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German Pages 653 [656] Year 1931
ENTWICKLUNGSGESCHICHTE BAYERNS VON
M. DOEBERL DRITTER BAND VOM REGIERUNGSANTRITT KÖNIG LUDWIGS I. BIS ZUM TODE KÖNIG LUDWIGS II. MIT EINEM AUSBLICK AUF DIE INNERE ENTWICKLUNG BAYERNS UNTER DEM PRINZREGENTEN LUITPOLD
HERAUSGEGEBEN VON
MAX SPINDLER
M Ü N C H E N 1931 D R U C K U N D V E R L A G V O N R. O L D E N B O U R G
Alle Redite, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten Copyright 1931 by R. Oldenbourg, München und Berlin Printed in Germany
DEM VERLAG R.OLDENBOURG GEWIDMET
Vorwort.
W
ie die Neuauflage des zweiten Bandes, so konnte Michael Doeberl auch die letzten redaktionellen Arbeiten f ü r die Drucklegung des Schlußbandes seiner Entwicklungsgeschichte Bayerns nicht mehr selbst übernehmen. In Vorahnung seines f r ü h e n Todes übertrug er schon im F r ü h j a h r 1927 seinen Hinterbliebenen die Sorge f ü r den Abschluß seines Lebenswerkes. Diese haben mit der Herausgabe den Unterzeichneten betraut, der sich glücklich schätzt, damit auch nach außenhin seiner Dankespflicht gegen seinen verehrten Lehrer Ausdruck verleihen zu können. Der Weisung Doeberls entsprechend wurde der vorliegende Band bearbeitet auf Grund der beiden je vierstündigen Vorlesungen über „Die Geschichte des modernen Staates in Bayern und seiner kulturellen Bestrebungen seit dem Anfang des 19. J a h r h u n d e r t s " und „ B a y e r n und Deutschland im 19. J a h r h u n d e r t " , sowie der druckreif vorliegenden Arbeit über „Bayern und der Entscheidnngskampf um die Vorherrschaft in Deutschland" und eines unveröffentlicht gebliebenen Akademievortrags über „Die Kulturpolitik Maximilians I I . " vom Dezember 1927. Bis ins einzelne ausgearbeitet enthalten die Vorlesungen die S u m m e der Forschungsergebnisse Doeberls f ü r die bayerische Geschichte des 19. J a h r h u n d e r t s . Für die äußere Geschichte Bayerns standen Doeberl zur Verfügung die S t a a t s a k t e n des Ministeriums des Äußern und die Berichte der bayerischen Gesandten an den auswärtigen Höfen. Zur Ergänzung und Erweiterung dienten Forschungen in den Archiven zu Berlin und Wien sowie in kleineren Residenzstädten. Die Geschichte der inneren Politik schöpfte er aus den streckenweise sehr wichtigen Staats- und Ministerratsprotokollen sowie aus den in mancher Hinsicht noch bedeutenderen Büroakten des Ministeriums des Innern mit ihren zahlreichen Anträgen an die Krone, Kabinettsschreiben und Signaten, geheimen Verhandlungsberichten und Prozeßakten, Anfragen und Berichten der Mittel- und Außenbehörden und mit dem ganzen u m f a n g reichen Schriftwechsel zwischen Kabinett und Ministerium. Als gleich wichtige Quelle zog er die Kabinettsnächlässe der Herrscher zu Rate,
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Vorwort.
die ebenfalls eine Fülle von Material enthielten: zahlreiche einbehaltene Ministerialakten, ausgedehnte Korrespondenzen der Könige mit Gliedern der Familie, mit verwandten Fürstenhäusern und mit den Kabinettssekretären, P r i v a t a k t e n über Kunstschöpfungen und wissenschaftliche Unternehmungen, Kabinettsrechnungen, Tagebuchaufzeichnungen, Tausende von Briefen und Gutachten bedeutender bayerischer und nichtbayerischer Zeitgenossen. Diese Quellen ergänzte er durch wertvolle in P r i v a t h ä n d e n befindliche Originalbriefe der Könige, namentlich aber durch eine Reihe von Privatnachlässen, die er ausfindig zu machen wußte oder in dankenswerter Weise freiwillig zur Verfügung gestellt erhielt: so durch die Nachlässe der Diplomaten Karl Maria von Aretin, August Freiherr von Wendland und Hugo Graf von Lerchenfeld-Köfering, des Kabinettssekretärs Seb. Daxenberger, des Militärbevollmächtigten Joseph von Xylander, der Minister Eduard von Schenk, Karl von Abel und Ludwig von der Pfordten, der Gelehrten Friedrich Thiersch und J o h a n n Nepomuk von Ringseis. Einige Nachrichten vermochte der Herausgeber beizusteuern aus dem im Besitz der Frau Gräfin von Verri befindlichen Nachlaß des Parlamentariers Ignaz von R u d h a r t . Eine nicht minder wichtige Ausbeute gewährten die gedruckten Quellen: die Gesetze und Verordnungen, die Landtagsverhandlungen, die Publizistik, die zahlreichen Memoiren und Briefsammlungen bayerischer und nichtbayerischer Politiker und Gelehrten, von Dichtern und Schriftstellern, Publizisten und Reisenden. Die Ergebnisse dieser Quellenstudien hat Doeberl in den beiden genannten Vorlesungen in gedrängter Kürze niedergelegt. Über einen Teil derselben h a t er bereits ausführlicher in verschiedenen Aufsätzen, Abhandlungen und Monographien berichtet. Zum Teil decken sich diese Publikationen genau mit den Vorlesungen, zum Teil gehen sie beträchtlich darüber hinaus. Der inneren Entwicklung Bayerns galten die Abhandlungen „ F ü n f u n d z w a n z i g J a h r e Schul- und Kultusverwaltung" (1911), „Zur Geschichte der bayerischen Schul- und Kultusverwaltung im 19. J a h r h u n d e r t " (1913), ferner die Denkschrift „ E i n J a h r h u n d e r t bayerischen Verfassungslebens" (1918) und die Festschrift „König Ludwig I., der zweite Gründer der Ludwig-Maximilians-Universität" (1926). Die deutsche Politik Bayerns im 19. J a h r h u n d e r t beabsichtigte der Gelehrte in einer auf zehn Teile berechneten Monographieenreihe darzustellen. Drei von den geplanten Monographien konnte er noch selbst zum Drucke bringen: „ B a y e r n und Deutschland in der Epoche des F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t s " (1922), „Bayern und das preußische Unionsprojekt" (1926) und „ B a y e r n und die Bismarckische Reichsg r ü n d u n g " (1925). Die vierte im Manuskript fertig gestellte „ B a y e r n und der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland" wurde, wie oben bemerkt, ohne Kürzung in die vorliegende Gesamtdarstellung aufgenommen.
Vorwort.
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Minder wichtige Teilfragen h a t t e Doeberl seit langem in Dissertationen bearbeiten lassen. Sie ersparten ihm manche mühsame Einzeluntersuchung und lieferten zum Gesamtwerk wichtige Bausteine. Daß in ihnen allen Gedankengut des Lehrers mitschwingt, gewonnen aus den Vorlesungen, aus Seminarübungen und Besprechungen, braucht kaum erwähnt zu werden. Es fand seinen Weg bereits in weite Kreise. Die Quelle aber und der enge Zusammenhang mit Doeberls ganzem Forschungsgebiet wird erst durch die Veröffentlichung dieses Bandes aufgedeckt. Die Aufgabe des Herausgebers bestand darin die beiden Vorlesungen zu dem einheitlichen Fluß einer Gesamtdarstellung zusammenzuordnen. Dabei wurde die Einteilung teils nach dem Plan der Vorlesungen, teils nach der Anlage der beiden ersten Bände getroffen, die zum Vorbild dienen sollten. Wie dort, so wurde auch hier versucht, die Gliederung des Stoffes in Einklang zu setzen mit einer Einteilung nach den Regierungsjahren der Herrscher. Die Unterabteilungen ergaben sich zwanglos aus der politischen, verfassungsgeschichtlichen und kulturellen Entwicklung des Landes. Manche Partien des Textes waren f ü r die Aufnahme in ein Handbuch zu breit und wurden daher stark gekürzt. Andere Teile berührten und überschnitten sich; hier wurden Auswahlen getroffen, um Wiederholungen zu vermeiden. Stilistische Änderungen, die sich infolge der Kürzungen als notwendig erwiesen, wurden stillschweigend vorgenommen. Eher bedürfte es einer Rechtfertigung, d a ß auch inhaltliche Ergänzungen des Herausgebers weder durch Druck noch durch Fußnoten erkennbar gemacht wurden. Allein sie stützen sich auf mündliche Urteile oder hinterlassene schriftliche Aufzeichnungen des Verfassers und spielen im Verhältnis zum ganzen Buch keine nennenswerte Rolle. Nur über das vielumstrittene Ende Ludwigs II. lagen keinerlei Aufzeichnungen des Verfassers vor, weshalb der Herausgeber den Abschnitt S. 551 bis 557 ganz selbständig gestalten mußte. Freilich war es ihm nicht möglich, dazu sämtliche Quellen heranzuziehen. Selbstverständlich wurde f ü r alle Partien des Buches die seit dem Tode Doeberls erschienene wichtigste Literatur berücksichtigt und in das Literaturverzeichnis eingefügt. Das Hauptverdienst f ü r das Erscheinen des vorliegenden Bandes gebührt der Gattin und treuen Mitarbeiterin des Verfassers, Frau Maria Doeberl. Sie übertrug in monatelanger hingebender Arbeit die Stenogramme der Vorlesungen in Kurrentschrift, half die Korrekturen lesen und unterstützte die Herausgabe auf jede nur erdenkliche Weise. Sie hat auch Herrn Professor Dr. Hans Rose, den jetzigen Ordinarius f ü r Kunstgeschichte in Jena, der bis vor kurzem in München tätig war, f ü r die Abfassung der die Kunst betreffenden Artikel gewonnen. Für diese wertvolle Mitarbeit sei Herrn Rose hier der verbindlichste Dank ausgesprochen. Möge der Lebens- und Arbeitsgefährtin des von uns geschiedenen Meisters bayerischer Geschichtschreibung die Freude ge-
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Vorwort.
g ö n n t sein, diesen Band m i t dem gleichen Wohlwollen a u f g e n o m m e n zu sehen, dessen sich die beiden f r ü h e r e n B ä n d e erfreuen d u r f t e n . In d a n k b a r e r A n e r k e n n u n g seiner großen Verdienste um Doeberls „ E n t w i c k l u n g s g e s c h i c h t e B a y e r n s " w u r d e der Schlußband des Werkes d e m Verlag R. O l d e n b o u r g g e w i d m e t . München im O k t o b e r 1931. Der
Herausgeber
Dr. M a x Spindler Privatdozent für Geschichte an der Universität München.
Inhaltsübersicht. V. Buch. Bayern in der Zeit des Vormärz. — Die Zeit Ludwigs I. 1825—1848. Erstes K a p i t e l . Kronprinzenzeit u n d R e g i e r u n g s a n t r i t t
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Allgemeine Lage, S. 3 — E r z i e h u n g , S. 6 — A u f g a b e n , S. 8 — S a n i e r u n g des Finanzwesens, S t a a t s v e r e i n f a c h u n g , S. 11 — A u f h e b u n g d e r Zensur, S. 14.
Zweites Kapitel. Kirchen- u n d Schulpolitik
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K l o s t e r r e s t a u r a t i o n : B e n e d i k t i n e r , M e n d i k a n t e n o r d e n , weibliche Klöster, S. 15 — Stellung zu den J e s u i t e n , S. 19 — R e f o r m des h ö h e r e n S c h u l w e s e n s : Friedrich Thiersch, Mittelschulen, Schulpläne, S. 21 — Ludwig-Maximilians-Univers i t ä t : Verlegung n a c h M ü n c h e n , E r n e u e r u n g des L e h r k ö r p e r s u n d der Verfassung, S. 25.
Drittes K a p i t e l . Die K u n s t p f l e g e Ludwigs I. — T h e a t e r u n d Musik — Philhellenismus . . . . E r n e u e r u n g des Englischen G a r t e n s , E r r i c h t u n g des H o f t h e a t e r s , G r ü n d u n g der L o k a l b a u k o m m i s s i o n , A u s a r b e i t u n g des ersten M ü n c h n e r Generallinienplans, S. 32 — K a r o l i n e n p l a t z , Königsplatz, G l y p t o t h e k , L e u c h t e n b e r g p a l a i s , K u n s t ausstellungsgebäude, P r o p y l ä e n , S. 36 — P l a s t i k (Boos, F r a n z u n d L u d w i g S c h w a n t h a l e r , Thorwaldsen), S. 40 — Erzgießerei ( S t i g l m a y e r , Miller), S. 42 — J o h a n n Martin W a g n e r , S. 4 3 — H i s t o r i e n m a l e r e i ( P e t e r Cornelius), S. 4 3 — O d e o n s p l a t z und L u d w i g s t r a ß e , Alte P i n a k o t h e k , Allerheiligenhofkirche, F e s t s a a l b a u der Residenz, H a u p t p o s t a m t , Basilika, S. 46 — E r r i c h t u n g der O b e r s t e n B a u b e h ö r d e , S. 54 — W a l h a l l a u n d Befreiungshalle, S. 54 — Historienmalerei ( K a u l b a c h , S c h n o r r v. Carolsfeld, Heß), S. 56 — Schackgalerie, N e u e P i n a k o t h e k , S. 59 — L a n d s c h a f t s k u n s t ( R o t t m a n n u. a.), S. 60 — Genremalerei ( S c h w i n d , Bürkel, Spitzweg), S. 61 — Ausblick, S. 63. T h e a t e r und Musik
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Philhellenismus
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Viertes Kapitel. B a y e r n und die w i r t s c h a f t l i c h e E i n i g u n g D e u t s c h l a n d s . — Die w i r t s c h a f t l i c h e Entwicklung Bayerns unter Ludwig 1 Die w i r t s c h a f t l i c h e Lage D e u t s c h l a n d s n a c h den Napoleonischen Kriegen, der „ D e u t s c h e H a n d e l s - u n d G e w e r b e v e r e i n " , Friedrich List, S. 72 — die H a l t u n g der b a y e r i s c h e n Regierung auf den K a r l s b a d e r , Wiener, D a r m s t ä d t e r u n d S t u t t g a r t e r K o n f e r e n z e n , S. 76 — der b a y e r i s c h - w ü r t t e m b e r g i s c h e Zollverein v o m 18. J a n u a r 1828, S. 80 — d e r preußisch-hessische Zollverein v o m 14. Feb r u a r 1828, S. 83 — der m i t t e l d e u t s c h e Zollverein v o m 24. S e p t e m b e r 1828,
72
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Inhaltsübersicht. Seite
S. 85 — die Einigung, S. 85 — der deutsche Zollverein 1833/34, seine Bedeutung, S. 89. Die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns Hebung des Gewerbes, der Industrie und des Handels, S. 90 — Steinheil, Gabeisberger, Senefelder, S. 91 — Fabriken, S. 91 — die Arbeiterfrage, S. 92 — der Donau—Main-Kanal, S. 93 — die erste Eisenbahn, S. 93 — Hebung der Landwirtschaft, des Forstwesens, S. 94 — Errichtung der Bayerischen Hypothekenund Wechselbank, S. 94.
90
Fünftes Kapitel. Die Wendung im Leben und in der Regierung König Ludwigs 1 Das Regierungssystem des Königs, S. 94 — der Landtag 1827/28, Mißbrauch der Preßfreiheit, Wirkungen der Pariser Julirevolution, Münchner Studentenunruhen, Zensurverordnung vom 28. J a n u a r 1831, S. 97 — der Landtag 1831, S. 104.
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Sechstes Kapitel. Reaktion und Revolution Das Ministerium Öttingen-Wallerstein, S. 110 — die Selbsttätigkeit des Königs, S. 111 — Hambacher und Gaibacherfest, S. 115 — Wiener Ministerkonferenzen, 5. 117 — Maßregelungen, Zensur, Schulpolitik, S. 118 — Landtag 1834, Landtag 1837, Klosterpolitik, Erübrigungsfrage, Budgetrecht, S. 122 — Entlassung Wallersteins, S. 124 — Ministerium Abel, S. 125 — Landtag 1839/40, Landtag 1843, Verfassungsverständnis, S. 127 — Kirchenpolitik, Beisetzung der Königinwitwe, Kniebeugungsaffäre, Protestantenfeindliche Regierungspolitik, GustavAdolf-Verein, Konfessionalisierung des Schulwesens, Bildung des Ministeriums des Innern f ü r kirchliche Angelegenheiten, S. 128 — Lola Montez, S. 135 — Entlassung Abels, Ministerium Maurer-Zu Rhein, S. 137 — Ministerium Öttingen-Wallerstein, Unruhen, Schließung der Universität, Proklamation vom 6. März 1848, S. 140 — Abdankung des Königs am 20. März 1848.
110
Siebentes Kapitel. Von den Karlsbader und Wiener Ministerkonferenzen bis zum J a h r e 1848. — Ludwig I. und die Bundesreformbestrebungen der Regierungen Allgemeine Entwicklung, S. 147 — Eindruck der Pariser Februarrevolution in Bayern, S. 158 — erste Wirkungen, innere Ursachen, S. 160 — Vorparlament und Pläne der beiden Brüder Gagern, Haltung des Königs, S. 164.
147
VI. Buch.
Bayern in der Zeit vom Frankfurter Parlament bis zum Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland. Erstes Kapitel. Jugendjahre und Kronprinzenzeit Maximilians II. — Der Ausbau der Verfassung und die Reformgesetzgebung Erziehung, S. 171 — Reformlandtag vom F r ü h j a h r 1848: Wahlgesetz, geplante Umbildung des Reichsrats, ständische Initiative, Ministerverantwortlichkeit,
171
Inhaltsübersicht.
XI Seite
Ministerverwesung, M i n i s t e r r a t , K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t , S. 175 — Gemeindegesetzgebung, L a n d r a t , S. 180 — G r u n d e n t l a s t u n g u n d B a u e r n b e f r e i u n g , J a g d r e c h t , W e i d e r e c h t , Wassergesetz, S. 184 — J u s t i z r e f o r m , G r u n d l a g e n gesetz, S. 187 — Presse u n d Zensur, V e r s a m m l u n g s - u n d Vereinsrecht, S. 188 — kirchliche S t r ö m u n g e n u n d F o r d e r u n g e n , S. 190 — Publizistik, P r e ß g e s e t z v o m 22. F e b r u a r 1850, S. 194.
Zweites Kapitel. Bayern u n d d a s F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t I. II. III. IV. V.
Der D a h l m a n n s c h e Verfassungsentwurf u n d das bayerische G e g e n p r o j e k t Das Frankfurter Parlament König Maximilians II. A b w e h r p o l i t i k Die Stellung der Regierung z u m F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t P a r t e i e n b i l d u n g . — D a s bayerische Volk u n d die F r a n k f u r t e r Verfassungsbeschlüsse
194 194 201 210 217 220
Drittes Kapitel. Bayern u n d das preußische U n i o n s p r o j e k t
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U n i o n s p r o j e k t , S. 236 — Dreikönigsbündnis, S. 238 — L u d w i g von d e r P f o r d t e n , S. 239 — seine Reisen n a c h Wien u n d Berlin, S. 2 4 4 — M ü n c h n e r P u n k t a t i o n v o m 27. F e b r u a r 1850 — die dänische F r a g e , d e r kurhessische Verfassungskonflikt, O l m ü t z , S. 250.
Viertes Kapitel. Bayern u n d die d e u t s c h e n B u n d e s r e f o r m b e s t r e b u n g e n in d e r E p o c h e des K r i m krieges 1854—1856, des Italienischen Krieges 1859 u n d des F r a n k f u r t e r F ü r s t e n t a g e s 1863
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R e a k t i o n ä r e S t r ö m u n g e n , Z o l l v e r e i n s v e r h a n d l u n g e n , S. 258 — Krimkrieg, S. 259 — B u n d e s r e f o r m b e s t r e b u n g e n , S. 262 — der Italienische Krieg, H a l t u n g der R e g i e r u n g u n d Bevölkerung, S. 264 — N a t i o n a l v e r e i n , F o r t s c h r i t t s p a r t e i , m i t t e l s t a a t l i c h e K o n f e r e n z e n , g r o ß d e u t s c h e r R e f o r m v e r e i n , S. 267 — O t t o v. B i s m a r c k 270 — F r a n k f u r t e r F ü r s t e n t a g , H a l t u n g d e r R e g i e r u n g u n d d e r P a r t e i e n , S. 2 7 3 — N ü r n b e r g e r Ministerkonferenz, S. 278.
Fünftes Kapitel. R e a k t i o n ä r e S t r ö m u n g e n . — Die K u l t u r p o l i t i k Maximilians II
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I. B a y e r n in der Zeit der allgemeinen R e a k t i o n W i e d e r a u f n a h m e der R e f o r m g e s e t z g e b u n g u n t e r v o n der P f o r d t e n , S. 280 — r e a k t i o n ä r e M a ß n a h m e n u n t e r Reigersberg, S. 283 — J u s t i z r e f o r m u n t e r S c h r e n c k - N e u m a y r , S. 285 — F o r t s c h r i t t e auf d e m Gebiete des H a n d e l s , des Verkehrs, der W i r t s c h a f t , des Gewerbes, der I n d u s t r i e , der sozialen Fürsorge, S. 286.
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II. F ö r d e r u n g der W i s s e n s c h a f t . — U n i v e r s i t ä t e n u n d A k a d e m i e . . . . K u l t u r p r o g r a m m des Königs, S. 288 — B e r u f u n g e n , S. 292 — E i n r i c h t u n g von S e m i n a r e n , M a x i m i l i a n e u m , K o m m i s s i o n e n , Maximiliansorden, Plan einer A k a d e m i e f ü r d e u t s c h e S p r a c h e u n d L i t e r a t u r , S. 296 — U n i v e r s i t ä t , A k a d e m i e , Institute, S a m m l u n g e n , U n t e r s t ü t z u n g e n , M a x i miliansmedaille, p o p u l ä r e Vorträge, S. 300.
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I I I . Mittel- u n d Volksschulwesen Vorgeschichte der S c h u l o r d n u n g f ü r die höheren L e h r a n s t a l t e n , S. 305 — R e f o r m des Volksschulwesens, N o r m a t i v v o m 15. Mai 1857, N o r m a t i v v o m 29. S e p t e m b e r 1866, S. 306.
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Inhaltsübersicht.
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Seite
IV. Schöne L i t e r a t u r . — Symposien Schöne L i t e r a t u r : R ü c k b l i c k auf die Zeit L u d w i g s I., S. 309 — die einheimischen D i c h t e r : Pocci, Kobell, S t e u b , S c h m i d , R e d w i t z , Lingg u. a., S. 311 — d i e B e r u f e n e n : Dingelstedt, Geibel, Heyse, Graf Schack, B o d e n s t e d t , H e r t z , Grosse, Riehl, S. 317 — Die S y m p o s i e n , S. 3 2 3 — W i d e r s t ä n d e , S. 326.
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V. Der Maximiliansstil H o h e n s c h w a n g a u , W i t t e l s b a c h e r p a l a i s , S. 332 — der n e u e Stil, S. 334 — Glaspalast, Bayerischer K u n s t g e w e r b e v e r e i n , S. 335. Die M a x i m i l i a n s t r a ß e N a t i o n a l m u s e u m , S. 3 4 3 — R e g o t i s i e r u n g der F r a u e n k i r c h e , S. 345 — A u s s c h m ü c k u n g des M a x m i l i a n e u m s , S. 348. V I . G e s a m t w ü r d i g u n g . — Die Persönlichkeit des Königs. — Sein T o d . .
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VII. Buch. Bayern in der Zeit der Reichsgründung. — Ausblick auf die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens. Erstes Kapitel. König L u d w i g II.
Seine J u g e n d u n d sein V e r h ä l t n i s zu R i c h a r d W a g n e r
. .
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J u g e n d u n d E r z i e h u n g des Königs, S. 361 — E i n f l u ß R i c h a r d W a g n e r s , S. 364.
Zweites Kapitel. Die K ü n s t e im Zeitalter L u d w i g s II. — Die R e g e n t s c h a f t Die F ü h r e r s t e l l u n g Münchens, Ludwigs V e r h ä l t n i s zur K u n s t , G o t t f r i e d S e m p e r , R e s i d e n z e i n b a u t e n , H e b u n g des K u n s t g e w e r b e s , die Königsschlösser, S. 367. Die A k a d e m i e k r i s e Die Stilkrise. — D a s Z e i t a l t e r des R e g e n t e n B a u k u n s t . — Die N e u - A k a d e m i k e r Die Sezessionsidee
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376 379 384 389
D r i t t e s Kapitel. B a y e r n u n d d e r E n t s c h e i d u n g s k a m p f u m die V o r h e r r s c h a f t in D e u t s c h l a n d .
. .
I. Neue M ä n n e r u n d P r o g r a m m e Ludwigs II. V e r h ä l t n i s zur Politik, B e r u f u n g von der P f o r d t e n s . II. O t t o v. B i s m a r c k u n d L u d w i g v o n der P f o r d t e n a m V o r a b e n d des J a h r e s 1866 L u d w i g von der P f o r d t e n u n d die schleswig-holsteinische Frage, allgemeine R i c h t u n g seiner Politik, sein V e r h ä l t n i s zu P r e u ß e n , S. 399 — Beg e g n u n g m i t B i s m a r c k in Salzburg a m 23. Juli 1865, d e r Gasteiner Vert r a g , S. 405 — B i s m a r c k s W e r b e n u m B a y e r n , S. 407. I I I . B a y e r n bei A u s b r u c h des D e u t s c h e n Krieges Von der P f o r d t e n s g r o ß d e u t s c h e G e s i n n u n g , die H a l t u n g des Königs, der P a r t e i e n , S. 410 — Politik der V e r s t ä n d i g u n g , Ministerkonferenzen
396 396
399
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Inhaltsübersicht.
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in A u g s b u r g u n d B a m b e r g , S. 412 — B i s m a r c k s A n g e b o t u n d von der P f o r d t e n s A n t w o r t vom 10. J u n i , v e r m i t t e l n d e T ä t i g k e i t , w i r t s c h a f t l i c h e H i n t e r g r ü n d e , konfessionelle D e u t u n g e n , S. 415. IV. B a y e r n w ä h r e n d des Deutschen Krieges Verlauf des Feldzugs, S. 420 — Ursachen des Mißerfolgs, V o r w ü r f e gegen die H e e r f ü h r e r , gegen L u d w i g von der P f o r d t e n , S. 424 — A b l e h n u n g der p r e u ß i s c h e n A n t r ä g e , S. 430.
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V. Nikolsburg Reise von der P f o r d t e n s ins preußische H a u p t q u a r t i e r , W a f f e n s t i l l s t a n d , S. 432.
432
V I . Berlin Die E r w a r t u n g e n der bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n u n d die F o r d e r u n g e n B i s m a r c k s , der Ausgleich, S. 437 — der V e r t r a g v o m 22. A u g u s t , S. 444.
437
V I I . Der A u s g a n g . — Die E n t l a s s u n g von d e r P f o r d t e n s A b l e h n u n g der S ü d b u n d p l ä n e d u r c h die ü b r i g e n s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n , S. 446 — H a l t u n g des Volkes u n d der P a r t e i e n , S. 449 — H a l t u n g v o n der P f o r d t e n s , S. 451 — Seine E n t l a s s u n g , S. 454.
446
Viertes Kapitel. Die innere P o l i t i k des Ministeriums H o h e n l o h e . — F o r t s c h r i t t s p a r t e i . — formen
Re459
F ü r s t Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, S. 459 — die F o r t s c h r i t t s p a r t e i , S. 462 — Sozialgesetzgebung, S. 466 — Verkehrswesen, W e h r v e r f a s s u n g , Zivilp r o z e ß o r d n u n g , Plan einer W a h l g e s e t z r e f o r m , S. 470.
Fünftes Kapitel. Die d e u t s c h e Politik des Ministeriums H o h e n l o h e
472
D a s P r o g r a m m Hohenlohes, S. 475 — die L u x e m b u r g i s c h e Frage, S. 476 — die Salzburger K a i s e r e n t r e v u e , F r a n k r e i c h s A b s i c h t e n , H o h e n l o h e s Stellung z u m S ü d b u n d p l a n , S. 478 — Hohenlohes Ziel, S. 4 8 3 — Mission des G r a f e n T a u f f kirchen, S. 484 — E r n e u e r u n g des Zollvereins, S. 488 — die p a t r i o t i s c h e Volksp a r t e i , S. 489 — Graf O t t o v. B r a y - S t e i n b u r g , S. 493.
Sechstes Kapitel. B a y e r n u n d die Bismarckische R e i c h s g r ü n d u n g
495
K r i e g s u r s a c h e n , S. 495 — H a l t u n g B a y e r n s bei K r i e g s a u s b r u c h , S. 498 — H a l t u n g des L a n d t a g s , S. 501 — Verlauf des Feldzugs, S. 5 0 3 — die M ü n c h n e r K o n f e r e n z e n , S. 512 — die Versailler V e r h a n d l u n g e n , S. 519 — das Kaiserp r o b l e m , S. 562 — der bayerische L a n d t a g u n d die Versailler Verträge, S. 535 — die R e i c h s v e r f a s s u n g , S. 538.
Siebentes Kapitel. Innere Politik n a c h dem Kriege. — K i r c h e n - u n d schulpolitische K ä m p f e u n t e r dem Ministerium L u t z . — Der T o d des Königs Wahlgesetznovelle v o m 21. März 1881, S. 5 4 3 — J o h a n n Lutz, S. 5 4 3 — Freisinger Bischofskonferenz v o m 2. O k t o b e r 1850, S. 544 — das V a t i k a n u m , Ign. v. Döllinger, der „ K a n z e l p a r a g r a p h " , S. 545 — S c h u l k ä m p f e , S. 549 — E n t m ü n d i g u n g und T o d des Königs, S. 551.
541
XIV
Inhaltsübersicht.
Achtes Kapitel. Die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens Schulwesen: Volksschulen, S. 558 — Höhere Lehranstalten, S. 560 — Technische Hochschule, S. 562 — Universitäten, S. 563 — Akademie der Wissenschaften, S. 564 — Hof- und Staatsbibliothek, S. 565 — Akademie der bildenden Künste, S. 565 — staatliche Kunstsammlungen, S. 566 — Heimatschutzbewegung, Inventarisation der Kunstdenkmäler, Errichtung des Generalkonservatoriums, S. 566 — Kirchenpolitik, S. 566 — Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs, Anlegung des Grundbuchs, Fortschritte auf dem Gebiete der Landesgesetzgebung, S. 568 — Strafrechtspflege, S. 569 — Fürsorge f ü r die Landwirtschaft, S. 570 — hygienische Maßnahmen, S. 571 — Hebung des Handels und Gewerbes, S. 572, Einrichtung der Statistischen Zentralkommission, S. 572 — Finanzwesen, S. 573 — Hebung des Verkehrswesens, S. 573 — Postwesen, S. 574 — Beamtengesetz vom 15. August 1908, S. 575 — Landtagswahlgesetz vom 9. April 1906 — Plan einer Reform der Reichsratskammer, S. 576 — Anträge der Liberalen und Sozialdemokraten, S. 577 — die bayerische Verfassungsentwicklung, S. 578 — Rückblick auf die bayerische Geschichte, S. 580.
Seite
558
V. B U C H .
Bayern in der Zeit des Vormärz. — Die Zeit Ludwigs I. 1825-1848.
D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
1
Erstes
Kapitel.
Kronprinzenzeit und Regierungsantritt. Am 12. O k t o b e r 1825 w a r Bayerns erster K ö n i g gestorben. Die R e a k t i o n , die d a m a l s in ganz E u r o p a am W e r k e war, h a t t e seine letzten L e b e n s j a h r e ü b e r s c h a t t e t . T r o t z d e m w a r ihm bis z u m Tode seine Volkst ü m l i c h k e i t geblieben. Das ganze Volk beklagte seinen H e i m g a n g ebenso herzlich wie es ein J a h r zuvor noch das R e g i e r u n g s j u b i l ä u m des geliebten Königs j u b e l n d gefeiert h a t t e . Und doch schien es m a n c h e m eine gnädige F ü g u n g , d a ß das Szepter den greisen H ä n d e n Maximilians I. in d e m Augenblick entfiel, als der R ü c k s c h r i t t über ihn H e r r zu werden drohte. Mochte auch die Neigung zur R e a k t i o n den f o r t s c h r i t t l i c h e n Ausbau der V e r f a s s u n g h e m m e n , d a r ü b e r bestand kein Zweifel, d a ß die Regierungszeit des dahingeschiedenen Herrschers d a n k der Fähigkeiten und Verdienste Montgelas' f ü r B a y e r n den A n b r u c h einer neuen Zeit b e d e u t e t e . Unvergleichlich groß waren die Vorteile, die das L a n d aus den U m w ä l z u n g e n der napoleonischen Ä r a und der Befreiungskriege d a v o n g e t r a g e n h a t t e , grundlegend die V e r ä n d e r u n g e n , die es in seinem U m f a n g , in der Z u s a m m e n s e t z u n g seiner Bewohner, in S t a a t s v e r f a s s u n g und S t a a t s r e c h t , in der Stellung seines O b e r h a u p t e s , in seiner Eingliederung in das d e u t s c h e S t a a t e n s y s t e m e r f a h r e n h a t t e . Die territoriale A u s d e h n u n g des bayerischen S t a a t e s h a t t e sich v e r d o p p e l t . Der altbayerische R a h m e n w a r gesprengt. B a y e r n w a r gewachsen ü b e r den Lech ins Schwäbische u n d an den Main ins Fränkische, h a t t e neue Landesteile sich angegliedert u n d mit ihnen Angehörige a n d e r e r S t ä m m e in sich a u f g e n o m m e n . B a y e r n w a r kein S t a m m e s s t a a t m e h r , seine Bew o h n e r kein S t a m m e s - , sondern ein S t a a t s v o l k , gebildet aus einer Mehrzahl v o n S t ä m m e n . Sie alle h a b e n von e i n a n d e r gelernt, nicht zuletzt die B a y e r n von den F r a n k e n und Schwaben u n d i h r e m Zweiklang, den P f ä l z e r n . Seitdem die pfälzischen W i t t e l s b a c h e r u n t e r Karl T h e o d o r u n d M a x J o s e p h Besitz ergriffen von den gesamten rechtsrheinischen L a n d e n , ist i m m e r wieder rheinisches Blut, rheinische A r t , rheinische G e d a n k e n w e l t e i n g e s t r ö m t in die altbayerischen L a n d e : in den S t a a t , in die Kirche, in die Gesellschaft, in die Familie, in die W i r t s c h a f t , in l
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V. Buch. Erstes Kapitel.
das Geistesleben. Die Fortbildung des modernen Staates vollends konnte und kann man sich ohne das „ S a l z " der pfälzischen Opposition gar nicht denken. Dieser neue Staat besaß, seit der alte Reichsverband zerfallen war, volle Souveränität. Er stand den beiden deutschen Großmächten innerhalb des deutschen Bundes gleichberechtigt gegenüber und bewegte sich wie diese mit aller nur wünschenswerten Freiheit innerhalb der europäischen Staatenfamilie. Sein Herrscher h a t t e den K u r h u t mit der Königskrone vertauscht und genoß neben dem Ansehen seines alten Geschlechtes den Glanz der neuen Würde. Mit Hilfe der neuen Souveränität hatte sich ein tiefgehender Wandel vollzogen. Bayern war ein moderner Staat geworden. Es h a t t e eine friedliche Revolution erlebt auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem, kirchlichem und geistigem Gebiet — nach dem Vorbilde des streng zentralisierenden Frankreichs, das damals im Gegensatz zu dem reaktionären Kaiserstaat an der Donau als das Land des politischen Fortschritts galt. Die Gesetzgebung Montgelas' h a t t e den Schutzwall niedergerissen, den die alten Mächte um sich a u f g e t ü r m t hatten und dem bayerischen Bauern- und Bürgertum die erste Entfesselung aus alter Gebundenheit gebracht. Seit dem J a h r e 1818 waren all die vielgestaltigen Neuerungen in einem Staatsgesetz, in einer modernen Verfassung verankert und die Bewohner des Landes zur Teilnahme am politischen Leben, zur Mitarbeit an der Regierung aufgerufen. Das Volk besaß in seinen Vertretern, den Ständen, Organe, die an der Gesetzgebung Anteil h a t t e n und seinen Willen vor dem König und der Regierung vertraten. Damit war der entscheidende Schritt in die neue Zeit getan. Gleichwohl waren in der inneren Umgestaltung des Landes nirgends gleichmäßig befriedigende Ergebnisse erzielt, geschweige denn ein Abschluß erreicht. Montgelas selbst hatte in seinem Rechenschaftsbericht über die innere Staatsverwaltung zugeben müssen, d a ß Fehler gemacht worden waren. Manche seiner P r o g r a m m p u n k t e trugen allzu deutlich den Stempel des Zeitgeistes an sich, als daß ihre D u r c h f ü h r u n g von Dauer hätte sein können. Andere waren mit solcher Überstürzung und Mißachtung des Bestehenden verwirklicht worden, d a ß auf lange Zeit ihr Nutzen durch den Schaden überwogen wurde, den die übereilte Einf ü h r u n g hervorgerufen hatte, wieder andere waren infolge der kriegerischen bewegten Zeiten und aus Mangel an Mitteln überhaupt nicht zur Ausführung gelangt. Die Verfassung hatte zwar dem Organisationsfieber ein Ende gemacht und versucht, das Erreichte in Zusammenhang und in das gehörige Gleichgewicht zu setzen. Allein sie war keineswegs vollkommen. Die Hast, mit der sie ausgearbeitet und publiziert worden war, war von nachteiligem Einfluß auf den Wortlaut, die Klarheit, den Umf a n g vieler ihrer Bestimmungen. Nicht wenige ihrer Paragraphen waren mehrdeutig und gaben zu Mißverständnissen Anlaß. Die fortschrittlich Gesinnten betrachteten sie zudem nur als Stückwerk. Gewährte sie
Kronprinzenzeit und Regierungsantritt.
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d e m Volke auch im Vergleich zu f r ü h e r ein hohes M a ß von R e c h t e n , so v e r m i ß t e m a n doch, als die anfängliche Begeisterung n ü c h t e r n e r K r i t i k gewichen w a r , sehr bald in ihr eine Reihe von Z u g e s t ä n d n i s s e n , die m a n f ü r u n u m g ä n g l i c h n o t w e n d i g u n d zeitgemäß e r a c h t e t e . A u c h w a r das H a u p t z i e l der Verfassung, die Verschmelzung der zahlreichen neu erw o r b e n e n Gebiete m i t d e m a l t b a y e r i s c h e n S t a m m l a n d zu einer Einheit, bisher n u r äußerlich erreicht. Wohl bildeten die Pfälzer, die F r a n k e n und S c h w a b e n z u s a m m e n mit den A l t b a y e r n einen g e m e i n s a m e n U n t e r t a n e n v e r b a n d , allein es f e h l t e noch ein g e m e i n s a m e s S t a a t s g e f ü h l . Das k a m auf den L a n d t a g e n sehr deutlich zum A u s d r u c k . Noch s t a n d a u c h der m e d i a t i s i e r t e Adel grollend zur Seite u n d lehnte in seiner Mehrheit jede a k t i v e M i t a r b e i t am A u s b a u des S t a a t e s im Heerwesen oder in der V e r w a l t u n g ab, ü b t e a b e r gleichzeitig in der R e i c h s r a t s k a m m e r scharfe K r i t i k an den M a ß n a h m e n der Regierung. Besorgniserregend w a r die w i r t s c h a f t l i c h e Lage. Die L a n d w i r t s c h a f t , bei dem v o r n e h m l i c h agrarischen C h a r a k t e r B a y e r n s d e r ausschlaggebende F a k t o r im W i r t s c h a f t s l e b e n , m a c h t e eine schwere Krisis d u r c h . Der B a u e r n s t a n d litt an Geldmangel u n d K r e d i t n o t u n d vera r m t e z u s e h e n d s . Versuche, d u r c h G r ü n d u n g von K r e d i t v e r e i n e n dem Elend a b z u h e l f e n , s c h e i t e r t e n . Widrige Naturereignisse v e r m e h r t e n die Not. Der E r l a ß eines L a n d e s k u l t u r g e s e t z e s verzögerte sich. Der H a n d e l ging ebenfalls z u r ü c k t r o t z der wiederholten Versuche das Zollsystem zu v e r b e s s e r n . Die g e w e r b e t r e i b e n d e n S t ä n d e klagten ü b e r die d r ü c k e n d e S t e u e r l a s t u n d v e r l a n g t e n i m m e r dringlicher die A u f h e b u n g aller die Gewerbefreiheit einengenden politischen Vorschriften. Die allgemeine w i r t s c h a f t l i c h e S t a g n a t i o n w a r von u n g ü n s t i g s t e m E i n f l u ß auf die S t a a t s f i n a n z e n . Von J a h r zu J a h r m e h r t e sich die S c h u l d e n l a s t . Der S t a a t s h a u s h a l t b e g a n n in heillose V e r w i r r u n g zu g e r a t e n . Die G e f a h r eines S t a a t s b a n k e r o t t s lastete schwer auf den letzten R e g i e r u n g s j a h r e n Maximilians I. Ein reiches Arbeitsfeld e r ö f f n e t e sich somit d e m neuen König. A u ß e n politische F r a g e n von größerer B e d e u t u n g h a r r t e n seiner E n t s c h e i d u n g freilich n i c h t . Hier h a t t e n die napoleonischen Kriege u n d der W i e n e r K o n g r e ß a u c h f ü r B a y e r n feste T a t s a c h e n g e s c h a f f e n . Die allgemeine europäische Lage sowie die E r s c h ö p f u n g der Völker u n d der Wille d e r Regierenden ließen keine W i e d e r k e h r kriegerischer Verwicklungen b e f ü r c h t e n , m o c h t e n a u c h d a u n d d o r t r e v o l u t i o n ä r e U n r u h e n z u r Besorgnis A n l a ß geben. N i c h t auf d e m Schlachtfeld oder in der A r e n a der großen Politik ü b e r die Z u k u n f t seines Königreiches zu e n t s c h e i d e n , w a r d a h e r L u d w i g I. als A u f g a b e gesetzt. Er h a t t e w e d e r mit einem N a p o leon noch m i t einem B i s m a r c k u m das Schicksal seines L a n d e s zu ringen. Seine A u f g a b e lag in der Sicherung u n d E r h a l t u n g des E r r e i c h t e n , in der i n n e r e n Konsolidierung seines Landes, in der F o r t e n t w i c k l u n g der Verfassung. D a ß er die geistige u n d künstlerische H e b u n g des Volkes in den V o r d e r g r u n d stellte, lag b e g r ü n d e t in seiner Persönlichkeit u n d
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V. Buch. Erstes Kapitel.
wurde bestimmend f ü r den Charakter seiner Regierungszeit und f ü r seine Beurteilung in der Gegenwart. Groß waren die Erwartungen, mit denen sein Regierungsantritt begrüßt wurde. „Vom Sarge des Vaters richtet das Volk sich auf, Zu Dir sich auf mit Trauer und Stolz zugleich . . „ E h r f u r c h t erweckt, was Vater getan, in Dir, Du fühlst verjährter Zeiten Bedeutsamkeit, Ins Wappenschild uralter Sitte Fügst Du die Rosen der jüngsten Freiheit. Rückwärts erblickst Du Flammen und Krieg und Mord, Doch milde am Gürtel trägst Du das reine Schwert; Du stehst, wie jener fromme Dietrich, Über den Leichen der Nibelungen. So sei (Du warst es immer, erlauchter Fürst!) Des Friedens Schirm und jeglicher Kunst mit ihm, Die nur an seiner sanften Wärme Seelenerquickende Knospen eröffnet." So begrüßte ihn Platen in seiner berühmten Königsode. Ludwig I. (1825—1848) t r a t im kräftigsten Mannesalter die Regierung an. Mit ihm bestieg ein von rastlosem Tätigkeitsdrang beseelter, f ü r geistige Ideale empfänglicher, glänzend begabter Herrscher den Thron, ein Fürst voll feuriger Phantasie, voll Schwung und Temperament. Geboren 1786 in Straßburg als ältester Sohn des späteren Königs Max Joseph, der damals K o m m a n d a n t des französischen Regiments d'Alsace war, aus dessen erster Ehe mit Auguste von Hessen-Darmstadt, hatte er vortrefflichen Jugendunterricht genossen unter der Leitung des geistlichen Rates Sambuga und des Hofmeisters Kirschbaum. Seine Eigenart zeigte sich dem Erzieher S a m b u g a schon in den K n a b e n j a h r e n : einerseits eine aufbrausende Heftigkeit, anderseits eine f ü r dieses Alter ungewöhnliche Beharrlichkeit und „Spuren eines großen Verstandes", ein ausgezeichnetes Gedächtnis, eine besondere Neigung f ü r Geschichte, ein überraschendes Interesse f ü r die Fragen seines künftigen Berufes. „ W a s die vaterländische Geschichte b e t r i f f t " , schreibt Sambuga in seinem Tagebuch von dem zehnjährigen Knaben, „war er eifriger als ich noch je einen jungen Pfälzer gefunden habe. Er wußte die Verfassung des Deutschen Reiches, die Folgen seiner Kaiser, das Vorzügliche und das Fehlerhafte an ihnen, das Bemerkenswürdige in jeder Regierung". Einer der Herzenswünsche des Knaben war der Krieg gegen die Franzosen. „Den 24. März 1798", erzählt wiederum Sambuga in seinem Tagebuch, „waren wir hinter den Neckargärten längs dem Rhein hinabgegangen, als der Prinz anfing, von dem Kongreß zu R a s t a t t zu reden und sich etwas lebhaft gegen die »Franken' auszudrücken. Den 6. September äußerte mir der Prinz seinen so o f t
K r o n p r i n z e n z e i t und R e g i e r u n g s a n t r i t t .
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g e m a c h t e n W u n s c h , d a ß gegen die Franzosen gesieget und das linke R h e i n u f e r wieder z u r ü c k e r h a l t e n w e r d e . " Diese deutsche Gesinnung, diese Abneigung, die L u d w i g schon als K n a b e gegen Frankreich f ü h l t e , wuchs mit den J a h r e n und ist geradezu sprichwörtlich geworden. Die E r z i e h u n g s a u f g a b e S a m b u g a s w a r anfänglich keine leichte. Die M u t t e r war t o t , der V a t e r k ü m m e r t e sich wenig u m den Sohn, die Hofgesellschaft b e t r a c h t e t e den geistlichen Erzieher mit scheelem Auge. Um so höher ist der E i n f l u ß S a m b u g a s auf die E n t w i c k l u n g des Prinzen zu bewerten. E r ä u ß e r t e sich v o r n e h m lich n a c h zwei R i c h t u n g e n : in der Religiosität des z u k ü n f t i g e n Herrschers und in der A u f f a s s u n g Ludwigs v o m F ü r s t e n b e r u f e . S a m b u g a w a r einer jener wenig zahlreichen, a b e r b e d e u t e n d e n katholischen Theologen des ausgehenden 18. J a h r h u n d e r t s , die nach a n f ä n g l i c h e m S y m p a t h i s i e r e n m i t der A u f k l ä r u n g sich zu einem bek e n n t n i s t r e u e n , tiefgläubigen und dabei t o l e r a n t e n C h r i s t e n t u m d u r c h rangen u n d die kirchliche R e s t a u r a t i o n im ersten D r i t t e l des 19. J a h r h u n d e r t s a n b a h n e n halfen. Er besaß neben einer w o h l d u r c h d a c h t e n W e l t a n s c h a u u n g , neben imponierender C h a r a k t e r s t ä r k e u n d sicherem A u f t r e t e n alle Gaben des Geistes und Herzens u m auf ein F ü r s t e n k i n d zu wirken. Mit f e i n e m psychologischem V e r s t ä n d n i s g e w a n n er das V e r t r a u e n des schwer lenksamen, f r ü h r e i f e n E r b p r i n z e n , dessen religiöse Bildung v o l l k o m m e n vernachlässigt war. Durch W o r t u n d Beispiel weckte u n d f ö r d e r t e er in ihm jene tiefinnerliche, von aller H ä r t e u n d Einseitigkeit freie Religiosität, die einen c h a r a k t e r i s t i s c h e n Zug im Wesen des K r o n p r i n z e n und s p ä t e r e n Königs bildet. Die Briefe, die Ludwig in s p ä t e r e n J a h r e n an seinen Erzieher schrieb, sind ein lebendiger Beweis, wie tief i h m die Lehren S a m b u g a s ins Herz g e d r u n g e n w a r e n . Die V e r t r a u e n s s t e l l u n g , die Bischof Sailer genoß, die A b k e h r v o m kirchenpolitischen S y s t e m Montgelas', die E r n e u e r u n g des kirchlichen Lebens, die Ludwig in sein R e g i e r u n g s p r o g r a m m a u f n a h m , b e k u n d e n , d a ß L u d w i g auch als König noch den G r u n d s ä t z e n seines Lehrers huldigte u n d sie in die T a t umzusetzen suchte. In seiner S t a a t s a u f f a s s u n g s t a k S a m b u g a tief in den A n s c h a u u n g e n d e r Vergangenheit. Auch d a s w u r d e b e d e u t s a m f ü r seinen Schüler. Die Ideen der f r a n z ö sischen R e v o l u t i o n h a t t e n ihn nicht zu begeistern v e r m o c h t . Alle s t a a t liche Gewalt h a t t e nach ihm ihren U r s p r u n g in G o t t . Als h ö c h s t e r S t a a t s z w e c k erschien ihm die Verwirklichung der christlichen S i t t e n lehre. E r w a r ein überzeugter A n h ä n g e r des G o t t e s g n a d e n t u m s und eines Absolutismus, der sich von dem des 18. J a h r h u n d e r t s lediglich d u r c h seine kirchliche F ä r b u n g und d u r c h christlich-patriarchalische Züge unterschied. Wie der H a u s v a t e r die Familie, so sollte nach ihm der König seine U n t e r t a n e n lenken u n d leiten. In zahlreichen Gesprächen u n d V o r t r ä g e n v o n ebenso großer Einfachheit u n d Eindringlichkeit wie pädagogischer K u n s t entwickelte er vor d e m h e r a n w a c h s e n d e n J ü n g l i n g diese A n s c h a u u n g e n u n d lehrte sie ihn v e r s t e h e n . Seine W o r t e
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V. Buch. Erstes Kapitel.
fielen auf fruchtbaren Boden. Auf Sambuga gehen die erhabene Auffassung des Fürstenberufes, das strenge Pflichtbewußtsein des späteren Königs zurück, die stark ausgeprägte, oft schroff in Erscheinung tretende Selbständigkeit, er legte in Ludwig aber auch den Keim zu jener blinden Verkennung der Grenzen seiner Allmacht, in der dieser als Herrscher befangen war, und damit zu jener tragischen Entwicklung, die schließlich zur Abdankung des Königs f ü h r t e . Als Ludwig der Leitung Sambugas entwachsen war, besuchte er in den Jahren 1803 und 1804 die Universitäten Landshut und Göttingen, studierte Philosophie, Staatsrecht und Geschichte und empfing namentlich von Michael Sailer in Landshut und von August Ludwig von Schlözer in Göttingen nachhaltige Eindrücke. Mehrere Reisen nach Italien vervollkommneten seine Bildung und steigerten in ihm die angeborene Liebe zur Kunst. Die Rheinbundpolitik seines Vaters zwang ihn an die Seite Napoleons. Er wohnte im F r ü h j a h r 1806 den Sitzungen des französischen Staatsrats in Paris bei und nahm an den Feldzügen der J a h r e 1807 und 1809 hervorragenden Anteil. Als Gouverneur des Inn- und Salzachkreises erwarb er sich in den folgenden Jahren im Verein mit seiner Gemahlin, der Prinzessin Therese von Hildburghausen, mit der er sich am 12. Oktober 1810 vermählt hatte, die Liebe der Tiroler, denen seine Abneigung gegen Napoleon kein Geheimnis blieb. Nach dem Zusammenbruch der Macht des Korsen residierte er abwechselnd in Würzburg und Aschaffenburg. Im Bade Brückenau, seinem Lieblingsaufenthalt, traf ihn die Kunde von dem Tode seines Vaters. *
Auf den neuen König bauten die Freunde eines maßvollen Verfassungslebens, die in den letzten J a h r e n des Vaters f ü r die politische Freiheit gebangt hatten, sie erhofften von ihm auch die Entfesselung der Presse. Auf ihn hofften selbst die Freunde eines entschiedenen Liberalismus, einer entschiedeneren, fortschrittlicheren Weiterbildung der Verfassung, die unter Ausschaltung der Reichsratskammer nach Einf ü h r u n g des Einkammersystems verlangten 1 ). Ludwig h a t t e sich ja als Kronprinz um die E i n f ü h r u n g der Verfassung, namentlich bei den Verfassungsberatungen der J a h r e 1814/15, wesentliche Verdienste erworben: er h a t t e den Verfassungsentwurf vom J a n u a r 1815 einer überraschend freimütigen Kritik unterzogen 2 ) und Bemerkungen dazu geschrieben, die er selbst seinem Sohn gegenüber als Umarbeitungen bezeichnete. „Die mit den Königspflichten zu vereinbarende möglichst größte Freiheit genieße das Volk", schrieb er damals an seinen Erstgeborenen, „kein Gesetz noch irgendeine Art von Abgaben ohne ständische Billigung! !) So der Landrichter Wellner in seiner Flugschrift: „Was hat Bayern von der Thronveränderung zu erhoffen?" Das ist nämlich der Kern seiner Ausführung, nicht aber, wie man gemeint hat, die Wiederherstellung des aufgeklärten Absolutismus. 2 ) Vgl. Doeberl, Ein Jahrhundert bayerischen Verfassungslebens 1918, 30f.
Kronprinzenzeit und Regierungsantritt.
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Fest ist n u r der T h r o n , welcher g r ü n d e t auf Liebe und V e r t r a u e n , die n i c h t befohlen, sondern v e r d i e n t werden müssen, sollen sie w ä h r e n " . Er h a t t e den E i n f l u ß des Mannes gebrochen, der sich a m h a r t n ä c k i g s t e n der E i n f ü h r u n g einer V e r f a s s u n g widersetzte. Der S t u r z Montgelas' w a r sein W e r k 1 ) . Geringer dagegen w a r die u n m i t t e l b a r e M i t a r b e i t des K r o n p r i n z e n a n den V e r f a s s u n g s b e r a t u n g e n des J a h r e s 1818 gewesen. Um so w i r k s a m e r h a t t e er sich bald darauf u m den S c h u t z der bayerischen Verfassung gegenüber den Gefahren b e m ü h t , die ihr in der Zeit der K a r l s b a d e r und W i e n e r Ministerkonferenzen v o n a u ß e n her d r o h t e n . „Sie h a b e n " , schrieb er d a m a l s an seinen Vater, „ B a y e r n das w o h l t ä t i g e Geschenk einer Verfassung f ü r alle Zeit gegeben u n d wir h a b e n sie beschworen, wovon uns n i e m a n d e n t b i n d e n k a n n . Seine V e r f a s s u n g halten ist nicht h e r a b w ü r d i g e n d , wohl a b e r sich von a n d e r e n M ä c h t e n Gesetze vorschreiben zu lassen." Ihm w a r es zu d a n k e n , wenn die K a r l s b a d e r Beschlüsse im J a h r e 1819 n u r m i t dem V o r b e h a l t e , soferne sie der S o u v e r ä n i t ä t , der Verfassung u n d den b e s t e h e n d e n Gesetzen nicht e n t g e g e n s t ü n d e n , v e r k ü n d e t u n d 1824 n u r mit der gleichen E i n s c h r ä n k u n g erneuert wurden.2) K r o n p r i n z Ludwig w a r a u c h eines der wenigen Mitglieder der Reichsr a t s k a m m e r , die schon auf den ersten T a g u n g e n der S t ä n d e v e r s a m m l u n g f ü r zeitgemäße F o r t b i l d u n g der bayerischen V e r f a s s u n g s t i m m t e n : f ü r die Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Rechtspflege, f ü r die T r e n n u n g der J u s t i z von der V e r w a l t u n g , f ü r die E i n f ü h r u n g von K r e i s v e r t r e t u n g e n . Er wollte diesen die gleichen Rechte z u g e s t a n d e n wissen wie im bayerischen Rheinkreise. „ B e r e i t s vor einigen T a g e n " , schrieb er a m 21. Dezember 1821 an den F i n a n z m i n i s t e r F r e i h e r r n von Lerchenfeld, „ h a t t e ich, u n a n g e n e h m mich ü b e r r a s c h e n d , e r f a h r e n , d a ß wir bloß zu v e r n e h m e n d e L a n d r ä t e b e k o m m e n w ü r d e n ; solche w ü n s c h e ich nicht, s o n d e r n die des Rheinkreises . . . In der von mir gelesen w e r d e n d e n , T e i l n a h m e erregenden Bairischen W o c h e n s c h r i f t sah ich des Rheinischen L a n d r a t e s Ä u ß e r u n g beim Schlüsse seiner j ü n g s t e n S i t z u n g ; küssen h ä t t e ich die M ä n n e r mögen, so gefiel mir f a s t alles, was sie s p r a c h e n . " Die stillen wie die öffentlichen K u n d g e b u n g e n des K r o n p r i n z e n in diesen J a h r e n b e r e c h t i g t e n zu d e m Glauben, d a ß er in den v o l k s t ü m lichen K r ä f t e n , die E i n l a ß b e g e h r t e n in S t a a t , G e m e i n d e u n d Gericht, nicht s t a a t a u f l ö s e n d e , sondern s t a a t v e r b i n d e n d e M ä c h t e s c h a u t e , wenn a u c h m a n c h m a l m i t j e n e m r o m a n t i s c h e n Einschlag, der sich in der r a u h e n L u f t des politischen Lebens nicht w e t t e r f e s t g e n u g erweisen sollte: „ H e r r l i c h ü b e r freies Volk zu w a l t e n , N i c h t n a c h Willkür grenzenlos zu s c h a l t e n , Sondern in den S c h r a n k e n , die b e s t e h n , In d e m Edelen sein Volk e r h ö h n ! " Vgl. Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns II 2 , 5 7 6 f f . ; derselbe, Ein Jahrhundert bayerischen Verfassungslebens 34 ff. 2 ) Derselbe, Entwicklungsgeschichte Bayerns II 2 , 5 6 9 f .
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Auf Ludwig hofften aber auch die Freunde einer kirchlichen Erneuerung — im Lager der Schüler und Gesinnungsgenossen Sailers sowohl wie im Lager der Konföderierten und ihrer kirchenpolitischen Erben. 1 ) In der Tat, derselbe König, der dem politischen Fortschritt huldigte, war ein Gegner der rationalistischen Richtung im Kirchenleben, ein Gegner der Kirchenpolitik Montgelas', ein Gegner der polizeilichen Einschnürung des kirchlichen Lebens. Er hat selbst das Verfahren mißbilligt, das die Regierung seines Vaters gegenüber dem Konkordat einschlug. Er stand dem Bischof Sailer wie dem Weihbischof Zirkel und damit indirekt dem Kreise der Konföderierten persönlich nahe. Er suchte — damals wenigstens — politischen Liberalismus mit katholischer Gesinnung zu vereinen. Daß beides vereinbar war, d a f ü r h a t t e man freilich damals wie später, z. B. in den siebziger J a h r e n , in weiten Kreisen kein Verständnis. Für weite Kreise deckten sich eben Liberalismus mit Aufklärung, Katholizismus mit Reaktion. Viel richtiger, mit einem psychologisch viel feineren Verständnis erfaßte der feurige Publizist Joseph von Görres den jugendlichen Monarchen in dem Mahn- oder Weckruf, den er unter dem Titel „Der Kurfürst Maximilian an König Ludwig I. von Bayern bei seiner Thronbesteigung" aus seinem Straßburger Exil durch Vermittlung Ringseis' an den König richtete, er r ü h r t e an die beiden Seiten seiner Seele, die fortschrittliche und die katholische. Er m a h n t den König, nach dem Beispiel seines großen Ahnherrn die Kirche seines Landes vom Druck der Polizeigewalt zu befreien, sie gemäß den Abmachungen des Konkordats auszugestalten und ihr die Erziehung des Volkes wieder anzuvertrauen. Er r u f t aber auch gleichzeitig den König auf mit dem Glauben auch die Geistesfreiheit zu schützen: „Sei Du ein christlicher Fürst, Seele zugleich und Schützer der Geistesfreiheit! Und Dein Beispiel möge die Zeloten von zweierlei Art verstummen machen, die beides miteinander unvereinbar halten." Das Beispiel Maximilians I. hat bis zum Schlüsse seiner Regierung auf Ludwig gewirkt, in guten wie in bösen Tagen. Von der starken Hand des neuen Königs erhoffte man auch eine Sanierung der Staatsfinanzen. Durch die Gebietsvergrößerungen unter Max I. waren zwar die Staatseinnahmen um mehr als das Dreifache gestiegen, allein mit den neu erworbenen Ländern mußten auch neue Ausgaben und neue Schulden übernommen werden. Die übermäßige Höhe vieler Besoldungen und Pensionen, die Kosten f ü r den umständlichen Verwaltungsapparat, die Auslagen f ü r die im Verhältnis zum Lande zu große Armee und die allgemeine wirtschaftliche Depression mehrten die Schuldenlast und trieben den Staat dem Bankerott zu. Die Reformen, die der Finanzminister Freiherr von Lerchenfeld vorschlug, scheiterten regelmäßig an dem Widerstande der anderen Ressortminister und an der Über die Konföderierten vgl. Entwicklungsgeschichte I I 2 , 3 7 2 u. 577 f . ; dazu auch Spindler M., Sambuga und die Jugendentwicklung König Ludwigs I., 69 ff.
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G u t m ü t i g k e i t des Königs, der jeden, auch den n o t w e n d i g s t e n Eingriff in w o h l e r w o r b e n e R e c h t e scheute und sich nicht e i n m a l d a z u entschließen k o n n t e , den ü b e r m ä ß i g hohen H o f e t a t zu k ü r z e n . Von J a h r zu J a h r s t i e g die V e r w i r r u n g und U n o r d n u n g . Keine T a t s a c h e v e r m ö c h t e greller die Finanzlage beleuchten als die, d a ß nicht einmal die H ö h e der S t a a t s s c h u l d e i n w a n d f r e i festgestellt war. Gleich die e r s t e n R e g i e r u n g s m a ß n a h m e n des neuen Königs schienen die auf ihn gesetzten H o f f n u n g e n zu r e c h t f e r t i g e n . E r entließ d e n Minister des Ä u ß e r n , der seit J a h r e n allen r e a k t i o n ä r e n Bestreb u n g e n V o r s c h u b geleistet h a t t e , den Grafen Alois von Rechberg, u n d b e t r a u t e den bisherigen Innenminister, G r a f e n T h ü r h e i m , mit der F ü h r u n g des A u ß e n m i n i s t e r i u m s . Das f ü r d a s Verfassungsleben so wichtige S t a a t s m i n i s t e r i u m des Innern ü b e r t r u g er einem der F ü h r e r d e r liberalen Opposition auf den letzten L a n d t a g e n , d e m Grafen v o n A r m a n s p e r g , der bereits glänzende P r o b e n seiner o r g a n i s a t o rischen u n d v e r w a l t u n g s t e c h n i s c h e n Fähigkeiten abgelegt h a t t e . 1 ) An die Spitze d e r K i r c h e n - u n d Schulangelegenheiten i n n e r h a l b dieses Minis t e r i u m s stellte er den ihm persönlich n a h e s t e h e n d e n Sohn des Geheimen R a t s von Schenk, E d u a r d von Schenk, einen Schüler Savignys, in d e m sich berufliche T ü c h t i g k e i t und strenge j u r i s t i s c h e Schulung mit a n e r k a n n t e m literarischem Können u n d ausgezeichneter Bildung vere i n t e n . Den F i n a n z m i n i s t e r Freiherrn Maximilian von Lerchenfeld e n t h o b er, obwohl persönlich mit ihm b e f r e u n d e t , seines P o s t e n s , d a er i h m f ü r d a s b e a b s i c h t i g t e S p a r s y s t e m nicht d u r c h g r e i f e n d g e n u g erschien, u n d b e a u f t r a g t e ihn mit der V e r t r e t u n g B a y e r n s a m B u n d e s t a g . D a s Ministerium, das Lerchenfeld geleitet h a t t e , erhielt gleichfalls der energische A r m a n s p e r g , den der V o l k s m u n d bald als G r a f e n „ S p a r m a n s p e r g " bezeichnete. Eine Zeit lang versah A r m a n s p e r g beide Ministerien, d a s des Innern u n d das der Finanzen, bis E d u a r d v o n S c h e n k das Minis t e r i u m des Innern ü b e r n a h m . Mit d e m F i n a n z m i n i s t e r i u m vereinigte A r m a n s p e r g s p ä t e r , nach der V e r a b s c h i e d u n g T h ü r h e i m s , das Ministerium des Ä u ß e r n . *
Die vordringlichste A u f g a b e erblickte Ludwig I. n a c h d e m Vorbilde seines großen wittelsbachischen A h n h e r r n , des K u r f ü r s t e n Maximilian I., in der S a n i e r u n g d e s F i n a n z w e s e n s . „ D a s R e c h t ist mir heilig", schrieb er an den Freiherrn v o m Stein, „ u m so schwerer der E i n n a h m e n !) Joseph Ludwig Graf von Armansperg, geb. 1787 zu Kötzting in Niederbayern, gest. 1853 nach einer hervorragenden Laufbahn im Verwaltungsdienst und in der Diplomatie, war seit 24. August 1823 Vizepräsident der Regierung des Regenkreises. Am 31. Dezember 1825 wurde er zum wirklichen Staatsrat im ordentlichen Dienst, am 1. Januar 1826 zum Minister des Innern und der Finanzen ernannt. Im Jahre 1828 übernahm er für das Ministerium des Innern das des Äußern; dem Finanzministerium stand er bis 1831 vor. Von 1833 bis 1837 leitete er die Regierungsgeschäfte in Griechenland unter Ludwigs Sohn Otto.
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und Ausgaben Gleichgewichtssetzung, aber mit Gottes Hilfe wird's gehen." Er brachte in verblüffend kurzer Zeit das Budget des Staates, den er auf der Gant überkommen, ins Gleichgewicht und erfüllte die Verheißung des entlassenen Finanzministers, daß feste Konsequenz und Ordnung unter der neuen Regierung mit Zuversicht zu erwarten sei. Eine V e r o r d n u n g v o m 11. J a n u a r 1826 regelte das Finanzwesen in einer geradezu vorbildlichen Weise, die bis in die jüngste Zeit bestand und von anerkannten zeitgenössischen Autoritäten gerühmt wurde. Die sogenannte primitive Revision der Finanzrechnungen, ihre Bescheidung in erster Instanz, wurde den Regierungsfinanzkammern übertragen, die dem Staatsministerium der Finanzen unmittelbar untergeordneten Kassen einer besonderen Rechnungskammer unterstellt, die Superrevision aller Finanzrechnungen dem obersten Rechnungshofe zugewiesen. Der König begnügte sich nicht damit. Er erkannte, daß eine Sanierung des Finanzwesens ohne eine V e r e i n f a c h u n g u n d V e r b i l l i g u n g d e r S t a a t s v e r w a l t u n g nicht möglich sei. In wenigen Wochen setzte er diese Erkenntnis mit diktatorischer Gewalt in die Wirklichkeit um. Unmittelbar nach seiner Thronbesteigung, am 24. und 25. Oktober 1825, beauftragte er zwei Kommissionen mit der Beratung über E r sparungen im Zivil- und Militäretat. Er wohnte den Sitzungen dieser Kommissionen persönlich bei und drang auf rascheste D u r c h f ü h r u n g der von ihnen angeregten Maßnahmen. Zunächst wurde das Besoldungswesen der Zivilbeamten neu geordnet. Selbst gegen den Willen des Landtags wurden Stellen, die dem König überflüssig erschienen, rücksichtslos eingezogen. Auf dem Gebiete des Heerwesens wurden größere Abteilungen des Friedensstandes dauernd beurlaubt und erledigte höhere Offiziersstellen unbesetzt gelassen. Dieses System ist insbesondere f ü r die Kriegsbereitschaft der Armee nicht ohne üble Auswirkungen geblieben, hat sich aber f ü r den Augenblick bewährt. Dasselbe Ziel, eine Vereinfachung und damit Verbilligung der Staatsverwaltung, erstrebten auch die F o r m a t i o n s o r d n u n g e n v o m J a h r e 1825: f ü r den Staatsrat, f ü r die Ministerien und f ü r die Kreisbehörden. Schon unmittelbar nach dem Sturze Montgelas' war der Geheime R a t als Staatsrat zu neuem Leben erweckt worden: in ihm sollte sich an Stelle des leitenden Ministers das Zentralsystem des Staates verkörpern. Die neue Staatsratsinstruktion beließ dem Staatsrat seinen doppelten Wirkungskreis als oberste beratende und oberste entscheidende Stelle — letztere unserem Verwaltungsgerichtshof vergleichbar — in Verwaltungsrechtssachen und in Zuständigkeitsstreitigkeiten. Unter dem persönlichen Regimente des Königs steigerte sich sogar, eine Zeit lang wenigstens, die beratende und entscheidende Tätigkeit des Staatsrates und wurden selbst die Beschwerden der Stände wegen Verfassungsverletzung seinem Geschäftskreise zugewiesen. Wohl aber wurde die Zahl der berufsmäßigen Staatsratsmitglieder verringert und die bisherige kostspielige Stelle eines Staatsratspräsidenten eingezogen.
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Auch die F o r m a t i o n s o r d n u n g f ü r die M i n i s t e r i e n s t r e b t e Vereinf a c h u n g u n d d a m i t Ersparnisse an. Die Zahl der Ministerialräte w u r d e v e r r i n g e r t . Der G e n e r a l d i r e k t o r e n geschah keine E r w ä h n u n g , ebensowenig d e r Kollegialverfassung. Der Minister h a t t e allein die E n t s c h e i d u n g , t r u g a b e r a u c h allein die V e r a n t w o r t u n g f ü r sein Ressort. Der M i n i s t e r r a t , der schon in den letzten J a h r e n der R e g i e r u n g K ö n i g Maximilians I., seit 1821, an die Stelle der Ministerialkonferenz g e t r e t e n w a r , w i r k t e anfänglich u n t e r d e m persönlichen Vorsitz des Königs nicht unerheblich fort. Die n e u e F o r m a t i o n s o r d n u n g f ü r die K r e i s r e g i e r u n g e n , die im J a h r e 1817 d u r c h E r n e u e r u n g der G e n e r a l k o m m i s s a r i a t e u n d der v o r h e r von i h n e n g e t r e n n t e n F i n a n z d i r e k t i o n e n geschaffen worden w a r e n , bildete die d a m a l s eingeleitete R e f o r m f o r t . Die Kreisregierung teilt sich auf G r u n d dieser O r d n u n g in zwei K a m m e r n , in die K a m m e r des Innern u n d die der F i n a n z e n . In den Geschäftskreis der K a m m e r des Innern fallen die G e g e n s t ä n d e , f ü r die in der höchsten I n s t a n z die Ministerien des Ä u ß e r n u n d des Innern z u s t ä n d i g s i n d : die s t a a t s r e c h t l i c h e n und militärischen Angelegenheiten, die Landespolizei, das Gemeindeund S t i f t u n g s w e s e n , das Medizinal- und B a u w e s e n , die K i r c h e n - u n d Schulangelegenheiten. Die oberste G e s c h ä f t s l e i t u n g h a t der V o r s t a n d der Kreisregierung, der G e n e r a l k o m m i s s ä r , s p ä t e r R e g i e r u n g s p r ä s i d e n t , im B e h i n d e r u n g s f a l l e sein S t e l l v e r t r e t e r , der D i r e k t o r der K a m m e r des Innern. D e r G e s c h ä f t s g a n g ist a u c h hier in der Regel b u r e a u m ä ß i g , d e r V o r s t a n d der Kreisregierung gibt die E n t s c h e i d u n g und t r ä g t d a f ü r die V e r a n t w o r t u n g . Die kollegiale B e r a t u n g u n d E n t s c h e i d u n g ist hier nicht gänzlich beseitigt, sie t r i t t a b e r n u r in den Fällen ein, in denen ein Gesetz oder eine V e r o r d n u n g es a u s d r ü c k l i c h b e s t i m m t . L u d w i g I. b e s c h r ä n k t e sich in der Folgezeit nicht auf eine f ö r m l i c h e N e u o r d n u n g der K r e i s v e r f a s s u n g . Sein in der d e u t s c h e n R o m a n t i k lebender Geist n a h m A n s t o ß an der i h m u n d e u t s c h erscheinenden r o m a nischen Z e n t r a l i s i e r u n g des S y s t e m s Montgelas', a n der a b s t r a k t e n Gleichmacherei, wie sie u n t e r Montgelas über die v e r s c h n ö r k e l t e a l t d e u t s c h e Welt g e f a h r e n w a r . Wie er m i t ebenso viel Stolz als i n n e r e m B e h a g e n die g r o ß e n E r i n n e r u n g e n d e r ehemaligen Reichs- u n d B i s c h o f s s t ä d t e und die E i g e n a r t der einzelnen historischen P r o v i n z e n pflegte u n d s c h o n t e , so ließ er die a l t d e u t s c h e n S t ä m m e u n d S t a m m e s n a m e n a u c h in d e r politischen E i n t e i l u n g des Landes wieder a u f l e b e n . D u r c h Vero r d n u n g v o m 29. N o v e m b e r 1837 w u r d e n die Kreise des Königreichs s t a t t wie bisher n a c h Flüssen, nach S t ä m m e n b e n a n n t , in der Absicht, wie es in d e r V e r o r d n u n g heißt, die alten, geschichtlich geheiligten M a r k e n möglichst wieder herzustellen u n d auf die e h r w ü r d i g e G r u n d l a g e der Geschichte z u r ü c k z u g r e i f e n . *
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Die ersten Signate des Königs erregten die A u f m e r k s a m k e i t von g a n z E u r o p a . D a ß ein König so selbstherrlich, energisch u n d zielsicher in den G a n g der R e g i e r u n g s m a s c h i n e eingriff, w a r ein u n g e w o h n t e s Schauspiel. Ludwig ging noch einen S c h r i t t weiter. Er w a g t e es seine V e r f ü g u n g e n der K r i t i k im eigenen L a n d e a u s z u s e t z e n . Zu seinen ersten c h a r a k t e r i s t i s c h e n M a ß n a h m e n g e h ö r t n e b e n der S a n i e r u n g des F i n a n z wesens die A u f h e b u n g d e r P r ä v e n t i v z e n s u r f ü r die periodische Presse auf d e m Gebiete der inneren Politik — a u c h hier verriet er den m o d e r n e n F ü r s t e n . Allerdings w a r schon in der V e r f a s s u n g v o m J a h r e 1818 ebenso wie in der vom J a h r e 1808 der G r u n d s a t z d e r P r e ß f r e i h e i t aufgestellt worden. Aber f ü r die periodischen S c h r i f t e n politischen oder s t a t i s t i s c h e n Inhalts blieb die Zensur, wie § 2 des E d i k t e s über die P r e ß f r e i h e i t a u s d r ü c k l i c h b e s t i m m t e , e r h a l t e n . U n t e r d e m Einflüsse der K a r l s b a d e r Beschlüsse, n a m e n t l i c h ihrer E r n e u e r u n g in den s p ä t e r e n J a h r e n w u r d e die H a n d h a b u n g der Z e n s u r v e r s c h ä r f t . Da die Zensoren f ü r j e d e n den Ministern mißliebigen A u f s a t z v e r a n t w o r t l i c h g e m a c h t w u r d e n , g l a u b t e n sie sich n u r d u r c h S t r e i c h u n g e n vor U n a n n e h m l i c h keiten s c h ü t z e n zu k ö n n e n . U n t e r diesen U m s t ä n d e n k o n n t e die Presse sich n i c h t entwickeln. U n b e d e u t e n d blieben die beiden M ü n c h n e r B l ä t t e r , die „ M ü n c h n e r Politische Z e i t u n g " , lange J a h r e das offizielle B l a t t d e r bayerischen Regierung, die königlich privilegierte „ N a t i o n a l z e i t u n g " , die schon 1820 einging. U n b e d e u t e n d blieben die P r o v i n z i a l b l ä t t e r , a u c h solche, die schon einmal bessere Tage gesehen h a t t e n , wie der „ F r ä n k i s c h e M e r k u r " , die „ W ü r z b u r g e r Z e i t u n g " , die „ B a y r e u t h e r Z e i t u n g " . Die beiden A u g s b u r g e r , die uralte „ A u g s b u r g e r Ordinari P o s t z e i t u n g " u n d a u c h die „ A u g s b u r g e r A b e n d z e i t u n g " erschienen in einem so a l t v ä t e r l i c h e n Gew ä n d e , als h ä t t e n sie einige J a h r z e h n t e im Dornröschenschlaf v e r b r a c h t . D a r u n t e r litt auch das b e d e u t e n d s t e B l a t t B a y e r n s , die „ A u g s b u r g e r Allgemeine Z e i t u n g " , die n a c h der k u r z e n U n t e r b r e c h u n g der Freiheitskriege wieder ihr v o r n e h m s t e s Interesse F r a n k r e i c h z u k e h r t e . W a s alle diese B l ä t t e r über D e u t s c h l a n d und a u c h B a y e r n b r a c h t e n , w a r a u ß e r ordentlich dürftig. Gleich zu Beginn der R e g i e r u n g Ludwigs I. v e r ö f f e n t l i c h t e d e r A b g e o r d n e t e Ignaz R u d h a r t eine noch h e u t e lesenswerte S c h r i f t „ Ü b e r die Zensur der Z e i t u n g e n im allgemeinen u n d besonders n a c h d e m bayerischen S t a a t s r e c h t " . 1 ) J e d e R e g i e r u n g müsse die ö f f e n t lichen Bedürfnisse k e n n e n lernen. Das beste Mittel h i e r f ü r seien die politischen Z e i t u n g e n . Da n u n a b e r einmal die Z e n s u r bestehe, müsse m a n wenigstens v e r h ü t e n , d a ß sie ü b e r die ihr g e s t e c k t e n Grenzen h i n a u s g e h e . Nach d e m Gesetz sei sie n u r in vier Fällen zulässig: 1. wenn ein S t r a f g e s e t z ü b e r t r e t e n , 2. wenn ein rechtswidriger Angriff auf eine P r i v a t p e r s o n g e m a c h t werde, 3. wenn S t a a t s d i e n e r S c h r i f t s t ü c k e oder !) Erlangen
1826.
V. Buch. Zweites Kapitel. Kirchen- und Schulpolitik.
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N a c h r i c h t e n , zu deren K e n n t n i s sie n u r d u r c h ihr D i e n s t v e r h ä l t n i s gelangt seien, ohne besondere E r l a u b n i s der Presse ü b e r g ä b e n , 4. w e n n die G e f a h r einer sittlichen G e f ä h r d u n g vorliege. Über diese Grenze d ü r f e die Zensur nicht hinausgehen. Insbesondere d ü r f e den Z e i t u n g e n nicht das R e c h t der Kritik der inneren G e s e t z g e b u n g u n d V e r w a l t u n g v e r k ü m m e r t werden, um so weniger als die K r i t i k d e m L a n d e f ö r d e r lich sei. K r o n p r i n z Ludwig h a t t e so oft die K a r l s b a d e r Beschlüsse v e r u r t e i l t , er h a t t e wiederholt „ P r e ß f r e i h e i t wie in E n g l a n d d u r c h B u n d e s b e s c h l u ß " g e f o r d e r t . Die S c h r i f t R u d h a r t s , die ihm d u r c h Lerchenfeld ü b e r m i t t e l t w u r d e , w a r nicht vergeblich an seine Adresse g e r i c h t e t . D u r c h einen E r l a ß v o m 24. N o v e m b e r 1825 befreite er die periodische Presse auf dem Gebiete der inneren Politik von der Zensur u n d schuf d a m i t eine der ersten V o r b e d i n g u n g e n f ü r eine freie politische A u s s p r a c h e im m o d e r n e n Sinne. Der U r h e b e r der K a r l s b a d e r Beschlüsse, F ü r s t M e t t e r n i c h , ließ d u r c h den bayerischen G e s a n d t e n a m W i e n e r H o f e seinen U n m u t ü b e r diese M a ß n a h m e n k u n d g e b e n . Der K ö n i g h a t t e d a r a u f lediglich die A n t w o r t : er sei n u r Gott und der b e s c h w o r e n e n V e r f a s s u n g v e r a n t wortlich. Da a b e r Kaiser F r a n z nicht der liebe G o t t und Metternich ganz gewiß nicht die Verfassung sei, so möge dieser die S c h l u ß f o l g e r u n g selbst ziehen. Der Gesandte, der die Ä u ß e r u n g M e t t e r n i c h s mitgeteilt h a t t e , w u r d e a b b e r u f e n . Im A n s c h l u ß an diesen Zwischenfall ä u ß e r t e der K ö n i g : „ I c h lerne einsehen, d a ß die Z e r s p l i t t e r u n g D e u t s c h l a n d s in viele S t a a t e n f ü r die Nation doch noch n o t w e n d i g u n d v o r t e i l h a f t i s t ; u n t e r den vielen F ü r s t e n ist doch i m m e r einer liberal und eine heils a m e Opposition gegen a n d e r e . "
Zweites
Kapitel.
Kirchen- und Schulpolitik. Mit g r ö ß t e r S p a n n u n g sah m a n der K i r c h e n p o l i t i k des Königs entgegen. Man k a n n t e sein W i d e r s t r e b e n gegen d a s kirchenpolitische S y s t e m Montgelas'. Man k a n n t e Ä u ß e r u n g e n des Königs w i e : „ D i e Z e i t sei vorbei, wo die P r o t e s t a n t e n ü b e r uns h e r r s c h t e n " , allerdings mit d e m Z u s a t z : „ e r w ü r d e a u c h die R e c h t e der P r o t e s t a n t e n h a l t e n , sie n i c h t b e e i n t r ä c h t i g e n " . Die E n t f e r n u n g einiger P r o t e s t a n t e n aus d e m S t a a t s r a t e , die B e r u f u n g des K o n v e r t i t e n E d u a r d von S c h e n k an die Spitze zuerst des Obersten Kirchen- und Schulrates, d a n n des Ministeriums des Innern w i r k t e n b e u n r u h i g e n d . N i c h t geringe Besorgnis erregte des Königs Klosterpolitik. A m meisten lag i h m die R e s t a u r a t i o n d e s B e n e d i k t i n e r o r d e n s a m Herzen. Schon in den letzten J a h r e n des M i n i s t e r i u m s Montgelas w a r e n R e s t a u r a t i o n s b e s t r e b u n g e n h e r v o r g e t r e t e n . A b t R u p e r t K o r n m a n n von.
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V. Buch. Zweites Kapitel.
P r ü f e n i n g u n d Plazidus B r a u n von St. Ulrich in A u g s b u r g s t a n d e n an d e r Spitze dieser Bewegung. Man s u c h t e den W i e n e r K o n g r e ß f ü r den R e s t a u r a t i o n s g e d a n k e n zu g e w i n n e n : mit der W i e d e r e r w e r b u n g des linken R h e i n u f e r s sei der Zweck der S ä k u l a r i s a t i o n der geistlichen Güter hinfällig geworden. Der K o n g r e ß verwies an die Einzelregierungen. W i r k l i c h erreichte m a n , d a ß in das bayerische K o n k o r d a t vom J a h r e 1817 ein Artikel z u g u n s t e n einer K l o s t e r r e s t a u r a t i o n a u f g e n o m m e n w u r d e . E r b e s t i m m t e , d a ß einige Klöster z u m U n t e r r i c h t der J u g e n d in der Religion und in den W i s s e n s c h a f t e n wie zur Aushilfe in der Seelsorge u n d z u r K r a n k e n p f l e g e mittels a n g e m e s s e n e r D o t a t i o n wieder hergestellt werden sollten. Blieb dieser Artikel u n t e r Maximilian I. so g u t wie u n b e a c h t e t , so griff K ö n i g Ludwig I. den G e d a n k e n der K l o s t e r e r n e u e r u n g mit besonderer Energie u n d innerer A n t e i l n a h m e auf. F ü r ihn w a r wie die kirchliche R e s t a u r a t i o n ü b e r h a u p t , so auch die W i e d e r h e r s t e l l u n g der Klöster, n a m e n t l i c h der Benediktinerklöster, die an der Wiege des d e u t s c h e n C h r i s t e n t u m s g e s t a n d e n h a t t e n , ein religiöses u n d zugleich r o m a n t i s c h e s E r l e b n i s : er liebte es ja, sich in Instit u t i o n e n zu versenken, auf denen die Weihe der J a h r h u n d e r t e lag. Man m u ß seine i n t i m e K o r r e s p o n d e n z , die er d a r ü b e r m i t der ganzen Welt f ü h r t e , lesen und seine ersten F r e u d e n a u s b r ü c h e beim Gelingen der einzelnen U n t e r n e h m u n g e n k e n n e n . Er h ä t t e a m liebsten nicht bloß s ä m t liche B e n e d i k t i n e r k l ö s t e r e r n e u e r t , s o n d e r n ihnen a u c h a n d e r e Klöster ü b e r g e b e n u n d d a z u den U n t e r r i c h t an einem g u t e n Teil der höheren Lehranstalten übertragen. Der Minister des Innern, Graf A r m a n s p e r g , w a r wenig r e s t a u r a t i o n s f r e u n d l i c h gesinnt. Als liberaler P a r t e i m a n n s t a n d er d e m kirchlichen Ordenswesen a b l e h n e n d u n d innerlich f r e m d gegenüber, als F i n a n z minister h a t t e er begreiflicherweise geringes Interesse an einer W i e d e r herstellung der Klöster aus S t a a t s m i t t e l n . D a v o n zeugt seine Note an d a s Ministerium des Ä u ß e r n v o m 15. J a n u a r 1826: bei der schlimmen Finanzlage könne a n N e u g r ü n d u n g e n nicht g e d a c h t w e r d e n . Selbst den noch b e s t e h e n d e n Klöstern k ö n n e ihre F o r t d a u e r n u r g e w ä h r t w e r d e n , wenn sie sich aus eigenen Mitteln erhielten u n d im Sinne des K o n k o r d a t s auf d e m Gebiete der Schule, der Seelsorge und der K r a n k e n p f l e g e betätigten. I m m e r h i n m u ß t e A r m a n s p e r g d e m W u n s c h e des Königs R e c h n u n g t r a g e n . U n d so wies er d e n n noch im n ä m l i c h e n M o n a t die Kreisregierungen an, d a r ü b e r zu berichten, welche Klostergebäude zur Zeit noch u n v e r ä u ß e r t e s S t a a t s g u t seien, in welchem Z u s t a n d sie sich b e f ä n d e n und ob noch die Möglichkeit b e s t ü n d e , sie klösterlichen Zwecken z u r ü c k z u g e b e n . Die Berichte w a r e n wenig e r m u t i g e n d , a m t r a u r i g s t e n l a u t e t e n sie über die e h e m a l i g e n Klöster im R e z a t k r e i s e und in der ehemaligen M a r k g r a f s c h a f t A n s b a c h - B a y r e u t h , wo die K l o s t e r g ü t e r längst v e r ä u ß e r t oder in d e n Dienst der S t a a t s v e r w a l t u n g gestellt w a r e n . O p t i m i s t i s c h e r u n d zugleich f r e u d i g e r griff der V o r s t a n d des Obersten K i r c h e n - u n d S c h u l r a t e s E d u a r d von Schenk zu. E r legte eine Liste
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Kirchen- und Schulpolitik.
von 67 Klöstern vor, die f ü r eine W i e d e r h e r s t e l l u n g - g e e i g n e t seien, d a r u n t e r die B e n e d i k t i n e r k l ö s t e r Scheyern, E t t a l , R e g e n s b u r g ( S c h o t t e n kloster), W e l t e n b u r g , E n s d o r f , Michelfeld, Speyer, die Zisterzienserabteien E b r a c h , A l t o m ü n s t e r , F ü r s t e n f e l d , die P r ä m o n s t r a t e n s e r k l ö s t e r R o g g e n b u r g und S p e i n s h a r t . Z u m U n t e r h a l t der zu r e s t a u r i e r e n d e n Klöster schlug er u. a. die Zuweisung oder die I n k o r p o r a t i o n von Seelsorgepfarreien vor. Gegen diese A r t der D o t i e r u n g e r h o b e n j e d o c h die kirchlichen Behörden, n a m e n t l i c h das O r d i n a r i a t M ü n c h e n , Schwierigkeiten. Sie wiesen auf die k o n k o r d a t s m ä ß i g e D o t a t i o n s p f l i c h t des S t a a t e s hin. Selbst Bischof Sailer w a r n t e vor der I n k o r p o r a t i o n der Pfarreien u n d vor zu raschem V o r g e h e n : B e h u t s a m k e i t u n d Vorsicht sei bei Klostern e u g r ü n d u n g e n sehr a n g e b r a c h t . L a n g s a m u n d s a c h t e müsse aus R ü c k sicht auf die öffentliche Meinung vorgegangen w e r d e n . Diese sei noch gereizt v o m u n g u t e n Beispiel der letzten Mönche. Z u m Zwecke einer sorglichen Auswahl sei erst der A n f a n g mit n u r einem Kloster empfehlensw e r t . Wies Sailer auf die E i n s t e l l u n g der Ö f f e n t l i c h k e i t hin, so w a r nicht weniger die s t ä n d i s c h e Opposition auf d e m L a n d t a g e zu b e f ü r c h t e n . Dazu k a m der Mangel an A n g e b o t geeigneter P e r s o n e n f ü r die A u f n a h m e in den K l ö s t e r n . Eine U m f r a g e bei den noch lebenden Bened i k t i n e r n (293) w a r nicht gerade e r m u t i g e n d . Bis auf eine kleine Zahl (11) lehnten alle die R ü c k k e h r ins Klosterleben a b . Sie scheuten sich, ihre sichere Stellung als Lehrer oder Professoren a u f z u g e b e n und d a f ü r die Ungewißheit eines f e r n e r e n F o r t k o m m e n s e i n z u t a u s c h e n . Ein B e n e d i k t i n e r e r k l ä r t e auf die A n f r a g e des K ö n i g s : die Klöster sind nicht m e h r das, was sie w a r e n , u n d a u c h ich bin nicht m e h r , was ich w a r . Eines der O r d i n a r i a t e b e m e r k t e ironisch: m a n sei v e r s u c h t , an die P a r a b e l im E v a n g e l i u m zu d e n k e n , wo das H o c h z e i t s m a h l bereit war, die geladenen Gäste aber ausblieben, und ein Mann in hoher Ministerialstellung, der d e m König persönlich n a h e s t a n d , F r e i h e r r von H o r m a y r , schrieb a m 17. April 1831 an S c h e n k : „ K a r l der Große und L u d w i g der Bayer w ü r d e n sich im Grabe u m k e h r e n , wenn sie sähen, d a ß m a n einer gesunkenen Sache mit K r ü c k e n a u f z u h e l f e n f ü r das Beste e r a c h t e t u n d bei den herrlichen S c h ö p f u n g e n von M e t t e n und a n d e r e n K a p u z i n a d e n ihren großen N a m e n eitel n e n n t . " Einige J a h r e s p ä t e r b e m e r k t e H o r m a y r in einem Brief a n Ignaz R u d h a r t : „ D i e B e n e d i k t i n e r r e s t a u r a t i o n wird mißlingen, m a n k a n n ihnen ebensowenig eine u m g e k e h r t e v e n i a m a e t a t i s geben als a l t e r n d e n W e i b e r n " . Der K ö n i g sah sich mit seinen A b s i c h t e n auf das Ausland angewiesen, auf Österreich und die Schweiz. Auch hier erhoben sich S c h w i e r i g k e i t e n : die großen Klöster g a b e n nicht gerne Mitglieder a b , die Mönche selbst, die v o r n e h m e n „ S t i f t s h e r r n " , wollten ihre a l t b e r ü h m t e n Sitze n i c h t mit einer ungewissen Z u k u n f t v e r t a u s c h e n . E s k o s t e t e schwere Mühe bei den K l o s t e r v o r s t ä n d e n , bei den Bischöfen, beim Kaiser von Österreich, bis wenigstens einige gewonnen w a r e n . Gleich der ersten K l o s t e r g r ü n d u n g , der E r n e u e r u n g des u r a l t e n Klosters Metten, legten sich Hindernisse in den Weg. Die Bewohner d e s D o e b e r l , Geschichte Bayerns. III.
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benachbarten Deggendorf gerieten in Panik und richteten ernste Vorstellungen an den König und das bischöfliche Ordinariat: sie könnten in der Angliederung ihrer Pfarrei an das Kloster Metten weder ein Glück noch einen Ruhmestitel erblicken. Sie sähen eine Gefahr f ü r ihre Pfarrpfründe, sie besorgten einen zu häufigen Wechsel in der Pfarrbesetzung, sie fürchteten, die frommen Leute möchten von dem Glanz der kirchlichen Veranstaltungen angezogen, ihr Geld in Metten verzehren. Kaum eröffnet, rang das Kloster aus finanziellen Gründen um seine Existenz. Eine Anweisung von 50000 Gulden aus der königlichen Kabinettskasse hat es gerettet. Und doch ist Ludwig I. mit seiner seltenen Zähigkeit über alle Schwierigkeiten Herr geworden: nicht bloß Metten, auch Scheyern und Schäftlarn wurden erneuert, St. Bonifaz in München und St. Stephan in Augsburg erstanden, auch das zwar nicht aufgehobene, aber verwaiste Schottenkloster in Regensburg wurde neu belebt. Nächst dem König dankten das die Benediktinermönche dem früheren Vorstand des Obersten Kirchen- und Schulrates, dem späteren Minister des Innern Eduard von Schenk, der die Absichten des Königs aufs wärmste aus innerer Überzeugung förderte. Auch der Nachfolger im Ministerium des Innern, Fürst Ludwig von Öttingen-Wallerstein, betätigte lebhaften Eifer f ü r die königlichen Wünsche, aus Diplomatie sowohl wie aus romantischen Neigungen, aber nur f ü r die freiere Richtung der Benediktiner, wie sie in St. Stephan in Augsburg vertreten wurde, nicht f ü r die strengere, asketische Richtung in Metten. Auch die M e n d i k a n t e n o r d e n der Minoriten, Franziskaner, Kapuziner und Karmeliten, die sich besonderer Beliebtheit im Volke erfreuten, kehrten nach München und anderen Orten Altbayerns mit königlicher Unterstützung zurück. Von Altbayern aus sollten auch die Bettelklöster, die sich in Unterfranken erholt hatten, neu belebt werden. König Ludwig band in einem Handschreiben dem Minister Eduard von Schenk als persönliche Pflicht auf die Seele, zur E r h a l t u n g und Wiederbelebung dieser Klöster ernstlich mitzuwirken; er werde dies als einen Beweis seines Eifers f ü r die Religiosität und Sittlichkeit betrachten. Ebenso wurden zahlreiche w e i b l i c h e K l ö s t e r wieder hergestellt. Die Vorliebe des Königs gehörte auch hier dem Orden der Benediktinerinnen. Zwei ihrer Klöster, die schon in der deutschen Frühzeit errichtet worden waren, erhoben sich zu neuer Blüte: Frauenchiemsee und St. Walburg in Eichstädt. Die wichtigste Aufgabe sah der König auch hier in A n k n ü p f u n g an ältere Traditionen, in der religiös-sittlichen Erziehung des Volkes, an den Volksschulen sowohl wie an den höheren Mädchenschulen. Das Ministerium Montgelas war trotz seiner Begünstigung der Aufklärung über schwache weltliche Anläufe in der Mädchenschulbildung nicht hinausgekommen: in München erstand das MaxJosephstift f ü r Mädchen höherer Stände, in N y m p h e n b u r g die königliche
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Erziehungsanstalt f ü r Mädchen aus dem Bürgerstande. Die älteren Schulorden der unter dem Kurfürsten Max I. eingeführten Englischen Fräulein und der unter Ferdinand Maria nach Bayern verpflanzten Salesianerinnen und Ursulinerinnen wurden in ihren Niederlassungen teils bestätigt, teils wieder eingeführt, und zwar in den meisten größeren Städten Bayerns. In der Folge wurde auch f ü r den Mädchenschulunterricht in den kleineren Städten gesorgt durch E i n f ü h r u n g eines neuen Schulordens, der Armen Schulschwestern von Neunburg vorm Wald, eines Ordens, der von Job, dem früheren Lyzealprofessor und späteren Beichtvater der Kaiserin Karoline, einem geborenen Neunburger, gestiftet wurde, aber erst mit der Gründung des Münchner Mutterhauses zu größerer Bedeutung gelangte, ähnlich wie die Englischen Fräulein durch die Gründung des Münchner Zentralmutterhauses. Eine weitere Aufgabe der weiblichen Klöster erblickte der König in der charitativen Betätigung, in der Pflege der Armen und Kranken. Diesen Zwecken diente ganz besonders die E i n f ü h r u n g der Barmherzigen Schwestern in Bayern, die in Frankreich und im Elsaß längst schon segensreich gewirkt hatten. Ihre Bedeutung hob sich, namentlich seitdem im J a h r e 1832 die Oberin Ignatia Yorth, eine Elsässerin, die Leitung der Krankenpflege am Münchner Allgemeinen Krankenhaus übernahm. Am Schlüsse der Regierung König Ludwigs I. bestanden neben dem neuen Mutterhaus in München 23 Filialniederlassungen der Barmherzigen Schwestern in fast allen bayerischen Kreisen. Ihre Einführung bewährte sich derart, daß man sich noch heute die Krankenpflege ohne die Barmherzigen Schwestern nicht denken kann. Noch eine andere Art von Frauenklöstern f ü h r t e der König wieder ein, solche mit rein beschaulichen Idealen f ü r Frauen, die sich vom Getriebe der Welt zurückziehen wollten. Es waren das jene Klöster, denen seinerzeit ganz besonders der Kampf der utilitaristisch eingestellten Aufklärung gegolten h a t t e : das restaurierte Birgittinnenkloster zu Altomünster (1841), das restaurierte Zisterzienserinnenkloster Niederschönenfeld (1841) und das in dem ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Himmelspforten bei Würzburg gegründete Kloster der unbeschuhten Karmeliterinnen. K a u m zwei Jahrzehnte nach dem Sturze Montgelas' waren wieder zahlreiche Klöster erstanden. Sie waren lebensfähiger als viele frühere, weil sie den Bedürfnissen der Zeit besser angepaßt waren. Seit den beiden letzten Agilolfingern hat kein bayerischer Fürst so viele Klöster gegründet wie Ludwig 1. Die Klostererneuerung war sein eigenstes Werk. Bestimmend wirkte auf ihn weder ein Minister noch ein Kirchenf ü r s t , weder Eduard von Schenk noch Sailer ein. Mancher geistliche Würdenträger wollte eher zügeln. Galt die Liebe des Königs besonders dem Benediktinerorden, so widersetzte er sich der Zulassung der G e s e l l s c h a f t J e s u dagegen mit 2*
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allem Nachdruck. Die Ansicht, die Ludwig I. sich vom Jesuitenorden gebildet hatte, mochte beeinflußt sein von den Gründen, die im J a h r e 1777 die oberste kirchliche Autorität zur Aufhebung des Ordens veranlaßt sowie von dem schlechten Andenken, das manche der Exjesuiten unter Karl Theodor hinterlassen hatten. Er pflegte sich für seine ablehnende Haltung meist auf die Geschichte zu berufen und machte dem Orden Herrschsucht, undeutsche Gesinnung sowie Verfolgung eigennütziger und politischer Ziele zum Vorwurf. Noch im J a h r e 1835 schrieb er auf ein Gesuch um Zulassung des Ordens: „Wir haben den Benediktinerorden gerade deshalb gewählt, weil derselbe stets eine ausschließend religiöse und wissenschaftliche Richtung behauptet und sich von aller politischen Tendenz ferngehalten hat, und wir wollen in unserem Reiche keinen geistlichen Orden, von welchem nicht mit voller Wahrheit dasselbe gesagt werden k a n n " . An den Minister Fürst Ludwig vonÖttingen-Wallerstein schrieb er um die gleiche Zeit: „Seine politischen Umtriebe habe ich diesem Orden vorzuwerfen, besorge auch mit Grund, daß der Benediktiner werdenden Erziehungsanstalten sie Abbruch tun würden. Teutsche Gesinnung soll in die Jugend gelegt werden, aber dieser waren die Jesuiten in Teutschland immer f r e m d ; wo immer sie waren und sind, ihres Ordens Zwecke verfolgen sie, nur ihn, Nebensache das Vaterland". Im J a h r e 1836 äußerte er: „Der König will keine Jesuiten in Bayern, keinen status in s t a t u ; es ist d a f ü r zu sorgen, d a ß diese Verordnungen genau beobachtet, nicht von Bischöfen, welche das Beispiel des Gehorsams geben sollen, überschritten werden". Als Professor von Moy im Mai 1840 um die Erlaubnis „zur Errichtung eines Institutes unter Leitung einiger J e s u i t e n " nachsuchte, signierte der König am 5. Juni 1840 an das Ministerium des Innern: „Dieses Gesuch nicht bewilligt, da ich f ü r ungeeignet halte eine geistliche Stiftung auf Aktien zu machen". Den gleichen Mißerfolg h a t t e ein Gesuch des Bischofs Heinrich von Passau vom 25. J a n u a r 1841 um Berufung der Jesuiten als Wallfahrtspriester nach Altötting trotz wärmster Befürwortung durch Minister Abel. Gegenüber dem Domkapitular Reindl, dem Erzieher seines Sohnes Adalbert, bemerkte Ludwig einmal: „Ich werde in Rom immer gefragt, warum ich die Jesuiten nicht einführe. Ich will es Ihnen sagen: die Jesuiten sind eine Garde, sie haben alle Tugenden und Fehler einer Garde; Stolz, Herrschsucht, Ausschließlichkeit, die sie gegen alle andern ausüben. Es gibt Armeen, die eine Garde haben und die keine haben; wir können zufrieden sein ohne Garde". Und bei einer anderen Gelegenheit ließ e r s i e h vernehmen: „Ich habe meine Benediktiner und f ü r das Landvolk die Franziskaner und Kapuziner. Die Jesuiten sind gut f ü r anderswo, namentlich f ü r Missionen". Der König war selbst gegen die Vornahme von Priesterexerzitien und Volksmissionen durch Jesuiten. Die Haltung des Königs wirkte bestimmend ein auf seine Nachfolger. Unterblieb somit die Rückberufung des Jesuitenordens, so wurden anderseits die kirchenpolizeilichen Maßnahmen des Ministeriums Mont-
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gelas u n t e r der neuen R e g i e r u n g zu einem g u t e n Teil z u r ü c k g e n o m m e n . Die Prozessionen, die C h r i s t m e t t e , das O b e r a m m e r g a u e r Passionsspiel w u r d e n wieder freigegeben. Auch die W a l l f a h r t A l t ö t t i n g w u r d e wieder hergestellt. Im übrigen h a t t e Friedrich T h i e r s c h r e c h t , wenn er im Hinblick auf die Restaurationsziele des Königs 1826 a n J a c o b s s c h r i e b : „ I n kirchlichen Dingen wird es einige F e s t t a g e m e h r , einige Prozessionen, Klöster u. a. geben, dabei wird es a b e r sein B e w e n d e n h a b e n . " Das kirchliche B e v o r m u n d u n g s s y s t e m w u r d e w e i t e r h i n beibehalten. Ludwig ü b t e s t r e n g e das Plazet, er v e r l a n g t e von den K l ö s t e r n jährliche Rechn u n g s a b l e g u n g , er h a n d h a b t e , wenn a u c h milde, die A m o r t i s a t i o n s gesetzgebung, er ü b t e u m so s t r e n g e r die A u f s i c h t ü b e r die A u f n a h m e in die Klöster u n d über die Ablegung der Gelübde. N a c h einer E n t s c h l i e ß u n g v o m 9. J u l i 1831 sollten die zeitlichen Gelübde n i c h t vor vollendetem 21., die ewigen n i c h t vor v o l l e n d e t e m 33. L e b e n s j a h r e abgelegt w e r d e n . Die kirchliche P a r i t ä t blieb e r h a l t e n . Es w a r bezeichnend f ü r die ganze Einstellung des Königs, d a ß zu seinen persönlichen V e r t r a u t e n der p r o t e s t a n t i s c h e K ä m m e r e r Heinrich von der T a n n z ä h l t e . Der G r u n d s t e i n legung der neuen p r o t e s t a n t i s c h e n Kirche u n d der Synagoge in München w o h n t e der g e s a m t e königliche Hof bei. Die Kreisregierungen wurden angewiesen, i n n e r h a l b der Grenzen ihrer v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n Z u s t ä n d i g keit s t r e n g d a r ü b e r zu w a c h e n , d a ß bei T r a u u n g e n g e m i s c h t e r E h e n die k a t h o l i s c h e n geistlichen B e h ö r d e n sich keine V e r l e t z u n g ihrer P f l i c h t e n gegen den S t a a t zuschulden k o m m e n ließen. An die Spitze des Oberkonsistoriums wurde unter freudiger Z u s t i m m u n g der führenden protes t a n t i s c h e n Kreise der e r f a h r e n e , gebildete u n d s t r e n g g l ä u b i g e Friedrich von R o t h b e r u f e n , der der rationalistischen R i c h t u n g im P r o t e s t a n t i s m u s s t e u e r n u n d die evangelische L a n d e s k i r c h e B a y e r n s neu organisieren sollte. Ein s p ä t e r e s Verfassungsgesetz v o m I. Juli 1834 g e w ä h r t e a u c h den griechischen Glaubensgenossen die gleichen bürgerlichen u n d politischen R e c h t e wie den Mitgliedern der drei privilegierten christlichen Glaubensgesellschaften. *
Die Energie, Vielseitigkeit u n d F r u c h t b a r k e i t , die L u d w i g I. in seinen ersten R e g i e r u n g s j a h r e n a n den T a g legte, w a r e r s t a u n l i c h . „ W i r h a b e n einen wirklichen K ö n i g " , schrieb Anselm von F e u e r b a c h , „ u n d keine Ministerkönige m e h r " . „ E r t r ä g t Größe in seiner Seele, er s t r e b t n a c h h o h e m R u h m bei der N a c h w e l t , er ist ein K ö n i g in w a h r e m Sinne des W o r t e s " . Gleichzeitig mit der S t a a t s v e r e i n f a c h u n g u n d kirchlichen R e s t a u r a t i o n w u r d e eine R e f o r m d e s h ö h e r e n S c h u l w e s e n s in Angriff g e n o m m e n . Neben d e m inzwischen z u m Minister des Innern e r n a n n t e n E d u a r d von S c h e n k u n d d e m Philosophen Schelling m a c h t e sich hier besonders v e r d i e n t der N e u h u m a n i s t Friedrich Thiersch.
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T h i e r s c h war am 16. J u n i 1784 zu Kirchscheidungen, einem thüringischen Dorfe an der Unstrut geboren. Er machte seine Studien zunächst an der altehrwürdigen sächsichen Fürstenschule zu Schulpforta, dann an den Universitäten Leipzig und Göttingen. Dort wurde er von Gottfried Hermann in die sprachlich-grammatikalischen Studien eingeführt, hier von Christian Gottlieb Heyne in das Studium der Realien. In Göttingen eröffnete er auch seine eigene Wirksamkeit als Lehrer des dortigen Gymnasiums und als Privatdozent an der Universität. Im J a h r e 1809 wurde er auf Empfehlung des Philologen Friedrich Jacobs an das Münchner Gymnasium berufen. Nach dem Weggang Jacobs übernahm er dessen Lehramt an dem mit dem Münchner Gymnasium verbundenen Lyzeum und wurde bald auch in die Akademie der Wissenschaften gewählt. Mit ihm kam einer der energischsten, ungestümsten, leidenschaftlichsten Prediger des Neuhumanismus nach Bayern. Er war weniger Forscher — daran hinderte ihn die vielseitige, zerstreuende Tätigkeit in München und der Drang nach Gesamtanschauung, nach Ideen, wie man damals und auch heute wiederum sagt, — er war vielmehr Humanist, Sein Humanismus war so echt, so lebensprühend und so anspruchsvoll wie der des 15. und 16. Jahrhunderts. 1 ) Überzeugt, d a ß ein Aufschwung der Gelehrtenschulen in Bayern von einer besseren Bildung der Lehrer f ü r die klassischen Sprachen bedingt sei, sammelte er eine Gesellschaft von jungen Philologen um sich. Am 11. März 1812 wurde diese Gesellschaft durch ein königliches Dekret, unter Zuweisung eines bestimmten E t a t s f ü r eine philologische Bibliothek sowie f ü r Gewährung von Stipendien, zu einem k ö n i g l i c h p h i l o l o g i s c h e n I n s t i t u t o d e r S e m i n a r erhoben, das anfänglich mit dem Münchner Lyzeum, dann mit der Akademie der Wissenschaften und nach der Verlegung der Landshuter Universität nach München mit dieser vereinigt wurde. Das ist die Wurzel des h e u t i g e n P h i l o l o g i s c h e n S e m i n a r s an der Universität München, das Muster und Vorbild f ü r viele andere Seminarien, auch f ü r das Historische an der gleichen Universität wurde. Schon damit hat sich Thiersch nicht bloß um die Universität, sondern auch um den Gymnasiallehrerstand verdient gemacht. Das Hauptverdienst des „Präzeptor B a v a r i a e " war aber die Reform der bayerischen M i t t e l s c h u l e n selbst. Die an die Lehrpläne von 1804 Wir sind heute besser unterrichtet über ihn durch ein Buch von einem Urenkel, Dr. Hans Löwe (Friedr. Thiersch, I.Teil 1925), der aus dem reichen Nachlaß des Neuhumanisten schöpft und nicht bloß von ihm, sondern auch von seiner buntgemischten Umgebung und den bewegten Verhältnissen seiner Zeit erzählt. Vielleicht weniger kritisch als liebevoll in die Persönlichkeit und ihre Leistungen sich versenkend. Der ganze Mensch wird uns wieder lebendig in seinen Reiseeindrücken, in seinen lebendigen Beziehungen zu Freund und Feind, in seiner deutschen Oesinnung, in seinem mannhaften Eintreten für ungerecht Behandelte, in dem aufgeschlossenen Sinn für die Kultur und das Volkstum des eigenen und fremder Länder.
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und 1808 geknüpften Erwartungen hatten sich nicht erfüllt: das Lehrziel war zu weit gesteckt, insbesondere die Anforderungen in den realen Fächern zu hoch gespannt und zu vielseitig; die vorhandenen Lehrkräfte waren der schwierigen Aufgabe nicht gewachsen, wenn man auch eine Zeitlang kein Opfer scheute, hervorragende Lehrkräfte aus anderen deutschen Ländern zu berufen; es fehlte in Bayern auch die wirtschaftliche Voraussetzung f ü r eine so weitgehende realistische Schulrichtung, eine hochentwickelte Industrie. Die Folge davon war, d a ß unter den neuen Lehrplänen die alten Sprachen vernachlässigt, die realen Fächer aber nicht eigentlich gehoben wurden. Von dem neuen König erhoffte Thiersch eine Reform wie der Universität so auch der Mittelschulen. Zu diesem doppelten Zwecke veröffentlichte er in den Jahren 1825 und 1826 ein umfassendes Werk über die Gelehrten Schulen mit besonderer Rücksicht auf Bayern. Darin empfahl er als Vorbild f ü r die Unterstufe die württembergischen Präzeptorschulen, für die Oberstufe das Gymnasium Schulpforta, f ü r die Hochschulen die Universität Göttingen, also vornehmlich die Schulen, die er und der König zum Teil persönlich erprobt hatten. Auf den Gymnasien sollten die klassischen Sprachen wieder in ihre frühere Alleinherrschaft eingesetzt, selbst die deutschen Aufsatzthemen der Klassikerlektüre entnommen, der Geschichtsunterricht auf die gedächtnismäßige Einprägung der wichtigsten Tatsachen beschränkt und die neueren Sprachen nur f a k u l t a t i v zugelassen werden. Das Fachlehrersystem sollte im Interesse der Einheitlichkeit und Geschlossenheit des Unterrichts dem Klassenlehrersystem Platz machen, die Unterstufe, die Lateinschule eine größere Selbständigkeit erlangen und daher ein gewisses Maß abgeschlossener Bildung bieten, die Lyzeen dagegen, die dem Gymnasium bisher die besten Kräfte entzogen hatten, aus der Verbind u n g mit diesen gelöst werden. Neben den Gymnasien sollten allerdings noch realistische Anstalten fortbestehen, aber nur mit den beschränkten Zielen von Bürgerschulen, den Vorläufern der späteren Gewerbeschulen. Diese Gedanken haben nachgewirkt bis in die jüngste Vergangenheit. Der König h a t t e schon im Dezember 1825, am nämlichen Tage, an dem er den Obersten Kirchen- und Schulrat geschaffen hatte, den E n t schluß gefaßt zur Abfassung eines neuen S c h u l p l a n s . Oberstudienrat Dr. Grandaur, der frühere Landrichter von Karlstadt und spätere Kabinettsekretär des Königs, übernahm die Ausarbeitung des Entwurfs. Gleichzeitig wurde eine Kommission niedergesetzt, die nicht bloß aus Verwaltungsbeamten wie Grandaur, sondern auch aus Vertretern der Wissenschaft und der Schule zusammengesetzt w a r : den Professoren Schelling und Thiersch, den beiden Münchner Gymnasialrektoren Frölich und Hocheder sowie dem Religionslehrer der königlichen Kinder, Rat von Oettl. Die Beratung in der Kommission begann im April 1828. Der Entwurf Grandaurs ging dabei fast ganz in die Brüche. Die Kommission
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entschied sich immer mehr im Sinne Thierschs und seines langjährigen Programms. Der Lehrplan, der schließlich zustandekam, bedeutete den vollen Sieg des Neuhumanismus. Er brachte nach Paulsen vielleicht unter allen Lehrplänen am reinsten die Idee des neuhumanistischen Unterrichts zur Darstellung. Es war der einheitlichste und geschlossenste, aber auch der einseitigste Lehrplan, den der Neuhumanismus hervorgebracht hat, in ganz Deutschland und über Deutschland hinaus. Die Alleinherrschaft der klassischen Sprachen wurde soweit getrieben, daß f ü r den deutschen Unterricht keine besonderen Stunden eingesetzt, die Stunden f ü r Geschichte, Geographie und Mathematik ganz gering bemessen wurden. Am 31. J a n u a r 1829 h a t t e Eduard von Schenk den Antrag auf Genehmigung der neuen Schulordnung gestellt. Schon am 2. Februar genehmigte ihn der König, freilich mit den etwas dehnbaren Worten: „so lange ich nichts anderes verfüge". Vom Ausland, auch vom französischen Unterrichtsministerium erhielt Thiersch schmeichelhafte Anerkennungsschreiben. In Bayern dagegen wurde der Plan, wie Thiersch schon in den Kommissionssitzungen besorgt hatte, von zwei Seiten her, in Zeitungen wie in Flugschriften, leidenschaftlich b e k ä m p f t : von den Anhängern der alten jesuitischen Richtung, voran dem Kabinettsekretär Grandaur, wie von den Anhängern des Realismus, aber auch von den Vermittlern zwischen Neuhumanismus und Realismus. Die neue Schulordnung hatte kaum eine einjährige Dauer. Um den Schulplan und die dagegen erhobenen Erinnerungen zu prüfen, wurde am 8. J a n u a r 1830 vom König unter dem Vorsitz des Ministers Eduard von Schenk eine neue Kommission niedergesetzt, aus lauter Persönlichkeiten, die der früheren Kommission nicht angehört hatten. Das Ergebnis war nach zweimonatlicher Beratung die „ O r d n u n g d e r L a t e i n s c h u l e n u n d d e r G y m n a s i e n " v o m 30. M ä r z 1830. Nach Thiersch wäre durch diese Schulordnung das Studienwesen „in trostloser Weise zerrüttet worden". Es ist dies eine seiner t e m p e r a m e n t vollen Übertreibungen. Dagegen spricht schon der Vorsitz Eduard von Schenks, der doch sein eigenes Werk nicht zerstört h ä t t e . In Wirklichkeit hielt auch der neue Schulplan im wesentlichen an dem Programm Thierschs fest. Das wurde im Berichte Schenks vom 9. März 1830 ausdrücklich festgestellt: „Auch diese Kommission hat wie die frühere das System des Humanismus als leitendes Prinzip der Schuleinrichtung angenommen." Und dieses System wurde in dem Bericht mit überschwenglichen Worten verteidigt. Die Unterscheidung in Lateinschule und Gymnasium blieb, aber erstere war fortan nur mehr eine Unterstufe f ü r das Gymnasium und wurde zugleich um zwei J a h r e verkürzt. Die Zahl der Lateinstunden wurde etwas vermindert, der Beginn des Griechischen um ein J a h r verschoben, f ü r den deutschen Unterricht wurden besondere Stunden eingesetzt und die Stunden f ü r Geschichte, Geographie und
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Mathematik vermehrt. Die Grundgedanken der Schulordnung von 1829 aber blieben erhalten. Der große Kampf zwischen Sachschule und Sprachschule war zugunsten der letzteren entschieden. Der Neuhumanismus hatte in dem sechzigjährigen Schulkampf über den Realismus und somit auch über die Aufklärung gesiegt. Alle folgenden Schulordnungen bis 1891 und zum Teil selbst bis 1914 waren nur Ergänzungen, fügten mehr oder minder realistische Fächer hinzu, Französisch, Naturgeschichte und andere. Die vielberufene Bestimmung, daß geistliche Kandidaten in der Lehramtsprüfung eine mildere Beurteilung erfahren sollten, war nicht, wie man gemeint hat, ein Zugeständnis der Schulordnung von 1830, sondern der von 1829. Im Gegenteil, in der Schulordnung von 1830 wurde jene Bestimmung beseitigt. Der Minister berichtete ausdrücklich dem König: „Die Kommission hat zwar ebenfalls wie die frühere eine wahrhaft christliche, sittliche und zugleich klassische Bildung der Jugend durch ihre revidierten Pläne zu bezwecken, jedoch hiebei alles zu vermeiden gesucht, was auch nur den letzten Schein einer Verfassungswidrigkeit haben könnte. Sie hat deshalb die Bestimmungen des früheren Schulplans über den Vorzug der geistlichen Lehramtskandidaten bei gleicher Befähigung beseitigt."
Bei aller Mannigfaltigkeit geht doch ein gemeinsamer Zug durch all das Handeln dieser ersten Regierungsjahre des Königs. Es ist die Gegenäußerung einer ausgesprochen reagierenden und ausgesprochen positiv gerichteten Persönlichkeit gegen den Mechanismus des Aufklärungszeitalters, gegen das radikal aufgeklärte Regiment Montgelas' im Staat, in der Kirche, im Geistesleben. Es ist das Wiederanknüpfen an bodenständige, volkstümliche und kirchliche Traditionen. Es ist die Versöhnung des Neuen mit dem liebgewordenen Alten. Und diese persönliche Neigung und Richtung wird verstärkt durch eine geistige Bewegung der Zeit, die man Romantik nennt und die in Bayern positiver, konkreter, vielleicht auch manchmal universeller gerichtet war als anderwärts. König Ludwig I., der größte Mäzen des 19. J a h r h u n d e r t s , wie die Griechen ihn nannten, war auch der zweite Gründer der Ludwig-Maximilians-Universität. Er hat sich selbst als ihren zweiten Gründer bezeichnet und diesen Ruhmestitel in einer königlichen Entschließung zu den „schönsten Ereignissen seiner Regierung" gezählt. Ein Zeitgenosse aber hat ihm vorausgesagt: die Universität werde zur Verherrlichung seiner Regierung mehr beitragen als alle Denkmäler, die er errichtet habe.
Die L u d w i g - M a x i m i l i a n s - U n i v e r s i t ä t , die 1472 in Ingolstadt gegründet wurde, war am Schlüsse des 15. und am Anfang des 16. J a h r hunderts ein Mittelpunkt des deutschen H u m a n i s m u s : mit Conrad Celtis, mit dessen Schüler und Nachfolger J a k o b Locher wirkten begeisterte, ja stürmische Verkündiger des neuen wissenschaftlichen Evangeliums an ihr.
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Unmittelbar darauf lag eine theologische S t i m m u n g über Deutschland. Der Humanismus verband sich mit der kirchlichen Reformation. Das Ergebnis dieses Bundes war nicht die Verweltlichung der Bildung, wofür der Humanismus gerungen, sondern das, was er b e k ä m p f t hatte, die Überspannung des theologischen Geistes. Unter der Führung J o h a n n Ecks, noch mehr der Gesellschaft Jesu wurde Ingolstadt allerdings ein Mittelpunkt der Gottesgelehrsamkeit. Aber unter der Herrschaft der später erstarrenden Scholastik trugen in der Folge gerade d i e beiden Fakultäten, die in der Zeit der Reformation und Gegenreformation die Führung der Landesuniversität erlangt hatten, die theologische und die philosophische, die deutlichsten Zeichen der Stagnation. Schlimm stand es ganz besonders auch um die nach unseren Begriffen eminent empirische Wissenschaft der Medizin. Gab es doch in Ingolstadt oft nur e i n e n Professor der Medizin, der mehr als einmal aus dem Kreise der Lektoren des bischöflichen Seminars in Freising genommen wurde. Kein Wunder, wenn Stimmen laut wurden, die der Universität das Recht zum Leben absprachen. Andere wollten die Hochschule wenigstens aus dem beengenden Mauerring Ingolstadts, aus dem „eisernen Käfig", wie sich ein Zeitgenosse ausdrückte, befreien, namentlich seitdem sich das französische Revolutionsheer der Festung Ingolstadt näherte. Zu Ende des Jahres 1799 war auch der K u r f ü r s t Maximilian Joseph zur Verlegung der Universität nach Landshut entschlossen. Im Mai des folgenden J a h r e s wurde die Übersiedlung durchgeführt. In den J a h r e n 1804 bis 1811 war die Universität Landshut eine der blühendsten Hochschulen Deutschlands 1 ), eine Folge der großzügigen Art, in der in den besten Jahren des Ministeriums Montgelas' bayerische Kulturpolitik getrieben wurde. Durch mancherlei Maßnahmen verdarb sich jedoch die Regierung selbst ihre eigene Schöpfung. Die vorzüglichsten wissenschaftlichen und Kunstschätze sowie die bedeutendsten wissenschaftlichen Männer wurden von ihr nach der H a u p t s t a d t gezogen, an die beiden Akademien, in die höhere Staatsverwaltung. Neben der Landesuniversität entwickelte sich immer mehr ein neuer wissenschaftlicher und künstlerischer Mittelpunkt — München. So war es denn begreiflich, daß die bedeutenderen Männer, die der Hochschule einige Zeit Glanz und Gedeihen gaben, wenn sie nicht wie Feuerbach oder Gönner von der Regierung nach München in die Ministerien oder in die Akademie berufen wurden, dem ersten vorteilhaften Ruf an eine auswärtige Universität Folge leisteten. Savigny ging nach Berlin, ein anderer hochangesehener Jurist Mittermaier nach Heidelberg, der vornehme Mediziner Philipp Walther nach Bonn. In den letzten J a h r e n der Regierung König Maximilians I. war nach d e m l
) Vgl. Doeberl, Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. II, 5 1 6 f f .
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Zeugnis Eduard von Schenks die erste Hochschule des Landes in tiefe Mittelmäßigkeit herabgesunken. Schon unter der Regierung König Maximilians I. war daher wiederholt der Gedanke angeregt worden, die Universität von Landshut nach M ü n c h e n zu verlegen und mit der jetzt geistig ebenfalls schlummernden Akademie der Wissenschaften in Verbindung zu bringen. An finanziellen Erwägungen, an dem Mangel an öffentlichen Gebäuden in München, an dem Mangel eines Ersatzes f ü r Landshut, aber auch an den Bedenken wegen der Zerstreuungen und Versuchungen der Großstadt ist die Verlegung zunächst gescheitert. Auch an politischen Besorgnissen; König Maximilian I. erklärte wiederholt, er wolle in seiner Residenz keine Universität. Um so rascher kam die Angelegenheit unter der Regierung König Ludwigs I. in Fluß, der als Student die vorbildlichen Einrichtungen der Georgia Augusta in Göttingen liebgewonnen und als Kronprinz den raschen, unvergleichlichen Aufstieg der Berliner Universität mit lebh a f t e r Teilnahme verfolgt hatte. Aber noch zu Beginn seiner Regierung war Ludwig I. unentschieden, ob die Universität in Landshut zu bleiben oder nach München zu kommen habe. Noch im Sommer 1825 hatte Professor Röschlaub in einer vom Kronprinzen erbetenen Denkschrift die Belassung der Universität in Landshut nachdrücklichst empfohlen. Und doch wurde noch vor Schluß des nämlichen Jahres die Verlegung beschlossen. Eine neue Aussprache des Königs mit seinem Landshuter Studienfreund und jetzigen Leibarzt Ringseis und mit dem Vorstand des neugeschaffenen Obersten Kirchen- und Schulrats Eduard von Schenk scheint die letzten Bedenken beseitigt zu haben. Beide haben diese Aussprachen in die Form von höchst bemerkenswerten Denkschriften gekleidet. Die drei bayerischen Universitäten, so f ü h r t e n sie darin aus, seien gesunken, sie könnten am sichersten gehoben und zum Wetteifer mit den trefflich besetzten und königlich dotierten Universitäten von Göttingen, Berlin und Bonn befähigt werden durch Errichtung einer Normaluniversität, einer Pflanzschule f ü r die übrigen bayerischen Hochschulen. Eine solche Pflanzschule könne nur in München gedeihen. In München, am Sitze der Akademie der Bildenden Künste, werde auch die beiderseitige Durchdringung von Kunst und Wissenschaft verwirklicht werden; von dem neu aufgegangenen Gestirn erwarte jedermann, d a ß es den Wissenschaften nicht weniger leuchten werde als den Künsten. Die Verlegung der Universität nach München werde aber auch das Ansehen des bayerischen Staates heben: München könne in g e i s t i g e r Hinsicht, unter der glorreichen, alles Gute, Wahre und Schöne fördernden Regierung des Königs sich einen herrschenden Einfluß auf ganz Deutschland begründen, wenn es durch eine Hochschule zum wissenschaftlichen Sammelplatz, zum Ver^ einigungspunkt der deutschen Jugend geworden sei.
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Im H e r b s t 1826 zog die U n i v e r s i t ä t in M ü n c h e n ein. D u r c h eine V e r o r d n u n g v o m 21. März 1827 w u r d e n n a c h d e m Vorbild von Göttingen u n d Berlin die A k a d e m i e und die wissenschaftlichen S a m m l u n g e n mit ihr in engste V e r b i n d u n g gesetzt, teils aus E r s p a r u n g s r ü c k s i c h t e n , teils u m d u r c h die S a m m l u n g e n den H o c h s c h u l u n t e r r i c h t zu beleben und zu vertiefen. Gleichzeitig mit der Verlegung w u r d e a u c h d e r L e h r k ö r p e r der U n i v e r s i t ä t von Grund aus e r n e u e r t . Neben d e m d e u t s c h e n Fenelon, d e m f r ü h e r e n Professor u n d n u n m e h r i g e n Bischof von R e g e n s b u r g , J o h a n n Michael Sailer, ü b t e hier den s t ä r k s t e n E i n f l u ß der von der Mitu n d N a c h w e l t viel v e r k a n n t e V o r s t a n d des Obersten Kirchen- u n d Schulr a t e s E d u a r d von Schenk, der s p ä t e r e Minister, der „herrliche Dichter, der edler Begeisterung volle E d u a r d von S c h e n k " wie d e r König ihn r ü h m t e . Das letzte u n d e n t s c h e i d e n d e W o r t a b e r s p r a c h in allen Einzelfragen der König, der in diesen J a h r e n auf Gelehrte u n d K ü n s t l e r geradezu b e z a u b e r n d w i r k t e . Nach d e m Zeugnisse Friedrich Thierschs w a r es der G r u n d s a t z des Königs, d a ß überall, im S t a a t e , in der W i s s e n s c h a f t , in der K u n s t , das T a l e n t , die höhere Einsicht, das K ö n n e n den V o r r a n g erlangen solle. Das w a r ein leitender G e s i c h t s p u n k t des Königs und der f ü h r e n d e n M ä n n e r a u c h bei der Auswahl d e r Persönlichkeiten f ü r die neue U n i v e r s i t ä t . Dazu k a m noch ein a n d e r e r : die kirchliche R e s t a u r a t i o n g e g e n ü b e r d e r f r ü h e r herrschenden A u f k l ä r u n g , die V e r s ö h n u n g und gegenseitige D u r c h d r i n g u n g von W i s s e n s c h a f t u n d G l a u b e n , mit d e m Ü b e r g e w i c h t , a b e r nicht der Alleinherrschaft des K a t h o l i z i s m u s . M ä n n e r wie Röschl a u b , Ringseis und F r a n z B a a d e r h ä t t e n allerdings g e w ü n s c h t , d a ß der König der U n i v e r s i t ä t einen ausschließlich katholischen C h a r a k t e r gäbe. Nach d e m g l a u b w ü r d i g e n Zeugnisse Sailers, das d u r c h den P r o t e s t a n t e n Friedrich Thiersch b e s t ä t i g t wird, w a r es a b e r d a m a l s der e n t s c h i e d e n e Wille des Königs, „ j e d e r Konfession i n n e r h a l b ihrer Grenzen ihre freie B e w e g u n g u n d ihre wissenschaftliche B e g r ü n d u n g u n d Selbstverteidig u n g zu ü b e r l a s s e n " . Christlich und d e u t s c h sollte der G r u n d c h a r a k t e r der U n i v e r s i t ä t sein. Sailer u n d Schenk m o c h t e n sich im Stillen noch ein weiteres Ziel stecken, die Hochschule in M ü n c h e n zu d e m zu m a c h e n , w a s sie in L a n d s h u t n u r in einzelnen K ö p f e n w a r , zur B i l d u n g s s t ä t t e der neuen „ r o m a n t i s c h e n Geistigkeit". Und n a c h der k u r z e n rationalistischen Epoche der A u f k l ä r u n g w u r d e M ü n c h e n , z u m a l d a s gastliche H a u s J o s e p h Görres' in der S c h ö n f e l d s t r a ß e , wirklich ein M i t t e l p u n k t dieser neuen, positiv gerichteten Geistigkeit, zu d e m die F ü h r e r des k a t h o l i s c h e n Geisteslebens nicht bloß aus D e u t s c h l a n d , s o n d e r n a u c h aus F r a n k r e i c h , E n g l a n d u n d Italien w a l l f a h r t e t e n . U n t e r den zahlreichen Gelehrten, die als P r i v a t d o z e n t e n zugelassen w u r d e n , begegnen drei b e r ü h m t e N a m e n von verschiedener R i c h t u n g : der G e r m a n i s t und T u r n e r H a n s F e r d i n a n d M a ß m a n n , d e r R e c h t s -
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philosoph Friedrich J u l i u s S t a h l u n d der H e r a u s g e b e r des „ B a y e r i s c h e n W ö r t e r b u c h s " , der große S p r a c h f o r s c h e r J o h a n n A n d r e a s S c h m e l l e r , den m a n den B r ü d e r n G r i m m an die Seite setzen k a n n . Sein Lebensgang w a r ein Passionsweg. W e r ihn a b e r a m f r ü h e s t e n g e w ü r d i g t und zur A u s a r b e i t u n g und H e r a u s g a b e der G r a m m a t i k u n d des W ö r t e r b u c h e s der bayerischen M u n d a r t e n angeregt u n d dabei u n t e r s t ü t z t h a t , das w a r L u d w i g I. als K r o n p r i n z . Mit besonderer Sorgfalt w u r d e n a c h d e m Zeugnisse E d u a r d von Schenks bei der Auswahl der V e r t r e t e r der Philosophie d a r ü b e r g e w a c h t , d a ß nicht der Zweifel in die jugendlichen G e m ü t e r g e s e t z t , v i e l m e h r die N o t w e n d i g k e i t einer g e o f f e n b a r t e n Religion nachgewiesen werde. Den letzten b e d e u t e n d e r e n V e r t r e t e r n der rationalistischen A u f k l ä r u n g in L a n d s h u t , Koppen u n d Salat sowie d e m H a u p t e der M ü n c h n e r Aufklärungsphilosophie und Auf k l ä r u n g s p ä d a g o g i k , d e m A k a d e m i k e r K a j e t a n Weiller, w u r d e d a h e r die neue U n i v e r s i t ä t gesperrt. D i e M ä n n e r aber, die von den S t i m m f ü h r e r n der L a n d s h u t e r R o m a n t i k u n d der L a n d s h u t e r J u g e n d b e w e g u n g , R ö s c h l a u b u n d Ringseis, als einzig b e f ä h i g t angesehen w u r d e n , die „Philosophie zu Christus aus der W ü s t e der Aufk l ä r u n g zu f ü h r e n " , Glauben und Wissen zu v e r s ö h n e n , w u r d e n an die n e u e U n i v e r s i t ä t b e r u f e n : der O b e r s t b e r g r a t F r a n z v o n B a a d e r und F r i e d r i c h Wilhelm v o n S c h e l l i n g , der u n t e r d e m E i n f l u ß des Philos o p h u s T e u t o n i k u s J a k o b B ö h m e und F r a n z von B a a d e r s erst zur Theosophie, d a n n zur positiven Philosophie, zur Philosophie der Offenb a r u n g übergegangen w a r u n d d e m R a t i o n a l i s m u s , d e m „ I l l u m i n i e r u n g s w a h n " , den Krieg e r k l ä r t h a t t e . Schelling, der Philosoph der R o m a n t i k , sollte K a n t , den Philosophen der A u f k l ä r u n g v e r d r ä n g e n . Aber k a u m a n d e r t h a l b J a h r z e h n t e s p ä t e r saß ein j u n g e r Theologe des M ü n c h n e r Kreises an der Arbeit u m das philosophische S y s t e m Schellings als — unchristlich zu erweisen. Dieser j u n g e Theologe w a r — Ignaz D ö 11 i n g e r. N ä c h s t der Philosophie lag d e m K ö n i g besonders a m Herzen die G e s c h i c h t e , die „ v o r n e h m s t e L e h r m e i s t e r i n der F ü r s t e n " . Die neue U n i v e r s i t ä t sollte einen Lehrer der allgemeinen Geschichte „ v o n e r s t e m R a n g " e r h a l t e n . Nach der A b l e h n u n g des Österreichers F r e i h e r r n von H o r m a y r war der König, auf den schon der b e k a n n t e Mahnruf G ö r r e s ' m ä c h t i g gewirkt h a t t e , f e s t entschlossen den im S t r a ß b u r g e r E x i l lebenden großen Publizisten n a c h M ü n c h e n zu b e r u f e n — t r o t z der f r ü h e r e n Angriffe des Publizisten auf B a y e r n , t r o t z der Vorstellungen des preußischen G e s a n d t e n und der G e g e n a r b e i t einer a u f g e k l ä r t e n G r u p p e in M ü n c h e n . Dem V o r s t a n d e des O b e r s t e n K i r c h e n - u n d Schulrates, E d u a r d von Schenk, lag die Absicht, Görres gerade den L e h r s t u h l f ü r allgemeine Geschichte zu ü b e r t r a g e n , u r s p r ü n g l i c h f e r n e . E r d a c h t e an Friedrich von R a u m e r u n d an Leopold von R a n k e . Zweifellos s c h ä t z t e er Görres richtiger ein und e r k a n n t e er klarer die Bedürfnisse der Univ e r s i t ä t im Fach der Geschichte als der König, den der Z a u b e r der Persönlichkeit Görres' blendete. Denn mit der B e r u f u n g des gewaltigen
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V. Buch. Zweites Kapitel.
Publizisten war der Disziplin der Geschichte an der neuen Universität kein Dienst erwiesen, wie die Z u k u n f t lehren sollte. Ludwig ließ zwar die Verhandlungen mit Raumer und Ranke geschehen, an der ausschließlichen Besetzung des Lehrstuhls f ü r allgemeine Geschichte mit Görres hielt er jedoch fest. Damit war eine unvergleichliche Gelegenheit versäumt, in München eine historisch-kritische Schule ins Leben zu rufen. Görres blieb ohne Gegengewicht. Die Universität entbehrte auf J a h r zehnte eines bedeutenden Vertreters ernster, streng wissenschaftlicher historischer Forschung, der im Geiste eines Niebuhr, Ranke oder Böhmer an ihr gewirkt hätte. Was Görres seinen Hörern bot, waren mehr geistreiche Gedanken als exakte Feststellungen; kritische Quellenforschung lag dem Romantiker nicht. „ E s war", erzählt ein späterer Zuhörer, „eine Dichtung mit all dem Zauber der Romantik, eine Totenklage um all das Schöne, was einst gewesen und des Hörers ganze Seele folgte ergriffen seinen W o r t e n . " Der Heiligenschein des politischen Märtyrers erhöhte die Wirkung. 1 ) Als Jurist wandte Schenk seine besondere Aufmerksamkeit der juristischen F a k u l t ä t zu, ohne jedoch bei den Neuberufungen gerade vom Glück begünstigt gewesen zu sein. Die Verhandlungen mit Savigny und Mittermaier, Thibaut und Göschen f ü h r t e n zu keinem Ergebnis. Nikolaus G ö n n e r , der ausgezeichnete Vertreter des Prozeßrechts und um die bayerische Gesetzgebung verdiente Gelehrte starb bereits 1827, nachdem er kaum in den Lehrkörper der neuen Universität eingetreten war. Georg Friedrich M a u r e r , der eben erst seine Geschichte des altdeutschen Rechtsverfahrens veröffentlicht hatte, war dagegen eine lange f r u c h t b a r e Tätigkeit an der Münchner Hochschule beschieden. Im übrigen m u ß t e sich die juristische Fakultät mit Sternen zweiten Ranges begnügen. Die Interessen der theologischen F a k u l t ä t vertrat mit besonderer Wärme Bischof Sailer. Er empfahl neben dem Exegeten Franz Joseph A l l i o l i , dem Moralisten J o h a n n Nepomuk H a r t i g u. a. namentlich den Gelehrten, der später den Ruf der Münchner theologischen F a k u l t ä t in alle Welt hinaustragen sollte, den jungen Kleriker der Würzburger Diözese Ignaz D ö l l i n g e r . In der medizinischen Fakultät wurde von auswärtigen Kräften der Bonner Dozent Philipp v o n W a i t h e r g e w o n n e n , der f r ü h e r schon mit größtem Erfolg in Landshut gelehrt h a t t e und als das überragende geistige H a u p t der deutschen Kliniker galt. Als im F r ü h j a h r 1827 der Naturforscher Lorenz O k e n als Privatdozent aufgenommen wurde und im Sommer des gleichen Jahres ein anderer b e r ü h m t e r Naturphilosoph, Gotthilf Heinrich S c h u b e r t , seine Vorlesungen eröffnete, konnte Eduard von Schenk mit Recht an seinen König schreiben, daß die Münchner Hochschule schon die Strahlen ihres beginnenden Glanzes ins Ausland werfe und fremde Universitäten bereits nach dem Besitz ihrer vorzüglichsten Lehrer strebten. * J
) S. u. S.
Kirchen- und Schulpolitik.
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Der König begnügte sich nicht mit einer Erneuerung des Lehrkörpers. Bald nach ihrer Verlegung erhielt die Universität auch eine freiheitlichere Verfassung. Montgelas h a t t e das Beispiel eines rationellen Staates aufgestellt, des Staates, wie er sein soll, sein soll im Sinne des Naturrechtes und der Aufklärung. E i n e Macht, e i n Wille, e i n e Ordnung, e i n e Vernunft sollte herrschen über eine Vielzahl von Interessengruppen, über eine Vielzahl von wirklichen oder vermeintlichen Vorurteilen, sollte herrschen auch über die Geister, auch über die Universitäten. Tatsächlich gab es im Staate Montgelas' wie keine Selbstverwaltung der Universität, so auch keine wahre Lehrfreiheit der Professoren und Lernfreiheit der Studirenden. Allerdings wurde in den letzten Jahren des Ministeriums Montgelas das System etwas gelockert, aber gebrochen wurde mit ihm erst jetzt. Zunächst wurde die Fakultätsverfassung an Stelle der Sektionen wieder eingeführt. Im Oktober 1827 gab dann eine königliche Entschließung der Universität auch die freie Wahl des Rektors und Senats zurück. Im folgenden Monat erschien eine neue Satzung f ü r die Studierenden an den Hochschulen des Königreichs, die eine größere äußere wie innere Freiheit gewährte, die so lange verpönten oder halbverpönten Studentenverbindungen unter gewissen Voraussetzungen zuließ und all das beseitigte, worin Friedrich Thiersch den Urgrund aller Schwäche fand, den Kollegienzwang, das Biennium philosophicum und damit die Trennung der allgemeinen von den besonderen Wissenschaften, die Forderung eines fünfjährigen Universitätsstudiums. Damit war nach der Meinung Thierschs über das letzte Vorwerk der alten Fronfeste die Pflugschar gezogen. Der König war es, der die Initiative zu der neuen Satzung ergriff, der den entscheidenden Kommissionssitzungen persönlich präsidierte, der in dem Streit zwischen Thiersch und dem Obersten Kirchen- und Schulrat den moderneren Anschauungen des Philologen zum Siege verhalf. Vorbild war ihm auch hier die Georgia Augusta in Göttingen und Friedrich Thierschs Schrift „Über gelehrte Schulen mit besonderer Rücksicht auf Bayern", die den König als Reiselektüre auf seiner F a h r t nach Italien begleitet hatte. Man ging auf Befehl des Königs noch weiter, bis zur Revision der gesamten Universitätsordnung, bis zu einer zusammenfassenden Kodifikation der Rechtsverhältnisse aller bayerischen Universitäten auf moderner Grundlage. Wenn der Entwurf zum Vollzuge kam, dann t r a t f ü r die Münchner Universität, f ü r sämtliche Landesuniversitäten an die Stelle einer Vielzahl von Einzelbestimmungen und Einzelverordnungen eine generelle Ordnung, eine einheitliche Regelung des Rechtes, und das war vielleicht noch mehr wert als alle einzelnen Verbesserungen. Im Herbst 1829 legte Eduard von Schenk den Verfassungsentwurf dem König zur Genehmigung vor. Im F r ü h j a h r 1830 bringt er die
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V. Buch. Drittes Kapitel.
Vorlage wiederholt in Erinnerung. Er beruft sich u. a. auf eine dringende Vorstellung des Rektors der Universität München Friedrich Thiersch. Es war umsonst. Dem Antrag blieb die Erfüllung, dem Entwurf die Sanktion versagt. Die Universitätsreform Ludwigs I. blieb Stückwerk, und das wirkt fort bis zum heutigen Tage in der Mannigfaltigkeit der Verfassungen der einzelnen Universitäten, in der Vielzahl von Verordnungen und Entschließungen, von denen jeder Rektor und jedes Mitglied des Verwaltungsausschusses zu erzählen weiß. Inzwischen war eben eine Wendung, d i e Wendung im Leben und in der Regierung König Ludwigs I. eingetreten, der Übergang von verfassungsfreundlicher, fortschrittlicher Haltung zur Reaktion. Der König geriet immer mehr mit dem werdenden modernen S t a a t und mit den modernen Elementen der Gesellschaft in Widerspruch, nicht zuletzt mit den Universitäten. Bis jetzt waren es vornehmlich die Professoren und Studierenden der Universität Würzburg gewesen, denen er grollte. Mit den Münchner Studentenunruhen in der Weihnacht 1830 verlor der König das Vertrauen auch zur Münchner Studentenschaft. Das war der Boden, auf dem die Gegner der freiheitlichen Entwicklung der Universitäten innerhalb wie außerhalb Bayerns einsetzten, um den König nicht bloß von der Bewilligung n e u e r Freiheiten zurückzuhalten, sondern f ü r teilweisen Widerruf der alten Freiheiten zu gewinnen. Seine Liebe und sein Interesse hat Ludwig I. der Münchner Universität auch jetzt nicht entzogen. Zeuge ist das stolze Kollegiengebäude, das der königliche Bauherr gerade in den dreißiger Jahren an seiner Via triumphalis errichtete. Und noch in den letzten Monaten der Regierung Ludwigs I., unter dem Ministerium Maurer-zu Rhein, bahnt sich eine neue Wendung in freiheitlichem Sinne an.
Drittes
Kapitel.
Die Kunstpflege Ludwigs I. Unter Verwendung nachgelassener Manuskripte bearbeitet von Hans Rose.
Altbayern war unter schweren Krisen in das 19. J a h r h u n d e r t eingetreten. Die Errungenschaften der Aufklärung wurden von den katholischen Teilen der Bevölkerung mit Zurückhaltung aufgenommen. Gegen die westlichen Fortschrittsideen verhielt man sich skeptisch. Es bestand die Gefahr, daß die Landeshauptstadt von Bayern das Schicksal der geistlichen Residenzen teilen würde, deren Kunst seit einem Menschenalter unfroh geworden war. Kunst und Kultur verfolgten eine Bildungsidee, die stark verstandesmäßig u n t e r b a u t war. Wenn nun Bayern in dieses Fahrwasser einbog, so war es unabänderlich, daß man sich los-
Die Kunstpflege Ludwigs I.
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s a g t e von den w a r m e n G e f ü h l s i n h a l t e n , auf denen die L e b e n d i g k e i t des bayerischen Barock b e r u h t h a t t e . D a ß m a n sich lossagte von d e m a n g e s t a m m t e n H a n d w e r k , d e m breite Kreise der B e v ö l k e r u n g ihren U n t e r h a l t v e r d a n k t e n , d a ß m a n sich lossagte v o n der V o l k s k u n s t u n d sich b e k a n n t e zu einer W e l t k u n s t , die n a c h westlicher Meinung d e m Menschen als Geschöpf, seinem geistigen Wesen eingeboren und u n e n t b e h r l i c h sei. W i e die Verhältnisse lagen, w a r eine Lösung der Krise n u r von d e m H e r r s c h e r h a u s zu e r w a r t e n , das materiell u n d ideell das E r b e der geistlichen W ü r d e n t r ä g e r a n g e t r e t e n h a t t e . Die so ü b e r r a s c h e n d zur H e r r s c h a f t gelangte Linie der P f a l z g r a f e n von Z w e i b r ü c k e n h a t t e angesichts der Be* d r o h u n g von Seiten Napoleons I. noch keine Zeit g e f u n d e n , einen Hofs t a a t von künstlerischen T a l e n t e n u m sich zu s a m m e l n . In der F ü r s t e n geschichte e r k e n n t m a n zwei Zeitgrenzen, von denen a b mit einer f ö r m lichen W i e d e r g e b u r t der bayerischen K u l t u r p o l i t i k gerechnet w e r d e n k a n n : die eine ergibt sich aus d e m geistigen B e w u ß t w e r d e n des K r o n p r i n z e n Ludwig, der in jugendlichen J a h r e n bereits seinem V a t e r die V e r a n t w o r t u n g f ü r das künstlerische Wohl des L a n d e s a b n i m m t . E t w a von 1804 a b ä u ß e r t sich die W i l l e n s m e i n u n g des K r o n p r i n z e n in E n t s c h l i e ß u n g e n von ungewöhnlicher K l u g h e i t u n d T r a g w e i t e . Der zweite A k t , der zeitlich g e n a u b e s t i m m b a r den Beginn einer neuen Epoche anzeigt, ist die E r h e b u n g B a y e r n s z u m Königreich 1806. I n n e r h a l b der K u n s t g e s c h i c h t e fallen die epochalen Ereignisse ähnlich e i n : 1803 e r r i c h t e t K a r l v o n F i s c h e r , d a m a l s ein E i n u n d z w a n z i g j ä h r i g e r , das m e i s t e r h a f t schöne Palais f ü r den Minister von S a l a b e r t , s p ä t e r v o m Prinzen Karl, h e u t e v o m Ministerp r ä s i d e n t e n b e w o h n t . K u r z d a r a u f , 1804, wird der ehemalige H o f g a r t e n i n t e n d a n t des K u r f ü r s t e n Karl T h e o d o r , F r i e d r i c h Ludwig v o n S c k e l l a u s Schwetzingen n a c h M ü n c h e n b e r u f e n . Fischer u n d Sckell haben in der Folge e n g z u s a m m e n g e a r b e i t e t . Sie sind g e m e i n s a m v e r a n t w o r t l i c h f ü r den A u s b a u M ü n c h e n s bis zu d e m Z e i t p u n k t , wo L e o v o n K l e n z e mit neuen V o l l m a c h t e n in die B a u g e s c h i c h t e der S t a d t eingreift (1816). Die Idee der N e u g r ü n d u n g M ü n c h e n s als der künstlerischen H a u p t s t a d t S ü d d e u t s c h l a n d s h a t bereits der ersten, von Fischer u n d Sckell b e h e r r s c h t e n Periode ihren inneren A n t r i e b gegeben. Die S c h ö p f u n g s t a t e n : E r n e u e r u n g d e s E n g l i s c h e n Gartens1), E r r i c h t u n g des H o f t h e a t e r s , die G r ü n d u n g der L o k a l b a u k o m m i s s i o n und d i e A u s a r b e i t u n g d e s e r s t e n Münchner G e n e r a l l i n i e n p l a n s , auf dessen G r u n d l a g e das s p ä t e r e , klassische M ü n c h e n sich erheben sollte. 1 ) Der englische Garten war unter der Direktion des Freiherrn von Werneck künstlerisch in Verfall geraten. Die Kritik Sckells und seine Vorschläge zum Ausbau des Gartens sind niedergelegt in einer Denkschrift, die Sckell im Jahre 1807 dem König vorgelegt hat. Der Akt befindet sich im Besitz des Finanzministeriums in München. Vgl. Franz Hallbaum, Der Landschaftsgarten München 1927. Das Buch enthält eine Biographie Sckells und eine quellenmäßig exakte Entwicklungsgeschichte des Englischen Gartens. Die Veröffentlichung der Denkschrift im Münchner Jahrbuch mit einer kritischen Würdigung von Hans Rose steht für den Jahrgang 1931 zu erwarten.
D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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V. Buch. Drittes Kapitel.
Ludwig I. hat München in einem städtebaulich verwilderten Zustand angetroffen. Unter dem Regiment des Kurfürsten Karl Theodor, 1791, war der Festungscharakter der S t a d t aufgehoben worden. Inzwischen aber hatte man verfehlt, was nur verfehlt werden konnte. Von der ehemaligen Umwallung gehörten das Mauer- und Zwingergelände der Stadt, die Bastionen dagegen dem S t a a t . Es fehlte verfassungsmäßig an einer einigenden Instanz. Das Bauwesen war anfangs den Militärbehörden, dann der Polizeibehörde, dann verschiedenen Spezialkommissionen unterstellt. Lebenswichtiges Bastionengelände war in Privathand übergegangen, die Anlage einer Ringstraße schon fast zur Unmöglichkeit geworden. Das im J a h r e 1803 begonnene Unternehmen der Bebauung des sogenannten Kapuzinergrabens (heute Maximiliansanlage), zu dem Kronprinz Ludwig schon einige nicht sonderlich glückliche Vorschläge beigesteuert hatte, war unter Zerwürfnissen und finanziellem Ruin ins Stocken gekommen (Architekten Franz T h u m und Schedel von Greiffenstein). Im Vorgelände h a t t e die sogenannte wilde Bauweise um sich gegriffen. Die zufälligen Linien der Gemarkung und der Feldwege waren regellos bebaut worden. Der alte Plan, das Schönfeld freizulegen, war längst in die Brüche gegangen, und selbst die kostbaren Bastionen nördlich vom Hofgarten, f ü r die sich das königliche Haus unmittelbar hätte interessieren sollen, waren von privater Seite aufgekauft worden. Das beste Stück h a t t e sich der Minister v o n S a l a b e r t selbst gesichert. 1 ) Nach seinem Ableben (1806) war es das dringendste Anliegen Sckells, der König möge das Salabert-Anwesen wieder zurückkaufen, damit der Hofgarten durch eine schräge Talwiese mit dem Englischen Garten verbunden werden könne. Im monumentalen Bauwesen der Stadt h a t t e der Einzug des Zweibrückener Hauses mit einer Katastrophe begonnen: K u r f ü r s t Max IV., der spätere König Max I., zerstört trotz dem warnenden Einspruch des Regierungsvizekanzlers Freiherrn von Stengel die beiden größten Festsäle der alten maximilianischen Residenz, den Kaisersaal und den Vierschimmelsaal. An ihrer Stelle legt Karl Peter Puille, dem der Kurfürst aus seiner Straßburger Zeit verpflichtet ist, in den Jahren 1799—1803 die Folge der Hofgartenzimmer an und ersetzt die aus dem 17. J a h r h u n d e r t stammende Hofgartenfront durch eine nichtssagende, zaghaft-klassizistische Fassade (von 1832 ab in Klenzes Festsaalbau verarbeitet). Alle diese Mißverhältnisse waren der Grund, weshalb Kronprinz Ludwig so frühzeitig und von vornherein mit furiosem Temperament den Baubehörden in die Zügel f u h r . Im J a h r e 1804 wird die Lokalbaukommission ins Leben gerufen. Ihre Mitglieder sind: A n d r e a s G ä r t n e r (der Vater Friedrich Gärtners), F r a n z T h u m , Stadtbaudirektor S c h e d e l v o n G r e i f f e n s t e i n und Polizeidirektor v o n Stetten. Fünf J a h r e später, mit Reskript vom 20. September 1809, wird diese *) Heute Garten des Finanzministeriums an der Galeriestraße.
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Die Kunstpflege Ludwigs I.
Kommission abgesetzt, neugebildet und dem Ministerium des Innern unterstellt. 1 ) In der Auswahl der neuen Mitglieder macht sich bereits der Einfluß des Kronprinzen bemerkbar. Vorstand ist der Geheime Rat von Stubenrauch. Der Landesdirektionsrat D o m i n i k u s von S c h w a i g e r hat die besondere Aufgabe, die zur D u r c h f ü h r u n g der Baulinienpläne nötigen Grundaustauschverhandlungen zu führen. Die formelle Überwachung der Neubauten liegt in der Hand des Polizeidirektors A n t o n B a u m g a r t n e r . Künstlerisch verantwortlich sind die beiden sogenannten technischen Mitglieder: K a r l v o n F i s c h e r f ü r die Bauten und F r i e d r i c h L u d w i g v o n S c k e l l f ü r die gartenkünstlerischen Teile. Über die Gestaltung des ersten Münchner Generallinienplans, 1807—1812, werden verschiedene Wettbewerbe ausgeschrieben. Unter den achtzehn Entwürfen, die dem Ministerium eingereicht werden, befindet sich ein persönlicher Vorschlag des Kronprinzen. Fischer und Sckell bleiben Sieger. Ihr gemeinsames Projekt, also der amtliche Vorschlag der Lokalbaukommission, wird der Ausführung zugrunde gelegt. Mit Unrecht pflegt die populäre Meinung die Anlage der Max- und Ludwigsvorstadt f ü r Fischer allein in Anspruch zu nehmen. Fischer besaß kein spezifisch städtebauliches Talent und in den fraglichen Jahren, als der Generallinienplan ausgearbeitet wurde, war er durch längere Aufenthalte in Rom von seinen Münchner Pflichten abgelenkt. Seine besondere Aufgabe war vielmehr die B e b a u u n g der neuen Straßen, die an der Briennerstraße und am Karolinenplatz am deutlichsten seine Hand verrät. 2 ) Sckell dagegen, den ich in vollem Umfang für den Schöpfer des Straßennetzes halte, war kurz vor seiner B e r u f u n g nach München mit einer bedeutenden städtebaulichen Aufgabe beschäftigt gewesen: mit der Ausgestaltung des Bastionengeländes von Mannheim. An vier Stellen des Münchner Stadtplans h a t Sckell nachweislich in seiner Eigenschaft als Gartenkünstler die maßgebenden Entscheidungen getroffen: in der Freihaltung des sogenannten Eschenwäldchens am Kapuzinergraben (zwischen Ottostraße und Maximiliansplatz), in der Anlage des Botanischen Gartens, 1808, in der Anlage des Städtischen Krankenhauses und seiner Gärten und in der Schöpfung des Südlichen Friedhofs. Die Vermutung liegt nahe, daß Sckell auch das verbindende Straßen- und Platzsystem entworfen und d a ß er bei der Planung der Maxvorstadt an das Karreesystem von Mannheim zurückgedacht hat, dessen Regelmäßigkeit im Klassizismus von neuem als schön empfunden wurde. 3 ) Hauptachse des Ganzen ist die heutige ArcisJoseph Wiedenhofer, Die bauliche Entwicklung Münchens i m Lichte der Wandlungen des Baupolizeirechtes. München 1916, zweiter Abschnitt S. 31 f f . 2 ) Von Fischer erhalten: Das Palais Törring-Seefeld, ehemals für Ludwig I. als Kronprinz erbaut, als Blickpunkt in die Achse der Max-Joseph-Straße eingestellt (1810). Die Nuntiatur in der Briennerstraße und die Palais Hohenlohe und Drexel in den Ecken Brienner-Arcisstraße. 3 ) Eine aquarellierte Planzeichnung des Straßennetzes, in welches die Umrisse des Botanischen Gartens und des Karolinenplatzes nur flüchtig mit Bleistift ein3*
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s t r a ß e , die zur Mitte der ehemaligen Sckellschen G e w ä c h s h ä u s e r orientiert ist u n d im r e c h t e n Winkel auf d e n neu regulierten F ü r s t e n w e g ( B r i e n n e r s t r a ß e ) a u f t r i f f t . Auffallend, d a ß s ä m t l i c h e S t r a ß e n des neuen Q u a r t i e r s a m O s t r a n d e unreguliert a u s l a u f e n . Das e r k l ä r t sich aus d e m U m s t a n d , d a ß der Odeonsplatz und die L u d w i g s t r a ß e d a m a l s noch nicht b e s t a n d e n . Sie waren auch noch nicht p r o j e k t i e r t . Auf d e m S t a d t p l a n des T o p o g r a p h i s c h e n Bureaus v o m J a h r e 1812 bilden die B a s t i o n e n , aus denen s p ä t e r der Odeonsplatz geworden ist, die alte F ü r s t e n s t r a ß e und die I n g o l s t ä d t e r L a n d s t r a ß e ein so w ü s t e s D u r c h e i n a n d e r , d a ß auf eine Regulierung k a u m m e h r zu hoffen war. E r s t in letzter S t u n d e , i m J a h r e 1816, h a b e n der K r o n p r i n z und Klenze beschlossen, an dieser Stelle m i t Gewalt O r d n u n g zu schaffen. Mit diesem A k t ist die zweite, von Klenze u n d G ä r t n e r beherrschte Periode, die Glanzzeit des M ü n c h n e r Klassizismus, a n g e b r o c h e n . In der ursprünglichen M a x v o r s t a d t bildet der K a r o l i n e n p l a t z d a s Meisterstück. Die B e b a u u n g mit Einzelvillen in der s o g e n a n n t e n lockeren Bauweise, die Komposition der Flächen und des R a u m e s , die B e g e g n u n g der S t r a ß e n usw. sind so a n g e o r d n e t , d a ß der P l a t z in keiner Ansicht z e r s c h n i t t e n oder aufgebrochen w i r k t . Es ist nicht zu viel gesagt, w e n n m a n b e h a u p t e t , d a ß der K a r o l i n e n p l a t z zu den drei oder vier s c h ö n s t e n S t e r n p l ä t z e n E u r o p a s g e h ö r t . D u r c h Anlagen dieser A r t ist das alte R o n d e l l m o t i v der barocken S t a d t b a u k u n s t f ü r den Klassizismus u n d somit f ü r das 19. J a h r h u n d e r t neu gewonnen w o r d e n . Im weiteren Verlauf des „ F ü r s t e n w e g e s " , der a n f a n g s als K ö n i g s s t r a ß e in den Plan eingesetzt und erst im J a h r e 1815 n a c h dem Sieg bei Brienne in B r i e n n e r s t r a ß e u m g e t a u f t worden ist, f o l g t als K o n t r a s t m o t i v ein q u a d r a t i s c h e s F o r u m , dessen B e b a u u n g in d e m S t a d t p l a n von 1812 noch offen gelassen ist. Es b e s t e h t a b e r kein Zweifel d a r ü b e r , d a ß L u d w i g I. von vornherein den K ö n i g s p l a t z den höchsten Ideen der a n t i k e n T e m p e l s t a d t a n z u n ä h e r n g e d a c h t e . E s w a r Karl von Fischer aufgegeben, als H a u p t g e b ä u d e ein S t a t u e n m u s e u m f ü r diesen P l a t z zu e n t w e r f e n , das in philologisch reiner P r ä g u n g den N a m e n „ G l y p t o t h e k " f ü h r e n sollte. Fischers E n t w u r f scheint jedoch dem K r o n p r i n z e n nicht zugesagt zu h a b e n . Ob nun Fischers Stil d a m a l s schon zu v e r a r m e n b e g a n n oder die ungewöhnliche A u f g a b e , M u s e u m s r ä u m e zu s c h a f f e n , den Künstler veranlaßt hat, dem Bau altmodische Mansarden aufzusetzen — jedenfalls gab die Unzulänglichkeit seines Vorschlags den A n s t o ß d a z u , d a ß der K r o n p r i n z sich n a c h n e u e n H i l f s k r ä f t e n u m s a h . Die Gelegenheit zu einer N e u b e r u f u n g f a n d sich im S p ä t s o m m e r des J a h r e s 1815. D a m a l s hielt sich der K r o n p r i n z in Paris auf, um n a c h der S c h l a c h t bei W a t e r l o o an der N e u o r d n u n g der europäischen Verhältnisse gezeichnet sind, befindet sich in der Plansammlung des Gärtenamtes der Krongutsverwaltung Mappe 3 8 a . Die Tatsache, daß dieser Straßenplan sich in den ehemaligen A m t s r ä u m e n Sckells aufgefunden hat, s t ü t z t die oben ausgesprochene Vermutung.
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t e i l z u n e h m e n . Gleichzeitig waren Dillis und Thiersch n a c h Paris gek o m m e n , m i t dem A u f t r a g , die R ü c k e r s t a t t u n g der von Napoleon e n t f ü h r t e n M ü n c h n e r K u n s t w e r k e zu erwirken. In diesen h o f f n u n g s f r o h e n M o n a t e n w u r d e dem K r o n p r i n z e n L e o K l e n z e z u g e f ü h r t . Sicher n i c h t aus kritischen E r w ä g u n g e n , sondern m i t dem treffsicheren Blick der eigenen genialen Anlage e r k a n n t e der K r o n p r i n z in i h m die überlegene P e r s ö n l i c h k e i t , der er die bauliche Verherrlichung von M ü n c h e n a n v e r t r a u e n k o n n t e . Klenze e n t s t a m m t e einer mecklenburgischen B e a m t e n familie. N a c h kurzer Lehrzeit bei Gilly in Berlin w a r er in j u n g e n J a h r e n a n den Hof J é r ó m e s nach Kassel b e r u f e n worden u n d h a t t e die Verb i n d u n g m i t dem französischen K a i s e r h a u s dazu b e n u t z t , seine Ausb i l d u n g in d e r kühlen A t m o s p h ä r e des Pariser Klassizismus zu vollenden. D o r t w a r er von dem Z u s a m m e n b r u c h des Kaiserreichs ü b e r r a s c h t word e n . Ohne Mittel s u c h t er in Paris n a c h neuen A u f t r ä g e n . E r i m p o n i e r t d e m K r o n p r i n z e n durch die Vollständigkeit seiner Bildung, d u r c h sein w e l t m ä n n i s c h gemessenes A u f t r e t e n u n d die hohe G e s c h m a c k s k u l t u r , die ihn v o r Karl von Fischer auszeichnet. Klenze wird n a c h München b e r u f e n . E r siedelt im J a h r e 1816 n a c h München ü b e r . In M ü n c h e n n i m m t Klenze die B a u a r b e i t e n an zwei Stellen zugleich in Angriff. E r errichtet das L e u c h t e n b e r g p a l a i s , w o m i t gesagt ist, d a ß die Besprechungen ü b e r die z u k ü n f t i g e F o r m des Odeonsplatzes wenigstens zu einem v o r l ä u f i g e n Ergebnis g e f ü h r t h a b e n m ü s s e n . U n d er e n t w i r f t die G l y p t o t h e k , a u c h sie als Teil einer P l a t z a n l a g e , m i t deren A u s b a u m a n f a s t f ü n f z i g J a h r e b e s c h ä f t i g t gewesen ist. Im L e u c h t e n b e r g p a l a i s f i n d e t Klenze seinen eigentlichen Stil. Man s p ü r t n i c h t so sehr die Schulung, die er d u r c h g e m a c h t h a t , als den A u s d r u c k einer selbständigen künstlerischen Ü b e r z e u g u n g , die o f f e n b a r sehr wesentlich von den s ü d d e u t s c h e n E i n d r ü c k e n b e s t i m m t wird, die Klenze in M ü n c h e n und Salzburg in sich a u f n a h m . (Man vergleiche d a s E r z bischöfliche Palais am K a p i t e l p l a t z in Salzburg). Der T y p u s des S t a d t p a l a s t e s wird in einer Weise a u s g e p r ä g t , f ü r die in Berlin oder P a r i s die V o r a u s s e t z u n g e n gefehlt h ä t t e n : kubisch, ernst, eher schwer als elegant, k r ä f t i g e s Kranzgesims, die W i r k u n g auf einfache Verhältnisse abgestellt u n d auf die individuelle Schönheit der von Pilastern begleiteten Giebelfenster, deren Z e i c h n u n g ebensosehr von R a f f a e l wie von Zuccali a n g e r e g t ist. F o r t a n s u c h t er das Klassische n i c h t m e h r in den z a r t e n O r d n u n g e n , die Schinkel aus Paris m i t n a h m , u n d n i c h t m e h r in d e m bäuerlichen Stil Palladios, aus d e m W e i n b r e n n e r u n d Karl von Fischer g e s c h ö p f t h a t t e n . Sondern er s t u d i e r t das Römische, B r a m a n t e , den s p ä t e n R a f f a e l , die Bogen Sangallos u n d setzt sich sehr u n a k a d e m i s c h , s e l b s t ä n d i g u n d kraftvoll m i t den Meistern der R e n a i s s a n c e a u s e i n a n d e r . „ E s ist d a s bleibende Verdienst Klenzes, in seinen b e s t e n W e r k e n das Klassizistische im Sinne des Klassischen ü b e r w u n d e n zu h a b e n . In seinen B a u t e n lebt ein h a r m o n i s c h e r Z u s a m m e n k l a n g g e s ä t t i g t e r Verhältnisse, eine beglückende und b e f r e i e n d e A r t i k u l a t i o n der Glieder
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und eine fein abgestufte Modellierung, die der W i r k u n g klassischer Vorbilder sehr nahe k o m m t . " 1 ) Glyptothek und Königsplatz werden zunächst einem Wettbewerb unterworfen. Offenbar aus formellen Gründen. Es m u ß t e ein Weg gefunden werden, Fischer auszuschalten. Im übrigen stand fest, daß der Kronprinz die Entscheidung zugunsten Klenzes fällen würde. Fischer hat sich in richtiger Beurteilung der Lage an dem Wettbewerb nicht beteiligt. Die endgültige Gestalt des Königsplatzes aus den Vorentwürfen zu entwickeln und in die Geschichte der klassizistischen Platzbildung einzureihen, m u ß der Spezialliteratur überlassen bleiben. Notwendig ist es aber, die irrige Meinung zurückzuweisen, Klenze hätte den Platz mit Peristylen umstellen wollen. Im Frühklassizismus war man allerdings der Meinung gewesen, ein Forum verlange ein rahmendes Peristyl. Aber Wandel- oder Kaufhallen, wie sie etwa Weinbrenner f ü r den Marktplatz von Karlsruhe projektiert hatte, widersprachen der Idee der Tempelstadt, die der Kronprinz verfolgte, und in dem Zeitpunkt, als Klenze den Königsplatz entwarf, war das Hallenmotiv längst überwunden. Vielmehr ist gerade dies das Kennzeichen der reif-klassizistischen Vorstellungsweise, d a ß die baulichen Einheiten getrennt, als isolierte Blöcke um den Platz aufgestellt werden. Die Verbindung wird dann teils durch Grünanlagen hergestellt, in die m a n die Bauten einbettet, teils ohne alle materielle Hilfe aus der Idee des Gleichgewichtes. Dieses Gleichgewicht der Massen als Sinnbild klassischer Vollendung ist kaum ein zweites Mal so frei und meisterlich gegriffen worden, wie gerade hier. 2 ) Eine Trilogie von B a u t e n : Glyptothek, Kunstausstellungsgebäude und Propyläen, aus den klassischen Ordnungen ionisch, korinthisch und dorisch aufgerichtet. Die Glyptothek ist ein jugendlicher Bau, innerhalb der klassischen Regel auffallend frei, man möchte sagen subjektiv erfunden. Stellenweise unfertig durchgebildet, aber gerade deshalb frisch und unbefangen in ihrer Wirkung. Das Sammlungsgebäude, zugleich Festsaalgebäude f ü r den kronprinzlichen Hof, entwickelt sich karreeförmig um ein offenes Atrium. Nach außen fensterlos. Und weil nun einmal der moderne Mensch die Fenster als Träger eines Geistigen nicht missen kann, setzt Klenze ideale Fenster ein in Form von statuengeschmückten Nischen, f ü r deren R a h m u n g und Füllung er seine römischen Erfahrungen zu Rate zieht. Das K u n s t a u s s t e l l u n g s g e b ä u d e gegenüber wirkt matter, still und blutleer. Es ist der Ausdruck eines anderen Zeitalters, der dreißiger J a h r e . Ludwig I. hat das Erbe seines Vaters angetreten. Sein Mäzen a t e n t u m hat das Bürgerliche verloren, das Wagemutige, das Individuelle. Die Königsidee f ä r b t sich romantisch. Das Klassische wird Historie nd die Freiheit der antikischen Denkweise bindet sich wieder an die Hans Kiener, Thieme-Becker, Künstlerlexikon, Artikel Klenze. ) Neuerdings leider empfindlich gestört durch den Neubau der Evangelischen Kirchenverwaltung an der Arcisstraße. 2
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O r d n u n g der christlichen Heilslehre. Als B a u p r o g r a m m war aufgegeben, das K l a u s u r g e b ä u d e des Bonifazius-Klosters n a c h d e m Königsplatz hin mit einer T e m p e l f r o n t zu verkleiden, die sich dem klassischen E i n k l a n g f ü g e n und die Möglichkeit bieten w ü r d e , ein p a a r Oberlichtsäle u n t e r z u b r i n g e n , die als K u n s t a u s s t e l l u n g s r ä u m e dienen sollten. Man h a t sogar geglaubt, der korinthischen Steinfassade eine F o r t s e t z u n g in grellroten Ziegelwänden z u m u t e n zu d ü r f e n . Die K l a u s u r sollte zweistöckig gebildet werden. Infolgedessen r ü c k t e n die Kranzgesimse des Ausstellungsgebäudes höher hinauf als an der G l y p t o t h e k . Weil nun andererseits die korinthischen Säulen nicht ins Kolossale fallen d u r f t e n , h a t m a n zu d e m Mittel gegriffen, den P o r t i k u s auf eine Freit r e p p e e m p o r z u h e b e n . Vom S t a n d p u n k t der klassischen Regel gehört die F r e i t r e p p e gewiß nicht zu den reinen Motiven. In diesem besonderen Fall ist a b e r ihre R ü c k w i r k u n g auf das Ganze des Platzes von vorzüglichster A r t . B e k a n n t l i c h waren es die Franzosen, die die F r e i t r e p p e zu i h r e m Lieblingsmotiv g e m a c h t und vorzugsweise mit d e m k o r i n t h i schen P o r t i k u s v e r b u n d e n h a b e n . Basilika, Kloster u n d Ausstellungsg e b ä u d e u n t e r s t a n d e n der L e i t u n g Z i e b l a n d s . Es ist a b e r u n w a h r scheinlich, d a ß Klenze sich die A n o r d n u n g der T e m p e l f r o n t h ä t t e aus der H a n d n e h m e n lassen, u n d f o r m a l liegt kein G r u n d vor, sie i h m a b z u s p r e c h e n . Sie v e r t r i t t vielmehr in typischer Weise jenen feinen, geschichtlich b e g r ü n d e t e n , ein wenig pedantischen Stil, den Klenze in der A b w e h r gegen die v o r d r i n g e n d e R o m a n t i k sich a n e i g n e t . In den P r o p y l ä e n ist Klenze wieder ganz er selbst. Der a l t e r n d e Meister ist Sieger geblieben. Der G e d a n k e des Klassischen h a t t e sich als der t r a g f ä h i g s t e erwiesen von allen, t r o t z d e m neuen Mittelalter, t r o t z G ä r t n e r und Bürklein. Im J a h r e 1846 darf Klenze den T o r b a u in Angriff n e h m e n , dessen N a m e schon besagt, d a ß seine Schöpfer nach A t h e n ausgeblickt h a b e n . Die B e f r e i u n g Griechenlands war realpolitisches Ziel geworden. D a m a l s b a u t e n u n d d a c h t e n die J u n g e n schon wieder klassisch. In der bildenden K u n s t ist es die düstere, von Melancholie g e t r ü b t e Klassik Anselm F e u e r b a c h s , die m i t den P r o p y l ä e n ihrem i n n e r s t e n Wesen n a c h ü b e r e i n s t i m m t . Der P l a t z b r a u c h t e eine D o m i n a n t e . U m die lockere G r u p p e zu einigen, m u ß t e ein starkes Gewicht eingesetzt w e r d e n . Der klassische Genius Klenzes ä u ß e r t sich aber gerade d a r i n , d a ß d e r T o r b a u nicht kolossal w i r k t . D a ß Klenze es v e r s t e h t , selbst d a s Gewaltige mit u n b e f a n g e n e r Grazie vorzutragen. Seiner N a t u r lag die dorische O r d n u n g nicht u n m i t t e l b a r nahe. Das J o n i s c h e e n t s p r a c h seinem Wesen besser. U m so m e i s t e r h a f t e r ist es e r f u n d e n , wie die s c h w e r e n PyJonen den S ä u l e n b a u r a h m e n , seine K r a f t s a m m e l n u n d b ä n d i g e n , wie der p r a k t i s c h e Zweck der T o r f a h r t nicht von der Säulenm i t t e , sondern von den E c k p f o s t e n erfüllt wird u n d die Säulenstellungen des D u r c h g a n g s , die der Beschauer aus geringerem A b s t a n d zu sehen b e k o m m t , schon wieder die ionische Form bevorzugen. Vielleicht noch b e w u n d e r n s w e r t e r ist die W a h l des T y p u s als solche. Die P r o p y l ä e n sind
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kein T r i u m p h b o g e n , wie die zahlreichen N a c h a h m u n g e n des K o n s t a n t i n s und T i t u s b o g e n s , die zur K o n v e n t i o n d e r europäischen G r o ß s t a d t gehören und von denen in den gleichen J a h r e n ein höchst b e d e n k l i c h e s Modell, das Siegestor, f ü r München e n t w o r f e n worden ist. 1 ) S o n d e r n es w a r Klenzes eigentümlichste Absicht, auf d e m offenen P l a t z z u n ä c h s t die Idee des S t a d t t o r e s und der S t a d t m a u e r noch einmal a n k l i n g e n zu lassen, die Idee der Polis und des griechisch veredelten Gemeinwesens. H e u t e ist der T o r b a u auf der Ostseite schwarz, auf der W e s t s e i t e weiß p a t i n i e r t , ungemein günstig f ü r den S t i m m u n g s w e r t des G a n z e n . Die Reliefstreifen, von H i l t e n s p e r g e r e n t w o r f e n u n d von S c h w a n t h a l e r a u s g e f ü h r t , h a b e n die Regierung K ö n i g O t t o s von G r i e c h e n l a n d , des bayerischen Prinzen, z u m G e g e n s t a n d . Als n a c h langer B a u z e i t das T o r im J a h r e 1860 eröffnet w u r d e , w a r der T r a u m von der B e f r e i u n g Griechenlands allerdings schon wieder z e r r o n n e n . Die A u s s c h m ü c k u n g der G l y p t o t h e k w u r d e z u m A n l a ß , d a ß K r o n prinz L u d w i g sich selbst und der Ö f f e n t l i c h k e i t R e c h e n s c h a f t g a b ü b e r sein V e r h ä l t n i s zu den bildenden K ü n s t e n . Wie die A u f g a b e gestellt w a r , m u ß t e das P r o b l e m der Einheit der K ü n s t e dabei aufgerollt w e r d e n , v o n d e m m a n sagen d a r f , es sei das tragische P r o b l e m der K u n s t des 19. J a h r h u n d e r t s gewesen. Die Klassik nämlich f o r d e r t eine E i n h e i t der K ü n s t e , die m a n sich als das freie Z u s a m m e n w i r k e n freier Disziplinen vorzustellen h a t . Darin liegt das U n n a c h a h m l i c h e ihrer W i r k u n g . D e r Barock dagegen w a r auf Verschmelzung der K ü n s t e z u m d e k o r a t i v e n E f f e k t ausgegangen, also gerade u m g e k e h r t auf ein Z u s a m m e n w i r k e n u n s e l b s t ä n d i g e r Teile im Ensemble. Diese Barockidee w a r noch u n v e r gessen. Sie d r ä n g t e von Zeit zu Zeit wieder an die Oberfläche. Man k a n n wohl b e h a u p t e n , d a ß in der G l y p t o t h e k die klassische Einheit der K ü n s t e wenigstens annäherungsweise erreicht ist. Die individuell g e f o r m t e n R ä u m e , edle S t u k k a t u r e n , die W a n d - u n d D e c k e n g e m ä l d e und die als Einzelgegenstände aufgestellten S a m m e l o b j e k t e an alter und n e u e r P l a s t i k erzeugen jene eigentümlich reine H a r m o n i e , in der das Freie sich b i n d e t . Wie alle Klassik ist auch diese von k u r z e m B e s t a n d gewesen. Schon n a c h wenigen J a h r e n h a t t e sie sich d u r c h mittelalterliche u n d barocke Einheitsbestrebungen getrübt. Z u n ä c h s t h a n d e l t e es sich d a r u m , zu welchem bildnerischen Ideal der K r o n p r i n z sich bekennen w ü r d e . Die einst so g r o ß a r t i g e T r a d i t i o n der M ü n c h n e r B i l d h a u e r - und Bildgießerschule w a r im Laufe des 18. J a h r h u n d e r t s teils von den volkstümlichen S c h n i t z w e r k s t ä t t e n , teils u n t e r d e m S c h u t z des Hofes in der N y m p h e n b u r g e r P o r z e l l a n - M a n u f a k t u r weitergepflegt w o r d e n . Noch im letzten J a h r z e h n t geschah das in e i n e m d e k o r a t i v e n Sinn. Obwohl m a n sich u m die klassische F o r m b e m ü h t , wird d e n n o c h das Bildwerk mit d e m B a u , d e m G a r t e n , dem S t r a ß e n p r o s p e k t , d. h. m i t d e m d e k o r a t i v e n Ganzen z u s a m m e n g e d a c h t . M ü n c h e n Vgl. unten S. 51.
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t r e n n t sich v o m Barock sehr ungern u n d die F i g u r e n k u n s t wird d u r c h die b e s t e h e n d e n B a u t e n im Barock z u r ü c k g e h a l t e n . Das gilt insbesondere f ü r den H a u p t m e i s t e r der Übergangszeit, R o m a n A n t o n Boos, der aus d e r Schule von S t r a u b und aus dem S t u d i u m R a f f a e l D o n n e r s in Wien h e r v o r g e h t u n d dessen Figuren t r o t z ihrer klassizistischen T e n d e n z in Bewegung, G e w a n d u n g , M u s k u l a t u r im B a r o c k b e f a n g e n bleiben. 1 ) Im Beginn des neuen J a h r h u n d e r t s d r o h t die M ü n c h n e r Bildhauerschule in Verfall zu g e r a t e n . Selbst so p o p u l ä r e W e r k e wie d e r „ H a r m l o s " a m nördlichen H o f g a r t e n t o r (1803) und d a s R u m f o r d d e n k m a l im Englischen G a r t e n , beide von F r a n z Schwanthaler, h a l t e n der kritischen P r ü f u n g nicht s t a n d . U n t e r diesen U m s t ä n d e n w a r es begreiflich, w e n n der K r o n p r i n z f ü r seine bildnerische Selbsts c h u l u n g a n d e r e Orte a u f s u c h t e . Seit seiner ersten Italienreise in den J a h r e n 1804—05 ist sein Figurenideal von Florenz u n d von R o m bes t i m m t . E r f o r d e r t a u c h im bildnerischen S c h a f f e n das u n b e d i n g t Männliche. Canova, der a n m u t i g e , weiche, sinnliche, der Venezianer, gilt i h m bereits als V e r t r e t e r einer e m p f i n d s a m e n E p o c h e , die eben im Begriffe s t a n d , Geschichte zu w e r d e n . Obwohl der K r o n p r i n z W e r k e von Canova a n k a u f t , gibt er innerlich d e m s t r e n g e n T h o r w a l d s e n den Vorzug. 2 ) A m liebsten h ä t t e er ihn ganz f ü r M ü n c h e n g e w o n n e n . A b e r der Ruf M ü n c h e n s als einer m o d e r n e n K u n s t s t a d t w a r noch n i c h t f e s t g e n u g b e g r ü n d e t . Auf eine Zusage T h o r w a l d s e n s wäre nicht zu r e c h n e n gewesen. T r o t z d e m k a n n m a n ihn in M ü n c h e n k e n n e n lernen. Die S t a d t b e w a h r t von ihm die M a r m o r s t a t u e des Adonis in der Neuen P i n a k o t h e k , das bronzene R e i t e r s t a n d b i l d des K u r f ü r s t e n Maximilian auf d e m W i t t e l s b a c h e r p l a t z ( i n t e r e s s a n t e A u s e i n a n d e r s e t z u n g des K ü n s t l e r s m i t d e m Z e i t k o s t ü m des f r ü h e n 17. J a h r h u n d e r t s ! ) , d a s M a r m o r g r a b m a l des Herzogs Eugen von L e u c h t e n b e r g im linken Querschiff der Michaelskirche und die von S t i g l m a y e r gegossene P o r t r ä t b ü s t e L u d w i g s I. Aber mit diesen A n k ä u f e n w a r der M ü n c h n e r Schule w e n i g geholfen. W a s zu t u n übrigblieb, w a r die E r n e u e r u n g der b o d e n s t ä n digen Überlieferung. Diese wird im Stillen v o r b e r e i t e t d u r c h die sorgfältige K u n s t e r z i e h u n g , die F r a n z S c h w a n t h a l e r s e i n e m Sohne L u d w i g zuteil w e r d e n l ä ß t . L u d w i g S c h w a n t h a l e r , 1802—48, ist f r ü h zu E h r e n u n d großen A u f t r ä g e n g e l a n g t . Man h a t d e n E i n d r u c k , M ü n c h e n u n d der Hof h ä t t e n m i t Ungeduld darauf g e w a r t e t , bis der eben erw a c h s e n e K ü n s t l e r einen E r s a t z f ü r T h o r w a l d s e n bieten w ü r d e . Im J a h r e 1825 a r b e i t e t er einen silbernen T a f e l a u f s a t z f ü r K ö n i g M a x J o s e p h , k u r z v o r dessen Tod b e g o n n e n , erst 1865 fertiggestellt. U n m i t t e l b a r Seine Hauptwerke in München: Vier kolossale Marmorstatuen an der Fassade der Theatinerkirche, sieben Kolossalgruppen die Taten des Herkules darstellend im Nordtrakt der Hofgartenarkaden, ein Kruzifix im Bürgersaal, vier Figuren im Treppenhaus des ehemaligen Törringpalais (heute Hauptpostamt) usw. 2 ) Von Canova befanden sich in der Glyptothek die dem Bade entsteigende Venus und die Marmorstatue des Paris, heute im Eingangssaal der Neuen Pinakothek aufgestellt.
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nach seinem Regierungsantritt beauftragt ihn Ludwig I. mit der plastischen Ausschmückung der Glyptothek. Weitere Arbeiten: die Statuen Tillys und Wredes in der Feldherrnhalle, Reliefs und Statuen im Königsbau der Residenz, zwölf Ahnenstatuen f ü r die Residenz, das Giebelfeld der Walhalla, die Giebelfelder an den Propyläen, das Mozartdenkmal in Salzburg, das Goethedenkmal in F r a n k f u r t am Main, die Bavaria in München (1837—48) usw. Der Guß der Bavaria gilt mit Recht als Triumph der Münchner Erzgießerei, die inzwischen unter Stiglmayer und Miller einen glänzenden Aufstieg genommen hatte. Um 1800 war die E r z g i e ß e r e i nicht nur in München, sondern in Deutschland überhaupt eine in Vergessenheit geratene Kunst. Man mußte ausländische Meister kommen lassen, um ein Monument in Erz zu formen. König Maximilian I. hatte daher den Münzgraveur und Bildhauer J o h a n n B a p t i s t S t i g l m a y e r , geb. 1791 in Fürstenfeldbruck, gest. 1844 in München, beauftragt, sich in Italien über diese Kunst zu unterrichten. Durch den Guß der Büste des Kronprinzen Ludwig nach Thorwaldsens Modell begründete Stiglmayer seinen Ruf. Nach der Heimat zurückgekehrt, u n t e r n a h m er auf eigene Faust Versuche, die schließlich 1825 zur Gründung einer Erzgießerei, zunächst in Verbindung mit der Königlichen Münze, f ü h r t e n . Unter Ludwig I. wurde die Verbindung mit der Münze gelöst. Die Königliche Erzgießerei wurde ebenso wie die Königliche Glasmalereianstalt und die ältere Königliche Porzellan-Manufaktur ein selbständiges Institut, das unter der Leitung eines vom König ernannten Inspektors stand. Schon 1831 konnte der Berliner Bildhauer Rauch sein Modell zum Denkmal König Maximilians I. auf dem Max-Joseph-Platz in München der Münchner Anstalt zum Guß anvertrauen. Eigenem Entwurf Stiglmayers ents t a m m t e das Denkmal Maximilians I. in Bad Kreuth. In rascher Folge gingen nun aus der Anstalt eine Reihe größerer Werke hervor, der Obelisk am Karolinenplatz, die Reiterstatue K u r f ü r s t Maximilians I. von Thorwaldsen, die Ahnenfiguren in der Residenz von Ludwig von Schwanthaler usw. Stiglmayer nahm später seinen Neffen F e r d i n a n d M i l l e r , den Sohn eines Uhrmachers in Fürstenfeldbruck, der die Goldschmiedekunst erlernt hatte, in sein Geschäft auf und schickte ihn zur technischen Ausbildung nach Paris. Ihm gelang es, ein verbessertes Verfahren f ü r Feuervergoldung zu erfinden. Als Stiglmayer 1844 starb, wurde Miller zum Inspektor der Erzgießerei ernannt und mit der Ausführung des Gusses der 16 m hohen Kolossalstatue der „ B a v a r i a " betraut. Eine große Anzahl berühmter Gußwerke sind seitdem in alle Welt gegangen. Seine Lebensarbeit krönte Miller mit dem Gusse der Germania des Niederwalddenkmals 1879. Sechs J a h r e f r ü h e r war die Erzgießerei in seinen Privatbesitz übergegangen. Als Sammler von antiken Bildwerken k n ü p f t Ludwig I. an Ideen an, die im Münchner Humanismus des 16. J a h r h u n d e r t s ihre Wurzel haben.
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Er nimmt sich vor, in der Glyptothek eine Tribuna von Meisterwerken der antiken Bildnerkunst zu schaffen, d. h. eine Sammlung von höchstwertigen Einzelstücken anzulegen. Trotzdem war der barocke Gedanke der fürstlichen Statuengalerie noch lebendig genug, um auch qualitativ bescheidenen Stücken Einlaß zu gewähren, da wo die geschichtliche Vollständigkeit oder der dekorative Ziereffekt eine reichere Belebung der Wände und Sockel forderten. Entscheidend nicht so sehr f ü r die Richtung, die Ludwig I. als Sammler einschlug, als f ü r das reale Gelingen der Ankäufe war die Bekanntschaft des Kronprinzen mit dem Bildhauer Johann Martin Wagner. Wagner war geboren 1777 zu Würzburg als Sohn des Bildhauers J o h a n n Peter Wagner, von dem die anmutigen Kindergestalten im Würzburger Hofgarten herrühren. Im Alter von 26 J a h r e n wurde er nach einem längeren Aufenthalt in Wien und Paris auf die Fürsprache Goethes hin zum Professor f ü r Zeichenkunst an der Universität Würzburg ernannt, unter der Bedingung, daß er vorher zu seiner weiteren Ausbildung nach Rom gehe. Am 31. Mai 1804 betrat er die Ewige Stadt, die ihn bis an sein Ende festhalten sollte. Eine entscheidende Wendung brachte seine Begegnung mit dem Kronprinzen im J a h r e 1808. Wagner wurde der Kunstagent Ludwigs I. Seinem Kunstsinn, seiner Geschäftsgewandtheit und seinem Finderglück verdankt man die Erwerbung der Ägineten, des Barberinischen Fauns und zahlreicher anderer Kunstwerke, die den Grundstock f ü r die Bestände der Glyptothek gebildet haben. Die wertvolle Korrespondenz zwischen dem König und Wagner, die nicht weniger als 909 Briefe Wagners und 554 Briefe Ludwigs I. umfaßt, unterrichtet uns über diese Tätigkeit bis ins einzelne. Mit der der Weisung, den Barberinischen Faun zu erwerben, beginnt die Korrespondenz. 1 ) Den Schlußstein in diesem beziehungsreichen kunstpolitischen Gefüge bildet die Berufung des P e t e r C o r n e l i u s nach München. 2 ) Der Kronprinz lernte ihn in dem Kreis der römischen Nazarener kennen, in dem sich die willensstarke Persönlichkeit fraglos zu ihrem Vorteil abhob. Cornelius erhält den Auftrag, den Wand- und Deckenschmuck in der Glyptothek auszuführen. Da seine Verträge mit Düsseldorf nicht ohne weiteres gelöst werden können, ist er zunächst nur mit Unterbrechungen f ü r München tätig. Im Jahre 1825 übernimmt er endgültig die Leitung der Münchner Akademie und somit das einflußreichste K u n s t a m t , das München zu vergeben hatte. Man r ü h m t ihm nach, den Weltruf der Münchner Akademie begründet zu haben. Andererseits ist die Vormachtstellung, die er in München und später in Berlin eingenommen hat, der deutschen Kunst zum Verhängnis geworden. Denn !) Vgl. Pölnitz, Winfrid Freiherr v., Ludwig I. von Bayern und Johann Martin v . W a g n e r , 1929. 2 ) Alfred Kuhn, Peter Cornelius und die geistigen Strömungen seiner Zeit, Berlin 1921.
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reichlich zwei Generationen von K ü n s t l e r n h a b e n F o r t s c h r i t t u n d E r n e u e r u n g der K u n s t p r o b l e m e n u r auf K o s t e n der Cornelianer erringen k ö n n e n . Die besten d e u t s c h e n K r ä f t e , Genelli, F e u e r b a c h , Marées, Leibi,, h a b e n sich an der Privilegierung der Corneliusschule a u f g e r i e b e n , mit der bedauerlichen Folge, d a ß die d e u t s c h e K u n s t d u r c h U n f r e i h e i t ins H i n t e r t r e f f e n geriet gegenüber der französischen. Cornelius b e g i n n t als Klassiker u n d g r ü n d e t seine K a r t o n k u n s t auf die V o r a u s s e t z u n g e n der klassischen W a n d m a l e r e i . In s p ä t e r e n J a h r e n , seit seinem Z e r w ü r f n i s mit Klenze, überwiegt das R o m a n t i s c h e in i h m . Äußerlich n i m m t e r die H a l t u n g eines D i k t a t o r s an. Sein herrisches W e s e n , sein O r g a n i s a t i o n s t r i e b , sein n a t i o n a l e r Chauvinismus, sein P a k t i e r e n mit d e r m o dernen A m t s m a c h t und seine religiöse U n d u l d s a m k e i t v e r b i n d e n sich schließlich zu einem C h a r a k t e r b i l d , das n u r m i t einem einzigen in d e r K u n s t g e s c h i c h t e , m i t demjenigen Charles L e b r u n s , verglichen w e r d e n k a n n . Man f r a g t sich, auf welchen F ä h i g k e i t e n die beispiellose W i r k u n g dieses Mannes b e r u h t habe. Cornelius w a r einer der besten Z e i c h n e r seiner Zeit. Ein Bilderzähler und K a r t o n e n t w e r f e r von g r ö ß t e m StiL Ein Genie der figürlichen Komposition. Aber was ist d a m i t eigentlich g e s a g t ? Das, was uns an großer Historienbildnerei künstlerisch f e s selt, ist nicht die Komposition und nicht der G e g e n s t a n d , s o n d e r n p r i m ä r d a s Figurenideal, das d a r i n niedergelegt ist. W a s wir an R e t h e l , Geneiii, F e u e r b a c h und Marées b e w u n d e r n , ist die U n v e r k e n n b a r k e i t des figürlichen T y p u s . Cornelius b e s a ß einen solchen n i c h t , wenigstens keinen sinnlich erlebten, keinen, d e m seine Liebe gegolten h a t . Die W a h l des figürlichen T y p u s ist f ü r ihn v i e l m e h r eine Frage des T h e m a s , des gegenständlichen A u s d r u c k s , so d a ß seine ideal g e m e i n t e K u n s t in diesem wichtigsten P u n k t in Realismus u m s c h l ä g t , wie es ja a u c h realistisch gedacht ist, wenn er den A u s d r u c k des Grausigen oder Verworfenen d u r c h kompositioneilen M i ß k l a n g zu steigern s u c h t (so nach seiner eigenen Aussage im „ J ü n g s t e n G e r i c h t " in der L u d w i g s kirche). Ob es ihm wirklich an der W ä r m e des sinnlichen Erlebens gem a n g e l t h a t , ob nazarenische P r ü d e r i e oder sein g l ü h e n d e r Ehrgeiz d e r G r u n d gewesen sind, weshalb er zur W e l t kein w a h r h a f t liebendes Verhältnis g e w i n n e n k o n n t e — jedenfalls r e t t e t es sein K ü n s t l e r t u m n i c h t , wenn m a n die Verstandesschärfe, mit der er ü b e r K u n s t zu t h e o r e t i sieren pflegte, gelegentlich mit derjenigen A l b r e c h t D ü r e r s in Vergleich gesetzt h a t . In den Fresken der G l y p t o t h e k w a r es Cornelius a u f g e g e b e n , die P r o m e t h e u s s a g e u n d Szenen aus der Ilias in k n a p p e n Bildfolgen d a r zustellen. Die W ä n d e , die Klenze geschaffen h a t t e , w a r e n w o h l g e f o r m t u n d g u t b e l i c h t e t . Man d u r f t e an die V a t i k a n i s c h e n S t a n z e n d e n k e n . A n f a n g s k o n n t e m a n den E i n d r u c k g e w i n n e n , die a n t i k e n S t o f f e seien der K u n s t des Cornelius zuträglicher als die biblischen G e s c h i c h t e n der N a z a r e n e r . A b e r bald h a t er sich d e m sinnlichen G e g e n s t a n d wieder e n t f r e m d e t . Seine Gelehrtheit v e r f ü h r t ihn d a z u , die Bilder
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zu ü b e r l a d e n . Die figürlichen Motive reißen ab, verwirren sich. Die S y n t h e s e aus R a f f a e l u n d Giotto, die z u m P r o g r a m m der N a z a r e n e r g e h ö r t h a t t e , liefert manieristische Ergebnisse und d a u n d d o r t stellen sich Realismen ein, die die S t i m m u n g v e r d e r b e n u n d r ü c k w i r k e n d die klassische Stilisierung u n w a h r erscheinen lassen. Der zweite große A u f t r a g , den L u d w i g I. an Cornelius vergab, w a r die A u s m a l u n g des Loggienganges a n d e r Südseite der Alten P i n a k o t h e k . A u c h diesmal h a t t e Klenze die A r c h i t e k t u r geliefert und noch einmal s t a n d ein r a f f a e lisches W e r k , die v a t i k a n i s c h e n Loggien, b e r a t e n d im H i n t e r g r u n d . A n dieser Stelle m u ß t e es sich zeigen, ob Cornelius sich auf P r a c h t w i r k u n g v e r s t a n d . Das Ergebnis w a r wesentlich n e g a t i v e r N a t u r . Cornelius ü b e r l ä ß t die malerische A u s s c h m ü c k u n g seinen Schülern. Die F a r b w i r k u n g wird u n h a r m o n i s c h , der F i g u r e n t y p u s wird noch u n einheitlicher, als das bei Cornelius selbst der Fall w a r . Die Stileinheit g e h t in die B r ü c h e . Es k o m m t zu V e r s t i m m u n g e n . Schon u n t e r ges p a n n t e n Verhältnissen n i m m t Cornelius, diesmal eigenhändig a r b e i t e n d , den d r i t t e n K o l o s s a l a u f t r a g des Königs in A n g r i f f : das J ü n g s t e Gericht a n der A l t a r w a n d der Ludwigskirche. Der G e d a n k e a n Michelangelo lag zu n a h , u m n i c h t zu u n g ü n s t i g e n Vergleichen h e r a u s z u f o r d e r n . „ A u f b a u , F a r b e u n d Gestalten erinnern ebenso an d a s R a m p e n l i c h t eines g r o ß e n T h e a t e r s , wie das m ä c h t i g e P a t h o s des V o r t r a g s n i c h t s von der Vollblütigkeit b a r o c k e r Bildvorstellungen, aber alles von der g e s p a n n t e n S e e l e n s t i m m u n g reinster R o m a n t i k in sich t r ä g t . " 1 ) G e r a d e hier, wo es sich u m die künstlerische Organisation bewegter M e n s c h e n m a s s e n h a n d e l t , m a c h t sich d a s Fehlen eines t r a g f ä h i g e n F i g u r e n t y p u s in k a t a s t r o p h a l e r Weise b e m e r k b a r , und wenn Cornelius d e r M e i n u n g w a r , d e m Beschauer m i t der E n t w i r r u n g der Komposition e t w a s z u m u t e n zu d ü r f e n — so wie Michelangelo seine A u f t r a g g e b e r erzogen u n d bez w u n g e n h a t —, d a n n m u ß t e er die E r f a h r u n g m a c h e n , d a ß i h m die Gefolgschaft verweigert w u r d e . In der T a t k o m m t es über das „ J ü n g s t e G e r i c h t " z u m B r u c h m i t d e m K ö n i g und mit M ü n c h e n ü b e r h a u p t . K u r z vor der g e p l a n t e n E n t h ü l l u n g besichtigt der K ö n i g das Gemälde in Begleitung von Friedrich G ä r t n e r , ohne Cornelius v e r s t ä n d i g t zu h a b e n . Cornelius eilt in die Kirche an seine A r b e i t s s t ä t t e u n d f i n d e t keinen Einlaß. E r ist verlassen von Klenze, von G ä r t n e r , d e r i h m viel v e r d a n k t e , von den F a c h m a l e r n , die G r u n d genug h a t t e n , ihn zu hassen, von seinen eigenen Schülern u n d j e t z t auch noch v o m K ö n i g selbst. Unverzüglich n i m m t Cornelius V e r h a n d l u n g e n auf mit Berlin, wo er d e n Rest seines Lebens z u b r i n g t . Mit diesem Zwischenfall b e g i n n t f ü r München die Periode W i l h e l m v o n K a u l b a c h s . Das allerdings, was Ludwig I. als den G r u n d seiner U n z u f r i e d e n h e i t a n g a b , Cornelius „ k ö n n e nicht m a l e n " , w a r ein v o m geschichtlichen S t a n d p u n k t u n b e r e c h t i g t e r V o r w u r f . Denn die g r ö ß t e n K a r t o n z e i c h n e r der K u n s t geschichte h a b e n die F a r b e g e d ä m p f t und o f t sogar die Grenze des MißHauttmann-Karlinger,
Bayerisches Wanderbuch, München 1922, S. 136.
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farbenen berührt. Mit gutem G r u n d : weil ihnen die Farbe als Mittel der realistischen Nachahmung unerwünscht war. Wir urteilen umgekehrt. Cornelius h ä t t e die Farben durchgängiger, bewußter und unter Festhaltung bestimmter Grundtöne abdämpfen sollen. Was Ludwig I. mit seiner Kritik gemeint hat, geht aus der Wahl des neuen Akademiedirektors hervor. Wilhelm von Kaulbach konnte freilich malen, d. h. er verstand es, historische Szenen in eine seidige, weichglänzende, wirklichkeitsnahe und warm getönte Buntheit einzuhüllen. Odeonsplatz und
Ludwigstraße.
Als das Leuchtenbergpalais errichtet wurde, 1816, s t a n d es fest, d a ß der Bau die Nordwestecke eines italienischen Forums bilden sollte. Damit war weiter gesagt, daß der schräg nach Milbertshofen hinausführende Türkengraben nicht als Straße ausgebaut, sondern die verkehrswichtige Diagonal-Verbindung, die jeder barock empfindende Architekt zum Strahlungssystem weiter entwickelt hätte, in ihrem Beginn abgeriegelt wurde. 1 ) Mehr als das kann zunächst nicht festgestellt werden. Denn die Projekte, wie der Odeonsplatz ausgebaut werden sollte, haben sich bis zum J a h r e 1822 noch mehrfach geändert. Wer heute die L u d w i g s t r a ß e überblickt, ist geneigt anzunehmen, daß dieses Ganze einer einmaligen großen Konzeption entsprungen sei. Das ist jedoch nicht der Fall. Wir besitzen Vorentwürfe zum Odeonsplatz, nach denen das Forum an der Nordseite durch Häuserwände abgeschlossen und der Verkehr nach Schwabing der im Bogen ansetzenden Ingolstädter Landstraße überlassen ist. Durch die ehemalige Bastion war man dort an geschlossene Raumformen gewöhnt. Erst in letzter Stunde fassen der Kronprinz und Klenze den Entschluß, die Nordseite des Platzes offen zu lassen und von dieser Stelle aus eine regulierte P r a c h t s t r a ß e n a c h Schwabing zu führen. Fortan wächst der Odeonsplatz folgendermaßen: 1818 wird die alte Reitschule abgerissen und am Marstallplatz neu wieder aufgerichtet. An der Stelle des alten Reithauses entsteht von 1822 ab das Bazargebäude. 2 ) Am Eingang der Ludwigstraße entstehen die beiden Eckpfosten, die die Fluchtlinien bestimmen: Finanzministerium und Notenbank. 1826—1828 schließt sich die Westwand des Platzes durch den Bau des Odeons, das trotz der ganz verschiedenen Zweck- und R a u m b e s t i m m u n g als genaues Gegenstück zum Leuchtenbergpalais aufgerichtet wird. Unter den größten Schwierigkeiten gelingt zeitlich an letzter Stelle die Regulierung des Theatinerblocks. An die Nordwand der Theatinerkirche wird eine Palastgruppe angeschlossen, die in ihren Maßverhältnissen als freies Gegenstück zu dem T h e a t i n e r Kolleggebäude behandelt ist und in glücklichster Form zu den kühleren, steileren Palästen des Klassizismus überleitet. Mit der Errichtung des *) Die schräge Verbindung noch heute zu erkennen in einem Stück der Fürstenstraße und weiter außerhalb im Verlauf der Kurfürsten-Belgradstraße. 2 ) Entwurf von Himbsel, Auftraggeber der Bankier Eichthal.
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gräflich Moyschen Palais war die Frage der Schlußregulierung der Briennerstraße wieder in Fluß gekommen. Nachdem die Landsitze angekauft waren, die sich auf den vorgeschobenen Bastionen die freundlichsten Plätze ausgesucht hatten, konnte man das Vorgelände nach langen Verhandlungen freilegen. Der Wittelsbacherplatz wird ausgespart — anfangs sollte eine protestantische Kirche an dieser Stelle errichtet werden — und die Fluchtlinien der Briennerstraße wachsen diesmal von Ost nach West, bis zu der Stelle, wo durch die Auflassung des ehemaligen Zweibrückengartens der Anschluß an die bestehenden Richtlinien gewonnen ist. An diesen neuen Alignements gehören noch drei Gebäude dem Werk oder wenigstens der W e r k s t a t t Klenzes a n : das Palais Louis Ferdinand, dessen Hauptfassade steil und hoch und stark von Fenstern durchbrochen durch die schmale Gasse zum Odeonsplatz hinausblickt, während die Front nach dem Wittelsbacherplatz hin ruhig und breit sich lagert und den echteren Proportionswillen des Baumeisters wiederspiegelt. Zweitens das Arcopalais am Wittelsbacherplatz, raffaelisch klangvoll mit einem zierlich-feierlichen, palladianischen Mittelstück, und die Putzrustikafassade des ehemaligen Eichthalpalais Briennerstraße 52. Daneben glücklich kontrastierend das Palais Almeida (ehemals Bayersdorf, Briennerstraße 51), um 1820 von I. B. Motivier errichtet, französisch zart profiliert, die Proportionen und die Glättung der Oberfläche von elegantester Art. Von dem gleichen Meister und gleich vorzüglich das Rosipal-Landhaus am Englischen Garten, Königinstraße 28. In dem alten westlichen Teil der Briennerstraße ist das sogenannte Barlowpalais auf Klenze zurückzuführen, gegenüber der N u n t i a t u r als freies, mächtiges Gegenstück aufgestellt, weniger Block als Front, flache Eckrisalite, zarte bramantische Pilaster als Einfassung, das Erdgeschoß in schlanken Bogenfenstern geöffnet. Der Entschluß, die Ludwigstraße zu bauen, war von vornherein mit Bitterkeit gemengt. Denn die ehemalige Schwabinger L a n d s t r a ß e war im Anfang des J a h r h u n d e r t s mit Landhäusern besiedelt worden, deren Besitzer nicht ohne weiteres bereit waren, die neu eingerichteten Wohnsitze wieder zu räumen. Zwei von den alten Villen stehen noch heute im Hof des ehemaligen Maxgymnasiums. Die Straße wird in drei Abschnitten gebaut, deren Stil merklich verschieden ausfällt. Erstes Stück bis zur Von der Tann-Straße. Klenze entwirft Wohnpaläste von mittlerer Größe. Man ist noch der Meinung, das Bürgertum an einer herrschaftlichen Wohnstraße interessieren und zu höheren W o h n h a u s typen erziehen zu können. Zweiter Abschnitt bis zur E i n m ü n d u n g der Theresienstraße. Der Hof, die S t a d t und der S t a a t müssen Opfer bringen. Ludwig I. vergibt ein Grundstück, das die Stadtgemeinde f ü r 181000 fl. erworben hatte, f ü r den Kaufpreis von 50000 fl. an seinen Vetter, den Herzog Max, der sich bereit erklärt hatte, ein Wohnpalais im Stil der Cancelleria darauf zu errichten. (Noch heute im Besitz des herzoglichen Hauses, Architektur von Klenze.) Die gegenüberliegende
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Gruppe der sogenannten Kathreinerhäuser (ehemals Haßlauersche Häuser) war in den J a h r e n 1826—28 nach einem florentinischen Modell a u f g e f ü h r t worden, Rustikafenster und Konsolengesims. Jenseits der Schönfeldstraße lag die im J a h r e 1794 vom Kurfürsten Karl Theodor errichtete Stückgießerei, im Plan von 1812 als königliches MonturMagazin eingetragen. Glücklicherweise verliefen die Richtlinien der Ludwigstraße so, d a ß man mit einem Umbau des Westflügels auskam. Klenze verkleidet ihn mit einer neuen Fassade und überarbeitet den Rest. Es ist das Gebäude des Kriegsministeriums. Der dritte Abschnitt der Ludwigstraße reicht von der Theresienstraße bis zum Siegestor. Nochmals verändern sich die Maßstäbe. Sie werden größer, breiter, italienischer. Das Private t r i t t ganz zurück. Da die Stadtgemeinde keine Mittel mehr bewilligt und die Bürger mit den vergrößerten Dimensionen nicht mehr Schritt halten können, kommen als Bauherren nur noch der Staat und die Kirche in Betracht. Das künstlerische Verdienst, die Ludwigsträße in diesem ständig sich überbietenden Stil vollendet zu haben, gebührt dem einzigen Rivalen, mit dem Klenze die Gunst Ludwigs I. hat teilen müssen: F r i e d r i c h v o n G ä r t n e r . Im J a h r e 1792in Koblenz geboren, war Gärtner in jungen J a h r e n , 1804, mit seinem Vater, dem Hofbauintendanten Andreas Gärtner nach München gekommen und h a t t e dort den Aufstieg seines Vaters zu einem vielbeschäftigten Archi' tekten, zugleich aber die wachsende Verbitterung miterlebt, die dem mit großen Projekten sich tragenden Manne aus der Bevorzugung von Sckell, Fischer, Klenze und anderen erwuchs. Als Klenze in München einzog, war Friedrich Gärtner noch in der Ausbildung begriffen und konnte kaum hoffen, in seiner Vaterstadt maßgebenden Einfluß zu gewinnen. Er begibt sich nach Sizilien, um dessen Baudenkmäler in einem lithographischen Werk zu veröffentlichen. 1 ) Dann u n t e r n i m m t er eine Studienreise über Holland nach England. In London findet er Anstellung bei dem Lithographen Charles Hullmandel und beschließt sich dauernd in England niederzulassen. Durch den frühen Tod Karl von Fischers ergibt sich aber die Möglichkeit, ihn heimzuberufen. Im J a h r e 1821 übernimmt er Fischers Professur f ü r Baukunst an der Königlichen Akademie, mit der zugleich die Direktion der Porzellan-Manufaktur und der GlasmalereiAnstalt verbunden war. Die Gelegenheit, sich mit Klenze persönlich zu messen,findet sich im J a h r e 1829. Damals war Cornelius daran interessiert, die Macht Klenzes einzuschränken und einen Mann an die Spitze des Bauwesens gestellt zu sehen, der seinem Malerwillen gefügig und seinem nazarenischen Geist verwandt war. In Rom, wo der König neuen Vorschlägen zugänglich zu sein pflegte, bringt Cornelius die persönliche Bekanntschaft zwischen Gärtner und Ludwig I. zustande. Die unmittelbare Folge ist die Heranziehung Gärtners zu einem Wettbewerb über den Bau der L u d w i g s k i r c h e . S t a t t einer Tempelfront, die Klenze *) „Ansichten der meist erhaltenen Monumente Siziliens", 1819. — Hans Willich, Thieme-Becker Künstlerlexikon, Artikel Friedrich von Gärtner.
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D i e K u n s t p f l e g e L u d w i g s I.
in die P a l a s t w ä n d e der L u d w i g s t r a ß e h a t t e e i n b a u e n wollen, schlägt G ä r t n e r eine zweitürmige Kirche vor, die mit A r k a d e n an zwei seitliche W o h n g e b ä u d e ( P r i e s t e r w o h n u n g links und G ä r t n e r s W o h n h a u s rechts) angeschlossen u n d deren Stil aus klassischen, italienisch-romanischen, d e u t s c h - r o m a n i s c h e n und b y z a n t i n i s c h e n F o r m e n sehr einmalig, nicht eigentlich schön, a b e r fraglos höchst originell g e m i s c h t w a r . G ä r t n e r t r ä g t den Sieg d a v o n . H i n t e r der persönlichen, gegen Klenze gerichteten Intrige s t e h t der f o r m a l e u n d geistesgeschichtliche K a m p f der R o m a n t i k gegen die Klassik. Klenze h a t t e das Ideal des Klassischen in letzter Reinheit herausgestellt. Alles A f f e k t m ä ß i g e , Ausd r u c k s m ä ß i g e , auf d e m s u b j e k t i v e n Einfall B e r u h e n d e , alles Gigantische, L a u t e und Übergewichtige lag ihm f e r n . E r w a r Klassiker von N a t u r . Sein Bauen w a r reiner Gliederbau und eine von südlichem M a r m o r a b s t a m m e n d e Steinbauweise. G ä r t n e r w a r R o m a n t i k e r . Als T y p u s ebenso echt wie der a n d e r e , in d e m fraglichen Z e i t p u n k t das m o d e r n e r e , in die Z u k u n f t weisende T a l e n t . E r liebt es, wenn die Flächen weit g e s p a n n t , die Ö f f n u n g e n dagegen klein sind. Liebt es, wenn die Masse s t ä r k e r spricht als Glieder und Profile. Liebt den Ziegel, Holz u n d Eisen, das B u n t e am Bau, das K u n s t g e w e r b l i c h e u n d er liebt S t i l a r t e n , bei denen der R o m a n t i k e r sich e t w a s d e n k e n k a n n : vorgotische, f r ü h c h r i s t l i c h e u n d b y z a n t i n i s c h e F o r m e n , die d e m G e s c h m a c k des Königs an r u n d b o g i g e n Ö f f n u n g e n R e c h n u n g t r a g e n . Ludwig I. h a t t e seit seiner T h r o n b e s t e i gung, 1825, eine W a n d l u n g zur R o m a n t i k d u r c h g e m a c h t . Man k a n n nicht gerade sagen, d a ß er seinen klassischen Idealen u n t r e u geworden wäre. Vom f o r m a l e n S t a n d p u n k t h ä t t e er in j e d e m Augenblick seines Lebens f ü r die Klassik Partei ergriffen. Aber es w a r doch o f f e n b a r geworden, d a ß gewisse Inhalte der r o m a n t i s c h e n W e l t a n s c h a u u n g d e m Wesen des legitimen Herrschers innerlich zu n a h e lagen, als d a ß er sich ihrer W i r k u n g h ä t t e entziehen k ö n n e n : die B e r u f u n g auf das Geschichtliche, die s a g e n h a f t e V e r b r ä m u n g der Königswürde, die B e r u f u n g auf d a s G o t t e s g n a d e n t u m u n d auf die K r a f t des Göttlichen und Kirchlichen ü b e r h a u p t , die B e r u f u n g auf das Mittelalter. Es s p r i c h t f ü r die Univers a l i t ä t seines Geistes, wie er die B a u a u f g a b e n f o r t a n zwischen Klenze u n d G ä r t n e r geteilt h a t . K u r z nach der T h r o n b e s t e i g u n g w a r Klenze m i t A u f t r ä g e n geradezu ü b e r s c h ü t t e t w o r d e n . Er darf das O d e o n b a u e n , den K ö n i g s b a u der Residenz und die Alte P i n a k o t h e k , alle drei im J a h r e 1826 b e g o n n e n . Nach J a h r e s f r i s t folgt die Allerheiligen-Hofkirche. Die Leichtigkeit seiner E r f i n d u n g s g a b e scheint U n b e g r e n z t e s zu g e s t a t t e n . Im K ö n i g s b a u h a t t e er den G e s a m t u m r i ß des Pal. P i t t i in Florenz mit der d i s k r e t e n , flach geschliffenen Q u a d e r f ü g u n g e t w a des Pal. Piccolomini in Pienza v e r b u n d e n , ein erster Versuch, die jugendliche K u n s t der F r ü h r e n a i s s a n c e zu n e u e m Leben a u f z u r u f e n . Im Bau der A l t e n P i n a k o t h e k , die a n f a n g s im Z w e i b r ü c k e n g a r t e n g e p l a n t war, d a n n aber auf d e m freien P l a n q u a d r a t an der B a r e r - T h e r e s i e n s t r a ß e e r r i c h t e t w u r d e , gelingt d a s ganz A u ß e r o r d e n t l i c h e , R ä u m e von D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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k i r c h e n ä h n l i c h e r Größe, die f ü r die R u b e n s b i l d e r b e n ö t i g t w u r d e n , m i t i n t i m e n K a b i n e t t e n so zu v e r b i n d e n , d a ß in der R a u m f ü g u n g u n d im A u ß e n b a u der E i n d r u c k von b e g l ü c k e n d e r Leichtigkeit, eines f r e i g e s t a l t e t e n , d u r c h a u s gegliederten, h a r m o n i s c h ausgewogenen Ganzen erzeugt wird. Der Stil ist b r a m a n t i s c h . Die V e r b i n d u n g von b l a ß gelben Ziegeln m i t S a n d s t e i n w e r k s t ü c k e n d e m römischen B a u e n zu i n n e r s t v e r w a n d t . Vom S t a n d p u n k t der reinen P r o p o r t i o n s s c h ö n h e i t ein Meisterwerk im S c h a f f e n Klenzes u n d im Schaffen seiner Zeit ü b e r h a u p t , noch h e u t e der v o l l k o m m e n s t e Galeriebau der Welt. D a ß Klenze eifrig b e m ü h t w a r , seinen b a u k ü n s t l e r i s c h e n Gesichtskreis ü b e r die Grenzen des Klassischen h i n a u s zu erweitern, g e h t aus dem B a u d e r A l l e r h e i l i g e n H o f k i r c h e hervor. D o r t v e r b i n d e t er r o m a n i s c h e u n d b y z a n t i n i s c h e Motive und n i m m t , was sonst nicht seine Art w a r , Malerei u n d Goldgrund als S t i m m u n g s t r ä g e r in den R a u m a u f . Die Malereien, in einem s c h w e b e n d e n , z a r t e n , s c h ö n b e w e g t e n Stil, s t a m m e n von H e i n r i c h H e ß u n d J o h a n n v o n S c h r a u d o l p h . Als Vorbild h a t t e der K ö n i g seinem p r o t e s t a n t i s c h e n B a u m e i s t e r die Capella P a l a t i n a in P a l e r m o a u f g e g e b e n . A b e r in der A r t , wie die Teile z u s a m m e n g e f ü g t sind, eri n n e r t sich Klenze der g r ü n d l i c h e n M a r m o r p r a c h t u n d violetten D ä m m e r u n g , der g e d r u n g e n e n Pfeiler u n d l e i c h t t r a g e n d e n E m p o r e n der M a r k u s k i r c h e in Venedig. Es w a r die Frage, ob einem K ü n s t l e r von dieser geistigen H a l t u n g der M o n u m e n t a l b a u der Ludwigskirche a n v e r t r a u t w e r d e n d ü r f e . In diesem Augenblick s e t z t die Intrige des Cornelius ein. Zwei J a h r e s p ä t e r , 1829, h a t der R o m a n t i k e r in Ludwig I. u n d d e r K a t h o l i k in i h m g e g e n Klenze, das heißt z u g u n s t e n G ä r t n e r s e n t schieden. Der Streit um die Ludwigskirche g e w i n n t an geschichtlicher W i c h t i g k e i t , w e n n m a n b e d e n k t , d a ß G o t t f r i e d S e m p e r als Schüler der B a u a k a d e m i e diese A u s e i n a n d e r s e t z u n g mit erlebt und t r o t z allem Suchen n a c h r o m a n t i s c h e n K u n s t f o r m e n mit seiner S y m p a t h i e auf Seiten Klenzes g e s t a n d e n h a t . Die V e r s t i m m u n g zwischen d e m K ö n i g und Klenze h a t übrigens nicht lange g e d a u e r t . M ü n c h e n g a b Arbeit f ü r alle u n d f ü r das S t a d t b i l d w a r es von u n s c h ä t z b a r e m W e r t , d a ß neben Klenze eine so ganz a n d e r s g e a r t e t e N a t u r wie Friedrich G ä r t n e r zu W o r t k a m . N a c h d e m K r i s e n j a h r verteilen sich die A u f t r ä g e wie f o l g t : G ä r t n e r b a u t die Ludwigskirche, d a n e b e n die S t a a t s b i b l i o t h e k , den gewaltigsten von seinen B a u t e n , a n einer Stelle, wo die L u d w i g s t r a ß e eines s t a r k e n Gewichtes, der schönen S t e i n f ü g u n g u n d des k r ä f t i g s c h a t t e n d e n K r a n z gesimses n o t w e n d i g b e d a r f , 1832—42. Bei der G e s t a l t u n g des P a l a s t t y p u s w a r m a n von italienisch-gotischen Vorbildern a u s g e g a n g e n . Die Z e i c h n u n g der ungewöhnlich schönen F e n s t e r soll n a c h einer M ü n c h n e r T r a d i t i o n auf L u d w i g I. selbst z u r ü c k z u f ü h r e n sein. Zeitlich folgt das B l i n d e n i n s t i t u t , Ecke Ludwig- und Schellingstraße, 1834—38. Hier w a r r o m a n i s c h e r Stil vorgeschrieben. V o r a u s s e t z u n g ist dabei, d a ß der Stil eines G e b ä u d e s wesentlich von F e n s t e r - u n d P o r t a l b i l d u n g a b h ä n g e . Des Königs Vorliebe f ü r r u n d b o g i g e F e n s t e r ö f f n u n g e n e n t -
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f e r n t sich i m m e r weiter von der b r a m a n t i s c h e n B o g e n f o r m , die Klenze bevorzugt h a t t e . Nach heutiger M e i n u n g liegt d a s M e i s t e r h a f t e ü b e r h a u p t nicht in den Z i e r f o r m e n , s o n d e r n in d e r glücklichen, noch i m m e r klassisch e m p f u n d e n e n A b s t u f u n g der Geschosse. Die weitere Besetzung der L u d w i g s t r a ß e mit S t a a t s g e b ä u d e n s c h r e i t e t in übereiltem T e m p o v o r w ä r t s . Die Ungeduld des Königs auf der einen Seite, wachsende Verschuldung, Opposition von Seiten der Stadtverwalt u n g und V e r ä r g e r u n g der bürgerlichen Kreise erzeugen S p a n n u n g e n , die sich zur G e f a h r v e r d i c h t e n . Schon ein J a h r nach der G r u n d s t e i n legung des B l i n d e n i n s t i t u t s folgt der N e u b a u d e r U n i v e r s i t ä t , des M a x - J o s e p h s t i f t e s und des G e o r g i a n u m s , also die g e s a m t e Beb a u u n g des U n i v e r s i t ä t s p l a t z e s (1835—40). U n m i t t e l b a r zeitlich a n schließend das S a l i n e n a m t (1840—43). Als Meisterwerk des T e r r a k o t t a b a u e s wird gerade dieses G e b ä u d e z u m A u s g a n g s p u n k t f ü r die B e s t r e b u n g e n Maximilians II. Im Gegensatz zu d e r individuellen technischen Vorzüglichkeit und der u n ü b e r t r e f f l i c h e n Profilierungsk u n s t des S a l i n e n a m t e s wird die F r o n t des ehemaligen M a x g y m n a s i u m s f o r m e n a r m , freudlos u n d allzu flächig als L ü c k e n b ü ß e r zwischen die b e s t e h e n d e n P a l ä s t e e i n g e s p a n n t . W a s f e h l t e , waren noch die I n t r o d u k t i o n und der A b s c h l u ß des G a n z e n . In f i e b e r h a f t e r Eile wird das Nötige ins W e r k gesetzt, die F e l d h e r r n h a l l e , 1841—44, n a c h d e m Muster der Loggia dei Lanzi in Florenz, diesmal ziemlich treu kopiert, in herrlichem Weilheimer Kalkstein e r r i c h t e t , und als A b s c h l u ß der Via T r i u m p h a l i s das S i e g e s t o r , 1847—50. Auch hier h a t G ä r t n e r , e r m ü d e t von d e m Ü b e r m a ß der A u f t r ä g e , zum Kopieren seine Z u f l u c h t g e n o m m e n : er w ä h l t als Urbild den K o n s t a n t i n s b o g e n in R o m . O f f e n b a r w a r e n es die P r a c h t w i r k u n g und die barocke F e r n w i r k u n g , die ihn v e r a n l a ß t e n , f ü r diese Stelle das reich figurierte römische S ä u l e n g e b ä u d e a u s z u s u c h e n . Das Siegestor w a r G ä r t n e r s letzter E n t w u r f . Im J a h r e 1847 ist er über der P l a n u n g gestorben. Die A u s f ü h r u n g leitet der O b e r b a u r a t Metzger. Das bronzene Viergespann der B e k r ö n u n g s t a m m t von d e m oben g e n a n n t e n J o h a n n Martin W a g n e r . Mit der L u d w i g s t r a ß e w a r eine der u n e r f ü l l b a r s t e n Ideen der europäischen S t a d t b a u k u n s t d u r c h die Energie des technisch-historischen J a h r h u n d e r t s Wirklichkeit g e w o r d e n , die Idee der P a l a s t s t r a ß e , seit J a h r h u n d e r t e n der T r a u m der a b e n d ländischen Großen. Und zwar war eine Lösung g e f u n d e n w o r d e n , die in bezug auf individuelle F o r m u n g und E c h t h e i t der S t o f f e u n d des L u x u s a n s p r u c h s vielleicht der n a c h s c h a f f e n d e n P h a n t a s i e noch einiges zu t u n übrig läßt, die a b e r an Größe und Zielsicherheit des Wollens, als baukünstlerisches Gesamtbild alles ü b e r t r i f f t , was seit der Via Giulia in R o m und der Via N u o v a in Genua an ähnlich k o m p o n i e r t e n S t r a ß e n bildern erzeugt worden war. W ä h r e n d G ä r t n e r d u r c h die Vollendung d e r L u d w i g s t r a ß e in seinen letzten L e b e n s j a h r e n ü b e r l a s t e t ist, g e h t es bei Klenze langsamer v o r w ä r t s , j a es t r e t e n in seinem S c h a f f e n L ü c k e n ein. 4»
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Mit d e m Bau der Alten P i n a k o t h e k ist er bis z u m J a h r e 1833 beschäft i g t . Noch bevor diese Frist a b l ä u f t , 1832, gibt ihm der König einen weiteren, sehr u m f a n g r e i c h e n A u f t r a g : N e u b a u des Nordflügels der Residenz, des F e s t s a a l b a u e s . Die alte, aus der Zeit des K u r f ü r s t e n Maximilian s t a m m e n d e F r o n t (nur das westliche Drittel) w a r u n t e r dem K u r f ü r s t e n M a x IV. J o s e p h in den J a h r e n 1799—1803 in einem zierlichen, freilich nicht gerade seltenen u n d d a m a l s schon v e r a l t e t e n Louisseize-Stil ü b e r a r b e i t e t worden (vgl. oben S. 34). J e t z t soll Klenze den Flügel n o c h m a l s übergehen und mit den übrigen N o r d - T r a k t e n , dem a u s g e b r a n n t e n H i r s c h g a n g u n d den Resten der ehemaligen N e u f e s t e ( C h r i s t o p h s t u r m ) zu einem Ganzen z u s a m m e n f a s s e n , das insofern schon im 17. J a h r h u n d e r t als Idee lebendig gewesen sein m u ß , als die Mittelachse des H o f g a r t e n s , der B a v a r i a t e m p e l , schon f ü r die heutige F r o n t b r e i t e b e r e c h n e t w a r . Sckell n i m m t in der e r w ä h n t e n D e n k s c h r i f t v o m J a h r e 1807 bereits darauf Bezug, d a ß „in glücklicheren Z e i t e n " einmal der A u s b a u des H o f g a r t e n f l ü g e l s in voller Breite gelingen w ü r d e . In der A b m e s s u n g der Risalite und in der Geschoßfolge w a r Klenze nicht frei. Die Lösung ist t r o t z d e m vorzüglich, o h n e alles Kleinliche und ohne barocken B e i g e s c h m a c k : drei H a u p t t e i l e , e t w a gleich breit. N u r H a u p t sächliches. Die schlichten palladianischen Seitenflügel k r ä f t i g z u s a m m e n g e f a ß t in d e m Sansovinischen Bogen- u n d S ä u l e n b a u der breit dominierenden Mittelloggia, die speziell in der Seitenansicht den reinsten E i n d r u c k von klassischer P r o p o r t i o n s s c h ö n h e i t v e r m i t t e l t . In den s p ä t e r e n dreißiger J a h r e n f i n d e n wir Klenze mit d e m A u s b a u des MaxJ o s e p h - P l a t z e s b e s c h ä f t i g t . Um die R a u m w i r k u n g des Platzes h a r m o nisch zu schließen, m u ß t e die S ü d w a n d e r n e u e r t w e r d e n . Seitdem m a n nämlich das ehemalige Törringpalais ( h e u t e H a u p t p o s t a m t ) mit den Q u a d e r f ü g u n g e n des K ö n i g s b a u e s z u s a m m e n s a h , w i r k t e das R o k o k o g e b ä u d e zu d ü n n w a n d i g . A u ß e r d e m lag es nicht in der richtigen F l u c h t linie. Die S e i t e n f r o n t m u ß t e v e r b l e n d e t werden, und d a in dem z u m P o s t a m t b e s t i m m t e n G e b ä u d e auf keinen W o h n z w e c k R ü c k s i c h t gen o m m e n w e r d e n m u ß t e , k o n n t e m a n sich in der W a h l der F o r m e n seinen Ideen überlassen. Diesmal h a t sich a u c h Klenze auf d a s Kopieren verlegt, ein deutliches Zeichen, wie sehr die geschichtliche Reflexion sich d e r Geister, a u c h der N i c h t r o m a n t i k e r , b e m ä c h t i g t h a t t e . Weil d e r K ö n i g s b a u schon florentinisch w a r , w ä h l t m a n g e g e n ü b e r a u c h e t w a s F l o r e n t i n i s c h e s : die Säulenhallen des Findelhauses. Die R ü c k w a n d der Loggia p o m p e j a n i s c h - r o t angelegt u n d von H i l t e n s p e r g e r m i t reizenden V i g n e t t e n g e s c h m ü c k t . 1 ) Im J a h r e 1838 w e r d e n die Arbeiten >) Szenen von Rossebändigern, die als Fresken auf die rote Wandfläche aufgetragen sind. Georg Hiltensperger, Schüler von Langer und Cornelius, war zuerst in den Hofgartenarkaden für Ludwig I. beschäftigt worden. Im Königsbau der Residenz besorgt er nach Entwürfen Schwanthalers die Ausführung von 27 Wandbildern, Szenen aus Lustspielen des Aristophanes, stattet sechs Säle im Erdgeschoß des Festsaalbaues mit OdysseeFresken aus, malt im Königsbau nach Schnorrs Entwürfen die sogenannten Hymnen Homers und nochmals nach Schwanthaler Szenen aus den Gedichten Hesiods im zweiten
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a m K ö n i g s p l a t z wieder a u f g e n o m m e n , an d e n e n Klenze b e s t i m m t nicht unbeteiligt w a r (vgl. oben S. 38f.). Auf d e m K ö n i g s p l a t z sollte n a c h d e m ursprünglichen P l a n an der Südseite eine Kirche e r r i c h t e t w e r d e n . E s scheint aber, d a ß die Idee der T e m p e l s t a d t mit den G r u n d s ä t z e n des christlichen G o t t e s h a u s e s in K o n f l i k t geriet. W i r k e n n e n keinen einzigen Fall, in d e m L u d w i g I. so, wie m a n das in den p r o t e s t a n t i s c h e n Gegenden gern und mit innerer B e r e c h t i g u n g t a t , a n t i k e P o r t i k e n und Säulenhallen als christliches K i r c h e n m o t i v zugelassen h ä t t e . Die Allerheiligen H o f k i r c h e und die Ludwigskirche sind Versuche, das P r o b l e m des Klassizismus zu u m g e h e n . Z u m d r i t t e n m a l e r h e b t sich die gleiche Frage a m K ö n i g s p l a t z . Das K i r c h e n g e b ä u d e n a c h Süden zu o r i e n t i e r e n u n d in der E i n g a n g s p a r t i e als Tempel zu m a s k i e r e n , schien d e m K ö n i g und seinen B e r a t e r n keine t r a g b a r e Lösung zu sein. Man f i n d e t sie auf a n d e r e Weise: von der K a r l s t r a ß e her wird eine f r ü h c h r i s t l i c h e B a s i l i k a a u f g e r i c h t e t , nach N o r d e n orientiert und mit K l a u s u r g e b ä u d e n versehen. Djesen wird, wie oben beschrieben, nach d e m K ö n i g s p l a t z hin ein K u n s t a u s s t e l l u n g s g e b ä u d e in F o r m eines k o r i n t h i s c h e n P o r t i k u s v o r g e b l e n d e t . Kirche und Kloster s t i f t e t der K ö n i g d e m B e n e d i k t i n e r o r d e n , n i c h t n u r aus V e r e h r u n g f ü r dessen Ideen, s o n d e r n zugleich aus einem p r a k tischen kirchlichen B e d ü r f n i s : die neue M a x v o r s t a d t , wo sich noch vor k u r z e m Äcker, Wiesen u n d H o p f e n g ä r t e n d e h n t e n , z ä h l t e d a m a l s bereits 8000 E i n w o h n e r , deren Seelsorge d e m Kloster a n v e r t r a u t w u r d e . Die Basilika wird d e m eigentlichen N a z a r e n e r u n t e r den M ü n c h n e r A r c h i t e k t e n in A u f t r a g g e g e b e n : G e o r g F r i e d r i c h Z i e b l a n d . E r h a t sich entschiedener, a b e r auch m o d e l l m ä ß i g e r als die a n d e r e n z u r Schönheit des f r ü h c h r i s t l i c h e n K u l t b a u e s b e k a n n t , zu der s t r e n g e n , in ihrer A r t k ü h n e n V e r b i n d u n g von Säulenreihen, Bogen, geschlossenen Ziegelwänden u n d o f f e n e m S p a r r e n d a c h . Im J a h r e 1827, als Klenze g e r a d e die Allerheiligen H o f k i r c h e in Angriff g e n o m m e n h a t t e , w a r Ziebland b e a u f t r a g t w o r d e n , z u m S t u d i u m der altchristlichen Basiliken eine Reise nach Italien zu u n t e r n e h m e n . Besonderen E i n d r u c k m a c h t e n auf ihn die Basiliken von St.. Apollinare zu R a v e n n a , San Lorenzo Fuori le Mura u n d S t a . Maria in T r a s t e v e r e zu R o m sowie die v o m Norm a n n e n k ö n i g e W i l h e l m II. e r b a u t e Kirche von Monreale bei P a l e r m o . Die B a u e l e m e n t e dieser verschiedenen Kirchen verschmolz er zu e i n e m einheitlichen W e r k . Der G r u n d s t e i n w u r d e a m 12. O k t o b e r 1835 gelegt, der Bau im J a h r e 1847 vollendet. Die p r ä c h t i g e , aus n a t u r f a r b e n e n B a c k s t e i n e n e r b a u t e Kirche z ä h l t zu den s c h ö n s t e n Münchens. Die W ä n d e des H a u p t s c h i f f e s s c h m ü c k e n zwölf Fresken, die das Leben des heiligen Bonifazius darstellen, g e m a l t von H e i n r i c h H e ß , J o h a n n K a r l K o c h u n d J o h a n n S c h r a u d o l p h . — Den Geist der n a t i o n a l e n R o m a n t i k , die W i e d e r e r w e c k u n g der a l t d e u t s c h e n K u n s t b r a c h t e a m Vorzimmer des Königs. Auf Veranlassung Ludwigs I. hatte Hiltensperger in Pompeji das Verfahren der enkaustischen Malerei studiert. Über seine Beteiligung an den Propyläen vgl. S. 40.
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reinsten J o s e p h D a n i e l O h l m ü l l e r zur A n s c h a u u n g , der E r b a u e r der gotischen Mariahilfkirche in der M ü n c h n e r V o r s t a d t Au, 1831—1839, des N a t i o n a l d e n k m a l s in O b e r w i t t e l s b a c h und der T h e r e s i e n k i r c h e in Hallbergmoos. Nach Quaglios Tod, 1837, vollendete er die m i t t e l a l t e r liche B u r g in H o h e n s c h w a n g a u . Von München aus sollte nach den Absichten des Königs die neue K u n s t g e s i n n u n g das ganze Land d u r c h d r i n g e n . U m diesen G e d a n k e n zu verwirklichen, w u r d e u n t e r d e m Ministerium Schenk das B a u w e s e n neu organisiert u n d eine O b e r s t e B a u b e h ö r d e geschaffen, a n deren Spitze Leo von Klenze t r a t . Alle Pläne f ü r öffentliche G e b ä u d e m u ß t e n f o r t a n dieser Behörde zur B e g u t a c h t u n g u n d d e m König zur G e n e h m i g u n g vorgelegt w e r d e n . Zahlreiche Kirchen, Schul- u n d F o r s t h ä u s e r u n d a n d e r e A m t s g e b ä u d e e n t s t a n d e n in den verschiedenen Kreisen des Königreichs. Sie alle legen m e h r oder m i n d e r in glücklicher F o r m Zeugnis a b von d e m s t a r k e n künstlerischen Wollen, das die Zeit Ludwigs I. beseelte. Die h e r v o r r a g e n d s t e n B a u t e n , die a u ß e r h a l b Münchens e n t s t a n d e n , w a r e n die W a l h a l l a bei R e g e n s b u r g u n d die B e f r e i u n g s h a l l e bei Kelheim. Die Walhalla, ein E h r e n t e m p e l b e r ü h m t e r M ä n n e r des g e s a m t e n d e u t s c h e n Volkes, w u r d e in den J a h r e n 1830—1842 von Leo von Klenze nach dem Muster des P a r t h e n o n aus U n t e r s b e r g e r M a r m o r e r b a u t . Das v o r d e r e Giebelfeld zeigt G e r m a n i a , wie sie nach der Völkerschlacht bei Leipzig die feindlichen T r o p h ä e n e n t g e g e n n i m m t , das nördliche die Hermannsschlacht. P e t e r Cornelius h a t t e gegen den E n t w u r f z u r W a l h a l l a schwere Bedenken g e ä u ß e r t : „ W a r u m soll das g r ö ß t e d e u t s c h e u n d n u r d e u t s c h e E h r e n d e n k m a l so a b s o l u t griechisch s e i n ? Geben wir uns nicht eine Blöße, i n d e m wir unsere N a t i o n a l i t ä t d u r c h ein großes B a u w e r k verherrlichen wollen u n d zugleich den großen herrlich e c h t original d e u t s c h e n Baustil ignorieren ? Im Falle wir a b e r der s o g e n a n n t e n gotischen A r c h i t e k t u r (welcher Meinung wir a b e r nicht beipflichten) es nicht z u t r a u e n , diese A u f g a b e mit W ü r d e u n d Schönheit zu lösen, u n d die A n t i k e n u r dazu geeignet h a l t e n , so k ö n n e n wir mit d e m R e c h t dessen, der d a lebt, v e r l a n g e n ; d a ß ein neues W e r k zu E h r e n eines auf alle Weise lebendig angeregten Volks, wenn a u c h im a n t i k e n Stil, doch a b e r m i t n e u e m und v o l k s t ü m l i c h e n Leben a u f g e f a ß t und d u r c h und d u r c h neu r e p r o d u z i e r t werde. So v e r f u h r e n die italienischen A r c h i t e k t e n des 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t s . Alle großen B a u w e r k e jenes Z e i t r a u m s v o n Brunelleschi an bis B r a m a n t e u n d B a l t a s a r Peruzzi sind z w a r n a c h a n t i k e m Muster, a b e r d e m i n n e r s t e n Sinn und Leben nach r e c h t n a t i o n a l , neuitalisch. Alles Äußere k a n n n u r einen A n s t o ß g e b e n ; was w a h r h a f t lebt, n i m m t aus inneren B e d i n g u n g e n seine ä u ß e r e Gestalt und w ä c h s t d a r a u s organisch h e r v o r ; dieses W a c h s e n u n d E n t w i c k e l n n e n n t m a n in allen Dingen Geschichte, ungeschichtlich k a n n nichts sein, a m wenigsten die K u n s t . . , " 1 ) Im wesentlichen sind es zwei V o r w ü r f e , die Alfred Kuhn, Cornelius-Biographie, vgl. oben S. 43.
Anm. 2.
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Cornelius gegen Klenze erhoben h a t : es mangle ihm an originaler Vera r b e i t u n g der a n t i k e n Ideen und an V e r s t ä n d n i s f ü r den b o d e n s t ä n d i g e n , d e u t s c h e n Baustil. Der erste Vorwurf t r i f f t die R o m a n t i k als Ganzes. E s gehörte zu den Prämissen des Zeitalters, d a ß m a n geschichtliche Einf ü h l u n g der m o d e r n e n N e u s c h ö p f u n g vorzog. In der T a t h a t t e Klenze in j u n g e n J a h r e n d e r A n t i k e freier g e g e n ü b e r g e s t a n d e n . T r o t z d e m k a n n m a n sagen, d a ß er in der W a l h a l l a die Idee des P a r t h e n o n frisch, von i n n e n heraus lebendig u n d gewissermaßen e r m ä c h t i g t d u r c h die klassis c h e n Inhalte seiner eigenen N a t u r n a c h g e s t a l t e t h a t , w ä h r e n d die e n t s p r e c h e n d e n gotischen B a u w e r k e , an die Cornelius d e n k t , ebenfalls n u r N a c h a h m u n g e n , und zwar zumeist innerlich u n w a h r e , halbrichtige u n d t r o c k e n - m o d e l l m ä ß i g e N a c h b i l d u n g e n gewesen sind. F ü r den neugotischen u n d n e u r o m a n i s c h e n Stil geschah an a n d e r e r Stelle gerade g e n u g , m e h r als d e m h e u t i g e n B a u f o r s c h e r lieb ist. Aus seinem r o m a n tischen Idealismus h e r a u s sorgt L u d w i g I. f ü r die W i e d e r h e r s t e l l u n g der D o m e v o n S p e y e r und B a m b e r g , f ü r den A u s b a u des D o m e s von R e g e n s b u r g . Beteiligt er sich a u ß e r h a l b seines Hoheitsgebietes a n d e m A u s b a u des Domes von Köln. Auch der p r o f a n e n Gotik gilt seine Vorliebe: er r e t t e t das p r ä c h t i g e Herzogsschloß von B u r g h a u s e n , in d e m sich ein glanzvolles S t ü c k bayerischer Geschichte abgespielt h a t , vor dem Verfall. Im ganzen sind die E r h a l t u n g s a r b e i t e n an mittelalterlichen D e n k m ä l e r n , die die R o m a n t i k v o r g e n o m m e n h a t , wertvoll g e n u g , u m die schweren künstlerischen E n t s t e l l u n g e n , ja sogar die Zers t ö r u n g e n a m ursprünglichen B e s t a n d , die d a m a l s u n t e r g e l a u f e n sind, w e n i g s t e n s e n t s c h u l d b a r erscheinen zu lassen. Einen T a g nach E r ö f f n u n g der W a l h a l l a w u r d e der G r u n d s t e i n zur B e f r e i u n g s h a l l e b e i K e l h e i m gelegt. Den E n t s c h l u ß zur E r b a u u n g d e r Befreiungshalle h a t t e der K ö n i g 1836 in Griechenland g e f a ß t , als er die T r ü m m e r der S t a d t T i r y n s besichtigte. Schon auf der Rückreise m a c h t e er seinen Begleiter, den O b e r b a u r a t Friedrich von G ä r t n e r , m i t seiner Absicht b e k a n n t und b e a u f t r a g t e ihn, einen geeigneten B a u p l a t z auszusuchen und die Pläne a n z u f e r t i g e n . G ä r t n e r w ä h l t e m i t Z u s t i m m u n g des Königs den Michelsberg bei Kelheim, den östlichen Ausl ä u f e r der s o g e n a n n t e n A l t m ü h l a l p e n , eines gegen das Ries hinziehenden welligen P l a t e a u s , 126 m ü b e r d e m Donauspiegel, 465 m ü b e r d e m Meer. D e r aus den P r o j e k t e n G ä r t n e r s a u s g e w ä h l t e Plan h a t t e die F o r m einer R o t u n d e . Als G ä r t n e r 1847 s t a r b , w u r d e die W e i t e r f ü h r u n g des B a u e s Klenze ü b e r t r a g e n u n d ihm die E r l a u b n i s erteilt, den Plan G ä r t n e r s u m z u ä n d e r n . Klenze entwarf neue Pläne, von denen der König schließlich einen R u n d b a u in a n t i k i s i e r e n d e n F o r m e n nach Art der italienischen T a u f k a p e l l e n des 13. und 14. J a h r h u n d e r t s a u s w ä h l t e . Im J a h r e 1848 d r o h t e neuerdings die E i n s t e l l u n g der A r b e i t e n . Aber n i c h t lange n a c h d e r A b d a n k u n g s p r a c h der K ö n i g die b e s t i m m t e Absicht aus, die Bef r e i u n g s h a l l e zu vollenden. A m f ü n f z i g j ä h r i g e n G e d e n k t a g der Völkers c h l a c h t bei Leipzig, 1863, k o n n t e sie endlich eingeweiht w e r d e n . Die
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A u ß e n s e i t e des B a u e s zeigt auf m ä c h t i g e n Strebepfeilern die von J o h a n n von H a l b i g e n t w o r f e n e n Kolossalfiguren von a c h t z e h n g e r m a n i s c h e n J u n g f r a u e n , die auf T a f e l n die N a m e n der a m B e f r e i u n g s k a m p f e beteiligten d e u t s c h e n V o l k s s t ä m m e d e m Beschauer e n t g e g e n h a l t e n . Die T o r flügel sind von Erzgießer F e r d i n a n d von Miller aus f r a n z ö s i s c h e n Ges c h ü t z e n gegossen, die R u n d u n g der inneren Halle u m g e b e n v i e r u n d dreißig Siegesgöttinnen aus k a r r a r i s c h e m M a r m o r von Ludwig S c h w a n t h a l e r , zwischen denen siebzehn vergoldete, aus e r o b e r t e n französischen K a n o n e n gegossene Erzschilde die N a m e n der 1813—1815 e r r u n g e n e n Siege aufweisen. Im vielfarbigen M a r m o r f u ß b o d e n l e u c h t e t die Inschrift: „ M ö c h t e n d i e T e u t s c h e n nie v e r g e s s e n , w a s d e n Bef r e i u n g s k r i e g n o t w e n d i g m a c h t e , u n d w o d u r c h sie g e s i e g t . " Über die E n t w i c k l u n g der M ü n c h n e r Historienmalerei ist berichtet worden bis z u m J a h r e 1839, d e m K r i s e n j a h r , in d e m Cornelius sich mit M ü n c h e n ü b e r w i r f t u n d nach Berlin übersiedelt. Es liegt etwas Tragisches d a r i n , d a ß der W i d e r s t a n d , der im J a h r e 1839 zur K a t a s t r o p h e f ü h r t , in seinen A n f ä n g e n bis in die zwanziger J a h r e z u r ü c k r e i c h t , in d e n e n Cornelius auf der Höhe seines R u h m e s s t a n d . Es sind d a zwei D a t e n zu n e n n e n : das E i n t r e f f e n Wilhelm K a u l b a c h s in M ü n c h e n , F r ü h j a h r 1826, u n d die G r ü n d u n g des K u n s t v e r e i n s , vollzogen u m die W e n d e der J a h r e 1823/24. Mit K a u l b a c h w a r auf V e r a n l a s s u n g von Cornelius selbst ein Mann in den Kreis seiner Schüler e i n g e t r e t e n , der die Idee des Historienbildes von innen h e r a u s zersetzt h a t d u r c h Z u g e s t ä n d n i s s e a n p o p u l ä r e Gefälligkeit, an den R e a l i s m u s und d u r c h die B r e c h u n g des sittlichen G r u n d g e f ü h l s , das die K u n s t des Cornelius belebte. Der K u n s t v e r e i n dagegen h a t Cornelius u n d seine Schule von a u ß e n b e k ä m p f t . Seine T ä t i g k e i t r i c h t e t e sich gegen das a k a d e m i s c h e Vorurteil, gegen die Blässe der G e d a n k e n k u n s t u n d gegen den Vorr a n g des Historienbildes gegenüber den a n d e r e n malerischen F ä c h e r n . Es h a n d e l t sich d a u m R a n g f r a g e n i n n e r h a l b der künstlerischen Fächer, die bereits im 17. J a h r h u n d e r t ein unendlich viel d i s k u t i e r t e s T h e m a gewesen sind, um F r a g e n n a c h d e m Wesen des Künstlerischen, die letztlich erst d u r c h d a s A u f k o m m e n des Impressionismus und d u r c h die P r ä g u n g des Q u a l i t ä t s b e g r i f f s e n t s c h i e d e n w e r d e n . W i l h e l m v o n K a u l b a c h , der nach d e m F o r t g a n g des Cornelius dessen E r b e a n t r a t , w a r 1805 in Arolsen geboren. Geschmeidiger als Cornelius w u ß t e er die Neigung des Königs zur V e r m e n g u n g von Sage und Historie, z u m Realismus mit idealistischer A u ß e n s e i t e f ü r sich zu n u t z e n . Cornelius h a t t e ihn nach M ü n c h e n g e r u f e n , u m sich seiner Geschicklichkeit bei der A u s m a l u n g der H o f g a r t e n a r k a d e n zu bedienen. D o r t h a t er die G e s t a l t der B a v a r i a a u s g e f ü h r t u n d die symbolischen Figuren der vier b a y e r i s c h e n S t r ö m e : Rhein u n d D o n a u , Main u n d Isar. Gleichzeitig w i r k t e er mit an der A u s m a l u n g des Odeonssaales. Im K ö n i g s b a u der Residenz schuf er die W a n d b i l d e r zu Klopstocks, Wielands und Goethes D i c h t u n g e n u n d die satirischen Fresken an der A u ß e n w a n d
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der Neuen P i n a k o t h e k . Von seinen großen W a n d g e m ä l d e n , im A u f t r a g e Berlins geschaffen, sind a m b e k a n n t e s t e n seine sechs f i g u r e n r e i c h e n geschichtsphilosophischen Fresken im T r e p p e n h a u s des dortigen Neuen Museums, 1847—1866, die Z e r s t ö r u n g J e r u s a l e m s , die H u n n e n s c h l a c h t , der T u r m b a u von Babel, die Blüte G r i e c h e n l a n d s , die Kreuzzüge u n d das Zeitalter der R e f o r m a t i o n . Eine b a u l i c h - m o n u m e n t a l e G e s a m t h a l t u n g ist freilich in keinem dieser Bilder erreicht. D r a m a t i s c h am s t ä r k s t e n w i r k t die „ H u n n e n s c h l a c h t " , nach der poetischen Überlieferung den K a m p f der Geister der gefallenen H u n n e n u n d R ö m e r d a r stellend, die vom Schlachtfeld a u f s t a n d e n , u m den K a m p f in den L ü f t e n f o r t z u s e t z e n . Tagespresse und Salons w e t t e i f e r t e n , den K ü n s t l e r zu feiern. Nach ihrem Urteil w a r d a m a l s „alle W e l t e n t z ü c k t " . Die Ber u f e n e n wie Cornelius, Schwind, A. Mayr, J a k o b B u r c k h a r d t verhielten sich a b l e h n e n d . W ä h r e n d die Bilder an der N e u e n P i n a k o t h e k in Arbeit w a r e n , erhielt K a u l b a c h , seit 1849 auch A k a d e m i e d i r e k t o r , den Auft r a g , f ü r das „ S a n k t u a r i u m " König Max' II. ein E r b a u u n g s b i l d mit der „ A p o t h e s o s e eines g u t e n K ö n i g s " zu malen. An d e m großen Gemäldezyklus im M a x i m i l i a n e u m , „ W e l t g e s c h i c h t e von d e r S c h ö p f u n g bis z u r Schlacht bei Leipzig", w a r der K ü n s t l e r n u r m i t einer Arbeit, d e m Kolossalgemälde der Schlacht bei Salamis, beteiligt. V o l k s t ü m l i c h bek a n n t w u r d e er d u r c h seine köstlichen B u c h i l l u s t r a t i o n e n zu Goethes Reinecke Fuchs, „dessen satirischer Geist sich mit der L e b e n s a u f f a s s u n g des K ü n s t l e r s w u n d e r b a r d e c k t e " . W a r doch der schöne, schlanke Mensch n a c h d e m Urteil des K u n s t s c h r i f t s t e l l e r s Friedrich P e c h t „die i n t e r e s s a n t e s t e , ja geistreichste Figur u n t e r den vielen K ü n s t lern seiner Zeit. Allerdings von jener z e r s e t z e n d e n A r t , wie sie den widrigen E i n d r ü c k e n seiner in g r ö ß t e r A r m u t z u g e b r a c h t e n f r ü h e s t e n J u g e n d e n t s p r a c h . Die d a m a l s in i h m a n g e s a m m e l t e B i t t e r k e i t u n d d a s ä t z e n d e Wesen voll M e n s c h e n v e r a c h t u n g h a t er nie m e h r los w e r d e n k ö n n e n , obwohl ihn das Glück v o m 18. J a h r e a n u n u n t e r b r o c h e n m i t seinen Gaben förmlich ü b e r s c h ü t t e t e . U n t e r den K ü n s t l e r n r a g t e W i l h e l m K a u l b a c h als der gefeiertste h e r v o r , sein H a u s in der G a r t e n s t r a ß e w a r lange Zeit das gastliche H a u p t q u a r t i e r d e r M ü n c h n e r Gesellschaft"1). Zu den V e r t r e t e r n der Historienmalerei z ä h l t e a u c h J u l i u s S c h n o r r v o n C a r o l s f e l d , der Sohn eines Professors in Leipzig, 1794—1872. Er besuchte die W i e n e r A k a d e m i e , wo er m i t O v e r b e c k u n d seinem Kreis in F ü h l u n g t r a t . S p ä t e r , in R o m , wohin die Mehrzahl dieser d e u t s c h e n R o m a n t i k e r gezogen w a r , e r g a b er sich einem h i n g e b u n g s vollen K u l t der p r a e r a f f a e l i t i s c h e n Malerei, w o v o n der „ B e s u c h " in der Dresdener Galerie, 1817, Zeugnis a b l e g t . Ein A u f t r a g des Marchese M a s s i m i zur A u s m a l u n g eines Saales mit F r e s k e n z u m „ R a s e n d e n R o l a n d " , d r ä n g t e ihn zur p r o f a n e n H i s t o r i e n m a l e r e i . Die B e r u f u n g Friedrich Pecht, „Aus meiner Zeit", 2 Bde., München 1894.
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a n die M ü n c h n e r A k a d e m i e , 1825, b r a c h t e ihn vollends zur A b k e h r von seinen f r ü h e r e n Idealen u n d ganz u n t e r den E i n f l u ß seines Meisters Cornelius. N u r in seinen g r a p h i s c h e n A r b e i t e n , n a m e n t l i c h in den B i b e l h o l z s c h n i t t e n , die seine K u n s t in t a u s e n d H ä u s e r t r u g e n , lebte d e r liebenswerte Z u g seiner J u g e n d a r b e i t e n f o r t bis ins hohe Alter. In M ü n c h e n b e a u f t r a g t e L u d w i g I. den K ü n s t l e r mit der A u s s c h m ü c k u n g einiger Säle der Residenz, mit Fresken nach d e m Nibelungenlied, d a zwischen u n v e r m i t t e l t mit der D a r s t e l l u n g mittelalterlicher Historien. W o h l kein K ü n s t l e r h a t u n t e r d e m ungeduldigen D r ä n g e n des M o n a r c h e n so schwer gelitten wie S c h n o r r . Kein W u n d e r , wenn der K ü n s t l e r , bei allen u n v e r k e n n b a r e n Vorzügen, seine n a t ü r l i c h e K r a f t weit ü b e r s c h r i t t . Szenen mit v o r h e r r s c h e n d lyrischem Einschlag, wie die „ R i n g - u n d G ü r t e l s p e n d e " oder die „ V e r w e i g e r u n g des Grußes an K r i e m h i l d " gelangen vorzüglich und zählen noch h e u t e zu seinen b e d e u t e n d s t e n Leistungen. Dagegen gerieten die d r a m a t i s c h e n M o m e n t e h a r t , ja ern ü c h t e r n d . Wie weit w a r diese a k a d e m i s c h e S p r a c h e von der p r a e raffaelitischen E m p f i n d s a m k e i t e n t f e r n t , die in Wien und R o m den A u s g a n g s p u n k t seines S c h a f f e n s gebildet h a t t e ! Auch Friedrich O v e r b e c k sollte f ü r die M ü n c h n e r A k a d e m i e gew o n n e n w e r d e n ; er h a t t e a b e r die G e f a h r e r k a n n t , die seinem Wesen u n t e r d e m D r u c k eines v o m König befehligten künstlerischen Betriebs d r o h t e , und t r a t z u r ü c k . An seiner Stelle w u r d e H e i n r i c h v o n H e ß , d e r Sohn des K u p f e r s t e c h e r s Karl E r n s t Heß, 1798—1883, berufen, d e r die poesievolle G r a b l e g u n g in der T h e a t i n e r k i r c h e schuf und den schönlinigen F r e s k e n z y k l u s in der Allerheiligen-Hofkapelle. Noch vor d e m A b s c h l u ß dieser Bilderserie ward ihm der A u f t r a g , die neu e r b a u t e Bonifaziuskirche m i t Fresken a u s z u m a l e n . Die Arbeiten w u r d e n im wesentlichen von Schülern a u s g e f ü h r t u n d stehen an Q u a l i t ä t h i n t e r d e n G e m ä l d e n der Allerheiligenkirche e m p f i n d l i c h weit z u r ü c k . J e m e h r die idealistische Historienmalerei zerfällt, desto b e d e u t s a m e r zeichnen sich die B e s t r e b u n g e n d e r j e n i g e n ab, die sich v o n v o r n h e r e i n gegen die V o r h e r r s c h a f t der A k a d e m i e zur W e h r gesetzt h a b e n , die Leistungen der im K u n s t v e r e i n zusammengeschlossenen F a c h m a l e r . H e u t e , n a c h d e m wir wissen, welches das Endziel des 19. J a h r h u n d e r t s gewesen ist, h a b e n wir den E i n d r u c k , der K u n s t v e r e i n h a b e die m o d e r n e r e R i c h t u n g gewiesen. Seit seiner G r ü n d u n g , 1824, bis zur E r ö f f n u n g der großen G l a s p a l a s t a u s s t e l l u n g e n (1858) h a t der K u n s t verein den lebendigen K o n t a k t zwischen K ü n s t l e r n und P u b l i k u m h e r gestellt. Er pflegt die n a c h a k a d e m i s c h e m Urteil bescheideneren F ä c h e r : P o r t r ä t , L a n d s c h a f t , Stilleben, Sittenbild, Interieur und Genre, d a s Tierbild, H u m o r u n d Satire, das Militärbild, Marinen, die S t a d t v e d u t e usw. bis h e r a b zu den anspruchslosen Schilderungen einer n e u t r a l vorgestellten W i r k l i c h k e i t , zur Z e i c h n u n g u n d zur Skizze, die als K u n s t f o r m u n m i t t e l b a r zu den Zielen des Impressionismus überleitet. N a c h d e m der anfängliche W i d e r s t a n d der A k a d e m i e u n d der Regierung gegen
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den K u n s t v e r e i n nichts g e f r u c h t e t h a t , stellt sich der K ö n i g selbst als regelmäßiger Besucher und K ä u f e r ein. N e b e n ihm p r i v a t e Mäzene wie der G r a f v o n S c h a c k . Die Meisterwerke der Schackgalerie sind großenteils im K u n s t v e r e i n erworben w o r d e n . Die Säle im Himbselhaus, die der K u n s t v e r e i n seit 1826 inne h a t t e , waren der S c h a u p l a t z f ü r künstlerische E n t d e c k u n g e n . So ist z. B. eines der f r ü h e n und eines d e r s c h ö n s t e n Bilder von Boecklin, P a n im Schilf, aus d e m K u n s t v e r e i n in königlichen Besitz übergegangen, in einem kritischen Augenblick, als die E x i s t e n z des Meisters und seiner Familie auf d e m Spiele s t a n d . Bis zur G r ü n d u n g der Sezession bleibt d e r K u n s t v e r e i n der S a m m e l p u n k t der s t a r k e n künstlerischen I n d i v i d u a l i t ä t e n . Im Beginn der vierziger J a h r e h a b e n sich die B e s t ä n d e an m o d e r n e n Bildern im königlichen und s t a a t l i c h e n Besitz schon d e r a r t a n g e s a m m e l t , d a ß Ludwig I. sich e n t s c h l i e ß t , in d e m P l a n q u a d r a t neben der Alten P i n a k o t h e k einen Galeriebau f ü r die neuere K u n s t , die N e u e P i n a k o t h e k , a u f z u r i c h t e n . Die nicht sonderlich glücklichen, n e u r o m a n i s c h e n B a u f o r m e n sind von K a r l v o n V o i t e n t w o r f e n , d e m E r b a u e r des Glaspalastes (s. u n t e n S. 3 3 4 f . ) . Der Bau w u r d e im J a h r e 1846 begonnen, k a m d u r c h den Regierungswechsel ins Stocken und w u r d e von K ö n i g Max II. in den J a h r e n 1850—53 zu E n d e g e f ü h r t . Die A u ß e n w a n d des Obergeschosses w a r m i t Fresken von Wilhelm von K a u l b a c h b e m a l t , Satiren auf die E n t w i c k l u n g der neueren K u n s t , deren F o r m und seelische H a l t u n g d e m m o n u m e n t a l e n Sinn der A u f g a b e wenig e n t s p r a c h e n . Die Bilder sind erloschen. Die Skizzen d a z u befinden sich im Besitz d e r Neuen P i n a k o t h e k . In den g e n a n n t e n Fächern spielt sich n u n w ä h r e n d der Regierungszeit Ludwigs I. die geschichtlich so i n t e r e s s a n t e W a n d l u n g a b v o m Idealismus z u m Realismus, von der Klassik zu einer s u b j e k t i v e n D e u t u n g der W i r k l i c h k e i t , v o m Öffentlichen z u m bürgerlich I n t i m e n , v o m italienischen Vorbild z u m holländischen Vorbild. Das L e t z t e r e w a r wohl d a s E n t s c h e i d e n d e . Denn die F a c h m a l e r , die d e m A k a d e m i e b e t r i e b aus d e m Wege gingen, s t u d i e r t e n weniger in den Malklassen als vor den Bildern der Alten P i n a k o t h e k , vor den H o l l ä n d e r n des 17. J a h r h u n d e r t s . Dieser K a m p f der Geister, der sich n i c h t in München allein abgespielt, wohl a b e r in M ü n c h e n die s t ä r k s t e n L e i d e n s c h a f t e n e n t z ü n d e t h a t , spiegelt sich deutlich im S c h r i f t t u m des Zeitalters. Heinrich Heine u n d d e r K u n s t k r i t i k e r Friedrich P e c h t n e h m e n Stellung gegen die Cornelianer. J a k o b B u r c k h a r d t gegen K a u l b a c h u n d gegen das neugotische Bauwesen. Auf der a n d e r e n Seite stehen die A u f z e i c h n u n g e n Friedrich Hebbels, die E r i n n e r u n g e n von L u d w i g Emil G r i m m u n d der „ G r ü n e H e i n r i c h " v o n G o t t f r i e d Keller. I n n e r h a l b des R o m a n s h a t Keller f ü r die Cornelianer P a r t e i ergriffen. Nach den Bildversuchen a b e r , die wir von ihm besitzen, w ü r d e m a n eher auf ein T a l e n t schließen, das der niederländischen Malk u l t u r zugeneigt gewesen ist. „ E s w a r d a m a l s ein f r e u d i g e s Wirken u n d Z u s a m m e n l e b e n in M ü n c h e n , wie noch keine Zeit es gesehen — der f r ö h liche A u f s c h w u n g eines j u n g e n D e u t s c h l a n d s , das, v o n den B a n d e n
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f r e m d e r Z w i n g h e r r s c h a f t befreit, Brotneid, Eitelkeit und V o r n e h m t u e r e i ausschloß."1) Die M ü n c h n e r L a n d s c h a f t s k u n s t h a t t e von einem vorwiegend beschreibenden Stil ihren A u s g a n g g e n o m m e n , wie er von D o r n e r , W a g e n b a u e r u n d D i l l i s von den Malerfamilien K o b e l l und A d a m u n d a n d e r e n zumeist aus der Pfalz z u g e w a n d e r t e n K ü n s t l e r n gepflegt w u r d e . Von dieser S t u f e h a t t e sie der Heidelberger Karl R o t t m a n n u n m i t t e l b a r auf den Gipfel des klassischen Vermögens e m p o r g e h o b e n . R o t t m a n n s Blick f ü r schöne F o r m a t i o n w a r im U m g a n g mit der Heidelberger L a n d s c h a f t erzogen w o r d e n . F ü r seine M ü n c h n e r S c h u l u n g wird b e s t i m m e n d , d a ß Friedrich L u d w i g von Sckell in seinen L a n d s c h a f t s gärten die reinsten Muster einer klassischen, g r o ß r ä u m i g e n B a u m - und W i e s e n l a n d s c h a f t aufgestellt h a t t e , deren gleichgewichtige, nach Claude Lorrain gebildete K o m p o s i t i o n von R o t t m a n n begierig und mit tiefem Wohlgefallen a u f g e n o m m e n w u r d e . Diese P a r k l a n d s c h a f t e n h a t R o t t m a n n in s ü d l ä n d i s c h e F e l s l a n d s c h a f t e n u m g e d i c h t e t . Die geistige Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t dieser beiden g r ö ß t e n M ü n c h n e r L a n d s c h a f t e r h a t b e k a n n t l i c h eine f a m i l i ä r e V e r b i n d u n g nach sich gezogen: R o t t m a n n n i m m t eine T o c h t e r Sckells zur F r a u . Der klassische G e d a n k e in R o t t m a n n h a t eine ä h n l i c h e E n t w i c k l u n g g e n o m m e n , wie wir es bei Klenze festgestellt h a b e n : er t r ü b t sich schnell, ü b t a b e r t r o t z d e m seine W i r k u n g bis in die f ü n f z i g e r u n d sechziger J a h r e hinein. Klassiker ist R o t t m a n n vorzugsweise in den italienischen L a n d s c h a f t e n der westlichen H o f g a r t e n a r k a d e n . Die baumlosen Steingebirge, klassische A r c h i t e k t u r e n , W a s s e r und Fels in herrlicher Vers c h r ä n k u n g , die W o h l t a t f r e i g e d e h n t e r V o r d e r g r ü n d e und die Ausgewogenheit der E r d m a s s e n gegen die L u f t r ä u m e erzeugen einen K l a n g , wie er der K u n s t n u r in ihren glücklichsten Augenblicken gelungen ist. F ü r den Nordflügel w a r eine ähnliche Folge von griechischen L a n d s c h a f ten vorgesehen. Aber b e v o r sie zur A u s f ü h r u n g gelangen, d r ä n g e n sich unklassische E l e m e n t e ein. Der K ö n i g l ä ß t n a c h den Skizzen, die R o t t m a n n in Griechenland a u f g e n o m m e n h a t , Ölgemälde herstellen. Sie sind s p ä t e r im R o t t m a n n s a a l der Neuen P i n a k o t h e k vereinigt w o r d e n . R o m a n t i s c h e Motive gewinnen die O b e r h a n d : F a r b e , erregte A t m o s p h ä r e , d r a m a t i s c h e Belebung. Der G e d a n k e des Z y k l u s v e r h ä r t e t sich zu vielbildigen P a n o r a m e n mit künstlich einfallendem Oberlicht. S t ä r k e r noch m a c h t sich die A b w e i c h u n g v o m Klassischen bei den Schülern R o t t m a n n s b e m e r k b a r , bei J u l i u s L a n g e , d e m B r u d e r des r o m a n t i s c h e n B a u m e i s t e r s , bei den B r ü d e r n E r n s t u n d B e r n h a r d F r i e s und anderen. 2 ) Die nordische B a u m l a n d s c h a f t k e h r t z u r ü c k und v e r b i n d e t Aus der Selbstbiographie des Landschaftsmalers Rudolf Friedrich Wasmann, herausgegeben von Bernt Grönvold, München 1896. 2 ) Zur Geschichte der Münchner Landschaftskunst um die Jahrhundertmitte bringt die Dissertation von Herrn Dr. Rudolf Pérard, Bernhard Fries, sein Leben und künstlerisches Werk, Darmstadt 1930, einige vorzügliche Charakteristiken.
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sich nur äußerlich mit italienischen H i n t e r g r ü n d e n . Die R ä u m e werden eng, die F o r m e n in n a h e r Sicht gegeben. Der E i n f l u ß der Düsseldorfer Schule, insbesondere Schirmers, wird ü b e r m ä c h t i g . Der klare Freskengrund v e r d u n k e l t sich in b r a u n e u n d gelbliche Töne, das Himmelslicht in Atelier- und R a m p e n l i c h t . Die A n w e n d u n g dieser K u n s t m i t t e l verf ü h r t e die Klassiker zu allerhand Z u g e s t ä n d n i s s e n , die den klassischen Stil v e r d e r b e n . Eine a n d e r e G r u p p e von K ü n s t l e r n a b e r , die d e m niederländischen R e a l i s m u s von N a t u r aus zugeneigt w a r , h a t u m g e k e h r t ihren Stil aus diesen E l e m e n t e n a u f g e b a u t : E d u a r d S c h l e i c h , L i e r und H e i n l e i n , L a n g k o , W e n g l e i n , B a i s c h , Z w e n g a u e r und viele ähnliche, die in der L a n d s c h a f t u m M ü n c h e n gerade das b e o b a c h t e t h a b e n , was den Klassikern nicht b i l d w ü r d i g erschienen w a r , Moor, Schilf, Heide, die Poesie ziehender R a u c h - u n d W e t t e r w o l k e n , Köhleru n d F i s c h e r h ü t t e n , deren Urbilder sicher nicht in B a y e r n , sondern in den Niederlanden g e s t a n d e n h a b e n . Zugegeben, d a ß die N a t u r v o r b i l d e r o f t n u r g e a h n t werden k ö n n e n und d a ß die G e f a h r , fertige Bildervorstellungen im Atelier zu reproduzieren, die Meister o f t von der N a t u r a b d r ä n g t — i m m e r h i n w u r d e in diesem Kreis eine A r t paysage i n t i m e gepflegt, die in D e u t s c h l a n d ähnlich wie in F r a n k r e i c h die Vorstufe zur impressionistischen N a t u r w i e d e r g a b e gebildet h a t . Die G e n r e m a l e r e i w a r in M ü n c h e n w ä h r e n d des ganzen 19. J a h r h u n d e r t s ein b l ü h e n d e r Zweig. Das M o n u m e n t a l e f o r d e r t e Ausgleich u n d Milderung. Man k ö n n t e sagen, der g u t e Geist der bayerischen V o l k s k u n s t , der v o m Klassizismus v e r d r ä n g t worden w a r , sei in diesen malerischen G e g e n s t ä n d e n wieder lebendig g e w o r d e n : der gesunde und a n d ä c h t i g e Wirklichkeitssinn, frische E r z ä h l u n g , die Liebe zu d e u t s c h e r K u n s t und Art und die humorvolle B e o b a c h t u n g der S t ä n d e , Berufe u n d T y p e n , deren zeichnerische E r f a s s u n g schon f r ü h z e i t i g den R u h m der M ü n c h n e r K a r i k a t u r b e g r ü n d e t h a t ( M ü n c h n e r Bilderbogen, Fliegende B l ä t t e r usw.). U n t e r den G e n r e k ü n s t l e r n oder v i e l m e h r d e n j e n i g e n , die im Genre ihr Bestes gegeben h a b e n , ist n u r einer von der Historienmalerei ausgegangen, M o r i t z v o n S c h w i n d . An A u f t r ä g e n f ü r Historienbilder, selbst von seiten des Hofes, h a t es i h m nicht gefehlt. Mit Lindens c h m i t z u s a m m e n m a l t er im B i b l i o t h e k z i m m e r der Königin Fresken n a c h Tiecks P h a n t a s u s u n d f i n d e t so reichen Beifall, d a ß der K r o n prinz Maximilian ihn zur malerischen A u s s c h m ü c k u n g der B u r g H o h e n s c h w a n g a u h e r a n z i e h t (s. u n t e n S. 345). Aber Schwind ist dieser M ü n c h n e r Erfolge nicht f r o h geworden. Es w i d e r s p r a c h seiner Überz e u g u n g s t r e u e , sich in einen m o n u m e n t a l e n Stil hineinzusteigern, an d e m sein Inneres Schaden gelitten h ä t t e . Er s u c h t sich v i e l m e h r von d e m , was m a n bildlich erzählen k a n n , die d e m Genre z u g e k e h r t e n S t o f f e heraus. Seine E r z ä h l u n g s k u n s t zweigt von der Sage a b u n d w e n d e t sich v o n dieser z u m Märchen, z u m Idyll, z u r Novelle, z u m lyrischen Zus t a n d s b i l d , u n t e r F e s t h a l t u n g eines sehr präzisen, an Memling und
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Bellini gebildeten S c h ö n h e i t s t y p u s , liebenswürdig, musikalisch,wienerisch u n d in j e d e m F e d e r s t r i c h a r i s t o k r a t i s c h . Die Malerei als solche ist nur illustratives H i l f s m i t t e l . Diese stillen, b e s t ä n d i g e n W e r t e w u r d e n von d e m A u f w a n d d e r Historienmalerei ü b e r t ö n t . Schwind h a t d a h e r seine T ä t i g k e i t geteilt zwischen M ü n c h e n , K a r l s r u h e , F r a n k f u r t und seiner V a t e r s t a d t W i e n . In den J a h r e n 1840—1847, w ä h r e n d seines W i r k e n s in K a r l s r u h e , e n t s t e h e n die allegorischen Figuren f ü r das S t ä n d e h a u s , „ R i t t e r K u r t s B r a u t f a h r t " , „ D e r F a l k e n s t e i n e r R i t t e r " und „ D i e Einw e i h u n g des F r e i b u r g e r M ü n s t e r s " im T r e p p e n h a u s der K u n s t h a l l e . E s folgt die A u s m a l u n g der W a r t b u r g (1853—55), der Bilderschmuck in der P f a r r k i r c h e in Bad Reichenhall u n d die Mitarbeit a m Hocha l t a r der F r a u e n k i r c h e in M ü n c h e n . Inzwischen w a r der K ü n s t l e r 1847 d e m Ruf a n die M ü n c h n e r A k a d e m i e gefolgt. Mit unerschöpflichem H u m o r zeichnete er 1863 den über zwanzig Ellen langen Z y k l u s „ W i c h t i g e M o m e n t e aus d e m Leben meines F r e u n d e s L a c h n e r " , die „Lachnernovelle". Ein J a h r s p ä t e r , 1864, w u r d e Schwind n a c h W i e n gerufen, wo d u r c h die B e b a u u n g des Ringgeländes ein Zeitalter h o c h g e s t i m m t e r K u n s t t ä t i g k e i t a n g e b r o c h e n w a r . Die A u f g a b e , die W i e n ihm stellte, w a r ihm die w i l l k o m m e n s t e seines Lebens. Das neue O p e r n h a u s sollte mit reichem F r e s k e n s c h m u c k a u s g e s t a t t e t w e r d e n : Opernszenen im F o y e r und Szenen aus der Z a u b e r f l ö t e in der Loggia. Mit Hilfe von E d u a r d E n g e r t h u n d Karl Rahl h a t er das u m f a n g r e i c h e W e r k in drei J a h r e n so weit g e f ö r d e r t , d a ß er 1867 nach München z u r ü c k k e h r e n k o n n t e . A m 8. F e b r u a r 1871 ist er in München gestorben. Seine Briefe, Zeugen f ü r seine humorvolle S e l b s t e r k e n n t n i s u n d die Festigkeit seiner k ü n s t l e r i s c h e n Ü b e r z e u g u n g , sind von W i n d e g g u n t e r d e m Titel „ K ü n s t l e r s E r d e n w a l l e n " herausgegeben w o r d e n . Aus der großen Zahl von G e n r e k ü n s t l e r n , deren Stil im einzelnen zu c h a r a k t e r i s i e r e n hier kein A n l a ß ist, ragen zwei Persönlichkeiten h e r v o r als E r f i n d e r von B i l d g a t t u n g e n , die von M ü n c h e n a u s eine ers t a u n l i c h e V e r b r e i t u n g g e f u n d e n u n d die Vorliebe der Welt auf die Poesie des bayerischen Alltags hingelenkt h a b e n , H e i n r i c h Bürkel u n d K a r l S p i t z w e g . Von den aus der P f a l z z u g e w a n d e r t e n K ü n s t l e r n w a r Bürkel einer der letzten. Auch in seiner J u g e n d bringt er nichts Heroisches. S t a t t dessen pflegt er eine sehr eigentümliche Verb i n d u n g von L a n d s c h a f t u n d Volksgenre. Er m a l t Hochgebirgsbilder — d a s T h e m a w a r zu seiner Zeit noch weniger abgegriffen als h e u t e — u n d illustriert sie m i t Genreszenen, oder er m a l t Genrebilder mit d e m H o c h gebirge als H i n t e r g r u n d . Da g i b t es d a n n vieles zu e r z ä h l e n : von B a u e r n u n d J ä g e r n , Gebirgsvolk u n d S t a d t v o l k , Soldaten u n d R e i t e r n , Liebs c h a f t e n u n d R e i s e a b e n t e u e r n . Zuweilen k o m m t a u c h die T i e r s t a f f a g e zu ihrem R e c h t , P f e r d e , K ü h e , Ziegen u n d Schafe, aus den g e w o h n t e n holländischen H i n t e r g r ü n d e n auf bayerische Almen e m p o r g e h o b e n . Spitzweg dagegen w a r S t ä d t e r u n d K l e i n s t ä d t e r , B ü r g e r u n d Spießb ü r g e r u n d h a t sein ganzes Leben lang sich selbst gemalt. Er w a r
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M ü n c h n e r u n d Philosoph und v e r s t a n d sich auf die K u n s t , das Leben n i c h t als W u n s c h , sondern als E r f ü l l u n g zu s e h e n . Darin liegt seine heimliche Klassizität, d u r c h die er sich den D a n k von Unzähligen u n d eine eigene A r t von U n s t e r b l i c h k e i t e r r u n g e n h a t . Vielleicht k ö n n t e m a n sagen, er h ä t t e als Schilderer des bürgerlichen Daseins f ü r M ü n c h e n Ähnliches geleistet, wie Chodowiecki und K r ü g e r f ü r Berlin. A b e r er ist weder so stilisiert wie der erste noch so realistisch wie der zweite. Seine Bilder e n t h a l t e n ein g u t e s S t ü c k B a r o c k : gelbes u n d künstliches Licht (ähnlich wie bei Schleich!), k o n z e n t r i e r t u n d einseitig ins Bild geworfen. Das B u n t e wird d u r c h B r a u n geeinigt, d. h. z u m Ton z u s a m m e n g e f a ß t . Barock e m p f u n d e n sind die R ä u m e , die Tiefen u n d die k u l i s s e n h a f t e n V o r d e r g r ü n d e . J a , m a n h a t gelegentlich den E i n d r u c k , Spitzweg sei bei seinen E r f i n d u n g e n nicht von der N a t u r , s o n d e r n v o m B ü h n e n b i l d ausgegangen. Seine T h e m e n : die heimlichen H ä u s e r w i n k e l m i t den giebeligen D ä c h e r n und b l u m e n g e s c h m ü c k t e n E r k e r n , schleichende L i e b h a b e r und nächtliche M u s i k a n t e n , spielende K i n d e r u n d bucklige Alte, Milchmädchen u n d S t a d t s o l d a t e n , der A l c h y mist, der H e x e n m e i s t e r , der W i t w e r und ewige Hochzeiter, der G r a t u l a n t » d e r K a k t e e n f r e u n d , der A n t i q u a r , der verliebte Provisor, Serenissimi A u f f a h r t und ähnliches mehr, ein A l b u m von S t ä n d e n und Passionen,, deren k u r z e Novelle meist nicht auf das D r a m a t i s c h e , sondern auf das. Z u s t ä n d l i c h e u n d T y p i s c h e im menschlichen Leben gerichtet ist. Die Briefe Spitzwegs an Friedrich P e c h t und seine nachgelassenen G e d i c h t e sind j ü n g s t von U h d e - B e r n a y s v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n . *
Die K u n s t p f l e g e Ludwigs I. wird in m a n c h e n Stücken von seinem Sohn Maximilian II. f o r t g e s e t z t . Moritz von Schwind ist von beiden b e s c h ä f t i g t worden u n d in die K r a f t Friedrich G ä r t n e r s h a b e n sie sich zeitweise geteilt ( W i t t e l s b a c h e r Palais). Nach den Ereignissen von 1848 b a u t M a x II. die Neue P i n a k o t h e k im Sinne seines Vaters f e r t i g u n d z i e h t den B a u m e i s t e r K a r l v o n V o i t in seinen Kreis. Die B i l d a n k ä u f e besorgt n a c h wie vor Ludwig I. selbst. Auch die A u s g e s t a l t u n g des Königsplatzes bleibt ihm überlassen. In d e m r o m a n t i s c h e n B e s t r e b e n , m i t t e l a l t e r l i c h e D o m e und Burgen wiederherzustellen, verfolgen V a t e r u n d Sohn die gleichen Ziele. Der A u s b a u der D o m f a s s a d e von R e g e n s b u r g , von L u d w i g I. schon p r o j e k t i e r t , wird von Max II. d u r c h g e f ü h r t , u n d die R e g o t i s i e r u n g der M ü n c h n e r F r a u e n k i r c h e bewegt sich in der gleichen künstlerischen R i c h t u n g . Beide, V a t e r u n d Sohn, pflegen den neugotischen Stil. W a s Ludwig I. in der Mariahilfkirche (1831—39) beg o n n e n h a t t e , s e t z t sein Sohn in der H a i d h ä u s e r J o h a n n i s k i r c h e f o r t (1852—63), und den Bau der d r i t t e n neugotischen Kirche r e c h t s der Isar, der Giesinger Kirche, ü b e r w a c h t Ludwig I. wieder persönlich. N a c h d e m Max 11. vorzeitig aus dem Leben geschieden ist, n i m m t sich der V a t e r , im Greisenalter s t e h e n d , des B a u w e r k s an. Es ist sein Abschiedsgeschenk.
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a n M ü n c h e n . Die Kirche ist in den drei letzten J a h r e n seines Lebens 1865—68 a u f g e f ü h r t worden, als der P r e u ß i s c h - B a y e r i s c h e F e l d z u g die politische Lage v e r d ü s t e r t e . Der N a m e des B a u m e i s t e r s bringt uns z u m B e w u ß t s e i n , d a ß bereits das Z e i t a l t e r des Enkels, Ludwigs II., angebrochen ist. Es ist der j ü n g s t e Schüler Klenzes, G e o r g v o n D o l l m a n n , der in diesem Bau eine f r ü h e P r o b e m e h r seines historischen als seines künstlerischen K ö n n e n s ablegt. Ein J a h r n a c h d e m Tode Ludwigs I., 1869, e n t w i r f t der gleiche D o l l m a n n die P l ä n e f ü r Schloß L i n d e r h o f . Mit der G r u n d s t e i n l e g u n g von N e u s c h w a n s t e i n , 1869, den Kriegsereignissen von 1870/71 u n d der G r ü n d u n g des D e u t s c h e n Kaiserreiches b e g i n n t f ü r B a y e r n eine neue kulturgeschichtliche P e r i o d e . 1 ) *
Auch d e m T h e a t e r u n d d e r M u s i k 2 ) ließ L u d w i g I. w a r m e Pflege angedeihen. E r bereitete die Blütezeit vor, die beide K u n s t g a t t u n g e n u n t e r seinem Sohne und seinem E n k e l erlebten. Sofort nach seinem Regierungsa n t r i t t ließ er die P f o r t e n des I s a r t o r t h e a t e r s , einer v e r u n g l ü c k t e n S c h ö p f u n g des I n t e n d a n t e n D e l a m o t t e , schließen u n d , was noch w i c h t i g e r w a r , er s c h a f f t e ein Überbleibsel der höfischen K u n s t p f l e g e des 18. J a h r h u n d e r t s ab, die italienische Oper, die seit 1816 neu a u f gelebt w a r . W a r d a m i t a u c h der Italianismus an der M ü n c h n e r Oper noch nicht völlig gebrochen, u n d blieb Italien noch auf längere Zeit d a s gelobte L a n d der M u s i k s t u d i e r e n d e n , wohin der König selbst j u n g e Musikbeflissene schickte, so w a r doch der Z e r f a h r e n h e i t und U n f r u c h t b a r k e i t der v o r a u s g e g a n g e n e n E p o c h e ein E n d e g e m a c h t und ein einheitlicher Kunstwille beherrschte f o r t a n a u c h das T h e a t e r u n d Musikleben der H a u p t s t a d t . Einen symbolischen A u s d r u c k schien der langs a m h e r a u f d ä m m e r n d e , neue, von der R o m a n t i k d u r c h w e h t e Geist in d e r F e r t i g s t e l l u n g eines neuen T h e a t e r s , des H o f t h e a t e r s , zu f i n d e n , das auf den G r u n d m a u e r n des alten 1823 a b g e b r a n n t e n Geb ä u d e s u n t e r B e i b e h a l t u n g des H a u p t p l a n e s des inzwischen v e r s t o r b e n e n Professors Fischer errichtet und a m 2. J a n u a r 1825 m i t einer Festspielwoche eingeweiht worden war. Die Rolle der M ü n c h n e r V o l k s b ü h n e w u r d e f o r t a n wieder von S c h w a i g e r s „ P r i v i l e g i e r t e m S o m m e r t h e a t e r " , im V o l k s m u n d e nach der h a n s w u r s t e n h a f t e n Bedientenrolle „ L i p p e r l t h e a t e r " g e n a n n t , ü b e r n o m m e n . Ein Einblick in das Repertoire zeigt die Vielseitigkeit der hier gebotenen Genüsse, wo zwischen d e r „ J u n g f r a u von O r l e a n s " u n d d e m in die Au v e r i r r t e n , . H a m l e t " Lipperl u n d Staberl, die Nachfolger des H a n s w u r s t e n ihre S p ä ß e t r i e b e n , oder Goethes „ G ö t z " u n d O f f e n b a c h s „ O r p h e u s in der U n t e r w e l t " in d e r Nähe des „ S c h i n d e r h a n n e s " oder der „ f r o m m e n G e n o v e v a " a u f t a u c h e n . D e r begabte F r a n z Prüller u n d F e r d i n a n d F r ä n k e l w a r e n die A u t o r e n der beliebten L o k a l s t ü c k e mit d e n seltsamen Titeln, die die Fortsetzung s. S.331 ff.; Berichtigung zu S. 47 Mitte: Das Barlowpalais ist von J. B. Motivier entworfen, Ausführung 1829/30. 2 ) S. Dr. Otto Ursprung, Münchens Musikal. Vergangenheit, 1927.
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Die Kunstpfiege Ludwigs I.
Z u g k r a f t e r h ö h t e n , wie „ D i e Geheimnisse von M ü n c h e n oder die D a m e mit d e m E b e r k o p f " , „ D i e B e t e r i n an der M a r i e n s ä u l e " , das „ G r e g o r i f e s t oder die dicke Lebzelterin v o m R a d i s t e g " . R e c h t originell w i r k t auch ein S t ü c k zur G e b u r t s t a g s f e i e r Ludwigs I.: „ E r ist halt doch ein g u t e r Kerl." Im J a h r e 1848 t r a t d e m L i p p e r l t h e a t e r das I s a r v o r s t a d t t h e a t e r zur Seite, bis d a n n 1865 beide B ü h n e n d u r c h das in den e n t s c h e i d e n d e n ersten J a h r z e h n t e n von H e r m a n n Schmid glücklich geleitete G ä r t n e r p l a t z t h e a t e r abgelöst w u r d e n . An der H o f b ü h n e k a m u n t e r der I n t e n d a n z des F r e i h e r r n J o h . N e p . v o n P o i ß l , einem oberpfälzischen Adeligen, der K a m p f zwischen italienischer und d e u t s c h e r Oper im wesentlichen z u m A u s t r a g . Seine O p e r n „ D e r W e t t k a m p f zu O l y m p i a " und „ A t h a l i a " f a n d e n seinerzeit viel Beifall, besonders letztere w u r d e als eine „ n a t i o n a l e T a t " gepriesen. Ungleich erfolgreicher a b e r war das W i r k e n seines F r e u n d e s C a r l M a r i a v o n W e b e r , 1786—1826. Mit d e m Siegeszug seines ewig j u n g e n „ F r e i s c h ü t z " h a t sich der Schöpfer d e r r o m a n t i s c h e n Oper die d e u t s c h e Volksseele e r o b e r t u n d der d e u t s c h e n Sache z u m Siege ü b e r die welsche musikalische F r e m d h e r r s c h a f t verholfen. Schon in jungen J a h r e n h a t t e n seine Lieder zur G i t a r r e a u c h den K r o n p r i n z e n Ludwig von B a y e r n begeistert. Carl Maria v o n W e b e r w e c k t e den Sinn u n d die Liebe der D e u t s c h e n f ü r die musikalischen Weisen ihrer Volkslieder und war h e r v o r r a g e n d beteiligt an der großen r o m a n t i s c h e n Volksliedbewegung, die von H e r d e r u n d Goethe ausging u n d in „ D e s K n a b e n W u n d e r h o r n " von A r n i m u n d B r e n t a n o poetischen A u s d r u c k f a n d . Weber, der so f r ü h Vollendete, w a r ein S ä n g e r des Volkes u n d ein Sänger der Freiheit in seinen unvergeßlichen Weisen a u s K ö r n e r s „ L e y e r und S c h w e r t " . E s w a r sehr zu beklagen, d a ß seine H o f f n u n g e n , in M ü n c h e n A n s t e l l u n g zu f i n d e n , nicht verwirklicht wurden. Seine erste große Messe g e h ö r t e seiner M ü n c h n e r Zeit an, 1798—1799. 1 ) Poißls Nachfolger, der auf Schenks E m p f e h l u n g berufene, o r g a n i s a t o r i s c h glänzend begabte K a r l T h e o d . K ü s t n e r , 1833—1842, der G r ü n d e r des B ü h n e n v e r e i n s , h a t t e die A u f f ü h r u n g e n italienischer W e r k e noch m e h r e i n g e s c h r ä n k t und a u c h die z e r r ü t t e t e n finanziellen Verhältnisse in O r d n u n g g e b r a c h t . Sein größtes Verdienst a b e r e r w a r b e r sich d u r c h die B e r u f u n g F r a n z Lachners auf den Posten des H o f k a p e l l meisters. Mit Lachner, d e m s p ä t e r e n G e n e r a l m u s i k d i r e k t o r , der von 1836—1867 das M ü n c h n e r H o f t h e a t e r u n ü b e r t r e f f l i c h f ü h r t e , k a m der rechte Mann an die rechte Stelle. Selbst b e d e u t e n d e r K o m p o n i s t , wie, seine großen historischen Opern „ K a t h a r i n a C o r n a r o " , „ B e n v e n u t o Cellini", das O r a t o r i u m „Moses", S y m p h o n i e n , seine herrlichen Suiten, K a m m e r m u s i k s t ü c k e und Lieder zeigen, w a r er im G e b r a u c h der musikalischen Mittel einem Rossini, Meyerbeer und H a l e v y e b e n b ü r t i g . Vor allem h a t „ K a t h a r i n a C o r n a r o " die d e u t s c h e Schule u m ein d r a m a t i s c h e s W e r k bereichert, „ d a s zu den genialsten u n d gediegensten gezählt
VIII,
S. Wallner Berta, C. M . v . W e b e r s Messen in: Zeitschr. f. Musikwissenschaft 1925/26.
D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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zu w e r d e n v e r d i e n t " . Im G r u n d e seines Wesens u n d musikalischen Schaffens d e u t s c h u n d der R o m a n t i k zugeneigt, dabei v o l l k o m m e n v e r t r a u t m i t den verflossenen musikalischen Stilperioden, b r a c h L a c h n e r mit der ü b e r l e b t e n M a n n h e i m - M ü n c h n e r T h e a t e r t r a d i t i o n u n d f ü h r t e das M ü n c h n e r musikliebende P u b l i k u m in seinen p r ä c h tigen O d e o n s k o n z e r t e n in die Welt B e e t h o v e n s u n d Bachs ein. E r hob „als genialer Dirigent u n d O r c h e s t e r e r z i e h e r " die M ü n c h n e r Oper auf eine solche Höhe, d a ß sie eine B a n n e r t r ä g e r i n der K u n s t i d e a l e R i c h a r d W a g n e r s zu w e r d e n v e r m o c h t e . Geradezu klassisch w a r die von L a c h n e r k o m p o n i e r t e D i c h t u n g Felix D a h n s : „ M a c t e Senex I m p e r a t o r " , die auf dem allgemeinen d e u t s c h e n S ä n g e r f e s t 1873 von vielen t a u s e n d S t i m m e n im Glaspalast gesungen w u r d e . In die Zeit seines W i r k e n s f ä l l t auch die G r ü n d u n g des K o n s e r v a t o r i u m s 1 ) von F r a n z H ä u s e r im J a h r e 1846, d e m die H e r a n b i l d u n g des künstlerischen N a c h w u c h s e s anvertraut wurde. ö f f e n t l i c h e M u s i k u n t e r r i c h t s i n s t i t u t e h a t t e es in D e u t s c h l a n d im 18. J a h r h u n d e r t ü b e r h a u p t nicht gegeben. E r s t u m die W e n d e des 18. z u m 19. J a h r h u n d e r t , als m a n a n f i n g , sich von der italienischen O p e r loszusagen, w ä c h s t in D e u t s c h l a n d das Interesse f ü r eine g r ü n d l i c h e E r z i e h u n g z u m V e r s t ä n d n i s musikalischer K u n s t , „ f ü r eine Musikererziehung n a c h eigenen n a t i o n a l e n G e s i c h t s p u n k t e n u n d den neuzeitlichen E r f o r d e r n i s s e n " , sowohl in der Schule als a u c h in Fachi n s t i t u t e n . Wilhelm von H u m b o l d t v e r l a n g t eine oberste Musikbehörde, „ v o n der n a c h und n a c h eine V e r b e s s e r u n g der M u s i k z u s t ä n d e ausgehen sollte u n d der die A u f s i c h t , P r ü f u n g und Bildung der im Dienste des S t a a t e s u n d der G e m e i n d e n a n z u s t e l l e n d e n Musiker obliege". Den in rascher Folge e r s t e h e n d e n Musikschulen von Wien (1821), Berlin (1822), Leipzig (1843) folgte M ü n c h e n im J a h r e 1846 u n t e r d e r Leitung des oben e r w ä h n t e n Sängers u n d Gesanglehrers Franz H a u s e r , der als begeisterter V e r e h r e r J o h a n n S e b a s t i a n Bachs d a s K o n s e r v a t o r i u m „ m u s i k p ä d a g o g i s c h von A n f a n g a n auf B a c h " eingestellt h a t t e u n d das I n s t i t u t bis 1864 f ü h r t e . Die F ä c h e r jedoch, die an i h m gelehrt w u r d e n , b e s c h r ä n k t e n sich mangels geeigneter Lehrk r ä f t e und O r c h e s t e r i n s t r u m e n t e lange Zeit auf Klavier, Gesang, Violine u n d Theorie. Der U n t e r r i c h t in den O r c h e s t e r i n s t r u m e n t e n b e f a n d sich d a m a l s noch f a s t ausschließlich in den S t a d t p f e i f e r e i e n . Die Mängel der noch in den A n f ä n g e n befindlichen Musikschule v e r a n l a ß t e n d a h e r R i c h a r d W a g n e r im März des J a h r e s 1865 zu einer u m f a s s e n d e n D e n k s c h r i f t an König Ludwig II., in der er den großzügigen P l a n einer N e u s c h ö p f u n g a n r e g t e , die in erster Linie der H e r a n b i l d u n g der Sänger u n d einer geeigneten A u s b i l d u n g der O r c h e s t e r m u s i k e r dienen sollte. Im J a h r e 1867 w u r d e d u r c h G e w ä h r u n g p r i v a t e r Mittel von Seiten des Königs das K o n s e r v a t o r i u m in eine K ö n i g l i c h e M u s i k s c h u l e u m S. Karl Blessinger, Fünfzig Jahre Kgl. Musikschule und Akademie der Tonkunst in: Festschrift der Akademie der Tonkunst in München, 1924.
Die K u n s t p f l e g e Ludwigs I.
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g e w a n d e l t , an deren Spitze der geniale K ü n s t l e r H a n s v o n B ü l o w zwei J a h r e lang erfolgreich t ä t i g war. Er w a r eine der b e d e u t e n d s t e n musikalischen Persönlichkeiten seiner Zeit, die „ e r s t e überlebensgroße D i r i g e n t e n e r s c h e i n u n g m o d e r n e n Stils - ', einer der B a h n b r e c h e r f ü r die E n t w i c k l u n g M ü n c h e n s zur w e l t b e d e u t e n d e n K u n s t h a u p t s t a d t . Die d e n k w ü r d i g e n U r a u f f ü h r u n g e n des „ T r i s t a n " u n d der „Meistersinger" h a t er geleitet. Nach dem f r ü h z e i t i g e n A b g a n g dieses K ü n s t l e r s 1869 von M ü n c h e n k a m a n seine Stelle der G e n e r a l i n t e n d a n t der Hoft h e a t e r und der H o f m u s i k , F r e i h e r r v o n P e r f a l l . D a m i t t r a t ein S t i l l s t a n d ein, der auf die W e i t e r e n t w i c k l u n g des I n s t i t u t s h e m m e n d wirkte. U m einer R ü c k e n t w i c k l u n g zu begegnen, w u r d e a m 4. D e z e m b e r 1874 eine N e u r e g e l u n g g e t r o f f e n , die die Musikschule von ihrer U n t e r stellung u n t e r die H o f m u s i k i n t e n d a n z befreien sollte. Die A n s t a l t w u r d e u n t e r gleichem N a m e n v o m S t a a t e ü b e r n o m m e n u n d d o t i e r t . Oberste A u f s i c h t s b e h ö r d e bildete das K u l t u s m i n i s t e r i u m . D a m i t w a r der A n f a n g s t a b i l e r Verhältnisse geschaffen u n d die G r ü n d u n g d e r h e u t i g e n A k a d e m i e d e r T o n k u n s t vollzogen. Die künstlerische L e i t u n g k a m in die H ä n d e von F r a n z W ü l l n e r u n d J o s e p h R h e i n berger. Auch in der K i r c h e n m u s i k w i r k t e sich der aus M a n n h e i m verp f l a n z t e „ g a l a n t e S t i l " aus, wie sich a u c h die Folgen der Säkularisation bemerkbar machten. Die Kirchen w u r d e n in i h r e n E x i s t e n z m i t t e l n s t a r k eingeschränkt, die K i r c h e n c h ö r e , „die f ü r die breitesten Schichten der B e v ö l k e r u n g als die wichtigsten S t ä t t e n z u r V e r m i t t l u n g musikalischer K u l t u r zu gelten h a b e n - ' vielfach öder V e r f l a c h u n g preisgegeben. Auch hier s e t z t e das R e f o r m w e r k ein. Die musikalische V o r h e r r s c h a f t der Italiener mit ihrer Neigung zu t h e a t r a l i s c h e m G e p r ä n g e w u r d e gebrochen. Man k e h r t e zu den alten Meistern des 15. u n d 16. J a h r h u n d e r t s z u r ü c k . E s w a r dies um so leichter, als sich im Gegensatz z u m übrigen D e u t s c h l a n d in M ü n c h e n u n d verschiedenen a l t b a y e r i s c h e n Klöstern die palestrinensische Überlieferung über Orlando di Lasso, B a r n a b e i , S t e f f a n i in s c h w a c h e n N a c h k l ä n g e n e r h a l t e n h a t t e . Der H o f o r g a n i s t an der Michaelskirche in M ü n c h e n , K a s p a r E t t , 1788—1847, ein Andechser Klosterschüler und K o m p o n i s t von Messen u n d R e q u i e m s , b e g a n n in den dreißiger J a h r e n die alten Meisterwerke wieder a u f z u f ü h r e n . Sie w i r k t e n wie eine O f f e n b a r u n g u n d ergriffen kirchliche wie weltliche Kreise aufs tiefste. Münchens einstiger E h r e n n a m e „ d a s d e u t s c h e R o m " e r s t a n d a u f s neue. Vom König l e b h a f t u n t e r s t ü t z t w u r d e u n t e r E t t s F ü h r u n g von M ü n c h e n aus die k l a s s i s c h e V o k a l p o l y p h o n i e neu b e l e b t . In R e g e n s b u r g w a r e n der Arzt u n d s p ä t e r e D o m k a p e l l m e i s t e r K a r l s P r o s k e sowie D o m . M e t t e n l e i t n e r in seinem Sinne t ä t i g . Von beiden S t ä d t e n a u s ergriff die R e f o r m b e w e g u n g weitere Kreise. Agitatorische K r a f t erhielt sie a b e r erst, als im J a h r e 1867 der oberpfälzische P f a r r e r F r a n z W i t t den C ä c i l i e n v e r e i n ins Leben rief, der sich die Pflege der katholischen K i r c h e n m u s i k im Sinn und Geist der K i r c h e auf G r u n d l a g e der litur-
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gischen Gesetze und V e r o r d n u n g e n zur A u f g a b e m a c h t e und m i t seiner W i r k s a m k e i t weit über die Grenzen D e u t s c h l a n d s hinausgriff. Über der Pflege der a l t e n Meister d r o h t e der K i r c h e n m u s i k die lebendige F ü h l u n g n a h m e m i t der zeitgenössischen T o n k u n s t verloren zu gehen. Dieser G e f a h r begegnete erfolgreich der Lehrer a m M ü n c h n e r K o n s e r v a t o r i u m u n d Zeitgenosse R i c h a r d W a g n e r s , J o s e p h Rheinberger, 1839—1901, der in seinen Chorwerken u n d n a m e n t l i c h in seinen b e r ü h m ten Orgelsonaten sich als vollendeter Meister der alten k o n t r a p u n k t i s c h e n K u n s t u n d zugleich als V e r k ü n d e r einer g e m ä ß i g t m o d e r n e n R i c h t u n g o f f e n b a r t e u n d den musikalischen Ruf Münchens m i t b e g r ü n d e t e .
L u d w i g I., ein echtes Kind der R o m a n t i k , w a r u n e n d l i c h e m p f ä n g lich f ü r politische, kirchliche, künstlerische Ideale. R o m a n t i s c h w a r nicht bloß seine Vorliebe f ü r das Mittelalter u n d die m i t t e l a l t e r l i c h e K u n s t . R o m a n t i s c h w a r auch seine Vorliebe f ü r die A n t i k e und f ü r die a n t i k e K u n s t , r o m a n t i s c h auch das, was d a m i t z u s a m m e n h ä n g t , sein P h i l hellenismus. Die Neugriechen, obwohl reichlich mit slavischen, a l b a n i s c h e n und a n d e r e n E l e m e n t e n vermischt, h a t t e n d a n k der griechischen K i r c h e n s p r a c h e den geistigen Z u s a m m e n h a n g mit den alten Griechen nie völlig verloren. Zu A n f a n g des 19. J a h r h u n d e r t s b e g a n n eine geistige E r n e u e r u n g des Volkes, n a m e n t l i c h u n t e r F ü h r u n g Korais', d e r seinem Volke d u r c h A u s b i l d u n g seiner Sprache die G r u n d l a g e einer neuen L i t e r a t u r schuf. E i n e r d e r ersten, der in D e u t s c h l a n d d e m e r w a c h e n d e n Volke, z u n ä c h s t auf d e m Gebiete d e r L i t e r a t u r und des U n t e r r i c h t e s , seine A u f m e r k s a m k e i t z u w a n d t e , w a r der N e u h u m a n i s t Friedrich T h i e r s c h . Schon 1812 s a g t e er in einem A u f s a t z das „ W i e d e r e r s c h e i n e n der Griechen auf d e r politischen B ü h n e der N a t i o n e n " mit B e s t i m m t h e i t v o r a u s . Das g l a u b t e er n i c h t bloß aus d e m S t u d i u m der neugriechischen L i t e r a t u r sondern a u c h aus d e m w i r t s c h a f t l i c h e n A u f s c h w u n g des Volkes schließen zu d ü r f e n . In der T a t , 1821, f r ü h e r noch, als m a n e r w a r t e t e , mit d e m Einm a r s c h des F ü r s t e n Ypsilanti in J a s s y , schlug, b e g ü n s t i g t von den geheimen V e r b i n d u n g e n der H e t ä r i e , jene Bewegung ins Politische u m und m a c h t e sich in einem allgemeinen A u f s t a n d gegen die T ü r k e n L u f t . J e t z t ü b e r n a h m Thiersch die D a r s t e l l u n g und die V e r t e i d i g u n g des griechischen Freiheitskrieges gegenüber der Griechenland f e i n d l i c h e n Politik in einer Reihe von A r t i k e l n , die in der d a m a l s a n g e s e h e n s t e n d e u t s c h e n Z e i t u n g , der „Allgemeinen Z e i t u n g " , erschienen. D e r K r o n prinz u n t e r s t ü t z t e seine B e s t r e b u n g e n . Die R e g i e r u n g ließ sie stillschweigend geschehen. Schon entwarf er den Plan zur E r r i c h t u n g einer „ D e u t s c h e n Legion in G r i e c h e n l a n d " , als M e t t e r n i c h zuerst mit diplom a t i s c h e n Vorstellungen a m bayerischen Hofe, d a n n mit den Kongressen
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von L a i b a c h 1821 und Verona 1822 d a z w i s c h e n f u h r , welche die türkische R e g i e r u n g f ü r legitim u n d die Griechen f ü r Rebellen e r k l ä r t e n . Mit d e m R e g i e r u n g s a n t r i t t Ludwigs I. k o n n t e Friedrich Thiersch seine literarische A u f k l ä r u n g s a r b e i t sowie seine Pläne, die Griechen m i t einem Hilfskorps zu u n t e r s t ü t z e n , wieder a u f n e h m e n . Gleichzeitig ä n d e r t e a u c h die russische Regierung mit d e m R e g i e r u n g s a n t r i t t Kaiser N i k o l a u s ' 1. ihre H a l t u n g gegenüber der T ü r k e i . Die G r a u s a m k e i t e n , welche die T ü r k e n nach ihren ersten Erfolgen v e r ü b t e n , m e h r t e n die S y m p a t h i e n f ü r die Griechen und v e r a n l a ß t e n schließlich auch die Westm ä c h t e , g e m e i n s a m mit R u ß l a n d militärisch zu i n t e r v e n i e r e n . Die R e t t u n g k a m den Griechen von a u ß e n ; im A b e n d l a n d e g e w a n n der P h i l h e l l e n i s m u s begeisterte Verehrer, w u c h s die T e i l n a h m e f ü r den h e l d e n m ü t i g e n B e f r e i u n g s k a m p f und die f ü r c h t e r l i c h e n Leiden des Volkes. U m den Griechen in ihrem F r e i h e i t s k a m p f e beizustehen, bildeten sich zahlreiche philhellenische Vereine, die Geld s a m m e l t e n u n d W a f f e n a u f k a u f t e n , um die Griechen zu u n t e r s t ü t z e n . Als der H a u p t v e r e i n in D e u t s c h l a n d galt der von München, als der erste Philhellene K ö n i g Ludwig I. von B a y e r n , wiewohl der Verteidiger des alten S y s t e m s , F ü r s t Metternich, die philhellenischen Vereine f ü r F r e i m a u r e r vereine u n d den A u f s t a n d der Griechen f ü r eine Revolution gegen die r e c h t m ä ß i g e Obrigkeit erklärte. H o h e G e l d s u m m e n s a n d t e der König nach Griechenland, u m griechische F r a u e n und K i n d e r aus der t ü r k i s c h e n G e f a n g e n s c h a f t loszuk a u f e n ; auf einer Reise d u r c h B a y e r n v e r b a t er sich alle Festlichkeiten, d a m i t die h i e f ü r ausgesetzten Geldbeträge zur einen H ä l f t e den Ortsa r m e n , z u r a n d e r n den Griechen z u g u t e k a m e n . Eine Anzahl griechischer K n a b e n u n d J ü n g l i n g e ließ er auf seine K o s t e n in München erziehen. Mit seiner finanziellen U n t e r s t ü t z u n g ging Oberst Heideck und andere b a y e r i s c h e Offiziere nach Griechenland u m an dem hellenischen Befreiungskampfe teilzunehmen. So h a b e n d a n n die Griechen, als im Frieden von Adrianopel (1829) u n d d a n n auf der Londoner K o n f e r e n z (1830) die U n a b h ä n g i g k e i t G r i e c h e n l a n d s A n e r k e n n u n g f a n d , einen nicht geringen Teil wenigstens des moralischen Dienstes d e m König von B a y e r n zugesprochen u n d die e u r o p ä i s c h e n S c h u t z m ä c h t e , als es galt, f ü r Griechenland einen T h r o n k a n d i d a t e n a u s f i n d i g zu m a c h e n , auf einen bayerischen Prinzen ihr A u g e g e w o r f e n . Man d a c h t e z u n ä c h s t an den jüngeren B r u d e r K ö n i g L u d w i g s I., den Prinzen Karl. Dieser soll die K a n d i d a t u r mit den W o r t e n a b g e l e h n t h a b e n : „ W e n n mir h e u t e der bayerische T h r o n zufiele, so w ü r d e ich an demselben Tage a b d a n k e n ; d a r a u s schließen Sie wohl, wie wenig ich gesonnen bin, den T h r o n von Griechenland zu besteigen." A k t i v im strengen Sinne des W o r t e s h a t und k o n n t e freilich die b a y e r i s c h e Politik k a u m j e m a l s b e s t i m m e n d in die griechische Frage eingreifen. Wohl a b e r w i r k t e der Philhellenismus des Königs, sein a n -
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V. Buch. Drittes Kapitel.
h a l t e n d e s geistiges Interesse f ü r die Sache der Griechen, sein g l a u b e n s s t a r k e s E i n t r e t e n f ü r den F r e i h e i t s k a m p f der Hellenen, d a z u d a s Ansehen, das er sich u n d seinem kleinen L a n d e d u r c h seine ersten Reg i e r u n g s m a ß n a h m e n in ganz E u r o p a gegeben h a t t e , auf die Entschlüsse d e r G r o ß m ä c h t e e n t s c h e i d e n d ein. Vielleicht a u c h w a r die l e b h a f t e A g i t a t i o n Friedrich Thierschs n i c h t ohne E i n f l u ß . Thiersch h a t t e schon u n t e r der Regierung König M a x i m i l i a n s I. auf die L ö s u n g des griechischen P r o b l e m s d u r c h die E r h e b u n g eines b a y e r i s c h e n P r i n z e n hingewiesen. 1827 k a m er in einem Schreiben an K ö n i g L u d w i g I. v o m 10. S e p t e m b e r darauf z u r ü c k : er s p r a c h die Ü b e r z e u g u n g aus, jene L ö s u n g k ö n n e d a d u r c h a m sichersten geschehen, wenn der z w e i t g e b o r e n e Sohn O t t o z u m König von Griechenland g e w ä h l t , von einer Division b a y e r i s c h e r Krieger d o r t h i n begleitet, w ä h r e n d seiner M i n d e r j ä h r i g k e i t u n t e r die K u r a t e l des G r a f e n Capo D ' I s t r i a s gestellt u n d dieser a b e r d u r c h eine finanzielle Anleihe u n t e r s t ü t z t w ü r d e . 1831/32 ging Thiersch n a c h Griechenland, z w a r o h n e a m t l i c h e Mission, a b e r i m m e r h i n m i t einem E m p f e h l u n g s s c h r e i b e n seines Königs a n den P r ä s i d e n t e n Capo D ' I s t r i a s . N a c h dessen E r m o r d u n g vollzog wirklich die griechische N a t i o n a l v e r s a m m l u n g nicht ohne M i t w i r k u n g Thierschs die W a h l des Königs O t t o . Thiersch w u r d e mit der Überb r i n g u n g des W a h l d e k r e t s n a c h B a y e r n b e t r a u t . Die eigentliche E n t s c h e i d u n g gaben s e l b s t v e r s t ä n d l i c h die auf der Londoner K o n f e r e n z v e r t r e t e n e n Mächte, die seit d e m J a h r e 1827 in der s o g e n a n n t e n t r i l a t e r a l e n Allianz v e r b u n d e n w a r e n , R u ß l a n d , E n g l a n d u n d F r a n k r e i c h . H i n t e r E n g l a n d s t a n d Österreich. Dieses Österreich a r b e i t e t e a b e r lange Zeit d e m bayerischen P r o j e k t in Griechenland e n t gegen. A r m a n s p e r g neigte d a m a l s aus inneren wie ä u ß e r e n G r ü n d e n zu F r a n k r e i c h und P r e u ß e n ; die B e m ü h u n g e n , die d e r österreichische G e s a n d t e von Spiegel im A u f t r a g e M e t t e r n i c h s m a c h t e , u m B a y e r n auf die Seite Österreichs h e r ü b e r z u z i e h e n , e r f u h r e n zwar die U n t e r s t ü t z u n g des bayerischen G e s a n d t e n in W i e n , B r a y , u n d des F ü r s t e n W r e d e , blieben a b e r , so lange A r m a n s p e r g die a u s w ä r t i g e Politik leitete, o h n e Erfolg. E r s t mit der J u l i - R e v o l u t i o n ä n d e r t e sich die H a l t u n g B a y e r n s . König L u d w i g I. w a n d t e sich von d e m r e v o l u t i o n ä r e n F r a n k r e i c h weg, B a y e r n s u c h t e u n t e r d e m neuen Minister des Ä u ß e r n , F r e i h e r r n von Gise, F ü h l u n g mit den j e t z t alliierten O s t m ä c h t e n R u ß l a n d und Österreich. Eine a k t i v e U n t e r s t ü t z u n g in der griechischen T h r o n k a n d i d a t u r e r f u h r B a y e r n a u c h j e t z t n i c h t von Österreich, a b e r Österreich gab zu dieser Zeit wenigstens die G e g e n a r b e i t auf. In d e m L o n d o n e r V e r t r a g v o m 7. Mai 1832 v e r p f l i c h t e t e n sich E n g land, F r a n k r e i c h u n d R u ß l a n d , den b a y e r i s c h e n P r i n z e n O t t o als K ö n i g von Griechenland a n z u e r k e n n e n , v e r p f l i c h t e t e sich a n d e r e r s e i t s L u d w i g I. auf K o s t e n des griechischen S t a a t e s ein T r u p p e n k o r p s von 3500 M a n n , z u n ä c h s t auf drei J a h r e , a u f z u s t e l l e n u n d d a m i t die T r u p p e n der Alliierten in Griechenland abzulösen. Bis zu seiner G r o ß j ä h r i g k e i t (1. J u n i 1835)
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sollte d e m Prinzen O t t o ein R e g e n t s c h a f t s r a t beigegeben w e r d e n . Dieser R e g e n t s c h a f t s r a t w u r d e von König Ludwig I. a u s d e m inzwischen vera b s c h i e d e t e n bayerischen Minister Grafen A r m a n s p e r g , d e m Professor u n d S t a a t s r e c h t s l e h r e r von Maurer u n d d e m G e n e r a l m a j o r von H e i d e c k z u s a m m e n g e s e t z t ; als S e k r e t ä r u n d „ S u b s t i t u t " des R e g e n t s c h a f t s r a t e s f u n g i e r t e Karl von Abel, der s p ä t e r e bayerische Minister des Innern. U n t e r der R e g e n t s c h a f t sowohl wie u n t e r der S e l b s t r e g i e r u n g König O t t o s w u r d e n zahlreiche u n d t i e f g r e i f e n d e R e f o r m e n in Griechenland d u r c h g e f ü h r t . Das Gerichtswesen u n d die V e r w a l t u n g w u r d e n neu organisiert. Z u m e r s t e n m a l seit J a h r h u n d e r t e n w u r d e p l a n m ä ß i g a n der H e b u n g der L a n d w i r t s c h a f t , des Gewerbes u n d des H a n d e l s g e a r b e i t e t . A t h e n , das halb zerfallen w a r , e r h o b sich binnen k u r z e m zu einer w ü r digen H a u p t s t a d t des Landes. Indes das griechische U n t e r n e h m e n w a r nicht bloß r o m a n t i s c h in seinen geistigen, philhellenischen V o r a u s s e t z u n g e n , sondern a u c h in seiner U n t e r s c h ä t z u n g der politischen Schwierigkeiten. Die Stellung des w i t t e l s b a c h i s c h e n Königs w a r von A n f a n g an a u ß e r o r d e n t l i c h schwierig. Ihm eignete nicht das gleiche H e r r s c h e r t a l e n t wie seinem Vater, er war zu j u n g , w a r nicht v o r b e r e i t e t auf seinen Beruf und besaß nicht die K r a f t seinem Willen G e l t u n g zu v e r s c h a f f e n . Er h a t t e überdies keinen wirklichen R ü c k h a l t a n d e r bayerischen H e i m a t . Sehr bald b e g a n n er die A b n e i g u n g gegen die F r e m d h e r r s c h a f t in seiner W a h l h e i m a t zu f ü h l e n . Seine Stellung w u r d e w e i t e r h i n erschwert d u r c h die Uneinigkeit i n n e r h a l b der R e g e n t s c h a f t zwischen A r m a n s p e r g und Heideck einerseits, M a u r e r und Abel a n d e r e r seits, d u r c h die Intrigen A r m a n s p e r g s , der selbst den eigenen V a t e r gegen O t t o e i n z u n e h m e n w u ß t e , d u r c h die Unsicherheit des j u n g e n Königs 1 ), deren A u s w i r k u n g e n sich a m ganzen Hofe bis zur D i e n e r s c h a f t Bezeichnend ist ein Bericht über den Zustand Ottos an Ludwig I. vom 9. Mai 1835: „Die Gründe der damals schon unumwunden ausgesprochenen zeitlichen oder momentanen Unfähigkeit, die Zügel der Regierung zu ergreifen, sind jetzt wie damals ein nicht unbedeutender Mangel an positivem Wissen, eine unüberwindliche Zerstreutheit, ein sehr geringer Trieb zur Selbsttätigkeit, eine bis zur ängstlichen Kleinlichkeit gesteigerte Sucht nach Genauigkeit, verbunden mit Vertrauenslosigkeit hinsichtlich der Genauigkeit anderer und der Idee hinreichend zu wissen um allein regieren zu können. Jene Zerstreutheit ist Ursache, daß S. M. nicht im Stande sind etwas Längeres zu lesen und daher auch Ursache jener Scheu vor jeder wenigstens ernsten Lektüre, was mitunter das mangelhafte positive Wissen herbeiführte. Die Unterzeichneten glauben, daß nach ihrer Überzeugung die gegenwärtige Gesamtbeschaffenheit Ottos es ebenso schwierig machen dürfte, selbst mit Unterstützung und Beratung eines oder mehrerer anderer tüchtiger Staatsmänner die Zügel der Regierung zu führen, teils wegen jener schon erwähnten Vertrauenslosigkeit, teils wegen des schon erwähnten Hanges zur kleinlichsten und ängstlichsten Zergliederung jedes Gegenstandes, ohne aber über denselben einen Ausspruch tun zu können, welcher Hang selbst nicht durch die dringendsten Vorstellungen von Gefährdung der Ehre, des öffentlichen oder Privatwohles, ja sogar nicht einmal durch Anregung des Mitleidgefühles gebrochen werden kann und der S. M. über der beharrlichen Verfolgung eines geringfügigen Umstandes die wichtigste Hauptsache versäumen machen konnte." Saporta, Hunolstein. Stengel, Lehmair Hptm.
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h e r a b geltend m a c h t e n , d u r c h P a r t e i u n g e n im L a n d e u n d die s c h l i m m e n , e i n a n d e r k r e u z e n d e n Einflüsse der S c h u t z m ä c h t e u n d durch den Mangel an finanziellen M i t t e l n ; m a n k o n n t e o f t k a u m die u n e n t b e h r l i c h s t e n Bedürfnisse des Lebens bestreiten. König O t t o w u r d e t a t s ä c h l i c h das Opfer der Vorliebe seines V a t e r s f ü r das N e u g r i e c h e n t u m . Er sah sich s p ä t e r , 1862, genötigt, Griechenland zu verlassen, um einer Seitenlinie des dänischen Königshauses P l a t z zu m a c h e n . Das Geld, das sein V a t e r in der H ö h e von 1 9 3 3 0 0 0 Gulden d e m L a n d e v o r g e s t r e c k t h a t t e , w u r d e erst E n d e der siebziger J a h r e gelegentlich des Berliner Kongresses z u r ü c k e r s t a t t e t . B i s m a r c k e r z w a n g d a mals die R ü c k b e z a h l u n g an den E r b e n des Königs O t t o , indem er die Zulassung der griechischen G e s a n d t s c h a f t z u m Kongresse d a v o n a b h ä n g i g m a c h t e . Der E r b e war, d a der n ä c h s t e V e r w a n d t e , P r i n z Luitpold, auf das griechische T h r o n f o l g e r e c h t verzichtet h a t t e , P r i n z A d a l b e r t . Aus d e m z u r ü c k g e w o n n e n e n Gelde w u r d e das Prinz A d a l b e r t s c h e Familienfideikommiß errichtet. Die E r h e b u n g Griechenlands bildet ein Kapitel in der Geschichte des N a t i o n a l i t ä t e n p r i n z i p s . Ihm huldigte König Ludwig 1. a u c h auf d e u t s c h e m Boden. Seine g r ö ß t e d e u t s c h e T a t w a r seine M i t a r b e i t an einer S c h ö p f u n g , mit der sich in der Zeit von 1815—66 an n a t i o n a l e r B e d e u t u n g kein Ereignis der d e u t s c h e n Geschichte vergleichen läßt, an der G r ü n d u n g d e s D e u t s c h e n Z o l l v e r e i n s .
Viertes
Kapitel.
Bayern und die wirtschaftliche Einigung Deutschlands. — Die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns unter Ludwig I. Der Gedanke einer w i r t s c h a f t l i c h e n E i n i g u n g D e u t s c h l a n d s t r a t , abgesehen von d e m b e k a n n t e n zollpolitischen P r o j e k t e des N ü r n berger Reichsregimentes aus d e m 16. J a h r h u n d e r t , zum e r s t e n m a l in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege a u f . 1 ) Im H e r b s t 1665 erschien Don Cristobal de R o x a s , ein Gesinnungsv e r w a n d t e r des ersten d e u t s c h e n N a t i o n a l ö k o n o m e n J o h a n n J o a c h i m Becher, im A u f t r a g e des W i e n e r Hofes in M ü n c h e n u n d legte hier d a s P r o j e k t der G r ü n d u n g einer D e u t s c h e n Gesellschaft „ Z u r E i n f ü h r u n g der ostindischen K o m m e r z i e n " vor, das z u n ä c h s t eine bessere V e r s t ä n d i g u n g zwischen Österreich u n d B a y e r n , im weiteren F o r t g a n g aber nichts Geringeres als eine E i n i g u n g D e u t s c h l a n d s auf w i r t s c h a f t l i c h e r G r u n d lage h e r b e i f ü h r e n sollte. Doeberl Michael, Das Projekt einer Einig. Deutschlands auf wirtsch. Grundlage aus d. Jahre 1665 u. die sich daranschl. Verh. zw. Bay. u. Öst. 1915.
B a y e r n u. d. Wirtschaft!. Einig. D e u t s c h i . — D i e w i r t s c h a f t l . E n t w i c k l . B a y e r n s usw.
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Die W o r t e , mit denen J o h a n n J o a c h i m Becher d a s P r o j e k t rechtfertigen will, klingen m e r k w ü r d i g an die b e k a n n t e n Sätze an, mit denen H o f f m a n n von Fallersleben die N a t i o n a l b e d e u t u n g des Zollvereins des 19. J a h r h u n d e r t s gefeiert h a t : „ D i e Vereinigung der G e m ü t e r h e b t sich vom selben Augenblick an, da einer dem a n d e r e n R e i c h t u m b v e r s c h a f f t , und wird befestigt, wenn m a n auf ein ewiges Z u e n e h m e n u n d Vereinigung der R e i c h t ü m b e r g e d e n k t . Nichts ist s t ä r k e r als dies B a n d , weil es mit keiner List oder auch m i t blutigem Schwert nit kan aufgelöst w e r d e n . " Das P r o j e k t h a t t e seinen G r u n d in der w i r t s c h a f t l i c h e n A u s b e u t u n g D e u t s c h l a n d s d u r c h das Ausland, d u r c h Holland und d a n e b e n durch F r a n k r e i c h und E n g l a n d . D a m a l s war der G e d a n k e noch v e r f r ü h t , weil zuerst die d e u t s c h e n Territorien w i r t s c h a f t l i c h geeinigt werden m u ß t e n . Nach den Napoleonischen Kriegen b e f a n d sich D e u t s c h l a n d in einer ähnlichen w i r t s c h a f t l i c h e n Lage wie n a c h d e m großen Dreißigjährigen Kriege. Die K o n t i n e n t a l s p e r r e h a t t e D e u t s c h l a n d schwer ges c h ä d i g t , aber doch auch auf die w i r t s c h a f t l i c h e T ä t i g k e i t der Deutschen a n r e g e n d g e w i r k t . U m f ü r die bisher aus E n g l a n d bezogenen W a r e n E r s a t z zu s c h a f f e n , waren zahlreiche w i r t s c h a f t l i c h e N e u g r ü n d u n g e n e n t s t a n d e n . N a m e n t l i c h die Woll-, B a u m w o l l - und Metallindustrie h a t t e im westlichen, m i t t l e r e n und südlichen D e u t s c h l a n d F o r t s c h r i t t e g e m a c h t . So h a t sich — u m n u r ein Beispiel a n z u f ü h r e n — die sächsische Textili n d u s t r i e d a m a l s erst zu wirklichem G r o ß b e t r i e b e n t w i c k e l t ; auch an den M a s c h i n e n b a u h a t m a n sich gewagt. K a u m aber w a r nach dem Sturze Napoleons die K o n t i n e n t a l s p e r r e gefallen, so warf E n g l a n d U n m a s s e n von P r o d u k t e n u n d F a b r i k a t e n , die sich w ä h r e n d der K o n t i n e n t a l s p e r r e a n g e s a m m e l t h a t t e n , u m Schleuderpreise auf den europäischen, insbesondere den d e u t s c h e n M a r k t . Holland u n d selbst die H a n s a s t ä d t e galten geradezu als „ D e p o t s der englischen Kolonial- und F a b r i k w a r e n " . Die j u n g e n d e u t s c h e n G r ü n d u n g e n sollten nach den A n s c h a u u n g e n der Zeitgenossen in ihrem Keim v e r n i c h t e t , der f e s t l ä n d i s c h e M a r k t wieder an die englische W a r e g e w ö h n t w e r d e n . „ G a n z E u r o p a " , schrieb a m 8. D e z e m b e r 1816 der bayerische G e s a n d t e F r e i h e r r von Stainlein aus W i e n , „ s c h r e i t über den D r u c k des englischen H a n d e l s m o n o p o l s u n d seit der b e s t ä t i g t e n N a c h r i c h t , d a ß 25 P r o z e n t als E n t s c h ä d i g u n g f ü r die A u s f u h r a r t i k e l bezahlt werden, scheint es keinem Zweifel m e h r u n t e r w o r f e n , d a ß es wirklich auf den R u i n der a u s l ä n d i s c h e n F a b r i k e n u n d M a n u f a k t u r e n abgesehen ist, w e n n die englische R e g i e r u n g diese U n t e r s t ü t z u n g m e h r e r e J a h r e a u s h a l t e n k a n n und die f r e m d e n Regierungen nichts dagegen t u n . " Dieses nämliche E n g l a n d schloß d u r c h hohe Schutzzölle die d e u t s c h e n W a r e n von seinem M a r k t e aus. Ein v o m G e s a n d t e n F r e i h e r r n von S t a i n lein aus Wien ü b e r s a n d t e Flugschrift k l a g t : „ N i c h t s k a n n f ü r den d e u t schen K u n s t f l e i ß k r ä n k e n d e r und b e u n r u h i g e n d e r sein als die A r t und Weise, wie E n g l a n d solchen nicht n u r auf allen e u r o p ä i s c h e n , sondern
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V. Buch. Viertes Kapitel.
selbst auf den d e u t s c h e n H a n d e l s p l ä t z e n zu v e r d r ä n g e n s u c h t u n d mit H i n t a n s e t z u n g des G r u n d s a t z e s gegenseitiger R e c h t e seine S t a a t e n mit beispielloser Strenge gegen die E i n f u h r f r e m d e r Kunsterzeugnisse schließt, w ä h r e n d es m i t seinen F a b r i k w a r e n alle ö f f e n t l i c h e n M ä r k t e so beherrscht, als ob sie seine Kolonien w ä r e n . " Aus Berlin u n d a n d e r e n Orten b e r i c h t e t e n die b a y e r i s c h e n G e s a n d t e n von ä h n l i c h e n Klagen. In B a y e r n selbst w a n d t e n sich die inländischen Gewerbs- u n d H a n d e l s kreise mit B e s c h w e r d e n gegen die E i n f u h r der f r e m d e n F a b r i k a t e an den d a m a l s t a g e n d e n ersten L a n d t a g u n d b a t e n um Abhilfe. Gegen diese w i r t s c h a f t l i c h e A u s b e u t u n g d u r c h E n g l a n d k o n n t e n sich jene S t a a t e n d u r c h Schutzzollsysteme s c h ü t z e n , die nicht bloß politisch, sondern a u c h w i r t s c h a f t l i c h geeinigt w a r e n : F r a n k r e i c h , R u ß l a n d und selbst Österreich. Das a u ß e r ö s t e r r e i c h i s c h e D e u t s c h l a n d dagegen, das keine wirtschaftliche E i n h e i t g e g e n ü b e r d e m Ausland darstellte, w a r der Ausb e u t u n g schutzlos preisgegeben. Allerdings h a t t e der Artikel 19 der Wiener B u n d e s a k t e „ B e r a t u n g e n wegen des H a n d e l s u n d Verkehrs zwischen den verschiedenen d e u t s c h e n B u n d e s s t a a t e n " in Aussicht gestellt. T a t s ä c h l i c h w a r nach der E r ö f f n u n g des B u n d e s t a g e s n i c h t einmal eine Zollerleichterung bezüglich der u n e n t b e h r l i c h s t e n L e b e n s m i t t e l erreicht w o r d e n . Ganz besonders l i t t e n die Mittel- und K l e i n s t a a t e n des südlichen und mittleren D e u t s c h l a n d s . Gerade die neuen gesteigerten Schutz-, wenn nicht S p e r r s y s t e m e der altgeschlossenen G r o ß s t a a t e n F r a n k r e i c h , R u ß l a n d u n d Österreich v e r s c h l i m m e r t e n noch deren Lage, nicht zuletzt die B a y e r n s . Der bayerische Rheinkreis insbesondere verlor den Abs a t z nach F r a n k r e i c h , w ä h r e n d ergleichzeitig g e g e n ü b e r den älteren Provinzen des Königreichs f a s t als Ausland b e h a n d e l t w u r d e ; d a h e r s t a m m t ein nicht geringer Teil der U n z u f r i e d e n h e i t , die d a n n 1848 zur Explosion k a m . Viele von den w i r t s c h a f t l i c h e n N e u g r ü n d u n g e n der vorausgehenden J a h r e , n a m e n t l i c h B a u m w o l l - u n d K a t t u n f a b r i k e n , b r a c h e n zus a m m e n . Die j u n g e n K r ä f t e u n d Triebe, die sich z u m Lichte d r ä n g t e n , waren über N a c h t g e f ä h r d e t . In einem Schwall von Klagen u n d düsteren P r o p h e z e i h u n g e n m a c h t e sich die g e d r ü c k t e S t i m m u n g L u f t . Die E r r e g u n g w u r d e , wie u. a. die E i n g a b e n b a y e r i s c h e r Untern e h m e r an den ersten b a y e r i s c h e n L a n d t a g beweisen, d u r c h das gesteigert, was n a c h T r e i t s c h k e der eigentliche A u s g a n g s p u n k t der wirtschaftlichen E i n i g u n g D e u t s c h l a n d s gewesen wäre, d u r c h das preußische Zollgesetz v o m J a h r e 1818. Dieses schuf zwar f ü r P r e u ß e n , a b e r nicht f ü r D e u t s c h l a n d die w i r t s c h a f t l i c h e E i n h e i t ; es s t ä r k t e wohl P r e u ß e n f ü r die s p ä t e r e L e i t u n g des Zollvereins, augenblicklich a b e r verm e h r t e es die w i r t s c h a f t l i c h e N o t der Mittel- u n d Kleinstaaten. Kein W u n d e r , w e n n angesichts der w i r t s c h a f t l i c h e n N o t zahlreiche S t i m m e n Z u s a m m e n s c h l u ß ganz D e u t s c h l a n d s zu einer w i r t s c h a f t l i c h e n Einheit, Beseitigung der inneren Zollschranken u n d ihre Verlegung an
B a y e r n u. d. w i r t s c h a f t e E i n i g . D e u t s c h i . — D i e w i r t s c h a f t l . E n t w i c k l . B a y e r n s u s w .
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die äußere Grenze Deutschlands forderten, um den inneren Markt zu gewinnen und gegen den auswärtigen Wettbewerb geschützt zu sein — damit „der Deutsche den Deutschen und nicht den Engländer und Franzosen durch seinen Fleiß ernähre". J e t z t schlössen sich die zur Ostermesse des Jahres 1819 in F r a n k f u r t a. M. versammelten Kaufleute und Fabrikanten zu einem „ D e u t s c h e n H a n d e l s - u n d G e w e r b e v e r e i n " zusammen mit dem satzungsmäßigen Zwecke, „Handel und Gewerbe in Deutschland zu heben". Die bayerische Stadt Nürnberg war neben F r a n k f u r t der Sitz des Vereins. An der Spitze des Vereins stand ein bayerischer K a u f m a n n , der Nürnberger J o h a n n J a k o b S c h n e l l . W o r t f ü h r e r des Vereins war nächst F r i e d r i c h L i s t ein anderer Bayer — F r i e d r i c h M i l l e r aus Immenstadt. Die Seele der ganzen Bewegung war Friedrich List, Professor f ü r Staatskunde und Staatspraxis in Tübingen, der Begründer einer nationalen Volkswirtschaftslehre, der Verfasser des klassischen Werkes „Das nationale System der politischen Ökonomie". In diesem setzte er der Ad. Smithschen Lehre, nach der möglichst viel Tauschwerte erzielt werden müßten, seine Theorie der produktiven Kräfte entgegen, nach der jedes Volk in erster Linie seine eigenen Kräfte zu heben habe, wenn auch zunächst mit Verzichtleistung auf Gewinn an Tauschwerten. Auf diesem Gedanken baute sich seine Forderung des Zollschutzes f ü r eine junge, noch aufstrebende Industrie auf. Noch im April 1819 überreichte er der Körperschaft, die die politische Gemeinschaft Deutschlands darstellen sollte, dem F r a n k f u r t e r Bundestag, im Auftrage des neuen Vereins eine Bittschrift „ u m Aufhebung der Zölle und Mauten im Innern Deutschlands und um Aufstellung eines allgemeinen deutschen (auf dem Prinzip der Retorsion beruhenden) Zollsystems gegen die angrenzenden S t a a t e n " . Der Verein sprach darin rückhaltlos aus, d a ß den letzten unmittelbaren Anlaß zu seiner Vorstellung gerade die neue preußische Zollordnung gegeben h a b e ; denn sie scheine nicht sowohl gegen den Handel mit Frankreich und England als gegen den mit Deutschland gerichtet zu sein. Das eigentliche Ziel des Vereins war allgemeine Handelsfreiheit. Zunächst strebte er allerdings Handelsfreiheit lediglich f ü r Deutschland und Repressivmaßnahmen gegen fremde Nationen an, aber nur solange und soweit durch deren Auflagen und Verbote die allgemeine Handelsfreiheit gestört werde. Mit dem Referate über die Eingabe wurde der Vertreter des Bundesstaates, der durch persönliche Union mit England verbunden war, der Bevollmächtigte des Königreichs Hannover, Freiherr von Martens, b e t r a u t . Sein Referat war derart gehalten, d a ß die vereinsfreundlichen Diplomaten „mehr die Äußerungen eines englischen als eines hannoverschen Ministers herauslesen zu müssen glaubten". Ein Bundestagsbeschluß vom 24. Mai und dann wiederum vom 22. Juli 1819 stellte zwar Maßnahmen zur Erleichterung des Verkehrs auf Grund des Artikels 19 der Wiener Bundesakte in eine gewisse Aussicht. Aber im übrigen
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w u r d e d e m Antragsteller der Bescheid, d a ß der d e u t s c h e H a n d e l s v e r e i n nicht als eine gesetzlich b e s t e h e n d e K ö r p e r s c h a f t a n z u s e h e n sei, seine B i t t s c h r i f t nicht a n d e r s als eine p r i v a t e Vorstellung einzelner Reklam a n t e n b e h a n d e l t u n d ihr a u c h sachlich nicht s t a t t g e g e b e n werden könne. I m m e r h i n ließen a m B u n d e s t a g einzelne R e g i e r u n g e n d u r c h ihre B e v o l l m ä c h t i g t e n energische Vorstellungen z u g u n s t e n der Eingabe e r h e b e n . So die sächsisch-thüringischen S t a a t e n , so die beiden Hessen K u r h e s s e n u n d H e s s e n - D a r m s t a d t , so W ü r t t e m b e r g u n d B a d e n . Diese R e g i e r u n g e n b e a n t r a g t e n die E i n s e t z u n g einer besonderen Kommission zur Regelung der V e r k e h r s v e r h ä l t n i s s e . Sie w u r d e n z u m Teil d u r c h ihre S t ä n d e v e r s a m m l u n g e n g e s t ä r k t . Auch in der bayerischen S t ä n d e v e r s a m m l u n g w u r d e der W u n s c h ausgesprochen, es m ö c h t e n die Zollschranken f ü r den d e u t s c h e n Bundess t a a t v e r s c h w i n d e n . Insbesondere f a n d der b e k a n n t e liberale B a m berger A b g e o r d n e t e von H o r n t h a l f ü r den neuen Verein, seine Mitglieder, sein P r o g r a m m , seine Erfolge überschwengliche W o r t e . Aber gerade d a s in der zweiten K a m m e r der S t ä n d e v e r s a m m l u n g , n a m e n t l i c h von H o r n t h a l , d a f ü r b e k u n d e t e Interesse w a r in der d a m a l i g e n S i t u a t i o n weniger geeignet, den Verein bei der bayerischen R e g i e r u n g zu empfehlen als v i e l m e h r zu b e a r g w ö h n e n . Die bayerische R e g i e r u n g lag d a m a l s in o f f e n e m K a m p f e mit d e m ersten bayerischen L a n d t a g e , m i t der zweiten K a m m e r der S t ä n d e v e r s a m m l u n g . Der Minister des Ä u ß e r n Graf Alois von R e c h b e r g g l a u b t e f ü r seine Person an eine r e v o l u t i o n ä r e V e r b i n d u n g S ü d d e u t s c h l a n d s mit Mittel- u n d N o r d d e u t s c h l a n d . U n t e r diesen U m s t ä n d e n w u r d e n alle B e s t r e b u n g e n z u g u n s t e n Gesamtdeutschlands m i ß t r a u i s c h b e t r a c h t e t , a u c h die des d e u t s c h e n Handels- u n d Gewerbevereins, t r o t z der B e t e u e r u n g seiner Mitglieder, d a ß es kein politischer Verein sei. Die Berichte der bayerischen G e s a n d t e n b e s t ä r k t e n die Regierungen in ihren A n s i c h t e n . Die A u s k ü n f t e , die über die Persönlichkeiten Schnells und Lists eingingen, die N a c h r i c h t e n , die über ihre P r o p a g a n d a r e i s e n d u r c h D e u t s c h l a n d ü b e r m i t t e l t w u r d e n , w a r e n nicht geeignet, j e n e Bedenken zu b e s c h w i c h t i g e n . Zur F u r c h t vor der R e v o l u t i o n u n d zur Sorge u m die S o u v e r ä n i t ä t k a m noch die Angst vor den Regierungen, n a m e n t l i c h die R ü c k s i c h t auf M e t t e r n i c h , in d e m eben d a m a l s der Leiter der b a y e r i s c h e n Politik, Graf R e c h b e r g , den einzigen H o r t zur A u f r e c h t e r h a l t u n g der R u h e u n d O r d n u n g in D e u t s c h l a n d u n d seinen G l i e d s t a a t e n erblickte. Dazu k a m e n als weitere H e m m u n g e n finanzielle E r w ä g u n g e n wegen der M i n d e r u n g der Mautgefälle, Zweifel an der H e i l k r a f t wie a n der Ausf ü h r b a r k e i t des S y s t e m s des freien Verkehrs selbst, a b e r a u c h Bed e n k e n der ä u ß e r e n Politik, es m ö c h t e d a s V e r h ä l t n i s zu gewissen auswärtigen M ä c h t e n e r s c h ü t t e r t w e r d e n . So b e k a n n t e sich d e n n der V e r t r e t e r B a y e r n s a m F r a n k f u r t e r B u n d e s t a g g a n z zu den Bundestagsbeschlüssen vom 24. Mai u n d 22. Juli 1819.
Bayern u. d. wirtschaftl. Einig. Deutschi. — Die Wirtschaft!. Entwickl. Bayerns usw.
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Auf den K a r l s b a d e r Ministerkonferenzen des nämlichen J a h r e s 1819 m a c h t e der badische Minister des Ä u ß e r n , B e r s t e t t , b e r a t e n von Nebenius, d e m Verfasser des ebenfalls klassischen W e r k e s „ D e r öffentliche K r e d i t " , neuerdings einen Vorstoß z u g u n s t e n eines Bundeszollsystems mit Beseitigung der Binnenzölle. Er w u r d e n a m e n t l i c h von d e m Vert r e t e r W ü r t t e m b e r g s w a r m u n t e r s t ü t z t , w ä h r e n d sich der V e r t r e t e r B a y e r n s , der Minister des Ä u ß e r n Graf von R e c h b e r g , aus den angegebenen G r ü n d e n a b l e h n e n d verhielt. M e t t e r n i c h verwies den Gegenstand auf die W i e n e r Ministerkonferenzen, die ja b e k a n n t l i c h im Gegensatz zu den t e m p o r ä r e n M a ß n a h m e n der K a r l s b a d e r Konferenzen d a u e r n d e E i n r i c h t u n g e n zur F o r t b i l d u n g der B u n d e s v e r h ä l t n i s s e schaffen sollten. Noch vor d e m Z u s a m m e n t r i t t dieser Wiener Konferenzen, bald n a c h d e n K a r l s b a d e r K o n f e r e n z e n a b e r b e u g t e sich a u c h B a y e r n der m a c h t v o l l e n n a t i o n a l e n S t r ö m u n g jener Zeit, vollzog sich u n t e r der F ü h r u n g des K r o n p r i n z e n Ludwig im Gegensatz z u m leitenden Minister Grafen v o n Rechberg, wie in der d e u t s c h e n Politik B a y e r n s ü b e r h a u p t , so a u c h in seiner w i r t s c h a f t l i c h e n Politik ein U m s c h w u n g , wenn auch v o r ü b e r g e h e n d e r A r t . Ihren Niederschlag f a n d diese E n t w i c k l u n g in d e r I n s t r u k t i o n , die d e m B e v o l l m ä c h t i g t e n B a y e r n s auf den Wiener M i n i s t e r k o n f e r e n z e n 1819/20, S t a a t s r a t von Z e n t n e r a m 12. N o v e m b e r 1819 erteilt w u r d e u n d einen g u t e n Teil des P r o g r a m m s des k ü n f t i g e n d e u t s c h e n Zollvereins e n t h i e l t . 1 ) D a s P r o g r a m m w a r freilich auf den Wiener Ministerkonferenzen e b e n s o w e n i g zu verwirklichen wie auf den K a r l s b a d e r K o n f e r e n z e n : es s c h e i t e r t e an d e m W i d e r s t a n d P r e u ß e n s u n d Österreichs, an den Mauts y s t e m e n dieser zollpolitisch geschlossenen größeren S t a a t e n . Mit d e m von Österreich u n d P r e u ß e n zu e r w a r t e n d e n W i d e r s t a n d h a t t e jene bayerische I n s t r u k t i o n f ü r den S t a a t s r a t von Z e n t n e r von A n f a n g an gerechnet u n d i h m d e m n a c h eine zweite Vollmacht e r t e i l t : „Sollte die A u s f ü h r u n g der Idee der H a n d e l s f r e i h e i t in ihrer Allgemeinh e i t an d e m V e r h ä l t n i s der europäischen Mächte in u n d zum B u n d e scheitern, so w ä r e n wir n i c h t s d e s t o w e n i g e r geneigt, sofern wenigstens d e r größere Teil rein d e u t s c h e r S t a a t e n sich darauf einlassen m ö c h t e , d a z u a u c h unserseits die H a n d zu b i e t e n . " !) In diesem denkwürdigen, bis jetzt ungedruckten Aktenstücke erklärte sich die bayerische Regierung unter ausdrücklichem Hinweis „auf den in ganz Deutschland so laut ausgesprochenen und von den meisten Regierungen in Schutz genommenen Wunsch", „entschlossen und bereit, hier das Besondere dem Ganzen zu opfern und die finanziellen Erwägungen den politischen unterzuordnen". Sie ermächtigte Zentner zu einer knappen und kategorischen Erklärung f ü r die vollkommene und unbeschränkte Freiheit des Handels mit deutschen Fabrikaten und Produkten im ganzen Umfang des Bundesgebietes" „bloß von fremden, d. h. nichtdeutschen Produkten und Fabrikaten wären an der Grenze der Bundesgebiete gemeinsam zu bestimmende und den deutschen Gewerbefleiß billig berücksichtigende Zölle zu erheben, an deren Partizipation und Erträgen die einzelnen Staaten nach dem Maßstab ihrer Bevölkerung teilzunehmen hätten."
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V. B u c h , V i e r t e s K a p i t e l .
Man h a t n u n g e m e i n t , dieser G e d a n k e sei von B a d e n a u s g e g a n g e n , wo allerdings S t a a t s m i n i s t e r von B e r s t e t t u n d Nebenius die auf freien Verkehr gerichteten B e s t r e b u n g e n w a r m u n t e r s t ü t z t e n . Aber die B e d e u t u n g B a d e n s u n d des S t a a t s r a t s Nebenius, der in der P r a x i s f a s t regelmäßig vers a g t e , i s t doch ü b e r s c h ä t z t w o r d e n . Hierin d ü r f t e T r e i t s c h k e r e c h t b e h a l t e n . Aber a u c h T r e i t s c h k e irrt, wenn er den U r s p r u n g des G e d a n k e n s der w i r t s c h a f t l i c h e n Trias in H e s s e n - D a r m s t a d t s u c h t . Die erste Anr e g u n g ging, wie sich j e t z t aus den bayerischen S t a a t s a k t e n erweisen l ä ß t , w i e d e r u m von der öffentlichen S t i m m e D e u t s c h l a n d s , v o m d e u t schen H a n d e l s - u n d Gewerbeverein aus, u n d B a y e r n h a t das Verdienst, auf diese A n r e g u n g eingegangen zu sein u n d den G e d a n k e n einer wirts c h a f t l i c h e n T r i a s a m t l i c h v e r t r e t e n zu h a b e n . Auf den W i e n e r M i n i s t e r k o n f e r e n z e n w u r d e d a n n in der T a t ein wichtiger S c h r i t t in der R i c h t u n g n a c h einer w i r t s c h a f t l i c h e n Einigung des d r i t t e n D e u t s c h l a n d s g e m a c h t . A m 19. Mai 1820 f a n d in der W o h n u n g des b a y e r i s c h e n B e v o l l m ä c h t i g t e n F r e i h e r r n v o n Z e n t n e r jene d e n k w ü r d i g e S i t z u n g s t a t t , in der sich die V e r t r e t e r Bayerns, W ü r t t e m bergs, B a d e n s , H e s s e n - D a r m s t a d t s , Nassaus, S a c h s e n - W e i m a r s , der sächsischen H e r z o g t ü m e r u n d der russischen F ü r s t e n t ü m e r , also eines guten Teils des d r i t t e n D e u t s c h l a n d s , d a h i n einigten, „drei Monate nach der U n t e r z e i c h n u n g der g e g e n w ä r t i g e n Ü b e r e i n k u n f t eigene Kommissäre a b z u o r d n e n u n d dieselben m i t V o l l m a c h t e n z u m A b s c h l u ß eines die s ä m t l i c h e n paziszierenden S t a a t e n b i n d e n d e n V e r t r a g s über die wechselseitigen H a n d e l s v e r h ä l t n i s s e d e m n ä c h s t mit den nötigen I n s t r u k t i o n e n zu v e r s e h e n . " K u r h e s s e n sowie die F ü r s t e n t ü m e r W a l d e c k u n d H o h e n zollern t r a t e n s p ä t e r der Ü b e r e i n k u n f t bei. Als O r t der V e r s a m m l u n g w u r d e D a r m s t a d t b e s t i m m t u n d als G r u n d l a g e der V e r h a n d l u n g e n eine in M ü n c h e n von der b a y e r i s c h e n R e g i e r u n g a u s g e a r b e i t e t e P u n k t a t i o n , die in gewissem Sinne als der erste Stein z u m Bau des D e u t s c h e n Zollvereins b e t r a c h t e t w e r d e n k a n n . Die W i e n e r Ü b e r e i n k u n f t f a n d freudigen Widerhall im Lande und w u r d e in Adressen u n d F l u g s c h r i f t e n als A n f a n g zu einer Einigung G e s a m t d e u t s c h l a n d s b e g r ü ß t . U n t e r d e m E i n d r u c k des W i e n e r Abk o m m e n s , u n t e r d e m Zeichen der b e v o r s t e h e n d e n D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z e n t s t a n d freilich a u c h das von d e m Publizisten L i n d n e r in F ü h l u n g mit dem K ö n i g von W ü r t t e m b e r g , also in demselben L a n d , wo sich die Triasidee a m z ä h e s t e n erhielt, v e r f a ß t e , von der bayerischen Regierung in der Allgemeinen Z e i t u n g d e s a v o u i e r t e „ S ü d d e u t s c h e M a n u s k r i p t " . Das Ziel der B e w e i s f ü h r u n g Lindners ist, n u r d a n n k ö n n e e t w a s Deutsches z u s t a n d e k o m m e n , wenn m a n sich von Österreich u n d P r e u ß e n e m a n z i piere u n d ein reines D e u t s c h l a n d darstelle. Schon der R h e i n b u n d sei nichts a n d e r e s als die V e r w i r k l i c h u n g der Triasidee u n t e r französischem P r o t e k t o r a t gewesen: n u r aus Liebe zu D e u t s c h l a n d sei m a n Frankreichs F r e u n d gewesen. In d e n zwei großen V o l k s s t ä m m e n S ü d d e u t s c h l a n d s , den B a y e r n u n d den A l a m a n n e n , liege der Kern des D e u t s c h t u m s , zum Glück
Bayern u. d. wirtschaftl. Einig. Deutschi. — Die wirtschaftl. Entwickl. Bayerns usw.
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f ü r D e u t s c h l a n d seien sie eben j e t z t n a c h langer Z e r s p l i t t e r u n g w i e d e r in zwei Königreichen v e r e i n i g t : von hier aus sei die Idee der k o n s t i t u t i o nellen Freiheit ausgegangen, von hier aus allein sei a u c h ein w i r t s c h a f t licher Z u s a m m e n s c h l u ß möglich. Vom H e r b s t 1820 bis z u m S o m m e r 1823 w ä h r t e n , w e n n a u c h mit U n t e r b r e c h u n g e n , die D a r m s t ä d t e r Konferenzen. Sie f ü h r t e n b e k a n n t l i c h zu keinem Ergebnis. Man f i n d e t die Schuld vornehmlich oder ausschließlich bei Baden und seinem B e v o l l m ä c h t i g t e n , d e m bek a n n t e n S t a a t s r a t Nebenius. Mit U n r e c h t . Die Schuld f ü r d a s Scheitern der D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z e n t r ä g t auf der bayerischen Seite vornehmlich Graf R e c h b e r g . Der Minister allerdings, an dessen R e s s o r t z u s t ä n d i g k e i t wir z u n ä c h s t d e n k e n , der F i n a n z m i n i s t e r Freiherr Maximilian von Lerchenfeld, v e r t r a t n a c h wie vor ü b e r h a u p t u n d folgerichtig aus s t a a t s w i r t s c h a f t l i c h e n G r ü n d e n sowie aus R ü c k s i c h t auf die öffentliche Meinung die N o t w e n d i g k e i t u n d Ers p r i e ß l i c h k e i t eines H a n d e l s - u n d Zollvereins. A b e r d e r F i n a n z m i n i s t e r w a r im V e r k e h r m i t a n d e r e n S t a a t e n t a t sächlich n u r der G u t a c h t e r , die a m t l i c h e Anweisung des bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n auf den D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z e n u n d d a m i t die L e i t u n g d e r V e r h a n d l u n g e n h a t t e der Minister des Ä u ß e r n Graf Rechberg, derselbe Minister, im Gegensatz zu d e m sich jener v o r ü b e r g e h e n d e U m s c h w u n g d e r bayerischen Politik zwischen den K a r l s b a d e r u n d den W i e n e r M i n i s t e r k o n f e r e n z e n vollzogen h a t t e . R e c h b e r g w a r a n f a n g s der geheime, s p ä t e r der offene Gegner des H a n d e l s - u n d Zollvereins — aus politischen G r ü n d e n . Es zeigte sich wieder einmal wie so oft im letzten J a h r z e h n t der R e g i e r u n g K ö n i g Maximilians I. die Zwiespältigkeit der b a y e r i s c h e n Politik. Und dieser Minister, der in den T a g e n n a c h den K a r l s b a d e r Beschlüssen ernstlich g e f ä h r d e t w a r , s t ä r k t e seine Stellung mit der w a c h s e n d e n R e a k t i o n der zwanziger J a h r e u n d d e m w a c h s e n d e n E i n f l u ß Österreichs, w ä h r e n d der F i n a n z m i n i s t e r an G e l t u n g verlor. S p ä t e r b e k a n n t e S t a a t s m i n i s t e r von R e c h b e r g d e m F i n a n z m i n i s t e r Lerchenfeld selbst in einer a m t l i c h e n Note, d a ß er „ v o n A n f a n g u n d f o r t d a u e r n d " ein Gegner der D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z gewesen sei. Die zollpolitischen V e r o r d n u n g e n , die B a d e n u n d H e s s e n - D a r m s t a d t in d e r n ä c h s t e n Zeit n a m e n t l i c h gegen B a y e r n erließen, s o d a n n ein H a n d e l s v e r t r a g B a d e n s mit H e s s e n - D a r m s t a d t , V e r h a n d l u n g e n B a d e n s ü b e r einen solchen m i t W ü r t t e m b e r g , M a ß n a h m e n , die B a y e r n einerseits w i r t s c h a f t l i c h isolieren, anderseits vor d e r öffentlichen Meinung i n s U n r e c h t setzen sollten, ließen die bayerische R e g i e r u n g noch einmal einlenken. Aber der Verlauf der D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z e n h a t t e u n t e r den beteiligten Regierungen, n a m e n t l i c h zwischen B a y e r n u n d B a d e n im Z u s a m m e n h a n g mit d y n a s t i s c h - t e r r i t o r i a l e n S t r e i t i g k e i t e n 1 ) , ein solches i) Vgl. Geh. Staatsarchiv „Acta, die Territorialangelegenheit zwischen Bayern und Baden, hier die Ansprüche der Krone Bayern an die Grafschaft Sponheim resp. den Ausgleich betreffend."
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V. B u c h . Viertes K a p i t e l .
Mißtrauen zurückgelassen, d a ß a u c h die S t u t t g a r t e r Konferenzen 1 8 2 4 / 2 5 s c h e i t e r t e n . I m m e r h i n wurde hier zwischen B a y e r n und W ü r t t e m b e r g ein G r u n d v e r t r a g a u s g e a r b e i t e t , der einige J a h r e s p ä t e r d e m ersten d e u t s c h e n , zwischen B a y e r n und W ü r t t e m b e r g geschlossenen Zollverein zugrunde gelegt werden k o n n t e . Die D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z und m i t t e l b a r a u c h die S t u t t g a r t e r K o n f e r e n z w a r im letzten Grunde das W e r k des Handels- und Gewerbevereins gewesen und wurde in der Publizistik a u c h als solches gefeiert. Mit dem Scheitern der mit so großen Hoffnungen und V e r s p r e c h u n g e n begleiteten D a r m s t ä d t e r K o n f e r e n z e n begann a u c h der Verein, d e r ohnehin an inneren S p a l t u n g e n litt, zu zerfallen. Aber die von ihm gegebene A n r e g u n g blieb nicht u n f r u c h t b a r , ebensowenig als die d u r c h seine A g i t a t i o n e r r e g t e öffentliche Meinung wieder zur R u h e k a m . U n t e r K ö n i g L u d w i g I., der bereits als K r o n p r i n z den B e s t r e b u n g e n des Vereins lebhafte T e i l n a h m e e n t g e g e n g e b r a c h t h a t t e , sollte sich sein P r o g r a m m der V e r w i r k l i c h u n g n ä h e r n , wenn auch zum Teil in a n d e r e n Formen. Im April 1 8 2 5 , bevor noch die B e v o l l m ä c h t i g t e n zu den S t u t t g a r t e r Konferenzen a u s e i n a n d e r g i n g e n , h a t t e W ü r t t e m b e r g der b a y e r i s c h e n R e g i e r u n g seine Geneigtheit aussprechen lassen, mit B a y e r n allein einen V e r t r a g über die beiderseitigen Zoll- und Handelsverhältnisse zu schließen, um eine E r l e i c h t e r u n g des allgemeinen Verkehrs wenigstens teilweise herbeizuführen — ein Gedanke, der schon v o m Grafen M a x i m i l i a n von Montgelas, j a sogar u n t e r K a r l T h e o d o r erwogen w o r d e n w a r . In ) Leyh, M., Die bayerische Heeresreform unter König Ludwig II. 1866—1870, 1923.
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V I I . Buch. Drittes Kapitel.
seiner Ansicht in T r a g w e i t e u n d Treffsicherheit auf gleicher S t u f e mit d e m preußischen Z ü n d n a d e l g e w e h r . Die s c h w ä c h s t e Seite w a r nach ihm die Artillerie, die beste die Kavallerie. Hier h a t er allerdings Widerspruch g e f u n d e n , a n d e r e Urteile bewegen sich gerade in entgegengesetzter Richtung. T r o t z dieser M i ß s t ä n d e w a r die militärische Lage auf d e m südwestlichen Kriegsschauplatz keineswegs von A n f a n g an aussichtslos: die südd e u t s c h e A r m e e war, wenn sie v e r s a m m e l t u n d vereinigt w a r , d e m preußischen Gegner an Infanterie doppelt, an Artillerie dreifach, a n Kavallerie vierfach überlegen. U n d a u c h die preußische Heeresleitung auf d e m s ü d d e u t s c h e n K r i e g s s c h a u p l a t z w a r keineswegs fehlerfrei. Eine H a u p t u r s a c h e des Mißerfolgs w a r der m a n g e l n d e Z u s a m m e n h a n g zwischen den k r i e g f ü h r e n d e n Teilen. Nicht bloß d a ß m a n die südd e u t s c h e n T r u p p e n t a t s ä c h l i c h aus d e m österreichischen Oberbefehl ausschied u n d die Fiktion einer U n t e r s t e l l u n g n u r noch d u r c h militärische Bevollmächtigte in den beiderseitigen H a u p t q u a r t i e r e n a u f r e c h t e r h a l t e n w u r d e : zwischen den S ü d d e u t s c h e n selbst b e s t a n d kein n ä h e r e r militärischer Z u s a m m e n h a n g . Die E r n e n n u n g des Prinzen Karl z u m Oberbefehlshaber erfolgte erst a m 27. J u n i . Der F ü h r e r des a c h t e n Bundesa r m e e k o r p s , Prinz A l e x a n d e r , w a r bis d a h i n t a t s ä c h l i c h s e l b s t ä n d i g u n d o r d n e t e sich a u c h j e t z t n u r widerwillig u n t e r . Prinz Karl w a r m e h r k o m m a n d i e r e n d e r General des siebenten bayerischen A r m e e k o r p s als A r m e e k o m m a n d a n t der s ü d d e u t s c h e n Armee. Eine wirkliche E i n h e i t der O p e r a t i o n e n h a t d a h e r auf d e m s ü d d e u t s c h e n K r i e g s s c h a u p l a t z e niemals s t a t t g e f u n d e n . Eine a n d e r e Ursache des Mißerfolgs lag vielleicht darin, d a ß die B a y e r n an d e m aus der Napoleonischen Kriegsepoche ü b e r l i e f e r t e n G r u n d s a t z engster V e r s a m m l u n g ( K o n z e n t r a t i o n ) vor E i n t r i t t in die E n t s c h e i d u n g ü b e r t r i e b e n festhielten, a u c h u n t e r U m s t ä n d e n , die ein a n d e r e s H a n d e l n geboten. Sie h a b e n sich d a m i t vielleicht die u n g e w ö h n liche Gunst der Lage in der ersten J u l i w o c h e verscherzt. Die v e r ä n d e r t e n Zeitverhältnisse f o r d e r t e n eine n e u e M e t h o d e . Der Feldmarschall Prinz Karl b e s a ß m a n c h e s c h ä t z e n s w e r t e Eigens c h a f t f ü r die K r i e g s f ü h r u n g , z u m a l den Mut der V e r a n t w o r t u n g . Aber von dem h o c h b e t a g t e n F ü h r e r w a r nicht zu e r w a r t e n , d a ß er u m l e r n t e , die neue M e t h o d e sich aneignete. Sein Generalstabschef L u d w i g v o n d e r T a n n w a r ein Mann von p r a k t i s c h e m Weitblick und vielleicht d e r beste K e n n e r d e r preußischen Armee. Aber er besaß nicht die E i g n u n g z u m Generalstabschef. U m sich d a f ü r auszubilden, f e h l t e d e m General schon die Z e i t : seine besten J a h r e h a t t e er im H o f d i e n s t e K ö n i g Maximilians II. u n d auf Reisen v e r b r a c h t . "Dem bayerischen G e n e r a l s t a b e wie den bayerischen T r u p p e n f ü h r e r n m a n g e l t e die wissenschaftliche D u r c h b i l d u n g u n d die auf Generalstabsreisen u n d in großen M a n ö v e r n e r w o r b e n e n p r a k t i s c h e n K e n n t n i s s e des preußischen Offizierskorps. Im H a u p t q u a r t i e r f e h l t e es n a c h d e m Urteile Ministerialrat S i g m u n d s „ a n
Bayern u. der Entscheidungskampf u m die Vorherrschaft in Deutschland.
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d e r j e n i g e n Einheit, demjenigen gegenseitigen V e r t r a u e n u n d t ä t i g e n Z u s a m m e n w i r k e n , welches f ü r erfolgreiche O p e r a t i o n e n u n b e d i n g t n o t w e n d i g i s t ; S. K. H o h e i t der Prinz v e r m a g mit allem seinem ausgezeichnet g u t e n Willen u n d seiner f ü r einen Mann in seinen J a h r e n b e w u n d e r n s w e r t e n T ä t i g k e i t nicht alles selbst zu t u n " . Der b e d e u t e n d s t e U n t e r f ü h r e r General v. H a r t m a n n , der K o m m a n d a n t einer der beiden bayerischen Divisionen, w a r t r o t z seines h o h e n Alters geistig und körperlich noch frisch, jedoch mit der n e u e n M e t h o d e der K r i e g s f ü h r u n g noch weniger v e r t r a u t als von der T a n n . Sein Verhalten in der Schlacht von Kissingen w a r geradezu u n v e r ständlich. Der tiefste G r u n d f ü r die K a t a s t r o p h e des J a h r e s 1866, nicht n u r auf d e m s ü d d e u t s c h e n , sondern a u c h auf d e m b ö h m i s c h e n Kriegss c h a u p l ä t z e w a r die innere Auflösung, die innere Z e r s e t z u n g dessen, m i t d e m und u m das m a n k ä m p f t e , des D e u t s c h e n B u n d e s u n d des B u n d e s r e c h t e s . Die s ü d d e u t s c h e K a m p f t ä t i g k e i t s t a n d noch ü b e r d i e s von A n f a n g an u n t e r d e m demoralisierenden E i n d r u c k der österreichischen Niederlage von Königgrätz. Das Volk f o r s c h t nicht gerne nach den tieferen G r ü n d e n , n a m e n t lich d a n n nicht, wenn ein Teil der Schuld auf das Volk selbst z u r ü c k f ä l l t . D a s Volk s u c h t nach einem Symbol, nach einer P e r s o n i f i k a t i o n , n a c h einem S ü n d e n b o c k , d e m es ausschließlich die Schuld a u f l a d e n k a n n . Dieses Suchen ging d a m a l s von der ä u ß e r s t e n R e c h t e n bis z u r ä u ß e r s t e n Linken. Die fortschrittlichen „ M ü n c h n e r Neuesten N a c h r i c h t e n " wollen sich „ w e d e r durch preußische Polizei noch das S t r a f g e s e t z b u c h noch aus R e s p e k t vor R a n g u n d G e b u r t " d a v o n a b h a l t e n lassen, „diejenigen N a m e n zu nennen, von denen m a n nicht will, d a ß sie B a y e r n länger blamieren und r u i n i e r e n " . Das Volk h a t den Prinzen Karl, mehr noch seinen G e n e r a l s t a b s chef Ludwig von der T a n n , der U n f ä h i g k e i t u n d des V e r r a t s geziehen. Diese Anklage w u r d e noch w ä h r e n d des Krieges, besonders l e i d e n s c h a f t lich im d e m o k r a t i s c h e n „ N ü r n b e r g e r Anzeiger" u n d im p a t r i o t i s c h e n „ V o l k s b o t e n " Z a n d e r s erhoben. Sie f ü h r t e im O k t o b e r 1866 zu d e m großen S e n s a t i o n s p r o z e ß „ Z a n d e r " . Als E n t l a s t u n g s z e u g e n Z a n d e r s t r a t e n überwiegend militärisch völlig unwissende M ä n n e r aus der U m g e b u n g der Schlachtfelder auf mit Aussagen ü b e r o f t belanglose, m a n c h mal geradezu lächerliche Dinge. T r o t z d e m gab das Schwurgericht d e r S t i m m u n g im Volke nach u n d sprach den A n g e k l a g t e n Z a n d e r frei. W e d e r auf G r u n d des S t u d i u m s der Prozeßprotokolle noch auf G r u n d der K r i e g s a k t e n läßt sich eine b e w u ß t e Pflichtwidrigkeit nachweisen. A b e r Ludwig von der T a n n und Prinz Karl von B a y e r n haben u n t e r den A n k l a g e n schwer gelitten. Der Generalstabschef blieb im bayerischen Heeresdienst u n d h a t t e im J a h r e 1870 Gelegenheit, durch seine milit ä r i s c h e n Leistungen sich die S y m p a t h i e n des bayerischen Volkes zur ü c k z u g e w i n n e n . Tragischer war das Geschick des Prinzen Karl. Gleich
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d e m österreichischen Feldmarschall Benedek t r a t er still vom Kriegss c h a u p l a t z ab, zog sich nach Tegernsee z u r ü c k und — schwieg. Wie s e h r er u n t e r den Klagen und Beschuldigungen litt, beweisen seine Briefe an den König, z u m a l seine wiederholten Gesuche u m E n t h e b u n g von allen militärischen Ä m t e r n u n d W ü r d e n . Sehr lehrreich sind auch die Briefe des Prinzen Karl an seinen B r u d e r , König Ludwig I., in denen er ganz besonders d a r ü b e r klagt, d a ß alle seine O p e r a t i o n e n an dem bösen Willen des a c h t e n A r m e e k o r p s gescheitert seien. Hier h a t er auch sehr pessimistische G e d a n k e n ü b e r die Z u k u n f t Bayerns niedergelegt. 1 ) *
Der a n d e r e „ S ü n d e n b o c k " , wie er sich selbst n e n n t , war Ludwig v o n der P f o r d t e n . Er w u r d e als Landes- und H o c h v e r r ä t e r gebrandm a r k t . Auch dieser Ruf w u r d e von der ä u ß e r s t e n R e c h t e n wie von der ä u ß e r s t e n Linken erhoben, a m lautesten wieder v o m „ V o l k s b o t e n " Z a n d e r s . Nach einem Bericht des Bevollmächtigten des Ministeriums des Äußern im H a u p t q u a r t i e r , Ministerialrats S i g m u n d , glaubten selbst bayerische Offiziere an einen „ g e h e i m e n P a k t B a y e r n s mit P r e u ß e n " . Dieser Ruf p f l a n z t e sich nach Wien, nach Paris, nach den H a u p t s t ä d t e n der s ü d d e u t s c h e n Bundesgenossen f o r t . Der bayerische Ministerp r ä s i d e n t g l a u b t e einen Widerhall selbst in den Berichten seines eigenen G e s a n d t e n a m sächsischen Hofe, des Freiherrn v. Gise, wiederzufinden. Diese Anklagen k a m e n w ä h r e n d des Krieges wie nach d e m Kriege nicht m e h r z u m Schweigen — t r o t z aller D e m e n t i s in der offiziellen „ B a y e rischen Z e i t u n g " , t r o t z aller A u f k l ä r u n g e n des Ministers an seine Ges a n d t e n in Wien, in Paris, an den s ü d d e u t s c h e n H ö f e n . Wir sind h e u t e in der Lage, sie an der H a n d n a m e n t l i c h der K o r r e s p o n d e n z zwischen d e m Minister und d e m O b e r k o m m a n d i e r e n d e n der s ü d d e u t s c h e n Armee, d e m Feldmarschall Prinzen Karl, n a c h z u p r ü f e n . Dem Minister w u r d e der Vorwurf g e m a c h t , d a ß es ihm mit der K r i e g s f ü h r u n g nicht ernst gewesen sei. Allerdings lehnte von der P f o r d t e n eine Vereinigung der bayerischen A r m e e mit der österreichischen Norda r m e e in B ö h m e n ab, die einschlägige B e s t i m m u n g m u ß t e aus der 01m ü t z e r P u n k t a t i o n wieder e n t f e r n t w e r d e n . Sobald a b e r diese Abä n d e r u n g erreicht u n d der V e r t r a g ratifiziert w a r , schrieb er a u s d r ü c k „Mit bangem Herzen", heißt es in einem dieser Briefe, „sehe ich für Bayern der Zukunft entgegen. Die inneren Zustände stehen um nichts besser als die äußeren. Unseren jungen König, der zu Pferd bei Nacht auf der Roseninsel ,Fangenmannderl' mit dem Fürsten Taxis spielt und Feuerwerke losbrennt, die man zu Starnberg für eine Feuersbrunst hielt und mit den Spritzen zu Hilfe eilte, berühren diese höchst kritischen Zeitumstände nicht im geringsten. Und das weiß man nur zu gut im Publikum. Als ich meinen ersten Adjutanten, Oberst von Struntz, zu ihm mit wichtigen Aufträgen schickte, stellte er demselben nicht eine einzige Frage bezüglich der Armee und was sich darauf bezieht. Man sieht daraus nur zu deutlich die Teilnahmslosigkeit, die ihn beherrscht. D u w i r s t e s e r l e b e n , d a ß e s m i t e i n e r e r z w u n g e n e n A b d a n k u n g enden wird."
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lieh a n den Prinzen Karl von B a y e r n : „ V o n j e t z t an werden n u r noch die militärischen Rücksichten m a ß g e b e n d sein u n d ich k a n n von meinem S t a n d p u n k t aus n u r wünschen, d a ß es Ew. K. Hoheit in V e r b i n d u n g mit d e m a c h t e n A r m e e k o r p s in n ä c h s t e r Zeit möglich sein werde, wirklich offensiv v o r z u g e h e n . " Er e r w a r t e t mit Ungeduld den ersten Zus a m m e n s t o ß mit dem Feinde, b e t o n t i m m e r wieder, d a ß schon aus politischen G r ü n d e n selbst der Schein einer b e w a f f n e t e n N e u t r a l i t ä t vermieden werden müsse. Er meldet a m 4. Juli die österreichische K a t a s t r o p h e von Königgrätz und f ü g t h i n z u : , , 0 n espère ici en r e v a n c h e une victoire de Votre Altesse R o y a l e . " Er meldet a m folgenden Tage das Gerücht von einer französischen W a f f e n s t i l l s t a n d s v e r m i t t l u n g und f ü g t w i e d e r u m h i n z u : „ I c h bitte Ew. K. Hoheit um jeden Preis a n z u greifen, d a m i t wir aus der scheinbaren N e u t r a l i t ä t h e r a u s k o m m e n " ; a n d e r s könne er die öffentliche Meinung nicht m e h r beruhigen, die aufs ä u ß e r s t e erregt sei. Er schreibt a m gleichen T a g e : „ E s g e n ü g t , wenn unsere Armee sich t a p f e r geschlagen h a t , u n d nach der f u r c h t b a r e n Niederlage der Österreicher w ü r d e ein Mißerfolg unserer W a f f e n d e m Zündna.delgewehr gegenüber unsere E h r e in keiner Weise b e e i n t r ä c h t i g e n und die öffentliche Meinung, wie ich sie w a h r n e h m e , viel weniger beu n r u h i g e n , als wenn unsere T r u p p e n nicht a g i e r e n . " Er ist, wie er an diesem Tage an seine Gemahlin schrieb, geradezu „in Verzweiflung, d a ß die Bayern gar nicht zum Schlagen k ä m e n " . Dem Minister w u r d e der Vorwurf g e m a c h t , d a ß er die bayerische Armee abgehalten habe, den H a n n o v e r a n e r n zu Hilfe zu k o m m e n . In Wirklichkeit schrieb er a m 24. J u n i an den G e n e r a l l e u t n a n t von der T a n n : „ E s sollte mir sehr leid t u n , wenn es nicht gelänge die H a n n o v e raner zu degagieren." Er b r i n g t einige Tage s p ä t e r die Angelegenheit der H a n n o v e r a n e r neuerdings in E r i n n e r u n g . Im übrigen w a r a u c h Prinz Karl ehrlich entschlossen, den H a n n o v e r a n e r n die e r b e t e n e Hilfe wirklich zu leisten. An seinem „ g u t e n W i l l e n " ist der E n t s a t z nicht gescheitert. Dem Minister w u r d e der Vorwurf g e m a c h t , d a ß die S c h l a c h t von Kissingen verloren gegangen sei infolge geheimer Weisungen aus München. Es h a t sich auch nicht der leiseste A n h a l t s p u n k t f ü r die Berecht i g u n g einer solchen Anklage ergeben. Es h a t sich vielmehr gezeigt, d a ß eine solche Weisung aus München technisch gar nicht ins H a u p t q u a r t i e r gelangen konnte, weil in der kritischen Zeit die V e r b i n d u n g zwischen München und dem H a u p t q u a r t i e r abgebrochen war. In W i r k lichkeit mischte sich Ludwig von der P f o r d t e n , wie er gegenüber d e m Prinzen Karl immer wieder b e t o n t e , g r u n d s ä t z l i c h nicht „in die A k t i o n e n S. K. Hoheit des Feldmarschalls ein, so sehr er n a t u r g e m ä ß w ü n s c h e n müsse, d a ß auch der Schein der N e u t r a l i t ä t v e r s c h w i n d e " . Der Minister w a r übrigens in den wichtigsten M o m e n t e n des Krieges über die V e r h ä l t nisse im H a u p t q u a r t i e r gar nicht u n t e r r i c h t e t , m a n c h m a l selbst nicht über den Ort oder die Gegend, wo sich die bayerische A r m e e b e f a n d .
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Von der P f o r d t e n k o n n t e mit g u t e m R e c h t an den bayerischen Gesandten a m W i e n e r Hofe s c h r e i b e n : „ W i r h a b e n vor dem Beginn dieses K a m p f e s vielfach g e w a r n t , weil wir die Ü b e r s c h ä t z u n g der eigenen u n d die U n t e r s c h ä t z u n g der gegnerischen K r a f t nicht geteilt h a b e n , aber wir h a b e n getreu d e m Gebote des Rechtes, der Pflicht, der E h r e uns der T e i l n a h m e a m Kriege nicht entzogen, als er in Wien f ü r u n vermeidlich e r k l ä r t w u r d e . " Ludwig von der P f o r d t e n h a t selbst n a c h der K a t a s t r o p h e von K ö n i g g r ä t z u n d nach dem Ersuchen des österreichischen Kaisers u m die französische V e r m i t t l u n g der Versuchung widers t a n d e n , sich von Österreich zu t r e n n e n . A m 10. J u l i 1866 telegraphierte der bayerische G e s a n d t e von W e n d l a n d aus P a r i s : „Graf Goltz h a t mir soeben gesagt, d a ß P r e u ß e n B a y e r n heute noch die nämlichen P r o p o sitionen a n b i e t e wie vor d e m K r i e g e . " Nach d e m gleichzeitigen eingehenderen Berichte W e n d l a n d s w a r der preußische B o t s c h a f t e r Graf Goltz persönlich in der bayerischen G e s a n d t s c h a f t erschienen und h a t t e hier erklärt, „ d a ß seine Regierung a u c h h e u t e noch geneigt sei, Bayern dieselben Vorschläge, welche sie ihm vor d e m Kriege g e m a c h t , mit d e r b e k a n n t e n B u n d e s r e f o r m u n d p r ä p o n d e r a n t e n Stellung in S ü d d e u t s c h land zu e r n e u e r n " . Dem E i n w ä n d e des bayerischen G e s a n d t e n , es scheine ihm nicht wahrscheinlich, d a ß B a y e r n Österreich nach der Niederlage u n d d e m Unglücke verlassen werde, begegnete der B o t s c h a f t e r mit der B e m e r k u n g : „Österreich h a t ohne Wissen und Willen Bayerns sich a n F r a n k r e i c h gewendet, u n d d a d u r c h sei B a y e r n nach seiner Ansicht von seinen V e r p f l i c h t u n g e n gegen Österreich e n t b u n d e n . " Zwei Tage s p ä t e r berichtete W e n d l a n d w e i t e r : der preußische B o t s c h a f t e r h a b e h e u t e neuerdings eine b e s t i m m t e A n t w o r t e r b e t e n , da die Zeit dränge u n d m a n bei der Vorlage der F r i e d e n s b e d i n g u n g e n in Paris wissen müsse, inwieweit m a n auf B a y e r n rechnen könne. Bevor diese zweite Meldung in München eintraf, h a t t e von der P f o r d t e n nach E i n v e r n a h m e des Ministerrates und mit G e n e h m i g u n g seines Königs am 13. Juli auf die p r e u ß i schen A n t r ä g e e r w i d e r t : „ D a s B u n d e s r e c h t u n d die E h r e v e r b i e t e n uns, über den Frieden ohne unsere Alliierten zu v e r h a n d e l n ; sagen Sie das G o l t z . " In einer W e i s u n g v o m gleichen Tage w u r d e diese A n t w o r t n ä h e r b e g r ü n d e t : „ W i r h a b e n den Krieg mit P r e u ß e n nicht g e s u c h t , sondern nach K r ä f t e n zu vermeiden gesucht u n d werden den T a g m i t Freuden b e g r ü ß e n , welcher diesem verderblichen Krieg ein E n d e setzt. . . Aber wir k ö n n e n nicht vergessen, d a ß unser K a m p f auf einem B u n d e s beschlusse r u h t , d a ß wir d a h e r unseren Bundesgenossen gegenüber v e r pflichtet sind, nicht einseitig Frieden zu schließen." Der Minister f a n d sich hier einig mit seinem Könige, der in jenen Tagen ä u ß e r t e , „ d a ß e r lieber jede G e f a h r ü b e r sich ergehen lasse, als den Vorwurf des W o r t bruchs u n d der Treulosigkeit auf sich zu n e h m e n " . Es w a r aber nicht bloß politische Ehrlichkeit, die den bayerischen Minister das preußische A n e r b i e t e n a u c h j e t z t a b l e h n e n ließ; es w a r z u gleich ein Teil seines politischen Systems. W a s Bismarck g e m e i n s a m
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mit der preußischen Hegemonie u n d im W i d e r s t r e i t e mit d e m B u n d e s recht a n b o t , die f ü h r e n d e Stellung B a y e r n s in S ü d d e u t s c h l a n d , das wollte von der P f o r d t e n ohne die preußische Hegemonie u n d im Verteidig u n g s k a m p f e f ü r den B u n d u n d f ü r das B u n d e s r e c h t erwerben. E r wollte sich gerade d a m i t die unerläßliche Z u s t i m m u n g u n d M i t w i r k u n g der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n sichern. W i r wissen, er h a t t e schon vor d e m E n t s c h e i d u n g s k a m p f e die Meinung v e r t r e t e n , aus der A u f l ö s u n g des B u n d e s werde B a y e r n n u r d a n n einen M a c h t z u w a c h s erlangen, w e n n es dieser Auflösung bis zuletzt offen u n d ehrlich e n t g e g e n a r b e i t e . Schon lange vor d e m Krieg h a t t e er in sehr b e m e r k e n s w e r t e n D e n k s c h r i f t e n f ü r den Fall, d a ß es infolge der B u n d e s r e f o r m b e s t r e b u n g e n zu einer S p a l t u n g im B u n d e k o m m e n sollte, es als die besondere A u f g a b e B a y e r n s bezeichnet, im Verein mit Österreich u n d den übrigen b u n d e s t r e u e n Regierungen so lange als möglich a m B u n d e s v e r t r a g u n d a m B u n d e s prinzip f e s t z u h a l t e n . K o m m e es d a n n t r o t z d e m zur Auflösung des B u n d e s u n d vereinige P r e u ß e n den ganzen Norden D e u t s c h l a n d s bis an den T h ü r i n g e r W a l d und die Mainlinie mit sich, d a n n , a b e r e r s t d a n n , sei f ü r B a y e r n die S t u n d e g e k o m m e n , mit d e m übrigen D e u t s c h land einen d a u e r n d e n und u n a b h ä n g i g e n S ü d b u n d a u f z u r i c h t e n u n d mit Österreich u n d P r e u ß e n in ein Allianzverhältnis oder in einen weiteren B u n d zu t r e t e n . Im Sinne dieses P r o g r a m m s h a t Ludwig von der P f o r d t e n n i c h t bloß bei A u s b r u c h , sondern a u c h im Verlaufe des Deutschen Krieges g e h a n d e l t . Ohne K e n n t n i s dieses P r o g r a m m s w a r u n d ist seine Polit i k u n v e r s t ä n d l i c h . E r b e t r a c h t e t u n d bezeichnet gerade w ä h r e n d des Krieges das d r i t t e D e u t s c h l a n d als den D e u t s c h e n B u n d schlechthin im a u s d r ü c k l i c h e n Gegensatz zu P r e u ß e n sowohl wie zu Österreich. Er zeigt sich an der Spitze dieses d r i t t e n D e u t s c h l a n d s geflissentlich in der Rolle des Verteidigers der Interessen des B u n d e s ; d a h e r die i m m e r w i e d e r k e h r e n d e B e t o n u n g des Bundesrechtes. E r b e m ü h t sich auf den m i t t e l s t a a t l i c h e n Ministerkonferenzen im F r ü h j a h r 1866, auf den Münchener Militärkonferenzen v o m 1. J u n i 1866 sowie a u c h a m B u n d e s t a g e mit Erfolg um eine Vereinigung der militärischen K r ä f t e des d r i t t e n D e u t s c h l a n d s , insbesondere der s ü d d e u t s c h e n , als der eigentlichen B u n d e s t r u p p e n zu einem geschlossenen möglichst selbständigen T r u p p e n k ö r p e r u n t e r bayerischer F ü h r u n g . E r w i d e r s t r e b t e einer Vereinigung der s ü d d e u t s c h e n S t r e i t k r ä f t e mit der österreichischen N o r d a r m e e , nicht e t w a bloß u m S ü d w e s t d e u t s c h l a n d , insbesondere B a y e r n , wie er in d i p l o m a t i s c h e m G e d a n k e n a u s t a u s c h ä u ß e r t e , gegen eine preußische Diversion zu decken, sondern wohl m e h r noch u m nach einer etwaigen K a t a s t r o p h e die s ü d d e u t s c h e n K o n t i n g e n t e f ü r die S t u n d e n der E n t scheidung ü b e r das Schicksal S ü d d e u t s c h l a n d s zur V e r f ü g u n g zu h a b e n . E n t s p r e c h e n d seinem letzten Ziel v e r s a m m e l t von der P f o r d t e n nach der K a t a s t r o p h e von K ö n i g g r ä t z die s ü d d e u t s c h e n Minister in München und geht d a n n als v e r m e i n t l i c h e r M a n d a t a r der S ü d s t a a t e n
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nach Wien u n d O l m ü t z , u m bei den W a f f e n s t i l l s t a n d s v e r h a n d l u n g e n die „ I n t e r e s s e n B a y e r n s u n d seiner V e r b ü n d e t e n zu w a h r e n " . W a s er auf dem Wege nach Wien und O l m ü t z neben der bayerisch-österreichischen M i l i t ä r k o n v e n t i o n in seiner A k t e n t a s c h e mit sich n a h m , war j e n e s preußische B u n d e s r e f o r m p r o j e k t , in d e m Bismarck selbst B a y e r n d e n Heeresbefehl ü b e r S ü d d e u t s c h l a n d a n g e b o t e n h a t t e . Aber gleich in O l m ü t z erlebt der bayerische Minister einen Zus a m m e n b r u c h seines politischen Systems. Er h a t t e zu wenig mit e i n e m Mächtigeren gerechnet. Er wird zu den V e r h a n d l u n g e n mit Österreich nicht zugelassen, er wird noch weniger als M a n d a t a r der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n a n e r k a n n t , er wird im Gegenteil eine Weile wie ein Kriegsgefangener behandelt. V. Nikolsburg. U n t e r d e m E i n d r u c k der K a t a s t r o p h e von Königgrätz rief Kaiser F r a n z J o s e p h d u r c h seinen B o t s c h a f t e r in Paris, F ü r s t Metternich, die V e r m i t t l u n g des Kaisers der Franzosen an. Napoleon III. h a t t e bei P r e u ß e n wie bei Österreich nach K r ä f t e n geschürt, u m den d e u t s c h e n Krieg h e r b e i z u f ü h r e n . Er hoffte, d a ß sich die beiden d e u t s c h e n G r o ß m ä c h t e in diesem Kriege v e r b l u t e n , F r a n k reich a b e r u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r die H e r r s c h a f t über den R h e i n erwerben w ü r d e . P r e u ß e n vermied eine B i n d u n g gegen F r a n k r e i c h , Österreich, in die Enge getrieben, schloß a m 12. J u n i 1866, u n m i t t e l b a r vor A u s b r u c h des Krieges, einen V e r t r a g mit Frankreich, in d e m F r a n k r e i c h v e r s p r a c h , alle österreichischen Gebietsvergrößerungen a n z u e r k e n n e n , Österreich a b e r sich verpflichtete, die Bildung eines n e u t r a l e n d e u t s c h e n u n a b h ä n g i g e n S t a a t e s aus den Rheinprovinzen zuzulassen. Seit d e m T a g von K ö n i g g r ä t z , der auf F r a n k r e i c h wie ein D o n n e r schlag wirkte, w a r dieser V e r t r a g n u r noch ein B l a t t Papier. Der d a m a l s schon schwer leidende Kaiser der Franzosen ü b e r n a h m die von Ö s t e r reich a n g e r u f e n e V e r m i t t l u n g , die von seinem A u ß e n m i n i s t e r g e w ü n s c h t e gleichzeitige Mobilisierung lehnte er ab, überließ d e m preußischen B o t s c h a f t e r Graf Goltz selbst die F e s t s e t z u n g des Vermittlungsvorschlages, die V e r e i n b a r u n g über die französischen K o m p e n s a t i o n s f o r d e r u n g e n vollends verschob er auf einen s p ä t e r e n Z e i t p u n k t . Der mit Goltz v e r e i n b a r t e kaiserliche V e r m i t t l u n g s v o r s c h l a g ging im wesentlichen d a h i n : Österreich scheidet aus d e m V e r b ä n d e mit d e m übrigen D e u t s c h l a n d aus u n d gibt seine Z u s t i m m u n g zur Bildung eines n o r d d e u t s c h e n B u n d e s u n t e r preußischer F ü h r u n g und eines südd e u t s c h e n Bundes, der eine i n t e r n a t i o n a l e , u n a b h ä n g i g e Existenz h a b e n soll und auf G r u n d freier V e r s t ä n d i g u n g in eine nationale V e r b i n d u n g mit d e m k ü n f t i g e n N o r d d e u t s c h e n B u n d t r e t e n k a n n .
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Österreich w a r entschlossen auf der G r u n d l a g e dieses P r o g r a m m s mit P r e u ß e n zu v e r h a n d e l n . A m 13. J u l i erhielt die bayerische R e g i e r u n g von Österreich die E i n l a d u n g , zur T e i l n a h m e a n den b e v o r s t e h e n d e n P r ä l i m i n a r v e r h a n d l u n g e n einen bayerischen D i p l o m a t e n nach W i e n zu e n t s e n d e n . Von der P f o r d t e n t r u g sich mit der Absicht, persönlich nach Wien zu g e h e n ; a m 16. J u l i ließ er sich v o m König die Vollmacht ausstellen. Am folgenden Tage k a m v o m österreichischen A u ß e n m i n i s t e r Grafen Mensdorff eine zweite M i t t e i l u n g : d a ß es nicht möglich sei m i t P r e u ß e n zu ernsten V e r h a n d l u n g e n ü b e r einen W a f f e n s t i l l s t a n d zu gelangen; so h a r t die französischen V e r m i t t l u n g s v o r s c h l ä g e seien, P r e u ß e n verlange noch mehr. Der König u n d die Militärpartei widers t r e b t e n , weil in d e m V e r m i t t l u n g s v o r s c h l a g die ausdrückliche Zus t i m m u n g zu Annexionen fehlte. Österreich w a r j e t z t entschlossen, den Krieg mit letzter A n s t r e n g u n g f o r t z u f ü h r e n und w ü n s c h t e das gleiche von seinem Bundesgenossen. A m A b e n d des nämlichen Tages erhielt der bayerische Ministerpräsident eine neue E i n l a d u n g nach Wien, nicht zu V e r h a n d l u n g e n mit P r e u ß e n , wohl a b e r zu einer Aussprache m i t Österreich. Von der P f o r d t e n t r u g Bedenken gegen eine solche Aussprache, weil er, u m mit seinen eigenen W o r t e n zu sprechen, in diesem Augenblick weder Lust h a t t e einen R a t zu erteilen, noch eine Verpflicht u n g zu ü b e r n e h m e n 1 ) . Er entschuldigte sich, u m Zeit zu gewinnen, mit der N o t w e n d i g k e i t einer vorherigen Aussprache mit den Ministern von W ü r t t e m b e r g , B a d e n u n d H e s s e n - D a r m s t a d t 2 ) . A m 20. u n d 21. J u l i f a n d die B e s p r e c h u n g zwischen den vier s ü d d e u t s c h e n M i n i s t e m in München s t a t t . Man einigte sich im wesentlichen d a h i n : wenn Österreich z u m W a f f e n s t i l l s t a n d u n d Frieden bereit sei, könne sich a u c h die B u n d e s a r m e e von den V e r h a n d l u n g e n nicht ausschließen; wenn die Teilung des außerösterreichischen D e u t s c h l a n d s in einen Nord- u n d einen S ü d b u n d beschlossen werde, müsse m a n darauf sehen, d a ß der s ü d deutsche B u n d nicht zu schwach w e r d e ; sonst werde der N o r d b u n d den S ü d b u n d „ a b s o r b i e r e n " u n d ein d e u t s c h e r E i n h e i t s s t a a t e n t s t e h e n . D a r ü b e r verzögerte sich die Abreise von der P f o r d t e n s n a c h W i e n bis z u m 21. Juli a b e n d s . Inzwischen h a t t e P r e u ß e n die Pariser Vermittlungsvorschläge doch noch als G r u n d l a g e f ü r die V e r h a n d l u n g e n mit Österreich a n g e n o m m e n . Als der bayerische Minister a m Morgen des 22. J u l i in Wien eintraf, e r f u h r er, d a ß bereits zwischen Österreich u n d P r e u ß e n eine f ü n f t ä g i g e W a f f e n r u h e v e r e i n b a r t sei, u n d d a ß im preußischen H a u p t q u a r t i e r zu Nikolsburg P r ä l i m i n a r v e r h a n d l u n g e n zwischen österreichischen u n d preußischen B e v o l l m ä c h t i g t e n b e g o n n e n h ä t t e n . Sofort nach seinem E i n t r e f f e n in Wien, a m Morgen des 22. J u l i , u n t e r n a h m d a h e r Ludwig von der P f o r d t e n beim Kaiser von Österreich Vgl. u . a . Schreiben von der Pfordtens an den Prinzen Karl, 17. Juli 1866. ) Dasselbe Schreiben und Schreiben von der Pfordtens an den Grafen Bray, 17. Juli 1866. 2
D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
28
V I I . Buch. Drittes Kapitel.
434
s o w o h l w i e b e i m Grafen Mensdorff Schritte, d a m i t die u n t e r d e m befehle des Prinzen
Karl s t e h e n d e n
Bundestruppen
in die
Ober-
Waffenruhe
e i n b e g r i f f e n u n d er als V e r t r e t e r der s ü d d e u t s c h e n
Regierungen zu
Nikolsburger
werde.
dorff
hat,
Präliminarverhandlungen
wie
er
dem
bayerischen
zugezogen
Minister
bekanntgab,
Graf
den
Mens-
in d e r
Tat
a m 22. J u l i in d i e s e m S i n n e a n d a s p r e u ß i s c h e H a u p t q u a r t i e r d e p e s c h i e r t . Aber noch a m A b e n d des 23. Juli war m a n ohne Antwort.
V o n der
P f o r d t e n b r a c h d a h e r a m 24. J u l i f r ü h s e c h s U h r auf e i g e n e G e f a h r in d a s preußische
H a u p t q u a r t i e r auf, in einer kaiserlichen
zur Verfügung gestellt wurde, Rittmeisters, sichern
Equipage,
u n d in B e g l e i t u n g e i n e s
die
ihm
österreichischen
der i h m den W e g d u r c h die österreichischen
Vortruppen
sollte.
Ü b e r die seltsame, e t w a s a b e n t e u e r l i c h e F a h r t h a t uns der P r i v a t s e k r e t ä r des Ministers, Skell, einen i n t e r e s s a n t e n Bericht h i n t e r l a s s e n : „ E s w a r noch g a n z f r ü h a m M o r g e n " — so erzählt Skell —, „als wir aus Wien h i n a u s f u h r e n . So w a r e n wir so schnell wie möglich d u r c h das historisch so merkw ü r d i g e M a r c h f e l d m i t seinem b l u t g e t r ä n k t e n Boden g e f a h r e n , in der Ferne s c h a u t e n wir einen hohen K i r c h t u r m — die O r t s c h a f t hieß, wenn ich nicht irre, Walkersdorf —, d a s p r a n g e n plötzlich d u n k l e Gestalten h i n t e r den Alleebäumen hervor. Es w u r d e u n s H a l t z u g e r u f e n u n d im N u w a r der W a g e n von preußischen Infanteristen u m r i n g t . Von d e r P f o r d t e n blieb ruhig u n d g e f a ß t . Mit seiner k r ä f t i g e n , sonoren S t i m m e s p r a c h er zu den S o l d a t e n , er sei auf dem W e g in preußische H a u p t q u a r t i e r ; d o r t wisse m a n wohl, d a ß der bayerische P r e m i e r m i n i s t e r a u c h zu den V e r h a n d l u n g e n k o m m e , es sei wohl n u r ein Versehen, w e n n die preußischen K o m m a n d o s hievon noch n i c h t v e r s t ä n d i g t w o r d e n seien. Die P r e u ß e n w u ß t e n n i c h t recht, was t u n , u n d endlich m e i n t e der K o m m a n d i e r e n d e , wir sollen v o r e r s t bis Walkersdorf f a h r e n d ü r f e n ; d o r t w ü r d e ein h ö h e r e r Offizier weiter entscheiden. Dem österreichischen R i t t m e i s t e r w a r d a b e r scharf b e d e u t e t , schleunigst u m z u k e h r e n , w a s der H e r r sich d e n n a u c h n i c h t zweimal sagen ließ. D e r Oberst w a r sichtlich höchst u n a n g e n e h m b e r ü h r t von dieser Ü b e r r a s c h u n g . A n f a n g s verweigerte er auf das entschiedenste die E r l a u b n i s z u r W e i t e r f a h r t . Aber von der P f o r d t e n b r a c h t e m i t seiner bestrickenden B e r e d s a m k e i t es doch schließlich so weit, d a ß u n s der Oberst auf seine Vera n t w o r t u n g hin weiterziehen ließ u n d u n s zu unserem Schutze j e t z t einen preußischen R i t t m e i s t e r m i t g a b , der in unserem W a g e n P l a t z n a h m . N i e m a n d w a r seliger als von der P f o r d t e n . E r d a c h t e freilich nicht, d a ß die G u t m ü t i g k e i t des preußischen O b e r s t e n diesem vierzehn T a g e Arrest eintrug, wie wir s p ä t e r in Nikolsburg hören m u ß t e n . N u n ging die F a h r t weiter. Mit S t a u n e n u n d B e w u n d e r u n g sahen wir die m a c h t v o l l e p r e u ß i s c h e K r a f t e n t w i c k l u n g , die wie T a g u n d N a c h t von der österreichischen a b s t a c h : d o r t alles u n t ä t i g u n d lässig, hier j e d e r m a n n in vollster T ä t i g k e i t . E r s t s p ä t k a m e n wir in Nikolsburg an, u n d von der P f o r d t e n ließ sich sofort noch bei Graf B i s m a r c k zur A u d i e n z m e l d e n . H e u t e noch ist mir der A u s d r u c k seiner Gesichtszüge unvergeßlich, als i h m B i s m a r c k sagen ließ, er möge sich als Gefangener b e t r a c h t e n ; er sei o h n e A n f r a g e u n d E r l a u b n i s ins preußische H a u p t q u a r t i e r g e k o m m e n , m i t d e m B a y e r n in vollem K r i e g s z u s t a n d e stehe, u n d werde selbstvers t ä n d l i c h als Feind b e h a n d e l t . " B i s m a r c k w a r v o n der plötzlichen A n k u n f t v o n der P f o r d t e n s angenehm
überrascht.
erstattung
des
Das
bayerischen
wird
und
damit
viel
riskiert
durch
Ministerpräsidenten
h a b e i h m zu e r k e n n e n gegeben, sei
auch
die
amtliche
un-
Bericht-
bestätigt.
Bismarck
d a ß er o h n e f r e i e s G e l e i t e
gekommen
habe,
daß
der
die
preußischen
Vorposten
Bayern u. der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland.
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k o m m a n d i e r e n d e Oberst, der ihm die E r l a u b n i s zur W e i t e r f a h r t gegeben, bereits im Arrest sitze. Von der P f o r d t e n h a t t e n a c h seinem eigenen Bekenntnisse in den ersten S t u n d e n seines N i k o l s b u r g e r A u f e n t h a l t e s das Gefühl, „ d a ß er zwar nicht formell, a b e r materiell als Feind u n d quasi als Gefangener b e h a n d e l t w e r d e " . B i s m a r c k e m p f a n d eben das plötzliche Erscheinen des bayerischen M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n als eine unliebe S t ö r u n g . Er wollte mit den Gegnern g e t r e n n t v e r h a n d e l n , wollte keine T e i l n a h m e B a y e r n s an den V e r h a n d l u n g e n mit Österreich. Und die österreichischen Bevollmächtigten h a t t e n bereits, t r o t z der entgegens t e h e n d e n B e s t i m m u n g e n der bayerisch-österreichischen Militärkonvention, ihre Einwilligung gegeben. Der G r u n d lag, wie von der P f o r d t e n s p ä t e r selbst zugab, in der a b s o l u t e n U n f ä h i g k e i t Österreichs, den Krieg f o r t z u s e t z e n : „ N a c h der Schlacht von K ö n i g g r ä t z w a r die österreichische N o r d a r m e e so g u t wie aufgelöst und v o l l s t ä n d i g demoralisiert u n d die Regierung in einen Z u s t a n d der S c h w ä c h e versetzt, aus welcher das absolute F r i e d e n s b e d ü r f n i s u n d die N i c h t b e a c h t u n g aller Bundes- und V e r t r a g s p f l i c h t e n h e r v o r g i n g . " Bismarck e r k l ä r t e sich allerdings bereit, einen W a f f e n s t i l l s t a n d auch m i t B a y e r n zu schließen, aber erst nach A b s c h l u ß des Waffenstills t a n d e s mit Österreich u n d mit Friedenspräliminarien, welche die Verp f l i c h t u n g B a y e r n s zu einer K r i e g s k o s t e n e n t s c h ä d i g u n g und zu einer G e b i e t s a b t r e t u n g festlegen sollten. Er e r w ä h n t e dabei ausdrücklich einen Distrikt bei K u l m b a c h u n d a u ß e r d e m ein angemessenes Gebiet zur E n t s c h ä d i g u n g des Großherzogs von Hessen f ü r die b e v o r s t e h e n d e A b t r e t u n g der P r o v i n z Oberhessen, wogegen es d a n n B a y e r n überlassen bleibe, sich teilweise von W ü r t t e m b e r g entschädigen zu lassen. Als der bayerische Minister erwiderte, d a ß er f ü r eine G e b i e t s a b t r e t u n g nicht bevollmächtigt sei u n d d a h e r auch F r i e d e n s p r ä l i m i n a r i e n mit einer solchen V e r p f l i c h t u n g nicht u n t e r z e i c h n e n könne, e n t g e g n e t e ihm Bism a r c k , er solle sich hiefür telegraphisch instruieren lassen. Von der P f o r d t e n rief die V e r m i t t l u n g der österreichischen Bevollm ä c h t i g t e n , die U n t e r s t ü t z u n g des im preußischen H a u p t q u a r t i e r e weilenden preußischen Gesandten a m M ü n c h n e r Hofe, Prinzen R e u ß , die Hilfe des ebenfalls in Nikolsburg a n w e s e n d e n französischen Bots c h a f t e r s B e n e d e t t i an. Der 26. Juli b r a c h t e die W e n d u n g . Die österreichischen Bevollm ä c h t i g t e n schlössen an diesem Tage mit P r e u ß e n einen vierwöchentlichen W a f f e n s t i l l s t a n d , beginnend v o m 2. August, u n d v e r p f l i c h t e t e n sich zu folgenden P r ä l i m i n a r i e n : der Kaiser von Österreich verzichtet auf Venetien und t r i t t seine Rechte an den E l b h e r z o g t ü m e r n an P r e u ß e n a b ; er löst die V e r b i n d u n g Österreichs mit D e u t s c h l a n d , s t i m m t der A u f h e b u n g des Deutschen B u n d e s zu, v e r s p r i c h t die von P r e u ß e n in N o r d d e u t s c h l a n d herzustellenden neuen E i n r i c h t u n g e n einschließlich der T e r r i t o r i a l v e r ä n d e r u n g e n a n z u e r k e n n e n und e r k l ä r t sich d a m i t e i n v e r s t a n d e n , d a ß die südlich gelegenen d e u t s c h e n S t a a t e n in einen 28»
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V I I . Buch. Drittes Kapitel.
Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem künftigen Norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt; er verpflichtet sich endlich zu einer Kriegskostenentschädigung. Im Zusammenhang damit erklärte sich Preußen bereit, mit Bayern und ebenso mit Württemberg, Baden und dem Herzogtum HessenDarmstadt einen einfachen Waffenstillstand auf drei Wochen zu schließen. Am folgenden Tage erwirkte von der Pfordten das weitere Versprechen, daß die Bereitwilligkeit Preußens zum Abschluß eines Waffenstillstandes mit Württemberg, Baden und dem Großherzogtum Hessen in den Waffenstillstandsvertrag mit Bayern ausdrücklich aufgenommen werde. Er wollte damit aus naheliegenden Gründen die süddeutschen Bundesgenossen sich verpflichten: „ E s mußte mir daran liegen", schrieb er in seinem Bericht vom 27. Juli, „unseren Bundesgenossen gegenüber in demselben Grade rücksichtsvoll zu sein, in welchem Österreich seine Versprechungen gegen seine Bundesgenossen verletzt h a t . " Gerne hätte nach demselben Berichte der bayerische Minister das gleiche Versprechen auch zugunsten der Herzöge von Nassau und von Meiningen erwirkt. Aber Bismarck habe bestimmt erklärt, daß er zwischen den Staaten nördlich und denen südlich vom Main auf Grund der mit Österreich abgeschlossenen Friedenspräliminarien streng unterscheiden müsse; von einem bayerischen Minister aber könne man nicht erwarten, daß er f ü r diese Herzogtümer mehr erreiche, „als Österreich und selbst Frankreich ihnen zugestehen wollten". Am 28. Juli, nachmittags dreieinhalb Uhr, wurde der Vertrag unterzeichnet, der Bayern einen dreiwöchigen Waffenstillstand, beginnend wieder vom 2. August, ohne Festlegung von Friedenspräliminarien bewilligte. Die definitiven Friedensverhandlungen sollten nach den Bestimmungen von Nikolsburg mit Österreich in Prag, mit Bayern und den übrigen süddeutschen Staaten in Berlin geführt werden. Bevor diese Verhandlungen begannen, suchte sich Bayern ebenso wie Württemberg und Hessen-Darmstadt der Hilfe Österreichs, Rußlands, ganz besonders aber Frankreichs zu versichern. Der bayerische Gesandte am Pariser Hofe, Freiherr von Wendland, erhielt am 4. August den Auftrag, die französische Vermittlung mit der Begründung anzurufen, daß durch die von Preußen beantragten Gebietsforderungen die Existenz des bayerischen Staates und zugleich der Süddeutsche Bund, dessen Gründung „doch einen wesentlichen Zielpunkt in dem von Frankreich vermittelten Friedensprojekt gebildet habe", in Frage gestellt werde. Gleichzeitig wurde ein anderer bayerischer Diplomat, Freiherr von Perglas, mit einem ähnlich lautenden persönlichen Handschreiben des Königs von Bayern an den Kaiser der Franzosen nach Paris gesandt.
Bayern u. der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland.
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Am 9. August erhielt jedoch der bayerische Gesandte von Wendland vom französischen Außenminister Drouyn de Lhuys die Mitteilung, der Kaiser sei unpäßlich, Freiherr von Perglas möge daher das K. Handschreiben ihm überreichen. Am folgenden Tage gab Drouyn de Lhuys dem bayerischen Gesandten einen Bescheid, der deutlich verriet, daß Frankreich augenblicklich nicht bereit war, eine neue Vermittlung zu übernehmen. Inzwischen hatte der Kaiser der Franzosen seine Kompensationsforderungen angemeldet. Er hoffte damals, mit Hilfe Preußens eine territoriale Abfindung in Deutschland zu gewinnen und vermied daher jeden Affront gegen Preußen. Einige Tage später überzeugte sich die französische Diplomatie, daß Graf Bismarck jede Abtretung deutschen Landes an Frankreich ablehne. Die Folge davon war, daß jetzt der französische Außenminister dem bayerischen Gesandten mitteilte, Baron Perglas, der bereits auf der Abreise begriffen war, werde vom Kaiser empfangen werden. Tatsächlich gewährte ihm dieser am 15. August die erbetene Audienz. Die andere Wirkung war, daß der französische Botschafter Benedetti, der damals in Paris weilte, vor seiner Rückkehr nach Berlin dem bayerischen Gesandten das Versprechen abgab, Frankreich werde f ü r das Interesse Bayerns nach Kräften eintreten. Wieder einige Wochen später, am 27. August, schrieb Napoleon an König Ludwig II., daß er, gerührt von dem Briefe des Königs, alles getan habe, was von ihm abhinge, um die Forderungen Preußens zu mäßigen. Er fügte aber auch hinzu, der König werde begreifen, wie schwer es f ü r ihn sei, in den deutschen Angelegenheiten zu intervenieren, und wie sehr er Bedenken tragen müsse, die Empfindlichkeiten des deutschen Nationalgefühls wachzurufen. VI. Berlin. Am 8. August trafen die Bevollmächtigten Bayerns zu den Friedensverhandlungen, der Ministerpräsident von der Pfordten und der bayerische Gesandte am Wiener Hofe, Graf Otto von Bray-Steinburg, in Berlin ein — „ u m die Gebote des Siegers zu empfangen". Beide kamen mit der Erwartung, daß die süddeutschen Staaten Bayern, W ü r t t e m berg, Baden und Hessen-Darmstadt gemeinsam mit Preußen verhandeln würden. Sie erklärten gleich in der ersten Besprechung, die sie am 9. August mit den Bevollmächtigten der anderen drei südwestdeutschen Staaten h a t t e n : wie Bayern den Waffenstillstand ,,virtualiter" f ü r sie miterwirkt habe, so erachte es sich jetzt f ü r verpflichtet, gemeinschaftlich mit ihnen zu verhandeln. Darauf hatte der badische Bevollmächtigte n u r die Antwort: nachdem die Waffenstillstandsverträge einzeln vereinbart worden seien, habe Baden gar nicht anders gedacht, als daß auch die Friedensverträge getrennt geschlossen würden, und er sei
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V I I . Buch. Drittes Kapitel.
a u c h n u r hiefür i n s t r u i e r t . Bismarck selbst a b e r e r ö f f n e t e die vertrauliche Besprechung, die er a m Abend des 9. A u g u s t vor Beginn der offiziellen V e r h a n d l u n g e n dem bayerischen M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n gew ä h r t e , mit der E r k l ä r u n g : er sei nicht gesonnen mit den vier südd e u t s c h e n S t a a t e n gemeinschaftlich zu v e r h a n d e l n , sondern mit j e d e m einzeln. Die bayerischen Bevollmächtigten m u ß t e n nach den E r f a h r u n g e n von Nikolsburg seitens P r e u ß e n s die F o r d e r u n g einer K r i e g s k o s t e n e n t s c h ä d i g u n g e r w a r t e n . Sie rechneten, wie der W o r t l a u t ihrer I n s t r u k tion besagt, mit e t w a sechs Millionen Talern oder zehn Millionen G u l d e n . Sie g l a u b t e n von dieser S u m m e noch überdies den bayerischen B e i t r a g zu den Kosten der B u n d e s e x e k u t i o n in Holstein und alle von P r e u ß e n w ä h r e n d des D e u t s c h e n Krieges aus öffentlichen Kassen e r h o b e n e n K o n t r i b u t i o n e n in A b r e c h n u n g bringen zu d ü r f e n (die V e r p f l e g u n g s kosten f ü r die preußischen T r u p p e n in Bayern). Bismarck a b e r bezeichnete in jener v e r t r a u l i c h e n A u s s p r a c h e a m Abend des 9. A u g u s t als eine der ersten F r i e d e n s b e d i n g u n g e n eine K r i e g s k o s t e n e n t s c h ä d i g u n g von zwanzig Millionen Talern. Die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n m u ß t e n nach den V e r h a n d lungen in Nikolsburg mit der Möglichkeit einer d o p p e l t e n Gebietsf o r d e r u n g seitens P r e u ß e n s rechnen, der A b t r e t u n g eines Gebietes von O b e r f r a n k e n mit K u l m b a c h an P r e u ß e n , in „ E r i n n e r u n g an die alte H o h e n z o l l e r n h e r r s c h a f t d a s e l b s t " , der A b t r e t u n g eines Gebietes an H e s s e n - D a r m s t a d t f ü r den Verlust von Oberhessen. Aber sie gingen, wie w i e d e r u m ihre I n s t r u k t i o n ausweist, von der A n n a h m e a u s : alle G e b i e t s a b t r e t u n g e n , die von den vier s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n an P r e u ß e n g e m a c h t werden m ü ß t e n , seien als gemeinschaftlicher Verlust a u f z u fassen, der nicht von einem einzelnen S t a a t e zu t r a g e n , sondern n a c h d e m M a ß s t a b e der Bevölkerungszahl u n t e r alle vier S t a a t e n zu verteilen sei. W e n n also Hessen seine Provinz Oberhessen verliere, so sei der E r s a t z nicht e t w a bloß von B a y e r n u n d e t w a noch W ü r t t e m b e r g zu t r a g e n u n d ebenso müsse B a y e r n f ü r den etwaigen Verlust in O b e r f r a n k e n v e r h ä l t n i s m ä ß i g von W ü r t t e m b e r g , Baden u n d H e s s e n - D a r m s t a d t e n t s c h ä d i g t w e r d e n . Um so größer w a r die Ü b e r r a s c h u n g von der P f o r d t e n s , als B i s m a r c k in jener v e r t r a u l i c h e n Aussprache v o m 9. A u g u s t eine dreifache G e b i e t s a b t r e t u n g von B a y e r n f o r d e r t e : die volle territoriale E n t s c h ä d i g u n g a n H e s s e n - D a r m s t a d t f ü r den b e v o r s t e h e n d e n Verlust der P r o v i n z Oberhessen u n d der L a n d g r a f s c h a f t H o m b u r g durch einen gleichwertigen Gebietsteil der Pfalz mit e t w a 3 0 0 0 0 0 Einw o h n e r n , dazu zwei Gebiete in F r a n k e n an P r e u ß e n : ein Gebiet von O b e r f r a n k e n mit den S t ä d t e n K u l m b a c h , K r o n a c h u n d Hof sowie einen L a n d s t r i c h von U n t e r f r a n k e n mit den S t ä d t e n Kissingen, B r ü c k e n a u u n d H a m m e l b u r g , im ganzen etwa ein F ü n f t e l des g e s a m t e n bayerischen S t a a t s g e b i e t e s mit 5 0 0 0 0 0 E i n w o h n e r n . Bismarck n a n n t e diese Forderungen noch rücksichtsvoll. Er schloß seine Ü b e r r a s c h u n g e n m i t der
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Mitteilung, P r e u ß e n sei gewillt, in K u l m b a c h eine preußische F e s t u n g zu e r b a u e n . Als der bayerische Minister erwiderte, diese F o r d e r u n g e n seien in höchstem Grade ungerecht u n d unbillig, n a m e n t l i c h wenn m a n erwäge, d a ß auf diese Weise n u r B a y e r n Gebietsverluste erleiden solle, e r w i d e r t e Bismarck, wie von der P f o r d t e n b e r i c h t e t , „in sehr m e r k w ü r d i g a u f richtiger W e i s e " : „ V o n G e r e c h t i g k e i t o d e r B i l l i g k e i t könne n a c h e i n e m K r i e g e n i c h t die R e d e s e i n , d a h a n d l e es sich u m M a c h t u n d I n t e r e s s e . F ü r Österreich h a b e sich sehr d r i n g e n d Frankreich v e r w e n d e t , f ü r W ü r t t e m b e r g und das G r o ß h e r z o g t u m Hessen das v e r w a n d t e russisch-koburgische R u ß l a n d , Baden, dessen Großherzog ohnehin n u r durch seine m e u t e r n d e n T r u p p e n zur Teiln a h m e an dem Kriege gezwungen worden sei, s t e h e in v e r w a n d t s c h a f t lichen Beziehungen mit dem preußischen K ö n i g s h a u s e . F ü r B a y e r n h ä t t e sich allerdings Österreich v e r w e n d e n sollen, h a b e es a b e r nicht getan, sondern Bayern preisgegeben. Die s ü d d e u t s c h e n Bundesgenossen Bayerns seien von ihm abgefallen und schlössen S e p a r a t f r i e d e n . B a y e r n sei also isoliert u n d P r e u ß e n müsse d a h e r von B a y e r n verlangen, was es aus R ü c k s i c h t auf den russischen Hof oder auf a n d e r e Höfe v o n den übrigen nicht verlangen könne. Eine solche A u f f a s s u n g könne m a n in P r i v a t r e c h t s v e r h ä l t n i s s e n allerdings zynisch n e n n e n , in der Politik sei das anders, d a entscheide eben die Macht u n d d a s I n t e r e s s e . " Bevor m a n auseinanderging, b r a c h t e der preußische M i n i s t e r p r ä s i d e n t in der F o r m einer „ v e r t r a u l i c h e n M i t t e i l u n g " eine weitere Ü b e r r a s c h u n g : Österreich h a b e sich bereit erklärt, in Schlesien G e b i e t s a b t r e t u n g e n an P r e u ß e n zu m a c h e n , wenn dieses Bayern dazu b e s t i m m e , an Österreich die Grenzbezirke rechts des Inns a b z u t r e t e n . P r e u ß e n sei bereit, darauf einzugehen u n d von G e b i e t s a b t r e t u n g e n in Ober- u n d U n t e r f r a n k e n U m g a n g zu n e h m e n , wenn B a y e r n es vorziehe, a l t b a y e r i s c h e s Land abzutreten. Der bayerische Ministerpräsident w a r von den F o r d e r u n g e n Bismarcks geradezu „ e r s c h ü t t e r t " . Der n i e d e r s c h m e t t e r n d e E i n d r u c k liest sich aus d e m Berichte, den er a m folgenden Tage e r s t a t t e t e u n d in dem er den Ministerrat und den König vor die schicksalsschwere E n t s c h e i d u n g zur F o r t s e t z u n g des Krieges oder A b s c h l u ß eines o p f e r reichen Friedens stellte, u n d aus d e m P r i v a t s c h r e i b e n a n seinen Stellv e r t r e t e r , den S t a a t s r a t D a x e n b e r g e r : „Meine heutige i n h a l t s c h w e r e Expedition zeigt, von welchen Gefahren B a y e r n l e d i g l i c h i n f o l g e seiner b u n d e s t r e u e n und deutschen Politik bedroht ist. W e n n uns, wie Ihr soeben eingetroffenes chiffriertes T e l e g r a m m f ü r c h t e n läßt, F r a n k r e i c h a u c h im Stiche läßt, so wiederholt sich eben die alte E r f a h r u n g , d a ß wir in E u r o p a keinen F r e u n d h a b e n u n d allen ein Stein des Anstoßes sind. Bismarck sagte mir geradezu, wir seien im Vergleich zu anderen M i t t e l s t a a t e n zu g r o ß . " Der n i e d e r s c h m e t t e r n d e E i n d r u c k der Bismarckischen F o r d e r u n g e n , aber a u c h die E m p ö r u n g ü b e r die
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„Perfidie" Österreichs liest sich ebenso aus einem gleichzeitigen Brief des bayerischen Ministers an seine Frau. Auch am folgenden Tage, zu Beginn der offiziellen Verhandlungen, verblieb Bismarck scheinbar unerschütterlich: Der Krieg habe Preußen große Opfer gekostet und dabei sei die Existenz des preußischen Staates selbst auf dem Spiele gestanden. Die preußische Nation habe ein Recht auf die Verwertung der militärischen Erfolge; je außerordentlicher, wunderbarer diese gewesen seien, um so höher gespannt seien die Erwartungen der Armee und der Nation. Bismarck wies auf das Schicksal hin, das Preußen nach der Katastrophe von J e n a zuteil geworden sei, und zwar mit Zustimmung Bayerns. Von der Pfordten erwiderte d a r a u f : es wäre besser, an diese Zeiten nicht zu erinnern, Bayern wünsche nationale Politik zu treiben und Preußen möge diese nicht erschweren; seine Politik sei stets ehrlich gewesen. „Zu ehrlich", sagte Bismarck, „ d a s ist Bürgschaft f ü r jede zukünftige Allianz." Und damit begann das Eis zu schmelzen. Noch im Laufe derselben Unterredung ließ Bismarck bereits einen Teil der territorialen Forderungen fallen oder behandelte sie als offene Frage und t r a t zuletzt mit seiner eigentlichen Absicht hervor: Preußen komme es darauf an zu wissen, welche Politik Bayern künftig einzuhalten gedenke, ob es sich zu den Freunden oder zu den Feinden Preußens stellen wolle. Von der Pfordten erwiderte, die tiefe Kluft zwischen dem Norden und dem Süden, von der der Minister einmal gesprochen habe, bestehe nicht, könne aber allerdings durch solche Friedensbedingungen, wie er sie Bayern auferlegen wolle, geschaffen werden. Graf Bismarck bemerkte, d a ß es sich nur darum handle, ob eine wirkliche Garantie d a f ü r zu finden sei, daß in Z u k u n f t auch die bayerische Politik von solchen Gedanken geleitet werde und nicht wieder zu feindschaftlicher Allianz mit Österreich gegen Preußen zurückkehre. Die bayerischen Bevollmächtigten entgegneten, Bayern könne eine nationale Allianz nur wünschen und werde ihr stets den Vorzug einräumen; hiefür müßten aber die Bedingungen des Friedens entscheidend sein. Die Art und Weise, wie sich Österreich in der letzten Zeit gegen Bayern benommen habe, biete wohl eine genügende Garantie, im übrigen hänge es von Preußen selbst ab, diese Garantie zu verstärken. Bismarck schloß bereits mit dem offenen oder dem versteckten Wunsche nach einer geheimen Allianz zwischen Preußen und Bayern 1 ). Die Bevollmächtigten schieden aus der Konferenz mit der Überzeugung, daß Bismarck von seinen ersten Forderungen bedeutend nachlassen werde, „ u m f ü r die sich vorbereitende Krisis in Europa Bayern nicht zum Gegner, sondern zum sicheren Bundesgenossen zu h a b e n " . Am 12. August telegraphierte von der Pfordten an seinen Stellvertreter in München, Staatsrat von Daxenberger: „Frankreich h a t *) Ich habe hier versucht, den Bericht von der Pfordtens v o m 11. August und die Aufzeichnungen des Grafen Bray vom 10. August (Denkwürdigkeiten 102 f.) zu kombinieren.
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f ü r uns noch nichts getan, wohl aber verlangt es den Rhein. Dies wird die Lage zu unseren Gunsten verändern. In einer längeren Unterredung mit uns war der preußische Minister bereits entgegenkommender. Er bestand nicht mehr auf Kissingen und Hammelburg, er ließ die hessische Frage offen und endete mit dem Gedanken einer geheimen Allianz zwischen Bayern und Preußen. Wenn uns erlaubt ist, diesen Gedanken weiterzuspinnen, hoffen wir die ganze Souveränität und Integrität des Königreichs zu retten. Ich rate es, weil Frankreich treulos ist und weil eine nationale Allianz von allen Parteien vorgezogen werden wird. Aber es ist größtes Geheimnis nötig." Der Ministerrat bejahte einstimmig die Anfrage. Justizminister Eduard von Bomhard, der persönliche Freund von der Pfordtens, der uns diesen Ministerratsbeschluß berichtet, schreibt dazu in sein Tagebuch: „ G o t t sei es gedankt, wenn es dazu k o m m t . Ein gemeinsamer Krieg gegen den Erbfeind wird die deutsche Nation heilen; der nationale Aufschwung wird wiederkehren; die Brüder schlagen sich — gegen den Dritten sind sie einig 1 )." Die Bevollmächtigten erblickten den Grund f ü r das Einlenken Bismarcks in der Spannung zwischen Preußen und Frankreich, einerseits in der Forderung Frankreichs nach jenen Kompensationen, andererseits in dem Einsprüche Frankreichs gegen eine territoriale Ausbreitung Preußens im Süden. Bestimmend war aber nicht minder die Rücksicht Bismarcks auf die künftige Entwicklung Deutschlands. Minister von der Pfordten hat später, im September, dem Ministerpräsidenten von Hessen, Reinhard von Dalwigk, erzählt, Bismarck habe eingesehen, welch nachteilige Folgen es für Preußen haben könnte, wenn man das bayerische Volk durch allzu harte Opfer erbittern würde. Bismarck habe seine Ansicht beim Könige vertreten und sei, als dieser nicht habe nachgeben wollen, so weit gegangen, seine Entlassung anzubieten. Dieser Haltung Bismarcks verdanke Bayern seinen verhältnismäßig günstigen Friedensvertrag und d a f ü r habe Bismarck den Hubertusorden bekommen. Allerdings stellte Preußen noch am 16. August erhebliche Forderungen: neunzehn Bezirksämter und dazu fünfundzwanzig Millionen Gulden Kriegskostenentschädigung. Bismarck berief sich dabei ausdrücklich auf den Willen seines königlichen H e r r n : er habe soeben im Ministerrate Bayern so lebhaft verteidigt, als wäre er bayerischer Minister, S. Majestät der König bestehe jedoch auf diesen Abtretungen. Aber die nächsten Tage brachten die volle Wendung — auch beim König und der preußischen Militärpartei. Am 17. August kam der französische Botschafter, Graf Benedetti von seiner Informationsreise nach Paris zurück und erklärte, wie schon früher dem bayerischen Gesandten am Pariser Hofe, so jetzt dem bayerischen Ministerpräsidenten, daß er den Auftrag habe, f ü r die Interessen Bayerns einzutreten. Daß er J
) Ernst von Bomhard, Staatsminister a. D. Eduard von Bomhard, S. 113.
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auch wirklich f ü r B a y e r n vorstellig w u r d e , das k o n n t e n die bayerischen Bevollmächtigten aus verschiedenen Vorgängen des nächsten Tages schließen. Im Laufe des 18. A u g u s t k a m d e m bayerischen Ministerp r ä s i d e n t e n von u n b e k a n n t e r H a n d ein mit Blei geschriebenes, noch h e u t e im N a c h l a ß des Ministers befindliches Billett zu, des I n h a l t s : „ E m p f e h l u n g , s t a t t einer G e b i e t s a b t r e t u n g die volle K o n t r i b u t i o n von f ü n f u n d z w a n z i g Millionen Gulden u n d B ü n d n i s gegen das Ausland a n z u b i e t e n . Dieses Billett zu v e r n i c h t e n b i t t e t ein F r e u n d . " Am Abend desselben Tages e r ö f f n e t e der Stellvertreter Bismarcks, der Geheime R a t von Savigny, die Sitzung mit d e m Vorhalt, er sei u n a n g e n e h m b e r ü h r t , d a ß sich B a y e r n an F r a n k r e i c h gewendet habe, weil d a d u r c h das V e r t r a u e n auf seine nationale G e s i n n u n g e r s c h ü t t e r t werde. Die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n klärten den Vorgang auf u n d wiederholten ihr f r ü h e r e s A n e r b i e t e n , eine n a t i o n a l e V e r b i n d u n g mit P r e u ß e n einzugehen. Sie e r b o t e n sich a u c h — o f f e n b a r in A u s f ü h r u n g der ihnen zugegangenen „ E m p f e h l u n g " — die volle K o n t r i b u t i o n von f ü n f u n d z w a n z i g Millionen Gulden zu bezahlen, wenn von Gebietsa b t r e t u n g e n abgesehen werde. Savigny e r k l ä r t e sich bereit, hierüber noch h e u t e seinem Könige Bericht zu e r s t a t t e n , er e r b a t sich aber von den bayerischen Bevollmächtigten eine kurze schriftliche A u f z e i c h n u n g über ihr Allianzangebot. Die N o t e w u r d e mit größtmöglicher Vorsicht a b g e f a ß t , u m , wie der bayerische Ministerpräsident nach München berichtete, „ u n s F r a n k r e i c h gegenüber nicht zu k o m p r o m i t t i e r e n , da er es nicht f ü r unmöglich halte, d a ß m a n hier darauf ausgehe, uns der übrigens, wie es scheint, sehr schwachen V e r t r e t u n g F r a n k r e i c h s zu berauben1)." Die von den beiden B e v o l l m ä c h t i g t e n unterschriebene Note e n t h ä l t bei aller Z u r ü c k h a l t u n g u n d N ü c h t e r n h e i t doch einige recht b e d e u t u n g s volle G e d a n k e n g ä n g e : „ D i e F r i e d e n s p r ä l i m i n a r i e n n e h m e n die Bildung eines n o r d d e u t s c h e n u n d eines s ü d d e u t s c h e n B u n d e s in Aussicht, i n d e m sie die H e r s t e l l u n g der n a t i o n a l e n B a n d e zwischen beiden der Z u k u n f t v o r b e h a l t e n . Ohne diese Grenze j e t z t schon überschreiten zu wollen, k a n n m a n doch d a v o n ausgehen, d a ß die innige V e r b i n d u n g zur gemeinschaftlichen W a h r u n g des Besitzstandes der S t a a t e n , ihrer Unverletzlichkeit u n d Sicherheit, wie sie als A u f g a b e des Deutschen B u n d e s bes t a n d , auch j e t z t als G r u n d l a g e der N e u g e s t a l t u n g D e u t s c h l a n d s zu b e t r a c h t e n ist. Nicht bloß i n n e r h a l b der beiden B ü n d e im Norden u n d Süden, sondern auch zwischen diesen beiden dieses feste A n e i n a n d e r schließen aller d e u t s c h e n S t a a t e n a u ß e r Österreich, die Vereinigung ihrer g e s a m t e n W e h r k r ä f t e zu einem Ziele, der A b w e h r etwaiger Gef a h r e n , k a n n schon j e t z t in v o l l k o m m e n g e n ü g e n d e r Weise g a r a n t i e r t werden u n d die bayerische R e g i e r u n g ist bereit, hiezu ihrerseits mitzuwirken u n d insbesondere j e t z t mit der K. preußischen Regierung sich Bericht von der Pfordtens vom 19. August 1866.
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in diesem Sinne zu v e r b i n d e n . Dabei ist s e l b s t v e r s t ä n d l i c h , d a ß gegebenenfalls die Oberleitung aller militärischen K r ä f t e eine einheitliche sein und in der H a n d der K. preußischen R e g i e r u n g liegen m ü ß t e , sowie es andererseits n a t u r g e m ä ß sein w ü r d e , d a ß die K. bayerische A r m e e in allen Fällen als selbständig u n t e r ihrem eigenen O b e r b e f e h l s h a b e r und nach den auf G r u n d desselben von der O b e r l e i t u n g a u s g e h e n d e n Direktiven zu operieren h ä t t e . Eine solche feste V e r e i n b a r u n g w ü r d e nicht bloß die G r u n d l a g e der k ü n f t i g e n n a t i o n a l e n E n t w i c k l u n g D e u t s c h lands bilden, sondern a u c h j e t z t schon f ü r E u r o p a diejenige G a r a n t i e des Friedens großenteils ersetzen, welche bisher in d e m B e s t ä n d e des Deutschen B u n d e s lag. Sie w ü r d e aber überdies h a u p t s ä c h l i c h bewirken, d a ß die j e t z t b e e n d e t e n K ä m p f e rasch der Vergessenheit a n h e i m fielen, und d a ß eine w a h r h a f t e und d a u e r n d e Regeneration D e u t s c h l a n d s a u s denselben h e r v o r g i n g e . " A m 20. A u g u s t sollte die E n t s c h e i d u n g fallen. B i s m a r c k h a t t e die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n auf ein U h r m i t t a g s zu sich beschieden. Er b e g a n n die A u s s p r a c h e d a m i t , d a ß er ihnen Zigarren a n b o t mit den W o r t e n : „ I c h biete Ihnen eine F r i e d e n s p f e i f e . " W i e d e r stellte der bayerische Ministerpräsident die Frage, ob nicht in R ü c k s i c h t auf das militärische B ü n d n i s von der F o r d e r u n g einer L a n d a b t r e t u n g abgesehen werden k ö n n t e . Hierauf erwiderte Bismarck, er selbst w ü r d e das f ü r g u t e Politik halten und h a b e diesen G e d a n k e n seinem Hof g e g e n ü b e r v e r t r e t e n . Er h o f f t e ihn auch schon gewonnen zu h a b e n , da sei infolge einer Intrige der König plötzlich auf die F o r d e r u n g v o n K u l m b a c h z u r ü c k g e k o m m e n . Er, Bismarck, h a b e a b e r Politik zu treiben u n d nicht die Rolle der Nemesis zu ü b e r n e h m e n . Dazu möge sich sein König an seinen K u l t u s m i n i s t e r w e n d e n . Graf Bismarck m a c h t e nun folgende Vorschläge: B a y e r n schließt ein geheimes Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s mit P r e u ß e n , z a h l t eine Kriegsk o s t e n e n t s c h ä d i g u n g von dreißig Millionen Gulden u n d t r i t t in der F o r m einer Grenzregulierung die B e z i r k s ä m t e r Gersfeld u n d O r b an P r e u ß e n ab. Er f ü g t e bei, d a ß er zwar die Z u s t i m m u n g S. M a j e s t ä t des Königs zu diesem Vorschlage noch nicht habe, d a ß er jedoch hoffe, in d e m Minis t e r r a t e , der u m vier Uhr u n t e r d e m königlichen Vorsitz s t a t t f i n d e n solle, diesen Vorschlag d u r c h z u s e t z e n . Die bayerischen B e v o l l m ä c h tigten erklärten sich natürlich sofort zur A n n a h m e des Vorschlags bereit u n d Bismarck sprach den E n t s c h l u ß aus, ihn zur K a b i n e t t s f r a g e zu m a c h e n . Gegen sechs Uhr a b e n d s k a m der preußische Ministerp r ä s i d e n t v o m Ministerrate mit der Mitteilung z u r ü c k , d a ß seine Bedingungen nach z w e i s t ü n d i g e m K a m p f e v o m König g e n e h m i g t w o r d e n seien. Schon am Tage vorher h a t t e n die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n in München telegraphisch a n g e f r a g t : ob sie mit P r e u ß e n eine Allianz auf der Grundlage der B ü r g s c h a f t des Besitzstandes abschließen d ü r f t e n , selbst wenn sie Land a b t r e t e n m ü ß t e n . Auch diese A n f r a g e w u r d e v o m
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Ministerrate e i n s t i m m i g b e j a h t u n d der Älteste der Minister, der J u s t i z minister B o m h a r d , b e a u f t r a g t , d e m in Schloß Berg a m S t a r n b e r g e r See weilenden König V o r t r a g zu e r s t a t t e n . Der König b r a c h t e neuerdings den G e d a n k e n einer A n r u f u n g der französischen I n t e r v e n t i o n zur Sprache. Der Minister w a n d t e nach seiner T a g e b u c h a u f z e i c h n u n g dagegen ein: „ A b g e s e h e n d a v o n , d a ß es d a z u längst zu s p ä t wäre, das ganze bayerische, das deutsche Volk w ü r d e sich mit Abscheu von solcher B u n d e s g e n o s s e n s c h a f t a b w e n d e n , kein bayerischer Minister sich zur U n t e r s c h r i f t hergeben, ich selbst wäre der erste, der sein Portefeuille zu Ew. M a j e s t ä t F ü ß e n legen w ü r d e . Der Verlust der Pfalz w ü r d e der Preis solcher Hilfe s e i n . " T r o t z dieser seiner n a t i o n a l e n H a l t u n g m u ß t e B o m h a r d a m n ä m lichen Abend in d e m d e m o k r a t i s c h e n „ N ü r n b e r g e r F r ä n k i s c h e n K u r i e r " lesen, d a ß er zu den wenigen A u s n a h m e n der M ü n c h n e r B ü r o k r a t i e zähle, die den A n s c h l u ß B a y e r n s an F r a n k r e i c h f ü r angezeigt e r a c h t e t e n . Noch a m 20. A u g u s t w u r d e n von der P f o r d t e n u n d B r a y durch eine chiffrierte telegraphische Depesche e r m ä c h t i g t , mit P r e u ß e n u n t e r der Souveränität B e d i n g u n g der G a r a n t i e des Besitzstandes u n d d e r abzuschließen, selbst wenn sie ein T e r r i t o r i u m a b t r e t e n m ü ß t e n . Doch wollte der König, d a ß sie vor der U n t e r z e i c h n u n g einen letzten Versuch m a c h e n sollten, P r e u ß e n f ü r den Verzicht auf jede L a n d a b t r e t u n g zu gewinnen oder wenigstens diese L a n d a b t r e t u n g auf das geringste M a ß zurückzuführen. A m 22. A u g u s t , n a c h t s zwölf U h r , u n m i t t e l b a r vor Ablauf des W a f f e n stillstandes, w u r d e der V e r t r a g von den beiderseitigen B e v o l l m ä c h t i g t e n u n t e r z e i c h n e t . In das geheime S c h u t z - u n d T r u t z b ü n d n i s w u r d e wohl eine B e s t i m m u n g , die den Besitzstand Bayerns v e r b ü r g t e , a u f g e n o m m e n , a b e r keine a u s d r ü c k l i c h e B e s t i m m u n g zur Sicherung seiner S o u v e r ä n i t ä t . Von der P f o r d t e n h a t es in einem Schreiben an S t a a t s r a t D a x e n b e r g e r d a m i t e n t s c h u l d i g t : „ D e r geheime V e r t r a g w a h r t uns unsere S o u v e r ä n i t ä t ohne dieses W o r t , welches bei der völligen R e z i p r o z i t ä t nicht bloß unnötig, sondern unmöglich w a r . Bei G e b i e t s a b t r e t u n g e n b r a u c h t m a n es, nicht bei Allianzen, wo es vielmehr n u r Zweifel erregen w ü r d e . " Gleichzeitig d a m i t w u r d e von preußischer Seite der W u n s c h geä u ß e r t , m a n m ö c h t e den Hohenzollernerinnerungen des P r e u ß e n k ö n i g s so weit e n t g e g e n k o m m e n , d a ß ihm der König von B a y e r n die B u r g zu N ü r n b e r g überlasse. Die Bevollmächtigten gingen darauf ein. K ö n i g Ludwig II. a b e r schrieb a m 30. A u g u s t an den P r e u ß e n k ö n i g , „ d a ß die B u r g Hohenzollern g e m e i n s a m e s E i g e n t u m der Hohenzollern u n d W i t t e l s b a c h e r sein möge. Auf der gemeinschaftlichen A h n e n b u r g w ü r d e n die B a n n e r von Hohenzollern und W i t t e l s b a c h als Symbol d e r d e u t s c h e n E i n h e i t f l a t t e r n . " Wieder einige Tage s p ä t e r , beim A u s t a u s c h der R a t i f i k a t i o n , k a m e n die bayerischen Bevollmächtigten mit der weiteren E r k l ä r u n g , die Burg von N ü r n b e r g gehöre nicht d e m K ö n i g , sondern dem S t a a t e ; der König könne d a h e r nicht o h n e Z u s t i m m u n g
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des L a n d t a g s d a r ü b e r v e r f ü g e n . J e t z t h a t die preußische Regierung das E i g e n t u m an der B u r g N ü r n b e r g nicht weiter b e a n s p r u c h t . *
A m Tage nach der U n t e r z e i c h n u n g des preußisch-bayerischen Friedensvertrages, a m 23. August, k a m zu P r a g zwischen Österreich u n d P r e u ß e n der Friede z u s t a n d e auf G r u n d der Nikolsburger Präliminarien. Im Sinne dieser Präliminarien erlitt Österreich, abgesehen von Venetien und von seinen R e c h t e n an den dänischen H e r z o g t ü m e r n , keinen L a n d v e r l u s t . Wohl a b e r m u ß t e es auf jede E i n m i s c h u n g in die außerösterreichischen Verhältnisse verzichten, n a m e n t l i c h Preußen völlig freie H a n d in der N e u o r d n u n g N o r d d e u t s c h l a n d s geben. Der Kaiser von Österreich e r k a n n t e von vornherein die von P r e u ß e n vorz u n e h m e n d e n Annexionen in N o r d d e u t s c h l a n d an, ebenso die Begründ u n g eines N o r d d e u t s c h e n B u n d e s u n d die G e s t a l t u n g eines engeren Bundesverhältnisses. N u r bezüglich Sachsens, das Österreich besondere Treue erwiesen h a t t e , n a h m der Kaiser den V o r b e h a l t auf, d a ß der gegenwärtige Besitz Sachsens u n d seine Stellung im N o r d d e u t s c h e n B u n d e d u r c h einen besonderen V e r t r a g geregelt werde. Bezüglich S ü d d e u t s c h l a n d s h a t t e der P r ä l i m i n a r f r i e d e von Nikolsburg b e s t i m m t : „Österreich e r k l ä r t sich d a m i t e i n v e r s t a n d e n , d a ß die südlich gelegenen d e u t s c h e n S t a a t e n in einen Verein z u s a m m e n t r e t e n , dessen nationale V e r b i n d u n g mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d der n ä h e r e n V e r s t ä n d i g u n g zwischen beiden v o r b e h a l t e n b l e i b t . " Artikel IV des P r a g e r Friedens f ü g t e h i n z u : „ u n d der eine i n t e r n a t i o n a l e u n d u n a b hängige Existenz h a b e n w i r d . " Schon vorher h a t t e die preußische Regierung ihre n o r d d e u t s c h e n V e r b ü n d e t e n z u m A b s c h l u ß eines auf die G r ü n d u n g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s abzielenden Vertrags u n d zur Feststellung der Verfassung dieses N o r d d e u t s c h e n B u n d e s auf den 15. D e z e m b e r nach Berlin eingeladen. Von Bismarck w u r d e ein E n t w u r f vorgelegt, der nach drei Sitzungen a n g e n o m m e n w u r d e . Am 24. F e b r u a r 1867 e r ö f f n e t e König Wilhelm den k o n s t i t u i e r e n d e n R e i c h s t a g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s mit einer b e d e u t u n g s v o l l e n T h r o n r e d e , die das Ausland, das den neuen d e u t s c h e n B a u nicht eben mit wohlwollenden Augen h a t t e erstehen sehen, ges p a n n t a u f h o r c h e n ließ. Diesem legte Bismarck den Verfassungsentwurf vor, der nach erregten D e b a t t e n a m 16. April 1867 mit geringen Abä n d e r u n g e n a n g e n o m m e n w u r d e . N a c h d e m d a n n auch die einzelnen L a n d t a g e der B u n d e s s t a a t e n den Beschlüssen z u g e s t i m m t h a t t e n , k o n n t e am 1. J u l i 1867 die neue Verfassung in K r a f t t r e t e n . Die V e r f a s s u n g s t a m m t e aus einem Guß, w a r im wesentlichen das W e r k eines Mannes, Bismarcks. Sie w a r h e r v o r g e g a n g e n aus den Erw ä g u n g e n p r a k t i s c h e r Politik, ohne an ein P a r t e i p r o g r a m m oder eine politische Theorie g e b u n d e n zu sein. Alle möglichen s t a a t s r e c h t l i c h e n Prinzipien waren eigentlich in dieser V e r f a s s u n g s u r k u n d e e n t h a l t e n :
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VII. Buch. Drittes Kapitel.
in A n s e h u n g der Befugnisse der F ü r s t e n w a r die B u n d e s a k t e monarchisch, in A n s e h u n g der b u n d e s s t a a t l i c h e n E i n r i c h t u n g e n f ö d e r a t i v , in Bezug auf die V o l k s v e r t r e t u n g d e m o k r a t i s c h . I n h a b e r des B u n d e s p r ä s i d i u m s ist der König von Preußen, die eigentliche Z e n t r a l g e w a l t aber wird g e ü b t von einem B u n d e s r a t , in dem der preußische Ministerpräsident als Kanzler den Vorsitz f ü h r t . Ihm s t e h t ein Reichstag zur Seite, der sich aus A b g e o r d n e t e n z u s a m m e n s e t z t , die aus allgemeiner, direkter u n d u n b e s c h r ä n k t e r W a h l hervorgegangen sind. G e m e i n s a m e Angelegenheiten des B u n d e s sind ganz besonders die a u s w ä r t i g e Politik, das Heerwesen u n d dazu W i r t s c h a f t u n d V e r k e h r : die Zölle, das P o s t u n d T e l e g r a p h e n w e s e n u n d der H a n d e l . Manche S t a a t s r e c h t s l e h r e r , selbst m a n c h e F ü r s t e n w a r e n mit den Zugeständnissen an die Einzelstaaten des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s u n zufrieden, t r o t z der hegemonischen Stellung Preußens, die an die Stellung A t h e n s in der a t t i s c h e n S y m m a c h i e erinnert. Sie h a t t e n ein noch vers t ä r k t e s B u n d e s p r ä s i d i u m gewünscht s t a t t eines B u n d e s r a t e s im Oberh a u s der F ü r s t e n und z u d e m ein Reichsministerium. Aber schon in der Verfassung des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s b e k u n d e t e Bismarck sein V e r s t ä n d n i s f ü r den C h a r a k t e r des deutschen Volkes u n d f ü r seine landschaftlichen E m p f i n d u n g e n und bewies zugleich durch die T a t , d a ß Einheit mit A u t o n o m i e wohl verträglich ist. Wie maßvoll sein Verhalten t r o t z allem war, d a f ü r h a t ihm wider seinen Willen ein Mann das beste Zeugnis ausgestellt, der sein schärfster Gegner war, der f r ü h e r e Ministerpräsident von Sachsen, der s p ä t e r e S t a a t s k a n z l e r von Österreich, B e u s t : „ I c h v e r k e n n e die b e d e u t e n d e n E i g e n s c h a f t e n Bismarcks nicht, ich r ä u m e ihm a b e r nicht ein, d a ß er groß d e n k t ; sonst h ä t t e er in erster Linie nach der Schlacht von Königg r ä t z seinen H e r r n zum Kaiser von Deutschland g e m a c h t , was j e d e r sich h ä t t e gefallen lassen m ü s s e n . " VII. Der A u s g a n g . — Die E n t l a s s u n g von der
Pfordtens.
Die V e r h a n d l u n g e n von O l m ü t z und von Berlin waren f ü r d£n bayerischen M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n Tage schmerzlichster E n t t ä u s c h u n g , schwerster innerer und äußerer S p a n n u n g gewesen. „ W i e ich v o r a u s s a h " , schrieb er n a c h U n t e r z e i c h n u n g des Berliner Friedens, a m Morgen des 23. A u g u s t an S t a a t s r a t von Daxenberger, „sind mit der diese N a c h t zwölf U h r erfolgten U n t e r z e i c h n u n g des Friedens meine K r ä f t e zu E n d e . Ich bin so nervös e r s c h ö p f t , d a ß ich langsam reisen m u ß . " Seine Berichte u n d P r i v a t b r i e f e aus O l m ü t z und aus Berlin, seine Korres p o n d e n z mit d e m w ü r t t e m b e r g i s c h e n S t a a t s m i n i s t e r von V a r n b ü l e r sind ein Niederschlag dieser S t i m m u n g . Ludwig von der P f o r d t e n h a t t e bei A u s b r u c h des D e u t s c h e n Krieges mit der Auflösung des Deutschen Bundes, mit der Dreiteilung D e u t s c h -
Bayern u. der Entscheidungskampf u m die Vorherrschaft in Deutschland.
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lands, mit der A u f r i c h t u n g eines S ü d d e u t s c h e n B u n d e s u n t e r bayerischer F ü h r u n g gerechnet. Der Deutsche B u n d w a r aufgelöst, auch von einer Dreiteilung D e u t s c h l a n d s k o n n t e m a n in gewissem Sinne sprechen. Aber bezüglich des S ü d b u n d e s h a t t e er zwei F a k t o r e n zu wenig in Rechn u n g gezogen: die diplomatische Überlegenheit B i s m a r c k s und die Abneigung der S ü d s t a a t e n , der Regierungen wie der öffentlichen Meinung. Zwar sah sich Bismarck, der im Spiel der K r ä f t e unerschöpfliche Meister der Politik, beim W a f f e n s t i l l s t a n d und beim Friedensschlüsse mit Österreich in R ü c k s i c h t auf Frankreich v e r a n l a ß t , in einen Verein der Süds t a a t e n zu willigen, der eine „ i n t e r n a t i o n a l e u n d u n a b h ä n g i g e E x i s t e n z " h a b e n sollte. Aber es war schon d a m a l s nicht schwer v o r a u s z u s e h e n , d a ß ein Verein, der, so wie sich die Dinge inzwischen g e s t a l t e t h a t t e n , dem Einflüsse F r a n k r e i c h s und des besiegten Österreich T ü r und Tor ö f f n e n und eine s p ä t e r e A u s d e h n u n g des p r e u ß i s c h - d e u t s c h e n N a t i o n a l s t a a t e s auf S ü d d e u t s c h l a n d wesentlich erschweren k o n n t e , B i s m a r c k stets z u m Gegner h a b e n werde. In den W a f f e n s t i l l s t a n d s - u n d Friedensv e r h a n d l u n g e n Bismarcks mit Bayern w u r d e d e n n a u c h des S ü d b u n d e s seitens Bismarcks mit keinem W o r t e g e d a c h t . Dem Z u s t a n d e k o m m e n des B u n d e s hat der Kanzler stets e n t g e g e n g e a r b e i t e t , teils v e r s t e c k t , teils offen. Das Gebiet, aus d e m sich der S ü d b u n d z u s a m m e n s e t z e n sollte, w a r z u d e m seit den letzten Friedensschlüssen erheblich e i n g e s c h r ä n k t : Nassau, F r a n k f u r t , Oberhessen waren P r e u ß e n oder wenigstens der preußischen Macht einverleibt. Und selbst i n n e r h a l b des Restes von S ü d d e u t s c h l a n d , in Hessen, in Baden, in W ü r t t e m b e r g , h a t t e seit d e m letzten Kriege das Ansehen B a y e r n s schwer g e l i t t e n ; es regnete A n k l a g e n gegen die bayerische Politik u n d die bayerische K r i e g f ü h r u n g , b e g r ü n d e t e wie u n b e g r ü n d e t e . Bezeichnend ist ein Brief des Prinzen Ludwig von Hessen v o m 10. A u g u s t 1866: „Österreichs und B a y e r n s politische u n d militärische F ü h r u n g ist im a c h t e n A r m e e k o r p s so gründlich in Mißkredit, d a ß , sollte ein S ü d d e u t s c h e r B u n d uns drohen oder, was noch entsetzlicher wäre, ein R h e i n b u n d , viele Offiziere den Abschied n e h m e n u n d lieber in preußische Dienste t r e t e n w ü r d e n . " Der badische Minister von Freydorf erhob an öffentlicher Stelle, in der Rede, mit der er die mit P r e u ß e n abgeschlossenen W a f f e n s t i l l s t a n d s - und F r i e d e n s v e r t r ä g e d e m badischen L a n d t a g e vorlegte, so schwere Vorwürfe gegen die bayerische Regierung, d a ß hier eine Zeitlang an eine d i p l o m a t i s c h e D e m a r c h e gedacht w u r d e . Von der Bildung eines S ü d b u n d e s w a r in B a d e n nach den Berichten des bayerischen G e s a n d t e n k a u m m e h r eine Rede. Soweit sich hier A n s c h l u ß w ü n s c h e ä u ß e r t e n , gingen sie n a c h einer V e r b i n d u n g mit P r e u ß e n u n d d e m in der E n t s t e h u n g begriffenen N o r d d e u t s c h e n B u n d e . In W ü r t t e m b e r g zeigten sich bei einem Teile der B e v ö l k e r u n g allerdings noch gewisse S y m p a t h i e n f ü r die Bildung eines S ü d b u n d e s , aber mit d e m Prinzen A l e x a n d e r von Hessen an der Spitze. Bei der Regierung w a r auch hier der Glaube a n
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die Lebensfähigkeit eines solchen Bundes überhaupt geschwunden. Im September 1866 schrieb der württembergische Außenminister Freiherr von Varnbüler an von der P f o r d t e n : „Als wir beide noch annahmen, daß das neben Preußen und dessen Bunde stehende Deutschland sich auf das Gebiet des Gulden erstrecken würde, war ich überzeugt von dessen selbständiger Vitalität. Ich glaubte durch ein inniges föderatives Band mit freisinnigen Institutionen und einem strammen, zahlreichen Bundesheere dem Bund eine achtunggebietende Stellung in Europa vindizieren zu können. Ich hielt es f ü r möglich, daß er ebenbürtig mit gleichen Gesinnungen und verbunden durch innige nationale Bande sich dem Norddeutschen Bunde zur Seite stellen könnte, und daß die Bevölkerungen von Süddeutschland sich f ü r einen solchen Bund warm genug interessieren würden, um demselben bedeutende Opfer zu bringen. Ich habe unter solchen Voraussetzungen ein vollständiges Bundesstatut prophylaktisch ausarbeiten lassen. Indessen sind die Dinge anders gekommen. Von den Elementen des Süddeutschen Bundes ist nichts übrig geblieben als Bayern, Württemberg, Baden mit einem gespaltenen Hessen. Es ist einleuchtend, daß dies ganz andere Substrate eines föderativen Lebens sind als die seiner Zeit von uns vorausgesetzten. Ich würde unter solchen Verhältnissen es f ü r das Beste gehalten haben, wenn man unter entsprechenden, wie ich glaube, zu erreichenden Bedingungen sich mit dem Norddeutschen Bunde sofort zu einem Ganzen verbunden h ä t t e . " Noch deutlicher sprach sich Varnbüler über seine Abneigung gegen einen Südbund im vertrauten Kreise, gegenüber seinen eigenen Diplomaten, aus: „ U n t e r Bayern kann man sich bei diesem König und bei einer Regierung, die in Unfrieden mit der Bevölkerung lebt, nicht unterordnen. Also bleibt nichts übrig als mit Bismarck zu gehen, erstes Gebot ist aber, sich den Berlinern nicht an den Kopf zu werfen." Das Südbundprojekt hatte selbst bei einem nicht geringen Teile der bayerischen Bevölkerung jeden Boden verloren. Gleichwohl hat Ludwig von der Pfordten den Gedanken an sein letztes Ziel, an den Südbund unter bayerischer Führung, zwar zurückgestellt, keineswegs aber preisgegeben. Diese Hoffnung spricht sich auch noch in der letzten großen Staatsschrift seines Lebens, in der Zirkulardepesche des Ministers vom 5. November 1866, aus: „Bayern ist nicht abgeneigt, mit den süddeutschen Staaten in nähere Verbindung zu treten, eventuell auch ein Bündnis auf parlamentarischer Grundlage abzuschließen, aber die bayerische Regierung kann jetzt die Initiative hiezu nicht ergreifen. Eine solche Vereinigung ist nur möglich, wenn die übrigen süddeutschen Staaten das Bedürfnis derselben so lebhaft empfinden, daß sie mit den entsprechenden Anträgen sich selbst an Bayern wenden." *
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Wenige Tage nach der K a t a s t r o p h e von K ö n i g g r ä t z r i c h t e t e ein einfacher Mann aus d e m M ü n c h n e r K a u f m a n n s t a n d e , Josef B a p t i s t Allfeld, eine Vorstellung a n den bayerischen Minister: zwei Wege s t ü n d e n allein noch offen f ü r B a y e r n , ein preußisches oder ein österreichisch-französisches Bündnis. F ü r die W a h l zwischen beiden müsse der Wille und das Wohl des d e u t s c h e n Volkes e n t s c h e i d e n d s e i n ; d e n n diesem gehöre die Z u k u n f t . Der Wille u n d das Wohl des d e u t s c h e n Volkes f o r d e r e den A n s c h l u ß an P r e u ß e n . „ E i n B ü n d n i s B a y e r n s mit P r e u ß e n wird d e n Mann, der es schließt, in einigen S c h i c h t e n und Landesteilen B a y e r n s augenblicklich z u m T o d e v e r h a ß t , a b e r als R e t t e r des d e u t s c h e n Volkes unsterblich m a c h e n . Auf allen a n d e r e n Wegen wuchern ewig Dornen, w u c h e r t Fluch u n d w u c h e r t die unausbleibliche D e m ü t i g u n g und schließliche V e r n i c h t u n g B a y e r n s . " Allerdings g a b es in B a y e r n noch i m m e r Leute, die wollten, d a ß gar nichts geschehe, d a ß B a y e r n einfach w a r t e bis Österreich wieder e r s t a r k t , P r e u ß e n von F r a n k r e i c h besiegt, der N o r d d e u t s c h e B u n d wieder aufgelöst wäre. Leute, denen es aus völkischen, politischen, kirchlichen, wirtschaftlichen u n d familiären G r ü n d e n a u ß e r o r d e n t l i c h schwer w u r d e , sich in den neuen Gang, in die U m k e h r der Verhältnisse zu f ü g e n . Aber das w a r keineswegs die S t i m m u n g des Gesamtvolkes, a u c h nicht der Mehrheit der politisch selbständig d e n k e n d e n B e v ö l k e r u n g . Es ist g r u n d f a l s c h , wenn O t t o k a r Lorenz in B a y e r n d a m a l s n u r wüste A g i t a t i o n gegen P r e u ß e n sehen will. Ganz im Gegensatz dazu berichtet der preußische G e s a n d t e am M ü n c h n e r Hofe, Prinz R e u ß , n a c h seiner R ü c k k e h r nach München, schon am 20. N o v e m b e r : „ V o r a n s t e l l e n m ö c h t e ich meine u n m a ß g e b l i c h e Ansicht, d a ß mit oder ohne Agitation der Süden D e u t s c h l a n d s f r ü h e r oder s p ä t e r a l l e i n d u r c h die Macht der V e r h ä l t nisse z u m A n s c h l u ß an P r e u ß e n g e f ü h r t werden m u ß , und d a ß es sich h a u p t s ä c h l i c h d a r u m h a n d e l t , ob P r e u ß e n diesen A n s c h l u ß will oder nicht. Die Schwierigkeit liegt m e h r darin, die S y m p a t h i e n , die wir in einem großen Teile S ü d d e u t s c h l a n d s h a b e n , abzuweisen oder hinzuhalten als sie zu e r w e r b e n . " Die Dinge h a t t e n sich damals, v o r ü b e r g e h e n d wenigstens, im Gegens a t z zu f r ü h e r , a b e r freilich auch zu s p ä t e r , nicht unerheblich g e ä n d e r t , selbst in Gegenden, die als H o c h b u r g e n der k a t h o l i s c h - k o n s e r v a t i v e n oder patriotischen P a r t e i galten. W i r hören von O r t e n , wo der P r e u ß e n h a ß zu Beginn des Krieges 1866 seltsame B l ü t e n gezeitigt h a t t e , wo man die Bürgerwehr gegen die h e r a n z i e h e n d e n P r e u ß e n in B e w e g u n g setzen wollte, wo S c h u l j u n g e n aus d e m Versteck nach p r e u ß i s c h e n Soldaten w a r f e n . Und als die P r e u ß e n abzogen, h a t t e m a n d e u t s c h e B r u d e r s c h a f t , den „ D e u t s c h e n T r o s t " , g e t r u n k e n . So h a t t e allein schon der persönliche Verkehr mit den n o r d d e u t s c h e n Volksgenossen und — die B e w u n d e r u n g der preußischen M a n n e s z u c h t g e w i r k t . Die große P a r t e i der Gemäßigtliberalen, die sog. M i t t e l p a r t e i , v e r k ü n d e t e durch den Mund ihres Führers, des K a m m e r p r ä s i d e n t e n D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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P ö z l : „Mit Österreich wird kein V e r n ü n f t i g e r so bald wieder ein B ü n d n i s e i n g e h e n . " Und doch w a r bei A u s b r u c h des Deutschen Krieges dieselbe Mittelpartei u n d d a m i t die Mehrheit der bayerischen Liberalen großdeutsch gesinnt gewesen. Es beginnt im Lager der ehemals g r o ß d e u t schen Liberalen ein Übergangsprozeß. Ein Teil s c h w e n k t hinüber zur p a t r i o t i s c h e n P a r t e i , die Mehrzahl a b e r b e k e h r t sich immer mehr zu der Ü b e r z e u g u n g , d a ß der S c h w e r p u n k t des d e u t s c h e n Lebens f o r t a n im Norden liege, b e k e h r t sich z u m kleindeutschen P r o g r a m m . Auch das w a r eine F r u c h t der Bismarckischen Politik des J a h r e s 1866. D a ß m a n sich dabei anfänglich noch eine gewisse Reserve auferlegte, ist psychologisch wohl begreiflich: der einzelne wie ein ganzes Volk, das von einer K a t a s t r o p h e betroffen ist, haben das Bedürfnis, ihre F a s s u n g wiederzugewinnen u n d sich den neuen Lebensplan in der Stille zurechtzulegen. Die bayerische F o r t s c h r i t t s p a r t e i vollends wollte schon d a m a l s im G r u n d e des Herzens nichts anderes als den E i n t r i t t Bayerns in den N o r d d e u t s c h e n B u n d , T e i l n a h m e B a y e r n s an der V e r f a s s u n g s b e r a t u n g des N o r d d e u t s c h e n Bundes. In der „ W o c h e n s c h r i f t der F o r t s c h r i t t s p a r t e i " spiegelt sich die innere W a n d l u n g wider, wie sie sich seit der K a t a s t r o p h e von K ö n i g g r ä t z in der Seele der Partei und ihrer f ü h r e n d e n Männer, z u m a l Karl Braters, vollzogen h a t . B r a t e r s S t i m m u n g bei K r i e g s a u s b r u c h f i n d e t ihren Niederschlag in einem A r t i k e l : „ J e d e r Sieg eine Niederlage." Der Sieg P r e u ß e n s b e d e u t e t ihm einen Sieg des U n r e c h t s , der Gewalt, des J u n k e r t u m s , Verlust der E l b h e r z o g t ü m e r , Z e r r e i ß u n g D e u t s c h l a n d s in Süd und N o r d ; ein Sieg Österreichs ist ihm g l e i c h b e d e u t e n d mit Auslieferung der E l b h e r z o g t ü m e r an die österreichische Interessenpolitik, mit W i e d e r h e r s t e l l u n g der Polizeianstalt des B u n d e s t a g e s , mit Preisgabe der B u n d e s r e f o r m . In beiden Fällen erleiden die obersten Ziele der Partei, Freiheit und Einheit, eine Niederlage. B r a t e r s S t i m m u n g h ä t t e also d a m a l s a m besten eine bayerische Neutralität entsprochen. Nach der K a t a s t r o p h e von Königgrätz wird es B r a t e r klar, d a ß j e t z t keine Zeit mehr sei, ideale F o r d e r u n g e n aufzustellen. Die Forder u n g des Tages sei vielmehr, zwischen P r e u ß e n und Österreich zu wählen, eventuell mit P r e u ß e n einen ehrenvollen Frieden zu schließen. Resigniert gibt er die Selbständigkeit der E l b h e r z o g t ü m e r an Preußen hin. Das idyllische E n d e des B u n d e s t a g e s im Hotel zu den Drei Mohren in A u g s b u r g r u f t ihm noch einmal den ganzen J a m m e r des D e u t s c h e n B u n d e s ins G e d ä c h t n i s zurück. Von Österreich h a t er sich innerlich bereits losgesagt: der eigentliche Feind der d e u t s c h e n Einheit sei doch stets Österreich gewesen. Mitte A u g u s t ist er f ü r P r e u ß e n e h t s c h i e d e n : er b e w u n d e r t den S t a a t , d e m es gelungen sei, nicht n u r Österreich und die d e u t s c h e n M i t t e l s t a a t e n , sondern a u c h die öffentliche Meinung zu besiegen. Der g r ö ß t e Sieg in den Augen B r a t e r s ! Immer mehr f e s t i g t sich in ihm die Ü b e r z e u g u n g , d a ß sich das k ü n f t i g e Deutsche Reich um Preußen als
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M i t t e l p u n k t g r u p p i e r e n müsse, d a ß der g e p l a n t e N o r d d e u t s c h e B u n d der Kristallisationskern der d e u t s c h e n E i n i g u n g sei, d a ß m a n durch die E i n h e i t zur Freiheit, nicht durch die Freiheit zur Einheit gelangen werde. In diesem Sinne k ä m p f t er gegen die T r e n n u n g D e u t s c h l a n d s in Süd u n d Nord, w i r b t er f ü r den E i n t r i t t der S ü d s t a a t e n in N o r d b u n d u n d N o r d p a r l a m e n t . Den E i n t r i t t will er nicht in n e b e l h a f t e Fernen, bis er schließlich unfreiwillig u n d mit schmerzlichen Opfern erfolgen müsse, hinausgeschoben wissen, er f o r d e r t vielmehr als Gebot der S t u n d e sofortiges H a n d e l n . Der Süden solle schon an der G e s t a l t u n g des Nordd e u t s c h e n B u n d e s m i t a r b e i t e n und d u r c h Z u s a m m e n g e h e n mit den n o r d d e u t s c h e n Liberalen ein Gegengewicht gegen die preußischen Zentralisierungstendenzen schaffen. In diesem Sinne g a b a u c h die offizielle V e r t r e t u n g der bayerischen F o r t s c h r i t t s p a r t e i auf d e m ersten L a n d t a g e n a c h d e m Friedensschlüsse die E r k l ä r u n g zu P r o t o k o l l : „ W i r verwerfen die Z e r r e i ß u n g Deutschl a n d s nach Nord u n d Süd, die Bildung eines s ü d w e s t d e u t s c h e n B u n d e s . W i r erstreben ein u n t e r p a r l a m e n t a r i s c h e r einheitlicher Zentralgewalt geeinigtes V a t e r l a n d m i t A u t o n o m i e seiner Glieder in ihren besonderen Angelegenheiten u n d m i t gesicherten Freiheiten des Volkes." Die Mehrheit in der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n ging allerdings noch nicht so weit. Aber sie f a ß t e mit 122 gegen zwölf S t i m m e n die R e s o l u t i o n : „ D e r König wolle g e r u h e n dahin zu wirken, d a ß durch einen engeren Anschluß an P r e u ß e n der W e g b e t r e t e n werde, welcher zur Zeit allein dem a n g e s t r e b t e n Ziele e n t g e g e n f ü h r e n könne, Deutschland u n t e r M i t w i r k u n g eines frei gewählten und mit den erforderlichen Befugnissen a u s g e s t a t t e t e n P a r l a m e n t s zu einigen, die n a t i o n a l e n Interessen w i r k s a m zu w a h r e n u n d etwaigen Angriffen des Auslandes erfolgreich entgegenzutreten." Dieser W e n d u n g h a b e n sich a u c h die Regierungskreise nicht e n t zogen. Es gab keinen a k t i v e n S t a a t s m a n n m e h r in Bayern, der seinem K ö n i g eine direkt a n t i p r e u ß i s c h e Politik zu e m p f e h l e n gewagt h ä t t e . Der Ministerpräsident von der P f o r d t e n v e r s p r a c h d e m preußischen G e s a n d t e n Prinzen R e u ß , gleich nach dessen R ü c k k e h r „alles zu t u n , u m das ungestörte Verhältnis zwischen den beiden Regierungen aufs Beste w i e d e r h e r z u s t e l l e n . " Er b e d a u e r t e , wie er d e m Gesandten ause i n a n d e r s e t z t e , die E r n e n n u n g des H e r r n von Beust z u m österreichischen S t a a t s k a n z l e r , weil er besorgte, „ d a ß die ihm n u r zu wohl b e k a n n t e Beweglichkeit und der T a t e n d u r s t des ehemaligen sächsischen Ministers ihn verleiten k ö n n t e , in eine verderbliche Politik h i n e i n z u g e r a t e n " . Er h a t t e Beust schon f r ü h e r gesagt, er k ö n n t e ihm g a r a n t i e r e n , d a ß m a n preußischerseits einer A n n ä h e r u n g Österreichs gerne e n t g e g e n k o m m e n werde und h a t t e ihn förmlich gebeten nicht zu vergessen, d a ß er ein D e u t s c h e r sei u n d also nicht seine Z u f l u c h t zu einer französischen Allianz zu n e h m e n , u m sich an P r e u ß e n zu rächen. 29*
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VII. Buch. Drittes Kapitel.
Derselbe M i n i s t e r p r ä s i d e n t e r k l ä r t e allerdings nach d e m Friedensschlüsse vor d e m a m 27. A u g u s t e r ö f f n e t e n L a n d t a g e : „ B a y e r n wird in voller U n a b h ä n g i g k e i t und Selbständigkeit nach a u ß e n , frei u n d s t a r k im Innern, durch t r e u e A n h ä n g l i c h k e i t a n den König u n d eine s t e t s g e a c h t e t e V e r f a s s u n g sich selbst und seiner E n t w i c k l u n g g e n ü g e n . " A b e r er f ü g t e — in Ü b e r e i n s t i m m u n g mit d e m mit P r e u ß e n abgeschlossenen geheimen Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s s e — a u c h h i n z u : „ B a y e r n wird niemals vergessen, d a ß es ein d e u t s c h e s Land u n d Volk bleiben wolle u n d d a ß seine K r a f t nicht bloß i h m allein, sondern d e m ganzen d e u t s c h e n V a t e r l a n d a n g e h ö r e . " Er h a t a u c h in seinem p r o g r a m m a t i s c h e n R u n d s c h r e i b e n v o m 5. N o v e m b e r 1866 als die n ä c h s t e n Richtlinien der bayerischen Politik b e z e i c h n e t : Mitarbeit an einer V e r s ö h n u n g zwischen Österreich u n d P r e u ß e n , nationale F r e u n d s c h a f t u n d B u n d e s g e n o s s e n s c h a f t mit P r e u ß e n u n d dem N o r d e n . U m sich jedoch im eigenen Umbildungsprozesse der N e u o r d n u n g D e u t s c h l a n d s durch P r e u ß e n z u z u w e n d e n , dazu k o n n t e er sich, g e t r e u seiner Ü b e r z e u g u n g nicht entschließen. Dazu f e h l t e ihm a u c h der unerläßliche R ü c k h a l t an seinem Könige. Dem politischen E v a n g e l i u m seines Lebens e n t s p r e c h e n d schrieb er wenige W o c h e n v o r h e r an den leitenden Minister W ü r t t e m b e r g s , V a r n b ü l e r : „ W i e ich ü b e r den Eint r i t t in den N o r d d e u t s c h e n B u n d prinzipiell denke, ist Ew. Exzellenz b e k a n n t u n d hierin w e r d e n Ereignisse nichts ä n d e r n . Ein Verfassungsb ü n d n i s mit P a r l a m e n t , eingegangen mit einer G r o ß m a c h t allein, ist im Prinzip die Mediatisierung und m u ß über kurz oder lang zu dieser f ü h r e n . " Und das blieb ein wesentliches E l e m e n t seines politischen G l a u b e n s b e k e n n t n i s s e s u n d — s e i n e r wirklichen politischen Ü b e r z e u g u n g bis zu seiner E n t l a s s u n g , ja bis zu seinem Tode (1880). „ G l a u b e n die M e n s c h e n " , ä u ß e r t e er einmal zu d e m b e k a n n t e n Publizisten J u l i u s Fröbel 1 ), „ m a n ließe sich j a h r e l a n g von einer N a t i o n h e r a b w ü r d i g e n , o h n e d a ß m a n das Bewußtsein eines höheren Zweckes h a t , einer Idee, die m a n v e r f o l g t ? H e r a b w ü r d i g u n g e n u n d M i ß d e u t u n g e n e r d u l d e t doch ein Mensch von Selbstgefühl und Bildung nicht u m eines Ministergehaltes oder der E h r e des P o s t e n s willen." Zu d e m Ziele hinüberzuleiten, wohin die politische E n t w i c k l u n g D e u t s c h l a n d s wies, d a z u w a r die Vergangenheit und die politische G e d a n k e n w e l t dieses Ministers nicht geschaffen. Dagegen s t r ä u b t e sich sein bayerisches S t a a t s b e w u ß t s e i n , nach seinem W e g g a n g aus d e m Ministerium noch m e h r als w ä h r e n d seiner M i n i s t e r t ä t i g k e i t . Im Gegenteil — h a t t e er 1865/66 das sichtliche B e m ü h e n gezeigt, d e m politischen S y s t e m P r e u ß e n s u n d seines neuen S t a a t s m a n n s V e r s t ä n d n i s entgegenzubringen, so fiel er in der Folgezeit i m m e r m e h r in seine f r ü h e r e P r e u ß e n feindlichkeit z u r ü c k . Das h a t auch einen Niederschlag g e f u n d e n in seiner — allerdings F r a g m e n t gebliebenen — Selbstbiographie. !) Fröbel, Ein Lebenslauf, Stuttgart 1890/91, S. 71.
Bayern u. der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland.
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In kurzen, m e h r einleitenden Zeilen, die er a m Schlüsse dieses F r a g m e n t e s d e m Kriege 1866 w i d m e t , urteilt er s e h r h a r t über den „ E h r g e i z , die E r o b e r u n g s s u c h t u n d die R e c h t s v e r a c h t u n g des H o h e n zollernschen Geschlechtes u n d des von demselben b e g r ü n d e t e n Militärs t a a t e s " und ü b e r den Mann, der an der Spitze des S t a a t e s s t a n d u n d ihn zu neuen, u n g e a h n t e n Erfolgen f ü h r t e , O t t o von Bismarck, „ d e r alle g u t e n und schlimmen E i g e n s c h a f t e n des P r e u ß e n t u m s in sich vereinigt u n d gleichsam v e r k ö r p e r t h a b e " . A m 21. J a n u a r 1871, an d e m Tage, an dem die bayerische K a m m e r der A b g e o r d n e t e n den Versailler Verträgen ihre Z u s t i m m u n g erteilte, schrieb er in sein T a g e b u c h : „ H e u t e h a b e n die A b g e o r d n e t e n B a y e r n s ihren König u n d ihr L a n d u n t e r die preußische M i l i t ä r h e r r s c h a f t mediatisiert. Finis B a v a r i a e ! " Noch im J a h r e 1873 ä u ß e r t e er z u m O b e r s t s t a l l m e i s t e r G r a f e n Holnstein, als dieser b e m e r k t e , die Selbständigkeit B a y e r n s b e f i n d e sich a u c h j e t z t noch w o h l : „ J a , wenn eine e n t e h r t e J u n g f r a u a u c h noch J u n g f r a u genannt wird." Und doch w a r der Minister, der „ v i e l g e s c h m ä h t e , a b e r ausgezeichnete M a n n " , wie ihn sein l a n g j ä h r i g e r F r e u n d , S t a a t s m i n i s t e r von B o m h a r d r ü h m t , bei aller H e f t i g k e i t seines Wesens u n d bei aller S t a r r heit seines politischen D e n k e n s nicht bloß ein a u f r e c h t e r , sondern a u c h ein d u r c h a u s d e u t s c h d e n k e n d e r S t a a t s m a n n mit großen Zielen, nach französischem Zeugnisse der g l ü h e n d s t e u n d u n e r b i t t l i c h s t e Gegner eines S e p a r a t b ü n d n i s s e s mit F r a n k r e i c h , d e m nach der gleichen Quelle allein schon der G e d a n k e an eine solche Allianz als ein A k t des Verrates an D e u t s c h l a n d galt. Er h a t sein stolzes N a t i o n a l b e w u ß t s e i n gleich zu Beginn des zweiten Kaiserreiches mit der energischen Z u r ü c k w e i s u n g französischer A n m a ß u n g e n und D r o h u n g e n b e k u n d e t . E r h a t sein nationales Selbstgefühl auch in der Zeit der schleswig-holsteinischen Krisis bewiesen, wenn er zu d e m französischen G e s a n d t e n in D a r m s t a d t ä u ß e r t e : „ W i r sind eine Nation von f ü n f z i g Millionen u n d wenn f ü n f z i g Millionen eine Sache wollen, so e r h a l t e n sie diese. W i r werden die H e r z o g t ü m e r b e k o m m e n , zweifeln Sie nicht d a r a n . " Die E r f a h r u n g e n , die er mit der französischen D i p l o m a t i e vor u n d w ä h r e n d des Krieges 1866 m a c h t e , m u ß t e n ihn in seinem M i ß t r a u e n gegen F r a n k reich b e s t ä r k e n ; in seinem R u n d s c h r e i b e n v o m 5. N o v e m b e r 1866 k o m m t das z u m A u s d r u c k . Allerdings h a t er sich in d e m D r a n g e der A u g u s t w o c h e n , zwischen d e m W a f f e n s t i l l s t ä n d e von Nikolsburg u n d den Berliner Friedensverh a n d l u n g e n , gleich den übrigen s ü d d e u t s c h e n Ministern u m die Verm i t t l u n g F r a n k r e i c h s f ü r einen billigen Frieden mit P r e u ß e n b e m ü h t , a b e r keineswegs auf Kosten der d e u t s c h e n Interessen. Bismarck, d e m diese diplomatische K o r r e s p o n d e n z mit F r a n k r e i c h vorgelegt w u r d e , h a t sie ausdrücklich als u n v e r f ä n g l i c h bezeichnet. Der hessische Min i s t e r p r ä s i d e n t Freiherr von Dalwigk h a t d a r ü b e r u n d ü b e r die Bem ü h u n g e n der M i t t e l s t a a t e n u m die französische V e r m i t t l u n g ü b e r -
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h a u p t nicht unzutreffend geäußert: „Die Großmächte suchen fortwährend mit Frankreich auf möglichst gutem Fuß zu stehen und t u n in Paris die entgegenkommendsten Schritte. Das gilt namentlich von Preußen. Ich sehe also gar nicht ein, weshalb man es den kleineren Staaten so sehr verübeln will, wenn sie sich vorkommendenfalls um den Schutz des Kaisers Napoleon bemühen." Noch heute schwebt über dem Toten das Verhängnis, das die letzten J a h r e seines Lebens verbittert hat. Der Mann, der jahrelang die bayerische Politik fast unbeschränkt beherrscht hat, dessen Erscheinen im Landtag den bayerischen Zeitgenossen als eine Sensation galt, dessen schaffende Arbeit man auf Schritt und Tritt erkennt in den Akten, auch in Zeiten, da er im Bundestag war, der auch in den Berichten und Weisungen fremder Diplomaten als ein weit das Durchschnittsmaß Überragender anerkannt wurde, dieser Mann ist noch zu Lebzeiten ein politisch toter Mann geworden. „Der Ausgang richtet der Sterblichen Schicksal." *
Von preußischer Seite ist auf einen Ministerwechsel in Bayern nicht hingewirkt worden. Der preußische Gesandte berichtet ausdrücklich, daß er „bei der großen bayerischen Suszeptibilität" auch den Schein einer Einmischung vermieden habe. Er trägt auch dem Minister von der Pfordten keineswegs Mißtrauen entgegen, ebensowenig wie seine Regierung. In einem vor einigen Jahren veröffentlichten Briefe nimmt Richard Wagner f ü r sich das Verdienst in Anspruch, den König f ü r die Entlassung von der Pfordtens und die Berufung des Fürsten Chlodwig von Hohenlohe gewonnen zu haben. Das findet auch in den Aufzeichnungen Hohenlohes selbst eine gewisse Bestätigung. In der Tat hat Richard Wagner, der persönliche und politische Gegner von der Pfordtens, an der Entlassung von der Pfordtens und der Berufung Hohenlohes wenigstens mitgewirkt. Mit Richard Wagner zählen zu den „ A k t e u r s " dieser Intrige, wie sie der preußische Gesandte nennt, die A d j u t a n t e n des Königs, Prinz Taxis und ganz besonders Graf Holnstein, der spätere Oberststallmeister, der eine Zeitlang eine ungewöhnliche Macht über den König besaß und auch die Verhandlungen mit Hohenlohe f ü h r t e . Das wird bestätigt durch einige Briefe an den König, die sich im Münchner Hausarchiv befinden. Beide A d j u t a n t e n hatten Sympathien f ü r Richard Wagner, beide, ganz besonders Holnstein, neigten politisch zu Preußen. Die Entscheidung lag beim König, und hier war die Stellung von der Pfordtens längst erschüttert. Ludwig II. gibt selbst als einen der Gründe a n : infolge des unglücklichen Ausgangs des Deutschen Krieges habe der Minister das allgemeine Vertrauen des Landes verloren.
Bayern u. der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland. In d e r T a t , d e r b a y e r i s c h e M i n i s t e r h a t t e t r o t z des „ ü b e r gut"
ausgefallenen
Friedensvertrages
und
der
dankbaren
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Erwarten Aufnahme,
die er i m M i n i s t e r r a t e , im S t a a t s r a t e , in d e r e r s t e n und in d e r z w e i t e n K a m m e r d a m i t f a n d , d o c h keine P a r t e i m e h r a u f seiner Seite.
E r be-
k a n n t e d e m p r e u ß i s c h e n G e s a n d t e n selbst, d a ß e r n i e m a n d h i n t e r sich habe.
D e n einen w a r er zu p r e u ß i s c h , den a n d e r n g a l t er als zu a n t i -
preußisch. D e r a n d e r e vielleicht n o c h w i c h t i g e r e G r u n d w a r d a s l ä n g s t ges t ö r t e p e r s ö n l i c h e V e r h ä l t n i s des Ministers z u m K ö n i g . K ö n i g L u d w i g stellte s p ä t e r e i n m a l a n den L e g a t i o n s s e k r ä r , den s p ä t e r e n S t a a t s r a t v o n M a y r die F r a g e , v o n w e l c h e m d e r drei l e t z t e n M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n , S c h r e n c k , P f o r d t e n , H o h e n l o h e er a m m e i s t e n g e h a l t e n h a b e , u n d als dieser e r k l ä r t e , d e r b e d e u t e n d s t e sei v o n d e r P f o r d t e n g e w e s e n , f ü g t e der König hinzu: „ A b e r auch der g r ö b s t e . " Der Minister w a r d e m K ö n i g ein u n b e q u e m e r M a n n , u n d er s a n n d a r a u f , wie e r sich des lästigen M a h n e r s e n t l e d i g e n k ö n n t e . Dieses V e r h ä l t n i s h a t t e eine w e i t e r e T r ü b u n g e r f a h r e n d u r c h die S t e l l u n g v o n d e r P f o r d t e n s zu R i c h a r d W a g n e r im J a h r e 1 8 6 5 . 1 ) E r drang im Dezember 1865 auf W a g n e r s E n t f e r n u n g und s t e l l t e sich n a c h d e m K r i e g e dessen R ü c k k e h r e n t g e g e n . Die F e h l e r W a g n e r s , die z u m Teil s e i n e m u n g e s t ü m e n N a t u r e l l e n t s p r a n g e n , v e r s t ä r k t e n die M i ß s t i m m u n g . W a g n e r w ü n s c h t e , u m d e r K o n t r o l l e des K a b i n e t t s s e k r e t ä r s e n t r ü c k t zu sein, d e r K ö n i g m ö c h t e einen b e s o n d e r e n S e k r e t ä r für die K u n s t a n g e l e g e n h e i t e n a u f s t e l l e n . A m 2 7 . N o v e m b e r 1 8 6 5 , also n o c h v o r d e m K r i e g , e r g i n g eine A n f r a g e des K ö n i g s an d e n M i n i s t e r ü b e r F ä h i g k e i t e n , K e n n t n i s s e , C h a r a k t e r u n d die g a n z e P e r s ö n l i c h k e i t des A k z e s s i s t e n Gideon v o n R u d h a r t , eines S o h n e s des b e k a n n t e n S t a a t s r a t e s Ignaz v o n R u d h a r t . D e r d a m a l s i m K a b i n e t t b e schäftigte Oberappellationsgerichtsrat J o h a n n Lutz, der mit der A n f r a g e b e a u f t r a g t w a r , f ü g t e h i n z u : „ N a c h m e h r f a c h e n Ä u ß e r u n g e n zu schließen, b e a b s i c h t i g e n Seine M a j e s t ä t , einen j u n g e n u n d f ä h i g e n M a n n in A l l e r h ö c h s t e r N ä h e ( i m K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t ) zu p l a c i e r e n , w e l c h e r h a u p t s ä c h l i c h die A u f g a b e h a b e n soll, die V e r m i t t l u n g d e r A l l e r h ö c h s t e n A u f t r ä g e a n H e r r n R i c h a r d W a g n e r zu b e s o r g e n u n d d a r ü b e r zu w a c h e n , d a ß die A l l e r h ö c h s t e n A n o r d n u n g e n in B e z u g a u f Verfolgung der Kunstideale Seiner M a j e s t ä t — namentlich durch das H o f s e k r e t a r i a t u n d die H o f t h e a t e r i n t e n d a n z — p ü n k t l i c h s t v o l l z o g e n w e r d e n . " E r fügte weiter hinzu: „ O b ihm auch noch andere Geschäfte z u g e d a c h t sind u n d ob behufs D u r c h f ü h r u n g d e r A l l e r h ö c h s t e n A b s i c h t Ä n d e r u n g e n i m d e r m a l i g e n P e r s o n a l s t a n d e des K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t s v o r g e n o m m e n w e r d e n sollen, w e i ß ich n i c h t ; es w ä r e dies a b e r m ö g l i c h . " D e r Minister s p r a c h sich in s e i n e m A n t w o r t s c h r e i b e n v o m 2 9 . N o v e m b e r ü b e r den A k z e s s i s t e n n i c h t u n g ü n s t i g aus, e r h o b a b e r gleichzeitig g e g e n die A b s i c h t e n des K ö n i g s seine w a r n e n d e S t i m m e : „ B e i dieser Gelegens. o. 366.
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V I I . Buch. Drittes Kapitel.
heit halte ich es f ü r Pflicht, die Ansicht auszusprechen, d a ß Seine Majes t ä t g u t t u n werde, Ä n d e r u n g e n im K a b i n e t t e nicht v o r z u n e h m e n , ohne v o r h e r hier persönlich sich v o m S t a n d e der Dinge zu überzeugen u n d die Minister zu hören. Eine R e k o n s t r u k t i o n des K a b i n e t t s im Sinne Richard W a g n e r s w ü r d e meiner festen Ü b e r z e u g u n g n a c h eine Krisis h e r b e i f ü h r e n , in welche ich wenigstens Seine M a j e s t ä t nicht u n g e w a r n t hineingeraten lassen m ö c h t e . Die heutigen Neuesten N a c h r i c h t e n v e r k ü n d i g e n mit u n e r h ö r t e r Frechheit dem Lande, d a ß Seine M a j e s t ä t W a g n e r s u n e r s c h ü t t e r l i c h e r F r e u n d ist, u n d enthüllen T e n d e n z e n , die jeden P a t r i o t e n tief ergreifen müssen. Bayern wird es, wenn a u c h nicht m i ß m u t i g , in alter T r e u e ertragen, wenn Seine M a j e s t ä t Vergnügen d a r a n f i n d e t , die Gelder, welche viele T r ä n e n der A r m u t t r o c k n e n k ö n n t e n , d u r c h W a g n e r u n d Genossen verschwelgen zu lassen. Aber ich f ü r c h t e , B a y e r n wird die „ F r e u n d s c h a f t " seines Königs f ü r einen Richard W a g n e r nicht e r t r a g e n . Bitten Sie d a h e r Seine M a j e s t ä t in meinem N a m e n , nichts zu beschließen vor der R ü c k k e h r nach M ü n c h e n u n d ohne mich wenigstens gehört zu h a b e n . Ich suche g a r nichts m e h r f ü r mich in diesem Leben u n d ich f ü r c h t e nichts als die Verletzung meiner Pflicht u n d der Treue, die ich d e m königlichen V a t e r gehalten zu h a b e n glaube u n d die ich d e m königlichen Sohne zu erproben gesonnen b i n . " Richard W a g n e r mischte sich nicht bloß in die Organisation des G e h e i m k a b i n e t t s , er u n t e r n a h m gleichzeitig in dem d e m o k r a t i s c h e n „ N ü r n b e r g e r A n z e i g e r " u n d in den f o r t s c h r i t t l i c h e n „ N e u e s t e n Nachr i c h t e n " auch einen scharfen V o r s t o ß gegen den K a b i n e t t s s e k r e t ä r von P f i s t e r m e i s t e r selbst u n d entfesselte d a m i t einen S t u r m gegen sich in den p a t r i o t i s c h e n u n d in den gemäßigtliberalen B l ä t t e r n und zugleich bei der M ü n c h n e r B ü r g e r s c h a f t . Es w u r d e b e k a n n t , d a ß der eine Artikel von W a g n e r selbst s t a m m t e . A m 4. Dezember 1865 zirkulierte eine Bürgeradresse mit 810 U n t e r s c h r i f t e n z u g u n s t e n des K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t s und d a m i t z u u n g u n s t e n Richard Wagners, doppelt b e u n r u h i g e n d f ü r den König u n d den Hof bei der damaligen politischen Krisis. W a g n e r b e g n ü g t e sich nicht d a m i t , seine politischen U m t r i e b e gingen weiter. Er m a c h t e schon d a m a l s einen Versuch, an Stelle von der P f o r d t e n s Hohenlohe zu setzen u n d als Publizisten der neuen politischen Richt u n g J u l i u s Fröbel n a c h M ü n c h e n zu b e r u f e n ; sein darauf bezügliches Schreiben v o m 28. N o v e m b e r b e d e u t e t eine s t a r k e B e l a s t u n g f ü r ihn. U n t e r s t ü t z t von den Vorstellungen des Königs Ludwig I., des Prinzen Karl, des Erzbischofs Scherr, erreichte der Ministerpräsident im Dezember 1865, d a ß der K ö n i g — wie b e k a n n t — den W u n s c h aussprach, Richard W a g n e r m ö c h t e auf einige Monate München verlassen. Die ihm a b g e n ö t i g t e E n t l a s s u n g h a t der junge König niemals v e r w u n d e n , ebensowenig wie sein G r o ß v a t e r den ihm a b g e r u n g e n e n E r l a ß v o m 16. März 1848. Besonders schwer lastete des Königs Groll auf dem K a b i n e t t s s e k r e t ä r P f i s t e r m e i s t e r und auf dem Minister von der
Bayern u. der Entscheidungskampf um die Vorherrschaft in Deutschland.
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P f o r d t e n , weil sie der nach seiner Ansicht spießbürgerlichen Opposition gegen W a g n e r gleichsam die a m t l i c h e L e g i t i m i e r u n g gaben u n d weil sie sich auch späteren Versuchen des Königs, den Meister z u r ü c k z u r u f e n , in den Weg stellten. Solange der äußere Feind vor den Toren s t a n d , m u ß t e der K ö n i g seinem g e k r ä n k t e n Selbstgefühl S c h r a n k e n auferlegen. Nach d e m Kriege ist die königliche U n g n a d e i m m e r deutlicher in E r s c h e i n u n g get r e t e n . Das erste Opfer war P f i s t e r m e i s t e r . Bald n a c h d e m Friedensschlüsse w u r d e er wegen seiner a b l e h n e n d e n S t e l l u n g zu W a g n e r entlassen u n d an seine Stelle der f r ü h e r e Minister von N e u m a y r gesetzt, von dem m a n sich mehr E n t g e g e n k o m m e n v e r s p r a c h . In der Angelegenheit W a g n e r erblickte sowohl der preußische G e s a n d t e sowie von der P f o r d t e n selbst auch den v o r n e h m s t e n G r u n d z u m Ministerwechsel. Der Gesandte berichtet a m 29. O k t o b e r 1866: „ S u c h t m a n den G r u n d dieser königlichen U n g n a d e , welche den Minister b e d r o h t , so k o m m t m a n immer auf Richard W a g n e r . Dieser i n t r i g a n t e M u s i k a n t r u h t nicht, bis er sich wieder hier in seiner behaglichen E x i s t e n z u n d in der freien Disposition über die königliche Schatulle b e f i n d e t . E r weiß, d a ß von der P f o r d t e n seine E n t f e r n u n g bewirkt h a t , und h a t n u n m e h r den u n glaublichen Einfluß, den er auf den j u n g e n König a u s z u ü b e n v e r s t e h t , dazu b e n ü t z t , seinerseits P f o r d t e n s Stellung zu u n t e r m i n i e r e n 1 ) . " Der Minister selbst ä u ß e r t e am 4. D e z e m b e r z u m preußischen G e s a n d t e n : „Sein R ü c k t r i t t sei aus politischen G r ü n d e n nicht m o t i v i e r t , er w e r d e a b e r die R ü c k k e h r des Königs b e n ü t z e n , u m K l a r h e i t in seine Stellung zu bringen. So schmerzlich es ihm sein m ü ß t e , das V e r t r a u e n des Königs, der ihn seit dem S e p t e m b e r nicht m e h r gesehen, verloren zu h a b e n , so könne er sich doch nichts vorwerfen. Er wisse sehr g u t , d a ß ihn der König von A n f a n g an i m m e r etwas als einen Schulmeister angesehen und gemieden habe. Dann aber sei die Episode mit d e m K o m p o n i s t e n W a g n e r eingetreten, die ihm sein königlicher Herr nicht vergeben könne. Hierin h ä t t e er a b e r den Passionen des Königs keine Konzessionen m a c h e n können, weil, solange er zu den R ä t e n der K r o n e gehöre, er nicht d u l d e n könnte, d a ß der junge König in persönlichem V e r k e h r mit einem Menschen stehe, dessen Moralität und G e s i n n u n g e n in jeder B e z i e h u n g zweif e l h a f t seien und der es sich zur A u f g a b e g e m a c h t habe, den Geist des Königs nicht nur mit u n n ü t z e r , s o n d e r n v i e l m e h r mit g e f ä h r l i c h e r N a h r u n g zu versorgen, um ihn auf diese Weise zu beherrschen. W ä h r e n d er ihn einerseits in die Utopien m o d e r n e r S t a a t s w e i s h e i t e i n z u f ü h r e n suche, befestige er ihn andererseits in der Idee, d a ß einem K ö n i g niem a n d zu widersprechen habe, und verleite ihn zu den u n s i n n i g s t e n Ausgaben. Er habe sein Möglichstes g e t a n , u m den K ö n i g mit S c h o n u n g , a b e r auch mit Ernst auf die Gefahren dieses U m g a n g s a u f m e r k s a m zu machen und habe auch im vorigen J a h r e die E n t f e r n u n g W a g n e r s verBerlin, Hauptarch. des Ausw. Amtes.
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VII. Buch. Drittes Kapitel.
langt. Dies könne ihm der König aber nicht vergeben und deshalb könne er auch nicht im Ministerium bleiben 1 )." Dazu kam noch etwas anderes, was das persönliche Verhältnis des Königs zum Minister längst getrübt h a t t e : daß der Minister auch sonst, zwar in bester Absicht, im Interesse des Staates, aber doch vielleicht in etwas zu schroffen Formen dem König den Ernst der Lage und die Pflicht seiner Stellung in Erinnerung gebracht h a t t e . Daß der Minister den König zu schulmeisterlich behandelte, das hat sein Freund Justizminister von Bomhard in seinen Aufzeichnungen 2 ) ausdrücklich vermerkt, und das hat von der Pfordten selbst dem preußischen Gesandten zugestanden. Der König war froh, den unbequemen Mahner loszuwerden. Wie von der Pfordten selbst berichtet, hat der König den Minister seit September 1866 nicht mehr empfangen und ist er seit Oktober, seit der Rückkehr von der Rundreise in die fränkischen Provinzen, in Verhandlungen mit dem Fürsten Chlodwig von Hohenlohe gestanden. Diesem ließ er auch jenes programmatische Rundschreiben von der Pfordtens vom 5. November zustellen und erteilte die Zustimmung zu seiner Expedition erst, als Hohenlohe erklärte, d a ß es dem künftigen Minister „nicht präjudiziere" 3 ). Wenn trotzdem die Entlassung von der Pfordtens bis zum Ende des Jahres sich verzögerte, so lag der Grund einerseits in der schweren Entschlußfähigkeit des Königs, andererseits in den Widerständen, die sich der Entlassung des Ministers und der Nachfolge Hohenlohes gegenüberstellten, ganz besonders in den Vorstellungen des alten Königs Ludwig I., vor dem der junge Herrscher eine nie völlig überwundene Scheu trug. Ludwig von der Pfordten erfuhr von den Verhandlungen mit Hohenlohe. Am 7. Dezember 1866 teilte er König Ludwig I. den Entschluß mit, sein Amt niederzulegen. Am 10. Dezember reichte er sein Entlassungsgesuch ein, und nun ging die Krisis rasch ihrer Entscheidung zu. Um die Jahreswende genehmigte Ludwig II. in gnädigen Worten das Entlassungsgesuch von der Pfordtens und ernannte den Fürsten Chlodwig von Hohenlohe zum Minister des Äußern und zum Vorsitzenden im Ministerrate. Kurz darauf rechtfertigte er in einem Schreiben an seinen königlichen Großvater vom 13. J a n u a r 1867 die getroffene Entscheidung: „Die Politik Pfordtens im verflossenen J a h r e hat zwar nicht bloß meine volle Zustimmung gehabt, sondern auch die des Landes. Allein er h a t t e eben nicht den erwarteten Erfolg. Das Land hatte die Lasten des Krieges zu tragen und mußte sich einen ungünstigen Frieden gefallen lassen; die natürliche Folge war, daß diejenigen Personen, in deren Händen die Geschicke Bayerns lagen, Onkel Karl und Pfordten, f ü r die eingetretenen Mißerfolge verantwortlich gemacht wurden. Das geschah nicht bloß von Seiten der unteren SchichEbenda. ) v. Bomhard, Tagebuchaufzeichnungen. 3 ) Nachl. Pf. 2
Die innere Politik d. Ministeriums Hohenlohe. — Fortschrittspartei. — Reformen.
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ten der Bevölkerung, sondern in allen S t ä n d e n . So u n v e r s t ä n d l i c h dies sein mag, so läßt sich die T a t s a c h e doch nicht wegleugnen, ebensowenig als die T a t s a c h e , d a ß P f o r d t e n allerorts mit wenigen A u s n a h m e n das V e r t r a u e n im L a n d e verloren h a t t e . W ä r e dies n u r von den O r g a n e n der F o r t s c h r i t t s p a r t e i ausgesprochen worden, so h ä t t e ich gewiß nichts darauf gegeben. Allein die M i ß t r a u e n s ä u ß e r u n g e n k a m e n aus allen politischen Lagern. J e d e r S c h r i t t , den P f o r d t e n u n t e r n a h m , w u r d e von A n f a n g an auf das H e r b s t e kritisiert u n d als verfehlt bezeichnet. Mit einem solchen Minister zu regieren ist eine Sache der Unmöglichkeit, selbst wenn er von den besten Gesinnungen beseelt und mit den reichsten K e n n t n i s s e n a u s g e s t a t t e t ist. P f o r d t e n ist auf diese Weise das unschuldige O p f e r der K a t a s t r o p h e v o m vorigen J a h r e geworden. A m lebh a f t e s t e n h a t dies P f o r d t e n selbst g e f ü h l t , und er w a r es, der es a m e n t schiedensten ausgesprochen h a t . Infolgedessen h a t t e sich desselben eine große Gereiztheit u n d B i t t e r k e i t b e m ä c h t i g t , welche ihn n u r allzuf r ü h v e r a n l a ß t e , seine E n t l a s s u n g zu verlangen, w o m i t er mich a m Tage meiner R ü c k k e h r von der R u n d r e i s e ü b e r r a s c h t e . In H o h e n s c h w a n g a u hegte ich noch H o f f n u n g , ihn beschwichtigen zu können, m u ß t e mich aber bald eines A n d e r e n belehren lassen. P f o r d t e n wollte f o r t ! Dazu k a m noch, d a ß er seine Gereiztheit u n d B i t t e r k e i t a u c h auf das Verhältnis zu mir ü b e r t r u g . In einer hinreichend b e k a n n t e n persönlichen Angelegenheit h a t derselbe Verlangen an mich gerichtet u n d gewisserm a ß e n als B e d i n g u n g seines Verbleibens gestellt, welche mich förmlich g e d e m ü t i g t und die W ü r d e des K ö n i g t u m s b e e i n t r ä c h t i g t h ä t t e n . Ich habe in diesem P u n k t e gewiß keine u n b e r e c h t i g t e E m p f i n d l i c h k e i t w a l t e n lassen, sondern von den u n b e f a n g e n s t e n Personen e i n s t i m m i g das Urteil gehört, d a ß P f o r d t e n zu weit gehe. So m u ß t e ich ihn ziehen lassen. D a r n a c h a b e r bot sich n i e m a n d als Hohenlohe d a r . Die Bef ü r c h t u n g e n , die m a n von ihm hegte, haben sich a b e r nach A u f s t e l l u n g und sorgfältigster B e s p r e c h u n g seines P r o g r a m m s als u n b e g r ü n d e t erwiesen; B o m h a r d werde ich als J u s t i z m i n i s t e r b e h a l t e n . "
Viertes
Kapitel.
Die innere Politik des Ministeriums Hohenlohe. — Fortschrittspartei. — Reformen. A m 29. D e z e m b e r 1866 h a t t e L u d w i g von d e r P f o r d t e n f ü r seinen Nachfolger P l a t z g e m a c h t . D a ß die W a h l gerade auf H o h e n l o h e fiel, d a f ü r w a r neben d e m Mangel an geeigneten Persönlichkeiten u n d neben den f r ü h e r a n g e f ü h r t e n G r ü n den zweifellos z u m mindesten mit e n t s c h e i d e n d die R ü c k s i c h t auf d i e ö f f e n t l i c h e M e i n u n g , die der K ö n i g z w a r nicht hoch s c h ä t z t e , vor der er a b e r b a n g t e , d a f ü r w a r z u m guten Teil m a ß g e b e n d der S t a n d -
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V I I . B u c h . Viertes K a p i t e l .
p u n k t , der Hohenlohe bei einem nicht geringen Teil der öffentlichen Meinung u n d bei der U m g e b u n g des Königs p o p u l ä r m a c h t e , s e i n d e u t s c h e r S t a n d p u n k t . Dazu k a m ein persönliches Interesse: von d e r P f o r d t e n h a t t e die E n t l a s s u n g Richard W a g n e r s erzwungen u n d sich gegen dessen R ü c k k e h r gewehrt. Von Hohenlohe setzte der K ö n i g einen solchen Z w a n g nicht voraus. Das h a t bei der W a h l des Ministers zweifellos mitgesprochen, h a t j e d e n f a l l s den F r e u n d e n Hohenlohes die Arbeit wesentlich erleichtert. #
F ü r s t C h l o d w i g z u H o h e n l o h e - S c h i l l i n g s f ü r s t , geboren 1819 in R o t h e n b u r g an der Fulda, gestorben 1901 in Ragaz, wollte u r s p r ü n g l i c h in den preußischen S t a a t s d i e n s t e i n t r e t e n , u m seinem E h r geiz u n d seinem T a t e n d r a n g ein weiteres Feld zu e r ö f f n e n , u n d überließ d a h e r d e m jüngeren B r u d e r den V o r r a n g im F a m i l i e n f i d e i k o m m i ß . E r s t im J a h r e 1846 ü b e r n a h m er auf dringenden W u n s c h seiner M u t t e r die H e r r s c h a f t Schillingsfürst und w u r d e d a m i t S t a n d e s h e r r und Mitglied der bayerischen R e i c h s r a t s k a m m e r . Hier schloß er sich d e m k l e i n e n l i b e r a l e n K r e i s e an, der vom h o c h b e t a g t e n ehemaligen J u s t i z m i n i s t e r Grafen Heinrich von Reigersberg und dem aus der K n i e b e u g u n g s a f f ä r e b e k a n n t e n Grafen von Giech g e f ü h r t w u r d e . Es ist g r u n d f a l s c h , d a ß Hohenlohe bis 1866 p r e u ß e n f e i n d l i c h und g r o ß d e u t s c h gesinnt gewesen sei. Zur Zeit des F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t s s t a n d er als Reichsgesandter bei den Höfen von T o s k a n a u n d A t h e n im Dienste der F r a n k f u r t e r Reichsregierung u n d des F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t s . In der Zeit des preußischen U n i o n s p r o j e k t e s , 1849, b e k a n n t e er sich i n m i t t e n der d a m a l s ganz g r o ß d e u t s c h gesinnten R e i c h s r a t s k a m m e r f ü r das Dreikönigsbündnis und d a m i t f ü r den engeren B u n d e s s t a a t u n t e r preußischer F ü h r u n g . Im J a h r e 1863 in der Zeit des F r a n k f u r t e r F ü r s t e n t a g e s erklärte er die österreichische R e f o r m a k t e wegen des preußischen W i d e r s t a n d e s von v o r n h e r e i n als völlig aussichtslos: „ P r e u ß e n h a t z w a r die vom F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t a n g e b o t e n e K a i s e r k r o n e abgelehnt, aber soviel h a t jenes A n g e b o t doch b e w i r k t , daß k e i n p r e u ß i s c h e r H e r r s c h e r m e h r e i n e a n d e r e S t e l l u n g in D e u t s c h l a n d e i n n e h m e n k a n n a l s d i e a n d e r Spitze." „ D a s allein", ä u ß e r t e er in jenen Tagen, „sollte von den g r o ß d e u t s c h e n Ideen b e k e h r e n , d a ß es seit so vielen J a h r e n nicht gelungen ist, u n d d a ß es a u c h nie gelingen wird, den Zollverein, der doch so segensreich f ü r das ganze übrige D e u t s c h l a n d wirkt, auf Österreich a u s z u d e h n e n . Das beweist doch klar u n d deutlich, d a ß eine I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t , wie sie zu einem n a t i o n a l e n engeren Bund absolut nötig ist, Österreich gegenüber nicht b e s t e h t . " Vor Ausbruch des Krieges 1866, im April dieses J a h r e s , w i r k t e er in M ü n c h e n in dem Sinne, den Krieg zu vermeiden, insbesondere der von P r e u ß e n vorgeschlagenen E i n b e r u f u n g eines aus direkten W a h l e n h e r v o r g e h e n d e n P a r l a m e n t s z u z u s t i m m e n — beim
D i e innere P o l i t i k d. M i n i s t e r i u m s H o h e n l o h e . — F o r t s c h r i t t s p a r t e i . — R e f o r m e n .
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K ö n i g wie bei der Regierung. Abgesehen v o m J a h r e 1848/49 h a t t e Hohenlohe bis dahin nicht im S t a a t s d i e n s t g e s t a n d e n . Er h a t t e sich s p ä t e r in B a y e r n wohl u m einen G e s a n d t s c h a f t s p o s t e n beworben, der K ö n i g a b e r h a t t e seinem W u n s c h e nicht willfahren, d a von der P f o r d t e n sich in einem G u t a c h t e n dagegen ausgesprochen h a t t e . Nach d e m vielleicht etwas zu diplomatischen Urteil R o b e r t Mohls w a r H o h e n l o h e „ein G e n t l e m a n im besten Sinne des W o r t e s , einfach, a b e r gehalten in der E r s c h e i n u n g und im A u f t r e t e n , liebenswürdig im U m g a n g , ohne viel Initiative im Gespräch, a b e r w a h r und zuverlässig, freilich auch ebenso nachgiebig, als von der P f o r d t e n herrisch und rücksichtslos gewesen sei." Er war zweifellos ein v o r n e h m e r , a u c h intelligenter, a u f g e w e c k t e r Mann, a b e r keine starke, nichts weniger als eine e l e m e n t a r e Persönlichkeit. Politisch war er n a c h seiner H e r k u n f t , seiner Bildung, seiner politischen Vergangenheit in erster Linie ein D e u t s c h e r , erst in zweiter Linie ein Bayer. F ü r seine bayerische Ministerschaft bilden n ä c h s t den S t a a t s a k t e n die wichtigste Quelle die „ D e n k w ü r d i g k e i t e n des F ü r s t e n Chlodwig von H o h e n l o h e " . Die Sensationsausschnitte, die die Z e i t u n g e n aus den D e n k w ü r d i g k e i t e n des F ü r s t e n bei ihrem Erscheinen b r a c h t e n , h a b e n d a s Ansehen dieser Memoiren in der öffentlichen Meinung etwas h e r a b g e d r ü c k t . Manches w ä r e auch besser weggeblieben. Eine ruhige, sachliche P r ü f u n g des Quellenwerkes ergibt jedoch, d a ß der Historiker den H e r a u s g e b e r n zu großem D a n k verpflichtet ist. Sind a u c h die Denkw ü r d i g k e i t e n Hohenlohes von d e m Geiste der G e d a n k e n u n d E r i n n e r u n g e n Bismarcks vielleicht ebenso weit e n t f e r n t wie die s t a a t s m ä n n i s c h e Größe des d r i t t e n Reichskanzlers von der des ersten, so besitzen sie doch den großen Vorzug, d a ß Menschen und Vorgänge nicht in der R e t r o s p e k t i v e gesehen, d a ß die Memoiren nicht nach, sondern w ä h r e n d der Ereignisse geschrieben sind, d a h e r die U n m i t t e l b a r k e i t des Erlebens h a b e n u n d uns ein getreues Bild von den augenblicklichen Verhältnissen u n d S t i m m u n g e n , auch von den inneren W a n d l u n g e n u n d selbst den W i d e r s p r ü c h e n des F ü r s t e n geben. Zu den wertvollsten P a r t i e n zählt das vierte B u c h : „ D a s bayerische Ministerium 1867 bis 1870." Es gibt ein wirklich plastisches Bild v o n d e n B e s t r e b u n g e n u n d Leistungen, aber auch von den H e m m n i s s e n , K ä m p f e n und Intrigen dieser wichtigen Übergangsepoche. Die D a r s t e l l u n g ist u m so wertvoller, als sie sich nicht bloß aus T a g e b u c h notizen, sondern a u c h aus Briefen und selbst a m t l i c h e n A k t e n s t ü c k e n zusammensetzt. Das P r o g r a m m , das der Fürst vor seinem A m t s a n t r i t t dem K ö n i g ü b e r den A u s b a u der inneren S t a a t s e i n r i c h t u n g e n vorlegte, ist d u r c h t r ä n k t v o m Geiste einer neuen Partei in Bayern, der sog. F o r t s c h r i t t s p a r t e i , mit der der Minister auch w ä h r e n d seiner A m t s f ü h r u n g bald geheime, bald offene Beziehungen unterhielt. W a s die altliberale P a r t e i
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V I I . Buch. Viertes Kapitel.
f ü r die Gesetzgebung des J a h r e s 1848, das ist die F o r t s c h r i t t s p a r t e i f ü r die Gesetzgebung u n t e r d e m Ministerium Hohenlohe 1 ). *
Auf d e m ersten, n a c h d e m neuen L a n d t a g s w a h l g e s e t z von 1848 gewählten L a n d t a g e v o m F r ü h j a h r 1849 h a t t e die r a d i k a l - d e m o k r a t i s c h e Linke die Mehrheit gebildet. Ihre radikalen Ü b e r t r e i b u n g e n im Zus a m m e n h a n g mit der a b e b b e n d e n deutschen Bewegung h a t t e n aber noch bei den N a c h w a h l e n im S p ä t s o m m e r 1849 bewirkt, d a ß das Ü b e r gewicht die gemäßigt-liberale Mittelpartei, in gewissem Sinne eine F o r t s e t z u n g der Altliberalen, u n t e r der F ü h r u n g des Freiherrn G u s t a v v o n Lerchenfeld erhielt. Mit dieser gemäßigt liberalen P a r t e i a r b e i t e t e das erste Ministerium von der P f o r d t e n j a h r e l a n g z u s a m m e n — solange es seinem P r o g r a m m einer gemäßigt-liberalen F o r t b i l d u n g der Gesetzg e b u n g des J a h r e s 1848 t r e u blieb. In den s p ä t e r e n J a h r e n geriet die g e m ä ß i g t liberale P a r t e i mit dem Ministerium von der P f o r d t e n in Gegensatz, je m e h r dieses u n t e r gewissen E i n f l ü s t e r u n g e n in die Bahn der R e a k t i o n getrieben w u r d e . D a r ü b e r w u r d e b e k a n n t l i c h das Minis t e r i u m von der P f o r d t e n 1859 gestürzt. Mit d e m neuen Ministerium S c h r e n c k - N e u m a y r stellte G u s t a v von Lerchenfeld nicht bloß den Frieden wieder her, er unterhielt mit ihm so enge Beziehungen, d a ß seine Partei wieder als die ministerielle P a r t e i gelten k o n n t e . Aber gerade in der Zeit des Konfliktes waren entschieden liberale M ä n n e r in den L a n d t a g gewählt worden, denen f ü r die Dauer die Richt u n g G u s t a v von Lerchenfelds nicht g e n ü g t e : so der Mann, der in den Anfangszeiten der bayerischen F o r t s c h r i t t s p a r t e i als die t r e i b e n d e K r a f t f ü r ihren Z u s a m m e n s c h l u ß und ihre erste E n t w i c k l u n g gelten k a n n , der schon ö f t e r e r w ä h n t e vormalige Nördlinger Bürgermeister u n d Publizist K a r l B r a t e r , einer der fähigsten Köpfe dieser Zeit, ein Mann von gründlicher Bildung und d u r c h d r i n g e n d e m V e r s t a n d . Diese entschieden liberalen Elemente d r ä n g t e n aus der g e m ä ß i g t liberalen F r a k t i o n G u s t a v von Lerchenfelds hinaus. Der Loslösungsprozeß w a r nicht mehr a u f z u h a l t e n , t r o t z eines nochmaligen K o m p r o m i ß versuches auf d e m L a n d t a g 1859. Die U n e r b i t t l i c h k e i t der historischen E n t w i c k l u n g h a t t e bereits d r a u ß e n im Leben die Menschen in zwei Heerlager zerteilt. E n d e April 1860 begannen gegen zwanzig Abgeo r d n e t e sich zu gesonderten Besprechungen in der „ S t a d t M ü n c h e n " lose z u s a m m e n z u s c h l i e ß e n , u n t e r ihnen waren Brater, Buhl, der Allgäuer A d v o k a t M a r q u a r d t B a r t h , der einst die K a i s e r d e p u t a t i o n zu Friedrich Wilhelm IV. m i t g e m a c h t , eine ü b e r a u s klare N a t u r , ein Dorn, Anfänge der deutschen Fortschrittspartei in Bayern, 1929; Schwarz Max, Die Fortschrittspartei u. d. sogenannte soziale Gesetzgebung Bayerns im Jahre 1868/69, 1923.
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historisch und juristisch v e r t i e f t e r Geist, der das V e r t r a u e n der ganzen K a m m e r genoß. An seiner Seite sein F r e u n d J o s e p h V o l k , wie j e n e r J u r i s t u n d R e c h t s a n w a l t u n d einer der A g i t a t o r e n der R e i c h s v e r f a s s u n g von 1849, ein Mann aus den Tiefen des Volkes, zeitlebens etwas von den k r a f t v o l l e n Zügen seiner bäuerlichen A b k u n f t a u f w e i s e n d , energisch, klug u n d voll T e m p e r a m e n t . Mit ihnen v e r b a n d e n sich Männer, die in der politischen B e w e g u n g des J a h r e s 1848 schon eine gewisse Rolle gespielt h a t t e n , eine kleinere G r u p p e D e m o k r a t e n , radikale u n d b e t r i e b same Leute von bewegter Vergangenheit, in der R e a k t i o n von der liberalen M a j o r i t ä t s p a r t e i mehr u n d m e h r a u f g e s o g e n ; ihre c h a r a k t e ristischen V e r t r e t e r sind der M i t t e l f r a n k e K a r l C r ä m e r aus Doos und die pfälzischen A b g e o r d n e t e n U m b s c h e i d e n u n d K o l b . J e d e r h a t t e sich durch geschäftliche T ü c h t i g k e i t und Energie von kleinen A n fängen bis zum F a b r i k b e s i t z e r e m p o r g e a r b e i t e t : schon von Berufswegen Verfechter der w i r t s c h a f t l i c h e n Freiheit und Einheit, w u r d e n sie bald zu wichtigen V o r k ä m p f e r n des großen R e i c h s g e d a n k e n s ü b e r h a u p t ; u n d doch sahen sie die Dinge zu einseitig, legten zu unterschiedslos ihre h e u t e und gestern gewonnenen M a ß s t ä b e an, a u ß e r denen sie keine k a n n t e n , n a h m e n zu wenig von dem alten G u t d e u t s c h e r K u l t u r mit h e r ü b e r und w u r d e n d a d u r c h mit zu U r h e b e r n der verhängnisvollen A n t i t h e s e zwischen Geist u n d S t a a t , in welche die neue S c h ö p f u n g so bald geriet. Es ist eine eigenartige Erscheinung, diese beiden d e n k b a r e x t r e m e n R i c h t u n g e n , jene höchstmöglichen Idealisten und diese v o m wirtschaftlichen S t r o m der Zeit e m p o r g e t r a g e n e n M ä n n e r u n t e r einem Dach wohnen zu sehen. Beide G r u p p e n s t a m m e n aus der seit d e m 18. J a h r h u n d e r t m ä c h t i g e m p o r w a c h s e n d e n Welle bürgerlicher K r a f t u n d bürgerlichen E i n flusses, wie sie über mancherlei E t a p p e n hinweg in D e u t s c h l a n d besonders durch den wirtschaftlichen A u f s c h w u n g der f ü n f z i g e r J a h r e zuletzt gefördert worden war von den letzten T r ä g e r n des deutschen. H u m a n i t ä t s i d e a l s bis zu den V e r t r e t e r n modern-kapitalistischen Geistes. Beide wollen rascheren F o r t s c h r i t t im Innern, s t a r k e Z e n t r a l g e w a l t und N a t i o n a l p a r l a m e n t in D e u t s c h l a n d ; beide e r w a r t e n sich aus den Tiefen des Volkes alles Heil, zwar noch nicht u n b e d i n g t gegen die alten Mächte, a b e r keinesfalls durch sie; s c h w e b t den D e m o k r a t e n das Ziel d e m o k r a t i s c h unitarischer Einheit vor, so zielen die Liberalen auf einen p a r l a m e n t a r i s c h s t a r k begrenzten, föderalistisch scharf z u s a m m e n g e f a ß t e n monarchischen B u n d e s s t a a t . Auch sie, die Liberalen, fassen K o n s t i t u t i o n a l i s m u s u n d Föderalismus sehr radikal, k o m p r o m i ß l o s a u f ; die Einzelstaaten werden sehr e i n g e s c h r ä n k t . Dazu k a m die E i n w i r k u n g des d e u t s c h e n Nationalvereins, an dessen G r ü n d u n g , wie schon e r w ä h n t , B r a t e r sowie Crämer beteiligt w a r e n . Die von B r a t e r zuerst in München, d a n n in F r a n k f u r t herausgegebene „ S ü d d e u t s c h e Z e i t u n g " w u r d e geradezu aus Mitteln des D e u t s c h e n Nationalvereins u n t e r h a l t e n — w ä h r e n d das Gros der liberalen P a r t e i
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u n t e r ihren alten F ü h r e r n Lerchenfeld, Graf H e g n e n b e r g an der G r ü n d u n g eines Gegenvereins, des g r o ß d e u t s c h e n R e f o r m v e r e i n s 1862 in F r a n k f u r t a k t i v e n Anteil n a h m . Dazu k a m weiterhin die f o r t s c h r i t t liche E i n w i r k u n g von den U n i v e r s i t ä t e n ; nicht wenige F ü h r e r der s p ä t e ren F o r t s c h r i t t s p a r t e i in ganz D e u t s c h l a n d h a t t e n an den f o r t s c h r i t t l i c h (progressistischen) B e s t r e b u n g e n der S t u d e n t e n s c h a f t t e i l g e n o m m e n , selbst i n n e r h a l b der sonst k o n s e r v a t i v e n Kreise der K o r p s h a t t e n sich solche S t r ö m u n g e n geltend g e m a c h t . Auf d e m L a n d t a g e des J a h r e s 1861 bildeten diese E l e m e n t e u m den Gehalt ihrer leitenden G e d a n k e n f r u c h t b a r zu machen eine besondere F r a k t i o n , auf der F r ü h j a h r s t a g u n g zu N ü r n b e r g 1863 g a b e n sie sich eine förmliche P a r t e i o r g a n i s a t i o n , ein P a r t e i p r o g r a m m u n d den N a m e n „ F o r t s c h r i t t s p a r t e i " . W e n n m a n mit einem W o r t das Wesen dieser P a r t e i a u s d r ü c k e n wollte, m ü ß t e m a n s a g e n : es liegt n i c h t so sehr in d e m I n h a l t als in der I n t e n s i t ä t ihrer F o r d e r u n g e n , sie ist eine ausgesprochene Partei der Bewegung. Das zeigte sich besonders klar in den T a g e n ihrer B e g r ü n d u n g . Die Regierung h a t t e , u n z u f r i e d e n mit ihm, den L a n d t a g E n d e 1862 wieder vorzeitig aufgelöst. Die N e u w a h l e n b r a c h t e n die K o n s t i t u i e r u n g der neuen P a r t e i . Bei Verfolgung der G r ü n d u n g s g e s c h i c h t e ins einzelne spiegelt sich die ganze L e b e n d i g k e i t u n d Energie ihrer b e d e u t e n d e n F ü h r e r u n d die ganze Beweglichkeit der Zeit in ihr ab. Ein W a h l a u f r u f verbreitet das P r o g r a m m über das ganze L a n d . Die Männer, die aus allen Teilen der B e v ö l k e r u n g sich ihm anschlössen, v o r a n die N e u b a y e r n , die S c h w a b e n u n d M i t t e l f r a n k e n , v o r a n das B ü r g e r t u m u n d der gebildete M i t t e l s t a n d , w a r e n getragen von einer Reinheit des Ideals u n d einer A k t i v i t ä t des S t a a t s g e d a n k e n s , wie sie wenige Perioden in solchem Maße aufweisen. Nach dem R e g i e r u n g s a n t r i t t König Ludwigs II. u n d der Wiederkehr des Ministeriums von der P f o r d t e n , schlössen sich die P a r t e i m i t glieder auf einer T a g u n g zu Nördlingen 1864 noch enger z u s a m m e n , n a h m e n eine Revision des N ü r n b e r g e r P a r t e i p r o g r a m m s vor, beschlossen die G r ü n d u n g der lange J a h r e so einflußreichen „ W o c h e n s c h r i f t der F o r t s c h r i t t s p a r t e i " und die H e r a u s g a b e einer a u t o g r a p h i s c h e n Korres p o n d e n z . Begünstigt w u r d e die P a r t e i b i l d u n g noch im J a h r e 1865 d u r c h eine weitere Sezession i n n e r h a l b der g e m ä ß i g t liberalen P a r t e i , von der sich ein r e c h t e r Flügel u n t e r d e m f r ü h e r e n g e m e i n s a m e n Leiter G u s t a v von Lerchenfeld allmählich loslöste, der f o r t a n mit der v o r n e h m lich aus Adeligen und Klerikern z u s a m m e n g e s e t z t e n R e c h t e n ging, f e r n e r d u r c h den unglücklichen A u s g a n g des K a m p f e s u m die Vorherrs c h a f t in D e u t s c h l a n d , der die A u f r e i b u n g der mittleren gemäßigten R i c h t u n g zur Folge h a t t e , ganz besonders a b e r d u r c h die zielbewußte u n d k r a f t v o l l e Leitung u n d die geschickte publizistische V e r t r e t u n g der f ü h r e n d e n Männer. Das wichtigste Organ der F o r t s c h r i t t s p a r t e i , die wichtigste Quelle f ü r ihre Geschichte, eine b e d e u t e n d e Quelle f ü r jene Zeit ü b e r h a u p t , ist
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die W o c h e n s c h r i f t d e r F o r t s c h r i t t s p a r t e i . Sie s t e h t auf ane r k e n n e n s w e r t e r geistiger und moralischer Höhe, u m f a ß t n e u n J a h r gänge von A n f a n g 1865 bis E n d e 1873, ist d e m N a m e n nach redigiert von E. T h . J a c o b in Erlangen, tatsächlich w ä h r e n d der ersten H ä l f t e ihrer Existenzzeit, freilich mit einer längeren U n t e r b r e c h u n g , geleitet u n d großenteils a u c h geschrieben von d e m Publizisten Karl B r a t e r . Sie e n t h ä l t regelmäßig Artikel einer P a r t e i k o r r e s p o n d e n z , dazu f a s t j e d e s m a l eine wertvolle „ W o c h e n s c h a u " , Auszüge aus d e m Inhalt der bayerischen Zeitungen der vergangenen Woche. Da f i n d e n wir n i c h t n u r die f ü h r e n d e n u n t e r den g e s i n n u n g s v e r w a n d t e n B l ä t t e r n v e r t r e t e n , wie die „ M ü n c h n e r Neuesten N a c h r i c h t e n " , die „ A u g s b u r g e r Abendzeit u n g " , den „ F r ä n k i s c h e n K u r i e r " , den „ P f ä l z i s c h e n K u r i e r " , s o n d e r n auch g e s i n n u n g s v e r w a n d t e P r o v i n z b l ä t t e r , gelegentlich bis zu denen geringsten R a n g e s h e r u n t e r . Und ebenso erstrecken sich die B e t r a c h t u n g e n der W o c h e n s c h a u auf die gegnerische bzw. a n d e r s g e s i n n t e Presse; wir stoßen d a v o r allem mit größerer oder geringerer Regelmäßigkeit auf die „Augsb u r g e r P o s t z e i t u n g " , den „ B a y e r i s c h e n K u r i e r " , die „ D o n a u z e i t u n g " , den „ V o l k s b o t e n " , das „ B a y e r i s c h e V a t e r l a n d " ; andererseits auf das „ N ü r n b e r g e r T a g b l a t t " , den „ N ü r n b e r g e r K o r r e s p o n d e n t " , die „ S ü d d e u t s c h e R e i c h s p o s t " , die „ B a y e r i s c h e L a n d e s z e i t u n g " , die „ A u g s b u r g e r Allgemeine Z e i t u n g " . Eine A r t E r g ä n z u n g dieser W o c h e n s c h r i f t nach r ü c k w ä r t s bildet die „ S ü d d e u t s c h e Z e i t u n g " ; sie e r s t r e c k t sich nahezu auf fünf J a h r e , beginnend mit d e m letzten V i e r t e l j a h r von 1859, endend mit d e m ersten H a l b j a h r von 1864; sie erschien anfänglich in München und w u r d e hier von Karl B r a t e r geleitet; seit Mitte 1862 erschien sie in F r a n k f u r t , wo sie mit einer a n d e r e n Zeitung, der von L a m m e r s geleiteten „ Z e i t " verschmolzen u n d von B r a t e r und L a m m e r s gemeinsam redigiert w u r d e . Welches w a r n u n das P r o g r a m m der neuen F o r t s c h r i t t s p a r t e i ? Sie f o r d e r t Gewerbefreiheit, mit a n d e r e n W o r t e n eine soziale Gesetzgebung, Freiheit der A n s ä s s i g m a c h u n g und Verehelichung, F o r t b i l d u n g der W a h l v e r f a s s u n g , allgemeine und gleiche W a h l p f l i c h t , Verbesserung des L a n d t a g s w a h l g e s e t z e s d u r c h Beseitigung der E r s a t z m ä n n e r , die gleichzeitig mit den A b g e o r d n e t e n gewählt w e r d e n m u ß t e n , E i n f ü h r u n g des direkten und geheimen W a h l r e c h t s und gesetzliche Festlegung der W a h l k r e i s e i n t e i l u n g ; selbst der W u n s c h nach E i n f ü h r u n g der P r o p o r t i o n a l w a h l t r i t t schon gelegentlich auf. Noch tiefer und n a c h d r ü c k licher f o r d e r t die neue Partei gründliche R e f o r m der R e i c h s r a t s k a m m e r , A b k ü r z u n g der W a h l - wie der F i n a n z p e r i o d e n , auf dem Gebiete der Rechtspflege A b s c h a f f u n g der T o d e s s t r a f e , größere Freiheit und Una b h ä n g i g k e i t des A d v o k a t e n s t a n d e s , also jenes Standes, der durch seinen V e r k e h r mit allen Bevölkerungsklassen wie durch seine Ü b u n g in der öffentlichen Diskussion ganz besonders geeignet schien, F ü h r e r f ü r ein freies politisches Leben zu s c h a f f e n . Im engsten Anschluß d a r a n verl a n g t e m a n Freigabe der ärztlichen Praxis. A u f s neue erscholl der Ruf D o e b e r 1, Geschichte Bayerns. III.
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nach Beseitigung des u n k o n t r o l l i e r b a r e n , jeder öffentlichen V e r a n t w o r t u n g entzogenen K. K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t e s , a b e r a u c h — und d a r i n gerät Brater eigentlich mit seiner freiheitlichen R i c h t u n g in W i d e r spruch — nach s t r a f f e r e r H e r r s c h a f t des S t a a t e s ü b e r Kirche und Schule. D a m i t gibt der Liberalismus, d e m ohnehin noch von seiner A b s t a m m u n g her der Ruf der Religions- und K i r c h e n f e i n d s c h a f t nachhing, die W a h l parole f ü r eine neue, noch m ä c h t i g e r e P a r t e i o r g a n i s a t i o n von s t r e n g kirchlicher R i c h t u n g aus, welche die in der K o n s e q u e n z des alten liberalen G r u n d g e d a n k e n s eigentlich liegende F o r d e r u n g einer größeren Freiheit der Kirche und der Schule v e r t r i t t . Die kirchenfeindliche H a l t u n g u n t e r g r ä b t schließlich die F ü h r e r s t e l l u n g des Liberalismus. Sie f ü h r t nicht bloß zur Bildung der M e h r h e i t s p a r t e i d e r P a t r i o t e n sondern auch 1872 zur Vereinigung zahlreicher p r o t e s t a n t i s c h e r Kreise, die f r ü h e r zur altliberalen Partei gehört h a t t e n , zu einer k o n s e r v a t i v e n Parteigründung. *
In d e m P r o g r a m m , das F ü r s t Hohenlohe vor seinem A m t s a n t r i t t d e m König ü b e r den Ausbau der inneren S t a a t s e i n r i c h t u n g e n auf f o r t schrittlicher G r u n d l a g e vorlegte, u n d das von König Ludwig II. a u c h genehmigt w u r d e , s t e h t an erster Stelle die B e r a t u n g und D u r c h f ü h r u n g der Sozialgesetze. Schon König Maximilian II. h a t t e in der T h r o n r e d e vom 23. J u n i 1863 eine neue G e w e r b e o r d n u n g und im Z u s a m m e n h a n g e d a m i t eine neue Gesetzgebung über Ansässigmachung, H e i m a t und A r m e n p f l e g e in Aussicht gestellt. Freilich ist sie u n t e r seiner Regierung nicht m e h r zur Erledigung g e b r a c h t worden, ebensowenig wie die geplante Zivilp r o z e ß o r d n u n g . Aber der Weg f ü r die f o r t s c h r i t t l i c h e Gesetzgebung zwischen 1866 u n d 1870 w a r d a m i t gewiesen, insbesondere f ü r die Sozialgesetzgebung. Diese S o z i a l g e s e t z g e b u n g , mit der der N a m e des s p ä t e r e n Finanzministers Emil von Riedel aufs engste v e r k n ü p f t ist, w u r d e e r ö f f n e t mit der G e w e r b e o r d n u n g v o m 3 0 . J a n u a r 1 8 6 8 . Es werden a u f g e h o b e n die Realrechte sowie a u c h die sog. radizierten Gewerbe, die mit d e m Besitz eines G r u n d s t ü c k e s v e r b u n d e n sind. Die Gewerbe sind f ü r alle S t a a t s a n g e h ö r i g e n ohne Unterschied des Geschlechtes u n d Glaubensbekenntnisses frei. G e w e r b e f r e i h e i t wird somit als Regel aufgestellt. Es wird f e r n e r a u f g e h o b e n der Z u n f t z w a n g , d. i. die Pflicht der Angehörigen eines b e s t i m m t e n Erwerbszweiges, ihrer Z u n f t oder I n n u n g beizutreten, und die Befugnis dieser Z u n f t oder I n n u n g die A u f n a h m e zu versagen. Es werden ebenso a u f g e h o b e n das K o n z e s s i o n s s y s t e m , die v o m S t a a t auf Lebenszeit verliehenen Gewerbegerechtigkeiten, mit denen m a n u n t e r Montgelas den Z u n f t zwang zu mildern gesucht h a t t e . Konzessionspflichtig bleiben n u r gewisse Erwerbszweige: die P r i v a t e i s e n b a h n - u n d D a m p f s c h i f f a h r t s u n t e r n e h m u n g e n , die P r i v a t k r e d i t k a s s e n und P r i v a t b a n k e n , die Kommissions-
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g e s c h ä f t e , das A p o t h e k e r - , W i r t s c h a f t s - u n d Trödlergewerbe. Diese Konzession darf I n h a b e r n von Realrechten oder radizierten Gewerben nicht verweigert w e r d e n , falls sie den vorgeschriebenen persönlichen V o r a u s s e t z u n g e n g e n ü g e n ; andererseits müssen a b e r auch die Stellv e r t r e t e r oder P ä c h t e r die f ü r den selbständigen Betrieb erforderlichen E i g e n s c h a f t e n nachweisen. F ü r gewisse a n d e r e Gewerbe ist a m t l i c h e B e s t e l l u n g vorgeschrieben, so f ü r die H a n d e l s m a k l e r , die K r a n e n u n d Eichmeister, die K a m i n k e h r e r u n d W a s e n m e i s t e r . Polizeiliche Bewilligung ist erforderlich f ü r die A u s w a n d e r u n g s a g e n t u r e n , die Vers i c h e r u n g s a n s t a l t e n , die Leihgeschäfte, die S c h a u s t e l l u n g e n , die Badea n s t a l t e n , f ü r die Gesindeverdinger, f ü r die im öffentlichen Interesse f ü r b e s t i m m t e Dienstleistungen besonders aufgestellten Personen usw. Einzelne Gewerbe unterliegen noch besonderen A u s n a h m e b e s t i m m u n g e n : die A u s ü b u n g der Kleinschiffahrt u n d Flößerei ist b e s c h r ä n k t d u r c h die einschlägigen S t a a t s v e r t r ä g e u n d die einheimischen Schiffu n d F l o ß o r d n u n g e n , welch letztere insbesondere einen Ausweis ü b e r F a h r k e n n t n i s e r f o r d e r n ; f ü r die W a n d e r g e w e r b e ist im allgemeinen polizeiliche Erlaubnis, f ü r die W a n d e r l a g e r ortspolizeiliche Bewilligung, f ü r den H a u s i e r h a n d e l E r w e r b u n g eines Hausierscheines vorgeschrieben. Über das Prinzip der G e w e r b e o r d n u n g d r ü c k t e sich der damalige H a n d e l s m i n i s t e r , der Oberpfälzer G u s t a v von Schlör 1 ), vor der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n in K ü r z e dahin a u s : „ J e d e r einzelne soll f o r t a n die freie und u n g e h i n d e r t e V e r f ü g u n g über alle ihm z u s t e h e n d e Arbeitsk r a f t h a b e n , u n d es k ö n n e n bezüglich der Ausgleichung dieser Arbeitsk r a f t n u r jene B e s c h r ä n k u n g e n gelten, welche in einer b e r e c h t i g t e n A n f o r d e r u n g der G e s a m t h e i t b e g r ü n d e t sind . . . Die Gewerbefreiheit wird u n t e r allen U m s t ä n d e n die Folge h a b e n , d a ß in Z u k u n f t d e r j e n i g e , der etwas T ü c h t i g e s leistet, sich a u c h sein Leben zu sichern v e r m a g . " Der zweite große Markstein in der Sozialgesetzgebung zwischen 1866 u n d 1870 w a r das G e s e t z ü b e r H e i m a t , Verehelichung u n d A u f e n t h a l t v o m 25. A p r i l 1 8 6 8 . Welch eine E r l e i c h t e r u n g der E r w e r b u n g des H e i m a t r e c h t e s sowie des R e c h t e s der Verehelichung u n d des A u f e n t h a l t e s b e d e u t e t dieses Gesetz im Vergleich z u m H e i m a t gesetz von 1825! J e d e r bayerische S t a a t s a n g e h ö r i g e h a t nach wie v o r seine u r s p r ü n g l i c h e H e i m a t , u n d zwar in der politischen Gemeinde, in der seine E l t e r n h e i m a t b e r e c h t i g t sind oder zuletzt h e i m a t b e r e c h t i g t w a r e n . Die e r w o r b e n e H e i m a t wird nach d e m neuen Gesetze b e g r ü n d e t : d u r c h Anstellung im öffentlichen Dienste, sei es des S t a a t e s , der Kirche oder der G e m e i n d e ; durch gesetzlich gültige Eheschließung d a s e l b s t ; durch E r w e r b u n g des B ü r g e r r e c h t e s ; d u r c h V e r t r a g mit einer politischen G e m e i n d e ; durch einen m e h r j ä h r i g e n selbständigen A u f e n t h a l t in der Gemeinde. Die bisherigen Eheerschwerungen, das E r f o r d e r n i s der Ansässigkeit, das R e c h t der Gemeinde zu einem „ a b s o l u t Hämmerle Karl, Gustav von Schlör. Ein Beitrag zur bayerischen Geschichte des 19. Jahrh., 1926.
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VII. Buch. Viertes Kapitel.
h i n d e r n d e n W i d e r s p r u c h " u n d die Verweigerung der Verehelichungsbewilligung a u s „ a u ß e r o r d e n t l i c h e n P o l i z e i r ü c k s i c h t e n " w u r d e n beseitigt. Nach wie vor ist jeder Angehörige des bayerischen S t a a t e s berechtigt, sich in j e d e r Gemeinde des Königreiches a u f z u h a l t e n , er h a t j e t z t lediglich i n n e r h a l b von a c h t T a g e n bei der Ortspolizeibehörde Anzeige zu e r s t a t t e n . Doch k a n n die z u s t ä n d i g e Distriktspolizeibehörde in gewissen Fällen f ü r eine gesetzlich b e s t i m m t e Z e i t d a u e r die Ausweisung v e r f ü g e n . Auch A u s l ä n d e r n ist der A u f e n t h a l t in jeder Gemeinde des Königreiches g e s t a t t e t , wenn sie sich ü b e r S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t u n d H e i m a t genügend ausweisen. Auch ihre Ausweisung unterliegt den gleichen B e s t i m m u n g e n wie die der bayerischen S t a a t s a n g e h ö r i g e n . Den d r i t t e n großen Markstein in der Sozialgesetzgebung jener Zeit bildet d a s G e s e t z , d i e ö f f e n t l i c h e A r m e n - u n d Krankenp f l e g e b e t r e f f e n d v o m 2 9 . A p r i l 1 8 6 9 . A u f g a b e der öffentlichen A r m e n p f l e g e i s t : hilfsbedürftige Personen zu u n t e r s t ü t z e n u n d zugleich der V e r a r m u n g e n t g e g e n z u w i r k e n . Diese öffentliche A r m e n p f l e g e obliegt den Orts-, Distrikts- u n d Kreisgemeinden in w e i t g e h e n d e r Weise. Die A r m e n p f l e g e d e r Ortsgemeinde u m f a ß t : 1. die U n t e r s t ü t z u n g hilfsb e d ü r f t i g e r Personen, die in ihr h e i m a t b e r e c h t i g t sind oder deren H e i m a t u n b e k a n n t ist oder die aus der F r e m d e zugereist s i n d ; in den beiden letzteren Fällen h a t die O r t s g e m e i n d e einen E r s a t z a n s p r u c h gegen die H e i m a t g e m e i n d e ; 2. die E r r i c h t u n g und U n t e r h a l t u n g der f ü r die örtliche A r m e n p f l e g e unerläßlichen A n s t a l t e n ( A r m e n h a u s u. a.); 3. U n t e r s u c h u n g ü b e r den S t a n d u n d die Ursachen der A r m u t in der Ortsgemeinde. Die Mittel zur B e s t r e i t u n g der örtlichen Armenpflege s i n d : der L o k a l - A r m e n f o n d s (das f ü r Armenzwecke ausgeschiedene G e m e i n d e v e r m ö g e n ) , die W o h l t ä t i g k e i t s s t i f t u n g e n , S c h e n k u n g e n u n d Vermächtnisse, A b g a b e n f ü r öffentliche V e r a n s t a l t u n g e n und K r a n k e n k a s s a b e i t r ä g e . Die örtliche A r m e n p f l e g e wird besorgt v o m A r m e n p f l e g s c h a f t s r a t , der sich aus den B ü r g e r m e i s t e r n u n d Mitgliedern des Magistrates z u s a m m e n s e t z t . In der D i s t r i k t s g e m e i n d e u m f a ß t die A r m e n p f l e g e die U n t e r s t ü t z u n g der mit A r m e n l a s t e n ü b e r b ü r d e t e n O r t s g e m e i n d e n , die E r r i c h t u n g u n d U n t e r h a l t u n g der hiefür benötigten A n s t a l t e n , wie K r a n k e n - u n d W a i s e n h ä u s e r , die G r ü n d u n g von S p a r u n d V o r s c h u ß k a s s e n . Die D i s t r i k t s a r m e n p f l e g e obliegt dem Distriktsr a t u n d dem D i s t r i k t s r a t s a u s s c h u ß . Dem L a n d r a t e u n d d e m L a n d r a t s a u s s c h u ß u n t e r s t e h t die A r m e n p f l e g e der Kreisgemeinde. Die ö f f e n t liche A r m e n p f l e g e wird u n t e r Oberaufsicht des S t a a t s m i n i s t e r i u m s des Innern durch die V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n ü b e r w a c h t , die auch ü b e r Streitigkeiten e n t s c h e i d e n . Geschlossen w u r d e die Sozialgesetzgebung zwischen 1866 und 1870 mit der G e m e i n d e o r d n u n g f ü r d i e L a n d e s t e i l e d i e s s e i t s d e s R h e i n e s u n d f ü r d i e P f a l z v o m 29. April 1869, welche die S t a a t s aufsicht, wenigstens ü b e r die V e r w a l t u n g der eigentlichen Gemeindeangelegenheiten, e i n s c h r ä n k t e . Nach der G e m e i n d e o r d n u n g diesseits
Die innere Politik d. Ministeriums Hohenlohe. — Fortschrittspartei. — Reformen.
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des Rheines sind die Gemeinden wirkliche öffentliche K ö r p e r s c h a f t e n mit d e m R e c h t e der S e l b s t v e r w a l t u n g n a c h M a ß g a b e der Gesetze. Die in D e u t s c h l a n d h e r g e b r a c h t e U n t e r s c h e i d u n g zwischen S t a d t - , M a r k t - u n d L a n d g e m e i n d e n ist auch in die G e m e i n d e o r d n u n g übergegangen, ebenso wie die U n t e r s c h e i d u n g zwischen m i t t e l b a r e n u n d u n m i t t e l b a r e n S t ä d t e n , zwischen M ä r k t e n mit s t ä d t i s c h e r u n d ortsgemeindlicher Verfassung. In den S t ä d t e n u n d M ä r k t e n mit s t ä d t i s c h e r Verfassung w e r d e n die Gemeindeangelegenheiten besorgt d u r c h den Magistrat als eigentliche V e r w a l t u n g s b e h ö r d e u n d die Gemeindebevollm ä c h t i g t e n als G e m e i n d e v e r t r e t u n g . In den L a n d g e m e i n d e n werden die Gemeindeangelegenheiten d u r c h den G e m e i n d e a u s s c h u ß und die G e m e i n d e v e r s a m m l u n g besorgt. Ihr W i r k u n g s k r e i s ist wie auch nach der pfälzischen G e m e i n d e o r d n u n g ein d o p p e l t e r : der eigentliche, die Gemeindeangelegenheiten, u n d der ü b e r t r a g e n e , die Ortspolizei. Dagegen k e n n t die G e m e i n d e o r d n u n g der P f a l z v o n 1869 keinen U n t e r schied zwischen S t a d t - u n d L a n d v e r f a s s u n g u n d ebensowenig einen Unterschied zwischen u n m i t t e l b a r e n und m i t t e l b a r e n S t ä d t e n . Die S t a a t s a u f s i c h t über die m i t t e l b a r e n G e m e i n d e n wird überall in erster I n s t a n z d u r c h die D i s t r i k t s v e r w a l t u n g s b e h ö r d e n , über die unm i t t e l b a r e n S t ä d t e durch die Kreisregierungen a u s g e ü b t , in beiden Fällen u n t e r der obersten Leitung des z u s t ä n d i g e n S t a a t s m i n i s t e r i u m s . Die S t a a t s a u f s i c h t ü b e r die P o l i z e i v e r w a l t u n g der Gemeinden ist u n b e g r e n z t . Die S t a a t s a u f s i c h t ü b e r die V e r w a l t u n g der eigentlichen Gemeindeangelegenheiten dagegen b e s c h r ä n k t sich auf gewisse Fälle, 1. d a r a u f , d a ß die Gemeinden den Kreis ihrer Befugnisse nicht ü b e r schreiten, 2. d a ß sie ihre öffentlichen V e r p f l i c h t u n g e n erfüllen u n d 3. die gesetzmäßigen Vorschriften ü b e r die G e s c h ä f t s f ü h r u n g b e o b a c h t e n . Die vorgesetzten V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n h a b e n zu diesem Behufe d a s R e c h t der K e n n t n i s n a h m e von der T ä t i g k e i t der G e m e i n d e b e h ö r d e n , insbesondere das R e c h t der A m t s - u n d K a s s a v i s i t a t i o n . Bei der Verw a l t u n g des Gemeinde- und S t i f t u n g s v e r m ö g e n s b e d ü r f e n die G e m e i n d e n zur Verteilung von G e m e i n d e g r ü n d e n , zur V e r ä u ß e r u n g von R e a l i t ä t e n u n d n u t z b a r e n R e c h t e n , zur G r ü n d u n g von G e m e i n d e a n s t a l t e n u. a. der vorherigen G e n e h m i g u n g der v o r g e s e t z t e n V e r w a l t u n g s b e h ö r d e . Dem d u r c h die G e w e r b e o r d n u n g eingeleiteten A u f s c h w u n g des H a n d e l s s t a n d e s t r u g die S t a d t M ü n c h e n R e c h n u n g d u r c h die G r ü n d u n g der höheren S t ä d t i s c h e n H a n d e l s s c h u l e , die a m 7. O k t o b e r 1868 eröffnet w u r d e . Wenige Monate s p ä t e r f a n d die E r ö f f n u n g der von Gottfried N e u r e u t h e r e r b a u t e n T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e in München s t a t t , die seit der Reorganisation der technischen Schulen im J a h r e 1861 ein dringendes B e d ü r f n i s geworden war. Im gleichen J a h r e w u r d e vom S t a a t a u c h die K u n s t g e w e r b e s c h u l e in M ü n c h e n ins Leben gerufen, die m e h r künstlerischen B e s t r e b u n g e n , v o r allem der F ö r d e r u n g des K u n s t g e w e r b e s , das in den folgenden J a h r e n einen ü b e r r a s c h e n d e n A u f s c h w u n g erlebte, dienen sollte.
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VII. Buch. Viertes Kapitel.
Eine neue Periode in der E n t w i c k l u n g des V e r k e h r s w e s e n s leitete das Gesetz v o m 29. April 1869 „die A u s d e h n u n g und Vervolls t ä n d i g u n g der bayerischen S t a a t s b a h n e n , die E r b a u u n g von Vizinalb a h n e n b e t r . " ein, dessen Z u s t a n d e k o m m e n ein Verdienst G u s t a v s von Schlör war, der als D i r e k t o r der Bayerischen O s t b a h n , des g r ö ß t e n P r i v a t u n t e r n e h m e n s dieser A r t im ganzen damaligen D e u t s c h l a n d , reiche E r f a h r u n g e n g e s a m m e l t h a t t e . Mit dem Gesetz, das nicht weniger als n e u n z e h n neue Bahnlinien vorsah, t r a t der E i s e n b a h n b a u in B a y e r n aus d e m S t a d i u m kostspieligen u n d planlosen E x p e r i m e n t i e r e n s h e r a u s u n d w u r d e n a c h den G e s i c h t s p u n k t e n des großen Verkehrs u n d der allgemeinen Länderinteressen geregelt. Die Sozialgesetzgebung bildete die innere V o r a u s s e t z u n g f ü r die Herstellung einer a c h t u n g g e b i e t e n d e n Macht, die H e e r e s r e o r g a n i s a t i o n sollte die ä u ß e r e G r u n d l a g e h i e f ü r s c h a f f e n . Die bisherigen militärischen E r f a h r u n g e n des J a h r e s 1866 wie das neue Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s mit P r e u ß e n f o r d e r t e n eine U m g e s t a l t u n g des bayerischen H e e r w e s e n s : die A b s c h a f f u n g des als u n f ä h i g erwiesenen K o n s k r i p t i o n s s y s t e m s mit seinem S y s t e m der S t e l l v e r t r e t u n g , mit seinen zahlreichen Befreiungen, die wirkliche D u r c h f ü h r u n g des schon in der V e r f a s s u n g aufgestellten G r u n d s a t z e s der allgemeinen W e h r p f l i c h t nach dem Vorbilde der preußischen Heeresverfassung, u n t e r A u f h e b u n g der e n t g e g e n s t e h e n d e n Bes t i m m u n g e n der bayerischen V e r f a s s u n g s u r k u n d e u n d ihrer f ü n f t e n Beilage. Dieses Ziel erreichte das Ministerium Hohenlohe d a n k der M i t a r b e i t eines der t ü c h t i g s t e n Leiter des bayerischen Kriegsministeriums, des Freiherrn von P r a n c k h , mit d e m Gesetz über d i e W e h r v e r f a s s u n g v o m 3 0 . J a n u a r 1 8 6 8 , das der F ü r s t in der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n persönlich v e r t r a t . D u r c h die neue W e h r v e r f a s s u n g erhielt die A r m e e das Gepräge eines Volksheeres. J e d e r B a y e r ist wehrpflichtig u n d k a n n sich in A u s ü b u n g dieser Pflicht nicht v e r t r e t e n lassen. Die W e h r p f l i c h t beginnt mit d e m 1. J a n u a r desjenigen J a h r e s , in d e m der Pflichtige das 21. L e b e n s j a h r vollendet h a t . Der Dienst im s t e h e n d e n Heere d a u e r t sechs J a h r e , drei J a h r e in der a k t i v e n A r m e e u n d drei J a h r e in der R e s e r v e ; die Dienstzeit in der L a n d w e h r d a u e r t f ü n f J a h r e . Das waren die G r u n d z ü g e der neuen B e s t i m m u n g e n . Die E i n r i c h t u n g der K a p i t u l a n t e n , der Einjährig-Freiwilligen u n d der Landwehroffiziere, d a n n die E i n t e i l u n g der L a n d w e h r - I n f a n t e r i e in Bataillone u n d K o m pagnien k a m e n z u r D u r c h f ü h r u n g . Das Königreich w u r d e in zwei Korpsbezirke (München u n d W ü r z b u r g ) geteilt. Die Gefreiten u n d Gemeinen, die bisher mit „ E r " a n g e r e d e t w u r d e n , w o f ü r gewöhnlich das f r e u n d l i c h e r e „ D u " g e b r a u c h t w u r d e , w u r d e n f o r t a n mit „ S i e " angesprochen. Die E i n f ü h r u n g des neuen W e h r g e s e t z e s b r a c h t e gewaltige U m wälzungen auf militärischem Gebiete; sie t r u g schon F r ü c h t e in d e m k o m m e n d e n Feldzug 1870/71. Doch stieß die E i n f ü h r u n g a n f a n g s auf heftigen W i d e r s t a n d , der n a m e n t l i c h bei A b h a l t u n g der ersten Kontroll-
D i e innere Politik d. Ministeriums H o h e n l o h e . — Fortschrittspartei. — R e f o r m e n .
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Versammlungen in A l t b a y e r n zu T ä t l i c h k e i t e n a u s a r t e t e , so d a ß besondere Maßregeln n o t w e n d i g waren. Die W i d e r s p e n s t i g e n w u r d e n nach einer G a r n i s o n s s t a d t v e r b r a c h t , wo sie gleich auf G r u n d des neuen Wehrgesetzes mit a n d e r e n R u h e s t ö r e r n in L a n d w e h r - B a t a i l l o n e gesteckt w u r d e n u n d mehrere W o c h e n von f r ü h bis z u m A b e n d üben m u ß t e n . Dem Ministerium Hohenlohe w a r es auch beschieden, m i t der Z i v i l p r o z e ß o r d n u n g v o m 29. A p r i l 1 8 6 9 , die eine einheitliche Regelung des V e r f a h r e n s in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten f ü r die Landesteile diesseits wie jenseits des Rheins b e g r ü n d e t e , die letzte Zusage des Grundlagengesetzes v o m 4. J u n i 1848 zu erfüllen, die Ö f f e n t lichkeit u n d Mündlichkeit des V e r f a h r e n s auch f ü r den Zivilprozeß d u r c h z u f ü h r e n . Diese P r o z e ß o r d n u n g f ü r bürgerliche Rechtsstreitigkeiten sollte der letzte b e d e u t e n d e A k t der L a n d g e s e t z g e b u n g auf d e m Gebiete des bayerischen Rechtslebens sein, u n m i t t e l b a r vor dessen Einm ü n d u n g in die allgemeine d e u t s c h e R e c h t s e n t w i c k l u n g . Die Absichten des F ü r s t e n Hohenlohe gingen weiter. Eine der p r o g r a m m a t i s c h e n F o r d e r u n g e n der F o r t s c h r i t t s p a r t e i w a r sowohl eine R e f o r m d e r R e i c h s r a t s k a m m e r 1 ) auf b e r u f s s t ä n d i g e r G r u n d l a g e als auch ein z e i t g e m ä ß e r e s W a h l g e s e t z f ü r die K a m m e r der Abg e o r d n e t e n . Schon das Nördlinger P r o g r a m m im Sinne der F o r t s c h r i t t s partei v o m 20. N o v e m b e r 1864 enthielt die F o r d e r u n g nach Revision des Wahlgesetzes v o m 4. J u n i 1848. Nach d e m D e u t s c h e n Kriege f o r d e r t e im N o v e m b e r 1866 a u c h der Arbeiterverein in N ü r n b e r g eine A b ä n d e r u n g des Wahlgesetzes, er v e r l a n g t e allgemeines, gleiches u n d direktes W a h l r e c h t mit geheimer A b s t i m m u n g . Ihm schloß sich a m 21. J a n u a r 1867 der Z e n t r a l a u s s c h u ß der Arbeiter in A u g s b u r g an. Dieser A n t r a g w u r d e von d e m f o r t s c h r i t t l i c h e n A b g e o r d n e t e n f ü r N ü r n berg, Crämer, aufgegriffen u n d von einem a n d e r e n f o r t s c h r i t t l i c h e n A b g e o r d n e t e n , Fischer, in der zweiten K a m m e r v e r t r e t e n . A m 20. F e b r u a r 1867 stellte Fischer im vierten Ausschusse den A n t r a g , an den König die Bitte zu richten, eine Revision des Wahlgesetzes v o m 4. J u n i 1848 a n z u o r d n e n u n d einen Gesetzesentwurf an den L a n d t a g zu bringen, der die direkte W a h l der A b g e o r d n e t e n und die geheime A b s t i m m u n g verfüge, die W a h l b e z i r k e feststelle und die E r s a t z m ä n n e r w a h l e n beseitige. Der A u s s c h u ß erklärte sich zwar mit den beiden letzten F o r d e r u n g e n grundsätzlich e i n v e r s t a n d e n , b e m e r k t e aber, d a ß er eine Revision des W a h l g e s e t z e s nicht als absolut dringend a n z u e r k e n n e n v e r m ö c h t e . Die Mehrheit der K a m m e r lehnte in der öffentlichen Sitzung v o m 16. März 1867 den A n t r a g ab. Die Zahl der lebenslänglichen Reichsräte sollte dadurch vermehrt werden, daß zu den v o m Kön g ernannten auch g e w ä h l t e Mitgl eder traten. Durch Wahl sollten berufen w e r d e n : je ein Vertreter der drei Universitäten, der beiden A k a d e mien der W i s s e n s c h a f t e n und der K ü n s t e und der P o l y t e c h n i s c h e n Hochschule, je ein Vertreter der H a n d e l s - und G e w e r b e k a m m e r n in den a c h t Kreisen, je ein Vertreter v o n d e n 3 0 0 höchstbesteuerten Grundbesitzern jedes Kreises und v o n den drei h ö c h s t b e s t e u e r t e n Einwohnern der u n m i t t e l b a r e n S t ä d t e jedes Kreises.
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V I I . Buch. Fünftes Kapitel.
T r o t z d e m g l a u b t e Fürst Hohenlohe den F o r d e r u n g e n der Zeit e n t g e g e n k o m m e n zu sollen. Nach d e m Schlüsse des L a n d t a g s schrieb er a m 26. N o v e m b e r 1867 an den Minister des Innern, Freiherrn von P e c h m a n n , er halte es f ü r angemessen, d a ß die S t a a t s r e g i e r u n g die Initiative zur Beseitigung von Mängeln des Wahlgesetzes nicht der F o r t s c h r i t t s p a r t e i überlasse, s o n d e r n , wenn a u c h z u n ä c h s t n u r im Wege f r a g m e n t a r i s c h e r Gesetzgebung, die wichtigsten Verbesserungen treffe, die großen Urwahlbezirke in kleinere mit n u r einem A b g e o r d n e t e n zerlege, .die E r s a t z w a h l e n a u f h e b e u n d Urwählerlisten herstelle. Der S t a a t s m i n i s t e r des Innern e r k a n n t e zwar in seiner A n t w o r t v o m 3. Dez e m b e r 1867 die A u f h e b u n g der E r s a t z w a h l e n und die Herstellung von UrWählerlisten als w ü n s c h e n s w e r t an, e r k l ä r t e sich aber gegen eine Ä n d e r u n g d e r W a h l b e z i r k e , v e r t r a t ü b e r h a u p t die Ansicht, d a ß das Wahlgesetz des J a h r e s 1848 auf breitester d e m o k r a t i s c h e r G r u n d l a g e beruhe u n d immer als das freisinnigste in allen konstitutionellen S t a a t e n gegolten, bis j e t z t a u c h den Bedürfnissen und W ü n s c h e n des L a n d e s e n t s p r o c h e n habe. D a s w a r a m E n d e des J a h r e s 1867, f a s t zu derselben Zeit, da das v o m N o r d d e u t s c h e n B u n d e erlassene Gesetz f ü r die Zollparlamentswahlen mit seinem allgemeinen und direkten W a h l r e c h t auch in Bayern A u f n a h m e f a n d . Am 21. März 1868 w u r d e die S t a a t s r e g i e r u n g interpelliert, w a n n sie den E n t w u r f eines auf den gleichen G r u n d l a g e n b e r u h e n d e n , neuen L a n d t a g s w a h l g e s e t z e s vorzulegen gedenke. Die V e r t r e t e r der Interpellation w a r e n ein f ü h r e n d e s Mitglied der F o r t s c h r i t t s p a r t e i und e i n f ü h r e n d e s Mitglied der R e c h t e n : Dr. M a r q u a r d t B a r t h und Dr. J ö r g . In den kritischen T a g e n gegen E n d e des J a h r e s 1869, d a sein Ministerium zu E n d e ging, k a m F ü r s t H o h e n l o h e auf diesen „ d r i n g e n d s t e n W u n s c h sämtlicher P a r t e i e n " z u r ü c k . In d e m A n t r a g e v o m 1. Dezember 1869 e r b a t er sich v o m Könige die E r m ä c h t i g u n g , schon in der n ä c h s t e n T h r o n r e d e die Erf ü l l u n g des W u n s c h e s in Aussicht zu stellen. In der T a t versprach die T h r o n r e d e v o m 17. J a n u a r 1870 bei E r ö f f n u n g des neuen L a n d t a g s , den E n t w u r f zu einem W a h l g e s e t z auf der G r u n d l a g e des direkten W a h l r e c h t e s vorzulegen. Doch damals, E n d e 1869, r a n g das Minister i u m H o h e n l o h e bereits u m seinen B e s t a n d .
Fünftes
Kapitel.
D i e d e u t s c h e Politik d e s Ministeriums H o h e n l o h e . Man h a t g e r a d e in der preußischen Politik des J a h r e s 1866, in der vorsichtigen u n d maßvollen N e u o r d n u n g D e u t s c h l a n d s , in der Bes c h r ä n k u n g des d e u t s c h e n B u n d e s s t a a t e s z u n ä c h s t auf N o r d d e u t s c h l a n d , ohne d a ß dieser der V e r b i n d u n g mit dem Süden völlig e n t s a g t e , vor allem in der s c h o n e n d e n B e h a n d l u n g Österreichs und B a y e r n s die beste Bürgs c h a f t f ü r die Z u k u n f t D e u t s c h l a n d s erblickt. Sybel h a t Bismarcks
Die deutsche Politik des Ministeriums Hohenlohe.
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Politik ein Meisterwerk g e n a n n t , und erst j ü n g s t h a t der E n g l ä n d e r Gooch in seinem Buche „ G e r m a n y " g e s c h r i e b e n : „ D i e unvergleichliche, w a h r h a f t s t a a t s m ä n n i s c h e Größe B i s m a r c k s o f f e n b a r t e sich in seinen diplomatischen Erfolgen nicht mehr als in der weisen Mäßigung, mit der er sie g e b r a u c h t e . " Ganz a n d e r s urteilt O t t o k a r Lorenz in seinem gegen Sybel geschriebenen W e r k „ K a i s e r Wilhelm und die B e g r ü n d u n g des Reiches". Er bezeichnet Bismarcks Politik als einen diplomatischen Erfolg ersten Ranges nicht f ü r P r e u ß e n sondern f ü r B a y e r n , als ein Ü b e r m a ß von Nachsicht an einem zu Boden geworfenen Gegner, als unglaubliche S c h w ä c h e . E r sieht in Bismarck das h e m m e n d e Moment, das die sofortige Lösung der d e u t s c h e n Frage v e r h i n d e r t habe, in der Politik Bismarcks gegenüber B a y e r n die v e r w u n d b a r s t e Stelle in seinem ganzen S y s t e m . Sein König h a b e energischer g e d a c h t von d e u t s c h e r E i n h e i t , als d a ß ihn das befriedigt h ä t t e , was ihm d u r c h den Krieg von 1866 zu erreichen möglich gewesen. Gewiß w a r König Wilhelm I. von d e m nicht völlig befriedigt, was P r e u ß e n d u r c h den Krieg von 1866 gewonnen. Aber befriedigt w a r auch Bismarck nicht, noch weniger als König Wilhelm. O t t o k a r Lorenz h a t d u r c h seine A u s f ü h r u n g die A n s c h a u u n g nicht ü b e r w u n d e n , d a ß Bismarck von jeher mehr als sein König das ganze a u ß e r ö s t e r reichische D e u t s c h l a n d in den Kreis seiner E r w ä g u n g e n gezogen h a t , natürlich z u n ä c h s t u n t e r d e m Gesichtswinkel einer preußischen Hegemonie. Bismarck h a t es zwischen 1866 u n d 1870 wiederholt ausgesprochen, d a ß er sich den augenblicklichen Z u s t a n d n u r als v o r ü b e r g e h e n d denke, d a ß er in d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e n u r das erste S t a d i u m zu einer vollen E i n i g u n g D e u t s c h l a n d s erblicke. Das n ä c h s t e Ziel Bismarcks w a r u n d m u ß t e sein eine möglichst s t r a f f e A n z i e h u n g der Bundesgewalt ü b e r das eigentliche Lebensgebiet Preußens, ü b e r N o r d d e u t s c h l a n d . Dazu k a m das P r o g r a m m u m f a s s e n der A n n e x i o n e n i n n e r h a l b dieses preußischen Lebensgebietes u m die beiden H ä l f t e n P r e u ß e n s m i t e i n a n d e r zu v e r b i n d e n . W e n n n u n Bism a r c k mit diesem d o p p e l t e n Ziele gleichzeitig die D u r c h f ü h r u n g des B u n d e s r e f o r m p r o g r a m m s v o m 9. April u n d 10. J u n i 1866 möglich gehalten h ä t t e , mit a n d e r e n W o r t e n die A u s d e h n u n g des B u n d e s s t a a t e s ü b e r ganz S ü d d e u t s c h l a n d , gewiß er h ä t t e sie zweifellos schon d a m a l s in Angriff g e n o m m e n . W e n n er auf eine A u s d e h n u n g der B u n d e s r e f o r m auf ganz D e u t s c h l a n d z u n ä c h s t verzichtete, so müssen ihn schwere Bedenken dazu b e s t i m m t h a b e n . Es gab in Wirklichkeit f ü r einen D i p l o m a t e n sehr b e d e u t u n g s volle R ü c k s i c h t e n : vor allem der zwar nicht erfolgte, a b e r j e d e n T a g zu e r w a r t e n d e E i n s p r u c h N a p o l e o n s ; dazu k a m a b e r a u c h die R ü c k s i c h t auf die zu besorgenden E i n s p r ü c h e E n g l a n d s u n d R u ß l a n d s . W e n n m a n alle diese Gegner h e r a u s f o r d e r t e , d a n n s t a n d m a n schließlich schon im J a h r e 1866 vor einem W e l t k r i e g . Dazu k a m die R ü c k s i c h t
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VII. Buch. Fünftes Kapitel.
auf die S t i m m u n g der D y n a s t i e u n d der B e v ö l k e r u n g in B a y e r n , die m a n n u r d u r c h eine schonende B e h a n d l u n g in die Wege einer neuen Politik leiten k o n n t e . Wie z a r t ist B i s m a r c k s p ä t e r noch mit B a y e r n verf a h r e n ! Der D e u t s c h e B u n d w a r innerlich in seiner E x i s t e n z b e d r o h t , wenn m a n Bayern in diesen B u n d zwang. W a s vollends, wenn m a n es auch noch territorial v e r s t ü m m e l t h ä t t e ? Eine P r ü f u n g der Verhältnisse ergibt, d a ß Bismarck gerade mit seiner M a ß h a l t u n g Realpolitik getrieben h a t . *
Ein idealer Z u s t a n d w a r allerdings die Lage D e u t s c h l a n d s zwischen 1866 u n d 1870 n i c h t : neben d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e die d e u t s c h österreichischen K r o n l ä n d e r u n d die s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n Bayern, W ü r t t e m b e r g , B a d e n u n d Hessen. Aber es w a r doch eine b e w u ß t e Ü b e r t r e i b u n g , wenn Napoleon seinen Franzosen einreden wollte, Deutschland sei zu einem bloßen geographischen Begriff geworden. Die nervöse S t i m m u n g in F r a n k r e i c h zeugt v o m Gegenteil. Und es ist eine Übert r e i b u n g , wenn O t t o k a r Lorenz diesem Kapitel d e u t s c h e r E n t w i c k l u n g die Bezeichnung g i b t : „ D e u t s c h l a n d in seiner g r ö ß t e n Z e r s p l i t t e r u n g . " Der N o r d d e u t s c h e B u n d w a r ein m ä c h t i g e r B u n d e s s t a a t , „eine d e u t s c h e F e s t u n g , nicht bloß u m die Inwohner, sondern auch u m die A u ß e n b ü r g e r zu s c h ü t z e n " , ein S t a a t mit moralischer E r o b e r u n g s f ä h i g keit. Bismarck k o n n t e s a g e n : „ W e n n P r e u ß e n n u r erst den Norden D e u t s c h l a n d s z u s a m m e n f a ß t , d a n n wird ihm das weitere von selbst zuf a l l e n . " Und diesen N o r d d e u t s c h e n B u n d v e r k n ü p f t e n schon d a m a l s k r ä f t i g e Bindemittel m i t den s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n : die militärische Allianz nicht bloß mit Bayern, die im Falle eines Krieges die Streitk r ä f t e S ü d d e u t s c h l a n d s u n t e r preußischer F ü h r u n g z u s a m m e n f a ß t e , eine K e t t e , die das ganze außerösterreichische D e u t s c h l a n d zu S c h u t z u n d T r u t z v e r e i n i g t e ; u n d d a n n der allgemeine D e u t s c h e Zollverein, der wohl weiter entwickelt, a b e r nicht aufgelöst w e r d e n konnte, ohne das Lebensinteresse der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n zu schädigen, eine Einricht u n g , die schon in den ersten J a h r e n vielleicht m e h r Sorgen f ü r Deutschland g e b r a c h t h a t t e als der ganze D e u t s c h e B u n d w ä h r e n d der f ü n f z i g J a h r e seines Bestehens. Das W e i t e r e k o n n t e m a n der Zeit und der Arbeit n a t i o n a l g e s i n n t e r M ä n n e r diesseits wie jenseits des Mains überlassen. Allerdings gab es in B a y e r n Leute, die wollten, d a ß gar nichts geschehe, denen es a u ß e r o r d e n t l i c h schwer w u r d e , sich in den neuen G a n g der d e u t s c h e n Verhältnisse zu f ü g e n . Aber das war keineswegs die Stimm u n g des Gesamtvolkes, auch nicht der Mehrheit der politisch selbs t ä n d i g d e n k e n d e n Bevölkerung. Die Dinge h a t t e n sich damals, v o r ü b e r g e h e n d wenigstens, im Gegens a t z zu f r ü h e r a b e r auch zu s p ä t e r , nicht unerheblich g e ä n d e r t , a u c h selbst in Gegenden, die als H o c h b u r g e n der k a t h o l i s c h - k o n s e r v a t i v e n oder p a t r i o t i s c h e n P a r t e i galten. Die große P a r t e i der Gemäßigtliberalen, die sog. Mittelpartei, v e r k ü n dete d u r c h den M u n d ihres Führers, des K a m m e r p r ä s i d e n t e n u n d S t a a t s -
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rechtslehrers P ö z l : „Mit Österreich wird kein V e r n ü n f t i g e r sobald wieder ein B ü n d n i s e i n g e h e n . " Und doch w a r bei A u s b r u c h des d e u t s c h e n Krieges dieselbe Mittelpartei und d a m i t die Mehrheit der bayerischen Liberalen g r o ß d e u t s c h gesinnt gewesen. Die bayerische F o r t s c h r i t t s p a r t e i vollends wollte schon d a m a l s im G r u n d e des Herzens nichts a n d e r e s als den E i n t r i t t Bayerns in den N o r d d e u t s c h e n B u n d , T e i l n a h m e B a y e r n s an den V e r f a s s u n g s b e r a t u n g e n des N o r d d e u t s c h e n Bundes. *
Der N a m e des F ü r s t e n Hohenlohe b e d e u t e t e in der d e u t s c h e n Frage ein P r o g r a m m . In diesem Sinne w u r d e sein Ministerium in den n a t i o n a l e n Kreisen b e g r ü ß t . In der T a t bildete die d e u t s c h e Frage den M i t t e l p u n k t schon in seinem p r o g r a m m a t i s c h e n R u n d s c h r e i b e n v o m 24. F e b r u a r 1867, das sich in seinem ä u ß e r e n A u f b a u an das erw ä h n t e R u n d s c h r e i b e n von der P f o r d t e n s v o m 5. N o v e m b e r a n l e h n t 1 ) . Dieser sprach hier offen aus, d a ß eine i n t e r n a t i o n a l e Allianz mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e f ü r die D a u e r nicht ausreichen werde, u m die Selbständigkeit des Königreichs zu e r h a l t e n . „ W ä r e B a y e r n ein S t a a t , der sich selbst genügen k ö n n t e , w ä r e n wir in v o l k s w i r t s c h a f t l i c h e r Beziehung auf uns allein angewiesen und in der Lage, u n a b h ä n g i g u n d g e t r e n n t v o m übrigen D e u t s c h l a n d wie die Schweiz oder Belgien zu bestehen, so w ü r d e die G e f a h r geringer sein. Allein wir stehen in so enger historischer, nationaler u n d k o m m e r z i a l e r V e r b i n d u n g mit d e m übrigen D e u t s c h l a n d , d a ß ein Beharren in der Isolierung, welche ein Zerreißen dieser Beziehungen und V e r b i n d u n g e n zur Folge h a b e n k ö n n t e , unsere politische Stellung u n d unsere materiellen Interessen in gleichem Maße g e f ä h r d e n w ü r d e . W e r auf die Selbständigkeit Belgiens u n d der Schweiz hinweist, der vergißt eben dieses t a t s ä c h l i c h noch b e s t e h e n d e nationale und volkswirtschaftliche B a n d , der v e r g i ß t den nicht zu u n t e r s c h ä t z e n d e n Trieb der d e u t s c h e n S t ä m m e n a c h größerer E i n i g u n g und die gerade aus d e m letzteren M o m e n t f ü r die S o u v e r ä n i t ä t d e r einzelnen D y n a s t i e n hervorgehende G e f a h r . " Z u r E r h a l t u n g Bayerns und z u m Heile D e u t s c h l a n d s sei die A n b a h n u n g eines das g e s a m t e D e u t s c h l a n d u m s c h l i e ß e n d e n n a t i o n a l e n Bandes, der A b s c h l u ß eines Verfassungsbündnisses mit d e m übrigen D e u t s c h l a n d u n d B a y e r n , selbst wenn a u c h mit Ausschluß Österreichs, unerläßlich, — soweit dies u n t e r W a h r u n g der bayerischen S o u v e r ä n i t ä t s r e c h t e möglich wäre. Aber a u c h Hohenlohe teilt in seinem R u n d s c h r e i b e n mit seinem A m t s v o r g ä n g e r die Ansicht, d a ß 1866 ein vorbehaltloser E i n t r i t t in den N o r d d e u t s c h e n B u n d einer Mediatisierung n a h e g e k o m m e n wäre. Er schließt seine A u s f ü h r u n g e n mit den b e m e r k e n s w e r t e n W o r t e n : „ N a c h diesen B e m e r k u n g e n fasse ich meine A u f g a b e in d e m Satze l ) Über die Vorgeschichte dieses Rundschreibens vgl. Schlißler W., Kampf um Süddeutschland 1867, 7 8 f f .
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z u s a m m e n : Ein V e r f a s s u n g s b ü n d n i s mit d e m übrigen D e u t s c h l a n d , wenn auch mit Ausschluß Österreichs, a n z u b a h n e n , wenn u n d soweit dies u n t e r W a h r u n g der bayerischen S o u v e r ä n i t ä t s r e c h t e möglich ist, bis zur E r r e i c h u n g dieses Zieles a b e r Einigung der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n mit d e m d e u t s c h e n Norden f ü r b e s t i m m t e Zwecke der g e m e i n s c h a f t lichen Verteidigung gegen f r e m d e n Angriff und der gemeinsamen Pflege der materiellen Interessen, s o d a n n energische G e s t a l t u n g der eigenen M a c h t v e r h ä l t n i s s e , d a m i t ein B ü n d n i s mit uns e r w ü n s c h t erscheint u n d g e w a l t s a m e B e e i n t r ä c h t i g u n g e n unserer R e c h t e f e r n g e h a l t e n w e r d e n . In allen diesen R i c h t u n g e n ist die S t a a t s r e g i e r u n g b e s t r e b t , möglichst gleichartig u n d gemeinschaftlich mit den übrigen s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n vorzugehen." W i e er im einzelnen dieses P r o g r a m m a u s z u f ü h r e n g e d a c h t e , wird im folgenden zu zeigen sein. Das Wichtigste w a r z u n ä c h s t : H o h e n l o h e galt f o r t a n allen nationalen M ä n n e r n als lebendige G a r a n t i e d a f ü r , d a ß in B a y e r n nationale Politik betrieben werde. Und H o h e n l o h e h a t diese B ü r g s c h a f t gehalten, oft u n t e r den schwierigsten Verhältnissen, n a m e n t l i c h in zwei bedeutungsvollen M o m e n t e n . *
Die französischen K o m p e n s a t i o n s f o r d e r u n g e n waren zwar seit A u g u s t 1866 f ü r den Augenblick v e r s t u m m t . Aber die öffentliche Meinung F r a n k r e i c h s w a r m i ß m u t i g . Die S t i m m u n g gegen Napoleon w a r bereits d e r a r t gereizt, d a ß Thiers ä u ß e r t e : „ E s darf kein einziger Fehler weiter von der kaiserlichen Politik g e m a c h t w e r d e n . " U m die W e n d e des J a h r e s 1866/67 k a m Kaiser Napoleon auf die K o m p e n s a t i o n s f o r d e r u n g e n z u r ü c k . Bismarck h a t t e d e m Kaiser der Franzosen deutlich zu e r k e n n e n gegeben, d a ß an die A b t r e t u n g d e u t schen Gebietes niemals zu d e n k e n sei. Aber er h a t t e gleichzeitig d u r c h Ä u ß e r u n g e n gegenüber dem französischen B o t s c h a f t e r B e n e d e t t i beim Kaiser den Glauben erweckt, d a ß er der E r w e r b u n g a u ß e r d e u t s c h e r Gebiete keine Schwierigkeiten m a c h e n werde. Napoleon warf j e t z t wie schon f r ü h e r sein Auge auf L u x e m b u r g . Dieses w a r durch persönliche Union mit dem Königreich der Niederlande v e r b u n d e n . Es gehörte allerdings z u m Deutschen B u n d , aber seit d e m J a h r e 1866 w a r eben das Band des Deutschen B u n d e s z e r s c h n i t t e n . Doch zählte es noch i m m e r z u m D e u t s c h e n Zollverein u n t e r preußischer F ü h r u n g u n d die P r e u ß e n h a t t e n das Garnisonsrecht in L u x e m b u r g . König Wilhelm III. der Niederlande w a r geneigt, dieses L u x e m b u r g u m einen K a u f p r e i s an Napoleon a b z u t r e t e n . Er selbst w a r ohne Kinder, seine F r a u w a r a n t i p r e u ß i s c h u n d auch die B e v ö l k e r u n g t r o t z der überwiegend d e u t s c h e n A b s t a m m u n g a n t i d e u t s c h gesinnt. Als der französische B o t s c h a f t e r neuerdings die L u x e m b u r g i s c h e Frage bei Bismarck anregte, wich dieser einer z u s t i m m e n d e n E r k l ä r u n g aus, wies vielmehr auf die E m p f i n d l i c h k e i t des w a c h s e n d e n d e u t s c h e n
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N a t i o n a l g e f ü h l s seit den letzten J a h r e n hin, ließ a b e r i m m e r h i n d u r c h blicken, d a ß F r a n k r e i c h besser tue, allein, ohne P r e u ß e n v o r h e r a m t l i c h d a v o n zu benachrichtigen, vorzugehen, u n d b e s t ä r k t e d a m i t die F r a n zosen in d e m Glauben, als ob er ihnen bei der E r w e r b u n g L u x e m b u r g s keine Schwierigkeiten bereiten wolle. Bismarck h a t t e zwar nicht, wie m a n g e m e i n t h a t , die A b s i c h t , die Franzosen in eine Falle zu locken u n d den u n v e r m e i d l i c h e n Krieg zu beschleunigen. W o h l a b e r wollte er das L u x e m b u r g i s c h e K a u f g e s c h ä f t zu Falle bringen, jedoch so, d a ß ihm der Kaiser die Schuld nicht beimessen k o n n t e . Sobald er aus d e m H a a g e r f a h r e n h a t t e , d a ß der A b s c h l u ß des L u x e m b u r g i s c h e n Vertrages n a h e b e v o r s t e h e , u n d d a ß der König der Niederlande ihn u n t e r z e i c h n e n werde, wenn P r e u ß e n keinen E i n s p r u c h erhebe, v e r a n l a ß t e er den F ü h r e r der neuen n a t i o n a l liberalen P a r t e i , Bennigsen, eine Interpellation ü b e r die L u x e m b u r g i s c h e Frage im N o r d d e u t s c h e n Reichstag e i n z u b r i n g e n : ob die R e g i e r u n g bereit sei, die Loslösung eines alten d e u t s c h e n L a n d e s v o m G e s a m t v a t e r l a n d e zu v e r h ü t e n u n d ihr Besetzungsrecht zu b e h a u p t e n ; sie werde die ganze d e u t s c h e N a t i o n ohne R ü c k s i c h t auf P a r t e i z u g e h ö r i g keit h i n t e r sich h a b e n . Bismarck e r w i d e r t e : er wisse nicht, ob ein derartiger V e r t r a g mit F r a n k r e i c h bereits abgeschlossen sei oder vielleicht u n m i t t e l b a r bevorstehe. „ D i e v e r b ü n d e t e n Regierungen g l a u b e n , d a ß keine f r e m d e M a c h t zweifellose R e c h t e d e u t s c h e r S t a a t e n u n d d e u t s c h e r Bevölkerungen b e e i n t r ä c h t i g e n werde. Sie hoffen i m s t a n d e zu sein, solche R e c h t e zu w a h r e n und zu schützen auf d e m Wege friedlicher V e r h a n d l u n g e n ohne G e f ä h r d u n g der f r e u n d s c h a f t l i c h e n Beziehungen, in welchen sich D e u t s c h l a n d bisher zur G e n u g t u u n g der v e r b ü n d e t e n Regierungen mit seinen N a c h b a r n b e f i n d e t . " Schon v o r h e r h a t t e er den Vorwurf eines a n d e r n A b g e o r d n e t e n , d a ß die R e g i e r u n g nicht n u r L u x e m b u r g , sondern auch S ü d d e u t s c h l a n d preisgegeben habe, d a m i t b e a n t w o r t e t , d a ß er die geheimen Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s s e v o m A u g u s t 1866 b e k a n n t g a b . Ein W a r n u n g s s i g n a l , d a ß F r a n k r e i c h bei einem K o n f l i k t e es nicht allein mit P r e u ß e n zu t u n h a b e . Die K u n d g e b u n g Bismarcks genügte, u m den König der N i e d e r l a n d e z u m R ü c k t r i t t von d e m K a u f v e r t r a g e mit F r a n k r e i c h zu b e w e g e n : er wollte nicht die V e r a n t w o r t u n g f ü r einen europäischen Krieg ü b e r n e h m e n . Gleich bei diesem ersten Fall bewies die bayerische R e g i e r u n g ihre V e r t r a g s t r e u e . D a m a l s e n t h ü l l t e auch der bayerische M i n i s t e r p r ä s i d e n t in der K a m m e r das geheime Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s mit P r e u ß e n u n d g a b d e m französischen G e s a n d t e n zu v e r s t e h e n , d a ß bei irgendeiner kriegerischen Verwicklung zwischen P r e u ß e n u n d F r a n k r e i c h das bayerische Volk seinem König keine W a h l lassen werde. In der T a t vereinigten sich an 119 A b g e o r d n e t e — es fehlten e t w a 30, meist Mitglieder der R e c h t e n oder des rechten Z e n t r u m s — zu der E r k l ä r u n g , m a n wolle in der L u x e m b u r g i s c h e n Frage die E h r e u n d I n t e g r i t ä t D e u t s c h l a n d s g e w a h r t wissen. Im gleichen Geist s p r a c h e n sich zahl-
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reiche V e r s a m m l u n g e n in B a y e r n aus. F r a n k r e i c h w a r vor die Gewißheit gestellt, d a ß zu der Million Soldaten, die nach den W o r t e n Bismarcks die B e s a t z u n g L u x e m b u r g s bildeten, auch die bayerische A r m e e zu zählen sei, d a ß ein französischer K o m p e n s a t i o n s k r i e g das geeinigte Süd- u n d N o r d d e u t s c h l a n d , ein Volk von n e u n u n d d r e i ß i g Millionen, u n t e r die W a f f e n rufen werde. Auf die weitere E n t w i c k l u n g der L u x e m b u r g i s c h e n Frage, auf den österreichischen V e r m i t t l u n g s v o r s c h l a g , auf den russischen A n t r a g einer K o n f e r e n z in London, auf die Regelung der L u x e m b u r g i s c h e n Frage daselbst soll hier nicht weiter eingegangen w e r d e n . Auf der Londoner K o n f e r e n z w u r d e einerseits L u x e m b u r g f ü r ein n e u t r a l e s Land erklärt, v e r z i c h t e t e andererseits P r e u ß e n auf sein B e s a t z u n g s r e c h t , ein Beweis, d a ß d a m a l s wenigstens Bismarck den Krieg nicht wollte. Napoleon freilich e m p f a n d den Ausgang als eine tiefe persönliche Dem ü t i g u n g u n d das sollte f ü r die Z u k u n f t von B e d e u t u n g w e r d e n . *
Das w a r die eine bedeutungsvolle Gelegenheit, in der H o h e n l o h e seine d e u t s c h e G e s i n n u n g b e k u n d e t e . Die a n d e r e w a r die Salzburger Kaiser-Entrevue. Im A u g u s t des nämlichen J a h r e s 1867 brach Kaiser Napoleon I I I . mit seiner Gemahlin nach Salzburg auf, u m dem Kaiser F r a n z J o s e p h z u m tragischen E n d e seines Bruders, des Kaisers Maximilian von Mexiko, der das von F r a n k r e i c h angeregte mexikanische A b e n t e u e r mit seiner H i n r i c h t u n g in Q u e r e t a r o bezahlt h a t t e , zu kondolieren, zugleich a b e r , u m eine politische V e r b i n d u n g mit Österreich a n z u k n ü p f e n . Schon w ä h r e n d der L u x e m b u r g i s c h e n Frage h a t t e er d u r c h seinen Bots c h a f t e r in W i e n , den Herzog von G r a m o n t , erklären lassen: „ D i e Allianz mit Österreich soll von n u n an die Basis meiner Politik b i l d e n . " Der t e m p e r a m e n t v o l l e G r a m o n t h a t t e — auf eigene F a u s t — sogar f ü r den Fall eines S c h u t z - u n d T r u t z b ü n d n i s s e s zwischen F r a n k r e i c h und Österreich f ü r Österreich E r w e r b u n g e n in S ü d d e u t s c h l a n d u n d in Schlesien, f ü r F r a n k r e i c h das linke R h e i n u f e r in Aussicht g e n o m m e n . Der A n t r a g blieb in den ersten F o r m e n stecken, weil Beust den „ a b e n t e u e r lichen P l a n " a b l e h n t e . Das D r a m a von Q u e r e t a r o bot, e n t s p r e c h e n d der A n r e g u n g des österreichischen B o t s c h a f t e r s in Paris, Metternich, den geeigneten A n l a ß f ü r eine persönliche Begegnung u n d eine politische Besprechung. Man w ä h l t e als Ort der Z u s a m m e n k u n f t , u m einem Z u s a m m e n t r e f f e n mit der t i e f g e b e u g t e n Erzherzogin Sophie, einer bayerischen Prinzessin, der M u t t e r des Kaisers Max, auszuweichen, Salzburg. Die französischen B l ä t t e r sprachen bereits von einer f r a n z ö sisch-österreichischen Allianz, von einem B u n d der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n u n t e r österreichischer F ü h r u n g , der u n t e r s t r e n g e r A u f r e c h t e r h a l t u n g des P r a g e r Friedens P r e u ß e n jeden weiteren F o r t s c h r i t t unmöglich m a c h e n werde.
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T r o t z d e m der Kaiser der Franzosen inkognito reiste, w u r d e er in K a r l s r u h e d u r c h den Großherzog von Baden, in Ulm d u r c h den König von W ü r t t e m b e r g b e g r ü ß t . In Augsburg, wo er in d e m b e k a n n t e n Hotel zu den Drei Mohren ü b e r n a c h t e t e , u m E r i n n e r u n g e n aus der Zeit seiner V e r b a n n u n g und seiner G y m n a s i a l s t u d i e n a u f z u f r i s c h e n , erschien a m n ä c h s t e n Morgen König Ludwig von B a y e r n u n d g a b ihm bis Rosenheim das Geleite. Eine E i n l a d u n g nach Salzburg zur T e i l n a h m e an der Kaisere n t r e v u e , wie berichtet w u r d e , ist nicht an ihn ergangen. W o h l a b e r h a t t e Hohenlohe eine kurze politische B e s p r e c h u n g mit d e m Kaiser auf dessen R ü c k f a h r t nach Paris. Die von Hohenlohe e r w a r t e t e oder besorgte A u f f o r d e r u n g zur G r ü n d u n g eines s ü d d e u t s c h e n Bundes ist d a m a l s nicht erfolgt. Nach einer Mitteilung Hohenlohes selbst ä u ß e r t e d e r K a i s e r : er sei friedlich gesinnt, er e r k e n n e den P r a g e r Frieden u n d die mit S ü d d e u t s c h l a n d geschlossenen Bündnisse an. Indes werde F r a n k r e i c h s H a l t u n g d u r c h P r e u ß e n s V e r h ä l t n i s zu S ü d d e u t s c h l a n d b e d i n g t werden. Nach einer Bismarck zugegangenen Mitteilung w ä r e der Kaiser doch weiter herausgegangen u n d h ä t t e die weitere Frage a n den Minister gerichtet, ob d e n n ein B u n d der s ü d d e u t s c h e n Regier u n g e n nicht möglich sei; Hohenlohe habe dies mit Hinweis auf die materiellen Interessen, die f ü r S ü d d e u t s c h l a n d eine V e r b i n d u n g mit d e m Norden u n u m g ä n g l i c h m a c h t e n , v e r n e i n t . Die Ergebnisse der K a i s e r e n t r e v u e w u r d e n von Beust in einer k u r z e n , auch von Napoleon genehmigten Aufzeichnung, z u s a m m e n g e f a ß t : der erste P u n k t betraf die A u f r e c h t e r h a l t u n g des P r a g e r Friedens mit V e r m e i d u n g jeder D r o h u n g gegen P r e u ß e n oder jeder R e i z u n g des d e u t s c h e n Nationalgefühls. Österreich werde d u r c h seine liberalen Ref o r m e n die alten S y m p a t h i e n in D e u t s c h l a n d v e r s t ä r k e n u n d F r a n k reichs friedfertige Politik werde Bismarck u n d seinen V e r b ü n d e t e n zu n e u e n V e r p f l i c h t u n g e n , die in Voraussicht eines Krieges ü b e r n o m m e n w e r d e n sollten, den Vorwand n e h m e n . Zugleich werde die V e r b i n d u n g F r a n k r e i c h s u n d Österreichs die Regierungen der d e u t s c h e n S ü d s t a a t e n z u m N a c h d e n k e n bringen u n d sie die N o t w e n d i g k e i t einer u n a b h ä n g i g e n u n d z u r ü c k h a l t e n d e n Stellung e r k e n n e n lassen. Das t a t s ä c h l i c h e Ergebnis der Salzburger K a i s e r e n t r e v u e hielt sich also in bescheidenen Grenzen. W a s der Franzose aber ursprünglich von Österreich zu erreichen v e r s u c h t h a t , ging, wie wir j e t z t wissen, viel weiter. Zur Zeit der Salzburger K a i s e r e n t r e v u e w a r der französische Vers u c h e r z u m zweitenmal g e n a h t . Beust selbst h a t dem D a r m s t ä d t e r M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n , Freiherrn von Dalwigk, s p ä t e r v e r t r a u l i c h ges t a n d e n , Napoleon h a b e ihm in Salzburg S ü d d e u t s c h l a n d a n g e b o t e n , w e n n m a n ihm d a f ü r das linke R h e i n u f e r überlassen wolle. Und wirklich h a t sich ein A k t e n s t ü c k von diesem oder ähnlichem C h a r a k t e r erhalten, dessen A u t h e n t i z i t ä t a u ß e r Zweifel s t e h t . In diesem E n t w u r f w u r d e ein a k t i v e s
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B ü n d n i s zwischen F r a n k r e i c h u n d Österreich zu d e m Zwecke vorgeschlagen, die s t r i k t e A u s f ü h r u n g des P r a g e r Friedens von P r e u ß e n zu erzwingen. W a s m a n u n t e r s t r i k t e r A u s f ü h r u n g v e r s t a n d , w a r n i c h t w e n i g : A u f h e b u n g der Schutz- und T r u t z b ü n d n i s s e P r e u ß e n s m i t d e n s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n ; Bildung eines S ü d b u n d e s u n t e r d e m gemeinschaftlichen P r o t e k t o r a t von Österreich u n d F r a n k r e i c h , mit d e m Sitze des B u n d e s p a r l a m e n t e s in Wien u n d denselben R e c h t e n f ü r den K a i s e r v o n Österreich, wie P r e u ß e n sie im N o r d b u n d b e s a ß ; R ä u m u n g der F e s t u n g Mainz d u r c h P r e u ß e n u n d A u s t r i t t Oberhessens aus d e m N o r d b u n d ; schließlich E r r i c h t u n g eines österreichisch-süddeutschen Zollvereins. Falls P r e u ß e n die A n n a h m e dieses P r o g r a m m s verweigere, solle ihm von F r a n k r e i c h u n d Österreich gemeinsam der Krieg e r k l ä r t werden, dessen Kriegsziele f ü r F r a n k r e i c h allerdings hier n u r in d e n Grenzen von 1814 und f ü r Österreich in Oberschlesien bestehen w ü r d e n . W ü r d e n die S ü d s t a a t e n den ihnen vorgeschlagenen B u n d zu schließen verweigern, so sollten sie d u r c h U l t i m a t u m oder kriegerischen Z w a n g d a z u genötigt werden u n d gegebenenfalls durch G e b i e t s a b t r e t u n g e n dafür büßen. Z u m zweitenmal also h a t die französische Kriegspolitik u m Ö s t e r reich geworben. W e n n sich diesmal die französische E r o b e r u n g s g i e r m i t den Grenzen von 1814 begnügte, so geschah es nur, u m die A b neigung Österreichs gegen eine B i n d u n g leichter zu ü b e r w i n d e n . A b e r a u c h so h a t Graf Beust im Hinblick auf die geringe A k t i o n s f ä h i g k e i t u n d das F r i e d e n s b e d ü r f n i s der Monarchie den A n t r a g a b g e l e h n t u n d j e n e Ü b e r e i n k u n f t d u r c h g e s e t z t , welche augenblicklich wenigstens die kriegerische I n t e r v e n t i o n in D e u t s c h l a n d durch eine d i p l o m a t i s c h e K u n d g e b u n g ersetzte. Den beschwichtigenden C h a r a k t e r , der hier der K a i s e r e n t r e v u e gegeben w u r d e , suchte Beust in den amtlichen Wiener Zeitungen, a b e r a u c h Napoleon n a c h seiner R ü c k k e h r in mündlichen K u n d g e b u n g e n , sein Minister Moustier in einem R u n d s c h r e i b e n noch zu u n t e r s t r e i c h e n . B i s m a r c k sah h i n t e r die Kulissen u n d a h n t e die eigentlichen Absichten F r a n k r e i c h s ; er ließ sich selbstverständlich durch solche K u n d g e b u n g e n nicht einlullen. A m 7. S e p t e m b e r 1867 a n t w o r t e t e er mit einem R u n d s c h r e i b e n , d a s in höflichen R e d e w e n d u n g e n eine nicht zu v e r k e n n e n d e W a r n u n g an die beiden G r o ß m ä c h t e richtete. Er a k z e p t i e r t e die Versicherung Österreichs u n d Frankreichs, sich jeder E i n m i s c h u n g in die inneren Angelegenheiten D e u t s c h l a n d s zu e n t h a l t e n . Er s p r a c h die E r w a r t u n g aus, d a ß die beiden G r o ß m ä c h t e a u c h k ü n f t i g alles vermeiden w ü r d e n , was geeignet wäre, das Gefühl nationaler W ü r d e u n d U n a b h ä n g i g k e i t in D e u t s c h l a n d zu verletzen. E r rief die s ü d d e u t s c h e n Regierungen zu Zeugen an, d a ß P r e u ß e n sich jedes Versuches e n t h a l t e n habe, einen moralischen D r u c k auf ihre E n t s c h l i e ß u n g e n a u s z u ü b e n . E r e r k l ä r t e a b e r zugleich ebenso b e s t i m m t , der N o r d d e u t s c h e B u n d werde j e d e m W u n s c h der s ü d d e u t s c h e n Regierungen nach E r w e i t e r u n g
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u n d F e s t i g u n g der n a t i o n a l e n Beziehungen zwischen d e m S ü d e n u n d d e m N o r d e n auch in Z u k u n f t bereitwillig e n t g e g e n k o m m e n . „Wir h a b e n uns von A n f a n g an zur A u f g a b e g e m a c h t , den S t r o m der n a t i o nalen E n t w i c k l u n g D e u t s c h l a n d s in ein B e t t zu leiten, in welchem er nicht zerstörend, sondern b e f r u c h t e n d wirke. W i r h a b e n alles v e r m i e d e n , was die nationale Bewegung ü b e r s t ü r z e n k ö n n t e , u n d h a b e n n i c h t a u f z u r e g e n , sondern zu beschwichtigen gesucht. Dieses Bestreben wird uns, wie wir hoffen d ü r f e n , gelingen, wenn a u c h von a u s w ä r t i g e n M ä c h t e n mit gleicher Sorgfalt alles v e r m i e d e n wird, was im d e u t s c h e n Volke eine B e u n r u h i g u n g u n d infolgedessen eine gerechte E r r e g u n g des Gefühls nationaler Würde und Unabhängigkeit hervorrufen könnte. Wir begrüßen d a h e r die b e s t i m m t e V e r n e i n u n g jeder auf eine E i n m i s c h u n g in die inneren Angelegenheiten D e u t s c h l a n d s gerichteten Absicht im Interesse der ruhigen E n t w i c k l u n g unserer eigenen Angelegenheiten mit l e b h a f t e r G e n u g t u u n g . . . W i r w e r d e n dieser H a l t u n g auch f e r n e r t r e u bleiben. Der N o r d d e u t s c h e B u n d wird j e d e m B e d ü r f n i s der s ü d d e u t s c h e n Regierung n a c h E r w e i t e r u n g u n d Befestigung der n a t i o n a l e n Beziehungen zwischen d e m Süden u n d d e m Norden D e u t s c h l a n d s a u c h in Z u k u n f t bereitwillig e n t g e g e n k o m m e n , a b e r wir w e r d e n die Bestimm u n g des Maßes, welches die gegenseitige A n n ä h e r u n g i n n e z u h a l t e n h a t , j e d e r z e i t der freien E n t s c h l i e ß u n g unserer s ü d d e u t s c h e n V e r b ü n d e t e n überlassen." D a s R u n d s c h r e i b e n , das von B i s m a r c k zugleich in die Presse gegeben w u r d e , rief in F r a n k r e i c h ebensoviel E n t r ü s t u n g als U n b e h a g e n hervor, einen S t u r m , der noch v e r s t ä r k t w u r d e durch eine K u n d g e b u n g des Großherzogs von Baden in einer T h r o n r e d e ü b e r das n a t i o n a l e V e r h ä l t n i s zwischen d e m S ü d e n u n d dem N o r d e n . Der S t e l l v e r t r e t e r des d a m a l s von M ü n c h e n a b w e s e n d e n F ü r s t e n Hohenlohe, S t a a t s r a t von D a x e n b e r g e r , gab a m 10. S e p t e m b e r gegenüber d e m p r e u ß i s c h e n G e s a n d t e n seiner l e b h a f t e n Befriedigung A u s d r u c k , d a ß der d e u t s c h e S t a n d p u n k t der preußischen Regierung gegenüber ausländischer E i n m i s c h u n g in so unzweideutiger Weise g e w a h r t worden sei. Er k ö n n e seinerseits n u r feststellen, d a ß der auf die Stellung des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s zu den s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n bezügliche Passus v o l l k o m m e n m i t den T a t s a c h e n ü b e r e i n s t i m m e . Die bayerische Regierung w e r d e es s t e t s a n e r k e n n e n , d a ß ein moralischer D r u c k auf ihre Entschließ u n g e n in der d e u t s c h e n Politik von P r e u ß e n in keiner Weise a u s g e ü b t worden sei. Hohenlohe w a r a b e r keineswegs gewillt, eine nationale V e r b i n d u n g mit d e m Norden a u f z u g e b e n , er hielt es vielmehr nach wie vor f ü r eine dringende N o t w e n d i g k e i t , sie auf einer die Selbständigkeit d e r S ü d s t a a t e n gewährleistenden Grundlage zu erstreben — im Interesse der Einheit, aber auch des berechtigten P a r t i k u l a r i s m u s , d a m i t B a y e r n nicht d u r c h die Gewalt der n a t i o n a l e n K r ä f t e wider seinen Willen in die deutsche B u n d e s v e r f a s s u n g hineingenötigt werde. E r m u ß t e a b e r D o e b e r l , Geschichte Bayerns. I I I .
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jetzt noch mehr als früher mit den zentrifugalen Kräften Bayerns und dem Ausland rechnen. Nun aber hatte Österreich in Artikel 4 des Prager Friedens seine Zustimmung gegeben, daß die südlich von der Mainlinie gelegenen Staaten in einen Verein zusammenträten, dessen nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen den beiden vorbehalten bleibe und der eine internationale Unabhängigkeit haben werde. Einem Verein der süddeutschen Staaten war also eine nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde v e r s t a t t e t . Am 6. November 1867 hatte der österreichische Ministerpräsident Beust auf seiner Rückkehr von Paris eine Begegnung mit Hohenlohe. Beust regte hier neuerdings die Bildung eines Südbundes a n : die deutsche Frage müsse in einer Weise geregelt werden, die den Franzosen den Vorwand zum Kriege nehme; die Vorstellung herrsche nun einmal, daß Preußen ganz Deutschland sich einverleiben wolle, diese Vorstellung müsse man den Franzosen durch Bildung eines süddeutschen Bundes nehmen. Hohenlohe gewann den Eindruck, daß die entschiedene Absicht Österreichs und Frankreichs sei, Bayern, wenn es nicht gutwillig auf den Gedanken eingehe, bei der ersten Gelegenheit dazu zu zwingen. Die Bildung eines Südbundes war auch einer der Wünsche der patriotischen Partei. Es ist vielleicht in diesem Sinne auch auf den König eingewirkt worden; am 26. November 1867 schrieb er an Hohenlohe: „Ich bin wegen der Unabhängigkeit meiner Krone und wegen der Selbständigkeit des Landes sehr besorgt; deshalb habe ich Sie zu einer Darstellung der politischen Lage veranlaßt." Die hier angeregte Darstellung war der Bericht Hohenlohes vom 23. November 1867 „ ü b e r die Lage der süddeutschen S t a a t e n " . In diesem Berichte empfahl der Minister zum erstenmal vorbereitende Schritte zur Bildung eines süddeutschen Staatenvereins; er begründete seine Bitte mit dem Hinweis auf die Wünsche Österreichs und Frankreichs, aber auch auf die öffentliche Meinung Deutschlands, die so gewaltig sei, daß, wenn die Regierung die Initiative aus der Hand gebe, andere Elemente über sie hinweg E r eignisse hervorrufen könnten, welche die Selbständigkeit Bayerns bedrohen würden. Hohenlohe h a t t e bisher gegenüber dem Gedanken eines Südbundes eine ablehnende Stellung eingenommen. In der Rede vom 31. August 1866 h a t t e er wörtlich geäußert: „ D a ß die Gründung eines südwestdeutschen Bundes in das Bereich der Möglichkeit gehöre, hat wohl noch niemand im Ernst b e h a u p t e t ; es ist mir wenigstens noch kein wirklicher Anhänger dieses sog. Winkeldeutschlands vorgekommen." Noch in der Kammerrede vom 8. Oktober 1867 hatte er den Gedanken eines Südbundes f ü r unrealisierbar erklärt. Im November 1867 ging er auf den Gedanken der Gründung eines Südbundes ein. Er schien sich damit von seinem früheren S t a n d p u n k t entfernt und dem Beusts genähert zu haben. Aber nur scheinbar. Für Beust und die patriotische.
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Partei war der Südbund Selbstzweck, war er als eine Barriere gedacht, um Preußen lahmzulegen, ihm jeden weiteren Fortschritt über die Mainlinie hinaus unmöglich zu machen; in der Unterredung vom 6. November hatte Beust ausdrücklich erklärt, die im Prager Frieden vorgesehene internationale Verbindung des Südens mit dem Norden bestehe schon durch die Schutz- und Trutzbündnisse und den Zollvereinsvertrag, es handle sich jetzt nur um die im Prager Frieden vorgesehene Einigung der süddeutschen Staaten untereinander. Ganz anders Hohenlohe. Nicht bloß, daß er an keinen Südbund unter dem Protektorate Österreichs oder Frankreichs dachte, er hatte an dem Südbund an sich nach wie vor keinen Gefallen; er hielt ihn, wie er ausdrücklich äußerte, auf die Dauer gar nicht f ü r existenzfähig. Für ihn war der Südbund nur Mittel zum Zweck: er strebte den Südbund nicht um des Südbundes willen an, sondern nur als Notbehelf, als augenblickliches einziges Aushilfsmittel, um die Schwierigkeiten, die aus Artikel 4 des Prager Friedens f ü r die nationale Entwicklung des weiteren Bundes entstehen könnten, zu beseitigen, um ohne gefährliche Verwicklungen zu dem zu gelangen, was sein eigentliches Ziel war: zu einer organischen Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde. Daneben verfolgte er den Zweck, die Stimmung in der österreichischen Nachbarschaft und in den patriotischen Kreisen zu beruhigen. *
Zu Hohenlohes Programm gehörte aber auch ausdrücklich die staatsrechtliche Verbindung Süddeutschlands mit dem Norden. Die auf ein solches Verfassungsbündnis hinzielenden Bestrebungen bilden den interessantesten Teil der Hohenloheschen Politik. Ehedem war das deutsche Ideal Hohenlohes gewesen: d i e V e r e i n i g u n g d e s g a n z e n a u ß e r ö s t e r r e i c h i s c h e n D e u t s c h l a n d s zu einem B u n d e s s t a a t u n t e r p r e u ß i s c h e r F ü h r u n g . Schon im J a h r e 1849, zur Zeit des preußischen Unionsprojektes, h a t t e er seine innere Übereinstimmung mit dem Dreikönigsbündnis und d e m n a c h mit dem engeren Bundesstaat unter preußischer Führung bekannt. Mit dem Beginn seines Ministeriums schien sich bei ihm eine W a n d lung vollzogen zu haben. Hohenlohe h a t t e sich überzeugt, d a ß die Verfassung des Nordbundes doch zu straff gestaltet sei, um dem Souveränitätsgefühl seines Königs und dem Selbständigkeitsstreben des bayerischen Volkes Rechnung zu tragen. In dem erwähnten programmatischen Rundschreiben vom 24. Februar 1867 teilte er mit seinem Vorgänger die Ansicht, „ d a ß der Eintritt in den Norddeutschen Bund einer Mediatisierung Bayerns nahe kommen würde". Diese Erkenntnis und die Rücksicht auf Hof und Volk hat ihn zu einem anderen Projekt g e f ü h r t e s sollte allerdings ein Verfassungsbündnis zwischen dem Nordbund und den süddeutschen Staaten hergestellt werden, und damit ging er über Pfordten hinaus, der nur ein völker31*
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rechtliches Bündnis eingegangen h a t t e , a b e r in der F o r m eines w e i t e r e n B u n d e s , doch — das ist älteren A n s c h a u u n g e n gegenüber zu b e t o n e n — ohne S ü d b u n d . Dieser weitere B u n d sollte seine Verfassung a u f b a u e n auf der G r u n d l a g e des alten D e u t s c h e n B u n d e s u n d t r a t d a m i t d e m B u n d e s r e f o r m p r o g r a m m Bismarcks nahe. F ü r s t Hohenlohe h a t selbst in Mühlacker mit d e m Großherzog von B a d e n v e r h a n d e l t . Aber n a c h einigen hoffnungsvollen A n l ä u f e n sah sich Hohenlohe genötigt, die V e r h a n d l u n g e n r u h e n zu lassen, u n d zwar nicht n u r wegen der d r o h e n d e n I n t e r v e n t i o n Österreichs u n d Frankreichs, sondern auch wegen des inneren W i d e r s t r e b e n s gerade d e r Männer, die im übrigen die Stellung Hohenlohes zu s t ä r k e n s u c h t e n , des Großherzogs von B a d e n u n d des Grafen Bismarck, der mit den Zollvereinsverhandlungen dazwischen f u h r . Bismarck wollte diese Zwischenstation nicht m e h r . D a r ü b e r ist auch das Interesse u n d die Mitarbeit W ü r t t e m b e r g s e r l a h m t . Im Z u s a m m e n h a n g mit diesem P r o j e k t e regte Hohenlohe eine Allianz Österreichs mit d e m zu s c h a f f e n d e n weiteren B u n d oder mit d e m außerösterreichischen D e u t s c h l a n d an und k e h r t e d a m i t zu den Ged a n k e n von der P f o r d t e n s z u r ü c k , er d a c h t e sogar eventuell an eine s p ä t e r e A u s d e h n u n g des weiteren B u n d e s selbst über das d e u t s c h österreichische Gebiet. Nach einer Ä u ß e r u n g Hohenlohes w u r d e der G e d a n k e auch v o m Großherzog von Baden g e n ä h r t . In diesem Sinne sondierte schon zu A n f a n g März 1867 der politische A b e n t e u r e r J u l i u s Fröbel 1 ) im A u f t r a g e Hohenlohes am Wiener Hofe. Seine politische Mission e n d e t e jedoch ergebnislos. Im April 1867 ging Graf T a u f f k i r c h e n in gleicher Mission z u n ä c h s t nach Berlin mit d e m A u f t r a g e , d o r t eine d a u e r n d e oder wenigstens eine augenblickliche Allianz mit Österreich zu e m p f e h l e n . Dieser Graf T a u f f k i r c h e n , der politische R e f e r e n t im A u s w ä r t i g e n Ministerium, ist eine der m e r k w ü r d i g s t e n Persönlichkeiten in der U m g e b u n g Hohenlohes u n d einer seiner t ä t i g s t e n M i t a r b e i t e r : Er w a r ein Glied eines alten katholischen österreichischen Adelsgeschlechtes, geboren 1826 als der Sohn eines O b e r s t l e u t n a n t s , k a m in die Pagerie, m a c h t e seine S t u d i e n an der U n i v e r s i t ä t M ü n c h e n in d e m b e w e g t e n J a h r e 1848 u n d h a t t e an der damaligen S t u d e n t e n b e w e g u n g l e b h a f t e n Anteil. Nach weiteren S t u d i e n an der U n i v e r s i t ä t Heidelberg w i d m e t e er sich der reinen J u s t i z : in B a m b e r g , in B a y r e u t h , zuletzt als S t a d t richter in M ü n c h e n . Diese T ä t i g k e i t h a t ihn nicht befriedigt. E r ging Fröbel war von 1833—44 Professor in Zürich, dann Schriftsteller, gehörte als Mitglied des Frankfurter Parlaments zur äußersten Linken, wurde mit Robert Blum in Wien zum Tode verurteilt, aber begnadigt. Er bereiste 1 8 5 0 — 5 7 Nord- und Mittelamerika, war dann seit 1862 in Wien, sodann in Stuttgart und München politischliterarisch tätig (Süddeutsche Presse), seit 1873 deutscher Konsul in Smyrna und 1876—1891 in Algier. Von seinen Werken sind zu nennen: „ S y s t e m der sozialen Politik", „Theorie der Politik", unvollendet, vor allem aber „Ein Lebenslauf", 1890—91. S. auch S. 273.
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zur hohen Politik über, z u n ä c h s t publizistisch. E r b e k ä m p f t e die Politik von der P f o r d t e n s im J a h r e 1866, n ä h e r t e sich i m m e r m e h r d e m S t a n d p u n k t Hohenlohes. Im F r ü h j a h r 1866 a r b e i t e t e er mit diesem z u s a m m e n bei den B e m ü h u n g e n , den König f ü r eine a n d e r e Politik zu gewinnen, ebenso im H e r b s t 1866 beim S t u r z e von der P f o r d t e n s und bei der Ausa r b e i t u n g des H o h e n l o h e s c h e n P r o g r a m m s . Mit Hohenlohes Ministerium w u r d e d a h e r a u c h er gleichzeitig e m p o r g e t r a g e n . Ursprünglich w a r er f ü r das Ministerium des Innern in Aussicht g e n o m m e n , d a n n w u r d e er als Ministerialrat im Ministerium des Ä u ß e r n mit d e m wichtigen politischen R e f e r a t b e t r a u t . Als solcher h a t er im ersten J a h r e des Ministeriums H o h e n l o h e einen g u t e n Teil der politischen Arbeit geleistet. Auf seiner Mission nach Berlin f a n d er nach eigenem Berichte bei B i s m a r c k ein ü b e r r a s c h e n d e s E n t g e g e n k o m m e n . Nach wiederholten Hinweisen auf die N o t w e n d i g k e i t einer t a t k r ä f t i g e n , zuverlässigen U n t e r s t ü t z u n g der n o r d d e u t s c h e n Politik d u r c h die s ü d d e u t s c h e — es w a r eben die Zeit der L u x e m b u r g e r Frage — b e t o n t e der Kanzler seine v e r s ö h n e n d e H a l t u n g gegenüber Österreich in allen Fragen, die sich seit d e m P r a g e r Frieden erhoben h ä t t e n . Er v e r w a h r t e sich gegen den Vorwurf des Grafen Beust, als störe er d u r c h seine U m t r i e b e den inneren Frieden der D o n a u m o n a r c h i e ; er h a b e vielmehr seit d e m J a h r e 1866 alle A n e r b i e t u n g e n und Weisungen zurückgewiesen und allen R e d nern d e r Monarchie, die sich an ihn w a n d t e n , D e u t s c h e n wie U n g a r n , die A n n a h m e des Ausgleichs e m p f o h l e n . Bismarck e r k l ä r t e a u c h seine G e n e i g t h e i t , in eine engere V e r b i n d u n g mit Österreich einzuwilligen, u n g e f ä h r nach den G r u n d z ü g e n des alten Bundesverhältnisses, zwar ohne B u n d e s t a g , aber mit dem gleichen Bundeszweck, vor allem z u r gegenseitigen V e r b ü r g u n g des Besitzstandes. Er wünsche an Stelle d e r Allianz mit Italien die mit Österreich. Er ließ a b e r keinen Zweifel d a r ü b e r , d a ß ein g u t e s Verhältnis des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s m i t Österreich n u r insoweit möglich sei, als d a d u r c h der F r e u n d s c h a f t mit R u ß l a n d kein E i n t r a g geschehe. Er sprach selbst sogar von einer E r n e u e r u n g der heiligen Allianz. Man k ö n n t e z u n ä c h s t mit einer b a y e risch-österreichischen Defensivallianz beginnen, die d a n n die preußischösterreichische nach sich ziehen m ü ß t e . Es läßt sich schwer entscheiden, ob es Bismarck mit diesen Ä u ß e r u n g e n wirklich e r n s t war, oder ob es ihm n u r d a r u m zu t u n war, B a y e r n u n d Österreich in R ü c k s i c h t auf die d a m a l s noch s c h w e b e n d e L u x e m b u r g i s c h e Frage in g u t e r S t i m m u n g zu e r h a l t e n . J e d e n f a l l s m u ß schon hier vor einer Ü b e r s c h ä t z u n g d e r Mission T a u f f k i r c h e n g e w a r n t w e r d e n . Von Berlin begab sich T a u f f k i r c h e n mit Z u s t i m m u n g Bismarcks n a c h W i e n . In Österreich, wo m a n eben d u r c h die V e r ö f f e n t l i c h u n g der S c h u t z - und T r u t z b ü n d n i s s e gereizt worden war, e m p f i n g er eine deutlichere A n t w o r t . Beust e r k l ä r t e : er b e f ü r c h t e von R u ß l a n d wohl eine Z e r s e t z u n g des Orients, weniger einen Krieg; gegen eine solche zersetzende A g i t a t i o n s t ä t i g k e i t könne keine Allianz Sicherheiten bieten,
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auch nicht eine solche Österreichs mit Preußen. Wohl aber würde eine Allianz Österreichs mit Preußen den Anschluß Italiens an Frankreich nach sich ziehen. Die heilige Allianz habe auf dem Prinzip der Legitimität beruht. Dieses Prinzip sei längst verlassen und werde nur noch von Österreich berücksichtigt. Auf einen Dualismus, der Preußen die Führung Norddeutschlands, Österreich die Führung Süddeutschlands in der Form eines Südbundes unter österreichischem Vorsitz sichere, werde Preußen nicht eingehen, jedes andere Verhältnis eines deutschen Staatenbundes aber, auch die politische Trias, die Bismarck im Sinn zu haben scheine, sei unklar. Noch deutlicher ließ sich Kaiser Franz Joseph aus. Er äußerte zum Grafen Tauffkirchen: Österreich werde sehr egoistisch sein und seine Kooperation teuer verkaufen. Hohenlohe und Tauffkirchen h a t t e n sich mit dieser Mission auf ein gefährliches Gebiet gewagt. Napoleon hatte recht, wenn er äußerte, man gewinne nicht dadurch an Einfluß, d a ß man sich um Dinge bekümmere, die einen nichts angehen, sondern dadurch, daß man in dem begrenzten Raum, der einem mittelstaatlichen Staatsmann angewiesen sei, seine Pflicht tue. Die Mission hat mit einem großen Mißerfolg geendet. Sie hat das Verhältnis zu Österreich nicht gebessert, das zu Frankreich verschlechtert. Die österreichische Diplomatie hat natürlich das pikante Geheimnis dieser Mission nicht lange bei sich behalten. Beust hat dieselbe nach Paris gemeldet, Hohenlohe hat die französische Interpretation ungeschickt behandelt. Der Träger der Mission, Graf Tauffkirchen, wurde von der zünftigen Diplomatie mit Hohn und Spott übergössen 1 ). Die Mission hat aber auch die amtliche Stellung des Grafen Tauffkirchen untergraben. Dem König scheint er von Anfang an wegen seiner freiheitlichen Richtung verdächtig gewesen zu sein. Auf des Königs persönlichen Wunsch wurde er jetzt aus dem Ministerium entfernt und zunächst als Gesandter nach Petersburg und dann nach Rom e n t s a n d t . Im J a h r e 1870 wird er wieder in Erscheinung treten. Die Ungnade des Königs gegenüber dem Grafen Tauffkirchen eröffnete Otto Freiherrn von Völderndorff, einem anderen alten Bekannten und Freund Hohenlohes, den längst von ihm gewünschten Eintritt in das Ministerium des Äußern. Ludwig II. hatte von ihm geäußert, ,,den Völderndorff mag ich auch nicht, aber lieber ist er mir doch als T a u f f kirchen". Völderndorff übernahm das Referat Tauffkirchens. Auch er entstammte einem uralten österreichischen Adelsgeschlecht, das wegen seines protestantischen Bekenntnisses in der Zeit der Gegenreformation nach Franken ausgewandert war. Geboren in Zweibrücken als Sohn eines Generalstaatsprokurators fand er nach dem frühen Tode seines Vaters Aufnahme und Erziehung im Hause seines mütterlichen Groß*) Das hat einen Niederschlag gefunden selbst noch in der historischen Literatur, namentlich bei Rothan. Darüber drohte es selbst zu einer Austragung mit den W a f f e n zu kommen.
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v a t e r s , des J u s t i z m i n i s t e r s Grafen Heinrich von Reigersberg. Hier lernte er H o h e n l o h e kennen. Seinen S t u d i e n oblag er in M ü n c h e n u n d Heidelberg, 1848 w u r d e er H a u p t m a n n des S t u d e n t e n f r e i k o r p s u n d ging wie T a u f f k i r c h e n ebenfalls zur reinen J u s t i z . Bis 1862 w a r er in München t ä t i g , von 1862—1867 w a r er R a t a m neu e r r i c h t e t e n H a n d e l s a p p e l l a t i o n s g e r i c h t in N ü r n b e r g . U n t e r d e m E i n f l u ß des großväterlichen H a u s e s u n d der geistig b e d e u t e n d e n Männer, die hier verk e h r t e n , e m p f i n g er vielseitige A n r e g u n g e n . Seine B e g a b u n g entwickelte sich jedoch m e h r in ä s t h e t i s c h e r R i c h t u n g . Mit gleichgesinnten j u n g e n M ä n n e r n w a r er Mitglied der s t u d e n t i s c h e n Vereinigung N o v a t h e n i a , der auch der s p ä t e r e S t a a t s r a t E i s e n h a r t a n g e h ö r t e . An der U n i v e r s i t ä t pflegte er f r e m d e S p r a c h e n und schöne L i t e r a t u r , d a z u k a m in den f ü n f ziger J a h r e n ein reger Verkehr in den Familien der B e r u f e n e n , n a m e n t lich in den H ä u s e r n Doenniges u n d Liebig. Er sagte von sich selbst, er habe in diesen R ä u m e n das „ P l a u d e r n " gelernt. Aus dieser geistigen A t m o s p h ä r e h e r a u s w u r d e er Schriftsteller, u n d seine b e k a n n t e s t e literarische Arbeit sind die „ H a r m l o s e n Plaudereien eines alten M ü n c h n e r s " , humorvoll, geistreich, flüssig geschrieben u n d alle Gebiete, Politik, Gesetzgebung, Reisen, Selbstbekenntnisse, L i t e r a t u r , T h e a t e r b e h a n d e l n d . E t w a s Ä s t h e t ist er Zeit seines Lebens geblieben, auch in der Politik. *
Schon mit d e m weiteren Bunde, noch m e h r mit d e m S ü d b u n d , h a t t e sich Hohenlohe d e m politischen S y s t e m von der P f o r d t e n s s t a r k gen ä h e r t . Freilich er wollte den S ü d b u n d wie den weiteren B u n d nicht als D a u e r e i n r i c h t u n g , sondern n u r als Ü b e r g a n g s s t a d i u m zu seinem eigentlichen n a t i o n a l - s t a a t l i c h e n Ziel. Auch der Versuch mit d e m S ü d b u n d scheiterte, und zwar an der A b l e h n u n g d e s S t a a t e s , der bei der Verfolgung der f r ü h e r e n P r o j e k t e a m längsten mit B a y e r n gegangen war, W ü r t t e m b e r g s . Für eine bayerische Hegemonie war die w ü r t t e m b e r g i s c h e R e g i e r u n g in diesem Z e i t p u n k t nicht m e h r zu h a b e n . Baden andererseits wollte ü b e r h a u p t keine Zwischenstufe, sondern n u r den sofortigen E i n t r i t t in den N o r d d e u t s c h e n B u n d . Der S ü d b u n d f a n d seinen h a u p t s ä c h lichsten Gegner a b e r w i e d e r u m in Bismarck. Bismarck w a r gegen einen weiteren B u n d gewesen, weil er in d e m gegenwärtigen Z u s t a n d eine a n n e h m b a r e r e W a r t e s t a t i o n zu seinem eigentlichen Ziel erblickte als in d e m weiteren Bunde. Er w a r erst r e c h t gegen einen S ü d b u n d , weil ein solcher d e m Einflüsse F r a n k r e i c h s u n d Österreichs T ü r u n d Tor geöffnet und eine A u s d e h n u n g des p r e u ß i s c h d e u t s c h e n N a t i o n a l s t a a t e s auf S ü d d e u t s c h l a n d e r s c h w e r t h ä t t e . Sein Ziel w a r der Z u s a m m e n s c h l u ß Nord- u n d S ü d d e u t s c h l a n d s zu einem einheitlichen B u n d e s s t a a t e . T r o t z d e m wollte er die s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n nicht vergewaltigen, er wollte selbst den Schein einer Vergewaltigung v e r m e i d e n .
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Den Nachfolger des Prinzen R e u ß , den aktivistischeren G e s a n d t e n Freiherrn von W e r t h e r n , m a h n t e er eindringlich zu g r ö ß t m ö g l i c h e r R ü c k s i c h t n a h m e u n d Bescheidenheit im a m t l i c h e n V e r k e h r mit B a y e r n . Seine P r o p h e z e i u n g von d e m baldigen Z u s a m m e n b r u c h des b a y e r i s c h e n S t a a t e s wies er entschieden z u r ü c k : „ W e n n a u c h keinem S t a a t e , d e r unsrige nicht a u s g e n o m m e n , die D a u e r zu g a r a n t i e r e n , so zeigt d o c h ein R ü c k b l i c k auf die Geschichte des bayerischen S t a a t e s in seinen B e v ö l k e r u n g e n ein s t a r k e s B e h a r r u n g s v e r m ö g e n u n d in den S t a m m l ä n d e r n eine s t a r k e A n h ä n g l i c h k e i t an die D y n a s t i e . " D a ß das nicht bloß t a k t i s c h e K u n d g e b u n g e n waren u m B a y e r n in das preußische N e t z einzufangen, d a ß sich B i s m a r c k diese M ä ß i g u n g a u c h n i c h t bloß in Hinsicht auf die beiden W ä c h t e r des P r a g e r F r i e d e n s , Österreich u n d F r a n k r e i c h auferlegte, das h a t B i s m a r c k ganz b e s o n d e r s d u r c h seine Ä u ß e r u n g e n u n d H a n d l u n g e n im E n t s c h e i d u n g s j a h r e 1870/71 bewiesen — zu einer Zeit, d a ü b e r den d e u t s c h e n Siegen d a s Gespenst einer europäischen Koalition schon sehr v e r b l a ß t war. Die beiden Versuche Hohenlohes, zu einer v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n Verb i n d u n g mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e zu gelangen, der über den weiteren B u n d wie der ü b e r den S ü d b u n d , waren also gescheitert. Aber es w u r d e doch mit diesen P r o j e k t e n u n d E n t w ü r f e n die Zeit in n a t i o n a l e m Sinn a u s g e f ü l l t : es gibt a u c h einen wertvollen politischen Zeitvertreib, u n d u n t e r diesem G e s i c h t s p u n k t h a t Bismarck die Politik Hohenlohes wohlgefällig b e t r a c h t e t , wenn er auch die Mittel im einzelnen nicht billigte. Das einzige greifbare n a t i o n a l e Ergebnis dieser J a h r e w a r die E r n e u e r u n g d e s Z o l l v e r e i n s mit Z o l l p a r l a m e n t im ganzen a u ß e r österreichischen D e u t s c h l a n d . Am 28. Mai 1867 folgten auf B e t r e i b e n W ü r t t e m b e r g s die s ü d d e u t s c h e n Regierungen der E i n l a d u n g Bismarcks nach Berlin zu U n t e r h a n d l u n g e n ü b e r die neue E i n r i c h t u n g des Vereins. Hohenlohe sah seine Pläne d u r c h k r e u z t u n d folgte derselben n u r widers t r e b e n d . Die K o n f e r e n z e n f a n d e n a m 3. und 4. J u n i s t a t t und gediehen zu r a s c h e m Abschluß. Die Gesetzgebung über das g e s a m t e Zollwesen w u r d e einem erweiterten B u n d e s r a t , in d e m B a y e r n sechs S t i m m e n erhielt, u n t e r d e m P r ä s i d i u m P r e u ß e n s sowie einem Z o l l p a r l a m e n t ü b e r t r a g e n . Die s ü d d e u t s c h e n A b g e o r d n e t e n sollten d u r c h allgemeine u n d direkte W a h l e n t s p r e c h e n d den Regeln des f ü r den N o r d d e u t s c h e n B u n d geltenden Wahlgesetzes gewählt w e r d e n . A m 8. Juli 1867 w u r d e der V e r t r a g u n t e r z e i c h n e t . Drei Monate s p ä t e r legte ihn H o h e n l o h e der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n vor, die ihn gegen den heftigen W i d e r s p r u c h einer kleinen Minorität a n n a h m . Der R e i c h s r a t s u c h t e die Ann a h m e von der E r h a l t u n g des bayerischen Vetorechtes a b h ä n g i g zu m a c h e n , jedoch o h n e Erfolg. Mit d e m Zollvereinsvertrag w a r neben d e m militärischen Schutz- u n d T r u t z b ü n d n i s eine weitere n a t i o n a l e V e r b i n d u n g zwischen Nord u n d Süd geschaffen u n d t r o t z aller Schwierigkeiten ein t ü c h t i g e r V o r s p r u n g auf d e m W e g e zur d e u t s c h e n E i n h e i t gewonnen. *
Die d e u t s c h e P o l i t i k des M i n i s t e r i u m s H o h e n l o h e .
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Die deutsche Politik des Ministeriums Hohenlohe stieß auf den schärfsten Widerspruch einer Partei, die sich in diesen J a h r e n gebildet hatte, der P a t r i o t i s c h e n V o l k s p a r t e i . Noch im J a h r e 1869 leitete sich der Feldzug ein, dem Hohenlohe erlegen ist. D a m i t steht eine folgenschwere Wandlung in der inneren Geschichte B a y e r n s in Verbindung: nicht bloß ein neuer preußenfeindlicher Umschwung in der Haltung des bayerischen Volkes, nachdem sich unter dem Einflüsse der Erfahrungen des J a h r e s 1866 das Verhältnis zu Österreich etwas verschlechtert, das zu Preußen etwas verbessert hatte, sondern ein Umschwung der politischen Parteiverhältnisse. Vor dem Kriege 1866 hatte die gemäßigte Mittelpartei die Mehrheit gehabt. In der Krisis der Übergangsepoche zwischen 1866 und 1870 wurde sie zu einem großen Teil zerrieben und erlitt das Schicksal, das in kritischen Tagen meist den Mittelparteien beschieden ist. Ihre Mitglieder gingen teils in der Fortschrittspartei, teils in der neuen Patriotenpartei auf, die später von der katholischen Gesamtpartei in Deutschland den Namen Z e n t r u m übernahm. Die Patrioten waren in ihrer Mehrheit — mit Ausnahme von Huttier, Sepp, Schleich — Gegner der deutschen Politik Hohenlohes. Sie fürchteten von seiner „großpreußischen" Politik Gefahr für die Selbständigkeit der Einzelstaaten, aber auch Gefahr für das bayerische Volkstum und die bayerische Eigenart und Gefahr für den Katholizismus. Das Programm der Patriotischen Partei vom J a h r e 1869 läßt auf den ersten Blick erkennen, daß ihr vornehmstes Ziel die W a h r u n g der Selbständigkeit B a y e r n s bildet, daß sie jede Annäherung an den Norddeutschen Bund verwirft und nur für ein föderalistisch gestaltetes Deutschland mit Anschluß Österreichs eintritt. In der inneren Politik bekämpft sie vor allem den Liberalismus, den sie mit dem „spezifischen P r e u ß e n t u m " identifiziert, und strebt den freien R e c h t s s t a a t an. Den bayerischen König will sie „frei, unbeeinträchtigt nach außen in seinen Souveränitätsrechten erhalten, ohne daß er sein Haupt vor einer a n deren Krone in mutloser Vasallenhuldigung beugen m ü s s e . " Die Opposition der Patriotischen Partei wurde verschärft durch die innere Politik des Ministeriums Hohenlohe, die sich in ihren R e f o r m bestrebungen gleichzeitig zu viel Ziele steckte und der Patriotischen Partei das Einleben und Einfühlen in die deutsche Politik des Ministers erschwerte: durch die Sozialgesetzgebung und die Einführung des preußischen Militärsystems, ganz besonders aber durch das R u n d s c h r e i b e n d e s F ü r s t e n H o h e n l o h e v o m 9. A p r i l 1 8 6 9 in d e r U n f e h l b a r k e i t s f r a g e 1 ) und den Entwurf eines Schulgesetzes, der das ausschließliche R e c h t des S t a a t e s auf Leitung und Beaufsichtigung der Schule feststellte, entgegen den Bestimmungen der Verfassung an die Stelle der geistlichen eine weltliche Ortsschulinspektion setzte
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und die technische Beaufsichtigung des Unterrichtes weltlichen Bezirksschulinspektoren übertrug. Hierin sahen nicht bloß katholische, sondern auch protestantische Geistliche, auch der Präsident des protestantischen Oberkonsistoriums von Harleß, die Trennung der Schule von der Kirche, die Entchristlichung der Schule. Die Regierung hat sich wiederholt einseitig auf die Seite der Fortschrittspartei gegen die Patrioten gestellt. Sie wurde gerade deshalb immer mehr mit der Fortschrittspartei identifiziert. Der Kampf wurde zu einer Kraftprobe zwischen Fortschrittspartei und Patrioten, denen abwechselnd die nächste Z u k u n f t gehören sollte, und damit zu einem Kampfe zwischen zwei Weltanschauungen. Man muß die Presse, die Flugschriften, aber auch die Briefe König Ludwigs I. und seines jüngeren Bruders, des Prinzen Karl an Ludwig II. gelesen haben, um sich zu überzeugen, wie diese Politik auf die konservativen Kreise wirkte: wie eine neue Auflage der Aufklärungspolitik des Ministeriums Montgelas. Ludwig I. warnt seinen Enkel vor den Bemühungen der Fortschrittspartei um Fortbildung der bayerischen Verfassung, vor der Verkürzung der Budgetperioden, vor der Reform der Reichsratskammer, des letzten Dammes, um Revolutionsüberflutungen zu verhindern. Das Ziel der Fortschrittspartei sei das parlamentarische Regierungssystem. Ludwig I. warnt vor dem Heeresergänzungsgesetz, vor dem neuen Schulgesetz, vor der Trennung der Schule von der Kirche, vor der Kirchen- und Klosterfeindlichkeit der Fortschrittspartei. „Eine der tiefsten und schmerzlichsten Wunden würde ihm geschlagen, wenn der freie Bestand der Abteien und Klöster gefährdet würde." Er warnt vor weiteren Verträgen mit Preußen, ganz besonders vor der Verfassung des Norddeutschen Bundes, mit den denkwürdigen W o r t e n : „Möchtest Du Dich hüten, selbst im geringsten Teile Bayern mediatisieren zu lassen." Er warnt vor den Fortschrittlern überhaupt, „diesen Demagogen und Umstürzlern." Er warnt ihn vor Hohenlohe: „Mitgliedern mediatisierter Häuser dürfte es nicht unangenehm sein, würden königliche es gleichfalls." Er bittet und beschwört ihn, konservative, monarchisch gesinnte Minister nicht von ihrer Stelle zu entfernen; „gegen alle, die es mit ihrem König ehrlich meinen, eifern die Feinde des Königtums. Der sich nach ihnen richtet, ist verloren." Ludwig I. betont immer wieder von neuem die Uneigennützigkeit seines Rates, der nur von bayerisch-patriotischen Gefühlen eingegeben wird: „Dein Großvater redet nicht f ü r seine Interessen, er ist vom Throne herunter, aber f ü r die Monarchie, f ü r Bayerns Wohl schlägt ihm das Herz." *
Im F r ü h j a h r 1869 war die sechsjährige Landtagsperiode abgelaufen. Es gab neue Wahlen, leidenschaftliche Agitation, einen leidenschaft-
Die deutsche Politik des Ministeriums Hohenlohe.
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liehen W a h l k a m p f . Das Ergebnis dieses W a h l k a m p f e s w a r : ein völliger U m s c h w u n g in den P a r t e i v e r h ä l t n i s s e n B a y e r n s . Die P a t r i o t i s c h e P a r t e i gewinnt bei den W a h l e n im Mai 1869 die absolute Mehrheit. Bei den W a h l p r ü f u n g e n im O k t o b e r verliert sie zwar einige M a n d a t e u n d d a m i t stellt sich zwischen der Linken u n d d e r Rechten ein Gleichgewicht her. Aber da keine P r ä s i d e n t e n w a h l z u s t a n d e k o m m e n k o n n t e , m u ß t e die K a m m e r aufgelöst w e r d e n . Bei den Neuwahlen siegte die P a t r i o t i s c h e P a r t e i neuerdings u n d t r u g achtzig gegen vierundsiebzig M a n d a t e d a v o n . Von den vierundsiebzig M a n d a t e n gehörten d r e i u n d sechzig der F o r t s c h r i t t s p a r t e i , die übrigen elf schlössen sich keiner P a r t e i a n . Die W ä h l e r m a s s e n der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i setzten sich z u s a m m e n , um mit J ö r g zu sprechen, aus einer Koalition aller derjenigen E l e m e n t e i m Volke, die sich d u r c h die t y r a n n i s c h e H e r r s c h a f t des Liberalismus z u m W i d e r s t a n d a u f g e s c h r e c k t f ü h l t e n . Eine H a u p t s t ü t z e w a r d e r Klerus, der katholische Adel u n d die katholische Bevölkerung, ihr H a u p t einflußgebiet w a r A l t b a y e r n u n d das katholische U n t e r f r a n k e n . W a s h a t der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i die w i r k s a m e A g i t a t i o n u n d den ü b e r r a s c h e n d e n W a h l e r f o l g e r m ö g l i c h t ? Sie d a n k t e ihre Erfolge der U n z u f r i e d e n h e i t , die die innere und die ä u ß e r e Politik der R e g i e r u n g u n d der h e r r s c h e n d e n P a r t e i n a m e n t l i c h in den ländlichen Kreisen gew e c k t h a t t e . Die d e u t s c h e Politik des Ministeriums H o h e n l o h e g a b d e n F ü h r e r n der P a t r i o t i s c h e n Partei die P a r o l e : die Selbständigkeit B a y e r n s ist in G e f a h r . Die F o r t s c h r i t t s p a r t e i u n d mit i h m das Minis t e r i u m w u r d e n als die V e r p r e u ß e r B a y e r n s g e b r a n d m a r k t . Die F o r t s c h r i t t s p a r t e i u n d mit ihr das Ministerium w u r d e n als Z e r s t ö r e r des bayerischen W o h l s t a n d s verschrien. Die neue W i r t s c h a f t s - u n d Sozialgesetzgebung, besonders die Gewerbefreiheit, die alte R e c h t e u n d Gew o h n h e i t e n verletzte, a u c h zu wenig die l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n V e r h ä l t nisse berücksichtigte, zu s t ä d t i s c h g e s t i m m t war, dazu die militärischen Lasten infolge der neuen Militärgesetzgebung gaben w i r k s a m e H a n d h a b e n . Der Militarismus w a r d a m a l s schon ein zugkräftiges Schlagwort. Die F o r t s c h r i t t s p a r t e i u n d mit ihr das Ministerium w u r d e n in den s t r e n g kirchlichen Kreisen, katholischen wie p r o t e s t a n t i s c h e n , als die Zers t ö r e r des Glaubens, z u m a l als die E n t c h r i s t l i c h e r der Schule verschrien. Der Liberalismus, d e m schon von seiner G e b u r t u n d seiner A b s t a m m u n g von der A u f k l ä r u n g u n d französischen Revolution der Ruf der Kirchen- u n d Religionsfeindschaft n a c h h i n g , h a t d a m a l s wie s p ä t e r in den siebziger J a h r e n das religiöse u n d konfessionelle E m p f i n d e n des Volkes nicht bloß nicht gepflegt, er h a t es auch zu wenig geschont, u n d ihm d a m i t das Einleben in die neue d e u t s c h e E n t w i c k l u n g e r s c h w e r t . E r t r ä g t neben der A u f k l ä r u n g u n d neben gewissen R i c h t u n g e n d e r neueren Philosophie einen nicht geringen Teil der Schuld a n d e r U m w a n d l u n g der christlichen in eine materialistische W e l t a n s c h a u u n g . Diese antikirchliche R i c h t u n g , insbesondere der bayerischen F o r t s c h r i t t s p a r t e i ist schon der F r a u eines ihrer F ü h r e r , der ebenso energi-
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sehen als klugen u n d feinfühligen P a u l i n e B r a t e r , z u m Bewußtsein gekommen. Die R e a k t i o n ä u ß e r t e sich auf katholischer Seite in der E n t s t e h u n g u n d E r s t a r k u n g der b a y e r i s c h e n P a t r i o t e n p a r t e i 1 ) wie des d e u t schen Z e n t r u m s , in d e m s p ä t e r a u c h die P a t r i o t e n p a r t e i aufging, auf p r o t e s t a n t i s c h e r Seite in der E n t s t e h u n g u n d E r s t a r k u n g d e r k o n s e r vativen Partei. In B a y e r n sind allerdings die p r o t e s t a n t i s c h e n Kreise s t r e n g kirchlicher O b s e r v a n z lange Zeit mit dem Liberalismus z u s a m m e n g e g a n g e n , solange hier die gemäßigte, altliberale P a r t e i die H e r r s c h a f t h a t t e . E r s t die Kirchen- u n d Schulpolitik der F o r t s c h r i t t s partei h a t es im J a h r e 1872 zuwege g e b r a c h t , d a ß sich a u c h hier eine k o n s e r v a t i v e P a r t e i abzweigte. Der typische V e r t r e t e r dieser R i c h t u n g ist der R e g i e r u n g s d i r e k t o r von L u d h a r d t , seine Lebensgeschichte eine der wertvollsten Quellen hiefür. Die Schulgesetzvorlage des K u l t u s ministers Gresser, eines Oberpfälzers aus N e u n b u r g v. W., sowie d a s Zirkularschreiben Hohenlohes mit seinen W a r n u n g e n vor d e m bevors t e h e n d e n U n f e h l b a r k e i t s d o g m a gaben weitere H a n d h a b e n . Die P a t r i o t i s c h e P a r t e i v e r d a n k t e ihre Erfolge ganz besonders a b e r auch ihrer trefflichen Organisation, z u m a l ihren organisatorischen B e m ü h u n g e n u m Politisierung der bäuerlichen u n d der k l e i n s t ä d t i s c h e n Bevölkerung. D a m a l s , 1869, w u r d e der b a y e r i s c h - p a t r i o t i s c h e B a u e r n v e r e i n geschaffen, z u n ä c h s t in N i e d e r b a y e r n , von Freiherrn X a v e r von H a f e n b r ä d l . D a m a l s w u r d e der b e r ü h m t e T u n t e n h a u s e n e r Bauernverein ins Leben gerufen, der lange J a h r e von d e m Freisinger Lyzealprofessor Dr. Dalier geleitet w u r d e . In j e n e r Zeit w u r d e n in den S t ä d t e n , a u c h in München katholische Kasinos g e g r ü n d e t . Da sich in d e m letzten W a h l k a m p f e das Ministerium d u r c h eine v e r ä n d e r t e W a h l k r e i s e i n t e i l u n g , a u c h durch E i n f l u ß n a h m e auf die B e a m t e n , offen auf die Seite der Liberalen gestellt h a t t e 2 ) , w a r die Niederlage der Liberalen zugleich eine Niederlage der Regierung. Die erste W i r k u n g war, d a ß zwei Minister, deren i n n e r e r Politik ganz besonders der K a m p f der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i noch vor E r ö f f n u n g des L a n d t a g s galt, im J a n u a r ausschieden, die Minister des Innern, H ö r m a n n , u n d des K u l t u s , G r e s s e r . Die weitere W i r k u n g war, d a ß zu Beginn des J a h r e s 1870 die Mehrheit der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n eine scharfe Adresse gegen H o h e n l o h e an den König r i c h t e t e . Der Verfasser der Adresse w a r der A r c h i v a r Dr. J ö r g in L a n d s h u t , der Einsiedler von der T r a u s n i t z , eine zwar einseitige, a b e r u n g e w ö h n lich s t a r k e u n d geistig b e g a b t e Persönlichkeit. E r w a r n a c h seinem E n t w i c k l u n g s g a n g ein a u s g e s p r o c h e n e r Gegner liberaler A n s c h a u u n g u n d w u r d e im Z u s a m m e n h a n g d a m i t , n a c h d e m er eine Weile V e r s t ä n d x ) Doeberl Anton, Graf Konrad Preysing und das Erwachen der katholisch-konservativen Partei in Bayern in: Gelbe Hefte 112, 1926. 2 ) Vgl. das Schreiben des Ministers des Innern, von Hörmann, an die Regierungspräsidenten, Oktober 1869.
Die deutsche Politik des Ministeriums Hohenlohe.
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nis f ü r das politische P r o g r a m m Bismarcks b e k u n d e t h a t t e , i m m e r m e h r a u c h Gegner des kleindeutschen P r o g r a m m s Bismarcks. Er w a r schon ein Gegner des Ministeriums von der P f o r d t e n gewesen wie der ganzen inneren u n d ä u ß e r e n Politik König Maximilians II. N a c h seiner Ansicht h a t t e alles Unglück, das B a y e r n b e d r ü c k t e , seine n ä c h s t e Quelle in der Ära Maximilians I I . : die n o r d d e u t s c h e n Professoren h ä t t e n B a y e r n den politischen V e r s t a n d g e n o m m e n . Nach seiner Ansicht m u ß t e eine Politik „so voll von I m p o t e n z u n d Charakterlosigkeit, innerer U n w a h r h e i t kein a n d e r e s E n d e als diese R e s u l t a t e h a b e n " , m u ß t e B a y e r n in das V e r d e r b e n s t ü r z e n . Als J ö r g A b g e o r d n e t e r w u r d e , waren die P a t r i o t e n noch in der Minderheit, m a n m u ß t e sich also auf P r o t e s t e b e s c h r ä n k e n . Das w u r d e auch g e t a n , als das S c h u t z - u n d T r u t z b ü n d n i s v o m 22. A u g u s t 1866 von Hohenlohe in der K a m m e r b e k a n n t g e g e b e n w u r d e . „ B a y e r n " , so schrieb d a m a l s J ö r g in den Zeitläufen der Historisch-politischen B l ä t t e r , „ h a t Stellung g e n o m m e n z u m l e t z t e n m a l in der G e s c h i c h t e ; d e n n die e i n g e n o m m e n e Stellung ist der Verzicht auf die Freiheit fernerer politischer E n t s c h l i e ß u n g e n . Das bayerische Land w a r f ü n f m a l kleiner u n d h a t d e n n o c h sein Gewicht g e h a b t in der europäischen W a g schale. D a m i t ist es n u n zu E n d e . K ü n f t i g wird n i e m a n d m e h r nach B a y e r n f r a g e n ; d e n n es wird bald keines mehr geben. Keine G r o ß m a c h t wird m e h r einen G e s a n d t e n schicken, d e n n die bayerische D i p l o m a t i e wird k ü n f t i g in Berlin g e m a c h t werden, und es ist schwer a b z u s e h e n , wozu in dem Palais a m P r o m e n a d e p l a t z k ü n f t i g noch ein a u s w ä r t i g e s Ministerium hausen solle; d e n n es h a t nichts m e h r zu t u n . F u i m u s T r o e s . " Nach seiner Ansicht h ä t t e m a n lieber die von P r e u ß e n gef o r d e r t e n 700000 E i n w o h n e r opfern sollen. D a n n wäre wenigstens die Möglichkeit v o r h a n d e n gewesen, sich wieder zu rehabilitieren. Den letzten Ausschlag gab die H a l t u n g der R e i c h s r a t s k a m m e r . Bei der A d r e s s e n b e r a t u n g stellte sich a u c h hier die Mehrheit auf die Seite der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i . Auch der p r o t e s t a n t i s c h e Oberkonsis t o r i a l p r ä s i d e n t von H a r l e ß u n d selbst die P r i n z e n des königlichen Hauses, mit A u s n a h m e des Herzogs Karl T h e o d o r s t i m m t e n f ü r die Adresse gegên das Ministerium. D a m i t w a r das Schicksal des Minister i u m s entschieden. H o h e n l o h e reichte a m 18. F e b r u a r 1870 seine E n t lassung ein. Nach längerem S c h w a n k e n w u r d e sie a m 8. März v o m König genehmigt. Es w a r a b e r n u r ein halber E r f o l g ; der A b g a n g d e h n t e sich nicht auf das gesamte Ministerium aus. An die Stelle des F ü r s t e n Hohenlohe t r a t Graf O t t o v o n B r a y S t e i n b u r g (1807—1899), z u m d r i t t e n m a l w u r d e er mit der F ü h r u n g des Ministeriums des Ä u ß e r n b e t r a u t . E r e n t s t a m m t e einem französischen Geschlechte. Sein V a t e r François Gabriel, erst Chevalier, d a n n Graf von Bray, ein e c h t e r Vert r e t e r des ancien régime, war in j u n g e n J a h r e n in bayerische Dienste g e t r e t e n und h a t t e u n t e r Montgelas den bayerischen G e s a n d t s c h a f t s -
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VII. Buch. Fünftes Kapitel.
posten in Berlin und dann in Petersburg bekleidet. Er war einer der schärfsten Beobachter unter den bayerischen Diplomaten gewesen: davon zeugen seine Gesandtschaftspapiere und seine Denkwürdigkeiten, seine treffenden und geistreichen Charakteristiken in seinem Petersburger Mémoire vom J a h r e 1800, seine scharfen Momentbilder in seinem Berliner Tagebuch vom Winter 1806. Er war ein überzeugter Anhänger des französischen Systems in der bayerischen Politik und ist mit diesem System gefallen. Später lebte er mehr wissenschaftlichen und literarischen Interessen auf seinem Besitz Irlbach und Steinburg. Der Sohn war weniger geistreich, auch nüchterner. Er hatte im Vaterhause sowie auf seinen diplomatischen Missionen den Geist des alten souveränen Bayerns, die Staatsauffassung Montgelas' eingesogen. Er gehörte nach seinem Entwicklungsgange dem Vormärz an und war ganz zum Bayern geworden, ein ausgeprägtes Staatsgefühl zeichnete ihn aus. Er war bürokratischer, weniger frei, daher auch weniger beweglich, ein Kasuistiker. Ein ausgesprochener Geschäftsmann schon in seiner äußeren Erscheinung, wie sie uns W. Busch geschildert hat, mit seiner großen, hageren Gestalt, seinen mageren Händen, seinen dünnen Lippen, seinem englischen Backenbart. Er war Zögling der Pagerie, studierte in Göttingen und München Rechtswissenschaft (mit Beust), Gerichts- und Verwaltungspraxis. Sein Dienst in der Diplomatie hatte als Ausgangsp u n k t Wien, dann kam er nach Petersburg, Paris, Athen, dann wieder nach Petersburg. Im F r ü h j a h r 1846—1847 leitete er das Ministerium des Äußern, dann ging er als Gesandter nach Petersburg. Im Frühjahr 1848 wurde er neuerdings mit der Leitung des Ministeriums des Äußern betraut. Er war der einzige Vertreter der alten Richtung im Märzministerium, doch nicht in dem Maße, wie man gemeiniglich meint, auch nicht so bestimmend f ü r die deutsche Politik seines Königs, wie man früher a n n a h m ; es war damals mehr die Politik des Königs und seiner unverantwortlichen Ratgeber (Doenniges) maßgebend, der Minister nahm oft nur mit halber Seele daran teil, Eine Initiative war von ihm kaum zu erwarten, Illusionen beherrschten ihn nicht, er war kein Mann von überragender geistiger Bedeutung, auch kein Redner, aber ein tüchtiger charaktervoller Beamter. Vor*dem Landtag des Jahres 1849 t r a t er zurück: war er kein eigentlicher Märzminister, so wollte er aber auch kein Reaktionsminister sein, für beides war er zu sachlich und zu nüchtern. In Petersburg, wohin er als Gesandter zurückkehrte, erwachte er wie von einem schweren Traum. Hier entstand seine Denkschrift über das russische, absolutistische System Nikolaus I. — gleich dem Mémoire seines Vaters. Unmittelbar darauf ist dieses zusammengebrochen. 1859 im Beginn der neuen Ära ging Bray nach Berlin, 1860 nach Wien, wo er seine zweite Heimat fand, in einem der bewegtesten Abschnitte deutscher und österreichischer Geschichte: er stand auf dem Boden des Bundesrechtes, war österreichfreundlich, von katholischen Sympathien erfüllt. Den Friedensver-
Bayern und die Bismarckische Reichsgründung.
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handlungen von 1866 gegenüber n a h m er getreu seinem Wesen eine kühle und abwägende Haltung ein. Das mit Preußen abgeschlossene Schutz- und Trutzbündnis war nach seiner Auffassung eine internationale Abmachung zwischen Gleichgestellten, ein Zugeständnis wohl zur Erreichung eines besseren Friedens, nicht aber ein Zugeständnis an die nationale Bewegung. Es entsprach seinem Rechtssinn, daß er entschlossen war, es zu halten. Er hat auch das Rundschreiben Hohenlohes vom 24. J a n u a r 1867 ausdrücklich gebilligt. Weil er wenig a u s sich heraustrat, ist auch sein Verhältnis zum Ministerium Hohenlohe nicht ganz klar. Hohenlohe schlug ihn selbst als seinen Nachfolger vor,, da er außerhalb des Parteikampfes stand. Nur ungern, auf Drängen des Königs t r a t er zum drittenmal an die Spitze des Ministeriums des Äußern, aber von Anfang an nur provisorisch. Er hielt an dem Allianzvertrag fest, wenn er auch innerlich in einem anderen Verhältnis z u r deutschen Frage stand als Hohenlohe: im Gegensatz zu diesem war er bisher großdeutsch und österreichfreundlich. Infolge des beginnenden Kulturkampfes schied er 1871 aus und kehrte nach Wien zurück, das wie der Ausgangspunkt so auch der E n d p u n k t (1896) seiner diplomatischen Wirksamkeit sein sollte. Otto von Bray-Steinburg wurde von der patriotischen Volkspartei mit großen Erwartungen begrüßt. In der inneren Politik bedeutete sein Ministerium auch in der Tat einen Ruck nach rechts. In der d e u t schen Politik dagegen bedeutete die Nachfolge des Mitunterzeichners des Berliner Friedens keinen eigentlichen Systemwechsel. Der Kampf gegen das neue Ministerium ist denn auch sehr bald wieder e n t b r a n n t , namentlich wegen der Forderungen f ü r militärische Zwecke. „Nicht genug, daß wir unsere politische Abdankung vollzogen haben", wetterte Jörg, „wir sollen auch noch unsere Armee verdoppeln, unseren S t a a t in einen Militärstaat und Bayern in eine große Kaserne verwandeln — , um die preußischen Prätentionen gegen alle Welt zu verteidigen." Am 30. Juni 1870 stellte die Wochenschrift der Fortschrittspartei in einem Artikel „Das Ergebnis der siebenmonatlichen Landtagssession" fest: daß die patriotische Partei durch den Rücktritt des Fürsten Hohenlohe „irgend etwas gewonnen hätte, wird sich von diesen Herren jetzt selber niemand mehr einreden lassen." Mitten in diese erregten Kammerdebatten, namentlich über den Militäretat, traf wie ein Donnerschlag die Kunde von den V o r g ä n g e n in E m s im J u l i 1 870. Sechstes
Kapitel.
Bayern und die Bismarckische Reichsgründung. Der französische Militärbevollmächtigte, Oberst Stoffel, hat sich bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges mit militärischer Offenheit über dessen wahre Ursache dahin ausgesprochen: daß der
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V I I . Buch. Sechstes Kapitel.
Krieg die Folge der Ü b e r m a c h t P r e u ß e n s seit 1866 sei, gegen die sich F r a n k r e i c h s c h ü t z e n müsse. Der Besitz des Rheines könne allein den Frieden zwischen beiden N a t i o n e n sichern. Kaiser Napoleon I I I . h a t t e f r ü h e r mit P r e u ß e n geliebäugelt, solange es galt, d e m d a m a l s noch gefährlicheren Österreich A b b r u c h zu t u n u n d solange er glaubte, im B u n d e mit P r e u ß e n den f r a n z ö s i s c h e n L a n d h u n g e r befriedigen zu k ö n n e n . Noch im H e r b s t 1865 h a t t e N a p o leon in Biarritz zu B i s m a r c k g e ä u ß e r t : „ M a n müsse die Ereignisse n i c h t machen wollen, sondern sie reifen lassen, dieselben w ü r d e n nicht ausbleiben u n d d a n n den Beweis liefern, d a ß P r e u ß e n und F r a n k r e i c h diejenigen beiden S t a a t e n in E u r o p a wären, deren Interessen sie a m meisten a u f e i n a n d e r anwiesen, u n d d a ß er d a n n jederzeit bereit sein werde, die F r e u n d s c h a f t und S y m p a t h i e zu b e t ä t i g e n , von denen er f ü r P r e u ß e n beseelt sei." Gleichzeitig m u n t e r t e er P r e u ß e n zur militärischen A u s t r a g u n g der kleinen Frage, wie er die schleswig-holsteinische Frage n a n n t e , wie der großen Frage, wie er die deutsche Frage n a n n t e , a u f ; u n d zu derselben Zeit s c h ü r t e er bei Österreich gegen P r e u ß e n u n d „ h e i z t e " ( „ c h a u f f a i t " ) , u m mit seinen eigenen W o r t e n zu s p r e c h e n , d e n M i t t e l s t a a t e n d o p p e l t ein, u m sie z u m Anschluß an Österreich zu bringen — u n d so zwei e i n a n d e r möglichst e b e n b ü r t i g e Gegner gegenüberstellen u n d sich zerfleischen zu lassen, d a m i t ein Dritter, F r a n k r e i c h , ein möglichst großes S t ü c k Rheinland als Beute d a v o n t r a g e . Der von F r a n k r e i c h herbeigesehnte „ D e u t s c h e K r i e g " k a m . Aber er e n d e t e nicht mit einer allgemeinen S c h w ä c h u n g der beiden Gegner, s o n d e r n mit einem u n e r w a r t e t e n T r i u m p h u n d Aufstieg des einen der beiden Gegner, P r e u ß e n s . Und hier in P r e u ß e n f a n d der französische Kaiser u n d die französische Diplomatie den P a r t n e r , der F r a n k r e i c h mit seinen eigenen K ü n s t e n ü b e r t r u m p f t e . Seit d e m Scheitern der f r a n z ö s i s c h e n K o m p e n s a t i o n s f o r d e r u n g e n vom Juli und A u g u s t 1866 s t a n d e n sich der Kaiser der Franzosen und der Leiter der preußischen Politik, Graf Bismarck, m i t t i e f s t e m Mißtrauen gegenüber. Den Ausgang des L u x e m b u r g i s c h e n H a n d e l s vollends e m p f a n d Napoleon als eine schwere D e m ü t i g u n g . Er w a r b u m den Beistand Österreichs. Wiederholt, im April 1867 zur Zeit der L u x e m b u r g i s c h e n Krisis wie zur Zeit der Salzb u r g e r K a i s e r e n t r e v u e im H e r b s t 1867, w a r er mit d e m A n t r a g auf ein S c h u t z - u n d T r u t z b ü n d n i s an Österreich h e r a n g e t r e t e n . D a m a l s h a t t e Graf Beust im Hinblick auf die geringe Aktionsfähigkeit und das Friedensb e d ü r f n i s der Monarchie sowie in R ü c k s i c h t auf Österreichs d e u t s c h e Stellung den A n t r a g a b g e l e h n t . Immerhin ü b t e n die beiden Mächte einen g e m e i n s a m e n D r u c k auf S ü d d e u t s c h l a n d aus, u m den Z u s a m m e n schluß des S ü d e n s mit d e m Norden zu v e r h i n d e r n . Sobald die f r a n z ö sische A r m e e reorganisiert w a r , setzte Napoleon mit neuen A n t r ä g e n ein. E r legte im Juli 1868 d e m österreichischen B o t s c h a f t e r Fürsten Metternich zwei Fragen v o r : ob eine französisch-österreichische Ent e n t e in der R i c h t u n g einer a k t i v e n Allianz oder ob eine französisch-
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österreichische Entente mit dem Zielpunkt eines europäischen Kongresses zur feierlichen Bekräftigung des europäischen status quo erwünscht sei. Graf Beust lehnte ebenso wie im April und im August 1867 den Antrag auf eine aktive Allianz ab, dem zweiten Vorschlag gab er eine verblüffende neue W e n d u n g : nicht ein Kongreß zur Aufrechterhaltung des status quo, sondern eine Proklamation mit dem Aufruf zur allgemeinen Abrüstung, das sei die Karte, die der Kaiser der Franzosen als Führer einer populären Aktion und zugleich als Anwalt französischer Machtinteressen ausspielen solle — um das Umsichgreifen Preußens in Deutschland von innen her lahmzulegen. Dieser scheinpazifistische Angriffsplan scheiterte an der Haltung des englischen Außenministers Clarendon, der das Spiel durchschaute. Unmittelbar darauf begannen die Dreibundverhandlungen mit Österreich und Italien, die dem werdenden Deutschland einen europäischen Bund mit hundert Millionen Einwohnern und fast drei Millionen Bajonetten entgegenstellen und eine völlig neue europäische Ordnung begründen sollten. Der Kaiser der Franzosen arbeitete seit Dezember 1868 bis Mai 1869, bzw. Dezember 1869 persönlich an der Bildung einer europäischen Koalition gegen Preußen, an einem Bündnisse mit Österreich, das die Erinnerung an das J a h r 1866 noch nicht verwunden, und mit Italien, das dem früheren Bundesgenossen Preußen grollte, weil dieses seine Absicht auf Südtirol nicht unterstützt hatte. Diesmal nicht ohne Erfolg. Wir können jetzt in die Einzelheiten der Verhandlungen blicken: im Dezember 1868 beginnen die privaten Besprechungen zwischen Napoleon und dem österreichischen Botschafter Fürst Metternich. Im März 1869 beginnen die amtlichen Verhandlungen zwischen den drei Kabinetten. Am 10. März 1869 liegt ein gemeinsamer Vertragsentwurf vor. Das Ziel Frankreichs war auch jetzt Erwerbung des Rheins, Zerschlagung Deutschlands in möglichst kleine Staaten und Unterdrückung der hegemonistischen Bestrebungen Preußens. Unmittelbar vor dem Abschluß erheben sich neue Schwierigkeiten. Italien verlangte von Österreich die Isonzolinie, hatte zugleich Absichten auf Rom und verlangte aus diesem Grunde Abzug der französischen Besatzungstruppen aus der Ewigen Stadt. Österreich wollte bei einem Ausbruch eines deutsch-französischen Krieges nicht sofort losschlagen, sondern erst den Gang der Ereignisse in Süddeutschland abwarten. Ein weiteres Moment der Verzögerung brachte der schlechte Ausfall der französischen Wahlen und der schwere Stoß, den damit das persönliche absolutistische Regiment Napoleons III. erlitt. Es war eine entscheidende Krisis, wie sie das Kaiserreich noch nicht erlebt hatte. Sie stieg auf ihren Höhepunkt, als Napoleon gegen den 20. August an seinem alten Leiden erkrankte und wochenlang wie in der Krisis vom Juli 1866 wie scheintot in einem Staate vegetierte, dessen Regierung auf seinen alleinigen Willen zugeschnitten schien. D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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Wiederhergestellt, entschloß er sich z u n ä c h s t auf den förmlichen Abschluß der Verträge zu verzichten u n d an ihre Stelle den A u s t a u s c h von Monarchenbriefen, an die Stelle einer juristischen also eine moralische B i n d u n g zu setzen, ähnlich d e m Briefwechsel zwischen Grey und C a m b o n im J a h r e 1912. Auf die Monarchenbriefe folgten Besprechungen der Offiziere u n d Generalstäbe, im F r ü h j a h r und im S o m m e r 1870 des Erzherzogs Albrecht in Paris, des Generals L e b r u n in Wien, ü b e r den k ü n f t i g e n Feldzugsplan gegen P r e u ß e n . Napoleon g l a u b t e im E r n s t f a l l auf die österreichische und italienische W a f f e n h i l f e rechnen zu d ü r f e n . Und schon h a t t e Marschall Niel die E r n e u e r u n g u n d V e r s t ä r k u n g der französischen Armee eingeleitet. P r e u ß e n blieben weder die französischen Bündnisv e r h a n d l u n g e n noch die französische Heeresreorganisation u n b e k a n n t . Auf diesem H i n t e r g r u n d e mit seinem „ c a u c h e m a r des coalitions" ist der u n m i t t e l b a r e A n l a ß z u m D e u t s c h - F r a n z ö s i s c h e n Kriege, die spanische T h r o n k a n d i d a t u r des f ü r s t l i c h e n Hauses Hohenzollern, u n d das Verhalten Bismarcks zu ihr zu w ü r d i g e n . Der B o t s c h a f t e r des f r a n zösischen Kaisers, Benedetti, k o n n t e wohl s a g e n : in E m s 1 ) gab es weder einen Beleidiger noch einen Beleidigten — was den König u n d den französischen B o t s c h a f t e r b e t r i f f t . Aber es g a b einen Beleidiger, d a s w a r die den französischen B o t s c h a f t e r instruierende französische Regierung u n d die französische N a t i o n . Und es gab einen Beleidigten, das war die d e u t s c h e N a t i o n u n d die preußische Regierung. Angesichts der b e v o r s t e h e n d e n preußischen G a r a n t i e f o r d e r u n g u n d des d r o h e n d e n preußischen U l t i m a t u m s sah die französische Regierung die einzige Sicherung gegen eine innere Revolution in der Kriegserklärung a n P r e u ß e n . Am 14. J u l i w u r d e von einer engeren Konferenz, a m 15. v o m französischen G e s a m t m i n i s t e r i u m die Kriegserklärung beschlossen. Am 19. Juli traf sie beim Kanzler des N o r d d e u t s c h e n Bundes ein. Über die H a l t u n g B a y e r n s b e i A u s b r u c h d e s D e u t s c h Französischen K r i e g e s ist eine F l u t von V e r l e u m d u n g e n ausgegossen worden, vor allem ü b e r das Ministerium B r a y . Man h a t b e h a u p t e t , Graf B r a y sei schon als G e s a n d t e r w ä h r e n d seines Wiener A u f e n t h a l t e s v o m Herzog von G r a m o n t , d e m damaligen französischen B o t s c h a f t e r a m österreichischen Hofe, in die politischen militärischen preußenfeindlichen A b m a c h u n g e n zwischen F r a n k r e i c h und österreicheingeweiht worden. Es ist f e r n e r die Beschuldigung erhoben worden, Graf B r a y h a b e als Minister, t r o t z des b e s t e h e n d e n Schutz- u n d T r u t z bündnisses mit P r e u ß e n , die in Wien begonnenen verräterischen V e r h a n d l u n g e n mit F r a n k r e i c h f o r t g e f ü h r t . Alle diese Anklagen haben sich bei näherer P r ü f u n g als nicht stichhaltig erwiesen 2 ). Brays Verhalten Über die Emser Vorgänge vgl. Doeberl, Bayern und die Bismarckische Reichsgründung, 15 f f . Vgl. Doeberl, a. a. O. S. 2 5 f f ; vgl. auch die von E..v. Wertheimer mitgeteilten Briefe Brays an Beust v o m 25. Juli und 3. August 1870 (Bismarck im poiitischea Kampf, 1929, S. 41 Of.)
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bei Ausbruch des Krieges war durchaus korrekt. Er hat sich keineswegs in bedenkliche Verhandlungen mit Kaiser Napoleon oder mit dem Grafen Beust eingelassen. Die vertrauliche Korrespondenz, die er mit dem Grafen Beust in der kritischen Zeit pflog, schließt eine solche Annahme geradezu aus. Wohl regte er mit Hilfe des englischen Gesandten am Münchner Hofe eine Vermittlung der Großmächte a n : sein Vorschlag ging auf eine prinzipielle Anerkennung des Grundsatzes hinaus, der bei der belgischen und bei der letzten griechischen Königswahl maßgebend gewesen war, daß nämlich kein Mitglied eines Herrscherhauses Prätendent eines anderen Staates sein dürfe. Dieses Vorgehen des Grafen Bray wurde selbst vom preußischen Gesandten, wenigstens f ü r seine Person, ausdrücklich gebilligt. Nach dem Scheitern dieses Vermittlungsversuches trug sich Bray eine kurze Weile nach seinem eigenen Bekenntnis mit dem Gedanken des Rücktritts. Als aber der König seine Entlassung ablehnte, vollzog er unentwegt das, was nach seiner auch Beust gegenüber vertretenen Überzeugung die klar ausgesprochene Vertragspflicht, die Ehre und — der Vorteil Bayerns verlangten. Auch der angebliche Gegensatz zwischen dem Könige, der den Bündnisfall anerkannt hätte, und dem Grafen Bray, der der Anerkennung entgegengearbeitet hätte, bestand in Wirklichkeit nicht. Im Gegenteil, wie immer, so hat auch in dieser Frage die Regierung die Initiative ergriffen. Am 14. Juli fragte der Gesandte des Norddeutschen Bundes, Freiherr von Werthern, im Auftrage seiner Regierung in München an, auf welche Unterstützung Bayerns man bei einem französischen Angriffe rechnen könne. Darauf erklärte der bayerische Kriegsminister noch am nämlichen Abend: er verpflichte sich, die beiden bayerischen Armeekorps genau nach den Bestimmungen des in Berlin bekannten Mobilisierungsplanes in Kriegsstärke zu stellen. Tags darauf teilte Bismarck die Mobilmachung der Streitkräfte des Norddeutschen Bundes mit und bat um Beschleunigung der bayerischen Rüstungen sowie um Entsendung eines bayerischen Militärbevollmächtigten nach Berlin. Noch am nämlichen Tage, am 15. Juli, beauftragte wirklich der bayerische Kriegsminister den Generalquartiermeister, zu „vermittelnder Tätigkeit zwischen dem preußischen und dem diesseitigen Generalstab in allen Fragen und Detailarbeiten, die auf die Mobilisierung der bayerischen und ihre Kooperation mit preußischen Armeekorps sich beziehen, sogleich den H a u p t m a n n Celsius Giehrl nach Berlih abzuordnen." Am gleichen Tage fand ein Ministerrat statt. Das Ergebnis der Beratung war das denkwürdige Schriftstück, in dem Graf Bray allerdings mit der ihm eigenen und bei der N a t u r des Königs besonders gebotenen Vorsicht, aber doch mit nicht zu verkennender Deutlichkeit den entscheidenden Antrag auf Mobilisierung an seinen König stellte. In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli wurde durch den Ministerialsekretär Grafen Maximilian von Berchem der Antrag nach Berg überbracht 32*
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in das Hoflager des Königs, der inzwischen durch K a b i n e t t s s e k r e t ä r E i s e n h a r t auf die E n t s c h e i d u n g v o r b e r e i t e t worden war. Man w e c k t e den König. E i s e n h a r t m a c h t e wie schon vorher „ d e n W e r t rascher E n t s c h e i d u n g " u n d die K o s t b a r k e i t der einzelnen S t u n d e geltend. „ D a r i c h t e t e sich der König im Bette auf mit den W o r t e n : ,Mein E n t s c h l u ß ist gefaßt, bis d a t qui cito d a t ' , wies hierauf den S e k r e t ä r an, den Mobilm a c h u n g s b e f e h l zu e n t w e r f e n u n d die beiden Minister z u m N a c h m i t t a g s v o r t r a g zu b e r u f e n . Die sofort gefertigten K o n z e p t e w u r d e n n u n v o m Könige mit k r ä f t i g e r H a n d u n t e r z e i c h n e t , u n d wenige M i n u t e n s p ä t e r b e f a n d sich durch den Telegraph der chiffrierte Königsbefehl in den H ä n d e n des Kriegsministers, der in umsichtiger Weise die nötigen V o r k e h r u n g e n getroffen h a t t e . " Am gleichen Tage w u r d e d u r c h eine telegraphische W e i s u n g des Ministeriums des Äußern der bayerische G e s a n d t e a m Pariser Hofe, Graf von Q u a d t , u n t e r d e m V o r w a n d e eines U r l a u b s von Paris a b b e r u f e n . Als d a n n am 18. Juli die K r i e g s e r k l ä r u n g F r a n k r e i c h s an P r e u ß e n erfolgte u n d die Ü b e r s c h r e i t u n g der d e u t s c h e n Grenze d u r c h die Franzosen amtlich gemeldet w u r d e , e r m ä c h t i g t e der K ö n i g seinen Minister „ d e m V e r t r e t e r P r e u ß e n s sofort zu erklären, d a ß e r d e n c a s u s f o e d e r i s a l s g e g e b e n e r a c h t e . " Am folgenden Tage ließ er an den König von P r e u ß e n t e l e g r a p h i e r e n : „Mit Begeisterung w e r d e n Meine T r u p p e n an der Seite Ihrer r u h m g e k r ö n t e n Bundesgenossen f ü r das d e u t s c h e R e c h t und deutsche E h r e den K a m p f a u f n e h m e n . Möchte er z u m Wohle D e u t s c h l a n d s u n d z u m Heile B a y e r n s werden." Und doch h a t t e der Herzog von G r a m o n t bei der V e r a b s c h i e d u n g des Grafen von Q u a d t auf die Gefahren hingewiesen, die von F r a n k r e i c h f ü r die P f a l z u n d von Österreich f ü r die altbayerischen Lande d r o h t e n , falls B a y e r n die Partei P r e u ß e n s ergreifen sollte. Er h a t t e a n d r e r s e i t s die b ü n d i g s t e E r k l ä r u n g abgegeben, d a ß F r a n k r e i c h an keine E r o b e r u n g des Rheines denke, d a ß es im Falle des Erfolges gegen P r e u ß e n sich wohl h ü t e n werde, auch n u r den kleinsten Fetzen d e u t s c h e n Gebietes zu verlangen, w e n n B a y e r n sich nicht an P r e u ß e n anschließe. „ U n s e r Ziel ist d ' e m p ê c h e r le Prussianisme en Allemagne. W e n n B a y e r n n e u t r a l bleibt, wird Frankreich sich zur Pflicht m a c h e n , ihm die Stellung nach Möglichkeit zu e r l e i c h t e r n . " Die A n t w o r t gipfelte n a t ü r l i c h in der Erklärung, d a ß B a y e r n gegenüber P r e u ß e n den casus foederis a n e r k a n n t habe. In den n ä c h s t e n Tagen erhielt die bayerische Regierung zahlreiche Zeugnisse urtbedingter Z u s t i m m u n g zu ihrer Politik aus den verschiedensten Gegenden Bayerns. Die öffentliche Meinung in den ausschlaggebenden Kreisen h ä t t e 1870 wie 1866 ebensowenig eine a n d e r e als die t a t s ä c h l i c h von der Regierung getroffene W a h l zugelassen, 1866 gegen P r e u ß e n , 1870 f ü r P r e u ß e n . *
Mit d e m Mobilmachungsbefehl des Königs v o m 16. Juli u n d mit der B e j a h u n g des Bündnisfalles d u r c h die Regierung w a r die Frage,
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ob Bayern an der Seite Preußens gegen Frankreich stehen werde, selbstverständlich entschieden, war eine Bürgschaft f ü r die Verwendung der bayerischen Truppen im nationalen Sinne gegeben. Die Entscheidung hing nicht mehr „in der Luft", wenn auch die Kammer erklärte, den casus foederis prüfen zu müssen. Kriegsminister von Pranckh war nach dem Zeugnisse Hugo von Lerchenfelds entschlossen, die Mobilmachung auch dann durchzuführen, wenn die Kammer die Kriegsmittel ablehnen sollte. In diesem Falle war eine Auflösung des Landtags oder eine vorübergehende Sistierung der Verfassung zu erwarten. Die Töne, die damals vom „Volksboten" Zanders, vom „Bayerischen V a t e r l a n d " Sigls und von einem Teile der bayerischen Abgeordneten angeschlagen wurden, entsprachen nicht der Gesamtstimmung des Landes. Das kam in dem Sturm der Begeisterung zum Ausdruck, den der Mobilmachungsbefehl entfesselte, auch in der Ovation, die am 17. Juli dem Könige vor der Residenz gebracht wurde. Diese Stimmung blieb auch der Kammer der Abgeordneten nicht f r e m d 1 ) : trotz leidenschaftlicher Fehden geht ein patriotischer Zug durch die Verhandlungen. Am 18. Juli stand auf der Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung und Beschlußfassung über den ordentlichen E t a t der Militärverwaltung f ü r die J a h r e 1870 und 1871. Der Kriegsminister von Pranckh machte der Kammer offizielle Mitteilung vom königlichen Mobilmachungsbefehl und forderte f ü r die Mobilisierung einen einmaligen Kostenaufwand von 5600000 Gulden und f ü r den Unterhalt des Heeres, zunächst f ü r den Rest des Jahres, 21 100000 Gulden. Die Kammer überwies die Regierungsvorlage einem Ausschusse, der sich aus sechs Patrioten und drei Liberalen zusammensetzt; Vorsitzender war der patriotische Abgeordnete Ruhland, Referent der ebenfalls patriotische Abgeordnete Dr. Jörg. Am 19. Juli — am Tage der französischen Kriegserklärung — sollte B e r a t u n g u n d B e s c h l u ß f a s s u n g im P l e n u m s t a t t f i n d e n . Auf sieben Uhr abends war öffentliche Sitzung angesetzt. Lange vorher waren die Galerien zum Erdrücken voll besetzt. Vor dem Ständehaus bewegte sich eine so große Volksmenge, daß der Verkehr gehemmt war. Der Landtagspräsident hatte zum Schutze der Abgeordneten eine verstärkte Militärwache in Anspruch genommen: sie stand im Landtagsgebäude in Bereitschaft. Unter atemloser Spannung im Saal und auf den Galerien verkündigte der Referent Jörg den Beschluß des Ausschusses: mit sechs gegen die drei Stimmen der Liberalen war bewaffnete Neutralität beschlossen worden. Der spanische Thronstreit, so rechtfertigte Jörg den Majoritätsbeschluß, berühre wohl die preußische Dynastie, aber nicht Deutschland, er liege außerhalb des Gebietes deutscher Ehre und deutscher Nationalität, es sei nach wie vor ein Streit zwischen zwei Großmächten, die nach dem ersten großen Zusammen*) Die Darstellung gründet sich hier vornehmlich auf die stenographischen Berichte.
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stoße sich leicht auf Bayerns Kosten einigen könnten. Da das preußische Kriegsministerium erklärt habe, es könne Bayern bei einem Einfalle der Franzosen nicht schützen, so gebe es keinen anderen Ausweg als bewaffnete Neutralität. Der fortschrittliche Abgeordnete Fischer von Augsburg gab seiner Verwunderung Ausdruck, daß man von einem Kriege zwischen Deutschland und Frankreich wie von einem Streite zweier Großmächte spreche, der Bayern nichts angehe, daß man von einem deutschen Könige eine Nachgiebigkeit auf eine Zumutung verlange, die f ü r jeden Privatmann schimpflich sein würde. Nicht um den nächsten Anlaß des Konfliktes handle es sich, sondern um die Bedrohung Deutschlands. Eine Niederlage Deutschlands werde auch der Untergang Bayerns sein. Der Ministerpräsident Graf von Bray vertrat ebenfalls mit einem bei ihm ungewohnten, warmen Nachdruck die Vorlage.: Die Regierung achte die Rechte des hohen Hauses, sie verlange aber auch Achtung f ü r ihre Rechte; zu den Rechten der Krone gehöre die Entscheidung über Krieg und Frieden. Er sei Mitunterzeichner des Vertrages von 1866; er wisse, wie der Vertrag gemeint war: nicht zur Beihilfe bei einem Angriffskrieg, wohl aber zur Mithilfe bei der Verteidigung deutschen Gebietes. Da erhob sich P r o f e s s o r S e p p , gleichfalls ein patriotischer Abgeordneter, — es war der bedeutendste Moment in seinem Leben — : „Ich wollte f ü r bewaffnete Neutralität sprechen und habe mir Wort f ü r Wort aufgezeichnet, um ja keinen Ausdruck zu improvisieren. Und jetzt komme ich mir vor wie der Prophet, der ausgezogen war, um zu fluchen, und er mußte segnen . . . Zwischen gestern und heute liegen zehn J a h r e : die französische Kriegserklärung ist da, die preußische Thronrede setzt unsern Anschluß voraus. Wer fragt heute nach dem Anlaß des Krieges? Gestern konnte man noch an das Weh von 1866 denken, heute ist der Zorn gegen die Welschen bei allen deutschen Männern erwacht. Wir Bayern haben an der Leipziger Schlacht nicht teilgenommen, bei der neuen Nationalschlacht wollen wir dabei sein . . . Auch wir haben ein deutsches Herz und halten fest an dem Ausspruche des deutschesten unter den deutschen Fürsten: Wir wollen Deutsche sein und Bayern bleiben." Unter Führung Sepps vollzog ein Teil der patriotischen Abgeordneten eine Schwenkung im nationalen Sinne. Nachts um zweieinhalb Uhr wurde a b g e s t i m m t : der Neutralitätsantrag wurde mit 89 gegen 58 Stimmen abgelehnt, der Regierungsantrag mit 101 gegen 47 Stimmen angenommen. Vierundzwanzig Stunden später genehmigte die Reichsratskammer einstimmig, ohne Diskussion, die Mittel f ü r den Krieg 1 ). Inzwischen h a t t e längst der Krieg begonnen. Die französische Heeresleitung ging von der militärischen Voraussetzung aus, daß die Deutschen J ) Die Frage, ob Bayern die Anerkennung des casus belli an Bedingungen geknüpft habe, ist zu verneinen. Wohl aber ließ sich Bayern nachträglich, nach dem Eintritt in den Krieg Sicherheiten für seine Selbständigkeit geben, und Bismarck hat sie ohne Bedenken gewährt. Der Gedanke einer bayerischen Landerweiterung durch
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g e t r e n n t a u f m a r s c h i e r e n w ü r d e n , d a ß sich die A r m e e des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s h i n t e r der s t a r k a r m i e r t e n M i t t e l r h e i n f r o n t , die s ü d d e u t s c h e n S t r e i t k r ä f t e dagegen sich zur V e r t e i d i g u n g des Schwarzwaldes vers a m m e l n w ü r d e n . Sie ging von der politischen V o r a u s s e t z u n g aus, d a ß die s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n S y m p a t h i e n f ü r F r a n k r e i c h hegten. D e r e r s t e G r u n d g e d a n k e d e s f r a n z ö s i s c h e n K r i e g s p l a n e s war d e m n a c h : die H a u p t m a s s e der französischen Feldarmee sollte bei S t r a ß b u r g den Rhein überschreiten, sich als t r e n n e n d e r Keil zwischen die beiden d e u t s c h e n Armeen schieben u n d die s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n mit oder ohne K a m p f zur N e u t r a l i t ä t bewegen. Schnelle V e r s a m m l u n g der Feldarmee im U n t e r e l s a ß w a r die erste A u f g a b e zur A u s f ü h r u n g dieser Idee. Indes w a r schon der Kriegsplan auf unsicheren militärischen u n d politischen Grundlagen a u f g e b a u t , so w a r seine A u s f ü h r u n g gleich im ersten S t a d i u m , der Mobilisierung und d e m A u f m a r s c h e der französischen Armee, völlig u n g e n ü g e n d . Das französische E i s e n b a h n n e t z w a r f ü r den T r u p p e n t r a n s p o r t u n z u r e i c h e n d : n u r 100000 Mann k o n n t e n direkt n a c h d e m Elsaß b e f ö r d e r t werden, die übrigen (150000) m u ß t e n bei Metz ausgeladen werden, u m d a n n von hier aus zu F u ß ü b e r die Vogesen nach d e m U n t e r e l s a ß zu m a r s c h i e r e n ; u m den d a d u r c h b e d i n g t e n Zeitverlust w e t t zu m a c h e n , sollten die T r u p p e n in immobilem Z u s t a n d a n die Grenze b e f ö r d e r t , die M o b i l m a c h u n g erst a m V e r s a m m l u n g s o r t e vollendet werden. Der französische Kriegsminister h a t t e einst d e m Erzherzog Albrecht in Wien durch General L e b r u n mitteilen lassen, vierzehn Tage nach der Kriegserklärung w ü r d e n 400000 Mann bereit sein ü b e r den Rhein zu gehen. Die französische Heeresleitung h o f f t e noch bei A u s b r u c h des Krieges, E n d e J u l i wenigstens mit 250000 Mann z u m V o r m a r s c h schreiten zu können. Der Kaiser w a r noch i m m e r der festen Zuversicht, den Deutschen in der K r i e g s b e r e i t s c h a f t weit v o r a n zu sein. In Wirklichkeit s t a n d noch a m 31. Juli die französische R h e i n a r m e e , k a u m 200000 Mann s t a r k , diesseits des Rheines, von Beifort bis Diedenhofen auf einer Strecke von 35 Meilen z e r s p l i t t e r t u n d d u r c h die Vogesen in zwei G r u p p e n geteilt, die eine u n t e r dem Befehl Bazaines in Lothringen, die a n d e r e u n t e r d e m Befehle des aus d e m K r i m k r i e g u n d d e m italienischen Kriege b e k a n n t e n Marschalls Mac Mahon im Elsaß, beide G r u p p e n ungegliedert u n d innerlich u n f e r t i g . Als der Kaiser, der sich den Oberbefehl ü b e r die ganze R h e i n a r m e e vorbehielt, in Metz e i n t r a f , f a n d er hier die g r ö ß t e V e r w i r r u n g u n d keine einzige T r u p p e in m a r s c h b e r e i t e m Z u s t a n d . Bei der Armee Mac Mahons s t a n d es nicht besser. das Elsaß trat erst nach Anerkennung des Bündnisfalles auf. Er wurde von preußischer Seite angeregt. Die Vorstellungen, die über die Haltung des Grafen Bray in dieser Frage in der wissenschaftlichen Literatur durch die Schrift Jacobs „Bismarck und die Erwerbung Elsaß-Lothringens" (1905) verbreitet sind, erweisen sich als nicht begründet. Bray verhielt sich ablehnend.
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Schon die b e k a n n t e Fröschweiler Chronik von P f a r r e r Klein h a t ein trauriges Bild entrollt, das französische G e n e r a l s t a b s w e r k gewährt einen noch tieferen Einblick in die damaligen Z u s t ä n d e . Die meisten R e g i m e n t e r w a r e n nicht vollzählig; an den S t a n d o r t e n m e l d e t e n sich zwar H u n d e r t e von Reservisten, aber m a n w u ß t e nicht, was mit ihnen zu t u n sei. W e n n sie d a n n wirklich bei ihren R e g i m e n t e r n e i n t r a f e n , waren die L e u t e mit d e m neuen Chassepotgewehr nicht ausgebildet u n d m u ß t e n in aller Eile erst in den Ladegriffen unterwiesen werden. Noch weniger b e f a n d e n sich die T r u p p e n in m a r s c h b e r e i t e m Z u s t a n d : den Divisionen f e h l t e n die A m b u l a n z e n u n d der Train, den R e g i m e n t e r n die Lagergeräte u n d Kochgeschirre, viele R e g i m e n t e r w a r e n sogar ohne Reserveteile f ü r die Gewehre, m a n c h e h a t t e n noch keine P a t r o n e n . F ü r die V e r p f l e g u n g war nichts geschehen, m a n w a r auf das angewiesen, was die Dörfer b o t e n , so d a ß die T r u p p e n sehr bald N o t l i t t e n ; aus den Schilderungen des P f a r r e r s Klein wissen wir, d a ß die S o l d a t e n in den O r t s c h a f t e n L e b e n s m i t t e l e r b a t e n oder gewaltsam w e g n a h m e n . Einer großen Anzahl von Offizieren f e h l t e n die R e i t p f e r d e . Die g a n z e Armee des Marschalls Mac Mahon befand sich im Besitze von drei einzigen E x e m p l a r e n der G e n e r a l s t a b s k a r t e . Und wie s t a n d es mit d e m E r k u n dungsdienst, in d e m die Reiterei h ä t t e ausgebildet sein sollen! Der Kaiser w a r bei der A n k u n f t in Metz e m p ö r t , d a ß von der zahlreichen Reiterei keine Meldungen ü b e r den Feind e i n g e b r a c h t w u r d e n . Eigentümlich w a r e n a u c h die Verhältnisse im H a u p t q u a r t i e r : die Generalstabsoffiziere v e r h a n d e l t e n ihre D i e n s t g e s c h ä f t e im Hotel inm i t t e n zahlreicher Gäste. Es wird im französischen G e n e r a l s t a b s w e r k ausdrücklich h e r v o r g e h o b e n , es sei nicht unmöglich, d a ß infolge dieser unvorsichtigen G e s c h ä f t s b e h a n d l u n g viele M a ß n a h m e n d e m Gegner v e r r a t e n worden seien. Der V e r t r e t e r einer englischen Z e i t u n g w a r schon a m 2. A u g u s t in der Lage, die Z u s a m m e n s e t z u n g des f r a n z ö s i s c h e n Heeres zu bringen, w o f ü r er freilich einige W o c h e n eingesperrt wurde. U n t e r diesen Verhältnissen w a r an ein angriffsweises Vorgehen der französischen A r m e e nicht zu d e n k e n . Der A u f m a r s c h w a r mißglückt, der Feldzugsplan schon in der ersten A u s f ü h r u n g gescheitert, die Initiative verloren. U n d die M a n n s c h a f t w a r schon j e t z t in ihrem V e r t r a u e n auf eine siegreiche F ü h r u n g e r s c h ü t t e r t . Wie kein fester Plan, so w a r a u c h kein fester Wille mehr z u m V o r b r u c h n a c h Südd e u t s c h l a n d v o r h a n d e n . Die Armee blieb an der Grenze stehen u n d n a h m defensive Stellung gegen den Mittelrhein, an d e m sich angeblich ein s t a r k e s feindliches Heer v e r s a m m e l t e . Das ist ein militärisches System, das ganz v e r l o t t e r t w a r ! Im Gegensatz d a z u vollzog sich die M o b i l i s i e r u n g u n d d e r A u f m a r s c h d e r D e u t s c h e n mit w u n d e r b a r e r R u h e : es k l a p p t e alles wie ein U h r w e r k , u n d von den Zeitungen w u r d e d a s s t r e n g s t e Geheimnis g e w a h r t . Schon a m 23. J u l i , a c h t Tage n a c h der E i n b e r u f u n g der Reserven, h a t t e n die ersten nach der Rheingrenze b e s t i m m t e n
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Truppen ihre Mobilmachung beendigt. In ebenso musterhafter Ordnung und Schnelligkeit vollzog sich auf neun durchlaufenden Eisenbahnlinien der Transport in das Aufmarschgebiet, das rückwärts durch die Linien Trier, Mainz und Karlsruhe begrenzt war. Am 31. Juli stand die deutsche Armee, gegen 300000 Mann stark, ein mächtiges Zentrum mit zwei vorgeschobenen Flanken, vor der Mittelrheinfront, ebenso bereit zur Abwehr wie zum Angriff. Die 13 deutschen Armeekorps waren in drei Armeen geteilt: die erste kleinere Armee mit 60000 Mann unter dem General Steinmetz stand bei Trier, die zweite, die größte Armee mit 190000 Mann unter dem Prinzen Friedrich Karl vorwärts Mainz bei Kaiserslautern, die dritte Armee mit 130000 Mann unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm und den im Krieg.1866 bewährten Generalstabschef von Blumenthal vorwärts Karlsrühe bei Landau. Bei letzterer Armee standen neben dem 5. und 6. preußischen Armeekorps und neben einer württembergischen und badischen Division auch die Bayern. Dank der tüchtigen Heeresverwaltung des Kriegsministers Freiherrn von Pranckh konnte das bayerische Heer (nach preußischem Vorbild) in vollkommener Kriegsstärke fast ebenso schnell mobilisiert und an den Rhein geschickt werden wie das preußische und ebenso erfolgten die Nachsendungen kräftig und ausreichend. Die bayerische Feldarmee zählte 50000 Mann zu Fuß, über 5000 zu Pferd und 192 Geschütze, die gesamte Streitmacht einschließlich der Besatzungstruppen und der Ersatzabteilungen 129000 Mann zu Fuß und 24000 zu Pferd. Das erste Armeekorps befehligte der aus dem Kriege 1866 und schon aus den schleswig-holsteinischen Kämpfen (1848/50) bekannte Freiherr v o n d e r T a n n . Das zweite Armeekorps befehligte Freiherr v o n H a r t m a n n , der trotz seiner 75 J a h r e geistig und körperlich noch rüstig war. Nachdem sich innerhalb weniger Tage unter atemloser Spannung der deutschen Nation der Aufmarsch vollzogen hatte, begann der Vormarsch, in der Absicht, die beiden feindlichen Armeen voneinander abzudrängen. Während sich die kaiserliche französische Armee vom ersten Tage an die Initiative h a t t e entwinden lassen, gingen die Deutschen aus der Defensive des ersten Aufmarsches sofort zur stetigen Offensive über. Die Offensive wurde nicht ohne Grund von der dritten deutschen Armee unter dem Kronprinzen Wilhelm eröffnet: die Bayern sollten gleichzeitig mit den Preußen die Feuertaufe empfangen. Am 4. August überschritten die Vortruppen der dritten deutschen Armee die französische Grenze in der Richtung auf Weißenburg und Lauterburg. Marschall Mac Mahon und seine Divisionäre hatten wohl Kunde von der Ansammlung starker Truppenmassen bei Landau, glaubten aber bis zum letzten Augenblick nicht, daß die Deutschen jetzt schon zum Angriff vorgehen konnten. Auf die Nachricht, daß die Bayern das wichtige vor Weißenburg befindliche Zollhaus besetzt hätten, erhielt die in Hagenau stehende Division Douay den Befehl, sofort nach
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Weißenburg zu marschieren. Douay sandte einen Teil seiner Mannschaft in die Stadt, einen andern auf die Höhen beim Schlosse Geisberg, mit den übrigen Truppen seiner Division bezog er ein Lager. Die französischen Truppen hatten kein Fleisch, keine Fourage, kein Stroh, kein Holz. Als in der Nacht ein Wolkenbruch niederging, zerstreuten sich hunderte in die umliegenden Ortschaften. Noch am Morgen des 4. August herrschte völlig friedliches Leben im Lager der Franzosen; die Soldaten waren mit Abkochen und mit Herbeischaffung von Holz, Wasser und Lebensmittel beschäftigt, General Douay saß beim Frühstück — als um acht Uhr fünfzehn Minuten der erste feindliche Kanonendonner erscholl: eine Granate schlug in die Kaserne von Weißenburg ein. Das Gefecht von W e i ß e n b u r g hatte begonnen. Mit größter Erbitterung wurde auf beiden Seiten gekämpft. Mehrfach gingen die Bayern und ihre Waffengenossen zum Bajonettangriff vor, wurden aber anfangs immer wieder durch das Feuer der Franzosen zurückgeworfen. Um 10y 2 Uhr gab General Douay den Befehl zum Abzug. Gleich darauf flog neben ihm ein Munitionswagen in die L u f t ; von einem Granatstück in die linke Seite getroffen, sank der General vom Pferde und wurde in ein nahes Gehöft gebracht, wo er am Nachmittag starb. Nach dem Abzug des Gros der französischen Division wurde die Besatzung von Weißenburg zur Übergabe gezwungen. J e t z t ging man auch zum Angriff gegen den Geisberg vor: die Truppe, die noch immer im Schlosse stand, mußte sich ebenfalls ergeben. Der erste Sieg auf französischem Boden war errungen. Es war am 4. August. Freilich muß gleich hier vor einer Überschätzung der Bedeutung des Tages und des Anteils und der Leistungen der bayerischen Truppen gewarnt werden. Auf der einen Seite befand sich nur eine Division, auf der andern Seite Teile von drei Armeekorps. Das zweite bayerische Armeekorps n a h m infolge seiner weiten Entfernung vom Gefechtsfelde am Kampfe soviel wie nicht teil und vom ersten bayerischen Armeekorps nur die vierte Infanterie-Division. Diese hatte den Befehl, sich in den Besitz von Weißenburg zu setzen, man wußte aber infolge mangelhaften Aufklärungsdienstes beim Vormarsch nicht mit Bestimmtheit, ob die Stadt besetzt sei oder nicht. Wären die nach Westen vorgeschobenen Truppen auf die Höhen südlich der Stadt geführt worden, so wäre der Widerstand der vier französischen Bataillone, welche von hier aus die Stadt verteidigten, viel früher gebrochen und ihr Rückzug wahrscheinlich unmöglich gemacht worden. Immerhin hatten die Bayern Anteil am ersten deutschen Siege, und das war f ü r sie und ihr Land von um so größerer moralischer Bedeutung, als sie im J a h r e 1866 unglücklich gek ä m p f t hatten. Der erste sichtbare Erfolg der Reformtätigkeit des Freiherrn von P r a n c k h ! Mit Weißenburg war die Offensive erfolgreich eingeleitet. Am folgenden Tage dräng die dritte Armee in der Richtung gegen W ö r t h vor,
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gegen das H a u p t q u a r t i e r Mac Mahons. Daraufhin nahm dieser mit 45000 Mann eine sehr feste Stellung ein hinter dem tiefen Tal der Sauer westlich vom Städtchen Wörth auf den Höhen von Fröschweiler und Elsaßhausen. Am Nachmittag des 5. August h a t t e Generalstabschef Blumenthal an den K o m m a n d a n t e n des zweiten bayerischen Armeekorps von H a r t m a n n die nicht gerade glückliche Weisung gegeben: es sei beabsichtigt, die bei Wörth stehenden Franzosen durch fortwährende Gefechte zu beunruhigen und festzuhalten, damit sie nicht unbemerkt zur anderen großen Armee bei Metz abmarschieren könnten; „sollte Kanonendonner bei W ö r t h hörbar werden, so marschieren Sie mit einer Division (in der Richtung von Langensulzbach) vor und greifen den Feind in der Flanke a n ! " Am Morgen des 5. August nun stieß eine kleine Abteilung des f ü n f t e n preußischen Armeekorps, das eine Erkundigung vornahm, auf die Franzosen. Der weithin vernehmbare Kanonendonner veranlaßte nun wirklich General H a r t m a n n zum Befehl an seine vierte Division in der Richtung Fröschweiler anzugreifen. Dadurch aber kamen die Bayern bald in eine höchst ungünstige Lage, ein Vorstoß der Franzosen konnte ihre ganze Linie aufrollen. Sie verd a n k t e ihre R e t t u n g nur der passiven Haltung des gegenüberstehenden Generals Ducrot. Da am vorausgehenden Tage Regengüsse den Boden völlig aufgeweicht hatten, wollte der Kronprinz und sein Generalstabschef einen ernsten Kampf noch vermeiden. Das zweite Armeekorps bzw. die vierte Division wurde zurückgerufen. Als dessen Rückzug bereits in vollem Gang war, traf die Meldung ein, das f ü n f t e und elfte preußische Armeekorps hätten gerade zur Entlastung des zweiten bayerischen Armeekorps den Kampf wieder aufgenommen. Die Schlacht konnte nicht mehr aufgehalten werden. H a r t m a n n entschloß sich sofort auch seinerseits den Kampf wieder aufzunehmen, allein hiezu waren seine Truppen, wenigstens die vierte Division nicht mehr befähigt: durch das vorausgehende Gefecht und den Rückzug waren sie physisch und moralisch erschöpft, darüber hinaus ging noch nicht die Friedenserziehung. Auch die übrigen Teile des zweiten Armeekorps haben durch Verschulden der Unterführer nur langsam und zögernd eingegriffen. Wenn aber das französische Generalstabswerk behauptet, das erste bayerische Armeekorps habe sich nicht besser geschlagen als das zweite, so ist das nicht begründet. Um vier Uhr wurden Elsaßhausen und Fröschweiler gestürmt und dabei der erste französische Adler vom zweiten bayerischen Infanterieregiment erbeutet. In wilder Auflösung, verfolgt von der deutschen Kavallerie, flohen die Franzosen, teils westwärts gegen Nancy, teHs südwärts gegen Straßburg. Die Siege von Weißenburg und Wörth haben die Stimmung der bayerischen Truppen, aber auch das politische Selbstgefühl gewisser Kreise außerordentlich gehoben. Schon beginnt man leise an die deutsche Frage zu rühren. Moritz von Blankenburg schrieb an seinen Freund R o o n : „ D a ß die Bayern unter unseres Kronprinzen Führung in den ent-
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scheidenden S c h l a c h t e n m i t g e t a n h a b e n , ist die Lösung der deutschen Frage. D i e E i n h e i t ist die b e s t e . " Durch das Gefecht bei W e i ß e n b u r g (4. A u g u s t ) und durch den e n t s c h e i d e n d e n Sieg bei W ö r t h (6. A u g u s t ) w a r die Vereinigung der beiden f r a n z ö s i s c h e n Armeen im Elsaß u n d eine Offensive der Armee Mac Mahons unmöglich g e m a c h t . Inzwischen h a t t e n a u c h die erste und die zweite deutsche Armee d e n Angriff gegen die Armee Bazaines, die a m 2. A u g u s t bei S a a r b r ü c k e n einen leichten Erfolg ü b e r eine kleine preußische Heeresa b t e i l u n g e r r u n g e n h a t t e , e r ö f f n e t . A m Tage der Schlacht von W ö r t h w u r d e das französische A r m e e k o r p s Frossard bei S p i c h e r n f a s t gänzlich v e r n i c h t e t . Die A r m e e Bazaines sah sich genötigt, den begonnenen V o r m a r s c h einzustellen u n d den R ü c k z u g gegen Metz a n z u t r e t e n — m i t größter V e r w i r r u n g u n d Planlosigkeit, die noch d u r c h Regengüsse u n d Mangel an L e b e n s m i t t e l n gesteigert w u r d e n . Der Kaiser m a c h t e d e m Kriegsminister Leboeuf die schwersten Vorwürfe, das P a r l a m e n t m a c h t e den Kriegsminister v e r a n t w o r t l i c h f ü r die Niederlage, den Kaiser f ü r den A u s b r u c h des Krieges u n d f o r d e r t e den R ü c k t r i t t des Kriegsministers u n d die Niederlegung des Oberbefehls d u r c h den Kaiser. A m 12. A u g u s t ü b e r g a b der Kaiser den Oberbefehl an Marschall Bazaine. Es w a r der letzte S c h r i t t z u m U n t e r g a n g e des H e e r e s : Bazaine w a r völlig u n f ä h i g zur F ü h r u n g einer Armee. Diese glänzenden Erfolge gleich im ersten A k t des Krieges, den sog. A n m a r s c h k ä m p f e n , h a b e n s e l b s t v e r s t ä n d l i c h moralisch gewirkt. Das psychische M o m e n t ist in der Geschichte der m o d e r n e n Kriege von g r ö ß t e r B e d e u t u n g . H a t sich einmal in einer A r m e e der Glaube f e s t gesetzt, d a ß der Gegner überlegen sei, oder auch n u r , d a ß m a n gegen ihn nicht a u f k o m m e n könne, so w i r k t dieser Glaube wie ein A l p d r u c k : er legt sich auf die Seele des K ä m p f e n d e n u n d l ä h m t den Willen, d e n psychischen H a u p t b e s t a n d t e i l jeder T a t . Nichts gelingt mehr, günstige Gelegenheiten z u m Erfolg bleiben u n b e n ü t z t , widrige Zufälligkeiten w e r d e n zu u n ü b e r w i n d l i c h e n Hindernissen des Erfolgs. Mit den Niederlagen von W ö r t h u n d Spichern w a r der erste G r u n d g e d a n k e der französischen Heeresleitung ü b e r w u n d e n . Gleichzeitig m i t der Ü b e r n a h m e des Oberbefehls e n t s c h l o ß sich Bazaine, auch die S t e l l u n g bei Metz a u f z u g e b e n , sich ü b e r V e r d u n n a c h Chälons z u r ü c k zuziehen u n d d o r t mit d e m Rest der T r u p p e n Mac Mahons die Vereinig u n g zu suchen und d a n n den W e g g e m e i n s a m gegen P a r i s einzuschlagen, u m Paris zu verteidigen u n d vor der H a u p t s t a d t d e m Gegner eine gem e i n s a m e Schlacht zu liefern. Das w a r der z w e i t e G r u n d g e d a n k e der französischen Kriegsführung. N u n w a r es A u f g a b e der d e u t s c h e n Heeresleitung diesen zweiten G r u n d g e d a n k e n schon in seinen A n f ä n g e n zu d u r c h s c h a u e n u n d zu d u r c h k r e u z e n , eine Vereinigung Bazaines u n d Mac Mahons auch in Chälons zu v e r h i n d e r n u n d beide von der H a u p t s t a d t a b z u d r ä n g e n .
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Diese Aufgabe war allein der ersten und zweiten Armee gestellt. Sie haben diese Aufgabe im zweiten Akt des Krieges in den denkwürdigen Augusttagen (14. bis 18. August) durch die drei großen Moselschlachten bei Colombey, bei Vionville-Mars la Tours und bei Gravelotte-St. Privat glänzend gelöst: sie halten den auf dem Rückzug begriffenen Marschall Bazaine südöstlich von Metz fest, sie gewinnen den Übergang über die Mosel und kommen damit der Stadt Metz in die westliche Flanke, sie werfen endlich den Gegner bei dem Versuche nach dem Westen zu entkommen zurück. Die Vereinigung Bazaines mit Mac Mahon zu Chälons war unmöglich gemacht, auch der zweite Kriegsplan der Franzosen war gescheitert. Nun bekommt in einem dritten Plan Mac Mahon den Auftrag, selbst zu einer Vereinigung mit Bazaine die Initiative zu ergreifen, auf dem nordöstlichen Wege Fühlung mit Bazaine zu suchen, der gleichzeitig den Versuch eines Ausfalls aus Metz machen sollte. Zu diesem Zwecke brach Mac Mahon in einem großen nordöstlichen Bogen über Reims, die Deutschen umgehend, gegen die belgische Grenze auf. Wieder ist es die deutsche Heeresleitung, die zur rechten Zeit die Absicht des Gegners durchschaut und durch einen Rechtsmarsch der deutschen Armee Mac Mahon den Weg nach Metz verlegt. Diese Aufgabe ist i m d r i t t e n A k t e , d e m F e l d z u g e v o n S e d a n g e l ö s t w o r d e n . Zwei Heere wurden zur Verfolgung des Marschalls Mac Mahon ausgeschickt: die dritte und die neugebildete vierte Armee, unter dem Kronprinzen und späteren König Albert von Sachsen, gebildet aus Teilen der vor Metz stehenden ersten und zweiten Armee. Der Feldzug von Sedan wurde eingeleitet durch den Angriffsstoß der vierten Armee unter Kronprinz Albert bei B e a u m o n t : die Deutschen überraschten hier den Marschall Mac Mahon, drängten ihn von dem Wege nach Metz ab und warfen ihn nach Sedan hinein. Dann zogen sie zunächst im Südosten und Südwesten einen eisernen Gürtel, der sich immer enger zusammenschloß, um Sedan, wo auch der Kaiser stand. In verzweifelten Vorstößen gegen Bazeilles und Balan versuchen die Franzosen sich der Umklammerung zu entziehen; hier wird um jedes einzelne Haus, um jeden einzelnen Hof gekämpft, besonders tapfer erwiesen sich hier auch die bayerischen Truppen, wie allein schon die schweren Verluste b e k u n d e n : 213 Offiziere und 4000 Mann. Schließlich sieht sich General Wimpffen, der an Stelle Mac Mahons den Oberbefehl übernommen hatte, zur Kapitulation genötigt. Der Kaiser wurde mit 83000 Mann gefangen — ein Ereignis, wie es die Weltgeschichte nie erlebt hatte. Es war der 1. September. Damit war eine der beiden großen französischen Armeen außer Gefecht gesetzt. Inzwischen war auch die andere in Metz zerniert. Am 2. Oktober m u ß sie mit 170000 Mann kapitulieren. Unmittelbar nach der Ü b e r g a b e v o n S e d a n war Kronprinz Friedrich Wilhelm vor Paris gezogen. Schon am 19. September war
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die H a u p t s t a d t des Landes im wesentlichen eingeschlossen. Durch rasch entschlossenen Angriff hatten an diesem Tage Abteilungen des zweiten bayerischen Armeekorps Truppen des 47. preußischen Regiments aus einer bedenklichen Lage befreit und unaufhaltsam vordringend die wichtigen Grenzen von Moulin de Tour erobert. In den nächsten Tagen brach der militärische Widerstand Frankreichs zusammen. Inzwischen war in Paris selbst die Revolution ausgebrochen, Napoleon f ü r abgesetzt erklärt und die Republik ausgerufen worden. An die Spitze Frankreichs t r a t die Regierung der nationalen Verteidigung, bestehend aus drei Männern: Leon Gambetta, Jules Favre und Trochu. Der 32jährige jüdische Advokat Leon Gambetta, die interessanteste und größte Persönlichkeit des damaligen Frankreichs, hat mit Hilfe seines Generalstabschefs, des hochbegabten ehemaligen Ingenieurs Freycinet, den großen Gedanken des Nationalkriegs erfaßt und mit einer unvergleichlichen Organisationskraft im Süden wie im Norden von Paris durchgeführt. „ E t w a s fast Unübersehbares, Grenzenloses liegt", um mit den Worten Moltkes zu sprechen, „diesem neuen Volkskrieg im Vergleich zu dem früheren kaiserlichen Kriege zugrunde." W ä h r e n d sich die kaiserliche Armee Frankreichs vom ersten Tage an die Initiative hatte entwinden lassen, um sie nicht wieder mit ganzem Willen aufzunehmen, schickten sich die republikanischen Heere, von einer genialen Schöpferhand aufgestellt, von einer unversieglichen Willenskraft vorangepeitscht, immer wieder zu neuem kühnem Angriff an. Eine Zeitlang sind die Deutschen in dieser zweiten Hälfte des DeutschFranzösischen Krieges in der strategischen Defensive. Aber diese ungünstigen Umstände werden f ü r die Dauer aufgehoben durch den Unterschied des inneren Wertes der beiderseitigen Streitkräfte (dort Improvisation, hier unvergleichliche Organisation) und durch die Genialität der obersten deutschen Heeresführung. Sie bringt die ewig gültigen Grundsätze der Offensive bald auch gegen diese Volkserhebung wieder zur Geltung: wenn auch nicht wie früher in der Form der großen Schlachtentscheidung, so doch in der Form des starken Stoßes gegen die feindlichen Massen; wenn auch nicht wie früher in der Form der Vernichtung, so doch in der Form der Zersprengung der feindlichen Heeresmassen; nicht mehr wie früher in der Form der Abdrängung des Gegners von Paris, wohl aber in der Form der Fernhaltung von der Hauptstadt. Die Bayern haben sich auch an diesen Fernhaltungskämpfen r u h m reich beteiligt, insbesondere am Loirefeldzug. Um die Gefahr eines Entsatzes von Paris auszuschalten, um nicht in die Mitte genommen zu werden, sah sich die deutsche Heeresleitung genötigt, einen Teil der vor Paris stehenden Truppen nach dem Süden zu entsenden. Während das zweite bayerische Armeekorps einen Teil der Einschließungslinie von Paris festhält, rückt General von der Tann mit dem ersten bayerischen Armeekorps am 6. Oktober aus der Zernierungslinie nach dem
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Süden gegen Orleans, um hier die an der Loire und weiter südlich neu gebildeten französischen Heeresabteilungen zu zerstreuen. Es w a r das eine der verlustreichsten, aber auch eine der verdienstlichsten Aufgaben der bayerischen Truppen. Nach den blutigen Kämpfen vom 10. und 11. Oktober bei A r t e n a y und O r l e a n s gegenüber einem an Zahl doppelt überlegenen Gegner wurde die S t a d t Orleans genommen und die französische Südarmee schwer erschüttert und über die Loire zurückgedrängt. Einen Monat lang hielt der General die Stadt besetzt. Aber der Feind kam bald mit noch überlegeneren Streitkräften zurück, entschlossen zur Offensive-Bewegung zunächst gegen Orleans, dann gegen Paris. Die Bayern sahen sich genötigt, vor dem mehr als dreifach überlegenen Gegner Orleans zu räumen. Aber der französische Plan, ihnen das Schicksal Mac Mahons bei Sedan zu bereiten, ist gescheitert. In den Kämpfen bei Coulmiers entzog sich von der Tann mit Geschick und Glück der feindlichen Umklammerung und sicherte sich den Rückzug. Nachdem dann die Bayern Fühlung mit der Reserve-Armee des Großherzogs von Mecklenburg genommen hatten verhinderten sie ein Vorrücken des Feindes gegen die Einschließungslinie von Paris, schoben sich in den Gefechten von V i l l e p i o n und L o i g n y am 1. und 2. Dezember neuerdings immer weiter vor und eroberten in den als Schlacht bei 0 r 1 e a n s bezeichneten Kämpfen vom 3. und 4. Dezember zum zweitenmal die Loirestadt. Über diesen Loirefeldzug des ersten bayerischen Armeekorps urteilte ein preußischer Offizier: „Wir wissen in der gesamten Kriegsgeschichte kein Beispiel zu nennen, daß innerhalb von zehn Tagen an ein Armeekorps so riesige, fast übermenschliche Anforderungen gestellt werden mußten, als in der Zeit vom 1. bis 10. Dezember 1870 an die Bayern des Generals von der Tann herantraten. Die Art und Weise, wie die Bayern sich in jenen Dezembertagen geschlagen haben, wird ihnen für ewige Zeiten zum glänzendsten Ruhm gereichen." Mit schweren Verlusten hatten die Bayern die Erfolge dieser Tage zu bezahlen: mit dem Verluste von 245 Offizieren und 3506 Mann. Inzwischen schritt die Belagerung von Paris fort. Thiers kehrte von einer Reise zu den Großmächten, die er um ihre Vermittlung anrief mit leeren Händen zurück. Aber auch die Verhandlungen Deutschlands mit der neuen Regierung kamen nicht vorwärts. Erst als der Widerstand von Paris gebrochen war, kam es zu einem W a f f e n s t i l l s t a n d . Und während diesem wurde auch der Versuch einer kleinen Teilarmee, die unter Bourbaki von der Südarmee sich losgelöst hatte, und hinter dem Rücken der Deutschen im Elsaß den Widerstand d e r Nation neu beleben wollte, vereitelt. Sie wurde schließlich gezwungen in die Schweiz zu flüchten, wo sie entwaffnet wurde. Unterdessen war eine französische Nationalversammlung im Einverständnis mit Bismarck zusammengetreten, um die Meinung ü b e r das Schicksal Frankreichs zum Ausdruck zu bringen. Im Einverständ-
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nis mit dieser Nationalversammlung in Bordeaux ist dann der Friede von Versailles und auf dessen Grundlage der Friede von F r a n k f u r t geschlossen worden, der Frankreich Elsaß-Lothringen und eine Auflage von fünf Milliarden gekostet hat. Das wichtigste Ergebnis jedoch war nicht die Vergrößerung Deutschlands, sondern die G r ü n d u n g d e s Deutschen Reiches. *
Die M ü n c h n e r
Konferenzen.
Bismarck h a t t e dem preußisch-französischen Konflikt den Charakt e r eines französischen Angriffskrieges gegeben und dadurch den militärischen Anschluß Bayerns an Preußen im Kriege gegen Frankreich erreicht. Das war ein großer Erfolg. Aber die nationalen Kreise in Deutschland wollten mehr: nach ihrer Ansicht sollte der französische Krieg „der wirksamste Zauber zur Lösung der deutschen Verfassungsn o t " sein. Sobald die öffentliche Meinung sich des Sieges sicher f ü h l t e , wandte sie sich mit wachsendem nationalem Interesse der deutschen Frage zu. Schon am 15. August setzte sich einer der rührigsten, aber auch ungestümsten Führer der Nationalliberalen Partei, der Abgeordnete Lasker mit Bismarck 1 ) in Verbindung, um ihn zu einem Vorgehen in der deutschen Frage zu bewegen. Bismarck scheute jedoch eine Belastung seiner Politik mit einer einseitigen Parteiorganisation, er wollte auf Grund seiner Erfahrungen mit der deutschen Bewegung des J a h r e s 1848, seiner ganzen Vergangenheit und seiner Kenntnis der Staatsund Weltanschauung des Preußenkönigs seine deutsche Politik in erster Linie mit den Fürsten machen. Zu diesem Zwecke t a t er Schritte, um den König von Bayern f ü r die Initiative zu gewinnen. Er bediente sich dabei des bayerischen Berichterstatters im H a u p t q u a r t i e r Graf Berchem, sowie des Vors t a n d s des norddeutschen Bundeskanzleramtes, Ministers Rudolf von Delbrück, der mit einer wichtigen Mission an den bayerischen und sächsischen Hof geschickt wurde. Er bediente sich auch des Grafen Karl von Tauffkirchen 2 ) des früheren politischen Referenten und Mitarbeiters des Fürsten Chlodwig von Hohenlohe, damals bayerischer Gesandter in Rom, der auf sein Betreiben am 29. August zum Präfekten der provisorischen Verwaltung des Maasdepartements in Bar le Duc e r n a n n t worden war. Er will selbst die badische Regierung benützen, um Bayern f ü r die von ihm so heiß begehrte Initiative in der deutschen Frage zu gewinnen. Um dieselbe Zeit ließ er durch Staatsminister von Delbrück im preußischen H a u p t q u a r t i e r eine Denkschrift über die künftige Gestaltung Deutschlands ausarbeiten. Damals war jedoch die EntscheiVgl., Doeberl a. a. O. 60 f. ) Vgl. K. A . v. Müller, „Bismarck und Ludwig II. im September 1870 in: Hist. Zeitschrift Bd. 111 (1913); dazu Forsch, zu Brandenb. u. Preuß. Geschichte, 1914. 2
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d u n g a m bayerischen Hofe bereits gefallen, h a t t e Bayern die I n i t i a t i v e i n d e r d e u t s c h e n F r a g e schon ergriffen. Von wem ging die Initiative aus u n d welches w a r das e n t s c h e i d e n d e Motiv h i e f ü r ? Auch d a r ü b e r h a t m a n sich viel den Kopf zerbrochen und ist nicht selten in die Irre gegangen. Die Initiative ging w i e d e r u m nicht v o m König aus, sondern v o m Ministerium. Am 12. S e p t e m b e r e r b a t Graf O t t o von B r a y - S t e i n b u r g u n d mit ihm das bayerische G e s a m t m i n i s t e r i u m in einem von B r a y eigenhändig e n t w o r f e n e n sog. a l l e r u n t e r t ä n i g s t e n A n t r a g die königliche E r m ä c h t i g u n g zu V e r h a n d l u n g e n ü b e r ein V e r f a s s u n g s b ü n d n i s mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d . Der A n t r a g ist v o m 1 2. S e p t e m b e r d a t i e r t . Der U n t e r z e i c h n u n g des A n t r a g s ging ein Ministerrat v o r a u s . Dieser Ministerrat f a n d , wie schon die „ A u g s b u r g e r A b e n d z e i t u n g " u n d die „ M ü n c h n e r Neuesten N a c h r i c h t e n " aus jener Zeit b e r i c h t e t e n , u n d wie d u r c h eine Mitteilung des preußischen G e s a n d t e n von W e r t h e r n an das Berliner Auswärtige A m t b e s t ä t i g t wird, wenigstens in seiner ersten S i t z u n g schon a m 9. S e p t e m b e r s t a t t . Zwischen dem Ministerrat u n d der A u s f e r t i g u n g des A n t r a g s an den König erging eine Mitteilung an die Presse 1 ) u n d zugleich eine Mitteilung u n d A n f r a g e an P r e u ß e n wegen der einzuleitenden V e r h a n d l u n g e n mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e , beide a m 11. S e p t e m b e r . D a s e n t s c h e i d e n d e M o t i v a b e r zur Initiative der bayerischen R e g i e r u n g in der d e u t s c h e n Frage w a r die u n t e r d e m E i n f l u ß des Sieges von Sedan gesteigerte n a t i o n a l e E r r e g u n g . Die F o r t s c h r i t t s p a r t e i , die von A n f a n g an den d e u t s c h e n B u n d e s s t a a t u n d das deutsche N a t i o n a l p a r l a m e n t z u m Ziele h a t t e u n d ihre publizistischen Organe, v o r a n das vorzüglich redigierte „ W o c h e n b l a t t der F o r t s c h r i t t s p a r t e i " u n d die d a m a l s in B a y e r n gelesensten B l ä t t e r , die „ A u g s b u r g e r A b e n d z e i t u n g " u n d die „ M ü n c h n e r Neuesten N a c h r i c h t e n " , f o r d e r t e n mit der ganzen politischen L e i d e n s c h a f t u n d A k t i v i t ä t , die dieser B e w e g u n g s p a r t e i eigen w a r : Beseitigung der Mainlinie, E i n t r i t t der S ü d s t a a t e n in den N o r d b u n d , S c h a f f u n g eines einheitlichen B u n d e s s t a a t e s u n t e r preußis c h e r F ü h r u n g . Selbst gemäßigtliberale B l ä t t e r , wie die „ N e u e W ü r z b u r g e r Z e i t u n g " empfehlen den E i n t r i t t B a y e r n s in den N o r d b u n d , U m w a n d l u n g des Z o l l p a r l a m e n t s in ein d e u t s c h e s V o l l p a r l a m e n t , Ü b e r t r a g u n g des erblichen K a i s e r t u m s an den Oberfeldherrn des Nordd e u t s c h e n Bundes. Sie bezeichnen die E r w e i t e r u n g des N o r d b u n d e s z u m allgemeinen Deutschen B u n d e f ü r B a y e r n geradezu als eine „ h o c h k o n s e r v a t i v e Maßregel". Auch i n n e r h a l b der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i gab es j e t z t eine g e m ä ß i g t e G r u p p e , die, w e n n a u c h nicht den E i n t r i t t in d e n N o r d d e u t s c h e n B u n d , so doch wenigstens ein V e r f a s s u n g s b ü n d n i s mit i h m b e f ü r w o r t e t e , sei es d u r c h U m w a n d l u n g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s in einen allgemeinen d e u t s c h e n auf loserer Grundlage, sei es Allg. Zeitung Nr. 256 v o m 13. September 1870. D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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in der Form eines weiteren Bundes. Selbst das rechtsradikale „Bayerische V a t e r l a n d " erkennt, wenn auch resigniert, schon am 8. September die Zwangsläufigkeit der deutschen Verfassungsbewegung an. Nicht bloß die „Augsburger Postzeitung", auch das „ V a t e r l a n d " und die „Donauzeitung" betrachten einen Deutschen Bund mit Parlament als etwas Selbstverständliches oder als etwas Unabwendbares, Unentrinnbares. Die nationale Erregung äußerte sich auch in wachsender Erörterung der Kriegsziele auf Versammlungen und in Adressen, die bald die Zahl 1000 erreichten. Der größte Teil s t a m m t e aus Oberbayern, aus Schwaben, Franken und der Pfalz, der geringste aus Niederbayern. Die meisten forderten den Eintritt in den Norddeutschen Bund, wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Dem Könige gingen zahlreiche Zuschriften auch von einzelnen Personen Deutschlands und Bayerns, aus den Kreisen der Gebildeten wie des Volkes zu 1 ). Die bayerische Regierung stand vor dem unvermeidlichen Konflikte zwischen einem natürlichen Selbsterhaltungstrieb und dem elementaren Bedürfnis einer nationalen Gemeinschaft, vor der Wiederkehr des J a h r e 1848, vor einer verstärkten Wiederkehr dieses Jahres. Und dieses J a h r h a t t e gelehrt, daß Parteien, daß Volksbewegungen rücksichtsloser und gewalttätiger sind als Regierungen und Dynastien. Gegenüber diesen populären Kräften sucht die bayerische Regierung Deckung bei dem, der vielen noch vor kurzem als der gefürchtetste Gegner der bayerischen Selbständigkeit gegolten hatte, bei Bismarck. Bismarck weist den Gedanken einer Vergewaltigung des „herrlichen Verbündeten", den Verdacht einer Ausnutzung seiner Notlage weit von sich und vermeidet nach außen geflissentlich eine Gemeinschaft mit der nationalen Agitation. Er ist aber in der nationalen idealistischen Bewegung nicht aufgegangen, er hat vielmehr auch sie in seinen und seines realpolitischen Staatsgedankens Dienst gestellt. Er verspricht in einem fein berechneten Doppelspiel einerseits Deckung gegen die nationalen Kräfte, benutzt aber andererseits dieselben Kräfte, denen er bisher Schweigen auferlegt hatte, um Bayern zu freiwilliger Initiative auf dem Wege zum kleindeutschen Nationalstaat zu bestimmen. So reift in einem längeren Entwicklungsprozesse der Entschluß der bayerischen Regierung, gegenüber weitergehenden unitaristischen Bestrebungen der nationalen Partei Sicherung zu suchen in einem Verfassungsbündnisse mit dem Norddeutschen Bunde. Die kluge, maßvolle Politik Bismarcks hatte bereits bewirkt, daß die Ratgeber der bayerischen Krone von der preußischen Regierung f ü r das föderative Prinzip weniger fürchteten als von der liberalen Partei. Aus solchen Erwägungen heraus ist der Antrag vom 12. September entstanden. Als unerläßliche Zugeständnisse an Gesamtdeutschland Sie befinden sich im Kabinettsnachlasse des Königs im Münchner Hausarchiv..
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bezeichnet er eine im Kriege als einheitliches Ganzes sich darstellende und wirkende deutsche Heeresmacht und — was Bayern so oft abgelehnt h a t t e — eine allgemeine deutsche Volksvertretung, als Bayern zu reservierende Krön- und Landesrechte: 1. das Recht der Vertretung nach außen mit Einschluß der Befugnis, Verträge zu schließen, soweit solche dem Zwecke und den Interessen des Bundes nicht widersprechen, 2. die Militärhoheit im Frieden über die einen geschlossenen Körper bildende Armee, 3. eigene Gesetzgebung, Verwaltung und Finanzen, soweit solche nicht durch besondere Bestimmungen des Bundesvertrages der Kompetenz des Bundes unterliegen, 4. insbesondere selbständige Leitung und Verwaltung des Post-, Eisenbahn- und Telegraphenwesens. Noch wichtiger war die Frage nach der Art der verfassungsmäßigen Verbindung, in die Bayern mit dem Norddeutschen Bunde treten könnte oder sollte. Am liebsten wäre es der bayerischen Regierung gewesen, wenn Preußen den seit vier Jahren bestehenden straffen Norddeutschen Bund hätte fallen lassen und durch einen neuen, allgemeinen Deutschen Bund auf veränderter, loserer Grundlage ersetzt hätte. Aber selbst in diesem Falle wollte die bayerische Regierung ihren Anschluß nicht vollziehen ohne eine Sonder- oder Ausnahmestellung. Das war der eine Fall der bayerischen Alternative. Sollte aber Preußen den Norddeutschen Bund fortbestehen lassen und ihn etwa gar im Sinne des Einheitsstaates weiterbilden, so h a t t e die bayerische Regierung vor, den Eintritt in denselben jetzt ebenso abzulehnen wie vor dem Kriege. Wohl aber befürwortete sie in diesem Falle die Ersetzung des bisherigen völkerrechtlichen Bandes durch einen weiteren verfassungsmäßigen Bund Süddeutschlands mit dem Norddeutschen Bunde, natürlich wieder unter Sicherung gewisser Rechte. Das war der andere Fall der bayerischen Alternative. Man sieht schon j e t z t : die Art der Verbindung zwischen dem Süden und dem Norden wird die „Kardinalfrage". Mit dem Antrage vom 12. September und den sich daran anschließenden Münchner Konferenzen t r a t die deutsche Frage in das Stadium der entscheidenden Wendung, des psychologischen Moments. Damit ergriff gerade die Regierung, die sich bisher am zähesten gegen eine kleindeutsche Lösung des Verfassungsproblems gewehrt hatte, notgedrungen die Initiative zu Verhandlungen auf der Grundlage des kleindeutschen Programms. Es wird allerdings niemals mit mathematischer Sicherheit festzustellen sein, wie weit die Ratgeber der Krone der eigenen Initiative, wie weit sie dem Drucke der öffentlichen Meinung folgten. So tief kann man selten den Diplomaten ins innerste Herz schauen. Das ist gewiß: Graf Bray war ein kühler, schwungloser, lediglich von sachlichen Rücksichten bestimmter Diplomat. Er hat die Initiative zu Verhandlungen in der deutschen Frage gewiß weniger aus stürmischer Neigung des Herzens als vielmehr in kluger Erkenntnis der Macht der nationalen Bewegung und des Gebotes der Stunde ergriffen. D e r 33*
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l e t z t e A k t in d e r G r ü n d u n g d e s D e u t s c h e n R e i c h e s i s t ein d u r c h a u s r e a l p o l i t i s c h e r V o r g a n g u n d ist als solcher zu würdigen. Schon ein oder zwei Tage vor der A b s e n d u n g des e n t s c h e i d e n d e n A n t r a g s an den König h a t t e Graf B r a y die ersten S c h r i t t e u n t e r n o m m e n zur E i n l e i t u n g v o n V o r b e s p r e c h u n g e n mit d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e . Mit seinen B e m ü h u n g e n k r e u z t e sich die S e n d u n g des G r a f e n T a u f f kirchen 1 ), der im A u f t r a g Bismarcks in der N a c h t v o m 12./13. S e p t e m b e r mit der Meldung in M ü n c h e n eintraf, Bismarck w ü r d e die S e n d u n g eines bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n ins H a u p t q u a r t i e r f r e u d i g b e g r ü ß e n u n d j e d e n Vorschlag einer b u n d e s m ä ß i g e n A n n ä h e r u n g mit w e i t g e h e n d e n B ü r g s c h a f t e n e n t g e g e n n e h m e n . Z u m e r s t e n m a l zeigt sich j e t z t die M a c h t Bismarcks ü b e r Ludwig II. Bevor der A n t r a g des G e s a m t ministeriums v o m 12. S e p t e m b e r d e m Könige vorgelegt w o r d e n war, w a r dieser in einer a u g e n b l i c k l i c h e n A n w a n d l u n g von F u r c h t u n d zugleich von V e r t r a u e n f ü r die E n t s e n d u n g von B e v o l l m ä c h t i g t e n mit Vorschlägen in das H a u p t q u a r t i e r gewonnen. Auf Befehl des Königs v o m 13. S e p t e m b e r 2 ) m u ß t e Graf B r a y d e m B u n d e s k a n z l e r schon j e t z t telegraphisch die Geneigtheit B a y e r n s k u n d g e b e n , einen bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n ins preußische H a u p t q u a r t i e r a b z u o r d n e n . Inzwischen h a t t e Bismarck e n t s p r e c h e n d der ersten A n r e g u n g des Grafen B r a y bereits die E n t s e n d u n g des S t a a t s m i n i s t e r s D e l b r ü c k zu einer V o r b e s p r e c h u n g nach M ü n c h e n beschlossen. Am 21. S e p t e m b e r v o r m i t t a g s traf dieser in München ein. Als V e r t r e t e r W ü r t t e m b e r g s , das mit B a y e r n gemeinsam h a n d e l n wollte, erschien in der N a c h t v o m 21 ,/22. S e p t e m b e r der J u s t i z m i n i s t e r von M i t t n a c h t . Die K o n f e r e n z e n w ä h r t e n v o m 22. bis 27. S e p t e m b e r . Sie h a t t e n den C h a r a k t e r einer unverbindlichen V o r b e s p r e c h u n g . Graf B r a y e r w a r t e t e preußische Vorschläge, D e l b r ü c k e r k l ä r t e jedoch noch vor der E r ö f f n u n g d e r K o n f e r e n z e n wiederholt, er sei nicht b e a u f t r a g t , im N a m e n der preußischen Regierung Vorschläge zu m a c h e n , sondern er h a b e lediglich die Propositionen der s ü d d e u t s c h e n Regierungen e n t g e g e n z u n e h m e n . D a m i t w a r eigentlich die S i t u a t i o n schon z u u n g u n s t e n B a y e r n s verschoben. D e l b r ü c k h a t t e a b e r auch alles zu v e r m e i d e n , was von vornherein die V e r h a n d l u n g e n z u m A b b r u c h bringen oder die bayerischen Bevollmächtigten v e r h i n d e r n k o n n t e , n a c h Versailles zu gehen. Als d a h e r bei der ersten Begegnung der bayerische Minister die K a r d i n a l f r a g e a n s c h n i t t , ob P r e u ß e n bereit sei, sein B u n d e s v e r h ä l t n i s zu den n o r d d e u t s c h e n S t a a t e n zu ä n d e r n , mit a n d e r e n W o r t e n , die V e r f a s s u n g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s preiszugeben, e r w i d e r t e Delbrück ausweichend, in einer F o r m , die eine V e r h a n d l u n g auf dieser G r u n d l a g e v e r m i e d , ohne a b e r die F r a g e n a c h d e m F o r t b e s t e h e n des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s g r u n d s ä t z l i c h zu entscheiden. Er erreichte d a m i t den Vorteil, d a ß die V e r f a s s u n g eines allgemeinen D e u t s c h e n B u n d e s nach A u f f a s s u n g der s ü d d e u t s c h e n Re2
K. A. v Müller a. a. O. ) S. Doeberl Michael, a. a. 0 . , Beilagen II, nr. 2.
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gierungen zum Gegenstand der K o n f e r e n z g e m a c h t u n d zugleich den Besprechungen die V e r f a s s u n g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s z u g r u n d e gelegt w u r d e . Die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n e r k l ä r t e n , d a ß es ihnen a u f r i c h t i g d a r u m zu t u n sei, in d e m neuen D e u t s c h e n B u n d ein lebensfähiges Verfassungsgebilde zu schaffen, u n d d a ß sie d e s h a l b der G e m e i n s c h a f t alle u n e n t b e h r l i c h e n Opfer zu bringen bereit seien. Sie f ü g t e n a b e r a u c h hinzu, d a ß ihnen ebenso dringlich die E r h a l t u n g der Selbständigkeit der E i n z e l s t a a t e n a m Herzen liege u n d sie deshalb alle e n t b e h r l i c h e n A b t r e t u n g e n v o n Regierungsrechten a b l e h n e n m ü ß t e n . Eine E i n i g u n g d a r ü b e r , was f ü r den neuen, allgemeinen Deutschen B u n d entbehrlich, was u n e n t b e h r l i c h sei, k o n n t e u n t e r den K o n f e r e n z t e i l n e h m e r n freilich nicht erzielt werden. Nach bayerischer A u f f a s s u n g sollte u. a. aus d e m Kreise der Bundesangelegenheiten ausscheiden u n d den E i n z e l s t a a t e n , wenigstens B a y e r n , v o r b e h a l t e n bleiben: das S t a a t s b ü r g e r r e c h t , das Gewerbewesen, die H e i m a t - u n d Niederlassungsgesetzgebung, das Immobiliarversicherungswesen, die B e s t e u e r u n g von Bier u n d B r a n n t w e i n , das E i s e n b a h n - , P o s t - u n d Telegraphenwesen, endlich das S t r a f r e c h t u n d das gerichtliche V e r f a h r e n , insbesondere a u c h f ü r die Armee. Sie v e r l a n g t e n f ü r B a y e r n a u c h eine gewisse Zahl von B u n d e s b e a m t e n s t e l l e n . Man einigte sich d a r ü b e r , d a ß folgende G e g e n s t ä n d e der Z u s t ä n d i g keit des Einzelstaates, wenigstens Bayerns, überlassen werden k ö n n t e n : die Gesetzgebung ü b e r die H e i m a t s - u n d Niederlassungsverhältnisse; das E i s e n b a h n - , P o s t - u n d Telegraphenwesen mit d e m V o r b e h a l t e , d a ß d e m B u n d e das R e c h t g e w ä h r t werden solle, die f ü r die V e r t e i d i g u n g des Bundesgebietes erforderlichen E i s e n b a h n e n auf G r u n d eines Bundesgesetzes, ohne E i n h o l u n g der Z u s t i m m u n g der Landesregierung zu b a u e n ; endlich die Gesetzgebung über die inneren G e t r ä n k e s t e u e r n , die B e s t e u e r u n g von Bier und B r a n n t w e i n . Andererseits waren die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n bereit, das Gesetzgebungsrecht des B u n d e s ü b e r Freizügigkeit, P a ß w e s e n , Fremdenpolizei, Versicherungswesen (mit A u s n a h m e der Immobiliarversicherung), A u s w a n d e r u n g , P r e ß - u n d Vereinswesen a n z u e r k e n n e n . Sie g e s t a n d e n d e m B u n d auch das Gesetzg e b u n g s r e c h t ü b e r S t a a t s b ü r g e r r e c h t ( B u n d e s s t a a t s a n g e h ö r i g k e i t ) zu u n d einigten sich weiterhin ü b e r die A n n e h m b a r k e i t der Reichstagsb e s t i m m u n g e n u n d des Reichstagswahlgesetzes des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s f ü r den allgemeinen D e u t s c h e n B u n d , ebenso ü b e r die A n n e h m b a r k e i t der meisten B e s t i m m u n g e n des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s über den B u n d e s r a t . Allerdings f o r d e r t e n die bayerischen B e v o l l m ä c h t i g t e n f ü r den B u n d e s r a t des k ü n f t i g e n allgemeinen D e u t s c h e n B u n d e s nicht m e h r bloß, wie bisher im Z o l l b u n d e s r a t e , sechs, sondern a c h t S t i m m e n . Aber auf die E i n w e n d u n g e n Delbrücks und M i t t n a c h t s hin ließen sie den A n s p r u c h auf V e r m e h r u n g der bayerischen S t i m m e n im B u n d e s r a t ebenso fallen wie den auf v e r f a s s u n g s m ä ß i g e Feststellung der V e r t r e t u n g B a y e r n s im d r i t t e n und vierten Ausschusse desselben.
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Auch darüber herrschte Einverständnis, daß an der Spitze des Norddeutschen Bundes ein Bundespräsidium stehen und dieses vom König von Preußen, stellvertretend vom König von Bayern geführt werden solle. Graf Bray wollte diesem Bundespräsidium wohl die völkerrechtliche Vertretung der im Norddeutschen Bunde begriffenen Staaten überlassen. Aber im übrigen sollte, entsprechend vielleicht einem vom Könige von Bayern besonders nachdrücklich geäußerten Wunsche, den süddeutschen Regierungen, insbesondere der bayerischen, ihre diplomatische Vertretung bleiben — „und zwar nicht allein in denjenigen Angelegenheiten, die den betreffenden Staat allein angehen, sondern auch in denjenigen Angelegenheiten, die den im Bunde begriffenen Staaten gemeinschaftlich seien" — weil eines der wesentlichen Kriterien der Selbständigkeit eines Staates in dem Rechte der gesandtschaftlichen Vertretung liege. Delbrück erklärte, daß man den süddeutschen Staaten keineswegs das Gesandtschaftsrecht für ihre besonderen Angelegenheiten verkümmern wolle. Aber im übrigen bezeichnete sowohl er wie Mittnacht die völkerrechtliche Vertretung des Bundes durch das Bundespräsidium als unerläßlich. Neben der völkerrechtlichen Vertretung war das umstrittenste Gebiet das Bundeskriegswesen. Bayern stellte hier weitgehende Forderungen: 1. Das bayerische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandteil des deutschen Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung unter der Militärhoheit des Königs von Bayern, im Kriege unter dem Oberbefehle des Königs von Preußen als Bundesfeldherrn. 2. Bayern behält seine gesamte Militärgesetzgebung bis zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung über den Wirkungskreis der Bundesgesetzgebung. 3. Bayern t r ä g t die Kosten und Lasten des bayerischen Kriegswesens, mit anderen Worten behält sein eigenes Militärbudget, wenn dieses auch, namentlich bezüglich der militärischen Präsenzstärke, dem norddeutschen Budget anzupassen ist. 4. Bayern regt an, die Präsenzstärke des deutschen Heeres von ein Prozent auf dreiviertel Prozent der Bevölkerung herabzusetzen, da es Bayern unmöglich sei, ein so hohes Militärbudget zu tragen. 5. Bayern will die Marine und die hiefür erforderlichen finanziellen Lasten von der allgemeinen Bundesgemeinschaft ausgeschlossen und auf die norddeutschen Staaten beschränkt wissen. Über diese beiden letzteren P u n k t e (Vertretung im Ausland und Kriegswesen) fand selbstverständlich in München eine Einigung nicht s t a t t . Sowohl Delbrück als Mittnacht waren nach ihrem eigenen Zeugnis von dem Verlauf der Münchner Konferenzen befriedigt. Soferne sie an die Bereitwilligkeit Bayerns zu Zugeständnissen an die neue Gemeinschaft glaubten, war ihre Zufriedenheit begründet; sofern sie aber damals schon eine grundsätzliche Neigung der bayerischen Regierung zum Eintritt in einen allgemeinen Deutschen Bund auf der Grundlage der Verfassung des Norddeutschen Bundes vorhanden wähnten, waren
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sie im Irrtum. Bayern war von dem Verlauf der Münchner Konferenzen nicht befriedigt — trotz einer entgegenstehenden Äußerung in den späteren Denkwürdigkeiten des Grafen Bray. Nach der Ansicht der bayerischen Regierung blieb f ü r Bayern und das gemeinschaftlich mit ihm handelnde Württemberg nur übrig: die Gründung eines den Norddeutschen Bund in seinem bisherigen Bestand und die süddeutschen Staaten umfassenden w e i t e r e n Bundes. Das war auch der S t a n d p u n k t , f ü r den sich noch im September die gemäßigten Mitglieder der patriotischen Fraktion im „Bamberger Hof" zu München erklärten. Der extreme Flügel der Patriotischen Partei vollends sprach sich auf einer Versammlung in Geiselhöring am 11. Oktober selbst gegen den weiteren Bund aus, weil er zu einem Aufgehen Bayerns in Preußen führe. Er war im Grunde gegen jede verfassungsmäßige bundesstaatliche Einigung mit dem Norden 1 ). Die V e r s a i l l e r V e r h a n d l u n g e n . Die Münchner Konferenzen waren nur als Vorbesprechungen gedacht, die entscheidenden Verhandlungen sollten im H a u p t q u a r t i e r stattfinden. Bevor diese a n b e r a u m t wurden, regte Bismarck eine p e r s ö n l i c h e Z u s a m m e n k u n f t K ö n i g L u d w i g s II. m i t d e m P r e u ß e n k ö n i g in Fontainebleau an, um sich mit ihm über die wichtigsten P u n k t e der deutschen Frage zu verständigen. Dabei dachte er bereits auch im stillen daran, den König von Bayern f ü r den Antrag des Kaisertitels zu gewinnen. Graf Bray hat auch diese Anregung aufs wärmste befürwortet 2 ). Der König verhielt sich jedoch ablehnend. Der wichtigste Grund lag vielleicht nicht in der deutschen Frage, er lag in der Menschenscheu des Monarchen. Wohl aber brach am 20. Oktober Graf Bray gemeinsam mit dem Justizminister von Lutz und dem Kriegsminister Freiherrn von Pranckh nach Versailles auf. Ihre Abreise wurde beschleunigt durch die Besorgnis vor einem einseitigen Vorgehen W ü r t t e m bergs, dem man nicht den „Vorteil der Initiative" lassen wollte. Zu Beginn der Versailler Verhandlungen 3 ) standen sich die preußischen und die bayerischen Bevollmächtigten schroff gegenüber. Graf Bismarck und der von ihm zu seiner Unterstützung nach Versailles berufene Minister Delbrück wollten verhandeln auf der Grundlage des Beitritts Bayerns zum Norddeutschen Bund oder vielmehr auf der Grundlage eines weiteren verfassungsmäßigen Bundes. Die bayerischen Abgesandten aber überboten noch das Maß der in München geforderten Über diese Versammlungen vgl. ,,Bayer. Kurier" Nr. 268 vom 29. September und „Augsburger Postzeitung" Nr. 237 vom 30. September und dazu den Bericht des Freiherrn von Soden vom 30. September. St. St. A. 2 ) Antrag Brays vom 13. Oktober bei Bray, Denkwürdigkeiten, 145f. 3 ) Delbrücks Schreiben vom 26. Oktober und 8. November bei Brandenburg, Der Eintritt d. südd. Staaten etc., S. 111 f. u. 113 f; Brays Bericht vom 28. Oktober a. a. O. S. 173 ff.
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R e s e r v a t r e c h t e u n d griffen auf F o r d e r u n g e n z u r ü c k , die m a n auf den M ü n c h n e r K o n f e r e n z e n schon h a t t e fallen lassen, sei es u n t e r d e m D r u c k des Königs, u m die V e r h a n d l u n g e n a b z u b r e c h e n , sei es u m sich auf diesem Wege bessere Bedingungen zu sichern. Minister von Delb r ü c k scheint, wie aus seiner K o r r e s p o n d e n z mit Lasker h e r v o r g e h t , a n d e m Erfolge der V e r h a n d l u n g e n mit B a y e r n f a s t verzweifelt zu h a b e n . Bismarck h a t t r o t z alledem i n n e r h a l b v e r h ä l t n i s m ä ß i g k u r z e r Zeit sein Ziel erreicht. Er b e g a n n sein Spiel d a m i t , d a ß er jeden einzelnen der s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n f ü r einen einseitigen u n d möglichst r a s c h e n A b s c h l u ß zu gewinnen s u c h t e oder d a ß er wenigstens mit einem u n m i t t e l b a r b e v o r s t e h e n d e n einseitigen A b s c h l u ß d r o h t e . Hier k a m i h m die R i c h t u n g des w ü r t t e m b e r g i s c h e n Kriegsministers Suckow e n t g e g e n . Indem sich j e t z t a u c h M i t t n a c h t dieser R i c h t u n g anschloß, vollzog sich die e n t s c h e i d e n d e W e n d u n g in der s ü d d e u t s c h e n Politik. D a m i t w a r B a y e r n isoliert u n d d u r c h diese Isolierung die Möglichkeit eines weiteren B u n d e s zwischen den S ü d s t a a t e n u n d d e m N o r d d e u t s c h e n B u n d e ausgeschaltet, da f ü r sich allein, ohne die a n d e r e n S ü d s t a a t e n B a y e r n unmöglich einen weiteren B u n d mit N o r d d e u t s c h land schließen k o n n t e . Bismarck lehnte den weiteren B u n d a b u n d stellte den bayerischen Minister in der m ü n d l i c h e n A u s s p r a c h e v o m 1. N o v e m b e r vor die W a h l zwischen einem bloß i n t e r n a t i o n a l e n u n d d a r u m auflöslichen B ü n d n i s auf der Grundlage des Schutz- und T r u t z bündnisses des J a h r e s 1866, das, wie er w u ß t e , die öffentliche Meinung in B a y e r n nicht befriedigen w ü r d e , u n d einem einheitlichen Verfassungsb ü n d n i s auf der Grundlage des N o r d d e u t s c h e n Bundes, das d e m Verlangen der Mehrheit der N a t i o n e n t s p r a c h . Er gab aber gleichzeitig die Neigung k u n d , i n n e r h a l b des einheitlichen Verfassungsbündnisses den W ü n s c h e n Bayerns, soweit sie nicht die diplomatische u n d militärische E i n h e i t D e u t s c h l a n d s g e f ä h r d e t e n , durch A u s n a h m e b e s t i m m u n g e n oder R e s e r v a t r e c h t e weitgehend R e c h n u n g zu t r a g e n . Graf Bray, der noch vor wenigen Tagen e r k l ä r t h a t t e , d a ß er f ü r V e r h a n d l u n g e n auf der G r u n d l a g e eines einheitlichen Deutschen B u n d e s eine neue Vollmacht seines Königs erholen müsse, entschließt sich j e t z t , a m 8. N o v e m b e r , n a c h verschiedenen Aussprachen mit seinen Ministerkollegen zur A n n a h m e der neuen V e r h a n d l u n g s g r u n d l a g e ohne eine weitere königliche E r m ä c h t i g u n g . Der Ausgleich zwischen d e m S t a n d p u n k t e Bismarcks u n d den ursprünglichen A b s i c h t e n des Grafen B r a y w a r nicht leicht. Aber die A u s e i n a n d e r s e t z u n g zwischen beiden w u r d e keineswegs mit der Leidens c h a f t l i c h k e i t g e f ü h r t , die m a n nach zeitgenössischen und s p ä t e r e n Darstellungen a n n e h m e n möchte. Bismarck h a t t e schon die Versailler V e r h a n d l u n g e n mit den W o r t e n e r ö f f n e t : „ W i r wollen kein v e r s t i m m t e s B a y e r n im Bunde, ein freiwilliges, kein v e r s t i m m t e s . " Er w a r von A n f a n g a n entschlossen, B a y e r n größere Zugeständnisse zu m a c h e n als d e n übrigen s ü d d e u t s c h e n S t a a t e n u n d k a m den U n t e r h ä n d l e r n
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bei der A u s e i n a n d e r s e t z u n g ü b e r die Einzelheiten der S o n d e r r e c h t e großzügig und weitherzig entgegen 1 ). Auf bayerischer Seite w u r d e n die V e r h a n d l u n g e n in diesem letzten S t a d i u m wieder wesentlich g e f ö r d e r t d u r c h die u n t e r der E i n w i r k u n g des Krieges f o r t s c h r e i t e n d e n a t i o n a l e Bewegung. Das B e a m t e n t u m , die Intelligenz, die s t ä d t i s c h e n E l e m e n t e , ein g u t e r Teil selbst der bäuerlichen B e v ö l k e r u n g gaben i m m e r d e u t licher ihrem U n m u t über den s c h l e p p e n d e n G a n g der Versailler Verh a n d l u n g e n A u s d r u c k . Womöglich noch erregter als in München w a r die H a l t u n g der öffentlichen Meinung im F r ä n k i s c h e n , was den K e n n e r dieser Provinzen u n d ihrer Geschichte nicht ü b e r r a s c h e n wird. Welches E m p f a n g e s m u ß t e n u n t e r diesen Verhältnissen die bayerischen Minister g e w ä r t i g sein, wenn sie mit leeren H ä n d e n aus Versailles z u r ü c k k e h r t e n ? Die schwersten K ä m p f e aber h a t t e Bismarck zuletzt nicht mit den b a y e r i s c h e n B e v o l l m ä c h t i g t e n , sondern mit den Gegnern der bayerischen A u s n a h m e s t e l l u n g im eigenen Lager, i n n e r h a l b wie a u ß e r h a l b des H a u p t q u a r t i e r s zu f ü h r e n , mit den F ü h r e r n der großen politischen P a r t e i e n , mit den F ü r s t e n u n d Regierungen des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s u n d d e m von ihnen b e e i n f l u ß t e n B u n d e s r a t e , mit d e m Kriegsminister Roon, der nach d e m Urteile Bismarcks „alles u n t e r eine K a p p e bringen wollte" 2 ), mit d e m preußischen K r o n p r i n z e n , der noch am 16. N o v e m b e r in einer heftigen A u s e i n a n d e r s e t z u n g Bismarck t a d e l t e , d a ß m a n B a y e r n u n d W ü r t t e m b e r g so z a r t behandle, s t a t t fest u n d gebietend a u f z u t r e t e n und ihnen die M a c h t zu zeigen 3 ), und mit d e m eigenen König, der g e r a d e in diesen Tagen seinem badischen Schwiegersohn gegenüber das einheitliche d e u t s c h e Heer i m m e r wieder als seinen d r i n g e n d s t e n W u n s c h bezeichnete. Gegen diese W i d e r s a c h e r m u ß t e B i s m a r c k noch a m 19. Nov e m b e r die Hilfe des Großherzogs von B a d e n a n r u f e n 4 ) . Der K a m p f w u r d e v e r b i t t e r t u n d v e r s c h ä r f t d u r c h die Publizistik, die ihre Pfeile a u c h gegen den König r i c h t e t e : „ U n s e r Fritz h a t die b r a v e n B a y e r n zu o f t z u m Siege g e f ü h r t , als d a ß sie sich j e t z t von ihm m ö c h t e n losreißen lassen, u m d e m S c h w a n e n r i t t e r zu folgen oder mit d e m T a n n h ä u s e r nach R o m zu p i l g e r n . " A m 11. u n d 17. N o v e m b e r h a t t e n die bayerischen Bevollmächtigten ihre schriftlichen P u n k t a t i o n e n überreicht, a m 20. folgten die preußischen S c h l u ß e r k l ä r u n g e n . A m 23. f a n d die beiderseitige U n t e r z e i c h n u n g des Versailler H a u p t v e r t r a g s s t a t t . Es w a r gegen 10 U h r a b e n d s . Moritz Busch b e f a n d sich, wie er selbst erzählt 5 ), mit B i s m a r c k - B o h l e n u n d Hatzfeld beim Tee. „Plötzlich ö f f n e t e n sich die F l ü g e l t ü r e n , Bis*) Über den „Aktenfund von Cerqay" und den „württembergischen Zwischenfall" vgl. Doeberl, a. a. O. 122ff. 4 ) Vgl. Tagebuch des Kronprinzen zum 21. November und Moritz Busch, Tagebuchblätter 1, 423. 3 ) Tagebuch des preußischen Kronprinzen zum 16. November. 4 ) Tagebuch des Großherzogs von Baden zum 19. November. 5 ) Tagebuchblätter I, 427 f.
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marck steckte den Kopf mit freundlichster Miene herein und kam dann, als er noch Gesellschaft sah, mit einem Becher zu uns an den Tisch, wo er Platz n a h m . " „Nun wäre der bayerische Antrag fertig und unterzeichnet", sagte er bewegt. „Die deutsche Einheit ist gemacht und der Kaiser auch. Es ist ein Ereignis. Die Zeitungen werden nicht zufrieden sein, und wer einmal in der gewöhnlichen Art Geschichte schreibt, kann unser Abkommen tadeln. Er kann sagen, der dumme Kerl h ä t t e mehr fordern sollen; er h ä t t e es erlangt, sie hätten gemußt, und er kann Recht haben — mit dem Müssen. Mir aber lag mehr daran, daß die Leute mit der Sache innerlich zufrieden waren. Was sind Verträge, wenn man m u ß ! Und ich weiß, daß sie vergnügt fortgegangen sind. Ich wollte sie nicht pressen, die Situation nicht ausnützen. Der Vertrag hat seine Mängel, aber er ist so fester. Was fehlt, mag die Z u k u n f t beschaffen." Bismarck lehnte die Kreierung eines weiteren Bundes ab und forderte den Eintritt Bayerns in ein einheitliches Verfassungsbündnis auf der Grundlage der Verfassung des Norddeutschen Bundes; der Hauptvertrag 1 ) bestimmte ausdrücklich, daß die bisherige norddeutsche Bundesverfassung auch die Verfassung des mit Bayern abzuschließenden „Deutschen Bundes" sein solle. Aber Bismarck willigte doch in einige Änderungen dieser Verfassung, die f ü r alle deutschen Bundesstaaten gleichmäßig Geltung haben sollten: so in eine Verbesserung des Stimmverhältnisses im Bundesrate, in eine schärfere Umschreibung des Wirkungskreises dieses Kollegiums, in die Schaffung eines Ausschusses f ü r die Auswärtigen Angelegenheiten, der zwar in die Auswärtige Politik nicht störend eingreifen, wohl aber Mitteilungen empfangen und Anregungen geben sollte, in eine Beschränkung des Kriegsrechtes des Bundespräsidiums zugunsten des Bundesrates, in die Ausübung eines Vetorechtes gegen Verfassungsänderungen durch eine verhältnismäßig geringe Zahl von Stimmen des Bundesrates. Verfassungsänderungen gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrate vierzehn Stimmen gegen sich haben. Die Vorschriften der Reichsverfassung, durch die bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in ihrem Verhältnisse zur Gesamtheit festgestellt sind, können nur mit Zustimmung des berechtigten Einzelstaates abgeändert werden. Bismarck bewilligte andererseits Bayern eine Ausnahmestellung innerhalb des Bundes. Er beließ Bayern seine besondere Verwaltung des Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesens, beschränkte selbst das Aufsichts- und Gesetzgebungsrecht des Bundes auf diesen Gebieten. Er beließ Bayern seine besondere Besteuerung des Bieres und Branntweins, sein besonderes Heimats- und Niederlassungsrecht, das Recht der Aufsicht und der Gesetzgebung über diese Verhältnisse. Der unerschöpfliche Meister der Politik beließ Bayern seine diplomatische l
) K. Weber, Neue Gesetz- und Verordnungensammlung VIII, 674ff.
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Vertretung, also das Gesandtschaftsrecht, und entschädigte es f ü r den Verzicht auf die gemeinsame Instruktion der Bundesgesandtschaften mit dem ständigen Vorsitz im diplomatischen Ausschuß des Bundesrates. Bayern behielt endlich seine Militärhoheit im Frieden und sein eigenes Heeresfinanzwesen. Am Tage der Unterzeichnung dieses Hauptvertrages gab Bismarck in einem sog. Separat- oder Schlußprotokoll 1 ) eine Reihe von weiteren vertragsmäßigen Zusicherungen. Als am Tage nach der Unterzeichnung des Hauptvertrages Graf Bray noch eine besondere Erklärung zugunsten des Rechtes der Einzelstaaten, über Landesinteressen Verträge mit dem Ausland abzuschließen, vorlegte und die Forderung mit der Empfindlichkeit seines Königs begründete, von dem ein solches Vertragsrecht ausdrücklich als zu machender Vorbehalt bezeichnet worden sei, wurde auch diese Erklärung in dem von den bayerischen Bevollmächtigten festgelegten Wortlaut abgegeben. Im Anschluß an diese Übereinkunft wurde vom König von Preußen noch eine weitere Zusage g e m a c h t : 1. Bei Friedensverträgen, welche nach einem Bundeskriege geschlossen werden, solle stets auch ein Bevollmächtigter des Königs von Bayern zugezogen werden, der sich an den Verhandlungen beteiligen und durch das Bundeskanzleramt seine Instruktion erhalten werde. 2. Den durch Artikel 13 des Berliner Friedensvertrages vom 22. April 1866 erhobenen Ansprüchen Preußens auf die vormalige Düsseldorfer Gemäldegalerie solle nicht stattgegeben und damit auf diese Ansprüche ein f ü r allemal verzichtet werden. Auf den Gang der staatsrechtlichen Verhandlungen in Versailles und damit auf den Versailler Vertrag hat König Ludwig II. einen unmittelbaren Einfluß nicht mehr geübt: er wurde wieder einmal vor vollendete Tatsachen gestellt. Nicht bloß, daß keine Weisungen eingeholt wurden, auch die Berichterstattung war — man darf wohl sagen absichtlich — lückenhaft. Aber er hat den Versailler Vertrag genehmigt. Er hat den beteiligten Ministern nach ihrer mündlichen Berichterstattung in Hohenschwangau durch Handschreiben vom 7. Dezember seine Anerkennung und seinen besonderen Dank ausgesprochen. Er hat gegenüber den Prinzen des K. Hauses um seine Haltung in der deutschen Frage zu rechtfertigen, ausdrücklich festgestellt: „ d a ß sowohl die Militärhoheit als auch das Gesandtschaftsrecht der Krone Bayern vollständig gewahrt und derselben in einigen wertvollen P u n k t e n , wohin auch die Teilnahme an den Friedensschlüssen zu zählen, eine Sonderstellung eingeräumt sei." Wie ihm im Innern zumute war, ist schwer zu sagen; er ging selten aus sich heraus. Die zurückhaltende Art, wie der König die Münchner Konferenzen beim E m p f a n g der Minister Delbrück und Mittnacht behandelte, die Frage, die er hierüber an Mittnacht richtete, das Schweigen, das er darüber Delbrück gegenVgl. Weber a. a. 0 . VII, 6 7 9 f f .
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ü b e r b e w a h r t e , lassen seine innere Einstellung v e r m u t e n . Seine H a n d schreiben v e r r a t e n schon durch den rein amtlichen Stil, d a ß sie nicht von ihm v e r f a ß t w a r e n , sondern von seinem K a b i n e t t s s e k r e t ä r . Man h a t nicht ohne G r u n d Ludwig II. die S p h i n x auf d e m T h r o n e g e n a n n t . Das ist sicher, sein Stolz h a t sich nicht leicht in die neuen V e r h ä l t n i s s e g e f u n d e n . Die Sorge u m die U n a b h ä n g i g k e i t der Krone u n d u m die Selbständigkeit seines Landes k e h r t regelmäßig wieder. Der einzige, der ihn auf Augenblicke zu beruhigen v e r m o c h t e , war B i s m a r c k . Bezeichnend w a r der Versuch, den Ludwig wenige W o c h e n s p ä t e r m a c h t e , aus dem F a h n e n e i d e die im Versailler Vertrage vorgeschriebene Verp f l i c h t u n g gegenüber d e m B u n d e s f e l d h e r r n im Kriege h e r a u s z u n e h m e n . Er b e a u f t r a g t e den Prinzen Luitpold, in diesem Sinne auf den P r e u ß e n könig einzuwirken. Im J a n u a r 1871 t e l e g r a p h i e r t e d a r ü b e r Graf Berchem an das Ministerium des Ä u ß e r n . Im übrigen h a t t e der Zwischenfall 1 ) keine weiteren Folgen, da m a n von beiden Seiten es v e r m i e d , ihn weiter zu b e r ü h r e n . Aber einen Blick in das Innere des Königs h a t t e er doch e r ö f f n e t . *
Mit d e m Versailler V e r t r a g h a t t e Bismarck in wenigen M o n a t e n erreicht, was in der Zeit des F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t s u n d des p r e u ß i schen U n i o n s p r o j e k t e s in langen M o n a t e n und J a h r e n v e r g e b e n s a n gestrebt worden w a r : die Vereinigung des ganzen außerösterreichischen D e u t s c h l a n d s zu einem n a t i o n a l e n B u n d e s s t a a t e auf einer G r u n d l a g e , die nicht bloß von von der P f o r d t e n , sondern a u c h v o m F ü r s t e n H o h e n lohe wegen der Gefahr einer Mediatisierung i m m e r wieder a b g e l e h n t worden war, die Graf Beust als Bruch des Artikels IV des P r a g e r Friedens bezeichnet h a t t e , einer Grundlage, die der bayerische G e s a n d t e a m W i e n e r Hofe, Schrenck, als f ü r B a y e r n u n a n n e h m b a r e r k l ä r t e . Ein j u b e l n d e r u n d vorbehaltloser E i n t r i t t B a y e r n s in das D e u t s c h e Reich, in den p r e u ß i s c h - d e u t s c h e n N a t i o n a l s t a a t , ist nicht erfolgt. Die bayerische R e g i e r u n g wäre a u c h j e t z t einem B u n d e s s t a a t u n t e r preußischer F ü h r u n g lieber fernegeblieben. Sie b e t r a c h t e t e den Eint r i t t als eine Konzession u n d vollzog ihn schließlich n u r gegen G e w ä h r u n g von S o n d e r r e c h t e n . Aber das ist ebenso gewiß: dieses Zögern, dieser W i d e r s t a n d h a t t e , wenn a u c h hier die Pflicht des Historikers erfüllt, auch hier Personen u n d H a n d l u n g e n aus ihren Verhältnissen h e r a u s beurteilt w e r d e n sollen, eine innere Berechtigung. B a y e r n h a n d e l t e als s t a a t l i c h e r O r g a n i s m u s aus einer gewissen inneren N o t w e n d i g k e i t h e r a u s . Die Versailler V e r t r ä g e b e d e u t e t e n f ü r B a y e r n den B r u c h mit einer m e h r h u n d e r t j ä h r i g e n Vergangenheit. In diesem Sinne, nicht im Sinne von R e i c h s f e i n d s c h a f t sind die elegischen W o r t e des G r a f e n B r a y zu d e u t e n : „Dies ist der A n f a n g des neuen D e u t s c h lands u n d , w e n n unsere E n t w ü r f e a n g e n o m m e n w e r d e n , das E n d e Vgl. dazu auch Moritz Busch, Tagebuchblätter II, S 47.
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A l t b a y e r n s ; es wäre nutzlos sich d a r ü b e r t ä u s c h e n zu wollen." Selbst F ü r s t Chlodwig von Hohenlohe g e s t a n d in der K a m m e r der Reichsräte, d a ß die bayerische Selbständigkeit d u r c h die Versailler V e r t r ä g e m e h r u n d tiefer e r s c h ü t t e r t werde, als dies d u r c h irgendeine s t a a t s r e c h t l i c h e oder i n t e r n a t i o n a l e V e r b i n d u n g geschehen sei, in der sich B a y e r n seit A b s c h l u ß des Westfälischen Friedens b e f u n d e n habe. Die Opfer, die der N o r d d e u t s c h e B u n d von den d e u t s c h e n F ü r s t e n v e r l a n g t e , erschienen d e m Herzog E r n s t von K o b u r g so b e d e u t u n g s v o l l , d a ß er d e m Grafen Bismarck gegenüber die Frage a u f w a r f , ob es nicht besser wäre, eine Art von Mediatisierung der d e u t s c h e n F ü r s t e n , eine A n n ä h e r u n g an das preußische H e r r e n h a u s e i n t r e t e n zu lassen. Eine solche Selbstv e r n i c h t u n g k o n n t e wohl von einem Herzog E r n s t , der seine f ü r s t liche Stellung nie besonders hoch e i n g e s c h ä t z t zu h a b e n scheint, a n g e b o t e n werden, nicht aber von d e m bayerischen S t a a t e , dem ä l t e s t e n der d e u t s c h e n S t a a t e n , einem der ältesten europäischen S t a a t e n ü b e r h a u p t , einem S t a a t e , der kein Augenblicksgebilde, keine willkürliche S c h ö p f u n g war, der nach d e m Urteile nicht bloß bayerischer S t a a t s m ä n n e r , s o n d e r n a u c h Bismarcks, die s t ä r k s t e n V o r b e d i n g u n g e n einer wirklichen E x i s t e n z f ä h i g k e i t a u f w i e s : eine uralte staatliche T r a dition, eine 1400jährige politische G e m e i n s c h a f t , eine t a u s e n d j ä h r i g e mit Land und Volk verwachsene D y n a s t i e , ein a u s g e p r ä g t e s S t a a t s bewußtsein seiner Bevölkerung, ein ursprüngliches, wurzelfestes, k r a f t volles V o l k s t u m mit einer u r a l t e n K u l t u r , mit einer besonderen Eigena r t der L e b e n s b e t ä t i g u n g in W i r t s c h a f t u n d Gesellschaft, mit einem W i r t s c h a f t s l e b e n eigener P r ä g u n g bei aller V e r f l e c h t u n g in die d e u t s c h e W i r t s c h a f t . W ä h r e n d seines F r a n k f u r t e r A u f e n t h a l t s ä u ß e r t e Bism a r c k zu d e m damaligen bayerischen B u n d e s t a g s g e s a n d t e n F r e i h e r r n v o n S c h r e n c k : „ B a y e r n k ö n n t e persönliche Politik t r e i b e n , weil es sowohl vermöge der H o m o g e n i t ä t seines S t a a t e s als der Zahl seiner Bew o h n e r f ü r sich selbst zu leben v e r m ö c h t e , w ä h r e n d a n d e r e S t a a t e n zweiten Ranges, wie H a n n o v e r u n d Kurhessen, im Hinblick auf ihre geographische Lage sich nicht b e i k o m m e n lassen k ö n n t e n , von P r e u ß e n , dessen n o t w e n d i g e E n k l a v e n sie seien, sich u n a b h ä n g i g zu m a c h e n . " „ A u c h in P r e u ß e n " , l a u t e t eine a n d e r e Ä u ß e r u n g von ihm, „wird in den Kreisen, welche ü b e r h a u p t zu politischem Urteil b e f ä h i g t sind, die selbständige B e d e u t u n g B a y e r n s v o l l s t ä n d i g a n e r k a n n t , welche der bayerische Herr Minister mit so g e r e c h t e m Selbstgefühl b e t o n t . B a y e r n ist vielleicht das einzige d e u t s c h e L a n d , d e m es d u r c h materielle B e d e u t u n g , d u r c h die b e s t i m m t a u s g e p r ä g t e S t a m m e s e i g e n t ü m l i c h k e i t u n d die B e g a b u n g seiner Herrscher gelungen ist, ein wirkliches u n d in sich selbst befriedigtes N a t i o n a l g e f ü h l a u s z u b i l d e n . . . Unsere Verhältnisse weisen uns auf die B u n d e s g e n o s s e n s c h a f t mit B a y e r n hin, a b e r nicht auf das exzentrische S t r e b e n , uns einen k r ä f t i g e n , in sich zuf r i e d e n e n u n d abgeschlossenen, geographisch u n d v o l k s t ü m l i c h zur Selbständigkeit b e r u f e n e n S t a a t mit Gewalt oder List zu assimilieren."
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Die Prophezeiung seines Gesandten von dem nahen Zusammenbruch des bayerischen Staates weist Bismarck bestimmt und entschieden zurück: „ W e n n auch keinem Staate, der unsrige nicht ausgenommen, die Dauer zu garantieren, so zeigt doch ein Rückblick auf die Geschichte des bayerischen Staates in seinen Bevölkerungen ein starkes Beharrungsvermögen und in den Stammlanden eine starke Anhänglichkeit an die Dynastie 1 )." Neben dem Augenmaß f ü r die Lebensnotwendigkeiten des Gesamtstaates besaß aber Bismarck etwas, was den Unitariern von damals wie denen von heute fehlte: den historischen, von mechanischen, f r e m d ländischen Staatstheorien freien Blick f ü r die Eigenart des deutschen Landes und des deutschen Volkes. Nachdem er dem Gesamtstaate das zur Erfüllung seiner Aufgaben nötige Maß von Zuständigkeiten gesichert hatte, überließ er dem Einzelstaate Raum f ü r ein kraftvolles Ausleben seiner staatlichen Persönlichkeit — in weiser Abstufung nach Umfang und Geschichte. Mit der Belassung der selbständigen Verwaltung des Verkehrswesens, des bayerischen Heimats- und Niederlassungsrechtes nahm er schonend Rücksicht auf die zähe Sonderart des bayerischen Volkes, auf sein starkes kulturelles Sonderleben. Mit den diplomatischen und militärischen Zugeständnissen trug Bismarck Rechnung dem Umfang und der Leistungsfähigkeit des Königreiches, der großen historischen Vergangenheit des Staates. Er nahm aus dem alten Deutschland soviel Mannigfaltigkeit, als noch lebensfähig w a r und von dem neuen Deutschland ertragen werden konnte, und schuf so ein Kunstwerk, das zwar regelwidrig, aber um so lebensfähiger war. Gerade diese seltene Verbindung von Einheit und Autonomie, von Einheit des Gesamtstaates und von Besonderheit der Gliedstaaten hat das deutsche Volk zu einer beispiellosen schöpferischen K r a f t e n t faltung in den Werken des Friedens wie des Krieges befähigt, die die glänzendsten Kaisertage des alten Reiches überbot und in der nächsten Generation die Bewunderung, aber auch den Neid einer Welt hervorrief. Was ehedem Zwist und Unsegen gewesen, das hat er so in eine Quelle des Reichtums gewandelt. Das
Kaiserproblem.
Bismarck hat sich mit den Zugeständnissen an das Eigenleben des bayerischen Staates geradezu die Mithilfe des bayerischen Ministeriums in einer Frage gesichert, deren völkische, moralische, seelische Bedeutung damals ganz anders als heute eingeschätzt wurde, in der Kaiserfrage2). Früher hatte er auf den Kaisertitel keinen so hohen Wert gelegt und ihn noch 1866 abgelehnt. J e länger je mehr lernte jedoch auch er 2
Weisungen Bismarcks im Hauptarchiv des Auswärtigen Amtes in Berlin. ) Über die Vorgeschichte vgl. Doeberl a. a. O. 1 4 3 f f .
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die werbende K r a f t dieses volkstümlichen Zauberwortes, namentlich auf den Süden, schätzen. Um die Jahreswende 1869/70 beschäftigte er sich ernstlich d a m i t ; im J a n u a r 1870 fanden diplomatische Aussprachen über ein norddeutsches Kaisertum zwischen dem preußischen Botschafter und dem englischen Außenminister in London s t a t t . Aber Maßnahmen zur Verwirklichung des Kaiserplanes h a t Bismarck damals nicht getroffen, noch weniger hat er einen förmlichen Antrag auf Errichtung eines deutschen Kaisertums an die süddeutschen Höfe gestellt. Selbst noch zu Beginn des Deutsch-Französischen Krieges hat er sich in der Kaiserfrage die strengste Zurückhaltung auferlegt und ist aufdringlichen Vorstößen in der Presse scharf entgegengetreten. Er scheute in diesem Anfangsstadium des Krieges gerade die Empfindlichkeit der süddeutschen Höfe und auch die Eifersucht der europäischen Großmächte, nicht nur Österreichs und Frankreichs, auch Rußlands. Erst in den Tagen der Schlacht von Sedan fühlte sich Bismarck stark genug, aus seiner Zurückhaltung herauszugehen. Noch in der ersten Hälfte des September, während seiner Anwesenheit in München, überbringt der bayerische Diplomat Graf Tauffkirchen die ersten Andeutungen, aber auch die ersten leisen Werbungen unmittelbar aus dem H a u p t q u a r t i e r selbst 1 ). jl J e t z t erst ergeht vom König von Bayern eine amtliche Anfrage nach dem Kaiserprojekt. Er erteilte am 14. September, offenbar unter dem Eindruck der Mitteilungen Tauffkirchens, dem Grafen Bray den Auftrag, die Stellung der Höfe von Dresden, Stuttgart, Karlsruhe und D a r m s t a d t zur Kaiserfrage zu erforschen. Darauf erwiderte der Minister am folgenden Tage: „Nach der Meldung des Grafen Tauffkirchen scheint die Idee der Annahme des Kaisertitels durch den König von Preußen dem Grafen Bismarck in der Tat vorzuschweben und es ist nicht zu leugnen, daß, wenn auch mit diesem Titel keinerlei Prärogative über die zum Nordbund gehörigen Staaten verbunden werden, die Kaiseridee an sich geeignet ist, in der Öffentlichkeit zu irrigen Annahmen Anlaß zu geben." Er hegt Bedenken gegen eine Anfrage, weil diese Staaten in diesem Augenblicke einem solchen Antrage sich doch nicht mehr entziehen könnten. Mit W ü r t t e m b e r g dagegen habe er bereits einen vertraulichen Gedankenaustausch eingeleitet. Bevor noch der Minister genaue Mitteilung gemacht hat, t r i t t im Zusammenhang mit der Einladung des Königs von Bayern nach Fontainebleau die Absicht auf Annahme des Kaisertitels mit aller Bestimmtheit auf und zugleich der Wunsch, bei der Z u s a m m e n k u n f t in Fontainebleau, die Zustimmung,, wo nicht das Anerbieten des Königs von Bayern zu erlangen. Der Leiter der bayerischen Politik, Graf Bray, kein Mann von rascher Initiative, ein Mann der alten Schule, war selbstverständlich nicht von Anfang an „ein entschiedener Anhänger des Reichs- und ') Vgl. K - A . v . M ü l l e r , Bismarck und Ludwig II. (Hist. Zeitschr. 111), 100 f f . ; derselbe in: Forsch, z. Brandenburg, u. Preuß. Geschichte 1914, S. 580 u. 584.
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K a i s e r g e d a n k e n s " . Er h a t sich nicht ohne inneres W i d e r s t r e b e n zu e n t s c h e i d e n d e n Entschlüssen d u r c h g e r u n g e n . Aber der n ü c h t e r n e S t a a t s m a n n mit einer j a h r z e h n t e l a n g e n diplomatischen E r f a h r u n g w a r nicht der schroffe P a r t i k u l a r i s t , u m nicht hier wie d o r t die u n a b w e i s lichen F o r d e r u n g e n der Zeit zu e r k e n n e n . Er h a t t e schon a m 8. S e p t e m ber zu d e m b e f r e u n d e t e n w ü r t t e m b e r g i s c h e n G e s a n d t e n , F r e i h e r r n v o n Soden g e ä u ß e r t : ohne die K a i s e r k r o n e werde es ebensowenig a b g e h e n wie ohne eine gemeinsame d e u t s c h e V o l k s v e r t r e t u n g 1 ) . Er b e s c h w ö r t j e t z t , a m 1. Oktober 2 ), nicht bloß seinen König, die E i n l a d u n g n a c h F o n t a i n e b l e a u a n z u n e h m e n , er e m p f i e h l t das A n e r b i e t e n der Kaiserkrone aufs w ä r m s t e , b i t t e t Ludwig II. eindringlich, wenn ihm die Reise n a c h F o n t a i n e b l e a u d u r c h a u s u n a n g e n e h m sein sollte, die Z u s t i m m u n g z u r A n n a h m e des Kaisertitels schriftlich oder d u r c h einen B e v o l l m ä c h t i g t e n auszusprechen. W a s ihn d a r i n b e s t ä r k t e und zu einer an i h m u n g e w o h n t e n Eindringlichkeit der Vorstellung a n s p o r n t e , war, d a ß seinem K ö n i g f ü r eine Initiative in der K a i s e r f r a g e w e i t g e h e n d e Z u g e s t ä n d n i s s e in bezug auf eine A u s n a h m e s t e l l u n g der K r o n e u n d des Landes B a y e r n im k ü n f t i g e n Deutschen B u n d e in Aussicht gestellt w u r d e n , n a m e n t l i c h auf militärischem Gebiete. Gleich nach ihrer A n k u n f t 3 ) in Versailles e r k l ä r t e B i s m a r c k d e n bayerischen Ministern: im J a h r e 1866 h a b e er den Bezeichnungen Kaiser u n d Reich keinen W e r t beigelegt; j e t z t a b e r sei er zur Ü b e r z e u g u n g g e k o m m e n , d a ß m a n d a m i t die öffentliche Meinung u n d den Reichstag, auch den K r o n p r i n z e n von P r e u ß e n f ü r gewisse R e a l i t ä t e n , a u c h f ü r die Zugeständnisse an B a y e r n geneigter s t i m m e n könne. Er wies auf die S t i m m u n g in den f ü r s t l i c h e n Kreisen hin, die d r ä n g t e n u n d die B a y e r n z u g e d a c h t e Rolle selbst ü b e r n e h m e n k ö n n t e n . Er appellierte an ihr monarchisches Gefühl, i n d e m er mit der Möglichkeit d r o h t e , •daß der zum N o v e m b e r ausgeschriebene R e i c h s t a g des N o r d d e u t s c h e n B u n d e s und mit ihm das d e u t s c h e Volk den F ü r s t e n mit der Kaiserp r o k l a m a t i o n z u v o r k o m m e n k ö n n t e n , wie im F r ü h j a h r 1849. Die b a y e rischen Minister gewannen geradezu den E i n d r u c k , d a ß hier der Schwerp u n k t der S i t u a t i o n liege, d a ß u m diesen Preis Zugeständnisse reellerer A r t zu erringen seien 4 ). In der T a t , hier lag f ü r B i s m a r c k eine e n t scheidende Stelle seiner politischen B e r e c h n u n g e n . Graf B r a y geht in der K a i s e r f r a g e f o r t a n , v o m A n f a n g bis z u m E n d e der Versailler V e r h a n d l u n g e n — t r o t z der m a n g e l n d e n E r m ä c h t i g u n g — Schulter an Schulter mit Bismarck. Er gibt gleich zu Beginn x
) Stuttg. H a u s - u . Staatsarch.; dazu Mittnacht, Rückblicke, S. 117. ) Vgl. Doeberl, a. a. O., Beilagen IV, Nr. 3. 3 ) Die folgende Darstellung gründet sich, wo nicht anders vermerkt wird, auf die einschlägigen Ministerialakten im Geh. Münchner Staatsarchiv („Akten über die Verfassung Deutschlands", Konvolut I), die zum Teil in Brays „Denkwürdigkeiten" gedruckt sind. 4 ) Bericht Brays v o m 25. Oktober, a. a. 0 . 2
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der Versailler V e r h a n d l u n g e n die Geneigtheit B a y e r n s z u m A n e r b i e t e n der K a i s e r k r o n e k u n d , wiewohl er von seinem König nicht d a z u e r m ä c h tigt ist. E r t r i t t wie f r ü h e r f ü r die Reise des Königs n a c h F o n t a i n e b l e a u , so j e t z t f ü r eine Reise n a c h Versailles a u f s l e b h a f t e s t e ein, wiewohl er die Menschenscheu seines Monarchen k e n n t . Er läßt den in M ü n c h e n zurückgebliebenen Ministern mit Erfolg ins Gewissen reden, seine Bem ü h u n g e n zu u n t e r s t ü t z e n . Er spielt gegen den zögernden K ö n i g ganz im Geiste Bismarcks u n d der von diesem b e d i e n t e n Presse das Schreckgespenst des Z o l l p a r l a m e n t s oder des Reichstags aus, der d e m Könige mit der K a i s e r p r o k l a m a t i o n z u v o r k o m m e n werde. Er g e h t dabei selbst ü b e r die besonderen Anliegen des Königs, an die dieser die Initiative in der K a i s e r f r a g e g e k n ü p f t wissen wollte, u n d die er d u r c h E i s e n h a r t i m m e r wieder einschärfen ließ 1 ), leicht h i n w e g : das eine, eine mäßige L a n d v e r g r ö ß e r u n g in der badischen Pfalz, die zugleich als E r s a t z f ü r den t e r r i t o r i a l e n Verlust des J a h r e s 1866 g e d a c h t w a r , gehöre in das Gebiet der F r i e d e n s v e r h a n d l u n g e n u n d werde erst d a n n ernstlich in E r w ä g u n g gezogen w e r d e n können, wenn F r a n k r e i c h das P r i n z i p territorialer A b t r e t u n g e n a n e r k a n n t habe, die a n d e r e „ b e w u ß t e Angelegenh e i t " — gemeint ist ein finanzielles Anliegen, eine wenigstens teilweise R ü c k z a h l u n g der B a y e r n 1866 a u f e r l e g t e n K r i e g s e n t s c h ä d i g u n g , a b e r nicht an den S t a a t , sondern an den König — entziehe sich, wie er bereits in München b e m e r k t habe, gänzlich seiner K o m p e t e n z u n d k ö n n t e o h n e den g r ö ß t e n Nachteil u n d ohne d r i n g e n d e G e f a h r von i h m nicht in O r d n u n g g e b r a c h t werden 2 ). Er e n t s e n d e t schließlich a m 21. u n d 24. N o v e m b e r die beiden historischen T e l e g r a m m e , die n a c h der Aussage des Königs selbst die E n t s c h e i d u n g in der K a i s e r f r a g e b r a c h t e n , die telegraphischen M i t t e i l u n g e n : die Reise nach Versailles werde e n t behrlich, wenn Seine M a j e s t ä t die Initiative zur Ü b e r t r a g u n g des Kaisertitels schriftlich zu ü b e r n e h m e n g e r u h e ; die K a i s e r w ü r d e sei u n a u f h a l t s a m ; wenn der König von B a y e r n die Initiative a b l e h n e , so w ü r d e n die in Versailles a n w e s e n d e n F ü r s t e n u n d der Reichstag sie ü b e r n e h m e n 3 ) . Das w a r in den eingeweihten Kreisen Wiens so notorisch, d a ß m a n hier den Grafen B r a y den „ K a i s e r m a c h e r " n a n n t e . Das w a r derselbe Minister, der angeblich ausgezogen war, u m Kaiser u n d Reich wieder im U n t e r s b e r g v e r s c h w i n d e n zu m a c h e n . Die I n i t i a t i v e ging d e m n a c h a u c h in der Kaiserfrage, ebenso wie f r ü h e r bei der A n e r k e n n u n g des Kriegs- oder Bündnisfalles u n d beim Eint r i t t in die V e r f a s s u n g s v e r h a n d l u n g e n auf bayerischer Seite v o m M i n i s t e r i u m aus, n i c h t a b e r v o m K ö n i g . Ludwig II., der E m a n u e l Geibel das i h m v o m König Maximilian II. g e w ä h r t e G n a d e n g e h a l t entzogen h a t t e , weil er in einer seiner D i c h t u n g e n König Wilhelm als den k ü n f t i g e n Kaiser b e g r ü ß t e , ist das A n e r b i e t e n der K a i s e r k r o n e unendlich schwer geworden. !) Bray, a . a . O . , 175, 176, 192. 2 ) S. Doeberl a. a. O., Beilagen IV. 3 ) Ebda., Beilagen IV, Nr. 10 u. 12. D o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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Erst auf jene Mitteilungen des Grafen Bray vom 21. und 24. November begann der König einzulenken. Es ist nicht leicht zu entscheiden, was ihm schwerer fiel: sich selbst zu überwinden oder andere zu überzeugen, daß er nicht anders handeln könne. Er schrieb an die Mitglieder des königlichen Hauses, er rechtfertigte sich vor ihnen. Das vom Kabinettssekretär redigierte Schreiben an die Prinzen Karl, Adalbert, Ludwig und Karl Theodor vom 25. November ist verhältnismäßig ruhig und sachlich abgefaßt 1 ). Das vom König persönlich verfaßte Schreiben an seinen Bruder Otto 2 ) vom gleichen Tage wahrt in dem Bestreben sich vor seinem Bruder zu rechtfertigen kaum noch die königliche Würde. Nachdem er seinen Bruder durch angelegentliche Erkundigung nach seinem Befinden und mit einem unfreundlichen Seitenblick auf die gemeinsame Mutter, die „Cousine des deutschen Kaiserkandidaten", wie er sie nennt, günstig gestimmt zu haben glaubt, beginnt er zögernd und entschuldigend: „Ich erlebte mittlerweile viel Trauriges! Selbst der bayerisch-monarchische Bray beschwor mich mit Pranckh und Lutz sobald als möglich jenem König die deutsche Kaiserkrone anzubieten, da sonst die anderen Fürsten oder gar der Reichstag es tun würden. Könnte Bayern allein, frei vom Bunde stehen, dann wäre es gleichgültig. Da dies aber geradezu eine politische Unmöglichkeit wäre, da Volk und Armee sich dagegen stemmen würden und die Krone mithin allen Halt im Lande verlöre, so ist es, so schauderhaft und entsetzlich es immerhin bleibt, ein Akt von politischer Klugheit, ja von Notwendigkeit im Interesse der Krone und des Landes, wenn der König von Bayern jenes Anerbieten stellt, da, nachdem Bayern nun doch einmal aus politischen Gründen in den Bund muß, hinterher der nun doch nicht mehr fernzuhaltende Kaiser von mir bon gré mal gré anerkannt werden m u ß ! " „Jammervoll ist es, daß es so kam, aber nicht mehr zu ändern." Der Antrag auf Kreierung des Kaisertums und damit gleichsam einer höheren übergeordneten Souveränität in Deutschland — das war tatsächlich die Meinung im deutschen Hauptquartier — bedeutete für einen Ludwig II. mit seiner k r a n k h a f t gesteigerten Vorstellung von der königlichen Würde ein schweres Opfer, „ein Herabsteigen von der jetzigen S t u f e " , eine „deminutio capitis". Einige Mitglieder des königlichen Hauses haben ihm den Entschluß noch wesentlich erschwert. Der damals in München weilende Prinz Otto suchte noch in einem Schreiben vom 28. November 3 ) den Widerstand seines Bruders neu zu beleben: „Als ich Deinen Brief gelesen, kamen heiße Tränen in meine Augen und noch jetzt schmerzt mich die erschütternde Mitteilung, die Du mir gemacht, so oft sie mir wieder in den Sinn kömmt. Doch habe ich immer noch ein wenig Hoffnung. !) Ebda., Nr. 13. ) Ebda., Nr. 14. 3 ) Ebda., Nr. 15. 2
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Vielleicht k ö m m t was U n e r w a r t e t e s dazu u n d r e t t e t u n s noch vor d e m U n t e r g a n g ! Noch ist's nicht zu s p ä t . Höre noch einmal meine S t i m m e ; ich beschwöre Dich das Schreckliche nicht zu t u n ! W i e k a n n es d e n n f ü r einen Herrn u n d König eine zwingende Gewalt geben, seine Selbs t ä n d i g k e i t d a h i n z u g e h e n und a u ß e r G o t t noch einen H ö h e r e n ü b e r sich a n e r k e n n e n zu m ü s s e n ! W i r d der N a m e B a y e r n noch g e a c h t e t , n u r noch g e n a n n t w e r d e n im A u s l a n d ? ! Mögen wir a u c h f ü r d e n jetzigen Augenblick Vorteile u n d Zugeständnisse erlangen, die vielleicht von g r o ß e m U m f a n g sind, so wiegen sie doch gewiß nicht den h u n d e r t s t e n Teil von jenem Nachteil auf, den wir durch H i n g e b u n g der Selbständigkeit erleiden. Mögen diese Konzessionen auch f ü r den Augenblick bet r ä c h t l i c h sein, mögen sie a u c h vielleicht f ü r zwanzig bis dreißig J a h r e e r h a l t e n bleiben, so wird doch gewiß i m m e r m e h r d a v o n a b g e z w a c k t w e r d e n u n d in f ü n f z i g bis h u n d e r t J a h r e n , wenn es r e c h t lange w ä h r t , sind sie uns vielleicht sämtlich a b g e r u n g e n . " Der m i ß t r a u i s c h e König vollzieht seinen E n t s c h l u ß a u c h j e t z t nicht, ohne z u v o r den Oberststallmeister von Holnstein, der eben d a mals besondere Macht über ihn besaß, an Bismarck zu e n t s e n d e n u m d u r c h ihn „ d a s T e r r a i n r e k o g n o s z i e r e n " u n d seine beiden b e s o n d e r e n Anliegen sichern zu lassen, die er o f f e n b a r d u r c h den Grafen B r a y zu wenig energisch v e r t r e t e n g l a u b t . Der Oberststallmeister scheint v o n B i s m a r c k auch gewisse territoriale u n d finanzielle Zusagen e r h a l t e n zu h a b e n . Er e m p f ä n g t gleichzeitig a b e r auch die b e s t i m m t e M i t t e i l u n g , d a ß die in Versailles v e r s a m m e l t e n F ü r s t e n oder d e r N o r d d e u t s c h e R e i c h s t a g mit d e m A n t r a g auf E r r i c h t u n g des K a i s e r t u m s h e r v o r t r e t e n w ü r d e n , wenn ihnen nicht- der König von B a y e r n in k ü r z e s t e r Frist z u v o r k o m m e . Holnstein ersucht Bismarck u m eine schriftliche D a r legung seiner Meinung ü b e r die Kaiserfrage in einem Schreiben a n den König, er erholt seinen R a t über die F o r m des schriftlichen A n t r a g e s , er b i t t e t zuletzt u m einen förmlichen E n t w u r f eines Kaiserbriefes, den m a n seinem König n u r zur U n t e r s c h r i f t vorzulegen b r a u c h e . B i s m a r c k vollzieht diesen W u n s c h , a b e r erst n a c h einigem Zögern, d a er, wie er dem Großherzog von B a d e n g e s t a n d , d e m Grafen H o l n s t e i n anfänglich „nicht recht getraut habe"1). Tagebuch des Großherzogs von Baden zum 27. November. — An dieser Darstellung der Rolle, die Holnstein spielte, und der Aufträge, die ihm der König gegeben hatte, wird gegenüber Wertheimer (Bismarck im politischen Kampf, 1929, 434 ff.) festzuhalten sein. Holnstein hatte nicht, wie Wertheimer (S. 438) meint, den „Hauptauftrag", zu erforschen, ob es genüge, wenn der König die Kaiserfrage s c h r i f t l i c h anrege. Nach Wertheimer (S. 435) traf Holnstein am 25. November in Versailles ein. Bereits am 21. November aber hatte schon Bray von Versailles aus an den König telegraphiert, daß die Reise des Königs nach Versailles entbehrlich werde, w e n n der König schriftlich die Initiative zur Übertragung des Kaisertitels ergreife (Doeberl, ebda., Wortlaut des Telegramms, S. 308). Die Frage der Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit der Reise des Königs, der mündlichen oder schriftlichen Initiative in der Kaiserfrage war also schon vor dem Eintreffen Holnsteins entschieden.
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Bismarck e n t w i r f t ein Schreiben, in d e m der König von B a y e r n d e m P r e u ß e n k ö n i g mitteilt, er h a b e sich mit d e m Vorschlage an die d e u t s c h e n F ü r s t e n gewendet, bei ihm anzuregen, d a ß er die A u s ü b u n g der Präsidialrechte in dem neuen Deutschen B u n d e mit d e m Titel eines D e u t s c h e n Kaisers v e r k n ü p f e . Bismarck v e r f a ß t gleichzeitig ein persönliches Schreiben a n den König von B a y e r n mit d e m auf die P s y c h e Ludwigs II. berechneten Motive: die in Versailles ü b e r n o m m e n e n V e r p f l i c h t u n g e n könne der König von B a y e r n wohl einem D e u t s c h e n Kaiser, nicht aber dem Könige von P r e u ß e n leisten; nur der Titel D e u t s c h e r Kaiser b e k u n d e , d a ß die d a m i t v e r b u n d e n e n Rechte aus freier Ü b e r t r a g u n g der d e u t s c h e n F ü r s t e n u n d S t ä m m e hervorgehen. „ D e r D e u t s c h e Kaiser ist ihr L a n d s m a n n , der König von P r e u ß e n ihr N a c h b a r " . W i e d e r u m w i r k t die B o t s c h a f t Bismarcks aus d e m Munde H o l n steins ähnlich wie f r ü h e r die aus d e m Munde des Grafen T a u f f k i r c h e n : der König ist o f f e n b a r von den m ü n d l i c h e n Meldungen seines O b e r s t stallmeisters b e r u h i g t u n d von d e m psychologisch fein gehaltenen Begleitschreiben Bismarcks geschmeichelt; er ist andererseits über die Absichten der nationalen Kreise in A n g s t . Das ist zu schließen a u s d e r Schnelligkeit, mit der er n u n a u s n a h m s w e i s e seine Entschlüsse f a ß t u n d a u s f ü h r t . Er w a r t e t den Bericht des Ministers nicht m e h r a b , selbst nicht die R ü c k k e h r seines K a b i n e t t s s e k r e t ä r s , der den A u f t r a g h a t t e mit den eben von Versailles z u r ü c k g e k e h r t e n Ministern ü b e r die Ergebnisse der Versailler V e r h a n d l u n g e n zu konferieren, u n t e r z e i c h n e t a m N a c h m i t t a g des 30. N o v e m b e r den von Bismarck v e r f a ß t e n Kaiserbrief u n d überschickt ihn noch a m nämlichen Tage durch den G r a f e n Holnstein an E i s e n h a r t nach M ü n c h e n . Er spricht den W u n s c h aus, d a ß das Anerbieten des Kaisertitels in der Presse veröffentlicht u n d d a b e i das Vorgehen der K r o n e B a y e r n s als eine n a t i o n a l e T a t in das g e b ü h r e n d e Licht gesetzt u n d auf die südbayerische S t i m m u n g in diesem Sinne eingewirkt werde. E r legt allerdings „die Frage der A b s e n d u n g des Briefes" „in die H ä n d e " des K a b i n e t t s s e k r e t ä r s , a b e r das g e s c h a h , wie so oft, n u r aus der d e m König eigenen Scheu vor V e r a n t w o r t u n g — u m wie in allen wichtigen Fragen die V e r a n t w o r t u n g auf einen a n d e r n abzuschieben. Am 3. D e z e m b e r h a t E i s e n h a r t d e m Grafen B r a y d a r ü b e r einen kurzen, aber doch sehr inhaltsreichen Bericht e r s t a t t e t 1 ) . A m 30. N o v e m b e r 1870 richtete Ludwig II. den Kaiserbrief a n den P r e u ß e n k ö n i g . A m 3. Dezember ü b e r r e i c h t e ihn Prinz Luitpold 2 ), d e r s p ä t e r e Prinzregent, König Wilhelm. In den gleichen Tagen w a n d t e sich Ludwig im Sinne des Kaiserbriefes an die F ü r s t e n u n d freien S t ä d t e D e u t s c h l a n d s . Am 16. Dezember k a n n er d e m König von P r e u ß e n telegraphisch mitteilen, d a ß seinem A n t r a g auf Verleihung der K a i s e r w ü r d e sämtliche Mitfürsten u n d freien S t ä d t e „in f r e u d i g e r E i n m ü t i g k e i t " 3 ) Vgl. Doeberl ebda., Beilagen IV, Nr. 19. ) Tagebuch des Großherzogs von Baden. 3 ) Münch. Staatsarch. 2
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ihre Z u s t i m m u n g erteilt h ä t t e n . Am 12. J a n u a r 1871 teilt König Wilhelm, wenn auch noch zögernd in einem H a n d s c h r e i b e n a n König Ludwig II. mit, d a ß er die d e u t s c h e K a i s e r w ü r d e a n n e h m e , nicht im Sinne der M a c h t a n s p r ü c h e , f ü r deren Verwirklichung in den r u h m v o l l s t e n Zeiten unserer Geschichte die Macht D e u t s c h l a n d s z u m S c h a d e n seiner inneren E n t w i c k l u n g eingesetzt w u r d e , sondern mit dem f e s t e n V o r s a t z als D e u t s c h e r F ü r s t der t r e u e S c h i r m h e r r aller R e c h t e zu sein. T r o t z d e m ist das K a i s e r t u m noch in letzter S t u n d e u n t e r Schmerzen geboren w o r d e n . Die patriotische Presse in Bayern, die von A n f a n g an d e m preußischd e u t s c h e n K a i s e r p r o j e k t Abneigung u n d M i ß t r a u e n e n t g e g e n b r a c h t e , erhob gerade d a m a l s , in den W o c h e n u m die J a h r e s w e n d e f l a m m e n d e P r o t e s t e gegen dieses „kleindeutsche.", „schwarz-weiß-rote K a i s e r t u m " , dieses „ K a i s e r t u m der N a t i o n a l l i b e r a l e n " . Ü b e r t r e i b u n g e n im n a t i o n a l liberalen u n d f o r t s c h r i t t l i c h e n Lager, Überschwenglichkeiten, aber a u c h Ü b e r h e b u n g , selbst ein gewisser Terrorismus, n a m e n t l i c h auf kirchlichem Gebiet, h a t t e n den kurze Zeit s c h l u m m e r n d e n W i d e r s p r u c h der P a t r i o t e n neuerdings a n g e f a c h t . Die „ A u g s b u r g e r P o s t z e i t u n g " legte sich eine gewisse „ s t a a t s m ä n n i s c h e " M ä ß i g u n g auf, w a n d t e sich weniger gegen das K a i s e r t u m a n sich als vielmehr gegen den d r o h e n d e n militärischen u n d zentralistischen C h a r a k t e r desselben, h i n t e r d e m das Gespenst der d e m o k r a t i s c h e n R e p u b l i k stehe. U m so leidenschaftlicher ist die Sprache der d u r c h u n d durch d e m o k r a t i s c h d e n k e n d e n und f ü h l e n d e n e x t r e m - p a t r i o t i s c h e n B l ä t t e r , der „ D o n a u z e i t u n g " , ganz besonders aber des „ V o l k s b o t e n " , u n d des „ V a t e r l a n d e s " . „Caesarem h a b e m u s " , diese Losung ist der „ D o n a u z e i t u n g " gleichbedeutend mit einer Z u c h t r u t e , die unser H e r r g o t t d e m d e u t s c h e n Volke geschickt habe. Dem „ V a t e r l a n d e " ist die neue K a i s e r k r o n e die v e r g r ö ß e r t e preußische Pickelhaube, die Verk ö r p e r u n g des v e r h a ß t e n preußischen Wesens, die Vollendung des Einheits- u n d Militärstaates, das Z u c h t h a u s . Von einer höheren geistigen W a r t e aus w e n d e t sich gegen das kleind e u t s c h e K a i s e r t u m das literarisch h ö c h s t s t e h e n d e Organ der p a t r i o t i schen Presse, die „Historisch-Politischen B l ä t t e r " . Sie k ä m p f e n mit geistigen W a f f e n , die o f t wörtlich an die Dialektik des b e k a n n t e n Publizisten K o n s t a n t i n F r a n t z erinnern. Ihnen s t e h t über der N a t i o n a l i t ä t die Menschheit. F ü r die Menschheit ist das C h r i s t e n t u m in die W e l t g e k o m m e n und mit ihm der G e d a n k e einer Geistes- u n d Interesseng e m e i n s c h a f t der europäischen Völker, der G e d a n k e einer sie u m s p a n n e n den christlichen R e c h t s - u n d Gesellschaftsordnung. Im r ö m i s c h - d e u t schen Reiche w a r diese christliche R e c h t s - und G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g verwirklicht, u n v o l l k o m m e n selbst noch in der heiligen Allianz u n d im D e u t s c h e n B u n d e . Der revolutionäre Liberalismus h a t die christliche G e m e i n s c h a f t zerstört u n d an ihre Stelle das Eigenrecht der N a t i o n a l s t a a t e n , den m o d e r n e n Macht- u n d M i l i t ä r s t a a t gesetzt. Der erste u n d
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der dritte Napoleon haben dieses neue Staatsideal auf den Thron erhoben. Der Napoleonismus in Paris hat seine Fortsetzung gefunden in dem Napoleonismus von Berlin. Das neue Kaisertum mit seinem zentralistischen und militaristischen Nationalstaat ist nicht der Nachfolger des universellen römisch-deutschen Kaiserreichs, sondern das Geisteskind des napoleonischen Cäsarismus. Diese Sprache der bayerischpatriotischen Blätter fiel um so mehr auf die Nerven, als der Versailler Vertrag noch immer der Zustimmung des bayerischen Landtags harrte und auf diesem Landtage die Patriotische Partei über die Mehrzahl der Stimmen verfügte. Die Vorgänge in Bayern waren nicht die einzige Sorge des Kanzlers und seines Königs. König J o h a n n von Sachsen und sein erster Minister Freiherr von Friesen waren darüber verstimmt, daß der König von Bayern seinen Kaiserbrief „ohne vorherige Verständigung mit den anderen Souveränen geschrieben h a t t e " . Der Kronprinz von Preußen und viele fürstlichen Persönlichkeiten wollten, daß am Neujahrstage Kaiser und Reich feierlich proklamiert würden 1 ). Der König aber, der sich nur schwer mit dem Kaisergedanken befreundete, nur schwer f ü r den Empfang der „Kaiserdeputation" des Reichtstags gewonnen worden war, bestimmte, daß mit der feierlichen Verkündigung gewartet werden solle, bis die Zustimmungserklärungen sämtlicher nord- und süddeutschen Fürsten und freien Städte a m t l i c h mitgeteilt und die Versailler Verträge von den süddeutschen Landtagen genehmigt und von den süddeutschen Souveränen ratifiziert worden seien. Das einzige, was die in Versailles anwesenden Fürsten erreichten, war, daß der Großherzog von Baden in einer Neujahrsrede an der königlichen Tafel zu Versailles der Neugestaltung Deutschlands Erwähnung tun durfte. Am 15. J a n u a r entschied endlich König Wilhelm, daß am 18., dem Jahrestage der ersten preußischen Königskrönung, auf den bereits Bismarck die Aufmerksamkeit gelenkt hatte, ohne weitere Rücksicht auf den bayerischen Landtag das Kaisertum proklamiert werden solle. Aber noch im letzten Augenblick erhoben sich heiße Kämpfe um die T i t e l f r a g e . Der Kronprinz von Preußen und die Mehrzahl der in Versailles anwesenden Fürsten, voran der Großherzog von Baden, wünschten den Titel „Kaiser von Deutschland" 2 ). Der König schloß sich an. Auch Bismarck hatte sich anfänglich, auf eine Anfrage des Staatsministers Delbrück vom 8. Dezember, f ü r „Kaiser von Deutschl a n d " erklärt. Er hatte aber schon damals die Klausel hinzugefügt: „Womöglich"; „wollen die andern das nicht, so geht der d e u t s c h e Kaiser auch." Wiederum sind es die bayerischen Bevollmächtigten, die bei den Verfassungsberatungen im Norddeutschen Bundesrate Bedenken gegen den Titel „Kaiser von Deutschland" erheben, „weil er Tagebuch des Großherzogs von Baden zum 28. Dezember. ) Berlin, Hauptarch. d. Ausw. Amtes („Acta betr. die Annahme des Kaisertitels", Bd. II). Vgl. dazu das Tagebuch des Großherzogs von Baden, passim. 2
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sich von der Form entferne, die in dem Kaiserbriefe f ü r die Bezeichnung der Kaiserwürde gewählt worden sei", und sie erreichten, d a ß nicht bloß der Bundesrat den Titel „Deutscher Kaiser" in die neue Bundesverfassung aufnahm, sondern daß sich jetzt auch Bismarck f ü r diesen Titel entschied. Zwischen König und Kanzler k o m m t es in einem zu Versailles abgehaltenen Kronrate zu leidenschaftlicher Auseinandersetzung. Schon ist der Befehl gegeben, die Kaiserproklamation abzusagen. In letzter Stunde siegt die Auffassung Bismarcks. Der Zwiespalt warf aber noch auf die Anfänge der Kaiserproklamation seine Schatten 1 ). Am 18. J a n u a r 1871 vollzog sich der weltgeschichtliche Vorgang der K a i s e r p r o k l a m a t i o n — im Spiegelsaale des Versailler Schlosses mit seiner prunkhaften Ausschmückung, mit seinen weltberühmten Meisterwerken Lebruns, am Schauplatze des Königs, dessen System eben zusammengebrochen war, an demselben Tage, an dem vor 170 Jahren der Hohenzoller Friedrich I. die preußische Königskrone sich aufs Haupt gesetzt hatte. Für die meisten Teilnehmer war der 18. J a n u a r 1871 ein Tag weihevoller Erinnerung, ganz besonders f ü r den Großherzog von Baden 2 ). Die Sehnsucht zweier Generationen schien erfüllt. Freilich, mit dem alten römisch-deutschen Kaisertum h a t t e das neue nichts zu tun. König Ludwig II. hat es in seinem Schreiben an den badischen Staatsrat Geizer vom 12. Dezember in bewußter Übereinstimmung mit diesem als eine „selbständige Neuschöpfung" bezeichnet. Er hat auch immer wieder betont, daß der Kaisertitel keinen neuen Rechtsinhalt schaffe, nur eine andere Bezeichnung f ü r das Bundespräsidium sei, daß er vielmehr zum Ausdruck bringe, die dem Bundespräsidium zustehenden Rechte übe der König von Preußen nicht, wie der alte Kaiser, aus eigenem Rechte, sondern im Namen des gesamten deutschen Vaterlandes, auf Grund der Übertragung durch die deutschen Fürsten. Der
bayerische
L a n d t a g u n d die V e r s a i l l e r Die R e i c h s v e r f a s s u n g .
Verträge.
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Damals als die Prinzen des königlichen Hauses und die Deputationen der bayerischen Regimenter an dem weltgeschichtlichen Vorgange von Versailles teilnahmen, tobte in der Heimat ein leidenschaftlicher Kampf um die Versailler Verträge. Die Stimmung kam namentlich beim Jahreswechsel 1870/71 zum Ausdruck, in den Neujahrspredigten sowohl wie in den Neujahrsbetrachtungen der Tagesblätter. Der patriotische Volksbote Zanders f a ß t e seine Ansicht von den Versailler Abmachungen in drei Sätzen z u s a m m e n : „Bayern kapituliert, Preußen kommandiert, das bayerische Volk muß zahlen, zahlen, wieder 2
Tagebuch des Großherzogs von Baden zum 18. Januar. ) Vgl. dessen Schilderung in seinem Tagebuch.
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zahlen." Wie dem Volksboten Zanders, so ist auch dem Bayerischen Vaterland Sigls das J a h r 1870 ein von Gott zur Strafe geschicktes J a h r . Und doch wäre es falsch in Bayern nur wüste Agitation sehen zu wollen. Innerhalb der Patriotischen Partei gab es neben der extremen eine gemäßigte Richtung, die sich namentlich in der „Augsburger Postzeitung" zu Worte meldete. Der „Bayerische Kurier" schloß sich an, es folgt die „Pfälzer Zeitung", zuletzt lenkten müde und resigniert selbst die leidenschaftlichsten Gegner, der „Volksbote" und das „Vaterland", auf den Weg ein, der nach Versailles f ü h r t e . In gleichem Sinne äußerten sich auch patriotische Flugschriften. Kann man von der patriotischen Presse immerhin sagen, daß sie nur der Not gehorchte, so gab die liberale Presse Bayerns, wie etwa die „Augsburger Abendzeitung" ihrer Freude über die Wiedergeburt des Reiches durch Nacht zum Licht in schwärmerischen, enthusiastischen Kundgebungen Ausdruck. Auch die „Münchner Neuesten Nachrichten" begrüßten die erste Kunde von dem Abschlüsse der Versailler Verträge mit einem warm geschriebenen Artikel. Das streng fortschrittliche Blatt äußerte zwar Enttäuschung und Kritik, aber nur, weil nach seiner Ansicht die nationalen Forderungen nicht voll und ganz erfüllt worden seien. Ähnlich nahm auch die demokratische Presse an den Versailler Verträgen Anstoß, nicht weil sie ihr zu sehr deutsch, sondern zu wenig demokratisch waren, weil sie zu wenig herübernahmen aus der vom deutschen Volke beschlossenen Reichsverfassung des Jahres 1849. Aber auch sie gibt sich schließlich zufrieden, daß wenigstens drei Grundelemente ihrer Volksverfassung in das neue Reich herübergenommen wurden: das einheitliche Parlament, das demokratische Wahlrecht und der Deutsche Kaiser. Damals, als in der Presse das Feldgeschrei für und wider die Versailler Verträge ertönte, hatten bereits im bayerischen L a n d t a g e die denkwürdigen Verhandlungen begonnen. Die Reichsratkammer, die seinerzeit fast einstimmig den Rücktritt des nationalgesinnten Fürsten Hohenlohe verlangte, hatte ohne Widerspruch die Mittel f ü r den nationalen Krieg gegen Frankreich genehmigt und erteilte schon am 27. Dezember im Ausschuß 1 ), am 30. Dezember im Plenum 2 ) fast einhellig ihre Zustimmung zu den Versailler Verträgen. Die zweite Kammer bildete am 15. Dezember einen Ausschuß, der sich aus elf Mitgliedern der Patriotischen Partei, drei Mitgliedern der Fortschrittspartei und einem Demokraten zusammensetzte und unter dem Vorsitze des Oberbibliothekars Dr. Ruhland tagte. Zum Referenten des Ausschusses wurde der bekannte Publizist Dr. Jörg gewählt, der auf die erste Nachricht von dem Inhalte der Verfassungsverträge in *) Protokoll des I., 11. und 111. Ausschusses in Betreff der deutschen Verfassungsverträge v o m 27. Dezember. 2 ) Protokoll der 18. Sitzung.
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den von ihm redigierten „ H i s t o r i s c h - P o l i t i s c h e n B l ä t t e r n " geschrieben h a t t e : „ U n s e r e M i t t e l s t a a t e n p o l i t i k h a t ihre K a p i t u l a t i o n von S e d a n vollzogen; es ist zu E n d e mit ihr u n d mit u n s . " Das Ergebnis der Vorb e r a t u n g w a r d e n n auch, d a ß der A u s s c h u ß im Sinne J ö r g s mit zwölf gegen drei S t i m m e n den Versailler V e r t r ä g e n die A n e r k e n n u n g versagte u n d sich f ü r die A u f n a h m e neuer V e r h a n d l u n g e n im Sinne des weiteren B u n d e s mit d e m k ü n f t i g e n D e u t s c h e n Reich auf der G r u n d l a g e des Allianzvertrages u n d des Zollvereins erklärte. Am 11. J a n u a r b r a c h t e der R e f e r e n t des Ausschusses, Dr. J ö r g , den M e h r h e i t s a n t r a g vor d a s P l e n u m des L a n d t a g s mit einer a u s f ü h r l i c h e n schriftlichen u n d m ü n d lichen K r i t i k der Vorlage u n d der Regierungspolitik. Mit einem leidens c h a f t l i c h e n Appell an die K a m m e r m e h r h e i t schließt er seine R e d e : „Meine H e r r e n , es h a t in P r e u ß e n vor dem Krieg im J a h r e 1866 ein vierj ä h r i g e r V e r f a s s u n g s s t r e i t g e w ü t e t . Man h a t die K a m m e r in P r e u ß e n viermal oder, ich glaube mich nicht zu irren, sogar f ü n f m a l a u f g e l ö s t ; u n d dieser K o n f l i k t h a t sich n u r g e d r e h t u m die neue A r m e e o r g a n i s a t i o n . Und w i r sollten eine K a m m e r a u f l ö s u n g , u n t e r U m s t ä n d e n selbst einen K o n f l i k t f ü r c h t e n , wo es sich h a n d e l t u m die E x i s t e n z unseres Landes, wo es sich u m den letzten Versuch h a n d e l t , die berechtigte S e l b s t ä n d i g keit unseres Landes zu r e t t e n , wenn es möglich i s t ? Und es wird, m i t G o t t e s Beistand hoffe ich es zuversichtlich, es wird möglich sein." Die H a l t u n g der L a n d t a g s m e h r h e i t entfesselte in der gegnerischen Presse einen S t u r m der E n t r ü s t u n g . Die f o r t s c h r i t t l i c h e Minderheit d e s L a n d t a g s b e a n t r a g t e A n n a h m e der V e r t r ä g e in einem ebenfalls m o t i vierten M i n o r i t ä t s g u t a c h t e n . Aber freilich die P a t r i o t i s c h e P a r t e i bildete d a m a l s die Mehrheit u n d die e x t r e m e R i c h t u n g dieser P a r t e i h a t t e in Dr. J ö r g , P f a r r e r P f a h l e r u n d Lyzealprofessor Dr. Greil entschlossene u n d zielbewußte F ü h r e r , die n a m e n t l i c h auf die geistlichen u n d b ä u e r lichen E l e m e n t e des L a n d t a g s geradezu einen T e r r o r i s m u s a u s ü b t e n . Der W u n s c h n a c h Auflösung der K a m m e r w u r d e auf der Gegenseite i m m e r l a u t e r . In der T a t h a t t e das bayerische G e s a m t m i n i s t e r i u m f ü r den Fall, d a ß die K a m m e r der A b g e o r d n e t e n die Vorlage ablehne, Vorb e r e i t u n g e n zur A u f l ö s u n g der K a m m e r u n d zur A n o r d n u n g von N e u wahlen bereits g e t r o f f e n . Z e h n Tage w ä h r t e die R e d e s c h l a c h t . Noch einmal w e n d e t sich in zweistündiger Rede J u s t i z m i n i s t e r von L u t z an die V o l k s v e r t r e t e r , eindringlich wie der S c h w u r g e r i c h t s p r ä s i d e n t an die Geschworenen. Die A b s t i m m u n g e r g a b a m 21. J a n u a r 1871 die erforderliche Zweid r i t t e l m e h r h e i t . Zweiunddreißig A b g e o r d n e t e der P a t r i o t i s c h e n P a r t e i waren u n t e r F ü h r u n g Sepps auf den W e g nach Versailles a b g e s c h w e n k t . *
D a s F r ü h j a h r 1871 b e d e u t e t e eine u n u n t e r b r o c h e n e K e t t e v o n militärischen u n d politischen T r i u m p h e n . Der 18. J a n u a r b r a c h t e die K a i s e r k r o n e , a m 28. J a n u a r erfolgte die K a p i t u l a t i o n von Paris n a c h
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Übergabe sämtlicher Forts um Paris an die Deutschen, am 1. März zogen die deutschen Truppen in Paris ein, am 21. März eröffnet der Kaiser persönlich den ersten Reichstag, am 16. April wurde die Reichsverfassung verkündet. Die V e r f a s s u n g d e s B i s m a r c k i s c h e n R e i c h e s ebenso wie die des Norddeutschen Bundes k n ü p f t an an das Verfassungswerk des Frankfurter Parlaments. Das neue Deutsche Reich ist von Bismarck auf den alten Mächten, den 26 Bundesstaaten aufgebaut. Es beruht auf einem von den Gliedern des Reiches geschlossenen Staatsvertrag. Träger der deutschen Bundesgewalt ist weder ein einzelner, ein Monarch, noch die Gesamtheit des deutschen Volkes, sondern die verbündeten Herrscher. Sie vollziehen ihre gemeinsame Tätigkeit aber nicht in persönlichem Zusammentritt, sondern durch eine Vertretung, den Bundesrat. Dieser besteht lediglich aus Vertretern der bundesstaatlichen Regierungen. Und diese handeln nicht nach freier Abstimmung, sondern nach festen Instruktionen. Hinsichtlich dieser Instruktionen ist der König an die Zustimmung des Landtags nicht gebunden, wohl aber an die ministerielle Gegenzeichnung. Preußen hat im allgemeinen das Übergewicht, aber Gesetzesvorschläge, die auf Abänderung der Verfassung drängen, werden verworfen, wenn 14 Stimmen dagegen sind. Der Bundesrat bildet Ausschüsse. Bayern besitzt das Vorrecht eines ständigen Sitzes im Ausschuß und zugleich den Vorsitz im Ausschuß f ü r auswärtige Angelegenheiten. Das Zentrum der Macht liegt im Bundesrat. Damit dieser aber nicht in die Schwerfälligkeit des alten Bundestages zurückfalle, setzte Bismarck den Kaiser an die Spitze desselben. Der Kaiser übt die ihm verfassungmäßig zustehenden Hoheitsrechte im Namen des Reiches a u s : er hat die Vertretung nach außen, das Recht im Namen des Reiches Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, doch bedarf die Kriegserklärung der Zustimmung des Bundesrats, er hat den Oberbefehl über die bewaffnete Macht, das Recht der Berufung, Eröffnung, Vert a g u n g des Bundesrats und Reichstags. Er hat das Recht der Ernennung und Enthebung des Reichskanzlers und der meisten Reichsbeamten, eine verhältnismäßig große Machtfülle. Kaiser und Bundesrat bilden ein verklammertes System. Symbol dieser Verklammerung ist der Reichskanzler, zugleich aber auch Symbol der engen Verbindung zwischen d e m Reich und dem führenden Bundesstaate, Preußen, dessen Ministerpräsident er ist. Er wird vom Kaiser ernannt. Ihm steht der Vorsitz im Bundesrat und die Leitung der Geschäfte zu. Das Schicksal des Reiches ist in seine Hände gelegt. Die Zuständigkeit des Bundesrates und seiner Organe erstreckt sich nur auf jene Gegenstände, die dem Reich ausdrücklich vorbehalten sind. Der andere Faktor der Gesetzgebung ist neben dem Bundesrat der Reichstag. Er geht aus allgemeinen, gleichen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. Wahlberechtigt ist jeder Deutsche männlichen Geschlechts,
Bayern und die Bismarckische Reichsgründung.
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der das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Wählbar ist jeder wahlberechtigte Deutsche, der mindestens ein J a h r die Reichsangehörigkeit besitzt. Die Reichsverfassung war echt bismarckisch auf realpolitische Bedürfnisse zugeschnitten, setzte sich aus den verschiedenartigsten Elementen zusammen, entsprach so wenig einer bestimmten Rechtstheorie, daß jahrelang darüber Streit geführt werden konnte, ob das Reich ein Bundesstaat oder ein Staatenbund sei. Nachdem Bismarck dem Ges a m t s t a a t das zur Erfüllung seiner Aufgaben nötige Maß von Zuständigkeiten gesichert hatte, überließ er dem Einzelstaat R a u m f ü r ein k r a f t volles Ausleben seiner staatlichen Persönlichkeit — in weiser Abstufung nach Umfang und Geschichte. Es ist falsch, wenn man behauptet, Bismarck habe sich lediglich von unitaristischen und zentralistischen Tendenzen leiten lassen. In Wirklichkeit war das Bismarckische Reich so wenig das Ideal der z e i t g e n ö s s i s c h e n Unitarier, d a ß gerade sie scharfe Kritik an ihm übten — wegen seines föderalistischen Charakters. Und das Bismarckische Reich ist so wenig das Ideal der h e u t i g e n Unitarier, daß einer der Urheber des Weimarer Reichsverfassungsentwurfes erklärte: „Der neue Bau des Deutschen Reiches müsse ganz bewußt auf d e n Boden gestellt werden, den Bismarck bei seiner Reichsgründung ganz bewußt nicht betreten h a t " . Wie der Kanzler im J a h r e 1866 einem Frieden mit Bayern widersprach, der eine dauernde Verstimmung des bayerischen Selbstgefühls um eines belanglosen Landgewinnes gebracht hätte, so wies er im Jahre 1870 Versuche zu einer Vergewaltigung Bayerns zurück — immer in der weisen Erkenntnis, daß völkische Einigkeit noch wichtiger sei als staatliche Einheit, daß Treue nicht aus Zwang, sondern aus Freiheit komme. Bismarck hat auch in der Folge die föderativen Grundlagen des Reiches sorgsam gewahrt, die Besonderheit und die Freiwilligkeit behutsam gepflegt. Er hat in der umfassenden Korrespondenz mit König Ludwig II. aus den siebziger und den achtziger Jahren den Föderalismus immer wieder als Pflicht der historischen Gerechtigkeit, als Forderung der politischen Nützlichkeit und Notwendigkeit, als starkes Bollwerk gegen Angriffe revolutionärer Elemente bezeichnet, die auf dem Boden einer unitarischen Verfassung viel schwerer abgewehrt werden könnten. Besonders charakteristisch ist ein Schreiben Bismarcks an den König aus den letzten Jahren, vom 3. April 1885: . . . „Die Erfahrungen von zwei J a h r z e h n t e n haben gezeigt, daß die Einigkeit und die auf ihr beruhende defensive Stärke Deutschlands mehr von seinen Dynastien als von seinen Parlamenten zu erwarten h a t ; in dieser W a h r n e h m u n g allein schon liegt der Beweis dafür, daß das föderative Prinzip, in dessen Betätigung Ew. Majestät die bestehenden Einrichtungen sanktioniert haben, nicht nur der historischen Gerechtigkeit, sondern auch der politischen Nützlichkeit e n t s p r i c h t . . ." Man würde dem Andenken Bismarcks einen schlechten Dienst erweisen, wollte man behaupten, er habe sich bei solchen
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Ä u ß e r u n g e n d e m König gegenüber lediglich von B e r e c h n u n g leiten lassen 1 ). Versuchen des Reichstages, „sich als unitaristischen K o n v e n t a u f zuspielen", t r a t Bismarck mit der g r ö ß t e n Schärfe entgegen. Mit dieser f ö d e r a t i v e n Politik h a t B i s m a r c k zwischen dem N a t i o n a l s t a a t u n d den Einzelstaaten eine solche I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t geschaffen, d a ß nicht der Reichstag, vielmehr ganz im Sinne der ursprünglichen Absichten Bismarcks die im B u n d e s r a t e v e r t r e t e n e n Regierungen die S t ü t z e n des neuen Reiches w u r d e n . Mit dieser weisen Selbstbescheidung, mit dieser organischen S t a a t s a u f f a s s u n g h a t B i s m a r c k — u n d das w a r das Meisterstück seiner Diplom a t i e , einer seiner schönsten Erfolge — gerade d e n F ü r s t e n , der sich persönlichen W e r b u n g e n - a m wenigsten öffnete, u n d d e n S t a a t , d e r sich a m längsten u n d z ä h e s t e n gegen den k l e i n d e u t s c h e n B u n d e s s t a a t u n t e r preußischer F ü h r u n g gesperrt h a t t e , zu T r ä g e r n und zugleich zu Bürgen der d e u t s c h e n Einheit gewonnen. U n t e r Ludwig II. u n d seinen beiden Nachfolgern ist B a y e r n ger a d e z u zu einem der Eckpfeiler des n a t i o n a l e n S t a a t e s h i n a u f g e w a c h s e n , zu d e m v e r t r a u e n s v o l l d i e e m p o r b l i c k t e n , die ehedem an seiner n a t i o n a l e n T r a g k r a f t gezweifelt h a t t e n . Reich u n d N a t i o n sind in das I n n e r s t e des bayerischen Volkes hineingewachsen. Es w a r erst der r e v o l u t i o n ä r e n Legende v o r b e h a l t e n , auch dieses R u h m e s b l a t t des alten B a y e r n zu zerpflücken u n d den letzten wittelsbachischen König desselben Verbrechens zu beschuldigen, mit d e m die T o t e n g r ä b e r des agilolfingischen H e r z o g t u m s den letzten Agilolfinger belastet h a t t e n . A m Schlüsse des Weltkrieges k o n n t e König Ludwig III. von sich u n d seinem Volke s a g e n : „reipublice inserviendo c o n s u m o r . " Sie h a t t e n sich im Dienste des Reiches v e r z e h r t . In einem Vortrag äußerte sich M. Doeberl zur gleichen Frage folgendermaßen: „ I n der jüngsten Zeit ist gegenüber Bismarck freundlichen Stimmen in Bayern immer wieder eingewendet worden: Bismarck sei es mit diesen föderalistischen Äußerungen gar nicht ernst, sein Ziel sei vielmehr der großpreußische Einheitsstaat gewesen. — Ich habe nicht bloß die langjährige Korrespondenz zwischen dem König und Bismarck durchgearbeitet. Ich habe an der Hand der Berliner Staatsakten Einblick gewonnen in die intimsten Vorgänge und Äußerungen Bismarcks aus der Zeit vor und während der Reichsgründung. Ich habe keinen Anlaß gefunden am Ernste Bismarcks zu zweifeln, sondern bin im Gegenteil immer wieder in dem Glauben bestärkt worden, daß der gesunde Föderalismus geradezu ein Grundelement des politischen Systems Bismarcks gebildet hat und daß der Kanzler insbesondere für das bayerische Problem ein überraschend feinfühliges Verständnis bewies . . . — Aber das ist gewiß: diejenigen, die Bismarck eines solchen Vertrauensmißbrauchs fähig halten, sind am wenigsten berufen und berechtigt sich über d i e bayerischen Zeitgenossen der Reichsgründung zu entrüsten, die von der Politik Bismarcks das Ende des bayerischen Staates besorgten und deshalb Gegner des kleindeutschen Nationalstaates und des kleindeutschen Kaisertums waren."
Innere Politik nach dem Kriege. — Kirchen- u. schulpolitische Kämpfe usw.
Siebentes
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Kapitel.
Innere Politik nach dem Kriege. — Kirchen- und schulpolitische Kämpfe unter dem Ministerium Lutz. — D e r Tod des Königs. Der D e u t s c h e B u n d h a t t e das öffentliche R e c h t B a y e r n s so wenig b e r ü h r t , d a ß in der V e r f a s s u n g des J a h r e s 1818 selbst die N e n n u n g der d e u t s c h e n B u n d e s a k t e absichtlich v e r m i e d e n w u r d e . Der Versailler V e r t r a g v o m 23. N o v e m b e r 1870, die Berliner V e r e i n b a r u n g v o m 8. Dez e m b e r des nämlichen J a h r e s und die auf diese V e r t r ä g e bezügliche königliche D e k l a r a t i o n v o m 30. J a n u a r 1871 b e d e u t e t e n den Bruch mit einer m e h r h u n d e r t j ä h r i g e n V e r g a n g e n h e i t : B a y e r n begibt sich des R e c h t e s allein über seine Verfassung zu b e s t i m m e n ; eine Fülle von f r ü h e ren L a n d e s g e g e n s t ä n d e n werden zu B u n d e s a n g e l e g e n h e i t e n , wichtige Bestandteile der bayerischen V e r f a s s u n g s u r k u n d e , n a m e n t l i c h Titel V I I I von der Rechtspflege und Titel IX von der Militärverfassung, sowie die erste u n d d r i t t e Verfassungsbeilage, die E d i k t e ü b e r das I n d i g e n a t u n d ü b e r die Freiheit der Presse u n d des B u c h h a n d e l s , w e r d e n ganz oder wenigstens in ihren meisten B e s t i m m u n g e n a u ß e r G e l t u n g g e s e t z t ; alles, was die Einheit, die Macht und die W o h l f a h r t des neuen D e u t s c h l a n d s f o r d e r t e , die Z u k u n f t der N a t i o n v e r b ü r g t e , wird d e m Reich ü b e r a n t w o r t e t : W a f f e n u n d Politik, R e c h t und R e c h t s g a n g . Bei der gesetzlichen Regelung t r i t t an die Stelle des bayerischen L a n d t a g s der Reichst a g , die bayerischen S t ä n d e verzichten d a m i t auf das ihnen in Titel X, § 7 zugesprochene R e c h t der Z u s t i m m u n g , soweit es sich u m Reichsgesetze handelt. Es w a r der tiefste E i n s c h n i t t in das Verfassungsleben Bayerns, s e i t d e m dieses V e r f a s s u n g s s t a a t geworden war. Seit den Zeiten Montgelas', seit dem Zerfall des alten Reiches h a t t e der bayerische S t a a t eifersüchtig ü b e r die E r h a l t u n g seiner vollen S o u v e r ä n i t ä t g e w a c h t . N u n h a t t e m a n sich d e m Zuge der n a t i o n a l e n E n t w i c k l u n g g e f ü g t u n d w a r z u r ü c k g e k e h r t in einen engeren s t a a t l i c h e n R a h m e n . Die Versailler Verträge b e d e u t e t e n n a c h den W o r t e n des G r a f e n B r a y den A n f a n g eines neuen D e u t s c h l a n d s , sie stellten n a c h d e m schon e r w ä h n t e n Zeugnis Hohenlohes die tiefste E r s c h ü t t e r u n g der bayerischen Selbs t ä n d i g k e i t seit d e m Westfälischen Frieden d a r . N i e m a n d e m p f a n d vielleicht den B r u c h mit der T r a d i t i o n u n d die B e d e u t u n g des Augenblicks s t ä r k e r als der A b g e o r d n e t e Dr. J ö r g . Er schloß seinen Bericht über die B e r a t u n g des Versailler V e r t r a g s in der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n mit den W o r t e n : „ C o n s u m m a t u m est. Die Ruine wird a b b r ö c k e l n u n d einsinken von einem L a n d t a g z u m a n d e r n u n d in einigen J a h r e n wird sich a u c h das bayerische Volk an den Ged a n k e n g e w ö h n t h a b e n , d a ß m a n kein Königreich zu e r h a l t e n b r a u c h t , wenn m a n ein Kaiserreich über sich h a t . "
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Die Prophezeiung Jörgs ist nicht in Erfüllung gegangen. Wie einst beim Eintritt in das mittelalterliche Reich König Heinrichs I., so ist auch beim Eintritt in das neue Deutsche Reich Bayern das größte Maß von Selbständigkeit in der Form von Souveränitätsrechten gewährt worden. Die Rechte, die die bayerische Krone und die bayerische Volksvertretung der deutschen Einheit opferten, wurden durch die Segnungen der äußeren und inneren Vorteile, die die Zugehörigkeit zu einem so mächtigen Staatswesen gewährte, sowie durch den Einfluß auf die Reichsleitung und die Reichsgesetzgebung einigermaßen aufgewogen, den der bayerischen Regierung die Teilnahme am Bundesrat und der bayerischen Volksvertretung die Teilnahme am Reichstage sicherte. Die Reichsgründung hat jedoch auf die Entwicklung des bayerischen Verfassungsrechtes nicht bloß hemmend, sondern auch fördernd gewirkt: die Reichstagswahlen besaßen ebenso wie früher die Zollparlamentswahlen eine werbende K r a f t zugunsten der direkten und geheimen Wahl gegen das indirekte Wahlrecht. Am 9. Juni 1874 sah sich der neue Staatsminister des Innern veranlaßt, wiederum einen Wahlgesetzentwurf f ü r die Kammer der Abgeordneten vorzulegen, der gleich dem Gesetzesentwurfe vom 21. April 1870 das direkte und geheime Wahlrecht gewährte, zugleich aber auch eine neue, gesetzlich festzustellende Wahlkreiseinteilung an Stelle der bisher durch die Regierung getroffenen enthielt. Die Vorlage wurde aber schon im Ausschusse mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Das gleiche Schicksal h a t t e der dasselbe Ziel anstrebende Initiativantrag des Abgeordneten Dr. J ö r g vom 8. März 1876. Waren früher sämtliche Parteien in der Forderung nach einem modernen Wahlgesetze mit direktem und geheimem Wahlrecht einig gewesen, so verspürt jetzt gerade die Partei, von der der Ruf nach einem modernen Wahlgesetz ausgegangen war, die liberale Linke, keine Sehnsucht mehr nach einer derartigen Wahlreform, widerstrebte namentlich einer gesetzlichen Regelung der Wahlkreiseinteilung, aus Besorgnis, die Reform möchte nur der patriotischen Mehrheitspartei, dem jetzigen Zentrum, zugute kommen. Die kirchenpolitischen Kämpfe unter dem Ministerium Lutz hatten eben die Parteigegensätze bis zur Siedehitze verschärft. Nunmehr h a t t e auch die Regierung die Überzeugung gewonnen, d a ß ein neues Landtagswahlgesetz, namentlich eine gesetzlich festzulegende Wahlkreiseinteilung, die verfassungsmäßige Mehrheit nicht finden werde. Mochten auch die Mitglieder der Zentrumspartei, bald Dr. Jörg, bald Abgeordneter Schels, an die königliche Zusage in der Thronrede vom 17. J a n u a r 1870 erinnern, die Regierung gab die Erklärung zurück: die Verhältnisse in der Kammer und im Lande seien so beschaffen, daß eine Verständigung über ein neues Landtagswahlgesetz nicht zu erzielen sei. Erst am Schlüsse der laufenden Landtagsperiode glaubte die Regierung den guten Willen bekunden zu sollen, wenigstens durch Beseitigung der schlimmsten technischen Mängel des Landtags-
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Wahlgesetzes vom 4. Juni 1848 den künftigen Wahlen einen ruhigen Verlauf zu sichern. Sie unterbreitete am 20. J a n u a r 1881 dem Landtage den Entwurf einer Novelle zum Wahlgesetze vom 4. Juni 1848, der ü b e r die Wahlfähigkeit und die Wählbarkeit zum Wahlmann sowie über die Bildung der Urwahlbezirke genauere Bestimmungen traf, das längst angefochtene Institut der Ersatzmänner beseitigte, auch die geheime Abstimmung einführte, im übrigen aber auf grundsätzliche Änderungen am bestehenden Wahlgesetze verzichtete. Dieser Entwurf wurde mit wenigen Änderungen angenommen und am 21. März 1881 zum Gesetz erhoben. Die Forderung nach der direkten Wahl wurde auch jetzt nicht erfüllt, sondern erst 1906 unter der Regentschaft verwirklicht. Diese Wahlgesetznovelle von 1881 ist neben dem Geschäftsganggesetz vom 19. J a n u a r 1872, neben dem Gesetz über die Errichtung, des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. August 1878 und neben einigen Änderungen des Staatsdieneredikts das einzige Verfassungsgesetz, das. während des Ministeriums Lutz zustande kam. Der Grund lag in den kirchenpolitischen Kämpfen, die sich n a m e n t lich an die Person des Ministers knüpften. *
J o h a n n Lutz war ein elastischer scharfer Geist, dabei im G r u n d e wohlwollend und liebenswürdig. Er war geboren 1826 als Sohn eines. Lehrers in Münnerstadt, besuchte das dortige Gymnasium und studierte an der Universität Würzburg Rechtswissenschaft. Nach Abschluß seiner Studien wurde er als Assessor dem Stadt- und Landgericht in Nürnberg zugeteilt. Von 1857—1860 war er auf Vorschlag seines Vorstands Dr. von Seyffert Protokollführer bei der Nürnberger Kommission f ü r das Handelsgesetzjahrbuch. Als Hilfsarbeiter im Justizministerium arbeitete er am Einführungsgesetz und Kommentar zum Handelsgesetzbuch mit. Im J a h r e 1863 wird er unter Max II. ins Kabinett berufen, 1866 wird er Kabinettssekretär und nach dem Rücktritt Bomhards am 1. Oktober 1867 Justizminister, am 20. Dezember des gleichen J a h r e s nach dem Abgang Gressers auch Kultusminister. Seit d e m Ausscheiden Hohenlohes war sein Einfluß ständig im Wachsen. Im J a h r e 1880, nach dem Abgang Pfretzschners erhielt er auch den Vorsitz im Ministerrat. Als Justizminister machte er sich durch die Reform des Zivilprozesses verdient. Politisch huldigte er der Richtung Hohenlohes, wenn auch mit einigen Modifikationen. An den Münchner und Versailler Konferenzen nahm er bestimmenden Anteil, sie sind im wesentlichen sein Werk. Ebenso bestimmte er auch die kirchenpolitische Lage in Bayern. Diese h a t t e sich seit den fünfziger Jahren wieder verschärft, nachdem kurz vorher die Entlassung Abels eine Entspannung herbeigeführt hatte. Die Widersprüche zwischen dem Konkordat und dem Religionsedikt, die durch die Tegernseer Erklärung Maximilians I. wohl zurückgedrängt, aber keineswegs aus der Welt geschafft waren,
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gaben dauernd Anlaß zu Differenzen und ließen die kirchlichen Kreise nicht zur Ruhe kommen. Der geborene Führer kirchlicherseits war der Erzbischof von München-Freising, Karl August Graf von Reisach 1 ), eine starke, leidenschaftliche Persönlichkeit von streng kirchlicher Gesinnung und unbeugsamer Härte. Sein Ziel war nichts Geringeres als die Beseitigung des Religionsedikts. Bereits im J a n u a r 1849 übergab er der Regierung ein Promemoria über die Postulate der Katholiken, das in der Forderung gipfelte: freie Entwicklung der Kirche auf der Basis des mit voller Loyalität und ohne weitere Hintergedanken zu erfüllenden Konkordats und Aufhebung des Religionsedikts und aller sonstigen widersprechenden Gesetze und Verordnungen. Die Regierung zeigte zwar Neigung, das Religionsedikt zu revidieren, im übrigen aber verhielt sie sich entschieden ablehnend. Noch ehe sie jedoch ihre Antwort fertig gestellt, hatten die Bischöfe, hauptsächlich auf Betreiben Reisachs eine Aktion großen Stiles eingeleitet. Am 2. Oktober 1850 versammelten sie sich in F r e i s i n g 2 ) , um zu dem geplanten Revisionswerk Stellung zu nehmen. In einer gemeinsam beschlossenen Denkschrift erklärten sie mit aller Bestimmtheit, daß sie das Religionsedikt, soweit es mit dem Konkordat in Widerspruch stehe, niemals anerkannt hätten oder anerkennen würden, und verlangten seine verfassungsmäßige Beseitigung. Im einzelnen forderten sie Aufhebung des Plazets, uneingeschränkte Freiheit der Kirche bezüglich der Verwaltung des Kirchenvermögens, des Kultus und der Erziehung des Klerus sowie Stärkung des kirchlichen Einflusses auf das Schulwesen. Sie beanspruchten in letzterer Beziehung nicht bloß Anteil an der Besetzung von Philosophie-, Geschichts- und Kirchenrechtsprofessuren, selbst kein Volksschullehrer sollte ohne Mitwirkung der Bischöfe angestellt werden. Der Bischof von Augsburg, Richarz, bekräftigte die Forderungen, indem er seiner Unterschrift den Zusatz beifügte: „ F ü r das Konkordat — das ganze Konkordat — nichts als das K o n k o r d a t . " In zwei Eingaben vom 28. April 1852 und 15. Mai 1853 verharrten die Bischöfe mit einigen Modifikationen auf ihrem Standpunkt. Maximilian II., ungehalten über das vereinigte Vorgehen des Episkop a t s und verstimmt durch die Schroffheit der Forderungen, sprach zuerst ein entschiedenes Nein, ließ sich aber dann doch in den E n t schließungen vom 8. April 1852 und vom 9. Oktober 1854 zu einigen Zugeständnissen namentlich in bezug auf die Seminarien und die Schulaufsicht bewegen, nachdem die Bischöfe nicht ohne Mühe zu der Erklärung vermocht worden waren, daß sie sich mit den königlichen Zusicherungen begnügen würden. Reisach fiel als Opfer des Kampfes. Die Kurie willigte in seine Entfernung aus München ein. Er wurde zum s
Ant. Doeberl, Bischof Reisach in: Hist.-Pol. Blätter 1918. ) Derselbe, Die Freisinger Bischofskonferenz (Klerusblatt VII) 1926, Nr. 41—46.
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K a r d i n a l e r n a n n t und in besondere päpstliche Dienste g e n o m m e n . D a m i t war der Friede n o t d ü r f t i g wiederhergestellt. Neuen Konfliktsstoff b r a c h t e das V a t i k a n u m , das die Regierung u m so m e h r zu einer S t e l l u n g n a h m e zwang, als a n der Münchner Univ e r s i t ä t das geistige H a u p t der außerkonziliaren Opposition in Deutschland w i r k t e , der b e d e u t e n d e Kirchenhistoriker I g n a z v o n D ö l l i n g e r 1 ) . Geboren zu B a m b e r g 1799 als Sohn des b e r ü h m t e n gleichnamigen A n a t o m e n , war Döllinger seit 1823 a m Lyzeum in A s c h a f f e n b u r g , seit 1826 als Professor des K i r c h e n r e c h t s u n d der Kirchengeschichte tätig. 1838 e r n a n n t e ihn die A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n zu ihrem Mitglied, 1845 w u r d e er Mitglied der bayerischen S t ä n d e k a m m e r , 1847 P r o p s t zu St. K a j e t a n , 1848/49 auch Mitglied der F r a n k f u r t e r N a t i o n a l v e r s a m m l u n g , 1868 Reichsrat der Krone Bayerns. Sein Leben u n d Wirken ist mit der Kirchengeschichte B a y e r n s im 19. J a h r h u n d e r t tief verf l o c h t e n . In der ersten Periode seiner gelehrten T ä t i g k e i t w a r er einer der eifrigsten und b e g a b t e s t e n V e r t r e t e r der von der R o m a n t i k bee i n f l u ß t e n k a t h o l i s c h - k o n s e r v a t i v e n R i c h t u n g . Dieser Zeit f r u c h t b a r e r wissenschaftlicher Studien e n t s p r a n g e n u. a. ein „ L e h r b u c h der Kircheng e s c h i c h t e " , „ D i e R e f o r m a t i o n , ihre innere E n t w i c k l u n g und ihre Wirk u n g e n " , eine „Skizze über L u t h e r " . Aber seit 1848, vor allem seit seiner Romreise u n d seit dem italienischen Kriege von 1859, w a n d t e er sich anderen Idealen zu. Auf der Freisinger Bischofskonferenz t r a t er zögernd und a b m a h n e n d seinem Bischof gegenüber u n d 1861 zeigt sich der U m s c h w u n g in Döllingers Ü b e r z e u g u n g in zwei in München g e h a l t e n e n V o r t r ä g e n , in denen er von der Möglichkeit einer völligen A u f h e b u n g der weltlichen Gewalt des P a p s t e s s p r a c h . Im J a h r e 1863 leitete er den Feldzug gegen die Lehrgewalt des P a p s t e s ein, indem er auf einer V e r s a m m l u n g katholischer Gelehrter in M ü n c h e n in einer Rede ü b e r „ V e r g a n g e n h e i t und Gegenwart der katholischen Theologie" seiner a b w e i c h e n d e n Meinung u n v e r h o h l e n A u s d r u c k gab. Der bereits vor der V e r k ü n d i g u n g s t e h e n d e n U n f e h l b a r k e i t s l e h r e begegnete er in G e m e i n s c h a f t mit Professor Friedrich u n d H u b e r in s c h a r f e r K r i t i k im „ J a n u s " u n d noch w ä h r e n d des Konzils erhob er von München aus in zwei G u t a c h t e n seine w a r n e n d e S t i m m e . Als er nach der V e r k ü n d i g u n g des U n f e h l b a r k e i t s d o g m a s seinen a b l e h n e n d e n S t a n d p u n k t nicht preisgab, w u r d e er a m 17. April 1871 e x k o m m u n i z i e r t . An seinen P r o t e s t k n ü p f t e die altkatholische Bewegung an, deren erster K o n g r e ß bereits im S e p t e m b e r 1871 zu München t a g t e . Der E n t w i c k l u n g der a l t k a t h o l i schen Gemeinde aber, die seit 1873 eine eigene bischöfliche Kirche bildete, h a t Döllinger keine t ä t i g e A n t e i l n a h m e geschenkt. Nach einem kurzen A u f s c h w u n g blieb der A l t k a t h o l i z i s m u s ohne b e d e u t e n d e Ausb r e i t u n g und W i r k s a m k e i t . Döllinger selbst w a n d t e sich in den beiden letzten J a h r z e h n t e n seines Lebens, in denen ihm die U n i v e r s i t ä t e n zu Vgl. Joh. Friedrich, J. v. D., 3 Bde, 1899/1901; Fr. Vigener, Drei Gestalten aus dem modernen Katholizismus, 1926. D o e b e r l , Geschichte Bayerns. I I I .
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Wien, M a r b u r g , O x f o r d und E d i n b u r g h den juristischen und philosophischen D o k t o r h u t verliehen u n d Münchens Hochschule ihn zu ihrem R e k t o r wählte, m e h r universalkirchlichen B e s t r e b u n g e n zu u n d t r a t f ü r eine W i e d e r v e r e i n i g u n g der christlichen Bekenntnisse ein. Diesen J a h r e n e n t s t a m m e n seine Vorträge über „ D i e W i e d e r v e r e i n i g u n g der christlichen K i r c h e " , seine „ U n g e d r u c k t e n Berichte und T a g e b ü c h e r " , die „ B r i e f e u n d E r k l ä r u n g e n ü b e r die v a t i k a n i s c h e n D e k r e t e " , seine geistvollen „ A k a d e m i s c h e n V o r t r ä g e " u. a. Im J a h r e 1890 f a n d das an ä u ß e r e n E h r e n reiche, einer gewissen T r a g i k a b e r nicht e n t b e h r e n d e Leben dieses ü b e r r a g e n d e n , seltenen Mannes seinen Abschluß. An Döllinger f a n d die bayerische Regierung in den b e v o r s t e h e n d e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n ihre s t ä r k s t e geistige S t ü t z e . Das Ministerium war nicht gesonnen, die V e r k ü n d i g u n g des U n f e h l b a r k e i t s d o g m a s zu g e s t a t t e n . Schon in einer Ministerialentschließung des K u l t u s m i n i s t e r s Gresser v o m 7. N o v e m b e r 1869 an den Bischof von R e g e n s b u r g w u r d e die (nach Titel IV § 9 der V e r f a s s u n g s u r k u n d e ) erforderliche königliche G e n e h m i g u n g zur V e r k ü n d i g u n g u n d Vollziehung der b e v o r s t e h e n d e n Konzilsbeschlüsse ausdrücklich v o r b e h a l t e n 1 ) . Zugleich w u r d e die Erw a r t u n g ausgesprochen, d a ß „die bayerischen Bischöfe nicht zu Beschlüssen m i t w i r k e n sollten, welche mit den G r u n d p r i n z i p i e n der bayerischen S t a a t s v e r f a s s u n g , mit der allgemeinen S t a a t s w o h l f a h r t , m i t der E i n t r a c h t der verschiedenen Religionsgenossenschaften und mit der g a r a n t i e r t e n Gewissensfreiheit in W i d e r s p r u c h stehen w ü r d e n . " Der Grund hiefür lag in der vermeintlichen S t a a t s g e f ä h r l i c h k e i t des bevors t e h e n d e n U n f e h l b a r k e i t s d o g m a s , weil d a m i t d e m P a p s t a u c h politische Macht verliehen werde, eine Meinung, die ganz besonders in d e m R u n d schreiben H o h e n l o h e s 2 ) v o m 4. April 1869 niedergelegt war. Gelegentlich der A d r e ß d e b a t t e in der Sitzung der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n v o m 4. F e b r u a r 1870 g a b der Minister, der durch seinen B r u d e r , den K a r d i n a l , wohl wissen k o n n t e , was zu e r w a r t e n s t a n d , den B e f ü r c h t u n g e n noch l e b h a f t e r e n A u s d r u c k . Als s o d a n n a m 18. Juli 1870 von der v a t i k a n i schen K i r c h e n v e r s a m m l u n g die c o n s t i t u t i o d o g m a t i c a p r i m a de ecclesia Christi mit 547 gegen zwei S t i m m e n wirklich a n g e n o m m e n w o r d e n war, erließ der neue K u l t u s m i n i s t e r von Lutz a m 9. A u g u s t 1870 eine neue Entschließung, worin den Bischöfen neuerdings in E r i n n e r u n g g e b r a c h t w u r d e , d a ß die V e r k ü n d i g u n g u n d Vollziehung der Konzilsbeschlüsse ohne königliche G e n e h m i g u n g nicht s t a t t f i n d e n dürfe. Wirklich e r b a t a m 26. S e p t e m b e r 1870 der Erzbischof von B a m b e r g die landesherrliche Genehmigung. Eine Ministerialentschließung v o m 22. März 1871 versagte aber die E r t e i l u n g des Plazets u n d d a m i t z u m m i n d e s t e n den weltEine Übersicht über den Gang der Kirchenpolitik in Bayern während des ersten Jahrzehnts dieses Streites gibt eine Rede des Abgeordneten Rittler in der Kammer der Abgeordneten in der Sitzung v o m 9. Januar 1880 (stenogr. Bericht 1877/81, IV, 5. 474 ff.). 2 ) S. S. 489.
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liehen A r m zur D u r c h f ü h r u n g des Dogmas. Der Erzbischof und die a n d e r e n Bischöfe s c h r i t t e n t r o t z d e m zu seiner V e r k ü n d i g u n g . Die Regierung verweigerte j e t z t nicht mehr bloß in der Theorie sondern auch in der Praxis die M i t w i r k u n g z u m Vollzug des V a t i k a n u m s . Sie b e g n ü g t e sich nicht d a m i t . Sie g e w ä h r t e den „ A l t k a t h o l i k e n " a u c h Schutz gegen kirchlichen Z w a n g auf G r u n d des recursus a b a b u s u . Das w u r d e besonders p r a k t i s c h d u r c h die N i c h t a n e r k e n n u n g der v o m Erzbischof von München v e r k ü n d e t e n E x k o m m u n i k a t i o n Döllingers u n d der des P f a r r e r s von Mehring, R e n f t l e . Auf ein M e m o r a n d u m der Bischöfe v o m Mai 1871 erwiderte der K u l t u s m i n i s t e r in einer Ministerialentschließung v o m 27. August 1871 mit der A n k ü n d i g u n g g e w a l t s a m e r M a ß n a h m e n , w e n n das U n f e h l b a r k e i t s d o g m a ohne königliches Plazet gelehrt würde. Auf eine Interpellation des A b g e o r d n e t e n Herz e r k l ä r t e derselbe Minister a m 14. O k t o b e r 1871 in der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n , d a ß die bayerische R e g i e r u n g allen katholischen S t a a t s a n g e h ö r i g e n geistlichen u n d weltlichen S t a n d e s , die die päpstliche U n f e h l b a r k e i t verneinten, S c h u t z gegen den M i ß b r a u c h der geistlichen Gewalt gewähren werde. D a m i t w a r seitens der Regierung die offene K r i e g s e r k l ä r u n g ausgesprochen. Dieser „ K u l t u r k a m p f " in B a y e r n u n d gleichzeitig im Reich w u r d e v e r s c h ä r f t d u r c h den s o g e n a n n t e n „ K a n z e l p a r a g r a p h e n " , eine gesetzliche S t r a f b e s t i m m u n g gegen den M i ß b r a u c h der Kanzel zu politischer Beeinflussung, deren geistiger U r h e b e r ebenfalls S t a a t s m i n i s t e r von Lutz war. Es w a r die G e g e n m a ß n a h m e der bayerischen Regierung wider die A g i t a t i o n e n des Klerus, zu denen auch die Kanzel b e n u t z t wurde. Schon im Dezember 1871 w u r d e der K a n z e l p a r a g r a p h als Zus a t z z u m S t r a f g e s e t z b u c h a n g e n o m m e n (lex Lutz). Die G r ü n d e h i e f ü r h a t der Minister vor dem G e s a m t m i n i s t e r i u m und v o r d e m König niedergelegt in einem M e m o r a n d u m v o m J a h r e 1871, das in d e m 39. Band des Archivs f ü r katholisches K i r c h e n r e c h t infolge einer Indiskretion Aufn a h m e f a n d . Das G e s a m t m i n i s t e r i u m h a t in seiner Mehrzahl das Mem o r a n d u m gebilligt: diese Maßregel sei notwendig, w e n n der bayerische S t a a t nicht freiwillig a b d a n k e n wolle. Der Vorsitzende im Ministerrate, Graf O t t o von B r a y - S t e i n b u r g , mißbilligte allerdings die Politik des K u l t u s m i n i s t e r s : das Plazet beziehe sich n u r auf kirchliche V e r o r d n u n g e n und disziplinare Gesetze, nicht auf das D o g m a . Er schied a m 22. J u n i 1871 wegen dieser Kirchenpolitik aus d e m Ministerium aus. Eine Zeitlang e r w a r t e t e m a n die R ü c k k e h r des Ministers Hohenlohe. Tatsächlich aber w u r d e a m 31. August 1871 z u m Minister des Ä u ß e r n und Vorsitzenden im Ministerrat Graf Friedrich von H e g n e n b e r g - D u x berufen, neben G u s t a v v o n Lerchenfeld der langjährige F ü h r e r der gemäßigt-liberalen Mittelpartei. HegnenbergD u x war ein lauterer, ehrlicher C h a r a k t e r , was a u c h von seinen politischen Gegnern a n e r k a n n t wurde. Er w a r ü b e r h a u p t einer der feinsten politischen Köpfe, die B a y e r n im vergangenen J a h r h u n d e r t besessen 35«
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h a t , von ruhiger Sachlichkeit u n d klarer G e d a n k e n f ü h r u n g , reich an S a r k a s m u s u n d t r e f f e n d e m W i t z . Wie Hohenlohe selbst erzählt, war er einer der ersten bayerischen Adeligen, die klar e r k a n n t e n , d a ß die Zeit zur Auflösung der gutsherrlichen G e b u n d e n h e i t g e k o m m e n sei und König Ludwig in dieser Politik b e s t ä r k t e n . In der kurzen Zeit seiner A m t s f ü h r u n g gelang es ihm, t r o t z d e m die Agitation der „ P a t r i o t e n p a r t e i " u n t e r F ü h r u n g von Jörg, Sigl u. a. ihm überall Schwierigkeiten in den W e g legte, die G e m ü t e r zu beruhigen und sich d u r c h Gewinnung einiger „ P a t r i o t e n " eine Mehrheit im L a n d t a g e zu schaffen, die das Ministerium u n t e r s t ü t z t e , als die Beschwerde des Augsburger Bischofs wegen angeblicher V e r f a s s u n g s v e r l e t z u n g b e r a t e n w u r d e . Die Regierung h a t t e nämlich den P f a r r e r R e n f t l e von Mehring t r o t z seiner E x k o m m u n i k a t i o n geschützt. Als H e g n e n b e r g schon nach k a u m einjähriger A m t s f ü h r u n g s t a r b , k a m an seine Stelle der bisherige F i n a n z m i n i s t e r Pfretzschner (bis 1880). Aber die Seele, die t ê t e f o r t e des Ministeriums w a r nach wie vor K u l t u s m i n i s t e r von Lutz. Am 20. N o v e m b e r 1873 wurde die königliche E n t s c h l i e ß u n g Maximilians II. v o m 8. April 1852 zurückg e n o m m e n , die einige Zugeständnisse im Sinne der Freisinger Denkschrift g e w ä h r t h a t t e . Nach dem A b g a n g P f r e t z s c h n e r s ü b e r n a h m Lutz a ü c h den Vorsitz im Ministerrat. Der König folgte der Politik seines Ministers oft n u r zögernd und schweren Herzens. Bezeichnend ist folgender V o r g a n g : a m Tage vor der E x k o m m u n i k a t i o n Döllingers lud er den Erzbischof Scherr zu sich zu Gaste u n d versicherte ihn a u s d r ü c k lich der F o r t d a u e r seiner Huld. Allerdings t a t er das gleiche auch dem e x k o m m u n i z i e r t e n Döllinger gegenüber, aber nicht mit so w a r m e n W o r t e n , als der Kabinettschef E i s e n h a r t es gewollt. Er h a t schließlich a m 18. Mai 1871 das P r o m e m o r i a des Ministers bezüglich des Kanzelp a r a g r a p h e n genehmigt, a b e r a u c h das n u r mit halber Seele, mehr u n t e r der äußeren B e a r b e i t u n g E i s e n h à r t s . Die bayerische Regierung oder vielmehr K u l t u s m i n i s t e r von Lutz w u r d e in seiner Politik b e s t ä r k t u n d a n g e f e u e r t d u r c h Mitglieder der F o r t s c h r i t t s p a r t e i wie S c h a u ß u n d S t a u f f e n b e r g , a u c h durch die Berliner Regierung u n t e r V e r m i t t l u n g Berchems, ganz besonders aber durch Döllinger, der in b e s t ä n d i g e r F ü h l u n g m i t ihm s t a n d und G u t a c h t e n u n d Vorlagen a u s a r b e i t e t e 1 ) . >) Sehr lehrreich sind zwei Aktensammlungen im Kultusministerium: 1. Das ökumenische Konzil 1869—1871, zwei Bände. Schon Ende Mai 1869 wurde die theologische und juristische Fakultät der Universitäten München und Würzburg von Gresser im Einvernehmen mit Hohenlohe zu einem Gutachten über die Folgen aufgefordert, die gewisse aktuelle Beschlüsse des bevorstehenden allgemeinen Konzils auf die Beziehungen zwischen Staat und Kirche ausüben würden. Zu diesem Zweck wurden fünf Fragen vorgelegt. Die staatsrechtlich wichtigste ist die erste, die übrigen sind mehr dogmatischer Natur. 2. Aktenstücke über die Kirchenfrage, Infallibilität des Papstes, Bd. I, 1869—1872, II, 1871—1872, insbesondere die Korrespondenz zwischen dem Kabinettschef und Lutz und zwischen den Ministern Pfretzschner und Schlör einerseits, Lutz andererseits während des letzteren Anwesenheit in Berlin.
Innere Politik nach dem Kriege. — Kirchen- u. schulpolitische Kämpfe usw.
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Der kirchenpolitische K a m p f w u r d e v e r s c h ä r f t d u r c h eine neue Auflage des S c h u l k a m p f e s , insbesondere d u r c h die Schulsprengelv e r o r d n u n g v o m 29. August 1873. Wir k e n n e n die Ministerialentschließung v o m 7. Mai 1810, wissen auch, d a ß sie nicht eigentlich konfessionell gemischte Schulen im heutigen Sinn ( S i m u l t a n s c h u l e n ) s c h a f f e n , sondern im G r u n d e n u r Sicherung des Schulbesuchs u n d E r leichterung der Schulaufsicht erreichen wollte. J e t z t a b e r gab ihr das Ministerium L u t z in der S c h u l s p r e n g e l v e r o r d n u n g v o m 29. A u g u s t 1873 die D e u t u n g , d a ß sie die konfessionelle Schule g r u n d s ä t z l i c h beseitigen u n d die konfessionell gemischte Schule im m o d e r n e n Sinne, mit a n d e r e n W o r t e n die S i m u l t a n s c h u l e an ihre Stelle setzen wolle. J e t z t ging m a n neuerdings d a r a n , f ü r die Schulsprengelbildung den G e m e i n d e v e r b a n d z u g r u n d e zu legen, u m es leichter möglich zu m a c h e n , konfessionelle Schulen in konfessionell gemischte u m z u w a n d e l n oder konfessionell g e t r e n n t e Schulen in konfessionell gemischte zusammen-, zulegen. Den n ä c h s t e n A n l a ß hiezu gaben Beschlüsse der S t a d t v e r w a l t u n g e n von F ü r t h u n d Weiden auf Z u s a m m e n l e g u n g von konfessionell g e t r e n n ten zu konfessionell gemischten Schulen. Die Absicht, die Lutz mit der S c h u l s p r e n g e l v e r o r d n u n g v o m 29. A u g u s t 1873 verfolgte, w a r nicht wie 1810 die Sicherung des Schulbesuchs und die E r l e i c h t e r u n g der S c h u l a u f s i c h t , v i e l m e h r z u n ä c h s t eine V e r r i n g e r u n g der Schullast f ü r die Gemeinden u n d eine zweckmäßigere Organisation der Schulen, eine bessere Schulgliederung. Das w a r aber nicht das einzige Motiv. N a m e n t l i c h d u r c h die P r o p a g a n d a des 1861 g e g r ü n d e t e n bayerischen L e h r e r v e r e i n s w a r e n inzwischen freiere schulpolitische u n d s c h u l p ä d a gogische A n s c h a u u n g e n in weitere Kreise der B e v ö l k e r u n g g e d r u n g e n . N a c h d e m der im J a h r e 1867 g e m a c h t e Versuch einer u m f a s s e n d e n gesetzlichen Regelung des bayerischen Volksschulrechtes d u r c h den Fall d e r Gresserschen Schulgesetzvorlage gescheitert war, h a t t e sich in den Ministerialbureaus die Ü b e r z e u g u n g festgesetzt, es m ü ß t e n zur Beruhig u n g der erregten G e m ü t e r einige z e i t g e m ä ß e M a ß n a h m e n auf d e m W e g e der V e r o r d n u n g getroffen werden, insbesondere in p r o t e s t a n t i schen u n d konfessionell gemischten Gegenden. W i e d e r u m g a b sich wie in der Zeit Montgelas' die A n s c h a u u n g k u n d , die konfessionell gem i s c h t e Schule sei als P f l e g e s t ä t t e der T o l e r a n z die u n e n t b e h r l i c h e Schule eines p a r i t ä t i s c h e n S t a a t e s . J e t z t ging m a n energisch an die D u r c h f ü h r u n g des G r u n d s a t z e s , der in der königlichen E n t s c h l i e ß u n g v o m 26. N o v e m b e r 1804 niedergelegt war, d a ß die Schulen nicht m e h r n a c h Konfessionen g e t r e n n t werden sollten, b e s c h r ä n k t e sich nicht m e h r mit der konfessionell gemischten Schule auf die Schüler, sondern d e h n t e sie auch auf die Lehrer u n d auf die S c h u l a u f s i c h t s o r g a n e aus. Man w a g t e n a c h d e m Vorgange des Gresserschen S c h u l g e s e t z e n t w u r f e s selbst einen V o r s t o ß gegen die geistliche S c h u l a u f s i c h t : „ D a die geistliche Schulaufsicht d e m Wesen der konfessionell gemischten Schule
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ü b e r h a u p t nicht e n t s p r e c h e n d erscheint, so d ü r f t e schon jetzt zu ges t a t t e n sein, d a ß , wenn eine Gemeinde dieses w ü n s c h t u n d den erforderlichen A u f w a n d ü b e r n i m m t , ein f a c h m ä n n i s c h gebildeter Laie als Ins p e k t o r der Schule aufgestellt w e r d e . " Der Minister s t r e b t e mit der S c h u l s p r e n g e l v e r o r d n u n g vom 29. August 1873 nachweisbar keine allgemeine Simultanisierung des bayerischen Schulwesens an, sondern eine rechtliche Grundlage f ü r ö r t lich b e s c h r ä n k t e u n d überdies in ihrer E n t w i c k l u n g s f ä h i g k e i t eingeengte, nach der Ansicht der Regierung aber u n e n t b e h r l i c h e und an m a n c h e n Stellen bereits t a t s ä c h l i c h geschaffene konfessionell gemischte Schulen. Die V e r o r d n u n g hielt an der Konfessionsschule als Regel fest u n d ges t a t t e t e den Mitgliedern der einen oder a n d e r e n Konfession, die Bed e n k e n t r u g e n ihre schulpflichtigen Kinder in die konfessionell gemischte Schule zu schicken, auf Ansuchen mit einer b e n a c h b a r t e n Volksschule ihrer Konfession einen S c h u l v e r b a n d zu bilden oder eine Schule ihrer Konfession aus eigenen Mitteln zu g r ü n d e n . Gleichwohl e n t f a c h t e der E r l a ß in der d a m a l s ohnehin erregten öffentlichen Meinung, beim k a t h o lischen u n d p r o t e s t a n t i s c h e n Klerus, auf katholischen u n d p r o t e s t a n t i schen V e r s a m m l u n g e n , in der Presse wie im L a n d t a g einen ähnlichen S t u r m wie einige J a h r e vorher die Gressersche Schulgesetzvorlage. Man sah B a y e r n auf d e m Wege zur konfessionslosen „ K o m m u n a l s c h u l e " , m a n beschuldigte den Minister der E n t c h r i s t l i c h u n g der Schule u n d der V e r l e t z u n g der Religionsfreiheit, m a n b e s t r i t t die Rechtsgültigkeit der V e r o r d n u n g . Der Minister h a t t e die Macht des K o n s e r v a t i v i s m u s im katholischen wie im p r o t e s t a n t i s c h e n Lager u n t e r s c h ä t z t . Auf p r o t e s t a n t i s c h e r Seite s t a n d in diesem K a m p f in v o r d e r s t e r Reihe der Regierungsrat u n d s p ä t e r e R e g i e r u n g s d i r e k t o r August Emil L u d h a r d t 1 ) . Wie leidenschaftlich der K a m p f g e f ü h r t wurde, d a v o n legt die Publizistik Zeugnis a b : so die F l u g s c h r i f t e n „ T r ä u m e des Simon P l a z e t , erzählt v o n ihm s e l b s t " ; „Minister Freiherr von L u t z vor dem Richterstuhl G o t t e s " . D a v o n legen auch Zeugnis a b a n o n y m e Zuschriften, die noch h e u t e bei den Ministerialakten liegen, z. B . : „ H e r r Minister! f ü h r e n Sie auch ein g u t e s T a g e b u c h über Ihre sembliche T a t e n ? Im Tagesbericht der Ewigkeiten ist von diesen Herren alles gut aufgezeichn e t . Der H e r r der Herren, a u c h der Herr des Herrn von Lutz zahlt alles p ü n k t l i c h aus, bleibt n i e m a n d etwas schuldig, a u c h Ihnen nicht. N e b s t d e m e r h a l t e n Sie a u c h einen E i n g a n g s p a ß — f ü r einen der zwei ewigen Räume." I m m e r h i n n a h m der „ K u l t u r k a m p f " in B a y e r n nicht d e n U m f a n g u n d nicht d i e F o r m e n a n wie in N o r d d e u t s c h l a n d , in Bayern f a n d e n sogar vertriebene n o r d d e u t s c h e Geistliche ein Asyl. Der G r u n d lag d a r i n : die M e h r h e i t s p a r t e i w a r kirchlich gesinnt u n d w u r d e vielfach s e k u n d i e r t von der p r o t e s t a n t i s c h e n k o n s e r v a t i v e n P a r t e i . Seit d e m *) Vgl. darüber seine Selbstbiographie „Mein Werden und Wirken im öffentlichen Leben" (1901).
Innere P o l i t i k n a c h d e m Kriege. — K i r c h e n - u. s c h u l p o l i t i s c h e K ä m p f e u s w .
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J a h r e 1881 b e g a n n überdies das Ministerium Lutz e i n z u l e n k e n : aus dem G r u n d s a t z p o l i t i k e r w a r ein Realpolitiker geworden. 1883 w u r d e die S c h u l s p r e n g e l v e r o r d n u n g v o m J a h r e 1873 d u r c h die bis in die j ü n g s t e Zeit geltende S c h u l s p r e n g e l v e r o r d n u n g v o m 26. A u g u s t 1883 ersetzt. D a r n a c h sollte im Sinne der Landtagsbeschlüsse die konfessionelle Volksschule die gesetzliche Regel bilden, bei der Bildung der Volksschulsprengel neben den räumlichen Verhältnissen in erster Linie die Konfession der Schulpflichtigen entscheidend sein, und schließlich ausnahmsweise Zulassung einer gemischten Schule n u r in a u ß e r o r d e n t l i c h e n durch zwingende Verhältnisse b e d i n g t e n Fällen s t a t t f i n d e n . Nach der Ü b e r n a h m e der R e g e n t s c h a f t im J a h r e 1886 d u r c h den P r i n z r e g e n t e n Luitpold w u r d e der Friede mit der Kirche hergestellt. Noch u n t e r dem Ministerium L u t z gab die S t a a t s r e g i e r u n g die Erk l ä r u n g ab, „ d a ß sie von n u n an die A l t k a t h o l i k e n nicht m e h r als Mitglieder der katholischen Kirche b e t r a c h t e n u n d b e h a n d e l n w e r d e " . Vom S t a n d p u n k t e des Ministeriums L u t z eigentlich ein politischer S e l b s t m o r d . U n m i t t e l b a r d a r a u f , im J a h r e 1890, ist L u t z gestorben. *
W e r in diesen kirchenpolitisch erregten Zeiten d a r ü b e r w a c h t e , d a ß der Bogen von Seiten des S t a a t e s nicht allzu straff g e s p a n n t w u r d e , das w a r in lichten Augenblicken seines Daseins Ludwig II. W i e d e r h o l t griff er v e r s ö h n e n d ein, vielleicht weniger aus Liebe zur Kirche, als a u s d e m sicheren E m p f i n d e n heraus, d a ß die K r o n e auf die U n t e r s t ü t z u n g gerade der Kreise, gegen die das Ministerium S t u r m lief, nicht verzichten könne. Im übrigen v e r m i n d e r t e sich seine T e i l n a h m e an den Regierungsgeschäften, sein E i n f l u ß auf die innen- u n d außenpolitische E n t w i c k l u n g des Landes von J a h r zu J a h r . Seit den achtziger J a h r e n e t w a gewannen die W a h n v o r s t e l l u n g e n , die schon im K n a b e n k e i m h a f t v o r h a n d e n waren, die O b e r h a n d . Der Geist des Königs u m n a c h t e t e sich mehr u n d m e h r u n d sein ganzes Sinnen u n d T r a c h t e n w a r bald n u r noch darauf gerichtet, wie er seine maßlose B a u l u s t befriedigen könne. Es scheint, als ob er selbst in klaren M o m e n t e n das f u r c h t b a r e Los, d e m er verfallen war, mit erschreckender Deutlichkeit e r k a n n t e u n d von der Sorge g e m a r t e r t wurde, sein Z u s t a n d könne r u c h b a r werden. Er schloß sich j e t z t vollständig von der A u ß e n w e l t a b u n d w a c h t e mit d e m letzten W i l l e n s a u f w a n d , dessen er f ä h i g war, d a r ü b e r , d a ß wenigstens keine schriftlichen Ä u ß e r u n g e n von ihm an a m t l i c h e Stellen oder an P r i v a t p e r s o n e n gelangten, die seine seelische V e r f a s s u n g h ä t t e n v e r r a t e n k ö n n e n . H ä t t e er sich mit d e m Scheine des Regierens b e g n ü g t , so wäre, abgesehen von seiner V e r s c h w e n d u n g s s u c h t a u c h d a m a l s noch sein Dasein gefahrlos f ü r den S t a a t gewesen. Allein sein ins Groteske gesteigertes M a j e s t ä t s b e w u ß t s e i n d u l d e t e nicht, d a ß m a n ihn umging. So wirkte seine Persönlichkeit h e m m e n d u n d schädigend auf die A b w i c k l u n g der Geschäfte. W e n n t r o t z d e m die
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S t a a t s m a s c h i n e nicht ins Stocken geriet u n d die Stetigkeit der inneren E n t w i c k l u n g des Landes nicht u n t e r b r o c h e n w u r d e , wenn t r o t z d e m nicht Unfähigkeit und K o r r u p t i o n sich breit m a c h t e n , so war dies einzig u n d allein der sittlichen S t ä r k e und d e m vorbildlichen Arbeitseifer der B e a m t e n jener Tage zu d a n k e n , die ihre Pflichten erfüllten, u n b e k ü m m e r t d a r u m ob sie A n e r k e n n u n g f a n d e n oder n i c h t . W u r d e n an sie alle e r h ö h t e A n f o r d e r u n g e n gestellt u m das Versagen der höchsten Stelle auszugleichen, so m u ß t e n diejenigen von ihnen, die in der n ä c h s t e n U m g e b u n g des Königs t ä t i g waren, die B e a m t e n des K a b i n e t t s s e k r e t a r i a t s , ein H ö c h s t m a ß von P f l i c h t t r e u e und O p f e r f r e u d i g k e i t a u f bringen. Einst h a t t e m a n u n t e r Ludwig 1. u n d Max II. die Beseitigung dieser Zwischenstelle zwischen Krone und Ministerien leidenschaftlich gefordert, j e t z t d u r f t e m a n d a n k b a r sein f ü r ihren B e s t a n d . Das K a b i n e t t bildete die einzige Stelle, die den Verkehr des menschenscheuen Monarchen mit der Außenwelt a u f r e c h t e r h i e l t , falls nicht sogar der Kabinettschef die Weisungen des Königs d u r c h Lakaien v e r m i t t e l t erhielt; d e n n die Minister w u r d e n v o m König längst nicht mehr z u m V o r t r a g e m p f a n g e n . Der Kabinettschef war die Person, die über die A n t r ä g e der sechs Ministerien d e m Herrscher Bericht e r s t a t t e t e . Alles ging d u r c h seine H a n d , von den ernstesten S t a a t s a k t i o n e n bis h e r a b zu belanglosen Kleinigkeiten. Er war der einflußreichste Mann im S t a a t e , a b e r er w a r auch mit Arbeit und V e r a n t w o r t l i c h k e i t a m meisten belastet. Er h a t t e die n e r v e n z e r m ü r b e n d e A u f g a b e einem l a u n e n h a f t e n , p h a n tastischen, arbeitsunlustigen, irren König die U n t e r s c h r i f t e n a b z u stehlen. Kein W u n d e r , wenn die I n h a b e r dieses P o s t e n s sich rasch im A m t a b l ö s t e n . Sie älle leisteten das Menschenmögliche, u m einen u n erträglichen und peinlichen Z u s t a n d vor der A u ß e n w e l t zu verschleiern u n d das Land vor schweren E r s c h ü t t e r u n g e n zu b e w a h r e n 1 ) . Schließlich gaben die u n h a l t b a r e n finanziellen Verhältnisse der K a b i n e t t s k a s s e den A n s t o ß zur A u f d e c k u n g der w a h r e n Z u s t ä n d e . Die zügellose B a u t ä t i g k e i t des Königs h a t t e die K a b i n e t t s k a s s e völlig e r s c h ö p f t . Anleihen wurden a u f g e n o m m e n und die Schuldenlast wuchs von J a h r zu J a h r . Schon 1877 sah sich das Ministerium v e r a n l a ß t , ein M e m o r a n d u m des H o f s e k r e t ä r s von Düfflipp zu u n t e r s t ü t z e n , das sich gegen die kostspieligen B a u p r o j e k t e auf Herrenchiemsee w a n d t e . Der König s c h e n k t e d e m M e m o r a n d u m keine B e a c h t u n g , worauf D ü f f l i p p seine E n t l a s s u n g n a h m . Auch der Chef der K a b i n e t t s k a s s e von Bürkel d r a n g n a c h d r ü c k l i c h auf E r s p a r u n g e n mit d e m Erfolg, d a ß ihm die ') Bei seinem Regierungsantritt übernahm Ludwig II. den Kabinettssekretär seines Vaters, Pfistermeister, der, fast zur gleichen Zeit wie von der Pfordten als Minister, von seinem Amt zurücktrat. Ihm folgten von Lipowski, von Neumayr, von Lutz, der 1867 ins Ministerium Hohenlohe eintrat, von Eisenhart (1869—1876), von Ziegler, der schon seit 1872 neben Eisenhart im Kabinett tätig gewesen war (1876—1879), v o n Müller (von Nov. 1879 bis Mai 1880), von Ziegler zum zweitenmal (Mai 1880 bis 1883) und Schneider, der 1876 als Hilfsarbeiter eingetreten war, v o m König aber bereits nicht mehr regelmäßig empfangen wurde.
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Leitung der finanziellen Regelung des Bauwesens entzogen wurde. Im F r ü h j a h r 1884 legte der Finanzminister von Riedel einen Plan zur Tilgung der Schulden der Kabinettskasse vor, fand aber kein Gehör. Um dem Drängen der Gläubiger wenigstens zeitweilig ein Ende zu machen, vermittelte Riedel eine Anleihe von 7 y2 Millionen. Ein J a h r später, im August 1885, verlangte der König abermals 6 y2 Millionen. Ludwig verlor jeden Sinn f ü r die Wirklichkeit. Durch alle Länder gingen nach dem Zeugnis des Prinzen Luitpold in königlichem A u f t r a g Darlehensgesuche, die die Würde der Krone bloßstellten. In der Verzweiflung wandte sich Ludwig an Bismarck. Dieser riet ihm in einem Briefe vom 14. April 1886 zur Aufnahme einer Staatsanleihe. Die Kammer war jedoch nicht gewillt, eine Schuldenlast von 13 Millionen ohne Garantie zu übernehmen und die Verhandlungen mit den Parteiführern zerschlugen sich. Am 5. Mai richtete das Gesamtministerium eine Vorstellung an den König, die sich noch freimütiger über die zerrütteten finanziellen Verhältnisse ausließ als die früher schon erhobenen Vorstellungen und dringend zur Sparsamkeit und Einschränkung der Ausgaben aufforderte. Eine Antwort seitens des Königs erfolgte nicht. Schließlich drohte es zu Prozessen gegen die Kabinettskasse zu kommen. In der Presse wurde bereits die Frage, ob der König wegen Privatverbindlichkeiten vor Gericht gezogen werden könne, untersucht und bejaht. Die Lage erheischte gebieterisch ein Einschreiten der maßgebenden Stellen. Sie verschärfte sich durch die Nachrichten, die von der königlichen Hofhaltung über die Person des Königs eintrafen. Die Meldungen lauteten immer bedenklicher. Sie fanden den Weg in die auswärtige Presse, die im Gegensatz zu den inländischen Zeitungen durch keine Rücksichten gehemmt war, und schädigten nicht bloß das Ansehen des Königs, sondern der Regierung, des Staates überhaupt. Eine Täuschung über den Geisteszustand des Königs war nicht mehr möglich. Man mußte ihm die Zügel der Regierung aus der Hand nehmen und zu seiner Entmündigung schreiten. Da der Bruder des Königs, Otto, ebenfalls geisteskrank war, war zur Übernahme der Regierungsgeschäfte als nächstältester Agnat der 65 jährige Prinz Luitpold, der dritte Sohn König Ludwigs I. berufen. In Fühlung mit dem Gesamtministerium leitete er das Entmündigungsverfahren ein. Am 1. Juni ersuchte er die ehemaligen Vorstände des Kabinetts, von Ziegler und von Müller, um Angabe von Tatsachen, die für ein psychiatrisches Gutachten über den König als Unterlage dienen konnten. Auch Personen der nächsten Umgebung des Königs wurden vernommen. Das Gutachten, das am 8. Juni 1866 von vier ärztlichen Sachverständigen, den Irrenanstaltsdirektoren Dr. Gudden, Dr. Hagen und Dr. Hubrich sowie Universitätsprofessor Dr. Grashey abgegeben wurde, fällte das einstimmige Urteil, daß der König „in sehr weit vorgeschrittenem Maße seelengestört" sei und „an jener Form von Geisteskrankheit leide, die mit dem Namen Paranoia (Verrücktheit) bezeich-
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n e t " werde, d a ß er „ u n h e i l b a r " und f ü r die ganze Lebenszeit an der A u s ü b u n g der Regierung v e r h i n d e r t sei. Nun w a r die H a n d h a b e gegeben, u m zur E n t m ü n d i g u n g schreiten zu können. Noch a m n ä m lichen Tage v e r s t ä n d i g t e Prinz Luitpold die d e u t s c h e n Souveräne und den Kaiser von Österreich von der Sachlage u n d den geplanten S c h r i t t e n . T a g s d a r a u f , den 9. J u n i , b e g a b sich, w ä h r e n d in München die Vorbereitungen zur P r o k l a m a t i o n der R e g e n t s c h a f t getroffen w u r d e n , eine S t a a t s k o m m i s s i o n nach H o h e n s c h w a n g a u , u m dem König die Ü b e r n a h m e der R e g e n t s c h a f t d u r c h seinen Oheim zu eröffnen und ihn n a c h Schloß Berg a m Starnbergersee zu v e r b r i n g e n . Sie k a m jedoch nicht dazu, ihren A u f t r a g a u s z u f ü h r e n . Das persönliche Schreiben, in d e m Prinz Luitpold seinem Neffen die E n t m ü n d i g u n g selbst mitteilen wollte, k o n n t e von d e m F ü h r e r der Kommission, d e m Minister des K. H a u s e s u n d des Ä u ß e r n , Freiherrn von Crailsheim, d e m König nicht übergeben w e r d e n . Man h a t t e v e r a b s ä u m t , die B e h ö r d e n des b e n a c h b a r t e n Füssen von d e m Plane in K e n n t n i s zu setzen. Mit ihrer Hilfe w u r d e n die Mitglieder der Kommission auf Befehl des Königs, der von den Vorgängen in München bereits K u n d e h a t t e , im Laufe des 10. J u n i v o r ü b e r g e h e n d in H a f t g e n o m m e n . Am gleichen T a g w a r in München v o m Prinzen Luitpold u n d d e m G e s a m t m i n i s t e r i u m die R e g e n t s c h a f t p r o k l a m i e r t u n d der L a n d t a g f ü r den 15. J u n i einberufen worden. E r s t einer s p ä t e r e n Abo r d n u n g gelang es ohne weitere Zwischenfälle den Monarchen n a c h Berg zu ü b e r f ü h r e n . Die Vorgänge bei der E n t m ü n d i g u n g des Königs h a b e n sofort n a c h ihrem B e k a n n t w e r d e n schärfste Kritik h e r v o r g e r u f e n . Es scheint, d a ß m a n die schweren Folgen der g e p l a n t e n M a ß n a h m e n doch zu wenig b e d a c h t h a t t e u n d mit zu geringer Überlegung vorgegangen ist. Der n ä c h s t e Weg, den Monarchen zur A b d a n k u n g zu veranlassen, w u r d e nicht b e t r e t e n , obwohl m a n h ä t t e wissen k ö n n e n , d a ß d e m König R ü c k t r i t t s g e d a n k e n nicht f e r n e lagen. Die Erstellung des f ü r das ganze Vorgehen e n t s c h e i d e n d e n psychiatrischen G u t a c h t e n s ü b e r t r u g m a n b e a m t e t e n Ärzten, denen eine Beeinflussung durch ihre B e a m t e n s t e l l u n g zur Last gelegt werden k o n n t e . Die, wie es scheint, u r s p r ü n g l i c h gep l a n t e Z u z i e h u n g a u ß e r b a y e r i s c h e r ärztlicher A u t o r i t ä t e n u n t e r b l i e b . Als besonders erschwerender U m s t a n d t r i t t hinzu, d a ß das Urteil der Ärzte sich nicht auf persönliche B e o b a c h t u n g s t ü t z t e , sondern auf Zeugenaussagen, auf ein Material, das m a n ohne ihre M i t w i r k u n g g e s a m m e l t u n d ihnen f e r t i g vorlegt h a t t e . Das Vorgehen der a m 9. J u n i 1886 n a c h dem königlichen Hoflager e n t s a n d t e n Kommission w a r schließlich alles andere als besonnen u n d t r u g in keiner Weise d e m Geisteszustand des Königs R e c h n u n g . Es m u ß t e um so u n g ü n s t i g e r auf das B e f i n d e n des k r a n k e n Monarchen wirken als dieser die tragische B e d e u t u n g des Augenblicks klar e r k a n n t e . N a h m m a n zu wenig R ü c k s i c h t auf den scheidenden König, so w a r die ganze Art des Vorgehens d a z u a n g e t a n , auch die Person des z u k ü n f t i g e n R e g e n t e n in ein u n g ü n -
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stiges Licht zu rücken u n d in der öffentlichen Meinung zu belasten. In der B e v ö l k e r u n g hegte m a n s t a r k e Zweifel an der Geisteskrankheit des Königs. Der König lebte seit J a h r e n v e r b o r g e n . Die Ö f f e n t lichkeit k o n n t e sich d a h e r kein Urteil ü b e r seine w a h r e geistige Verfassung bilden. Sickerte die W a h r h e i t t r o t z d e m d u r c h , so beeilte m a n sich aus begreiflicher R ü c k s i c h t auf das königliche H a u s und das Ansehen der Krone zu d e m e n t i e r e n u n d zu v e r t u s c h e n . Es war freilich nicht möglich das ganze intime Material, das den Ä r z t e n als U n t e r l a g e f ü r ihr G u t a c h t e n diente, der Ö f f e n t l i c h k e i t b e k a n n t z u geben, allein m a n m a c h t e gar nicht den Versuch die B e v ö l k e r u n g a u f z u k l ä r e n und auf die E i n s e t z u n g der R e g e n t s c h a f t v o r z u b e r e i t e n . Die Heimlichkeit, mit der m a n vorging, m u ß t e auf den U n e i n g e w e i h t e n v e r d ä c h t i g wirken. Der k r a n k h a f t e Z u s t a n d des Königs w a r z u d e m d e r a r t , d a ß er von einem f l ü c h t i g e n , in der B e o b a c h t u n g von Irren nicht geschulten Besucher in seiner ganzen Schwere gar nicht e r k a n n t zu w e r d e n b r a u c h t e . Das zeitweise V o r h a n d e n s e i n von W a h n i d e e n schloß einen v o r ü b e r g e h e n d e n normalen G e b r a u c h der geistigen K r ä f t e in ihrem g e s a m t e n U m f a n g nicht n o t w e n d i g aus. W e r j a h r e l a n g in der N ä h e des Königs weilte, wie der Kabinettschef Friedrich von Ziegler u n d es wie dieser erlebte, d a ß der König w ä h r e n d eines V o r t r a g s wiederholt mit d e m Revolver auf ihn spielerisch anlegte, f ü r den s t a n d die E r k r a n k u n g des Königs fest. W e r ihn aber n u r bei seinen n ä c h t l i c h e n F a h r t e n v o r ü b e r huschen sah u n d allenfalls bei einer kurzen R a s t ein f r e u n d l i c h e s W o r t von i h m auffing, wie die L a n d b e v ö l k e r u n g in der U m g e b u n g der Königsschlösser, der w a r n u r schwer von seinem Irrsein zu überzeugen. So k o n n t e es geschehen, d a ß Prinz Luitpold weiten Kreisen der Bevölkerung, n a m e n t lich der den König a b g ö t t i s c h liebenden Gebirgsbevölkerung, noch auf J a h r e hinaus als herrschsüchtiger U s u r p a t o r erschien, d e r ohne R e c h t n a c h der K r o n e gegriffen u n d seinen Neffen v e r d r ä n g t h a b e . Das k o n n t e u m so leichter der Fall sein, als die Person des R e g e n t e n bei den Ereignissen im V o r d e r g r u n d s t a n d u n d als der t r e i b e n d e Teil erschien. Nach Titel II, § 11 der V e r f a s s u n g s u r k u n d e sollte die gesetzliche R e g e n t s c h a f t e i n t r e t e n im Falle der B e h i n d e r u n g oder R e g i e r u n g s u n f ä h i g k e i t des Königs m i t Z u s t i m m u n g der S t ä n d e , denen die V e r h i n d e r u n g s u r s a c h e n anzuzeigen seien. W e r die ärztlichen G u t a c h t e n einzufordern u n d d e m L a n d t a g anzuzeigen habe, d a ß der Fall einer R e g e n t s c h a f t vorliege, f e r n e r wer zu deren E i n s e t z u n g die Z u s t i m m u n g der V o l k s v e r t r e t u n g einzuholen habe, d a r ü b e r schwieg die Verfassung. Zwei F a k t o r e n k a m e n h i e f ü r in B e t r a c h t : das G e s a m t s t a a t s m i n i s t e r i u m oder der z u k ü n f t i g e R e g e n t . Mag m a n n u n der Ansicht sein, der zur R e g e n t s c h a f t Berufene sei von der B e r a t u n g u n d B e s c h l u ß f a s s u n g ü b e r die N o t w e n d i g k e i t der R e g e n t s c h a f t auszuschließen gewesen u n d das gesamte S t a a t s m i n i s t e r i u m h a b e als m a ß g e b e n d e r s t a a t s r e c h t l i c h e r F a k t o r die geeigneten E i n l e i t u n g e n zu treffen g e h a b t — eine Ansicht, die in einer Ministerialkonferenz im J a h r e 1826 u n t e r d e m Vorsitz Ludwigs I. v e r t r e t e n w u r d e — oder
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m a g m a n der Meinung sein, der z u k ü n f t i g e Regent h a b e selbst als der N ä c h s t b e t e i l i g t e u n t e r v e r a n t w o r t l i c h e r M i t w i r k u n g des S t a a t s m i n i s t e r i u m s das Recht der A n r e g u n g der R e g e n t s c h a f t besessen: klug b e r a t e n w a r Prinz Luitpold nicht, als er sich f ü r letzteren W e g entschied, das O d i u m der E n t m ü n d i g u n g seines Neffen selbst auf sich n a h m und nicht d e m Ministerium die V e r a n t w o r t u n g zuschob, das allerdings G r u n d gen u g h a t t e , die öffentliche Meinung nicht noch m e h r gegen sich a u f z u bringen. Er mochte es selbst als eine Erlösung e m p f i n d e n , als er n a c h S c h l u ß der K a m m e r d e b a t t e n ü b e r den heiklen Gegenstand a m 28. J u n i 1886 im T h r o n s a a l der Residenz den Eid auf die Verfassung ablegen k o n n t e . U m das V e r t r a u e n u n d die Liebe des Volkes h a t t e er noch lange zu ringen. Mit der Ü b e r f ü h r u n g des k r a n k e n Monarchen nach Schloß Berg eilte die Königstragödie rasch ihrem E n d e zu. Am N a c h m i t t a g des 13. J u n i e n t f e r n t e sich der König v o m Schloß, um in Begleitung G u d d e n s einen S p a z i e r g a n g im P a r k zu m a c h e n . Beide k e h r t e n nicht mehr z u r ü c k . N a c h t s 11 U h r f a n d m a n ihre Leichen im See. Die ungeschickte, ihn tief v e r l e t z e n d e B e h a n d l u n g , die er e r f a h r e n h a t t e , mochte im König E n t s c h l ü s s e ausgelöst h a b e n , die sein E n d e beschleunigten 1 ). Es e r ü b r i g t sich f ü r den Historiker, den C h a r a k t e r , die seelischen G r u n d k r ä f t e und Anlagen eines b e m i t l e i d e n s w e r t e n Irren zu zeichnen. W a s gut u n d edel w a r an d e m unwirklich schönen J ü n g l i n g , h a t t e sich mit der Zeit ins A n o r m a l e übersteigert u n d k r a n k h a f t v e r z e r r t . Es w a r eine tragische F ü g u n g , d a ß in den J a h r e n , als sich die s t a a t l i c h e Z u k u n f t B a y e r n s entschied, ein Regent auf d e m T h r o n e saß, der nicht im Vollbesitz seiner G e i s t e s k r ä f t e w a r . Am 13. J u n i 1866, also zwei Tage n a c h d e m Österreich a m B u n d e s t a g die M o b i l m a c h u n g gegen P r e u ß e n b e a n t r a g t h a t t e , k o n n t e der s p ä t e r e bayerische Ministerpräsident, F ü r s t H o h e n l o h e s c h r e i b e n : „ D e n König sieht j e t z t n i e m a n d . Er w o h n t m i t Taxis ( O r d o n n a n z o f f i z i e r Prinz P a u l von Taxis) auf der Roseninsel u n d l ä ß t F e u e r w e r k e a b b r e n n e n . " Die Volkssage m a g die geheimnisvolle Gestalt des Märchenkönigs, der mit g l ä n z e n d e m Gespann durch die schweigende B e r g n a c h t f u h r , v e r k l ä r e n . Der legendären Züge b e r a u b t , bietet seine Lebensgeschichte ein e r s c h ü t t e r n d e s Bild. N u r e i n L i c h t s t r a h l erhellt die S c h a t t e n , die auf ihm lagern: die Verdienste des Königs u m die K u n s t . Man m a g seihe B a u s c h ö p f u n g e n als geistlose R e p r o d u k t i o n e n historischer Stile ablehnen oder m a n c h e Das Dunkel, das über dem Ende des Königs liegt, wird sich kaum je ganz aufhellen lassen, da niemand Zeuge war. Man hat von einem Fluchtversuch gesprochen, wahrscheinlicher ist, daß er seit Tagen den Tod selbst suchte und den nacheilenden Arzt mit in die Fluten zog. Damit s t i m m t auch die erst jüngst bekannt gewordene Schilderung Philipps zu Eulenburg, des damaligen Sekretärs bei der preußischen Gesandtschaft in München, überein, der von seiner Villa in Starnberg als einer der ersten in Berg eintraf und mit einem Boot die Unglücksstätte abfuhr (Muschler Reinh. Conr., Philipp zu Eulenburg, 1930).
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Einzelheiten A u s g e b u r t e n einer k r a n k e n P h a n t a s i e n e n n e n . Aber wo im ganzen A b e n d l a n d e w u r d e in jener Epoche eine originale, w a h r h a f t große a r c h i t e k t o n i s c h e Leistung h e r v o r g e b r a c h t , wo die E k l e k t i k der F o r m e n s p r a c h e ü b e r w u n d e n , wo die Fessel der Stilechtheit z e r s p r e n g t ? Als typische V e r k ö r p e r u n g e n des Kunstwillens ihrer Zeit haben die B a u s c h ö p f u n g e n Ludwigs II. bleibenden W e r t . Dem K u n s t g e w e r b e von d a m a l s boten sie vielfache A n r e g u n g u n d reiche Schaffensmöglichkeiten u n d der Wissende wird t r o t z allem in ihnen nicht o h n e Bewunder u n g die S p u r e n eines w a h r h a f t genialen S t i l e m p f i n d e n s u n d K u n s t sinns e r k e n n e n . Doch in ihnen b e r u h t j a nicht einmal das eigentliche Verdienst Ludwigs u m die K u n s t . W a s ihm die D a n k b a r k e i t der Nachwelt f ü r i m m e r sichern wird, das ist die w a h r h a f t königliche Hilfe, die er R i c h a r d W a g n e r zu teil werden ließ. Er w a r es, der in j u n g e n J a h r e n , vielen seiner Zeitgenossen vorauseilend, den g r ö ß t e n musikalischen Genius seiner Zeit mit seherischem Blick e r k a n n t e . K a u m h a t t e er den T h r o n bestiegen, so berief er in stolzer Vorurteilslosigkeit den Künstler, dessen politische Vergangenheit ihn a b s t o ß e n m u ß t e , an seinen Hof, f ü h r t e ihn in letzter S t u n d e h e r a u s aus der „ I r r n i s u n d der Leiden P f a d e " u n d v e r s c h a f f t e d e m im ä u ß e r s t e n Elend S c h m a c h t e n d e n würdige D a s e i n s b e d i n g u n g e n . Mit d e m 5. Mai 1864, d e m Tage, an d e m W a g n e r mit Ludwigs K a b i n e t t s s e k r e t ä r von S t u t t g a r t nach M ü n c h e n f u h r , e n d e t e W a g n e r s Leidensweg. „ D e r gefahrvolle Weg, auf den mich heute mein Schicksal zu höchsten Zielen berufen h a t t e " , schreibt er u n t e r diesem D a t u m a m Schlüsse seiner Selbstbiographie, „sollte nie frei von Sorgen u n d Nöten von bis dahin mir noch ganz u n g e k a n n t e r A r t sein; nie jedoch h a t u n t e r d e m Schutze meines e r h a b e n e n F r e u n d e s die Last des gemeinsten Lebensdruckes mich wieder b e r ü h r e n sollen." Er t r a t ihm als mitschöpferischer F r e u n d zur Seite u n d hob das d e u t s c h e Musikd r a m a mit aus der Wiege. „ D a ß das d e u t s c h e Volk h e u t e die ^Meistersinger', den , R i n g der Nibelungen' u n d den , P a r s i v a l ' ü b e r h a u p t besitzt, dies v e r d a n k e n wir n ä c h s t dem Genius Richard W a g n e r s König Ludwig I I . " Diese L e i s t u n g ist u m so höher zu bewerten, als sie nicht der L a u n e des Augenblicks oder f ü r s t l i c h e m Ehrgeiz e n t s p r a n g , sondern u m höherer Ziele willen vollbracht w u r d e . In stolzem Bewußtsein dessen, was er t a t , k o n n t e Ludwig d e m Meister s c h r e i b e n : „ W e n n wir beide längst nicht m e h r sind, wird unser W e r k noch der s p ä t e r e n Nachwelt als Vorbild dienen, das die J a h r h u n d e r t e e n t z ü c k e n soll und in Begeisterung werden die Herzen erglühen f ü r die K u n s t , die Gott e n t s t a m m t e , die ewig l e b e n d e . "
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VII. Buch. Achtes Kapitel.
Achtes
Kapitel.
Die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens. Nach der K a t a s t r o p h e von H o h e n s c h w a n g a u und Schloß Berg, der A b s e t z u n g u n d d e m unglücklichen E n d e Ludwigs II. ü b e r n a h m a m 10. J u n i 1886 P r i n z Luitpold die R e g e n t s c h a f t f ü r Otto, den geistesk r a n k e n B r u d e r des t o t e n Königs. Dem r ü c k s c h a u e n d e n Auge des Historikers wird wohl dereinst die Ära der R e g e n t s c h a f t nicht als eine der äußerlich glänzenden Epochen bayerischer Geschichte erscheinen. Es ist keine Zeit großer ä u ß e r e r Erfolge oder glänzender p a r l a m e n t a r i s c h e r R e d e k ä m p f e . Sie ist ebenso einfach u n d bürgerlich bescheiden wie ihr Träger. Und doch im großen Z u s a m m e n h a n g e wird vielleicht gerade der Historiker in ihr eine der f r u c h t b a r s t e n Perioden in der E n t w i c k l u n g B a y e r n s e r k e n n e n . Es ist eine ausgesprochen innere Regierung, eine Zeit stiller, aber segensreicher organisatorischer und kultureller Arbeit. W ä h r e n d ihrer 2 5 j ä h r i gen D a u e r ist auf m a n c h e m Gebiete der V e r w a l t u n g mehr geschehen, als w ä h r e n d der v o r a u s g e h e n d e n siebzig J a h r e seit d e m A b g a n g des Ministeriums Montgelas. Insbesondere w u r d e n die kulturellen Aufgaben, die u n t e r König Ludwig II. zurückgestellt werden m u ß t e n , gelöst. Gewiß w a r der F o r t s c h r i t t nicht zuletzt das W e r k der rasch vorw ä r t s d r ä n g e n d e n Zeit, aber das öffentliche Leben schloß auch m e h r als f r ü h e r H e m m u n g e n in sich. Diese H e m m u n g e n ü b e r w u n d e n zu h a b e n , ist das Verdienst der Regierung. Ein F o r t s c h r i t t w a r z u n ä c h s t zu verzeichnen auf d e m Gebiete des Schulwesens. Zu Beginn der R e g e n t s c h a f t (1886) z ä h l t e Bayern 7168 Volksschulen. Nach f ü n f u n d z w a n zig J a h r e n z ä h l t e es deren r u n d 7700. Im Z u s a m m e n h a n g d a m i t stieg die Zahl der Schulhäuser, hob sich in A n l e h n u n g an die H e i m a t k u n s t deren Bauweise und A u s s t a t t u n g u n d ebenso die Zahl u n d Bes c h a f f e n h e i t der Lehrmittel. F ü r diese E n t w i c k l u n g w a r neben der Verm e h r u n g der B e v ö l k e r u n g und d e m allgemeinen F o r t s c h r i t t der K u l t u r ganz besonders das S c h u l b e d a r f s g e s e t z v o m 28. Juli 1902 m a ß gebend. Eine weitere F ö r d e r u n g erhielt die Volksschule durch die S c h u l p f l i c h t v e r o r d n u n g e n vom 4. J u n i 1903 u n d v o m 20. J u n i 1907. Um die Q u a l i t ä t des Lehrpersonals zu heben, w u r d e n die Anstellungsp r ü f u n g u n d die F o r t b i l d u n g s k o n f e r e n z e n der Volksschullehrer zeitg e m ä ß e r n e u e r t : die A n s t e l l u n g s p r ü f u n g ist nicht mehr eine Wiederholung der S e m i n a r s c h l u ß p r ü f u n g , sondern soll die B e f ä h i g u n g zu selbständiger F ü h r u n g einer Schulstelle n a c h w e i s e n ; Bezirksoberlehrer und Bezirksoberlehrerinnen leiten die n e u n o r m i e r t e F o r t b i l d u n g der Lehrer. Im Interesse der technischen B e r a t u n g w u r d e bei den Kreis-
Die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens.
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regierungen die Zahl der Kreisschulinspektoren erheblich v e r m e h r t u n d im J a h r e 1910 dem S t a a t s m i n i s t e r i u m des Innern f ü r Kirchenu n d Schulangelegenheiten ein f a c h m ä n n i s c h e r Hilfsarbeiter aus d e m Volkss c h u l l e h r e r s t a n d e beigegeben. In m a n c h e n größeren u n m i t t e l b a r e n S t ä d ten w u r d e das I n s t i t u t der Oberlehrer e i n g e f ü h r t u n d w u r d e n f a c h m ä n n i s c h gebildete R e f e r e n t e n f ü r das V o l k s s c h u l - u n d F o r t b i l d u n g s s c h u l wesen ( S t a d t s c h u l r ä t e ) aufgestellt. Zur gründlichen B e r a t u n g wichtigerer Angelegenheiten der Volksschulen und L e h r e r b i l d u n g s a n s t a l t e n w u r d e n bei den einzelnen Regierungen an Stelle der f r ü h e r e n Kreiss c h o l a r c h a t e f a c h m ä n n i s c h e K r e i s s c h u l k o m m i s s i o n e n u n d beim S t a a t s m i n i s t e r i u m des Innern f ü r Kirchen- u n d Schulangelegenheiten die L a n d e s s c h u l k o m m i s s i o n e r r i c h t e t . D a s e r w ä h n t e Schulbedarfsgesetz v o m 28. Juli 1902 s u c h t e a u c h die w i r t s c h a f t l i c h e Lage der Lehrer zu heben d u r c h E r h ö h u n g ihres D i e n s t e i n k o m m e n s u n d gesteigerte Fürsorge f ü r das d i e n s t u n f ä h i g e Lehrpersonal u n d f ü r die W i t w e n und Waisen der Lehrer 1 ). Von der sozialen u n d w i r t s c h a f t l i c h e n H e b u n g des bayerischen Volksschull e h r e r s t a n d e s zeugt a u c h die steigende F r e q u e n z der Lehrerbildungsa n s t a l t e n . Noch im S c h u l j a h r e 1900/1901 zählten die Lehrerbildungsa n s t a l t e n 2245 Schüler, zehn J a h r e s p ä t e r 1910/1911 sind sie auf 4979 gestiegen. F ü r die A u s b i l d u n g der Volksschullehrer ist auch u n t e r der Regents c h a f t noch i m m e r das N o r m a t i v v o m J a h r e 1866 m a ß g e b e n d , wonach die drei P r ä p a r a n d e n k u r s e eine m e h r allgemeine, die zwei S e m i n a r k u r s e die besondere F a c h b i l d u n g v e r m i t t e l n sollen. Aber i m m e r h i n w u r d e d u r c h die L e h r o r d n u n g v o m J a h r e 1897 das L e h r p r o g r a m m f ü r die Lehrerb i l d u n g s a n s t a l t e n wesentlich verbessert und w u r d e n die A n f o r d e r u n g e n z e i t g e m ä ß gesteigert; zugleich w u r d e n die lateinische u n d die französische S p r a c h e als f a k u l t a t i v e W a h l f ä c h e r in das L e h r p r o g r a m m aufgen o m m e n . S p ä t e r w u r d e eine neue L e h r o r d n u n g v o r b e r e i t e t , welche die A n r e i h u n g eines d r i t t e n S e m i n a r j a h r e s u n d d a m i t eines sechsten Bild u n g s j a h r e s , eine V e r t i e f u n g des U n t e r r i c h t s in den H a u p t f ä c h e r n , eine g r ü n d l i c h e r e p r a k t i s c h e A u s b i l d u n g u n d die obligatorische E i n f ü h r u n g einer f r e m d e n Sprache bringen sollte. Die Lehrer an den Lehrer- u n d den öffentlichen L e h r e r i n n e n b i l d u n g s a n s t a l t e n gingen u n m i t t e l b a r v o r h e r meist aus d e m S t a n d e der Volksschullehrer hervor. Vereinzelt f a n d e n auch g e p r ü f t e L e h r a m t s k a n d i d a t e n der d e u t s c h e n u n d der klassischen Philologie V e r w e n d u n g . Durch eine Königl. V e r o r d n u n g v o m 31. März 1908 w u r d e , einem oft g e ä u ß e r t e n W u n s c h e e n t s p r e c h e n d , f ü r das LehrWie sehr die Leistungen für das Volksschulwesen stiegen, lehrt am sinnfälligsten ein Vergleich des Gesamtaufwandes v o m Jahre 1911 mit dem v o m Jahre 1886. Damals betrug der jährliche Gesamtaufwand für den sachlichen und persönlichen Bedarf der Volksschulen kaum 30 Millionen Mark, im Jahre 1911 stellte er sich auf rund 56 Millionen Mark, wovon rund 3 3 Millionen Mark von den Gemeinden und rund 23 Millionen Mark v o m Staate und den Kreisen aufgebracht wurden.
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VII. Buch. Achtes Kapitel.
a m t an den Lehrer- u n d L e h r e r i n n e n b i l d u n g s a n s t a l t e n eine a k a d e m i s c h e P r ü f u n g g e s c h a f f e n ; Vorbedingung f ü r die Zulassung ist ein viersemestriges H o c h s c h u l s t u d i u m . Eine F ö r d e r u n g e r f u h r a u c h die E n t w i c k l u n g der gewerblichen Fortbildungsschulen, die sich von der allgemeinen, einen Teil des Volksschulunterrichtes bildenden F o r t b i l d u n g s s c h u l e a b h e b e n u n d die f ü r den Gewerbebetrieb erforderliche F a c h b i l d u n g v e r m i t t e l n . Den größten F o r t s c h r i t t wies München a u f : seine F o r t bildungsschulen genossen W e l t r u f . Einen noch rascheren A u f s c h w u n g n a h m e n u n t e r der R e g e n t s c h a f t , n a m e n t l i c h in den letzten zwölf J a h r e n , die gewerblich t e c h n i s c h e n u n d kunstgewerblichen F a c h s c h u l e n , die im Gegensatz zu den g e w e r b lichen Fortbildungsschulen den Schüler ausschließlich b e s c h ä f t i g e n 1 ) . A n f ä n g e zu l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Unterrichtseinrichtungen waren zu Beginn der R e g e n t s c h a f t wohl v o r h a n d e n , a b e r ihr A u s b a u u n d ihre blutvolle Organisation w a r erst das W e r k der neuesten Zeit. Auch die E r z i e h u n g u n d der U n t e r r i c h t n i c h t vollsinniger K i n d e r m a c h t e in den J a h r e n der R e g e n t s c h a f t erhebliche F o r t s c h r i t t e . Die b a h n b r e c h e n d e n U n t e r s u c h u n g e n des M ü n c h n e r Spezialisten f ü r O h r e n h e i l k u n d e , Universitätsprofessor Dr. Bezold, b e g r ü n d e t e n in den neunziger J a h r e n des vorigen J a h r h u n d e r t s auf d e m Gebiete des T a u b s t u m m e n u n t e r r i c h t e s ein neues methodisches V e r f a h r e n u n t e r B e n u t z u n g der Hörreste der Kinder. Ebenso w u r d e die Methode des B l i n d e n u n t e r richtes vielfach verbessert und f ü r die Erziehung u n d Bildung k r ü p p e l h a f t e r Kinder sollte d a n k d e m Z u s a m m e n w i r k e n des L a n d t a g s , der L a n d r ä t e u n d anderer W o h l t ä t e r eine O r t h o p ä d i s c h e Klinik an der H a r l a c h i n g e r s t r a ß e erstehen u n d mit zeitgemäßen E i n r i c h t u n g e n versehen werden, u m die E r r u n g e n s c h a f t e n der m o d e r n e n O r t h o p ä d i e m e h r als bisher der Allgemeinheit zuteil werden zu lassen. Auch f ü r die h ö h e r e n L e h r a n s t a l t e n h a t der S t a a t in den f ü n f u n d z w a n z i g J a h r e n der R e g e n t s c h a f t seine F ü r s o r g e t ä t i g k e i t gesteigert. Zu den bei Beginn der R e g e n t s c h a f t v o r h a n d e n e n f ü n f u n d d r e i ß i g h u m a n i s t i s c h e n G y m n a s i e n w u r d e n in den J a h r e n 1887—1909 zwölf neue G y m n a s i e n errichtet. So k o n n t e der auf Lehrern u n d Schülern schwer lastenden Klassenüberfüllung gesteuert w e r d e n . In den s p ä t e r e n J a h r e n folgte die E r r i c h t u n g von vierzehn weiteren P r o g y m n a s i e n , u. a. in Pasing. Sieben von diesen P r o g y m n a s i e n w u r d e n in der Folgezeit zu neunklassigen Vollanstalten a u s g e b a u t . Schon die S c h u l o r d n u n g v o m 23. Juli 1891 w a n d t e , einer Z e i t f o r d e r u n g folgend, der französischen Sprache ein größeres S t u n d e n m a ß zu u n d f ü h r t e neue obligatorische Im Jahre 1886 gab es etwa zwanzig Fachschulen, 1911 zählte das Königreich neben den beiden Kunstgewerbeschulen in München und Nürnberg, die neu organisiert wurden (1901 und 1907), und den Handelsschulen gegen siebzig Fachschulen mit rund fünftausend Schülern: für das Baugewerbe, für Maschinenbau und Elektrotechnik, für Holzbearbeitung, für Textilindustrie, für Keramik, für Glasmalerei, für Korbflechterei, für den Geigenbau und die Spitzenklöppelei usw.
Die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens.
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U n t e r r i c h t s f ä c h e r ein: N a t u r k u n d e , Physik u n d Zeichnen. Sie s u c h t e die rein äußerliche u n d mechanische Überlieferung g e d ä c h t n i s m ä ß i g e n Stoffes durch eine m e h r i n d u k t i v e und entwickelnde Methode zu ersetzen. F ü r den T u r n u n t e r r i c h t w u r d e ein besonderes L e h r p r o g r a m m als Beilage zur S c h u l o r d n u n g a u f g e s t e l l t ; a u c h sonst w u r d e die Pflege der körperlichen Ü b u n g e n gefördert d u r c h die Reorganisation der Zentralt u r n l e h r e r b i l d u n g s a n s t a l t u n d ihre V e r b i n d u n g mit der öffentlichen T u r n a n s t a l t auf Oberwiesenfeld, d u r c h H e r a n z i e h u n g des Lehrpersonals dieser A n s t a l t e n zu T u r n i n s p e k t i o n e n , d u r c h den Bau neuer T u r n h a l l e n , durch einen E r l a ß zur F ö r d e r u n g der freiwilligen Turnspiele, durch A b h a l t u n g von I n f o r m a t i o n s k u r s e n f ü r die Spielleiter, d u r c h Bereitstellung von Spielplätzen und D a r b i e t u n g von Schwimm-, R u d e r u n d a n d e r e n Sportgelegenheiten. A m Schlüsse der R e g e n t s c h a f t s t a n d eine neue S c h u l o r d n u n g in B e a r b e i t u n g . Ihre A u f g a b e w a r : jedem der drei großen S c h u l t y p e n ein H a u p t f a c h oder eine innerlich eng v e r b u n d e n e G r u p p e von Fächern z u m M i t t e l p u n k t e oder G r u n d p f e i l e r zu geben, noch m e h r als bisher die Fähigkeit und Lust der Schüler z u m selbständigen Arbeiten zu entwickeln, d u r c h kunstgeschichtliche u n d s t a a t s bürgerliche U n t e r w e i s u n g das Interesse u n d V e r s t ä n d n i s f ü r das öffentliche Leben der Gegenwart zu wecken, ganz besonders a b e r mit Hilfe eines g e m ä ß i g t e n F a c h l e h r e r s y s t e m s den U n t e r r i c h t auf der O b e r s t u f e freier zu gestalten u n d die drei oberen Klassen zu einer Ü b e r g a n g s s t u f e f ü r die Hochschule a u s z u b a u e n . F ü r die H e b u n g der wissenschaftlichen, n a m e n t l i c h a b e r der p r a k tischen Befähigung des G y m n a s i a l l e h r e r s t a n d e s ist w ä h r e n d der Regents c h a f t viel geschehen. Der wichtigste F o r t s c h r i t t der neuen P r ü f u n g s o r d n u n g w a r die V e r p f l i c h t u n g der K a n d i d a t e n z u m Besuche eines pädagogisch-didaktischen Kurses. A m 1. J a n u a r 1909 ging auch ein a n d e r e r , v o m bayerischen Gymnasiallehrerverein j a h r z e h n t e l a n g vert r e t e n e r W u n s c h in E r f ü l l u n g : eine f a c h m ä n n i s c h e Vertretung zog in die oberste Stelle f ü r die bayerische U n t e r r i c h t s v e r w a l t u n g , in das S t a a t s m i n i s t e r i u m des Innern f ü r Kirchen- und Schulangelegenheiten, ein. Noch m ä c h t i g e r w a r der S c h r i t t nach v o r w ä r t s , den w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t das bayerische R e a l s c h u l w e s e n m a c h t e ; n u r der Anlauf u n t e r d e m Ministerium Montgelas läßt sich d a m i t vergleichen. Die Realgymnasien, die j a h r z e h n t e l a n g um ihre E x i s t e n z zu ringen h a t t e n , erhielten d u r c h die S c h u l o r d n u n g v o m 3. S e p t e m b e r 1891 u n d 1904 eine neue Gestalt. Seitdem ist ihre F r e q u e n z u n d d a m i t ihre Lebensfähigkeit stetig gestiegen, n a m e n t l i c h seitdem m a n 1900/01 allmählich anfing, die drei u n t e r e n Klassen a n z u f ü g e n u n d d a m i t einen organischen Mangel der R e a l g y m n a s i e n behob und zugleich ihre Ber e c h t i g u n g erweiterte. Die Realschulen, die d u r c h Königl. V e r o r d n u n g v o m 29. April 1877 an die Stelle der f r ü h e r e n Gewerbeschulen gesetzt w u r d e n u n d eine höhere bürgerliche Bildung auf sprachlichD o e b e r l , Geschichte B a y e r n s . I I I .
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historischer u n d m a t h e m a t i s c h - n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e r Grundlage gew ä h r e n sollten, erlebten einen noch größeren A u f s c h w u n g . Die Industrieschule dagegen, die auf der Grundlage der Realschule einerseits f ü r die Technische Hochschule vorbereiten, andererseits f ü r den E i n t r i t t in die Praxis eine abschließende F a c h b i l d u n g gewähren sollte, erwies sich gerade wegen dieses D o p p e l c h a r a k t e r s nicht lebensfähig, t r o t z der neuen Organisation v o m 29. Juli 1900. U m so rascher w a r der A u f s c h w u n g der n e u n Oberrealschulen, die n a c h der A u f h e b u n g der Industrieschulen 1907 d u r c h U m w a n d l u n g bisheriger Kreisrealschulen sowie der Realschule Ludwigshafen e n t s t a n d e n . Sie sollten allgemein bildende U n t e r r i c h t s a n s t a l t e n sein mit d e m Ziele der V o r b e r e i t u n g z u m Hochs c h u l s t u d i u m u n d mit besonderer B e t o n u n g des m a t h e m a t i s c h - n a t u r wissenschaftlichen C h a r a k t e r s in den oberen Klassen. Manche Oberrealschulen w u r d e n mit L e h r a t t r i b u t e n a u s g e s t a t t e t , wie sie f r ü h e r k a u m die Hochschulen besaßen. U m den Ü b e r g a n g von einer S c h u l g a t t u n g zur a n d e r e n zu erleicht e r n , w u r d e n einzelnen Realschulen Lateinklassen u n d einzelnen Prog y m n a s i e n Realschulklassen a n g e f ü g t . Der wichtigste Schritt in dieser R i c h t u n g a b e r w a r die A n g l i e d e r u n g von R e f o r m g y m n a s i a l k l a s s e n an das R e a l g y m n a s i u m N ü r n b e r g u n d d a m i t ein vielversprechender erster Anlauf zur E i n f ü h r u n g der Reformschule. W ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t ö f f n e t e sich a u c h den F r a u e n der Z u g a n g zur R e i f e p r ü f u n g wie zum H o c h s c h u l s t u d i u m . Auch eine einheitliche Regelung des g e s a m t e n Mädchenschulwesens auf m o d e r n e n G r u n d l a g e n und in möglichster Ü b e r e i n s t i m m u n g mit den b e w ä h r t e n G r u n d s ä t z e n anderer deutscher S t a a t e n w a r d in die Wege geleitet; in der K a m m e r s i t z u n g vom 19. Juli 1910 h a t sich der K u l t u s m i n i s t e r über die Richtlinien g e ä u ß e r t . Die S t a n d e s v e r h ä l t n i s s e der L e h r e r a n d e n r e a l i s t i s c h e n A n s t a l t e n h a b e n sich in gewissem Sinne noch b e d e u t s a m e r g e ä n d e r t als die der Gymnasiallehrer, war es ihnen doch noch vor wenigen J a h r z e h n t e n versagt, an der Realschule auch n u r über den R a n g eines Gymnasiallehrers oder A m t s r i c h t e r s h i n a u s z u k o m m e n . Die T e c h n i s c h e H o c h s c h u l e in München, die im S o m m e r s e m e s t e r 1886 n u r 656 Besucher zählte, s t a n d im W i n t e r s e m e s t e r 1910/11 mit einer G e s a m t f r e q u e n z von 3062 an der Spitze sämtlicher technischer Hochschulen, wiewohl sie inzwischen die Zulassungsbedingungen erschwert h a t t e . Es h a t sich aber a u c h das ä u ß e r e u n d innere Bild der A n s t a l t selbst völlig v e r ä n d e r t . Neue Institute, wie das L a b o r a t o r i u m f ü r technische Physik, die maltechnische V e r s u c h s a n s t a l t , das l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Versuchsfeld u n d L a b o r a t o r i u m in O b e r m e n z i n g sind e n t s t a n d e n . Andere erhielten neue oder erweiterte R ä u m e ; das chemische I n s t i t u t w u r d e mit seinem zweckmäßigen A u d i t o r i u m m a x i m u m eine w a h r e M u s t e r a n s t a l t . Die L e h r m i t t e l s a m m l u n g e n e r f u h r e n b e d e u t e n d e V e r m e h r u n g e n . Gleichzeitig mit dieser ä u ß e r e n E r w e i t e r u n g und Ern e u e r u n g , die das Arbeitsfeld der Hochschule wesentlich bereicherte,
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w u r d e n neue L e h r ä m t e r geschaffen u n d der L e h r b e t r i e b verbessert durch weitere A u s g e s t a l t u n g der an der M ü n c h n e r Hochschule zuerst eingeführten experimentierenden Tätigkeit, durch Einrichtung und A u s b a u wissenschaftlicher Seminare in der allgemeinen A b t e i l u n g wie des historisch-geographischen und des t e c h n i s c h - w i r t s c h a f t l i c h e n . Im Z u s a m m e n h a n g mit diesen F o r t s c h r i t t e n der j u n g e n Hochschule erhielt a u c h ihre V e r f a s s u n g eine d u r c h g r e i f e n d e U m g e s t a l t u n g , e r l a n g t e die Technische Hochschule w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t die volle E b e n b ü r t i g k e i t mit den L a n d e s u n i v e r s i t ä t e n . Nach d e m neuen Verfassungss t a t u t e v o m 27. J u n i 1899 obliegt die Leitung der Hochschule d e m v o m König auf eine b e s t i m m t e Zeitperiode aus d e m L e h r k ö r p e r e r n a n n t e n D i r e k t o r , d e m D i r e k t o r i u m , den gewählten A b t e i l u n g s v o r s t ä n d e n u n d Abteilungskollegien sowie d e m g e s a m t e n Lehrerkollegium. D u r c h Königl. V e r o r d n u n g v o m 27. Dezember 1902 w u r d e n die Bezeichnungen „ D i r e k t o r " u n d „ D i r e k t o r i u m " d u r c h die Bezeichnungen „ R e k t o r " u n d „ S e n a t " ersetzt u n d d e m g e s a m t e n Kollegium die Befugnis erteilt eines seiner Mitglieder d u r c h W a h l mit a b s o l u t e r Mehrheit f ü r das R e k t o r a m t in Vorschlag zu bringen. Am 10. J a n u a r 1901 w u r d e der Technischen Hochschule das R e c h t e i n g e r ä u m t , die W ü r d e eines D o k t o r s u n d eines E h r e n d o k t o r s der technischen W i s s e n s c h a f t e n zu verleihen u n d erhielten zugleich die S t u d i e r e n d e n , welche die D i p l o m p r ü f u n g b e s t a n d e n h a t t e n , das R e c h t zur F ü h r u n g des Titels Diplomingenieur. E b e n s o n a h m die E n t w i c k l u n g der älteren S c h w e s t e r a n s t a l t e n , der bayerischen L a n d e s u n i v e r s i t ä t e n , w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t einen A u f s c h w u n g , wie er f r ü h e r w ä h r e n d eines gleichen Z e i t r a u m s nie erreicht worden w a r . Die G e s a m t z a h l der Besucher der drei Univ e r s i t ä t e n b e t r u g im S o m m e r s e m e s t e r 1886 5303 (die U n i v e r s i t ä t München 3035, W ü r z b u r g 1359, Erlangen 909), im W i n t e r s e m e s t e r 1910/11 10166 (München 7569, W ü r z b u r g 1520, Erlangen 1077). Sie ist also in den f ü n f u n d z w a n z i g J a h r e n u m f a s t das Doppelte gestiegen. E n t s p r e c h e n d d e m A n w a c h s e n der Zahl der S t u d i e r e n d e n h a b e n die S t a a t s regierung und der L a n d t a g ihre Fürsorge f ü r die U n i v e r s i t ä t e n gesteigert. F ü r z e i t g e m ä ß e U m g e s t a l t u n g der Kollegienräume, f ü r Mehr u n g u n d H e b u n g der wissenschaftlichen I n s t i t u t e und Seminarien w u r d e eine große bauliche T ä t i g k e i t e n t f a l t e t , wozu der S t a a t 3 3 5 8 9 3 9 4 M a r k beisteuerte. N a c h d e m das M ü n c h n e r U n i v e r s i t ä t s g e b ä u d e schon 1897/98 d u r c h einen N e u b a u an der A d a l b e r t s t r a ß e aus S t a a t s m i t t e l n erweitert worden w a r , w u r d e in den J a h r e n 1906—1909 ü b e r w i e g e n d aus S t a a t s m i t t e l n ein N e u b a u gegen die A m a l i e n s t r a ß e errichtet u n d d a m i t die U n i v e r s i t ä t mit einem Kollegienhause a u s g e s t a t t e t , wie es in D e u t s c h l a n d d a m a l s seinesgleichen wohl nicht f a n d . Es ist eine a r c h i t e k t o n i s c h e S c h ö p f u n g aus d e m Innern heraus, von einem K ü n s t l e r , der sich der a r c h i t e k t o n i s c h e n Gestaltungsprinzipien in seltenem Maße b e w u ß t ist. Zehn I n s t i t u t e (einschließlich der Kliniken) w u r d e n neu errichtet, a n d e r e aus f r ü h e r e r Zeit v o r h a n d e n e vergrößert u n d z u m Teil 36*
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völlig neu organisiert, so das physikalische I n s t i t u t (1894), das p h a r m a zeutische I n s t i t u t u n d das L a b o r a t o r i u m f ü r a n g e w a n d t e Chemie (1896), die psychiatrische Klinik (1904), die Augenklinik (1907), die A n a t o m i e (1908), die Poliklinik (1910). Manche waren f ü r ihre Zeit M u s t e r b a u t e n , „ d i e von keiner A n s t a l t der Welt ü b e r t r o f f e n w u r d e n " . Dazu sind w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t nicht weniger als siebzehn neue Seminarien e n t s t a n d e n . E b e n s o w u r d e n in W ü r z b u r g neben d e m 1896 e r ö f f n e t e n p r ä c h t i g e n u n d m o d e r n eingerichteten Kollegienhause neue I n s t i t u t s g e b ä u d e a u f g e f ü h r t . S p ä t e r w u r d e a u c h g e n e h m i g t , d a ß f ü r die bisher mit d e m J u l i u s s p i t a l v e r b u n d e n e n Kliniken ein eigener großer K r a n k e n h a u s - u n d K l i n i k b a u errichtet werde. F ü r die U n i v e r s i t ä t E r l a n g e n vollends, die 1886 nicht einmal über die nötigsten Hörsäle, geschweige ü b e r e n t s p r e c h e n d e I n s t i t u t e u n d Seminare v e r f ü g t e , b e d e u t e t e die R e g e n t s c h a f t eine förmliche E r n e u e r u n g ; u m den Schloßgarten w u c h s ein ganz neuer S t a d t t e i l aus d e m Boden heraus. 1889 w u r d e das neue s t a t t l i c h e Kollegienhaus e r ö f f n e t . D a n n b r a c h t e f a s t jedes J a h r neue Institutsbauten. Mit der V e r m e h r u n g der I n s t i t u t e und Seminarien b e g a n n ein U m bildungsprozeß im U n t e r r i c h t s b e t r i e b e , neben der rezeptiven T ä t i g k e i t in den Kollegien gewann die a k t i v e Beteiligung in den der F o r s c h u n g dienenden I n s t i t u t e n , L a b o r a t o r i e n u n d Seminarien immer m e h r a n B e d e u t u n g . Dies u n d die f o r t s c h r e i t e n d e Spezialisierung der Wissens c h a f t f o r d e r t e n eine s t a r k e Mehrung der L e h r k r ä f t e . In den J a h r e n der R e g e n t s c h a f t w u r d e n f ü n f z i g neue e t a t s m ä ß i g e Lehrstellen a n den bayerischen U n i v e r s i t ä t e n geschaffen, die G e s a m t z a h l der an der Univ e r s i t ä t München t ä t i g e n L e h r k r ä f t e stieg von 151 auf 253. Gleichzeitig w u r d e die Zahl der wissenschaftlichen H i l f s k r ä f t e v e r m e h r t . Im Zus a m m e n h a n g d a m i t e r h ö h t e n sich die f o r t l a u f e n d e n S t a a t s z u s c h ü s s e f ü r die U n i v e r s i t ä t e n w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t von 1349420 M a r k auf 3 6 6 4 9 4 7 Mark. Ü b e r die Schicksale der A n s t a l t , die ganz besonders die Wissens c h a f t zu pflegen u n d d u r c h F o r s c h u n g zu erweitern h a t , der A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h a f t e n , w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t ä u ß e r t e sich ihr Präsid e n t 1909 also: „ N i e m a l s ist in der A k a d e m i e u n d f ü r die A k a d e m i e intensiver g e a r b e i t e t w o r d e n als heute. Niemals h a b e n sich die I n s t i t u t e u n d S a m m l u n g e n einer t r e u e r e n Fürsorge der S t a a t s r e g i e r u n g u n d der V o l k s v e r t r e t u n g e r f r e u t , niemals h a b e n sie so viele freiwillige u n d verständnisvolle Gönner g e f u n d e n wie in unsern T a g e n . " Von der wissenschaftlichen T ä t i g k e i t der A k a d e m i e zeugen die Sitzungsberichte u n d A b h a n d l u n g e n sowie die aus ihrer Mitte hervorgegangenen oder v o n ihr u n t e r s t ü t z t e n größeren Arbeiten, welche die K r a f t eines einzelnen ü b e r steigen. Z u r B e a r b e i t u n g m a n c h e r wissenschaftlicher U n t e r n e h m u n g e n , f ü r welche die Mittel einer A k a d e m i e nicht ausreichen, e n t s t a n d 1893 das Kartell der d e u t s c h e n A k a d e m i e n u n d gelehrten Gesellschaften und 1899 die i n t e r n a t i o n a l e Assoziation, die zugleich den Wissenschaft-
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liehen Verkehr, n a m e n t l i c h den H a n d s c h r i f t e n v e r k e h r , zwischen den einzelnen L ä n d e r n der Welt erleichtert. Den ersten A n s t o ß z u m d e u t s c h e n Kartell gab ein U n t e r n e h m e n , das aus der M ü n c h n e r A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n h e r a u s w u c h s : der T h e s a u r u s linguae latinae. Die b a y e rische A k a d e m i e w u r d e d a m i t in gewissem Sinne zu einer W e l t i n s t i t u t i o n . Auch f ü r die mit der A k a d e m i e der W i s s e n s c h a f t e n in gewisser Verbindung stehenden w i s s e n s c h a f t l i c h e n S a m m l u n g e n d e s S t a a t e s ist w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t viel geschehen d u r c h inneren U m b a u des W i l h e l m i n u m s n a c h d e m Auszug der A k a d e m i e der bildenden K ü n s t e , durch E i n r i c h t u n g e n zur Verbesserung, E r w e i t e r u n g und Feuersicherheit der S a m m l u n g s r ä u m e , d u r c h E r w e r b u n g von S a m m l u n g s g e g e n s t ä n d e n , wie z. B. der p e r u a n i s c h e n S a m m l u n g f ü r das e t h n o g r a p h i s c h e Museum u n d wertvoller W e r k e der K l e i n k u n s t f ü r das A n t i q u a r i u m . U n t e r den S a m m l u n g e n des S t a a t e s , die den W i s s e n s c h a f t e n dienen, s t e h t in erster Linie die H o f - u n d S t a a t s b i b l i o t h e k . Sie e r f u h r eine Reihe äußerer V e r b e s s e r u n g e n : E r w e i t e r u n g des Lesesaales, U m b a u des Ausleihamtes u. a. Die Bibliothek w u r d e n a m e n t l i c h d u r c h A n k ä u f e wertvoller H a n d s c h r i f t e n und P a p y r i u n d S c h e n k u n g e n wichtiger Briefnachlässe bereichert, sie w u r d e wesentlich v e r m e h r t u n d zählte 1911 r u n d 1200000 Bände, d a r u n t e r über 14000 I n k u n a b e l n u n d ü b e r 50000 Handschriften. Ihre innere Organisation w u r d e f o r t g e b i l d e t durch eine neue B e n ü t z u n g s o r d n u n g (1907), d u r c h Aufstellung von H a n d b i b l i o t h e k e n im Lesesaale u n d im H a n d s c h r i f t e n z i m m e r , Neub e a r b e i t u n g von H a n d s c h r i f t e n k a t a l o g e n , D r u c k des großen Zeitschriftenkataloges (1909), A u s d e h n u n g des Leihverkehrs in u n d a u ß e r h a l b B a y e r n s , A n s c h l u ß a n das A u s k u n f t s b u r e a u d e u t s c h e r Bibliotheken. Die N e u o r d n u n g der Kreisbibliotheken in B a m b e r g , N ü r n b e r g u n d Ansb a c h w u r d e eingeleitet. In d e m „ K a m p f e u m die neue K u n s t " v e r t r a t die Regierung die Ansicht, d a ß es ihr nicht z u k o m m e , der K u n s t Gesetze vorzuschreiben, w a s u n d wie sie s c h a f f e n solle, d a ß sie vielmehr dem K ü n s t l e r n a c h K r ä f t e n die Wege zu ebnen habe. In dieser E r k e n n t n i s s t a n d sie a u c h d a n n , als die „ S e z e s s i o n " eine neue Bewegung in die M ü n c h n e r K u n s t b r a c h t e , den künstlerischen R i c h t u n g e n u n p a r t e i i s c h und u n b e f a n g e n gegenüber, g e w ä h r t e allen ihre F ö r d e r u n g . Die S p a l t u n g f ü h r t e d e n n auch nicht, wie m a n besorgte, zu einer vielgestaltigen N u a n cierung der M ü n c h n e r K u n s t . Die seit d e m J a h r e 1879 alle vier J a h r e in M ü n c h e n s t a t t f i n d e n d e n i n t e r n a t i o n a l e n K u n s t a u s s t e l l u n g e n w u r d e n von der Regierung finanziell u n t e r s t ü t z t . Dazu k a m e n seit d e m J a h r e 1889 jährliche Ausstellungen der M ü n c h n e r K ü n s t l e r , die f ü r die E r schließung des M ü n c h n e r K u n s t m a r k t e s wie f ü r die Stellung Münchens als K u n s t m e t r o p o l e von a u ß e r o r d e n t l i c h e r B e d e u t u n g w a r e n . Die Regierung g e w ä h r t e a u c h der einen wie der a n d e r e n K u n s t r i c h t u n g Vert r e t u n g an der S t ä t t e , die als L e h r a n s t a l t wie als Künstlergesellschaft in erster Linie der K u n s t zu dienen h a t , an der A k a d e m i e d e r b i l d e n -
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d e n K ü n s t e . Der A k a d e m i e , deren Besucherzahl sich w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t von 152 auf 490 e r h ö h t e , w u r d e anläßlich der J a h r h u n d e r t feier ihrer G r ü n d u n g die E i g e n s c h a f t einer Hochschule verliehen. Im J a h r e 1910 w u r d e n die Mittel bereitgestellt f ü r einen Ausstellungs- und A u l a r a u m . Ihr ordentlicher E t a t ist von 147461 Mark (im J a h r e 1886) auf 2 5 7 9 5 0 Mark (im J a h r e 1911) gestiegen. W a s die A k a d e m i e f ü r die hohe K u n s t b e d e u t e t , sind die beiden Kunstgewerbeschulen in München u n d N ü r n b e r g f ü r die a n g e w a n d t e K u n s t . Sie sind mit dem A u f s c h w u n g des bayerischen K u n s t g e w e r b e s a u f s engste v e r k n ü p f t . Das f r ü h e r e K o n s e r v a t o r i u m f ü r Musik in München, das die höhere Ausbildung auf d e m g e s a m t e n Gebiete der Musik bezweckt, w u r d e im J a h r e 1892 in eine A k a d e m i e der T o n k u n s t u m g e w a n d e l t und erhielt drei J a h r e s p ä t e r eine neue Organisation. Auch die Zahl der s t a a t l i c h e n K u n s t s a m m l u n g e n ist w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t gewachsen. Filialgalerien älterer Meister w u r d e n in B u r g h a u s e n (1897) u n d E r l a n g e n (1905), eine Filialgalerie neuerer Meister in W ü r z b u r g (1907) e r r i c h t e t . Die V e r w a l t u n g der K u p f e r s t i c h und Handzeichnungensammlung („Graphische Sammlung") wurde neu organisiert. Die alte P i n a k o t h e k in München w u r d e ebenso wie die kunstgeschichtlich b e d e u t e n d e Gemäldegalerie in A u g s b u r g neu geo r d n e t . Die Galeriedirektion w a r dabei von der Absicht geleitet, Bilder von u n t e r o r d n e t e r B e d e u t u n g sowie Kopien aus der Alten P i n a k o t h e k auszuscheiden, Lücken in der E n t w i c k l u n g aus a n d e r e n s t a a t l i c h e n S a m m l u n g e n zu ergänzen, ganz besonders a b e r die zu A n f a n g des 19. J a h r h u n d e r t s vielfach zerrissenen A l t a r w e r k e wieder tunlichst zu vereinen. F ü r die Schätze des bayerischen L a n d e s m u s e u m s w u r d e in d e m neuen N a t i o n a l m u s e u m s g e b ä u d e an der P r i n z r e g e n t e n s t r a ß e ein R a u m geschaffen, der ihrer w ü r d i g ist, ebenso eigenartig in der a r c h i t e k t o n i s c h e n Anlage wie in der technischen E i n o r d n u n g der S a m m l u n g e n . Von der Meisterhand Gabriel Seidls, des E r b a u e r s des neuen N a t i o n a l m u s e u m s e r s t a n d auch mit Beihilfe des S t a a t e s f ü r geschichtlich m e r k w ü r d i g e G e g e n s t ä n d e des linksrheinischen Bayerns das Historische Museum der Pfalz in Speyer. Eine besondere Fürsorge w a n d t e die Regierung w ä h r e n d der Regents c h a f t , der H e i m a t s c h u t z b e w e g u n g folgend, der N a t u r p f l e g e , der E r h a l t u n g l a n d s c h a f t l i c h e r Schönheiten, dem Vogelschutz, dem Schutze der A l p e n p f l a n z e n , der Baupolizei, dem K l e i n w o h n u n g s b a u w e s e n , der D e n k m a l p f l e g e , der E r h a l t u n g u n d verständnisvollen R e s t a u r i e r u n g öffentlicher, insbesondere kirchlicher B a u w e r k e u n d ihrer Einricht u n g e n , a b e r a u c h alter Befestigungen, Burgen, Schlösser u n d R u i n e n zu. Der S t a a t t r u g u. a. die Kosten f ü r die A u f d e c k u n g und Konserv i e r u n g des römischen Kastells Abusina (Eining), eines B r ü c k e n k o p f e s zur D e c k u n g des D o n a u ü b e r g a n g s , der an B e d e u t u n g u n d G r o ß a r t i g k e i t der S a a l b u r g wohl vergleichbar ist. Mit U n t e r s t ü t z u n g des S t a a t e s und u n t e r s t a a t l i c h e r A n l e i t u n g f ü h r t e die Kreisgemeinde M i t t e l f r a n k e n
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die A u f d e c k u n g u n d K o n s e r v i e r u n g des nicht m i n d e r b e k a n n t e n Kastells Biriciana (b. W e i ß e n b u r g i. B.) d u r c h . Auf Kosten des S t a a t e s w u r d e n die Kaisergräber im Dome zu Speyer geöffnet u n d u n t e r s u c h t und die K a i s e r g r u f t würdevoll wiederhergestellt. Die alte H e r z o g s b u r g in Burgh a u s e n w u r d e r e s t a u r i e r t , das F ü r s t e n s c h l o ß in D a c h a u i n s t a n d g e s e t z t , die alte Feste N e u b u r g a m Inn durch den V o l k s k u n s t v e r e i n als K ü n s t l e r erholungsheim eingerichtet, die A u g u s t i n e r k i r c h e w u r d e nach Überw i n d u n g schwierigster Verhältnisse pietätvoll e r h a l t e n , wie auch das herrliche alte Preysingpalais vor baulicher U m g e s t a l t u n g b e w a h r t blieb. U n t e r der R e g e n t s c h a f t b e g a n n auch die I n v e n t a r i s a t i o n d e r K u n s t d e n k m ä l e r B a y e r n s , z u n ä c h s t die O b e r b a y e r n s (1887). Durch Misterialentschließung v o m 31. März 1904 w u r d e n f ü r die I n v e n t a r i s a t i o n neue G r u n d s ä t z e aufgestellt. Nach diesen G r u n d s ä t z e n w u r d e die Inv e n t a r i s a t i o n z u n ä c h s t der K u n s t d e n k m ä l e r der O b e r p f a l z d u r c h g e f ü h r t . Zu A n f a n g des J a h r e s 1908 erfolgte f e r n e r eine Anweisung an die s t a a t lichen B a u v e r w a l t u n g e n zur Anlegung eines Verzeichnisses der ihrer D i e n s t a u f s i c h t u n t e r s t e h e n d e n historisch oder baugeschichtlich interessanten D e n k m ä l e r . Zur E r h a l t u n g dieser aus alter Zeit ü b e r k o m m e n e n geschichtlich oder künstlerisch wertvollen D e n k m ä l e r griff a u c h die Gesetzgebung ein. Das Gesetz v o m 6. Juli 1908 b e s t i m m t e in E r g ä n z u n g der G e m e i n d e o r d n u n g e n : d a ß die Gemeinden nicht m e h r bloß wie bisher bei V e r ä n d e r u n g oder Beseitigung öffentlicher D e n k m ä l e r oder B a u w e r k e von historischem oder K u n s t w e r t e , sondern a u c h bei V e r ä u ß e r u n g , Beseitigung, R e s t a u r a t i o n oder V e r ä n d e r u n g beweglicher Sachen von p r ä h i s t o r i s c h e m , historischem oder k u n s t h i s t o r i s c h e m W e r t e u m die G e n e h m i g u n g der Aufsichtsbehörde n a c h z u s u c h e n h a b e n . Zu i n t e n siverer Pflege der auf prähistorische und historische D e n k m ä l e r bezüglichen A u f g a b e n w u r d e durch Königl. V e r o r d n u n g v o m 6. S e p t e m b e r 1908 das G e n e r a l k o n s e r v a t o r i u m der K u n s t d e n k m ä l e r und Altert ü m e r B a y e r n s von der Direktion des Bayerischen N a t i o n a l m u s e u m s g e t r e n n t , zu einer selbständigen, d e m K u l t u s m i n i s t e r i u m u n m i t t e l b a r u n t e r s t e l l t e n Behörde erhoben u n d ihm eine „ K o m m i s s i o n zur Beguta c h t u n g ü b e r die V e r w e n d u n g der S t a a t s m i t t e l f ü r die E r f o r s c h u n g der Urgeschichte B a y e r n s " sowie eine Konservierungs- und R e s t a u r a t i o n s a n s t a l t beigegeben. E n t s p r e c h e n d seiner friedlichen, versöhnlichen N a t u r , suchte Prinzr e g e n t Luitpold auch alle K o n f l i k t s t o f f e auf r e l i g i ö s e m G e b i e t aus d e m W e g zu r ä u m e n . Das parteipolitisch nicht g e b u n d e n e Ministerium Crailsheim k a m der G r u n d r i c h t u n g des F ü r s t e n entgegen und das Minis t e r i u m Podewils s u c h t e ihm auf diesem Wege zu folgen. Die S t a a t s regierung w a r u n t e r der R e g e n t s c h a f t b e s t r e b t , auf kirchlichem Gebiete u n t e r strenger W a h r u n g der v e r f a s s u n g s m ä ß i g e n B e s t i m m u n g e n den religiösen Frieden im L a n d e wiederherzustellen. Dieser w a r bei der Übern a h m e der R e g e n t s c h a f t durch das u n g e k l ä r t e Verhältnis der A l t k a t h o liken zur katholischen Kirche g e f ä h r d e t . Die E r k l ä r u n g der S t a a t s -
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regierung, „ d a ß sie von n u n an die A l t k a t h o l i k e n nicht mehr als Mitglieder der katholischen Kirche b e t r a c h t e n und behandeln w e r d e " , u n d die A n e r k e n n u n g der A l t k a t h o l i k e n als Privatglaubensgesellschaft im J a h r e 1890 schufen einen R e c h t s z u s t a n d , der sich geeignet erwies, den religiösen Frieden zu sichern. Gleichzeitig w a r die S t a a t s r e g i e r u n g s t r e n g n a c h d e m G r u n d s a t z e der P a r i t ä t b e m ü h t , f ü r die Bedürfnisse der katholischen und der p r o t e s t a n t i s c h e n Kirchen in gleicher Weise zu sorgen: d u r c h E r r i c h t u n g neuer Seelsorgestellen, A u f b e s s e r u n g des E i n k o m m e n s der Geistlichen, Verbesserung der Lage emeritierter Geistlicher u n d der Hinterbliebenen des p r o t e s t a n t i s c h e n Klerus, I n s t a n d h a l t u n g der K u l t u s b a u t e n u n d ihrer E i n r i c h t u n g e n . Die z u n ä c h s t f ü r die Ausbildung der katholischen Geistlichen b e s t i m m t e n s t a a t l i c h e n Lyzeen erhielten durch die organischen B e s t i m m u n g e n v o m 20. November 1910 eine festere O r g a n i s a t i o n : die F u n k t i o n des R e k t o r s wird mit Allerhöchster Genehmigung einem a m Lyzeum wirkenden e t a t m ä ß i g e n ordentlichen Professor auf die D a u e r von drei S t u d i e n j a h r e n ü b e r t r a g e n ; der W i r k u n g s k r e i s des Lehrerrates wird erweitert u n d schärfer u m schrieben. D a n k ihrer v e r s ö h n e n d e n u n d ausgleichenden Politik k o n n t e die S t a a t s r e g i e r u n g auch das in Angriff n e h m e n , was seit den sechziger J a h r e n i m m e r wieder gefordert, aber an den kirchenpolitischen V e r h ä l t nissen der siebziger J a h r e gescheitert w a r : eine u m f a s s e n d e gesetzgeberische N e u r e g e l u n g des Kirchenstif t u n g s und Kircheng e m e i n d e r e c h t s der drei öffentlichen Glaubensgesellschaften. Nach langen, schwierigen V e r h a n d l u n g e n w u r d e a m 27. S e p t e m b e r 1907 der Entwurf einer K i r c h e n g e m e i n d e o r d n u n g d e m L a n d t a g e vorgelegt u n d a m 2. J u n i 1910 mit verschiedenen A b ä n d e r u n g e n von der Mehrheit der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n in n a m e n t l i c h e r A b s t i m m u n g a n g e n o m m e n . D u r c h die A u f r e c h t e r h a l t u n g des Friedens mit der Kirche w u r d e die V o r a u s s e t z u n g f ü r den erfolgreichen A u s b a u der i n n e r e n Verw a l t u n g g e s c h a f f e n : die K r ä f t e w u r d e n f ü r die organisatorische S t a a t s arbeit frei g e m a c h t u n d die u n e n t b e h r l i c h e finanzielle M i t w i r k u n g des L a n d t a g s w u r d e gesichert 1 ). Vor allem aber k o n n t e die Überleitung der b e s t e h e n d e n R e c h t s v e r hältnisse in den neuen R e c h t s z u s t a n d , den das B ü r g e r l i c h e G e s e t z b u c h geschaffen h a t t e , ohne S t ö r u n g vollzogen w e r d e n . Im Ü b e r g a n g s g e s e t z v o m 9. J u n i 1 8 9 9 h a t Bayern diese A u f g a b e mit Sorgfalt und Erfolg in die H a n d g e n o m m e n . Ebenso f o r t s c h r i t t l i c h war die Lösung Letztere drückt sich in der prozentualen Steigerung der Etatpositionen von der Finanzperiode 1886/87 bis zur Finanzperiode 1910/11 aus. Die Steigerung beträgt für die Universitäten 170%, für die Technische Hochschule 96%, für die Lyzeen 43%, für die humanistischen Gymnasien 143%, für die Realgymnasien 319%, für die Volksschulen 194%, für die Lehrerbildungsanstalten 171%, für die Akademie der bildenden Künste 73%, für die Kunstgewerbeschulen 76%,-für den katholischen Kultus 162%, für den protestantischen Kultus 114%.
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einer ungemein wichtigen u n d schwierigen F r a g e : die D u r c h f ü h r u n g der dem Landesrecht überlassenen organisatorischen Vorschriften u n d Maßn a h m e n zur E i n f ü h r u n g des G r u n d b u c h e s , vor allem die Anlegung des G r u n d b u c h e s selbst. B a y e r n besaß — abgesehen von München — ü b e r h a u p t keine eigentlichen G r u n d - , sondern n u r H y p o t h e k e n b ü c h e r , die als G r u n d l a g e n der G r u n d b ü c h e r h ä t t e n dienen k ö n n e n . J a , die Pfalz v e r f ü g t e nicht einmal ü b e r H y p o t h e k e n b ü c h e r . Mit großer Mühe w u r d e das G r u n d b u c h angelegt u n d mit einem K o s t e n a u f w a n d von nicht weniger als a c h t Millionen zu E n d e gef ü h r t . Es e r s t r e c k t e sich auf 8330491 G r u n d s t ü c k e . Am 1. O k t o b e r 1910 w a r es f ü r das ganze rechts- u n d linksrheinische B a y e r n fertiggestellt. Auch auf d e m Gebiete der bayerischen L a n d e s g e s e t z g e b u n g w a r der F o r t s c h r i t t e r n s t h a f t u n d erfolgreich. Im Gegensatz zu den meisten a n d e r e n d e u t s c h e n S t a a t e n h a t B a y e r n rascher das i h m verbliebene L a n d e s r e c h t modernisiert und mit den G r u n d s ä t z e n des neuen Reichsrechts in E i n k l a n g g e b r a c h t . E r w ä h n u n g verdienen vor allem die wohlgelungene Regelung des Gesinderechts, der S c h u l d v e r s c h r e i b u n g e n öffentlicher K ö r p e r s c h a f t e n , die geradezu vorbildliche Regelung der H a f t pflicht des S t a a t e s und der K o m m u n a l v e r b ä n d e f ü r B e a m t e , des N a c h b a r r e c h t e s , der E i n r i c h t u n g des G e m e i n d e w a i s e n r a t e s u. a. Als w e i t a u s wichtigstes Gesetz dieser Zeit m u ß das große Wassergesetz v o m 23. März 1907 bezeichnet werden, das gegenüber den v e r a l t e t e n Gesetzen von 1852 einen großen F o r t s c h r i t t b e d e u t e t e . Auch die S t r a f r e c h t s p f l e g e s c h r i t t in der E n t w i c k l u n g w e i t e r : a m 15. J a n u a r 1896 e r w i r k t e d a s J u s t i z m i n i s t e r i u m die allerhöchste Entschließ u n g bezüglich der E i n f ü h r u n g der b e d i n g t e n Begnadigung, die d u r c h die E i n r i c h t u n g des b e d i n g t e n S t r a f a u f s c h u b s noch weiter a u s g e b a u t w u r d e ; die allzu lange D a u e r der Schwurgerichtsperioden w u r d e v e r k ü r z t ; die B e s t i m m u n g e n der W a h l z u m A m t eines Schöffen oder Geschworenen e r f u h r e n eine liberale Auslegung, weder der A r b e i t e r s t a n d noch die Zugehörigkeit zu einer politischen P a r t e i sollten f ü r die B e r u f u n g zu einem dieser Ä m t e r ein H i n d e r n i s b i l d e n ; d e m schwierigen P r o b l e m der Regelung des S t r a f v e r f a h r e n s gegen J u g e n d l i c h e galten die V e r o r d n u n g e n des J u s t i z m i n i s t e r i u m s von 1908 u n d 1910, der „ i n d i v i d u a l i s i e r e n d e n B e h a n d l u n g " der Gefangenen die V e r o r d n u n g e n v o m J a h r e 1903. Besondere Sorgfalt w u r d e der V e r b e s s e r u n g der E i n r i c h t u n g u n d des Z u s t a n d e s der Gerichtsgefängnisse z u g e w e n d e t ; so w u r d e n m u s t e r gültige S t r a f a n s t a l t e n in N ü r n b e r g , W ü r z b u r g , Augsburg, S t r a u b i n g , Aichach u n d L a n d s b e r g u n t e r A u f w e n d u n g b e t r ä c h t l i c h e r Mittel err i c h t e t . Die H a u p t s t e l l e der Gefangenenobsorge in N ü r n b e r g sollte f r ü h e r e Gefangene bei ihren ersten S c h r i t t e n in die w i e d e r e r r u n g e n e Freiheit u n t e r s t ü t z e n . Die T r e n n u n g der J u s t i z von der V e r w a l t u n g sowie die E i n f ü h r u n g des Bürgerlichen Gesetzbuches b e d i n g t e n a u c h die S c h a f f u n g n e u e r
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VII. Buch. Achtes Kapitel.
A m t s r ä u m e . Im J a h r e 1899 w u r d e n f ü r eine große Zahl von Neu-, U m - und E r w e i t e r u n g s b a u t e n v o m L a n d t a g große Mittel e r b e t e n . In rascher Folge e n t s t a n d e n n u n die großen G e r i c h t s g e b ä u d e in B a m b e r g , L a n d a u , R e g e n s b u r g , B a y r e u t h , A s c h a f f e n b u r g , S c h w e i n f u r t , der J u s t i z palast in M ü n c h e n . Mit einem A u f w a n d von 51 Millionen Mark f ü r den allgemeinen J u s t i z e t a t u n d vierzehn Millionen f ü r den E t a t der S t r a f A n s t a l t e n w u r d e n zwölf größere J u s t i z g e b ä u d e neu e r b a u t , siebzehn N e u b a u t e n oder E r w e i t e r u n g e n von G e f a n g e n e n a n s t a l t e n , 92 N e u b a u t e n von A m t s g e r i c h t e n u. a. a u s g e f ü h r t . Schon b e g a n n e n auch die Arbeiten f ü r das große J u s t i z g e b ä u d e in N ü r n b e r g mit einer ü b e r b a u t e n Fläche von r u n d 13800 q m und f ü r die G e f a n g e n e n a n s t a l t im B e r n a u e r Moor a m Chiemsee, deren Insassen mit K u l t i v i e r u n g s a r b e i t e n b e s c h ä f t i g t werden sollten, u m die a u s g e d e h n t e n Moore u n d ö d l ä n d e r e i e n n u t z bringend zu g e s t a l t e n . Wohl kein Zweig der s t a a t l i c h e n V e r w a l t u n g h a t eine größere Fürsorge e r f a h r e n als gerade die L a n d w i r t s c h a f t . Die hier g e t r o f f e nen M a ß n a h m e n griffen in alle Gebiete ein. Es w ä r e zu b e r i c h t e n von der 1896 erfolgten G r ü n d u n g der Bayerischen L a n d w i r t s c h a f t s b a n k u n d der 1908 erweiterten L a n d e s k u l t u r - R e n t e n a n s t a l t , von der F ö r d e r u n g der sich rasch a u s b r e i t e n d e n Darlehenskassenvereine ( R a i f f eisenvereine), die zur A u s f ü h r u n g kultureller U n t e r n e h m u n g e n auf l a n d w i r t s c h a f t l i c h e m Gebiete u n k ü n d b a r e Darlehen und L e i h k a p i t a l zu billigen Bedingungen g e w ä h r t e n wie sie a u c h die A n s c h a f f u n g l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r G e b r a u c h s g e g e n s t ä n d e u n d den Verkauf landw i r t s c h a f t l i c h e r P r o d u k t e v e r m i t t e l t e n ; von d e m segensreichen Gesetz über die Flurbereinigung v o m J a h r e 1886 zur großartigen Kultivierung unserer a u s g e d e h n t e n Moore u n d von w e i t s c h a u e n d e n Maßn a h m e n gegen die z u n e h m e n d e G ü t e r z e r t r ü m m e r u n g ; von der zeitgemäßen U m g e s t a l t u n g der seit langer Zeit blühenden P f e r d e und Viehzucht, der Geflügel- u n d Bienenzucht u n d dem gesteigerten Interesse, d a s der Fischzucht zuteil w u r d e , f ü r welche schon mehrere J a h r e eine biologische V e r s u c h s s t a t i o n an der Tierärztlichen Hochschule b e s t a n d . Die Fürsorge f ü r die L a n d w i r t s c h a f t k a m a u c h zum A u s d r u c k in der Reorganisation der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Zentralschule in W e i h e n s t e p h a n u n d ihre E r h e b u n g zur A k a d e m i e f ü r L a n d w i r t s c h a f t u n d Brauerei, 1895. J e t z t erst w u r d e die l a n d w i r t schaftliche mit der B r a u e r e i a b t e i l u n g in feste, organische V e r b i n d u n g g e b r a c h t . Der f r ü h e r v e r p a c h t e t e S t a a t s g u t s b e s i t z w u r d e in die Eigenw i r t s c h a f t der A k a d e m i e gegeben und d a m i t zu einem wirklichen Lehra t t r i b u t f ü r U n t e r r i c h t s - u n d Forschungszwecke e r h o b e n . Zur Z ü c h t u n g l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r K u l t u r p f l a n z e n u n d Veredelung der inländischen Getreidesorten e r s t a n d hier 1903 die Königl. S a a t z u c h t a n s t a l t , die u. a. mit der A u s b i l d u n g von P f l a n z e n z ü c h t e r n und B e r a t u n g der die S a a t zucht b e t r e i b e n d e n L a n d w i r t e b e t r a u t w u r d e . Es folgte die G r ü n d u n g zahlreicher l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r W i n t e r s c h u l e n , die den Söhnen von
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L a n d w i r t e n nach Vollendung des V o l k s s c h u l u n t e r r i c h t s w ä h r e n d der W i n t e r m o n a t e eine l a n d w i r t s c h a f t l i c h e F a c h a u s b i l d u n g g e w ä h r e n u n d deren Lehrer nach der V e r o r d n u n g v o m 25. März 1897 in den schulfreien S o m m e r m o n a t e n als W a n d e r l e h r e r die ihnen zugeteilten Bezirke bereisen, mit m a ß g e b e n d e n Persönlichkeiten wegen Beseitigung von M i ß s t ä n d e n , Anstellung von Versuchen auf l a n d w i r t s c h a f t l i c h e m Gebiete ins B e n e h m e n t r e t e n sollten, u m einerseits die L a n d w i r t e m i t den wissenschaftlich und p r a k t i s c h b e w ä h r t e n V e r b e s s e r u n g e n der Betriebsweise b e k a n n t zu m a c h e n , andererseits die V e r b i n d u n g mit der P r a x i s aufrechtzuerhalten. F ü r einzelne l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Betriebszweige t r a t e n neben der älteren G a r t e n b a u s c h u l e in W e i h e n s t e p h a n neue l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Schulen ins L e b e n : die W e i n - und O b s t b a u s c h u l e in N e u s t a d t a. H., 1899, die Molkereischule in W e i h e n s t e p h a n , 1901, die Wein-, Obst- und G a r t e n b a u s c h u l e in V e i t s h ö c h t h e i m , 1902, die W e i n u n d O b s t b a u s c h u l e in Schönau bei Lindau, 1904, die Brennereischule in W e i h e n s t e p h a n , 1908. Die b e s t e h e n d e n l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Mittelschulen, K r e i s l a n d w i r t s c h a f t s - u n d A c k e r b a u s c h u l e n in L i c h t e n h o f , K a i s e r s l a u t e r n , Landsberg, S c h ö n b r u n n , Triesdorf, w u r d e n 1900 d u r c h eine neue L a n d w i r t s c h a f t s s c h u l e in P f a r r k i r c h e n v e r m e h r t . Erwähnt sei f e r n e r die 1902 ins Leben g e t r e t e n e a g r i k u l t u r b o t a n i s c h e A n s t a l t , die sich vorzugsweise auf d e m Gebiete der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B a k teriologie u n d der H a n d h a b u n g des P f l a n z e n s c h u t z e s gegen Schädlinge jeder A r t b e t ä t i g t e 1 ) . Eine ganz h e r v o r r a g e n d e F ö r d e r u n g e r f u h r in der inneren Landesv e r w a l t u n g das Gebiet der V o l k s g e s u n d u n g , d a s sich a u f b a u e n d auf eine g u t e u n d reichliche W a s s e r v e r s o r g u n g vorbildlich entwickeln konnte. Geradezu f ü h r e n d w a r B a y e r n s wissenschaftlich geleitete N a h r u n g s m i t t e l k o n t r o l l e ; drei s t a a t l i c h e U n t e r s u c h u n g s a n s t a l t e n w u r den hiezu den L a n d e s u n i v e r s i t ä t e n angegliedert. Große Sorgfalt w u r d e einer vorbildlich eingerichteten W e i n k o n t r o l l e sowie d e m Desinfektionswesen z u g e w e n d e t . An jede der drei L a n d e s h o c h s c h u l e n w u r d e eine bakteriologische A n s t a l t angeschlossen, die sich mit der B e k ä m p f u n g In engem Zusammenhang mit den Maßnahmen für die Landwirtschaft, den Handel und die Volkswohlfahrt stehen in gewisser Beziehung die zahlreichen V e r s i c h e r u n g s a n s t a l t e n des Königreichs Bayern, die in der Zeit von 1886 bis in die jüngste Zeit in vieler Hinsicht einen geradezu vorbildlichen Stand entwickelt hatten: so die mustergültig bis in die kleinsten Zweige organisierte Landesbrandversicherungsanstalt, eine wahre Wohlfahrtsanstalt zum Nutzen des ganzen bayerischen Volkes, die von allen öffentlichen Versicherungsanstalten die höchste Versicherungssumme aufwies. Aus dem jährlich abzuliefernden Beitragssoll wurden sowohl die Beiträge zur Unterstützung verunglückter Feuerwehrmänner und deren Familien sowie die persönlichen und sachlichen Ausgaben des Wasserversorgungsbureaus bestritten. Seit 1875 bis 1910 wurden über siebzehn Millionen Mark für diese Zwecke abgeliefert. Ebenso wichtig ist die im Landtag 1881 nahezu einstimmig beschlossene Bayerische Hagelversicherungsanstalt, die dem Landwirt einen zuverlässigen Schutz gegen die unberechenbaren Gefahren des Hagels bietet, sowie auch die durch das Gesetz v o m 11. Mai 1896 geschaffene staatlich geleitete Viehversicherungsgesellschaft und Pferdeversicherung.
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der a n s t e c k e n d e n K r a n k h e i t e n zu befassen h a t t e ; ebenso galt der Bek ä m p f u n g der Säuglingssterblichkeit und der T u b e r k u l o s e die besonders energische Fürsorge des bayerischen S t a a t e s . Eine Königl. V e r o r d n u n g von 1895 b e f a ß t e sich m i t der S t a n d e s v e r t r e t u n g der Ärzte, der 1908 eine Reform der S t a n d e s v e r t r e t u n g der A p o t h e k e r folgte. Sie setzte an die Stelle der alten A p o t h e k e r g r e m i e n A p o t h e k e r k a m m e r n , denen die F ö r d e r u n g der Interessen des A p o t h e k e r s t a n d e s oblag. Die V e r t r e t u n g der Interessen des H a n d e l s u n d G e w e r b e s w u r d e a m 1. J a n u a r 1905 d e m Ministerium des Ä u ß e r n u n t e r s t e l l t ; die gewaltige E n t w i c k l u n g der d e u t s c h e n Industrie, an der auch B a y e r n rege beteiligt w a r , b e d i n g t e n a t ü r l i c h wiederholte V e r ä n d e r u n g e n u n d eine zeitgemäßere Verfassung, wie die E i n r i c h t u n g von Handels- u n d Gew e r b e k a m m e r n u n d der Zentralstelle f ü r Industrie, Gewerbe und H a n d e l . Die bayerische Regierung b e t r a c h t e t e ja seit langer Zeit als eine ihrer vordringlichsten A u f g a b e n die U n t e r s t ü t z u n g des H a n d w e r k s , das infolge der glänzenden E n t w i c k l u n g der Industrie in den J a h r e n 1886 bis 1911 mit schweren Existenzsorgen zu k ä m p f e n h a t t e . Gesteigerte A u f m e r k s a m k e i t e r f u h r das M i t t e l s t a n d s p r o b l e m in Form von ausgiebigen S t a a t s z u s c h ü s s e n , Meisterkursen f ü r selbständige H a n d w e r k s m e i s t e r , positiven M a ß n a h m e n zur F ö r d e r u n g des Kleingewerbes und F ö r d e r u n g des Genossenschaftswesens, das d e m H a n d w e r k e r , ähnlich wie d e m B a u e r n , K r e d i t z u r B e s c h a f f u n g von Maschinen und W e r k z e u g e n v e r m i t t e l n sollte. Im J a h r e 1902 k o n n t e eine bayerische Z e n t r a l h a n d w e r k e r g e n o s s e n s c h a f t s k a s s e ins Leben gerufen w e r d e n , die E n d e des J a h r e s 1910 als Mitglieder bereits 114 H a n d w e r k e r g e n o s s e n s c h a f t e n zählte. Der gleichen U n t e r s t ü t z u n g von s t a a t l i c h e r Seite e r f r e u t e n sich a u c h die gewerblichen Arbeiter, f ä l l t doch in diese Zeit der A u s b a u der reichsgesetzlichen K r a n k e n - und Unfallversicherung, die E i n f ü h r u n g der I n v a l i d e n v e r s i c h e r u n g u n d die I n a n g r i f f n a h m e des reichsgesetzlichen A r b e i t e r s c h u t z e s . Im s o g e n a n n t e n A r b e i t e r s c h u t z g e s e t z v o m 1. J u n i 1891 f a n d derselbe eine großzügige Lösung, b e d i n g t e aber a u c h eine b e t r ä c h t l i c h e V e r m e h r u n g des gewerbeaufsichtlichen Personals. Den Belangen des A r b e i t e r s c h u t z e s dient das im J a h r e 1906 v o m S t a a t ü b e r n o m m e n e A r b e i t e r m u s e u m in München, das sich mit seinen verschiedenen W o h l f a h r t s e i n r i c h t u n g e n zu einem b e d e u t e n d e n sozialen Museum e n t wickelte. A u c h die so wichtige S t a t i s t i k , dieses u n e n t b e h r l i c h e I n s t r u m e n t f ü r den Mann der öffentlichen V e r w a l t u n g w u r d e f o r t s c h r i t t l i c h ausgeb a u t . Die E r k e n n t n i s , d a ß zur Klarlegung der Z u s t ä n d e und K r ä f t e des Volkes aus allen Zweigen der V e r w a l t u n g das Material b e s c h a f f t w e r d e n m u ß , f ü h r t e u n t e r Professor Georg Mayr zur E i n r i c h t u n g der S t a t i s t i schen Z e n t r a l k o m m i s s i o n , b e s t e h e n d aus V e r t r e t e r n sämtlicher Ministerien. In den „ B e i t r ä g e n zur S t a t i s t i k des Königreichs B a y e r n " sowie in der „ Z e i t s c h r i f t des K. Bayerischen Statistischen B u r e a u s " sind die Ergebnisse der Einzelerhebungen niedergelegt u n d ein seit d e r
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Mitte des J a h r h u n d e r t s n a m e n t l i c h von König Maximilian II. gehegter W u n s c h , realisiert. Seit 1894 w u r d e in F o r m des S t a t i s t i s c h e n J a h r b u c h s f ü r B a y e r n eine f o r t l a u f e n d e G e s a m t s t a t i s t i k geschaffen. Auf d e m Gebiete der F i n a n z v e r w a l t u n g b r a c h t e n die Gesetze ü b e r die E i n k o m m e n s t e u e r , K a p i t a l r e n t e n s t e u e r u n d Gewerbesteuer v o m 9. J u n i 1899 wichtige N e u e r u n g e n , i n d e m die großen E i n k o m m e n s t ä r k e r als bisher herangezogen w u r d e n . Wenige J a h r e s p ä t e r , a m 30. Mai 1906, legte die Regierung d e m L a n d t a g eine D e n k s c h r i f t vor, die auf eine grundsätzliche R e f o r m der d i r e k t e n S t e u e r n ü b e r h a u p t hinzielte. Nach langwierigen B e r a t u n g e n in beiden K a m m e r n k a m e n die Gesetze v o m 14. A u g u s t 1910 z u s t a n d e , die B a y e r n eine progressive E i n k o m m e n s t e u e r g a b e n . Zugleich mit d e m s t a a t l i c h e n Steuerwesen w u r d e auch d a s gemeindliche geregelt, i n d e m den G e m e i n d e n d u r c h eine e r h ö h t e A u s n ü t z u n g der E r w e r b s s t e u e r n neue Steuerquellen e r ö f f n e t u n d durch ein Umlagengesetz B e s t i m m u n g e n bezüglich des Verhältnisses der Gem e i n d e u m l a g e n zu den S t a a t s s t e u e r n getroffen w u r d e . Auf d e m Gebiet d e r i n d i r e k t e n S t e u e r n w u r d e , v e r a n l a ß t d u r c h eine E r h ö h u n g der Biers t e u e r im Reich, a u c h die f ü r B a y e r n wegen der hohen Blüte der B r a u i n d u s t r i e besonders wichtige Biersteuergesetzgebung, hinsichtlich deren B a y e r n eine Sonderstellung genoß, f o r t g e b i l d e t . D u r c h das Gesetz v o m 18. März 1910 w u r d e der Malzaufschlag e r h ö h t , das S y s t e m der B e s t e u e r u n g s t a t t nach d e m H o h l r a u m nach d e m Gewicht e i n g e f ü h r t u n d eine V o r s c h r i f t ü b e r die Bierbereitung erlassen. Gleichzeitig mit diesen N e u e r u n g e n w u r d e d u r c h die R e n t a m t s o r g a n i s a t i o n v o m 10. Mai 1903 das g e s a m t e r e n t a m t l i c h e Personal, das bisher z u m R e n t a m t s v o r s t a n d in einem V e r t r a g s v e r h ä l t n i s g e s t a n d e n war, in den S t a a t s d i e n s t übernommen. Einen s i c h t b a r e n , s t ä n d i g w a c h s e n d e n P o s t e n im S t a a t s b u d g e t b i l d e t e n die E i n n a h m e n aus der s t a a t l i c h e n Forst-, J a g d - u n d T r i f t v e r w a l t u n g . Sie stiegen von 13 Millionen im J a h r e 1886 auf 31,6 Millionen im J a h r e 1909. U m die F o r s t w i r t s c h a f t i m m e r z w e c k m ä ß i g e r einzurichten und die P r o d u k t i o n u n d N u t z u n g noch ergiebiger zu gestalten, w u r d e n im J a h r e 1908 organisatorische N e u e r u n g e n in der F o r s t v e r w a l t u n g eingeleitet u n d 1910 neue Anweisungen ü b e r die Pflege der S t a a t s w a l d u n g e n erlassen. A m 15. O k t o b e r 1910 w u r d e die forstliche H o c h s c h u l e A s c h a f f e n b u r g a u f g e h o b e n u n d der g e s a m t e a k a d e m i s c h e F o r s t u n t e r r i c h t an die U n i v e r s i t ä t M ü n c h e n verlegt, wo er schon in einzelnen F ä c h e r n erteilt worden w a r . Noch günstiger w i r k t e sich f ü r die S t a a t s k a s s e die H e b u n g d e s V e r k e h r s w e s e n s aus. Die E i n n a h m e n aus den S t a a t s e i s e n b a h n e n m e h r t e n sich von 1896 bis 1909 u m 1 5 6 % (gegen 1 7 1 % im g e s a m t e n d e u t s c h e n E i s e n b a h n n e t z ) , die E i n n a h m e n aus d e m Post-, T e l e g r a p h e n u n d T e l e p h o n b e t r i e b hoben sich u m 3 5 3 % (gegen 2 7 7 % im g e s a m t e n d e u t s c h e n Postgebiet). Diese Steigerung w a r einer N e u o r g a n i s a t i o n des Verkehrswesens zu v e r d a n k e n , die ihrerseits w i e d e r u m d u r c h den
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gewaltigen Aufschwung der deutschen Volkswirtschaft nach der Überwindung der Krise in den Jahren 1873—1885 bedingt war. A m 1. Januar 1904 wurde für das Verkehrswesen, das bisher dem Staatsministerium des. Königlichen Hauses und des Äußern zugeteilt war, ein eigenes Ministerium gebildet, dem als nächste Aufgabe eine sofortige Neuordnung; der Verkehrsverwaltung gestellt wurde. A m 1. April 1907 trat das R e organisationsprogramm in Kraft. Das gesamte staatliche Verkehrswesen wurde durch das neue Ministerium zentralisiert, f ü r die Bahn- und Postverwaltung wurden Direktionen und Zentralämter gebildet und dem Ministerium untergeordnet. Die Betriebssicherheit der Bahnen wurde gesteigert, die Fahrtgeschwindigkeit erhöht, die Beförderungseinrichtungen verbessert. Eine Vereinfachung der Geschäfte ermöglichte es, höhere Beamte durch mittlere und mittlere durch untere zu ersetzen. Die dadurch ersparten Summen für Personalkosten konnten zur Verbesserung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Beamten, zum Ausbau v o n Wohlfahrtseinrichtungen verwendet werden. Auch eine starke Bautätigkeit setzte ein. Das Hauptbahnnetz wurde um zwei Linien, die Strecken Donauwörth— Treuchtlingen und Mühldorf—Freilassing, die bayerische Fortsetzung der Tauernbahn Triest—Salzburg, vermehrt. V o r allem aber wurde das Nebenbahnnetz planmäßig ausgestaltet. In rascher Folge wurden in den Jahren 1886—1910 die Lokalbahnnetzlinien um fast 2400 km vergrößert, so daß am Ende der Regentschaft die Gesamtlänge der bayerischen Staatsbahnen mit Einschluß der pfälzischen Bahn, die am 1. Januar 1909 v o m Staat übernommen wurde, etwa 8000 km betrug gegen 2500 km im Jahre 1886. Das Anlagekapital war in der gleichen Zeit von 1100 auf 2000 Millionen Mark angewachsen. Von den der Bahnverwaltung angegliederten fünf Kanal- und Schiffahrtsunternehmungen, der Dampfschiffahrt auf dem Ammer- und Bodensee, dem Ludwigskanal, dem Frankentaler Kanal, der Kettenschleppschiffahrt auf dem Main, konnte im wesentlichen nur die Bodenseeschiffahrt rentabler gestaltet werden, deren Erträgnisse sich während der Regentschaft verdoppelten. Auch der P o s t b e t r i e b wurde verbessert: durch eine Neuordnung des Tarifs, der Beförderung und Zustellung, durch Errichtung einer Reihe von Postanstalten, durch Einführung des Postüberweisungs- und Scheckverkehrs im Jahre 1909 und durch die Einführung von Motorpostlinien. Namentlich aber wurde das Telegraphen- und Telephonnetz ausgebaut. Im Jahre 1882 war die erste Telephonanlage errichtet worden, 1886 hatte die Länge der Leitungen 3449 km betragen, 1909 war sie auf 361544 km angewachsen. Demgemäß hatten sich auch die Reineinnahmen der Post- und Telegraphenverwaltung v o n zwei Millionen im Jahre 1886 auf rund neun Millionen Mark im Jahre 1909 gesteigert. *
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Man h a t — nicht ohne einen Kern von B e r e c h t i g u n g — den Prinzregenten Luitpold den ersten w a h r h a f t konstitutionellen Herrscher Bayerns g e n a n n t . S t r e n g über den P a r t e i e n s t e h e n d h a n d e l t e er grundsätzlich nach d e m R a t e der a m t l i c h z u s t ä n d i g e n u n d v e r f a s s u n g s m ä ß i g v e r a n t w o r t l i c h e n Minister. Es liegt das b e g r ü n d e t in d e m C h a r a k t e r seines Amtes, a b e r auch in der v o r n e h m e n Z u r ü c k h a l t u n g seines Wesens. Allerdings der F o r t b i l d u n g des bayerischen V e r f a s s u n g s r e c h t e s w a r der S t a n d p u n k t , den das K a b i n e t t u n t e r der R e g e n t s c h a f t v e r t r e t e n h a t , d a ß V e r f a s s u n g s ä n d e r u n g e n w ä h r e n d der R e g e n t s c h a f t u n s t a t t h a f t seien, nicht förderlich. Aber diesen S t a n d p u n k t h a t die S t a a t s r e g i e r u n g schon mit d e m Gesetze v o m 26. O k t o b e r 1887 bezüglich des Dienstesd e f i n i t i v u m s der v o m Reichsverweser e r n a n n t e n B e a m t e n , das in Wirklichkeit eine A b ä n d e r u n g der einschlägigen B e s t i m m u n g der Verfassungsu r k u n d e enthielt, verlassen und in der Folgezeit sich i m m e r weiter d a v o n e n t f e r n t . Gerade u n t e r der R e g e n t s c h a f t w u r d e das bayerische B e a m t e n recht, das bis dahin noch i m m e r auf der D i e n s t e s p r a g m a t i k v o m 1. J a n u a r 1805 u n d der n e u n t e n Verfassungsbeilage, d e m s o g e n a n n t e n S t a a t s dieneredikte, b e r u h t e , mit d e m B e a m t e n g e s e t z v o m 15. August 1908 auf neue, d e m R e i c h s b e a m t e n r e c h t a n g e p a ß t e G r u n d l a g e n gestellt. Diese großzügige R e f o r m des J a h r e s 1908 h a t den Unterschied zwischen p r a g m a t i s c h e n und n i c h t p r a g m a t i s c h e n B e a m t e n a u f g e h o b e n und ermöglichte auch den mittleren und u n t e r e n B e a m t e n die E r l a n g u n g der Unwiderruflichkeit. D a m i t w a r ein großer Stein des A n s t o ß e s und der U n z u f r i e d e n h e i t weiter Kreise beseitigt, wie a u c h die materielle Lage der bayerischen S t a a t s b e a m t e n eine wesentliche Besserung e r f u h r . Schon zwei J a h r e f r ü h e r w u r d e einer der b e d e u t u n g s v o l l s t e n S c h r i t t e zur F o r t b i l d u n g des bayerischen Verfassungslebens u n t e r n o m m e n — mit d e m L a n d t a g s w a h l g e s e t z v o m 9. A p r i l 1 9 0 6 . Die Ford e r u n g nach d e m direkten W a h l r e c h t e war auch nach der Wahlgesetznovelle v o m J a h r e 1881 nicht v e r s t u m m t . N u n m e h r t r a t f ü r sie eine neue Bewegungspartei in der K a m m e r der A b g e o r d n e t e n auf den P l a n : d i e S o z i a l d e m o k r a t i e . Im J a h r e 1892 ü b e r g a b der A b g e o r d n e t e Grillenberger einen m o t i v i e r t e n A n t r a g auf Vorlage eines neuen L a n d tagswahlgesetzes mit d i r e k t e m S t i m m r e c h t und gesetzlicher Festlegung der Wahlkreiseinteilung. Der damalige S t a a t s m i n i s t e r des Innern, Freiherr von Feilitzsch, lehnte die Vorlage eines W a h l g e s e t z e n t w u r f e s mit dem Hinweis auf die Meinungsverschiedenheit der Parteien a b . Im J a h r e 1895 e r n e u e r t e der gleiche Abgeordnete, unterstützt von Mitgliedern des B a u e r b u n d e s , seinen A n t r a g . Die K a m m e r der Abgeordneten ging über den A n t r a g zur T a g e s o r d n u n g über, mit der B e g r ü n d u n g , bei der damaligen Z u s a m m e n s e t z u n g der K a m m e r n sei die notwendige v e r f a s s u n g s m ä ß i g e Mehrheit f ü r eine A b ä n d e r u n g des Landtagswahlgesetzes nicht zu erreichen. Im J a h r e 1898 stellte Grillenberger zum d r i t t e n m a l seinen A n t r a g . Wirklich beschloß j e t z t die K a m m e r der A b g e o r d n e t e n an die S t a a t s r e g i e r u n g das Ersuchen u m
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Vorlage eines Gesetzentwurfes zu richten, durch den das Gesetz vom 4. Juni 1848 dahin abgeändert werde, „ d a ß bei voller Sicherung einer unabhängigen Wahl allgemeines, direktes Wahlrecht gewährt, den Städten wie dem Lande die ihnen nach der Bevölkerungsziffer gebührende Abgeordnetenzahl eingeräumt und eine geeignete Vertretung der Minoritäten nach dem Prinzip der Proportionswahl in Aussicht genommen werde." Aber diesmal ging die Kammer der Reichsräte über den Beschluß der zweiten Kammer zur Tagesordnung über. Im J a h r e 1899 erneuerte der sozialdemokratische Abgeordnete Segitz den Antrag auf zeitgemäße Abänderung des Wahlgesetzes. Der Ausschuß arbeitete vierzehn Richtpunkte f ü r ein neues Wahlgesetz aus. Die Kammer der Abgeordneten unterbreitete diese Richtpunkte der Staatsregierung. Die Staatsregierung legte jetzt wirklich am 28. September 1903 einen Wahlgesetzentwurf vor, der im wesentlichen auf jenen Leitsätzen aufgebaut war. Aber infolge einer lebhaften Gegenagitation wurde auch dieser Entwurf in der Kammer der Abgeordneten mit Stimmenmehrheit, in der Kammer der Reichsräte mit Stimmeneinhelligkeit abgelehnt. Am 29. September 1905 legte, unter dem frischen Eindruck der neuen Wahlen, in denen sich der Volkswille mit überwältigender Mehrheit für die neue Wahlordnung aussprach, der Zentrumsabgeordnete Dr. Dalier einen Wahlgesetzentwurf vor, der mit wenigen Abänderungen nach den vom Kammerausschuß aufgestellten Richtpunkten ausgearbeitet war. Dieser fand im November des nämlichen Jahres in der Kammer der Abgeordneten, im März des folgenden Jahres in der Kammer der Reichsräte die verfassungsmäßige Mehrheit, am 9. April 1906 die landesherrliche Sanktion. Was seit Jahren gefordert wurde, war jetzt erf ü l l t : die gesetzliche Regelung der Wahlkreiseinteilung, aber auch die Einf ü h r u n g des direkten Wahlrechtes. Doch wurde die Wahlfähigkeit an das vollendete 25. Lebensjahr, nicht mehr bloß das 21., und an die Entrichtung einer direkten Staatssteuer seit mindestens einem Jahre, nicht mehr bloß seit sechs Monaten, gebunden. Dagegen wurde das Alter f ü r die Wählbarkeit von dem vollendeten 30. Lebensjahr auf das 25. herabgesetzt. Damit war das bayerische Landtagswahlrecht in allen wesentlichen Grundzügen dem Reichstagswahlrecht angeglichen. Wenige Monate vor seiner Entlassung, am 1. Dezember 1869, hatte Fürst Chlodwig von Hohenlohe dem König Ludwig II. auch einen Antrag auf R e f o r m d e r R e i c h s r a t s k a m m e r unterbreitet. Ein Gesetzentwurf war aber dem Landtage nicht mehr vorgelegt worden. Die Frage der Ausgestaltung der Kammer der Reichsräte wurde erst unter der Regentschaft wieder aufgegriffen: im Nürnberger Einigungsprogramme der liberalen Partei vom J a h r e 1905 sowie in dem Wahlaufrufe der vereinigten Liberalen und Demokraten vom April 1907. Die angeregte Reform strebte eine Erweiterung der Reichsratskammer durch Zuziehung von Vertretern der Hochschulen und der Städte sowie durch Zuwahl von Vertretern der Landwirtschaft, des Handels,
D i e R e g e n t s c h a f t u n d d i e w e i t e r e F o r t b i l d u n g des b a y e r i s c h e n V e r f a s s u n g s l e b e n s .
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der Industrie, des H a n d w e r k s u n d der A r b e i t e r s c h a f t an. Auf d e m L a n d t a g e 1907/08 stellte A b g e o r d n e t e r Dr. Müller-Hof den von der g e s a m t e n liberalen L a n d t a g s f r a k t i o n m i t u n t e r z e i c h n e t e n A n t r a g auf Vorlage eines G e s e t z e n t w u r f e s über eine z e i t g e m ä ß e F o r t b i l d u n g der K a m m e r der Reichsräte. Er e r k e n n t die Vorzüge der ersten K a m m e r a n ; er will sie nicht beseitigen, sondern reformieren u n d den s c h a f f e n d e n K r ä f t e n des B ü r g e r s t a n d e s die ihnen g e b ü h r e n d e V e r t r e t u n g daselbst sichern. Die H a u p t e r w e r b s g r u p p e n , L a n d w i r t s c h a f t , Industrie, Handel, H a n d w e r k u n d A r b e i t e r s c h a f t , f e r n e r die drei L a n d e s u n i v e r s i t ä t e n und die Technische Hochschule in München sowie die G r o ß s t ä d t e sollten d u r c h g e w ä h l t e V e r t r e t e r Sitz u n d S t i m m e in der K a m m e r e r h a l t e n . Müller verweist auf den Vorgang in B a d e n und selbst im k o n s e r v a t i v e n Sachsen. Der A n t r a g w u r d e mit S t i m m e n m e h r h e i t a b g e l e h n t . Auf d e m L a n d t a g e 1909/10 e r n e u e r t e Dr. Müller-Hof seinen A n t r a g . Er f o r d e r t e diesmal a u c h f ü r g e w ä h l t e V e r t r e t e r der freien Berufe Sitz und S t i m m e in der ersten K a m m e r . Nach eingehender E r ö r t e r u n g w u r d e der A n t r a g neuerdings a b g e l e h n t . Auf d e m L a n d t a g e 1912 griff der A b g e o r d n e t e Casselmann den A n t r a g Müller-Hof wieder auf. Auf d e m L a n d t a g e 1913/14 w u r d e der A n t r a g wieder abgelehnt, wohl a b e r e r k l ä r t e j e t z t der Vorsitzende im Ministerrate, Graf von Hertling, im N a m e n des bayerischen G e s a m t m i n i s t e r i u m s : er sei d u r c h a u s geneigt der Frage n ä h e r z u t r e t e n , inwieweit u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der v e r ä n d e r t e n Zeitverhältnisse und des wirklichen Bedürfnisses Ä n d e r u n g e n in der K a m m e r der Reichsräte v o r z u n e h m e n seien. Die Frage könne a b e r n u r nach engerer F ü h l u n g n a h m e mit der R e i c h s r a t s k a m m e r gelöst w e r d e n . Die Sozialdemokratie w a r n a c h wie vor f ü r eine völlige A u f h e b u n g der R e i c h s r a t s k a m m e r . Noch h a t t e a b e r die Regierung ihre R e i c h s r a t s r e f o r m p l ä n e der K a m m e r nicht u n t e r b r e i t e t u n d schon lagen neue A n t r ä g e auf eine F o r t bildung des Verfassungslebens v o r : die Liberalen b e a n t r a g t e n E i n f ü h r u n g der Verhältniswahl f ü r die K a m m e r der A b g e o r d n e t e n , Ü b e r p r ü f u n g des Geschäftsganggesetzes v o m 19. J a n u a r 1872 u . a . Die sozialdemok r a t i s c h e F r a k t i o n vollends legte a m 19. Dezember 1917 A n t r ä g e vor, die auf eine völlige D e m o k r a t i s i e r u n g des S t a a t e s a b z i e l t e n : A u f h e b u n g des Reichsrates u n d E i n f ü h r u n g des E i n k a m m e r s y s t e m s , u n b e s c h r ä n k t e s Petitions- u n d I n i t i a t i v r e c h t des L a n d t a g e s , S e l b s t b e s t i m m u n g s r e c h t des L a n d t a g e s in bezug auf Beseitigung des S a n k t i o n s r e c h t e s des Königs, auf Z u s a m m e n t r i t t und T a g u n g , E i n f ü h r u n g einjähriger Finanzperioden, E r n e n n u n g der Minister u n d B u n d e s r a t s m i t g l i e d e r n a c h Vorschlag des L a n d t a g e s , mit a n d e r e n W o r t e n E i n f ü h r u n g des p a r l a m e n t a r i s c h e n Systems, A b s c h a f f u n g des monarchischen Prinzips, der Privilegien des Königs, der königlichen Familie u n d der S t a n d e s h e r r e n , A u f h e b u n g der Fideikommisse und des Adels, A b s c h a f f u n g der Privilegien der ö f f e n t lichen Glaubensgesellschaften, T r e n n u n g der Kirche v o m S t a a t e u n d als V o r a u s s e t z u n g f ü r die Verwirklichung aller dieser F o r d e r u n g e n E i n f ü h r u n g eines „ g e r e c h t e n W a h l r e c h t e s " mit Verhältniswahl u n d D o e b e r l , Geschichte Bayerns. III.
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völlig u n b e s c h r ä n k t e m F r a u e n w a h l r e c h t . „ W i r S o z i a l d e m o k r a t e n " , so schloß der mit der B e g r ü n d u n g dieser A n t r ä g e b e t r a u t e A b g e o r d n e t e S ü ß h e i m sein u n d seiner P a r t e i politisches G l a u b e n s b e k e n n t n i s , „sind stolz d a r a u f , d a m i t weitere Bausteine geliefert zu h a b e n f ü r jenes S t a a t e n gebilde der Z u k u n f t , in welchem stolzere, glücklichere und freiere Menschen wohnen sollen, beseelt von d e m einen G e d a n k e n : alles d u r c h das Volk u n d alles f ü r das V o l k . " *
Es w a r selbstverständlich, d a ß ein Gesetzgebungswerk von dem ehrwürdigen Alter der bayerischen Verfassung nicht m e h r in allem d e m Geiste einer Zeit e n t s p r e c h e n konnte, in der die schweren Massen des Volkes i m m e r leidenschaftlicher nach Geltung im S t a a t s l e b e n rangen, in der sich mit den geistigen Bewegungen, den Ideen, i m m e r m e h r die materiellen Sorgen und Bedürfnisse des Tages mischten. Aber die Verf a s s u n g s u r k u n d e und die in ihr aufgestellten G r u n d s ä t z e haben sich als entwicklungsfähig erwiesen. Das bayerische Verfassungsrecht ist a u c h tatsächlich fortgebildet worden u n t e r den Königen Ludwig I., Maximilian II. u n d Ludwig II. so gut, wie u n t e r der R e g e n t s c h a f t des Prinzen Luitpold von Bayern, selbst in Zeiten, die a n d e r w ä r t s u n t e r dem Zeichen einer u n f r u c h t b a r e n R e a k t i o n , der V e r f a s s u n g s a u f h e b u n g und der Okt r o y i e r u n g s t a n d e n . Ein reich pulsierendes Verfassungsleben zieht sich hin von d e m „ V e r f a s s u n g s v e r s t ä n d n i s " des J a h r e s 1843, einer der stolzesten E r i n n e r u n g e n des bayerischen Verfassungslebens, über den Märzs t u r m des J a h r e s 1848, der d e m bayerischen Volk eine Fülle von j a h r z e h n t e l a n g vergebens e r s e h n t e n Gesetzen in den Schoß s c h ü t t e t e , ü b e r die G r ü n d u n g des Deutschen Reiches bis zum Landtagswahlgesetze v o m 9. April 1906. Das bayerische W a h l r e c h t f ü r die K a m m e r der Abgeo r d n e t e n w a r eines der freiheitlichsten der W e l t . Eine zeitgemäße R e f o r m f ü r die Bildung der R e i c h s r a t s k a m m e r s t a n d u n m i t t e l b a r bevor. Der L a n d t a g w a r im Besitze aller wesentlichen Befugnisse, die den Anteil des Volkes an den Geschicken des S t a a t e s sichern. Das bayerische Volk w a r im Genüsse aller Freiheitsrechte, die der damaligen Gesells c h a f t s o r d n u n g e n t s p r a c h e n . Das goldene Zeitalter des Staates, d a s m a n von d e m K o n s t i t u t i o n a l i s m u s erhoffte, war d a m i t allerdings ebensowenig verwirklicht w o r d e n wie das goldene Zeitalter des W i r t s c h a f t s lebens, das m a n sich von der Entfesselung der W i r t s c h a f t s k r ä f t e verhieß. Wie sich im wissenschaftlichen Leben das Bild der W a h r h e i t n u r durch R e i b u n g vollendet, so vollzieht sich der politische F o r t s c h r i t t nur im K a m p f e . Auch in B a y e r n w u r d e n z u m Teil recht l e b h a f t e K ä m p f e um die A u s g e s t a l t u n g des Verfassungsrechtes g e f ü h r t . Aber im großen Z u s a m m e n h a n g e b e t r a c h t e t , w a r die E n t w i c k l u n g des bayerischen Verfassungslebens stetig u n d ruhig. Niemals w u r d e von Seiten der b a y e rischen S t a a t s r e g i e r u n g die G e l t u n g der V e r f a s s u n g s u r k u n d e g e f ä h r d e t .
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In einer e r n s t e n S t u n d e bewegten K a m p f e s , d a m a l s als er das ihm übertragene M i n i s t e r a m t in die H a n d des Königs z u r ü c k g a b , schrieb F ü r s t Chlodwig von Hohenlohe an König Ludwig I I . : „ N i e , solange die b a y e rische V e r f a s s u n g b e s t e h t , h a b e n sich die Monarchen B a y e r n s v o m konstitutionellen W e g e n t f e r n t . Selbst nach den s t ü r m i s c h e n Ereignissen des J a h r e s 1848, wo zur W i e d e r h e r s t e l l u n g g e o r d n e t e r Rechtsz u s t ä n d e in f a s t allen S t a a t e n E u r o p a s O k t r o y i e r u n g e n oder S t a a t s streiche s t a t t f a n d e n , h a t sich B a y e r n nicht auf diesen W e g drängen lassen." Der G r u n d f ü r die ruhige und stetige E n t w i c k l u n g des Verfassungslebens lag einmal in d e m v o l k s f r e u n d l i c h e n C h a r a k t e r des bayerischen Königshauses. Darf m a n d e m Zeugnisse des Verfassers der ersten zus a m m e n h ä n g e n d e n Geschichte Bayerns, des Chronisten A n d r e a s von Regensburg, Glauben schenken, so h a t schon ein J a h r h u n d e r t vor Eberh a r d von W ü r t t e m b e r g ein w i t t e l s b a c h i s c h e r F ü r s t den b e r ü h m t e n Satz von der Volkstreue g e p r ä g t , der in d e m Gedichte von J u s t i n u s Kerner „ D e r reichste F ü r s t " seine poetische V e r k l ä r u n g f a n d . „ W i r haben zu den Unseren in u n s e r e m L a n d e ein solches V e r t r a u e n , d a ß keiner ist, in dessen Schoß wir nicht eine N a c h t ohne Sorge schlafen k ö n n t e n . " Das bayerische K ö n i g s h a u s h a t t e sich also einen wesentlichen G r u n d z u g des a l t g e r m a n i s c h e n V o l k s k ö n i g t u m s b e w a h r t . Der letzte T r ä g e r der K r o n e h a t in entscheidungsvollen S t u n d e n des bayerischen S t a a t e s der von seinen V ä t e r n e r e r b t e n v o l k s f r e u n d l i c h e n Gesinnung in W o r t und T a t t i e f e m p f u n d e n e n A u s d r u c k verliehen. König Ludwig 111. w a r nach seiner A b s t a m m u n g , seiner E n t w i c k l u n g , seinen Interessen, seiner ganzen Persönlichkeit wie wenige geschaffen, T r ä g e r des neuen u n d d o . h wieder alten sozialen V o l k s k ö n i g t u m s zu w e r d e n . Er h a t immer wieder, als Prinz wie als König, seinem Volk den Ausgleich der w i d e r s t r e b e n d e n Interessen der S t ä n d e g e p r e d i g t . Noch lange s t a n d e n wir u n t e r d e m n a c h h a l t i g e n E i n d r u c k e jener m a n n h a f t e n W o r t e , die er als Prinz von B a y e r n a m 5. F e b r u a r 1906 z u g u n s t e n des neuen L a n d t a g s w a h l g e s e t z e s in der K a m m e r der Reichsräte sprach, d a m i t ein Gesetz z u s t a n d e k o m m e , „ m i t d e m die große Mehrheit des L a n d e s zufrieden ist u n d mit d e m endlich einmal R u h e im L a n d e w e r d e n w i r d " . Es w a r der hohe Vorzug monarchischer, insbesondere a l t m o n a r c h i s c h e r S t a a t e n , d a ß sie sich eines ü b e r den P a r t e i e n s t e h e n d e n u n d doch d e m Volke eng v e r b u n d e n e n S t a a t s o b e r h a u p t e s e r f r e u t e n . Ein a n d e r e r G r u n d lag in der a l t e r e r b t e n , tief gewurzelten m o n a r c h i s c h e n G e s i n n u n g der überwiegenden Mehrzahl der bayerischen Bevölkerung, in ihrem ges u n d e n K o n s e r v a t i v i s m u s , der sich gar wohl mit ihrem u r a l t e n Freiheitsgefühl v e r t r u g , in ihrem n ü c h t e r n e n , m e h r auf das Sachliche als das Theoretische gerichteten Sinn. Ein sehr freiheitlich gerichteter Publizist aus der G r ü n d u n g s z e i t der bayerischen Verfassung, Heinrich Luden, schrieb im J a h r e 1818 in seiner b e k a n n t e n Nemesis: „ I h r k ö n n t Euch, Ihr Baiern, eine glück37*
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liehe Z u k u n f t schaffen u n d d e m ganzen T e u t s c h e n Volk ein H a l t und Schirm werden, wenn Ihr d e m R e c h t e n getreu bleibt u n d nichts übert r e i b t und nichts v e r s ä u m t u n d n u r das V a t e r l a n d m e i n t und die w a h r e F r e y h e i t u n d den edlen König u n d sein e r h a b e n e s H a u s . . . Schöneres a b e r k a n n die Sonne nicht sehen als ein f r e y e s Volk, das d u r c h gegenseitiges V e r t r a u e n , durch gegenseitige A c h t u n g u n d Liebe eins ist mit seinen F ü r s t e n u n d fröhlich u n d f r e u d i g nach j e n e m Ziele r i n g t . " H u n d e r t J a h r e s p ä t e r s c h r i t t die E n t w i c k l u n g a u c h in B a y e r n ü b e r die Monarchie hinweg. Im Verlaufe der sozialen Revolution des J a h r e s 1918 w u r d e die D y n a s t i e der W i t t e l s b a c h e r gestürzt u n d dem bayerischen S t a a t eine neue Verfassung gegeben. Gleichwohl bleibt der Sinn der W o r t e L u d e n s u n v e r r ü c k t : d a ß Freiheit u n d F o r t s c h r i t t im s t a a t l i c h e n Leben sich p a a r e n müssen mit Pflege der T r a d i t i o n und gegenseitiger A c h t u n g , wenn a n d e r s ein Volks sich gesund u n d s t a r k e r h a l t e n will. * W i r stehen a m Schlüsse. 1 ) W e r die deutsche Geschichte an sich v o r ü b e r z i e h e n l ä ß t v o n den Zeiten der V ö l k e r w a n d e r u n g bis auf unsere T a g e , d e m b e g e g n e t i m m e r wieder, in der V e r g a n g e n h e i t wie in der G e g e n w a r t , das b a y e r i s c h e P r o b l e m : in der Zeit der Merovinger u n d der Karolinger, in den T a g e n Heinrichs I., O t t o s des Großen, Friedrich B a r b a r o s s a s so gut wie in der Zeit des R h e i n b u n d e s , des W i e n e r Kongresses, des F r a n k f u r t e r P a r l a m e n t s , der Versailler Verh a n d l u n g e n , der W e i m a r e r V e r f a s s u n g s b e r a t u n g e n . Bei allen S t r e i t f r a g e n der letzten J a h r e , die das V e r h ä l t n i s B a y e r n s z u m Reiche t r ü b t e n , d r e h t e es sich im G r u n d e u m n i c h t s a n d e r e s als u m dieses u r a l t e P r o b l e m . U n d dieses gipfelt in der A l t e r n a t i v e : U n i t a r i s m u s oder Föderalismus. W a r u m ist diese d e u t s c h e Frage so sehr m i t B a y e r n v e r q u i c k t , d a ß m a n sie ein bayerisches P r o b l e m n e n n e n k a n n ? Weil in B a y e r n drei G r u n d e l e m e n t e der S t a a t l i c h k e i t ungewöhnlich s t a r k v e r t r e t e n s i n d : ein ursprüngliches wurzelfestes, kraftvolles V o l k s t u m voll Selbstgefühl u n d U n a b h ä n g i g k e i t s s i n n , ein v e r h ä l t n i s m ä ß i g großes, politisch und geographisch wohl gelegenes, u n d in der H a u p t s a c h e geschlossenes H e r r s c h a f t s g e b i e t , eine uralte s t a a t l i c h e T r a d i t i o n v e r s t ä r k t bis in die j ü n g s t e Zeit d u r c h eine t a u s e n d j ä h r i g e Dynastie. In der Zeit der E n t s t e h u n g der W e i m a r e r R e i c h s v e r f a s s u n g w u r den allerdings die d e u t s c h e n S t a a t e n s a m t u n d sonders als Zufallsb i l d u n g e n rein d y n a s t i s c h e r H a u s p o l i t i k bezeichnet. N u n gab oder gibt es gewiß d e u t s c h e B u n d e s s t a a t e n , die nie ein wirkliches s t a a t l i c h e s Eigenleben h a t t e n , die n u r irgend ein glücklicher Zufall oder eine lau*) Den folgenden Ausführungen liegen die Artikel des Verfassers „Bayern und das Reich" (Alt-Bayern. Seine Entwicklung und seine Zukunft, hrsg. v. Er. Köhrer, 1927) und „ D a s bayerische Problem" (Bayerische Staatszeitung, Nr. 300 v o m 28. Dez. 1923) zugrunde.
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nige Willkür des W i e n e r Kongresses vergessen oder v e r s c h o n t h a t . A b e r keineswegs gilt das von allen d e u t s c h e n B u n d e s s t a a t e n , gewiß n i c h t von B a y e r n . B a y e r n ist der älteste d e u t s c h e S t a a t , einer der ältesten S t a a t e n E u r o p a s ü b e r h a u p t . Eine gewisse K o n t i n u i t ä t l ä ß t sich vierzehn J a h r h u n d e r t e lang verfolgen, seit der Zeit der V ö l k e r w a n d e r u n g u n d der bayerischen L a n d n a h m e in den S ü d d o n a u l ä n d e r n . Bevor es noch eine d e u t s c h e oder eine französische N a t i o n gab, begegnet m a n einem Herzogt u m B a y e r n , das in seinen völkerrechtlichen wie in seinen i n n e r s t a a t lichen Befugnissen ein getreues Abbild der königlichen Gewalt in F r a n k e n darstellt, einem wirklichen S t a a t e , der mit seinen F u n k t i o n e n weit ü b e r den W i r k u n g s k r e i s des V ö l k e r s c h a f t s s t a a t e s der g e r m a n i s c h e n Urzeit h i n a u s g r e i f t . Mit der Beseitigung des agilolfingischen H a u s e s d u r c h Karl den Großen ist die bayerische S t a m m e s b e s o n d e r h e i t keineswegs a u s g e l ö s c h t ; im R e c h t , in der Sprache, in den G e w o h n h e i t e n , selbst im politischen Leben w i r k t sie f o r t . W a s die d e u t s c h e n S t ä m m e u n t e r Karl d e m Großen z u m E i n h e i t s s t a a t e z u s a m m e n g e s c h w e i ß t h a t t e , w a r nicht innerer D r a n g , sondern ä u ß e r e r Z w a n g gewesen. Mit d e m Verfalle des karolingischen S t a a t e s lebt auch die alte Herzogsgewalt wieder auf. U n d als sie sich u n t e r Heinrich I. u n d O t t o I. in das neue d e u t s c h e Reich e i n f ü g t , d a ist sie n u r d e m N a m e n n a c h den a n d e r e n Reichsh e r z o g t ü m e r n koordiniert, in Wirklichkeit stellt sie eine höhere Gewalt d a r ; i n n e r h a l b wie a u ß e r h a l b Bayerns e r k e n n t m a n an, d a ß sie die höchste W ü r d e n a c h d e m K a i s e r t u m verleihe. W a s j ü n g s t auf G r u n d eines neu e n t d e c k t e n F r a g m e n t e s Salzburger A n n a l e n ü b e r die M a c h t stellung Herzog A r n u l f s b e k a n n t geworden ist, ü b e r t r i f f t noch die bisherigen Vorstellungen. Als O t t o von W i t t e l s b a c h zur Regierung in B a y e r n gelangte, w a r das herzogliche S t a m m e s g e b i e t allerdings n u r m e h r ein B r u c h s t ü c k des alten, h a t t e sich der reiche K r a n z seiner südlichen, nördlichen u n d östlichen Marken a b g e b r ö c k e l t u n d war gleichzeitig der R e s t des s t a m mesherzoglichen H e r r s c h a f t s g e b i e t e s von oben wie von u n t e n , von der K r o n e wie von der G r u n d h e r r s c h a f t der geistlichen u n d weltlichen Großen, innerlich a u s g e h ö h l t worden. Aber etwas v o m Kerne, v o m i n n e r s t e n Wesen des S t a m m e s h e r z o g t u m s h a t B a y e r n a u c h j e t z t beh a u p t e t , B a y e r n allein von all den d e u t s c h e n S t a m m e s h e r z o g t ü m e r n . Mit der alten Macht der Besonderheit, d e m S t a m m e s g e f ü h l , v e r b ü n d e t sich der P a r t i k u l a r i s m u s der j ü n g e r e n Zeit, die d y n a s t i s c h e Landesh e r r s c h a f t . Den ersten bayerischen Herzögen aus d e m H a u s e W i t t e l s b a c h gelingt es z u d e m , das u r s p r ü n g l i c h n u r kleine, u n m i t t e l b a r e Verw a l t u n g s g e b i e t des Herzogs, wo er selbst gräfliche u n d g r u n d h e r r l i c h e R e c h t e ü b t e , das „ T e r r i t o r i u m " , b e d e u t e n d zu v e r m e h r e n u n d d a z u noch a u ß e r h a l b B a y e r n s wichtige E r w e r b u n g e n zu m a c h e n . B a y e r n , e h e d e m das erste S t a m m e s h e r z o g t u m , w a r eines der m ä c h t i g s t e n Territorien des Reiches geworden.
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Und wie s t a n d es mit der s t a a t l i c h e n L e b e n s b e t ä t i g u n g in diesem T e r r i t o r i u m ? Hier vollzieht sich die älteste d e u t s c h e Ä m t e r o r g a n i s a t i o n . Hier vollzieht sich die V e r w a n d l u n g des erblichen Richter- und Verw a l t u n g s v a s a l l e n in einen a b s e t z b a r e n , auf Zeit angestellten Beamten, die R ü c k k e h r z u m karolingischen, die A n b a h n u n g des modernen Bea m t e n s t a n d e s . Hier s c h a f f t m a n , u m die ä u ß e r e D i s t r i k t s v e r w a l t u n g zu ü b e r w a c h e n , Mittelbehörden, die sich im karolingischen S t a a t e so segensreich erwiesen, im r ö m i s c h - d e u t s c h e n Reiche a b e r f e h l t e n . Hier entwickelt sich aus einer ursprünglich zufälligen, aus dem Stegreif g e f ü h r t e n Z e n t r a l v e r w a l t u n g ein festgeschlossenes Zentralkollegium mit festen Befugnissen, von dem sich d a n n auf d e m Wege der Arbeitsteilung die Vorläufer unserer m o d e r n e n Ministerien abzweigen. Hier k o m m t es angesichts der gesteigerten s t a a t l i c h e n A n f o r d e r u n gen zur B e g r ü n d u n g eines Steuer- u n d Finanzwesens, wie es selbst dem S t a a t e Karls des Großen v e r s a g t war. Allerdings f ü h r t das zu einer B e s c h r ä n k u n g der fürstlichen Gewalt, zu einer Art von Mitregierung b e v o r r e c h t e t e r Klassen der Bevölkerung, der g r o ß g r u n d b e s i t z e n d e n Geistlichkeit, des Adels und einer V e r t r e t u n g der B ü r g e r s c h a f t , zu der s o g e n a n n t e n L a n d s c h a f t . Aber gerade die bayerische L a n d s c h a f t , eine der s e l b s t b e w u ß t e s t e n , stolzesten K ö r p e r s c h a f t e n im Reiche, f ö r d e r t die Einheit des S t a a t e s , die Ausbildung des S t a a t s g e d a n k e n s , das Bewußtsein der Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t u n d bereitet zugleich die beiden p a r l a m e n t a r i s c h e n G r u n d r e c h t e des m o d e r n e n S t a a t e s vor, das Steuerbewilligungsrecht und das R e c h t der Mitwirkung bei der Gesetzgebung. Hier entwickelt sich, ausgehend von der Sorge f ü r den L a n d f r i e d e n , eine L a n d e s g e s e t z g e b u n g , die sich mit den verschiedensten Seiten menschlicher K u l t u r b e s c h ä f t i g t , die ganz besonders die wirtschaftlichen Verhältnisse neuerdings einer s t a a t l i c h e n Leitung zu unterstellen s u c h t und auch auf Gebiete h i n ü b e r g r e i f t , deren Regelung bisher der Kirche überlassen war. W i e d e r u m h a t B a y e r n auch auf d e m Gebiete der Gesetzgebung a u ß e r o r d e n t l i c h f r u c h t b a r g e w i r k t : im 13. J a h r h u n d e r t mit der L a n d f r i e d e n s g e s e t z g e b u n g , im 14. J a h r h u n d e r t mit der Gesetzgebung Ludwigs des Bayern, im 15. J a h r h u n d e r t mit den niederbayerischen L a n d e s o r d n u n g e n der Herzöge Ludwig des Reichen u n d Georg des Reichen, im 16. J a h r h u n d e r t mit der Wilhelminischen Gesetzgebung, auf deren G r u n d l a g e d a n n sowohl der codex Maximilianeus als die K r e i t t m a y r s c h e K o d i f i k a t i o n e n t s t e h e n k o n n t e . E r s e t z t e n diese K o d i f i k a t i o n e n auch nicht das f e h l e n d e Reichsrecht, so schufen sie wenigstens f ü r ein größeres T e r r i t o r i u m ein einheitliches R e c h t ; waren sie auch v o m f r e m den R e c h t e b e e i n f l u ß t , so v e r m i t t e l t e n sie doch eine Art K o m p r o m i ß zwischen d e m römischen u n d d e m mittelalterlichen deutschen R e c h t . Hier, im T e r r i t o r i u m , e n t s t e h e n die s t a a t l i c h e Volks-, Mittel- u n d Hochschule, die s t a a t l i c h e A r m e n p f l e g e , die staatliche Gesundheitspolizei, die W u r z e l n des m o d e r n e n S t a a t s k i r c h e n r e c h t e s , k u r z die wichtigsten F u n k t i o n e n des m o d e r n e n S t a a t e s , auch die Blüte s t a a t l i c h e r W i r k -
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s a m k e i t die W o h l f a h r t s p f l e g e , die K u l t u r p o l i t i k . Der T e r r i t o r i a l s t a a t u m f a ß t e t r o t z seiner U n t e r o r d n u n g u n t e r Kaiser u n d Reich die ganze S u m m e s t a a t l i c h e r T ä t i g k e i t , n a h m im wesentlichen alle die F u n k t i o n e n w a h r , die nach unserer heutigen A n s c h a u u n g in den Bereich des S t a a t e s fallen. H i n t e r den s t a a t l i c h e n Leistungen des bayerischen T e r r i t o r i u m s blieb das, was das Reich an s t a a t l i c h e n A u f g a b e n wirklich löste, weit zurück. Das m o d e r n e Königreich B a y e r n vollends war kein Mittel- oder K l e i n s t a a t wie a n d e r e G l i e d s t a a t e n D e u t s c h l a n d s : nicht bloß der r o m a n tische S c h i m m e r einer m e h r als t a u s e n d j ä h r i g e n T r a d i t i o n gab ihm eine besondere W ü r d e u n d einen besonderen Reiz, etwas wie ein eigenes Gewicht im europäischen S t a a t e n s y s t e m w o h n t e ihm inne. Kein Geringerer als Bismarck h a t dieser B e d e u t u n g A u s d r u c k gegeben. Wenige E p o c h e n d e u t s c h e r u n d bayerischer Geschichte sind so erfüllt von S t a a t s a r b e i t , von s t a a t l i c h e r A n s p a n n u n g u n d s t a a t l i c h e r Ü b e r s p a n n u n g wie die Regierungszeit des ersten Königs, das Zeitalter des Ministeriums Montgelas, u n d k a u m ein anderes J a h r in dieser Epoche ist so g e s t r a f f t wie das J a h r 1808, das J a h r der K o n s t i t u t i o n , u n d die ihm folgenden fünf J a h r e konstitutioneller E d i k t e . Das R e f o r m w e r k Montgelas' h a t t e t r o t z des a n d e r e n Geistes, aus dem es geboren w u r d e , f ü r B a y e r n eine ähnliche B e d e u t u n g wie f ü r P r e u ß e n die S t e i n - H a r d e n b e r g schen R e f o r m e n . Gleichzeitig v e r b a n d e n sich mit d e m a l t b a y e r i s c h e n S t a m m e schwäbische, f r ä n k i s c h e , pfälzische E l e m e n t e u n d d a m i t rheinisches Blut u n d rheinische Überlieferungen, und diese Mischung oder Legierung ist f ü r die Modernisierung des bayerischen S t a a t e s b e d e u t s a m g e w o r d e n ; der B e g r ü n d e r des m o d e r n e n S t a a t e s B a y e r n selbst w a r m i t s t a r k e m rheinischem Einschlag n a c h München z u r ü c k g e k e h r t . Dem „ O r g a n i s a t i o n s f i e b e r " des Ministeriums Montgelas u n d der von ihm niedergesetzten „ O r g a n i s a t i o n s k o m m i s s i o n " folgte eine Zeit staatlicher E r m ü d u n g . Aber das J a h r 1848 w e c k t e die s t a a t l i c h e Energie zu verd o p p e l t e r A k t i v i t ä t . Und gerade die letzte Epoche vor d e m Weltkrieg u n d vor d e m Z u s a m m e n b r u c h , die Zeit der R e g e n t s c h a f t , ist bei aller ä u ß e r e n E i n f a c h h e i t u n d Bescheidenheit eine der f r u c h t b a r s t e n Perioden in der E n t w i c k l u n g B a y e r n s . Dieses bayerische Eigenleben, dieser bayerische P a r t i k u l a r i s m u s , wie m a n ihn auch n e n n e n mag, h a t sich ganz besonders b e t ä t i g t auf d e m Gebiete der geistigen K u l t u r : „ D i e d e u t s c h e n S t a a t e n leben u n d s t e r b e n mit der A u f g a b e d e u t s c h e K u l t u r s t a a t e n zu sein." In den Dichtern unseres bayerischen S t a m m e s gipfelt die erste Blüteperiode d e u t s c h e r L i t e r a t u r . R i t t e r v o m bayerischen S t a m m e waren es, die die volkst ü m l i c h e n Lieder der Spielleute zu den großen Volksepen des Nibelungenu n d Gudrunliedes u m b i l d e t e n . Ein K a p l a n am Hofe des weifischen Herzogs Heinrich des Stolzen w a r der erste, der d e m d e u t s c h e n P u b l i k u m ein französisches K u n s t e p o s in d e u t s c h e r B e a r b e i t u n g bot, das Rolandslied. Ein a n d e r e r Angehöriger des bayerischen S t a m m e s f ü h r t e das
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höfische K u n s t e p o s zu seiner höchsten Vollendung — W o l f r a m v o n E s c h e n b a c h . Ein B a y e r w a r auch der b e g a b t e s t e Lyriker der ersten Blüteperiode d e u t s c h e r L i t e r a t u r — W a l t e r von der Vogelweide, d e r wie kein anderer deutsches Land, deutsches Volk, deutsche F r a u e n , d e u t s c h e Sitte dichterisch verherrlicht h a t . Allen diesen bayerischen D i c h t u n g e n ist t r o t z des i n t e r n a t i o n a l e n Zeitgeistes der ritterlichen K u l t u r eine bayerische S o n d e r a r t , eine ü b e r s p r u d e l n d e schöpferische P h a n t a s i e , eine w a r m e Sinnlichkeit, eine echte Volkstümlichkeit eigen. In der neueren d e u t s c h e n L i t e r a t u r , die u n t e r F ü h r u n g des N o r d e n s eine m e h r v e r s t a n d e s m ä ß i g e R i c h t u n g a n n a h m , w u r d e es d e m b a y e r i schen S t a m m allerdings schwer, einen würdigen P l a t z zu erringen. Aber die zähe, u n v e r w ü s t l i c h e V o l k s k r a f t des bayerischen S t a m m e s h a t sich a u c h in dieser Zeit glänzend b e w ä h r t auf einem Gebiete, dem er n a c h seinen Anlagen u n d seiner E r z i e h u n g besondere E m p f ä n g l i c h k e i t e n t g e g e n b r a c h t e , auf d e m Gebiete der K u n s t . Das fürstlich-höfische Zeitalter b r a c h t e auf d e m Gebiete der bildenden K ü n s t e W e r k e von d a u e r n d e m W e r t e und K ü n s t l e r von f a s t i n t e r n a t i o n a l e r B e d e u t u n g h e r v o r u n d s p o r n t e selbst das H a n d w e r k zu höchsten Leistungen an. W a r München d a m a l s a u c h keine H o c h b u r g geistigen Lebens, so w a r es doch schon die S t a d t eines b l ü h e n d e n K u n s t g e w e r b e s . Das Beispiel des Hofes w i r k t e aneifernd auf den Adel, auf die P r ä l a t u r e n , auf das Bürgerund B a u e r n t u m bis tief hinein in die abgelegenen Gebirgsdörfer. Diese fürstlich-höfische K u l t u r w a r nach ihrem U r s p r u n g freilich kein n a t i o n a l e s Erzeugnis, sondern s t a m m t e aus der F r e m d e . Aber bei aller E m p f ä n g l i c h k e i t des bayerischen S t a m m e s f ü r f r e m d e K u l t u r w i r k u n g e n ist er den f r e m d e n Einflüssen nicht erlegen. Selbst nach der K a t a s t r o p h e des Dreißigjährigen Krieges, d a das d e u t s c h e V o l k s t u m gebrochen schien, w a r es in B a y e r n noch so kräftig, d a ß es nicht bloß die K u n s t , die f r e m d e Meister ins Land b r a c h t e n , sich zu eigen m a c h t e , ihr b a y e risches Gepräge a u f d r ü c k t e , sondern d a ß es selbst die f r e m d e n Meister, auch einen Meister wie Cuvillies, zwang, d e u t s c h zu b a u e n , d e u t s c h zu gestalten. Gerade auf b a y e r i s c h e m Boden ist das aus F r a n k r e i c h s t a m m e n d e R o k o k o erst in seine letzten Konsequenzen u n d d a m i t zu seiner höchsten Vollendung g e f ü h r t w o r d e n . Zwei bayerische K a b i n e t t s t ü c k e sind H ö c h s t l e i s t u n g e n dieser S t i l a r t : die A m a l i e n b u r g ist die vielleicht genialste S c h ö p f u n g des Rokokos und mit der Wieskirche bei Steingaden h a t sich D o m i n i k u s Z i m m e r m a n n u n t e r die ersten Meister des Kirchenbaues nicht bloß D e u t s c h l a n d s , sondern seiner Zeit ü b e r h a u p t gestellt. Beide h a b e n — d a r i n zeigt sich w i e d e r u m die S t ä r k e und Zähigkeit bayerischer E i g e n a r t — etwas von d e m barocken H u m o r u n d der b a r o c k e n P h a n t a s t i k im Parzival sowohl wie an den P o r t a l e n , a n den K a p i t a l e n u n d in den K r y p t e n unserer a l t r o m a n i s c h e n Kirchen. Nach der kurzen rationalistischen Epoche der A u f k l ä r u n g w u r d e B a y e r n u n t e r seinen Königen ein Land der R o m a n t i k , der d e u t s c h e n Renaissance, der W i e d e r g e b u r t d e u t s c h e n E m p f i n d e n s , aber auch
Die Regentschaft und die weitere Fortbildung des bayerischen Verfassungslebens.
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d e u t s c h e r P h a n t a s i e ; es ist nicht zufällig, d a ß der typische V e r t r e t e r der R o m a n t i k , J o s e p h von Görres, hier seine H e i m s t ä t t e f a n d . R o m a n tisch w a r die K u n s t b e g e i s t e r u n g u n d K u n s t p f l e g e Ludwigs I. R o m a n tisch w a r die Liebe Maximilians II. zur d e u t s c h e n Vergangenheit u n d zu ihrer wissenschaftlichen B e a r b e i t u n g . R o m a n t i s c h w a r die Kunst-, u m nicht zu sagen T r a u m w e l t Ludwigs II., r o m a n t i s c h seine brünstige V e r e h r u n g f ü r Richard W a g n e r u n d dessen „ K u n s t w e r k der Z u k u n f t " , die ihn b e s t i m m t e eines der g r ö ß t e n musikalischen Genies vor d e m w i r t s c h a f t l i c h e n und vielleicht auch d e m seelischen Z u s a m m e n b r u c h zu r e t t e n . U n t e r B a y e r n s Königen h a t der kleine bayerische S t a a t f ü r K u n s t , W i s s e n s c h a f t u n d schöne L i t e r a t u r mehr geleistet als manche europäische G r o ß m a c h t . Diese Eigenart der L e b e n s b e t ä t i g u n g , die s t a a t l i c h nicht g e h e m m t sein, die sich s t a a t l i c h vielmehr ausleben will, zeigt sich in Bayern auch in w i r t s c h a f t l i c h e r und sozialer H i n s i c h t . W ä h r e n d in Mitteld e u t s c h l a n d , in T h ü r i n g e n und Sachsen, u n d in d e m größeren Teile N o r d d e u t s c h l a n d s , z u m a l in P r e u ß e n , eine ü b e r s p a n n t e Industrialisier u n g u n d U r b a n i s i e r u n g W i r t s c h a f t u n d Gesellschaft beherrschen, wenn nicht verschlingen, ist Bayern noch immer, zwar nicht der Zahl, aber der B e d e u t u n g nach, ein überwiegend agrarisches Land, ist hier das Dorf noch eine der S t a d t e b e n b ü r t i g e Macht, gibt es hier noch einen zahlreichen B a u e r n s t a n d von u n g e b r o c h e n e r körperlicher u n d sittlichreligiöser K r a f t , gibt es hier noch ein h a l b städtisches, h a l b landwirtschaftliches K l e i n b ü r g e r t u m mit H a n d w e r k e r n , die noch wie in den besten Zeiten der z ü n f t i g e n V e r f a s s u n g ihres Gewerbes wie eines A m t e s im öffentlichen Dienste walten u n d n a c h künstlerischer E n t f a l t u n g s t r e b e n , gibt es selbst noch L o h n a r b e i t e r , a u c h industrielle Lohnarbeiter, in größerer Zahl, die auf eigener Scholle leben. Gibt es n o c h ! Sie alle f ü h l e n sich mehr oder minder in ihrer E x i s t e n z b e d r o h t . Sie alle, der B a u e r , der Kleinbürger, aber auch ein g u t e r Teil der Arbeiter auf eigener Scholle, sie alle schreien nach einem S t a a t e , der sie in ihrer Eigenart erhält. So sehen wir d e n n auf den verschiedensten Gebieten ein bayerisches Eigenleben, eine sich i m m e r wieder neu a u s w i r k e n d e E i g e n a r t , aber a u c h ein S t r e b e n , einen inneren Drang, diese E i g e n a r t , dieses geschichtliche Selbst zu b e h a u p t e n u n d zu entwickeln. Zu allen Z e i t e n : im alten Reich, im Deutschen B u n d , im Bismarckischen Reich, in der d e u t s c h e n Republik. D i e w i c h t i g s t e V o r b e d i n g u n g f ü r die E r h a l t u n g d i e s e r E i g e n a r t a b e r i s t u n d b l e i b t d i e Staatlichkeit. W e r von B a y e r n Verzicht auf diesen S t a a t verlangt, f o r d e r t Verzicht auf v i e r z e h n h u n d e r t J a h r e bayerischer Überlieferung. Ein solches Verlangen ist doppelt verhängnisvoll zu einer Zeit, d a es gilt, alle politisch a u f b a u e n d e n K r ä f t e des Reiches zu s a m m e l n . Das d e u t s c h e Volk ist f ü r den E i n h e i t s s t a a t nicht geschaffen. Die A n s ä t z e z u m E i n h e i t s s t a a t e , von denen die ältere d e u t s c h e Geschichte
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V I I . Buch. Achtes Kapitel.
b e r i c h t e t , u n t e r Karl d e m Großen, u n t e r O t t o d e m Großen, m ü n d e t e n alle schließlich in eine E n t w i c k l u n g aus, die an Stelle einer kleinen Zahl von S t a m m e s s t a a t e n eine Vielzahl von kleinen u n d kleinsten Territorien b r a c h t e . Ein gesunder, den jeweiligen Lebensnotwendigkeiten des größeren D e u t s c h l a n d s a n g e p a ß t e r Föderalismus ist nicht bloß die V o r a u s s e t z u n g der kulturellen Leistungsfähigkeit Deutschlands, die gerade in der d e u t s c h e n Vielheit u n d Mannigfaltigkeit wurzelt, sondern a u c h die V o r a u s s e t z u n g f ü r eine ruhige, stetige u n d erfolgreiche Politik. W a s in einer bewegten S t u n d e deutscher Geschichte einer der besten d e u t s c h e n P a t r i o t e n schrieb, das gilt noch h e u t e : „ D e u t s c h l a n d ist bes t i m m t , im F ö d e r a t i v s y s t e m seine weltgeschichtliche B e d e u t u n g a u c h f ü r die Z u k u n f t d u r c h z u f ü h r e n . Der spezielle P a t r i o t i s m u s f ü r den einzelnen S t a a t u n d der allgemeine f ü r das ganze V a t e r l a n d sind keine sich ausschließenden Gegensätze, sie k ö n n e n und müssen sich gegenseitig ergänzen. Die besten P a t r i o t e n werden d a n n mit Lust und Stolz s a g e n : Ich bin ein Bayer, wenn sie gleichzeitig mit Lust und Stolz sagen k ö n n e n : Ich bin ein D e u t s c h e r . "
Quellen- und Literaturverzeichnis. Das Verzeichnis ist nach dem Vorbild der beiden ersten Bände angelegt; die Angaben sind mit Ausnahme des von Herrn Professor Dr. Rose besorgten alphabetischen Verzeichnisses f ü r die kunstgeschichtlichen Teile nach Möglichkeit systematisch geordnet. Von den Quellen sind nur die gedruckten, von der allgemeinen Literatur nur die wichtigeren Werke angegeben. Die zunächst folgenden Werke beziehen sich auf den ganzen Zeitraum. Um Raum zu sparen, ist bei den einzelnen Kapiteln nicht darauf verwiesen. L a v i s s e et R a m b a u d , Histoire générale, X u . X I , 1898/99. S c h ä f e r Dietr., Weltgeschichte, II, 1913. L i n d n e r Th., Weltgeschichte, V I I I u. IX, 1914/16. G e r v i n u s G., Geschichte des 19. J a h r hunderts seit den Wiener Verträgen, 8 Bde., 1855/66. S t e r n A., Geschichte Europas seit den Verträgen von 1815 bis zum Frankf u r t e r Frieden von 1871, 10 Bde., 1894/1924. S e i g n o b o s Ch., Histoire politique de l'Europe contemporaine 1814—1896, 2 Bde., '1924/26. T r e i t s c h k e H. v., Deutsche Geschichte im 19. J a h r h u n d e r t , 5 Bde., 1879/94. Z w i e d i n e c k - S ü d e n h o r s t H. v., Deutsche Geschichte von der Auflösung des alten bis zur Errichtung des neuen Kaiserreichs, 3 Bde., 1897/1905. L a m p r e c h t K-, Deutsche Geschichte, X u. X I , 1907/9. K a u f m a n n G., Geschichte Deutschlands im 19. J a h r h . , 1912. S c h ä f e r Dietr., Deutsche Geschichte, II", 1922. H o f m a n n Alb. v., Politische Geschichte der Deutschen, V, 1928. T r e i t s c h k e H. v., Historisch-politische Aufsätze, 4 Bde., 1871/97. K a i n d l R. F., Österreich, Preußen, Deutschland, 1926. v o n d e r G o l t z C., Frhr. v., Kriegsgesc ichte Deutschlands im 19. J a h r hundert, 2 Bde., 1910/14.
K o b e l l Luise v., Unter den vier ersten Königen von Bayern, 2 Bde., 1894. F e s t e r R., Ein J a h r h u n d e r t BayerischWittelsbachische Geschichte 1799 bis 1899, 189J. B i t t e r a u f Th., Bayern als Königreich 1806—1906, 1906. R i e z l e r S. v., Das glücklichste J a h r hundert bayerischer Geschichte, 1806 bis 1906, »1911. D o e b e r l Mich., Bayern und Deutschland im 19. J a h r h u n d e r t (Sitz.-Ber. d. Münchner Ak. d. Wiss.), 1917. S e y d e l M. v., Bayerisches Staatsrecht, 7 Bde., 2 1896 (neu bearb. von Rob. Piloty und v. Graßmann, 2 Bde., 1913). T h e i l h a b e r R., H u n d e r t J a h r e bayerische Verfassungsentwicklung 1808 bis 1908, Diss. Würzb. 1908. P i l o t y R., H u n d e r t J a h r e bayerischer Verfassung, 1918. D o e b e r l Mich., Ein J a h r h u n d e r t bayerischen Verfassungslebens, 1918. Z i e g l e r T h e o b . , Die geistigen undsozialen Strömungen des 19. J a h r h u n d e r t s , '1921. M e i n e c k e F., Weltbürgertum und Nationalstaat, '1928. B a u e r Wilh., Die öffentliche Meinung und ihre geschichtlichen Grundlagen, 1914. S a l o m o n L., Geschichtc des deutschen Zeitungswesens von den ersten Anfängen bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches, 3. Bd., 1906.
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Quellen- und Literaturverzeichnis.
B r ü c k H., Geschichte der katholischen Kirche in Deutschland im 19. J a h r hundert, 4 Bde., 1887/1908. G o y a u G., L'Allemagne religieuse, 4 Bde., 1898/1905. M e d i c u s H., Geschichte der evangelischen Kirche in Bayern diesseits des Rheins, 1863. M e u r e r Ch., Bayerisches Kirchenvermögensrecht, 3 Bde., 1899/1919. P a u l s e n - L e h m a n n , Geschichte des gelehrten Unterrichts, 2 Bde., "1919/21. V. B u c h . Erstes Kapitel. D ö l l i n g e r G., Sammlung der im Gebiete der inneren Staatsverwaltung des Königreichs Bayern bestehenden Verordnungen, 1835ff. Die Verhandlungen der 1. u. 2. Kammer der Ständeversammlung des Königreichs Bayern in den J a h r e n 1819, 22 u. 25. B u c h n e r Andr., Geschichte von Bayern, X, 1855. R u d h a r t J . , Über den Zustand des Königreichs Bayern, 3 Bde., 1827. E g e r s d o r f f Annemarie, Die Bestrebungen der fränkischen Bauern 1815, Diss. 1921. T r e i t s c h k e H. v., Bayern und die Karlsbader Beschlüsse (Preuß. J b b . LII). B r a t e r K., Die Verfassungsurkunde des Königsreichs Bayern, 1872. L e r c h e n f e l d M., Frhr. v., Die bayerische Verfassung und die Karlsbader Beschlüsse, 1883. S t e n g e l K. v., Die Verfassungsurkunde f ü r das Königreich Bayern von 1818 und die Entwicklung des bayerischen Verfassungsrechtes seit deren Erlassung, 1895. R e i n h a r d s t ö t t n e r 0 . v., Beitrag zur Geschichte der bayerischen Verfassungsurkunde, 1906. ö s c h e y R., Einige gleichzeitige Stimmen zur bayerischen Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 (Oberbayer. Archiv, LVI), 1912. S e y d e l M. v., Das Budgetrecht des bayerischen Landtags und das Verfassungsverständnis von 1843 (Staatsrechtl. u. polit. Abh., n. F.), 1902.
L e m p f r i d Wilh., Die Anfänge des parteipolitischen Lebens und die politische Presse, 1825—31, 1912. B i t t e r a u f Th., Die Zensur der politischen Zeitungen, 1799—1825 (Riezler-Festschrift), 1913. L e r c h e n f e l d M., Frhr. v., Aus den Papieren des bayerischen Staatsministers Freiherrn v. Lerchenfeld, 1887. S p i n d l e r Max, Briefwechsel zwischen Ludwig I. von Bayern und Eduard v. Schenk, 1823—1841, 1930. H e i g e l K. Th. v., König Ludwig I., 1872; d e r s e l b e , Ludwig I., König von Bayern (Hist. Taschenbuch). 1881; d e r s e l b e , Ludwig I. und Karl Haller v. Hallerstein (Zeitschrift f. allgem. Gesch. II), 1885; d e r s e l b e , Ludwig I. als Freund der Geschichte (Beil. z. Allg. Zeit. 236), 1886/87; d e r s e l b e , Ludwig I. als Erzieher seines Volkes, (Quellen u. Abh. z. neueren Gesch. Bayerns, N. F.) 1890. S e p p J . N., Ludwig Augustus, König von Bayern, 2 1903. R i t t e r M., Beiträge zur Regierungszeit König Ludwigs I. von Bayern, 1853/55. R i e d n e r O . , König Ludwig I. von Bayern und die Pfalz (Korrespondenzbl. d. Ges. Ver. d. dt. Gesch. u. Altertumsver. 76), 1928. S c h m i d t Fr., Geschichte der Erziehung der pfälzischen Wittelsbacher, 1899. W i n k l e r W., Die Mutter Ludwigs I. nach ungedruckten Briefen (Der Wächter, VII), 1924. C u r t i u s Fr., Jugendbriefe König Ludwigs I. (Beil. z. Allg. Zeit., Nr.l 12), 1897. S p i n d l e r Max, Joseph Anton Sambuga und die Jugendentwicklung König Ludwigs I., 1927. T h i e r s c h Herrn., Ludwig I. von Bayern und die Georgia Augusta, 1927. H e i g e l K. Th. v., Kronprinz Ludwig in den Feldzügen von 1807 und 1809 (Hist. Vortr., III), 1887; d e r s e l b e , Der Anteil des Kronprinzen Ludwig am bayerischen Verfassungswerk ( Q u . u. Abh. z. neu. Gesch. Bay.), 1884. D o e b e r l Mich., Kronprinz Ludwig und die deutsche Frage (Festgabe f. K. Theod. v. Heigel), 1903. W i n k l e r W., Ludwig I. und die deutschen Katholiken in Nordamerika (Hist. Pol. Bl.), 1922.
589
Quellen- und Literaturverzeichnis. N a d l e r J o s . , Das München K ö n i g Ludwigs I. ( H o c h l a n d ) , 1925/26. K o s c h W . , Geschichte der deutschen Literatur im Spiegel der nationalen E n t wicklung, I, 1925 ( A b s c h n i t t ü b e r Ludwig I.). H e r t l i n g G., F r h r . v., Gedächtnisrede auf König Ludwig I. ( H i s t . Pol. B l . , C I I ) , 1888. H a n e b e r g D . B . , T r a u e r r e d e auf König Ludwig I., 1868. D ö l l i n g e r Ig. v . , T r a u e r r e d e auf König Ludwig 1., 1868. G e r s t e n e c k e r J o h . , Ludwig I., König von B a y e r n in seinen Briefen an Phil, v . Lichtentaler, 1886. B ö h m Gg., Aus der Zeit K ö n i g Ludwigs I. ( B e i l . z. Allg. Zeit., Nr. 196/97), 1884. B r u n n Heinr. v., Denkrede zur E r i n n e rung an das Zentenarium der G e b u r t König Ludwigs I., 1886. Z e r z o g J u l i e v., B r i e f e des S t a a t s m i n i sters Grafen Maximilian J o s e p h v . Montgelas, 1853. S r b i k H. v . , M e t t e r n i c h , 2 B d e . , 1927. B i b 1 Viktor, Metternich in neuer B e l e u c h tung. Sein geheimer Briefwechsel m i t dem bayerischen S t a a t s m i n i s t e r Wrede, 1928. Heilmann J., Feldmarschall Fürst Wrede, 1881. S c h a d e n Ad. v., Gelehrtes München im J a h r e 1834. K o b e l l Luise v., Münchner P o r t r a i t s n a c h dem Leben gezeichnet, 1897. F r i e d r i c h J . , Ignaz v. Döllinger, 3 B d e . , 1898 bis 1901. R i n g s e i s J . N., Erinnerungen, hrsg. von E m i l i e Ringseis, 4 B d e . , 1886/1892. S e p p J . N., Goerres, 1 8 9 6 . . F u n k P h . , Von der Aufklärung zur R o m a n t i k , 1925. H a y m Rud., Die romantische Schule, ein B e i t r a g zur Geschichte des deutschen Geistes, 1914. L i s t Steph., Die Münchner R o m a n t i k und die Gesellschaft von den drei Schilden (Oberbayer. Archiv, L X I I I ) , 1922. B e r g s t r ä ß e r L., Der Görreskreis im bayerischen L a n d t a g von 1837 ( O b b . Arch. L V I ) , 1912. V t J . L i t e r a t u r zu V 2 u. 6.
Zweites
Kapitel.
S p i n d l e r , Briefwechsel e t c . T h o m a s i u s G., D a s Wiedererwachen des evangelischen Lebens in der lutherischen K i r c h e B a y e r n s , 1867. B r a u n s b e r g e r O., R ü c k b l i c k e auf das katholische Ordenswesen im vergangenen J a h r h u n d e r t , 1903. D ü r r s c h m i d t H . , Die klösterlichen Genossenschaften in B a y e r n , 1875. K a r p f h a m m e r Hans, Die staatlichen Leistungen an die Religionsgesellschaften in B a y e r n , Diss. W ü r z b . , 1928. D o e b e r l A n t . , K ö n i g Ludwig I. und die katholische K i r c h e ( H i s t . P o l . B l . CLVIIIff.) 1916f. E b e r l Aug., Geschichte der bayerischen Kapuziner-Ordensprovinz, 1902. S t ö c k e r l , D a g o b . , Die bayerische F r a n ziskanerprovinz, 1925. H a l s e r AI., B i s c h o f K- J . von R i c c a b o n a und seine Zeit, 1928. A i c h i n g e r , Biographie des B i s c h o f s S a i ler, 1865. S t ö l z l e Remigius, B r i e f e König Ludwigs I. von B a y e r n an Bischof Sailer (Hochland, V I I I ) , 1910; d e r s e l b e , J o h . Mich. SaMer, seine Ablehnung als B i s c h o f von Augsburg im J a h r e 1819, 1 9 1 4 ; d e r s e l b e , J o h . Mich. Sailers religiöse E n t w i c k l u n g , 1914; ders e l b e , J o h a n n Michael Sailers B e rufung an die U n i v e r s i t ä t Ingolstadt ( H i s t . Pol. B l . , C X L I I I ) , 1910. R a d l m a i e r L., J o h . Mich. Sailer als P ä dagog, Münch. Diss., 1909. D o e b e r l A n t . , B a u s t e i n e zu einer B i o graphie des Bischofs Sailer ( H i s t . Pol. B l . ) , 1913, 1915, 1 9 1 6 ; d e r s e l b e , B i s c h o f Sailer und die B e r u f u n g von Görres nach München ( X e n i o n - E h r e n g a b e f . d. Görresversamml. zu R e g e n s burg), 1928. T h i e r s c h Friedr., Ü b e r gelehrte Schulen m i t besonderer R ü c k s i c h t auf B a y e r n , 1826/29. P r a n t l C., Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in Ingolstadt, L a n d s h u t , München, 2 B d e . , 1872. H e i g e l K . T h e o d . v., Ludwig I. und die Münchener Hochschule (Quellen u. A b h . z. neueren Gesch. B a y . , N. F . ) , 1890.
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E o s , Zeitschrift aus B a y e r n zur Erholung und B e l t h r u n g , 1 8 1 8 — 1 8 3 2 . L e r c h e n f e l d M a x , F r h r . v., Aus den P a pieren usw. S p i n d l e r , Briefwechsel usw. L e m p f r i d , Die Anfänge des parteipolitischen Lebens usw. F r a n z Eug., Bayerische Verfassungsk ä m p f e . Von der S t ä n d e k a m m e r zum L a n d t a g , 1926. S a c h s L o t h . , Die Entwicklungsgeschichte des bayerischen Landtags in den ersten drei J a h r z e h n t e n nach der Verfassungsgebung, 1914. G r ö ß e r L., Der gemäßigte Liberalismus im bayerischen L a n d t a g von 1819 bis 1848, Diss. München, 1929. R e n z F r a n z , Der L a n d t a g 1827/28, Diss. München, 1930. G ö l z Wilhelmine, Der bayerische Landtag 1831, ein W e n d e p u n k t in der R e gierung Ludwigs I., Diss. München, 1926. R u d h a r t Ign., Über die lebenslängliche Zivilliste und andere E r l ä u t e r u n g e n der Verfassungsurkunde, 1831. H e in l o t h Wilh., Die Münchner Dezemberunruhen, 1830, Diss. München, 1930. K a p f i n g e r Hans, Der Eoskreis 1 8 2 8 bis 1832, Diss. München, 1928. S ö l t l J . M., Ludwig I., König von B a y e r n und Graf Armansperg, 1886. G o l d s c h m i d t V., E d u a r d v. S c h e n k , Diss. Marburg 1909. D o n n e r K- W . , E d u a r d v . S c h e n k , Diss. Münster 1913.
Quellen- und L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s . Sechstes
Kapitel.
Vgl. L i t e r a t u r zu V 1 u. 2. B a u e r B . , Geschichte der konstitutionellen und revolutionären Bewegungen im südlichen Deutschland in den J a h r e n 1 8 3 1 — 3 4 , 1845. M u c k e J . R . , Die politischen Bewegungen in D e u t s c h l a n d 1 8 3 0 — 1 8 3 5 , 2 B d e . , 1845. S i l b e r n a g e l I., D i e g e h e i m e n politischen Verbindungen der Deutschen in der ersten Hälfte des 19. J a h r h u n d e r t s ( H i s t . J a h r b . X I V ) , 1893. B i b l V i k t . , Metternich usw. S p i n d l e r , Briefwechsel usw. L a u b m a n n G. v . , Gedichte König Ludwigs I. von B a y e r n ( F e s t g a b e der Hofund S t a a t s b i b l i o t h e k ) , 1888. S c h ü t z e n b e r g e r Hans, Die S t a a t s a u f fassung in der bayerischen S t a a t s r e c h t s l i t e r a t u r von K r e i t t m a y r bis Moy, 1 7 6 9 — 1 8 4 8 , Diss. München, 1928. R u d h a r t Ig. v., Über die politische S t e l lung des Königreichs B a y e r n im J a h r e 1833, 1848. H o r m a y r J . K . v . , B a y e r n im J a h r e l 8 3 3 , 1848. S a c h s L . , Entwicklungsgeschichte des bayerischen L a n d t a g s e t c . G r ö ß e r , D e r gemäßigte Liberalismus im bayerischen L a n d t a g e t c . G ö l z W i l h e l m i n e , Der L a n d t a g 1831 e t c . B e h r W . J . , Bedürfnisse und W ü n s c h e der B a y e r n , begründet durch freimütige Reflexion über die Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung des bayerischen S t a a t e s , 1830. S t i l p o s närrische Einfälle über den Ursprung und den Nutzen der jetzigen bayrischen Verfassung zur Beruhigung unruhiger und erwartungsvoller K ö p f e , geschrieben von einemAltbayern (1831). B a y e r n b r i e f e oder Geist der vier ersten S t ä n d e v e r s a m m l u n g e n des Königreichs Bayern (1831). S c h a t t e n und L i c h t des bayerischen L a n d tags im J a h r e 1831, Nürnberg, 1832. H o r n t h a l v . , Zum bayrischen L a n d t a g von 1831, 1831. A b e l und W a l l e r s t e i n , B e i t r ä g e zur neuesten Geschichte bayerischer Zus t ä n d e , 1840. E c h t e E r l ä u t e r u n g e n und Zusätze zu der Rede des R e i c h s r a t s - R e f e r e n t e n F ü r -
599
s t e n v . ö t t i n g e n - W a l l e r s t e i n über K l ö s t e r und Quarten, 1846. Einige W o r t e über die vielen W o r t e des F ü r s t e n Ludwig v . Ö t t i n g e n - W a l l e r s t e i n , Flugschrift; Briefeeinesausgewanderten Deutschen an den F ü r sten Ö t t i n g e n - W a l l e r s t e i n , 1848. W e i t e r e Flugschriften s. F r a n z , Verfassungskämpfe e t c . Vogelperspektive des H a m b a c h e r F e s t e s , aufgenommen von einem Polen, M a n n h e i m , 1832. W i r t h I. O . A . , Das Nationalfest der Deutschen zu H a m b a c h , 1832. H e r z b e r g W . , Das H a m b a c h e r F e s t , 1908. H e i g e l K a r l T h e o d . v., Das H a m b a c h e r F e s t vom 27. Mai 1832 ( H i s t . Zeitschrift), 1913. S c h r ö r s H., Deutscher und französischer Katholizismus in den letzten J a h r zehnten, 1917. F r a n z Alb., Der soziale Katholizismus in Deutschland bis zum Tode K e t t e l e r s , 1914. K i e ß l i n g J . B . , Geschichte der deutschen K a t h o l i k e n t a g e , I 1920. S t r o d l Mich., Das R e c h t der K i r c h e in B a y e r n seit Abschluß des K o n k o r d a t s , 1 8 3 2 ; d e r s e l b e , K i r c h e und S t a a t in B a y e r n unter dem Minister Abel und seinen Nachfolgern, 1849. B a y e r n unter dem Ministerium Abel (Gegenwart V I ) , 1851. T h o m a s i u s G., Das Wiedererwachen des evangelischen L e b e n s etc. D o r n E . , Zur G e s c h i c h t e der K n i e b e u gungsfrage ( B e i t r . z. bay. Kirchengesch. V ) , 1899. P l i t t G , E r l a ß und Aufhebung des b a y erischen Gustav Adolf-Vereins-Verbotes, Diss. M ü n c h t n 1912. D a u b e r s c h m i d O t t o R i t t e r v., K i r c h e n politische K ä m p f e in B a y e r n in den J a h r e n 1845 und 1846 mit besonderer Berücksichtigung der Publizistik, Diss. München, 1924 (ungedruckt). M a u r e n b r e c h e r W i l h . , Die preußische Kirchenpolitik und der Kölner K i r chenstreit, 1881. G r i s a r J o s . S . J . , Friedrich W i l h e l m IV. und das Kölner Ereignis, B r i e f e des K ö n i g s an Ludwig I. von B a y e r n ( S t i m m e n der Zeit C V), 1 9 2 2 ; d e r s e 1 b e, B a y e r n und Preußen zur Zeit der K o l -
600
Quellen- und Literaturverzeichnis.
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Quellen- und Literaturverzeichnis. Bayerns Erhebung, L o l a M o n t e z ' Anfang und Ende in Bayern, 1848. F r a t e r Hilarius, Südliche Rache, FreskoAbenteuer in einem Akt, 1848. H o p f A., Politische Soirée der Exregenten in England und ihre Begegnung mit Lola Montez, 1848. Allg. Zeitung: Berichte aus München über d i e E r e i g n i s s e d e s 7., 10. u n d 11. F e b r u a r s 1848. R a i m u n d B. Fr., Im Trikot die Welt erobert, Erinnerungsblatt Lola Montez. P a p o n A., Memoiren in Begleitung vertrauter Briefe Ludwigs I. und der Montez, 1851. L o l a M o n t e z , L'art de la Beauté, 1858. Z i e g l e r R. O., Lola Montez und andere Novellen, 2 1879. F u c h s Eduard, Lola Montez in der Karikatur, 1898; d e r s e l b e , Ein Vormärzliches Tanzidyll, 1904. P o t h o - W e g n e r , Lola Montez, 1902. L o l a M o n t e z , Aus den Aufzeichnungen eines Achtundvierzigers (österr. Rundschau), 1908. F o u r n i e r Aug., Lola Montez, ein geheimer Bericht über Bayern (Deutsche Revue), 1902; d e r s e l b e , Lola Montez und der Regierungswechsel in Bayern 1847 (ebda.), 1909. Siebentes
Kapitel.
H a a k e P., Die preußischen Verfassungskämpfe vor hundert J a h r e n , 1921. S o m b a r t W., Der proletarische Sozialismus, 10 1924. W e i ß Antonie, Die leitenden Ideen des vormärzlichen Liberalismus nach dem Staatslexikon von Rotteck-Welcker, Diss. München, 1923. A l b r e c h t C., Die Triaspolitik des Freiherrn Karl v. Wangenheim (Darstell, a. d. W ü r t t e m b . Gesch., XIV), 1914. M u c k e J . R., Die politischen Bewegungen in Deutschland, 1830—1835, 1875. W i l t b e r g e r Otto, Die deutschen politischen Flüchtlinge in Straßburg, 1830 bis 1849, 1910. S c h m i d t Heinr., Die deutschen Flüchtlinge in der Schweiz und die erste deutsche Arbeiterbewegung, 1833 bis 1836, 1899. Geschichte der d r e i V o l k s e r h e b u n g e n in Baden, Bern, 1849.
601
Gl o s s y K-, Literarische Geheimberichte, 1913. H o u b e n H. H., K. Gutzkows Leben und Schaffen, 1910. G e i g e r L., Das junge Deutschland und Österreich (Dt. Rdsch. C X X V I I ) . D i e t z E., Das Frankfurter A t t e n t a t und die Heidelberger Studentenschaft,1906. F r e y e r U., Das Vorparlament zu Frankf u r t , 1848, Diss. Greifswald, 1913. B e r g s t r ä ß e r L., Die parteipolitische Lage bei Zusammentritt des Vorparlaments (Zeitschr. f. Politik VI), 1910. R a c h f a h l F., Zur Beurteilung Friedrich Wilhelms IV. und der Berliner Märzrevolution (Hist. Vtjschr., V); d e r s e l b e , König Friedrich Wilhelm IV. und die Berliner Märzrevolution im Lichte neuer Quellen (Preuß. Jbb., CX) d e r s e l b e , Deutschland, König Friedrich Wilhelm IV. und die Berliner Märzrevolution, 1901; d e r s e l b e , Österreich und Preußen im März 1848, aktenmäßige Darstellung des Dresden-PotsdamerKongreßprojektes(Hist.Vtjschr., VI u. VII) und die sich anschließenden Kontroversschriften. D o e b e r l Mich., Bayern und die Deutsche Frage in der Epoche des F r a n k f u r t e r Parlaments, 1922. P ö l n i t z v., Einheits- und Freiheitsbewegung etc. F r a n z Eug., Verfassungskämpfe etc. G a g e r n H. Chr. v., Mein Anteil an der Politik, I—IV, 1822/33; V u. VI, 1845. G a g e r n H. v., Das Leben des Generals Friedr. v. Gagern, 3 Bde., 1856/57. P a s t o r , Das Leben des Freiherrn Max v. Gagern, 1912. M e i n e c k e Fr., Radowitz und die deutsche Revolution, 1913. C a n i t z C. E. W. Frhr. v., Denkschriften. Aus dem Nachlaß hrsg., 2 Bde., 1888. Volks-Katechismus oder Erklärung der acht P u n k t e der V o l k s a d r e s s e v o m 3. M ä r z an Seine Majestät den König, München, 1848. Die im März 1848 an die Bürger und Einwohner Münchens gerichteten Adressen, München, 1848. Kampf und Sieg des politischen Fortschritts, authentische Darstellung der glorreichen M ä r z - E r e i g n i s s e in M ü n c h e n , von einem Augenzeugen, München, 1848, Leonhard Henzel.
602
Quellen- u n d L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .
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Buch. Kapitel.
Vgl. L i t e r a t u r zu V 1, 4 u. 7, VI 2. S c h m i d t Fr., Geschichte der E r z i e h u n g der pfälzischen W i t t e l s b a c h e r , 1899. T h i e r s c h Herrn., Ludwig I. e t c . S ö l t l J . M., M a x II., König von B a y e r n , 2 1867. R i e h l W . H., König M a x II. ( H i s t . T a s c h e n b u c h , 5. Folge), 1872. H a u f f L., Leben u n d W i r k e n Maximilians II., Königs von B a y e r n , 1864. H e i g e l K . T h . v., Max II. ( A D B ) ; d e r s e l b e , Maximilian II., König von B a y ern ( H i s t . V o r t r ä g e u n d S t u d i e n ) , 1887. V a u b l a n c V i c o m t e de, Maximilian II., roi de Bavière, 1867. H o r n u n g Alois, König Maximilian II. von B a y e r n im Lichte der w i s s e n s c h a f t lichen u n d der schönen L i t e r a t u r , Diss. M ü n c h e n , 1922. M ü l l e r Venanz, Maximilian II. von B a y ern, ein v a t e r l ä n d i s c h e s Geschichtsbild, 1864. K a l k s c h m i d t E u g e n , Maximilian II., König von B a y e r n zur E r i n n e r u n g , geschildert von einem F r e u n d der W a h r heit, 1864. K o b e l l F r a n z v., Ein E r i n n e r u n g s b l a t t an König Maximilian II., 1864. D ö l l i n g e r Ig. v., Z u m G e d ä c h t n i s S. M. des Königs Maximilian II. u n d seiner Regierung, R e d e 15. März 1864. Dreer Jos., Trauerrede, Augsburg, 21. März 1864. H a r n a c k Dr. T h . , Z u m G e d ä c h t n i s S. M. des Königs Maximilian II., Rede, E r l a n g e n , 1864. H i r s c h f e l d Dr., Maximilian der Gerechte, T r a u e r r e d e , 14. März 1864, Augsburg. K a t z e n b e r g e r D r . M a r t i n , Ein F ü r s t e n bild, T r a u e r r e d e , 1864. S t e i g e r w a l d J . Fr., T r a u e r r e d e auf S. M. König Maximilian II., 1864. S e y d e l M. v., Ein G e d e n k t a g d e r b a y e r i schen Verfassungsgeschichte, 4. F e -
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Quellen- und Literaturverzeichnis. E i s e n m a n n Dr., Bericht an seine Wähler in Nürnberg und Bayreuth über unsere Zustände und Aufgaben, Erlangen, 1848. W e l f a u h F., Was erwartet das Volk, was erwartet Deutschland von Bayerns S t ä n d e n ? München, 1848. T r a u t m a n n Franz, Angriff der Münchener Polizeidirektion auf die Freiheit der Presse, München, 1848. M a n i f e s t der bayerischen Ultramontanen, München, 1848. Zweites
Kapitel.
Vgl. Literatur zu V 7, VI 1. W e n t z k e Paul, Die erste deutsche Nationalversammlung und ihr Werk, ausgewählte Reden, 1922. Q u e l l e n s a m m l u n g zum deutschen öffentlichen Recht seit 1848, 2 Bde., 1850 u. 52. S t e n o g r a p h . B e r i c h t e über die Verhandlungen der ersten Nationalversammlung zu F r a n k f u r t a. M., hrsg. von Wigard, 9 Bde., 1848/49. D r o y s e n J . G., Die Verhandlungen des Verfassungsausschusses der deutschen Nationalversammlung. Teil 1, 1849, nur z. T. publiziert. Brandenburg Er., Untersuchungen und Aktenstücke zur Geschichte der Reichsgründung, 1916. K a l t e n b o r n C. v., Geschichte der deutschen Bundesverhältnisse und Einheitsbestrebungen von 1806—1856, 2 Bde., 1857. F r a n t z C., Untersuchungen über das europäische Gleichgewicht, Berlin, 1859. K l ü p f e l , Geschichte der deutschen Einheitsbestrebungen bis zu ihrer Erfüllung, 1848—71, 2 Bde., 1872/73. Bin d i n g Karl, Der Versuch der Reichsgründung durch die Paulskirche, 1848/49, 1892. S y b e l H. v., Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., 7 Bde., 1889/94. O n c k e n W., Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I., 2 Bde., 1890/92. B i e d e r m a n n K-, Geschichte des deutschen Einheitsgedankens, 1894. L e n z M., Deutschlands Entwicklung und das F r a n k f u r t e r Parlament (Beil. z. Allg. Zeit.), 1898.
603
M e i n e c k e F., Preußen und Deutschland im 19. J a h r h u n d e r t (Hist. Zeitschr., XCVII), 1906. M a r e k s Erich, 1848(„Männer u.Zeiten"), 1912. B r a n d e n b u r g Er., Die Reichsgründung, 2 Bde., 1916; d e r s e l b e , Die deutsche Revolution 1848 (Wissenschaft u. Bildung, LXXIV), 1911. K a i n d l R. F., 1848/49—1866—1918/19, Des deutschen Volkes Weg zur K a t a strophe und seine Rettung, 1920. R a p p Adolph, Der deutsche Gedanke und seine Entwicklung im politischen und geistigen Leben seit dem 18. J a h r h u n dert (Bücherei der Kultur u. Gesch.), 1920. H a y m R., Die Deutsche Nationalversammlung, 3 Abt., 1849/50. B i e d e r m a n n K., Das erste deutsche P a r lament, 1898; d e r s e l b e , Beiträge zur Geschichte des F r a n k f u r t e r Parlaments (Hist. Taschenbuch), 1877. V a l e n t i n Veit, F r a n k f u r t a. M. und die Revolution von 1848/49, 1908; d e r s e l b e , Die erste deutsche Nationalversammlung, 1919. A p p e n s , Die Nationalversammlung in F r a n k f u r t a. M., 1848/49, 1920. S c h w e m e r R., Geschichte der freien Stadt F r a n k f u r t a. M., 1814—1866, 2 Bde., 1910. R a c h f a h l F., a. a. O. H e l f e r t J . A. v., Geschichte Österreichs vom Ausgange des Wiener OktoberAufstandes 1848,4 Bde., 1869/86. ; d e rs e l b e , Geschichte der österreichischen Revolution im Zusammenhang mit der mitteleuropäischen Bewegung d e r j a h r e 1848 u. 49, 2 Bde., 1907/9. F r i e d j u n g H., Österreich von 1848 bis 1860, 2 Bde., 1912. Z w i e d i n e c k H. v., Österreich und der deutsche Bundesstaat, 1848/49 (Mitt. d. Instituts f. öst. Gesch. X X I V ) . S r b i k H. v., Metternich. W e b e r O., Die Prager Revolution 1848 und das F r a n k f u r t e r Parlament (Festschrift d. Ver. f. G. d. Deutschen in Böhmen), 1902. S c h ü ß l e r W., Die nationale Politik der Österreicher im F r a n k f u r t e r Parlament, Diss. Freiburg, 1913. R a p p A., Das österreichische Problem in den Plänen der Kaiserpartei von 1848
604
Quellen- und Literaturverzeichnis.
(Stud. z. Gesch. d. nat. Bewegung in Deutschland, I), 1919. B e e r A., Fürst Schwarzenbergs deutsche Politik bis zu den Dresdener Konferenzen (Hist. Taschenbuch), 1891. F r i e d j u n g H., Fürst Felix Schwarzenberg und Graf Albrecht Bernstorff (Hist. Zeitschr. CVII), 1911. D e y m Graf F. X., F. Graf Deym und die Österreichische Frage in der Paulskirche, 1892. D i e z e l G., Bayern und die Revolution 1849. B r u n n e r L., Politische Bewegungen in Nürnberg 1848/49, 1907. D o e b e r l Mich., Frankfurter Parlament etc. F r a n z Eug., Wilh. v. Doenniges und König Max II. in der de tsc en Fr?ge (Zeitschr.f. bay. Landesgesch. 11), 1929. P r i e s a c k Aug., Die bayerischen Abgeordneten in der F r a n k f u r t e r Nationalversammlung, Diss. München, 1930. S t a u d i n g e r M. Melchiora, Die katholische Bewegung in Bayern in der Zeit des Frankfurter Parlaments. Diss. München, 1925. G r i s a r Jos. S. J . , Maximilians II. von Bayern Kampf gegen die kleindeutsche Lösung der deutschen Frage im J a h r e 1848 (Stimmen der Zeit), 1923. R i e d e l K., Die Konstituierung des Bauhofklubs zu München 1848. R a n d g l o s s e n zur königl. bayerischen Proklamation vom 10. J u n i 1849 von einem Mitgliede der aufgelösten Volkskammer, Kempten 1849. K n o r r Julius, Karte über die politische Färbung Bayerns zur Zeit des Landtags 1849, 1859. R o h m e r Friedrich, Erklärung an die bayerischen Wahlmänner, München, 1849. Die Hauptseligkeiten der F r a n k f u r t e r R e i c h s v e r f a s s u n g , München, 1849. F l e i s c h m a n n Otto, Geschichte des pfälzischen Aufstandes 1849, 1899. S t a r o s t e , Tagebuch über die Ereignisse in der Pfalz und Baden, 1849, 1852. B a m b e r g e r L., Erlebnisse aus der pfälzischen Erhebung Mai und J u n i 1849, in dessen gesammelten Schriften III. F e n n e r v . F e n n e b e r g F., Zur Geschichte der Rheinpfälzischen Revolution und des badischen Aufstandes, 2 1850.
Operationen und Gefechtsberichte in der Rheinpfalz und im Großherzogt u m Baden im J a h r e 1849 (Milit. Wochenblatt), 1849, 1850, 1851. Aus der P f a l z u n d B a d e n , Briefe eines Preußischen Generalstabsoffiziers (Dt. Rundschau X X X I I ) . M e i n e c k e F., Zur Geschichte des älteren deutschen Parteiwesens (Hist. Zeitschr. CXVIII). S a l o m o n F., Deutsche Parteiprogramme I, 3 1924. W a h l A., Beiträge zur deutschen Parteigeschichte etc. B a c h e m Karl, J . Bachem etc. K l e i n - H a t t i n g e n 0 . , Geschichte des deutschen Liberalismus, 2 Bde., 1911. N e l s o n L., Was ist liberal? 1910. B a u m g a r t e n H., Der deutsche Liberalismus (Preuß. J a h r b . X V I I I ) , 1866. R a p p Adolph, Großdeutsch und Kleindeutsch, Stimmen aus der Zeit von 1815—1914, 1922. A n d r e a s Willy, Die Wandlungen des großdeutschen Gedankens, Rede zur Reichsgründungsfeier der Universität Heidelberg, 1924. A l b r e c h t Curt, Die Triaspolitik des Freiherrn Karl v. Wangenheim (Hist. Zeitschr. C X X I I I ) . S p a h n M., Das deutsche Zentrum, 2 1907. B a c h e m , Vorgeschichte, Geschichte usw. R h e i n Franz, Zehn J a h r e „ H i s t . Polit. Blätter", 1838—1848, Diss. Bonn, 1916. H e y c k Edm., Die Allgemeine Zeitung, 1798—1898, 1898. R a u Hermann, Die Entwicklung der deutschen Frage im Spiegel der Münchner Neuesten Nachrichten, 1848 bis 1871, Diss. München, 1926. W e n t z c k e Paul, Kritische Bibliographie der Flugschriften zur deutschen Verfassungsfrage 1848—1851, 1911. H a u f e Rieh., Der deutsche Nationalstaat in den Flugschriften von 1848—49, 1915. K r e z d o r n Alfons, Die bayerischen Flugschriftenliteratur und die deutsche Frage zur Zeit des F r a n k f u r t e r Parlaments, Münch. Diss. 1920 (ungedruckt). S t a m m Eugen, Konstantin Frantz, I 1907, II 1930. H a s s e l P., Joseph Maria v. Radowitz, 1797—1848, 1905.
Quellen- und Literaturverzeichnis. M e i n e c k e , J o s . M. v . R a d o w i t z etc. W e n t z c k e Paul, Zur Geschichte Heinrich v . Gagerns (Quellen u. Darstell, z. Gesch. d. B u r s c h e n s c h a f t u. d. E i n heitsbewegung, I), 1910. V a l e n t i n V., F ü r s t K a r l Leiningen und das deutsche E i n h e i t s p r o b l e m , 1910. U l b r i c h t W . , Bunsen und die deutsche Einheitsbewegung, 1910. B i e d e r m a n n K-, Erinnerungen aus der Paulskirche, 1 8 4 9 ; d e r s e l b e , Skizzen aus dem P a r l a m e n t von 1848 ( B e i l . z. Allg. Zeit.), 1898. H a y m R . , Aus meinem L e b e n , E r i n n e r rungen aus dem N a c h l a ß hrsg., 1901. L a u b e H., D a s erste deutsche P a r l a m e n t , 3 Bde., 2 1 9 1 0 ; d e r s e l b e , E r i n n e r u n gen, 1 8 1 0 — 1 8 8 1 . R ü m e l i n G., Aus der Paulskirche, B e richte an den schwäbischen Merkur aus den J a h r e n 1848/49, hrsg. von H . S c h ä fer, 1892. W i c h m a n n W . , Denkwürdigkeiten aus der Paulskirche, 1 8 4 9 ; neue Aufl. u. d. Titel „Denkwürdigkeiten aus dem ersten deutschen P a r l a m e n t " , 1891. J ü r g e n s K . , Zur Geschichte des deutschen Verfassungswerkes 1848/49, 1849. V e n e d e y J . , Die Deutschen R e p u b l i k a n e r unter der F r a n z ö s i s c h e n R e p u b l i k , 1870. D r o y s e n J . G., Briefwechsel, hrsg. von R . H ü b n e r , 1929. Hohenlohe-Schillingsfürst Chlodw. F ü r s t v., Denkwürdigkeiten, 2 B d e . , Leipzig, 1906. B l u n t s c h l i J . K-, Denkwürdiges aus meinem L e b e n , 3 B d e . , veröffentlicht von R . Seyerlen, 1884. B r a y - S t e i n b u r g Graf O t t o v., D e n k würdigkeiten, 1901. B l u m H., V o r k ä m p f e r der deutschen E i n heit, 1857. H e y s e Paul, J u g e n d e r i n n e r u n g e n , 1912. P e c h t F r i e d r . , Aus meiner Zeit, 1894. F r i e d r i c h J . , Ignaz v . Döllinger, 3 B d e . , 1898/1901. T h i e r s c h Heinr. W . J . , Friedrich T h i e r s c h s L e b e n , 1866. F e r n a u Carl, Münchener Einhunderteins, 1840. P h i l i p p i F e l i x , M ü n c h n e r Bilderbogen, 1912. V ö l d e r n d o r f f O t t o F r h r . v., Harmlose Plaudereien eines A l t m ü n c h n e r s , 1892.
605
D r i t t e s Kapitel. Vgl. L i t e r a t u r zu V I 2. Preußische A k t e n s t ü c k e b e t r . das B ü n d n i s v o m 2 6 . M a i 1 8 4 9 und die deutsche Verfassungsangelegenheit, 2 Bde., 1849—1851. F r i e d j u n g H., Ö s t e r r e i c h ; S y b e l H. v., Reichsgründung; B r a n d e n b u r g E., R e i c h s g r ü n d u n g ; d e r s e l b e , Untersuchungen usw.; O n c k e n W . , Wilhelm I. B e e r Adolf, Die deutsche Politik des F ü r sten Schwarzenberg bis zu den Dresdener Konferenzen ( H i s t . T a s c h e n buch), 1891. H o p f W . , Kurhessens deutsche Politik im J a h r e 1850, 1912. K r i c h e l d o r f f Lutz, Der B e i t r i t t H a n novers z. Dreikönigsbündnis (Zeitschr. d. Hist.Vereins f. Niedersachsen), 1914. P r e c h t Hans, Englands S t e l ung zur deutschen E i n h e i t , 1 8 4 8 — 1 8 5 0 , 1925. R o h m e r J . , Die Politik der bayerischen Staatsregierung, 1 8 5 1 ; d e r s e l b e , E r gänzende B e m e r k u n g e n zur Politik der bayerischen Staatsregierung, 1851. Z i l l n e r , Die B a y e r n und Schleswig-Holstein, 1 8 4 8 — 5 0 , 1896. D o e b e r l Mich., B a y e r n und das preußische U n i o n s p r o j e k t , 1 9 2 6 ; d e r s e l b e , Frankfurter Parlament etc. S t ä h l i n R . , Ludwig von der Pfordten bis zum E n d e seiner Professorenzeit ( I n t e r n a t . W o c h e n s c h r i f t f . Wissenschaft u. K u n s t ) , 1911. M e i n e c k e Fr., Radowitz etc. R a d o w i t z J . v . , Reden und B e t r a c h tungen (Ges. S c h r i f t e n , 2), 1852. M ö r i n g W a l t e r , J o s . v. Radowitz, n a c h gelassene Briefe und Aufzeichnungen ( D e u t s c h e Geschichtsquellen d. 19. J a h r h . , B d . . I), 1922. G e r l a c h E . L. v., Aufzeichnungen aus seinem Leben und W i r k e n , 1795 bis 1877, hrsg. von J . v. Gerlach, 1903. G e r l a c h Leopold v., B e r i c h t e an das preußische Ministerium der Ausw. A n gelegenheiten, 1 8 4 9 ; d e r s e l b e , D e n k würdigkeiten aus dem Leben Leopold v . Gerlachs, 1891/92. M a n t e u f f e l O t t o F r h r . v., Denkwürdigkeiten, 1 8 4 8 — 5 8 , hrsg. von H. v. P o schinger, 3 B d e . , 1900/01. Aus dem N a c h l a ß des Grafen P r o k e s c h O s t e n , II 1881, Briefwechsel mit Gentz u. M e t t e r n i c h .
606
Quellen- und Literaturverzeichnis.
B e u s t Fried. Ferd. Graf v., Aus drei Vierteljahrhunderten, Erinnerungen und Aufzeichnungen, 2 Bde., 1887. S c h ü ß 1 e r Wilh., Die Tagebücher des Freiherrn Reinhard v. Dalwigk zu Lichtenfels, 1920. H e y c k , Allgemeine Zeitung etc. R a u , Münchner Neueste Nachrichten etc. H o f f m a n n Kurt, Die bayerische Publizistik und das preußische Unionsprojekt, Diss. München, 1922; d e r s e l b e , Sturm und Drang in der politischen Presse Bayerns 1848—1850 (Zeitschr. f. bay. Landesgesch. III), 1930. Viertes
Kapitel.
Vgl. die Literatur zu VI 2 u. 3, Brandenburg, Friedjung, v. Sybel, W. Oncken a. a. 0 . A e g i d i L. K. und A. K l a u h o l d , Das Staatsarchiv, Sammlung der offiziellen Aktenstücke zur Geschichte der Gegenwart, 1861 ff. B r a n d e n b u r g Er., Der Eintritt der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen Bund, 1910. F r i e d j u n g H., Der Krimkrieg und die österreichische Politik, 2 1910; d e r s e l be, Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland, 2 Bde., 8 1910. M e y e r A. O., Bismarcks Kampf mit Österreich am Bundestag zu Frankf u r t , 1851—59, 1927. M i t t e l s t a d t A., Der Krieg von 1859, Bismarck und die öffentliche Meinung in Deutschland, 1904. L ö w e n t h a l , Der preußische Verfassungsstreit 1861—1866, 1914. N i r r n h e i m O., Das erste J a h r des Ministeriums Bismarck und die öffentliche Meinung(HeidelbergerAbh. XX), 1908. L e n z M . , König Wilhelm und Bismarck in Gastein, 1863, (Dt. Rundschau, CXXIX). H i r s c h b e r g H. H., Der Frankfurter Fürstentag von 1863, Diss. Bonn, 1907. B r u c k e r G., Der Fürstentag zu Frankf u r t im August 1863 und die bayerische Presse. B a i l l e u , König Wilhelm I. und der Frankfurter Fürstentag (Festschr. d. Kaiser Wilhelm Ges.), 1921. D o r i e n K., Der Bericht des Herzogs Ernst über den Frankfurter Fürstentag(Hist. Bibliothek X X I ) , 1910.
F r a n z , Doenniges und König Max etc. R u i d e r Hanns, Bismarck und die öffentliche Meinung in Bayern, 1862—1866, 1924. L o s k a m , Bayern und die Schleswig-Holsteinische Frage, 1863—1864, Münch. Diss., 1927. R a p p A., Württemberg und die nationale Frage 1863—1871, 1910. L o r e n z Ottokar, Großherzog Friedrich von Baden nach meist handschriftlichen Quellen, 1902. W e b e r W., Zollverein etc. J ö r g Jos., Geschichte der sozial-politischen Parteien in Deutschland, 1867. S a l o m o n L., Parteiprogramme etc. H e y d e r h o f f - W e n t z k e , Deutscher Liberalismus im Zeitalter Bismarcks, 1859—1890, 2 Bde., 1925/26. W e s t p h a l R., Welt- und Staatsauffassung des deutschen Liberalismus, 1919. P a r i s i u s L., Die deutsche Fortschrittspartei, 1861—1878, 1878; d e r s e l b e , Deutschlands politische Parteien und das Ministerium Bismarck, 1878. D o r n Karl, Die Anfänge der deutschen Fortschrittspartei in Bayern, Diss. München, 1923. O n c k e n Hermann, Rudolf Bennigsen, 2 Bde., 1910; d e r s e l b e , Bennigsen und die Epoche des parlamentarischen Liberalismus in Deutschland (Hist. Zeitschr., CIV); d e r s e l b e , Ergänzende Mitteilungen aus Bennigsens Briefen (Deutsche Revue, 29/33). R a u m e r Kurt v., Das J a h r 1859 und die deutsche Einheitsbewegung in Bayern (Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung, hrsg. von H . H a u p t , VIII), 1925. S a p p e r Agnes, Karl Brater (Lebensläufe aus Franken, hrsg. v. A. Chroust, I), 1919; d i e s e l b e , Frau Pauline Brater, Lebensbild einer deutschen Frau, 1922; Nekrolog Karl Brater (Wochenschrift der Fortschrittspartei), 1869, 345ff. W o c h e n s c h r i f t der F o r t s c h r i t t s p a r t e i , Nr. 46 und 47, 1866: Die landständische Wirksamkeit des Freiherrn v. Lerchenfeld; e b e n d a , Nr. 34—36: Ein Blick in die bayerische Geschichte. H i s t . - P o l . B l ä t t e r 59,1867, S.697—712; S. 952—968.
Quellen- und Literaturverzeichnis. W u t t k e H., Die deutschen Zeitschriften und die E n t s t e h u n g der öffentlichen Meinung, 3 1 8 7 5 . B a n d m a n n , Die deutsche Presse und die Entwicklung der deutschen Frage, 1 8 6 4 — 1 8 6 6 , 1910. S c h e f f e r T h . , Die preußische Publizistik im J a h r e 1859 unter dem E i n f l u ß des italienischen Krieges, 1901. H e y c k E . , Allgemeine Z e i t u n g ; R a u , Die Münchner Neuesten Nachrichten e t c . H a r t m a n n P . S., Die Augsburger P o s t zeitung, 1 8 1 3 — 1 9 1 3 . Beilage z. Augsb. Allg. Zeitg., 1859, A u g . 4 . Memoiren: H o h e n 1 o h e - S c h il 1 i n g s fürst, Beust, Heyse, Pecht, s. V I 2 und 3 . B i s m a r c k , Gedanken u. Erinnerungen. V o n d e r P f o r d t e n Hermann, Tagebuch (Nachlaß in München, H a u p t s t a a t s archiv). G r o ß h e r z o g F r i e d r i c h I. von B a d e n , und die deutsche P o l i t i k von 1854 bis 1871. Briefwechsel, D e n k s c h r i f t e n , T a g e b ü c h e r . 2 Bde., hrsg. v. H. O n c k e n , 1927. H e r z o g E r n s t von K o b u r g , Aus meinem Leben und meiner Zeit, B d . I I I , 1889. G r o s s e J u l i u s , Ursachen und W i r k u n g e n , Lebenserinnerungen, 1896. F r e y t a g Gust., Erinnerungen aus meinem Leben ( G e s a m t w e r k e ) , 1887. F r ö b e l J u l i u s , Mein Lebenslauf, 2 B d e . , 1890/91. G o l d n e r H., Vor 5 0 J a h r e n , 1909. Allg. D. B i o g r . : K a r l B r a t e r ; F ü r s t v . öttingen-Wallerstein ; Graf v . H e g n e n b e r g - D u x ; Gust. F r h r . v . Lerchenfeld; J. Volk. Beilage zur Allg. Zeitung, Nekrolog G u s t . v. L e r c h e n f e l d , 1866, Nov. 3 u. 4 . Fünftes
Kapitel1).
Vgl. L i t e r a t u r zu V 2, V I 1. R o h m e r Friedr., B a y e r n und die R e a k tion, 1 8 5 0 ; d e r s e l b e , Die P o l i t i k der bayerischen S t a a t s r e g i e r u n g , 1851. B r a t e r K a r l , Regierung und Volksvertretung in B a y e r n , 1858. V o g t und K o c h , Geschichte der deutschen L i t e r a t u r , B d . I I I , 1920. *) Die L i t e r a t u r zum k u n s t g e s c h i c h t lichen Teil ist unter V 3 verzeichnet.
607
K o s c h W i l h . , Geschichte der deutschen L i t e r a t u r im Spiegel der nationalen E n t w i c k l u n g , 1925 ff. T r o s t L . , Aus dem wissenschaftlichen und künstlerischen Leben B a y e r n s , 1887. H o r n u n g A l o i s , K ö n i g M a x i m i l i a n I I . etc. T h i e r s c h F r . , Über königliche M a ß n a h men f ü r das Gedeihen der W i s s e n s c h a f t , Akademierede, 28. Nov. 1887. H a m b e r g e r J u l . , König Maximilians I I . Liebe zur W i s s e n s c h a f t ( B a y e r . Zeit., N r . 8 7 ) , 1862. K a t z e n b e r g e r M., Die W i s s e n s c h a f t auf dem T h r o n , R e d e , 13. IV. 1864. H a u s h o f e r M a x , D i e literarische B l ü t e u n t e r M a x I I . ( B e i l . z. Allg. Zeit., Nr. 3 6 , 3 7 ) , 1898. D ö l l i n g e r Ig., König M a x I I . und die W i s s e n s c h a f t , Akademierede, 3 0 . I I I . 1864. T a i l l a n d i e r S a i n t R e n é , L'Allemagne p e n d a n t le congrès de P a r i s ( R e v u e des deux mondes, IVI, 1856. R i e h l W . H., Eine Fußreise mit König M a x , 1891. S o u r i a u Maurice, L e t t r e s sur le romantisme, Maximilien J o s e f — Alfred de Vigny ( R e v u e de Paris), 1898. D o e b e r l A n t o n , Neue B e i t r ä g e zur Geschichte K ö n i g M a x ' I I . ( H i s t . - P o l . B I . ) , 1919. K o h u t Ad., König M a x I I . von B a y e r n und der Philosoph F . W . v. Schelling, 1914. T r o s t L. u. F r . L e i s t , Briefwechsel zwischen Maximilian I I . und Schelling, 1890. K ö n i g M a x I I . von B a y e r n und Leopold R a n k e ( B e i l . z. Allg. Zeit., Nr. 9), 1891. D o v e Alfred, R a n k e und Sybel in ihrem Verhältnis zu König M a x I I . , 1896 (auch in B e i l . z. Allg. Zeit. 1895). C a l l e n i u s J . , Maximilian I I . von B a y e r n und R ü c k e r t ( B a y e r l a n d , B d . 20), 1908. K ö n i g M a x ' I I . letztes Symposion ( B e i l . z. Allg. Zeit., Nr. 104), 1891. B o d e n s t e d t F r . , Eines Königs Reise, E r innerungsblätter an König M a x , 1879. P r u t z R o b e r t , Der T o d des Königs M a x von Bayern (Deutsches Museum, 2 4 . I I I . ) , 1864. L i e b i g J u s t u s v., Rede ( S i t z . - B e r . der Münch. A k . d. Wiss., 3 0 . I I I . ) , 1864. P r a n t l C., Geschichte der Universität etc.
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610
Quellen- und Literaturverzeichnis. VII. B u c h . Erstes
Kapitel.
M ü l l e r W., Politische Geschichte der Gegenwart, I—V, 1869/71. S c h m i d t Fr., Geschichte der Erziehung der pfälzischen Wittelsbacher, 1899. S t r o h m e y e r H . , Psychisch genealogische Untersuchung der Abstammung König Ludwigs II. und Ottos I. von Bayern, 1912. B i t t e r a u f Th., Ludwig II. (A. D. B.). H e i g e l K. v., König Ludwig II. von Bayern, 1893. K o b e l l Luise v., König Ludwig II. und die Kunst, 1898. B ö h m G., König Ludwig II. und seine Welt, s 1925. L a m p e r t Friedr., Ludwig II., König von Bayern, ein Lebensbild, 1890. W o l f G. J . , König Ludwig II. und seine Welt, 1922. T s c h u d i C., Ludwig II., king of Bavaria, London, 1908. D ü r c k , J o h . Huber und Ludwig II. (Beil. z. Allg. Zeit.), 1906. L i e r t z Rhaban Dr. med., Ludwig II., König von Bayern, 1925. R u m m e l Walter v., Ludwig II., der König und sein Kabinettschef, 2 1930. H a r d e n M., „ K ö p f e " (darunter auch Ludwig II.), 1910/24. G e r o l d 0 . , Die letzten Tage König Ludwigs II., 1908. M ü l l e r Karl, Die letzten Tage Ludwigs II. (Süddeutsche Monatshefte), 1929. W a g n e r Richard, „Aus meinem Leben", 2 Bde., 1911; d e r s e l b e , Gesammelte Schriften hrsg. v. Jul. Kopp, 14 Bde., 1914; d e r s e l b e , Briefe, ausgew. u.erl. v. W.Altmann, 2 Bde., 1925; de rs e 1 b e, an Mathilde W e s e n d o n k , Tagebuchblätter und Briefe, 1853—1871, 38 1909. G l a s e n a p p C. Fr., Richard Wagners Leben und Wirken, 6 Bde., 1 1906/7 ¡ d e r s e l b e , Wagner-Enzyklopädie, 2 Bde., 1891. K o c h Max, Richard Wagner, 1907. M u n c k e r Franz, Richard Wagner, eine Skizze seines Lebens und Wirkens, 2 1909. C h a m b e r l a i n H. St., Richard Wagner, M910.
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Kapitel,
(s. V. Buch, Drittes Kapitel). Drittes
Kapitel.
Vgl. Literatur zu VI 2 u. 4. B r a n d e n b u r g , F r i e d j u n g , v. S y b e l , W. O n c k e n a. a. O. B i s m a r c k O. v., Die gesammelten Werke, 1924 ff. S c h u l t h e ß H., Europäischer Geschichtskalender, 1860ff. B l u m e W. v., Politik und Strategie, Bismarck und Moltke, 1866 u. 1870/71 (Preuß. J b b . CXI). A e g i d i L., Preußen und Frankreich, 1866 (Dt. Rev. X X V I 4). S c h u l t e v., Zur Vorgeschichte des Krieges 1866. (Dt. Rev. X X I V 1). R e c h b e r g Graf und v. B i e g e l e b e n , Zur Vorgeschichte des Krieges 1866 (Hist.-Pol. Blätter C X X I I I ) . L o r e n z Ottokar, Kaiser Wilhelm und die Begründung des Deutschen Reiches, 1902; d e r s e l b e , Gegen Bismarcks Verkleinerer, 1903; d e r s e l b e , Friedrich, Großherzog von Baden, 1902. B l a n k e n b u r g H., Der deutsche Krieg von 1866, 1868. G o d i n Ch. Frhr. v., Politische Einleitung zur Geschichte des Krieges 1866, 1898. L e t t o w - V o r b e c k M. v., Geschichte des Krieges von 1866 in Deutschland, 3 Bde., 1896—1902. C ä m m e r e r R. v., Geschichte des Krieges von 1866, 1910. K a i s e r F r i e d r i c h s T a g e b ü c h e r , 1848 bis 1866, hrsg. von H. Meisner, 1929.
Quellen- und Literaturverzeichnis. M o l t k e s F e l d z u g s e n t w u r f von 1866 und die Lage Benedeks am 30. J u n i und am 1. Juli 1866, 1892. M o l t k e H. Graf v., Militärische Korrespondenz, Bd. 2, Aus den Dienstschriften des Krieges 1866,1892- 1902. P r e u ß i s c h e s Generalstabswerk: Der Feldzug von 1866 in Deutschland, 5. Lief. 1868. Generalstabswerk Ö s t e r r e i c h s K ä m p f e im J a h r e 1866, 5 Bde., 1867/9. B a y e r i s c h e s Generalstabswerk über den K r i e g v o n 1866. J ä h n s M., Die Schlacht von Königgrätz, 1876. F r a u e n h o l z E. v., Die Heerführung des Feldmarschalls Prinzen Karl im Feldzug 1866, 1925. H o e n i g F., Die Entscheidungskämpfe des Mainfeldzuges an der Fränkischen Saale, 1895; d e r s e l b e , Das Gefecht bei Kissingen, 1901. H e l v i g H. D., Das erste bayrische Armeekorps v. d. Tann im Kriege, 1874. V e r d y d u V e r n o i s J., Im Hauptquartier der 2. Armee 1866. Erinnerungen, 1900 (auch Dt. Rundschau, CI/N). L e h m a n n M., Der Krieg in WestDeutschland und die vorangehenden Unterhandlungen 1866 (Hist. Z. X X11). C a e m m e r e r R. F. K., Die süddeutschen Heeresbewegungen im Mainfeldzug 1866, 1902. A u f s e ß W. Frh. v., Manteuffels Operationen 1866 in Bayern, 1905. C o r n e l i u s Friedr., Der Friede von Nikolsburg und die öffentliche Meinungin Österreich, Diss. München, 1927. M u t h F., Untersuchungen zum Frieden von Nikolsburg. Progr. Glogau, 1905. R u i d e r Hans, Bismarck und die öffentliche Meinung in Bayern etc. M ü l l e r K- A. v., Bayern im J a h r e 1866 und die Berufung des Fürsten Hohenlohe, 1909; d e r s e l b e , Die Tauffkirchensche Mission nach Berlin und Wien F r ü h j a h r 1867 (Festschrift-Riezler), 1912. R u v i l l e A. v., Bismarck, Napoleon III. und Bayern, August 1866 (DelbrückFestschrift), 1908. M e y e r Gertrud, Unitarismus und Föderalismus im Spiegel der Münchner Presse zur Zeit des ersten Kanzlers, Diss. Erlangen, 1928.
611
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612
Quellen- und Literaturverzeichnis.
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Kapitel.
Vgl. Literatur zu VI 2, VII 2; B r a n d e n b u r g , v. S y b e l , W . O n c k e n a. a. 0. S c h u l t h e ß , Europäischer GeschichskaIender 1870 ff. O n c k e n H., Napoleon III. und der Rhein, der Ursprung des Krieges von 1870/71, 3 Bde., 1926. A e g i d i L. K- und A. K l a u h o l d , Das Staatsarchiv, Sammlung der offiziellen Aktenstücke der Gegenwart, X X , 1872ff. Quellensammlung zur deutschen Geschichte, hrsg. von E. Brandenburg und Gerh. Seeliger, 1907ff. L e s o r i g i n e s d i p l o m a t i q u e s de la guerre de 1870/71. Recueil des documents officiels publ. par le ministère des affaires étrangères, 1910ff. O l l i v i e r E., L'empire libéral. Études, récits, souvenirs, T. 1—14,1895—1909. H o w a r d Robert Lord, The origins of the war of 1870, new documents from the German archives, 1924. L a m p r e c h t Karl, Deutsche Geschichte der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart, 2 Bde., 1912/13. E g e l h a a f Gottlob, Geschichte der neuesten Zeit vom F r a n k f u r t e r Frieden bis zur Gegenwart, 2 Bde., 9 1924.
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Quellen- und Literaturverzeichnis. zollernschen Thronkandidatur, 1913; d e r s e l b e , Die Genesis der Emser Depesche, 1915. H e s s e l b a r t h H., Drei psychologische Fragen zur spanischen Thronkandidatur, 1913; d e r s e l b e , Die Entstehung des deutsch-französischen Krieges nach den neuesten Aufschlüssen, 1910. W e r t h e i m e r E. v., Zur Vorgeschichte des Krieges von 1870 (Dt. Rundschau, Bd. 185 u. 186), 1920/21. P e t e r s d o r f f H. v., Der Streit über den Ursprung des Deutsch-Französischen Krieges (Forsch, z. Brand, u. Preuß. Gesch., IX, X). W o e l k e r Bettina, Wiens und Deutschösterreichs öffentliche Meinung zum Kriegsausbruch und den ersten Kriegsereignissen 1870 bis nach Sedan. Diss. München, 1921. Der D e u t s c h - f r a n z ö s i s c h e Krieg 1870/71. Redigiert v. d. kriegsgeschichtlichen Abteilung d. großen Generalstabs, 2 T. in 5 Bd., 1872—81. S c h m i d E. v., Das Französische Generalstabswerk über den Krieg von 1870/71, Wahres und Falsches, 1903/07; fortgesetzt von Kolbe, 1909/10. M o l t k e H. Graf v., Geschichted. deutschfranzösischen Krieges 1870/71, 1891. S o r e l A., Histoire diplomatique de Ia guerre Franco-Allemande, 1875. S t ä h l i n K-, Der deutsch-französische Krieg 1870/71, 1912. L a g u e r r e d e 1 8 7 0 / 7 1 . Publ. par la Revue d'histoire, rédigée à la section historique de l'état-major de l'armée, 1901 ff. L e h a u t c o u r t P i e r r e , Histoire de la guerre de 1870, T. 1—7, 1901/07. V e r d y d u V e r n o i s v., Studien über den Krieg. Auf Grundlage des deutschfranzösischen Krieges 1870/71, 2 T., 1892/96. S e e h o l z e r Heinr., Die letzten Tage des Ministeriums Emil Ollivier, JuliAugust 1870, 1910. D o e b e r l Mich., Bayern und die Gründung des Deutsch. Reiches (Allg. Zeit., Beil., Nr. 144 u. 148f.), 1903; d e r s e l b e , Bayern und die Bismarckische Reichsgründung, 1925. K ü n t z e l Gg., Bismarck und Bayern in der Zeit der Reichsgründung (Frankf. Hist. Forsch.), 1910.
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Quellen- und Literaturverzeichnis. S p a h n Mart., E d m u n d Jörg (Hochland, X V I I ) , 1919/20. B i n d e r Franz, Edmund Jörg, Nekrolog (Hist.-Pol. Blatt. C X X V I I I ) , 1901. D o e b e r l Mich., Edmund Jörg (Biogr. J a h r b . , XII), 1901. S c h a c h i n g Otto v., E d m u n d Jörg, Nekrolog (Deutscher Hausschatz), 1901/2. S e p p Dr. J o h a n n , 1816—1909, Ein Bild seines Lebens, 1916. Siebentes
Kapitel.
Vgl. Literatur zu V 2 u. 6 und VII 4 u. 5. S c h u l t h e ß , Europäischer Geschichtskalender, 1874ff. Das ö k u m e n i s c h e K o n z i l , 1869/71, 2 Bde. D o e b e r l Ant., Die Aktion der Mächte und das Vatikanische Konzil (Klerusblatt IX), 1928. S c h u l t e J . v., Der Altkatholizismus, Gießen, 1887. D ö l l i n g e r Ig. v., Der Papst und das Konzil, 1869; d e r s e l b e , Briefe und Erklärungen über die vatikanischen Dekrete, 1869—1887, hrsg. von Reusch, 1890. K o b e l l Luise v., Ignaz v. Döllinger, Erinnerungen, 1891. F r i e d r i c h J . , Ignaz v. Döllinger, 3 Bde., 1898—1901. M i c h a e l E., Ignaz v. Döllinger, 3 1894. J ö r g Edm., Ignaz v. Döllinger, Erinnerungen eines alten Amanuensis (Hist.Pol. Blätter), 1890. H e r g e n r ö t h e r J., Anti-Janus, 1870. W e n d t H., Döllingers innere Entwicklung (Z. f. Kirchengesch.), 1924. D o e b e r l Ant., Die bayerischen Katholiken und die römische Frage (Gelbe Hefte, I), 1924/25. F u n k Phil., Daniel Bonifaz Haneberg (Hochland X X I I I ) , 1925/26. F r i e d b e r g E., Die Ursachen des Kulturkampfes, 1875. B r ü c k H., Die Kulturkampfbewegung in Deutschland, 1872—1900, 1901. K i ß l i n g J . B., Geschichte des Kulturkampfes im Deutschen Reiche, 3 Bde., 1911/16. G o y a u G., Bismarck et l'église, Le culturkampf, 1870—1878, 2 vol., 1911.
B ö t h l i n k A., Bismarck und das päpstliche Rom, 1911. B e r n a r d P., La persécution religieuse en Allemagne, 1872—1879, 1903. Bayern und der Kulturkampf. Aus den Papieren des Ministerpräsidenten v. Bray-Steinburg (Dt. Rev. X X V I I I ) . C o n r a d Mich. G., Der Protestantismus in Bayern, 1917. B i t t e r a u f Th., J o h . Frhr. v. Lutz (A. D. B.). D o e b e r l Mich., Zur Geschichte der bayerischen Schulpolitik im 19. J a h r h . (Sitz.-Ber. d. bayer. Ak. d. Wiss.),1912. H ä m m e r l e Karl, Gustav v. Schlör, ein Beitrag zur bayerischen Geschichte des 19. J a h r h . , 1926. Achtes
Kapitel.
Vgl. Literatur zu V 2, 3, 4 ; V 1 u. 5 u. VII 3 u. 5. W e i ß Jos., Der jugendliche Prinz Luitpold (Hist. Pol. Bl. CLXVII), 1921. R e i d e l b a c h H., Luitpold, Prinzregent von Bayern, Festschrift, 1892. D u M o u l i n - E c k a r d t Graf, Luitpold von Bayern, 1901. S t ä h l in K., Prinzregent Luitpold von Bayern, Festrede, 1911. „Neunzig Jahre. In T r e u e f e s t " , Festschrift, 1911. G r a u e r t H. v., Die Anfänge der Regentschaft in Bayern (Hochland, VIII), 1911; d e r s e l b e , Zum Regentenwechsel in Bayern (ebda., X). 2 5 J a h r e R e g e n t s c h a f t in Bayern, Festschrift, hrsg. v. H. Th. Sörgel. 1912. H e i g e l C. Th. v., Zum 80. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold von Bayern (Deutsche Reden) 1916; d e r s e l b e , Nachruf auf Prinzregent Luitpold (ebda.). E n d r e s Fritz, Prinz-Regent Luitpold und die Entwicklung des modernen Bayern, 1916. Prinzregent Luitpold von Bayern. Mit unveröffentlichten Dokumenten zu seiner Lebensgeschichte und zur E n t mündigung König Ludwigs II. (Südd. Monatsh. X X V I I , 10), 1930. D o e b e r l Mich., König Ludwig III. von Bayern, Gedächtnisrede, 1921.
Register. Abel Karl v. 20, 71, 110—111, 125—128, 129—134, 137, 139, 146, 189, 193, 209—210, 215, 230, 236, 240, 257, 282—283, 288, 305, 356, 543. — Otto 235. Adalbert, Prinz v. Bayern 20, 72, 530. Adam Albrecht 324, 346, 350. Adrianopel, Frieden von 69. Aibling 379. Aichach 569. Aigner 374. Akademie der bildenden Künste, s. München. — f ü r deutsche Sprache und Literatur 299. — -krise 376. — der Tonkunst 566. — der Wissenschaften 300—301, 304, 564—565. Albert, König von Sachsen 509. Albrecht, Erzherzog von Österreich 498, 503. Alemannia, Studentenkorps 136, 140 bis 141. Alexander, Prinz von Hessen 422—423, 426, 447. Allfeld Jos. Bapt. 449. Allerheiligen-Hofkirche, s. München. Allgemeine deutsche Kunstausstellung 1858, 377. — deutsche Kunstausstellung 1869, 378. — internationale Kunstausstellung 1879, 391. „— Zeitung" 166, 419—420. Allioli Franz 30, 100. Almeida, Palais 47. Altbayern 224, 227—229, 232, 235, 541. Alsen 279. „Altengland" 326. Altkatholische Bewegung 545. Altkatholiken 547, 551, 567—568. Altmühl, Kanal 93. Altötting 20—21, 125.
Altomünster 17, 19. Alvenslebener Konvention 273. Alwens Franz v. 230, 235. Amberg 180. Amicitia, Burschenschaft 114. Andreas, Chronist von Regensburg 579. Ansbach 16, 190, 233, 240, 265, 309. Anschütz 379. Antwerpen 351. Anzengruber Ludw. 313. Arbeiterkongreß in Nürnberg 223. Arbeiterverein, deutscher 175, 223. Archivarische Kommission 298. Aretin J o h . Adam, Frhr. v. 344. — J o h . Christoph, Frhr. v. 212, 344. — Karl Maria, Frhr. v. 127, 212, 213, 214, 344, 345. Arkaden, Hofgarten, s. München. Armansperg Jos., Graf 11, 16, 70—71, 81, 85—86, 95, 99, 104, 109, 110, 116, 125, 221. Arme Schulschwestern, s. Orden. Arndt Ernst Moritz 201. Arnim Achim v. 65. Arolsen 56. Artenay 511. Asam Gebrüder 389. Aschaffenburg 8, 225, 240, 424, 545, 570, 573. Athen 39, 71, 173, 312, 339, 385, 446, 460, 494. Athenäum 296—297. Auerswald Hans Adolf v. 204. Aufseß Hans, Frhr. v. 345. Augsburg 16, 18, 91, 93, 137, 161, 175, 193, 223, 243, 265, 387, 414, 424, 450, 471, 479, 502, 548, 569. „Augsburger Abendzeitung" 14, 192, 226, 229, 266, 276, 465, 513, 536. „Augsburger Allgemeine Zeitung" 14, 68, 78, 124, 168, 192, 215, 265, 269, 276, 312, 465.
Register. „Augsburger Postzeitung" 14, 193, 226, 229, 262—263, 269, 276, 328, 465, 514, 533, 536. Auguste, Prinzessin von Hessen-Darms t a d t 6. Augustenburg Friedr. v., Erbprinz 400 bis 402, 404—405. Aurbacher Ludw. 310. Ausscheidungsgesetz 98. Baader Franz 28—29, 189, 221. Bach J o h . Seb. 66. Baden 76, 78—79, 84—85, 88, 108, 165, 185, 189, 217, 231, 234, 244, 263, 281, 318, 414, 433, 437, 439, 447 bis 448, 474, 479, 481, 484, 487, 521, 531. Baden-Baden 275, 372. Baden, Großherzog v. 534, 535. Baisch Hermann 61. Bahnhofgebäude, s. München. Balan 509. Balkan 261. Bamberg 87, 93, 103, 125, 158, 161, 221, 223, 225, 232, 234, 399, 402, 415, 420, 484, 545—546, 570. Bamberger Artikel 92. — Boettingerhaus 387. — Dom 55. — Hof (München) 519. — Konferenzen 261, 414. „— Zeitung" 192, 226, 229. Bar le Due 512. Barlow-Palais 47. Barmherzige Schwestern, s. Orden. Barnabei 67. Barth Marquardt 284, 462, 472. Basel 293, 385, 393, 408. Basilika, s. München. Bassermann 154, 156. Bauernfeld Ed. v. 326. „ B a u h o f k l u b " 222. Baumgarten 276, 284. Baumgartner 35. Bavaria, Standbild, s. München. Bayerischer Kunstgewerbeverein 335. „— Kurier" 465, 536. „Bayerische Landeszeitung" 465. Bayerisch-patriotischer Bauernverein 492, 575. „Bayerisches Vaterland" 193, 465, 501, 514, 533, 536. „ — V o l k s b l a t t " 221. „Bayerischer Volksbote" 398. „Bayerische Wochenschrift" 265—266. „Bayerische Zeitung" 226, 277, 323, 428.
617
Bayreuth 16, 87, 190, 367, 420, 484, 570. „Bayreuther Zeitung" 14, 192. Bazaine 503, 508, 509. Bazargebäude, s. München. Bazeilles b. Sedan 509. Beamtengesetz v. 1908, 575 Beaumont b. Sedan 509. Becher J o h . Joach. 72, 73, 93. Beck Friedrich 305, 315. Becker August 276, 329. Beer Mich. 309. Beethoven Ludw. van 66. Befreiungshalle b. Kelheim 55. Begas Reinhold 383. Behr Wilh. 98, 102, 114, 115, 118, 138, 148, 220—221. Beilhack 305. Beisler 201, 215. Beifort 503. Belgien 148, 158, 351, 475. Bellini Giovanni 62. Benedek 421, 428. Benediktiner, s. Orden. Benedetti, Graf 435, 437, 441, 476, 498. Bennigsen Rud. v. 257, 267, 477. Berchem Maxim., Graf 499, 512, 524. Berchtesgaden 293, 299. Berg, Schloß a. Starnbergersee 332, 376, 444, 499, 554, 556, 558. Berger, Architekt 369. — Ernst, Maler 352. — Matthias 339, 347, 348. Berks 124, 136, 140, 142—143. Berlin 26, 28, 37, 43, 45, 56—57, 66, 74, 84—86, 88, 152, 166, 172—173, 198, 211, 215, 218—219, 236, 238, 242, 245, 253, 255, 261, 275, 278, 290 bis 293, 295—296, 299—300, 303, 316, 329, 338, 344—345, 368, 380, 385, 390, 392, 398, 403, 413, 4 3 6 - ^ 3 7 , 4 4 5 - 4 4 6 , 453, 484-^185, 488, 493 bis 495, 499, 513, 523, 534, 541. Berliner Maikonferenzen 238, 239, 242, 246. — Kongreß 72. — Märzunruhen 167. — Verfassungsentwurf 242, 244—245, 247—249. Bernau am Chiemsee 130. Bernauer Moor am Chiemsee, Gefangenenanstalt 570. Bernheimer Haus, s. München. Bernstorff Albrecht, Graf 250. Berstett 77, 78. Beseler Georg, Rechtslehrer 205, 208.
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Register.
Beseler Wilhelm, Präsident 201. Besserer, Frhr. v. 171. Bestelmayer, Abgeordneter 102. Bestelmeyer German, Architekt 396, Berufungen 28, 29. 30, 269, 295, 312, 320, 325—326, 328, 329, 331. Beust Friedr. Graf, 261, 269, 275, 399, 404, 414, 446, 451, 4 7 8 - 4 8 0 , 482 —486, 494, 496—498, 524. Bezold 560. Biarritz 496. Bifefve Ed. de 351, 385. Binder 223. Bischof 350. Bischoff Theod. 292, 324. Bismarck Otto, Fürst v. 5, 72, 153, 250, 255, 260, 270, 271—277, 279, 300, 363, 397, 399—403, 4 0 5 - 4 1 2 , 415 bis 420, 431—448, 450, 453, 461, 472—481, 4 8 4 - 4 8 8 , 493, 496-^199, 511—516, 519—532, 534—535, 538 bis 540, 553. Bittenfeld Herwarth v. 421. Blanc Louis 157. Blanckenburg Moritz v. 507. Bleeker Bernhard 382. Blindeninstitut, s. München. Blittersdorf, Frhr. v. 89. Blomberg, Graf 86. Blome, Graf 396, 406, 421. Blumenthal Bernh., Graf 505, 507. Bluntschli J o h . Kasp. 145, 147, 215, 226, 284, 292, 294, 297, 324, 327, 330. Bodelschwingh 167. Bodenseeschiffahrt 574. Bodenstedt Friedr. v. 290, 299, 317, 322, 324, 326—327, 331, 353, 357. Bodenzins 185. Boecklin Arn. v. 59, 321, 377—378, 381, 390—394. Bogenhausen b. München 91, 302. Böhme J a k . 29. Böhmen 252, 265, 332, 421, 422, 428. Böhmer J o h . 30, 292. Boisseree Sulpice 101. Bolivar S. 148. Bomhard Ed. v . 239, 441, 444, 453, 458, 459, 543. St. Bonifaz, s. München. Bonifaziuskloster, s. München. Bonn 26, 27, 294. — Franz, Dichter 315. Boos Roman Anton 41. Bordeaux 512. Börne Ludw. 114—115, 150, 154.
Borromini Francesco 387. Börse, neue, s. München. Botanischer Garten, s. München. „Bote aus den Vogesen" 193. Bourbaki 511. Bramante 37, 54. Brand-Assekuranzwesen 287. Brandenburg Friedr. Graf 252—253. Brater Karl 265—268, 273, 276, 284, 294, 325, 412, 450—451, 462—465, 466. — Pauline 492. Braun Isabella 311. — Kasp. 311. — Plazidus 16. Braunschweig 85, 149, 217. Bray François Gabriel, Graf 493. — Otto, Graf 70, 116, 137, 197, 204, 211, 215, 220, 228, 241—242, 405, 437, 444, 493—495, 4 9 8 ^ 9 9 , 502, 513—516, 519—524, 527—532, 547. Bregenzer Vertrag 251. Bremen 85. Brendel 221. Brentano Klemens 65. Breslau 295, 316. Brienne 36. Briennerstraße, s. München. Bronzell 50, 283. Brückenau, Bad 8. —, Stadt 438. Bruchsal 399. Brühl, Graf 213. Brüssel 385. Brunelleschi 54. Buchner Max 298, 302. Budgetrecht 123, 177. Bückel 120. Bülow Bernh. Ernst 217, 247. — Hanns v. 67, 365. Bundesreformprojekt 154—156. Bunsen 153. Buol, s. Schauenstein. Bürgerliches Gesetzbuch 568. „Bürgerverein f ü r Freiheit und O r d n u n g " 224. Bürkel Heinr., Maler 62. •— v., Chef der Kabinettskasse 552. Bürklein Friedr. 39, 338, 339—340, 341 bis 343, 352, 369. Burckhardt J a k o b 57, 59, 293, 321, 385. Bürger 356. Burgfahrnbach b. Fürth 234. Burghausen, Schloß 55. —, Stadt 566—567. Burglengenfeld 287.
Register. Burk in Mittelfranken 339. Busch Moritz 521. — Wilh. 494. Cabet Etienne 157. Cäcilienverein 67. Calderon 135. Candid Peter 41, 347. Canitz, Frhr. v. 160. Canova 41. Cambon 498. Capo d'Istrias, Graf 70. Carrière Moritz 317, 324. Casselmann 577. Cellini Benvenuto 65. Celtis Conrad 25. Certosa di Pavia, Kartäuserkloster b. Pavia 342. Cervantes 135. Cetto, Frhr. v. 215. Chälons sur Marne 508—509. Chamisso Adelb. v. 153, 310. Charlotte Auguste, Kaiserin v. Österreich 417. Charlottenburg, Techn. Hochschule z. 387. Chodowiecki Daniel 63. Christian IX., König v. Dänemark 280. Clarendon, engl. Außenminister 497. Closen, Frhr. v. 82, 102, 119, 196. Colombey 509. Comte Auguste 157. Conräder Georg 350. Constant Benjamin 221. „Cornaro Caterina" 65. Cornelius Adolf, Historiker 295, 324. — Peter v., Maler 43—46, 48, 50, 54, 55—58, 152, 349—351, 376. — •—, Komponist u. Dichter 365. Cotta J o h . Friedr., Frhr. v. 84—86. —, Verlag 309. Coulmiers 511. Courbet Gust. 378, 391—392. Couture Thom. 351. Crämer Karl 463, 471. Crailsheim Friedr., Graf 554, 567. Cramer-Klett, Frhr. v. 362. — —, Maschinenfabrik 287. Cucumus 117, 221. Dachau, Schloß 567. Dahlmann Friedr. Christ. 172, 201, 204, 290, 331, 356. Dahlmannscher Verfassungsentwurf 194, 196—197, 201.
619
Dahn Felix 66, 315, 324, 326—327. Daller Balth., Ritter v. 492, 576. Dalwigk v. 399, 441, 454, 479. Dänemark 209, 250, 266, 279, 413. Dänische Frage 250, 407. Darmstadt 78, 292, 453, 527. Dasio Ludw. 382. Daxenberger Seb. (Fernau) 144, 196, 201, 226, 298, 310, 439, 440, 444, 446, 481. Defregger Franz 379. Degenfeld, Graf 210. Deger Ernst 351. Deggendorf 18. Deinlein 420. Delamotte 64. Delacroix 394. Delaroche 351. Delbrück Rud. 512, 516—520, 523, 534. Denis 93. Dermbach 422, 423. Deutinger 139. Deutsche Akademie 299, 300. Deutscher Bund 149, 259, 261—264, 275—276, 280, 408, 410, 415, 418, 422, 427, 431, 435, 442—443, 446 bis 447, 450, 474, 476, 484, 513—520, 522, 528, 533, 541. — Bundestag 267. Deutsche Frage 248, 260, 266—271, 277, 407—408, 411, 415, 473, 475, 482, 495—496, 507—508, 512—513, 515, 519, 523. „Deutscher Hof" 202. „Deutsche Tribüne" 100, 108, 119. „ — Z e i t u n g " 206, 241. Deutscher Nationalverein 257, 267—269, 272—275, 294, 314, 412, 463. „Deutsch-Konstitutionelle Zeitung" 192 bis 193, 226. Devrient Ed. 318. Dicklschwaige 180. Diedenhofen 503. Dienstespragmatik von 1805, 575. Diepenbrock Frhr. v., Fürstbischof von Breslau 134. Diez Wilh. 311, 378. Diezel Gust. 225, 232, 234. Dillis Georg v. 37, 60. Dingelstädt Franz. v. 151, 200, 317, 318, 322—324, 329, 331, 353. Distriktsgemeindegesetzgebung 181, 186. Doenniges Wilh. v. 173, 193, 198—200, 202, 215, 288, 291—293, 305, 322 bis 324, 326—328, 330, 331, 358, 487, 494.
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Register.
Döllinger Ignaz v. 29, 30, 139, 201, 215, 221, 298, 304, 324—325, 545—548. Dollmann Georg v. 64, 352, 369, 371 bis 373, 375, 398. Donauwörth 234, 574. Dönhoff v. 167, 194. „Donauzeitung" 192, 226, 465, 514, 533. Donner Raffael 41. Donnersberg 202. Doos in Mittelfranken 463. Dorner J a k . 60. Douay 505—506. Dreikönigsbündnis 238—239, 242, 244, 247—248, 274, 483. Dresden 160, 211, 241, 254, 258, 262, 303, 365, 369—370, 392, 421, 527. — Galerie 57. Dresdener Konferenzen 255ff. •— Meisterkongreß 163. — Palais 372. — Zwinger 372. Drexel, Palais 35. Drexler 382. Drouyn de Lhuys 437. Droysen J . G. 201, 205. Ducrot Aug. 507. Düfflipp 552. Dülfer M. 389. Düll Heinr. 382. Düppel 279. Dürer Albr. 44. Düsseldorf 43, 351, 393. — Galerie 523. Düsseldorfer Schule 61. Eberhard 130—131. Eberle Syrius 382—383. Ebner-Eschenbach Marie, Freifrau v. 321. Ebrach 17. Ebrard 419. Eck J o h . 26. Edel 418. Effner K. v., 342, 352, 372. Eger, Stadt 424. Eichendorff Jos., Frhr. v. 311. Eichhorn J . Albr. 89. Eichstätt 18, 171, 283. Eichthal 46. Eining (Kastell Abusina) 566. Eisenach 267. Eisenhart Aug. v. 487, 500, 529, 532, 548, 552. Eisenmann Gottfr. 114, 118, 138, 189, 220.
Elbherzogtümer 279—280, 404, 407, 416, 435, 450. Elisabeth, Kaiserin von Österreich 363. Elsaß-Lothringen 19, 253, 503, 507—508, 511—512. Elsaßhausen 507. Ems 495, 498. Engerth Ed. v. 62. England 28, 48, 70, 73—75, 85, 89, 152, 164, 215, 250, 260, 266, 280, 334, 339, 382, 473. Englischer Garten, s. München. Ensdorf 17. „Eos", Zeitschrift 189, 221. Eoskreis 126. E r f u r t 87, 250, 406. Erlangen 14, 100, 101, 133, 224, 239 bis 240, 293, 309, 419, 465, 563—564, 566. —, Universität 100, 133, 563, 577. Ernst II. Herzog von Sachsen-KoburgGotha 267, 274, 525. Ertl, Fabrik 91. Ethnographisches Museum 302. E t t Kaspar 67. Ettal 17. Erübrigungsfrage 123. Erzgießerei, s. München. Eugenie, Gem. Napoleons III. 265. Europäischer Kongreß 497. Expressionismus 396. Fallersleben H. v. 151, 154. Fallmereyer J a k . 290, 331. Favre Jules 510. Feilitzsch Max, Graf 575. Feldafing 338, 376. Feldherrnhalle, s. München. Fénelon François 28. Fentsch (Frater Hilarius) 315. Ferdinand Maria, Kurfürst von Bayern 19. Ferdinand II., König von Sizilien 156. Fernau Karl (s. Daxenberger) 310. Festspielhausprojekt, s. München. Feßmaier 113. Feuerbach Anselm v., Maler 21, 26, 39, 44, 321, 343, 349, 350, 351, 376—377. — Ludw., Philosoph 366. Feust 193. Fiedler 377—378, 383. Fiesole 393. Finanzministerium, s. München. Fiorenzi Marianne di, Marquise 135. Fischer, fortschrittlicher Abgeordneter 471, 502.
Register. Fischer 120. — Karl v„ Architekt 33, 35—38, 48, 64. Fischer, Professor 295. Flandrin Hippolyte 351. „Fliegende Blätter" 61, 141. Florenz 41, 49, 51, 299, 339, 393. Floßmann Jos. 382, 389. Flugschriften 192, 220. Föderalismus 539. Foltz Ludw., Bildhauer 348. — Philipp v., Maler 350. Fontainebleau 519, 527—529. Fontane Theod. 321. Föringer 298. Forst-, Jagd- u. Triftverwaltung 94, 187, 573. Fourier 157. Fournier Ed. 138. Fortschrittspartei, bayerische 412, 450 bis 451, 495, 4 6 1 - ^ 6 2 , 464—465, 471—472, 475, 489—492, 513, 536, 548. — 176, 271, 284, 314. —, deutsche 267—269, 276. Franken 93, 110, 114—115, 118, 185 bis 186, 192—193, 221—229, 232—234, 247, 438, 486, 514. Fränkel Ferd. 64. Frankental 196, 574. F r a n k f u r t a. M. 62, 75, 84—85, 155, 160, 163, 201, 209, 212, 214, 218—220, 225, 230, 231, 236, 238, 258, 267, 271, 275, 281, 344, 379, 385—386, 392, 397—399, 402, 404, 409, 414, 423 bis 424, 447, 4 6 3 - ^ 6 5 , 512, 525. —, „Augsburger Hof" 202. —er Bundestag 75—76,203,258,264,268, 410, 460. —, „Deutscher Hof" 202. —, „Englischer Hof" 202. —er Fürstentag 257, 264, 270, 273—277, 460. —, „Holländischer H o f " 202. —er Nationalversammlung 89, 194—196, 198, 200—211, 213—217, 219, 220, 225—229, 234—238, 270, 524, 538, 545. —, „Nürnberger Hof" 202. —, Paulskirche 201. —er Putsch 117, 118, 149. —, „Württemberger H o f " 202. —er Verfassung 2 3 3 ^ 2 3 8 , 242, 248—249, 266, s. Verfassung. „Fränkischer Kurier" 193, 465. „ — M e r k u r " 14, 158, 160, 221—222.
621
Frankreich 14, 19, 28, 61, 70, 73—78, 96, 100, 118, 148—157, 243, 250, 253, 259—260, 266—267, 270, 339, 351, 378, 393, 407, 412—415, 430, 432, 436—437, 438—444, 447, 449, 453 bis 454, 474—476, 477—488, 496 bis 503, 510, 512. Frantz Konstantin 200, 533. Franz I., Kaiser von Östereich 15. — Joseph I., Kaiser von Österreich 212, 253, 260, 273—274, 432, 478, 486, 554. Franziskaner, s. Orden. Französische Nationalversammlung 511 bis 512. — -österreichische Entente 496. — Revolution 156, 491. Frauenchiemsee 18. Frauenkirche, s. München. Freiburger Münster 62. „Freie Staatsbürger" 193. Freilassing 574. Freiligrath 152, 154. Freising 26, 144, 492. FreisingerBischofskonferenz 191,544,545. — Denkschrift 548. Freycinet 510. Freydorf v. 447. Freytag Gust. 257. Friedrich 1. Barbarossa 274, 295. — I., König von Preußen 535. — II., der Große, König von Preußen 219, 252. — Wilh. III., König von Preußen 151, 153, 270. — Wilh. IV., König von Preußen 113, 151, 152, 156, 159, 161, 167, 168, 211—212, 218, 236, 238, 252, 270, 462. — Wilh., Kronprinz von Preußen, später Kaiser 4 2 1 , 5 0 5 , 5 1 0 , 521. — Karl, Prinz von Preußen 421, 505. —, Erbpinz von Augustenburg 280. — VII., König von Dänemark 279. —, Großherzog von Baden 274. — J o h a n n , Historiker 545. Fries Bernhard 60. — Ernst 60. Friesen Rieh., Frhr. v. 534. Fröbel J u l . 270, 273, 452, 456, 484. Frölich, Gymnasialrektor 23, 120. Fröschweiler 507. — Chronik 504. — Frossard Charles 508. Fuchs J o h . Nep. v. 303. Führich Jos. 321. Fürstenfeldbruck 17, 42.
622
Register.
F ü r t h 93, 234, 339, 549. Füssen 554. Fulda (Bronzell) 253, 422, 423. Gabelsberger Franz 91, 129. Gagern Friedr. v., badischer General 149, 151. — Heinr. v., hessen-darmstädtischer Minister 89, 165, 195, 197, 201—203, 207—208, 212—214, 217, 237. — Hans Christoph, Reichsritter v. 149, 151. — Max v., nassauischer Staatsmann 165, 167. Gagernsches Verfassungsprogramm 194, 197, 213—214. Gaibach 149. „Gaibacher Fest" 115. Gallait Louis 351, 385. Gambetta Léon 510. Gärtner Andreas 34, 48. — Friedr. v., Architekt 34, 36, 39, 45, 48—49, 55, 63, 332—334, 338—339, 369, 376. Gärtnerplatztheater 65. Gasser Karl v. 159, 196. Gastein, Bad 273, 405, 417—418. —, Vertrag v. 406, 415—416. Gedon Lorenz 370—371, 386. Geibel Em. 298—299, 315, 317, 319—321, 324, 326—327, 329, 331, 353, 529. Geisberg, Schloß bei Weißenburg 506. Geizer Heinr. 535. Gemeindegesetzgebung 180, s. Distriktsgemeindegesetzgebung, Kreisgemeindegesetzgebung. Gemminger 303. Genelli Buonaventura 44, 321, 349, 350, 353, 376. Genua 51. Generalkonservatorium d. Kunstdenkmale u. Altertümer Bayerns 567. Generallinienplan, erster, s. München. Genter Schloß 373. Georgianum, s. München. Gerlach (Gebrüder) 257. — Leop. v. 242. Germania, Burschenschaft 100—101, 119. Denkmal 42, 277. Germersheim 231. Gersfeld 443. Gervinus 201, 206, 241, 331. „Gesellschaft im Goldenen H a h n " 326. Giech, Graf v. 240, 460. Giehrl Celsius 499.
Giesebrecht W. 292, 295—296. Oiesinger Kirche, s. München. Gießen 232, 328. Gießmann F. 346. Gilly Friedr. 37. Giotto di Bondone 45. Girondisten 157. Gise, Frhr. v. 70, 110, 116, 262, 428. Glasmalereianstalt, s. München. Glaspalast, s. München. Glyptothek, s. München. Glink Xav. 346. Gnesen 153. Goeben Aug. v. 423. Goltz Rob., Graf v. d. 430, 432. Gönner Nik. v . 26, 30. Görres Guido 224, 325. — Jos. 10, 28—30, 126, 139—140, 221, 292, 325. Kreis 113, 133. Göschen 30. Goethe J . W. v. 43, 56—57, 64—65, 101, 309, 363, 369. Gooch 473. Gotha 238. Gottgetreu 341. Göttingen 8, 22—23, 27—28, 31—32, 172—173, 290, 296, 356, 494. „ G r a d a u s " , Flugschrift 192, 226, 229. Gramont Antoine, Herzog v. 478, 498, 500. Grandaur 23, 24, 101, 105, 180, 189, 239. Grashey 553. Gravelotte 509. Greif Martin (H. Frey) 317. Greil 537. Gresser 492, 543, 546. Gressersche Schulgesetzvorlage 549—550. Grey 100, 498. Griechen, Freiheitskampf der 148. Griechenland 11, 3 9 - 4 0 , 55—57, 60, 68—72, 125, 319. Grillenberger 575. Grimm J a k o b u. Wilhelm 29, 201, 313, 331. — Ludw. Emil 59. Gröben v. d. Karl, Graf 252. Großdeutsch 206, 207, 217—218, 228, 241, 247, 255, 262, 264, 268, 270, 279, 475. Großdeutscher Reformverein (1862), 270, 464. Grosse Jul. 322—323, 326, 357. Großhesselohe 335. Grundbuch 569.
Register. Grundentlastung 184, 186. Grundlagengesetz 188. Gudden 553, 556. Gümbel Karl Wilh. v. 303. Gumppenberg, Frhr. v. 146. Gunkel Friedr. 350. Guizot 156, 157. Gustav-Adolf-Verein 132. Gymnasiallehrerverein, bayerischer 561. Haag 477. Habermann Hugo, Frhr. v. 393. Habsburg 237. Hagelversicherungsverein 94. Hagen 553. — Charlotte 135. Hagenau 505. Hahn Heinr. 382. Haidenburg b. Vilshofen 344. Haider Karl 378—379, 391. Haidhäuser Johanniskirche, s. München. Hainhofen 420. Halbig Joh. v. 56. Halevy 65. Hallbaum Franz 33. Hallbergmoos 54. Haller Karl Ludw. v., Staatsrechtslehrer 113, 221. —, Redakteur 226. Halm Karl 353. Hals Frans 377. Hambacher Fest 115—116, 149. Hamburg 303, 315. Hammelburg 438, 441. Handelsschule, städtische 469. Haneberg Daniel 325, 356, 361. Hannover 75, 85, 89, 149, 210—211, 217, 238, 248—249, 258, 263, 268, 274, 399, 402, 418, 420—421, 525. Harieß v. 490, 493. „Harmlos" d., s. München. Hartig J . N. 30. Hartmann Jak., Frhr. v. 423, 427, 505, 507. Hassenpfiug 251. Hatzfeld Paul, Graf 521. Hauberisser Georg v. 382, 386. Hauptpostamt, s. München. Hauschild Wilh. 350, 352, 369, 374, 377. Hauser Franz 66. Haushofer Max 316, 326. Hauttmann 45. Hazzi 176. Hebbel 59, 317. Hecker 154.
623
Heeren Arn. 172. Heeresreorganisation 271—272, 470. Hefner-Alteneck v. 344. Hegel Karl 293. Heger Karl 221. Hegnenberg-Dux, Graf 226, 234, 270, 281, 463, 547, 548. Heideck 69, 71. Heidelberg 26, 164, 239, 251, 294, 484, 487. Heigel Karl Aug. v., Dichter 314, 316, 326. — Karl Theod. v., Historiker 299. Heilige Allianz 260, 264. Heilmeier 382. Heimatschutzbewegung 566. Heine 59, 150, 154, 309. Heinkeimann 221. Heinlein Heinr. 61. Heinrich I., Herzog v. Sachsen 542. —, Bischof v. Passau 20. Heintz 174, 210. Held 177. Helmstadt 424. Heppenheim 154. Herder J . Gottfr. 65. Hermann Gottfr. 22. — Karl 305. Herrenchiemsee 374, 376, 378. Hertling Georg v. 177, 577. Hertz Wilh. 322. Herwegh G. 152. Herz 547. Herzogspitalkirche 125, 127. Hesiod 52. Hessen 249—250, 254, 278, 435—436, 439, 447—448, 474. Darmstadt 76, 78—79, 84, 86, 165, 244, 263, 268, 404, 413—414, 433, 436—438. — -Kassel 84. Heß Eugen, Maler 350. — Heinrich, Maler 50, 53, 58. — Karl Ernst, Kupferstecher 58. — Peter v., Maler 350. Heyne Christ. Gottl. 22. Heyse Paul v. 317, 320—321, 324—328, 333, 353, 357, 361. Hilarius Frater (Fentsch) 315. Hildebrand Ad. v., Bildhauer, 378, 380 bis 381, 383—384, 388—389, 393. — Joh. Lukas v., Architekt 387. Hiltensperger Georg 40, 52—53, 350, 369. Himbsel 46. Himmelspforten 19.
624
Register.
Hirth 372. — du Fresnes Rud., Maler 378, 379. Historische Kommission 267—300. „Historisch-Pol. Blätter" 193, 226, 272, 276, 325, 328, 330, 493, 533, 537. Historischer Verein von Oberbayern 134, 226. Historisches Seminar 296. „Historische Zeitschrift" 294, Hochdorfer 114. Hocheder 23. Hof 177, 252, 424, 438. Hof- und Staatsbibliothek, s. München. — und Nationaltheater, s. München. Höfler K. Adolf 133, 139, 292. Hofmann Konrad, Germanist u. Romanist 298, 303. — Julius, Dekorationsmaler 373—376. —, Hofkassier 366. Hoffmann v. Fallersleben Aug. 73. Hofstätter 131. Hohenhausen, Frhr. v. 171. Hohenlohe Chlodw., Fürst v. 176, 234, 454—456, 458, 460—462, 466, 470 bis 472, 475—479, 481—493, 495, 512, 524—525, 536, 543, 546—548, 552, 556, 576, 579. —, Denkwürdigkeiten 461—462. —, Palais 35. —, Rundschreiben v. 24. Febr. 1867,475, v. 4. April 1869, 546. Hohenschwangau 54, 61, 332—333, 345, 373, 459, 523, 554. Hohenzollern 78, 243, 270, 276, 498. —, Burg 444. — -Hechingen 82. — Sigmaringen 82. , Karl Ant., Fürst v. 271. Holland 48, 73, 259, 302, 339. — Hyazinth 297. Holnstein, Graf v. 453—454, 531—532. Holstein-Glücksburg 250, 254, 280, 406, 413, 415, 417, 438. Holzmann Philipp 386. Homer 52, 310. Homburg 438. Hönig 425. Hopfen Hans 316. Hörmann 201, 492. Hormayr Jos., Frhr. v. 17, 29, 99, 171, 302. Hornthal v. 76, 102, 175, 224. Hotel Vier Jahreszeiten, s. München. Huber Joh. 361, 363, 543. Hubertustempel, s. München.
Hubrich 553. Hügel v. 269. Hullmandel Charles 48. Humboldt Alexander v., Naturforscher 152. — Wilhelm v., preuß. Staatsmann 66. Hunolstein 71. Huttier 489. Huyn, Graf v. 421. Hypotheken- u.Wechsel-Bank, Bayerische 94. Jacob E. Th. 465. Jacobs 21, 22. Jagdrecht 186. Jäger 193. Jank Christ. 373. „Janus", 545. Jassy 68. Jena 295, 440. Jérôme 37. Jerusalem 57. Jesuiten, s. Orden. Immenstadt 75, 272. Immobiliar- u. Hagelversicherungsgesellschaft 287. Impressionismus 384, 390—391, 393. Ingolstadt 25, 26. „Inland" Das 189, 221. Inventarisation der Kunstdenkmäler Bayerns 567. Job 19. Johann Nep., König von Sachsen 275, 534. — Phil., Pfalzgraf 130. •—, Prinz von Sachsen 116. —, Erzherzog, Reichsverweser 203, 238, 247. St. Johannisverein für freiwillige Armenpflege 287. Jolly Phil. v. 292, 324, 361. Jordan Wilh. 358. Jörg Jos. Edmund 272, 279, 472, 491 bis 493, 495, 501, 536—537, 541—542, 548. Irlbach 494. Isarvorstadttheater 65. „Isarzeitung" 276. Israeliten 190. Italien 8, 28, 31, 53, 95, 148, 156, 158, 213, 265—267, 294, 339, 377, 407, 412, 485—486, 497. Judenbühl b. Nürnberg 232. Judenemanzipationsgesetz 281. Jugendstil 381, 388—389, 395.
Register. Justizreform 138. Justizpalast, s. München. Iver Mac 171. Kabinettssekretariat 179—180, 198, 466, 552. Kaiserproblem 526—533. Kaiserproklamation 528—529, 534, 535. Kaiserslautern 221—222, 225, 231, 505, 571. Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Berlin 383. — in Nürnberg 383. Kalkreuth Stanisl., Graf 376. Kaltennordheim 423. K a n t 29. Kapuziner, s. Orden. Kapuzinergraben, s. München. Karl VII. Albrecht, K u r f ü r s t v. Bayern 314. — Alexander, Großherzog v. SachsenWeimar 275. — August, Großherzog v. SachsenWeimar 324. — d. Große 17, 93. — Theodor, Kurfürst v. Bayern 3, 20, 33—34, 48, 80, 184—185, 314. — Theodor, Herzog in Bayern 493, 530. —, Prinz von Bayern, Feldmarschall 33, 69, 98, 128, 143—144, 397, 411, 414, 421—423, 425—429, 434, 456, 458, 490, 530. Karlinger Hans 45, 341. Karmeliter, s. Orden. Karoline, Kaiserin v. Österreich 19. —, Mutter König Ludwigs I. 129, 134. Karolinenplatz, s. München. Karlsbader Beschlüsse 188, 405—406. — Ministerkonferenz 9, 14—15, 77, 79, 117, 147, 149. Karlsruhe 38, 62, 84, 479, 505, 527. Karlstadt 23. Kassel 37, 85, 254. Kaufbeuern 225. Kaulbach Friedr. Aug. v. 379. — Wilh. v. 4 5 - 4 6 , 56—57, 59, 298, 311, 323—324, 350, 353, 376, 379. Kelheim, „Befreiungshalle" 54, 55, 190, 371. Keller Gottfr. 59, 321. Kempten 103, 225. Kerner Justinus 579. Kestenburg, Hambacher Schloß 115. Kirchenpolitik König Ludwigs 1.128, 133. Kirchenstiftungs- u. Kirchengemeinderecht, Neuregelung 568. D o e b e r l , Geschichte Bayerns.
III.
625
Kirchscheidungen a. d. Unstrut 22. Kirschbaum, 6. Kissingen 111, 427, 429, 438, 441. —, Gefecht b. 423. Klaß Mich. 361. Klassizismus 36—41, 46, 49, 61, 335. Klein Karl 504. Kleindeutsch 206—208, 228, 255, 264, 270, 279, 533, 540. Kleinschrod 226. Kleist Heinr. v. 321. Klenze Leo v. 33, 36, 37, 39, 4 4 ^ 1 5 , 47—55, 60, 64, 298, 324, 338, 369, 384. Klindworth 210, 213. Klopstock 56. Knabl Jos. 347—348, 352, 369, 382. —, Schule 381 f. K n a p p Friedr. Ludw. 303. Kniebeugungsaffäre 130. Kobell Ferdinand, Maler 60. — Franz v., Mineralog u. Dichter 105, 312f., 319, 324—326, 329, 350. Koblenz 48, 423. Koburg 267, 525. Koch J o h . Karl 53. Köckert Jul. 352. Kolb Georg, bayer. Abgeordneter 463. — Gust., Redakteur 192. — Friedrich, bayer. Abgeordneter 228, 230, 233. Köln, Dom (Ausbau) 55, 152, 153. Kölner Wirren 153. Kommission f ü r Bayerische Landesgeschichte 298. —, Historische 297—300. Kommunistisches Manifest 92, 223. Königsberg 295, 316. Königsplatz, s. München. Königgrätz, Schlacht b. 421—422, 423. — 427, 429—432, 435, 446, 449—450. Konkordat 543—544. Konservative Partei 466, 492, 550. Konservatorium, s. München. Konstantinopel 173, 260. Konstitutionell-monarchischer Verein 226—227. Koppen, Philosoph 29. Koppen Wilh., Maler 380. Korais Adamantios 68. Körner Theod. 65. Kornmann Rupert, Abt 16. Kötzting 11. Kotzebue Alexander v. 351. Krankenhaus, städtisches, s. München. Kreditverein 94. 40
626
Register.
Kreisgemeindegesetzgebung 182. Kreling Aug. v. 346, 350. Kremsierer Erklärung 213—214. Kreuter Franz J a k o b 338. Kreuth Bad 42. Kriemhild 58. Krimkrieg 257, 260, 262, 264, 268, 270, 503. Krieg, Deutscher 1866, 410, 431, 432, 438, 446, 450, 454, 471, 475, 496. —, Deutsch-Französischer 1870,495, 497, 498, 510, 527. —, Italienischer 1859, 257, 264, 268, 270, 545. Kriegsministerium, s. München. „Krokodil", 326. Kronach 438. Krüger Franz 63. Kufstein 213. Kuhn Alfred 43, 54. Kulmbach 435, 438-^139, 443. Kulturkampf in Bayern 495, 541, 547, 550. Kulturpolitik König Max' II. 2 8 8 f f . Kultusministerium, 134. Kunstsammlungen, staatliche 566ff. Kunstausstellungsgebäude, s. München. Kunstgewerbeschule, s. München. Kunstgewerbeverein, s. München. Künstlerhaus, s. München. Kunstverein s. München. Kurhessen 76, 78, 84f., 149, 217, 251 f., 418, 420f., 525. Kurz Erwin, Bildhauer 382, 384. — Hermann, Dichter 321. Küstner Karl Theod. 65. Kutterling in Obb. 379. Kyffhäuser 83. Lachner Franz 62, 65—66, 298, 353. Lafitte 156. Laibach, Kongreß z. 69, 148. Laistner Ludw. 321. Lamartine 157. Lammer 465. Lamont 302. Landau, Pfalz 505, 570. Landesgesetzgebung 569. Landesschulkommission 559. Landsberg 569, 571. Landsfeld, Gräfin v. 136, 139, 140—144, 146, s. Lola Montez. Landshut 8, 22, 26—30, 102, 110, 118, 221, 292, 344, 492. Landshuter Zeitung" 193.
Landtag von 1827/28 17, 97, 183. 1831 104. 1834 122. 1837 113, 123. 1839 127. 1843 127. 1849 225, 281, 462. 1850 281. 1851/52 282. 1858 284. 1859 284, 462. 1861 464. 1871 536. 1909/10 577. 1912 577. 1913/14 177, 186, 577. 1917 577. — vereinigter in Berlin 153. Landtagswahlgesetz 175, 183, 288, 471, 575. Landratsgesetz 98. Landschaftsgebäude, ehemaliges, s. München. Landwirtschaft 570ff. Landwirtschaftlicher Verein 94. Lange Jul., Maler 60. — Ludw., Architekt 338, 347. Langensalza 421 f. Langensulzbach 507. Langer J o h . 52. Langko 61. Larosee, Graf 363. Lasaulx Ernst v. 139, 201, 263, 325. Lassen W. 128. Lasker E d u a r d 512, 520. Laube Heinrich 318. Laufach 424. Lausitz 421. Lauterburg 505. Leboeuf Edmond 508. Lebrun Barth. 498, 503. — Charles 44, 535. Lehmair 71. Lehrbach, Graf 165. Leibi Wilh. 44, 378—380, 390—392, 394. Leiningen Karl, Fürst v. 127, 162. Leins Christian v. 385. Leipzig 22, 54f., 57, 66, 240f., 365. —, Schlacht b. 349, 502. Lenbach Franz v. 321, 371, 376f., 379 bis 381, 384, 386, 390, 394. — -Haus, s. München. Lerchenfeld Gustav, Frhr. v., bayer. Finanzminister 174, 210, 212, 226, 234, 239, 270, 281, 462ff., 547.
Register. Lerchenfeld Hugo, Frhr. v., bayer. Gesandter 501. — Maximilian, Frhr. v., bayer. Finanzminister 9, 10, 15, 79, 101, 117. Leuchtenberg, Herzog v. 41. „Leuchtkugeln" 141. Levau Louis 375. Liberale Partei 492, 542, 576. Liberalismus 150, 491 f., 533. Lichnowsky Felix, Fürst v. 204. „ L i c h t f r e u n d e " 153. Lichten hof 521. Lichtentaler 171. Liebig J u s t u s v. 292, 297f., 323f., 328f., 353, 361, 487. — -Denkmal 382. Liebermann Max 391 f. Lier Adolf 61. Lindau 315. —, R a t h a u s 388. Lindenschmit Wilh. d. Ältere, Maler 332, 345. — Wilh., Maler 61. Linderhof 64, 371—374, 378, 382, 387. Lindner 78. Lingg Hermann v. 315, 326. Lipowski 552. List Friedr. 75f., 206, 249. Locher J a k . 25. Löfftz Ludw. v. 379. Löher Franz v. 297f., 324, 331. Loigny 511. Loirefeldzug 510. Lola Montez 135—136, 138—139, 142, 162, s. Landsfeld Gräfin v. London 48, 125, 173, 262, 478, 527. —, Konferenz in 69, 70. •— Ausstellung 340. Londoner Protokoll 250, 279. •— South-Kensington Museum 335, 343. Lonnerstadt b. Höchstadt a. Aisch 420. Lorenz Ottokar 449, 473, 474. Lorrain Claude 60. Lothringen 503. Louis Ferdinand, Prinz v. Bayern 47. — Philippe, König v. Frankreich 154. Lübeck 315. Lübke Wilh. 385. Luden Heinr. 579. Ludwig IV. d. Bayer, römisch-deutscher Kaiser 17, 347, 375. — I., König v. Bayern 5—128, 135, 139, 146f., 152f., 161, 165, 173, 184, 191, 195, 201, 220, 253, 265, 288 bis 292, 302, 304, 309, 313, 331—339,
627
345, 350, 363, 366, 371, 377, 385, 393, 397, 411, 417, 424, 428, 456f., 490, 552f., 555, 578. Ludwig II., König v. Bayern 64, 66, 95, 314, 316, 320, 331, 339, 343, 346, 352, 355, 361—382, 393—398, 411, 416, 437, 444, 454f., 458, 464f., 479, 486ff., 512—519, 523—535, 539f., 548ff., 576—579. — III., König v. Bayern 530, 540, 579. — XIV., König v. Frankreich 260, 376. — XVI., König v. Frankreich 375. —, Prinz v. Hessen 447. — Otto, Dramatiker 303. Ludwig-Donau-Mainkanal 287, 574. Ludwigdenkmal, s. München. Ludwigskirche, s. München. Ludwigstraße, s. München. Luise, Königin v. Preußen 270. Luitpold, Prinzregent v. Bayern 72, 387, 524, 532, 543, 551, 553, 558—561, 564—567, 575, 578. L u t h a r d t C. E. 492, 550. Luther 545. Lutz J o h . 180, 398, 455, 519, 530, 537, 541, 543—551. Luxburg, Graf v. 86, 87, 207—208. Luxemburgische Frage 476—478, 485, 496. Lyzeen 132. Maaßen K. G. 89. Mac Mahon 503—505. Maffei, Eisenwerk 91, 287. Magdeburg 87. Magenta 267. Mainz 335, 402, 480, 505. Makart Hans 381. Malmö, Waffenstillstand v. 204. Manet Edouard 391. Mangfallquellwasserleitung in München 383. Mannhardt, Fabrik 92. Mannheim 35, 67, 130, 251. Mansart François 375. Marie, Prinzessin v. Preußen, Gem. König Max' II. v. Bayern 147, 333. — Antoinette, Königin v. Frankreich 375—376. Manteuffel Otto, Frhr. v. 253, 257, 271, 415, 424. Marburg 293, 385. —, Universität 546. Marchfeld 434. Marées Hans v. 44, 377 f., 383.
40«
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Register.
Mariafeld b. Meilen, Schweiz 365. Mariahilfkirche, s. München. Mark v. d. 140. Martens, Frhr. v. 75. Martius Karl Friedr. v . 302. Marx Karl 92. Marxismus 223. Märzministerium 145, 173, 187, 193, 196f., 209f., 226, 280—285, 494. —, sächsisches 241, 242. „ M ä r z v e r e i n " 222. M a ß m a n n H a n s Ferd. 28. Massimi Marchese 57. M a t h y 154. Maurer Georg Friedr., Universitätsprofessor 30, 138. — Georg Ludw. v., bayer. Minister 32, 71, 125, 297. Maxburg, s. München. Maxgymnasium, s. München. Max-Josephs-Platz, s. München. M a x - J o s e p h - S t i f t , s. München. Max-II.-Kaserne, s. München. Maximilianeum, s. München. Maximilianstift Neuberghausen, s. München. M a x m o n u m e n t , s. München. Montezhaus, s. München. Maximilian I., K u r f ü r s t v. Bayern 10f., 19, 41, 52, 95, l l l f . , 370. — III., K u r f ü r s t v. Bayern 184, 290, 314, 352. — J o s e p h IV., der spätere König v . Bayern 3, 5f., 13, 16, 26f., 34, 41 f., 52, 70, 79f., 112, 148, 181 f., 185, 188, 208, 309, 336, 354, 425, 543. — II., Kronprinz u. späterer König v . B a y e r n ö l , 5 7 f f . , 6 1 f f . , 128,145f., 166, 171—358, 371, 381, 397—400, 426, 466, 493, 529, 543—544, 548, 552, 573, 578. — Stil 331—332, 334. — Joseph, Herzog in Bayern 47. Maximilian Ferdinand, Erzherzog v. Österreich, Kaiser v. Mexiko 478. Maximilianshütte, F a b r i k 287. Mayr Gg. v., 455, 572. Mechmet Ali 152. Mecklenburg 268, 402, 511. Mehring 547, 548. Meiningen 422, 436. Memling, Maler 61. Meneval de 259. Mensdorff, Graf 421, 433, 434. — -Pouilly Albert v. 400f., 411.
Menßhengen 208. Menzel Adolf v. 391. Metivier J . B. 47. Metsu Gabr. 352. Metten, Kloster 17, 18. Mettenleitner Dominikus 67. Metternich Clemens, F ü r s t v. 15, 68—70, 76f., 99, 115—117, 147—149, 152, 160, 163, 189, 270. — Rieh., F ü r s t v . 432, 478, 496. Metz 120. —, S t a d t 503f., 507—509. Metzger 51, 333, 334. Meyer Fr. 193. Meyr Melchior 315, 316, 326. Meyerbeer Giacomo 65. Michelangelo 45, 387. Michelsberg b. Kelheim 55. Michelfeld 17. Mieg 88, 89. Milani, Kafe 202. Milbertshofen 46. Miller Ferd. v., Erzgießer 42, 56. — Friedr. 75. Ministerverantwortlichkeit 18, 177—180, 197, 281. Minoriten, s. Orden. „Mittelfränkische Z e i t u n g " 193. Mittelpartei 474f., 489, 547. Mittermaier Karl 26, 30, 201. M i t t n a c h t Herrn., F r h r . v. 517f., 520, 523. Mirza Schaffy 322. Mohl Rob. v. 201, 400, 461. Moldau, F ü r s t e n t u m 260. Moltke H e l m u t h , Graf 421, 423, 510. Mommsen Theod. 313. Monreale b. Palermo 53. Montesquien 221. Montez Lola, s. Lola. Montgelas, Graf v. 3 f . 7f., 10, 12, 15, 19f., 25f., 31, 80, 93f., 103, 113, 125, 184, 187f., 208, 220, 232, 325f., 466, 490, 493 f., 549, 558. Moriz 120. Motz v . 81, 84, 86f. Moulin de Tour 510. Moustier 480. Moy v . 20, 139. M u f f a t 298. Mühlacker 484. Mühldorf 574. Mühlfeld, öst. Abgeordneter 208. Müller, Abgeordneter 177, 228. — Ludw. v., bayer. Minister 553.
Register. Müller Max, Orientalist 297. — Venanz 304. •— -Hof, bayer. Abgeordneter 577. München, Akademie d. Bildenden Künste 386, 565. —, Allerheiligen-Hofkirche 49, 50, 53, 58. Arkaden 56. Bahnhofgebäude 339—340. Basilika 39, 53, 58. „ B a v a r i a " , 42. Bazargebäude, Odeonsplatz 46. Bernheimerhaus 387. Blindeninstitut 50. Bonifaziuskirche, s. Basilika. Bonifaziuskloster 39. Börse, neue 389. Botanischer Garten, alter 35, 335. Briennerstraße 35, 36, 47, 333. Englischer Garten, Erneuerung d. 33. Erzgießerei 42. Feldherrnhalle 42, 51. Festspielhausprojekt 343. Finanzministerium 46. Frauenkirche, Hochaltar 62. - Regotisierung 47, 63, 339, 345—348, 381. Generallinienplan, erster 35. Georgianum 51. Giesinger Kirche 63—64, 369, 371. Glasmalerei-Anstalt 48. Glaspalast 59, 335. Glyptothek 36—38, 40, 42—44. Haidhausen 337, s. Johanniskirche. „Harmlos", 41. H a u p t p o s t a m t , ehemaliges Törringpalais 52. Hof- und Staatsbibliothek 50, 565. Hof- und Nationaltheater 33, 135. Hotel „Vier Jahreszeiten" 341. Hubertustempel 388. Johanniskirche, Haidhausen 63, 339, 348, 369. Justizpalast 387—388. Kapuzinergraben, heute Maximiliansanlagen 34. Karolinenplatz 35, 36, 42. Königsplatz 36, 38, 39, 53, 63. Konservatorium 66. Krankenhaus, städtisches 35. Kriegsministerium 48. Kunstausstellungsgebäude 38. Kunstgewerbeschule 338, 393. Kunstgewerbeverein 335, 386. Künstlerhaus 381.
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München, K ü n s t l e r - V e r e i n , Gründung 1824, 58, 59. —, Landschaftsgebäude, ehemaliges, Marienplatz 337. Lenbachhaus 381. Ludwigdenkmal 369. Ludwigskirche 48, 50, 53, 350. Ludwigstraße 36, 46—48, 51, 334 bis 337. Mariahilfkirche 54, 63, 333. Herzog-Maxburg 345. Maxgymnasium 47, 51. Max-Josephs-Platz 42, 52, 341. Max-Joseph-Stift 18, 51. Max-II.-Kaserne 339. Maximilianeum 57, 297, 339, 342 bis 343, 349—350, 352, 368, 370. Maximilianstift Neuberghausen 288. Maximilianstraße 334—336, 338 bis 340, 345, 351. M a x m o n u m e n t 341. Lola-Montez-Haus, Barerstraße 136, 139, 332. Münzgebäude 341. Musikschule 66. Nationalmuseum 335—337, 340 bis 341, 343—345, 352. Nationaltheater 33, 135. Neresheimer H a u s 387. N o t e n b a n k 46. Nymphenburger Porzellanmanufaktur 40, 42, 48. Obelisk 42. Odeon 46, 49. Odeonsplatz 36, 37, 46, 47. Palais Almeida, Brienner Str. 47, 51. — Arco, Wittelsbacherplatz 47. — Barlow, Brienner Str. 47. — Dürkheim, jetzt Drechsel, Türkenstr. 47. — Eichthal, Brienner Str. 52. — Herzog Max, Ludwigstr. 47. — Leopold, Leopoldstr. 339. •— Leuchtenberg, Odeonsplatz 37, 46. — Ludwig Ferdinand, Wittelsbacherplatz 47. — Graf Moy, Brienner Str. 47. •— Salabert, später Prinz Karl, Prinzregentenstr. 33, 34. — Schönborn, jetzt Cramer-Klett, Ottostr. 338. — Wittelsbach, Brienner Str. 63, 333, 338—339. Parcushaus 387. Pinakothek, alte 45, 49, 52, 59.
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Register.
München, Pinakothek, neue 41, 59, 60, 63, 377. Prinzregentenstr. 370. Propyläen 38, 39, 42, 146. Regierungsgebäude 337, 341. Regulierung der Isar 336. Reitschule, neue 46. Residenz: Festsaalbau 52. — Hofgartenzimmer 34. — Klenzescher Eckpavillon 370. — Königsbau 42, 49, 345, 350. — Trierer Zimmer, Neudekoration d. 370. — Wintergarten 338, 370, 371. Riedelscher D a m m 336. Landhaus Rosipal, Königinstr. 47. Rumforddenkmal 41. Salinenamt 51. Schießstätte, alte 340—341. Sepp-Wohnhaus, Rheinbergerstr. 339. Siegestor 40, 51, 334—335. Staatsgalerie 378. Stuck-Wohnhaus, Äußere Prinzregentenstr. 389, 394—395. Südlicher Friedhof 35. T a u b s t u m m e n a n s t a l t 337, 341. Technische Hochschule 369, 562. Universität 51, 133, 396, 563—564. Völkerkundemuseum 341. Wittelsbacher-Brunnen 383, 389. Wittelsbacherplatz 41, 47. Clara Ziegler, Wohnhaus, Königinstr. 339. Münchner Bildhauerschule 380, 382, 383f. — Geselligkeit 323. •— Hausarchiv 454. — K u n s t 565. — Kunstgewerbe 371. Münchner Konferenzen 512, 515, 518 bis 519, 520, 523, 543. — Malerei 389. — Militärkonferenz 1866,431. „Münchner Neueste Nachrichten" 192, 226, 229, 269, 276, 330, 427, 456, 465, 513, 536. Münchner „Nordlichtkalender" 328, 329. „ — P o l i t i s c h e Zeitung" 14, 193, 195. — P u n k t a t i o n e n 249. — „ P u n s c h " 314, 328, 329. — Studentenunruhen 1830, 100, 104. „ — T a g b l a t t " 193. „ — Z e i t u n g , Neue" 193f., 215, 226, 269, 277, 323. — Zollkonferenz 1852, 259.
Münnerstadt 180, 543. Munsch 374. Munkäcsy Mich., ungarischer Maler 391, 392. Museumsverein 136. Nägeli Karl 292, 303. Nancy 507. Napoleon I. 5, 8, 33, 37, 73, 157, 196, 259, 260, 385, 534. — I I I . 259f., 264, 408, 415, 417, 432, 437, 454, 473f., 480, 486, 496-^499, 510, 534. Nassau 78, 84f., 165, 415, 418, 436, 447. Nationalparlament 164. Nationalmuseum, s. München. „Nationalzeitung" 14. „National-Verein" 257. Naturwissenschaftlich-Technische Kommission 297, 302. Nauplia 312. Nebenius 77, 78f. Neher Mich. 346. Netzer 384. Neresheimerhaus, s. München. Neubayern 222, 224f., 234. Neuberghausen 288. Neubrunn 424. Neuburg a. Inn 221, 567. Neuenburger Frage 156. Neumann Karl 303. Neumayer Georg v., Naturforscher 297, 303. Neumayr, bayer. Minister 265, 285, 398, 457, 462, 552. N e u m a r k t 233. Neunburg v. Wald 19, 492. Neurath v. 399. Neurenaissance 338f., 341. Neureuther G o t t f r . v. 339, 352, 369, 384, 386, 469. Neuschwanstein, Schloß 64, 372—373f., 376, 378. N e u s t a d t a. H. 115, 221, 225, 231, 571. Niebuhr 30. Niederbayern 226, 492, 514. Niederlande 476—477. Niederschönenfeld 19. Nikolaus I. Pawlowitsch, Kaiser v. Rußland 69, 250, 252, 260, 494. Nikolsburg 424, 432, 433—436, 438, 445, 453. Nizza 331. Nohl 365.
Register. Norddeutscher Bund 432, 436, 442, 446—452, 472—475, 4 8 0 - 4 8 5 , 487 bis 490, 498f., 503, 513—522, 525, 528, 538. Nördlingen 225, 266, 462, 464. Nördlinger Programm 471. Notenbank, s. München. Novathenia, Student. Verbindung 487. Nürnberg 75, 91 f., 103, 109, 161, 175, 222—226, 232, 234, 243, 287, 303, 335, 346, 424, 444f., 464, 471, 487, 543, 569f. „Nürnberger Anzeiger" 269, 277, 427, 456. „— Beobachter" 277. •— Einigungsprogratnm 576. Nürnberg „Fränkischer Kurier" 444. — Germanisches Museum 345. Nürnberger Hof 202. — Königsstiftungshaus 288. „— Korrespondent" 158, 168, 193, 215, 226, 229, 266, 276, 465. „ — K u r i e r " 193. — Ministerkonferenz 1863 278f. „ — T a g b l a t t " 465. Nußbaum Nep. v. 303. Nymphenburg 18, 144, 361, 370. Nymphenburger Porzellanmanufaktur, s. München. Obelisk, s. München. Oberammergau 21, 371. Oberbayern 223, 226, 514, 567. Oberfranken 438, 439. Oberhaid 420. Oberhessen 438, 447, 480. Oberpfalz 186. Oberschlesien 480. Oberster Kirchen- u. Schulrat 134. Odenwald 185. Odeon, s. München. Odeonsplatz, s. München. Offenbach Jacques 64. — 91. Offenburg, Versammlung zu 154 Ohlmüller Jos. Dan. 54, 333. Ohm Georg Simon 91. — D e n k m a l 383. Oken Lorenz 30. Oldenburg 89. Olmütz 212, 214, 253, 344, 367, 415, 432, 446. Olmützer Punktationen 254, 271, 428. Orb 112, 443. Orden, Arme Schulschwestern 19.
631
Orden, Barmherzige Schwestern 19. —, Benediktiner 15, 18, 20, 53. —, Franziskaner 18, 20, 91. —, Jesuiten 19f., 26, 126. —, Kapuziner 18, 20. —, Karmeliter 18, 19. •—, Minoriten 18. —, Prämonstratenser 17. —, Redemptoristen 190. —, Salesianerinnen 19. —, Ursulinerinnen 19. Orlando di Lasso 67, 369. Orleans 511. Orientalische Frage 152. Ostafrika 297. Österreich 17, 70, 72, 74, 77f., 90, 100, 116, 151—152, 200—208, 211—219, 228f., 236—239, 242—280, 289, 300, 329, 399, 400—422, 430—451, 460, 472—489, 496f., 500, 527, 554, 556. Öttingen-Wallerstein Ludw. v. 20, 110 —114, 118—123, 125—127, 138, 140f., 159, 163—166, 189, 192f., 196, 202, 207—210, 220f., 226, 239f., 283. ö t t l 23, 171. Otto, König von Griechenland 11, 40, 70—72, 145, 312. —, Prinz von Bayern 351—362, 530, 553, 558. Overbeck Friedr. 57, 58. Ow Ant., Frhr. v. 328—329. Palais „Almeida", „Arco", „Barlow", „Dürkheim", „Eichthal", „Herzog Max", „Leopold", „Leuchtenberg", „Ludwig Ferdinand", „Graf Moy", „Salabert", „Schönborn", „Wittelsbach", s. München. Paläontologische Sammlung 302. Palatia, Studentenkorps 136. Palazzo della Consulta, Rom 388. Palermo (Monreale) 50, 53. Palladio 37. Palmerston, Lord 215. „Pappenheimer", die 326. Paris 8, 36f., 43, 109, 114f., 118, 125, 158, 173, 231, 262, 271, 287, 331, 351, 369, 378—380, 390—392, 428f. ¿ 430, 432, 436f., 441, 454, 478f., 482, 486, 494, 498, 500, 508, 510f., 534. —, Musée Cluny 343. Pariser Kongreß 262. — Kapitulation 537, 538. Parcushaus, s. München. Parteienbildung 225ff.
632
Register.
Pasing 560. Passau 20, 192, 221. „Passauer Zeitung" 192. Patriotische Partei 314, 450, 466, 474, 482, 489—495, 513, 519, 534—537, 542, 548. Patroklus 277. Paulsen 24. Pauwels Ferd. 351. Paxtons Crystal Palace, London 335. Pechmann, Frhr. v. 472. Pecht Friedr. 57, 59, 63, 365. Percha a. Starnberger See 365. Perfall, Frhr. v. 67. Perglas, Frhr. v. 436 f. Perier Casimir 156. Perrier 100. Peruzzi Baltasar 54. Petersburg 125, 260, 271, 486, 494. Pettenkofer Max v. 298, 302, 324. — D e n k m a l in München 383. Pezold Georg 382. Pfahler 537. Pfalz 93, 114—118, 187, 193, 221f., 225, 227, 230—235, 247, 252—253, 281, 438, 444, 468f., 500, 514, 529. „Pfälzischer Kurier" 465. — Volksverein 222. „Pfälzer Zeitung" 193, 536. Pfeifer 382, 389. Pfeufer v. 398. Pfistermeister Franz X a v . v. 171 f., 180, 198, 299f., 304, 331, 357, 362, 365f., 396, 406, 410, 456f., 552. Pfizer P. 89, 151, 200, 206, 208. Pfordten Ludw., Frhr. v. d. 176, 179, 193, 200, 220, 230, 233, 239—249, 252—255, 259—266, 270, 274, 279 bis 285, 288, 325, 366, 397 f. 400— 419, 424—441, 444—464, 483—487, 493, 524, 552. —, Denkschriften von 1849 u. 1864 220, 242, 399, 410. —, Politisches System 413f., 431 f. —, Stellung zur Schleswig-holst. Frage 400ff. Pfretzschner, bayer. Finanzminister 543, 548. Philhellenismus 68—69, 290, 309. Philipp IV., König von Spanien 380. Phillipps Georg 139. Piccolomini (Palais) 49. Piglhein Bruno 394. Piloty Karl v. 324, 351 f., 353. — Ferdinand 352f., 369, 374, 376f., 385.
Piloty-Schule 374. —, Rechtsgelehrter 179. Pilsting 191. Pinakothek, alte, s. München. —, neue, s. München. Pistor 114. Pitti-Palais 49. Platen Aug., Graf v. 6, 309f., 319. Plazet 126, 191, 544—547. Pocci Franz, Graf 311 f. Poelaert Jos. 385. Poißl J . N., Frhr. v. 65. Polen 148, 273. Polignac 103. „Politischer Verein" 221 f. Pompeji 53. Possenhofen, Schloß 332. Post 574. P o t s d a m 164. Pözl Jos. v. 201, 297, 450, 475. Prämonstratenser, s. Orden. Prag 91, 207, 212, 436, 445. Prager Frieden 478—485, 488, 524. P r a n c k h Siegm., Frhr. v. 470, 501, 505f., 519, 530. Prantl K. v. 330. Prell 221. Preßfreiheit 188—194, 222, 284. Preußen 70, 74, 77—90, 116, 173, 189, 195, 200—218, 228f., 236—280, 284, 289f., 319, 399—501, 512—519, 523f., 532—538, 556. Preußisches Unionsprojekt 236f., 244, 247f., 257f., 263, 271, 276, 460, 483, 524. Prinzregentenstr., s. München. Prokesch-Osten, Graf v . 251. Promenadeplatz 493. Propyläen, s. München. Proske Karl 67. Protestantenedikt 190. Proudhon P. 157. Prüfening 16. Prüller Franz 64. P r u t z Rob. 151. Puille Karl Peter 34. Proklamation Ludwigs I. vom 6. März 1848, 144, 162, 166. — Friedrich Wilh. IV. von Preußen vom 21. März 1848, 168. Quadt, Graf v . 500. Quaglio Domenico, Maler graph 346.
und
Litho-
Register. Quaglio Lorenz, Genremaler und Lithograph 346. Queretaro, Mexiko 478. Radowitz Jos. Maria v. 154—156, 160, 164, 236, 238, 243, 346f., 250f., 271, 406. Raffael Santo 37, 45. Ragaz Bad 460. Rahl K. 62. Ramberg Artur, Frhr. v. 350. Ranke L. v . 2 9 f . , 167, 173, 198, 290—300, 353. R a s t a t t , Kongreß z. 6. Rauch Christ., Bildhauer 42. —, bayer. Abgeordneter 189, 192. Raumer Friedr. v. 29, 30, 173, 292, 331. Ravenna 53. Reaktion 32, 93, 100—102, 127, 129, 133, 147—149, 154, 161, 257—258, 266, 280, 282—285, 286, 288f., 329—330, 353, 462f., 492. Realismus 24, 25, 44, 59, 348—349, 390 bis 391. Realschulwesen 561—562. Rechberg Alois, Graf v., bayer. Diplomat 11, 76—80. — J o h . Bernhard, Graf v., österr. Staatsm a n n 278, 400. Redemptoristen, s. Orden. Redenbacher 131. Reder Heinrich v. 316. Redwitz Oskar v. 314, 329. Reformschule 562. Regenkreis 112. Regensburg 17f., 28, 55, 63, 67, 94, 104, 118, 161, 210, 237, 405, 546, 570. Regensburger Dom 55. „ — M o r g e n b l a t t " 193. Regensburg, Walhalla 42, 54, 55. „Regensburger Zeitung" 168, 192. Regentschaft, s. Luitpold, Prinzregent von Bayern. Regierungsgebäude, s. München. Regnitz 93. Regulierung der Isar, s. München. Reformgesetzgebung 177. R e f o r m l a n d t a g 282. Reichenhall, Bad 62. „Reichsbote", Zeitung 193. Reichsgründung 515ff., 540, 542, 578. Reichsratskammer 174, 176f., 265, 281, 471, 490, 493, 502, 525, 536, 541, 576ff. Reichsratssitzung 1906 579.
633
Reichsverfassung von 1849, 217, 219, 233 bis 235, 281, s. Verfassung. — von 1870/71, 538ff., 542. Reigersberg Heinr., Graf v. 265, 283f., 288, 460, 487. Reims 509. Reindl 20, 361. Reisach K- Aug., Graf v. 138, 544. Reitschule, neue, s. München. Rekatholisierungsbestrebungen in Bayern 132. Religionsedikt 282, 543f. Renftle 547, 548. Residenz: Festsaalbau, Hofgartenzimmer, Klenzescher Eckpavillon, Königsbau, Trierer Zimmer Neudekoration d., Wintergarten, s. München. Rethel Alfred 44. Reuß, Prinz v. 85, 403, 409, 415, 435, 449, 451, 488. Revolution in Bayern 1848, Berlin, Wien 161. —, Februar 1848, 149, 259. —, Juli 1830, 70, 96, 128, 142, 148, 156—158, 189. —, 1918, 580. Rezatkreis 112. Rheinbayern 116, 118. Rheinberger Jos. 67, 68. Rheinbund 200, 447. Rheinland 496. Rheinbrücke in Mainz 386. Rhein hessen 231. Rheinpreußen 231, 420. Rhön 422. Richarz 120, 544. Riedel E d u a r d , Architekt 332, 337, 341. — Emil v., bayer. Finanzminister 466, 553. Riedelscher D a m m , s. München. Rieder Vertrag 246. Riehl Wilh. Heinr. 119, 292, 297, 317, 322, 323—325, 357. Rinecker Friederike 125. Ringelmann v. 292, 305. Ringseis J . Nep. v. 10, 27ff., 119, 139, 171, 325 f., 328, 330, 366. Rodin 383. Roggenbach v. 399. Roggenburg 17. Rohmer Friedr. 92, 210, 266. Rom 20, 35, 41, 43, 48, 51, 53, 57f., 67, 173, 279, 376f., 388, 393, 407, 486, 497, 512, 521. —, F o n t a n a Trevi 383.
634
Register.
Romantik 9, 13, 16, 18, 25, 28—29, 39, 44, 49, 53, 60, 63—66, 68, 71, 153, 218, 273, 311, 321, 325, 371. Römer 154. Roon Albr., Graf v. 271, 404, 507, 521. Rösch 120. Roscher Albr. 297. Röschlaub 27—29. Roseninsel im Starnberger See 396, 428, 556. Rosenheim 270, 479. Rosipal-Landhaus, s. München. Roßbrunn 424. Rossini Gioachimo 65. Rostock 408. Rotenhan, Frhr. v. 109, 127, 201. Roth Friedr. v. 21, 103. Rothenburg a. Fulda 460. Rotteck 115. R o t t m a n n Karl 60, 321, 338. Rousseau J . J . 221. Roxas Don Christobal de 72. Rubens Peter Paul 394. R ü c k e r t Friedr. 290, 309. — Julius, Maler 350. R u d h a r t Ignaz v., bayer. S t a a t s r a t 14, 15, 17, 107, 122, 189, 221, 455. — Gideon v. 455. — Thomas, Reichsarchivdirektor 292, 298. Rudolf, Kronprinz von Österreich 362 bis 363. Ruhland, patriot. Abgeordneter 501, 536. Ruland, Professor 120. Rumänien 260. R ü m a n n Wilh. 383, 388, 389. Rümelin 208. Rumford Benjamin Thompson, Graf v. 382. R u m f o r d , Denkmal, s. München. Rupprecht, Kronprinz von Bayern 346. Rußland 69f., 74, 89, 152, 243, 250, 259—262, 266, 273, 280, 332, 436, 439, 473, 485, 527. Saalburg 566. Saarbrücken 508. Sachsen 85, 87, 91, 101, 149, 166, 189, 211, 217, 238, 248f., 253—255, 268f., 274, 399, 404, 413—415, 418, 420f., 445 f. — -Koburg-Gotha 83, 87, 263. — -Meiningen 87. Weimar 78, 83, 217.
Sailer Mich. 7f., 10, 17, 19, 28, 30, 134, 138, 171. Saint Simon 157. Salabert v. 33, 34. Salamis 57. Salat 29. Salesianerinnen, s. Orden. Salinenamt, s. München. Salzburg 37, 42, 213, 286, 405, 574. Salzburger Kaiserentrevue 478f., 496. Sambuga 6—8, 10, 134. Sand 115. Sangallo 37. Saporta 71. Savigny Friedr. Karl v., Rechtslehrer 11, 26, 30, 290, 331. —, Karl Friedr. v., preuß. Diplomat 418, 442. Schack Ad. Friedr., Graf v. 59, 321, 324, 377, 393. Galerie 321, 325f. SchafhäutI Karl Emil v. 302. Schäftlarn 18. Schanz G. 93. Schauenstein, Graf Buol v. 260f. Schauß v. 226, 548. Schedel v. Greiffenstein 34. Scheffer Ary 351. Schelling Friedr. v. 21, 23, 29, 119, 173, 209, 287, 289, 290, 356. Schels 542. Schenk E d u a r d v. 11, 15—17, 21, 24, 27—31, 65, 96, 99—100, 104—106, 109—111, 118—119, 124, 128, 287, 310. Schermann Luzian 302. Scherr 456, 548. Scherzer Karl, Ritter v. 302. Scheyern 17, 18, 130. Schilcher v. 180, 198. Schießstätte, alte, s. München. Schiller Friedr. v. 309, 345, 363, 369. Schillerfest 1859 257, 268. Schillingsfürst, Herrschaft 460. Schinkel, Architekt 37. • Stil 385. Schirmer Heinr. Ernst 61. Schlagintweit Gebrüder Hermann, Adolf, Robert 302f. Schleich Eduard, Maler 61. — Martin, Journalist u. Abgeordneter 314, 325, 328f., 489. Schleißheim b. München 287, 377. Schlesien 421, 439, 478. Schleswig-Holstein 250, 279f.
Register. Schleswig-Holstein, Herzogtümer 399. Schleswig-Holsteinische Frage 279f., 401, 403, 406, 413—415, 420,453,496, 505. Vereine 280, 325. Schlör Gustav v. 467, 470. Schlosser 150. Schlotthauer 325. Schlözer Aug. v. 8, 172. Schmeller Joh. Andreas 29, 303. Schmerling Ant. v. 195, 212, 214, 217, 273. Schmid Christoph v., Domherr u. Dichter 310. — Hermann v., Dichter 65, 313f., 326. Schmitt Friedr. 365. Schnell Joh. J a k . 75, 76. Schnorr v. Carolsfeld Julius, Maler 52, 57, 58. — v. Carolsfeld Ludw., Bühnensänger 365. Schönborn, Graf v. 115. Schönau b. Lindau 571. Schönbrunn b. Landshut 571. Schönhueb 226. Schönlein 117, 221. Schottenkloster, Regensburg 17. Schraudolph Joh. v. 50, 53, 350. Schrenck, Frhr. v. 134, 265, 269, 277 bis 279, 285, 397—399, 455, 524f. Schubart Anna 320. Schubert Gotth. Heinr. 30, 172. — v. 282. Schuch Karl 378f., 391. Schüler Friedr. 108, 117, 221. Schulpforta 22, 23. Schulbedarfsgesetz 1902, 558—559. Schullehrernormativ von 1857, 307f. — von 1866, 308, 559. Schulordnung von 1829, 24, 25. — von 1854, 306. — von 1891, 560. Schulplan von 1830, 24. Schulpolitik 119, 120. Schulpflichtverordnungen von 1903 und 1907, 558. Schulsprengelverordnung von 1873 und 1883, 549. Schulgesetzvorlage, Gressersche 549, 550. Schwabach 175, 232. Schwaben 110, 185, 222, 225f., 229, 234, 247, 322, 514. Schwabing 46. Schwaiganger 180. Schwaiger Dominik v. 35. Schwaigertheater 64.
635
Schwanthaler Franz 41. — Ludwig, Bildhauer 40—42, 52, 56. — Tradition 381. Schwanstein, Schloß 332. Schwarzburg 85. — -Sondershausen 83. Schwarzenberg Felix, Fürst v. 212—219, 244—260. Schwarzwald 503. Schweden 250. Schweinfurt 175, 423, 570. Schweiz 17, 118, 367, 475, 511. Schweizer Bürgerkrieg 156. Schwetzingen 33. Schwind Moritz v. 57, 61—63, 321, 326, 332, 345—348, 378. Schwoiser 350, 377. Schwörer 350, 377. Schwurgerichte 188. Sckell Friedr. Ludw. v. 33—36, 52, 60. 335, 342. Sebastopol 262. Sedan 509f., 513, 527, 537. —, Übergabe v. 510. Segitz 576. Seidel Ludw. Phil. v. 303. Seidl Gabriel v. 335, 345, 379—381, 384 bis 388, 390, 394. —, Stil 381, 388, 390, 394. Seinsheim Karl v. 146. Seitz Franz, Dekorationsmaler 370. — Joh. Bapt., Architekt 340. Semper Gottfr. 50, 338f., 343, 352, 366, 369, 381, 384—385. Sendtner Otto 302. Senefeider Alois 91. Sepp Joh. 139, 201, 489, 502, 537. Sepp-Wohnhaus, Rheinbergerstr., s. München. Seuffert Joh. Ad. 117, 193, 221. Seybottenreuth 424. Seydel Max 179. Seyffert v. 543. Sezession 389, 392—394, 565. Sickinger Ans., Holzschnitzer 348. — Franz, Schnitzer 374. Siebold Karl Theod. v., Zoologe 292, 324. — Philipp Franz v., Naturforscher u. Arzt 302. Siebenpfeiffer 103, 114—116, 221. Siegestor, s. München. Sigl Joh. Bapt. 193, 501, 536, 548. — -Vespermann, Opernsängerin 135. Sigmund 426, 428. Simson Mart. v. 218.
636
Register.
Sirenenberg b. Kissingen 423. Sizilien 48. Skandinavien 89. Skell, Privatsekretär Ludw. v. d. Pfordtens 434. Smith Adam 75. Soden Frhr. v. 528. Solferino 267. Söltl 293. Sophie, Erzherzogin v. Österreich 253, 478. Soiron 154. Sozialismus 157. Sozialdemokratische Partei 223, 575. Sozialgesetzgebung von 1868, 466ff., 489, 491. Spanien 148, 376. Spanische Thronkandidatur 498, 501. Speinshart 17. Sperl Joh. 379, 391. Speyer 17, 190, 223, 228, 233, 292, 566, 567. —, Dom v. 55. „Speyerer Zeitung, neue" 193, 225, 230. Spichern 508. Spieß 374. Spiegel v. 70. Spitzweg Karl 62, 63, 321, 326. Spix Joh. Bapt. 302. Sponheim, Grafschaft 79, 88. Spruner Karl v. 294, 297, 298. „Staatsbürger, der freie" 193, 225, 232. Staatsgalerie, s. München. „Staatsmann", der 189. Stadelbauer 139. Stainlein, Frhr. v. 73. Stahl Friedr. Jul. 29, 239. Starnberg 287, 428. Statistik 572. Stauffenberg Franz, Frhr. v. 548. Steen J a n 352. Steffani Agostino 67. Stein, Frhr. vom 11, 153. Steinburg in Niederbayern 494. Steinheil Karl Aug. 91. Steininger 361. Steinle Eduard 321. Steinmetz Karl v. 505. Steinsdorf Kasp. v. 336. Stengel, Frhr. v. 34, 71. St. Stephan, Augsburg 18. Stetten v. 34. Steub Ludw. 151, 161, 312—313. Stier Hubert, Architekt 338. — Wilhelm, Architekt 338.
Stieler Karl 312. Stiglmayer Joh. Bapt. 41, 42. Stoffel, Oberst 495. Storm Theod. 321. Strafrechtspflege 569. Strähuber 311. Straßburg 6, 10, 503, 507. Straub 41. Straubing 221, 569. Strodel 126. Struntz v. 428. Struve Gust. v. 154. Stubenrauch v. 35. Stuck Franz v. 380, 390, 393, 394—396. •—, Wohnhaus, s. München. Stürmer v. 86, 104f., 110. Stuttgart 365, 385, 399, 527, 557. Stuttgarter Konferenzen 80. — Rumpfparlament 234, 281. Suckow Alb., Frhr. v. 520. Süddeutscher Bund 436, 442, 4 4 7 - 4 8 8 . „Süddeutsche Reichspost" 465. „—Zeitung" 266, 269, 276, 463, 465. Süddeutscher Staatenverein 482. Süddeutschland 422, 428^132. Südlicher Friedhof, s. München. Südtirol 497. Süßheim 578. Swertschkoff 377. Sybel Heinr. v. 268f., 284, 292, 293—296, 299, 301, 324ff., 328f., 331, 353, 472f. Symposien 324—325, 333. Syrien 152. Tann Heinr. von der 21, 97, 415, 421 bis 429, 505, 510f. Tauberbischofsheim 424. Taubstummenanstalt, s. München. Tauernbahn 574. Tauffkirchen, Graf v. 102, 484—487, 512, 527, 532. Taxis, Graf v. 396, 428, 454, 556. —, Haus 273. Technische Hochschule, s. München. Tegernsee 428. Tegernseer Erklärung 131, 543. Tettenweis, Niederbayern 393. Textor 117, 120, 221. Therese, Königin v. Bayern, geb. Prinzessin v. Hildburghausen 8, 135. —, Prinzessin v. Bayern 302. Thibaut Anton 30, 239. Thiers Louis 152, 156—57, 476, 511.
Register. Thiersch Friedr. Wilh. v., Philolog 21, 22, 24, 28, 31 f., 37, 68—70, 119, 132f., 138, 290, 297—299, 324, 329, 353, 385, 399. — Friedr. v., Architekt 376, 380, 384 bis 389, 391. Thoma Hans 378—379. Thon-Dittmer, Frhr. v. 118, 174f., 179, 199, 209, 210. Thorwaldsen Berthel 41, 42. Thürheim, Graf v. 11. Thun Friedr., Graf v. 244. T h u m Franz 34. — und Taxis Theod., Fürst, v. 230, 234, 252. T h u r n a u 131. Tieck J o h . Ludw. 61, 309, 345. Tiflis 322. Tilly Joh., Graf v. 42. Tirol 155, 265. Titus 221. Tiryns 55. Toskana 460. Trastevere 53. Trausnitz , Burg b. Landshut 272, 369, 492. T r a u t m a n n Franz 315, 325. Treitschke Heinrich v. 74, 78, 146. Treuchtlingen 574. Trias-Idee 78, 197—200, 203, 211, 261, 289, 408, 416, 418, 486. Trier 505. Trierer Wallfahrt 153. Triesdorf b. Ansbach 571. Triest 155, 312, 574. Trochu Louis Jules 510. Troja 277. Troppau, Kongreß v. 148. T r ü b n e r Wilh. 378f., 391 f. Tübingen 75. Tuntenhausener Bauernverein 492. Turin 137. Türkei 69, 260. Uhde Fritz v. 391—394. — Bernays 63. Uhland J o h . Ludw. 153, 201, 319. Ulm 286, 479. Umbscheiden 463. Unfehlbarkeitsfrage 545, 547. Unfehlbarkeitsdogma 546. Unfehlbarkeitslehre 489, 492. Ungarn 213. Universität, s. München. — München, Schließung d. 101,140,141.
637
Unterelsaß 503. Unterfranken 438f., 491. Untersberg 529. Ursulinerinnen, s. Orden. „Vaterlandsverein" 223. Varnbüler v. 399, 446, 448, 552. V a t i k a n u m 545, 547. Veitshöchtheim 571. Velasquez Diego de 377. Venedig 50, 207, 312, 351. Venetien 267, 407, 435, 445. Verdun 508. Verger, Frhr. v. 166. „Verein demokratisch gesinnter Bürger" 222 f. „ — f ü r konstitutionelle Monarchie u. relig. Freiheit" 224. Verfassung, bayerische, v. 1818, 8—11, 95—97, 98f., 115, 145, 173, 182. — 1848 177, 180, 197—200, 204ff., 209, 217ff., 277—280f. — 1849, 217—219, 229ff., 236ff., 248ff., 258, 266. — des Norddeutschen Bundes 1867, 445 bis 446, 475 f. — v. 1870, 538ff., 542. — v. 1919, 179. Verfassungsverständnis von 1843 127, 177, 578. Verfassungskonflikt, bayerischer 109, 127 bis 128, 284f. —, kurhessischer 250—251. —, preußischer 153, 272—273, 284. Verfassungsurkunde, Revision d. 130, 142—143, 145, 174, 176, 187—188, 191, 282, 305, 470, 555, 578. Verkehrswesen, Entwicklung und Hebung 470, 573. Vermeer 352. Verona, Kongreß z. 69, 148. Versailles 331—337, 374—376, 512, 516, 519, 521, 523, 528f. Versailler Verhandlungen 519—523,528f., 532, 543. — Vertrag 453, 521—525,534—537,541. — Schloß 535. Versammlungs- u. Vereinsrecht 190, 222. Villafranca Friedr. v. 1859 267. Villepion 511. Vionville-Mars la Tours 509. Virchow R u d . v. 303. Vogel v. Falkenstein 422—424. Vogesen 503. Vogt 232.
638
Register.
Voit Aug. v. 59, 63, 335 , 338, 341. Völderndorff Otto Frhr. v. 486. Volk Jos. 176, 268 f., 284, 294, 419, 463. Völkerkundemuseum, s. München. Volksschulwesen 120—122, 306—308. Volkshochschulkurse 304. „Volksblatt, bayerisches" 103, 189. „Volksverein" 222—223. Volksgesundung 571 f. „Volksbote" 193, 226, 229, 276, 325, 328f., 419, 427f., 465, 501, 533—536. „Volksbötin" 226. Vorparlament 164. Wagenbauer 60. Wagmüller Mich. 382. Wagner J o h . Martin, Kunstagent 43, 51, 145, 333. — Moritz, Naturforscher 302—303. — Richard, Komponist 66, 68, 318, 331, 364f., 366—371, 393, 396, 454 bis 457, 460, 557. Wahlgesetz, s. Landtagswahlgesetz. Wahlkreiseinteilung, Regelung d. 175,576. Wahlrecht, Einführung d. direkten 175, 576. Waitz Georg 205, 296. Walachei 260. St. Walburg, Eichstätt 18. Waldeck 78. Waldkirch Graf 166, 197. Walhalla 42, 54—55, s. Regensburg. Walkersdorf in ö s t . 434. Wallerstein-Öttingen, Fürst, s. ö t t i n g e n Wallerstein. Wallot Paul 385—387. Walther Phil. v. 26, 30, 302. Wangenheim K. Aug., Frhr. v. 85, 200. W a r t b u r g 62, 373. Wartburgfest 149. Warschau 252. Wasmann Rud. Friedr. 60. Wassergesetz 187, 282, 569. Waterloo 36. W a t t e n b a c h Wilh. 295. Weber Carl Maria v. 65. — Wilh., bayer. Ministerialrat 215. Wegele Franz 293. Weiden 549. Weiderecht 187. Weihenstephan 287, 570f. Weiiler K a j e t a n 29. Weimar 263, 309, 318, 324, 351, 376. Weimarer Reichsverfassungsentwurf 539. Weinbrenner 37, 38.
Weis 226, 234, 270, 281, 283f.—285. Weißbrod 139. Weißenburg i. Bayern 567. — im Elsaß 505—507. Welcker K. Theod. 201, 217, 218. Weiden, Frhr. v. 128f., 131, 134, 266. Wellner 8, 103. Weltenburg 17. Weltkrieg 473. Wendland Aug., Frhr. v. 158, 262, 291, 430, 436f. Wenglein 61. Werbach a. Inn 424. Werneck, Frhr. v. 33. —, Heilanstalt 343. Werther, Frhr.v., preuß. Gesandter 404. Werthern. F r h r . v . , preuß. Gesandter488, 499, 513. „ W e s t b o t e " 119. Westenrieder 369. Westfälischer Frieden 525. Wetzlar 125. Widder v. 101. W i d n m a n n Max v. 352, 369, 381. Wiedenhofer Jos. 35, 336. Wien 41, 43, 58, 62, 66, 72—75, 85. 91, 155, 163—164, 207, 212, 214f., 244 bis 246, 250, 254, 260ff., 273—276, 279, 287, 318, 331, 338, 343f., 365, 369f., 376, 379—385, 392, 396, 400, 404—409, 411—417, 4 2 1 - 4 3 0 , 432f., 478—484, 494—498, 503, 529. Wiener Kongreß 5, 16, 159, 200, 210, 220, 276. — Ministerkonferenzen 9, 77—79, 117, 147—149, 215, 259. — Universität 546. Wieland Christoph 56. Wiesend 114, 117. Wilhelm I., König v. Preußen, deutscher Kaiser 270, 273—276, 319, 416 bis 418, 445, 473, 529, 532ff. — I., König v. W ü r t t e m b e r g 80, 210. — II., Normannenkönig 53. — III., König der Niederlande 476. Willich Friedr. 196. Wimpffen Em., Frhr. v. 509. Windegg 62. Windscheid Bernh. 292, 324. Wirschinger 81, 86. Wirth J o h . 108, 114—116, 221. Wissenschaftliche Kommission 297. — Sammlungen des bayer. Staates 565. W i t t Franz 67. Wittelsbach 103, 294, 298, 310.
Register. Wittelsbacher-Brunnen, s. München. — Platz, s. München. Wittelsbach-Zweibrücken 375. Wittmann 298. „Wochenschrift d. Fortschrittspartei" 464, 465, 495, 513. Wolff 323. Wörth b. Weißenburg 506—508. Wrba Georg 382. Wrede Fürst v. 42,70, 98, 104—110, 116. Wüllner Franz 67. Württemberg 76—88, 165, 189, 210—214, 217, 244, 248—251, 263, 269, 414, 433—439, 447f., 474, 479, 484, 487f., 519f., 527. Würzburg 8, 19, 32, 43, 87, 93, 98, 100f., 114f., 118f., 161, 166, 220—224, 239f., 269, 285, 293, 303, 316, 424, 470, 563—569. Würzburger Bischofsversammlung 191. — Konferenz 269. — Residenz 372. — Universität 100, 132—133, 543. „ — J o u r n a l " 193. „—Zeitung" 14. „—Zeitung, neue" 129, 192, 226, 276, 513. Ypsilanti, Fürst 68. Ysenburg, Prinz v. 252. Yorth Ignatia 19. Zander 129, 193, 276, 398, 419, 427f., 501, 535—536. Zedlitz Jos. Christian, Frhr. v. 309. „Zeit" 465. Zeitungen, s. „Allgemeine Zeitung", „Augsburger Abendzeitung", „Augsburger Allgemeine Zeitung", „Augsburger Postzeitung", „Bamberger Zeitung", „Bayerischer Kurier", „Bayerische Landeszeitung", „Bayerisches Vaterland", „Bayerisches Volksblatt", „Bayerischer Volksbote", „Bayerische Wochenschrift", „Bayerische Zeitung", „Bayreuther Zeitung", „Bote aus den Vogesen", „Deutsche Tribüne", „DeutscheZeitung", „DeutschKonstitutionelle Zeitung", „Donauzeitung", „ E o s " , „Fliegende Blätter", „Fränkischer Kurier", „Fränkischer Merkur", „Freie Staatsbürger", „Gradaus", „ J a n u s " , „ Inland", „ Isarzeitung" , „Landshuter Zeitung',
639 „Leuchtkugeln", „Mittelfränkische Zeitung", „Münchner Neueste Nachrichten", „Münchner Politische Zeitung", „Münchner Punsch", „Münchner Tagblatt", „Münchner Neue Zeitung". „Nationalzeitung", „Nürnberger Anzeiger", „Nürnberger Beobachter", „NürnbergerFränkischerKurier", „Nürnberger Korrespondent", „Nürnberger Kurier", „Nürnberger Tagblatt", „Passauer Zeitung", „Pfälzischer Kurier", „Pfälzer Zeitung", „Regensburger Zeitung", „Regensburger Morgenblatt", „Reichsbote", „Neue Speyerer Zeitung", „Der freie Staatsbürger", „Der Staatsmann", „Süddeutsche Zeitung", „Volksbote", „Westbote", „Würzburger Journal", „Neue Würzburger Zeitung", „Würzburger Zeitung", „Wochenschrift der Fortschrittspartei".
Zella in Thüringen 422—423. Zenetti 138. Zenger 139. Zentner 77, 78, 102, 104, 105, 108—110, 182. Zensurverordnung von 1831 189. Zentrum 489, 542. Zeughaus, Erstürmung d. 1848, 143, 144. Zeuß Joh. Kasp. 292. Ziebland Georg Friedr. 39, 53, 339. Ziegler Clara, Wohnhaus, s. München. — Friedr. v. 552—553, 555. Zirkel 10. Zittel K. Alfr. v. 299. Zivilliste 122. Zivilprozeßordnung von 1869 471. Zollverein, deutscher 72—74, 77f., 82, 89ff., 155, 213, 258ff., 474, 476, 537. —, bayerisch-württembergischer 81—85, 87, 88. —, mitteldeutscher 85—87. —, österreichisch-süddeutscher 481. —, preußisch-hessischer 83—84, 87, 88. Zuccali 37. Zügel Heinrich v. 394. Zumbusch Kasp. Clem. v. 381—382. Zu Rhein. Frhr. v. 80, 120, 138, 193. Zürich 369, 393. „Zwanglosen", die 326. Zwehl v. 133, 235, 288, 292—297, 330, 420. Zweibrücken 486. Zwengauer 61.
Berichtigungen. S. 18, S. 59, S. 130, S. 201, S. 311, S. 421, S. 455, S. 459, S. 474,
Zeile 7 v. unten u. S. 283 letzte Zeile lies Eichstätt statt Eichstädt. Mitte u. S. 63 Zeile 14 v. unten lies August v. Voit statt Karl. Zeile 14 v. oben lies Bernau statt Bärnau. Mitte, S. 263 Zeile 12 v. oben, S. 325 Zeile 5 v. unten lies Lasaulx statt Lassaulx. Mitte lies Diez statt Dietz. Mitte lies Benedek statt Benedeck. Zeile 10 v. oben lies Legationssekretär statt Legationssekrär. Zeile 8 v. oben herbste statt Herbste. unten „Die Dinge hatten sich . ." bis S. 475 oben „großdeutsch gesinnt gewesen" ist zu streichen.