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German Pages 437 [440] Year 1951
Entscheidungen
des Reichsgerichts in Zivilsachen Sammlung der noch wichtigen Entscheidungen nach Fachgebieten geordnet Herausgegeben von Professor Dr. L . Auerbach, B e r l i n , P r ä s i d e n t des P a t e n t a m t e s B e r l i n Dr. Johannes Eylau, R e c h t s a n w ä l t i n Charlotte Graf, B e r l i n , M i n i s t e r i a l d i r e k t o r z. D. S e n a t s p r ä s i d e n t Dr. Ernst Knoll, B e r l i n , R e c h t s a n w a l t Erich Kummerow, B e r l i n , R e c h t s a n w a l t Hermann Reusa, B e r l i n , R e c h t s a n w a l t Dr. Walter Schmidt, Düsseldorf., L a n d g e r i c h t s d i r c k t o r Alexander Swarzenski, B e r l i n , R e c h t s a n w a l t . Dr. Werner Vahldiek, B e r l i n Gruppe I Bürgerliches
Recht
Allgemeiner Teil Teil 3
Berlin
1951
Walter de Grnyter & Co. vormals G. J . Göschen'scbe Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp-
Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches
Herausgegeben von
Alexander Swarzenski L a n d g e r i c h t s d i r e k t o r in Berlin
Teil 3
B e r l i n 1951
Walter de Gruyter & Co. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung / J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp.
Archiv-Nr. 28 17 51 D r u c k : A. W. H a y o ' s
Erben, Berlin
SO 3G
V
Inhaltsverzeichnis Seite
Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen
. . . .
.
VII
Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches Teil 3
Willenserklärung (Fortsetzung) Vertrag Bedingung
1 . . . .
.
.
Vertretung — Vollmacht .
291 376
.
388
VII
Verzeichnis der aufgenommenen Entscheidungen aus der alten Sammlung FGZ.
51, 422
53. 56, 56, 58, 59, 61, 62, 62. 67, 67, 71, 76, 79. 83, 84, 90, 92, 95, 96, 96. 96. 97, 100, 100, 102, 102, 103. 103. 104. J()4, 105. 105, 105, ¡06, 107, 107, 107, 108, 109, 109. 110, 110, 110, 111.
59 63 104 273 296 207 78 267 51 61 162 364 96 104 320 166 232 51 161 260 273 191 134 147 227 370 11 95 235 265 8 255 417 330 39 202 208 102 137 261 34 382 391 233
Seite
RGZ.
388
111, 112, 112, 113, 114, 115, 115, 117, 118, 118, 120, 120, 120, 121, 122, 122, 124, 124, 125, 127, 127, 128, 128, 129, 129, 129, 130, 130, 131, 133, 133, 133, 134, K¡4, 134, 134, 135, 136, lo6, 138, 138, 140, 140, 141, K2,
291 392 398 402 294 406 297 298 411 415 418 299 376 301 304 307 310 313 315 318 320 325 329 330 332 335 338 339 343 344 348 348 352 1 4 6 11 14 17 355 17 19 21 23
Seite
257 173 226 427 351 141 266 176 84 171 118 126 144 38 138 247 28 115 209 218 337 92 251 109 122 347 1 143 24 51 97 234 33 43 195 243 338 100 359 137 373 216 264 104 70
26 29 29 31 32 34 356 360 37 43 43 45 49 55 59 380 63 66 70 73 73 74 80 363 87 89 92 96 385 96 103 106 107 111 121 388 124 125 125 127 133 135 136 145 149
VIII RGZ. 142, 142, 143, 143, 143, 144, 146, 146, 147, 149, 151, 152, 152, 153, 154, 154, 155, 156, 156, 157,
402 410 24 48 429 289 116 234 344 235 357 228 251 59 41 99 133 328 334 173
Seite
RGZ.
150 150 156 163 163 166 169 172 177 184 189 189 189 198 200 207 207 211 215 220
i 58, 158, 159, 159, 159, 160, 161, 161, 161, 161, 162, 162, 162, 163, 165, 166, 18, 169, J 70, 170,
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i
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Seite 166 294 157 254 374 52 153 229 253 296 73 177 302 91 1 40 204 65 285 380
220 228 368 228 368 230 236 244 248 251 255 372 259 260 260 276 285 287 287 288
Die Entscheidungen sind grundsätzlich — von unwesentlichen Streichungen abgesehen — ungekürzt gebracht worden. Ausnahmsweis gekürzte Entscheidungen sind mit einem + gekennzeichnet. Soweit eine Entscheidung mehrere Fachgebiete betrifft, ist sie nur in einem Fachgebiet aufgenommen worden. Die anderen Gebiete enthalten nur den Leitsatz der betreffenden Entscheidung mit einem Hinweis, wo der vollständige Abdruck erfolgt ist. Um das Auffinden der Entscheidungen zu erleichtern, wird am Schluß der Sammlung ein Gesamt-Fundstellenregister erscheinen, in dem alle Entscheidungen der amtlichen Sammlung verzeichnet sind. Die in der Sammlung abgedruckten Entscheidungen sind nach der Fundstelle der alten und der neuen Sammlung zitiert; bei den nicht aufgenommenen findet sich ein Hinweis über den Grund des Ausscheidens.
Allgemeiner Teil Willenserklärung (Fortsetzung) R G Z . 106, 330 1. Kann die rechtsgeschäftlich bestimmte Schriftform nach § 127 B G B . dadurch gewahrt werden, daß die Namensunterschrift des Ausstellers der Urkunde im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellt wird ? 2. Auslegung des Schreibens einer Versicherungsgesellschaft, die das bestehende Versicherungsverhältnis zugleich mit dem Angebote kündigt, ein neues Versicherungsverhältnis zu erhöhten Prämien einzugehen. VII. Zivilsenat. I. Landgericht Berlin.
Urt. v. 27. Februar 1923. II. Kammergericht daselbst.
Der Kläger hatte seine Büroeinrichtung bei der Beklagten gegen Einbruchsdiebstahl für die Zeit vom 26. Juli 1919 bis zum 26. Juli 1920 versichert. Nach § 21 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen verlängert sich das Versicherungsverhältnis stillschweigend mit dem Ablauf der Versicherungszeit um ein Jahr, wenn es nicht drei Monate vor dem Ablaufe schriftlich gekündigt wird. Am 24. März 1920 ließ die Beklagte dem Kläger ein Schreiben zugehen, in dem sie mitteilte, die Zunahme der Einbruchsdiebstähle und Steigerung der Betriebskosten hätten die (etwa 50 in Deutschland arbeitenden) Gesellschaften gezwungen, ihre Tarife zu erhöhen und die Erhöhung auch für bestehende Versicherungen bei deren Ablauf anzuwenden. „Wir müssen daher auch auf Ihre Versicherung die folgenden Prämien anwenden . . . Sollten Sie nicht bereit sein, diese anzunehmen, so bitten wir, gegenwärtiges Schreiben als Kündigung aufzufassen, so daß Ihre Police am 26. Juli erlöschen würde. Bleiben wir ohne Rückäußerung, so nehmen wir an, daß Sie einverstanden sind und werden dementsprechend Ihnen ein Dokument mit der Prämienberechnung auf neuer Grundlage seinerzeit in Vorlage bringen lassen." Das Schreiben ist in Maschinendruckschrift hergestellt und inhaltlich an alle bei der Beklagten gegen Einbruchdiebstahl Versicherten gerichtet; die erhöhten Prämien für die Versicherung des Klägers und das Datum Zivils. Allgem. Teil 3 1
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Allgemeiner Teil
des Erlöschens seiner Police (26. Juli 1920) sind mit besonderer Schreibmaschinenschrift eingefügt. Unterzeichnet ist das Schreiben: N.sche Versicherungsgesellschaft in H. Die Generalvertretung. F. Sch. Der Name F. Sch. ist nach seiner eigenhändigen Niederschrift mechanisch vervielfältigt und als faksimilierte Unterschrift durch Stempel aufgedrückt worden. Der Kläger will erst Ende Juli 1929 das Schreiben vom 24. März 1920 aufmerksam geprüft haben und hat dann durch Schreiben vom 26. und 30. Juli 1920 erklärt, eine ordnungsmäßige Kündigung seitens der Beklagten liege nicht vor, da das Schreiben nicht eigenhändig von ihr unterschrieben worden sei. Er hat dann Klage mit dem Antrage erhoben, festzustellen, daß die abgeschlossene Versicherung bis zum 26. Juli 1921 in Kraft bleibt. Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat das Reichsgericht die Klage abgewiesen aus folgenden Gründen: Beide Vorinstanzen haben dem Kündigungsschreiben vom 24. März 1920 die Rechtswirksamkeit abgesprochen, das Landgericht, weil die eigenhändige Namensunterschrift des Vertreters der Beklagten erforderlich gewesen wäre, das Berufungsgericht, weil das Schreiben in dem entscheidenden Punkte unklar sei. Die Revision, die die Entscheidungsgründe beider Vorinstanzen angreift, muß Erfolg haben. 1. Durch den § 21 AllgVersBeding. ist rechtsgeschäftlich bestimmt, daß jeder Teil das Versicherungsverhältnis schriftlich kündigen kann. In welcher Weise die rechtsgeschäftlich bestimmte Schriftform gewahrt werden muß, sofern die Anwendung der Vorschriften des § 126 nicht stattfinden soll, sagt die Vorschrift des § 127 BGB. nicht, insbes. nicht, ob überhaupt das Schriftstück vom Aussteller zu unterzeichnen ist und ob, wenn dies anzunehmen ist, es eigenhändig durch Namensunterschrift oder auch in anderer Form z. B. durch Zufügung einer faksimilierten Namensunterschrift unterzeichnet werden kann. Nur wenn in diesem Punkte Zweifel obwalten, soll nach § 127 die strenge Vorschrift des § 126 über die durch Gesetz bestimmte Form gelten, wonach eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers verlangt werden muß. Aber ob und wann ein Zweifel im Sinne des § 127 vorgebracht werden kann und als berechtigt anzuerkennen ist, sagt der § 127 nicht und überläßt dies der freien Beurteilung der Gerichte. Gewiß ist bei der Beantwortung dieser Frage Gewicht zu legen in erster Linie auf den Willen des Ausstellers und seiner Gegenpartei. Wie denn auch § 127 Satz 2 zur Wahrung der Schriftform telegraphische Übermittlung und bei Verträgen Briefwechsel nur genügen läßt, „soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist". Im gegebenen Falle ist aber ein „anderer Wille" der Beklagten dafür, daß zur Wahrung der im
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§ 2 1 der VersBeding. vorgeschriebenen Schriftlichkeit der Kündigung eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift nicht genügen soll, vollkommen ausgeschlossen. Gerade sie ist es, die eine Menge gleicher Kündigungsschreiben an ihre diebstahlsversicherten Kunden versandt hat, selbstverständlich mit dem Willen und in der Überzeugung, daß ihre bloß mit gestempelter Namensunterschrift unterzeichneten Kündigungen der Bestimmung im § 21 der VersBeding. genügen müssen. Insbesondere hat auch der Kläger nichts vorgebracht, woraus zu schließen wäre, daß er sich bei Eingehung des Versicherungsverhältnisses nur eine solche schriftliche Kündigung im Sinne des § 21 als rechtswirksam vorgestellt hat, die mit der eigenhändigen Namensunterschrift der Beklagten unterzeichnet sein müsse. Was er jetzt in seinem Schreiben an die Beklagte vom 26. und 30. Juli gegen die Ordnungsmäßigkeit der Kündigung vorbringt, ist lediglich eine Kritik, die in dem Rechtsirrtum befangen ist, als wenn nach § 127 stets gemäß § 126 die eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers erforderlich wäre, obwohl diese Vorschrift nur im Zweifel gelten soll. Wenn nun schon dem Willen der Parteien nicht zu entnehmen ist, daß nur eine eigenhändig namensschriftlich unterzeichnete Kündigung als rechtswirksam vereinbart worden ist, so kommt noch hinzu, daß eine solche strenge Handhabung der Schriftlichkeitsform im Zweifel den im bürgerlichen Rechtsverkehre vertretenen Anschauungen weiter Kreise nicht entspricht. Man kann sogar positiv sagen, daß die Unterzeichnung mittels mechanisch vervielfältigter Namensunterschrift sich im amtlichen, behördlichen, aber auch im privaten geschäftlichen Verkehr im großen Umfange durchgesetzt und praktisch bewährt hat und geradezu als eine den Rechtsverkehr im Rahmen des § 127 erleichternde Form der persönlichen Namensunterschrift beliebt geworden ist und gehandhabt wird, namentlich in solchen Fällen, wo rechtsgeschäftliche Erklärungen von Privatpersonen an eine große Anzahl einzelner bestimmter Personen abgefertigt werden müssen. Es ist richtig, wenn das Landgericht sagt, es könne mit Faksimile-Namensstempeln Mißbrauch getrieben werden. Aber dieser Grund darf nicht verleiten, die Möglichkeit einer verkehrsgebräuchlichen UnterStempelung entgegen dem Bedürfnisse nach praktischer Vereinfachung und Erleichterung des Verkehrs durch die Rechtsprechung bis zum Äußersten einzuschränken, weil unter dem Gesichtspunkte von mißbräuchlicher Stempelverwendung nach § 127 anzunehmen sei, daß im Zweifel die strenge Unterschriftsform des § 126 zu gelten habe. Alles Gesagte trifft auch hier zu, wo die Versicherungsgesellschaften sich gezwungen sehen, an ihren weitverzweigten Kundenkreis rechtsgeschäftliche Erklärungen, wie z. B. Kündigungen des Versicherungsverhältnisses, richten zu müssen, für die in den Versicherungsbedingungen die Schriftlichkeit vorgeschrieben ist. Auch hier kann davon ausgegangen werden, daß die Versicherungsgesellschaften in solchen Fällen sich gemäß der Verkehrsanschauung im Zweifel einer Stempelunterschrift zur Wahrung der
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Allgemeiner Teil
Schriftforxn bedienen darf, es sei denn, daß besondere Umstände für das Gegenteil sprechen; solche Umstände hat der Kläger in keiner Weise darzulegen vermocht. Was aber die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung des Unterschriftsstempels betrifft, so ist es jetzt schon rechtens, daß diese zu Lasten des Ausstellers des Schriftstücks geht, der für eine Schädigung Dritter nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen verantwortlich gemacht werden kann. 2. Was sodann die Auffassung des Berufungsgerichts betrifft, es sei die Kündigung vom 24. März 1920 deshalb rechtunwirksam, weil das Schreiben im entscheidenden Punkte unklar sei, so verkennt es, daß das Schreiben nach Wortlaut und Sinn keinen Zweifel läßt, daß das bestehende Versicherungsverhältnis unter allen Umständen gekündigt sein und am 26. Juli 1920 erlöschen soll. Anders als in diesem Sinne kann der Satz: „Sollten Sie nicht bereit sein usw." garnicht verstanden werden. Eine andere Frage ist allerdings, welche Tragweite dem folgenden Satze: „Bleiben wir ohne Rückäußerung usw." zukommt. Wenn darin dem Kläger das Angebot gemacht sein soll, einen neuen Versicherungsvertrag zu erhöhten Prämiensätzen einzugehen, so besteht keine Rechtsvorschrift oder Auslegungsregel dahin, daß dieses Angebot schon durch bloßes Schweigen des Klägers als angenommen zu gelten habe; im Gegenteil würde aus einem Schweigen nur auf die Ablehnung jenes Angebots geschlossen werden können. In keinem Falle kann aber die Heranziehung dieses zweiten Satzes dazu dienen, die im vorausgegangenen Satze unbedingt und endgültig ausgesprochene Kündigung des bestehenden Versicherungsverhältnisses als in sich unklar und widerspruchsvoll zu bezeichnen und ihr deshalb die Rechtswirksamkeit abzusprechen. Hat aber die Beklagte, was spruchreif feststeht, das bestehende Versicherungsverhältnis zum 26. Juli 1920 unter Wahrung der Schriftform und sachlich nicht mißverständlich rechtswirksam gekündigt, so war die Klage auf Feststellung einer längeren, bis zum 26. Juli 1921 reichenden Vertragsdauer schon jetzt nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. als unbegründet abzuweisen.
RGZ. 107, 39 1. Unwirksamkeit der in einem privatschriftlichen Vertrag eingegangenen Verpflichtung zur rechtsverbindlichen Einräum u n g eines Vorkaufsrechts an einem Grundstück u n d des mit dieser Verpflichtung verbundenen Strafversprechens. 2. Unter welchen Voraussetzungen k a n n a n g e n o m m e n werden, daß ein Rechtsgeschäft auch ohne den in i h m enthaltenen nichtigen Teil v o r g e n o m m e n sein würde ? BGB. § 139.
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III. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht I Berlin.
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Urt. v. 1. Juni 1923. II. Kammergericht daselbst.
Die Klägerin mietete durch privatschriftlichen Vertrag vom 2. November 1912 vom Beklagten dessen Haus in E. auf die Dauer von 10 Jahren mit der Bestimmimg, daß der Vertrag als um weitere 5 Jahre — bis zum 30. März 1928 — verlängert gelte, wenn ihn die Mieterin nicht ein Jahr vor Ablauf kündige. § 12 des Vertrags bestimmt: „Vermieter räumt der Mieterin auf Wunsch während der Dauer des Vertrags das Vorkaufsrecht ein. Weigert sich Vermieter, dieser Verpflichtung in rechtsverbindlicher Form nachzukommen, so hat der Vermieter ohne jede weitere Einrede eine sofort fällige Konventionalstrafe von 20000 M. an Mieterin zu zahlen. Die Kosten der Vorkaufsrecht-Anstellung trägt Mieterin." Der Beklagte erklärt den Mietvertrag mit Rücksicht auf den Formmangel der in § 12 niedergelegten Vereinbarung für nichtig. Die Klägerin hat deshalb auf Feststellung geklagt, daß der Vertrag erst am 30. März 1923 sein Ende erreiche, im Berufungsverfahren aber beantragt, festzustellen, daß der Vertrag erst am 30. März 1928 ablaufe. Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision hatte Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Vertrag vom 2. November 1912 nach der Regel des § 139 BGB. seinem ganzen Inhalt nach nichtig sei, weil die Bestimmung des § 12, durch die der Beklagte sich einer Vertragsstrafe für den Fall unterwarf, daß er sich weigere, der Klägerin ein Vorkaufsrecht an dem Mietgrundstück in rechtsverbindlicher Form einzuräumen, nach §§ 313, 344 BGB. nichtig sei. Diese Annahme ist an sich rechtlich nicht zu beanstanden. Denn da nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts einerseits auch Verträge, durch welchc ein Vorkaufsrecht für ein Grundstück begründet werden soll, der Formvorschrift des § 313 BGB. unterliegen, anderseits aber auch Vorverträge zu ihrer Rechtswirksamkeit der Einhaltung der für den eigentlichen Vertrag vorgeschriebenen Form bedürfen (vgl. RGZ. Bd. 106 S. 176), so entbehrte die nur privatschriftlich eingegangene Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin ein Vorkaufsrecht einzuräumen, der Rechtswirksamkeit, und demgemäß nach § 344 BGB. auch die für den Fall der Nichterfüllung dieser Verbindlichkeit getroffene Vereinbarung einer Vertragsstrafe. Die Anwendung der Regel des § 139 BGB. wird hier auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Parteien sich der Unwirksamkeit dieses nichtigen Vertragsteils bewußt gewesen wären (vgl. RGZ. Bd. 79 S. 437). Denn das Berufungsgericht unterstellt zwar die Kenntnis der Parteien davon, daß durch diese Vertragsbestimmung ein rechtswirksames Vorkaufsrecht noch nicht begründet werde, verneint aber, daß die Parteien bei der Schließung des Vertrags sich bewußt gewesen wären, daß auch der Vorvertrag auf Einräumung eines Vorkaufsrechts und die daran geknüpfte Vereinbarung einer Vertragsstrafe nichtig seien.
6 Das Berufungsgericht geht jedoch bei der Prüfung der Frage, ob nicht anzunehmen ist, daß die Parteien den Mietvertrag auch ohne diese nichtige Bestimmung des § 12 geschlossen haben würden, von einer die Zulassung dieser Ausnahme von der Regel überaus erschwerenden,rechtsirrigen Auffassung aus. Es führt aus, die Klägerin habe nichts dafür vorgebracht, daß ihr die Gültigkeit des Strafversprechens ganz gleichgültig gewesen wäre und sie ohne Widerrede auf Verlangen des Beklagten diese Vereinbarung fortgelassen haben würde; darauf allein aber komme es nach § 139 BGB. an. Wäre dies richtig, so würde die Regel des § 139 BGB. nur ausgeschlossen sein bei Nichtigkeit völlig unwesentlicher, besonders formularmäßiger Vertragsbestandteile. Darauf aber beschränkt sich die Bedeutung der vom Gesetze vorgesehenen Ausnahme nicht. Die Anwendung der Regel des § 139 BGB. fällt vielmehr schon dann fort, wenn die Parteien dem nichtigen Teil des Vertrags nicht die Bedeutung beilegen wollten, daß davon das Zustandekommen des ganzen Vertrags abhänge. Dies kann sehr wohl auch dann der Fall sein, wenn die eine oder andere Partei dem nichtigen Teil des Vertrags eine gewisse, nicht unerhebliche, jedoch nicht entscheidende Bedeutung beilegte und sich demgemäß auch bemühte, die andere Vertragspartei zur Annahme dieses Vertragsteils zu bestimmen.
RGZ. 107, 202 Kann ein Verstoß gegen die guten Sitten darin liegen, daß die Mehrheit einer Gewerkenversammlung bei der Beschlußfassung über die A u f l ö s u n g der Gewerkschaft und d e n Verkauf des U n t e r n e h m e n s zu einem unverhältnismäßig niedrigen Preise sich von eigensüchtigen Interessen leiten läßt, die aus ihrer Beteiligung auf der Käuferscite hervorgehen ? BGB. § 138. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Chemnitz.
Urt. v. 20. Oktober 1923. I I . Oberlandesgericht D r e s d e n .
In der Gewerkenversammlung der Beklagten vom 12. Januar 1920 wurde beschlossen, das Vermögen der Beklagten im ganzen an die Gewerkschaft D. gegen eine Gegenleistung von 3903200 M. zu übertragen und die beklagte Gewerkschaft aufzulösen. Die Kläger machen geltend, dieser Beschluß habe gegen die guten Sitten verstoßen, der Kaufpreis sei viel zu niedrig. Das Vermögen der Beklagten habe schon zu Friedenszeiten einen Wert von 10 Millionen Mark gehabt; Anfang Januar 1920 habe der Zeitwert der Gruben der Beklagten etwa 70 Millionen Mark betragen. Die Stadt L., welche von den im Umlauf befindlichen 4879 Kuxen der Beklagten 3663 Kuxe und von den 6000 Kuxen der Gewerkschaft D . 3200 Kuxe besitze, sei darauf ausgegangen, die Gruben der Beklagten zu einem außergewöhnlich billigen Preise an sich zu bringen. Sie hätte den
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Gewerken ihren Kuxenbesitz verleidet; in den letzten beiden Jahren sei keine Ausbeute gewährt und eine Zubuße ausgeschrieben worden. Die Stadt L. habe ihr formelles Recht in schrankenloser und eigennütziger Weise ausgenutzt, um die Minderheit ihrer wohlerworbenen Rechte zu berauben.Die Kläger haben deshalb Klage auf Ungültigkeitserklärung des Beschlusses der Gewerkenversammlung vom 12. Januar 1920 erhoben, durch welchen dem notariellen Angebot der Gewerkschaft D. zugestimmt ist. Das Landgericht wies die Klage ab, die Berufung der Kläger wurde zurückgewiesen. Die Revision der Kläger hatte Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht führt aus, in der Gewerkschaftsversammlung entscheide die Mehrheit der Kuxe, die Minderheit müsse sich die Mehrheitsbeschlüsse gefallen lassen, solange sie auf gesetzlichem Boden blieben. Die Kläger könnten daher die Sittenwidrigkeit des Beschlusses nicht lediglich daraus herleiten, daß sie als Minderheit von der Stadtgemeinde L. vergewaltigt seien. Letztere habe sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen gehalten, wenn sie bei der Abstimmung nur ihre Interessen im Auge gehabt habe; für den einzelnen Gewerken bestehe keine Verpflichtung, das Gesamtinteresse der Gewerkschaft bei der Abstimmung zu wahren. Daß die Stadt L. den Gewerken ihren Kuxenbesitz hätte verleiden wollen, sei nicht schlüssig behauptet und unter Beweis gestellt. Aus dem Geschäftsbericht der Beklagten für das Jahr 1919 ergebe sich, daß die wirtschaftliche Lage der Gewerkschaft keineswegs so glänzend gewesen sei, wie die Kläger glauben machen wollten, und daß bereits im Jahre 1912 ein Zusammenschluß der Gewerkschaft mit den Nachbarwerken erwogen worden sei. Die wirtschaftliche Entwicklung vollends unter den jetzigen schwierigen Verhältnissen habe gebieterisch nach einem solchen Zusammenschluß gedrängt. Möge die Stadt L. auch durch den Verkauf des Vermögens der beklagten Gewerkschaft an die Gewerkschaft D. einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt haben, wenn sich auch die Behauptungen der Kläger über den Wert des Vermögens der Beklagten offensichtlich als Übertreibungen kennzeichneten, so liege darin an sich noch keine Sittenwidrigkeit, um so weniger, als der Zusammenschluß der Werke eine Steigerung der Erträgnisse bezweckt und ermöglicht habe, die an sich schon dem Gemeinwohl zugute gekommen sei, überdies der erzielte Gewinn hier aber nicht einer einzelnen Privatwirtschaft, sondern einer öffentlichrechtlichen Körperschaft zugeflossen und damit dem Gemeinwohl dienstbar gemacht sei. D i e R e v i s i o n r ü g t V e r l e t z u n g des § 138 BGB. u n d d e r §§ 139, 286 ZPO. Sie macht geltend, es hätte für die Frage der Sittenwidrigkeit in erster Reihe untersucht werden müssen, ob der die Abstimmung beherrschende Teil der Gewerken in der Absicht oder wenigstens in dem Bewußtsein gehandelt habe, dem anderen Teil wirtschaftlichen Nachteil zuzufügen. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß die Angaben der Kläger über den Wert des Gewerkschaftsvermögens offenbar übertrieben seien, schließe
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Allgemeiner Teil
das behauptete Mißverhältnis zum Kaufpreise nicht aus. Es hätte ein Sachverständiger, auf dessen Gutachten Bezug genommen war, über den Wert der Gruben der Beklagten, den die Kläger auf etwa 70 Millionen Mark angegeben hätten, vernommen werden müssen. Hätte sich herausgestellt, daß der Verkauf an die Gewerkschaft D. eine Verschleuderung des Vermögens der Beklagten bedeutete, so hätte sich gefragt, ob dies der Stadt L. erkennbar gewesen sei. Sei diese Frage zu bejahen gewesen, so hätte auf den Grund ihres Verhaltens eingegangen werden müssen. Das Berufungsgericht hätte sich alsdann mit der Behauptung der Kläger abfinden müssen, daß die Stadt L. an dem Vermögen der Käuferin überwiegend beteiligt gewesen sei und das weggegebene Vermögen auf diese Weise wieder erhielt, und zwar nicht nur den Teil, den sie schon vorher besaß, sondern auch den der Minderheit gehörigen Anteil. Darin sei die Sittenwidrigkeit zu erblicken. Der Umstand, daß der Vorteil einer öffentlichen Körperschaft zugute gekommen wäre, sei ohne Bedeutung, da auch das Gemeinwohl nicht auf Kosten einzelner durch rücksichtslose Vergewaltigung gefördert werden dürfe. Die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der Gewerkschaft mit den Nachbarwerken hätte noch nicht die Festsetzung eines so geringen Kaufpreises bedingt. Die Mehrzahl der Gewerken hätte aber gerade an der Einhaltung eines mäßigen Kaufpreises ein Interesse gehabt. Der Revision war der Erfolg nicht zu versagen. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Stadtgemeinde L. sich innerhalb der gesetzlichen Grenzen gehalten habe, wenn sie bei der Abstimmung nur ihre Interessen im Auge gehabt habe; für den einzelnen Gewerken bestehe keine Verpflichtimg, das Gesamtinteresse der Gewerkschaft als solcher zu wahren. Dieser Satz geht jedenfalls in dieser Allgemeinheit zu weit. Wenn auch in einer Reihe von Entscheidungen des Reichsgerichts auf dem Gebiete der Handelsgesellschaften die Auffassung vertreten ist, daß die Mehrheit des Aktienbesitzes oder der Geschäftsanteile darüber zu bestimmen hat, was im Interesse der Gesellschaft liegt, und daß die Minderheit sich dem Willen der Mehrheit unterwerfen muß (RGZ Bd. 68 S. 235, 245, 314, Bd. 81 S. 37, Bd. 85 S. 170; Holdheims Monatsschr. Bd. 23 S. 66), so ist damit noch keineswegs zugleich ausgesprochen, daß die Mehrheit die Macht schrankenlos ausbeuten und vorsätzlich zum Nachteil der Gesellschaft handeln dürfe; vielmehr ist in diesen und anderen Entscheidungen (RGZ. Bd. 68 S. 314, 317; JW. 1916 S. 575 Nr. 3; RGZ. Bd. 107, S. 72) anerkannt, daß eine Ausbeutung der Mehrheitsrechte gegenüber der Minderheit und die Verfolgung eigensüchtiger Interessen hierbei unter bewußter Hintansetzung "des Wohles der Gesellschaft einen Verstoß gegen die guten Sitten enthalten kann (vgl. auch P i n n er, JW. 1916 S. 988; H a c h e n b u r g , Leipz. Zeitschr. 1907 S. 460; B o n d i , D J Z . 1908 Sp. 1007; J a c o b i , Bankarch. Jahrg. 10 S. 83; S t a u b , HGB. § 271 Anm. 2 b ; E h r e n b e r g , Handbuch des ges. HR. III 1 § 38 S. 198). Der Gesellschafter leitet seine Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag her; seine
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Befugnisse sind ihm in seiner Eigenschaft als Gesellschafter verliehen; bei Ausübung dieser Rechte hat er sich daher grundsätzlich von dem Interesse der Gesellschaft und nicht von seinen privaten außerhalb der Gesellschaft liegenden Sonderinteressen leiten zu lassen. Entsteht ein Widerstreit zwischen den eigenen Interessen und dem Gesellschaftsinteresse, z. B. bei Beschlußfassung über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Aktionär, so wird diesem durch das Gesetz das Stimmrecht entzogen, § 252 Abs. 3 HGB. (vgl. auch § 34 BGB.). Diese Grundsätze müssen auch bei Gewerkschaften Anwendung finden. Auch § 9 Sachs. Allg. Bergges. und § 32 der Satzungen der Beklagten enthalten eine solche Bestimmung über den Ausschluß des Stimmrechts bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Gewerken. Derartige Bestimmungen für den Fall von Interessenkollisionen deuten aber auf den Willen des Gesetzgebers hin, daß die Abstimmungen nicht durch Wahrnehmung von Sonderinteressen beeinflußt werden sollen. Steht nun das Vereinsmitglied, der Aktionär oder Gewerke dem Verein, der Gesellschaft oder Gewerkschaft zwar nicht selbst als Gegenkontrahent gegenüber, ist er aber an dem Geschäft wirtschaftlich erheblich beteiligt, z. B. als Gesellschafter einer als Vertragsgegner in Betracht kommenden Gesellschaft, so mag zwar kein rechtliches Hindernis für die Teilnahme an der Abstimmimg bestehen, aber es wird immerhin eine moralische Pflicht für den beteiligten Gesellschafter vorliegen, seine privaten Sonderinteressen bei der Abstimmung dem Wohl der Gesellschaft unterzuordnen, als deren Mitglied er stimmt. Handelt ein Gesellschafter oder Gewerke in einem solchen Falle so, daß er sich lediglich von seinen privaten außerhalb der Gesellschaft oder Gewerkschaft bestehenden Vorteilen leiten läßt und die klar zutage liegenden Interessen der letzteren oder der Gesellschaft hintansetzt, so kann ein derartiges Verhalten unter Umständen wohl einen Verstoß gegen die guten Sitten enthalten. Es wird hierbei stets auf die Verhältnisse des einzelnen Falles ankommen. Es beruht aber auf Rechtsirrtum, wenn das Berufungsgericht annimmt, daß der Gewerke bei einer solchen Interessenkollision sich grundsätzlich nur von seinen eigenen Interessen leiten zu lassen und auf die Interessen der Gewerkschaft keine Rücksicht zu nehmen brauche. Ist hiernach schon der rechtliche Ausgangspunkt des Berufimgsgerichts unrichtig, so kann auch die weitere Begründung, mit der das Vorhandensein eines Verstoßes gegen die guten Sitten im vorliegenden Fall verneint wird, nicht für ausreichend erachtet werden. Das Berufungsgericht hält den Zusammenschluß der beklagten Gewerkschaft mit der benachbarten Gewerkschaft D. für eine wirtschaftlich gebotene Maßnahme, die infolge der Entwicklung der Verhältnisse nach dem Kriege besonders dringlich geworden sei. Dieser Umstand rechtfertigt es aber nicht, daß sich dieser Zusammenschluß in einer Weise vollzog, bei der, wie die Kläger behauptet hatten, die Gewerkschaft D. einen ungewöhnlich großen Gewinn erzielte und die Beklagte einen unverhältnismäßig großen Schaden erlitt. Da die letztere an dem zusammengelegten Unternehmen überhaupt nicht
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beteiligt blieb, sondern sich auflöste und die Übertragung ihres Unternehmens an die Gewerkschaft D. in der Form des Verkaufs stattfand, so bestand ihr Interesse, wie anzunehmen, in der Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises. Die Behauptung der Kläger ging aber dahin, daß der Verkauf zu einem unverhältnismäßig niedrigen Preise stattgefunden habe, daß das Vermögen der Beklagten dadurch geradezu verschleudert worden sei und daß dies nur aus dem Grunde geschehen sei, weil der Hauptgewerke der Beklagten, die Stadt L., auch auf der Käuferseite überwiegend beteiligt war und deshalb ein großes Interesse an dem möglichst billigen Erwerbe des Unternehmens hatte. Auf diese Behauptungen, die unter Umständen ausreichen konnten, die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten zu rechtfertigen, ist das Berufungsgericht aber nicht näher eingegangen. Es hat sich damit begnügt, die Behauptungen der Kläger als offensichtlich übertrieben zu bezeichnen. Wenn damit auch die Wertangabe der Kläger mit 70 Millionen Mark als zu weitgehend gekennzeichnet ist, so schließt diese allgemeine Bemerkung des Berufungsgerichts nicht aus, daß doch noch ein krasses Mißverhältnis zwischen dem Kaufpreis von 3903200 M. und dem wirklichen Wert des Unternehmens bestand. Ausschlaggebend konnte allerdings auch der Wert des Unternehmens nicht sein. Es war keineswegs erforderlich, um einen Verstoß gegen die guten Sitten auszuschließen, daß der Verkauf zu angemessenem Preise erfolgte; es finden alltäglich im Verkehr auch Verkäufe zu einem billigen und zu einem weit unter dem Wert der Sache liegenden Kaufpreise statt. Angesichts der Behauptungen der Kläger über die Beweggründe der Beklagten hätte es aber eines Eingehens darauf bedurft, ob die Verhältnisse der Gewerkschaft die Abstoßung des Unternehmens zu einem so billigen Preise rechtfertigen oder wenigstens erklären konnten. Auch nach dieser Richtung begnügt sich das Berufungsgericht mit der ganz allgemeinen Bemerkung, daß die Lage der Gewerkschaft keineswegs so glänzend gewesen sei, wie die Kläger behauptet hätten. Diese summarische Feststellung bot keine genügende Unterlage, um zu beurteilen, ob sachliche Gründe die Veräußerung des Unternehmens zu jedem Preise rechtfertigten. Wäre die Lage der Gewerkschaft so schwierig gewesen, wie die Beklagte behauptet hatte, so mochte dies anzunehmen sein. Die Kläger hatten aber bestritten, daß die Einforderung einer Zubuße erforderlich gewesen sei, und behauptet, daß die Beklagte auch in den letzten Jahren eine Ausbeute hätte verteilen können, daß die Stadt L. dies aber hintertrieben habe, um den anderen Gewerken ihren Kuxenbesitz zu verleiden. Wenn die Behauptungen der Kläger in dieser Hinsicht nicht schlüssig unter Beweis gestellt waren, hätte, wie die Revision mit Recht rügt, das Fragerecht gemäß § 139 ZPO. ausgeübt werden müssen. Auch die Ausführung des Berufungsgerichts, daß der Vorteil, den die Stadt L. vielleicht gehabt habe, hier dem Gemeinwohl und nicht einer einzelnen Privatwirtschaft zugute gekommen sei, erübrigte nicht ein näheres Eingehen auf die vorerwähnten Streitpunkte. Denn darin ist der Revision beizupflichten, daß auch eine öffenüiche Körperschaft,
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wenn sie sich an derartigen privaten Unternehmungen beteiligt, nicht das Recht hat, die Interessen ihres Gemeinwesens durch rücksichtslose Vergewaltigung und die vorsätzliche Schädigung anderer Beteiligter oder des Privatunternehmens selbst zu fördern. Ganz besonders gilt dies, wenn, wie hier behauptet war, die Mehrheit sich unlauterer Mittel bedient, insbesondere die Minderheit überrascht hat, wofür hier trotz der Feststellung, daß die Verhandlungen seit 1919 schwebten, die Tatsache von Bedeutung sein konnte, daß das Angebot der Gewerkschaft D., das in der Generalversammlung vorgelegt wurde, erst an demselben Tage, dem 20. Januar 1920, zu notariellem Protokoll erklärt war. Hiernach sind die rechtlichen Ausführungen des angefochtenen Urteils und die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht geeignet, die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten schon jetzt mit Sicherheit auszuschließen. Die Sache bedarf vielmehr noch näherer Aufklärung.
RGZ. 107, 208 Welchen E i n f l u ß hat die Bestechung k a u f m ä n n i s c h e r Angestellter auf die Gültigkeit eines Kaufvertrages ? BGB. § 138. II. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 26. Oktober 1923.
1. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandcsgericht daselbst.
Die Beklagte hat nach der Demobilmachung eine bedeutende Menge von Sachen aus ihren damaligen Beständen veräußert. Auch mit dem Kläger hat sie mehrere Kaufverträge geschlossen, so über Muffenrohre und Formstücke, die teilweise nicht geliefert sind. Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Beklagte wendete ein, daß der streitige Kaufvertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei; eventuell focht sie den Vertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an. Sie behauptete, daß der Kläger durch sog. Schmiergelder den Abschluß des Vertrags herbeigeführt und auch sonst ihre Angestellten bestochen habe. Beide Vorinstanzen gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgehoben. Gründe: Das Berufungsgericht unterstellt, daß der Kläger vor Abschluß des streitigen Geschäfts mit dem Zeugen W. oder anderen damaligen Angestellten der Beklagten Vereinbarungen dahin getroffen hat, daß diese ihn gegen persönliche Vergünstigungen bei dem Ankaufe von Waren der Beklagten, die zu den aus Anlaß der Umstellung des Betriebs verfügbaren Beständen gehörten, zum Schaden der Beklagten bevorzugten. Trotzdem
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veraeint es die Anwendbarkeit der §§ 138, 119 und 123 BGB., indem es ausfuhrt: Die Bestechung von Angestellten zur Erlangung günstiger Kaufbedingungen falle zwar unter §§ 12 und 1 UnlWG. und sei auch eine gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßende Handlungsweise; damit sei aber noch nicht gesagt, daß die einzelnen auf dieser Grundlage geschlossenen Geschäfte nach § 138 BGB. nichtig seien; hierzu sei ein noch näherer Zusammenhang des Kaufgeschäfts mit der Bestechung erforderlich; es gebe Geschäfte, bei denen die sittliche Qualität des Käufers für den Verkäufer gleichgültig sei, im vorliegenden Falle stehe auch der bedungene Preis, der mit den von Berlin aufgegebenen Richtlinien übereingestimmt habe, nicht, wie es nach RGZ. Bd. 86 S. 146 zur Annahme der Sittenwidrigkeit eines auf Bestechung beruhenden Kaufgeschäfts erforderlich wäre, in auffälligem Mißverhältnis zur vereinbarten Leistung; selbst wenn daher W., der den geschäftsführenden Direktoren der Beklagten den Tatbestand — Ware und Preis — unterbreitet habe, in ungetreuer Weise andere Reflektanten ferngehalten und dadurch bessere Gebote verhindert haben sollte, so bleibe es doch dabei, daß die Ware nicht verschleudert, sondern zu Preisen fortgegeben worden sei, die die Zentralleitung der Beklagten genehmigt habe; die etwa getroffene allgemeine oder spezielle Abrede des Klägers mit Angestellten der Beklagten habe den Inhalt dieses Kaufgeschäfts nicht oder wenigstens nicht erheblich oder nicht bis zu einem auffälligen Mißverhältnis beeinflußt, und daran müsse die Einrede der Nichtigkeit scheitern. Die Anfechtung wegen Irrtums sei ungerechtfertigt, weil der Irrtum im Gebiete des Beweggrundes gelegen und den Inhalt des Geschäfts nicht berührt habe. Der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung stehe entgegen, daß W. nicht getäuscht habe, weil ihm nicht zuzumuten gewesen sei, die den Abschluß bestätigenden Direktoren über seine unlauteren Beziehungen zum Kläger aufzuklären; die Grundlagen für den Entschluß, das Angebot des Klägers anzunehmen oder abzulehnen, hätten offen vor den Augen der Direktoren gelegen; daß W. bessere Angebote für die Muffenrohre und Formstücke erhalten und unterschlagen habe, sei nicht behauptet; die Direktoren seien daher selbst dann nicht arglistig getäuscht, wenn W., der nach der Behauptung der Beklagten das Geschäft maßgebend bearbeitet habe, ihnen verschwiegen habe, daß er vom Kläger „geschmiert" sei; auch der Kläger selbst habe sich keiner arglistigen Täuschung schuldig gemacht; zwar möge durch den andauernden Warenbezug des Klägers eine Geschäftsverbindung zwischen den Parteien begründet gewesen sein, die die gegenseitige Treupflicht noch gesteigert habe, aber soweit könne die Treupflicht nicht gehen, daß der Kläger sein etwaiges unlauteres Einvernehmen mit den Angestellten habe offenbaren müssen; allerdings hafte er für die Folgen dieser gegen die guten Sitten verstoßenden Handlung, für das einzelne Geschäft komme aber dieser Gesichtspunkt nur insoweit in Betracht, als es zum Schaden der Beklagten durch die Handlung beeinflußt sei, was für das vorliegende Geschäft verneint werden müsse.
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Diese Beurteilung ist insoweit nicht zu beanstanden, als das Berufungsgericht die Anwendung von § 138 BGB. abgelehnt hat. Für die Anwendung dieser Vorschrift wäre nur Raum, wenn das Geschäft selbst nach seinem Zweck und Inhalt objektive Momente aufweisen würde, die mit den guten Sitten unvereinbar sind. Das ist aber nach dem festgestellten und zu unterstellenden Sachverhalt nicht der Fall. Denn danach handelt es sich hier nur darum, daß beim Zustandekommen des Geschäfts der Wille des einen Vertragsteils — der durch ihre Direktoren vertretenen Beklagten — in unzulässiger, gegen die guten Sitten verstoßender Weise beeinflußt worden ist. Ob bei einer im übrigen gleichen Sachlage eine andere Auffassung mit dem Berufimgsgerichte schon dann als gerechtfertigt anzusehen wäre, wenn ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen bestünde, bedarf nicht der Prüfung, da dieser Fall nicht vorliegt. Übrigens ist auch in dem vom Berufimgsgericht angeführten Urteil RGZ. Bd. 86 S. 146 nicht schlechthin ausgesprochen, daß ein durch Bestechung zustande gebrachter Vertrag im Sinne des § 138 BGB. sittenwidrig sei, wenn ein solches Mißverhältnis bestehe, sondern es ist nur gesagt, daß höchstens in diesem Fall — in der damals entschiedenen Sache — Sittenwidrigkeit angenommen werden könnte. Dieses Ergebnis kann auch nicht geändert werden durch das Vorbringen der Revision, daß die Beklagte gegen den Kläger noch weitere Vorwürfe erhoben habe, auf die das Berufungsgericht nicht eingegangen sei, daß sie nämlich behauptet habe, der Kläger habe sie „mit einem Netze von Spionen umgeben", auch „Schiebungen" mit ihren Angestellten vorgenommen und es durch seine Machenschaften ermöglicht, in kurzer Zeit Millionen zu verdienen. Denn auch hierbei handelt es siqh immer nur um Behauptungen, die das Geschäft selbst, seinen Zweck und Inhalt unberührt lassen. Ebensowenig geht es an, die längere Zeit hindurch fortgesetzte Geschäftsverbindung der Parteien mit der Revision dahin zu verwerten, daß es das Anstandsgefühl eines ehrbaren Kaufmanns verletze, wenn der Kläger nach der Entdeckung seines unlauteren Verhaltens sich dem Abbruche der Beziehungen nicht gefügt, sondern Weiterlieferung verlangt habe, und daß deshalb seinem Verlangen die Einrede der Arglist entgegenstehe. Die Weiterverfolgung des Anspruchs, den der Kläger durch den Vertragsabschluß erlangt hat, kann nicht schon deshalb als unzulässig angesehen werden, weil sie unanständig ist — das war schon das vom Berufungsgericht unterstellte frühere Verhalten des Klägers —, sondern entscheidend ist nur, ob das Vertragsverhältnis trotz des unanständigen früheren Verhaltens des Klägers als zu Recht bestehend anzuerkennen ist. Im weiteren muß aber der Revision darin beigetreten werden, daß der Anfechtung wegen arglistiger Täuschimg mit rechtsirrigen Erwägungen der Erfolg versagt ist. Wenn das Berufungsgericht entscheidendes Gewicht darauf legt, ob dem Angestellten W. zuzumuten gewesen sei, den Direktoren mitzuteilen, daß er „geschmiert" sei, oder ob für den Kläger die Verpflichtung bestanden habe, sein unlauteres Treiben zu offenbaren, so liegt
14 diese Betrachtungsweise neben der Sache. W. war Bediensteter der Beklagten und als solcher verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten, wozu die Vorbereitung des streitigen Kaufvertrags und die Weiterleitung an die zum Abschluß berufenen Direktoren gehörte, ordnungsmäßig und namentlich ohne Verstoß gegen das Gebot der Ehrlichkeit und der Wahrhaftigkeit zu erledigen. Handelte er dem zuwider, so verletzte er seine Vertragspflicht. Darum kommt es nicht erst darauf an, ob ihm zuzumuten war, die Bestechung den Direktoren zu offenbaren, vielmehr konnte er den wirklichen Sachverhalt überhaupt nicht unterdrücken, ohne eine Rechtspflicht zu verletzen und damit im Sinne des Gesetzes arglistig zu täuschen. Diese von W. verübte Täuschung gibt aber — immer bei Unterstellung des Sachverhalts, von dem in der Revisionsinstanz auszugehen ist — der Beklagten das Recht, den Vertrag dem Kläger gegenüber anzufechten, weil dieser, wie aus seinen Beziehungen zu W. und dem Zwecke seines Treibens ohne weiteres folgt, die Täuschung gekannt hat (§ 123 Abs. 2 Satz 1 BGB.). Dabei ist nach dem Sachverhalte, von dem das Revisionsgericht auszugehen hat, der Anfechtung der Erfolg auch nicht etwa deshalb zu versagen, weil das Berufungsgericht einwandfrei festgestellt hat, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen der Täuschung und dem Vertragsabschluß fehlt. Nach der Richtung, ob die Organe der Beklagten, wenn ihnen die unlauteren Beziehungen des Klägers zu W. bekannt geworden wären, sich auf den Vertragsabschluß eingelassen oder nicht vielmehr die Geschäftsverbindung mit dem Kläger abgebrochen hätten, hat das Berufungsgericht die Sache überhaupt nicht geprüft. Neben der Anfechtung aus § 123 ist die auf Irrtum gestützte Anfechtungserklärung von untergeordneter Bedeutung. Nach der Meinung der Revision ist sie ebenfalls unter Verletzung des Gesetzes zurückgewiesen und zwar deshalb, weil die Beklagte sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Klägers, nämlich über dessen Zuverlässigkeit gegen verwerfliche geschäftliche Machenschaften, wie Bestechung u. dgl., geirrt habe, weil also § 119 Abs. 2 BGB. zutreffe. Die Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch in diesem Punkte nicht zu beanstanden. Allerdings weist das Verhalten des Klägers auf einen bedenklichen sittlichen Mangel hin, allein es handelt sich hier um einen reinen Kaufvertrag, und bei einem solchen sind, wie in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt ist, Mängel in der Person des Käufers regelmäßig nur dann als verkehrswesentlich im Sinne des Gesetzes anzusehen, wenn durch sie die Sicherheit der Vertragserfüllung ernstlich gefährdet ist. Dafür liegt aber hier nichts v o r . . .
RGZ. 108, 102 Z u m Begriffe der Widerrechtlichkeit der D r o h u n g im Sinne des § 123 BGB. BGB. § 123.
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II. Zivilsenat.
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Urt. v. 29. Februar 1924.
I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Beklagte hatte als Kaufpreisrest für gelieferte 10000 kg Eisessig 86,— £ zu zahlen, und zwar spätestens am 15. November 1922. Sie zahlte aber nur 43,—.2 £, so daß sich ein Rückstand von 42,19.10 £ ergab. Dieser Rückstand sowie ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 99789 M. wegen der Nichtzahlung bilden den Gegenstand der Klage. Die Beklagte hat mit einer Schadensersatzforderung wegen Nichtlieferung von 6000 kg Eisessig zum Betrage von 42,19.10 £ aufgerechnet. Dieser Forderung hegt folgender Sachverhalt zugrunde. Am 4. Oktober 1922 hatten die Parteien am Fernsprecher über die Lieferung der Ware verhandelt. Unstreitig verkaufte die Klägerin bei dieser Gelegenheit der Beklagten 10000 kg Eisessig zum Preise von 43 £ für 1000 kg (oder 1016 kg, wie die Beklagte meint). Die Beklagte behauptet aber, die Klägerin habe ihr damals weitere 6000 kg zum Höchstpreise von 45 £ verkauft; die Klägerin bestreitet dies mit dem Anfügen, man habe über die Lieferung weiterer 6000 kg zwar gesprochen, ein fester Abschluß sei jedoch insoweit nicht erfolgt, vielmehr ausdrücklich vorbehalten worden. Im Briefwechsel hierüber wies die Beklagte insbesondere darauf hin, daß sie 16000 kg weiterverkauft habe, und bestimmte der Klägerin am 7. Oktober eine Nachfrist von 4 Tagen zur Erklärung, daß sie lieferbereit sei, widrigenfalls sie sich für deren Rechnung anderweit eindecken würde. Nunmehr schrieb die Klägerin am selben Tag an die Beklagte: ,,. . . Wir müssen uns einigermaßen wundern, mit welcher Hartnäckigkeit Sie versuchen, statt der Ihnen laut Bestätigung vom 4. er. verkauften ca. 10000 kg . . . 16000 kg von uns verlangen. — Wir erklären Ihnen hiermit verbindlich und zum letzten Male, daß Ihnen lediglich ca. 10 tons fest zu 43,—.— & in Übereinstimmung mit unserer Bestätigung vom 4. Oktober verkauft sind. — . . . Wir müssen Sie bitten, unsere Bestätigung vom 4. er. als gültig anzuerkennen. Solange Sie uns diesbezüglich Schwierigkeiten machen, müssen wir es ablehnen, Ihre uns für Montag in Aussicht gestellte Verfügung über 400 Korbflaschen auszuführen, da wir uns der Gefahr nicht aussetzen möchten, Ihnen diesbezüglich hinterherzulaufen." Am 9. Oktober erwiderte die Beklagte, daß sie wunschgemäß die Auftragsbestätigung der Klägerin vom 4. Oktober als gültig anerkenne, und erteilte entsprechende Verladungsanweisung. Trotzdem deckte sich die Beklagte hinsichtlich der weiteren 6000 kg zu 53 £ ein und kürzte die Rechnung der Klägerin um den oben angeführten Preisunterschied. Gegenüber dem Vorbringen der Klägerin im Rechtsstreit, daß sich die Beklagte am 9. Oktober 1922 mit der Lieferung von nur 10000 kg zufrieden erklärt habe, focht die Beklagte diese Erklärung wegen widerrechtlicher Drohung gemäß § 123 BGB. an. Sie sei infolge Weiterverkaufs von 16000 kg in großer Verlegenheit gewesen und habe wohl oder übel, um nur wenigstens die 10000 kg zu erhalten, die verlangte Zustimmung erteilen müssen.
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In beiden Vorinstanzen wurde der Klage stattgegeben. Die Revisior der Beklagten war erfolglos. Gründe: Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 7. Oktober 1922 unter dei Drohung, andernfalls nichts liefern zu wollen, verlangt, daß die Beklagt« anerkenne, vertraglich nur 10000 kg Eisessig gekauft zu haben. Über diese Bedeutung des Schreibens herrscht kein Streit mehr. Auch an der Widerrechtlichkeit der Drohung besteht kein Zweifel für den Fall, daß die Klägerin sich bewußt war, der Beklagten in Wirklichkeit nicht 10000 kg, sondern 16000 kg verkauft zu haben. Daß der Klägerin tatsächlich ein solches Bewußtsein innegewohnt habe, nimmt das Berufungsgericht nicht an; die Beklagte habe der Klägerin Bösgläubigkeit überhaupt nicht vorgeworfen, nach Sachlage habe über den Inhalt des zum Abschlüsse führenden Ferngesprächs ein Mißverständnis vorliegen können. Gegen diese Annahme richtet sich der Angriff der Revision. Das Berufungsgericht irrt, wenn es meint, daß die Drohung schon dann keine widerrechtliche sei, wenn dem Drohenden hinsichtlich seinei Berechtigung, die in Frage stehende Willenserklärung vom anderen zu verlangen, Bösgläubigkeit nicht vorgeworfen werden könne. Wie das Reichsgericht neuerdings in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, ist es zur Anwendung des § 123 BGB. nicht erforderlich, daß sich der Drohende der Widerrechtlichkeit der Drohung bewußt war. Er muß nur das Bewußtsein der Drohung gehabt haben, mindestens sich bewußt gewesen sein, daß seine Äußerung geeignet sei, den Erklärungsempfänger in seiner Willensentschließung in unzulässiger Weise zu beeinflussen; vgl. RGZ. Bd. 104 S. 80. Die Frage, ob eine unzulässige Beeinflussung der Willensfreiheit der Beklagten vorgelegen habe, kann nicht mit dem Ausspruche verneint werden, daß es durchaus sachgemäß sei, auf einen Abschluß nichts £u liefern, solange über seinen Inhalt noch Streit zwischen den Parteien bestehe. Dies würde allenfalls dann zutreffen, wenn über den ganzen Abschluß als solchen Streit herrschte. Hier aber war die Pflicht der Klägerin, 10000 kg zu liefern, völlig unstreitig, und es handelte sich nur darum, ob loch weitere 6000 kg zu liefern waren. Dennoch ist dem Berufungsgericht im Ergebnis beizutreten. Rechtswidrig ist die Drohung dann nicht, wenn sie sich als ein von der Rechtsordnung allgemein zugelassener Rechtsbehelf darstellt. Als solche RechtsDehelfe kommen vor allem die Klagandrohung und die Geltendmachung ies Zurückbehaltungsrechts in Betracht; vgl. z. B. RG. in Gruchot Bd. 66 S. 454 (JW. 1923 S. 167 Nr. 1). Ob sie sich schließlich als unbegründet herausstellen, spielt keine Rolle, wofern nur das Druckmittel in gutem Glauben an die Berechtigung, die Willenserklärung zu beanspruchen, angewandt wird. Im vorliegenden Falle hat die Klägerin gutgläubig und an ¡ich zulässig ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Die Beklagte hatte behauptet, daß sie außer den zugestandenen 10000 kg Eisessig weitere
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6000 kg zu fordern habe. Hielt die Klägerin diese Forderung für unberechtigt, so hatte sie ein rechtliches Interesse an der Beseitigung des Anspruchs. Sie mußte besorgen, daß die Beklagte nach erhaltener Lieferung von 10000 kg ihr Schwierigkeiten bereiten, den Kaufpreis zurückbehalten oder mit Ersatzansprüchen aufrechnen werde. Unter solchen Umständen stand ihr ein negativer Feststellungsanspruch und zur Vermeidung einer entsprechenden Klage ein fälliger Anspruch auf eine Erklärung des Gegners zu, daß er seinen Standpunkt aufgebe. Hatte aber die Klägerin einen solchen fälligen Anspruch gegen die Beklagte, so mußte es ihr angesichts des Zusammenhangs der rechtlichen Beziehungen auch gestattet sein, die von ihr geschuldete Lieferung bis zur Abgabe einer die Erhebung der Feststellungsklage entbehrlich machenden Erklärung zurückzubehalten.
RGZ. 109, 137 Unter welchen Umständen kann ein Vertrag als rechtsgültig angesehen werden, der von Ehegatten unter Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft über eine der Ehefrau künftig zu gewährende Unterhaltsrente geschlossen wird ? BGB. §§ 1353, 134, 138. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht".
RGZ. 110, 34 Gilt ein eingeschriebener Brief, dessen Annahme vom Adressaten verweigert wird, als diesem zugegangen ? BGB. § 130. I. Zivilsenat. Urt. v. 5. Januar 1925. I. Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Klägerin kaufte am 9. Juli 1922 von der Beklagten einen größeren Posten Schuhwaren. Einen Teil davon nahm sie gleich mit und leistete eine Anzahlung darauf. Sie klagt jetzt auf Lieferung der noch nicht erhaltenen Waren Zug um Zug gegen Zahlung des Vertragsrestpreises. Im ersten Rechtszug erwirkte sie ein obsiegendes Urteil. Im zweiten Rechtszuge berief sich die Beklagte auf einen Einschreibebrief der Klägerin an sie vom 21. August 1922, dessen Annahme sie zwar seinerzeit verweigert hatte, dessen Inhalt ihr aber im Laufe des Rechtsstreits bekannt geworden war. In diesem Briefe hatte die Klägerin der Beklagten zur Lieferung des rückständigen Postens Schuhwaren eine Frist mit der Erklärung bestimmt, daß sie nach Ablauf der Frist die Annahme der Leistung ablehne und die Zivils. AllEeni.
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Beklagte für den Schaden verantwortlich machen werde. Die Beklagte ist ier Meinung, daß schon danach der Anspruch der Klägerin auf Lieferung abgeschlossen sei. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurück, daß der Vertragspreis in näher bestimmter Weise aufgewertet ivürde. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das Revisionsgericht verneinte die in der Überschrift aufgeworfene Frage, kam aber aus anderen Gründen zur Aufhebung des Berufungsurteils. Aus den G r ü n d e n : Die Revision stellt zur Nachprüfung, ob nicht die Beklagte sich auf das Schreiben der Klägerin vom 21. August 1922 berufen kann. Hierauf kommt es in erster Reihe an. Das Berufungsgericht meint, es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte ihre Weigerung, den Brief anzunehmen, nicht gegen sich gelten lassen wolle, um sich ihrer Lieferungspflicht zu entziehen. Sie müsse sich deshalb so behandeln lassen, als ob ihr die darin enthaltene Willenserklärung nicht zugegangen sei. Das Berufungsgericht geht also von der Auffassung aus, an sich müsse es so angesehen werden, als ob der Beklagten der Brief, den sie in Wirklichkeit nicht erhielt, zugegangen sei. Da aber hier die an sich gegebene Fiktion des Zugehens der Klägerin nachteilig sein würde, so könne die Beklagte selbst sich auf diese Fiktion nicht berufen. Damit teilt der Vorderrichter die Ansicht der Klägerin, wonach sich die Beklagte zwar so behandeln lassen müsse, als sei ihr der Brief zugegangen, die Klägerin sie aber nicht so zu behandeln brauche, wenn dies gegen ihr Interesse sei. Das kann unmöglich Rechtens sein. Gilt überhaupt eine Erklärung als zugegangen, so darf sich auch der Erklärungsgegner darauf berufen. Es kann nicht wohl im Belieben des Erklärenden stehen, ob er seine Erklärung gelten lassen will oder nicht, je nachdem es ihm vorteilhaft erscheint. Gleichwohl ist das Ergebnis, zu dem der Vorderrichter gelangt, richtig. Darüber herrscht in Rechtslehre und Rechtsprechung kein Streit, daß es nach geltendem Recht nicht darauf ankommt, ob der Erklärungsgegner von einer an ihn gerichteten Erklärung auch Kenntnis genommen hat; es genügt, daß sie ihm zugegangen ist (sog. Empfangstheorie). Streitig ist aber, wie die Rechtslage beurteilt werden muß, wenn zwar der Erklärende alles getan hat, um seine Erklärung dem Gegner zugehen zu lassen, es aber nicht hierzu gekommen ist aus Gründen, die in der Person des Erklärungsgegners liegen. Erörtert worden ist bisher in der Rechtsprechung wesentlich nur der Fall, daß es sich um Erklärungen handelte, die innerhalb einer bestimmten Frist abzugeben waren, dem Gegner aber infolge eines von ihm zu vertretenden Umstandes verspätet zugegangen sind (RGZ. Bd. 58 S. 406, Bd. 95 S. 315; JW. 1904 S. 53 Nr. 4). In diesen Fällen ist man dazu gelangt, daß der Erklärungsgegner gehalten ist, die Erklärung als rechtzeitig zu betrachten. Ob man dieses Ergebnis mit Hilfe einer Fik-
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tion begründen darf (RGZ. Bd. 95 S. 315) oder damit, daß man sagt, der Erklärungsgegner, dem durch eigenes Verschulden die Erklärung verspätet zuging, handle arglistig, wenn er sich hierauf berufe (RGZ. Bd. 58 S. 406), kann hier unerörtert bleiben. Denn im gegebenen Falle war die Erklärung der Beklagten überhaupt niemals zugegangen. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob etwa allgemein eine Pflicht anzuerkennen wäre, Vorkehrungen zu treffen, daß Erklärungen anderer empfangen werden können. Denn die Parteien standen in Vertragsbeziehungen und für diesen Fall ist solche Pflicht unbedenklich zu bejahen. Man mag ferner auf Fälle der vorliegenden Art, wo überhaupt keine Erklärung zugegangen ist, den in RGZ. Bd. 58 S. 406 aufgestellten Grundsatz für anwendbar halten, daß bei arglistiger Annahmeverweigerung das Zugehen der Erklärung fingiert wird (ebenso W a r n e y e r , B G B . Anm. zu § 130). Arglist in diesem Sinne liegt aber offenbar nur vor, wenn der Erklärungsgegner den Inhalt der Erklärung kennt oder mit dem Zugehen einer Erklärung bestimmten Inhalts rechnet und daher die Annahme verweigert. So aber liegt der gegenwärtige Fall nicht. Die Annahmeverweigerung der Beklagten kann deshalb nur als schuldhaft bezeichnet werden. Daraus folgt aber in keiner Weise, daß das Nichtzugegangensein nun als Zugehen fingiert werden müßte. Dafür gibt das Gesetz keinerlei Grundlage. Vielmehr ist und bleibt die Erklärung nicht zugegangen. Nur hat es der Erklärende in der Hand, die Erklärung dem Gegner nach § 132 B G B . zuzustellen und, wenn er hiervon unverzüglich Gebrauch gemacht hat, muß sich unter entsprechender Anwendung der vorher erörterten Grundsätze der Empfänger so behandeln lassen, als sei ihm die Erklärung schon im Zeitpunkt der Annahmeverweigerung zugegangen. Die Annahmeverweigerung gewinnt also nur dann gegebenenfalls (d. h. falls und soweit es auf den Zeitpunkt des Zugehens ankommt) Bedeutung, wenn es später noch zu einem Zugehen der Erklärung kommt. Das war hier nicht der Fall und deshalb steht der Brief vom 21. August 1922 dem Lieferungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. . . .
R G Z . n o , 382 Z u m Begriffe der W i d e r r e c h t l i c h k e i t der D r o h u n g i m S i n n e des § 123 B G B . B G B . § 123. II. Zivilsenat.
Urt. v. 3. April 1925.
I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
Die beklagte Firma lieferte der Klägerin auf Grund zweier Kaufabschlüsse im März 1923 insgesamt rund 20000 kg Glaubersalz und übersandte ihr zwei Rechnungen über die Lieferung, in denen die Ware als „technisch eisen- und säurefrei" bezeichnet war. Die Klägerin stellte der Beklagten die ganze Lieferung zur Verfügung, weil die Ware die in den 2'
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Rechnungen angegebenen Eigenschaften nicht besitze. Am 14. Mai 1923 schloß der Inhaber der klagenden Firma mit dem Prokuristen der Beklagten, W., ein von der Beklagten schriftlich bestätigtes Abkommen, wodurch diese sich verpflichtete, die der Klägerin gelieferten zwei Waggons Glaubersalz zurückzunehmen und der Klägerin bis zum 1. Juli 1923 die bezahlten Rechnungsbeträge und die ihr entstandenen Zoll-, Fracht- und sonstigen Unkosten zu erstatten; die Klägerin verzichtete dagegen auf Erstattung ihres Verdienstausfalls und verpflichtete sich, im Interesse der Beklagten nach deren Anordnungen den Verkauf der Ware zu betreiben. Auf Grund dieser Abmachung hat die Klägerin die Ware bestmöglich verkauft und fordert nunmehr Ersatz der bezahlten Rechnungsbeträge und ihrer sonstigen Auslagen unter Abzug des aus dem Verkauf der Ware erzielten Erlöses; insgesamt verlangt sie Zahlung von 3252,62 Schweiz. Frs. Das Landgericht sprach die Klage zu. Im Berufimgsverfahren fochten die Beklagten das Abkommen vom 14. Mai 1923 wegen Drohung an mit der Begründung, der Inhaber der klagenden Firma habe an jenem Tage in Bremen dem Prokuristen W. auf dessen Bemerkung, daß der Fakturenvermerk bezüglich der Eisen- und Säurefreiheit der Ware auf Versehen eines Angestellten beruhe, ihm, dem Prokuristen, dann entgangen sei und deshalb für die beklagte Firma nicht bindend sein könne, erklärt: er werde den Prokuristen persönlich verklagen und wegen Betrugs anzeigen, denn anders sei sein Verhalten nicht zu charakterisieren. Nur infolge dieser Drohung habe sich W. zu demVergleiche bereit gefunden. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Gründe: Die einzige Rüge der Revision richtet sich gegen die Zurückweisung der Anfechtimg des Abkommens vom 14. Mai 1923 wegen Drohung (§ 123 BGB.). Sie ist jedoch nicht gerechtfertigt. Der Vorderrichter verneint die Widerrechtlichkeit der Drohung mit Klage und Strafanzeige, die nach der Darstellung der Beklagten der Inhaber der klagenden Firma dem Prokuristen W. gegenüber ausgesprochen haben soll, weil eine derartige Auslassimg zwischen Vertragsparteien an sich nicht widerrechtlich sei und besondere Umstände, die das Vorgehen des Dr. R. als gegen das Recht oder die guten Sitten verstoßend erscheinen ließen, dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen seien. Diese Begründung ist insofern nicht völlig ausreichend, zum mindesten mißverständlich, als sie der Annahme Raum gibt, die Verneinung der Widerrechtlichkeit der Drohung beruhe auf der Erwägung, daß die Drohung als solche, ihrem Inhalt nach, einen Verstoß gegen die Rechtsordnimg nicht dargestellt habe. Eine solche Auffassung wäre unzutreffend; denn die Widerrechtlichkeit wird im Falle des § 123 BGB. nicht durch den Inhalt der drohenden Äußerung, sondern durch deren Zweck — die beabsichtigte Beugung des Willens des Bedrohten — bestimmt. Um eine widerrechtliche Bedrohung kann es sich im vorliegenden Falle deshalb nicht handeln,
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weil das behauptete Inaussichtstellen der Klageerhebung und einer Strafanzeige wegen Betrugs, mochte auch Dr. R. den Inhaber der beklagten Firma damit zur Rücknahme der Ware zu bestimmen suchen, nach Sachlage einen von der Rechtsordnung zugelassenen Rechtsbehelf darstellte (RGZ. Bd. 108 S. 102 flg.). Dr. R. konnte sein Verlangen nach Lieferung „technisch eisen- und säurefreier" Ware auf den Inhalt der ihm von den Beklagten übersandten Fakturen stützen. Daß die gelieferte Ware diese Eigenschaften besessen habe, haben die Beklagten selbst niemals behauptet. Dr. R. hatte daher einen Anspruch auf Wandlung des Kaufvertrags; zum mindesten aber liegt kein Anlaß vor, daran zu zweifeln, daß er bei der Besprechung mit W. gutgläubig angenommen hat, es stehe ihm ein solches Recht zu. Unter diesen Umständen war er berechtigt, dem W., der die erwähnte Zusicherung nicht gelten lassen wollte, nicht bloß Klagerhebung, sondern auch Erstattung einer Betrugsanzeige wegen des von diesem selbst in der fraglichen Angelegenheit beobachteten Verhaltens in Aussicht zu stellen, falls er nicht in die Rücknahme der Ware einwillige. Denn auch die Veranlassimg eines Strafverfahrens ist in Fällen wie der gegenwärtige ein von der Rechtsordnung zugelassener Rechtsbehelf, dessen sich ein Benachteiligter bedienen darf und erfahrungsgemäß nicht selten bedient, um auf diese Weise, abgesehen von der Bestrafung des Angezeigten, raschmöglichst eine Klärung der Sach- und Rechtslage herbeizuführen. Ist demnach die Widerrechtlichkeit der Drohimg zu verneinen, so erweist sich die angefochtene Entscheidung als begründet, ohne daß auf die vom Vorderrichter gleichfalls verneinte Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Drohung und Vergleichsabschluß eingegangen zu werden braucht. RGZ.
IIO,
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Kann ein wegen F o r m m a n g e l s nichtiger Grundstücksveräußerungsvertrag unter U m s t ä n d e n als Vertrag über Bestellung einer Dienstbarkeit aufrecht erhalten werden ? BGB. § 140. V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 6. April 1925. I. Landgericht Paderborn.
II. Oberlandesgericht Hamm.
Der Kläger hat den beklagten Eheleuten (seinem Schwiegersohn und seiner Tochter) aus Anlaß ihrer im Jahre 1905 erfolgten Verheiratung ein ihm gehöriges Grundstück übergeben. Er behauptet, die Übergabe sei nur leihweise erfolgt und seien daher die Beklagten verpflichtet, ihm das Grundstück zurückzugeben. Denn eine bestimmte Zeit sei für die Leihe nicht vereinbart worden; auch habe er das Grundstück infolge der nicht vorhergesehenen Änderungen seiner Vermögensverhältnisse jetzt selbst notwendig. Er hat deshalb auf Herausgabe des Grundstücks geklagt. Die Beklagten haben Abweisung der Klage beantragt, da ihnen das Grundstück
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als Mitgift mit in die Ehe gegeben worden sei; damit sei ihnen zum mindesten ein lebenslängliches Nutznießungsrecht an ihm zugesagt worden. Das Landgericht hat der Klage willfahrt; das Oberlandesgericht hat dagegen auf Klagabweisung erkannt. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe: Das Berufungsgericht erachtet für erwiesen, daß das Grundstück im Jahre 1905 den Beklagten vom Kläger als Mitgift übergeben worden ist. Es erwägt, daß das Versprechen einer solchen Mitgift an sich der Form des § 313 BGB. bedurft habe und daß es daher mangels Beobachtung dieser Form nichtig sei. Trotzdem sei es unter dem Gesichtspunkt der Konversion (§ 140 BGB.) als Zusage eines lebenslänglichen Nießbrauchs aufrecht zu erhalten. Denn aus dem Zweck des Versprechens ergebe sich, daß die Parteien, wenn sie die Nichtigkeit der auf die Übertragung des Eigentums gerichteten Vereinbarung gekannt hätten, doch zum mindesten die Zusage der Bestellung eines Nießbrauchs im Auge gehabt hätten. Die Revision bekämpft diese Annahme als auf Verletzung des § 140 BGB. beruhend, weil das Berufungsgericht damit an die Stelle des vereinbarten nichtigen Vertrags etwas setze, was die Parteien nicht vereinbart hätten. Sie übersieht dabei aber, daß es sich bei der Konversion nicht um die Auslegung eines wirklich vorhandenen Parteiwillens, sondern um die Ermittelung eines hypothetischen Willens, d. i. dessen handelt, was die Parteien gewollt hätten, wenn sie die Nichtigkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts gekannt hätten. In dieser Hinsicht hat aber der Berufungsrichter die oben erwähnte Feststellung getroffen, und diese Feststellung ist mangels Rechtsirrtums im gegenwärtigen Rechtszuge maßgebend. Es steht ihr insbesondere nicht entgegen, daß der Nießbrauch ein erheblich schwächeres Recht ist als das Eigentum. Denn für die Frage, ob das nichtige Geschäft in Gestalt eines anderen Rechtsgeschäfts, dessen Erfordernisse vorliegen, aufrechtzuerhalten ist, kommt es nicht darauf an, ob der wirtschaftliche Erfolg, der durch das nichtige Geschäft erzielt werden sollte, auch durch das andere Geschäft in vollem Umfang erreicht wird, sondern es genügt, wenn dieser Erfolg wenigstens soweit erreicht wird, daß anzunehmen ist, die Parteien hätten mangels Erzielung des vollen Erfolgs wenigstens die teilweise Verwirklichung ihrer Zwecke gewollt. In diesem Sinn hat sich auch nicht nur das Schrifttum ausgesprochen (vgl. insbesondere v. T u h r , BGB. II, 1 S. 287; RGR. Komm. § 140 BGB.), sondern es hat auch das Reichsgericht bereits wiederholt diese Auffassung in Fällen vertreten, in denen die Frage streitig war, ob ein wegen Formmangels nichtiger Grundstücksveräußerungsvertrag nicht als ein auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit gerichteter Vertrag aufrechterhalten werden könne (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1908 VII 389/08, auszugsweise abgedruckt, DJZtg. 1909 S. 321, und neuerdings Urteil vom 17. Juni 1922 V 592/21). Die Revisionsrüge muß daher versagen.
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R G Z . i n , 233 Besteht bei der V e r ä u ß e r u n g von Spekulationspapieren eine Pflicht des Verkäufers, d e n Käufer über die d e m ersteren bekannten a l l g e m e i n e n Anzeichen für ein erhebliches Sinken der Aktienk u r s e aufzuklären ? BGB. § 123. I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 7. Juli 1925. I. Landgericht II Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Zwischen den Parteien kam am 6. November 1923 ein Vertrag dahin zustande, daß die Beklagte dem Kläger ein Feurig-Klavier zu liefern habe f ü r 2200 Goldmark, die zum Betrage von 220 Goldmark bar, im übrigen durch Hingabe von gewissen im Vertrage bezeichneten und zu einem bestimmten Kurs berechneten Aktien beglichen werden sollten. Nachdem der Kläger am 7. November die Aktien der Beklagten übergeben hatte, fielen schon an diesem Tage die Aktienkurse allgemein außerordentlich. Infolgedessen machte die Beklagte die Lieferung des Klaviers von der Zahlung des vollen vereinbarten Goldmarkpreises in bar abhängig. Gegenüber der auf Lieferung Zug um Zug gegen Zahlung von 220 Goldmark gerichteten Klage wendet die Beklagte ein, die Leistung des Klägers sei schon am 7. November nicht mehr dasjenige gewesen, was er nach dem Inhalt des Vertrags zu entrichten gehabt habe; daher griffen die Grundsätze der clausula rebus sie stantibus ein. Außerdem werde der Vertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten; Kläger habe gewußt, daß die dem Vertrag zugrunde gelegten Kurse vom 5. November 1923 nur Scheinkurse gewesen seien, und daß bereits am 6. November im Freiverkehr ein starkes Abbröckeln der Kurse eingesetzt habe. Die Vorinstanzen verurteilten die Beklagte nach dem Klagantrag. Ihre Revision hatte keinen Erfolg. Gründe: Die Revision greift das Berufungsurteil nur insoweit an, als es die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zurückweist. Eine arglistige Täuschung durch Verschweigen wesentlicher Umstände erblickt die Beklagte darin, daß der Kläger, dem als Bankbeamten die Neigung zum Sinken der Aktienkurse, infolge starken Abbröckeins der Kurse im Freiverkehr schon am 6. November 1923, bekannt gewesen sei, trotzdem ohne Mitteilung dieses Umstandes die betreffenden Aktien noch zu einem höheren, nach dem Kurse des 5. November bemessenen Werte in Zahlung gegeben habe. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines die Anfechtung ablehnenden Standpunktes erwogen: Bloßes Verschweigen könne als arglistige Täuschung nur dann in Frage kommen, wenn eine Pflicht zui
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Offenbarung des verschwiegenen Umstandes bestanden habe. Eine solche habe nach Treu und Glauben dem Kläger, auch wenn er als Bankangestellter ein stärkeres Sinken der Aktienkurse erwartet habe, nicht obgelegen, da er diese seine Ansicht über den vermutlichen Verlauf der Dinge dem Vertragsgegner mitzuteilen nicht nötig gehabt habe. Der rechtliche Ausgangspunkt des Kammergerichts gibt zu durchgreifenden Bedenken ebensowenig Veranlassung wie die Anwendung auf den vorliegenden Fall. Auch bloßes Verschweigen kann sich als arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB. darstellen, wenn eine Pflicht zur Mitteilung des für die Entschließungen des Vertragsgegners erheblichen Umstandes besteht. Eine solche Offenbarungspflicht liegt aber einem Vertragschließenden nicht allgemein, sondern nur dann ob, wenn Treu und Glauben nach der Verkehrsauffassung das Reden erfordern, der andere Teil nach den Grundsätzen eines reellen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten durfte (RGZ. Bd. 62 S. 149, Bd. 77 S. 314). Ob diese Voraussetzung gegeben ist, muß auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen nach den Verhältnissen des einzelnen Falles beurteilt werden. Es ist für diese Frage ohne wesentliche Bedeutung, ob man, was das Berufungsgericht dahingestellt läßt, das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis als Tausch oder richtiger als einen Kauf mit Hingabe von Aktien an Zahlungsstatt auf den Kaufpreis auffaßt. Auf jeden Fall sind die Verpflichtungen des Klägers in Beziehung auf die hingegebenen Aktien ebenso wie diejenigen eines Verkäufers zu beurteilen (§515 und § 365 BGB.). Gerade beim Kauf aber darf die Aufklärungspflicht nicht zu weit ausgedehnt werden. Käufer und Verkäufer können wegen der widerstreitenden Interessen nach den Anschauungen des Verkehrs voneinander regelmäßig nicht eine Aufklärung über die für die Preisbildung in Betracht kommenden allgemeinen Verhältnisse des Marktes, insbesondere darüber erwarten, ob nach der Marktlage ein Steigen oder Fallen der Preise eintreten wird, sondern müssen in dieser Beziehung sich bei unbeteiligten Personen unterrichten. In verstärktem Maße greifen diese Erwägungen Platz bei den auf Erwerb von Spekulationspapieren gerichteten Rechtsgeschäften. Im Gegensatz zu solchen für die Preislage in Betracht kommenden allgemeinen Verhältnissen des Marktes, hinsichtlich deren eine Aufklärungspflicht regelmäßig zu verneinen ist, können Treu und Glauben im Verkehr vom Verkäufer eine Mitteilung derjenigen besonderen Umstände erfordern, die hinsichtlich des bestimmten Kaufgegenstandes und seiner Wertschätzung erkennbar für die Entschließungen des Käufers erheblich sind. So ist ein arglistiges Verschweigen angenommen worden, wenn ein Bankier Bergwerksaktien zum Tageskurs verkauft, obwohl er bereits von einem Wassereinbruch in das Bergwerk unterrichtet war (Urt. v. 3. Februar 1904 1 404/03). Auf den gleichen Erwägungen beruht auch die Entscheidung JW. 1921 S. 680 Nr. 3, die beim Verkauf einer Hypothek eine Mitteilung der allgemeinen Kenntnis von der Unsicherheit durch den Verkäufer grundsätzlich nicht für geboten erachtet und eine Ausnahme nur für den Fall
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macht, daß die Kenntnis von der Unsicherheit auf besonderen, dem Verkäufer bekannten Umständen beruht, hinsichtlich deren er damit rechnet, daß sie dem anderen Teile unbekannt sind, aber für seinen Willensentschluß von Bedeutung sein könnten. Mit Unrecht meint die Revision, daß auch für den Kläger hier wegen seiner besonderen Kenntnis der Börsenverhältnisse ein solcher Ausnahmefall vorgelegen und deshalb nach Treu und Glauben eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des zu erwartenden Sinkens der Aktienkurse bestanden habe. Das Sinken der Kurse hatte seinen Grund nicht in besonderen, das Unternehmen der betreffenden Aktiengesellschaften ungünstig beeinflussenden Umständen, sondern in der damaligen allgemeinen wirtschaftlichen Lage, namentlich in der Unsicherheit der Währungsverhältnisse. Daß der Kläger als Bankangestellter die auf ein Sinken der Aktienkurse hindeutenden allgemeinen Umstände besser beurteilen konnte als die dem eigentlichen Börsenbetrieb ferner stehende Beklagte, reicht nicht aus, um eine Aufklärungspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten über diese die allgemeine Marktlage betreffenden Verhältnisse zu begründen. Es handelt sich nicht um eine Veräußerung von Aktien im Betrieb eines Bankunternehmens, vielmehr hat die Eigenschaft des Klägers als Bankbeamter für das Geschäft keine besondere Bedeutung. Die Beklagte konnte deshalb nicht erwarten, daß der Kläger sie über ein bevorstehendes Sinken der Kurse unterrichten werde. Es liegt, wie von den beiden Vorinstanzen festgestellt worden ist, ein Geschäft mit starkem spekulativem Einschlag vor. Wer in Zeiten der größten Unsicherheit aller wirtschaftlichen Verhältnisse, wie im Herbst 1923, sich auf ein Geschäft einläßt, bei dem er besonderen Schwankungen unterworfene Aktien erwirbt, kann nach der Verkehrsauffassung von seinem Vertragsgegner nicht unaufgefordert eine Aufklärung darüber verlangen, ob ein Sinken der Kurse bevorsteht. Dies kann hier um so weniger angenommen werden, als nach den Vertragsvereinbarungen die Aktien nicht zum vollen Tageskurs vom 5. November 1923, sondern zu einem etwas geringeren Satze anzurechnen waren, ein weiteres Sinken der Kurse nach der Auslegung der Vorinstanzen also zu Lasten der Beklagten gehen sollte. Hiernach kann es nicht als rechtsirrig bezeichnet werden, wenn das Berufungsgericht kein mit Treu und Glauben im Verkehr in Widerspruch stehendes arglistiges Verhalten nach den besonderen Umständen des Falles darin erblickt hat, daß der Kläger die ihm bekannten allgemeinen Anzeichen für ein erhebliches Sinken der Aktienkurse der Beklagten nicht offenbarte. Dafür, daß die Annahme der Aktien an Zahlungsstatt ausschließlich im Interesse des Klägers geschah, bieten die Feststellungen der Vorinstanzen keinen Anhalt; es läßt sich deshalb auch nicht sagen, daß der Kläger die Unkenntnis der Beklagten geflissentlich ausgenutzt habe, um diese Annahme an Zahlungsstatt herbeizuführen.
26 R G Z . i n , 257 K a n n ein K a u f v e r t r a g w e g e n Irrtums des V e r k ä u f e r s über die K a u f k r a f t der M a r k n a c h § 119 A b s . 2 oder A b s . 1 B G B . a n g e fochten w e r d e n ? BGB. § 119. V. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Zwickau.
Urt. v. 11. Juli 1925. II. Oberlandesgericht Dresden.
Am 29. Januar 1923 hat die Klägerin dem Beklagten, ihrem Schwiegersohn, ihr Hausgrundstück für 45000 M . verkauft und aufgelassen. Der Beklagte ist am 23. April 1923 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden, der Kaufpreis ist noch nicht entrichtet. Die Klägerin verlangt die Rückauflassung des Grundstücks. Die Vorinstanzen haben dem willfahrt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Die Klägerin hatte zur Begründung ihres Verlangens nach Rückauflassung u. a. geltend gemacht, der Kaufvertrag sei nur unter der — nicht zur Urkunde verlautbarten — Bedingung abgeschlossen worden, daß für die Klägerin und ihren Ehemann ein „Nießbrauch für deren lebenslänglichen Unterhalt" im Grundbuch eingetragen werde. Dies sei unterblieben. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin noch weiter vorgetragen: Erst im Herbst 1923 sei ihr infolge einer durch den Gemeindevorstand erteilten Aufklärung zum Bewußtsein gekommen, wie wenig der vereinbarte Kaufpreis tatsächlich bedeute. Bei dem Kaufabschluß sei sie über die Kaufkraft der Papiermark im Irrtum gewesen, wogegen der Beklagte Klagänderung gerügt und geltend gemacht hat, es sei keine rechtzeitige Anfechtung hierwegen erfolgt. Das Berufungsgericht hält die Anfechtung wegen Irrtums über den Wert, über die Kaufkraft der Mark für durchgreifend. In dieser Hinsicht wird ausgeführt: Unstreitig habe die Klägerin unter dem 30. Juli 1923 durch Schreiben des Rechtsanwalts W. den Kaufvertrag wegen Irrtums angefochten, weil sie an diesem Tage erst auf dem Grundbuchamt erfahren habe, daß der zugesagte „Nießbrauch für ihren lebenslänglichen Unterhalt" nicht im Kaufvertrag beurkundet und nicht in das Grundbuch eingetragen worden sei. Daß die Klägerin zur Zeit des Kaufabschlusses einem Irrtum über die Kaufkraft der Mark unterlegen sei, glaubt das Berufungsgericht nach den Umständen des Falles unbedenklich annehmen zu können; es unterstellt weiter die Behauptung der Klägerin, sie habe erst im Herbst 1923 von diesem Irrtum Kenntnis erhalten, als richtig und stellt fest, daß die Klägerin selbst nicht behaupte, daraufhin wegen dieses Irrtums den Vertrag angefochten zu haben. Auf den Irrtum über die Eintragung der Altenteilsleistung könne die Anfechtungserklärung vom 30. Juli 1923 nicht gestützt werden, weil es sich insoweit um eine nach dem Vertragsschluß eingetretene Tatsache handle. Dagegen sei es zulässig,
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die Anfechtung, wie sie unter dem 30. Juli 1923 erklärt worden sei, auf diesen zweiten Irrtum zu stützen, dessen Entdeckung der Abgabe der Anfechtungserklärung erst nachgefolgt sei. Der hiernach rechtzeitig zur Geltung gebrachte Irrtum über die Kaufkraft des Geldes greife durch, er stelle sich nicht als ein Irrtum über den Wert des Grundstücks dar, sondern als ein solcher über die verkehrswesentliche Eigenschaft des Geldes als Wertmesser. Der Einwand der Klagänderung sei unbegründet (wird näher ausgeführt). Die Revision wendet ein, der hiernach für wesentlich erachtete Irrtum sei in Wahrheit ein unbeachtlicher Irrtum im Beweggrund, sei von der Klägerin erst in der zweiten Instanz in einem Schriftsatz geltend gemacht worden und es könne darauf die Anfechtungserklärimg vom 30. Juli 1923 schon deshalb nicht mit Erfolg bezogen werden, weil die Klägerin am 30. Juli 1923 unstreitig von diesem Anfechtungsgrund noch gar keine Kenntnis gehabt habe. Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege, ist der Anfechtung und Nachprüfung durch § 270 ZPO. entzogen. Das Urteil war aber aufzuheben, weil dem Berufungsgericht in der von ihm für durchgreifend erachteten Irrtumsfrage nicht beigetreten werden kann. Daß der bezüglich des Kaufpreises festgestellte Irrtum als ein in dessen Bemessung sich ausdrückender Irrtum über den Wert der Kaufsache, des Grundstücks, unerheblich sein würde, spricht das Berufungsgericht selbst aus unter Hinweis auf die Entscheidung VII 388/11 vom 13. Februar 1912 (JW. 1912 S. 525 Nr. 1), wo der Einwand, der Kläger habe irrig angenommen, die dem Beklagten unentgeltlich überlassene Sache (Knochen eines Plesiosaurus) habe keinen oder nur einen geringen Geldwert, als unerheblich mit dem in der Rechtsprechung des Reichsgerichts wiederholt ausgesprochenen Satze zurückgewiesen ist, daß „die für die Bewertung einer Sache maßgebenden Umstände keine Eigenschaft der Sache seien, die nach § 119 Abs. 2 BGB. in Betracht kommen könnte (RGZ. Bd. 64 S. 266)". Das Berufungsgericht will aber den Irrtum der Klägerin rechtlich als einen solchen, „über die Funktion des Geldes als Wertmesser" kennzeichnen: sie habe „in dem Kaufpreis einen anderen Wertmaßstab ausgedrückt gehalten als ihm tatsächlich zugekommen sei, indem sie ihm eine andere, viel höhere Kaufkraft zugeschrieben habe". Soweit hierbei etwa die zur Zeit des Vertragsschlusses erst künftig zu erwartende Gestaltung der Währungsverhältnisse in Betracht kommen könnte, ist die Anwendung des §119 Abs. 2 BGB. auch im Sinne des Berufungsgerichts ausgeschlossen, das selbst den Irrtum über die Eintragimg des Altenteils ohne Rechtsverstoß als unbeachtlich bezeichnet hat, weil es sich um einen dem Vertragsschluß nachgefolgten Umstand handle. Aber auch soweit der Irrtum die zur Zeit des Vertragsschlusses gegebene „Kaufkraft" des Geldes zum Gegenstand gehabt haben soll, handelt es sich nicht um eine Eigenschaft des Geldes im Sinne des § 119 Abs. 2, sondern nur um das Urteil des Verkehrs darüber, welchen Tauschwert das Geld gegenüber anderen Sachen
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bewährt, deren Preis im Verkehr in Geld ausgedrückt wird. In den Veränderungen der Kaufkraft des Geldes, wie sie hier in Frage steht, tritt die zeitweilige Verschiedenheit in der Bewertung des Geldes zutage, die ihrerseits auf Tatsachen verschiedener Art, so insbesondere bei dem Papiergeld auf Minderung des Kredits des Staates als des Ausgebers des Papiergelds, auf die Menge der ausgegebenen Papiergeldzeichen überhaupt wie im Verhältnis zu ihrer Deckung, zurückzuführen sein kann. Aus dem Zusammenwirken solcher Momente ergibt sich — auf der Grundlage sei es der allgemeinen Konjunktur, sei es eines bestimmten Marktgebiets, sei es der besonderen Umstände des einzelnen z. B. Kaufgeschäfts — eine Wertbestimmung des Geldes, die eine Schätzung auf Grund aller dafür wesentlichen Umstände, mithin ein Urteil über deren Bedeutsamkeit, aber kein unmittelbar auf das Geld bezügliches Verhältnis rechtlicher oder tatsächlicher Art, keine ihm innewohnende Eigenschaft im Sinne des § 119 Abs. 2 darstellt. Der Wert des Geldes als solcher, wie er in seiner Kaufkraft zutage tritt, kann auf Faktoren beruhen, die als Eigenschaft des Geldes anzusehen sind, ist aber nicht selbst eine solche. Grundsätzlich gilt insoweit nichts anderes, als was über die rechtliche Bedeutung des Wertes oder des Preises der Kaufsache in der Rechtsprechung schon wiederholt ausgesprochen worden ist (ROHG. Bd. 22 S. 392; RGZ. Bd. 59 S. 242, 243, Bd. 61 S. 86, Bd. 64 S. 269, Bd. 103 S. 22). So wenig in der Zusage, das verkaufte Warenlager habe einen bestimmten Geldwert, die Zusicherung einer Eigenschaft (§ 459 Abs. 2 BGB.) zu finden sein würde (vgl. RGZ. Bd. 98 S. 292), so wenig kann in dem Irrtum über die Kaufkraft einer zugesagten Geldleistung ein Irrtum über eine Eigenschaft des Geldes gefunden werden. Auch ein Irrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 kommt nicht in Frage. Die Klägerin hat das Grundstück für 45000 M. hergeben wollen, dieser Betrag ist ihr zur Zeit des Vertragsschlusses als wertentsprechende Gegenleistung erschienen. Soweit diese Bewertung mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmte, liegt kein dem Käufer in den entscheidenden Vertragsverhandlungen kenntlich gewordener Irrtum im Sinne des in RGZ. Bd. 101 S. 53 und 108, Bd. 105 S. 406 und in der Entscheidung III 679/23 vom 16. Mai 1924 (Bay. Z. 1924 S. 258) Ausgeführten vor; dies schon deshalb nicht, weil das Berufungsgericht selbst als nicht widerlegbar bezeichnet, daß auch der Beklagte den Preis für angemessen erachtet habe. Eine besondere Stütze findet dies darin, daß auch nach dem Gutachten des Sachverständigen H. der Preis dem zur Zeit des Vertragsschlusses „in der Hauptsache Üblichen" entsprochen hat. Im übrigen kann darin, daß trotz dieses beiderseitigen Irrtums der Beklagte die Klägerin am Vertragsschluß festzuhalten wünscht, nach Lage der Sache ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. RGZ. Bd. 108 S. 110) nicht gefunden werden, da der Beklagte unstreitig schon im November 1923 eine — wenngleich von der Klägerin als unzulänglich befundene — Aufwertung des Kaufpreises angeboten hat und nichts dafür vorgetragen ist, daß er zu einer solchen nicht imstande sei.
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RGZ. 112, 173 1. Verstößt ein Verlagsvertrag, durch den dem Verleger das Verlagsrecht an sämtlichen Auflagen eines Werks eingeräumt wird, dann gegen die guten Sitten, wenn der Verfasser sich zur Durchsicht oder Neubearbeitung jeder Neuauflage verpflichtet und dem Verleger bei Behinderung des Verfassers das Recht gewährt wird, die notwendigen Änderungen des Werks durch einen sachkundigen Dritten vornehmen zu lassen ? 2. Zur Frage des Rücktritts- und Kündigungsrechts bei Verlagsverträgen. BGB. § 138. VerlG. §§ 32, 30. I. Zivilsenat. Urt. v. 5. Dezember 1925. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Urheber- und Verlagsrecht". RGZ. 112, 226 Kommt es, wenn ein Vergleich wegen rechtswidriger Drohung angefochten werden soll, darauf an, ob dem Drohenden ein Anspruch auf Abschluß des Vergleichs zustand ? BGB. § 123. VI. Zivilsenat. Urt. v. 11. Dezember 1925. I. Landgericht Kiel.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Der Kläger hat seit dem Jahre 1912 im Dienste der Beklagten gestanden. Seit 1918 war er Mitleiter der Filiale in K., seit 1920 führte er den Titel „Direktor". Im Mai 1924 ging er auf Urlaub. Seine Vertretung übernahm der Prokurist St. Gleichzeitig prüfte dieser die geschäftliche Tätigkeit des Klägers nach. Er kam zu dem Ergebnis, daß der Kläger mit Mitteln der Beklagten für eigene Rechnung spekuliert habe. Die Beklagte rief daraufhin den Kläger nach K. zurück, suspendierte ihn vom Dienst und sperrte zwei Safes, in welchen er Wertpapiere verwahrte. Am 13. Juni 1924 kam der Kläger in K. an. Er wurde von St. empfangen und über die Sachlage unterrichtet mit dem Zusatz, daß die fristlose Entlassung des Klägers beschlossen sei. Auch händigte ihm St. den Revisionsbericht zur Durchsicht aus. Der Kläger suchte dann eine Unterredung bei der Zentrale der Bank in H. nach. Sie fand am 16. Juni 1924 statt und führte zum Abschluß eines Vergleichs. In diesem erklärte sich der Kläger damit einverstanden, daß die Beklagte sich wegen ihrer Forderungen aus den Effekten befriedige, die sich bei ihr auf den Namen des Klägers und seiner Familienangehörigen in Verwahrung befanden. Aktien im Effektivwerte von 15000 M. sollte der Kläger erhalten, ferner 10000 M. zur Bezahlung bestellter Möbel. Außerdem übernahm die Beklagte sein Auto zum Preise von 19000 M. Dem Kläger wurde zunächst Urlaub — ohne Fortzahlung des Gehalts —
30 erteilt; mit dem Ende des Urlaubs ist er aus dem Dienst der Beklagten geschieden. Auf weitere Ansprüche gegen den Kläger verzichtete die Beklagte f ü r den Fall, daß er seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich ordnungsmäßig nachkäme. Im gegenwärtigen Rechtsstreit ficht der Kläger den Vergleich vom 16. Juni 1924 an, weil er zur Abgabe seiner Willenserklärung widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden sei. Er bestreitet, daß die Beklagte Forderungen gegen ihn habe, verlangt Rückgabe der der Beklagten überlassenen Effekten und Zahlung einer Gehaltsrate. Das Landgericht hat durch Teilurteil die Nichtigkeit des Vergleichs ausgesprochen, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Ihre Revision hatte Erfolg. Gründe: Das Oberlandesgericht hat die vom Kläger auf § 123 BGB. gestützte Anfechtung des Vergleichs für begründet erachtet. Es stellt fest, daß die für die Beklagte handelnden Personen, der Direktor B. und der Rechtsanwalt D., dem Kläger eine Zivilklage und eine Beschlagnahme seines ganzen Vermögens, einschließlich seiner „an die Kette zu legenden" Segeljacht in Aussicht gestellt und auch angedeutet haben, es werde auf Anregung des Aufsichtsrats oder des Zivilgerichts zu einem Strafverfahren kommen. Das Oberlandesgericht stellt weiter fest, daß die vorgenannten Personen die Absicht gehabt haben, den Kläger durch ihre Drohungen zum Abschluß des Vergleichs zu bestimmen, und daß er auch tatsächlich durch die Drohungen veranlaßt worden ist, den Vergleich abzuschließen. Endlich stellt das Oberlandesgericht fest, daß B. und D. widerrechtlich gehandelt haben; die Beklagte habe keinen Anspruch auf den Abschluß des Vergleichs gehabt; nach ihrer eigenen Erklärung habe sie damals die Höhe ihrer Forderungen auch nicht mit annähernder Sicherheit ermitteln können, der Direktor B. habe gesagt, daß die beanspruchte Entschädigung möglicherweise zur Deckung der Forderungen nicht ausreichen, möglicherweise aber auch darüber hinausgehen könne. Das Oberlandesgericht meint, die Beklagte habe nicht verlangen dürfen, daß der Kläger sich ihrer Schätzung unterwerfe und daraufhin den Vergleich abschließe. Die hier zugrunde liegende Annahme, daß der Vergleich nicht vorbehaltlich einer Feststellung der Forderungen der Beklagten geschlossen wurde, daß vielmehr die Wertpapiere vom Kläger der Beklagten endgültig übereignet wurden, wird auch von den beiden Parteien geteilt. Die Annahme des Oberlandesgerichts, daß der Direktor B. und der Rechtsanwalt D. widerrechtlich gehandelt haben, ist von Rechtsirrtum beeinflußt. Die Widerrechtlichkeit im Sinne des § 123 BGB. kann darin begründet sein, daß das gebrauchte Mittel oder daß der erstrebte Zweck dem Recht widerspricht. In der erstcren Richtung hat das Oberlandesgericht keine Bedenken gehabt. In der Tat sind es erlaubte Rechtsbehelfe, wenn jemand dem andern das Erheben einer Klage oder das Ausbringen eines Arrestes oder auch das Erstatten einer Strafanzeige in Aussicht stellt.
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Aber das Oberlandesgericht hat den erstrebten Zweck für widerrechtlich erachtet, weil die Beklagte keinen Anspruch auf den Abschluß des Vergleichs gehabt habe. Hier ist die Frage unrichtig gestellt. Nicht darauf kommt es an, ob der Abschluß des Vergleichs beansprucht werden konnte — ein solcher Anspruch wird regelmäßig nicht gegeben sein —, zu fragen war vielmehr, ob der Beklagten die Forderung zustand, über welche sie sich vergleichen wollte, und ob sie nicht wenigstens gutgläubig annahm, daß die Forderung ihr zustünde (vgl. RGZ. Bd. 110 S. 384; RG. b. Gruchot Bd. 66 S. 454). Mindestens das letztere hat das Berufungsgericht bisher nicht bezweifelt. Wenn es darauf Wert gelegt hat, daß die Beklagte sich über die Höhe ihrer Forderung noch nicht völlig klar gewesen sei, so wird hier der Sinn des vorliegenden — wie eines jeden — Vergleichsabschlusses verkannt. Durch einen Vergleich sollen der Streit oder die Ungewißheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt werden. Wenn das streitige oder ungewisse Rechtsverhältnis erst nach allen Seiten völlig aufgeklärt werden müßte, so könnte niemals ein Vergleich geschlossen werden. Daraus allein, daß die Beklagte ihre Forderung noch nicht genau beziffern und nachweisen konnte, daß sie selbst damit rechnete, die Forderung könne höher, aber auch niedriger sein, als der Betrag, der ihr durch den Vergleich zufloß, kann also auf den fehlenden guten Glauben der Beklagten an das Bestehen ihrer Forderung noch nicht geschlossen werden. Unter diesen Umständen mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Dabei wird es dem Oberlandesgericht gegebenenfalls auch obliegen, die bisher von ihm offen gelassene Frage zu beantworten, ob der Vergleich vom 16. Juni 1924 schon wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig ist. Zu Bedenken in dieser Richtung könnte Anlaß geben, daß der Kläger der Beklagten auch fremdes Eigentum ausliefern mußte und daß ihm durch das Drängen der Beklagten und das Ablehnen jeder Überlegungsfrist die Möglichkeit der freien Entschließung genommen wurde.
R G Z . 1 1 3 , 427 Über T r a g w e i t e und Rechtswirksamkeit einer B e s t i m m u n g in den A l l g e m e i n e n Geschäftsverbindungen des Vereins Deutscher Spediteure, w o n a c h der Spediteur, w e g e n aller seiner A n s p r ü c h e an den A u f t r a g g e b e r ein P f a n d - und Zurückbehaltungsrecht an den in seiner V e r f ü g u n g s g e w a l t befindlichen Gütern hat.
BGB. §§ 138, 932. VI. Z i v i l s e n a t .
HGB. 410.
Urt. v. 14. Mai 1926.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht".
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RGZ. 114, 351 1. Wird die Auflassungsvollmacht, die in einem wegen unrichtiger Angabe des Kaufpreises nichtigen Grundstücks-Kaufvertrag erteilt ist, von der Nichtigkeit des Kaufvertrags mitergriffen ? 2. Kann eine solche Vollmacht von vornherein auf die Zeit nach d e m Tode des Vollmachtgebers beschränkt werden ? BGB. §§ 139, 313. V. Zivilsenat. I. Landgericht Münster.
Urt. v. 6. Oktober 1926. II. Oberlandesgericht Hamm.
Laut notarieller Urkunde vom 29. März 1922 verkaufte der damals 88jährige Rentner H. B. zu G. das daselbst gelegene, ihm und seinem Sohn, dem Kläger, in fortgesetzter westfälischer Gütergemeinschaft zugehörige Hausgrundstück nebst dem in der Urkunde bezeichneten Mobiliar an seinen Neffen, den Beklagten. Als Kaufpreis wurden 50000 M. beurkundet, die durch Anrechnung mehrerer dem Verkäufer gewährter Darlehen und noch zu gewährender Vorschüsse getilgt werden sollten. Ein etwa beim Tode des Verkäufers noch verbleibender Rest sollte als erlassen gelten. Ferner ist im Kaufvertrag beurkundet, daß der Verkäufer dem Kaufmann F. Vollmacht erteile zur Auflassimg, die aber erst nach dem Tode des Verkäufers erfolgen solle. Auf Grund dieser Vollmacht ließ F. das Hausgrundstück zwei Tage nach dem am 7. Mai 1922 eingetretenen Tode des Verkäufers dem Beklagten auf, auch wurde dieser am 5. Juli 1922 als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit der Klage verlangt der Kläger als alleiniger gesetzlicher Erbe seines Vaters die Feststellung, daß ihm das Eigentum an dem Grundstück zustehe, und Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung entsprechender Grundbuchberichtigung. Er machte geltend, daß der zwischen seinem Vater und dem Beklagten abgeschlossene Kaufvertrag sowie die Auflassung nichtig seien, weil der Beklagte die Unerfahrenheit seines Vaters in wirtschaftlichen Dingen ausgebeutet habe, um das Grundstück für weniger als den zehnten Teil seines Wertes zu erwerben, und weil der Verkauf sich auch als eine verschleierte Schenkung und als unzulässiger Mißbrauch der Verfügungsgewalt seines Vaters darstelle und deshalb gegen die Vorschriften des Gesetzes über die westfälische Gütergemeinschaft vom 16. April 1860 verstoße. Das Landgericht gab der Klage statt. In der Berufungsinstanz machte der Beklagte geltend, von einer Ausbeutung der Unerfahrenheit des Vaters des Klägers könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil er (der Beklagte) als Gegenleistung für die Übereignimg des Grundstücks die Pflicht übernommen habe, den Verkäufer bis zu seinem Lebensende zu unterhalten. Die Berufung des Beklagten wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Eintragung des Klägers als Eigentümer nur Zug um Zug gegen Erstat-
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tung von Beträgen zu erfolgen habe, deren Höhe von der Leistung eines dem Beklagten auferlegten richterlichen Eides abhängig sein sollte. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsurteil beruht auf der Erwägung, daß zwar der dem Gesetz über die westfälische Gütergemeinschaft entnommene Klagegrund versagen müsse, da weder eine verschleierte Schenkung noch ein Mißbrauch der Verfügungsgewalt des Vaters des Klägers vorliege, daß aber der Kaufvertrag nach § 138 BGB. nichtig sei, sofern nicht der Beklagte als Gegenleistung für die Übereignung des Grundstücks außer der Zahlung des beurkundeten Kaufpreises dem Verkäufer bis an dessen Lebensende die Gewährung von Unterhalt versprochen habe. Ob die dahingehende Behauptung des Beklagten richtig sei, bedürfe jedoch nicht der Aufklärung. Denn in diesem Falle sei der Kaufvertrag gemäß § 313 B G B . nichtig, weil die erwähnte Abrede nicht beurkundet sei. Diese Nichtigkeit sei auch nicht durch Auflassung und Eintragung geheilt. Denn die Nichtigkeit des Vertrags habe nach § 139 B G B . auch die Nichtigkeit der darin enthaltenen Vollmachtserteilung zur Folge, da die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahme nicht zutreffe. Denn es sei nicht anzunehmen, daß der Vater des Klägers die Vollmacht auch bei Kenntnis der Nichtigkeit des Kaufvertrags erteilt haben würde, da es sich um Leistungen bis zu seinem Lebensende gehandelt und eine Heilung der Nichtigkeit nach seinem Tode für ihn keinen Zweck gehabt habe. Mit Recht rügt die Revision, daß diese Entscheidung auf Verletzung des § 139 BGB. beruhe. Wie in der Rechtsprechung des Reichsgerichts anerkannt, besonders aber in einer Reihe neuerer Entscheidungen des Senats (RGZ. Bd. 104 S. 104 und 298; Urt. vom 20. Juni 1923 V 284/22, 3. März 1923 V 320 22, 26. September 1923 V 797/22, 21. Mai 1924 V 232/23; WarnRspr. 1925 Nr. 20) dargelegt ist, liegt ein aus mehreren Teilen zusammengesetztes Rechtsgeschäft, wie es § 139 BGB. voraussetzt, dann nicht vor, wenn von zwei in derselben Urkunde als geschlossen beurkundeten Rechtsgeschäften bloß das eine wirklich gewollt ist, während das andere nur zum Schein (zur Verdeckung eines anderen wirklich gewollten, aber nicht beurkundeten Geschäfts) abgeschlossen ist. In einem solchen Falle hängt daher auch die Gültigkeit des ersterwähnten Geschäfts nicht davon ab, ob die in § 139 B G B . vorgesehene Ausnahme zutrifft. Daraus ergibt sich, daß auch die Auflassungsvollmacht, die in einem wegen unrichtiger Angabe des Kaufpreises nichtigen Grundstückskaufvertrag erteilt ist, von der Nichtigkeit des Kaufvertrags nicht mitergriffen wird. Sie wird vielmehr wirksam, wenn sie, wie es regelmäßig und auch hier der Fall ist, nicht zur Ausführung des nicht gewollten beurkundeten, sondern zur Ausführung des verdeckten, mündlich abgeschlossenen Vertrags erteilt ist. Der Berufungsrichter hat daher im vorliegenden Falle die Gültigkeit der der Auflassung zugrundeliegenden Vollmacht und folgeweise auch die Wirksamkeit ZiviU.
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dieser Auflassung zu Unrecht verneint. Das angefochtene Urteil läßt sich sonach mit der bisherigen Begründung nicht aufrechterhalten. Nicht zur Stütze zu dienen vermag ihm auch der vom Revisionsbeklagten erst in der mündlichen Revisionsverhandlung hilfsweise vorgebrachte Gesichtspunkt, daß die hier fragliche Vollmacht sich in Wirklichkeit als eine Verfügimg von Todeswegen darstelle und daher auch wegen Mangels der für diese vorgeschriebenen Form nichtig sei. Denn die Vollmacht diente hier zur Erfüllung eines unter Lebenden abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Eine solche Vollmacht kann aber ebensowohl wie der ihr zugrunde liegende Auftrag auch von vornherein auf den Fall des Todes des Vollmachtgebers beschränkt sein, so daß der Bevollmächtigte nicht für diesen, sondern nur für dessen Erben zu handeln hat (vgl. von T u h r , Der allgemeine Teil des Bürgerlichen Rechts Bd. II 2 § 85 Anm. 157, § 86 Anm. 96, und O e r t m a n n im Bankarchiv Bd. 13 S. 5flg.). RGZ. 115, 141 Sind Verträge, durch die sich ein Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber ein von dem Erfolg im Rechtsstreit abhängiges, nach der Höhe des zu erstreitenden Betrages abgestuftes Sonderhonorar versprechen läßt, wegen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. nichtig ? BGB. § 138 Abs. 1. III. Zivilsenat. I. Landgericht Nürnberg.
Urt. v. 17. Dezember 1926. II. Oberlandesgericht daselbst.
Der Kläger vertrat die beklagte Ehefrau als Prozeßbevollmächtigter in einem Rechtsstreit, den sie Anfang November 1922 beim Landgericht N. gegen den Rentner D. anhängig gemacht hatte. Der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beigelegt, in dem u. a. bestimmt war, daß D. der Beklagten 22000 $ zu zahlen habe. Der Kläger hatte, nachdem er im Oktober 1922 für seine Auftraggeberin das Armenrecht erwirkt hatte und ihr als Rechtsanwalt beigeordnet worden war, sich im Frühjahr 1923 von ihr einen Honorarschein ausstellen lassen, wonach sie sich verpflichtete, ihm für den Fall, daß und soweit sie aus den Ansprüchen gegen den im Auslande wohnenden D. etwas erhielte, außer den gesetzlichen Gebühren ein Honorai in Höhe von 5 % des Erlangten und, soweit letzteres 10000 S oder deren Marktwert übersteige, 10 % davon zu entrichten. Die Beklagte, die ebenso wie ihr mitverklagter Ehemann die Rechtsverbindlichkeit des Honorarversprechens bestreitet, hat auf das Sonderhonorar erst 750 8 unter Vorbehalt bezahlt. Der Kläger, der die Sondervergütung auf 5% aus 10000 § und 10 % aus 12000 S, also auf 1700 $ berechnet und sich hieran 100 $ kürzen läßt, fordert im jetzigen Rechtsstreit von der Beklagten den Rest von 850 S: gegen ihren Ehemann klagt er auf Duldung der Zwangsvollstreckung. Das
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Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden. Gründe: Die Beklagten sind der Meinung, daß der Honorarvertrag schon deshalb nichtig sei, weil er gegen das aus § 115 Nr. 3 ZPO. und dem Eingangssatz des § 93 RAGebO. zu entnehmende Verbot verstoße, wonach der einer armen Partei beigeordnete Rechtsanwalt sich von ihr keine Vergütung für seine Mühewaltung zusagen lassen darf. Ferner machen die Beklagten geltend, daß der Vertrag auch wegen des wucherlichen Inhalts, den sie ihm beimessen, ungültig sei. Das Berufungsgericht hat diese Einwendungen zurückgewiesen. Die Gründe, aus denen dies erfolgt ist, bedürfen keiner Nachprüfung. Denn jedenfalls ist entgegen dem Berufungsgericht anzunehmen, daß der Vertragsinhalt gegen die guten Sitten verstößt und wegen seiner hieraus folgenden Unwirksamkeit als Klagegrundlage nicht dienen kann (§ 138 Abs. 1 BGB.). Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Form, in der sich der Kläger die Sondervergütung für seine Bemühungen hat versprechen lassen. Er hat sich das Honorar nicht in einer bedingungslos zu zahlenden bestimmten Summe, sondern in Bruchteilen des zu erstreitenden oder durch Vergleich oder auf anderem Wege zu erzielenden Betrags ausbedungen. Weiterhin hat er das Entgelt so bemessen, daß der ihm zu zahlende Bruchteil der seiner Auftraggeberin etwa zufließenden Summe steigen solle, wenn diese sich auf mehr als 10000 $ belaufen würde. Schon dadurch, daß er in solcher Weise die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Sonderhonorars von ihrem Erfolg im Rechtsstreit abhängig machte, gab er der Honorarvereinbarung eine Form, die er mit Rücksicht auf die Standespflichten des Anwalts nicht wählen durfte. Der Rechtsanwalt ist ein Organ der Rechtspflege. Als solches darf er sich bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Beistand und Berater der Partei nur von Rücksichten auf die von ihm zu vertretende Sache selbst leiten lassen. Er muß sich die hierzu erforderliche Freiheit der Partei gegenüber wahren. Diese seine Stellung gefährdet er und würdigt er herab, wenn er das Interesse an einer angemessenen Entlohnung seiner Mühewaltung mit dem Interesse der Partei dadurch verquickt, daß er es in Abhängigkeit zu ihrem Erfolg im Rechtsstreit versetzt. Der Ehrengerichtshof für deutsche Rechtsanwälte hat wiederholt Vereinbarungen dieser Art als standeswidrig im Sinne von § 28 RAO. bezeichnet (EGH. Bd. 5 S. 74, Bd. 7 S. 121, Bd. 15 S. 208, Bd. 16 S. 296). Eine besondere Verschärfung erfährt hiei der Verstoß gegen die Standeswürde durch die Abstufung des Honorars nach der Höhe des Betrags, den die Beklagte im Prozeß erzielen würde. Dei Anwalt, der sich mit der Partei auf ein solches mit der Größe des Prozeßerfolgs steigendes Honorar einigt, setzt sich dem Verdacht aus, daß er seine Bemühungen entsprechend der Höhe des Entgelts für seine Tätigkeil steigert (EGH. Bd. 17 S. 193). Mag auch bei besonderer Gestaltung des
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Falles von der Anwendung dieser Grundsätze abzusehen sein, so sind doch hier keine Umstände gegeben, die eine solche Ausnahmebehandlung rechtfertigten. Was das Berufungsgericht in dieser Hinsicht anführt, reicht als Grundlage f ü r die Durchbrechung der Regel nicht hin. Eine besondere Bedeutung mißt es dem Umstand bei, daß der Rechtsstreit zwischen der Beklagten und D. in die Zeit des fortschreitenden Verfalls der deutschen Währung fiel und die daß Maßnahmen, die der Gesetzgeber zur Bekämpfung der hieraus erwachsenen Not der Anwaltschaft traf, sich als unzureichend erwiesen, so daß die Anwälte zu Vereinbarungen von Sondervergütungen ihre Zuflucht nehmen mußten. Diese Erwägung dient nur zur Rechtfertigung von Honorarabkommen in der Inflationszeit überhaupt, beseitigt aber nicht die Bedenken, die dagegen bestehen, daß der Anwalt sich die Sondervergütung in der Gestalt eines Erfolgshonorars und noch dazu eines nach dem Grade des Erfolgs abgestuften Honorars versprechen läßt. Auch die weiteren vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstände, daß der in Frage stehende Rechtsstreit sehr verwickelt und schwierig war, daß es sich um einen hohen Streitwert handelte und daß eine Valutaforderung den Gegenstand des Streites bildete, vermögen den Vorwurf nicht zu entkräften, der dem Kläger gegenüber aus der Einkleidung des Honorarversprechens in jene besondere Form herzuleiten ist. Wenn die Sache so läge, daß die Beklagte ohne erhebliche Verletzung ihrer eigenen Interessen die Zahlung der Sondervergütung in einer anderen Gestalt nicht hätte übernehmen können, oder wenn ähnliche Gründe sie genötigt hätten, auf der Vereinbarung des besonderen Entgelts in der gewählten Form zu bestehen, so würde darin, daß der Kläger sich das Versprechen für den Fall des Obsiegens usw. im Rechtsstreit erteilen ließ, kein Verstoß gegen die Berufspflichten des Anwalts zu finden sein. Begleitumstände dieser Art sind jedoch vom Berufungsgericht nicht dargelegt worden und wenn sie gegeben wären, so bliebe immer noch die Unvereinbarkeit des Abkommens mit der Standeswürde des Anwalts wegen der Staffelung des Honorars nach der Höhe der zu erstreitenden Summe bestehen. Die Tatsache, auf welche der Vorderrichter verweist, daß nämlich der Kläger bei dem Übereinkommen der von ihrem Ehemann beratenen Frau eines Anwalts gegenüberstand, ändert hieran nichts. Trotz dieses Sachverhalts blieb das nach dem Maße des Erfolgs im Rechtsstreit abgestufte Versprechen der Beklagten, wie es in der Entscheidung des Ehrengerichtshofs Bd. 17 S. 193 heißt, der f ü r den Anwalt beschämende Ausdruck der Meinung, daß dieser seine Leistung nach der Höhe des Entgelts einrichte. Ebensowenig wird die Annahme der Unverträglichkeit der Abstufung mit der Standesehre durch die Erwägung des Berufungsgerichts widerlegt, daß, je höher der Betrag sei, den die Partei erlange, um so leichter ihr das Versprechen der Abgabe eines Teiles des Erlangten falle. Dieser Gedanke würde die Annahme jeder Zusicherung eines abgestuften Honorars als mit dem Ansehen des Anwaltsstandes vereinbar erscheinen lassen, wovon nach dem Dargelegten keine Rede sein kann. Auch die Tatsache, daß die Beklagte selbst die Gewährung einer
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Sondervergütung angeregt hat, führt nicht zu einer dem Kläger günstigeren Beurteilung des vorliegenden Tatbestandes, dem die ausschlaggebende Besonderheit gerade dadurch verliehen wird, daß der Kläger sich die Zusage in der erwähnten Form erteilen ließ. Dasselbe gilt von der Bemerkung des Klägers in dem Schreiben, mit dem er den Entwurf des Honorarscheins der Beklagten zur Unterzeichnung übersendete, sie brauche den Schein nicht zu unterschreiben. Und das gleiche gilt ferner von der Äußerung des mitbeklagten Ehemanns in dem Briefe, dem der unterschriebene Schein beilag, er halte das Honorar für angemessen. Nun prägt zwar der Umstand, daß ein Vertrag unter Verletzung der Standesehre geschlossen wird, der Vereinbarung noch nicht ohne weiteres den Stempel des Unsittlichen auf. Gehört jedoch die Person, der die Verletzung zur Last fällt, einem Stande an, der, wie der Anwaltsstand, vermöge seines Berufs bei der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung mitzuwirken hat, also der Träger wichtiger öffentlichrechtlicher Funktionen ist, so wird der Verstoß in den Kreisen der billig und gerecht Denkenden wegen der strengen Anforderungen, die an das Verhalten der Angehörigen jener Berufe gestellt werden, als sittlich anstößig empfunden (RGZ. Bd. 83 S. 110). Schon wenn der objektive Inhalt eines Abkommens dem sittlichen Empfinden und dem Anstandsgefühl der Gesamtheit widerspricht, ist der Vertrag wegen Unvereinbarkeit mit den guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB.). Der erkennende Senat hat auch bereits in einem Falle, in dem sich ein Rechtsanwalt neben den gesetzlichen Gebühren einen Bruchteil der Klagesumme als Honorar hatte versprechen lassen, die Abmachung wegen Sittenverstoßes als nichtig angesehen (SA. Bd. 69 Nr. 255). Aus dem Vorausgehenden ergibt sich zugleich die Nichtigkeit der Zusage, die der Ehemann der Beklagten dem Kläger nach dem Zustandekommen des Vergleichs mit D. im Namen seiner Frau erteilt haben und die nach der Behauptung des Klägers gelautet haben soll, wenn dieser auf dem Sonderhonorar bestehe, so werde der vereinbarte Betrag eben gezahlt werden. RGZ. 118, 84 Verstößt es gegen die guten Sitten, w e n n ein Z u s a m m e n schluß von Reedern für b e s t i m m t e Verschiffungen die Auszahl u n g eines Frachtrabatts an seine Verlader davon a b h ä n g i g macht, d a ß sowohl diese selbst wie etwa für sie verschiffende Spediteure alle Verschiffungen nach b e s t i m m t e n Häfen innerhalb eines gewissen Zeitraumes nur an Konferenz-Reedereien übergeben haben ? BGB. § 138. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 21. September 1927.
I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
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Eine Reihe der an der Fahrt nach dem La Plata beteiligten Reedereien, zu denen auch die Beklagte gehört, haben sich zu der sog. La Plata-Konferenz vereinigt. Die ihr angeschlossenen Reedereien bewilligen den Verladern, die ihre Verschiffungen von deutschen Nordseehäfen nach Häfen von Uruguay, Argentinien und Paraguay ausschließlich mit Schiffen der Konferenz vorgenommen haben, einen Rabatt von 10% auf die Netto-Ozeanfracht. Die Abrechnung über den Rabatt geschieht je am 30. Juni und 31. Dezember für das vergangene Halbjahr, die Auszahlung des Rabatts 6 Monate später. Sie ist abhängig davon, daß der Verlader bis zum Tage der Fälligkeit die für die Gewährung des Rabatts maßgebenden Bedingungen eingehalten hat. Bei Verschiffung der Güter durch einen Spediteur kann nach dem Rundschreiben der Konferenz-Linien der Rabatt nicht beansprucht werden, wenn der Spediteur den Bedingungen nicht für alle seine Auftraggeber entsprochen hat. Ist dies jedoch der Fall gewesen, so wird ihm, neben dem seinem Auftraggeber eingeräumten Rabatt, eine Speditionskommission von 2%% der Netto-Ozeanfracht bewilligt. Der Kläger erblickt in der Bestimmung, daß der Rabattanspruch dem Verlader auch dann verloren gehe, wenn sein Spediteur für einen anderen Auftraggeber eine Verschiffung entgegen der Rabattbedingung vorgenommen habe, eine gegen die guten Sitten verstoßende und daher nichtige Maßnahme. Er hat beantragt, die Rechtsungültigkeit dieser Bestimmung festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, sie im Verkehr mit ihren Auftraggebern und Spediteuren nicht anzuwenden. Der Kläger ist in allen drei Rechtszügen unterlegen. Gründe: Wesentlich für die Rabatteinräumimg ist, daß die Verlader innerhalb eines näher bezeichneten Zeitraums, nach dessen Ablauf erst die Auszahlung erfolgt (daher die Bezeichnung „zurückgestellte Rabatte"), ihre Verschiffungen nur mit Dampfern der Konferenz-Linien vorgenommen haben. Bei Benutzung eines Spediteurs — dem im Fall der Konferenz-Treue unter den gleichen Bedingungen eine Vergütung gezahlt wird — soll der Rabatt dann nicht beansprucht werden können, wenn der Spediteur nicht für alle seine Auftraggeber den Bedingungen entsprochen hat. Der Kläger hält letztere Bestimmimg für unsittlich. Er beanstandet nicht, daß der konferenzuntreue Verlader den Anspruch auf den Rabatt und der konferenzuntreue Spediteur den Anspruch auf die ihm zugesagte Vergütung verlieren sollen. Einen Verstoß gegen die guten Sitten erblickt er aber darin, daß der konferenztreue Verlader seines Anspruchs verlustig geht, wenn der für ihn tätig gewordene Spediteur für einen anderen Verlader eine Verschiffung einer nicht der Konferenz angehörigen Reederei überträgt. Er begründet dies in erster Linie mit den Wirkungen dieser Bestimmung auf die Freiheit der gewerblichen Betätigung der Spediteure: Der Spediteur werde durch die Rücksicht auf etwaige Ersatzansprüche seiner durch sein Verhalten ihre Rabattansprüche verlierenden Auftraggeber genötigt, nur mit Konferenz-Schiffen zu verladen und gewinnversprechende Verschif-
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fungsmöglichkeiten bei Außenseiter-Reedereien unbenutzt zu lassen. Da der Verlader nach der Fassimg der Bedingungen auch die Rabatte verliere, auf die er durch Verladungen mit anderen, konferenztreu gebliebenen Spediteuren Anspruch gehabt habe, und da nach den für die Entstehimg und Auszahlung der Rabattansprüche maßgebenden Bedingungen Ersatzansprüche für die Verschiffungen eines Jahres in Frage kämen, so sehe sich der Spediteur, der bei einer Verladung von den Bedingungen der Konferenz abweichen wolle, Regreßansprüchen gegenübergestellt, deren Höhe nicht übersehbar sei. Es handle sich daher für ihn bei der Entscheidung, ob er einer lockenden Gewinnaussicht durch Verschiffung mit einem Außenseiter folgen solle, nicht nur um die Abwägung zweier rechnerisch feststellbarer Verdienstaussichten. Er werde vielmehr unter diesen Umständen unter unzulässiger Einschränkung seiner gewerblichen Freiheit aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen genötigt, sich, soweit Verschiffungen mit den Konferenz-Reedereien in Frage kämen, auf diese zu beschränken, ohne dafür eine ausreichende Gegenleistung zu erhalten. Die Treuevergütung von 2 y2% der Nettofracht stehe außer Verhältnis zu den Nachteilen, die ihm im Fall des Abweichens von den Konferenz-Bedingungen erwüchsen. Weiter hat der Kläger zur Begründung der Sittenwidrigkeit der beanstandeten Maßnahme geltend gemacht, der wirtschaftliche Kampf, zu dessen Durchführung die Bedingungen bestimmt seien, gelte der Erreichimg eines Monopols. Die Auferlegung unbilliger Bedingungen zu diesem Zweck verstoße ebenso gegen die guten Sitten wie die Auferlegung solcher Bedingungen in Ausnutzung einer bereits erreichten Monopolstellung. Das von der Konferenz zur Ausschaltung der AußenseiterReedereien benutzte Rabattsystem verfehle außerdem seinen Zweck, da es keinen Verlader abhalten werde, von einer trotz des Rabattverlusts gewinnversprechenden Verschiffungsmöglichkeit mit einem AußenseiterDampfer Gebrauch zu machen, während es die Einschaltung eines bisher nicht mit der Konferenz arbeitenden Spediteurs wegen der damit durch die Regreßansprüche verbundenen Belastung verhindere. Das Berufungsgericht hat darauf verwiesen, daß das Hanseatische Oberlandesgericht in einer Entscheidung vom 14. Januar 1925 (HGZ. 1925 Nr. 39) und das Reichsgericht in seiner dieses Urteil bestätigenden Entscheidung vom 10. Dezember 1925 IV 248/25 (HGZ. 1926 Nr. 20) bereits die Frage geprüft hätten, ob es gegen die guten Sitten verstoße, die Gewährung der Rabatte an die Verlader auch von der Konferenz-Treue des beteiligten Spediteurs abhängig zu machen. In diesen Entscheidungen war die Frage verneint worden, ausgenommen die Fälle, wo die Reedereien in unbilliger und mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarender Weise den nach bestem Wissen konferenztreuen Verladern den Rabatt entzögen. Der Vorderrichter hat mit Rücksicht darauf, daß in dem früheren Rechtsstreit die Belange einer Konkurrenz-Reederei im Vordergrund gestanden hätten, die Frage noch einmal unter besonderer Berücksichtigung des Spediteurgewerbes geprüft und ist zu demselben Ergebnis gelangt.
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Der Kläger hatte hauptsächlich betont und die Revision hebt ebenfalls hervor, daß sich der Spediteur aus der Beteiligung am Rabattsystem wegen des ihm drohenden Rückgriffs konferenztreuer Kunden nur unter unverhältnismäßig großen und in ihrer Höhe gar nicht absehbaren Opfern lösen könne. Die Revision meint, daß das angefochtene Urteil zu dieser als unzulässig zu betrachtenden Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit des Spediteurs nicht ausreichend Stellung genommen habe. Würdigt man jedoch die Ausführungen des angefochtenen Urteils in ihrer Gesamtheit, so hat auch dieser Punkt eine jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstandende Prüfung erfahren. Im Lauf des Rechtsstreits hatte die Beklagte die bindende Erklärung abgegeben, daß die Rabattansprüche eines Verladers, die er durch Verschiffungen mit konferenztreuen Spediteuren erworben habe, durch das konferenzuntreue Verhalten eines anderen von ihm beauftragten Spediteurs nicht gefährdet würden. Mit Rücksicht hierauf hat das Berufungsgericht angenommen, daß der konferenzuntreue Spediteur die ihm drohenden Regreßansprüche sehr wohl zu übersehen vermöge. Das ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat dann die Haftung des konferenzuntreu gewordenen Spediteurs gegenüber seinen konferenztreuen Auftraggebern geprüft. Hier gelangt es zu dem Ergebnis, eine solche Haftung komme, abgesehen vom Fall der Garantieübernahme für KonferenzTreue, nur insoweit in Frage, als der Spediteur seinen Auftraggebern gegenüber schuldhaft gehandelt habe, sei es, daß er eine bereits erfolgte Außenseiter-Verladung rechtswidrig verschwiegen, sei es, daß er eine solche Verladung entgegen einer übernommenen Verpflichtung zur Konferenz-Treue ausgeführt habe. Es mag dahingestellt bleiben, ob sich der Vorderrichter über alle Möglichkeiten, in denen eine Verpflichtung zur Konferenz-Treue als vom Spediteur übernommen zu gelten hat, völlig im klaren gewesen ist, ob er insbesondere auch die von der Revision hervorgehobenen Fälle berücksichtigt hat, in denen bei regelmäßig mit Konferenz-Dampfern verschiffenden Verladern die Verpflichtung des Spediteurs zu konferenztreuem Verhalten als stillschweigend vereinbart anzusehen ist. Gegen seine grundsätzliche Stellungnahme, daß eine Haftung des konferenzuntreu gewordenen Spediteurs nur aus übernommener Garantie der Konferenz-Treue, aus schuldhafter Verletzung der übernommenen Verpflichtimg zur KonferenzTreue oder aus sonst schuldhaftem Handeln in Frage komme, ist nichts einzuwenden. Ausgehend von dieser Stellungnahme führt das Berufungsgericht weiter aus, daß die Haftung für Verschulden nicht sittenwidrig sei. Damit soll nach dem Zusammenhang offenbar gesagt sein, eine Maßnahme verstoße nicht gegen die guten Sitten, soweit, wie hier, durch ihre Nichtbefolgung eine in eigenem schuldhaften Verhalten begründete Haftung ausgelöst werde. Diese Schlußfolgerung ist nicht zu beanstanden. Sie wird im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts noch zu würdigen sein. Dieses prüft, ob das zur Erörterung stehende wirtschaftliche Kampfmittel dem Anstandsgefühl aller billig Denkenden, ins-
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besondere der mit den Gewohnheiten des Handelsverkehrs vertrauten, widerspreche, ob das mit dem Mittel erstrebte Ziel aus diesem Grunde zu mißbilligen sei oder ob schließlich Mittel und Zweck außer Verhältnis ständen. Sein Ergebnis ist, daß die angewandten Maßnahmen die gewerbliche Freiheit der Spediteure nicht unzulässig und rechtswidrig einschränkten. Diese Darlegungen lassen keine Verkennung maßgebender Gesichtspunkte ersehen. Das Berufungsgericht erkennt an, daß die Rabattklausel eine gewisse Fesselung der Spediteure und Verlader an die Konferenz-Linien zur Folge habe, da in den einbezogenen Häfen die laufenden Verschiffungen im wesentlichen durch Konferenz-Dampfer vorgenommen würden, ferner, daß die Spediteure sich entweder auf Verschiffungen mit der Konferenz oder mit Außenseiten einstellen müßten. Der Vorderrichter verkennt auch nicht, daß beim Ausscheiden aus dem Rabattsystem die Rabatte von mindestens einem Halbjahr auf dem Spiele ständen. Die Verflechtung in das Rabattsystem bedeutet somit für die Spediteure eine wesentliche Behinderung der gewerblichen Betätigungsmöglichkeit. Der wirtschaftliche Kampf bringt häufig solche Eingriffe in den Geschäftskreis anderer mit sich, die diese in der einen oder der anderen Weise zur wirtschaftlichen Angliederung an ein Unternehmen zwingen sollen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß solchc Maßnahmen, sofern sie nicht ausschließlich der Schädigung des Betroffenen, sondern der Ausdehnung und Sicherimg des Unternehmens im wirtschaftlichen Wettkampf zu dienen bestimmt sind, nicht rechtswidrig sind, wenn sie sich erlaubter Mittel bedienen und wenn diese Mittel über das erforderliche Maß nicht hinausgehen und nicht die wirtschaftliche Vernichtung oder doch eine Schädigung des Betroffenen zur Folge haben, die zu den erstrebten Vorteilen in keinem Verhältnis steht (RGZ. Bd. 92 S. 132, Bd. 104 S. 327 ;JW. 1913 S. 134 Nr. 11). Da gegen das angewandte Kampfmittel als solches kein Bedenken besteht, handelt es sich nur um den letzterwähnten Gesichtspunkt. Bereits im ersten Rechtszug ist mit Recht ausgeführt worden, daß eine praktisch wirksame Angliederung der Spediteure an die Konferenz-Linien erst durch das Druckmittel des RabattVerlustes für die sämtlichen hinter dem ungetreuen Spediteur stehenden Verlader erreicht werden könne, nicht schon durch den im Fall der Untreue drohenden Verlust der Spediteurprovision, die durch lohnende Außenseitergeschäfte leicht wieder auszugleichen sei. Das angefochtene Urteil steht auf dem gleichen Standpunkt. Es hat somit verneint, daß das Kampfmittel als solches über das zur Erreichung des erstrebten Zweckes erforderliche Maß hinaus gehe. Als widerlegt betrachtet der Vorderrichter, daß die beanstandete Maßnahme ihren Zweck überhaupt verfehle, wie der Kläger behauptet. Er geht vielmehr davon aus, daß das Kampfmittel der Konferenz einen Stamm treuer Verlader und Spediteure gewährleiste. Endlich wird mit Recht angenommen, die Wirkungen des Kampfmittels auf die Belange der Betroffenen ständen nicht außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg.
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Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß im Fall der Konferenz-Treu« den Spediteuren Vorteile zuflössen, die ihren Gewinnaussichten bei Ausnutzung lohnender Außenseiter -Verschiffungen wohl entsprächen. Nach seinen Ausführungen über die Möglichkeit eines Rückgriffs gegen der konferenzuntreu gewordenen Spediteur kommen dafür nur solche Ansprüche in Frage, die auf Garantieverletzung oder eigenem Verschulden des Spediteurs beruhen. Die wesentliche Belastung des Spediteurs bei einem Ausscheiden aus dem Rabatt-System hegt also schließlich in einer Verletzung bestehender Verpflichtungen. Ließ er sich auf solche ein, um für seine Kunden und sich die angemessenen Vorteile des Rabatt-Systems mitzunehmen, ohne sich für die ihm bekannten Folgen einer Konferenz-Untreue seinen Kunden gegenüber zu sichern, so kann es nicht als unverhältnismäßiger Nachteil bezeichnet werden, wenn im Fall der Konferenz-Untreue die Folgen der Verletzung übernommener Verpflichtungen auf ihn zurückfallen. Für den Fall der Konferenz-Treue sind nach ausdrücklicher Feststellung des Berufungsgerichts Vorteile zugesichert, die der übernommenen Beschränkung entsprechen. Auch insoweit kommt daher ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht in Betracht. . . . Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Sittenwidrigkeit der beanstandeten Maßnahme auch nicht darin gesehen, daß sie den Eintritt eines bisher mit Außenseiter-Reedereien arbeitenden Spediteurs in das Rabattsystem wegen der zunächst drohenden Nichtgewährung von Rabatten für che Verladungen mit Konferenz-Schiffen erschwert. Feststellungsgemäß kommt nach den gegebenen Umständen entweder eine Einstellung der Spediteure auf Verschiffungen mit Konferenz-Schiffen oder mit Außenseitern in Betracht. Danach hat die Erschwerung des Anschlusses des Spediteurs an das Rabattsystem, ganz abgesehen von den konferenzfreien Verschiffungsmöglichkeiten, seine wirtschaftliche Gefährdung nicht zur Folge. Unter diesen Umständen besteht für ihn kein Anspruch auf Aufnahme unter die Kunden der Konferenz-Linien. Das Berufungsgericht hat somit ohne Rechtsirrtum verneint, daß in der beanstandeten Maßnahme eine gegen die guten Sitten verstoßende Beeinträchtigung der gewerblichen Freiheit der Spediteure liege. Selbstverständlich könnte eine mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Auslegung und Handhabung der Rabattbedingungen durch die Beklagte nicht gebilligt werden. Mißbräuchen in dieser Richtung zu steuern, muß jedoch Aufgabe der Rechtsprechung in den zur Entscheidung gelangenden Einzelfällen sein. Auch die Behauptung des Klägers, die Bestrebungen der KonferenzReedereien liefen darauf hinaus, mit unbilligen Mitteln eine Monopolstellung zu erreichen, ist vom Berufungsrichter gewürdigt worden. Er hat in dieser Beziehung auf die vom Reichsgericht gebilligten Ausführungen in der früheren Entscheidung verwiesen, wonach die Anstrebung einer Monopolstellung nichts Rechtswidriges enthalte, solange erlaubte Kampfmittel benutzt würden und die Zwecke des Monopols nicht gegen die guten Sitten
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verstießen. Der Vorderrichter hat dann weiter ausdrücklich festgestellt, daß ein sittenwidriger Zweck, insbesondere die Berechnung unbillig hoher Frachten, von den Konferenz-Linien nicht angestrebt werde. Daß er ohne Rechtsirrtum auch die Anwendung unerlaubter Kampfmittel verneint hat, ist bereits ausgeführt worden. RGZ. i i 8, 171 Ist ein nach Erlaß eines Scheidungsurteils erklärter Verzicht auf Rechtsmittel nichtig, wenn ihm eine auf Erleichterung der Schcidung abzielende Vereinbarung der Parteien zugrunde liegt ? ZPO. §§ 167, 622. BGB. §§ 134, 138 Abs. 1. II. Zivilsenat. Urt. v. 7. Oktober 1927. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Zivilprozeß". RGZ. 120, 118 1. Kann das Grundbuchamt durch einstweilige Verfügung zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung angehalten werden ? 2. Welche rechtliche Bedeutung hat eine einstweilige Verfügung, durch die dem Käufer eines Grundstücks verboten wird, die zu seinem Eigentumserwerb erforderliche Eintragung im Grundbuch herbeizuführen ? 3. Findet § 878 BGB. auf ein durch einstweilige Verfügung begründetes Erwerbsverbot Anwendung ? BGB. §§ 135, 136, 878. ZPO. §§ 935, 938. V. Zivilsenat. Urt. v. 4. Februar 1928. I. Landgericht Koblenz.
II. Oberlandesgericht Köln.
Durch notariellen Vertrag vom 26. September 1922 verkaufte der Kläger an den Beklagten seine in A. gelegenen, im dortigen Grundbuch eingetragenen Grundstücke. Die Parteien hatten mündlich einen Kaufpreis von 1250000 M. vereinbart, es wurde aber nur ein solcher in Höhe von 900000 M. beurkundet. Die Auflassung der Grundstücke erfolgte am 9. Oktober 1922 vor demselben Notar. Dieser reichte die beiden Urkunden mit dem Antrag auf Eintragung des Beklagten als Eigentümer am 13. Dezember 1922 dem Grundbuchamt ein. Am 14. Dezember ging beim Grundbuchamt eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts A. ein, die dem Beklagten untersagte, den Antrag auf Umschreibung der Grundstücke zu stellen, und worin das Grundbuchamt ersucht wurde, einem Umschreibungsantrag nicht stattzugeben. Diese einstweilige Verfügung wurde dem
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Beklagten am 25. Dezember 1922 zugestellt. Das Grundbuchamt leistete dem weiteren Ersuchen des Amtsgerichts um Eintragung der einstweiligen Verfügung Folge. Es löschte jedoch am 13. März 1923 den Eintrag von Amts wegen insoweit, als zum Ausdruck gebracht war, daß dem Antrag auf Umschreibung der Grundstücke nicht stattgegeben werden dürfe. Am 20. April 1923 wurde sodann der Beklagte als Eigentümer eingetragen. Der Kläger klagte auf Rückauflassung. Das Landgericht verurteilte den Beklagten hierzu Zug um Zug gegen Erstattung von 5000 RM. und gegen Freistellung von den im notariellen Kaufvertrag übernommenen Hypotheken; das Oberlandesgericht dagegen wies die Klage ab. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß die Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung dem Grundbuchamt durch eine einstweilige Verfügung nicht zur Pflicht gemacht werden kann (JW. 1927 S. 2204 Nr. 22). Vielmehr hat der Grundbuchbeamte aus eigener Machtvollkommenheit und unter eigener Verantwortlichkeit darüber zu befinden, ob eine zu seiner Kenntnis gebrachte, inhaltlich nicht unter § 941 ZPO. fallende einstweilige Verfügung, die gegen einen von den Streitteilen ergangen ist, eine von diesem beantragte Eintragung hindert. Der Auslegung, die der Berufungsrichter der zugunsten des Klägers ergangenen einstweiligen Verfügung im übrigen gegeben hat, kann jedoch nicht beigetreten werden. Da es sich um eine richterliche Anordnung handelt, ist das Revisionsgericht zur selbständigen Prüfung ihrer Bedeutung befugt. Nicht zu billigen ist die Ansicht des Vorderrichters, das an den Beklagten ergangene Verbot, den Umschreibungsantrag zu stellen, könne als lästige Anordnung nicht ausdehnend ausgelegt werden, die einstweilige Verfügung sei daher gegenstandslos, weil zur Zeit ihrer Zustellung an den Beklagten der Antrag auf Eintragung schon gestellt gewesen sei. Anordnungen einer Behörde, auch wenn sie eine für den Empfänger lästige Auflage enthalten, sind nicht nach ihrem bloßen Wortlaut, sondern nach ihrem Sinn und Zweck auszulegen. Eine einstweilige Verfügung, die dem Käufer verbietet, beim Grundbuchamt den Antrag auf Umschreibung des Eigentums zu stellen, kann aber ihrem Sinn und Zweck nach nur dahin gedeutet werden, daß dem Käufer zugleich verboten werden soll, einen etwa schon gestellten Antrag auf Umschreibung aufrechtzuerhalten und so die zu seinem Rechtserwerb erforderliche Eintragung herbeizuführen. In der Frage der Zulässigkeit und Wirkung einer derartigen einstweiligen Verfügung tritt der Senat den Ausführungen des III. Zivilsenats im Urteil RGZ. Bd. 117 S. 287 bei. Hiernach ist die Zulässigkeit einer solchen auf Grund der §§ 935, 938 Abs. 2 ZPO. erlassenen einstweiligen Verfügung nicht zu bezweifeln. Die letztere Vorschrift spricht allerdings ausdrücklich nur von einem Veräußerungsverbot; die dortige Aufzählung ist jedoch nicht erschöpfend. Wenn zur Erreichung des Zweckes der einstweiligen Verfügung ein Erwerbsverbot
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erforderlich ist, so muß dieses nach § 938 Abs. 1 das. ebenfalls zulässig sein. Bejaht man dies, so ist ein solches Erwerbsverbot auch in seiner bürgerlichrechtlichen Wirkung einem Veräußerungsverbot gleichzustellen. Diese geht dahin, daß sie die Befugnis des Erwerbers, sich das Eigentum zu verschaffen, zugunsten des Veräußerers beschränkt und zugleich ein vom Grundbuchrichter zu beachtendes Hindernis für die Eintragung begründet. Eine dem Erwerbsverbot zuwider getroffene Verfügung ist daher nach den entsprechend anwendbaren §§ 135, 136 B G B . demjenigen gegenüber unwirksam, zu dessen Gunsten das Verbot erlassen ist. Als Verfügung kommt hier die Stellung des Antrags in Betracht, den vom Vertragsgegner bewilligten Eigentumswcchsel durch Eintragung im Grundbuch zu vollziehen. Läßt sich das Grundbuchamt trotz Kenntnis des Erwerbsverbots herbei, einem dadurch betroffenen Umschreibungsantrag stattzugeben, so müssen innerhalb des Wirkungskreises des Verbots die Rechtsfolgen entfallen, die eine widersprechende Eintragung sonst mit sich bringen würde, hier insbesondere die ihr durch § 313 S. 2 BGB. verliehene Kraft, im Verein mit der Auflassung die Nichtigkeit eines formwidrigen Rechtsgeschäfts zu heilen. Der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung steht im vorliegenden Falle der Umstand nicht entgegen, daß der Antrag auf Eintragung beim Grundbuchamt bereits eingegangen war, als die einstweilige Verfügung zugestellt wurde. Denn wie § 878 B G B . sich nicht auf absolute Erwerbsbeschränkungen im Sinne der Art. 86 bis 88 E G . z. B G B . bezieht, so kann er auch auf ein relatives Erwerbsverbot der hier fraglichen Art keine Anwendung finden. Dazu kommt, daß die einstweilige Verfügung gerade den Zweck hatte, den Anspruch des Veräußerers auf Kondiktion der Auflassung zu sichern. Sie hat daher auch die rechtliche Bedeutung, daß die in § 878 B G B . neben dem Eingang des Antrags auf Eintragung vorausgesetzte Bindung der Parteien ebenso wie der gestellte Antrag selbst vorläufig außer Kraft gesetzt wird (vgl. RGRKomm. 6. Aufl. § 878 Anm. 3 Abs. 1 a. E . ; K G . J B . Bd. 1 S. 385; R o s e n b e r g , Sachenrecht Anm. I I 4 zu § 878 BGB.). . . .
R G Z . 120, 126 r. Gilt § 139 B G B . nur für teilweise nichtige R e c h t s g e s c h ä f t e oder auch für solche, die wegen F e h l e n s der erforderlichen Gen e h m i g u n g teilweise unwirksam sind ? 2. Kann der Vertragsgegner, n a c h d e m er g e m ä ß § 179 B G B . g e g e n den Vertreter ohne Vertretungsmacht den E r f ü l l u n g s a n spruch gewählt hat, unter den Voraussetzungen des § 326 B G B . z u m Schadensersatzanspruch übergehen ? 3. Zur H a f t u n g wegen Verschuldens b e i m V e r t r a g s s c h l u ß . B G B . §§ 139, 179, 276, 278, 326.
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VI. Zivilsenat. Urt. v. 6. Februar 1928. I. Landgericht II Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Am 17. Februar 1926 verkauften die klagenden Eheleute gemeinschaftlich ein Landgut, das ihnen zu je einem realen Teil gehörte, zu zwei Dritteln an die beklagte Ehefrau und zu einem Drittel an den Rittergutsbesitzer S. Bei der notariellen Verhandlung wurden die beiden Käufer durch den beklagten Ehemann vertreten, der zu Protokoll erklärte, daß er als Bevollmächtigter beider auftrete; in Wirklichkeit hatte er Vollmacht nur von seiner Ehefrau, nicht auch von S. Dieser verweigerte seine Genehmigung, nachdem der Vertrag inzwischen vom Landrat genehmigt worden war. Die Kläger forderten darauf die beiden Beklagten mehrmals auf, die Auflassung entgegenzunehmen, und verkauften, als dies erfolglos blieb, am 26. März 1926 das Gut an den Landwirt V. Diesen Verkauf schloß der klagende Ehemann unter dem Vorbehalt der Genehmigimg seiner Ehefrau ab, die im Mai 1926 erteilt wurde. Inzwischen hatten die Kläger den Beklagten durch Schreiben vom 12. April 1926 eine dreitägige Frist zur Erfüllung des Vertrags vom 17. Februar gesetzt mit der Androhung, daß sie nach fruchtlosem Ablauf der Frist das Gut bestmöglich anderweitig verkaufen und die Beklagten für den Preisunterschied und andere Schäden haftbar machen würden. Der im Vertrag vom 17. Februar 1926 vereinbarte Kaufpreis betrug 50000 RM., der mit V. vereinbarte 46500 RM. Die Kläger verlangen nunmehr von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnern den Unterschied von 3500 RM. sowie Erstattung einer Reihe anderer Schäden, die sie durch das Vertrauen auf die Ausführung des Vertrags vom 17. Februar 1926 erlitten haben wollen. Die Beklagten bestreiten, daß der beklagte Ehemann sich als Bevollmächtigten des S. ausgegeben habe, und behaupten, er habe nur von einer Zusage des S. gesprochen, „eventuell mitzumachen", wenn er, der beklagte Ehemann, das Gut kaufe. Darauf habe der Notar gesagt, dann könne er ruhig als Bevollmächtigter auftreten, es genüge, wenn die Vollmacht nachträglich genehmigt werde. Weiter wenden die Beklagten ein, der Vertrag sei nichtig, weil S. nur vorgeschoben sei, um die Genehmigung des Landrats zu erlangen, auch sei die Setzung der Nachfrist unwirksam, weil die Kläger durch den Verkauf an V. vertragsuntreu gehandelt und sich die Erfüllung des Vertrags selbst unmöglich gemacht hätten. Beide Vordergerichte wiesen die Klage ab. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Kaufvertrag, soweit er den S. als Käufer bezeichnete, kein Scheingeschäft gewesen, daß aber der beklagte Ehemann für ihn als Bevollmächtigter aufgetreten sei, ohne in Wirklichkeit Vollmacht von ihm zu haben. Offen gelassen ist die Frage, ob nicht die Unkenntnis der Kläger von dem Mangel der Vertretungsmacht
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auf Fahrlässigkeit beruht. Da die Kläger die Darstellung der Beklagten bestritten haben, die eine solche Fahrlässigkeit begründen könnte, so ist für die Revisionsinstanz davon auszugehen, daß sie der Vorwurf der Fahrlässigkeit nicht trifft. Dann konnte aber ihre Klage nicht abgewiesen werden. Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß mit der Verweigerung der Genehmigung durch S. nicht nur der ihn betreffende Teil des Vertrags, sondern nach der Regel des § 139 BGB. der ganze Vertrag unwirksam geworden ist. Diese Vorschrift trifft allerdings nach ihrem Wortlaut nur nichtige Rechtsgeschäfte, sie ist aber ihrem Sinne nach auch auf Geschäfte zu beziehen, deren Wirksamkeit von einer Genehmigimg abhängt. Denn es geht nicht an, ein Rechtsgeschäft zum Teil aufrechtzuerhalten, wenn es zum andern Teil durch Versagung der erforderlichen Genehmigung unwirksam geworden ist, es sei denn, daß es auch ohne diesen Teil vorgenommen worden wäre (RGZ. Bd. 51 S. 35, Bd. 93 S. 338; S t a u d i n g e r - R i e z l e r BGB. 9. Aufl. § 139 Bern. 2d; vgl. auch Enneccerus, Lehrbuch d. bürg. Rechts 25. bis 29. Aufl. Bd. I 1 § 189 S. 512, 515 bes. Anm. 18). Der Revision kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Unwirksamkeit des den S. betreffenden Teils durch die Inanspruchnahme des beklagten Ehemanns behoben sei. Dessen gesetzliche Haftimg aus § 179 BGB. ändert nichts an der Unwirksamkeit, obwohl er auf Erfüllung in Anspruch genommen ist. Höchstens ließe sich fragen, ob unter diesen Umständen der Ausnahmefall des § 139 BGB. gegeben sei. Aber auch das müßte nach der bisherigen Sachlage verneint werden. Denn beim Fehlen gegenteiliger Anführungen ist anzunehmen, daß es für die beklagte Ehefrau einen wesentlichen Unterschied bedeutet, ob neben ihr S. als Mitkäufer oder ihr Ehemann als Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet; die Haftung des letzteren kann sie empfindlich in Mitleidenschaft ziehen. Hätte sie allerdings das Auftreten ihres Ehemanns als Vertreter ohne Vertretungsmacht von vornherein gekannt und gebilligt, so könnte sie sich nicht auf die Unwirksamkeit des Vertrags berufen. Denn dann müßte angenommen werden, daß sie die Gefahr der Nichtgenehmigung auf sich genommen und den Vertrag auch ohne den unwirksamen Teil geschlossen hätte (RGZ. Bd. 68 S. 322, Bd. 79 S. 437; RGUrt. vom 13. Juli 1908 II 94/08; P l a n c k - F l a d BGB. 4. Aufl. § 139 Bern. 2). Allein bisher ist in dieser Richtung nichts behauptet worden. Bei der jetzt vorhandenen Sachlage haftet der beklagte Ehemann aus §179 BGB. Die Kläger konnten ihn ebenso auf Erfüllung in Anspruch nehmen wie den S., wenn dieser Vollmacht erteilt oder den Vertrag genehmigt hätte. Sie haben das durch ihre Aufforderungen getan, zusammen mit der beklagten Ehefrau den Vertrag zu erfüllen. Wenn die beklagte Ehefrau, auf die Unwirksamkeit des Vertrags sich stützend, ihre Mitwirkung versagte, oder wenn der beklagte Ehemann die erforderliche Genehmigung des Landrats nicht beschaffen konnte, so waren das Umstände, die er nach seinem zum Teil vollmachtlosen Vertragsschluß zu
48 vertreten hatte, die also das Wahlrecht der Kläger, ihn aus § 179 BGB, auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch zu nehmen, nicht beschränkten (§ 265 BGB.)- Konnten sie auch von dei einmal getroffenen Wahl nicht beliebig abgehen, so ist doch dem Berufungsgericht darin nicht beizutreten, daß ihnen, nachdem sie Erfüllung gewähli hatten, auch der Weg des § 326 BGB. verschlossen gewesen sei. Dies rügi die Revision mit Recht. Hatten die Kläger Erfüllung gewählt und geriei der beklagte Ehemann damit in Verzug, so konnten sie ihm — ebenso wie sie es gegenüber S. gekonnt hätten, wenn der Vertrag mit ihm zustandegekommen wäre — eine Frist mit der Erklärung bestimmen, daß sie die Annahme seiner Leistung nach Fristablauf ablehnen würden; nach fruchtlosem Ablauf der Frist konnten sie Schadensersatz wegen Nichterfüllung von ihm verlangen. Zwar wird der Vertreter ohne Vertretungsmacht dadurch, daß er auf Grund des § 179 BGB. auf Erfüllung in Anspruch genommen wird, nicht selbst zur Vertragspartei, seine Haftung ist vielmehr eine gesetzliche; aber er muß sich doch so behandeln lassen, als wäre er Vertragspartei, wie er auch wegen der Gegenleistung die aus §§ 320flg. BGB. sich ergebenden Rechte geltend machen kann (vgl. S t a u d i n g e r R i e z l e r BGB. 9. Aufl. §179 Bern. 4 a ; P l a n c k - F l a d BGB. 4. Aufl. §179 Bern. 4 a ; O e r t m a n n BGB. 3. Aufl. §179 Erl. 2 a ; Komm, von R G R . 6. Aufl. § 179 Anm. 1). Nach dem Grundgedanken des § 179 BGB. soll der andere Teil nicht darunter leiden, daß ein Vertreter ohne Vertretungsmacht mit ihm einen Vertrag geschlossen hat. Er wäre aber benachteiligt, wenn ihm, nachdem er Erfüllung gewählt hat, der Weg des § 326 BGB. verschlossen sein würde. Mit Recht rügt die Revision aber auch, daß das Berufungsgericht in dem Schreiben vom 12. April 1926 keine Erklärung gefunden hat, wie § 326 Abs. 1 Satz 1 sie verlangt. Die Kläger stellen dort für den Fall fruchtlosen Fristablaufs anderweitigen Verkauf des Gutes und Forderung von Schadensersatz in bestimmte Aussicht, begnügen sich also nicht damit, sich diese Maßnahmen nur „vorzubehalten", wie dies im Falle der Entscheidung R G Z . Bd. 91 S. 164 geschehen war. Derartige Androhungen sind, wenn sie nicht mißverstanden werden können, in der Rechtsprechung des Reichsgerichts f ü r genügend erachtet worden (RGZ. Bd. 114 S. 7). Hier war kein Mißverständnis darüber möglich, daß die Kläger nach fruchtlosem Fristablauf die Leistung der Beklagten ablehnen wollten. Die Beklagten haben auch nicht geltend gemacht, daß sie das Schreiben anders aufgefaßt hätten; seine Deutlichkeit ist nicht bemängelt worden. Es muß also für ausreichend erachtet werden. Da das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum annimmt, daß die Kläger während der Nachfrist vertragstreu und erfüllungsbereit geblieben waren, weil sie sich dem V. gegenüber noch nicht gebunden hatten, so ist die Abweisung der Klage gegen den beklagten Ehemann nicht gerechtfertigt. Aber auch die beklagte Ehefrau ist nach der bisherigen Sachlage haftbar. Allerdings läßt sich ihre Haftung aus § 326 BGB. nur dann be-
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gründen, wenn ihr die Berufung auf § 139 B G B . zu versagen ist, und dafür fehlt es einstweilen an der Behauptung, daß sie um das vollmachtlose Auftreten ihres Ehemanns von vornherein gewußt und es gebilligt habe. Nach der feststehenden Rechtsprechung des Reichsgerichts haftet sie indessen auch ohnehin für ein von ihrem Ehemann und Gehilfen beim Vertragsschluß begangenes Verschulden (Komm, von R G R . 6. Aufl. § 276 Anm. 3). Dieses Verschulden besteht darin, daß er sich als Bevollmächtigten des S. ausgegeben hat, ohne Vollmacht von ihm zu haben, und daß er dadurch die Kläger in einen Irrtum versetzt hat. Daß es für die Haftimg aus Verschulden beim Vertragsschluß des Zustandekommens eines wirksamen Vertrags nicht bedarf und daß dabei auch § 278 B G B . anzuwenden ist, hat das Reichsgericht wiederholt ausgesprochen (RGZ. Bd. 114 S. 159). Freilich werden die Kläger auf diesem Wege von der beklagten Ehefrau nur das sog. negative Vertragsinteresse beanspruchen können (RGZ. Bd. 103 S. 51), aber nach ihrer Berechnung haben sie den Hauptteil ihres Schadens gerade dadurch erlitten, daß sie auf die Wirksamkeit des Vertrags vertrauten.
R G Z . 120, 144 Zur F r a g e der Sittenwidrigkeit eines Vertrags, worin ein g e m e i n n ü t z i g e s S i e d l u n g s u n t e r n e h m e n g e g e n E n t g e l t auf die Ausü b u n g des i h m gesetzlich zustehenden Vorkaufsrechts verzichtet. BGB. §138.
Reichssiedlungsgesetz vom
11. August 1919/7. Juni 1923
§§ 1 , 4 , 9 , I I a . VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Bremen.
Urt. v. 9. Februar 1928. I I . Oberlandesgericht Hamburg.
Dem Beklagten, einem Berufslandwirt, war während der Inflationszeit sein landwirtschaftlicher Grundbesitz von der Deputation für Häfen und Eisenbahnen in Br. enteignet worden. Um einer Entwertung des Enteignungspreises zu entgehen und seine Existenz als Landwirt zu sichern, kaufte er am 26. Juli 1922 von den Landwirtseheleuten B. deren etwa 203 Morgen umfassenden, im preußischen Staatsgebiet gelegenen Hof und wurde am 24. November 1922 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Auf Verlangen der Siedlungsgesellschaft W.-E. übte jedoch die Klägerin das ihr auf Grund des Reichssiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 zustehende Vorkaufsrecht an dem Hofe aus. Der Beklagte trat darauf an die Klägerin mit der Bitte heran, von der Durchführung des Vorkaufsrechts abzusehen. In der Besprechung, die deshalb zwischen dem Beklagten und seinem Rechtsbeistand einerseits und dem Vertreter der Klägerin anderseits am 14. Dezember 1922 stattfand, machte der Beklagte den Vorschlag, die Klägerin solle sich ein Ankaufsrecht auf den Hof zu einem bescheidenen Preise eintragen lassen für den Fall, daß er ihn innerhalb Z.vüs. Allccm.
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einer noch zu bestimmenden Frist weiter veräußern würde. Außerdem schlug der Beklagte der Klägerin vor, er wolle ihr zu Siedlungszwecken drei Teilflächen in Größe von 4, von 10 und von 54 ha zu dem im Kaufvertrag mit den Eheleuten B. vereinbarten Durchschnittspreise abtreten; äußerstenfalls wäre er auch zur unentgeltlichen Abtretung bereit. Auf den Hinweis der Klägerin, daß die rechtlichen Folgen des Rücktritts vom Vorkaufsrecht für sie unter Umständen recht schwerwiegend sein könnten, erklärte er sich weiter bereit, für alle Schadensersatzansprüche aufzukommen, die an die Klägerin deshalb gestellt werden könnten. Hauptsächlich mit Rücksicht darauf, daß der Beklagte enteignet worden war und daß er Kriegsbeschädigter ist, entschloß sich die Klägerin, auf ihr gesetzliches Vorkaufsrecht zu verzichten. Sie schloß darauf am 27. Februar 1923 mit dem Beklagten einen notariellen Vertrag, worin sie auf ihr Vorkaufsrecht verzichtete und der Beklagte ihr ein Ankaufsrecht auf den Hof einräumte für den Fall, daß er ihn vor dem 1. Januar 1933 zu dem im Vertrag vom 26. Juli 1922 festgesetzten Kaufpreis veräußern sollte. Außerdem trat der Beklagte in dem Vertrag der Klägerin unentgeltlich das Eigentum an den erwähnten drei Teilflächen und an der Hälfte zweier weiterer Teilflächen in Größe von etwa 2 ha ab. Endlich verpflichtete er sich zur Schadloshaltung der Klägerin für alle Ansprüche, die wegen des Verzichts auf ihr Vorkaufsrecht etwa an sie gestellt werden könnten. Später stellte sich heraus, daß die der Klägerin abgetretenen rund 24 Morgen, die zur Zeit einen Wert von etwa 10000 RM. haben, für Siedlungszwecke nicht geeignet waren, da die Klägerin versäumt hatte, sich einen Zuweg zu sichern, und ein solcher erst im Enteignungsverfahren hätte beschafft werden müssen. Die Klägerin gab daher dem Ansuchen des Beklagten, ihm die 24 Morgen zurückzugeben, statt und schloß am 3. Dezember 1924 mit T., dem Schwiegervater des Beklagten, einen Vertrag ab, wonach sie die 24 Morgen dem Beklagten zurückgab und auf das ihr am 27. Februar 1923 eingeräumte Ankaufsrecht verzichtete. Als Gegenleistung sollte T. zur Beschaffung von Siedlungsgelände bis zum 15. Januar 1925 5000 RM. zahlen. Im Falle der nicht fristgemäßen Zahlung der 5000 RM. sollte diese Abmachung hinfällig sein. T. zahlte am 15. Januar 1925 nur 2000 RM. und verweigerte, ebenso wie der Beklagte, die Zahlung der restlichen 3000 RM. trotz Setzung einer Nachfrist. Die Klägerin fordert daher im Klageweg vom Beklagten die Vornahme aller Handlungen, die zur Übertragimg des Eigentums an den 24 Morgen auf sie erforderlich seien. Beide Vorinstanzen haben die Klage auf Grund des § 138 BGB. abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Gründe: Die Revision rügt Verletzung des § 138 BGB. und der §§ 1, 4 bis 11 des Reichssiedlungsgesetzes. Im einzelnen vermißt sie im angefochtenen Urteil zunächst einen klaren Ausspruch darüber, ob das Berufungsgericht
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den Vertrag vom 27. Februar 1923 oder den vom 3. Dezember 1924 oder beide Verträge für nichtig erachte. Offenbar trifft das letztere zu. Jedenfalls aber hält der Vorderrichter den Vertrag vom 27. Februar 1923 für nichtig, und das genügt, um das Urteil zu tragen. Denn der Klaganspruch kann nur aus diesem Vertrag hergeleitet werden. Der Vertrag vom 3. Dezember 1924 ist überdies durch Eintritt der auflösenden Bedingung hinfällig geworden und könnte nur zur Beurteilung des Verhaltens der Klägerin aus § 138 BGB. von Bedeutimg sein, falls es hierauf ankommen sollte. Zu Unrecht macht die Revision ferner geltend, die Urteilsgründe ließen nicht erkennen, ob die Nichtigkeit der Verträge auf Abs. 1 oder 2 des § 138 BGB. gestützt werde. Zu solchem Zweifel gibt das Urteil keinen Anlaß. Es zeigt mit hinreichender Klarheit, daß das Berufungsgericht auf § 138 Abs. 1 BGB. abstellt. Damit entfallen die Revisionsangriffe, die sich gegen die angeblich irrige Anwendung des § 138 Abs. 2 BGB. wenden. Eine Nachprüfung des Berufungsurteils ist hiernach nur insoweit geboten, als Verletzung des § 138 Abs. 1 BGB. in Verbindung mit den Vorschriften des Reichssiedlungsgesetzes gerügt wird. Hier ist zunächst zwei grundsätzlichen Irrtümern der Revision entgegenzutreten. Einmal meint die Revision, es sei nicht zutreffend, daß das durch das Reichssiedlungsgesetz den Siedlungsunternehmen verliehene Vorkaufsrecht ausschließlich dem Zwecke diene, neue Ansiedlungen zu schaffen und bestehende Kleinbetriebe zu heben; das Siedlungsunternehmen könne vielmehr von dem Vorkaufsrecht auch zu anderen Zwecken Gebrauch machen. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 1 Abs. 1 RSG. sollen gemeinnützige Siedlungsunternehmungen „zur Schaffimg neuer Ansiedlungen sowie zur Hebung bestehender Kleinbetriebe" gegründet werden. Damit ist die Aufgabe dieser Unternehmen und der Zweck des Siedlungsgesetzes klar zum Ausdruck gebracht. Nur zur Erfüllung dieser Aufgabe und zur Erreichung dieses Zweckes ist den gemeinnützigen Siedlungsunternehmen, insbesondere auch der Klägerin, die als solches anerkannt ist, das Vorkaufsrecht (§ 4 des Ges.) verliehen. Mag dies auch in § 4 nicht besonders betont sein, so ergibt es sich doch aus § 1 Abs. 1 als selbstverständlich. Die Richtigkeit dieser Auslegung wird überdies, entgegen der Ansicht der Revision, durch § 9 Abs. 2 bestätigt. Denn hier wird den Siedlungsunteraehmen die Verpflichtung auferlegt, den auf Grund ihres Vorkaufsrechts erworbenen Grundbesitz den Berechtigten (§ 9 Abs. 1) insoweit zum Kauf anzubieten, als sie ihn innerhalb 10 Jahren nicht für Siedlungszwecke verwendet haben. Auch die Ausführungsanweisungen III und IV des preußischen Landwirtschaftsministers (MinBl. 1920 S. 48 und 51) stehen ersichtlich auf dem hier vertretenen Standpunkt, ebenso das Schrifttum. Insbesondere betont K r a u s e , Preuß. Siedlungsgesetze 2. Aufl. S. 164 Anm. 21, das Siedlungsunternehmen habe das Vorkaufsrecht nur zu Zwecken der Siedlung (ebenso von G e h e RSG. 2. Aufl. S. 102), nicht aber zur Verwendung des Grundstücks zum eigenen dauernden Gebrauch, und P o n f i c k und W e n z e l RSG. 2. Aufl. S. 142, 4'
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heben hervor: es werde oft der Vorwurf gegen die Landgesellschaften erhoben, daß ihnen das Vorkaufsrecht mehr als Mittel zur Geldbeschaffung denn als Mittel zur Landbeschaffung diene; es seien sogar Einzelfalle vorgebracht worden, wonach Landgesellschaften für Nichtausübung des Vorkaufsrechts Abstandsgeld vereinbart hätten; daß ein solches Verfahren dem Geist und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufe, bedürfe keiner Ausführung. Weiter macht die Revision geltend, die Ausübimg des Vorkaufsrechts stehe im freien Ermessen des Siedlungsunternehmens, das dabei an keine Vorschriften gebunden sei. Auch diese Auffassung steht im Widerspruch mit Geist und Zweck des Reichssiedlungsgesetzes und mit den Ausfühnmgsanweisungen des preußischen Landwirtschaftsministers. In der Ausführungsanweisung III wird darauf hingewiesen, daß bei der Ausübung des Vorkaufsrechts unter den zum Verkauf gelangenden landwirtschaftlichen Grundstücken eine sorgfältige Auswahl zu treffen sei; in erster Linie werde der Landbedarf und die Eignung für Siedlungszwccke ausschlaggebend sein; daneben müsse aber auch den sonstigen Interessen der Volkswirtschaft Rechnung getragen werden; Fälle des Besitzwechsels, die vom Standpunkt dieser Interessen unbedenklich seien, sollten nach Möglichkeit geschont werden. Als einen solchen Fall führt K r a u s e a.a.O. S. 242 Anm. 9 den Fall an, daß ein Berufslandwirt ein Landgut kaufe, um sich eine Existenz zu gründen; das sei volkswirtschaftlich unbedenklich und zu fördern; in ein solches Geschäft dürfe nicht ohne Not eingegriffen werden. Es ist also ein pflichtmäßiges, von sachlichen Gesichtspunkten geleitetes, die Zwecke der Siedlung in erster Linie, daneben aber auch die volkswirtschaftlich berechtigten Belange des Grundstückskäufers tunlichst berücksichtigendes Ermessen und nicht freies Ermessen, von dem sich die Siedlungsunternehmen bei der Entschließung über die Ausübung des Vorkaufsrechts leiten lassen sollen. Die Nachprüfung, ob sie sich innerhalb dieser Schranken halten, steht zwar im allgemeinen nicht den Gerichten zu, sondern den dafür zuständigen Verwaltungsbehörden. Aber die hiervon verschiedene Frage, ob ein Rechtsgeschäft, das den Verzicht eines Siedlungsunternehmens auf das Vorkaufsrecht zum Gegenstand hat, gegen die guten Sitten verstößt und darum nichtig ist, unterliegt als eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit der Entscheidung der Gerichte. Im übrigen würde es für diese Entscheidung keinen Unterschied machen, ob die Klägerin die Ausübung ihres freien oder ihres pflichtmäßigen Ermessens von der Gewährung von Vorteilen abhängig gemacht hat, auf die sie keinen Anspruch hatte. Bei Prüfung des Vertrages vom 27. Februar 1923 aus dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB. ist von dem in der Rechtsprechung des Reichsgerichts feststehenden Grundsatz auszugehen, daß ein Rechtsgeschäft sich dann als sittenwidrig erweist, wenn es nach dem herrschenden Volksbewußtsein, nach dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu beurteilenden Gesamtcharakter den guten Sitten zuwider-
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läuft. Als Maßstab sind nicht die in der Kriegs- und Nachkriegszeit gesunkenen Begriffe mancher Kreise von Anstand, Billigkeit und Ehre, sondern die allgemeinen Anstandsbegriffe zugrundezulegen, wie sie vor dem Krieg in Geltung waren (RGZ. Bd. 104 S. 330). Daß sich die Beteiligten der Sittenwidrigkeit des Geschäfts bewußt sind, ist nicht erforderlich; es genügt vielmehr, wenn sie die objektiven Tatumstände gekannt haben, die das Geschäft zu einem sittenwidrigen stempeln (RGZ. Bd. 97 S. 255). Endlich ist bei einem Vertrag zwar im allgemeinen erforderlich, daß beiden Teilen ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt (RGZ. Bd. 78 S. 353). Diese Voraussetzung trifft übrigens auf den Beklagten nach Lage der Umstände nicht zu, so daß schon deshalb — neben anderen Gründen — die Anwendung des § 817 BGB. ausscheidet. Aber nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 93 S. 30, Bd. 98 S. 78, Bd. 99 S. 108, Bd. 108 S. 217, Bd. 113 S. 1; WarnRspr. 1917 Nr. 234; Seuff. Arch. Bd. 78 Nr. 111; Komm. v. RGR. 6. Aufl. Erl. 1 zu § 138) erleidet jene Regel dann eine Ausnahme, wenn sich das sittenwidrige Verhalten der einen Vertragspartei gerade gegen die andere richtet. Überblickt man nunmehr auf dieser Grundlage den Sachverhalt, so ergibt sich folgendes. Der Beklagte ist Berufslandwirt und Kriegsbeschädigter; sein angestammter lanswirtschaftlicher Grundbesitz ist ihm in der Inflationszeit enteignet worden; er war gezwungen, sich tunlichst bald nach einem andern Hof umzusehen, denn sonst entwertete sich seine Enteignungsentschädigung, und er verlor seine Existenz als selbständiger Landwirt. Alle diese Umstände waren der Klägerin bekannt. Wenn sie gleichwohl von ihrem Vorkaufsrecht an dem vom Beklagten angekauften B.sehen Hof Gebrauch machte, weil sie nach pflichtmäßigem Ermessen der Überzeugung war, daß die Belange des Beklagten hinter den Siedlungsintercssen zurückzutreten hätten, so ist dies nicht zu beanstanden und jedenfalls nicht sittenwidrig. Das gleiche würde gelten müssen, wenn sie das Ersuchen des Beklagten, ihm den Hof zu lassen, trotz seiner schwierigen Lage abgelehnt hätte. Es wäre auch nichts dagegen einzuwenden gewesen, wenn die Klägerin ihren Rücktritt vom Vorkaufsrecht davon abhängig gemacht hätte, daß ihr der Beklagte für den Fall späteren Verkaufs ein Ankaufsrecht zu seinem Einstandspreis gewähren und sich zu ihrer Schadloshaltung verpflichten würde. Zulässig wäre es endlich auch gewesen, wenn sich die Klägerin außerdem gegen angemessenes Entgelt die Hingabe von Siedlungsland, das zum B.sehen Hof gehörte, in einem dessen sachgemäße Bewirtschaftung nicht gefährdenden Umfang hätte versprechen lassen. Aber hierin erschöpfen sich auch die berechtigten Belange der Klägerin, eines gemeinnützigen Siedlungsunternehmens, in dessen Hand das Gesetz die Ausübung einer so tief einschneidenden Maßnahme gelegt hat, wie sie das Vorkaufsrecht darstellt. Die Klägerin ist jedoch weitergegangen. Trotz Kenntnis von der Zwangslage des Beklagten hat sie sich von ihm das Angebot auf unentgeltliche Hingabe von etwa 16 Morgen des 203 Morgen umfassenden Hofes machen lassen. Und noch weitere 8 Morgen
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hat der Beklagte (ob auf seinen eigenen Vorschlag hin, ist unerheblich) unentgeltlich hergeben müssen, bevor sich die Klägerin dazu herbeiließ, auf ihr Vorkaufsrecht zu verzichten. Dabei hatte sie sich, wie sie unwiderlegt behauptet, nicht einmal vorher darüber vergewissert, ob die ihr abzutretenden 24 Morgen für den angeblich verfolgten Zweck der Förderung der Siedlung überhaupt geeignet waren. Erst nachher will sie festgestellt haben, daß die 24 Morgen keinen besonderen Zugang hatten, ein solcher vielmehr erst im Wege der Enteignung hätte beschafft werden müssen, und daß dieses Gelände also für Siedlungszwecke gar nicht in Frage kam. Für die Beurteilung eines solchen Verhaltens ist es, wenn auch nicht entscheidend, so doch immerhin von einiger Bedeutung, daß dem Reichs siedlungsgesetz später, durch das Reichsgesetz vom 7. Juni 1923 (RGBl. I S. 364), als § I I a folgende Vorschrift eingefügt wurde: „Soweit Berufslandwirte, die enteignet sind, sich innerhalb dreier Jahre nach erfolgter Enteignimg anderweitig ankaufen, um die Landwirtschaft hauptberuflich auszuüben, tritt ihnen gegenüber das gesetzliche Vorkaufsrecht des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens insofern außer Kraft, als die neuerworbene Fläche die abgegebene an Ausdehnung nicht überschreitet." Zur Begründung dieser Gesetzesänderung, die ihren Ursprung dem Vorgehen des Reichstags verdankt, hat der Berichterstatter, Dr. G i l d e m e i s t e r , im Reichstag ohne Widerspruch von irgendwelcher Seite ausgeführt (Verh. d. Reichst. Bd. 360, stenogr. Ber. 1923 S. 11, 154; dazu von G e h e a. a. O. S. 116): „In der Praxis hat sich das Folgende ergeben. Wenn Berufslandwirte aus den verschiedensten Gründen enteignet wurden, dann versuchten sie, sich mit der Enteignungssumme anderwärts anzukaufen, machten aber die Erfahrung, daß die in diesem Fall wohl nicht als gemeinnützig zu bezeichnenden Siedlungsunternehmen von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machten und wiederum erst Abfindungen für den Verzicht auf das Vorkaufsrecht verlangten, ehe sie eine neue Ansiedlung des enteigneten Berufslandwirts zuließen, sodaß der Betreffende gewissermaßen zweimal enteignet wurde und das gemeinnützige Siedlungsunternehmen einen durch nichts gerechtfertigten Gewinn für sich in Anspruch nahm, indem es aus diesem ihm gegebenen Vorkaufsrecht ein Geschäft machte. Auf Grund dieser praktischen Erfahrung ist diesem Mißbrauch . . . ein Riegel vorgeschoben worden." Ist das die Auffassung des die öffentliche Meinung in besonders hohem Maße verkörpernden Reichstags über Geschäfte gemeinnütziger Siedlungsunternehmen, so besteht um so weniger Anlaß, dem Berufungsgericht entgegenzutreten, wenn es den Vertrag vom 27. Februar 1923 für sittenwidrig in dem dargelegten Sinne hält. Dabei bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob und welche Rückschlüsse etwa aus der Vereinbarung vom 3. Dezember 1924 auf die Sittenwidrigkeit des Vertrags vom
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27. Februar 1923 gezogen werden können. Was die Revision demgegenüber ausführt, ist rechtlich nicht beachtlich. Insbesondere kann das Aufgeben des Vorkaufsrechts, das der Klägerin im öffentlichen Interesse zu Siedlungszwecken und nur dazu eingeräumt worden ist, nicht als eine „Leistung" angesehen werden, die sie berechtigt hätte, als „Gegenleistung" vom Beklagten die unentgeltliche Abtretung von Land zu verlangen, das überdies zu Siedlungszwecken nicht geeignet war. Aus der Sittenwidrigkeit des Vertrags vom 27. Februar 1923 ergibt sich seine Nichtigkeit und daraus die Abweisung der Klage. RGZ. i 2 i , 38 1. Ist die Ü b e r n a h m e von Schulden in A n r e c h n u n g auf den Kaufpreis unter allen U m s t ä n d e n dahin auszulegen, d a ß insoweit keine Kaufpreisforderung entstehen soll ? 2. Unter welchen Voraussetzungen k a n n die U m w a n d l u n g einer Grundschuld in eine H y p o t h e k oder die Auswechslung von F o r d e r u n g e n nach §1180 BGB. a n g e n o m m e n w e r d e n ? BGB. §§ 133, 157, 1180, 1198. VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 26. März 1928.
Landgericht Frankfurt a. M.
Die beiden Klägerinnen waren Eigentümerinnen eines Hausgrundstücks, das aus der Vorkriegszeit mit einer vierteljährlich kündbaren Darlehnshypothek von 125000 M. belastet war. Durch notariellen Vertrag vom 20. August 1921 verkauften sie das Grundstück an G. für 300000 M., wovon 150 000 M. sofort bar bezahlt wurden und 25000 M. als Restkaufgeld hypothekarisch eingetragen werden sollten. Die Hypothek von 125000 M. übernahm G. in Anrechnung auf den Kaufpreis als persönlicher Schuldner. Die Klägerinnen verpflichteten sich jedoch, sie zum nächstzulässigen Termin zu kündigen und das Kapital selbst zu übernehmen, das sie dem Käufer zu den für die Restkaufgeld-Hypothek vereinbarten Bedingungen auf die gleiche Zeit dergestalt stehen zu lassen hatten, daß beide Beträge von 125000 M. und 25000 M. ein einheitliches Kapital von 150000 M. bilden sollten. Die Klägerinnen befriedigten die Hypothekengläubigerin schon vor dem nächsten Kündigungstermin und vor der Eigentumsübertragung, ließen sich die Hypothek durch Erklärung vom 1. September 1921 unter Übergabe des Hypothekenbriefs mit je 62500 M. abtreten und reichten die Urkunden beim Grundbuchamt ein. Am 24. Oktober 1921 wurden der Eigentumsübergang auf G., die Restkaufgeldhypothek von 25000 M. und die Abtretung der Hypothek von 125000 M. an die Klägerinnen im Grundbuch eingetragen. Gemäß einer vom Grundbuchamt noch als erforderlich bezeichneten Eintragungsbewilligung vom 6. Dezember 1921 wurden dann am 27. Dezember 1921 bei beiden Hypotheken Ein-
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tragungen gemacht, die dem Kaufvertrag entsprachen und auf die Eintragsbewilligung Bezug nahmen; auch wurde ein einheitlicher Hypothekenbrief gebildet. Am 16. Mai 1923 verkaufte G. das Grundstück für 80 Millionen Mark an die Beklagten, welche die Hypotheken von zusammen 150000 M. in Anrechnung auf den Kaufpreis übernahmen. Eine Genehmigung der Schuldübernahme erfolgte zunächst nicht. Am 18. Juli 1923 wurden die Beklagten als Eigentümer eingetragen. Die Parteien streiten nunmehr über die Aufwertung der persönlichen Forderung, die mit der Hypothek von 125000 M. in Zusammenhang steht. Die Klägerinnen meldeten ihren Aufwertungsanspruch für die ganzen 150000 M. sowohl gegen die Beklagten als auch gegen G. bei der Aufwertungsstelle an und verlangten freie Aufwertung der persönlichen Forderungen. Die Beklagten erklärten sich zur Aufwertung der dinglichen Rechte mit 25% des Goldmarkbetrags bereit, bestritten jedoch, daß sie persönliche Schuldner seien und daß die Forderung von 125000 M. über den Satz von 25% hinaus aufwertbar sei. Die Aufwertungsstelle entschied durch Zwischenbeschluß dahin, daß die Forderung nicht über den Normalsatz aufgewertet werden könne. Auf sofortige Beschwerde der Klägerinnen erkannte das Landgericht in entgegengesetztem Sinne. Hiergegen legten die Beklagten sofortige weitere Beschwerde ein. Das Kammergericht hob durch Beschluß vom 11. November 1926 (JW. 1927 S. 997 Nr. 11) den Beschluß des Landgerichts auf und verwies die Sache dorthin zurück. Das Landgericht setzte nun, dem kammergerichtlichen Beschluß entsprechend, das Aufwertungsverfahren bis zur Entscheidung des Prozeßgerichts aus. Die Klägerinnen genehmigten in einem an G. gerichteten Schreiben vom 25. Februar 1927 die Schuldübernahme durch die Beklagten, behielten sich jedoch Ansprüche gegen G. für den Fall vor, daß die Schuld nicht in vollem Umfang auf die Beklagten übergehen sollte. Sie verlangen nunmehr in erster Linie gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 20000 RM. nebst Zinsen, hilfsweise die Feststellung, daß der Hypothek von 125000 M. ein nach allgemeinen Vorschriften frei aufzuwertender Kaufgeldanspruch zugrunde liege und daß ihnen dieser Anspruch gegen die Beklagten zustehe. Diese halten sich zur Aufwertung der persönlichen Forderung nur in Höhe von 25 ",',, berechnet nach dem Goldmarkbetrag des Erwerbstags, für verpflichtet. Das Landgericht gab dem Hauptantrag statt. Die unmittelbar beim Reichsgericht eingelegte Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Das von der Revision gegen die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte erhobene Bedenken ist unbegründet, weil die Klägerinnen den Anspruch, dessen Aufwertung sie begehren, als einen durch Hypothek nicht gesicherten Verwendungsanspruch aufgefaßt wissen wollen. Sachlich ist die Revision aber gerechtfertigt, wenngleich ihr nicht in allen Teilen zu folgen ist.
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Die Auffassung der Klägerinnen beruht auf den Rechtsausführungen des kammergerichtlichen Beschlusses vom 11. November 1926. Auch das Landgericht hat sie sich im vorliegenden Rechtsstreit zu eigen gemacht, indem es im Anschluß an die Ausdrucksweise jenes Beschlusses den Klägerinnen einen dinglich nicht gesicherten Anspruch auf Schadloshaltung zuerkannte. Hier erhebt sich bereits das Bedenken, ob die Beklagten, selbst wenn ein solcher Anspruch bestände, die ihm entsprechende Schuld im Kaufvertrag vom 16. Mai 1923 übernommen hätten. Sie haben „die auf dem Kaufobj.kt haftenden Hypotheken von zusammen 150000 M . " in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen, und die darin liegende Übernahme der persönlichen Schuld muß, entgegen der Meinung der Revision, durch das Schreiben der Klägerinnen vom 25. Februar 1927 an den vorigen Schuldner G. als hinreichend genehmigt im Sinne des § 415 BGB. gelten. Denn die Genehmigung ist darin nicht eingeschränkt, sondern es ist nur ein Anspruch gegen G. vorbehalten worden für den Fall, daß die genehmigte Schuldübernahme keine volle Wirkung haben sollte, wofür übrigens nichts vorliegt. Von der Übernahme einer dinglich nicht gesicherten Schuld ist aber im Kaufvertrag keine Rede. Die Annahme eines solchen Anspruchs auf Schadloshaltung ist aber auch mit dem Kaufvertrag zwischen den Klägerinnen und G. vom 20. August 1921 nicht vereinbar. Denn die Klägerinnen hatten sich darin verpflichtet, die Hypothek von 125000 M. selbst zu übernehmen, d. h. zu erwerben, und ihnen kann dadurch, daß sie diese Pflicht erfüllten, nicht ein Anspruch auf Schadloshaltung gegen G. erwachsen sein, weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag noch unter dem der ungerechtfertigten Bereicherung. Besteht also überhaupt ein persönlicher Anspruch, so muß er von anderer Art sein. Es bedarf dazu der Untersuchung, was die Parteien des Vertrags vom 20. August 1921 mutmaßlich gewollt haben. Hierfür gibt die erwähnte Verpflichtung der Klägerinnen einen Fingerzeig. Sie weist darauf hin, daß von dem Kaufpreis von 300000 M. die eine Hälfte unter hypothekarischer Sicherung gestundet und daß für diese Sicherung die bereits bestehende Darlehenshypothek von 125000 M. verwendet werden sollte. Demgemäß begnügten sich die Vertragsteile mit der Eintragung einer neuen Hypothek von 25000 M. und vereinbarten weiter, daß diese mit der Hypothek von 125000 M., sobald die Klägerinnen sie erworben hätten, ein einheitliches Kapital bilden sollte. Von einem einheitlichen Kapital konnte aber, genau genommen, nur dann die Rede sein, wenn auch die durch Hypothek gesicherte Forderung eine einheitliche, nämlich eine Kaufgeldforderung war. Die Herstellung einer einheitlichen Restkaufgeld-Hypothek von 150000 M. war also das mutmaßliche Ziel der Parteien, und es bleibt dann noch zu prüfen, ob dieses Ziel erreicht ist. Die Übernahme der persönlichen Schuld aus der Hypothek von 125000 M. in Anrechnung auf den Kaufpreis konnte dabei kein unüberwindliches Hindernis bilden, wie das Kammergericht und das Landgericht
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meinen. In der Regel wird zwar die Übernahme einer Fremdhypothek in Anrechnung auf den Kaufpreis dahin zu deuten sein, daß damit ein entsprechender Teil der Leistung des Käufers unmittelbar bewirkt wird. Nicht als ob darin eine Leistung an Erfüllungsstatt im Sinne des § 364 BGB. läge, denn der Käufer macht damit keine andere als die geschuldete Leistung. Aber in Höhe der übernommenen Hypothek soll in der Regel eine Geldforderung des Verkäufers gar nicht zur Entstehung kommen; der Kaufpreis soll insoweit nur Rechnungsgröße sein (Urteile des erkennenden Senats vom 16. Januar 1928 VI 341'27, abgedr. LZ. 1928 Sp. 398, und vom 13. Februar 1928 VI 333/27 RGZ. Bd. 120 S. 166). Das ist indessen nur eine Frage der Vertragsauslegung. Im vorliegenden Falle darf die Schuldübernahme durch G. nicht für sich, sondern sie muß im Zusammenhang mit der vertraglichen Verpflichtung der Klägerinnen betrachtet werden, die Hypothek für sich zu erwerben, was nur durch Abfindung der Hypothekengläubigerin geschehen konnte und geschehen ist. In diesem Zusammenhang verbietet sich nach den §§ 133, 157 BGB. ein Festhalten am Wortlaut der Schuldübernahme. Sie läßt sich als eine nur vorläufige auffassen, aus welcher G. nicht in Anspruch genommen werden sollte, solange die Klägerinnen die Hypothek nicht erworben hatten. Dann bedeutete sie aber auch keine endgültige Leistimg auf den Kaufpreis; neben ihr konnte nach der Absicht der Vertragsparteien eine Kaufpreisforderung von 125000 M. bestehen, die später, nach dem Erwerb der Hypothek durch die Klägerinnen, ihre dingliche Sicherheit erhalten sollte (vgl. M ü g e l Anm. zum Beschluß des Kammergerichts vom 11. November 1926, JW. 1927 S. 997). Das konnte dann durch Auswechslung der Darlehensforderung mit der Kaufpreisforderung geschehen (BGB. § 1180). Anscheinend schwebte den Vertragsteilen dieser Weg vor. Sie nahmen dabei wohl an, daß die Klägerinnen die Hypothek erst nach dem Eigentumsübergang würden erwerben können. Darauf deutet der Umstand hin, daß diese sich verpflichteten, die Hypothek zum nächsten zulässigen Termin zu kündigen. Hatten die Vertragsteile die erwähnte Absicht, so war es indessen für sie gleichgültig, wenn der Erwerb schon früher geschah. Nur war dann die rechtliche Konstruktion eine andere, weil, wie Kammergericht und Landgericht zutreffend annehmen, gemäß §§ 1163, 1177 Abs. 1 BGB. zunächst eine Eigentümergrundschuld entstand, die sich mit dem Eigentumsübergang in eine gewöhnliche Grundschuld verwandelte, dann aber gemäß § 1198 BGB. in eine Kaufgeldhypothek umgewandelt werden konnte. Auch das Landgericht geht davon aus, daß die Klägerinnen durch die vorzeitige Befriedigung der Hypothekengläubigerin ihrer Vertragspflicht nicht zuwider gehandelt, sondern entsprochen haben. Hiergegen sind keine Bedenken zu erheben. Sollte endlich die Hypothekengläubigerin, wofür aber bisher nichts vorliegt, zur Zeit, als sie von den Klägerinnen befriedigt wurde, die Schuldübernahme durch G. schon genehmigt haben, so wäre nach § 1143 BGB. die Darlehensforderung mit der Hypothek auf die Klägerinnen übergegangen; es wäre eine Eigentümerhypothek im Sinne
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des § 1177 Abs. 2 BGB. entstanden, die dann wiederum gemäß § 1180 BGB. in eine Kaufgeldhypothek hätte verwandelt werden können. Von dieser Vertragsauslegung aus bleibt lediglich zu prüfen, ob die Vertragsteile ihre Absicht durch die zum Grundbuch abgegebenen Erklärungen und durch die Eintragungen im Grundbuch erreicht haben. Sie konnten zur Sicherung der Kaufpreisforderung von 125000 M., wenn man eine solche annimmt, die entstandene Grundschuld auch ohne Umwandlung verwenden, in welchem Falle die Aufwertung der Kaufpreisforderung nach allgemeinen Vorschriften zu geschehen hätte (§ 63 Abs. 3 AufwG.). Nahmen sie aber die Umwandlung in eine Kaufgeldhypothek vor, so richtet sich die Aufwertung der persönlichen Forderung nach §§ 10, 69 AufwG., § 15 des Gesetzes vom 9. Juli 1927 (RGBl. I S. 171). Ob sie das eine oder das andere getan haben, ist, ebenso wie die Auslegung des Vertrags selbst, eine Tatfrage, deren Beantwortung dem Tatrichter zusteht; er wird aber dabei die hier erörterten Gesichtspunkte zu beachten haben. Zu der grundbuchrechtlichen Frage sei noch folgendes bemerkt. Gegen die Umwandlung der Grundschuld in eine Kaufgeldhypothek kann es nicht, wie das Kammergericht meint, entscheidend sprechen, wenn die Vertragsteile das Entstehen einer Grundschuld nicht erkannt haben. Eher spräche das gegen die an sich ferner liegende Möglichkeit, daß sie die Grundschuld unverändert zur Sicherung verwenden wollten. Erstrebten sie im Endergebnis eine einheitliche Kaufgeldhypothek, so wollten sie auch die dazu erforderlichen Mittel, nötigenfalls also auch die Umwandlung einer etwa entstandenen Grundschuld gemäß § 1198 BGB., selbst wenn sie sich über die rechtliche Konstruktion nicht klar waren. Erklärungen im Gebiete des Liegenschaftsrechts unterliegen wie andere Erklärungen der Auslegung nach § 133 BGB. (RGZ. Bd. 64 S. 167), und auch Grundbucheintragungen bereiten einer dem Parteiwillen entsprechenden Deutung kein Hindernis, wenn sie mit den Parteierklärungen übereinstimmen oder auf sie Bezug nehmen. Nach diesen Gesichtspunkten wird zu prüfen sein, ob durch die Eintragungen vom 27. Dezember 1921 eine einheitliche Kaufgeldhypothek entstanden ist. Eine Darlehenshypothek kommt nicht mehr in Frage, nachdem die Klägerinnen die Hypothekengläubigerin am 1. September 1921 befriedigt haben; es müßte denn sein, daß G. damals schon durch genehmigte Schuldübernahme Darlehensschuldner gewesen und der oben erwähnte Fall der §§ 1163, 1177 Abs. 2 BGB. eingetreten wäre. Es wäre dann aber noch zu prüfen, ob die grundbuchlichen Erklärungen und Eintragungen nicht die Annahme einer Auswechslung der Forderungen nach § 1180 BGB. rechtfertigen. . . . RGZ. i22, 138 Findet § 139 BGB. A n w e n d u n g , wenn die Parteien bei Vertragsschluß wissen, daß ein Teil ihrer A b m a c h u n g e n wegen N i c h t beobachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form u n w i r k s a m ist ?
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Allgemeiner T e i l
BGB. § 139. I I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 19. Oktober 1928. I. Landgericht Görlitz.
II. Oberlandesgericht Breslau.
Durch privatschriftlichen Vertrag vom 29. September 1924 verpachtete der Kläger seine Landwirtschaft für die Zeit vom 1. Oktober 1924 bis zum 1. Oktober 1936 an den Beklagten. Der jährliche Pachtzins, der vierteljährlich im voraus zu zahlen war, wurde auf 750 GM. festgesetzt, durch Nachtragsvertrag vom 23. Oktober 1924 jedoch auf 900 GM. erhöht. Nach § 10 des Vertrags war der Verpächter berechtigt, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufzukündigen und die sofortige Räumung zu verlangen, wenn der Pächter mit der Zahlung eines Pachtzinsteils länger als 2 Wochen im Rückstände bliebe. Machte der Verpächter von diesem Kündigungsrecht Gebrauch, so haftete ihm der Pächter für allen durch die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses erwachsenen Schaden. In § 15 des Vertrags verpflichtete sich der Verpächter, dem Pächter oder dessen Rechtsnachfolgern ein Vorkaufsrecht an den ihm gehörigen Grundstücken einzuräumen. Der Beklagte trat die Pacht an und zahlte den Pachtzins zunächst regelmäßig. Er hat aber seit dem 1. Juli 1926 nicht mehr gezahlt, sondern am 20. dess. Mts. durch seinen Rechtsanwalt dem Kläger mitteilen lassen, daß er den Pachtvertrag für ungültig halte, weil das darin bewilligte Vorkaufsrecht mangels notarieller Beurkundung unwirksam sei. Der Kläger hat darauf durch Schreiben vom 14. Oktober 1926 den Vertrag wegen des Pachtrückstandes gekündigt, sich auch die Geltendmachung des ihm durch die vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses erwachsenden Schadens vorbehalten. Der Beklagte hat am 15. dess. Mts. das Pachtgrundstück geräumt. Der Kläger hat Klage erhoben auf Zahlung der am 1. Juli und 1. Oktober 1926 fällig gewordenen Pachtzinsraten abzüglich eines vom Beklagten darauf gezahlten Betrags von 200 RM., ferner auf Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet sei, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der vorzeitigen Auflösung des Pachtverhältnisses entstehe. Er behauptet, die Vertragsbestimmung über das Vorkaufsrecht sei nur von unwesentlicher Bedeutung gewesen. Der Bürovorsteher L., der den Vertrag entworfen, habe die Parteien bei Vertragsabschluß darauf hingewiesen, daß das Vorkaufsrecht zu seiner Gültigkeit der notariellen Beurkundung bedürfe. Der Beklagte habe darauf erwidert, das schade nichts; dieser Punkt sei nur nebensächlich; man könne die Bestimmung immer noch notariell verlautbaren. Der Beklagte bestreitet diese Behauptungen des Klägers. Er habe nicht gewußt, daß das Vorkaufsrecht nur durch notarielle Beurkundung gültig werden könne. Er habe auf den späteren Erwerb der an seinen eigenen Grundbesitz angrenzenden Grundstücke des Klägers den größten Wert gelegt und den hohen Pachtzins nur bewilligt, um sie sich zu sichern. Das Landgericht hat dem Klagantrag stattgegeben. Der Beklagte hat Berufung, der Kläger unter Erweiterung seines Zahlungsantrags Anschluß-
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berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Klage unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers abgewiesen. Seine Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die in § 15 des Pachtvertrags vom Kläger übernommene Verpflichtung, an den ihm gehörigen Grundstücken dem Pächter oder seinen Rechtsnachfolgern ein Vorkaufsrecht einzuräumen, wegen Nichtbeobachtung der in § 313 B G B . vorgeschriebenen Form unwirksam geblieben ist. Rechtsirrig zieht es jedoch hieraus unter Anwendung des § 139 B G B . die Folgerung, daß der ganze Pachtvertrag nichtig sei. Der Revision ist darin beizupflichten, daß ein Tatbestand, auf den die genannte Gesetzesvorschrift anwendbar sein könnte, überhaupt nicht vorliegt, und zwar deshalb nicht, weil nach der einwandfreien Feststellung des Vorderrichters den Parteien bei Abschluß des Pachtvertrags bekannt war, daß die im § 15 getroffene Vereinbarung über die Bestellung eines Vorkaufsrechts ohne notarielle (oder gerichtliche) Beurkundung unwirksam sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts ( R G Z . Bd. 68 S. 322, Bd. 79 S. 303 und S. 434, Bd. 104 S. 102; WarnRspr. 1919 Nr. 155 = SeuffArch. Bd. 74 Nr. 201) gehört zum Rechtsgeschäft eine auf Erzeugung von Rechtswirkungen gerichtete Absicht der Beteiligten. Fehlt sie, so liegt insoweit überhaupt keine rechtsgeschäftliche Erklärung vor. An ihr mangelt es besonders dann, wenn sich die Parteien bei Vertragsschluß der Nichtigkeit einer vertraglichen Bestimmung bewußt gewesen sind. Dieses Bewußtsein schließt notwendig den Willen aus, mit der Bestimmung Rechtsfolgen hervorzurufen. Sie entbehrt daher jeder rechtsgeschäftlichen Bedeutung, sodaß von der Nichtigkeit eines Teils des Rechtsgeschäfts im Sinne von § 139 B G B . nicht gesprochen werden kann. Das Rechtsgeschäft wird in solchem Falle lediglich von den übrigen Vertragsbestimmungen gebildet. Ihnen, die allein im Rechtssinne von den Parteien gewollt sind, die Rechtsgültigkeit zu versagen, dafür bietet § 139, der gerade der Verwirklichung des Parteiwillens dienen soll, keine Grundlage. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß der § 15 des Pachtvertrags, dessen Unwirksamkeit mangels der gesetzlich erforderlichen Beurkundung den Parteien bei Vertragsschluß bekannt war, rechtlich gar nicht als Teil des Vertrags in Betracht kommt. Die übrigen, von den Parteien in Wahrheit allein gewollten Vertragsbestimmungen, insbesondere also der eigentliche Pachtvertrag, sind gültig, ohne daß daneben noch die Frage aufgeworfen werden kann, ob der Vertrag ohne die Verpflichtung des Verpächters zur Bestellung eines Vorkaufsrechts geschlossen worden wäre. Das Berufungsgericht hat von den oben angeführten Urteilen des Reichsgerichts nur das in RGZ. Bd. 68 S. 322 abgedruckte in den Kreis
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seiner Erörterungen gezogen und hat darzulegen versucht, daß der dort entschiedene Fall von dem gegenwärtigen abweiche. Die damaligen Vereinbarungen waren zwischen streitenden Ehegatten getroffen und enthielten einen gegenseitigen Verzicht auf Unterhaltsansprüche; sie regelten ferner die Erziehung und den Unterhalt der Kinder und verpflichteten die Beteiligten zur Herbeiführung der Gütertrennung. Jenen Abreden sei, so führt das Oberlandesgericht aus, die Bedeutung eines Rechtsgeschäfts deshalb abgesprochen worden, weil die Rechtsordnung der Willenserklärung den etwa bezweckten Rechtserfolg versagt habe und dies den Parteien bekannt gewesen sei. Die Verpflichtung zur Bestellung eines Vorkaufsrechts könne aber in rechtlich wirksamer Weise begründet werden, nur schreibe das Gesetz hierfür die Form der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung vor. Wenn auch die Parteien auf dieses Formerfordernis aufmerksam gemacht worden seien und gewußt hätten, daß die Vereinbarung vor Erfüllung der Formvorschrift nicht rechtswirksam sei, so habe die Willenserklärung dadurch noch nicht den Charakter eines Rechtsgeschäfts verloren, so daß § 139 BGB. anzuwenden sei. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Für die Frage der Anwendbarkeit des § 139 BGB. macht es keinen Unterschied, auf welchem Rechtsgrund die den Parteien bei Vertragsschluß bewußte Unwirksamkeit ihrer Vereinbarung beruht, ob die Nichtigkeit, wie in dem früheren Falle, auf § 134 BGB. oder, wie im vorliegenden, auf § 125 in Verbindung mit § 313 BGB. zurückgeht. Der Willensinhalt war beide Male insofern derselbe, als die Vertragschließenden mit der Vertragsbestimmung bewußtermaßen keine Rechtswirkungen verknüpfen wollten. Und allein deshalb hat eine solche Abrede keinen rechtsgeschäftlichen Charakter und fällt nicht unter § 139 BGB. Übrigens betreffen mehrere der obengenannten Entscheidungen gerade Fälle, in denen die den Parteien bekannte Nichtigkeit ihrer Abrede auf dem Mangel der Form des § 313 BGB. beruht (RGZ. Bd. 79 S. 303 und S. 434; WarnRspr. 1919 Nr. ¡55 = SeuffArch. Bd. 74 Nr. 201). Die Ausführungen des Beklagten vor dem Revisionsgericht treffen ebenfalls nicht zu. Es mag sein, daß die Parteien bei Vertragsschluß beabsichtigt haben, die forfflgültige Beurkundung der Verpflichtung des Klägers zur Einräumung eines Vorkaufsrechts nachzuholen, und daß jeder Teil geglaubt hat, der andere werde bereit sein, bei der nötigen Verlautbarung der Abrede mitzuwirken. Das genügte aber nicht, um der zunächst bewußt ohne Beachtung der gesetzlichen Form getroffenen Vorkaufsvereinbarung rechtsgeschäftlichen Charakter beizulegen. Ihre Verknüpfung mit dem der öffentlichen Beurkundung nicht bedürfenden Pachtvertrag war gleichwohl nur tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur und^konnre daher die Gültigkeit des Pachtvertrags nicht beeinträchtigen. Sie hätte von der Vorkaufsabrede nur dadurch abhängig gemacht werden können, daß deren nachträgliche gesetzmäßige Beurkundung zur Bedingung des Vertrages erhoben worden wäre (vgl. RGZ. Bd. 79 S. 437). Das ist aber nicht geschehen.
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R G Z . 124, 28 1. Bezieht sich § 140 B G B . auch auf den Fall, wo ein Rechtsgeschäft deshalb nichtig ist, weil es eine Verfügung betrifft, die ein Nichtberechtigter vorgenommen hat ? 2. Uber die Einräumung eines vertraglichen Zurückbehaltungsrechts an einem Grundschuldbrief in dem Falle, daß nicht der Grundschuldgläubiger selbst, sondern ein Dritter das Recht einräumt, aber seinerseits vom Grundschuldgläubiger ermächtigt ist, dies im eigenem N a m e n zu tun. BGB. §§ 140, 986 Abs. 1 Satz 1. I. Zivilsenat. Urt. v. 27. März 1929. I. Landgericht Osnabrück.
I I . Oberlandesgericht Celle.
Der Kläger wollte sich auf einen Grundschuldbrief von 15000 GM. von der Beklagten Geld beschaffen. Zu diesem Zwecke trat er mit dem Kaufmann F. in Verbindung. Die Beklagte bewilligte auf Verhandlung mit F. einen Kredit von 15000 RM. und erhielt dafür im September 1924 zur Sicherheit den Grundschuldbrief, den der Kläger dem F. gegeben hatte, von diesem ausgehändigt. Aus dem Kredit hat der Kläger 6050 RM. erhalten. Für diese Forderung verpfändete er später der Beklagten in notarieller Verhandlung die Grundschuld. Diese Forderung der Beklagten ist unstreitig getilgt. Außerdem hat die Beklagte auf Grund des Kredits in mehreren Einzelbeträgen zu Händen des F. weiter insgesamt 7699 RM. gezahlt. Diesen Betrag hat F. zur Deckimg von Verbindlichkeiten einer Firma K . & Co. verwandt. Die Beklagte will den Grundschuldbrief nur dann an den Kläger herausgeben, wenn auch der weitere auf den Kredit entnommene, durch Zinsbelastung auf9000 RM. angewachsene Betrag beglichen sei. Mit der Klage fordert der Kläger u. a. Herausgabe des Grundschuldbriefs. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, der Kläger, nicht F., sei in Höhe des gesamten Kreditbetrags ihr Schuldner geworden und habe ihr durch F. als Vertreter ein vertragliches Zurückbehaltungsrecht an dem Grundschuldbrief bis zur Tilgung ihrer Gesamtforderung eingeräumt. Der Kläger hat bestritten, in Höhe von 9000 RM. Schuldner der Beklagten geworden und überhaupt mit ihr in Vertragsbeziehungen getreten zu sein. Er habe, so entgegnet er, den F. ausdrücklich angewiesen, erst dann den Grundschuldbrief für weitere Beträge zugunsten der Firma K. & Co. zu verwenden, wenn er, Kläger, ihm mitgeteilt hätte, daß diese Firma ihrerseits ihm, dem Kläger, ausreichende Sicherheiten gegeben habe, was aber niemals geschehen sei. Die Beklagte ist in den beiden ersten Rechtszügen unterlegen. Ihre Revision, die sich nur auf die Verurteilung zur Herausgabe des Grundschuldbriefs bezog, führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
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Gründe: Der Kläger fordert auf Grund seines Eigentums Herausgabe des ii Händen der Beklagten befindlichen Grundschuldbriefs. Dieser Ansprucl ist dann nicht berechtigt, wenn sich die Beklagte ihm gegenüber gemäl § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB. auf ein Recht zum Besitze berufen kann. Eine wirksame Verpfändung der Grundschuld ist wegen Nichtbeob achtung der Vorschriften in §§ 1274, 1192, 1154 BGB. mit Recht vernein worden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat ferner F. di< Verhandlungen mit der Beklagten nicht als Vertreter des Klägers, sonden im eigenen Namen geführt. N u r er ist daher Schuldner der von der Beklagten hergegebenen Darlehen geworden. Unmittelbare Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien sind überhaupt nicht entstanden. Darau; folgert das Berufungsgericht weiter mit Recht, daß mangels eines Anspruch: der Beklagten gegen den Kläger ein gesetzliches Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. nicht in Frage komme. Schon aus diesem Grunde scheidct auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 369 HGB. aus. Insoferr erhebt die Revision keine Angriffe. Die Beklagte hat sich auch auf ein vertragliches Zurückbehaltungsrechl berufen. In dieser Beziehung führt das Berufungsgericht aus: Aus der Aushändigung des Grundschuldbriefs an die Beklagte ergebe sich nach dei Sachlage gemäß § 140 BGB. die Vereinbarung, die Beklagte solle die ihi zur Sicherheit übergebene Urkunde so lange zurückbehalten dürfen, bis ihr die darauf gewährten Darlehensbeträge zurückerstattet seien. Da abei F. die Verhandlungen im eigenen Namen geführt habe, so äußere diese Vereinbarung nur Wirkungen zwischen ihm und der Beklagten; ob beide darüber hinaus auch den Kläger hätten verpflichten wollen, sei gleichgültig, da dies auf die unzulässige Vereinbarung eines Zurückbehaltungsrechts mit dinglicher Wirkung hinauslaufen würde. Aus diesem Grunde sei es auch unerheblich, ob der Kläger mit den von F. in eigenem Namen abgeschlossenen Darlehensgeschäften und mit der Weiterleitung eines Teils der darauf entnommenen Beträge an die Firma K. & Co. einverstanden gewesen sei. Die Revision rügt, daß der Grundsatz der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit in diesen Darlegungen verletzt sei. Diese Rüge ist unbegründet. Trotzdem kann das Urteil nicht aufrechterhalten werden, weil einschlägige Rechtsgrundsätze anderen Inhalts nicht beachtet worden sind. Wie sich aus der Heranziehung von § 140 BGB. in Verbindung mit dem Sachvortrag ergibt, hat der Berufungsrichtcr angenommen: F. und die Beklagte hätten mit der Übergabe des Grundschuldbriefs ein Pfandrecht der Beklagten an der Grundschuld bestellen wollen. Ein Pfand sei zwar nicht rechtswirksam bestellt worden, wohl aber sei das Rechtsgeschäft in Gestalt der vertragsmäßigen Begründung eines Zurückbehaltungsrechts am Grundschuldbrief aufrechtzuerhalten. Denn es sei anzunehmen, daß die Vertragsbeteiligten ein Rechtsgeschäft dieses Inhalts bei Kenntnis der Nichtigkeit der Pfandbestellung gewollt hätten.
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Daß ein Grundschuldbrief Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts sein kann, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (RGZ. Bd. 68 S. 386, Bd. 91 S. 158). Zu prüfen war danach, ob die Vertragsteile den von ihnen durch Verpfändung erstrebten wirtschaftlichen Erfolg, Sicherung einer Befriedigung der Beklagten, auch bei Vereinbarung eines Zurückbehaltungsrechts in verkehrserheblichem Umfang erreicht hätten. Hierzu ist zu bemerken: Selbst wenn der Grundschuldbrief dem F. nicht gehörtej durfte die Beklagte annehmen, daß die Zurückbehaltung des Briefes den F. schon um deswillen zur Abdeckung der Forderung veranlassen werde, weil er so in den Stand gesetzt wurde, seinen Verpflichtungen zur Rückgabe des Briefes an den ihn befriedigenden Kläger nachzukommen, und weil ferner die Zurückbehaltung auch mittelbar den Kläger zur Einhaltung seiner Verpflichtungen dem F. gegenüber und damit ebenso den F. zu gleichem Verhalten der Beklagten gegenüber veranlassen werde. Die Voraussetzungen des § 140 BGB. waren insoweit schon hierdurch in gewissem Maße erfüllt. Hier bestehen aber zwei Bedenken. Einmal dieses, daß die Beklagte durch den Vertragsschluß mit F. an sich kein Recht auf Besitz am Brief dem Kläger gegenüber erworben hatte und daher dessen Herausgabeanspruch ausgesetzt war. Ferner aber ergibt sich noch ein weiteres Bedenken aus folgendem, vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Gesichtspunkt. Die Verpfändung der Grundschuld war nicht nur mangels Einhaltung der obenerwähnten Formvorschriften unwirksam, sondern auch deshalb, weil sie ein nicht Verfügungsberechtigter vornahm. In der Rechtsprechung ist anerkannt (RGUrt. v. 21. März 1908 V 375/07 [in WarnRspr. 1908 Nr. 441 in dem hier in Betracht kommenden Punkte nicht zum Abdruck gelangt]), daß die Vorschriften des § 140 BGB. auf ein aus dem letzterwähnten Grunde unwirksames Rechtsgeschäft nicht anwendbar sind. Das daraus herzuleitende Bedenken gegen die Aufrechterhaltung des Geschäfts in Form der Bestellung eines Zurückbehaltungsrechts entfällt aber, wenn die Zustimmung des Klägers als Rechtsinhabers zu der beabsichtigten Verpfändung angenommen werden kann. Dieser Auffassung stehen die sonstigen Darlegungen jenes Urteils, die sich auf einen anders liegenden Fall beziehen, nicht entgegen. Nach den Behauptungen des Klägers muß diese Zustimmung als bestritten gelten. Insoweit bedarf also die Sachlage der Nachprüfung, ehe die Voraussetzungen des § 140 BGB. als gegeben angesehen werden können. Die erneute Würdigung des Sachverhalts ist auch wegen des erstgenannten Bedenkens nötig. Dem Berufungsgericht ist zwar darin beizutreten, daß auf Grund Vertrags zwischen F. und der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht an sich nur zwischen den Vertragschließenden wirkt. Die von der Revision angeführte Entscheidung RGZ. Bd. 66 S. 24 besagt nichts anderes (vgl. auch RGZ. Bd. 51 S. 83, Bd. 68 S. 282, 386). Von Bedeutung für die Beurteilung der Sachlage ist aber in dieser Hinsicht die vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassene Vorschrift des § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch wenn nur zwischen der Beklagten und F. ein Z.viU.
Allßem.
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Zurückbehaltungsrecht vereinbart worden ist und F. dabei, wie das Berufungsgericht feststellt, nicht gemäß § 164 BGB. im Namen des Klägers gehandelt hat, so sind doch die Voraussetzungen von § 986 Abs. 1 S. 1 Hann gegeben, wenn F. mit Einverständnis des Klägers der Beklagten zur Sicherung auch wegen des hier noch in Betracht kommenden Teiles ihrer Forderung den Besitz des Grundschulbriefs überlassen hat. Denn in solchem Fall hat F. gemäß § 185 BGB. auch in diesem Umfang der Beklagten den Besitz am Grundschulbrief mit Rechtswirksamkeit gegenüber dem Kläger eingeräumt (RGZ. Bd. 80 S. 395) und war selbst dem Kläger gegenüber zum mittelbaren Besitz berechtigt. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger sei mit der Handlungsweise des F. in dem erörterten Umfang einverstanden gewesen. Der Kläger dagegen hat behauptet, F. habe das Zurückbehaltungsrecht in Höhe der der Firma K. & Co. zugeflossenen Beträge erst bestellen dürfen, wenn diese genügend Sicherheit geleistet habe. Dieser Behauptung gegenüber muß die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB. beweisen. Der Sachverhalt bedarf daher auch aus diesem Grunde der weiteren Aufklärung. Dabei wird auch geprüft werden müssen, ob F. von vornherein ermächtigt war, der Beklagten den Grundschuldbrief zur Sicherung des gesamten zu bewilligenden Kredits zu überlassen, und ob er lediglich im Verhältnis zum Kläger an dessen Weisungen über die Verwendung der aus dem gesicherten Kredit fließenden Gelder gebunden war. Sollte sich ergeben, daß der Beklagten die Einrede aus § 986 Abs. 1 Satz 1 gegenüber dem Kläger zur Seite steht, so wäre damit außerdem gleichzeitig dargetan, daß die Beklagte sich durch die Bestellung eines vertragsmäßigen Zurückbehaltungsrechts die wirtschaftlichen Vorteile der ursprünglich beabsichtigten Verpfändung in noch erheblicherem Maße sicherte, als dies vorhin bei Würdigung des Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt des § 140 BGB. angenommen worden ist. Denn da sie sich dann bis zur Begleichung ihrer Forderung auch des auf Eigentum gegründeten Herausgabeanspruchs des Klägers erwehren konnte, so vermochte sie durch die Ausübimg des Zurückbehaltungsrechts einen wirksameren Druck auf die Begleichung ihrer Forderung auszuüben. Damit würden für diesen Fall, wie schon oben erwähnt, alle etwa noch möglichen Bedenken beseitigt sein, ob den Voraussetzungen des § 140 BGB. in dieser Hinsicht ausreichend genügt sei.
RGZ. 124, 115 1. Zum Begriff der Unverzüglichkeit der Irrtumsanfechtung. 2. Kommt es auch auf den Irrtum des Kommittenten an, wenn ein vom Kommissionär mit einem Dritten abgeschlossener Kaufvertrag vom Kommissionär und vom Kommittenten wegen Irrtums angefochten wird ? BGB. § 121. HGB. § 396.
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I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 22. Februar 1929. I. Landgericht I Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Im Frühjahr 1925 übergab Frau F. in Berlin durch ihren Ehemann dem Warenhaus W. daselbst zwei chinesische Vasen zum kommissionsweisen Verkauf. Im Einverständnis mit der Eigentümerin stellte diese Firma die Vasen in ihrer Abteilung für moderne China- und Japanwaren zum Verkauf aus. Dort kaufte sie der Beklagte am 1. August 1925 zu dem geforderten Preis von 390 RM. Er verkaufte sie alsbald mit größerem Gewinn (nach Angabe des Klägers f ü r 15000 hol1. Gulden) weiter nach Holland. Bei einer von dem holländischen Erwerber veranstalteten Versteigerung wurden sie durch das Kensington-Museum in London zum Gegenwert von 200000 RM. ersteigert. Durch Schreiben vom 19. November 1925 focht Rechtsanwalt Dr. St. namens der Beteiligten, nämlich der früheren Eigentümerin und der Kommissionärin, den Kaufvertrag wegen Irrtums an, da diese bei Abschluß des Kaufvertrags der Meinimg gewesen seien, daß es sich um Stücke aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts handle, während die Vasen in Wirklichkeit aus der Zeit der Mingdynastie, d. h. aus der Zeit von 1380 bis 1644 stammten, in der das chinesische Reich die höchste Blüte in der Kunst erreicht hatte. In dem Schreiben wurde weiter erklärt, der Beklagte sei verpflichtet, die Vasen zurückzuliefern oder im Falle der Unmöglichkeit ihren Wert zu ersetzen oder zum mindesten den erzielten Erlös an die Beteiligten abzuführen; die Firma W. habe ihre sämtlichen Ansprüche an Frau F. abgetreten. Mit der Klage verlangte der Kläger, dem Frau F. ihre Ansprüche bis zur Höhe von 5000 RM. abgetreten hat, Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieses Betrags als Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Klägers war erfolglos. Seine Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Das Kammergericht geht davon aus, daß das etwaige Anfechtungsrecht wegen Irrtums ebenso wie der aus der Nichtigkeit des Verkaufs abgeleitete Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nur in der Person der Firma W. als der in eigenem Namen handelnden Verkäuferin entstanden sei. Die auf dem Alter einer Sache beruhende Seltenheit sei als Eigenschaft der Sache anzusehen. Daß die beiden Vasen einen Seltenheitswert in diesem Sinne hätten, unterliege keinem Zweifel. Die Firma W. habe sich über diesen Wert im Irrtum befunden, die für sie maßgebenden Persönlichkeiten hätten ihnen jeden Altertums- und besonderen Kunstwert abgesprochen. Das hiernach entstandene Anfechtungsrecht sei jedoch verwirkt, weil die Anfechtung nicht unverzüglich erfolgt sei. Die Eheleute F. hätten am 12. Oktober 1925 von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Durch sie sei die Firma W. am 13. Oktober darüber unterrichtet worden. Diese habe die Eheleute F. ermächtigt, die weiteren Schritte für sie nach
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freiem Ermessen zu unternehmen. Spätestens am 22. Oktober hätten die Eheleute F. die Wohnung des Beklagten ermittelt. Jedenfalls an diesem Tage sei die Anfechtung möglich gewesen. Wenn die Eheleute F. dann noch zugewartet hätten, bis auch der Vollzug des von ihnen beantragten Arrestbefehls möglich gewesen sei, so hätten sie damit die Interessen des Anfechtungsgcgners nicht ausreichend berücksichtigt. Die Verzögerung sei auch nicht dadurch entschuldigt, daß sich die Ausbringung des Arrests wegen der geforderten Sicherheitsleistung verzögert habe. Es habe kein genügender Grund vorgelegen, wegen des Arrests mit der Anfechtung zu warten. Außerdem seien auch beim Betreiben der Anordnung des Arrestes und bei seinem Vollzug unnötige Verzögerungen eingetreten. Wenn sich die Firma W. selbst der Sache angenommen haben würde, hätte die Aufbringung der Sicherheit auch keine Schwierigkeiten verursacht. Frau F., welche die Anfechtung kraft Vollmacht der Firma W. in ihrem eigenen Interesse betrieben habe, könne sich daher nicht damit entschuldigen, daß ihr die Aufbringung der Sicherheit Schwierigkeiten bereitet habe. Die Revision rügt Verletzung des § 121 B G B . Wenn Frau F. — so wird geltendgemacht — die Anfechtung erklärt hätte, ohne den Arrestbefehl abzuwarten, so hätte sie damit rechnen müssen, daß der Beklagte die kostbaren Vasen ins Ausland verbringe, und daß sie damit das Gegenteil von dem erreichen würde, wozu ihr die Anfechtung verhelfen sollte. Daher liege keine schuldhafte Verzögerung vor. Das Interesse der Anfechtungsberechtigten an der Verzögerung sei hier so schwerwiegend, daß die Belange des Beklagten hinreichend berücksichtigt seien, wenn er die Anfechtungserklärung erst nach vier Wochen erhalten habe. Wie der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem V. Zivilsenat des Reichsgerichts schon früher ausgesprochen hat, ist die Frage, ob in bestimmten Vorgängen ein schuldhaftes Verzögern zu erblicken sei, eine Rechtsfrage, die der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt (RGZ. Bd. 49 S. 395, Bd. 64 S. 161). Zum Begriff der Unverzüglichkeit gehört nach der letztgenannten Entscheidung grundsätzlich ein nach den Umständen des Falles zu bemessendes beschleunigtes Handeln, durch das dem Interesse des Anfechtungsgegners an Klarstellung des durch die Anfechtung in Frage gestellten Rechtsverhältnisses Rechnung getragen wird. Die Verpflichtung zur unverzüglichen Erklärung bedeutet also nicht, daß der Berechtigte die Anfechtungserklärung „sofort" abzugeben hat. Es kommt nicht darauf allein an, welcher Zeitraum zwischen Erlangung der Kenntnis vom Anfechtungsgrund und der Person des Anfechtungsgegners einerseits und der Abgabe der Anfechtungserklärung anderseits liegt. So hat das Reichsgericht im Urteil vom 28. Februar 1908 III 289 07 eine über einen Monat nach Erlangung solcher Kenntnis erklärte Anfechtung noch für zulässig erklärt, weil der Prozeßbevollmächtigte der Partei, auf dessen Kenntnis es ankam, noch eine Entschließung der Partei selbst für notwendig hielt (vgl. auch RGUrt. vom 8. November 1907 V I I 47/07). Ein Zögern schließt die Anfechtung nur aus, wenn es schuldhaft ist. Letzteres
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trifft nur zu, wenn das Zuwarten nicht durch die Umstände des Falles geboten ist. Die Rücksicht auf den Anfechtungsgegner, zu dessen Schutze das Gesetz die unverzügliche Abgabe der Anfechtungserklärung vorschreibt, braucht nicht so weit zu gehen, daß dadurch das Anfechtungsrecht selbst vereitelt wird. Bei Berücksichtigung der Interessen des Anfechtungsgegners wird unter Abwägung der Belange beider Parteien zu prüfen sein, ob im einzelnen Falle der Anfechtungsgegner Grund hat, in einem bestimmten Zeitpunkt Klarheit über den Bestand des Geschäfts zu erhalten oder ob seine Lage durch Hinausschiebung der Anfechtungserklärung nicht berührt wird. Danach ist eine Hinausschiebung der Anfechtungserklärung dann nicht schuldhaft, wenn die Anfechtung nur durch sie ihr Ziel, die Wiederherstellung des früheren Zustands, erreichen kann. Die Hinausschiebung kann namentlich dann geboten sein, wenn durch frühere Abgabe der Erklärung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt würde. Die Rücksicht darauf, daß der Beklagte Ausländer ist, daß seine Wohnung nicht ohne weiteres zu ermitteln war, daß Kunstgegenstände vielfach ins Ausland verkauft werden und daß dies nach dem im Arrestverfahren vorgelegten Zeitungsausschnitt auch im gegenwärtigen Fall nahelag, konnte daher die Frau F. und ihren Rechtsanwalt wohl veranlassen, die Vollstreckung des Anspruchs zu sichern, bevor sie dem Beklagten die Anfechtungserklärung zugehen ließen. Das Landgericht hat auch das Vorliegen eines Arrestgrundes bejaht. Das Berufungsgericht hat den Arrest nur deshalb aufgehoben, weil die Anfechtung zu spät erfolgt sei; die Frage aber, ob ein Arrestgrund vorliege, hat der Berufungsrichter dahingestellt gelassen. Soweit es sich um die Verzögerimg bei Erlassung des Arrestbefehls handelt, kann es der Frau F. nicht zum Verschulden angerechnet werden, daß die Sicherheit nicht von der Firma W. geleistet wurde, wodurch die bei Frau F. bestehende Schwierigkeit der Beschaffung der Sicherheitsmittel allerdings vermieden worden wäre. Wenn auch die Firma W. als Kommissionärin im Verhältnis zur Kommittentin verpflichtet war, deren Interessen zu wahren, so brauchte sie doch keine Aufwendungen für die Rechtsverfolgung zu machen, wenn ihr nicht vorher die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt wurden ( S t a u b - K o e n i g e HGB. Anm. 14 zu § 396 HGB.; § 669 BGB.). Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers hat aber die Firma W. ausdrücklich erklärt, durch die zu unternehmenden Schritte dürften ihr keine Kosten entstehen. Die Erlassung des Arrestbefehls wäre also nicht beschleunigt worden, wenn die Firma W. den Antrag gestellt hätte. Da sie erklärt hatte, sie müsse das Vorgehen der Frau F. überlassen, blieb dieser nichts anderes übrig, als auf Grund der Forderungsabtretung ihre Interessen selbst zu wahren. Nun sind allerdings jeweils mehrere Tage vergangen, bis Frau F. die ihr im Arrestverfahren gemachten gerichtlichen Auflagen erledigte, und von der Zustellung des Arrestbefehls an, die am 16. November erfolgte, hat es wieder drei Tage gedauert, bis der Arrest vollzogen wurde. Auch dadurch ist eine kleine Verzögerung eingetreten, daß die Antragstellerin nicht zugleich mit der
70 Bürgschaftsurkunde einen Nachweis darüber vorgelegt hat, daß die Unterzeichner der Urkunde zur Vertretung der bürgenden Bank ermächtigt waren. Berücksichtigt man aber, daß der Verkehr mit dem Gericht durch einen Anwalt vermittelt wurde, daß erst mit der Bank verhandelt werden mußte, daß die bürgende Bank eine Großbank war, von der man die Ausstellung einer dem Gericht genügenden Urkunde erwarten konnte, so kann auch in dieser Verzögerung kein Verschulden der Gläubigerin gefunden werden. Daß die Interessen des Beklagten unter dem um einige Wochen verzögerten Zugehen der Anfechtungserklärung gelitten hätten, ist nicht ersichtlich. Hiernach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Bei der künftigen Verhandlung wird folgendes zu beachten sein. Wie der Berufungsrichter zutreffend annimmt, ist eine Anfechtung nur zulässig, wenn sich die Firma W. über eine im Verkehr als wesentlich angesehene Eigenschaft der Sache im Irrtum befunden hat. Frau F. wird sich aber auf einen Irrtum der Kommissionärin nicht berufen können, wenn sie nicht selbst im Irrtum war. Es wird also zu prüfen sein, ob sie oder ihr Ehemann, der die Verhandlungen mit der Firma W. führte, bei Abschluß des Kommissionsvertrags mit der Möglichkeit rechnete, daß es sich um Sachen handle, die aus früheren Jahrhunderten stammen und einen besonderen Altertumswert haben, und ob bei Erkenntnis dieser Möglichkeit der Kommissionsvertrag mit der gegebenen Preisbestimmung nicht abgeschlossen worden wäre.
RGZ. 125, 209 Erstreckt sich die Nichtigkeit eines Schankpachtvertrags, der durch die Kastellanabrede gegen das Gesetz verstößt, auch auf eine Hilfsvereinbarung, durch welche die Beteiligten für den Fall der Aufdeckung des Verstoßes den Schankbetrieb des Pächters auf erlaubtem Weg zu ermöglichen suchen ? BGB. §§ 134, 139, 140. VIII. Zivilsenat. I. Landgericht Köln.
Urt. v. 8. Juli 1929.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die in einem Hause in Köln-Deutz befindliche Gastwirtschaft ist von der Klägerin durch Vertrag vom 22. Juni 1927 für die Zeit vom 1. Juli 1927 bis 31. Mai 1930 an die Beklagte zu 1, von dieser durch Vertrag vom 8. Juli 1927 für die gleiche Zeit und für den gleichen Pachtzins an den Beklagten zu 2 und seine Ehefrau verpachtet worden. Die klagende Verpächterin hatte Schankkonzession. Im Vertrag vom 22. Juni 1927 setzt § 6 das Recht der Pächterin zur Unterverpachtung an einwandfreie und tüchtige Geschäftsleute fest und bestimmt dann:
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„Die Wirtschaftskonzession bleibt auf dem Namen der Verpächterin Frau L. Sollten die Behörden während der Dauer des Pachtvertrags den jeweiligen Vertreter der Anpächterin nicht mehr bestätigen, so verpflichtet sich Frau L., auf die Konzession zugunsten eines Inhabers der Pächterin oder zugunsten des von der Pächterin präsentierten Untermieters zu verzichten. In diesem Fall gilt die am 31. Mai 1930 ablaufende Pachtzeit schon hiermit als um zwei Jahre zu den Bedingungen dieses Vertrags verlängert. Der neue Konzessionsinhaber verpflichtet sich, beim Ende des Pachtvertrags bzw. des Unterpachtvertrags auf die Konzession zugunsten der Verpächterin . . . zu verzichten." Dieser Bestimmung entspricht im Unterpachtvertrag der Beklagten zu 1 und 2 die des § 6, in der auch die Unterpächter anerkennen, daß die Wirtschaftskonzession auf den Namen der Verpächterin Frau L. bleibt. Für den Fall, daß die Behörden keinen der Unterpächter als Vertreter „bestätigten" oder die „Bestätigung" widerriefen, solle es der Beklagten zu 1 freistehen, den Vertrag aufzuheben. Wenn aber die Unterpächter ihren Verpflichtungen nachgekommen seien, solle die Konzession für einen der Eheleute nachgesucht werden. Neben diesen Verträgen schloß nach Feststellung des Berufungsrichters die Klägerin mit dem Beklagten zu 2 „zum Schein" einen Vertretervertrag und legte ihn der Polizeibehörde als Grundlage der vorgeschützten Vertretung der Klägerin als Konzessionsinhaberin durch den Beklagten zu 2 vor. Bis zum Mai 1928 wurde im Einverständnis der Parteien die Schankwirtschaft durch den Beklagten zu 2 (und seine Ehefrau) als Vertreter der Klägerin geführt. Dann kündigte die Klägerin den Beklagten den Pachtvertrag wegen angeblicher Überschreitungen der Polizeistunde, die sie in der Konzession schädigten; auf den Widerspruch der Beklagten eröffnete sie der Polizei, daß der Beklagte zu 2 nicht ihr Vertreter, sondern Pächter sei, und erhob, die Nichtigkeit der drei Verträge behauptend, Räumungsklage gegen die Beklagten. In beiden Vorinstanzen sind die Beklagten unterlegen. Auf ihre Revision wurde die Klage abgewiesen. Gründe: Das Berufungsgericht nimmt an, schon beim Abschluß der Verträge vom 22. Juni und 8. Juli 1927 sei der Klägerin und den Beklagten bekannt gewesen, daß die Vereinbarungen in § 6 beider Verträge über die Vertretung der Klägerin in der Konzession ebenso wie der Kastellanvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 wegen Verstoßes gegen die §§ 33,147 der Gewerbeordnung nichtig seien. Daß für die sonstigen Teile des Rechtsgeschäfts die Grundsätze des § 139 BGB. nicht Platz greifen können, verkennt der Berufungsrichtei nicht. Unzutreffend ist seine Begründimg, die sonstigen Abmachungen seien Hilfsabmachungen gewesen, hätten also zu der nichtigen Vereinbarung nicht im Verhältnis von Teilen eines Rechtsgeschäfts gestanden.
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Vielmehr ist mit der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 112 S. 138) Gewicht darauf zu legen, daß die bewußt nichtige Abrede überhaupt kein Rechtsgeschäft darstellt und daß die Parteien als rechtlich bindend nur das haben vereinbaren wollen, was der Berufungsrichter als Hilfsvereinbarung bezeichnet. Daß diese Abrede — die Vereinbarung eines Pachtvertrags, bei dem die Klägerin zugunsten des unmittelbaren Schankbesitzers auf die Konzession verzichten soll — gegen das Gesetz verstoße, nimmt der Berufungsrichter nicht an. Gleichwohl sieht er die Abrede als nichtig wegen Verstoßes gegen das Gesetz an, weil nach dem inneren Zusammenhang mit der Hauptbestimmung des Vertrags die „Hilfsabrede" nur dazu gedient habe, den Parteien Sicherheit zu geben, damit sie um so ruhiger und unbesorgter in erster Linie das Ungesetzliche wollen könnten, ohne daraus Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Insofern sei auch die in zweiter Linie getroffene Abrede zur Umgehimg der §§ 33, 147 GewO. bestimmt . . . . Sonst sei ein allzu einfaches Mittel gegeben, die Nichtigkeit der Kastellanverträge zu umgehen. Es mag diesen Ausführungen nicht schlechthin entgegenstehen, daß nach dem oben Gesagten die bewußt verbotene Abrede außerhalb des Rechtsgeschäfts und deshalb nur in tatsächlichem Zusammenhang mit der streitigen Hilfsvereinbarung steht. Die Revision rügt aber zutreffend eine Verkennung des rechtlichen Zweckes der Vorschrift in § 134 BGB. Es soll zwar Parteiabreden nicht gelingen, gegen das gesetzliche Verbot Vertragsrecht zu schaffen; es liegt aber nicht im Sinn jener Vorschrift, erlaubte Parteizwecke zu vereiteln, damit um so stärker der dazu gesuchte verbotene Weg verpönt werde. Sowohl § 139 BGB. wie § 140 BGB. umfassen die Fälle einer nach § 134 BGB. eintretenden Nichtigkeit und tragen doch dem Parteiwillen, soweit er mit dem Gesetz im Einklang steht, trotz der Verbindung in einem Rechtsgeschäft mit gesetzwidrigem Wollen Rechnung. So hat das Reichsgericht (SeuffArch. Bd. 80 S. 193 Nr. 110) bei einem Verstoß gegen die Devisenverordnung vom 2. Februar 1922 die Umdeutung des aus diesem Grunde nichtigen Geschäfts in ein erlaubtes in Erwägung gezogen, ebenso das Urteil RGZ. Bd. 121 S. 99 in dem Fall einer den § 215 HGB. verletzenden Abrede. In beiden Fällen ist von der Aufrechterhaltung der Geschäfte nur aus Gesichtspunkten des Parteiwillens abgesehen worden. Ist danach eine richterliche „Konversion" auch in Fällen der Anwendung von § 134 BGB. zulässig und geboten, so kann es den Parteien nicht verwehrt sein, den erlaubten wirtschaftlichen Zweck des verbotenen Geschäfts im Wege einer Hilfsabrede mit einem erlaubten Mittel zu suchen. Der Berufungsrichter meint, es ermuntere zum Versuch der Gesetzesverletzung, wenn das zunächst unter Mißachtimg des Gesetzes erstrebte Ziel hilfsweise im Einklang mit dem Gesetz wirksam erstrebt werden könnte. Ob diese Gefahr im allgemeinen und bei dem besonderen Fall der in Frage stehenden Gesetzesverletzung wirklich besteht, bedarf nicht der Erörterung. § 134 BGB. bedroht jedenfalls nur ein Rechtsgeschäft mit
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Nichtigkeit, das gegen das Gesetz v e r s t ö ß t . Die Revision hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der Zusammenhang der an sich zulässigen Abrede mit der ersten, gesetzwidrigen, die Gültigkeit der zweiten nur auf Grund einer Beurteilung aus § 138 BGB. berühren könnte. Der Berufungsrichter hat aber zutreffend und in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ. Bd. 91 S. 238; JW. 1917 S. 658 Nr. 1; Urt. vom 18. Februar 1921 VII 456/20) angenommen, daß der Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 33, 147 GewO. ohne Hinzukommen weiterer Umstände nicht zur Annahme des Tatbestands von § 138 BGB. genügt. Die Vorinstanzen haben danach aus unzutreffenden Erwägungen die Rechtsgültigkeit der Pachtverträge vom 22. Juni 1927 und 8. Juli 1927 verneint. RGZ. 127, 218 Haftet d e r Unternehmer für die m a n g e l n d e A u s f ü h r u n g eines Werkes auch den verletzten Dienstverpflichteten des Bestellers vertraglich auf Schadensersatz ? Vertrag zugunsten eines Dritten. BGB. §§ 133, 157, 228, 328, 618. VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 10. Februar 1936.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldverhältnisse". RGZ. 127, 337 f 1. . . . * ) 2. Kann gegenüber einem Sicherungsübereignungsvertrag, d e n eine Finanzbehörde zur Sicherung von T a b a k s t e u e r n m i t e i n e m Steuerschuldner geschlossen hat, Nichtigkeit aus § 138 BGB. wegen Kredittäuschung geltend gemacht werden ? BGB. § 138. VII. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht I Berlin.
Urt. v. 4. März 1930. II. Kammergericht daselbst.
Aus den G r ü n d e n : . . . Sind aber die im vorliegenden Falle abgeschlossenen Sicherungsübereignungsverträge als privatrechtliche Verträge anzusehen, so muß sich auch der Beklagte gleich einem Privatgläubiger behandeln lassen. Trägt der Vertrag die Merkmale eines Kredittäuschungsvertrags an sich, indem die Schuldnerin mit Wissen des Beklagten diesem annähernd alle greifbaren *) Geringere Bedeutung
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Allgemeiner T e i l
Vermögensstücke übereignete, während die Übereignung nach außen verdeckt blieb und die Schuldnerin kreditfähig erschien, dann würden die Verträge nach § 138 Abs. 1 B G B . sittenwidrig und daher nichtig sein (vgl. R G Z . Bd. 67 S. 166, Bd. 77 S. 210, Bd. 85 S. 345, WarnRspr. 1914 Nr. 316, 1915 Nr. 134, 1916 Nr. 271, 1926 Nr. 84, 1929 Nr. 74). In dieser Beziehung ist es von Belang, ob die Aufstellung des Bücherrevisors H. dieselben Gegenstände wie die in den Verträgen aufgeführten enthielt und der höhere Wert in jener Aufstellung nur auf verschiedene Bewertung zurückzuführen ist, sowie ob die mitübereignete Grundschuld ungefähr dem Werte des Viliengrundstücks des K . gleichkommt. Die Revision rügt daher mit Recht die Nichterhebung der in dieser Richtung angetretenen Beweise. Hiernach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache in die Vorinstanz zurückzuverweisen.
R G Z . 128, 92 f 1. . . . *) 2. L i e g t ein V e r s t o ß g e g e n die g u t e n Sitten darin, d a ß der deutsche B ü h n e n v e r e i n seinen M i t g l i e d e r n die E i n h a l t u n g von H ö c h s t s ä t z e n b e i V e r g ü t u n g e n an D i r i g e n t e n , O p e r n s ä n g e r und O p e r n s ä n g e r i n n e n vorschreibt ? ZPO. § 256.
B G B . § 138.
VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht I Berlin.
RVerf. Art. 142**), 152.
Urt. v. 24. März 1930. II. Kammergericht daselbst.
Dem Beklagten, einem eingetragenen Verein, gehören alle bedeutenden Bühnen Deutschlands und Österreichs an, insbesondere sämtliche Opernhäuser, an denen Sänger von Rang, sei es als Mitglieder, sei es als Gäste auftreten. In einer Arbeitsausschußsitzung vom 17. Juni 1926 hat der Verwaltungsrat des Beklagten auf Grund der Vereinssatzimg beschlossen, alle ihm angeschlossenen Opernbühnen zu verpflichten, die Bestimmungen eines von den Bühnenvorständen beschlossenen, von ihm durch Rundschreiben vom 26. Juni 1926 mitgeteilten Abkommens einzuhalten. Das Abkommen betrifft die den künstlerischen Vorständen und den Einzelmitgliedern zu gewährenden Vergütungen und bestimmt unter anderem: Das Gesamteinkommen für das Jahr darf den Betrag von 30000 R M . nicht übersteigen (§ 1). Die Gastspielvergütungen für Dirigenten, Opernsänger und Opernsängerinnen dürfen für ein Auftreten den Betrag von 500 R M . nicht übersteigen. In Ausnahmefällen dürfen sie bis zum Betrage von 1000 R M . erhöht werden, keinesfalls aber diesen Betrag übersteigen (§ 3). Abweichungen von diesen Bestimmungen (§§ 1 bis 3) bedürfen der *) Geringere Bedeutung **) Jetzt B G G . Art. 5 Abs. 3
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Vereinbarung zwischen der Bühne und dem Vorstand des Beklagten. Die Unterlagen für ihren Antrag hat die Bühne vorzulegen (§ 7). Die Kläger, die sich als hervorragende Opernsänger bezeichnen, die an Berliner Opernhäusern zum Teil auf Dauervertrag, zum Teil auf Gastspielvertrag tätig sind und eine nach den Tagen ihres Auftretens bestimmte Vergütung erhalten, behaupten: die Bestimmimg des § 3 des Abkommens verstoße gegen die Art. 142 und 152 RVerf. und enthalte eine unzulässige Ausnutzimg der Monopolstellung des Beklagten ihnen gegenüber, verstoße sonach gegen die guten Sitten, schädige sie, die Kläger, sehr und sei nichtig. Sie haben daher mit der Klage die Feststellung begehrt, der Beklagte sei nicht berechtigt, seinen Mitgliedern vorzuschreiben, daß keiner der Kläger eine höhere Gage als 1000 RM. für den Abend erhalten dürfe. Der Beklagte hat eingewendet: Die Voraussetzungen der Feststellungsklage seien nicht gegeben. Von einem Verstoß des § 3 gegen die guten Sitten könne keine Rede sein. Das Landgericht erkannte nach dem Klagantrag. Dagegen wies das Berufungsgericht die Klage ab. Die Revision der Kläger wurde zurückgewiesen. Gründe: . . . In der Sache selbst geht das Berufimgsgericht zutreffend davon aus, daß die vom Beklagten beschlossene Bestimmung schon dann hinfallig sei und ihm keine Befugnis zu einem entsprechenden Verbot gegenüber seinen Mitgliedern gebe, wenn sie gegen die guten Sitten verstoße und daher nichtig sei (§ 138 BGB.). Daß diese Bestimmung auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolgs, nämlich auf die Bindung der Vereinsmitglieder gerichtet, also ein Rechtsgeschäft im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist, kann nicht zweifelhaft sein. Es kann sich also nur fragen, ob darin ein Verstoß gegen die guten Sitten liegt. Diese Frage ist insoweit eine Rechtsfrage, als zu prüfen ist, ob nach den festgestellten Umständen ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt (vgl. RGZ. Bd. 48 S. 129, Bd. 67 S. 101, Bd. 81 S. 41, Bd. 86 S. 191 u. a., ferner das Schrifttum zu § 138 BGB.). Nur in dieser Richtung bewegen sich auch die Angriffe der Revision. Würde die Bestimmung in eines der in der Reichsverfassung gewährleisteten Grundrechte der Kläger eingreifen, so wäre wohl damit, wie das Berufungsgericht angenommen hat, gegen die guten Sitten verstoßen. Denn die maßgebende sittliche Anschauung aller Recht und Sitte achtenden Volksgenossen verlangt, daß diese Grundrechte im menschlichen Verkehr geachtet werden. Solche Grundrechte, insbesondere die in Art. 142 und 152 RVerf. bezeichneten, sind aber gar nicht verletzt worden. Art. 142 bestimmt, daß die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehren frei sind. Er hat den Zweck, grundsätzlich die Kunst vor Eingriffen der Staatsorgane zu schützen und nur die in den allgemeinen Gesetzen vorgesehenen Schranken zuzulassen. Dagegen liegt darin nicht die Bestimmung, die Kunst solle auch im übrigen in voller Unabhängigkeit von allen sie einengenden Lebensverhältnissen, insbesondere solchen materieller Art, schaffen können,
76 und jeder Volksgenosse habe ohne Rücksicht auf seine Belange sein Verhalten den Künstlern gegenüber dementsprechend einzurichten. Vielmehr bleibt in dieser Beziehung alles dem freien Spiel der Kräfte überlassen» soweit nicht Gesetz oder gute Sitte etwas anderes gebieten. Insbesondere kann die Bemessung der Vergütung für Kunstleistungen nur diesen Schranken unterliegen; nicht aber kann auf Grund des Art. 142 RVerf. verlangt werden, daß sich die Vertragsgenossen der Künstler aller gemeinsamen Maßnahmen zur Ermäßigung der Forderungen der Künstler enthalten. Nur um letzteres handelt es sich aber hier. Ebensowenig wird durch die Bestimmung der in Art. 152 RVerf. aufgestellte Grundsatz der Vertragsfreiheit verletzt. Dieser besagt nur, daß die Parteien es in den Schranken der Gesetze völlig in der Hand haben, ihre Beziehungen durch Verträge so zu gestalten, wie es ihrer Willenseinigung entspricht, und daß sie nicht durch sonstige Forderungen allgemeiner Art daran gehindert werden können. Dagegen ist darin nicht die Bestimmung enthalten, es müsse jede Vertragspartei die Verhandlungen so führen und den Vertrag so schließen, wie es ihrem völlig freien, durch nichts beeinflußten Willen entspricht. Eine freie Entschließung in diesem Sinne kann es im Leben gar nicht geben. Jeder Vertragschließende wird auf die besonderen Verhältnisse und auf die Bindungen Rücksicht zu nehmen haben, die sich aus ihnen oder aus anderen Abreden für ihn ergeben. Der Art. 152 steht daher keineswegs der Vereinigung von Interessentengruppen und der dadurch herbeigeführten Bindung an gewisse Schranken bei Vertragsverhandlungen mit Dritten entgegen. Daß dem so ist, ergibt klar der Art. 159 RVerf.*), der ausdrücklich die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gewährleistet. Die Revision will denn auch die Art. 142 und 152 RVerf. nur „unterstützend" heranziehen, um die Sittenwidrigkeit der Bestimmung aus anderen Gründen darzulegen. Sie können aber nach ihrem wahren Inhalt auch dafür nicht in Betracht kommen. Die Frage, ob die Bestimmung sonst gegen die guten Sitten verstößt, ist vom Berufungsgericht unter dem zutreffenden Gesichtspunkt geprüft worden, ob sie dem Anstandsgefühl der Volksgenossen mit einer dem Durchschnitt entsprechenden billigen, gerechten und anständigen Gesinnung widerspricht. Dabei sind die gesamten Umstände, insbesondere der Inhalt der Bestimmung, der Beweggrund, der den Beklagten dazu veranlaßt hat, und der Zweck, den er damit verfolgt hat, berücksichtigt worden. Diese Betrachtung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Sie will vielmehr im wesentlichen darlegen: Der Beklagte habe in unzulässiger und die Kläger wie die Kunst schwer schädigender Weise seine Alleinstellung (Monopolstellung) ausgenutzt. Seine Maßnahme sei unwirtschaftlich und nicht geeignet, den von ihm erstrebten Erfolg, die Beseitigung der ungünstigen wirtschaftlichen Lage der Theater, zu erreichen. Darunter *) Jetzt BGG. Art. 9 Abs. 5
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leide die Kunst, da die bedeutenden Künstler durch die niedrige Vergütung gezwungen würden, zu anderen Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere zur Operette, zum Film, zum Rundfunk überzugehen oder im Ausland aufzutreten. Den Ausführungen der Revision kann nicht beigetreten werden. Richtig ist, daß der verklagte Verein eine Alleinstellung gegenüber den darstellenden Künstlern und insbesondere gegenüber den Klägern insofern einnimmt, als ihm alle bedeutenden Theater Deutschlands und Österreichs angehören, darunter alle Opernhäuser, die für ein Auftreten der Kläger in Betracht kommen. Das verkennt auch das Berufungsgericht nicht. Es braucht nicht näher untersucht zu werden, ob die Grundsätze, die über die Ausnutzung einer Alleinstellung für Verkehrsgewerbe und gewerbliche Anstalten aufgestellt sind, auf die hier in Betracht kommenden Verhältnisse anzuwenden sind, obwohl hier nicht die — wenn auch in gewisser Weise beschränkte — Allgemeinheit, sondern nur ein ganz gesonderter Personenkreis dem Beklagten gegenübersteht. Denn auch wenn man diese Grundsätze hier zugrunde legt, können die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht als rechtsirrtümlich bezeichnet werden. Entscheidend ist dabei, ob die Alleinstellung dazu mißbraucht ist, um dem anderen Teil Vertragsbedingungen aufzuerlegen, die eine übermäßige Ausnutzung der gegebenen Machtstellung enthalten. Derselbe Gesichtspunkt liegt übrigens auch der Rechtsprechung zugrunde, welche die übermäßige Ausnutzung der Lage des wirtschaftlich Schwächeren durch den wirtschaftlich Stärkeren zum Schaden des ersteren oder Dritter für einen Verstoß gegen die guten Sitten erklärt. Schließlich bewegt sich in ähnlicher Richtung auch der ebenfalls hier in Betracht kommende Gedankengang: Im Wirtschaftskampfe kann es niemand verwehrt werden, seine eigenen Belange auch dann zu verfolgen, wenn dadurch ein anderer geschädigt wird. Gegen die guten Sitten verstößt ein solches Vorgehen nur beim Hinzutritt besonderer Umstände, insbesondere wenn unlautere Mittel angewendet werden oder das Verhalten die wirtschaftliche Vernichtung der anderen zur Folge hat oder doch eine übermäßige wirtschaftliche Schädigung, die in keinem Verhältnis zum Vorteil des Schädigers steht, oder eine übermäßige Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit. Alle diese Grundsätze sind im wesentlichen für das Wirtschaftsleben entwickelt worden. Sie werden aber auch unter Beachtung der besonderen Art und Stellung des Künstlers und der besonderen Verhältnisse der Verwertung seiner Kunstleistungen auf die wirtschaftlichen Beziehungen anzuwenden sein, die zum Zwecke und in Durchführung dieser Verwertung zwischen dem Künstler und dem anderen Vertragsteil entstehen. Hier handelt es sich auf der einen Seite um darstellende Künstler, die nach ihrer Angabe vermöge ihrer hervorragenden Leistungen eine besondere Stellung einnehmen, und anderseits um die Vorstände der Bühnen, die für ihr Auftreten in Frage kommen, sowie um den Verein, in dem diese zur Wahrung ihrer Belange zusammengeschlossen sind. Wie das Berufungsgericht feststellt und nach den allgemein bekannt gewordenen Erfahrungen der letzten Jahre zweifellos ist, befinden sich fast alle Bühnen,
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welche ernsten künstlerischen Aufgaben dienen, besonders die Opernhäuser, in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage. Ihre Unkosten übersteigen nieist erheblich die Einnahmen. Soweit sie von öffentlichen Verbänden — Staat, Gemeinden — betrieben werden, und das ist die Mehrzahl, können die großen Opernhäuser nur durch erhebliche Zuschüsse dieser Verbände aufrechterhalten werden, da die immer weitere Kreise, besonders die kunstfreudigen und kunstverständigen, ergreifende Verarmung der Erhöhung der Eintrittspreise enge Schranken setzt. Nim gebieten aber die ungeheuren öffentlichen Lasten, die infolge der aufgezwungenen Friedensbedingungen und der sich daran anschließenden Verträge Deutschland obliegen, größte Sparsamkeit in der Wirtschaft aller öffentlichen Verbände. Und daraus ergibt sich wieder, daß fast überall die den Opernhäusern gewährten Unterstützungen entweder ganz oder doch zu einem erheblichen Teil gestrichen werden. So können die Opernhäuser ihren Betrieb wieder nur aufrechterhalten, wenn sie ihre Ausgaben entsprechend vermindern. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts schränken sie aus solchen notwendigen, rein wirtschaftlichen Erwägungen auch die in erheblichem Maße in Betracht kommenden Ausgaben für die hervorragenden, teils auf Dauer, teils auf Gastspielvertrag angenommenen Einzelsänger und -Sängerinnen ein. Um das durch gleichmäßige Handhabung angemessen erreichen zu können und gleichzeitig ungesunde Überbietungen der Bühnen zu verhindern, schreibt der ihre Belange wahrnehmende Verein, der Beklagte, eine Höchstvcrgütung vor, insbesondere auch für Gastspiele. Mit dem Berufungsgericht kann jedenfalls in dem Beweggrund zu diesem Vorgehen und in dessen Zweck an sich nichts Sittenwidriges gefunden werden. Aber auch der Inhalt der Bestimmung verstößt bei Würdigung aller Umstände nicht gegen die guten Sitten. Es kann dabei nicht, wie die Revision will, darauf entscheidend ankommen, ob nun wirklich die Maßregel des Beklagten zu dem erstrebten Ziel führt oder ob sie verfehlt ist und ob „etliche Bühnenleiter" sie auch für verfehlt halten cder darunter leiden. Es ist dem Beklagten zuzugestehen, daß er am besten die Mittel und Wege kennen muß, die er zur Erzielung von Ersparnissen einzuschlagen hat, und daß er jedenfalls die Mittel anwenden darf, die er für die geeigneten hält. Sollte er darin auch wirklich irren, so wird damit doch noch nicht die ergriffene Maßregel zu einer solchen, die den sittlichen Anschauungen der Volksgenossen widerspricht. Der Beklagte würde ja auch unwirtschaftlich und den Belangen seiner Mitglieder zuwider handeln, wenn er eine sie angeblich schädigende Maßnahme zu Ersparniszwecken ergriffe, und es kann ohne weiteres angenommen werden, daß die Mehrheit seiner Mitglieder das bald erkennen und auf dem satzungsmäßigen Wege eine Änderung herbeiführen würde. Wenn nach dem Vorbringen der Kläger einige Bühnenleiter, darunter auch hervorragende, anderer Ansicht sind, so handelt es sich dabei eben um Meinungsverschiedenheiten. Der Beweis für die objektive Wahrheit kann durch derartige Gutachten nach Lage der Umstände nicht erbracht werden. Höchstens etwa dann, wenn das zur
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zweifellosen Gewißheit festgestellt werden könnte und wenn auch der Beklagte bei hinreichender Prüfung das hätte erkennen müssen, würde diese Tatsache für die Frage eines Verstoßes gegen die guten Sitten überhaupt in Betracht kommen. Der Umstand, daß der Beklagte in besonderen Fällen Abweichungen von der vorgeschriebenen Höchstvergütung gestatten darf und gestattet, kann nicht dazu benutzt werden, um die Bestimmung über die Höchstvergütung an sich als sittenwidrig erscheinen zu lassen. Denn sie dient gerade den Belangen der Künstler und gestattet bei besonderer Sachlage Ausnahmen zu ihren Gunsten. Wenn die tatsächliche Handhabung dieser Ausnahmebestimmung im Einzelfall Anlaß zu Beanstandungen bietet, insbesondere wenn sie als unlauter erscheint, so muß es im Einzelfall dem Geschädigten überlassen bleiben, mit den gesetzlichen Mitteln dagegen vorzugehen. Keinesfalls kann daraus ein Schluß auf das Sittenwidrige der ganzen Bestimmung gezogen werden. Aber auch wenn man die Wirkung der Bestimmung auf die Verhältnisse der Kläger hinzunimmt, kann aus den gesamten Umständen in ihr kein Verstoß gegen die guten Sitten gefunden werden. Daß von einer wirtschaftlichen Vernichtung der Kläger keine Rede sein kann, wenn sie für das Auftreten an einem Abend 1000 RM. erhalten können, ist ohne weiteres klar. Das behauptet auch die Revision nicht. Man kann auch nicht sagen, daß der vom Beklagten erstrebte und nach seiner Ansicht erzielte ¿Vorteil in einem unbilligen Mißverhältnis zu dem Nachteil steht, den die,;Kläger dadurch erleiden. Denn was der Beklagte erspart, das büßen die Kläger ein. Es kann sich also nur fragen, ob die Kläger etwa aus anderen Gründen einen übermäßigen Schaden erleiden und ob sie insbesondere in unzulässiger Weise in ihrer wirtschaftlichen oder künstlerischen Freiheit beschränkt werden. Abzulehnen ist die Erwägimg der Revision, daß es schon etwas Sittenwidriges sei, einen Künstler überhaupt an einen Tarif zu binden, da er darauf Anspruch habe, in entsprechender Weise an dem durch seine Kunstleistung erzielten Betrag teilzunehmen. Das letztere ist nicht richtig und auch allgemein nicht üblich, liegt übrigens auch nicht im Interesse des Künstlers, da seine Vergütimg dann stets von den Einnahmen der Bühne abhinge und unter Umständen ganz gering oder ein Nichts wäre und er gegebenenfalls sogar am Verlust teilnehmen müßte. Überdies wäre es ja gerade auch bei Opernaufführungen ganz unmöglich, festzustellen, welcher Teil der Einnahmen auf jeden der zahlreichen Mitwirkenden entfällt. Man kann aber auch nicht sagen, daß die Festsetzung einer Höchstvergütung, wenn sie sonst nach den besonderen Umständen nichts Unzulässiges enthält, notwendig mit der Kunstleistung, jedenfalls mit der eines darstellenden Künstlers, unvereinbar sei und den Künstler in unzulässiger Weise einschränke. Sie kann es sein, wenn sie sich in unangemessenen Grenzen bewegt, dem Künstler nicht eine seiner Leistung und Stellung im Verhältnis zu anderen Berufen entsprechende Lebensführung gestattet, wobei stets auch die Verhältnisse des anderen Teils zu berücksichtigen sein werden. Es ist aber dem Berufungsrichter aus Rechtsgründen nicht entgegenzu-
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treten, wenn er in den hier vorgesehenen Höchstvergütungen keine Überschreitung dieser Grenze findet. Er hat die besonderen Verhältnisse der Opernsänger berücksichtigt. Wenn er dabei zu anderen Ergebnissen kommt als die Revision, so handelt es sich doch um bloße Tatsachenwürdigung. Aus Gesichtspunkten des Rechts oder der allgemeinen Erfahrung sind dagegen keine Bedenken zu erheben. Wenn die Künstler sich trotzdem von der Oper abwenden und Beschäftigung in anderen Zweigen der Kunstausübung suchen und finden oder ins Ausland gehen, weil ihnen dort weit größere Verdienstmöglichkeiten winken, so ist das gewiß im Interesse eines hohen Standes der Opernkunst zu bedauern. Aber die Künstler können nicht sagen, daß sie dazu durch die Maßnahmen des Beklagten gezwungen seien, daß sie nicht anders handeln könnten und daß sie daher in unzulässiger Weise in der Freiheit ihrer Kunstausübung beschränkt seien. Gerade in einem niedergedrückten und verarmten Lande wie Deutschland haben die darstellenden Künstler die Aufgabe, ihre Volksgenossen durch vollkommene Verkörperung der großen Gestalten einer hohen Kunst zu erheben. Schon in dieser Wirkung liegt ein ideeller Lohn für ihre Begabung und ihre Arbeit. Ihre materielle Entlohnung mag wegen der gedrückten allgemeinen Lage nicht derjenigen in anderen, reicheren Ländern oder in Kunstzweigen entsprechen, die wegen ihrer anders gearteten Verhältnisse zur Gewährung höherer Vergütungen in der Lage sind. Immerhin bietet sie ihnen aber, wie das Berufungsgericht annimmt, ein gutes und auch ihr Alter sicherndes Auskommen, selbst wenn sie keine verdienstbringenden Nebenbeschäftigungen haben, wie sie das angefochtene Urteil für die Mehrzahl der Kläger feststellt. Es liegt dann in ihrer Hand, ob sie die höhere künstlerische Betätigung und eine solche in ihrem Vaterland bei hinreichendem Auskommen vorziehen oder ob sie das höhere Einkommen wählen und dafür eine andere Art der Betätigung in Kauf nehmen. Man kann somit nicht sagen, daß sie durch die Bestimmung der Höchstvergütung in der Freiheit ihrer künstlerischen Betätigung in unzulässiger Weise eingeschränkt werden, wenn man auf der anderen Seite in Betracht zieht, daß sich die Bühnen durch die Verhältnisse zur größten Sparsamkeit gezwungen sehen.
RGZ. 128, 251 Sittenwidriger Darlehensvertrag. BGB. § 138. I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 15. Februar 1929. I. Landgericht I Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Der Kläger kaufte durch Vertrag vom 23. Januar 1926 von den H.Automobilwerken AG. eine Expreßdroschke für 12800 RM. Davon hatte er 1 , mit 3200 RM. anzuzahlen, was geschehen ist; der Rest war in Raten abzutragen. Bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises behielten sich
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die H.-Werke das Eigentum an der Droschke vor. Sie wurde dem Kläger noch im Jahre 1926 übergeben. Schon vorher hatte dieser mit der Beklagten, welche gewerbsmäßig Automobilkäufe finanziert, einen vom 22. Dezember 1925 datierten „Darlehensvertrag" geschlossen, wonach ihm die Beklagte zur Zahlung des Restkaufpreises ein Darlehen von 9600 RM. gewährte. Diesen Betrag (die restliche Kaufpreissumme) zahlte die Beklagte an die H.-Werke, worauf diese ihr Eigentum an dem Wagen an sie übertrugen. Der Kläger hat die Januar- und die Februar-Rate 1926mit je 637,30 RM. an die Beklagte entrichtet. Die Raten für März, April und Mai wurden nach Behauptung der Beklagten ohne rechtfertigenden Grund nur teilweise gezahlt. Am 8. Juni 1926 setzte sich die Beklagte in den Besitz des Wagens. Am 16. Juli 1926 bestimmte sie zur Zahlung der ganzen, einschließlich 4% Vertragsstrafe auf 9103,15 RM. berechneten restlichen Darlehenssumme dem Kläger eine Frist bis zum 23. Juli 1926 unter Hinweis darauf, daß er mit der Zahlung der Ende Mai verfallenen Rate länger als 2 Tage im Verzug geblieben sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist werde sie — so heißt es in dem Schreiben weiter — den Wagen entweder freihändig, nicht unter dem von einem Sachverständigen anzugebenden Schätzungspreis, verwerten oder ihn öffentlich versteigern lassen. Am 23. Juli teilte sie dem Kläger mit, daß sie den Wagen zu dem vom Sachverständigen Ingenieur F. angesetzten Preise von 4500 RM. verwertet habe; nach Abzug dieses Betrags von ihrer Forderung von 9103,15 RM. blieben noch 4603,15 RM., die sie gegen den Kläger geltend machen werde. Im gegenwärtigen Rechtsstreit beantragt der Kläger einmal Feststellung dahin, daß die Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 22. Dezember 1925 keine Forderung gegen ihn habe, und weiterhin Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 500 RM. Schadensersatz. Er machte geltend: Der Darlehensvertrag sei wucherisch und verstoße gegen die guten Sitten; durch die Wegnahme des Wagens sei ihm ein Verdienstausfall in viel höherem Betrage als 500 RM. entstanden. Die Beklagte bestritt die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz. Der erste Richter gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies sie ab. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Der Berufungsrichter hält den Darlehensvertrag vom 22. Dezember 1925 für rechtsgültig. Er nimmt an, es handle sich dabei wirklich um ein Darlehen (in Höhe von 9600 RM.), das die Beklagte dem Kläger gewährt habe, und zwar in der Weise, daß sie den vom Kläger den H.-Werken geschuldeten Restkaufpreis im Betrag von 9600 RM. an diese Werke gezahlt habe. Nach der Auffassung des Vorderrichters liegt also ein Kaufgeschäft vor, das der Kläger mit den H.-Werken abgeschlossen hat. Damit verwirft das angefochtene Urteil die Beurteilung der Sachlage dahin, daß der Kaufvertrag über den Kraftwagen in Wirklichkeit zwischen dem Kläger und der ZiviU. A llircni. Ti-il :i 0
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jetzigen Beklagten abgeschlossen worden sei und diese sich nur der H.-Werke als vorgeschobener Person — angeblicher Verkäuferin — bedient habe. Infolgedessen könne, so führt das Urteil weiter aus, das Reichsgesetz betr. die Abzahlungsgeschäfte vom 16. Mai 1894 auf die Rechtsbeziehungen zwischen den Prozeßparteien keine Anwendung finden. Davon, daß sich die Beklagte die vom Kläger an die H.-Werke geleistete Anzahlung von 3200 RM. auf ihre Forderung an ihn anrechnen lassen müsse, könne unter diesen Umständen keine Rede sein. Dagegen müsse sie sich den Betrag anrechnen lassen, den sie bei der Verwertung des streitigen Wagens erlöst habe und den sie auf 4500 RM. angebe. Wenn man aber auch den vom Kläger angegebenen Wertbetrag von 7000 RM. absetze, so bleibe immer noch zugunsten der Beklagten ein Rest von 2329,55 RM. Die Angriffe, die der Kläger aus § 138 BGB. gegen die Rechtsbeständigkeit des Darlehensvertrags erhoben hat, weist der Berufungsrichter zurück; es liege weder ein wucherliches (§ 138 Abs. 2) noch ein sonst gegen die guten Sitten verstoßendes Rechtsgeschäft (§ 138 Abs. 1) vor. Weiterhin erklärt das Berufungsgericht die Schadensersatzforderung, die sich der Kläger in Höhe von 9250 RM zuschreibt und mit der er aufrechnen will, für unbegründet. Allerdings habe sich die Beklagte bei der Art und Weise, wie sie sich in den Besitz des Wagens setzte, einer verbotenen Eigenmacht und insofern einer unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 2 in Verb, mit § 855 BGB.) schuldig gemacht. Dem Kläger stehe aber trotzdem kein Schadensersatzanspruch zu, weil er nicht dargetan habe, daß ihm aus der Wegnahme des Wagens ein Schaden erwachsen sei. Letzteres könne deshalb nicht angenommen werden, weil der Kläger wegen seines am 8. Juni 1926 schon eingetreten gewesenen Zahlungsverzugs (von mehr als 2 Tagen) nach §§ 5 und 6 des Darlehensvertrages den Wagen doch nicht hätte behalten dürfen. Denn die Beklagte habe nach diesen Bestimmungen das Recht gehabt, die ganze Restforderung fällig zu machen und den Wagen ohne Anrufung des Gerichts an sich zu nehmen. Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte stehe dem nicht entgegen, weil dieses Gesetz auf die Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beklagten keine Anwendung finde. Seien aber am 8. Juni 1926 die Voraussetzungen für die Wegnahme des Wagens durch die Beklagte gegeben gewesen, so sei der Kläger durch die Wegnahme nicht geschädigt. Damit entfalle der Schadensersatzanspruch des Klägers und die Möglichkeit der Aufrechnung. Die erste Rüge der Revision wendet sich gegen die Annahme, daß das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte hier nicht anwendbar sei. Dieser Angriff kann keinen Erfolg haben. Es ist zwar richtig, daß der mit den H.Werken abgeschlossene Kaufvertrag und der Darlehensvertrag im engsten Zusammenhang miteinander stehen. Dies ergibt sich schon daraus, daß der Darlehensvertrag einige Zeit vor dem Kaufvertrag geschlossen und daß jeder der beiden Verträge im andern in Bezug genommen ist (der Darlehensvertrag im Kaufvertrag durch die Bemerkung „Rest über Indag",
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wonach der Restkaufpreis nach Anzahlung von 1 , gemäß den Bestimmungen des Darlehensvertrags zu tilgen war). Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre es überhaupt nicht zum Abschluß des Kaufvertrags gekommen, wenn sich der Kläger nicht vorher auf die Darlehensgewährung durch die Beklagte unter den Bedingungen des Vertrags vom 22. Dezember 1925 eingelassen hätte. Das Darlehen von 9600 RM. hat der Kläger dadurch erhalten, daß unstreitig die Beklagte den Restkaufpreis in dieser Höhe (% von 12800 RM.) für ihn an die H.-Werke gezahlt hat. Gerade daraus aber in Verbindung mit der Tatsache, daß auch der Kläger seine Anzahlung von 3200 RM. an die H.-Werke gemacht hatte, ergibt sich die rechtliche Beurteilung, daß als Verkäuferin des Wagens dem Kläger gegenüber die Firma H.-Werke und nicht die Beklagte anzusehen ist. Hieran vermag der Umstand nichts zu ändern, daß im Darlehensvertrag (§ 5) von vornherein das Einrücken der Beklagten in die durch den Eigentumsvorbehalt für die Verkäuferin zu begründende Rechtsstellung vorgesehen war. Die Beziehungen zwischen den H.-Werken und der Beklagten sind zu wenig geklärt, als daß angenommen werden könnte, die Beklagte habe sich der H.-Werke nur als Strohmanns bedient (um den Schein hervorzurufen, als wäre diese Firma die Verkäuferin), in Wirklichkeit habe es sich um ein Kaufgeschäft zwischen den Prozeßparteien gehandelt. Was der Kläger über die Beziehungen der beiden Firmen zueinander vorgetragen hat, reicht, auch wenn es durchweg als richtig unterstellt wird, nicht aus, um gegenüber den angeführten Umständen darzutun, daß die Firma H.-Werke bei derartigen Automobilverkäufen nur im Auftrag und für Rechnung der Beklagten tätig zu werden pflege und daß sie auch den hier fraglichen Kaufvertrag in diesem Sinne abgeschlossen habe. Die Annahme, der Darlehensvertrag sei ein verstecktes Kaufgeschäft gewesen, ist daher vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum abgelehnt worden. Daraus folgt, daß das Gesetz über die Abzahlungsgeschäfte keine Anwendung findet. Begründet ist dagegen die Auffassung der Revision, daß der Darlehensvertrag gegen § 138 Abs. 1 BGB. verstoße. Der Vertragsgegner der Beklagten war, wie dieser nicht verborgen bleiben konnte, ein sog. kleiner Mann, der sich durch Ankauf und Betrieb der Droschke einen Erwerb verschaffen wollte und nur wenig mehr an Mitteln zur Verfügung hatte, als nötig war, um die Anzahlung von 3200 RM. zu leisten. Wenn einem solchen Manne die Verpflichtung auferlegt wurde, l 1 /, Jahre hindurch monatliche Abschlagszahlungen von je 637,30 RM. zu leisten (auf den einzelnen Tag kommen hierbei rund 21 RM.), so war es von vornherein klar, zum mindesten aber in hohem Grade wahrscheinlich, daß diese Verpflichtung bestenfalls für einige wenige Monate pünktlich werde erfüllt werden können, daß aber über kurz oder lang der Verzugsfall eintreten werde. In die 18 Raten von 637,30 RM. (macht zusammen 11471,40 RM.) waren 19,5% „Provision" aus 9600 RM. eingerechnet. In Wirklichkeit war dieser „Provisionssatz" (richtiger vielleicht „Zinssatz") dann, wenn man den jeweils geschuldeten Betrag zugrunde legt, wesentlich höher als 6'
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19,5 weil bei dieser Berechnung auf die nach dem Vertrag zu leistenden monatlichen Abzahlungen keine Rücksicht genommen, die Provision vielmehr einheitlich aus dem ursprünglichen Schuldbetrag von 9600 RM. berechnet ist. Nach Angabe des Klägers soll die Provisionsvergütung tatsächlich, d. h. bei Rücksichtnahme auf die vorgesehene allmonatliche Verminderung der Schuld, 30°o betragen; die Beklagte bestreitet dies, gibt aber für diesen Fall eine Provisionshöhe von immerhin 26 zu. Das Berufungsgericht meint, es fehle im übrigen, auch wenn man die zum Teil allerdings harten sonstigen Vertragsbedingungen in Betracht ziehe, an Umständen, die den Kläger über Gebühr in seiner Freiheit zu beschränken geeignet gewesen seien und damit den Vertrag zu einem sog. Knebelungsvertrag gemacht hätten. Dem vermag der Senat nicht beizutreten. Zunächst macht § 3 dem Kläger zur Pflicht, den Wagen mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Kraftwagenführers zu benutzen und zu pflegen, der Beklagten als Zessionarin der H.-Werke jederzeit den Verbleib des Wagens anzuzeigen, seine Besichtigimg zu ermöglichen, ihn nicht ohne Erlaubnis der Beklagten nach dem Ausland zu verbringen, eine Zwangsvollstreckung in den Wagen oder „ihre Besorgnis" sofort mitzuteilen und die Kosten eines etwaigen Interventionsprozesses zu tragen. Der Kläger darf außerdem den Wagen weder veräußern noch verpfänden noch sonst irgendwie über ihn verfügen und hat die Steuern, die auf ihm ruhen, gegenwärtige und zukünftige zu tragen; endlich hat er der Beklagten jede Wohnsitzveränderung binnen 24 Stunden anzuzeigen. Nach § 4 hat der Darlehensnehmer den Wagen bei einer von der Beklagten zu bestimmenden Gesellschaft gegen alle versicherbaren Gefahren bis zum Betrag des Kaufpreises und sich selbst gegen Haftpflicht für Personenschäden bis zu 100000 RM., sowie gegen Sachschäden bis zu 10000 RM. zu versichern, wobei die Beklagte die Versicherungsgesellschaften bestimmt und die Versicherungen vermittelt. Ferner hat er Ansprüche aus den Versicherungsverträgen an die Beklagte abzutreten und ihr die Versicherungsscheine sowie die für die Versicherungsgesellschaften bestimmten Anzeigen der Abtretung zu übergeben. Besonders streng ist die Bestimmung des § 5, wonach das ganze Darlehen fällig wird, wenn der Darlehensnehmer mit der Zahlung einer Rate länger als 2 Tage im Verzug ist, oder wenn er „gegen eine der Verpflichtungen der §§ 3 und 4" verstößt oder „auch nur den Versuch macht, gegen eine dieser Verpflichtungen zu verstoßen". Dazu bestimmt § 5 noch weiter: Die VerzugsziAscn betrügen 4" , über dem jeweiligen Reichsbankdiskont und daneben sei eine Vertragsstrafe in Höhe von 4°,, des noch nicht getilgten Teils des Darlehens zu zahlen. Zu erwähnen ist endlich noch der Inhalt von § 6. Danach hat die Beklagte in den Fällen des § 5 neben den dort genannten Ansprüchen das Recht, den Wagen sofort selbst oder durch Bevollmächtigte an sich zu nehmen. Der Darlehensnehmer gestattet — so heißt es im § 6 weiter — „die Fortnahme ohne Anrufung des Gerichts und erkennt an, daß die Wegnahme keine verbotene Eigenmacht darstellt". Die Ansprüche der Beklagten sollen aber trotz der Wegnahme, die nur zur
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Sicherung erfolge, bestehen bleiben. Die Kosten der Wegnahme trägt der Darlehensnehmer. Die Beklagte darf insbesondere ihre Ansprüche auf Vertragserfüllung wegen der nach § 5 eingetretenen Fälligkeit der Restschuld sofort in voller Höhe geltend machen. Sie kann aber auch eine Frist setzen unter der Androhung, daß sie nach Fristablauf Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern, den Wagen freihändig verwerten oder öffentlich versteigern, den Erlös gegen die Restschuld verrechnen und den ihr etwa noch zustehenden Unterschied auf Grund der vom Kläger auszustellenden Wechsel geltend machen werde. Die freihändige Verwertung wird — so heißt es am Schlüsse von § 6 — nicht unter einem Preis erfolgen, den ein Sachverständiger als Schätzungspreis ansetzt. Die Auferlegung so harter Vertragsbedingungen, insbesondere einem Mann gegenüber, der ohne Stellung und Erwerb und für die Erfüllung der Ratenverpflichtungen im wesentlichen auf den Verdienst aus dem Betrieb der damals gekauften Autodroschke angewiesen war, verstößt gegen das Anstandsgefühl billig und gerecht denkender Leute. Sittenwidrig sind namentlich, abgesehen von den nach den Verhältnissen des Darlehensnehmers ganz außerordentlich drückenden Rückzahlungsauflagen und von den ungewöhnlich strengen Versicherungsverpflichtungen im § 4, die Bestimmungen der §§ 5 und 6, wonach die Fälligkeit des ganzen Darlehens u. a. auch dann eintritt, wenn der Kläger „auch nur den Versuch" eines Verstoßes gegen §§ 3 und 4 macht, und wonach der Beklagten neben den durch § 5 gewähnen Ansprüchen das Recht der Wegnahme des Wagens zusteht, wegen deren, wie sie auch vor sich gehen möge, dem Kläger von vornherein die Berufung auf verbotene Eigenmacht versagt wird. Nimmt man hinzu, daß die Ansprüche der Beklagten trotz der etwaigen Wegnahme des Wagens bestehen bleiben und daß dessen Verwertung durch die Beklagte auf Grund der Schätzung eines von ihr allein ausgewählten Sachverständigen zu geschehen hat, so handelt es sich um Bindungen, durch welche der Darlehensnehmer der Willkür der Beklagten in einem Maße preisgegeben ist, das sich mit der herkömmlichen Auffassung von Anstand im Geschäftsverkehr nicht verträgt. In seiner Gesamtheit stellt der Vertrag vom 22. Dezember 1925 eine so weitgehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Freiheit des Klägers dar, und die ihm auferlegten Verpflichtungen sind im Vergleich mit den Leistungen der Beklagten so schwerwiegend und drückend, daß der Vertrag im ganzen als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden muß. Das angefochtene Urteil betont besonders das Wagnis, das die Beklagte auf sich genommen habe und wegen dessen sie sich durch strenge Bestimmungen habe schützen müssen. Allein die Gefahr, welche die Beklagte lief, war schon im Hinblick auf die vom Kläger in Ansehung der Versicherung des Wagens und seiner Person übernommenen Verpflichtungen nicht so groß, daß sie eine auch nur annähernd so drückende Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit zu rechtfertigen vermöchte, wie sie dem Kläger auferlegt worden ist. Im übrigen darf vom Gesichtspunkt der guten Sitten aus ein noch so weitgehendes Risiko nicht durch so harte,
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die Bewegungsfreiheit des Schuldners so stark einengende Vertragsbedingungen ausgeschaltet oder herabgemindert werden. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung die volkswirtschaftliche Wichtigkeit des hier zur Beurteilung stehenden Vertragstypus betont und dargelegt, man habe diese Art von Verträgen und im Zusammenhang damit die Finanzierung von Automobilkäufen durch Banken erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit in Deutschland eingeführt, um einerseits die Automobilindustrie neu zu beleben und zu fördern und anderseits auch weniger bemittelten Leuten den Ankauf von Kraftwagen zu ermöglichen. Die Automobilfabrikanten und -händler seien natürlich nicht in der Lage, Ratenzahlung auf längere Zeit hinaus zu gewähren; deshalb hätten sich Bankgeschäfte damit befaßt, den Käufern im Wege des Darlehens Kredit zu geben. In Deutschland werde diese Art von Finanzierung schon durch eine Reihe von Banken ausgeübt; die Beklagte betreibe ausschließlich solche Geschäfte. Der neue Vertragstypus sei zuerst in den Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen worden und spiele in der dortigen Wirtschaft eine sehr große Rolle. England sei dann dem Vorgang von Amerika gefolgt, und nunmehr scheine sich diese Art von Verträgen auch in Deutschland immer mehr einzubürgern. Soweit hier neue, dem Gericht nicht schon aus eigener Erfahrung bekannte Tatsachen vorgetragen sind, können sie in diesem Rechtszuge nicht berücksichtigt werden. Im übrigen vermag das neue Vorbringen, auch wenn es durchweg als richtig unterstellt wird, an der oben wiedergegebenen Beurteilung des Darlehensvertrags nichts zu ändern. Welchen Inhalt die in Amerika und in England gebräuchlichen und als rechtswirksam angesehenen Verträge im einzelnen haben, ist dem Reichsgericht nicht bekannt. Darauf kommt es auch nicht an. Denn die Frage, ob der hier vorliegende Darlehensvertrag Rechtsbestand hat, ist nur nach deutschem Recht, im besonderen nach deutscher Verkehrsanschauung, zu entscheiden. Nach dieser ist er aber mit dem Anstandsgefühl billig und gerecht denkender Leute nicht vereinbar. Und dabei muß es auch dann bleiben, wenn — wie die Beklagte behauptet — der Abschluß von Verträgen mit solchem Inhalt in Deutschland schon in ziemlich weitem Umfang Übung geworden ist. Da hiernach Nichtigkeit des Darlehens Vertrags nach § 138 Abs. 1 BGB. vorliegt, kann dahinstehen, ob nicht auch der Gesichtspunkt des Wuchers (§ 138 Abs. 2) zu diesem Ergebnis führen müßte. Ohne weiteres zu verneinen ist diese Frage keinesfalls. Das Berufungsgericht hat sie verneint, aus Gründen übrigens, die der rechtlichen Nachprüfung nicht standhalten. Einmal ist nicht einzusehen, warum der Vorderrichter die Sachlage nur unter dem Gesichtspunkt der Notlage und nicht auch unter dem der Ausbeutung der Unerfahrenheit betrachtet hat. Der Kläger hatte sich ganz allgemein auf Bewucherimg im Sinne des § 138 Abs. 2 berufen, wie denn auch der erste Richter die Frage der Ausbeutung der Unerfahrenheit geprüft (und bejaht) hat. Sodann stimmt die Annahme, der Kläger hätte auch ohne Inanspruchnahme der Beklagten, d. h. durch einen Abschluß mit den
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rl.-Werken allein, zur beabsichtigten Gründung seiner Erwerbstätigkeit Kommen können, nicht damit überein, daß der Darlehensvertrag einige Zeit v o r dem Kaufvertrag abgeschlossen und daß in diesem wegen der restlichen 9600 R M . „Zahlung über Indag" ausbedungen ist. Bei dem :ngen Zusammenhang, der zwischen den beiden Firmen (der Beklagten ind den H.-Werken) besteht, kann nicht davon ausgegangen werden, daß ier Kläger den Wagen von den H.-Werken (auf gewöhnliche Abzahlung) Dekommen hätte, wenn er nicht auf die Klausel „Zahlung über Indag" eingegangen wäre. Endlich zieht das Berufungsgericht bei der Frage des iuffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung zugunsten der Beklagten den Umstand heran, daß sie bei Diskontierung der ?ora Kläger hingegebenen Wechsel 16,5% Spesen habe zahlen müssen. Hierbei handelt es sich aber um eine erst nach Vcrtragsschluß eingetretene, im 22. Dezember 1925 in dieser Höhe kaum in Aussicht genommene Beastung der Beklagten. Solche nachträglich aufgetretenen Zahlungsnot•vendigkeiten sind bei der Frage des Mißverhältnisses nur zu berücksichigen, wenn feststeht, daß sie in der vorhandenen Höhe schon bei Vertragsibschluß in Rechnung gezogen worden sind. Die Annahme der Nichtigkeit des Darlehensvertrags hat die Aufhebung ies angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache zur Folge. A.uf dieser Grundlage werden nunmehr die beiderseitigen Ansprüche zu prüfen sein. Dabei wird das Berufungsgericht insbesondere auch darüber 'nach Anhörung der Parteien) zu befinden haben, welche Folgen sich aus der Nichtigkeit des Darlehensvertrags für den Rechtsbestand des Kaufvertrags mit den H.-Werken ergeben und ob dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Schadloshaltung wegen seiner Zahlungen an sie und wegen des den H.-Werken gezahlten Angelds von 3200 RM.zusteht. R.GZ. 129, 122 1. Ist § 140 B G B . anwendbar, w e n n das nichtige Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines heilbar nichtigen Rechtsgeschäfts entspricht ? 2. Unter welchen Voraussetzungen kann in der Ü b e r e i g n u n g eines Erbanteils die A u f l a s s u n g eines zur E r b m a s s e gehörenden Grundstücks g e f u n d e n werden ? B G B . §§ 140, 3 1 3 , 925, 2033, 2042, 2371. IV. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hirschberg.
Urt. v. 22. Mai 1930. II. Oberlandesgericht Breslau.
Der am 29. Juli 1921 verstorbene Ernst W., dessen Vermögen in der Hauptsache aus einem Grundstück bestand, hinterließ als Erben je zur Hälfte seine beiden Geschwister, die Parteien. Diese schlössen am 16. Februar 1922 einen notariell beurkundeten Vertrag folgenden Inhalts. Die Klä-
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gerin „verkaufte" dem Beklagten „ihren Erbanteil, also die ihr gehörige Hälfte des Nachlasses, zum Preise von 25000 M." und erklärte, daß sie ihm „hiermit den Erbanteil übereigne." Die Parteien bewilligten und beantragten, daß der Beklagte als Eigentümer des Grundstücks eingetragen werde. Der Kaufpreis für die Übereignung wurde unter Verzicht auf hypothekarische Sicherstellung gestundet, gleichzeitig auch seine Verzinslichkeit und Kündbarkeit vereinbart. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts betrug der vereinbarte Kaufpreis in Wahrheit 50000 M., wovon die nicht beurkundeten 25000 M. am 31. März 1922 gezahlt wurden, während auf den gestundeten Betrag im Herbst 1923 1 000000 M. gezahlt wurden. Die Eintragung des Beklagten gcschah am 1. April 1922. Mit der Klage verfolgt die Klägerin einen Anspruch auf Aufwertung der gestundeten und inzwischen gekündigten 25000 M. und fordert die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von mindestens 8000 RM. nebst Zinsen. Das Landgericht wies die Klage ab, weil der Kaufpreis insgesamt nur 25000 M. betragen habe, eine Aufwertung aber auch verwirkt sei. Das Berufungsgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen. Gründe: Die Nichtigkeit des der Formvorschrift des §2371 BGB. unterliegenden Erbschaftskaufs ergab sich aus der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsache, daß in dem notariellen Akte der Kaufpreis unrichtig angegeben war. Sie wurde auch nicht etwa durch die gleichzeitig erfolgte dingliche Übertragung des Erbanteils (§ 2033 BGB.) geheilt. Insbesondere ist für eine entsprechende Anwendung des § 313 Abs. 2 BGB. kein Raum. Der Hinweis der Klägerin auf die in RGZ. Bd. 125 S. 264 enthaltenen Darlegungen geht fehl. Es handelte sich dort um das dingliche Vorkaufsrecht an einem Grundstück, während hier der Anteil an einem Nachlaß in Frage steht. Es kommt daher entschc-idcnd darauf an, ob das nichtige Geschäft auf Grund des § 140 BGB. im Wege der sogenannten Konversion aufrechterhalten werden kann. Der dahin gehenden Auffassung des Berufungsrichters ist im Ergebnis beizutreten. Der nichtige Erbschaftskauf entspricht in der Tat bei Zugrundelegung der Urteilsfeststellungen den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, nämlich einer Erbauseinandersetzung nach § 2042 BGB., und es ist anzunehmen, daß dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt wäre. Die Gründe des Berufungsurteils ergeben zunächst, daß die Parteien die Miterbengemeinschaft nicht durch eine Auseinandersetzung im Sinne der angeführten Gesetzesvorschrift, sondern durch Erbschaftskauf beendigen wollten. Zutreffend wird weiter ausgeführt, daß der Erbauseinandersetzungsvertrag, soweit er die Übertragung des Grundstücks zum Alleineigentum betraf, der Form des § 313 Abs. 1 BGB. bedurfte und in deren Ermangelung jedenfalls insoweit mit einer nur durch Auflassung und Eintragung heilbaren Nichtigkeit behaftet war. Die Frage, ob man in
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solchem Falle sagen kann, daß das nichtige Geschäft „den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht", hat das Berufungsgericht nicht erörtert. Es sind insofern aber, wenigstens nach der besonderen Lage des Falles, keine rechtlichen Bedenken zu erheben. Zwar ist nicht zu verkennen, daß bei der gesetzlichen Regelung der Konversion der Gedanke maßgebend war, einerseits die Nichtigkeitsvorschriften zu achten, anderseits aber den rechtsunkundigen Parteien zu helfen, wenn sie sich zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zwecks in Unkenntnis des Gesetzes lediglich in dem angewandten Mittel vergriffen und ihren Willen zu einem nichtigen Geschäft kundgegeben haben, obwohl ihre Erklärungen der Sache nach die Erfordernisse eines gültigen Geschäfts erfüllen und sie bei Kenntnis der Rechtslage im Hinblick auf den im wesentlichen gleichen wirtschaftlichen Erfolg das letztere gewählt haben würden. Dem gültigen Geschäft muß aber das nach § 3 1 3 BGB. heilbar nichtige jedenfalls dann gleichgestellt werden, wenn wie hier die Parteien gleichzeitig die von ihnen zur Heilung zu erfordernden Erklärungen abgegeben haben und es nur noch der—tatsächlich erfolgten — Eintragung durch den Grundbuchrichter bedurfte. Die zur Heilung des Mangels erforderliche Auflassung des Grundstücksanteils hat das Berufungsgericht darin gesehen, daß die Parteien die Eintragung des Beklagten als neuen Eigentümers bewilligt und beantragt haben. Das ist nicht imbedenklich. Denn vom Standpunkte des Erbschaftskaufs und der Übertragung des Erbschaftsanteils aus bedeutete jene Erklärung nicht die Einigung über den Eigentumsübergang an dem Grundstücksanteil, sondern nur den Antrag auf Berichtigung des infolge der Übertragimg des Erbschaftsanteils unrichtig gewordenen Grundbuchs. Die erforderliche Einigung ist aber in den Erklärungen über den Verkauf und die Übertragimg des Erbanteils zu finden. Sie haben inhaltlich gleichzeitig die Bedeutung, daß das Eigentum an sämtlichen Nachlaßgegenständen, also auch an dem Grundstück, auf den Beklagten übergehen sollte. Jene Erklärungen waren dann die Grundlage für die Eintragung des Beklagten, und es ist nicht von Bedeutung, ob der Grundbuchrichter sie nur unter dem Gesichtspunkt der Berichtigung gewertet hat. Ob die Beteiligten die Erbauseinandersetzung trotz der auch ihr anhaftenden, wenn auch heilbaren Nichtigkeit bei Kenntnis der Nichtigkeit des Erbschaftskaufs gewollt haben würden, war eine Frage tatsächlicher Beurteilung. Dafür, daß ihre Bejahung von Rcchtsirrtum beeinflußt sein könnte, fehlt es bei dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt an jedem Anhalt. R G Z . 129, 347 K a n n ein Vertrag trotz widerspruchsloser H i n n a h m e eines Bestätigungsschreibens w e g e n Irrtums oder w e g e n einer v o m B e vollmächtigten des Vertragsgegners verübten arglistigen T ä u s c h u n g angefochten werden ?
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BGB. §§ 119, 123. HGB. § 346. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 5. Juli 1930.
I. Landgericht Köln, Kammer für Handelssachen. I. Oberlandesgericht daselbst.
Der Einkäufer der Beklagten, F., erteilte dem Prokuristen der Klägerin, K., und deren Reisenden Kr. einen Auftrag auf Dauermatrizenstahl für Druckscheiben. Der von F. und K. unterzeichnete Bestellschein nennt bei den verschiedenen Stahlsorten als bestellte Mengen je „ca. 5 mtr" „fertig in Scheiben". Ähnlich lautet das von der Beklagten unwidersprochen gelassene Bestätigungsschreiben der Klägerin auf „ca. 5 mtr" der bestellten Stahlsorten „in fertigen Scheiben". Nach Empfang der Rechnung lehnte die Beklagte die Annahme der Ware ab. Sie behauptet, ihr Einkäufer habe lediglich je 5 Stück, nicht 5 Meter Stahlscheiben bestellt und den von den Vertretern der Klägerin arglistig in den Bestellschein aufgenommenen Auftrag von weit höherem, mündlich nicht erklärtem Umfang, der auch aus dem Bestätigungsschreiben nicht ohne weiteres erkennbar gewesen und nicht erkannt worden sei, in Unkenntnis seines Inhalts unterzeichnet. Sie hat den Vertragsschluß wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten. In den Vorinstanzen wurde die Beklagte zur Zahlung des Rechnungsbetrags verurteilt. Ihre Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : . . . Sieht man von der Möglichkeit arglistigen Verhaltens der Organe der Klägerin bei Entgegennahme der Bestellung und Übersendung des Bestätigungsschreibens ab, so kann allerdings die Beklagte, nachdem sie das Schreiben hingenommen hatte, ohne innerhalb angemessener Zeit gegen seinen Inhalt Widerspruch zu erheben, auf den Willensfehler des Irrtums bei der Bestellungsverhandlung nicht mehr zurückgreifen, um damit die Anfechtimg des Vertrags zu begründen. Aus dem Bestätigungsschreiben war zu ersehen, daß die Klägerin einen Vertrag dieses Inhalts als geschlossen ansah. Die Beklagte mußte widersprechen, wenn sie sich nicht nach kaufmännischer Gepflogenheit als zustimmend behandelt wissen wollte. Dabei war sie zur Prüfung des an sich unzweideutigen Schreibens verpflichtet; die Folgen einer in dieser Hinsicht vorgekommenen Sorgfaltsversäumnis und eines infolgedessen bestehen gebliebenen Irrtums über den Vertragsinhalt muß sie auf sich nehmen. Ein bei den vorhergehenden Verhandlungen unterlaufener Irrtum ist nach widerspruchsloser Hinnahme des den gesamten Vertragsinhalt wiedergebenden Bestätigungsschreibens für den insoweit zustandegekommenen Vertragsschluß ohne Bedeutung, da er zu den neuerlichen Vertragserklärungen der Parteien nicht in Beziehung steht. Daß ihren vertretungsberechtigten Organen das Bestätigungsschreiben überhaupt nicht zu Gesicht gekommen sei, hat die Beklagte nicht mit ausreichender Bestimmtheit behauptet. Die Voraussetzungen einer Anfechtung
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der in ihrem Schweigen liegenden zustimmenden Erklärung sind daher nicht gegeben (vgl. RGZ. Bd. 103 S. 405). Die Berechtigung zur Anfechtung des Abschlusses über die Stahllieferungen sucht die Beklagte weiter aus arglistiger Täuschung herzuleiten. Ihr Vorbringen ist dahin zu verstehen, daß die Vertreter der Klägerin arglistig in die Bestellscheine eine Warenmenge aufgenommen hätten, welche die mündlich bestellte überstieg, daß sie ferner den Bestellschein in einer Fassung, die eine deutliche Übersicht über den Umfang der Bestellung erschwerte, dem F. ohne Hinweis auf die Abweichung zur Unterschrift vorgelegt hätten, um in ihm die irrtümliche Auffassung zu erregen oder zu unterhalten, der Bestellschein enthalte nur den mündlich erteilten Auftrag, daß endlich die Klägerin bei Übersendung des Bestätigungsschreibens diesen Irrtum weiter zu unterhalten bestrebt gewesen sei. Läßt man zunächst die Tatsachen der Übersendung des Bestätigungsschreibens und seiner widerspruchslosen Hinnahme durch die Beklagte unbeachtet, so erscheint das behauptete Verhalten der Vertreter der Klägerin (bewußt unrichtige Wiedergabe des mündlich Besprochenen im Bestellschein in der Hoffnung, daß dies von dem Unterzeichnenden unbemerkt bleiben werde) allerdings geeignet, die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschungshandlung im Sinne des § 123 BGB. zu erfüllen. Die unter solchen Umständen ohne Erkenntnis des nicht gewollten Bestellungsinhalts durch Unterzeichnung vollzogene Zustimmungserklärung zum Lieferungsvertrage unterliegt dann der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung; auch muß die Klägerin in dieser Hinsicht die Handlungsweise ihrer Vertreter gegen sich gelten lassen (RGZ. Bd. 72 S. 133, Bd. 76 S. 107). Zu erörtern ist aber weiter, ob sich an dieser Rechtslage dadurch etwas ändert, daß die Beklagte ein Bestätigungsschreiben der Klägerin widerspruchslos hingenommen hat, das ersichtlich der endgültigen Regelung des Vertragsverhältnisses einschließlich von Nebenpunkten (allgemeine Verkaufsbedingungen) dienen sollte und den Inhalt des Bestellscheins unmißverständlich wiedergab. Die rechtserzeugende Wirkimg eines Bestätigungsschreibens dieser Art und seiner schweigenden Hinnahme beruht auf der Übung des redlichen Geschäftsverkehrs (RGZ. Bd. 103 S. 405). Befand sich die Klägerin daher bei Absendung des Bestätigungsschreibens nicht in gutem Glauben, daß sein Inhalt, abgesehen von den noch zu regelnden Nebenpunkten, der tatsächlichen, durch keine arglistig herbeigeführten Willensfehler beeinflußten Abrede entspreche, so steht die Rücksicht auf Treu und Glauben dem entgegen, ihr auf Grund des Schweigens der Gegenseite Rechte zuzubilligen (RGZ. Bd. 95 S. 48; LZ. 1923 Sp. 344). Hat sie dagegen das Bestätigungsschreiben in gutem Glauben, daß es den Inhalt der Abrede richtig wiedergebe, abgesandt, so nimmt der Umstand, daß ihr von ihrem Reisenden eine unter arglistiger Täuschimg zustandegekommene Bestellung übermittelt worden ist, der widerspruchslosen Hinnahme des Bestätigungsschreibens nicht die rechtserzeugende Wirkimg. Dem Empfänger bleibt dann zwar die Möglichkeit der Anfechtung der
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aus seinem Schweigen zu entnehmenden Zustimmungserklärung, wenn er, mangels Kenntnis des Vertragsschlusses u n d des Zugehens des Bestätigungsschreibens, eine Erklärung überhaupt nicht hat abgeben wollen (RGZ. Bd. 103 S. 405). Daß die Voraussetzungen einer solchen A n f e c h t u n g vorgelegen hätten, ist jedoch, wie erwähnt, von der Beklagten nicht ausreichend dargetan. (Es folgt die Erörterung von Prozeßrügen, die zur A u f hebung des Berufungsurteils Anlaß gaben.)
R G Z . 130, 1 Kann ein Notar, der unter Verletzung seiner amtlichen Belehrungspflicht einen Knebelvertrag und einen wucherlichen Darlehnsvertrag beurkundet hat, gegenüber der Ersatzklage des geschädigten Gläubigers mit Erfolg einwenden, daß diesem ein für den Vertragsschluß mitursächliches Verschulden oder gar ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last falle ? BGB. §§ 138, 254. III. Z i v i l s e n a t .
U r t . v. 16. September 1930.
I. Landgericht Magdeburg.
II. Oberlandesgericht Naumburg a. S.
Am 2. September 1925 schloß der Kläger mit dem Drogeriebesitzer H . einen von dem verklagten Notar beurkundeten Vertrag, nach dessen §§ 2 und 4 sich der Kläger an den beiden Drogeriegeschäften des H . a u f 15 Jahre als stiller Gesellschafter mit einer Einlage von 3000 R M . b e teiligte. Als Gewinn sollten ihm täglich 10 R M . zufließen. Die Gewinnraten sollten am 1. und 15. jedes Monats ausgezahlt werden. In § 3 des Vertrags versprach der Kläger außerdem die Hingabe eines auf die Dauer von zwei Jahren unkündbaren Darlehens von 2000 R M . gegen einen jährlichen Zinssatz von 15°o. Zur Sicherheit f ü r die Geschäftseinlage, die Gewinnanteile und das Darlehen wurden dem Kläger die beiden Geschäfte mit sämtlichen einzeln aufgeführten Inventarstücken und Warenvorräten übereignet (§ 6). H . sollte nach außen hin alleiniger und verfügungsberechtigter Geschäftsführer bleiben, die übereigneten Gegenstände aber f ü r den Kläger verwalten und verwahren und bei einem Verbrauch gleichwertige Ersatzstücke anschaffen und an Stelle der abgegangenen Sachen treten lassen (§§ 3 und 7). Die 5000 R M . sind in den Besitz des H . gelangt. Dieser geriet bald darauf in Zahlungsschwierigkeiten. Bei Pfändungen widersprach der Kläger zunächst mit Erfolg, bis schließlich eine seiner Widerspruchsklagen wegen Sittenwidrigkeit des Vertrags vom 2. September 1925 rechtskräftig abgewiesen wurde. Darauf gewährte der Kläger dem H . zur Abwehr weiterer Pfändungen noch ein zweites Darlehen von 4200 R M . Beide Drogerien wurden von H . verkauft. Er hat insgesamt 6200 R M . an den Kläger zurückgezahlt; mehr ist von ihm unstreitig nicht zu erlangen.
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Der Kläger meint, der Beklagte hätte ihn auf die Nichtigkeit des Vertrags vom 2. September 1925 hinweisen müssen und hafte daher für den aus der Verletzung seiner amtlichen Belehrungspflicht ihm, dem Kläger, entstandenen Schaden. Er verlangt klagend Ersatz von 4700 RM. nebst 7% Zinsen seit dem 23. September 1926, sowie von 5 RM. entgangenem täglichen Geschäftsgewinn für die Zeit vom 15. September 1925 bis zur Zahlung der 4700 RM. Der Beklagte bestritt die Nichtigkeit des Vertrags und ein Verschulden seinerseits sowie den ursächlichen Zusammenhang zwischen seiner Handlungsweise und dem Schaden des Klägers und wendete ein, daß dieser durch die Zahlungen des H. voll gedeckt sei. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlandesgericht erklärte den Anspruch des Klägers dem Grunde nach für berechtigt. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und zur Zurückverweisung. Gründe: Das Oberlandesgericht erachtet den Vertrag vom 2. September 1925 aus zwei Gründen für nichtig, und zwar einmal deshalb, weil er gegen § 138 Abs. 1 BGB. verstoße, sodann um deswillen, weil die in § 4 getroffene Vereinbarung einer Gewinnquote von 10 RM. täglich als Leistimgswucher im Sinne der Preistreibereiverordnung anzusehen sei und demnach gemäß § 134 BGB. der Rechtsgültigkeit entbehre. Die Erwägungen, aus denen das Berufungsgericht den Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB. für gegeben hält, lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Es stellt nämlich einwandfrei fest, daß die Vertragsparteien die Geheimhaltung ihres Abkommens vom 2. September 1925 beabsichtigten und daß dieses den H., der nach außen, insbesondere seinen Gläubigern gegenüber, den Schein geschäftlicher Unabhängigkeit und Kreditwürdigkeit wahren sollte, tatsächlich der Mittel zu ihrer Befriedigung und der wirtschaftlichen Selbständigkeit beraubte. Zwar ist jeder, der einem mit geschäftlichen Schwierigkeiten kämpfenden Kaufmann Geld zur Ordnung seiner Verhältnisse zur Verfügung stellt, berechtigt, sich eine entsprechende Sicherheit auszubedingen, nur dürfen die geheim gehaltenen und nach außen hin zunächst nicht in die Erscheinung tretenden Sicherungsmaßnahmen nicht so weit gehen, daß sie das gesamte oder fast das gesamte Vermögen des Schuldners dem Zugriff seiner übrigen gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger entziehen und nur für den neuen Geldgeber Befriedigungsmöglichkeiten schaffen. Dieser Erfolg mußte jedoch zwangsläufig eintreten, wenn H., wie es tatsächlich der Fall war, mit den vom Kläger empfangenen Geldern den Geschäftsbetrieb nicht aufrecht zu erhalten vermochte. Ein Vertrag, der solche Folgen auslöst, verstößt gegen das Rechts- und Billigkeitsgefühl aller anständig denkenden Menschen und damit gegen § 138 Abs. 1 BGB. Wenn die Revision dagegen einwendet, daß die Geschäftsforderungen des H. ihm verblieben, also nicht an den Kläger abgetreten seien, so ist dem entgegenzuhalten, daß es sich um zwei
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Drogerien, d. h. um Ladengeschäfte handelte, in denen fast nur Handkäufe abgeschlossen wurden, sodaß von erheblichen Außenständen naturgemäß keine Rede sein konnte. Die (anstelle der verkauften) neu angeschafften Waren sollten aber sofort in das Eigentum des Klägers übergehen. Soweit sie dem H. kreditiert wurden, waren sie daher, wenn die Tageseinnahmen zu ihrer Bezahlung nicht ausreichten, dem Zugriff der Lieferanten und anderer Gläubiger entzogen. Diese hatten das Nachsehen, da, wie das Berufungsgericht ausdrücklich feststellt, sonstiges Vermögen des H., aus dem sie sich hätten befriedigen können, in nennenswertem Umfang nicht vorhanden war. An der zum mindesten zeitweiligen Benachteiligung der H.sehen Gläubiger ändert auch § 8 des Vertrags nichts, wonach das Eigentum der an den Kläger veräußerten Gegenstände wieder auf H. übergehen sollte, sobald das Darlehen von 2000 RM. an den Kläger zurückgezahlt wäre. Denn dafür, daß die Rückzahlung in absehbarer Zeit erfolgen würde, lagen weder objektiv noch für die Vertragsparteien genügende Anhaltspunkte vor. Ist der Vertrag vom 2. September 1925 somit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig, so kann dahingestellt bleiben, ob die vom Berufungsrichter aus § 4 PrTreibVo. in Verb, mit § 134 BGB. gezogenen Schlußfolgerungen zutreffen. Zwar hat er rechtsirrtumsfrei dargelegt, daß der Kläger in Wahrheit nicht als stiller Gesellschafter im Sinne der §§ 335flg. HGB. anzusehen sei, sondern daß die angebliche Geschäftseinlage von 3000 RM. lediglich ein gegen Wucherzinsen ausgeliehenes Kapital darstelle. Denn der Kläger nahm nicht nur nicht an einem etwaigen Geschäftsverlust teil, sondern sollte ohne Rücksicht auf einen solchen als Vergütung für die Hingabe der genannten Summe täglich 10 RM. erhalten. Das entspricht einer Verzinsung von 120% und würde — ganz abgesehen von Zinseszinsen — das Kapital des Klägers während der vereinbarten Vertragsdauer von 15 Jahren verachtzehnfacht haben. Diesen Tatbestand hat der Berufungsrichter ohne Rechtsirrtum als unter § 4 PrTreibVo. vom 13. Juli 1923 (RGBl. S. 700) fallend erachtet. Denn eine Darlehenshingabe an Geschäftsleute ist in der Regel als „Leistung zur Befriedigung des täglichen Bedarfs" anzusehen (RGSt. Bd. 58 S. 321, Bd. 60 S.*224/25). Umstände, die hier eine abweichende Auffassung rechtfertigen würden, sind dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen. Ein jahrelang zu zahlender Zinssatz von 120% ist — darin ist dem Oberlandesgericht gleichfalls beizutreten — zweifellos eine Vergütung, die unter Berücksichtigung der einschlägigen Verhältnisse, insbesondere auch der gespannten Vermögenslage des H., keinen berechtigten Ausgleich der beiderseitiger wirtschaftlichen Interessen, sondern einen übermäßigen Verdienst des Klägers im Sinne des § 4 PrTreibVo. darstellt. Allein ob dessen Verletzung den Vertrag vom 2. September 1925 schlechthin nichtig machte odei den H. nur berechtigte, eine Herabsetzung des Zinssatzes auf ein den Gesamtverhälmissen entsprechendes Maß zu verlangen, ist eine Frage, die: wie schon erwähnt, hier keiner Erörterung bedarf, da die Nichtigkeit de:
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Vertrags schon aus § 138 Abs. 1 BGB. abzuleiten ist. Übrigens liegt, da § 4 a. a. O. die sonstigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Rechtsfolgen des Wuchers unberührt läßt, bei der gegebenen Sachlage die Annahme einer Zuwiderhandlung gegen das Wucherverbot des § 138 Abs. 2 BGB. sehr nahe. Freilich fehlt es zur Zeit an einer Feststellung des Tatrichters über eine etwaige Ausbeutung der Notlage oder des Leichtsinns des H. Auf die Notwendigkeit der Bejahung oder Verneinung dieses Tatbestandsmerkmals wird noch zurückzukommen sein. Der Beklagte mit seiner wissenschaftlichen Vorbildung mußte bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit die Sittenwidrigkeit der geplanten Sicherungsübereignung erkennen und die Vertragsteile auf ihre Unzulässigkeit aufmerksam machen. Denn wenn auch die Auffassung über das, was sittlich erlaubt und sittlich unerlaubt ist, im Laufe der Zeiten wechseln mag, so kann doch der Revision nicht zugegeben werden, daß deshalb die Belehrungspflicht des Notars im gegebenen Falle wegfiel. § 138 Abs. 1 BGB. enthält ebenso wie § 826 das. kein Moralgesetz, sondern eine Rechtsnorm, die einem jeden die Rechtspflicht auferlegt, mit dem allgemeinen Anstandsund Billigkeitsgefühl unvereinbare Handlungen zu unterlassen, und deren Bedeutung und Tragweite von einem öffentlichen Glauben und allgemeines Vertrauen genießenden Beamten, wie der Beklagte es ist, im Einzelfalle richtig gewürdigt werden müssen. Selbst wenn ein Notar nicht Gewißheit, sondern nur Bedenken über die rechtliche Zulässigkeit dessen hat, was er beurkunden soll, gebietet es ihm seine Amtspflicht, die letzteren den Vertragschließenden zu unterbreiten. Hat der Beklagte keine solchen Bedenken gehegt, so hat er den Sachverhalt und die auf ihn anzuwendenden Rechtsnormen nicht mit der ihm als Rechtskundigem und Beamten obliegenden Gewissenhaftigkeit geprüft. Er hat also seine Amtspflichten schuldhaft verletzt, indem er diese Prüfung und eine ihr entsprechende Belehrung der Vertragsparteien unterließ. Diese Unterlassung ist auch ursächlich für etwaige Verluste des Klägers geworden; denn das Berufimgsgericht stellt einwandfrei fest, daß der Kläger auf jeden Fall Sicherheit haben wollte und dem H. kein Geld vorgestreckt hätte, wenn ihm eröffnet worden wäre, daß der beabsichtigte Vertrag seiner Nichtigkeit wegen ihm keine Sicherheit biete. Mit Unrecht verneint aber der Berufungsrichter — im Gegensatz zum Landgericht — ein Mitverschulden des Klägers. Bei auch nur geringer Überlegung mußte dieser sich sagen, daß der von ihm geplante Sicherungsvertrag allen übrigen Gläubigern des H. Nachteile bringen werde oder doch bringen könne und nur auf deren Kosten ihm die erstrebten Vorteile verschaffe, so daß er von ihm als anständigem Menschen nicht geschlossen werden dürfe. Hat er diese offen zutage liegende Erwägimg nicht angestellt, so ist darin eine für seinen Schaden mitursächliche unentschuldbare Fahrlässigkeit zu sehen (vgl. Urt. des erkennenden Senats vom 8. Juli 1930 III 273/29, abgedr. JW. 1930 S. 2932 Nr. 7). Hat er sie aber angestellt, hat er also mit dem Bewußtsein gehandelt, durch den Vertrag die anderen Gläubiger des
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H . wenigstens möglicherweise zu schädigen, so trifft ihn der Vorwurf des Schädigungsvorsatzes im Sinne des § 826 BGB. und damit eines Verstoßes gegen diese Rechtsnorm. Hat der Kläger daher in fahrlässiger Verkennung d e r Sittenwidrigkeit seines Handelns oder gar mit — wenn auch nur bedingtem — Schädigungsvorsatz den Vertrag geschlossen und ist dieser schließlich ihm selbst zum Nachteil ausgeschlagen, so m u ß man, u m eine etwaige Schadensersatzpflicht des Beklagten u n d deren Umfang feststellen zu können, das beiderseitige Verschulden abwägen (§ 254 BGB.). Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß ein f ü r den Schaden ursächliches vorsätzlich unerlaubtes T u n des Geschädigten die Verantwortlichkeit eines Mitschädigers, dem, wie hier dem Beklagten, n u r Fahrlässigkeit zur Last fällt, in der Regel ausschließt ( R G Z . Bd. 76 S. 323; JW. 1905 S. 717 N r . 6), soweit nicht besondere Umstände im Einzelfalle doch eine Schadensteilung rechtfertigen (vgl. R G U r t . vom 29. Juni 1929 VI 648 29). Das Verschulden des Klägers wird u m so schwerer wiegen, wenn er, wie oben als möglich hingestellt, unter Ausbeutung der Notlage oder des Leichtsinns des H . Wuchcrzinsen gefordert hat und wenn die Nichtigkeit des Vertrags somit — abgesehen von der Sicherungsübereignung — auch auf § 138 Abs. 2 BGB. zurückzuführen ist. Die Annahme des Wuchers wird selbstverständlich nicht dadurch ausgeschlossen, daß dem Kläger angeblich von einer Gesellschaft der Vorschlag gemacht worden ist, in sie unter den von H . bewilligten Bedingungen als stiller Gesellschafter einzutreten. Die Schuldfrage bedarf daher einer nochmaligen Prüfung durch den Tatrichter nach obigen Richtlinien.
R G Z . 130, 143 1 . Zur Abgrenzung des Knebelvertrags von solchen Verträgen, die nur eine Bindung in Ansehung eines bestimmten Vermögensstücks bezwecken. 2. Trifft die Vorschrift des § 567 B G B . auch auf einen Mietvertrag zu, der zwar nur auf 30 Jahre geschlossen ist, den der Mieter aber durch eine ihm im Vertrag zugestandene Option um weitere 30 Jahre verlängern kann ? BGB. §§ 138, 567. VIII. Zivilsenat.
U r t . v. 20. Oktober 1930.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrccht". R G Z . 133, 5 1 t Über vertragliche Preisbindungen der zweiten Hand, ihre Voraussetzungen und Wirkungen, sowie über die Frage der Sitten-widrigkeit solcher Bindungen.
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BGB. § 138. II. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 22. Mai 1931. I. Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen.
II. Kanunergericht daselbst.
Die verklagte Firma handelt mit Kraftwagenzubehör. Sie hat in ihrem Geschäftsbetrieb von der C. C. Compagnie GmbH, in H. von dieser hergestellte „Continental" Kraftwagen-Luftreifen käuflich geliefert erhalten. Die C. C. Compagnie hat im Dezember 1929 mit einer großen Anzahl anderer Fabriken, die sich mit der Herstellung von Kraftwagenreifen befassen, vertragliche Vereinbarungen zur „Regelung des Kraftwagcnreifengeschäfts für 1930" getroffen und zwar, wie es unter § 1 des sog. Reifenvertrags heißt, zu dem Zweck, „den Handel mit Kraftwagenreifen in wirtschaftlich gesunden Bahnen zu erhalten". Die Vereinbarungen sollten vom 1. Januar bis 31. Dezember 1930 gelten. Sie traten an die Stelle des sog. Kraftwagenreifenvertrags von 1929, der bis 31. Dezember 1929 galt und zwischen den sog. Vertragsfabriken einerseits, dem klagenden Verbände und der Vereinigung Deutscher Gummireifen-Händler und -Reparateure e. V. in B. anderseits abgeschlossen worden war. Die Abmachungen für 1930, an denen mehr als 20 Reifenfabriken beteiligt waren, bestimmen u.a., daß als Wiederverkäufer ab 1. Januar 1930 nur solche Personen und Firmen anzusehen seien, die auf Grund einer Prüfung bereits in die Wiederverkäuferliste aufgenommen seien oder noch auf Grund eines sog. Anerkennungsverfahrens aufgenommen würden, daß ferner Kraftwagenreifen zu Wiederverkaufspreisen und Wiederverkaufsbedingungen (wie sie in zwei Anlagen als „einheitliche und bindende" niedergelegt sind) nur an Personen und Firmen geliefert werden dürften, die zu den im Vertrag genannten gehören. Es folgen dann Bestimmungen über das Verbot von Sondervergünstigungen, über Zahlungsbedingungen für Wiederverkäufer und sog. Großverbraucher, über die Erledigung von Ersatzansprüchen, über sog. Sonderverkäufe und über „einheitliche Wiederverkaufsbestimmungen". Bezüglich der letzteren heißt es, daß sich die Vertragsfabriken verpflichteten, einheitliche Wiederverkaufsbestimmungen, wie sie die einen Bestandteil des Vertrags bildende Anlage enthalte, für die Wiederverkäufer ihrer Kraftwagenreifen festzulegen. In den Bedingungen für Wiederverkäufer ist zunächst hervorgehoben, daß jede Vertragsfabrik in der Festsetzung der Preise ihrer Verkaufspreislisten (sog. Bruttolistenpreise) f r e i sei; festgelegt sind aber wieder u.a. die Rabattsätze der Wiederverkäufer. Die Belieferung der Verbraucher ist den Wiederverkäufern vorbehalten mit Ausnahme der Großverbraucher, die von den Fabriken selbst unmittelbar und zwar mit Rabatten zwischen 5 und 30 % beliefert werden dürfen. Im Gegensatz zum Kraftwagenreifenvertrag von 1929 enthält der Vertrag von 1930 nichts über einen Preisschutz. Nach der die Regelung des Kraftwagenreifen-Geschäfts für 1930 betreffenden Nr. 8 der „Schriftenreihe" des Klägers wäre dies absichtlich geschehen und sollte es jeder einzelnen Verbandsfabrik freistehen, ob sie PreisunterZivils.
Allgcm.
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bietungen mit ihren Erzeugnissen dulden wollte oder nicht, und welche Maßnahmen sie gegebenenfalls gegen Preisunterbietungen ergreifen wollte. Dem „Reifenvertrag für 1930" sind als Anlagen und Vertragsbestandteile angehängt: die „Wiederverkaufsbestimmungen" und „einheitliche und bindende Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sowie Mängelhaftung". Die C. C. Compagnie hat für ihre Reifen den „Preisschutz" eingeführt. Sie hat Preislisten mit den fraglichen Preisbestimmungen, Verkaufspreisen und Lieferungsbedingungen Ende Dezember 1929 an ihre Abnehmer versandt, darunter auch die Beklagte; diese hat die Preislisten entgegengenommen und daraufhin Reifen von der C. C. Compagnie bezogen. Sic hat weiter den Verpflichtungsschein (Revers) der C. C. Compagnie über deren Preisschutz am 31. Januar 1930 unterschrieben und der Compagnie übersandt. Der Schein enthält die Verpflichtung, beim Verkauf von Reifen der C. C. Compagnie die von dieser festgesetzten Verkaufspreise streng einzuhalten, sie weder direkt, noch indirekt zu unterschreiten, bei Veräußerung an Wiederverkäufer den letzteren dieselbe Pflicht aufzuerlegen und als Wiederverkäufer nur solche Personen und Vereinigungen zu behandeln, deren Eigenschaft als „Branchehändler" der C. C. Compagnie mit Sicherheit bekannt sei. Im Fall eines Verstoßes gegen den Preisschutz sollte die C. C. Compagnie berechtigt sein, die weitere Lieferung von Reifen zu verweigern und von getätigten Abschlüssen zurückzutreten. Sodann folgen nachstehende weitere Klauseln: Bei einem Verstoß . . . verfallen wir ferner in eine Vertragsstrafe von 50 °o des für die vertragswidrig gelieferte Ware vorgeschriebenen Verkaufspreises, mindestens in Höhe von 500RM., deren Angemesssenheit anerkannt und auf deren richterliche Herabsetzung verzichtet wird. Alle über diesen Anspruch auf Vertragsstrafe hinausgehenden Ansprüche Ihrerseits, insbesondere auf Unterlassung, bleiben durch die Zahlung der Vertragsstrafe unberührt . . . Der Inhalt dieser Urkunde wird mit unmittelbarer Rechtswirkung gemäß § 328 BGB. zugunsten des Reichsverbandes des Kraftfahrzeughandels und -gewerbes e. V. Berlin — des Klägers — übernommen. In der Folge hat die Beklagte unter dem 13. Februar 1930 an Kunden folgendes Rundschreiben versandt: Vertrauliche Preise! Auch in diesem Jahr möchten wir Ihnen im Vertrauen auf Ihre Verschwiegenheit ein Vorzugsangebot in Autobereifung unterbreiten . . . Autobereifung in- und ausländischer Fabrikate, nur fabrikfrische Ware erster Wahl zu den Originalfabrikpreisen abzüglich 20% Rabatt und 2% Kassaskonto. Nach der Behauptung des Klägers hat die Beklagte ferner im Februar und März 1930 Preisschutzware der C. C. Compagnie unter dem Listenpreis verkauft. Gestützt hierauf sowie auf den Verpflichtungsschein, den Preislistenvermerk und den Inhalt des Preisschutz-Rundschreibens der
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C. C. Compagnie vom 31. Dezember 1929 hat der Kläger Verurteilung der Beklagten dahin beantragt: sie habe 1. zu unterlassen, die Kraftwagenluftreifen der C. C. Compagnie unter den von ihr festgesetzten Kleinverkaufspreisen (Bruttolistenpreisen) zu verkaufen, anzubieten u n d feilzuhalten; 2. an den Kläger eine Vertragsstrafe von 500 R M . nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte begehrt widerklagend Feststellung: daß dem Kläger au G r u n d der von den Parteien des Kraftwagenreifenvertrags f ü r 1930 den Abnehmern auferlegten Lieferungs-, Zahlungs- u n d Preisschutzbestimmungen und aus der Unterzeichnung des Reverses vom 31. Januar 1930 durch die Beklagte keinerlei Rechte irgendwelcher Art gegen sie zustehen. Sie bestreitet insbesondere die Sachberechtigung des Klägers, hält die Preisschutz-, Zahlungs- u n d Lieferungsbedingungen wegen sittenwidriger Knebelung, wucherischer Ausbeutung unter mißbräuchlicher Ausnützung der wirtschaftlichen Machtstellung der Reifenfabriken f ü r nichtig und macht geltend, dem Unterlassungsanspruch fehle es überhaupt an der nötigen Grundlage, denn sie — Beklagte — habe nicht gegen die Preisschutzklauseln verstoßen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen u n d der Widerklage stattgegeben; das Kammergericht hat umgekehrt erkannt. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Aus den G r ü n d e n : 1.-2. ... 3. Unbegründet ist aber auch die fernere Rüge, daß der Vorderrichter die Sittenwidrigkeit der Vertragsabreden zu Unrecht verneint habe. Aus dem Umstand, daß die am Abschluß des Kraftwagenreifenvertrags beteiligten Fabriken zu einem nicht unwesentlichen Teil den Preisschutz nicht eingeführt, jedoch die sonstigen f ü r den Geschäftsverkehr mit den Abnehmern dort festgelegten Bestimmungen übernommen haben, folgert das Berufungsgericht, daß die Preisschutzbestimmungen selbst trotz des „wirtschaftlichen" Zusammenhangs mit den übrigen Geschäftsbedingungen keineswegs eine „rechtliche Einheit" mit diesen bildeten, sondern an sich auch dann, wenn die sonstigen Geschäftsbedingungen aus irgendwelchen Gründen sittenwidrig wären, f ü r sich allein Rcchtsbestand haben könnten und auch hätten, u n d daß demnach den Klagansprüchcn, die sich vorab auf die Preisschutzabrcde stützten, durch eine etwaige Nichtigkeit der übrigen Geschäftsbedingungen der Rcchtsboden noch nicht entzogen wäre. Dagegen macht die Revision geltend: Preisschutz und Revers seien nicht als selbständige Verträge, sondern in rechtlicher Hinsicht nur in Verbindung mit dem Kartellvertrag zu würdigen, weil sie nur in diesem ihre wirtschaftliche und rechtliche Grundlage hätten. Dies folge schon aus dem viertletzten Absatz der übereinstimmenden Lieferungsbedingungen, worin es heiße: „Wir haben ferner das Recht, eine Weiterbelieferung mit K r a f t wagenreifen von der Unterzeichnung eines Reverses abhängig zu machen,
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ier den Wiederverkäufer durch diese ihm ohnehin obliegende Verpflichtung erneut festlegt." Durch diese „authentische" Erklärung der Vertragsfabriken sei der Zusammenhang des Preisschutzes mit dem Kartellvertrag ausdrücklich zugegeben; ein wesentlicher Bestandteil des letzteren seien aber die als Anlage dem Kartellvertrag beigefügten und in seinem § 9 ausdrücklich in Bezug genommenen Wiederverkaufsbestimmungen. Seien letztere ungültig, so gelte ein gleiches auch für die Bestimmungen über den Preisschutz, weil diese wiederum einen wesentlichen Teil der vereinbarten Wiederverkaufsbestimmungen bildeten. Dieselbe Rechtsfolge ergebe sich sinngemäß aus § 139 BGB., wonach die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit des ganzen Geschäfts nach sich ziehe. Nach Lage der Sache könne nicht angenommen werden, daß die vertragschließenden Teile die Preisschutzvereinbarungen ohne die Wiederverkaufsbestimmungen oder ohne den Kartellvertrag getroffen hätten. Gegenüber diesem Vorbringen der Revision ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die von ihr mitgeteilte Klausel weder im Kraftwagenreifenvertrag selbst noch in dessen Anlagen steht; beide enthalten von einem Preisschutz und von einer Revers-Verpflichtung dazu gar nichts. Insoweit ist auf das oben in Nr. 2 Gesagte zu verweisen. Die Klausel, welche die Revision im Auge hat, findet sich vielmehr im Rundschreiben der C. C. Compagnie vom 31. Dezember 1929, das sich aber nur mit dem Preisschutz befaßt, und in den Preisschutzbestimmungen der C. C. Compagnie selbst (vgl. die Preisliste Nr. 15 vom 2. Januar 1930). Dort sind aber gerade die „autonomen" Preisschutzbestimmungen unter der Überschrift „Preisschutz für Continental Kraftwagenreifen" den vorher mitgeteilten „einheitlichen und bindenden Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, sowie Mängelhaftung für Kraftwagenluftreifen 1930" gegenübergestellt. Dadurch kommt klar zum Ausdruck, daß es sich bei der Revers-Klausel in Ansehung des Preisschutzes und bei diesem selbst eben nicht um eine auf Grund und in Erfüllung der Kartellbindungen übernommene Bedingung, sondern um Einzelbedingungen handelt, die von der C. C. Compagnie in eigener, freier Entschließung aufgestellt worden sind, also um einen sog. autonomen Preisschutz. Grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit vertraglicher Preisbindungen der zweiten und weiteren Hand bestehen nicht, soweit sich diese Bindungen im Rahmen des allgemeinen Rechts halten. Wie ebenfalls schon ausgeführt, handelt es sich bei dem Revers, auf den der Kläger seine Ansprüche vorab stützt, um einen schuldrechtlichen Vertrag, in dem sich die Beklagte der C. C. Compagnie gegenüber verpflichtet hat, beim Weiterverkauf von Kraftwagenreifen — der Preisschutz bezieht sich nur auf Waren der C. C. Compagnie — bestimmte Bedingungen einzuhalten, bestimmte Handlungen zu unterlassen und im Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Dieser Revers-Vertrag hat gegenüber dem Kartellvertrag, wie auch gegenüber den zu Bestandteilen der einzelnen Kaufverträge gewordenen sonstigen Geschäftsbedingtingen rechtlich selbständigen Charakter. Er wird insbesondere nicht, jedenfalls nicht ohne
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weiteres hinfallig, wenn jene anderen Bedingungen — sei es überhaupt sei es in einzelnen Teilen — wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht namentlich gegen § 138 BGB., nichtig sein sollten. Das verkennt die Revision. Die Nichtigkeit des Kartellvertrags zöge an sich überhaupt nocl: nicht die Nichtigkeit der von den einzelnen Kartellmitgliedern mit ihrer Kunden geschlossenen Kauf- und sonstigen Verträge nach sich. Zur Nichtigkeit auch dieser Abmachungen wäre vielmehr erforderlich, daß geradt die Umstände, die dem Kartellvertrag als solchem den Stempel der Sittenwidrigkeit aufdrückten, auch die Verträge mit den Kunden beherrschter und, entweder f ü r sich allein oder im Zusammenhalt mit anderen Umständen, auch sie als sittenwidrig erscheinen ließen. Der Preisschutz selbst war aus dem Rahmen der Kartellbindungen herausgenommen; seine Einführung war ins freie Ermessen jedes der Kartellbeteiligten gestellt, die in der Festsetzung ihrer Bruttolistenpreise kartellmäßig überhaupt freie Hand hatten. Daß die C. C. Compagnie besonderen Wert gerade auf den Preisschutz legte, ergibt sich aus seiner Einführung f ü r ihre Ware. Die Rechtslage der Beklagten, die selbst vorträgt, daß sie die Ware der C. C. Compagnie im Interesse der gedeihlichen Entwicklung ihres Betriebs führen müsse, würde sodann trotz des Preisschutzes durch eine etwaige Nichtigkeit der ihr nach den übrigen Geschäftsbedingungen der C. C. Compagnie auferlegten Verpflichtungen nur verbessert, nicht aber verschlechtert werden. Bei dieser Sachlage kann es nicht als rechtsirrtümlich angesehen werden, wenn das Berufungsgericht, ersichtlich auf Grund der gleichen Erwägungen, zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die etwaige Nichtigkeit des Kartellvertrags und der sonstigen Geschäftsbedingungen f ü r die auf den Revers-Vertrag gestützten Klagansprüche ohne Belang wäre. Im übrigen hat der Berufungsrichter eingehend die Frage erörtert, ob etwa der Revers-Vertrag selbst wegen Verstoßes gegen § 138 BGB. als nichtig anzusehen sei. Er hat dabei insbesondere geprüft, ob der Preisschutz eine unsittliche Knebelung der Beklagten enthält, hat dies aber verneint. Er betont, daß ein erheblicher Teil der kartellbeteiligten Kraftwagenreifen-Fabriken überhaupt keinen Preisschutz eingeführt habe, die Beklagte also zur Deckung ihres Reifenbedarfs nicht auf die den Preisschutz pflegenden Reifenfabriken angewiesen sei. In diesem Zusammenhang wäre noch anzuführen, daß Verstöße gegen den Preisschutz der einen oder anderen von den Verbandsfabriken die Beklagte Iceineswegs vom Verbandsverkehr überhaupt ausschließen. Aus den von ihr vorgelegten Schreiben anderer Verbandsfabriken ergibt sich vielmehr nur, daß diese die Einhaltung der e i g e n e n Bruttolistenpreise und eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten auf sie verlangen. Das Berufungsgericht stellt weiter fest, daß zudem die Beklagte auch noch von den Kartell-Außenseitern beziehen könne, worunter sich große und namhafte Unternehmungen befänden. Ferner wird erwogen, daß die von der C. C. Compagnie der Beklagten belassene Verdienstspanne sehr erheblich sei. Das angefochtene Urteil weist in diesem Zusammenhang daraufhin, daß die Beklagte in ihrem
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Rundschreiben vom 13. Februar 1930 einen Rabatt von nicht weniger als 22 % anbiete und sich dabei immer noch gut stelle, da nicht anzunehmen sei, daß sie „schleudere, um sich zu ruinieren"; sei aber die vom Hersteller dem Händler gelassene Verdienstspanne so groß, daß die „Preisschleuderei* unter ihnen 22 % Rabatt gewähren könnten und der Erteilung solcher Aufträge sogar noch, wie es in dem Rundschreiben der Beklagten vom 13. Februar 1930 heiße, gern entgegensähen, so könne in dem Zwang zur Einhaltung der Listenpreise keine unlautere Beeinträchtigung der Händler gefunden werden. Diese Erwägungen sind rein tatsächlicher Natur. Sie besagen, daß die Beklagte unschwer auch von Herstellungsfirmen ohne Preisschutz Reifen beziehen könne, daß ihr aber im Fall des Reifenbezugs von der Klägerin der Weiterabsatz zu den gebundenen Listenpreisen eine sehr beträchtliche Verdienstspanne lasse. Schon damit ist der Annahme der Boden entzogen, daß die Beklagte durch die Preisschutzklausel des Reverses sittenwidrig geknebelt worden sei. Die Ausführungen des Berufungsgerichts geben auch insoweit, als es sich um die Höhe der Vertragsstrafe handelt, keinen Anlaß zu rechtlichen Bedenken. Die Revision stellt im besonderen darauf ab, daß der Preisschutz um deswillen unsittlich sei, weil durch ihn die Händler genötigt würden, ihren Abnehmern verschiedenePreise festzusetzen, und weil die C. C. Compagnie überdies das Recht habe, an zahlreiche Verbrauchergruppen unter völliger Ausschaltung des Handels unmittelbar zu liefern. Warum aber in der Befugnis der C. C. Compagnie, an gewisse Großverbraucher unmittelbar zu liefern, eine Sittenwidrigkeit enthalten sein soll, ist nicht ersichtlich. Gewiß ist richtig, daß nach den Preisschutzbedingungen der Wiederverkaufspreis kein einheitlicher ist, daß vielmehr gewissen Abnehmern oder Gruppen von Abnehmern auf die Bruttolistenpreise Rabatte von verschiedener Höhe gewährt werden können, je nach der Zugehörigkeit des Käufers zur einen oder anderen Gruppe. Aber deshalb wäre ein auf solcher Grundlage aufgebauter vertragsmäßiger Preisschutz noch lange nicht sittenwidrig. Zutreffend weist das Berufungsgericht darauf hin, daß hier die Möglichkeit solcher Rabattsätze jedem Händler gleichmäßig offensteht und daß sie nur davon abhängt, ob sich unter seinen Abnehmern solche befinden, die zu der einen oder anderen Rabattgruppe gehören. Insofern sind Kleinund Großhändler durchaus gleichgestellt. Die Einräumung von Rabatten an Großabnehmer ist im übrigen wirtschaftlich etwas Alltägliches, und Preisschutzklauseln, die insoweit dem Händler einen gewissen Spielraum in den sonst gebundenen Preisen lassen, sind entfernt noch nicht sittenwidrig, wie das Berufungsgericht mit Recht bemerkt. Was die Revision dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig. Ob durch diese GroßabnehmerRabatte die Lückenlosigkeit des Preissystems beeinträchtigt wird mit der Folge, daß die Möglichkeit eines Vorgehens aus § 1 UnlWG. oder aus § 826 B G B . gegen die „Schleuderer" entfiele, kann auf sich beruhen, da es sich hier nur um die v e r t r a g l i c h e Verpflichtung der Beklagten zur Einhaltung der geschützten Preise handelt.
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Nach alledem hat der Berufungsrichter die Nichtigkeit der ReversVerpflichtungen vom 31. Januar 1930 wegen Sittenwidrigkeit ohne Rechtsirrtum verneint. 4 R G Z . 133, 97 1. Zur Frage der Verpflichtung des Geschäftsherrn durch Handlungen von Angestellten. 2. Zur Auslegung einer vorläufigen Deckungszusage. BGB. §§ 133, 157. HGB. § 54. VII. Zivilsenat. I. Landgericht Breslau.
Urt. v. 16. Juni 1931. II. Oberlandesgericht daselbst.
Der Zustand, daß früher für Ober- und Niederschlesien eine gemeinsame „Schlesische Provinzial-Lebensversicherungsanstalt" und „Schlesische Provinzial-Haftpflichtversicherungsanstalt" mit dem Sitze in Breslau bestand, wurde auf Grund des preußischen Gesetzes vom 28. Oktober 1926, das am 1. November 1926 in Kraft trat, insofern geändert, als nunmehr f ü r jede der beiden Provinzen eigene öffentlich-rechtliche Lebens-, Haftpflicht- und Feuerversicherungsanstalten errichtet wurden und der bisherigen Schlesischen Anstalt nur noch die Abwicklung der altenVersicherungen überlassen blieb. Für Niederschlesien wurde die verklagte Anstalt begründet, während für Oberschlesien die „Oberschlesische ProvinzialLebens-, Unfall- und Haftpflicht-Versicherungsanstalt" mit dem Sitze in Ratibor ins Leben trat. Die beiden neuen Anstalten hatten untereinander ihre Wirkungskreise dahin abgegrenzt, daß sie, von besonderen Ausnahmefällen abgesehen, Versicherungsverträge nur mit solchen Personen abschlössen, die in derjenigen Provinz wohnhaft waren, der jeweils die Anstalt gehörte. Sie wiesen sich aber gegenseitig Versicherungsanträge von Personen, die im Bezirke der anderen Anstalt wohnten, in der Weise zu, daß sie solche Anträge — gegebenenfalls durch ihre Beamten — f ü r die Schwcsteranstalt aufnahmen und an sie weiterleiteten. Am 13. Juli 1927 stellte die Klägerin, die zu jener Zeit in Brieg (Niederschlesien) wohnte, bei dem Bezirksinspektor St. in Brieg, der damals in Diensten der Oberschlesischen Anstalt stand, einen „Einheitsantrag" auf Versicherung eines Kraftwagens, den sie kurz zuvor erworben hatte. Der Versicherungsschutz sollte Haftpflicht-, Unfall- und Kraftfahrzeugversicherung umfassen; die Versicherungssumme f ü r die Kaskoversicherung wurde auf 4000 RM. angegeben. Zu dem Antrage wurde ein Vordruck der alten Schlesischen Anstalt verwendet, dessen Überschrift handschriftlich in den Namen der Beklagten abgeändert wurde. St. reichte den Antrag der Bezirksdirektion Oppeln der Oberschlesischen Anstalt ein, welcher der Bezirksdirektor W. vorstand; dieser gab den Antrag an die Direktion der Beklagten weiter, wo er am 15. Juli 1927 einging.
104 Die Klägerin hatte gleichzeitig die Erteilung einer vorläufigen Deckungszusage beantragt. Nachdem sie die von ihr erforderten Prämienbeträge für das erste Vierteljahr entrichtet hatte, erteilte ihr W. unter dem 18. Juli 1927 die Deckungszusage. Hierbei wurde ein Vordruck der Oberschlesischen Anstalt ohne Änderung verwendet. Die Urkunde wurde durch Vermittlung des St. der Klägerin oder ihrem Ehemann übergeben. Die von W. der Direktion der Beklagten eingesandte Durchschrift der Deckungszusage ging bei ihr am 23. Juli 1927 ein. Inzwischen war am 21. Juli 1927 der Kraftwagen der Klägerin von einem Vergaserbrand betroffen worden. Die Mitteilung von dem Schaden lief am 22. Juli bei der Beklagten ein. Diese veranlaßte eine Besichtigung durch ihren Sachverständigen L . , der sodann wegen der Ausbesserung des Wagens in der Werkstätte des H. in Brieg Verhandlungen führte. In einem Schreiben vom 28. Juli 1927 an W. lehnte indes die Direktion der Beklagten den Abschluß der Kaskoversicherung und die vorläufige Deckung ab. Sie verweigerte in der Folgezeit auch die Begleichung der Rechnung des H. für die inzwischen vorgenommene Ausbesserung. Die Klägerin verlangt, indem sie sich auf die vorläufige Deckungszusage stützt, mit der am 27. April 1928 zugestellten Klage Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Rechnungsbetrags von 1334,40 RM. an H . Zahlung von weiteren 16 R M . täglich seit dem 6. September 1927 nebst Zinsen an die Klägerin selbst. Den letzteren Anspruch rechtfertigt sie damit, daß sie mit dem Wagen, den H. mangels Zahlung seines Werklohns nicht herausgegeben habe, keine Lohnfuhren habe ausführen können. Die Beklagte bestreitet, daß sie durch die von W. gegebene Deckungszusage verpflichtet worden sei; sie habe diesem keinerlei Vollmacht dazu erteilt. Das Landgericht erklärte die Klagansprüche dem Grunde nach für gerechtfertigt. Berufung und Revision der Beklagten blieben erfolglos. Gründe: Das Oberlandesgericht stellt zunächst tatsächlich fest, daß die Anführung der Oberschlesischen Provinzial-Lebens-, Unfall- und HaftpflichtVersicherungsanstalt im Vordruck der Deckungszusage vom 18. Juli 1927 nur als unbeachtlicher Schreibfehler zu gelten habe, und daß, da die Aushändigung der Urkunde an den Ehemann der Klägerin zwei Tage vor dem Schadensfall als erwiesen anzusehen sei, damals der vorläufige Versicherungsschutz bestanden habe, sofern die Beklagte durch die Deckungszusage des W. überhaupt gebunden worden sei. In letzterer Hinsicht erwägt sodann der Berufungsrichter, auf die unter den Bedingungen, die der Rückseite des Deckungszusage-Vordrucks aufgedruckt sind, enthaltene Bestimmung: Vorläufige Deckungszusagen sind nur gültig, a) wenn sie von einem Beauftragten der Anstalt unterzeichnet ist, der im Besitze einer gültigen, von der Direktion ausgestellten Vollmacht zur Erteilung vorläufiger Deckungszusagen ist,
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könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht in dem Sinne berufen, daß W. im Besitze einer schriftlichen Vollmacht ihrer Direktion hätte sein müssen. Indem er weiter dahinstehen läßt, ob etwa dem Verhalten der Beklagten nach dem Empfang der Durchschrift der Deckungszusage deren nachträgliche Genehmigung zu entnehmen sein möchte, begründet der Vorderrichter seine Annahme, daß die Beklagte die Zusage gegen sich gelten lassen müsse, mit folgenden Erwägungen: Die Beklagte habe geduldet, daß W. und St., obgleich sie in festem Anstellungsverhältnis zu der Oberschlesischen Anstalt standen, und zwar W. als Bezirksdirektor in einer leitenden Stellung, Versicherungsanträge für die Beklagte entgegennahmen; sie habe diese Anträge auch in mehreren Fällen angenommen. Dadurch habe die Beklagte bewirkt, daß das Publikum, welches mit Rücksicht auf das den öffentlichrechtlichen Versicherungsanstalten entgegengebrachte besondere Vertrauen keinen erheblichen Wert auf die Unterscheidung der beiden Anstalten lege, in den Glauben versetzt worden sei, W. habe für die Beklagte in demselben Umfang tätig werden dürfen, wie es für die Oberschlesische Anstalt auf Grund seiner leitenden Stellung der Fall gewesen sei. Für die letztere habe W. Vollmacht zur Erteilung von Deckungszusagen gehabt. Eine Versicherungsanstalt, die sich des Beamtenapparates einer Schwesteranstalt zur Aufnahme von Anträgen bediene, um zu verhindern, daß ihr Geschäfte entgehen, müsse sich damit abfinden, daß das Publikum darauf vertraue, daß diese Beamten auch für die andere Versicherungsanstalt in demselben Umfang tätig werden dürften, wie für diejenige, bei der sie angestellt seien. Im vorliegenden Falle komme noch hinzu, daß W. auch schon bei der alten Schlesischen Anstalt als Bezirksdirektor angestellt und zur Erteilung von Deckungszusagen ermächtigt gewesen sei. Diese Stellungnahme des Berufimgsrichters begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Daß eine Haftung des Geschäftsherrn für Handlungen eines Angestellten, die über dessen wirkliche Bevollmächtigung hinausgehen, daraus begründet werden kann, daß sich der Geschäftsherr in einer Weise verhält, die nach Treu und Glauben das Publikum zu der Annahme veranlassen kann, der Angestellte sei zur Eingehung der Verbindlichkeit ermächtigt, wird in Anlehnung an § 54 HGB. von Rechtsprechung und Rechtslehre allgemein anerkannt (vgl. RGZ. Bd. 118 S. 236). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine solche Auffassung nicht auch dann zutreffen sollte, wenn sich jemand — wie hier — bei der Eingehung gewisser Geschäfte nicht eigener Angestellter bedient, sondern die Angestellten einer anderen Anstalt (oder Firma), welche gleichartige Geschäfte betreibt, für sich arbeiten läßt. Auch unter solchen Umständen kann sicherlich beim Publikum in gleicher Weise die gerechtfertigte Meinimg entstehen, jene Angestellten seien in weiterem Maße zur Eingehung von Verbindlichkeiten für denjenigen Geschäftsherrn, für den sie handeln, bevollmächtigt, als es vielleicht tatsächlich der Fall ist. Die vom Berufungsrichter festgestellten Tatumstände rechtfertigen im gegebenen Falle durchaus die von ihm daraus gezogenen Folgerungen.
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Was die Revision dagegen vorbringt, kann nicht durchschlagen. Sie meint, der oben mitgeteilte Satz der im Vordruck der Deckungszusage enthaltenen Bedingungen schließe eine Beurteilung aus, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat. Daß sich dieses etwa unter Verletzung des § 286 ZPO. über jene Vertragsbestimmung, die kurz vorher in den Entscheidungsgründen erwähnt und erörtert worden war, hinweggesetzt hätte, ist nicht anzunehmen. Von einem Widerspruch in der oberlandesgerichtlichen Begründung, den die Revision behauptet, kann nicht die Rede sein. Keinesfalls wäre ein solcher daraus zu entnehmen, daß der Vorderrichter weder eine schriftliche noch eine mündliche noch eine stillschweigende Bevollmächtigung des W. durch die Beklagte feststellt und dennoch die Verbindlichkeit der von dem ersteren erteilten Deckungszusage für sie bejaht. Denn die entscheidenden Erwägungen des Berufungsgerichts gehen ja gerade davon aus, daß W. zur Abgabe der Deckungszusage für die Klägerin von der Beklagten nicht bevollmächtigt worden war, und prüfen, ob sie diese nicht trotzdem gegen sich gelten lassen muß. Die Revision will den angeführten Satz der Bedingungen für die Deckungszusage dahin auslegen, daß sich der Beamte, der sie unterzeichnet, dem Antragsteller gegenüber als zur Abgabe einer solchen Zusage legitimiert ausweisen müsse. Eine so weitgehende Auslegung hat der Vorderrichter offenbar nicht gebilligt. Wollte man, obgleich sich der Geschäftsbetrieb der Beklagten im wesentlichen auf Niederschlesien beschränkt, die Bedingungen der Deckungszusage als typische ansehen, so könnte die freie Nachprüfung des Revisionsgerichts auch nur dazu führen, die Ansicht der Revision abzulehnen. Diese würde zu einer den Versicherunganstalten selbst gewiß unerwünschten Erschwerung der Geschäftsabwicklung führen, zumal in den häufigen Fällen, wo — wie hier — der obere Beamte der Anstalt und der Antragsteller nicht persönlich miteinander verhandeln. Die von der Versicherungsanstalt aufgestellte Bestimmung kann daher keinesfalls im Sinne der Revision gemeint sein. Auch die sonstigen Ausführungen der Revision, mit denen sie die Unmöglichkeit der Auffassung des Berufungsrichters darlegen will, gehen fehl. Namentlich wird die von ihr bekämpfte Meinung des Berufimgsgerichts, daß die Benutzung eines Vordrucks der Oberschlesischen Anstalt für die Deckungszusage vom 18. Juli 1927 nur einem unbeachtlichen Schreibfehler gleichzuachten sei, durch die Vorschrift des § 133 BGB. vollauf gerechtfertigt.
R G Z . 133, 234 1. Verstößt ein Vertrag, durch den ein Abzahlungsgeschäft zur Beschaffung von Kredit einen Teil seiner Außenstände an ein Kreditinstitut abtritt, als Kredittäuschungsvertrag oder als Knebelungsvertrag gegen die guten Sitten ? 2. . . . 3. . . .
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BGB. §§ 138, 185. II. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 7. Juli 1931.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht".
R G Z . 134, 33 1. Kann der Vertreter mit Wirkung für den Vertretenen auch ein Scheingeschäft mit einem Dritten abschließen ? 2. Begriff des Einverständnisses mit der Scheinnatur einer Willenserklärung im Sinne des § 1 1 7 Abs. 1 B G B . 3. Kann sich derjenige, der mit dem Vertreter eines anderen in beiderseitigem einverständlichem Zusammenwirken ein Scheingeschäft vorgenommen hat, dem Vertretenen gegenüber auf die Scheinnatur des Geschäfts berufen ? BGB. §§ 116, 117. II. Z i v i l s e n a t .
W O . Art. 7.
U r t . v. 27. Oktober 1931.
I. Landgericht Oldenburg.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die klagende Genossenschaftsbank ist legitimierte Inhaberin eines am 10. Oktober 1928 von ihrem Genossen D . auf seinen Schwager, den Beklagten, gezogenen, mit dessen Akzept versehenen und vom Aussteller blanko girierten Wechsels an eigene O r d e r , der über den Betrag von 40000 R M . lautete und am 3. Januar 1929 fällig war. Sie nimmt daraus den Beklagten in Höhe von 10000 R M . nebst Zinsen in Anspruch. Der Beklagte wandte u. a. ein, daß der Wechsel zur Zeit der Annahme ein Blankett gewesen und von D . auf 40000 R M . — statt auf 10000 R M . — ausgefüllt worden sei. Dies wurde jedoch durch Vorbchaltsurteil des Landgerichts f ü r unerheblich erklärt, weil nur 10000 R M . eingeklagt worden sind. Außerdem machte der Beklagte geltend, die Akzeptierung sei ein Scheingeschäft gewesen. Das Landgericht hielt das auf Verurteilung des Beklagten lautende Vorbchaltsurteil im Nachverfahren aufrecht; das Oberlandesgericht dagegen wies die Klage ab, indem es folgende Feststellungen traf: Nach der Satzung der Klägerin hatten zwei Vorstandsmitglieder zur Vertretung der Klägerin mitzuwirken; der Vorstand der Klägerin bestand zu der hier fraglichen Zeit aus Schw., M . u n d dem Rendanten R. Letzterer hatte es verschuldet, daß ein dem Genossen D . von der Klägerin gewährter Kredit in erheblichem Maße ungesichert geblieben w a r ; den übrigen Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsrat war dies unbekannt. U m zu verhindern, daß es bei einer Revision entdeckt werde, vereinbarten R. und D . , letzterer habe, wie schon bei einer früheren Gelegenheit geschehen, wieder
108 Schemakzepte beizubringen, die zur Vortäuschung einer Sicherung seines Kontos dienen und nach Jahresschluß, d. h. nach Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat, sofort zurückgegeben werden sollten. Zu den von D . hierauf beschafften Papieren gehört auch der Klagwechsel. Der Beklagte ließ sich zur Hergabe seines Akzepts durch die Zusicherung des D. bestimmen, daß es sich um einen „Schein- oder Proformawechsel" handle, aus dem keine Ansprüche erhoben würden. Über den Zweck der Maßnahme hat D. dem Beklagten nichts mitgeteilt, und der Beklagte, der von Wechselgeschäften nichts verstand, hat sich darüber auch keine Gedanken gemacht. Aus diesem Sachverhalt schließt das Berufungsgericht, daß die Klage an der Vorschrift des § 117 Abs. 1 B G B . scheitere, da R. als Vertreter der Klägerin beim Erwerb des Wechsels die Scheinnatur des Akzepts gekannt habe. Die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen. Gründe: Aus der Theorie des Wechselrechts läßt sich die Unanwendbarkeit des §117 Abs. 1 B G B . nicht herleiten. Denn wenngleich diese Vorschrift von einer Willenserklärung spricht, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, das Akzept aber nach der reichsgerichtlichen Rechtsprechung (RGZ. Bd. 24 S. 87) grundsätzlich eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung ist, so steht doch hier ein Blankoakzept in Frage. Bei einem solchen hat aber das Reichsgericht stets einen Begebungsvertrag verlangt (vgl. R G Z . Bd. 74 S. 353; WarnRspr. 1918 Nr. 227; S t a u b S t r a n z WO. Art. 7 Anm. 10 und 14). Es erübrigt sich deshalb, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der vom Reichsgericht beim Nicht-Blankoakzept eingenommene Standpunkt gegenüber den im neueren Schrifttum geltend gemachten Gründen, namentlich gegenüber der Rechtsscheintheorie, aufrecht erhalten werden kann (vgl. J a c o b i in Ehrenbergs Handbuch IV 1 S. 318flg.; H. M e y e r , Das Akzept S. 81, 89flg.; E n n e c c e r u s L e h m a n n , Schuldverhältnisse §§ 205, 206). Die Angriffe der Revision richten sich gegen die Annahme des Berufungsrichters, daß R. beim Erwerb des Wechsels Vertreter der Klägerin gewesen sei und sein Wissen ihr schade. Hauptsächlich wirft die Revision dem Berufungsrichter die Übergehung der Behauptung vor: die Klägerin habe den Wechsel nicht durch R., sondern durch Schw. und M . erworben; mit der durch R. bewirkten Aushändigimg des Wechsels an Schw. und M . sei der Begebungsvertrag mit ihr abgeschlossen gewesen. Allein das würde zur Voraussetzimg haben, daß R. den Wechsel zuvor in eigenem Namen erworben hätte. Wäre dies der Fall gewesen, hätte also R. den Wechsel als Blankoindossatar ohne neues Giro weitergegeben, so hätte dies allerdings dieselbe Wirkung gehabt, wie wenn er an den Nehmer i n d o s s i e r t hätte, d. h. diesem könnten die ihm beim Erwerb unbekannten Einreden aus der Person des Vormanns (hier
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des R.) nicht entgegengehalten werden ( S t a u b - S t r a n z , WO. Art. 13 Anm. 4; M i c h a e l i s , Scheckgesetz § 8 Anm. 29; B r e i t , Scheckgesetz § 8 Anm. 8; anders B e r n s t e i n , WO. S. 79). Der Umstand, daß R. gleichzeitig dem Vorstand der Klägerin angehört hat, wäre für deren Gutgläubigkeit in diesem Falle bedeutungslos gewesen, weil er dann bei der Weiterbegebung an die durch die gutgläubigen Schw. und M. vertretene Klägerin als Nehmerin lediglich als Wechselgeber aufgetreten wäre. Allein jene Voraussetzung, daß R. den Wechsel vorher im eigenen Namen erworben hätte, trifft nicht zu. Denn wegen des mit dem Geben des Wechsels verfolgten Zweckes (für den dem D. gewährten Kredit Sicherheit zu geben) kam ein Wechselerwerb des R. in eigenem Namen überhaupt nicht in Frage; er wollte auch nicht etwa diesen Zweck durch sein eigenes Giro unterstützen. Die Entgegennahme des Wechsels durch R. ist also nur als ein Tätigwerden im Namen der Klägerin zu beurteilen. Es handelt sich bei den Ausführungen der Klägerin auch nicht sowohl um die Aufstellung einer (vom Berufungsrichter dann übergangenen) Behauptung, sondern um irrige rechtliche Würdigimg eines an sich unbestrittenen Sachverhalts. Die Revision hält die Auffassimg des Berufungsrichters, der in R. einen Vertreter der Klägerin erblickt, deshalb für widersinnig, weil mit der durch den Begriff der Vertretung geforderten Erklärung, daß die rechtlichen Wirkungen des Geschäfts für die Klägerin zur Entstehung gebracht werden sollten, sein Einverständnis mit D. über den Scheincharakter der Wechselbegebung nicht in Einklang zu bringen sei. Allein dieser Widerspruch haftet dem Scheingeschäft des § 117 Abs. 1 BGB. stets an, da sich bei ihm die Beteiligten gegenseitig rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben und doch darüber einig sind, daß diesen Erklärungen keine Rechtswirkung zukommen soll. Daß solches auch beim Vertreter möglich ist, versteht sich von selbst und folgt außerdem aus dem in § 166 Abs. 1 BGB. gebrauchten Wort „Willensmängel", worunter alle in den §§ l l ö f l g . a. a. O. geregelten Tatbestände auch des fehlenden Willens (geheimer Vorbehalt, Simulation, Nichternstlichkeit) inbegriffen sind. Übrigens spielt die Simulation des I n d o s s a m e n t s hier überhaupt keine entscheidende Rolle; maßgebend ist, daß zwischen dem Beklagten und D. die Scheinnatur des A k z e p t s vereinbart wurde und daß R. bei der Übertragung des Wechsels hiervon Kenntnis hatte. Aus dem Satze aber, daß eine Willenserklärung einem von mehreren Gesamtvertretern gegenüber wirksam abgegeben werden kann, wird allgemein gefolgert, daß die Kenntnis, der böse Glaube und die Arglist eines einzelnen Vertreters der Kenntnis usw. des Vertretenen gleichsteht (RGZ. Bd. 53 S. 231, Bd. 59 S. 408, Bd. 78 S. 354; JW. 1911 S. 1012 Nr. 2, 1914 S. 401 Nr. 1, 1927 S. 1675 Nr. 2). Damit ist sehr wohl vereinbar — worauf es aber hier nicht entscheidend ankommt —, daß die Begebung des Wechsels an die Klägerin nach deren Satzung (vgl. auch § 25 Abs. 1 GenG.) nicht schon durch R. allein, sondern erst in dem Augenblick zustande kam, als eines der anderen Vorstandsmitglieder dem Erwerbe zustimmte.
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Allgemeiner Teil
Mit Unrecht meint schließlich die Revision, es habe auch des E i n verständnisses von Schw. und M . mit der Scheinnatur des Geschäfts b e d u r f t , weil § 117 Abs. 1 BGB. das Einverständnis des Erklärungsempfängers mit dem gewollten Schein verlange, Empfänger der Erklärung aber die Klägerin gewesen sei, vertreten durch zwei Vorstandsmitglieder. Zunächst t r i f f t das schon insoweit nicht zu, als sich die Einrede des Beklagten auf den arglistigen Erwerb des simulierten A k z e p t s stützt. W e n n aber die Scheinnatur des I n d o s s a m e n t s in Frage stände, würde schon die Kenntnis des R. die Nichtigkeit begründen. Einverständnis im Sinne des § 117 ist keine neben der früher abgegebenen einhergehende, selbständige Willenserklärung; es müssen sich n u r beide Teile dessen bewußt sein, daß jener ersten Erklärung kein Wille entsprechen soll. Dieses Umstands war sich aber die Klägerin schon dann bewußt, wenn auch nur einer ihrer Gesamtvertreter ein solches Bewußtsein hatte. Der Schwerpunkt der Entscheidung liegt, wie nachdrücklich hervorgehoben werden m u ß , in der vom Berufungsgericht festgestellten G u t gläubigkeit des Beklagten. Hätte er gewußt, daß R. die Absicht hatte, den beiden anderen Vorstandsmitgliedern und dem Aufsichtsrat eine in Wahrheit nicht bestehende Sicherung des Kontos D . vorzuspiegeln, hätte er also im Einvernehmen mit R. arglistig zum Nachteil der Klägerin gehandelt, so m ü ß t e er verurteilt werden. Im Urteil vcm 23. Juni 1908 (abgedr. bei Gruch. Bd. 52 S. 933) hat der erkennende Senat ausgesprochen, daß sich derjenige, der mit dem Vertreter kolludiert habe, nicht auf die Scheinnatur des G e schäfts berufen könne. D e m ist O e r t m a n n (Recht 1923 S. 74; Kommentar zum BGB. § 117 N r . 2c ß Abs. 3 S. 381, §166 N r . 4f S. 615) beigetreten, indem er die Begründung dahin ergänzt, daß in solchem Falle der Erklärende demjenigen, der im Sinne der Wirkung als sein Geschäftsgegner in Betracht komme, das Vorhandensein eines Wirkungswillcns ebenso vortäusche, wie wenn er ihm die Erklärung ohne das Zwischenglied eines Vertreters abgebe; deshalb gehöre die Kollusion dem Gebiete des geheimen Vorbehalts an und müsse nach dessen Vorbild behandelt werden (§ 116 Satz 1 BGB.). An diesem Grundsatz mit der O e r t m a n n s c h e n Ergänzung würde der Senat festhalten, wenn die Bösgläubigkeit des Beklagten in Frage stände. Allein der Beklagte war gutgläubig. Daß er den Zweck des Wechsels gekannt habe, ist nicht einmal behauptet. Möglicherweise hat er angenommen, der ganze Vorstand wisse Bescheid und das Blankoakzept solle nur dazu dienen, irgendeine Rechtsverschiebung der Kritik unbefugter Dritter zu entziehen. D a n n ist es nur recht u n d billig, wenn er sich gegen die Inanspruchnahme durch die Klägerin wehrt. I h m war die Ungefährlichkeit des Akzepts als eines bloßen Scheingeschäfts vom Akzeptempfänger zugesichert worden, und da dies auf Veranlassung eines Mannes geschehen war, der die Klägerin beim E r w e r b des Wechsels mitvertrat, m u ß sie es hinnehmen, wenn ihr Erwerb als arglistiger beurteilt wird.
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R G Z . 134, 43 1. Zur Frage der Gültigkeit von Verträgen, die durch Bestechung von Angestellten der Gegenpartei zustande gekommen sind. 2. Wie weit hat sich die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Vertragsteilnehmers zu erstrecken, wenn ein Dritter die T ä u schung verübt hat ? BGB. §§ 123, 138 Abs. 1; § 823 Abs. 2 ; § 826. VI. Z i v i l s e n a t .
U r t . v. 29. Oktober 1931.
I. Landgericht München I.
II. Obcrlandesgericht daselbst.
Durch notariellen Vertrag vom 10. März 1928 kaufte die Klägerin als W o h n u n g f ü r ihren alleinigen Gesellschafter A. u n d seine Ehefrau von dem Beklagten ein diesen gehöriges Hausgrundstück zum Preise von 135000 R M . Schon am 1. März 1928 hatten die Parteien drei privatschriftliche Urkunden errichtet: einen den wesentlichen Vertragsinhalt festlegenden Entwurf des Kaufvertrags, ferner die Vereinbarung, daß das von der Klägerin gezahlte Angeld von 5000 R M . verfallen solle, falls die Verbriefung des Kaufvertrags nicht bis zum 8. M ä r z 1928 stattfinden würde, endlich einen von der Klägerin mitunterzeichneten Vertrag zwischen A. und dem verklagten Ehemann über die A u s f ü h r u n g von Arbeiten in dem Kaufgrundstück zum Preise von 25000 R M . („Ausbauvertrag"). Die Eigentumsumschreibung u n d die vereinbarte Hypothekeneintragung sind erfolgt. D u r c h Schreiben vom 22. Oktober u n d 6. November 1928 focht die Klägerin den Kaufvertrag u n d den Ausbauvertrag wegen arglistiger T ä u schung an. Die Anfechtung ist unter anderem darauf gegründet, daß der bei den Kaufverhandlungen beteiligte Privatsekretär des A. und Angestellte der Klägerin, H., der bei A. eine Vertrauensstellung eingenommen habe, vom verklagten Ehemann N . durch das Versprechen einer Provision bestochen worden sei; die infolgedessen von H . zugunsten der Beklagten entwickelte Tätigkeit sei f ü r den Abschluß des K a u f - u n d des Ausbauvertrags ursächlich gewesen. Da die Beklagten die Anfechtung zurückwiesen, erhob die Klägerin Klage u. a. mit dem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags u n d des Ausbauvertrags. Die Beklagten räumen zwar ein, daß der Beklagte Ehemann N . dem H . , nachdem die Parteien sich über die Vertragsbedingungen im wesentlichen geeinigt gehabt hätten, f ü r die Beschleunigung des förmlichen Vertragsschlusses etwas versprochen und an ihn im ganzen 1800 R M . gezahlt, ihm auch weitere 400 R M . in Aussicht gestellt habe. Auch habe der E h e mann N . an H . die Briefe vom 10. September u n d 9. Oktober 1928 gerichtet. I m ersteren Brief heißt es: Zunächst bedauere lebhaft, daß Sie außer Stellung sind. Was Ihre Provisionsforderung betrifft, so bin ich leider nicht in der Lage, dieselbe auch n u r annähernd anzuerkennen. Abgesehen davon, daß
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. .., habe ich durch die übermäßigen Forderungen des Käufers . . . solch große Kostenüberschreitung gehabt . . . Um Weiterungen zu meiden, gab ich nach. Wären Sie h i e r g e w e s e n , so wäre alles durch Ihre Vermittlung doch anders gekommen . . . Ich sende Ihnen anbei 300 M., weil ich weiß, daß man in der Fremde ungern in der Klemme ist, und ohne eine Verpflichtung durch die veränderten Verhältnisse anzuerkennen. Schreiben Sie mir, was ich dem G. (dem Geschäftsführer der Klägerin) sagen soll, der mich wiederholt frug, ob und wieviel ich Ihnen Geld gab . . . Im Brief vom 9. Oktober 1928 finden sich folgende Sätze: . . . Die Arbeiten kosten mich das Doppelte, als was ich gerechnet habe. Es ist richtig, daß Sie . . . nichts dafür können, aber andererseits behaupte ich, daß ich diese Lasten nicht vorausgesehen habe und nicht hätte tragen müssen, wenn Sie hier geblieben wären . . . Mit Rücksicht auf die Verhältnisse, namentlich auf Ihre Lage, will ich die Angelegenheit freundschaftlich erledigen und bin ich bereit, Ihnen 400 M. in zwei Monatsraten zu senden; damit bin ich an die Grenze des Möglichen gegangen . . . Dem Ehemann N. habe es aber ferngelegen, den H. zu bestechen oder „abzuschmieren". Im übrigen würden die Klägerin und A. — so machen die Beklagten weiter geltend — das Haus auch dann zu den vereinbarten Bedingungen gekauft haben, wenn sie um die dem H. in Aussicht gestellte Zuwendung gewußt hätten. Das Landgericht hielt eine arglistige Täuschung der Klägerin, soweit sie auf die Annahme von Schmiergeldern durch H. gestützt ist, für erwiesen und entsprach daher dem Klagantrag. Das Oberlandesgericht da gegen wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückvei Weisung. Aus den G r ü n d e n : . . . Das angefochtene Urteil stellt folgenden Sachverhalt fest. Der Beklagte, Ehemann N., habe dem mit den Unterhandlungen über den Kaufvertrag betrauten H. eine Vergütung für die Beschleunigung des rechtswirksamen Abschlusses des Kaufvertrags versprochen und nach dessen Abschluß auf diese Vergütimg 1800 RM. gezahlt, auch weitere 400 RM. in Aussicht gestellt. Ausschlaggebend für den Hauserwerb sei die Entschließung der Eheleute A. gewesen. Das hätten die Beklagten gewußt. H., der Angestellte der Klägerin, sei aber bei den Kaufverhandlungen vorwiegend als Vertrauensmann der Eheleute A. tätig gewesen. Ob den Beklagten das Anstellungsverhältnis des H. zur Klägerin bekannt gewesen sei, könne dahingestellt bleiben; jedenfalls habe der Beklagte durch das Versprechen der Vergütimg auf H. nicht in dessen Eigenschaft als Angestellter der Klägerin einzuwirken gesucht, weil der Kaufabschluß in Wirklichkeit nicht von deren Willen abhängig gewesen sei, sondern er
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habe sich an ihn nur als an die Vertrauensperson der Eheleute A. gewendet. Wann der Beklagte dem H. die Vergütung versprochen habe, lasse sich nicht sicher feststellen, es sei aber anzunehmen, daß dies bereits vor der Absendung des Briefes des H. an A. vom 23. Februar 1928 geschehen sei. Die Kauf bedingungen möchten wohl in den Grundzügen festgelegt gewesen sein, sicher aber noch nicht in allen Einzelheiten. Immerhin sei aber die Behauptung des Beklagten glaubwürdig, daß er dem H. nur für die Bes c h l e u n i g u n g des rechtswirksamen Vertragsschlusses eine Vergütung versprochen habe. Daß es dem Ehemann N. vor allem um die Beschleunigung des Abschlusses zu tun gewesen sei, lasse auch der Brief vom 23. Februar 1928 erkennen, wonach er eine Ausschlußfrist für sein Vertragsangebot gestellt habe. Möglich sei, daß bei dem Zuwendungsversprechen der Gedanke des Beklagten eine Rolle mitgespielt habe, sich dadurch auch das Wohlwollen des H. als des einflußreichen Vertrauten des A., seine freundliche Gesinnung zugunsten des Vertragsschlusses warm zu halten und seinen Eifer für diesen Abschluß anzuspornen. Der Ehemann N. habe aber dabei nicht im Auge gehabt, den H. zu veranlassen, daß er gegen seine bessere Überzeugung auf A. zugunsten eines Vertragsschlusses einwirke, den er nicht als für A. günstig und als nicht in dessen Interesse gelegen erachtet hätte, oder den H. dafür zu gewinnen, daß er günstigere Vertragsbedingungen für die Beklagten durchsetze. Daß der Beklagte dem H. eine nach der Höhe des Kaufpreises zu berechnende Provision versprochen habe, sei nicht erwiesen. Es möge sein, daß H. gegenüber den Eheleuten A. ein falsches Spiel getrieben und für die Beklagten möglichst günstige Bedingungen zu erreichen versucht habe, weil er hoffte, der Beklagte werde desto mehr Zuwendungen über die versprochene sog. Provision hinaus machen. Das sei aber dem Beklagten unbekannt, habe nicht in seinem Willen gelegen und sei auch nicht bedingt von seinem Willen umfaßt gewesen. Der Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und H. stehe nicht im Widerspruch mit dem Vorbringen der Beklagten. Mit dem Worte „Provisionsforderung" im Schreiben vom 10. September 1928 nehme der Beklagte Ehemann N. offensichtlich eine Redewendung des H. auf, die seinem eigenen Sprachgebrauch bei seinen geschäftlichen Angelegenheiten naheliege; eine Schlußfolgerung auf Bedeutung und Inhalt des Versprechens lasse sich aber daraus nicht ziehen. Aus den Bemerkungen in diesem Schreiben und dem vom 9. Oktober 1928: wenn H. dageblieben wäre, Hann wäre es anders gekommen, müsse nicht auf eine Bestechung des H. geschlossen werden. Das Ersuchen im Schlußsatz des ersterwähnten Briefes, H. möge schreiben, was der Beklagte dem G. wegen der Geldzuwendungen sagen solle, lasse sich zwanglos damit erklären, daß der Ehemann N. erst durch die Nachforschungen des G. nach einer an H. gezahlten Vergütimg auf die Bedeutung aufmerksam geworden sei, welche die Klägerin und A. der Sache beigelegt hätten, und daß sich der Ehemann N. deshalb, um den H. nicht bloßzustellen und zu schädigen, mit diesem habe ins Benehmen setzen wollen. Zivils. Allgem. Teil 3
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Diesen Sachverhalt würdigt der Berufungsrichter rechtlich wie folgt: Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin (§§ 823, 826 BGB.) sowie die Nichtigkeit der Verträge gemäß § 138 das. seien schon deshalb nicht gegeben, weil das Grundstück nach dem Gutachten des Sachverständigen 165000 RM. wert, die Klägerin also nicht geschädigt sei, da sie es für 160000 RM. einschließlich der Ausbaukosten erworben habe. Bei der Anfechtung (nach § 123 BGB.) wegen der als Bestechung bezeichneten Zuwendung an H. berufe sich die Klägerin auf RGZ. Bd. 107 S. 208. Der diesem Urteil zugrunde liegende Fall unterscheide sich aber von dem hier festgestellten Sachverhalt in wesentlichen Punkten. Der Hauptunterschied liege darin: der Ehemann N. habe sich an H. nicht als Angestellten der Klägerin, sondern als den Vertrauten des A. gewandt, dessen Wille ausschließlich maßgebend gewesen sei. H. habe dem A. gegenüber keine Rechtspflicht zur Offenbarung des Empfangs der Zuwendung gehabt, auch habe der Ehemann N. von H. kein ungetreues Verhalten verlangt und durch die Zuwendung nichts Unrechtes, sondern vorwiegend nur die Beschleunigung der Erledigung zu erreichen beabsichtigt; eine darüber hinausgehende unlautere Beeinflussimg des A. habe nicht im Willen des Ehemanns N. gelegen. Von besonderer Bedeutung sei aber die Frage der Ursächlichkeit. Wohl hätten die Eheleute A. nach bester Überzeugung bekundet, daß sie die Verträge nicht geschlossen hätten, wenn ihnen das „Abschmieren" des H., selbst bei Zugrundelegung der Sachdarstellung der Beklagten, bekannt gewesen wäre. Die beiden Zeugen hätten sich aber kein unbefangenes Urteil darüber bilden können, wie sie sich dann verhalten hätten, wenn ihnen das Vorkommnis so, wie festgestellt, bekannt gewesen wäre. Das Berufungsgericht habe sich nicht davon überzeugen können, daß A. und die Klägerin von den beiden Verträgen unter den in ihnen festgesetzten Bedingungen abgestanden wären, wenn sie das Zuwendungsversprechen des Beklagten an H. unter den festgestellten Umständen gekannt oder vom Verschweigen des Erkenntlichkeitsversprechens noch vor Abschluß der Verträge Kenntnis bekommen hätten. Die Revision ist begründet. (Es folgt die Erörterung einer Prozeßrüge.) Sachlichrechtlich macht die Revision irrige Nichtanwendung des §123 BGB. geltend, soweit die Anfechtung der beiden Verträge auf das durch die Bestechung veranlaßte Verhalten des H. gestützt worden ist. Diese Revisionsbeschwerde greift durch. In der Tat hat der Vorderrichter nach mehrfacher Richtung den § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB. und die Grundsätze verletzt, welche die reichsgerichtliche Rechtsprechung auf Grund dieser Vorschrift für die Beurteilung der Frage der Gültigkeit von Kaufverträgen aufgestellt hat, die durch Bestechung von Angestellten des Vertragsgegners zustande gekommen sind (RGZ. Bd. 86 S. 146, Bd. 107 S. 208).
Die Annahme, daß für die Vertragspartei, die einem Angestellten der Gegenpartei Schmiergelder gezahlt hat, gegenüber dem Vertragsgegner eine Offenbarungspflicht für diese Tatsache bestehe, wird sich allerdings,
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zum mindesten der Regel nach, nicht rechtfertigen lassen und wird offenbar auch in R G Z . Bd. 107 S. 208 (211) abgelehnt. Eine Anfechtbarkeit auf Grund eigener arglistiger Täuschung durch den Schmiergeldgeber (§ 123 Abs. 1 BGB.) und eine Schadensersatzpflicht auf Grund Verschuldens beim Vertragsschluß scheiden daher aus. Dagegen ist die Anfechtbarkeit in der angeführten Entscheidung mit Recht aus § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB. hergeleitet worden, welcher lautet: Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte. Demnach ist das Verhalten des Dritten — hier des H. — und das des Erklärungsempfängers — hier des Beklagten N. — scharf auseinanderzuhalten. Während dem H . eine arglistige Täuschung der Klägerin selbst oder in der Person des mit ihr wirtschaftlich identischen und daher f ü r die Anfechtungsfrage als eine und dieselbe Person mit der Klägerin zu behandelnden A. zur Last fallen muß, genügt beim Ehemann N., daß er die durch H. verübte arglistige Täuschung kannte oder nur infolge von Fahrlässigkeit (§ 276 BGB.) nicht kannte. Daß die Tätigkeit des H. f ü r A. bestimmend oder wenigstens mitbestimmend war (RGZ. Bd. 77 S. 314), die beiden Verträge zu schließen, hat das Berufungsgericht zwar nicht ausdrücklich festgestellt, aber offensichtlich angenommen; das Schreiben des H. an A. vom 23. Februar 1928 in Verbindung mit dem am 1. März 1928 erfolgten Abschluß der drei Vereinbarungen und die Briefe des Ehemanns N. vom 10. September und 9. Oktober 1928 an H. lassen hieran wohl kaum einen Zweifel übrig. Es fragt sich daher zunächst weiter, ob dem H.deshalb eine arglistigeTäuschung zur Last fällt, weil er sich entgegen den Geboten der Ehrlichkeit vom Beklagten eine Zuwendung hatte versprechen lassen und demzufolge der wirkliche Sachverhalt seinem Dienstherrn nicht völlig bekannt wurde, als dieser die Verträge mit dem Beklagten schloß. Ob man diese Zuwendung als Bestechungsgeld, als Schmiergeld, als Provision oder als Gratifikation bezeichnen will, ist sachlich ohne Bedeutung; der Sache nach war es eine Vergütung dafür, daß H., der Unterhändler des A., zugunsten der Beklagten, also der Gegenpartei, eine Tätigkeit entfalten sollte. Zwar hat H. durch die Entgegennahme des Zuwendungsversprechens ebensowenig den Tatbestand des § 12 Abs. 2 UnlWG. erfüllt wie der Ehemann N. den des Abs. 1 das. durch die Abgabe des Versprechens, und zwar beides weder insoweit, als der Kaufvertrag, noch insoweit, als der Ausbauvertrag in Betracht kommt. Dies zum mindesten deshalb nicht, weil Grundstücke keine Ware sind und nichts dafür vorliegt, daß der Beklagte bei dem Ausbauvertrag mit irgendeiner anderen Person im Wettbewerb gestanden hätte. Gleichwohl geht die Rechtsansicht des Berufungsgerichts fehl, dem H. habe keine Rechtspflicht obgelegen, der Klägerin oder dem A. das Zuwendungsversprechen zu offenbaren. Ob sich der Ehemann N. an H. in dessen Eigenschaft als Angestellter der Klägerin gewandt hat, was das angefochtene 8
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Urteil verneint, oder als an den Vertrauten des A., von dessen Entschließung das Zustandekommen der beiden Verträge ausschließlich abhing, ist ohne Belang. H. war der Angestellte der Klägerin, die das Grundstück auf ihren Namen kaufen sollte; der Anstellungsvertrag verpflichtete ihn daher, das Zuwendungsversprechen des Beklagten als der Gegenpartei abzulehnen, zum mindesten aber, wenn er das Versprechen angenommen hatte, die Klägerin über den Sachverhalt aufzuklären. Und die gleichen Pflichten lagen H. dem A. gegenüber, dessen Privatsekretär er überdies gewesen sein soll, mindestens deshalb ob, weil er nach der Feststellung des angefochtenen Urteils von A. mit der Führung der Kaufvertragsverhandlungen betraut war, zu ihm also mindestens in einem Auftragsverhältnis stand. Aus diesen Vertragsverhältnissen, nicht minder aber auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben nach der Auffassung des redlichen Geschäftsverkehrs ;RGZ. Bd. 107 S. 211) folgte die Pflicht des H., auch den A. über den wahren Sachverhalt nicht im Unklaren zu lassen, seine Unkenntnis nicht luszunutzen. Kann hiernach kein Zweifel daran bestehen, daß H. seine vertraglichen Pflichten gröblich verletzt hat, so wird der Tatrichter weiter zu prüfen haben, ob H. diese Pflichten nicht gekannt oder nicht zum mindesten mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß ihm solche Pflichten oblägen. Es kommt dann ferner darauf an — und das ist wohl die Kernfrage in diesem Rechtsstreit —, ob die Unkenntnis von dem Zuwendungsversprechen an H. ursächlich gewesen ist für den Entschluß der Klägerin und des A., die beiden Verträge zu schließen, mit anderen Worten, ob sie die Verträge auch dann geschlossen hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, daß ihrem Unterhändler H. vom Beklagten eine Zuwendung versprochen war. Nun wird man nach der Lebenserfahrung davon auszugehen haben, daß im allgemeinen ehrliche und anständige Menschen auf die Eingehung jeglicher vertraglicher Beziehungen zu solchen Leuten alsbald verzichten werden, von denen sie erfahren, daß jene für den Fall des Zustandekommens des Vertrags dem Angestellten und Unterhändler der Gegenpartei eine Zuwendung versprochen haben. Im redlichen Geschäftsverkehr ist ein derartiges Verfahren mit Recht verpönt, und der Regel nach wird, abgesehen von dem persönlichen Grunde, daß ein solches Verhalten (wie die Revision es nicht ohne Grund ausdrückt) „anekelt", ein jeder sich sagen, daß er mittelbar die seinem Angestellten versprochene Zuwendung bezahlen muß und daß auf die Vertragstreue einer Partei, die zu solchen Mitteln greift, kein Verlaß ist. Es mag sein, daß unter besonderen Umständen, z. B. wenn jemand den Vertragsgegenstand dringend benötigt oder wenn dessen Erlangung seinem dringlichen Wunsche entspricht, darüber hinweggesehen wird, daß Schmiergelder versprochen worden sind. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles hat indessen das Berufungsgericht nicht rechtlich einwandfrei festgestellt. Der Vorderrichter hat sich nicht davon überzeugen können, daß die Klägerin und A. unter den besonderen für erwiesen erachteten Umständen vom Vertragsschluß
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Abstand genommen hätten, wenn ihnen das Zuwendungsversprechen an H. und seine Verschweigung bekannt gewesen wären. Danach scheint auch das angefochtene Urteil anzunehmen, daß der Regel nach niemand Verträge mit einer Person abschließen wird, die, wie er weiß, dem Angestellten der Gegenpartei ein Schmiergeld zugesagt hat. Spricht aber hierfür die Lebenserfahrung, so hätte sich der Vorderrichter zum mindesten die Frage vorlegen müssen, ob sich nicht die Beweislast umkehrt, ob also nicht die Beklagten beweisen müssen, einmal, daß besondere, eine abweichende Beurteilung rechtfertigende Umstände vorliegen, ferner aber, daß die Klägerin und A. bei Kenntnis dieser Umstände die Verträge gleichwohl abgeschlossen hätten, und zwar zu denselben Bedingungen. An der Prüfung dieser Beweislastfrage fehlt es. Im übrigen halten aber die Gründe, welche das Berufungsgericht dafür anführt, daß der ursächliche Zusammenhang zwischen der Täuschung des H. und dem Abschluß der Verträge zu verneinen sei — und nur auf die besonderen Umstände ist die Entscheidung gestützt —, auch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Diese Gründe sind im wesentlichen folgende. Wohl der Hauptgrund ist der, daß der Beklagte „vorwiegend" nur die B e s c h l e u n i g u n g des formellen Vertragsschlusses durch die Zuwendung habe erreichen wollen. Man muß also als Ansicht des Vorderrichters unterstellen, daß der Beklagte daneben noch einen anderen Zweck verfolgt hat, nämlich den, die Klägerin und A. erst zur Eingehung der Verträge überhaupt zu bewegen. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich daraus, daß das angefochtene Urteil in anderem Zusammenhang darlegt, das Zuwendungsversprechen sei wahrscheinlich schon vor dem Schreiben des H. an A. vom 23. Februar 1928 — durch das letzterer, wie unterstellt werden muß, erst zum Vertragsschluß bestimmt worden ist —, jedenfalls aber vor dem Abschluß der Abmachungen vom l . M ä r z 1928 gegeben worden. Dann könnte eine Absicht des Beklagten, durch das Versprechen lediglich den Abschluß der formellen Verträge zu beschleunigen, nur unter der Voraussetzung festgestellt werden, daß der Beklagte die Überzeugung hatte, es werde unter allen Umständen zum Vertragsschluß kommen, der formelle Abschluß sei nur noch eine Frage der Zeit und das Zuwendungsversprechen an H. sei also nicht sowohl dazu bestimmt, auf den Entschluß der Klägerin und des A. zugunsten des Vertragsabschlusses überhaupt durch H. einzuwirken, sondern eben nur ihre Willensentschlicßung zu beschleunigen. Daß die Sachlage so gewesen wäre, ist mindestens nicht festgestellt. Nebenbei sei bemerkt, daß objektiv auch dann eine unzulässige Willensbeeinflussung im Sinne des § 123 BGB. vorgelegen hätte, wenn es sich nur um die B e s c h l e u n i g u n g der Willensentschließung der Käufer und Besteller gehandelt haben sollte, und daß ein Betrag von 1800 oder 2200 RM. immerhin eine ganz ansehnliche Zuwendimg für die bloße Herbeiführung eines beschleunigten Vertragsschlusses darstellen würde. Ferner verweist der Vorderrichter darauf: es sei nicht erwiesen, daß sich die dem H. zugesagte Provision nach der Höhe des Kaufpreises habe richten
118 sollen. Er hält also allem Anschein nach die Behauptung des Beklagten für richtig, daß die Höhe der dem H. versprochenen Provision vom Beklagten nach seinem Ermessen bestimmt werden sollte. Dann aber lag die nach der Annahme des Vorderrichters demnächst möglicherweise verwirklichte Gefahr nahe, daß zum mindesten H. annehmen würde, der Beklagte werde ihm eine um so höhere Gratifikation gewähren, je günstiger für die Beklagten die Vertragsbedingungen seien, die H. bei der Klägerin und A. durchsetze. Weshalb gerade der Beklagte N. — ein Architekt, der, wie nach dem Akteninhalt angenommen werden kann, ein bedeutendes Geschäft betreibt und bei dem man unbedenklich Erfahrungen im Provisionsverkehr voraussetzen darf — jene naheliegende Gefahr nicht erkannt haben soll, ist ohne nähere Darlegung nicht einzusehen. Aus den gleichen Gründen wird man davon ausgehen dürfen, daß dem Beklagten die Bestrebungen in Handel und Gewerbe, das Schmiergelderunwesen im Geschäftsverkehr auszurotten, sehr wohl bekannt waren, Bestrebungen, die durchaus berechtigt sind und zu den scharfen Strafbestimmungen in § 12 UnlWG. geführt haben ( R o s e n t h a l UnlWG. Note 1 zu § 12). Es kommt aber hierauf nicht einmal an. Die Unlauterkeit des Verhaltens des verklagten Ehemanns und sein Verstoß gegen die Grundsätze des redlichen Geschäftsverkehrs liegt schon allein darin, daß er sich an H. als den „einflußreichen" Vertrauten des A. herangemacht, ihm für ein Tätigwerden in seinem Interesse Geld versprochen und ihn dadurch in die Gefahr gebracht hat, seiner Vertragspflicht, lediglich die Belange seines Auftraggebers wahrzunehmen, untreu zu werden. Dadurch hat der Beklagte zwar nicht, wie dargelegt, gegen § 12 Abs. 1 UnlWG., wohl aber gegen den dieser Vorschrift zugrunde liegenden Rechtsgedanken verstoßen und ferner den H. erst veranlaßt, die Rolle zu spielen, die der Vorderrichter mit Recht als verwerflich bezeichnet. Auf der anderen Seite hat der Berufungsrichter bei Prüfung der Frage des ursächlichen Zusammenhangs den sehr wesentlichen Umstand nicht erkennbar berücksichtigt, daß es sich bei dem Kaufvertrag nicht nur um ein bedeutendes Geschäft gehandelt hat, sondern daß mit diesem Vertrag auch noch ein Ausbauvertrag mit einem Gegenstand von 25000 RM. verbunden war, ein Vertrag also, den der Besteller nur mit einem Unternehmer zu schließen pflegt, dem er besonderes Vertrauen entgegenbringt. Endlich bedarf noch der Prüfung die Frage, ob sich H. bewußt war, daß die Klägerin und A. die Verträge mit dem Beklagten, wenn auch nur möglicherweise (RGZ. Bd. 96 S. 346), nicht schließen würden, wenn ihnen das Schmiergeldversprcchen bekannt wäre. Was weiter den Tatbestand des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB. auf seiten des verklagten Ehemanns anlangt, so könnte der Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang mit Abs. 1 das. zu der Annahme verleiten, es genüge, wenn der Anfechtungsgegner die — arglistige — Täuschung des Dritten gekannt habe oder sie hätte kennen müssen; es sei dagegen nicht erforderlich, daß er auch die ursächliche Wirkung der Täuschung auf die Abgabe
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der Erklärung durch den Anfechtenden kannte oder kennen mußte. Eine solche Auslegung würde indessen am Wortlaut des § 123 BGB. haften und dem Sinn des Abs. 2 Satz 1 das. nicht gerecht werden. Ebenso wie im Falle des Abs. 1 der Täuschende selbst die Ursächlichkeit der Täuschung für die Erklärung des Getäuschten erkannt oder wenigstens mit einer solchen Möglichkeit gerechnet haben muß, so muß auch im Falle des Abs. 2 Satz 1 der Empfänger der Erklärung wissen oder nur infolge Fahrlässigkeit nicht wissen, daß die Erklärung mit dem Willensmangel des § 123 Abs. 1 behaftet ist; das trifft aber nur dann zu, wenn die Täuschung des Dritten für die Erklärung bestimmend war (Planck BGB. Erl. III zu § 123). Hinsichtlich der Erkenntnis der Ursächlichkeit einen Unterschied zwischen dem Täuschenden und dem Erklärungsempfänger zu machen, fehlt es an jedem inneren Grunde. Worauf die, wie zuzugeben ist, nicht ganz klare Fassung des § 123 Abs. 2 Satz 1 beruht, die auch in anderer Beziehung zu Zweifeln Anlaß gegeben hat (vgl. RGZ. Bd. 58 S. 348; M i t t e i s in LZ. 1909 Sp. 634 und im Recht 1909 S. 667, anderseits H e l l m a n n im Recht 1909 S. 589) und die deutlicher dahin lauten müßte: Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung und deren Ursächlichkeit für die Abgabe der Erklärung kannte oder kennen mußte ist aus den gesetzgeberischen Vorarbeiten ( M u g d a n , Materialien Bd. 1 S. 466, 467, 722, 723,834,965) nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen. Der erste Entwurf (§ 103) haue das die Ursächlichkeit einschließende Wort „Betrug" statt „arglistiger Täuschung" und „Täuschung" gewählt. Die zweite Kommission (§ 98) hat diese Ausdrücke an Stelle des Wortes „Betrug" eingefügt, um das Bedenken zu beseitigen, daß es sich um Betrug im Sinne des Strafrechts (§ 263 StGB.) handeln müsse. Den Antrag, in § 123 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes das Wort „Täuschung" durch „Anfechtungsgrund" zu ersetzen, hat die zweite Kommission aus nicht ersichtlichen Gründen abgelehnt. Hiernach wird der Tatrichter zu erörtern haben, ob der Beklagte die arglistige Täuschung des H. und ihre Ursächlichkeit für den auf den Abschluß der Verträge gerichteten Willensentschluß des A. und der Klägerin gekannt hat oder beides hätte kennen müssen. Sollte der Beklagte die arglistige Täuschung gekannt haben oder hätte er sie kennen müssen, so wird zu prüfen sein, ob sich etwa die Kenntnis von der Ursächlichkeit aus seinen Briefen vom 10. September und 9. Oktober 1928 folgern läßt. Darüber, ob der verklagte Ehemann N. hätte erkennen müssen, daß H. der Klägerin und dem A. das Zuwendungsversprechen arglistig verschwiegen hatte, spricht sich das angefochtene Urteil nicht aus. In dieser Beziehung könnte in Betracht kommen, daß dem Schmiergeldvertrag die Abmachung, daß er vor dem Geschäftsherrn des Empfängers geheimgehalten werden soll, stillschweigend innezuwohnen pflegt; denn sobald der Geschäftsherr davon erfährt, daß sein Angestellter von der Gegenseite eine
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Zuwendung erhält, wird eine Beeinflussung des Geschäftsherrn durch den Angestellten zugunsten des Vertragsschlusses in der Regel ausgeschlossen, der mit dem Abschluß des Schmiergeldvertrags verfolgte Zweck also unerreichbar sein. Ob das Berufungsgericht die Frage der Kenntnis des Beklagten von der arglistigen Verschweigung des Provisionsversprechens durch H. geprüft hat, ist dem Urteil nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Sollte etwa diese Frage durch die Deutung verneint werden, welche der Vorderrichter dem Schlußsatze des Schreibens des Beklagten an H. vom 10. September 1928 gegeben hat, so wäre hierzu folgendes zu bemerken. In jenem Schlußsatz ersucht der Beklagte den H. um Vorschläge, was er dem G. sagen solle, wenn dieser ihn wiederum fragen würde, ob und wieviel Geld dem H. gegeben worden sei. Der Beweggrund des Beklagten zu diesem bedenklich anmutenden Ersuchen ist nach Ansicht des Berufungsrichters der gewesen, daß der Beklagte den — aus den Diensten der Klägerin und des A. bereits entlassenen — H. nicht hat bloßstellen und schädigen wollen. Ob diese Ansicht richtig ist oder ob die Annahme näher liegen möchte, daß der Beklagte im Einvernehmen mit H. einen Weg hat ermitteln wollen, der auch ihn selbst vor ideellem und materiellem Schaden bewahren sollte, ist in der Revisionsinstanz nicht zu erörtern. Jedenfalls ergibt sich auch vom Standpunkt des Vorderrichters aus so viel, daß der Ehemann N. dem G. nicht die volle Wahrheit sagen wollte, da er sonst seinen Zweck, den H. nicht bloßzustellen, nicht wohl hätte erreichen können. Mit den Geboten der Wahrhaftigkeit steht eine solche Absicht nicht im Einklang. Wenn der Berufungsrichter, um den Beklagten auch in diesem Punkte zu rechtfertigen, jenes Ersuchen „zwanglos" damit erklären will, der Ehemann N. sei erst durch das Nachforschen des G. auf die Bedeutung aufmerksam geworden, welche die Klägerin und A. einem etwaigen Zuwendungsversprechen an H. beigelegt hätten, so ist ohne nähere Darlegung nicht ersichtlich, wie der Ehemann N. bezüglich des Provisionsversprechens für seine Person ein reines Gewissen haben konnte, für H. aber bei Bekanntwerden eben jenes Versprechens eine Bloßstellung befürchten zu müssen glaubte. War das Provisionsversprechen nach der Überzeugung des Beklagten unbedenklich, so hätte es nahegelegen, daß dieser dem G. schon auf dessen erste Frage den Sachverhalt wahrheitsgemäß mitgeteilt und nicht erst abgewartet hätte, bis die Klägerin in den Besitz der Briefe des Beklagten gelangte, die das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang als ihn „bloßstellend" bezeichnet. Daß die Bestechung von Angestellten unter Umständen auch nach § 826 BGB. und vielleicht auch nach § 823 Abs. 2 BGB., § 263 StGB, schadensersatzpflichtig machen kann, verkennt das Berufungsgericht nicht, es verneint aber die Anwendbarkeit dieser Vorschriften deshalb, weil der Klägerin kein Schaden entstanden sei. Zu diesem sachlichrechtlich zutreffenden.. aber verfahrensrechtlich vielleicht bedenklichen Klagabweisungsgrund Stellung zu nehmen, sieht das Revisionsgericht zur Zeit keinen Anlaß. Fehl geht die Revisionsrüge, daß der Berufimgsrichter das Vor-
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liegen einer Vermogensbeschädigung auch f ü r die Anfechtung nach § 123 BGB. als Voraussetzung angesehen habe. Die Urteüsgriinde ergeben vielmehr mit aller Klarheit, daß der Berufungsrichter zutreffend annimmt, § 123 BGB. bezwecke den Schutz der Willensfreiheit (RGRKomm. Erl. 1 zu § 123), und daß er lediglich auf unzulässige Willensbeeinflussung abstellt. Die Frage der Nichtigkeit der Verträge gemäß § 138 Abs. 1 BGB. hat das Berufungsgericht bisher nur unzureichend geprüft. Diese Frage ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Klägerin mit Rücksicht auf den angeblichen Grundstückswert von 165000 RM. keinen Vermögensschaden erlitten hat, wie dies das angefochtene Urteil annimmt. Die Sittenwidrigkeit der Verträge kann sich vielmehr je nach Umständen daraus ergeben, daß etwa das Zuwendungsversprechen an H. einen Einfluß auf ihre Gestaltung ausgeübt hat (RGUrt. im Recht 1923 Nr. 853 nebst Nachweisen, ferner R G U r t . vom 9. Mai 1925 V 471/24 sowie RGZ. Bd. 130 S. 142). Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn der verklagte Ehemann N. den Betrag, den er dem H. zugewendet hat, auf die Vertragspreise aufgeschlagen oder die ihm nach dem Ausbauvertrag obliegenden Arbeiten entsprechend minderwertig ausgeführt haben sollte. Auch in diesen Fällen ließe sich eine auf dem Zusammenwirken des Beklagten und des H. beruhende sittenwidrige Schädigung der Klägerin annehmen, die zur Anwendimg des § 138 Abs. 1 führen könnte. Da jedoch der Sachverhalt nach dieser Richtung noch völlig ungeklärt ist, besteht für das Revisionsgericht zur näheren Erörterung der Anwendbarkeit dieser Vorschrift kein Anlaß. . . . RGZ. 134, 195 Zur Anfechtung stillschweigend abgegebener wegen Irrtums. BGB. § 119.
Erklärungen
VIII. Zivilsenat.
Urt. v. 5. November 1931.
I Landgericht Essen.
II. Oberlandesgericht Hamm.
Die Klägerin kaufte zur Erweiterung ihres Bankbetriebs in G. von den Erben N. durch Vertrag vom 27. Dezember 1920/10. Januar 1921 ein ihrem Gebäude benachbartes Haus. Der Beklagte, dessen Ehefrau zu diesen Erben gehört, hatte dort eine Apotheke inne. Im Zusammenhang mit den Kaufverhandlungen vereinbarten die Parteien, daß der Beklagte nach Fertigstellung des notwendigen Umbaues seine Apotheke und Wohnung in das der Klägerin damals schon gehörige Bankgebäude verlegen solle. Nach vollendetem Umbau, im April 1925, bezog der Beklagte diese Räume als Mieter. In der Zwischenzeit hatten die Parteien nach vorangegangenen Streitigkeiten am 8. Januar 1923 „betreffs Verlegung der Apotheke und Wohnung" einen Vergleich geschlossen, der eine Grundmiete von insgesamt 5000 M . „unter Hinzutreten der gesetzlichen Zuschläge" für Apotheke und Woh-
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nung festsetzt und gleichzeitig die Mietzeit auf 30 Jahre bestimmt. Nacl dem Einzug des Beklagten wurde zwischen den Parteien schriftlich di< monatliche Nachtrags Zahlung der Miete vereinbart und am 6. Mai 192: fernmündlich verabredet: die Klägerin solle dem Beklagten ein besondere; Mietkonto eröffnen. Ein Schreiben der Klägerin an den Beklagten von 7. Mai 1925 bestätigt diese Abreden und fährt dann fort: Wir haben Sie daher auf Grund einer Jahresmiete von M. 500( für Aprilmiete mit M. 416,70, Wert 30. '4. 25, auf Mietkonto belastei und gleichzeitig für M. 416,70, Wert 30. 4. 25, zu Lasten Ihrer laufenden Rechnung und zum Ausgleich des Mietkontos erkannt. In der Folge, und zwar bis September 1929, entrichtete der Beklagte ständig monatlich auf diesem Wege den soeben bezeichneten Mietsatz, ohne daC die Klägerin Einwendungen erhob. Zuerst durch Schreiben vom 14. September 1929 begehrte die Klägerin Nachzahlungen, da zur Jahresmiet« die gesetzlichen Zuschläge kämen. Mit der im Dezember 1929 erhobenen Klage verlangte sie die Zahlung eines Betrags von 3275 RM. mit zweifache! Begründung. In erster Reihe solle der Betrag als Nachzahlung für die Zeil vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1929 gelten, und zwar aus dem Gesichtspunkt, daß die am 13. Januar 1923 getroffene Zinsabrede durch das Ende der Inflation hinfällig geworden sei und deshalb eine neue Festsetzung erfolgen müsse. Angemessen sei zum mindesten ein Jahresbetrag von 18100 RM., also für das Vierteljahr eine Nachzahlung in Höhe des Klaganspruchs. Schlimmstenfalls sei der Antrag dadurch gerechtfertigt, daß der etwa bis dahin zugrunde gelegte Betrag von 5000 RM. mindestens als Friedensmiete anzusehen sei, zu der die gesetzlichen Zuschläge entrichtet werden müßten. Das mache für die Zeit vom 1. Juli 1926 bis zum 31. Dezember 1929 wiederum 3275 RM. aus. Beide Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Gründe: Zu Unrecht sieht die Revision Widersprüche in dem angefochtenen Urteil. Der Gedankengang, aus dem heraus der Berufungsrichter zu der Annahme kommt, die Miete sei für die ganze Vertragszeit auf 5000 RM. fest vereinbart worden, ist im wesentlichen einheitlich und klar. In dem Brief vom 7. Mai 1925, der im Eingang nur die Art (Zahlungs weg und Fälligkeit) der Zinsentrichtung regelt, ist im Schlußteil der Betrag der monatlichen Miete ausgeworfen. Darin und in der vorhergehenden, mindestens aber in der nachfolgenden Zustimmung des Beklagten sieht der Berufungsrichter eine Vereinbarung auch über die Höhe der Miete. Es liegt ihm aber fern, allein schon in dem genannten Schreiben (in Verbindung mit der Zustimmung des Beklagten) eine Abmachung über die Miete für die ganze Vertragszeit zu finden. Diese Folgerung zieht er vielmehr als eine durch Treu und Glauben nach der Verkehrsauffassung gebotene erst daraus, daß sich an dieses Schreiben, das den Mietzinsverkehr zwischen den Parteien
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einleitete, eine fast 4 1 2 Jahre über die Änderungen der gesetzlichen Miete und die Lockerung der Zwangswirtschaft hinaus dauernde gleichmäßige monatliche Mietzinszahlung und -annahme angeschlossen hat, die nicht nur in der Art, sondern auch im Betrag der Zahlung jenem Schreiben entsprach. (Diese Auffassung des Berufungsgerichts wird näher erörtert und nicht beanstandet. Dann fährt das Urteil fort:) Auch zur Frage der Irrtumsanfechtung ist der Revision nicht beizutreten. Den Irrtum über den Inhalt der Erklärung sieht sie im Einklang mit der Stellungnahme der Klägerin in den Vorinstanzen darin, daß diese zwar bei den einzelnen monatlichen Abrechnungen mit der Bemessung des Mietzinses für jene Zeiträume einverstanden gewesen sei, nicht aber mit einer entsprechenden Mietzinsregelung für die ganze Dauer des Vertrags. Nach dieser grundlegenden Auffassung muß von vornherein der in der Hilfsbegründung liegende Angriff gegen die vor dem September 1929 liegenden Mietabrechnungen scheitern. Im übrigen richtet sich die Anfechtung gegen die vom Berufungsrichter im wesentlichen aus schlüssigen Handlungen der Klägerin entnommene Vertragserklärung. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts erkennt die Anfechtbarkeit wegen Irrtums über den Inhalt der Erklärung auch gegenüber stillschweigend abgegebenen Willenserklärungen als möglich an (RGZ. Bd. 103 S. 401; RGR-Komm. § 119 Anm. 1, im Grundsatz auch RGZ. Bd. 129 S. 347). Der Berufungsrichter läßt jedoch die Anfechtung hier nicht wirken, weil es sich um einen Irrtum der Vertreter der Klägerin nicht über den Inhalt der Erklärung, sondern über deren Rechtsfolgen handle. Die Revision tritt dem mit Unrecht entgegen. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts hält den Irrtum über Rechtsfolgen nur dann für einen Fall des § 119 BGB., wenn infolge der Verkennung seiner rechtlichen Bedeutung ein Rechtsgeschäft erklärt worden ist, das eine von der gewollten wesentlich verschiedene Rechtswirkung erzeugt, nicht aber dann, wenn ein irrtumsfrei erklärtes und gewolltes Geschäft außer der erstrebten Wirkung noch andere nicht erkannte und nicht gewollte Nebenfolgen hervorbringt (RGZ. Bd. 88 S. 278, Bd. 89 S. 33, Bd. 98 S. 136; Urt. vom 28. September 1917 VII 123 17). Der zweite Fall ist der hier vorliegende. Aus der großen Kette der durch das Schreiben vom 7. Mai 1925 eingeleiteten gleichgerichteten Zahlungen und Abrechnungen ist es nicht das einzelne Glied, das in sich den Geschäftsschluß verkörpert. Der Berufungsrichter entnimmt ihn vielmehr nach Treu und Glauben aus dem jahrelang dauernden Gesamtvorgang. Jedes Einzelgeschäft erzeugt hier neben der ihm eigenen Wirkung, die Mietzinsabrechnung unter Zugrundelegung eines bestimmten Mietzinssatzes für jede Spanne zu erledigen, als Nebenfolge für das gesamte Mietverhältnis den Anschein eines entsprechenden Rechtsstandes, der sich im Fortlaufen der Kette immer weiter verstärkt und schließlich zur Annahme eines Vertrags nach § 157 BGB. führt. Solche Folgerungen, die das Recht vielfach aus einer langen Vertragsübung zieht, haben keine unmittelbare Beziehung zu dem einzelnen Rechtsgeschäft und der diesem eigenen Wirkimg.
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124 R G Z . 1 3 5 , 338
Bedarf es, wenn Widerruf eines Prozeßvergleichs durch einfache A n z e i g e zu den Gerichtsakten vereinbart ist, für diese der Schriftform nach §§ 126, 1 2 7 B G B . ?
BGB. §§ 126, 127. V I I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 7. März 1932. I. Landgericht I Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Im Laufe des gegenwärtigen Rechtsstreites haben die Parteien am 10. Februar 1931 vor dem Landgericht einen Vergleich geschlossen, sich jedoch vorbehalten, ihn durch einfache Anzeige zu den Gerichtsakten bis zum 17. jenes Monats zu widerrufen. An diesem Tage ist beim Gericht eine Widerrufserklärung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten eingegangen. Dieser Schriftsatz ist als „Gerichtsabschrift" bezeichnet und von dem Anwalt nicht eigenhändig unterschrieben, sondern nur durch Namensangabe—„gez. Dr. K." — unterfertigt. DieKlägerin hat die Rechtswirksamkeit des Widerrufs bestritten. Das Landgericht hat ihn jedoch als wirksam angesehen und zur Sache erkannt. Dagegen hat das Kammergericht den Widerruf des Vergleichs für unwirksam erachtet und eine hierauf gegründete Entscheidung erlassen. Diese ist auf Revision der Beklagten aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Gründe: Daß die Parteien die Frage der Gültigkeit des Widerrufs, somit die der Wirksamkeit des Prozeßvergleichs in dem vorliegenden Rechtsstreit austragen, begegnet keinem rechtlichen Bedenken (RGZ. Bd. 65 S. 423, Bd. 78 S. 289, Bd. 106 S. 313). Im gegenwärtigen Rechtszug betrifft ihr Streit nur diese Frage. Bei ihrer Beurteilung hat das Berufimgsgericht erwogen, daß der Widerruf eines Vergleichs, auch eines Prozeßvergleichs „eine materiellrechtliche Erklärung" sei. Diese Auffassung ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn ebenso wie der Prozeßvergleich selbst ein materiellrechtlicher Vertrag ist (RGZ. Bd. 56 S. 335, Bd. 106 S. 314, Bd. 129 S. 43), sind auch diejenigen Rechtshandlungen, die ihn beseitigen sollen, so namentlich der Widerruf, als Vorgänge des materiellen Rechts zu werten. Damit ist aber über die deswegen hier zu beobachtende Form noch nicht entschieden. Sollen und können derartige Rechtshandlungen vollwirksam im Prozeß vorgenommen werden, so müssen sie den einschlägigen Prozeßvorschriften entsprechen und deren Wahrimg muß genügen. Im vorliegenden Falle war für den Widerruf in statthafter Weise die „einfache Anzeige zu den Gerichtsakten" vorgesehen worden. Nichts spricht dafür, daß diese Anzeige in anderer als in derjenigen Weise erfolgen sollte, in welcher üblicherweise „einfache Anzeigen zu den Gerichtsakten" erstattet zu werden pflegen. Trotzdem hat das Berufimgsgericht angenommen, an diese Anzeige müsse ihres materiellrechtlichen Inhalts wegen das Erfordernis der Schrift-
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form nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestellt werden. Diese Annahme ist irrig. Auf Prozeßhandlungen — und eine solche steht hier in Frage — finden diejenigen Vorschriften des bürgerlichen Rechts, denen sie, falls nicht im Prozeß erfolgt, unterstehen würden, weder unmittelbare noch auch nur entsprechende Anwendung (RGZ. Bd. 81 S. 178, Bd. 105 S. 311, Bd. 118 S. 176); sie sind vielmehr allein nach prozeßrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Diese stehen dem nicht entgegen, daß die Parteien, wie im vorliegenden Fall geschehen, eine bestimmte Erklärungsform vereinbaren. Aber auch diese Form muß, da sie im Prozeß anzuwenden und da ein anderes nicht vereinbart ist, nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden, so daß ihre Bewertung nach bürgerlichrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach § 127 BGB., trotz ihrer auch materiellrechtlichen Bedeutung hier ausgeschlossen ist. Hat man aber die in Frage stehende Erklärung, den Widerruf des vor Gericht geschlossenen Vergleichs, nach Prozeßrecht zu beurteilen und somit als eine Prozeßhandlung anzusehen, so unterliegt ihre Würdigimg der freien Nachprüfung des Revisionsgerichts (RGZ. Bd. 86 S. 380, Bd. 134 S. 132). Dieses erachtet, wie sich aus vorstehender Darlegung ergibt, den Widerruf für rechtswirksam, da er fristgerecht und in der statthaft vereinbarten, prozeßrechtlich nicht zu beanstandenden Form erfolgt ist. R G Z . IJ6,
ioo
1 . Über das Erfordernis der Bestimmbarkeit des Abtretungsgegenstandes bei Abtretung künftiger Forderungen. 2. Zur Frage der Sittenwidrigkeit solcher Abtretung.
BGB. §§ 138, 398. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht".
R G Z . 136, 359 Beeinflußt das „ S c h m i e r e n " von Angestellten auch die Gültigkeit der dadurch erwirkten Bestellung ?
BGB. § 138 Abs. 1. V. Z i v i l s e n a t . Urt. v. l . J u n i 1932. I. Landgericht II Berlin.
II. Kanunergericht daselbst.
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Besteller aus zwei ihr angeblich durch seinen Bevollmächtigten, den Architekten L., erteilten, dann aber zurückgenommenen Aufträgen zur Ausführung von Heizungsanlagen in Anspruch. Ihrem Antrag gemäß verurteilte das Landgericht den Beklagten
126 jur Zahlung von 8833,66 RM. nebst Zinsen. Die Berufung des Beklagten ivurde zurückgewiesen. Seine Revision führte zur Aufhebung und ZurückVerweisung. Aus den G r ü n d e n : . . . Ein zweiter Revisionsangriff richtet sich gegen die Behandlung, die in dem angefochtenen Urteil der Einwand des Beklagten gefunden hat, daß die streitigen Bestellungen von der Klägerin durch „Schmierung" des Bruders des Beklagten und des ihm unterstellten L. erwirkt und aus diesem Grunde nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig seien. Insoweit hält allerdings die Begründung des Berufungsurteils der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Vorbringen des Beklagten wird der Vorderrichter nicht gerecht, wenn er in seinen Entscheidungsgründen lediglich von einer Einwendung des Beklagten dahin spricht, daß durch die von ihm behaupteten Schmiergelderabkommen eine Überteuerung der ihm in Rechnung gesetzten Preise eingetreten sei. Denn der Beklagte hatte aus den behaupteten Abmachungen ausdrücklich die Nichtigkeit auch der klagbegründenden Verträge selbst hergeleitet. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. besonders Recht 1923 Nr. 853 = M. u. W. 1923 S. 101; WarnRspr. 1928 Nr. 35 mit weiteren Nachweisen; SeuffArch. Bd. 79 Nr. 138, Bd. 83 Nr. 194; auch RGZ. Bd. 130 S. 131 [142], Bd. 132 S. 131, Bd. 134 S. 43 [56]) ist anerkannt, daß Vereinbarungen, welche Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil hinter dem Rücken des Geschäftsherrn und zu dessen Schaden treffen, nicht nur selbst als gegen die guten Sitten verstoßend nichtig sind, sondern auch das Hauptgeschäft als sittenwidrig erwirkt nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig machen können. Das Sittenwidrige liegt solchenfalls, wie schon der II. Zivilsenat in dem bei WarnRspr. a. a. 0 . abgedruckten Urteil ausgeführt hat, darin, daß sich der Angestellte in der ihm möglichen Einwirkung auf den Vcrtragsschluß oder, wenn es sich um einen Willensvertreter handelt, dieser Vertreter in seiner Willensentschließung f ü r den Vertretenen durch eine zu diesem Zweck gemachte oder zugesagte Zuwendung der Gegenseite gegen den Willen und zum Schaden des Geschäftsherrn beeinflussen läßt, während dafür nach dem bestehenden Vertrauensverhältnis ausschließlich dessen Vorteil bestimmend sein darf. Der eigennützige Vertrauensmißbrauch auf der einen, seine Ausnutzung zum Nachteil des Vertragsgegners von der anderen Seite begründen die Nichtigkeit des so herbeigeführten Vertragsabschlusses nach § 138 Abs. 1 BGB. Da es ferner nach der Lebenserfahrung die Regel, der typische Geschehensablauf ist, daß heimliche Zuwendungen an Angestellte der Gegenseite, namentlich an ihre Willensvertreter, die Vertragsbedingungen zuungunsten des Geschäftsherrn beeinflussen, so wird es durch die Anwendung der Grundsätze vom Beweis des ersten Anscheins gerechtfertigt, daß regelmäßig nicht der getäuschte Geschäftsherr seine Benachteiligung zu beweisen hat, sondern daß dem Vertragsgegner der
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Nachweis obliegt, seine Schmiergelder oder sonstigen Zuwendungen an Angestellte oder Vertreter der Gegenseite seien ohne eine dem Geschäftsherrn nachteilige Einwirkung auf den Inhalt des abgeschlossenen Vertrags geblieben. Dabei wird regelmäßig ein allgemeiner Beweis der Üblichkeit des Vertragsinhalts, namentlich der Angemessenheit der vereinbarten Preise nicht genügen, sondern der Nachweis zu erfordern sein, daß nach den besonderen Umständen des Falls auch ohne das „Schmieren" der Vertragsschluß überhaupt und unter denselben Bedingungen, wie geschehen, zustande gekommen sein würde. Auch dafür, daß das Schmieren ohne sein Wissen und gegen seinen Willen geschah, wird aus demselben Grunde nicht vom Geschäftsherrn besonderer Beweis zu erfordern, sondern vom Gegner die Ausnahme zu erweisen sein. Dafür wird jedoch nicht der Nachweis bestimmter Kenntnis des Geschäftsherrn von solchen Zuwendungen im Einzelfall zu erfordern sein. Nach den Umständen des Falls kann die Feststellung genügen, daß er mit einem Schmieren seiner Angestellten oder Vertreter rechnete und zutreffendenfalls damit einverstanden war. Von vorstehenden Grundsätzen aus wird das Berufungsgericht die mit noch unerledigten Beweisangeboten vertretene Behauptung des Beklagten neu zu prüfen haben, daß sich die Klägerin die der Klagforderimg zugrundeliegenden Bestellungen durch Zusage von Schmiergeldern an seinen Bruder erwirkt habe. Auf die Beteiligung des L. an diesen Schmiergeldern nach einem zwischen ihm und dem Bruder des Beklagten getroffenen Abkommen hatte dieser schon in der Klagbeantwortung die nach seiner Darstellung übereilte Auftragserteilung an die Klägerin zurückgeführt.
RGZ. 138, 1 3 7 Ist es mit den guten Sitten vereinbar, w e n n anläßlich der Aust r a g u n g sportlicher W e t t k ä m p f e ein Bewerber anderen M i t b e werbern für ihre N i c h t b e t e i l i g u n g an den Preiskämpfen Geldleistungen für den Fall seines Sieges verspricht ? BGB. § 138 Abs. 1. I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 4. November 1932. I. Landgericht III Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Der Kläger klagt aus einem am 6. Oktober 1931 ausgestellten, vom Beklagten angenommenen und am 1. Dezember 1931 fällig gewesenen Wechsel über 10000 RM. auf Zahlung der Wechselsumme nebst Zinsen. Der Wechsel ist vom Beklagten angenommen worden auf Grund eines von beiden Teilen unterzeichneten Abkommens, das, soweit hier erheblich, folgenden Wortlaut hat:
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B., den 6. Oktober 1931. Hiermit wird zwischen L. (Beklagten) und v. H. (Kläger) folgende Abmachung getroffen: v. H. unterstützt L. nach Möglichkeit zu seinem Championat. Sollte L. tatsächlich Champion werden, so zahlt hierfür L. in Sa. 20000 M. an v. H. Hierfür stellt er zwei Wechsel über je 10000 M. aus, wovon der eine am 1. Dzembcr 1931, der andere am 1. Februar 1932 fällig sind. Im Falle L. nicht Champion wird, sind die Wechsel ungültig und an L. zurückzugeben. Der Beklagte, der „Champion" geworden ist, hat der Klage gegenüber geltend gemacht, das Abkommen vom 6. Oktober 1931 verstoße gegen die guten Sitten und sei deshalb nichtig. Der damit beabsichtigte Erfolg sei vom Kläger nur durch Anwendung unlauterer Mittel zu erreichen gewesen. Das Landgericht hat den Beklagten im Wechselprozeß unter Vorbehalt der Rechte dem Klagantrag gemäß verurteilt, das Kammergericht seine Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten führte zur Klagabweisung. Gründe: Das Kammergericht hat die Frage der Sittenwidrigkeit des der Wechselbegebung zugrundeliegenden Abkommens der Parteien vom 6. Oktober 1931 geprüft, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, daß es eine solche mit den im Wechselprozeß zulässigen Beweismitteln nicht festzustellen vermöge. Hierzu ist vorab zu bemerken, daß auch im Wechselprozeß unstreitige oder gar zugestandene Tatsachen keines Beweises bedürfen und die Frage der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts Rechts- und nicht Tatfrage ist. Im einzelnen führt der Vorderrichter aus, es sei zwar nicht zu verkennen, daß die Abmachung vom 6. Oktober 1931 „in gewisser Hinsicht" gegen die in den Kreisen des Herrenreiterverbandes herrschende Standesauffassung verstoße. Denn es widerspreche den dort geltenden sportlichen Anschauungen, wenn sich ein Herrenreiter Geld dafür versprechen lasse, daß er einen anderen im sportlichen Kampf unterstütze gegen Kameraden, die nicht soviel Geld aufwenden könnten; oberster Grundsatz im Sportkampf sei, daß den Sieg nur erringen solle, wer die meiste Eignung dazu besitze. Gleichwohl stelle sich das Verhalten des Klägers oder beider Parteien nicht als ein so schwerer Verstoß dar, daß hierin eine Verletzung des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden erblickt werden müsse. Es genüge nicht zur Bejahung der Sittenwidrigkeit der Abrede vom 6. Oktober 1931, daß sie mit den Standesanschauungen der Herrenreiter nicht im Einklang stehe. Das Verhalten des Klägers sei nicht so schwer zu bewerten, daß die Allgemeinheit daran Anstoß nehmen müsse. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Kläger als Trainer auch die Pflicht gehabt habe, nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu handeln und im besonderen das Interesse der Eigentümer der ihm anvertrauten Pferde zu wahren. Demgemäß habe
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ihn auch die oberste Rennbehörde nicht für unwürdig erachtet, weiterhin als Trainer an deutschen Rennbahnen tätig zu sein; habe der Beklagte in dem Kampf um das „Championat" siegreich sein wollen, so habe er sich geeignete Pferde sichern müssen; es könne ihm vom Standpunkt des allgemeinen Sittengesetzes aus nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er zu diesem Zweck Geld aufgewendet habe. Dies hätte er auch dann tun müssen, wenn er sich Pferde gemietet oder gekauft hätte. Sittenwidrig habe das Verhalten des Beklagten dann werden können, wenn er mit seinem Gelde jeden Wettbewerb ausgeschaltet und damit einen „echten" Sportbetrieb unmöglich gemacht hätte. Insoweit fehle es aber an hinreichenden Anhaltspunkten. Auch sonstige besondere Umstände, welche die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten rechtfertigen würden, seien nicht dargetan. Der Beklagte behaupte zwar, der Kläger habe ihm nur dadurch zur Erringung des „Championats" verhelfen können, daß er, Kläger, sich hierbei unanständiger Mittel bediene. So habe der Kläger nach den Behauptungen des Beklagten einem seiner ernsthaften Mitbewerber abgeredet, ein bestimmtes Pferd zu reiten, und dies damit begründet, das Pferd sei „sauer und unzuverlässig". Hiergegen sei jedoch einzuwenden, daß das Abkommen vom 6. Oktober 1931 den Kläger nicht zu derartigen Handlungen verpflichtet habe; der Kläger habe lediglich den Beklagten beim Erringen des „Championats" nach Möglichkeit unterstützen sollen. Diese Unterstützung habe nach der Darstellung des Beklagten in der Stellung von Siegerpferden bestehen sollen, während der Kläger seine Vertragspflicht dahin einschränke, daß er dem Beklagten aussichtsreiche Pferde stelle und ihn durch fachmännischen Rat und moralische Hilfe unterstütze. Der Zweck des Vertrags sei mithin nach der Darstellung beider Parteien nicht etwa darauf gerichtet gewesen, die Mitbewerber des Beklagten durch unrichtige Angaben über die Siegesaussichten eines Pferdes vom Wettbewerb fernzuhalten. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger zu einem Mitbewerber des Beklagten die behauptete Äußerung getan habe. Der Vertrag vom 6. Oktober 1931 selbst sei deshalb nicht ungültig gewesen. Denn nach ihm sei der Kläger eben zu solchen Handlungen nicht verpflichtet gewesen; ebensowenig sei festzustellen, daß er den Beklagten zum Vertragsabschluß verleitet und dabei gewußt habe, daß das Abkommen den Ausschluß aus dem Herrenreiterverband zur Folge haben würde. Mit Recht werden diese Ausführungen von der Revision angegriffen, welche die Verletzung des § 138 Abs. 1 BGB. und des § 286 ZPO. rügt. Rechtlich verfehlt ist schon die Bedeutung, welche der Vorderrichter dem Wortlaut des Abkommens vom 6. Oktober 1931 beilegt. Es ist selbstverständlich, daß beide Parteien allen Grund hatten, ihre Abrede in eine möglichst unverfängliche Fassimg zu kleiden, und zwar erfahrungsgemäß gerade dann, wenn sie mit ihr Zwecke und Ziele verfolgten oder Wege gingen, bei denen sie mit der Mißbilligung ihrer Standesgenossen, der Allgemeinheit und Öffentlichkeit rechnen mußten. Dem Wortlaut des Abkommens kann deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen Zivils.. A l l g e m . T e i l 3
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werden. Im übrigen ist dessen Fassung, soweit die Leistungen des Klägers in Betracht kommen, so farblos und allgemein gehalten, daß darunter sehr wohl auch Aushilfen verstanden und gemeint sein können, die mit den guten Sitten im Widerspruch stehen. Sollte nach dem Parteiwillen die vom Kläger dem Beklagten zu gewährende Hilfe auch in solchen Handlungen bestehen, so wäre deshalb das Abkommen selbst, mochte sein Wortlaut sein, wie er wollte, sittenwidrig und damit nichtig. Die anscheinend gegenteilige Auffassung des Vorderrichters ist rechtsirrig und verletzt § 138 Abs. 1 B G B . Sie würde folgerichtig — im Ergebnis jedenfalls — einer Umgehung und Durchlöcherung dieser zwingenden Gesetzesvorschrift Tür und Tor öffnen. Es ist ferner tatbestandswidrig, wenn das Berufungsgericht meint, nach der Darstellung beider Parteien seien sie über die Harmlosigkeit und Unverfänglichkeit der Unterstützung des Beklagten durch den Kläger einig. Vielmehr hatte der Beklagte geradezu behauptet, die zugesagte Unterstützung habe nur in „unlauteren Handlungen bestehen können und sollen". Nach der Behauptung des Beklagten hätte sich also die Hilfe des Klägers durchaus nicht auf einwandfreie Mittel beschränken, sondern auch vor anderen nicht Halt machen sollen. Wenn weiter der andere Teil solche Mittel angewendet hat, um dem Beklagten zum Sieg zu verhelfen und damit die Bedingung für dessen Zahlungspflicht zu schaffen, so könnte füglich darüber kein Zweifel sein, daß zwischen beiden Parteien beim Abschluß des Abkommens, sei es ausdrücklich, sei es stillschweigend, Einverständnis auch über die Anwendung sittlich nicht zu billigender Mittel bestand. Zum Einsatz solcher Mittel konnte rechtlich bindend freilich der Kläger nicht verpflichtet werden, weil Abreden dieser Art gemäß § 138 Abs. 1 BGB. nichtig wären, gleichviel in welche Form sie gekleidet sind. Der Kläger hat nun selbst vorgetragen und in dem Streit der Parteien über den Erlaß einer einstweiligen Verfügung sogar durch eidesstattliche Versicherung erhärtet, die von ihm geleistete Unterstützung habe unter anderem darin bestanden, daß er Pferde, auf denen dem Beklagten der Sieg in bestimmten Rennen hätte streitig gemacht werden können, aus diesen Rennen zurückgezogen habe, und daß dies im Einvernehmen, ja auf Wunsch und Verlangen des Beklagten geschehen sei, um so dessen Siegesaussichten zu verbessern. Diese Behauptungen muß der Kläger auch im Wechselprozeß gegen sich gelten lassen. Nach seiner eigenen Darstellung wäre diese Art der Unterstützung des Beklagten in beiderseitigem Einverständnis in und zur Erfüllung der vom Kläger nach dem Abkommen vom 6. Oktober 1931 zu machenden Leistungen erfolgt. Es kann deshalb darüber kein Zweifel bestehen, daß nach dem übereinstimmenden Willen beider Teile von vornherein gerade auch Aushilfen dieser Art mit zu der dem Kläger nach jenem Abkommen obliegenden Unterstützung des Beklagten gehören sollten. Somit erhebt sich die Frage, ob es mit den Anschauungen eines redlichen Sportbetriebs bei der Austragung von Preis- und Meisterschafts-
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kämpfen vereinbar ist, daß ein Mitbewerber, so wie hier, andere durch geldliche Versprechungen f ü r den Fall seines Obsiegens bewegt, die sonst zur Einsetzung in den Preiskampf bestimmten sportlichen Kampfmittel überhaupt nicht einzusetzen, sich mit anderen Worten diesen Nichteinsatz „ a b k a u f e n " zu lassen. D e r Vorderrichter will anscheinend die Sittenwidrigkeit solcher Abmachungen nur dann bejahen, wenn dadurch jeder Wettbewerb ausgeschaltet u n d so ein echter Sportbetrieb überhaupt u n möglich gemacht werde. E r berührt damit in der T a t den entscheidenden Punkt, f ü h r t aber einen an sich zutreffenden Gedanken nicht folgerichtig durch u n d begrenzt dessen Anwendungsgebiet rechtlich fehlsam viel zu eng. Soweit es mit den Regeln u n d Grundsätzen des Sportbetriebs und den f ü r den einzelnen Preiskampf selbst aufgestellten Bedingungen vereinbar ist, wird freilich keiner der M i t k ä m p f e r behindert, sich selbst u n d seine sportlichen K a m p f m i t t e l durch größere oder kleinere Geldaufwendungen in den denkbar besten Stand f ü r den Preiskampf zu setzen. So kann die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Wettbewerbers oder der hinter ihm stehenden G r u p p e naturgemäß f ü r die Aussichten u n d den Ausgang des Preiskampfes selbst von erheblicher Bedeutung sein. Aber der geldliche Aufwand wird dann immer noch zum Zweck der E r h ö h u n g u n d Steigerung der Kampftüchtigkeit selbst gemacht, u n d wenn im Einzelfall dieses Ziel so vollständig erreicht wird, daß finanziell schwächere M i t bewerber kaum mehr Aussicht auf Erfolg haben, so ist u n d bleibt doch stets das Ergebnis, daß wirkliche sportliche Höchstleistung den Preis davonträgt als Folge e c h t e n L e i s t u n g s w e t t b e w e r b s . Ganz anders verhält es sich aber dann, wenn durch geldliche Leistungen oder Zusagen Mitbewerber von der Teilnahme am Preiskampf ausgeschaltet werden sollen, sei es, u m sie vom Preisringen selbst ganz fernzuhalten, sei es, damit sie im K a m p f mit dem vollen Einsatz der sportlich erlaubten Kampfmittel zurückhalten. Es kann kein Zweifel sein, daß Abmachungen, die auf eine Kampfweise der letzten Art hinzielen, die also dem Ziel und Zweck sportlicher Wettkämpfe, nämlich der Auslese des oder der sportlich Besten und Tüchtigsten, unmittelbar entgegenwirken, die in Wahrheit den Sieg nicht als das Ergebnis echten, sportgerechten, offen ausgetragenen Kampfes, sondern als Preis eines lichtscheuen Geldhandels erscheinen lassen, mit den Anschauungen eines anständigen Sportbetriebs jeder A n gänzlich unvereinbar sind. Genau ebenso verhält es sich aber, wenn auf solchem Weg einzelne, mehrere oder alle ernstlichen Wettbewerber zum Fernbleiben vom Ausscheidungsringen überhaupt bestimmt werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob eine sportliche Betätigung in Frage steht, bei welcher allein und ausschließlich die körperlichen, geistigen und sittlichen Fähigkeiten der K ä m p f e r selbst den Ausschlag geben, oder ob, wie es z. B. bei Ausscheidungskämpfen im Kraftfahrzeug-, Flugzeug- oder Pferderennen der Fall ist, auch die sachlichen Kampfmittel von besonderer Bedeutung sind. Gerade auch deren Tauglichkeit soll bei sportlichen Ausscheidungs- und Preiskämpfen solcher Art miterprobt werden. Abreden
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auf Ausschaltung von Mitbewerbern durch Fernbleiben vom Preiskampf überhaupt gegen geldliche Gegenleistungen und Zusicherungen bezwecken nicht minder eine Verfälschung des Ergebnisses des Preisringens wie jene zuerst erörterten Abmachungen. Gewiß steht es im Rahmen der Bedingungen des sportlichen Wettbewerbs jedem frei, ob er sich an dem Preiskampf beteiligen will oder nicht. Daraus folgt aber noch keineswegs, daß es mit den Anschauungen eines redlichen Sportbetriebs vereinbar ist, wenn sich Beteiligte, die sonst zum Wettbewerb, sei es in eigener Person, sei es durch Einsatz ihrer sachlichen Kampfmittel, entschlossen wären, durch Geldzuwendungen eines Mitbewerbers zum Fembleiben vom Kampf bewegen lassen, um so diesem zum Sieg zu verhelfen. Die ideellen und materiellen Vorteile eines Sieges im Wettkampf, die in aller Öffentlichkeit bekannt gegeben werden, sollen und wollen sein ein Anreiz zur Teilnahme am sportlichen Kampf und damit zugleich eine Gewähr dafür, daß der Kampf wirklicher Kampf der Besten ist und so auch ausgetragen wird. Körperliche, geistige und sittliche Tüchtigkeit, die Überlegenheit der sachlichen Kampfmittel sollen bestimmungsgemäß über den Sieg entscheiden. Abreden der besprochenen Art, die natürlich vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden müssen, durchkreuzen in Wahrheit Zwecke und Ziele jedes echten sportlichen Kampfes und könnten und müßten, wenn ihnen rechtliche Anerkennimg zuteil werden sollte, nur zur Verwilderung und Verwahrlosung sportlichen Lebens und Betriebs führen, von dem Preis- und Wettkämpfe einen wesentlichen, untrennbaren Teil bilden. Sie müssen deshalb schlechthin als mit den guten Sitten im sportlichen Leben unvereinbar angesehen werden. Solchen Abreden muß um so schärfer und nachdrücklicher entgegengetreten werden, als der Sport in seinen verschiedensten Arten im Leben des Volkes ein besonderes Mittel zur Ertüchtigung und als solches in weitem Umfang Gegenstand öffentlicher Fürsorge und Pflege geworden ist. Gerade deshalb besteht ein besonderes öffentliches Interesse daran, den Sportbetrieb von solchen Auswüchsen freizuhalten, die auf echten sportlichen Geist, Wetteifer und Wettkampf nur zersetzend und zerstörend wirken können. Es fehlt endlich aller und jeder Anlaß, Abmachungen des erörterten Inhalts gerade im Reit- und Rennsport eine andere und mildere Beurteilung angedeihen zu lassen. Schon nach dem bisher Ausgeführten ist das Abkommen der Parteien vom 6. Oktober 1931, das, wie dargelegt, gerade mit auf die Fernhaltung bestimmter, dem Beklagten in seinem Streben nach dem „Championat'' gefährlicher Pferde aus den in Betracht kommenden Rennen abzielte, sittenwidrig und deshalb nichtig. Daraus folgt ohne weiteres die Abweisung der Ansprüche des Klägers aus dem ihm vom Beklagten erfüllungshalber auf jenes Abkommen gegebenen Klagwechsel (§ 817 Satz 2 BGB.).
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R G Z . 138, 373 Kann die Ausübung des Rechts auf Anfechtung eines Erbvertrags als ein gegen die guten Sitten verstoßendes Rechtsgeschäft nichtig sein, insbesondere dann, wenn der Erblasser die Voraussetzungen für die Anfechtung durch eine Annahme an Kindes Statt geschaffen hat ? BGB. §§ 138, 226, 2079, 2281. IV. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 1. Dezember 1932.
I. Landgericht Kaiserslautern.
II. Oberlandesgericht Zweibrücken.
Der Gastwirt Johann Sch. und seine Ehefrau Elisabeth schlössen am 16. November 1922 einen Erbvertrag, in welchem sie sich gegenseitig zu Erben, der Überlebende von ihnen aber ihren Sohn als alleinigen Erben sowie dessen damalige Braut (die Klägerin) als Ersatzerben einsetzten. Am 18. November 1922 heirateten die Brautleute. Am 1. Mai 1923 starb Frau Elisabeth Sch., am 20. September 1923 auch der Sohn. Johann Sch. nahm am 3. Juli 1925 seinen Brudersohn (den Beklagten) an Kindes Statt an und focht unter Bezugnahme hierauf am 12. November 1925 den Erbvertrag an. Am 18. April 1928 starb er. Nunmehr erhob die (inzwischen wieder verheiratete) Klägerin Klage auf Feststellung, daß die Anfechtungserklärung unwirksam, der Erbvertrag wirksam sei und daß sie die Alleinerbin ihres früheren Schwiegervaters sei. Das Landgericht hat demgemäß erkannt, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Seine Revision führte zur Abweisung der Klage. Gründe: . . . Das Berufungsgericht hält die Anfechtungserklärung, weil sittenwidrig, für nichtig (§ 138 BGB.). Dazu trifft es folgende Feststellungen: Die Klägerin habe aus sehr selbstsüchtigen Beweggründen den lungenkranken Sohn des Erblassers geheiratet, mit dessen baldigem Ableben zu rechnen gewesen sei. Den Eltern Sch. sei das nicht unbekannt gewesen, dem Sohn zuliebe aber hätten sie sich durch den Erbvertrag der Klägerin gegenüber gebunden. Bald nach der Heirat habe sich der Sohn von der Klägerin abgewandt, habe sich über ihr gleichgültiges Verhalten beklagt und sie enterbt. Ihren Schwiegervater habe die Klägerin nach dem Tode ihres Mannes vielfach gekränkt und verbittert; sie habe ihn in der Wirtschaft nicht genügend unterstützt, habe ihm Veranlassung zu der Meinung gegeben, daß sie sich unbefugt Geld aus der Geschäftskasse angeeignet hätte, habe ihn in Zeiten überaus großer Kreditnot gezwungen, sie für den Pflichtteil am Nachlaß ihres Mannes zu befriedigen und ihr angesichts der Unmöglichkeit, eine Barabfindung zu beschaffen, ein Haus zu überlassen, das den Wert des Pflichtteils um ein Mehrfaches überstiegen habe.
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Sie habe dann noch weitere unberechtigte Forderungen gestellt, insbesonden vertragswidrig die Bezahlung der Hausübertragungskosten verlangt, unc den Erblasser, als er sich dessen weigerte, seinem Schicksal überlassen Über dieses Verhalten sei der Erblasser nicht mit Unrecht erbost gewesen Die Neigung des Erblassers zum Trunk bilde keine Entschuldigung füi die Klägerin. Dazu erklärt das Berufungsgericht die Äußerungen mehrerer z. T ausdrücklich als glaubwürdig bezeichneter Zeugen für beachtenswert, dif sich dahin ausgelassen haben, sie seien überzeugt, daß andere Gründe der Erblasser zu seinem Entschluß geführt hätten, das Kind anzunehmen: die Vereinsamung, in die der Erblasser geraten sei, das kümmerliche Dasein, das er habe führen müssen, nachdem ihn die Klägerin so schnöde verlassen habe, die darauf erfolgte Annäherung an die Verwandten, sein großes Bedürfnis, sich anderen mitzuteilen, seine Kinderliebe und seine Zuneigung zu dem jüngeren Neffen, dem Patenkind des verstorbenen eigenen Sohnes. Trotz dieser Feststellungen hält das Berufungsgericht nicht für widerlegt, daß die Annahme des Kindes den von der Klägerin behaupteten Zweck verfolgt habe, der Klägerin die ihr vertragsmäßig zustehende Zuwendung zu entziehen. Es kommt zu dieser Überzeugung insbesondere in Rücksicht auf die Person des mit der Klägerin verfeindeten Ratgebers des Erblassers und auf Grund eigener Äußerungen des letzteren. Das Berufungsgericht spricht an einer Stelle sogar aus, daß der Erblasser beide Rechtsgeschäfte „nur" zu diesem Zweck vorgenommen habe. Sollte es sich hierbei nicht etwa um ein Vergreifen im Ausdruck handeln — und dafür spricht, daß das Berufungsgericht den § 226 BGB. bei seinen Erörterungen nicht heranzieht —, so beruht diese Feststellung auf einem Denkfehler. Denn das Berufungsgericht stellt selbst die oben angeführten Tatsachen fest, die abgesehen von einer willkürlichen Abneigung gegen die Klägerin dem Erblasser den Entschluß zur Kindesannahme und zur Anfechtung des Erbvertrags nahegelegt haben. Nach diesen Feststellungen aber haben sowohl diese als jene Beweggründe zu dem Entschluß des Erblassers geführt. Dann aber fehlt es an der Voraussetzung, von der die Anwendung des § 226 BGB. abhängt. Aber auch die Anwendung des § 138 BGB. beruht auf Rechtsirrtum. Die Verneinung einer Schikane (§ 226 BGB.) schließt zwar einen Verstoß gegen die guten Sitten noch nicht aus, aber es würde besonderer Umstände bedürfen, um eine Sittenwidrigkeit annehmen zu können in einem Fall, in welchem die Ausübung eines Rechts vorgenommen wurde, wie hier des Rechts auf Anfechtung des Erbvertrags nach §§ 2281, 2079 BGB. (vgl. RGZ. Bd. 58 S. 217, Bd. 98 S. 73). Bei einem objektiv berechtigten, der Wahrnehmung berechtigter Interessen auch wirklich dienenden Handeln kann jedenfalls allein durch einen verwerflichen Beweggrund dem Rechtsgeschäft nicht der Makel der Sittenwidrigkeit aufgedrückt werden (RGZ. Bd. 71 S. 173). Ebensowenig besteht eine allgemeine sittliche Verpflich-
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tung, die Ausübung eines Rechts zu unterlassen, wenn sie einem andern zum Schaden gereicht, und damit das eigene berechtigte Interesse dem Interesse des andern nachzusetzen. Daher ist keine Pflicht des Erblassers anzuerkennen, auf sein Recht auf Anfechtung des Erbvertrags zu verzichten, nur weil die Klägerin dadurch geschädigt wurde. Erst die Berücksichtigung der Gesamtumstände führt zu einer gerechten Beurteilung der Frage, ob das Verhalten des Erblassers gegen die guten Sitten verstieß, und dabei darf auch die Einstellung der Klägerin gegen ihren verstorbenen Ehemann und gegen den Erblasser nicht ausgeschaltet werden, wie es das Landgericht getan hat. Wenn auch die selbstsüchtigen Beweggründe der Klägerin zum Abschluß ihrer ersten Ehe dem Erblasser von Anfang an bekannt waren, er sich aber trotzdem zu jenem Erbvertrag entschlossen hatte, ihm also auch anzusinnen ist, ohne Rücksicht auf diesen Grund beim Wort zu bleiben, so fallen doch erst in die Folgezeit das gleichgültige Verhalten der Klägerin gegenüber ihrem Mann, dem todkranken Sohn des Erblassers, sowie die vom Berufungsgericht festgestellten Kränkungen des Erblassers durch die Klägerin, die mangelnde Unterstützung im Geschäft, ihr rücksichtsloses Verlangen nach Auszahlung des Pflichtteils, das den Erblasser zwang, das Mehrfache des Werts zu opfern, ihre vertragswidrigen Forderungen auf Bezahlung der Kosten der Hausübertragung und die gänzliche Abkehr vom Erblasser, als diese Forderung nicht bewilligt wurde. Dazu tritt der berechtigte Wunsch des Erblassers, seiner Vereinsamung zu steuern und seinem Leben ein neues Ziel zu geben. Betrachtet man alle diese Umstände, so wird der Wunsch des Erblassers, seinen Neffen an Kindes Statt anzunehmen, und seine Abneigung gegen die Klägerin soweit verständlich, daß auch die Anfechtung des Erbvertrags nicht als ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden bewertet werden kann. Beweggründe und Zweck bei der Kindesannahme sind, wenn die gesamten Umstände beurteilt werden, nicht nur oder doch nicht im wesentlichen verwerflicher Art gewesen, und daher hat auch die Anfechtung des Erbvertrags der Wahrnehmung berechtigter Interessen wirklich gedient.
RGZ. 140, 216 1. Was bedeutet es, wenn Vertragspartei u n d hafte mit 2. Bedarf die Bürgschaft gerichtlichen u n d notariellen
jemand erklärt, er stehe hinter einer seinem Vermögen ? für den Grundstücksverkäufer der Beurkundung ?
BGB. §§ 133, 157, 313, 766. VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 3. April 1933.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrerhr".
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RGZ. 140, 264 1. Verstößt ein Verlagsvertrag gegen die guten Sitten, wenn er dem Verleger das Verlagsrecht an allen Auflagen des Werke» einräumt, den Verfasser verpflichtet, jede neue Auflage binnen bestimmter Frist zu bearbeiten, und bei Behinderung oder A b lehnung des Verfassers dem Verleger das Recht gibt, die nötigen Änderungen des Werkes durch einen sachkundigen Dritten vornehmen zu lassen ? 2. Rücktritts- und Kündigungsrecht des Verfassers; unvorhergesehene Veränderung der Umstände. 3. Erhöhung des Ladenpreises der neuen Auflage durch den Verleger. 4. Wann empfängt der Verlagsvertrag durch Anteil des Verfassers am Ladenpreis gesellschaftsartigen Inhalt ? BGB. §§ 138, 242, 705. VerlG. §§ 5,12, 21, 35. I. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 26. April 1933. I. Landgericht I Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Der Kläger ist der Verfasser eines Werkes „Die Technik des Bankbetriebes", das im Verlage der Beklagten 1904 erschien und dann mehrmals aufgelegt wurde. Die Parteien schlössen darüber zunächst den Verlagsvertrag vom 19. August 1902. An seine Stelle trat, nachdem sieben Auflagen erschienen waren, der Vertrag vom 3./4. Juli 1922. In ihm gab der Kläger der Beklagten die achte und alle folgenden Auflagen des Buches in Verlag (§ 1). Das Entgelt des Verfassers wurde auf 10% des Ladenpreises bestimmt (§ 5). Nach Verkauf der achten Auflage nötige Neudrucke und Neuauflagen sollten unter den gleichen Bedingungen erscheinen. Der Kläger verpflichtete sich, die neuen Auflagen sachgemäß und der Entwicklung des Bankwesens entsprechend zu bearbeiten und die vollständige druckfertige Handschrift binnen sechs Monaten, nachdem die Beklagte ihn aufgefordert habe, abzuliefern (§ 8). Ferner wurde bedungen: Sollte der Kläger „durch Krankheit, Tod oder sonstwie außerstande oder nicht willens sein, eine neue Auflage zu bearbeiten", sei die Beklagte „berechtigt, die Bearbeitung . . . einer anderen ihr geeignet erscheinenden Persönlichkeit zu übertragen". In diesem Fall soll der Kläger (oder sein Rechtsnachfolger) in den ersten fünf Jahren nach seinem Ausscheiden von allen zum Verkauf kommenden Exemplaren die Hälfte des festgelegten Honorarsatzes, in den darauf folgenden fünf Jahren . . . ein Viertel dieses Honorarsatzes erhalten (§ 9). Die achte Auflage erschien 1924 und war 1926 vergriffen. Ende 1930 lieferte der Kläger die Handschrift der neunten Auflage an die Beklagte ab; Anfang 1931 erschien diese Auflage. Als der Vertrag von 1902 geschlossen wurde, war der Kläger (damals 24 Jahre alt) Bankbeamter. Später übernahm er die Leitung einer Zeitschrift „B.s Börsenberichte"; im Jahre 1928 verkaufte er dieses Unternehmen. Seit Ende 1929 lebt er in der Schweiz.
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Durch ein Schreiben an die Beklagte vom 18. April 1931 machte der Kläger geltend, der Verlagsvertrag sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig; vorsorglich erklärte er, daß er von dem Vertrage zurücktrete. Mit der Klage verlangte er die Feststellung, daß die Beklagte nicht befugt sei, eine neue Auflage seiner „Technik des Bankbetriebes" erscheinen zu lassen. Er begründete sein Begehren damit, daß er durch den Verlagsvertrag in verschiedener Hinsicht so gebunden werde, wie es sich mit den guten Sitten nicht vertrage. Die Überlassung einer unbegrenzten Anzahl von Auflagen an den Verlag, die kurze Frist von 6 Monaten für die Bearbeitimg jeder Auflage, die ständige Dienstbarkeit des Verfassers für Ansprüche des Verlags, die einseitige Befugnis des Verlags zur Bestimmung eines neuen Bearbeiters — alles das verstoße gegen die Gebote der guten Sitten. Auch bestehe zwischen Arbeitsmaß und Entgelt ein starkes Mißverhältnis. Durch Übersiedlung des — nicht mehr im Bankberuf tätigen — Verfassers in die Schweiz hätten sich zudem wesentliche Umstände völlig verändert. Die Beklagte habe schließlich eigenmächtig den Ladenpreis der 9. Auflage von 10,50 auf 19,50 RM. erhöht. Das Vertrauen des Klägers zur Beklagten sei durch diese Gestaltung der Dinge so erschüttert, daß es an der erforderlichen Grundlage des Vertragsverhältnisses fehle. Landgericht und Kammergericht wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Gründe: I. Landgericht und Kammergericht gelangen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß der Vertrag der Parteien vom 3./4. Juli 1922 nicht gegen die guten Sitten verstößt (BGB. § 138). A. Beide Vorderrichter verneinen, daß der Vertrag auf eine Knebelung des Klägers hinauskomme, namentlich daß er dessen persönliche Freiheit in unwürdiger Weise einschränke, seine Urheberehre (und somit sein Urheber-Persönlichkeitsrecht) durch Unterwerfung unter Willen und einseitige Anordnungen der Beklagten kränke, für seine schriftstellerische Arbeit ein unverhältnismäßig geringes Entgelt gewähre. 1. Darin allein, daß die Beklagte durch den Vertrag unbeschränkt das Recht zu sämtlichen weiteren Auflagen übertragen erhalten hat (§ 8 Satz 1 des Vertrags), liegt keine den guten Sitten widerstreitende Bindung des Klägers. Schrifttum und Rechtsprechung sind darüber einig, daß nach der gegenwärtigen Verkehrsanschauung und Rechtsordnung derartige Vereinbarungen nicht grundsätzlich beanstandet werden können (RGZ. Bd. 112 S. 173 [175 7] und dort angef. Belege). 2. Auch dadurch hat sich der Kläger nicht in unbilliger, mit der persönlichen Freiheit unverträglicher Weise gebunden, daß er allgemein die Verpflichtung eingegangen ist, „die neuen Auflagen sachgemäß und der Entwicklung des Bankwesens entsprechend zu bearbeiten" (§ 8 Satz 2). Es entspricht für Schriftwerksgattungen wie die hier gegebene dem natür-
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liehen Verlauf der Dinge, daß der Schöpfer des Werkes bei neuen Auflagen dessen Inhalt und Gestalt dem Zweck entsprechend verändert u n d dem praktischen Bedürfnis anpaßt, dem es gewidmet ist. Eine dahingehende Verpflichtung enthält keine unwürdige oder anstößige Selbstbeschränkung. Zwar kann ihre Erfüllung dem Urheber lästig fallen, wenn das Werk schnell abgesetzt wird und andere Aufgaben seine Zeit und Kraft beanspruchen, oder wenn unterdessen sein Lebensgang ihn der Beschäftigung mit d e m Gegenstand des Werkes mehr oder minder entfremdet hat. Unsittlich aber wird die grundsätzliche Verpflichtung durch die Möglichkeit solchen künftigen Verlaufes nicht (RGZ. Bd. 112 S. 178, Bd. 60 S. 174). 3. Bestimmt der Vertrag dem Urheber f ü r die neue Bearbeitung des Werkes eine Frist, so geschieht dadurch Anforderungen der Zweckmäßigkeit Genüge, damit der Zusammenhang mit dem Markt und der auf ihm eroberte Platz nicht verloren geht. Der Vertrag vom 3. '4. Juli 1922 (§ 8 Satz 2) sieht vor, daß der Kläger die vollständige druckfertigc Handschrift der neuen Bearbeitung innerhalb 6 Monaten abliefere, nachdem die Beklagte ihn aufgefordert. Wie der Schriftwechsel ausweist, hat der Kläger selbst der Beklagten vorgeschlagen, die Frist auf sechs (statt früher drei) Monate zu bemessen. U n d zutreffend bemerkt das Berufungsurteil: wenn man annehmen wollte, diese Zeit sei (aus sachlichen G r ü n d e n des Werkinhalts oder aus persönlichen Rücksichten auf die jetzigen Verhältnisse des Klägers) zu kurz, so würde daraus keine Nichtigkeit des ganzen Vertrags folgen, sondern es stünde dem Kläger nur frei, nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen eine angemessene Frist zu beanspruchen (BGB. § 242). 4. D e r § 9 des Vertrags vom 3. 4. Juli 1922 bestimmt: „Sollte (der Kläger) durch Krankheit, T o d oder sonstwie außerstande oder nicht willens sein, eine neue Auflage zu bearbeiten, so ist (die Beklagte) berechtigt, die Bearbeitung einer solchen einer anderen, ihr geeignet erscheinenden Persönlichkeit zu übertragen. (Der Kläger) oder seine Rechtsnachfolger erhalten in diesem Fall in den ersten 5 Jahren nach seinem Ausscheiden von allen zum Verkauf kommenden Exemplaren die Hälfte des jetzt festgelegten Honorarsatzes, in den darauf folgenden 5 Jahren nach seinem Ausscheiden ein Viertel dieses Honorarsatzes." a) Zutreffend legt das Berufungsgericht diese Vorschrift als eine Ausnahme von den sonstigen Vertragsbestimmungen einschränkend dahin aus: das Recht der Beklagten, einen andern Bearbeiter heranzuziehen, erfasse jeweils nur die nächste Auflage; der Kläger sei also in der Lage, die Bearbeitung späterer Auflagen wieder f ü r sich in Anspruch zu nehmen. F ü r diese Deutung spricht außer dem Zweck des § 9 im Zusammenhang des ganzen Vertrages auch der Wortlaut. Es ist von „einer neuen Auflage', und „Bearbeitung einer solchen", nicht allgemein von „ n e u e n " oder „weiteren Auflagen" die Rede. Das „Ausscheiden" des Klägers ist auf die jeweils bevorstehende Auflage zu beschränken und nicht, wie die Revision will, in endgültigem, allgemeinem Sinn auf die sämtlichen etwa noch folgenden Auflagen zu erstrecken. In einem Brief vom 26. Juli 1928 hat
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die Beklagte allerdings die Auffassung vertreten, daß unter „Ausscheiden" das völlige und endgültige Ausscheiden verstanden werden müsse, daß also der Kläger nicht bloß für die nächstfolgende Auflage die Mitarbeit versage, sondern überhaupt aus dem Vertragsverhältnis austrete und wegbleibe. Die bewußt hiervon verschiedene Auslegung des Kammergerichts wird jedoch durch Fassung und Gesamtinhalt des Vertrags gerechtfertigt; sie verstößt auch nicht gegen Rechtsgrundsätze. b) Die Revision führt aus: es verstoße gegen die guten Sitten, daß die Beklagte nach § 9 des Vertrags — im Zweifel auch gegen den Willen des Klägers — befugt sein solle, die Bearbeitung einer neuen Auflage einem Dritten zu übertragen. Dem ist nicht beizustimmen. Wohl kann es Fälle geben, in denen es dem sittlichen Empfinden widerspräche, wenn der Verleger sich das Recht einräumen ließe, nach freiem Belieben das Geisteswerk (zumal das wissenschaftliche) eines andern durch Dritte umarbeiten zu lassen und so den Verfasser von jeder Einwirkung auf Gehalt und Form späterer Auflagen auszuschließen. Das unterliegt keinem Zweifel, ist auch in der Rechtsprechung ausdrücklich betont worden (RGZ. Bd. 112 S . 180/181). Unter welchen Voraussetzungen es aber den guten Sitten zuwiderlaufe, bei Lebzeiten des verhinderten oder ablehnenden Urhebers die Bearbeitung der neuen Auflage eines Werkes einem andern als ihm zu übertragen, läßt sich überhaupt nicht allgemein entscheiden. Die Antwort unterliegt, schon nach dem Gegenstand, dem besonderen Sachgebiet, der Gattung des Werkes, ganz verschiedenen Bedingnissen, die keine einhellige Regelung gestatten. Innerhalb einer Gattung oder sonst zusammengehörigen Gruppe kann wiederum je nach der Art des Werkes die Entscheidung verschieden ausfallen. Auch Weltanschauung, wissenschaftliche, künstlerische, wirtschaftspolitische Richtung des Verfassers und mancherlei andere auf seiner Persönlichkeit beruhende Umstände können dabei mitsprechen; sie werden es um so mehr, je stärker sich Wesen und Eigenart des Schöpfers im Inhalt und in der Gestalt des Werkes ausprägen. Das Berufungsgericht verkennt das keineswegs. Ausdrücklich erwähnt es ein Hnuprbcispiel dieser in den Forderungen des Lebens begründeten Tatsachen: bei wissenschaftlichen Werken von höchst persönlicher Eigenart möge es vorkommen, daß die Bearbeitung durch einen Dritten unangebracht erscheine. Sogleich aber fährt es mit Bezug auf den gegenwärtigen Fall fort: Um ein solches Werk handle es sich hier nicht. „Die Technik des Bankbetriebes (Ein Hand- und Lehrbuch des praktischen Bank- und Böisenwesens)" befasse sich (wie schon der Titel sage) mit der Wiedergabe und Erläuterung banktechnischer Vorgänge. Bei Werken dieser Art werde ein Wechsel in der Person des Bearbeiteis nach überwiegender Ansicht nicht als Eingriff in höchst persönliche Werte und Rechte empfunden. Vielleicht erkläre es sich — was dahingestellt bleiben möge — aus der Stellungnahme des Reichsgerichts in einem besonderen Rechtsstreit (RGZ. Bd. 112 S. 173), daß man für wissenschaftliche Verlagswerke in vielen erwiesenen Fällen eine Vertragsbestimmung vorgesehen habe, wonach der
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Verleger die Bearbeitung einem Fachmann übertragen dürfe, wenn der Verfasser sie ablehne. Jedenfalls sei dargetan, daß eine solche Vereinbarung in weiten Kreisen f ü r zulässig erachtet werde und sich durchgesetzt habe. Der so vom Berufungsgericht festgestellte, in erheblichem Umfang zur Herrschaft gelangte Gebrauch bei Verlagsverträgen ist weder schlechthin für Geisteswerke noch für den ganzen Bereich wissenschaftlicher Werke ein Mißbrauch, der allgemein den guten Sitten widerspräche. Vielmehr muß in jedem einzelnen Fall nach der Art des Werkes, der Persönlichkeit des Urhebers und den sonst für die Beurteilung wesentlichen Umständen geprüft werden, ob jene Abrede mit den Anforderungen des redlichen Urheberrechts-Verkehrs und also mit den guten Sitten im Einklang steht. Hierbei sind nicht bloß die eignen Vermögens- und persönlichkeitsrechtlichen Belange des Urhebers und des Verlegers gegeneinander abzuwägen. Auch Rücksichten auf die Allgemeinheit kommen in Betracht (RGZ. Bd. 112 S. 181, 184). Namentlich darf es nicht unbeachtet bleiben, wenn ein Werk, sei es nach Inhalt und Zweck überwiegend wissenschaftlich oder praktisch, mehr oder weniger umfänglichen Kreisen des Volkes als Lehrbuch, Unterweisungsmittel oder Berater gedient hat. In solchen Fällen erhebt das Bedürfnis des Verkehrs, ganz abgesehen von eignen geschäftlichen Wünschen des Verlags, auf dem Büchermarkt den Anspruch, das bisher dem gewohnten Zweck dienstbare Werk auch weiterhin gebrauchen zu können. Aus den Kreisen der Benutzer meldet sich so, wenn ein Buch vergriffen ist und zu fehlen beginnt, das Verlangen nach einer neuen (nötigenfalls entsprechend ergänzten, umgestalteten) Auflage. Durch den Verleger als Mittler der Nachfragenden tritt deren Begehr an den Urheber heran, als sei er der Gemeinschaft durch das einmal geschaffene Werk verpflichtet. In diesen Erscheinungen des Verkehrslebens äußert sich der auf das Urheberrecht angewandte Gedanke der „sozial gebundenen Befugnis". Wie er für das Sacheigentum anerkannt ist, muß er auch für das Recht an Geisteswerken, unbeschadet des Persönlichkeitsrechts ihres Schöpfers, berücksichtigt werden. Abreden wie die im § 9 des Vertrags vom 3., 4. Juli 1922 können zu seiner Verwirklichung beitragen, sofern nicht die Eigenart des Werkes und die sonstigen sachlichen und persönlichen Umstände dazu nötigen, derartige Bindungen des Urhebers als unstatthaft abzulehnen. Sonach bewendet es bei dem schon früher ausgesprochenen Grundsatz: unter sonst geeigneten Umständen ist es mit der Schriftstellerehre des Verfassers eines Geisteswerkes vereinbar, daß das Werk — auch das wissenschaftliche — durch einen andern für eine neue Auflage bearbeitet werde (RGZ. Bd. 112 S. 183). Ohne tatsächlichen und rechtlichen Irrtum nimmt das Kammergericht an: Des Klägers Werk „Die Technik des Bankbetriebes" solle die banktechnischen Vorgänge schildern und erläutern. F.s gehöre also (das ergibt der Zusammenhang der Urteilsgründe) zu den Schriftwerken, die im wesentlichen ein Bild gewisser sinnlich wahrnehmbarer Tatsachen des Verkehrslebens in ihrer zweckbestimmten Ordnung und Wechselbeziehung
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geben. Bei dergleichen schildernden, berichtenden Werken bedeute ein Wechsel der Person des Bearbeiters im allgemeinen keinen Eingriff in höchst persönliche Werte und Rechte des Urhebers, also keinen Verstoß gegen die guten Sitten. Diese Erwägung enthält, soweit in ihr das vorliegende Werk des Klägers gewürdigt wird, weder einen offenbaren tatsächlichen Irrtum noch einen Verstoß gegen rechtliche Grundsätze. c) Übrigens gestattet das Gesetz dem Verfasser, Änderungen, die bei einer neuen Auflage nötig sind, durch einen Dritten vornehmen zu lassen, den er selbst bestimmt (VerlG. § 12 Abs. 2). Diese Vorschrift ist in dem Verlagsvertrag vom 3./4. Juli 1922 nicht außer Kraft gesetzt (vgl. R G Z . Bd. 112 S. 179 [184]). Schlägt der Kläger den ihm freistehenden gesetzlichen Weg nicht ein und überläßt der Beklagten, nach § 9 des Vertrags zu verfahren, so geschieht damit nichts Sittenwidriges. Das Berufungsgericht erwägt berechtigterweise: die Beklagte biete als wissenschaftliches Verlagsunternehmen von R u f ausreichende Gewähr dafür, daß sie bei der Auswahl des Nachfolgers in der Bearbeitung mit der nötigen Kenntnis und Umsicht vorgehen werde; müsse ihr doch selbst daran liegen, das Werk auf der bisherigen wissenschaftlichen Höhe zu erhalten. d) Das Berufungsurteil betont weiter, daß der § 9 des Verlagsvertrags keine einseitige Bindung des Klägers begründe. Die Vertragsbestimmung lasse ja die Befugnisse unverkürzt bestehen, die das Gesetz dem Urheber aus dem Verlagsvertrag gegen den Verleger gewähre. Auch diese Erwägung ist nicht zu beanstanden. 5. Das Berufungsgericht verneint sodann, daß ein auffallendes, unbilliges Mißverhältnis zwischen der Leistung des Klägers als Urheber und der dafür bedungenen Vergütung vorliege. Ohne Rechtsirrtum führt es darüber aus: E i n Satz von 1 0 d e s Ladenpreises halte sich im Rahmen des Zulässigen und Gebräuchlichen. Gegen die vom Kläger jetzt vorgebrachten Bedenken spreche überzeugend schon die Tatsache, daß er in unabhängiger wirtschaftlicher Lage den Vertrag annähernd 30 Jahre lang (seit dem ersten Vertrag vom 19. August 1902) durchgehalten habe, ohne Anstände zu erheben. Welchen Verdienst die Beklagte während der Vertragszeit aus dem Werk etwa gezogen habe, müsse grundsätzlich außer Betracht bleiben. Jedenfalls sei die Frage dann bedeutungslos, wenn die Vergütung des Verfassers zum Absatz des Werkes in Beziehung gesetzt sei lind der ihm eingeräumte Anteil an sich einen angemessenen Bruchteil des Verkaufspreises ausmache. Nach alledem nimmt das Berufungsurteil ohne Rechtsverletzung an, der Verlagsvertrag vom 3./4. Juli 1922 verstoße nicht gegen die guten Sitten ( B G B . § 138 Abs. 1). B. Landgericht und Kammergericht verneinen ferner übereinstimmend, daß die Beklagte unter Ausbeutung der Unerfahrenheit des Klägers sich für die ihm zugesagte Vergütung habe Leistungen versprechen lassen, die dazu in auffälligem Mißverhältnis standen und ihr einen unangemessenen Vermögensvorteil verschafften ( B G B . § 138 Abs. 2). Der Kläger war, als
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er mit der Beklagten den ursprünglichen Verlagsvertrag (1902) einging, 24 beim Abschluß des späteren Vertrags (1922) bereits 44 Jahre alt. Das Berufungsgericht nennt ihn einen weit über dem Durchschnitt geschäftlicher Erfahrung stehenden Schriftsteller; sein Werk hatte zur Zeit des zweiten Vertrags schon sieben Auflagen erlebt. Dafür, daß etwa die Beklagte damit umgegangen sei, die vermeintliche Unerfahrenheit des Klägers auszunutzen, ist nach der Feststellung des Berufungsurteils nichts erbracht. Der dem Vertragsschluß von 1922 vorangegangene Schriftwechsel läßt, wie es weiter bemerkt, nicht erkennen, daß die Beklagte auf den Kläger einen Druck ausgeübt und die Vorteile ihrer Lage auf Grund der Bestimmungen von 1902 ausgenutzt habe; ja sie ist ihm bei der Änderung des alten Vertrags allenthalben entgegengekommen und hat alle seine Wünsche im wesentlichen berücksichtigt. Der Klaggrund sittenwidriger Ausbeutung vermag also den Anspruch ebenfalls nicht zu rechtfertigen (BGB. § 138 Abs. 2). II. Das Vertragsverhältnis der Parteien ist auch weder durch berechtigten Rücktritt noch durch gerechtfertigte Kündigung des Klägers a u f gelöst worden. Der Verfasser ist bis zum Beginn der Vervielfältigung berechtigt, vom Verlagsvertrag zurückzutreten, wenn sich Umstände ergeben, die beim Abschluß des Vertrags nicht vorauszusehen waren und den Verfasser bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles von d e r Herausgabe des Werkes zurückgehalten hätten (VerlG. § 35 Abs. 1 Satz 1). Für eine neue Auflage gilt entsprechendes (§ 35 Abs. 1 Satz 2). 1. Das Berufungsgericht verneint, daß für den Kläger ein Grund zum Rücktritt bestanden habe. Es erwägt: Der Kläger sei trotz der Übersiedlung in die Schweiz in der Lage, eine Neubearbeitung seines Werkes durchzuführen. Die Beschaffung der nötigen Unterlagen dürfe ihm im wesentlichen auch von dort aus möglich sein; notfalls könne er sich durch einen nicht allzu langen Aufenthalt in Deutschland die crfordcrlichen Hilfsmittel beschaffen. Doch komme es darauf nicht einmal an. Denn in den Vertragsvereinbarungen sei ja gerade für den Fall einer Behinderung des Klägers und für den Fall seiner willkürlichen Abkehr vorgesorgt. Unter diesen U m ständen könne keine Rede davon sein, daß der Kläger diesen Fall der Behinderung nicht ins Auge gefaßt habe und (wenn er ihn vorausgesehen) von der Herausgabe des Werkes überhaupt abgesehen hätte. Die letzte Wendung (Herausgabe des Werkes überhaupt) ist nicht, wie die Revision will, buchstäblich zu nehmen, sondern nur auf die jeweils nötige neue Auflage zu beziehen. Denn beim Abschluß des Vertrags vom 3. 4. Juli 1922 waren ja seit dem ersten Erscheinen des Werkes (der ursprünglichen „Herausgabe") achtzehn Jahre vergangen, und es hatte schon sieben Auflagen erlebt; um die Frage nach einer „Herausgabe überhaupt" handelte es sich also damals nicht mehr, sondern nur um eine neue (die achte) Auflage.
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Auch darin ist der Revision nicht beizustimmen, daß beim Vertragsabschluß schon die genau bestimmten Umstände hätten vorausgesehen werden müssen, die später eingetreten sind: Verkauf der Zeitschrift „B.s Börsenberichte" und dann Übersiedlung in die Schweiz. Es genügt, daß die Umstände ihrer Art und allgemeinen Wirkung nach — Erschwerung durch Aufenthaltswechsel und eingreifende Änderungen der beruflichen Tätigkeit — „vorauszusehen waren". Also reicht es nicht aus, daß etwa der Verfasser selbst sie tatsächlich nicht vorausgesehen h a t ; sondern es m u ß f ü r ihn der gegebenen Sachlage nach bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht möglich gewesen sein, den Eintritt der Umstände vorherzusehen ( A l l f e i d VerlagsR. 2. A u f l . 1929, Anm. 4 zu § 35; W i l l y H o f f m a n n Verlagsgesctz Anm. 2 b zu § 35). Das Berufungsgericht bejaht ohne rechtlichen I r r t u m diese Vorhersehbarkeit. Ja, es spricht die Überzeugung aus, daß der Eintritt von Umständen der angegebenen Art vom Kläger in Betracht gezogen worden sei; daß dies geschehen ist, stellt das Berufungsurteil ausdrücklich fest (Fall der Behinderung und der willkürlichen Abkehr). Außerdem aber spricht das Urteil, ohne Rechtsregeln u n d Grundsätze der Billigkeit zu verletzen, die Überzeugung aus: die besonderen Umstände, auf welche der Kläger seinen Rücktritt gründen wolle, hätten ihn (wenn sie ihm beim Vertragsschlusse schon als möglich vor Augen gestanden hätten) bei verständiger Würdigung des Falls nicht davon abgehalten, die im Vertrag niedergelegten Abreden über weitere Auflagen zu treffen. Dies ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Ausführungen der Revision über den Sinn des Wortes „ H e r a u s gabe" und seine Entwicklung aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes brauchen danach nicht besonders erörtert zu werden. 2. Der Kläger sieht ferner einen G r u n d zum Rücktritt vom Vertrag (oder zu dessen fristloser Kündigung) darin, daß die Beklagte bei der neunten Auflage des Buches den Ladenpreis von 10,50 auf 19,50 R M . erhöht hat. a) Mit Recht verweist aber das Berufungsgericht auf die Gesetzesvorschrift, wonach die Bestimmung des Ladenpreises, zu welchem das Werk verbreitet wird, f ü r jede Auflage dem Verleger zusteht (VerlG. § 21 Satz 1). Er kann also den Ladenpreis bei der neuen Auflage unabhängig vom Verfasser höher ansetzen als den der früheren. N u r wenn er den einmal bestimmten Preis nachträglich erhöhen will, bedarf er der Zustimmung des Verfassers (§ 21 Satz 3; W i l l y H o f f m a n n a. a. O. Anm. 4 zu § 21; A l l f e l d a . a . O . Anm. 3 zu § 21; V o i g t l ä n d c r - F u c h s 2. A u f l . Anm. 2 zu § 21). U m solchc nachträgliche Erhöhung innerhalb einer Auflage handelt es sich hier nicht. Der Kläger verficht — auch in der Revisionsbegründung — die Ansicht, daß jene gesetzliche Befugnis der Beklagten nach dem Vertrag nicht gegeben sei. Er beruft sich darauf, daß ihm „als Honorar 10",' des Ladenpreises f ü r jedes verkaufte Exemplar" gebühren (§ 5 des Vertrags), u n d folgert aus dieser Abrede, das Vertragsverhältnis unterliege den Gesetzes-
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regeln der Gesellschaft (§§ 705 flg. BGB.). Um dies darzutun, zieht er auch die Entstehungsgeschichte der verlagsrechtlichen Vorschrift über den Ladenpreis heran. Dazu bemerkt jedoch das Berufungsgericht mit Recht, daß die vom Kläger angerufenen Erwägungen der vorbereitenden Entwicklung im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden haben. Zutreffend wendet ferner das Berufimgsurteil den anerkannten Grundsatz an, daß die bloße Bemessung des Entgelts nach Bruchteilen des Ladenpreises nicht genügt, um das Vertragsverhältnis zu einem gesellschaftsähnlichen zu machen. Wohl entspricht es dem Inhalt eines Verlagsvertrags überhaupt, daß beide Teile zu einem gemeinschaftlichen Zweck zusammenwirken sollen. Die regelmäßige Gestalt dieses Vertrags ist jedoch von der des Gesellschaftsvertrags wesentlich verschieden, auch wenn ihm gesellschaftsartige Einzelheiten oder Nebenabreden einverleibt sind (v. G i e r k e DPrR. Bd. 3 S. 750 bei Anm. 13; K. L e h m a n n Handelsrecht [2. Aufl.] S. 853 § 196 Nr. 4; C r o m e Die partiarischen Rechtsgeschäfte [1897] S. 467 bis 472). Grundsätzen der Gesellschaft unterliegt der Verlagsvertrag nur, wenn er den Verfasser am Gewinn beteiligt (RGZ. Bd. 78 S. 298 [301], Bd. 81 S. 233 [235], Bd. 87 S. 215 [219], Bd. 126 S. 65 [67]). Das ist hier nicht der Fall; eine Gewinnbeteiligung des Klägers, d. h. einen Anteil am Reingewinn, begründet der § 5 des Verlagsvertrages nicht (AIlfeld a. a. O. Anm. 4 zu § 24). Ausdehnung von Regeln des besonders gearteten Herausgebervertrags auf den Verlagsvertrag überhaupt lehnt das Berufungsgericht begründeterweise ab. b) Allerdings könnte, wie das Berufungsurteil erwägt, eine übermäßige, den Absatz des Werkes schlechthin vernichtende oder doch gefährdende Erhöhung des Preises durch den Verleger dem Verfasser unter Umständen ein Rücktritts recht eröffnen. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch — so hebt das Urteil eigens hervor — nicht überzeugend dargelegt. Die nähere Begründung, weshalb das Kammergericht die genügende Darlegung vermißt, gehört dem tatsächlichen Gebiet an und enthält keinen rechtlichen Irrtum. c) Daß eine Kündigung aus wichtigem Grunde nicht nach Regeln des Gesellschaftsrechts (BGB. §§705 flg., 723) zu rechtfertigen ist, bedarf keiner besonderen Ausführung, weil, wie schon bemerkt, auf den vorliegenden Verlagsvertrag keine gesellschaftsrechtlichen Grundsätze anzuwenden sind. Eine Auflösung durch fristlose Kündigung läßt sich auch nicht aus dem allgemeinen Rechtssatz herleiten, daß Dauerschuldverhältnisse vernünftigerweise lösbar sein müssen, wenn das nötige Vertrauen geschwunden oder schwer erschüttert ist, die ersprießliche Verfolgung des Vertragszwecks deshalb ausgeschlossen erscheint und die Fortsetzung dem Teil, der die Auflösung betreibt, nicht mehr zugemutet werden kann {RGZ. Bd. 78 S. 388/9, Bd. 79 S. 160, Bd. 113 S. 77, Bd. 128 S. 16). Das Berufungsgericht stellt fest, daß es an diesen Voraussetzungen fehlt: Das Verhalten der Beklagten habe dem Kläger keinen Anlaß geboten, sich in seinem Vertrauen zu ihr getäuscht zu sehen. Die Behauptung, daß sie ihn
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zur Ablieferung der Handschrift f ü r die nennte Auflage gedrängt habe, treffe nicht zu; selbst nach seiner eigenen Darstellung habe sie ihm genug (nämlich beinahe zwei Jahre) Zeit gelassen. R G Z . 141, 104 1. Ist der Streit darüber, ob ein zur Beilegung eines Prozesses geschlossener Vergleich wegen angeblicher Geisteskrankheit einer an seinem Abschluß beteiligten Person unwirksam ist, in einem besonderen Rechtsstreit auszutragen ? 2. Zur Anwendung des § 139 BGB., wenn geltend gemacht wird, ein am Abschluß eines Vertrages Beteiligter sei geisteskrank gewesen. 3. Zur Frage der Beweislast im Rahmen des § 139 BGB. BGB. § 139. VII. Zivilsenat. Urt. v. 19. Mai 1933. I. Landgericht I Berlin. II. Kammergericht daselbst. Der Kläger hatte sich auf Grund eines Gesellschaftsvertrages vom 15. März 1921 mit dem Kaufmann B. in Berlin zu einer offenen Handelsgesellschaft vereinigt. Diese betrieb eine Lebensmittelhandlung mit einer Dampfmühle und einer Bäckerei, die sich auf Grundstücken des Klägers befanden, sowie mit 25 über Berlin verstreuten Zweigverkaufsstellen. Durch privatschriftlichen Vertrag vom 22. Juni 1921 verkauften die offene Handelsgesellschaft und der Kläger „als Hauseigentümer" persönlich „ihr Geschäft nebst allen Aktiven, wie es geht und steht, unter Ausschluß der Passiven" an die Beklagten zu 1 und 2; zugleich wurden ihnen die Grundstücke des Klägers verpachtet; auch sollte dessen Firma auf sie übergehen. An demselben Tage erklärte ferner der Kläger zu notariellem Protokoll, daß er den Beklagten seine Grundstücke zum Kauf f ü r 800000 M. bis zum 15. Juli 1926 anstelle. Dieses Angebot nahmen sie am 11. Oktober 1922 an, doch ist es zur Auffassung des Grundbesitzes nicht gekommen. Im Jahre 1922 erhob der Kläger gegen die Beklagten 1 und 2 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags und seiner notariellen Erklärung vom 22. Juni 1921 sowie auf Herausgabe der Grundstücke, Zweiggeschäfte und Inventarien. Er stützte diese Ansprüche darauf, daß jene Abmachungen wegen Verstoßes gegen § 313 BGB. nichtig seien, und machte ferner geltend, B. habe seine Ansprüche an ihn abgetreten. Der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendigt, der zunächst vor dem Einzelrichter des Landgerichts I zu Berlin in einer Niederschrift vom 19. August 1925 festgelegt worden war und dann in der Sitzung der 5. Ferien-Zivilkammer vom 4. September 1925 endgültig abgeschlossen wurde. Darin wurde u. a. bestimmt, daß die Beklagten die Grundstücke sowie sechs Zweiggeschäfte an den Kläger zurückzugeben hätten; ferner Zivils. A l l g e m . Teil
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wurde die Firmenführung eingehend geregelt. Zum Abschluß des Vergleiches wurde auch B. zugezogen, der sonst an dem Rechtsstreit nicht beteiligt war. Nach Nr. 17 des Vergleichs trat er — neben zwei anderen Personen — diesem genehmigend bei und übernahm die in Nr. 16 festgesetzte Verpflichtung, „die Mietverträge der anderen Partei oder einer Gesellschaft, an welcher diese beteiligt sind, in den ihr verbleibenden Dder noch von ihr zu erwerbenden Filialen nicht zu stören, auch keine von diesen Räumen bei Freiwerden zu ermieten"; nach Nr. 19 sollte B. von den Beklagten zur Abfindung seiner etwaigen Ansprüche 5000 RM. erhalten; in Nr. 20 endlich wurde bestimmt: „Hiermit sind sämtliche Ansprüche der Parteien sowie der diesem Vergleiche beitretenden Personen gegeneinander erledigt". Alle Bestimmungen des Vergleichs sind sodann ausgeführt worden. Der Kläger hat die Grundstücke und die sechs Zweiggeschäfte am 1. Januar 1926 wieder übernommen. Im Jahre 1927 haben die Beklagten zu 1 und 2 die offene Handelsgesellschaft, die bis dahin zwischen ihnen bestand, in eine Gesellschaft mbH. (die Drittbeklagte) umgewandelt. Mit der Klage des gegenwärtigen Rechtsstreits, die im Januar 1932 eingereicht wurde, macht der Kläger geltend, der Vergleich vom 19. August/ 4. September 1925 sei nichtig, weil B. damals geisteskrank gewesen sei. Demgemäß beantragt der Kläger Feststellung der Nichtigkeit des Vergleiches und Verurteilung der drei Beklagten als Gesamtschuldner zur Herausgabe der ihnen nach dem Vergleich verbliebenen 19 Zweiggeschäfte, zur Abtretung der Rechte aus den über diese laufenden Mietverträgen, zur Löschung der von ihnen geführten, seinen Namen mitenthaltenden Firma und Unterlassung ihres weiteren Gebrauchs, zur Rechenschaftsablegung über die herauszugebenden Lebensmittelgeschäfte und zur Auskunftserteilung über deren Bestände. Die Vorinstanzen haben ohne Beweiserhebung über den Geisteszustand des B. die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache. Gründe: Der Berufungsrichter stellt an die Spitze seiner Gründe einen selbständigen Entscheidungsgrund, indem er die von den Beklagten hilfsweise erhobene Einrede der Rechtshängigkeit für begründet und die vorliegende Klage für unbegründet erklärt, soweit die gegenwärtigen Klaganträge mit den im Vorprozeß vom Kläger gestellten Anträgen übereinstimmen. Hierzu erwägt der Berufungsrichter, der Kläger sei, da er die Nichtigkeit des Vergleiches vom 19. August/4. September 1925 behaupte, nicht gehindert, den Rechtsstreit in den Akten des Vorprozesses fortzusetzen. Mit Recht wird diese Stellungnahme von der Revision als rechtsirrig bekämpft. Schon im Urteil vom 5. Januar 1912 (RGZ. Bd. 78 S. 286) hat der erkennende Senat dargelegt, daß im Regelfalle die Anfechtung eines Prozeßvergleiches in einem besonderen Rechtsstreit zu erfolgen hat.
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Ausnahmen hat dort der Senat anerkennen wollen für solche Fälle, wo der Richter des früheren Prozesses chne weiteres auf Giund des Inhalts seiner Akten erkennen kann, ob der Versuch der Beseitigung des Prozeßvergleiches gerechtfertigt ist, weil es dann keinen SiEn und Zweck hätte, den Anfechtenden auf den Weg eines besonderen Prozesses zu verweisen (a. a. O. S. 289). Auch die dort als weitergehend bezeichneten Entscheidungen des IV. Zivilsenats des Reichsgerichts in Gruch. Bd. 50 S. 425 und des V. Zivilsenats in RGZ. Bd. 65 S. 420 hatten nur angenommen, es sei über die Gültigkeit des Vergleiches dann in Fortsetzung des früheren Rechtsstreits ven dem früheren Prozeßgericht zu entscheiden, wenn die Behauptung des Anfechtenden zutreffe, daß der Vergleich aus bloßen Rechtsgründen, wegen des darin enthaltenen Verstoßes gegen eine bestimmte Gesetzesvorschrift, ungültig sei. In derselben Richtung bewegt sich auch die frühere, in RGZ. Bd. 65 S. 422 423 mitgeteilte Rechtsprechung des Reichsgerichts. Später ist sie namentlich noch in dem Urteil des V. Zivilsenats vom 21. Februar 1923 (RGZ. Bd. 106 S. 312) zum Ausdruck gelangt, dem der erkennende Senat schon im Urteil vom 24. September 1929 VII 16 29 (JW. 1930 S. 1201 Nr. 15, unter Ziffer 4 S. 1202) zugestimmt hat. Der V. Senat hat (a. a. O. S. 314) ausgeführt, aus dem Rahmen des bisherigen Prozesses falle ein Streit heraus, der entsteht, „wenn ein formgerecht und endgültig abgeschlossener Vergleich durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Irrtums vernichtet werden soll eder seine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten geltend gemacht wird". Weitere Erörterungen darüber, ob der in Gruch Bd. 50 S. 425 und in RGZ. Bd. 65 S. 420 vertretenen Meinung, wonach die Entscheidung über die Fortsetzungsmöglichkeit des Verfahrens von der Frage abhängig gemacht sei, ob die Ungültigkeit des Vergleiches auf illiquide Behauptungen gestützt oder nur aus Rechtsgründen hergeleitet werde, zuzustimmen sei, hält der V. Zivilsenat (a. a. O. S. 315) für unentbehrlich; er spricht dort aus: „Aber es kommt darauf nicht an, weil hier die Entscheidung über die Rechtsgültigkeit des Vergleiches jedenfalls noch tatsächlicher Feststellungen und Beweiserhebungen bedurfte, und sich darum die Notwendigkeit eines besonderen Prozesses auch von diesem Gesichtspunkte aus ergab." Dasselbe ist für den hier vorliegenden Fall zu sagen. Die vom Kläger im Jahre 1932 aufgestellte Behauptung, der Kaufmann B. sei im Jahre 1925 nach § 104 Nr. 2 BGB. oder nach § 105 Abs. 2 das. geschäftsunfähig gewesen, war sicherlich in hohem Maße „illiquide"; denn ihre Erörterung erforderte umfangreiche Beweiserhebungen. Der Fall, daß die Wirksamkeit eines Prozeßvergleiches wegen Geisteskrankheit einer an seinem Abschlüsse beteiligten Person nachträglich in Frage gestellt wird, ist aber unbedenklich den Fällen der Anfechtung nach § 119 und § 123 BGB. und der Nichtigkeit nach § 138 BGB. gleichzustellen, die der V. Senat in RGZ. Bd. 106 S. 314 als grundsätzlich aus dem Rahmen des früheren Rechtsstreits herausfallend kennzeichnet. Die Bedürfnisse der Praxis, auf die bei den einschlagenden 10«
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Erwägungen in RGZ. Bd. 78 S. 290 und Bd. 106 S. 314 bis 316 mit Recht Rücksicht genommen wird, können auch im vorliegenden Falle nur zugunsten der Auffassung ins Gewicht fallen, welche die Revision vertritt. Denn es wäre zweifellos mit großen Unzuträglichkeiten verbunden gewesen, wenn ein im September 1925 als erledigt behandelter Rechtsstreit nach mehr als sechs Jahren hätte fortgesetzt werden sollen. Hiernach ist der erste Entscheidungsgrund des Berufungsgerichts abzulehnen. Dieses fährt sodann in den Urteilsgründen fort: „Die Klage ist aber auch im übrigen, und zwar nach § 139 BGB. . . . unbegründet". Die Revision meint, hiernach sei dieser zweite Entscheidungsgrund nur auf diejenigen Anträge des Klägers zu beziehen, die er im Vorprozeß noch nicht gestellt habe, während die Revisionsbeantwortung die Begründimg aus § 139 BGB. auf das gesamte Klagebegehren erstrecken will. Das Urteil drückt sich undeutlich aus; doch bedarf es in diesem Punkte keiner Entscheidung,weil auch die zweite Begründung des Berufungsgerichts von Rechtsirrtum beeinflußt ist, und deshalb das gesamte Erkenntnis der Aufhebung verfallen muß. Daß an sich die Vorschrift des § 139 BGB. auch dann Anwendung zu finden hat, wenn bei einem Rechtsgeschäft auf der einen oder der anderen Seite mehrere Personen als Vertragschließende beteiligt sind und es sich darum handelt, ob die in Ansehung der Person eines Beteiligten obwaltende Nichtigkeit die Nichtigkeit des gesamten Vertrages herbeiführt, ist in der Rechtsprechimg des Reichsgerichts anerkannt (RGZ. Bd. 59 S. 175/176, Bd. 62 S. 186/187, Bd. 114 S. 38/39, Bd. 133 S. 15). Mit Recht geht demnach der Vorderrichter davon aus. Jedoch läßt er bei seinen weiteren Ausführungen zur Frage, ob die übrigen an dem Vergleiche von 1925 Beteiligten diesen auch ohne die mit B. getroffenen Vereinbarungen abgeschlossen hätten, eine rechtsirrige Einstellung erkennen. Er sagt: „Daß aber der Kläger den Vergleich nicht geschlossen haben würde, wenn er gewußt hätte, daß — die Geisteskrankheit des B. unterstellt — eine ihm gegenüber abzugebende Erklärung des B. nichtig wäre, genügt nicht, um daraus die Nichtigkeit des Vergleiches zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1 und 2 abzuleiten." Das Gegenteil hiervon ist richtig. Wie der frühere VI. Zivilsenat des Reichsgerichts im Urteil vom 4. Juli 1921 VI 166 21 (abgedr. SeuffArch. Bd. 77 Nr. 20 S. 38) zutreffend darlegt, ist es bei der Entscheidung der Frage, ob ein durch einen Vertrag neben einem Geisteskranken Mitberechtigter und Mitverpflichteter den Vertrag auch ohne Beteiligung des Geisteskranken eingegangen wäre, stets und grundsätzlich von Erheblichkeit, ob er bei Kenntnis der Geisteskrankheit des anderen den Vertrag überhaupt geschlossen hätte; diese Frage läßt sich nicht trennen von der Frage, ob er den Vertrag auch ohne die Mitverpflichtung des Geisteskranken gewollt haben würde (a. a. O. S. 40). Hätte der Berufungsrichter dies beachtet, so würde er zur gegenteiligen Annahme gekommen sein. Denn wenn der Kläger gewußt hätte, daß B. geisteskrank war und somit auch ihm selbst gegenüber kein rechtswirksames Einverständnis zum Vergleichsabschluß erklären konnte, so hätte der
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Kläger — wie das Kammergericht zum mindesten unterstellt — den gesamten Vergleich nicht abgeschlossen, womit die Möglichkeit der Annahme des im § 139 BGB. vorgesehenen Ausnahmefalles unzweifelhaft entfiele. Die Revisionsbeantwortung meint, hier handle es sich nur um eine Hilfserwägung des Kammergerichts, auf die für den Rechtsbestand des Urteils nichts ankomme. Dem kann nicht beigestimmt werden. Die Erörterungen des Berufungsrichters zur Frage, ob der Ausnahmefall des § 139 gegeben ist, müssen als einheitliches Ganzes aufgefaßt werden und lassen sich nicht in der Weise trennen, wie es die Revisionsbeantwortung will. Es handelt sich ja auch unmittelbar um die Beurteilung der in der Vergleichsurkunde (Nr. 17) selbst verbrieften Genehmigungserklärung des B.; indem dieser dem gesamten Vergleiche genehmigend beitrat, gab er offensichtlich auch dem Kläger gegenüber eine Willenserklärung ab, deren Unerheblichkeit für diesen das Berufungsgericht nicht festgestellt hat. Nach alledem ist, ohne daß es noch des Eingehens auf das weitere Vorbringen der Parteien bedarf, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird, falls abermals geprüft werden muß, ob die Vertragsparteien des Vergleiches vom 19. August/4. September 1925 das Rechtsgeschäft auch ohne den etwa wegen der Geisteskrankheit des Kaufmanns B. nichtigen Teil vorgenommen hätten, der Regelung der Beweislast bei § 139 BGB. noch besondere Aufmerksamkeit zu schenken haben. Beweispflichtig für die Umstände, welche die Ausnahme einer nur teilweisen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts dartun sollen, ist stets diejenige Partei, welche die Ausnahme des § 139 geltend macht und die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts für sich in Anspruch nimmt (vgl. RGZ. Bd. 61 S. 285/286, Bd. 74 S. 334/335, Bd. 91 S. 360/361 und das oben angeführte Urteil vom 4. Juli 1921 VI 166, 21; ferner Motive Bd. 1 S. 222 zu § 114 des ersten Entwurfes des BGB.; Planck Komm. z. BGB. 4. Aufl. Bd. 1 S. 372, Anm. 3 zu § 139; RGRKomm. 6. Aufl. Bd. 1 S. 232, Anm. 2 Abs. 2 a. E. zu § 139). Im gegebenen Falle würde also die Beweispflicht im Rahmen des § 139 BGB. den Beklagten zufallen. Nach der Begründung des angefochtenen Urteils ist es nicht vollkommen deutlich, ob sich das Kammergericht diese gesetzliche Regelung der Beweislast vor Augen gehalten hat. RGZ. 142, 70 Verstößt ein Abkommen gegen Standesehre und gute Sitten, durch das sich ein Rechtsanwalt einen bestimmten Teil des Gewinns ausbedingt, der durch seine Tätigkeit erzielt werden wird ? RAO. § 28. BGB. § 138 Abs. 1. I I I . Zivilsenat. Urt. v. 20. Oktober 1933. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Zivilprozeß (Rechtsanwaltsordnung)".
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150 R G Z . 1 4 2 , 402
1 . B i s w a n n darf der Antragende den E i n g a n g der Antwort des A b w e s e n d e n erwarten ? 2. N a c h w e l c h e n Gesichtspunkten ist der Zeitpunkt des Z u gehens einer A n t r a g s a n n a h m e zu b e s t i m m e n , wenn die Antragende, eine Versicherungsgesellschaft, ein Postschließfach unterhält ?
BGB. §§ 130, 147 Abs. 2. Versicherungsvertragsgesetz § 39. V I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 10. November 1933. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Versicherungsvertragsgesetz". R G Z . 142, 410 Verstößt ein Vater g e g e n die guten Sitten, wenn er die B e z u g s b e r e c h t i g u n g seiner Kinder erster E h e aus einer L e b e n s v e r sicherung widerruft und diese B e r e c h t i g u n g seiner zweiten E h e frau z u w e n d e t , mit der er während des Bestehens der ersten E h e e h e w i d r i g e B e z i e h u n g e n unterhalten hat ?
BGB. § 138. Versicherungsvertragsgesetz § 166. V I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 24. November 1933. I. Landgericht Breslau.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Am 21. Januar 1932 verstarb in B. Paul v. L. Er war in erster Ehe verheiratet gewesen mit Ellynor v. L. geborenen v. B. Aus dieser Ehe sind fünf Kinder, nämlich die Kläger, hervorgegangen. Die Ehe ihrer Eltern war durch rechtskräftiges Urteil vom 27. Juli 1927 geschieden worden. Eine zweite Ehe hatte Paul v. L. mit der Beklagten geschlossen. Diese war in erster Ehe mit einem Fabrikbesitzer St. verheiratet gewesen. Ihre Ehe mit St. war am 1. Juni 1927 geschieden worden, worauf sie am 20. März 1928 Paul v. L. heiratete. Paul v. L. hatte schon vor dem Währungsverfall sein Leben bei der V. B. und Pr. Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft versichert gehabt. Am 28. März 1924 beantragte er die Umwandlung dieser Versicherung in eine Goldmarkversicherung über 100000 GM., wobei er gleichzeitig für den Fall seines Todes „seine Ehefrau bzw. Kinder" als Bezugsberechtigte bezeichnete. Die Gesellschaft genehmigte den Antrag. Durch Erklärung vom 2. Juli 1926 bezeichnete Paul v. L. der Versicherungsgesellschaft die Beklagte, damals noch verehelichte St., als alleinbezugsberechtigt für die Hälfte der Versicherungssumme. Am 11. Dezember 1926 bestimmte er sie auch für die zweite Hälfte als allein bezugsberechtigt. Nach Abschluß der Ehe mit der Beklagten bestimmte er sie durch Erklärung gegenüber der Versicherungsgesellschaft vom 7. April 1928 nochmals als Alleinbezugs-
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berechtigte für die ganze Versicherungssumme und schloß am 24. Mai 1928 zu ihren Gunsten noch eine weitere Versicherung über 50000 RM. ab. Am 15. Juni 1928 wurde für die alte Versicherung über 100000 GM., die in zwei Teile zerlegt worden war, ein neuer Versicherungsschein ausgestellt unter der Nr. 405011. Am 30. Dezember 1931 traf Paul v. L. dann nochmals die Bestimmung, daß für alle Versicherungen die Beklagte die Alleinbezugsberechtigte sei. Nach dem Tode des Paul v. L. entstand Streit zwischen den Klägern einerseits und der Beklagten anderseits darüber, wem die Versicherungssumme aus der Police 405011 gebühre. Unstreitig beträgt die Versicherungssumme wegen gewisser Abzüge nur noch 78995,70 RM. Die Kläger, welche die Erbschaft nach Paul v. L. ausgeschlagen haben, nehmen die Versicherung sowohl kraft eigenen Rechts wie auch kraft Abtretung von seiten ihrer Mutter Ellynor v. L. in Anspruch, a) weil zwischen dem mittellosen Paul v. L. und seiner ersten Ehefrau ausdrücklich vereinbart worden sei, daß er zu deren Gunsten sein Leben mit 100000 GM. versichern und die Prämien aus den Erträgnissen des Frauenvermögens bezahlen solle; b) weil der Widerruf der Bezugsberechtigung der Frau Ellynor v. L. und der Kläger zugunsten der Beklagten und die Bestimmung der Beklagten als Alleinbezugsberechtigte gegen die guten Sitten verstoße; c) weil die Beklagte der Frau Ellynor v. L. und den Klägern dadurch in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt habe, daß sie auf Paul v. L. einwirkte, sie selbst an Stelle der Ellynor v. L. und der Kläger als Alleinbezugsberechtigte zu bezeichnen. Den Verstoß gegen die guten Sitten im Falle b) nehmen die Kläger an, weil Paul v. L. während der Scheidung seiner eigenen Ehe in ehebrecherischen Beziehungen zu der Beklagten, die damals gleichfalls in Scheidung lebte, gestanden habe, und weil der Widerruf der ursprünglichen Bezugsberechtigungen und die Neubenennung der Beklagten als Bezugsberechtigte nur erfolgt seien, um der Beklagten für die ehebrecherischen Beziehungen ein Entgelt zu verschaffen und sie zur Aufrechterhaltung dieser Beziehungen zu veranlassen. Die Kläger haben infolgedessen gegen die Beklagte Klage erhoben auf Einwilligung in die Auszahlung der Versicherungssumme an sie; hilfsweise auf Feststellung, daß die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag keine Ansprüche herleiten könne. Sie sind jedoch in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden. Ihre Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: 1. Der Berufungsrichter nimmt an, die Benennung der Beklagten als Bezugsberechtigte in Ansehung des Anspruchs auf die streitige Lebensversicherungssumme verstoße gegen die guten Sitten und sei deshalb nach § 138 BGB. nichtig, soweit die ihr zugrundeliegenden Verfügungen vor
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Eingehung der Ehe des Paul v. L. mit der Beklagten vorgenommen worden seien. Aus dem Briefwechsel und dem unstreitigen Sachverhalt sei zu entnehmen, daß Paul v. L. damals mit der Beklagten ein Liebesverhältnis unterhalten habe, das mit seiner noch bestehenden Ehe mit der Mutter der Kläger nicht vereinbar gewesen sei, und daß er die Beklagte als Bezugsberechtigte benannt habe aus Dank und zur Belohnung für dieses Liebesverhältnis, und um sie auch weiterhin an sich zu ketten zwecks Fortsetzung der unsittlichen Beziehungen. Diese Ausführungen des Berufungsrichters lassen keinen Rechtsirrtum erkennen. Die Bestimmung eines Bezugsberechtigten bei einem Lebensversicherungsvertrag ist die Ausübung eines Gestaltungsrechts, in dieser Hinsicht vergleichbar der Erbeinsetzung. Die Frage nach ihrer Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ist daher wie bei einem einseitigen Rechtsgeschäft zu behandeln, so daß es auf die Kenntnis der Versicherungsgesellschaft nicht ankommen kann und der von dem Verfügenden verfolgte unsittliche Zweck zur Herbeiführimg der Nichtigkeit der Verfügung ausreicht. Dagegen verneint der Berufungsrichter den sittenwidrigen Charakter der Verfügungen, durch die Paul v. L. nach Scheidung seiner Ehe mit der Mutter der Kläger und nach Eingehung der Ehe mit der Beklagten diese als Bezugsberechtigte bestimmt habe. Nunmehr sei er ihr gegenüber unterhaltspflichtig gewesen und habe seine früheren unsittlichen Beziehungen zu ihr auf eine gesetzliche und sittliche Grundlage gestellt. Die Auffassung der Kläger, er habe die früheren unsittlichen Beziehungen zu der Beklagten in der Ehe fortgesetzt, sei mit dem sittlichen Wesen der Ehe unvereinbar. Auch handle es sich bei der Benennung der Beklagten als Bezugsberechtigte im April/Juni 1928 und im Dezember 1931 um völlig selbständige Rechtshandlungen, die bezüglich ihrer Gültigkeit nur eine selbständige Beurteilung zuließen und nicht als Fortsetzung der vor der Eheschließung vorgenommenen gleichartigen Rechtshandlungen aufgefaßt werden könnten. Diese Ausführungen werden dem Standpunkt der Kläger nicht gerecht. Sie lassen ein Eingehen auf die besondere Sachlage vermissen und suchen die Entscheidung aus allgemeinen Gesichtspunkten zu gewinnen. Dabei bringen sie die ehemännliche Unterhaltspflicht mit der Zuwendung des Bezugsrechts in Verbindung, was die Revision nicht mit Unrecht als rechtsirrig rügt, da die Unterhaltspflicht mit dem Tode des Mannes endet und aus ihr keine Verpflichtung zur Zuwendung der Bezugsberechtigung an die Beklagte herzuleiten ist. Die Ausführungen über die Selbständigkeit der Benennung der Beklagten als Bezugsberechtigte im April Juni 1928 und im Jahre 1931 gegenüber ihrer Benennung als Bezugsberechtigte vor Eingehung ihrer Ehe mit Paul v. L. lassen nicht erkennen, weshalb die nach Eingehung dieser Ehe erfolgten Rechtshandlungen nur eine selbständige Beurteilung zulassen sollten, wie der Berufungsrichter annimmt. Von den Zwecken, die nach seinen Feststellungen den Paul v. L. ursprünglich veranlaßt hätten, die Beklagte als Bezugsberechtigte zu benennen, mochte der,
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sie an sich zu ketten, weggefallen sein, nachdem sie seine Frau geworden war. Dagegen ist nicht ersichtlich, warum nicht der andere Zweck, die Beklagte f ü r das eingegangene Liebesverhältnis zu belohnen und ihr dafür zu danken, hätte fortwirken können, und warum Paul v. L. sich nicht entschlossen haben könnte, jene vorehelichen unsittlichen Verfügungen, an deren Gültigkeit er Zweifel haben mochte, zu wiederholen und sie zu bestätigen, um zu seinem einmal gegebenen Wort zu stehen, also wiederum aus Dank und zur Belohnung für das voreheliche Liebesverhältnis, mochte dieses nunmehr freilich der Vergangenheit angehören. Aber auch wenn die nicht erschöpfenden Darlegungen des Berufungsrichters in ihrem Zusammenhang mit dem, was er über die Unterhaltspflicht in der neuen Ehe sagt, dahin zu verstehen wären, daß Paul v. L. die Beklagte, als sie seine Frau geworden war, als Bezugsberechtigte bestimmt habe, um — unabhängig von seinen vorehelichen Verfügungen, die er zu ihren Gunsten wegen der Bezugsberechtigung getroffen hatte — seiner sittlichen Pflicht zu genügen, ihre Zukunft nach seinem Tode zu sichern, so möchten diese Ausführungen zutreffen, wenn sich in Ansehung des Anspruchs auf die Versicherungssumme lediglich die Beklagte und die geschiedene erste Ehefrau des Paul v. L. gegenüberständen. Es bestand, unbeschadet schuldrechtlicher Bindungen, auf die später einzugehen ist, keine sittliche Pflicht des Paul v. L., die Lebensversicherung zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau aufrechtzuerhalten und die ihr in dem Lebensversicherungsvertrag eingeräumte Bezugsberechtigung nicht zu widerrufen. Gegen die Annahme einer solchen sittlichen Pflicht spricht, daß die durch letztwillige Verfügung eines Ehemannes erfolgte Benennung seiner Ehefrau als Bezugsberechtigte — § 332 BGB. — mit der Scheidung der Ehe der Regel nach sogar von selbst nach § 2077 BGB. unwirksam wird. Paul v. L. hatte aber in dem Lebensversicherungsvertrag nicht nur seine erste Ehefrau, sondern von vornherein „seine Ehefrau bzw. Kinder" als Bezugsberechtigte benannt, und der Berufungsrichter will diese Bestimmung so auffassen, daß die Mutter der Kläger die letzteren ausgeschlossen hätte, weil sie ihren geschiedenen Ehemann überlebt habe. Der Berufungsrichter spricht sich nicht darüber aus, ob die Klausel nicht auch dahin zu verstehen ist, daß mit dem Wegfall der Mutter, sei es zufolge Scheidung, sei es zufolge Widerrufs, die Kinder in die erste Stellung als Bezugsberechtigte einrücken sollten, was von den Klägern jedenfalls behauptet war, indem sie in der Klage hatten vorbringen lassen: es käme f ü r den vorliegenden Prozeß nicht darauf an, ob man bei der Bezeichnung „Ehefrau bzw. Kinder" in dem Versicherungsschein erstere bis zu ihrem Fortfall durch Tod oder andere Umstände allein und danach erst die Kinder f ü r bezugsberechtigt erachte oder ob man die Ehefrau neben den Kindern zu gleichen Teilen oder nach Maßgabe der gesetzlichen Erbfolge oder zu sonst welchen Teilen für bezugsberechtigt erachten wolle, da die Mutter der Kläger ihren Anspruch an die Kläger abgetreten habe und diese daher in jedem Fall entweder aus dem Recht ihrer Mutter oder aus eigenem Recht zur Klage legitimiert seien.
154 Der Berufungsrichter hätte diese Prüfung vornehmen und weiter ;rörtern müssen, ob unter den gegebenen Umständen die Benennung der Beklagten als alleinige Bezugsberechtigte der ganzen Versicherungssumme, wenn auch nicht im vollen Umfang, so doch jedenfalls insoweit gegen die |uten Sitten verstieß und somit nach § 138 BGB. nichtig ist, als sie unter billiger Berücksichtigung der gesamten Umstände das M a ß der Fürsorge für die Beklagte zum Nachteil der unversorgten Kinder aus erster Ehe, die völlig leer ausgehen sollten, in ungebührlicher und anstößiger Weise überschritt. Dabei hätte der Berufungsrichter berücksichtigen müssen, daß nach dem unstreitigen Sachverhalt Paul v. L. zugunsten der Beklagten im Jahre 1928 eine neue Lebensverischcrung über 50000 R M . abgeschJossen hatte, über deren weiteren Verbleib allerdings nichts festgestellt ist, und daß der Umstand, daß die Kläger möglicherweise von ihrer Mutter Vermögen zu erwarten haben, jedenfalls nur unter ganz besonderen Umständen dazu führen könnte, der Beklagten, über deren Alter und Erwerbsfähigkeit nichts festgestellt ist, die ganze Versicherungssumme von 78995,70 RM. zu belassen. Der Anwendung des § 138 BGB. auf einen Sachverhalt wie den vorliegenden kann nicht entgegengehalten werden, daß sie mit der Testierfreiheit in Widerspruch stehe, und daß nach geltendem Recht die Kinder aus einer geschiedenen Ehe gegebenenfalls auf Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche beschränkt seien. Es trifft zu, daß die Kläger den § 138 BGB. nicht anzurufen vermöchten, wenn ihr Vater der Beklagten die alleinige Bezugsberechtigung zugewendet hätte und wenn diese der Scheidung der Ehe der Eltern der Kläger ferngestanden hätte. Es trifft aber nicht zu, daß Gleiches gelten müsse, wenn die Beklagte die Zerstörerin der Ehe der Eltern der Kläger gewesen ist. In diesem Fall hat der sich sittlich verfehlende Vater gegenüber seinen unversorgten Kindern aus der geschiedenen Ehe nach deutschem Rechtsbewußtsein verstärkte Pflichten, die es grundsätzlich ausschließen, daß er seiner an der Scheidung der ersten Ehe mitschuldigen zweiten Ehefrau die den Kindern entzogene Bezugsberechtigung ganz zuwendet und sie hierdurch nach den Verhältnissen übermäßig bedenkt, während er die unversorgten Kinder erster Ehe völlig leer ausgehen läßt. 2. Auf die vorstehenden Erörterungen, ob in der Bestimmung der Beklagten als alleinige Bezugsberechtigte ein Verstoß gegen die guten Sitten zu finden ist, würde es freilich nicht ankommen, wenn die ursprüngliche Bezugsberechtigung der Mutter der Kläger unwiderruflich gewesen wäre oder wenn Paul v. L. den Anspruch auf die Versicherungssumme an die Mutter der Kläger von vornherein abgetreten hätte. Die Kläger hatten behauptet und diese Behauptung mit Beweis vertreten, ihr Vater habe keine eigenen Mittel gehabt, um während seiner Ehe mit ihrer Mutter die Prämien zu bezahlen; es sei vielmehr unter ihren Eltern ausdrücklich vereinbart worden, daß ihr Vater sein Leben zugunsten ihrer Mutter mit 100000 G M . versichern und die Prämien aus den Erträgnissen des Frauenvermögens
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bezahlen solle. Dies sei mehrfach im Familienkreise besprochen und von ihrem Vater ausdrücklich anerkannt worden. Der Berufungsrichter unterstellt diese Behauptungen als richtig. Er ist aber der Ansicht, daß darin kein Verzicht des Paul v. L. auf das Recht, die Bezugsberechtigung seiner ersten Frau zu widerrufen, zu finden sei, weil ein solcher Verzicht der Versicherungsgesellschaft gegenüber hätte erklärt werden müssen, und daß den behaupteten Vereinbarungen auch nicht entnommen werden könne, Paul v. L. habe den Anspruch auf die Versicherungssumme an seine erste Frau abgetreten. Weiter nimmt der Berufungsrichter an, die Behauptungen der Kläger über die angeblichen Vereinbarungen ihrer Eltern seien zu allgemeiner Natur und zu farblos, als daß aus ihnen entnommen werden könnte, es sei zwischen den Eltern ein rechtlich bindender Vertrag zustandegekommen, und welchen Inhalt er habe. Die Auffassung des Berufungsrichters, der Ausschluß des Widerrufsrechts in Ansehung einer Bezugsberechtigurg könne nur in dem Versicherungsvertrag oder durch Erklärung des Versicherungsnehmers gegenüber der Versicherungsgesellschaft erfolgen, wird ven der Revision zu Unrecht beanstandet. Denn das Recht des Bezugsberechtigten findet seinen Ursprung und seine Quelle in dem Versicherungsvertrag, um dessen Ausgestaltung es sich dabei handelt. Vereinbarungen zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Begünstigten über den Ausschluß des Widerrufsrechts können nur schuldrechtliche Bindungen zwischen beiden hervorrufen, sie können aber das Widerrufsrecht nicht mit dinglicher Wirkung beseitigen. Insoweit ist die Rüge der Revision nicht begründet. Dagegen wird der Berufungsrichter bei der erneuten Verhandlung Gelegenheit haben, seinen von der Revision angegriffenen Standpunkt nachzuprüfen, die Behauptungen der Kläger seien zu allgemeiner Natur und zu farblos, um überhaupt eine rechtliche Nachprüfung zuzulassen. Er wird dabei ferner berücksichtigen müssen, daß die Beklagte auch an eine bloß schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Paul v. L. und seiner ersten Frau, er dürfe deren Bczugsberechtigung nicht widerrufen, gebunden wäre, wenn sie (Beklagte) die Erbin des Paul v. L. ist und für dessen Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Außerdem wird der Berufungsrichter zu erwägen haben, ob die Vereinbarungen nicht auch für die Frage des Verstoßes gegen § 138 BGB. ins Gewicht fallen könnten, falls es darauf noch ankommen sollte. 3. Von Amts wegen war noch zu prüfen, ob nach der Devisenverordnung vom 23. Mai 1932 die Genehmigung der Devisenbewirtschaftungsstelle für die mit der Klage verlangte Leistung, Einwilligung der Beklagten in die Auszahlung der Versicherungssumme an die im Ausland wohnenden Kläger, erforderlich ist. Das ist nicht der Fall, da unter den Parteien nur über eine Voraussetzung einer genehmigungspflichtigen Leistung, nämlich über die Enwilligung der Beklagten in eine Auslandszahlung, gestritten wird. Der Fall liegt insofern gleich dem in RGZ. Bd. 137 S. 112 entschiedenen, in dem ebenfalls die Genehmigung der Devisenbewirtschaftungsstelle nicht für erforderlich erklärt worden ist.
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R G Z . 1 4 3 , 24 Unter welchen Voraussetzungen liegt eine sittenwidrige A u s nützung der tatsächlichen M a c h t - ( M o n o p o l - ) s t e l l u n g vor, w e n n ein Kraftwerk beim A b s c h l u ß eines Stromlieferungsvertrags auf den Vertragsgegner (eine G e m e i n d e ) Schadensersatzansprüche abwälzt, die dem W e r k aus der N i c h t e i n h a l t u n g eines früher mit einem anderen Stromlieferer vereinbarten Lieferverbots entstanden sind oder entstehen ?
BGB. §§ 138, 826. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 15. Dezember 1933. I. Landgericht Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Durch Vertrag vom 13. Mai/10. Juni 1896 übertrug die beklagte Stadtgemeinde ihre Versorgung mit Strom für die Dauer von 30 Jahren an die Firma J. in G. Diese Firma lieferte den Strom bis zum Jahre 1920 aus ihrem mit einer Dampfmühle verbundenen eigenen Werke. In den folgenden Jahren bezog sie aber den Strom auf Grund eines am 28. Januar/3. Februar 1920 geschlossenen Vertrags von der Klägerin. Darin war mit Wirksamkeit bis zum 1. April 1951 vereinbart, daß die Firma J. verpflichtet sein sollte, sämtliche für die Versorgung ihrer Dampfmühle und ihres Kraftwerks einschließlich des Ortsnetzes erforderliche elektrische Arbeit von der Klägerin zu beziehen, und daß die Klägerin im Stadtgebiete G. nur Großverbraucher mit einem Anschlußwert von mehr als 20 Kilovoltampere im freien Wettbewerbe auch unmittelbar versorgen dürfe. Die Beklagte wollte den im Jahre 1926 ablaufenden Vertrag mit der Firma J. nicht verlängern; sie kündigte mit Brief vom 24. Juli 1925 und verhandelte dann mit der Firma über eine Übernahme des Leitungsnetzes. Bei diesen schließlich ergebnislosen Verhandlungen teilte die Firma J. der Beklagten, und zwar erst am 1. März 1926, mit, daß sie mit der Klägerin den erwähnten langfristigen Vertrag bis zum Jahre 1951 geschlossen habe. Darauf verhandelte die Beklagte am 3. März 1926 mit der Klägerin wegen der Übertragung des zwischen dieser und der Firma J. abgeschlossenen Stromlieferungsvertrags und der daraus fließenden Rechte und Pflichten auf die Beklagte. Mit Brief vom 11. März 1926 erklärte sich die Klägerin hierzu bereit, sofern die Firma J. einwillige. Auch riet sie der Beklagten am 26. April 1926 zu einer Einigung mit J. unter dem Hinweise darauf, daß sie wegen ihrer Bindung gegenüber J. kaum zur Belieferung der Stadt in der Lage sein werde. Im Anschlüsse daran erörterten die Parteien gemeinsam alle rechtlichen Möglichkeiten zur Beseitigung der durch den Vertrag von 1920 begründeten Bindungen der Klägerin. Am 31. Juli 1926 schlössen sie miteinander einen unmittelbaren Stromlieferungsvertrag zu den üblichen Bedingungen ab, nachdem die Beklagte schon am 31. Mai 1926 die Verpflichtung übernommen hatte, die Klägerin von allen Lasten, Gefahren und Kosten freizustellen, die sich aus dem Abschlüsse eines Stromlieferungsvertrags mit ihr für sie etwa ergeben könnten.
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Ende 1926 betrieb die Firma J. gegen die Klägerin ein Schiedsgerichtsverfahren. Sie erwirkte im Juni 1928 einen Schiedsspruch dahin, daß ihr die Klägerin vom 1. August 1926 ab bis zum 31. März 1951 jährlich 2030 RM. zu zahlen habe. Die Klägerin leistete die ihr auferlegten Zahlungen an J. und belastete die Beklagte mit diesen Beträgen sowie mit den Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens. Im Jahre 1928 erklärte sie der Beklagten, bei einer jährlichen Stromabnahme bis zu 72000 Kilowattstunden jährlich einen Betrag von 1000 RM. aus Entgegenkommen selbst tragen zu wollen. Dieser von der Klägerin zu übernehmende Betrag solle sich bei einem zusätzlichen Verbrauch von je 1000 Kilowattstunden um je 50 RM. vermindern. Die Beklagte zahlte darauf an die Klägerin in den Monaten November 1930 bis Juni 1931 in mehreren Teilen über 7000 RM., wodurch bis auf einen Zinsbetrag von 1814,19 R M alle ihr bis dahin auf Grund ihrer Ersatzverpflichtimg zur Last fallenden Beträge abgedeckt waren. Seit Mitte 1931 verweigert sie weitere Zahlungen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Bezahlung von noch 3805,84 RM. nebst Verzugszinsen. Die Beklagte hat beantragt, festzustellen, daß sie nicht verpflichtet sei, an die Klägerin auf Grund der Erklärung vom 31. Mai 1926 in den Jahren 1932 bis 1935 irgendwelche Zahlungen zu leisten. Beide Vorinstanzen haben die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihre Widerklage abgewiesen. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Das Kammergericht unterstellt als zutreffend, daß die Klägerin beim Abschluß des Vertrags vom 31. Mai 1926 der Beklagten gegenüber ein den freien Wettbewerb ausschließendes tatsächliches Monopol ausgeübt habe, lehnt aber einen sittenwidrigen Mißbrauch dieser Machtstellung durch die Klägerin ab. Es verneint daher die Nichtigkeit der von der Beklagten in jenem Vertrage übernommenen Rückendeckungspflicht, obwohl die Klägerin von der Beklagten eine Mehrleistung begehrt habe, die nicht zu den für die Großabnehmer allgemein geltenden Bedingungen gehörte. In dieser Richtung hat der Berufungsrichter ausgeführt, die Klägerin habe sich durch die vereinbarte Rückendeckung keine Mehreinnahmen verschafft, sondern nur die Befreiung von einer Schadensersatzpflicht, die für sie aus dem Vertragsabschluß mit der Beklagten etwa entstehe. Eine solche Abwälzung sei an sich keine imbillige Bedingung. Ein sittenwidriger Rechtsmißbrauch liege — so meint das Kammergericht — in einem solchen Fall nur dann vor, wenn für das Werk eine Rechtspflicht zur Schadensverhütung durch ein Tun bestehe, wenn das Werk also nach der Art des Entstehens seiner Schadensersatzpflicht im Verhältnis zum Vertragsgegner gerade verpflichtet sei, den Schaden selbst zu tragen. Insofern komme es allerdings wesentlich darauf an, ob die Klägerin sich schon im Jahre 1920 beim Abschluß ihres 30-jährigen Liefervertrags mit der Firma J. eines Macht-
158 mißbrauchs oder einer sonstigen zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung schuldig gemacht habe. Dies ist nach der Meinung des Kammergerichts nicht der Fall. Es verneint, daß die Klägerin gehalten gewesen sei, sich bei der Beklagten nach der Dauer ihres Vertrages mit J . zu erkundigen. Durch den Zulassungsvertrag, den die Klägerin mit dem Kreisverbande abgeschlossen habe, seien unmittelbare Rechte der Beklagten nicht begründet worden, und auch sonst fehle es an vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien, aus denen die Beklagte Rechte gegen die Klägerin herleiten könnte. Die Beklagte habe nicht ausreichend unter Beweis gestellt, daß die maßgebenden Vertreter der Klägerin gewußt hätten oder auch nur damit hätten rechnen können, daß der Lieferungsvertrag zwischen der Beklagten und J. nicht werde verlängert werden. Wolle man aber auch unterstellen, daß die Klägerin durch das Drängen der Firma J . nach einem langfristigen Vertrag nebst Wettbewerbs-(Lieferungs-)verbot habe stutzig werden müssen und daß sie mit der Möglichkeit gerechnet habe, der Firma J . werde die Strombelieferung der Stadt entzogen werden, so könne doch die Klägerin nicht als verpflichtet angesehen werden, auf einen ihr günstig erscheinenden Vertrag mit J . nur nach vorheriger Verständigung mit der Beklagten einzugehen. Ein arglistiges Zusammenwirken der Klägerin mit der Firma J . zum Nachteil der Beklagten hält das Berufungsgericht für ausgeschlossen. Weiter glaubt das Kammergericht die Annahme ausschließen zu sollen, daß die Klägerin einen unerlaubten Zweck oder aber einen erlaubten Zweck mit unerlaubten Mitteln verfolgt habe. Daß sich die Klägerin bewußt nicht um das Vertragsverhältnis der Beklagten mit der Firma J . gekümmert habe, sei nur dann verständlich, wenn die Klägerin ihren Vertrag mit J . als ein Mittel angesehen habe, um den Bezirk der verklagten Stadtgemeinde nicht nur für die restliche Dauer des Liefervertrags der Stadt mit J., sondern auch fernerhin als jedenfalls mittelbaren Kunden zu gewinnen. In diesem Falle sei sich die Klägerin, sofern sie sich schon damals in der Machtstellung eines tatsächlich allein Lieferberechtigten befunden habe, dessen nicht bewußt gewesen. Der Berufungsrichter meint, zu ihrem Verhalten sei die Klägerin durch die Besorgnis bewogen worden, die Beklagte werde sich ohne vertragsmäßige Bindung (an die Klägerin) durch die Errichtung eines eigenen Kraftwerks selbständig machen, was damals ernstlich erwogen worden sei; die Klägerin habe also nur angestrebt, sich eine „Monopolstellung" zu verschaffen oder — nach der Ausdrucksweise der Beklagten — die Stadt G. in ihre Hand zu bekommen. Die Verfolgung des Zwecks der „Monopolerlangung" sei für sich allein nicht sittenwidrig. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein „Monopolinhaber" durch Ausnützung seiner bevorzugten Stellung gegen die guten Sitten verstößt, hat das Reichsgericht schon oft beschäftigt. Als sittenwidrig ist es erachtet worden, wenn der „Monopolinhaber" (z. B. eine Dampfschifffahrtsgesellschaft, die Verwaltung einer dem allgemeinen Verkehre dienenden öffentlichen Wasserstraße, Unternehmerverbände und Überlandwerke,
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Speditionsunternehmer oder andere für das Gemeinwohl oder den Geschäftsverkehr unentbehrliche Gewerbe), durch Wettbewerb unbehindert, seine Vorzugsstellung dazu mißbraucht, willkürlich oder aus unlauteren Gründen den einzelnen von den Bedingungen auszuschließen, die der Allgemeinheit sonst dargeboten sind (RGZ. Bd. 48 S. 114 [127]). Ebenso ist es beurteilt worden, wenn der Monopolinhaber unter Mißbrauch seiner Machtstellung dem allgemeinen Verkehr unbillige, unverhältnismäßige Opfer auferlegt oder unbillige, unverhältnismäßige oder von den allgemeinen und angemessenen abweichende Bedingungen, etwa den Verzicht auf rechtmäßig begründete Ansprüche, vorschreibt (RGZ. Bd. 62 S. 264 [266]; Bd. 79 S. 224 [229], Bd. 81 S. 316 [320], Bd. 83 S. 9 [14], Bd. 102 S. 396, Bd. 103 S. 82, Bd. 115 S. 253 [258], Bd. 128 S. 92 [96], Bd. 133 S. 388 [391]; RGUrt. vom 13. Juli 1917 VII 132/17). Als Sittenverstoß ist es auch angesehen worden, wenn der Monopolinhaber mißbräuchlich bei den Bedingungen, zu denen er Verträge abschließt, einseitig seine Belange zugrundelegt ohne Rücksicht darauf, ob dies mit den allgemeinen Verkehrsbedürfnissen vereinbar ist (RGZ. Bd. 99 S. 107 [109]), oder unter Umkehrung der vom Gesetzgeber gewollten und vom Verkehr als billig empfundenen Rechtslage sich unverhältnismäßige Vorteile ausbedingt, zumal wenn hierdurch dem Verkehr besondere Fesseln aufgezwungen werden (RGZ. Bd. 106 S. 386 [388], Bd. 115 S. 218). Der erkennende Senat hat eine rechts- und sittenwidrige Ausbeutung des Notstands, mithin eine zum Schadensersatz verpflichtende sittenwidrige Handlung im Sinne des § 826 BGB. ferner auch dann angenommen, wenn Gas- und Elektrizitätswerke im Konkurs von Abnehmerbetrieben oder in der Zwangsverwaltung von Betriebsgrundstücken die Weiterbelieferung von der Bezahlung der Rückstände als Masseschulden abhängig machen, um sich eine bevorzugte Stellung zu verschaffen (RGZ. Bd. 132 S. 273 [276]; vgl. auch RGUrt. vom 21. September 1923 VII 891/22 und vom 12. März 1928 VI 323,23, abgedr. in JW. 1928 S. 1206 Nr. 6). Die Gründe, mit denen das Kammergericht einen den guten Sitten widerstreitenden Mißbrauch der wirtschaftlichen Machtstellung durch die Klägerin verneint, können nicht gebilligt werden. Es stellt im wesentlichen darauf ab, daß sich die Klägerin durch den Abschluß ihres Vertrags mit der Firma J. im Jahre 1920 keines Mißbrauchs im bezeichneten Sinne und auch keiner sonstigen zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung schuldig gemacht habe. Ob die Ausführungen des Kammergerichts rechtlich durchweg haltbar sind, kann dahinstehen. Denn auch wenn der Vertrag vom Jahre 1920, durch den sich die Klägerin ein 30jähriges Lieferverhältnis mit der genannten Firma gesichert hat, in den bezeichneten Beziehungen rechtlich nicht zu beanstanden ist, kann doch in der Art, wie sich die Klägerin im Jahre 1926 beim Abschluß ihrer Verträge mit der Beklagten zu deren Lasten ihrer Schadensersatzpflicht gegenüber J. entledigt hat, ein nicht zu billigender Sittenverstoß erblickt werden. Nach der angeführten Rechtsprechung ist die Meinung des Kammergerichts nicht zu billigen,
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daß in solcher Abwälzung einer von Rechts wegen das Werk selbst treffenden rechtlichen Verpflichtung auf den Vertragsgegner nur dann ein Sittenverstoß liege, wenn das Werk nach der Art der Entstehung seiner Schadensersatzpflicht im Verhältnis zum Vertragsgegner gerade verpflichtet wäre, den Schaden selbst zu tragen. Eine derartige Einschränkung läßt sich nicht rechtfertigen. E s kommt vielmehr nur darauf an, ob es nicht dem rechtlichen und sittlichen Empfinden der Bevölkerung widerspricht, wenn das Werk, eben weil es den Wettbewerb mit anderen Lieferwerken nicht zu scheuen braucht, seine Vormachtstellung und die sich daraus ergebende Zwangslage einer Gemeinde dazu ausnützt, beim Abschlüsse eines Lieferungsvertrags mit dieser eine ihm und nicht der Gemeinde obliegende Schadensersatzpflicht auf diese abzuwälzen. Unter diesem Gesichtswinkel hat das Kammergericht den Sachverhalt noch nicht, jedenfalls nicht erschöpfend, geprüft. Diese Prüfung wird es nachzuholen und dabei folgendes zu berücksichtigen haben. Die Klägerin hat im Jahre 1920 mit Wirkung bis zum Jahre 1951 der Firma J . gegenüber die Versorgung von deren Dampfmühle und Kraftwerk einschließlich des Ortsnetzes der Beklagten mit dem dazu nötigen Strom übernommen. Infolge dieser gegenseitigen Bindung war die Firma J . verpflichtet, ihren gesamten Strombedarf von der Klägerin zu beziehen, und diese hatte sich andererseits verbindlich gemacht, im Stadtbezirk G . nur Großverbraucher mit einem bestimmten Mindestbedarf unmittelbar zu beliefern, während die Befriedigung des davon ausgenommenen Kleinbedarfs der anderweitigen Versorgung, in erster Linie also durch die Firma J . , vorbehalten blieb. Wenn nun auch die Klägerin, wie das Kammergericht annimmt, von dem im Jahre 1926 eintretenden Ablaufe des Liefervertrags der Firma J . mit der Stadt nichts gewußt hat und auch nicht ohne weiteres damit hat rechnen müssen, so liegt es doch in der Natur der Sache, daß eine anderweitige Versorgung der Stadtbewohner von G . im Bereich der Möglichkeit lag. Wenn dieser Fall eintrat, so hätte dies zur Folge gehabt, daß das Werk auch nicht mehr als mittelbarer Belieferer der städtischen Bevölkerung in Betracht kam, somit des Vorteils verlustig gehen konnte, den die Belieferung der Firma J. insoweit für das Werk mit sich brachte. Diese Möglichkeit lag um so näher, als zu jener Zeit, wie das Kammergericht selbst annimmt, die Errichtung eines eigenen städtischen Kraftwerks ernstlich erwogen wurde. Wenn demnach die Klägerin nicht sicher sein konnte, daß ihr die Vertragsabmachungen mit der Firma J . die dauernde mittelbare Strombelieferung des Stadtbezirks G . für die ganze Vertragszeit gewährleisteten, wenn sie aber trotzdem das Wettbewerbs-(Lieferungs-)verbot auf sich nahm, so läßt sich dies wohl nur damit erklären, daß ihr vornehmlich an der langfristigen Belieferung der Firma J. gelegen war und daß es ihren geschäftlichen Belangen entsprach, jene Beschränkung in den K a u f zu nehmen, wenn sie damit auch nur die langfristige Belieferung der Firma J . erreichte und aus einer selbst nur mittelbaren Belieferung der Stadt keinen Vorteil für sich zu ziehen vermochte. Demnach ist die Klägerin jene Bindung
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in ihrem eigenen Interesse eingegangen; sie wollte sich vor allen Dingen einen ihr günstig erscheinenden Liefervertrag mit J. sichern, den sie — wie angenommen werden muß — ohne diese Bedingung nicht erhalten hätte. Seit 1926 hat die Klägerin die unmittelbare Belieferung der Stadt mit Strom übernommen; damit wurde sie auf Grund jener Vertragsabmachungen der Firma J. gegenüber schadensersatzpflichtig. Es ist nun nicht zu rechtfertigen, daß sie, um die unmittelbare Belieferung der Stadt mit Strom auch zum Zweck der Versorgung der Kleinverbraucher zu ermöglichen, die ihr der Firma J. gegenüber obliegende Schadensersatzpflicht, die sie selbst von Rechts wegen zu erfüllen hatte, auf die Beklagte abbürdete. Nach Lage der Sache wird die Beklagte auf diese sie selbst und den städtischen Kleinverbrauch belastende Vertragsbedingung nur unter dem Drucke der Verhältnisse eingegangen sein, der die Beklagte gezwungen hätte, ohne Rücksicht auf die gemeindlichen Belange entweder das Vertragsverhältnis mit der Firma J. fortzusetzen oder aber vielleicht unwirtschaftliche Einrichtungen für eine eigene selbständige Stromversorgung der Bürgerschaft zu treffen, wenn sich keine unmittelbare Belieferung durch das Werk ermöglichen ließ. Wenn der Monopolinhaber eine derartige Zwangslage seines Vertragsgegners dazu ausnützt, die ihn treffenden nachteiligen Folgen einer Vertragsbindung, die er zu seinem eigenen Nutzen eingegangen ist, auf den Vertragsgegner abzuwälzen, so kann dieses Verhalten im Hinblick auf die Rechtsanschauungen und das sittliche Empfinden des billig und gerecht denkenden Teils unseres Volkes nicht als zulässig erachtet werden. Die Klägerin hat das Wagnis des künftigen Wegfalls der mittelbaren Belieferung der Beklagten von Anfang an in den Kauf genommen. Nunmehr entledigte sie sich der nachteiligen Folgen des mit J. vereinbarten Wettbewcrbs(Lieferungs-)verbotes zum Schaden der Beklagten; zugleich erlangte sie aber den Vorteil der unmittelbaren Belieferung der städtischen Kleinverbraucher und damit einen gewissen Ausgleich jener nachteiligen Folgen, ohne ihre Vertragsrechte im übrigen einzubüßen. Diese Handlungsweise der Klägerin kann allerdings nur im Zusammenhang mit den Vorgängen des Jahres 1920 gewürdigt werden. Wenn auch die Art, wie sie sich damals langfristig an die Firma J. gebunden und sich durch diese Bindung die mittelbare Befriedigung des städtischen Kleinverbrauchs auf lange Zeit gesichert hat, für sich allein betrachtet einen Sittenverstoß nicht enthalten mag, so gewinnt doch ihr Verhalten im Jahre 1926 der Beklagten gegenüber durch jene Vorgänge ein eigenes Gepräge. Nach der Annahme des Berufungsrichters muß sich die Klägerin, wenn sie sich auch um das Vertragsverhältnis der Firma J. mit der Stadt vielleicht nicht gerade geflissentlich nicht gekümmert hat, der Möglichkeit bewußt gewesen sein, der Liefervertrag zwischen J. und der Stadt werde demnächst ablaufen. Ja, sie hat den langfristigen Vertrag mit J. — wie das Kammergericht ausdrücklich feststellt — abgeschlossen, um „die Stadt in ihre Hand zu bekommen"; dies kann nichts anderes besagen, als: um sie zu zwingen, ihren Strom auch weiterhin auf lange Zeit von J. und damit mittelbar von ihr (der Klägerin) Zivils. Allgem.
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zu beziehen. Ihr damaliges Verhalten kann demnach nur so erklärt werden, daß sie sich von dem Bestreben leiten ließ, eben vermöge ihrer Machtstellung und vermöge der sich daraus ergebenden Zwangslage der Stadt mindestens bei der späteren Gestaltung der Dinge einen Druck auf die Stadtverwaltung auszuüben und daraus für sich Vorteile zu erzielen. Der Revision ist darin beizutreten, daß es der Klägerin, nachdem sie unter den von ihr selbst geschaffenen Voraussetzungen die Vertragslage zum Nachteil der Beklagten gestaltet hatte, nach den Grundsätzen der Billigkeit und Redlichkeit nicht gestattet sein konnte, beim Fortbestehen der Zwangslage, welche die wirtschaftliche Vorzugsstellung des Werkes für die Beklagte begründete, die nachteiligen Folgen jener Vertragsabreden auf die Stadt abzubürden. Eine derartige Handlungsweise ist sittenwidrig; denn es ist nach den im Verkehr herrschenden Begriffen von Anstand und Redlichkeit nicht zu billigen, daß das Werk, durch Wettbewerb unbehindert, unter solchen Umständen seine eigenen Belange ins Auge gefaßt und zu wahren unternommen hat ohne Rücksicht darauf, daß es der Stadt und den städtischen Kleinverbrauchern damit eine ungewöhnliche und — wie in der Revisionsinstanz unterstellt werden muß — die Beklagte oder ihre Gemeindeangehörigen unverhältnismäßig schwer belastende und deshalb imbillige Vertragsbedingimg aufnötigte und so dem Verkehr besondere Fesseln auferlegte. Dies ist unter dem bezeichneten Gesichtswinkel um so weniger gutzuheißen, als die Stromlieferung der Befriedigung eines allgemein als lebenswichtig anerkannten Bedürfnisses dient. Das angefochtene Urteil kann auch nicht mit der Erwägung des Berufungsrichters gehalten werden, daß jedenfalls der innere Tatbestand des Machtmißbrauchs nicht vorliege, weil die Klägerin nur das Bestreben gehabt habe, sich durch den Vertragsabschluß mit J. (1920) eine wirtschaftliche Vormachtstellung zu verschaffen, und weil die Verfolgung dieses Zwecks für sich allein nicht sittenwidrig sei. Denn für die Frage, ob die Klägerin die Tatbestände gekannt hat, welche die Sittenwidrigkeit der Abmachung vom Mai 1926 begründen, kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen der Klägerin und J. im Jahre 1920, sondern auf den des Vertragsabschlusses zwischen den Parteien im Jahre 1926 an. Schon aus diesen Gründen muß das Berufungsurteil aufgehoben werden, ohne daß es von Belang wäre, ob auch in sonstigen Beziehungen die Revisionsangriffe als begründet anerkannt werden müßten. Das Berufungsgericht wird den Sachverhalt unter den hervorgehobenen Gesichtspunkten nochmals tatsächlich und rechtlich würdigen müssen, insbesondere nach der Richtung, ob die als bestehend vorausgesetzte tatsächliche Machtstellung der Klägerin zur Zeit der Abmachungen im Jahre 1926 wirklich bestanden hat und in welchem Ausmaße sich der Fortbestand der lästigen Vertragsabrede vom 31. Mai 1926 wirtschaftlich, namentlich mit Bezug auf den städtischen Kleinverbrauch, auswirken müßte. Dabei wird unter Umständen auch nicht unberücksichtigt bleiben können, daß die Sitten-
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Widrigkeit dieser Abmachungen in einem besonderen Lichte erscheinen müßte, wenn sich die Darstellung der Beklagten bestätigen sollte, daß schon im Jahre 1920 das Werk durch Bedingungen, die ihm bei der Betriebsgenehmigung auferlegt waren, oder durch vertragliche Abmachungen, die unmittelbare Bezugsrechte der Gemeinde begründeten (§§ 328 flg. BGB.), gehalten war, sich Beschränkungen nicht zu unterwerfen, die der vertraglichen Lieferungsmöglichkeit abträglich waren. In dieser Beziehung hatte die Beklagte bestimmte Tatsachen behauptet, die bisher nicht gewürdigt sind. RGZ. 143, 4® 1. Wie unterscheiden sich der Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB. und der des § 826 das., insbesondere bei kredittäuschenden Sicherungsübereignungs-Verträgen ? 2. In w e l c h e m U m f a n g hat der Sicherungsnehmer bei Verträgen der zu 1 genannten Art geschädigten Dritten Schadensersatz zu leisten ? 3. M u ß der Sicherungsnehmer Schritte tun, u m den Sicherungsübereignungsvertrag bekannt werden zu lassen, w e n n er sich zwar zur Zeit des Abschlusses des Vertrags dessen kredittäuschender Wirkung nicht bewußt g e w e s e n ist, aber nachträglich diese Wirkung erkannt hat ? 4. Kann der Sicherungsnehmer, d e m über die Kreditwürdigkeit des Sicherungsgebers getäuschten Gläubiger den E i n w a n d des mitwirkenden eigenen Verschuldens entgegenhalten ? BGB. § 138 Abs. 1, §§ 249, 251, 254, 826. VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 21. Dezember 1933.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". R G Z / 1 4 3 , 429 Zur Frage der Anfechtung von Willenserklärungen w e g e n Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften juristischer Personen. BGB. § 119 Abs. 2. II. Zivilsenat.
Urt. v. 23. Februar 1934.
I. Landgericht Plauen i. V.
II. Oberlandesgericht Dresden.
Die ursprünglich klagende Firma — im folgenden Firma genannt —, deren Alleininhafcer damals der im Laufe des Jahres 1930 während des zweiten Rechtszugs verstorbene und von den jetzigen Klägern beerbte Johannes D. war, hat am 24. Juli 1929 f ü r ein Jahr vom 1. August 1929 an n«
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einen Unter-Händler-Vertrag mit der Beklagten abgeschlossen, wodurch ihr der ausschließliche Verkauf von neuen Oakland-Personenwagen, -Lastwagen und -Chassis der General Motors Gesellschaft mbH. in BerlinBorsigwalde für den Bezirk M. übertragen worden ist. In diesem Vertrag ist dem Unter-Händler u. a. die Verpflichtung auferlegt, wenigstens einen Vorführungswagen des letzten Modells ständig auf Lager zu halten. Die Firma hat gleichzeitig von der Beklagten einen neuen Wagen Oakland Sedan Modell 1929 gekauft zum reinen Preis von 6280 RM., zahlbar am 1. August 1929 in bar 2000 RM., der Rest von 4280 RM. in einem Wechsel auf 30. Oktober 1929. Die Zahlungsbedingungen, sowie ein Eigentumsvorbehalt dafür stehen auch unter Nr. 13 „Zahlungsbedingungen" in dem „Unter-Händler-Vertrag". Der Wagen ist geliefert, angenommen und bezahlt. Mit Brief ihres Anwalts vom 19. August 1929 hat die Firma die Verträge wegen arglistiger Täuschung bei der im Zusammenhang mit dem Unter-Händler-Vertrage erfolgten Lieferung und wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften des Vertragsgegners angefochten und alsbald klagend aus mehrfachen Rechtsgründen die Rückzahlung des bar gezahlten Kaufpreises von 2000 RM. nebst Zinsen, ferner Befreiung von der Wechselverbindlichkeit aus dem Akzept über 4280 RM. verlangt. Auch hat sie die Feststellung beantragt, daß sie der Beklagten gegenüber aus dem am 24. Juli 1929 abgeschlossenen Unter-Händler-Vertrag nicht verpflichtet sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht sie abgewiesen, auch die Kläger zur Erstattung der inzwischen beigetriebenen Streitsumme verurteilt. Dieses Urteil ist auf Revision der Kläger vom jetzt erkennenden Senat mit Urteil vom 27. Mai 1932 II 465 31 aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Dieses hat durch Urteil vom 24. Oktober 1933 zur Sache selbst wie zuvor erkannt. Die neuerliche Revision der Kläger führte wiederum zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Im ersten Revisionsurteil ist ausgeführt: Vertreterverträge könnten wegen des ihnen im Zweifel innewohnenden Vertrauensmoments unter Umständen anfechtbar sein, wenn die gewissenhafte Vertragserfüllung in besonderem Maße von persönlicher Zuverlässigkeit abhängig sei; im Streitfall sei aber zu berücksichtigen, daß das Erfordernis persönlicher Vertrauenswürdigkeit gemäß dem Inhalt des Vertrags vorwiegend die Firma betroffen habe. Im Anschluß hieran erwägt der Berufungsrichter: Die Beklagte sei eine Gesellschaft mbH., ihrerseits wieder gebunden an die General Motors Gesellschaft mbH. Das Vorbringen der Firma sei gegen den Geschäftsführer Karl G. gerichtet; der Geschäftsführer sei aber nicht mit der Gesellschaft personengleich. Liege gegen ihn etwas vor, so habe das nicht die gleiche Bedeutung wie etwa bei einem Einzelkaufmann. Nach der hervorgehobenen Ausführung des Reichsgerichts genüge deshalb das Vorbringen
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gegen die Person G.s nicht, um eine Anfechtung des Vertrags zu rechtfertigen. Die Begründung des Berufungsrichters für die Nichtbeachtung dieses Vorbringens ist schon deswegen unzureichend, weil das in seiner eigenen Anführung aus dem Revisionsurteil enthaltene Wort „vorwiegend" übergangen ist, das Raum auch für die Berücksichtigung der Vertrauenswürdigkeit das zwischen dem Unter-Händler und der Lieferantin General Motors Gesellschaft mbH. stehenden Händlers gelassen hat. In ihrer allgemeinen Fassung ist die Ausführung unhaltbar, daß die beim Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. vorliegenden Tatsachen für die Frage der Anfechtung eines Vertrags mit der Gesellschaft mbH. unerheblich seien. Freilich sind die Gesellschaft mbH. und ihr Geschäftsführer verschiedene Rechtssubjekte. Außerdem trifft es nach dem Vortrag der Kläger aus den Handelsregisterakten nicht einmal zu, daß Karl G., gegen den die Beanstandimg der Kläger sich richtet, registermäßig der Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. ist. Vielmehr wäre das dessen Sohn Werner G., der, in diesem Rechtsstreit auf Benennung der Beklagten prozeßordnungswidrig als Zeuge vernommen, das bestätigt hat. Karl G . dagegen wäre der Hauptgesellschafter und „Vertreter", der tatsächlich hinter dem vorgeschobenen Sohn die Geschäfte führt, also in Vollmacht des im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführers oder aber als Geschäftsführer für die Gesellschaft handelt, ohne — entgegen der gesetzlichen Vorschrift (§ 39 GmbHG.) — zur Eintragung im Handelsregister angemeldet zu sein. Die Gesellschaft mbH., die natürliche Handlungsfähigkeit nicht besitzt und nur durch ihre Organe zu handeln vermag, muß für das in ihrem Namen vorgenommene rechtsgeschäftliche Handeln ihrer satzungsmäßigen Vertreter nach § 36 GmbHG., für deren schadenstiftendes Handeln innerhalb ihrer Verrichtungen nach § 31 B G B . und für das Handeln ihrer gewillkürten sonstigen Vertreter nach §§ 164, 831 BGB. einstehen. Sie muß sich daher gefallen lassen, daß ihre Vertrauenswürdigkeit nach Maßgabe dieses mittelbaren Handelns und nach der Persönlichkeit der zum Handeln für sie berufenen Personen beurteilt wird. Sie kann die Organe für ihr Handeln wechseln, aber solange sie das nicht tut und gerade dann, wenn, wie hier, der zum Handeln Berufene zugleich als Gesellschafter im Innern das Tim und Lassen der Gesellschaft nach Maßgabe der §§ 45 flg. G m b H G . beherrscht, sind für das zu erwartende Handeln die Eigenschaften des Berufenen als für sie maßgebend und kennzeichnend anzusehen. Bei einer Familien-Gesellschaft mbH. — hier nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Kläger Vater und Sohn, wovon ersterer die Geschäftsführung bestimmt — bildet die Gesellschaft mbH. nur die Rechtsform, unter welcher der geschäftliche Betrieb geführt wird. Dann läßt sich, wie z. B. auch im Aufwertungsrecht (vgl. RGZ. Bd. 130 S. 340 [343]), die Gleichstellung der Gesellschaft mit der vor und hinter ihr stehenden natürlichen Person im praktischen Leben bis zu einem gewissen Umfang nicht vermeiden. Das tritt auch im vorliegenden Fall dadurch in Erscheinung, daß gerade Karl G . in einem Gesuch an das Gericht um Beschleunigung des Rechtsstreits von seiner Exi-
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Stenz, die vernichtet würde, und von seinen Gläubigern spricht, die seinen Vertröstungen nicht mehr glauben würden, wenn er die Gelder aus dem Prozeß nicht wieder freibekomme. (Es folgen Ausführungen zu den Klagbehauptungen über die geschäftliche Unzuverlässigkeit der Beklagten.) Alles, was über Karl G. und die Beklagte angeführt ist, mit Ausnahme des Handelns gerade gegenüber der Firma selbst, stellt auch einen Sachverhalt dar, der nach den in dem früheren Revisionsurteil unter Bezugnahme auf RGZ. Bd. 62 S. 282, Bd. 90 S. 342, Bd. 102 S. 225, Bd. 107 S. 212 ausgesprochenen Rechtsgrundsätzen bei der Entscheidung über die Frage der Anfechtbarkeit einer Vertragswillenserklärung nach § 119 Abs. 2 BGB. wegen persönlicher Unzuverlässigkeit berücksichtigt werden kann. Denn der Irrtum würde sich bei Zutreffen der vorgebrachten Tatsachen und Anerkennung ihrer Eignimg, die Unzuverlässigkeit der Beklagten zu beweisen, nicht erst durch die mangelhafte Erfüllungsleistung gegenüber der Firma herausstellen, sondern er wäre als sonst begründet dargetan. Durch die der Klägerin widerfahrene Erfiillungsleistung wäre nur ein weiteres Mal die vorhandene Unzuverlässigkeit kund geworden. R G Z . 144, 289 1. Ist eine Willenserklärung dem Empfanger zugegangen, wenn sie entsprechend seinem Antrag bei dem Bestellpostamt am Schalter für postlagernde Sendungen zur Abholung bereit gelegt wird ? 2. Ändert es etwas, wenn die Sendung innerhalb der Lagerfrist nicht abgeholt und deshalb an den Absender zurückgesandt wird ?
BGB. § 130. IV. Zivilsenat. Urt. v. 3. Mai 1934.
I. Landgericht Lübeck.
II. Oberlandesgericht Hamburg.
Die Beklagte hat durch Vertrag vom 2. März 1926 dem Kläger auf zehn Jahre eine Wohnung in L. vermietet. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1931 hat der Kläger das Mietverhälmis gekündigt. Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigimg der Beklagten zugegangen sei und ob sich, wenn dies etwa nicht der Fall sei, die Beklagte so behandeln lassen müsse, als ob die Erklärung ihr rechtzeitig zugegangen sei. Der Kläger beantragt mit der Klage Feststellung, daß infolge seiner Kündigung das Mietverhältnis beendigt sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hatte das Oberlandesgericht zunächst der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der erkennende Senat (Urteil vom 18. Mai 1933 IV 51/33) dieses Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Nunmehr hat das Berufimgsgericht die Entscheidung von einem richterlichen Eide für die Beklagte abhängig gemacht. Auf die Revision des Klägers wurde seinem Feststellungsantrag stattgegeben.
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Gründe: Zu der Einwendung der Beklagten, die Kündigung sei unwirksam, weil ihr das Kündigungsschreiben nicht zugegangen sei, hat die erneute Verhandlung folgenden Sachverhalt ergeben: Der Kläger hat den Kündigungsbrief vom 30. Dezember 1931 an diesem Tage an die letzte ihm bekannte Anschrift der Beklagten nach B. gesandt, wo die Beklagte ihren letzten festen Wohnsitz gehabt hatte. Von dort ist der Brief — entsprechend der von der Beklagten bei ihrem Bestellpostamt in B. abgegebenen Nachsendeerklärung — nach L. (postlagernd) weitergesandt worden, dort am 31. Dezember 1931 eingetroffen und zur Abholung bereitgestellt worden. In L. hatte die Beklagte inzwischen, am 12. Dezember 1931, einen weiteren Nachsendeantrag auf einem Vordruck der Postverwaltung abgegeben, laut dessen die in L. eingehenden Postsendungen ihr nach H. postlagernd nachgesandt werden sollten, und zwar „bis auf weiteres". Der Vordruck zu der von der Beklagten abgegebenen Nachsendeerklärung enthält folgende (auf Abschnitt V 1 der Allgemeinen Dienstanweisung für Post und Telegraphie beruhende) Fußnote 1: „Der Antrag erlischt für die Nachsendung im Inland nach 14 Tagen . . . und ist nötigenfalls vorher zu erneuern." Dementsprechend wurde der nach Ablauf der Frist von 14 Tagen seit der zweiten Nachsendeerklärung bei dem Postamt in L. eingetroffene Kündigungsbrief nicht mehr nach H. nachgesandt, sondern blieb am Schalter für postlagernde Briefe in L. 14 Tage zur Abholung liegen; dann wurde er, da er nicht abgefordert worden war, an den Absender zurückgesandt. Es fragt sich, ob der Brief unter diesen Umständen als der Beklagten zugegangen angesehen werden kann. Dazu ist, wie sich aus § 130 BGB. ergibt, nicht nötig, daß die Beklagte ihn zur Kenntnis genommen hat, sondern es genügt, daß er derart in ihren Machtbereich gelangt ist, daß sie ohne weiteres Kenntnis davon nehmen konnte. Der erkennende Senat hatte in seiner früheren Entscheidung zu dieser Frage ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob der Brief schon mit der Niederlegung an der Ausgabestelle in L. für postlagernde Sendungen als zugegangen gelten könne; denn nach den damals vorliegenden Feststellungen habe es, als der Brief in L. eingegangen sei, nicht mehr der Bestimmung der Beklagten entsprochen, daß der Brief dort lagerte; vielmehr habe die Beklagte angeordnet gehabt, daß die eingehenden Sendungen ihr nach H. gesandt werden sollten. Wenn auch dieser Auftrag gemäß den Bestimmungen der Post erloschen gewesen sei, so ändere das nichts daran, daß das Postamt in L. nach dem erklärten Willen der Beklagten als Mittelsperson für sie nicht mehr in Betracht gekommen sei. An die in diesen Sätzen ausgedrückte Rechtsauffassung hat sich das Berufungsgericht für gebunden erachtet. Es hat dabei aber übersehen, daß diese Bindung nur für den Fall bestand und besteht, daß die Feststellungen unverändert geblieben sind. Hier haben sich aber die Feststellungen, von denen das Reichsgericht in jener Entscheidung ausge-
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gangen ist, in einem entscheidenden Punkt gewandelt. Damals lag nur die Auskunft des Postamts in L . vor. Danach hat das Oberlandesgericht in seinem ersten Urteil angenommen, und diesen Standpunkt hatte der erkennende Senat zugrundezulegen, daß der Antrag auf Nachsendung von L . nach H. an sich ohne zeitliche Beschränkung gestellt worden sei, und daß lediglich infolge der — außerhalb der Nachsendeerklärung selbst liegenden und der Beklagten unbekannten — innerdienstlichen Vorschriften der Postverwaltung dieser Antrag für den hier in Frage kommenden Brief nicht mehr befolgt worden sei. In der erneuten Verhandlung hat sich aber herausgestellt, daß die von der Beklagten abgegebene Nachsendeerklärung selbst die Beschränkung des Antrags auf zwei Wochen enthielt. Nach Ablauf dieser zwei Wochen verlor die Erklärung ihre Wirkung, und es trat wieder der bis zu der Erklärung bestehende Zustand ein, daß das Postamt in L . kraft des von der Beklagten in B. erteilten Auftrags die für sie eingehenden Postsachen am Schalter für postlagernde Briefe zur Abholung für sie bereitzuhalten hatte. Das Postamt in L . war also nach dem erklärten Willen der Beklagten (entgegen den Feststellungen des ersten Berufungsurteils) erneut die Stelle, welche die für die Beklagte eingehenden Sendungen für diese entgegenzunehmen und bereitzuhalten hatte; das Lagern der Sendungen in L . entsprach dem Inhalt der von ihr selbst abgegebenen Erklärung. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß sie geglaubt habe, mit der in L . abgegebenen zweiten Nachsendeerklärung dem dortigen Postamt die Befugnis, Sendungen für sie entgegenzunehmen und zu lagern, nicht nur für zwei Wochen, sondern auf die Dauer entzogen zu haben; sie muß vielmehr diese ihre Willenserklärung so, wie sie lautet, gegen sich gelten lassen. Hiernach bedarf es der Entscheidung der von dem Reichsgericht in seinem früheren Urteil offengelassenen Frage, ob der Brief schon mit dem Eingang bei der Ausgabestelle des Postamts L . für postlagernde Sendungen als der Beklagten zugegangen zu gelten hat. Die Frage ist zu bejahen. Wann eine gegenüber einer anderen Person in deren Abwesenheit abzugebende Willenserklärung, insbesondere eine briefliche Erklärung, als zugegangen gilt, entscheidet sich, wie das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen hat, auf Grund des § 130 B G B . danach, in welchem Zeitpunkt der Empfänger nach den von ihm selbst zur Empfangnahme derartiger Erklärungen im allgemeinen getroffenen Einrichtungen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung in den Stand gesetzt worden ist, von ihnen Kenntnis zu nehmen. In Anwendung dieses Grundsatzes hat das Reichsgericht entschieden, daß bei Personen, die kraft einer Vereinbarung mit dem Bestellpostamt ihre Postsachen beim Postamt an einem Schließfach abholen, der die Willenserklärung enthaltende Brief als an dem Tage zugegangen gilt, an dem er in das Abholfach einsortiert, d. h. zum Abholen bereitgelegt worden ist, sofern nach der Verkehrsauffassung mit der Abholung an diesem Tage zu rechnen ist (vgl. RGZ. Bd. 142 S. 402 [406]; RGRKomm., 8. Aufl., Anm. 1 zu § 130 B G B . ; P l a n c k B G B . , 4. Aufl.,
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Anm. l b zu § 130; S t a u d i n g e r BGB., 9. Aufl., Anm. 3 zu § 130). Dasselbe muß bei postlagernden Sendungen gelten, wenn, wie hier, der Empfänger selbst dem Postamt gegenüber die Anordnung gegeben hat, daß die für ihn eingehenden Sendungen bis zur Abholung durch ihn bei der Post lagern sollen. Hiernach ist also der Kündigungsbrief vom 30. Dezember 1931 als bereits am 31. Dezember 1931 oder spätestens am 2. Januar 1932 der Beklagten zugegangen anzusehen. Daß sie die ihr auf diese Weise verschaffte Möglichkeit, von dem Inhalt des Briefes Kenntnis zu nehmen, nicht benutzt hat, ändert nichts daran, daß die Erklärung wirksam geworden ist. Denn nach § 130 BGB. kommt es, wie schon gesagt, nur auf den „Zugang" der Willenserklärung an den Empfänger, nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme an. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Brief in den Briefkasten der Wohnung der Beklagten eingeworfen worden und dann, ohne daß die Empfängerin ihn zur Kenntnis genommen hätte, verlorengegangen wäre. . . . Die Kündigung ist, ohne daß es weiterer Feststellungen bedürfte, als der Beklagten rechtzeitig und in rechter Form zugegangen anzusehen. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Endentscheidung nach dem Klagantrag. R G Z . 146, 116 1. Z u m Begriff des dauernden Dienstverhältnisses mit festen Bezügen. 2. Ist die Regel des § 139 BGB. anwendbar, wenn sich ein Wettbewerbsverbot als Teil eines Dienstvertrags auf Grund von Schutzvorschriften zu Gunsten des Dienstverpflichteten als nichtig erweist ? BGB. §§ 138, 139, 627. HGB. §§74 flg. I I I . Zivilsenat.
Urt. v. 11. Dezember 1934.
I. Landgericht Bonn.
II. Oberlandesgericht Köln.
Der Kläger stellte durch Vertrag vom 28. November 1930 zunächst auf ein Jahr der Beklagten gegen feste Vergütung und prozentuale Beteiligung an der Ersparnis seine Dienste für eine Reorganisation ihrer Betriebe zur Verfügung. Dem Abkommen war ein Wettbewerbsverbot beigefügt. Am 7. Oktober 1931 wurde das Abkommen unter veränderten geldlichen Bedingungen zunächst auf ein Jahr und am 4. März 1932 nochmals auf zwei Jahre verlängert mit Aussicht auf weitere Verlängerung. In einem Zusatz vom 8. und 16. März 1932 wurde diese Vereinbarung durch eine Abmachung über Verbesserungen und Erfindungen des Klägers und Fortgeltung des Wettbewerbsverbots ergänzt. Am 14. Oktober 1933 hat die Beklagte dem Kläger fristlos gekündigt.
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Der Kläger begehrt mit der Klage sein Gehalt bis zum 1. April 1934 und Feststellung, daß das Wettbewerbsverbot nichtig sei. Die Beklagte tritt dem entgegen; sie sieht in dem Mißerfolg bei Umgestaltung eines ihrer Werke infolge der Untätigkeit und Unfähigkeit des Klägers einen wichtigen Grund zur fristlosen Entlassung. Das Landgericht hat durch Teilurteil der Klage auf Fortzahlung des Gehalts stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hiergegen hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Ihre Revision blieb ohne Erfolg. Gründe: Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, daß es sich bei dem streitigen Rechtsverhältnis der Parteien um einen Dienstvertrag handle, der die Leistung von Diensten höherer Art zum Gegenstand habe, unterliegt keinem Bedenken. Dienste höherer Art im Sinne des § 627 BGB. liegen allerdings nicht, wie das Berufungsgericht meint, deshalb vor, weil der Kläger bei der Beklagten eine bevorzugte Vertrauensstellung innegehabt hat, sondern deshalb, weil Dienste, wie sie der Kläger der Beklagten leistete, allgemein nur kraft besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (RGZ. Bd. 82 S. 285). Die Rechtsansicht, daß es sich um solche Dienste höherer Art handle, wird auch von der Revision so wenig angegriffen wie die weiteren Ausführungen des Berufungsurteils, daß dieses Dienstverhältnis ein dauerndes und ein solches mit festen Bezügen sei und deshalb nicht der fristlosen Kündigung nach § 627 BGB. unterliege. Feste Bezüge hat der Kläger vom Beginn seiner Tätigkeit in einem Umfange bezogen, daß sie die Grundlage seines wirtschaftlichen Daseins bilden konnten. Daß er daneben noch weitere, in ihrem Betrage schwankende Bezüge hatte — in Gestalt anfangs eines Hundertsatzes der von ihm erzielten Ersparnis und zuletzt einer sog. Umsatzgratifikation — ändert nichts an der Tatsache, daß im Vertrage auch feste Bezüge vorgesehen sind und damit die eine Voraussetzung gegeben ist, an die das Gesetz den Ausschluß der fristlosen Kündigung aus § 627 BGB. knüpft. Aber auch die weitere Voraussetzung, das Bestehen eines dauernden Dienstverhältnisses, ist vom Berufungsgericht rechtlich bedenkenfrei als vorliegend erachtet. Eine mehrjährige Dauer kann vertraglichen Beziehungen die Eigenschaft eines dauernden im Gegensatz zum nur vorübergehenden Dienstverhältnis auch dann geben, wenn diese Dauer nicht von vornherein in Aussicht genommen, sondern erst das Ergebnis späterer Entwicklung der Vertragsbeziehungen gewesen ist. Ob danach der Charakter eines Dauerverhältnisses im Einzelfall zu bejahen ist, ist Tatfrage und vom Berufungsgericht hier maßgebend festgestellt. Das Dienstverhältnis unterlag danach einer fristlosen Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 626 BGB.). . . . (Es wird ausgeführt, daß ein wichtiger Kündigungsgrund vom Tatrichter rechtsirrtumsfrei verneint worden ist. Dann wird fortgefahren:) Somit bleibt lediglich zu prüfen, ob der Rechtsansicht des Berufungsgerichts beizutreten ist, daß die Rechts wirksamkeit des gemäß dem Schreiben
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der Beklagten vom 4. März 1932 erneuerten Dienstvertrags, auf den der Kläger seine hier streitigen Ansprüche stützt, durch eine etwaige Nichtigkeit des im Zusatzabkommen vom 8. März 1932 erwähnten Wettbewerbsverbots nicht in Frage gestellt werden könne. Das Berufungsgericht unterstellt, daß das im Schreiben vom 8. März 1932 in Bezug genommene, inhaltlich bereits im Vertrag vom 28. November 1930 enthaltene Wettbewerbsverbot wegen Sittenverstoßes nichtig sei. Es hält aber dafür, daß diese Nichtigkeit entgegen der Regel des § 139 BGB. den übrigen Inhalt des Vertrags nicht ergreife. Hiergegen richten sich die Angriffe der Revision. Sie sind jedoch nur zum Teil begründet und auch insoweit nicht geeignet, der Revision zum Erfolge zu verhelfen. Es trifft zwar zu, daß das Berufungsgericht den Grundsatz des § 139 BGB. verkennt, wenn es erwägt, daß die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots den Vertrag in seinem Bestand gelassen und dazu nur ein anderes, gültiges Wettbewerbsverbot vereinbart haben würden. Nicht hierauf stellt das Gesetz die Entscheidung der Frage ab, ob der übrige Vertrag trotz Nichtigkeit des das Wettbewerbsverbot enthaltenden Teils gültig bleibt, sondern darauf, ob der Restvertrag auch ohne das nichtige Wettbewerbsverbot von den Parteien abgeschlossen sein würde. Eine solche Feststellung läßt das Berufungsurteil vermissen. Diese rechtlich unzutreffende Überlegung ist jedoch lediglich eine Hilfserwägung des Berufungsgerichts, auf der das Urteil nicht beruht. . . . (Es folgt die Erörterung einer weiteren, gleichfalls nur eine Hilfserwägung betreffenden Revisionsrüge. Dann wird fortgefahren:) Der das Berufungsurteil tragende Grund für die Entscheidung, daß eine etwaige Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots auf den übrigen Dienstvertrag, auf den der Kläger seine Ansprüche stützt, überhaupt nicht übergreife, liegt in der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, daß § 139 BGB. hier gar nicht oder doch nur mit Umkehrung seiner Vermutung anwendbar sei. Von diesem Rechtsstandpunkt aus bestand für das Berufungsgericht kein Anlaß zu der von der Revision vermißten Feststellung, daß die Ausnahme des § 139 hier zuträfe und der Vertrag auch ohne das nichtige Wettbewerbsverbot geschlossen worden wäre. Das Berufungsgericht verweist zur Begründung seiner Ansicht auf das Erläuterungsbuch von S t a u b zum HGB., das (Anm. 16 zu § 74 mit Anm. 2 im Anhang zu § 62) der Meinung Ausdruck gibt, daß sich die Vermutung des § 139 BGB. für den Fall der Nichtigkeit von Vertragsabreden auf Grund von Schutzvorschriften zugunsten der Handlungsgehilfen, insbesondere für den Fall der Nichtigkeit eines Wettbewerbsverbots, umkehren müsse. Denn es könne nicht Zweck der zugunsten der Handlungsgehilfen gegebenen Schutzvorschrift sein, durch eine der Regel des § 139 BGB. entsprechende Nichtigkeit auch des übrigen Dienstvertrags die Stellung des Handlungsgehilfen hinsichtlich der Fortdauer seines Dienstverhältnisses und seiner Gehaltsansprüche unsicherer zu machen statt sie zu befestigen. Der Meinung, daß der § 139 BGB. unanwendbar sei im Fall der Nichtigkeit eines Wettbewerbs Verbots
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auf Grund der zugunsten der Handlungsgehilfen in den §§ 74 flg. HGB. gegebenen Schutzvorschriften wie auch auf Grund von Vorschriften allgemeiner Natur, wie der des § 138 BGB., wenn diese als Schutzvorschriften zugunsten eines Dienstverpflichteten wirken, ist unbedenklich beizupflichten. Es würde in der Tat dem gesunden Rechtsempfinden widersprechen und den sozialen Zweck des Gesetzes in solchen Fällen in sein Gegenteil verkehren, wollte man die Nichtigkeit solcher Verbote regelmäßig das gesamte übrige Dienstverhältnis ergreifen lassen und damit den zu schützenden Dienstverpflichteten hinsichtlich der Fortdauer seines Dienstverhältnisses und seiner Vergütungsansprüche trotz Wegfalls der Fesseln des Wettbewerbsverbots im Endergebnis praktisch in aller Regel schlechter stellen. Diese Meinung wird denn auch im übrigen Schrifttum überwiegend vertreten. Sie liegt auch dem § 8 des Entwurfs eines Allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes von 1923 (28. Sonderheft zum Reichsarbeitsblatt, 2. Stück) zugrunde. Die Entscheidung des erkennenden Senats in RGZ. Bd. 74 S. 332, die bei S t a u b für die Gegenmeinung angezogen wird, steht nicht entgegen. Dort handelte es sich um die Frage, ob die Nichtigkeit einer als sittenwidrig anzusehenden ehrenwörtlichen Verpflichtung die ganze übrige Wettbewerbsabrede, insbesondere das vereinbarte Strafversprechen, ergreife. Das Vertragsverhältnis der Parteien, soweit es nicht das Wettbewerbsverbot betrifft, ist danach vom Berufungsgericht mit Recht als rechtswirksam und fortbestehend angesehen. R G Z . 146, 234 W i e wirkt bei einem einheitlichen (einfachen) Rechtsgeschäft und w i e bei einem zusammengesetzten Rechtsgeschäft die auf einen T e i l des Geschäfts beschränkte A n f e c h t u n g w e g e n eines Willensmangels ?
BGB. §§ 139, 142, 143. V.Zivilsenat.
Urt. v. 19. Dezember 1934.
I. Landgericht Altona.
II. Oberlandesgericht Kiel.
Durch notariell beurkundeten Vertrag verkaufte der Landwirt St. seinen Hof sowie seine 2 1 / 3 Anteile an einem sog. Interessentenforst für 82000 RM. an den Beklagten. Der Hof wurde aufgelassen, auf den Beklagten im Grundbuch umgeschrieben und von ihm in Trennstücken weiter veräußert. Dagegen unterblieb bislang die Übereignung der verkauften Forstanteile. Aus abgetretenem Recht des Verkäufers verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Zahlung eines Teils des bar zu entrichtenden Kaufpreises in Höhe von 11000 RM. Der Beklagte beruft sich darauf, daß er den Kauf, soweit er die Anteile betreffe, wegen arglistiger Täuschung über die Beschaffenheit des Interessentenforstes gegenüber dem Verkäufer angefochten
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habe. Die Klägerin bestreitet, daß der Beklagte vom Verkäufer arglistig getäuscht worden sei. Zudem hält sie die Anfechtung wegen deren Beschränkung auf einen Teil des Kaufgegenstandes für unwirksam. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Seine Revision führte zur Aufhebung des zweiten Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufimgsgericht. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht hat, ohne in eine Prüfung des Anfechtungsgrundes einzutreten, sein dem Klagantrag entsprechendes Urteil damit begründet, daß die vom Beklagten abgegebene Anfechtungserklärung als solche wirkungsvoll geblieben sei. Im Berufungsurteil wird hierzu ausgeführt, der Beklagte häbe die Anfechtung auf den Kauf der Forstanteile beschränkt, aber nicht bewiesen, daß der Hof auch ohne die Anteile verkauft worden wäre. Nach der in § 139 BGB. aufgestellten Regel hätte deshalb die Teilanfechtung — das Vorliegen ihrer sonstigen Voraussetzungen unterstellt — die Nichtigkeit des ganzen Kaufvertrags zur Folge haben müssen. Gerade diese Folge aber lehnte der Beklagte ab. Bei der Anfechtimg habe er unzweideutig erkennen lassen, daß er gewillt sei, an dem Kauf, soweit er den Hof betreffe, unter allen Umständen festzuhalten. Bei diesem Standpunkt sei der Beklagte um so mehr verblieben, als er über den Hof inzwischen in einer Weise verfügt habe, die ihm die Rückgabe an den Verkäufer unmöglich mache. Auch im gegenwärtigen Rechtsstreit habe der Beklagte die erklärte Anfechtung nur im Sinn einer Befreiimg von dem auf die Forstanteile entfallenden Teil des Kaufpreises zu verwerten gesucht. Die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Willensmängel sei aber einer Bedingung nicht zugänglich. Wenn der Anfechtende bei einer notwendig die Nichtigkeit des ganzen Vertrags nach sich ziehenden Teilanfechtung ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten unverkennbar erkläre, daß die Wirkung der Anfechtung auf den von ihr zunächst betroffenen Teil des Rechtsgeschäfts beschränkt bleiben und dessen Bestand im übrigen unberührt lassen solle, so leide die Anfechtungserklärung an einem inneren Widerspruch, der mit ihrem Wesen unverträglich sei und ihre Wirkung aufhebe. Eine so beschaffene Anfechtungserklärung sei deshalb unzulässig. Die von der Revision hiergegen geltend gemachten rechtlichen Bedenken sind im wesentlichen begründet. Im Vertrage sind Hof und Forstanteile für einen G e s a m t p r e i s verkauft worden. Nähme dieser Umstand dem Geschäft das Wesen eines zusammengesetzten, d. h. eines dergestalt teilbaren Rechtsgeschäftes, daß nach Abtrennung eines von einem Nichtigkeitsgrunde betroffenen Teiles ein Rest zurückbleibt, der als selbständiges Rechtsgeschäft für sich bestehen könnte, so wäre freilich die vom Berufungsgericht angenommene Wirkungslosigkeit der Teilanfechtung, wenn auch mit anderer Begründung, anzuerkennen. Denn ein dann vorliegendes
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einheitliches (einfaches) Geschäft, das schon bei allgemeiner, vom wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien im Einzelfall also ganz absehender Betrachtimg sich in selbständige Teile zerlegt nicht denken ließe, kann auch nur einheitlich angefochten werden. Wenn eine Vertragspartei in solchem Fall einen Anfechtungsgrund zu haben glaubt, hat sie nur die Wahl, entweder das Geschäft im ganzen anzufechten oder aber im ganzen bei ihm stehenzubleiben. Dagegen liegt es nicht in ihrer Macht, die Anfechtung auf die ihr unerwünschte Seite des einheitlichen Geschäfts zu beschränken und die Vorteile der ihr genehmen Seite sich zu erhalten. Die Erklärung, daß das einheitliche Geschäft in Ansehung eines nicht trennbaren Teils angefochten werde, vermag demnach die ihrem Inhalt entsprechende beschränkte Wirkung niemals hervorzurufen. Eine Teilanfechtung ist hier begrifflich nicht möglich. Der Versuch, einer solchen Erklärung die nach den Umständen sonst etwa mögliche Deutung zu geben, daß das Rechtsgeschäft doch auch im ganzen angefochten sein sollte, verbietet sich von selbst, wenn der Anfechtende, wie im Streitfall nach Annahme des Berufungsgerichts der Beklagte, ausdrücklich erklärt oder sonst erkennen läßt, daß er diese rechtliche Folge seiner Erklärung gerade ablehne. Die Anfechtungserklärung ist wirkungslos (RG. in HRR. 1929 Nr. 2; Urt. des erkennenden Senats vom 27. Oktober 1934 V 94/34). Das Berufungsgericht ist aber mit Recht davon ausgegangen, daß es sich bei dem streitigen Kauf um ein zusammengesetztes und deshalb im dargelegten Sinne möglicherweise teilbares Rechtsgeschäft handle, und hat insofern der Vereinbarung eines Gesamtpreises gerade keine Bedeutimg beigelegt. Verkauft sind einmal der Hof und sodann die Forstanteile, so daß in Wahrheit zwei je als selbständig geschlossen denkbare und hier nur durch den Willen derVertragsparteien zu einem Geschäft verbundene Kaufverträge vorliegen. Die dem Verkäufer obliegenden Leistungen sind ohne weiteres trennbar. Aber auch der vom Beklagten versprochene einheitliche Preis ließe sich bei Ermittlung des mutmaßlichen Willens der Vertragsparteien nach § 139 Halbsatz 2 BGB. sachgemäß auf die einzelnen Gegenleistungen des Verkäufers verteilen. Liegt danach ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft vor, so wäre die Teilanfechtung nicht schon als solche, weil rechtlich unmöglich, wirkungslos. . . Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Beklagte habe bei der Anfechtung seinen Willen, an dem Hofeskauf unter allen Umständen festzuhalten, unzweideutig erkennen lassen. Gegen die Feststellung richtet sich zunächst eine verfahrensrechtliche Rüge der Revision. Ihr kann die Berechtigung nicht abgesprochen werden. Schon nach den eigenen Ausführungen des Berufungsgericht und mehr noch nach der sogleich zu erörternden Rechtslage kommt es wesentlich darauf an, wann und wie sich der Beklagte zur Frage der Fortgeltung des Kaufvertrags, soweit er den Hof betrifft, geäußert hat. Über eine außergerichtliche Anfechtungserklärung verlautet nichts. Die Erklärung des Beklagten in einem Schriftsatz enthielt, soviel ersichtlich, keine Kundgabe des Willens, an dem Hofeskauf unter allen
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Umständen, d. h. selbst um den Preis der Wirkungslosigkeit der Teilanfechtung, festzuhalten. Das Berufungsgericht hätte deshalb die Gründe für seine Überzeugung angeben müssen, daß der Beklagte bei der Anfechtung erkennbar einen derartigen, ihre Wirkung betreffenden Vorbehalt gemacht habe. Die Verweisung auf die Tatsache, daß der Beklagte über den Hof bereits verfügt hatte und ihn nicht mehr zurückgeben konnte, gab jedenfalls keine den Sachverhalt erschöpfende Begründung. Denn auch darüber ist nichts festgestellt, daß schon z. Zt. der Anfechtung der Hof zerschlagen, seine Rückgabe unmöglich und dies dem Verkäufer bekannt gewesen sei. Die Rüge einer Verletzung des § 286 ZPO. ist hiernach begründet. Die Ausführungen des Berufungsgerichts über die Wirkungslosigkeit der vom Beklagten abgegebenen Anfechtungserklärung sind aber auch sachlich von Rechtsirrtum nicht frei. Einmal kann es für die Wirksamkeit der Anfechtung auf Erklärungen und schlüssige Handlungen des Beklagten, die zeitlich nach der Anfechtung liegen, in dem hier erörterten Zusammenhang nicht ankommen. Die Wirksamkeit der Anfechtving unter dem Gesichtspunkt der Hinzufügung einer Bedingung war lediglich nach der bei ihrer Erklärung gegebenen Sachlage zu beurteilen. Es ist daher unerheblich, daß der Beklagte etwa späterhin über den Hof in einer die Rückgabe an den Verkäufer ausschließenden Weise verfügt und in dem gegenwärtigen Rechtsstreit die Anfechtung nur im Sinn einer Beschränkung ihrer Wirkung auf den Kauf der Forstanteile zu verwerten gesucht hat. Durch die Anfechtung wegen eines Willensmangels wird, wenn sie wirksam erklärt nnd sachlich begründet ist, die abgegebene Willenserklärung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe vernichtet (§ 142 Abs. 1 BGB.). Durch spätere einseitige Erklärungen des Anfechtenden kann an dieser Rechtswirkung der Anfechtung nichts mehr geändert werden. Auch der in der schriftlichen Revisionsbegründung verwertete Gedanke an eine in solchen späteren Erklärungen des Beklagten etwa zu findende teilweise Bestätigung des Kaufes muß außer Betracht bleiben. Denn zu einer Bestätigung des durch Teilanfechtung völlig vernichteten Kaufvertrags hätte es eines in der Form des § 313 BGB. geschlossenen neuen Vertrags bedurft (§ 141 Abs. 1 BGB.). Was nach der Anfechtungserklärung, die das Berufungsgericht im Auge hatte, an ausdrücklichen oder stillschweigenden Willensäußerungen des Beklagten in der gedachten Richtung noch hervorgetreten ist, kann höchstens zur Ausdeutung jener Anfechtungserklärung dienen oder aber (im Falle ihrer Wirkungslosigkeit als solcher) als neue Anfechtungserklärung in Betracht kommen. Sodann trifft es freilich zu, daß die Anfechtung die Beifügung einer (echten) Bedingung nicht verträgt (RGZ. Bd. 66 S. 153). Aber um eine Bedingung im Rechtssinne (§ 158 BGB.) würde es sich bei der fraglichen Einschränkung nach dem bisher feststehenden Sachverhalt nicht handeln. Bedingung im Sinne des Gesetzes ist die einem Rechtsgeschäft hinzugefügte Bestimmung, durch die seine Rechtswirkungen von einem zukünftigen
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ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden. Eine Bestimmung dieser Art ist bislang nicht festgestellt. Die Wirkungen einer begründeten Teilanfechtung eines zusammengesetzten Rechtsgeschäfts bemessen sich nach § 139 B G B . ohne Rücksicht darauf, ob sich der Anfechtende darüber klai ist, welche Folge trotz Beschränkung der Anfechtimg auf einen Teil sich f ü r den Bestand des ganzen Rechtsgeschäfts unter Umständen ergibt und ob er diese Fglge will (Urteile des erkennenden Senats vom 4. März 1911 V 216/10 und vom 11. Februar 1925 V 205/24). Das gilt unbeschadet der nach § 119 B G B . vorzunehmenden Wertung eines bei Abgabe der Anfechtungserklärung etwa obwaltenden Irrtums. Die Wirkung einer Teilanfechtung hängt mithin nicht von dem Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses ab, sondern ergibt sich, falls sie streitig wird, aus künftiger Klarstellung eines derzeit nur für die Parteien ungewissen, aber bereits bestehenden Rechtszustandes. F.s kann sich also ebenso wie bei einer auf die Vergangenheit oder die Gegenwart abgestellten Bedingung nur um die spätere Aufklärung der Parteien über eine schon eingetretene Rechtswirkung handeln. Mit der im Berufungsurteil sich findenden Verweisung auf die Bedingungsfeindlichkeit der Anfechtungserklärung läßt sich deshalb die Wirkungslosigkeit der von dem Beklagten abgegebenen, auf einen Teil des Kaufvertrags beschränkten Anfechtungserklärung nicht begründen. Weil sich die Wirkung einer Teilanfechtung ohne Rücksicht auf etwa abweichende Vorstellungen des Anfechtenden unmittelbar aus dem Gesetz (§ 139 B G B . ) ergibt, kann auch eine die Anfechtungserkläning begleitende Kundgabe der Auffassung des Anfechtenden von dieser Wirkung die Anfechtungserklärung nicht unzulässig machen. Derartige Meinungsäußerungen sind für den Anfechtungsgegner unverbindlich und im Streitfall für die gerichtliche Beurteilung der dem Gesetz zu entnehmenden Wirkung einer Teilanfechtung unerheblich. Sie tragen auch in die zwischen Anfechtendem und Anfechtungsgegner bestehenden Rechtsbeziehungen keine stärkere Unsicherheit hinein, als sie im Anwendungsbereich des § 139 B G B . bei einem Streit über die Grenzen der Nichtigkeit auch sonst hervortritt. Deshalb wäre es belanglos, wenn der Beklagte durch sein (bisher nach Art und Begleitumständen nicht näher festgestelltes) schlüssiges Verhalten nur seiner Rechtsauffassung dahin Ausdruck verliehen haben sollte, daß die Teilanfechtung den Bestand des Kaufvertrags im übrigen nicht in Frage stelle. Dies gilt selbst dann, wenn der Beklagte hinzugesetzt haben sollte, daß er eine dergestalt beschränkte Wirkung der Anfechtimg wünsche und sich gegen die aus abweichender Beurteilung vom Anfechtungsgegner etwa gezogene Folgerung zur Wehr setzen werde. Denn es hängt nicht von dem Willen des Anfechtenden ab, welche rechtliche Wirkung seine Anfechtungserklärung auslöst. Eine andere Beurteilung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft teilweise Anfechtende mit der Anfechtung zugleich die Erklärung verbindet, daß die Anfechtung nur dann
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gelten solle, wenn sie den Bestand des Rechtsgeschäfts im übrigen nicht berühre, daß sie mithin als nicht geschehen behandelt werden solle, wenn sie entgegen der Vorstellung und dem Willen des Anfechtenden über den von ihm bezeichneten Rahmen hinaus Wirkungen hervorrufen müßte. Denn mit einer solchen Erklärung stellt es der Anfechtende, anders als in dem vorgedachten Falle, für den Anfechtungsgegner auf ungemessene Zeit ins Ungewisse, ob er von dem beanspruchten Anfechtungsrecht überhaupt Gebrauch machen will oder nicht. Sollte der Beklagte eine Erklärung dieser Art abgegeben haben und wäre sie so zu verstehen, daß das Wirksamwerden der Anfechtimg nicht von der durch § 139 BGB. bestimmten Rechtslage, sondern von deren künftiger Beurteilung durch das zur Entscheidimg (zutreffendenfalls in letzter Instanz) berufene Gericht abhängen solle, so wäre die Anfechtungserklärung allerdings mit einer echten Bedingung verbunden gewesen. Sie hätte, da sie eine solche Bedingung nicht verträgt, die nach § 142 Abs. 1 BGB. ihr zukommende Wirkung nicht ausüben können und wäre vom Berufungsgericht mit Recht als sachlich nicht geschehen behandelt worden. Aber auch bei anderer Würdigung einer solchen Erklärung bliebe das Ergebnis das gleiche. Denn eine Anfechtungserklärung, von der ungewiß bleibt, ob sie gelten soll oder nicht, ermangelt der Bestimmtheit, die für sie im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs gefordert werden muß. Die Revision meint, eine solche, die Wirkungslosigkeit einer Teilanfechtung ergebende Einschränkung könne nur dann angenommen werden, wenn der Anfechtende die Wirkung der Anfechtung a u s d r ü c k l i c h dahin beschränkt habe, daß sie als nicht geschehen behandelt werden solle, wenn sie die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts begründe. Damit wären indessen der Auslegung die Grenzen wohl zu eng gezogen. Im vorliegenden Fall kann es dabei bewenden, daß der von dem Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt die Wirkungslosigkeit der Anfechtungserklärung nicht ergibt.
R G Z . 147, 344 1. Unter welchen Umständen kann ein Abzahlungs-Kaufvertrag über einen L a s t k r a f t z u g g e g e n die guten Sitten verstoßen ? 2. Wie bemißt sich beim Rücktritt des Verkäufers v o m Abzahlungskaufvertrag die Wertminderung der Kaufsache — insbesondere durch schuldhafte Vernachlässigung — und der Wert der G e b r a u c h s ü b e r l a s s u n g oder Benutzung ? BGB. § 138. I.Zivilsenat. I. Landgericht Wuppertal.
Z'.viU. Allirem. Teil :i
Urt. v. 10. April 1935. II. Oberlandesgericht Düsseldorf.
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Die klagende Lackfabrik kaufte im Juni 1930 von der Maschinenfabrik A., mit der sie in Geschäftsverbindung stand, zu deren allgemeinen Verkaufsbedingungen einen Lastkraftwagen mit Anhänger. Der 38578,40 RM. betragende Kaufpreis wurde in Höhe von 9000 RM. durch Verrechnung mit einer Forderung der Klägerin getilgt. Für den Rest von 29578,40 RM. gab die Klägerin 24 aufeinander folgende Monatsakzepte in Höhe eines (Verzinsung einschließenden) Betrags von je 1318,70 RM. A. behielt sich gemäß ihren Geschäftsbedingungen das Eigentum an den Fahrzeugen bis zur völligen Bezahlimg des Kaufpreises vor. Bei Zahlungsverzug sollten sofort sämtliche Kaufpreisraten und Wechselforderungen fällig werden; A. sollte in diesem Falle berechtigt sein, die Fahrzeuge wieder in eigenen Besitz zu nehmen. Die an A. gegebenen Monatsakzepte hatte die Klägerin von dem Beklagten erhalten. An ihn hatte sie den Lastzug zu den Bedingungen eines vom 27. Juni 1930 datierten Vertrags verkauft. Nach diesem Vertrage gelten zwischen den Parteien im allgemeinen die Bedingungen des Vertrags der Klägerin mit A. Für einen Teilbetrag von 9000 RM. des Kaufpreises gab der Beklagte 15 aufeinander folgende Monatsakzepte von 600 RM. zuzüglich noch zu berechnender Zinsen, für den Restbetrag Monatsakzepte der gleichen Höhe, wie sie — das war dem Beklagten bekannt — die Klägerin an A. zu geben hatte. Für den Fall, daß die Klägerin das Eigentum an dem Lastzug erwerben sollte, bevor der Beklagte seine Verbindlichkeiten beglichen hatte, behielt sich die Klägerin das Eigentum bis zur völligen Erfüllung der vom Beklagten übernommenen Verbindlichkeiten vor. Zur Sicherung der Klägerin ließ der Beklagte auf einem ihm gehörigen Grundstück eine Sicherungshypothek im Höchstbetrage von 20000 RM. eintragen. Am 10. Oktober 1930 erhielt der Beklagte den Lastzug geliefert und nahm ihn in Benutzung. Er blieb mit den fälligen Zahlungen im Rückstände. Am 14. Februar 1931 verbot die Klägerin dem Beklagten die Weiterbenutzung und nahm den Lastzug wieder an sich. Mit der Klage forderte die Klägerin zunächst 20800 RM. des Kaufpreises nebst Zinsen. Das Landgericht sprach ihr diesen Betrag unter Beschränkung des Zinsanspruchs zu. Im zweiten Rechtszuge begründete die Klägerin den Klaganspruch auch aus dem Gesichtspunkte des Rücktritts vom Abzahlungsgeschäft. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hält das Kaufgeschäft für sittenwidrig nach seinem Inhalt und nach dem von der Klägerin auch in anderen gleichartigen Kaufabschlüssen damit verfolgten Zweck; sie habe sich Bezahlung und gleichzeitig unangemessene Vorteile aus dem Lastzugverkaufe verschaffen wollen, indem sie gegen ihn wie gegen die anderen Käufer vorging, die, wie ihr bereits bei Geschäftsabschluß erkennbar gewesen sei, die übernommenen Verbindlichkeiten nicht hätten erfüllen können. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten nur noch verurteilt, an die Klägerin 16723,20 R M .
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nebst Jahreszinsen in Höhe von 1 v. H. über dem jeweiligen Reichsbankdiskont vom Tage der Klagzustellung ab zu zahlen. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: 1. Nicht entgegenzutreten ist dem Berufungsgericht in der Auffassung, daß es sich bei dem Kaufvertrag um ein Abzahlungsgeschäft im Sinne des Gesetzes vom 16. Mai 1894 handelt. Bei der Prüfimg, ob dieses Geschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei, hat der Berufimgsrichter jedoch nicht alle erheblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen. Er erwägt lediglich, daß das Geschäft denselben Bedingungen unterworfen worden sei wie das von der Klägerin mit A. abgeschlossene, das den üblichen Bedingungen im Kraftfahrzeughandel entspreche und nicht gegen die guten Sitten verstoße. Er verneint weiter, daß sich die Klägerin übermäßige Vorteile habe versprechen lassen oder den Beklagten bei den Abschlußverhandlungen getäuscht habe. Mit diesen Erwägungen wird er dem vorgetragenen Sachverhalt nicht ausreichend gerecht. Danach ist davon auszugehen, daß die Klägerin den Kaufvertrag mit dem Beklagten in Kenntnis dessen abgeschlossen hat, daß dieser bisher Bandwirker gewesen und ohne Erfahrung in der Benutzung von Lastkraftwagen und dem mit ihnen betriebenen Beförderungsgewerbe war. Der Beklagte war ferner nicht einmal imstande, eine Anzahlung auf den zu erwerbenden Wagen zu leisten. Nach seiner unbestrittenen Behauptimg war der Klägerin auch bekannt, daß er außer einem Häuschen kein weiteres Vermögen besaß. Die Klägerin mußte danach davon ausgehen, in ihm einen Mann ohne nennenswerte flüssige Mittel vor sich zu haben. Im Kaufvertrage wurden ihm trotzdem erhebliche Leistungen auferlegt, die er allein aus dem Kraftwagenbetrieb aufbringen mußte. Es handelt sich für die ersten 15 Monate um monatliche Zahlungen von 1963,70 RM. Wenn der Beklagte mit der monatlichen Zahlung auch nur einmal in Verzug kam, hatte die Klägerin nach den auf diesen Vertrag übertragenen allgemeinen Bedingungen der A. das Recht, den in das Eigentum des Beklagten noch nicht übergegangenen, aber gleichwohl von ihm zu versichernden Lastkraftwagenzug, mit dem doch der Beklagte die Mittel zu weiteren Zahlungen herausholen mußte, wieder in eigenen Besitz zu nehmen. Bei dreitägigem Verzug erwarb die Klägerin das freie Verfügungsrecht über den Kaufgegenstand. Ferner sollten bei dem Verzuge mit nur einer Rate sämtliche restlichen Raten fällig werden; diese Bestimmung ist allerdings gemäß § 4 Abs. 2 AbzG. insoweit ungültig, als sie die dort angeführten Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung überschreitet. Bei einer so drückenden Vertragsgestaltung kommt in Betracht, ob nicht der Vertrag gegen das Anstandsgefühl aller billig Denkenden verstößt, weil die Klägerin sich Leistungen hat versprechen lassen, die der Vertrags gegner, ihr erkennbar, wahrscheinlich nicht aufbringen konnte, so daß binnen längerer oder kürzerer Frist für sie die Möglichkeit entstand, von 12«
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ihrem Recht zur Rücknahme des Fahrzeugs und zur anderweitigen Verfügung darüber Gebrauch zu machen. Es geht über das zulässige Maß der Sicherung gegenüber einem wirtschaftlich Schwächeren hinaus und kann von der Rechtsordnung nicht gebilligt werden, wenn ein Vertrag nach dem voraussichtlichen Lauf der Dinge von vornherein mit Wahrscheinlichkeit durch die der einen Seite auferlegten Lasten und die der andern Seite eingeräumten geldwerten Vorteile und Berechtigungen nicht zur Durchführung kommen kann, die doch für den Käufer von lebenswichtiger Bedeutung ist. Auf ähnlichem Gedankengang beruhen die reichsgerichtlichen Entscheidungen in R G Z . Bd. 128 S. 251, Bd. 131 S. 231 (220) und in H R R . 1934 Nr. 1096. Wenn das Berufungsgericht bemerkt, daß der Beklagte von der Klägerin zu denselben Bedingungen gekauft habe, wie diese von A., so übersieht es, daß bei dem Beklagten eine weit höhere Belastung an monatlichen Zahlungen bestand, weil er zu einer Anzahlung nicht imstande war und weil daher die Raten auch diese noch und ferner einen Zinsbetrag umfassen, bei dessen Bestimmung zudem auf die allmähliche Tilgung durch die Teilzahlungen nicht Rücksicht genommen zu sein scheint. Eine Verschiedenheit der Verhältnisse bestand weiter auch insofern, als die Klägerin, wie sie selbst angibt, ein einwandfrei zahlungsfähiges Unternehmen war. Was die Frage angeht, ob der Beklagte voraussichtlich imstande war, seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, so kann hierbei nicht ausgegangen werden von den Verdienstmöglichkeiten, die das Berufimgsgericht bei der Berechnung des Nutzungswertes des Lastkraftwagenzuges gemäß § 2 AbzG. zugrunde gelegt hat. Der Berufungsrichter geht insoweit aus von dem Gutachten des Sachverständigen M . Dieser legt seinen zahlenmäßigen Angaben den sachlichen Wert der Benutzimg zugrunde und zieht für dessen Bestimmung die Einnahmen heran, die in einem ihm bekannt gewordenen Falle ein gewandter Kaufmann in Verbindimg mit einem erfahrenen Lastwagenfahrer aus dem Betriebe eines Lastkraftzuges hat ziehen können; er kommt so zu einem Nutzungswert von 2250 R M . monatlich. Er betont aber selbst, daß der Beklagte weder kaufmännisch geschult war noch auch selbst als Fahrer den Außendienst habe verrichten können. Bei der Würdigung dessen, inwieweit der Beklagte voraussichtlich überhaupt die von ihm übernommenen Lasten hätte aufbringen können, wird jedoch von seinen Verdienstmöglichkeiten, nicht aber von denen anderer erfahrener Unternehmer auszugehen sein. Aus dem Gesagten erhellt ferner, daß es für die Würdigung des Sachverhalts unter dem erörterten Gesichtspunkt von Bedeutung sein kann, ob die Klägerin, wie der Beklagte behauptet, aus andern ähnlich liegenden Geschäften genau wußte, daß der Beklagte die Abzahlungen nicht werde einhalten können. . . 2. Wenn aber davon auszugehen sein sollte, daß ein rechtswirksamer Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, wird die Frage, wie sich nach dem vom Berufungsrichter ohne Rechtsverstoß auf den 14. Februar 1931 angenommenen Rücktritt der Klägerin das Rechtsver-
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hältnis der Parteien gemäß § 2 AbzG. gestaltet, nicht durchweg unter den rechtlichen Gesichtspunkten des Berufungsurteils geprüft werden können. a) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 AbzG. hat der Käufer dem Verkäufer den Wert der Überlassung des Gebrauchs oder der Benutzung der Kaufsache unter Berücksichtigung der eingetretenen Wertminderung zu vergüten. Das Berufungsgericht hat sich zu diesem Punkte der tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch den Sachverständigen M . angeschlossen. Danach soll dem Verkäufer ohne Rücksicht darauf, ob der Käufer von seinem Nutzungsrecht überhaupt und richtig Gebrauch gemacht hat, der gegenständliche, bei ordnungsmäßigem Betriebe sich ergebende Wert der Benutzung zu vergüten sein. Bei dessen Festsetzung müsse jedoch den Belangen des Käufers insofern Rechnung getragen werden, als dieser Nutzungswert nicht der Miete gleichgesetzt werden dürfe, die der Sacheigentümer nach kaufmännischen Grundsätzen fordern müßte, um außer Abtragung und Verzinsung seines angelegten Geldes noch einen angemessenen Gewinn zu erzielen. Zur Ermittlung des Nutzungswertes nach diesen Gesichtspunkten hat der Sachverständige den Rohgewinn herangezogen, den ein Unternehmen im April 1933 mit einem Lastzug gleicher Art erzielt hat. Er schaltet einen Tilgungsbetrag, einen Betrag f ü r Reifenerneuerung und einen Betrag f ü r Versicherung aus und setzt hinzu einen (dem Versicherungsbetrage rechnerisch gleichgesetzten) Posten f ü r Buchhaltung, ferner 10 v. H. des errechneten Rohgewinns wegen der in der in Betracht kommenden Zeitspanne vom Oktober 1930 bis Februar 1931 f ü r das Kraftlastzug-Gewerbe günstigeren Wirtschaftslage. So kommt er zu einem Nutzungswert von monatlich 2250 RM. In dem zum Vergleich herangezogenen Fall hatte sich, wie der Sachverständige ausführt, ein erfahrener Lastwagenführer, der für Pflege und Unterhaltung seines Fahrzeuges und f ü r die kleineren Instandsetzungsarbeiten keine fremden Kräfte brauchte, mit einem geschäftsgewandten Kaufmann verbunden. Die Heranziehung der Gewinnzahlen dieses Unternehmens hält der Sachverständige f ü r zulässig und geboten, da es sich, im Gegensatz zu dem des Beklagten, um einen ordnungsmäßig mit ausreichender Sachkenntnis geführten Betrieb handle. Der Sachverständige hebt allerdings auch hervor, daß in dem Vergleichsfall „vielleicht ein ausnahmsweise günstiger Betrieb des Unternehmens gewährleistet" war. Ähnlich bringt er an anderer Stelle zum Ausdruck, daß die Verhältnisse bei dem zum Vergleich herangezogenen Unternehmen vielleicht etwas günstiger lägen, „als es normalerweise der Fall" sei. . . Der Revision muß zugegeben werden, daß die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht in allen Punkten frei von Rechtsbedenken sind. Allerdings hat der Käufer den gegenständlichen Wert der Benutzung zu erstatten. Dem Verkäufer soll nach der besonderen, für Abzahlungsgeschäfte getroffenen Regelung, die einen billigen Ausgleich der Belange beider Vertragsparteien sucht, eine Vergütung dafür werden, daß er dem Käufer die Kaufsache zum Gebrauch überlassen hat. Maßgebend m u ß danach
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der gewöhnliche Wert der Benutzungsüberlassung sein. Danach ist einerseits ohne Bedeutung, ob der Käufer die Sache überhaupt benutzt hat (RGZ. Bd. 138 S. 32/33) oder ob er sie insofern nicht ordnungsmäßig benutzt hat, als er nicht alles an Nutzungen aus ihr herauszuholen willens oder in der Lage war, was gewöhnlich aus ihr herauszuholen ist. Anderseits darf bei der Bestimmung dieses Werts aber auch nicht das Streben des Sacheigentümers nach gewinnbringender Verzinsung des in der Sache angelegten Geldwerts einseitig in den Vordergrund gestellt werden in Fällen, in denen sich nach den Regeln des Wirtschaftslebens ein Mieter zur Zahlung des entsprechend berechneten Entgelts nicht bereits finden würde. Der erstrebte Ausgleich zwischen den Belangen beider Parteien wird in der Regel bei solchen Kaufsachen gegeben sein, bei denen eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung wirtschaftlich ist und die Gesetze gesunder Wirtschaft bei der Bestimmung des üblichen Mietpreises schon für den Ausgleich gesorgt haben. Wenn es einen üblichen Mietpreis nicht gibt, muß dieser, wie auch die angeführte Entscheidung betont, unter Heranziehung von § 287 ZPO. gefunden werden. Die Einnahmen, die der Käufer selbst bei ordnungsmäßiger Benutzung des Kaufgegenstandes erzielen kann, bieten dabei nur einen Anhaltspunkt. Sie dürfen aber nicht ohne weiteres dem Wert der Gebrauchsüberlassung gleichgesetzt werden; denn sie enthalten auch das Ergebnis der auf die Betriebsführung verwendeten Arbeit, auf das der Verkäufer nach dem Ausgeführten keinen Anspruch hat. Sie können nur einen Fingerzeig dafür geben, was sich aus dem Kaufgegenstande herauswirtschaften läßt, und damit eine gewisse Grundlage für die Bemessung des als billig anzusehenden Wertes der Gebrauchsüberlassung. Daß das angeführte reichsgerichtliche Urteil mehr hätte zum Ausdruck bringen wollen, ist nicht ersichtlich. Über diese Bedeutung der bei ordnungsmäßiger Benutzung aus dem Kaufgegenstande zu ziehenden Einnahmen sind sich der gerichtliche Sachverständige und der ihm folgende Berufungsrichter nicht klar gewesen, da sie ersichtlich die zu erzielenden Einnahmen dem Gebrauchsüberlassungswert ohne weiteres gleichsetzen. Soweit danach die aus dem Kaufgegenstande zu erzielenden Einnahmen überhaupt entscheidend in Betracht kommen, können dabei nicht, wie die Revision meint, allein die geringeren Einnahmen herangezogen werden, die im vorliegenden Fall der Beklagte infolge seiner mangelnden Erfahrung zunächst nur zu gewinnen imstande war. Damit würde unzulässigerweise ein persönlicher, auf den Käufer zugeschnittener Maßstab angelegt werden. Anderseits dürfen aber auch nicht allein berücksichtigt werden die Einnahmen eines Gewerbebetriebes, der infolge besonders günstiger Gestaltung der Verhältnisse außergewöhnlich vorteilhaft zu wirtschaften in der Lage ist. Hinsichtlich des vom gerichtlichen Sachverständigen vergleichsweise herangezogenen Betriebes ist nach seinen eigenen, oben wieder gegebenen Darlegungen zum mindesten die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß er besonders günstig arbeitete. Sollte das der Fall sein, so hat sich das Berufungsgericht von unrichtigen
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rechtlichen Gesichtspunkten leiten lassen, soweit es die dort erzielten Einnahmen als uneingeschränkt maßgebend angesehen hat. Abzustellen ist auf den in dem erörterten Sinne gewöhnlichen Wert der Gebrauchsüberlassung, zu dessen Bestimmung die Einnahmen eines durchschnittlichen ordnungsgemäß geführten Betriebes gleicher Art als Anhaltspunkte dienen können. Auch die Einnahmequellen eines günstiger oder ungünstiger gestellten Betriebes als Anhaltspunkt mitzuverwenden, erscheint nur dann möglich, wenn die besonderen Umstände dabei nicht aus den Augen verloren werden. Bei Beachtung dieser Gesichtspunkte mögen auch die Angaben des Beklagten über die von ihm erzielten Einnahmen nicht ohne Bedeutung sein. Im einzelnen sei ferner bemerkt, daß bei der Berechnung der zu erzielenden Einnahmen die regelmäßig entstehenden Bereifungskosten in Betracht zu ziehen sind; denn es handelt sich hier nicht darum, ob der Käufer tatsächlich solche aufgewendet hat, sondern um die allgemeine Ertragsfähigkeit. Tilgungsbeträge dagegen sind nicht zu berücksichtigen, da der Wert der Überlassung des Gebrauchs in Frage steht. b) Bei der Wertminderung des Kaufgegenstandes, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 AbzG. für die Berechnung der dem Verkäufer zustehenden Vergütung berücksichtigt werden muß, ist der Berufungsrichter ausgegangen von dem Gemeinwert des Lastkraftzuges zur Zeit der Übergabe an den Käufer; er hat unter Zugrundelegung einer Lebensdauer des Lastkraftwagenzuges von 150000 bis 170000 km Fahrdauer eine Wertminderung von 17 v. H. des gemeinen Wertes von 37000 RM. angenommen. Er hat weiter eine durch schlechte Pflege des Wagens eingetretene zusätzliche Wertminderung von 10 v. H. des genannten Werts sowie ferner eine durch unsachgemäße Behandlung entstandene Reifenbeschädigung in Rechnung gestellt. Die Revision rügt zunächst, es sei bei diesen Erwägungen der Beweisantrag des Beklagten auf die Einholung einer Sachverständigenauskunft darüber übergangen, daß die Lebensdauer derartiger Lastzüge über 500000 km Fahrdauer betrage. Außer acht gelassen sei ferner der für die Feststellung der Wertminderung erhebliche Beweisantrag des Beklagten dafür, daß der Lastzug bis zum Frühjahr 1934 keine wesentlichen Instandsetzungsarbeiten nötig gemacht habe, daß der beim Kauf 1930 mit 7000 RM. berechnete Anhänger drei Jahre später noch mit 4000 RM., also nur zu einem um 43 v. H. geringeren Preis verkauft worden sei, was ausschließe, daß für vier Monate eine Entwertung von insgesamt 27 v. H. angenommen werde, daß endlich die Klägerin den Wagen Ende des Jahres 1931 noch zu einem Preise von 20986,40 RM. unter dem Vorbehalt habe veräußern können, daß der Käufer je nach dem Ausgange des vorliegenden Rechtsstreits die Klägerin über den Kaufpreis hinaus so zu stellen habe, daß sie den üblichen Gewinn aus dem Lastzuge erziele. Dazu ist zu bemerken: Der Berufimgsrichter war allerdings nicht gezwungen, die von dem gerichtlichen Sachverständigen erteilte Auskunft durch Einholung einer weiteren Auskunft von anderer Stelle zu ergänzen.
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Es stand in seinem freien tatsächlichen Ermessen, ob ihm die Angaben ies Sachverständigen ausreichend erschienen, um sie zur Grundlage seiner Überzeugung zu machen. Dagegen ermächtigt ihn das ihm in § 287 ZPO. eingeräumte freie Ermessen nicht, geltend gemachte tatsächliche Umstände, iie für die Wertminderungsbemessung von Bedeutung sein können, zu übergehen. Zu solchen Umständen gehört der beim Weiterverkauf des Kaufgegenstandes erzielte Preis, der ein Beweisanzeichen dafür abgeben kann, welche Wertminderung der Kaufgegenstand tatsächlich in den Augen des Wirtschaftslebens erfahren hat (RGZ. Bd. 138 S. 35). In dieser Hinsicht bedurfte es vor allem der Aufklärung, welchen Wert der Abkäufer dem Wagen noch beimaß. Zu berücksichtigen bleibt dabei allerdings, daß tiäufig schon mit dem Augenblick der Ingebrauchnahme ein Wagen in den Augen des Verkehrs eine nicht unerhebliche Wertminderung erfährt, die dem Käufer zur Last fällt (RGZ. Bd. 138 S. 34). Erst die Betrachtung des Einzelfalls kann zeigen, inwieweit danach die für viermonatigen Gebrauch eingesetzte Wertminderung trotz später erzielten, nicht unerheblichen Preises mit Recht angenommen werden konnte. Was die zusätzliche Wertminderung infolge mangelhafter Pf lege des Lastzuges angeht, so handelt es sich insoweit nicht um die bei ordnungsmäßiger Benutzung eintretende Minderung des gemeinen Wertes, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 AbzG. bei der Vergütung für die Gebrauchsüberlassung zu berücksichtigen ist, sondern um eine Beschädigung des Kaufgegenstandes, für die der Käufer nur, wenn er sie zu vertreten hat, einstehen muß, für die er dann aber nach der Regel der §§ 249flg. BGB. Schadensersatz in voller Höhe zu leisten hat (§ 2 Abs. 1 Satz 1 AbzG.). Die Grundlagen dieses Anspruchs, das Verschulden des Käufers oder die von ihm zu vertretenden Umstände unterliegen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO.; nur über die Höhe des Schadens kann gemäß § 287 ZPO. ohne Erhebung angebotener Beweise befunden werden. Die Revision rügt danach mit Recht als Verstoß gegen § 286 ZPO., daß der Berufungsrichter diese Würdigung des Sachverhalts allein auf die Äußerung des Gutachters E. gegründet hat, die erst über einen Monat nach Außerbetriebsetzung und Wiederinbesitznahme des Wagens durch die Klägerin erfolgte, und daß er dabei den Beweisantrag des Beklagten, der Wagen sei sachgemäß behandelt worden, vernachlässigte.
RGZ. 149, 235 1. Ist eine G r u n d s c h u l d eine „ S a c h e " im Sinne des § 119 Absatz 2 BGB. ? 2. Ist der Friedenstnietertrag eines Grundstücks eine verkehrswesentliche E i g e n s c h a f t der auf d e m Grundstück lastenden Grundschuld ?
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3. K a n n der I r r t u m des G r u n d s c h u l d k ä u f e r s über d e n Friel e n s m i e t e r t r a g d e s G r u n d s t ü c k s zu einer A n f e c h t u n g des G r u n d ichuldkaufs n a c h § 119 Absatz 1 BGB. f ü h r e n ? BGB. § 119. V. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 22. November 1935.
I. Landgericht München I.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Ein Haus in Berlin gehörte der H.GmbH. Auf dem Grundstück astete an erster Stelle eine Grundschuld von 130000 RM. für die E-bank f\G. in München, an zweiter Stelle eine Grundschuld von 40000 RM. für ien in Chemnitz wohnenden Beklagten. Die E-bank ging im Jahre 1930 n Konkurs. Der Beklagte machte nach schriftlich geführten Verhandlungen dem Konkursverwalter L. am 16. Februar 1931 ein Kaufangebot iuf die erststellige Grundschuld; L. nahm das Angebot am 28. Februar 1931 an. Nach dem so geschlossenen Vertrag kaufte der Beklagte die Grundschuld von 130000 RM. für 100000 RM., worauf zunächst 25000 RM. bar gezahlt werden sollten. L. trat seine Vertragsansprüche am 3. März 1931 m den Kläger ab. Der Beklagte focht den Vertrag am 11. April 1931 wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an. L. und der Kläger wiesen die Anfechtung zurück. Der Kläger verlangt mit der Klage die Entrichtung der Anzahlung von 25000 R M . ; L. ist ihm als Nebenintervenient beigetreten. Das Landgericht hat den Beklagten klaggemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht dagegen hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers und seines Streitgehilfen blieb erfolglos. Gründe: Das Berufungsgericht hält f ü r erwiesen, daß der Beklagte durch eine arglistige Täuschung, die N., der Geschäftsführer der H.GmbH., gegen ihn verübt hat, zur Abgabe des Kaufangebots vom 16. Februar 1931 bewogen worden ist. N. hat dem Beklagten bewußt wahrheitswidrig vorgespiegelt, die Friedensmiete des grundschuldbelasteten Grundstücks, die in Wirklichkeit 14022 RM. betrug, belaufe sich auf 18600 RM., der Mindestwert des Grundstücks sei also (nicht auf 6 x 14022 = 84132, sondern) auf 6 x 18600 111600 RM. zu berechnen; der Beklagte mache daher ein glänzendes Geschäft, wenn er die erststellige Grundschuld von 130000 RM. für nur 100000 RM. kaufe; er rette durch den Kauf sogar seine zweitstellige Grundschuld, da das Grundstück eigentlich noch viel mehr wert sei als das Sechsfache der Friedensmiete. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts hat aber N. die Täuschung nicht als Vertreter oder Erfüllungsgehilfe des L., sondern nur als Organ der H.GmbH. und damit als ein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB. verübt; L. hat, wie das Berufungsurteil weiter darlegt, die Täuschung weder gekannt noch kennen müssen. Deshalb versagt das Oberlandesgericht dem Beklagten eine Anfechtung
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aus § 123 BGB. Gegen diesen ihr günstigen Ausgangspunkt des Berufungsurteils hat die Revision nichts einzuwenden. Der Beklagte dagegen hält die Ablehnung der Arglistanfechtung für rechtlich bedenklich und wendet sich namentlich dagegen, daß N. als ein Dritter im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB. anzusehen sei. Dieser Streitpunkt kann indessen auf sich beruhen. Denn die Abweisung der Klage ist auch dann gerechtfertigt, wenn der Beklagte sich nicht auf § 123 BGB. berufen kann. Sie ergibt sich, wie das Oberlandesgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, aus den §§ 119, 121, 142, 143 BGB. Im Gegensatz zum Landgericht, das dem Beklagten bestenfalls einen rechtlich unbeachtlichen Irrtum im Beweggrunde zugestanden hatte, läßt das Berufungsgericht den Klaganspruch an der Irrtumsanfechtimg scheitern. Es begründet dieses Ergebnis so: Zwar sei bei den am 16. Februar 1931 mündlich zwischen den Kaufparteien gepflogenen abschließenden Verhandlungen in München nicht mehr ausdrücklich über den Friedensmietertrag des grundschuldbelasteten Grundstücks gesprochen worden. Der Beklagte habe aber schon durch seine vorangegangenen Briefe aus Chemnitz vom 8. Dezember 1930 und 24. Januar 1931 und dann durch sein persönliches Erscheinen in München am 16. Februar 1931 zur Aussprache mit N. auch dem Grundschuldverkäufer gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er den Erwerb der Grundschuld nur dann in Erwägung ziehen wolle, wenn er durch ein Sachverständigengutachten und durch Einsicht in einen Nachweis über die Mieterträgnisse ein Bild vom Wert des Grundstücks und damit von der Güte der Grundschuld gewonnen habe. Um dem Beklagten die hierzu erforderlichen Unterlagen vorzulegen, sei N. am 16. Februar 1931 in die Kanzlei des L. bestellt worden. Dem L. sei klar gewesen, daß die an diesem Tage ohne ihn abgehaltene Aussprache zwischen N. und dem Beklagten sich gerade auf die für den Wert des Grundstücks und der Grundschuld maßgebenden Punkte erstrecken werde. Daß dabei die Höhe der Friedensmiete eine entscheidende Bedeutung habe, sei für alle Beteiligten selbstverständlich gewesen. Hätte nun der Beklagte von N. den wahren Betrag der Friedensmiete erfahren, so hätte er bei verständiger Würdigimg des Falls sein Angebot am 16. Februar 1931 nicht gemacht. Bei der Abgabe dieses Gebots habe er sich infolge der falschen Auskunft des N. geirrt über eine im Verkehr als wesentlich angesehene Eigenschaft der Grundschuld, nämlich die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit des belasteten Grundstücks. Diese Ertragsfähigkeit sei vom Beklagten für den Vertragsgegner erkennbar zur Geschäftsgrundlage gemacht worden. Deshalb könne der Beklagte den Grundschuldkauf anfechten. Die Anfechtung vom 11. April 1931 sei ohne schuldhaftes Zögern erklärt worden. Die Revision vermißt in diesen Ausführungen zunächst eine klare Stellungnahme des Oberlandesgerichts dazu, ob der Irrtum des Beklagten über die Friedensmiete des Grundstücks rechtlich unter den ersten oder den zweiten Absatz des § 119 BGB. fallen solle. Sie meint, das Berufungs-
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gericht habe die beiden Absätze des Gesetzes rechtsirrig vermengt und schon damit einen das Urteilsergebnis beeinflussenden Rechtsfehler begangen. Diese Rüge greift nicht durch. Wenn die Darlegungen des angefochtenen Urteils vielleicht auch etwas durcheinander gehen mögen, so lassen sie doch hinreichend erkennen, daß der Berufungsrichter sowohl einen Irrtum des Beklagten über den Inhalt der Erklärung vom 16. Februar 1931 gemäß dem Grundsatz im § 119 Abs. 1 als auch einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Grundschuld im Sinne des jenen Grundsatz erweiternden § 119 Abs. 2 BGB. für gegeben erachtet hat. Die getroffenen tatsächlichen Feststellungen genügen auch, um in beiden Richtungen eine Nachprüfung in der Revisionsinstanz zu ermöglichen. Diese Nachprüfung ergibt zwar einen Rechtsirrtum in der Anwendung des § 119 Abs. 2, aber nicht in der Anwendung des § 119 Abs. 1 BGB. Richtig ist es allerdings, wenn das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der verkehrswesentlichen Sacheigenschaft im § 119 Abs. 2 BGB. grundsätzlich auch bei einem Grundschuldkauf für anwendbar hält. Denn das Gesetz gebraucht hier, wenn es von einer „Sache" spricht, diesen Begriff nicht in dem strengen Wortsinne des § 90 BGB. Entgegen der älteren Rechtsprechung, die an der engen Wortauslegung festhielt, hat auch das Reichsgericht in neuerer Zeit sich immer mehr für eine freiere, den Verkehrsbedürfiiissen entsprechende, sinngemäße Anwendung des § 119 Abs. 2 auf Geschäfte über andere Dinge als körperliche Gegenstände ausgesprochen 1 ). Damit steht die einhellige Lehre des Schrifttums 2 ) im Einklang. Der erkennende Senat trägt daher kein Bedenken, die Ansicht des Oberlandesgerichts zu teilen, daß der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Grundschuld (z. B. ihren Rang, ihre Verzinslichkeit, Fälligkeit oder Unkündbarkeit) die Anfechtung eines Grundschuldkaufs nach § 119 Abs. 2 rechtfertigen kann. Nicht beizutreten vermag er aber der Auffassung des Berufungsgerichts, daß die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit eines Grundstücks als verkehrswesentliche Eigenschaft der darauf lastenden Grundschuld anzusehen sei. Will man den Begriff der verkehrswesentlichen Sacheigenschaft im § 119 Abs. 2 nicht ins Ungewisse zerfließen lassen und damit die Anfechtbarkeit eines an sich gültig abgeschlossenen Rechtsgeschäfts unangemessen ausdehnen, so muß man daran festhalten, daß unter diesen Begriff nur solche tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fallen, die den Gegenstand selbst kennzeichnen, nicht Umstände, die nur mittelbar einen Einfluß auf seine Bewertung auszuüben ') RGZ. Bd. 103 S. 21/22; JW. 1914 S. 674 Nr. 2; vgl. auch RGZ. Bd. 112 S. 329 (332); AufwRspr. 1931/32 Nr. 69; WarnRspr. 1932 Nr. 3. a ) RGRKomm.z. BGB. 8. Aufl. Bd. 1 § 119 Anm. 5 Abs. 3; P l a n c k - F l a d BGB. 4. Aufl. Bd. 1 § 119 Anm. IV 6c a ; Staudinger BGB. 9. Aufl. Bd. 1 § 119 Anm. III 4B i; Oertmann BGB. 3 Aufl. § 1 1 9 Anm. 4c Abs. 2; Hnneccerus Lehrbuch Bd. I I § 157 unter III 4.
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vermögen 1 ). So hat denn auch das Reichsgericht schon mehrfach 2 ) die Ansicht abgelehnt, daß beim Grundstückskauf gewisse Rechtsverhältnisse einer auf dem Grundstück lastenden Hypothek als Eigenschaften des Grundstücks angesprochen werden könnten. Ebensowenig dürfen umgekehrt beim Kauf einer Hypothek oder Grundschuld wirtschaftliche oder rechtliche Verhältnisse des belasteten Grundstücks mittelbar als Eigenschaften der Hypothek (Grundschuld) angesehen werden 3 ). Mithin ist es im vorliegenden Falle rechtsirrig, wenn das Berufungsgericht den Irrtum des Beklagten über den Friedensmietertrag des Grundstücks als einen Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der verkauften Grundschuld behandelt hat. Der Abs. 2 des § 119 BGB. muß hier ausscheiden. Dagegen wird die angefochtene Entscheidung gerechtfertigt durch die Anwendung des § 119 Abs. 1 BGB. auf den festgestellten Tatbestand. Mit dem Berufungsgericht und der Revision ist freilich davon auszugehen, daß ein Irrtum des Beklagten über die Friedensmiete des Grundstücks nur dann als ein Irrtum über den Inhalt seiner Erklärung vom 16. Februar 1931 angesehen werden kann, wenn einerseits dieser Irrtum das abgegebene Kaufangebot auf die Grundschuld maßgebend beeinflußt hat und wenn anderseits bei den Kaufverhandlungen auch dem Verkäufer ausdrücklich oder stillschweigend kenntlich gemacht worden ist, daß der Beklagte gerade die von N. gemachte Angabe über den Friedensmietertrag des Grundstücks der Preisberechnimg für die Grundschuld und damit dem ganzen Kaufangebot zugrunde legte. Hätte es an der zweiten Voraussetzung gefehlt, so würde nur ein rechtlich unbeachtlicher Irrtum im Beweggrunde vorgelegen haben 4 ). Vergeblich sucht die Revision nun darzulegen, daß die tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht ausreichten, um beide Voraussetzungen als vorliegend zu erachten. In rein tatsächlicher, Revisionsangriffen unzugänglicher Würdigung des Sachverhalts stellt das Berufungsgericht insbesondere fest, daß der Beklagte in einer dem Verkäufer unmißverständlich erkennbaren Weise zum Ausdruck gebracht hat, die von N. gemachten Angaben über das belastete Grundstück, namentlich über die Friedensmiete, bildeten die maßgebliche Grundlage des Kaufangebots auf die Grundschuld. . . . (Wird näher ausgeführt.) Die Revision bezweifelt aber auch ohne Grund, daß überhaupt ein Irrtum des Beklagten über die Höhe der Friedensmiete bei der Abgabe des Kaufangebots am 16. Februar 1931 vorgelegen habe. Sie meint, der Beklagte habe dem N . gar nicht getraut und dessen Angaben über die Friedensmiete nicht für ausreichend gehalten; wenn er trotzdem ohne wei') P l a n c k - F l a d a. a. O. Anm. I V 6a Abs. 2 ; S t a u d i n g e r a. a. O. Anm. I I I 4 B k A b s . 2. 2 ) WarnRspr. 1909 N r . 1 3 4 , 1 9 3 1 N r . 60. 3 ) R G R . K o m m . a. a. O. S. 161 unten; vgl. für den Kuxkauf auch R G . in Gruch. Bd. 48 S. 100. 4 ) R G R K o m m . a. a. O. § 1 1 9 A n m . 2 , 5 Abs. 5 mit zahlreichen Belegen aus der RechtsDrechune.
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tere Nachforschungen sein Kaufangebot gemacht habe, so habe er bewußt die Gefahr der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Angaben des N. auf sich genommen, also sich nicht über eine von ihm als feststehend angesehene und für ihn wesentliche Tatsache geirrt, sondern eine ihm zweifelhaft erscheinende Tatsache absichtlich ungeklärt gelassen und folglich mit in den Kauf genommen. Diese Ausführungen stehen indessen im offenen Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts, die keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß der Beklagte am 16. Februar 1931 den falschen Angaben des N. vertraut, auf ihnen sein Angebot aufgebaut und an eine Gefahrübernahme im Bereiche seiner Berechnungsgrundlage nicht gedacht, sondern seinen insoweit durch N. arglistig erregten Irrtum erst später entdeckt und dann unverzüglich das Geschäft angefochten hat. . . . R G Z . 151, 357 Sind die in den §§ 122, 129, 307 BGB. enthaltenen Vorschriften, durch welche die Höhe des Schadensersatzes auf das Erfüllungsinteresse beschränkt und die Anwendung des § 254 BGB. ausgeschlossen wird, in allen Fällen einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen anzuwenden ? BGB. §§ 122, 179, 254, 276, 307. IV. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 22. Juni 1936. Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". R G Z . 152, 228 1. . . . 2. Unterliegt die Anfechtung eines Annahmevertrages wegen Irrtums den allgemeinen Vorschriften der §§ 119 flg. BGB. ? 3. Kann sich der Anfechtende gegenüber dem Einwand schuldhafter Verzögerung der Anfechtung auch auf Rechtsirrtum berufen ? BGB. §§ 119, 121, 1749, 1755, 1768. IV. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 12. Oktober 1936.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht". R G Z . 152, 251 1. Zur Sittenwidrigkeit von Bierabnahmeverträgen. 2. Hat bei Aufhebung eines Teilurteils und Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts
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dieser Senat auch über den Teil des Rechtsstreits zu entscheiden, der nicht in die Revisionsinstanz gelangt, sondern beim Berufungsgericht anhängig geblieben ist ? BGB. §§ 138, 242. ZPO. § 565. VII. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 30. Oktober 1936. I. Landgericht Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Die Beklagten sind Inhaber einer Schankwirtschaft in B. Nachdem sie schon längere Zeit ihr Bier von der Klägerin bezogen hatten, erhielten sie von dieser im Mai 1924 zweimal je 5000 RM. als Darlehen. In den darüber abgeschlossenen Verträgen vom 7. und 21. Mai 1924 verpflichteten sie sich, ihren „gesamten Bedarf an hiesigem und auswärtigem oberund untergärigem Bier in Fässern und Flaschen, mindestens jedoch 500 Hektoliter" (in jedem Vertrag) von der Klägerin zu beziehen und zur Tilgung des Darlehns auf jedes Hektoliter Bier ein Aufgeld zu entrichten. Durch vorzeitige Rückzahlung des Darlehns sollte die Bierbezugsverpflichtung nicht berührt, für jedes anderweitig bezogene Liter Bier eine Vertragsstrafe von 5 Goldpfennig bezahlt werden. Im Falle einer Vertragsverletzung der Beklagten sollte die Klägerin berechtigt sein, sofortige Erfüllung sämtlicher Zahlungsverpflichtungen zu fordern; in allen übrigen Punkten sollte der Vertrag bestehen bleiben. Auch bei Veräußerung oder Aufgabe des Geschäfts sollten die Verpflichtungen der Beklagten bei Bestand bleiben. Gleichzeitig übertrugen die Beklagten der Klägerin das Wirtschaftsinventar sicherungshalber zu Eigentum. Die Darlehen haben die Beklagten im Laufe der Jahre zum größten Teil zurückgezahlt. Im Jahre 1928 übernahmen sie neben ihrer bisherigen Gastwirtschaft eine zweite. Im Zusammenhang damit erhielten sie von der Klägerin ein neues Darlehen von 25000 RM. Nach Behauptung der Klägerin sind über dieses Darlehen am 9. Mai 1928 zwei weitere Verträge geschlossen worden, in denen die Beklagten den Empfang von Darlehen von 23000 RM. und 2000 RM. bestätigten und sich zu weiterem Bierbezug von der Klägerin in Höhe von mindestens 4600 Hektolitern und 400 Hektolitern verpflichteten. Auch hier sollte die Tilgung der Darlehen durch ein Aufgeld erfolgen. Die Vertragsstrafe für jedes Liter Bier, das die Beklagten „pflichtwidrig nicht von der Klägerin entnehmen", ist auf 10 Goldpfennig festgesetzt „mit der Maßgabe, daß die Vertragsstrafe für das ganze noch nicht bezogene Quantum fällig ist, sobald die Beklagten den Bierbezug bei einer anderen Brauerei aufnehmen". Auch in diesen Verträgen findet sich eine Übereignung des Wirtschaftsinventars. Die Verträge enthalten im großen und ganzen dieselben Bestimmungen wie diejenigen von 1924. Die Beklagten bestreiten den Abschluß der beiden letzten Verträge; sie wollen nur einen Vertrag über 2000 RM. Darlehen unterschrieben haben, in dem sie sich zu einem Bierbezug von 200 Hektolitern verpflichtet hätten.
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Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten seit dem September 1933 weder das Aufgeld noch die Darlehnszinsen bezahlt und schuldeten ihr noch erhebliche Beträge. Sie hat zunächst Klage auf Zahlung von 1200 RM. erhoben. Das Landgericht hat dementsprechend erkannt. Die Beklagten haben Berufung eingelegt und Widerklage auf Feststellung der Nichtigkeit der Verträge vom 7. und 21. Mai 1924 und der beiden Verträge vom 9. Mai 1928 erhoben. Die Klägerin hat sich der Berufung angeschlossen und ihre Klage um 8800 RM. erweitert. Das Kammergericht hat durch Teilurteil festgestellt, daß die Darlehns- und Bierbezugsverträge, die zwischen den Parteien in den Jahren 1924 und 1928 geschlossen worden sind, und über welche die Urkunden vom 7. Mai 1924, 21. Mai 1924 und die zwei Urkunden vom 9. Mai 1928 vorliegen, nichtig sind. Auf die Revision der Klägerin wurde dieses Teilurteil aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Gründe: Die Beklagten bestreiten die Echtheit der beiden Verträge vom 9. Mai 1928. Der Berufungsrichter geht hierauf nicht ein, weil diese Verträge ebenso wie diejenigen vom 7. und 21. Mai 1924 die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Beklagten über Gebühr einengten und daher nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig seien; er stellt deshalb entsprechend dem Antrag der Widerklage die Nichtigkeit aller vier Verträge fest. Eine solche Feststellung konnte nur getroffen werden, wenn das Zustandekommen der Verträge außer Zweifel war. Schon aus diesem Grunde bestehen Bedenken gegen die Entscheidung des Berufimgsrichters. Aber auch hiervon abgesehen ist seine Annahme, daß die gesamten Verträge sittenwidrig und nichtig seien, mit der bisherigen Begründung nicht haltbar. Es entspricht der ständigen Rechtsprechimg des Reichsgerichts, daß ein Vertrag auch dann als sittenwidrig angesehen werden kann, wenn nur einer Partei ein unsittliches Verhalten zur Last fällt und dies sich gegen die andere Partei richtet, wenn also weitgehende Eingriffe namentlich in die wirtschaftliche Freiheit der anderen Partei stattfinden. Darin allein, daß zeitlich beschränkte Bierbezugsverpflichtungen zwischen einem Gastwirt und einer Brauerei unter Ausschluß anderen Bierbezuges eingegangen werden, liegt aber kein solcher Eingriff. Das hat die Rechtsprechung auch dann anerkannt, wenn die Abnahmeverpflichtimg im Zusammenhang mit einer Darlehnsgewährung der Brauerei übernommen worden war, auch wenn jene Verpflichtung eine gewisse Zeit über die Rückzahlung des Darlehns hinaus fortdauern sollte. Immer ist es Frage der Umstände des einzelnen Falles, ob sich aus den getroffenen Vereinbarungen eine übermäßige Härte für den Wirt in der Weise ergibt, daß die Bierabnahmepflicht eine drückende Beschränkung, wenn nicht Aufhebung seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit und Unabhängigkeit bedeutet und ihn völlig in die Hände der Brauerei gibt (RGZ. Bd. 63 S. 390; RGUrt. vom 22. März 1935 VII 278, 34 in JW. 1935 S. 2553 Nr. 1, vom 23. September 1935 VI 146/35 in
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JW. 1935 S. 3217 Nr. 1 und vom 3. Dezember 1935 VII 138/35 in JW. 1936 S. 569 Nr. 1). Insoweit ist die Frage der Sittenwidrigkeit des Vertrags weitgehend Sache tatsächlicher Beurteilung, bei der die gesamten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Verhältnisse von dem besonderen Standpunkt der Vertragschließenden unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse, Beweggründe und Zwecke in Betracht zu ziehen sind. Erst wenn dies geschieht, läßt sich beurteilen, ob die Vereinbarungen der Parteien gegen die guten Sitten verstoßen. Dieser seiner Aufgabe, die Vereinbarungen der Parteien nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls zu prüfen, ist der Berufungsrichter nicht gerecht geworden. Aber auch die Gründe, aus denen er einzelne Vertragsbestimmungen allgemein für unvereinbar mit dem gesunden Rechtsempfinden des Volkes und deshalb für nichtig erklärt, halten einer Nachprüfung nicht stand. In der Natur der Verhältnisse liegt es, daß sich mittellose Anfänger oder nicht in günstiger Vermögenslage befindliche Wirte mit Rücksicht auf das mit der Darlehnsgewährung immerhin verbundene Wagnis lästigeren Vertragsbedingungen unterwerfen müssen als Abnehmer, die für die Rückzahlung größere Sicherheit bieten, anderseits, daß die Brauereien in der Lage sein müssen, gerade bei unsicheren Schuldnern die Innehaltung ihrer Verpflichtungen durch scharfe Bestimmungen zu erzwingen. Solche Bestimmungen verstoßen nicht gegen die guten Sitten, wenn sie bei groben Verstößen des Schuldners gegen seine Pflichten als berechtigt erscheinen. Gegen Versuche des Gläubigers, sie der Billigkeit zuwider auch in anderen Fällen zur Anwendung zu bringen, schützt den Schuldner die Bestimmung des § 242 BGB. (vgl. in dieser Richtung auch die schon angezogene Entscheidung des erkennenden Senats vom 22. März 1935 in JW. 1935 S. 2553 Nr. 1). Denselben Standpunkt vertritt K i s c h in seinem von der Klägerin herbeigezogenen Privatgutachten. Hierher gehören insbesondere die von dem Berufungsrichter beanstandeten Bestimmungen des § 6 Abs. 3 und des § 4 aller Verträge und des § 3 Abs. 1 der beiden Verträge vom 9. Mai 1928. Zu der Bestimmung des § 6 Abs. 3, daß auch bei einer Aufgabe des Geschäfts die Verpflichtungen der Beklagten aus dem Vertrag unberührt bleiben sollten, führt der Berufungsrichter aus: Die Bindung der Beklagten an die eingegangenen Zahlungsverpflichtungen entspreche allgemeinem Rechtsempfinden; ihre unbedingte Bindung an die Bierbezugspflicht bedeute aber eine das zulässige Maß übersteigende Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit. Sie sei zwar gerechtfertigt, wenn der Gastwirt sein Geschäft nur deshalb aufgebe, um sich der gesetzlichen Bierbezugspflicht zu entziehen, aber im höchsten Grunde unbillig, wenn der Gastwirt ohne sein Verschulden durch die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Aufgabe seines Geschäfts gezwungen werde. Wenn auch in solchem Falle die Bierbezugspflicht bestehen bleibe, werde der Gastwirt dadurch unter Umständen gehindert, eine andere Gaststätte zu erwerben, die bis dahin von einer anderen Brauerei beliefert worden sei und deren künftige Belieferung durch die Klägerin wegen des unter den Brauereien bestehenden
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Konkurrenzvertrags nicht möglich sei. Ein solcher Gastwirt wäre daher gehindert, sich eine neue Existenz in seinem Beruf aufzubauen, wenn es ihm nicht gelänge, eine von der Klägerin belieferte Gaststätte zu erwerben. Diesen Erwägungen kann nicht beigetreten werden. Zutreffend weist die Revision daraufhin, daß die Bestimmung des § 6 Abs. 3 nur die Rechtslage wiedergebe, die sich schon aus dem Gesetz ergibt. An sich ist der Gastwirt auch bei Aufgabe seines Geschäfts zur Erfüllung aller übernommenen Verpflichtungen, also auch der Bierabnahmepflicht, verbunden. Allerdings wird die gebotene Rücksichtnahme auf Treu und Glauben im Verkehr (§ 242 BGB.) dahin führen, daß die Brauerei die weitere Bierabnahme nicht verlangen darf, wenn der Gastwirt ohne sein Verschulden zur Aufgabe seines Geschäfts gezwungen worden und nicht in der Lage ist, ein anderes Geschäft zu erwerben, in dem er das Bier der betreffenden Brauerei verschänken darf. Diese Folge wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, daß in dem Bierbezugsvertrag die Fortdauer der Verpflichtungen des Gastwirts ausdrücklich festgelegt ist. Eine derartige Bestimmung enthält also keine unzulässige Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Gastwirts. Eine solche unzulässige Beschränkung findet der Berufungsrichter weiter in der Bestimmung des § 4 sämtlicher Verträge, wonach der Vertrag in allen übrigen Punkten, also auch hinsichtlich der Bierbezugspflicht, bestehen bleibe, wenn sich die Beklagten eine Vertragsverletzung zuschulden kommen lassen und die Klägerin daraufhin von ihrem Recht Gebrauch macht, die sofortige Erfüllung ihrer sämtlichen Zahlungsverpflichtungen zu verlangen. Die Klägerin behaupte — so heißt es in dem Berufungsurteil—, dieses Recht stehe ihr auch dann zu, wenn die Beklagten mit der Erfüllung ihrer Vcrtragspflichten unverschuldet in Rückstand kämen. Wenn dies richtig sei, so könne die Klägerin auch bei unverschuldeter Nichtleistung durch Einziehung des Darlehns, aber Festhalten an der Bierbezugspflicht den aus Darlehen und Bierbezugspflicht zusammengesetzten einheitlichen Vertrag in seinem Wesen umgestalten und zerreißen. Eine solche Befugnis widerspreche den guten Sitten. Aber auch wenn man, wie der Berufungsrichter, zur Auslösung der Folgen des § 4 eine verschuldete Vertragsverletzung für erforderlich halte, sei diese Bestimmung mit den Sittenanschauungen des deutschen Volkes nicht vereinbar. Denn da die Beklagten wie die meisten Schankwirte ihr gesamtes Vermögen und ihre ganze Arbeitskraft in ihr Geschäft hineingesteckt hätten, so würden sie ihren Zahlungsverpflichtungen aus § 4 aus Eigenem nicht nachkommen können; der Geldbeschaffung durch Aufnahme eines Darlehns von einer anderen Brauerei aber würde entgegenstehen, daß sie wegen der Fortdauer ihrer Bezugspflicht gegenüber der Klägerin, die mit dem Darlehen untrennbar verbundene Verpflichtung gegenüber einer anderen Brauerei, welche das Ersatzdarlehen gewähren würde, nicht eingehen könnten. Auch beim kleinsten Versehen in der Erfüllung ihrer Vertragspflichten könnten die Beklagten daher von der Klägerin um ihre Existenz gebracht werden. Zivil«. Alk-cm. Teil :j
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Die Revision will den § 4 des Vertrags anders auslegen als der Berufungsrichter. Sie führt aus: Wenn die Klägerin das gesamte Darlehen nebst allen sonstigen Zahlungsverpflichtungen von den Beklagten zurückverlange, so bleibe deren Bierbezugspflicht nur so lange bestehen, bis die Rückzahlung erfolgt sei; mit der Erfüllung sämtlicher Zahlungsverpflichtungen der Beklagten endige der gesamte Vertrag zwischen den Parteien. Ob die Verträge, welche die Klägerin mit den von ihr belieferten Gastwirten über die Gewährung von Darlehen mit Bierbezugspflicht schließt, als sog. typische Verträge anzusehen und deshalb der freien Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich sind, bedarf hier nicht der Entscheidimg. Denn auch wenn dies zutreffen sollte, würde der erkennende Senat sie ebenso auslegen wie der Berufungsrichter. Die Revision begründet ihre Auslegung des § 4 damit, daß sich zwar in § 2 eine Bestimmung über die Fortdauer der Bierbezugspflicht befinde, nämlich für den Fall einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehns. Eine solche v o r z e i t i g e Rückzahlung liege aber nicht vor, wenn das Darlehen mit allen Nebenleistungen auf Verlangen der Klägerin zurückgezahlt werde. Das ist richtig. Aber auch in § 4 Satz 2 wird durch die Bestimmung, daß der Vertrag in allen übrigen Punkten bestehen bleibe, die Fortdauer der Bierbezugsverpflichtung ausgesprochen, und es ist nicht ersichtlich, warum diese Bestimmung nur gelten soll, bis die Beklagten ihren sämtlichen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen sind. Eine solche Einschränkung ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zusammenhang zu entnehmen. In § 5 der Verträge, welcher der Klägerin das Recht gibt, das Darlehen mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zu kündigen, wenn die Bierentnahme der Beklagten auf weniger als drei (oder fünf) Hektoliter im Monat sinkt, ist eine entsprechende Bestimmung nicht enthalten. Auch das spricht gegen die von der Klägerin gewünschte Auslegung; denn wenn durch § 4 Satz 2 das Bestehenbleiben der übrigen Vertragsbestimmungen nur bis zur Rückzahlung des Darlehns hätte bestimmt werden sollen, wäre eine solche Bestimmung sicherlich auch in den § 5 aufgenommen worden. Dem Berufungsrichter ist nun darin zuzustimmen, daß die Bestimmung des § 4 den Gastwirt sehr hart treffen kann. Bei der Beurteilung, ob sie eine sittenwidrige Knebelung enthält, sind aber die Belange beider Vertragsteile in Betracht zu ziehen. Insbesondere ist gerade bei dieser Bestimmung zu berücksichtigen, daß die Brauerei ihre Darlehen vielfach dem Gastwirt ohne ausreichende Sicherheit zur Verfügung stellt und deshalb in der Lage sein muß, durch scharfe Bestimmungen die Innehaltung der Verpflichtungen des Gastwirts, die sich natürlich in angemessenen Grenzen halten müssen, zu erzwingen. Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen widerstreitet es nicht dem gesunden Rechtsempfinden des Volkes, wenn der Brauerei für den Fall einer Zuwiderhandlung des Gastwirts gegen seine Verpflichtungen im Vertrage das Recht eingeräumt wird, die sofortige Erfüllung seiner sämtlichen Zahlungsverpflichtungen zu fordern. Allerdings wird diese Bestimmung in ihrer Wirkung für den Gastwirt dadurch ver-
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schärft, daß daneben seine Bierbezugspflicht unverändert bestehen bleibt. Hierin sieht der VI. Zivilsenat in seinem Urteil vom 23. September 1935 VI 146 35 (JW. 1935 S. 3217 Nr. 1) eine übermäßig harte Bestimmung. Dem kann jedoch, wenigstens allgemein, nicht beigetreten werden. Ob die Verpflichtung des Gastwirts zur Abnahme einer bestimmten Menge Bier eine übermäßige Beeinträchtigimg seiner wirtschaftlichen Freiheit darstellt, kann nur nach den besonderen Umständen des Falles beurteilt werden. Trifft dies aber im einzelnen Fall nicht zu, so handelt es sich nur darum, ob die Verfallklausel selbst eine übermäßige Härte gegen den Gastwirt enthält, und das ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn schwerwiegende Verstöße des Gastwirts gegen seine Verpflichtungen vorliegen. Dem Berufungsrichter ist zuzugeben, daß die Verfallklausel gegen das gesunde Volksempfinden verstoßen würde, wenn der Gastwirt wirklich durch sie beim kleinsten Versehen in der Erfüllung seiner Pflichten oder gar bei einer unverschuldeten Nichterfüllung um seine Existenz gebracht werden könnte. Das ist aber nicht der Fall; denn der Gastwirt kann sich auch der Verfallklausel gegenüber auf die Bestimmung des § 242 BGB. berufen. Die Brauerei darf von ihr nur Gebrauch machen, wenn Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Verstoß des Gastwirts als schwerwiegend genug für die Geltendmachung der Klausel erscheinen lassen. Der Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen gemäß § 136 GVG. bedarf es gegenüber dem erwähnten Reichsgerichtsurteil nicht, da der VI. Zivilsenat in jener Entscheidung die Nichtigkeit des Vertrages aus seiner Gesamtwirkung herleitet, die damaligen Vertragsbedingungen aber in wesentlichen Punkten andere waren als in dem hier zu entscheidenden Falle. Weiter verstößt nach der Meinung des Berufimgsrichters die in § 3 Abs. 1 der beiden Verträge vom 9. Mai 1928 enthaltene Bestimmung über die Vertragsstrafe gegen die Sittenanschauungen des deutschen Volkes. Nach ihr könne die Klägerin auch bei dem geringsten Fremdbierbezug eine Vertragsstrafe von 10 GPf. für jedes Liter der noch nicht bezogenen Biermindestmenge verlangen. Da die Biermindestmenge in diesen Verträgen zusammen 5000 Hektoliter betrage, so würde die Vertragsstrafe, wenn der Fremdbezug im Anfang der Laufzeit der Bierbezugspflicht erfolge, fast 50000 GM. ausmachen. So hohe Vertragsstrafen ständen außer jedem Verhältnis zu dem Vertragsbruch und dem Interesse der Klägerin an der strengen Einhaltung der Bierbezugspflicht, auch dann, wenn man berücksichtige, daß die Klägerin solchen Fremdbezug nicht ohne weiteres entdecken könne, die Vertragsstrafe somit abschreckende Wirkung haben müsse. Die Revision will auch diese Bestimmung anders auslegen als der Berufungsrichter. In erster Reihe sei nur eine Vertragsstrafe von 10 GPf. für den Bezug fremden Bieres festgesetzt. Für geringfügigen Fremdbierbezug gelte zwischen den Parteien nur diese Vereinbarung der Vertragsstrafe. Die Strafe von 10 GPf. für jedes von den Beklagten bei der Klägerin noch nicht abgenommene Liter der vereinbarten Mindestbiermenge könne von der Klägerin erst gefordert werden, wenn die Beklagten bei einer anderen 13»
196 Brauerei „den Bierbezug aufgenommen hätten". Ein geringfügiger Fremdbierbezug stelle nicht die „Aufnahme des Bierbezuges" bei einer fremder Brauerei dar. Auch hier entsteht die Frage, ob die Vertragsbedingunger der freien Auslegung durch das Revisionsgericht unterliegen. Aber auch wenn dies anzunehmen sein sollte, würde der erkennende Senat der Auslegung des Berufungsrichters beitreten. Gegen den Auslegungsversuch dei Revision spricht schon, daß die Vertragsstrafe von 10 GPf. in § 3 Abs. 1 festgesetzt ist „ f ü r jedes Liter Bier, welches die Beklagten pflichtwidrig nicht von der Klägerin entnehmen", und daß in Abs. 2 das. eine Bestimmung für den Fall getroffen worden ist, daß die Klägerin die Vertragsstrafe „lediglich für das anderweitig bereits bezogene Bier" verlangt. Gerade die letzte Bestimmung zeigt, daß die Einforderung der Vertragsstrafe nur füi das bereits anderweit bezogene Bier ein Entgegenkommen der Klägerin darstellen soll. Trotzdem können auch die Ausführungen des Berufungsrichters übei die Unsittlichkcit der Bestimmung über die Vertragsstrafe nicht gebilligi werden. Selbst die nach der ganzen noch nicht bezogenen Biermenge berechnete Strafe kann berechtigt sein, wenn der Gastwirt in großem Umfang seiner Bierbezugspflicht zuwiderhandelt. Außerdem soll und muß die Androhung einer Vertragsstrafe, wie der Berufungsrichter mit Recht sagt, abschreckende Wirkung haben. Sie ist aber nicht bloß nach dem strengen Wortsinne, sondern in dem Geiste zu verstehen, in dem eine große Brauerei sie im eigenen wohlverstandenen Interesse zur Erhaltung ihres geschäftlichen Rufes zu handhaben pflegt. Wollte die Brauerei wirklich bei einem gelegentlichen Fremdbierbezug des Gastwirts die Vertragsstrafe nach der ganzen noch nicht abgenommenen Biermenge einfordern, so würde sie damit keinen Erfolg haben können. Einem solchen Handeln würde nach § 242 BGB. die Einrede der Arglist entgegenstehen. Die Sachlage ist dieselbe wie bei der Verfallklausel des § 4. Beide Bestimmungen verstoßen nicht gegen die guten Sitten, weil sie bei schweren Verstößen des Gastwirts zur Wahrung der Belange der Brauerei erforderlich sein können, wohl aber kann ihrer Anwendung im einzelnen Falle die Berufung auf § 242 BGB. entgegenstehen. Abgesehen von den hiernach erledigten Punkten wendet sich der Berufungsrichter noch gegen die Bestimmungen in § 1 der beiden Verträge vom 9. Mai 1928, in denen die Beklagten sich zur Abnahme von 4600 und 400 Hektolitern Bier verpflichten, obwohl die damals empfangenen Darlehen schon durch das Aufgeld auf 2300 und 200 Hektoliter getilgt werden würden. . . . Hierzu meint der Berufungsrichter, gegen die Bestimmung, daß bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehns die Bierbezugspflicht bestehen bleibe, sei nichts einzuwenden. Denn da eine vorzeitige Rückzahlung in der Regel nicht aus eigenen Mitteln, sondern nur durch Übergang zu einer anderen Brauerei bewirkt werden könne, so verhindere diese Bestimmung einen allzu schnellen Wechsel der beliefernden Brauerei und schütze somit das berechtigte Interesse der Klägerin an stetigen Absatzverhältnissen.
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Wenn aber die Beklagten die Darlehen durch die Hektoliteraufschläge in der vorgesehenen Weise getilgt hätten, so sei das Sicherungsbedürfnis der Klägerin erledigt. D a n n müsse es den Beklagten freistehen, ihr Bier nach eigenem Belieben zu beziehen, ohne noch an die Klägerin gefesselt zu sein. Hiergegen verstießen die Verträge vom 9. Mai 1928. Die Klägerin begründe ihre Regelung damit, daß das Aufgeld auch die Darlehnszinsen decken solle und häufig nicht ebenso pünktlich gezahlt werde wie der eigentliche Bierpreis. Tatsächlich hätten die Beklagten auch seit September 1933 zwar den Preis des von der Klägerin bezogenen Bieres gezahlt, nicht aber die D a r lehnszinsen und das Aufgeld. Die Klägerin sei jedoch nicht gezwungen, eine solche Entwicklung hinzunehmen, da sie nach § 2 Abs. 1 Satz 1 sämtlicher Verträge die Bezahlung des Aufgeldes gleichzeitig mit der Zahlung des Kaufpreises verlangen könne. N u r zur Deckung der Darlehnszinsen und der etwaigen Beitreibungskosten sei daher eine zusätzliche Bierbezugspflicht erforderlich u n d zulässig. Eine Verdoppelung der Dauer der Bierbezugspflicht sei keineswegs erforderlich. Auch diese Bestimmung müsse daher als unvereinbar mit den Anschauungen des deutschen Volkes über die Grenzen der Abhängigkeit des wirtschaftlich Schwachen von dem wirtschaftlich Starken angesehen werden und sei somit nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig. Diesen Ausführungen kann jedoch ebenfalls nicht beigetreten werden. Auch sie sehen das Rechtsverhältnis zu sehr vom Standpunkt des Schuldners an und beachten die Belange des Gläubigers nicht hinreichend. Wie bereits gesagt, ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn in einem Bierbezugsvertrag die Dauer des Bierbezugs über die Zeit der Rückzahlung des Darlehns hinaus festgelegt wird. Gerade hierin wird häufig der Ausgleich f ü r das Wagnis bestehen, das die Brauerei durch Hingabe eines unzulänglich gesicherten Darlehns eingeht. Allerdings darf sich die Bindung des Gastwirts nicht über eine unangemessen lange Zeit erstrecken. Ob dies anzunehmen ist, kann aber nur unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles entschieden werden. Durch die Verträge vom 9. Mai 1928 wird den Beklagten eine Verpflichtung zum Bezug von 5000 Hektolitern Bier auferlegt. Nach den eigenen Angaben der Beklagten hat ihr Bierbezug f ü r beide Gastwirtschaften in der Zeit von Juni bis Dezember 1928 über 470 Hektoliter, im ganzen Jahre 1929 sogar weit über 800 Hektoliter betragen. Bei einem Durchschnittsbezug von nur 600 Hektolitern wäre also die ihnen auferlegte Bierbezugsverpflichtung in etwa 8 Jahren erfüllt gewesen. Sache des Tatrichters wird es sein, festzustellen, mit welcher Durchschnittsmenge des Bierbezugs die Parteien bei Abschluß der beiden Verträge rechnen konnten und gerechnet haben. Auf dieser Grundlage wird dann weiter zu p r ü f e n sein, ob die Verpflichtung der Beklagten zu einem Bierbezug von 5000 Hektolitern unter Berücksichtigung der Höhe der gegebenen Darlehen, der Möglichkeit, dadurch ihren Geschäftsgewinn zu vergrößern, der vorhandenen Sicherheiten und der Bedingungen der Rückzahlung als eine so übermäßige Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit
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der Beklagten anzusehen ist, daß die Vertragsbedingungen in ihrer Gesamtheit mit den sittlichen Anschauungen des deutschen Volkes nicht vereinbar sind. Die bisherigen Feststellungen reichen zu einer Nachprüfung in dieser Richtung nicht aus. Der Berufungsrichter wird daher die Sachlage nach dieser Richtung erneut zu würdigen haben. Zwar ist eine Bierbezugsverpflichtung über die Zeit der Rückzahlung des Darlehns hinaus nur in den beiden Verträgen vom 9. Mai 1928 enthalten, deren Zustandekommen die Beklagten bestreiten. Sie beanstanden aber die Gültigkeit aller Verträge auch noch aus dem Gesichtspunkt, der ihnen berechnete Bierpreis sei so hoch bemessen gewesen, daß darin bereits etwaige Verluste aus den Darlehnsgeschäften mitberücksichtigt seien; sie halten auch das Aufgeld von 10 GM. auf das Hektoliter Bier für nicht tragbar. Da der Berufungsrichter dies Vorbringen bisher nicht geprüft hat, ist die Sache auch für die Verträge vom 7. und 21. Mai 1924 noch nicht spruchreif; vielmehr ist die Sache zur weiteren Erörterung, bei der möglicherweise auch die Frage einer Teilnichtigkeit nach § 139 BGB. zu behandeln sein wird, unter Anwendung des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO. an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat, an den die Sache zurückverwiesen wird, wird auch den Teil des Rechtsstreits zu erledigen haben, der nicht in die Revisionsinstanz gelangt, sondern beim Berufungsgericht anhängig geblieben ist. Denn die Entscheidung über Teile einer anhängigen Berufung kann — abgesehen von einer inzwischen etwa eingetretenen Änderung der Geschäftsverteilung — nicht durch verschiedene Senate des Berufungsgerichts erfolgen. Das Revisionsgericht aber kann in der ihm durch § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO. beigelegten Befugnis, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, nicht dadurch beschränkt sein, daß sich die Revision gegen ein Teilurteil richtet. Deshalb muß der Senat, an den die Sache zurückverwiesen wird, zur Entscheidung über das ganze beim Berufungsgericht anhängige Rechtsmittel berufen sein. RGZ. 153, 59 Über die Einrede unzulässiger Rechtsausübung gegenüber der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Formmangels. BGB. §§ 125, 138, 826. IV. Zivilsenat. Urt. v. 12. November 1936. I. Landgericht Görlitz.
II. Oberlandesgericht Breslau.
Der Kläger verpachtete am 9. März 1930 seine bis dahin von ihm selbst in M. betriebene Bäckerei an den Beklagten vom 1. Oktober 1930 ab auf 5 Jahre. Das Pachtverhältnis wurde am 30. September 1935 nicht verlängert. Der Beklagte räumte daher die Bäckerei. Er eröffnete darauf in G.-M. eine andere Bäckerei, während der Kläger den Betrieb seiner Bäckerei
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wieder selbst übernahm. Mit der Klage verlangt der Kläger, daß dem Beklagten bis zum 31. Dezember 1937 untersagt werde, im Stadtbezirk G. — unter Zugrundelegung seiner Grenzen vor der Eingemeindung von M. — an Kunden Bäckereiwaren zu liefern oder zu vertreiben. Er stützt sich dabei auf ein im § 10 des Pachtvertrags ausbedungenes Wettbewerbsverbot. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage entsprochen und eine Widerklage abgewiesen, mit der die Feststellung begehrt war, daß dem Kläger Ansprüche aus der Konkurrenzklausel (§ 10 des Pachtvertrags) an den Beklagten nicht zuständen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Die Parteien hatten im § 10 des Pachtvertrags ausbedungen, daß dem Pächter nach Auflösung des Pachtvertrags die Eröffnung eines Geschäfts gleicher Branche oder ein Vertrieb mit gleichen Lebensmitteln im Stadtund Landkreis G. nicht gestattet sei. Der Beklagte glaubt sich an diese Verpflichtung nicht halten zu brauchen, weil im Vertrage ein Vorkaufsrecht ausbedungen gewesen sei, ohne daß der Vertrag der Form des § 313 BGB. genügt hätte. Er folgert daraus, der ganze Vertrag sei unwirksam. Er hält sich schließlich durch die Bestimmung in unzulässiger Weise geknebelt. Das Berufimgsgericht ist dagegen der Ansicht, daß der Pachtvertrag in seinen übrigen Bestimmungen auch ohne die Vorkaufsabrede abgeschlossen worden wäre, daß aber auch die Einrede der Arglist gegenüber der Berufung auf den Formmangel durchgreife. Eine unzulässige Knebelung des Beklagten liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor. Auf den ersten Entscheidungsgrund aus § 139 BGB. hat aber das Berufungsgericht selbst ersichtlich wenig Wert gelegt, weil es den zweiten Grund, der Berufung auf den Formmangel stehe die Einrede der Arglist entgegen, für überzeugender hält. Darin liegt kein Rechtsirrtum. Es ist zwar richtig, was die Revision hervorhebt, daß diese Einrede besonders in dem Falle zu gelten hätte, wenn ein Irrtum des Klägers übei die Rechtsgültigkeit einer nur schriftlichen Abrede vom Beklagten schuldhaft herbeigeführt worden wäre, wofür hier in der Tat jeder Anhalt fehlt. Aber auf einen solchen Tatbestand ist die Anwendung der Einrede nicht beschränkt. Sie ist auch gegeben, wenn der Beklagte, sei es auch unabsichtlich, eine Haltung einnimmt, die mit einem früher von ihm betätigten Verhalten nach allgemeinem Volksempfinden unvereinbar ist. Einen solchen Sachverhalt sieht das Berufungsgericht für gegeben an. Es hebt hervor, der Beklagte habe in der Pachtzeit bedeutende Vorteile gehabt, die er behalten wolle, auch soweit, als er jetzt in die Kundschaft der Bäckerei eingeführt sei, die er ausnutzen wolle und könne, weil er sich fünf Jahre lang an den Vertrag gehalten habe und dadurch die engen Beziehungen habe anknüpfen können; nun wolle er von der Gegenverpflichtung, nach Beendigimg der Vertragszeit keinen Wettbewerb zu machen, also die gepachtete Bäckerei in ihrem inneren Werte nicht auszuhöhlen, nichts mehr wissen,
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Ein solches Verhalten ist mit dem allgemeinen Volksempfinden von Anstand und Billigkeit nicht vereinbar (vgl. die in gleichem Sinne ergangenen Entscheidungen RGZ. Bd. 135 S. 374, Bd. 91 S. 359 [362]; RAG. Bd. 16 S. 219 [224]). Diese Entscheidungen betreffen zwar nicht Fälle, in denen es sich um Unwirksamkeit von Abreden wegen mangelnder Einhaltung von Formvorschriften handelt; der gleichen Rechtsanwendung steht aber auch in solchen Fällen nichts entgegen. Wenn das Reichsgericht gelegentlich — Urt. vom 2. Juni 1932 VIII 136/32 — hervorgehoben hat, die Einrede der Arglist könne gegenüber der Nichtigkeit infolge Formmangels nur zugelassen werden, wenn der Partei ein Verhalten zur Last falle, das den Formmangel zum wenigsten mitverursacht habe, so ist diese Fassung allerdings mißverständlich. Sie bedarf einer Einschränkung dahin, es könne keine Partei mit der Einrede der Arglist gehört werden, wenn w e i t e r n i c h t s v o r l i e g t , als daß beide Vertragsteile bewußt — noch weniger aber, wenn unbewußt — gegen die gesetzliche Vorschrift verstoßen und dann jahrelang das Geschäft als gültig erachtet und behandelt haben (vgl. dazu den Fall JW. 1926 S. 1810 Nr. 2). R G Z . 154, 41 1. Inwieweit sind bei einem Rechtsgeschäft, für das die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist, auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände zur Ermittlung des Vertragsinhalts, insbesondere zur Prüfung der Frage heranzuziehen, ob in der Urkunde ein Vertretungsverhältiiis genügend zum Ausdruck g e k o m m e n ist ? 2. Ist ein Rechtsanwalt trotz objektiver Rechtswirksamkeit eines Vertrags für den Schaden verantwortlich, den die Partei, die er beim Vertragsschluß beraten hat, dadurch erleidet, daß sie sich wegen begründeter Zweifel an der Rechtswirksamkeit des Vertrags mit dem anderen Vertragsteil verglichen hat ? 3. Unter welchen Voraussetzungen ist ein Mietvertrag im ganzen ungültig, wenn eine Einzelbestimmung die erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erhalten hat ? 4. Dürfen vorbereitende gutachtliche Äußerungen, die Gerichtsmitglieder in einem Rechtsstreit abgegeben haben, in einem späteren Rechtsstreit bekannt gegeben und bei der Urteilsfindung verwertet werden ? BGB. §§ 126, 139, 249, 254, 611. ZPO. § 299 Abs. 3. I I I . Zivilsenat. I. Landgericht Köln.
Urt. v. 12. Februar 1937. II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Kläger, Eugen und Emil H. und die durch die Witwe H. vertretenen minderjährigen Kinder Karl und Franz H., sind in Bruchteilgemeinschaft Eigentümer eines Hauses. Im Jahre 1927 sollte das Erdgeschoß
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des Hauses an die O.-Verkaufsgesellschaft vermietet werden. Bei den Vorverhandlungen trat Emil H. zugleich im Namen seiner Schwägerin, der Witwe H., auf. Am 9. Dezember 1927 wurde in Gegenwart der Brüder Eugen und Emil H., aber in Abwesenheit der Witwe H., der Mietvertrag mit der O.-Verkaufsgesellschaft schriftlich abgeschlossen. Im Eingang des Vertrags wurden als Vermieter die „Gebrüder H. 1. Dr. med. Eugen H., 2. Dipl.-Ing. Emil H., 3. Witwe Josef H. als Vormünderin ihrer Kinder Karl und Franz H., . . . in folgendem kurz H. genannt" aufgeführt. Unterschrieben als Vermieter Eugen und Emil H. Als Berater war von den Klägern der Rechtsanwalt Dr. T., der Beklagte im gegenwärtigen Rechtsstreit (er soll auch weiterhin als Beklagter bezeichnet werden, obgleich er im Laufe des Berufungsverfahrens verstorben und an seiner Stelle sein Testamentsvollstrecker in den Rechtsstreit eingetreten ist), zugezogen worden. Der jährliche Mietpreis betrug 25000 GM. Für ein von der O.-Verkaufsgesellschaft gegebenes Darlehen sollte Hypothek bestellt werden. Der Abschluß des Mietvertrags erfolgte auf 10 Jahre vom Tage der Übergabe des Mietobjekts bis zum 30. März 1938. Der Vertrag verlängerte sich nach Ablauf um weitere 5 Jahre, wenn nicht ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit Kündigimg erfolgte. Die Vermieter räumten der O.-Verkaufsgesellschaft ein Vorkaufsrecht ein. Später übertrug diese ihre Rechte aus dem Mietvertrag auf die D. Automobilgesellschaft unter Fortbestand ihrer eigenen Haftung. Mit Schreiben vom 2. Januar 1932 teilte die D. Automobilgescllschaft dem Emil H. mit, daß sie d?.s Mietverhältnis auf Grund der Notverordnung vom 8. Dezember 1931 kündige; der Vertrag sei aber nach ihrer Ansicht überhaupt nichtig, weil die Witwe H. ihn nicht unterschrieben habe. Darauf klagten Eugen und Emil H. gegen die D. Automobilgesellschaft und die O.-Verkaufsgesellschaft auf Zahlung rückständiger Mieten. Die Beklagten wendeten ein, die Kläger seien allein nicht klagcberechtigt, da in der Vertragsurkunde auch die Witwe H. als Vermieterin aufgeführt sei. Mangels ihrer Unterschrift sei der Vertrag nichtig. Er sei weiter nichtig, weil das Vorkaufsrecht nicht notariell beurkundet sei. Schließlich wendeten sie Mietwucher ein und erhoben wegen der zuviel bezahlten Beträge Widerklage. Die Kläger stellten sich anfänglich auf den Standpunkt, daß sie den Mietvertrag allein abgeschlossen hätten, trugen aber später vor, die Witwe H. sei bei dem Vertragsabschluß durch Emil H. vertreten gewesen und dieser habe auch in ihrer Vollmacht unterzeichnet. Die Beklagten, denen das bekannt gewesen sei, handelten arglistig, wenn sie sich auf die mangelnde Unterschrift beriefen. Nach Einholung eines Gutachtens über die Angemessenheit des Mietpreises verurteilte das Landgericht die Beklagten unter Abweisung ihrer Widerklage nach dem Klagantrag. Auf die Berufung der Beklagten ordnete das Oberlandesgericht Beweis an über die Abhängigkeit des ganzen Vertrags von der Vereinbarung des Vorkaufsrechts, über die Kenntnis der Beklagten von der Vertretungsbefugnis des Emil H., über den ausdrücklichen Verzicht der Vertragsteile auf die Unterschrift der Witwe H. und, soweit nach Ausführung des übrigen
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Beweisbeschlusses noch erforderlich, über die Angemessenheit des Mietpreises. Der jetzige Beklagte und der Geschäftsführer der O.-Verkaufsgesellschaft bestätigten als Zeugen, daß alle Beteiligten bei Vertragsabschluß gewußt hätten, daß die Witwe H. durch Emil H. vertreten werde. Die Frage des Vorkaufsrechts erwies sich als nicht wesentlich für den übrigen Vertragsabschluß. Das Gericht beschloß dann die weitere Ausführung des Beweisbeschlusses und vernahm einen Sachverständigen über den angemessenen Mietpreis. Durch Beschluß vom 12. März 1934 unterbreitete das Gericht den Parteien einen Vergleichsvorschlag. Dabei führte es aus, daß es für den Fall, daß ein gültiger Mietvertrag bestünde, eine Vertragsmiete von 20000 RM. vorschlagen würde. Da hierüber jedoch Streit bestehe, werde die Ermäßigung der Miete auf 17000 RM. vorgeschlagen. Am 14. April 1934 schlössen die Parteien einen gerichtlich protokollierten Vergleich, in dem sie die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum 30. März 1938 und die Ermäßigung der Miete auf 16500 RM. vereinbarten. Von einer Streitverkündung an den Beklagten wurde im Vorprozeß abgesehen, weil er sich bereit erklärt hatte, sich wie einen Streitverkündeten behandeln zu lassen. Grundsätzlich verweigerte er die Anerkennung einer Ersatzpflicht, erklärte sich aber bis zu 16000 RM. zum Ersatz bereit. In dem gegenwärtigen Rechtsstreit verlangen die Kläger von dem ihnen durch den Vergleich entstandenen Schaden einen Teilbetrag von 10000 RM. Sie stützen die Ersatzpflicht des Beklagten darauf, daß durch sein Verschulden begründete Zweifel an der Rechtsgültigkeit des Mietvertrags vom 9. Dezember 1927 entstanden seien und daß sie sich deshalb auf den Vergleich hätten einlassen müssen. Die Klage wurde in zwei Rechtszügen abgewiesen, vom Landgericht, weil der Vergleich ein freiwilliger Verzicht der Kläger gewesen sei, vom Berufimgsgericht, weil zwar ein Verschulden des Beklagten und der Eintritt eines Schadens festzustellen seien, nicht aber erwiesen sei, daß die Pflichtwidrigkeit des Beklagten den Schaden verursacht habe. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Nach den in RGZ. Bd. 80 S. 402 (mit Nachweisen) entwickelten Rechtsgrundsätzen muß die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts, das nach dem Gesetz zu seiner Rechtswirksamkeit der schriftlichen Form bedarf, alle wesentlichen Teile des Rechtsgeschäfts, also insbesondere die Bezeichnung derjenigen Personen enthalten, die das Geschäft schließen und für die es wirksam sein soll. Im Eingang der Vertragsurkunde vom 9. Dezember 1927 ist wohl die Witwe H. als Vormünderin ihrer Kinder bei der Bezeichnung der Vermieter aufgeführt und bemerkt, daß sie in der „in folgendem kurz H. genannten" Vermieterpartei mitbegriffen sei. Ob sie aber beim Vertragsabschluß vertreten war und welcher von den unterzeichnenden Brüdern H. in ihrem Namen handelte, ist mit keinem Wort erwähnt. Bei der
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Auslegung des Rechtsgeschäfts sind allerdings, da es eine Willenserklärung der Vertragschließenden darstellt, zur Ermittlung des Vertragswillens auch Umstände, die außerhalb der Urkunde liegen, heranzuziehen, und es ist aus ihnen zu prüfen, ob die Beteiligten nach Maß und Inhalt ihres beiderseitigen Wissens den niedergelegten Wortlaut für einen genügenden Ausdruck ihres Vertragswillens gehalten und ihn deshalb gewählt haben, auch wenn darin der Vertragswille nicht für jeden Dritten deutlich erkennbar wird. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß alle Beteiligten wußten und wollten, daß Emil H. den Vertrag zugleich in Vollmacht der Witwe H. abschließe. Es hat angenommen, daß die Parteien auch glaubten, ihren Willen hinreichend zum Ausdruck gebracht zu haben, da sonst die Vertreter der Mietpartei, die als Beauftragte eines bedeutenden und bekannten Unternehmens offensichtlich rechtskundig und geschäftsgewandt gewesen seien, den Mangel sofort erkannt und gerügt hätten. Allein in der Urkunde ist dieser Vertragswille nicht nur eindeutig, sondern nicht einmal andeutungsweise in Erscheinung getreten. Auch in RGZ. Bd. 96 S. 289 ist die Unvollständigkeit der Vertragsurkunde daraus hergeleitet, daß ihr Text nicht die geringste Andeutung darüber enthalte, daß der eine Unterzeichnete als Vertreter einer Partei gehandelt hätte. Es kann hier aber offen bleiben, ob trotzdem der die Teilhaber der Vennieterpartei einzeln aufführende Eingang der Urkunde im Zusammenhalt mit den Begleitumständen noch als genügender schriftlicher Ausdruck des auf die Vertretung der Witwe H. gerichteten Parteiwillens angesehen werden kann. Für die Entscheidimg genügt die Feststellung, daß die mangelhafte Form zum mindesten erhebliche rechtliche Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit des Vertrags auslösen mußte. Aus diesem Grunde braucht auch nicht erörtert zu werden, ob der Vertrag wenigstens die beiden anderen Teilhaber der Vermieterpartei gebunden hat und ob der Mietpartei mit dieser Bindung ohne Verpflichtung der Kinder H. gedient war. Der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte der Mietvertrag nach § 1822 Nr. 5, § 1643 Abs. 1 BGB. nicht, soweit er auf 10 Jahre abgeschlossen war. Er sollte freilich auf weitere 5 Jahre als verlängert gelten, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt wurde. Allein die Unwirksamkeit dieser weiteren Bindung hatte nach § 139 BGB. nicht ohne weiteres die Unwirksamkeit des Vertrags für die ersten 10 Jahre zur Folge (RGZ. Bd. 82 S. 124, Bd. 114 S. 35 [39]; RAG. Bd. 11 S. 331 [335]). Die Mietpartei hat nie geltend gemacht, daß sie den Vertrag ohne sichere Bindung für weitere 5 Jahre nicht abgeschlossen hätte, und konnte einen solchen Einwand angesichts der Vereinbarung der beiderseitigen Kündbarkeit des Vertrags nach den ersten 10 Jahren wohl auch nicht vorbringen. Immerhin hätte das Berufungsgericht hier nicht an einer tatrichterlichen Prüfung vorübergehen dürfen. Für das den Klägern von der O.-Verkaufsgesellschaft zu gewährende Darlehen war nach dem Vertrag Hypothek zu bestellen. Die Belastung des Grundstücks bedurfte der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung
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nach § 1821 Nr. 1 mit § 1643 Abs. 1 BGB., die Eingehung der Verpflichtung zu der Belastung ebenso nach § 1821 Nr. 3. Die Annahme des Berufungsgerichts, daß die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich war, weil nach § 1821 Abs. 2 Hypotheken nicht zu den Rechten an Grundstücken im Sinne des § 1821 Abs. 1 gehören, ist rechtsirrig. Denn die Belastung mit einer Hypothek ist nicht die Verfügung über die Hypothek, sondern über das Grundstück. Hier war deshalb zu prüfen, ob die Unwirksamkeit dieser Verpflichtung nach § 139 BGB. die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts — auch in der Form eines bloßen Vorvertrags — zur Folge hatte, ob also etwa die Darlehnshingabe mit Hypothekbestellung zum Ausbau der Mietsache dienen sollte und ob die Parteien infolgedessen den Mietvertrag ohne das Darlehnsgeschäft nebst seiner Sicherstellung nicht abgeschlossen haben würden, und weiter, ob die Hypothek hinterher mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung bestellt und dadurch der Mangel des verpflichtenden Vertrags geheilt wurde, sowie ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung dem Vertragsgegner rechtzeitig (§ 1829 BGB.) mitgeteilt worden ist. Das Revisionsgericht kann diese Feststellungen nicht nachholen. Das Berufungsgericht hat die Bedenken gegen die Formgültigkeit des Vertrags nicht für durchgreifend gehalten und hat dem Beklagten nur zum Vorwurf gemacht, daß er nicht für eine ganz zweifelsfreie Vertragsform gesorgt hat. Auch darin lag in der Tat ein Verschulden des Beklagten. Er hatte als Anwalt die Aufgabe, dem Vertrag eine sichere Rechtsgrundlage zu geben, die eine Gefährdung seines Rechtsbestandes ausschloß. Eine Untersuchung, ob dadurch unabhängig von dem Vergleich in dem Prozeß der Kläger gegen die D. Automobilgescllschaft und die O.-Verkaufsgesellschaft ein Schaden entstanden ist, ist müßig. Denn die Kläger haben nur Schaden aus dem Prozeßvergleich geltend gemacht. Hier hat das Berufungsgericht den ursächlichen Zusammenhang verneint. Es meint: Der Prozeßvertreter der Kläger hätte den Rechtsbestand des Vertrags erkennen müssen und hätte sich darin auch nicht durch Bedenken des Gerichts irremachen lassen dürfen. Das Gericht habe zudem durch die Ausführung seines zuerst nur behelfsweise angeordneten Beweisbeschlusses über die Einrede des Mietwuchers zu erkennen gegeben, daß es den Mietvertrag für rechtswirksam abgeschlossen angesehen habe. Denselben Standpunkt habe der Berichterstatter in seinem zweiten, zu den Akten gegebenen Votum eingenommen. Auch die Fassung des Verglcichsvorschlags durch das Gericht deute nicht auf das Gegenteil. Die Eingangsworte „für den Fall, daß ein gültiger Mietvertrag zwischen den Parteien bestünde", hätten nur den Sinn gehabt: „Wenn feststände, daß ein gültiger Mietvertrag besteht". Aber auch wenn das Gericht über die Wirksamkeit des Vertrags irriger Aleinung gewesen sei, könne der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht darauf gestützt werden, da die Schadensentstehung von der Betrachtung der wirklichen Rechtslage aus zu beurteilen sei.
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Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann nach keiner Richtung beigepflichtet werden. Die rechtlichen Bedenken gegen die FormGültigkeit des Vertrags waren so erheblich, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger, auch wenn unterstellt wird, daß dem Erfordernis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nachgekommen war, bei aller Sorgfalt nicht wissen konnte, wie sich das Gericht dazu stellen würde. Auf die vorläufige Stellungnahme des Gerichts oder eines Beisitzers kam — darin ist dem Berufungsgericht zuzustimmen — gar nichts an. Ganz unverständlich ist es, wie das Berufungsgericht von sich aus die Gutachten der Gerichtsmitglieder des Vorprozesses in die Verhandlung einführen und den Parteien bekanntgeben konnte. § 299 Abs. 3 ZPO. verbietet ausdrücklich die Mitteilung vorbereitender Arbeiten und der die Abstimmungen betreffenden Schriftstücke an die Parteien. Deshalb und sachlich wegen ihrer grundsätzlichen Unverbindlichkeit waren sie für die Beurteilung der Erfolgsaussichten für die Parteien des Vorprozesses ganz unverwertbar. Daher können aber auch jetzt aus ihnen nicht irgendwelche Schlüsse auf eine schuldhafte Empfehlung des Vergleichs durch den damaligen Prozeßbevollmächtigten der Kläger gezogen werden. Weiter kann durchaus dahingestellt bleiben, ob die Fassung des Vergleichsvorschlags so ausgelegt werden kann, wie das Berufungsgericht es tut, oder ob aus der Fassung zu entnehmen ist, daß das Gericht schließlich zur Ablehnung der Rechtswirksamkeit des Vertrags geneigt war. Ausschlaggebend ist allein die unbestreitbare Unklarheit der damaligen Rechtslage. Auch die Berufung auf die Rechtsprechung über die Maßgeblichkeit der wirklichen Rechtslage geht fehl. Sie wäre nur berechtigt, wenn der Schaden durch eine fehlerhafte Entscheidung des Gerichts, nicht durch den Vergleich der Parteien entstanden wäre. Deshalb konnte die Frage der objektiven Rechtswirksamkeit des Vertrags offen gelassen werden. Es genügte, daß durch die Schuld des Beklagten die Rechtslage undurchsichtig geworden war. Den Klägern kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn sie sich bei dieser Sachlage nicht unter allen Umständen auf die Rechtsansicht ihres Prozeßvertreters verlassen wollten, sondern dem Vergleichsvorschlag des Gerichts Gehör gaben, der ausdrücklich damit begründet war, daß über den Rcchtsbestand des Vertrags Streit bestehe. Selbst wenn sie sich dazu vorschnell entschlossen hätten, würde der adäquate Ursachenzusammenhang zwischen dem Verschulden des Beklagten und dem Schaden nicht unterbrochen sein. Es genügt, wenn der Schaden durch die als Ursache anzusprechende Handlung in einer ihr gemäßen Richtung gefördert worden ist und nicht nur aus besonderen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen entsteht (RGZ. Bd. 133 S. 126 mit Nachweisen). Das Berufungsgericht hat weiter erwogen, daß die Kläger zu dem Vergleich nicht genötigt gewesen seien, v/eil sich der Beklagte, der als vermögend bekannt gewesen sei, bereit erklärt hätte, sich als Streitverkündeten behandeln zu lassen. Auch daraus läßt sich nichts für die Unterbrechung
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des Ursachenzusammenhangs ableiten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Sorge der Kläger berechtigt war, daß der Beklagte zum Ersatz der beträchtlichen Schadenssumme schließlich doch nicht in der Lage gewesen wäre. Zu dem Vergleichsvorschlag hatte er eine Stellungnahme verweigert. Ob er sich nicht nachher doch darauf berufen mochte, daß die Kläger durch die Ablehnung des Vergleichs schuldhaft den Schaden vergrößert hätten, war nicht vorauszusehen. Wenn sie nicht die Gefahr einer erheblichen Kostenerhöhung durch die Fortführung des Prozesses und des gänzlichen Prozeßverlustes im Vertrauen auf einen späteren Ersatz durch den Beklagten übernehmen wollten, so ist darin weder eine so außer aller Erfahrung liegende Handlung gegeben, daß dadurch der Ursachenzusimmenhang unterbrochen würde, noch ein Verschulden oder auch nur Mitverschulden der Kläger an dem Schaden zu sehen, um so weniger, als sich der Beklagte zwar damit einverstanden erklärt hatte, daß ihm der Streit vorläufig nicht verkündet werde, aber gleichzeitig seine Ersatzpflicht bestritten und die Entschließung über den gerichtlichen Vergleichsvorschlag ausdrücklich den Klägern überlassen hatte. Auch insoweit hat das Berufungsgericht die Begriffe des ursächlichen Zusammenhangs und des Verschuldens verkannt. Schließlich hat das Berufungsgericht die Haftung des Beklagten deshalb verneint, weil die Kläger den Vergleich überhaupt nicht wegen der Rechtsunsicherheit des Vertrags, sondern wegen des Einwands des Mietwuchers abgeschlossen hätten. Nach Eingang eines Gutachtens in zweiter Instanz sei die Formfrage von keiner der Parteien mehr in Schriftsätzen erörtert worden. Auch nach Bekanntgabe des Vergleichsvorschlags hätten die Parteien nur noch zu der Frage des Mietwuchers Stellung genommen. Aus der von dem Zeugen F. bekundeten Vergleichsfreudigkeit der Kläger sei nach allgemeiner Lebenserfahrung weiter zu schließen, daß es ihnen lediglich oder doch in der Hauptsache darauf angekommen sei, den allein noch maßgeblichen Streit über die Höhe des Mietpreises zu beseitigen. Auf die von den Klägern angetretenen Gegenbeweise komme es daher nicht an. Hier setzt mit Recht die Verfahrensrüge der Revision aus § 286 ZPO. ein. Nach dem Urteilstatbestand haben die Kläger Zeugenbeweis dafür angeboten, daß durch die Gutachten des Sachverständigen die Frage des Mietwuchers endgültig geklärt gewesen sei, sowie dafür, daß sie sich nur unter dem Druck der Befürchtung, der Mietvertrag würde für ungültig erklärt, zu Vergleichsverhandlungen bequemt hätten. Diese Beweise durften nicht übergangen werden, schon gar nicht mit dem schwer verständlichen Erfahrungssatz, daß die Vergleichsfreudigkeit der Kläger beweise, daß es ihnen in der Hauptsache auf die Beseitigung des Streits über den Mietwucher angekommen sei. Wenn in den wenigen Schriftsätzen, die nach dem Gutachten gewechselt wurden, nur noch das Gutachten erörtert wurde, so weist die Revision mit gutem Grunde darauf hin, daß die Frage der Vertragsgültigkeit vorher eingehend genug beleuchtet worden war. Wenn aber beide Streitpunkte, der über die Rechtswirksamkeit des Vertrags und der über die Angemessenheit des Mietpreises, zusammen die
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Kläger zum Vergleichsabschluß bewogen haben, wird das Mitverschulden der Kläger und des Beklagten an der Unsicherheit der Rechtslage abzuwägen und der Schaden entsprechend zu verteilen sein. RGZ. 154, 99 Kommt es für die Frage der Nichtigkeit der Benennung eines Bezugsberechtigten bei der Kapitalversicherung auf die Kenntnis des Versicherers an ? BGB. § 138. VII. Zivilsenat.
Urt. v. 23. Februar 1937.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, rnngsvertragsgesetz".
Versiche-
RGZ. 155, 133 1. Inwieweit kann bei der Auslegung typischer Vertragsbedingungen der einzelne Fall berücksichtigt werden ? 2. Welchen Einfluß hat die Abwertung des englischen Pfundes auf Lieferungsverträge zwischen deutschen Gewerbetreibenden in Deutschland, wenn der Kaufpreis in englischer Währung ausgedrückt i6t ? BGB. §§ 133, 157, 242. VII. Zivilsenat.
U r t . v. 28. Mai 1937.
I. Landgericht München-Gladbach.
II. Oberlandesgericht Düsseldorf.
Die Klägerin, eine Baumwollspinnerei, verkaufte und lieferte an die Beklagte laut Auftragsbestätigungen vom 7. Februar, 10. und 22. Juli 1931 etwa 12000 kg Makogarne zu den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des Verbandes Rheinisch-Westfälischer Baumwollspinner. Der Kaufpreis wurde in englischer Währung vereinbart und berechnet, die Zahlung erfolgte jedoch in deutscher Reichsmark. Hierzu heißt es in den genannten Bedingungen: Bei Rechnungen in ausländischer Währung hat die Zahlung, soweit zulässig, in der geforderten Währung zu erfolgen. Bei Zahlung mit anderen Zahlungsmitteln erfolgt die Umrechnung zu dem Kurse, zu dem sich der Verkäufer unverzüglich nach Eingang des ungefähren Betrages seitens des Käufers in der bezeichneten Währung eingedeckt hat. Im Falle von Repartierungen in der Devisenzuteilung ist der Verkäufer nicht verpflichtet, den zur Deckung der Rechnungssumme erforderlichen Devisenbetrag durch die Reichsbank zu beschaffen, er ist vielmehr berechtigt, die Beschaffung auch im Freiverkehr bis zur völligen Deckung der Rechnungssumme vorzunehmen. Alle Devisenbeschaffungs- und Umwandlungskosten gehen zu Lasten des Käufers.
208 Schon seit der Markentwertung hatten die Spinner, insbesondere auch die Klägerin, ihren K u n d e n die Waren in ausländischer Währung in Rechnung gestellt. I m Jahre 1927 wurden gegen dieses Verfahren in der Öffentlichkeit Angriffe erhoben, weil darin ein Mißtrauen gegen die gefestigte deutsche Reichsmark liege. Die Baumwollspinner erklärten jedoch die Rechnungstellung in ausländischer Währung f ü r unentbehrlich, da sie selbst langfristige Verpflichtungen aus Rohbaumwolleinkäufen in Fremdwährung hätten, deren Innehaltung in keiner anderen Weise gesichert werden könne. Nach der Lösung der englischen Währung von der Goldbasis am 19. September 1931 legte die Beklagte den fällig gewordenen Zahlungen nicht den K u r s des G o l d p f u n d e s in H ö h e von 20,40 R M . zugrunde, sond e r n nahm eine U m r e c h n u n g nach dem jeweiligen Tageskurse des entwerteten Pfundes vor. Demgegenüber beanspruchte die Klägerin die U m rechnung nach dem Normalkurse des Pfundes zur Zeit der Vertragsabschlüsse in Höhe von 20,40 R M . Sie verlangt demnach mit der Klage als noch ausstehende Vertragserfüllung von der Beklagten den mit 27 538,98 R M . berechneten Kursunterschied. Landgericht und Oberlandesgericht haben d e r Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten f ü h r t e zur A u f h e b u n g u n d Zurückverweisung. Gründe: Die Lieferungs- u n d Zahlungsbedingungen des Verbandes RheinischWestfälischer Baumwollspinner, denen die vertraglichen Beziehungen der Parteien unterstellt sind, dienen ersichtlich dem Zwecke, die Gesamtheit der Lieferungsverträge der dem Verbände angeschlossenen Firmen in zahlreichen Beziehungen einheitlich zu regeln; ihr Geltungsbereich geht ü b e r den Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf weit hinaus. Bei ihrer Auslegung handelt es sich u m die Frage, welchen Sinn die Vertragsbedingungen f ü r u n d gegen jeden haben, der einen Kaufvertrag auf dieser G r u n d lage abgeschlossen hat. Hieraus folgt, wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung R G Z . Bd. 81 S. 117 (119) ausgeführt hat, mit Notwendigkeit, daß in den in die Revisionsinstanz gelangenden Rechtsstreitigkeiten das Reichsgericht nicht an die einander vielleicht widersprechenden Auslegungen der verschiedenen Berufungsgerichte gebunden sein kann, vielmehr in der Lage sein m u ß , selbständig den Sinn dieser Vertragsbedingungen festzustellen. N u r auf diesem Wege kann, soweit das überhaupt möglich ist, die übereinstimmende Auslegung und Anwendung dieser typischen Vertragsbestimmungen sichergestellt werden. Eine Auslegung an der H a n d des f ü r den Einzelfall besonders zu ermittelnden Vertragswillens kommt nur dann in Frage, wenn daneben, sei es auch stillschweigend, noch besondere Vereinbarungen getroffen worden sind, die eine Abänderung der allgemeinen Bedingungen enthalten. Derartige besondere Vereinbarungen hat das Reichsgericht in dem einen ähnlichen Fall betreffenden Urteil vom 2. Januar 1935 I 223/34 (ScuffArch. Bd. 89 N r . 107) angenom-
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men und sich deshalb an die Auslegung des Berufungsrichters für gebunden erachtet. In dem hier zu entscheidenden Falle werden solche Vereinbarungen nicht behauptet. Die Parteien haben Zahlung in englischer Währung ohne Hinzufiigung einer Goldklausel vereinbart. Aus dem Wortlaut der für maßgebend erklärten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des Verbandes RheinischWestfälischer Baumwollspinner ergibt sich nichts dafür, daß bei der Berechnung in ausländischer Währung der Wert des Goldpfundes oder der des Golddollars maßgebend sein sollte. Hierfür ist auch aus der Entstehungsgeschichte dieser Bedingungen, soweit sie überhaupt für deren Auslegung herangezogen werden kann, nichts zu entnehmen. Die Bedingungen stammen aus dem Jahre 1922 und sind bei der Neufassimg im Jahre 1930 in den Hauptpunkten unverändert geblieben. In der Zeit der deutschen Geldentwertung hatte die Vereinbarung des Kaufpreises in Pfund oder Dollar den Zweck, den Spinnern die Kaufpreisforderungen für ihre Lieferungen gegenüber der drohenden weiteren Markentwertung wertbeständig zu erhalten. Dabei spielte weiter der Gedanke mit, daß die Spinner die Rohbaumwolle aus dem Auslande beziehen mußten und daß deshalb vor allem eine Sicherung desjenigen Teiles des Kaufpreises erfolgen müsse, der auf den Wiederbeschaffungspreis für die von den Spinnern aus dem Auslande gegen ausländische Währung zu beziehende Rohbaumwolle entfiel. Ob dieser Grund zur Beibehaltung der Rechnungstellung in englischen Pfunden auch nach der Festigung der deutschen Währung geführt hat, mag hier dahinstehen. Die Klägerin behauptet, er sei bei der Abwehr der Angriffe aus dem Jahre 1927 gegen die Rechnimgstellung in Pfundwährung von den Spinnern zu Unrecht in den Vordergrund geschoben worden. Aber auch wenn die Beibehaltung dieser Rechnungstellung nur den Zweck gehabt haben sollte, dieVerkäufer gegen die Gefahr einer nochmaligen Entwertung der deutschen Währung zu sichern, so kann doch daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß unter dem englischen Pfund, auf das die Rechnungen ausgestellt wurden, das G o l d p f u n d zu verstehen sei. Die Sicherung gegen ein befürchtetes Absinken der deutschen Währung war in verschiedener Weise möglich. Der Verkäufer konnte seine Rechnungen in inländischer Währung ausstellen und gleichzeitig vereinbaren, daß die Mark (mindestens) einer bestimmten Menge Gold oder einem bestimmten Betrage einer anderen Währung entsprechen solle; er konnte die Rechnung aber auch von vornherein auf eine bestimmte Summe Gold oder auf einen bestimmten Betrag einer fremden Währung ausstellen. Er konnte schließlich die Sicherung durch Gold und durch eine fremde Währung miteinander verbinden. Begnügte er sich aber damit, seine Rechnung in fremder Währung auszustellen, vielleicht weil er diese für unerschütterlich hielt, so ist er — entgegen der Ansicht des Berufungsrichters — nicht gesichert, wenn die von ihm gewählte Währung entwertet wird (vgl. auch RGZ. Bd. 145 S. 51 [54], Bd. 147 S. 377 [380], Bd. 154 S. 187). 14 Zivil,. AllKcm. Teil
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Gewiß kann bei Einzelverträgen die Sicherung durch eine fremde Währung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung als Goldsicherung aufgefaßt werden, wenn sich dies im einzelnen Falle als der Wille der Vertragschließenden ergibt; nur wird die Feststellung eines solchen Willens vielfach daran scheitern, daß die Parteien die von ihnen gewählte fremde Währung für unerschütterlich gehalten und deshalb an den Fall ihrer Entwertimg nicht gedacht haben. Ganz anders liegt es aber, wenn dem Vertrage ein für allemal feststehende formularmäßige Vertragsbedingungen zugrunde gelegt werden. Bei diesen, die für eine große Anzahl verschiedener Verträge bestimmt sind, ist eine solche Auslegung nicht möglich, weil sie nur aus ihrem eigenen Inhalt ausgelegt werden können und dieser eine Goldklausel nicht enthält. Wer unter Zugrundelegung solcher Bedingungen abschließt, unterwirft sich damit dieser Auslegung, auch wenn er sich über ihre Bedeutung andere — unrichtige — Vorstellungen gemacht hat. Die Klägerin meint, es sei unmöglich, für die Zeit vor dem 19. September 1931 einen Unterschied zwischen Goldpfund und Währungspfund zu machen, weil es den Begriff Goldpfund nicht gegeben und weil der Wert des englischen Pfundes für unerschütterlich gegolten habe. Diese Erwägung geht fehl. Der Wert des englischen Pfundes hat bereits während des Krieges, besonders aber im Laufe der Jahre 1919 und 1920 erhebliche Schwankungen durchgemacht (vgl. H e l f f e r i c h , Das Geld 6. Aufl. S. 247). Allerdings ist der Unterschied zwischen Goldpfund und Währungspfund hauptsächlich erst in die Erscheinung getreten, nachdem die englische Regierung das Pfund am 19. September 1931 von der Goldbasis gelöst hatte. Wenn die Parteien aber vorher in dem Glauben an die Unerschütterlichkeit der englischen Währung eine Pfundschuld ohne Hinzufügung einer Goldklausel vereinbarten, so war das Schicksal dieser Pfundschuld an das Schicksal der englischen Währung gebunden. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung nach dem Kurse des Goldpfundes ist daher nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist sonach aufzuheben und die Sache, da sie zur Endentscheidung noch nicht reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird noch zu prüfen haben, ob der Klägerin mit Rücksicht darauf, daß die Parteien nach den getroffenen Feststellungen beim Abschluß der Verträge von der Unerschütterlichkeit der englischen Währung ausgegangen sind, bei der gebotenen Rücksicht auf Treu und Glauben im Verkehr nach § 242 BGB. ein Ausgleich dafür zu gewähren ist, daß sie für ihre Ware nicht den vollen Gegenwert erhalten hat. Hierbei werden die Grundsätze zu berücksichtigen sein, die das Reichsgericht in seinen zur Ausgleichsfrage ergangenen Entscheidungen vom 21. Juni 1933 (RGZ. Bd. 141 S. 212) und vom 9. Juli 1935 (RGZ. Bd. 148 S. 33) aufgestellt hat. Insbesondere wird auch hier mit Rücksicht auf die von der Beklagten aufgestellten Behauptungen zu klären sein, a) wie sich die Ausgaben und Einnahmen der Klägerin aus dem vorliegenden Geschäft gestalten;
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b) ob die Klägerin in ihrem gesamten Geschäftsverkehr durch das Absinken des Kurswertes des englischen Pfundes Verluste erlitten oder vielleicht als Wareneinführerin Vorteile gehabt hat; c) ob die Beklagte etwa bei der Ausfuhr von Garnen durch den Minderwert des Pfundes selbst Verluste erlitten hat oder noch erleidet. EIGZ. 156, 328 Kann die Übertragung eines Rechts auf einen Treuhänder, lie mit der Bestimmung erfolgt, daß ein Dritter unmittelbar einen Anspruch auf Überlassung des Treuguts haben soll, von dem Überragenden dem Dritten gegenüber angefochten werden, wenn iieser jenen getäuscht hat, oder schließt die Gutgläubigkeit des Treuhänders die Anfechtung aus ?
BGB. § 123 Abs. 2 Satz 2, § 143 Abs. 2. II. Zivilsenat.
Urt. v. 30. November 1937.
I. Landgericht Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
Der Kläger stellte dem Erstbeklagten sein Sparkassenguthaben zur Geldbeschaffung für bestimmte Zwecke zur Verfügung. Die letzten Verlandlungen hierüber wurden am 11. Dezember 1934 bei dem Rechtsmwalt E. geführt. Der Kläger trat in einer von diesem aufgenommenen Urkunde das Sparguthaben unter Übergabe des Sparbuchs an den Rechtsinwalt E. ab und ermächtigte ihn zugleich, es an den Erstbeklagten zu verkaufen oder zu diskontieren. Rechtsanwalt E. übertrug das Sparguthaben kurz darauf weiter auf den Erstbcklagten, dieser übertrug es auf den Zweitbeklagten. Das Sparguthaben wurde gekündigt, da es erst drei Monate nach Kündigung fällig wurde. Als der Zweitbeklagte im März 1935 das Sparbuch der Sparkasse zur Auszahlung vorlegte, focht der Kläger dem Erstbeklagten gegenüber die Abtretung wegen arglistiger Täuschung an und erwirkte eine einstweilige Verfügung, auf die hin weder das Sparguthaben ausgezahlt noch das Sparbuch an den Zweitbeklagten zurückgegeben wurde. Der Kläger erhob Klage gegen den Erstbeklagten auf Feststellung, daß der zwischen ihnen abgeschlossene Vertrag und die Abtretung des Sparguthabens nichtig seien, gegen den Zweitbeklagten klagte er auf Feststellung, daß diesem keine Rechte an dem Sparguthaben zuständen, und auf Verurteilung zur Einwilligung in die Aushändigung des bei der Sparkasse befindlichen Sparbuchs an ihn. Er stützte die Anfechtung darauf, daß er bei den Vertragsverhandlungen von dem Erstbeklagten über die Art der Verwendung des Geldes und über die Sicherstellung seines Anspruchs auf Erstattimg des Betrages arglistig getäuscht worden sei. Es sei vereinbart worden, daß er aus dem Erlöse eines Holzschlags befriedigt werden solle, den der Erstbeklagte angeblich bereits käuflich erworben gehabt habe; 14»
212 dieser habe versprochen, den Erlös unmittelbar an den Rechtsanwalt E. zu treuen Händen abführen zu lassen; das Geld sei aber ausgeblieben, weil der Erstbeklagte den Holzschlag entgegen seiner Versicherung überhaupt nicht endgültig erworben habe und der Erwerb auch später nicht erfolgt sei. Die Beklagten haben jede arglistige Täuschung in Abrede gestellt und vertreten die Auffassung, daß die Übertragung des Sparguthabens auf alle Fälle rechtsgültig sei, da, falls der Kläger wirklich getäuscht worden sein sollte, zum mindesten der erste Erwerber des Treuguts, Rechtsanwalt E., hiervon nichts gewußt habe und auch nichts davon habe wissen können. Beide Vorinstanzen haben die Beklagten nach dem Klagantrage verurteilt. Das Berufungsgericht nimmt an, daß der Erstbeklagte den Kläger in der angegebenen Weise getäuscht habe, und hält auch die Anfechtung der dinglichen Abtretung für wirksam, weil der Rechtsanwalt E. diese nur als Vertreter des Erstbeklagten entgegengenommen habe. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung. Aus den G r ü n d e n : Die etwaige Wirksamkeit der Anfechtimg des zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten geschlossenen schuldrechtlichen Vertrags über die Hergabe des Sparkassenbuchs hat, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, noch nicht ohne weiteres zur Folge, daß auch die Anfechtung der Abtretung des Sparguthabens selbst wirksam ist. Allerdings bestehen keine Bedenken gegen die Annahme, daß, wenn der Kläger durch eine arglistige Täuschung des Erstbeklagten zum Abschluß des schuldrechtlichen Vertrags bestimmt worden ist, auch der ursächliche Zusammenhang zwischen dieser Täuschimg und der Abtretung selbst bejaht werden muß. Die Wirksamkeit der Anfechtung dieser Abtretung hängt jedoch davon ab, ob für diese Anfechtungserklärung der Erstbeklagte der richtige Gegner war. Zu dieser Frage nimmt das Berufungsgericht wie folgt Stellung: Nach dem tatsächlichen Hergange der Abtretung, wie er sich aus dem bei dem Rechtsanwalt E. am 12. Dezember 1934 aufgesetzten Schreiben ergebe, tauche die Frage auf, ob der Kläger sein Sparguthaben nicht zunächst an den Rechtsanwalt E. abgetreten habe und ob deshalb die Anfechtung nicht diesem gegenüber hätte erfolgen müssen; denn Anfechtungsgegner sei nach § 143 BGB. bei einem Vertrage der andere Teil. Die dem Erstbeklagten gegenüber erklärte Anfechtung sei daher nur wirksam, wenn dieser der andere Teil gewesen sei. Dies sei aber der Fall. Es sei nämlich anzunehmen, daß der Rechtsanwalt E. bei dem Abtretungsgeschäft als Vertreter des Erstbcklagten gehandelt habe; der in dem Rechtsgeschäft vom 12. Dezember 1934 zum Ausdruck gelangte Wille der Vertragsteile sei, entsprechend der Unterredung, die tags zuvor zwischen dem Kläger, dem Erstbeklagten und dem Zeugen M. stattgefunden habe, dahin auszulegen, daß der Kläger seine Forderung gegen die Sparkasse an den Erstbeklagten habe abtreten wollen und in Ausführung dieses Entschlusses dem Rechtsanwalt E. als dem Vertreter des Erstbeklagten das Sparbuch übergeben habe, allerdings unter der
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aufschiebenden Bedingung, daß dieser den Holzhändler J. alsbald unwiderruflich anweise, den Erlös aus dem Verkaufe des Holzes an den Rechtsanwalt E. zu überweisen; diese Bedingung sei eingetreten, da der Erstbeklagte noch am selben Tage die Anweisung an J. erteilt habe. Somit habe der Erstbeklagte den Anspruch auf das Sparguthaben unmittelbar von dem Kläger erworben; er sei daher auch der richtige Anfechtungsgegner. Diese Ausführungen werden von der Revision mit Recht beanstandet. In dem auch vom Berufungsgericht erwähnten Schreiben aller Beteiligten vom 12. Dezember 1934 ist, wie das Berufungsgericht nicht verkennt, deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Abtretimg von dem Kläger an den Rechtsanwalt E. als den Treuhänder beider Vertragsteile erfolge und daß dieser in Erfüllung seiner Treuhandverpflichtung das Sparguthaben an den Erstbeklagten weiter abtrete. Bei dieser Sachlage ließe sich eine mit dem klaren Wortlaut in Widerspruch stehende Vertragsauslegung nur beim Vorliegen besonderer Tatumstände rechtfertigen; dies gilt um so mehr, als die Urkunden von einem Rechtsanwalt aufgesetzt worden sind. Das Berufungsgericht leitet einen abweichenden Vertragswillen aus def Vorverhandlung her, die am Abend des 11. Dezember 1934 stattgefunden hat. Es ist jedoch nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht etwa aus der Aussage des Zeugen M. zu entnehmen, daß bei dieser Gelegenheit über die Art der Einschaltung des Rechtsanwalts E. als Zwischengliedes etwas besprochen worden wäre. Auch würde das nicht der Annahme entgegenstehen, daß gerade auf Anregung des Rechtsanwalts E. in bewußter Abweichung von der Vorbesprechung seine Zwischenschaltung als Treuhänder erfolgt sein könnte. Ebensowenig steht der Vertragszweck der Annahme eines echten Treuhandverhältnisses entgegen, da durch die Zwischenschaltung des Rechtsanwalts E. offenbar die Abwicklung der gesamten Vertragsbeziehungen der Parteien sichergestellt werden sollte und dies am besten gerade gewährleistet war, wenn die Abtretung zunächst an den Rechtsanwalt E. als den Treuhänder beider Vertragsteile erfolgte. Die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts entbehrt somit einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage und verstößt daher gegen § 133 BGB. Aus dem feststehenden Sachverhalt ist im Gegenteil zu entnehmen, daß der Kläger sein Sparguthaben an den Rechtsanwalt E. als den Treuhänder beider Vertragsteile zu eigenem Recht abgetreten hat, daß also f ü r die Abtretung Rechtsanwalt E. unmittelbarer Vertragsgegner des Klägers war. Daraus folgt jedoch noch nicht, daß die Abtretung nicht dem Erstbeklagten gegenüber angefochten werden kann. Gemäß § 143 Abs. 2 BGB. ist zwar bei einem Vertrage grundsätzlich der andere Teil Anfechtungsgegner. Eine Ausnahme gilt aber bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung für den Fall des § 123 Abs. 2 Satz 2, d. h. für den Fall, daß ein anderer als der, dem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus ihr immittelbar ein Recht erworben hat. Hier kann die Erklärung, obgleich sie nicht „dem anderen" gegenüber abgegeben worden ist, doch diesem anderen gegenüber angefochten werden, wenn er die Täuschung kannte
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oder kennen mußte, also insbesondere dann, wenn er selbst die Täuschung verübt hat; in diesem Fall ist dann auch dieser „andere", nicht der Erklärungsempfänger, der Anfechtungsgegner. Der Tatbestand des § 123 Abs. 2 BGB. ist von besonderer Bedeutung für Treuhandverträge. Bei ihnen kann es so liegen, daß Rechtsbeziehungen entstehen nicht nur zwischen dem Treugeber und dem Treunehmer (Treuhänder), sondern auch zwischen dem Treugeber, dem Treuhänder und einem Dritten. Das wird namentlich der Fall sein, wenn das Treugut nach dem Willen der Beteiligten schließlich dem Dritten, aber nur unter gewissen Bedingungen, zukommen soll und der Treuhänder zwischengeschaltet wird zur Sicherung des Treugebers dafür, daß das Treugut erst nach Erfüllung der Bedingungen an den Dritten gelangt, und zur Sicherung des Dritten dafür, daß er es nach Eintritt der Bedingungen auch wirklich erhält. Um derartige Rechtsbeziehungen zu schaffen, kann entweder ein Vertrag zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder zugunsten des Dritten (§§ 328flg. BGB.) vereinbart oder können zwischen den Beteiligten unmittelbar entsprechende Verträge geschlossen werden. Der Dritte erwirbt hier mit der Übergabe des Treuguts an den Treuhänder unmittelbar ein Recht, nämlich das Recht, von dem Treuhänder zu verlangen, daß er ihm bei Eintritt der vorgesehenen Bedingungen das Treugut überlasse. Der unmittelbare Erwerb eines solchen schuldrechtlichen Anspruchs aber genügt, um die ihn begründende Willenserklärung, die Übertragung des Treuguts an den Treuhänder, anfechtbar gegenüber dem Dritten zu machen, wenn der Treugeber zu dieser Übertragung dadurch bestimmt worden ist, daß der Dritte ihn arglistig getäuscht hat. Es ist nicht nötig, daß das Recht, welches der Dritte durch die Willenserklärung erwirbt, ein dingliches Recht ist, und es ist ohne Belang für die Anfechtbarkeit gegenüber dem Dritten, ob der Treuhänder — der Vertragsgegner des Übertragenden — um die Täuschung wußte oder wissen mußte; die Bösgläubigkeit des Treuhänders hat vielmehr nur zur Folge, daß die Übertragving des Treuguts auch ihm gegenüber anfechtbar ist (§ 123 Abs. 2 Satz 1 BGB.). Um eine Treuhandübertragung der genannten Art handelt es sich im vorliegenden Falle. Der Kläger hat sein Sparguthaben an den Rechtsanwalt E. als seinen Treuhänder abgetreten, mit der Maßgabe, daß der Erstbeklagte mit dieser Abtretung unmittelbar einen bedingten Anspruch auf Weiterübertragung des Rechts auf ihn erwarb; die Bedingimg bestand darin, daß der Erstbeklagte den Holzhändler J. anwies, den Erlös aus dem Holzschlag unmittelbar an Rechtsanwalt E. abzuführen. Diese Abtretung des Sparguthabens an Rechtsanwalt E. war deshalb gemäß § 123 Abs. 2 Satz 2 BGB. dem Erstbeklagten gegenüber anfechtbar, falls der Kläger zu ihrer Vornahme durch eine von dem Erstbeklagten begangene arglistige Täuschung bestimmt worden ist, wie er behauptet. Eine Bösgläubigkeit des Treuhänders kommt nach Lage der Sache nicht in Betracht. Ist hiernach die dem Erstbeklagten gegenüber erklärte Anfechtimg der Abtretungserklärung im Falle der Nachweisbarkeit der vom Kläger be-
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haupteten arglistigen Täuschung für wirksam zu erachten, dann ist die an Rechtsanwalt E. erfolgte Abtretung des Sparguthabens als von Anfang an nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB.)- Dies hat zur Folge, daß der Kläger Gläubiger des Sparguthabens und zugleich auch Eigentümer des Sparbuchs geblieben ist; alle Weiterübertragungen des Sparguthabens sind Verfügungen Nichtberechtigter und mangels Zustimmung des allein berechtigten Klägers gemäß § 185 BGB. ohne Rücksicht auf den guten Glauben der Erwerber unwirksam. Denn bei Forderungen kommt — von hier nicht zu erörternden Ausnahmen abgesehen — ein gutgläubiger Erwerb im Sinne der Vorschriften der §§ 932flg., 892flg. BGB. nicht in Betracht. Um eine bloße Forderungsübertragung handelt es sich aber hier; denn das Sparbuch ist kein Inhaber-, sondern ein Ausweispapier im Sinne des § 808 BGB., das nicht Träger des Rechts ist und dessen Eigentum gemäß § 952 BGB. dem jeweils Forderungsberechtigten zusteht. Falls hiernach die gegenüber dem Erstbeklagten erfolgte Anfechtung der Übertragung des Sparguthabens wegen arglistiger Täuschung wirksam ist, so ergibt sich damit ohne weiteres auch die Berechtigung der Feststellung, daß dem Zweitbeklagten keine Rechte an dem Sparguthaben zustehen, sowie die Verpflichtung des Zweitbeklagten, darein zu willigen, daß das Sparbuch an den Kläger ausgehändigt werde. Die Verurteilung des Zweitbeklagten steht und fällt daher mit der gegen den Erstbeklagten begehrten Feststellung . . . (Die Aufhebung des Berufimgsurteils erfolgte wegen Verstoßes gegen § 286 ZPO. bei Feststellung der arglistigen Täuschung.) R G Z . 156, 334 1. Ist die Anfechtung eines Kindesannahmevertrags wegen Irrtums zulässig, wenn der Annehmende nicht unverzüglich, nachdem er von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hatte, die Bestellung eines Pflegers für das Kind zur Entgegennahme der Anfechtungserklärung beantragt hat ? 2. Liegt ein Verstoß begen die Prozeßordnung vor, wenn ein Sachverständiger selbständig Zeugen oder Parteien über wesentliche Streitpunkte vernimmt ?
BGB. §§ 119, 121. ZPO. §§ 402 flg. IV. Zivilsenat. I. Landgericht Berlin.
Urt. v. 9. Dezember 1937. II. Kammergericht daselbst.
Die Beklagte ist am 30. März 1922 als uneheliches Kind der Landarbeiterin Frieda D. geboren und am 17. Februar 1926 durch notariellen Vertrag von den Klägern als gemeinschaftliches Kind an Kindes Statt angenommen worden. Der Annahmevertrag ist vom Amtsgericht bestätigt worden. Bis zum Sommer 1935 hat die Beklagte im Hausstande der Kläger
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gelebt. Seit dem 1. Juli 1935 ist sie im Bezirkskinderheim W. untergebracht. Am 2. Mai 1935 beantragten die Kläger beim Amtsgericht die Bestellung eines Pflegers, der die Beklagte beim Abschluß eines die Kindesannahme aufhebenden Vertrages vertreten sollte. Am 28. Juni 1935 wurde vom Amtsgericht zur Vertretung der Beklagten beim Abschluß des Aufhebungsvertrages und im Anfechtungsverfahren ein Pfleger bestellt. Am 11. Juli 1935 haben die Kläger dem Pfleger gegenüber den Kindesannahmevertrag wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften der Beklagten angefochten. Im August 1935 haben sie Klage erhoben mit dem Antrag auf Feststellung, daß der zwischen den Parteien am 17. Februar 1926 abgeschlossene Annahmevertrag nichtig sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Kammergericht hat dem Antrag der Kläger entsprechend den Kindesannahmevertrag für nichtig erklärt. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Gründe: Für die Anfechtung eines Kindesannahmevertrags wegen Willensmängel gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 119flg. BGB. Die Anfechtung kann von dem Annehmenden darauf gestützt werden, daß er sich beim Abschluß des Annahmevertrags über die Wesensart des Kindes, also über eine wesentliche Eigenschaft der Person des Kindes, im Irrtum befunden habe (§119 Abs. 2 BGB.). Selbstverständlich ist nicht jede Enttäuschung, die der Annehmende bei der späteren Entwicklung des Kindes erlebt, geeignet, eine Anfechtimg des Annahmevertrags wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften des Kindes zu rechtfertigen. Entscheidend ist vielmehr, daß es sich bei der in dem späteren Verhalten des Kindes zutage getretenen fehlerhaften Entwicklung um den Ausfluß und die Betätigung einer bereits zur Zeit des Abschlusses des Annahmevertrags vorhandenen, für den Annehmenden nicht erkennbaren, auch durch Erziehimg nicht zu bessernden natürlichen Veranlagung handelt. Die Anfechtung des Annahmevertrags wegen Irrtums muß, um erfolgreich zu sein, der Vorschrift des § 121 B G B . entsprechen, d. h. sie muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat. Von diesen in mehreren Entscheidungen des erkennenden Senats (RGZ. Bd. 147 S. 310flg., Bd. 152 S. 228flg.) niedergelegten Rechtsgrundsätzen geht auch das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung aus. Es bezeichnet die Anfechtung, welche die Kläger am 11. Juli 1935 dem Pfleger gegenüber erklärt haben, als rechtzeitig, da die Bestellung des Pflegers erst am 28. Juni 1935 erfolgt sei und den Klägern angesichts der Tragweite der abzugebenden Erklärung diese durch vorgängige Einholung sachgemäßer Beratung und durch Zuziehung eines Rechtsanwalts entstandene kurze Verzögerung nicht als Verschulden angerechnet werden dürfe. Das Berufungsgericht erachtet die Anfechtung auch als begründet. Es stellt fest, daß die fehlerhafte Entwicklung, die bei der Beklagten zutage getreten sei,
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ihre Wurzel und ihren Grund in einer schlechten natürlichen Veranlagung der Beklagten finde, die schon zur Zeit des Abschlusses des AnnahmeVertrags bestanden habe. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, es sei nicht wahrscheinlich, daß diese Anlagemängel durch geeignete Erziehungsmaßregeln voll behoben werden könnten; die Anlagemängel der Beklagten, so drückt sich das Berufungsgericht aus, wögen so schwer, daß auch bei Anwendung weiterer Erziehungsmaßnahmen, möchten sie im Elternhaus oder in einem Heim getroffen werden, nicht mit Gewißheit zu erwarten sei, die Beklagte werde noch vollwertig werden. Diese Auffassung stützt das Berufungsgericht hauptsächlich auf das im zweiten Rechtszug eingezogene, ausführlich begründete Gutachten des Nervenfacharztes Dr. F. Die Revision erhebt zunächst die Verfahrensrüge, bei der Prüfung der Rechtzeitigkeit der Anfechtung habe das Berufungsgericht die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 7. Dezember 1936 übergangen, wo dargelegt worden sei, daß die Kläger bereits vor Jahren, jedenfalls seit Anfang des Jahres 1934, die unerwarteten Schwierigkeiten bei der Erziehung der Beklagten erkannt hätten; das Berufungsgericht habe prüfen müssen, ob die Kläger, nachdem sie diese Erkenntnis erlangt hatten, die Bestellung eines Pflegers ohne schuldhaftes Zögern betrieben haben. Der Revision ist darin beizupflichten, daß des Kindes wegen verlangt werden muß, daß der Annehmende, der den Kindesannahmevertrag anfechten will, unverzüglich, nachdem er von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat, den Antrag auf Bestellung eines Pflegers stellt, dem gegenüber die Anfechtungserklärung von ihm abzugeben ist. Eine Verzögerimg dieses Antrags würde als schuldhaftes Verhalten des Annehmenden im Sinne des § 121 BGB. anzusehen sein, das den Verlust seines Anfechtungsrechts zur Folge haben würde. Im Berufungsurteil wird die Frage, ob die Kläger den Antrag auf Pflegerbestellung früher, als geschehen, hätten stellen müssen, nicht besonders erörtert. Es wird vom Berufungsgericht nur dargelegt, daß vom Zeitpunkt der Pflegerbestellung am 28. Juni 1935 bis zur Anfechtungserklärung der Kläger, die am 11. Juli 1935 erfolgt ist, kein ungebührlich langer Zeitraum mehr verstrichen sei. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß das Berufungsgericht verkannt haben sollte, daß ein schuldhaftes Zögern auch schon dann vorgelegen hätte, wenn die Kläger den Antrag auf Bestellung des Pflegers zu spät gestellt hätten. Das Berufungsgericht sieht, wie seine späteren Ausführungen zeigen, im vorliegenden Fall den entscheidenden Gesichtspunkt darin, daß die Mängel der Beklagten sich als unverbesserlich erwiesen haben. Bevor feststand, daß die Mängel durch geeignete Erziehungsmaßnahmen nicht zu beheben waren, konnte nach dieser Auffassung des Berufungsgerichts eine Anfechtung des Annahmevertrags mit Aussicht auf Erfolg von den Klägern nicht betrieben werden; vorher konnte von ihnen auch nicht erwartet werden, daß sie die Bestellung eines Pflegers beantragten. Das Berufungsgericht ist, wie der Zusammenhang seines Urteils ergibt, offenbar der Auffassung, daß die Kläger bis. in die letzte Zeit vor der Unterbringung der Beklagten im Kinderheim W..
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die Hoffnung hatten, die Beklagte würde sich noch ändern, und daß sie erst durch das Gutachten des Dr. G. sich von der Unerziehbarkeit der Beklagten überzeugt haben. Daher muß diesem auf § 286 ZPO. gestützten Einwand der Revision der Erfolg versagt bleiben. Die Revision rügt ferner die Verletzung der §§ 402flg. ZPO. nach der Richtung, daß der Sachverständige Dr. F., wie sich aus seinem an das Berufungsgericht gerichteten Schreiben vom 30. April 1937 und aus dem Gutachten selbst ergebe, eigene Ermittlungen angestellt habe; deswegen habe die Beklagte der Verwertimg des Gutachtens bereits in der Berufungsinstanz widersprochen. Das Gutachten habe daher vom Berufimgsgericht nicht verwertet werden dürfen. Dieser Revisionsangrifif ist ebenfalls nicht begründet. In seinem Schreiben vom 30. April 1937 teilt der Sachverständige Dr. F. dem Berufungsgericht mit, daß er Nachforschungen nach dem Aufenthalt der leiblichen Mutter der Beklagten angestellt habe. Das Gutachten ergibt jedoch, daß diese Nachforschungen ergebnislos gewesen sind. Dem Sachverständigen ist es nicht möglich gewesen, mit der leiblichen Mutter der Beklagten in Verbindung zu treten und sie auszufragen. Die Frage, ob der Sachverständige, wenn er die leibliche Mutter ermittelt und von ihr Auskünfte über ihre eigene Person und über die ersten Lebensjahre der Beklagten eingezogen hätte, prozessual richtig verfahren wäre, ist also insoweit gar nicht praktisch geworden. Dagegen hat der Sachverständige allerdings eine „informatorische Rücksprache" mit der Zweitklägerin, Frau U., vorgenommen. Das Ergebnis dieser Rücksprache hat der Sachverständige in seinem Gutachten wiedergegeben; u. a. habe ihm Frau U. bei dieser Rücksprache berichtet, die Beklagte habe in der Schule mit einer 15 jährigen Verwahrlosten, die nachher von der Schule verwiesen worden sei, Umgang gehabt. Die Richtigkeit dieser dem Sachverständigen von der Zweitklägerin gemachten Angabe hat die Beklagte, nachdem sie Kenntnis von dem Gutachten erhalten hatte, schon in der Vorinstanz ausdrücklich bestritten. Die Tatsache dieses Verkehrs der Beklagten mit der 15 jährigen Verwahrlosten hätte vom Berufungsgericht durch Parteivernehmung der Frau U. in Gegenwart der beklagten Partei, gegebenenfalls auch noch durch weitere Beweiserhebungen geklärt werden müssen, wenn es auf diese Tatsache ankam. Denn grundsätzlich verstößt es gegen die Prozeßordnung, wenn ein Sachverständiger selbständig Zeugen oder Parteien über wesentliche Streitpunkte vernimmt; so die ständige Rechtsprechung des Reichsgerichts, auf welche von der Revision mit Recht Bezug genommen wird (Entsch. des Reichsgerichts vom 11. Januar 1937 VI 324/36 in Deutsche Rechtspflege 1937 Nr. 257 und die dort angeführten älteren Entscheidungen). Das Gutachten ergibt jedoch, daß für den Sachverständigen die hier in Frage stehende Tatsache keine Rolle gespielt hat. Das Gutachten enthält nach Art eines Tatbestandes zunächst die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Kindesannahme- und Pflegschaftsakten sowie der Prozeßakten und der darin enthaltenen Zeugenvernehmungsprotokolle und früheren Gutachten, dann die erwähnte Aufzeichnung über
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die dem Sachverständigen von der Zweitklägerin, Frau U., sowie auch von der Oberin und einer Schwester des Kinderheims W. gemachten Angaben und anschließend die Aufzeichnung über das Ergebnis der von dem Sachverständigen vorgenommenen mehrmaligen Untersuchungen der Beklagten selbst. Dann folgt auf 16 Seiten die Beurteilung des Sachverständigen zu diesen Unterlagen. Hier werden die von dem Sachverständigen für bedeutsam erachteten Tatsachen nochmals zusammengestellt und die Folgerungen aus ihnen gezogen, mit denen der Sachverständige seine Antworten auf die vom Berufungsgericht gestellten Fragen begründet. Auf die Angaben der annehmenden Ehefrau über den Umgang der Beklagten mit der 15 jährigen Verwahrlosten kommt er hier nicht mehr zurück. Nach der Begründung, die er seinem Gutachten gibt, kann unbedenklich angenommen werden, daß er diesen Angaben keine Bedeutimg beigemessen hat. Sein Gutachten und das darauf aufgebaute Urteil des Berufungsgerichts beruhen also jedenfalls im Ergebnis nicht auf einem verfahrensrechtlich fehlerhaften Vorgehen des Sachverständigen. Sachlich-rechtlich beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Feststellung, daß die Beklagte sich fehlerhaft entwickelt hat und daß diese Fehlentwicklung auf ihre natürliche Veranlagung zurückzuführen ist, die bereits zur Zeit des Abschlusses des Annahmevertrags vorhanden, den Klägern aber unbekannt war. Mit diesen tatsächlichen Feststellungen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Anfechtung des Annahmevertrags seitens der Kläger gerechtfertigt sei, rechtsirrtumsfrei und in Übereinstimmung mit der eingangs wiedergegebenen reichsgerichtlichen Rechtsprechung begründet, wenn noch das weitere Erfordernis erfüllt ist, daß diese Veranlagung auch durch weitere Erziehungsmaßnahmen nicht zu bessern ist. Die Ausführungen, die das Berufungsgericht über das Vorliegen dieses Erfordernisses macht, werden von der Revision angegriffen. Das Berufungsgericht führt aus, die Anlagemängel der Beklagten seien so schwerwiegend, daß auch bei Anwendung weiterer Erziehungsmaßnahmen, gleichviel ob sie im Elternhaus oder im Kinderheim getroffen würden, die Vollwertigkeit der Beklagten nicht mit Gewißheit zu erreichen sei. Die Revision meint, es komme nach dieser Richtung nicht auf die Erreichung der Vollwertigkeit, sondern darauf an, ob die Kläger infolge weiterer Erziehungsmaßnahmen damit hätten rechnen können, daß die Beklagte dadurch ein Kind werde, wie sie es bei der Kindesannahme hätten erwarten können. Dieser Meinung der Revision vermag der erkennende Senat nicht beizutreten. Die Kläger durften bei Abschluß des Annahmevertrags davon ausgehen, ein normales Kind an Kindes Statt anzunehmen. Wenn sich später herausstellte, daß erhebliche Anlagemängel bei dem Kinde vorhanden waren, die sich dann in einer Fehlentwicklung auswirkten, so waren die Kläger zur Anfechtung wegen Irrtums berechtigt. Die Anfechtung wäre nur dann ausgeschlossen, wenn bei Anwendung weiterer Erziehungsmaßregeln mit einer solchen Besserung zu rechnen wäre, die der Beseitigung der vorhandenen Anlagemängel gleichgestellt werden könnte.
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In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn das Berufungsgericht von der Erreichung der Vollwertigkeit spricht. Da das Berufungsgericht aber annimmt, daß die Erreichung der Vollwertigkeit der Beklagten nicht zu erwarten sei, ist es folgerichtig, wenn es die von den Klägern erklärte I r r t u m s anfechtung f ü r begründet hält. Auch die Verteilung der Beweislast wird vom Berufungsgericht nicht verkannt. Es übersieht nicht, daß die Kläger beweispflichtig sind f ü r die Unverbesserlichkeit der Anlagemängel der Beklagten. An die Beweisführung dürfen aber keine zu strengen A n f o r d e rungen gestellt werden. Es m u ß genügen, wenn die Kläger das Gericht davon zu überzeugen vermögen, daß eine Beseitigung oder Besserung der Mängel in dem oben angegebenen Sinne vernünftigerweise nicht m e h r zu erwarten ist. Zu dieser Überzeugung ist das Berufungsgericht auf G r u n d des Gutachtens des Sachverständigen D r . F. gelangt. Das Berufungsurteil, das die Anfechtung des Kindesannahmevertrags vom 17. F e b r u a r 1926 f ü r begründet erklärt, ist also auch insofern frei von R e c h t s i r r t u m . . . . (Folgt Zurückweisung weiterer prozessualer Angriffe.) R G Z . 157, 173 Ist die Anfechtung wegen Irrtums bei Mängel der Miet-PachtSache ausgeschlossen ? BGB. §§ 119, 537, 538, 539, 542. IV. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 10. März 1938.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". R G Z . 158, 166 1. Muß aus der Anfechtungserklärung nach § 143 B G B . hervorgehen, daß durch sie das Rechtsgeschäft von Anfang an beseitigt werden soll ? 2. Setzt der Tatbestand des § 119 Abs. 2 B G B . einen Irrtum über die Eigenschaften des anderen Vertragsteils voraus ? 3. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Bürgschaftsverpflichtung wegen Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 242 BGB. unwirksam sein ? BGB. § 119 Abs. 2, §§ 143, 242, 765 f l g . VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 3. August 1938.
I. Landgericht Krefeld-Uerdingen.
II. Oberlandesgericht Düsseldorf.
Die Firma Geschwister G., deren Mitinhaber die Kläger sind, stand mit der Firma Paul G. in Geschäftsverbindung. Die erste Firma (künftig Firma G. genannt) ist eine Krawattenstoffweberei und lieferte an die Firma Paul G. (künftig Firma G. P. genannt) Krawattenstoffe; sie hatte gegen diese
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Firma eine erhebliche Forderung. Im Mai 1932 kam „zwischen den Beteiligten" — wie es im Tatbestand des Berufungsurteils heißt — ein Abkommen zustande, wonach auch von anderen Lieferanten Waren an die Firma P. G. zu liefern, die Rechnungen jedoch an die Firma G. einzusenden waren; diese beglich die Rechnungen, berechnete aber einen Aufschlag gegenüber der Firma P. G. Geliefert hat dann auch die Beklagte. Der Treuhänder St., der bereits seit dem August 1931 im Auftrage der Firma P. G. als Treuhänder für diese tätig war, sollte die Geschäftsführung der Firma weiterhin überwachen. St. fertigte in der Folgezeit Bilanzen an, über deren Richtigkeit die Parteien streiten. Gegen Ende des Jahres begannen Verhandlungen zwischen den beteiligten Finnen und dem Treuhänder — zunächst St., seit Anfang 1933 dessen Nachfolger J. —, nach denen die Geschäftsbeziehungen mit der Firma G. auf eine andere Grundlage gestellt werden sollten. Unter dem 27. Januar 1933 richtete die Beklagte an die Firma G. folgendes Schreiben: Wir haben mit der Firma P. G. ein Abkommen getroffen, wonach wir diese mit Krawattenstoffen beliefern gegen Dreimonatsakzepte, die 1 Monat nach der Lieferung auszustellen sind. Der Kredit soll einesteils die Firma P. G. unterstützen, andernteils aber auch dazu dienen, alle alten Verbindlichkeiten dieser Firma zu tilgen. Mit Rücksicht darauf, daß Sie die Firma P. G. bisher allein durch Ihre Kredite aufrechterhalten haben, übernehmen wir hiermit Ihnen gegenüber die Bürgschaft für Ihre gesamten Forderungen aus Lieferungen an die Firma P. G., die vor dem 1. Januar 1933 erfolgten. Wir erwarten, daß P. G. in der Lage sein wird, seine alten Verbindlichkeiten Ihnen gegenüber bis Anfang Mai 1933 abzudecken. Sollte jedoch bis zu diesem Zeitpunkt völlige Abdeckung nicht möglich sein, so werden wir die Firma P. G. ermächtigen, bei den Regulierungen jeweils 10 % von unseren Rechnungen in Abzug zu bringen und uns auf ein Sonderkonto als Darlehen gutzuschreiben so lange, bis alle alten Verbindlichkeiten abgedeckt sind. Das auf diese Weise entstehende Darlehnskonto soll dann allmählich abgedeckt werden, so wie es die geldliche Lage der Firma gestattet. Die Firma G. hat die Kläger ermächtigt, ihre Ansprüche aus der Bürgschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Die Kläger verlangen Zahlung von 16000 RM. an die Firma G., indem sie behaupten, daß deren Forderung gegen die Firma P. G. aus der Zeit vor dem 1. Januar 1933 mindestens noch in dieser Höhe bestehe. Die Firma P. G. sowie die Eheleute P. G. sind im ersten Rechtsgange durch Versäumnisurteil nach dem Klageantrage verurteilt worden. Die Klage gegen eine weitere Firma wurde abgewiesen, weil die Übernahme der Bürgschaft durch sie nicht erwiesen sei. Die nachfolgenden Entscheidungsgründe befassen sich mit der Beklagten, der gegenüber das Berufungsgericht die Klage abgewiesen hat. Insoweit wurde das Berufungsurteil aufgehoben und der Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
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Gründe: Die Beklagte hat den Antrag auf Klageabweisung darauf gestützt, daß sie ihre Bürgschaftsverpflichtung wegen arglistiger Täuschung und wegen Irrtums angefochten habe. Das Berufungsgericht geht zugunsten der Beklagten davon aus, daß ihr Schreiben vom 3. Mai 1933 als Anfechtung des Bürgschaftsvertrages angesehen werden könne; die Beklagte hat darin mit näherer Begründung erklärt, daß sie sich nicht mehr an ihre Bürgschaftserklärung gebunden fühle, da sich die Voraussetzungen, unter denen sie die Erklärung abgegeben habe, so vollkommen geändert hätten, daß man ihr nicht mehr zumuten könne, ihre Zusage aufrechtzuerhalten. Eine Anfechtungserklärimg gemäß § 143 BGB. setzt allerdings nicht den Gebrauch eines bestimmten Ausdrucks voraus; immerhin muß aus der Erklärung hervorgehen, daß durch sie das Rechtsgeschäft von Anfang an beseitigt werden soll; so kann eine Rücktrittserklärung nicht ohne weiteres als Anfechtungserklärung angesehen werden (RGZ. Bd. 105 S. 206). Es kann dahinstehen, ob der oben wiedergegebene Inhalt des Schreibens vom 3. Mai 1933 der Voraussetzung des § 143 entspricht; denn die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die sachlichen Voraussetzungen der Anfechtimg im vorliegenden Fall verneint, beruhen nicht auf Rechtsirrtum. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung aus der Bürgschaftserklärung mit folgender Begründung abgelehnt: Die von dem Treuhänder St. zum 31. Oktober 1932 aufgestellte Bilanz sei unrichtig gewesen, weil sie die Verpflichtungen der Firma P. G. insbesondere gegenüber der Firma G. zu niedrig angegeben habe. Die Unrichtigkeit sei dem Vertreter der Firma G., Karl G., bekannt gewesen. Diese Bilanz sei aber die Grundlage ihrer Bürgschaftsverpflichtung gewesen. Das Berufungsgericht prüft zunächst die Frage der Unrichtigkeit der Bilanz. Es hält auf Grund des Gutachtens des von ihm vernommenen Sachverständigen H. für erwiesen, daß die Bilanz objektiv falsch war. Es nimmt einmal an, daß dem Treuhänder St. ein bestimmtes Blatt des Journals der Schuldnerin vorgelegen habe, daß aber gleichwohl ein Posten von rund 1271 RM. in die Gläubigerseite der Bilanz nicht aufgenommen worden sei; sodann hält es ein Akzeptkonto von rund 2982 RM. für nicht berücksichtigt. Außer diesen Beträgen von zusammen 4253 RM. erörtert das Berufungsgericht folgendes: Man könne sich den Ausführungen des Sachverständigen nicht verschließen, der eine Delcredererückstellung in Höhe von 750 RM. für angebracht erachte. Zweifelhafter sei die Rückstellung für die Umsatzsteuer von rund 1236 RM., der ein Guthaben von 173 RM. gegenüberstehe. Auch über die Gewerbesteuer lasse sich streiten; im Oktober sei sie mit rund 582 RM. fällig gewesen; ihr stehe ein Guthaben von 232 RM. für Steuergutscheine gegenüber. Im Ergebnis ist das Berufimgsgericht der Meinung, die Aufnahme dieser Posten in die Bilanz sei objektiv notwendig gewesen. Ferner sei die Forderung einer Firma H., die tatsächlich bestanden habe und nachträglich auch beglichen worden sei, mit rund 1535 RM. in die Bilanz aufzunehmen gewesen. Da-
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nach kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis: Die von dem Sachverständigen H. errechnete Unterbilanz sei um rund 6778 RM. höher als die Bilanz des St. Dieser Unterschied sei bei einer Bilanzsumme von rund 39000 RM. ganz erheblich. Selbst wenn man unterstelle, daß St. das erwähnte Journalblatt nicht zur Verfügung gehabt habe, ergebe sich bei einem Unterschiede von rund 3823 RM. noch eine erhebliche Unrichtigkeit. Den Beweis für die von der Beklagten weiterhin behaupteten Unrichtigkeiten der Bilanz des St. hält das Berufungsgericht dagegen nicht für erbracht. Das Berufungsgericht hält nicht für erwiesen, daß Karl G., der Bevollmächtigte der Firma G., die Unrichtigkeit der Bilanz gekannt hat; es legt dar: Die spätere Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Beziehungen zwischen G., der Firma P. G. und St. und auch zwischen G. und der Beklagten viel loser gewesen seien, als der Sachverständige angenommen habe. Deshalb verneint es das Vorliegen einer arglistigen Täuschung. Ebenso hält es auch die Anfechtung der Bürgschaftserklärung wegen Irrtums nicht für begründet; es liege insbesondere kein Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft der Firma P. G. vor. Die Beklagte habe gewußt, daß P. G. überschuldet war; sie sei auch über seine Persönlichkeit im übrigen nicht im Irrtum gewesen und habe sich lediglich über den Umfang der Verschuldung geirrt. Das Maß der Verschuldung, auf das sich hier der Irrtum bezogen habe, sei jedoch keine vom Verkehr als wesentlich angesehene Eigenschaft einer Person, wenn sie auch für den einzelnen Geschäftsabschluß von ausschlaggebender Bedeutung sein könne. Die insoweit zugunsten der Kläger getroffene Entscheidung beruht auf tatsächlichen Erwägungen und enthält eine zutreffende rechtliche Beurteilung. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht verkannt, daß der Tatbestand des § 119 Abs. 2 BGB. keinen Irrtum über die Eigenschaften des anderen Vertragstcils voraussetzt; auch der Irrtum über die Eigenschaften einer dritten Person kann für den Inhalt und den Zweck eines Vertrags von Bedeutung sein (Gruch. Bd. 52 S. 923). Zutreffend erwägt das Berufungsgericht auch, daß die Eigenschaft einer Person nach der Vorschrift des Gesetzes für den einzelnen Fall nur dann rechtlich bedeutsam ist, wenn sie im Verkehr als wesentlich angesehen wird. Ob die Anfechtung wegen Irrtums, auch wenn der Inhalt des Schreibens vom 3. Mai 1933 zugrunde gelegt wird, überhaupt rechtzeitig erfolgt ist, braucht hiernach nicht erörtert zu werden. Dagegen gelangt das Berufungsgericht aus einem anderen Grunde zur Abweisung der Klage. Es erwägt im wesentlichen folgendes: Die Vermögenslage der Firma P. G. sei wesentlich ungünstiger gewesen, als die Beklagte angenommen habe. Maßgebend für die Übernahme der Bürgschaft sei die Rentabilität der Schuldnerin gewesen; die Ertragsfähigkeit habe sich aus den Bilanzen ergeben sollen. Nach der Aussage des Zeugen J. hätten sich alle Beteiligten auf die Rentabilität der Schuldnerin verlassen. Die Darstellung der Kläger gehe dahin, ausschlaggebend sei die Tatsache gewesen, daß die Geschäftsführung der Schuldnerin von einem Treuhänder
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überwacht werde und dann mit einem guten Gang des Geschäfts zu rechnen gewesen sei. Diese Darstellung sei aber schon in sich mangelhaft. Die Prüfung durch einen Treuhänder bringe noch keinen Aufschwung des Geschäfts mit sich. Für den Kaufmann gebe es nur zwei ausschlaggebende Umstände: Die Bilanz und die Rentabilität. Auch die Firma G. sei nur mit Rücksicht auf den Aufstieg des Geschäfts in erneute Verhandlungen mit der Firma P. G. getreten. Ein zu diesem Punkt angetretener Beweis könne die bisher unbestrittenen Tatsachen nicht umwerfen. Die Beklagte möge bereit gewesen sein, ein gewisses Wagnis bei den Lieferungen an die Schuldnerin zu übernehmen. Dieses Wagnis habe schon in der Geschäftsverbindung mit einer verschuldeten Firma und in einer etwaigen späteren Verschlechterung der Geschäftslage bestanden; es könne aber nicht angenommen werden, daß die Beklagte an eine Firma habe liefern wollen, die regelmäßig mit Verlusten gearbeitet habe. Nach alledem sei es nicht zweifelhaft, daß den Verhandlungen die von St. angefertigten Zwischenbilanzen zugrunde gelegen hätten. Die Besonderheit des Falles liege darin, daß nicht nur die Beklagte, sondern auch der Bevollmächtigte der Firma G. von der Richtigkeit der Bilanz ausgegangen sei und sich insoweit über die Grundumstände geirrt habe, die zur Bürgschaftserklärung geführt hätten. Deshalb könne der Beklagten nicht zugemutet werden, auch nur für einen Teil der Verbindlichkeiten der Schuldnerin einzustehen, also auch nicht etwa in Höhe der Bilanz des St. Sie habe damit rechnen können, bei dem langsamen Aufstieg des Geschäfts mit keinem Pfennig aus der Bürgschaft in Anspruch genommen zu werden; voraussichtlich werde sie aber bei der Schuldnerin niemals Regreß nehmen können. Es sei bei den Verhandlungen nicht auf die Höhe der Unterbilanz an sich, sondern auf die sich aus den einzelnen Bilanzen ergebende Rentabilität der Schuldnerin angekommen. Es sei unerheblich, daß die Kläger auch jetzt noch die Bilanz des St. für richtig hielten. Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts komme es in solchem Falle nur darauf an, ob das, was die Parteien als richtig angenommen hätten, sich als unrichtig herausstelle. Es sei auch nicht ausschlaggebend, daß sich der Irrtum auf die Person eines Dritten, des Schuldners, bezogen habe. Die Entscheidung könne auch nicht dadurch beeinflußt werden, daß die Beklagte tatsächlich an die Firma P. G. Ware geliefert habe. Die Kläger wollten aus dieser Lieferung folgern, die Beklagte habe sich an die Bürgschaftsübernahme gebunden gefühlt; denn sie hätten die Lieferungen stets von der Bürgschaftsübernahme abhängig gemacht. Das Berufungsgericht sagt hierzu, es könne als feststehend angesehen werden, daß die Firma G. bei den Vertragsverhandlungen stets die Abdeckung ihrer alten Forderung verlangt habe; zu einer abschließenden Regelung sei man jcdoch nicht gekommen. Im übrigen sei schon während der Zeit geliefert worden, als die Beteiligten an die Richtigkeit der Bilanz geglaubt hätten. Diese Begründung muß in dem entscheidenden Punkte rechtlich beanstandet werden. Der erkennende Senat hat es in der Entscheidung RGZ. Bd. 146 S. 376 [379] als nicht ausgeschlossen bezeichnet, daß auch ein
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Bürgschaftsvertrag derart auf bestimmten, bei Abschluß des Vertrags zutage getretenen Vorstellungen der Vertragsparteien beruhe, daß die Geltendmachung der Bürgschaftsansprüche beim Fehlen oder Wegfallen jener Grundlage gegen § 242 BGB. verstoßen könne. Es ist aber hinzugefügt worden, daß bei Anwendung dieses Grundsatzes auf die Bürgschaft besondere Vorsicht geboten sei, weil der Gläubiger durch die Verpflichtung des Bürgen nur ein Recht erwerben solle; es werde im allgemeinen näher liegen, jenen Vorstellungen nur dann Bedeutung beizumessen, wenn sie in eine Beziehung zum Inhalt des Vertrages in der Form der Bedingung gesetzt würden. Daran ist festzuhalten. Im vorliegenden Fall wäre es von vornherein nicht zu verstehen, daß die Übernahme einer Bürgschaft auf eine so unsichere Grundlage gestellt sein sollte, wie es nach der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall sein würde. Nach der im Berufungsurteil zunächst ausgesprochenen Annahme bildete die Überzeugung von der Richtigkeit einer — und zwar ganz bestimmten — Bilanz die Grundlage der Vertragsverhandlungen. Das Berufungsgericht prüft nun die Richtigkeit dieser Bilanz und erörtert die Frage, ob außer den aufgenommenen Posten noch andere Verbindlichkeiten hätten aufgenommen werden müssen. Es bezeichnet diese Frage zum Teil als zweifelhaft, gelangt aber doch auf Grund des Gutachtens eines Sachverständigen zu dem Ergebnis, daß bestimmte Schuldposten bei objektiver Beurteilung aufzunehmen gewesen wären; es nimmt die Unrichtigkeit der Bilanz auch wegen dieser hinsichtlich der Notwendigkeit der Aufnahme zweifelhaften Posten an — für die Forderung H. ist diese Zwcifelhaftigkeit nicht mit Sicherheit zu erkennen —, indem es unterstellt, daß der Hersteller der Bilanz, St., ein bestimmtes Journalblatt nicht zur Verfügung gehabt habe. Es ist nicht ersichtlich, wie bei einer solchen Sachlage eine nachträgliche anderweitige Ermittlung des Bilanzstandes dazu führen sollte, daß nunmehr die Geltendmachung des Bürgschaftsanspruchs gegen Treu und Glauben verstieße, insbesondere wenn der Gläubiger, wie im vorliegenden Falle, für diese Posten die Richtigkeit der Bilanz nach wie vor für gegeben hält und auch das Berufungsgericht nicht in allen Punkten, in denen die Beklagte die Bilanz als unrichtig ansieht, ihrer Auffassung folgt. In erster Linie sieht das Berufungsgericht die Bilanz bei weiteren Posten als unrichtig an, weil es annimmt, daß dem Treuhänder St. entgegen seiner Darstellung ein bestimmtes Journalblatt vorgelegen habe. In zweiter Reih: erwägt es aber auch den Fall, daß dem Treuhänder dieses Blatt nicht vorgelegen hat, und erörtert die zahlenmäßige Bedeutung der Bilanz auch für diesen Fall. Im ersten Falle würde die Richtigkeit der Bilanz nach der gegenständlichen Seite und bei Aufstellung durch einen beliebigen Sachkundigen, im anderen Falle vom Gesichtspunkt der Aufstellung gerade durch eine bestimmte Person und nach dem, was gerade diesem Sachkundigen vorgelegen hat, festgestellt werden. Das Berufimgsgericht scheint beide Möglichkeiten für beachtlich zu halten. Man sieht, auf wie unsichere Verhältnisse danach die Wirksamkeit einer Verpflichtung gegründet werden soll, die dem Gläubiger lediglich einen Vorteil bringen soll. Zivil,. Allgem. Teil 3
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Das Berufungsgericht spricht aber weiterhin den Zwischenbilanzen die Bedeutung zu, daß sie den Verhandlungen zugrunde gelegen haben; andererseits hält es nicht die Höhe der Unterbilanzen an sich, sondern die aus den einzelnen Bilanzen sich ergebende Rentabilität der Firma P.G. für maßgebend. In diesem Zusammenhang führt es aus, die Beklagte habe damit rechnen können, bei dem langsamen Aufstieg des Geschäfts aus der Bürgschaft mit keinem Pfennig in Anspruch genommen zu werden. Damit will das Berufungsgericht die Erwägung ausschalten, daß ja auch die von St. ermittelte Bilanz eine erhebliche Unterbilanz aufwies. Andererseits nimmt es an, die Beklagte möge bereit gewesen sein, ein gewisses Wagnis bei den Lieferungen an die Schuldnerin zu übernehmen; dieses habe schon in der Geschäftsverbindung mit einer überschuldeten Firma und einer etwaigen demnächstigen Verschlechterung der Geschäftslage bestanden. Wie beide Erwägungen miteinander vereinigt werden können, ist nicht einzusehen. Einmal hat die Beklagte selbst nicht damit gerechnet, sie werde mit keinem Pfennig aus der Bürgschaft in Anspruch genommen werden; das ergibt die Bürgschaftsurkunde selbst. Die Beklagte spricht darin nach bedingungsloser und sachlich von ihr begründeter Bürgschaftsübernahme lediglich die Erwartung aus, die Schuldnerin weide in der Lage sein, ihre alten Verbindlichkeiten der Firma G. gegenüber bis Anfang Mai 1933 abzudecken; sollte das aber nicht möglich sein, so würde sie die Schuldnerin ermächtigen, jeweils 10% der Rechnungen der Beklagten in Abzug zu bringen und auf ein Sonderdarlehnskonto bis zur Abdeckung der alten Verbindlichkeiten — also der vor dem 1. Januar 1933 entstandenen Forderungen der Firma G. — zu übertragen; dieses Konto solle allmählich abgedeckt werden, wie es die geldliche Lage der Fiima gestatte. Die Beklagte wollte also für den durchaus erwogenen Fall, daß die Schuldnerin ihre alten, durch die Bürgschaft der Beklagten gesicherten Verbindlichkeiten der Firma G. gegenüber nicht erfülle, die Schuldnerin in den Stand setzen, ihre Verpflichtung mit Mitteln zu erfüllen, die sonst der Beklagten zugeflossen wären. Sodann hat aber naturgemäß auch die Gläubigcrin, die Firma G., damit gerechnet, daß die Bürgin aus der Bürgschaft werde in Anspruch genommen werden können; es ist nicht ersichtlich, warum ein Gläubiger sonst sich überhaupt durch eine Bürgschaft sichern sollte. Mit dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde ist es aber auch nicht zu vereinen, wenn das Berufungsgericht ausführt, es könne als feststehend angesehen werden, daß die Firma G. stets die Abdeckung ihrer alten Forderung verlangt habe, aber zu einer abschließenden Regelung sei es nicht gekommen. Daß Zwischenbilanzen ihrer Natur nach nicht ohne weiteres eine sichere Grundlage für die Beurteilung der geschäftlichen Lage des Kaufmanns bieten können, ist den Beteiligten gewiß nicht entgangen. Sieht man im vorliegenden Falle die Zwischenbilanzen auf die Höhe des Gewinns an, den das Berufungsgericht im Tatbestand des Berufungsurteils hervorhebt, so ergibt sich, daß der Gewinn nach der Aufstellung des St. betrug: im Juni 1932 rund 1100 RM., im Juli rund 735 RM., im August rund 1020 RM.,
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im September rund 1563 RM., im Oktober rund 1378 RM. Die Kapitalunterdeckung war — auf 1000 RM. abgerundet —: Ende Juni 1932 8000, Juli 8000, August 7000, September 6000, Oktober 5000 RM. Daß — objektiv betrachtet — eine wesentliche Besserung der Geschäftsentwicklung mit Sicherheit daraus entnommen und von einem geschäftsgewandten Kaufmann bei der Prüfung, ob er daraufhin eine Bürgschaftsverpflichtung übernehmen solle, als maßgebende Grundlage f ü r seine Entschließung betrachtet werden könnte, ist nach der Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich. In Wirklichkeit hat die Beklagte in der Bürgschaftsurkunde selbst ihre Interesseneinlage und diejenige der Firma G. deutlich zum Ausdruck gebracht: Sie hat insbesondere erklärt, sie übernehme die Bürgschaft für die vor dem 1. Januar 1933 entstandenen Forderungen der Firma G., weil diese bisher allein durch ihre Kredite die Firma P. G. aufrechterhalten habe; das war auch der Beklagten zugute gekommen, weil sie die Zahlung für ihre bisherigen Lieferungen von der Firma G. erhalten hatte. Die Gefahr für die künftigen Lieferungen wurde dagegen von der Firma G. und der Beklagten in gleicher Weise getragen. Das Berufungsurteil leidet daran, daß die Besonderheit des einseitigen Bürgschaftsvertrags nicht berücksichtigt worden ist. Daß gerade auf diesem Rechtsgebiet die Bedeutung der Geschäftsgrundlage mit besonderer Vorsicht zu beurteilen ist, ist nicht nur in der oben angeführten Entscheidimg, sondern auch sonst von dem erkennenden Senat hervorgehoben worden. Es sei hier verwiesen auf die Entscheidung vom 18. Juni 1934 VI 51/34 (vgl. JW. 1934 S. 2685 Nr. 3), wo auch betont wird, daß der Wegfall der Gcschäftsgrundlage für sich allein keinen Grund zur Aufhebung eines Vertrags bildet, sondern daß es darauf ankommt, ob das Festhalten des Vertragsgegners an einem unter anderen wirtschaftlichen Verhältnissen geschlossenen Vertrag gegen Treu und Glauben verstoße (vgl. ferner die neueste Entscheidung des Senats zu dieser Frage vom 23. Juli 1938 VI 12 38). Ebenso ist im Falle eines Kaufvertrags vom V. Zivilsenat des Reichsgerichts in der Entscheidung vom 28. April 1934 V 25,34 (vgl. HRR. 1934 Nr. 1345) dargelegt, daß die Frage, ob die Erfüllung eines Vertrags wegen beiderseitigen Irrtums über die Geschäftsgrundlage verweigert werden könne, einer besonders vorsichtigen Prüfung bedürfe und daß dabei gemäß § 242 BGB. alle Umstände des Falles zu berücksichtigen seien. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen betrafen einen wesentlich anderen Sachverhalt. Es ist beachtlich, daß in den Entscheidungen aus der neueren Zeit (RGZ. Bd. 153 S. 356, Bd. 152 S. 403, Bd. 122 S. 200), in denen der Wegfall der Geschäftsgrundlagc als wesentlich erklärt wurde, den Gegenstand der Rechtsbeziehungen der Parteien ein Vergleich bildete, bei dem das beiderseitige Nachgeben und die Frage, ob es in jedem Falle bei den engeren Grenzen des § 779 BGB. verbleiben müsse, eine besondere Rolle spielte. Es würde aber eine nicht tragbare Rechtsunsicherheit auf dem Gebiet des Bürgschaftsrechts eintreten, wenn man im vorliegenden Fall, wo das Berufungsgericht die von der Beklagten behauptete arglistige Täu15'
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schung und den Irrtumstatbestand ohne Rechtsirrtum verneint hat, dem Gläubiger bei Verfolgung seines Bürgschaftsanspruchs einen Verstoß gegen Treu und Glauben vorwerfen wollte. R G Z . 158, 294 1. Ist bei bestehender ehelicher Gemeinschaft eine Vereinb a r u n g , durch die der E h e m a n n sich verpflichtet, der E h e f r a u d e n Unterhalt durch E n t r i c h t u n g einer Gcldrentc von b e s t i m m t e r H ö h e zu gewähren, mit d e m Wesen der E h e vereinbar ? 2. Können die Ehegatten für die Zeit, in der sie getrennt ieben u n d einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern darf, wirksam vereinbaren, daß der E h e m a n n seine Unterhaltspflicht durch Entrichtung einer Geldrente von b e s t i m m t e r H ö h e zu erfüllen habe ? Kann eine solchc Vereinbarung auch unter H i n z u f ü g u n g einer Vertragsstrafe für den Fall, d a ß der E h e m a n n diese Verp f l i c h t u n g nicht erfüllt, wirksam getroffen werden ? BGB. §§ 138, 1353, 1354, 1360, 1361. IV. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 3. November 1938.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht". RGZ. 159, 254 f 1. Gibt das Fehlen einer V e r e i n b a r u n g über die Gerichtszuständigkeit Anlaß zu einer ergänzenden Vertragsauslegung ? 2 * BGB. §§ 133, 157. IV. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 16. Februar 1939. I. Landgericht Köln.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Im Dezember 1928 gab die Beklagte, die ihren Sitz in Amsterdam hat der N.schen Verwaltungsgesellschaft mbH. in Köln ein Darlchn von 190000 Dollar. Die vorausgegangenen Verhandlungen sind in einem Schreiben vom 11. Dezember 1928 bestätigt worden. Das Darlehn, das zunächst auf 3 Monate bewilligt war, ist mehrfach verlängert, auch auf andere Währungen umgestellt worden. Zum 30. Juni 1931 fügte die Gläubigerin ihrem Auszuge gedruckte allgemeine Geschäftsbedingungen bei. Sie enthalten auch eine Bestimmung über Gerichtszuständigkeit. Nach Umwandlung der N.schen Verwaltungsgesellschaft mbH. verlangen die * Geringere Bedeutung.
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Kläger als deren Rechtsnachfolger die Feststellung, daß sie der Beklagten aus dem im Dezember 1928 mit 190000 Dollar gewährten Darlehn nichts mehr schulden. Sie beantragen ferner, die Beklagte zu verurteilen, einzuwilligen, daß die von den Klägern am 7. August 1937 hinterlegten 400000 R M . Reichsschatzanweisungen nebst Zinsscheinen und eingelösten Zinsen an die Kläger ausgehändigt werden. In Verfolg von Meinungsverschiedenheiten hatten die Kläger Sicherheit mit diesen Papieren geleistet; sie beanspruchen deren Freigabe, weil nach ihrer Meinung die Beklagte aus dem Darlehnsvcruage nichts mehr zu fordern hat. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen. Die Revision der Kläger f ü h r t e zur A u f h e b u n g und zur Zurückverweisung der Sache. Gründe: Das Berufungsgericht nimmt an, die Parteien hätten schon von vornherein bei Abschluß des Darlehnsvorvertrags im Jahre 1928 die Zuständigkeit holländischer Gerichte vereinbart. Zu dieser Auffassung ist es auf G r u n d folgender Überlegung gelangt: Ausdrücklich sei weder eine Vereinbarung über das anzuwendende Recht noch über die Zuständigkeit eines Gerichts getroffen worden. I m Wege ergänzender Vertragsauslegung sei zu prüfen, ob die Beziehungen einem einheitlichen Recht u n d welchem Recht hätten unterworfen werden sollen. Dasselbe müsse f ü r die Frage gelten, welches Gericht zuständig sein solle. I m vorliegenden Falle müsse man annehmen, daß der mutmaßliche Wille der Parteien bei Vcrtragschluß auf Amsterdam als Gerichtsstand gerichtet gewesen sei und daß die Parteien diesen Gerichtsstand auch vereinbart haben würden, wenn diese Frage in den Kreis ihrer Erwägungen getreten wäre. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum, wie die Revision mit Recht geltend macht. Die Vereinbarung eines zuständigen Gerichts ist eine Prozcßhandlung, die nach deutschem Prozeßrecht zu beurteilen ist (vgl. WarnRspr. 1922 N r . 60, 1936 N r . 162; SeufTArch. Bd. 89 S. 249), auch wenn sie im Ausland vorgenommen worden ist (vgl. J o n a s - P o h l e Z P O . Vorbcm. V 1 vor § 128 und II l c zu § 38). Für die Auslegung sind die Bestimmungen des deutschen Prozeßges;tzes iraßgebend, wobei die allgemein gültigen Grundsätze, die im bürgerlichen Recht entwickelt sind, befolgt werden müssen. Das Berufungsgericht hiilt eine ergänzende Auslegung f ü r notwendig und zulässig. Diese setzt aber eine Lücke voraus, die ausgefüllt werden muß, wenn d : r Vertragszweck nicht gefährdet werden soll. Das ist der Fall, wenn eine Bestimmung darüber fehlt, welches Recht anzuwenden ist. Es trifft aber nicht zu, wenn keine Vereinbarung über die Gerichtszuständigkeit vorliegt. D e n n in diesem Falle füllt die Lücke das Gesetz aus. Eine stillschweigende Vereinbarung ist dagegen möglich. Diese Möglichkeit hat das Berufungsgericht nicht erörtert. Es erscheint nach seinen Ausführungen nicht ausgeschlossen, daß die Parteien von vornherein still-
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schweigend die Zuständigkeit holländischer Gerichte angenommen haben. Hierzu wird den Parteien noch Gelegenheit zur Äußerung zu geben sein. RGZ. 160, 52 1. Verstößt der Grundstückseigentümer g e g e n die guten Sitten, wenn er die Zwangsversteigerung des G r u n d s t ü c k s herbeiführt, u m solche Grundstücksrechte zu beseitigen, die nach seiner Überz e u g u n g in d e m Werte des Grundstücks keine D e c k u n g m e h r f i n d e n u n d die er daher für wertlos hält ? 2. Kann bei einem zu fiduziarischen Z w e c k e n erteilten Auftrag, ein Grundstück im eigenen N a m e n , aber für R e c h n u n g des Auftraggebers zu erstehen u n d es diesem zu gegebener Zeit zu übertragen, der Beauftragte gegenüber d e m A n s p r u c h auf H e r ausgabe des durch die Geschäftsbesorgung Erlangten w e g e n solcher Ansprüche zurückhalten, die mit der Geschäftsbesorgung in keinem Z u s a m m e n h a n g e stehen ? Kann er m i t derartigen Forderungen, wenn das Grundstück später i m beiderseitigen E i n verständnisse verkauft worden ist, gegen die F o r d e r u n g auf H e r ausgabe des Erlöses aufrechnen ? BGB. §§ 138, 273, 387, 667. IV. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 27. März 1939. I. Landgericht Frankenthal.
II. Oberlandesgericht Zweibrticken.
Am 22. Juli 1932 gelangte das an der G.straße in S. gelegene Fabrikanwesen PI. Nr. 4345 1/2 der P.-Flugzeugwerke GmbH., deren Geschäftsanteile sich in der Hand des Klägers befinden, zur Zwangsversteigerung. Es wurde der Ehefrau des Klägers zugeschlagen, die im Versteigerungstermin durch Rechtsanwalt Justizrat Dr. M. das Meistgebot abgegeben hatte. Am 16. Januar 1934 wurde Frau E. im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Wie der Kläger behauptet, hat zwischen ihm und seiner Ehefrau Einverständnis darüber bestanden, daß sie das Grundstück für ihn erstehe, so daß sie auf Grund eines Auftragsverhältnisses verpflichtet sei, ihm das Grundstück herauszugeben. Da Frau E. dies bestritt, erhob der Kläger gegen sie die Klage, mit der er zunächst beantragte, sein Eigentum an dem Grundstücke festzustellen und seine Ehefrau zu verurteilen, in seine Eintragung als Eigentümer einzuwilligen. Zugleich beantragte er, seiner Ehefrau durch einstweilige Verfügung aufzugeben, ihm Vollmacht zur Veräußerung des Grundstücks zu erteilen. In diesem Verfahren wurde am 11. Januar 1934 ein Vergleich geschlossen, der im wesentlichen folgenden Inhalt hatte: Frau E. verpflichtete sich, auf Anfordern des Notars Dr. S. in S. vor diesem zu erscheinen, das Grundstück an den vom Kläger benannten Kaufliebhaber zum Zwecke der Wiederinbetriebnahme der Flugzeugfabrik zu verkaufen und die dazu erforderlichen Rechtshandlungen
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vorzunehmen; der Barerlös sollte bei der D.-Bank in L. auf einem Sonderkonto der Frau E. hinterlegt werden, über das sie nur mit Zustimmung des Klägers oder auf Grund gerichtlicher Anordnung sollte verfügen dürfen; las Eigentum an dem Grundstück und alle anderen Rechte der Parteien ¡ollten durch den Vergleich nicht berührt werden. Durch Vertrag vom 29. März 1934 verkaufte Frau E. im Einverständnis mit dem Kläger den größeren Teil des Grundstücks an den Piloten B. Der Kaufpreis betrug 150000 G M . 200000 G M . wurden angezahlt und Frau E. auf einem Sonderkonto bei der D.-Bank in L. gutgeschrieben. Der Rest von 250000 G M . (vurde gegen Eintragung einer Briefhypothek auf dem verkauften Grundstück gestundet. Der Hypothekenbrief wurde von der D.-Bank in einem Sperrdepot der Frau E. in Verwahrung genommen. — Die nicht verkaufte Teilfläche in der Größe von 0,851 ha erhielt die Bezeichnung PI. Nr. 4345 1,9. . . . Frau E. verstarb in der Nacht zum 31. Oktober 1934. Durch ein Testament vom 5. September 1934 hatte sie den Beklagten zum Testamentsvollstrecker ernannt. Gegen diesen wurde der Rechtsstreit fortgesetzt. In der Schlußverhandlung vor dem Landgericht hat der Kläger u. a. beantragt, den Beklagten als Testamentsvollstrecker zu verurteilen, das Restgrundstück PI. N r . 4345 1/9 an ihn aufzulassen; ferner einzuwilligen, daß das auf den Namen der Frau E. bei der D.-Bank in L. eingerichtete Sonderkonto zur freien Verfügung des Klägers stehe, soweit es nicht zur Herstellung der Lastenfreiheit des verkauften Teiles PI. Nr. 4345 1/2 benötigt werde, sowie daß das bei derselben Bank eingerichtete Sperrdepot über die Verwahrimg eines von B. ausgestellten Hypothekenbriefes über 250000 G M . zur Verfügung des Klägers stehe und die D.-Bank den Hypothekenbrief dem Kläger aushändigen dürfe; auch einzuwilligen, daß die Hypothek auf den Namen des Klägers umgeschrieben werde. Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er hat bestritten, daß dem Kläger Rechte an dem von Frau E. erstandenen Grundstück oder an dessen Erlös zuständen. Ferner hat er gegen die Klageansprüche mit einer Reihe von Gegenforderungen aufgerechnet und wegen dieser Forderungen sowie wegen des Anspruchs auf Rechnungslegung über die Verwaltung des eingebrachten Gutes der Frau E. auch das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. . . . Das Landgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Nach dem Erlaß des landgerichtlichen Urteils sind auf dem Sperrkonto bei der D.-Bank folgende Änderungen eingetreten: Aus den von B. geleisteten Zahlungen sind im Einverständnis der Parteien Wertpapiere im Nennwert von 38000 R M . angeschafft und hinterlegt worden. Der Restkaufpreis nebst Zinsen in Höhe von 245996 RM. ist am 23. Dezember 1937 von den Flugwerken S. GmbH., die das Fabrikanwesen aus der Konkursmasse B. erworben haben, auf das Sperrkonto bezahlt worden. Hiervon sind im Einverständnisse der Parteien Wertpapiere im Nennwert von 225 000 RM. angeschafft und hinterlegt worden. Die von B. bestellte Hypothek von
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250000 G M . ist gelöscht worden. Zur Herbeiführung der hierdurch notwendig gewordenen Änderung des Urteilssatzes hat der Kläger Anschlußberufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung des Klägers hat es die Verurteilung des Beklagten teilweise neu gefaßt. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos. Aus den G r ü n d e n : I. Das Berufungsgericht nimmt an, daß Frau E. das Fabrikanwesen zwar im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des Klägers auf Grund eines ihr von diesem erteilten Auftrags erstanden habe, der dahin gegangen sei, das Fabrikanwesen zu ersteigern und es sodann als eine nach außen nicht erkennbare „Treuhänderin" eine Zeitlang „unter ihre Fittiche zu nehmen", um endlich im günstigen Augenblick ihr Eigentum aufzugeben und den Kläger als wahren Eigentümer „dem überraschten Interessentenkreis zu präsentieren". Dieser Auftrag ist nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht etwa dadurch zustande gekommen, daß der Kläger auf Grund der ihm am 10. Juni 1926 von seiner Ehefrau erteilten Generalvollmacht ohne deren Vorwissen sich selbst beauftragt, also eine Vereinbarung mit sich selbst geschlossen hat, wie das Landgericht angenommen hatte, sondern vielmehr dadurch, daß der Kläger seine Ehefrau in seine Pläne eingeweiht und diese ihr Einverständnis damit erklärt hat, in der vorgesehenen Weise als sein „Strohmann" aufzutreten . . . II. Die Angriffe der Revision, die sich dagegen richten, daß das Berufungsgericht dem Beklagten die Berufung auf die nach seiner Ansicht vorliegende Sittenwidrigkeit des Auftrags versagt hat, müssen im Ergebnis ohne Erfolg bleiben. Die Begründung, die das Berufungsgericht hierfür in Übereinstimmimg mit dem Landgericht gegeben hat, ist allerdings rechtsirrig. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann der Beklagte mit der Einrede, daß der Auftragsvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig sei, nicht durchdringen, weil Frau E. mit diesem Auftrag einverstanden gewesen sei und weil sowohl sie wie auch der Testamentsvollstrecker die Einrede der Arglist gegen sich gelten lassen müßten, wenn sie aus der angeblichen Nichtigkeit für sich Vorteile zu erzielen suchten. Hierbei ist verkannt, daß sich die Berufung auf die als Folge des Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB. eintretende Nichtigkeit nicht als eine Einrede darstellt; die Nichtigkeit ist vom Gericht vielmehr, wenn sie in dem Parteivorbringen zutage tritt, schon von Amts wegen zu berücksichtigen. Geltend gemacht werden kann die Nichtigkeit daher auch von dem Teile, der sich selbst eines Verstoßes gegen die guten Sitten schuldig gemacht hat (WarnRspr. 1920 S. 145). Auch kann dem Vertragsteile, der unter Berufung auf die Nichtigkeit die Erfüllung verweigert, nicht die Einrede der Arglist entgegengehalten werden (WarnRspr. 1914 Nr. 273; LZ. 1927 Sp. 448 Nr. 3). Das Landgericht bezeichnet mit Billigung des Berufungsgericht als arglistig die gegenwärtige Geltendmachung der Nichtigkeit, wenn diese mit Rücksicht auf ein früheres Ver-
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iahen des die Nichtigkeit geltend machenden Teiles gegen Treu und Glauben verstößt. Dieser Grundsatz ist in der Rechtsprechung vor allem für die Berufung auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts entwickelt worden. Im Falle der Nichtigkeit wegen Sittenverstoßes ist er nicht anwendbar. In beiden Rechtszügen ist nicht darüber entschieden, ob der (Vuftragsvertrag — sei es schon für sich allein, sei es wegen des Zusammenhangs mit den Abmachungen, durch die Dr. K. als Vormund eines minderährigen Hypothekengläubigers bestimmt worden ist, die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu beantragen, und mit den Vereinbarungen mit der Rechtsvorgängerin der D.-Bank über die Wiedereintragung der Grundschulden, die für diese eingetragen gewesen waren — nichtig ist. Das Revisionsgericht ist jedoch in der Lage, auf Grund des von den Parteien vorgetragenen Sachverhalts von sich aus dazu Stellung zu nehmen, ob die Vereinbarungen der Ehelaute E. gegen die guten Sitten verstoßen; denn dabei handelt es sich um eine Rechtsfrage. Der Kläger hat seiner Angabe nach mit seinem Vorgehen bezweckt, 1. dem Gläubiger A., der mit seiner Grundschuld an aussichtsloser Stelle gestanden, aber bisher durch seinen Widerspruch einen freihändigen Verkauf des Grundstücks verhindert habe, den Beweis zu erbringen, daß er mit seiner GrundschuJd nicht zum Zuge kommen könne, weil sie wertlos sei, 2. eine Bereinigung der gesamten Lasten des Grundstücks herbeizuführen, 3. das Grundstück, falls es nicht dritte Personen zu einem annehmbaren Preise erwerben würden, selbst zur späteren Verwertung zu erwerben, und zwar — mit Rücksicht auf die damals noch bestehende persönliche Forderung des Gläubigers A. gegen den Kläger — zunächst durch seine Frau. Bei dem Auftrage des Klägers an seine Ehefrau handelt es sich um ein fiduziarisches Rechtsgeschäft, das nicht schon an sich wegen des notwendig damit verbundenen Fehlens der Offenkundigkeit sittenwidrig ist (RG. in Gruch. Bd. 54 S. 167). Das Vorgehen des Klägers kann auch weder nach seinem Beweggrund noch nach seinem Zweck als sittenwidrig angesehen werden. Eine Schädigung des Gläubigers A. und der ihm nachstehenden Steuergläubiger konnte nicht eintreten und daher auch nicht beabsichtigt sein, wenn die für sie eingetragenen Grundstücksrechte ohnehin wertlos waren. Maßgebend kann nur sein, welche Überzeugung der Kläger selbst insoweit hatte. Daß er von der Wertlosigkeit dieser Grundstücksrechte nicht überzeugt gewesen wäre oder von ihr nicht hätte überzeugt sein können, hat der Beklagte nicht ausreichend darzutun vermocht. Hierfür genügt es nicht, daß der Kläger im Jahre 1932 nach der Versteigerung einen Preis von zunächst 850000 RM., dann von 700000 RM. gefordert und schließlich im Jahre 1934 einen Preis von 450000 RM. erzielt hat. Auf der Grundlage eines Preises von 850000 RM. oder auch nur von 700000 RM. ist ein Verkauf nicht zustande gekommen. Der im Jahre 1934 nach der inzwischen eingetretenen völligen Veränderung der Verhältnisse erzielte Preis von 450000 RM. aber läßt keine Rückschlüsse darauf zu, zu welchem Preise das Grundstück im Jahre 1932 zu verwerten gewesen
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wäre . . . Unerheblich ist es, wie im übrigen zur Zeit der hier in Betracht kommenden Vorgänge die Vermögenslage der P.-Flugzeugwerke sowie die des Klägers persönlich war. Soweit die P.-Flugzeugwerke, wie dies insbesondere gegenüber dem Gläubiger A. der Fall war, nur dinglich mit dem Grundstück hafteten, stand den Gläubigern ohnehin keine Zugriffsmöglichkeit auf ihr sonstiges Vermögen zu. Die persönlichen Gläubiger des Klägers aber konnten dadurch, daß nicht der Kläger selbst, sondern seine Ehefrau das Anwesen erstand, nicht geschädigt werden; denn das Anwesen war auch schon vorher ihrem Zugriff nicht unterworfen. Verhindert worden ist durch das Vorgehen des Klägers nur eine Verbesserung seiner Vermögenslage, auf die seine Gläubiger keinen Anspruch hatten. Es liegt hiernach keinesfalls so, wie die Revision darzutun versucht, daß nämlich durch die Überführung des Besitzes der Flugzeugfabrik aus dem Vermögen der P.-Flugzeugwerke in das der Ehefrau E. die dinglichen und persönlichen Gläubiger der P.-Flugzeugwerke und des Klägers selbst zu einem mindestens teilweisen Verzicht auf ihre Rechte durch Täuschung über die wahre Vermögenslage der beiden Schuldner bewogen werden sollten. Daß der Kläger dem Gläubiger A., um ihn „vergleichsreif" zu machen, die Verhältnisse in einer der wirklichen Lage nicht entsprechenden Weise „tief schwarz" geschildert hätte, ist eine bloße Vermutung der Revision, für die es an jedem tatsächlichen Anhalt fehlt. Inwiefern darin eine Untreue gegen die Gesellschaft liegen soll, daß der Kläger die seit mehr als 10 Jahren stilliegende Fabrik im Wege der Zwangsversteigerung statt durch freihändigen Verkauf, zu dem er als Geschäftsführer jederzeit befugt gewesen wäre, veräußern ließ, ist nicht ersichtlich. Selbst wenn man darin, daß sich der Kläger zur Erreichung seiner Ziele eines an sich anderen Zwecken dienenden Verfahrens bedient hat, einen Mißbrauch dieses Verfahrens erblickt, so könnte dieser Umstand allein noch nicht das ganze Vorgehen des Klägers sittenwidrig machen. Das Verfahren ist ordnungsmäßig abgewickelt worden. Alle Beteiligten waren in der Lage, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen, womit auch der Kläger von vornherein rechnen mußte. Unstreitig sind auch alle Beteiligten im Versteigerungstermin anwesend oder vertreten gewesen. Es liegt nach alledem nur so viel vor, daß der Kläger durch sein Vorgehen die Beseitigung solcher Lasten und Schulden herbeiführen wollte und herbeigeführt hat, die — jedenfalls seiner Überzeugung nach — in dem Werte des Fabrikanwesens keine Deckung mehr hatten, die sich aber durch ihr förmliches Weiterbestehen für die Veräußerung des Fabrikinwesens und damit für eine Wiederinbetriebnahme der Fabrik als hinderlich erwiesen hatten. Daß der Kläger sich hierbei irgendwelche Unlauterseiten hätte zuschulden kommen lassen, ist nicht feststellbar. Sein Vorgehen läßt sich daher, jedenfalls im Ergebnis, gerade vom Standpunkte des heutigen Gesetzgebers aus nicht beanstanden, der selbst in umfassender Weise (z. B. durch das Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1933 und durch das Gesetz über eine
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Bereinigung alter Schulden vom 17. August 1938) für die Beseitigung derartiger Schulden und Lasten Sorge getragen hat. Es kommt noch hinzu, daß bei Verträgen die Nichtigkeit des ganzen Geschäfts in der Regel nicht anzunehmen ist, wenn nur der eine Teil unsittliche Zwecke verfolgt, der andere Teil dagegen den unsittlichen Charakter des Geschäfts nicht kennt (Oegg im RGRKomm. z. BGB. 9. Aufl. Bern. 1 Abs. 4 zu § 138). Im vorliegenden Falle hätte es daher zur Annahme der Sittenwidrigkeit noch des Nachweises bedurft, daß auch Frau E. nicht von der Wertlosigkeit der Grundschuld des Gläubigers A. und der ihr nachstehenden dinglichen Rechte überzeugt war oder von ihr nicht überzeugt sein konnte. Hierfür fehlt es jedoch an jedem Anhalt . . . III. Gegenüber den Ansprüchen des Klägers auf Herausgabe des durch die Geschäftsbesorgung Erlangten (§ 667 BGB.) kann der Beklagte kein Zurückbehaltungsrecht wegen solcher Ansprüche geltend machen, die mit der Geschäftsbesorgung außer Zusammenhang stehen. Dabei kann unerörtert bleiben, ob es schon an der Einheitlichkeit des rechtlichen Verhältnisses im Sinne des § 273 BGB. fehlt, wie die Vorinstanzen angenommen haben, oder ob etwa, wie die Revision meint, diese Einheitlichkeit dadurch hergestellt worden ist, daß der Kläger den Auftrag namens seiner Ehefrau unter Benutzung der ihm von dieser nur für die Verwaltung ihres eigenen Vermögens erteilten Generalvollmacht durchgeführt hat. Bei dem vom Kläger seiner Ehefrau erteilten Auftrage handelt es sich, wie schon oben hervorgehoben wurde, um ein fiduziarisches Geschäft. Unerheblich ist es für die Entscheidung, ob das hierdurch begründete Rechtsverhältnis als ein Treuhandverhältnis im eigentlichen oder deshalb nur im weiteren Sinn aufzufassen ist, weil der Treugeber das Treugut nicht unmittelbar aus seinem Vermögen dem Treuhänder übereignet, sondern dieser es auf andere Weise für Rechnung des Auftraggebers erworben hatte. In jedem Fall ergab sich nach Treu und Glauben aus dem Inhalt des Rechtsverhältnisses für Frau E. die Verpflichtung, das von ihr auftragsgemäß erworbene Eigentum jederzeit zur Verfügung des Klägers zu halten und darüber nur nach seinen Weisungen zu verfügen. Es liegt mithin der in § 273 Abs. 1 BGB. vorgesehene Ausnahmefall vor, daß sich aus dem Schuldverhältnis ein anderes, nämlich der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts ergibt, abgesehen nur von solchen Gegenansprüchen, die mit der Geschäftsbesorgung selbst im Zusammenhange stehen. Durch den Vergleich vom 11. Januar 1934 ist hieran nichts geändert worden, denn er bestimmt ausdrücklich, daß durch ihn die Rechte beider Parteien nicht berührt werden. IV. Die vom Beklagten gegenüber den Klagansprüchen erklärte Aufrechnung hat das Berufungsgericht für unzulässig erklärt, weil die beiderseitigen Forderungen nicht gleichartig seien . . . Unter den zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen befindet sich u. a. eine unstreitige Darlehnsforderung von 88675,09 RM., die Frau E. gegen den Kläger zustand und die vom Beklagten in einem anderen Rechtsstreite gegen den Kläger ein-
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geklagt worden ist. Das in diesem Rechtsstreit ergangene Berufungsurteil mußte der Senat durch Urteil vom 10. Oktober 1938 (JW. 1938 S. 3112 Nr. 16) auf Grund der vom jetzigen Kläger, dem damaligen Beklagten und Revisionskläger, aus § 551 Nr. 7 ZPO. hergeleiteten Revisionsrüge aufheben, weil das Berufungsgericht die Einrede der Aufrechnung völlig übergangen hatte. Dabei hat der Senat noch darauf hingewiesen, daß Gleichartigkeit der Forderungen im Sinne des § 387 BGB. unter Umständen auch dann vorliegen könne, wenn einer reinen Geldforderung ein Anspruch auf Einwilligung in die Aushändigung von Wertpapieren gegenüberstehe. Zu der Frage, ob der vom jetzigen Beklagten erklärten Aufrechnung etwa aus anderen Gründen der Erfolg zu versagen sei, hat der Senat in seinem damaligen Urteil nicht Stellung genommen. Er war dazu auch nicht in der Lage, da es insoweit in dem früheren Berufungsurteil an einer tatsächlichen Grundlage fehlte. Erst das jetzige Berufungsurteil ermöglicht dem Rcvisionsgericht, zur Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung abschließend Stellung zu nehmen. Die Zulässigkeit der Aufrechnung muß aus denselben Gründen verneint werden, aus denen dem Beklagten, wie vorstehend unter I I I ausgeführt, das Zurückbehaltungsrecht gegenüber den Klageansprüchen zu versagen ist. Ebenso wie die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts ist auch die Aufrechnung mit solchen Forderungen, die mit der Geschäftsbesorgung in keinem Zusammenhange stehen, unvereinbar mit den von Frau E. durch den Auftragsvertrag übernommenen Pflichten. Aus dem Inhalte des Schuldverhältnisses ergibt sich daher der Ausschluß der Befugnis zur Aufrechnung mit derartigen Forderungen. Bei dieser Sachlage kann unerörtert bleiben, ob die Aufrechnung nicht auch schon deshalb unzulässig ist, weil der Anspruch auf Herausgabe des durch die Geschäftsbesorgung Erlangten (§ 667 BGB.) und eine reine Geldfordcrung im Sinne des § 387 BGB. nicht als gleichartig anzusehen sind (vgl. O c g g im RGRKomm. z. BGB. 9. Aufl. Bern. 3 zu § 387) . . .
R G Z . 161, 153 1. V e r s t ö ß t die c n t g e l t l i c h e A b g a b e u n d Ü b e r n a h m e einer R e c h t s a n w a l t s p r a x i s r e g e l m ä ß i g g e g e n die g u t e n Sitten ? Ist an der b i s h e r i g e n R e c h t s p r e c h u n g auf d i e s e m G e b i e t e f e s t z u h a l t e n ? 2. K a n n s i c h der R e c h t s a n w a l t , der einen s o l c h e n V e r t r a g d u r c h einen B e v o l l m ä c h t i g t e n a b s c h l i e ß t , a u c h b e i m F e h l e n der V o r a u s s e t z u n g e n des § 1 6 6 A b s . 2 B G B . n i c h t darauf b e r u f e n , d a ß d e r B e v o l l m ä c h t i g t e die eine S i t t e n w i d r i g k e i t des V e r t r a g e s b e g r ü n d e n d e n U m s t ä n d e n i c h t g e k a n n t h a b e , w e n n er s e l b s t sie g e k a n n t hat ?
BGB. §§ 138, 166. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Glatz.
Urt. v. 12. August 1939. II. Oberlandesgericht Breslau.
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Der Vater der Kläger (St.) war Rechtsanwalt in G. Als er im August 1930 in Untersuchungshaft genommen wurde, verhandelte seine Ehefrau mit dem Rechtsanwalt B. aus P. und dem Assessor K. aus B. wegen gemeinschaftlicher Übernahme der Praxis ihres Ehemannes. Am 12. Oktober 1930 kam zwischen B. und K. einerseits und der Ehefrau St. als der Bevollmächtigten ihres Ehemannes andererseits ein schriftlicher Vertrag zustande. Darin übernahmen jene beiden die gesamte Praxis des St. auf ihre Rechnung und erwarben die Kanzleieinrichtung und die Bücherei für insgesamt 30000 RM. Dieser Betrag sollte an die minderjährigen Kinder des St., die Kläger, zu Händen des Treuhänders K., und zwar mit 10000 RAI. sofort, mit den restlichen 20000 RM. in monatlichen, am 1. Dezember 1930 beginnenden Raten von je 400 RM. gezahlt und die Zahlung der Raten durch Wechsel sichergestellt werden. Alle Rechte und Lasten der Praxis sollten mit dem Tage des Vertragsschlusses auf die Erwerber übergehen. Sodann wurde die Verrechnung der Gebühren geregelt. Weiter wurde vereinbart, daß St. in Zukunft in G. anwaltlich oder als Rechtsberater nicht mehr tätig sein dürfe. Für Strafverteidigungen sollten Ausnahmen mit Zustimmung der Rechtsanwälte B. und K. möglich sein. Außerdem verpflichtete sich St. f ü r den Fall, daß er sich als Rechtsanwalt bei einem zum Landgerichtsbezirk G. gehörenden Amtsgerichte niederlassen sollte, den Rechtsanwälten B. und K. seine in die Berufungsinstanz erwachsenden Rechtsstreitigkeiten zuzuweisen, desgleichen die vor den Gerichten in G. sonst zu behandelnden Angelegenheiten. Die Erwerber übernahmen am 12. Oktober 1930 die Praxis. 10000 RM. wurden alsbald bezahlt. Die Einlösung der Wechsel lehnten sie jedoch ab und fochten den Vertrag vom 12. Oktober 1930 am 24. Januar 1931 wegen arglistiger Täuschung an. Die Kläger beanspruchen von K., nachdem B. während des ersten Rechtszugs gestorben ist, die Zahlung des Restkaufpreises von 20000 RM. und stützen ihren Anspruch hilfsweise auf ungerechtfertigte Bereicherung. K. (weiterhin als der Beklagte bezeichnet) macht unter anderem geltend, der Vertrag vom 12. Oktober 1930 verstoße gegen die guten Sitten und sei deshalb nichtig. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus dem Wettbewerbsverbot und ferner daraus, daß das Entgelt für die schon vor der Verhaftung des St. zerrüttete Praxis unverhältnismäßig hoch gewesen sei, so daß die Übernehmer bei Durchführung des Vertrages genötigt gewesen wären, ihre Tätigkeit als Rechtsanwälte vor allem als Erwerbsquelle zu benutzen. Während das Landgericht der Klage in vollem Umfange stattgab, hat das Berufungsgericht den Beklagten nur zur Zahlung von 4000 R M . nebst Zinsen verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Die Revision der Kläger blieb ohne Erfolg. Gründe: 1. Der Berufungsrichter kommt, ohne die anderen Einwendungen des Beklagten zu prüfen, zu dem Ergebnis, daß der Vertrag vom 12. Oktober 1930 wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei.
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Der Senat hat zuletzt in der Entscheidung vom 24. November 1936 (RGZ. Bd. 153 S. 280) im Anschluß an die frühere Rechtsprechung ausgesprochen, daß der Rechtsanwalt, dessen Beruf kein Erwerb, sondern Dienst am Recht sei, seinen Beruf weder als reine Gelderwerbsquelle betrachten, noch die Praxis, die er sich durch eine erfolgreiche Ausübimg seines Berufes verschafft habe, zum Gegenstand eines Handelsgeschäftes machen dürfe, daß es aber ausnahmsweise und unter besonderen Umständen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden — dem gesunden Volksempfinden — nicht zuwiderlaufe, für die Überlassung der unter dei Bezeichnung „Praxis" zusammengefaßten tatsächlichen Möglichkeiten eine Vergütung in Geld zu versprechen und sich versprechen zu lassen. Danach verstoßen entgeltliche Abgabe und Übernahme einer Rechtsanwaltspraxis regelmäßig gegen die guten Sitten, sind deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig und nur ausnahmsweise rechtswirksam. An dieser Auffassung hält der Senat auch weiter fest. Die neuere Rechtsauffassung geht keineswegs dahin, die Ausnahmefälle zu erweitern, sondern im Gegenteil dahin, sie einzuschränken. So hat der Ehrengerichtshof der Reichsrechtsanwaltskammer im Urteil vom 1. März 1937 (EGH. Bd. 31 S. 41) ausgesprochen, an dem Grundsatze, daß für die ideellen Werte einer Anwaltspraxis ein Entgelt weder genommen noch gegeben werden dürfe, müsse mit Nachdruck festgehalten werden; Abweichungen könnten nur in ganz schwerwiegenden Ausnahmefällen anerkannt werden. Dem entspricht auch die veränderte Fassung von Nr. 62 der von der Reichsrechtsanwaltskammer aufgestellten Richtlinien für die Ausübung des Anwaltsberufs. Während nämlich diese Bestimmung nach den in der Sitzung vom 2. Juli 1934 aufgestellten Richtlinien besagte, der Kauf und Verkauf einer Rechtsanwaltspraxis werde im allgemeinen gemißbilligt, und nur bei besonderen Umständen seien Ausnahmen denkbar, heißt es in der Fassung vom September 1938, der Kauf oder Verkauf einer Anwaltspraxis sei grundsätzlich unzulässig, doch könne in Einzelfällen das Bestreben nach Sicherstellung der Hinterbliebenen eines Rechtsanwalts oder nach Unterstützung eines arbeitsunfähig gewordenen Berufsgenossen die Zahlung eines Entgelts für die Übertragung einer Praxis rechtfertigen; in diesen Fällen empfehle es sich, den Vertragsentwurf dem Präsidenten der Rechtsanwaltskammer zur Prüfung vorzulegen. Während also die Abgabe und Übernahme der Praxis früher „im allgemeinen gemißbilligt" wurden, werden sie jetzt als „grundsätzlich unzulässig" bezeichnet. In der genannten Entscheidung RGZ. Bd. 153 S. 280 ist ausgeführt, daß ähnliche Grundsätze wie für die Übernahme einer Anwaltspraxis für die Übernahme einer ärztlichen Praxis gelten. Zur Übernahme einer ärztlichen Praxis hat der Senat in RGZ. Bd. 153 S. 294 Stellung genommen und daraufhingewiesen, daß nach § 49 Abs. 2 und 3 RÄrzteO. die Reichsärztekammer mit Genehmigung des Reichsministers des Innern verbindliche Vorschriften für Verträge über die Abgabe und Übernahme einer Praxis erlassen könne. Der Reichsärzteführer hat inzwischen unter dem 5. November 1937 (Deutsches Ärzteblatt
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1937 S. 1037) eine solche Anordnung dahin getroffen, daß Verträge über die Abgabe oder Übernahme einer Praxis der Genehmigung der ärztlichen Bezirksvereinigung bedürfen, daß regelmäßig eine Entschädigimg für übernommene Gegenstände und für die Übernahme eines Arzthauses oder einer Arztwohnung vereinbart werden darf und daß in Ausnahmefällen, insbesondere wenn sich Hinterbliebene in Notlage befinden und der Aufbau der übernommenen Praxis das Lebenswerk des verstorbenen Arztes war, eine besondere Entschädigung gezahlt werden darf. Hiernach geht auch die Auffassung der Berufsvertretungen sowohl des Rechtsanwalts- wie des Ärztestandes dahin, Verträge über den ideellen Wert einer Anwaltspraxis oder einer Arztpraxis grundsätzlich als rechtsunwirksam anzusehen und nur noch in ganz geringen Ausnahmefällen zuzulassen. Diese auf dem gesunden Rechtsempfinden des Volkes beruhende Auffassung muß auch in der Rechtsprechung mit Nachdruck vertreten und durchgesetzt werden. Hiermit ist zwar nicht gesagt, daß diese strengere, den vorgenannten Richtlinien der Reichsrechtsanwaltskammer vom September 1938 und der Anordnung des Reichsärzteführers vom 5. November 1937 zugrunde liegende Auffassung in vollem Umfang auch auf solche Verträge Anwendung finden müsse, die, in früherer Zeit abgeschlossen, nach damaliger Rechtsauffassimg nicht sittenwidrig waren und noch nicht völlig abgewickelt sind. Zu dieser Frage hat der Senat schon in RGZ. Bd. 153 S. 294 (303/304) Stellung genommen und unter Berücksichtigung der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen in RGZ. Bd. 150 S. 1 (4) ausgeführt, wenn ein Rechtsgeschäft einmal gültig zustande gekommen sei, so dürfe an seine Vernichtung nur mit Vorsicht und Zurückhaltung, also aus dringenden Gründen herangegangen werden. Der Berufungsrichter geht unter Bezugnahme auf die in RGZ. Bd. 153 S. 280 entwickelten Grundsätze davon aus, daß die Abgabe einer Anwaltspraxis nicht unter allen Umständen nichtig sei, sondern daß sich Fälle denken ließen, in denen die Abgabe der Praxis nicht gegen das Gefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoße. Ein solcher Ausnahmefall sei hier aus folgenden Gründen gegeben: Der Umfang der Praxis des St. sei zur Zeit seiner Verhaftung mindestens noch recht beachtlich gewesen. Schon zur Zeit des Vertragsschlusses sei jedoch nicht zu erwarten gewesen, daß er seine Praxis nach Abschluß des Strafverfahrens in G. werde fortführen können; vielmehr habe mit Sicherheit angenommen werden müssen, daß die Praxis sich vollständig verflüchtigen werde. Wenn sich St. unter diesen Umständen entschlossen habe, den Vermögenswert, den die von ihm gegründete und ausgebaute Praxis darstellte, zu veräußern und so vor der Verflüchtigung zu schützen, so sei dies an sich nicht zu beanstanden. Es bestehen aber Bedenken, und zwar auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Vertrag schon im Jahre 1930 geschlossen worden ist, ob diese Auffassung mit den vorhin dargelegten Grundsätzen zu vereinbaren ist. Denn nach dem Akteninhalt muß für die Revisionsinstanz davon ausgegangen werden, daß sich St. schwerer Verfehlungen strafrechtlicher und
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standesrechtlicher Art schuldig gemacht hat u n d daß aus diesem G r u n d e seine weitere Betätigung als Rechtsanwalt jedenfalls in G . ausgeschlossen war. In einem solchen Falle werden Abgabe u n d Ü b e r n a h m e der Praxis gegen Entgelt überhaupt nicht als ein möglicher Ausnahmefall von dem grundsätzlichen Verbot angesehen werden können, selbst wenn dadurch f ü r die Kinder des Rechtsanwalts der in der Praxis liegende ideelle Vermögenswert gerettet werden soll. Eine abschließende Stellungnahme des Revisions gerichts in diesem Punkt ist aber nicht möglich, weil der Berufimgsrichter hierzu keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Der Berufungsrichter beanstandet sodann mit Recht das im Vertrage festgelegte Wettbewerbsverbot in Verbindung mit der Verpflichtung, den Erwerbern die Bearbeitung gewisser Rcchtsangelegenhciten ständig zuzuweisen, als gegen die guten Sitten verstoßend. Er kommt aber zu der — einer N a c h p r ü f u n g d u r c h das Revisionsgericht entzogenen — tatsächlichen Feststellung, der Vertrag wäre auch chne diese nichtigen Vereinbarungen so wie geschehen geschlossen worden, so daß diese nichtigen Einzelbestimmungen nach § 139 Halbsatz 2 BGB. nicht die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge hätten. Der Berufungsrichter hält den Vertrag gleichwohl nach § 138 Abs. 1 BGB. deshalb f ü r nichtig, weil das vereinbarte Entgelt unangemessen hoch sei. Hierzu f ü h r t er aus: Schon im Jahre 1929 habe das Einkommen des St. aus seiner Anwaltspraxis n u r 12000 bis 13000 R M . betragen. E r unterstelle, daß dessen Einkünfte im Jahre 1930 nicht kleiner geworden seien. D e r Vertrag sei aber zu einem Zeitpunkte geschlossen worden, in dem eine Verschärfung der schon im Gange b e f i n d lichen Wirtschaftskrise mit Sicherheit zu erwarten gewesen sei, wobei auch mit einem Rückgange der Anwaltspraxis habe gerechnet werden müssen. Auch habe nicht ohne weiteres erwartet werden können, daß die K u n d schaft des Rechtsanwalts St. in vollem Umfange den ortsfremden Erwerbern der Praxis zufallen werde. Hiernach habe bei Festsetzung der Entschädigung und Festlegung der Zahlungsbedingungen davon ausgegangen werden müssen, daß der Verdienst bis auf weiteres kleiner sein werde als der des St. Dazu sei noch die völlige Z e r r ü t t u n g der Praxis durch die Verhaftung gekommen. Aber auch schon vorher sei die Praxis in ihrer Güte stark abgesunken und aus diesem G r u n d e die Entschädigung von 30000 R M . nicht mehr zu rechtfertigen gewesen; seit November 1929 habe Saumseligkeit u n d Unordentlichkeit die Arbeit des St. im ganzen beherrscht. Ob sich die nachlässige Arbeitsweise schon im Jahre 1930 in der Zahl der Neueingänge u n d der H ö h e der E i n n a h m e n ausgewirkt habe, sei unerheblich, weil eine in einem solchen unordentlichen Zustande befindliche Praxis nicht so bewertet werden könne wie eine ordentlich geführte. Nach alledem ergebe sich, daß die Praxis eine Entschädigung von 30000 R M . nicht wert u n d die Zahlungsbedingungen so gestaltet gewesen seien, daß die Erwerber mindestens in die G e f a h r hätten kommen müssen, die Praxis vor allen Dingen als Gelderwerbsquelle zu betrachten, aber gleichwohl nicht standesgemäß bestehen zu können.
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Der Berufungsrichter stellt hiernach bei Prüfung der Frage, ob der Vertrag etwa wegen der Höhe des vereinbarten Entgelts und der Art der Zahlungsbedingungen sittenwidrig sei, zutreffend darauf ab, ob der Vertrag den Erwerbern so schwere wirtschaftliche Lasten auferlegt, daß sie genötigt sind, ihren Beruf als Gelderwerbs quelle auszunutzen, weil ein solcher Vertrag mit dem Grundgedanken des Anwaltsberufs, Dienst am Recht zu leisten, unvereinbar ist und daher nicht mehr als sittlich unbedenklich angesehen werden kann (RGZ. Bd. 153 S. 280 [286]). Ob die Entschädigung im einzelnen Fall eine derartige Höhe erreicht, ist im wesentlichen Tatfrage. Geht man mit dem Berufungsrichter von einer Einnahme von 12000 bis 13000 RM. im Jahre 1930 aus und bewertet man den Rückgang mit etwa V3, so bleiben noch rund 8000 RM., wovon 4800 RM. als Abzahlung abgehen. Jedem der beiden Erwerber verbleiben danach nicht einmal 2000 RM. jährlich zum Leben. Daß sie bei einer solchen Einnahme in die genannte Gefahr geraten, ist sicher. Die Revision richtet gegen diese Feststellung des Berufungsrichters mehrere Angriffe, die aber unbegründet sind. (Wird näher ausgeführt.) Zu Unrecht beruft sie sich darauf, es habe sich bei den Erwerbern um ein gewagtes Geschäft gehandelt. Dieser Umstand kann bei dem Erwerb einer Anwaltspraxis jedenfalls dann nicht im Sinne der Gültigkeit des Vertrages bewertet werden, wenn das auf einer solchen Grundlage vereinbarte Entgelt den Erwerber in die Gefahr bringt, den Anwaltsberuf als Erwerbsquelle zu betrachten. Der Berufungsrichter hat auch mit Recht die Einnahmen aus dem Notariat bei der Frage der Angemessenheit des Entgelts außer acht gelassen. Das mußte schon deshalb geschehen, weil eine Notariatspraxis, die von der Übertragung des staatlichen Amtes abhängt, entgeltlicher Abgabe und Übernahme ausnahmslos entzogen ist. Endlich kommt es im Gegensatze zu der Meinung der Revision nicht darauf an, welche Einnahmen der Beklagte wirklich aus seiner Rechtsanwaltspraxis in G. erzielt hat und ob er etwa, nachdem die vereinbarten Zahlungsfristen verstrichen waren, in der Lage gewesen wäre, die zugesagten Zahlungen zu leisten, ohne seine Praxis als Gelderwcrbsquellc ansehen und betreiben zu müssen. Vielmehr ist maßgebend, welchen Wert die abgegebene Praxis zur Zeit der Übernahme hatte und wann die Zahlungen nach dem Vertrage geleistet werden sollten. Hiernach ist die Feststellung des Berufungsrichters, die vereinbarte Vergütung sei nach ihrer Höhe und nach den Zahlungsbedingungen so bemessen, daß sie die Erwerber der Gefahr aussetze, die Praxis als Geiderwerbsqucllc anzusehen, ohne Rechtsverstoß getroffen. Der Berufungsrichter führt zu der persönlichen Seite weiter aus: Frau St. sei zwar nach dem Eindruck, den das Gericht von ihr gewonnen habe, sicherlich zuzuerkennen, daß sie selbst die Praxis noch für gut gehalten und bei den Vertragsverhandlungen überhaupt gutgläubig gehandelt habe. Aber darauf komme es hier nicht entscheidend an. Denn schon die Feststellung, daß die Praxis in ihrem Vermögenswert erheblich überschätzt worden sei und die Höhe der Entschädigung im Verein mit Zivils. A ü ß c u i . T e i l
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den Zahlungsbedingungen die Erwerber der Praxis habe in die Versuchung führen und vielleicht sogar dazu zwingen müssen, die Praxis als reine Gelderwerbsquelle auszunützen, genüge dazu, den Vertrag als sittenwidrig und nichtig gemäß § 138 Abs. 1 BGB. zu bezeichnen. Der Berufungsrichter stellt demnach bei der Frage, ob das Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstoße, nur auf die sachliche Seite ab, ohne die persönliche zu berücksichtigen. Hiermit setzt er sich in Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, die grundsätzlich in der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen vom 13. März 1936 (RGZ. Bd. 150 S. 1) niedergelegt ist. In dieser Entscheidung ist die Auffassung abgelehnt worden, schon das Vorhandensein eines nach den Umständen beim Geschäftsabschluß auffälligen Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung für sich allein könne chne Hinzukommen eines weiteren Umstandes, insbesondere ohne Rücksicht auf die Sinnesart der am Geschäft Beteiligten, also bei rein gegenständlicher Betrachtung, Nichtigkeit des Geschäfts auf Grund des § 138 Abs. 1 BGB. ergeben. Es ist darin ausgeführt, gerade die Sinnesart der Beteiligten, ihre Beweggründe und Ziele trügen dazu bei, dem Einzelgeschäft seine Eigenart zu geben; die Beteiligung an einem Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstoße, hefte nach gesundem Volksempfinden dem Teil, der den Gewinn daraus ziehen wolle, einen Makel an und setze ihn der Mißachtung der redlichen Volksgenossen aus. Deshalb müsse bei der Beurteilung des Vertrages außer auf seinen das Mißverhältnis aufweisenden Inhalt auf die Beweggründe der Beteiligten und die von ihnen verfolgten Zwecke gesehen und die Frage dahin gestellt werden, ob das Rechtsgeschäft nach seiner ersichtlichen Gesamtgestaltung gegen das gesunde Volksempfinden verstoße. An dieser einheitlichen Rechtsprechung des Reichsgerichts muß festgehalten werden. Auch Verträge über die Veräußerung einer Rechtsanwaltspraxis können unter dem Gesichtspunkte des § 138 Abs. 1 BGB. nicht anders beurteilt werden. 2. Demnach ist zwar die vom Berufungsrichter für seine Entscheidung gegebene Begründung in diesem Punkte nicht frei von Rechtsirrtum. Die persönlichen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB. sind aber nach dem Sachverhalt in der Person des Rechtsanwalts St. selbst gegeben. Allerdings kommt nach § 166 Abs. 1 BGB., soweit die rechtlichcn Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflußt werden, nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann jedoch, wenn im Fall einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsvollmacht der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt hat, dieser sich in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen; dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen mußte, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht. Nach der Rechtsprechung ist der Begriff „nach bestimmten Weisungen" nicht eng auszulegen (RGZ. Bd. 131 S. 343 [356]) und der Fall schon dann gegeben, wenn der Bevoll-
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mächtigte zu dem bestimmten Geschäft schreitet, zu dessen Vornahme ihn der Vollmachtgeber veranlassen wollte ( R G . in J W . 1916 S. 317 Nr. 2 ; SeuffArch. Bd. 82 Nr. 41). Die Rechtsprechung hat die Bestimmung des § 166 Abs. 2 B G B . auch auf die Fälle eines Handelns chne Vertretungsmacht in der Weise angewendet, daß für die eigene Kenntnis des Vertretenen der Zeitpunkt der Genehmigung maßgebend ist ( R G Z . Bd. 68 S. 374 [377], Bd. 128 S. 116 [120]). Rechtsanwalt St. hat aber, wie sich von selbst ergibt, die vom Berufungsrichter festgestellten Umstände gekannt, welche die vereinbarte Vergütung als untragbar erscheinen lassen und die Erwerber der Praxis der Gefahr aussetzten, ihren Beruf als Gelderwerbsquelle auszunutzen. Sollte er etwa — was aber nicht angenommen werden kann — nicht zugleich erkannt haben, daß die bei der gegebenen Sachlage getroffene Vereinbarung der Vergütung sittenwidrig ist, so wäre dies unerheblich; denn nach der ständigen Rechtsprechung genügt es für die Voraussetzung des § 138 Abs. 1 B G B . , daß der Handelnde sich der Tatumstände bewußt ist, die seinem Handeln das Merkmal der Sittenwidrigkeit aufdrücken. Weiter hat aber auch die Ehefrau St. in dem vorhin wiedergegebenen Sinne „nach den Weisungen" ihres Ehemanns gehandelt. Im Vertrage vom 12. Oktober 1930 ist sie ausdrücklich als Bevollmächtigte ihres Ehemanns bezeichnet. Insbesondere hat sie selbst bei ihrer Vernehmung als Zeugin bekundet, ihr Mann, den sie in der Haft besucht habe, sei mit dem Verkaufe der Praxis einverstanden gewesen; ihren Brief an Rechtsanwalt B . vom 26. September 1930 habe ihr Mann entworfen, und er habe ihr gesagt, sie solle ihn mit seinem Namen unterschreiben. Sie hat ferner bekundet, daß der im Vertrag als Treuhänder genannte J . K . die Genehmigung des Vertrages von ihrem Manne verlangt und daß ihr Mann dem Vertrage vorbehaltlos zugestimmt habe. Hiernach hat St. seiner bevollmächtigten Ehefrau Weisungen im Sinne des § 166 Abs. 2 B G B . erteilt. Darüber hinaus hat er auch den Vertrag nachher genehmigt. Es kommt demnach schon aus diesen Gründen nicht darauf an, ob seine Ehefrau, sondern darauf, ob er selbst die Umstände gekannt hat, die dem Vertrage das Merkmal der Sittenwidrigkeit aufdrücken. Aber auch abgesehen von der Bestimmung des § 166 Abs. 2 B G B . würden Rechtsanwalt St. und die Kläger als seine Sonderrechtsnachfolger sich nicht darauf berufen können, daß die als bevollmächtigt handelnde Ehefrau St. die einzelnen die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände nicht gekannt habe. Denn gerade bei dem Vertrag über die Abgabe einer Rechtsanwaltspraxis, bei dem es sich nicht nur um die persönlichen Belange der Vertragschließenden, sondern im besonderen Maß um die der Rechtspflege handelt, würde der Rechtsanwalt in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn er selbst die eine sachliche Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gekannt hat, sich aber, um die persönlichen Voraussetzungen zu beseitigen, darauf berufen wollte, daß sein Bevollmächtigter diese Kenntnis nicht gehabt habe. In einem solchen Falle muß vielmehr seine eigene Kenntnis dieser Umstände bei Würdigung des Vertrages unter dem Gesichtspunkte des § 138 Abs. 1 B G B . voll berücksichtigt werden. 16'
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N a c h alledem verstößt der Vertrag vom 12. Oktober 1930 gegen die guten Sitten und ist nach § 138 Abs. 1 B G B . in vollem U m f a n g e nichtig D a s gilt auch, soweit in dem Betrage von 30000 R M . eine Vergütung füi die Kanzleieinrichtung, die Bücher u n d andere Gegenstände enthalten ist denn nach L a g e der Sache bezieht sich die Vergütung ganz überwiegend a u f den ideellen Wert der Praxis, und es fehlt an jedem Anhalte d a f ü r , daf der Vertrag etwa auch nur über die genannten Gegenstände geschlosser worden wäre. D a r a u s folgt, daß den Klägern gegen den Beklagten keir vertraglicher Anspruch auf Zahlung einer Vergütung wegen der Übernahme der Praxis zusteht. Vielmehr kommt nur ein Bereicherungsanspruch in F r a g e , den der Berufungsrichter den Klägern zugebilligt hat. Bei desser Berechnung ist kein Rechtsirrtum ersichtlich.
R G Z . 1 6 1 , 229 Ist bei einem Vertrage, durch den sich ein Angestellter hintei dem R ü c k e n seines Dienstherrn von einem anderen Vorteile dafüi versprechen oder gewähren läßt, daß er ihn bei der V e r g e b u n g von Aufträgen bevorzugt oder sich für seine B e v o r z u g u n g einsetzt, die Sittenwidrigkeit davon a b h ä n g i g , ob die Vertragschließenden mit einer nachteiligen W i r k u n g des Vertrages für den Dienstherrn gerechnet haben oder ob dieser einen Nachteil erlitten hat ? B G B . § 138 Abs. 1. II. Zivilsenat.
Urt. v. 20. September 1939.
I. Landgericht Leipzig.
II. Obcrlandesgericht Dresden.
D e r Kläger war kaufmännischer Angestellter bei der L . e r Niederlassung der Speditionsfirma M . in H . D e r Beklagte betreibt in L . ein Fuhrgeschäft. Die Firma M . besitzt selbst keine Fahrzeuge, sondern steht mit dem Beklagten und anderen Fuhrunternehmern in dauernder vertraglicher Verbindung und betraut sie mit der Ausführung der anfallenden Beförderungsaufträge. I m M ä r z 1934 schlössen die Parteien einen Vertrag über die Ausnutzung eines Lastkraftwagens mit Anhänger, den der Beklagte gekauft hatte. N a c h dem Vertrage sollte der aus dem Betriebe der Wagen erzielte Reingewinn zwischen den Parteien je zur Hälfte geteilt werden; es sollte monatlich abgerechnet und der Gewinn am Monatsende ausgezahlt werden. N a c h vollständiger Bezahlung sollten beide Wagen den Parteien je zur H ä l f t e gehören. Der Beklagte hat bis zum 31. M ä r z 1936 mit dem Kläger über die Einnahmen und Ausgaben aus dem Betriebe des Lastwagenzuges abgerechnet und ihm die Hälfte des Reingewinnes ausgezahlt. Weitere Zahlungen hat er mit der Begründung verweigert, der Vertrag mit dem K l ä g e r sei nicht rechtswirksam. E r machte u. a. geltend, der Vertrag sei in der Absicht geschlossen, daß der Kläger ihn bei der Vergebung von Be-
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förderungsaufträgen für die Finna M. bevorzuge; der Vertrag verstoße deshalb gegen die guten Sitten. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 5948,46 RM. nebst Zinsen zu verurteilen. Der Beklagte hat um Abweisung der Klage gebeten und Widerklage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, daß der Vertrag vom März 1934 nichtig sei. Das Landgericht hat dem Zahlungsanspruch des Klägers zum Teil stattgegeben und die Widerklage wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts, soweit darin über die Widerklage entschieden worden ist, durch Teilurteil geändert und die Widerklage als unbegründet abgewiesen. Auf die Revision des Beklagten wurde das Berufungsurteil aufgeheben und der Widerklage stattgegeben. Aus den G r ü n d e n : Der Vertrag vom März 1934 verstößt gegen die guten Sitten und ist deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig; er bedeutet einen eigennützigen Vcrtrauensmißbrauch gegenüber der Firma M. von seiten des Klägers und eine bewußte Ausnutzung dieses Vertrauensmißbrauchs von seiten des Beklagten. Das Berufungsurteil stellt fest, daß die Parteien sich in der Absicht zusammengeschlossen hätten, den Beklagten bei der Vergebung von Beförderungsaufträgen durch die Firma M. zu bevorzugen, und daß der Kläger, der als Angestellter der Firma M. bei der Vergebung ihrer Aufträge mitzuwirken gehabt habe, im geheimen an einem Unternehmen beteiligt gewesen sei, das solche Aufträge erhalten habe. Danach sollte das Beteiligungsverhältnis vor der Firma M. geheimgehalten werden, und es ist ihr auch tatsächlich verheimlicht worden. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine solche Beteiligung sei an sich nicht unzulässig; sie werde das erst dadurch, daß sie sich zuungunsten der Arbeitgeberin auswirke oder wenigstens nach dem Vorsatze der Beteiligten auswirken solle. Diese Ansicht ist rechtlich bedenklich. Es widerspricht dem allgemeinen Anstandsgefühl, insbesondere auch der Auffassung des anständigen kaufmännischen Geschäftsverkehrs, daß ein Angestellter, der für einen Geschäftsherrn Verträge mit Dritten abzuschließen hat oder auch nur auf den Abschluß solcher Verträge bestimmend mit einwirken kann, sich von diesen dritten Personen für ihre bevorzugte Behandlung hinter dem Rücken des Geschäftshcrrn Vorteile versprechen oder gewähren läßt. Diese Anschauung liegt auch dem § 12 UnlWG. zugrunde und hat dazu geführt, daß in den dort geregelten Fällen ein derartiges Verhalten sogar unter Strafe gestellt wird. Das Sittenwidrige liegt darin, daß der Angestellte in seiner Willensentschlicßung, die er nach dem zu seinem Geschäftsherrn bestehenden Vertrauensverhältnis nur zu dessen Nutzen treffen darf, durch die Zuwendung zu Gunsten des zuwendenden Dritten beeinflußt werden soll. Eine solche Zuwendung wird in aller Regel dazu führen, daß die Vergebung der Aufträge und die Vertragsbedingungen zu Ungunsten des Geschäftsherrn beeinflußt werden und diesem dadurch geschäftliche Nachteile ent-
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stehen. Ob der Wille des Angestellten und des Dritten unmittelbar auf die Herbeiführung solcher Nachteile gerichtet war, ist für die Frage der Sittenwidrigkeit gleichgültig. Die bisherige Rechtsprechung hat es vielmehr als genügend angesehen, daß eine solche nachteilige Einwirkung möglich war und daß später tatsächlich für den Geschäftsherm Nachteile aus den durch unlautere Beeinflussung des Angestellten zustande gekommenen Verträgen entstanden sind (vgl. dazu insbesondere RG. in WarnRspr. 1928 Nr. 35; ferner RGZ. Bd. 130 S. 131 [142], Bd. 132 S. 131, Bd. 134 S. 43 [56] und Bd. 136 S. 359 [360] mit weiteren Nachweisen). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Gelder, die der Kläger erhalten habe, seien keine Schmiergelder gewesen, weil sie ihm nicht von dritter Seite gewährt worden seien, sondern aus einem mit seiner Hilfe aufgebauten Unternehmen stammten, das dem Kläger selbst zur Hälfte gehört habe und an dessen Verlust er auch zur Hälfte beteiligt gewesen sei. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Feststellung auf verfahrensmäßiger Grundlage beruht. Selbst wenn als richtig unterstellt wird, daß der Kläger auch an dem Verluste des Unternehmens beteiligt gewesen ist, so würde die Zuwendung, die in seiner Beteiligung an dem Gewinn aus dem Betriebe des Lastzuges liegt, in der Hauptsache doch immer mit Rücksicht auf seine Zusage gemacht worden sein, den Beklagten bei der Vergebung von Beförderungsaufträgen für die Firma M. zu bevorzugen, und die Gegenleistung dafür bilden. Das Berufungsgericht hat selbst zutreffend darauf hingewiesen, daß die Zuwendung unter jeder Rechtsform gemacht werden kann; es genügt, daß durch sie die Lage des Angestellten irgendwie verbessert wird. Das ist hier aber der Fall gewesen; denn auch wenn der Kläger sich nicht nur mit einem Darlchn, sondern mit einer endgültigen Einlage von 800 RM. an dem Unternehmen beteiligt haben sollte, würde seine Einlage doch immer im Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn, der zum großen Teile der Arbeitskraft des Beklagten zu verdanken war, sehr gering gewesen sein. Weiter erhöhte sich der Gewinnanteil des Klägers an dem Unternehmen dadurch, daß dieses infolge der Bevorzugung bei der Vergebung von Beförderungsaufträgen ertragreicher wurde, so daß dem Kläger dadurch ein entsprechendes Entgelt für jede Begünstigung des Beklagten ohne weiteres zufloß. Durch die Beteiligung wurden mithin dem Kläger als einem Angestellten der Firma M. Vorteile dafür zugewendet, daß er den Beklagten bei der Vergebung von Aufträgen für seinen Geschäftsherm bevorzugte. Daß dadurch eine Beeinflussung des Klägers zum Nachteile der Firma M. und damit eine für diese nachteilige Einwirkung auf die Vergebung der Aufträge und die Vertragsbedingungen möglich war, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführung. Es fragt sich deshalb weiter, ob das schon genügt, um den Vertrag zwischen den Parteien sittenwidrig zu machen, oder ob, wie das Berufungsgericht angenommen hat, noch hinzukommen muß, daß der Vertrag sich auch tatsächlich zum Nachteile der Firma M. ausgewirkt hat. Zur Begründung des letzten Punktes hat der Beklagte eine Reihe von Behauptungen aufgestellt und dafür Beweise an-
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getreten, und die Revision rügt, daß das Berufungsgericht über diese Beweisantritte hinweggegangen sei. Das Berufungsgericht hat die Erhebung dieser Beweise mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte könne nicht dartun, daß der streitige Vertrag zu irgendeiner Schädigung der Firma M. geführt habe oder daß eine solche Schädigung auch nur in der Absicht der Parteien gelegen hätte; denn er habe schlüssige Behauptungen nach dieser Richtung hin nicht aufgestellt. Die Darlegungen des Berufimgsgerichts enthalten schon insoweit einen Rechtsirrtum. Nach der Lebenserfahrung ist es die Regel, der „typische" Geschehensablauf, daß heimliche Zuwendungen an Angestellte, die versprochen oder gewährt werden, um eine Bevorzugung bei dem Abschluß von Verträgen, insbesondere bei der Vergebung von Aufträgen, zu erzielen, die Verträge zu Ungunsten des Geschäftsherrn des Angestellten beeinflussen. Die Anwendung der Grundsätze vom Beweise des ersten Anscheins rechtfertigt es daher, daß regelmäßig nicht derjenige die Benachteiligung zu beweisen hat, der sich auf die Sittenwidrigkeit des Vertrages beruft, sondern daß dem Gegner der Nachweis obliegt, die Zuwendungen an den Angestellten seien ohne eine dem Geschäftsherrn nachteilige Einwirkimg auf den Abschluß der Verträge geblieben (vgl. RGZ. Bd. 136 S. 359 [360,361]). Im übrigen würden die von der Revision angeführten Behauptungen des Beklagten bei Unterstellung ihrer Richtigkeit sehr wohl eine Benachteiligung der Firma M. ergeben, so daß der Ansicht des Berufimgsgerichts, das Vorbringen des Beklagten sei insoweit nicht schlüssig, nicht beigetreten werden kann. Das Berufungsgericht hätte deshalb die von dem Beklagten angetretenen Beweise erheben müssen, wenn die Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Vertrages vom März 1934.davon abhängig wäre, daß er sich tatsächlich zum Nachteile der Firma M. ausgewirkt hat. Das ist aber nicht erforderlich, um die Sittenwidrigkeit des Vertrages zu begründen. Wie bereits ausgeführt, ist es für die Beantwortung der Frage nicht erheblich, ob der Wille des Angestellten und des ihm die Vorteile zusagenden oder Gewährenden darauf gerichtet war, dem Geschäftsherrn des Angestellten Nachteile zuzufügen. Es genügt, daß die Handelnden sich derjenigen Tatumstände bewußt gewesen sein müssen, die ihrer Handlung den Stempel der Sittenwidrigkeit aufdrücken (vgl. RGZ. Bd. 97 S. 253 [255], Bd. 120 S. 144 [148], Bd. 136 S. 236 [240]). Die Tatumstände, die den Vertrag vom März 1934 sittenwidrig machten und die den Parteien bekannt sein mußten, sind aber die Gefährdung der f i r m a M. und der Mitbewerber des Beklagten bei Erlangung von Beförderungsaufträgen, der Vertrauensbruch des Klägers gegenüber seinem Geschäftsherrn durch die Annahme solcher Zuwendungen hinter seinem Rücken und die Mitwirkung des Beklagten bei einem solchen Vertrauensbruch. Heimliche Abmachungen nach Art des hier streitigen Vertrages widersprechen einfachsten und grundlegenden Regeln geschäftlichen Anstandes und kaufmännischer guter Sitte und können auch dann nicht zugelassen werden, wenn sie tatsächlich keine Nachteile für den Geschäftsherrn oder die Mitbewerber herbeigeführt haben. Ein Angestellter darf
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sich unter keinen Umständen in eine so zweifelhafte Stellung bringen und sich einer solchen Versuchung zu unlauterem Handeln aussetzen, wie es der Kläger durch den Abschluß des Vertrages getan hat; und ebensowenig darf durch seine Mitwirkung dazu beitragen, wer sich um die Aufträge des Geschäftsherrn des Angestellten mitbewirbt. Der Vertrag vom März 1934 ist deshalb nach Inhalt, Beweggrund und Zweck mit den Anforderungen eines lauteren Geschäftsverkehrs nicht vereinbar und sittenwidrig. Dabei ist es gleichgültig, ob die Firma M . das Beteiligungsverhältnis gestattet haben würde, wenn sie es früher gekannt hätte, und ob sie es nach erlangter Kenntnis später geduldet hat. Der Kläger hat jedenfalls mit der Möglichkeit gerechnet, daß sie es nicht dulden würde; sonst hätte f ü r ihn kein Grund vorgelegen, den Vertrag geheimzuhalten. Das mußte auch dem Beklagten bewußt sein. Der Vertrag vom März 1934 ist demnach sittenwidrig und mithin nach § 138 Abs. 1 BGB. nichtig, ohne daß es noch einer tatsächlichen Aufklärung durch weitere Beweiserhebung bedürfte. Der Kläger hat noch beantragt, eine Auskunft des Reichskraftwagenbetriebsverbandes darüber einzuholen, daß ein Vertrag wie der zwischen den Parteien abgeschlossene nach den handelsrechtlichen Gewohnheiten im Speditions- und F u h r gewerbe nicht als sittenwidrig anzusehen sei. Die Rechtsfrage, ob der Vertrag vom März 1934 gegen die guten Sitten verstößt oder nicht, unterliegt aber allein der Beurteilung durch das erkennende Gericht, und die Auffassung des Senats darüber würde durch eine Stellungnahme des Reichskraftwagenbetriebsverbandes im Sinne des Klägers nicht geändert werden. Es bedarf somit auch nicht der Einholung einer solchen Auskunft. Danach beruht das Teilurteil des Berufungsgerichts auf Rechtsirrtum, und die Sache ist f ü r die Widerklage zur Endentscheidung reif, ohne daß es noch eines Eingehens auf die übrigen Angriffe der Revision bedürfte. . . .
R G Z . 161, 253 K a n n ein P r o z e ß v e r g l e i c h , d e s s e n W i d e r r u f v o r b e h a l t e n ist, auch dann durch Erklärung gegenüber dem Prozeßgericht widerrufen werden, wenn über die Form des Widerrufs nichts vereinb a r t w o r d e n ist ? BGB. §§ 130, 157. VII. Zivilsenat.
Urt. v. 26. September 1939.
I. Landgericht Chemnitz.
II. Oberlandesgericht Dresden.
D i e Klägerin hatte mit der Begründung, die Beklagte schulde ihr aus einem Aufwertungsvertrage 9239,49 R M . , auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen Klage erhoben. Die Beklagte hatte den Anspruch bestritten. Im ersten Rechtsgange schlössen die Parteien am 6. Dezember 1937 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, an die Klägerin und deren Sohn Erich Edmund R. insgesamt 9500 R M . in näher
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geregelter Weise zu zahlen. Die Beklagte behielt sich den Widerruf dieses Vergleichs binnen einer Frist von drei Wochen für den Fall vor, daß ihre Tochter Hildegard und deren Ehemann Gerhard R., ein anderer Sohn der Klägerin, dem Vergleich nicht zustimmen sollten. Über die Form dieses Widerrufs wurde nichts vereinbart. In einem am 24. Dezember 1937 beim Prozeßgericht eingegangenen Schriftsatz erklärte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten den Widerruf des Vergleichs, weil die zu seiner Wirksamkeit vorbehaltene Zustimmung der Eheleute Gerhard R. noch nicht eingegangen sei. Die Klägerin erhielt von dieser Erklärung vor dem 28. Dezember 1937 keine Kenntnis. Sie hat mit der Begründung, der Widerruf sei innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht wirksam ausgeübt worden, die Eheleute Gerhard R. hätten auch bereits am 8. Dezember 1937 ihre Zustimmung gegenüber ihrem — der Klägerin — Prozeßbevollmächtigten erklärt, nunmehr um die Feststellung gebeten, daß der Vergleich rechtswirksam sei. Das Landgericht hat den Widerruf des Vergleichs für wirksam erachtet und die Klage sachlich abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Rechtswirksamkeit des Vergleichs festgestellt und die Kosten des Rechtsstreits im wesentlichen der Beklagten auferlegt. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Gründe: Das Oberlandesgericht hält die Austragung des Streits über die Wirksamkeit des vor dem Prozeßgericht geschlossenen Vergleichs im gegenwärtigen Verfahren für zulässig und das Interesse der Klägerin an der nach seiner Auffassung in erster Linie begehrten Feststellung der Rechtswirksamkeit des Vergleichs für gegeben. Diese Stellungnahme begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Der Streit über die Wirksamkeit des der Beklagten vorbehaltenen Widerrufs und damit des Prozeßvergleichs überhaupt stellt dessen prozeßbeendende Wirkung aus Gründen in Frage, die nicht, wie etwa eine Anfechtung des Vergleichs, aus dem Rahmen des Rechtsstreits herausfallen (RGZ. Bd. 106 S. 312 [314]). Die Erledigung dieses Streits im anhängigen Verfahren ist daher unbedenklich zulässig. Das rechtliche Interesse der Parteien, insbesondere der Klägerin, an dieser zugleich über die Frage der Beendigung des Rechtsstreits Klarheit schaffenden Entscheidung bedarf keiner besonderen Begründung. Der Widerruf des Prozeßvergleichs ist nach der Meinung des Berufungsgerichts wirkungslos, weil er mangels einer entgegenstehenden Vereinbarung innerhalb der vorgesehenen Frist gegenüber der Klägerin oder ihrem Prozeßbevollmächtigten habe erklärt werden müssen, und diese — unterbliebene — Erklärung durch die rechtzeitige Mitteilung an das Prozeßgericht nicht habe ersetzt werden können. Diese Auffassung läßt keinen Rechtsirrtum erkennen. Die Revision beruft sich zu ihrer Bekämpfung erfolglos auf die Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 7. März 1932 (RGZ. Bd. 135 S. 338). Dort hatten sich die Parteien
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vorbehalten, den von ihnen vor dem Prozeßgericht geschlossenen Vergleich „durch einfache Anzeige zu den Gcrichtsakten" zu widerrufen. Ihr Streit betraf nur die Frage, ob diese Anzeige der Schriftform nach §§ 126, 127 BGB. genügen mußte oder, wie es geschehen war, durch einen als Gerichtsabschrift bezeichneten und vom Anwalt nicht eigenhändig unterschriebenen Schriftsatz wirksam erfolgen konnte. Das Reichsgericht hat die zweite Form für genügend erachtet, weil der Widerruf, der eine sachlich-rechtliche Erklärung sei, nach der statthaften Vereinbarung der Parteien im Prozeß habe erklärt werden dürfen; damit sei er zur Prozeßhandlung geworden und müsse als solche für seine Form nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden. Diese Entscheidung spricht sich also keineswegs, wie die Revision meint, dahin aus, daß der Widerruf eines Prozeßvergleichs stets eine Prozeßhandlung sei. Eine solche nahm sie nur an, weil die Parteien für die an sich sachlich-rechtliche Willensäußerung die Form einer an das Prozeßgericht gerichteten Erklärung vereinbart hatten. An dieser Einschränkung muß festgehalten werden. Es ist zwar zutreffend, daß der gerichtlich abgeschlossene Vergleich zwei Seiten hat: eine die streitigen Ansprüche regelnde sachlich-rechtliche und eine die Beendigung des Rechtsstreits herbeiführende verfahrensrechtliche Seite (RGZ. Bd. 78 S. 286 [287], Bd. 142 S. 1 [3], Bd. 153 S. 67, Bd. 154 S. 320). Der Vorbehalt des Widerrufs seitens der Parteien oder einer von ihnen ist Gegenstand des sachlichrechtlichen Vergleichsinhalts, mag man diese Möglichkeit der Beseitigung des Vergleichs rechtlich als Rücktritt oder als auflösende Bedingung auffassen. In jedem Fall erfordert demgemäß die Ausübung des Rechts, den Vergleich wieder zu beseitigen, eine Willenserklärung sachlich-rechtlicher Art, die, wenn sie nicht — was den Parteien freisteht zu vereinbaren — gegenüber dem Prozeßgericht abgegeben werden soll, nach allgemeinen Grundsätzen (§ 130 BGB.) empfangsbedürftig ist, d. h. in dem Zeitpunkte wirksam wird, wo sie dem Vcrgleichsgegner zugeht. Dem steht nicht entgegen, daß der Vorbehalt des Widerrufs auch für die verfahrensrechtliche Seite des Prozeßvergleichs insofern Bedeutung hat, als die Prozeßbeendigung bis zum Wegfall der Widerrufsmöglichkeit noch nicht endgültig ist. Dieser Umstand macht aber den Widerruf selbst zu keiner verfahrensrechtlichen Parteihandlung. Als solche kann, wenn nicht vereinbarungsgemäß der Widerruf dem Prozeßgericht gegenüber erklärt werden soll, nur die Anzeige der Ausübung und der darin zu findende Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angesehen werden. Entscheidend ist also hier die Frage, ob beim Schweigen des Vergleichs über die Form des Widerrufs gleichwohl das Einverständnis der Parteien darüber angenommen werden muß, daß er an das Prozeßgericht gerichtet werden sollte. Diese Frage, die im Wege der Vertragsauslegung zu beantworten ist ( J o n a s - P o h l e ZPO. II 1 Abs. 3 zu § 794), wird vom Berufungsrichter verneint. Da sich seine Auslegung nach dem Gesagten nur mit dem sachlich-rechtlichen Inhalt des Vergleichs zu befassen hat, ist ihre Nachprüfung durch das Revisionsgericht darauf zu beschränken, ob die vom
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Berufungsgericht gewählte D e u t u n g möglich ist u n d den gesetzlichen Auslegungsregeln nicht widerspricht. N a c h keiner Richtung ergeben sich rechtliche Bedenken. Die Möglichkeit mindestens der Nichtübereinstimmung der Vergleichsparteien d a r ü b e r , daß der W i d e r r u f dem Prozeßgericht gegenüber zu erklären sei, kann nicht bezweifelt werden. Sie wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß, wie der Vorderrichter feststellt, die ausdrückliche Vereinbarung dieser F o r m des Widerrufs bei Prozeßvergleichen im Bezirke des Berufungsgerichts üblich ist. W e n n die Parteien entgegen dieser Ü b u n g von der Verlautbarung einer solchen Abrede abgesehen haben, so kann das neben der vom Berufungsrichter abgelehnten Möglichkeit, sie könnten diese Regelung f ü r selbstverständlich gehalten haben, seinen G r u n d n u r darin f i n d e n , daß ihnen die Üblichkeit der Vereinbarung nicht gegenwärtig gewesen ist oder daß sie hiervon bewußt haben abweichen wollen. I n beiden Fällen fehlt aber eine Willensübereinstimmung über diese besondere Form des Widerrufs. Das Fehlen einer solchen Übereinstimmung bedingt keine Lücke im Vertrage, die im Wege ergänzender Auslegung (§ 157 BGB.) hätte ausgefüllt werden müssen. Der Vorderrichter konnte sich also mit dem Ergebnis, daß die Parteien die Erklärimg des Widerrufs an das Gericht nicht vereinbart hätten, in seiner auslegenden Tätigkeit bescheiden. E r wägungen darüber, was die Parteien bei Unterstellung eines zweckmäßigen u n d vernünftigen Vertragswillens vereinbart haben würden, brauchte er — entgegen der M e i n u n g der Revision — keinen Raum zu geben. Daran scheitern auch die Revisionsangriffe, soweit sie d e m Berufungsrichter den Vorwurf machen, er habe die Zweckmäßigkeit der von ihm abgelehnten Vereinbarung verkannt.
R G Z . 1 6 1 , 296 I n w i e w e i t ist d a s a u s l ä n d i s c h e R e c h t f ü r d i e R e c h t s w i r k s a m keit eines d e m d e u t s c h e n Recht unterstellten Vertrages über die A u s ü b u n g des S t i m m r e c h t s in einer a u s l ä n d i s c h e n Aktiengesellschaft von Bedeutung ? BGB. §§ 134, 138, 306. II. Zivilsenat. I. Landgericht Berlin.
U r t . v. 17. Juni 1939. II. Kammcrgericht daselbst.
D e r Kläger, der Beklagte u n d G., sämtlich in Berlin, errichteten im Jahre 1931 in Kopenhagen zusammen mit vier dänischen M i t g r ü n d e r n eine Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Kopenhagen. Gegenstand der Gesellschaft war nach § 3 der Satzung vom 27. Juli 1931 die Ü b e r n a h m e und Verwertung einer von dem Kläger erfundenen photoelektrischcn Zelle und in Verbindung damit der Erwerb, der Ausbau u n d die Verwertung von E r f i n d u n g e n auf elektrotechnischem Gebiete, sowie die Herstellung und der Betrieb lichtelektrischer Anlagen jeder Art. Das.Grundkapital der Gc-
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sellschaft wurde auf 125 000 dänische Kronen festgesetzt und in 130 A-Aktien (Kapitalgruppe) und 120 B-Aktien (Erfindergruppe) zu je 500 Kronen zerlegt. Der Kläger erhielt B-Aktien im Nennwerte von 50000 Kronen, der Beklagte solche im Nennwerte von 10000 Kronen. Außerdem erwarben der Kläger 6 und der Beklagte 8 A-Aktien. Später wurde das Grundkapital auf 114000 Kronen herabgesetzt, ohne daß das Verhältnis der Aktien zueinander geändert worden wäre. Vor Abschluß des Gründungsvertrages hatten die Parteien am 3. Juli 1931 in Berlin eine schriftlich niedergelegte Vereinbarung getroffen, in dei sie sich gegenseitig verpflichteten, ihr auf die B-Aktien entfallendes Stimmrecht stets im gegenseitigen Einvernehmen auszuüben. Falls ein solches Einvernehmen nicht zu erzielen sein würde, sollten die Auffassung und Entscheidung des Klägers maßgebend sein. Bei Verhinderung »eines dei Vertragschließenden an der Ausübung seines Stimmrechts sollte der andere dessen Stimmen vertretungsweise mit übernehmen und sie im Sinne des vorherigen Einvernehmens abgeben. Für den Fall der Verhinderung beider Vertragsteile sollte gemeinsam ein Dritter mit der Vertretung beauftragt werden. Bei einem Streit über die Wahl eines gemeinsamen Vertreters sollte ebenfalls die Entscheidung des Klägers maßgebend sein. Durch ein Schreiben vom 12. November 1937 erklärte der Beklagte dem Kläger, daß er seine Unterschrift unter der Vereinbarung vom 3. Juli 1931 zurückziehe und sich damit als von der Vereinbarung entbunden betrachte. Der Kläger ist der Meinung, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, den Vertrag vom 3. Juli 1931 zu kündigen. Er hat beantragt, festzustellen, daß die Kündigung der Vereinbarung vom 3. Juli 1931 durch den Beklagten unwirksam sei und daß die Vereinbarung unverändert zu Recht bestehe. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, die Vereinbarung vom 3. Juli 1931 enthalte für ihn eine sittenwidrige Bindung und sei deshalb von Anfang an nichtig gewesen. In jedem Falle sei er berechtigt gewesen, die Vereinbarung aus wichtigem Grunde zu kündigen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im zweiten Rechtsgange hat der Beklagte noch vorgetragen, die Bindung für das Stimmrecht in der Vereinbarung vom 3. Juli 1931 sei nach dänischem Rechte zu beurteilen; danach könne die Vereinbarung nur als die Erteilung einer jederzeit widerruflichen Vollmacht angesehen werden. Der Kläger ist der Meinung, daß die Vereinbarung vom 3. Juli 1931 ausschließlich nach deutschem Rechte zu beurteilen sei. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen: 1. Das Berufungsurteil führt aus, die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 3. Juli 1931 und die sich daraus für die Parteien ergebenden Rechte und Pflichten seien nach deutschem und nicht nach dänischem Rechte zu
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beurteilen. Das Abkommen beziehe sich zwar auf die Abstimmung in Generalversammlungen und in sonstigen Sitzungen einer dänischen, in Kopenhagen ansässigen Aktiengesellschaft. Es regele aber nur die Beziehungen der Parteien untereinander und nicht ihre Beziehungen zur Aktiengesellschaft. Das Abkommen sei im Gebiete des deutschen Reiches abgeschlossen, auch dort zu erfüllen, und die Vertragschließenden seien Reichsdeutsche. Die Revision erhebt gegen diese Ausführungen keine Angriffe. Durch die Vereinbarung vom 3. Juli 1931 haben sich der Kläger und der Beklagte als künftige Aktionäre einer demnächst, wie beabsichtigt, auch errichteten dänischen Aktiengesellschaft gegenseitig verpflichtet, ihr Stimmrecht in bestimmter Weise auszuüben. Es handelt sich dabei um rein schuldrechtliche Verpflichtungen der Vertragschließenden untereinander, durch welche die Abstimmung in der Generalversammlung selbst sachlich nicht berührt wird (vgl. RGZ. Bd. 133 S. 90 [93]). Diese Rechtsauffassung ist jedenfalls insoweit bedenkenfrei, als die Parteien sich verpflichtet haben, ihr Stimmrecht nur im gegenseitigen Einverständnis auszuüben. Sie ist aber auch insoweit begründet, als das Abkommen Bestimmungen über die Vertretimg im Falle der Verhinderung einer der beiden Parteien bei der Abstimmung trifft. Auch hier handelt es sich um eine rein schuldrechtliche Bindung, und die Gültigkeit der Abstimmung würde der Gesellschaft gegenüber dadurch, daß eine der Parteien sich über das Abkommen hinweggesetzt hätte, nicht berührt werden. Die Frage, welchem Rechte das Abkommen unterliegt, beantwortet sich daher nach den Grundsätzen des deutschen zwischenstaatlichen Privatrechts über die Beurteilung von gegenseitigen schuldrechtlichen Verträgen. Danach ist für das anzuwendende Recht in erster Linie der Parteiwille maßgebend. Haben die Parteien, wie hier, keine ausdrückliche Vereinbarung über das anzuwendende Recht getroffen, so ist aus den Umständen zu entnehmen, welches Recht sie verständigerweise als maßgebend gewollt haben würden, wenn sie die Frage geregelt hätten. Das Berufungsgericht hat als Umstände, die für die Anwendung des deutschen Rechts sprächen, angeführt, daß der Vertrag in Deutschland geschlossen und in Deutschland zu erfüllen sei und daß die Parteien deutsche Reichsangehörigc seien. Es ist zutreffend, daß der Ort des Vertragsschlusses und die deutsche Reichsangehörigkeit der Parteien für die Auffassung des Berufungsgerichts sprechen. Dazu kommt, daß beide Parteien ihren Wohnsitz in Berlin hatten und daß für sie kein Anlaß bestand, die schuldrechtlichen Bindungen untereinander einem fremden Rechte zu unterstellen. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin nicht beizutreten, daß auch der Erfüllungsort der Vereinbarung für die Anwendung des deutschen Rechts spreche. Die Parteien haben sich gegenseitig verpflichtet, ihr Stimmrecht in einer dänischen Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Kopenhagen in bestimmter Weise auszuüben. Eine solche Verpflichtung wird in der Regel am Sitze der Gesellschaft, d. h. in Kopenhagen zu erfüllen sein. Der Erfüllungsort ist aber für die Frage, welchem Recht ein schuldrechtlicher
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Vertrag zu unterstellen ist, nicht allein ausschlaggebend, wenn ihm auch gerade die deutsche Rechtsprechung eine große Bedeutung beigelegt hat. Maßgebend bleibt in erster Linie der Parteiwille; und hier sprechen alle sonstigen Umstände für die Anwendung des deutschen Rechts. Wenn das Berufungsgericht deshalb zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Parteier ihre Rechtsbezichungen aus dem Abkommen vom 3. Juli 1931 dem deutschen Recht unterstellt haben, so ist darin kein Rechtsirrtum ersichtlich, 2. Die Abstimmungsvereinbarung vom 3. Juli 1931 könnte aber, obwohl der Vertrag nach deutschem Rechte zu beurteilen ist, dennoch im Hinblick auf das dänische Recht nach §§ 134 und 138 BGB. nichtig sein. Nach § 134 BGB. ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Der Vertrag vom 3. Juli 1931 enthält Bindungen für die Abstimmung in einer dänischen Aktiengesellschaft. Das Berufungsgericht hat eine Feststellung darüber, ob solche Abstimmungsbindungen nach dänischem Aktienrecht zulässig sind, nicht getroffen. Wenn das nicht der Fall wäre, so würde die Vereinbarung vom 3. Juli 1931 gegen ein ausländisches Verbotsgesetz verstoßen. Ausländische Verbote sind für den deutschen Richter nicht unbedingt maßgebend, und der Verstoß gegen ein ausländisches Gesetz begründet deshalb nicht die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach §134 BGB. (vgl. RGZ. Bd. 108 S. 241 [243]; RG. in WarnRspr. 1912 Nr. 241; RG. in Gruchots Beitr. Bd. 61 S. 461 und Bd. 66 S. 104). Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein ausländisches Verbotsgesetz verstößt, kann aber nach deutschem Rechte gemäß § 138 BGB. wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sein, wenn das ausländische Verbot zwar nicht, wie in RGZ. Bd. 108 S. 243 ausgeführt ist, durch allen Kulturstaaten gemeinsame rechtlich-sittliche Erwägungen, wohl aber durch die deutschen Anschauungen über die guten Sitten, das deutsche gesunde Volksempfinden gerechtfertigt wird. Für diese Beurteilung kann auch das deutsche Aktienrecht möglicherweise von Bedeutung sein; die Ansicht der Revision, daß das deutsche Aktienrecht nicht berücksichtigt werden dürfe, weil es sich um eine Vereinbarung über die Abstimmung in einer dänischen Aktiengesellschaft handele, trifft daher nicht unter allen Umständen zu. Nach deutschem Rechte werden Abstimmungsverträge unter Aktionären nicht grundätzlich und ohne weiteres als rechts- oder sittenwidrig angesehen :vgl. RGZ. Bd. 112 S. 273, Bd. 119 S. 386 [388], Bd. 133 S. 90 [95]). Daran ist auch unter den gewandelten Lebens- und Rechtsanschauungen der Gegenwart festzuhalten (vgl. die Urteile des erkennenden Senats vom 4. Februar 1936 in HRR. 1936 Nr. 747 und vom 1. Juli 1938 in JW. 1938 5. 2833 Nr. 26). Sollte das dänische Recht der s c h u l d r e c h t l i c h e n Bindung der Aktionäre in der Abstimmung die Rechtswirksamkeit versagen, so würde das für die Gültigkeit der Vereinbarung vom 3. Juli 1931 nach deutschem Recht unbeachtlich sein. Etwas anderes wäre es, wenn das dänische Aktienrecht die Abgabe der Stimme eines durch einen Abstimmungsvertrag gebundenen Aktionärs für unzulässig erklären und einer solchen Abstimmung im Verhältnis zu der Gesellschaft die rechtliche
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Anerkennung versagen sollte. Dann würde die Vereinbarung vom 3. Juli 1931 auf eine aus Rechtsgründen unmögliche Leistung gerichtet und nach § 306 BGB. nichtig sein. Die Stimmabgabe findet in Dänemark statt, und bei einer im Auslande zu erfüllenden Verpflichtung wird die Unmöglichkeit auch durch ein dortiges, im Inlande nicht anwendbares Verbotsgesetz begründet (vgl. RGZ. Bd. 93 S. 182 [184]). Im übrigen würde die Stimmabgabe im Verhältnis zur dänischen Aktiengesellschaft auch dann nach dänischem Rechte zu beurteilen sein, wenn die Abstimmung im Gebiete des deutschen Reiches stattgefunden hätte. Das Berufungsgericht hat über die Gültigkeit der Abgabe vertraglich gebundener Stimmen gegenüber der Gesellschaft nach dänischem Aktienrecht nichts festgestellt. Der Beklagte hat auch nicht behauptet, daß eine derartige Stimmabgabe nach dänischem Rechte der Aktiengesellschaft gegenüber unwirksam sei, und aus dem dänischen Gesetz über die Aktiengesellschaften vom 15. April 1930 (Lovtidenden A Nr. 18 vom 19. April 1930 S. 663 bis 687, in deutscher Übersetzung in der Ztschr. f. ausl. und intern. Privatrecht 1930 S. 666 flg.) läßt sich eine solche Bestimmung nicht entnehmen. Nach § 56 Abs. 6 des Gesetzes darf ein Aktionär nicht selbst, durch einen Bevollmächtigten oder als Bevollmächtigter für andere an der Abstimmimg über Fragen teilnehmen, die einen Rechtsstreit gegen ihn selbst oder gegen einen Dritten betreffen, soweit er dabei ein Interesse bedeutenderer Art hat, das dem der Gesellschaft zuwiderlaufen kann. Weiter kann nach § 56 Abs. 7 die Stimmabgabe eines Aktionärs auf eine kurz befristete Klage der Verwaltung oder von Aktionären mit einem Zehntel des Aktienkapitals nachträglich für ungültig erklärt werden, wenn sie nachweislich durch seine Beteiligung an Spekulationsgeschäften in Aktien der Gesellschaft bestimmt war. Nach der amtlichen Begründung zu dem Gesetz (vgl. M e n z e l in Ztschr. f. ausl. und intern. Privatrecht 1930 S. 662) war ursprünglich ein Ausschluß des Stimmrechts auch für die Abstimmung über Verträge beabsichtigt, an denen der Aktionär beteiligt war. Davon wurde aber mit dem Bemerken abgesehen, daß die Gerichte nach den allgemeinen Grundsätzen die Möglichkeit hätten, Beschlüsse deshalb aufzuheben, weil sie im wesentlichen Maße gegenüber der Gesellschaft oder anderen Aktionären als unbillig befunden werden müßten. Die Nichtigkeit des Abstimmungsvertrages vom 3. Juli 1931 läßt sich danach auch nicht wegen Unmöglichkeit der Leistung aus § 306 BGB. herleiten . . .
R G Z . 162, 73 Genügt eine von einem Angestellten während seiner Dienstzeit begangene Verfehlung, um die Anfechtung einer mit ihm bei der Beendigung des Dienstverhältnisses getroffenen A b f i n dungsvereinbarung wegen Irrtums über eine Wesenseigenschaft des Angestellten zu rechtfertigen ?
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BGB. § 119 Abs. 2. II. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Essen.
Urt. v. 28. Oktober 1939. II. Oberlandesgericht Hamm.
Der Beklagte war seit vielen Jahren in leitender Stellung Angestellter der Klägerin, eines wirtschaftlichen Verbandes in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Im Frühjahr 1936 wurde die Klägerin nach Entlassung ihres bisherigen alleinigen Geschäftsführers, der sich mit den Gesellschaftern überworfen hatte, aufgelöst. Der Beklagte und der Wirtschaftsprüfer Dr. H . wurden zu Abwicklern bestellt. Da gegen den bisherigen Geschäftsführer ein Strafverfahren eingeleitet wurde, erschien es ratsam, den Beklagten als dessen langjährigen Mitarbeiter von dem Amt als Mitabwickler zu entbinden, obwohl gegen ihn selbst nichts vorlag. Der Beklagte schied zum 1. April 1938 endgültig aus den Diensten der Klägerin aus. In Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste gewährte ihm die Klägerin, ohne daß eine rechtliche Verpflichtung hierzu bestand, an Stelle eines Ruhegehalts, das wegen der Auflösung der Klägerin nicht in Betracht kam, eine einmalige Abfindung von 100000 R M . Der Betrag wurde dem Beklagten im April 1938 ausgezahlt. Später erfuhr die Klägerin folgenden Sachverhalt: Im Februar 1937 hatte eine Angestellte versehentlich einen f ü r Dr. H. persönlich bestimmten Brief des Aufsichtsratsvorsitzenden der Klägerin, der zugleich Vorstandsmitglied einer Gesellschafterin der Klägerin war, geöffnet und, da Dr. H. verreist war, dem Beklagten vorgelegt. Dieser nahm von dem Inhalt des Briefes Kenntnis und sandte ihn an Dr. H. erst weiter, nachdem er sich eine Abschrift davon genommen hatte. Er glaubte, obwohl der Brief in Wahrheit völlig unverfänglich war, aus ihm entnehmen zu können, daß sich Dr. H. in seinen Maßnahmen von Mitgliedern der Klägerin beeinflussen lasse, und beabsichtigte deshalb nach seiner unwiderlegten Behauptung, die Abschrift gegebenenfalls als Handhabe gegen Dr. H. zu verwenden, zu dem er in einer gewissen Gegensätzlichkeit stand und von dem er daher Maßnahmen gegen sich befürchtete. Im Herbst 1937 zeigte der Beklagte die Briefabschrift bei einer Unterhaltung über Dr. H. dem Kaufmann G., mit dem er auf Grund seiner kaufmännischen Tätigkeit gut bekannt war. G. stand damals, wie der Beklagte wußte, mit der Klägerin wegen eines größeren Geldanspruchs in Streit. Er nahm die Briefabschrift, ohne daß der Beklagte widersprach, an sich und verwendete sie im Juni 1938 in einem Schreiben an den Aufsichtsratsvorsitzcnden der Klägerin, in dem er sich über die Ablehnung seiner Ansprüche beschwerte und unter deutlichem Hinweis auf den Brief versteckte Vorwürfe gegen Dr. H. erhob. Ermittelungen, welche die Klägerin daraufhin anstellte, offenbarten das Verhalten des Beklagten. Ein Schaden ist der Klägerin durch den Vorfall nicht entstanden. Die Klägerin, die in dem Verhalten des Beklagten einen groben Vertrauensbruch erblickt und der Meinung ist, er habe sie dadurch schädigen
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wollen, hat den mit ihm geschlossenen Abfindungsvertrag alsbald, nachdem sie Kenntnis von dem Vorfall erhalten hatte, wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten. Sie verlangt mit der Klage Rückzahlung des Betrages. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : Das Berufungsgericht verneint die Berechtigung der auf § 119 Abs. 2 BGB. gestützten Anfechtung der Abfindungsvereinbarung wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften des Beklagten. Es geht zwar davon aus, daß die Klägerin mit der Zahlung der Abgangsentschädigung sein untadeliges Verhalten und seine unbedingte Zuverlässigkeit während der langjährigen Dienstzeit habe belohnen wollen; es sieht hierin auch eine persönliche Eigenschaft des Beklagten, die für Geschäfte der in Rede stehenden Art als verkehrswesentlich zu gelten habe. Jedoch hält es die einmalige Verfehlung des Beklagten den Umständen nach nicht für genügend, um die Annahme zu rechtfertigen, daß dem Beklagten diese Eigenschaft fehle und daß die Klägerin sich deshalb über die Eigenschaft geirrt habe. Hierzu führt es aus: Die Abschriftnahme von dem Privatbrief des Aufsichtsratsvorsitzenden der Klägerin an Dr. H. stelle allerdings eine Taktlosigkeit dar. Dem Beklagten könne aber nicht widerlegt werden, daß er hierzu durch besondere Umstände, insbesondere durch eine gewisse Gegensätzlichkeit zu Dr. H., veranlaßt worden sei und bezweckt habe, gegebenenfalls eine Handhabe gegen diesen, nicht etwa gegen die Klägerin zu erlangen, daß er auch überzeugt gewesen sei, der Inhalt des Schreibens berühre die Klägerin nicht. Auch die spätere Überlassung der Briefabschrift an G. rechtfertige nicht die Annahme, daß der Beklagte diesem den Brief habe in die Hand spielen wollen, damit er ihn gegen die Klägerin verwerte. Hierfür spreche vor allem auch der von G. bestätigte Inhalt seines Gesprächs mit dem Beklagten, das diesen zur Herausholung des Schriftstücks veranlaßt habe, sowie auch der Umstand, daß der Beklagte gezögert habe, als G. ihn um Überlassung der Abschrift gebeten habe. Da sich der Beklagte sonst etwa 30 Jahre lang in den Diensten der Klägerin untadelig geführt und seine Pflicht getan habe, ohne zu Beanstandungen Anlaß zu geben, könne die Entgleisung, die sein hier erörtertes Verhalten darstelle, nicht dahin gewertet werden, daß damit eine vorhandene schlechte Eigenschaft des Beklagten zutage getreten sei. Die Revision macht demgegenüber in erster Reihe geltend, das Verhalten des Beklagten könne selbst bei Zugrundelegung des vom Berufungsgericht angenommenen Sachverhalts nicht als so harmlos betrachtet werden, wie es das Berufungsgericht tue. Auf alle Fälle stelle es einen groben Vertrauensbruch dar, wenn der Beklagte seine Vertrauensstellung und seinen besonders hervorgehobenen Posten in leitender Stellung durch Verwertung eines nicht für ihn bestimmten und nur versehentlich in seine Hände Zivils. A l l g e m . T e i l 3
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gelangten Schreibens mißbrauche, gleichviel ob sein Vorgehen gegen Dr. H. oder gegen die Klägerin gerichtet gewesen sei. Schon der Umstand, daß der Beklagte das für ihn nicht bestimmte Schreiben durchgelesen und sich dann noch eine Abschrift davon angefertigt habe, sei mit der Untadeligkeit, die von dem Inhaber einer leitenden Vertrauensstellung verlangt werden müsse, völlig unverträglich. Möge auch im Einzelfall aus einer einmaligen Handlungsweise nicht ohne weiteres auf eine verkehrswesentliche Eigenschaft geschlossen werden können, so müsse dies doch bei einem Verstoße so schwerwiegender Art anerkannt werden, wie er im vorliegenden Falle vom Beklagten zugegeben worden sei, einem Verhalten, das bei der Frage nach der Berechtigung einer fristlosen Lösung eines solchen Angestelltenverhältnisses von ausschlaggebender Bedeutung sein müsse. Hierzu komme, daß der Beklagte von der Abschrift auch Gebrauch gemacht habe, und zwar in einer Weise, daß er mit der Möglichkeit einer Schädigung der Klägerin notwendig habe rechnen müssen. Besonders zu berücksichtigen sei auch noch die Höhe der gezahlten Abfindungssumme; denn diese sei gerade ein Hinweis darauf, daß die Klägerin von einer ganz besonders einwandfreien und untadeligen Einstellung des Beklagten ausgegangen sei. Diese Angriffe der Revision können keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß rechtsgrundsätzlich Wesenseigenschaften wie Vertrauenswürdigkeit, Pflichttreue, Ehrlichkeit unter die persönlichen Eigenschaften im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. fallen können. Freilich muß es sich hierbei um Eigenschaften handeln, die zum Inhalte des Geschäfts in unmittelbarer Beziehung stehen, d. h. gerade für dieses von verkehrswesentlicher Bedeutung sind. So sind die genannten Eigenschaften insbesondere für die Erfüllbarkeit von Dienstverträgen, namentlich von solchen mit höheren Angestellten, in aller Regel besonders erheblich, und sie haben deshalb insoweit als Eigenschaften im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB. zu gelten, während sie z. B. bei einem Barkauf in der Person des Käufers völlig gleichgültig sind. Eine unmittelbare Beziehung der erwähnten Art haben diese Eigenschaften aber auch zum Abschluß eines belohnenden Abfindungsvertrages mit einem höheren Angestellten, wenn die Abfindurg nach Art und Höhe wesentlich deshalb gewährt worden ist, weil dem äußeren Anscheine nach diese Eigenschaften tatsächlich bewiesen worden sind (vgl. RGZ. Bd. 124 S. 192flg.; RAG. Bd. 14 S. 196 [202]). Stellt sich später heraus, daß sich der Angestellte im Dienste grobe Pflichtwidrigkeiten, z. B. strafbare Untreue, Unterschlagungen und dergl., hat zuschulden kommen lassen, so kann dies die Anfechtung des Abfindungsvertrages auf Grund des § 119 Abs. 2 BGB. rechtfertigen, wenn diese Pflichtwidrigkeitcn auf das Fehlen der vorausgesetzten Eigenschaft schließen lassen. Die Anfechtung läßt sich also in diesen Fällen nicht schon mit dem pflichtwidrigen Verhalten allein, sondern nur mit dem sich daraus ergebenden Fehlen der vorausgesetzten Eigenschaft begründen. Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Berufungsgericht bei seiner Würdigung des Sachverhalts ausgegangen. Es gelangt jedoch auf Grund
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seiner tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis, daß im vorliegenden Falle das Verhalten des Beklagten, obwohl es, wie auch das Berufungsgericht keineswegs verkennt, einen ernsten und schweren Vertrauensbruch darstellt, doch einen Schluß auf eine in seinem Wesen liegende Vertrauensunwürdigkeit und Treulosigkeit des Beklagten nicht zulasse, daß es sich vielmehr um eine einmalige, durch besondere Umstände veranlaßte Entgleisung des Beklagten handle. Diese Abwägung liegt auf tatsächlichem Gebiet und kann daher mit der Revision nicht angegriffen werden. Die von dieser hervorgehobenen Gesichtspunkte mögen besonders ins Gewicht fallen, wenn es sich um die fristlose Entlassung eines Angestellten auf Grund des § 626 BGB. handelt oder auch um die Einstellung der Weiterzahlung eines vereinbarten Ruhegehalts auf Grund des § 242 BGB., was grundsätzlich noch schwererer wiegende Verfehlungen voraussetzt als die fristlose Entlassung (vgl. RAG. Bd. 14 S. 196 [202]). Selbst wenn das Verhalten des Beklagten für eine solche Maßnahme ausgereicht haben würde, nötigt dies doch noch nicht zu dem Schlüsse, daß dem Beklagten die vorausgesetzte und nach der Art des Geschäfts verkehrswesentliche Wesenseigenschaft gefehlt habe. Das Berufungsgericht hat vielmehr eingehend und ohne erkennbaren Rechtsirrtum begründet, weshalb es im vorliegenden Falle diese Schlußfolgerung nicht zieht. Daß es hierbei wesentliche Gesichtspunkte, insbesondere die von der Revision angeführten, übersehen habe, ist nicht ersichtlich. Wenn die Revision noch besonders hervorhebt, der Beklagte habe notwendig damit rechnen müssen, daß G. den Brief gegen Dr. H. (und dadurch mittelbar auch gegen die Klägerin) verwenden werde und daß dadurch auch die Klägerin geschädigt werden könne, so übersieht sie, daß das Berufungsgericht ausdrücklich das Gegenteil feststellt, indem es sagt, der Beklagte habe mit einer Auswertung des Schreibens durch G. gegen die Klägerin nicht gerechnet und auch nicht rechnen können. R G Z . 162, 302 49. 1. K a n n der E i n w a n d , die B e g e b u n g eines Wechsels an eigene Order d u r c h den Aussteller u n d Remittenten sei wegen W u c h e r s nichtig, d e m Wucherer u n d Wechselinhaber auch von d e m Ann e h m e r des Wechsels e n t g e g e n g e h a l t e n werden, der sein Akzept d e m Aussteller vor der W e i t e r b e g e b u n g des Wechsels g e g e b e n hat ? 2. Greift der W u c h e r e i n w a n d g e g e n ü b e r d e m W e c h s e l a n s p r u c h a u c h dann d u r c h , w e n n der Wechsel zugleich in E r f ü l l u n g eines w u c h e r i s c h e n u n d eines r e c h t s w i r k s a m e n Geschäfts h i n g e g e b e n worden ist ? BGB. § 138 Abs. 2. WG. Art. 17. II. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 17. J?r,uar 1940.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Wechseliecht". 17'
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1 . Z u r Nichtigkeit von Verträgen, welche die E h e s c h e i d u n g erleichtern. 2. . . . 3. . . .
BGB. § 138 Abs. 1 s. Ehegesetz § 80*)
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Familienrecht". R G Z . 165, 1 Z u r F r a g e , ob das Vertragswerk einer Schuhmaschinenfabrik, w e n n sie die von ihr hergestellten Maschinen nur mietweise abgibt und dabei die A b n e h m e r in der Art der V e r w e n d u n g der M a s c h i n e n vertraglich bindet, g e g e n die guten Sitten verstößt, insbesondere als sittenwidrige K n e b e l u n g anzusehen ist.
BGB. § 138. V . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 29. Juli 1940. I. Landgericht Frankfurt a. M.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft der in den Vereinigten Staaten von Nordamerika ansässigen „United Shoe Machinery Corporation" (USMC.). Diese ist hervorgegangen aus den Fabriken der Amerikaner M. K. und G. Die Beklagte stellt Maschinen zur fabrikmäßigen Anfertigung von Schuhen her. Bestimmte Arten von Maschinen, und zwar solche, die für die Herstellung der Schuhe besonders wichtig sind und die sämtlich unter Patentschutz standen und zum Teil noch stehen, gibt sie nur mietweise ab; andere verkauft sie. Die Klägerin steht mit ihr seit 1904 in Geschäftsverbindung. Von da ab hat sie fortlaufend Schuhmaschinen von der Beklagten gemietet. Die ältesten noch laufenden Mietverträge mit Bindungen, welche die Klägerin beanstandet, stammen aus dem Jahre 1906. Die Klägerin unterhält drei räumlich voneinander getrennte Betriebe; zwei von diesen als sogenannte Vollmieterin der Beklagten, d. h. sie hat diese Werkstätten für einen besonders wichtigen Teil der Herstellung, nämlich die sogenannte Bodenabteilung, in der die Schäfte und die Sohlen, beim Rahmenschuhwerk dazu auch die Rahmen verbunden und die Absätze befestigt werden, wesentlich mit Mietmaschinen der Beklagten ausgerüstet. Im dritten Betriebe wird nur mit gekauften Maschinen gearbeitet. Im Laufe der Zeit hatte die Klägerin insgesamt 492 Maschinen und Geräte von der Beklagten gemietet. Sie hat jährlich 70000 bis 80000 RM. Mietzins gezahlt. Zur Zeit laufen noch 208 Mietverträge über 244 Maschinen und 20 Geräte. Die Klägerin beanstandet einen Teil der in den Mietverträgen enthaltenen Bestimmungen als rechtsunwirksam. *) Jetzt § 72 d. EheG. v. 20. 2. 46
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Die Maschinen werden auf Grund von Formularverträgen vermietet und zwar bestehen seit 1905 zwei Vertragsarten, die „Regulärverträge" mil einer Laufzeit von 20 Jahren und die „Alternatiwerträge" mit lOjährigei Laufzeit. Der nach den Verträgen zu zahlende Mietzins setzt sich teilweise zusammen aus einer Jahresgrundmiete sowie einem monatlich zu zahlender Betrage, der sich nach dem Umfange der Benutzung der Maschinen — Umdrehungszahl der Hauptwelle, Zahl der verarbeiteten Schuhe u. dgl. — richtet und regelmäßig nach unten durch einen Mindestsatz begrenzt ist Für gewisse Maschinen — zumeist Hilfsmaschinen — ist lediglich eine feste Jahresmiete und für andere lediglich eine Umdrehungsmiete zu zahlen Bei einem Teil der Maschinen ist der Mieter verpflichtet, das zu verarbeitende Hilfsmaterial (Drähte, Stifte, Klammern u. dgl.) von der Beklagten zu ihren Listenpreisen zu beziehen; doch kann diese Verpflichtimg nach neuerer Bestimmung (Rundschreiben vom 15. Mai 1928) durch Zahlung eines bestimmten Betrages abgelöst werden. Die Mieten wurden im Laufe der Jahre von der Beklagten teils allgemein, teils für einzelne Maschinen mehrfach herabgesetzt. Die letzte Ermäßigung wurde durch Rundschreiben vom 1. August 1933 vorgenommen, jedoch unter Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs. Die Klägerin beanstandet folgende Vertragsbestimmungen: Die Regulärverträge legen, mit nur wenigen Ausnahmen, dem Mieter die Verpflichtung auf, die gemieteten Maschinen bis zur völligen Ausnutzung ihrer Leistungsfähigkeit für alle in seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten, die damit ausgeführt werden können, zu benutzen (Benutzungspflicht). Weiter enthalten fast alle diese Verträge die sogenannte Raumklausel, derzufolge der Mieter in dem Raum, in dem die vermietete Maschine steht, kein Schuhwerk mit anderen Maschinen bestimmter Art bearbeiten darf als solchen, die er von der Beklagten gemietet hat. Sämtlichen Regulärverträgen :igen ist endlich die sogenannte Bindungs- oder Verkettungsklausel. Sie besagt, daß der Mieter die gemieteten Maschinen nur zur Verarbeitung solchen Schuhwerks benutzen darf, bei dessen Herstellung keine anderen Maschinen bestimmter Art Verwendung gefunden haben und finden werden als die Maschinen der Beklagten. Die diese Klauseln enthaltende Abmachung lautet beispielsweise in dem noch geltenden Mietvertrage Nr. 2157 vom 10. Januar 1906 über eine MacKay Keeder-Bieg-, Leg- und Heftmaschine: 9. Mieter verpflichtet sich, die Maschine für alle in seinen Werkstätten vorkommenden, der Bestimmung der Maschine jetzt oder später entsprechenden Arbeiten zu gebrauchen, bis sie zu ihrer vollen Leistungsfähigkeit benutzt wird, und zwar nur zur Bearbeitimg solchen Schuhwerks, bei dessen Herstellung keine Zwick-Maschine in Anwendung kommt, außer eine von der Vermieterin gemietete, wofür der Mieter vertragsgemäß der Vermieterin regelmäßig Miete bezahlt oder sonst eine im Vertrag vereinbarte Zahlung richtig leistet.
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Mieter verpflichtet sich ferner, in demselben Räume, wo die von der Vermieterin gemietete Maschine arbeitet, kein Schuhwerk weder ganz noch teilweise zu fabrizieren, welches mit einer anderen ZwickMaschine als mit den von der Vermieterin vermieteten Maschinen hergestellt ist. Als Maschinen, deren Benutzung durch die Raum- und Verkettungsklausel gefordert wird, kommen wesentlich elf Maschinenarten in Betracht, nämlich 1. Heftmaschinen, 2. Überholmaschinen, 3. Zwickmaschinen, 4. Rahmeneinstechmaschinen, 5. Doppelmaschinen, 6. Wendenäh- und 7. sonstige Sohlennähmaschinen, außer Sohlendurchnähmaschinen bestimmter Art, 8. Stift-, 9. Nagel-, 10. Schraub-, 11. KJammermaschinen. Jedoch besteht je nach der Art der gemieteten Maschinen eine Bindung entweder nur für einzelne oder für mehrere und schließlich zuweilen auch für alle diese Maschinen, z. B. bei der Keeder-Bieg-, Leg- und Heftmaschine für die Zwickmaschine, bei der M. K. Consolid.-Zwickmaschine für Zwick-, Doppel-, Stift- und Nagelmaschinen, bei der Kantenbrennmaschine für Zwick-, Rahmenstech-, Doppel-Wende-Nähmaschinen, Stift-, Nagel-, Schraub- und Klammermaschinen. Raum- und Verkettungsklausel betreffen in der Regel die gleichen Maschinenarten. Von diesen Verpflichtungen enthalten die Aiternauwerträge nur die Bcnutzungspflicht, während Raum- und Bindungsklausel bei ihnen fehlen. Die auf 20 Jahre geschlossenen Regulärverträge über Hauptmaschinen verlängern sich um je ein weiteres Jahr, wenn der Mieter nicht 60 Tage vor Vertragsablauf kündigt. Früher stand ein gleiches Kündigungsrecht auch der Beklagten zu, auf das diese jedoch durch Rundschreiben vom 1. März 1928 verzichtet hat. In diesem Rundschreiben hat die Beklagte ihren Mietern auch das Recht eingeräumt, sämtliche in Kraft befindlichen Regulärverträge zusammen mit einer Frist von 60 Tagen gegen Zahlung einer Ablösungssumme vorzeitig zu kündigen. Diese Ablösungssumme wird berechnet aus einem für jede Maschine im voraus festgesetzten Jahresbetrage, der meistens hinter der Jahresgrundmiete zurückbleibt, vervielfältigt mit dem Rest der Jahre, für welche der betreffende Vertrag noch laufen würde. Seit dem 1. März 1928 ist dieses Ablösungsrecht in den neu abgeschlossenen Verträgen enthalten. Die 10 Jahre laufenden Alternativverträge können, solange der Mieter Maschinen auf Grund eines Regulärvertrages zur Miete hat, nach Ablauf von 5 Jahren mit 60tägiger Frist gekündigt werden, und zwar ohne daß für die noch laufende Zeit eine Ablösimg zu zahlen wäre. Beiden Vertragsarten gemeinsam sind Bestimmungen, welche die Eigentumsrechte der Beklagten sichern sollen und ihr das Recht gewähren, den Gebrauch und die Instandhaltung der Maschinen zu überwachen und die angebrachten Zähler zu prüfen. Bei beiden Vertragsarten hat der Mieter die Maschinen auf seine Kosten instandzuhalten und sämtliche erforderlichen Ersatzteile von der Beklagten zu Listenpreisen zu beziehen. Er trägt auch die Gefahr einer Beschädigung und Zerstörung der Maschinen und
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hat die Kosten ihrer Wiederherstellung oder, falls solche nicht möglich ist, eine bestimmte Entschädigungssumme an die Beklagte zu zahlen. Auch ist der Beklagten das Recht eingeräumt, bei Verletzung irgendeines Vertrages durch den Mieter sämtliche in Kraft befindlichen Verträge fristlos zu kündigen, sowie Steuern und Abgaben, die auf den Maschinen, den Rechten der Beklagten an ihnen oder den Mietverträgen lasten, auf die Mieter abzuwälzen, von welchem Rechte jedoch unstreitig niemals Gebrauch gemacht worden ist. Während die Beklagte im Laufe der Jahre etwa 30000 Regulärverträge abgeschlossen haben soll, beträgt die Zahl der von ihr abgeschlossenen Altematiwerträge nur etwa 740, von denen allein 154 mit 95 Firmen geschlossene Verträge die Kantenbrennmaschine zum Gegenstand haben. Die Klägerin hat stets auf Regulärverträge gemietet. Von den 244 Maschinen, die sie zur Zeit noch in Miete hat, sind 145 Haupt- und 99 Hilfsmaschinen. Von diesen Hauptmaschinen gehören 107 zu den Maschinenarten, die unter die Raum- und Verkettungsklausel fallen. Von den 208 Verträgen laufen rund 50 schon über 20 Jahre; mehr als 90 wurden in den letzten 10 Jahren, darunter 20 erst nach dem 1. Januar 1933, die beiden letzten am 3. Januar 1935 geschlossen. Die Klägerin, die seit mehr als 30 Jahren Vollmieterin der Beklagten ist, hat seit Anfang 1935 eine vorzeitige Abwicklung des Mietverhältnisses durch Verhandlung versucht, worauf die Beklagte sie auf die sich aus den Verträgen ergebenden Lösungsmöglichkeiten verwies. Danach kam es zur Klage mit dem Begehren der Klägerin auf Feststellung: 1. daß die in 174 besonders angeführten Verträgen enthaltenen Bestimmungen über die Benutzungspflicht, die Verkettungs- und die Raumklausel ungültig seien; 2. daß die Bestimmungen über die 20jährige Dauer der Mietverträge, soweit sie nach einem 20 Jahre vor Erlaß des Urteils liegenden Zeitpunkte geschlossen sind, ungültig seien. Hilfsweise begehrt die Klägerin Feststellung der Ungültigkeit der oben bezeichneten 174 Mietverträge und in zweiter Reihe die Feststellung eines Rechts zur Lösung der Verträge innerhalb angemessener Frist ohne Verpflichtung zu einer Abstandszahlung. Zur Begründung ihrer Anträge macht sie geltend: Schon die 20jährige Laufzeit der Verträge bedeute eine übermäßige Bindung, da man bei Schuhmaschinen nur mit einer etwa 10 jährigen Lebensdauer rechne. Die Bindung an die Beklagte werde verstärkt durch die Benutzungspflicht sowie die Raum- und die Verkettungsklausel; denn dadurch werde der Mieter gezwungen, nacheinander immer neue Maschinen auf 20 Jahre zu mieten. So führten diese drei Klauseln schließlich zu einer ewigen Bindung. Das sei um so schädlicher, als heute andere Maschinenfabriken gleichwertige oder sogar bessere Maschinen herstellten und ein Kaufmaschinenbetrieb vorteilhafter arbeite als ein Mietmaschinenbetrieb. Die mit Rundschreiben vom 1. März 1928 eingeräumte Lösungsmöglichkeit komme nicht in
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Betracht, weil die Ablösungssumme übermäßig hoch sei, namentlich da alsdann noch die einzukaufenden Maschinen bezahlt werden müßten. Sie würde als Ablösungssumme 315511 RM. und als Anschaffungskosten rund 309000 RM. aufzubringen haben. Dazu müsse dann der Betrieb zeitweise stillgelegt werden. Durch das Ineinandergreifen der einzelnen Verträge würden diese zu einem einheitlichen Vertragssystem zusammengeschlossen. Das verstoße gegen § 567 BGB., der eine Mietbindung über 30 Jahre hinaus für unzulässig erkläre, und bewirke eine sittenwidrige Knebelung des Mieters in seiner persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit. Zudem bestehe ein auffalliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, was sich daraus ergebe, daß sie zur Zeit jährlich 70000 bis 75000 RM. an Miete zu zahlen habe, der Kaufpreis für gleichwertige Maschinen anderer Fabriken aber nur 309000 RM. betragen würde. Die Beklagte erreiche weiter durch ihr Vertragssystem eine Verlängerimg des Patentschutzes auf unbestimmte Zeit, was gegen das Patentgesetz verstoße und die Verträge nichtig mache. Diesem Vorbringen tritt die Beklagte überall entgegen. Die Benutzungspflicht sei dadurch gerechtfertigt, daß sich die Miete überwiegend nach dem Umfange der Benutzung richte. Die Raumklausel sei im Einverständnis mit dem Verein Deutscher Rahmenschuhfabriken in die Verträge aufgenommen worden, um Schädigungen im Wettbewerbe zu vermeiden und das Warenzeichen „Good-year-Welt", dessen Benutzung sie ihren Mietern gestatte, zu schützen. Die Verkettungsklausel betreffe im ganzen etwa 10 bis 12 Hauptmaschinen, einen geringen Teil der bei der mechanischen Schuhherstellung benötigten Maschinen. Durch sie solle eine sachgemäße Herstellung auf den aufeinander eingestellten Maschinen erzielt werden. Das sei mit Rücksicht auf den Ruf des mit ihrem Warenzeichen versehenen Schuhwerks gerechtfertigt. Unrichtig sei es, die Verträge als rechtliche Einheit anzusehen; vielmehr beständen überall nur Einzelverträge mit 20jähriger Laufzeit. Zudem betrage die Mietdauer in der Regel nur 10 bis 14 Jahre, da die Maschinen meist nach dieser Laufzeit auf Wunsch des Mieters gegen andere neuester Bauart umgetauscht würden. Die Bindung sei auch nicht unlösbar; vielmehr böten der Abschluß von Alternativverträgen sowie das durch das Rundschreiben vom 1. März 1928 gewährte Kündigungsrecht die Möglichkeit, die Vertragsbeziehungen zu angemessenen Bedingungen zu lösen. Die von der Klägerin zu zahlende Ablösungssumme würde sich nicht auf 315511 RM., sondern nur auf 263877 RM. belaufen. Die Mietsätze seien überall angemessen, was sich schon daraus ergebe, daß an Mietkosten auf ein Paar Schuhe nur etwa 10 Pfennig entfielen und daß sich die Klägerin mit dem Mietsystem aus kleinen Anfängen zu großer Blüte entwickelt habe. Dem Mieter würden wertvolle Nebenleistungen gewährt, so unentgeltliche Aufstellung, kostenlose Stellung von Facharbeitern zur Instandhaltung der Maschinen lind zum Anlernen von Arbeitern, die Überlassung von Hilfsmaschinen zu besonders billigen Preisen.
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Das Landgericht hat dahin erkannt: I. Es wird festgestellt: 1. Der Klägerin steht das gesetzliche Recht zu, jeden Mietvertrag, den sie mit der Beklagten über Hauptmaschinen geschlossen hat, 30 Jahre nach seinem Inkrafttreten zu kündigen; die Kündigungsfrist beträgt 60 Tage für diejenigen Verträge, die vor dem 21. Dezember 1917 abgeschlossen sind, 3 Tage für diejenigen Verträge, die später abgeschlossen woiden sind. Dazu gelten folgende Maßgaben: a) in die Frist von 30 Jahren wird die bisherige Dauer eines oder mehrerer einander ablösender Mietverträge eingerechnet, vorausgesetzt, daß die Maschine, deren Vertrag gekündigt werden soll, auf Grund der Verkettungsklausel in jenem Vertrag oder in jenen Verträgen eingestellt worden ist, sei es als Ersatzmaschine, sei es zusätzlich; es sind daher 30 Jahre nach Inkrafttreten eines Vertrages, der eine Verkettungsklausel enthielt, auch alle Verträge kündbar, die auf Grund jener Verkettungsklausel abgeschlossen worden sind, sofern diese Verkettungsklauscl nicht zeitweise unter den Parteien erloschen war; b) eine Ablösungssumme ist in keinem dieser Fälle zu zahlen; c) durch die Kündigung erlöschen auch die Verträge über solche Maschinen, die als Hilfsmaschinen zu der jeweils gekündigten Maschine bezeichnet sind; d) die Bestimmungen nicht gekündigter Verträge über Benutzungspflicht, Verkettungsklausel und Raumklausel sind insoweit unwirksam, als sie die Klägerin in der freien Anschaffung und Benutzung von Maschinen beschränken würden, die an Stelle von Maschinen treten, deren Mietverträge gekündigt werden oder erlöschen. — 2. Das Recht der Klägerin, jeden Mietvertrag mit vertraglicher Frist zu kündigen, bleibt unberührt. — 3. Für das außerordentliche Gesamtkündigungsrecht gelten außer den Bestimmungen des Rundschreibens vom 1. März 1928 bzw. den vertraglichen Abreden noch folgende Grundsätze: a) Dieses Recht kann auch ausgeübt werden, nachdem die Klägerin hinsichtlich anderer Verträge von den Kündigungen gemäß Nr. 1 und 2 Gebrauch gemacht hat; b) der Berechnung der Ablösungssumme ist die Dollarermäßigung gemäß dem Rundschreiben vom 1. August 1933 zugrunde zu legen. — 4. In den Fällen von Nr. 1 bis 3 kommen, sofern eine größere Anzahl von Maschinen zum gleichen Zeitpunkt oder zu annähernd gleichem Zeitpunkte zurückzugeben ist, noch folgende Bestimmungen zur Anwendimg: a) Jede Partei kann verlangen, daß die Rückgabe der Maschinen auf eine Frist von sechs Monaten verteilt wird, die mit dem Zeitpunkte beginnt, auf den diejenige Kündigung wirkt, die von den mehreren Kündigungen zuerst wirksam geworden ist; einigen sich die Parteien nicht über die Tage der Rückgabe der einzelnen Maschinen, so entscheidet darüber die Beklagte nach billigem Ermessen; b) während dieser Frist hat die Klägerin bis zur Rückgabe jeder Maschine eine etwa vereinbarte Festmiete (Grundmiete, Mindestmiete usw.) zu zahlen. — II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Beide Teile haben Berufung eingelegt. Die Klägerin hat beantragt, nach ihrem im ersten Rechtsgange gestellten Hauptantrage, hilfsweise nach einem der dort gestellten Hilfsanträge zu erkennen oder in zweiter Reihe
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zu entscheiden wie im angefochtenen Urteil, doch unter Erstreckung der Zeit zur Rückgabe der Maschinen auf ein Jahr. Die Beklagte ist bei ihrem Begehren auf Klageabweisung geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Gründe: I. Die Klägerin erstrebt in erster Reihe die Feststellung der Nichtigkeit der in den Mietverträgen enthaltenen Abmachungen: 1. über die Pflicht zur Benutzung der gemieteten Maschinen (Benutzungsklausel); 2. über das Verbot, in demselben Raum, in dem die gemietete Maschine steht, Schuhwerk mit anderen nicht gemieteten Maschinen zu bearbeiten (Raumklausel) ; 3. über die Pflicht, mit der gemieteten Maschine nur solches Schuhwerk zu bearbeiten, zu dessen Herstellung keine anderen als von der Beklagten gemietete Maschinen bestimmter Art verwandt werden (Verkettungsklausel). Sie will weiter die Bestimmungen über die 20jährige Mietzeit aus den innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren vor dem Urteilsspruch geschlossenen Verträgen gestrichen haben. Dabei sollen aber die Mietverträge in allen übrigen Bestimmungen aufrechterhalten bleiben. Hilfsweise erstrebt sie die Feststellung der Nichtigkeit der Verträge im ganzen. Danach hilfsweise will sie ermächtigt werden, die Mietverträge unter besonders geformten erleichterten Bedingungen vorzeitig zu lösen. Sie gründet ihre Anträge auf drei Hauptgesichtspunkte: 1. Ausnutzung wirtschaftlicher Machtstellung der Beklagten zur Erzielung wucherischer, zum mindesten aber unzulässig eigennütziger Vorteile; 2. Knebelung der wirtschaftlichen Freiheit des Mieters; 3. Ausnutzung einer „Monopolstellung" und gesetzwidrige Verlängerung des Patentschutzes. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, daß keine Teilnichtigkeit der Verträge in Betracht komme, daß vielmehr, falls der Standpunkt der Klägerin im übrigen gerechtfertigt sein sollte, nur Nichtigkeit in vollem Umfange Platz greifen könne. Weiter hat es dargelegt, daß es sich um Mietverträge (nicht um Verträge mit gesellschaftsrechtlichem oder arbeitsrechtlichem Einschlag oder um Lizenzverträge) handle, ferner daß die einzeln abgeschlossenen Verträge keine rechtliche Einheit bildeten und kein Gesamtrechtsverhältnis begründeten. Bei der Prüfung des Vorbringens über ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen hat das Oberlandesgericht eine Gegenüberstellung der bedungenen Mieten mit den Kaufpreisen ähnlicher Maschinen für ungeeignet gehalten, ein Mißverhältnis zu belegen. In Würdigung der zur Überlassung der Maschinen hinzukommenden Nebenleistungen der Vermieterin, des Umstandes, daß es sich zumeist um Maschinen unter Patentschutz handelt, und der geringen Belastung der Herstellungskosten durch die Mietbeträge erscheint es dem Berufungsgericht nicht angängig, ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen festzustellen. Schließlich sei nicht das geringste für die Annahme einer verwerflichen Gesinnung bei der Beklagten dargetan.
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Sodann hat das Oberlandesgericht verneint, daß in den Mietverträgen eine dem gesunden Volksempfinden widersprechende Knebelung liege. Die Auferlegung der Benutzungspflicht sei insbesondere dadurch gerechtfertigt, daß sich die Miete vielfach nach dem Umfange der Benutzung der Maschine richte. Die Raum- und die Verkettungsklauseln ließen sich damit rechtfertigen, daß die einzelnen Maschinen aufeinander abgestimmt seien und durch Verwendung geschlossener Maschinensätze Herstellungsfehler vermieden würden, worauf die Beklagte schon mit Rücksicht auf die Verwendung ihres Warenzeichens „Good-year" durch die Mieter Wert legen müsse. Übrigens sei auch das Bestreben der Beklagten, sich durch diese Klauseln auf lange Zeit hinaus einen festen Abnehmerkreis zu sichern, nicht verwerflich. Die Klägerin sei aus freiem Entschluß mit der Beklagten in Verbindung getreten und müsse nun auch die ihr dabei erkennbar gewesenen Bindungen und Nachteile hinnehmen. Von einer unlösbaren Bindung auf ewige Zeiten könne keine Rede sein. Auch wenn die Bindung sich durch neue Mieten immer wieder erneuere, so könne doch der Mieter Alternatiwerträge abschließen, in denen die Raum- und die Verkettungsklauseln nicht enthalten seien. Ferner sei dem Mieter mit dem Rundschreiben vom 1. März 1928 das Recht eingeräumt worden, sämtliche Mietverträge vorzeitig und gleichzeitig zu kündigen. Die in solchem Falle zu zahlende Ablösung von etwa 1 5 der noch zu erwartenden Mieteinnahmen sei nicht übermäßig hoch. Der Ersatz der Mietmaschinen durch Kaufmaschinen lasse sich bei gehöriger Vorbereitung ohne monatelange Betriebsstillegung durchführen. Die Beklagte habe auch nicht etwa ihren Abnehmern die Mietverträge unter Ausnutzung einer Machtstellung aufgezwungen, vielmehr seien die nötigen Maschinen auch anderwärts zu beziehen gewesen. Schließlich hat das Oberlandesgericht die Anwendbarkeit des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und einen Verstoß der von der Klägerin beanstandeten Klauseln gegen das Patentgesetz verneint. Das Landgericht hatte angenommen, daß die verschiedenen, in ihrem Zusammenhang einheitlich zu würdigenden Mietverträge, da sie ihre Wirkung über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren erstrecken, unter die Vorschrift des § 567 BGB. fielen und daß deswegen der Klägerin ein Kündigungsrecht nach Ablauf von 30 Jahren zustehe, dessen Ausführung und Folgen das Landgericht in Einzelheiten geregelt hatte. Das Berufungsgericht hält das für unzutreffend, da es sich um lauter selbständige Einzelverträge mit 20jähriger Laufzeit handle und da sich die Klägerin überdies unter nicht unbilligen Opfern von den Verträgen insgesamt lösen könne. II. In den Verträgen der Parteien wird überall von „Miete" gesprochen. Diese Bezeichnung trifft zu; denn es handelt sich um entgeltliche Gewährung des Gebrauchs einer Sache. Mit Recht lehnt das Berufungsgericht eine Heranziehung von Grundsätzen des Gesellschaftsrechts, des Arbeitsrechts oder des Patentrechts ab. Darauf kommt auch die Revision nicht zurück. Zu billigen ist weiter die Auffassung des Oberlandesgerichts, daß es sich bei jedem Abschluß um einen neuen Mietvertrag handelte und daß
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die einzelnen Verträge nicht zu einem einheitlichen Gesamtrechtsverhältnis zusammenzufassen sind. Der offensichtlich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang mit den daraus entspringenden tatsächlichen und rechtlichen Folgen wird überall berücksichtigt. III. Die Revision meint, die vom Berufungsgericht vorgenommene Nachprüfung der Mietverträge auf ihre Rechtsgültigkeit sei nach drei Richtungen hin grundsätzlich verfehlt. Es werde außer acht gelassen, daß auch dann, wenn keine rechtliche Bindung gegeben sei, doch schon eine tatsächliche Bindung, die übermäßig sei, zur Vernichtung der Verträge nach § 138 BGB. führen könne. Weiter schließe das Berufungsgericht zu Unrecht mit der Begründung, daß es sich um Formularverträge handle, die Berücksichtigung der gerade bei der Klägerin vorliegenden besonderen Verhältnisse aus. Verfehlt sei die im Berufungsurteil zutage tretende Auffassung, der Umstand, daß die Vertragsschlüsse dem Willen der Klägerin entsprochen hätten, stehe der Annahme der Nichtigkeit entgegen. Diese Rügen sind jedoch imbegründet. Das Berufungsgericht prüft zwar in erster Reihe — dies mit Recht —, wie weit die Verträge rechtliche Bindungen der Klägerin ergeben; es läßt aber nicht außer acht, daß auch ein rein tatsächlicher Zwang zum Mieten immer neuer Maschinen und zur Aufrechterhaltung des Gesamtverhältnisses mit der Beklagten eine sittenwidrige Knebelung der Klägerin ergeben könnte. Die Prüfung, ob dies der Fall ist, wird eingehend und nach jeder Richtung hin erschöpfend vorgenommen. Wenn das Berufungsgericht dabei sagt, da es sich um Formularverträge handle, konime es nicht so sehr darauf an, wie sich die Verträge gerade bei einem der zahlreichen Mieter auswirkten, und kämen die Verhältnisse der einzelnen Mieter nicht entscheidend in Betracht, so hat das den richtigen Kern, daß in erster Reihe eine Nachprüfung der Verträge auf ihre Wirkung im allgemeinen vorzunehmen war. Allerdings wäre es rechtsirrig, wenn das Berufungsgericht dabei die besonderen Verhältnisse der Klägerin überhaupt ausgeschaltet hätte; denn die Frage dieses Rechtsstreits ist ja eben, ob gerade die Klägerin sittenwidrig übervorteilt und geknebelt ist. Das Oberlandesgericht ist aber auch dementsprechend verfahren: Es prüft mit Recht zunächst, welche Wirkungen — tatsächlicher und rechtlicher Art — sich aus der formularmäßigen Fassimg der Verträge als solcher, d. h. für jeden Mieter, ergeben. Es beachtet dann aber weiter überall die besonderen Verhältnisse der Klägerin, die im Tatbestand eingehend geschildert werden: ihre Entwicklung von kleinem Umfange zum Großbetrieb, ihre gegenwärtige Herstellungsmenge, die räumlichen und technischen Einrichtungen ihres Betriebs. Daß bei der Klägerin irgendwelche besonderen Verhältnisse vorlägen, welche die bindende Wirkung der Mietverträge über das sich aus ihrem Inhalt allgemein ergebende Maß hinaus verstärkt hätten, ist nirgends hervorgetreten. Daher erfüllte das Berufungsgericht seine Aufgabe, wenn es prüfte, welche Bindungswirkung das Vertragswerk der Beklagten seinem Inhalte nach auf einen gut eingerichteten Großbetrieb, wie er bei der Klägerin vorliegt, auszuüben vermag.
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Daß die Zustimmung der Klägerin zu den Verträgen geeignet sei, eine ihnen inhaltlich innewohnende Sittenwidrigkeit zu heilen, sagt das Oberlandesgericht nirgends. Wenn es das gemeint hätte, wäre es nicht zu einer Prüfung gekommen, ob Übervorteilung oder Knebelung vorliege; denn die Zustimmung der Klägerin zu den Verträgen ist niemals zweifelhaft gewesen. An einer Stelle des Berufungsurteils wird mit Recht gesagt, bei Würdigung der von der Klägerin bei vorzeitiger Auflösung der Verträge zu zahlenden Abfindung komme in Betracht, daß die Höhe der Summe auf eigenem freien Handeln der Klägerin beruhe. Dieser Punkt wird unten näher behandelt werden. IV. Ohne Erfolg wendet sich sodann die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin nicht für ausreichend hält, um ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung darzulegen. Richtig ist der Ausgangspunkt der Revision, daß zur Beantwortung der Frage, ob ein Mißverhältnis vorliegt, die nach dem Vertrage zu zahlende Miete auf ihre „Angemessenheit" zu prüfen ist. Die Klägerin war für die von ihr behauptete Abweichung davon darlegungs- und beweispflichtig. Hierzu hat sie sich überall auf das Verhältnis zwischen der von ihr gezahlten Miete im Vergleich zum Kaufpreis ähnlicher Maschinen berufen und dabei abgestellt teils auf das Verhältnis der für eine einzelne Maschine im Laufe der Jahre gezahlten Miete zum Kaufpreis einer solchen Maschine, teils auf den Vergleich zwischen dem Jahresmietbetrage für alle Maschinen und dem gegenwärtigen Kaufpreise für alle. Zu diesem Vorbringen legt das Berufungsgericht überzeugend dar, warum es gerade in diesem Falle, der zahlreiche Besonderheiten bietet, nicht auf einen solchen Vergleich ankommen kann, obwohl er in anderen Fällen zulässig sein mag. Wenn die Revision davon spricht, der Kaufpreis sei ein wichtiges Anzeichen für die Höhe der angemessenen Miete, so ist das wohl im allgemeinen richtig; aber es trifft nach den auf tatsächlicher Würdigung beruhenden Ausführungen im Berufungsurteil gerade hier nicht zu. Das Oberlandesgericht weist mit Recht darauf hin, daß der Patentschutz, unter dem die vermieteten Maschinen standen, und ihre Eigenschaft als Neukonstruktionen ihren Wert erhöhten, daß die Beklagte die Aufstellungskosten, die Unkosten ständiger Überwachung und Instandhaltung sowie der Unterweisung der Arbeiter trug, daß der Vermieter ein größeres Wagnis als der Verkäufer trägt, daß ein Mieter geringeres Kapital als ein Käufer aufzuwenden hat. Hinzu kommt, daß die Klägerin die in früheren Jahren vereinbarten Mieten vergleichen will mit dem Preise, zu dem die Maschinen jetzt zu kaufen sind. Aus diesem Preise ist aber schon deswegen kein Rückschluß auf die Angemessenheit der Mieten zulässig, weil die Maschinen früher großenteils unter Patentschutz standen, der inzwischen abgelaufen ist. Daraus war früher eine Bemessung der Mieten über den Betrag hinaus gerechtfertigt, der sich allein auf Grund der Herstellungskosten als angemessen ergeben mochte. Bei dieser Sachlage bestand keine Veranlassung, auf den von der Klägerin allgemein angebotenen Beweis durch Gutachter für ein aus der
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Gegenüberstellung von früher vereinbarter Miete und jetzt geltendem Kaufpreise zu ermittelndes Mißverhältnis im Sinne des § 138 BGB. einzugehen. So sind zu diesem Streitpunkte weder die Revisionsrügen aus § 286 ZPO. berechtigt noch liegt ein Verstoß gegen das sachliche Recht vor. Die Klägerin hat dafür, was nach ihrer Meinung als Mietpreis angemessen wäre, nichts weiter vorgebracht, was das Berufungsgericht hätte nachprüfen können. Dieses gibt dann aber auch noch — gewissermaßen als Gegenprobe — eine Widerlegung der Behauptimg des Mißverhältnisses durch die von ihm auf Grund des Parteivorbringens vorgenommene Schätzung des Anteils der Maschinenmiete an den Herstellungskosten auf etwa 10 Pfennig für jedes Paar Schuhe. Die Rüge, daß diese Annahme auf Verfahrensmängeln (§§ 286, 139 ZPO.) beruhe, ist unbegründet. Das Berufungsgericht stützt sich nicht nur darauf, daß die Klägerin diese Angabe der Beklagten nicht bestritten hatte, sondern auch auf die Verwertung der von der Klägerin selbst aufgestellten Ziffern über den Umfang ihrer Herstellung und ihre Mietkosten. Nicht stichhaltig ist weiter der von der Revision gegen diese Darlegung erhobene Einwand, auch eine Leistimg, die eine nur geringe Belastung der Gesamtherstellungskosten ergebe, könne, für sich allein gesehen, übermäßig sein. Das ist an sich richtig. Hier aber handelte es sich darum, eine angemessene Gegenleistung — Miete — für die Gebrauchsüberlassung patentierter Maschinen festzusetzen. Da kam allerdings in Betracht, daß der Vermieter eine übermäßige Belastung der Herstellungskosten und damit eine unsachgemäße Erhöhung des Verkaufspreises des Schuhwerks vermeiden mußte. Ergibt sich, daß die Miete einen nur sehr geringen Teil dieses Preises darstellt, so kann das als ein wesentliches Anzeichen dafür angesehen werden, daß sie nicht unangemessen hoch ist. Schließlich weist das Oberlandesgcricht mit Recht darauf hin, daß es für einen auf die Höhe des Mietpreises gegründeten Angriff gegen die Verträge aus § 138 BGB. an der persönlichen Voraussetzung der Ausbeutung oder einer sonst verwerflichen Gesinnung der Beklagten fehlt (vgl. RGZ. Bd. 150 S. 1). Eine nur sachlich feststellbare Überforderung in der Miete, woraus der Beklagten persönlich kein Vorwurf zu machen wäre, könnte zwar erschwerend zu einer etwa vorliegenden übermäßigen Bindung der Klägerin hinzutreten. Aber eine Vernichtung der Verträge aus dem Gesichtspunkt eines Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ist nur möglich, wenn der Beklagten nach irgendeiner Richtung hin auch eine verwerfliche Gesinnung vorzuwerfen wäre. V. Ohne Erfolg müssen weiter die Angriffe bleiben, welche die Revision dagegen richtet, daß das Berufungsgericht eine sittenwidrige Knebelung der Klägerin durch die mit der Beklagten abgeschlossenen Mietverträge, insbesondere durch die darin enthaltenen Benutzungs-, Raum- und Verkettungsklauseln verneint. Rechtlich zu billigen sind zunächst die Ausführungen im Berufungsurteil darüber, daß, wenn die von der Klägerin beanstandeten Vertragsbestimmungen einen Verstoß im Sinne des § 138 BGB. ergeben sollten, dann doch nicht — dem ersten Hauptbegehren der
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Klägerin entsprechend — diese Bestimmungen gestrichen und die Verträge im übrigen aufrechterhalten werden könnten, daß dann vielmehr die Verträge, welche diese Abreden enthielten, insgesamt von Anfang an nichtig sein würden, weil nicht anzunehmen sei, daß die Beklagte die Verträge mit dem ohne diese Klauseln übrigbleibenden Inhalte geschlossen haben würde (§ 139 BGB.). In der Richtung hat die Revision auch keinen Angriff erhoben, vielmehr lediglich um Nachprüfung gebeten. Die Verneinung der sittenwidrigen Knebelung beruht wesentlich auf der tatsächlichen Würdigung der Verhältnisse und des Vertragsinhalts durch das Berufungsgericht. Dabei ist kein Rechtsirrtum, insbesondere keine Verkennung des Rechtsbegriffs eines Verstoßes gegen die guten Sitten ersichtlich. Das Oberlandesgericht würdigt die Klauseln dahin, daß, wenn sie auch im einzelnen noch keine Bindung zum Bezüge weiterer Maschinen von der Beklagten ergeben möchten, sie doch zusammengenommen eine Verpflichtung hierzu für den Mieter im Gefolge haben könnten. Wenn es dabei sagt, daß zwar nicht aus der Benutzungs- und der Raumklausel, wohl aber aus der Verkettungsklausel eine „rechtliche Bezugspflicht" erwachsen könne, so hat das nicht die Bedeutung, daß von vornherein ein Zwang zum Mieten weiterer Maschinen bestand; wohl aber kann sich aus dem Laufen der früheren Verträge ein Zwang ergeben, neue Maschinen von der Beklagten zu nehmen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse — Verschleiß, Alter der Maschinen, Vergrößerung oder Umstellung des Betriebes — die Mieterin zur Einstellung neuer Maschinen veranlassen. Dann ist sie nicht frei in der Wahl ihres Lieferers; sie ist vielmehr aus den früheren Verträgen heraus weiterhin an die Beklagte gebunden. Ihre wirtschaftliche Freiheit ist beschränkt. Diese Klausel in Verbindung mit der 20jährigen Laufzeit der Regulärverträge kann, wie das Berufungsgericht anerkennt, dazu führen, daß der Mieter immer neue Verträge abschließen oder laufende Verträge verlängern muß und daß er so in eine enge Bindung an die Beklagte gelangt, die aus sich selbst heraus niemals endet. Eine Beschränkung in der wirtschaftlichen Freiheit ist aber nicht ohne weiteres sittenwidrig; vielmehr kommt es dabei auf die Beurteilung der gesamten Umstände an und sind die Belange beider Vertragsteile in Betracht zu ziehen (vgl. RGZ. Bd. 130 S. 143, Bd. 152 S. 251 [257]). Diesem Erfordernis wird das Berufungsurteil gerecht. Es legt dar, daß die einzelnen Bindungen, für sich allein gesehen, gute Gründe haben: Die Benutzungspflicht hängt damit zusammen, daß die Miete sich vielfach nach dem Umfange der Benutzung richtet. Die Raum- und die Verkettungsklauseln lassen sich daraus rechtfertigen, daß die einzelnen Maschinen der Beklagten aufeinander abgestimmt sind und daß durch die Verwendung geschlossener Maschinensätze Herstellungsfehler vermieden werden, was die Beklagte schon mit Rücksicht auf den Gebrauch ihres Warenzeichens „Good-year" durch die Mieter anstreben muß. Damit ist der Einwurf der Revision widerlegt, daß es sich um „vertragsfremde" oder „gegenstandsfremde" Klauseln handle. Die Klauseln sind vielmehr durch die Art und die Verwendung der
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gemieteten Maschinen gerechtfertigt. Aber auch wenn die Beklagte mit diesen Vertragsbindungen den Zweck verfolgt, sich dadurch auf lange Zeit hinaus einen festen Abnehmerkreis zu sichern, so hält das Berufungsgericht das mit Recht an sich nicht für verwerflich. Es kommt nur auf den Weg an, auf dem dieses Ziel verwirklicht wird. Solche Bindungen kommen im Wirtschaftsleben häufig vor, so namentlich in der Gestalt von Bierbezugsverpflichtungen. Auf der Seite der Mieterin kommt mildernd in Betracht, daß weder die Benutzungs- noch die Raumklausel sie besonders schwer belastet, während allerdings die Verkettungsklausel eine starke Bindung zur Folge hat, aber doch nur für einen Teil der zur Herstellung überhaupt erforderlichen Maschinen. Die Beklagte war namentlich zu der Zeit, als die Klägerin die erste Verbindung mit ihr einging, ein besonders leistungsfähiger, vor anderen ausgezeichneter Hersteller solcher Maschinen; andererseits hatte sie keine Vormachtstellung derart, daß die Klägerin das für ihre Schuhherstellung nötige Werkzeug nur bei ihr hätte beziehen können. Etwas anderes ist der Patentschutz, welcher der Beklagten für einzelne Maschinen zustand. Daß sie aus der Verwertung der ihr geschützten Maschinen besonderen Nutzen zu ziehen suchte, liegt im Wesen dieses Schutzes begründet. Daß die Klägerin ihre Mieterin und schließlich Vollmieterin wurde, beruhte auf ihrem freien Entschluß, wie schon daraus hervorgeht, daß sie bis dahin mit Kaufmaschinen anderer Herkunft gearbeitet hatte. Der Inhaber der Klägerin war ein erfahrener Geschäftsmann, der die Folgen seines Entschlusses vorher ermessen konnte. Erst recht war das nach der nicht anzugreifenden Feststellung des Berufungsgerichts in den letzten 20 Jahren der Fall, wo die Auswirkung der Regulärverträge vielfach erörtert worden war. Und doch hat die Klägerin immer wieder von neuem, zuletzt noch 1935, mit der Beklagten abgeschlossen, ohne vorher eine Lösung einzuleiten. War zwar die Bindung der Klägerin an die Beklagte durch die Menge und die Art der in zeitlichen Zwischenräumen abgeschlossenen Verträge fest und nur mit Schwierigkeiten lösbar geworden, so war doch nach den Darlegungen des Berufungsgerichts eine Lösung möglich. Die Klägerin mußte nur rechtzeitig die geeigneten Schritte tun. Das Berufungsgericht Führt im einzelnen aus, daß schon der rechtzeitige Übergang von Regulärverträgen zu Alternatiwerträgen mit kürzerer Laufzeit und ohne Raumund Verkettungsklausel der Klägerin den Weg zu einer Lösung der Vertragsbeziehungen geöffnet haben würde. Mit Recht weist es darauf hin, daß gewisse dabei von der Klägerin zu bringende Opfer nicht unbillig seien, lachdem sie es für vorteilhaft erachtet hatte, sich durch Regulärmiet/erträge zu binden und dabei nicht einheitliche Maschinensätze gleichseitig, sondern zahlreiche miteinander verknüpfte Einzelmaschinen in langer seitlicher Folge zu mieten. Das Oberlandesgericht widerlegt das Vorbringen ier Klägerin, ein Abschluß von Alternatiwerträgen sei wegen der Höhe der dabei zu vereinbarenden Mietsätze unzumutbar gewesen, was schon durch die geringe Verbreitung dieser Vertragsart belegt werde, indem es
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mit einer Mieterhöhung gegenüber den Regulärverträgen bis zu 40 v. H. rechnet und sodann darlegt, daß auch eine solche Miete keine untragbare Belastung der Herstellungskosten bedeute, es sich vielmehr nur um Pfennigbeträge, nämlich um 12 bis 14 Pfennig auf ein Paar Schuhe gehandelt haben würde. Die Rügen der Revision, das Berufungsgericht habe dabei das Vorbringen der Klägerin, insbesondere ihre Anträge auf Vernehmung von Sachverständigen, ungenügend berücksichtigt und damit gegen § 286 ZPO. verstoßen, es habe auch seine Fragepflicht aus § 139 ZPO. verletzt, sind unbegründet. Die Klägerin hatte sich wohl allgemein für ihr Vorbringen, daß die Beklagte ihr unerträgliche wucherische Lasten auferlegt habe, auf Gutachter berufen; sie hatte aber, wie das Berufungsgericht hervorhebt, keine widerlegenden Einzelangaben gegen die von der Beklagten beigebrachten Einzelberechnungen vorgetragen. So konnte das Berufungsgericht diese Berechnungen zugrunde legen, zumal sie durch die Angaben der Klägerin über den Umfang ihrer Herstellung und die von ihr gezahlten Mieten gestützt wurden und es auch nicht auf eine ganz genaue Berechnung, sondern auf eine überschlägige Anschauung ankam. Daß das Berufungsgericht wesentliches Vorbringen der Klägerin, insbesondere bestimmte Beweisangebote, übergangen hätte, ist nicht ersichtlich. Zur Ausübung des Fragerechts bestand bei der nach jeder Richtung hin sehr breiten und umfassenden Prozeßführung kein Anlaß. Jede der Parteien hat ersichtlich alles vorgebracht, was in der Sache zu sagen war. Das Oberlandesgericht hatte ausreichende Unterlagen, um in eigener, selbständiger Sachwürdigung und Abschätzung darzulegen, daß weder die in den Regulärverträgen noch die in den Alternatiwerträgen den Mietern auferlegten Lasten das wirtschaftlich erträgliche und damit rechtlich zulässige Maß überstiegen. Mit Recht weist weiter das Berufungsgericht zur Widerlegung der Behauptung einer tatsächlich unlösbaren Bindung auf die durch das Rundschreiben vom 1. März 1928 begründete Befugnis des Mieters hin, sämtliche Mietverträge mit 60tägiger Frist unter Zahlung einer Abfindungssumme zu kündigen. Diese den Mietern nachträglich gewährte Erleichterung kommt, wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt, auch für die Frage der Nichtigkeit der früher geschlossenen Verträge in Betracht. Denn wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, sie seien wegen übermäßiger Bindung von Anfang an nichtig gewesen, so ist dann doch die Fortsetzung der Mietverhältnisse mit der neu eingeführten Änderung als Neuabschluß der Verträge mit dem neuen Inhalt anzusehen, wozu es keiner besonderen Form bedurfte. Für die gegenwärtige Beurteilung kommen nur Verträge mit dieser Ablösungsmöglichkeit in Betracht. Das Oberlandesgericht führt in tatsächlicher Würdigimg, die einem Angriff aus Rechtsgründen nicht zugänglich ist, aus, daß die bei einer solchen Kündigimg zu zahlende Summe — nach Behauptung der Klägerin 315511 RM. — nicht unbillig sei. Daß die Klägerin, wenn sie eine vorzeitige Lösung lange laufender Verträge wünscht, eine Abfindung zahlt, die um so höher ausfällt, je länger die wegzuschaffende Bindung noch dauern würde, erscheint sachgemäß. Was die Zivils. A l l g e m . T e i l 3
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Klägerin dann weiter zum Ankaufe neuer Maschinen zwecks Fortsetzung ihres Betriebs aufwenden muß, hat nichts mit dieser Abfindung zu tun und kann nicht zur Beantwortung der Frage herangezogen werden, ob sie angemessen ist. Die Revision wendet sich namentlich gegen die weiteren Ausführunger des Berufungsgerichts, die dahin gehen: Es möge sein, daß die Aufbringung von 600000 RM. „selbst für eine größere Schuhfabrik schwer, vielleicht sogar inimöglich" sei; daß der Betrag so hoch sei, folge aber nicht aus dem Mietsystem und den Vertragsbedingungen der Beklagten, sondern aus freiem Handeln der Klägerin, die noch in den letzten 10 Jahren etwa die Hälfte aller in ihrem Betriebe stehenden Mietmaschinen auf Regulärvertrag genommen habe; sie könne aus eigenem unzweckmäßigen Handeln keine Rechte herleiten, müsse vielmehr die Folgen tragen und sie möglichst abzuschwächen versuchen. Die Revision meint: Wenn mit der Unmöglichkeit solcher Auflösungen zu rechnen sei, so müßten sie außer Betracht bleiben; ferner könne eine übermäßige Bindimg nicht deswegen für zulässig erklärt werden, weil der Geknebelte mit ihr einverstanden gewesen sei. Die Darlegungen des Berufungsgerichts treffen jedoch — richtig verstanden — zu. Es erklärt die Abfindung für tragbar und nicht unangemessen, und meint weiter, die Klägerin könne sich nicht auf die Schwierigkeit der Geldbeschaffung berufen, weil sie sich selbst in diese Lage gebracht und früher das immer wiederholte Mieten für zweckmäßig gehalten habe. Damit wird nicht gesagt, daß eine dem Mietsystem der Beklagten innenwohnende Sittenwidrigkeit durch Zustimmung der Klägerin geheilt worden sei, sondern nur, daß die Klägerin die Last und Gefahr der Aufbringung der für eine Lösung nötigen, ihrer Höhe nach nicht unangemessenen Geldmittel selbst zu tragen habe; dies um so mehr, als sie bei anderem Verhalten innerhalb des Vertragsystems eine wesentliche Herabminderung der Abfindungssumme hätte erreichen können. Die Vertragsbindung der Klägerin an die Beklagte enthält schon deswegen keine sittenwidrige Knebelung, weil — jedenfalls bei planmäßigem und zweckentsprechendem Verhalten der Klägerin — eine angemessene und tatsächlich durchführbare Lösungsmöglichkeit im Rahmen der Vereinbarung liegt. Gewisse dabei auftretende Schwierigkeiten, auch solche durch Zeitverlust bei Umstellung des Betriebes, muß die Klägerin in Kauf nehmen, besonders, da sie mehr als 30 Jahre lang erfolgreich mit dem Mietsystem gearbeitet hat. Das ist der rechtlich einwandfreie Inhalt der Ausführungen im Berufimgsurteil. Demgegenüber kann nicht den Ausschlag geben, wie sich Gesetzgebung und Rechtsprechung in anderen Ländern zu Verträgen gleichen oder ähnlichen Inhalts gestellt haben. Daß das Oberlandesgericht die Ausführungen der Klägerin hierüber beachtet hat, geht aus dem Berufungsurteil hervor. Für die in den Mietverträgen enthaltenen Bindungsklauseln bestehen sie rechtfertigende, sachliche Gründe. Die Abreden nehmen der Klägerin nicht die Freiheit in ihrem Betriebe; vielmehr kann sich die Klägerin jederzeit aus eigenem Willen freistellen. Die dabei zu bringenden Opfer muß
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sie in Kauf nehmen, nachdem sie aus eigenem Willen immer wieder auf Regulärverträge mit den Bindungsklauseln der Beklagten eingegangen ist und dabei ihr Unternehmen zu hoher wirtschaftlicher Blüte gebracht hat. VI. Sittenwidrige Ausnutzung einer Vormachtstellung (vgl. dazu RGZ. Bd. 115 S. 218, Bd. 132 S. 305 [308]) verneint das Berufungsgericht schon deswegen einwandfrei, weil die Beklagte niemals eine solche Stellung besessen hat. Auch nach den Anführungen der Klägerin waren die Hersteller von Schuhen weder um 1905 herum noch sind sie gegenwärtig darauf angewiesen, sich an die Beklagte zu wenden und auf das Mietvertragsystem einzugehen, um geeignete Maschinen zur Schuhherstellung zu erhalten. Es gab und gibt eine größere Anzahl von Schuhmaschinenfabriken in Deutschland, die alle Arten solcher Maschinen herstellen. Die Klägerin war daher in ihrer Entschließung frei, als sie die Verbindung mit der Beklagten aufnahm und immer weiter ausbaute. Wenn sie Maschinen haben wollte, die der Beklagten geschützt waren, so mußte sie allerdings auf das Vertragsystem eingehen. Das war aber nur die Folge des Patentschutzes. Darin, daß die Beklagte diesen Schutz durch den Abschluß von Mietverträgen ausnutzte, die ihr Abnehmer auch noch nach Ablauf des Patentschutzes sicherten, liegt nichts Verwerfliches. Dabei kam es nur darauf an, ob diese Verträge inhaltlich sittenwidrig waren. Das aber ist, wie ausgeführt, vom Berufungsgericht rechtlich einwandfrei verneint worden. Frei von Rechtsirrtum sind weiter die Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, daß keine unzulässige, die Nichtigkeit der Verträge nach § 134 BGB. herbeiführende Verlängerung des Patentschutzes über die gesetzliche Schutzfrist von 18 Jahren (§ 10 PatG.) hinaus vorliege und daß die Klägerin sich auch nicht auf die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb stützen könne. Die Revision hat hierzu lediglich um Nachprüfung gebeten. Die Revision rügt, daß das Oberlandesgericht dem Antrag auf Einnahme richterlichen Augenscheins nicht entsprochen und daß es ihn nicht beschieden habe. Dieser Angriff ist unbegründet: Es handelte sich nicht um einen Beweisantrag mit Angabe einer bestimmten zu beweisenden Tatsache (§ 371 ZPO.), sondern lediglich um eine Anregung, daß sich das Gericht durch Ortsbesichtigung eine eigene Anschauung über die Auswirkung des Vertragssystems im Betriebe der Klägerin verschaffen möge. Wenn das Berufungsgericht durch den Vortrag der Parteien, die von ihnen vorgelegten Berechnungen und Zeichnungen und die im ersten Rechtsgange vorgenommene Augenscheinseinnahme genügende tatsächliche Einsicht hatte, so bestand kein Anlaß, auf die Anregimg der Klägerin einzugehen. Einer besonderen Äußerimg darauf bedurfte es nicht. Auch bei Verträgen, die gültig abgeschlossen sind, kann doch eine Veränderung der Verhältnisse, namentlich ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, dazu führen, daß die Ausübung vertraglich begründeter Rechte unzulässig wird und daher nach § 242 BGB. unterbleiben muß. Das wäre auch für die der Klägerin in den Mietverträgen auferlegten Bindungen denkbar. IS*
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Hier ist aber nichts dergleichen, insbesondere nichts über eine Änderung der Geschäftsgrundlage, von der Klägerin vorgetragen worden oder sonst zutage getreten. Deswegen bedarf es unter diesem rechtlichen Gesichtspunkte keiner weiteren Erörterung. VII. Das vom Landgericht zugunsten der Klägerin festgestellte Kündigungsrecht aus § 567 BGB. hat das Berufungsgericht — abgesehen von verfahrensrechtlichen Bedenken — daran scheitern lassen, daß die sachlichen Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung fehlten. Es handle sich nämlich bei der Gesamtheit der Mietverträge, entgegen der Annahme des Landgerichts, nicht um ein einheitliches Mietverhältnis von unabsehbarer Dauer, sondern um Einzelverträge mit 20jähriger fester Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit danach, die zwar im wirtschaftlichen Zusammenhange ständen, aber doch zu keiner rechtlichen Einheit verschmolzen seien. Auch habe das Rundschreiben vom 1. März 1928 den Mietern ermöglicht, die Regulärverträge jederzeit mit angemessener Abstandszahlung aufzulösen. Das Berufungsgericht tritt mit dem ersten Grunde nicht, wie die Revision meint, in Widerspruch zu seiner früheren Annahme, daß durch die von der Klägerin im Laufe der Zeit abgeschlossenen Verträge allmählich eine feste, sich nicht von selbst lösende Verbindung entstanden sei. Trotzdem handelt es sich überall um Einzelverträge mit rechtlicher Bindung auf 20 Jahre. Jeder neue Abschluß, der eine neue Bindung herbeiführte, beruhte auf einem neuen Entschluß der Klägerin. Für diesen mögen zwar wirtschaftliche Notwendigkeiten bestimmend gewesen sein, die sich im Zusammenhange mit den früheren Mietverträgen ergaben, aber es bestand nirgends eine Verpflichtung, eine neue Maschine zu mieten. Deswegen kann keine Zusammenrechnung der Zeiträume aus mehreren Einzelverträgen stattfinden. Stichhaltig ist weiter auch der zweite Grund des Berufungsgerichts gegen das Eingreifen des § 567 BGB., daß nach dem durch das Rundschreiben vom 1. März 1928 in die Regulärverträge eingeführten Vertragsinhalt jederzeit eine Lösung durch Kündigimg unter Zahlung einer Abstandssumme zu erreichen ist. Daß eine solche Beendigung des Vertragsverhältnisses wegen übermäßiger Höhe dieser Summe tatsächlich ausschiede, hat das Berufungsgericht, wie bereits erörtert, ohne Rechtsirrtum verneint. Nach alledem bleibt die Bindung der Klägerin an die mit der Beklagten geschlossenen Verträge bestehen. R G Z . 1 6 6 , 40
1. Ist die Einwirkung auf einen fremden Willen durch Drohung, sofern das angedrohte Verhalten erlaubt war, widerrechtlich, wenn der Drohende damit lediglich einen Vorteil erzielt, der eine billige Entschädigung für die Aufgabe von Rechten zugunsten des Leistenden darstellt ?
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2. Unter w e l c h e n Voraussetzungen k a n n der Verpflichtete die Z a h l u n g einer als u n a b ä n d e r l i c h vereinbarten Unterhaltsrente ablehnen ? BGB. §§ 123, 242. IV. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 25. Januar 1941. I. Amtsgericht Dresden.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Parteien waren seit dem Jahre 1906 miteinander verheiratet. Ihre kinderlos gebliebene Ehe ist auf die Klage der Ehefrau durch ein am 20. Oktober 1931 rechtskräftig gewordenes Urteil aus Schuld des Beklagten geschieden worden. Bereits im Jahre 1926 hatte der Beklagte eine Scheidungsklage erhoben, war aber damit 1928 abgewiesen worden. Anschließend war es ihm indessen gelungen, als Bürger der Stadt Riga bei dem dortigen lettischen Gericht ein Urteil auf Scheidung der Ehe zu erreichen, das ohne Beteiligung der Klägerin erging und von ihr deshalb nicht anerkannt wurde. Auf dieses Urteil hin war der Beklagte eine neue Ehe eingegangen, aus der vor Oktober 1931 zwei Kinder hervorgegangen waren. Ende Oktober 1931 schlössen die Parteien ein Abkommen über ihre wirtschaftliche Auseinandersetzimg nach Maßgabe eines Schreibens des Beklagten an die Klägerin vom 26. Oktober 1931, in dem der Beklagte unter der Bedingung, daß die Klägerin damit wegen aller Ansprüche auf Unterhalt und Vermögensauseinandersetzung abgefunden sei, unter anderen folgende Leistungen übernahm: 1. Zahlung einer monatlichen Rente von 100 RM. an die Mutter der Klägerin, 2. Zahlung einer monatlichen Rente von 500 RM., „die nicht erhöht und nicht gekürzt werden darf", an die Klägerin auf Lebenszeit; die Rente sollte sich um 25 RM. monatlich beim Tode der Mutter der Klägerin erhöhen und um monatlich 100 RM. ermäßigen, wenn die Klägerin wieder heirate oder ihren Unterhalt in der bisherigen Art aus anderen Einnahmequellen zu decken in der Lage sei; nach dem Tode des Beklagten sollte sie durch seine Erben in Höhe von 50 RM. monatlich ohne Rücksicht auf eine Wiederheirat weitergezahlt werden, 3. Übereignimg von Goldpfandbriefen im Nennwerte von 20000 RM., 4. Zahlung von 25000 RM., 5. kostenfreie Verwaltung einer der Klägerin gehörigen Hälfte eines Grundstücks und Freistellung der Klägerin von etwaigen Verlusten aus der Verwaltung, 6. Beschaffung und Ausstattung einer Wohnung in B. für die Klägerin gegen deren Verpflichtung, ihren Wohnsitz nicht in D. zu nehmen. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung der ihr versprochenen Rente von 500 RM. in Anspruch, und zwar von Rückständen in Höhe von 1900 RM. für die Zeit vom 15. Juli 1936 bis zum 14. September 1939 und der laufenden Rente vom 15. September 1939 ab. Der Beklagte ist seinem Anerkenntnis gemäß durch Teilurteil zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente in Höhe von 150 RM. für die Zeit vom 15. September 1939 bis zum 30. Juni 1942 und von 100 RM. seit dem 1. Juli 1942 verurteilt
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worden; im übrigen hat er beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält die Unterhaltsvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit für nichtig, hat sie fernei wegen Drohung angefochten und schließlich geltend gemacht, die Geschäftsgrundlage dafür sei weggefallen, da sich seine wirtschaftlichen Verhältniss( seitdem grundlegend verändert hätten; er hat außerdem mit Gegenforderungen aufgerechnet. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung vor 156,97 RM. verurteilt und der Klägerin über das Teilanerkenntnisurtei hinaus für die Zeit vom 15. September 1939 bis zum 14. Januar 1941 eint weitere monatliche Unterhaltungsrente von 100 RM., vom 15. Januar 1941 bis zum 30. Juni 1942 von 50 RM. und seit dem 1. Juli 1942 von 100 RM zugesprochen, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urtei haben beide Parteien Berufung eingelegt, die Klägerin mit dem Antrage, den Beklagten zur Zahlung von 242,72 RM. zu verurteilen und die Unterhaltsrente, abgesehen von dem anerkannten Betrage, bis zum 30. Juni 1942 auf 350 RM., vom 1. Juli 1942 ab auf 400 RM. monatlich zu bemessen, der Beklagte unter Wiederholung des Antrages auf Klageabweisung. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat sich bei dem Beklagten die Zahl dei Kinder durch die Geburt von Zwillingen auf vier erhöht. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, auf die Berufung der Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 242,72 RM. und über das Teilanerkenntnisurteil hinaus zur Entrichtung einer monatlichen Unterhaltsrente von wechselnder Höhe für die Zeit vom 15. September 1939 bis Ende Juni 1942 und von monatlich 175 RM. für die fernere Zeit verurteilt, im übrigen aber auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Revision eingelegt, mit der sie ihre früheren Anträge weiter verfolgen. Nur die Revision der Klägerin hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Hinsichtlich der vom Beklagten geltend gemachten Nichtigkeit dei Unterhaltsvereinbarung geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß gemäß § 80 EheG.,*) dessen Grundsätze auch für die Gültigkeit der vor dem Inkrafttreten des Ehegesetzes abgeschlossenen Unterhaltsverträge maßgebend seien (RGZ. Bd. 159 S. 157), hier die Nichtigkeit nur daraus hergeleitet werden könne, daß das Abkommen vom Oktober 1931 nach seinem Inhalt oder den sonstigen Umständen den guten Sitten widerspreche (§ 138 BGB.). Das sei zu verneinen. Insbesondere liege kein grobes Mißverhältnis zwischen der Höhe der Zuwendungen des Beklagten und seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen vor. Bei der Prüfung dieser Frage komme es nicht darauf an, was die Klägerin auf Grund der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Beklagten als alleinschuldig geschiedenen Mannes hätte beanspruchen können; maßgebend sei vielmehr, in welcher Höhe die Klägerin anständiger- und billigerweise geldliche Sicherstellung dafür habe verlangen dürfen, daß sie ihre wirtschaftlich gesicherte Stellung *) Jetzt § 72 d. E h e G . v. 20. 2. 46
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als verheiratete, wenn auch getrennt lebende Frau des gut verdienenden Beklagten zugunsten der neuen Ehe des Beklagten aufgegeben habe (RG. a. a. O.). Offensichtlich habe auch der Beklagte mit der Unwirksamkeit der Rigaer Scheidung und dem Weiterbestehen seiner Ehe mit der Klägerin gerechnet; Scheidungsgründe hätten ihm aber nicht zur Seite gestanden. Sein Jahreseinkommen habe sich im Jahre 1931 auf 38360 RM. belaufen und sei auch noch in den folgenden Jahren sehr hoch gewesen. Selbst wenn sein Vermögen gemäß seiner Angabe 83000 RM. nicht überstiegen habe, könnten danach unter den vorerwähnten Gesichtspunkten die von ihm übernommenen Leistungen, insbesondere die unabänderliche Unterhaltsrente von 500 RM., die bei einer Wiederverheiratung der Klägerin in Höhe von 400 RM. weiterzuzahlen gewesen sei, die Rente von 100 RM. an die Mutter der Klägerin, die Erhöhung der Rente der Klägerin um 25 RM. beim Tode der Mutter und die Kapitalleistungen an sie, nicht als sittenwidrig angesehen werden. Rechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht; Revisionsangriffe werden auch insoweit nicht erhoben. Der Beruflingsrichter prüft weiter, ob der Vertrag deshalb nach § 138 BGB. nichtig oder wegen widerrechtlicher Drohung anfechtbar sei, weil die Klägerin einen unzulässigen Druck auf den Beklagten ausgeübt habe. Er würdigt dabei die Behauptung des Beklagten, daß sowohl die Klägerin selbst wie ihr damaliger Vertreter, der Rechtsanwalt Dr. P., ihm während der Vertragsverhandlungen wiederholt, um ihn zum Abschluß des Vertrages zu veranlassen, die Rücknahme der Scheidungsklage, die Erhebung der Ehenichtigkeitsklage und eine Strafanzeige wegen Doppelehe angedroht hätten, an der Hand einer Reihe von Briefen dieser Personen an den Beklagten und seinen Prozeßvertreter aus der Zeit von Oktober 1930 bis August 1931 und meint, es ergebe sich daraus, daß der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen stark unter Druck gesetzt worden sei. Insbesondere könne nicht zweifelhaft sein, daß mit dem in den Briefen der Klägerin in Aussicht gestellten gerichtlichen Verfahren die Erhebung nicht einer Unterhaltsklage, wie die Klägerin jetzt glauben machen wolle, sondern der Ehenichtigkeitsklage gemeint sei. Doch könne es offen bleiben, ob schließlich das gekennzeichnete Verhalten der Klägerin und ihres Vertreters bei dem Entschluß des Beklagten, einen Vertrag dieses Inhalts abzuschließen, mitgewirkt und inwieweit es sich auf die einzelnen Teile des Vertrages ausgewirkt habe. Wie bereits dargelegt, gehe das vom Beklagten in dem Vertrage Gewährte nicht über das Maß dessen hinaus, was die Klägerin anständiger- und billigerweise als Sicherstellung dafür habe verlangen können, daß sie ihre wirtschaftlich gesicherte Stellung als Frau des gut verdienenden Beklagten zu seinen Gunsten aufgegeben habe. Es sei nicht sittenwidrig, wenn sie, um eine solche wirtschaftliche Auseinandersetzung mit dem Beklagten zu erreichen, die Erhebimg der Ehenichtigkeitsklage und die Rücknahme ihrer Scheidungsklage angekündigt habe. Bei dieser Sachlage könne dahingestellt bleiben, ob noch mündlich entsprechende Äußerungen gefallen seien und die Erstattung einer Strafanzeige wegen
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Doppelehe angedeutet oder angekündigt worden sei. Es handele sich dabei um erlaubte Mittel zur Erreichung eines erlaubten Zweckes. Deshalb fehle es auch, wenn das Verhalten der Klägerin als Drohung im Sinne von § 123 BGB. anzusehen sei, an dem Merkmal der Widerrechtlichkeit, so daß unerörtert bleiben könne, ob die Anfechtungsfrist gewahrt sein würde. Diese Auffassimg wird von der Revision des Beklagten angegriffen, soweit die Anfechtung des Vertrages wegen Drohung für unbegründet erklärt worden ist. Der Angriff kann jedoch keinen Erfolg haben. Die Anfechtung setzt nach § 123 BGB. voraus, daß der Beklagte zum Abschluß des Vertrages widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Widerrechtlich kann die Beeinflussimg fremden Willens durch Drohung entweder auf Grund des angewandten Mittels sein — wenn das angedrohte Verhalten unerlaubt war — oder auf Grund des verfolgten Zweckes — wenn der Drohende sich eine Leistung verschaffen wollte, die ihm nicht zustand. Daß hier das In-Aussicht-Stellen einer Zurücknahme der Scheidungsklage, der Erhebung einer Klage auf Nichtigkeit der neuen Ehe des Beklagten und einer Strafanzeige gegen ihn wegen Doppelehe an sich als Mittel zur Einwirkung auf den Beklagten erlaubt waren, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Dagegen rügt sie, daß der Berufungsrichter die Widerrechtlichkeit des Verhaltens der Klägerin auch im Hinblick auf den von ihr verfolgten Zweck verneint habe, weil die im Vertrag übernommenen Leistungen des Beklagten sich im Rahmen dessen hielten, was sie als Entschädigung für die Aufgabe ihrer Stellung als Ehefrau anständiger- und billigerweise habe fordern dürfen. Die Revision geht — gestützt auf die bisherige Rechtsprechung (RG. in JW. 1905 S. 134 Nr. 6; HRR. 1930 Nr. 1595, 1933 Nr. 1828; RAG. in WarnRspr. 1933 Nr. 59) — davon aus, daß die Willensbeeinflussung durch Drohung stets dann widerrechtlich sein und die Anfechtung nach § 123 BGB. begründen müsse, wenn der Drohende dadurch Vorteile erlange, auf die er keinen Rechtsanspruch habe, und meint, hier habe die Klägerin in mehrfacher Beziehung Zusagen des Beklagten erhalten, die sich aus ihrem gesetzlichen Unterhaltsanspruche nicht herleiten ließen, insbesondere die Fortzahlung der Rente auch bei Wiederverheiratung, die Rentenleistung an ihre Mutter, die Kapitalzuwendungen, die Verschaffung und Ausstattung einer Wohnung in B., die kostenlose und verlustfreie Verwaltung der Grundstückshälfte und schließlich die Unabänderlichkeitsklausel. Dieser Standpunkt wird jedoch der Sachlage im gegebenen Falle nicht gerecht. Zunächst handelte es sich bei dem Vertrage vom Oktober 1931 nicht nur um eine Unterhaltsregelung, sondern gleichzeitig um eine Vermögensauseinandersetzung zwischen den Parteien aus Anlaß der Scheidung. Zur Begründung eines Rechtsanspruchs der Klägerin auf die Vertragsleistungen sind also nicht nur die Vorschriften über die Unterhaltspflicht des als allein schuldig geschiedenen Mannes gegenüber der Frau heranzuziehen, sondern auch die Vorschriften über die sonstige wirtschaftliche Auseinandersetzung der Eheleute nach der Auflösung der Ehe (z. B. §§ 1421 flg., 1471 flg. BGB.). Ferner können auch
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die Leistungen des Beklagten, auf die ein Recht der Klägerin nicht ohne weiteres ersichtlich ist — wie die Rente zugunsten der Mutter der Klägerin — als Verwirklichung von Ansprüchen der Klägerin erscheinen, wenn sie nur einen angemessenen Ausgleich für den Verzicht der Klägerin auf eine ihr nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten an sich zustehende höhere Unterhaltsrente oder auf weitergehende Auseinandersetzungsansprüche darstellen. Ausreichende Feststellungen des Berufungsgerichts in dieser Richtung fehlen allerdings bisher. Schließlich ist aber zu berücksichtigen, daß in einem Falle wie dem vorliegenden die vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen, auch soweit sie etwa über den Rahmen des gesetzlich geschuldeten Unterhalts und der gesetzlichen Auseinandersetzungspflicht hinausgehen, eine billige Entschädigung der Klägerin dafür bilden, daß sie sich für den Beklagten und auf sein Drängen entschlossen hatte, die Ehe mit ihm von sich aus durch Erhebung und Durchführung einer Scheidungsklage zur Lösung zu bringen und damit zugleich ihre gesicherte Stellung als Ehefrau aufzugeben. Daß diese Entschädigung der Klägerin für das von ihr gebrachte Opfer sich bei Berücksichtigung der gesamten Verhältnisse in den Grenzen der Billigkeit und Angemessenheit hielt, hat das Berufimgsgericht ausdrücklich und bedenkenfrei festgestellt. Wenn die Klägerin sich aber der erwähnten — an sich erlaubten — Drohungen nur bediente, um eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit dem Beklagten auf dieser Grundlage zu erzielen, so kann ein solches Verhalten nicht um des verfolgten Zweckes willen als widerrechüich angesehen werden und die Anfechtung wegen Drohung begründen. Das würde mit der heutigen Rechtsanschauimg nicht im Einklänge stehen. Vielmehr muß eine Leistung, die dem Drohenden aus Billigkeitsgründen zukommt und nur eine billige Entschädigung für die Aufgabe von Rechten zugunsten des Leistenden darstellt, insoweit ebenso behandelt werden wie eine solche, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Hiernach hat das Berufungsgericht die Berechtigung der vom Beklagten geltend gemachten Anfechtung ohne Rechtsirrtum verneint. Verfehlt ist auch die weitere Revisionsrüge des Beklagten, sein Vorbringen rechtfertige die Anwendung von § 823 Abs. 2, § 249 BGB. in Verb, mit § 253 StGB, gegen die Klägerin mit der Wirkung, daß sie sich so behandeln lassen müsse, als sei der Vertrag vom Oktober 1931 nicht geschlossen worden. Eine solche rechtliche Folgerung würde die Erfüllung des vollen sachlichen und persönlichen Tatbestandes der Erpressimg durch die Klägerin voraussetzen, insbesondere — im Gegensatz zu dem Anfechtungstatbestande des § 123 BGB. — ihr Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit der erstrebten Vermögensvorteilc. Davon kann aber hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Rede sein. Von der Gültigkeit der Unterhaltsvereinbarung ausgehend, untersucht das Berufungsgericht weiter, ob der Beklagte mit Rücksicht auf Treu und Glauben und nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage die Zahlung eines Teils der Rente verweigern könne, und bejaht
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diese Frage für die Zeit vom 15. Januar 1940 ab mit folgender Begründung. Das im Jahre 1931 von dem Beklagten versteuerte Roheinkommen von 38360 RM. sei nach Schwankungen in der Zwischenzeit im Jahre 1938 auf 30020 RM. und im Jahre 1939 auf 23445 RM. gesunken. Sein steuerbares Rein vermögen habe nach dem vorläufigen Vermögensteuerbescheide vom 5. Juni 1940 244454 RM. betragen. Davon gehöre aber ein Teil seinen Familienangehörigen. Ein anderer Teil stehe ihm nur als befreitem Vorerben nach seiner 1934 verstorbenen Mutter zu, während seine Kinder Nacherben seien; insoweit sei die Erbschaftssteuer nach einem Nachlaßwerte von 126579,87 RM. berechnet worden. Ferner habe der Beklagte in Ergänzung seiner Vermögensteuererklärung 1940 den Wert seines Schmuckes auf 9220 RM. angegeben. Die Klägerin besitze nach ihrer Vermögensteuererklärung von 1940 einen Halbanteil an einem Grundstück, dessen Einheitswert 32000 RM. betrage und aus dem sie nach ihrer Angabe jährlich 471 RM., nach Angabe des Beklagten 700 RM. ziehe, ein Holzfällerhaus in B. ohne Ertrag, 800 RM. 4| ¿prozentige Goldpfandbriefe und 2000 Dollar 5prozentige Bonds, bei denen zwischen den Parteien streitig sei, ob sie einen Ertrag abwürfen. Die starke Einkommenverringerung des Beklagten bis zum Jahre 1939 berechtige diesen, auch wenn damit beim Vertragschluß nicht gerechnet worden sei, noch nicht, die Zahlung der Rente ganz oder zum Teil zu verweigern. Eine Erschütterung der Vertragsgrundlage könne nur dann in Betracht kommen, wenn ersichtlich schwerwiegende Gründe nach Treu und Glauben ausnahmsweise ein Abgehen von dem Grundsatze der Vertragstreue rechtfertigten. Das sei für 1939 nicht anzuerkennen, auch wenn gemäß der Darlegung des Beklagten von seinem Einkommen noch 2400 RM. Pensionsvereinsbeträge abzuziehen und erhebliche Steuern zu zahlen seien. Es sei auch nicht dargetan, daß sich das Einkommen des Beklagten im Jahre 1940 fühlbar ändern werde. Wenn der Beklagte den Wegfall einiger Einnahmeposten von insgesamt 3168,92 RÜ. behaupte, so bestehe doch die Möglichkeit eines Ausgleichs durch andere Einnahmen. Dagegen bedeute die Geburt von Zwillingen durch die Ehefrau des Beklagten am 3. März 1940 eine grundlegende Änderung der der Unterhaltsvereinbarung zugrunde liegenden Verhältnisse. Die Bezahlung der vollen Rente durch den Beklagten würde nunmehr zu dem ganz unbilligen Ergebnis führen, daß von seinem Einkommen der Klägerin für ihre alleinigen Bedürfnisse 6000 RM. zuflössen, während für die erheblich größeren Bedürfnisse seiner jetzt sechsköpfigen Familie nicht annähernd die entsprechenden Beträge zur Verfügung ständen, auch wenn die Steuerermäßigung infolge der Geburt der Zwillinge berücksichtigt werde. Bei dieser Sachlage erforderten Treu und Glauben, den Beklagten nicht mehr voll an die Unabänderlichkeitsklausel zu binden, sondern den Vertrag den jetzt bestehenden Verhältnissen anzupassen, und zwar vom 15. Januar 1940 ab, da erfahrungsgemäß bereits vor der Geburt eines Kindes ein größerer Kostenaufwand entstehe. Bei der Frage, ob und inwieweit der Beklagte zur Bestreitung der Unterhaltsrente sein Vermögen an-
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greifen müsse, sei zu berücksichtigen, daß er bereits über 60 Jahre alt sei und 4 unmündige Kinder habe; er dürfe deshalb das Vermögen nach Möglichkeit für die Kinder erhalten, wobei sich Feststellungen erübrigten, welcher Teil des von ihm versteuerten Vermögens ihm selbst und welcher seinen Familienangehörigen gehöre. Was die Erträge der Klägerin aus ihrem Vermögen anlange, so komme es nur auf ihren ungefähren durchschnittlichen Wert an; in diesem Sinne seien einige hundert Reichsmark aus dem Grundstück und die Zinsen aus den Goldpfandbriefen anzusetzen. Ob die amerikanischen Bonds Zinsen brächten, sei belanglos, ebenso, daß die Klägerin Nachzahlungen auf die Unterhaltsrente zu erwarten habe. Daß sie sich weitere Einkünfte durch Vermietimg des Hauses in B. verschaffe, könne nicht von ihr verlangt werden. Andererseits dürfe sich der Beklagte nicht darauf berufen, daß er Verwandten ohne gesetzliche Verpflichtung Unterstützungen zukommen lasse. Die Höhe der Rente richte sich im übrigen nicht nach dem Maße des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs der Klägerin, sondern sei im Rahmen des Unterhaltsvertrages unter Beachtung der Unabänderlichkeitsklausel zu bestimmen. Danach sei für die Zeit vom 15. Januar 1940 bis zum 14. Januar 1941 eine Rente von monatlich 325 RM. und vom 15. Januar 1941 ab, da die Bezüge des Beklagten vom D.er Pensionsverein 1941 um 4000 RM. sinken würden, von monatlich 275 RM. angemessen. Diese Beurteilung, gegen die sich die Revisionen beider Parteien wenden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Wenn es in dem für den Inhalt der Vereinbarung der Parteien maßgebenden Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 26. Oktober 1931 heißt: „Ich gewähre, solange ich lebe, Dir auf Deine Lebenszeit eine . . monatliche Rente von 500 RM., die nicht erhöht und nicht gekürzt werden darf", so handelt es sich nicht um eine bloße vertragliche Festlegung des der Klägerin vom Beklagten auf Grund des Scheidungsurteils gesetzlich geschuldeten Unterhaltes, sondern um die Begründung einer selbständigen Leistungspflicht des Beklagten, deren Inhalt die Zahlung gleichbleibender Geldbeträge ohne Rücksicht auf eine Änderung der Verhältnisse und das Fortbestehen eines Unterhaltsbedürfnisses war, die also begrifflich einem Leibrentenvertrag entsprach (RGZ. Bd. 150 S. 391). Während sonst bei Unterhaltsvereinbarungen geschiedener Eheleute der Einwand einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse regelmäßig stillschweigend zugelassen ist (RGZ. Bd. 145 S. 119, Bd. 164 S. 366), haben die Beteiligten hier diesen Einwand vertraglich ausgeschlossen. Indessen untersteht — was die Revision der Klägerin übersieht — auch ein solcher Vertrag dem allgemeinen, die ganze Rechtsordnung beherrschenden Grundsatze (§ 242 BGB.), daß niemand sein Recht gegen Treu und Glauben geltend machen darf und ihm anderenfalls der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengesetzt werden kann (RG. in JW. 1935 S. 2619 Nr. 3; RGZ. Bd. 163 S. 91). An diesen Einwand sind allerdings in einem Falle, wo die Parteien durch die Vereinbarung einer unabänderlichen Rente die Berufung
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auf eine Änderung der Verhältnisse ausgeschlossen haben, strenge Anforderungen zu stellen. Er ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nur Hann begründet, wenn die Weitererfüllung des Vertrages das eigene wirtschaftliche Dasein des Schuldners gefährden würde. Wenn dieser alle verfügbaren Mittel bereits zu seinem eigenen Unterhalt und dem seiner nächsten auf ihn angewiesenen Angehörigen benötigt, würde es allerdings Treu und Glauben zuwiderlaufen und zu einem untragbaren Ergebnis führen, wollte man ihn gleichwohl zur uneingeschränkten Weiterzahlung der übernommenen Rente für verpflichtet erklären und ihn lediglich auf die Inanspruchnahme der gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen verweisen (RG. in JW. 1935 S. 2619 Nr. 3, 1939 S. 345 Nr. 12; RGZ. Bd. 163 S. 91). Der Schuldner kann also auch bei einem vertraglichen Ausschluß des Einwandes einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse so viel Schonung beanspruchen, daß ihm die eigene Lebensmöglichkeit erhalten bleibt. Darüber hinaus ist ihm aber die Berufung auf die inzwischen eingetretene Verschiebung der Vertragsgrundlage versagt. Diesen Grundsätzen wird die Begründimg des Berufungsgerichts für die von ihm vorgenommene Herabsetzung der Rente nicht gerecht. Insbesondere ist zu beanstanden, daß der Vorderrichter die auch von ihm geforderten schwerwiegenden Gründe für ein ausnahmsweise zulässiges Abgehen von dem Grundsatze der Vertragstreue aus der vergleichenden Gegenüberstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten und der Klägerin und der daraufhin getroffenen Feststellung entnimmt, daß der sechsköpfigen Familie des Beklagten bei einer Weiterzahlung der vollen Rente an die Klägerin nicht annähernd die entsprechenden Beträge für ihre wesentlich größeren Bedürfnisse zur Verfügung stehen würden wie jener. Für die Frage, ob dem Beklagten trotz der Unabänderlichkeitsklausel nach Treu und Glauben eine Ermäßigung der übernommenen Rentenpflicht zugebilligt werden kann, bedarf es nach dem oben Dargelegten in erster Reihe einer Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Beklagten in der Richtimg, ob und inwieweit die Erfüllung der Rentenpflicht seine und seiner Familie Daseinsgrundlagen gefährden würde. Soweit dies der Fall ist, muß sich die Klägerin eine Herabsetzimg ihrer Rente gefallen lassen. Dabei ist außer dem Einkommen auch das verfügbare Vermögen des Beklagten in Betracht zu ziehen. Eine Notwendigkeit, dieses Vermögen dem Beklagten und seinen Erben auf Kosten des Rentenanspruchs der Klägerin ungeschmälert zu erhalten, ist grundsätzlich nicht anzuerkennen. Etwas anderes könnte nur insoweit gelten, als das Vermögen etwa in Ermangelung ausreichenden Einkommens in absehbarer Zeit zur Lebenshaltung des Beklagten und seiner Familie sowie zur Erziehung der Kinder benötigt werden wird. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin sind nur insofern zu berücksichtigen, als es sich darum handelt, bis zu welchem Grade dem Beklagten und seiner Familie billigerweise Einschränkungen in der bisherigen Lebenshaltung zuzumuten sind. Das erforderliche Maß solcher Einschränkungen wird wesentlich geringer angenommen
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werden können, wenn die Klägerin ihren notwendigen Lebensaufwand zum erheblichen Teil aus eigenen Mitteln decken kann, als wenn sie mangels sonstiger verfügbarer Mittel der ganzen Rente dringend bedarf, um ihre etwa durch Kränklichkeit noch gesteigerten Lebensbedürfnisse zu bestreiten. Keinesfalls würde es der Billigkeit entsprechen, wollte man dem Beklagten Einschränkungen bis zur Grenze des sogenannten Existenzminimums auferlegen oder sonst seine Lebenshaltung unverhältnismäßig herabdrücken, nur um die Rente der Klägerin auf der vereinbarten — den früheren Verhältnissen der Parteien entsprechenden — Höhe zu halten. Schon der bisher festgestellte Sachverhalt ergibt bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte, daß der vom Beklagten mit seiner Revision erstrebte völlige Wegfall der Rente über den anerkannten Betrag hinaus oder auch nur eine weitere Ermäßigung nicht in Frage kommt. Die Revision des Beklagten ist daher, ohne daß noch auf ihre einzelnen Angriffe eingegangen zu werden braucht, als unbegründet zurückzuweisen. Auf die Revision der Klägerin dagegen ist das Berufimgsurteil, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist, aufzuheben und die Sache zur erneuten Erörterung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird den Sachverhalt nach Maßgabe der vorstehend entwickelten Grundsätze neu zu prüfen, ihn gegebenenfalls weiter aufzuklären und danach festzustellen haben, für welche Zeit und in welcher Höhe eine Ermäßigung der streitigen Rente geboten erscheint.
R G Z . 168, 204 Ist der Vertragsteil, der eine in der Vertragsurkunde enthaltene Erklärung rechtsgeschäftlichen Inhalts nicht ernst gemeint und irrigerweise angenommen hat, der Vertragsgegner sei mit ihm über die Nichternstlichkeit einig, an diese Erklärung gebunden ?
BGB. § 118.
II. Zivilsenat. Urt. v. 24. November 1941. I. Landgericht Bochum.
II. Oberlandesgericht Hamm.
Die Klägerin beliefert die Beklagte mit Gas. Der erste Liefervertrag stammt aus dem Jahre 1910. Im Jahre 1931 wurde nach vorausgegangenen Verhandlungen ein neuer schriftlicher Vertrag für die Zeit vom 1. April 1936 bis zum 31. März 1956 geschlossen. Die Vertragsurkunde ist für die Beklagte vom damaligen Oberbürgermeister und von dem 1932 verstorbenen Stadtrat Kr. unterzeichnet. Beide Verträge enthalten Bestimmungen über den Heizwert des zu liefernden Gases und über die Ansprüche, die der Beklagten zustehen sollen, wenn es den angegebenen Heizwert nicht enthält. Nach der Vertragsurkunde von 1931 ist die untere Grenze des oberen Heizwertes auf mindestens 4900 WE. bei 15° C und 760 mm Barometerstand
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für den Regelfall festgelegt. Im Jahre 1938 kam es zu Auseinandersetzungei zwischen den Parteien, weil die Klägerin Gas mit geringerem Heizwert! lieferte. Die Beklagte kürzte den von der Klägerin in Rechnung gestellten Be trag für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Dezember 1938 um 19248,62 R M Die Klägerin fordert mit der Klage den nicht gezahlten Rechnungsbetrag Sie vertritt die Ansicht, sie habe trotz des Wortlautes des Vertrages nui Gas mit einem Heizwerte von 4900 WE., gemessen bei 0° C und 760 mn Barometerstand, zu liefern. Nach ihrer Behauptung sind die Parteien bein Vertragsschluß hierüber stillschweigend einig gewesen. Der abweichend« Wortlaut erkläre sich daraus, daß Kr. äußerlich am „alten Vertrage' möglichst wenig habe ändern wollen, da er anderenfalls Schwierigkeitei mit der Stadtverordnetenversammlung befürchtet habe. Die Klägerin ist in allen Rechtszügen unterlegen. Aus den G r ü n d e n : Die Klägerin hat in der Revisionsverhandlung gebeten, die im schriftlichen Vertrage der Parteien von 1931 abgegebenen Erklärungen über di« Heizwerteigenschaft unter den rechtlichen Gesichtspunkten des Erklärungszwiespalts (Dissenses) und des Irrtums zu prüfen. Durch den „Irrtum" der Klägerin wird jedoch die Rechtsgültigkeit des Vertrages mit derr beurkundeten Inhalt nicht in Frage gestellt. Ein Erklärungszwiespalt komm! schon begrifflich nicht in Betracht. Der Zwiespalt zwischen Wille unc Erklärung, um den es sich hier handeln würde (Nichternstlichkeit des Erklärten), regelt sich zunächst nach den besonderen Vorschriften der §§ 116 bis 118 BGB. Die §§ 116, 117 BGB. scheiden für die Begründung etwaigei Nichtigkeit einer von der Klägerin abgegebenen Willenserklärung aus. weil die Beklagte nicht wußte, daß die Klägerin ihre Erklärung zum Teil nicht ernstlich meinte, und mit der Abgabe einer Scheinerklärung (Vornahme eines Scheingeschäfts) nicht einverstanden war. Lediglich § 118 BGB. könnte in Frage kommen, der auch den Fall des sogenannten mißlungenen Scheingeschäfts erfaßt (vgl. S t a u d i n g e r , BGB. Bern. 3 zu § 118). Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Falle zur Anwendung des § 118 BGB. — dessen Schutz die Klägerin nicht ausdrücklich in Anspruch genommen hat — überhaupt genügen könnte, daß die Klägerin angenommen hat, Kr., der die Beklagte nicht allein vertreten konnte und bei Abschluß auch nicht allein vertreten hat, wisse um die Nichternstlichkeit ihrer Erklärung und wünsche selbst die Vornahme eines Scheingeschäfts, oder ob die Klägerin nicht hätte behaupten und beweisen müssen, sie habe das gleiche auch vom Oberbürgermeister Dr. B. angenommen, der für die Beklagte den Vertrag mitgezeichnet hat. Denn wenn sich die Klägerin in der hier in Frage stehenden „Erwartung" geirrt hat, so erfordern es Treu und Glauben und die Bedürfnisse des redlichen Geschäftsverkehrs, ihr die Berufung auf ihre einseitige Nichternstlichkeit zu versagen. Die Herstellung einer Vertragsurkunde hat den Zweck, das, was vereinbart ist, wahr und klar zu bezeugen. Jede bewußte Falschbeurkundung kann nur irgendwelchen
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Täuschungszwecken dienen und ist daher verwerflich. Das gilt auch, wenn die Falschbeurkundung im Einzelfalle keinen unlauteren Beweggründen entspringt. Die Herstellung einer Urkunde mit einem ganz oder teilweise falschen Inhalt muß oder kann besonders dann Anlaß zur Rechtsverwirrung und Störung des Rechtsfriedens geben, wenn sie sich auf langfristige Rechtsverhältnisse juristischer Personen bezieht, deren Vertretung nicht immer, jedenfalls nicht auf die Dauer, in den gleichen Händen bleibt. Der Vertragschließende, der in solchen Fällen dem anderen Teil fälschlicherweise unterstellt, dieser wolle die urkundliche Form zu Täuschungszwecken mißbrauchen, und hierzu mitwirken will, indem er selbst urkundliche, nicht ernstlich gemeinte Willenserklärungen abgibt, trägt, wenn der andere Teil den Mangel der Ernstlichkeit nicht erkennt, die Gefahr seines Irrtums und muß den Vertrag mit dem Inhalt, den die Urkunde bezeugt, gegen sich gelten lassen. Danach bedarf es an dieser Stelle keiner Heranziehung anderer Umstände, die das Verhalten der Klägerin beim Vertragsschluß besonders bedenklich erscheinen lassen. R G Z . 169, 65 1. . . . 2. Z u m Einwände der unzulässigen Rechtsausübung über dem Formmangel aus § 313 B G B . 3. . . . 4.
gegen-
...
5. . . . BGB. §§ 125, 145, 313. II. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 30. März 1942.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Bürgerliches Recht, Schuldrecht". R G Z . 170, 285 48. 1. Über die Anforderungen an eine Fristsetzung nach § 39 VVG. 2. Kommt es bei der Veräußerung eines versicherten Grundstücks für den Übergang des Versicherungsverhältnisses auf den Erwerber darauf an, daß dieser nach dem Kaufvertrag schon vor seiner Eintragung als Eigentümer die N u t z u n g e n und Lasten des Grundstücks übernommen hat ? BGB. § 130. W G . §§ 39, 69. VI. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 15. Januar 1943.
Die Entscheidung ist abgedruckt unter „Handelsrecht, Versicherungsvertragsgesetz".
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R G Z . 170, 380 Kann der Schenker den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks in einem Testament erklären ? BGB. §§ 130, 531 Abs. 1. III. Zivilsenat.
Urt. v. 8. Februar 1943.
I. Landgericht Plauen i. V.
Der am 2. März 1941 verstorbene Fabrikbesitzer Alfred D. war nach Scheidung seiner ersten Ehe mit der Beklagten verheiratet gewesen. In einem Erbvertrage vom 5. April 1930 hatte er seine erste Frau und deren Nichten auf bestimmte Bruchteile seines Nachlasses zu Erben eingesetzt. Der Beklagten hatte er zunächst vertragsweise bedeutende Vermächtnisse zugewendet und sie später nach Aufhebung der Vermächtnisverträge durch Testament zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt, soweit er nicht bereits durch den Erbvertrag mit der ersten Frau über seinen Nachlaß verfügt hatte. Durch notarisches Testament vom 22. Januar 1941 hob er seine die Beklagte betreffenden letztwilligen Verfügungen auf, setzte an ihrer Stelle 4 Geschwisterkinder zu Erben ein und ordnete verschiedene Vermächtnisse an. Zugleich entzog er der Beklagten auf Grund verschiedener Verfehlungen den Pflichtteil und widerrief alle ihr gemachten Schenkungen wegen groben Undanks. Als Testamentsvollstrecker des Alfred D.schen Nachlasses nimmt der Kläger mit einer Feststellungsklage eine Reihe von Werten für den Nachlaß in Anspruch, die der Erblasser der Beklagten geschenkt hatte. Er begründet das mit dem im Testament erklärten Schenkungswiderruf und den dort angegebenen Verfehlungen der Beklagten. Diese trägt vor, der Widerruf sei unwirksam, weil er nicht durch Testament habe erklärt werden können und weil er verspätet sei, der Erblasser auch in einem früheren Testamente darauf verzichtet habe, außerdem handle es sich großenteils um Pflichtoder Anstandsschenkungen. Den ihr vorgeworfenen groben Undank bestreitet sie. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Sprungrevision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Gründe: Das Landgericht erachtet den Anspruch des Klägers, soweit er auf den Schenkungswiderruf gestützt ist, schon deshalb für unbegründet, weil der gegenüber dem Beschenkten zu erklärende Widerruf nicht in einem Testamente rechtswirksam erklärt werden könne. Es schließt sich insoweit einem in HRR. 1928 Nr. 590 abgedruckten Beschlüsse des Kammergerichts vom 19. Januar 1928 an, der ausführt: Die Aufnahme einer empfangsbedürftigen Willenserklärung unter Lebenden in ein Testament, das selbst eine nichtempfangsbedürftige Willenserklärung darstelle und erst nach dem Tode des Erblassers rechtliche Wirkungen äußere, enthalte keine
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Abgabe der Willenserklärung gegenüber dem anderen Teile. Der Wille des Erblassers sei dabei höchstens auf eine Abgabe der Erklärung nach seinem Tode gerichtet. Die empfangsbedürftige Willenserklärung müsse aber bei Lebzeiten des Erklärenden gegenüber dem Empfänger abgegeben werden. Lediglich nach Abgabe der Willenserklärung sei der Tod des Erklärenden ohne Einfluß auf ihre Wirksamkeit und nur ihr Zugang dürfe nach dem Tode des Erklärenden stattfinden. Diese Beurteilung hält indessen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine Schenkung wird wegen groben Undanks zwar durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten widerrufen (§ 531 Abs. 1 BGB.), also durch eine empfangsbedürftige Erklärimg im Sinne des § 130 das. Bei einer solchen sind, wenn sie in Abwesenheit des Empfangsberechtigten abgegeben wird, zwei verschiedene Zeitpunkte zu unterscheiden, der Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung durch den Erklärenden und der Zeitpunkt, in dem die Erklärung dem Empfänger zugeht; der Zeitpunkt des Zugehens ist für die Wirksamkeit der Erklärung maßgebend (§ 130 Abs. 1). Stirbt der Erklärende nach der Abgabe, aber vor dem Zugehen der Erklärung, so ist das nach § 130 Abs. 2 auf ihre Wirksamkeit ohne Einfluß. Eine Abgabe der Erklärung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Erklärende alles getan hat, was seinerseits erforderlich war, um die Wirksamkeit der Erklärung herbeizuführen. Diese Voraussetzung ist stets erfüllt, wenn der Erklärende die Erklärung nicht nur abgefaßt, sondern sie auch an den Empfangsberechtigten abgesandt hat; es genügt aber auch, wenn er die Erklärung in anderer Weise derart in den Rechtsverkehr gebracht hat, daß er mit ihrem Zugehen beim Empfangsberechtigten rechnen konnte. So ist in RGZ. Bd. 65 S. 270 unter Hinweis auf § 130 Abs. 2 BGB. der Widerruf eines von Eheleuten errichteten gemeinschaftlichen Testaments (§ 2271 BGB.) für wirksam erklärt worden, den die Ehefrau kurz vor ihrem Tode in notarischer Verhandlung mit dem Antrag erklärt hatte, die zu erteilenden beiden Ausfertigungen einem Gerichtsvollzieher zwecks Zustellung an den Ehemann zu übersenden, obwohl diese erst nach dem Tode der Ehefrau ausgeführt werden konnte. Auch hier hat der Erblasser den Schenkungswiderruf bei seinen Lebzeiten in notarischer Verhandlung erklärt, von der bald nach seinem Tode der Beklagten, wie sie selbst vorträgt, bestimmungsgemäß eine beglaubigte Abschrift durch das Nachlaßgericht zugestellt worden ist. Freilich handelt es sich dabei um ein notarisches Testament, also um eine Verfügung von Todes wegen. Indessen liegt keine Notwendigkeit vor, diesen Fall in der Frage der Wirksamkeit des darin erklärten Widerrufs anders zu behandeln als jenen. Zunächst bestehen gegen die Aufnahme einer solchen Erklärung in ein Testament keine grundsätzlichen Bedenken, da der zulässige Inhalt letztwilliger Verfügungen nur den aus dem Gesetze sich ergebenden Einschränkungen unterliegt (z. B. § 48 TestG., § 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB.) und die in §§ 1937flg. BGB. enthaltenen Bestimmungen über den möglichen Inhalt letztwilliger Verfügungen nicht etwa dahin zu verstehen sind, Zivils. A l l g e m . Teil 3
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daß ausschließlich die dort aufgeführten Anordnungen zulässig wären; denn das Gesetz erwähnt selbst an anderer Stelle letztwillige Verfügungen sonstigen Inhalts (vgl. u. a. §§ 332, 1777 Abs. 3 BGB.). Aus diesem Grund ist in der Rechtsprechung beispielsweise die Anordnung eines Schiedsgerichts durch Testament für zulässig erachtet worden (RGZ. Bd. 100 S. 76). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob das Testament als solches eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, wie der Vorderrichter annimmt, oder selbst einem allerdings unbestimmten Empfängerkreise gegenüber abgegeben werden muß, um beim Erbfall wirksam zu werden (so M a n i g k , Das rechtswirksame Verhalten, 1939, S. 331 flg.). Frcilich läßt die Aufnahme einer solchen Erklärung in ein Testament den Willen des Erklärenden erkennen, daß sie im Zweifel wie dieses nur für den Todesfall gelten soll. Das rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß die Willenserklärung erst nach dem Tode des Erblassers abgegeben werde. Wenn es zur Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung — im Gegensatz zu deren Zugehen — genügt, daß der Erklärende seinerseits das Erforderliche getan hat, um die Erklärung wirksam werden zu lassen, so war hier die Widerrufserklärung durch den Erblasser schon vor dessen Tode dadurch abgegeben worden, daß er das Testament mit dem Schenkungswiderruf vor dem Notar in gehöriger Form erklärte und bis zu seinem Tode nicht widerrief. Dadurch hatte er das Testament in eine Lage gebracht, die das spätere Zugehen des Schenkungswiderrufs an die Beklagte sicherte; denn nach §§ 20, 37 TestG. hatte der Notar das Testament bei dem zuständigen Amtsgericht in besondere amtliche Verwahrung zu bringen, aus der heraus es nach dem Tode des Erblassers vom Amtsgericht nach §§ 40, 42 TestG. eröffnet und den Beteiligten, darunter auch der Beklagten, bekanntgegeben werden mußte. Der Umstand, daß die vom Erblasser hiernach bei seinen Lebzeiten abgegebene Widerrufserklärung erst nach dem Tode des Erblassers der Beklagten zugehen konnte und sollte, steht der Anwendung des § 130 Abs. 2 BGB. nicht entgegen. Diese Bestimmung setzt nicht voraus, daß der Erklärende zu erleben gehofft hatte, seine Erklärung werde dem Empfangsberechtigten zugehen, und daß sein Tod ungewollt und unerwartet dazwischentrat. Im übrigen wäre es mit der heutigen Rechtsanschauung und dem gesunden Volksempfinden unvereinbar, wollte man einen vom Schenker zweifelsfrei erklärten Schenkungswiderruf, der dem Beschenkten ebenso zweifelsfrei zugegangen ist, nur deswegen für unwirksam erklären, weil er in einem Testament abgegeben war und deshalb erst nach dem Tode des Schenkers zur Kenntnis des Beschenkten gelangen konnte und sollte. Daß wegen der einjährigen Ausschlußfrist des § 532 BGB. der in einem Testament erklärte Schenkungswiderruf, der erst nach dem Tode des Erklärenden und nach Eröffnung des Testaments wirksam werden kann, häufig verspätet sein wird, ist für die grundsätzliche Frage ohne wesentliche Bedeutung. (Es folgen Bemerkungen über die Fassung des Klageantrags.)
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Vertrag R G Z . 53, 59 Genügt es, wenn ein Vertragsanerbieten mit S e t z u n g einer bestimmten Frist für die A n n a h m e g e m a c h t worden ist, i m Z w e i f e l , daß die Annahmeerklärung binnen dieser Frist a b g e g e b e n wird, oder m u ß sie binnen der Frist i n d e n B e s i t z d e s A n e r b i e t e n d e n g e l a n g t sein ? Inwieweit kann in einem solchen Falle der A n n e h m e n d e sich auf eine (nach seiner B e h a u p t u n g ) an seinem Wohnorte bestehende Rechtsanschauung in gewerblichen Kreisen, w o n a c h die A b s e n d u n g der A n n a h m e binnen der gesetzten Frist g e n ü g e n soll, berufen ?
BGB. § 149 I I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 20. Novemver 1902. I. Landgericht Hamburg.
II. Oberlandesgericht daselbst.
Aus den G r ü n d e n : „Für die Frage, ob dem Kläger der von ihm mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, ist entscheidend, ob durch die Kaufofferte vom 17. April 1900, durch welche die in Hamburg domiziliierte verklagte Firma dem Kläger, der in Lüttich seinen Geschäftswohnsitz hat, 400 Tons Manganerz zum Preise von 39 sh. pr. ton „pour réponse jeudi prochain" anbot, und durch die vom Kläger an dem betreffenden Donnerstag, dem 19. April 1900, abends 8 Uhr 26 Minuten in Lüttich aufgegebene, um 10 Uhr 3 Minuten in Hamburg angekommene Depesche, in welcher jenes Angebot angenommen wurde, zwischen den Parteien ein rechtswirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist. Die Beklagte hat dies um deswillen bestritten, weil die mit den Worten „pour réponse jeudi prochain" gegebene Fristbestimmung für die Annahme des Angebotes dahin zu verstehen sei, daß die Antwort über die Annahme an dem betreffenden Donnerstag in i h r e n Besitz g e l a n g t sein müsse, während die Depesche des Klägers am 19. längst nach dem üblichen Geschäftsschluß in Hamburg angekommen und erst am 20. April in ihre Hände gelangt sei, wogegen der Kläger geltend macht, daß es zur Erfüllung jener Fristbestimmung nach deren Wortlaut und Sinn genügt habe, daß er die fragliche Depesche an dem betreffenden Donnerstag in Lüttich a u f g e g e b e n habe. lo*
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Das Oberlandesgericht hat angenommen, daß es, sowohl nach dem Wortlaut jener Fristbestimmung, als nach der eingeholten Auskunft der Handelskammer zu Hamburg vom 15. Februar 1902 und der im übrigen sich ergebenden, näher tatsächlich erörterten Sachlage zweifelhaft erscheine, welche der angegebenen Auslegungen der streitigen Fristbestimmung als die richtige anzunehmen sei. Die hieran geknüpften Folgerungen, der Kläger habe danach den ihm zur Begründung seines Klaganspruchs an sich obliegenden Nachweis des Zustandekommens des Vertrags nicht erbracht, und es müsse daher für die Entscheidung der Sache auf den vom Kläger dem Teilhaber der verklagten Firma C. S., eventuell zugeschobenen Eid ankommen, daß er die Fristbestimmung in dem Sinne gemeint habe, der Kläger brauche nur seine Antwort am nächsten Donnerstag abzusenden, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Revisionskläger macht hiergegen in erster Linie geltend, der vom Oberlandesgericht angenommene Zweifel habe dazu führen müssen, die Fristbestimmung gegen die Beklagte auszulegen, da es ihre Sache gewesen sei, sich deutlicher auszudrücken; diese Regel des gemeinen Rechts müsse, da sie dem Grundsatz von Treu und Glauben, der in § 157 BGB. ausdrücklich ausgesprochen sei, entspringe, auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gelten. Dieser Angriff kann nicht als begründet erachtet werden. Das Oberlandesgericht hat bereits mit Recht der bezüglichen Aufstellung gegenüber hervorgehoben, daß es sich im vorliegenden Falle nicht um die Auslegung eines z u s t a n d e gekommenen Vertrages, sondern um die Frage handelt, ob ein Vertrag z u s t a n d e gekommen ist. Für diese Frage kann jene dem römischen Recht entstammende Regel, welche in der bezogenen 1. 38 § 18 Dig. de verb. oblig. 45, 1 dahin gegeben wird: „in stipulationibus cum quaeritur, quid actum sit, verba contra stipulatorem interpretanda sunt" (vgl. Art. 1162 Code civil), und die übrigens jedenfalls nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine b i n d e n d e Rechtsnorm nicht bildet, sondern nur insofern maßgebend sein könnte, als sie im einzelnen Falle dem Grundsatze von Treu und Glauben nach der Auffassung des Rechtslebens gemäß § 157 a. a. O. entspricht, nicht von entscheidender Bedeutung sein. Vielmehr geht das Oberlandesgericht zutreffend davon aus, daß, wenn nach dem Wortlaute des Briefes der Beklagten vom 17. April 1900 die Fristbestimmung zweifelhaft war und jedenfalls die Auslegung zuließ, die Beklagte wolle sich nur für den Fall binden, daß die annehmende Antwort an dem nächsten Donnerstag in ihren Besitz komme, es Sache des Klägers war, mit der Möglichkeit dieser Auslegung zu rechnen und danach am 19. April 1900 die Annahmedepesche so früh aufzugeben, daß sie bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang an jenem Tage binnen der üblichen Geschäftszeit in den Besitz der Beklagten kommen mußte. Wesentlich auf demselben rechtlichen Standpunkt, und zwar noch weitergehend zu gunsten des Offerenten, steht die vom Oberlandesgericht angezogene Entscheidimg des 1. Zivilsenats des Reichsgerichts vom
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28. Januar 1899, (vgl. Entsch. des R.G.'s in Zivils. Bd. 43 S. 75flg.), in einem ähnlich liegenden Falle, in dem unter Hinweis auf Art. 319 des früheren Handelsgesetzbuches angenommen wurde, unter Kaufleuten sei die Setzung einer Frist für die Annahmeerklärung im Zweifel dahin auszulegen, daß dieselbe den Zeitpunkt betreffe, bis zu welchem die Annahmeerklärung bei dem Anbietenden eintreffen müsse, und nicht, bis zu welchem die Annehmende dieselbe abzusenden habe. Die nämlichen Grundsätze wie nach dem früheren Art. 319 a. a. O. gelten noch in erhöhtem Maße nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in den ausdrücklichen Bestimmungen der §§148 und 130. Wenn der Revisionskläger diesen Bestimmungen gegenüber noch zu gunsten seiner Auffassung den Umstand verwerten will, daß in der Angebotsdepesche das Wort „Antwort" (réponse) gebraucht ist, und darauf hinweist, daß in jenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs immer nur von der A n n a h m e des Angebots, und nicht von der Antwort auf dasselbe die Rede sei, so ist das um deswillen verfehlt, weil das Oberlandesgericht unter réponse völlig zutreffend die die Annahme e n t h a l t e n d e Antwort des Klägers verstanden hat. Der Revisionskläger hat schließlich noch die Übergehimg der Beweisantretung darüber gerügt, daß in Belgien eine andere Auffassung bestehe, indem es nach dortiger allgemeiner Rechtsanschauung jedenfalls in kaufmännischen Kreisen im Falle der Fristbestimmung für die Annahme eines Angebots unter Abwesenden genüge, wenn die Annahme binnen der gesetzten Frist a b g e s e n d e t sei. Indessen auch diese Rüge kann keinen Erfolg haben. Die in Hamburg geschäftlich domiziliierte Beklagte konnte das gemachte Angebot an die ihr in ihrem Interesse gut scheinenden Bedingungen knüpfen und hat dieses bezüglich der Annahmefrist getan. Für die Frage, welche Bedeutung diese Bedingimg hatte, kommt es daherjedenfalls soweit diese mit dem Inhalt der bezüglichen Willenserklärung vereinbar ist — lediglich auf ihre Auffassung, nicht auf diejenige des Klägers an. Soweit diesem Momente daher überhaupt Bedeutung zur Sache beizulegen wäre, käme es nicht auf die Auffassung bezüglicher Verkehrskreise in Belgien, speziell in L ü t t i c h , sondern auf die in H a m b u r g geltende Auffassung an. Für die Frage, wie die Bedingung auch im S i n n e der B e k l a g t e n aufzufassen sei, könnte es allerdings von Bedeutung sein, wenn behauptet wäre, daß der Beklagten bei dem Angebot b e k a n n t gewesen sei, daß in Belgien eine solche Fristbestimmung allgemein dahin aufgefaßt werde, es genüge schon die A b s e n d u n g innerhalb der Frist; allein das ist weder behauptet, noch zum Beweis verstellt worden. Die Beklagte hat auch die verspätete Annahme unverzüglich, nämlich bereits in dem Schreiben von dem auf den fraglichen Donnerstag folgenden 20. April 1900, gerügt und würde daher, selbst wenn die Voraussetzung des § 149 BGB. vorläge, daß die Annahmedepesche bei regelmäßiger Beförderung noch r e c h t z e i t i g in den Besitz der Beklagten gekommen sein würde, der Anforderung dieser Bestimmung entsprochen haben."
¿94 R G Z . 59, 296 A n g e b o t eines Lotterieloses in e i n e m Zeitpunkte, wo damit g e r e c h n e t werden m u ß t e , daß die Z i e h u n g vor der A n n a h m e beg i n n e n w e r d e . — B e d e u t u n g des Vorbehalts, daß das L o s bis zur B e z a h l u n g E i g e n t u m des Kollekteurs bleibe. — N a c h n a h m e s e n d u n g m i t d e m V e r m e r k „ N a c h einmaliger Präsentation zur ü c k ! " B e d e u t u n g . — Rechtzeitigkeit der A n n a h m e eines Vertragsantrags unter A b w e s e n d e n . Was sind „ r e g e l m ä ß i g e U m s t ä n d e " i m S i n n e von § 147 Abs. 2 B G B . ? B G B . §§ 146. 147. Postordnung vom 20. März 1900 §§ 19. 39 44. I.Zivilsenat.
Urt. v. 14. März 1904.
I. Landgericht I Berlin.
I I . Kammergericht daselbst.
Die Klägerin, die sich gewerbsmäßig mit dem Vertriebe von Losen beschäftigte, übersandte dem Beklagten am 8. Juli 1903 ein Los zur 135. Braunschweiger Lotterie unter Beifügung eines Ziehungsplanes und eines Offertschreibens, durch das der Beklagte zum Spielen des Loses eingeladen und zur Bezahlung des Einsatzes von 3 M. aufgefordert wurde. Nach einigen Tagen folgte ein zweites Schreiben gleichen Inhalts. Beide Schreiben waren Druckformulare, enthielten die Bitte um Rücksendung des Loses, falls der Beklagte es nicht spielen wolle, und die Bemerkung: „ I n jedem Falle bleiben die Lose bis zur Bezahlung unser Eigentum." Der Beklagte ließ beide Briefe unbeantwortet, ohne das Los zurückzusenden. Am 19. Juli expedierte die Klägerin darauf von ihrem Wohnorte Neu-Brandenburg aus an den Beklagten mit der Aufschrift: „Nach einmaliger Präsentation sofort zurück!" eine Postkarte (Drucksache) mit Nachnahme von 3,30 M. Der Text lautete: „Unter höflicher Bezugnahme auf unsere letzte Offerte erlauben wir uns, Ihr Einverständnis voraussetzend, den avisierten Betrag durch Nachnahme zu erheben, und wollen Sie gefälligst diese Karte als Quittung benutzen." Die Karte traf am 20. in Berlin ein, konnte aber in der Wohnung des Beklagten nicht bestellt werden, da dieser im Ostseebade Niendorf weilte. Hierhin wurde sie ihm durch die Post nachgesandt und alsdann am 22. Juli bei der ersten Vorzeigung durch Zahlung des Nachnahmebetrags von ihm eingelöst. Inzwischen hatte planmäßig am 20., 21. und 22. Juli die Ziehung der ersten Klasse stattgefunden, wobei am 21. Juli auf das Los ein Gewinn entfiel. Die Parteien stritten darüber, wem von ihnen dieser Gewinn zustehe. Die Klägerin betrachtete die Einzahlung und Annahme der Offerte als verspätet, der Beklagte als rechtzeitig. Daß der Beklagte zur Zeit der Einzahlung Kenntnis davon gehabt habe, daß das Los gezogen sei, war nicht behauptet.
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Die Vorinstanzen erkannten zuglinsten der Klägerin, und die Revision des Beklagten wurde zurückgewiesen. Gründe: „Daß die beiden ersten Anerbietungen der Klägerin durch das Stillschweigen des Beklagten als abgelehnt zu gelten haben, ist zwischen den Parteien nicht streitig. In Frage steht nur, ob auf Grund des dritten Anerbietens ein Vertrag zustande gekommen ist, auf Grund dessen der Beklagte den auf das Los gefallenen Gewinn beanspruchen kann. Die Frage ist zu vereinen, sowohl wenn das Anerbieten der Klägerin den Vorbehalt enthielt, daß ein etwa vor der Bezahlung des Loses gezogener Gewinn ihr zustehen sollte, als auch wenn überhaupt ein Vertrag nicht zum Abschlüsse gelangt ist. Das Berufungsgericht hat beides angenommen. Als stichhaltig aber erweist sich nur die zweite Annahme. Den Vorbehalt, daß ein etwa vor der Bezahlung des Loses gezogener Gewinn der Klägerin zustehen solle, haben beide Vorinstanzen in der Klausel der Anerbietungsschreiben gefunden: „In jedem Falle bleiben die Lose bis zur Bezahlung unser Eigentum." Daß auch die dritte Offerte, obwohl sie diese Klausel nicht ausdrücklich wiederholte, wegen der im Eingange enthaltenen Bezugnahme auf das letzte Schreiben so verstanden werden muß, daß sie diese Klausel mit umfaßt, ist unbedenklich. In dem Vorbehalt des Eigentums an dem überschickten Lose aber liegt keine E r k l ä r u n g des Inhalts, daß ein vor der Bezahlung gezogener Gewinn der Klägerin zugestehen solle. Eine andere Frage ist, ob das Vertragsanerbieten der Klägerin, wenn es so ausgelegt wird, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB.), in diesem Sinne verstanden werden muß. Das Reichsgericht hat bereits in früheren Fällen in Übereinstimmung mit der Literatur angenommen, daß im allgemeinen bei Losofferten davon auszugehen ist, daß das Angebot hinfällig wird, wenn das Los gezogen wird, bevor das Angebot angenommen ist. Vgl. Entsch. des R.G.'s in Zivils. Bd. 50 S. 193. Ebendort ist aber auch ausgesprochen, daß stets zu prüfen bleibt, ob das einzelne Anerbieten nicht einen anders gestalteten Willen des Anbietenden erkennen läßt. Dies aber muß auch in dem jetzt vorliegenden Falle anerkannt werden. Die Klägerin hat die das dritte Angebot enthaltende Nachnahmesendung am Nachmittag des 19. Juli in Neu-Brandenburg zur Post gegeben. Da die erste Ziehung bereits am 20. Juli stattfand, so mußte sie damit rechnen und hat auch — wie das Kammergericht feststellt — damit gerechnet, daß das Los eher gezogen sein konnte, als das Angebot durch Bestellung der Nachnahmekarte in der Berliner Wohnung des Beklagten diesem zuging. Durch den Zeitpunkt, in dem sie das dritte Anerbieten abgehen ließ, hat die Klägerin somit an den Tag gelegt, daß der Beginn der Ziehung und deren Ergebnis kein Hindernis für die Annahme sein sollte. Ein ausdrücklicher Vorbehalt aber ist für den Fall, daß das Los gezogen werden würde, nicht gemacht.
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Seine Annahmt», daß ein Vertrag über den Kauf des Loses zwischei den Parteien überhaupt nicht zustande gekommen sei, stützt das Berufungsgericht auf folgende Erwägung. Die Klägerin habe die Nachnahmekarte die die dritte Offerte enthielt, mit dem Vermerke versehen: „Nach einmaliger Präsentation sofort zurück!" Damit habe sie zum Ausdruck gebracht daß sie an ihr Angebot nur gebunden sein wolle, wenn der Beklagte sofon bei der ersten Präsentation der Karte in seiner W o h n u n g zu Berlir den Nachnahmebetrag bezahle. Da dies nicht geschehen sei, sei die Klägerir nicht gehalten, die erst zwei Tage später in Niendorf erfolgte Einlösung der Nachnahmekarte als Annahme ihres Angebots gelten zu lassen. Diese Begründung erscheint rechtlich bedenklich, weil dem Anscheine nach die Bedeutung verkannt ist, die dem Vermerke: „Nach einmalig« Präsentation sofort zurück!" nach dem Postrechte zukommt. Nach §19 der Postordnimg vom 20. März 1900 kann der Empfänger einer Nachnahmesendung eine Einlösefrist von 7 Tagen nach dem Eingange der Sendung in Anspruch nehmen. Diese sog. Lagerfrist aber ist ausgeschlossen bei Nachnahmesendungen, die vom Absender mit dem Vermerke: „Sofort zurück", oder mit einer ähnlichen, das Verlangen schleimiger Rücksendung ausdrückender Angabe versehen sind. Eine andere Bedeutung als die Ausschließung der Lagerfrist aber kann dem von der Klägerin gewählten Vermerke nicht beigelegt werden. Insbesondere hat der Vermerk nichts damit zu tun, ob die Karte dem Beklagten, weil er vorübergehend in einem Badeorte weilte, nachzusenden war, oder nicht. Hierüber trifft § 44 der Postordnung Bestimmung. Danach mußte die Nachsendung erfolgen, wenn der veränderte Aufenthaltsort des Empfängers bekannt war, es sei denn, daß der Empfänger oder der Absender eine andere Bestimmung getroffen hätte. Bekanntermaßen pflegt eine derartige Bestimmung des Absenders durch den Vermerk: „Nicht Nachsenden" getroffen zu werden. In dem hier gewählten Vermerke aber kann eine Bestimmung dieses Inhalts um so weniger erblickt werden, als der Vermerk eine einmalige Präsentation ausdrücklich vorsah und erst nach dieser die Rücksendung anordnete. Die Präsentation aber hatte an denEmpfänger oder dessen Bevollmächtigten (§ 39 der Postordnung) zu geschehen und war nicht dadurch beschafft, daß der Postbote in der Berliner Wohnung bloß feststellte, daß der Beklagte seinen Aufenthaltsort verändert hatte. Wenn hiernach die Annahme der Vorinstanz, daß die Klägerin selbst ihre Gebundenheit für den eingetretenen Fall ausgeschlossen habe, auch in dieser Hinsicht versagt, so ergibt sich doch unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 145flg. BGB.), daß ein Vertrag zwischen den Parteien über den Verkauf des Loses nicht zustande gekommen ist. Nach § 145 ist, wer einem anderen die Schließung eines Vertrages anträgt, an den Antrag gebunden, es sei denn ,daß er die Gebundenheit ausgeschlossen hätte. Das letztere ist, wie gezeigt, nicht der Fall. Nach § 146 aber erlischt der Antrag, wenn er nicht dem Antragenden gegenüber nach den §§ 147 — 149 rechtzeitig angenommen wird. Über die Rechtzeitigkeit bestimmt
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für den vorliegenden Fall §147 Abs. 2: „Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort u n t e r regelmäßigen U m s t ä n d e n erwarten darf." Aus dem feststehenden Sachverhalte ergibt sich, daß die Klägerin den Eingang der Antwort auf ihre am 19. abgesandte Karte unter regelmäßigen Umständen am 21. erwarten durfte. Die regelmäßigen Umstände sind, daß der Empfänger in seiner dauernden Wohnung angetroffen wird, oder daß doch in der Wohnung eine Person anwesend ist, an die die Sendung nach § 39 der Postordnimg bestellt werden kann. Eine, wenn auch nur vorübergehende, Veränderimg des Aufenthaltsortes des Empfängers liegt außerhalb der Grenze der regelmäßigen Umstände. Der Antragende braucht damit, als mit etwas anomalem, nicht zu rechnen; er darf den Eingang der Antwort ohne Rücksicht auf derartige besondere Umstände, die eine Verzögerung herbeiführen, erwarten. Hierbei ist nicht zu übersehen, daß der Beklagte Oberlehrer ist, und daß die Offerte in die Schulferien fiel. Daß zu gewissen Zeiten und bei gewissen Personen die regelmäßigen Umstände häufiger und leichter durchbrochen werden, als zu anderen Zeiten und bei anderen Personen, macht die Ausnahme noch nicht zur Regel. Hieraus folgt, daß der Antrag der Klägerin bereits erloschen war, als der Beklagte ihn am 22. Juli durch Einlösung der Nachnahme annahm. Die unmittelbar darauf von der Klägerin erklärte Zurückweisung der Annahme des Angebots als verspäteter erscheint daher berechtigt. Damit ergibt sich zugleich, daß die Vorinstanzen mit Recht nach dem Klagantrage erkannt haben." RGZ. 62, 78 Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift des § 154 Abs. 2 BGB. BGB. § 154 Abs. 2. I. Zivilsenat. Urt. v. 18. November 1905. I. Landgericht I Berlin.
II. Kanunergericht daselbst.
Aus den G r ü n d e n : „Das Berufungsgericht folgert aus den Briefen des Klägers vom 11. und 18. März 1904, daß am 11. März 1904 — an welchem Tage unbestritten nach voraufgegangenen brieflichen Verhandlungen eine mündliche Willenseinigung der Parteien erzielt wurde — der Beklagte den Wunsch ausgesprochen, das Ergebnis der mündlichen Abreden schriftlich niedergelegt zu sehen, und der Kläger dem zugestimmt hat. Hierin kann nur die Feststellung gefunden werden, daß nach erzielter Willenseinigung von den Parteien die Beurkundung des Vertages verabredet worden ist.
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Wenn aber auf G r u n d d i e s e r Feststellung das Berufungsgericht unter Anwendung der Bestimmung des § 154 Abs. 2 BGB. zu der Annahme gelangt, daß ein Vertrag nicht geschlossen sei, so zeigt es damit, daß es von einer unrichtigen Auffassung der angezogenen Gesetzesvorschrift ausgeht. Die Vermutung, die der § 154 Abs. 2 aufstellt, greift dann nicht Platz, wenn die Parteien erst nach dem Zustandegekommensein einer Willenseinigung, die, an und f ü r sich betrachtet, nach den §§ 145—151. § 154 Abs. 1 BGB. einen fertigen Vertrag darstellt, dessen Beurkundung vera b r e d e n ; sie hat vielmehr zur Voraussetzung, daß die Beurkundungsabrede der vollständigen Willenseinigung vorhergegangen ist. Ist die Beurkundungsabrede erst hinterher getroffen, und von den Parteien nicht ausdrücklich festgesetzt, welche Bedeutung die aufzunehmende Urkunde haben soll, so ist hierüber nach den Umständen des Falls zu entscheiden. (Vgl. P r o t o k o l l e der Kommission f ü r die 2. Lesung usw. von Achilles usw. Bd. 1 S. 75. 87.88; die Kommentare zum Bürgerl. Gesetzbuch von P l a n c k , Bern. 2, von H o l d e r , Bern. 2, von v. S t a u d i n g e r , Bern. 4 zu § 154, von R e h b e i n , Bern. V 2 zu §§ 125—129; E n d e m a n n , Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts 8. Aufl.S. 304 bei Anm. 23, S. 308 bei Anm. 41 . . . " R G Z . 62, 267 Rechtliche Bedeutung der einer Willenserklärung beigefügten Voraussetzung. BGB. §§ 133, 157. II. Zivilsenat.
Urt. v. 9. Januar 1906.
I. Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen.
Aus den
II. Kammergericht daselbst.
Gründen:
„ N a c h der Feststellung des Berufungsgerichtes hat der Beklagte f ü r seine Restaurationsräume von der Klägerin deren patentierte amerikanische D r e h t ü r f ü r 3000 M . unter der als Bedingung gewollten Voraussetzung gekauft, daß die polizeiliche Genehmigung zur Anbringung der D r e h t ü r erteilt werde. Das Polizeipräsidium hat jedoch aus sichcrheitspolizeilichen G r ü n d e n die erforderliche Genehmigung endgültig versagt. Das Berufungsgericht hat deshalb — möge man dem Vertrag einen beliebigen rechtlichen Charakter geben — die Klage auf Zahlung des restlichen Preises abgewiesen u n d der auf Rückerstattung der geleisteten Ratenzahlungen des Kaufpreises gerichteten Widerklage stattgegeben, weil die Vertragsvoraussetzung nicht eingetroffen, und der Beklagte rechtzeitig den Rücktritt vom Vertrag erkärt habe. D e r Kläger rügt, die Annahme einer stillschweigenden Voraussetzung, wie solche das Berufungsgericht unterstelle, sei grundsätzlich zu verwerfen, weil einer solchen Annahme die Verwechslung eines Irrtums im Bewegg r u n d mit der Setzung einer Bedingung zugrunde liege. Diese Rüge geht fehl.
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Die Windscheid'sche Lehre von der Voraussetzung (vgl. Die Lehre des römischen Rechts von der Voraussetzung, Düsseldorf 1850; dazu W i n d s c h e i d - K i p p , Lehrbuch des Pandektenrechts 8. Aufl. Bd. 1 § 97flg. und Entsch. des ROHG.'s Bd. 19 S. 50), ist selbst in der Form abzulehnen, wonach Verträge keinen Bestand haben, wenn der eine Vertragsteil eine von ihm unterstellte Voraussetzung beim Vertragsschluß erkennbar gemacht hat, und diese Voraussetzung nicht eintrifft. Der erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs § 742, Motive Bd. 2 S. 842, erachtete eine stillschweigende Erklärung einer solchen Voraussetzung für wirksam. In den Protokollen der Kommission für die zweite Lesung Bd. 2 S. 690, wurde ausdrücklich festgestellt, daß für die W i n d s c h e i d'sche Lehre von der Voraussetzung niemand mehr eintrete, wie solche auch bereits in den Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 24 S. 169 zurückgewiesen worden war. In das Bürgerliche Gesetzbuch ist diese Lehre somit nicht übergegangen; sie würde in der Tat die Sicherheit des Verkehrs gefährden und den Unterschied zwischen Voraussetzung und Motiv verwischen. Soweit also nicht ausdrücklich eine solche Voraussetzung als Vertragsinhalt vereinbart ist, haben die Grundsätze über Treue und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte §§ 133. 157 BGB. bei Auslegung und Ermittlung des Parteiwillens die Entscheidung zu geben. Von diesem Gesichtspunkt aus hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts immer die Zulässigkeit des Rücktritts wegen veränderter Umstände beurteilt. (Vgl. Entsch. in Zivils. Bd. 50 S. 257,6 Bd. 60 S. 59). Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht verstoßen. In den Entscheidungsgründen wird nämlich ausgeführt, daß der Beklagte sich nach dem Zeugnis des Vertreters des Klägers nur unter dem Vorbehalt polizeilicher Genehmigung der Tür hat binden wollen. Da dieser Vertreter den Vertrag mit dem Beklagten abgeschlossen hat, so ist dieser Vorbehalt zum Vertragsinhalt erhoben worden. So wollen die Gründe des zweiten Richters verstanden sein." RGZ. 76, 364 Besteht die Gebundenheit des Antragstellers an den Vertragsantrag nach seinem erkennbaren Willen auch dann noch, wenn zu den Annahmeberechtigten ein Bevormundeter gehört, u n d die erforderliche G e n e h m i g u n g des Vormundschaftsgerichts d e m Antragsteller d u r c h den V o r m u n d erst nach Ablauf der gestellten Annahmefrist mitgeteilt wird ? BGB. §§ 152, 1829. V . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 10. Juni 1911. I. Landgericht Göttingen.
II. Oberlandesgericht Celle.
Für die Witwe B. stand eine Darlehnshypothek auf den Grundstücken des Beklagten eingetragen. Die Gläubigerin ist 1906 gestorben und von der Klägerin und deren zwei Brüdern beerbt worden, von denen
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einer, Adolf, geisteskrank war. Durch vormundschaftsgerichtlich genehmigten Erbauseinandersetzungsvertrag vom 26. September 1907 wurden sämtliche zum Nachlasse gehörige Vermögenswerte der Klägerin übertragen; insbesondere wurde auch die Hypothek auf diese umgeschrieben. Die nach halbjähriger Kündigung zurückzahlbare Hypothek wurde von der Klägerin am 16. April 1907 zur Rückzahlung am 20. Oktober 1907 gekündigt. Da Zahlung nicht erfolgte, erhob sie persönliche und dingliche Klage auf Zahlung und Duldung der Zwangsvollstreckung in die Grundstücke. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er rechnete mit zwei Gegenforderungen für Bauten und für Verwaltung auf, die aus der von ihm für die Erblasserin übernommenen Verwaltung einer ländlichen Besitzung entstanden seien. Die Klägerin bestritt diese Gegenforderungen; der Beklagte habe am 7. April 1905 in notarieller Urkunde der Erblasserin angetragen, ihr die Besitzung abzukaufen und für die Annahme des Antrags die Zeit vom 1. April 1908 bis zum 1. April 1910 bestimmt. Dieser Antrag sei von den Erben durch notarielle Urkunde vom 24. März 1909 angenommen worden. Das Landgericht verurteilte, indem es den Rechtsstreit, abzüglich der zweiten Gegenforderung, für entscheidungsreif erachtete, durch Teilurteil den Beklagten zur Zahlung von 24132,87 M. nebst Zinsen seit dem 1. Oktober 1906 und zur Duldung der Zwangsvollstreckung in die belasteten Grundstücke. Die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen. Auf seine Revision ist das Berufungsurteil aufgehoben, und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden. Aus den G r ü n d e n : . . . „Wohl aber sind in anderen Richtungen (§§ 145, 152, 184, 1829 BGB.) rechtliche Bedenken gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zu erheben. Es stellt fest, daß der Antrag vom 7. April 1905 in verbindlicher Weise angenommen worden ist. Einer derartigen Feststellung bedarf es, da, wenn die Annahme nicht von dem Berechtigten rechtzeitig erfolgt sein sollte, auf die Aufrechnungseinrede des Beklagten eingegangen werden müßte. . . . Festgestellt ist nun, daß die am 30. März 1910 erfolgte Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vom Vormunde dem Beklagten erst nach Ablauf der Annahmefrist, am 6. Oktober 1910, zugestellt worden ist; über die Zustellung der Annahmeerklärung vom 24. März 1909 ist nichts festgestellt. Die Bestimmung des § 152 BGB., wonach, wenn die Annahme in einer besonderen gerichtlichen oder notariellen Urkunde in Abwesenheit des Antragenden erfolgt, der Vertrag bereits mit dieser Beurkundimg der Annahme zustande kommt, gilt jedoch nur, wie § 152 BGB. ebenfalls besagt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist. Eine solche anderweite Bestimmung kann auch stillschweigend erfolgen; und es liegt mindestens die Annahme nahe, daß der Antragsteller, wenn er sich in seinem Antrage nur für eine gewisse Zeit gebunden hat, damit zu erkennen gegeben hat, daß er bis zum Ablaufe dieser Frist Gewißheit darüber haben
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•will, ob sein Antrag angenommen ist. Ob dies im vorliegenden Falle anzunehmen ist mit der Wirkung, daß der Beklagte andernfalls an seinen Antrag nicht mehr gebunden sein wollte, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 49 S. 132). Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß die Regelvorschrift des § 152 BGB. hier Platz greife, so verbliebe doch noch das fernere wesentliche Bedenken, daß bei dem Ablauf der Annahmefrist, am 1. April 1910, eine alle drei Erben der Witwe B. bindende Annahmereklärung gar nicht vorlag. Zwar hatte am 24. März 1909 neben der Klägerin und ihrem Bruder Hermann auch der Vormund ihres Bruders Adolf die Annahme zu notariellem Protokoll erklärt, wie auch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung am 30. März 1910, also noch innerhalb der Annahmefrist, erfolgt war. Nach § 1829 Abs. 1 Satz 2 BGB. wurde indessen diese Genehmigung dem Beklagten gegenüber erst durch Mitteilung vom 6. Oktober 1910 wirksam. Solange diese Mitteilung nicht erfolgt war, hing es von dem pflichtgemäßen Ermessen des Vormundes ab, ob er von der Genehmigung Gebrauch machen wollte, wozu er weder dem Vormundschaftsgericht, noch dem Beklagten gegenüber verpflichtet war. Bei dieser Sachlage erhebt sich aber die Frage, ob nach dem erkennbaren Willen des Beklagten seine Gebundenheit an den Vertragsantrag noch bestand, und ob somit die Möglichkeit eines Vertragsschlusses, den die Mitteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung gemäß dem allerdings anwendbaren § 184 BGB. mit rückwirkender Kraft hätte zur Wirksamkeit bringen können, noch gegeben war. Dies wird zu prüfen sein."
RGZ. 83, 104 Zur Frage des Erlöschens eines schriftlich übergebenen Vertragsantrags. BGB. §§ 146, 147. I I . Zivilsenat. Urt. v. 23. September 1913. I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
Die Hamburger Finanzdeputation hatte im Sommer 1910 eine Submission auf Lieferung von Schiefertafeln und Griffeln für die hamburgischen Volksschulen für die Jahre 1911/13 ausgeschrieben. Die Beklagte, die sich an der Ausschreibung beteiligen wollte, wandte sich aus diesem Anlaß an die Klägerin, die ihr bereits bei einer früheren Submission der Finanzdeputation im Jahre 1909 das Material geliefert hatte. Im August 1910 verhandelte der Inhaber der verklagten Firma, R., persönlich mit der Klägerin in N. Hierbei machte er der Klägerin den Vorschlag, daß der Beklagten statt 5%, wie bei der früheren Lieferung, jetzt 10% vergütet würden, wogegen die Beklagte bestimmte Unkosten tragen sollte. Die Klägerin lehnte den Vorschlag ab. Am Schlüsse der Verhandlungen übergab
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sie dem R. aber einen vom 15. August 1910 datierten Brief, inhalts dessen sie der Beklagten das Material für die Submission zu bestimmten Preisen anbot, ferner ausdrücklich erklärte, daß die mit der Beklagten im vergangenen Jahre getroffenen Vereinbarungen vom 17. und 27. August auch für diese Submission bestehen bleiben sollten, und schließlich aussprach, daß sie das Ergebnis der Submission schnellstens erwarte. In den bezogenen Briefen vom 17. und 27. August 1909 war die Vergütung für die Beklagte auf 5°o festgesetzt. R. nahm den Brief vom 15. August 1910 mit. Nach der Behauptung der Beklagten soll er ihn vorher nicht gelesen und noch bei der Empfangnahme in N. gesagt haben, er mache nur ab, wenn er 10 "i bekomme. Die Beklagte reichte sodann zu der Submission eine Offerte ein und forderte dabei Preise, die, von einer unerheblichen Ausnahme abgesehen, mit den von der Klägerin in dem Briefe vom 15. August 1910 angegebenen übereinstimmten. Am 19. August 1910 schrieb die Beklagte der Klägerin, sie habe sich gleich nach der Rückkehr ihres Inhabers um die Submission bemüht, sie habe wegen der schärferen Konkurrenz die „Eingabe" noch etwas herabgesetzt und füge eine „Aufgabe" bei, woraus Klägerin die verschiedenen Konkurrenzforderungen ersehen möge. Das Schreiben schloß: „Nun muß man abwarten, ob unsere Offerte von Erfolg gekrönt. Das Resultat werde Ihnen dann sogleich bekannt geben." Am 7. Oktober 1910 sandte die Beklagte der Klägerin ein Telegramm: „Zuschlag für Tafeln auf 3 Jahre erhalten M. 38715." Am 3. November 1910 kam die Beklagte auf das Verlangen, 10% Vergütung zu erhalten, zurück. Da die Klägerin unter Berufung auf ihren Brief vom 15. August 1910 ablehnte, verschaffte sie sich das Material für die ihr zugeschlagene Lieferung an den Staat anderweitig und weigerte sich, von der Klägerin abzunehmen. Die Klägerin behauptete, es sei zwischen den Parteien ein Vertrag mit den Bindungen, wie sie ihr Brief vom 15. August 1910 enthalte, zustande gekommen, die Beklagte sei mithin verpflichtet gewesen, die zu liefernden Sachen von ihr zu beziehen. Sie begehrte deshalb Ersatz des ihr durch die Nichterfüllung der Beklagten entstandenen Schadens. Die Vorinstanzen erkannten diesen Anspruch dem Grunde nach als berechtigt an. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Das Berufungsgericht unterstellt als richtig die Behauptung der Beklagten, daß ihr Inhaber den Brief der Klägerin vom 15. Augustl910 ungelesen von N. mitgenommen und noch bei der Empfangnahme des Briefes erklärt hat, daß er nur mit 10?;', Vergütung abschließen wolle. Dadurch nun, daß die Beklagte der Klägerin den Brief vom 19. August 1910 zugehen ließ, erachtet das Berufungsgericht das in dem Briefe vom 15. dess. Mts. liegende Angebot des Klägers für angenommen, also den Vertrag, auf den die Klage gestützt ist, für abgeschlossen. Die Revision bekämpft diese Ausführung in doppelter Richtung. Einmal sei der in dem
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Briefe vom 15. Augsut 1910 liegende Vertragsantrag der Klägerin am 19. August bereits erloschen gewesen und sodann enthalte der Brief der Beklagten keine ausreichende Annahmeerklärung. Beide Angriffe der Revision sind unbegründet. Wenn auch die Beklagte bei der Übergabe des Briefes vom 15. August noch erklärte, sie wolle nur mit 10°,, Vergütung abschließen, also das in dem Briefe liegende Vertragsangebot nicht annehmen, so mußte doch darin, daß ihr der Brief zum Mitnehmen belassen wurde, eine Erklärung der Klägerin erblickt werden, daß sie auch nach der Ablehnung der Beklagten an dem Vertragsangebote, wie es in dem Briefe vom 15. August enthalten war, festhalte, dieses Vertragsangebot wiederhole. Die Klägerin hat weiter, indem sie in ihrem Briefe, ohne eine andere Mitteilung zu erwähnen, nur um Mitteilung des Ergebnisses der Submission ersuchte, ihren Willen zum Ausdruck gebracht, daß sie auf eine Erklärung der Annahme verzichte (§151 BGB.). Dies hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum angenommen, indem es ausführt, daß, wenn die Beklagte demnächst nicht nur die mit der Klägerin besprochenen Preise gefordert, sondern auch die Muster der Klägerin der Behörde eingereicht habe, schon darin eine Annahme des Angebots erblickt werden könne. Hat die Klägerin auf eine Erklärung der Annahme verzichtet, so kommt für den Zeitpunkt des Erlöschens ihres Antrags nicht § 147 BGB. zur Anwendung, vielmehr bestimmt sich dieser Zeitpunkt gemäß § 151 BGB. nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen der Klägerin. Keinesfalls aber entscheidet, wie die Revision meint, der Abs. des § 147 BGB. Denn ein Antrag, der schriftlich abgefaßt dem anwesenden Antragsempfänger übergeben wird, gilt im Sinne des § 147 wie des § 13C BGB. als einem Abwesenden gemacht (Entsch. des RG.'s in Zivils. Bd. 61 S. 415flg., D ü r i n g e r - H a c h e n b u r g , Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. Bd. 2 S. 139). Er braucht deshalb nicht sofort angenommen zu werden, vielmehr bleibt der Antragende gebunden bis zu dem Zeitpunkt, in welchen: er den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen, bei Berücksichtigung einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmender Überlegungsfrist, erwarten darf. Die Annahme, von der das Berufungsgreicht ersichtlich ausgeht, daß die Klägerin bei Eingang des Briefes dei Beklagten vom 19. August 1910 noch an ihr Vertragsangebot gebunder war, ist hiernach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ausführungen dei Revision, das Vertragsangebot der Klägerin sei gemäß §§ 146, 147 Abs. ] BGB. am 19. August bereits erloschen gewesen, weil es schon bei Übergab« des Briefes abgelehnt, auch nicht sofort angenommen worden sei, sind nich gerechtsfertigt. Was nun den Brief der Beklagten vom 19. August 1910 anbetrifft stellt das Berufungsgericht fest, daß dieser Brief jedenfalls von der Klägerii nur dahin verstanden werden konnte, die Beklagte nehme nunmehr das Angebot an.". . .
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RGZ. 84, 320 Zum Begriffe des Vertragsschlusses nach § 151 BGB. und des Vertragsschlusses durch stillschweigende Willenserklärung. BGB. § 151. II. Zivilsenat. Urt. v. 2. Dezember 1913. I. Landgericht Stade.
II. Oberlandesgericht Celle.
Der Beklagte hatte der Firma W. B. & Co. in H. 360 Barrels Leinöl verkauft. Auf Grund dieses Abschlusses stellte die Käuferin am 23. November 1911 einen „Lieferschein" aus, wonach sie die Beklagte bat, an die Firma L. in H. oder deren Order 30 Barrels Leinöl auszuliefern. Der Schein gelangte durch Indossament der Firmen L. und A. an die Klägerin. Diese, die ihrerseits von A. 120 Barrels Leinöl gekauft und zur Erfüllung einer Monatsrate von A. den Schein erhalten hatte, sandte ihn am 28. November 1911 an die Beklagte. Dabei schrieb sie ihr, sie bitte, die Ware so schnell als möglich mit allererstem Eilschlepper der Vereinigten Elbschiffahrtsgesellschaften an ihre, der Klägerin, Adresse nach D. zu verladen. Die Beklagte übergab darauf am 2. Dezember 1911 die 30 Barrels den Vereinigten Elbschiffahrtsgesellschaften zur Beförderung und ließ einen ihr behändigten Ladeschein ausstellen, der die Klägerin als Empfängerin bezeichnete. Als sie wenige Tage später erfuhr, daß ihre Käuferin, die Firma W. B. & Co., ihre Zahlungen eingestellt habe, gab sie den Ladeschein der Schiffahrtsgesellschaft zurück und ließ sich einen anderen, auf ihre Order lautenden ausstellen. Den Lieferschein sandte sie mit einem vom 6. Dezember 1911 datierten, am 9. dess. Mts. eingegangenen Schreiben der Klägerin zurück. In dem Schreiben teilte sie der Klägerin mit, daß der Schein nicht zur Erledigung komme. Die Klägerin hatte inzwischen, am 6. Dezember 1911, der Firma A. den Kaufpreis für 30 Barrels mit 4003,55 M. gezahlt. Die Ware erhielt sie nicht geliefert. Mit der vorliegenden Klage verlangte sie den von ihr gezahlten Betrag von der Beklagten als Schadensersatz. Außerdem beantragte sie vorsorglich, daß die Beklagte ihr den Ladeschein über die von ihr verfrachtete Ware auszuhändigen, eventuell ihr 30 Barrels Leinöl zu liefern habe. Das Landgericht gab dem in erster Reihe gestellten Antrage statt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen: „Die Klägerin hat ihren Anspruch in erster Reihe auf ein Auftragsverhältnis gestützt. Sie behauptete, ihr Schreiben vom 28. November 1911 habe den Auftrag enthalten, die 30 Barrels Öl an sie zu verladen, die Beklagte habe den Auftrag angenommen, indem sie nicht nur den übersandten Lieferschein nicht unverzüglich zurückschickte, sondern auch die Ware der von der Klägerin bezeichneten Schiffahrtsgesellschaft zur Beförderung übergab. Das Landgericht ist dieser Auffassung der Klägerin
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beigetreten. Es ist der Ansicht, daß ein Auftrag zu einer unentgeltlichen Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB.) vorliege, der die Verfrachtimg der Ware zum Gegenstande gehabt habe und von der Beklagten durch schlüssige Handlungen angenommen worden sei. Das Berufimgsgericht hat es mit Recht abgelehnt, aus einem Auftragsverhältnis solchen Inhalts die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu folgern. Allerdings ist dabei ein anderer Grund als der von ihm angeführte entscheidend. Das Wesentliche der Verpflichtimg, deren Nichterfüllung den Schadensersatzanspruch der Klägerin begründen könnte, bestand nicht in der Verfrachtung, sondern in der Lieferung der Ware. Die Verfrachtung war nur eine Nebenleistung, die unbeschadet der gehörigen Erfüllung — etwa durch Lieferung von Ware, die sich bereits am Niederlassungsorte der Klägerin befand — auch ganz wegfallen konnte. Die Entscheidung kann deshalb überhaupt nicht davon abhängen, ob die Beklagte in Betreff der Verfrachtung etwas verfehlt hat, sondern es kommt nur darauf an, ob sie eine Lieferungspfiicht verletzt hat. Für den Fall, daß das Auftragsverhältnis nicht vorliegen sollte, hat die Klägerin auch die Verletzung einer Lieferungspflicht behauptet. Nach dem Tatbestande des Berufungsurteils hat sie die Verletzung einer solchen daraus abgeleitet, daß mit der Verladung der Ware an den von ihr beauftragten Frachtführer das Eigentum auf sie übergegangen sei und daß die Beklagte deshalb zu einer Abänderung des auf die Klägerin lautenden ursprünglichen Ladescheins nicht mehr befugt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat mit Recht diesen Eigentumsübergang verneint. Er würde voraussetzen, daß die Schiffahrtsgesellschaft nicht nur die Beförderung übernommen, sondern auch als Vertreterin der Klägerin bei der Eigentumsübertragung gehandelt hätte. Dafür liegt aber nichts vor. Schon deshalb ist diese Begründung der Klage hinfällig. Die Klägerin hat aber nach den Entscheidungsgründen des Urteils noch weiter geltend gemacht, die Beklagte habe sie als Gläubigerin an Stelle der Firma W. B. & Co. angenommen. Damit hat sie die Entstehung eines Vertragsverhältnisses behauptet, das unabhängig von der Eigentumsfrage die Lieferungspflicht begründete. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, daß ein solches Vertragsverhältnis nicht anzunehmen sei. Hiergegen richten sich die von der Revision erhobenen Beanstandungen. Im Ergebnis war aber der Auffassung des Berufungsgerichts beizupflichten. Zunächst ist es unzweifelhaft und auch von der Klägerin anerkannt, daß mangels formgerechter schriftlicher Annahme der unter § 363 HGB. fallenden Anweisung, wie sie in dem Lieferschein vom 23. November 1911 enthalten war, ein nach den Grundsätzen der Anweisung (§§783 flg. BGB.) zu beurteilendes Schuldversprechen der Beklagten nicht vorliegt. Das schließt jedoch nicht aus, daß aus irgendwelchen sonstigen Umständen eine Vertragshaftung der Beklagten zu folgern ist. Hierbei erhebt sich in erster Reihe die Frage, ob nicht nach § 151 BGB. ein die Lieferungspflicht der Beklagten ergebender Vertrag zustandegekommen ist. Die Klägerin Zivils. AUgem. Teil 3
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hat die Beklagte in dem Briefe vom 28. November 1911 ersucht, so sehn eil als möglich mit allererstem Eilschlepper die Ware an sie zu verladen. In dieser mit dem Wunsche des sofortigen Vollzugs verbundenen Aufforderung kann sehr wohl ein Vertragsantrag erblickt werden, bei dem die Klägerin auf die ihr gegenüber abzugebende Annahmeerklärung stillschweigend im Sinne des § 151 verzichtet hat. Zum Zustandekommen des Vertrags genügte es dann, wenn die Beklagte durch unzweideutige Handlungen, die nicht der Klägerin gegenüber vorgenommen zu werden brauchten und auch zunächst gar nicht zu ihrer Kenntnis zu gelangen brauchten, den endgültigen Annahmewillen kundgab. Im gegenwärtigen Falle hat nun die Beklagte auf die Aufforderung der Klägerin die Ware verfrachtet und den Ladeschein zunächst auf die Klägerin ausstellen lassen. Sie hat jedoch diesen Ladeschein, ohne den über das Gut nicht verfügt werden konnte, nicht aus der Hand gegeben und damit weitere Verfügungsmöglichkeiten sich gewahrt. Danach kam aber in dem, was sie getan hat, nicht eine endgültige Erklärung des Annahmewillens erblickt werden, sondern ihre Handlungen stellen sich nur dar als eine Vorbereitung zur endgültigen Kundgebung dieses Willens, die erst in der Absendung des auf die Klägerin lautenden Ladescheins enthalten gewesen wäre. Aus der Ausnahmevorschrift des § 151 kann deshalb der Klaganspruch nicht abgeleitet werden. Es fragt sich aber weiter, ob nicht mit der Revision anzunehmen ist, daß es nach den sonstigen Grundsätzen über stillschweigende Willenserklärungen zu einem den Klageanspruch ergebenden Vertragsverhältnis zwischen den Parteien gekommen ist oder ob nicht wenigstens die Beklagte sich so verhalten hat, daß sie sich gefallen lassen muß, so behandelt zu werden, wie wenn sie die Lieferung versprochen hätte. In dieser Beziehung ist einmal von Bedeutung, daß die Beklagte zunächst, ohne eine Ablehnung zu erklären, den Lieferschein behielt. Ferner kommt auch hier in Betracht, daß sie die Verfrachtung entsprechend der Aufforderung der Klägerin vorgenommen und auch den Ladeschein zunächst auf die Klägerin hat ausstellen lassen. Die Revision ist der Meinung, dieses Verhalten habe die Klägerin, die daraufhin den Kaufpreis für das Öl an ihre Verkäuferin gezahlt habe, nicht anders verstehen können, denn als Annahme des von ihr erteilten Auftrags. Diese Auffassung wäre richtig, wenn die Beklagte der Klägerin gegenüber die erwähnten Umstände als sog. schlüssige Handlungen gegen sich gelten lassen müßte. Das trifft aber einmal nicht zu, soweit die Verfrachtung und die Ausstellung des Ladescheins in Frage stehen. Die Beklagte hat nicht etwa selbst von diesen Vorgängen die Klägerin benachrichtigt. Vielmehr erhielt die Klägerin nach ihrem Vorbringen davon Kenntnis durch die Schiffahrtsgesellschaft. Wie sie vorträgt, hat sie am 28. November 1911 nicht nur an die Beklagte die mehrerwähnte Aufforderung gerichtet, sondern gleichzeitig auch an die Schiffahrtsgesellschaft wegen der Beförderung der Ware geschrieben und als Antwort darauf die vom 5. Dezember datierte Mitteilung der Gesellschaft erhalten, daß die Ware an-
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geliefert sei und (an die Klägerin) abgehen werde. Daß die Beklagte von dieser Mitteilung der Gesellschaft Kenntnis hatte oder auch nur zu haben brauchte, ist nicht festgestellt und von der Klägerin auch nicht behauptet. Nach dem an sie selbst gelangten Schreiben der Klägerin vom 28. November halte sie keinen Anlaß, mit einer solchen seitens der Gesellschaft der Klägerin zugehenden Benachrichtigung zu rechnen, da in dem Schreiben nichts davon erwähnt war, daß die Klägerin sich auch mit der Gesellschaft in Verbindung gesetzt habe. Wenn deshalb die Klägerin aus der ihrer Aufforderung entsprechenden Verfrachtung entnahm, daß sie die Ware geliefert erhalten werde, und wenn sie daraufhin den Kaufpreis an ihren Verkäufer zahlte, so beruhte dies auf Umständen, die die Beklagte nicht berühren. Die Beklagte brauchie mit einer solchen Kenntnis der Klägerin nicht zu rechnen, sondern durfte davon ausgehen, daß ihre Handlungen das blieben, was sie an sich allein waren, nämlich eine Vorbereitung der zwar beabsichtigten, damit aber nicht versprochenen Erfüllung. Als schlüssige Annahmehandlung kann daher der Beklagten die Verfrachtung und die Ausstellung des ursprünglichen Ladescheines nicht zugerechnet werden; ebensowenig kann gesagt werden, die Beklagte habe sich damit der Klägerin gegenüber so verhalten, daß sie sich gefallen lassen müsse, als Vertragsgegnerin der Klägerin behandelt zu werden. Dasselbe gilt von der Zurückhaltung des Lieferscheins und von der unterbliebenen Ablehnung der Aufforderung der Klägerin. Die Parteien standen in keinem Vertragsverhältnis, es waren auch, soweit erkennbar, keine sonstigen mit der vorliegenden Angelegenheit zusammenhängenden besonderen geschäftlichen Beziehungen zwischen ihnen vorhanden. D i e Beklagte hat ferner den Lieferschein nicht überhaupt zurückbehalten und nicht überhaupt geschwiegen, vielmehr nur nicht alsbald den Schein zurückgeschickt und die Ablehnung erklärt, sondern etwa eine Woche damit gezögert. Unter diesen Umständen und da die Beklagte nicht wissen konnte, daß die Klägerin einstweilen ihrem Verkäufer den Kaufpreis zahlen werde, ist in dem Zuwarten der Beklagten kein Verhalten zu finden, das sie als Annahme gegen sich gelten lassen müßte. Da somit die Parteien überhaupt nicht in ein Vertragsverhältnis getreten sind, das eine Lieferungspflicht der Beklagten ergeben könnte, ist kein Raum mehr für die Prüfung, welcher Art das Vertragsverhältnis im Falle seines Zustandekommens gewesen wäre, ob insbesondere die Beklagte nur im Umfange der ihr der Firma W. B. & Co. gegenüber obliegenden Leistungspflicht sich gebunden hätte oder ob eine darüber hinausgehende, mit abstrakter Wirkung versehene Verpflichtung eingetreten wäre." R G Z . 90, 166 Gelten für Gespräche, die mittels Fernsprechers von Person zu Person geführt werden, grundsätzlich die gleichen Regeln wie für Gespräche unter Anwesenden ? Insbesondere bei einem Mißverständnis ?
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BGB. § 147 Abs. 1. II. Zivilsenat.
Urt. v. 20. April 1917.
I.Landgericht Bremen, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht Hamburg.
Die Fragen sind vom Reichsgerichte bejaht worden. Gründe: . . . „Die drei Kaufgeschäfte, auf die sich die Klage stützt, wurden unter Vermittelung des Klägers H. in Bremen getätigt. H. hat darüber jeder Partei Schlußscheine zugestellt, laut deren die Verkäufe unbedingt abgeschlossen sind. Die Beklagte hat aber geltend gemacht, sie habe nur unter der ausdrücklichen — wenn sie gestellt ist, wie feststeht, ausgefallenen — Bedingung verkaufen wollen und verkauft, daß ihr die vereinbarte Ware von ihrem holländischen Ablader geliefert werden würde; sie habe das von vornherein dem H. erklärt, und es sei dieser ihr Vorbehalt sowohl von ihrem damaligen Mitinhaber St. telephonisch als von H., von diesem insbesondere bei Überreichung der ersten Schlußnote, persönlich dem Kläger übermittelt worden. Der Berufungsrichter hat dazu ausgeführt: Beide Parteien hätten die von dem Mäkler ausgestellte, eine Bedingung nicht enthaltende Schlußnote vorbehaltlos angenommen; damit sei der Inhalt der Schlußnote Vertragsinhalt geworden und stehe der unbedingte Geschäftsabschluß fest — es sei denn, daß die Bedingung, wie die Beklagte behaupte, dem Kläger telephonisch von St. oder persönlich durch H. übermittelt worden sei. Volle Klarheit sei durch die stattgehabten Beweisaufnahmen nicht erbracht. Es könne nicht als bewiesen gelten, daß der Kläger von H. über die Unvollständigkeit der im Schlußzettel enthaltenen Aufzeichnungen aufgeklärt worden sei. Es frage sich daher nur, ob der Kläger telephonisch von St. erfahren habe, daß die Beklagte nur bedingt abschließen wollte. Auf Grund der anderweit unterstützten Angaben des St. sei es als wahr zu erachten, daß St. während des mit dem Kläger geführten Gesprächs anläßlich des ersten Abschlusses geäußert habe: er schließe ab unter dem Vorbehalt, daß der Ablader die verkaufte Ware liefere. Fraglich sei lediglich, ob diese Erklärung Vertragsinhalt geworden sei. Das sei nur dann der Fall, wenn der Kläger sie richtig verstanden und dem Vorbehalt ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt habe. Es sei nun nicht ausgeschlossen, daß ein Mißverständnis vorliege; daß der Kläger, wie bei Telephongesprächen nicht selten, den Gegner falsch verstanden habe. Es erscheine angezeigt, dem Kläger den richterlichen Eid anzuvertrauen, daß er bei jenem Telephongespräche mit St. von dem Vorbehalt der Beklagten nichts erfahren habe. Leiste er den Eid, so stehe fest, daß alle drei Geschäfte unbedingt geschlossen seien; verweigere er den Eid, so sei hinsichtlich des ersten Abschlusses und dann zugleich auch bezüglich der beiden weiteren Abschlüsse das Gegenteil erwiesen. Die Revision der Beklagten ist begründet. Nach den Feststellungen des Berufungsrichters hat St. bei dem telephonischen Gespräche mit dem
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Kläger die Erklärung abgegeben, nur unter dem Vorbehalt (der Bedingung) 2xi verkaufen, daß sein holländischer Ablader die Ware liefere. Der Berufungsrichter erachtet es für nicht ausgeschlossen, daß der Kläger, an den die Erklärung gerichtet war, sie falsch verstanden und infolge dieses falschen Verstehens der gegnerischen Erklärung auf den Abschluß des streitigen Geschäfts eingegangen ist. Zur Hebung der darüber bestehenden Zweifel hat der Berufungsrichter auf den richterlichen Eid für den Kläger erkannt, daß er bei jenem Gespräche die Bedingung der Beklagten nicht erfahren habe, und für den Fall der Eidesleistung die Klage zugesprochen. Das beruht auf Rechtsirrtum. Das von St. als dem damaligen Mitinhaber der Beklagten und dem Kläger mittels Fernsprechers von Person zu Person geführte Gespräch gilt als unter Anwesenden geführt (§ 147 Abs. 1 BGB., RGZ. Bd. 61 S. 126); es haben daher grundsätzlich auch die gleichen Regeln wie für Gespräche unter Anwesenden Platz zu greifen. Hat nun bei einem solchen Gespräche, bei dem das Gesprochene als dem Gegner sofort zugegangen zu erachten ist, der eine Teil zu der von dem anderen Teile ausdrücklich abgegebenen Erklärung sich in einem zustimmenden Sinne geäußert, weil er die Erklärung des anderen Teiles falsch verstanden hatte, so mögen zwar Zweifel darüber bestehen können, ob ein Vertrag zustande gekommen ist und derjenige, demgegenüber die Erklärung unzweideutig abgegeben war, seine nur infolge des falschen Verstehens dem Vertragsabschlüsse zustimmende Erklärung wegen Irrtums (§ 119 BGB.) anfechten kann; oder ob bei dem Auseinanderfallen der beiderseitigen Erklärungen mangels Willenseinigung ein Vertrag überhaupt nicht zustande gekommen ist. Aber keinenfalls kann derjenige, der seine Erklärung infolge seines falschen Verstehens irrtümlich abgegeben hat, nun dasjenige, was er irrtümlich als vom Gegner erklärt angenommen hatte, als wirklich erklärt und als Vertragsinhalt seinen Ansprüchen zugrunde legen. Demgemäß kann der Kläger, entgegen der Auffassimg des Berufungsrichters, aus dem Vertrage, den er nur irrtümlich für bedingungslos geschlossen erachtete und bezüglich dessen die Beklagte erklärt hatte, ihn nur bedingt abzuschließen, nicht Rechte ableiten, wie wenn der Vertrag bedingungslos zustande gekommen wäre. Da die betreffende Bedingung, wie festgestellt ist, ausgefallen ist, war die Klage in jedem Falle hinfällig. Daß die von dem Mäkler unterzeichneten, den Parteien zugestellten Schlußnoten von der Bedingung nichts enthalten, ist unerheblich. Den Schlußnoten (§ 94 Abs. 1 HGB.) kommt eine formelle Beweiskraft nicht zu, und wenn auch aus der vorbehaltlosen Annahme der Note in der Regel gemäß § 346 HGB. die Genehmigung des Geschäfts mit dem Inhalt, wie ihn die Schlußnote besagt, zu folgern sein wird (ROHG. Bd. 13 S. 292; RGZ. Bd. 58 S. 367, Bd. 59 S. 350; Jur. Wochenschr. 1909 S. 57), so muß das doch hier entfallen, wo die Beklagte durch ihren Mitinhaber St., als sie die Schlußnote sah, dem Kläger sofort durch den Fernsprecher erklärte, nur bedingt abzuschließen, und wo der Kläger, als ihm demnächst H. die Schlußnote übergab, nur glaubte unbedingt abgeschlossen zu haben.
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Danach war das Berufungsurteil aufzuheben und das erstinstanzliche, die Klage abweisende Urteil wieder herzustellen." R G Z . 92, 232 A n n a h m e eines Vertragsantrags unter Abänderungen. Nichte r f ü l l u n g einer f ü r d e n A b s c h l u ß gestellten e r s c h w e r e n d e n Bedingung. BGB. § 150 Abs. 2. I. Z i v i l s e n a t .
Urt. v. 20. Februar 1918.
I. Landgericht Görlitz, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht Breslau.
Die Klägerin behauptet, zwischen den Parteien sei auf Grund des Briefes der Beklagten vom 15. Juni 1916 und desjenigen der Klägerin vom 17. Juni 1916 ein Vertrag zum Abschlüsse gekommen, wonach die Beklagte a) einen 200 Zentner-Waggon Eichenfurniere von etwa 22000 qm unverpackt, b) 2500 qm derselben Ware verpackt, c) 4000 qm derselben Ware ebenfalls verpackt zum Preise von 30 Pfg. für das qm ab Waggon des Fabrikanschlusses der Beklagten in Görlitz unter der Zahlungsbedingung: Kassa innerhalb 30 Tagen dato Faktura ab 2 % Skonto verkauft und d) weitere 100000 qm (einschl. der zu a genannten) derselben Ware zu gleichen Bedingungen bis 31. August 1916 auf Abruf an die Hand gegeben habe. Die Beklagte bestritt den Abschluß des Geschäfts und lehnte die Erfüllung ab. Die Klägerin erhob Klage auf Schadensersatz. Das Landgericht erklärte den Klaganspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision wurde zurückgewiesen. Gründe: „Das Oberlandesgericht geht zutreffend davon aus, daß durch den unter den Parteien zwischen dem 27. Mai und 15. Juni 1916 stattgehabten Brief- und Telegrammwechsel eine Einigung über den von der Klägerin behaupteten Lieferungsvertrag nicht zustande gekommen ist und die Beklagte vom 15. Juni 1916 an völlige Freiheit der Entschließung hatte. Am 15. Juni 1916 machte die Beklagte der Klägerin brieflich folgenden neuen Vertragsantrag: Die von Herrn O. G. seinerseits hier besichtigten Eichenfurniere sind inzwischen zum größten Teile verkauft, wir können zum größten Teile nur noch Ware, wie sie am Lager, aber gleich gut, eher noch besser ist, liefern. Hiervon sollen 200 Zentner = 22000 qm als Probewaggon sofort geliefert und 100000 qm (einschl. der 22000 qm) bis 31. August 1916 auf Abruf an die Hand gegeben werden. Die Ware wird lose verpackt versandt. Die Abnahme hat an Ort und Stelle in Gö. zu erfolgen, oder es ist anstandslose Abnahme am Bestimmungsorte zuzusichern. Unkontraktliche Ware darf nicht zurückgewiesen werden, die Ware muß so genommen werden, wie sie am Lager sortiert ist und der von O. G. besichtigten ent-
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spricht. Geliefert werden sollen mit dem Probewaggon auch 2500 qm und 3 bis 4000 qm verpackt. Unsere Zahlungsbedingungen sollen Sie extra ausdrücklich im Wortlaut anerkennen und zwar lauten dieselben: „Kassa innerhalb 30 Tagen dato Faktura abzüglich 2 °ö Skonto Erfüllungsort G ö . . . " Wir erwarten genauen definitiven Bescheid. Die Klägerin erwiderte hierauf am 17. Juni 1916: Wir entnehmen aus Ihrem Schreiben vom 15. zu unserem Bedauern, daß die Partie Furniere, welche Herr O. G. besichtigte, nicht mehr vorhanden ist. Wir wollen aber, da Sie schreiben, daß Sie die Furniere aus dem übrigen Teile Ihres Lagers liefern wollen, in nicht geringerer, sondern eher besserer Qualität, als Herr O. G. besichtigte, dieser Ihrer Versicherimg Glauben schenken, und wollen Sie dementsprechend das erste Geschäft in Übereinstimmung mit Ihrem Schreiben als in Ordnung gegangen betrachten. Natürlicherweise setzen wir als ganz selbstverständlich voraus, daß Sie uns keine Furniere schicken, welche nicht mit dem Durchschnitte der von O. G. besichtigten übereinstimmen, daß also einzelne schlecht fallende Blöcke zurückgelassen werden. Nach Erhalt dieses Briefes vom 17. Juni 1916 schrieb die Beklagte der Klägerin am 19. Juni 1916, daß sie im Zusammenhange mit einem der Klägerin noch am 18. Juni 1916 gesandten Briefe ihren Vertragsantrag vom 15. Juni 1916 als abgelehnt ansehe, da die Klägerin nicht wegen der Zahlungsbedingungen und der Abnahme die erforderten Erklärungen und Zusicherungen abgegeben habe, daß sie sich auf weitere Verhandlungen auch jetzt nur noch einlasse auf der Grundlage der Vorauszahlung vor Verladung. Das Oberlandesgericht ist der Beklagten darin beigetreten, daß durch den Briefwechsel vom 15. und 17. Juni 1916 ein Vertrag nicht zum Abschlüsse gelangt ist. Es gibt für seine Entscheidung zwei selbständige Gründe, von denen jeder die Entscheidung trägt und die sich beide als rechtlich einwandfrei erweisen. Das Oberlandesgericht nimmt zunächst an: In dem Briefe vom 17. Juni 1916 erkläre die Klägerin zwar, daß das Geschäft in Übereinstimmung mit dem Vertragsantrage vom 15. Juni 1916 als in Ordnung gehend zu betrachten sei, die Klägerin füge dann aber hinzu, sie betrachte es als ganz selbstverständlich, daß keine Furniere geschickt würden, welche nicht mit dem Durchschnitte der von O. G. besichtigten übereinstimmten, daß also einzelne schlecht fallende Blöcke zurückgelassen würden. Durch diesen Zusatz habe die Klägerin eine neue Vertragsbedingung aufgestellt, die sich nicht mit dem Vertragsantrage vom 15. Juni 1916 vereinigen lasse, so daß dieser Antrag nicht vorbehaltlos angenommen, sondern gemäß § 150 Abs. 2 BGB. als abgelehnt anzusehen sei. Diese Annahme des Oberlandesgerichts ist nicht, wie die Revision meint, rechtsirrtümlich, vielmehr zu billigen. In dem Vertragsantrage vom 15. Juni 1916 hatte die Beklagte völlig zweifelsfrei die Bedingung gestellt, daß die Ware so genommen werden müsse, wie sie am Lager sortiert sei, oder daß anstandslose Abnahme dieser Ware am Bestimmungsorte zugesichert werden müsse. Wenn die Klägerin, die sich im übrigen zwar mit dem Vertragsantrag einverstanden erklärte,
312 dieser Erklärung gleichwohl den Zusatz hinzufügte, daß die Nichtlieferung von nicht mit dem Durchschnitte der von O. G. besichtigten übereinstimmenden Furnieren und die Zurücklassung einzelner schlecht fallender Blöcke vorausgesetzt werde, so konnte die Beklagte diesen Zusatz nach Treu und Glauben nur so auffassen, daß damit dem Vertrag ein von der Bedingimg, daß die Ware, so wie sie sortiert sei, abzunehmen sei, abweichender Inhalt gegeben werde, um so mehr, als die Beklagte auch schon in dem vor dem 15. Juni 1916 liegenden Briefwechsel der Klägerin gegenüber zum Ausdruck gebracht hatte, daß sie auf die Zusicherung anstandsloser Abnahme entscheidendes Gewicht lege. Um den Ausdruck eines bloßen Wunsches, wie die Revision meint, handelte es sich bei dem Zusätze nicht, vielmehr um das Ansinnen einer Änderung eines wesentlichen Punktes des Vertragsantrags, so daß das Oberlandesgericht mit Recht die Voraussetzimg des § 150 Abs. 2 BGB. als gegeben erachtet hat. Aus den Briefen der Beklagten vom 18. und 19. Juni 1916 ergibt sich auch, daß tatsächlich die Beklagte den Zusatz sofort als eine Änderung ihres Vertragsantrags aufgefaßt, wie sie denn auch hieraus damals die Ablehnung ihres Antrags entnommen hat. Das Oberlandesgericht nimmt in zweiter Linie an, daß ein Vertrag durch die Briefe vom 15. und 17. Juni 1916 auch deshalb nicht zum Abschluß gekommen sei, weil die Klägerin das Verlangen der Beklagten auf ausdrückliche Anerkennung der Zahlungsbedingungen im Wortlaut in ihrem Annahmebescheide vom 17. Juni 1916 nicht erfüllt habe. Auch diese Annahme erweist sich bei der gegebenen Sachlage als rechtlich einwandfrei. Zwar kann nicht bezweifelt werden, daß die Klägerin sich in ihrem Bescheide vom 17. Juni 1916 mit den Zahlungsbedingungen des Vertragsantrags vom 15. Juni 1916 einverstanden erklärt hatte. Die Beklagte hatte aber in ihrem Antrage bestimmt und klar verlangt, daß die Klägerin die mitgeteilten Zahlungsbedingungen „extra ausdrücklich im Wortlaut" in dem Annahmebescheide „anerkenne", und das Oberlandesgericht nimmt, wie seine Ausführungen zu verstehen sind, an, daß die Klägerin dieses Verlangen nur dahin auffassen konnte, die Beklagte wolle von der Wiederholung der Zahlungsbedingungen im Wortlaut in dem Annahmebescheide den Abschluß des Vertrags abhängig machen. Diese Annahme erweist sich durch die Fassung des Annahmeantrags vom 15. Juni 1916 in Verbindung mit dem voraufgegangenen Schriftwechsel als einwandfrei. Ist hiervon abei auszugehen, so muß dem Oberlandesgerichte darin beigetreten werden, daß die Klägerin, da sie in ihrem Annahmebescheide vom 17. Juni 1916 das Verlangen wörtlicher Anerkennimg der Zahlungsbedingungen nicht erfüllte, durch das Annahmeschreiben vom 17. Juni 1916 auch den Vertrag gemäß dem Antrage vom 15. Juni 1916 nicht zum Abschluß gebracht hat. Die einfache Annahmeerklärung genügt dann nicht, um einen Vertrag gemäß dem Vertragsantrage zum Abschluß zu bringen, wenn, wie vorliegend der Antrag gegenüber dem Gegner von dem Antragenden als für ihn bindend kerennbar davon abhängig gemacht war, daß in der Annahmeerklärimg
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das Einverständnis mit den Zahlungsbedingungen in der Form ihrer Anerkennung durch wörtliche Wiederholung der Bedingungen zum Ausdruck gelange. In solchem Falle ist der Vertrag nur bei Erfüllung auch der f ü r den Abschluß erschwerenden Bedingung zustande gekommen, und das ist hier nicht der Fall (§ 150 Abs. 2 BGB.). Die Beklagte hat sich denn auch wegen dieses Punktes sofort nach Erhalt des Bescheides vom 17. Juni 1916 mit Recht in ihrem Briefe vom 19. Juni 1917 auf den Standpunkt gestellt, daß die Klägerin ihre Forderung hinsichtlich der Zahlungsbedingungen f ü r den Vertragsabschluß nicht, wie sie verlangt habe, in dem Annahmebescheid erfüllt und deshalb den Vertragsantrag abgelehnt habe." R G Z . 95, 51 1. Zum Unterschied zwischen fehlender Willenseinigung der Vertragschließenden und dem Irrtum einer Partei über den Inhalt ihrer Erklärung. 2. Zum Begriff der Aufwendungen des Beauftragten, insbesondere beim Zahlungsauftrag. BGB. §§ 155, 119, 670. VI. Z i v i l s e n a t . I. Landgericht Hamburg.
Urt. v. 1. Juli 1918. II. Oberlandesgericht daselbst.
Der frühere Notar B. hat unter Ausnutzung der Vertrauensseligkeit und Arglosigkeit seines Schwagers Hans F., eines Teilhabers der Beklagten, auf folgende Weise von dem Kläger 40000 M . erschwindelt. Für die Geschwister H. waren auf Grundstücken in Volksdorf, die sie verkauft hatten, Restkaufpreishypotheken im Gesamtbetrage von 92000 M . eingetragen. B., der das Hypothekengeschäft besorgt hatte, ließ hierfür Hypothekenbriefe ausstellen, die er einbehielt. Auf Grund erschlichener Vollmachten der Geschwister H. fertigte er Urkunden an, wonach sie von jenen Hypotheken den Teilbetrag von 40000 M. an die Beklagte abtraten. Ihm selbst standen Hypotheken auf Wilhelmsburger Grundstücken zu, die er im abgelockten Einverständnis des Hans F. auf den Namen der Beklagten umschreiben ließ. Er bestimmte den Hans F., ihm eine Blankettunterschrift zu erteilen, damit er über diese Hypotheken verfügen könne. Das Blankett füllte er aber dahin aus, daß die Beklagte die ihr von den Geschwistern H. abgetretenen Hypotheken weiter auf den Kläger übertrug. Gegen diese Abtretung erwirkte er als angeblicher Vertreter der Beklagten von dem Kläger die Bewilligung eines Darlehens von 40000 M . Unterm 12. Oktober 1911 veranlaßte er sodann unter der Vorspiegelung, es handle sich um die Wilhelmsburger Hypotheken, den Hans F., nachstehendes Schreiben an den Kläger zu richten: „Wir ersuchen Sie höflich, die Valuta f ü r die Ihnen am 11. Oktober 1911 abgetretene Hypothek an das Konto des Notars Dr. B. abzuschreiben". Darauf zahlte der Kläger nach Empfang der Hypotheken-
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briefe 40000 M. an den Notar B. Die Teilhaber der Beklagten hatten von dem Betrug keinerlei Kenntnis. B. ist flüchtig gegangen und später bestraft worden. In einem Vorprozesse haben die Geschwister H. gegen den Kläger die Rückgabe der Hypothekenbriefe erstritten. Der Kläger fordert nunmehr von der Beklagten Erstattung der 40000 M., sei es aus Darlehen, sei es aus dem durch das Schreiben vom 12. Oktober 1911 ihm erteilten Auftrag. Beide Vordergerichte haben die Beklagte klagegemäß verurteilt. Ihre Revision hatte keinen Erfolg. Aus den G r ü n d e n : (Zunächst wird die Begründetheit der Rüge, daß mit dem Schreiben vom 12. Oktober 1911 ein Darlehens vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei, in Zweifel gezogen, aber dahingestellt gelassen und fortgefahren:) . . . „Denn jedenfalls bildet das Schreiben einen Zahlungsauftrag der Beklagten an den Kläger, aus dem sie erstattungspflichtig geworden ist. In den Vorinstanzen ist die Frage gar nicht streitig gewesen, ob etwa die Willenseinigung über den Auftrag dadurch gehindert wurde, daß der Kläger ihn dahin verstand, er solle gegen Abtretung der Volksdorfer Hypotheken an B. als Empfangsbevollmächtigten der Beklagten zahlen, während die Beklagte meinte, er solle gegen Abtretung der Wilhelmsburger Hypotheken die Valuta an B. als Darlehensnehmer entrichten. Die Bedenken der Revision zu diesem Punkte greifen nicht durch. Die Parteien waren darüber einig, daß der Kläger die Valuta der von der Beklagten an ihn abgetretenen Hypotheken dem B. auszahlen sollte. Wilhelmsburger Hypotheken waren überhaupt nicht an ihn abgetreten worden, sondern nur die Volksdorfer Hypotheken. Der Auftrag der Beklagten,wie er erklärt wurde, hatte also objektiv keinen andern Inhalt und Gegenstand als die Bezahlung der Valuta der Volksdorfer Hypotheken, und der Kläger konnte ihn nach der Sachlage gar nicht anders verstehen, da ihm andere als die Volksdorfer Hypotheken nicht abgetreten waren. Die Beklagte m u ß sich daher gefallen lassen und als damit einverstanden erachtet werden, daß der Kläger an B. die Valuta der ihm abgetretenen Hypotheken zahlte. Hat Hans F. andere Hypotheken im Auge gehabt, so hat er sich über den Inhalt seiner Erklärung geirrt, der Vertrag ist jedoch zustande gekommen. Der Vertrag ist auch, da die Beklagte ihn nicht angefochten hat, wirksam geblieben. Während das Landgericht in der Zahlung der 40000 M . an B. eine Aufwendung im Sinne des § 670 BGB. sieht, die die Beklagte zu erstatten habe, läßt das Berufungsgericht die Zahlung nicht als Aufwendung gelten. Darunter sei eine auf freiem Willen beruhende Auslage und Aufopferung von Vermögenswerten zur Erreichung eines bestimmten Zweckes zu verstehen. Davon könne hier nicht wohl gesprochen werden, da es sich u m keine Auslage oder Aufopferung zur Erreichung des Auftragszwecks, sondern um die Erfüllung des Auftrags selbst gehandelt habe. Die Ersatzpflicht
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der Beklagten gründe sich vielmehr darauf, daß sie schuldhaft bei Erteilung des Auftrags den Schaden des Klägers verursacht habe. Ihr Verschulden bestehe in der unbestimmten Fassung des Zahlungsauftrags in Verbindung mit der sorglosen Abgabe der Blankettunterschrift durch Hans F. Diese Ausführungen sind in ihrem ersten Teil rechtsirrtümlich; die Unterscheidung zwischen Aufwendungen zur Erreichung des Auftragszwecks und Erfüllung des Auftrags durch Aufwendungen ist verfehlt und widerspricht dem Wesen des Auftrags wie dem § 670 BGB. Im allgemeinen ist jede Leistimg von Vermögenswerten zur Ausführung des Auftrags als Aufwendung des Beauftragten anzusehen. Die Vorschrift des § 670 betrifft hauptsächlich den Fall, wo der Beauftragte aus eigener Entschließung solche Aufwendungen macht. Selbstverständlich gilt sie auch dann und vornehmlich dann, wenn die Aufwendungen auf dem ausdrücklichen Geheiß des Auftraggebers beruhen, also die Erfüllung des Auftrags darstellen. Die Pflicht zur Erstattung solcher befohlenen oder gewünschten Aufwendungen folgt schon ohne weiteres aus der Natur des Auftrags. So ist die Aufwendung der bestimmten Geldsumme, die zur Ausführung des Auftrags geschieht, für Rechnung des Auftraggebers an einen Dritten zu zahlen, der Regelfall des Zahlungsauftrags. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts würde der Auftraggeber zur Erstattung des ausgelegten Geldes nur im Falle des Verschuldens verpflichtet sein. An der Erstattungsverbindlichkeit der Beklagten wird auch dadurch nichts geändert, daß der Auftrag sich im Rahmen des vermeintlichen Darlehnsvertrags bewegt hat. Immer muß die Beklagte dafür einstehen, daß der Kläger auf ihre Weisung die Zahlung an B. bewirkt hat. Das Wesentliche des Auftrags war, und darauf ist es dem B., der ihn veranlaßt hat, allein angekommen, daß an ihn gezahlt werden sollte. Daher kommt auch die Täuschung, welcher der Kläger dadurch unterlegen ist, daß B. ihm die erschlichenen Hypothekenbriefe ausgefolgt hat, nicht in Betracht. Denn mag auch der Kläger ohne Einhändigung der Hypothekenbriefe das Geld nicht hergegeben haben, so ist er doch durch den Auftrag bestimmt worden, die Zahlung an B. zu leisten, und nur hierdurch ist der Verlust eingetreten. Hiernach kommt es auf ein Verschulden der Beklagten bei Erteilung und auf ein mitwirkendes Verschulden des Klägers bei Ausführung des Auftrags nicht an." . . . R G Z . 96, 1 6 1 W a n n und unter welchen B e d i n g u n g e n kann die Zentrale einer B a n k für die A b w i c k e l u n g von Geschäften in A n s p r u c h g e nommen werden, die ein K u n d e mit einer Filiale der B a n k eing e g a n g e n ist ?
BGB. § 157. I . Z i v i l s e n a t . Urt. v. 25. Juni 1919. I. Landgericht I Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
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Die Londoner Niederlassung der beklagten Bank hatte im Jahre 1914 im Auftrage und für Rechnung des Klägers in New York 80 Anteilscheine eines amerikanischen Unternehmens gekauft und bei der dortigen Firma M., Sch. & Co. in Verwahrung gegeben. Die Londoner Niederlassung der Beklagten wurde nach Kriegsausbruch auf Anordnung der englischen Regierung unter die Aufsicht eines Zwangsverwalters gestellt. Der Kläger, dem ein Verkehr mit der Niederlassung unmöglich ist, beauftragte darauf die Beklagte, die Anteilscheine zum Tageskurs zum Verkauf aufzugeben und den Gegenwert an ihn nach Wien zahlen zu lassen. Die Beklagte verlangte jedoch vorherige Sicherheitsleistung in Höhe von 50000 M. Diese zu stellen weigerte sich der Kläger. Er verlangte nunmehr mit der Klage 1. Verurteilung der Beklagten zur Ausführung des Verkaufs der Effekten oder zur Herausgabe derselben an einen Vertrauensmann in New York, 2. Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz, falls der Verkauf sich als unmöglich erweist oder zu einem geringeren Kurse erfolgen muß. Die Beklagte beantragte Klagabweisung und trug vor: Sie sei überhaupt nicht verpflichtet, den Verkauf der Papiere vorzunehmen, da der der Londoner Niederlassung erteilte Auftrag mit dem Ankauf und der Hinterlegung der Papiere erledigt gewesen sei. Jedenfalls könne der Kläger unter den obwaltenden Umständen nicht die Beklagte für die Ausführung der Geschäfte in Anspruch nehmen, die er mit der Londoner Niederlassung abgeschlossen habe. Auch sei das Verlangen der Beklagten nach Stellung von ausreichender Sicherheit berechtigt, besonders da M., Sch. & Co. von der Beklagten Übernahme der Gewähr für allen entstehenden Schaden verlangt hätten. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Gründe: „Die Entscheidung des Rechtsstreits ist von der Beantwortung der Frage abhängig, ob und unter welchen Bedingungen die beklagte Bank verpflichtet ist, die von ihrer Londoner Niederlassung vor dem Kriege für den Kläger in New York bei der Bankfirma M., Sch. & Co. hinterlegten Papiere verkaufen oder an den Kläger oder einen Vertrauensmann des Klägers herausgehen zu lassen. Mit Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß diese Verpflichtung nach deutschem Rechte zu beurteilen sei; hiergegen sind von der Revision keine Einwendungen erhoben worden. Nun erachtet das Berufungsgericht in erster Linie, daß nach deutschem Rechte eine solche Verpflichtung der Beklagten überhaupt nicht bestehe, daß der Kläger sich vielmehr nur an die Londoner Niederlassung halten könne. Darin kann ihm nicht beigestimmt werden. Auszugehen ist davon, daß die Papiere nicht auf den Namen des Klägers, sondern auf den Namen der Londoner Niederlassung der beklagten Bank hinterlegt waren. Das ist nach den Anführungen der Beklagten nicht zu bezweifeln. Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß die vertraglichen Beziehungen des Klägers zu der
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Londoner Niederlassung hinsichtlich der in Rede stehenden Wertpapiere nicht abgewickelt waren, daß vielmehr die Niederlassung einer Weisung des Klägers, die Papiere, die beim Ankauf aus Mitteln des Klägers bar bezahlt waren, auszuliefern oder zu verkaufen, an sich nachkommen mußte. Nun kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger in gewöhnlichen Zeiten eine solche Weisung auch der Hauptniederlassung mit Rechtswirksamkeit hätte erteilen können. Infolge des Krieges war der Kläger außerstande, mit der Londoner Niederlassimg in Verbindung zu treten. Bei solcher Sachlage war die Beklagte nicht berechtigt, den Auftrag des Klägers aus formellen Gründen von vornherein abzulehnen. Die Londoner Niederlassung war nicht ein selbständiges Rechtssubjekt. Die Beklagte wurde aus Geschäften jener Niederlassung ihrerseits verpflichtet. Wenn trotzdem für Friedens Zeiten zu erwägen sein sollte, ob die Abwickelung eines mit einer Niederlassung angebahnten Geschäfts nur von dieser Niederlassung zu verlangen wäre, so würden dafür Rücksichten auf die Übersichtlichkeit des inneren Betriebs einer weitverzweigten Bankverbindung maßgebend sein. Diese Rücksichten müssen aber zurücktreten, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Kunden entgegenstehen. Solche sind gegeben, wenn dem Kunden ein Verkehr mit der Niederlassung unmöglich ist. Dabei ist selbstverständlich, daß die Hauptniederlassimg den Auftrag nur dann anzunehmen braucht, wenn dessen Ausführung möglich ist, und nur unter solchen Bedingungen anzunehmen braucht, unter denen ihr die Ausführung zugemutet werden kann. Weiter erachtet das Berufungsgericht, daß die Beklagte den Auftrag von vornherein nur gegen ausreichende Sicherheit anzunehmen und auszuführen brauchte, weil sie sich Regreßansprüchen von Seiten der Firma M., Sch. & Co. ausgesetzt haben würde; hätte diese Firma die Papiere, die auf den Namen der Londoner Niederlassung hinterlegt waren, verkauft oder ausgehändigt, so hätte der englische Verwalter jener Niederlassung sie verantwortlich machen können und sie hätte ihrerseits einen Rückgriff gegen die Beklagte nehmen können. Auch diesen Ausführungen ist nicht in vollem Umfange beizustimmen. Es ist nicht anzuerkennen, daß die Beklagte regreßpflichtig sein sollte, wenn M., Sch. & Co. in voller Kenntnis der Sachlage die Weisung ausgeführt hätten. Das Berufungsgericht gründet seine Annahme auf § 670 BGB. und entnimmt aus dieser Bestimmung, daß der Auftraggeber dem Beauftragten für einen dem letzteren durch Ausführung des Auftrags entstehenden Schaden verantwortlich sei. Allein vorliegendenfalls handelt es sich zwischen M., Sch. & Co. und der Beklagten überhaupt nicht um ein Auftrags Verhältnis. Da die Londoner Niederlassung kein selbständiges Rechtssubjekt ist, standen die Rechte aus der Hinterlegung der Beklagten zu. Erfüllten M., Sch. & Co. den danach der Beklagten zustehenden vertraglichen Anspruch auf Auskehrung der Papiere, so ist nicht ersichtlich, wie sie daraus Regreßrechte gegen die Beklagte herleiten könnten. Sollte aber auch die Sache nach nordamerikanischem Rechte anders liegen und nach diesem der vertragliche Anspruch auf Herausgabe der Papiere
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nur der Londoner Niederlassung zustehen, so würde man gleichwohl zu demselben Ergebnis gelangen müssen. Allerdings haftet der Auftraggeber dem Beauftragten bei Verschulden unter Umständen f ü r einen diesem entstehenden Schaden. Das ist aber nur dann der Fall, wenn aus Anlaß der Ausführung des Auftrags ein Schaden entsteht, mit dessen Eintreten man nicht zu rechnen brauchte und der sich nicht aus der Ausführung des A u f trags ohne weiteres von selbst ergibt. Dergleichen liegt in diesem Rechtsstreite nicht vor. Denn hier würde es sich nur darum handeln, ob der Beauftragte den Auftrag nach seinem Rechtsverhältnis zu einem Dritten überhaupt ausführen darf. D a f ü r hat der Beauftragte selbst einzustehen, und d a f ü r kann er nicht Regreß gegen den Auftraggeber nehmen. Weiter erachtet das Berufungsgericht, daß der Beklagten selbst ein Schaden entstehen könnte, indem der englische Verwalter f ü r die Auskehrung der Papiere die Londoner Niederlassung haftbar machen könne. Eine Gefährdung in dieser Richtung ist aber aus dem Parteivorbringen nicht zu entnehmen. Es steht vielmehr entgegen, daß der Verwalter ohnehin alle Aktiva der Londoner N i e d e r lassung unter sich h a t ; es ist nicht ersichtlich gemacht, wie er sich weitere Aktiva verschaffen und der Beklagten entziehen könnte. Danach ergibt sich, daß die Beklagte nicht unter allen Umständen und ohne weiteres die Annahme des Auftrags von einer Sicherheitsleistung des Klägers abhängig machen durfte. Anders ist nun aber die Sachlage, wenn M . , Sch. & Co. vor Ausf ü h r u n g des Auftrags eine Gewährübernahme der Beklagten verlangt haben sollten. Forderte die genannte Firma, daß die Beklagte sich verpflichtete, für allen sich etwa ergebenden Schaden einzustehen, so konnte die Beklagte vom Kläger Sicherstellung verlangen. Es war ihr weder zuzumuten, deswegen einen Rechtsstreit mit der genannten Firma zu f ü h r e n , noch ohne Deckung ein erhebliches Risiko auf sich zu nehmen. Das Risiko war dem Umfange nach nicht unbedeutend, denn der Auftrag ging nach dem Briefe des klägerischen Vertreters vom 2. Februar 1917 dahin, die Papiere zu verkaufen und den Erlös auszukehren. Hätte die New Yorker Firma diesen Auftrag ausgeführt, so hätte der englische Verwalter sie möglicherweise auf den vollen Wert der Papiere in Anspruch nehmen können. F ü r Ü b e r nahme dieses Risikos konnte die Beklagte Sicherstellung vom Kläger verlangen. Es handelt sich also darum, ob in der Tat die Firma M . , Sch. & Co. eine Gewährübernahme der Beklagten zur Bedingung gemacht h a t . " . . . (Dies wird in den weiteren Ausführungen bejaht und danach der Anspruch der Beklagten auf ausreichende Sicherheit f ü r begründet erklärt.)
R G Z . 96, 260 Vereinbarung der Aufhebung eines Vertrags durch wechsel. Zur Anwendung des § 1 5 1 B G B . BGB. § 151.
Brief-
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Urt. v. 23. September 1919.
I. Landgericht Duisburg, Kammer f. Handelssachen. 11. Oberlandesgericht Dil sseldorf.
Die Klägerin hatte am 14. Januar 1916 von der Beklagten 250 Tonnen rohgewalzten Flachstahl, abzunehmen nach Bedarf bis Ende Juni 1916, gekauft. Am 17. Februar 1916 schrieb sie an die Beklagte, sie müsse den Auftrag annullieren, da ihr sämtliche Bestellungen entzogen worden seien, und sie bitte um postwendende Bestätigung, daß die Beklagte hiermit einig gehe. Die Beklagte entgegnete am 19. Februar, sie habe die Zuschrift vom 17., wonach die Klägerin von dem Auftrag über die 250 Tonnen entbunden sein wolle, empfangen, in dieser Angelegenheit komme sie der Klägerin in den nächsten Tagen näher. Sodann schrieb sie der Klägerin am 15. März 1916: „Inzwischen haben wir aus Ihrem Geehrten vom 17. vor. Mts. mit Bedauern bemerkt, daß Sie von dem Reste Ihres Auftrags vom 14. Januar mit 250 Tonnen zurücktreten. Um Ihnen entgegenzukommen, erklären wir uns hiermit einverstanden, erwarten dagegen indessen, daß Sie uns durch Geschäfte in mindestens gleicher Höhe bei erster Gelegenheit entschädigen, evtl. uns dafür Gelegenheit geben, in vorliegende Konkurrenzpreise einzutreten. Einer diesbezüglichen Bestätigung sehen wir entgegen . . . " Kurz vor oder kurz nach Empfang dieses Schreibens verkaufte die Klägerin die 250 Tonnen Flachstahl, ihrer Behauptung nach zu einem um 4,50 M. für 1000 kg höheren Preise, an die Firma F. und teilte der Beklagten am 17. März 1916 mit, daß sie nunmehr auf Lieferung bestehen müsse. Die Beklagte erwiderte, sie habe sich inzwischen dem vorbehaltlosen Rücktritte der Klägerin vom 17. Februar entsprechend arrangiert und sehe sich außerstande, darin eine Änderung eintreten zu lassen. Bei dieser ihrer Erfüllungsweigcrung verblieb sie trotz wiederholter Aufforderung der Klägerin zur Lieferung. Infolgedessen lieferte die Klägerin auch nicht an die Firma F., die sich anderweitig eindeckte und von der Klägerin Schadensersatz wegen Nichterfüllung forderte. Die Klägerin wurde darauf mit dem Antrage klagbar, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch Nichtlieferung der am 14. Januar 1916 gekauften 250 Tonnen rohgewalzten Flachstahls entstanden sei. Das Landgericht gab diesem Antrage statt. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen, ihre Revision hatte Erfolg. Gründe: . . . „ D i e Auffassung des Berufungsgerichts, daß das Schreiben der Klägerin vom 17. Februar 1916 lediglich einen an die Beklagte gerichteten Antrag auf Abschluß eines den Lieferungsvertrag vom 14. Januarl916 aufhebenden Vertrags enthalten habe, und daß dieser Antrag, wenn nicht schon durch das Antwortschreiben der Beklagten vom 19. Februar 1916, so doch jedenfalls dadurch abgelehnt worden sei, daß die Beklagte noch mehrere Wochen habe verstreichen lassen, ohne ihn anzunehmen, wird der
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gegebenen Sachlage nicht gerecht. Durch den Vertrag vom 14. Januar 1916 hatte die Klägerin von der Beklagten 250 Tonnen rohgewalzten Flachstahl, abzunehmen nach Bedarf bis Ende Juni 1916, fest gekauft; sie wünschte aber, weil sie Absatzschwierigkeiten hatte, von ihren Käuferpflichten entbunden zu werden, und sie ersuchte deshalb die Beklagte durch das Schreiben vom 17. Februar 1916, sich mit der Annullierung des Auftrags einverstanden zu erklären. Daß die Beklagte, die ihrerseits an der Aufhebung des Vertrags ohne Entschädigung kein Interesse hatte, hierzu sogleich bereit sein werde, konnte die Klägerin vernünftigerweise nicht erwarten. Wenn sie trotzdem die Beklagte um „postwendende Bestätigung" ihres Einverständnisses bat, so durfte die Beklagte diese Bitte nach Treu und Glauben doch dahin verstehen, daß auf deren alsbaldige Erfüllung kein entscheidendes Gewicht gelegt werde. Die Beklagte hat denn auch durch ihr Antwortschreiben vom 19. Februar 1916 unmißverständlich zum Ausdrucke gebracht, daß sie die Annullierungserklärung der Klägerin nicht als einen nur im Falle der umgehenden Annahme bindenden Antrag auf Abschluß eines den Lieferungsvertrag aufhebenden Vertrags ansehe, und sie hat nicht minder deutlich zu erkennen gegeben, daß sie es nicht von vornherein ablehne, den Wunsch der Klägerin zu erfüllen, daß sie sich aber noch nicht entscheiden, die Sache vielmehr einstweilen in der Schwebe lassen wolle. Dagegen konnte die Klägerin aus dem Antwortschreiben nicht entnehmen, daß nach dem Willen der Beklagten dieser Schwebezustand nur während der „nächsten Tage" bestehen sollte, da ja nicht der Beklagten, sondern nur ihr mit der Aufhebung des Lieferungsvertrags gedient war. Auch mußte sie sich sagen, daß ihr Einverständnis mit dem Fortbestehen des Schwebezustandes von der Beklagten vorausgesetzt wurde. Da sie trotzdem schwieg, blieb sie an ihren Annullierungsantrag gebunden (§151 BGB.). Es unterliegt deshalb keinem Bedenken, daß sie an diesen Antrag noch gebunden war, als die Beklagte durch das Schreiben vom 15. März 1916 dessen Annahme erklärte, und daß dadurch der Lieferungsvertrag aufgehoben wurde. Die Ausführung der Klägerin in der Revisionsinstanz, daß die Annahme des Antrags nur mit einer Einschränkung erklärt worden sei (§ 150 Abs. 2 BGB.), ist unzutreffend. Die Beklagte hat zwar bei Abgabe der Erklärung die Erwartung ausgesprochen, daß die Klägerin sie bei erster Gelegenheit durch mindestens gleich hohe Aufträge entschädige, und hinzugefügt, sie sehe „einer diesbezüglichen Bestätigung" entgegen, sie hat jedoch die Erklärung hiervon nicht abhängig gemacht. Der Klägerin steht daher ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags gegen die Beklagte nicht zu."
RGZ. 96, 273 1. In welchem Zeitpunkte kommt ein Vertrag zustande, wenn Antrag und Annahme je von einem anderen Notar und an verschiedenen Orten beurkundet werden ?
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2. Nach welchen Grundsätzen ist die im Antrag enthaltene Erklärung auszulegen, daß der Antragende bis zu einem bestimmten Tage und bis zu der angegebenen Stunde dieses Tages gebunden bleibe ? 3. Zu dem Falle, wenn der Antragende vom Eingange der notariellen Annahmeerklärung bei dem Notar, der den Antrag beurkundet hatte, innerhalb der Annahmefrist durch einen Dritten Kenntnis erhält. BGB. § 152. V. Zivilsenat.
Urt. v. 17. September 1919.
I. Landgericht II Berlin.
II. Kammergericht daselbst.
In der notariellen Verhandlung vor dem Notar Kl. zu Berlin vom 6. Februar 1918 bot die Beklagte dem Kaufmann Kr. in Hamburg oder dem von ihm zu benennenden Dritten ihr näher bezeichnetes Grundstück zum Kaufe an. In § 7 der notariellen Urkunde heißt es: „Die heute geleistete Anzahlung ist als Vertragsstrafe verfallen, wenn das Angebot in der angegebenen Zeit nicht angenommen wird oder die Auflassimg nicht bis spätestens 2. April 1918 entgegengenommen wird"; in § 10 heißt es dann: „Ich, die Verkäuferin, halte mich an das Angebot bis zum 28. Februar 1918 nachmittags 6 Uhr gebunden." In der von einem Notar in Hamburg aufgenommenen Verhandlung vom 15. Februar 1918 hat der Kaufmann Kr. das Kaufangebot für die Klägerin angenommen, deren Mitinhaber er ist. Am 16. Februar wurde diese Annahmeerklärung dem Notar Kl. übersandt; die Beklagte selbst hat diese Urkunde jedoch erst am 2. März 1918 erhalten. Die Klägerin behauptet indes, daß die Beklagte von der Annahme ihres Angebots bereits am 18. Februar 1918 in Kenntnis gesetzt sei, und zwar durch die Zeugen A. und L., und daß die Beklagte sonach den Vertrag, als rechtsgültig zustande gekommen gelten lassen müsse. Die Klägerin beantragte demgemäß die Verurteilung der Beklagten zur Auflassung. Die Beklagte vertrat ihrerseits den Standpunkt, daß der Vertrag nicht zustande gekommen sei, weil sie bei der Verhandlung vom 6. Februar 1918 ausdrücklich erklärt habe, daß ihr die Annahmeerklärung innerhalb der Bindungsfrist auch zugegangen sein müsse, während es nicht genügt haben würde, wenn sie von dritten Personen von der Vertragsannahme Kenntnis erhalten hätte. Das Landgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung der Beklagten wies das Kammergericht die Klage ab. Der Revision der Klägerin ist stattgegeben worden, aus folgenden Gründen: . . . „Das Berufungsgericht verneint das Zustandekommen des Vertrags deswegen, weil es an der erforderlichen Vertragsannahme durch Kr. Zivils. A l l g e m . T e i l 3
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innerhalb der ihm gestellten Annahmefrist gefehlt habe. Daß Kr. seine Annahmeerklärung noch innerhalb der Frist notariell erklärt habe, könne hier, so führt das Urteil aus, nicht entscheidend sein, da die Regel des § 152 BGB., wonach im Falle gerichtlicher oder notarieller Beurkundimg eines Vertrags unter Abwesenden der Vertrag schon mit der Beurkundung der Annahme zustande komme, nicht anwendbar sei, vielmehr im Sinne des § 152 ein Ausnahmefall vorliege, nämlich der, daß „etwas anderes" bestimmt worden sei. Und diese anderweite Bestimmung hat das Berufungsgericht darin gefunden, daß die Beklagte in ihrem Vertragsangebote sich nur bis zum 28. Februar 1918 abends 6 Uhr für gebunden erklärt hat. Wenn dem die Revision zunächst entgegengehalten hat, daß die Annahmeerklärung des Kr. der Beklagten innerhalb jener Bindungsfrist sogar auch zugegangen sei, so kann ihr darin allerdings nicht recht gegeben werden. Zugegangen ist die Annahmeerklärung der Beklagten selbst unstreitig erst am 2. März 1918, und mit Unrecht beruft sich die Revision darauf, daß der Notar Kl. die in Hamburg verlautbarte Annahmeerklärung noch innerhalb der gesetzten Frist empfangen hatte. Denn dadurch war die Urkunde noch nicht in die Verfügungsgewalt der Beklagten gelangt (Jur. Wochenschr. 1914 S. 863 Nr. 2), und es lag noch nicht ausschließlich an der Beklagten, ob sie von dem Inhalte der Urkunde Kenntnis nehmen wollte oder nicht (RGZ. Bd. 50 S. 191). Anders wäre es, wenn der Notar Kl. bei Empfangnahme der Urkunde als Vertreter der Beklagten gehandelt hätte. Aber daß die Beklagte ihn zu solcher Vertretung bestellt hätte, ist aus nichts ersichtlich. Es kommt hierbei auch in Betracht, daß der Antragsgegner Kr. in Hamburg wohnhaft war und somit auch dafür nichts spricht, daß die Beklagte damit rechnete, Kr. werde seine Annahmeerklärung vor dem in Berlin wohnhaften Notar Kl. verlautbaren. Aber auch in dem späteren Zeitpunkte, als die Beklagte erfahren haben mochte, daß die Erklärung des Kr. beim Notar Kl. angelangt sei, konnte jene noch nicht als der Beklagten zugegangen gelten. Denn auch damit war die Urkunde noch nicht in die Verfügungsgewalt der Beklagten gelangt. Immer steht der Annahme der Revision entgegen, daß Kl., soweit erhellt, weder als Vertreter noch auch als Besitzdiener der Beklagten angesehen werden konnte. Was sodann die grundsätzliche Frage anlangt, welche Bedeutung der Fristsetzung in einem Vertragsangebote beizumessen ist, so liegt es allerdings nahe, in einer derartigen Erklärung zugleich den Ausdruck des Willens des Antragenden zu finden, es solle zur Rechtzeitigkeit der Annahme gehören, daß ihm die Annahmeerklärung fristgemäß auch zugegangen sein müsse, oder daß er wenigstens von ihr derart zuverlässige Kenntnis innerhalb der Frist erhalte, daß er am Vorhandensein der Erklärung keinen begründeten Zweifel mehr hegen könne und sonach über seine Rechtslage auch nicht mehr im Ungewissen bleibe. Auch ist es richtig, daß der Antragsgegner, der behaupten will, daß der Fristsetzung im gegebenen Falle eine
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derartige Bedeutung nicht beizulegen sei, seinerseits den Beweis dafür zu erbringen hat. Diese Anschauungsweise entspricht der ständigen Rechtsprechung, insbesondere des erkennenden Senats (RGZ. Bd. 49 S. 131, Bd. 76 S. 366; Jur. Wochenschr. 1912 S. 133 Nr. 4; Warneyer 1912 Nr. 152; 1913 Nr. 354; Gruchot Bd. 57 S. 148 und 925, Bd. 60 S. 121; Urt. v. 13. Juli 1912 V 99/12 und v. 1. April 1914 V 514/13). Von ihr abzuweichen, liegt kein Anlaß vor, wie auch dabei zu verbleiben ist, daß die Ermittelung der wirklichen Bedeutung der Fristsetzung in jedem Einzelfalle Sache der Auslegung ist. Im gegenwärtigen Falle hat nun das Berufungsgericht in erster Reihe auslegungsweise angenommen, daß die Beklagte gemäß ihrer Erklärung in § 10, sie halte sich bis zum 28. Februar 1918 nachmittags 6 Uhr an das Angebot gebunden, nur dann habe gebunden sein sollen, wenn ihr die Annahmeerklärung bis zum Ablaufe der festgesetzten Stunde „zuginge". Hätte das Berufungsgericht an dieser Auslegung endgültig festgehalten und wäre die Auslegung selbst auch bedenkenfrei, dann wäre damit die vorliegende Streitfrage auch entschieden, denn zugegangen ist die Annahmeerklärung der Beklagten, wie bereits gesagt ist, erst am 2. März 1918. Indes das Berufimgsgericht hat nicht daran festgehalten, daß es zur Rechtzeitigkeit der Vertragsannahme des fristgemäßen Zuganges der Erklärung bedurft hätte, und auch seine Auslegung an sich erscheint nicht bedenkenfrei. Gegenstand der Auslegung mußte zunächst die das Vertragsangebot enthaltende Urkunde sein, und zu fragen war nicht nur, was die Beklagte gewollt hat oder welche Tragweite sie ihrer Fristbestimmung hat beilegen wollen, sondern zu erforschen war auch, welchen Willen sie dem Antragsgegner gegenüber erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, da der Antragsgegner die Erklärung nur in dem Sinne gelten zu lassen brauchte, wie sie nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte zu verstehen war (RGZ. Bd. 67 S. 433, Bd. 68 S. 128, Bd. 86 S. 88, Bd. 88 S. 428, Bd. 91 S. 426). Das Berufungsgericht hat es nun aber tatsächlich dabei bewenden lassen, zu ermitteln, was die Beklagte gewollt hat, ohne zugleich festzustellen, daß auch der Antragsgegner ihre Fristsetzung so hat verstehen müssen, wie sie von der Beklagten gemeint war. Insbesondere fehlt jeder Ausspruch darüber, daß die Erklärung der Beklagten in § 10 des Angebots, sie wolle nur bis zum Ablaufe der bestimmten Stunde des letzten Fristtags gebunden sein, auch vom Antragsgegner so habe verstanden werden müssen, daß damit der wirkliche Zugang der Annahmeerklärung innerhalb der gesetzten Frist verlangt sei. Wenn das Berufungsgericht insbesondere noch erwogen hat, daß die Beklagte bei Gelegenheit der Beurkundung ihres Kaufangebots ihren Willen auch ausdrücklich kund getan habe, so mag das zwar ebenfalls zur Ermittelung dessen, was die Beklagte wollte, von maßgeblicher Bedeutung gewesen sein. Aber übersehen ist, daß die Beklagte die als erwiesen angesehenen Äußerungen in Abwesenheit des Antragsgegners gemacht hat, daß diese Äußerungen auch keine Berücksichtigung in der Urkunde selbst gefunden haben, und daß 21'
324 auch darüber nicht einmal etwas verlautet, daß die Äußerungen dem Antragsgegner sonst auf irgendeine Weise bekannt geworden seien. Nun war allerdings der Zeuge A. bei der notariellen Aufnahme des Kaufangebotes zugegen, und die Klägerin behauptet selbst, daß der Genannte von Kr. zum Abschlüsse des Kaufvertrags beauftragt gewesen sei. Aber zum Abschluß dieses Vertrags ist es nicht gekommen. Inwiefern nun die Kenntnis des A. trotzdem dem Kr. unmittelbar zugerechnet werden müßte, ist unerörtert geblieben und ergibt sich nicht ohne weiteres. Im weiteren Verlaufe des Urteils hat dann das Berufungsgericht auch seinerseits davon absehen wollen, daß das Zustandekommen des Vertrags unbedingt von dem fristgemäßen wirklichen Zugange der Annahmeerklärung abhängig gewesen sei. Jetzt hat es vielmehr zutreffend dem Gedanken Raum gegeben, daß der Zugang der Erklärung dadurch hätte ersetzt werden können, daß die Beklagte von der Vertragsannahme innerhalb der Bindungsfrist zuverlässige Kenntnis erhalten hätte. Nunmehr hat es jedoch verneint, daß der Beklagten vor Ablauf der Bindungsfrist eine wirklich zuverlässige Kenntnis zuteil geworden sei. . . . (Es werden hiernach zunächst die gegen jenes Ergebnis des Berufungsgerichts gerichteten prozessualen Rügen erörtert, insbesondere nach der Richtung, daß die Beklagte die ihr durch die Zeugen A. und L. zuteil gewordene Benachrichtigung vom Eingange der notariellen Annahmeerklärung selbst für eine zuverlässige angesehen haben soll. Sodann wird fortgefahren:) Faßt man diesen gesamten Sachverhalt ins Auge, so erscheint aber auch der weitere Gesichtspunkt als beachtlich. Die Klägerin hat geltend gemacht, daß es unter den gegebenen Umständen jedenfalls Sache der Beklagten gewesen sei, wenn sie den ihr gewordenen Mitteilungen trotz allem noch nicht völlig traute, dies auch kund zu tun, während sie die Beteiligten nicht bei dem Glauben hätte lassen dürfen, daß sie bedenkenlos den Mitteilungen traue, da es andernfalls leicht gewesen wäre, der Beklagten einen völlig zweifellosen Nachweis noch rechtzeitig zu verschaffen. Und in der Tat hätte es Treu und Glauben entsprochen, wenn die Beklagte, wie die Sache lag, entweder Kr. oder dem Zeugen L. ihre etwaigen Zweifel offen zu erkennen gegeben oder wenn sie sich selbst, was ihr leicht möglich war, von dem Vorhandensein der notariellen Annahmeerklärung beim Notar Kl. überzeugt hätte. Dagegen würde es einen Verstoß gegen Treu und Glauben bedeuten, wenn die Beklagte zuvörderst und äußerlich sich so verhielt, daß an ihrer eigenen Annahme, der Vertrag sei zustande gekommen, kein Zweifel mehr bestand, daß infolgedessen weitere Nachweise auch unterblieben, und wenn sie in der Folge trotzdem geltend machen wollte, der Vertrag sei nicht zustande gekommen, weil ihr keine zuverlässige Kenntnis vom Eingange der notariellen Annahmeerklärung zuteil geworden sei." . . .
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RGZ. 97, 191 1. K o m m t ein Vertrag zustande, w e n n der die Verhandlungen f ü h r e n d e Agent e r k e n n e n m u ß t e , d a ß der andere Teil eine wesentliche B e s t i m m u n g abweichend von ihrem verkehrsüblichen Sinne verstand ? 2. M u ß sich der E m p f a n g e r eines Bestätigungsschreibens, das er ohne W i d e r s p r u c h läßt, als einverstanden behandeln lassen, w e n n er ohne Verschulden irrtümlich a n n i m m t , daß sich der Inhalt des Schreibens mit seinem Willen decke ? BGB. § 155. HGB. § 346. II. Z i v i l s e n a t . Urt. v. 21. November 1919. I. Landgericht Hamburg, Kammer für Handelssachen. II. Oberlandesgericht daselbst.
Aus abgetretenem Rechte fordert die Klägerin Zahlung des Kaufpreises von 51504,75 M. nebst Zinsen für von der Firma B. & Co. am 30. Mai 1917 dem Beklagten verkaufte 6000 kg Wildhaare. Sie behauptet, daß das Kaufgeschäft durch Vermittelung des Düsseldorfer Agenten der Firma B. & Co., Br., mittels Fernsprechers fest abgeschlossen worden sei. Nach dem von der Verkäuferin dem Beklagten am 30. Mai 1917 übersandten Schlußscheine seien die 6000 kg laut Type unter Vorbehalt kleiner Abweichungen zum Preise von 8,25 M. für das kg ab Wäscherei L. netto Kasse gegen Rechnung brutto für netto, beschlagnahme- und verwendungsfrei verkauft worden. Der Beklagte hat um Abweisung der Klage gebeten. Er hat geltend gemacht, daß er dem Agenten Br. erklärt habe, auf Grund des viel zu kleinen ihm eingesandten Verkaufsmusters nicht kaufen zu können, sondern von der Prüfung eines größeren ihm zu sendenden Ausfallmusters seine Entschließung abhängig machen zu müssen. Nach Besichtigung der ihm darauf am 1. Juni zugegangenen Muster habe er sofort dem Agenten Br. erklärt, daß diese Muster dem Verkaufsmuster nicht entsprächen und er die Ware nicht gebrauchen könne. Auch wenn ein fester Kauf und nicht nur ein solcher auf Besicht abgeschlossen worden wäre, würde er die Zahlung wegen vertragswidriger Beschaffenheit der Ware verweigern dürfen. Notfalls sei geltend zu machen, daß eine Willenseinigung nicht zustande gekommen sei. Während der erste Richter der Klage stattgab, erkannte das Oberlandesgericht auf Abweisung. Die Revision wurde zurückgewiesen. Gründe: „Das Berufungsgericht unterstellt bei der Prüfung des Sachverhalts zugunsten der Klägerin die Richtigkeit der Zeugenaussage ihres Agenten Br. Danach habe dieser am 20. Mai 1917 dem Beklagten die 6000 kg unter Beifügung eines 30 g schweren Musters zum Preise von 8,30 M. für das kg angeboten. Am 26. Mai habe der Beklagte dem Zeugen am Fernsprecher erklärt, daß er mit der Firma B. & Co. schlcchte Erfahrungen
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gemacht habe. Br. Labe ihn beruhigt und ihm geraten, doch gegen Ausfallmuster oder Probeballen zu kaufen Als dann der Z