom‑ mentare zu einzelnen ‚Dharmaśāstras‘ verfasst, von denen sich neun erhalten haben. Im 10./11. Jahrhundert gab es einen erneuten Wechsel im Genre, hin zu syste‑ matisierenden Kompendien (nibandha) mit Kompilationen von Zitaten, die bis in die Zeit der britischen Herrschaft fortgeführt wurden. Diese neuartigen, enzyklopädi‑ schen Werke trugen Wissen und Ansichten zu speziellen Themen zusammen, unter anderem auch zu dāna, dem ‚Geben von Gaben‘. Die Darstellungen sind äußerst umfassend und um eine Kategorienbildung bemüht, lassen jedoch noch weniger als die ‚Dharmaśāstras‘ eine klare Differen‑ zierung zwischen dem Schenken und dem Stiften erkennen. Der früheste erhaltene und ein be‑ rühmter Text dieser Untergattung ist der ‚Dānakāṇḍa‘‑Abschnitt im ‚Kṛtyakalpataru‘ des Lakṣmīdhara aus dem 12. Jahrhundert.8 In diesem ‚Buch über das Schenken‘ ist ne‑ ben Material aus erhaltenen und verloren‑ gegangenen brahmanischen Rechtstexten auch solches des episch‑purāṇischen Hin‑ duismus versammelt. Es werden insbeson‑ dere diverse Schenkungsrituale (mahādāna)
Indien
– inklusive des mit diesen verbundenen Verdienstpotentials – beschrieben. Auch der Vergabe von Boden (bhūmidāna) ist ein Passus gewidmet.9 Dessen Ausführun‑ gen lassen jedoch nicht den zweifelsfreien Schluss zu, damit seien nachhaltige Stif‑ tungen im engeren Sinne gemeint gewesen. Vielmehr geht es ausschließlich darum, dass man für Landgaben zugunsten von Brahmanen im Himmel belohnt würde und so seine Sünden tilgen könne. Buddhistische Rechtstexte Buddhistische Rechtstexte haben einen grundsätzlich anderen Charakter als brah‑ manische. Zum einen handelt es sich um Ordensrecht (vinaya), d. h. um normative Texte für Ordinierte (Mönche und Nonnen), und zum anderen um ausgesprochenes Fallrecht. Die Bestimmungen ergaben sich stets aus der Diskussion eines konkreten Problems oder Konflikts, durch den ein be‑ stimmter Regelungsbedarf entstand, auch wenn mancher Einzelfall fiktiv oder zu‑ mindest recht konstruiert wirkt. Die ver‑ schiedenen Richtungen des frühen Bud‑ dhismus überlieferten ihre Ordensregeln jeweils separat, doch viele dieser kano‑ nischen Texte müssen als verloren gelten oder sind ausschließlich in nicht‑indischen Sprachen (Tibetisch, Chinesisch) erhalten. Der in mittelindischem Pali gehaltene Ka‑ non der Theravāda‑Schule enthält zwar zahlreiche Hinweise auf Stiftungen an den buddhistischen Orden, aber dabei handelt es sich kaum um Grundsätze buddhisti‑ schen Stiftungsrechts, sondern um Ver‑ fügungen, in denen Dotationen nebenher erwähnt werden. Dies gilt unter anderem für Ausnahmebestimmungen hinsichtlich der sogenannten Regenzeitpause, in der für Mönche und Nonnen Residenzpflicht bestand. Diese durfte aber unter bestimm‑ ten Umständen kurzzeitig unterbrochen werden, z. B. wenn sich ein Laie anschickte,
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ein buddhistisches Kloster oder eine an‑ dere für den Orden bestimmte Baulichkeit zu stiften.10 Für den ‚Theravādavinaya‘ ist zwar gesichert, dass er in mindestens ei‑ nem der drei wichtigsten mittelalterlichen Klosterkomplexe Sri Lankas die Verhält‑ nisse der Ordinierten untereinander und zu den Laien regelte, aber ungeklärt bleibt, ob er in Indien überhaupt eine Rolle spielte. Dies steht jedoch außer Frage für das ebenfalls bereits im Altertum entstandene Ordensrecht der Mūlasarvāstivāda‑Schule, von dem sich große Teile in Sanskrit‑Hand‑ schriften aus Gilgit (Pakistan) erhalten haben, das vollständig im Tibetischen vor‑ liegt und von dem es auch eine chinesische Übersetzung aus dem 7. Jahrhundert gibt.11 Die Texte sind umfangreich und im Unter‑ schied zum ‚Theravādavinaya‘ bisher nur partiell erschlossen. Gregory Schopens Forschungen legen die Vermutung nahe, dass der ‚Mūlasarvāstivādavinaya‘ Ma‑ terial zum Stiftungsrecht enthält, wie es für die Klöster Nordindiens im Mittelalter relevant war.12 Im ‚Vinayavibhaṅga‘‑Abschnitt findet sich eine Passage, in der berichtet wird, dass sich der Buddha einst im ostindischen Vaiśālī aufgehalten habe13 und ein lokales Adelsgeschlecht dort sechs‑ und siebenstö‑ ckige Klöster errichtete, die wegen ihrer großen Höhe leicht einstürzten.14 Diese noch zu Lebzeiten der Stifter zerfallenden Bauwerke vor Augen habend, fragten sich die Laien angeblich, wie es dann wohl erst um derartige Gebäude nach dem Tod ihrer Stifter bestellt sein würde. Der Diktion des Textes zufolge kam ihnen als Lösung spontan die Idee, den betreffenden Klos‑ tergemeinden ‚unvergängliches [Kapital]‘ (akṣaya statt akṣayanīvī) für Bauzwecke zu übertragen. Weiter heißt es, der Buddha habe diesem Ansinnen zugestimmt und bei der Formulierung der entsprechenden Regeln die für Mönchs‑ und Nonnenklöster
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zulässige Geschosszahl begrenzt. Wie in einem solchen Beispiel üblich, begingen die Mönche im Umgang mit den nun gestatte‑ ten Gelddeposita zahlreiche Fehler, womit dem Buddha quasi Gelegenheit zu korri‑ gierender Intervention und zum Erlassen weiterer Regeln gegeben war: Zunächst passierte mit dem im Kloster hinterlegten Geld nichts, da die Mönche wussten, dass die Grundsumme nicht ausgegeben werden durfte. Daraufhin empfahlen die Stifter, das Geld gegen Zinsen an Dritte zu ver‑ leihen. Nun aber stellten sich die Mönche mehrmals ungeschickt bei der Auswahl derjenigen an, denen das Geld geliehen wurde, und erhielten keine Zinsen. Die Ka‑ suistik endet schließlich mit der Festlegung des Buddha, dass für verliehenes Geld aus einer Stiftung ein Pfand zu fordern sei und darüber ein Schuldbrief aufgesetzt werden müsse. Verstreut über verschiedene Ab‑ schnitte des ‚Mūlasarvāstivādavinaya‘ (z. B. ‚Śayanāsanavastu‘, ‚Saṅghabhedavastu‘) finden sich weitere Vorschriften, die das Verhältnis des buddhistischen Ordens zu Stiftungen sowie die Rechte und Pflichten potentieller Stifter regelten.15 In den parakanonischen buddhistischen Texten finden sich ebenfalls allgemein‑nor‑ mative Ausführungen zu Stiftungen. Die mittelalterliche ‚Sphuṭhārthāvyākhyā‘ des Yaśomitra zu Vasubandhus ‚Abhidharma‑ kośa‘ enthält eine Passage, die angeblich die an den Mönch Cunda gerichtete Be‑ lehrung des Buddha zu verschiedenen Dotationstypen wiedergibt. Der Passus liefert einen geradezu idealtypischen Stif‑ tungsverlauf, wie er Laien und Laiinnen offenbar nahegelegt wurde. Aus der Be‑ schreibung geht zwar nicht immer zwei‑ felsfrei hervor, dass Stiftungen und nicht Schenkungen gemeint waren, die Formu‑ lierungen machen dies jedoch zumindest sehr wahrscheinlich. Bei den konkreten Typen finden sich überdies viele Parallelen
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zu dem aus buddhistischen Stiftungszeug‑ nissen Bekannten: „Diese sieben erfolg‑ reichen, löblichen, glänzenden, ruhmvol‑ len materiellen Möglichkeiten verdienst‑ voller Taten (puṇyakriyāvastu) [gibt es], durch die das [religiöse] Verdienst eines [damit] ausgestatteten, gläubigen Sohnes aus [guter] Familie (kulaputra) oder einer Tochter aus [guter] Familie (kuladuhitṛ), ob er [oder sie] geht oder steht, schläft oder wacht, eben stets und ständig anwächst, eben entsteht. Welche [nun sind diese] sieben? – Nun, Cunda, ein gläubiger Sohn aus [guter] Familie oder eine Tochter aus [guter] Familie gewährt dem Mönchsorden der vier Weltgegenden einen Klostergrund (ārāma).16 Das, Cunda, ist die erste erfolg‑ reiche und ruhmvolle materielle Möglich‑ keit verdienstvoller Taten, wie [religiöses] Verdienst eben entsteht. Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie lässt auf diesem Grund ein Kloster (vihāra) errichten. Das ist die zweite erfolgreiche materielle Möglichkeit verdienstvoller Taten (…). Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie schenkt in diesem Kloster Mobiliar (śayanāsana),17 gibt [also], was da [heißt] Bett, Sitz, Polster, Kissen [und] Decke. Das, Cunda, ist die dritte materi‑ elle Möglichkeit verdienstvoller Taten (…). Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie erklärt in diesem Kloster [die] ständige [Gabe von] Almosen (dhruvabhikṣā)18 zu einer, die ein angemessenes Opfer (yajña) darstellt. Das, Cunda, ist die vierte erfolgreiche materi‑ elle Möglichkeit verdienstvoller Taten (…). Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie gibt dem Gast oder Pilger19 eine Gabe. Das, Cun‑ da, ist die fünfte materielle Möglichkeit verdienstvoller Taten (…). Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie gibt dem Kranken oder
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dem den Kranken Pflegenden 20 eine Gabe. Das ist die sechste materielle Möglichkeit verdienstvoller Taten (…). Weiter, Cunda: ein gläubiger Sohn oder eine Tochter aus [guter] Familie bietet dann, wenn Kälteein‑ brüche, Regenfälle, Stürme oder Regenzei‑ ten sind, bei so gearteten Kälteeinbrüchen (…) Speisen, Stärkungen oder Reisbrei [und] Trank (…) an.21 Das ist die siebte materielle Möglichkeit verdienstvoller Taten.“22 Sammlungen von Urkundenformularen Neben den Abschnitten religiös‑rechtli‑ cher Texte, die klare Vorgaben für Könige und Fürsten sowie Privatpersonen in Hin‑ sicht auf Stiftungen an Brahmanen und an buddhistische Klöster machen, gehören zu für das Stiftungsrecht relevanten normati‑ ven Texten auch mittelalterliche indische Sammlungen von Musterurkunden. Eine der frühesten erhaltenen Vertreterinnen dieser Gattung ist die ‚Lekkhapaddhati‘ aus dem westindischen Gujarat, die im 12. Jahrhundert entstanden ist. In ihr wird zwischen Briefen und Urkunden unter‑ schieden und bei letzteren zwischen ‚öf‑ fentlichen‘ und ‚privaten‘ differenziert. Bei den öffentlichen Rechtsurkunden steht an zweiter Stelle die königliche Stiftungsur‑ kunde (śāsana) in vier Varianten. Bei den privaten Rechtsurkunden findet sich etwa in der Mitte die private Stiftungsurkunde (dharmapatra) in zwei Versionen.23 Die Bei‑ spiele für fürstliche Dokumente des śāsana‑ Typs beziehen sich ausnahmslos auf Dorf‑ stiftungen, d. h. auf die Verleihungen von Steuerpfründen, die an Brahmanen und hinduistische Tempel erfolgen sollten. In den Mustern für private Stiftungen geht es interessanterweise um den Spezial fall der dauerhaften Landvergabe von Brahmanen an Brahmanen. Über die für die jeweiligen Dokumenttypen zu verwendenden Ma‑ terialien wird in allen Beispielen nichts gesagt; es steht aber außer Zweifel, dass
es sich bei den königlichen Dokumenten des śāsana‑Typs um die berühmten Kupfer‑ tafelurkunden des indischen Mittelalters handelte.24 5.6.3 Dokumentarische Quellen Im Vergleich zu anderen Quellengattungen sind die erhaltenen epigraphischen Zeug‑ nisse aus dem indischen Mittelalter über‑ aus zahlreich. Tausende Inschriften liegen aus der Zeit von 500 bis 1500 vor, und die überwiegende Mehrzahl von ihnen stellt Stiftungsdokumente dar. Die relativ gute Überlieferungslage hängt nicht zuletzt mit der Beschaffenheit dieser Inschriften und Urkunden zusammen, die ‚für die Ewigkeit‘ gedacht waren und daher auf beständigen Materialien angebracht wurden. Indische Stiftungszeugnisse sind in Stein eingemei‑ ßelt oder in Metall eingraviert, meist in Sanskrit, teils aber auch bereits in Proto‑ Regionalsprachen verfasst und in regiona‑ len Schriftstilen geschrieben. Funktional hat man vor allem die auf Kupfertafeln festgehaltenen Stiftungsurkunden von anderen Inschriftenarten zu unterschei‑ den. Bei den Steininschriften gilt, dass es sehr viele Überschneidungen zwischen einzelnen Typen – sowohl innerhalb der Stiftungsinschriften als auch zwischen Stiftungsdokumenten auf der einen und Lobpreisungsinschriften auf der anderen Seite – gibt. Daher sollen die Inschriften hier in einer Art Chronologie des Dotati‑ onsgeschehens behandelt werden. Gründungsinschriften In buddhistischen, jinistischen und hin‑ duistischen Stiftungszusammenhängen standen am Anfang idealtypischerweise die Gründungen von Klöstern oder Tem‑ peln. Die Dokumentation eines solchen Vorgangs wurde – wenn man ihn denn
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schriftlich festhielt – häufig in Stein gemei‑ ßelt. Zu differenzieren wäre dabei zwischen Baustiftungen, die ein gesamtes Gebäude umfassten, und solchen, die aus zahlrei‑ chen Einzelgaben von Bauteilen und Bau‑ elementen bestanden. Inschriften wurden in Indien seit dem Altertum an Fassaden, Türen und Toren, Innenwänden und De‑ cken, Pfeilern und Säulen von Höhlenklös‑ tern, Felsenschreinen und Steintempeln angebracht, wobei sich der Stiftungsum‑ fang oft in der Länge der Inschrift wider‑ spiegelte. Ausführliche Inschriften sind mitunter auf speziell dafür vorgesehenen und in die Wände eingelassenen Stein‑ platten oder auf freistehenden Stelen und Säulen angebracht. Der Umfang von Inschriften zur Doku‑ mentation einer Stiftung von Bauteilen und Gebäuden reichte von einzeiligen bis zu langen Texten. Insbesondere in buddhis‑ tischen Kontexten findet sich eine Formel, deren Kern in den normativen Texten als deyadharmo ‚yam amukasya, ‚dies ist die religiöse Gabe von N. N.‘, angegeben wird.25 Neben dem Namen des Stifters konnte die Inschrift seinen Titel und Beruf, seinen Herkunfts‑ oder Wohnort, das Stiftungs‑ objekt und dessen Empfänger, den Zweck der Gabe und die Motivation des Stifters, die Namen der am religiösen Verdienst (puṇya) zu beteiligenden Personen sowie ein Datum enthalten. Fürstliche Gründungsinschriften die‑ ses Typs wurden häufig in die Form einer Lobpreisung (praśasti) gegossen, in der der eigentliche Stiftungsakt im Verhält‑ nis zur Eulogie des Königs und Stifters (sowie gegebenenfalls seiner Vorfahren) nicht selten in den Hintergrund geriet. So bleibt in der Sekundärliteratur z. B. oft un‑ erwähnt, dass der Anlass für die berühmte, in Versen verfasste Inschrift des Calukya‑ Königs Pulakeśin II. aus Aihole in Nord‑ Karnataka (634/635 u. Z.) die Gründung
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eines jinistischen Tempels war.26 Eine ty‑ pische Inschrift dieser Kategorie beginnt mit einem glückbringenden Symbol oder Wort und einer oder mehreren Anrufungs‑ strophen für einen oder verschiedene Göt‑ ter, für den Buddha oder den Jina. Daran schließt sich ein ausführlicher Bericht in Prosa oder – häufiger – in Versen über das regierende Königshaus an, in dem die phy‑ sischen und moralischen Eigenschaften, die Gelehrsamkeit, die künstlerischen Fähig‑ keiten, die gerechte Herrschaftsausübung und die militärischen Erfolge des jewei‑ ligen Dynasten und Stifters sowie seiner Vorfahren gepriesen werden. Der konkrete Anlass der Inschrift – die Stiftung eines Gebäudes – wird meist erst zum Ende hin erwähnt. Den Abschluss bilden Strophen über das religiöse Verdienst sowie den Verfasser. Insgesamt ist das Bild, das Stiftungs‑ inschriften auf Stein bieten, relativ hete‑ rogen, und die Übergänge zwischen ver‑ schiedenen Typen sind fließend, weil (1.) das der Kunstdichtung (kāvya) naheste‑ hende Genre der Lobpreisung (praśasti) auch zur Dokumentation von nicht durch Könige und Fürsten initiierten Stiftungen verwendet wurde und (2.) in zahlreichen Fällen kaum zweifelsfrei zu klären ist, ob es sich tatsächlich um die einmalige Doku‑ mentation einer oder mehrerer Stiftung(en) handelte oder lediglich um die allgemeine Beschreibung eines Mäzens und seiner guten Werke. (→ 5.6.4) (3.) Gerade in den komplexeren Kompositionen ging es oft nicht nur um Baustiftungen, sondern auch um Ausstattungsgegenstände sowie Mittel zum Unterhalt der gegründeten religiösen Einrichtungen. Nur für einen Teil der vermutlich aus Stiftungen hervorgegangenen bud‑ dhistischen Klöster, jinistischen Institu‑ tionen und hinduistischen Tempel des indischen Mittelalters, von denen sich
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architektonisch‑archäologische Überreste erhalten haben, sind Gründungsinschriften vorhanden. (→ 6.6.2) Wenn existent, sind sie aufgrund ihrer Beschaffenheit in der Regel in situ entdeckt worden und befinden sich auch heute oft noch vor Ort. Auffäl‑ lig ist jedoch, dass insbesondere kürzere, nur Namen (im Genitiv) enthaltende Stif‑ terinschriften nicht immer an sehr leicht zugänglichen Stellen angebracht wurden, wo deren Lesbarkeit für die Nachwelt zu‑ mindest optisch garantiert wäre, sondern teilweise in beträchtlicher Höhe, an De‑ cken usw. Gregory Schopen hielt zu diesem Phänomen fest: „[H]aving one’s name car‑ ved in stone and permanently placed near a powerful religious ‚object‘ must have placed the person there as well, regardless of whether that person was otherwise oc‑ cupied, absent, or what we call dead. (…) They did not intend to leave a record, so it did not much matter whether it could be seen or read or understood. Like their cousins elsewhere or later who had small figures of themselves carved on the bases of images, they wanted only, it seems, to leave their presence in proximity to an‑ other, more powerful presence.“27 Kupfertafelurkunden Im Unterschied zu Steininschriften wur‑ den und werden Kupfertafelurkunden (tāmrapaṭṭa / tāmraśasana)28 oft als zufällige Bodenfunde zutage gefördert (oder in Pri‑ vatbesitz entdeckt). Die auf Kupferplatten eingravierten Urkunden (→ Abb. 63–64) bezeugen meist Stiftungen zur Versorgung von religiösen Personen und bereits exis‑ tierenden religiösen Institutionen, und umgekehrt ist auch die Mehrzahl der be‑ kannten Unterhaltsdotationen nicht auf Stein, sondern auf derartigen Kupfertafeln dokumentiert. Der umfassende Gebrauch dieses Urkundenmediums kann damit er‑ klärt werden, dass der größte Teil der so
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festgehaltenen Dotationen Brahmanen be‑ günstigte. Tragbare Kupfertafelurkunden waren (wie) geschaffen für die ‚mobilen‘ Brahmanen ohne eine institutionelle Bin‑ dung an bestimmte Baulichkeiten. Die gute Transportabilität hatte jedoch auch eine Kehrseite: Nicht nur für die Empfänger, sondern auch für Personen, die der Stiftung potentiell schaden konnten, waren diese Dokumente leicht zu bewegen. Zum Schutz vor Raub oder unerwünschtem Zugriff wurden die Kupfertafeln meist vergraben. Da keine Gründungen von Klöstern oder Tempeln vorausgingen, sind im Falle brah‑ manischer Stiftungen auf den Kupferplat‑ ten in der Regel die Initialdotationen für diesen Empfängerkreis beurkundet. Der in ganz Indien verbreitete Dokumententyp29 wurde aber auch für Stiftungen zum Un‑ terhalt buddhistischer, jinistischer und hinduistischer Bauten benutzt.30 In solchen Fällen wird in den Kupfertafelurkunden oft darauf verwiesen, dass die begüns‑ tigte Einrichtung von einer namentlich genannten, meist nicht mit dem aktuel‑ len Stifter identischen Person gegründet worden war. In den erhaltenen Urkunden sind viele religiöse Bauten genannt, von denen keine archäologisch‑architektoni‑ schen Hinterlassenschaften bekannt sind bzw. für die nach heutiger Kenntnis keine Gründungsinschriften vorliegen. Kupfertafelurkunden dokumentieren vornehmlich fürstliche Stiftungen von Dörfern und Land an religiöse Empfän‑ ger. Im Unterschied zu Steininschriften ist die Anlage dieses Mediums stark standar‑ disiert und zeigt üblicherweise eine Drei‑ teilung in (1.) Genealogie oder Eulogie des Stifters (mitunter in Prosa, überwiegend in Versen), (2.) Beschreibung der Stiftung (meist in Prosa) und (3.) Schutzformeln und Fluchstrophen. Frühe Kupfertafelurkunden enthielten recht kurze Texte – ohne Genea‑ logien am Beginn und ohne Schutzverse
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am Schluss. Im Mittelalter wurden weitere Komponenten integriert, wie Richard Sa‑ lomons Klassifizierung zeigt, die unter‑ scheidet zwischen (1.) ‚Präambel‘ mit (a.) Anrufung, (b.) Ausstellungsort, (c.) Ge‑ nealogie bis zum aktuellen Herrscher und Stifter sowie (d.) Liste der zu informieren‑ den Beamten; (2.) ‚Bekanntmachung‘ mit Spezifizierung (e.) des Stiftungsobjekts, (f.) des Empfängers, (g.) des Anlasses sowie (h.) des Stiftungszwecks und der Stiftermoti‑ vation und (3.) ‚Schluss‘ mit (i.) Aufforde‑ rung zum Beachten des Stifterwillens, (j.) Datum, (k.) Nennung der für die Urkunde verantwortlichen Beamten sowie (l.) Un‑ terschrift des Herrschers bzw. Stifters.31 Eine typische Urkunde des 6. Jahrhunderts mit Prosa‑Genealogie32 konnte folgende Struktur aufweisen:
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Die in unserer Dynastie geborenen ebenso wie andere Könige mögen diese unsere Stiftung anerkennen, denn Macht ist vergänglich und die menschliche Exis‑ tenz unsicher, die Frucht von Landstiftun‑ gen aber ist eine gemeinsame. Wer Land konfisziert oder dessen Konfiskation billigt, macht sich der fünf großen und der kleinen Vergehen schuldig. Es gibt dazu auch zwei Strophen des Vyāsa: Für sechzigtausend Jahre erfreut sich der Stifter von Land im Himmel. Wer eine Stiftung konfisziert oder deren Konfiskation billigt, soll diese [Zahl an] Jahre[n] in der Hölle verbringen. Viele Könige, angefangen mit Sagara, haben die Erde genossen. Wem auch immer das Land gehört, dem steht auch der Ertrag zu. Dies ist meine, des Fürsten / Königs (…), Unterschrift. Der Bote war (…). Geschrie‑ ben von (…). Jahr (…), Monat (…), helle / „Wohlergehen! Aus dem Ort (…). In der Dy‑ dunkle Hälfte, [Tag] (…).“ nastie der (…) wurde geboren Fürst / König (…). Sein Sohn / jüngerer Bruder war Fürst / Allerdings gab es regionale Unterschiede, König (…). und nicht in allen Urkunden sind sämt‑ Sein Sohn / jüngerer Bruder, Fürst / Kö‑ liche der aufgeführten Elemente enthal‑ nig (…), der sich bester Gesundheit erfreut, ten beziehungsweise finden sich an den informiert all seine Beamten (…) und an‑ genannten Stellen. In Dokumenten des 6. bis 8. Jahrhunderts steht die Angabe dere Betroffene: Bekannt möge Euch sein, dass ich das des Ausstellungsortes der Urkunde bezie‑ Dorf (…) im Distrikt (…) an den Brahmanen hungsweise des Aufenthaltsortes des Stif‑ (…) als von Söhnen, Enkeln und weiteren ters tatsächlich meist relativ am Anfang, Nachkommen zu nutzendes in Form einer in späteren Jahrhunderten wird sie jedoch Brahmanengabe mit einer Wasserlibation in die Beschreibung der Stiftungsdetails gestiftet habe, für so lange, wie Mond, Son‑ eingebettet.33 Auch wurden Stiftungsanlass ne, Erde, Flüsse und Berge existieren, zum und ‑datum ab dem 8. Jahrhundert häufig Zweck der Durchführung der mit den fünf zusammen in der Stiftungsbeschreibung großen Opfern verbundenen Riten, um das genannt. Die (Prosa‑)Liste der zu informie‑ religiöse Verdienst meiner Eltern zu meh‑ renden Beamten wiederum könnte man – ren und selbst die erwünschten Früchte wie die Prosatitulatur des regierenden Kö‑ im Diesseits und im Jenseits zu erlangen. nigs und Stifters – ebenfalls der Stiftungs‑ Daher hat durch niemanden eine noch passage zurechnen oder zumindest dem so kleine Behinderung desjenigen zu erfol‑ Übergang von der Genealogie zu dieser.34 gen, der nach der Regel für eine Brahma‑ Die Eulogien der Stifter wurden immer nengabe das Dorf genießt, es pflügt oder elaborierter gestaltet, wobei die Verfasser der Urkunden hierfür sehr viele Anleihen von anderen pflügen lässt.
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in der Kunstdichtung (kāvya) und bei den in Stein gemeißelten Lobpreisungsinschrif‑ ten (praśasti) nahmen. Da Kupfertafelurkunden eine indische Besonderheit darstellten, soll hier auch auf ihr äußeres Erscheinungsbild eingegangen werden. Frühe Urkunden dieses Typs be‑ standen nur aus einer oder zwei einseitig beschriebenen Platten. Um die mit der Zeit tendenziell länger werdenden Inschriften unterbringen zu können, kamen sukzessive immer größere Tafeln zum Einsatz. Zu‑ sätzlich beziehungsweise alternativ konnte auch die Zahl der Tafeln erhöht werden. Zu den wohl umfangreichsten Texten gehören einige Stiftungsinschriften der Coḷa‑Könige aus dem 11. Jahrhundert. Die sogenannten ‚Karandai Tamil Sangam Plates‘ bestehen aus 57 Tafeln, die insgesamt ca. 112 Ki‑ logramm wiegen.35 Der enorme Umfang dieser bilingualen Urkunde (Sanskrit und Tamil)36 aus dem südindischen Tamilnadu ist jedoch nicht allein auf die Länge der sowohl historische Vorfahren als auch my‑ thische Ahnen umfassenden Genealogie des Herrschers Rājendra I. zurückzuführen, sondern auch der Tatsache geschuldet, dass sämtliche 1 083 brahmanischen Begüns‑ tigten namentlich aufgelistet wurden.37 Die ebenfalls in Tamilnadu gefundene und aus dem 11. Jahrhundert datierende Tiruvindalur‑Urkunde besteht sogar aus 85 Kupferplatten, die zusammen mit Ring und Siegel fast 150 Kilogramm wiegen. In dieser 2010 gefundenen und mit 3170 Zeilen bisher längsten bekannten Kupfertafelinschrift ist wiederum zweisprachig dokumentiert, dass zwei Coḷa‑Könige insgesamt 44 Dörfer zu einer Siedlung zusammenfassten und ca. 660 Brahmanen stifteten.38 Für die Maße der Kupfertafeln orientier‑ te man sich offensichtlich an traditionellen nicht‑epigraphischen Beschreibstoffen des indischen Mittelalters, wie beispielswei‑ se Palmblättern. Daher sind die frühen
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Urkunden dieses Typs ausschließlich im Querformat beschrieben und wie eine in‑ dische Handschrift (pustaka) zu lesen, als ‚blätterte‘ man die einzelnen Tafeln von unten nach oben um. Ab dem 9. Jahrhun‑ dert kamen auch Hochformate in Gebrauch, die die Maße von Steinplatten und ‑stelen nachahmten. Kleine Querformate waren in Zentralindien 14 bis 15 cm breit und 3,5 bis 6 cm hoch, große Querformate 44 bis 46 cm breit und 28 cm hoch. Zu den größten Hochformaten gehören solche, die 37 bis 38 cm breit und 50 bis 52 cm hoch sind.39 Quer‑ und Hochformate wurden zum Teil in einer Weise eingraviert, dass sie wie ein europäisches Buch ‚umgeblättert‘ wer‑ den mussten. Aus praktischer Sicht sollte allerdings hinzugefügt werden, dass die Beweglichkeit der einzelnen Tafeln ein‑ geschränkt war, weil diese mittels durch Löcher geführter (Siegel‑)Ringe unterein‑ ander verbunden wurden. Im Bereich der Kupfertafelurkunden lie‑ gen auch diverse alte, zum Teil bereits im Mittelalter entlarvte Fälschungen vor.40 Im ostindischen Bihar ist im 19. Jahrhundert eine Felsinschrift aus dem Jahr 1169 ent‑ deckt worden, die eine gefälschte Kupfer‑ tafelurkunde (kutāmra) für null und nichtig erklärte, welche man dann tatsächlich um die Mitte des 20. Jahrhunderts gefunden hat. In der Felsinschrift informierte ein Fürst seine Nachfahren darüber, dass die Brahmanen eines bestimmten Ortes von ei‑ nem korrupten königlichen Beamten gegen Bestechungsgeld eine Landstiftungsurkun‑ de erhalten hatten und diese als ungültig zu betrachten sei.41 Während in diesem Falle sogar das spä‑ tere Schicksal einer Stiftungsfälschung bekannt ist, fehlen für viele echte Dotati‑ onen sämtliche Informationen über deren weitere Entwicklung. Es muss als paradox angesehen werden, dass zwar Tausende Dokumente über Stiftungsakte, aber kaum
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Zeugnisse über die Geschichte dieser Stif‑ tungen in der Folgezeit erhalten sind. Mit‑ unter geht aus den Urkunden selbst aller‑ dings durchaus deutlich der prozesshafte Charakter der Stiftungsakte hervor. So enthalten diese Texte Informationen dazu, dass Dritte die religiöse Baulichkeit errich‑ tet hatten, der die entsprechende Stiftung zuteil wurde,42 oder den Stifter direkt um eine zweckgebundende, auf Dauer ange‑ legte Dotation an eine bestimmte religiöse Person oder Institution ersucht hatten.43 Mitunter finden sich in den Dokumenten Hinweise auch darauf, dass der Stifter die zu vergebenden Ländereien erst hatte er‑ werben müssen oder dass der Empfänger selbst bereits im Vorfeld eine partielle Um‑ widmung der Dotation(en) zugunsten an‑ derer Begünstigter beziehungsweise deren Beteiligung an dieser erwirkt hatte.44 Der konkrete Sprachgebrauch liefert zuweilen indirekte Anhaltspunkte dafür, dass die‑ jenigen, denen die Stiftung galt oder die diese verwalten sollten, auf die Formulie‑ rungen in den Urkundentexten, insbeson‑ dere auf den Wortlaut der Zweckbindungen, Einfluss nahmen.44 Wie langwierig die Vorbereitung einzelner Stiftungsakte sein konnte, geht aus einigen der sehr umfang‑ reichen Kupfertafelurkunden der südindi‑ schen Coḷa‑Dynastie hervor.46 Für die tatsächliche Umsetzung der be‑ urkundeten Stiftungsabsicht und für das Fortbestehen der jeweiligen Stiftung gibt es vielfach jedoch nur indirekte Belege, z. B. die Fundumstände der Urkunden. So ist eine große Zahl der heute bekann‑ ten Kupfertafeln tatsächlich an den Or‑ ten oder zumindest in der Nähe der Orte entdeckt worden, die mit den gestifteten Dörfern oder mit den Siedlungen, in de‑ nen sich die Ländereien befanden, identi‑ fiziert werden können. Dies ist besonders für zahlreiche Stiftungen bemerkenswert, bei denen sich die gestifteten Objekte (und
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eben auch die Fundorte) von den aktuellen Aufenthaltsorten sowohl des Herrschers bzw. Stifters als auch des oder der mit der Stiftung bedachten Brahmanen Hunderte Kilometer entfernt befanden.47 Dieser Be‑ fund sollte, wenn man davon ausgeht, dass die Kupfertafeln – wie die Vorgaben der ‚Dharmaśāstras‘ nahelegen – in der Regel dazu bestimmt waren, dem Empfänger ausgehändigt und von ihm zum Beweis seiner Rechte an dem Objekt aufbewahrt zu werden,48 als Indiz für den tatsächlichen Vollzug einer Stiftung gelten können. Es gibt auch Belege dafür, dass bestimm‑ te Begünstigte immer wieder Stiftungen erhielten. So sind vier der achtzehn be‑ kannten Urkunden des Rāṣṭrakūṭa‑Königs Govinda III., der im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert herrschte, ein und dem‑ selben brahmanischen Begünstigten aus Süd‑Maharashtra gewidmet. Er erhielt im Verlaufe von insgesamt zehn Jahren meh‑ rere Dörfer als Steuerpfründen im Nord‑ osten Maharashtras.49 Spätere Urkunden konnten aber nicht nur den Umfang der Stiftungsgüter erweitern, sondern die‑ se auch modifizieren. Einige Inschriften enthalten Hinweise darauf, dass die Be‑ wohner der zuvor gestifteten Dörfer diese aufgegeben hatten und Ersatzobjekte zur Verfügung gestellt werden mussten. Mit‑ unter wurden jedoch offenbar auch ganz gravierende Veränderungen in Hinsicht auf die Empfänger vorgenommen. Im Cor‑ pus der westindischen Gurjara‑Dynastie finden sich z. B. zwei Urkunden, die ver‑ muten lassen, dass eine Stiftung aus dem Jahr 628/629 u. Z. nicht dem ursprünglichen Stiftungszweck gemäß umgesetzt, sondern durch eine fünf Jahre jüngere Urkunde im Sinne einer Reduzierung des Kreises der Begünstigten revidiert wurde.50 Erwähnenswert sind ferner Fälle, die be‑ legen, dass königliche Stiftungsdokumente bereits im Mittelalter beschlagnahmt und
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von Beamten gegnerischer Herrscher zur Beurkundung neuer Dotationen benutzt wurden. So stellt eine in Gaonri im Ujjain‑ Distrikt von Madhya Pradesh gefundene Kupfertafelinschrift der nordindischen Paramāra‑Dynastie aus der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts – oder zumindest die erste der drei Platten – eigentlich ein Pa‑ limpsest dar. Auf der Außenseite der Tafel ist noch die Stiftungspassage einer 52 Jahre älteren Rāṣṭrakūṭa‑Urkunde lesbar, obwohl versucht wurde, diese Zeilen zu tilgen.51 Die ursprüngliche Stiftung des Rāṣṭrakūṭa‑ Königs aus dem frühen 10. Jahrhundert hatte sich auf eine Region im Norden Karnatakas bezogen, die sich 800 km südlich vom Ur‑ kundenfundort Gaonri befindet. Steininschriften über Unterhaltsstiftungen Neben Gründungsinschriften gehören zur großen Gruppe der Steininschriften auch solche, die den Kupfertafelurkunden über Unterhaltsstiftungen zugunsten religiöser Personen und Institutionen inhaltlich und formal sehr nahe stehen, aber anders als jene nicht vergraben wurden. Im Mittel‑ alter nahm erst seit dem 11. Jahrhundert diese Kategorie von steinernen Schrift‑ zeugnissen im Verhältnis zu auf Kupferplat‑ ten geschriebenen Stiftungsdokumenten, die bis dahin eindeutig dominiert hatten, zahlenmäßig klar zu. Während Kupfer‑ tafelurkunden dem königlichen Bereich entstammten, meldeten sich in den Stein‑ inschriften verstärkt andere Stiftergruppen, insbesondere die Vertreter der regionalen und lokalen Eliten, zu Wort. Die Begünstig‑ ten der steinernen Urkunden waren häufi‑ ger Tempel als Brahmanen, und für dieses epigraphische Medium bediente man sich oft nicht oder zumindest nicht ausschließ‑ lich des Sanskrit, sondern zunehmend der Proto‑Regionalsprachen. Häufiger als in den Kupfertafelurkun‑ den finden sich in den mittelalterlichen
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Steininschriften Belege für Stiftungssamm‑ lungen, die in Kumulativinschriften oder aber in Inschriftengruppen dokumentiert wurden. Sie belegen oft eine bemerkenswer‑ te Kontinuität im lokalen religiösen Patronat trotz politischer Diskontinuität auf oberster und regionaler Ebene. Einige Beispiele aus Zentralindien seien hier stellvertretend für viele andere Fälle exemplarisch angeführt: Eine in Sanskrit geschriebene Steininschrift aus Mardi im Süden Maharashtras erfasst die Stiftungsaktivitäten lokaler Eliten zu‑ gunsten eines śivaitischen Heiligtums, die in die Zeit von etwa 1180 bis 1212 fielen, mithin in eine Periode, in der die in dieser Region herrschende Dynastie wechselte.52 (Typisch für derartige Inschriften regio‑ naler und lokaler Eliten war, dass diese nicht nur eine Datierung trugen, sondern auch den aktuellen Herrscher nannten.) Über mehr als ein Jahrzehnt, und zwar von 1182 bis 1193, erstreckten sich auch die in zwei Steininschriften beurkundeten Dota‑ tionen für das innerhalb der Mahālakṣmī‑ Tempelanlage in Kolhapur im Südwesten von Maharashtra gelegene Kolleg (maṭha) des Umāmāheśvara.53 Vier in Ambajogai in Zentral‑Maharashtra gefundene, auf Sans‑ krit mit einzelnen in Marathi eingefügten Sätzen verfasste Inschriften wiederum be‑ zeugen die Stiftungsaktivitäten eines Heer‑ führers und seiner Familie zugunsten eines viṣṇuitischen Tempelkomplexes, die von 1228 bis 1240 andauerten.54 Weihinschriften Zahlreiche gestiftete Objekte wurden mit Weih‑ oder Widmungsinschriften verse‑ hen. Hierzu zählen vor allem die für das indische Mittelalter bedeutsamen Kultbil‑ der, von denen sich überwiegend steinerne und bronzene Skulpturen erhalten haben, aber auch diverse andere Kultgegenstände. Strukturell ähneln die Votivinschriften den Stifterinschriften an Bauteilen und
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den kurzen privaten Stiftungsinschriften an Gebäuden. Neben Angaben über den oder die Stifter enthalten diese epigraphi‑ schen Zeugnisse oft Informationen, die für die Identifizierung der Objekte wichtig sind. Zu welchem Prozentsatz mittelal‑ terliche indische Bildwerke mit Stifterin‑ schriften versehen waren, ist aufgrund des Forschungsstandes schwer einzuschätzen. (→ 6.6.3) Generell kann man vermuten, dass umfangreichere Stiftungen, wie die bauliche Gründung einer religiösen Ins‑ titution oder die Verleihung eines Dorfes, häufiger schriftlich beurkundet wurden als bescheidenere Gaben. Oskar von Hinüber ist wohl zuzustimmen, der eingeschätzt hat: „Seltener bezeugt ist die Tätigkeit be‑ stimmter Stifter oder Stifterfamilien, deren kleinere Einzelstiftungen sich über einen längeren Zeitraum verfolgen lassen. Denn im Gegensatz zu den aufwendig dokumen‑ tierten Großschenkungen ist über Stifter von Kultgegenständen wie Räuchergefä‑ ßen oder Bronzestatuen sehr viel weniger bekannt.“55 Von Hinüber sind mehrere Studien zu den Stiftungen einer mittelalterlichen, im Nordwesten des südasiatischen Subkonti‑ nents ansässigen Stifterfamilie zu verdan‑ ken, über die er festhielt: „Wenn man nun einen Einblick in die Tätigkeit, in das Leben und die Ziele einer frommen buddhistischen Stifterfamilie gewinnen möchte, so bietet sich aufgrund einer jedenfalls für indische Verhältnisse ungewöhnlich günstigen Über‑ lieferungslage eine kleine örtliche Dynastie (…) an, die das Königreich von Palola, das im Gebiet von Gilgit zu suchen ist, vom späten 6. bis zum frühen 8. Jahrhundert regiert hat. Die Herrscher (…) stiften selbst, vor allem ihre Königinnen, aber auch an‑ dere Personen aus ihrem Umkreis treten als Stifter hervor.“56 Neben Räuchergefäßen und Bronzen wurden auch Felsbilder und Handschriften gestiftet.57
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Handschriftenkolophone Ebenfalls zu den dokumentarischen Quellen des Stiftungswesens, aber nicht mehr zur großen Gruppe der epigraphischen Zeug‑ nisse zählen Kolophone von Handschriften religiöser Texte, die sich zu den Stiftern dieser Manuskripte äußern. Idealerweise enthält ein solches Kolophon Angaben zum vervielfältigten Text, zum Schreiber und zum Auftraggeber sowie zum Ort und zum Datum der Abschrift. Viele Kolophone sind gemessen an diesem Ideal nicht vollständig, und oft fehlen sie ganz. Angesichts der sehr großen Zahl von indischen Handschriften und des Mangels an vergleichenden Unter‑ suchungen zu den Kolophonen, ist es nicht möglich, eine ungefähre Gesamtschätzung dazu vorzunehmen, in welchem Umfang Abschriften religiöser Texte im indischen Mittelalter tatsächlich Stiftungen darstell‑ ten. (→ 6.6.5) Da Birkenrinde, Palmblätter und später auch Papier unter den klimatischen Ver‑ hältnissen in Indien litten, mussten Texte in regelmäßigen Abständen abgeschrie‑ ben werden. Den Stiftern solcher Kopien dürfte bewusst gewesen sein, dass diese Abschriften nicht ‚ewig‘ hielten. Doch die Vervielfältigung der heiligen Schriften stell‑ te – neben der mündlichen Weitergabe an eine möglichst nicht abbrechende Linie von Schülern – eine erfolgversprechende Option dar, um das dauerhafte Überleben religiöser Lehren und Vorschriften zu sichern. Wie erwähnt, sind im Gilgit‑Gebiet des heutigen Pakistan nicht nur buddhistische Bronzen, Felsbilder, Räuchergefäße mit Stif‑ terinschriften, sondern auch Handschriften mit Kolophonen gefunden worden. 1983 hat Oskar von Hinüber mehr als 30 Einzelma‑ nuskripte identifiziert und zehn Kolophone dieser wohl aus dem 6. und 7. Jahrhun‑ dert datierenden Handschriften gelesen und übersetzt. Sie folgen in ihrer Struktur demselben Grundmuster, das sich bereits
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in buddhistischen Stifterinschriften der ers‑ ten Jahrhunderte u. Z. findet: „Dies ist die religiöse Stiftung (deyadharma) von N. N., zusammen mit N. N. und N. N.; was hier an [religiösem] Verdienst (puṇya) [entsteht], das soll allen Wesen zum Erreichen der höchsten Erkenntnis dienen.“58 Demzufolge enthalten diese Kolophone vor allem die Na‑ men der Stifter sowie derjenigen Personen, die an dem durch die Stiftung generierten Verdienst beteiligt werden sollten. Aus Gil‑ git im Nordwesten des südasiatischen Sub‑ kontinents stammen auch Manuskriptfun‑ de des ‚Mūlasarvāstivādavinaya‘ in Sans‑ krit, der Vorschriften zu Stiftungen enthält. (→ 5.6.2) Dem Kolophon einer Handschrift des ‚Vinayasūtra‘ von Guṇaprabha wiede‑ rum ist zu entnehmen, dass Abschriften frühmittelalterlicher Kompendien zum Or‑ densrecht der Mūlasarvāstivādins eben‑ falls in ostindischen Klöstern angefertigt wurden.59 5.6.4 Deskriptiv-narrative Quellen Neben Tausenden von epigraphischen Zeug‑ nissen besteht die große Masse der einhei‑ mischen Quellen zum mittelalterlichen In‑ dien aus literarischen und religiösen Texten. In vielen dieser Schriften finden sich – oft sehr verstreut – indirekte Hinweise auf Stif‑ tungen.60 Angesichts der enormen Menge des Materials soll hier nur exemplarisch auf die Gattung der königlichen Eulogien und der Chroniken eingegangen werden. Die Reiseberichte fremder Besucher, z. B. der chinesischen buddhistischen Pilgermönche, liefern ebenfalls ergiebige Informationen zur Stiftungswirklichkeit. Königliche Eulogien und Chroniken Da es – wie unter anderem die Vorschrif‑ ten der brahmanischen Rechtstexte zum rājadharma zeigen (→ 5.6.2) – zu den
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vornehmsten Pflichten eines indischen Königs gehörte, religiöse Personen und Institutionen zu beschenken und mit Stif‑ tungen zu bedenken, ist es wenig ver‑ wunderlich, dass insbesondere königliche Eulogien der verschiedensten Art, für die der Sanskrit‑Sammelbegriff praśasti steht, auf stifterische Aktivitäten der Geprie‑ senen hinweisen. Derartige Lobpreisun‑ gen mit häufig summarischen Angaben sind sowohl in verschiedenen Werken der Kunstdichtung (kāvya) als auch in Inschrif‑ ten (→ 5.6.3) anzutreffen. Dokumentarische Quellen liefern di‑ rekte Hinweise dafür, dass die erhalte‑ nen Urkunden nur einen Bruchteil der tatsächlich vorgenommenen Dotationen widerspiegeln.61 In den Eulogien, die auch konkreten Stiftungsbeurkundungen vor‑ geschaltet sein konnten, wird in der Re‑ gel kumulativ über die Freigebigkeit der Herrscher Zeugnis abgelegt. In diesen Lobpreisungen königlicher Großzügigkeit sind zwar Übertreibungen zu erwarten, aber eine Vorstellung von dem vermutlich gewaltigen Umfang an religiösen Dota‑ tionen unter manchen Dynastien geben diese Darstellungen dennoch. So wird in einer Inschrift vom Rāṣṭrakūṭa‑König In‑ dra III., der im frühen 10. Jahrhundert in Zentralindien regierte, behauptet, er habe 650 Dörfer gestiftet.62 Diese Zahl bezieht sich aber wohl insgesamt auf die von Indra III. und seinen Vorfahren, mithin auf die innerhalb von 150 Jahren Herrschaft der Dynastie vergebenen religiösen Stiftungen an Götter und Brahmanen. Wenige Jahre später ließ Govinda IV., Sohn und Nach‑ folger von Indra III., in einem analogen Kontext auf 600 an Brahmanen und 800 an Götter gestiftete Dörfer verweisen.63 Auch in metaphorischen Zusammen‑ hängen spielte man häufig auf könig‑ liche Landstiftungen an. So wurde seit dem 10. Jahrhundert der Begriff namasya,
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dessen eigentliche Bedeutung lediglich ‚das zu Verehrende‘ ist, als allgemeine Be‑ zeichnung für religiöse Stiftungen benutzt. (→ 1.6.3) Die Eulogien der Rāṣṭrakūṭas enthalten Strophen, die mit der eigent‑ lichen und mit der (neuen) technischen, auf Stiftungen bezogenen Bedeutung des Wortes namasya spielen: „Dieser von al‑ len Menschen zu verehrende (namasya) König war, nachdem er viele Stiftungen (namasya), [und zwar] Dotationen an Göt‑ ter und Stiftungen an Brahmanen, getätigt hatte, durch den Ruhm [seiner] Freigebig‑ keit dem Paraśurāma überlegen, dessen Tugendschwere [nur im Lichte] der Stiftung (dāna) eines einzigen unbedeutenden Dor‑ fes strahlte.“64 Auch außerhalb der Epigraphik, in der historiographischen Kunstdichtung, liegen Eulogien vor. Hierzu zählen beispielswei‑ se der (in Prakrit verfasste) ‚Gaüḍavaha‘ des Vākpatirāja aus dem 8. Jahrhundert über das Leben des Herrschers Yaśovar‑ man von Kanauj, das Sanskrit‑Werk ‚Vikra‑ māṅkadevacarita‘ des Bilhaṇa aus dem 12. Jahrhundert über die späte Cālukya‑ Dynastie 65 und das in einer Mischung aus Sanskrit und Prakrit geschriebene, auch aus dem 12. Jahrhundert datierende ‚Kumārapālacarita‘ des Hemacandra über einen Caulukya‑König.66 Werke der Chronikliteratur in einem engeren Sinne tauchen erst recht spät und vor allem im Nordwesten, in Kaschmir, auf. So datiert die berühmte ‚Rājataraṅgiṇī‘ des Kalhaṇa aus dem 12. Jahrhundert, und Aktualisierungen aus dem 15. Jahrhundert stammen von Jonarāja und Śrīvara. Auch diese Chroniken gehören zur Kunstdich‑ tung (kāvya).67 In der ‚Rājataraṅginī‘ sind zahlreiche Hinweise über die Ansiedlung von Brahmanen in Kaschmir, die Zuerken‑ nung von Landstiftungen (agrahāra) und die Gründung von Kollegien (maṭha) ent‑ halten.68
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Chinesische Pilgerberichte Zu den wohl wichtigsten fremden Quellen für das späte Altertum und die frühmittel‑ alterliche Geschichte Indiens gehören die Reiseschilderungen der chinesischen Pil‑ germönche Faxian, Xuanzang und Yijing, in denen sich auch diverse Hinweise auf Stiftungsaktivitäten zugunsten buddhis‑ tischer Klöster finden. Bereits Faxian, der chinesische Mönch, der im 5. Jahrhundert Nordindien und Sri Lanka besuchte, berichtete bezogen auf Madhyadeśa 69: „Nachdem der Buddha in das parinirvāṇa [eingegangen war], haben alle Könige, Ältesten und Familienvorstän‑ de für den saṅgha Klöster errichtet, ihm Felder, Häuser, Höfe, Beete, Leute, Kühe und Kälber gegeben und [diese Schen‑ kungen] auf Eisenblätter eingetragen, und seitdem wird [diese Sitte] von König zu König weitertradiert, und niemand wagt es, [diese] abzuschaffen. [So] dauert [diese Sitte] bis heute fort.“70 Xuanzang, der Indien in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts bereiste, hielt Informationen zum stifterischen Wirken buddhistischer Laien für diverse indische Orte fest. So teilte er beispielsweise mit, dass ein ceylonesischer König ein Kloster für ceylonesische Mönche in Buddhagayā, der Stätte, an welcher der historische Bud‑ dha seine Erleuchtung erlangt haben soll, errichtet habe. Sowohl in der Biographie Xuan zangs71 als auch im Reisebericht Yi‑ jings, der in der zweiten Hälfte des 7. Jahr‑ hunderts nach Indien kam, wird dem offen‑ bar eindrucksvollen Umfang des im Besitz der Klosteranlage von Nālandā befindli‑ chen Stiftungsvermögens, das angeblich im Steueraufkommen von 100 beziehungs‑ weise 200 Dörfern bestand, besondere Auf‑ merksamkeit gewidmet.72 AS
Indien
427
Anmerkungen 1 Dharma und artha sind zwei der insgesamt drei
beziehungsweise vier Lebensziele des brahmani‑ schen Ideals, zu denen noch kāma (und mokṣā) gehört (gehören). Dharma ist dabei zweifellos der vielschichtigste Begriff; er beschreibt die Aus‑ richtung des Verhaltens sozialer Gruppen nach religiös und geburtsständisch determinierten Normen. Artha bedeutet so viel wie ‚materieller Wohlstand‘; die Texte der ‚Arthaśāstra‘‑Tradition beschäftigen sich aber in erster Linie mit Wirt‑ schaft, Politik und Recht aus einer königlichen Perspektive, d. h. mit Staatskunst. Kāma steht für ‚Liebe‘ und mokṣā für ‚Erlösung‘. 2 Die Datierung des ‚Kauṭilīya‑Arthaśāstra‘ ist umstritten; außer Zweifel steht jedoch, dass es sich um einen heterogenen Text handelt. Ältere Teile könnten bis in die Maurya‑Periode, das 4./3. Jahr‑ hundert v. u. Z., zurückreichen. Die Endredaktion erfolgte im 1. Jahrhundert u. Z. Zur Datierung vgl. Trautmann, Kauṭilya and the Arthaśāstra (1971), und Scharfe, Investigations in Kauṭalya’s Manual (1993). 3 The Kauṭilīya Arthaśāstra. Ed. R. P. Kangle, Bd. 1. Bombay 1969, 32: ṛtvigācāryapurohitaśrotriyebhyo brahmadeyāny adaṇḍakarāṇy abhirūpadāyādakāni prayacchet. Zur Übersetzung siehe auch King, Governance and Law in Ancient India. Kauṭilya’s Arthaśāstra. A New Annotated Translation. Übers. Patrick Olivelle. Oxford / New York 2013, 99: „He should present Brāhmaṇa land grants exempt from fines and taxes to the officiating priest, teacher, Chaplain, and Vedic scholars, gifts that are inherited by heirs of equal competence.“ Vgl. auch die Anmerkung zur Verwendung des Be‑ griffs brahmadeya in 2.1.7 (ebd., 493): „Brāhmaṇa land grants (brahmadeya): This is a technical term referring to gifts of land given to Brāhmaṇas, lands that are free from taxes and meant to sup‑ port their ritual and scholarly activities.“ 4 Die absolute Datierung der ‚Yājñavalkyasmṛti‘ ist nicht sicher. Der Text ist jünger als die ‚Manusmṛti‘, die in der aktuellen Forschung in das 2./3. Jahrhundert gesetzt wird. Die ‚Yājña‑ valkyasmṛti‘ ist vermutlich in der Gupta‑Zeit, im 4. Jahrhundert, entstanden, als Kupfertafel‑ urkunden ein der Normierung bedürfendes Phä‑ nomen wurden.
5 The Yājñavalkyasmṛti. With the Commenta‑
ry Bālākrīḍā of Viśvarūpācārya. Ed. Taruvagraharam Ganapati Sastri. Trivandrum 1921–1922, ND Delhi 1982, Strophen 1.314–316: dattvā bhūmiṃ nibandhaṃ vā kṛtvā lekhyaṃ tu kārayet / āgāmikṣudranṛpatiparijñānāya pārthivaḥ // paṭe vā tāmrapaṭṭe vā svamudrāparicihnitam / abhilekhyātmano vaṃśyān ātmānam ca mahīpatiḥ // pratigrahaparīmāṇaṃ dānācchedopavarṇanam / svahastakālasaṃpannaṃ śāsanaṃ kārayet sthiram //. 6 The Law Code of Viṣṇu. A Critical Edition and Annotated Translation of the Vaiṣṇava‑Dharma‑ śāstra. Ed. Patrick Olivelle. (Harvard Oriental Se‑ ries, Bd. 73.) Cambridge (Mass.) 2009, Abschnitte 3.81–83: brahmaṇebhyaś ca bhuvaṃ pratipādayet // yeṣāṃ ca pratipādayet teṣāṃ svavaṃśyān bhuvaḥ parimāṇam dānacchedopavarṇanaṃ ca paṭe vā tāmrapaṭṭe vā likhitaṃ svamudrāṅkaṃ cāgāminṛpativijñānārthaṃ dadyāt // paradattām ca bhuvaṃ nāpaharet //. 7 Bṛhaspatismṛti (Reconstructed). Ed. K. V. Rangaswami Aiyangar. (Gaekwad’s Oriental Series, Bd. 85.) Baroda 1941, Strophen 1.6.20–25. 8 Vgl. The Dānakāṇḍa („Book on Gifting“) of the Kṛtyakalpataru. A Critical Edition and An‑ notated Translation. Ed. David James Brick. Diss. phil. Austin 2009. 9 Vgl. Dānakāṇḍa. Ed. Brick (wie Anm. 8), 191–194 (Übersetzung); 429–434 (Text). 10 Vgl. The Book of the Discipline. Vinaya‑ Piṭaka, Bd. 4: Mahāvagga. Übers. Isaline Blew Horner. London 1951, Abschnitt 3.5. 11 Da sie den Originalen enger folgen, gelten die tibetischen Übersetzungen buddhistischer Texte aus indischen Sprachen in der Regel als weitaus zuverlässiger als die chinesischen Übertragungen. 12 Vgl. Schopen, Doing Business for the Lord (1994, ND 2004), 47–49. 13 Die Entstehung der vinaya‑Regeln wird nach buddhistischem Selbstverständnis zu Lebzeiten des historischen Buddha angesiedelt. Viele Ver‑ fügungen dürften aber erst sehr viel später ent‑ standen sein. 14 Vgl. Schopen, Doing Business for the Lord (1994, ND 2004), 47–49. Diese Passage findet sich nur im tibetischen und im chinesischen Kanon.
428 Vgl. auch Gernet, Buddhism in Chinese Society (1995), 160 f. 15 Vgl. Schopen, Doing Business for the Lord (1994, ND 2004), 70–72. 16 Der Begriff ārāma, ‚Hain‘, steht in buddhisti‑ schem Kontext für Liegenschaften, die dem Orden schon früh gestiftet wurden, und zwar zunächst, um darauf temporäre Unterkünfte zu errichten. 17 Der Terminus śayanāsana, der in buddhis‑ tischen Stiftungsurkunden sehr häufig bei der Formulierung des Stiftungszwecks erscheint, be‑ deutet wörtlich ‚Bett(en) und Sitz(e)‘, d. h. Mobiliar. 18 In Stiftungszeugnissen geht es auch um die Speisung von Mönchen, doch dieser Begriff wird nicht benutzt. 19 Die Versorgung von Besuchern gehört auch zu den in Stiftungsurkunden genannten Dotati‑ onszwecken. 20 Die Ausstattung des buddhistischen Ordens mit Arzneien erscheint ebenfalls in den Stiftungs‑ zwecken. 21 Konkrete Hinweise auf derartige Wohltä‑ tigkeitsstiftungen sind in den epigraphischen Quellen selten. (→ 9.6) 22 Sphuṭārthā Abhidharmakośavyākhyā by Yaśomitra. Ed. Unrai Wogihara. Tokio 1971, 352 f. Übersetzung der Sanskrit‑Passage durch AS. 23 Vgl. Strauch, Lekhapaddhati‑Lekhapañcāśikā (2002), 242–266 und 400–402. 24 Königliche Kupfertafelurkunden bezeugen zwar überwiegend religiöse Stiftungen, aber zu einem kleinen Teil auch Verfügungen über weltli‑ che Steuerpfründen, über Steuerfestlegungen usw. Solche Dokumente finden sich ebenfalls in der ‚Lekhapaddhati‘, vgl. z. B. Strauch, Lekhapaddhati‑ Lekhapañcāśikā (2002), 267–272. Die ‚Lekhapad‑ dhati‘ enthält einerseits Urkundenmuster, für die sich keine dokumentarischen Belege erhalten ha‑ ben, und andererseits fehlen in dieser Abhandlung z. B. Muster für Testamente, obwohl sich in der buddhistischen Literatur Hinweise auf schriftlich niedergelegte letztwillige Verfügungen finden. 25 Vgl. Schopen, Art, Beauty, and the Business (2004), 24. 26 Vgl. Aihole Inscription of Pulakesin II.; Saka‑ Samvat 556. Ed. Franz Kielhorn, in: Epigraphia In‑ dica 6, 1900/1901, 1–20. 27 Schopen, What’s in a Name (1996, ND 2004), 392.
Schriftzeugnisse
28 Urkunden auf Stoff – wie in den ‚Dharma‑ śāstras‘ als Alternative genannt – haben sich nicht erhalten. 29 In Sri Lanka überwiegen Steininschriften; Kupfertafeln tauchen dort erst recht spät und nur in geringer Zahl auf. Der singhalesische König Kaliṅga Niśśaṅkamalla (1187–1196) rühmte sich, er habe den Brauch eingeführt, ‚ewige‘ Landstif‑ tungen auf Kupferplatten (tambapatä) eingra‑ vieren zu lassen; vgl. z. B. Epigraphia Zeylanica. Ed. Don Martino de Zilva Wickremasinghe, Bd. 1. London 1912, 121–135, Nr. 9. 30 Es existieren einige wenige Kupfertafelur‑ kunden zugunsten christlicher und jüdischer Institutionen. Zu zwei christlichen Urkunden des 9. Jahrhunderts aus Kollam im südindischen Kerala vgl. Three Inscriptions of Sthāṇu Ravi. Ed. T. A. Gopinatha Rao, in: Ders., Tamil and Vetteluttu Inscriptions on Stone and Copper‑Plates. Parts I to III. (Travancore Archaeological Series, Bd. 2.) Trivandrum 1920, 60–85. Zu einer etwas jüngeren jüdischen Urkunde aus Kottayam (ebenfalls Ke‑ rala) vgl. The Jewish Copper‑Plates of Cochin. Ed. M. G. S. Narayanan, in: Ders., Cultural Symbiosis in Kerala. Trivandrum 1972, 23–30; 51–53; 79–82. 31 Vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 115–117. Zur Diplomatik siehe auch Chhabra, Diplomatic of Sanskrit Copper‑Plate Grants (1995). 32 Hier ohne Anrufung eines Gottes. 33 Diese Umstellung geht mit der von Prosa‑ zu metrischen Genealogien einher. In den frü‑ hen Prosagenealogien wirkt die Ortsangabe im Ablativ wie ein syntaktischer Fremdkörper am Anfang der Dynastiebeschreibung. 34 Eine Zäsur im Sprachstil, der Übergang vom Duktus der Kunstdichtung (kāvya) zu ei‑ ner höchst funktionalen Ausdrucksweise, einer Art Beamten‑Sanskrit, ist dabei der wichtigste Indikator. 35 Vgl. Karandai Tamil Sangam Plates of Rajen‑ drachola I. Ed. K. G. Krishnan. Delhi 1984. Ange‑ sichts eines solchen Gewichts kann man nur noch eingeschränkt von einem transportablen Urkun‑ denmedium sprechen. Eine sehr umfangreiche, bilinguale Kupfertafelurkunde bilden auch die aus 21 Tafeln bestehenden ‚Larger Leiden Plates‘ desselben Königs; vgl. The Larger Leiden Plates (of Rājarāja I). Ed. K. V. Subrahmanya Aiyer, in: Epigraphia Indica 22, 1933/1934, 213–266.
Indien
36 Es handelt sich hierbei – wie in den meisten
zweisprachigen indischen Inschriften – nicht um eine echte bilinguale Urkunde. Die Genealogie und die Strophen am Schluss sind in Sanskrit gehalten, während die Stiftungspassage in Tamil verfasst wurde. 37 Bei so großen Empfängerzahlen war es eher unüblich, die Namen der einzelnen Begünstigten aufzuführen. 38 Vgl. Tiruvindalur Copper Plates. Ed. S. Sankaranarayanan / N. Marxia Gandhi / A. Padmavathy / R. Sivanantham. Chennai 2011. Diese Informationen verdankt die Verfasserin Yellava Subbarayalu (Pondicherry). 39 Die auf Abb. 63–64 dargestellten Kupfer‑ tafeln sind im Original 26,7 cm breit und 16,5 cm hoch. 40 Zu erst in der Neuzeit nachweislich erkann‑ ten Fälschungen vgl. Njammasch, Fälscherwerk‑ statt (1993). Manche von Indologen als Fälschung bezeichnete Inschrift wäre vermutlich von Zeit‑ genossen eines derartigen Dokuments nicht als solche eingeschätzt worden. So wird in einer aus Nordwest‑Karnataka stammenden Steininschrift des 12. Jahrhunderts explizit angegeben, dass es sich dabei um die Abschrift einer Kupfertafelur‑ kunde aus der Mitte des 9. Jahrhunderts handelte; vgl. Konnur Spurious Inscription of Amoghavar‑ sha I.; Saka‑Samvat 782. Ed. Franz Kielhorn, in: Epigraphia Indica 6, 1900/1901, 25–38. 41 Vgl. Tarachandi Rock Inscription of Prata‑ padhavala, V. S. 1225. Ed. Dinesh Chandra Sircar, in: Epigraphia Indica 34, 1961/1962, 23–27; Sunahar Spurious Grant of Gahadavala Vijayacandra. Ed. Ders., in: Epigraphia Indica 35, 1963/1964, 153–158. 42 Dies wird meist mit den Kausativa °kārita, ‚erbaut (durch)‘, oder °pratiṣṭhāpita, ‚errichtet (durch)‘, angezeigt. 43 Die Praxis, ein Kloster zu gründen und dann den Herrscher um eine Unterhaltsstiftung zu bitten, war unter den lokalen Potentaten in Bengalen sehr populär; vgl. hierzu und zu den damit verbundenen Implikationen: Indian Mu‑ seum Copper Plate Inscription of Dharmapala, Year 26: Tentative Reading and Study. Ed. Ryosuke Furui, in: SAS 27.2, 2011, 145–156, bes. 150 f. 44 Vgl. die Fallstudie zu Risiyappa in Schmiedchen, Dorfverleihungen an Brahmanen (2001), 69–71.
429 45 Vgl. Hinüber, Verwischte Spuren (2009), 163;
Schmiedchen, Stiftungen zum Unterhalt buddhis‑ tischer Klöster (2013), 104. 46 So dauerte die Ausführung der in den ‚Ka‑ randai Tamil Sangam Plates‘ (siehe oben, Anm. 35) beurkundeten Dotation ein ganzes Jahr. 47 Vgl. Schmiedchen, Dorfverleihungen an Brah‑ manen (2001), 79 f. 48 Nicht sicher ist, ob es auf vergänglichen Ma‑ terialien geschriebene Kopien dieser Urkunden in königlichen Archiven gab. Irritierend ist auch die Tatsache, dass sich keinerlei Katasterunter‑ lagen erhalten haben, obwohl es Verzeichnisse zum Besitzstand in den Verwaltungsdistrikten gegeben haben muss. 49 Vgl. Schmiedchen, Dorfverleihungen an Brah‑ manen (2001), 69–71. Mit den vier Urkunden, die aus den Jahren 803, 807, 810 und 812 datieren, wurden insgesamt vier ganze Dörfer und sechs kleinere Weiler vergeben. 50 Vgl. Schmiedchen, Epigraphical Evidence (2007), 366 f. 51 Vgl. hierzu Three Copper‑Plate Inscriptions from Gaonri: A. – The Fragmentary Grant of the Rāshṭrakūṭa Suvarṇavarsha (Govinda IV): Śaka 851. Ed. K. N. Dikshit, in: Epigraphia Indica 23, 1959/1960, 101–108. 52 Vgl. Yādavakālīna Mārḍī śilālekha. Śa. 1134. Ed. G. H. Khare, in: Ders. (Hrsg.), Dakṣiṇacyā madhyayugīna itihāsācīṃ sādhaneṃ [Sources of the Medieval History of the Dekkan], Bd. 1. Pune 1930, 43–54. 53 Vgl. Inscriptions of the Śilāhāras. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi. (CII 6.) Delhi 1977, 258–267, Nr. 58 und Nr. 59. 54 Vgl. Yādava Inscriptions from Ambe Jogai. Ed. Ajay Mitra Shastri. (Vishveshvaranand Indo‑ logical Series, Bd. 56.) Hoshiarpur 1972. 55 Hinüber, Felsbilder, Bronzen, Handschriften und Kultgegenstände (2013), 119. 56 Ebd. 57 Vgl. Hatun Rock Inscription of Patoladeva. Ed. N. P. Chakravarti, in: Epigraphia Indica 30, 1953/1954, 226–231. 58 Hinüber, Kolophone (1980, ND 2009), 689; 692 f., Nr. 1; 699 f., Nr. 4; 702 f., Nr. 6; 703, Nr. 7; 708 f., Nr. 10. 59 Vgl. Schopen, Doing Business for the Lord (1994, ND 2004), 69. Die betreffende Handschrift wurde in Vikramaśīla hergestellt.
430
Schriftzeugnisse
60 So sind auch im ‚Mahābhārata‘ (3.65.3; 71 Zur Reise von Xuanzang liegt nicht nur 3.222.43; 15.2.2), dem großen altindischen Epos, dessen eigener Bericht, sondern auch noch die einige Ausführungen zu Landstiftungen an Biographie seines Begleiters vor. Brahmanen (hier: agrahāra) enthalten; vgl. The 72 Vgl. The Life of Hiuen‑Tsiang by the Shaman Mahābhārata. For the First Time Critically Edi‑ Hwui Li. Übers. Samuel Beal. London 1911, 112 f.; A ted, Bde. 3–4: The Āraṇyakaparvan. Ed. Vishnu Record of the Buddhist Religion as Practised in S. Sukthankar. Pune 1942, hier Bd. 3, 214; Bd. 4, India and the Malay Archipelago (AD 671–695). 797; Bd. 19: The Āśramavāsikaparvan. Ed. Shri- Übers. Junjiro Takakusu. London 1896, ND Delhi pad Krishna Belvalkar. Pune 1959, hier 7. Im zur 1982, 65. Zu einer Beschreibung der Gründungs‑ Kunstdichtung (kāvya) zählenden ‚Bhojapra‑ geschichte einzelner Klosterbauten von Nālandā bandha‘ des Dichters Ballāla wiederum findet vgl. Si‑Yu‑Ki. Buddhist Records of the Western sich eine spitzzüngige Bemerkung dazu, dass die World. Translated from the Chinese of Hiuen Tsi‑ Herstellung von Kupfertafelurkunden in großer ang (A. D. 629). Übers. Samuel Beal, Bd. 2. London Zahl zu einem Kupfermangel geführt habe; vgl. 1884, 167–170; Life of Hiuen‑Tsiang. Übers. Beal Bhojaprabandhaḥ Śrīballālaviracitaḥ. The Bhoj‑ (siehe oben), 110 f. Prabandha of Sree Ballal (With English Transla‑ tion). Ed. und Übers. Saradaprosad Vidyabhusan. Kalkutta 31926, 107. 61 Darüber geben unter anderem die Grenzan‑ gaben für die gestifteten Dörfer und Ländereien Auskunft, in denen davon die Rede ist, dass sich in der Nachbarschaft andere Stiftungsgüter be‑ fanden. 62 Vgl. Two Grants of Rashtrakuta Indra III from Vajirkheda, Saka 836: Grant A. Ed. V. B. Kolte, in: Epi‑ graphia Indica 38, 1969/1970, 5–20, bes. 18, Z. 48–49. 63 Vgl. Cambay Plates of Govinda IV.; Saka‑ Samvat 852, Ed. D. R. Bhandarkar, in: Epigraphia Indica 7, 1902/1903, 26–47, bes. 40, Z. 46–49. 64 Jambgaon Plates of Indra III, Saka 836. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi, in: Epigraphia Indica 36, 1965/1966, 223–238, bes. 236, Z. 39–41, Str. 31: sakalajananamasyaḥ so ʼtha kṛtvā namasyān bhuvanapatir anekān devabhogāgrahārān / upari paraśurāmasyaikakugrāmadānasphuritaguṇagarimṇas tyāgakīrtyā babhūva //. 65 Vgl. Mylius, Literatur im alten Indien (1983), 224 f. 66 Vgl. ebd., 226 f. 67 Vgl. ebd., 225 f. 68 Vgl. Witzel, Regionale und überregionale Faktoren (1985), 53. 69 Als ‚Mittelland‘ bezeichnete Faxian Nordin‑ dien, insbesondere das Gebiet um Mathurā und die Region östlich dieser Stadt. 70 Deeg, Gaoseng‑Faxian‑Zhuan (2005), 530. Der aus indischen Quellen gewonnene Befund spricht allerdings nicht für die regelmäßige Vergabe von Menschen.
6 Sachzeugnisse
6.1 Interkulturelle Perspektiven Während Schriften die Normen und Prakti‑ ken des Stiftungsgeschehens dokumentieren, fungieren Sachen als deren Instrumente. Gestifteten Personengemeinschaften wer‑ den Bauten für ihren Daseinszweck zur Verfügung gestellt, und indem sie die über‑ lassenen Objekte gebrauchen, vergegenwär‑ tigen ihre Nutznießer den Wohltäter. Dieser konnte zwar als Mäzen Werke von dau‑ erndem Wert in Auftrag geben, aber erst als Stifter sorgte er dafür, dass sie ständig wechselnde Adressaten fanden.1 Methodisch gesehen lassen sich Sachen nicht aus sich selbst als Objekte oder Ele‑ mente einer Stiftung erkennen; allenfalls weist ihr materieller oder ideeller (künst‑ lerischer) Wert auf den stiftungsgemäßen Zweck einer dauerhaften Erhaltung hin. Nur begleitende Zeugnisse in der Form von selb‑ ständigen Texten, Inschriften oder Bildern lassen die Bestimmung eines Gegenstan‑ des als Sachzeugnis des Stiftungswesens zu. Durch Schlüsse von gelegentlich ausdrück‑ lich belegten auf nicht entsprechend gekenn‑ zeichnete verwandte Werke können sehr viele Objekte als Zeugnisse einer Stiftung vermutet werden; da meist auch andere Ent‑ stehungsgründe in Betracht kommen, sind diese Analogien aber nur selten zwingend.
Als Manifestationen des Stifterwillens können vor allem Bauten gelten, denn Ar‑ chitektur ist die „Sprache der Unsterb‑ lichkeit“. (→ 6.3.2) In den fünf betrach‑ teten Kulturen beziehungsweise Ländern dominieren die Kultbauten – christliche Kirchen und Kapellen, jüdische Synago‑ gen, muslimische Moscheen, buddhistische, jinistische und hinduistische Tempel –, denen, abgesehen vom Judentum, überall auch Klöster zur Seite traten. Gräber von Stiftern beziehungsweise Heiligen oder Ke‑ notaphien anderer Personen konnten dann die Mitte oder wenigstens einen Fokus der gestifteten Anlagen bilden. Während sich die Motive des antiken Totenkults unter Muslimen in weiter gepflegten Mausoleen und unter Buddhisten bei Errichtung und Begehung der Stūpas behaupteten, verwies die (Stifter‑)Grablege in einer christlichen Kirche immer auf die übergeordnete Sa‑ kralstätte des Altars, an dem das eucha‑ ristische Opfer für den Verstorbenen dar‑ gebracht werden sollte. Im Christentum und Islam waren ebenso Spitäler fromme Einrichtungen, aber nur bei den Muslimen auch Orte interreligiöser Betätigung (ne‑ ben muslimischen auch christliche und jüdische Ärzte) und Versorgung (Patienten
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und Bedürftige jedweder Herkunft). Zu den gestifteten Baulichkeiten zählten die Schu‑ len im Islam (Medresen), im christlichen Westeuropa ebenso die Universitäten, ohne dass diese einen bestimmten architektoni‑ schen Typ ausgebildet hätten; bezeichnen‑ derweise waren im einen wie im anderen Fall die Lehrer und Schüler wenigstens ursprünglich oder gelegentlich auch zum Gedenken des Stifters verpflichtet, dessen letzte Ruhestätte sich am selben Ort befin‑ den konnte.2 Wiederholt gehörten rituelle Tauchbäder zu den jüdischen Stiftungen des mittelalterlichen Jahrtausends. Wo nur bescheidener Aufwand betrieben wurde, wie bei Wohnhäusern der Brah‑ manen in Indien (→ 6.6.1, Anm. 1) oder den Familien‑awqāf (→ 6.3.1), sind jegliche materielle Spuren vergangen. Reich belegt sind aber die öffentlichen Stiftungen in der muslimischen Welt, besonders Bäder und Springbrunnen, Karawansereien, Festungen (ribāṭs) und Herbergen (funduqs). Gestiftete Wasserspender, vor allem in Gestalt der Stu‑ fen‑ und Treppenbrunnen, waren auch in den Trockengebieten Westindiens verbrei‑ tet, und zwar schon im frühen Mittelalter und dann vor allem zwischen dem 12. und 17. Jahrhundert u. Z. In Westeuropa scheinen demgegenüber gestiftete ,weltliche‘ Gebäude selten zu sein; wo hier Brücken errichtet wurden, gehörten sie wie im Alten Ägypten am Nil zu den Werken der Barmherzigkeit. Kultbauten aller Religionen waren mit mehr oder weniger ortsfesten Gegenstän‑ den ausgestattet, die durch Stifterinschrift
Sachzeugnisse
oder ‑bild gekennzeichnet sein konnten; oftmals gingen diese gar nicht auf den ers‑ ten Gründer, sondern auf spätere Wohltäter (,Zustifter‘) zurück. Bei den Christen waren das z. B. Sakramentshäuser und Glasfens‑ ter, Altarretabel und Antependien, bei den Juden Thorarollen, ‑kronen, ‑mäntel und ‑vorhänge, bei den Muslimen Predigerstuhl (minbar), Gebetsweiser (ʿanza) und Sessel für den gelehrten Juristen (kursī), in Indien feste oder transportable Statuen Buddhas oder der Gottheiten. Christen und Juden benötigten Gestühl für die Gläubigen in ihren Gotteshäusern, für das wohlhabende Gemeindemitglieder aufkamen, und überall mussten Lampen die Lesung der Gebete und anderer religiöser Texte ermöglichen. Je mobiler die Objekte waren und je mehr da‑ her ihre Entfremdung vom Ort der Stiftung drohte, umso mehr musste der Nutzen für den frommen Stifter durch die Repräsenta‑ tion seiner Person abgesichert werden. Bei Stiftungen von Koranhandschriften bezie‑ hungsweise liturgischen Büchern geschah dies durch ausdrücklichen Vermerk seines Namens, etwa im Kolophon, oder, soweit es sich um Christen handelte, auch um Stifter‑ bilder in Miniaturen. Zwischen frommen Schenkungen an ein Gotteshaus oder Gaben mit dauernder Zwecksetzung, die zugleich dem ewigen Heil des Spenders zugutekom‑ men sollte, lässt sich oft nicht entscheiden; bisweilen ist es erst ein tatsächlich ständi‑ ger Gebrauch, der Rückschlüsse auf eine Stifterintention erlaubt. MB
Anmerkungen 1 Zur Differenz zwischen Stifter und Mäzen
siehe Borgolte, Stiftung und Wissenschaft (2011, ND 2011 und 2012), 417–419. (→ 6.3.1) 2 Zu Universitäten: Borgolte, Stiftungen des Mit‑ telalters im Spannungsfeld von Herrschaft und
Genossenschaft (1994, ND 2012), 32–40; Wagner, Universitätsstift (1999).
Lateinische Christen
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6.2 Lateinische Christen 6.2.1 Allgemeines Die Sachüberlieferung des mittelalterlichen Stiftungswesens der lateinischen Christen ist reich und vielgestaltig. Die meisten Klös‑ ter und Stifte und große Teile kirchlicher Ausstattungen gelten als Stiftungen. Die architektonischen Hinterlassenschaften und Ausstattungsstücke mittelalterlicher Stiftungen zeigen anschaulicher als Akten und Urkunden den hohen materiellen Auf‑ wand, der mit der Einrichtung verschiede‑ ner Stiftungsformen verbunden war, und dokumentieren die Umsetzung der Stif‑ terverfügungen und ihre Dauerhaftigkeit. Was wie eine kursorische Darstellung des materiellen Niederschlags von Stiftungen erscheinen mag, dokumentiert einmal die tiefe Durchdringung des christlichen Kul‑ tus durch das lateinisch‑mittelalterliche Stiftungswesen, zum anderen die Komple‑ xität des Phänomens. Nachweisbare Über‑ arbeitungen oder Umwidmungen bezeugen Wirklichkeit und Entwicklung und damit die weitere soziale Geschichte einer Stif‑ tung. Ikonographische und ikonologische Analysen von Bauten und Bildprogrammen können zu Aussagen über Stiftermotive und ‑intentionen führen, die hinter formelhaften Wendungen der Urkundensprache verbor‑ gen sind. Materielle Gestaltungen, Form‑ auswahl und Nutzungen lassen sich auf den Stifterwillen zurückführen, was nicht aus parallelen Schriftquellen (so überhaupt er‑ halten) zu erschließen wäre. Eine besondere Form stellen die sogenannten Stifterbilder in verschiedenen Ausprägungen dar, die seit längerer Zeit in der kunsthistorischen Forschung diskutiert werden. (→ 6.2.3) Der Begriff ‚Stifterbild‘ ist mit Vorsicht zu ver‑ wenden, denn ohne Inschrift an demselben
Objekt oder parallele schriftliche Überlie‑ ferungen ist nicht gesichert, dass es sich bei den abgebildeten Personen tatsächlich um Stifter handelte. Die Verbreitung und oftmals retrospektive Herstellung solcher Bildnisse zeigt, welche Bedeutung die mit‑ telalterliche Gesellschaft diesem System von Gabe und Gegengabe zumaß. Auch wo kein historischer Stiftungsakt vorlag, war man nicht selten bemüht, über das Aufstel‑ len entsprechender Bilder einen solchen zu konstruieren und öffentlich zu dokumen‑ tieren. Zur Einordnung eines Objekts als ‚Stiftungszeugnis‘ ist daher in jedem Fall zu überprüfen, ob es sich um eine authen‑ tische Stiftung handelt oder ob nicht eine retrospektive Proklamierung einer solchen vorliegt, die historisch begründet sein kann. In ähnlicher Weise ist eine Unterschei‑ dung von ‚Stiftungen‘ und ‚Schenkungen‘ bei einmalig vergabten Objekten auf eine Kontextanalyse oder begleitende Schrift‑ zeugnisse angewiesen. Da diese aufgrund ihrer Materialität häufiger als Archivalien überdauert haben und in Aufwand, Um‑ fang und Bildaussagen in den meisten Fäl‑ len auf anderweitig nicht mehr überlieferte Stiftungen verweisen, sind sie ebenfalls zu berücksichtigen. Deutlich ist dies bei den meist museal konservierten Altarretabeln mit Stifterbildern, heraldischen Zeichen und Inschriften auf Rahmen oder Rück‑ seiten, deren ursprünglicher Zusammen‑ hang mit der Errichtung eines Altars, der wirtschaftlichen Ausstattung der zugehö‑ rigen Priesterstelle, Altargeräten, Messfei‑ ern und Almosen nach Kirchenreformen, Renovierungen und Säkularisation häufig vollständig verloren ging.
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Die Architekturformen von Kirchen, Kapellen oder Klöstern können hinsicht‑ lich der Intentionen ihrer Auftraggeber analysiert werden, obwohl aus sich her‑ aus, ohne Inschrift oder begleitende Text‑ quellen, ein Gebäude nicht als Stiftungs‑ objekt erkannt werden kann. Die Bedeu‑ tung des mittelalterlichen Stiftungswesens über die Einzelfallstudie hinaus wurde für die christliche Baukunst insgesamt bisher nicht beachtet. Nur über den Zu‑ sammenhang von Altarstiftungen mit der Entwicklung neuer Grundrissformen im Kirchenbau wie des Umgangschors mit Ka‑ pellenkranz besteht eine Forschungskont‑ roverse.1 Anders gelagert ist die Frage nach der Bedeutung des Stiftungswesens für die Finanzierung von Kirchenbauprojekten: Hätten die großen Mendikantenkirchen in den Städten ohne die Familienstiftun‑ gen reicher Bürger gebaut werden kön‑ nen? Inwieweit trugen die auf Stiftungen beruhenden Kapellenreihen den Gesamt‑ bau? (→ 6.2.2) An mehreren Beispielen wird vorgestellt, inwieweit Kompromis‑ se zwischen Stifterwillen und Anspruch und Lebenswirklichkeit der Destinatäre gefunden werden mussten. Nicht nur in der Folgezeit, der Dauer einer bestehenden Stiftung, kamen Interessen verschiedener Akteure in ihrer Ausgestaltung zum Aus‑ druck oder hinterließen materielle Spuren, auch der Gründungsakt erfolgte in einem Beziehungsgeflecht, das sich in formalen und materiellen Analysen oftmals auf‑ zeigen lässt. In allen bildkünstlerischen Medien exis‑ tieren Sachzeugnisse des Stiftungswesens, jedoch in unterschiedlicher Überlieferungs‑ dichte, was nicht allein auf geschichtliche Zufälle zurückzuführen ist. Wenige und fast ausschließlich prominente Exemplare der Goldschmiedekunst sind erhalten und tragen Spuren der Pflege, Erhaltung und Umarbeitung, andere wurden materiell
Sachzeugnisse
umgewidmet. Auch Textilien, die ebenfalls als kostbar einzustufen sind, aber in der Benutzung starkem Verschleiß unterlagen, werden häufig nur noch in Inventarlisten als verlorenes Stiftungsgut dokumentiert. Neben Altargeräten und liturgischen Bü‑ chern bezeugen sie besonders den ‚Sitz im Leben‘ einer Stiftung, die nicht allein von repräsentativem Wert war, sondern die Frömmigkeit des Auftraggebers ausdrück‑ te und religiösem Kult Raum gab. Umnut‑ zungen oder Umwidmungen älterer Kult‑ plätze bzw. Kultstätten anderer Religionen oder profaner Objekte kommen auch im Stiftungswesen des lateinischen Christen‑ tums vor, sind aber fast ausschließlich bei der Zweitverwendung kostbarer Materialien erkennbar. Spolienverwendung und aus‑ drückliche Kenntlichmachung, zum Bei‑ spiel bei der Überbauung von Synagogen nach Judenpogromen im 14. Jahrhundert oder der Rechristianisierung in Spanien, sind in der Architektur der Stiftungsbauten nicht geläufig.2 Auch Objekten profaner Nutzung la‑ gen nicht selten Stiftungen zugrunde, sie gehörten häufig jedoch zu religiösen Ein‑ richtungen. Caritative Aufgaben von Spi‑ tälern waren in der Regel an Konvente angebunden und meist direkt mit Kapel‑ len versehen. Gleiches gilt für Schulen. Wohnhäuser für Beginen oder Begarden stellen einen Grenzbereich dar, da sich hier religiöse Kommunitäten sammelten, ohne einen eigenen Kultraum zu besitzen. Nur rudimentär überliefert sind leider ver‑ kehrstechnische Anlagen wie Brücken, die meist mit den dazu errichteten Brückenka‑ pellen im Zusammenhang von Stiftungen standen.3
Lateinische Christen
6.2.2 Baulichkeiten Zu allen Zeiten und in allen Regionen des Abendlandes waren mit Stiftungen verbun‑ dene Bauaufgaben Kirchen, Klöster und Stifte, Kapellen, Spitäler und (allerdings selten erhalten) Schulen und Brücken. Als architektonische Sachzeugnisse gelten auch Bauteile wie Fenster oder Portale, die bei Renovierungskampagnen oder zur Fertigstellung von Bauwerken als Stiftun‑ gen hinzugefügt wurden. Profane Wohn‑ gebäude wurden zwar ebenfalls gestiftet, können aber aufgrund einer problemati‑ schen Überlieferungslage nicht als ‚Quellen‘ in diesem Rahmen berücksichtigt werden.4 Die Einrichtung von Kloster‑ und Stifts‑ kirchen mit den damit verbundenen religi‑ ösen Gemeinschaften erweisen diese Stif‑ tungen als komplexe soziale Phänomene. Die Interessen der Stifter an der Sicherung von fama und memoria (Ruhm und Geden‑ ken) drückten sich neben der Organisation von Kult und Personal auch in einer ar‑ chitektonischen Zeichensprache aus: Die verwendeten Bauformen, Materialien und Größenverhältnisse standen in Beziehung zu ihrer Umwelt, waren aber in ihrer Be‑ ständigkeit über ihre Gegenwart hinaus festgelegt und kennzeichneten damit den überzeitlichen Anspruch einer Stiftung. Allerdings gibt sich ein Bauwerk nicht per se als ein Stiftungsobjekt zu erkennen. Es gibt keine stiftungstypischen Bauformen und auch Inschriften und Bildzeugnisse, die einen Gründungsakt an Kirchen oder Kapellen festhalten, sind interpretations‑ bedürftig. Nicht in jedem Fall bilden sie die tatsächlichen rechtlichen Grundlagen und die Finanzierung von Bau und Institution ab, daher ist man zur Einordnung eines Bauwerks als Stiftungszeugnis auf die Überlieferung weiterer Quellen angewie‑ sen. Ist diese gegeben, können architekto‑ nische Sachzeugnisse des Stiftungswesens
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in verschiedenen Richtungen als Quellen ausgewertet werden: Ikonologische Analy‑ sen hinterfragen die Stifterinteressen, dia‑ chrone Untersuchungen steuern Erkennt‑ nisse zur Entwicklung der Stiftung und damit ihrer weiteren sozialen Geschichte bei. Diese können sich auf den engen Zeit‑ raum der Gründungsphase konzentrieren (gab es zeitliche Diskrepanzen zwischen Stiftungsakt und Ausführung, Verzöge‑ rungen, Planänderungen?) oder die Dauer‑ haftigkeit, Bestandserhaltung, Eingriffe, Renovierungen und auch Zerstörungen aufzeigen, um Anhaltspunkte über den Status einer Stiftung für die Dauer ihres Bestehens und die mittelbar und unmit‑ telbar beteiligten Akteure zu erhalten. So können sich auch Rückschlüsse auf das Verhältnis der Destinatäre zu ihrer Umwelt aus Architekturanalysen ergeben, zum Bei‑ spiel wie sich Klerus und Orden mit der höfischen oder städtischen Gesellschaft arrangierten oder wie das Stiftungswe‑ sen zur wirtschaftlichen Organisation von Kirchen und Klöstern instrumentalisiert wurde; sie belegen dabei unter Umständen Diskrepanzen zwischen Norm und Wirk‑ lichkeit monastischen Lebens. Kirchen, Klöster und Stifte Klöster und Stifte bilden das Gros der bau‑ lichen Überlieferung von Stiftungszeug‑ nissen. In ihrem besonderen Zusammen‑ hang mit religiösen Gemeinschaften ist die Verfasstheit von Stiftungen als komplexe soziale Phänomene besonders deutlich. Die täglichen Rituale und personale Kontinu‑ ität am Ort der Stiftung gewährleisteten ihre Pflege und die Tradierung des Stifter‑ andenkens. Eine Übersicht über Kirchen‑, Kloster‑ und Stiftsgründungen vom 5. bis zum 10. Jahrhundert in Europa und Nord‑ afrika stellte Matthias Untermann 2006 zusammen. Trotz vieler Fehlstellen in den Kenntnissen dieser äußerst vielgestaltigen
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Epoche gibt dieses Werk wichtige Einblicke in eine schwer zugängliche Geschichtspe‑ riode.5 Viele Kirchen waren mit Grablegen der Gründer verbunden (beispielsweise die spätere Abtei St‑Pierre‑hors‑les‑murs in Vienne, um 470 von Bischof Mamert gegründet6), im 9. Jahrhundert treten auch Nebenkirchen mit besonderen Bauformen auf (Fulda, Mailand, Werden, Reichenau, St. Gallen und Rouen).7 Eine Auswertung des von Untermann zusammengestellten Materials im Blick auf das mittelalterliche Stiftungswesen steht noch aus. Ob sich der Anteil des Stifters auf die Überschreibung eines Grundstücks und die Übernahme von Baumaterial und Baukosten, auf Grund und Boden bezie‑ hungsweise Renten zur Versorgung der Konventsangehörigen und Priester oder gar auf Bestellung und Bezahlung von Bau‑ und Werkmeistern usw. zur Errich‑ tung der Gebäude bezog, ist bisher bei Kirchen‑ und Klostergründungen weit‑ gehend unerforscht.8 In der Literatur zu Bauorganisation und ‑finanzierung im Mittelalter werden Fragen des Stiftungs‑ wesens nur am Rande erwähnt. Wolfgang Schöller zeichnete die Entwicklung der rechtlichen Bestimmungen zur Verteilung von Baulast und Unterhaltskosten beim Kirchenbau nach9 und wies auf die in ka‑ rolingischer Zeit aufkommenden ‚zweck‑ gebundenen Schenkungen‘ hin,10 die jedoch nur in seltenen Fällen ad fabricam, also für den Kirchenbau oder seinen Unterhalt, eingesetzt wurden. Sehr umfangreich wa‑ ren die Übertragungen des französischen Königs Odo (888–898) an die Kathedra‑ le und weitere Kirchen in Narbonne im Jahr 890. Er überließ eine Abtei mit allen Pertinenzen, weitere Kirchen und Immo‑ bilien samt ihrer Rechte und Einkünfte: quicquid jus fisci inde exigere debet totum ad opus sanctae matris ecclesiae Narbonnensis jure perpetuo concedimus obtinendum.11
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Stiftungen mit Zweckauflagen zielten bis zum 11. Jahrhundert ansonsten nicht auf Kirchenbauaufgaben, sondern auf die Versorgung des Klerus sowie der Armen und Kranken.12 Quellenangaben können durch Materialanalysen gestützt werden. Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchungen in der Klosterkirche von Müstair decken sich beispielsweise mit der legendarischen Überlieferung einer Stiftung Karls des Großen. Die verbauten Hölzer werden in die Jahre 775–780, also unmittelbar nach Karls Langobardenfeld‑ zug 774 datiert.13 Die Förderung von Kirchenbauten war im frühen und hohen Mittelalter ein inte‑ graler Bestandteil der Amtstätigkeit von Bischöfen, die Baulast für Kirchen lag bis zum 13. Jahrhundert weitgehend bei ih‑ nen.14 Kirchenbesitz und Privatbesitz des Amtsinhabers konnten kaum voneinan‑ der getrennt werden, materieller Reichtum galt als wichtige persönliche Qualifikation für einen Amtsträger.15 Die Überlieferung von Kirchenbauten, Bauteilen und Ausstat‑ tungsstücken (→ 6.2.3) bezeugt inschrift‑ lich dieses Wirken. Ein frühes erhaltenes Beispiel ist das ‚Hatto‑Fenster‘ in Mainz, angefertigt um 900.16 (→ Abb. 2) Eine In‑ schrift am Rahmen rühmt den Stifter: LVX ET SAL HATTHO S[ACRA]NS DIVI(…)QVE SACERDO[S] [H]OC TEMPLVM [STR]VXIT, PICTVRA COMPSIT ET AVRO +.17 Das Fens‑ ter gehörte wahrscheinlich zu der ehema‑ ligen St. Mauritiuskirche, die im späten 9. Jahrhundert erbaut wurde,18 und ist das einzige Objekt, das Hattos Bautätigkeit in Mainz bezeugt.19 Über die persönliche Memoria hinaus zeigen sich in den liturgisch‑architektoni‑ schen Bezügen der ehemaligen Stiftskirche St. Mauritius in Konstanz, 950–955 von Bischof Konrad I. gegründet, theologische wie kirchen‑ und reichspolitische Inter‑ essen des Stifters. St. Mauritius stellt sich
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als vereinfachter Nachbau der Jerusalemer Heilig‑Grab‑Rotunde dar. Dem Zentralbau waren vier Rechteckannexe angefügt, die nach außen das Zeichen des Kreuzestodes Christi deutlich machten. Die Wahl des Mauritius‑Patroziniums verband den Bi‑ schof mit dem ottonischen Herrscherhaus, in dem dieser als eine Art ‚Reichsheiliger‘ verehrt wurde. Die Stiftsgründung beglei‑ teten weitere Kirchenneubauten Konrads in Konstanz, mit denen er das Modell der fünf römischen Patriarchalbasiliken imi‑ tierte und ein ‚zweites Rom‘ schuf.20 Klosterbauten mit ihren eigenen Grable‑ gen nahmen unter bischöflichen Stiftungen eine besondere Stellung ein. Erzbischof Brun (im Amt 953–965) ließ in Köln bei St. Pantaleon ein Kloster einrichten und die Krypta der Kirche für sein Grab um‑ gestalten. Archäologische Befunde korri‑ gieren die bischöfliche Vita, nach der er einen Kirchenneubau veranlasst hätte.21 Der Bautyp der von Bischof Bernward von Hildesheim (ca. 960–1022) gestifteten Klosterkirche St. Michael als doppelchö‑ rige Basilika mit zwei Querhäusern folgt dem von Otto II. kurz vor 979 gegründeten Reichskloster Memleben.22 Die Architektur des Kirchenbaus drückt höchsten fürstli‑ chen Anspruch aus, Ausstattung und Bin‑ nentopographie der Kirche bezeugen die Sorge um das Seelenheil des Stifters mit der Anhäufung von Reliquien.23 Bernward betonte in seinem Testament die Finanzie‑ rung seiner Stiftungen aus eigenen Mitteln ausdrücklich.24 1022 wurde Bernward in der Krypta von St. Michael bestattet, das Gründergrab war mit einer Grabplatte und einem Sarkophag aufwendig dekoriert und wahrscheinlich größtenteils sichtbar und zugänglich.25 Die Krypta dürfte „als voll‑ wertiger Kultraum in den Gottesdienst der Mönche integriert gewesen sein“26. Zur Absicherung der eigenen Memoria gründeten neben Bischöfen auch weltliche
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Herrscher Klöster und Frauenstifte, de‑ ren Leitung dann häufig in den Händen von Familienmitgliedern lag. So baute die Witwe Heinrichs I. (gest. 936), Mathilde, an seiner Grabstätte in Quedlinburg die Kirche St. Servatius als Frauenstift aus.27 Für 962/964 erworbene hochrangige Reli‑ quien ließ sie in den Boden der Apsis einen hufeisenförmigen Kryptenraum eintiefen. Diese Confessio ist deutlich auf das Grab Heinrichs I. – und ab 968 auf das der neben ihm bestatteten Stiftsgründerin Mathilde – bezogen, um physische Nähe zwischen Heiligengebeinen und den Gräbern her‑ zustellen.28 Ein Wandel in der Finanzorganisation von gestifteten Kirchen‑ bzw. Stiftsgrün‑ dungen ist bei Heinrich II. und seinen Nachfolgern auf dem Königs‑ bzw. Kai‑ serthron zu beobachten. Mit der Gründung des Bamberger Bistums 1007 durch Hein‑ rich II. (973/978–1024) erhielt der Bamber‑ ger Domklerus Administrationsbefugnisse über den ihm zugeteilten Vermögenskom‑ plex.29 In der wirtschaftlichen und recht‑ lichen Organisation des Bistums und des Kapitels an der Domkirche erkannten His‑ toriker einen ‚Modellcharakter‘, nicht zu‑ letzt auch im Blick auf die vom Bamberger Klerus später initiierte Kanonisation des Gründerpaares (1146 und 1200), das ohne leibliche Nachkommen geblieben war.30 Auch baugeschichtlich stellt der Bamber‑ ger Dom ein bemerkenswertes Zeugnis mittelalterlichen Stiftungswesens dar. Der neue Bistumssitz mit dem 1002–1007 er‑ richteten Kirchenbau war besonders auch dem Gebetsgedenken für Heinrich II. und seine Angehörigen gewidmet.31 Die rei‑ che Ausstattung mit Reliquien, Büchern, Goldschmiedearbeiten und Textilien (→ 6.2.4, 6.2.5) wurde von Zeitgenossen als Ornatus cuncti, quibus utitur area mundi („Schmuck von allem, das der Weltkreis besitzt“)32 gerühmt. Zwei Brände machten
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im 12. Jahrhundert einen vollständigen Neubau notwendig; von dem Heinrichsdom sind nur Reste archäologisch nachgewie‑ sen. (→ Abb. 3) Die doppelchörige Anlage mit zwei Krypten, basilikalem Langhaus und einem Querschiff im Westen folgte der Peterskirche in Rom 33 und kann als ein kirchenpolitisches Bekenntnis des Kai‑ sers verstanden werden. Der Neubau des 12. Jahrhunderts orientierte sich im Ge‑ samtgrundriss und in Details sehr an sei‑ nem Vorgänger. Seine hierdurch bedingte altertümliche Gestalt wurde als bewusste Nachahmung des Heinrichsdoms in Kauf genommen und wird mit der Verehrung des 1147 heiliggesprochenen Stifters Hein‑ rich II. begründet: „Die vielen Skulptu‑ ren außen wie innen, die Heinrich und Kunigunde in ihrem Wirken gegenwärtig machen, verstärken noch diese Bedeutung des Doms als Erinnerungsort.“34 (→ 6.2.3) Die gestalterischen Vorstellungen des Stifters bei der Ersteinrichtung des Doms sind nur ansatzweise anhand der Grund‑ rissform rekonstruierbar, Wolfgang Schöl‑ ler schloss eine solche Einflussnahme auf‑ grund des Fehlens quellenmäßiger Belege aus.35 Weitreichende Auflagen hinsichtlich der baulichen Ausgestaltung der bedachten Kirche wurden nicht in Legaten oder Testa‑ menten festgeschrieben.36 „Die Möglichkeit, durch eine entsprechende Stiftung auch auf die Wahl der Bauform etc. Einfluß zu nehmen, ja diese durch die Stiftungsverfü‑ gung womöglich zwingend vorzuschreiben, schien, zumindest im Bereich der Hochstif‑ te, für unsere Zeit [Hochmittelalter] nicht gegeben, schon gar nicht als einseitige Willenserklärung des Stifters.“37 Anders fallen die Ergebnisse architekturikono‑ logischer Analysen spätmittelalterlicher Stiftungen aus. Möglichkeiten und Grenzen solcher Intentionen wurden in der Überlie‑ ferung von Klosterarchitektur überprüft, die aus ihrer Ordenstradition strengen,
Sachzeugnisse
klar formulierten Regelungen unterlag.38 In der Entwicklung der Baugeschichte des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz konnte Markus Thome einen Planwech‑ sel, der zur Aufgabe des bescheideneren Vorgängerbaus und zur Verwirklichung eines anspruchsvolleren Baukonzeptes führte, auf die Stiftungstätigkeit des Lan‑ desherrn Herzog Heinrich II. Jasomirgott um 1150/1160 zurückführen. Die fürstliche Unterstützung bildete sich außerdem in dem verwendeten Baumaterial ab: Ein dem Kloster vom Herzog geschenkter Stein‑ bruch lieferte das wichtigste Material für den Kirchenbau.39 Die reiche Gliede‑ rung des Außenbaus zeigte sichtbar die landesherrliche Förderung, während die turmlose Basilika mit der konsequenten Abkragung aller Gewölbevorlagen im In‑ neren die aus den Ordensbestimmungen erwachsenen Charakteristika zisterziensi‑ scher Architektur beibehielt. Die „bereits gegen 1200 offenbar deutlich zunehmenden Abweichungen von der ‚forma ordinis‘ [Be‑ schreibung aller äußeren Formen, die das Selbstverständnis der Zisterzienser ausma‑ chen]“40 an Zisterzienserinnenklöstern in Südfrankreich führte Wolf‑Heinrich Kulke in vielen Fällen auf den Einfluss weltlicher Stifter und Bauherren zurück. Das Ein‑ greifen des französischen Königs Philipp IV. (1285–1314) beim Bau der Dominika‑ nerinnenkirche Saint‑Louis in Poissy um 1300 wurde als „scandaleuse“ bezeichnet.41 Der Aufwand bei diesem Bau in Gestalt einer gotischen Kathedrale ignorierte alle Maßstäbe älterer Bettelordenskirchen.42 Architektonischer Anspruch und exquisi‑ te Ausstattung kennzeichneten auch ein Klarissenkloster in Wien, das von Herzog Rudolf III. und Bianca von Valois 1305 und ab 1360 von dem Habsburger Rudolf IV. und seiner Schwester Katharina bestiftet wurde.43 Die Ausmaße der Anlage über‑ ragten die Dimensionen des Herzogshofes,
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die besondere Raumdisposition der Kon‑ ventsgebäude mit einem zweiten Kreuz‑ gang charakterisierte Barbara Schedl als „elitäre Klosterarchitektur“44. Bau und Aus‑ stattung des Nonnenklosters dienten neben der Memoria der Gründer der standesge‑ mäßen Versorgung weiblicher Familien‑ mitglieder, die der Klostergemeinschaft angehörten.45 Ähnlich geprägt war auch das Stiftungsverhalten der Mittelschicht, „die meisten Niederlassungen der weibli‑ chen Bettelordenszweige [entstanden] auf Initiative oder zumindest mit tatkräftiger Unterstützung von Niederadeligen oder Bürgern, die ihre Stiftungen nach dem Vorbild der (…) ‚Hausklöster‘ des Hoch‑ adels [Poissy und Longchamp / Frankreich, Königsfelden / Schweiz, Obuda / Ungarn, Prag / Tschechien, S. Maria Donnaregina und S. Chiara in Neapel / Italien] als Ort der Familienmemoria konzipierten.“46 Ein „Spagat zwischen kartäusischer As‑ kese und fürstlicher bzw. höfischer Selbst‑ darstellung“47 war den Bauplanern der Kar‑ tause von Champmol aufgegeben. Das von Philipp dem Kühnen 1385 gestiftete und als herzogliche Grablege bis 1410 eingerichtete Kartäuserkloster wurde 1792 größtenteils abgetragen. Erhalten blieb außer dem Kir‑ chenportal (→ 6.2.3) eine Wendeltreppe von etwa 17 m Höhe, die der Trennung von höfischen Räumen und monastischer Klausur diente.48 Am nördlichen Kreuzarm der Klosterkirche befand sich eine zwei‑ geschossige herzogliche Privatkapelle, die Treppe an der Nordwestseite der Kirche ermöglichte den Zugang von außen, ohne die Kirche zu betreten. Eine Zuordnung von bestimmten Stif‑ tergruppen zu verschiedenen Orden bzw. ihren männlichen und weiblichen Zweigen sowie regionale und diachrone Entwick‑ lungen wurden in der Forschung teilweise kontrovers verhandelt und noch nicht in ei‑ nem systematischen Überblick dargelegt.49
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Es zeigt sich, dass Ordensvorstellungen oder Stifteransprüche nicht durchweg do‑ minante Faktoren der Baugestaltung wa‑ ren. Parallelen zwischen Bauten resultieren nicht notwendig aus einer identischen Auf‑ fassung und einem ähnlichen Anspruch an die Architektur bezüglich ihrer Funktio‑ nalität und Repräsentation, sondern kön‑ nen auch gesehen werden als „Ausdruck eines ‚Regionalstiles‘ durch das Wirken einer Bauhütte vor Ort, deren Angehörige sich für die Errichtung aller Bauten ver‑ antwortlich zeigten. Ihr spezielles Form‑ vokabular und technologisches Vermögen prägte sämtliche Bauten unabhängig von der gesellschaftlichen Stellung ihrer Auf‑ traggeber.“50 Häufig wiederkehrendes Element bei Gründungen von Kirchen und Klöstern mit memorialem Zweck sind Grablegen der Stifter. Quellenangaben und archäo‑ logische Befunde zeigen breite Variations‑ möglichkeiten im Chor, am Hochaltar, am Kreuzaltar bis ins Langhaus und zu Kreuz‑ gängen und Kapitelsälen und Krypten.51 Zusammenhänge zwischen architektoni‑ schen Formen und Situierung von Stifter‑ gräbern mögen in Einzelfällen vorhanden sein,52 eine allgemeine Bedeutung kommt diesen für die Baugestaltung nicht zu. Eine Wandnische in der Übergangszone von Kreuzgang zu Kirchenquerschiff scheint das einzige spezifische zur Stiftermemo‑ ria entwickelte Bauglied zu sein. Es tritt jedoch nur in wenigen Fällen auf und eta‑ blierte sich nicht dauerhaft, wie die frühe Vermauerung dieser Nische in der ehemali‑ gen Zisterzienserklosterkirche Marienfeld (Westfalen) zeigt.53 Nicht nur als pars pro toto für eine Kir‑ chengründung, sondern auch als Einzel‑ gaben begegnen Stiftungen von Fenstern (→ Abb. 2) oder Portalen zu Kirchenbau‑ ten. Am Tympanon der Gallus‑Pforte am Basler Münster (12. Jahrhundert) tritt ein
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Stifterpaar als Auftraggeber dieses Objekts eindrücklich vor Augen. Der Mann über‑ bringt eine offene Pforte dem thronenden Christus: „So spricht alles dafür, hier einen reichen Niederadligen oder Ministerialen vor uns zu haben, der durch die Stiftung der Galluspforte für sich und seine Frau den Einlass ins Himmelreich erhoffte.“54 Andere Visualisierungen von architektoni‑ schen Teilstiftungen zeigen Kapitellskulp‑ turen (Maastricht, Liebfrauen kirche und Clermont‑Ferrand, Notre‑Dame du Port).55 Ohne Stifterbild, aber in einer Inschrift mit Namen ließ sich Donna Agnese Nascim‑ bene über dem Türsturz des 1442 gefer‑ tigten Südportals am Eremitenkloster in Padua verewigen.56 Die Stifterin schloss persönlich mit dem ausführenden Künst‑ ler Niccolò Baroncelli den Vertrag. Die Portalstiftung erfolgte in Zusammenhang mit ihrem Testament, in dem das Paduaner Kloster mit Immobilien und zweckgebun‑ denen Geldsummen bedacht wurde, und zwar für den Kirchenbau, die Bestattung der Benefizientin und Totenmessen.57 Kapellen Ab dem 12. Jahrhundert gewannen gestif‑ tete Kaplaneien in Verbindung mit Al‑ tarplatz und Grabstätte in Nischen oder kleinen Kapellenräumen zunehmend ar‑ chitektonischen Charakter.58 Geistliche, Bruderschaften und Zünfte oder Familien erhielten das Patronatsrecht über diese Altarplätze. Die Bauformen und ‑größen sind sehr unterschiedlich, in der Anord‑ nung zur Kirche variiert ein Spektrum von Chor‑, Querschiffs‑, Langhaus‑ und Lettnerkapellen. Annegret Höger zeich‑ nete aufgrund einer guten Quellenlage und der Erhaltungszustände der Bauten in Florenz die Entstehung und den Stiftungs‑ vorgang etlicher Familienkapellen nach,59 Marvin Trachtenberg fasste die mit den Stif‑ tungen verbundenen Interessen und ihre
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spezifischen künstlerischen Ausdrucks‑ formen zusammen60. Sie werden hier stell‑ vertretend für das im ganzen Abendland auftretende und im Verlauf des Spätmittel‑ alters stark zunehmende Phänomen der Kapellenstiftungen angezeigt. Interessant sind nicht nur die verschiedenen Baufor‑ men und ihre repräsentativen Ansprüche, sondern besonders der Zusammenhang sol‑ cher Einzelstiftungen mit der Organisation einer Kirchen‑ bzw. Klosterverwaltung. Die Franziskaner von S. Croce in Florenz versuchten, zwischen 1285 und 1349 durch die Vergabe von Bestattungsplätzen bei ihrem Kloster und die damit verbundene Errichtung von Familienkapellen ihren monumentalen Kirchenbau zu finanzie‑ ren.61 Sie schufen einen Kultraum, „der gleichsam eigene Belange abdeckte wie auch städtischer Repräsentation diente und so ein attraktiver Ort für Laienstifter war, um durch den Erwerb eines Kapellen‑ raums Frömmigkeit wie wirtschaftlichen Erfolg der Öffentlichkeit visuell anschau‑ lich zu präsentieren.“62 Um finanzstarke Familien weiter zu großzügigen Stiftungen zu motivieren, wurden ab der Mitte des 14. Jahrhunderts besondere architektoni‑ sche Lösungen angeboten wie im Falle des Kapitelsaals mit seiner Zweitfunktion als Familienmausoleum der Pazzi. Auch bei anderen Mendikantenkirchen berücksich‑ tigte die Planung von Um‑ und Neubauten die steigende Nachfrage von Altären und Kapellenräumen privater Stifter. Aus dem unregelmäßig gewachsenen Nebeneinan‑ der von Kapellenräumen entwickelten sich Kirchenbauten mit einer Systematisierung gleichartiger Kapellenreihen.63 Silvia Bel‑ tramo vermutete ein „programmed element in Dominican architecture which begins with Santa Maria sopra Minerva in Rome and San Domenico in Naples (1290s).“64 Einen baukünstlerischen Höhepunkt er‑ reichte dieses System mit dem Neubau
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der Augustinereremitenkirche S. Spirito (1434/1439 bis 1481) in Florenz nach Plänen Filippo Brunelleschis. (→ Abb. 4) Schät‑ zungen zufolge wurden drei Viertel der Baukosten dieser Klosterkirche aus Kapel‑ lenstiftungen der im Umkreis wohnenden Patrizierfamilien finanziert, die bereits am Planungsprozess beteiligt waren.65 Trotz fehlender Distinktionsmöglichkeiten wur‑ den hier für identische, systematische Ka‑ pellenkörper hohe Preise gezahlt.66 Die gerundeten Nischen enthielten über zwei Stufen vom Kirchenraum abgesetzt einen Blockaltar, ein einfaches Retabel, darüber ein schmales, einbahniges Fenster und in‑ nen wie außen über dem Rundbogen ein ovales Wappenschild der Stifter. Die Pfarrkirche St. Nikolai in Stralsund, eine querschifflose Basilika des 14. Jahr‑ hunderts, besitzt in einem Zug mit dem Langhaus errichtete Kapellen an Nord‑ und Südseite, dazu einen Umgangschor mit Kapellenkranz.67 Noch im 14. Jahrhun‑ dert folgten Kapellenerweiterungen am östlichen Chorbogen, die mit Rücksicht‑ nahme auf die Belichtung der Chorfenster relativ niedrig gehalten wurden. Aus der einheitlichen Fassade der Langhausseiten entspringt ein unregelmäßiger Fortsatz, der im Osten und Südosten des Chores die klaren geometrischen Formen der Back‑ steingotik zerstört. Der Zusammenhang zwischen der Wahl des Bautyps ‚Umgangs‑ chor mit Kapellenkranz‘ und der liturgi‑ schen Nutzung des Raumangebotes durch Stifter ist für Stralsund wie auch an an‑ deren Beispielen in der kunsthistorischen Forschung kontrovers diskutiert worden.68 Nach Antje Grewolls sei die Übernahme der Bauform des Kathedralchores franzö‑ sischer Bischofskirchen unter bürgerlicher Bauherrschaft nicht funktional, sondern allein bedeutungsmäßig motiviert gewe‑ sen. Auch von der Marienkirche in Lü‑ beck, die als Vorbild für die Ausbildung
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des hochgotischen Umgangschores an norddeutschen Pfarrkirchen gilt, sei nicht bekannt, dass eine der Umgangskapellen überhaupt privaten Patronaten unterstellt worden wäre.69 Sabine‑Maria Weitzel ermit‑ telte dagegen aus den Stralsunder Quel‑ len einen Stiftungsvorgang von 1320, zu dem sie einen Altarstandort in einer der südlichen Kranzkapellen lokalisierte. Ein Nachfahre des Stifters ließ dann später noch einen nach außen gesetzten Kapel‑ lenanbau errichten.70 In englischen Kirchen begegnet eine an‑ dere Ausprägung von Kapellen, die Berei‑ che durch auf Pfeilern ruhende, selbständi‑ ge Gewölbe innerhalb des Kirchenraumes ausgrenzen. George Henry Cook beschrieb diese als ‚stone‑cage chapels‘: „Stone‑ca‑ ge chapels are almost without exception Perpendicular Gothic in character, with rectilinear panelling, open traceried win‑ dows and cresting“.71 Der Zusammenhang von Stifterwillen und Ausführung wurde an der Grablege Heinrichs V. von Eng‑ land im Scheiteljoch des Chorumgangs der Stiftskirche St. Peter (Westminster Abbey) von Antje Fehrmann untersucht.72 Hein‑ rich V. legte testamentarisch am 10. Juni 1421 Position und Struktur seiner Grab‑ lege detailliert fest, das erhaltene Denk‑ mal wurde erst 1438, also sechzehn Jahre nach dem Tod des Stifters errichtet. „Die Kapelle Heinrichs V. und die gleichzeitig mit ihr errichtete Hochaltarwand folgen dem ausgeklügelten visuellen Konzept ei‑ nes Bauensembles, das die Sichtbarkeit liturgischer Aktion und damit der Fröm‑ migkeitsleistung garantiert“73. Das vorhan‑ dene Interesse an kunstvoller Inszenierung bestätigen zeitgenössische Architekturbe‑ schreibungen, „die Kapelle [wurde] als die Klimax königlicher Repräsentation, erha‑ bene Bühne für liturgische Memoria und Denkmal für Heinrich V. sichtbar und auch im Durchlaufen erfahrbar [ge]macht.“74
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Ästhetisches Verständnis und körperli‑ che Wahrnehmung von Sachzeugnissen des Stiftungswesens sind exemplarisch für andere mit dieser Grabkapelle vorge‑ stellt, da hier eine entsprechende Rezeption verbürgt ist. Es ist deutlich, dass die spe‑ zifische Ausdrucksweise und qualitative Komplexität von materiellen Zeugnissen in besonderer Weise ihrer Eigenart als to‑ tale soziale Phänomene entsprechen und sie mehr darstellen als Äquivalente neben schriftlichen Quellen. Konventsgebäude bzw. -räume Ab dem 13. Jahrhundert sind Kapitelsäle in Klöstern mit der gleichzeitigen Funk‑ tion als private Familienkapelle bekannt, auch Kreuzgänge dienten als Grablegen für Gründer oder bedeutende Wohltäter verschiedener Ordenseinrichtungen und bezeugen in unterschiedlicher Weise Stif‑ tungstätigkeiten. Diese im monastischen Tagesablauf stark frequentierten Räume boten sich besonders zur Pflege der in‑ dividuellen Memoria an. Vor allem im städtischen Umfeld der Bettelorden wur‑ de der Kapitelsaal zum Objekt privater Stiftungstätigkeit.75 Mit der Einrichtung der Grablegen veränderten sich teilweise die Raumausstattungen: Für das Kapitel‑ offizium nicht notwendige Altäre waren funktional an die vorhandenen Grablegen gebunden.76 Die Stiftungsleistungen wur‑ den in der Regel am Bau und / oder in der Ausstattung (→ 6.2.3, Bildprogramme) mit dem Anbringen von Familienwappen über dem Eingang, im Portalzusammenhang oder verbunden mit architektonischen Gliederungen dokumentiert und damit eine dauerhafte Verbindung ausgewie‑ sen.77 „Coats of arms were not primarily a recognition of the patron’s contribution to the physical foundation of an institu‑ tion but were held to symbolize the ongo‑ ing relationship between the fabric of the
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building and the patronage of those who officiated within its walls. They completed and solemnized the multifaceted nature of the patronal contract.“78 Als ein „voll‑ kommenes Abbild der Stifterinteressen“79 wurde die Pazzi‑Kapelle, eigentlich der Kapitelsaal der Franziskaner von S. Croce, bezeichnet. Andrea di Guglielmo de’Pazzi (1371–1445) verpflichtete sich 1429 testa‑ mentarisch zum Bau eines Kapitelsaales für das von einem Brand 1423 teilweise zerstörte Kloster, der gleichzeitig als Fa‑ miliengrablege dienen sollte. Dieser Funk‑ tion entsprechend wurde ein quadratischer Altarraum in der Mitte der Ostwand an‑ gefügt. Die Altarmensa trägt eine außen umlaufende Inschrift, die sowohl an die Stifter erinnert als auch eine Verbindung zwischen dem Patrozinium der Famili‑ enkapelle und dem Franziskanerkloster herstellt: AEDEM HANC SANCTISSI[MUM] ANDREA TIBI PACTII DEDICARUNT / UT CUM TE IMMORTALIS DEUS / HOMINUM CONSTITUERIT PISCATOREM / LOCUS SIT IN QUEM SUOS FRANCISCUS / AD TUA POSSIT RETIA CONVOCARE.80 Auf die Auftraggeber verweisen Wappen außen und innen im Dekorationsprogramm. Das Thema des Glasfensters im Altarraum mit dem heiligen Andreas, dem Namenspatron des Stifters, ist ausschließlich persönlich und nicht durch den Orden oder die Raum‑ funktion als Kapitelsaal determiniert.81 Auch zur Erbauung oder Erneuerung von Kreuzgängen trugen gestiftete Mittel bei. Unter Abt Alyre (1309–1335) erfolgte durch königliche Förderung ein weitge‑ hender Neubau der Klostergebäude in der Zisterzienserabtei S. Creus, die als Grablege für Jakob II. von Aragón (1291–1327) und Blanka von Anjou‑Neapel (um 1280–1310) diente. „Der reiche Wappenschmuck an den Schlußsteinen – alle zeigen das katala‑ nische Balken‑Wappen oder die Lilien der Anjou – belegt, daß hier (…) das dynastische
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Interesse stark in den Vordergrund trat“.82 Daneben erinnerten die heraldischen Zei‑ chen die Konventualen an die erwartete Gegenleistung der Kommemoration der Stif‑ ter. Im spanischen Oviedo erinnerte eine Holzfigur im Kathedralkreuzgang an eine Schenkung König Alfons’ XI. von Kastilien von 1345, die eine Fertigstellung des durch ökonomische Zwänge stockenden Kreuz‑ gangbaues ermöglichte. Über sechs Jahre übertrug der König die Einnahmen einer Saline an das Domkapitel, im Gegenzug verpflichtete sich das Kapitel, zu Lebzei‑ ten des Königs jährlich ein Hochamt und nach dessen Tod auf ewig die Totenmesse zu begehen. Aus der zeitlich befristeten Zuwendung des Königs wurde durch die Selbstverpflichtung der Destinatäre zu den Messfeiern ‚in Ewigkeit‘ eine Stiftung. An der Stelle, an der die Bauarbeiten dank der königlichen Unterstützung fortgesetzt werden konnten, ließ man eine Statue des Königs aufstellen. „Die Schriftrolle, die er in seiner linken Hand hält, ist wohl die Schenkungsurkunde“.83 Spitäler Kirchen und Klöstern kirchenrechtlich nahestehend waren auch die Spitalstif‑ tungen des Spätmittelalters, da für sie ein Gotteshaus und strenge Gebetszeiten vorgeschrieben waren. (→ 4.2.2) Die Pfle‑ gedienste wurden versehen von religiösen Gemeinschaften, die Klosterkonventen äh‑ nelten und die neben dem Krankensaal Un‑ terkünfte und Versorgungseinrichtungen bestehen mussten. Obwohl seit dem frühen Mittelalter Gründungen von Xenodochien (Fremden‑, Pilgerherbergen) und Spitälern europaweit bezeugt sind, ist die Identifizie‑ rung von zeitgenössischen Sachzeugnissen aus diesen Anlagen für das Stiftungswesen problematisch. Deutlich günstiger ist die Überlieferungslage für den Ausgang des Spätmittelalters. In großen Teilen bis zur
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Gegenwart erhalten hat sich das Hôtel‑Di‑ eu in Beaune, vom burgundischen Kanzler Nicolas Rolin mit seiner Ehefrau Guigone de Salin am 4. August 1443 gegründet.84 Das Hospital wurde bis 1971 als Kranken‑ haus genutzt, die Hauptflügel des 15. Jahr‑ hunderts sind weitgehend original erhalten. In dem langgestreckten Armensaal konn‑ ten die Kranken von ihren Lagern aus die Messen am Kapellenaltar an der Stirnseite verfolgen und gleichzeitig mit Gebeten den Stiftern danken und zur Beförderung ihres Seelenheils beitragen. (→ Abb. 5) Die Kapelle ist nur durch eine in der Mit‑ te weit geöffnete steinerne Schranke mit Maßwerköffnungen vom Saal abgegrenzt. Auf dem Altar vergegenwärtigten Bilder auf den Außenflügeln eines großforma‑ tigen Retabels die Stifter (→ Abb. 6), die anbetend vor den Heiligen Sebastian und Antonius knien und von Engeln mit ih‑ ren Wappenschilden begleitet werden.85 Zwar nennt die Stiftungsurkunde für das Hospital als Urheber nur den Kanzler86, die Gestaltung des Retabels belegt jedoch die Beteiligung seiner Gattin 87. Geöffnet zeigt das Polyptychon eine ausführliche Vision des Jüngsten Gerichts. Die See‑ lennöte auf dem Weg in die Verdamm‑ nis bzw. das Glück der Auferstehung mit Einzug in die Gemeinschaft der Heiligen, um das die Stifter besorgt waren, werden hier drastisch vorgeführt. Die Hospital‑ stiftung von Beaune mit der Finanzierung der Pflege‑ und Versorgungsanstalt durch die Gründer und ihrer Übereignung an die Stadt, der Einrichtung einer geistlichen Gemeinschaft, der baulichen Verbindung von Krankenpflege und Gottesdienst und der Selbstdarstellung der Stifter und ihrer Frömmigkeit in dem Schmuck des zentra‑ len Raumes zeigt die Multifunktionalität solcher Stiftungen. Caritative, soziale, re‑ ligiöse und memoriale Aufgaben sind inei‑ nander verschränkt. Der besondere Zweck
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der Armen‑ und Krankenpflege scheint der Stiftung eine deutlich längere Erhaltung beschert zu haben 88 als Klosterstiftungen mit Grablegen wie dem Kartäuserkloster von Champmol, das 1792 bis zu den Fun‑ damenten als Steinbruch genutzt wurde89. Brücken Quellen belegen den Bau und Unterhalt von Verkehrswegen (insbesondere Brü‑ cken) durch Stiftungen,90 diese Aktivitäten lassen sich jedoch kaum durch Sachzeug‑ nisse nachweisen. Die Überlieferungsra‑ te mittelalterlicher Brücken ist insgesamt gering und da, wo sie erhalten sind, kann nicht zweifelsfrei von einem Stiftungs‑ akt ausgegangen werden. Für die nach dem Bauherrn benannte Balduinbrücke (Grundsteinlegung um 1343) über die Mosel bei Koblenz sammelte Erzbischof Baldu‑ in von Luxemburg über Ablässe Spenden und versprach den Wohltätern, in allen Kirchen des Erzbistums Messen für sie lesen zu lassen.91 Eine Inschrift, die an‑ dernorts die individuelle Leistung eines Stifters bezeugte, ist nur sekundär über‑ liefert. Anfang des 19. Jahrhunderts stand am Brückenende der Clopton Bridge bei Statford‑upon‑Avon eine Säule mit den Wappen von London und der Familie Clo‑ pton und folgendem Text: „Sir Hugh Clop‑ ton, Knight, Lord Mayor of London, built this bridge, at his own proper expence [sic!] in the reign of King Henry ye Se‑ venth“.92 In Skandinavien sind dagegen um‑ gekehrt häufig die Brücken zerstört, aber die Gedenkinschriften überliefert. 57 der in Schweden inventarisierten Runendenkmä‑ ler, die einen Brückenbau nennen (datiert in den Zeitraum 1070 bis 1100), befinden sich noch am ursprünglichen Standort.93 Siebzehn Brücken konnten archäologisch nachgewiesen werden, was eine rein meta‑ phorische Bedeutung der Inschriften aus‑ schließt. Die als Freibrücke archäologisch
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nachgewiesene Sigrids‑Brücke stand bei dem Runenstein Sö 101 bei Ramsund in Södermanland.94 (→ Abb. 7) Die Runen‑ inschrift lautet übersetzt: „Si[g]rid, Alriks Mutter, Orms Tochter, machte diese Brü‑ cke für die Seele Holmgers, ihres Mannes, des Vaters von Si[g]röd“.95 Die auf den skandinavischen Runensteinen bezeug‑ ten Brückenstiftungen wurden häufig von Frauen veranlasst, das vorgestellte Beispiel ist kein Einzelfall.96 Bei einer chronologi‑ schen Ordnung der Inschriften beobachtete Lydia Klos außerdem eine zunehmende Individualisierung, die sie in einen engen Zusammenhang mit einer fortschreiten‑ den Christianisierung stellte. Es wurde wichtiger, die eigenen guten Taten zu be‑ tonen statt die Namen der Verwandten zu nennen.97 6.2.3 Bildwerke und Ausstattungsteile Bildkünstlerische Ausstattungen von Sa‑ kralbauten bieten ein breites Spektrum der Sachzeugnisse des Stiftungswesens. Inschriften, Wappen und Personendarstel‑ lungen an Portalen, Pfeilern oder Wänden kennzeichnen gestiftete Baukörper und erlauben Rückschlüsse auf die Stifter, ihren sozialen Rang und ihre Intentionen. Die Objekte dienten zum Schmuck des Kult‑ raumes oder zum Gebrauch in der Liturgie. Dazu zählen Gestühle, Pulte, Emporen und Sakramentshäuser sowie Antependien und Altaraufsätze, die zwar einmalig an‑ geschafft und übergeben wurden, in ihrer regelmäßigen Nutzung jedoch die dauerhaf‑ te Vergegenwärtigung der Geber beinhal‑ teten und somit Stiftungen nahe verwandt sind. Wand‑ oder Tafelgemälde, Retabel und Skulpturen wurden häufig aufgrund ihres Kunstcharakters konserviert und stellen Relikte ursprünglicher Altar‑ und
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Messstiftungen dar, deren Kontext nicht in allen Fällen mehr durch Archivstudien rekonstruierbar ist. Insofern kommt ihnen ein besonderer Wert als Sachzeugnisse des Stiftungswesens zu. Corine Schleif führte dies 1990 am Beispiel der Lorenzkirche in Nürnberg vor.98 Sie unternahm eine Gattungen übergreifende Interpretation mittelalterlicher Kunstwerke in ihren re‑ ligiösen und liturgischen, sozialen und politischen Zusammenhängen anhand ei‑ ner konsequenten Gegenüberstellung von Schriftquellen und Objektüberlieferung. Häufiger werden diese Stiftungszeugnisse jedoch isoliert als Kunstwerke betrachtet und die Veranlasser als ‚Auftraggeber‘, ‚Pa‑ tron‘ oder ‚Mäzen‘ bezeichnet.99 Stifterbilder Eine besondere Problematik ist bei Stifter‑ bildern gegeben.100 (→ 2.2.7) Allgemein wird jede einzelne Darstellung einer Per‑ son, die in Kirchen oder Kapellen ohne Einbindung in eine Bilderzählung auftritt, als ‚Stifterfigur‘ bezeichnet, dabei kann es sich um Herrscher, Kleriker (auch Mönche und Nonnen), Adelige und Bürger handeln. Als Legitimierung für die Darstellung ei‑ ner historischen Person, der keine Bedeu‑ tung in der christlichen Heilsgeschichte zukommt, wird ein Stiftungswerk voraus‑ gesetzt und ohne Herleitung aus anderen Quellen unterstellt: „Die Stifter sakraler Gegenstände, Handschriften, liturgischer Dienste oder ganzer geistlicher Institute sind eine der wenigen Gruppen zeitge‑ nössischen Personals, die das Privileg der Darstellung im sakralen Kontext besessen haben.“101 Ein besonderer Habitus ist ‚Stif‑ terbildern‘ nicht zu eigen, wie in Dedika‑ tions‑ oder Devotionsbildern sind sie als kniende Adoranten (mit und ohne Attribut) oder als Standfiguren ohne besonderen Gestus dargestellt. Häufig werden sie von Heiligen als Interzessoren begleitet, nicht
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selten stehen sie aber auch als Einzeldenk‑ male oder paarweise symmetrisch ange‑ ordnet (Ehepaare, Verwandte oder Kombi‑ nationen von Geistlichen und Fürsten). Un‑ abhängig von der Körperhaltung (stehend oder kniend) können Symbolisierungen der geschenkten oder gestifteten Objekte auf den Händen der Figuren präsentiert werden, die Mehrzahl der als ‚Stifter‘ an‑ gesprochenen Personenbilder ist jedoch attributlos. Beide Darstellungsweisen sind in den Medien Stein‑ oder Holzskulptur, Mosaik, Wand‑ und Tafelbild, Glasfens‑ ter, Buchillumination und Goldschmiede‑ arbeit überliefert. Die tatsächlichen Bezüge zwischen ‚Stifterbildern‘, ihrer formalen Gestaltung und Stiftungsakten sind noch unzureichend geklärt. Darstellungen von historischen, oft auch inschriftlich identi‑ fizierten Personen, die ein Kirchenmodell präsentieren, werden oft wie Quellen zur Gründungsgeschichte der Kirche, an der sie sich befinden, behandelt. Jüngere For‑ schungen haben jedoch herausgestellt, dass aus diesem Darstellungstypus nicht einfach auf einen vorliegenden Bau‑ oder Gründungsakt einer Kirche durch die abgebildete Person geschlossen werden kann.102 Das älteste überlieferte Beispiel zeigt Papst Felix IV. (526–530) in der römi‑ schen Kirche SS. Cosmas und Damian.103 Ihr Baukörper war nach einer Instand‑ setzung eines Teils des antiken Friedens‑ tempels am Friedensforum, nahe dem Forum Romanum, zwischen 495 und 525 von dem Gotenkönig Theoderich gemein‑ sam mit seiner Tochter Amalasuntha an Papst Felix IV. zur Nutzung als Gottes‑ haus übergeben worden. Der Papst hat die Kirche St. Cosmas und Damian demnach weder errichtet noch gestiftet. Figürliche Darstellungen im Typus eines sogenann‑ ten ‚Stifterbildes‘ wie in dem römischen Apsisbild waren bis ins 10. Jahrhundert (soweit überliefert) ausschließlich hohen
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kirchlichen Amtspersonen vorbehalten, während diejenigen Personen, die das eigentliche Vermögen zu den jeweiligen Kirchenbauten bereitstellten, nur inschrift‑ lich genannt und nicht bildlich verewigt wurden.104 Ähnliche Beispiele des 5. und 6. Jahrhunderts befinden sich in Ravenna.105 In S. Vitale (547 von Bischof Maximian ge‑ weiht) besagt eine Inschrift, dass „Julianus nicht nur den Bau erstellte, sondern auch den gesamten Schmuck, einschließlich der Mosaiken sowie die liturgische Einrich‑ tung stiftete“106, womit eine Beteiligung anderer Personen ausgeschlossen wäre. Im Bildprogramm der Apsis dieser Kirche ist jedoch nicht Julianus Argentarius, sondern Bischof Ecclesius mit einem Kirchenmo‑ dell zu sehen.107 (→ Abb. 8) Der Bildtypus des ‚Stifterbildes‘ wurde in Ravenna wie in Rom also auf die Vertreter der Amts‑ kirche angewendet, „die der Stiftung – als ‚episcopus mandans‘ und als ‚consecrator‘ – die nötigen rechtlichen Grundlagen bezie‑ hungsweise liturgischen Weihen gaben.“108 Diese Kunstpraxis reflektiert eine Ausein‑ andersetzung zwischen Kirchenvertretern und Stiftern, die an der Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert ausgetragen wurde und zur Durchsetzung des alleinigen Verfügungs‑ rechtes der Bischöfe über die Stiftungen führte: „In a letter dating from 495/6 [pope] Gelasius therefore advised a Bishop Valen‑ tinus, before he dedicated a church founded by a lay person, to demand first that it be donated to the bishop’s church, that it is un‑ der a clear transfer of ownership.“109 Hierzu finden sich Parallelen in Justinianischen Rechtssammlungen.110 Formal wurde für den Bildaufbau der Papst‑ und Bischofsbil‑ der in den italienischen Apsismosaiken das Figurenschema der Präsentation der Mar‑ tyriumskronen übernommen, die Miniatu‑ rarchitektur erscheint als attributive Kenn‑ zeichnung. „Im Gegensatz zu einer Dedika‑ tionsdarstellung, in der der Dedikator als
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Subjekt der Transaktion oder zumindest der Präsentation eines zu dedizierenden Objektes erscheint, ist er hier statisch. Die Darstellung entbehrt damit bildimmanent einer historischen Komponente, die an den Akt einer Stiftung erinnern würde und ist noch viel weniger eine bildliche Fixierung der Stiftung selbst.“111 Nicht aus dem Bild, sondern aus seinem Umfeld und anderen Quellen ist die Gründungs‑ bzw. Stiftungsgeschichte der jeweiligen Kirche zu erschließen. Allerdings kann auch das statische Repräsentationsbild gleichfalls für einen Stifter stehen, wie im Apsisbild in S. Cecilia in Rom mit Papst Paschalis I. (817–824). Eine Inschrift und die Nach‑ richten des ‚Liber Pontificalis‘ bezeugen, dass der Papst diese Kirche neu erbauen ließ und reich ausstattete.112 Die ältesten überlieferten Bilder von Lai‑ en mit Kirchenmodellen stammen aus dem 10. Jahrhundert und befinden sich nördlich der Alpen. Figurenanordnung und Gestus zeigen deutlich einen Überbringungsakt. VVINIDHERE, ein nicht näher bekannter Adliger vom Hochrhein, bringt ein Mo‑ dell der Silvesterkapelle von Goldbach am Bodensee dem heiligen Marcianus dar.113 Das Fresko an der Südseite des Triumph‑ bogens dieser Kapelle ersetzte eine ältere Farbfassung,114 mit der in Versen Walahfrid Strabos der Stifter der Kapelle inschrift‑ lich gerühmt wurde: Huius in obsequium sancti comes infimus Alpger / Hanc aedem extruxi auxiliante deo, / Laudibus ut domini societur palma patroni, / Illius ut meritis dona superna metam.115 Zuerst war der Kapellenbau in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts von dem alemannischen Grafen Alpger116 errichtet worden. Das Stif‑ terbild dokumentiert eine Ergänzungsstif‑ tung um einen rechteckigen Choranbau im 10. Jahrhundert, das auf Winidheres Händen gemalte Kirchenmodell entspricht weitgehend der Erscheinungsform der
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Kapelle. Ikonographisch bemerkenswert ist die direkte Nähe des Stifters zu dem Heiligen, dem das Gotteshaus gewidmet war. Zwar maßstäblich kleiner als der Kirchenpatron gezeichnet, trägt Winid‑ here das Kirchenmodell in devoter Hal‑ tung vor sich, dennoch befindet er sich auf derselben Bildebene wie der Heilige. Mit diesem Beispiel wird nicht nur auf die möglichen Fehldeutungen von Stifterbil‑ dern mit Kirchenmodellen hingewiesen, sondern gleichzeitig der Quellencharak‑ ter des materiellen Befundes aufgezeigt. Die Abfolge der Malschichten bezeugt die Ablösung einer älteren Stiftung und das Auslöschen der Erinnerung an den Vor‑ gänger am Ort. Eine um 968 geschnitzte Elfenbeintafel mit einer Stifterfigur mit Kirchenmodell zeigt Otto I. (gest. 973) begleitet von Hei‑ ligen vor dem Weltenrichter. (→ Abb. 9) Auch hier ist der Stifter bedeutungsmaß‑ stäblich verkleinert, steht jedoch in dem‑ selben Bildraum wie die Heiligen und wird von seinem Patron berührt. Das dargebo‑ tene Kirchenmodell wird direkt von dem thronenden Christus angenommen. Die kleine Tafel war Teil eines umfangreichen Bildzyklus von 40 bis 50 Szenen aus dem Leben Jesu und diente wahrscheinlich der prachtvollen Verkleidung eines Bischofs‑ throns im Magdeburger Dom, wiederum einer Gründung Ottos I.117 Mit der Krone mit Bügel und Haube wird Otto I. in sei‑ ner kaiserlichen Würde gezeigt, die Tafel verbildlicht die politische Bedeutung der Kirchengründung. Die Stiftertafel gilt als das einzige Bildzeugnis von der Stiftung des Magdeburger Doms durch Otto I. und wurde noch zu seinen Lebzeiten angefer‑ tigt.118 Als für die Kirche sorgender Kai‑ ser würde er vor den Weltenrichter treten und ließ diese Darstellung in einen Zyklus der Heilsgeschichte einordnen. Im Unter‑ schied zu dem statischen, frontal stehenden
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Präsentationstyp der italienischen Papst‑ und Bischofsbilder zeigen die Laienstifter in Halb‑ oder Dreiviertelprofil eine Inter‑ aktion mit deutlicher Bewegungsrichtung. Die historischen, noch zu ihren Lebzei‑ ten dargestellten Personen werden bei der Überbringung der von ihnen finanzierten Kirchenbauten an Christus von Interzesso‑ ren unterstützt. Damit bleibt ein deutlicher Abstand gewahrt, auch wenn sie durch ihre Wohltaten einen direkten Zugang zu der himmlischen Sphäre in den Bildern erreichen. Die Papst‑ und Bischofsbilder in Rom und Ravenna unterschieden sich da‑ gegen gestalterisch nur durch einen nicht vorhandenen oder quadratischen Nimbus von dem himmlischen Personal. Das Problem der Mehrdeutigkeit von Personendarstellungen mit Kirchenmo‑ dell bleibt durch das Mittelalter erhalten. Dieses Motiv tritt häufig an Portalen, gele‑ gentlich auch auf separaten Erinnerungs‑ tafeln im Inneren von Kirchen auf, ohne immer einen Stiftungsakt zu verbildlichen. So tragen der Ulmer Bürgermeister Lutz Krafft und seine Frau auf einem Relief im Ulmer Münster ein Kirchenmodell über dem Rücken des Baumeisters. Die Tafel erinnert nicht an eine Stiftung, sondern an die Grundsteinlegung für das Ulmer Münster am 30. Juni 1377.119 Im hohen und späten Mittelalter ge‑ wann das Tragen eines Kirchenmodells bei frontal gezeigten Standfiguren zunehmend attributiven Charakter. Die Darstellung von Kirchengründern oder ‑stiftern konnte sich einerseits formal von ihrem logischen Zusammenhang mit dem Objekt lösen (be‑ sonders prägnant bei Münzprägungen der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit einem Bildnis Heinrichs IV., 1056–1106)120, generalisierend als Heiligentypus wie‑ derkehren, ähnlich den frühmittelalter‑ lichen Papstbildnissen legitimierend und schützend eingesetzt und mit Grabmälern
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verbunden werden. Allen Bildern ist ge‑ meinsam, dass sie posthum, zum Teil mit sehr großem zeitlichen Abstand zum Grün‑ dungsakt, angefertigt wurden, während zu Lebzeiten gestaltete Bilder von Stiftern diese als Adoranten oder in Dedikations‑ szenen zeigten. Das vermutlich älteste Bild eines Kir‑ chengründers mit Architekturmodell auf einer Tumba ist das Denkmal für Eber‑ hard VI. von Nellenburg (995–1078/1079) in dem 1049 von ihm gegründeten Allerhei‑ ligenkloster bei Schaffhausen.121 Es wird aus stilistischen Gründen auf den Anfang des 12. Jahrhunderts datiert.122 Emanuel S. Klinkenberg versteht den Einsatz die‑ ses Bildformulars als ein bewusstes Auf‑ greifen der päpstlichen Ikonographie in politischen Auseinandersetzungen: „By portraying Eberhard in the papal donor tradition the monks made it clear that to lay hands on possessions and privileges of the monastery was not only to disre‑ gard the lawful provisions of the founder but also their apostolic protection.“123 Als weitere Besonderheit nennt Hans Körner, dass das Stiftergrabmal in Schaffhausen als Teil einer Dreiergruppe konzipiert und aufgestellt war und so besonders auf den sozialen Gehalt der Stiftungsgeschichte verwies. Eberhard von Nellenburgs Grab‑ platte flankieren die von Burkhard und Ida von Nellenburg. „Eberhard von Nellenburg hatte das Kloster als Eigenkloster gegrün‑ det; erst sein Sohn Burkhard gab dem Klos‑ ter Grund und Boden. Im gemeinsamen Grabmonument der Nellenburger ist an diese zweifache Stiftung erinnert, zum Dank für die Stifter und gleichsam als Rechtsauskunft zur Sicherung des klöster‑ lichen Besitzstandes.“124 Auch im Zeitab‑ stand von rund 600 Jahren gedachte man Klostergründern mit neu angefertigten Tumben, so in dem Neubau Saint‑Germain‑ des‑Prés (zuerst Saint‑Vincent) bei Paris:
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Das Architekturmodell in den Händen des Frankenkönigs Childebert I. (511–558) stellt die zeitgenössische Architektur des 1163 fertig gestellten gotischen Chores in eine Traditionslinie mit der frühmittelalterli‑ chen Gründung und wahrt (oder initiiert) die Königsmemoria an dieser Stätte.125 Vie‑ lerorts finden sich weitere posthum im 12. und 13. Jahrhundert aufgestellte Grabmäler für Gründer oder Stifter.126 „Auch die Auf‑ traggeber für viele nachträglich errichtete oder figürlich ausgestattete Stiftertumben verfolgten damit gewiß mehrere Ziele: Das Bildnis sollte die Fürbitte intensivieren (Stiftergräber befinden sich ja fast regel‑ mäßig zwischen dem Chorgestühl, dem betenden oder psallierenden Konvent vor Augen), soll aber gewiß auch verdeutlichen, wie vornehm die Kirche ist, wie reich sie ausgestattet wurde, unter wessen Schutz sie steht.“127 Plastische Stifterfiguren befinden sich häufig an Fassaden, Portalen, Pfeilern in Kirchen‑ und Chorräumen und Kreuzgän‑ gen (→ 6.2.2), „the motif becomes appro‑ priate for any part of the church which normally receives sculptural decoration.“128 Sie können mehrere Bedeutungsebenen beinhalten. Im Typus des statisch‑frontal stehenden Herrschers wird Heinrich II. (973/978–1024), der Stifter des Bamberger Doms (→ 6.2.2), am Gewände der Adams‑ pforte des Neubaus im 13. Jahrhundert wiedergegeben; im Tympanon der Gna‑ denpforte ist er im Dreiviertelprofil ei‑ ner Muttergottes zugewendet zu sehen, jedoch ebenfalls stehend und Insignien tragend.129 (→ Abb. 10) Die um 1200/1204 beziehungsweise 1225/1230 bei dem Neubau des Bamberger Doms angefertigten Sand‑ steinfiguren zeigen den Herrscher nach seiner eigenen Kanonisation (1146) im Kreis von Heiligen. Ikonographisch erinnern die Bilder nicht an seine Stiftungsleistung, denn das Kirchenmodell trägt in beiden
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Ensembles die Kaiserin Kunigunde. Da‑ rin spiegelt sich die Tradition ihrer auch schriftlich überlieferten Verehrung als Kir‑ chengründerin wider.130 An der Gnaden‑ pforte sind außerhalb der Versammlung der Heiligen mit dem nimbierten Kaiser‑ paar in den Zwickeln des Bogenfeldes ein Bischof und ein Kleriker zu sehen, die als die Auftraggeber des Tympanons gelten. Im Devotionsgestus bringen sie den Hei‑ ligen eine Schriftrolle dar (eventuell eine Stiftungsurkunde für den Neubau).131 In beiden Beispielen lässt die Erfassung der Form‑ und Strukturelemente in der Ana‑ lyse der Bildwerke die wechselnden, also dynamischen Beziehungen innerhalb der Geschichte einer Stiftung erkennen. Die Stifterbilder an Portalen oder auf Grabmälern im Kircheninneren zeigen die Pflege der Gründermemoria und wa‑ ren sowohl ein Reflex des Selbstbewusst‑ seins der Auftraggeber als auch ein Aus‑ weis eines gewissen rechtlichen Status der Kirchen und Konvente. Kirchen‑ und Klostergründungen beziehungsweise die Sorge um ihre Ausstattung gelten jedoch auch als Ausweis von ‚Herrschaft‘, wes‑ halb Stifterbilder ebenfalls im Sinne der Legitimation und Selbstdarstellung des Adels zu sehen sind.132 Allerdings sind zu Lebzeiten der Stifter in Auftrag gegebene Bildwerke selten zu finden. Eine beson‑ dere politische Konzeption liegt der Iko‑ nographie des Bildprogramms am Portal der Kartause von Champmol (→ 6.2.2) zu‑ grunde. Die Stifter, Herzog Philipp II. von Burgund, und seine Gattin, Gräfin Marga‑ rete III. von Flandern, werden als from‑ me Herrscher gezeigt, die in lebensechten Darstellungen als Monumentalskulpturen kniend der Muttergottes am Trumeaupfei‑ ler huldigen. In den Bildwerken wurden künstlerische Motive aus Paris und Flan‑ dern zu einer neuen Repräsentationsform für das über politisch, wirtschaftlich und
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geographisch weit voneinander entfernte Territorien herrschende Paar verknüpft.133 Die im Devotionsgestus verharrenden Fi‑ guren tragen keine Attribute, formal sind sie Grabmalskulpturen ähnlich.134 Die als fromme Christen gezeigten Herrscher sind gleichzeitig Stifter ihrer Bilder und ihrer Trägerarchitektur, der Künstler fand eine beachtenswerte Lösung für die Multifunk‑ tionalität der Bildwerke in der Vielschich‑ tigkeit der Bildsprache. Während bei Grabmälern in der Regel eine Namensinschrift zur Identifizierung des Dargestellten und seiner Memoria dient, sind als ‚Stifterfiguren‘ bezeichne‑ te Skulpturen an Portalen oder in Kirchen selten namentlich gekennzeichnet oder mit heraldischen Zeichen versehen, so dass ihre Interpretation nicht nur hinsichtlich der Feststellung der zeitlichen Einordnung von Werk und Darstellung, sondern auch zur Identifikation durch Archivrecher‑ chen unterstützt werden muss. Auch bei den zwischen 1243 und 1249 entstandenen Naumburger Stifterfiguren (→ Abb. 11), die seit fast 200 Jahren im Fokus einer kritischen geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung stehen, sind viele Fragen ungeklärt. Die zwölf lebensnah gestalteten Standbilder (acht männliche und vier weibliche) werden mit Hilfe einer Urkunde Bischof Dietrichs II. von Meißen (1243–1272) namentlich erschlossen, die 1249 elf Personen (sechs männliche und fünf weibliche) als Gründer der Naumburger Domkirche benennt.135 Es handelt sich bei diesem Text um einen Spendenaufruf zur Finanzierung des Naumburger Dombaus, in dem die Förderung durch die primi ecclesie nostre fundatores („die ersten Stifter unserer Kirche“)136 herausgestellt werden. Nicht nur die Anzahl der Personen stimmt in Bild und Text nicht überein, auch die äl‑ tere Quellenüberlieferung steht im Wider‑ spruch zum Bildprogramm des Westchors.
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Den Hauptteil der Güterstiftungen für das Naumburger Stift bilden Urkunden der Kö‑ nige bzw. Kaiser Konrad II. (1024/1027–1039), Heinrich III. (1039/1046–1056), Heinrich IV. (1056/1084–1105) und ihrer Ehefrauen,137 dagegen fehlen Urkundenbelege für eine Naumburger Stiftungstätigkeit der von Bi‑ schof Dietrich II. genannten Personen weit‑ gehend. Im 13. Jahrhundert wurde also mit Texten und Bildern eine Gründertradition entwickelt, die auf die „genealogische Ver‑ ankerung in den Familien der Auftraggeber [des Dombaus und seiner Ausstattung], das heißt des amtierenden Bischofs und Dom‑ kapitels von Naumburg“138 zielte und die Reichspolitik ausblendete. Nachahmung fand das Arrangement von großformatigen Standfiguren an Chorpfeilern in Meißen139 und Tulln140. Die um 1260 geschaffenen Figuren im Meißener Dom zeigen Bild‑ nisse der Bistumsgründer Kaiser Otto I. (936–973) und seiner Gattin Adelheid von Burgund. Die Dominikanerinnenkloster‑ kirche von Tulln erhielt von ihrem Bau‑ herrn, dem habsburgischen König Rudolf I., zwischen 1283 und 1290 ein Statuen‑ programm, das wie die Architektur der Kirche nur noch in sekundären Bildzeug‑ nissen überliefert ist.141 Dargestellt waren der König mit seiner Gemahlin Gertrud Anna, sein Sohn Albrecht I. und dessen Ehefrau Elisabeth. Die Aufstellung von Bildnissen noch lebender Herrscher und ihrer Angehörigen im erhöhten Bereich des Chorraums (wie in Tulln), der sonst nur Heiligen oder verstorbenen Fundatoren zugebilligt wurde, gilt als exzeptionell.142 Eine nachträgliche Versetzung ist nicht unwahrscheinlich, der ursprüngliche Auf‑ stellungsort der Skulpturen könnte das mächtige Trichterportal im Westen der Klosterkirche gewesen sein.143 Die zwi‑ schen 1359 und 1365 in Auftrag gegebenen Fürstenportale von St. Stephan in Wien zeigen eine entsprechende herrschaftliche
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Selbstinszenierung von Herzog Rudolf IV., der den Beinamen ‚der Stifter‘ erhielt.144 Bei Stifterdarstellungen in der Wand‑ und Tafelmalerei des Spätmittelalters han‑ delt es sich meist um zu Lebzeiten der Auf‑ traggeber angefertigte Bildnisse. Sie liefern Informationen für Realienkunde, Perso‑ nengeschichte und Familienkunde, Sozi‑ al‑ und Mentalitätsgeschichte, politische und Kirchengeschichte.145 Allianzwappen, Inschriften mit Todesdaten, Kombinati‑ onen von Stiftern mit Namenspatronen, Ehepartnern und Kinderzahlen ergänzen schriftliche Nachrichten.146 Gemalte Stof‑ fe, Kleidermoden, Interieurs mit Möbeln und Werkzeugen dienen der Realienkunde. Die Platzierung der Stifterfiguren in den Bildern, die eingesetzten Größenmaßstä‑ be im Verhältnis zu den Heiligenfiguren oder ‑szenen und die Auswahl der Bild‑ themen für Altäre oder Ausstattungspro‑ gramme geben Einblicke in Mentalität und Frömmigkeit. Zum Teil spiegelt sich auch tagespolitisches Geschehen in der Bildüberlieferung wider. Formale Aspek‑ te wurden bereits in den 1970er Jahren zur altniederländischen und italienischen Malerei untersucht,147 die Hintergründe der Stiftungen dieser Werke jedoch kaum berücksichtigt. Die Figuren sind in der Regel in betender Haltung zu sehen, was dem Befund der zu Lebzeiten angefertigten Skulpturen an Portalen oder im Verbund mit Heiligenfiguren entspricht. Die gleich‑ zeitige Wiedergabe des gestifteten Bildes in der Tafelmalerei im Sinne einer Dedikati‑ onsszene ist äußerst selten. Stifter und ihre Familien ließen sich auch als Staffagefigu‑ ren in szenischen Heiligendarstellungen abbilden, diese Aufhebung der Separierung von weltlicher und sakraler Sphäre tritt jedoch erst seit der Mitte des 15. Jahrhun‑ derts auf.148 In Heiligenbildern eingesetzte Stifterporträts, sogenannte ‚Kryptopor‑ träts‘, gelten nicht als „Stifterbilder im
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strengen Sinn“.149 Mit der Trennung der Stifterfiguren vom kompositionellen Zu‑ sammenhang der Altargemälde, indem sie auf den Flügelaußenseiten der Retabel platziert wurden, entwickelten sich aus den Devotionsbildern Darstellungen einer all‑ gemeinen Kontemplation,150 wie sie schon früher in der Buchillumination auftraten. Die Diskussion, ob ‚Devotionsbilder‘ (A verehrt B) oder ‚Repräsentationsbilder‘ (A ist ohne Beziehung zum nicht unbedingt notwendigen B dargestellt), als ‚Stifter‑ bilder‘ zu verstehen sind, ist noch nicht abgeschlossen.151 Klaus Gereon Beuckers sah in einer streng ikonographisch kate‑ gorisierenden Vorgehensweise die Gefahr, Devotions‑ und Thronbilder zu vernachläs‑ sigen, die durch eine spezifische Kontextu‑ alisierung die Funktion von Stifterbildern besitzen können.152 Bildprogramme In der Themenauswahl und in ikonogra‑ phischen Details, besonders bei Wandma‑ lereien, aber auch anhand von Bearbei‑ tungsspuren liefern Bildprogramme viele Informationen über Stifterintentionen, Ein‑ flussnahme der Destinatäre und histori‑ sche Entwicklung der Stiftung oder ihrer Veranlasser. Auch wenn eine zeitnahe oder parallele Ausführung und dieselben Auf‑ traggeber anzunehmen sind, lassen sich komplexe Ensembles, wie der im 13. Jahr‑ hundert ausgestaltete Westchor des Naum‑ burger Doms, nur selten auf ein einheitli‑ ches Bildprogramm zurückführen. Die so‑ genannten ‚Stifterfiguren‘ an den Pfeilern des Chorraumes (→ Abb. 11) sind in ein heilsgeschichtliches Programm mit einer Reihung von Gottesbildern eingebunden.153 Sie befinden sich in einem Grenzbereich zwischen den im Chorraum sich versam‑ melnden Klerikern und Bischofsbildern, die im unteren Register der Glasfenster den himmlischen Thronsaal für das Jüngste
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Gericht bilden.154 Die Naumburger Kleriker als Auftraggeber verorteten sich selbst in diesem Heilsplan.155 Andere Reihen von gleichartigen Skulpturen, die historische Persönlichkeiten vorstellen, zum Beispiel in Kreuzgängen oder an Fassaden, lassen sich kaum als ikonographische Programme interpretieren. Im Kreuzgang der Kathed‑ rale von Burgos stehen um 1270 datierte Fi‑ guren von Aposteln und Heiligen, Bischö‑ fen, Königen und Königinnen,156 darunter befinden sich zwei Stifter der Kathedrale. Die Skulpturen gab das Kathedralkapitel in Auftrag, um der für die Privilegien der Kirche wichtigen Personen zu gedenken. Gleichzeitig drückten die Domherren mit der betonten Darstellung der kastilischen Könige ihren Anspruch auf eine privile‑ gierte Stellung innerhalb des Königreichs aus. Politische Implikationen lassen sich auch in Fällen zeigen, wo der abgebildete Stifter gleichzeitig der Auftraggeber der Bildwerke war, wie am Portal der Champ‑ moler Kartause. Die architektonische Tren‑ nung von höfischen Bereichen und Klausur in dem 1385 von Philipp II. von Burgund gestifteten Kloster (→ 6.2.2) zeigte sich auch in der Ikonographie der Ausstattung. Die herzogliche Privatkapelle im nördli‑ chen Kirchenarm war auf die Emblematik des Stifterpaares konzentriert: Die persön‑ lichen Schutzheiligen waren in Skulptu‑ ren versammelt, Wappen wurden bildlich betont und die Ritterheiligen Michael und Georg erschienen als Vorbilder des irdi‑ schen Hoflebens.157 Dagegen waren die den Mönchen vorbehaltenen Kapellen und der Kapitelsaal bescheidener ausgestattet und der Passion Christi gewidmet.158 Als „Inszenierungsort einer exemplari‑ schen Psychomachie“159 wurde das Lang‑ haus der Arena‑Kapelle in Padua, eigentlich Cappella degli Scrovegni, bezeichnet, das ein allegorisches Programm von Tugend‑ und Lasterdarstellungen unter Szenen aus
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dem Leben Jesu und aus dem Marienleben enthält. (→ Abb. 12) Die Kapelle mit an‑ gegliedertem Stift, gegründet von Enrico Scrovegni zwischen 1300 und 1303, war laut urkundlicher Verfügungen für das Seelenheil des Bankiers gedacht,160 dessen Vermögen aus der wucherischen Tätigkeit seines Vaters stammte. In einem monumen‑ talen Weltgericht, das Giotto di Bondone an die Westwand der Kapelle malte, ließ sich der Stifter unter den Erlösten darstel‑ len. Seine Kapelle übergibt er in Form ei‑ nes Architekturmodells an einen Kleriker. (→ Abb. 13) Die Qualen der Verdammten, unter denen Dante den Vater des Stifters einordnete,161 führen miniaturisierte Per‑ sonen auf der linken Seite vor. Hinsichtlich möglicher Intentionen der Stifter, aber auch der Institutionen, an die diese Stiftungen angebunden waren, wurden auch andere komplexe Bildprogramme der zahlreich er‑ haltenen Kapellenstiftungen in Italien von Kunsthistorikern untersucht.162 Bestanden Abhängigkeiten von den beherbergenden Klöstern oder inwieweit bestimmten die Stifter als Auftraggeber Form und Inhalt der künstlerischen Ausgestaltung der Ka‑ pellen?163 Eine systematische Untersuchung des Bilderschmucks infolge von Stiftungen an Zisterzienserklöster ergab deutliche Wider‑ sprüche zu normativen Quellen.164 Der un‑ bescheidene Bilderreichtum widerspricht dem Bilderverbot der Ordensstatuten. Diskrepanzen zwischen Armutsideal und Ausstattung sind auch in Mendikantenkir‑ chen zu beobachten. Infolge von Sonder‑ nutzungsrechten der Grundbesitzer sah Wolfgang Schenkluhn eine Entwicklung zu „Ruhmeshallen und Ehrengedächtnis‑ stätten von Herrschaften, Dynastien oder Städten.“165 Dennoch konnten die Mög‑ lichkeiten der Selbstrepräsentation der Stifter reglementiert und Bildprogram‑ me diktiert werden. In frühen erhaltenen
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Bildprogrammen in Kapitelsälen sind keine Anteile der Laienpatrone erkennbar. Ab dem 14. Jahrhundert liegen Beispiele mit Stifterbildern vor, die die Ordensregeln und die Funktion des Raumes berücksichtigen. In SS. Maria Magdalena und Franziskus in Pistoia wird ein Stifterpaar an der Ost‑ wand des Kapitelsaals beim Kreuz Christi mit seinen persönlichen Schutzheiligen präsentiert (um 1390).166 Die Kreuzigung gehört zu den traditionellen Darstellun‑ gen in Kapitelsälen und wird hier in der franziskanischen Abwandlung einer arbor vitae (‚Lebensbaum‘) mit begleitenden Or‑ densheiligen wiedergegeben. Gleichzeitig wurde die Stiftung in dem franziskanisch‑ christologischen Programm verankert, neben den Stifterbildern verknüpfen die szenischen Darstellungen der Decken‑ malerei motivisch franziskanische Ideale und Stifterinteressen.167 Ähnlich themati‑ siert sind die Fresken im Kapitelsaal des Franziskanerklosters von Prato (um 1390– 1395): Der Evangelist Matthäus und der Mönchsvater Antonius Abbas werden als Exempla des Reichen dargestellt, der sei‑ ne Habe verschenkt und die Welt verlässt, um Christus nachzufolgen.168 „Stifter und Orden finden sich hierin gleichermaßen wieder.“169 Die Bildprogramme von Fami‑ lienkapellen boten den Auftraggebern in ihrer Selbstdarstellung mehr Freiräume als Kapitelsäle, wie die Mitte der 1420er Jahre von Masaccio und Masolino gemal‑ ten Fresken der Brancacci‑Kapelle an S. Maria del Carmine in Florenz zeigen: „The Brancacci frescoes refer to various ele‑ ments of the Florentine establishment’s vision of itself and its society.“170 Die Archi‑ tekturkulissen der Heiligenszenen zeigen Straßen und Paläste einer idealen Stadt Florenz.171 Die Details der Personendar‑ stellungen sind Referenzen auf den Stifter und sein Gewerbe. Die Figuren tragen feine Wollstoffe oder luxuriöse Silberbrokate,
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die der Auftraggeber in seiner Handelsge‑ sellschaft vermarktete. Die in den Zyklus eingebrachten Por träts der Stifterfamilie sind auch in anderer Hinsicht Zeugnisse der Florentiner Stadtgeschichte, denn sie zeigen deutliche Kratzspuren.172 Der Stif‑ ter Felice di Michele Brancacci musste nach einer Verschwörung gegen Cosimo de’ Medici 1436 die Stadt verlassen und starb in der Verbannung. „In a veritable act of damnatio memoriae to erase the ‚memory‘ of a patron who had become politically embarrassing to them, if not dangerous, the Carmelite brothers changed the name of the Chapel.“173 Der Akt der vorüber‑ gehenden Zerstörung von Stifterbildern belegt die Bedeutung und auch öffentliche Wahrnehmung dieser Bildwerke in der religiösen und städtischen Gemeinschaft. Figürlicher Schmuck Zahlreiche Heiligenfiguren in Kirchen oder Kapellen sind unabhängig von übergreifen‑ den Ausstattungsprogrammen entstanden. Sie verweisen inschriftlich, durch heral‑ dische Zeichen oder Stifterbilder auf ihre Auftraggeber. Wie in der Malerei treten bei den Stifterbildern unterschiedliche Dar‑ stellungsformen auf: Der kniende Beter kann direkten Kontakt mit einer Heili‑ genfigur haben oder das gezeigte Gesche‑ hen aus einem strikt separierten Bereich beobachten. Hinzu kommen wechselnde Größenverhältnisse.174 Personengeschicht‑ lich interessant ist eine Figurengruppe im Kölner Dom, die auf der Sockelplatte die Inschrift trägt: VICTOR SACERDOS OLIM IUDEUS („Der Priester Victor, früher ein Jude“).175 Victor von Carben ließ zur Aus‑ stattung der Marienkapelle im südlichen Querhaus des Domes um 1480 sechs Bild‑ werke mit Szenen aus dem Marienleben anfertigen, auf denen seine Person jeweils in kleinem Maßstab kniend und engem körperlichen Kontakt mit einem Engel
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oder einem Heiligen zu sehen ist. Er trägt die typische Kleidung eines Priesters des Spätmittelalters und bezeugt in Bild und Text das anscheinend bei der Konversion am eigenen Leibe erfahrene christliche Heilsgeschehen. Altarretabel Die frühesten Belege für Altarretabel stammen aus dem 11. Jahrhundert, grö‑ ßere Verbreitung erfolgte besonders im 14. und 15. Jahrhundert.176 Sie waren ein beliebter Träger für Stifterbilder. Mit ih‑ nen konnten die Patrozinien eines Fami‑ lienaltars und die Stifter der Altarstellen kommuniziert werden. Wappenzeichen oder Hausmarken, Bilder und Inschriften markierten ein Rechtsgeschäft, das auf Dauer angelegt war.177 Gemalte Stifterbil‑ der auf Retabeln sind fast ausschließlich als Devotionsbilder gestaltet.178 (→ Abb. 6) In manchen Fällen179 fordern Inschriften auf Rahmen oder im Bild den Rezipienten zum Gebet für die Stifter auf und belegen die soziale Implikation der Auftraggeber. Die Retabel‑ und Altarstiftungen gehör‑ ten in der Regel zu Grablegen; der Ge‑ betswunsch hat sich in diesen Fällen vom Grabmal auf das Zubehör verlagert.180 Mit den einmalig getätigten Aufstellungen der Bildwerke auf Altären waren regelmäßig wiederkehrende Messen und Gebete für das Seelenheil der Stifter verbunden. Sie waren damit Teil eines auf Dauer ange‑ legten und in einem Austausch von Gabe und Gegengabe beruhenden Systems. Al‑ lerdings wurden konkrete Stiftungsakte an Altarretabeln mit Stifterbildern nur sehr selten dargestellt: Kardinal Giaco‑ mo Gaetani Stefaneschi überreicht auf der Mitteltafel eines von Giotto di Bondone um 1320–1330 gemalten Triptychons ein Retabel an Petrus.181 Durch die doppel‑ te Darstellung des Kardinals auf beiden Seiten der Tafel, einmal in prachtvollem
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Ornat, einmal in bescheidenem Gewand, gestifteten Fensters in den Händen häufi‑ ist dieses Beispiel in mehrfacher Hinsicht ger als in Deutschland überliefert.185 Eine bemerkenswert. besonders raffinierte Ikonographie zeigt ein Chorfenster von Saint‑Martin‑aux‑Boix in der Picardie aus dem dritten Viertel des Glasfenster Glasfenster sind häufig durch Wappen, Stif‑ 13. Jahrhunderts. (→ Abb. 14) Der Stifter terbilder und Inschriften als Stiftungen Jean de Rouvillers präsentiert ein Fenster gekennzeichnet. Mit der Zunahme der Fens‑ mit einer Grisaille‑Füllung vor einem zur tergröße durch die stilistischen Veränderun‑ Eucharistie bereiteten Altar. Das farblose gen der Baukunst wurden Fensterstiftungen Grisailleglas ist ein Charakteristikum der im Spätmittelalter besonders attraktiv. Bild‑ Gesamtverglasung von Saint‑Martin‑aux‑ nisse und Wappen waren in diesem Medium Bois – mit Ausnahme der Stifterscheibe. Mit in Kirchengebäuden meist allseits sichtbar der zeremoniellen Präsentation der Fenster‑ und erfuhren durch die Wirkung des Lich‑ bahn an dem Altar wird das Glasfenster als tes eine metaphorische Überhöhung. Durch Stiftungsobjekt kenntlich gemacht und den ihre Bindung an die Architektur war jedoch vasa sacra, den ‚heiligen Gefäßen‘ (liturgi‑ die Auswahl der Bildthemen eingeschränkt. sche Geräte), zugesellt. „Das Glasfenster, das „Als Auftraggeber fungiert häufig der Bau‑ einem transzendenten, unsichtbaren Gott herr, der ein einheitliches Programm und dargebracht wird, erscheint in der vorlie‑ eine Werkstatt bestimmt, die Finanzierung genden Darstellung als Medium, welches einzelner Fenster wird dann verschiedenen nicht nur das Jenseitige in der Lichtinten‑ Stiftern überlassen.“182 Die Einwerbung von sität seines Materials präsent werden lässt, Stiftern für Kirchenverglasungen in den sondern dank seines Status als Gabe ähn‑ Niederlanden im 15. Jahrhundert zeichnete lich wie Wein und Hostie effektiv zwischen Mario Damen nach. Viele der von burgun‑ Diesseits und Jenseits zu vermitteln mag.“186 Begleitende Inschriften bezeugen, dass dischen und habsburgischen Prinzen und ihren Gemahlinnen als Schenkungen ins‑ Stifter nicht nur Vorteile durch die Fürspra‑ tallierten Glasfenster wurden während oder che von Heiligen beim Jüngsten Gericht kurz nach Inaugurationsreisen angefertigt. erhofften, sondern auch direkt die Teil‑ Neben den devotionalen und memorialen nehmer der bei den Bildern begangenen Aspekten hatten diese Fensterstiftungen Messen zum Gebet aufforderten. Der unter eine politische Funktion, indem die Herr‑ einer Marienfigur in einem schmalen Glas‑ scher dauerhaft in den Gemeinden im Bild fenster kniende Kölner Kanoniker Heinrich präsent waren, obwohl sie zunehmend ab‑ Heister ließ sein Gebet zur Muttergottes in seits der Niederlande residierten. „So, on the einem Schriftband, das von seinen Händen one hand the prince contributed in a mate‑ ausgehend über seinen Kopf gewunden ist, rial way to the maintenance of the building, in das Bild eintragen. Eine zweite Inschrift and on the other hand he appealed directly darunter appelliert mit einem Vokativ im to the loyalty of the citizens.“183 In Ikono‑ Plural an den Betrachter: Orate pro d[omi] graphie und Ikonologie unterscheiden sich no heynrico heister de oitzenroide quonda[m] Glasfenster nicht wesentlich von der Wand‑ canonica hui[us] ecc[les]ie fundatore istius und Tafelmalerei,184 nur hinsichtlich der altaris.187 Attribute der Stifterbilder wurden regionale Auch posthum in Auftrag gegebene Unterschiede bemerkt: In Frankreich seien Personenbilder in Glasfenstern verweisen Stifterdarstellungen mit einer Miniatur des auf Stiftungsgeschichten. Die inschriftlich
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identifizierbaren Figuren der um 1295 an‑ gefertigten Glasbilder im Brunnenhaus des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz bilden nicht nur eine genealogische Reihe der Babenberger, sondern sind identisch mit den in der Gründungsurkunde der Abtei aufgeführten Stiftern.188
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hier die Position des Stifters ein, ohne in die Stiftung als solche involviert gewesen zu sein. Im Bild demonstriert er die Aner‑ kennung der durch das päpstliche Privileg bestätigten Verfassung des in Konkurrenz zu seiner Abtei stehenden benachbarten Priorats. Bei Umgestaltungen im 14. Jahr‑ hunderts wurde das Bildnis Innozenz’ III. Inschriftentafeln überbaut und durch ein zweites Papstbild Eine Sonderform der bildkünstlerischen in größerem Maßstab oberhalb des Textes Gestaltung von Stiftungen sind Inschriften‑ ersetzt. Die Bedeutung der Abtsfigur ge‑ tafeln oder gemalte Inschriften und Stif‑ riet in Vergessenheit, sie wurde übermalt. tungsurkunden, die den Rechtsakt einer Stiftung bezeugen und ihn einem größeren Grabmäler und Epitaphien Rezipientenkreis vergegenwärtigen. Aus Sowohl bei der Architektur (Kirchen‑, Klos‑ Metall oder Stein gearbeitete Inschriften‑ ter‑ und Kapellengründungen, → 6.2.2) als tafeln sind formal und funktional eng mit auch im Zusammenhang mit verschiede‑ Epitaphien verwandt, die wahrscheinlich nen Ausstattungsprogrammen oder einzel‑ ursprünglich bei einem Altar und / oder nen Objekten wurde bereits wiederholt die Grab eines Stifters in Kirchen angebracht untrennbare Verbindung dieser Stiftungen waren und seine geleisteten Wohltaten mit Grablegen angezeigt. Ist also davon aufzählten. In Material und Ausführung, auszugehen, dass zu jedem in christlichen häufig mit kleinen Symbolen oder Devo‑ Kulträumen angelegten Grab Stiftungen tionsbildern der Stifter verbunden, bilden von Messfeiern, Anniversaren, Almosen‑ sie eine Schnittstelle zwischen Sach‑ und spenden usw. gehörten? Insofern wäre jede Schriftzeugnissen.189 Rechts‑ und Memori‑ überlieferte Grabplatte an diesen Orten als alfunktion von Bildern mit Stifterfiguren Sachzeugnis für das Stiftungswesen zu und Urkundentexten unterstützen sich begreifen.191 In einer Umkehrung zeigte gegenseitig, wie ein Beispiel in Subiaco Michael Borgolte an dem prominenten Fall zeigt. (→ Abb. 15) An der Nordwand der Karls des Großen das baldige Scheitern ei‑ Unterkirche des Priorats ‚Zur Heiligen ner Grabstiftung, dessen Grabstelle durch Höhle‘ gibt eine Inschrift Auszüge einer die fehlende soziale Bindung zwischen Stiftungsbulle Papst Innozenz’ III. von 1202 dem Verstorbenen und einer nachlebenden wieder.190 Die Stiftung von vergleichswei‑ Personengruppe am Grabort (einem Klos‑ se geringem materiellem Wert besaß eine terkonvent bzw. hier dem Stiftskapitel der hohe Symbolik, die das zeitnah 1203–1216 Aachener Marienkirche) früh in Vergessen‑ entstandene Wandbild zeigt. Am rechten heit geriet und wo dementsprechend auch Bildrand präsentiert der Papst mit bei‑ kein Grabmal überliefert ist.192 In manchen den Händen den großformatigen Urkun‑ Fällen wird der soziale Kontext der Stif‑ dentext dem heiligen Benedikt, der auf tung bildlich an den Grabmälern vorge‑ der gegenüberliegenden Seite die Gabe in führt, indem lesende Priester oder Mönche Empfang nimmt. Unter dem Mönchsva‑ plastisch das Bildnis des Verstorbenen be‑ ter kniet eine kleine Figur im Benedikti‑ gleiten.193 „Bilder der aufgezählten Riten nerhabit und zeigt auf die Inschrift. Abt [Prozessionen, Aufbahrung, Besprengung Romanus von Subiaco (1193–1216) nimmt mit Weihwasser und Beräucherung] und
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Gegenstände können gleichzeitig Vergan‑ genheit – die ordnungsgemäße christliche Bestattung – wie Gegenwart und Zukunft – die vertraglich abgesicherte Sorge für das Seelenheil des Abgebildeten – memorie‑ ren.“194 Aber auch ohne die am Monument vorgeführte, vom Stifter erwartete Gegen‑ gabe sind Grabmäler als Mahnmale für die Zukunft zu verstehen. „Grabmäler dienen nicht so sehr der liturgischen Memoria als vielmehr der Einwerbung spontaner Memoria. Sie sollen das, was die Liturgie leistet, ergänzen helfen.“195 Die vor allem im Spätmittelalter zu‑ nehmend verbreiteten Epitaphien waren nicht selten mit ausführlichen Inschriften verbunden, die einen großen Teil der für sein Seelenheil getätigten Stiftungen des Verstorbenen bzw. seiner Familie konkret aufzählten und wie Testamente oder Ren‑ tenbücher juristischen Charakter besaßen. (→ 6.2.3, Inschriftentafeln) Erhalten haben sich auch Beispiele, die die darin gemachten Verfügungen bildlich vorstellten, wie ein Epitaph in Saint‑Piat (Tournai) von 1483, das zwei Arme an einem Feuer wiedergibt.196 Das Stifterpaar, dessen mit dem Epitaph gedacht wurde, hatte Kohlen geschenkt, um die Kirche für die Armen während der Wintermonate zu heizen. Das Beispiel Hein‑ richs V. in Westminster Abbey (→ 6.2.2, Kapellen) hat jedoch bereits deutlich ge‑ macht, dass es bei der Hinzuziehung von Grabmälern und Epitaphien als Quellen für die Stiftungsgeschichte nicht allein um eine bildwissenschaftliche Bestätigung und Illustration von Testamenten und anderen stifterischen Verfügungen gehen kann. Ein Grabmal hat die Grundfunktion, auf Men‑ schen zurück‑ und vorauszuweisen197 und steht damit selbst in ständig wechselnden dynamischen Beziehungen zur Gesellschaft. Künstler fanden hierfür unzählige Varian‑ ten spezifischer Ausdrucksformen und qua‑ litativer Komplexität.
Sachzeugnisse
Mobiliar und Leuchter Teile der Innenausstattung von Kirchen wurden oftmals durch Stiftungen ergänzt oder erneuert. Gerade im Zuge liturgi‑ scher Neuerungen erfolgte damit die Stif‑ termemoria an prominenten Stellen des Gottesdienstes. An zentraler Stelle der liturgischen Handlungen platziert war ein für den Aachener Dom angefertig‑ ter Ambo Heinrichs II. Diese aufwendige Goldschmiedearbeit vereinigt antike und islamische Spolien aus Italien und dem öst‑ lichen Mittelmeerraum. „[Der Ambo] führt (…) wie kein anderes Werk das Spektrum an Materialien und Artefakten vor Augen, die um 1000 in der königlichen Schatzkam‑ mer verfügbar waren und geeignet erschie‑ nen, Teil einer frommen Stiftung des Herr‑ schers zu werden.“198 Eine Inschrift weist das Werk als Stiftung aus und formuliert den Anspruch des Stifters mit deutlicher Betonung des materiellen Wertes: [HOC] OPVS AMBONIS AVRO [GEMMISQVE MICANTIS REX PI]VS HEINRICVS CELAE[STIS HONORIS ANHELVS / DAPSILIS EX PROPRIO TIBI DAT SANCTISSIMA VIRGO QVO PRE]CE SVMMA TVA SIBI [MERCES FIAT VSIA].199 Das Lesepult des Aachener Domes nahm eine besondere Funktion in der Krö‑ nungsliturgie der deutschen Könige ein 200 und war insofern ein geeignetes Medium zur Sicherung der Memoria und der Fama des Herrschers Heinrich II. Auch das älteste datierte Chorgestühl Deutschlands geht auf eine Stiftung zu‑ rück. ANNO / D[OMI]NI M° CC° LXXXVIII / DVX HENRICVS / HAS SEDES ORDINA/VIT 201 markiert eine in das Dorsale der südlichen Gestühlreihe in der Kirche St. Alexander in Einbeck eingeritzte Inschrift den Vorgang. Der Stifter Herzog Heinrich Mirabilis wur‑ de 1322 in dieser Stiftskirche beigesetzt.202 Zusammenhänge zwischen der Herstellung des Chorgestühls und weiteren liturgischen oder Sachstiftungen sind wahrscheinlich.
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Kleinere Gestühle für Familienkapellen sind ebenfalls überliefert und häufig mit den Wappen der Stifter versehen. Die Nach‑ fahren der Stifter übernahmen in gewisser Weise eine Verpflichtung durch den Grün‑ der, wenn sie zu den Gottesdiensten in die‑ sem Gestühl Platz nahmen.203 Nicht selten in Verbindung mit Bau‑ geschehen entstanden große Kerzenleuch‑ ter wie der Radleuchter des Hildesheimer Domes. Ornamentik und Inschriften er‑ geben eine Darstellung des Himmlischen Jerusalem (Apk 21.12). Am unteren Rand des Reifs ist ein Stiftergebet eingraviert: MATER IUSTICIAE (…) ISTIUS ORNATUS PIA VIRGO SVSCIPE MVNUS / HEZILO PARS ONERIS P[ER] TE QVOQ[VE] PARS SIT HON ORIS.204 Der Radleuchter wurde von Bi‑ schof Hezilo (1054–1079) gestiftet und steht gleichzeitig als pars pro toto für den unter seiner Ägide nach einem Brand neu errich‑ teten Dombau in Hildesheim, der am 5. Mai 1061 geweiht wurde. Zwischen 1165 und 1170 wurde ein Radleuchter für den Aachener Dom von Kaiser Friedrich I. Barbarossa in Auftrag gegeben, der inschrift lich die Stiftungstat benennt, an den Namen des Stifters erinnert und ihn und seine Frau Beatrix der Gottesmutter Maria zur Für‑ bitte empfiehlt.205 Die für einen Kirchen‑ besucher nicht lesbaren Texte sind direkt an die Heiligen adressiert, nicht an irdi‑ sche Rezipienten. Inwieweit die Memoria der Stifter durch die Leuchter an ihren Aufhängungsorten tradiert wurde, lässt sich nicht aus den Objekten schließen.206 Sakramentshäuser Die zunehmend steigende Verehrung der gewandelten Hostie führte im Laufe des Mittelalters zur Einführung neuer Aus‑ stattungselemente in Kirchen, die ihrer sicheren Verwahrung dienen sollten.207 Die Möglichkeit, an prominenter, gut sicht‑ barer Stelle dem verehrten heiligen Leib
Christi besonders nahe zu kommen, war eine günstige Gelegenheit für Donatoren und Stifter, tätig zu werden. Diese ab dem 15. Jahrhundert auftretenden neuen Stif‑ tungsobjekte reflektieren eine Wandlung in der Frömmigkeits‑ bzw. Theologiege‑ schichte. Für die Pfarrkirche St. Lorenz in Nürnberg ließ der Patrizier Hans IV. Imhoff 1493–1496 von Adam Kraft ein Sakraments‑ haus anfertigen.208 Die Familie des Auf‑ traggebers begriff dieses Kunstwerk nicht als Schenkung, sondern ausdrücklich als ‚Seelgerät‘, also als Leistung für das Seelen‑ heil des Stifters. Es war mit einer fortwäh‑ renden Pflege versehen, testamentarisch legte der Stifter jährliche Auszahlungen für die Reinigung und Instandsetzung des Objektes fest.209 Das Sakramentshaus war nicht nur in seiner Materialität auf Dauer angelegt, sondern auch vom Auftraggeber in dauerhafter Pflege und Verwaltung als Stiftung abgesichert. 6.2.4 Kultgegenstände Für die gottesdienstliche Praxis in christ‑ lichen Kirchen des Abendlandes sind der Altar und verschiedene Altargeräte unbe‑ dingt notwendig. Im Mittelpunkt des Kultes stehen die vasa sacra, Patene und Kelch kommen unmittelbar mit dem in der Eu‑ charistie gewandelten Brot und Wein als Leib und Blut Christi in Berührung. Sie wurden daher mit den kostbarsten verfüg‑ baren Materialien hergestellt und besonders verwahrt. Mit der Anbringung von Wap‑ pen, Namensinschrift und / oder Stifterbild an diesen Geräten war die größtmögliche Nähe zu den sakramentalen Zeichen und damit zur Teilnahme am Heilsgeschehen zu erreichen. Nicht selten wurde auch zusätz‑ lich inschriftlich zum Gebet für die Stifter aufgerufen210 oder (eher profan) die Zugehö‑ rigkeit eines Kelches zu einem bestimmten
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Altar festgeschrieben211. Ähnliches gilt für Altargeräte wie Pyxis, Reliquiar, Ziborium, Leuchter212, Situla, Kannen, Schüsseln, Pax‑ tafeln, Kämme213, Altartextilien und Mess‑ gewänder der Zelebranten.214 Auch Vortra‑ gekreuze und Reliquienschreine stehen mit dem Kult in Beziehung. Die Einträge der Goldschmiedearbeiten einschließlich der Namen ihrer Stifter in Schatzverzeichnissen oder Memorialbüchern belegen das wieder‑ kehrende Gedenken an die Auftraggeber.215 Auch inschriftlich wurde ewiges Bestehen festgelegt: perpetue permanetur in ecclesia („möge es in der Kirche auf Dauer blei‑ ben“).216 Solche Objekte können daher trotz der einmaligen Übereignung als Stiftungen betrachtet werden. Im frühen und hohen Mittelalter sind diese Stiftungen weniger persönlich motiviert als mit der Verpflich‑ tung von Herrschern zur Festigung und Ausbreitung des christlichen Glaubens ver‑ bunden;217 Inschriften des Spätmittelalters nennen Lob und Ehre Gottes als Auftrag.218 Hinsichtlich des Stiftungsgeschehens sind zwei Typen zu unterscheiden: eigens ange‑ fertigte Objekte im Auftrag eines Stifters oder Sachspenden, die mit der Stiftung eine neue Funktion erhielten.219 Vasa sacra Etwa zeitgleich mit seiner Gründung er‑ hielt das 777 von Herzog Tassilo III. von Bayern errichtete Stift Kremsmünster einen Kelch mit einer großen Namens‑ inschrift auf dem Fuß: + TASSILO DUX FORTIS + LIUTPIRC VIRGA REGALIS.220 Der Kelch ist außen mit Bildmedaillons von Christus als Weltenrichter, den vier Evangelisten, Maria und drei Heiligen ge‑ schmückt. Die Namensinschriften memo‑ rieren die Auftraggeber und sorgen für die Erinnerung der Personen beim Vollzug der Eucharistie, wobei der Name des Fürsten sicher nicht zufällig in einer Achse unter dem Bild des segnenden Christus steht.
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Aus zwei weströmischen Achatschalen, dekoriert mit Gemmen, Perlen und einer Kamee, also wiederverwendeten Schmuck‑ stücken, besteht ein Kelch, den Urraca, die Gattin König Ferdinands II. (1157–1188), der Kirche S. Isidoro in León schenkte. Der Fuß trägt die Widmungsinschrift: IN NOMINE D[OMI]NI VRRACA FREDINA[N]DI.221 Im Kirchenschatz befindet sich eine passende Patene mit ähnlichen Zierformen und rei‑ chem Edelsteinbesatz auf der Fahne. Die Königstochter Urraca hatte gemeinsam mit ihrer Mutter den Neubau der Stiftskirche nach der Überführung der Gebeine des Heiligen von Sevilla in die Residenzstadt León vorangetrieben; eine Vielzahl von Ausstattungsstücken bezeugt das Wirken der Herrscherfamilie. (→ Abb. 16) Stifterbilder kommen ab dem 13. Jahr‑ hundert auf Kelchen und Patenen vor, häufiger kennzeichnen Wappen die Auf‑ traggeberschaft. Ihren Wert für die Be‑ stimmung von Alter und Herkunft der Objekte, wie ihn Joseph Braun betonte,222 zeigte Wolfgang Erdmann am Beispiel ei‑ nes ‚Askanier‑Kelches‘ mit Patene. 1642 schenkte Kurfürst Friedrich Wilhelm diese Stücke der Berliner Nikolai‑Kirche (in‑ schriftlich auf der Fahne der Patene ver‑ merkt). Ursprünglich gehörten sie zu den Grablegen der askanischen Markgrafen in den Zisterzienserklöstern Mariensee und Chorin.223 Die Reliefs am Kelchfuß zeigen ein mariologisches Bildprogramm, das Patrozinium der Zisterze verdrängt hier das Blutopfer Christi (den Kern der eucharistischen Gedenkfeier), wiederum ein Beispiel für die Vielschichtigkeit der an der Stiftungsgestaltung beteiligten Ak‑ teure und ihrer Interessen. Kreuze Kreuze und Kruzifixe stellen häufig eine Mischung aus Reliquiar und liturgischem Objekt dar. Als zentrales Symbol des
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christlichen Kultes sind sie in unterschied‑ lichen Funktionen, Formaten, Materialien und Anbringungsorten in Kirchen und Kapellen zu finden.224 Stifterbilder befinden sich auf gemalten Kruzifixen225 ebenso wie an Vortragekreuzen 226. Die Multifunktio‑ nalität zeigt sich deutlich an dem um 1006 in Regensburg gefertigten ‚Gisela‑Kreuz‘. Es enthielt Reliquien. Ein Knauf und Schaft am unteren Ende ermöglichten entweder die Aufstellung auf einem Altar, bei dem in der Inschrift auf der Rückseite genannten Grab der Mutter der Stifterin 227 oder auch das Herumführen in Prozessionen auf einer Stange. Eine Inschrift auf den Kreuzbalken‑ vorderseiten 228 und zwei kleine Figuren zu Füßen des Gekreuzigten memorieren beide Frauen. Stifterbilder und Texte in Verbin‑ dung mit dem Kreuzigungsbild symboli‑ sieren den Glauben an das Erlösungswerk Christi. Stiftungstat, Werk und die ewige Anbetung im Bild sollen der Überwindung des Todes dienen. Objekt und Bild sind in ihrem Gebrauch doppelsinnig zu lesen „als Erinnerung u n d als Ermahnung.“229 Reliquiare Reliquien garantieren die Vergegenwärti‑ gung der Heiligen auf Erden; ihre Vereh‑ rung begann bereits im Frühchristentum. Ihre Einbringung war notwendige Vor‑ aussetzung für die Weihe eines Altares; Reliquien gehörten daher notwendig zu jeder Kirchengründung.230 Verschiedene liturgische Formen innerhalb des Abend‑ landes (gallische und römische Liturgie) fanden ihren Niederschlag auch in den Kir‑ chenausstattungen, besonders beim Um‑ gang mit Gräbern und Reliquien. Antikem Sepulkralrecht folgend wurde in Rom kein Grab geöffnet, im Bereich der gallischen Li‑ turgie erhob man jedoch die Särge. Neben den kostbaren Schreinen, die erhöht hinter Altären aufgestellt wurden, entstanden aus dieser Praxis ab dem 10. Jahrhundert
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auch Figuren. Der Visualisierung dienten ‚redende Reliquiare‘231, vollplastische Nach‑ bildungen des in Knochen oder Splittern enthaltenen Körperteils eines Heiligen, oder Schaugefäße. In die möglichst di‑ rekte Nähe der heilsmächtigen Reliquie mit stellvertretenden Namensinschriften und/oder Stifterbildern zu kommen, einen Familienaltar oder eine Kirchengründung mit Reliquien auszustatten, den Verpflich‑ tungen als Kirchenführer oder christli‑ cher Herrscher nachzukommen 232 , aber auch materielle Interessen, wie die Bele‑ bung von Handwerk und Handel durch das Anziehen von Pilgerströmen, waren Hintergründe von Reliquienstiftungen,233 die sich auch in der Gestaltung der sie ber‑ genden Reliquiare widerspiegeln konnten. Obwohl die großen Reliquienschreine in der Regel Gemeinschaftsleistungen dar‑ stellten, tragen sie häufig ein einzelnes Stifterbild.234 Im Zuge der Etablierung von León als Residenzstadt des Königreichs León und der Grafschaft Kastilien im 11. Jahrhundert, nachdem die Stadt von den Mauren im 10. Jahrhundert zerstört worden war, ließ König Ferdinand I. der Große (1035–1165) im Jahr 1063 die Gebei‑ ne des heiligen Isidor von Sevilla hierher überführen. Sie bildeten die Grundlage für eine neue Wallfahrt. Die Kirche S. Isidoro wurde mit kostbaren Kultgegenständen ausgestattet,235 auch der Schrein für die Gebeine des Heiligen ist eine Stiftung des Königspaares. (→ Abb. 16) Die applizierten Treibarbeiten auf dem Holzkasten, dessen Dimensionen ohne Vorläufer sind,236 zei‑ gen eine grundlegende Erneuerung ho‑ heitlicher Bildformen. „Das aufwendige Reliquiar (…) wurde (…) zum bildlichen Testament der Herrschaftsinszenierung und zum programmatischen Mittelpunkt einer konsolidierten Hofkunst.“237 Ein Bild‑ nis des Stifters König Ferdinand I. hebt sich als Einzelfigur von den szenischen
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Relieffeldern an den Schreinseiten ab. „Fernando erscheint als zeitlicher Anfangs‑ und Endpunkt innerhalb der Schöpfungs‑ geschichte und wird somit zum Bestandteil des göttlichen Heilsplans“.238 Andere Verweisebenen beinhaltet die Ikonographie des Aachener Karlsschrei‑ nes.239 Acht Bildfelder zeigen Szenen aus dem Leben Kaiser Karls des Großen, Aa‑ chen als Stadt und Kirche ist Beginn und Ziel des Zyklus. Der Heilige erscheint als Stifter mit einem getreuen Modell der Marienkirche vor der thronenden Mutter Gottes. Dies entspricht nicht nur einem hagiographischen Topos oder der Verge‑ genwärtigung eines historischen Aktes. „Der Heilige gerät so zum Unterpfand und Fürbitter für die Belange des Stiftes, denn das Kirchenmodell impliziert nicht nur den Bau der Kirche, sondern steht stellvertre‑ tend für das Marienstift als Institution und die Korporation der Stiftsgeistlichen“240, der vermutlichen Auftraggeber des Schreins. Textilien Bei Textilgaben kann es sich um besondere Gewänder oder Mäntel handeln, die beim Todesfall von hochgestellten Personen an Kirchen und Klöster übereignet wurden (wie unter anderem im älteren Nekrolog des Bamberger Michaelsklosters belegt241), um größere oder kleinere Stoff fragmente, die zur Verpackung von Reliquien einge‑ setzt wurden, oder Altardecken und andere liturgische Tücher. Hauptsächlich aus dem Spätmittelalter überliefert sind eigens neu angefertigte Gewänder mit Borten oder Sti‑ ckereien, die mit einem ikonographischen Programm, Inschriften, besonders häufig jedoch durch Wappen der Auftraggeber (→ Abb. 17) im Zusammenhang mit Mess‑, Altar‑ und/oder Kapellenstiftungen stan‑ den. Die Primärüberlieferung von Altar‑ textilien aus dem Mittelalter ist gering. Die Objekte oder ihr sekundärer Nachweis
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in Inventaren oder Miniaturen und Ta‑ felgemälden geben kaum Auskünfte zur Stiftungsgeschichte. Kleidungsstücke für Kleriker sind vollständig erst ab dem Ende des 10. Jahrhunderts erhalten.242 Die zum Teil engen Verknüpfungen von Stiftermemoria, Kirchenschmuck und politischem Handeln werden am Beispiel des Sternenmantels Kaiser Heinrichs II. deutlich.243 Der Auftraggeber der um 1018– 1024 gefertigten Stickereien ist inschrift‑ lich benannt: PAX ISMAHELI QVI HOC ORDIH[!]AVIT.244 Ismahel war ein apuli‑ scher Fürst, der nach einer Niederlage 1018 bei Heinrich II. in Bamberg Unterstützung suchte. Der Mantel war als Geschenk an den Kaiser gedacht und mit einem Huldi‑ gungsvers am Saum bestickt;245 der Kaiser schenkte ihn weiter zur Verwendung im Bamberger Dom. Der ‚Gösser Ornat‘, bestehend aus An‑ tependium (→ Abb. 18), Pluviale, Kasel, Dalmatika und Tunika für Priester und Diakone, wurde von der dortigen Äbtissin Kunegunde II. (im Amt 1239–1269) in Auf‑ trag gegeben. Texte und Bilder bezeugen ihre Urheberschaft mindestens sieben Mal an den Paramenten.246 Das Textilensemble war, „soweit nachweisbar, ausschließlich für die Gedächtnisfeier anlässlich des To‑ destages der pfalzgräflichen Stiftsgrün‑ derin Adala (gest. vor 1020) bestimmt“.247 Durch seinen Einsatz im liturgischen Voll‑ zug des Stiftergedenkens und in seiner ikonographischen Gestaltung begegnet hier mehrfach die Vergemeinschaftung von Toten und Lebenden und damit das Stiftungsgeschehen als komplexes sozi‑ ales Phänomen. Auf dem Antependium visualisieren Stickereien neben der ers‑ ten heilsgeschichtlichen Schenkung der Könige an das Christuskind zwei Schen‑ kungsakte aus der Geschichte des Stiftes. Bildnisse der Äbtissin Kunegunde II. und der Stiftsgründerin Adala „nehmen auf
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die heilsgeschichtliche Ikonografie Bezug, indem sie Gesten und Handlungen der Pro‑ tagonisten zitieren und paraphrasieren“.248 Adala trägt ein Kirchenmodell zu Maria und dem Kind. Das Inschriftenband am Medaillonbild mit den Königen benennt außerdem ADALA . FVNDATRIX. Neben der Memoria dienten die Stifterbilder auf den Textilien der Repräsentation der Äbtissin bei Messfeiern, an denen sie aufgrund der architektonischen Absonderung des Frau‑ enkonventes nicht partizipierte.249 6.2.5 Bücher und Bibliotheken Bücher waren die entscheidenden Träger der Liturgie. Ohne Evangeliar, dann auch Evangelistar oder Perikopenbuch, Epistolar, und ab dem 8. Jahrhundert auch in Sak‑ ramentaren zusammengefasste Lesungen und Gebete war keine Messfeier vorstellbar. Handschriften und Einbände waren häufig mit besonderem Schmuck gestaltet oder wurden in kostbar verzierten Kästchen verwahrt.250 Aber auch wissenschaftliche, juristische und theologische Literatur war kostspielig und gelangte über Außenste‑ hende an Klöster und Konvente. Bilder au‑ ßen und innen und Widmungsinschriften sowie Besitzvermerke dokumentieren an diesen Medien Stiftungsgeschichten. Eine Gedenkinschrift in einer Predigtsammlung des Guilelmus Peraldus aus der ersten Hälf‑ te des 15. Jahrhunderts macht die fließen‑ de Grenze zwischen einmaligen Donatio‑ nen und Stiftungen im Falle von Büchern deutlich: Hoc volumen comparatum est de pecuniis Felicitates Krewsnerin vidue pro anniversario perpetuo in conventu Nuerenbergensi ordinis predicatorum celebrando.251 Die Witwe Felicitas Krewsner übereigne‑ te dem Nürnberger Dominikanerkloster Geld für ein Buch, die Mönche versprachen ihr dafür regelmäßige Anniversarfeiern.
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Wahrscheinlich wurden auch hier (ähn‑ lich den Bauaktivitäten an S. Spirito in Florenz) Spenden von Bürgern gezielt an‑ geworben und durch das Versprechen des Totengedenkens (und dessen Gewährleis‑ tung in der schriftlichen Niederlegung im Buch) attraktiv gemacht, denn dieser Ein‑ trag ist kein Einzelfall in der Nürnberger Überlieferung.252 Deutlich wird in jedem dieser Fälle die Bandbreite mittelbar und unmittelbar an den Stiftungen beteiligter Akteure. Oft gehörten Bücher jedoch zu Kirchen‑ bzw. Altarstiftungen, wie das Bamberger Evangelistar mit dem Dedikationsbild Hein‑ richs II. neben der Gottesmutter Maria.253 Das Objekt in den Händen des Benefactors kann auch ein Stellvertreter für die Summe der Stiftungen sein und attributiv zur Cha‑ rakterisierung des Stifters dienen,254 was im Fall des Heinrichsbildes mit der besonderen Gestaltung des Herrschers als Standfigur in einer Arkade nach gleichem Muster wie bei der Marienfigur wahrscheinlich ist. Das Widmungsbild im Evangeliar von Egmond, um 975 von Graf Dietrich von Holland und seiner Gemahlin Hildegard gestiftet, zeigt das Stifterpaar bei der Niederlegung eines Codex auf einen Altar.255 Auch andere Ob‑ jektstiftungen (beispielsweise Reliquiare oder Kreuze) oder Kirchenstiftungen wur‑ den in Textilluminationen festgehalten.256 Im Umkreis der ottonischen Reichenauer Buchmalerei wurden darüber hinaus mehr‑ teilige Zyklen der Dedikation ausgebildet. Eine Handschrift wird vom Schreiber über den Auftraggeber an den heiligen Patron und schließlich an Christus weitergege‑ ben. Im Hornbacher Sakramentar (um 983) zeigen ganzseitige Miniaturen diese Akte und werden auf den Gegenseiten von Gebeten begleitet, die sich auf die jeweils dargestellte Handlung beziehen.257 Stifter und Künstler erhofften sich gleicherma‑ ßen durch ihre Anteile an dem Buch eine
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Aufnahme in den Himmel. Weniger eine materielle denn eine ideelle Gabe symbo‑ lisiert das Widmungsbild der New Minster Charter, in Winchester 966 entstanden.258 (→ Abb. 19) König Edgar (gest. 975) steht mit erhobenen Händen zwischen Maria und Pe‑ trus unter dem thronenden Christus in der Mandorla. Sein Blick ist zur himmlischen Herrlichkeit gerichtet, die Bewegung der gesamten Figur drückt Emphase aus. Der gekrönte Herrscher stellt sein Wirken in den Dienst des Weltenrichters, er trägt in seiner linken Hand als kleines Buch gebun‑ den die Statuten von New Minster, das er mit der Einführung der ‚Regula Benedicti‘ 964 reformierte.259 Dedikationsbilder zei‑ gen häufig auch weltliche Herrscher, ab dem Ende der Salierzeit auch Geistliche als Empfänger.260 Diese Werke sind streng von Stiftungen an Kirchen und Altäre zu unterscheiden. Ähnlich problematisch ist die Deutung von Devotionsbildern in Hand‑ schriften als Stifterbilder. Sie zeigen ein Idealbild des frommen Christen meist in Büchern des privaten Gebrauchs.261 Eine Sonderstellung nehmen herrscher‑ liche Repräsentationsbilder in illuminierten Handschriften ein.262 Wolfgang Eric Wagner betonte ihre liturgisch‑memoriale Zweck‑ stellung im Zusammenhang mit Gebetsver‑ brüderungen und wollte sie von Stiftungen absetzen,263 während Ludger Körntgen ihre gestalterische Form aus ihrem Stiftungs‑ charakter erklärte264. Auch wenn in ihnen Elemente bildbestimmend sind, die nicht auf konkrete Stiftungszusammenhänge ver‑ weisen, können sie einen Stifteranspruch bedeuten265 und sind als Quellen zur Stif‑ tungsgeschichte zu berücksichtigen. Auf die komplexe Finanzierung dieser kostspieligen Werke verweisen Buchillu‑ minationen anderer Ikonographie in zwei Handschriften für Dominikanerinnen‑ klöster.266 Das Lektionar aus Heilig Kreuz in Regensburg 267 und das Graduale aus
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St. Katharinenthal (Kanton Thurgau)268 enthalten 49 bzw. 73 Devotionsfiguren, die in der Forschungsliteratur als ‚Stifter‘ angesprochen werden, aber nur wenige sind eindeutig durch Namensbeischriften identifizierbar. Sie gehören zum geist‑ lichen und weltlichen Stand, darunter Angehörige verschiedener Orden. Auch Stiftungen ganzer Bibliotheken sind bezeugt und müssen nicht aus den Widmungsinschriften vieler Bücher rekon‑ struiert werden. Die Memoria des Gebers gewährleistete beispielsweise eine Wand‑ inschrift in der Stadtkirche von Wertheim. Der Text erinnert an eine Bücherschenkung im Jahre 1448 und ihren Donator.269 Dieser für den Benutzer der Bibliothek deutlich sichtbare Hinweis im Unterschied zu Ein‑ trägen auf einzelnen Manuskriptseiten ver‑ stärkte nicht nur die Memoria des Gebers, sondern stellte mit einem Gebetsaufruf am Ende der Inschrift eine regelmäßige, wech‑ selseitige Beziehung zwischen Leser und Stifter her. Die Seelbücher von Straßburger Begi‑ nen überliefern eine besondere Form des Totengedächtnisses: „Nicht das Begängnis von Vigil und Totenmesse beziehungswei‑ se die Anwesenheit bei diesen wurde von den Beginen gefordert, sondern die Sorge um die Pflege der Grabstätte selbst, das Aufstellen von Kerzen verbunden mit ei‑ nem Opfer in der Begräbniskirche.“270 Aus diesen Seelgerätsstiftungen erwuchsen so umfangreiche Verpflichtungen, dass die Schwestern eigene Seelbücher anlegten, in denen sie teilweise die auf den Grab‑ denkmälern befindlichen Wappen abzeich‑ neten, um die richtigen Plätze für die hier aufzustellenden Kerzen wiederzufinden.271
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6.2.6 Musik Stiftungen von Singmessen sind zahlreich in Testamenten und Memorienbüchern belegt, auch persönliche Widmungen von Komposi‑ tionen und Notenschriften gehören zu Sach‑ zeugnissen des Stiftungswesens, allerdings fehlt eine entsprechende Forschungsüber‑ sicht. Die besonderen Dimensionen dieser Stiftungstypen kann folgendes Beispiel nur andeuten. Zur Gestaltung der Messfeiern, Anniversarien und Andachten wurden ei‑ gene Chöre unterhalten. Als bürgerliche Stiftungen begegnen solche Einrichtungen beispielsweise in Lübeck 272 oder Köln. In der 1466 geweihten Hardenrathkapelle an St. Maria im Kapitol zu Köln wurde der mit dem Kapellenbau eingerichtete Sängerchor in einem Wandgemälde vergegenwärtigt, da er in der nur rund 4 × 4 m messenden Familienkapelle während der liturgischen Feiern keinen Platz hatte.273 Die Musik drang über eine Wandöffnung von einer Empore in das Oratorium. Das Bild zeigte eine por‑ träthafte Abbildung des Chores. (→ Abb. 20) Singmeister bzw. Organist und Chorknaben (fünf Jungen und zwei junge Männer) wohn‑ ten in einem zur Stiftung gehörenden ‚Sing‑ meisterhäuschen‘ neben der Kapelle und wurden mit Kost, Ausbildung und Kleidung versorgt. Diese Darstellung dokumentierte in einer bildlichen Stiftungsurkunde den Zusammenhang von Kapellenbau und Mu‑ sikstiftung und ihre soziale Dimension. 6.2.7 Siegel Siegel sind als Träger von Stifterbildern ne‑ ben ihrer juristischen Bedeutung wertvolle Sachzeugnisse des Stiftungswesens. Sie gel‑ ten als authentische Zeugnisse der Stifter, die die Stempelschneider beauftragten und das Siegel persönlich benutzten bzw. der von ihnen gegründeten Institution übertrugen.
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Der über Jahrzehnte oder Jahrhunderte be‑ legte Gebrauch bezeugt außerdem die fort‑ dauernde Memoria der Stifterperson und die dauerhafte Tradierung der Gründungs‑ geschichte mit einer Stiftung als Rechtsakt. Die sogenannten ‚Kirchengründersiegel‘ erleben als besonderer Typus der Siegelbil‑ der im 13. und 14. Jahrhundert eine Blüte‑ zeit (eine parallele Erscheinung zu den posthum aufgestellten Grabmälern). Zwei um 1200 und 1230 datierte Siegel des 1003 gegründeten Benediktinerklosters St. He‑ ribert in Köln‑Deutz zeigen Erzbischof He‑ ribert als Heiligen mit Nimbus.274 Auf dem älteren Exemplar ist der Klostergründer als Halbfigur dargestellt und trägt mit bei‑ den Händen ein Kirchenmodell mit einer runden Kuppelarchitektur. Diese Bauform entspricht archäologischen Befunden des nicht erhaltenen romanischen Kirchen‑ baus, es handelte sich um einen außen gerundeten Zentralbau.275 Besonders groß ausgefallen ist die Kirchendarstellung auf den vier bekannten spitzovalen Siegeln des Stiftes Göss, deren Gebrauch vom 11. bis ins 15. Jahrhundert nachgewiesen ist.276 Die als Stiftsgründerin verehrte Adala (etwa 994–1000), identifiziert in der Um‑ schrift,277 balanciert das Kirchenmodell hoch über ihrem Kopf. Von oben spendet die Hand Gottes den Segen.278 Die Gattin des bayerischen Pfalzgrafen Aribo lag in der Stiftskirche von Göss begraben, ihr Jahrtag wurde liturgisch begangen und mit einer Almosenspende begleitet. (→ 6.2.4, Textilien) Die Erinnerung an den Gründer konnte auch in der Umschrift ohne eine Vergegenwärtigung im Siegelbild gepflegt werden, wie bei dem retrospektiv, näm‑ lich um 1300 angefertigten Geschäftssie‑ gel des um 900 durch den Grafen Odaker gegründeten Stiftes St. Arnual in Saarbrü‑ cken: S[IGILLVM] . ECCL[ES]IE . S[ANCTI] ARNVAL[IS] . AD . C[AVS]AS . ODACRVS FV[N]DATOR.279
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Die für eine Kirchen‑ oder Klostergrün‑ dung notwendigen Transaktionen deutet die Gestaltung des Konventsiegels von Eves‑ ham an (graviert nach 1274, in Gebrauch bis 1538).280 Drei Könige überreichen ein Privileg an einen Bischof. Es ist als quadratische Ta‑ fel mit einer vierzeiligen Inschrift (DAMVS / REGIE / LIBER / TATI) abgebildet. Ein Schrei‑ ber bezeugt den Akt. Darüber symbolisiert die Überreichung eines Klostermodells durch den Bischof an die thronende Mutter Got‑ tes die erfolgte Gründung. Das Siegelbild zeichnet die Entstehungslegende von Eves‑ ham nach, laut der Bischof Ecgwine von Worcester (gest. 717) gemeinsam mit den Kö‑ nigen Offa von Essex und Coenred von den Mercians bei einer Romreise ein päpstliches Privileg für seine Klostergründung am Ort einer Marienerscheinung erwarb.281 Auch im kleinsten Format zeigt sich wiederum die große Bandbreite der an Stiftungsvorgängen beteiligten Akteure (und deren Memorierung durch die Vervielfältigung im Siegelbild)
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sowie die Komplexität des sozialen Phäno‑ mens – bei diesem Medium speziell in der Wiederholung und Verbreitung zusätzlich zu seiner juristischen Dimension. Stiftungsakte zeigen auch spätmittel‑ alterliche Universitätssiegel. Auf den Sie‑ geln englischer Universitätscollegien sind häufig die Gründerpersonen zu sehen.282 „[H]eraldische Bestandteile identifizierten die besondere Verbindung der alma mater zu Dynastie und Territorium, ‚redende‘ Ele‑ mente der Darstellung erinnerten an den Akt der Stiftung selbst.“283 Das älteste Pra‑ ger Universitätssiegel zeigt König Karl IV. bei der Übergabe der Stiftungsurkunde der Universität an den böhmischen Landespa‑ tron Wenzel.284 Das Siegelbild der Univer‑ sität Heidelberg gibt seit 1386 den ideellen Stiftungsakt wieder: Kurfürst Ruprecht I. und sein Nachfolger Ruprecht II. geben Tei‑ le ihres Besitzes an den Apostel Petrus.285 (→ Abb. 21) SR
Anmerkungen 1 Vgl. Schurr, Rez. Donat Grueninger (2007);
Cobbers, Entwicklung (2000), 44. 2 Die Nürnberger Frauenkirche etwa, gestiftet von Karl IV., wurde über den Fundamenten einer Synagoge errichtet, ohne Materialien des Vor‑ gängerbaus zu verwenden. Vgl. Frieser / Friedel, Nürnberger Juden (1999), 63. (→ 6.4.2, Aschkenas) 3 Vgl. Kühne, Religiöse Mobilität (2007), 45–47. 4 Zur Überlieferungsproblematik mit Beispielen vgl. Nübel, Mittelalterliche Beginen‑ und Sozial‑ siedlungen (1970). 5 Vgl. Untermann, Architektur (2006), 7; 198. 6 Vgl. ebd., 23 f. 7 Vgl. ebd., 148 f. 8 Vgl. Luxford, Art and Architecture (2005), xvii. 9 Vgl. Schöller, Rechtliche Organisation (1989), 5–58. 10 Vgl. ebd., 125. 11 „Wir bestimmen, dass all das, was dorther von Rechts wegen an Steuern zu erheben ist, auf
ewig zum Werk der heiligen Mutterkirche von Narbonne gehören soll.“: Recueil des actes d’Eudes, roi de France (888–898). Ed. Robert-Henri Bautier. (Chartes et diplômes relatifs à l’histoire de France, Bd. 10.) Paris 1967, Nr. 24 (Orléans, 890 Juni 26), 112. 12 Vgl. Schöller, Rechtliche Organisation (1989), 129. 13 Vgl. Jäggi, Müstair (2009), 405; Sennhauser, Katalog (2003), 136. 14 Vgl. Weilandt, Geistliche und Kunst (1992), 164; Vroom, Financing Cathedral Building (2010), 86–96. 15 Vgl. Weilandt, Geistliche und Kunst (1992), 28. 16 Kalkstein, um 900, 126 × 75,5 × 15–25 cm. Mainz, Bischöfliches Dom‑ und Diözesanmuse‑ um, Inv.‑Nr. PS 00114. Vgl. Wilhelmy, Glanz der späten Karolinger (2013), 175–177. 17 „Licht und Salz. Hatto, der Weihende / der Bischof und Priester des Göttlichen, erbaute diese
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Kirche / diesen Tempel, schmückte ihn mit Ma‑ lerei und Gold.“ Gedruckt in: Die Inschriften der Stadt Mainz. Teil 1: Die Inschriften des Domes und des Dom‑ und Diözesanmuseums von 800 bis 1350. Ed. Rüdiger Fuchs / Britta Hedtke / Susanne Kern. (Mainzer Inschriften, Bd. 1.) Wiesbaden 2010, Nr. 2, online: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238‑di002mz00k0000201 (Zugriff: 06.05.2013). 18 Vgl. Winterer, Bischöfe, Äbte und Äbtissin‑ nen (2009), 288; Ders., Licht und Salz (2013), 67 f. Oswald / Schaefer / Sennhauser, Vorromanische Kirchenbauten (1966), 198. 19 Vgl. Winterer, Bischöfe, Äbte und Äbtissin‑ nen (2009), 288; Staab, Mainzer Kirche (2000), 183. 20 Vgl. Verstegen, Konstanz (2009). 21 Vgl. Verstegen, Köln (2009), 424; Ristow, Aus‑ grabungen (2009), 92; 97. 22 Vgl. Jäggi, Orte (2009), 383. Noch im Gan‑ ge befindliche Forschungen in Hildesheim deu‑ ten jedoch an, dass auch der Hildesheimer Dom als Vorbild und Ideengeber mindestens für den Grundriss der Michaelskirche fungierte, vgl. Kruse, Bautätigkeit (2012), 35 f. Klaus Gereon Beuckers interpretierte die Baugestalt von St. Michael da‑ gegen als bewusste Auseinandersetzung mit dem Mainzer Dombau von Erzbischof Willigis, den Bernward weiterentwickelte und zu übertreffen suchte, vgl. Beuckers, Bernward (2012), 147. 23 Vgl. Jäggi, Orte (2009), 383 mit Abb. 24 Vgl. U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), 119. 25 Vgl. M. Brandt, St. Michael (2012), 99. 26 Jäggi, Orte (2009), 387. 27 Vgl. Moddelmog, Königliche Stiftungen (2012), 28. 28 Vgl. Jäggi, Quedlinburg (2009), 422. 29 Vgl. Schöller, Rechtliche Organisation (1989), 68 f. Auch die Domkirchen Paderborn (1021) und Eichstätt (1053) erhalten in der Folgezeit beson‑ deres Fabrikvermögen; vgl. ebd., 129. 30 Vgl. Schneidmüller, Einzigartig geliebte Stadt (2002), 45; Körntgen, Königsherrschaft (2001), 431–434. 31 Vgl. Borgolte, Stiftungsurkunden Heinrichs II. (1993, ND 2012), 261; bezeugt u. a. in zwei Mess‑ formularen aus dem Kloster Seeon, 1033–1061(?): Missa Henrici imperatoris specialis in Babenberhc
465 („eigene Messe für Kaiser Heinrich in Bamberg“) und Alia missa Chvnigvnde imperatricis („andere Messe für die Kaiserin Kunigunde“). Ed. Hartmut Hoffmann, in: Ders., Mönchskönig und rex idiota (1993), 200 f.; vgl. Kirmeier / Schneidmüller / Weinfurter, Kaiser Heinrich II. (2002), 369 f. 32 Gerhard von Seeon an Heinrich II. (Seeon, 1007–1014). Ed. Karl Strecker, in: MGH Poetae 5.1–2. Leipzig 1937, 398. 33 Entsprechend besaß auch der Altar im West‑ chor ein Petrus‑Patrozinium, vgl. Sage, Ausgra‑ bungen (2002), 99; Verstegen, Bamberg (2009). 34 Hubel / Schuller, Bamberger Dom (2002), 391. Auch das Grabmal Heinrichs II. wurde nicht ver‑ legt, obwohl sich durch die Vergrößerung des Langhauses sein Standort aus der Mittelachse nach Süden verschob; vgl. ebd., 388 f. 35 Vgl. Schöller, Rechtliche Organisation (1989), 325; anders U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), 117 f. 36 Vgl. Grabkapelle Heinrichs V. von England, → 6.2.2, Kapellen. 37 Schöller, Rechtliche Organisation (1989), 325. 38 Zum Beispiel die Zisterzienserbaukunst, vgl. Untermann, Forma Ordinis (2001), 59–62. 39 Vgl. Thome, Kirche und Klosteranlage (2007), 118. 40 W.-H. Kulke, Zisterzienserinnenarchitektur (2006), 366. 41 Schlicht, Scandale architectural (2005), 312. 42 Vgl. Thome, Gerade geschlossene Halle (2008), 411. 43 Vgl. Schedl, Herzogshof & Frauenkloster (2008), 439; 444. 44 Ebd., 444. 45 Vgl. ebd., 446 f. 46 Jäggi, Gräber und Memoria (2008), 691. 47 R. Prochno, Kartause von Champmol (2002), 12. 48 Vgl. die Abbildung ebd., 449, Nr. 74. 49 Ansatzweise für Bettelorden vgl. Todenhöfer, Kirchen der Bettelorden (2010), 214 f.; 322–331. 50 Bürger, Franzikanerklosterkirchen (2008), 505. 51 Vgl. Jäggi, Gräber und Memoria (2008), 693–699. 52 Vgl. ebd., 703. 53 Angelegt im ersten Viertel des 13. Jahr‑ hunderts und spätestens um 1300 zerstört und
466 zugesetzt; vgl. Untermann, Forma Ordinis (2001), 84, mit Abb. 17–18; Strohmann, Neu entdeckte Wandnische (1994), 242; 246; 236. 54 Jäggi, Stifterdarstellungen (2002), 113. 55 Vgl. ebd., 112. 56 Abb. in King, Renaissance Women Patrons (1998), 185. 57 Vgl. ebd., 186. 58 Vgl. Höger, Entstehung der Familienkapelle (1976), 32; 35 f.; Grewolls, Kapellen (1999); Freigang, Chapelles (2002). 59 Vgl. Höger, Entstehung der Familienkapelle (1976), 37; 62–116. 60 Vgl. Trachtenberg, Brunelleschi’s Old Sacri‑ sty (1995), 11–16. 61 Vgl. Waldmann, Etappenweise Vollendung (2013), 110–115. 62 Ebd., 114. 63 Vgl. Trachtenberg, Brunelleschi’s Old Sac‑ risty (1995), 13. 64 Beltramo, Construction Sites (2013), 92, Anm. 12. 65 Vgl. Jentzsch, Partizipation (2013), 119; 122; 126 mit weiterer Literatur; 130; Bruschi, Brunelleschi (2006), 125–136, mit Abb. 66 Vgl. Jentzsch, Partizipation (2013), 127. 67 Vgl. Grewolls, Kapellen (1999), 318–321. 68 Vgl. zum Beispiel zur Gmünder Pfarrkirche (Baubeginn des Chores 1351): Philipp, Pfarrkirchen (1987), 35 f.; Cobbers, Entwicklung (2000), 44; Grueninger, Deambulatorium Angelorum (2005), 157–160. 69 Vgl. Grewolls, Kapellen (1999), 53 mit weiterer Literatur. Der älteren Bauform sei erst nachträg‑ lich eine neue Funktion gegeben worden. 70 Vgl. Weitzel, Ausstattung (2011), 135. 71 G. Cook, Medieval Chantries (1963), 82. 72 Vgl. Fehrmann, Grab und Krone (2008), 133– 229. 73 Ebd., 206. 74 Ebd., 215. 75 Vgl. Stein-Kecks, Kapitelsaal (2004), 101 f. 76 Vgl. ebd., 91. 77 Prato, S. Francesco, Ende 14./15. Jahrhundert; vgl. ebd., 305; 448, Abb. 149. Bozen, St. Dominikus, 15. Jahrhundert; vgl.ebd., 179; 219; 389, Abb. 1, 7. Florenz, San Marco, ab 1437; vgl. ebd., 246; 249. 78 Burke, Changing Patrons (2004), 106. 79 Stein-Kecks, Kapitelsaal (2004), 180; vgl. Bruschi, Brunelleschi (2006), 117–122, mit Abb.
Sachzeugnisse
80 „Diesen heiligsten Tempel weihen dir, And‑
reas, die Pazzi, damit, so wie dich der unsterbliche Gott zum Menschenfischer gemacht hat, dies ein Ort sei, in dem Franziskus die Seinen zu deinen Netzen zusammenrufen kann.“ Zitiert nach SteinKecks, Kapitelsaal (2004), 235; 241. 81 Vgl. ebd., 401, Abb. 41. Das Glasfenster wird 1476 datiert; vgl. Baldini / Nardini, Santa Croce (1985), 326. 82 Hörsch, Bildliche Ausstattung (2004), 263 f. 83 Abegg, Königs‑ und Bischofsmonumente (1999), 133, Abb. ebd., Nr. 289. 84 Vgl. Jugie, Construction (1999), 102–105. 85 Polyptychon, um 1443–1451, Rogier van der Weyden. Beaune, Musée de’Hôtel‑Dieu. 86 Ego Nicolaus Rolini (…) calcellarius Burgundie, hac dominicà die (…) humanis postpositis sollicitudinibus de propria salute recogitans, acetmporalia [sic!], divina michi largitione concessa, (…) erigo, condo, facio, construo et doto (…) unum hospitale pro receptione, usu, et habitatione pauperum infirmorum; Charte de Fondation 1443. Ed. J. B. Boudrot, in: Pridat, Nicolas Rolin (1995), 162. „Ich, Nicolas Rolin, (…) Kanzler von Burgund, stelle an diesem Tage (…) alle menschlichen Überlegungen hintan, bekümmert um das Heil meiner eigenen Seele. Ich gebe die weltlichen Güter auf für göttliche Freigebigkeit für mich, (…), ich richte auf, baue, mache, errichte und statte reich aus (…) ein Hos‑ pital zur Aufnahme, Gebrauch und Wohnung von armen Kranken.“ 87 Vgl. Kamp, Memoria und Selbstdarstellung (1993), 65. 88 Das Nürnberger Heilig‑Geist‑Spital wurde erst durch die Bomben des Zweiten Weltkrieges zerstört, in Lübeck sind Gebäude und Innenaus‑ stattung des Heilig‑Geist‑Hospitals bis zur Ge‑ genwart erhalten. Die Beispielreihe ließe sich fortsetzen. 89 Vgl. R. Prochno, Kartause von Champmol (2002), 18. 90 Beispiele in: Rexroth, Stiftungen (2000), 117– 130; zu Brücken vgl. J. Becker, Religiöse Bedeu‑ tung (1869); zu Brückenkapellen vgl. Oven / Becker, Kapelle (1880), 10–16. 91 Vgl. A. Sauer, Moselbrücke Koblenz (1988), 408. 92 Baker, Collegiate Church (1902), 72; vgl. Harrison, Bridges (2004), 196. 93 Vgl. Klos, Runensteine (2009), 336 f.; 57; 238.
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94 Vgl. ebd., 156. 95 Zitiert nach Düwel, Ramsund (2003), 124;
gedruckt in: Södermanlands Runinskrifter. Ed. Erik Brate / Elias Wessén. (Sveriges Runinskrifter, Bd. 3.) Stockholm 1924–1936, 72. 96 Vgl. Düwel, Ramsund (2003), 125; Klos, Ru‑ nensteine (2009), 7. 97 Vgl. Klos, Runensteine (2009), 336 f. 98 Vgl. Schleif, Donatio et Memoria (1990). 99 Z. B.: Meier / Jäggi / Büttner, Irdischer Ruhm (1995); McCash, Cultural Patronage (1996); Secchi Tarugi, Mecenati (2011); Kuthan, Přemysl Ottokar II. (1996). 100 Zusammenfassung in: Beuckers, Stifterbild und Stifterstatus (2001), 56; 69, Anm. 9. 101 Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006), 64. 102 Vgl. Klinkenberg, Compressed Meanings (2009); Jäggi, Donator oder Fundator (2002/2003). 103 Allerdings auch nur noch in einer Über‑ arbeitung des 16. Jahrhunderts, vgl. Jäggi, Dona‑ tor oder Fundator (2002/2003), 29–31; Lipsmeyer, Donor (1981), 32; 34 f.; Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 19; 28–31; Beuckers, Stifterbild und Stifterstatus (2001), 59. 104 Das Dedikationsbild des Theodotus mit seiner Grabkapelle in S. Maria Antiqua in Rom, zwischen 741 und 752 entstanden, steht den päpst‑ lichen Bildwerken sehr nahe und stellt nach bis‑ herigem Kenntnisstand eine Ausnahme dar, ob‑ gleich es sich auch hierbei um einen kirchlichen Amtsträger handelte. Mit den päpstlichen Stifter‑ bildern des 8. und 9. Jahrhundert gemeinsam ist ihm die Anbringung in einer Grabkapelle.Rettner, Dreimal Theodotus (1995), 41; Beuckers, Stifterbild und Stifterstatus (2001), 67 105 Die Kirchengründerin Galla Placidia (gest. 450) wurde in S. Giovanni Evangelista nur in einer Inschrift am Triumphbogen genannt; vgl. Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 25. 106 Deichmann, Ravenna (1976), 16. 107 Vgl. Jäggi, Donator oder Fundator (2002/ 2003), 31; Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 25; Lipsmeyer, Donor (1981), 36 f. 108 Jäggi, Donator oder Fundator (2002/2003), 35. 109 Hillner, Families (2007), 251. 110 Vgl. Beuckers, Stifterbild und Stifterstatus (2001), 64. 111 Ebd., 57.
467 112 Vgl. ebd., 58. 113 Abbildung in Berschin, Kapelle (2005), 35,
Abb. 12. Der Wechsel des Patroziniums von Marci‑ anus zu Silvester erfolgte erst im Spätmittelalter. Der Name des Stifters begegnet in Quellen der Abtei Reichenau; vgl. Hecht / Hecht, Frühmittelal‑ terliche Wandmalerei (1979), 63, Anm. 6; Künstle, Kunst (1906), 53 f. 114 Vgl. Berschin, Kapelle (2005), 34; Hecht / Hecht, Frühmittelalterliche Wandmalerei (1979), 38; J. Sauer, Monumentalmalerei der Reichenau (1925), 924 f. 115 „Diesem Heiligen [Marcianus] zu Diens‑ ten habe ich, der niedrigste Graf Alpger, diese Kirche mit Hilfe Gottes errichtet, damit sich mit dem Gotteslob der Siegespreis des Schutzpatrons verbinde, und damit ich durch seine Verdienste ewigen Lohn ernte.“ Berschin, Kapelle (2005), 31. 116 Vgl. Borgolte, Grafen Allemanniens (1986), 46–48. 117 Vgl. Patzold, Elfenbeintafel (2009), 273; Jäggi, Magdeburg (2009), 420 f.; Fillitz, Gruppe (2001), 10 f. 118 Vgl. Patzold, Elfenbeintafel (2009), 273. 119 Die Pfarrkirche wurde von der Bürgerschaft errichtet. Vgl. Gerstenberg, Ulmer Münster (1926), 11. 120 Vgl. Lipsmeyer, Donor (1981), 74 f.; Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 150. 121 Vgl. Ch. Sauer, Fundatio und Memoria (1993), 93–103, Abb. 20. 122 Vgl. Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 85. 123 Ebd., 89. 124 Körner, Individuum und Gruppe (1998), 90, mit Abb. 125 Vgl. Lipsmeyer, Donor (1981), 86 f.; Klinkenberg, Compressed Meanings (2009), 248. Zur li‑ turgischen Memoria an der Tumba Childeberts in St. Germain‑des‑Prés vgl. Kroos, Grabbräuche (1984), 332. 126 Vgl. Suckale, Grabfiguren (2002), 209–214. 127 Kroos, Grabbräuche (1984), 353. 128 Lipsmeyer, Donor (1981), 80. 129 Vgl. Kirmeier / Schneidmüller / Weinfurter, Kaiser Heinrich II. (2002), 392–395. 130 Vgl. Jakob Ayrer’s bamberger Reim=Chronik, vom Jahre 900–1599. Ed. Joseph Heller. Bamberg 1838, 23 f. 131 Da in dem Herstellungszeitraum des Reliefs um 1200 bis 1204 zweimal Bischof und Dompropst
468 wechselten, ist eine namentliche Bestimmung nicht möglich. Vgl. Kirmeier / Schneidmüller / Weinfurter, Kaiser Heinrich II. (2002), 392 f., mit Abb. 132 Vgl. C. Kunde, Stiftung und Memoria (2011), 801. 133 Vgl. R. Prochno, Kartause von Champmol (2002), 45. 134 Vgl. Arens, Gotische Grabmäler (1972), 333; Denzler, Ewige Anbetung (1970), 573. 135 Vgl. H. Kunde, Bischof Dietrich II. (2011), mit Abb. 136 Markgraf Hermann, Markgräfin Reglindis, Markgraf Ekkehard (II.), Markgräfin Uta, Graf Syzzo, Graf Konrad, Graf Wilhelm, Gräfin Gepa, Gräfin Berchta, Graf Dietrich / Theodericus und Gräfin Gerburch. 137 Vgl. H. Kunde, Bischof Dietrich II. (2011), 754. 138 Ebd., 757. 139 Vgl. Karge, Memorialskulpturen (2011), 1459, Abb. 7. 140 Vgl. Sauter, Fürstliche Herrschaftsreprä‑ sentation (2003), 22–26. 141 Vgl. Schedl, König (2004), 26; 64. 142 Vgl. Sauter, Fürstliche Herrschaftsreprä‑ sentation (2003), 25. 143 Vgl. Schedl, König (2004), 67. 144 Vgl. ebd., 67 f. 145 Vgl. W. Schmid, Stifterbilder (1994), 112; allgemein Kocks, Stifterdarstellung (1971); Heller, Altniederländisches Stifterbild (1976); Rooch, Stifterbilder (1988); Steinmetz, Altarretabel (1995). 146 Beispiele in W. Schmid, Stifterbilder (1994), 113. 147 Vgl. Heller, Altniederländisches Stifterbild (1976); Kocks, Stifterdarstellung (1971). 148 Vgl. Rooch, Stifterbilder (1988), 54. 149 Heller, Altniederländisches Stifterbild (1976), 52; vgl. Polleross, Sakrales Identifikationsporträt (1988), 43–47. 150 Vgl. Rooch, Stifterbilder (1988), 88. 151 Vgl. J. Prochno, Schreiber‑ und Dedikati‑ onsbild (1929); Lachner, Devotionsbild (1954), 1367; Reinle, Stellvertretendes Bildnis (1984), 9. 152 Vgl. Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006), 65. 153 Vgl. Wolter-von dem Knesebeck, Bildpro‑ gramm (2011), 1158 f. 154 Vgl. ebd., 1163. 155 Vgl. ebd., 1168.
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156 Vgl. Karge, Kathedrale von Burgos (1989), 88. 157 Vgl. R. Prochno, Kartause von Champmol (2002), 164–166.
158 Vgl. ebd., 192 f. 159 Claussen, Enrico Scrovegni (1995), 232. 160 Vgl. ebd., 229. 161 Vgl. Dante Alighieri, La Commedia. Bd. 2:
Inferno. Ed. Giorgio Petrocchi. (Le opere di Dante Alighieri, Bd. 7.) Florenz 21994, 284–286, canto 17, V. 64–75. 162 Vgl. Bourdua, Masterplans (2012); J. Schmid, Bürgerliche repraesentatio (2002); Gardner, Family chapel (2002). 163 Forschungsüberblick in: Gardner, Giotto (2011); andere Aspekte bei L. F. Jacobs, Marke‑ ting (1989); Gem, Bishop’s Chapel (1986). 164 Vgl. Laabs, Malerei und Plastik (2000). 165 Schenkluhn, Architektur der Bettelorden (2000), 225. 166 Vgl. Stein-Kecks, Kapitelsaal (2004), 179 f.; 295–300; Abb. 123, Taf. XI; 437, Nr. 118; 439, Nr. 122. 167 Vgl. ebd., 180. 168 Vgl. ebd., 309–313; 125, Taf. XIII; 448–451, Abb. 149–151. 169 Ebd., 195. 170 Kent, Brancacci Chapel (2007), 54. 171 Vgl. ebd., 55. 172 Abb. in Casazza, Brancacci Chapel (1992), 326. 173 Ebd., 306 f. 174 Kölner Beispiele vgl. Ruf, Stiftungen (2011), 55–58. 175 Ebd., 57. 176 Vgl. Braun, Altarretabel (1934), 530. 177 Vgl. W. Schmid, Stifterbilder (1994), 112; Burke, Changing Patrons (2004), 105 f.; 117. 178 In Italien rücken Stifterbilder auch im Halb‑ profil in den Bildvordergrund und werden nur noch halbfigurig oder als Büsten abgebildet; vgl. Kocks, Stifterdarstellung (1971), 210. 179 Belastbare statistische Daten wurden bis‑ her in der Forschung nicht erhoben, weder zu Fragen der Inschriften noch zur Verbreitung von Stifterdarstellungen überhaupt. 180 Kroos, Grabbräuche (1984), 351. 181 Stefaneschi‑Altar, Giotto, um 1320/1330, Holz, 220 × 245 cm. Rom, Vatikanische Museen, Pinakothek; vgl. Kocks, Stifterdarstellung (1971), 119–123.
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182 U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), 144.
Beispiele für diese Praxis seien die Fenster in der Kölner Stiftskirche St. Kunibert (1247 geweiht) und die Obergadenfenster des Kölner Domes (um 1300). 183 Damen, Vorstelijke vensters (2005), 187. 184 Vgl. Becksmann, Fensterstiftungen (1975), 74. 185 Vgl. U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), 143. 186 Hediger, Bild des Monats Mai (2011). 187 „Betet für Heinrich Heister von Oitzenrode, einst Kanoniker dieser Kirche, Gründer dieses Altares.“ Ruf, Stiftungen (2011), 345; 344, Abb. 144. 188 Vgl. Laabs, Malerei und Plastik (2000), 138; Thome, Kirche und Klosteranlage (2007), 218. 189 Vgl. Beispiele in R. Prochno, Kartause von Champmol (2002), 63; Ruf, Stiftisch geprägter Kirchenraum (2009), 211 f. 190 Fresko, ca. 130 × 98 cm (Inschrift), 1203–1216 / 1300–1325; vgl. Israel, Papst (2004). 191 Verschiedene Problematiken hinsichtlich der räumlichen Disposition, Datierung, Auftrag‑ geberfragen und des ikonographischen Gehalts von Stiftergräbern und ‑grabmälern und ihres liturgischen Kontextes wurden bereits angespro‑ chen (→ 6.2.2 und 6.2.3); der Versuch einer re‑ präsentativen Auswahl von Grabmälern aus der mittelalterlichen Überlieferung im Abendland würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Da‑ her sei an dieser Stelle auf die einschlägige Lite‑ ratur verwiesen. Zumindest auch in Stiftungszu‑ sammenhängen thematisierte Beispiele bei Kroos, Grabbräuche (1984); oder in den Sammelbänden von Maier / Schmid / Schwarz, Grabmäler (2000), und Behrmann / Karsten / Zitzlsperger, Grab (2007), mit weiterer Lit. 192 Borgolte, Dauer (2000, ND 2012), 277 f. 193 Vgl. beispielsweise Körner, Praesente ca‑ davere (1990), 51. 194 Kroos, Grabbräuche (1984), 300. 195 M. Schwarz, Image und Memoria (1997), 178. 196 Kroos, Grabbräuche (1984), 331. 197 Borgolte, Dauer (2000, ND 2012), 269. 198 R. Müller, Ambo Heinrichs II. (2009). 199 „Dieses Werk des von Gold und Edelstei‑ nen strahlenden Ambos gibt der fromme König Heinrich, nach himmlischer Ehre strebend, dir, heiligste Jungfrau, aus seinem Besitz, damit ihm durch deine Bitte der Höchste Gnade gewähre.“ Giersiepen, Inschriften (1992), 17 f.
469 200 Vgl. R. Müller, Ambo Heinrichs II. (2009). 201 „Im Jahr des Herrn 1288 ließ Herzog Hein‑
rich dieses Gestühl aufstellen.“; gedruckt in: Die Inschriften der Stadt Einbeck. Ed. Horst Hülse. (DI 42.) Wiesbaden 1996, Nr. 6, online: Akade‑ mie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, http://www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238‑ di042g007k0000606 (Zugriff: 01.07.2013). 202 Vgl. Heege, Einbeck (2002), 36. Zum Zusam‑ menhang von Stiftergräbern und Chorgestühlen vgl. Kroos, Grabbräuche (1984), 353. 203 Vgl. Ruf, Vergangenheits‑ und zukunftsge‑ richtete Überlieferungsbildung (2011), 42. 204 „Mutter der Gerechtigkeit, (…) gütige Jung‑ frau, nimm das Geschenk dieser Pracht. Hezilo sei, so wie er an der Last [dieser Stiftung] teil‑ hatte, durch deine Vermittlung auch teilhaftig der Ehre.“; gedruckt in: Die Inschriften der Stadt Hildesheim. Ed. Christine Wulf. (DI 58.) Wiesba‑ den 2003, Nr. 25, online: Akademie der Wissen‑ schaften und der Literatur Mainz, http://www.in‑ schriften.net, urn:nbn:de:0238‑di058g010k0002504 (Zugriff: 01.07.2013). 205 Vgl. Bayer, Beide große Inschriften (1986), 227. 206 Aus Schriftquellen zusammengestellte Bei‑ spiele sowohl für Bischofsbestattungen unter den von ihnen gestifteten Radleuchtern als auch für Lampenstiftungen zu vorhandenen Gräbern bei Kroos, Grabbräuche (1984), 350; 322 f. 207 Das IV. Laterankonzil schrieb im Jahre 1215 vor, das Sakrament in allen Kirchen unter Ver‑ schluss aufzubewahren; vgl. Schleif, Donatio et Memoria (1990), 20, Anm. 20. 208 Vgl. ebd., 16–44, mit Abb. 209 Vgl. ebd., 40; 45. 210 Beispiele in Fritz, Goldschmiedekunst (1982), 92. 211 Gertrudis Anceminck me dedit altari suo in Buycholt („Gertrud Anceminck gab mich für ihren Altar in Bocholt.“); ebd., 93. 212 Exemplarisch die Altarleuchter Bischof Bernwards für den Hildesheimer Dom (um 1000): + HOC BERNVVARDVS PRESVL CANDELABRVM HOC // PVERVM SVVM PRIMO HVIVS ARTIS FLORE NON AVRO NON ARGENTO ET TAMEN VT CERNIS CONFLARE IVBEBAT („Bischof Bernward befahl seinem Knecht, diesen Leuchter in der ersten Blüte dieser Kunst nicht aus Gold, nicht
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aus Silber und doch, wie du siehst, zu gießen“); der Tod durch den Tod getötet wurde.“); Siede, Siede, Ausstattung der Liturgie (2009), 485. Ausstattung der Liturgie (2009), 486. 213 Vorrangig aus Elfenbein; ihre liturgische 229 Kroos, Grabbräuche (1984), 305. Funktion ist unklar. Sie werden eher als Wertge‑ 230 Vgl. Braun, Christlicher Altar (1924), 525 f. genstände angesehen und aufgrund des Materials 231 Armreliquiare mit Stifterbildern vgl. als königliche Geschenke eingestuft; vgl. ebd., 454. M. Prange, Beat(ri)x abb(atiss)a (2007). 214 Weitere Objekte mit Stifterinschriften vgl. 232 Heinrich II. von England (gest. 1189) ersetz‑ U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), 144. te eine ihm unpassend erscheinende Pyxis der Abtei Ramsey; vgl. U. Bergmann, Prior omnibus 215 Vgl. Fritz, Goldschmiedekunst (1982), 90. 216 Gravur an einem zum Reliquiar umgebau‑ autor (1985), 129. ten Straußeneigefäß, gestiftet von Pfarrer Sym‑ 233 Vgl. Elbern, Reliquiar (1995), 700. elers an die Kirche Vallendar, um 1370/1380 und 234 So der Albinusschrein in St. Pantaleon zu 1420/1430; vgl. ebd., 94 und Abb. 368. Köln, den Abt Heinrich von St. Pantaleon (1169– 217 Vgl. Siede, Ausstattung der Liturgie (2009), 1186) aus Opfergaben finanzierte; vgl. U. Bergmann, 435. M. Schulze‑Dörlamm betrachtete sie als Prior omnibus autor (1985), 129, mit Abb. „Zeugnisse der Selbstdarstellung“ und stellte 235 Darunter ein großes Elfenbeinkreuz, das in schriftlich überlieferte und erhaltene Gegenstän‑ seiner Ornamentik den Einfluss der arabischen de aus Stiftungen weltlicher und geistlicher Eliten Kunst zeigt. Inschriftlich werden der König und der Karolingerzeit zusammen; Schulze-Dörlamm, seine Frau am Kreuzfuß benannt: FREDINAHZeugnisse der Selbstdarstellung (2009), 196–208. DVS REX / SANCIA REGINA; vgl. Robles García / 218 Vgl. Fritz, Goldschmiedekunst (1982), 91. Llamazares Rodríguez, Real Collegiata (2007), 176, 219 Eine Liste von geschenkten oder gestifteten mit Abb. Waffen, Insignien und Textilien in Kirchenschät‑ 236 Maße: 45 × mind. 80 × 33 cm; vgl. Bredezen in: Schramm, Herrschaftszeichen (1957). kamp / Seehausen, Reliquiar (2011), 137. 220 „[S]tarker Fürst Tassilo – königlicher 237 Ebd., 139. Spross Liutpirc“; Siede, Ausstattung der Litur‑ 238 Ebd., 148. gie (2009), 487; Abb. 162. 239 Karlsschrein, Aachen, nach 1182, Eichen‑ 221 „Im Namen des Herrn [gab dies] Urraca, holz, Silber, Gold und Email, 94 × 204 × 57 cm. Aa‑ [Gattin] des Ferdinand.“ O’Neill, Art of medieval chen, Domschatzkammer; vgl. Belghaus, Grün‑ Spain (1993), 254, mit Abb. dungslegende (2008), 414; 416, mit Abb. 222 Vgl. Braun, Christliches Altargerät (1932), 193. 240 Belghaus, Gründungslegende (2008), 421; 223 Vgl. Erdmann, Zisterzienser‑Abtei Chorin zur Zuschreibung: ebd., 415. Zur Rolle des Aache‑ (1994), 12, mit Abb. ner Marienstiftes bei der Pflege der Karlsmemo‑ 224 Bis ins späte Mittelalter bestand noch keine ria vgl. Borgolte, Dauer (2000, ND 2012), 277–281. allgemeine Vorschrift, Altäre mit Kreuzen aus‑ 241 Vgl. Kirmeier / Schneidmüller / Weinfurter, zustatten, vgl. Braun, Christliches Altargerät Kaiser Heinrich II. (2002), 384. (1932), 471. 242 Vgl. Siede, Ausstattung der Liturgie (2009), 225 Vgl. Kocks, Stifterdarstellung (1971), 77. 457. 226 Stiftungen aus kaiserlichem Haus des 243 Bamberg, Diözesanmuseum (2728/36). 10. Jahrhunderts in Köln, Essen und Aachen mit 244 „Friede dem Ismahel, der dieses in Auftrag Abb. vgl. U. Bergmann, Prior omnibus autor (1985), gegeben hat“; Jung / Reddig, Himmel (2012), 289. 134–137; Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006), 69. 245 „Heil sei dir, du Zierde Europas, Kaiser 227 Hanc crucem Gisila devota regina ad tumu- Heinrich, dein Reich mehre der König, der da lum suae matris Gisile donare curavit („Dieses herrschet ewiglich.“; ebd. Der Text ist nicht voll‑ Kreuz schenkte die demütige Königin Gisela an ständig und wurde zu zwei Hexametern ergänzt; das Grab ihrer Mutter Gisela.“); Siede, Ausstattung vgl. Kirmeier / Schneidmüller / Weinfurter, Kaiser der Liturgie (2009), 486, mit Abb. Heinrich II. (2002), 382. 228 ECCE SALUS VITE PER QUAM MORS MOR- 246 Vgl. Eggert, Textile Strategien (2007), 281. TUA MORTE („Siehe das Heil des Lebens, für das 247 Ebd., 282; zur Stiftsgründerin Adala → 6.2.7..
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248 Eggert, Textile Strategien (2007), 283. Bibliothèque Nationale de France, Fonds latin 249 Vgl. ebd., 286 f. 266, fol. 1v; vgl. Wagner, Liturgische Gegenwart 250 Vgl. Siede, Ausstattung der Liturgie (2009), (2010), 163–171, Abb. 2–3. 448–451. 263 Vgl. ebd., 302. 251 „Dieses Buch wurde gekauft vom Geld der 264 Vgl. Körntgen, Königsherrschaft (2001), 332. Witwe Felicitas Kreusnerin für ein jährliches Ge‑ 265 Vgl. Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006),
denken, zu feiern im Nürnberger Konvent des Do‑ 101. minikanerordens.“ Schraut, Stifterinnen (1987), 75; 266 Vgl. Andrä, Buchmalerei (2008); Bräm, Imi‑ Guilelmus Peraldus, Sermones de tempore, 1. Hälfte tatio Sanctorum (1992). 15. Jahrhundert, Pergament, I + 125 Bl., 32 × 23,5 cm. 267 Lektionar aus dem Dominikanerinnenkon‑ Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent IV, 24. vent Heilig Kreuz in Regensburg, Regensburg, 252 Vgl. Schraut, Stifterinnen (1987), 21. 1270–1276, Pergamenthandschrift mit Deckfar‑ 253 Evangelistar, Seeon 1002/1014, Pergament, benmalerei auf Goldgrund, 308 Bl., 44,5 × 30,5 cm. 24,5 × 17,6 cm. Bamberg, Staatsbibliothek Msc. Bibl. Oxford, Keble College, Inv.‑Nr. MS 49; vgl. Andrä, 95, fol. 7 v–8r. Abb. in Beuckers, Ottonisches Stif‑ Lektionar (2005). terbild (2006), 82. – Zur Kirchengründung und 268 Graduale aus St. Katharinenthal, um 1312, ‑ausstattung Heinrichs II. in Bamberg → 6.2.2. Pergamenthandschrift mit Deckfarbenmalerei, 254 Vgl. Beuckers, Ottonisches Stifterbild (2006), 314 Bl., 48 × 35 cm. Zürich, Landesmuseum, Inv.‑ Nr. LM‑26117; vgl. Bräm, Imitatio (1992). 89. 255 Vgl. ebd., 93 f., mit Abb. 269 „1448 am 12. August hat der ehrwürdige 256 Reliquienstiftung für die Kathedrale von und treffliche Mann, Magister Conradus Wel‑ Basel durch Johann Senn von Ensingen, Basel lin aus Reutlingen, der hl. Theologie Professor, 1360, April 25. Basel, Staatsarchiv Kanton Basel‑ Kanonikus bei St. Kunibert zu Köln und Vikar Stadt, Domstift Urkunde 119; vgl. Vroom, Financing dieser Kirche, zu dieser Bücherei 63 Bände aus Cathedral Building (2010), 162 f., mit Abb. – Das verschiedenen Fakultäten gestiftet, nämlich aus Königspaar Aelfgifu / Emma und Cnut setzen ein der Theologie, aus dem kanonischen und bürger‑ Kreuz auf einen Altar, Liber Vitae der Abtei New lichen Recht, aus der Heilkunde und den freien Minster, Winchester 1031. London, British Library, Künsten. Er war der Begründer dieser Bücherei. Stowe Ms. 944, fol. 6r; vgl. Beuckers, Ottonisches Betet darum eifrig für ihn.“ Text in: Die Inschrif‑ Stifterbild (2006), 96. – Die zu Ehren Mariens ten des badischen Main‑ und Taubergrundes, errichteten Bauten Witigowos werden vor ihren Wertheim‑Tauberbischofsheim. Hrsg. von Ernst Thron gebracht, Widmungsbild der Gesta Wi‑ Cucuel / Hermann Eckert. (DI 1.) Stuttgart 1942, 20, tigowonis, Reichenau 994. Karlsruhe, Badische Nr. 11. Landesbibliothek, Cod. Aug. perg. 205, fol. 72r; 270 S. Schmitt, Verfolgung (2008), 122. Zu Grab‑ vgl. P. Bloch, Dedikationsbild (1963), 478. diensten von Beginen vgl. Kroos, Grabbräuche 257 Hornbacher Sakramentar, Reichenau um (1984), 296. 983, Pergament, 26 × 20 cm. Solothurn, Domschatz 271 Seelbuch des Gürteler‑Gotteshauses, Straß‑ der St. Ursen‑Kathedrale, Cod. U1; vgl. Beuckers, burg, Archives Municipales de Strasbourg, AST Ottonisches Stifterbild (2006), 76; U. Bergmann, Hist. Eccl. IV, 6–1, III; vgl. S. Schmitt, Verfolgung (2008), 116, Abb. 2. Prior omnibus autor (1985), 139–142, mit Abb. 258 New Minster Charter, Winchester 966. Lon‑ 272 Vgl. Wehrmann, Ehemalige Sänger‑Kapelle don, British Library, Cotton Vespasian A VIII, (1860), 376 f. fol. 2v; vgl. Biggs, New Minster Charter (2011). 273 Vgl. Ruf, Stiftungen (2011), 288–296. 259 Vgl. Turner, Benedictines (1980), 52; Steinen, 274 Vgl. Klinkenberg, Compressed Meanings Homo Caelestis (1965), 177; 282. (2009), 173, Abb. 89–90. 260 Vgl. Lachner, Dedikationsbild (1954), 1191 f. 275 Vgl. Fußbroich, St. Heribert (1984), 550, Abb. 261 Vgl. Caviness, Anchoress (1996), 106; 113. 273–274. – An der Gründung war auch Otto III. be‑ 262 Zum Beispiel das Evangeliar Kaiser Lo‑ teiligt, weshalb die Wahl eines Zentralbaus auch thars I. (840–855) für Tours, Tours um 850. Paris, reichspolitisch interpretiert wird; vgl. ebd., 553 f.
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Sachzeugnisse
276 Vgl. Luschin, Siegel (1873), 316–318, mit Abb.; 282 Vgl. Šmahel, Prager Universität (2007), 58, Dreger, Gösser Ornat (1908), 614; Klinkenberg, Com‑ mit Anm. 23. pressed Meanings (2009), 233, Abb. 122. 283 Rexroth, Universitäre Schwurgenossen‑ 277 Adela summe deus, hoc fert tibi famula schaften (2007), 77. munus +; Luschin, Siegel (1873), 318. 284 Um 1350 oder 1378–1385, Datierung und 278 Ähnliche Motive, die den göttlichen Schutz Auftraggeberschaft werden kontrovers disku‑ von Stiftern verbildlichen, sind auch an Stifter‑ tiert; vgl. Šmahel, Prager Universität (2007), 60; grabmälern zu beobachten; vgl. Kroos, Grabbräu‑ 84. – Umschrift: SIGILLVM: VINIVERSI TATIS. SCOLARVM. STUDII. PRAGENSIS +; ebd., 55; che (1984), 346. 279 „Siegel der Kirche des heiligen Arnual für Rexroth, Universitäre Schwurgenossenschaften Rechtssachen. Der Stifter Odaker.“ Stieldorf, Sie‑ (2007), 78, mit Abb. gelkunde (2004), 73. 285 Auftraggeber war der Stifter, vgl. Rexroth, 280 Siegelumschrift: DIGTIS . ECGWINI . DANT Universitäre Schwurgenossenschaften (2007), 78; . REGES . MVNERA . TRINI . OMNIBVS . VNDE . Die Amtsbücher der Universität Heidelberg. Reihe PIE . NITET . AULA . SACRA A . MARIE *; Luxford, A: Die Rektorbücher der Universität Heidelberg. Ed. Jürgen Miethke, Bd. I. 1386–1400. Heidelberg Art and Architecture (2005), 32, Abb. 25. 1986, 149, Nr. 74. 281 Vgl. Lapidge, Ecgwine (2004).
6.3 Muslime 6.3.1 Allgemeines Von welcher Wichtigkeit Sachzeugnis‑ se als Quellen für die Erforschung von wohltätigen Stiftungen sind, muss in den Islamwissenschaften kaum betont werden. Der Großteil der Monographien zu islami‑ schen Stiftungen konzentriert sich in der Tat auf architektonische waqf ‑Komplexe; dabei hat Kairo, eine Stadt, die bis zum heutigen Tage durch die Stiftungen der mamlūkischen Sultane geprägt ist, hier oft – explizit oder implizit – als Modell für die Kategorisierung und Erforschung der Praktiken des Mäzenatentums im mit‑ telalterlichen Islam gedient. Natürlich sind sowohl die Übernahme eines auf dem Fall der Mamlūken beru‑ henden theoretischen Modells als auch die Betrachtung der Stiftungspraxis von from‑ men und wohltätigen Stiftungen als ‚Mä‑ zenatentum‘ äußerst problematisch. Mit‑ unter ist dadurch das rechte Verständnis
der waqf ‑Kultur als soziales Phänomen erschwert worden. Die Überrepräsentation derjenigen Studien, die auf mamlūkischen Stiftungen basieren, ist zum einen das Re‑ sultat der herausragenden Rolle, die awqāf bei der Entwicklung des mamlūkischen Herrschaftssystems spielte; zum anderen ist es eine Folge der außergewöhnlich ho‑ hen Anzahl der uns überlieferten Sach‑ und Schriftzeugnisse. Dies erlaubte Historikern nicht nur, die Stiftungen unter ästhetischen und kulturellen Gesichtspunkten zu er‑ forschen, sondern auch Erkenntnisse über ihre Funktionsweise und ihre Entwicklung in gesellschaftlicher sowie wirtschaftlicher Hinsicht innerhalb der ägyptischen Gesell‑ schaft des Mittelalters zu gewinnen. Die parallele Überlieferung von Schrift‑ und Sachzeugnissen kommt leider nur sehr selten vor und ist außer in sehr vereinzel‑ ten Fällen zu keiner anderen Zeit und an
Muslime
keinem anderen Ort im mittelalterlichen Is‑ lam anzutreffen. Nichtsdestotrotz gestatten uns die Bauwerke und Artefakte, die aus anderen mittelalterlichen Dynastien – ins‑ besondere von den Zangiden, Ayyūbiden, Seldschuken und Meriniden – erhalten ge‑ blieben sind, die Erforschung einer Dimen‑ sion des waqf ‑Phänomens, die sich kaum aus schriftlichen Quellen erschließen lässt. So lassen sich sogar ein recht kohärentes symbolisches Programm und ein Macht‑ diskurs erkennen, in dem Stiftungen eine zentrale Rolle spielten. Diese können uns auch Aufschluss über eine Vielzahl von kulturellen und wirtschaftlichen Praktiken geben, die wir aus Schriftzeugnissen nicht immer herleiten können, wie etwa die Sig‑ naturen von Handwerkern, Künstlern oder Architekten, die vielfach in gestiftete Bau‑ werke und Objekte graviert oder im Falle von Kalligraphen in die gestifteten Bü‑ cher geschrieben wurden. Bauwerke liefern uns außerdem allein durch ihren Standort und ihre Materialität wertvolle Informa‑ tionen über die Nutzung von städtischen und ländlichen Räumen. Ferner lassen sich aus den Sachzeugnissen Erkenntnisse über die Beziehung von wohltätigen Institutio‑ nen und ihrem Immobilienvermögen – Ge‑ schäfte, Handelshäuser usw. – gewinnen, sofern diese die Zeiten überdauert haben; ebenso über das Vermögen der Stifter, das im Falle von königlichen Stiftungen viel‑ fach die finanzielle Stärke der Dynastie demonstrierte. Überdies lassen sich reli‑ giöse Präferenzen der Stifter in solchen Fällen erkennen, in denen sie hinsichtlich Anzahl, Größe oder Standort gewissen Ins‑ titutionen, die einer bestimmten religiösen Gruppe oder Rechtsschule nahestanden, den Vorzug gegenüber anderen Gruppen oder Schulen gaben. Wichtige Daten kön‑ nen auch aus den erhaltenen Baubefunden von Karawansereien und Gästehäusern (ḫānāt) gewonnen werden, die Aufschluss
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darüber geben, welche Rolle Stiftungen bei der Entwicklung von Pilgerreisen und Handelsrouten spielten. Aber liefert der materielle Beleg als solcher Informationen über die Funktion dieser Bauwerke und Artefakte als Stiftun‑ gen? In dieser Hinsicht werden die Mängel einer allein auf Sachzeugnissen basieren‑ den waqf ‑Forschung evident. Wenn wir historische Quellen als Belegstücke ver‑ stehen, die in einen historischen Kontext gesetzt werden, dann können islamische archäologische und architektonische Zeug‑ nisse keine zuverlässigen Quellen für die Erforschung von wohltätigen Stiftungen sein, solange nicht parallel dazu schrift‑ liche Informationen über ihren Status, sei es durch eine Stiftungsurkunde, eine In‑ schrift oder einen Hinweis aus narrativen Quellen, vorliegen. Es gibt kein formales Charakteristikum, anhand dessen sich ein Baubefund oder ein Artefakt als waqf iden‑ tifizieren lässt. Wir können ein Sachzeug‑ nis nur als Teil der waqf‑Kultur erforschen, wenn uns eine schriftliche Quelle belegt, dass es sich hierbei tatsächlich um eine Stiftung handelt. Unter der Voraussetzung, sowohl auf überlieferte Sachquellen als auch auf ar‑ chivalische oder narrative Informationen angewiesen zu sein, reduziert sich die Aus‑ wahl der für die Erforschung in Frage kom‑ menden Stiftungen nahezu ausschließlich auf solche, die von Königen oder jeden‑ falls den Mitgliedern der höfischen Elite vollzogen wurden. Natürlich sind keine materiellen Überreste der bescheidenen Familien‑awqāf erhalten, die meistens aus Häusern sowie Ländereien bestanden und zu allen Zeiten, zumindest in quantitati‑ ver Hinsicht, die wichtigste Stiftungsform gewesen sind. Obgleich einige Artefakte aus Familienstiftungen überliefert wor‑ den sind – insbesondere Bücher – geben die Sachzeugnisse nahezu ausschließlich
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Auskunft über eine bestimmte Art des waqf, die öffentliche Stiftung (waqf ḫairī), oder im besonderen Fall der mamlūkischen Stiftungen über ihre Familien‑awqāf, die gewissermaßen Stiftungen waren, die mit öffentlichem Eigentum gegründet und von Seiten des Sultans zugunsten seiner Fa‑ milie angeeignet wurden. Sachzeugnisse geben auch Auskunft über die Rolle der Stiftungen in der von ihrem Stifter betrie‑ benen Staatspolitik, das heißt über den Stifter als öffentliche Person. Was berichten uns also die Sachzeug‑ nisse über den Stifter und die weiteren Akteure, die an der Gründung von awqāf beteiligt waren? Forschungen zur islami‑ schen Kunstgeschichte haben traditionell die Rolle des Auftraggebers von Denkmä‑ lern unter dem Gesichtspunkt des Mäze‑ natentums erörtert, aber diese Kategorie kann im Falle von wohltätigen Stiftungen irreführend sein. Seit Baxandalls berühm‑ ter Definition vom Kunstwerk als „Aus‑ druck einer gesellschaftlichen Beziehung“,1 haben Kunsthistoriker die Auftragskunst als Verhandlungsprozess untersucht, da‑ bei jedoch weiterhin die aktive Rolle des Mäzens betont. Es erscheint evident, dass die Gründer von awqāf als Mäzene agiert haben, die oft persönlich das Auswahl‑ verfahren der Architekten und Künstler für ihre Projekte eingebunden waren und sich sogar aktiv an der Gestaltung der Monumente beteiligten. Aber ein Stifter ist mehr als ein einfacher Mäzen. Was den Zweck der in Auftrag gegebenen Arbeit betrifft, unterscheiden sich die Motivatio‑ nen und Ziele des Stifters eines waqf von denen eines Mäzens: Ein Mäzen kann zwar die Herstellung des Werkes kontrollieren und möglicherweise einen Anteil einer Belohnung im Jenseits erhalten, sofern das Werk als eine gute Tat gestiftet wird (ṣadaqa), aber er hat keine Kontrolle über die Verwendung seiner Schenkung, und
Sachzeugnisse
der Wert seiner Handlung reduziert sich auf den Akt der Schenkung als solchen. Im Gegensatz dazu stellt der Stifter eine ewige Beziehung mit dem Objekt seiner Stiftung her, indem er durch die Stiftung eines waqf dieses Eigentum Gott weiht: Die Stiftungsbedingungen legen fest, wie die Stiftung verwendet wird; sie treten mit dem Vollzug des Stiftungsaktes in Kraft und bleiben offenkundig auch nach dem Tod des Stifters gültig. Anders als bei einer Schenkung, die einen einmali‑ gen Akt darstellt, ist das Verdienst, das sich aus der Verwendung des gestifteten Eigentums oder Objektes ergibt, für die Seele des Stifters immer wiederkehrend und ewig. Seine Belohnung im Jenseits hängt nicht von dem jeweiligen Akt ab, in der das Eigentum gestiftet wird, sondern von dem Verdienst, das seine weitere Ver‑ wendung in Gottes Augen erwirbt, weshalb die korrekte Verwendung des gestifteten Objektes von zentraler Bedeutung ist. Das augenfälligste Beispiel für diese Vorstellung ist die Stiftung von Koranen. So enthält zum Beispiel ein Koran, den der Richter Šams ad‑Dīn Mūsā der Ibrāhīmī‑ Moschee in Hebron als waqf stiftete, eine waqfīya, in der er bestimmt, dass das Buch nur von einem professionellen Leser (qāriʾ) rezitiert werden solle, indem er in sitzender Stellung sein Gesicht dem Grabmal von Ibrāhīm und seinen Rücken dem Grabmal von Sarah zuwendet. Eine täglich durchge‑ führte Lesung nach dem Morgen‑ und dem Nachmittagsgebet solle immer einen ko‑ ranischen ḥibz umfassen – es handelt sich hierbei um einen Abschnitt, der ungefähr ein Sechzigstel des koranischen Textes ent‑ spricht –, gefolgt von einigen Hadithen und schließlich von den letzten drei Suren, der Sure al‑Fātiḥa und dem Anfang der Sure al‑Baqara. Die Stiftung bestimmt ebenso, dass die Abschrift nicht aus der Moschee entfernt und das Verdienst der Rezitation
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Muslime
dem Stifter, seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Familie zuteilwerden solle. In diesem speziellen Fall ging die Stiftung des Buches mit der Stiftung von waqf ‑ Vermögen für die Zahlung der Gehälter des Rezitators und seines Dieners einher.2 Die Sorge um die korrekte Verwendung des gestifteten Eigentums steht in direktem Zusammenhang mit dem Begriff waraʿ, re‑ ligiös motivierter Skrupulosität gegenüber sündhaftem Verhalten, und frühe Quellen belegen auch den Argwohn gegenüber der Stiftung von Koranen. Anders als bei einer einfachen Schenkung ist ein Koran, der als waqf gestiftet wurde, mit einer doppelten Sakralität ausgestattet: Einerseits enthält er das Wort Gottes, andererseits ist er zum Eigentum Gottes geworden. So wie ein korrupter Text die verdienstvolle Wirkung seiner Lesung entwerten kann, kann auch ein Koran, der als waqf gestiftet wurde, die Seele des Lesers riskieren, wenn der Stiftungsvollzug Unregelmäßigkeiten auf‑ weist. In frühen Werken von Mitgliedern der ḥanbalītischen Schule, deren Anhänger als außerordentlich streng charakterisiert wurden, haben sich verschiedene Erörte‑ rungen zu diesem Thema erhalten.3 Es ist evident, dass die Bedeutung des Stifters weit über die des Kunstmäzens hinausgeht: Die Funktion eines waqf ist nicht die eines simplen Bauwerkes. Gleich‑ wohl handelt es sich bei architektonischen waqf‑Komplexen sowie den dazugehörigen Objekten um Monumente und Kunstwerke und als solche bergen sie semantisches Po‑ tential. Bedauerlicherweise gibt es keine Studien darüber, ob die Bedeutung von iko‑ nographischen und symbolischen Elemen‑ ten, die bei den verschiedenen Bauwerken verwendet wurden, eine semantische Ver‑ schiebung aufgrund ihrer Umwandlung in awqāf oder – im Fall von Objekten – mittels ihrer Rekontextualisierung innerhalb ei‑ ner waqf ‑Institution erfahren hat. Es lässt
sich nicht sagen, ob die Symbolik eines dekorativen Motivs oder eines bestimm‑ ten Stils in einer öffentlichen Moschee die gleiche ist wie die in einer waqf ‑Moschee oder ob es einen Unterschied in der Be‑ deutung von koranischen Zitaten gibt, die in diesen beiden Arten von Institutionen schriftlich dargestellt wurden. Wir können jedoch sicher sein, dass in der Verbindung von symbolischer und ikonographischer Sprache und der Person des Stifters eine wirkmächtige Botschaft übermittelt wurde. Diesbezüglich offenbart sich der waqf als ein perfektes Instrument sowohl für die Vermittlung des ikonographischen Pro‑ gramms der muslimischen Eliten in religi‑ öser sowie dynastischer Hinsicht als auch, um Narrative der Macht zu verbreiten. 6.3.2 Baulichkeiten Der erste andalusische Kalif, ʿAbd ar‑ Raḥmān III., schrieb ein berühmtes Ge‑ dicht anlässlich der Erbauung der Palast‑ stadt Medinat az‑Zahrāʾ um 324/936: „Wenn Könige ein unsterbliches Andenken an ihre erhabensten Gedanken bewahren möchten, / tun sie dies durch die Sprache der Ar‑ chitektur. / In einem Gebäude von noblen Proportionen / spiegelt sich die Majestät und der Rang [seines Erbauers].“4 Das Verständnis von Architektur als Sprache der Unsterblichkeit ist zwar nicht ausschließlich islamisch, aber es spiegelt perfekt die von den Stiftungskomplexen und Bauwerken übermittelte Botschaft wider oder jedenfalls die Botschaft, die sich den Historikern heutzutage daraus erschließt. Die erhaltenen Sachzeugnisse bieten ein verzerrtes Bild der Vergangen‑ heit, das ungefähr mit dem legitimierenden Bildprogramm der herrschenden muslimi‑ schen Dynastien übereinstimmt. Zwar sind auch andere Arten von architektonischen
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Zeugnissen erhalten geblieben, im Ver‑ gleich mit der komplexen Quellenlage für awqāf verblassen diese Quellen jedoch und lassen häufig keinen Rückschluss auf die Motive ihrer Entstehung oder die Praxis ihrer Nutzung zu. Wie bereits erwähnt, gibt es kein architektonisches Charakte‑ ristikum, das einen Baubefund als eine Stiftung definiert, und wir müssen uns bei der Identifizierung ausschließlich auf schriftliche Quellen verlassen. Zu diesem Problem kommt hinzu, dass schriftliche Quellen keineswegs konsistent sind, was die Verwendung des Vokabulars aus dem Bereich der Institutionen und der Baukunst anbelangt: Ein und dieselbe Baulichkeit, die von Mitgliedern der Sufi‑Bruderschaf‑ ten als Kloster benutzt wurde, kann in den Quellen gleichzeitig als ribāṭ, ḫānqāh oder zāwiya5 bezeichnet werden. Die Begriffe ḫān und funduq können unterschiedslos für die Bezeichnung derselben Unterkunft oder Handelseinrichtung verwendet wer‑ den, die andere Quellen kārvānsarāy (Ka‑ rawanserei) oder sogar qaisarīya nennen. Ein weiteres Problem, dem sich Histo‑ riker gegenüber sehen, besteht darin, dass die Auswahl des Vokabulars, auf das mit‑ telalterliche Autoren für die verschiede‑ nen Gebäude zurückgreifen, hauptsächlich von der Funktion der Gebäude hergeleitet ist und nicht von ihren architektonischen Merkmalen, die oftmals unklar sind. Mit der offenkundigen Ausnahme der Mo‑ scheen und der Grabmäler gibt es keine direkte Übereinstimmung zwischen der äußeren Form von islamischen Stiftungen und ihrer Funktion. Darüber hinaus hatte die Mehrheit dieser Institutionen einen multifunktionalen Charakter. Unter Berücksichtigung dieser Aspek‑ te und nur mit der Unterstützung von schriftlichen Quellen ist es möglich, eine Bestandsaufnahme der architektonischen Formen von mittelalterlichen islamischen
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Stiftungen durchzuführen, obgleich es na‑ hezu ausgeschlossen erscheint, eine prakti‑ sche Typologie auf der Basis ihrer formalen Charakteristika, die über die augenfällige Unterscheidung zwischen Gebäuden und öffentlichen Einrichtungen hinausgeht, zu erstellen. Obschon nicht die emblematischste Stiftung in quantitativer Hinsicht, sind Moscheen zweifellos die bedeutendste Ins‑ titution in den islamischen Gesellschaften und spielen deshalb eine zentrale Rolle in der waqf ‑Kultur; dies gilt sowohl für ihre Rolle als Stiftungsobjekte als auch als Begünstigte von anderen awqāf – Grund und Boden, Immobilien, architektonischen Komplexen, Infrastrukturen oder Objek‑ ten. Was ihre formalen Charakteristika anbelangt, so zählen die Moscheen zu den wenigen Gebäuden, die, sofern sie in gutem Zustand sind, leicht durch eine Vielzahl von bestimmten Elementen identifiziert werden können; dazu gehören die verzier‑ te Gebetsnische, die die Gebetsrichtung (mihrāb) vorgibt, die Kanzel für den Predi‑ ger (minbar) – die eine waqf ‑Stiftung sein kann, falls sie beweglich ist – und in vielen Fällen ein Minarett (miʿḏana im Arabischen und Persischen genannt, auch manār im Arabischen und Türkischen). Es gibt zwei Arten von Moscheen und beide können Ge‑ genstand einer Stiftung sein: die gewöhn‑ liche Moschee (masǧid, Pl. masāǧid) und die Versammlungsmoschee (masǧid ǧāmiʿ, Pl. masāǧid ǧāmiʿa). Es ist erwähnenswert, dass Moscheen Stiftungen sein können oder nicht und dass sie zur Kategorie der öffentlichen awqāf (awqāf ḫairīya) gehören, wenn sie den Status einer Stiftung besitzen. Neben den Moscheen ist das wahr‑ scheinlich beste Beispiel einer islamischen Stiftung – sowohl dank ihrer architektoni‑ schen Relevanz als auch aufgrund ihrer so‑ zialen Bedeutung –die madrasa (Pl. madāris), die islamische Bildungseinrichtung par
Muslime
excellence. Während über die Ursprünge der Institution noch immer Uneinigkeit herrscht, handelt es sich bei der ersten dokumentarisch belegten Medrese gewiss um eine Stiftung, die vom seldschukischen Wesir Niẓām al‑Mulk zur Förderung der sunnitischen Lehre in Bagdad gegründet wurde. Das Gebäude selbst hat die Zeiten nicht überdauert, aber ein Teil der Aufla‑ gen aus seiner Stiftungsurkunde wurde in historischen Quellen dokumentiert. Wie Moscheen sind auch Medresen religiös bedeutungsvolle Orte, was sie zu einem besonders geeigneten Mittel für die Re‑ präsentation des Stifters in einem ikono‑ graphischen Programm macht. Archäolo‑ gische Überreste von Medresen könnten irrtümlicherweise für Überreste anderer Institutionen gehalten werden und be‑ dürfen für ihre Identifizierung schriftli‑ cher Quellen, insbesondere auch, um die Rechtsschule zu identifizieren, der sie zu‑ geschrieben waren. Dies wurde stets in der Stiftungsurkunde und sehr häufig auch in epigraphischen Quellen festgehalten. Sachzeugnisse von Medresen können auf vielfache Weise Aufschluss über die religi‑ öse Politik ihrer Gründer geben. Saladins Kampagne, den Sunnismus wieder in Pa‑ lästina und Ägypten einzuführen, spiegelt sich deutlich in seinem architektonischen Programm wider, in dem die Stiftung von Medresen eine vorrangige Stellung ein‑ nimmt. Dank schriftlicher Quellen wissen wir auch, dass Saladin diese Institutionen benutzte, um die religiösen Eliten seines Reiches zu erneuern, indem er syrische Gelehrte, die Anhänger der theologischen Doktrinen von ʿAšʿarī waren, herbeirief und die ortsansässigen ʿulamāʾ entließ. Gleichermaßen zeugt die große Anzahl von Medresen, die von den merinidischen Sultanen in Marokko gestiftet wurden und vielfach erhalten geblieben sind, von der Sorge um die Wiedereinführung des
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Malikismus nach den Zeiten der Hetero‑ doxie unter den Almohaden. Die architektonische Struktur der Me‑ dresen kann auch als ein Indikator für die religiöse Orientierung der Stifter gelten und Aufschluss über ihre Begünstigten geben. Ab dem 5./11. Jahrhundert hat sich in der islamischen Architektur eine Tech‑ nik entwickelt, die als Vier‑īwān‑Grundriss bekannt ist und aus einer kreuzförmigen Achse mit vier īwāns, die einen Innenhof umrahmen, besteht. Der īwān ist ein ge‑ wölbter leerer Raum mit Wänden an drei Seiten, dessen offene vierte Seite in die Richtung des Innenhofes zeigt. Der Vier‑ īwān‑Grundriss fand auch in Moscheen breite Anwendung. In Medresen wurden die īwāns häufig gebraucht, um Sitze für Lehrer einzurichten, und, obwohl sich das nicht verallgemeinern lässt, beherbergten die Vier‑īwān‑Medresen häufig Mitglieder der vier Rechtsschulen, also Ḥānafīten, Šāfiʿīten, Mālikīten und Ḥanbalīten. Die von dem Ayyūbiden Naǧm ad‑Dīn gegrün‑ dete Medrese scheint die erste Schule gewe‑ sen zu sein, die über Auditorien für die vier Rechtsschulen verfügte. Dies war gängige Praxis bei den großen mamlūkischen Med‑ resen, die allerdings weniger vom ökume‑ nischen Geist geprägt waren als vielmehr von der Sorge, wie die Mitglieder aller Re‑ ligionsgruppen zufriedengestellt und Kont‑ rolle über sie ausgeübt werden konnte. Die räumliche Anordnung dieser īwāns kann auch einen hierarchischen Plan über die religiösen Präferenzen des Stifters preisge‑ ben, wie etwa in der Medrese, die innerhalb der Grabanlage des mamlūkischen Sultans Ḥasan errichtet wurde, in der der īwān, der der Šāfiʿī‑Schule zugeteilt wurde, eine privilegierte Stellung einnahm.6 Neben den Medresen ist das Mausoleum das charakteristischste Beispiel einer isla‑ mischen Stiftung und es ist dasjenige, das am engsten mit seinem Stifter verbunden
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ist. Islamische Mausoleen müssen nicht zwingend das Grab des Stifters enthalten. Das Stiften von Mausoleen, Grabmälern oder Kenotaphen für charismatische Per‑ sonen erzeugte eine deutliche symbolische Resonanz und war eine wirkmächtige Me‑ thode der Legitimation. Das augenfälligste Beispiel dafür bietet das Mausoleum von aš‑Šāfiʿī, das Saladin in Kairo erbauen ließ. (→ Abb. 22–23) Nichtsdestotrotz war das paradigmatische Mausoleum dasjenige, das für seinen Stifter oder für ein enges Mitglied seiner Familie, in der Regel für die Mütter, errichtet wurde. Für muslimische Herrscher sind Mausoleen oftmals der eloquenteste Ausdruck in der ‚Sprache der Unsterblich‑ keit‘, worauf sich ʿAbd ar‑Raḥmān III. in seinem Gedicht bezog. In der sukzessiven Errichtung dieser Stiftungen lässt sich leicht der größenwahnsinnig anmutende Versuch erkennen, in die Geschichte als der mächtigste Herrscher eingehen zu wollen, mächtiger als diejenigen, die ihm in sei‑ ner Position vorausgegangen waren. Wie gewohnt bieten die mamlūkischen awqāf das beste Beispiel zum Verständnis dieses Phänomens: Die mamlūkischen Sultane errichteten Grabanlagen, die nicht nur ein Mausoleum, sondern auch Moscheen, Me‑ dresen und Sufi‑Klöster umfassten. Jeder Sultan erbaute ein noch erhabeneres Mo‑ nument, und dieser Prozess erreichte seinen Höhepunkt mit der Grabanlage des Sultans Ḥasan, dessen Ehrgeiz sprichwörtlich wur‑ de und die Kritik zeitgenössischer Autoren auf sich zog. Der Historiker Ibn Šāhīn Ḫalīl aẓ‑Ẓāhirī hat einen Bericht über die Erbau‑ ung der Grabanlage von al‑Ḥasan überlie‑ fert. Obwohl man diesem nicht uneinge‑ schränkt Glauben schenken darf, so liefert er doch einen Hinweis auf die Stimmung, mit der das Projekt aufgenommen wurde: „Al‑Malik an‑Nāṣir Ḥasan versammelte alle Architekten von allen Orten der Erde und befahl ihnen, eine Medrese, höher als jedes
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andere Bauwerk auf Erden, zu errichten. Als er sie fragte, welches das höchste Bauwerk auf Erden sei, sagten sie ihm, dass es der īwān von Kisrā Anuširwān sei. Also befahl er, dass der īwān vermessen und die Me‑ drese zehn Ellen höher gebaut werde. So wurde sie denn gebaut mit vier Minaretten. Aber es wird auch erzählt, dass sie nur drei Minarette hatte. Dann wurden einige Mi‑ narette [sic] bis auf zwei abgerissen. Dieses Bauwerk hat vier īwāns, wogegen der īwān von Kisrā nur einen hat. Die Medrese zählt zu einem der Weltwunder. Ihre Mauern sind achtzehn ägyptische Ellen dick, und ihre Minarette können aus einer Distanz von einer Tagesreise oder sogar aus noch größerer Entfernung gesehen werden.“7 Muslimische Mausoleen können einzeln auftreten, aber wie im Fall der Mamlūken können sie oftmals auch Teil eines gro‑ ßen Friedhofs werden. Der Qarafa‑Friedhof in Kairo veranschaulicht die Bedeutung dieses Raumes in der mittelalterlichen Stiftungskultur in besondererer Weise. (→ Abb. 24) Sowohl durch das Charis‑ ma der heiligen Männer, die dort bestat‑ tet wurden, als auch durch den Nachah‑ mungseifer unter den Sultanen entstand ein Anziehungspunkt für zahlreiche Stif‑ tungen, die von gewöhnlichen Gräbern bis hin zu monumentalen Grabanlagen der Herrscherelite reichen. Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist der von Sala‑ din für aš‑Šāfiʿī erbaute Schrein, in dessen Umkreis die Mausoleen von Muḥammad ʿAbd al‑Ḥakam, dem Sultan al‑Kāmil und seiner Mutter errichtet wurden.8 Aufgrund ihrer Bedeutung in der mamlūkischen Architektur werden die Grabanlagen häufig mit dieser Dynastie assoziiert, aber die Verbindung von Mau‑ soleum und Medrese war ein architekto‑ nisches Modell, das bereits gegen Ende der ayyūbidischen Dynastie Verbreitung fand.9 Eine noch offene Frage ist, was die
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Gründe für diese Neuerung waren, aber sie könnte in Zusammenhang mit der Sorge um das Wohlergehen der Seele des Stif‑ ters stehen. Diesem sollten nämlich die von den Schülern zu sprechenden Gebete zugutekommen, was üblicherweise in den Bedingungen der Stiftungsurkunden be‑ stimmt wurde. Weitere Institutionen, die trotz gene‑ reller Eigenständigkeit eng mit diesen Grabanlagen in Beziehung stehen, sind die verschiedenen Herbergen und Klöster, die zunächst für asketische Gruppen und ab dem 6./12. Jahrhundert auch für Sufi‑ Bruderschaften gestiftet wurden. Verschie‑ dene Institutionen haben diese Funktion über die Jahrhunderte hinweg ausgefüllt, aber ihre Adressaten und Tätigkeiten las‑ sen sich oftmals nicht allein aufgrund ih‑ rer Bezeichnungen in den schriftlichen Quellen bestimmen. Dort werden sie häu‑ fig ohne Unterschied als ḫānqāh – oder ḫānaqāh –, ribāṭ und zāwiya bezeichnet. Die Inkonsistenz des Vokabulars mag mit dem multifunktionalen Charakter dieser Stiftungen zusammenhängen und auch regionale sowie diachrone Varianten wi‑ derspiegeln. Verschiedene mittelalterliche Quellen stellen indes auch ausdrücklich fest, dass es sich bei diesen Begriffen ei‑ gentlich um Synonyme handele.10 Die ers‑ ten Verweise auf ḫānqāhs treten in geo‑ graphischen Quellen ab dem Beginn des 4./10. Jahrhunderts auf und beziehen sich auf die Klöster, die von den Mitgliedern der Karrāmīya‑Sekte bewohnt wurden.11 Infol‑ ge ihrer zunehmenden Anerkennung und der Bildung weiterer Sufi‑Bruderschaften im 6./12. Jahrhundert wurden diese Zen‑ tren Teil des städtischen Raums, obwohl es auch weiterhin Konvente auf dem Land gab. Die am besten dokumentarisch be‑ legte Epoche ist ganz offensichtlich die des mamlūkischen Sultanats. In diesem Fall ist eine Differenzierung zwischen
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den zuvor genannten Begriffen möglich. Mamlūkische ḫānqāhs entwickelten sich zu komplexen Institutionen, die eine Mo‑ schee mit Minaretten umfassten. Sie über‑ nahmen die allgemeinen Aufgaben einer Moschee einschließlich der Bereitstellung von Almosen und der Verpflegung für die Armen sowie die Unterbringung von Su‑ fis, die ein Gehalt erhielten. Schließlich wurde den ḫānqāhs die Lehrberechtigung erteilt, so dass sie auch die Funktion ei‑ ner Medrese ausübten. Zāwiyas scheinen hingegen Stiftungen einer frommen Per‑ son gewesen zu sein, die sich entschieden hatte, innerhalb dieser Institution in Klau‑ sur zu leben. Sie wurden immer für einen bestimmten sufistischen Scheich erbaut. Einige zāwiyas konnten auch die Funktion von Moscheen ausüben. Im Laufe der Zeit und durch den zunehmenden Einfluss der Sufis übernahmen ḫānqāhs und zāwiyas die Funktionen von traditionellen Medresen bzw. Moscheen. Im Gegensatz dazu scheint sich der Terminus ribāṭ im mamlūkischen Ägypten ausschließlich auf Klöster bezo‑ gen zu haben, in denen sufistische Männer und Frauen – insbesondere Witwen und geschiedene Frauen – in Abgeschiedenheit lebten. Die Stiftung von Sufi‑Institutionen, die vielfach Teil der Grabanlage von Sul‑ tanen waren, verdeutlicht auch das Inter‑ esse der Herrscher, die Aktivitäten dieser religiösen Gruppe zu kontrollieren, die sich eines großen Einflusses in der Bevöl‑ kerung erfreute. Weitere wichtige städtische Stiftun‑ gen, die in enger Beziehung zu Medresen und Moscheen stehen, sind solche, de‑ ren Zweck es ist, sich um die Gesundheit der Menschen zu kümmern: Hospitäler (bimāristān oder māristān, Pl. bimāristānāt oder māristānāt) und öffentliche Bäder (hammām, Pl. himam). Hospitäler waren auch eine wirkmächtige Quelle sym‑ bolischer Legitimation. Das Stiften von
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Hospitälern scheint eine Praxis gewesen zu sein, die Kalifen und Sultanen vorbe‑ halten war, und alle großen islamischen Herrscher haben auch Hospitäler gestiftet. Einige von ihnen sind erhalten geblieben, wie etwa das Damaszener Hospital von Nūr ad‑Dīn az‑Zangī, die mamlūkischen māristāns von al‑Qalāʾūn oder al‑Muʾaiyad, das seldschukische Krankenhaus, das von der Schwester Kaiḫusraws I., Gevher Nesi‑ be, gestiftet wurde oder das merinidische Hospital von Sidi Frej in Fez. Muslimische Hospitäler waren echte interreligiöse In‑ stitutionen, da sie vielfach Christen und Juden einstellten und Patienten aller reli‑ giösen Glaubensrichtungen behandelten. Sie fungierten auch als Bildungszentren. Öffentliche Bäder wurden häufig als awqāf für Moscheen und Medresen gestiftet. Es gibt viele Beispiele, die aus der osmani‑ schen Zeit erhalten geblieben sind; Auf‑ schluss über die mittelalterlichen Ham‑ mams erhalten wir jedoch im Wesentlichen aus den Stiftungsurkunden. Es ist auch erwähnenswert, dass die Errichtung von Hospitälern und ihre Anbindung an andere Einrichtungen und wasserwirtschaftliche Infrastrukturen häufig das Ergebnis ei‑ nes Konzepts ist, das auf therapeutischen Gesichtspunkten beruht. Dies ist etwa der Fall beim māristān von Granada, das 767 / 1365–1366 von dem nasridischen König Mohammed V. nach dem Wüten der Pest erbaut wurde. Obgleich nur noch wenig von diesem Hospital erhalten ist, so ist uns doch die waqf ‑Inschrift überliefert. Die archäologischen Ausgrabungen ha‑ ben zudem offengelegt, dass ein separa‑ ter hammām und diverse Brunnen exis‑ tierten. Der Universalgelehrte und Arzt Lisān ad‑Dīn Ibn al‑Ḫaṭīb, der den König darauf hingewiesen hatte, wie wichtig es sei, Ansteckungstheorien zu berücksich‑ tigen und den Kranken einen isolierten Platz mit frischer Luft und reichlich Wasser
Sachzeugnisse
bereitzustellen, war persönlich in die Ge‑ staltung des Hospitals eingebunden.12 Der zuvor erwähnte Terminus ribāṭ kann sich auch auf eine Einrichtung an‑ derer Art beziehen, insbesondere, wenn sie auf dem Lande liegt. In diesen Fällen bezeichnen rābiṭa oder ribāṭ eine Verteidi‑ gungsanlage, die gebaut wurde, um freiwil‑ lige Kämpfer (muǧāhidūn oder murābiṭūn) in den Küstenstädten des Mittelmeers und entlang der Grenzen zu den christlichen Mächten zu beherbergen, insbesondere entlang der Grenzen zu Byzanz und zum christlichen Spanien. Nicht alle ribāṭs wa‑ ren jedoch Stiftungen. Tatsächlich wurden monumentale Festungen, wie die berühm‑ ten ribāṭs von Sousse und Monastir (Tune‑ sien) und der Ribāṭ-i Šarīf in Isfahan, die trotz ihrer Bezeichnung eine Handels‑ und keine Verteidigungsfunktion hatten, von der öffentlichen Hand unterhalten. Allein schon aufgrund ihres Charakters als Ver‑ teidigungsanlage haben nur wenige Sach‑ zeugnisse der Grenz‑ribāṭs, die als waqf gestiftet wurden, die Zeiten überdauert, obgleich sie schriftlichen Quellen zufolge manchmal gar die Grabstätte des Stifters enthielten.13 Einige an der Küste gelegene ribāṭs fun‑ gierten auch als Stützpunkte für Handel und Diplomatie, wo Gefangene freigekauft wurden. In Kombination mit Schriftquellen lassen sich durch die geographische Lage ihrer Ruinen wichtige Informationen darü‑ ber gewinnen, wie ribāṭs funktionierten. Ein Beispiel hierfür ist die berühmte Beschrei‑ bung Palästinas durch den Geographen al‑ Muqaddasī (gest. 380/991), der ein lebendiges Bild der Wechselbeziehungen der verschie‑ denen Stiftungen und ihrer unterschiedli‑ chen Funktionen vermittelt. Die Geldmittel für die Freilassung der muslimischen Ge‑ fangenen wurden nämlich vielfach durch waqf‑Vermögen und persönliche Dotationen aufgebracht: „Viele der Küsten‑ribāṭs, die
Muslime
immer zum Kampf bereit sind, stehen in Verbindung mit der Hauptstadt [al‑Ram‑ la]. Die Schiffe und Galeeren der Rūm [d. h. Christen], die zu ihnen kommen, sind voller muslimischer Gefangener, die zum Preis von 100 Dinar für jeweils drei von ihnen freigekauft werden können. Jeder ribāṭ hat Leute, die die Sprache der Rūm sprechen können und die zu ihnen als Unterhändler gesandt werden. Die Leute vom ribāṭ erhal‑ ten allerlei Nahrungsmittel. Sie schlagen Alarm, sobald die Schiffe der Rūm auftau‑ chen; während der Nacht zünden sie ein Signalfeuer im ribāṭ, während des Tages verwenden sie Rauchsignale. Jeder ribāṭ ist mit der Hauptstadt durch eine Reihe von hohen Wachtürmen verbunden, die mit da‑ für ausgebildeten Leuten besetzt sind. Wird das Signal in einem ribāṭ gezündet, dann zündet der nächste ribāṭ sein Signal und so weiter. Auf diese Weise erreicht der Alarm die Hauptstadt in weniger als einer Stunde. Dort schlagen sie die Trommeln und halten die Einwohner der Stadt an, sich zum ribāṭ zu begeben. Also verlassen sie die Stadt ge‑ rüstet zum Kampf. Dann wird das Lösegeld gezahlt: Einige retten einen Mann, einige geben einen Dirham oder einen kleineren Betrag als Almosen, bis alle Gefangenen schließlich freigekauft sind. Der ribāṭ dieser Gegend kümmert sich um die Auslösung der Gefangenen von Gaza, Mīmās, Asch‑ kelon, dem Hafen von Azdūd, dem Hafen von Yubnā, Jaffa und Arsūf.“14 Auf Grundlage dieser Beschreibung scheint es denkbar, dass der Küsten‑ribāṭ auch zu Handelszwecken genutzt wur‑ de. Einrichtungen, die im Zusammen‑ hang mit Handel und Gewerbe standen, erhielten jedoch normalerweise andere Bezeichnungen. Die gebräuchlichsten Ter‑ mini in den schriftlichen Quellen hier‑ für sind: funduq – daraus wurde fondaco im Italienischen, fonde im Französischen, fonda im Spanischen –, ḫān (Herberge),
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kāravānsarāy (Karawanserei), qaisarīya (Handelsstützpunkt) und wakāla (eben‑ so Handelsstützpunkt). Die Verwendung dieser Bezeichnungen ist nicht konsistent und mag diachrone und regionale Varian‑ ten widerspiegeln oder sogar Ausdruck der Verwechslung von Funktion und ar‑ chitektonischer Form dieser Institutionen sein. Die erste Inschrift, die uns von einer waqf ‑Stiftung überliefert ist, ist die eines funduq, der im Jahre 913 in Ramla gestiftet wurde (→ Abb. 25), dessen Gebäude aber nicht mehr erhalten sind.15 Darüber hinaus lassen sich nur wenige Informationen aus den erhaltenen Sachzeugnissen gewinnen. Ohne ein entsprechendes Schriftzeugnis ist es unmöglich zu sagen, ob es sich bei einem Gebäude um eine Herberge, wie einen funduq oder einen ḫān, handelte, geschweige denn, ob es vom Staat erbaut, für Handelszwecke genutzt oder als waqf gestiftet wurde. Wissenschaftler haben diese Einrichtungen als Beispiele für in‑ terkulturellen Kontakt angesehen und die Auffassung vertreten, dass die muslimische Einrichtung des funduq vom byzantini‑ schen pandocheion übernommen wurde, das auch das Etymon des islamischen Wor‑ tes zu sein scheint.16 Ferner scheint es eine Kontinuität damaliger byzantinischer und persischer Praxis hinsichtlich der geogra‑ phischen Lage und der Architektur der islamischen Herbergen zu geben: Die frü‑ here Herberge war ein zweistöckiges recht‑ eckiges Gebäude, ähnlich dem pandocheion, obwohl es schließlich einen quadratischen Grundriss und einen zentralen Innenhof annahm.17 Die Begriffe funduq und ḫān werden unterschiedslos für diese Einrich‑ tungen verwendet, wenngleich sie manch‑ mal Aufschluss über die Lage des Gebäudes geben, da die ländlichen Herbergen in der Regel ḫān as-sabīl genannt wurden. Die zuletzt genannten Begriffe ḫān und ḫān as-sabīl werden auch für die Bezeichnung
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von Karawansereien gebraucht und sind im Wesentlichen Synonyme. Karawansereien (kāravānsarāy oder ḫān) sind üblicherweise Straßengasthäu‑ ser, die entlang der Haupthandelswege in islamischen Gebieten gebaut wurden, um Kaufleute, Pilger und Reisende im Allgemeinen zu beherbergen. Ihr Aufbau – quadratischer Grundriss und zentraler Innenhof – gleicht jenem der funduqs. Sie wurden oftmals vom Staat zur Förderung des Handels errichtet. Ferner spielten sie eine bedeutende Rolle bei der Organisation des Postwesens, im Arabischen al-barīd ge‑ nannt, was ein lateinisches Lehnwort von veredarius zu sein scheint.18 Ohne Schrift‑ zeugnisse können wir nicht erkennen, ob eine Karawanserei ein waqf ist oder nicht, aber glücklicherweise sind verschiedene Inschriften und auch bauliche sowie ar‑ chäologische Zeugnisse erhalten geblieben. Diese Quellen offenbaren, dass es sich bei den Karawansereien um Stiftungen han‑ delte, die in der Regel zu Gunsten von Mo‑ scheen gegründet wurden; das heißt, sie dürften zwar der Unterbringung von Be‑ dürftigen gedient haben, waren aber auch profitable Einrichtungen, die mit ihren Einnahmen die Tätigkeiten der Moschee unterstützten. Sie werden in der waqf ‑ Urkunde der begünstigten Moschee als Vermögen aufgelistet. In seltenen Fällen kann es sich auch um unabhängige Insti‑ tutionen mit eigenem Vermögen handeln. Das einzige erhaltene Beispiel einer epigra‑ phischen Stiftungsurkunde (waqfīya) eines mamlūkischen ḫān ist genau eine dieser Ausnahmen. Er wurde von Sultan Baibars I. am Stadtrand von Jerusalem gestiftet und listet in seinem Vermögen die Ländereien von verschiedenen in der Nähe der Stadt gelegenen Dörfern auf, die jährlich eine bestimmte Menge ihrer Erzeugnisse für die „Verpflegung von Ankömmlingen – den Armen und Elenden“19 bereitstellen sollten.
Sachzeugnisse
Neben dieser Art von Herbergen bestand das vorwiegende Vermögen der Moscheen und Medresen aus städtischen Geschäften (dukkān), von denen keine Sachzeugnisse erhalten sind, und Handelsstützpunkten, die in der Regel als qaisarīya und wakāla bezeichnet wurden. Bei diesen Einrichtun‑ gen konnte es sich auch um unabhängige awqāf handeln, die oftmals von Kaufleuten gegründet wurden.20 Neben all diesen gestifteten Gebäuden und architektonischen Anlagen errich‑ teten muslimische Stifter auch eine Viel‑ zahl von öffentlichen Einrichtungen und Infrastrukturen, die entweder den Status eines waqf innehatten, weil sie zugunsten einer Moschee, einer Medrese oder ähnli‑ chen Institutionen gestiftet wurden, oder weil sie als öffentliche Stiftungen (awqāf ḫairīya) gegründet worden waren. Auch diese Bauten lassen sich keinesfalls allein auf der Basis von erhaltenen Sachzeugnis‑ sen identifizieren. Eine Verifizierung durch Schriftzeugnisse bleibt unverzichtbar. Zu diesen waqf ‑Baulichkeiten zählten sowohl Brunnenanlagen und wasserwirtschaft‑ liche Infrastruktur, wie etwa öffentliche Brunnen, Zisternen, Stufenbrunnen, Däm‑ me und Kanäle, als auch Mühlen, Papier‑ mühlen und öffentliche Öfen. 6.3.3 Einzelobjekte Ein Gegenstand vermag den Status eines waqf auf dreierlei Art und Weise zu er‑ langen: (1.) Er kann direkt als waqf einer bestimmten Institution gestiftet werden, was oftmals mit einer Inschrift oder durch eine schriftliche Urkunde dokumentiert wurde. (2.) Er kann von den Verwaltern einer Stiftung erworben und Teil eines bereits bestehenden waqf werden, womit er denselben Stiftungsbestimmungen un‑ terliegt. (3.) In seltenen Fällen, und zwar
Muslime
wenn die Qualitäten eines Gegenstandes hinsichtlich seiner rituellen Reinheit und der Rechtmäßigkeit seiner Verwendung unklar sind – wie bei einigen christlichen Gegenständen und Gütern unbekannter Herkunft –, wird er Teil eines bereits be‑ stehenden waqf und für wohltätige Zwe‑ cke verwendet. Die Unterschiede zwischen einem Ge‑ schenk (hiba), einem Objekt, das für wohl‑ tätige Zwecke geschenkt wurde (ṣadaqa), und einem als waqf gestiftetem Gegen‑ stand sind in der islamischen Rechtsli‑ teratur klar geregelt. Der Akt des Schen‑ kens einer hiba ist nicht zwingend religiös konnotiert und darauf ausgerichtet, eine soziale Beziehung aufzubauen; die fromme Schenkung von Gegenständen und Almo‑ sen (ṣadaqa) ist ein einzelner Akt, der einen angemessenen Lohn im Jenseits erhoffen lässt; einzig die Stiftung eines Gegenstan‑ des als waqf begründet eine auf Dauer an‑ gelegte und theoretisch ewige Beziehung zwischen dem Geber und dem Gegenstand zu einem bestimmten Zweck: Die Seele des Stifters profitiert von den guten Werken, die seine Stiftung bewirkt, weshalb die Be‑ stimmungen des waqf zur Art und Weise, wie sie von den Begünstigten verwendet werden soll, streng geregelt werden. Schon in früher islamischer Zeit konn‑ ten Gegenstände den Status eines waqf innehaben. Die ersten Ausführungen über das Konzept des waqf treten in der islami‑ schen Literatur genau zu der Zeit auf, als es um die Kategorisierung von gespendeten Waffen, Verpflegung und Tieren für den ǧihād ging, die als ḥabīs (→ 1.3.2) bezeich‑ net werden. Natürlich hat keines dieser Sachzeugnisse überlebt. Die meisten der uns überlieferten waqf ‑Objekte aus dem Mittelalter gehören zur Ausstattung ei‑ ner Moschee, die uns manchmal wertvol‑ le Informationen über die Absichten der Stifter oder über die uneingeschränkte
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Autonomie der Verwalter und Begünstig‑ ten der Stiftungen zum Zeitpunkt des Ob‑ jekterwerbs liefern können. Die Gegenstände, die Moscheen gestiftet wurden, variieren in ihrer Bedeutung und in ihrer Bestimmung. Das bedeutendste Objekt in Bezug auf seine symbolische Dimension ist der minbar, eine Kanzel, von der aus der Prediger (ḫāṭib) die Pre‑ digt beim Freitagsgebet hält und andere wichtige Mitteilungen bekannt gibt. Der minbar kann beweglich und manchmal aus Holz gefertigt sein, insbesondere in den westlichen islamischen Gebieten; in den östlichen Gebieten besteht er dagegen meistens aus Eisen oder Stein und ist fest in die Moschee eingebaut. (→ Abb. 26) Es handelt sich dabei häufig um waqf ‑ Stiftungen mit eingemeißelter Inschrift des Stifternamens, Datums und manchmal der Verwendungsbestimmungen. Nur wenige minbars aus dem Mittelalter sind erhalten geblieben. Sie konnten auch mit Geldmit‑ teln aus awqāf der Moschee erworben werden. Die minbars sind Kunstwerke und tragen oft die Signatur des Künstlers, was uns wichtige Informationen über die orts‑ ansässigen Werkstätten, über die Mobilität der Handwerker und Künstler und auch über die Stiftungspraktiken selbst liefert, da die Spender nicht nur an der Schön‑ heit der Werke interessiert waren, son‑ dern auch an dem Prestige, das ihnen aus der Verbindung mit berühmten Künstlern einschließlich der Kalligraphen erwuchs. Neben dem minbar zählen Lampen und Kerzenständer zu den typischen Beispie‑ len für Stiftungen an Moscheen. Im isla‑ mischen Westen wird den Lampen eine besondere Symbolkraft zugeschrieben. Sie wurden oftmals verwendet, um den Tri‑ umph des Islam über das Christentum bild‑ lich darzustellen, indem etwa christliche Glocken entweder zu Lampen geschmie‑ det oder ihnen Kerzenhalter hinzugefügt
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wurden. Sie wurden so zu Kerzenleuchtern, die zugleich immer noch als Glocken er‑ kennbar blieben. (→ 6.3.5) Die berühmtes‑ ten Beispiele solcher Lampen sind jene in der Moschee al‑Qarawīyīn in Fez. Es gibt auch einige Beispiele in spanischen Mu‑ seen, aber ob es sich bei diesen um waqf ‑ Objekte handelte, gilt als nicht gesichert. Lampen waren auch bei den mamlūkischen Sultanen und ihren Hofbeamten als Gaben beliebt. Sie enthielten oftmals die Gravur ihrer Namen und gelegentlich eine waqf ‑ Erklärung. Dies war beispielsweise der Fall bei der von Saif ad‑Dīn Qiǧlis an‑Nāṣirī etwa im Zeitraum 716–731 bzw. 1317–1331 u. Z. gestifteten Lampe, die im Victoria and Albert Museum aufbewahrt wird. Die Er‑ klärung enthält folgenden Wortlaut: „This is what was made a waqf by the servant yearning for God the Exalted, hoping for the pardon of his generous Lord, Qijlis [Qiǧlīs], [officer] of al‑Malik al‑Nasir [al‑ Mālik an‑Nāṣir].“21 Diese spezielle Lampe besteht zwar aus Glas, aber mamlūkische Kunsthandwerker waren insbesondere bei der Anfertigung von Arbeiten aus Metall überragend. Verschiedene Beispiele von metallenen waqf ‑Lampen, die von den Sul‑ tanen in Auftrag gegeben wurden, sind der sichtbare Beweis dafür. Weitere waqf‑Objekte, die Moscheen ge‑ stiftet wurden, waren die ʿanza, eine Holz‑ platte, die die Gebetsrichtung anzeigt, der kursī, Pl. karāsī, ein Stuhl, der von den reli‑ giösen Rechtsgelehrten, die an der Moschee lehrten, verwendet wurde, und Gebetsmat‑ ten zur Abdeckung des Moscheebodens. Die zweite große Gruppe, die sich in der islamischen Welt großer Beliebtheit bei der Stiftung von Objekten erfreute, wa‑ ren Mausoleen. Muslimische Herrscher gaben oft die Gestaltung von Kenotaphen in Form von Grabsteinen für die Gräber von charismatischen und populären reli‑ giösen Persönlichkeiten in Auftrag. Das
Sachzeugnisse
berühmteste Beispiel hierfür ist das au‑ ßergewöhnliche Kenotaph aus Holz, der von Saladin für das Mausoleum des Imam aš‑Šāfiʿī gestiftet wurde. Wenn es um Objekte im Zusammenhang mit der waqf ‑Kultur geht, gilt es auch, die Materialität des geschriebenen Wortes zu berücksichtigen, das nicht nur in öffentli‑ chen epigraphischen Inschriften, sondern auch in privaten Dokumenten eine wich‑ tige Botschaft übermittelt. Ein besonders deutliches Beispiel zur Veranschaulichung dieses Phänomens ist die waqf ‑Urkunde (vaqfnāmah) von Rašīd ad‑Dīn: Sie umfasste mehr als 100 Folios und war im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Dokumenten in persischer Sprache geschrieben. Das Wichtigste aber ist, dass es sich hierbei um einen Autograph handelt.22 Es gibt verschiedene mittelalterliche Stilhandbü‑ cher, die Anleitungen zum Verfassen von waqf ‑Urkunden bieten, und es scheint, als ob einige waqfīyas eigenhändig von den Stiftern niedergeschrieben wurden. Wie wichtig eine solche Praxis war, entzieht sich unserem Verständnis, aber für mittel‑ alterliche Muslime könnte sie von beson‑ derer Bedeutung gewesen sein. Obgleich keine umfassenden Studien zu waqfīyas existieren, wissen wir doch, dass berühmte Kalligraphen mit der Niederschrift einiger Rechtsdokumente betraut wurden. Nichtsdestotrotz wird die materielle Dimension der Schriftlichkeit meistens auf den epigraphische Bereich reduziert. Da Studien in diesem Bereich fehlen, ist es schwierig, Rückschlüsse aus den erhal‑ tenen Sachzeugnissen zu ziehen. Einige strukturelle Merkmale verdienen es jedoch, hervorgehoben zu werden: Im Gegensatz zu anderen Inschriften, bei denen die äs‑ thetische Dimension der Kalligraphie im Vordergrund steht, waren waqf‑Inschriften dazu bestimmt, gelesen zu werden. Des‑ halb sind sie vielfach in kursiver Schrift
Muslime
geschrieben und gelegentlich mit diakriti‑ schen Zeichen versehen. Waqf ‑Inschriften enthalten nicht nur den Namen des Stifters und das Datum, sondern häufig auch eine vollständige Beschreibung der einzelnen Stiftungsbestandteile. Hier ist anzumerken, dass die kalligraphischen Stile, die in öf‑ fentlichen Inschriften von den Herrschern benutzt wurden – ungeachtet dessen, ob sie sich auf einen waqf bezogen oder nicht –, auch religiös aufgeladen sein können. Einige Wissenschaftler haben daher ar‑ gumentiert, dass die Änderungen, die von den Ayyūbiden bei öffentlichen Inschriften vorgenommen wurden, als symbolische Darstellung des wiederauflebenden Sun‑ nitentums verstanden werden könnten, den die Ayyūbiden in besonderer Weise förderten.23 6.3.4 Bücher und Bibliotheken Da der Islam eine Buchreligion ist, spielt das Stiften von religiösen Werken, insbe‑ sondere von Koranen, eine wichtige Rolle in der Stiftungspraxis. Die Bedeutung von Büchern und Bibliotheken als Stiftungs‑ objekten geht aber über den kultischen Bereich hinaus. Das wichtigste aller ge‑ stifteten Bücher war natürlich dennoch der Koran. Die Vergabung von Koranen als waqf ist bereits ab dem 2./8. Jahrhun‑ dert in Rechtsdiskussionen belegt, die von muslimischen Gelehrten über die Zuläs‑ sigkeit dieser Praxis geführt wurden.24 Der früheste bekannte gestiftete Koran stammt aus dem 3./9. Jahrhundert. Unglücklicher‑ weise ist kein Koran vollständig erhalten, aber die Fragmente, die in verschiedenen Bibliotheken aufbewahrt werden, liefern uns dennoch wertvolle Informationen. Das bedeutendste Fragment ist vermutlich die berühmte Abschrift, die vom syrischen Gouverneur Amāǧūr gestiftet wurde.
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(→ Abb. 27) Dieser Koran, von dem etwa 250 Folios in verschiedenen Bibliothe‑ ken erhalten geblieben sind, wurde einer Moschee in Tyros im Jahre 262 / 875–876 gestiftet, wie aus der Stiftungsurkunde hervorgeht. Eigentlich sind es zwei Urkun‑ den: Eine der waqfīyas bezieht sich auf das Buch und die andere auf die Holzkisten, in denen es auf bewahrt wurde. Dieses Objekt ermöglichte Amāǧūr eine deutli‑ che Demonstration seines Wohlstandes: Die Stiftung bestand aus einem dreißig‑ bändigen Koran mit dreißig entsprechen‑ den Holzkisten. Als Beschreibstoff wurde Pergament verwendet – obwohl Papier im 3./9. Jahrhundert bereits weit verbreitet war – und jede Seite enthält lediglich drei Textzeilen – eine Art der Gestaltung, die so sonst kaum belegt ist und besonders teuer war. Um den zur Schau gestellten Luxus noch zu krönen, trägt jedes Recto‑ Folio die Aufschrift: „Als waqf gestiftet von Amāǧūr“ (awqafahā Amāǧūr).25 Abgesehen von seiner religiösen Symbo‑ lik ist dieses außergewöhnliche Objekt ein Zeugnis dafür, dass sich die Stiftung von Koranen als ein Mittel zur Demonstration des wirtschaftlichen Status des Stifters eignet. Dies ist allerdings auch für andere Bücher, die in Auftrag gegeben wurden, charakteristisch. Es lassen sich keine allge‑ meinen Schlussfolgerungen aus einem uns überlieferten Sachzeugnis ziehen: Ohne Stiftungsurkunden ist nicht zu erschlie‑ ßen, ob ein Buch ein waqf ist oder nicht und folglich auch nicht, ob die gestifteten Korane irgendein gemeinsames formales Charakteristikum besitzen, das sie von anderen Abschriften unterscheidet. Waqf ‑ Bücher – seien sie Korane oder andere Werke – definieren sich nämlich nicht über ihre materiellen Eigenschaften, sondern vielmehr über ihre Entstehung und ihren Gebrauch. Sofern die waqfīyas erhalten geblieben sind, in der Regel als Teil eines
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Buches, ist es oft möglich, Kenntnisse über die Stiftungsbedingungen zu erlangen, die der Stifter für die Verwendung seiner Stif‑ tung vorgeschrieben hat. Dies ist etwa der Fall bei dem Koran Maṣḥaf n. 16, der im Museum von al‑Ḥaram aš‑Šarīf in Jerusa‑ lem aufbewahrt wird und ursprünglich im 8./16. Jahrhundert der Ibrāhīmī‑Moschee in Hebron als Stiftung überlassen wurde. Sein Stifter, der Kadi Šams ad‑Dīn Mūsā, bestimmte, wie der Koran gelesen werden soll und wer die Begünstigten des spiri‑ tuellen Lohns für diese Tätigkeit sind.26 Korane waren keineswegs die einzi‑ gen Bücher, die als waqf gestiftet wurden. Narrative Quellen enthalten eine Fülle von Informationen zur Stiftung von allen mög‑ lichen Arten von Büchern und auch von gesamten persönlichen Bibliotheken, in der Regel zugunsten von waqf ‑Institutionen, wie einer Medrese oder einer Moschee. Bei diesen Stiftungen tritt ein interessantes Phä‑ nomen zutage, das in Zusammenhang mit der mittelalterlichen islamischen Schreib‑ kultur steht: Einige Autoren haben Abschrif‑ ten ihres eigenen Werks als waqf gestiftet. Das war der Fall bei berühmten mittelalter‑ lichen Gelehrten, wie al‑Ḫaṭīb al‑Baġdādī (gest. 463/1071), Yāqūt al‑Ḥamawī (gest. 622/1225) oder dem Historiker Ibn Ḫaldūn (gest. 808/1406), der eine Abschrift seines ‚Kitāb al‑ʿIbār‘ der Moschee von Qarawīyīn stiftete, von der zwei Bände erhalten geblie‑ ben sind.27 In einem außergewöhnlichen Fall resultierte die Stiftung von Büchern aus einer früheren Edition, deren Kosten aus den Einnahmen eines waqf gedeckt worden waren. So lautete der Stifterwille des His‑ torikers und Wesirs Rašīd ad‑Dīn, dass von dem Geld aus seinem waqf alljährlich eine Abschrift eines dreißigbändigen Korans und eines vierbändigen Hadith‑Werks sowie zwei Kopien seiner eigenen Werke, eine in arabischer und eine in persischer Sprache, angefertigt werden sollten.28
Sachzeugnisse
Bedauerlicherweise haben solche Para‑ texte erst in jüngster Zeit das Interesse der Historiker geweckt, sodass bisher nur we‑ nige Untersuchungen über die Stiftung von Büchern auf der Grundlage von waqfīya‑ Manuskripten durchgeführt wurden. Das Studium der noch erhaltenen, als waqf gestifteten Manuskripte kann einige in‑ teressante Ergebnisse hervorbringen, wie etwa im Fall von medizinischen Werken; in den Biographien von mittelalterlichen Ärzten wird nämlich oftmals erwähnt, dass Hospitälern und Medresen Bücher überlassen wurden. Eine weitere Gruppe von Stiftern, die durch die gestifteten Ma‑ nuskripte ins Licht rückt, sind Christen: Bücher wurden als waqf auch den Kirchen und anderen christlichen Einrichtungen gestiftet, und einige Manuskripte zeigen, dass die Regeln für die Stiftung von Bü‑ chern auf der Grundlage des islamischen Rechts von den christlichen Gemeinden übernommen worden waren.29 Ein weiterer Typus einer Stiftung, der in engem Zusammenhang mit Büchern steht, ist die Bibliothek. Muslimische Autoren sind sich uneins, welche die erste als waqf gestiftete Bibliothek in der Geschichte des Islam ist, aber es scheint wahrscheinlich, dass die erste in Bagdad in der zweiten Hälfte des 4./10. Jahrhunderts gegründet wurde. Wie bei anderen Gebäuden und ar‑ chitektonischen Komplexen auch, gibt es kein charakteristisches formales Kriteri‑ um, anhand dessen sich eine Bibliothek, geschweige denn ihr Charakter als Stiftung, erkennen ließe. Es hat den Anschein, dass die als waqf gestifteten Bibliotheken ver‑ mehrt Teil von größeren Komplexen, wie Moscheen, Medresen oder zāwiyas, wur‑ den, entweder als integraler Bestandteil des ursprünglichen Plans – mit einem oder mehreren Zimmern – oder in Form von Er‑ gänzungsbauten. Aus den erhaltenen Sach‑ zeugnissen lassen sich keine Rückschlüsse
Muslime
auf die innere Organisation der mittelal‑ terlichen Bibliotheken ziehen. Allerdings bergen die Stiftungsurkunden vielfältige Informationen über die Verwaltung sol‑ cher Einrichtungen, die Einstellung von Bibliothekaren und anderem Personal so‑ wie über die Bedingungen ihrer Nutzung.30 Fragen im Zusammenhang mit den Aus‑ leihmodalitäten sind auch ein immer wie‑ derkehrendes Thema in mittelalterlichen Fatwa‑Sammlungen. Dank dieser Quellen ist bekannt, dass es unter den Stiftern von Büchern üblich war, die Ausleihe von Bü‑ chern und manchmal sogar Abschriften derselben zu untersagen.31 6.3.5 Stiftungspraktiken und Sachkultur Sachzeugnisse, die aus der mittelalterli‑ chen waqf ‑Kultur erhalten sind, bezeugen, dass es eine Vielzahl von Praktiken gab, um symbolisches Kapital aus der religiö‑ sen Dimension der Stiftungen zu schlagen. Sie wurden benutzt, um die Überlegenheit des Islam und die Rolle des Stifters als Überbringer der islamischen Botschaft zu rechtfertigen und das Andenken an die Stifter auf Dauer zu bewahren, indem das ihrer Feinde ausgelöscht wurde. Um den waqf als ein Mittel zur Überbringung ei‑ ner politischen und religiösen Botschaft durch Kunstwerke und architektonische Bauten zu nutzen, wurden verschiedene Wege gewählt. Die folgenden Praktiken spielen dabei eine zentrale Rolle: Appropriation religiöser und dynastischer Symbolik Obwohl die Appropriation von religiösen Diskursen und Motiven zu Legitimations‑ zwecken in allen Bereichen der Politik allgemein üblich ist und keinesfalls ein ausschließliches waqf ‑Phänomen darstellt,
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bietet die Stiftung von Vermögen den Herr‑ schern dennoch eine gute Gelegenheit, sich des mit islamischen Schreinen und Dy‑ nastien verbundenen symbolischen und religiösen Kapitals zu bemächtigen. Die offensichtlichsten Beispiele hierfür sind die Gründung von awqāf, deren Begüns‑ tigte bedeutende religiöse Zentren waren, insbesondere die Al‑Aqsa‑Moschee in Je‑ rusalem sowie die Umayyaden‑Moschee in Damaskus, oder auch die Restaurierung der zu diesen Institutionen gehörenden Gebäude, deren Kosten häufig mit Geldmit‑ teln aus waqf ‑Vermögen gedeckt wurden. Im Gegensatz zu den populären awqāf, die häufig zu Gunsten der Schreine in den heiligen Städten Mekka und Medina gestif‑ tet wurden, waren die Stiftungen und die Restaurierungen, die durch die Herrscher der mittelalterlichen großen Dynastien im Nahen Osten erfolgten, oft mit diesen beiden besonderen Orten verbunden. Die Umayyaden‑Moschee in Damaskus und die Al‑Aqsa‑Moschee in Jerusalem, errichtet vom umayyadischen Kalifen ʿAbd al‑Malik, waren nicht nur die bedeu‑ tendsten Begünstigten von königlichen Stiftungen, sondern auch deren wichtigste ästhetische Referenz. Die Stiftungen Nūr ad‑Dīns, des zangidischen Helden im Feld‑ zug gegen die Kreuzfahrer, nutzten viel‑ fach Motive der Umayyaden, wie etwa die für die Umayyaden‑Moschee in Damaskus typische Mosaikdekoration. Diese wurde in einer von ihm in Aleppo gestifteten Medrese, al‑Madrasa al‑Ḥalawīya, und in einem Hospital, das er in Damaskus er‑ richtete, nämlich al‑Bimāristān an‑Nūrī, verwendet. Außerdem wählte er für die Errichtung der Medrese in Aleppo eine symbolträchtige Stelle: den Ort, an dem der umayyadische Kalif ʿUmar die erste Moschee der Stadt nach ihrer Eroberung erbaut hatte. Auch die ayyūbidische Dy‑ nastie unternahm große Anstrengungen,
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um die Umayyaden‑Moschee in Damaskus sowie den Felsendom und die Al‑Aqsa‑ Moschee in Jerusalem zu restaurieren, was nach der Eroberung der Stadt geschah. Bei ihren Stiftungen nutzten sie vielfach ar‑ chitektonische Elemente der Umayyaden, wie im Fall der Madrasa aṣ‑Ṣalīḥīya. Was die Sultane der Mamlūken betrifft, so ist das Mausoleum von Baibars I. mit Marmor‑ und Glasmosaiken verziert, die an die in der umayyadischen Architektur verwen‑ deten Techniken und Stile erinnern. Die gleiche Technik wurde bei den Restaurie‑ rungen des Felsendoms und der Al‑Aqsa‑ Moschee verwandt, die er in Auftrag gab.32 Die achteckige Anlage, die Mosaiken und die Weinrankenmotive für das Mausoleum des Sultans Qalāʾūn waren wahrscheinlich auch von der Gestaltung und der Dekora‑ tion des Felsendoms inspiriert.33 Die Präferenz dieser Dynastien für die umayyadische Kunst ist als ein Versuch interpretiert worden, sich die Erinne‑ rung an die erste Dynastie des Islam aus Gründen der Legitimierung anzueignen. Jedoch war ihr eigentliches Ziel nicht das umayyadische religiöse Vermächtnis. In Wirklichkeit ist die Frömmigkeit der umayyadischen Kalifen in den religiösen Kreisen immer sehr umstritten gewesen. Das Andenken an die Umayyaden im 5.–7. bzw. 11.–13. Jahrhundert war nicht das‑ jenige an eine unfromme Dynastie, die das Imamat in ein weltliches Königreich umgewandelt hatte, wie in historischen Quellen anschaulich beschrieben worden ist; sondern es ging um das Gedenken ei‑ ner Dynastie, die ʿAlī besiegt hatte. Das ist auch die durch die umayyadische Ästhetik übermittelte Botschaft vieler Gebäude, die von diesen Herrschern errichtet wurden. In einer Epoche, die die Historiker als die der ‚Wiederherstellung des Sunnitentums‘ im Nahen Osten bezeichneten, geht von den durch die Zangiden, Ayyūbiden und
Sachzeugnisse
Mamlūken gegründeten Stiftungen viel‑ fach eine anti‑schiitische Botschaft aus. Es handelt sich um einen Versuch, das Andenken an die früheren schiitischen Dynastien, wie die verhassten Fatimiden und Seldschuken, in der Öffentlichkeit zu tilgen oder die schiitische religiöse Aus‑ richtung der zeitgenössischen Mongolen anzufechten.34 Nutzung des städtischen Raums und Memoria Einige Wissenschaftler haben die Konti‑ nuität von Stiftungen in den islamischen Gebieten hervorgehoben und sogar die Kontinuität der von diesen Institutionen erbrachten Dienste, deren Ursprünge in die christliche Epoche zurückreichen und später von muslimischen awqāf weiter‑ geführt wurden.35 Zwar trifft es zu, dass die Quellen eine Kontinuität der Institu‑ tionen in ähnlicher Funktion belegen; je‑ doch überblendet diese Kontinuität immer wieder Brüche mit der Vergangenheit. Die Geschichte der Kontinuität der islamischen Stiftungen ist paradoxerweise eine Ge‑ schichte ihrer Diskontinuitäten. Um die uns überlieferte symbolische Dimension der waqf ‑Monumente zu verstehen, muss daher das Schicksal jener Monumente, die vernichtet wurden, in den Blick gerückt werden. Die Versuche, den städtischen Raum durch die Errichtung von architektoni‑ schen Komplexen neu zu gestalten, las‑ sen sich in der Regel nicht von der Praxis der damnatio memoriae, der Tilgung des Andenkens an frühere Herrscher oder Dynastien, trennen. Noch einmal ist zu betonen, dass islamische Stiftungen für diese Aufgabe besonders geeignet waren, ohne sich der Anschuldigung der Pietätlo‑ sigkeit auszusetzen: Es war kein Stein des Anstoßes, eine wohltätige oder öffentliche Institution durch eine andere zu ersetzen
Muslime
und beschlagnahmtes Eigentum in einen waqf umzuwandeln, sondern es war nichts weiter als ein Dienst an Gott. Die erhaltenen Sachzeugnisse – insbe‑ sondere im Nahen Osten – verdeutlichen, dass es sich dabei um eine in allen Dynas‑ tien weit verbreitete Praxis handelte. Für Stiftungen, die in den von den Kreuzfah‑ rern eroberten Städten gegründet wurden, wurden beispielsweise die bedeutendsten Standorte ausgewählt, nachdem die christ‑ lichen Bauwerke zerstört worden waren. Die vorher erwähnte Medrese, gestiftet vom Zangiden Nūr ad‑Dīn in Aleppo, wur‑ de über den Ruinen einer Kirche erbaut, die wiederum vorher auf den Ruinen einer Moschee errichtet worden war. Nūr ad‑ Dīn setzte auch die als Maqām Ibrāhīm bekannte Moschee wieder instand, eine byzantinische Kirche, die von den mir‑ dasidischen Herrschern in Aleppo (1023– 1079) in eine Moschee umgewandelt wor‑ den war. In Jerusalem tilgte Saladin nicht nur jegliche christliche Präsenz auf dem Ḥaram aš‑Šarīf, dem Tempelberg, sondern er wandelte auch das Kreuzfahrerhospital in einen ribāṭ für Sufis und eine Medrese um, gründete ein neues Hospital in der Nähe und errichtete einen ḫānqāh auf ei‑ nem Grundstück, das zum Palastkomplex des Patriarchen gehört hatte, nämlich zu dem Bereich neben der Grabeskirche, den Bädern des Patriarchen und dem soge‑ nannten Patriarchenteich.36 Die Tilgung des Andenkens an die religiösen Feinde spielte auch bei der religiösen Polemik innerhalb des Islam eine Rolle, wobei hauptsächlich die schiitischen Fatimiden im Brennpunkt standen. Saladin setzte seine Kampagne gegen das Schiitentum auch in symbolischer Hinsicht fort, indem er Gebäude der Fatimiden in sunnitische Stiftungen umwandelte. Tatsächlich war die erste Stiftung, die von Saladin in Jeru‑ salem gegründet wurde, eine Antwort auf
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das propagandistische Bildprogramm, das von den fatimidischen Herrschern ausge‑ staltet worden war. Kurz nachdem diese im Jahre 1171 besiegt worden waren, gab Saladin in Kairo den Bau des Mausoleums des Imam aš‑Šāfiʿī, der ein Wächter des Sunnismus und Architekt des islamischen Rechts war, in Auftrag.37 In Jerusalem stif‑ tete er die Madrasa aṣ‑Ṣalāḥīya, die nach ihm selbst, Ṣalāḥ ad‑Dīn, benannt war. Hierfür wurde der Palast des fatimidischen Eunuchen Saʿīd as‑Suʿadāʾ umgewandelt. In Kairo errichteten die Mamlūken viele ihrer Stiftungskomplexe über den Ruinen von fatimidischen Bauwerken: Die Medrese Zāhirīya, gestiftet von Baibars I. im Jahre 1262, wurde an der Stelle des östlichen Pa‑ lastes der Fatimiden erbaut. Der westliche Palast der Fatimiden wurde zerstört und seine Spolien für den Bau der Grabanlage von Sultan Qalāʾūn verwendet, die eine Medrese, ein Mausoleum, ein Minarett, ein Hospital, eine Grundschule und einen Brunnen umfasste. Diese Praxis wurde auch von den Mamlūken als symbolische Erinnerung an ihre Siege über ihre politi‑ schen Rivalen übernommen – so gesche‑ hen beim Mausoleum des Sultans an‑Nāṣir Muḥammad, das auf den beschlagnahmten Gebieten des abgesetzten und hingerichte‑ ten Sultans Kitbuġā erbaut wurde. Obgleich Sachzeugnisse nicht viele In‑ formationen zu diesem Sachverhalt lie‑ fern können, zeigen doch die schriftlichen Quellen, dass die damnatio memoriae auch benutzt wurde, um die epigraphische Land‑ schaft der Stadt neu zu gestalten. ʿUbaid Allāh al‑Mahdī (gest. 322/934), Begrün‑ der der Fatimiden‑Dynastie, ordnete zum Beispiel die Tilgung der Stifternamen aus den Inschriften der öffentlichen Einrich‑ tungen und stattdessen die Eintragung seines Namens an.38 Der Mamlūke an‑Nāṣir Muḥammad befahl, nachdem er den von Baibars I. gestifteten ḫānqāh als Teil seiner
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Grabanlage hatte schließen und dessen awqāf beschlagnahmen lassen, den Name des Stifters aus der Inschrift zu entfernen.39 Wenn auch nicht immer nachweisbar ist, welchen Anteil die öffentliche Darstellung von Namen am Prozess der Gedächtnisbil‑ dung an eine Dynastie hatte, so wird in den Quellen auf die Moscheen und andere Stif‑ tungen in der Regel durch die Erwähnung der Namen ihrer Stifter oder des Namens der Orte, an denen sie errichtet wurden, Bezug genommen. In dieser Hinsicht spie‑ geln sich in der Nomenklatur der Stadt die über die Jahrhunderte hinweg ausgeübten Stiftungspraktiken. Es gibt jedoch auch Beispiele, wo gängige Namen für Stiftun‑ gen wertvolle Informationen über andere Stiftungsmodalitäten und eine ganz andere Art der Memoria liefern können. Dies ist der Fall bei einer Reihe von mamlūkischen Stiftungen, denen die Leute alle denselben Namen gegeben haben, nämlich bei den Moscheen, die Ǧāmiʿ at‑Tawba (‚Moschee der Reue‘) genannt wurden. Obwohl zu wenige Untersuchungen zu diesem Thema existieren, lässt sich doch eine auffallende Ähnlichkeit zwischen all diesen awqāf er‑ kennen. Es gibt Moscheen mit dem Namen ‚Moschee der Reue‘ in Aleppo, Damaskus, Kairo – dort allein mindestens drei, eine davon stammt wahrscheinlich aus der ayyūbidischen Zeit – und in der libane‑ sischen Stadt Tripoli. Die in den schriftli‑ chen Quellen enthaltenen Informationen zu einigen dieser Moscheen offenbaren einerseits, dass die Berufung auf das Kon‑ zept der tawba (‚Reue‘ oder ‚Buße‘) sowie die soziale und religiöse Zugehörigkeit des Stifters und seine Beweggründe Gemein‑ samkeiten darstellen; andererseits zeigt sich, dass alle diese Stiftungen auch das Ergebnis einer Praxis sind, einen waqf an einer Stelle zu gründen, an dem einst ein Gebäude stand, das als ein Affront gegen die gesellschaftliche Ordnung aufgefasst
Sachzeugnisse
wurde. In diesem Fall handelte es sich je‑ doch nicht um die Tilgung eines religiö‑ sen oder dynastischen Symbols, sondern vielmehr um die Zerstörung eines Symbols der Unfrömmigkeit. Im Jahre 1234 wurde in Damaskus ein Gasthaus – bekannt als Ḫān az‑Zanǧabīlī – in dem sich lasterhafte und unzüchtige Menschen (al-fusūq wa-ʾlfuǧūr) trafen, zerstört und am selben Stand‑ ort eine Moschee, bekannt als Moschee der Buße, errichtet. Die Moschee wurde vom ayyūbidischen König al‑Ašraf (gest. 634/1237) erbaut, nachdem er von einer Reihe frommer Gelehrter als zu milde im Umgang mit dieser Art sündigen Verhal‑ tens beschuldigt worden war und deshalb als schlechter Muslim betrachtet wurde.40 In Kairo ließ der Religionsgelehrte und angesehene Hadith‑Experte, ʿAlāʾ ad‑Dīn al‑Muġlaṭāy (gest. 762/1360), einige Orte, die häufig von korrupten Leuten (ahl alfasād) aufgesucht wurden, abreißen und später eine Moschee, bekannt als ‚Mo‑ schee der Reue‘, errichten.41 Auch in den Vororten von Kairo, in Būlāq, kaufte der Emir al‑Ḫaṭīrī im Jahre 737/1336 ein Haus, das in den Quellen als ‚Haus lasterhafter Menschen, die sich mit allerlei gesetzes‑ widrigen Handlungen beschäftigten‘ (dār al-fāsiqīn li-kaṯrat mā yaǧrī fīhā min anwāʿ al-muḥarramāt), beschrieben wurde und oft von Christen aufgesucht wurde. Er kaufte es, nur um es abreißen und eine Moschee errichten zu lassen, die seinen Namen trägt, allgemein aber unter dem Na‑ men ‚Moschee der Reue‘ bekannt war.42 In Aleppo erbaute der Hadith‑Experte, Šams ad‑Dīn Muḥammad Ibn al‑Maʿṣarānī (gest. 852/1448), eine gleichnamige Moschee in einem Stadtviertel, das ḥārat as-Sūdān (‚das Viertel der Schwarzen‘) genannt wurde, und für seine Trinkgelage und Prostitution – die Quellen sprechen von singenden Skla‑ ven (qaināt) – bekannt war.43 Seltsamer‑ weise scheinen die erhaltenen Moscheen
Muslime
mit diesem Namen, nämlich die ‚Moscheen der Reue‘ in Aleppo, Damaskus und Tripo‑ li, Nachbildungen der größten Versamm‑ lungsmoscheen in ihren jeweiligen Städ‑ ten gewesen zu sein. Bedauerlicherweise verfügen wir über keine Untersuchungen, die uns darüber aufklären, welche Be‑ deutung hinter dieser architektonischen Praxis stehen könnte.44 Die Beweggründe für diese Stiftungen sind jedoch evident: Bei den Stiftern handelte es sich um from‑ me Muslime aus den traditionalistischen Hadith‑Kreisen, in der Regel Befürwor‑ ter des islamischen Grundsatzes ‚Rechtes befehlen und Falsches verbieten‘; auf des‑ sen Grundlage war jeder fromme Muslim angehalten, das Gesetz Gottes zu achten, ohne Rücksicht auf den Standpunkt von weltlichen Autoritäten.45 Oder es handelte sich um Autoritäten, die auf den Vorwurf der Unfrömmigkeit reagierten, weil sie dieses sündige Treiben zuließen. Entweihung und Verwendung von Spolien Einige der erhaltenen mittelalterlichen Ge‑ genstände und Gebäude weisen bestimmte Eigenschaften auf, die Zeugnis von der Rolle ablegen, die islamische Stiftungen in der Konfrontation zwischen Islam und Christentum spielten. Der andalusische Autor aš‑Šaqundī (gest. 629/1232) fasste dies in seinem ‚Enkomion auf al‑Andalus‘ (‚Risāla fī Faḍl al‑Andalus‘) treffend zu‑ sammen, als er die große Moschee von Córdoba folgendermaßen beschrieb: „Was die Versammlungsmoschee anbelangt, so habt ihr wahrscheinlich gehört, dass ihre Lampen aus den Glocken der Christen ge‑ schmiedet und dass ihre Gebäude mit den Steinen der Kirchen erweitert wurden, die Ibn Abī ʿĀmir zerstören ließ, und die die christlichen [Gefangenen] auf ihren Schul‑ tern trugen.“46 Die Verwendung von Spo‑ lien als Trophäen, um den Sieg des Islam über andere Religionen zu feiern, ist ein
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verbreitetes Merkmal im Bereich der Archi‑ tektur von Moscheen, die in der gesamten islamischen Welt, von al‑Andalus bis In‑ dien, praktiziert worden zu sein scheint.47 Obwohl wir noch zu wenig darüber wissen, liegt es nahe, dass die Rekontextualisie‑ rung von christlichen Spolien im Bereich der islamischen Stiftung eine besondere Bedeutung hatte. Das offensichtlichste Beispiel sind die Glocken, die von aš‑Šaqundī erwähnt wurden. Die Leuchter aus der Moschee von Córdoba existieren zwar nicht mehr, aber alle muslimischen Chroniken bestä‑ tigen, dass sie aus den Glocken, die ʿAbd ar‑Raḥmān III. aus der Kathedrale von Santiago de Compostela mitgenommen hatte, geschmiedet wurden. Christliche Glocken sind mit einer starken und äu‑ ßerst negativen Symbolik in der mittelal‑ terlichen muslimischen Vorstellungswelt belegt: Zusammen mit dem Kreuz stel‑ len sie das wichtigste christliche Symbol dar. Glocken waren ein unvermeidbares Element in den Vereinbarungen, die mit den christlichen Minderheiten auf mus‑ limischem Gebiet unterzeichnet wurden; nur unter bestimmten Auflagen – wenn überhaupt – wurden sie erlaubt. Glocken waren auch ein üblicher Topos in der mus‑ limischen polemischen Literatur. Die An‑ eignung und Umdeutung der Symbolik, die mit der Umwandlung christlicher Glocken in Lampen für Moscheen einhergeht, ist evident. Glocken wurden den Moscheen als Dotationen überlassen. Manchmal wurden sie eingeschmolzen, um sie in Lampen umschmieden zu können, aber manch‑ mal blieb die Glocke intakt und wurde als Lampe benutzt, indem einfach Kerzen auf ihr befestigt wurden. Bei archäologischen Ausgrabungen sind verschiedene andalusi‑ sche Lampen gefunden worden,48 aber die berühmtesten Lampen, die aus Glocken umgearbeitet wurden, sind jene, die der
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merinidischen Medrese von al‑Qarawīyīn gestiftet wurden und sich bis zum heuti‑ gen Tage an ihrem ursprünglichen Platz befinden.49 (→ Abb. 28) Die Nutzung christlicher Glocken als Lampen lässt sich in den östlichen isla‑ mischen Gebieten nicht nachweisen, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die syrischen Kirchen keine Glocken, sondern das griechische simantron benutzten. Dieses wurde zwar von den Muslimen gleicher‑ maßen abgelehnt, war jedoch hinsichtlich seiner Wiederverwendung weniger vielsei‑ tig. Dies änderte sich mit der Ankunft der Kreuzfahrer, die Glocken in ihren Kirchen benutzten; obwohl die Praxis der Wieder‑ verwendung von Glocken von den östlichen Muslimen nicht übernommen wurde, ist ein außergewöhnlicher Fall bekannt, der die Probleme des Gebrauchs von christlichen Gegenständen besonders gut veranschau‑ licht. In seiner Beschreibung von Aleppo berichtet Ibn Šaddād, dass die Autoritäten von Aleppo nach einer siegreichen Schlacht gegen die Armeen der Kreuzfahrer eine Glocke und ein Kreuz als Siegessymbole verwendeten, die sie den Christen zuvor ab‑ genommen hatten. Diese Geste wurde vom Kadi als unfromme Neuerung betrachtet; er ordnete an, dass diese Gegenstände aus der Moschee zu entfernen und zu vernich‑ ten seien. Damit verärgerte er die örtliche Bevölkerung, die mit ihrer Glocke derart glücklich zu sein schien, dass sie sie nach der Zerstörung sogar reparierte. Die Glo‑ cke blieb fortan weiter in Gebrauch, bis sie – dieses Mal ohne die Intervention religiöser Puristen – wieder entzwei ging.50 Es gibt dennoch eine ähnliche Praxis, die ebenfalls eng mit den islamischen Stiftungen in den östlichen islamischen Gebieten verknüpft zu sein scheint: die Verwendung von christlichen Altarstei‑ nen als Dekoration. Wie bereits erwähnt, ist die Verwendung von Spolien beim Bau
Sachzeugnisse
von Moscheen in der islamischen Archi‑ tektur üblich, aber der Verwendung von Altarsteinen in der Architektur der Gegen‑ kreuzzüge scheint eine spezielle Bedeutung zuzukommen. Die Stiftungen, die von Nūr ad‑Dīn in Aleppo und Damaskus gegründet wurden, präsentieren eine ungewöhnliche Sammlung von Altarsteinen oder jedenfalls halbrunden und rechteckigen Marmorplat‑ ten, von denen die Muslime glaubten, dass sie Altäre seien. Al‑Bimāristān an‑Nūrī, vom zangidischen Herrscher in Damaskus gegründet, besitzt fünfzehn solcher Steine, von denen einer die Stiftungsurkunde als Inschrift enthält. (→ Abb. 29–30) Ähnli‑ che Steine, wenn auch nicht in dieser Zahl, sind in seinem Mausoleum und der Med‑ rese, die er in Aleppo gründete, sowie in verschiedenen syrischen Moscheen, die in Verbindung mit seinen Aktivitäten als Mä‑ zen und Stifter stehen, zu finden.51 Die Ver‑ wendung von Altarsteinen scheint einem klaren Bildprogramm zu folgen, was auch von einigen ayyūbidischen Quellen belegt wird: Ein Brief, angeblich von Saladin ge‑ schrieben, bestätigt, dass nach dem Fall von Akko „Tempel zu Moscheen wurden, restauriert von jenen, die an Ihn und Sein Jüngstes Gericht glauben; die Altäre wur‑ den in minbars für die Prediger umgewan‑ delt, unter deren Tritten ihre Pflaster freu‑ dig erschallten, so wie sie früher unter den Tritten der Ungläubigen gezittert hatten“.52 Es ist offensichtlich, dass die Nutzung von Altären im Kontext des Gegenkreuzzugs die architektonische Übersetzung dieses Narrativs darstellt, aber lässt sich auch ein Bezug zur Stiftungspraxis erkennen? Der Forschungsstand erlaubt uns nur zu vermuten, dass der besondere Status der gestifteten Einrichtungen, in denen die Altäre verwendet wurden, eine bestimmte Rolle bei der Behandlung der Gegenstän‑ de gespielt haben könnte, da sie sonst als unrein betrachtet worden wären.
Muslime
Ein anderes interessantes Beispiel für diese Praxis ist die ayyūbidische ḥana‑ fītische Moschee in Damakus. Diese wurde von Flüchtlingen aus Nablus errichtet, die Gefolgsleute von Saladin im Kampf gegen die Kreuzfahrer waren. Ihr Bau wurde im Jahre 1202 von Abū ʿUmar Muḥammad ibn Aḥmad, einem der Söhne des religiösen Führers dieser ḥanbalītischen Gemeinde, begonnen und später vom Emir von Irbil Muẓaffar, ad‑Dīn Abū Saʿīd al‑Kawkabūrī, fortgeführt. Letzterer stiftete einen waqf zugunsten der Moschee. Zwei kleine Säu‑ len mit Kreuzfahrerkapitellen, als Spolien von einem christlichen Bauwerk (wahr‑ scheinlich einer Kirche) entfernt, umrah‑ men den mihrab (Gebetsnische). Auf die‑ sen Säulen waren ursprünglich Köpfe von Menschen abgebildet, die beim Einbau in die Moschee entfernt worden waren.53 Die umfängliche Verwendung von christlichen Spolien in mamlūkischen Bauten zeigt auch, dass diese Praxis ihre klare symbolische Bedeutung für späte‑ re Dynastien bewahrte und dass die von den christlichen Bauwerken entfernten Stücke nicht nur in situ verwendet wur‑ den. Eines der besten Beispiele hierfür ist die Medrese von Sultan al‑ʿĀdil Kitbuġā (reg. 694–696 / 1294–1296), deren Fassade mit einer gotischen Eingangstür verziert wurde, die einer Kirche entnommen wor‑ den war. (→ Abb. 31) Nach der Eroberung von Akko im Jahr 1291 wurde dieses Stück zusammen mit anderen Spolien von Emir Sanǧar aš‑Šuǧāʿī, der für die Zerstörung der Verteidigungsschutzbauten und Kir‑ chen dieser Stadt verantwortlich war, nach Kairo gebracht.54 Auch Waffen christlicher Kreuzfahrer konnten als waqf gestiftet werden: Das Militärmuseum in Istanbul verfügt über eine kuriose Sammlung von 126 Schwer‑ tern, zum einen von Kreuzfahrern und zum anderen aus Europa, die der osmanische
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Sultan Selim I. nach seiner Eroberung Ägyptens im Jahre 922/1516 erbeutete. Die Provenienz dieser westlichen Schwerter ist unbekannt, aber es handelt sich vermutlich um Beutestücke aus dem Krieg gegen die Christen. Sie alle tragen eine arabische Inschrift, aus der hervorgeht, dass sie als waqf zur Verteidigung der Stadt Alexand‑ ria gestiftet wurden. Das Verb, das für die‑ sen Stiftungsakt der Schwerter gebräuch‑ lich war, lautet ḥabbasa. Jene Schwerter, die ein Datum in der Inschrift tragen, wur‑ den im 9./14. Jahrhundert gestiftet.55 Die ursprünglichen Verwahrungsorte dieser Waffen scheinen die ribāṭs zur Verteidigung von Alexandria und später das Arsenal der Stadt gewesen zu sein. (→ Abb. 32) Ein sehr ähnliches Phänomen wie das der Glocken und der Altarsteine findet sich aus mamlūkischer Zeit: Ein christlicher Gegenstand, vermutlich eine Kriegstro‑ phäe, wurde in einen waqf umgewandelt und infolge dieser Rekontextualisierung seiner symbolischen Bedeutung beraubt. Dieser Fall erlaubt weitergehende Überle‑ gungen, weil er das Phänomen des waqf mit einem bedeutenden Merkmal der isla‑ mischen Frömmigkeit, und zwar der reli‑ giösen Skrupulosität (waraʿ), zu verbinden scheint. Der Gebrauch von christlichen Waffen ist ein beständiges Thema in der islamischen Rechtsliteratur und den Fat‑ was. Muslimische Gelehrte haben unter‑ schiedliche Antworten auf die Fragen der Rechtmäßigkeit von Besitz und Gebrauch christlicher Gegenstände oder des Handels mit ihnen gegeben. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass dies ein ernstes Problem für viele fromme Muslime darstellte, da sie glaubten, dass sie durch die bloße Tatsache des Umgangs mit diesen Gegenständen eine sündige Handlung begehen würden. Uns ist auch bekannt, dass islamische Stiftungen ein geeignetes Mittel waren, Gegenstände und Güter zu appropriieren,
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deren ungewisser Ursprung Zweifel über ihre Reinheit aufkommen ließ, wie etwa Treibgut havarierter Schiffe. Im Prinzip sollten an den Küsten gefundene Güter an die religiöse Gemeinde, zu der das Schiffs‑ wrack gehörte, zurückgegeben werden. Konnte die Religion der Eigentümer aber nicht bestimmt werden, sollten die Güter einem waqf übergeben werden.56 Es scheint plausibel, dass den awqāf als Eigentum Gottes eine reinigende Kraft zu‑ geschrieben wurde; frommen Muslimen er‑ laubten sie den Gebrauch von Gütern und Gegenständen, die sonst als verdächtig
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oder ungesetzlich (ḥaram) betrachtet wor‑ den wären, wie etwa solche, die Christen gehört hatten oder mit ihnen in Kontakt gewesen waren. Den Stiftern von awqāf war es in dieser Hinsicht möglich, eine Doppelfunktion auszuüben: Einerseits konnten sie die Zweifel am rechtmäßigen Gebrauch von christlichen Gegenständen ausräumen, andererseits konnten sie iko‑ nographisch die Überlegenheit des Islam demonstrieren, indem sie sich christli‑ che religiöse Symbolik aneigneten und sie umdeuteten. IS
Anmerkungen 1 Baxandall, Wirklichkeit der Bilder (1987), 9;
17 Ebd., 50–58. im englischen Original: Ders., Painting and Ex‑ 18 Silverstein, Postal Systems (2007), 46 f. (zur perience (1972), 1. Etymologie); 92–99 (zu Routen und Stationen). 2 Salameh, Qurʾān Manuscripts (2001), 90 f. 19 Cytryn-Silverman, Road Inns (2010), 32. 3 Aḥmad ibn Muḥammad al‑Hallāl, Kitāb al‑ 20 Reinfandt, Kārimī‑Kaufleute als Stifter (2003). wuqūf min masāʾil al‑Imām Aḥmad ibn Ḥanbal 21 Zitiert nach: Museum with no Frontiers, on‑ al‑Šaibānī. Ed. ʿAbd Allāh b. Aḥmad b. ʿAlī az-Zaid, line: http://www.discoverislamicart.org/database_ Bd. 1. Riad 1989, 225 f. item.php?id=object;ISL;uk;Mus02;19;en (Zugriff: 4 Zitiert nach Ruggles, Islamic Art and Visual 02.01.2014).Vgl. Lamm, Mittelalterliche Gläser und Culture (2011), 79. Steinschnittarbeiten (1930), 439. 5 Fernandes, Evolution of a Sufi Institution 22 B. Hoffmann, Waqf im mongolischen Iran (1988), 10–19; Little, Nature of Khānqāhs, Ribāṭs, (2000), 22–28. and Zāwiyas (1991). 23 Tabbaa, Transformation of Islamic Art (2001), 6 Kahil, Sultan Ḥasan Complex (2008), 45. 53–73. 7 Zitiert nach ebd., 31. 24 Ebd. 8 Mulder, Mausoleum of Imam al‑Shafiʿi (2006). 25 Déroche, Qurʾān of Amāǧūr (1990/1991). 9 Kahil, Sultan Ḥasan Complex (2008), 45. 26 Salameh, Qurʾān Manuscripts (2001), 90 f. 10 Little, Nature of Khānqāhs, Ribāṭs, and 27 Lévi-Provençal, Exemplaire du Kitāb al‑ʿIbār Zāwiyas (1991). (1923). 11 Al‑Muqaddasī, Kitāb aḥsan at‑taqāsīm fī 28 Blair, Compendium of Chronicles (1995), 114 f. maʿrifat al‑aqālīm. Ed. Michael Jan de Goeje. Lei‑ 29 Troupeau, Actes de waqf (2002); G. Graf, Ca‑ den 1967, 323. talogue de manuscrits (1934), 2, Nr. 4. 12 Syrakoy, Health, Spirituality and Power (2007). 30 Subtelny, Making of Bukhārā‑yi Sharīf (2001). 13 Zur Rolle der ribāṭs in Grenzgesellschaften Es gibt auch eine außergewöhnliche Miniatur im vgl. Bosworth, City of Tarsus (1992). Manuskript der Bibliothèque National Arabe 5847, 14 Al‑Muqaddasī, Kitāb aḥsan at‑taqāsīm. Ed. fol. 5v, die die ‚Maqāmāt‘ von al‑Ḥarīrī mit einer de Goeje (wie Anm. 11), 164. Darstellung der Bibliothek von Buchara enthält. 15 Sharon, Waqf inscription from Ramla (1997). 31 Beispielsweise Al‑Wanšārisī, Al‑Miʿyār al‑ 16 O. Constable, Housing the Stranger (2003), 40–45. muʿrib wa‑ʾl‑ǧamiʿ al‑muġrib ʿan fatāwā ʿulamāʾ
Juden
al‑Andalus wa‑ʾl‑Maġrib. Ed. Muḥammad Ḥaǧǧī, 13 Bde. Rabat 1981–1983, hier Bd. 7, 293. 32 Mostafa, Restoration of the Mosque (1995). Zur Frage der legitimierenden Dimension des umayyadischen Gedenkens siehe Broadbridge, Mamluk Legitimacy (2001). 33 Zu diesem Thema vgl. Meinecke, Mausoleum des Qalaʾun (1971). Zum Einfluss der Umayyaden vgl. Flood, Umayyad Survivals and Mamluk Re‑ vivals (1997). 34 Zum Wiederaufleben des Sunnismus und seinen Auswirkungen auf die Künste vgl. Tabbaa, Transformation of Islamic Art (2001). 35 Pahlitzsch, Christian Pious Foundations (2009). 36 Bahat, Hospices and Hospitals (2002), 77; Pahlitzsch, Transformation of Latin Religious Institutions (2004), 50. 37 Mulder, Mausoleum of Imam al‑Shafiʿi (2006). 38 Toukabri, Satisfaire le ciel et la terre (2011), 104. 39 Fernandes, Evolution of a Sufi Institution (1988), 25. 40 Aḥmad ibn ʿAbd al‑Wahhāb al‑Nuwairī, Nihāyat al‑arab fī funūn al‑adab, Bd. 29. Kairo 2002, 207. 41 Al‑Maqrīzī, Kitāb as‑sulūk fī maʿrifat ad‑du‑ wal wa‑ʾl‑mulūk. Kairo 1941, 98; Ibn Taġrī Birdī, An‑Nuğum az‑zāhira fī mulūk Miṣr wa‑ʾl‑Qāhira, Bd. 9. Kairo 1963, 96. 42 Al‑Maqrīzī, al‑Mawāʿiṭ wa‑ʾl‑iʿtibār fī ḏikr al‑ḥiṭat wa‑ʾl‑āṯār. Ed. Muḥammad Muṣṭafā Ziyāda, Bd. 2. Kairo 1942, 423. 43 Ṣibt Ibn al‑ʿAǧamī, Kunūz al‑ḏahab fī taʾrīḫ Ḥalab. Ed. Šawqī Šaʿṯ / Fāliḥ al-Bakkūr, Bd. 1. Alep‑ po 1996, 252.
495 44 Oleg Grabar befasst sich mit den Namen der
Moscheen von Aleppo und Damaskus, geht aber in seiner Analyse nicht darüber hinaus; vgl. Ettinghausen / Grabar / Jenkins-Madina, Islamic Art and Architecture (2001), 223. 45 Zu diesem Prinzip vgl. M. Cook, Comman‑ ding Right and Forbidding Wrong (2006). 46 Al‑Šaqundī, Risāla fī faḍl al‑Andalus. Ed. Ṣalāh ad-Dīn Munaǧǧid, in: ʿAlī ibn Aḥmad ibn Ḥazam / ʿAlī ibn Mūsā ibn Saʿīd / Ismāʿīl ibn Muḥmmad al‑Šaqundī (Hrsg.), Faḍāʾil al‑Andalus wa‑ahlihā. Beirut 1968, 55. 47 Zu Indien vgl. Eaton, Temple Desecration (2000, ND 2008). 48 Fernández-Puertas, Tipología de lámparas de bronce (1999). 49 Golvin, Éclairage des mosquées (1987/1988). 50 Ibn Šaddād, al‑Aġlāq al‑ḫaṭīra fī ḏikr umarāʾ aš‑Šām wa‑ʾl‑Ǧazīra. Ed. Yaḥyā Zakariyā ʿAbbāra. Damaskus 1991, 181. 51 Flood, Medieval Trophy (2001), 48 f. 52 Al‑Muqaddasī, Kitāb aḥsan at‑taqāsīm. Ed. de Goeje (wie Anm. 11), 55. 53 Kedar, New Sources (1997), 134; Sauvaire, De‑ scription de Damas (1896), 241 f. 54 Loiseau, Frankish Captives in Mamlūk Cairo (2011), 39 f. 55 Kalus, Donations pieuses d’épées médiéva‑ les (1982). 56 Khalilieh, Admiralty and Maritime Laws (2006), 212.
6.4 Juden 6.4.1 Allgemeines Es gibt nur wenige mittelalterliche Sach‑ zeugnisse, die die wechselhafte Geschich‑ te der jüdischen Gemeinden unbeschä‑ digt überdauert haben.1 Anhand der we‑ nigen Objekte, die den Vertreibungen,
Zwangskonversionen und Pogromen Stand hielten, lassen sich daher nur schwer‑ lich Rückschlüsse auf die Funktionen des Stiftens, den sozialen Status der Stif‑ tenden oder die Verbreitung bestimmter
496
Stiftungspraktiken ziehen. Inschriften, ohne deren Existenz sich das vormoder‑ ne Stiftungswesen der Juden kaum belegen ließe, liegen heutzutage oft nur fragmen‑ tarisch oder sogar nur in Form von Tran‑ skriptionen vor. Bestenfalls informieren sie uns über die Namen der Stifter oder Stifterinnen, das Datum des Stiftungsaktes sowie die gestifteten Objekte. Gleichermaßen ist es kein Einzelfall, dass mittelalterliche Bauwerke, Innenaus‑ stattungen von Baulichkeiten sowie kulti‑ sche und dekorative Objekte allein durch bildliche Darstellungen in illuminierten Handschriften, Malereien und Photogra‑ phien überliefert sind.2 In anderen Fällen geben nur schriftliche Quellen Auskunft über die Art, die materielle Beschaffenheit und den Wert gestifteter Objekte. Derar‑ tige Beschreibungen sind nur vereinzelt in den unterschiedlichsten Textgattungen anzutreffen. So finden sich in der Mischna und den Talmudim Diskussionen über den Umgang mit gestifteten Sachzeugnissen; mittelalterliche Responsa dokumentieren Kontroversen um die Frage, ob die Ent‑ scheidungsgewalt über gestiftete Objekte bei der Gemeinde oder dem Stifter liege; in der sogenannten jüdisch‑ethischen Li‑ teratur (musar) werden Sachzeugnisse im Kontext der moralischen Appelle an die Stifter und Stifterinnen erwähnt; in Me‑ morbüchern tauchen neben den jüdischen Märtyrern, die während der mittelalter‑ lichen Pogrome in Aschkenas ihr Leben ließen, auch Namen von Spendern und Stiftern mitsamt ihren Gaben auf; und nicht zuletzt führen administrative Quel‑ len – wie beispielsweise Inventarlisten von Synagogen – Buch über gestiftete Objekte. Man kann somit festhalten, dass zwi‑ schen real vorhandenen Sachzeugnis‑ sen einerseits und der schriftlichen oder bildlichen Überlieferung von Objekten andererseits unterschieden werden muss.
Sachzeugnisse
Demzufolge hat sich in der jüdischen Kunstgeschichte die Methode etabliert, durch Kombination dieser verschiedenen Quellenkorpora und unter Hinzuziehung frühneuzeitlicher Sachzeugnisse mögli‑ che Typologien der mittelalterlichen Sy‑ nagogenarchitektur, der Gold‑ und Sil‑ berschmiedearbeiten sowie der Textilien, Malereien und Illustrationen zu rekon‑ struieren. Für manche Regionen ist ein solches Unterfangen schlicht unmöglich. So wurden beispielsweise nach der Aus‑ weisung der Juden aus England 1290 und Frankreich 1349 sämtliche Bauwerke, die wichtige Informationen über jüdisches Le‑ ben in diesen Regionen liefern könnten, zerstört. Auch für Spanien (Vertreibung der Juden 1492), Portugal (Vertreibung der Juden 1497), Nordafrika und Aschkenas gestaltet sich eine solche Rekonstruktion schwierig.3 Da sich eine Interaktion der Juden mit den jeweiligen Umweltkulturen in der Formensprache der ‚jüdischen‘ bildenden Künste besonders deutlich ablesen lässt, hat sich in dieser Disziplin schon sehr früh eine komparative, religionsübergreifende Herangehensweise durchsetzen können. Dabei erklären die Forscher die Affinität zwischen der ‚jüdischen‘ und ‚nicht‑jüdi‑ schen‘ Kunst dadurch, dass einerseits das ästhetische Empfinden der Juden maßgeb‑ lich von dem jeweiligen epochalen Stil der Umweltkulturen geprägt war.4 Anderer‑ seits hätten sich diese frappierenden Ähn‑ lichkeiten aus rein pragmatischen Gründen ergeben: So wurden vielerorts Synagogen von christlichen beziehungsweise musli‑ mischen Architekten und Handwerkern erbaut, da Juden das Ausüben dieser Be‑ rufe oftmals untersagt war.5 Die vielen beachtenswerten Ergebnisse, die in den letzten Jahrzehnten auf diesem Gebiet zu verzeichnen waren, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wenigen
Juden
uns bekannten Sachzeugnisse nur einen beschränkten Einblick in das jüdische Stif‑ tungswesen gewähren können. Der hier vorliegende Beitrag kann daher nur eine systematische Bestandsaufnahme versu‑ chen, die zumindest die Vermutung nahe‑ legt, dass das Stiften von Objekten jeglicher Art bei den mittelalterlichen Juden keine Seltenheit war. 6.4.2 Baulichkeiten Wenngleich die Quellenlage in Bezug auf unbewegliche Objekte Defizite aufweist, gehören Stiftungen von Synagogenbauten dennoch zur Gruppe der am besten doku‑ mentierten mittelalterlichen Sachzeugnisse. Trotz der Zweckentfremdung oder Zerstö‑ rung jüdischer Sakralbauten bezeugen die oft zufällig bei Renovierungsarbeiten oder Ausgrabungen entdeckten Steininschrif‑ ten die Aktivitäten jüdischer Stifter und Stifterinnen. Mittelalterliche Stifterinschriften an Synagogen lassen sich für Aschkenas, Spanien, Italien und Ägypten nachwei‑ sen. In der Regel wurden sie gut sichtbar an prominenter Stelle angebracht, wie beispielsweise im Eingangsbereich oder neben dem Thoraschrein an der Ostwand im Innenraum der Synagoge. Bibelzitate und Gebetsformeln tauchen bei den heute noch erhaltenen oder rekonstruierten Sy‑ nagogen weitaus häufiger auf als Stifterin‑ schriften. Letztere wurden zudem in ihrer Ausgestaltung möglichst schlicht und in kleineren Lettern als die biblischen Zitate und Sprüche gehalten.6 Die häufige Ver‑ wendung des Verbs ‚bauen, erbauen‘ (von der Wurzel b-n-h, )בנהin Verbindung mit Personennamen warf unter Kunsthistori‑ kern die Frage auf, ob die Steininschriften tatsächlich auf die Stifter der Synagogen oder deren Baumeister verweisen.7 Die
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eingangs schon erwähnten beruflichen Einschränkungen stellen jedoch eine jü‑ dische Bautätigkeit infrage. Es ist etwa höchst unwahrscheinlich, dass es sich bei den namentlich erwähnten Juden der Wormser Inschriften tatsächlich um die Er‑ bauer des Gebäudes handelt, da die Konst‑ ruktion eines Gewölbes dieser Art eine pro‑ fessionelle Ausbildung erforderte, die den Juden in Aschkenas verwehrt war.8 Zudem finden sich deutliche Parallelen in der or‑ namentalen Formensprache der Wormser Synagoge und der Fritzlarer Kirchen, die eine Zuordnung dieser Arbeiten zu christ‑ lichen Steinmetzen plausibler erscheinen lassen.9 Bei einigen wenigen Beispielen lässt die Überlieferung die Forscher jedoch im Unklaren. So erwähnt das Nürnberger Memorbuch einen gewissen Herrn Simson als Erbauer einer Synagoge, verweist aber außerdem auf weitere Geldgeber.10 Dass sich die Besitzverhältnisse von jüdischen Sakralbauten durchaus komplex darstellen, zeigt sich schon in talmudi‑ schen Diskussionen. Dort werden Syna‑ gogen grundsätzlich als Gemeindebesitz aufgefasst.11 Jedes Gemeindemitglied war verpflichtet, sich an den Kosten der Errich‑ tung einer Synagoge zu beteiligen. Dabei etablierten sich zwei unterschiedliche Fi‑ nanzierungsmodelle: Dem ersten zufolge errechnete sich der zu leistende Beitrag prozentual nach dem Vermögen jedes Ge‑ meindemitglieds. Bei dem zweiten wurde die eine Hälfte der Ausgaben über eine einheitlich festgelegte Pro‑Kopf‑Abgabe finanziert und die andere Hälfte durch Spenden und Stiftungen von begüterten Gemeindemitgliedern bestritten.12 Beiden Konzepten zufolge verfügte letztendlich die Gemeinde als Eigentümerin über die Entscheidungshoheit über das Gotteshaus – auch wenn es sich um bauliche Maßnah‑ men oder Ausschmückungen handelte, die durch Spenden oder Stiftungen finanziert
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wurden. Durch diese Konstellation waren Interessenkonflikte zwischen individuellen Stiftern und dem Kollektiv der Gemeinde vorprogrammiert. In einem Responsum des Rabbi Salomon ben Abraham ibn Aderet (genannt Rashba, 1235–1310) aus Barcelona wird berichtet, dass von einer Gemeinde der Versuch unternommen wurde, einem wohlhabenden Stifter den Umbau des Syna‑ gogenraumes zu untersagen, da es dadurch zu einer Veränderung der Sitzordnung mit entsprechender Prestigeminderung für bestimmte Plätze gekommen wäre.13 An gleicher Stelle wird thematisiert, ob die Gemeinde einem Stifter grundsätzlich verbieten könne, seinen Namen an der von ihm gestifteten Synagoge zu verewigen. In beiden Instanzen entschied sich Rashba zwar zugunsten des Stifters. In anderen Fällen fiel das Urteil jedoch gegenteilig aus. Als im 16. Jahrhundert ein wohlhabender Jude aus Candia (heute Iraklio, Kreta) ein marmornes Relief seines Familienwappens mitsamt einem gekrönten Löwen über dem Thoraschrein der örtlichen Synagoge an‑ bringen wollte, wurde ihm dies vom Rab‑ biner seiner Gemeinde untersagt.14 Einzig aus Privatsynagogen – die jedoch ebenfalls nur mit Zustimmung der Gemeinde errich‑ tet werden durften – ist eine solche Praxis überliefert: So befindet sich beispielsweise in der El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo die Stifterinschrift des Samuel Halevi Abulafia. Über den Inschriften, und somit an einer eminent bedeutenden Stelle, wurden die Wappen König Peters I. von Kastilien und Léon (1334–1369) angebracht.15 Aschkenas Für die Untersuchung der Sachzeugnisse jüdischer Stifteraktivitäten im aschkenasi‑ schen Raum erweist sich Worms als be‑ sonders bedeutend.16 Allein von hier sind elf mittelalterliche Inschriften (1034 bis ca. 1400) – teils im Original, teils in Abschrift
Sachzeugnisse
– überliefert. Sechs der Inschriften können eindeutig als Stifterinschriften identifiziert werden, weitere drei könnten auf einen Stiftungsakt hinweisen.17 In der frühesten uns bekannten Stif‑ terinschrift, die sich westlich neben dem Nordportal des Gründungsbaus der Wormser Männersynagoge von 1034 be‑ fand, werden sowohl die Namen des Stif‑ terehepaars, Jakob ben David und sei‑ ne Frau Rachel, als auch das Datum der Fertigstellung des Bauwerks (Monat Elul im Jahre [4]794 nach der Erschaffung der Welt)18 erwähnt.19 (→ Abb. 33–34) Neben den vielen biblischen Zitaten und Para‑ phrasen – eines der Hauptcharakteristika fast aller Inschriften – und der üblichen Bezeichnung der Synagoge als ‚kleiner Tempel’ beziehungsweise ‚geringeres Hei‑ ligtum’ (miqdash meʾat, )מקדש מעטwird der Stiftungsakt hier zusätzlich mit einer Opfergabe an Gott assoziiert.20 Im Innenraum der Synagoge waren zwei weitere undatierte Inschriftenplat‑ ten jeweils rechts (A) und links (B) des Thoraschreins angebracht. Wie auf Pho‑ tographien der Zwischenkriegsjahre zu erkennen ist, befand sich Inschrift A vor der vollständigen Zerstörung der Synagoge durch die Nationalsozialisten noch an ihrer ursprünglichen Position. (→ Abb. 35–36) Glücklicherweise konnte die Platte aus rotem Sandstein bei den Wiederaufbauar‑ beiten im Dezember 1957 geborgen werden. Der Text fordert dazu auf, „für den Herrn Jakob [sic!], einen tüchtigen Mann, Sabbat für Sabbat (…) zu gedenken und ihn zu er‑ wähnen mit den Schlafenden Hebrons“.21 Diese Praxis ist tatsächlich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bezeugt. So schreibt A. Epstein im Jahre 1896 nach seinem Besuch der Wormser Männersynagoge, dass die Gemeinde „jeden Samstag das Andenken Mar Jacob’s in einem besonderen Gebe‑ te“22 ehrte.
Juden
Inschrift B, die bereits vor 1842 aus der Synagoge entfernt worden sein muss, bil‑ dete offensichtlich das linke Gegenstück zu Inschrift A. Erfreulicherweise hat sich eine Abschrift erhalten, die von einem gewissen Eliʿeser ben Samuel im Jahre 1559 erstellt wurde.23 Ein kleines Fragment des Origi‑ nals, das vermutlich nach der Zerstörung der Inschrift im 17. Jahrhundert nach Köln verschleppt wurde, befindet sich inzwischen wieder in Worms.24 Diese Inschrift appel‑ liert an die testamentarische Verpflichtung der Gemeinde, die Synagoge in einem guten baulichen Zustand zu erhalten.25 Zwei weitere Inschriften aus den Jahren 1212/1213 bezeugen die Stiftung der Worm‑ ser Frauensynagoge. Auch hier wird das Stifterehepaar, Meʾir ben Joʾel und Judith, sowie das Erbauungsjahr ([4]973 nach der Erschaffung der Welt) erwähnt.26 Eine der Platten ist fragmentarisch erhalten, die andere wurde erst 2013 in Schweden wie‑ derentdeckt.27 Es scheint kein Zufall zu sein, dass es sich bei den Stiftern dieser beiden Synago‑ gengebäude um Ehepaare handelt. Denn zwei der fünf Inschriften stellen einen expliziten Zusammenhang zwischen dem Stiftungsakt und der Nachkommenschaft der Stifter her. Die Inschrift der Männer‑ synagoge von 1034 verweist in Anlehnung an Jesaja darauf, dass sich Jakob ben Da‑ vid und Rachel durch die Errichtung des Synagogenbaus unvergänglichen Ruhm erworben hatten, der „[b]esser als Söhne und Töchter“ sei.28 Über Judith weiß die Stifterinschrift zu berichten: „Weise baute sie das kostbare Haus, wodurch sie gleich einer fröhlichen Mutter von Söhnen wur‑ de“29. Ob die beiden Stifterpaare, wie Ep‑ stein, Böcher und Fritz vermuten, kinderlos waren, lässt sich anhand dieser Aussagen zwar schwerlich belegen.30 Dass allerdings das Stiften eines Bauwerks mit dem Ge‑ bot der Fortpflanzung gleichgesetzt wird
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– eine der bedeutsamsten Vorschriften des Judentums – ist bemerkenswert. Falls in diesen Fällen das Stiften von Synagogen tatsächlich als eine Maßnahme betrachtet wurde, die Kinderlosigkeit zu kompensie‑ ren wusste, würden diese Inschriften Ein‑ blicke in ein bisher nicht berücksichtigtes Stiftermotiv im aschkenasischen Raum ge‑ ben.31 Denkbar wäre jedoch auch, dass die Assoziationen des Stiftungsaktes mit dem Gebot der Fortpflanzung den praktischen Nutzen des Bauwerks für die Gemeinde betonen sollten. Schließlich zählt die reli‑ giöse Infrastruktur, neben dem Nachwuchs, zu einer der Grundbedingungen, um den Fortbestand jüdischen Lebens zu gewähr‑ leisten. Nicht zuletzt scheint es plausibel, dass sich diese Aussagen – ganz im Sinne Jesajas – nicht auf das Bauwerk, sondern die Inschriften selbst beziehen. Denn die Konservierung des Namens in Stein wurde schon im biblischen Kontext als ein Garant dafür gewertet, ein dauerhaftes Andenken zu sichern, eher noch als der eigene Nach‑ wuchs.32 Im ‚Sefer Ḥasidim‘, der in Teilen Jehudah ben Samuel he‑Ḥasid (1140/1150– 1217) zugeschrieben wird, findet sich folgen‑ de Ermahnung, die eine Kausalverbindung zwischen dem Stiften von Baulichkeiten und Memoria bestätigen würde: „Jeder, der ein Andenken schafft, wird kein Andenken haben. Jemand errichtete eine schöne Sy‑ nagoge und die Gemeinschaft wollte ihm etwas beisteuern und sich finanziell [am Bau] beteiligen. Doch er wollte dies nicht [zulassen], da [die Synagoge] als Andenken (…) an ihn und seine Nachkommen dienen sollte. [Deshalb] hörte seine Nachkommen‑ schaft auf zu existieren“.33 Auch wenn hier der Verlust des Nachwuchses als Folge des (egoistischen) Stiftungsaktes und nicht als dessen Ursache dargestellt wird, so ist es doch gut möglich, dass diese Passage als zeitgenössische Kritik einer solchen Praxis zu lesen ist.
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Ein weiteres Charakteristikum der Wormser Inschriften ist der Memorialge‑ danke. So ist auf mehreren Steintafeln die Aufforderung zu lesen, für die namentlich genannten Stifter ein ‚Amen‘ zu sprechen. Ob das Gedenken an die Stifter auf deren Seelenheil Einfluss nehmen sollte, bleibt unklar. Die Inschriften deuten zumindest nicht auf ein solches Verständnis hin, son‑ dern beinhalten lediglich die Bitte, Gott möge den Stiftern ihren zu Lebzeiten ver‑ richteten Verdienst anrechnen.34 (→ 3.4) Ein stark beschädigtes Fragment, das anhand seines Schrifttypus auf das 14. Jahr‑ hundert datiert werden kann, könnte auf den Wiederaufbau einer der Wormser Sy‑ nagogen hindeuten. Erhalten haben sich lediglich ein Teilstück mit dem Wort ‚Trüm‑ mer‘ ()מפילת ו, Teil eines Namens (‚Sohn des Ephraim‘), Tag und Monat (der 6. Ijjar) sowie das Verb ‚beten‘ im Infinitiv ([)להתפל]ל. Es wäre möglich, dass die Inschrift im Zusam‑ menhang mit den Wiederaufbauarbeiten nach der Synagogenzerstörung des Pogroms von 1349 steht.35 In Friedberg in Hessen wurde 1903 bei Restaurierungsarbeiten im Becken des ri‑ tuellen Tauchbades (Mikwe, )מקווהeine hebräische Steininschrift mit der Gravur des Namens Isaak Koblenz ( )יצחק קובלץauf einem „Quader links neben der Zufluss‑ öffnung unterhalb des Wasserspiegels“36 entdeckt. Eine zweite Inschrift an einer der Blendnischen verweist auf das Jahr 1260 in römischen Ziffern (MCCLX).37 Auch hier bleibt unklar, ob es sich bei Isaak tatsäch‑ lich um den Stifter des Tauchbades han‑ delt. Die ungewöhnliche Positionierung des Namens ist hier jedoch bemerkenswert. Neben einer Vielzahl an Geldspenden führt das Nekrologium I des Nürnberger Memorbuches (ca. 1280–1346) auch Buch über Stiftungen von Baulichkeiten.38 Der Verfasser dieses Registers, Isaak ben Samu‑ el aus Meinigen, kompilierte nach eigenen
Sachzeugnisse
Angaben diesen Teil der Spender‑, Stifter‑ und Märtyrerliste zu Ehren der Einwei‑ hung der neuen Nürnberger Synagoge im Jahre 1296.39 Unter den ersten Einträgen finden sich gleich mehrere Gebäudestiftun‑ gen. So wird neben Mar Simson als Erbauer einer Synagoge ein gewisser R. Jechiel und seine Frau Rachel, Tochter des Samuel, ge‑ nannt, die beiden letzteren als Erbauer der Frauensynagoge, des rituellen Tauchbades sowie als Begründer weiterer Stiftungen (heqdeshot, )הקדשות. Darüber hinaus wird auf das Ehepaar R. Samuel ben Salomon und seine Frau Belet verwiesen, die der Gemeinde ein Grundstück stifteten, um darauf eine Synagoge erbauen zu lassen.40 Aufgrund der wechselhaften Geschichte der Juden in Nürnberg, die mit ihrer Ver‑ treibung im Jahre 1449 ein Ende finden sollte, ist keines dieser Objekte erhalten.41 Erst 1986, bei Ausschachtungsarbeiten an der Nürnberger Frauenkirche, wurde das Fundament einer Mittelstütze des Syn‑ agogenbaus von 1296 wiederentdeckt.42 Hierbei ist nicht nur interessant, dass die urkundlich belegte Kirchenstiftung aus dem Jahr 1355 bewusst über der ehema‑ ligen, bis auf die Grundmauern zerstör‑ ten Synagoge erbaut wurde, sondern dass auch „eine Reihe von weiteren Personen der Nürnberger Oberschicht, die von der Vertreibung maßgeblich profitiert haben, zu den wichtigsten Förderern des Kirchen‑ baus gehör[t]en“43. Überreste einer hebräischen Stifterin‑ schrift haben sich auch in der Gemein‑ de Oppenheim erhalten.44 Das Fragment stellt die linke Hälfte eines gotischen Tympanons dar, das wahrscheinlich ei‑ nen Teil des Eingangsportals der 1324/1325 errichteten Synagoge bildete. Die Inschrift lässt vermuten, dass es sich bei dem Ge‑ bäude um den Wiederauf bau der 1285 erstmals schriftlich erwähnten Synago‑ ge in der Schlachtengasse handelt, die
Juden
während der Judenverfolgungen 1298 in Mitleidenschaft gezogen worden war.45 Neben der Jahreszahl ([50]85 nach der Erschaffung der Welt) wird ein gewis‑ ser Reʿuʾel benannt, der vermeintliche Stifter des Neubaus.46 Bei der Reimform der Inschrift finden sich deutliche Paral‑ lelen zu den Wormser Inschriften.47 Der Synagogenbau wurde während einer der Pogrome in den Jahren 1336 oder 1349 vollständig zerstört. Ein Fragment der zerstörten Inschrift wurde als Bauma‑ terial für das Gelbe Haus (Rathofstraße, Ecke Wormser Straße) verwendet, wo es sich auch heute noch befindet. In Rouffach in Frankreich wurde eine Stifterinschrift gefunden, die ehemals im Tympanon des Westportals der Synagoge angebracht war. Zwar ist die Inschrift nicht datiert, jedoch wurde sie mit ziemli‑ cher Sicherheit zwischen den Jahren 1290 und 1300 gefertigt.48 Als Stifter, der „die Steine der Pforten erworben hat“49, wird ein gewisser David, Sohn des R. Israel, an‑ gegeben.50 Ein weiteres Portaltympanon aus Hagenau aus dem Jahre 1492 (?) weiß von einem Elijah zu berichten, der von Gott gesendet wurde, um die Synagoge neu „zu erbauen und zu errichten“.51 Ob diese Zeilen lediglich als eine Anspielung auf den biblischen Propheten Elijah zu lesen sind oder die Inschrift die entspre‑ chenden biblischen Analogien aufgrund des Namens des tatsächlichen Stifters wählte, kann wiederum nicht eindeutig beurteilet werden.52 Weitere mittelalterliche Synagogenin‑ schriften sind aus Béziers (1214), Narbonne (1240) und dem elsässischen Molsheim (um 1300) bekannt, von denen zwei auf einen Stiftungsakt hinweisen könnten.53 Da sich in Frankreich keine mittelalterlichen Syn‑ agogenbauten erhalten haben, lassen diese Texte keine Rückschlüsse auf ihren ur‑ sprünglichen Kontext zu.
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Spanien Von den weit über hundert Synagogen, die im mittelalterlichen Spanien existierten, haben sich kaum Sachzeugnisse des jü‑ dischen Stiftungswesens erhalten.54 Vier der ehemaligen Synagogen, die alle nach der Vertreibung der Juden im Jahr 1492 in christliche Institutionen umgewandelt wurden, lassen Rückschlüsse auf die einsti‑ ge Architektur der Baulichkeiten zu.55 Nur zwei dieser Bauwerke, die Synagoge von Córdoba und die Nuestra Señora del Trán‑ sito (kurz: El Tránsito) in Toledo, verfügen noch über Stifterinschriften.56 Die aus Stuck gearbeitete Inschrift der Synagoge von Córdoba befindet sich ne‑ ben der östlichen Nische im Synagoge‑ ninnenraum, dem einstigen Standort des Thoraschreins.57 (→ Abb. 37–38) Der Text der Inschrift nennt neben dem Namen des Stifters (Isaak Meḥab) das Datum der Voll‑ endung des Bauwerks (1315).58 Nach ihrer Zwangsenteignung wurde die Synagoge 1492 in ein christliches Spital (St. Quite‑ ria) umgewandelt. 1885 wurde es Natio‑ naldenkmal. Bei der 1356/1357 von Samuel Halevi Abulafia erbauten El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo handelt es sich um eine Privat‑ synagoge. Die finanziellen Mittel und die Erlaubnis, einen solchen prächtigen Bau errichten zu dürfen, erklären sich aus sei‑ ner Tätigkeit als Schatzmeister am Hofe Peters I. von Kastilien und León (1350–1369). Neben den zahlreichen biblischen Zita‑ ten, die in den Einfassungen der reichen Stuckornamentik und an den Decken‑ friesen eingearbeitet sind, finden sich an der Ostwand des Innenraums zwei Stif‑ terinschriften, die sich jeweils links und rechts neben der Nische des Thoraschreins befinden. (→ Abb. 39) Die exponierte Lage der Königswappen (jeweils zwei Kastelle und Löwen) über der zweigeteil‑ ten Stifterinschrift ist hierbei besonders
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auffällig.59 (→ Abb. 40) Die Inschrift selbst zählt zu den informationsreichsten, die uns heute überliefert sind. Zudem bein‑ haltet sie besonders viele Entlehnungen biblischer Verse, die dazu dienen, das mit‑ telalterliche Gotteshaus mit der Pracht des salomonischen Tempels oder des Tempels Serubbabels beziehungsweise den kunst‑ vollen Arbeiten Bezalels, des Architekten und Ausstatters des Wüstenheiligtums, zu assoziieren.60 Der Wortlaut der Inschrift lautet: „[Rechte Tafel] Seht den Tempel, der geheiligt ist in Israel; und das Haus, welches Samuel erbaute, den hölzernen Turm 61 zur Lesung des Gesetzes, seine Thora[rollen] und Kronen62 für Lemuel,63 seine Becken64 und Lampen65 zum Erhellen und seine Fenster, die den Fenstern Ariels gleichen.66 [Linke Tafel] Und die Höfe,67 für diejenigen, die nach dem vollkommenen Gesetz streben; und Gestühl für jene, die im Schatten Gottes sitzen. Diejenigen, die es sahen, behaupteten geradezu, dass dieser Anblick dem Anblick des Werkes Bezale‑ ls entspräche.68 Gehet nun dahin, Völker, und tretet ein in meine Tore, und suchet Gott, denn so wie Bethel69 ist es ein Haus Gottes.“70 Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien wurde die Synagoge 1494 an den Ritterorden der Calatrava übergeben, die es als Kloster des Heiligen Benedikt weihten.71 Im Jahre 1887 wurde auch dieses Gebäude zum Nationaldenkmal erklärt. Bei Bauarbeiten im ehemaligen Juden‑ viertel Barcelonas an dem Gebäude Cal‑ le (oder Carrer) Marlet, Ecke S. Ramón del Call, konnte im Jahre 1820 ein beson‑ ders bemerkenswerter Fund mit folgen‑ der Inschrift geborgen werden: „Heqdesh R. Shmuʾel ha‑Sardi, möge seine Seele im Garten [Eden] ruhen [beziehungsweise] möge sein Licht für alle Ewigkeit schei‑ nen“72. (→ Abb. 41) Nach heutigem Wis‑ sensstand ist diese Inschrift die einzige erhaltene mittelalterliche Inschrift in Stein,
Sachzeugnisse
in dem die Bezeichnung heqdesh wortwört‑ lich auftaucht. Aufgrund des spärlichen Informationsgehalts des Texts ist jedoch nicht ersichtlich, welchem Zweck der heqdesh diente. Es bleibt also ungewiss, ob das Gebäude zu Ehren R. Shmuʾels errichtet wurde beziehungsweise ob er es eigens bauen ließ oder ob er die schon existieren‑ de Immobilie käuflich erwarb und später in einen heqdesh umwandelte. Yom Tov Assis vermutet, dass R. Shmuʾel das Haus an den Gemeinschaftsfonds (heqdesh) der Gemeinde Barcelonas übertrug, die es in eine Synagoge oder Lehrhaus (beit midrash) umfunktionierte.73 Es wäre jedoch auch denkbar, dass die namentliche Nennung auf eine private oder semi‑private Stiftung hindeutet.74 (→ 3.4.3) Auch der im Jahr 1826 errichtete Neubau des Gebäudes lässt kei‑ nerlei Rückschlüsse auf den Gründungsbau noch dessen Funktion zu. So ist es selbst fraglich, ob die Inschrift tatsächlich ober‑ halb des Türsturzes eingemauert war.75 Ziemlich sicher ist hingegen, dass es sich bei besagter Person um R. Shmuʾel ben Isaak ha‑Sardi handeln muss, einen Zeit‑ genossen und Vertrauten des Naḥmanides (1194–1270), der in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Katalonien wirkte.76 Italien An der Nordwand der Großen Synagoge (Scola Grande) in Trani befindet sich eine Steininschrift, die zwar einige Details über die Errichtung (1247) und die baulichen Ei‑ genschaften des Gründungsbaus preisgibt (die Kuppel, die Fenster, die Türen und der Steinboden werden explizit erwähnt), der Name eines etwaigen Gönners fehlt jedoch.77 (→ Abb. 42–43) Stattdessen wird lediglich auf einen mevin naʿim ha-ḥavura ( – )מבין נעים החבורהeine sachverständige und angesehene Person – als Erbauer des Objekts verwiesen.78 Ob hierbei der Stifter oder vielmehr der Architekt gemeint ist,
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Juden
konnte bisher nicht abschließend geklärt werden.79 Rachel Wischnitzer nimmt an, dass es sich bei der am Bau angebrach‑ ten Steintafel um eine Kopie der Origi‑ nalinschrift handelt, die nicht aus dem 13. Jahrhundert stammt.80 Im Jahr 1380 wurde die Synagoge in eine Kirche um‑ gewandelt (Santi Quirico e Giovita, später Sant’Anna). Heute beherbergt das Bauwerk ein Museum. Ägypten Wertvolle Beschreibungen des teilweise noch mittelalterlichen Baus der Ben‑Ezra‑ Synagoge in Fustat finden sich vorwiegend in Reiseberichten aus dem 17.–19. Jahrhun‑ dert.81 So schreibt beispielsweise Jacob Sa‑ fir, bei seinem Besuch der Synagoge Mitte des 19. Jahrhunderts einen gesonderten Bereich in der oberen Kammer gesehen zu haben, in dem stark verschlissene und von Holzwürmern befallene Paneelen mit heb‑ räischen Gravuren aufbewahrt wurden.82 Seinen Angaben zufolge befanden sich un‑ ter den Fragmenten Stifterinschriften, von denen auch heute noch einige im Original vorliegen.83 Die einstigen Anbringungs‑ orte der Inschriften lassen sich ebenfalls nur anhand von Reiseberichten feststellen. Demnach waren einige der Schnitzerei‑ en an den hölzernen Thoraschreinen, an den Deckenfriesen oder am Geländer der bimah, des Lesepodiums, angebracht. In einem gut erhaltenen Fragment aus dem 13. Jahrhundert wird ein gewisser Oba‑ diah ben Japhet, Abuʾl‑Maʿālī als Stifter des Synagogenneubaus beziehungsweise Um‑ baus genannt.84 (→ Abb. 44) Weitere Frag‑ mente geben dagegen kaum Aufschluss über mittelalterliche Stiftungspraktiken in Ägypten. Lediglich der Gebrauch des Terminus ha-nadiv (‚der Gönner, Wohltäter oder Stifter‘) in einem in Kairo befindlichen Holzfragment ließe einen Stiftungskontext vermuten.85
6.4.3 Inneneinrichtung Über das Interieur mittelalterlicher Synago‑ gen liegen heute fast keine Informationen vor. Oftmals sind bildliche Darstellungen illuminierter Handschriften die einzigen Quellen, die uns einen vagen Eindruck von der Ausgestaltung des Synagogenraumes vermitteln können.86 Intakte Objekte der mittelalterlichen Inneneinrichtungen sind heute lediglich in Einzelfällen bekannt.87 Die Stiftungen von Sachzeugnissen las‑ sen sich daher zum Großteil anhand von Schriftzeugnissen belegen. Auch hier gel‑ ten die schon oben erwähnten Stifterin‑ schriften – die entweder im Original oder in Form von Abschriften vorliegen – als besonders bedeutend. Es ist anzunehmen, dass Einrichtungs‑ gegenstände, die eine tragende Rolle in der Liturgie des synagogalen Gottesdienstes spielen, auch im Mittelalter als beliebte Stiftungsobjekte galten. Dazu zählen ins‑ besondere das Podium zur Lesung des wö‑ chentlichen Thoraabschnittes (bimah, בימה/ almemor, אלמימר/ migdal ʿetz, )מגדל עץ88 sowie der Schrein zur Aufbewahrung der Thorarollen (aron ha-qodesh, )ארון הקודש. Im Nürnberger Memorbuch sind neben Stiftungen von Baulichkeiten und zahl‑ reichen Geldspenden ebenfalls Einträge zur Ausstattung des Synagogeninneren verzeichnet: R. Alexander, Sohn des R. Moses, wird als Stifter eines hölzernen Almemors genannt; R. Salomon und sei‑ ne Frau Bruna finanzierten den Bau eines späteren steinernen Exemplars. R. Isaak, Sohn des R. Abraham, und Batsheba ließen den Fußboden der Synagoge verlegen; (ihr Sohn?) R. Abraham und Guta bestritten gemeinsam die Reparatur des Geländers, das sich vor dem Thoraschrein befand.89 Die Wormser Inschrift des Gründungsbaus der Männersynagoge (1034) erwähnt, dass das Stifterpaar Jakob ben David und Rachel
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„die Synagoge (…) mit Ausstattungsstücken [verschönten]“.90 Eine weitere Inschrift im Innenraum der Synagoge bezieht sich zwar explizit auf den Thoraschrein. Der Text gibt allerdings nur Aufschluss über die Position der Gedenktafel.91 (→ Abb. 45) Die Inschriften der El‑Tránsito‑Syn‑ agoge in Toledo nennen Samuel Halevi Abulafia als den Stifter des Lesepodiums (migdal ʿetz), der Beleuchtung, der Fenster sowie der Bestuhlung des Gebäudes.92 Bei einer fragmentarisch erhaltenen Inschrift im Innenraum der Synagoge Córdobas han‑ delt es wohl ebenfalls um eine poetische Umschreibung der (gestifteten?) hölzernen bimah.93 Die anonyme Inschrift der Scola Grande in Trani verzeichnet wiederum Fenster, durch Schnitzereien verzierte Holztü‑ ren, einen Steinboden sowie Sitzbänke.94 (→ Abb. 43) Und eine der ehemaligen Hol‑ zinschriften aus der Ben‑Ezra‑Synagoge in Fustat nennt Jakob ha‑Parnas, Sohn des R. Joseph, als Stifter eines Thoraschreins aus dem Jahre 1050.95 6.4.4 Kultus und Dekoration Neben den voluminöseren Inneneinrich‑ tungsgegenständen zählen die aufwändig gearbeiteten Kult‑ und Dekorationsobjek‑ te bis heute zu den beliebtesten Gaben der besser situierten Gemeindemitglie‑ der.96 Dazu gehören vor allem Utensilien, die der Ausschmückung von Thorarollen dienen, wie beispielsweise Thorakronen (Sg. keter torah, )כתר תורה, Thoraaufsätze (Pl. rimmonim, )רימונים, Thoramäntel (Sg. meʾil, )מעילoder Thoratruhen (Sg. tiq, )תיק,97 sowie Vorhänge (Sg. parochet, )פרוכת, die als Abdeckung der Schriftrollen vor dem Thoraschrein angebracht werden, Teppiche und Leuchter.98 Da zur Herstellung die‑ ser Objekte oftmals wertvolle Edelmetalle
Sachzeugnisse
verarbeitet wurden – die Textilien wa‑ ren häufig mit Silber‑ oder Goldfäden be‑ stickt –, wurden sie bei den Zwangsenteig‑ nungen der Synagogen fast ausnahmslos entwendet und ihre Rohstoffe wiederver‑ wertet. In anderen Fällen wurden sie in Notzeiten von der Gemeinde veräußert. So wird in den Kairoer Genizadokumenten ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vermehrt von Verpfändungen von wertvol‑ len Dekorations‑ und Kultobjekten infolge der sich zunehmend verschlechternden finanziellen Lage der jüdischen Gemein‑ de Kairos unter mamlūkischer Herrschaft berichtet.99 Mittelalterliche Objekte die‑ ser Art sind daher fast ausschließlich aus schriftlichen Quellen bekannt.100 Mit Hilfe von frühneuzeitlichen Sach‑ zeugnissen lässt sich zeigen, dass Wid‑ mungsinschriften auf solchen Objekten wohl der Regel entsprachen. Die Inschrif‑ ten dienten wahrscheinlich nicht nur der Memoria, sondern – wie schon in einer Passage im palästinischen Talmud (4.–5. Jahrhundert) deutlich zu erkennen ist – der festen Bindung des beweglichen Gegenstandes an die Synagoge. In einer generellen Diskussion über die Heiligkeit von Kult‑ und Dekorationsobjekten ist fol‑ gender Grundsatz zu lesen: „[Fertigt]101 jemand eine Lampe oder einen Leuchter für eine Synagoge, so darf man, solange der Name der [Besitzer] 102 noch nicht in Vergessenheit geraten ist, sie nicht an ei‑ nem anderen Ort benutzen. Ist aber der Name der [Besitzer] in Vergessenheit ge‑ raten, so darf man sie an einem anderen Ort benutzen. Rabbi Ḥiyya (sagte) im Na‑ men des Rabbi Yoḥanan: Wenn der Name der [Besitzer] auf ihnen eingraviert war, so gelten sie wie (Geräte), bei denen der Name der [Besitzer] nicht in Vergessenheit geraten ist“103. Falls diese Lehrmeinung als autorita‑ tiv für die mittelalterliche Stifterpraxis
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gewertet werden kann, hätte die Namens‑ gravur vor allem die Funktion, das Objekt vor Zweckentfremdung und Veräußerung zu schützen. Falls weitere Untersuchungen diese Hypothese bekräftigen sollten, wären Namensgravuren als ein entscheidender Faktor zu werten, der die Dauerhaftigkeit von Sachstiftungen zu sichern vermochte. Das Nekrologium I des Nürnberger Me‑ morbuches listet Schenkungen von sie‑ ben silbernen Bechern für Sabbat‑ oder Beschneidungszeremonien, fünf Öl‑ und Wachsleuchtern, zwei Thoramänteln, ei‑ nem Leuchter und einem Teppich sowie einer Vielzahl an zweckgebundenen Geld‑ spenden auf.104 Mit klaren terminologi‑ schen Assoziationen auf das biblische Wan‑ derheiligtum verweist die Inschrift der El‑Tránsito‑Synagoge auf Thorakronen, ein Becken und Leuchter, die Samuel Halevi zur Ausstattung seines Gotteshauses bei‑ steuerte.105 Die Inventarlisten der Kairoer Geniza wiederum führen Buch über ver‑ goldete oder durch Niello‑Technik verzierte Thoraaufsätze, wertvolle, oftmals mit Gold bestickte Textilien106 und hölzerne, kupfer‑ ne oder mit Silber ummantelte Thoratru‑ hen.107 Stifter‑ oder Widmungsinschriften sind in den Dokumenten hingegen keine überliefert. So konstatierte schon Shlomo Dov Goitein: „No reference to this impor‑ tant aspect of synagogue decorations has been found thus far in the Geniza records, with the exception, of course, of referenc‑ es of Jewish turners who produced such woodwork“108. Durch einen glücklichen Zufall hat sich eine einzige Widmungsinschrift einer höl‑ zernen Thoratruhe in Abschrift erhalten, die Israel Ben‑Zeʾeb bei seinem Besuch der al‑Ustādh‑Synagoge in al‑Maḥalla al‑Kubrā in Ägypten im Jahre 1932 an‑ fertigte und später veröffentlichte.109 Aus der Inschrift geht hervor, dass R. Ḥayyim bar Hanaʾel, Mitglied der wohlhabenden
Kairoer al‑Amshati‑Familie, die Thorarolle im Jahre 1183 an die palästinische Synagoge in Fustat stiftete.110 Vermutlich brachte R. Ḥayyim das Objekt später von Fustat nach al‑Maḥalla. Über dessen heutigen Verbleib liegen allerdings keine Informationen vor. 6.4.5 Schriftgut Bücher und Schriftrollen zählen nicht zu‑ letzt wegen des hohen Stellenwerts des Studiums der heiligen Schriften und der liturgischen Bedeutung der Thoralesung in der Synagoge zu beliebten Stiftungsobjek‑ ten. Im Nürnberger Memorbuch finden sich von 1280 bis 1346 zahlreiche Posten von Schriftgut. Die mit Abstand beliebtesten Texte bilden dabei Thorarollen mit über 36 Nachweisen, gefolgt von mehr als ei‑ nem Dutzend Maḥsorim, acht Exemplaren des Pentateuch, fünf aramäischen Penta‑ teuchübersetzungen, Gebetsbüchern (zwei Stiftungen ohne genaue Mengenangaben), einem Pentateuchkommentar, einer Samm‑ lung prophetischer Schlussabschnitte (haftarot), Estherrollen, Midraschim sowie zwei Posten einer unbestimmten Menge an Bü‑ chern.111 In der Regel waren diese Gaben für die Synagoge bestimmt, in einigen Fällen jedoch explizit für das örtliche Spital oder das Lehrhaus vorgesehen. Weitaus detaillierter gestalten sich die Inventarlisten der Kairoer Geniza, die einen faszinierenden Einblick in die Bü‑ cherbestände der jüdischen Gemeinden in Ägypten geben.112 Aus ihnen geht hervor, dass das Schriftgut entweder von der Ge‑ meinde selbst erworben oder von wohlha‑ benden Mitgliedern gestiftet wurde. Auf der letzten Seite eines Pentateuch‑Bandes, der sich unter den Genizafunden befin‑ det, ist beispielsweise folgende Widmung auf Aramäisch zu lesen: „Ich, Salomon bar Isaak, genannt ‚Bardaʾya‘, stiftete113 diesen
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Band der Thora der Großen Synagoge in Fustat, Ägypten, sodass, wer auch immer kommen möge, in der Lage sein wird, sie ständig zu lesen. Er wurde von mir ‚Gott geweiht (qodesh le-yyy)‘114, so‑ dass er weder verkauft noch veräußert werden kann, und [falls] ihn jemand ent‑ wenden, verkaufen oder erwerben sollte, werden sich alle Verwünschungen, die in ihm geschrieben sind, an ihn anhaf‑ ten, Amen.“115 (→ Abb. 46) Ähnlich der schon zuvor erwähnten und bisweilen unerforschten Funktion der Inschriften
Sachzeugnisse
auf Dekorations‑ und Kultobjekten ist es hier klar ersichtlich, dass der Stiftungsakt eine dauerhafte Bindung des Buches an die Synagoge erwirken soll. In diesem Fall wird die Präsenz des Buches jedoch nicht durch das Hinzufügen des Stifternamens auf dem Objekt gesichert, sondern durch dessen Weihung: Das Buch wird dadurch Gottes Eigentum, unterliegt infolgedessen einer anderen Rechtsprechung – genauer gesagt der des heqdesh‑Rechts – und gilt somit als unveräußerlich. (→ 3.4.4) PK
Anmerkungen 1 Mein Dank gilt Prof. Shalom Sabar von der
Hebräischen Universität Jerusalem für seine freundliche Unterstützung und die sachdienli‑ chen bibliographischen Hinweise auf jüdische Sachzeugnisse des Mittelalters. 2 Letzteres gilt insbesondere für den aschke‑ nasischen Raum, in dem jüdische Kulturgüter im 20. Jahrhundert von den Nationalsozialisten systematisch vernichtet wurden. 3 Vgl. Künzl, Jüdische Kunst (1992), 44–61. 4 Vgl. V. Mann, Art and Ceremony (2005), 195. 5 Vgl. Keßler, Ritus und Raum (2007), 78; Krinsky, Synagogues of Europe (1985), 42. 6 Vgl. Keßler, Ritus und Raum (2007), 224. 7 Vgl. Krinsky, Synagogues of Europe (1985), 42 f. 8 Ebd. 9 Ebd., 43. 10 Ebd., 42. 11 Siehe bT Nedarim, fol. 48a, und Moshe ben Maimon, Mishneh Torah, Hilkhot Nedarim, 7.2. Laut Rabbi Asher Ben Jechiel unterliegt sogar jede Gabe an die Synagoge der Entscheidungs‑ hoheit der Gemeinde (vgl. N. N., Beit ha‑Knesset [1954], 205, und Rabbi Asher ben Jechiel zu bT Bava Batra, 8.29). 12 N. N., Beit ha‑Knesset (1954), 191. 13 Vgl. Salomon ben Abraham ibn Aderet, Sheʾelot u‑Teshuvot ha‑Rashba, Bd. 1. Lemberg 1811, Nr. 581; V. Mann, Art and Ceremony (2005), 87. Durch den Anbau hätte sich das Verhältnis
der vorhandenen Sitze zum Thoraschrein und dem Lesepult geändert. 14 Vgl. V. Mann, Art and Ceremony (2005), 30; Joseph Karo, Sheʾelot u‑Teshuvot Evkat Rukhal. Jerusalem 1950, Nr. 65; David ibn Abi Zimra, Sheʾelot u‑Teshuvot ha‑Radbaz, Bd. 4. Warschau 1882, Nr. 1178. In diesem Fall wurde nicht nur über das Anbringen des Wappens diskutiert, son‑ dern die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob figürliche Darstellungen in Synagogen an sich erlaubt werden dürften und ob die Position des Wappens (und des gekrönten Löwen) über dem Thoraschrein als blasphemisch zu betrachten sei. 15 Vgl. Bango / Gonzalo, Remembering Sepha‑ rad (2003), 138. 16 Vgl. Krautheimer, Mittelalterliche Synago‑ gen (1927); Krinsky, Synagogues of Europe (1985), 319–324; Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 97–109; Wischnitzer, Architecture of the Euro‑ pean Synagogue (1964), 45–48, und Dies., Mutual Influences (1975). Vgl. auch Mannheimer, Juden in Worms (1842). 17 Für die Transkriptionen und Übersetzungen der Inschriften siehe Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), 97–109. Siehe auch ebd., 109–123 für 28 weitere Inschriften von 1608–1930. 18 Die Erschaffung der Welt wird im jüdischen Kalender auf das Jahr 3760 v. u. Z. datiert. Ab Ende des 12. Jahrhunderts, insbesondere unter dem Einfluss der ‚Mishneh Torah‘ von Maimonides,
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konnte sich diese Zählung als die autoritative hat, die Synagoge in einem guten baulichen Zu‑ durchsetzen; vgl. Moshe ben Maimon, Mishneh stand zu erhalten. Über die Finanzierung der In‑ Torah, Hilkhot Qiddush ha‑Ḥodesh Kap. 11, § 16. standhaltungsarbeiten gibt die Inschrift keine 19 Der Wortlaut der Inschrift ist abgedruckt in Auskunft. Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), 97: יתב]רך26 Vgl. Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), לעד שו[מע תחינות אשר מילא לבעבדו באמונות מר ]יעקב105–108. ברדור[ איש תבונות לשמו הגדול בית לבנות ול]וי[תו מרת27 S. Müller, Stück der Synagoge (2014). רחל ]ח[שובה בין שאננות כיבדו את יי מהונם ליהנות יפו28 Jes 56.5; vgl. Böcher, Alte Synagoge zu Worms לחשבונות.ד.צ.ש.( מקדש מעט בתכונות והושלם בירח אלול בת1960), 98. יוטב לבוראם ]מ[העלאת קרבנות זכר שם עולם לקנות יד ושם29 Vgl. die Übersetzung ebd., 107 f.: „Weise baute ותשואות חנות טוב מבנים ומבנות יזכרו בטו]ב[ת זכרונותsie das kostbare Haus, so daß sie wurde wie eine .יזהר הקורא אמן לענות frohlockende Mutter von Kindern.“ 20 Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), 97 f. 30 Zu Meʾir ben Joʾel und Judith siehe ebd., 99; übersetzt: „Angenehmer war es dem Schöpfer als zu Jakob ben David und Rachel siehe A. Epstein, Darbringung von Opfern“. Jüdische Alterthümer (1896), 512, und Reuter, War‑ 21 Übersetzung ebd., 99. Der vollständige Wort‑ maisa (1984), 18. laut von Inschrift A lautet: , הא]בן הזא[ת שבצד הארון31 Ein Zusammenhang zwischen Kinderlosig‑ , ]בכל שבת[ ושבת בזכרון, עד]ה למר יע[קוב איש כשרוןkeit (den Eunuchen, die Gottes Sabbat halten) .]להזכיר[ו עם ישניני חברון und einem Memorialgedanken wird schon in 22 A. Epstein, Jüdische Alterthümer (1896), 513. Jes 56.4 f. hergestellt. Dort ist es aber Gott, der 23 Eli’ezer ben Samuels Aufzeichnungen sind seine Anhänger für ihre Abstinenz und Treue auf den 9. Tammuz 5319 (24. Juni 1559) datiert. Sei‑ mit einem „Denkmal und Namen“ (yad va-shem, ne handschriftlichen Notizen gelangten später in )יד ושםinnerhalb Seines Tempels belohnt, und den Besitz des französischen Forschers Eliakim nicht der Mensch, der sich durch den Bau eines Carmoly (1802–1875) und befinden sich heute in Gotteshauses sein eigenes Andenken schafft. der Stadt‑ und Universitätsbibliothek Frankfurt 32 Vgl. Wolfson, Circle in the Square (1995), 52. am Main. Róth / Prijs, Hebräische Handschriften 33 Sefer Ḥasidim. Bologna 1538, § 503. Vgl. auch (1990), Nr. 264, 175–182, besonders 180 f. A. Epstein Ms JTS Boesky 45, § 639, und HS Parma 3280 verwendete für seine Untersuchungen eine von H, § 1528. Transkriptionen der entsprechenden Nehemias Brüll angefertigte Abschrift, die sich Handschriften können über die PUSHD abgerufen im Archiv der israelitischen Gemeinde zu Worms werden: https://etc.princeton.edu/sefer_hasidim/ befand (A. Epstein, Jüdische Alterthümer [1896], (Zugriff: 05.06.2013). Vgl. auch Keßler, Ritus und 511, Anm. 1). Eine digitalisierte Version der Ori‑ Raum (2007), 79. ginalhandschrift mit der Signatur Ms hebr. oct. 34 Vgl. z. B. Böcher, Alte Synagoge zu Worms 256 findet sich unter http://sammlungen.ub.uni‑ (1960), 98; 105; 108. frankfurt.de/mshebr/content/titleinfo/1881699 35 Vgl. ebd., 109. (Zugriff: 06.05.2013). (Für die Abschriften der 36 Augustin, Judenbad in Friedberg (2006). Vgl. Wormser Inschriften siehe fol. 55v–57 r). auch Krautheimer, Mittelalterliche Synagogen 24 Vgl. Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), (1927), 187 f. 99. 37 Vgl. Krautheimer, Mittelalterliche Synagogen 25 הייפוי והקירוי לבית,( זכר עדות הצוואה ביד הקהילה1927), 188. Krinsky datiert das Tauchbad auf das זכר צדיק לברכה, על יורשי הבתים הכל תלה, התפילהJahr 1240 (vgl. Krinsky, Synagogues of Europe ( ולתהלהvgl. ebd., 100). Dass „Jakob nach dem [1985], 43). Wortlaut eines Inschriftenfragmentes sein Ver‑ 38 Vgl. Barzen, Nürnberger Memorbuch (2011), mögen der Gemeinde vermacht [hat] mit der Auf‑ 10. lage, es zur Erhaltung der Synagoge zu verwenden“ 39 Vgl. Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 3: (Reuter, Warmaisa [1984], 18), wird in Inschrift Nürnberg im Mittelalter (1894–1896), 99. B nicht explizit erwähnt. Dort ist lediglich die 40 Für die hebräische Version siehe Das Mar‑ Rede von der Gemeinde, die sich dazu verpflichtet tyrologium des Nürnberger Memorbuches. Ed.
508 Siegmund Salfeld. (Quellen zur Geschichte der Juden in Deutschland, Bd. 3.) Berlin 1898, 87, und Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 3: Nürnberg im Mittelalter (1894–1896), 99–101. Die Reihen‑ folge der von Salfeld und Stern veröffentlichten Listen weichen voneinander ab. Die vorliegende Beschreibung folgt der hebräischen Version. Zum Aufbau des hebräischen Textes siehe bis auf wei‑ teres Barzen, Nürnberger Memorbuch (2011), 3. 41 Vgl. A. Müller, Geschichte der Juden in Nürn‑ berg (1968), 20–22, 79 f. 42 Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 167. 43 Ebd; vgl. Blohm, Frauenkirche in Nürnberg (1990), 122. 44 Rapp / Böcher, Geschichte der Oppenheimer Juden (1965); Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 77 f. 45 In der Inschrift findet sich folgender Hin‑ weis: „[um zu ret]ten die abgebrannten Balken“ (Rapp / Böcher, Geschichte der Oppenheimer Ju‑ den [1965], 94). 46 Vgl. Gen 36.4; Ex 2.18. 47 Rapp / Böcher, Geschichte der Oppenheimer Juden (1965), 93. 48 Vgl. Krinsky, Synagogues of Europe (1985), 43. Juden werden zwischen 1288 und 1293 erstmals in Rouffach erwähnt. Nach den Pogromen 1309 und 1329 wurden sie im Jahre 1338 endgültig vertrie‑ ben und ihr gesamter Besitz an den Straßburger Bischof Berthold übertragen (vgl. Krautheimer, Mittelalterliche Synagogen [1927], 194). 49 Deutsche Übersetzung bei Krautheimer, Mit‑ telalterliche Synagogen (1927), 194. Siehe auch Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 492. 50 [אבני פתחי עו]לם[ בית אל קנה דוד ב)ן( ר)בי( ישרא]ל (in Nahon, Inscriptions hébraïques [1986], Nr. 196, 246 f.) 51 האבן הזאת אשר שמנו לראש פנה למקדש מעט בא 'יבא לנו לעלה הכסף אשר הובא לבדק הבית ברנה ושלח ה אליהו עבדו לבנותו וליסדו בטוב בגילה ו]ו[ענו מאד אמן (?) ( בכל עת ועודEbd., Nr. 189, 236–238). Vgl. auch Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 484; Blumenkranz, Art et Archéologie (1980), 41. 52 II Reg 9.36; Mal 3.23. 53 Vgl. Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 469; Nahon, Inscriptions hébraïques (1986), Nr. 288, 336–342; Nr. 290, 348–350; Nr. 195, 244–246. 54 Vgl. Cantera Burgos, Sinagogas Españolas (1955).
Sachzeugnisse
55 Vgl. Wischnitzer, Architecture of the Euro‑
pean Synagogue (1964), 19. Bei Escosura, España artística y monumental (1842), finden sich Be‑ schreibungen und Illustrationen der El‑Tránsito‑ (ebd., Bd. 1, 44 f.) und der Santa‑Maria‑La‑Blanca‑ Synagoge in Toledo (ebd., Bd. 1, 71 f.). 56 Für eine Sammlung hebräischer Inschriften aus Toledo siehe Schwab, Inscripciones Hebreas (1910). 57 Vgl. Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 446. Vgl. Wischnitzer, Architecture of the European Synagogue (1964), 27 und 28, Abb. 22. 58 Die vollständige Inschrift lautet: מקדש מעט ונוה תעודה שכללו יצחק מחב בן הגביר אפרים ובנה שנת ( שבעים וחמש כן שעה ]ה[אל וחיש לבנות ירשלםin Cantera Burgos, Sinagogas Españolas [1955], 21; Landsberger, Jewish Artist [1941], 345). Vgl. auch Wischnitzer, Architecture of the European Synagogue (1964), 28, und V. Mann, Art and Ceremony (2005), 90; 95. 59 In Spanien und Aschkenas wurden sogar zu Ehren der Herrscher und ihrer Familien Gebete in der Synagoge gesprochen. R. David Abudar‑ ham aus Sevilla berichtet beispielsweise Mitte des 14. Jahrhunderts, dass es „üblich sei, für den König und seinen Namen zu beten, um ihn zu preisen und ihn gegen seine Feinde zu stärken“ (in: [Buch des] Abudarham. Warschau 1878, 37, Übers. d. Verf.). Im Innenraum frühneuzeitlicher aschkenasischer Synagogen befanden sich zum Teil Tafeln mit Gebeten für den Landesherren mit dem Titel „Der Rettung Bringende“ ()הנותן תשועה (vgl. Keßler, Ritus und Raum [2007], 226). 60 Vgl. Wischnitzer, Architecture of the Euro‑ pean Synagogue (1964), 34. 61 Vgl. Neh 8.4. 62 Vgl. Cant 3.11. 63 Name eines biblischen Königs (vgl. Prov 31.1; 4), wörtlich: ‚der Gott ergebene‘. 64 Vgl. Num 17.13 und I Reg 7.38. 65 Nach I Reg 7.49. 66 Vgl. I Reg 6.4 und Jes 29.1 f. 67 Vgl. II Chr 4.9. 68 Vgl. Ex 31.2–5. 69 Vgl. Gen 28.17. Der Ortsname Bethel ()בית אל bedeutet ‚Haus Gottes‘. 70 )א( ראו מקדש אשר נקדש בישראל והבית אשר בנה שמואל ומגדל עץ למקרא דת בתוכה ותורותיו ועטרותיו ( )ב.למואל ומזרקיו ונררתיו להאיר וחלוניו כחלוני אריאל
Juden
]ו[עזרותיו לשוקדי דת תמימה ובית מושב ל]כל י[ושבי בצל אל וכמעט יאמרו רואיו דמות זה דמות מעשה אשר עשה בצלאל לכו עמים ובואו תוך שער]יו[ ודרשו אל והוא בית [( אל כבית ]אלin Cantera Burgos, Sinagogas Espa‑ ñolas [1955], 97). Für eine englische Übersetzung der Inschriften siehe Wischnitzer, Architecture of the European Synagogue (1964), 34. 71 Vgl. Wischnitzer, Architecture of the Euro‑ pean Synagogue (1964), 30 f. Siehe auch ebd., 283, Anm. 33. 72 נרו/ ת )נפשו בגן תנוח.ב.הקדש ר' שמואל הסרדי נ .( בוער תמידOnline: http://www.redjuderias.org/ google/google_maps_imgs/barcelona/lm01.jpg (Zugriff: 08.05.2013); vgl. Assis, Welfare and Mu‑ tual Aid (1992), 320 f., Anm. 16. 73 Vgl. Assis, Welfare and Mutual Aid (1992), 320 f., Anm. 16. 74 Vgl. hierzu Galinsky, Jewish Charitable Be‑ quests (2005). 75 Ein Replikat der Inschrift sowie eine weite‑ re Steintafel von 1826 (mit einer falschen Über‑ setzung) befinden sich heute über dem Eingang des Gebäudes. Das Original befindet sich im Stadtgeschichtlichen Museum Barcelona (Mu‑ seu d’Història de la Ciutat). 76 Vgl. Hayyim Joseph David Azulai, Shem ha‑ Gedolim. Ed. Yitzhaq Eiziq Ben Ya’aqov, 2. Bde. Wilna 1852, ND Jerusalem 1997, hier Bd. 1, fol. 96a, Nr. 129. 77 Eine allgemeine Beschreibung der Scola Grande findet sich in Munkácsi, Jude von Nea‑ pel (1939), 65–70. Der Wortlaut der Inschrift ist: בשנת חמשת אלפים ושבע ליצירה נבנת זאת הבירה על ידי מבין נעים החבורה בכיפה גבוהה והדורה וחלון פתוח לאורה ושערים חרשים לסנירה ורצפה למעלה סדורה ואצטבות לישיבת עורכי שירה להיות צדקתו שמורה לפני שוכן .( בשמי שפרהin Landsberger, Early Jewish Artists [1943/1944], 283; vgl. Munkácsi, Jude von Neapel [1939], 67). 78 Vgl. Landsberger, Early Jewish Artists (1943/1944), 283. Siehe auch die Diskussion in Munkácsi, Jude von Neapel (1939), 68 und vgl. mit der Lesart Graziadio Isaia Ascolis, der מנין נעים החבירהtranskribiert und somit als „aus harmonischer Zahl zusammengesetzt“ übersetzt. (Ascoli, Iscrizioni inedite [1880], 86). 79 Landsberger vermutet, dass es sich bei be‑ sagter Person sowohl um den Architekten als auch den Stifter handeln könnte (vgl. Landsberger, Early Jewish Artists [1943/1944], 283). Bei der
509 im Jahre 1485 gegründeten Synagoge in der Via Sabbioni in Ferrara hingegen kann zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass Zeʾev Samuel Melli zwar als ‚Erbauer’ genannt, er allerdings der Käufer und Eigentümer des Gebäudes war (vgl. Krinsky, Synagogues of Europe [1985], 43; Horowitz, Jewish Confraternal Piety [2000], 150). 80 Vgl. Wischnitzer, Architecture of the Euro‑ pean Synagoge (1964), 40 f. 81 So z. B. Masaʿot Moshe Halevi ha‑Yerushalmi von 1655, in: Ginzei Yisraʾel be‑Sankt‑Peterburg. Ed. Jonas Gurland, Bd. 1. Ełk 1865, 31–43 (Ben‑Sasson datiert Moshe Halevis Reisebericht fälschlicher‑ weise auf das Jahr 1755 [Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 221]); vgl. des Weiteren Hayyim Joseph David Azulai, Maʿagal Tov. Jerusalem 1978. (Reisebericht aus dem Jahre 1768); Jacob Safir, Iben Safir. Ed. L. Silbermann, 2 Bde. Ełk 1866. 82 Safir, Iben Safir. Ed. Silbermann (wie Anm. 81), Bd. 1, 20a–21b. 83 Safir schreibt, dass er eine Holzinschrift mit dem Datum und Stifter des Gründungsbaus gese‑ hen habe (siehe Safir, Iben Safir. Ed. Silbermann [wie Anm. 81], Bd. 1, 21a–b; vgl. Le Quesne, Ben Ezra Synagogue [1994], 243–245). Über den Verbleib einer solchen Inschrift liegen keine Informatio‑ nen vor. Einige Fragmente befinden sich heute im Besitz des Israel Museums in Jerusalem, des British Museums in London, des Louvre in Paris, des Jüdischen Museums in New York und des Is‑ lamic Art Museums oder Dar al‑Kutub in Kairo (vgl. Ben-Sasson, Medieval Period [1994], 219–223). 84 Nach den Angaben des Karäers Moshe ha‑ Yerushalmi ben Elijah Halevi befand sich die Inschrift mit der Jahreszahl 1220 auf dem Tho‑ raschrein. Die Originale der zweigeteilten In‑ schrift befinden sich heute im Jewish Museum in New York und im British Museum in London. 85 Vgl. Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 221 f., und Mosseri, Synagogues of Egypt (1913/1914), 40. 86 Paulus, Architektur der Synagoge (2007), 532–541. Bildliche Darstellungen finden sich vor allem in Pessach Haggadot. Berühmte Beispiele hierfür sind die Barcelona Haggadah (ca. 1350), fol. 65 v (London, The British Libary, Ms. Add. 14761), sowie die Sister Haggadah (ca. 1350), fol. 17 v (London, The British Library, Ms. Or. 1404). Vgl. auch Bango / Gonzalo, Remembering Sepharad (2003), 63; 112.
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Sachzeugnisse
87 Dazu zählen die ca. 1265 errichtete Altneu‑ auch Goitein, Mediterranean Society, Bd. 2 (1971,
schul in Prag, in der sich eine Giebelkrönung des gotischen Thoraschreins und eine spätmit‑ telalterliche Bimah erhalten haben, sowie ein Holzschrein aus Modena (1472), der sich heute im Musée d’art et d’histoire du Judaïsme in Paris befindet (vgl. Paulus, Architektur der Synago‑ ge [2007], 441; 446; V. Mann, Art and Ceremony [2005], 30). Die Objekte weisen jedoch keine Stif‑ terinschriften auf. 88 Im mittelalterlichen Aschkenas wird das Lesepult auch als al‑membra bezeichnet (vgl. Raschi zu bT Sukkah, fol. 51b; m Sothah, fol. 41a; m ʿAvodah Zara, fol. 16a). Der Begriff leitet sich von dem arabischen al-mimbar (oder al-minbar), der Bezeichnung für die Kanzel in Moscheen, ab. In arabischsprachigen Ländern wurde auch der Begriff ambol, die arabisierte Form von ambōn, der Kanzel in byzantinischen Kirchen, verwen‑ det. Im deutschsprachigen Raum bildete sich der Terminus almemor aus, in Osteuropa balemer (vgl. Wischnitzer, Architecture of the European Synagoge [1964], 48). 89 Vgl. Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 3: Nürnberg im Mittelalter (1894–1896), 101; 109; 103; 103. 90 Übersetzung bei Böcher, Alte Synagoge zu Worms (1960), 98. 91 Vgl. ebd., 99. Bei der Inschrift auf der Kämpf‑ erplatte des östlichen Kapitells der Männersyn‑ agoge handelt es sich wahrscheinlich um kei‑ ne Stifterinschrift, sondern eher um eine „als Chronogramm komponierte Inschrift“, die „das Baudatum der zweiten Synagoge (1174/1175)“ wie‑ dergibt (vgl. ebd, 102). 92 Vgl. Wischnitzer, Architecture of the Euro‑ pean Synagogue (1964), 34; 283, Anm. 3. 93 Von der Inschrift hat sich nur der Beginn von Cant 4.4 erhalten („Wie der Turm Davids ist dein Hals“). Wischnitzer vermutet, dass die Bezeich‑ nung migdal david als eine Anspielung auf migdal ʿetz (Neh 8.4) zu lesen sei (vgl. Wischnitzer, Ar‑ chitecture of the European Synagogue [1964], 29). 94 Vgl. Landsberger, Early Jewish Artists (1943/1944), 283. 95 Der Text liegt nur als Abschrift in Hayyim Joseph David Azulais Reisebericht aus dem Jah‑ re 1786 vor (Azulai, Maʿagal Tov [wie Anm. 81]). Vgl. Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 219. Siehe
ND 1999), 146, der eine Inschrift aus Alexand‑ ria aus dem Jahr 1379 erwähnt, in der von einer Geldspende zur Errichtung der Säulen und des Sturzes zur Einfassung des Thoraschreins der palästinischen Synagoge berichtet wird. 96 Vgl. Keßler, Ritus und Raum (2007), 79. Siehe auch N. N., Beit ha‑Knesset (1954), 191. 97 Vgl. z. B. V. Mann, Art and Ceremony (2005), 21–42. Thoraschilder sind erst ab Mitte des 16. Jahr‑ hunderts bezeugt und werden daher nicht als mittelalterliche Sachzeugnisse angeführt (vgl. M. Berger / Rosenbaum / Mann, Masterworks [2004], 171, und Antonius Margaritha, Der gantz jüdisch Glaub. Augsburg 1530). 98 Vgl. V. Mann, Torah Ornaments (1996). 99 Vgl. Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 218 f. 100 Die wohl einzige Ausnahme sind ein Paar Thoraaufsätze (rimmonim), die sich heute in der Kathedrale von Palma de Mallorca befinden (vgl. V. Mann, Art and Ceremony [2005], 75). 101 In seiner Talmudübersetzung verwendet Frowald Hüttenmeister für die Wurzel ‚( עשהma‑ chen, fertigen, produzieren‘) das Verb ‚stiften‘ (vgl. Megilla – Schriftrolle. Übers. von Frowald Hüttenmeister. [Übersetzung des Talmud Yerushalmi, Bd. 2.10.] Tübingen 1987, 117 f.). 102 . בעליםHüttenmeister übersetzt ‚Spender‘ (ebd., 117). 103 pT Megillah 3.2. Übersetzung siehe ebd., 117 f.; vgl. Synopse zum Talmud Yerushalmi, hrsg. von Peter Schäfer / Hans-Jürgen Becker. 7 Bde. Tü‑ bingen 2001, hier Bd. 2.5–12, 297. Vgl. auch Galinsky, U‑le‑Tifʾeret gadol she‑Yizkeru Shemo (2004), 120; Keßler, Ritus und Raum (2007), 80. 104 Vgl. Stern, Israelitische Bevölkerung, Bd. 3: Nürnberg im Mittelalter (1894–1896), 110; 112; 115; 121; 122; 124; 127; 130; 139; 141; 146. 105 Vgl. Ex 26.1–31.11, insbesondere 27.3. Schon im 11. Jahrhundert, in seinem Kompendium zu den Ritualgesetzen, berichtet der in Lucena wirkende Isaak Ibn Ghiyyat (1038–1089), dass es üblich sei, Kronen für die Thorarollen zu fertigen (aus Silber, Gold, Damenschmuck oder Myrtezweigen) und diese auf den Rollen und den Truhen zu platzie‑ ren: Isaak Ibn Ghayat, Sefer Sha‘arei Simhah. Ed. Simḥa Halevi Bamberger, 2 Bde. Fürth 1861–1862, hier Bd. 1, 117, Nr. 270; vgl. Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 218.
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Griechisch-orthodoxe Christen
106 Vgl. Goitein, Mediterranean Society, Bd. 4
113 .אקדשיתיה (1983, ND 1999), 124. 114 .קודש לייי 107 Vgl. ebd., Bd. 2 (1971), 149–151. 115 הדין מצחפא דאוריתא אקדשיתיה שלמה בר יצחק 108 Ebd., 148. דמתחכם ברדעיא לכנישתא רבתא דמותבה בפיסטאט מצרים 109 Vgl. Ben-Zeʾeb, Hebrew Documents (1964), דיקרי ביה תדירא כל דאזל ואתי ועבדיה קודש לייי לא יודבן 267 (hebräisch). Siehe auch Ben-Sasson, Medieval ולא יתפריק וכל מן דגנב יתיה או דמזבן יתיה או דקני יתיה Period (1994), 220, für eine englische Übersetzung ( ידבקון ביה כל לוטייא דכתיבין ביה אמןCambridge der Inschrift. Vgl. auch Krämer, Jews in Modern University Library, Ms T‑S A41.41; vgl. Worman, Egypt (1989), 114. Two Book‑Lists [1908]; Ben-Sasson, Medieval Pe‑ 110 Vgl. Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 221. riod [1994], 217; 260, Anm. 55). Eine digitalisier‑ 111 Vgl. Stern, Israelitische Bevölkerun, Bd. 3: te Version des Kolophons sowie weiterführende Nürnberg im Mittelalter (1894–1896), 100–172. bibliographische Informationen können über die 112 Zu den Beständen der Sammlungen aus Homepage des Friedberg Genizah Projects einge‑ den Jahren 1080, 1181 und 1186 vgl. Goitein, Me‑ sehen werden: http://www.genizah.org/ (Zugriff: diterranean Society, Bd. 2 (1971, ND 1999), 151 f.; 06.05.2013). Ben-Sasson, Medieval Period (1994), 216 f.
6.5 Griechisch-orthodoxe Christen 6.5.1 Allgemeines Die Zeugnisse materieller Kultur ergän‑ zen und bereichern das hauptsächlich aus schriftlichen Quellen gewonnene Bild grie‑ chisch‑orthodoxer Stiftungen. Bestimmte diachrone Merkmale der byzantinischen Stiftungspraxis – etwa Inschriften zum Gedenken an die Stiftung, Zustiftung und die (erneute) Ausschmückung von Kirchen und anderen Gebäuden ebenso wie der häufig erteilte Auftrag, den oder die Stif‑ ter auf Wandbildern in der Stiftung dar‑ zustellen – all das weist darauf hin, dass der Stifter es sich nur selten nehmen ließ, seiner Stiftung einen dauerhaften Stempel aufzudrücken. Bisher jedoch wurde die Untersuchung der Sachzeugnisse oft nicht einmal ansatzweise in die Erforschung der byzantinischen Stiftungen integriert. Die Ursache ist in der traditionellen Abgren‑ zung der Fachrichtungen bei der Ausbil‑ dung von Byzantinisten zu suchen. Auch wenn die mit der Byzantinistik befassten
Historiker und Philologen sich der Vorteile der interdisziplinären Arbeit immer stär‑ ker bewusst werden, befassen sie sich bis‑ her hauptsächlich mit schriftlichen Quel‑ len, während die Sachzeugnisse in erster Linie von byzantinistischen Archäologen und Kunsthistorikern erforscht werden. Noch problematischer ist, dass in der Literatur über byzantinische Kunst und Architektur fast nie die grundlegende Fra‑ ge gestellt wird, ob Sachzeugnisse eine Stiftung belegen oder nicht. Bei der bestdo‑ kumentierten Form von Stiftungsaktivität, nämlich dem Bau und der Ausschmückung von Kirchen, muss der einmalige künstleri‑ sche Auftrag bzw. Bau genau von der Grün‑ dung einer Stiftung abgegrenzt werden, die im Wesentlichen dem in dieser Enzyklopä‑ die durchgängig verwendeten Idealtypus einer Stiftung entspricht; es handelt sich dabei um eine Stiftung, die die Bildung oder Vermehrung von Stiftungsvermögen
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betrieb und damit für das langfristige Ge‑ denken an den Stifter nach dessen Tod sorgte. Daher soll dieser Text sich in erster Linie mit den Fällen befassen, in denen ma‑ terielle Zeugnisse begründet als Teil einer Stiftung identifiziert werden können, sei es in Gestalt einer Inschrift, sei es durch einen anderen textlichen Beweis. Zwar sprechen Elemente in Architektur oder Ikonographie eines Gebäudes (die Darstel‑ lung von Mönchsheiligen etwa findet sich nur selten außerhalb eines Klosters) eher dafür als dagegen, dass ein Gebäude oder ein Objekt auf eine Stiftung zurückgeht, doch sollte ein derartiges Indiz niemals als entscheidender Beweis dafür gelten, ob etwas als Stiftung einzustufen ist oder nicht. Hier droht die Gefahr, dass eine Kir‑ che zur Stiftung erklärt wird, weil in ihr ein Stifter beigesetzt ist,1 oder ein Gebäu‑ dekomplex zu einer Klosterstiftung, weil er eine Kirche enthält 2.Allerdings gab es in der griechisch‑orthodoxen Welt eine star‑ ke Verbindung zwischen Mäzenatentum und Stiftung, und wenn auch nicht jeder Auftrag an einen Künstler ein Stiftungsakt war, so gingen doch fast alle dokumentier‑ ten Stiftungsakte mit dem Auftrag für ein Kunstwerk einher, das Stifter und Stiftung feiern sollte. Besondere Beachtung erfährt im Zu‑ sammenhang der byzantinischen Bildkul‑ tur traditionell der Ikonoklasmus: Obwohl Kunsthistoriker in der Vergangenheit be‑ stimmte Kirchen als ‚ikonoklastisch‘ klas‑ sifiziert haben, ist die Byzantinistik im Begriff, das Ausmaß, in dem Beschränkun‑ gen oder Verbote figürlicher Darstellungen eingeführt wurden, sowie die konkreten Auswirkungen auf den archäologischen Befund von Grund auf neu zu bewerten.3 Der gegenwärtige Trend in der byzantini‑ schen Kunstgeschichte scheint dahin zu gehen, dass der Begriff ‚ikonoklastisch‘ für zuvor so bezeichnete Kirchen nun fallen
Sachzeugnisse
gelassen wird.4 Kurz gesagt, die (besten‑ falls minimale) Rolle des Ikonoklasmus im Kirchenschmuck braucht hier nicht weiter behandelt zu werden. 6.5.2 Baulichkeiten Dienen Bauwerke als Belege für griechisch‑ orthodoxe Stiftungen, so wird die Forschung vor Probleme geographischer und zeitlicher Verzerrung gestellt. Zum Einen wurden die reichsten und am besten erhaltenen archäo‑ logischen Stätten – insbesondere die zahl‑ reichen Klöster auf dem Berg Athos – als Empfänger von frühneuzeitlichen, neuzeit‑ lichen und vor allem heutigen Schenkungen und Patronage ständig umgebaut, erweitert und erneuert, sodass die ursprünglich mit‑ telalterlichen Befunde von den späteren Re‑ novierungen nur schwer zu unterscheiden sind.5 Byzantinische Monumente außerhalb des griechischen Festlandes und der Inseln dagegen wurden bis ins vorige Jahrhundert bisweilen stark beschädigt und vernach‑ lässigt. So sind in der Region Pontos am Schwarzen Meer zahlreiche Kirchen und Klöster mit ihrem ungeheuren architekto‑ nischen Erbe an griechisch‑orthodoxen Stif‑ tungen heute völlig verfallen oder zerstört und können deshalb am besten anhand von Fotos aus dem späten 19. und dem frühen 20. Jahrhundert untersucht werden. Noch bis 1915 waren 68 von 96 oder mehr Kirchen in der pontischen Stadt Trapezunt (Trabzon) intakt, doch nur noch zehn hatten überlebt, als Anthony Bryer und David Winfield im Jahr 1985 ihr Inventar der byzantinischen Monumente und Topographie der Pontosre‑ gion veröffentlichten (man sollte sich jedoch vor Augen halten, dass auch osmanische Bauwerke stark gelitten hatten).6 In diesem Text wird ein unter archäolo‑ gischen Gesichtspunkten besonders inter‑ essanter Sonderfall eingehend behandelt,
Griechisch-orthodoxe Christen
nämlich die sogenannten Höhlenkirchen und ‑klöster in Kappadokien in Kleinasi‑ en. Wegen der einzigartigen Geologie der Landschaft mit ihren Klippen und Säulen aus weichem Tuff war es für die Bevölke‑ rung im Lauf der Jahrhunderte oft leichter, Bauten aus dem Vulkangestein heraus‑ zuhauen als Holz oder andere herkömm‑ liche Baumaterialien zu benutzen. Vom späten 9. bis etwa in das letzte Viertel des 11. Jahrhunderts wurde das byzantinische Kappadokien von politisch einflussreichen aristokratischen Clans dominiert, die ih‑ ren Reichtum vor allem der in großem Maßstab betriebenen Viehwirtschaft ver‑ dankten. Mitglieder dieser Familien, aber auch Menschen von sehr viel bescheide‑ nerer Herkunft gründeten und förderten Kirchen und Klosteranlagen. Als die by‑ zantinische Herrschaft nach der Schlacht von Manzikert 1071 in Kleinasien zusam‑ menbrach, wurden die meisten dieser An‑ lagen verlassen. Bis heute jedoch nutzen die ortsansässigen Bauern viele davon als Lagerräume oder Taubenschläge. Mit dem Taubenkot wurde die Qualität des kargen Bodens verbessert. Obwohl die kappado‑ kischen Griechen vor dem im Vertrag von Lausanne 1923 vereinbarten griechisch‑ türkischen Bevölkerungsaustausch nur wenige dieser Bauten für Gottesdienste nutzten und sie teilweise um zusätzliche Taubenschläge erweitert wurden, blieben die Anlagen mindestens architektonisch mehr oder weniger im gleichen Zustand wie bei ihrer Aufgabe im späten 11. Jahr‑ hundert. In einer merkwürdigen Umkehr der Quellenlage für die meisten byzanti‑ nischen Klöster in Kleinasien gibt es für diese Höhlenklöster jedoch keine Doku‑ mente mehr (typika, Klosterarchive usw.).7 Um unser Verständnis griechisch‑ortho‑ doxer Stiftungen zu erweitern, kann die byzantinische Architektur grob gesagt un‑ ter zwei Gesichtspunkten gewinnbringend
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untersucht werden: (1.) die Wechselbezie‑ hung der Baulichkeiten untereinander so‑ wie mit ihrer Umwelt, dazu die diachrone Entwicklung bestimmter Baulichkeiten, das heißt ihre Funktionsänderung im Lauf der Zeit, entsprechend den veränderten Erfordernissen der Stiftung; (2.) die Ent‑ wicklung der Bauformen im Allgemeinen, das heißt die Entwicklung der Gestaltung von Kirchenbauten, die wachsende Beliebt‑ heit ‚privater‘ Kapellen usw. (1.) Was Entwicklung und Aufbau byzan‑ tinischer Stiftungen betrifft, so bestäti‑ gen archäologische und architektonische Untersuchungen die in den Quellen zu findenden außerordentlich vielfältigen Or‑ ganisationsformen byzantinischen Kloster‑ wesens. Folgt man den hagiographischen Texten, so begann ein typischer mittelby‑ zantinischer Klostergründer seinen Werde‑ gang in einer Mönchsgemeinschaft, wurde dann zum Einsiedler in der Umgebung des ursprünglichen Klosters und schließlich zu einem abgeschieden lebenden Eremi‑ ten, um den sich Schüler scharten. Dies bildete den Ausgangspunkt einer neuen Mönchsgemeinschaft.8 Die Wechselbe‑ ziehung zwischen Einsiedelei, lavra und Klostergemeinschaft zeigt sich auch in den erhaltenen archäologischen Zeugnissen. Ein besonders gut belegtes Beispiel für eine solche Klostergründung ist die des zy‑ prischen Asketen und Heiligen Neophytos (1137–nach 1214). Neophytos wurde schon in jungen Jahren Mönch und lebte zunächst im Kloster des St. Johannes Chrysostomos. Als Neophytos spirituell gereift war, wan‑ derte er sechs Monate durch Palästina, auf der (vergeblichen) Suche nach einem Ere‑ miten als Lehrer zur weiteren Vertiefung seiner Askese. Nach seiner Rückkehr nach Zypern fand Neophytos schließlich eine Höhle, die ihm als Klause geeignet schien. Eigenhändig erweiterte und verstärkte er
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die Höhle und weihte sie 1160 dem Heiligen Kreuz. Außerdem baute er einen Altarraum (bēma) und ein Grab. Nach vier Jahren andauernden Drängens ließ er sich zehn Jahre später, 1170, von Basileios Kinnamos, Bischof im nahegelegenen Paphos, über‑ zeugen, die Priesterweihe anzunehmen und einen Schüler auszubilden, für dessen Lebensunterhalt der Bischof aufkam. Neo‑ phytos zog zahlreiche Anhänger an. Um 1177 verfasste er das erste typikon für die Gemeinschaft und legte fest, dass die Zahl der Mönche klein bleiben sollte. Im Jahr 1183 wurde die Anlage dennoch stark er‑ weitert: Bēma, Zelle und Grablege wurden ausgemalt, und aus einer Felswand dane‑ ben wurde die neue Kirche vom Heiligen Kreuz herausgehauen. Neophytos wollte sich der zunehmenden Beanspruchung durch seine wachsende Gemeinschaft ent‑ ziehen und beschloss daher, oberhalb des Kirchenraums eine neue Zelle für sich zu bauen. Um die Liturgie hören zu können, ließ er einen Schacht vom Boden der Zelle durch das Dach der Kirche vom Heiligen Kreuz führen. Nach 1197 wurde die Anlage vervollständigt. Die neue Kirche der Hei‑ ligen Apostel wurde ausgemalt wie auch das Refektorium für die 15 bis 18 Mönche des Klosters.9 Um das Jahr 1500 fand eine größere Instandsetzung statt, viele Bilder wurden 1502/1503 restauriert. Wegen des jähen Verfalls von Neophytos’ Stiftung in der Frühen Neuzeit befindet sich die Anla‑ ge heute etwa im Zustand wie zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Daher kann man ihre in ihrem typikon und in Neophytos’ ande‑ ren Schriften niedergelegte Entwicklung anhand der architektonischen Untersu‑ chung der heutigen Anlage nachvollziehen. (→ Abb. 47) Wie die ohne vorherige Planung errich‑ tete Klosteranlage des Neophytos zeigt, entwickelten sich die von charismatischen Eremiten in der griechisch‑orthodoxen
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Tradition gegründeten Klöster im All‑ gemeinen sehr organisch. Die Einsiede‑ lei und, nach dessen Tod, das Grab des charismatischen Gründers bildeten den Mittelpunkt der entstehenden Mönchsge‑ meinschaften. Auf ihre Entfaltung hatte ein Patron, in Neophytos’ Fall Bischof Ba‑ sileios Kinnamos, entscheidenden Einfluss. Mindestens im Fall der sogenannten ,nicht‑ aristokratischen Gründer‘ (→ 3.5.5) wur‑ den griechisch‑orthodoxe Klöster nicht im Voraus geplant. Sie entwickelten sich variabel (beispielsweise durch Anpassung an die natürlichen landschaftlichen Ge‑ gebenheiten, indem sie etwa Höhlen als Wohnstätten nutzten), und sie reagierten auf die direkten Notwendigkeiten (indem sie ein Refektorium oder eine größere Kir‑ che für die wachsende Klostergemeinschaft bauten). Eine ähnliche Entwicklung durchlief 150 Jahre zuvor eine andere Klostergründung auf dem Berg Latros, einem nordwestlich von Milet gelegenen größeren Zentrum des byzantinischen Mönchtums. Wie Neophy‑ tos lebte auch Paul von Latros (gest. 955) in einer Klostergemeinschaft, in Karya, bevor er sich als Eremit in eine Höhle zurückzog, die durch eine Öffnung oben auf einem Fel‑ sen zugänglich war. Im Lauf der Zeit fanden Anhänger ihren Weg zu ihm, weshalb zu‑ nächst eine dem Erzengel Michael geweihte Kapelle und dann eine der Theotokos tou stylou (‚von der Säule‘) geweihte Kirche ge‑ baut wurden. Es handelt sich hierbei um Zeugnisse einer blühenden klösterlichen Gemeinschaft von Mönchen und einigen Einsiedlern. Im Jahr 1906 untersuchte und fotografierte eine archäologische Expedi‑ tion unter deutscher Leitung den vermut‑ lichen Standort der Mönchsgemeinschaft und die Felsenhöhle, wahrscheinlich Pauls Einsiedelei.10 Auch in diesem Fall blieb der ursprüngliche Ort der Eremitage Zentrum der späteren Mönchsgemeinschaft.
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Diese beiden Fälle sollten nicht den Eindruck vermitteln, dass die Entwick‑ lung byzantinischer Stiftungen aus und um Einsiedeleien ungewöhnlich war. Als klassisches Vorbild der Entstehung einer größeren Klosterstiftung um eine Einsie‑ delei herum darf man die Fälle der frü‑ hen Säulenheiligen annehmen, wie etwa den des nordsyrisichen Mönchs Symeon Stylites d. J. (Symeon ‚vom Wunderber‑ ge‘, 521–592). Die Säule, auf der Symeon den größten Teil seines Lebens verbracht hatte, wurde zum Zentrum eines wich‑ tigen Klosterkomplexes. Symeons Säule ist stets – nicht nur im metaphorischen, sondern auch im physischen Sinne – der zentrale Ort des Klosters geblieben; diese heute noch in Überresten zu sehende Säule hatte im Mittelalter vermutlich eine Höhe zwischen acht und 18 Metern; ein riesiger Treppenaufgang wurde darum herumge‑ baut.12 (→ Abb. 48) Die archäologische Erforschung weniger gut dokumentierter Klostergründungen zeigt ähnliche Ent‑ wicklungsmuster. Die aus einem kegel‑ förmigen Felspfeiler herausgeschlagene kappadokische Einsiedelei des Säulen‑ heiligen Niketas enthält eine ausgemal‑ te Kapelle und einen rechteckigen Raum weiter oben im Felsen, der mit der Kapelle vielleicht durch aus dem Fels gehauenen Stufen verbunden war.13 (→ Abb. 49) Zwei Inschriften bezeugen, dass der Einsiedler Niketas hier lebte und dass die Stiftung auf Eustratios, den kleisourarch (Befehls‑ haber in einer Grenzregion) von Zeugos und Klados, zurückgeht, wobei sich aus der Inschrift nicht erschließen lässt, ob er sowohl für Aushöhlung als auch Aus‑ schmückung der Kapelle oder lediglich für ihre Ausschmückung aufkam. Eine andere Säule westlich der Kapelle enthält einen Hohlraum mit Mulden und Vorsprüngen sowie eine steinerne Traubenpresse. Es ist ungeklärt, ob er zur Kapellenanlage gehört
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oder jüngeren Datums ist. In einem ähnlich säulenartigen Felsen in der gleichen Regi‑ on befand sich die Einsiedelei des Mönchs Symeon, dessen ausgemaltes Grab anhand einer Grabinschrift identifiziert werden konnte.14 Obwohl die Stifterinschrift hier nicht überlebt hat, bestätigen doch die Aus‑ schmückung des Grabs ebenso wie eine Kapelle im selben Felsen die Aktivitäten des Stifters, die der Anhänger des Eremiten oder vielleicht auch beider. Vermutlich war auch ein Ensemble ausgehöhlter Räume rund um eine an‑ dere kappadokische Kirche, Karabaş Ki‑ lise (→ Abb. 50), mit einer Einsiedelei verbunden.15 Gemäß der von Lyn Rodley vorgeschlagenen Chronologie wurde die Kirche Karabaş Kilise nahe der Einsiede‑ lei des Mönches Rustiakos erbaut, dessen Porträt mit entsprechender Inschrift sich in der Kirche befindet. Anders als in den beschriebenen Beispielen befand sich die Einsiedelei nicht innerhalb der Anlage, sondern wahrscheinlich in einer nahen Höhle. Auf eine Klostergemeinschaft und einen ersten Stifter weisen zahlreiche In‑ schriften hin, darunter die Grabinschrift von Abt Bathystrokos sowie eine erste, eher einfache Ausmalung der Kirche und der angrenzenden Räume. Eine Stifterinschrift bezeugt die Neuausstattung der Kirche im Jahr 1060/1061 durch den Skepides‑Clan. Unterschiedliche künstlerische und archi‑ tektonische Merkmale der Anlage deuten darauf hin, dass diese Familie sich in einer vielleicht schon hundert Jahre bestehenden Mönchsgemeinschaft als Stifter engagierte. Während der architektonische Befund der erwähnten, aus Einsiedeleien ent‑ standenen Klostergründungen für eine gewachsene, nicht geplante Entwicklung spricht, deutet die Anlage anderer erhal‑ tener Klöster auf eine vorhergehende Pla‑ nung der Stiftungen. So weist die Art, wie kappadokische ,Hofklöster‘ aus dem Stein
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gehauen wurden, darauf hin, dass hier von Anfang an die Unterbringung von Mönchsgemeinschaften beabsichtigt war. Der Name leitet sich von der bedeutenden Rolle eines zentral gelegenen Hofs oder Atriums ab, um den herum Kirchen, Ka‑ pellen und Räume aus dem Fels geschlagen wurden.16 Den wegen der Bedeutung des gemeinsamen Speisesaals ,Refektoriums‑ kloster‘ genannten Komplexen dagegen fehlt die architektonische Gestaltung der Hofklöster.17 Zu den besterhaltenen Beispielen ei‑ nes kappadokischen Hofklosters gehört das Kloster Karanlık Kilise.18 (→ Abb. 51) Kirche und Kloster wurden zu gleicher Zeit aus dem Fels gearbeitet. Entsprechend besteht die mittelalterliche Ausschmü‑ ckung im Inneren aus einer polychromen Schicht, ein Indiz dafür, dass die Anlage bald nach der Fertigstellung ausgemalt wurde. Höchstwahrscheinlich gehörten acht Stifterbilder dazu, von denen vier an‑ hand der Inschriften identifiziert werden. Ein weiterer Hinweis auf die Patronage ist eine Grabkammer, die gemeinsam mit den übrigen Räumen aus dem Fels geschla‑ gen wurde. Aus der künstlerischen und architektonischen Analyse des Klosters Karanlık Kilise ergeben sich also starke Anhaltspunkte dafür, dass der Komplex in einer einzigen Arbeitsphase geplant, angelegt und ausgemalt wurde, in schar‑ fem Gegensatz zu den oben aufgeführten, eher gewachsenen Entwicklungen wie der Einsiedelei des Neophytos. Wenden wir uns nun vom Land der Hauptstadt zu. Die archäologische Unter‑ suchung der architektonischen Überres‑ te stand bei der Erforschung der riesigen Pantokrator‑Klosteranlage in Konstanti‑ nopel im Vordergrund. Das von Kaiser Johannes II. Komnenos (1118–1143) im Ok‑ tober 1136 verfasste typikon beschreibt ei‑ nen umfangreichen Gebäudekomplex rund
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um drei miteinander verbundene Kirchen. (→ Abb. 52) Zu dem Pantokratorkloster ge‑ hörten auch drei mildtätige Einrichtungen, ein Hospital, ein Altersheim und ein ab‑ seits des Hauptkomplexes gelegenes Lepra‑ krankenhaus. Bald nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels 1453 wurde der dreiteilige Kirchenkomplex in eine Moschee umgewandelt und trägt heute den Namen Zeyrek Kilise Camii. Aus archäolo‑ gischen Untersuchungen geht hervor, auf welche Weise die Entwicklung der Anlage auf die Wünsche des Stifters Johannes II. Komnenos zugeschnitten war. Die erste der drei zusammenhängenden Kirchen, Panto‑ krator – die größte und prächtigste unter ihnen gab dem ganzen Komplex schließlich seinen Namen –, war ursprünglich von Johannes’ Gemahlin Eirene (1088–1134) als katholikon (Hauptkirche eines Klosters) gestiftet worden. Nach ihrem Tod erwei‑ terte Johannes die ursprüngliche Kirche um eine weitere Kirche und eine Grabka‑ pelle. Diese Grabkapelle, die dem Erzengel Michael Asōmatos geweiht war, plante er als Grabkapelle für die kaiserliche Fami‑ lie. Die vorgenannte Kirche weihte er der Theotokos Eleousa. Da aus dem typikon nicht zweifelsfrei hervorgeht, wo genau die Pantokrator‑Kirche und die der Theotokos Eleousa lagen, nahmen Archäologen frü‑ herer Zeit fälschlich an, dass die nördlich gelegene die ursprüngliche Pantokrator‑ Kirche gewesen sei. Eine Reihe architek‑ tonischer Besonderheiten beweist jedoch, dass die südliche Kirche ursprünglich dem Christus Pantokrator geweiht war; ihr folg‑ te später die nördliche, die der Theotokos Eleousa, und schließlich die Grabkapelle, die dann beide Kirchen verbinden sollte.19 Auch in der Entwicklung des Pantokra‑ torklosters zeigt sich die für die meisten griechisch‑orthodoxen Stiftungen typische organische, den Gegebenheiten angepasste Entwicklung, selbst wenn es sich wie im
Griechisch-orthodoxe Christen
Fall des Pantokratorklosters um eine kai‑ serliche Stiftung handelte. Aus dem obigen Überblick über die Bedeutung architekto‑ nischer Befunde für die Erforschung grie‑ chisch‑orthodoxer Stiftungen geht hervor, dass eine geplante Stiftung, die von einem einzelnen Stifter (oder einer Stiftergruppe) zu einem bestimmten Zeitpunkt ex nihilo angelegt wurde, eine große Ausnahme war. Stiftungen tendierten vielmehr dazu, sich entsprechend den Bedürfnissen ihrer Gemeinschaften und (Zu‑)Stifter zu entwi‑ ckeln. Aus einer Einsiedelei wurde wie bei Neophytos ein Kloster, oder bestehende Klöster wurden erweitert und mit neuen Aufgaben betraut, wie es beim Pankrator‑ kloster des Johannes II. Komnenos geschah. (2.) Die Entwicklung der mittelalterlichen architektonischen Formen ist ein beein‑ druckendes Zeugnis für die wachsende Bedeutung der griechisch‑orthodoxen Stif‑ tungen. Thomas F. Mathews beschreibt zutreffend die grobe Entwicklung der by‑ zantinischen Sakralarchitektur: „The evo‑ lution of Byzantine church building from early to medieval times can be described in the most general terms as an evoluti‑ on from open to closed forms.“20 Mit der Umgestaltung ihrer spätantiken prozessi‑ onalen, öffentlichen und sehr offenen Form zu einer geschlossenen und stationären mittelbyzantinischen Form beeinflusste die Liturgie die Formgebung der Kirchen, in denen sie zelebriert wurde.21 Die beiden wichtigsten neuen architektonischen Ele‑ mente im Kirchenbau waren das Auftreten der sogenannten ‚Kreuzkuppelkirche‘, die als Inbegriff der byzantinischen Kirchen‑ form gilt, und die gleichzeitige Ausbildung byzantinischer Kapellen. Die beiden ältesten erhaltenen Beispie‑ le der byzantinischen Kreuzkuppelkirche wurden in Konstantinopel innerhalb von zwei Jahrzehnten errichtet. Das früheste
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Beispiel war eine ‚restaurierte‘ Klosterkir‑ che – wahrscheinlich handelt es sich trotz dieser Bezeichnung um ein Bauwerk, das im Jahr 907 von dem Admiral Konstantin Lips (gest. 917) ex novo erbaut wurde.22 Allerdings gibt es fast keine Belege aus der frühen Geschichte des heute Fenari Isa Camii genannten Lips‑Klosters, bis die Kaiserin Theodora Palaiologina zwischen 1294 und 1301 ein typikon für ein Kloster an dieser Stätte verfasste. Eines der bedeu‑ tendsten architektonischen Merkmale der älteren Theotokos‑Kirche im Lips‑Kloster sind die vier in Kreuzform um die Haupt‑ kuppel gruppierten Kapellen; eine zweite Kirche, Johannes dem Täufer geweiht, kam hinzu, als erwähnte Theodora Palaiologina das Kloster neu gründete.23 Architekturströmungen der mittelby‑ zantinischen Epoche – und eine Stiftung, die sowohl den eher geschlossenen Stil der Kreuzkuppelkirche als auch die wachsende Bedeutung privater Grabkapellen wider‑ spiegelt – zeigen sich auch im zweitfrü‑ hesten Beispiel einer Kreuzkuppelkirche: dem Myrelaion (heute als Bodrum Camii, Kellermoschee, bekannt, weil es unter dem Boden der Kirche noch eine Unterkon‑ struktion gibt), wahrscheinlich im Jahr 922, etwa 15 Jahre nach dem Bau des Lips‑ Klosters fertig gestellt.24 (→ Abb. 53) Das Myrelaion wurde vom Kaiser Romanos I. Lekapenos (920–944) als Grabkapelle für Familienmitglieder errichtet und grenzte direkt an seinen Privatpalast. Zwischen 922 und 961 wurden sechs Lekapenoi hier bei‑ gesetzt, im Jahr 948 auch Romanos selbst. Mit nur wenigen Ausnahmen (unter beson‑ derer Umstände wie Usurpation oder Exil) waren Kaiser von der Zeit Konstantins I. an (312–337) in der Kirche der Heiligen Apostel bestattet worden, und so stellte Romanos’ Bau einer privaten Grabkapelle einen ent‑ schiedenen Bruch mit dieser Tradition dar. Vermutlich erklärt sich seine Entscheidung,
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sich selbst und seine Familie in Myrelaion bestatten zu lassen, aus seiner schwierigen politischen Lage – er hatte die Heirat zwi‑ schen seiner Tochter und Konstantin VII. Porphyrogennetos (944–959), dem Erben der herrschenden makedonischen Dynas‑ tie, eingefädelt. Zu der Stiftung gehörte auch ein Kloster – allem Anschein nach zunächst eines für Nonnen, später dann für Mönche. Einigen Quellen zufolge gehörte auch ein Armenhaus dazu.25 In ihrer Gesamtheit spiegeln die archi‑ tektonischen Merkmale des Lips‑Klosters und des Myrelaion – ihre geschlossene und im Vergleich zu den spätantiken Vorgän‑ gern relativ kleine Form sowie ihre eher von Gedenken und Grablege als öffentli‑ chem Gottesdienst bestimmte Funktion – die entsprechenden Veränderungen in der griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur je‑ ner Zeit wider. 6.5.3 Bildwerke Die Ausschmückung von Bauwerken bildet bei weitem die aussagekräftigste Gruppe unter den Sachzeugnissen der griechisch‑ orthodoxen Stiftungen. Die durch die Dekoration von Kirchen, Kapellen und anderen Sakralbauwerken gelieferte In‑ formationsfülle ist einem zu allen Zeiten vorherrschenden Merkmal des byzantini‑ schen Mäzenatentums geschuldet, nämlich der Bewahrung des Andenkens an den Stifter in Form von Widmungsinschriften in seiner Stiftung sowie als bildliche Dar‑ stellung in den sogenannten Stifterbildern (1.). Dabei ist das Stifterbild keineswegs der einzige bedeutende Bildtypus in einem Sa‑ kralbau. Die von einem Förderer in Auftrag gegebene Ikonographie (2.) liefert häufig wichtige Informationen über Absichten, Herkunft und soziale Stellung des Stifters. Noch deutlicher wird die Bedeutung der
Sachzeugnisse
Ausmalung religiöser Bauten für die Ana‑ lyse griechisch‑orthodoxer Stiftungen, be‑ denkt man – angesichts des so charakteris‑ tischen starken Zusammenspiels von Wort und Text in der byzantinischen Kunst –, dass wichtige Dokumente wie kaiserliche Chrysobullen, die einer Stiftung besondere Privilegien verliehen, oder Aufstellungen des Stiftungsvermögens manchmal wort‑ wörtlich auf die Mauern des Stiftungsbaus gemalt wurden (3.).26 (1.) Bevor die Frage eingehender erörtert wird, welche Bedeutung Stifterbildnisse für die Erforschung griechisch‑orthodoxer Stiftungen haben, sollen einige Grundzü‑ ge der Stifterdarstellungen an Bauwerken benannt werden.27 Idealtypisch wurden Stifterbilder zunächst von einer den Stif‑ ter identifizierenden Inschrift begleitet. Wegen des Überlieferungszufalls sind je‑ doch viele Stifterporträts ohne Inschriften erhalten geblieben oder umgekehrt. Stif‑ terinschriften auf Bauwerken konnten gemalt, gemeißelt, in Stein gesetzt oder als Mosaik gelegt sein und in Prosa‑ oder in Versform auftreten. Verse oder Epigram‑ me wurden meist als 15‑silbiger ‚politi‑ scher‘ Vers verfasst, der am weitesten ver‑ breiteten Form byzantinischer Dichtung, deren Metrum im Gegensatz zum antiken Vers (etwa dem daktylischen Hexameter im Epos) eher von der Betonung als von der Vokalquantität ausging.28 Viele dieser Epigramme umfassen nur wenige Zeilen, doch es gab auch umfangreiche Dich‑ tungen. Ein außergewöhnliches Beispiel für dieses Genre war die im katholikon des Pantokratorklosters gemalte Wid‑ mungsinschrift der Kaiserin Eirene mit 145 Versen, die zwar nicht in situ erhal‑ ten ist, aber in vier Manuskripten über‑ liefert ist.29 Die Stifterinschriften waren normalerweise in die Außenmauern der Kirchen gemeißelt oder geritzt. Gemalte
Griechisch-orthodoxe Christen
Inschriften befanden sich entweder über dem Haupteingang oder, wesentlich häufi‑ ger, in der zentralen Apsis der Kirche.30 Im Allgemeinen beinhalteten sie den Namen des Stifters, das Jahr seit der Erschaffung der Welt (5509/5508 v. u. Z.) oder – weniger üblich – das Jahr der Herrschaft eines Kaisers neben der Indiktion, schließlich den Akt der Patronage selbst, also die Stif‑ tung, Ausschmückung oder Erweiterung einer Kirche. Der tatsächliche Umfang der Ausgaben oder der Schenkung wird relativ selten angegeben. Die Stifterbilder zeigen normalerweise den Stifter, wie er die Stiftung – dargestellt als Kirche, Kloster, Geldbeutel o. Ä. – einer göttlichen Gestalt, meist Christus, oder Maria präsentieren. Selbst wenn die Stif‑ tung einem Erzengel, Propheten oder Hei‑ ligen geweiht ist, werden sie normalerwei‑ se zusammen mit jenen dargestellt. Stifter können einzeln dargestellt werden; sind sie Teil einer Gruppe, dann meist als Paar oder Familie. Die Größe der Figuren ist ein Hinweis auf ihre Bedeutung. Himmlische Gestalten überragen die sterblichen Stifter, und die relative Bedeutung jedes Stifters lässt sich an seiner Größe ablesen. Reich‑ tum und gesellschaftlicher Rang spiegeln sich in der Pracht der Stifterkleidung wider. Eine interessante Untergruppe der Stif‑ terinschriften bilden die vom Künstler selbst vorgenommenen Inschriften. Da griechische Widmungsinschriften nicht zwischen der aktiven (‚Er baute / schmück‑ te die Kirche.‘) und der kausativen Form (‚Er ließ die Kirche bauen / ausschmücken.‘) unterscheiden, sollte man sich wohl vor der Annahme hüten, dass der Stifter auch derjenige war, der den Auftrag ausführte.31 Allerdings gibt es Fälle, in denen der Stifter nach Ansicht der Forschung tatsächlich zu‑ gleich der Künstler bzw. Handwerker gewe‑ sen sein könnte. Man kann beispielsweise die Möglichkeit nicht völlig ausschließen,
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dass der (vielleicht vielseitig begabte) ‚Pfer‑ dearzt‘ (ἵππων ἀκεστήρ) Nikephoros Auf‑ traggeber eines Bildnisses von St. Georg (in diesem Fall passend als berittener Krieger dargestellt) in der etwa Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts errichteten Kirche der Panagia Asinu auf Zypern, das Bildnis selbst malte.32 Unter besonders günstigen Bedingun‑ gen erlauben Stifterinschriften und Stif‑ terbilder einen faszinierenden Einblick in Gründung oder Funktionsweise einer Stiftung. Außergewöhnliche Beispiele sind Inschriften, die nicht nur Namen und manchmal Beruf jedes einzelnen Stifters aufführen, sondern auch den gestifteten Betrag. Nur selten finden sich derart de‑ taillierte Informationen über das anfäng‑ liche Stiftungskapital in den typika, da es normalerweise in einem gesonderten Dokument, dem Bestandsverzeichnis oder brebeion, festgehalten wurde. In der Kirche des Erzengels Michael (1278) in Polemitas (Mesa Mani) auf der Peloponnes findet sich eine gemalte Widmungsinschrift, in der Konstruktion und Ausschmückung ebenso festgehalten sind wie 29 Stifternamen (da‑ runter drei Sammelschenkungen, von ‚den Kindern des N. N.‘), die mehr als 30 Haus‑ halte repräsentieren.33 Aufgeführt wird auch der Betrag jeder Schenkung, etwa ein Olivenbaum, ein Gemüsegarten, ein Feld. Eine Gemeindekirche mit so vielen Stiftern liefert nicht nur reichlich Materi‑ al für Agrar‑ und Wirtschaftsgeschichte, sondern erlaubt auch Perspektiven darauf, wie die Rangfolge der Stifter festgelegt wurde. Warum wird in der Inschrift nur einem einzigen Stifter, Nikolaos Romanes, der mit zwei Olivenbäumen offenbar nicht unbedingt den größten Beitrag zur Verfü‑ gung stellte (die Größe der von anderen gestifteten Länderein kennt man nicht) der Titel ktitōr (,Stifter‘) verliehen?34 Fer‑ ner wird nur einer der Stifter, der Priester
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Nikolaos Kamomerotes, dessen Familie in der Inschrift mehrfach erwähnt wird, in den erhaltenen Teilen des Bildprogramms in der Kirche abgebildet.35 Wie dieses Beispiel zeigt, können Stif‑ tungsinschriften detaillierte Informati‑ onen über den sozialen Status und das Vermögen einer Stiftergruppe liefern. Ver‑ gleichbares gilt für Stifterbilder, selbst wenn die Stiftungsinschriften nicht er‑ halten sind. Ein Beispiel ist das größte und kunstvollste kappadokische Höhlenkloster Selime Kalesi, eine große Klosteranlage mit sogar zwei Innenhöfen und etwa zwei Dutzend Räumen.36 Das Stifterporträt von Selime Kalesi wurde durch einen Brand stark beschädigt, dazugehörige Inschriften völlig ausgelöscht, doch die Darstellung ist in ihren Grundzügen noch erkennbar.37 Christus (oder vielleicht Maria) legt seine Hände auf die Köpfe der beiden Haupt‑ stifter, wahrscheinlich ein Paar, und zu beiden Seiten der zentralen Christusfigur stehen sieben weitere Figuren. Trotz des schlechten Erhaltungszustands ist die Pracht ihrer Kleidung nicht zu übersehen. Der männliche Stifter links von Christus trägt ein ähnliches Gewand wie ein hoch‑ gestellter Höfling im Stifterporträt in einer Miniatur, die eine Handschrift der Predig‑ ten des Johannes Chrystosomos aus dem 11. Jahrhundert schmückt.38 (→ 6.5.5) An‑ gesichts der weiteren Besonderheiten der Stätte (das größte erhaltene Höhlenkloster in Kappadokien, hochwertige Gemälde, Inschriften in Versform an anderer Stelle und eine große Grabkammer) ist anzuneh‑ men, dass es sich bei der Stifterfamilie um einen reichen anatolischen Clan handelte. Bildliche Darstellungen des Stifters können dessen politische und religiöse Überzeugungen illustrieren. Besonders für die letzten Jahrhunderte des Mittelalters spielt dieser Zugang zu den Stifterbildern eine bedeutende Rolle. Nach der Einnahme
Sachzeugnisse
Konstantinopels durch die Kreuzritter des Vierten Kreuzzugs spiegelte sich die zu‑ nehmende Zersplitterung der griechisch‑ orthodoxen Welt in den Stiftungen dieser Zeit wider. Die wachsende politische Frag‑ mentierung und die konkurrierenden im‑ perialen Machtansprüche regionaler Dy‑ nastien in Epiros, Nikaia und Trapezunt, dazu die der benachbarten bulgarischen und serbischen Herrscher, führten dazu, dass selbst die Nennung der Regierungs‑ zeit des byzantinischen Kaisers oder der Indiktion in der Widmungsinschrift – bis 1204 übliche Praxis – nun ungleich kompli‑ zierter wurde. Ebenso lässt sich die Frage der Union mit der lateinischen Kirche in mehreren bemerkenswerten Beispielen der damnatio memoriae von Stiftern ablesen, die die Kirchenunion befürworteten. Eine besondere Rolle spielt die Kon‑ fession in den Widmungsinschriften und den Stifterbildern der zyprischen Kirchen. Nachdem der englische König Richard I. die Insel im Dritten Kreuzzug 1191 erobert hatte, stand Zypern bis zum Ende des Mit‑ telalters unter lateinischer Herrschaft. Während die Inselbevölkerung in der Mehrzahl griechisch‑orthodox blieb, ent‑ wickelten sich eine starke lateinische Aris‑ tokratie und Fernhändlerschicht. In den Widmungsinschriften und Stifterbildern der zyprischen Kirchen jener Zeit lässt sich die langfristige Wechselbeziehung zwischen der lateinisch‑christlichen und der griechisch‑orthodoxen Bevölkerung ablesen. Die im 11. Jahrhundert erbaute Kir‑ che des St. Lampadistes in Kalopanagiotes enthält ein vermutlich aus dem 15. Jahrhun‑ dert stammendes Stifterbild mit Inschrift, das einige Elemente der Verhandlung die‑ ser interreligiösen Wechselbeziehungen zeigt.39 In der kurzen Inschrift erwähnen die Stifter, der Lektor Michael (ein Laie), seine Frau und die nicht namentlich ge‑ nannten Kinder, zwei Mal, dass es sich um
Griechisch-orthodoxe Christen
eine katholische Kirche handelt. Die Söhne werden mit der lateinischen Tonsur, aber mit eher an einen griechisch‑orthodoxen Priester erinnernden Gewändern darge‑ stellt. Diese Synthese lateinischer und grie‑ chisch‑orthodoxer Elemente lässt sich als Hinweis auf pro‑unionistische Sympathien nach dem Konzil von Florenz 1439 lesen, bei dem es theoretisch wieder zu einer Ver‑ einigung der beiden Kirchen kam.40 Nach dem Ende des 12. Jahrhunderts wurden griechisch‑orthodoxe Stifter auf Zypern in der Regel nicht mehr in byzantinischer Kleidung abgebildet.41 Ein weiterer Aspekt der Interaktion zwischen lateinischen und griechisch‑orthodoxen Christen auf der In‑ sel wird aus den Stifterporträts ersichtlich: Mehrere Stifter sind mit ihren Ehefrauen abgebildet, deren Namen wie Louise, Luc‑ recia und Madeleine dafür sprechen, dass sie lateinische Christinnen waren.42 Abschließend sollen bei den Widmungs‑ inschriften und Stifterbildern einige Be‑ merkungen zur besonderen Rolle von Zu‑ stiftern oder neuen Stiftern gemacht wer‑ den. Wie die obigen Ausführungen zur Architektur gezeigt haben, entwickelten die meisten griechisch‑orthodoxen Stiftun‑ gen sich schrittweise, so dass Stiftungen mit einem klar begrenzten, einmaligen Stif‑ tungsakt selten sind. Die Art, wie spätere Stifter und Zustifter sich darstellen ließen, war also zuallererst dadurch bestimmt, wie sie ihre Beziehung zum ursprünglichen Stifter auslegten. Im Kloster des Neophy‑ tos erinnert in der südwestlichen Ecke des Naos eine Inschrift aus dem Jahr 1502/1503 daran, dass ein anderer Neophytos, ein Mönch, die erneute Ausmalung der Kirche bezahlt hatte.43 (→ Abb. 54) Doch dieser zweite Neophytos leitete seine Inschrift mit dem Hinweis ein, dass der erste Neophytos die Kirche auf eigene Kosten hatte aus dem Fels hauen, bauen und ausschmücken las‑ sen. Die Renovierung des Naos sollte also
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als Erweiterung oder Vollendung des von Neophytos begonnenen Werks betrachtet werden. Selbst die Wahl des Mönchnamens Neophytos kann als Indiz dafür angesehen werden, dass er sich der Weiterführung des von seinem Vorgänger begonnenen Werks verpflichtet fühlte. Ein faszinierendes Beispiel für einen Zustifter, der das Vermächtnis des ersten Stifters bewahrte, ist die Kirche Panagia Asinou auf Zypern.44 In der südwestlichen Bogennische der Kirche findet sich die Stifterinschrift des Nikephoros Magistros ‚Yschirios‘ aus dem Jahr 1105/1106 mit dem Stifterbild des Nikephoros Magistros, der seine Kirche der Jungfrau Maria darbietet. (→ Abb. 55) Allerdings datieren Kunsthis‑ toriker Stil und Gestaltung der Inschrift auf die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. Zudem hatte die Kirche ursprünglich ein (später eingestürztes) Kuppeldach, wäh‑ rend die Kirche heute ebenso wie auf dem Stifterbild des Nikephoros Magistros mit einem Tonnengewölbe ausgestattet ist. Bei der Restaurierung des ursprünglichen Stif‑ terbildes wurde das Modell der Kirche, das Nikephoros Magistros in den Händen hält, so übermalt, dass es wie die Kirche nach der Restaurierung aussah.45 (2.) Die Ikonographie in einem Sakralge‑ bäude vermittelt ebenfalls Informationen über Stifter und Stiftung und kann die Ziele des Stifters manchmal überzeugender darstellen als ein schriftliches Dokument. Wieder findet sich ein besonders überzeu‑ gendes Beispiel in der Klosteranlage des Eremiten und Stifters Neophytos. Die Iko‑ nographie spiegelt hier einen Prozess von ‚self‑sanctification‘ wider.46 Nachdem Neo‑ phytos auf der Flucht vor den unablässigen Forderungen seiner Anhänger eine neue Zelle oberhalb der Klosterkirche errich‑ tet hatte, folgte er, wie bereits erwähnt, dem Gottesdienst dank eines Schachtes,
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durch den er nach unten in die Kirche sehen konnte. Eine ausführliche Diskussi‑ on der Anlage bezeichnet die Darstellung als „verging on the blasphemous“47, denn rund um den Schacht wurde die Himmel‑ fahrt Christi so dargestellt, dass es aus der Perspektive der Mönche wirkte, als würde Neophytos den Platz im Bild ein‑ nehmen, der normalerweise Christus auf dem Thron, von Engeln flankiert, vorbehal‑ ten ist. (→ Abb. 56) Weder den Mönchen noch den Besuchern der Kirche konnte die wenig subtile Symbolik entgehen, mit der Neophytos seine eigene ‚Himmelfahrt‘ in seiner Zelle über der Kirche Christi Himmelfahrt gleichsetzte. Die Wirkung zu Lebzeiten des Neophytos muss erstaun‑ lich gewesen sein: „From that hole also tumbled down Neophytos’ teachings to his monks or to the people gathered for the celebration of a feast‑day. They would be standing in the church, itself a dimly lit cave filled with wonderful and myste‑ rious colors and with the smell of incense, surrounded by the paintings of Saints and scenes from the life of Christ, topped with The Ascension – next to which Neophytos’ face would be seen, and his voice would be heard, descending from a picture which represented Heaven and Christ in Glory. Neophytos’ identification with the divine could hardly have been more emphatically and pictorially depicted. He must, indeed, have appeared to his audience, in visual and auditory terms, to have already ente‑ red the Lord’s Kingdom.“48 Manchmal spielt die Ikonographie nicht nur eine den Stifterinschriften und ‑port‑ räts untergeordnete Rolle, sondern erlaubt es durch die Ausschlussmethode, Aufgabe und Ziele eines Stifters und einer Stiftung zu bestimmen. Die enigmatische Tauben‑ schlagkirche (Çavuşin) in Kappadokien, zu der keine schriftlichen Quellen überliefert sind, zeigt exemplarisch, wie eine Stiftung
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nur auf der Grundlage ihrer Ikonographie analysiert werden kann; in diesem Fall ist es praktisch unmöglich, von der Ar‑ chitektur auf die Funktion zu schließen. Ein Bildnis zeigt den Kaiser Nikephoros Phokas (963–969) gemeinsam mit seinem Vater, dem Caesar Bardas, seinem Bruder Leon Kuropalates und der Kaiserin Theo‑ phano – allerdings handelt es sich nicht um ein Stifterbild.49 Wegen des schlechten Zustands der Bilder in der Taubenschlag‑ kirche kann man die tatsächlichen Stifter nicht erkennen. Ein byzantinischer Ge‑ neral armenischer Abstammung, der Ma‑ gistros Melias, ist in der Kirche abgebildet und anhand einer Inschrift identifizierbar. Möglicherweise war er einer der Stifter oder mit den Stiftern verwandt. In den für das Bildprogramm der Kirche ausgewähl‑ ten Szenen finden sich starke militärische Elemente. Höchstwahrscheinlich gehörten dazu ursprünglich auch Darstellungen der Vierzig Märtyrer von Sebaste, berühmt geworden durch eine Homilie Basileios’ des Großen: Vierzig christliche Soldaten wurden wegen ihres Glaubens zum Tod durch Erfrieren verurteilt und mussten über Nacht unbekleidet auf einem zugefro‑ renen See stehen. Hier werden sie jedoch eher in militärischer Bekleidung als in den meist üblichen Märtyrergewändern dar‑ gestellt.50 Die militärische Thematik wird auch durch eine Darstellung von Josua und dem Erzengel betont. Vermutlich war die Kirche ursprünglich dem Erzengel Michael geweiht, der mit Kriegserfolg assoziiert wurde.51 Für die Annahme, dass Çavuşin zugleich der Sitz einer Eremiten‑ oder Mönchsgemeinschaft war, spricht auch die Abbildung von fünf Mönchsheiligen, eine in Höhlenkirchen eher seltene Dar‑ stellung – allerdings ist diese Vermutung eher spekulativ.52 Nicht zuletzt spricht die hohe Qualität der Bilder, vor allem im Ver‑ gleich zur Ausschmückung nahegelegener
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Kirchen, dafür, dass die Stiftung von aus‑ wärtigen, nicht von ortsansässigen Künst‑ lern gestaltet wurde. Wenn sie auch nicht das Niveau der Kunst in der Hauptstadt erreichten, so kamen sie vielleicht doch aus einem regionalen Zentrum wie Sebaste.53 Inhalt und Qualität des ikonographischen Programms veranlassten die Kunsthisto‑ rikerin Lyn Rodley zu folgender plausibler Interpretation der Kirchenstiftung: Die Stif‑ ter der Kirche waren kappadokische Land‑ besitzer, möglicherweise aus der Familie der Phokades oder mit ihr verwandt, und wollten dem neuen Kaiser, einem Usurpa‑ tor, und seinen ebenfalls aus Kappadokien stammenden Verwandten ihre Gefolgschaft beweisen.54 Vielleicht sollte die Darstellung des Melias seine (in der Historiographie nicht eindeutige) Rolle beim Thronerhalt des Nikephoros hervorheben. Ikonographische Programme können auch die Beziehung späterer Stifter oder Zustifter zu früheren Stiftern verdeutli‑ chen. Veranschaulichen lässt sich dies an‑ hand des ikonographischen Programms, das vom byzantinischen Hof beamten und Intellektuellen Theodor Metochites (1270–1332) als Teil seiner Renovierung und Zustiftung im Chora‑Kloster in Konstan‑ tinopel in Auftrag gegeben wurde (fertig gestellt 1320/1321). Neben dem archetypi‑ schen Bildnis eines byzantinischen Stif‑ ters (→ Abb. 57) weist das ikonographi‑ sche Programm des Klosters im inneren Narthex auch ein Mosaik der Großen De‑ esis auf – einer traditionellen Szene, in der Christus, flankiert von der Jungfrau Maria und Johannes dem Täufer, auf sei‑ nem Thron sitzend ein Buch hält; gele‑ gentlich werden auch Engel und Heilige dargestellt. (→ Abb. 58) Neben Maria bzw. Christus stehen, abgesehen von Metochites selbst, die einzigen historischen Perso‑ nen der ganzen Darstellung: der sebastakrator Isaak Komnenos (1093–nach 1152),
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dritter Sohn des Kaisers Alexios Komnenos (1081–1118), und die ‚Herrin der Mongolen‘, eine Verwandte von Andronikos II. Pala‑ iologos (1282–1328), deren Identität nicht zweifelsfrei bestimmt werden kann, weil die sie begleitende Inschrift nur teilweise erhalten ist.55 Die Verbindung von Isaak Komnenos zum Chora‑Kloster ist gut dokumentiert, denn in seinem 1152 geschriebenen typikon für das Kloster der Theotokos Kosmosotei‑ ra verfügte er, dass seine Grablege, obwohl er sie bereits in seiner Jugend in Chora vorbereitet hatte, ebenso wie die Beigaben nach Theotokos Kosmosoteira verlegt wer‑ den sollte, mit Ausnahme seines Porträts.56 Ob es sich hierbei um ein Toten‑ oder ein Stifterbild handelt, ist nicht bekannt, da es nicht mehr existiert, aber die umfassende Förderung spricht stark für seine Rolle als Stifter bzw. Zustifter. Schon einmal hatte Isaaks Familie Chora wieder aufgebaut: Seine Großmutter Maria Doukaina hatte auf den Ruinen eines alten Klosters, das vielleicht aus dem 6. Jahrhundert stamm‑ te, eine Kirche errichtet.57 Im Dunkeln liegt dagegen die Identität der Herrin der Mongolen mit dem monastischen Namen Melane. Offensichtlich hatte jedoch auch sie eine wichtige Beziehung zu dem Klos‑ ter. Aufschlussreich ist es jedenfalls, dass der Zustifter Theodor Metochites versuch‑ te, in Chora durch sein ikonographisches Programm seine eigene Patronage in der institutionellen Geschichte Choras zu ver‑ ankern, indem er zwei mutmaßliche frü‑ here Stifter abbildete. (3.) Ein drittes Element in der Ausschmü‑ ckung griechisch‑orthodoxer Stiftungen bildet der in die Mauern gemeißelte oder gemalte Text von Schriftstücken. In einem Bericht über seine Reise an den Hof von Tamerlan gibt der Gesandte Ruy Gonzá‑ lez de Clavijo (gest. 1412) ein besonders
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anschauliches Beispiel hierfür, als er die Monumente von Konstantinopel be‑ schreibt: „Dann sahen sie an diesem Tag noch eine andere der Hl. Maria geweihte Kirche, die den Namen Parabilico [Peri‑ bleptos] trägt. Vor dem Eingang dieser Kirche befindet sich ein großer Hof mit Zypressen, Walnußbäumen, Ulmen und vielen anderen Bäumen. Das Kirchenschiff dieser Kirche ist von außen ganz mit Dar‑ stellungen in verschiedenen Techniken geschmückt, reich an Gold und Azur und vielen anderen Farben. Wenn man das Kirchenschiff betritt, findet man linker Hand viele Bilder ausgeführt, darunter auch eines der Heiligen Maria. Neben ihr sieht man zur einen Seite das Bildnis des Kaisers und zur anderen Seite eines der Kaiserin. Zu Füßen des Marienbildes wa‑ ren 30 Festungen und Städte dargestellt und jede einzeln mit ihrem griechischen Namen versehen. Von diesen Festungen und Städten sagt man, daß sie von alters her unter der Herrschaft dieser Kirche standen. Sie sollen ihr von einem Kaiser geschenkt worden sein, und der sie schenk‑ te, soll den Namen Romano [Romanos III. Argyros (1028–1034)] getragen haben und hier zu Füßen des Bildnisses bestattet wor‑ den sein. Man hatte auch einige Privilegi‑ en aus Pergament aufgehängt, mit Wachs‑ und Bleisiegeln und ‑bullen versehen, von denen es heißt, sie enthielten die Rechte der Kirche über die genannten Festungen und Städte.“58 Zwar ist das Kloster von Peribleptos leider nicht erhalten, weshalb die beein‑ druckende Darstellung der Besitztümer und Privilegien sich nur aus dem Reise‑ bericht erschließen lässt (wahrscheinlich waren sie, wie dem Text zu entnehmen ist, zur Zeit von Ruys Besuch bereits fast alle verloren), doch existieren noch einige andere bedeutende Beispiele dieser Pra‑ xis. Da erst ab der mittelbyzantinischen
Sachzeugnisse
Zeit (ca. 800–1200)59 verbürgt ist, dass Dokumententexte in anderen Kirchen oder Sakralbauten angebracht oder ge‑ malt wurden, finden sich die besten Bei‑ spiele dafür in den letzten Jahrhunderten des Reichs. Die spätbyzantinische Festung von Mistra, auf einem Hügel westlich von Sparta auf der Peloponnes gelegen, enthält vermutlich die bekanntesten derartigen Darstellungen. Vier vollständige Chryso‑ bullen, drei von Andronikos II. Palaiolo‑ gos (→ Abb. 59) und eine von Michael IX. Palaiologos (Mitkaiser, 1294/1295–1320), sowie Fragmente eines fünften sind auf die Wände der südwestlichen Kapelle der Hodegetria‑Kirche (Apendiko, erbaut 1311) des Brontocheion‑Klosters gemalt.60 Diese Chrysobullen zählen sämtliche dem Klos‑ ter überlassenen Besitztümer auf, darunter Felder, Anwesen, Weinberge, Mühlen usw. Die Praxis, offizielle Dokumente auf die Mauern griechisch‑orthodoxer Stiftungen zu malen oder zu schreiben, erklärt sich u. a. daraus, dass solche Abschriften halt‑ barer als Pergament waren und weniger durch (absichtliche oder unbeabsichtigte) Zerstörung gefährdet waren.61 Unzwei‑ felhaft spielte der Wunsch nach der Auf‑ zeichnung der Stiftungsprivilegien und ‑güter eine Rolle. Andererseits sollte das symbolische Kapital derartiger Darstel‑ lungen nicht unterschätzt werden. Wie bereits erwähnt, unterschieden sich Ei‑ gentum und Privilegien des Klosters Peri‑ bleptos zum Zeitpunkt des Besuchs durch den spanischen Gesandten wohl erheb‑ lich von denen im 11. Jahrhundert, dem Zeitpunkt der urspünglichen Stiftung. In diesem Fall wurde der praktische Aspekt der Klosterdokumente wahrscheinlich durch die symbolische Bedeutung und besonders den Nachweis der kaiserlichen Abstammung des Klosters verdrängt. Da‑ rüber hinaus ist das potenzielle Publikum wesentlich größer, wenn Dokumente auf
Griechisch-orthodoxe Christen
Mauern gemalt werden. Jeder Besucher konnte sehen, welche Ländereien Periblep‑ tos bei der ursprünglichen Stiftung erhal‑ ten hatte. Anders als in den tatsächlichen handschriftlichen Dokumenten konnten die als befestigte Siedlungen dargestell‑ ten Besitztümer des Klosters hier auch von illiteraten Besuchern erkannt werden. 6.5.4 Kultgegenstände Wie Architektur und Bildwerke bilden auch Kultgegenstände eine Kategorie der Sachzeugnisse von griechisch‑orthodoxen Stiftungen. Ihre Nutzung als Informati‑ onsquelle ist in mancher Hinsicht schwie‑ riger als bei den ersten beiden in diesem Text diskutierten Kategorien. Zum einen sind sie transportabel, können also leicht von den Stiftungen entfernt werden, die sie ursprünglich in Auftrag gaben, be‑ saßen oder erhielten. Die Untersuchung von Kultgegenständen steht vor denselben Schwierigkeiten wie die von griechisch‑ orthodoxer Stiftungsarchitektur, nämlich der Zerstörung vieler Gegenstände seit dem Mittelalter. Wenn etwas überliefert ist, dann deshalb, weil es immer in Ge‑ brauch war, nach dem Mittelalter also er‑ weitert, verschönert, umgearbeitet wurde usw. Trotz dieser Probleme können uns die Kultobjekte wertvolle Hinweise auf die griechisch‑orthodoxen Stiftungen liefern. Zu den Kultgegenständen gehören Reli‑ quien mit den Reliquiaren, Ikonen sowie liturgische Objekte (Altarbilder, Messge‑ wänder usw.). Für die Darstellungen der Stifter von Kultobjekten galten die gleichen Gepflo‑ genheiten wie für die Stifter von Sakralbau‑ ten, wenngleich sie weit seltener Stifterbil‑ der aufweisen. Immerhin ist auf gemalten Ikonen gelegentlich ein Stifter zu sehen. Auf einer aus dem frühen 13. Jahrhundert
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stammenden Ikone des Erzengels Michael wird vermutlich als Stifter ein namenloser Mönch dargestellt, der den Erzengel anbe‑ tet. Es ist eine von acht derartigen Ikonen im Besitz des St. Katharinen‑Klosters auf der Sinaihalbinsel, die Mönche bei der An‑ betung von Heiligen zeigen.62 (→ Abb. 60) Byzantinische Kirchen und Klöster wa‑ ren bedeutende Verwahrungsorte für Kult‑ objekte, insbesondere für Ikonen und Re‑ liquien. Wertvolle Kultobjekte wurden in Bestandslisten des Klosterbesitzes erfasst und mit den wertvollsten Dokumenten des Klosters in der Schatzkammer, dem skeuophylakion, gelagert. Der Wert dieser Gegenstände war nicht nur symbolisch. Ikonen und Reliquien hatten eine große Anziehungskraft auf Pilger, und viele grö‑ ßere Stiftungen beherbergten umfangrei‑ che Sammlungen von Devotionalien. Um noch einmal das Pantokratorkloster als Beispiel anzuführen: Im 14. und 15. Jahr‑ hundert wurden russische Konstantinopel‑ Pilger von einer beeindruckenden Reliqui‑ ensammlung in ehrfürchtiges Erschaudern versetzt. Besonders beeindruckend waren darunter die Steinplatte, auf der der Leich‑ nam Christi dem Vernehmen nach für das Begräbnis vorbereitet worden war, eine Reliquie, die Kaiser Manuel I. aus Ephe‑ sos mitgebracht hatte, um sie vor seinem Sarkophag in der Zentralkirche aufstellen zu lassen; ein Krug, in dem Christus bei der Hochzeit von Kana Wasser in Wein verwandelt hatte; die Köpfe dreier Märty‑ rer (St. Jakobs des Persers sowie der Brü‑ der St. Florus und St. Laurus); neben dem körperlosen Trio barg die Anlage auch den enthaupteten Leichnam St. Michaels von Zobe.63 Interessante Hinweise dazu, wie Reli‑ quien genutzt wurden, um Schenker und Förderer anzuziehen, liefert die Aufbewah‑ rung von Reliquien in heutigen griechisch‑ orthodoxen Stiftungen. In Otto Meinardus’
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bemerkenswerter Aufstellung von 3 602 Reliquien von 476 Heiligen in 427 byzan‑ tinischen und 37 nicht‑byzantinischen Kir‑ chen und Klöstern lassen sich mehrere auffällige Muster erkennen. Der gemessen an der Zahl seiner Reliquien bei weitem beliebteste Heilige ist St. Karalampos (226), zu dem man bei Epidemien um die Ge‑ sundheit des Viehs betet, gefolgt von St. Pantaleimon (175), dem Patron der Krüp‑ pel und Invaliden, St. Paraskeue (152), die Krankheiten heilen soll, und St. Tryphon, der Raupen und andere Plagen von den Weinreben fernhält.64 Kurz gesagt, wäh‑ rend Objekte wie die in der Zentralkir‑ che des Pantokratorklosters präsentierte Steinplatte, auf der angeblich Christus für das Begräbnis vorbereitet wurde, Presti‑ geobjekte waren und Pilger aus der gan‑ zen orthodoxen Welt anzogen, betrafen die in den meisten Stiftungen ausgestell‑ ten Reliquien die Alltagsnöte der lokalen Bevölkerung, etwa Viehkrankheiten und Schädlingsbefall oder Augenkrankheiten und andere körperliche Leiden. Aus den von Meinardus vorgelegten Zahlen geht auch hervor, dass die meisten griechisch‑ orthodoxen Stiftungen fest im bäuerlichen Umfeld verwurzelt waren. Es ist eine Ten‑ denz, die, anders als zunächst vermutet, heute ausgeprägter ist als während der politischen Existenz des byzantinischen Reichs, was vor allem auf den Verlust von Konstantinopel, dem größten Zen‑ trum städtischen Mönchtums, zurück‑ zuführen ist. Die Herkunft der Heiligen, deren Reliquien verehrt werden, scheint in vielerlei Hinsicht den Grundzügen der griechisch‑orthodoxen Stiftungskultur zu entsprechen: die außerordentlich große Rolle des Mönchtums (140 der 476 Heiligen mit Reliquien waren Mönche); die relativ untergeordnete Präsenz der Amtskirche im religiösen Leben, besonders im Ver‑ gleich zum mittelalterlichen Westen (nur
Sachzeugnisse
76 Heilige waren Bischöfe, 28 Patriarchen); und schließlich fehlte nach dem Ende des Mittelalters lange Zeit eine staatliche För‑ derungder Verehrung Heiliger von kaiser‑ licher Abstammung (lediglich acht Heilige waren kaiserlicher Herkunft).65 6.5.5 Handschriften und andere Objekte Wie Kultgegenstände wurden auch Hand‑ schriften in Auftrag gegeben und häufig gestiftet, insbesondere an Klöster. Der Quellenwert von Handschriften für die materielle Kultur griechisch‑orthodoxer Stiftungen liegt vor allem darin, dass sie unser Wissen über Ikonographie und Bild‑ motive erweitern können. Stifterbildnisse in Handschriften entsprechen in etwa den Stifterbildern in Sakralbauten. Stifter wer‑ den gezeigt, wie sie einem Heiligen oder einer himmlischen Gestalt das in Auftrag gegebene Werk (eher als eine Kirche oder einen Sakralbau) darbieten. Abweichend von Abbildungen auf Gebäuden werden interessanterweise manchmal Stifter oder Empfänger mit dem Autor des Textes, der ihnen die bestellten oder gestifteten Hand‑ schriften zubringt, dargestellt.66 In einer Handschrift (Paris BnF Coislin gr. 79) zeigt ein Stifterporträt des Johannes Chryso‑ stomos, wie er Kaiser Nikephoros III. Bo‑ taneiates (1078–1081) ein Exemplar seiner ‚Homilien‘ überreicht; eine winzige Gestalt, vermutlich der Stifter oder der Schreiber, kniet unterhalb des Erzengels Michael de‑ mütig zu Füßen des Kaiserthrons.67 In besonderen Fällen, wenn von ei‑ ner Stiftung nicht einmal Ruinen erhal‑ ten sind, sind Bilder in Handschriften die wichtigste Quelle für eine Darstel‑ lung des Stifters oder Spenders. So etwa in einer (zugegeben außergewöhnlichen) Handschriftenüberlieferung, dem üppig
Griechisch-orthodoxe Christen
bebilderten Stifter‑typikon für das Kloster der Mutter Gottes der Guten Hoffnung. Das typikon ist im Besitz der Bodleian Library in Oxford und unter dem Namen Lincoln College Typikon (MS. Lincoln College gr. 35) bekannt.68 Die Geschichte der Hand‑ schrift ist nicht leicht nachzuvollziehen; ihre Ausfertigung wie auch die Überarbei‑ tung lassen jedoch viel von der Geschichte der Stiftung selbst erkennen. Das typikon selbst wurde um 1300 verfasst, etwa 15 Jahre, nachdem das Kloster 1285/1286 ge‑ stiftet worden war. Etwa 1332–1335 wurde es überarbeitet und ein weiteres typikon eingefügt.69 Das Manuskript enthält zwar aufwändige Miniaturen, doch die relativ bescheidene Qualität des Pergaments und seine fortwährende Fortschreibung und Überarbeitung legen die Vermutung nahe, dass es sich beim ‚Lincoln College Typi‑ kon‘ um das Archivexemplar des Klosters handelte. Normalerweise wurden Kopien von typika für wichtige Persönlichkeiten erstellt, etwa für den weltlichen Treuhän‑ der der Stiftung, für den Bischof und den Patriarchen.70 In der ursprünglichen Reihenfolge 71 zeigen die Miniaturen erst die Eltern der Stifter, Konstantin Palaiologos, einen jün‑ geren Bruder des Kaisers Michael VIII. Palaiologos (1259–1282), und seine Frau Eirene (fol. 1v); die Stifter Johannes Kom‑ nenos Doukas und Eirene, die als Stifter (ktētōr) bzw. Stifterin (ktētorissa) bezeichnet werden (fol. 2r; → Abb. 61). Die nächs‑ te Miniatur zeigt den Klostereintritt des Paares, Johannes und Eirene in Mönchs‑ bzw. Nonnengewand; Johannes wird mit seinem Mönchsnamen Joachim bezeich‑ net, während die Buchstaben oberhalb von Eirene abgeblättert sind; aus einer anderen Miniatur geht jedoch hervor, dass sie als Nonne den Namen Theodoule annahm (fol. 7r; → Abb. 62). Auf diesem Bild ist ihre Tochter Euphrosyne dargestellt, auch sie
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im Nonnengewand, bezeichnet als ‚Tochter der Stifter‘. Die übrigen Miniaturen (fols. 8r und 3r) zeigen zwei Söhne Eirenes mit ihren Ehefrauen, gefolgt von vier Urenke‑ linnen mit Ehemännern (fols. 5r, 6r, 4r and 9v). Alle Nachkommen der Stifter werden als ‚Tochter / Sohn / Enkelin des Stifters‘ bezeichnet. Die Miniaturen des typikon betonen eindrucksvoll die mächtige Pat‑ ronage durch die Familie der Stifter über Generationen hinweg. In ihrer Gesamtheit vermitteln die Cha‑ rakteristika der Handschriften mit Stif‑ terbildnissen wichtige Erkenntnisse über Auftraggeber und Stifter. Erstens enthalten fast alle überlieferten Handschriften mit Stifterbildnissen liturgische oder religi‑ öse Werke. Zweitens gab zwar auch eine einflussreiche Minderheit von Laien (Kai‑ ser, Mitglieder der kaiserlichen Familie, hochgestellte Hofbeamte) Handschriften in Auftrag, doch bei weitem die meisten Auftraggeber waren Mönche und Äbte (hēgoumenoi). Die Werke wurden im All‑ gemeinen dem Kloster gestiftet, in dem sie lebten.72 Drittens finden sich zwar nur noch in einem relativ kleinen Teil der erhaltenen Handschriften ein Kolophon oder andere Hinweise auf den Stifter, doch zu jedem Bildnis eines Mönchs oder hēgoumenos gehört eine kennzeichnende Inschrift oder ein Kolophon.73 Als eine letzte Kategorie materieller Objekte griechisch‑orthodoxer Stiftun‑ gen sind Bleisiegel überliefert, die von bestimmten Vertretern wohltätiger Ein‑ richtungen benutzt wurden, etwa vom orphanotrophos (Leiter eines Waisenhau‑ ses). Vertreter des Staates und der Kirche brachten Bleiplomben an Dokumenten (beispielsweise Briefen und Urkunden) an, um deren Echtheit zu beglaubigen. Da Bleisiegel nicht nur Namen und Titel ihrer Besitzer, sondern auch ikonographische Elemente enthalten, kann aus der Analyse
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von Bleisiegeln abgeleitet werden, welche Bedeutung etwa bestimmte Heilige für eine wohltätige Einrichtung hatten. Eine derartige Analyse von Bleisiegeln steckt noch in den Kinderschuhen, aber John
Sachzeugnisse
Nesbitt hat aufgrund der Untersuchung der Bleisiegel von orphanotrophoi die frü‑ he Geschichte des Orphanotropheion von Zotikos erhellen können.74 ZC
Anmerkungen 1 Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche (1985, 18 Diskutiert ebd., 48–57. ND 2012), bes. 164. 19 Megaw, Notes (1963), 344. 2 Rodley, Cave Monasteries (1985), 121–150, bes. 20 Mathews, Private Liturgy (1982), 125. 148–150, untersucht die Anlagen in Açık Saray 21 Diskussion der architektonischen Entwick‑ in Kappadokien. Von einigen Wissenschaftlern wurden sie, etwa wegen der dortigen Kirchen, als Klosteranlagen identifiziert. Tatsächlich waren sie wohl eher Marschquartiere für die byzanti‑ nische Armee auf der Strecke nach Nordsyrien. 3 Siehe jetzt besonders Brubaker / Haldon, By‑ zantium in the Iconoclast Era (2011). 4 Das gilt etwa für die post‑ikonoklastische Umdatierung mehrerer kappadokischer Kir‑ chen bei A. W. Epstein, Iconoclast Churches of Cappadocia (1977). 5 Tatsächlich stammen die allermeisten veröf‑ fentlichten datierten Inschriften vom Berg Athos (ediert bei Millet / Pargoire / Petit, Inscriptions chré‑ tiennes de l’Athos [1904]) aus nachmittelalterli‑ cher Zeit. 6 Bryer / Winfield, Byzantine Monuments and Topography , Bd. 1 (1985), vii. 7 Rodley, Cave Monasteries (1985), 5. 8 Eine detaillierte Diskussion dieser Entwick‑ lung findet sich bei Papachryssanthou, Vie mo‑ nastique (1973). 9 Siehe die Chronologie in Mango / Hawkins, Hermitage of St. Neophytos (1966), 204. 10 Wiegand, Latmos (1913). 11 Eine eingehende archäologische Untersu‑ chung der Überreste des Klosters findet sich bei Djobadze, Archaeological Investigations (1986), 57–113. 12 Zur Säule vgl. ebd., 61–68. 13 Rodley, Cave Monasteries (1985), 184–189. 14 Ebd., 189–193. 15 Ebd., 193–202. 16 Ebd., 11. 17 Ebd., 151–183.
lungen ebd., 127–134.
22 Megaw, Original Form (1964), kommt zu
dem Schluss, dass die Kirche fast vollständig im 10. Jahrhundert errichtet wurde, also keine Restau‑ rierung einer Kirche aus dem 6. Jahrhundert war. Er bestreitet die Ansicht des Ausgräbers Theodore Macridy, Konstantin Lips habe ein gut erhaltenes Bauwerk aus dem 6. Jahrhundert erneuert. 23 Beschrieben bei Macridy, Monastery of Lips (1964), 260. 24 Der folgende Abriss der Geschichte des Myre‑ laion stützt sich auf den Überblick über die schrift‑ lichen Quellen bei Striker, Myrelaion (1981), 6–10. 25 Ebd., 6; 9 f. 26 Detaillierte Erörterung bei Kalopissi-Verti, Church Inscriptions (2003). 27 Die beste Übersicht über die Merkmale von Kirchenstifterbildern und die zugehörigen In‑ schriften findet sich bei Kalopissi-Verti, Dedicatory Inscriptions (1992), 23–46. Kalopissi‑Vertis Analy‑ se beschränkt sich regional (griechisches Festland und Inseln) und zeitlich (13. Jahrhundert), aber für einen analogen Vergleich sind nicht genügend byzantinische religiöse Gebäude aus anderen Re‑ gionen oder anderen Zeiten erhalten geblieben. 28 Eine ausführliche Diskussion von Epigram‑ men findet sich in der Einleitung zum Wiener Pro‑ jekt, eine Sammlung aller byzantinischen Epi‑ gramme zu publizieren; vgl. Hörandner / Rhoby / Paul, Byzantinische Epigramme, Bd. 1 (2009), 37–73. 29 Ebd., 304–307, Nr. 213 f.. 30 Zum Ort der Stifterinschriften siehe Kalopissi-Verti, Dedicatory Inscriptions (1992), 24. 31 Lauxtermann, Byzantine Poetry (2003), 159. Lauxtermann legt überzeugend dar, dass diese
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Vagheit der Grund ist, warum mehrere Forscher manche Widmungsinschriften fälschlich als Werk des Künstlers und Stifters in einer Person inter‑ pretiert haben. 32 Hörandner / Rhoby / Paul, Byzantinische Epi‑ gramme, Bd. 1 (2009), 342–344, Nr. 232. 33 Kalopissi-Verti, Dedicatory Inscriptions (1992), 71–74, Nr. 21a. 34 Ebd., hier 71, Z. 4 f. 35 Ebd., 75, Nr. 21d. 36 Rodley, Cave Monasteries (1985), 61–85. 37 Beschreibung ebd., 71–73. 38 Ebd., 73. 39 Beschrieben bei Stylianou / Stylianou, Donors and Dedicatory Inscriptions (1960), 109 f., Nr. 9. 40 So die Interpretation ebd., 124. 41 Ebd., 126. 42 Es sind diese die Kirchen der Panagia Theoto‑ kos in Galata; vgl. ebd., 117–120, Nr. 16; die Kirche von St. Christina in Askas‑Phterikoudi, ebd., 120, Nr. 17; die Klosterkirche der Panagia Theotokos in Kakopetria, ebd., 120 f., Nr. 18. 43 Mango / Hawkins, Hermitage of St. Neophytos (1966), 140. 44 Beschrieben bei Stylianou / Stylianou, Donors and Dedicatory Inscriptions (1960), 97–99, Nr. 1. 45 Ebd., hier 99, Nr. 1. 46 Galatariotou, Making of a Saint (1991), 128–146. 47 Mango / Hawkins, Hermitage of St. Neophy‑ tos (1966), 129. 48 Galatariotou, Making of a Saint (1991), 137 f. 49 Beschreibung des Porträts der Kaiserfami‑ lie bei Rodley, Pigeon House Church (1983), 309 f. 50 Diskutiert ebd., 314–319. 51 Ebd., 322. 52 Ebd., 320 f. 53 Ebd., 325–327; 338 f. 54 Ebd., 324. 55 Analyse des Deesis‑Mosaiks bei Underwood, Kariye Djami, Bd. 1 (1966), 45–48. 56 Isaak Komnenos’ Verbindung mit dem Klos‑ ter von Chora werden ebd., 12 f., dargestellt. 57 Zur Geschichte von Chora vor Isaaks Patro‑ nage vgl. ebd., 3–10. 58 Clavijos Reise nach Samarkand 1403 – 1406. Übers. von Uta Lindgren. (Algorismus, Bd. 10.) München 1993, 24. 59 Kalopissi-Verti, Church Inscriptions (2003), 79. 60 Ebd., 80.
61 So die Interpretation ebd., 86. 62 Nelson / Collins, Holy Image, Hallowed Ground (2006), 150 f.
63 Majeska, Russian Travelers (1984), 289–295. 64 Meinardus, Relics of Saints (1970), 131 f. 65 Ebd., 132 f. 66 Beispiele bei Yota, Image du donateur (2012),
272 f. 67 Analyse der Porträts in der Handschrift bei Spatharakis, Portrait (1976), 107–118. Vor allem wegen des Widerspruchs zwischen dem relativ jungen Kaiser in der Handschrift und dem, was wir über Nikephoros III. wissen (bei der Thron‑ besteigung war er bereits ein alter Mann), ver‑ tritt Spatharakis die These, dass die Handschrift ursprünglich den Vorgänger von Nikephoros III. zeigte, nämlich Michael VII. Doukas (1071–1078). 68 Beschrieben bei Spatharakis, Portrait (1976), 191–206; Cutler / Magdalino, Precisions (1978). 69 Die Datierung des typikon wird ausführlich diskutiert bei Hutter, Geschichte des Lincoln Col‑ lege Typikons (1995), 88–105. 70 Ebd., 105–108. 71 Unabhängig voneinander haben Cutler und Magdalino wie auch Spatharakis die Anordnung der ersten Folios korrigiert. 72 Yota, Image du donateur (2012), 267–269. 73 Ebd.,285–288. 74 Nesbitt, St. Zotikos (2003).
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Sachzeugnisse
6.6 Indien 6.6.1 Allgemeines Zu den wichtigsten erhaltenen Sachzeug‑ nissen des Stiftungswesens im indischen Mittelalter gehören die einst gestifteten Baulichkeiten, d. h. buddhistische, jinis‑ tische und hinduistische Sakralbauten – einschließlich der darin aufgestellten Kultbilder – und später auch islamische Bauwerke.1 Aufgrund der besonderen Or‑ ganisations‑ und Kultformen des Brahma‑ nentums gibt es hingegen so gut wie keine typisch ‚brahmanischen‘ Gebäude, die die Jahrhunderte überdauert hätten.2 Die zweifelsfreie Klassifizierung eines Sachzeugnisses als aus einer Stiftung her‑ vorgegangen kann aus heutiger Sicht in der Regel nicht auf Basis der Beschaffenheit des Objekts erfolgen, sondern nur dann, wenn Schriftquellen dies belegen.3 Für die Mehrzahl der mittelalterlichen indischen Sakralbauten und Kultbilder liegen keine Stiftungsurkunden oder Stifterinschriften vor. Wegen des Mangels an systematischen Forschungen zu dieser Thematik innerhalb der indischen Kunstgeschichte ist schwer abzuschätzen, für welchen genauen An‑ teil von Sachobjekten des Subkontinents zugleich auch Schriftzeugnisse verfügbar sind, zumal von erheblichen regionalen und zeitlichen Unterschieden auszuge‑ hen ist.4 So lassen sich nur bei etwa 20 Prozent der ungefähr 50 Tempel, die von Angehörigen der südindischen Pallava‑ Dynastie vom 7. bis zum 9. Jahrhundert gestiftet wurden, Gründungsinschriften in den Wänden finden.5 Doch auch für wei‑ tere frühmittelalterliche Höhlen‑, Felsen‑ und Steintempel im heutigen Tamilnadu und Karnataka kann man in Analogie und aufgrund der Materialität der Bauten
vermuten, dass es sich dabei um bewusst auf Dauer angelegte Stiftungen handelte. Generell muss die Frage offen bleiben, wes‑ halb den einen Baustiftungen erklärende Inschriften beigegeben wurden und den anderen nicht. Tendenziell eher nicht von Stiftungen ist bei den zahlreichen kleinen (Dorf‑)Schreinen auszugehen, die es nach Aussage des Reiseberichts des chinesischen buddhistischen Pilgermönchs Xuanzang bereits im 7. Jahrhundert in vielen Teilen Indiens gab.6 Ein Spezifikum der Sakralarchitektur des südasiatischen Festlandes besteht darin, dass – außer in einigen Gebieten des Himalaya – buddhistische Bauten des Altertums und Mittelalters, die in ih‑ rem ursprünglichen religiösen Kontext über das 12. Jahrhundert hinaus genutzt worden wären, fehlen. Durch das weit‑ gehende Aussterben der buddhistischen Ordinationstradition in Indien können in der Vormoderne gegründete buddhisti‑ sche Baulichkeiten nur auf Basis der noch vorhandenen Überreste studiert werden. Die wenigen heute bewohnten buddhisti‑ schen Klöster in Indien stammen aus der Neuzeit, sind beinahe ausschließlich dem sogenannten tibetischen Buddhismus zu‑ zurechnen und befinden sich vor allem in Ladakh im Nordwesten sowie in Sikkim und Arunachal Pradesh im Nordosten.7 Neuere Klöster des tibetischen Buddhismus gibt es auch in Nepal und Bhutan, wobei in Nepal der Nevar‑Buddhismus die ein‑ flussreichere Richtung ist.8 Auf der Insel Ceylon / Sri Lanka wiederum stellt noch heute der Theravāda‑Buddhismus, der viele Sachzeugnisse hervorgebracht hat, die aus
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Indien
dem Altertum und Mittelalter datieren, die Mehrheitsreligion dar. Die Entwicklung in der jinistischen und der hinduistischen Architektur im mittel‑ alterlichen Indien verlief zwar ebenfalls nicht ohne Diskontinuitäten, doch kam es im Unterschied zum Buddhismus nur in wenigen Gebieten des Subkontinents – so z. B. in Kaschmir mit der dortigen Is‑ lamisierung seit dem 14. Jahrhundert – zu einem völligen Abbruch der jeweiligen religiösen und der damit verbundenen bau‑ lichen Traditionen. Im Gegenteil: Mitun‑ ter erschwert die Tatsache, dass über die Jahrhunderte mehr oder weniger kontinu‑ ierlich Um‑ und Anbauten vorgenommen wurden, die Suche nach den Anfängen der Bautätigkeit – zumal dann, wenn Grün‑ dungsinschriften nicht vorhanden sind. Bereits in vorislamischer Zeit kam es zu Zweckentfremdungen und Umwidmungen religiöser Bauten in Indien: Ein Gebäu‑ de, dessen Geschichte als buddhistische oder als jinistische Gründung begonnen hatte, musste nicht zwangsläufig als sol‑ che fortbestehen.9 Vielfach scheinen nicht mehr genutzte Sakralbauten von anderen Kultgemeinschaften übernommen oder Baumaterialien zerfallener Tempel und Klöster wiederverwendet und auch umge‑ arbeitet worden zu sein. Seit den Einfällen der sogenannten Hūṇas im 6. Jahrhundert kam es darüber hinaus zur Verwüstung zahlreicher Klöster und Tempel.10 Mitunter konnten die Skulpturen von Göttern und Heiligen sowie die Manuskripte religiöser Texte aber auch in Sicherheit gebracht wer‑ den und sind in der Neuzeit als Hortfun‑ de wiederentdeckt worden. Die späteren muslimischen Eroberungen wurden nicht nur von Zerstörungen, sondern auch von bewussten Entweihungen vieler sakraler Baulichkeiten begleitet. Typisch für die islamische Bautätigkeit in Indien ab dem 12. Jahrhundert war die umfangreiche und
systematische Verwendung von Spolien. Zur Interpretation dieser Befunde gibt es eine angeregte Diskussion in der For‑ schung, in der es unter anderem um die Einordnung vorislamischer Desekrationen geht. Im Zusammenhang mit buddhisti‑ schen Baulichkeiten folgerte Lal Mani Jo‑ shi: „Neben dem Verfall im Laufe der Zeit war menschliche Zerstörungswut – zu‑ nächst von brahmanischen Hindus und später von erobernden Muslimen ausge‑ übt – verantwortlich für den Untergang von zahlreichen buddhistischen Einrich‑ tungen in den meisten Teilen Indiens. Ar‑ chäologische Untersuchungen legen die Vermutung nahe, daß hinduistische und muselmanische Gebäude oft an buddhis‑ tischen Stätten mit Materialien aufgebaut wurden, die aus buddhistischen Gebäuden stammten.“11 Stärker auf das Spannungs‑ feld zwischen hinduistischen Tempeln und islamischen Bauwerken bezogen äußerten sich André Wink und Richard Eaton. Wink hat dafür plädiert, (gelegentliche) Entwei‑ hungen von Tempeln durch indigene in‑ dische Herrscher als politischen Akt zu interpretieren, während die Desekrationen der islamischen Eroberer als theologisch motivierter Ikonoklasmus zu verstehen seien.12 Im Unterschied dazu hat Eaton die Ansicht vertreten, auch die islamischen Zerstörungen seien nur selektiv auf solche Tempelbauten gerichtet gewesen, die mit dynastischen Kulten feindlicher indischer Königshäuser assoziiert waren.13 6.6.2 Baulichkeiten Buddhistische Stiftungen Die Betrachtung buddhistischer Bauwer‑ ke sei hier an den Anfang gestellt und exemplarisch sogar besonders ausführ‑ lich behandelt: Unter dem Gesichtspunkt der Stiftungsforschung gehören diese
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materiellen Hinterlassenschaften – trotz der erwähnten Probleme – zu den aussage‑ fähigsten, da im Vergleich zu jinistischen und hinduistischen die buddhistischen Sa‑ kralbauten in ihrer nachweisbaren Kom‑ plexität aus Kloster‑ und Kultgebäuden indische Stiftungen als vielschichtiges sozi‑ ales Phänomen besonders deutlich werden lassen. Die buddhistische Architektur des mittelalterlichen Indien kann man in zwei Hauptformen studieren: an den bei archäo‑ logischen Grabungen freigelegten Über‑ resten von meist aus Ziegeln errichteten Kultbauten und Klöstern in Freibauweise sowie an den vielfach besser erhaltenen, in ihrer geographischen Verbreitung aber auf ganz bestimmte Regionen beschränkten buddhistischen Höhlenanlagen. Historisch gesehen sind die frühesten buddhistischen Kultbauten wohl älter als die ersten auf Dauer angelegten Klöster. Im Mittelalter existierten jedoch bereits komplexe Anla‑ gen, zu denen Bauten für kultische Zwecke und solche gehörten, die der Unterbrin‑ gung der Ordinierten dienten. Es stellt sich aber das Problem, dass in Kupfertafelur‑ kunden als Stiftungen genannte Bauwerke oft nicht mit bekannten architektonischen Hinterlassenschaften identifiziert werden können und umgekehrt die Überreste der‑ artiger Baulichkeiten mehrheitlich nicht durch Gründungsinschriften eindeutig als Stiftungen definiert sind.14 Den buddhistischen Kultbau par ex‑ cellence stellt der stūpa oder caitya dar,15 dessen Ursprung auf den vorbuddhisti‑ schen Brauch zurückgeht, Grabhügel zur Bestattung der Verbrennungsreste (Asche und Knochen) von hochrangigen Personen zu errichten. Die Verehrung der Reliqui‑ en des Buddha (sowie wichtiger Mönche) hatte schon im Altertum im Zentrum des buddhistischen Kultes gestanden. Die meisten monumentalen, aus Ziegeln und Stein errichteten stūpa‑Anlagen datieren
Sachzeugnisse
aus der Periode vor 500 u. Z., sie waren aber auch ein integraler Bestandteil der buddhistischen Klosterkomplexe, die im Mittelalter entstanden. Um den jeweiligen Haupt‑stūpa herum finden sich in vielen Anlagen zahlreiche erheblich kleinere, ebenfalls massiv gebaute stūpa‑Gruppen, die in der Sekundärliteratur – wie Grego‑ ry Schopen überzeugend gezeigt hat – zu Unrecht meist als ‚Votiv‑stūpa‘ bezeichnet werden.16 Da auch sie Asche und Knochen‑ reste enthalten, sind sie wohl eher als Re‑ liquiare oder Grabmäler zu interpretieren. In der Regel handelte es sich um anonyme Beisetzungen, und gemessen an der gro‑ ßen Zahl der Monumente sind nur wenige Inschriften überliefert, die erklären, wer einen ‚sekundären‘ stūpa errichten ließ und wen man darin bestattete. In all den‑ jenigen Fällen, in denen Informationen vorliegen, handelte es sich um von Laien gestiftete Reliquiare oder Grabmäler lokaler Mönche;17 stūpa‑Bauten für Nonnen sind hingegen nicht belegt.18 Neben dem Typ des primären und sekundären stūpa gab es eine dritte Kategorie, die entweder auch um den Haupt‑stūpa herum oder im Inne‑ ren der sekundären stūpa‑Bauten gefunden wurden. Das Auftauchen dieses ‚Miniatur‑ stūpa‘, der oft ebenfalls Knochenstückchen und Aschereste enthält, ist erst für die Zeit ab dem 7. Jahrhundert nachweisbar.19 Im Unterschied zum stūpa der ersten beiden Kategorien wurde der Miniatur‑stūpa aus Ton hergestellt. Die Verwendung dieses recht vergänglichen Materials und die Tat‑ sache, dass sich nie Stifterinschriften an den oft grob gefertigten Objekten finden, belegen, dass es sich um Nebenobjekte handelte, die jedoch bewusst in die Nähe eines stūpa mit buddhistischen Reliquien gesetzt wurden. Die wichtigste buddhistische Baulich‑ keit des mittelalterlichen Indien war nicht der stūpa, sondern das Kloster (vihāra), in
Indien
dem die Ordinierten lebten. Aus der Resi‑ denzpflicht in temporären Unterkünften, die die ursprünglich umherwandernden Mönche und Nonnen während der Regen‑ zeit einhalten mussten, hatte sich bereits in den ersten Jahrhunderten u. Z. eine mehr oder weniger sesshafte Lebensweise in festen Behausungen auch während des üb‑ rigen Jahres entwickelt, die die Vorausset‑ zung für die Entstehung der Klosterkultur des Altertums und des Mittelalters bildete. Während zahlreiche mittelalterliche Baulichkeiten durch Urkunden und In‑ schriften als Mönchsklöster gedeutet wer‑ den können, sind Stiftungen von buddhisti‑ schen Nonnenklöstern zwar für Westindi‑ en durch Kupfertafelurkunden belegt, doch die betreffenden Baulichkeiten wurden bisher nicht entdeckt beziehungsweise aus‑ gegraben. Archäologisch ist noch keine der bekannten Anlagen in Indien als mittel‑ alterlicher buddhistischer Frauenkonvent – etwa durch entsprechende Siegelfunde – identifiziert worden. Bei den Ausgrabungen der einst in Freibauweise errichteten buddhistischen Wohnkomplexe wird in der Regel zumin‑ dest der Grundriss der Anlage freigelegt. Untersuchungen zur Stärke der Wände, zu den Treppenanlagen, den Schuttresten des Oberbaus und der Dachkonstruktion las‑ sen Rückschlüsse auf die architektonische Gestaltung zu. Sowohl der Grund‑ als auch der Aufriss monastischer Bauten sind am besten an den buddhistischen Höhlenklös‑ tern zu studieren, die wohl freistehenden Gebäuden nachgebildet sind. Diese Höhlen sollen hier auch deshalb zuerst betrachtet werden, weil es an einigen der betreffen‑ den Orte eine Stiftungs‑ und Bautradition gab, die – wenn auch nicht ohne Brüche – vom Altertum bis ins Mittelalter reich‑ te. Zahlreich waren solche Anlagen im westlichen Dekkan‑Plateau, wo sie seit den ersten Jahrhunderten u. Z.20 aus dem
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anstehenden Gestein gemeißelt wurden. Für die berühmten Komplexe von Ajanta (→ Abb. 65), Ellora und Kanheri 21 in Ma‑ harashtra sind eine Fortnutzung sowie diverse Ergänzungsstiftungen teilweise bis in das 9. Jahrhundert inschriftlich nach‑ weisbar. Als ein für die Stiftungsforschung be‑ sonders prägnantes Beispiel sei hier die ar‑ chäologische Stätte von Ajanta vorgestellt, deren Baugeschichte allerdings spätestens im 7. Jahrhundert abbrach.22 Dort ist gut zu erkennen (→ Abb. 66), dass in den ersten Jahrhunderten u. Z. Kult‑ und Wohnberei‑ che zunächst noch getrennt voneinander untergebracht waren. In einer Schleife des Flusses Waghora liegen etwa 30 künstliche, zum Teil unvollendete Höhlen verschie‑ dener Größe und Bestimmung. Vier der Höhlen dienten Kultzwecken; die übrigen waren Wohnbauten (vihāra). Der Bauplan dieser Höhlenklöster des West‑Dekkan ba‑ sierte auf der Grundstruktur des indischen Wohnhauses, einer Art Gevierthaus mit einem Innenhof. In der Felsenarchitektur bildete selbstverständlich kein Hof den zentralen Raum, sondern eine Halle, von der an den drei Innenseiten die Mönchs‑ zellen abgingen. Zugang zu dieser Halle, die meist als Versammlungssaal gedeutet wird, erlangte man über eine vorgelagerte Veranda. Die ältesten Klosterhöhlen von Ajanta stammen aus dem letzten Jahrhun‑ dert v. u. Z. oder aus dem 1. Jahrhundert u. Z. Die Stiftung weiterer, zum Teil zweistöcki‑ ger Mönchsbehausungen an diesem Ort ist dann erst für das 5. Jahrhundert belegt, und die jüngsten Höhlenklöster von Ajan‑ ta wurden im 6. Jahrhundert gegründet.23 Der wichtigste Unterschied zwischen den frühesten Klosterhöhlen von Ajanta und denen des 5./6. Jahrhunderts besteht darin, dass in letzteren die Zelle an der Rückwand, die dem Eingang genau gegenüber liegt, als Kapelle größer ausgeführt und mit einem
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steinernen Kultbild des Buddha (→ 6.6.3)24 ausgestattet ist, womit diese Höhlen keine reinen Wohnbereiche mehr waren. Die gesamte Anlage von Ajanta verfügte über rund 200 Zellen für die Unterbringung von Mönchen, wobei jedoch nicht zwin‑ gend davon auszugehen ist, dass nach der Fertigstellung der jüngeren Höhlen alle älteren tatsächlich noch genutzt wurden. Auch die Kulthöhlen von Ajanta sind unterschiedlichen Stiftungs‑ und Bau‑ abschnitten zuzurechnen. Zwei datieren wohl aus der Zeit der frühesten Kloster‑ höhlen, und zwei aus dem 6. Jahrhundert. Die Kulthöhlen des West‑Dekkan haben in der Regel einen apsidalen Grundriss, und in der Apsis steht ein steinerner stūpa. Dieser wird von einer Reihe von Pfeilern umrundet, die die apsidale Form des Bau‑ körpers nachahmt; über dem Hauptschiff der Kulthalle ragt ein Tonnengewölbe auf. Wesentlicher Unterschied zwischen den frühen und den späten caitya‑Hallen ist, dass letztere außen und innen mit Buddha‑ Skulpturen verziert sind. Zudem wurden den „Stūpas (…) Kultbildnischen vorgela‑ gert, mit einem stehenden bzw. einem auf dem Löwenthron sitzenden Buddhabild“.25 Die Stiftungs‑ und Bautätigkeit in Ajan‑ ta ist nur partiell durch Inschriften belegt. Erschwerend kommt hinzu, dass sämtliche vorhandenen epigraphischen Zeugnisse nicht datiert sind, sondern nur anhand paläographischer Eigenheiten oder dy‑ nastischer Bezüge eingruppiert werden können. So lassen sich die Gründungsin‑ schriften der Klöster Nr. 16 und 17 durch darin enthaltene Verweise auf einen König der Vākāṭaka‑Dynastie der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts zuordnen,26 während die Inschrift an der von einem Mönch ge‑ stifteten caitya‑Halle Nr. 26 lediglich unter Vorbehalt in das 6. Jahrhundert datiert wer‑ den kann, auf Basis einer Analyse der in die Felswand eingravierten Schriftzeichen
Sachzeugnisse
und der kunsthistorischen Zuordnung der betreffenden Kulthöhle.27 Die Kunst‑ geschichte liefert weitere Anhaltspunkte für die Rekonstruktion des Stiftungsge‑ schehens. So ergaben die Stilanalysen von Herbert und Ingeborg Plaeschke an den jeweils durch einen Minister und durch einen Vasallenfürsten gegründeten Klös‑ tern Nr. 16 und 17 im Vergleich zu Nr. 4 (ohne Stiftungsinschrift) folgenden Befund: „Die Säulenordnung (…) und die gleiche Entwicklungsstufe in der Bauornamentik verbinden das Vihāra Nr. 4 zeitlich mit den Höhlen Nr. 16 und Nr. 17. Während diese beiden Vihāras aber zügig gebaut und in der Form des ursprünglichen Entwurfs vollendet worden sind, hat es im Vihāra Nr. 4 Verzögerungen gegeben. Vielleicht waren die Bauherren dieser Klosterhöhle auf Einzelstiftungen angewiesen, die nicht so reichlich und kontinuierlich flossen wie die Geldmittel der hohen Würdenträger, jedenfalls muß sich der Bau über einen längeren Zeitraum erstreckt haben. Ver‑ mutlich waren sogar schon die Vihāras der jüngeren Gruppe im Bau, als man die Rück‑ wand des Vihāra Nr. 4 in Angriff nahm, denn einzelne Elemente der Baudekoration entsprechen nicht mehr den Stilformen der Vākāṭaka‑Zeit.“28 In der Gesamtschau kamen die beiden Forscher zu dem Fazit: „Wir müssen also damit rechnen, daß die einzelnen Vihāras von Ajaṇṭā nicht Höhle für Höhle nacheinander entstanden, son‑ dern daß viele Vihāras noch im Bau wa‑ ren, als die nächsten schon entworfen und begonnen wurden.“ Anders als im Altertum lagen die be‑ deutendsten Klöster des Mittelalters aber nicht mehr im Westen, sondern im Osten, auf dem Gebiet des heutigen Bangladesch sowie der indischen Bundesstaaten West‑ bengalen, Bihar – dessen Name von vihāra, dem Begriff für ‚Kloster‘ abgeleitet ist –, Orissa und Chattisgarh. Nālandā in Bihar
Indien
ist die wohl bekannteste Anlage – nicht zuletzt deshalb, weil dieses bedeutende Gelehrtenzentrum in buddhistischen Krei‑ sen bereits im frühen Mittelalter weit über den Osten Indiens hinaus berühmt war.30 Die dortigen Ausgrabungen haben neben archäologischen Überresten aus bis zu neun Bauphasen 31 auch epigraphisches Material zutage gefördert. Die ersten Bau‑ ten von Nālandā wurden in der späten Gupta‑Zeit, im 6. Jahrhundert, gestiftet,32 und bis in die Pāla‑Zeit, mindestens bis ins 9. Jahrhundert, hat man den monastischen Komplex kontinuierlich erweitert. Nieder‑ gebrannt und zerstört wurde die Anlage unter Muḥammad Bakhtiyār Khalajī am Ende des 12. Jahrhunderts.33 Elf Klöster, vier große buddhistische Tempel, einige kleine Schreine und diverse sekundäre stūpa‑Bauten sind bisher in Nālandā aus‑ gegraben worden.34 (→ Abb. 67–68) Die ältesten Teile der in Ziegelbauweise errichteten buddhistischen Anlage von Nālandā liegen in deren Süden; es sind die Klöster Nr. 1, 1A und 1B sowie der Tempel Nr. 3, die wohl im 6. Jahrhundert entstan‑ den sind.35 Mit Ausnahme von Nr. 1A und 1B wurden alle Wohnkomplexe in einer von Süden nach Norden ausgerichteten Reihe angeordnet. In einer vor Ort gefundenen Steininschrift aus der Regierungszeit des Königs Yaśovarmadeva, die vermutlich aus dem frühen 8. Jahrhundert stammt, ist explizit von einer ‚Klosterreihe‘ (vihārāvalī) die Rede.36 Während bis zum Kloster Nr. 7 die ältesten Schichten vor das 9. Jahrhun‑ dert zurückreichen, stammen Nr. 8–11 ins‑ gesamt erst aus dieser Zeit.37 An Nr. 11 schließt sich ein weiterer Klosterbau an, der zwar bisher nicht ausgegraben ist, aber die Vermutung nahelegt, dass die Reihe der Klöster noch weiter ging. Der Bauplan für die einzelnen Wohnkomplexe des Ge‑ viert‑ oder Hofhaustyps in Nālandā war sehr viel einheitlicher als in Ajanta. Die
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Eingänge der in Linie stehenden Klöster lagen alle nach Westen und blickten auf die Tempel. Mit Ausnahme von Nr. 1A und 1B sowie 4 und 538 war die Grundfläche der Wohnbauten fast identisch. Pro Erdge‑ schoss verteilten sich an den Außenwän‑ den 39 jeweils ungefähr 30–35 Kammern, die sich über nach innen vorgelagerte Ve‑ randen in einen großen, viereckigen Hof öffneten. Sowohl der archäologische Be‑ fund von Nālandā – in allen Klöstern sind Treppenreste ausgegraben worden40 – als auch die Beschaffenheit der Höhlenklöster des westlichen Dekkan41 und die Berichte derjenigen chinesischen Pilger, die Indi‑ en im 7. Jahrhundert besuchten, sprechen zweifelsfrei für die einstige Mehrstöckig‑ keit dieser Gebäude. Wie in den Höhlenklöstern von Ajanta aus dem 5./6. Jahrhundert befand sich in je‑ dem der Klöster von Nālandā an der Rück‑ wand direkt gegenüber vom jeweiligen Ein‑ gang eine größere Zelle mit einer Buddha‑ Statue (→ 6.6.3), die als Schrein fungierte. Neben diesen in den Klosterbau integrier‑ ten Kulträumen dienten in Nālandā auch separate Gebäude zur kultischen Vereh‑ rung von Bildwerken, die den Buddha dar‑ stellten. Sie wurden von den Ausgräbern ‚Tempel‘ genannt und sind in Inschriften als prāsāda oder prāsādadevālaya bezeich‑ net.42 An und in ihnen hat man zahlrei‑ che Buddha‑Skulpturen gefunden. Die vier großen Tempel, die in Nālandā freigelegt worden sind, standen ebenfalls in einer von Süd nach Nord ausgerichteten Reihe, die westlich von der Reihe der Klöster und weitgehend parallel zu dieser verlief. Der imposanteste Kultbau ist der sogenannte Tempel Nr. 3. Vier der sieben nachgewie‑ senen Schichten gehen in die Zeit vor 500 zurück, womit dieser Tempel in seinem Kern das älteste Bauwerk von Nālandā wäre. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein kleiner Ziegel‑stūpa, der erst in der
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vierten Phase wesentlich umgebaut und vergrößert wurde. Über die Struktur des Gebäudes besteht noch Uneinigkeit un‑ ter den Kunsthistorikern. Vermutet wird, dass es sich bei Nr. 3 ebenso wie bei Nr. 12 um einen Tempel des aus fünf Schreinen (einem Hauptheiligtum und vier Neben‑ heiligtümern an den Ecken) bestehenden pañcāyatana‑Typs handelte.43 Ein großer stūpa ist im Nālandā‑Komplex nicht ge‑ funden worden, aber zahlreiche sekundäre stūpa‑Bauten aus Ziegeln und aus Stein, die um Tempel Nr. 3 und 12 gruppiert sind.44 Das Stiftungsgeschehen in Nālandā ist wie an vielen anderen Orten, die für das religiöse Leben des mittelalterlichen Indien relevant waren, durch in situ gefundene und andere Schriftzeugnisse nur bruch‑ stückhaft dokumentiert. Für die meisten der ausgegrabenen Klöster, buddhistischen Tempel und Kultbauten ist nicht bekannt, wer ihre Stifter waren. Umgekehrt ist auch nicht eindeutig geklärt, auf welche Bau‑ lichkeiten sich die vorhandenen Inschriften beziehen. Schwierig ist die Interpretation der aus dem frühen 8. Jahrhundert stam‑ menden Steininschrift aus der Regierungs‑ zeit des indischen Königs Yaśovarmadeva, die aus dem Schutt45 von Kloster Nr. 1 ge‑ borgen wurde. In der Inschrift heißt es unter anderem, ein König Bālāditya 46 habe (einst) in Nālandā einen prächtigen Tempel (prāsāda) des Śauddhodani (‚Sohn des Śuddhodana‘, Buddha) bauen lassen (samutthāpita).47 Unklar bleibt, auf welche der ausgegrabenen Baulichkeiten sich diese Inschrift bezieht.48 Der chinesische Pilger Xuanzang, der Nālandā in der ersten Hälfte des 7. Jahr‑ hunderts besuchte, als wohl noch nicht alle der heute nachweisbaren Wohnbau‑ ten existierten, berichtet von insgesamt sechs Klöstern (hier: saṃghārāma), die allesamt Stiftungen von Königen gewe‑ sen sein sollen, unter denen einige zu
Sachzeugnisse
den späten Herrschern der altindischen Gupta‑Dynastie gehört haben könnten: „After the Nirvāṇa of Buddha an old king of this country called Śakrāditya, from a principle of loving obedience to Buddha, built this convent. After his decease his son Budhagupta‑rāja seized the throne, and continued the vast undertaking; he built, towards the south, another Saṅghārāma. Then his son (successor) Tathāgata‑rāja built a Saṅghārāma to the eastward. Next, his son (or, direct descendant) Bālāditya49 built a Saṅghārāma to the north‑east. (…) His son Vajra succeeded and built another Saṃghārāma to north. After him a king of Mid‑India built by the side of this another Saṅghārāma. Thus six kings in connec‑ ted succession added to these structures. Moreover, the whole establishment is sur‑ rounded by a brick wall, which encloses the entire convent from without.“50 1921 fand Hirananda Sastri ebenfalls im Schutt des Klosters Nr. 1 eine Kup‑ fertafel von Devapāla, einem Herrscher der ostindischen Pāla‑Dynastie, der im 9. Jahrhundert regiert hatte. In der Ur‑ kunde wird ein Klosterbau erwähnt, den König Bālaputradeva, der Herrscher von Suvarṇadvīpa (Sumatra), in Nālandā hat‑ te errichten lassen.51 Es ist jedoch höchst fraglich, ob sich diese Information auf Nr. 1 selbst – wie unter anderem auf der vom Ar‑ chaeological Survey of India aufgestellten Erklärungstafel behauptet – bezieht. Erst die von unten gerechnet dritte der neun Grabungsschichten wird in die Zeit von Devapāla datiert, und die ursprüngliche Gründung dieses Wohngebäudes scheint wesentlich älter zu sein. Der Bericht des Xuanzang, der auf in Nālandā erhaltenen Informationen fußte, lässt vermuten, dass selbst die früheste Bauphase bis zur Mit‑ te des 7. Jahrhunderts, in der die ersten Klöster noch vergleichsweise planlos an‑ gelegt wurden, auf königliche Stiftungen
Indien
zurückging. Für die späteren Klöster und Tempel ist das angesichts der großen Plan‑ mäßigkeit und linearen Ausrichtung der Anlage ebenfalls wahrscheinlich, aber nur in einem Falle nachweisbar. Zu den bedeutenden buddhistischen An‑ lagen des 6. bis 12. Jahrhunderts52 zählen außer Nālandā: Vikramaśīla (Antichak)53 in Bihar, Somapuramahāvihāra (Pahar‑ pur)54 und der Mainamati‑Komplex55, beide in Bangladesch, Ratnagiri56, Udayagiri und Lalitagiri in Orissa und Sirpur57 in Chattis‑ garh. Jüngere Ausgrabungen haben auch in Westbengalen die archäologischen Überres‑ te großer Klöster zum Vorschein gebracht: den Nandadīrghikodraṅgamahāvihāra im heutigen Jagajjibanpur58, 100 Kilometer nördlich von Kalkutta, und im heutigen Moghalmari59, 200 Kilometer südwestlich von Kalkutta, das mit einer Grundfläche von 60 mal 60 Metern bisher größte be‑ kannte Einzelkloster. In vielen der monas‑ tischen Anlagen sind Stiftungsurkunden auf Kupfertafeln gefunden worden, die auf die einstige Gründung der Klöster nur indi‑ rekt eingehen, aber unter anderem die auf Dauer sichergestellte Instandhaltung der Baulichkeiten in den Mittelpunkt rücken. Aus Inschriften und anderen Texten ist durchaus bekannt, dass während des Mit‑ telalters nicht nur im Osten des Subkon‑ tinents, dem wohl letzten Rückzugsgebiet für den Buddhismus auf dem indischen Festland, neue monastische Anlagen gestif‑ tet wurden. Entsprechende Sachzeugnisse aus anderen Regionen sind jedoch bisher kaum entdeckt worden. Das markantes‑ te Beispiel sind die Klöster von Valabhī (heute: Valabhipur) auf der Halbinsel Ka‑ thiawar im westindischen Gujarat. Aus den Urkunden der Maitraka‑Dynastie, die in dieser Stadt vom 6. bis zum 8. Jahr‑ hundert regierte, geht hervor, dass allein in der Hauptstadt über ein Dutzend ver‑ schiedener Klöster und Klosterkomplexe
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existiert haben muss, darunter auch einige Nonnenkonvente.60 Der chinesische Pil‑ germönch Yijing berichtet, Nālandā und Valabhī seien die wichtigsten buddhisti‑ schen Gelehrtenzentren in Indien wäh‑ rend des 7. Jahrhunderts gewesen.61 Doch bisher konnten keinerlei architektonische Überreste der Klosterkomplexe von Valabhī ausgegraben werden. Der Hauptgrund für den Misserfolg archäologischer Aktivitä‑ ten liegt wohl darin, dass diese Stadt, die bereits im 8. Jahrhundert erstmals durch die muslimischen Eroberer zerstört wurde, heute noch besiedelt ist und alle Grabungs‑ versuche lediglich am Rande des relevan‑ ten Bereichs durchgeführt werden können. Auch für andere Regionen Indiens belegen epigraphische Zeugnisse die Existenz von buddhistischen Klöstern, die im Mittel‑ alter gestiftet wurden.62 Bisher konnten diese aber ebenfalls nicht mit materiellen Hinterlassenschaften in Zusammenhang gebracht werden. Für Ceylon / Sri Lanka scheint die Aus‑ gangslage auf den ersten Blick günstiger zu sein: Die Tradition der buddhistischen Klosterkultur ist nie für längere Zeit un‑ terbrochen gewesen. Die Anlagen, die aus dem Altertum und aus dem Mittelalter stammen, sind relativ gut erforscht, zu‑ mal es sich bei den Hauptorten um reine archäologische Stätten handelt, die heute nicht mehr bewohnt sind. Außerdem ge‑ ben neben Steininschriften auch andere Texte, vor allem die singhalesischen Insel‑ chroniken, über die Stiftungsaktivitäten Auskunft. Dennoch sind die Schwierig‑ keiten, vor die man sich hinsichtlich der Sachzeugnisse gestellt sieht, keinesfalls gering: Auch in Sri Lanka hat es starke Zerstörungen der buddhistischen Stätten gegeben, besonders durch die aus Indi‑ en einfallenden hinduistischen Coḷas. Die Identifizierung der in den Texten ge‑ nannten Baulichkeiten mit aufgefundenen
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Gebäuderesten ist häufig nicht möglich. Dazu trägt die diffuse Terminologie bei, die unter anderem mit semantischen Ver‑ schiebungen bei zentralen Begriffen zu‑ sammenhängt.63 Besonders problematisch ist jedoch der Umstand, dass der konkrete archäologisch‑architektonische Befund das Erkennen von mönchischen Behausungen zwischen verschiedenen Tempelarten häu‑ fig nicht gestattet. Der aus Indien bekannte, aus Ziegeln oder Steinen massiv errichtete Klostertyp mit vielen an den Außenwän‑ den umlaufenden Zellen war wohl nicht der übliche Standard, zumindest nicht in den zwei wichtigsten mittelalterlichen Zentren des singhalesischen Buddhismus: Anurādhapura und Polonnaruva.64 Zum Teil ist vermutet worden, dass die Wohn‑ gebäude im Unterschied zu den Kultbau‑ ten aus Holz konstruiert gewesen seien.65 Wie S. Bandaranayake jedoch überzeugend nachgewiesen hat, gab es durchaus feste Bauten zur Unterbringung der Mönche, diese hatten aber einen anderen Charakter als die indischen Klöster: Es handelte sich um in kleinen Gruppen stehende Gebäu‑ de mit je einer oder zwei Zellen (kuṭi).66 Weitaus markanter als diese Bauten sind diverse Typen von Kultbauten: große, mas‑ sive Ziegel‑stūpa‑Bauten und verschiedene Arten von Steintempeln. Im Unterschied zu Indien waren es in Ceylon nach den schriftlichen Befunden nicht vorrangig Wohn‑, sondern aus dauerhaften Materi‑ alien errichtete Kultbauten, die gestiftet wurden.
Sachzeugnisse
Jainas bestanden, scheint die Architektur‑ entwicklung im Mittelalter stärker ausein‑ ander gegangen zu sein. Ein instruktives Beispiel ist die Höhlenanlage von Ellora, die anders als die meisten archäologischen Komplexe im West‑Dekkan nicht rein bud‑ dhistisch war, sondern auch hinduistische und jinistische Felsentempel und Höhlen umfasste.67 Die Stiftungsaktivitäten in Ellora begannen erst um die Mitte des 6. Jahrhunderts, als sich die Bautätigkeit im etwa 100 Kilometer nordöstlich gelegenen Ajanta bereits ihrem Ende zuneigte. Zum buddhistischen Komplex aus dem 6. bis 8. Jahrhundert gehörten eine caitya‑Halle und vier reine Kultbildhöhlen sowie sieben Wohnhöhlen mit Kultbildkapellen.68 Der jinistische Bereich bestand hingegen – wie der hinduistische – allein aus Bauwerken für Kultzwecke: aus einem monolithischen Felsentempel und vier Kultbildhöhlen.69 Für die Jaina‑Höhlen liegen keine Stiftungs‑ inschriften vor; eine Chronologie ist aber immerhin auf Basis der Bauornamentik möglich. Wie in Ajanta sind einige Höhlen unvollendet, wozu Herbert und Ingeborg Plaeschke festgestellt haben: „Dieser Kon‑ trast zwischen Bauabsicht und finanziel‑ len Möglichkeiten macht sich ja bei allen Religionen in Elūrā bemerkbar.“70 Die in‑ schriftlich besser dokumentierten Anlagen des West‑Dekkan aus dem Altertum bele‑ gen, dass nicht von Angehörigen königli‑ cher Familien gestiftete Höhlen häufig aus zahlreichen Einzelstiftungen von Bauele‑ menten durch Privatpersonen bestanden. Eine solche Stiftungsstruktur konnte den Baufortschritt erheblich verzögern und be‑ Jinistische Stiftungen Vor ähnliche Probleme sieht man sich auch hindern. Dies gilt aber nicht für die großen bei der Suche nach den mittelalterlichen Baulichkeiten von Ellora, insbesondere für Wohnbauten für jinistische Mönche und die Felsentempel, die – im Falle des hinduis‑ Nonnen in Indien gestellt. Während im tischen Kailāsanātha‑Tempels epigraphisch Altertum offenbar große strukturelle Ähn‑ gesichert und im Falle des jinistischen Tem‑ lichkeiten zwischen den Kult‑ und Kloster‑ pels sehr wahrscheinlich – aus königlichen bauten der buddhistischen Mönche und der Stiftungen hervorgegangen sind.
Indien
In den folgenden Jahrhunderten ent‑ standen auch viele Jaina‑Tempel in Freibau‑ weise, vor allem in den Hauptverbreitungs‑ gebieten des Jinismus in West‑ und in Süd‑ indien. Als Baumaterial wurde und wird bis in die heutige Zeit in der Regel heller Marmor verwendet; meist sind die Tempel innen reich verziert. In ihrem Aufbau ent‑ sprechen sie dem etwa seit dem 6. Jahrhun‑ dert belegten hinduistischen Tempelplan, der aus einem kubischen Allerheiligsten (garbhagṛha), einem sich darüber erheben‑ den Tempelturm und einer oder mehreren Tempelhallen besteht. Zu den bedeutenden mittelalterlichen jinistischen Anlagen des westlichen Indien gehören die fünf Tempel von Dilwara bei Mount Abu in Rajasthan, die vom 11. bis zum 13. Jahrhundert, in der Caulukya‑Solaṅki‑Zeit, gestiftet wur‑ den, wie aus entsprechenden Inschriften hervorgeht. Auch die über 800 Tempel und Schreine auf dem Berg Shatrunja‑ ra bei Palitana in Gujarat, die man vom 11. Jahrhundert bis in die Neuzeit errichtet hat, zählen zu den wichtigsten jinistischen Gründungen.71 (→ Abb. 69) Shatrunjara wurde im frühen 14. Jahrhundert von den muslimischen Eroberern zerstört, doch dann durch die Anhänger des Jinismus wieder aufgebaut. Inschriften und Urkunden belegen, dass auch in Südindien, besonders in Karnata‑ ka, im Mittelalter zahlreiche Jaina‑Bauten gegründet und mit Stiftungen ausgestattet wurden. Bezeichnet wurden diese Heilig‑ tümer mit verschiedenen Begriffen, die hinduistischen Vorbildern nachgebildet sind und den Tempelcharakter betonen: jinabhavana, jināyatana, jinālaya.72 Dane‑ ben erscheinen Termini wie caityāgāra und caityālaya, die – dem archäologisch‑ architektonischen Befund zufolge – kei‑ neswegs Baulichkeiten mit einem caitya oder stūpa bezeichneten, sondern in all‑ gemeinem Sinne ebenfalls für Kultbauten
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mit Jina‑Skulpturen standen.73 Problema‑ tischer ist die Interpretation des Sanskrit‑ Begriffs vasati (Kanaresisch: basadi), der wörtlich mit ‚Wohnstätte‘ zu übersetzen wäre und der daher in Wörterbüchern mit ‚jinistisches Kloster‘ paraphrasiert wird.74 Obwohl dieser Terminus häufig in mittelal‑ terlichen Zeugnissen erscheint, finden sich kaum Informationen, die dazu berechtig‑ ten, die als vasati bezeichneten Baulichkei‑ ten tatsächlich als jinistisches Gegenstück zum vihāra anzusehen. Die einschlägigen Stiftungsinschriften und ‑urkunden ent‑ halten meist nur Bestimmungen zur Er‑ haltung der Bauwerke und zu kultischen Verrichtungen.75 Daher wird vasati / basadi häufig einfach als ‚Tempel‘ übersetzt.76 Nur in einigen wenigen Inschriften ist explizit festgelegt, dass die betreffenden Dotatio‑ nen auch für die Speisung (āhāradāna) von Jaina‑Asketen zu nutzen waren, und noch seltener wurden die Asketen als ortsan‑ sässig (tatratya, ‚dortig‘; tatrasthita, ‚dort befindlich‘) bezeichnet.77 Archäologische und kunstgeschichtliche Forschungen ha‑ ben bisher keinerlei Erkenntnisse dazu beigesteuert, ob an oder in diesen Tempeln Wohnbereiche nachweisbar sind. Eventuell wäre das weitgehende Fehlen fester Un‑ terkünfte mit den strengeren Regeln für die Jaina‑Asketen als für buddhistische Mönche und Nonnen zu erklären. Die auf Permanenz angelegten Stiftungen scheinen jedenfalls – ähnlich wie beim singhalesi‑ schen Buddhismus – eher an die aus dauer‑ haften, wertvollen Materialien errichteten Kultbauten gebunden gewesen zu sein. Hinduistische Stiftungen Das hinduistische Tempelwesen entwi‑ ckelte sich nach Anfängen im Altertum seit dem 7. Jahrhundert geradezu sprung‑ haft. Zu den frühesten mittelalterlichen Heiligtümern für Götter und Göttinnen (Sanskrit devakula, devāyatana, devālaya;
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Tamil koyil), die zum Teil auch mit Grün‑ dungsinschriften versehen sind, gehören Höhlen‑ und Felsentempel ebenso wie freistehende Steintempel. Solche hindu‑ istischen Tempel entstanden unter der frühen Calukya‑Dynastie in Aihole, Ba‑ dami und Pattadakal in Karnataka, unter den Pallava‑Königen in Kāñcī, Mahabali‑ puram und Trichy in Tamilnadu, unter verschiedenen Dynastien in Bhuvanesh‑ war in Orissa sowie unter den Rāṣṭrakūṭas in Ellora und Elephanta.78 (→ Abb. 70–72) Im Unterschied zu den Jaina‑Tempeln waren die für freistehende hinduisti‑ sche Bauwerke verwendeten Materialien Granit und Sandstein. Im 8. Jahrhundert kristallisierten sich zwei hauptsächliche Tempelbaustile heraus: die südindische Draviḍa‑ und die nordindische Nāgara‑ Richtung. Der südindische Tempelturm (vimāna) hat über dem Allerheiligsten oder Sanktuarium (garbhagṛha) eine stufen‑ pyramidenartige Gestalt mit einem halb‑ kugelförmigen Abschluss,79 während der nordindische Tempelturm (śikhara) aus mehreren konvex gekrümmten, in die Höhe strebenden Vertikalen besteht und oben durch einen großen scheibenförmi‑ gen Stein abgeschlossen wird.80 Aus Südindien sind erheblich mehr mit‑ telalterliche hinduistische Baulichkeiten als aus dem Norden erhalten. Für diesen Befund sind vor allem die Verwüstungen durch die muslimischen Eroberer verant‑ wortlich, die den Norden weitaus stärker trafen als den Süden. So fielen die meisten der unter der Gurjara‑Pratihāra‑Dynastie vom 8. bis 11. Jahrhundert auf dem Ge‑ biet des heutigen Uttar Pradesh gegrün‑ deten Heiligtümer den Zerstörungen von Maḥmūd von Ghazni in der zweiten Hälf‑ te des 11. Jahrhunderts zum Opfer, und für die Periode ab dem 13. Jahrhundert ist kaum noch monumentaler Tempelbau in dieser Region belegt. Eine Ausnahme
Sachzeugnisse
in Nordindien stellt Orissa im Osten dar, das von der muslimischen Landnahme weniger als andere Gebiete betroffen war. Als bedeutendste Stätten des dortigen hin‑ duistischen Tempelbaus im Nāgara‑Stil während des Mittelalters wären die zehn aus dem 7. bis 11. Jahrhundert stammenden śivaitischen Tempel von Bhuvaneshwar, der aus dem 12. Jahrhundert datierende, dem Gott Jagannātha (Viṣṇu) geweihte Tempelkomplex von Puri sowie der Son‑ nentempel von Konarak aus dem 13. Jahr‑ hundert zu nennen.81 Während der unter den Königen der Somavaṃśin‑Dynastie errichtete Liṅgarāja‑Tempel von Bhuva‑ neshwar und der Jagannātha‑Tempel von Puri noch immer von Gläubigen aufge‑ sucht werden, jedoch für Nicht‑Hindus unzugänglich sind, ist Konarak aus der Zeit der Östlichen Gaṅgas heute eine rein archäologische Stätte.82 Besondere Förderer des südindischen Tempelbaus im Draviḍa‑Stil waren vom 10. bis 14. Jahrhundert die Coḷas, unter denen im frühen 11. Jahrhundert der berühmte Bṛhadīśvara‑Tempel in Thanjavur gestiftet wurde, an dem sich auch eine Steininschrift befindet, die sehr detaillierte Ausführun‑ gen zu den Tempeldienern und deren Be‑ zahlung enthält.83 Unter der Coḷa‑Dynastie entstanden allein in Tamilnadu ungefähr 70 Anlagen, ausgesprochene Tempelstäd‑ te mit Umfassungsmauern, die außer den jeweiligen Hauptheiligtümern auch Schreine für untergeordnete Gottheiten, Wohnstätten für Priester, Versammlungs‑ hallen, Tempelschulen (maṭha), Rasthäuser sowie Basare einschlossen.84 Der unter der Hoysaḷa‑Dynastie gebaute (viṣṇuitische) Keśava‑Tempel von Somnathpur in Kar‑ nataka aus dem 13. Jahrhundert wiederum ist eines der prominentesten Beispiele für den architektonischen Mischstil des Dek‑ kan, der nord‑ und südindische Elemente miteinander verwob. (→ Abb. 73)
Indien
Stiftungen von Stufenbrunnen Eine aus dem Rahmen der reinen Sakral‑ bauten fallende Kategorie von Baulich‑ keiten stellen gestiftete Brunnenwerke dar. Hierzu gehören insbesondere die so‑ genannten Stufen‑ oder Treppenbrunnen (Sanskrit vāpī; Gujarati vāv), die in den Trockengebieten Westindiens, in erster Li‑ nie in Gujarat, aber auch in Rajasthan und Teilen von Karnataka, verbreitet waren (und noch sind). In ihrer einschlägigen Studie zu ‚stepwells‘ in Gujarat, für die ‚staircase‑well‘ und ‚stepped well‘ treffen‑ dere Bezeichnungen wären, hat Jutta Jain‑ Neubauer festgestellt: „Travelling through the country, one finds that nearly every village or town has at least one stepwell of its own, that many of them have interes‑ ting architectural settings and artistic em‑ bellishments.“85 Gerade die großen, reich verzierten unter den Stufenbrunnenanla‑ gen sind nicht selten nachweislich aus Stif‑ tungen von Adligen, Beamten und Kauf‑ leuten und deren Frauen hervorgegangen. Ein Stufenbrunnen befindet sich zu einem großen Teil unter dem normalen Boden‑ niveau und besteht aus einem vertikalen Brunnen (kūpa) mit einer Vorrichtung zum Schöpfen des Wassers, aus oft über meh‑ rere Stockwerke zum Wasserspiegel des Brunnens hinabführenden Treppen und aus diversen offenen, übereinander errich‑ teten Hallen. Bereits im Altertum wurden Stufenbrunnen in Junagadh (Gujarat) aus dem Felsen geschlagen. Zu den ältesten aus großen Steinblöcken in Freibauwei‑ se errichteten Brunnenanlagen gehören die von Dhank in Gujarat, die aus dem 7. Jahrhundert und mithin aus dem frühen Mittelalter datieren. Die bei weitem über‑ wiegende Zahl der Stufenbrunnen, die sich erhalten haben, stammt aus der Zeit vom 12. bis zum 17. Jahrhundert.86 So kündet die in einen Marmorblock am Adalaj Vav bei Ahmedabad in Gujarat eingravierte
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Sanskrit‑Inschrift davon, dass Rudadevī, die Gattin des Vāghelā‑Fürsten Vīrasiṃha, diese Anlage im Śaka‑Jahr 1420 (1498 u. Z.) für ihren Ehemann in der Hoffnung ge‑ stiftet habe, der Brunnen möge Bestand haben, solange Sonne und Mond existie‑ ren.87 (→ Abb. 74) Stufenbrunnen wurden innerhalb oder bei Dörfern, entlang von Handelswegen sowie in der Nähe von Tem‑ peln und Moscheen errichtet. Erste muslimische Stiftungen Erste Moscheen gab es nach arabischen Quellen bereits im 8. Jahrhundert im heu‑ te zu Pakistan gehörenden Sindh und ab dem 10. Jahrhundert an der indischen Westküste. 88 Ein wichtiges frühes Do‑ kument ist eine bilinguale Inschrift aus Veraval in Gujarat, die aus dem Jahr 1264 datiert. Der detaillierte Sanskrit‑Text und eine kürzere arabische Übersetzung be‑ richten vom Bau einer Moschee für die ‚Musalamānas‘ und beurkunden die Stif‑ tung eines arabischen Schiffseigners für den Unterhalt dieses Sakralbaus.89 Eine Inschrift aus dem ebenfalls in Gujarat gelegenen Junagadh, die aus dem späten 13. Jahrhundert datiert, erinnert an die Errichtung einer Moschee durch einen Händler, der auf seinen Schiffen auch muslimische Pilger nach Mekka sandte.90 Zu den ältesten eindeutig als Moscheen identifizierten Bauten in Gujarat, die durch archäologische Forschungen bekannt sind, gehören die Jama Masjid und die Nagina Masjid der Ruinenstadt von Champaner, die im späten 15. Jahrhundert entstanden sind. (→ Abb. 75) Bereits seit dem späten 12. Jahrhundert wurden unter den Ghuri‑ den auch in Nordwestindien islamische Bauten errichtet. Hierzu zählt unter an‑ derem die in den 1190er Jahren von Qutb ad‑Dīn Aybak gestiftete Moschee in De‑ lhi, die im 13. / 14. Jahrhundert umgebaut wurde.91
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6.6.3 Bildwerke Nach Baulichkeiten stellen Bildwerke die zweitwichtigste Gruppe der Sachzeug‑ nisse des indischen Stiftungswesens im Mittelalter dar. Hierzu zählen vor allem Kultbilder als Objekte der religiösen Ver‑ ehrung. Die erhaltenen Kultbilder sind überwiegend Steinskulpturen und ab dem 9. Jahrhundert auch verstärkt Bronzen, weniger Malereien. Viele Bildwerke wa‑ ren Bauplastiken, d. h. immobil und in die Gebäude integriert. (→ Abb. 76) Darüber hinaus gab es Kultbilder, die nicht nur transportiert werden konnten, sondern auch – z. B. bei Prozessionen – bewegt werden sollten. Bei Skulpturen, die auf‑ grund von Zerstörungen so aufgefunden wurden, dass der architektonische Kontext nicht mehr rekonstruierbar ist, sind keine sicheren Aussagen zum Kultbildcharakter möglich. Steinerne und bronzene religiöse Plastiken sind mitunter mit Inschriften versehen, die Auskunft über den Stifter geben. Neben der Ikonographie der Bild‑ werke sind auch diese kurzen Texte für die Identifizierung der Objekte hilfreich. Zu welchem Prozentsatz mittelalterliche indische Bildwerke mit Stifterinschriften versehen sind, ist aber aufgrund des For‑ schungsstandes nur schwer einzuschätzen; vermutlich liegt ihr Anteil gesamtindisch unter 20 Prozent.92 Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass einige der in Muse‑ en aufbewahrten Plastiken, die einst als Kultbilder dienten, auf den heute oft nicht mehr erhaltenen Sockeln Stifterinschriften trugen. Wie im Falle der Baulichkeiten sprechen die Verwendung bestimmter dauerhafter Materialien (Stein, Metall) sowie die hohe künstlerischer Qualität vieler Plastiken auch dann dafür, dass es sich um Stiftungen gehandelt haben könnte, wenn dies durch Inschriften nicht beweisbar ist.
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An Kultbildern finden sich nicht sel‑ ten Darstellungen kleinerer Figuren, so‑ genannter Adoranten, die zuweilen auch als Stifter gedeutet werden. Nach traditi‑ oneller Ansicht der Kunsthistoriker sind Stifterbilder im Sinne echter Porträts im indischen Kulturraum eher selten.93 Jün‑ gere Forschungen von Vincent Lefèvre94 zu solchen Figuren haben diese Einschät‑ zung jedoch erheblich relativiert. Lefèvre beschreibt diese Darstellungen so: „They are almost always small pictures, placed on the pedestal of the image in order to distinguish them from the different ce‑ lestial characters surrounding the main deity. The devotion of the portrayed per‑ son is expressed by his / her joined hands or the presence of offerings close to him. The character can be either a man or a woman, he may appear alone or in pair, or with his entire family.“95 Hinsichtlich der Identifizierung derartiger Figuren als Porträts oder – aus Perspektive der Stif‑ tungsforschung: als Stifterdarstellungen – kommt er zu dem Schluss, dass dies nur geschehen kann, wenn auch eine einschlä‑ gige Inschrift vorhanden ist: „In fact, in‑ scriptions are very often the only way to identify an ‚image‘ as a ‚portrait‘: without the mention of the name, a small knee‑ ling figure at the bottom of a stele is only deemed as a devotee. (…) The carving of the text had an economic value, the perpetual donation being thus acknowledged; but it had also a religious and socio‑symbolical impact. Therefore, for those unable to read the inscription, the sight of the portrait was also a memory of the donation. We could even say that portraiture acted as a sort of visual signature.“96 Allerdings erleichtern die betreffenden Inschriften nicht immer die Interpretation und Identi‑ fizierung. Dies gilt beispielsweise für eine Buddha‑Skulptur aus dem nordindischen Bhita, die aus dem 5. Jahrhundert datiert
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und laut Widmungsinschrift von einem Mönch (bhikṣu) gestiftet wurde. Die ver‑ bildlichte Stiftergruppe aber umfasst drei Personen: einen Mann, der nicht wie ein Ordinierter aussieht, sowie zwei weibliche Figuren, vermutlich Mutter und Tochter.97 Von Stifterfiguren flankierte Kultbilder waren besonders beliebt im mittelalterli‑ chen Ostindien (→ Abb. 77): „In Eastern India, under the Pālas and Senas, figu‑ ration of donors on the pedestal of the images is almost de rigueur: their absence is more the exception than the rule.“98 In West‑ und vor allem in Südindien war es hingegen keinesfalls unüblich, dass Stifter‑ darstellungen direkt in die Tempelwände integriert wurden, mitunter in der Nähe gestifteter Kultbilder, doch zuweilen mit weiterreichender Intention: „The aim of the portrayed person was probably to be associated with the whole foundation and not just to appear in prayer at the foot of a single image.“99 Buddhistische Kultbilder Der prinzipielle Übergang von der aniko‑ nischen zur anthropomorphen Darstellung des Buddha, des Jina und hinduistischer Götter war bereits im Altertum, in den ersten Jahrhunderten u. Z., erfolgt. Im Lau‑ fe der Zeit wurden Buddha‑Bilder neben dem Reliquien enthaltenden stūpa zu den bedeutendsten Kultobjekten. Bis zum Früh‑ mittelalter hatten bildliche Darstellungen des historischen Buddha in allen Verbrei‑ tungsgebieten des Buddhismus Einzug gehalten, und zwar – wie das Beispiel der Theravādins in Sri Lanka lehrt – unabhän‑ gig davon, ob die jeweiligen Protagonisten einer frühen buddhistischen Schulrichtung oder dem Mahāyāna anhingen.100 Die sekundäre Einführung des Bil‑ derkults im West‑Dekkan ist deutlich an der Entwicklung der bereits vorgestellten Klosteranlage von Ajanta zu erkennen:
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Während man dort für die ersten Jahrhun‑ derte u. Z. wohl noch von einer ausschließ‑ lich symbolischen Buddha‑Verehrung in Form des in separaten baulichen Einhei‑ ten untergebrachten stūpa auszugehen hat, sind steinerne Skulpturen des Buddha seit dem 5. Jahrhundert nicht nur in die caitya‑ Höhlen, sondern auch in die eigentlichen Wohnbereiche (vihāra) integriert. Der Bud‑ dha ist meist in sitzender Haltung, doch auch in stehender oder liegender, sein parinirvāṇa verkörpernder Position darge‑ stellt. Die Grundform der Verehrung ei‑ nes stūpa oder eines Kultbildes ist dessen Umwandeln durch die Gläubigen im Uhr‑ zeigersinn (pradakṣiṇā). Dies wird an der baulichen Beschaffenheit der caitya‑Hallen von Ajanta sichtbar, die derartige Umwand‑ lungsgänge im dreischiffigen Baukörper zeigen. Ähnliches gilt auch für die Kapellen der Wohnhöhlen des 5. Jahrhunderts, wie Ingeborg und Herbert Plaeschke festgestellt haben: „Der freie Raum um dieses Kultbild gestattet, den Buddha wie den Stūpa in ei‑ ner Caitya‑Halle durch Umwandlung zu verehren.“101 Doch in den Kultbildkapellen des 6. Jahrhunderts ist der „Prozessionspfad (…) zu beiden Seiten des Buddhabildes bis zur Höhlenrückwand ausgebildet, aber (…) nicht mehr vollständig um das Bild herum‑ geführt worden. Das ist ein neuer Zug, der auf den Wandel in den Kultformen deutet. (…) Der Buddha wird nun anscheinend nur noch durch Blumenspenden, stille Andacht und Gebet verehrt.“102 In Ajanta (und an anderen Orten) finden sich neben den jeweiligen Hauptkultbildern am stūpa und in den Kapellen auch zahl‑ reiche andere Buddha‑Skulpturen, für die nicht immer zweifelsfrei zu entscheiden ist, ob es sich um Kultbilder im engeren Sin‑ ne handelte. Hierzu gehört beispielsweise der liegende parinirvāṇa‑Buddha im lin‑ ken Seitenschiff von caitya‑Höhle Nr. 26.103 Wohl keine Kultbilder im eigentlichen Sinne
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stellen Buddha‑Figuren und erzählende Re‑ liefs dar, die die Eingangsportale und die In‑ nenbereiche zieren. Derartige Gestaltungs‑ elemente sind als spätere Hinzustiftungen auch an älteren Höhlen anzutreffen, wie Plaeschkes für die Fassade einer frühen caitya‑Höhle konstatiert haben: „Die vie‑ len Buddhabilder, die das ursprüngliche Schema der Fassadendekoration heute stö‑ ren, stammen erst aus dem 5. Jahrhundert, als man sich auch durch das Stiften eines einzelnen Buddhabildes Verdienst erwer‑ ben konnte.“104 Solche Bildnisse wurden in Ajanta nicht nur in Stein, sondern – hierin ist diese Anlage eine Ausnahme – auch als Wandmalereien ausgeführt.105 Neben Buddha‑Bildern und Szenen aus den Ge‑ schichten über die früheren Geburten des historischen Buddha (‚Jātakas‘) sind in den erhaltenen Fresken sporadisch bereits Bodhisattvas des Mahāyāna‑Pantheons in Einzelbildern dargestellt.106 Steinerne Bo‑ dhisattvas flankieren mitunter die Buddhas der Kapellen.107 Malereien in einer Wohn‑ höhle scheinen auch Laienanhänger und ‑anhängerinnen mit Gaben darzustellen, die mitunter als Stifter interpretiert wor‑ den sind.108 Einige Buddha‑Plastiken an der Fassade von caitya‑Höhle Nr. 26 sind mit eingravierten Inschriften und einige der später in den frühen caitya‑Höhlen Nr. 9 und 10 und in Wohnhöhle Nr. 16 gemalten Buddha‑Bilder mit ‚gemalten‘ Inschriften versehen, die belegen, dass diese Skulpturen und Fresken überwiegend von Mönchen ge‑ stiftet wurden.109 Belege für buddhistische Baulichkeiten, in denen nicht der Buddha, sondern die Bodhisattvas und Gottheiten des Mahāyāna nachweislich die Hauptkult‑ bilder stellten, sind vergleichsweise selten.
Sachzeugnisse
zur anthropomorphen Darstellung des Mahāvīra Jina übergegangen. Da Mahāvīra lediglich als letzter der insgesamt 24 so‑ genannten Tīrthaṃkaras (‚Furtbereiter‘) oder Jinas angesehen wird, werden auch die anderen abgebildet, vor allem der erste, Ādinātha, und der vorletzte, Pārśvanātha, an ikonographischen Details und ihren At‑ tributen erkennbar oder durch Inschriften identifizierbar. Sitzende Jina‑Skulpturen unterscheiden sich von ihren buddhisti‑ schen Pendants vor allem dadurch, dass sie unbekleidet sind. Bei den stehenden Tīrthaṃkaras, die ebenfalls nackt sind, fallen überdies die starre Haltung und die überproportional langen Arme auf. Neben den Jinas werden jinistische Heilige sowie männliche und weibliche Begleitgottheiten dargestellt.110
Hinduistische Kultbilder Auch die ersten menschengestaltigen Dar‑ stellungen hinduistischer Götter und Göt‑ tinnen entstanden ab dem 1./2. Jahrhun‑ dert u. Z. Die Vielgestaltigkeit der Kultbil‑ der ist im Hinduismus jedoch viel größer als im Buddhismus und Jinismus. In der Regel war jeder Tempel einer Hauptgottheit gewidmet, deren Bild im Allerheiligsten aufgestellt wurde. Die Skulpturen anderer Götter und Göttinnen gehören ebenfalls zur Ausstattung; deren in dem konkreten Heiligtum untergeordnete Stellung ist je‑ doch an der Größe des jeweiligen Bildes und an dessen Positionierung innerhalb des Sakralbaus ablesbar. Die bei weitem größte Zahl mittelalter‑ licher Tempel war dem Gott Śiva gewidmet. Anthropomorphe Darstellungen des Śiva sind schon früh belegt. Dennoch erfolg‑ te nie eine vollständige Abkehr von dem diesen Gott repräsentierenden Phallus‑ Jinistische Kultbilder Bereits im Altertum, etwa zeitgleich Symbol (liṅga), und so befand (oder befin‑ mit der Entstehung des frühen Bud‑ det sich noch) im Sanktuarium beinahe dha‑Bildes, war man auch im Jinismus aller mittelalterlichen und neuzeitlichen
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Śiva‑Tempel ein Stein‑Phallus.111 Von die‑ sem Symbol ist auch einer der Beinamen des Śiva, Liṅgarāja, abgeleitet, der unter an‑ derem für einen Tempel in Bhuvaneshwar namengebend war. Die Kombination von anikonischer und anthropomorpher Dar‑ stellungsweise hat den hybriden Typus des mukhaliṅga, des ‚Phallus mit Gesicht(ern)‘, hervorgebracht. Viele verschiedene As‑ pekte, die Śiva in sich vereint, und mit ihm verbundene Mythen und Legenden werden im Bildprogramm der Heiligtümer illustriert. Als Nāṭarāja, ‚Gott des Tanzes‘, ist er vor allem aus südindischen Bron‑ zen bekannt, die seit der Coḷa‑Zeit (9. bis 12. Jahrhundert) verstärkt belegt sind.112 Häufig wurde Śiva auch mit seiner Gemah‑ lin Pārvatī als Paar dargestellt,113 und die Form Ardhanārī, ‚Halbfrau‘, bei der eine Seite männlich, die andere weiblich ist,114 versinnbildlicht die Verschmelzung mit seiner Frau zu einer Person. Am zweithäufigsten waren im Mittel‑ alter Tempel des Gottes Viṣṇu, der als vierarmiger Jüngling mit reichem Juwe‑ lenschmuck und der heiligen Schnur ei‑ nes Brahmanen dargestellt ist.115 In der Kunst des Mittelalters wird Viṣṇu auch als Nārāyaṇa oder Vāsudeva angespro‑ chen und häufig auf der Weltenschlange Śeṣa ruhend116 oder in einer seiner zehn Inkarnationen (daśāvatāra) verbildlicht. Besonders beliebt war sein Erscheinen als Eber (varāha), ‚Mannlöwe‘ (nṛsiṃha), Zwerg (vāmana / trivikrama, → Abb. 78), Rāma und Kṛṣṇa.117 Als Viṣṇus Gemahlin gilt die Glücksgöttin Lakṣmī. Relativ zahlreich tauchen noch im Mit‑ telalter Skulpturen des Schöpfergottes Brahman auf,118 der in der Regel dreiköp‑ fig und vierarmig dargestellt wird. Mit‑ unter erscheint er auf Bildwerken gemein‑ sam mit Viṣṇu und Śiva.119 Speziell dem Schöpfergott geweihte Tempel waren im Mittelalter eine Seltenheit. Als eines der
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wenigen erhaltenen Beispiele ist der Brah‑ man‑Tempel von Pushkara in Rajasthan zu nennen, der in seiner heutigen Form aus dem 14. Jahrhundert datiert. Die Zahl der mittelalterlichen Sonnen‑ tempel war wohl größer als die der Brah‑ man‑Heiligtümer; doch die Verehrung des Gottes Sūrya in eigenen Schreinen ist in der Neuzeit fast ausgestorben. Wichtige Stätten des Sonnenkultes waren der Sūrya‑ Tempel von Modhera in Gujarat aus dem 11. Jahrhundert und der von Konarak in Orissa aus dem 13. Jahrhundert, bei dem die von Sanskrit koṇārka (koṇa, ‚Ecke‘; arka, ‚Sonne‘) abgeleitete Ortsbezeichnung auf den einstigen Kult hindeutet. Der Umstand, dass im Sanktuarium des Konarak‑Tempels, der heute nur noch eine archäologische Stätte darstellt, kein Götterbild gefunden worden ist, hat Anlass zu Spekulationen gegeben. Die Gestaltung des Haupttem‑ pels als riesiger Wagen mit großen Spei‑ chenrädern und steinernen Pferden und die Existenz von Sūrya‑Skulpturen in den Wandnischen des Heiligtums lassen jedoch keinen Zweifel an der Identität dieses Sa‑ kralbaus.120 (→ Abb. 79) Für weitere Gottheiten, wie z. B. Gaṇeśa oder den Kriegsgott Skanda sowie die Göt‑ tinnen Durgā und Lakṣmī wurden im Mittelalter selten große eigene Tempel gegründet. Ihre Bildwerke standen aber in Nebenschreinen oder dienten der Aus‑ schmückung von Śiva, Viṣṇu oder Sūrya geweihten Heiligtümern. Transportable Bildwerke Für viele der heute zu Museumsbestän‑ den und anderen Sammlungen gehörenden steinernen und bronzenen Bildwerke ist – selbst wenn auf ihnen Stifterinschriften eingraviert sind – nicht geklärt, welches ihre ursprüngliche Funktion war.121 Oft ist davon auszugehen, dass es sich um trans‑ portable Kultbilder handelte, die zum Teil
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alljährlich aus Anlass von Prozessionen bewegt wurden.122 Diese Praxis hatte – in buddhistischem Kontext – im 5. Jahrhun‑ dert bereits der chinesische Pilgermönch Faxian für Pāṭaliputra (Patna in Bihar) beschrieben: „Alljährlich am achten Tag des zweiten Monats findet eine [Prozession] der Statuen statt. Man stellt vierrädrige Wagen her, die man mit Bambus einklei‑ det [und damit] fünf Stockwerke macht. (…) Das [Ganze] sieht aus wie ein stūpa [und] ist mit weißem Filzstoff umwickelt, [auf den] dann mit Farben die Gestalten aller Gottheiten (deva) gemalt werden, ein‑ gewirkt mit Gold, Silber und Lapislazuli; [daran] hängen bunte Bänder und Balda‑ chine, die auf [allen] vier Seiten Nischen bilden, in denen Buddhas sitzen, begleitet von stehenden Bodhisattvas. Es gibt un‑ gefähr zwanzig Wagen. Jeder Wagen ist feierlich [geschmückt] und unterscheidet sich [von den anderen]. An diesem Tag versammeln sich alle Laien und Religiösen aus diesem Gebiet, lassen feierliche Mu‑ sik aufführen [und] bringen Blumen‑ und Weihrauchspenden dar. Die Angehörigen der Brahmanen[‑Kaste] kommen, um die Buddhas willkommen zu heißen. Die Bud‑ dhas kommen der Reihe nach in die Stadt [gefahren und] übernachten zweimal in der Stadt. Die ganze Nacht über brennen Laternen, und es wird feierliche Musik als Spende dargebracht. In jedem Reich ist das so.“123
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abfallen. Hierzu gehören die vor allem im buddhistischen Umfeld beliebten Reliquia‑ re verschiedenster Art aus Stein und Metall und die im hinduistischen Kontext anzu‑ treffenden Säulen (dhvaja) für bestimmte Götter, ferner religiöse Texte, die auf Zie‑ gel und Stein, Kupfer und zum Teil sogar Gold geschrieben wurden, Votivtäfelchen, Glocken und Lampen.124 6.6.5 Handschriften
Verschriftlichungen religiöser Texte ha‑ ben in weiten Teilen des indischen Kultur‑ raums lange Zeit eine sehr viel geringere Rolle als in anderen Regionen der vor‑ modernen Welt gespielt. Insbesondere im vedisch‑brahmanischen Umfeld existier‑ ten eine ausgesprochene Aversion gegen das Aufschreiben der als heilig geltenden Texte und eine ungefähr zwei Jahrtau‑ sende (etwa 1000 v. u. Z. bis 1000 u. Z.) währende ausschließliche Konzentration auf mündliche Überlieferung. Vor diesem Hintergrund wird erklärlich, weshalb im mittelalterlichen indischen Stiftungswesen der Unterhalt von Personen, die als Träger religiöser Texttraditionen galten, eine so große Bedeutung erlangte. Zwar tradier‑ ten auch die Buddhisten und Jinisten ihre Lehrinhalte zunächst oral, doch standen sie dem Gebrauch der Schrift, die in den meisten Gebieten Indiens erst seit dem 3. Jahrhundert v. u. Z. nachweisbar ist,125 nicht so ablehnend wie die Brahmanen 6.6.4 Kultobjekte gegenüber. Die Ansichten der (späteren) buddhistischen Richtung des Mahāyāna Neben Kultbildern gab es eine ganze Reihe wurden bereits seit den ersten Jahrhun‑ von anderen Kultobjekten, die im mittelal‑ derten u. Z. schriftlich aufgezeichnet, und terlichen Indien gestiftet wurden, in ihrer in dieser Strömung entwickelte sich sogar Bedeutung aber im Vergleich zu bildlichen ein regelrechter ‚Buchkult‘.126 Darstellungen von Göttern und Heiligen Dass viele frühe Handschriften religi‑ ebenso wie in Relation zu den noch zu öser und anderer Texte verlorengegangen behandelnden (religiösen) Handschriften sind, ist in erster Linie den klimatischen
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Verhältnissen in Indien geschuldet, wie Dominik Wujastyk festhält: „The monsoon climate, and the work of insects, mould, and rodents, have destroyed millions of early manuscripts. This is why some of the very oldest manuscripts in Sanskrit have been discovered not in India, but in the dry, desert conditions of Central Asia, in caves, stupas or buried libraries on the Silk Route.“127 Fragmentarische Schrift‑ rollen mit buddhistischen Texten, die im Osten Afghanistans, in der alten Region Gandhāra, aufgetaucht sind und aus dem 1. Jahrhundert u. Z. datieren, stellen die wohl ältesten bekannten Überreste ‚indi‑ scher Bücher‘ dar. Die 1994 von der British Library erworbenen Handschriften wur‑ den auf Birkenrinde, einem im Norden und Westen des indischen Subkontinents verbreiteten, jedoch recht fragilen Schreib‑ untergrund, geschrieben und in Tontöpfen aufbewahrt.128 In vielen Teilen Indiens war die Verwendung von Palmblättern üblich, einem bei entsprechender Pflege durchaus robusten Material, wie Funde von gut er‑ haltenen Palmblatthandschriften aus dem 11. Jahrhundert belegen.129 Da Birkenrinde, Palmblätter und später auch Papier unter den erwähnten klima‑ tischen Verhältnissen litten, mussten die Texte in regelmäßigen Abständen abge‑ schrieben werden.130 Wie die Kolophone am Ende zahlreicher Handschriften zeigen, gingen diese ‚Kopien‘ häufig auf das Wir‑ ken von Stiftern zurück. So geben Manu‑ skriptfunde Auskunft über die Popularität bestimmter religiöser Texte und Strömun‑ gen, denn Handschriften, die man nicht mehr las, wurden nicht wieder abgeschrie‑ ben und fielen dem Vergessen anheim. Ide‑ alerweise enthält ein Kolophon Angaben zu dem vervielfältigten Text, zu Schreiber und Auftraggeber, Ort und Datum der Ab‑ schrift. Viele Kolophone sind gemessen an diesem Ideal nicht vollständig, und häufig
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fehlen sie sogar ganz. Angesichts der gro‑ ßen Zahl von indischen Handschriften – Forscher gehen von mehreren Millionen aus131 – und des Mangels an vergleichenden Untersuchungen zu den Kolophonen ist es nicht möglich, auch nur eine ungefäh‑ re Gesamtschätzung dazu vorzunehmen, in welchem Umfang Abschriften von re‑ ligiösen Texten im indischen Mittelalter tatsächlich direkte Stiftungen darstellten. Interessantes Material liefern die Ko‑ lophone der berühmten buddhistischen Handschriften, die seit den 1930er Jah‑ ren (zunächst von Hirten) in alten Gebäu‑ deresten bei Gilgit in Nord‑Pakistan in mehreren Kisten entdeckt wurden. 1983 hat Oskar von Hinüber mehr als 30 Ein‑ zelhandschriften identifiziert, doch noch immer ist „unbekannt, wieviele Titel die beiden Funde aus den Jahren 1931 und 1938 enthalten“.132 Zehn Kolophone dieser wohl aus dem 6. und 7. Jahrhundert datierenden Manuskripte aus Gilgit hat von Hinüber gelesen, übersetzt und kommentiert. Sie folgen in ihrer Struktur ein und dem‑ selben Grundmuster, das sich bereits in nordindischen Stifterinschriften der ers‑ ten Jahrhunderte u. Z. findet: „Dies ist die religiöse Stiftung (deyadharma)133 von N. N., zusammen mit N. N. und N. N.; was hier an [religiösem] Verdienst (puṇya) [entsteht], das soll allen Wesen zum Erreichen der höchsten Erkenntnis dienen.“134 Demzu‑ folge enthalten die Kolophone vor allem die Namen der Stifter und die Namen der Personen, die am durch die Stiftung gene‑ rierten Verdienst beteiligt werden sollten. Zu ihnen gehörten männliche und weib‑ liche Mitglieder der lokalen Dynastie von Gilgit135 sowie Personen mit Namen nicht‑ indischen Ursprungs (Sprachen: Iranisch, Tibetisch und Türkisch).136 Von einigen Handschriften sind die ‚Buchdeckel‘ erhal‑ ten, auf denen neben dem Buddha sowie verschiedenen Bodhisattvas je eine oder
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zwei zu deren Füßen sitzende oder kniende Person(en) abgebildet sind, die als Stifter interpretiert wird / werden. Nicht immer sind auch erklärende Kolophone vorhan‑ den, und mitunter scheinen die bildliche und die textliche Darstellung einander nicht linear zu entsprechen. So ist auf dem vorderen Buchdeckel einer Handschrift des ‚Saṃghāṭasūtra‘, eines Mahāyāna‑Textes, der Buddha zwischen zwei Bodhisattvas abgebildet, während der hintere die fol‑ gende Illustration zeigt: „Zwei Laien, ein Mann und eine Frau, sitzen mit Weihga‑ ben in den Händen vor zwei bekrönten Bodhisattvas“.137 Im Manuskriptkolophon heißt es: „Diese religiöse Stiftung ließ die tiefgläubige, große Gabenherrin, die Adlige (rājñī) Devaśirikā schreiben.“138 Doch tätig‑ te Devaśirikā diese Stiftung ‚zusammen mit‘ (sārdham) mehreren anderen Perso‑ nen, von denen an erster Stelle ein Mann erwähnt ist. Dieser hieß Thocasiṃgha und trug mehrere hohe Titel, unter anderem den eines ‚Großvasallen‘ (mahāsāmanta). Es handelte sich eventuell um den Gatten der Stifterin, mit dem sie – wie man dann vermuten könnte – auf dem Buchdeckel dargestellt ist. Das ‚Saṃghāṭasūtra‘ war offenbar besonders beliebt in Gilgit, denn es ist mit acht Handschriften sehr breit überliefert. Das ist insofern interessant, als in dem Text das mit seinem Abschreiben und Abschreibenlassen verbundene reli‑ giöse Verdienst gepriesen wird.139 Da zu den Funden neben weiteren Schriften des Mahāyāna vor allem „Texte, die notwendig sind, um die Rechtsvorschriften in einem buddhistischen Kloster einzuhalten“, ge‑ hörten, stellen sich die durch von Hinüber aufgeworfenen Fragen, „ob nicht die in Gilgit gefundenen Texte das Spiegelbild ei‑ ner Klosterbibliothek zeigen“ und „warum sich ein Kloster seiner Bibliothek begeben und sie in einem Stūpa einschließen lassen konnte“.140 Die Tatsache, dass der Bestand
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nachweislich über einen längeren Zeitraum gewachsen war, bevor er eingemauert wur‑ de, und Gebrauchsspuren aufweist, spricht dagegen, dass die Bücher von Anfang an als reine Kultobjekte behandelt wurden. Denkbar ist, dass die Mönche in Zeiten po‑ litischer Unruhe oder „der Bedrohung ihres Glaubens“ versuchten, ihre Manuskripte „als Reliquien vor dem Untergang zu be‑ wahren“.141 Allerdings ist der Charakter der Gebäude, in denen die Funde gemacht wur‑ den, umstritten. Gregory Schopen kommt aus diesem Grunde zu einer anderen Deu‑ tung der Hinterlassenschaften: „[I]t was a kind of sacred workshop, a combination of genizah and scriptorium, where old, unus‑ able, or returned manuscripts (i. e., those with donor‑colophons or donors’ names in them) were kept, along with some master‑ copies, and where new manuscripts were manufactured and were for sale (i. e., those without donor‑colophons or donors’ names in them).“142 Viele reguläre Bestände mittelalterlicher buddhistischer und jinistischer Bibliothe‑ ken gingen durch die Zerstörungen der islamischen Eroberer verloren.143 Während die Verluste im Falle des indischen Bud‑ dhismus mit einem Niedergang der Klos‑ terkultur zusammenfielen, der vielfach verhindert haben dürfte, dass die Hand‑ schriften ersetzt werden konnten, gelang es den Jainas offenbar immer wieder, die Lücken zu füllen. Aufgrund des sehr brei‑ ten kulturellen und philosophischen Inte‑ resses der Jainas gehören deren vor allem im westlichen Indien gelegene Bibliotheken heute zu den bedeutendsten Aufbewah‑ rungsorten für Jaina‑Schriften ebenso wie für Texte anderer religiöser Richtungen und für Abhandlungen zu nicht‑religiösen Themen. So verfügt die zwischen Ahmeda‑ bad und Gandhinagar in Gujarat gelegene Jaina‑Bibliothek von Koba über 250 000 Manuskripte.144 Bedeutende Hindu‑Tempel
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besitzen oft ebenfalls umfangreiche, bis ins Mittelalter zurückreichende Handschrif‑ tenbestände. Brahmanen begannen erst relativ spät, vermutlich ab dem 11. Jahrhun‑ dert und zumindest partiell als Reaktion auf das erfolgreiche und gewaltsame Vor‑ dringen der ‚Buchreligion‘ des Islam, ihre heiligen Texte niederzuschreiben; brahma‑ nische Handschriften werden noch häufig in Brahmanenfamilien aufbewahrt.145 Für all diese Bücher ist aber unklar, wie hoch der Anteil der Stiftungen unter ihnen ist. Der bei weitem überwiegende Teil religi‑ öser Handschriften stammt ohnehin erst aus der Neuzeit. Selbst diese relativ jungen Manuskripte alter und mittelalterlicher Texte sind aber ein wichtiges Indiz für die Tradition kontinuierlichen Abschreibens, wobei nur vermutet werden kann, dass diese Kopien häufig durch direkte Stiftun‑ gen zustande kamen. In diesem Zusam‑ menhang ist auffällig, dass die komplexen Dotationen zum Unterhalt von Klöstern und Tempeln äußerst selten mit der expli‑ ziten Bestimmung vergeben wurden, die Erträge aus der betreffenden Dorf‑ oder Landverleihung für das Abschreiben oder
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das anderweitige Beschaffen von Hand‑ schriften (pustaka) zu verwenden.146 Ebenso wie die Gründung von Sakralbauten und das Aufstellen und Weihen von Kultbildern scheint das Vervielfältigen religiöser Texte eher durch Separatdotationen vollzogen worden zu sein. Doch während gestiftete Sakralbauten und Skulpturen regelmäßig indirekt in den Kupfertafelurkunden Er‑ wähnung finden – bei den Verfügungen zum Erhalt der Baulichkeiten und zum Bilderkult –, ist dies hinsichtlich der reli‑ giösen Schriften nur höchst selten der Fall. Einen seltenen Beleg für die epigraphische Erwähnung der Stiftung einer Handschrift stellt eine aus sechs Fragmenten beste‑ henden Steininschrift von der Mitte des 11. Jahrhunderts dar, die im ostindischen Sarnath gefunden worden ist. Darin ist da‑ von die Rede, dass eine buddhistische Lai‑ enanhängerin eine Mahāyāna‑Handschrift abschreiben ließ und dem buddhistischen Orden übergab. Außerdem machte sie eine Dotation für das (regelmäßige) Rezitieren dieses Textes, „solange Mond, Sonne und Erde existieren“.147 AS
Anmerkungen 1 Die Autorin dankt ihrer Kollegin Katrin Eini‑ Verlässlichkeit hier oft schwerer einzuschätzen
cke (Halle) für zahlreiche Hinweise zu kunstge‑ als bei schriftlichen Quellen. schichtlichen Fragen. 4 Derartige regionale Besonderheiten lassen sich 2 Stiftungen von Almosenhallen zur Speisung bereits für das Altertum, für die ersten Jahrhun‑ von Brahmanen (sattra), von brahmanischen Kol‑ derte u. Z., ausmachen: Während sehr viele der legien (khaṇḍikā, ghaṭikā) und von Wohnhäusern im nordindischen Mathurā gefertigten Steinplas‑ (gṛha) für Brahmanen sind zwar in Inschriften tiken Widmungsinschriften tragen, ist die Zahl mitunter erwähnt, doch handelte es sich hierbei derartiger Schriftzeugnisse in der zeitgenössischen, weder um Sakralbauten im eigentlichen Sinne hellenistisch beeinflussten Gandhāra‑Kunstschule noch um repräsentative Baulichkeiten, die ar‑ wesentlich geringer; vgl. Schopen, Monks, Nuns, chäologisch erforschte oder zumindest spezifi‑ and Vulgar Practices (1988/1989, ND 1997), 241 f. sche erforschbare Spuren hinterlassen hätten. 5 Diese Information verdanke ich einer E‑Mail‑ 3 Im indischen Kulturraum spielt mitunter Korrespondenz mit meinem Kollegen Emmanuel auch die mündliche Überlieferung eine nicht Francis (Paris / Hamburg) vom März 2013. Siehe zu unterschätzende Rolle. Allerdings ist die auch Francis, Discours royal (2013).
550 6 Vgl. beispielsweise Si‑Yu‑Ki. Buddhist Records
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21 Hier und im Folgenden wird für heutige Orts‑ of the Western World. Translated from the Chi‑ namen die englische Schreibung benutzt (Ajanta, nese of Hiuen Tsiang (A. D. 629). Übers. Samuel nicht Ajaṇṭā). Wenn es sich aber um alte bzw. mit‑ Beal, Bd. 2. London 1884, 195 f.; 199–201; 204–210; telalterliche Bezeichnungen oder solche handelt, 218; 221; 227; 229; 231. die seit dieser Zeit gebräuchlich sind, werden die 7 Kvaerne, Aufstieg und Untergang (1984), 327: Sanskrit‑Namen mit Diakritika wiedergegeben „Der tibetische Buddhismus ist in jenen Gebieten (Nālandā, nicht Nalanda). des Himalaya fest verankert, die zu der einen 22 Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsentempel oder anderen Zeit einmal zu Tibet gehört haben, (1982), 16: „Die jüngste Inschrift (…) erwähnt ei‑ heute aber ein Bestandteil von Indien oder Ne‑ nen Rāṣṭrakūṭa‑Fürsten Nannarāja (…), der in der pal sind, und in solchen, deren Bevölkerung in ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts regierte.“ Walter geschichtlicher Zeit aus Tibet eingewandert ist.“ Spink vertritt jedoch die Ansicht, dass in Ajanta 8 Vgl. Lienhard, Nepal (1984) 127–129. nicht über das Jahr 480 hinaus gebaut worden 9 Zu einem einschlägigen Beispiel, dessen An‑ sei; vgl. Spink, Ajanta (2009), 106 f. Der chrono‑ fänge bereits im Altertum lagen, vgl. die ostin‑ logische Ansatz von Spink – eine jahrweise Da‑ dischen Barabar‑Höhlen. (→ 4.6.2) tierung allein auf kunsthistorischer Basis, wie 10 Dies trifft vor allem auf die buddhistischen sie schon im Werkuntertitel ‚Painting, Sculpture, Klosteranlagen im Nordwesten und Norden des Architecture Year by Year‘ angekündigt wird – Subkontinents zu. scheint jedoch fragwürdig. 11 Joshi, Buddhistische Kunst (1984), 103. 23 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ 12 Vgl. Wink, Idols of Hind (2008). Zur Bewer‑ tempel (1982), 13; 44–50. tung dieser Anschauungen als die „dominant 24 Die in der Sekundärliteratur übliche Klassi‑ historiographic tradition“ vgl. Flood, Introduction fizierung der früheren Höhlen als dem ‚Hīnayāna‘ (2008), XXXII f. und der späteren als dem Mahāyāna zuzurech‑ 13 Vgl. Eaton, Temple Desecration (2000, ND nende (vgl. z. B. Plaeschke / Plaeschke, Indische 2008). Zu Listen von entweihten Tempeln ebd., Felsentempel [1982], 42; 44) greift jedoch zu kurz. 85–87. Der ‚Bilderkult‘ allein ist kein taugliches Kriteri‑ 14 Zu den Tempeln von Orissa vgl. Donaldson, um, um zwischen den Orden der beiden großen Hindu Temple Art, Bd. 1 (1987), 5: „The majority of Hauptströmungen des Buddhismus zu differen‑ the inscriptions appearing on temples are much zieren. Gregory Schopen hat jedoch die Ansicht later in date than their construction and are silent vertreten, dass das Auftauchen bestimmter For‑ about who built them. Copper‑plate grants are meln in den Stifterinschriften der Kultbilder von also silent about the temple construction and con‑ Ajanta auf Mahāyāna‑Einfluss zurückzuführen cern themselves primarily with gifts of villages sei; vgl. Schopen, Mahāyāna in Indian Inscriptions or land for the maintenance of existing temples.“ (1979, ND 2005), 224; 227–229; 232 f.; 237. 15 Bei diesen beiden Termini handelt es sich 25 Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsentempel um Quasi‑Synonyme; stūpa ist der in der Sekun‑ (1982), 42. därliteratur häufiger benutzte Begriff. 26 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples (1883), 16 Vgl. Schopen, Burial Ad Sanctos (1987, ND 124–132. 1997), 118–120. 27 Vgl. ebd., 132–136. 17 Vgl. Schopen, Old Inscription from Amarāvatī 28 Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsentempel (1991, ND 1997), 169 f.; 172; 174 f.; 176; 178 f.; 189. (1982), 46. 18 Vgl. Schopen, Suppression of Nuns (1996, ND 29 Ebd., 47. 2004), 348 f. 30 Bis nach Ceylon, Sumatra und China. 19 Vgl. Schopen, Stūpa and Tīrtha (1994, ND 31 Vgl. Misra, Nālandā (1998), 206 f. Überwie‑ 2005), 354–356. gend handelt es sich um Grundmauern, die nach 20 Einige der Höhlenklöster datieren mögli‑ ihrer Freilegung aber zum Teil noch bis in eine cherweise bereits aus dem letzten Jahrhundert Höhe von 7,50 Metern aufragen; vgl. H. Sastri, v. u. Z. Nalanda (1942, ND 1999), 22.
Indien
551
32 Vgl. ebd., 19. Während Faxians Besuch in Ost‑ 47 Vgl. ebd., 79, Str. 6. indien im frühen 5. Jahrhundert scheint Nālandā 48 Zur Interpretation des Ausgräbers vgl. ebd.,
jedoch noch ohne große Bedeutung gewesen zu 24. Sastri war der Ansicht, dass Tempel Nr. 2 das sein. Er erwähnt lediglich ein Dorf namens Nāla von Bālāditya gestiftete Bauwerk gewesen sein in der Nähe von Rājagṛha; vgl. Deeg, Gaoseng‑ könnte. Siehe dazu aber oben, Anm. 34. Faxian‑Zhuan (2005), 551. 49 Zu Bālāditya siehe oben, Anm. 46. 33 Vgl. H. Sastri, Nalanda (1942, ND 1999), 20. 50 Dies ist die Beschreibung des Biographen 34 Nr. 2 ist wohl ein aufgrund des Bestandes von Xuanzang; vgl. The Life of Hiuen‑Tsiang by an Skulpturen als ‚hinduistisch‘ einzustufender the Shaman Hwui Li. Übers. Samuel Beal. Lon‑ Tempel. Zu diesen Plastiken vgl. ebd., 25. don 1911, 110 f. Ähnlich, aber etwas ausführlicher 35 Vgl. Misra, Nālandā (1998), 206 f. ist dieser Passus in Xuanzangs eigenem Bericht 36 Vgl. H. Sastri, Nalanda (1942, ND 1999), 79, gehalten; vgl. Si‑Yu‑Ki. Übers. Beal (wie Anm. 6), 167–170. Allerdings unterscheiden sich die Anga‑ Str. 5. ben hinsichtlich der Lage des von Vajra gegrün‑ 37 Vgl. Misra, Nālandā (1998), 206–212. 38 Nr. 1A und 1B, die beiden ältesten Klöster, deten Klosters. sind fast quadratisch und kleiner. Nr. 4 und 5 51 Vgl. dazu H. Sastri, Nalanda (1942, ND bilden im Grundriss ein gemeinsames, etwas 1999), 98, Z. 37 f.: suva[rṇṇa]dvīpādhipama[hā] schma leres Element in der Süd‑Nord‑Reihe, wo‑ rājaśrī [b]ālaputradevena dūtakamukhena vayaṃ bei Nr. 4 die größere, westliche und Nr. 5 die vijñāpitāḥ yathā mayā śrīnālandāyām vihāraḥ östliche Komponente darstellt. kāritas. 39 Im Unterschied zu den Höhlenklöstern ha‑ 52 Außer den seit dem 6. Jahrhundert gegrün‑ ben die in Freibauweise errichteten monastischen deten buddhistischen Klöstern gab es eine Reihe Bauten in der Regel Zellen an allen vier Wänden. von Anlagen, die seit dem Altertum existierten 40 Zur Deutung der Wandstärke (durchschnitt‑ und teilweise auch noch im Mittelalter Stiftun‑ lich 2 Meter) von Kloster Nr. 1 vgl. H. Sastri, Na‑ gen erhielten. landa (1942, ND 1999), 22: „The large thickness 53 Vgl. B. Verma, Antichak Excavation (2011). would indicate that the buiding was a strong 54 Vgl. K. Dikshit, Excavations at Paharpur one and had several storeys.“ (1938). Zu einer einschlägigen Stiftungsurkunde 41 Zu den dreigeschossigen Klosterhöhlen Nr. 11 vgl. Indian Museum Copper Plate Inscription of und 12 in Ellora vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Dharmapala, Year 26: Tentative Reading and Stu‑ Felsentempel (1982), 75–78. dy. Ed. Ryosuke Furui, in: SAS 27.2, 2011, 145–156. 42 Zu den Begriffen in der Steininschrift von 55 Vgl. Imam / Haque, Excavations at Maina‑ Yaśovarmadeva vgl. H. Sastri, Nalanda (1942, ND mati (2000); zu den Urkunden vgl. B. K. Banik, 1999), 79, Str. 5–6. Maināmatī (2009). 43 Vgl. Misra, Nālandā (1998), 230. Stella Kram‑ 56 Vgl. Mitra, Ratnagiri (1981–1983). risch hat bereits in den 1940er Jahren vermutet, 57 Vgl. beispielsweise Sirpur Inscription of the dass sich dieser Tempeltyp aus dem buddhisti‑ Time of Balarjuna. Ed. M. G. Dikshit, in: Epigra‑ schen Klosterbau entwickelt hat; vgl. Kramrisch, phia Indica 31, 1955/1956, 197 f. Hindu Temple (1946), 200. 58 1987 wurde auf einem Hügel eine Urkunde 44 Vgl. Misra, Nālandā (1998), 253–258. Ein stūpa entdeckt; die Ausgrabungen begannen fünf Jahre trägt eine Inschrift, die unter anderem folgenden später. Ihnen ist ein Ausstellungsraum im State Passus enthält: (…) [ā]ropito bhagavataḥ sugata- Archaeology Museum in Kalkutta gewidmet, in sya caityaḥ, ‚(…) wurde errichtet der caitya des dem auch ein Modell der Anlage aufgebaut ist. erhabenen Sugata [Buddha]‘. Ein ausführlicher Grabungsbericht steht noch aus. 45 H. Sastri, Nalanda (1942, ND 1999), 22: „The Zu der Urkunde vgl. The Jagajjibanpur Plate of dèbris here was evidently burnt in a general con‑ Mahendrapāla Comprehensively Re‑Edited. Ed. flagration (…).“ S. C. Bhattacharya, in: JAIH 23, 2005/2006, 61–125. 46 Der Name Bālāditya erscheint auch auf ei‑ 59 Die Ausgrabung des 2003 entdeckten Mo‑ nem Siegel, vgl. ebd., 38. ghalmari im Paschim Medinipur District dauert
552 noch an; vgl. z. B. Excavations at Moghalmari: http://www.moghalmari.blogspot.in (Zugriff: 10.05.2013). 60 Vgl. Njammasch, Bauern, Buddhisten und Brahmanen (2001), 204–213. 61 A Record of the Buddhist Religion as Prac‑ tised in India and the Malay Archipelago (AD 671–695). Übers. Junjiro Takakusu. London 1896, ND Delhi 1982, 177. 62 Dies trifft auf mehrere südindische Klöster zu, die in Urkunden aus Kerala und Tamilnadu erwähnt werden; vgl. Hiregutti Plates of Bhoja Asankita. Ed. P. B. Desai, in: Epigraphia Indica 28, 1949/1950, 70–75; Honavar Plates of Kaikeya Chi‑ trasena. Ed. M. K. Dhavalikar / M. S. Nagaraja Rao, in: Epigraphia Indica 37, 1967/1968, 33 f.; Larger Leiden Copper‑Plate Inscription of Rajaraja I. Ed. K. V. Subrahmanya Aiyer, in: Epigraphia Indica 22, 1933/1934, 213–266. 63 Ursprünglich bedeutete z. B. der Sinhala‑Ter‑ minus piriven ebenso wie das Pāli‑Wort parivena, von dem er abgeleitet ist, ,Zelle‘ oder ‚monastische Unterkunft‘. Im modernen Sinhala bezeichnet er aber eine buddhistische Lehreinrichtung; vgl. Kataragama Inscriptions. Ed. S. Paranavitana, in: Ders. (Hrsg.), Epigraphia Zeylanica, Bd. 3. London 1933, 212–225, bes. 225, Anm. 1. 64 Anders scheint die Situation im Inselsüden gewesen zu sein. Auf einer Säuleninschrift des 10. Jahrhunderts aus Kataragama ist von einem großen Kloster (Sinhala mahaver < Sanskrit / Pāli mahāvihāra) mit 363 Zellen (piriven) die Rede; vgl. Kataragama Inscriptions. Ed. Paranavitana (wie Anm. 63), 223, Z. B 18–22. 65 Basnayake, Sri Lankan Monastic Architec‑ ture (1986), 89: „The present remains in Polonna‑ ruva do not warrant us to make an exhaustive study on the residences of the saṅgha mainly because most of the buildings of this type are ru‑ ined beyond recognition, for, as in the preceding age, these buildings had not been built of durable materials. The concept that guided the builders in constructing this type of buildings seems to be that these edifices should not be given the same durable character as those of worship (…).“ 66 Vgl. Bandaranayake, Sinhalese Monastic Ar‑ chitecture (1974). Basnayake, Sri Lankan Monastic Architecture (1986), 89: „Though brick and mortar were used in constructing kuṭis as evidenced by
Sachzeugnisse
some extant remains, one can notice that the quality of the materials used in them was infe‑ rior to that of the materials used in the buildings for worship. The superstructures however were always built of wood.“ Zu kuṭi siehe ebd., 90–96. 67 Erwähnenswert ist in diesem Zusammen‑ hang, dass die gleichen Künstler für die Erschaf‑ fung von Bauten unterschiedlicher religiöser Richtungen verantwortlich waren. Es ist sogar vermutet worden, dass indische Baumeister die späteren Architekten der ‚conquest mosques‘ wa‑ ren; vgl. Flood, Introduction (2008), XVII. 68 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 70–78. Die jüngsten Höhlen, Nr. 11 und 12 aus dem 8. Jahrhundert, sind jeweils drei‑ geschossig. 69 Vgl. ebd., 120; 125 f. 70 Ebd., 126. 71 Vgl. H. Shastri, Historical and Cultural Stu‑ dy (1989). 72 Vgl. z. B. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 202–204; 318–322; 396. 73 Vgl. z. B. ebd., 204; 259; 318–323. 74 Monier-Williams, Sanskrit‑English Dictionary (1899), 932: „Vasati, f. staying (esp. ‚overnight‘), dwelling, abiding, sojourn (…); a dwelling‑place, residence, house, residence, abode or seat of (…); a jaina monastery“. 75 Vgl. z. B. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 203 f. 76 Sircar, Indian Epigraphical Glossary (1966), 367: „vasati, modified to basadi (…) a Jain temple“. 77 Vgl. z. B. Schmiedchen, Herrschergenealogie und religiöses Patronat (2014), 321–323. 78 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 116–120. 79 Vgl. Michell, Hindu‑Tempel (1991), 167, Abb. 69; 179, Abb. 79. 80 Vgl. ebd., 137, Abb. 49; 140, Abb. 51. 81 Zu Konarak vgl. Mitra, Konarak (2003). 82 In den 1970er Jahren wurden die englischen Übersetzungen von vier Palmblattmanuskripten zur Geschichte der Tempelanlage von Konarak veröffentlicht, die aus dem 17. Jahrhundert stam‑ men sollen und von denen eines detaillierte Aus‑ führungen zu den Bauaktivitäten des 13. Jahrhun‑ derts macht; vgl. New Light on the Sun Tempel of Koṇārka. Übers. Alice Boner / Sadashiva Rath
Indien
Sarma / R. P. Das. Benares 1972. Bereits wenige Jahre später hat K. S. Behera aber gezeigt, dass es sich dabei um ‚Fälschungen‘ aus dem 20. Jahrhun‑ dert handelt; vgl. Behera, Palm‑Leaf Manuscript (1976), 180. 83 Vgl. Michell, Hindu Temple (1977), 59. 84 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Hinduistische Kunst (1978), 78. 85 Jain-Neubauer, Stepwells of Gujarat (1981), XII. Zur Multifunktionalität der vāpī vgl. ebd., 3–5. 86 Vgl. ebd., 2; Hegewald, Water Architecture in South Asia (2002), 156. 87 Vgl. Jain-Neubauer, Stepwells of Gujarat (1981), 79, Appendix 3. 88 Patel, Mosque in South Asia (2008), 8: „Al‑ though identifiable foundation inscriptions for these buildings have not been unearthed, it is believed that each’s city’s congregational mosque was founded shortly after its takeover (…).“ Siehe auch Wink, Al‑Hind (1990), 69; 203. 89 Vgl. Veraval Inscription of Chaulukya‑Vaghe‑ la Arjuna, 1264 A. D. Ed. Dinesh Chandra Sircar, in: Epigraphia Indica 34, 1960/1961, 141–150, bes. 147–149, Z. 17–34. 90 Vgl. Jain, Trade and Traders (1990), 76. 91 Vgl. Flood, Introduction (2008), XIV. Zur Gründungsinschrift vgl. ebd., XL. 92 In einer E‑Mail vom 21.03.2013 hat mein Kollege Gerd Mevissen (Berlin) den Anteil der Kultbilder mit Inschrift gesamtindisch grob auf 10–15 Prozent geschätzt. Vgl. auch den ‚Appendix of Inscribed Dated Sculptures‘ bei Huntington, Pāla‑Sena Schools of Sculpture (1984), 203–250, in dem 77 solcher Objekte aus Ostindien aufge‑ führt werden. 93 Vgl. Michell, Hindu Temple (1977), 53. 94 Neben Lefèvre, Portraiture in Early India (2011), wären einige Artikel zur mittelalterlichen Porträtkunst in Südindien zu nennen: Kaimal, Passionate Bodies (1995); Dies., Problem of Por‑ traiture 870–970 A. D. (1999); Dies., Problem of Portraiture 970–1000 A. D. (2000); Branfoot, Ma‑ durai Nayakas (2003). 95 Lefèvre, Portraiture in Early India (2011), 35. 96 Ebd., 46. 97 Ebd., 36: „[T]he depicted man does not look as a monk, the more so because he is represented with his wife and their daughter, but we may surmise that Bodhivarman became monk after
553 leaving a mundane life and that the gift was made when he chose monkhood; or the people could be his parents since it is said that the gift is made so that they can gain supreme knowledge.“ Beide Deutungen sind nicht sehr überzeugend. 98 Ebd., 36 f. Laut einer E‑Mail vom 10.12.2013 schätzt Sharmila Saha (Kalkutta) den Anteil ost‑ indischer Skulpturen mit Stifterdarstellungen auf 85 Prozent des Bestandes. 99 Ebd., 38. Zu individuellen Stifterbildern der altindischen Gandhāra‑Kunst, deren architekto‑ nischer Kontext nicht zu ermitteln ist, vgl. z. B. Tanabe, Unique Bust (2010). 100 Zu einer anderen Ansicht vgl. H. Sastri, Nalanda (1942, ND 1999), 113: „Hīnayānists will not worship images.“ 101 Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsentem‑ pel (1982), 45. 102 Ebd., 48 f. 103 Vgl. ebd., 99, Abb. 67. Zu Abbildungen dieser Buddha‑Figur und anderer Skulpturen vgl. auch das digitale John C. and Susan L. Huntington Photographic Archive of Buddhist and Asian Art (www.huntingtonarchive.osu.edu). 104 Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsentem‑ pel (1982), 39. 105 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples (1883), 136–138. 106 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 16 (Text); 31, Abb. 20. Bodhisattvas sind nach dem Verständnis des Mahāyāna We‑ sen, die im Unterschied zum Buddha praktischen Heilsbeistand leisten können. 107 Vgl. ebd., 69; 156. 108 Vgl. ebd., 34 f., Abb. 24–25. 109 Vgl. J. Burgess, Buddhist Cave Temples (1883), 136, Ajanta Inscriptions Nr. 7–9; 136–138, Ajanta Painted Inscriptions Nr. 1–15. 110 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 189 (Text); 218 f., Abb. 143–144; Franz, Hinduistische und islamische Kunst (1967), Abb. 167 und 256; Härtel / Auboyer, Indien und Südost‑ asien (1971), Abb. 89. 111 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 190; Dies., Hinduistische Kunst (1978), 56 . 112 Vgl. Pal, South Indian Bronzes (1969/1970); Franz, Hinduistische und islamische Kunst (1967), Abb. 258; zu Steinskulpturen aus Karnataka vgl.
554 Härtel / Auboyer, Indien und Südostasien (1971), Abb. 57 und 86. 113 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 174, Abb. 105; Dies., Hinduistische Kunst (1978), 50; Franz, Hinduistische und isla‑ mische Kunst (1967), Abb. 260; Härtel / Auboyer, Indien und Südostasien (1971), Abb. 82. 114 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Hinduistische Kunst (1978), 46. 115 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 191; Dies., Hinduistische Kunst (1978), 43; Härtel / Auboyer, Indien und Südostasien (1971), Abb. 61a und 88. 116 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Hinduistische Kunst (1978), 38. 117 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 173, Abb. 104; 203, Abb. 125; 209, Abb. 132; Dies., Hinduistische Kunst (1978), Abb. 35 und 60; Härtel / Auboyer, Indien und Südostasien (1971), Abb. VIII; 56; 60; 87. 118 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 208, Abb. 131; Dies., Hinduistische Kunst (1978), 63. 119 Vgl. Plaeschke / Plaeschke, Indische Felsen‑ tempel (1982), 187, Abb. 120. 120 Vgl. Mitra, Konarak (2003), 12 f.; 37. 121 Dies gilt beispielsweise für viele der zahl‑ reichen Bronzen, die ursprünglich aus Kaschmir stammen; vgl. Pal, Bronzes of Kashmir (1975), 26; 28; 33. 122 Zur Deutung kleiner Bronzen vgl. D. Paul, Art of Nālandā (1987), 110: „[T]he small size of most of the extant pieces suggests that these were especially used for personal worship by the resident monks.“ 123 Deeg, Gaoseng‑Faxian‑Zhuan (2005), 549 f. 124 Vgl. Salomon, Indian Epigraphy (1998), 111; 118 f.; 122 f.; 126–131. 125 Unter dem Maurya‑König Aśoka wurde eine Schrift entwickelt, die später als Brāhmī bezeichnet worden ist und aus der sich alle indi‑ genen indischen Schriften entwickelt haben; vgl. ebd., 17–31. Im Nordwesten des Subkontinents, im Gebiet des alten Gandhāra, war bereits im 4. Jahrhundert v. u. Z. die linksläufige Kharoṣṭhī‑ Schrift entstanden; vgl. ebd., 42–56. 126 Vgl. jüngst Kim, Receptacle of the Sacred (2013), 1–19. 127 Wujastyk, Indian Manuscripts (im Druck), 2.
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128 Vgl. Salomon / Allchin / Barnard, Ancient Buddhist Scrolls (1999).
129 Vgl. Wujastyk, Indian Manuscripts (im Druck), 2 f.
130 Papier wurde erst in der Frühen Neuzeit
häufiger benutzt. Handschriften aus diesem Ma‑ terial waren weniger haltbar als Palmblattma‑ nuskripte; im indischen Klima hatten sie eine ‚Lebenserwartung‘ von bestenfalls zwei‑ oder dreihundert Jahren. Pergament wurde in Indi‑ en nicht verwendet: Tierhäute als Beschreibstoff kamen aus religiösen Gründen nicht in Betracht; vgl. ebd., 3–6. 131 Die National Mission for Manuscripts in Neu‑Delhi arbeitet mit der konservativen Zahl von sieben Millionen. Westliche Spezialisten ge‑ hen hingegen von 30 Millionen aus; vgl. ebd., 1. 132 Hinüber, Bedeutung des Handschriftenfun‑ des (1983, ND 2009), 671. Siehe auch Ders., Palola Ṣāhis (2004); Ders., Felsbilder, Bronzen, Hand‑ schriften und Kultgegenstände (2013). 133 Zum Begriff deyadharma (→ 1.6.2) vgl. Hinüber, Kolophone (1980, ND 2009), 693. 134 Ebd., 689; 692 f., Nr. 1; 699 f., Nr. 4; 702 f., Nr. 6; 703, Nr. 7; 708 f., Nr. 10. 135 Der Name dieser Dynastie ist Paṭola‑Ṣāhi beziehungsweise Palola‑Ṣāhi; vgl. ebd., 692 f., Nr. 1; Ders., Palola Ṣāhis (2004). 136 Vgl. Hinüber, Bedeutung des Handschrif‑ tenfundes (1983, ND 2009), 679. 137 Ebd., 670. Bei den zwei Bodhisattvas könnte es sich um die im Text als Gesprächspartner des Buddha agierenden Sarvaśūra und Bhaiṣajyasena handeln; vgl. hierzu auch ebd., 672 f. 138 Hinüber, Kolophone (1980, ND 2009), 708 f., Nr. 10. 139 Vgl. Hinüber, Bedeutung des Handschrif‑ tenfundes (1983, ND 2009), 672–677. 140 Ebd., 671 f. 141 Ebd., 686. 142 Schopen, Absence of Urtexts (2009), 203. Zu älteren Belegen für ‚Buddhist genizah‘ vgl. Salomon, Gandhāran Buddhists (2009). 143 Vgl. Wujastyk, Indian Manuscripts (im Druck), 6. 144 Vgl. ebd., 2; 7. 145 Ebd., 2: „And it is very common for a modest Brahman family today, living away from urban centres, to have a cupboard containing two or
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three thousand manuscripts, handed down from a learned grandfather, perhaps.“ 146 Vgl. Schmiedchen, Stiftungen zum Unterhalt buddhistischer Klöster (2013), 113. 147 Inscriptions of the Kalachuri‑Chedi Era. Ed. Vasudev Vishnu Mirashi (CII 4.), Bd. 1. Ootacamund 1955, 275–278, Nr. 52.
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Intercultural Perspectives
1 Foundation – Medieval Terminology and Modern Understanding A ‘foundation’ is a legal construct. In An‑ tiquity, however, foundations were not a product of jurisprudence, but arose instead from practical needs: Roman foundations “came from the people themselves. They had the aroma of chianti and salami.”1 For most of the foundation cultures of the medieval millennium explored in this en‑ cyclopedia the same applies. The various law schools of the Latin Christians did not develop a theory of foundations; in India as well, where the oldest securely‑ attested foundations go back to the time of the Emperor Aśoka (d. around 232 B. C. E.) and where inspiration from Hellenism is plausible,2 no “general normative literature on the law of foundations” existed, as far as is known. (→ 1.6.1) Only in the Muslim Umma did jurists from the ninth century C. E. onwards at least coin the terminology for foundations and create a strictly legal conception of waqf. For all of the medieval cultures from Western Europe to the Indian Ocean the case for a widespread conception of ‘foun‑ dation’ may be made in another way:3 as a legal institution, by which a person
dedicated the revenues of his estate to‑ ward a lasting purpose. The capital of the foundation itself must thus be preserved, while the interest on it is consumed accord‑ ing to the will of the founder. A foundation differs from a simple donation, in that a gift does not change its possessor via a onetime act, but is rather continuously repeated. Since a foundation is drawn up for an unspecified length of time in the future – in actuality for eternity – it re‑ quires its own administration. One can speak of ‘foundation organs’ which sought to preserve and augment the endowment and to supply the beneficiaries in the name of the founder on a regular basis. Alongside a legal dimension a ‘foun‑ dation’ thus possessed an economic, ad‑ ministrative and ethical dimension, but above all in the medieval millennium it never lacked a religious character. The transition from ‘Paganism’ to Christianity is indicated already in Late Antiquity by the fact that the revenues of a foundation were used not for the cult of the dead, but rather for the salvation of the deceased.4 In Latin sources the verb fundare and the
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substantive fundatio mutated into a vo‑ cabulary of Christian usage for founding. The Hebrew terms heqdesh or qodesh have invariably retained a religious sense. Their base root of q-d-sh appears to have referred to the animal sacrifice of the Jerusalem temple cult; heqdesh even expressed the transformation of profane to sacral assets. Greek Church Fathers exhorted believers to found churches instead of baths and mar‑ kets. Muslims expected to become “close to God” (qurba) through their foundations. Similar conceptions of the afterlife pre‑ dominated among the Byzantines and the Rus’.5 In India potentates and rulers were enjoined to make endowments for Buddhist cult and monastic structures as well as for Hindu temples or Brahmins as persons; in Sanskrit devāgrāhārasthiti means “rule for foundations (agrāhāra) to God”. These conceptions and phrases recall the Ancient Roman principle, that res sacrae et religiosae et sanctae (→ 1.5.3) belong to no one, being instead of divine law. Endowed assets were removed from hu‑ man discretionary powers, because they had crossed over to divine possession; this understanding appears to have been op‑ erative in all five foundation cultures and also in Old Russia. In Christianity the re‑ ligious foundation, understood as a gift to God himself, had its model in the eu‑ charistic celebration of the mass. Already in early Christianity believers brought offerings to the altar, alongside bread and wine oil, cheese, first fruits, flowers and so forth.6 The liturgist was to say the words: “Memento domine – remember, Lord, Your servants and maidservants and all gathered here, whose faith and devotion are known to You. For them and all who are dear to them we offer You this sacrifice of praise or they offer it for themselves and all who are dear to them, for the redemption of their souls, in hope of health and well‑being, and
Intercultural Perspectives
fulfilling their vows to You, the eternal God, living and true.”7 God – or Christ – was seen as the recipient of the offering and he owed the donor his remembrance. The remembrance of God of those bringing of‑ ferings was to occur through the salvation of souls via the forgiveness of sins. The memory of those offering perhaps included their dependents and was later expressly expanded into a commemoration of the dead, Memento mortuorum. The names of the living and deceased were fastened to registers on the altar.8 Of course in the ap‑ peal for offerentes wealthy donors were at an advantage, something which attracted criticism (Ambrose of Milan, d. 397 C. E.; Jerome, d. 420 C. E.).9 Foundation assets, which were trans‑ ferred to the possession of God – or of gods –, were removed from people and time; it is here that the origin of the con‑ ception might lie that foundations last for eternity. In Christianity the notion was ef‑ ficacious that ecclesiastics and monks, as the recipients of a foundation, were obliged to permanently practice commemorative prayer, since this could benefit the soul of the founder until doomsday. Although Judaism lacked a clergy like that in Chris‑ tianity, in Ashkenaz commemoration of the dead spread under Christian influence as recompense for donations to the syna‑ gogue; the same did not apply to Sephardic Jews, probably because in Spain among Christians as well the practice of commem‑ oration was less marked. Newer research has recognized persistence through time as a special feature of foundations and has learned to differentiate whether purpose and endowment or rather administration and implementation ensured the continu‑ ation of a foundation. (→ 1.2.4) A general characteristic of Jewish, Christian and Muslim foundations was philanthropy; only Old Russia represented
Foundation – Medieval Terminology and Modern Understanding
here an exception.10 In Latin sources as the accusative object for ‘to found’ appear alongside establishments for monks and clerics among other things the hospitale as a house for the relief of the needy. The Emperor Justinian (d. 565 C. E.) had already formulated the ideal founding and given a description of these foundations: “Each person is given only the length of his life by the Creator, at the end of which stands death. It is not fitting to set an end for the venerable houses and their congregations, which stand immortal under the protection of God, nor for their assets. But so long as the venerable houses exist – and they will exist forever, indeed until the end of days, so long as the name ‘Christians’ stands and is honored among men, it is just and proper, that the donations dedicated to them for eternity and incomes last eter‑ nally, so that they serve unceasingly the inexhaustible pious works.”11 With their caritas Christians had from the start differ‑ entiated themselves in their Late Roman World from the ‘pagans’, who knew only liberalitas: generosity to relatives, friends and guests, to the native city, fellow citi‑ zens or associates of a collegium. Wealthy citizens erected for their city a new theater, a slaughterhouse, a library, they rebuilt ru‑ ined walls, they built roads, constructed an aqueduct or a fountain, when they were not distributing wine, grain and oil or putting on games and feasts. All this liberality ben‑ efited fellow citizens alone and was not in‑ fluenced by the motive of need.12 However philanthropy regardless of personal status was not only a Christian norm. Instead, hints of this attitude can be traced all the way back to Ancient Egypt. In the tomb inscriptions of the land on the Nile, which already were in the context of foundations for the dead, again and again the deceased are credited for their works of charity. Such charity consisted of quenching hunger and
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thirst, clothing the poor, alleviating the hardship of strangers and captives, provid‑ ing for the sick and burying the dead. The canon recalls Mt 25.35–44, the Christian ‘Seven Corporal Works of Mercy’, which themselves refer back to Israelite ante‑ cedents.13 In this tradition heqdesh in the sources of medieval Judaism was used as a synonym for objects which were reserved for philanthropic purposes. Especially in the European context the Hebrew concep‑ tion of ‘foundation’ was increasingly used for philanthropic institutions. In Islam as well foundations for eternity were erected for ‘charitable purposes’ (ṣadaqa), but here one finds a characteristic expansion of the conception of foundation which brings to mind the Roman period and has no paral‑ lels in Christianity: namely that religious foundations could include ‘public’ services, such as fortifications, street construction, water supply, or the building and opera‑ tion of markets. Whoever founded something in the Mid‑ dle Ages ‘began’ a work, ‘erected’ or ‘built’ a house or an institution. The language of the sources demonstrates, however, that the boundaries in the vocabulary for ‘to found’ and for ‘to donate’ or ‘to possess’ melted together. In Sanskrit there was no specific verb whatsoever for ‘to found’ with which to contrast ‘to donate’, in Latin dare and tradere are found for example along‑ side donare while plantator and instaurator alongside the largitor; especially impres‑ sive is the supersession of ktistēs, ‘builder’, still common in the sixth century, by ktētōr, which originally denoted the well‑to‑do in contrast to the poor and the ‘possessor’ in contrast to the ‘owner’. Muslim foundation practice appears to have been especially removed from the other cultures, in that a religious or philanthropic foundation could be connected to the profit of the founder himself or his dependents and
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heirs. Also known from time immemo‑ rial were temporary foundations, which remained recognized where Mālikī law applied. This is reminiscent of modern ‘operative’ foundations, found especially in the United States of America; there the foundation organs are permitted to change the goals of the foundation, depending on how new tasks appear, in addressing ap‑ parent deficiencies. Less from the vocabulary of the tradi‑ tions than from the practice of their ac‑ tors can it be deduced, that ‘foundations’ in these cultures, influenced by different religions, were primarily understood as they are today: property was placed at their disposal with which certain services were to be performed permanently or at least long‑term. It is however an open question how this legal institution, which in real‑ ity was a ‘total social phenomenon’ (M. Mauss),14 is to be explained. It has been shown in more recent, social‑historical oriented studies on Latin foundations that the doctrine of a foundation as a legal person, which is derived from German jurisprudence of the 19th century, depicts an anachronism.15 That is, according to medieval thought, an institution erected by a foundation did not act as a natural person, but rather the deceased founder was himself conceived of as a continuing legal actor, who via the administrators (‘organs’) allowed the recipients of the foundation to benefit from the revenues of his endowment through continuously repeated donations. Since an unrecipro‑ cated gift was unthinkable, the service performed in exchange by the recipients consisted above all of the remembrance of the founder beyond the grave. According to this paradigm foundations initiated a con‑ tinuous social mechanism of gift‑exchange. They “were thus founded upon a way of thinking, which in European history was
Intercultural Perspectives
given up for the first time during the age of Napoleon and Goethe: namely the con‑ ception that society consisted of both the living and dead.”16 It was however less individual persons than groups to whom the work of a foun‑ dation was assigned. Only communities which continually renewed themselves could validate the intention of the founder. Thus either the founder had to form a group of persons, which made his will their own, or he had to move an already‑existing as‑ sociation toward the assumption of his will. It stands as well that this relationship could not at all depend on a one‑sided or‑ der, because “the active agreement of the affected community was always required (…). In a variation of Max Weber’s famed definition of domination (‘Herrschaft’) one could say: ‘Foundation is the probability that a command with a given specific con‑ tent will be obeyed by a given group of persons e v e n a f t e r o n e ’ s o w n d e a t h .’”17 The will of the founder was not able to be valid unconstrained, but had to orient itself to the opportunities as well as the readiness of those, who at present and in the future were to act in its spirit. A purely goal‑oriented understand‑ ing of foundation is misleading, because it underestimates the opportunities for shaping and the room for negotiation of those to whom the founder turns and on whom he relies. Finally the founder or foundress had to influence, indeed alter, the political, social, economic, cultural and religious milieu of a foundation; as long as the state did not protect the existence of a foundation with its legal regime, it was incumbent on himself or herself to secure the survival of the work through prospective measures. The perspectives, which have been gained from the approach to the interpre‑ tation of the phenomenon of ‘foundation’
Research on Foundations
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within Latin Christendom and are open to Old Russian foundation practice have al‑ other cultures, are to be examined. With ready been able to be obtained. regard to the central mechanism of gift‑ MB exchange, corresponding observations on Notes 1 Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 72; in
English: Id., Foundations for the Deceased (1949). 2 Cf. Bruck, Stiftungen für die Toten (1954), 49; 57 f. 3 For pre‑Christian Antiquity: Laum, Stiftungen, Vol. 1 (1914, repr. 1964), 1 f. 4 K. Schmid, Stiftungen für das Seelenheil (1985); Borgolte, Freigelassene (1983, repr. 2012). 5 Cf. Steindorff, Glaubenswelt und Prestige (2005); Id., Memoria in Altrußland (1994). 6 Klauser, Kleine abendländische Liturgiege‑ schichte (1965), 11–22. 7 Stuiber, Diptychon‑Formel (1954), 127. 8 K. Schmid / Wollasch, Gemeinschaft der Leben‑ den und Verstorbenen (1967), 366–369. 9 Angenendt, Theologie und Liturgie (1984), 141; Stuiber, Diptychon‑Formel (1954), 137–139. 10 Cf. Steindorff, Glaubenswelt und Prestige (2005), 174.
11 Codex Iustinianus 1.3.57.3. Ed. Paulus Krueger.
(CIC 2.) Dublin / Zürich 151970, 38 f. This consti‑ tution was repeated nearly word for word in an‑ other novel: Iustiniani Novellae 131.9. Ed. Rudolfus Schoell / Guilelmus Kroll. (CIC. 3.) Dublin / Zürich 10 1972, 658 (of 545 C. E.). 12 Uhlhorn, Christliche Liebesthätigkeit, Vol. 1: In der alten Kirche (1882, repr. 1895 and 1959), 7. 13 Von den Driesch, Geschichte der Wohltätig‑ keit (1959), 171. 14 Borgolte, Totale Geschichte (1993, repr. 2012). 15 Borgolte, Stiftungen des Mittelalters in rechts‑ und sozialhistorischer Sicht (1988, repr. 2012); Id., Stiftung und Memoria (2012). 16 Borgolte, Planen für die Ewigkeit (2012), 38. 17 Borgolte, König als Stifter (2000, repr. 2012), 312 (in German). Cf. Max Weber’s definition in Weber, Wirtschaft und Gesellschaft (1980), 28; English translation in Id., Economy and Society (1978), 53.
2 Research on Foundations Research on foundations in pre‑modern cultures has unfolded independently with‑ in every field; the individual dynamic of each respective discipline has only rarely turned its gaze to other cultures with a comparative perspective or looking for en‑ tanglement. Only from the turn of the mil‑ lennium has a conversation across bound‑ aries begun, which immediately included several disciplines.1 While doubtless in the future all partners could benefit from an intensification of these contacts and coop‑ eration, at the moment divergent or even
contrary tendencies have come to the fore and understandably each different body of source material will prescribe further differentiated research approaches, which will in turn lead to heterogeneous results. A distinct or theoretically‑elaborated body of research on foundations is ascribed by the representatives of other disciplines (Indology, Islamic Studies) only to Medi‑ eval Studies, yet the specialist on Latin Christian foundations for his own part lacks an “interdisciplinary or transnation‑ al canon of research concepts, theoretical
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training and methods of analysis, even standard works”. (→ 2.2.1) Nonetheless, by drawing upon the comparatively rich and diverse written tradition of Latin Europe, questions for the other disciplines can be asked and can thereby – to a degree – also be acted upon. Research within Indology must by contrast exclusively restrict it‑ self to the evaluation of a single genre of foundation inscriptions – however richly transmitted – which with their pragmatic contents were often ignored even by the experts in the field working on the history of religion. On the other hand the religious diversity of India fosters a strong insularity in the relevant investigations, the more so as Muslim foundations of the Asiatic sub‑ continent have traditionally not been taken into account at all. Similarly one‑sided as in the case of India is the source mate‑ rial for Byzantium, where the foundation documents for monasteries strongly pre‑ dominate. Since in the Orthodox Church, in contrast to the Latin West, there existed no general obligatory precepts like the ‘Regula Benedicti’, founders could lay out a way of life, including memorial func‑ tions, for their monastic communities to a minute degree in often quite compre‑ hensive typika. Monastic foundations at times increased exorbitantly, so that the emperor and patriarchate both concerned themselves with them; their regulatory interventions are reflected in normative texts. In contrast to India and Byzantium the tradition reflecting legal reality in the lands shaped by Islam is quite modest; foundations, the written material on the waqf, constitute here an exception. From India to Spain completely different Muslim cultures formed, also under the influence of Christian neighbors or subjects, and even the different schools of law had strong regional characters. One can hardly speak of a unitary Muslim foundation practice,
Intercultural Perspectives
and the research within Islamic Studies proves to be correspondingly compart‑ mentalized. Even so it is under discussion, whether the earliest foundations of the Muslims were oriented on a Byzantine or Persian (Sasanian) model. The source mate‑ rial for foundations in Judaism is, however, meager, despite the finds from Old Cairo. Nonetheless for special research evidence has emerged of different Jewish cultures, which existed under Christian or Muslim influences; thus “no coherent conception of ‘foundation’” evolved. (→ 2.4.1) The iden‑ tification of foundations is itself difficult, because the concept heqdesh, which was derived from the temple cult and was con‑ nected with care for the poor in general, appears nonspecific. For the interpretation of foundations in Judaism – the designa‑ tion ‘Jewish foundations’ is problematic – the practices of the non‑Jewish majority societies or neighbors must be taken into account. The singularity of Indian inscriptions in stone or copper plates allows in a unique way via foundations to cut through to the political order as well as the social and economic structure of the land, or at least of individual regions. The texts offer gene‑ alogies of the most important founders, the kings and potentates, and as a consequence are an indispensable basis for history in general. Since foundations were “almost omnipresent” (→ 2.6.3) and a great number of village and land foundations, above all to Brahmins, represented an unmistakable loss of power for each dynasty, conferrals and donations have played a key role in the discussion, which has lasted to the pres‑ ent, on Indian feudalism. Similarly it was relevant for the controversy which later arose on the ‘segmentary state’, a model made to apply to India. For our knowledge of the administration in Indian empires and principalities foundation inscriptions
Research on Foundations
are also key, while Buddhologists only from the 1980s onward have recognized the religious‑historical relevance of this evidence along with the long‑utilized ca‑ nonical normative texts. A transregional history of Brahminism in the medieval period, which could even be written with the help of foundations, has been urged as a desideratum for twenty years. What the Indian evidence does not allow is to fol‑ low and outline the history of individual foundations from the act of foundation over a longer period of time. Beyond their information about the world, to which they should have assimilated, foundations in India have thus hardly been examined according to their internal regulation; it remains to be seen whether the compari‑ son with other foundation cultures can give Indian analyses a new direction in this regard. As in the case of India, the complete societal importance of foundations with regard to feudalism has been discussed for Byzantium. Especially far‑reaching has been the influence of the American researcher Peter Charanis, who in 1948 postulated the thesis “that the long‑term accumulation of estates by Byzantine monasteries not only sapped the finan‑ cial and military strength of the state, but also the supporting class of the free peasant farmers, which was even more serious”. (→ 2.5.4) There can be no clear confirmation or refutation of this opinion, a meticulous critic of Charanis recently argued: “Although many more sources are now available in published monastic archives than Charanis had available to him, the greatest obstacle to reaching any definitive conclusion with regard to his thesis is the almost total disappearance of state records (…). The few state records that have been preserved, like grants of land to and tax concessions for monasteries,
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owe their preservation to their inclusion in monastic archives, and therefore tend to support the validity of the thesis. There is much less documentation of grants to other parties, such as military landholders, that may have had a comparable or even greater drain on the state’s resources, al‑ beit with some tangible contribution to its welfare.”2 However the author is swayed to the verdict, that newer studies have brought more arguments in favor of the thesis than against it. In the meantime, economic historians in recent years evalu‑ ated the influence of large monasteries on the Byzantine economy quite positively. Vice versa the question is discussed within Islamic Studies, especially as far as the Mamlūks and Ottomans are con‑ cerned, whether the economic stagnation of Muslim lands in the more recent period is not (also) a consequence of extensive foundation activity. There can be no doubt that during the medieval period in Islam pious foundations were ‘omnipresent’; as it is here shown, the oldest known evidence dates already from 875/876 C. E. (→ 2.3.1, n. 21 f.) ‘State’ support of foundations, as well as critique on the supposed misuse of foundations, is certainly more widespread in the Islamic world than anywhere else. Foundations have long been politicized. About 75 years ago the General Director‑ ate of Pious Foundation of the Republic of Turkey began a journal dedicated to foundations of the corresponding type (‘Vakıflar Dergisi’, since 1938). More re‑ cently the Kuwait Awqaf Public Foundation as well has organized a congress of the ministries of Awqaf and Islamic Affairs in order to invigorate the concept of Islamic foundations and at the same time research on foundations (1995); the same institution has since 2001 financed another periodical on Islamic foundations appearing every two years with studies published in Arabic,
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English and French. On the other hand one can observe a revival of research on Muslim foundations from purely schol‑ arly impetuses; because it was clearly the discovery of the Genizah of Old Cairo, the repository of a Jewish community un‑ der Muslim rule, which from the late ‘70s has also encouraged the study of Muslim foundations. It is being achieved, apart from emphases on social and economic history, through an ever more holistic view of foundations, which corresponds to the approach in research on the Medi‑ eval West, to foundations as a ‘total social phenomenon’. Alongside surprisingly late appearing studies on religious history and art history, which are more or less part of the other research traditions, Islamists have concerned themselves in particular with gender questions. Only recently however the theory of a foundation as a juristic person found sup‑ porters in the research on Muslim founda‑ tions (→ 2.3.2); with regard to Medieval Judaism as well this legal fiction has been debated (→ 2.4.2). By contrast the recent revival of research on the foundations of Latin Europe goes back to the recognition, that the thesis of the juristic personhood of medieval foundations was a flawed projec‑ tion of German legal historians from the world of the 19th century. The surmount‑ ing of this view has just been described as a “research‑strategic ‘emancipation’”. (→ 2.2.3) For research on the West a so‑ cial‑ and cultural‑historical approach has Notes 1 Cf. Borgolte, Stiftungen in Christentum, Juden‑
tum und Islam (2005), the result of a conference held in Berlin on June 13th–14th, 2003. See also → 2.3.1, after n. 31. 2 J. Thomas, Exkurs (2011), 65.
Intercultural Perspectives
borne fruit; according to this interpreta‑ tion a foundation should be viewed as a social system, by which the commemora‑ tion of the founder was permanently en‑ sured. More momentously than in other research traditions here the foundation itself moves to the center of analysis, and indeed under all conceivable aspects of its significance as a total social phenomenon and its historical transformation when possible from the founding to the present. The realization of a mutual dependence between ‘foundation and memoria’ has in the meantime been incorporated by the scholarship within Byzantine, Islamic and Jewish Studies. On the other hand it should not be underestimated, that the role of foundations within the complete frame‑ work of a pre‑modern society is in the scholarship on Latin sources by a long way not as definitively addressed as for instance by Indologists for their field. Studies on monastic foundations within orders, in cir‑ cumscribed regions or in individual cities have not changed this much. Researchers of foundations must more intensively con‑ sider the interdependence between their own studies and those of their predeces‑ sors with the societal and political pro‑ cesses and events of their time. We know for instance from the article below, that European Orientalists probably first dis‑ covered Islamic foundations when French scholars in Napoleon’s retinue journeyed to Egypt (1809–1829). MB
Typologies
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3 Typologies Classifying the foundations of the me‑ dieval millennium aids in ordering the endless variety of historical phenomena, so that they are accessible to a compara‑ tive analysis. The tradition itself offers only in the case of Muslim provenance serious attempts at classification. Already in 9th century C. E. jurists were at work on it, who as scholars or as practitioners of administration differentiated between foundations which were for the common benefit or for the benefit of families, revo‑ cable or irrevocable, extracted from agri‑ culture or founded on ‘state’ assets and sources of finance, or movable and immov‑ able capital. Elsewhere, as in Western or in Greek Orthodox Christianity, only more or less improvised catalogues of foundation types, never based on a systematic perusal of the material, are found in the sources. In Judaism it was difficult even to isolate foundations at all within the space of the community fund (heqdesh), while in India foundations were not separated from gifts and the term dāna appears for each. On the Asian subcontinent the purpose of a foundation cannot be meaningfully separated from its organizational form; foundations were in an especially close way connected with the practices and as‑ sociations of religious denominations, be they for the benefit of Brahman priests, their families and genealogical fellow‑ ships (“cowsheds”) or of Hindu temples, Buddhist monasteries or Jaina institutions. In any space, as ever, Indian foundations fulfilled similar tasks as in other cultural contexts: they served the sacrifices and bloodless religious cults, the transmission of knowledge, the supply of monks and nuns or – with a comparatively weaker
intensity – help for the needy. The motive of commemoration was less noticeable; it appears only in the occasional naming of monasteries and temples after the found‑ ress or founder. In Christianity and less so in Islam a foundation’s purpose by contrast clearly emphasized the commemoration of the living and even more so of the dead, while this motive in Judaism hardly appeared, but was disputed by some scholars. Charity and cult were important everywhere; but insofar as it concerned the promotion of knowledge and instruction, it stood in the foreground of Muslim and Jewish founda‑ tions from the start. In the Christian West the rudiments of a centrally‑controlled and honeycombed school system, which given the circumstances could only have been based on foundations, broke down under the Carolingians; since the Early Medieval monasteries as well, which often, but not always were instituted on the basis of foundations, were then the foremost sites of learning as well of schools, the formation of individual prebends for col‑ legiate and cathedral churches from the High Middle Ages enabled, in a decisive sense, foundations for knowledge. Thus in Latin Christianity, and only there, uni‑ versities arise from the thirteenth century on, in which the foundation could protect the student associations from sovereign or church interference. Among the purposes for a foundation Byzantium and especial‑ ly the Muslim lands recognized military functions, which firstly concentrated on defensive fortifications, and secondly also included the strengthening of the offen‑ sive against the lands of unbelievers. The ransoming of captives tellingly played an
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enormous role among the Jews, who had no recourse to arms, but it is also attested in Orthodox Christianity and Islam. In Latin Christianity associations fulfilled the functions of military foundations in other cultures, one need only think of the military orders of the Crusader Period and – apropos the freeing of captives – the Mercedarian Order (from the 14th century). Observations on the geographic dis‑ persal of foundations are illuminating in this context. For the lands of Islam awqāf for the border regions and those for the holy sites of Mecca and Medina can be distinguished; in Judaism as well foun‑ dations for the Holy Land represented a specific type of foundation. In Byzantium foundation activity was concentrated on Constantinople, the political and religious capital of the empire, even while the tra‑ ditionally lofty reputation of the Desert Fathers continued to have an effect on the founding of monasteries. The solitude of alpine foundations was thought to encour‑ age the contemplative repose of ascetics. In India as well shrines to gods were found in mountainous isolation, but there existed in that region a conspicuous preference for foundations in coastal regions and along the course of rivers, namely zones con‑ ducive to traffic. In Western Christianity trade was promoted by hospice foundations laid out systematically along roads and on the other hand territory was permeated politically with foundations, especially during the period of agglomeration of the High Middle Ages. The ‘dispersion of sites of commemoration’ also served, however, the spread, safeguarding and intensifica‑ tion of memoria. The endowment of foundations every‑ where was based on buildings and par‑ ticularly agrarian or urban properties, on ‘state’ favors and revenues, things (boats, pictures, etc.), and sometimes on money.
Intercultural Perspectives
The social composition of founders was similar. Aside from Judaism, where there were no monarchies, kings and rulers dom‑ inated. In this regard it is interesting, that in Western and Eastern Christianity they preceded other founders, while in India they were called upon, when ‘private per‑ sons’ had, for example, already erected the building of a monastery. The enlarge‑ ment of the circle of founders to include the nobility and (urban) burghers in the Catholic Church can be quite wonderfully followed over the centuries, whereby the least well‑off inhabitants of villages often joined forces for communal works, when they wanted their own parish. Under the rule of Islam Jews and Christians could erect foundations, but they then had to follow the law of waqf. In India rulers at times supported all or multiple religious communities through their foundations, in order to underpin the commonwealth; that did not exclude, however, to a certain extent their giving preference to a par‑ ticular sect as private persons. Women are found among founders in Islam, but also in medieval Judaism; although on account of the scant research interest in this area a certain caution must be exercised instead of making generalizations, nonetheless in Christianity they seem to have had only a marginal role. A typology aids in differentiating foun‑ dations from related phenomena. Thus re‑ cently it has been remarked upon, that church foundations must be separated from ‘proprietary churches’ (‘Eigenkirchen’) and memorial foundations from confraternities for mutual commemoration.1 Even if bor‑ derline cases run together in practice, these conceptual distinctions are of great histori‑ cal importance. The proprietary church is a domineering organization, often designed for the economic and political advantage of the founder and revocable, while the
Periodizations
church foundation is self‑owned and its duration is based on the internal recruit‑ ment of its younger personal. Association dominates as the social leitmotif in con‑ fraternity, while vice versa in a founda‑ tion, because a single person enforces his will among a community of persons, its
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function is laid down among them through mutually‑binding consent. In the history of foundations it is always a question of dominion and association, binding pre‑ scription and change by caprice or free will. MB
Notes 1 Cf. Borgolte, Stiftung und Memoria (2012), 28 f.; 32 f.; 37; 157 f.; 226. The proposal to more concretely distinguish between foundation and
confraternity has been followed recently by Wagner, Liturgische Gegenwart (2010).
4 Periodizations Express prescriptions for a periodization of the history of foundations have not been made within the literatures of the disci‑ plines included in this encyclopedia. Those who have come closest to this task are to this point the canonists of the Latin West, in that they have differentiated between an ancient period of church foundations from an epoch of the Early Medieval ‘pro‑ prietary church’ (Eigenkirche) and a pe‑ riod of the ius patronatus from the High Middle Ages onward. (→ 4.2.2) Then again it is been asked whether the decisive cae‑ sura was brought about when the dead were no longer regarded as fully‑entitled members of society and were treated as corpses during the transition to Modernity around 1800. (→ 4.2.4) As a constituent part of Pre‑Modernity, the roots of the various foundation cultures stretch back to earlier periods and continued to have an effect after the year 1500. Arab founda‑ tions, for example, predate Islam (while the history of Muslim foundations did not
already begin with Mohammed; → 4.3.2). Conversely in the Early Modern Mughal Empire Hindu and Jaina foundations cor‑ responding to a ‘Medieval’ model are still attested. (→ 4.6.7) The motives and forms of Byzantine foundations were able even to survive the end of the Empire among the Greeks under Ottoman rule and – with Orthodox Christianity – among the South and East Slavs, yet comprehensive research on this matter is still lacking. (→ 4.5.6) While the identification of the ‘Middle Ages’ with the one thousand years between 500 and 1500 is certainly not uncontrover‑ sial among medievalists, it nonetheless al‑ lows an appropriate frame of reference for a cross‑cultural comparison. If one does not date Byzantium to the last emperor who united the Empire, the Emperor Jus‑ tinian (527–565), then it is certainly older and stretches back to at least Constantine the Great (324–337); yet its political de‑ mise in 1453 approximately coincides with the threshold between Western European
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epochs. Islam belongs to the Middle Ages, from the time its Arab adherents and their auxiliaries advanced to Spain in the West and the lower reaches of the Indus and Transoxiana in the East at the beginning of the 8th century; a paradigm shift, namely the eradication of the Mamlūk Sultanate in Egypt by the Turks in 1517, for recent Arabists marks the end of the ‘middle centuries’, at which point they yield the field to Ottomanists. More recent research on India has likewise adopted the idea of the ‘Middle Ages’; according to which the collapse of the Gupta Empire around the middle of the 6th century represents the transition from Antiquity to the Early Middle Ages, and the founding of the Sul‑ tanate of Delhi in 1206 the beginning of the ‘Islamic’ period, so that the Indian Middle Ages extends to the Mughals (from 1526; → 4.6.4). Meanwhile Jewish Studies has contented itself with dating the epoch of the Diaspora from the destruction of the Jerusalem Temple in 70 C. E. to the start of the Jewish Enlightenment (Haskalah) in the 18th and 19th centuries as a general period rather than the ‘Middle Ages’. The homogenizing power of Roman Ca‑ tholicism in the West as well as the leader‑ ship of the church through emperors (and patriarchs) in the East of Europe brought with it the fact, that a broad typology of foundations in both these Christian cul‑ tures can be shown to match and that a corresponding periodization can at least be discussed. Differentiating between periods of proprietary churches (Eigenkirchen) and of foundations in ‘Western Europe’ is con‑ tradictory, insofar as from the beginning church foundations played an important role and the erection of canons (prebends) with or without material equipment until the end of the Middle Ages was never ab‑ rogated. At least as important were, con‑ tinually, monastic foundations: since they
Intercultural Perspectives
consisted of the creation of communities of persons, they continually renewed them‑ selves and thus could confer permanence on the foundationʼs purpose. Hospitals ac‑ quired a similar importance from the High Middle Ages onward, with a strong shift of care for the poor, needy and sick to the flourishing cities. While Medieval Studies tends to describe the history of pious foun‑ dations as a self‑propogating process from its ancient Roman origin, Byzantine Studies has more intensively paid attention to the influences of a multicultural environment, above all from the Near East. Alongside the recently‑emphasized influence of ancient Greek philanthropy, in this spirit sugges‑ tions have been made of Syrian, Armenian or Persian (Sasanian) origin for monastic and charitable foundations. The transition to a free, independent and autonomous mon‑ astery, and thus a breakthrough within the thinking on foundations, at the end of the eleventh century has long been strongly underlined – a reform impulse, which cor‑ responds to contemporaneous occurrences in the West and perhaps received inspira‑ tion from there. Once the privileges of the founder were again reduced in the last few hundred years of the Empire, there however remained a ‘Founderʼs Right’, which resem‑ bled the ius patronatus in Latin Christendom. In the later Middle Ages the focal point for foundations shifted to such an extent from the Empire’s core to the ‘Byzantine Com‑ monwealth’ (D. Obolensky), that one could frankly speak of a ‘Balkanization’. The dispersal of the Jews – though not in the same density or for a continuous duration – across the ecu mene, the politi‑ cal plurality of the Muslim Umma and the multi‑religious and geographical diver‑ sity of India impede or prevent a general periodization in these three foundation cultures. Nonetheless in the case of In‑ dia a division has been achieved using
Periodizations
various criteria between Early, High and Late Medieval periods. Between 550 and 1000 C. E. “foundation documents of kings and princes engraved on copper plates portray an almost Pan‑Indian phenom‑ enon and the moment which conditioned the foundation culture. The beneficiaries of this very standardized and quite typical form of donation were (…) overwhelmingly Brahmins”, who, given their peripatetic way of life, could take the copper tablets along with them. (→ 4.6.4) A new period began already in the 8th century in South India, and around the year 1000 in North and Central India. The number of stone inscriptions rose decisively, in which pri‑ marily regional or local big men supported Hindu temples and increasingly Indian regional vernaculars were used instead of Sanskrit. From the foundation activity of merchants an upswing in long‑distance trade and monetary transactions can be deduced. With the advance of Islam and its accompanying Iconoclasm from the early 13th century onward new foundations within the old religions starkly declined or ground entirely to a halt; the possibly cor‑ responding spread of Muslim waqf within the entire land still awaits extensive re‑ search. Philanthropy as a motive in Indian foundations played a role beginning in the post‑medieval period. In the area of Islamic lands the chang‑ ing dynasties conditioned the emphases of foundation activity, above all among the ruling elite, so deeply that a general periodization appears to be hardly feasible. In the East from the time of the Umayy‑ ads (661–750) and then under the Abbasids (until 1258), foundations of weapons, alms and supplies for the ǧihād as well as for hostels and camps for warriors took center stage. The emergence of religious schools (madrasas) is here above all connected with the Seljuk Turks (from 1055), while under
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Mongolian rule (from 1219/1256) the Sufi fraternities experienced long‑term support. In the central Muslim land of Egypt the Fatimids (973–1171), as Shiites, furthered Is‑ mailite proselytization via ‘congregational mosques’, but their monumental construc‑ tions were then systematically destroyed by their Ayyubid successors. Through the analogous demolition of Christian houses of worship in Jerusalem the rulers of this period gained spolia for the buildings of Muslim foundations, while Sultan Saladin confiscated the capital of waqf ‑holdings for the struggle against the Crusaders. The Mamlūks (1250–1517) occupied pious foun‑ dations in order to supply their families, who came from slavery, with land and to erect mausoleums for their rulers. On the other hand they provided the Sufis with their support. In the western lands, Spain and the Maghreb, attempts at a chronologi‑ cal ordering of the material are lacking, above all because of the meager source base. It is noteworthy that the proximity of the Christians and their ‘Reconquista’ ap‑ pears to have strengthened the observance of the original founderʼs intent among the Muslims. In Judaism the source material and state of research only allow the enumeration of factors for the upswing or decline of foundation activity, without advancing to an – in any case only regionally‑valid – pe‑ riodization. It is evident that a flourishing autonomy of Jewish communities as well as the goodwill of the non‑believing ruler benefited foundations, while pogroms and persecutions, as in the Western European High Middle Ages, of course utterly pre‑ vented the capital accumulation necessary for foundations. Among the Sephardic Jews the Responsa Literature appears to reflect increasing foundation activity from the second half of the thirteenth century. MB
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Intercultural Perspectives
5 Written Sources Foundations were created orally and ob‑ tained legal force through the stated in‑ tention of the founder, often in accordance with further prescriptions (regulations on language, the acquiescence of an effected third‑party, the presence of witnesses, etc.). In Judaism foundations (heqdeshot) served as donations to the congregation of God and were thus distinguished precisely by the fact that they were dedicated orally. This principle was derived from the dona‑ tion to the Temple, therefore it was based on Biblical tradition and followed the pre‑ scriptions of the Talmud. Muslims as well, from a legal perspective, did not have to issue any document (waqfīya); for family foundations, which in the Middle Ages likely accounted for the great majority of legal transactions, written records were in any case superfluous due to a diffu‑ sion of conditions and stipulations from generation to generation. Brahmin legal texts however required, at least of a royal founder, the subsequent issuance of a docu‑ ment; this was probably, in a foundation policy which was (also) intended to aid in the colonial development of entire regions far removed from the court, sensible and necessary. In Latin Christendom ‘private charters’ as written manifestations of an act of foundation were used only to prove the legal act, not to carry it out. Here there was also the awareness, that expressions of intention or prescriptions of this sort neither could nor should regulate the ev‑ eryday reality of a foundation, particularly as for the fulfillment of the foundation’s purpose the surviving administrators and beneficiaries had to be left with their own leeway in its shaping. In Byzantium the regulations and traditions of an endowed
monastery were often only orally transmit‑ ted, before they could be codified as the founder’s will. Despite these constraints charters rep‑ resent in an intercultural comparison the most important transmission of founda‑ tions. Carved in stone or engraved on copper plates, they are encountered by the thousands as documents of founda‑ tions to Brahmins, Buddhists and Jains in India; they have been preserved on the masonry of temples and monasteries or in the ground, and thus are usually regarded as original. Extremely common are foun‑ dation documents recorded with ink and quill on papyrus, parchment and paper in Christianity and Islam, among the Mus‑ lims founding inscriptions on mosques, schools, hostels and caravanserais were also widespread. Monastic foundation doc‑ uments (typika) from Byzantium are often distinguished by their extremely thorough clauses for the monastic life and the func‑ tioning of the foundation; in comparison to the Christian West, where monastic rules served as supraregional norms, without taking away the power of self‑organization from communities, and India, where the order of the four ranks (varṇa) probably narrowed the social scope for action in general, a founder in Orthodox Christi‑ anity thus appears to have possessed and used an unusual freedom to regulate. In Judaism the sources for the act of founda‑ tion are almost completely confined to in‑ scriptions (→ 6.4.2); the entries of founders in the Nuremberg Memorial Book also do not presuppose a tradition of foundation documents. Foundations had to conform to a legal regime and were to unfold in a future
Written Sources
beyond human measure under its pro‑ tection. Christian hierarchs valued the protection of the proprietary position of church officials, especially bishops, against the demands of founders; in Byzantium the emperors, above all Justinian I in the 6th century and Leo VI around 900, de‑ veloped a distinctive body of legislation on foundations. Its actual implementa‑ tion, however, as with the regulations of canon law, should not be overestimated. In Islam it was above all about the recon‑ ciliation of foundation practice with the prescriptions of the Koran and the sayings of the prophets, to which two Hanafis in particular dedicated themselves in the 9th century C. E. with lasting consequences. A second group of normative Muslim le‑ gal texts, the fatwas, resemble as learned opinions the responsa in Judaism, which interpreted the religious law, the halakhah, and treated in particular the relationship between ‘private’ and communal charity. India clearly lacked a general literature on foundation law, yet there existed specific legal texts for Brahmins and Buddhists. While the first group, corresponding to the political alliance between Brahmins (priests) and Kṣatriyas (nobility), concen‑ trated on the royal law (of foundations), the other was conceptualized as case law, since Buddhists certainly broke through the traditional societal order and created new living conditions. Every legal order forced open the ambi‑ tion of founders for the abundant perma‑ nence of their creations. In Christianity this was to aid “the eternal commemora‑ tion” in prayer, in Islam they were to exist until “God inherits the Earth” (according to Sura 19.40), and in India a foundation was intended to last as long as the “moon, sun, earth, rivers and mountains exist”. Accord‑ ing to this finite eschatological expectation a founder could here expect 60 000 years
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in heaven as a reward, while the confisca‑ tor of a foundation was earmarked for the same amount of time in hellish suffering. Clearly the correspondence between the duration of a foundation and otherworldly existence was a given, when the Jewish founder through his work hoped for ever‑ lasting peace in the Garden of Eden and its light for all eternity. It was not least with regard to the aspi‑ ration to ‘everlasting’ existence that an oral tradition for the security of a foundation did not suffice. In India this manifested itself already with the writing materials of stone and metal; it is noteworthy that this culture lacked any transmission of a foundation’s administration or history, which cannot be accounted for only be‑ cause of the perishability of other writing media (palm leaves, birch bark), since the religious, scientific and literary writings of India are incredibly richly transmitted. Instead in India there is a complete lack of pragmatic writing, of administrative acts or historiography; whether this is to be at‑ tributed to the strength of oral tradition or religiously‑influenced societal immobil‑ ity is debatable. By contrast the traditions in particular of Christianity and of the Muslims are distinguished by an impres‑ sive wealth and wide diversity of written sources, which represent the survival and development of foundations. One could mention, for example, the repeated dupli‑ cates of charters in cartularies in the West‑ ern tradition and books of the dead, which with their calendrical arrangement were meant to ensure the permanent commemo‑ ration of the founder in prayer on fixed days; one differentiates between necrolo‑ gies and anniversary books in Western Christianity, the synodikon in the Georgian Church and the sinodik in the Old Russian Church. There are strong indications that the Jewish Memorial Books followed the
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concept of Christian books of the dead. Especially for Western Christendom and the Muslim world it held that a foundation as a ‘total social system’ is also reflected by its tremendous richness of variety in
Intercultural Perspectives
the sources relevant to foundations, so that one cannot speak of a complete as‑ sessment of all the evidence both now and in the foreseeable future. MB
6 Material Sources While written material documents the norms and methods of foundation practice, material culture serves as its instrument. Endowed communities were provided with buildings for their existence, and by us‑ ing the objects bequeathed to them, their users actualized the benefactor. The lat‑ ter could certainly commission works of lasting value, but only as a founder could he ensure that they found ever‑changing audiences.1 Viewed from a methodological perspec‑ tive, things cannot in and of themselves be recognized as objects or elements of a foundation; at most their material or ideal (artistic) value indicates a foundation‑ related goal of lasting preservation. Only accompanying evidence in the form of independent texts, inscriptions or images allow the verification of an object as an element of material culture for a founda‑ tion. Through the application of conclu‑ sions drawn from related works, which by chance are copiously documented, to those not correspondingly so identified a great many objects can be presumed to be foundations; since other reasons for their creation usually come into question, these analogies are only rarely compulsory. Buildings above all can serve as mani‑ festations of the founder’s will, because “architecture is the language of immortal‑ ity”. (→ 6.3.2) In the five cultures or lands
under examination cult buildings predomi‑ nated – Christian churches and chapels, Jewish synagogues, Muslim mosques, Bud‑ dhist, Jaina and Hindu temples –, in which, with the exception of Judaism, everywhere monasteries appeared as well. The tombs of founders or saints or the cenotaphs of other persons were able to represent the center or at least one focus of an endowed complex. While the motives of the antique cult of the dead were maintained among the Muslims in the further cultivation of mausoleums and among the Buddhists in the erection and celebration of stūpas, the (founder’s) burial place in a Christian church always made reference to the su‑ perior sacred site of the altar, on which the eucharistic offering for the deceased was to be offered. In Christianity and Is‑ lam hospitals as well were pious establish‑ ments, but only among the Muslims were they also places of interreligious activity (Christian and Jewish doctors along with Muslim ones) and supply (patients and needy of every origin). Schools (madrasas) were counted among endowed structures in Islam, as universities likewise were in Christian Western Europe, without rep‑ resenting a particular architectural type. More striking in the former and latter cases was that the instructors and pupils were obligated, at least originally or from time to time, to commemorate the founder,
Material Sources
whose last resting place could be located in the same location.2 Sometimes ritual baths were found among the Jewish foundations of the Medieval Millennium. Where only a more modest outlay was expended, as in the living quarters of the Brahmins in India (→ 6.6.1, n. 1) or the fam‑ ily awqāf (→ 6.3.1), all material remains have vanished. Well‑attested however are the public foundations of the Muslim world, especially baths and fountains, caravan‑ serais, fortresses (ribāṭs) and hostels (funduqs). Endowed water dispensers, above all in the form of graded or terraced foun‑ tains, were also widespread in the arid regions of West India, indeed already in the Early Middle Ages and then above all between the 12th and the 17th centuries C. E. In Western Europe by contrast endowed ‘secular’ buildings appear to have been rare; although bridges were erected there, they belonged, as in Ancient Egypt, to the works of charity. Cult buildings of all religions were out‑ fitted with more or less immovable objects, which can be identified by a founding in‑ scription or image; oftentimes they hark back not to the first founder, but to later benefactors (‘Zustifter’). For Christians they were, for example, tabernacles and glass windows, retables and antependia,
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for Jews Torah scrolls, crowns, mantles and curtains, for the Muslims the pulpit (minbar), a wooden panel used to mark the direction of prayer (ʿanza) and a chair for the learned jurist (kursī), in India fixed or transportable statues of the Buddha or dei‑ ties. Christians and Jews needed seating, paid for by wealthy members of the con‑ gregation, in their houses of worship, and everywhere lamps were needed to enable the reading of prayers and other religious texts. The more mobile the objects were and the greater the threat of their alien‑ ation from the location of the foundation, the more their use for the pious founder through the representation of his person had to be secured. In endowments of Ko‑ ran manuscripts or liturgical books this occurred via the pronounced statement of his name, for instance in a colophon, or, insofar as Christians were concerned, images of the founder in miniatures. One cannot often distinguish between pious donations to a house of worship or gifts with a lasting purpose, which at the same time were for the benefit of the salvation of the donor; occasionally it is, however, continuous usage which allows conclusions to be drawn on the intent of the founder. MB
Notes 1 On the difference between founder and pa‑ 2 On universities: Borgolte, Stiftungen des Mit‑ tron see Borgolte, Stiftung und Wissenschaft (2011, repr. 2011 and 2012), 417–419. (→ 6.3.1)
telalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossenschaft (1994, repr. 2012), 32–40; Wagner, Universitätsstift (1999).
Autoren
Prof. Dr. Michael Borgolte (MB), geb. 1948, Professor für Geschichte des Mittelalters an der Humboldt‑ Universität zu Berlin (seit 1991). Leiter des „Instituts für Vergleichende Geschichte Europas im Mittelalters“ ebd. (seit 1998). Ord. Mitglied der Berlin‑Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (seit 2005) und der Academia Europea (seit 2013). Fellow am Max‑Weber‑ Kolleg für sozial‑ und kulturwissenschaftliche Studien in Erfurt (2008/2009). Werke u. a.: Christen, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes, 300 bis 1400 n. Chr. München 2006; Stiftung und Memoria. Berlin 2012; Mittelalter in der größe‑ ren Welt. Berlin 2014. Dr. Zachary Chitwood (ZC), geb. 1983, schloss 2006 sein Studium der Geschichtswissenschaften am Ripon College (Wisconsin) mit einem B. A. ab und wurde dann 2012 an der Princeton University mit einer Dissertation zum Thema „Byzantine Legal Culture under the Macedonian Dynasty, 867–1056“ promoviert. Seitdem ist er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Byzantinistik beim ERC‑Projekt „Foundations in medieval societies. Cross‑cultural comparisons“ tätig. Dr. Patrick Koch (PK), geb. 1978, studierte Judaistik und Religionswissenschaft an der Freien Univer‑ sität Berlin und an der Hebrew University of Jerusalem. 2007 M.A. in Jewish Civilization und 2012 Promotion in Jewish Thought an der Hebrew University. Von 2011 bis 2012 Gastdozent am Institut für Judaistik / Jüdische Studien der Martin‑Luther‑Universität Halle‑Wittenberg. 2012 bis 2013 im ERC‑Projekt „Foundations in Medieval Societies. Cross‑cultural Comparisons“ tätig. Derzeit Prins Foundation Postdoctoral Fellow am Center for Jewish History in New York City. Dr. Emese Kozma (EK), geb. 1970, schloss ihr Studium der Germanistik und der Hungarologie an der Babeș‑Bolyai Universität Cluj 1993 mit einem M. A. ab; 2002 erwarb sie einen weiteren Magis‑ tertitel im Fach Judaistik an der Eötvös Loránd Universität (ELTE) Budapest. Im Anschluss absolvierte sie PhD‑Studien im selben Fach an der ELTE, mit längeren Aufenthalten an der Freien Universität Berlin (2004–2005), der Universität Tel Aviv (2005) und der Hebräischen Universität Jerusalem (2005–2010), wo sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Genizah Bibliography‑Project tätig war; Promotion 2013 im Fach Judaistik an der ELTE Budapest. Seit 2013 ist sie Wssenschaftliche Mitarbeiterin im ERC‑Projekt „Foundations in Medieval Societies. Cross‑cultural Comparisons“ an der Humboldt Universität zu Berlin. Dr. Tillmann Lohse (TL), geb. 1975, studierte Geschichte und Grundschulpädagogik an der Uni‑ versität Potsdam und der Humboldt‑Universität zu Berlin. 2002 Erstes Staatsexamen für das Amt des Lehrers. 2009 Promotion zum Dr. phil. Von 2002 bis 2012 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte I der Humboldt‑Universität zu Berlin, seit 2012 im ERC‑Projekt „Foundations in Medieval Societies. Cross‑cultural Comparisons“. Dr. Susanne Ruf (SR), geb. 1967, studierte in Marburg an der Lahn Kunstgeschichte und Evange‑ lische Theologie. Promotion 2010 an der Universität Stuttgart („Die Stiftungen der Familie Hardenrath an St. Maria im Kapitol zu Köln (um 1460 bis 1630).“). Schwerpunkte ihrer For‑ schungen sind Bau‑ und Ausstattungsgeschichte von Kirchen und Klöstern des Mittelalters sowie Sachzeugnisse der Memoria in protestantischen Kirchen. 2012–2013 Stipendiatin der Fritz‑Thyssen‑Stiftung für Wissenschaftsförderung Köln.
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Autoren
Dr. Ignacio Sánchez (IS), geb. 1974, studierte Geschichte und Arabische Philologie an den Universi‑ täten von Valencia und Salamanca; Promotion zum PhD 2011 in ‚Islamic and Middle Eastern History‘ an der Universität Cambridge mit einer Dissertation über „Al‑Jāḥiẓ’s Treatises on the Imamate“. Von 2010 bis 2012 arbeitete er als Fachreferent und Handschriftenspezialist an der Universitätsbibliothek Cambridge. Seit 2012 ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im ERC‑Projekt „Foundations in Medieval Societies. Cross‑cultural Comparisons“. PD Dr. Annette Schmiedchen (AS), geb. 1966, hat Indologie an der Humboldt‑Universität Berlin und der Martin‑Luther‑Universität Halle‑Wittenberg studiert. Promoviert wurde sie 1994 an der Humboldt‑Universität zu „Untersuchungen an Dorf‑, Land‑ und Geldschenkungsinschriften zugunsten buddhistischer Klöster in Nordindien vom 5. bis 8. Jahrhundert“. Ihre Habilitation erfolgte 2009 an der Martin‑Luther‑Universität zum Thema „Inschriftenkultur und Regio‑ naltradition im frühmittelalterlichen Maharashtra: Legitimation politischer Herrschaft und offizielles religiöses Patronat unter den königlichen Dynastien der Rāṣṭrakūṭas, Śilāhāras und Yādavas vom 8. bis zum 13. Jahrhundert“.
Siglen
Periodica, Lexica und Reihen ABORI AHR AJS ASI ASIAR BEFEO BIFAO BMFD BSI BSOAS BZ CCCM CCSL CFHB CSCO CIC CICan CII CIJ DA DI DOP EAZ EI EI2 EIr EJ2 EMA ET
Annals of the Bhandarkar Oriental Research Institute American Historical Review Association of Jewish Studies Archaeological Survey of India Archaeological Survey of India. Annual Report Bulletin de l’École Française d’Extrême‑Orient Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale Byzantine Monastic Foundation Documents, 5 Bde. Ed. John Thomas / Angela Cons‑ tantinides Hero (Dumbarton Oaks Studies, Bd. 35.). Washington (DC) 2000. Beiträge des Südasien‑Instituts, Humboldt‑Universität zu Berlin Bulletin of the School of Oriental and African Studies Byzantinische Zeitschrift Corpus Christianorum – Continuatio Medievalis Corpus Christianorum Series Latina Corpus Fontium Historiae Byzantinae Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium Corpus Iuris Civilis Corpus Iuris Canonici Corpus Inscriptionum Indicarum Corpus Inscriptionum Judaicarum, 2 Bde. Ed. R. P. Jean‑Baptiste Frey. Vatikanstadt 1936–1952. Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Die deutschen Inschriften Dumbarton Oaks Papers Ethnographisch‑Archäologische Zeitschrift Encyclopaedia of Islam, 1. Auflage, 4 Bde. Leiden 1913–1936. Encyclopaedia of Islam, 2. Auflage, 12 Bde. Leiden 1960–2004. Encyclopedia Iranica Encyclopaedia Judaica, 2. Auflage, 22 Bde. Detroit 2007. Europa im Mittelalter. Abhandlungen und Beiträge zur historischen Komparatistik Encyclopaedia Talmudit
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Siglen
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Kanonische Texte Bücher der Bibel werden nach der TRE abgekürzt. Q Qod bT bT ʿAvodah Zarah bT Bava Batra bT Ḥagiga bT Kid bT Meg bT Nedarim bT Sukkah bTan. m Gittin m Qod m Peʾah m Sothah m ʿAvodah Zara pT pT Megillah Sir
Qurʾān, Koran Ordnung ‚Qodashim‘ babylonischer Talmud babylonischer Talmud, Traktat ‚ʿAvodah Zarah‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Bava Batra‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Ḥagiga‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Kiddushin‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Megillah‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Nedarim‘ babylonischer Talmud, Traktat ‚Sukkah‘ Midrasch ‚Tanḥuma‘, babylonische Tradition Mischna‑Traktat ‚Gittin‘ Mischna‑Ordnung ‚Qodashim‘ Mischna‑Traktat ‚ Peʾah‘ Mischna‑Traktat ‚Sothah‘ Mischna‑Traktat ‚ʿAvodah Zarah‘ palästinischer Talmud palästinischer Talmud, Traktat ‚Megillah‘ Jesus Sirach
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Abbildungen
Abb. 13 Stifterbild Enrico Scrovegnis an der Westwand der Arena‑Kapelle, Padua, 1306. In: Gius-
eppe Basile, Giotto. The Arena Chapel Frescoes. London 1992, 285.
Abb. 14 Stifterbild des Jean de Rouvillers im Chorfenster von Saint‑Martin‑aux‑Bois, 3. Viertel des
13. Jahrhunderts. Foto: Painton Cowen.
Abb. 15 Der heilige Benedikt und Papst Innozenz III. mit Schenkungsurkunde von 1203–1216. Fresko
Abb. 16
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Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24
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Abb. 29
Abb. 30
auf der Nordwand der Unterkirche im Priorat Zur Heiligen Höhle, Subiaco, 1. Viertel des 14. Jahrhunderts. Wikimedia Commons, Andrew Dalby, gemeinfrei. Reliquienschrein des heiligen Isidor mit Stifterbild Ferdinands I., 1063–1065. León, Colle‑ giata San Isidoro, Museum. In: John P. O’Neill, The art of medieval Spain, a. d. 500–1200. New York 1993, 239. Stifterwappen des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg auf einer dem Halberstädter Domkapitel dedizierten Kasel, 1513/1518, Domschatz Halberstadt (Inv.‑Nr. 200). Bildrech‑ te: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen‑Anhalt, Foto: Juraj Lipták. Antependium aus dem Gösser Ornat, Stift Göss (Steiermark), Mitte 13. Jahrhundert. Wien, MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst (Inv. T. 6902‑ 1908). Foto: MAK / Katrin Wißkirchen. Dedikationsbild König Edgars, The New Minster Charter, Winchester 966. London, Bri‑ tish Library (Cotton Vespasian A VIII, fol. 2v). In: David Williamson, The National Portrait Gallery History of the Kings and Queens of England. London 2002, 24. Sängerchor aus der Hardenrath‑Kapelle, Kopie des Wandgemäldes, Köln 1925/1926. Köln, Stadtmuseum (0546). Bildrechte: Rheinisches Bildarchiv Köln. Siegel der Universität Heidelberg. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Historisches Archiv. Bildrechte: Bildarchiv Foto Marburg. Lageplan des Imam‑aš‑Šāfiʿī‑Mausoleums in Kairo, erbaut 608/1211. In: Stephennie Mulder, The Mausoleum of Imam al‑Shāfiʿī, in: Muqarnas 26, 2006, 15–46, hier 17. Kuppel des Imam‑aš‑Šāfiʿī‑Mausoleums in Kairo, erbaut 608/1211. In: Stephennie Mulder, The Mausoleum of Imam al‑Shāfiʿī, in: Muqarnas 26, 2006, 15–46, hier 21. Qarafa‑Gräberfeld in Kairo mit den Kuppeln der Mausoleen von Ganibek al‑Ašrāfī, Un‑ bekannt, Barsbai, Qaitbai, Ḫadiğa Umm al‑Ašraf, Sabaʿ Banāt, Unbekannt, Barsbai al‑ Bağāzī, der Zitadelle und von Amīr Sulaimān (von links nach rechts). Bildrechte: Special Collections, Fine Arts Library, Harvard University (161 C127 9CN4), Foto: G. Lekegian. Waqf‑Inschrift von einem Funduq in Ramla, 300/912–913. In: Moshe Sharon, Waqf inscrip‑ tion from Ramla, in: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 60.1, 1997, 100–108, Tafel 1. Almoravidischer minbar gestiftet von König ʿAlī ibn Yūsuf ibn Tāšufīn für die Kutubīya‑ Moschee in Marrakesch, 519–524 / 1125–1130. Marrakesch, Badīʿ Palace Museum. In: Jerrilynn D. Dodds (Hrsg.), Al‑Andalus. The Art of Islamic Spain. New York 1992, 363. Koran mit Stifterinschrift, waqf von Amāǧūr, Gouverneur von Syrien, für die Moschee in Tyros, um 262 / 875–876. Cambridge, University Library (MS Add. 1116, fol. 1 r). Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Syndici der Cambridge University Library. Waqf einer Glocke umgenutzt als Lampe in der Qarawīyīn‑Moschee, Fez. Almohaden‑ Zeit, um 1300. In: Jerrilynn D. Dodds (Hrsg.), Al‑Andalus. The Art of Islamic Spain. New York 1992, 273. Wiederverwendete Platte eines Marmortisches (Altarmensa?) mit Stifterinschrift von Nūr ad‑Dīn in den īwāns des Hospitals Bīmāristān an‑Nūrī, Damaskus, 548/1154. Bildrechte: MIT Libraries, Aga Khan Visual Archive, Foto: Nasser Rabbat, 1995. Miḥrāb mit wiederverwendeten Altar‑Steinen, 548/1154. Damaskus, Bīmāristān an‑Nūrī. In: Finbarr B. Flood, The Medieval Trophy as an Art Historical Trope: Coptic and Byzantine „Altars“ in Islamic Contexts, in: Muqarnas 18, 2001, 41–72, hier 51, Abb. 17.
Abbildungen
669
Abb. 31 Gotisches Portal aus Akkon, wiederverwendet in der madrasa von Sultan al‑ʿĀdil Kitbuġā,
Abb. 32
Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38 Abb. 39 Abb. 40 Abb. 41 Abb. 42
Abb. 43 Abb. 44
Abb. 45 Abb. 46 Abb. 47
Abb. 48
Abb. 49 Abb. 50 Abb. 51
695/1296, fertiggestellt unter Sultan an‑Nāṣir Muḥammad (698–703 / 1299–1304). In: Julien Loiseau, Frankish Captives in Mamlūk Cairo, in: Al‑Masaq 23.1, 2011, 37–52, Abb. 4. Kreuzfahrer‑Schwert, Mitte 14. Jahrhundert, im Jahr 769 / 1367–1368 als waqf dem Mamlūken‑ Arsenal von Alexandria gestiftet. Kopenhagen, David Collection (Inv. no. 1/1998). Foto: Pernille Klemp. Stifterinschrift neben dem Nordportal der Wormser Männersynagoge, 1034. Stadtarchiv Worms, Neg. Nr. D1816. Detail der Stifterinschrift neben dem Nordportal der Wormser Männersynagoge, 1034. Stadtarchiv Worms, Neg. Nr. M9218. Innenansicht der Wormser Männersynagoge, 11. Jahrhundert, Zustand vor 1938. Stadt‑ archiv Worms, Neg. Nr. 6749. Ostwand der Wormser Männersynagoge, 11. Jahrhundert, Zustand vor 1938. Stadtarchiv Worms, Neg. Nr. 2670. Ostwand der Synagoge in Córdoba, 1314/1315. Foto: James Glenn. Stifterinschrift an der Ostwand der Synagoge in Córdoba, 1314/1315. Foto: Holly Hayes. Ostwand der El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo mit Stifterinschriften und Thoraschrein. Foto: Holly Hayes. Stifterinschrift an der Ostwand der El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo, südlich des Tho‑ raschreins, 1356/1357. Foto: Holly Hayes. Stifterinschrift mit dem Begriff ‚heqdesh‘ in Barcelona, erste Hälfte 13. Jahrhundert. Bar‑ celona, Museu d’Història de la Ciutat (Inv.‑Nr. MHCB 11330). Bildrechte: MUHBA. Ehemalige Scola Grande in Trani mit den sichtbaren Umbauten in eine Kirche; heute Sinagoga‑Museo Sant’Anna. Foto: Wikimedia Commons, User:Tommytrani, Creative Commons‑Lizenz Namensnennung 3.0 (CC‑BY‑3.0). Stifterinschrift an der Nordseite der Scola Grande in Trani, 1247. Foto: Giorgio Gramegna. Thoraschrein aus dem Jahr 1902 mit zwei Stifterinschriften aus der Ben‑Ezra‑Synagoge Fustat aus dem Jahr 1080 bzw. aus dem 13. Jahrhundert. New York, Jewish Museum (S 727). In: Phyllis Lambert (Hrsg.), Fortifications and the synagogue. The Fortress of Babylon and the Ben Ezra Synagogue, Cairo. Montréal 1994, ND 2001, 220, Abb. 7.4; Abb. 7.6. Stifterinschrift an der Ostwand der Wormser Männersynagoge, südlich des Thoraschreins, undatiert. Stadtarchiv Worms, Neg. Nr. P1109977. Kolophon eines Pentateuchbandes (Fragment) aus der Kairoer Geniza, 11./12. Jahrhundert. Cambridge University Library (T‑S A 41.41). Bildrechte: Cambridge University Library. Grundriss des Klosters von Neophytos Enkleistos. Zypern, um 1200. In: Cyril Mango / Ernest J. W. Hawkins, The Hermitage of St. Neophytos and Its Wall Paintings, in: Dumbarton Oaks Papers 20, 1966, 119–206, Abb. D. Kloster von Symeon Stylites dem Jüngeren, Syrien, 6. Jahrhundert: Überreste der Säule und der monolithischen Treppe. Rekonstruktionszeichnung der Säule und der monoli‑ thischen Treppe. Grundriss des oktogonalen Klosterzentrums. In: Wachtang Djobadze, Archeological Investigations in the Region West of Antioch on‑the‑Orentes. (Forschun‑ gen zur Kunstgeschichte und christlichen Archäologie, Bd. 13.) Stuttgart 1986, Tafel 28, Abb. 116; 62, Abb. XXI;. 60, Abb. XX. Einsiedelei von Niketas Stylites. Kappadokien, Ende 7. bis Ende 10. Jahrhundert. In: Lyn Rodley, Cave Monasteries of Byzantine Cappadocia. Cambridge / New York 1985, Tafel 168. Grundriss des Karabaş‑Kilise‑Komplexes. Kappadokien, 10./11. Jahrhundert. In: Lyn Rodley, Cave Monasteries of Byzantine Cappadocia. Cambridge / New York 1985, Plan 36. Grundriss des Karanlık‑Kilise‑Klosters. Kappadokien, Mitte 11. Jahrhundert. In: Lyn Rodley, Cave Monasteries of Byzantine Cappadocia. Cambridge / New York 1985, Plan 9.
670
Abbildungen
Abb. 52 Grundriss des Pantokrator‑Klosterkomplexes. Konstantinopel, gestiftet 1136. In: Lioba Theis,
Flankenräume im mittelbyzantinischen Kirchenbau. Wiesbaden 2005, Tafel 98.
Abb. 53 Grundriss der Myrelaion‑Kirche (in Teilen rekonstruiert). Konstantinopel, 10. Jahrhun‑
dert. In: Cecil L. Striker, The Myrelaion (Bodrum Camii) in Istanbul. Princeton 1981, Nr. 19.
Abb. 54 Stifterinschrift im Naos des Klosters von Neophytos Enkleistos (Südwestecke). Zypern,
Abb. 55
Abb. 56
Abb. 57
Abb. 58 Abb. 59
Abb. 60
Abb. 61 Abb. 62 Abb. 63 Abb. 64 Abb. 65 Abb. 66
Abb. 67 Abb. 68 Abb. 69 Abb. 70 Abb. 71
1502/1503. In: Cyril Mango / Ernest J. W. Hawkins, The Hermitage of St. Neophytos and Its Wall Paintings, in: Dumbarton Oaks Papers 20, 1966, 119–206, Tafel 17. Stifterbild des Nikeophoros Magistros, Kirche der Panagia Asinou. Zypern, Bau 12. Jahr‑ hundert, Ausmalung 15. Jahrhundert. In: A. Stylianou / J. Stylianou, The Painted Churches of Cyprus. Treasures of Byzantine Art. Nikosia 21997, Nr. 57. Deckengemälde mit der Himmelfahrt Christi im Naos des Klosters von Neophytos Enkleis‑ tos, Zypern. Neufassung 1502/1503. In: Cyril Mango / Ernest J. W. Hawkins, The Hermitage of St. Neophytos and Its Wall Paintings, in: Dumbarton Oaks Papers 20, 1966, 119–206, Tafel 19. Christus und der Stifter Theodoros Metochites, Mosaik in der inneren Vorhalle des Chora‑ Klosters. Konstantinopel, 1320/1321. In: Paul A. Underwood, The Kariye Djami, Bd. 2. New York 1966, 26. Mosaik mit Stifterbildern. Chora‑Kloster, Konstantinopel, 1320/1321. In: Paul A. Underwood, The Kariye Djami, Bd. 2. New York 1966, 36. Gemaltes Chrysobull des Kaisers Andronikos II. Palaiologos (1314/1315) in der südwestli‑ chen Kapelle des Hodegetria‑Klosters, Mistras. In: Rodonikē Etzeoglou, O naos tēs odēgētrias tou brontochiou ston mystra. Oi toichographies tou narthēka kai ē leitourgikē chrēsē tou chōrou. (Pragmateiai tēs Akademias Athēnōn, Bd. 67.) Athen 2013, Tafel 28b. Ikone mit Stifterbild, Katharinen‑Kloster. Sinai, Anfang 13. Jahrhundert. In: Robert S. Nelson / Kristen M. Collins (Hrsg.), Icons from Sinai. Holy Image – Hallowed Ground. Los Angeles 22006, 150. Illuminiertes Typikon für das Bebaias‑Elpidos‑Kloster, Konstantinopel, 1. Hälfte 14. Jahr‑ hundert. Lincoln College, Oxford, Ms Gr. 35, fol. 2r. Bildrechte: Lincoln College, Oxford. Illuminiertes Typikon für das Bebaias‑Elpidos‑Kloster, Konstantinopel, 1. Hälfte 14. Jahr‑ hundert. Lincoln College, Oxford, Ms Gr. 35, fol. 7 r. Bildrechte: Lincoln College, Oxford. Kupfertafelurkunde der Maitraka‑Dynastie, Tafel 1, Valabhipur in Gujarat, 7. Jahrhundert. Chhatrapati Shivaji Maharaj Vastu Sangrahalaya, Mumbai. Kupfertafelurkunde der Maitraka‑Dynastie, Tafel 2, Valabhipur in Gujarat, 7. Jahrhundert. Chhatrapati Shivaji Maharaj Vastu Sangrahalaya, Mumbai. Buddhistische Höhlenanlage, Ajanta in Maharashtra, 1. bis 6. Jahrhundert. Foto: Manjiri Bhalerao. Grundriss der buddhistischen Höhlenanlage in Ajanta in Maharashtra, 1. bis 6. Jahrhun‑ dert. In: Heinrich Gerhard Franz, Das Alte Indien. Geschichte und Kultur des indischen Subkontinents. München 1990, 362. Ruinen der buddhistischen Klöster in Nalanda in Bihar, 6. bis 9. Jahrhundert. Foto: Rainer Schmiedchen. Ruine des buddhistischen Tempels mit sekundären stūpas in Nalanda in Bihar, 6. bis 9. Jahrhundert. Foto: Rainer Schmiedchen. Jaina‑Tempelanlage, Shatrunjara‑Berg bei Palitana in Gujarat, seit dem 11. Jahrhundert. Foto: Annette Schmiedchen. Śivaitischer Kailāsanātha‑Felsentempel, Ellora in Maharashtra, 8. Jahrhundert. Foto: Manjiri Bhalerao. Gründungsinschrift am śivaitischen Höhlentempel, Trichy in Tamilnadu, 7. Jahrhundert. Foto: Emmanuel Francis.
Abbildungen
671
Abb. 72 Gründungsinschrift am śivaitischen Kailāsanātha‑Tempel, Kanchi in Tamilnadu, 8. Jahr‑
hundert. Foto: Emmanuel Francis.
Abb. 73 Viṣṇuitischer Keśava‑Tempel, Somnathpur in Karnataka, 13. Jahrhundert. Foto: Annette
Schmiedchen.
Abb. 74 Stufenbrunnenanlage, Adalaj bei Ahmedabad in Gujarat, 15. Jahrhundert. Foto: Annette
Schmiedchen.
Abb. 75 Moschee, Champaner in Gujarat, 15. Jahrhundert. Foto: Annette Schmiedchen. Abb. 76 Buddha‑Skulpturen, Kanheri in Maharashtra, 6. Jahrhundert. Foto: Annette Schmiedchen. Abb. 77 Buddha‑Skulptur mit Stifterfigur und ‑inschrift, Bihar, 10. Jahrhundert. Indian Museum,
Kalkutta. Foto: Rainer Schmiedchen.
Abb. 78 Viṣṇu‑Skulptur, Konarak in Orissa, 13. Jahrhundert. Foto: Rainer Schmiedchen. Abb. 79 Relief mit dem Wagen des Sonnengottes am Sūrya‑Tempel, Konarak in Orissa, 13. Jahr‑
hundert. Foto: Rainer Schmiedchen.
Abbildungen
673
Abb. 1
Grundsteine der Guildhall Chapel in London mit Stifternamen, um 1440. London, Muse‑ um of London.
Abb. 2
Hatto‑Fenster aus der ehemaligen Stiftskirche St. Mauritius in Mainz, 891–913. Mainz, Bischöfliches Dom‑ und Diözesanmuseum (Inv.‑Nr. PS 00114).
674
Abbildungen
Abb. 3
Rekonstruierter Grundriss des Heinrichsdoms in Bamberg zur Weihe 1012.
Abb. 4
Grundriss der Augustinereremitenkirche S. Spirito, Florenz, mit 40 Familienkapellen, 1436–1487.
Abbildungen
675
Abb. 5
Beaune, Hôtel‑Dieu, Krankensaal mit Kapelle von 1452, Innenansicht 1970.
Abb. 6
Altarretabel mit den Stifterbildern von Nicolas Rolin und Guigone de Salins, um 1443–1451. Beaune, Musée de l’Hôtel‑Dieu.
676
Abbildungen
Abb. 7
„Sigrids Brücke“, Umzeichnung von Runenstein Sö101 mit Inschrift und Szenen aus der Sigurdsage, um 1070–1100. Ramsund, Södermannsland.
Abb. 8
Bischof Ecclesius mit Kirchenmodell, Ausschnitt aus dem Apsismosaik von San Vitale in Ravenna, 546/550.
Abbildungen
Abb. 9
677
Elfenbeintafel mit dem thronenden Christus und Otto I. als Stifter des Magdeburger Doms, um 968. New York, The Metropolitan Museum of Art, Bequest of George Blumenthal (41.100.157).
Abb. 10 Thronende Maria mit Heiligen und Stiftern, Tympanon der Gnadenpforte am Bamberger
Dom, um 1200–1204.
678
Abbildungen
Abb. 11 Zwei Stifterfiguren im Westchor des Naumburger Doms (Markgraf Ekkehard II. und
Markgräfin Uta), 1243–1249.
Abb. 12 Innenansicht der Arena‑Kapelle in Padua mit dem Jüngsten Gericht an der Westwand,
1306. Padua, Arena‑/Scrovegni‑Kapelle.
Abbildungen
679
Abb. 13 Stifterbild Enrico Scrovegnis an der Westwand der Arena‑Kapelle, Padua, 1306.
Abb. 14 Stifterbild des Jean de Rouvillers im Chorfenster von Saint‑Martin‑aux‑Bois, 3. Viertel
des 13. Jahrhunderts.
680
Abbildungen
Abb. 15 Der heilige Benedikt und Papst Innozenz III. mit Schenkungsurkunde von 1203–1216. Fres‑
ko auf der Nordwand der Unterkirche im Priorat Zur Heiligen Höhle, Subiaco, 1. Viertel des 14. Jahrhunderts.
Abb. 16 Reliquienschrein des heiligen Isidor mit Stifterbild Ferdinands I., 1063–1065. León, Colle‑
giata San Isidoro, Museum.
Abbildungen
681
Abb. 17 Stifterwappen des Erzbischofs Albrecht von Brandenburg auf einer dem Halberstädter
Domkapitel dedizierten Kasel, 1513/1518, Domschatz Halberstadt (Inv.‑Nr. 200).
Abb. 18 Antependium aus dem Gösser Ornat, Stift Göss (Steiermark), Mitte des 13. Jahrhunderts.
Wien, MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst (Inv. T. 6902‑1908).
682
Abbildungen
Abb. 19 Dedikationsbild König Edgars, The New Minster Charter, Winchester 966. London, British
Library (Cotton Vespasian A VIII, fol. 2v).
Abb. 20 Sängerchor aus der Hardenrath‑Kapelle, Kopie des Wandgemäldes, Köln 1925/1926. Köln,
Stadtmuseum (0546).
Abbildungen
683
Abb. 21 Siegel der Universität Heidelberg. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Histori‑
sches Archiv.
Abb. 22 Lageplan des Imam‑aš‑Šāfiʿī‑Mausoleums in Kairo, erbaut 608/1211.
684
Abbildungen
Abb. 23 Kuppel des Imam‑aš‑Šāfiʿī‑Mausoleums in Kairo, erbaut 608/1211.
Abb. 24 Qarafa‑Gräberfeld in Kairo mit den Kuppeln der Mausoleen von Ganibek al‑Ašrāfī, Unbe‑
kannt, Barsbai, Qaitbai, Ḫadiğa Umm al‑Ašraf, Sabaʿ Banāt, Unbekannt, Barsbai al‑Bağāzī, der Zitadelle und von Amīr Sulaimān (von links nach rechts).
Abbildungen
685
Abb. 25 Waqf‑Inschrift von einem funduq in Ramla, 300/912–913.
Abb. 26 Almoravidischer minbar gestiftet von König ʿAlī ibn Yūsuf ibn Tāšufīn für die Kutubīya‑
Moschee in Marrakesch, 519–524 / 1125–1130. Marrakesch, Badīʿ Palace Museum.
686
Abbildungen
Abb. 27 Koran mit Stifterinschrift, waqf von Amāǧūr, Gouverneur von Syrien, für die Moschee in
Tyros, um 262 / 875–876. Cambridge, University Library (MS Add. 1116, fol. 1 r).
Abb. 28 Waqf einer Glocke umgenutzt als Lampe in der Qarawīyīn‑Moschee, Fez. Almohaden‑
Zeit, um 1300.
Abbildungen
687
Abb. 29 Wiederverwendete Platte eines Marmortisches (Altarmensa?) mit Stifterinschrift von Nūr
ad‑Dīn in den īwāns des Hospitals Bīmāristān an‑Nūrī, Damaskus, 548/1154.
Abb. 30 Miḥrāb mit wiederverwendeten Altar‑Steinen, 548/1154. Damaskus, Bīmā ristān an‑Nūrī.
688
Abbildungen
Abb. 31 Gotisches Portal aus Akkon, wiederverwendet in der madrasa von Sultan al‑ʿĀdil Kitbuġā,
695/1296, fertiggestellt unter Sultan an‑Nāṣir Muḥammad (698–703 / 1299–1304).
Abb. 32 Kreuzfahrer‑Schwert, Mitte 14. Jahrhundert, im Jahr 769 / 1367–1368 als waqf dem Mamlūken‑
Arsenal von Alexandria gestiftet. Kopenhagen, David Collection (Inv. no. 1/1998).
Abbildungen
689
Abb. 33 Stifterinschrift neben dem Nordportal der Wormser Männersynagoge, 1034.
Abb. 34 Detail der Stifterinschrift neben dem Nordportal der Wormser Männersynagoge, 1034.
690
Abbildungen
Abb. 35 Innenansicht der Wormser Männersynagoge, 11. Jahrhundert, Zustand vor 1938.
Abb. 36 Ostwand der Wormser Männersynagoge, 11. Jahrhundert, Zustand vor 1938.
Abbildungen
Abb. 37 Ostwand der Synagoge in Córdoba, 1314/1315.
Abb. 38 Stifterinschrift an der Ostwand der Synagoge in Córdoba, 1314/1315.
691
692
Abbildungen
Abb. 39 Ostwand der El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo mit Stifterinschriften und Thoraschrein.
Abb. 40 Stifterinschrift an der Ostwand der El‑Tránsito‑Synagoge in Toledo, südlich des Tho‑
raschreins, 1356/1357.
Abbildungen
693
Abb. 41 Stifterinschrift mit dem Begriff ‚heqdesh‘ in Barcelona, erste Hälfte 13. Jahrhundert. Bar‑
celona, Museu d’Història de la Ciutat (Inv.‑Nr. MHCB 11330).
Abb. 42 Ehemalige Scola Grande in Trani mit den sichtbaren Umbauten in eine Kirche; heute
Sinagoga‑Museo Sant’Anna.
694
Abbildungen
Abb. 43 Stifterinschrift an der Nordseite der Scola Grande in Trani, 1247.
Abb. 44 Thoraschrein aus dem Jahr 1902 mit zwei Stifterinschriften aus der Ben‑Ezra‑Synagoge
Fustat aus dem Jahr 1080 bzw. aus dem 13. Jahrhundert. New York, Jewish Museum (S 727).
Abbildungen
695
Abb. 45 Stifterinschrift an der Ostwand der Wormser Männersynagoge, südlich des Thoraschreins,
undatiert.
Abb. 46 Kolophon eines Pentateuchbandes (Fragment) aus der Kairoer Geniza, 11./12. Jahrhundert.
Cambridge University Library (T‑S A 41.41).
696
Abb. 47 Grundriss des Klosters von Neophytos Enkleistos. Zypern, um 1200.
Abbildungen
Abbildungen
697
Abb. 48 Kloster von Symeon Stylites dem Jüngeren, Syrien, 6. Jahrhundert: a) Überreste der Säu‑ le und der monolithischen Treppe (links); b) Rekonstruktionszeichnung der Säule und der monolithischen Treppe (oben); c) Grundriss des oktogonalen Klosterzentrums (unten).
698
Abbildungen
Abb. 49 Einsiedelei von Niketas Stylites. Kappadokien, Ende 7. bis Ende 10. Jahrhundert.
Abb. 50 Grundriss des Karabaş‑Kilise‑Komplexes. Kappadokien, 10./11. Jahrhundert.
Abbildungen
Abb. 51 Grundriss des Karanlık‑Kilise‑Klosters. Kappadokien, Mitte 11. Jahrhundert.
Abb. 52 Grundriss des Pantokrator‑Klosterkomplexes. Konstantinopel, gestiftet 1136.
699
700
Abbildungen
Abb. 53 Grundriss der Myrelaion‑Kirche (in Teilen rekonstruiert). Konstantinopel, 10. Jahrhundert.
Abb. 54 Stifterinschrift im Naos des Klosters von Neophytos Enkleistos (Südwestecke). Zypern,
1502/1503.
Abbildungen
701
Abb. 55 Stifterbild des Nikeophoros Magistros, Kirche der Panagia Asinou. Zypern, Bau 12. Jahr‑
hundert, Ausmalung 15. Jahrhundert.
Abb. 56 Deckengemälde mit der Himmelfahrt Christi im Naos des Klosters von Neophytos En‑
kleistos, Zypern. Neufassung 1502/1503.
702
Abbildungen
Abb. 57 Christus und der Stifter Theodoros Metochites, Mosaik in der inneren Vorhalle des Chora‑
Klosters. Konstantinopel, 1320/1321.
Abb. 58 Mosaik mit Stifterbildern. Chora‑Kloster, Konstantinopel, 1320/1321.
Abbildungen
703
Abb. 59 Gemaltes Chrysobull des Kaisers Andronikos II. Palaiologos (1314/1315) in der südwestli‑
chen Kapelle des Hodegetria‑Klosters, Mistras.
Abb. 60 Ikone mit Stifterbild, Katharinen‑Kloster. Sinai, Anfang 13. Jahrhundert.
704
Abbildungen
Abb. 61 Illuminiertes Typikon für das Bebaias‑Elpidos‑Kloster, Konstantinopel, 1. Hälfte 14. Jahr‑
hundert. Lincoln College, Oxford, Ms Gr. 35, fol. 2r.
Abb. 62 Illuminiertes Typikon für das Bebaias‑Elpidos‑Kloster, Konstantinopel, 1. Hälfte 14. Jahr‑
hundert. Lincoln College, Oxford, Ms Gr. 35, fol. 7 r.
Abbildungen
705
Abb. 63 Kupfertafelurkunde der Maitraka‑Dynastie, Tafel 1, Valabhipur in Gujarat, 7. Jahrhundert.
Abb. 64 Kupfertafelurkunde der Maitraka‑Dynastie, Tafel 2, Valabhipur in Gujarat, 7. Jahrhundert.
706
Abbildungen
Abb. 65 Buddhistische Höhlenanlage, Ajanta in Maharashtra, 1. bis 6. Jahrhundert.
Abb. 66 Grundriss der buddhistischen Höhlenanlage, Ajanta in Maharashtra, 1. bis 6. Jahrhundert.
Abbildungen
707
Abb. 67 Ruinen der buddhistischen Klöster in Nalanda in Bihar, 6. bis 9. Jahrhundert.
Abb. 68 Ruine des buddhistischen Tempels mit sekundären stūpas in Nalanda in Bihar, 6. bis
9. Jahrhundert.
708
Abbildungen
Abb. 69 Jaina‑Tempelanlage, Shatrunjara‑Berg bei Palitana in Gujarat, seit dem 11. Jahrhundert.
Abb. 70 Śivaitischer Kailāsanātha‑Felsentempel, Ellora in Maharashtra, 8. Jahrhundert.
Abbildungen
709
Abb. 71 Gründungsinschrift am śivaitischen Höhlentempel, Trichy in Tamilnadu, 7. Jahrhundert.
710
Abbildungen
Abb. 72 Gründungsinschrift am śivaitischen Kailāsanātha‑Tempel, Kanchi in Tamilnadu, 8. Jahr‑
hundert.
Abb. 73 Viṣṇuitischer Keśava‑Tempel, Somnathpur in Karnataka, 13. Jahrhundert.
Abbildungen
Abb. 74 Stufenbrunnenanlage, Adalaj bei Ahmedabad in Gujarat, 15. Jahrhundert.
Abb. 75 Moschee, Champaner in Gujarat, 15. Jahrhundert.
711
712
Abb. 76 Buddha‑Skulpturen, Kanheri in Maharashtra, 6. Jahrhundert.
Abb. 77 Buddha‑Skulptur mit Stifterfigur und ‑inschrift, Bihar, 10. Jahrhundert.
Abbildungen
Abbildungen
713
Abb. 78 Viṣṇu‑Skulptur, Konarak in Orissa, 13. Jahrhundert.
Abb. 79 Relief mit dem Wagen des Sonnengottes am Sūrya‑Tempel, Konarak in Orissa, 13. Jahr‑
hundert.