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German Pages 146 [156] Year 1891
Entscheidungen des
Ober-Seeamts und der Seeämter des
Deutschen Reichs. herausgegeben
im
Reichsamt des Innern.
Neunter Band.
£?eft 4.
Hamburg.
Druck und Verlag von £. Friederichsen & Co. 1891.
Inhalt. Seite
68. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom {6. April 1890, betreffend den Seeunfall der Jacht „Anna Christina" von Kappeln................................................................................... 473
69. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 8. Juli 1890, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Thea" von Riel.................................................................................... V8
70. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 12. Juli 4390, betreffend den Seeunfall der Galeasse „bloche" von Barth................................................................................................... w 71. Spruch des Seeaints zu Flensburg vom (8. August 1890, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Wilhelm" von Riel....................................................................... 485
72. Spruch des Seeamts zu Königsberg vom 20. August 1390, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Kopernikus" von Königsberg ..................................................... 490 73. Spruch des Seeamts zu Danzig vom 26. September 1890, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „D. Siedler" von Danzig mit dem dänischen Schraubendampfer „Morst"....................................................................................................................................... W
74. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom October 1890, betreffend den Zusammen stoß des Schraubendampfers „Trave" von Bremen mit dem britischen Fischerfahrzeug „Camelia"................................................................................................................................... 497 75. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 15. October 1890, betreffend den Seeunfall der Bark „Jürgen" von Altona............................................................................................. 506
76. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 17. April I890 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 16. October 1890, betreffend den Seeunfall der Fischerquase „Gretha" von Sonderburg......................................................................................................................... 515 77. Spruch des Seeamis zu Flensburg vom 8. November 1390, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Hermann" von Flensburg.......................................................... 522 78. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 15. November 1890, betreffend den Seeunfall des Schooners „Thetis" von Barth....................................................................................... 525 79. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 19. November 1890, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „vorwärts" von Geestemünde..................................................... 532 80. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 27. November 1890, betreffend den Zusammenstoß der Brigg „Emma" von Stettin mit dem britischen Schooner „Letitia"......................... 536
81. Spruch des Seeamis zu Hamburg vom 17. December 1890, betreffend den Seeunfall der Bark „Leopoldshall" von Hamburg................................................................................. 539 82. Spruch des Seeamts zu Emden vom 27. December 1890, betreffend den Seeunfall der Brigg „Stephenstn" von Papenburg..................................................................................... 5^6 (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags.)
Inhalt (Fortsetzung von Seite 2 des Umschlags).
Seite
83. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 27. Februar {890 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom J5. Januar 4391, betreffend den Seeunfall des Dreimastschooners „Christoph Kasten" von Stralsund................................................................................................ 5^9 8H. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 29. August (890 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom i6.Januar 1891, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Anton" von Kiel mit dem dänischen Schraubeudampfer „Kiew"........................................ 571 85. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 19. Januar 1891, betreffend den Zusammenstoß der Dampfschiffe „Kaffraria" von Hüll, „plateffa" und „Borkum" von Hamburg.... 580
86. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 30. Januar 1891, betreffend den Seennfall des Schraubendampfers „Sieglinde" von Hamburg.................................................................. 539 87. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 7. Februar 1891, betreffend den Seeunfall des Vollschiffes „Arcturus" von Bremen............................................................................................ 596 88. Spruch des Seeamts zu Emden yom 7. Februar 1891, betreffend den Seeunfall der Schoonerbrigg „Thora" von Großefehn....................................................................................... 601
89. Spruch des Seeamts zu Brake vom 9. Februar 1891, betreffend den Seeunfall der Bark „Marie" von Elsfleth............................................................................................................. 603 90. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 20. Januar 1891 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 6. März 1891, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Buenos Aires" von Hamburg...................................................................................................... 610
68. Spruch des Seeamts 511 Flensburg vom 16. April 1890, betreffend den Seennfall der Jacht „Anna Lhristina" von Rappeln. Der Spruch des Seeamts lautet: Der Unfall, in Folge dessen die Jacht „Anna Christina" am 23. Mai 1887 bei Helnäs auf Fünen auf den Strand gerathen und vollständig wrack geworden, ist von dem Schiffer Heinrich Christiansen aus Flensburg verschuldet. Demselben wird die Befugniß zur Ausübung des Schiffer gewerbes hierdurch entzogen.
Gründe. Die zu 32 cbm oder U,so britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt vermessene, in Rappeln beheimathete Jacht „Anna Christina", Unterscheidungs-Signal LANM, verließ am 2J. Mai 1887 den Flensburger Hafen, um mit einer dort eingenommenen Ladung Stückgut nach Aarhuus zu segeln. Die aus Reismehl, Sago mehl und eichenen Stäben bestehende Ladung hatte nach der Angabe des Schiffsmaklers I. I. Hansen in Flensburg ein Gewicht von 18 Tonnen. Führer und Eigenthümer der Jacht war der Schiffer Heinrich Christiansen aus Flensburg, welcher kein Schiffer- oder Steuermannspatent besaß. Außer dem Schiffer bestand die Besatzung aus dem Steuermann Peter Ernst Anuth aus Sonderburg, welcher, ohne angemustert zu sein, die Fahrt mitmachte, übrigens im Besitze eines von der Königlichen Regierung in Schleswig am 25. August 188H ausgestellten Zeugnisses über seine Befähigung als Schiffer auf großer Fahrt sich befand. Das im Jahre 18-16 aus Eichenholz gebaute Schiff war zum letzten Male im Winter 1885/86 von dem Schiffs bauer Paulsen in Granhöft bei Kappeln einer zu Neujahr 1886 beendigten Reparatur unterzogen worden, welche hauptsächlich in der Ausbesserung des Decks, der Regeling, der Schanzkleidung und der Garnirung bestand. Dabei wurde das Deck kalfatert; ferner wurde das Schiff außenbords vom Schandeckel bis zur Kimmung kalfatert und ausgebessert. Nach dem Urtheile des Schiffsbauers Paulsen waren die Planken damals außenbords ganz gut, der Boden
w
Jacht Anna Christina.
sehr gut, auch die Inhölzer gut und die Jacht, wenn auch ein altes Schiff, sehr gut erhalten und als Küstenfahrzeug sehr wohl zu gebrauchen. Seit dieser Reparatur hat das Schiff jedoch in Kappeln still gelegen und dadurch erheblich gelitten. Im Frühjahr (887 kaufte der Schiffer Lhristiansen, damals angeblich Steuermann auf dem Flensburger Dampfer „Ernst Günther", die Jacht von dem Kaufmann Burmeister in Aappeln für 500 JH. Burmeister war anfangs Mai (887 bei stürmischem Wetter mit dem Schiffe von Aappeln nach Flensburg gesegelt, wobei dasselbe nach seiner Aussage allerdings vorn im Bug Wasser gemacht hat, jedoch nicht mehr, als lenz gehalten werden konnte. Hinsichtlich der bezüglich des Aaufhandels getroffenen Vereinbarungen weichen die Angaben des Käufers (Lhristiansen und des Verkäufers Burmeister in verschiedenen Punkten von einander ab. Nach Burmeisters beeidigter Aussage ist bei den in der Mitte des Monats Mai (887 stattgehabten mündlichen Aaufberedungen vereinbart, daß (Lhristiansen am (. Juni ( 887 bei dem Verlassen seiner Stellung auf dem „Ernst Günther" die Jacht gegen eine Anzahlung von 50 M. und Vollziehung eines schriftlichen Kaufvertrages übernehmen, bis zu dieser Zeit das Schiff bei seinem Gnkel, einem Schiffszimmermann, repariren lassen, im übrigen aber nur die Flensburger Föhrde mit demselben befahren werde. Diese von Ehristiansen in Abrede gestellten Angaben des Burmeister erscheinen um so glaubwürdiger, als der unbeeidigt vernommene Schiffer Ehristiansen auch den weiter unten erörterten Aussagen des Sachverständigen Weedermann gegenüber offenbar unwahre Angaben beschafft und durch sein ganzes Verhalten in dieser Untersuchungssache einen unglaubwürdigen Eindruck gemacht hat. Die fernere Behauptung des Ehristiansen, daß Burmeister ihm gesagt habe, es sei nicht nöthig, das Schiff kalfatern zu lassen, hat Burmeister in durchaus glaubwürdiger Weise mit dem Bemerken bestritten, daß er den Ehristiansen vielmehr darauf aufmerksam gemacht habe, daß er die Jacht dichten müsse, da dieselbe aufgeschienen sei; als Ehristiansen darauf erwiderte, daß er eine große Reparatur an dem Schiffe vornehmen lassen wolle, habe er ihm allerdings gesagt, daß eine solche nicht nothwendig sei. Trotz dieser durch die Aussage des Burmeister festgestellten Vereinbarung hat Ehristiansen sofort nach Abschluß derselben eine Fracht für die Jacht gesucht und ain 2(. Mai (887 mit derselben die Fahrt nach Aarhuus angetreten. Vor der Abreise hat Ehristiansen das bereits zum großen Theil beladene Schiff vor Beendigrmg der Einnahme der Ladung von dem Schiffsbaumeister Weedermann in
Jacht Anna Lhristina.
untersuchen lassen.
Flensburg
dieser Untersuchung
Bezüglich
hat
derselbe ausgesagt, daß weedermann, als er — Christiansen — mit ihm wegen Reparatur einer Planke vorn am Bug gesprochen, ge äußert habe, man könne später eine ganze Planke einsetzen, für diese
Auch diese Angabe des
Reise (nach Aarhuus) ginge es wohl so.
Christiansen ist unwahr, wie solches durch die beeidigte Aussage des Sachverständigen Weedermann unzweifelhaft nachgewiesen ist.
Nach
U)eedermann's Aussage ist vom Einsetzen einer neuen Planke über haupt keine Rede gewesen; im übrigen hat weedermann das Schiff
in beladenem Zustande, insoweit dies möglich war, untersucht und
nur über Wasser nothdürftig dichten lassen, weil
Schiff
das
nach
seiner
weedermann hat dabei,
Ueberzeugung
Aarhuus nicht seetüchtig genug war,
für
eine Fahrt
nach
dem Christiansen gerathen,
dasselbe erst zimmern zu lassen, worauf letzterer erwiderte, daß er solches nach Rückkehr von dieser Reise thun wolle.
Auch hat der
Sachverständige weedermann sich dahin ausgesprochen, daß eine Ladung von (8 Tons für die Jacht in solchem beseelen Zustande zu groß gewesen ist. Mit
dieser seeuntüchtigen und überladenen
Jacht
2(. Mai (88? die Fahrt nach Aarhuus angetreten.
wurde
am
Nachdem man
während der Nacht bei Joints geankert hatte, wurde die Reise am
folgenden Morgen bei Nwwind fortgesetzt; da jedoch der wind im
Laufe des Tages zu stark wurde, ging die Jacht nachmittags
bei
Schon ehe man Mummark er
Mummark auf Alfen vor Anker.
reicht hatte, machte das Schiff bereits Wasser, jedoch nicht mehr, als
daß es mit den Pumpen lenz gehalten werden konnte. Dasselbe war übrigens
auch
schon
ant
ersten
Flensburger Föhrde der Fall.
Tage
der
Fahrt
innerhalb
der
Am Abend des 22. Mai, als der
wind flauer geworden, ging der Schiffer wieder unter Segel.
Im
Laufe des Abends und der Nacht wurde der mehr nach Norden herumgegangene wind steifer, auch fing das Schiff wieder an, Wasser
zu machen, jedoch konnte dasselbe bis Mitternacht lenz gehalten werden. Der Schiffer ließ mit Rücksicht auf den steifen wind ein Reff in das Großsegel schlagen nnd nahm den Alüwer herunter,
weil das Wasser im Schiffe trotz des Pumpens immer mehr zunahm, kehrte der Schiffer, als er sich nordwestlich von Helnäs auf Fünen
befand, um, suchte an der Südseite von Helnäs Schutz vor dem winde und hielt das Schiff bis
gegen Morgen so ziemlich lenz.
Da der wind jedoch zunächst nach West, später nach SSW herum
gegangen und
sehr
steif
geworden
war,
auch
das Wasser
trotz
4?6
Jacht Anna Christina.
Pumpens erheblich und beständig stieg, so daß zuletzt 19 Zoll Wasser im Schiffe stand, versuchte der Schiffer weiter östlich in die Helnäser
Bucht hinein zu gelangen.
Das Wasser im Schiff stieg aber, nachdem
der Anker gelichtet und Groß- und Focksegel beigesetzt waren, so stark,
daß das Schiff dem Ruder nicht mehr gehorchte und ohne wesentliche Fahrt gemacht zu haben, auf den Grund stieß. Es geschah dies nach
den aus dem protocoll des Polizeimeisters in Affens vom 23. Mai
ersichtlichen Angaben des Schiffers und Steuermanns 9 Uhr morgens, nach der vor dem Seeamt beschafften Angabe des Steuermanns Rnuth
dagegen etwa zwischen
9 Uhr morgens.
und 5 Uhr, jedenfalls erheblich früher als
Der Schiffer und
Steuermann setzten darauf in
der Schiffsjolle an Land und zeigten den Unfall bei der nächsten
dänischen Behörde an, welche auch durch den Stellvertreter des Polizei meisters der Baag-Harde tu Affens an demselben Tage den Strandungs fall untersuchen und den Schiffer und Steuermann vernehmen ließ. Ueber die Ereignisse während der Fahrt und über den Unfall haben der Schiffer Christiansen und der Steuermann Rnuth im wesentlichen
übereinstimmende Aussagen beschafft.
Die Jacht, welche nicht ver
und in öffentlicher Auction Von der nach Angabe des Schiffers versicherten Ladung
sichert war, ist total wrack geworden
versteigert.
wurde ein Theil, z. B. die Holzstäbe gerettet. — Die Aussagen des Schiffers und Steuermanns über die Witterung und die Windrichtung in der Unfallsnacht sind durch eine von der Direction der Seewarte
in Hamburg ant 3.. April 1888 ertheilte Auskunft int großen und ganzen bestätigt worden,
wenn auch in dieser Auskunft nur Be
obachtungen über das Wetter uni> den Wind im kleinen Belt ant Tage des 22. und 23. haben mitgetheilt werden können und aus
denselben die Schlußfolgerung
gezogen ist, daß in der dazwischen
liegenden Nacht auf dem kleinen Belte frische westliche Winde geweht
haben. Dieser Thatbestand ist festgestellt durch die vor dem Seeamt er folgte Vernehmung der vorgenannten Zeugen und Sachverständigen mit Ausnahme derjenigen des flüchtig gewordenen Schiffers Christiansen,
durch Verlesung der die Aussagen des letzteren enthaltenden protocolle vom 21. Juni 1887 und 17. April 1888, eines Auszuges aus dem
Schiffsregister des Amtsgerichts Schleswig, einer deutschen Uebersetzung des von dem Polizeimeister der Baag-Harde in Affens ant 23. Mai 1887 aufgenommenen protocolls und des Schreibens der Direction der Seewarte in Hamburg vom 3. April 1888. Der Schiffer Christiansen
hat vor dem Seeamt nicht vernommen, auch dem Zeugen Burmeister
Jacht Anna Christina.
nicht gegenübergestellt werden können.
477
Derselbe hat durch sein eigenes
Verhalten, insbesondere seine Flucht nicht nur den
Abschluß der
Untersuchung dieses Unfalls in die Länge gezogen, sondern auch die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen, insoweit sie mit denjenigen anderer Personen in Widerspruch stehen, sehr in Frage gestellt.
Thristiansen
ist über den Leeunfall zweimal vernommen, zuerst von der Polizei behörde in Flensburg ant 2\. Juni 1887 und später, nachdem er
inzwischen von Hamburg aus eine Leereise gemacht hatte, von -em
Vorsitzenden des Seeamts am 17. April 1888.
Bei dieser letzten
Vernehmung gab derselbe an, daß er in Flensburg bleiben und auf der Schiffswerft arbeiten werde. Trotz dieser Angabe hat er sich gleich darauf heimlich aus Flensburg entfernt und ist in Folge dieser Flucht in der am 30. April 1888 abgehaltenen Seeamtssitzung nicht
erschienen.
Alle int kaufe der Jahre
1888 und
1889. durch
die
Polizeibehörden in Flensburg und Hamburg angestellten Ermittelungen nach seinem Aufenthalt sind vergeblich gewesen. Wahrscheinlich
wird er von Hamburg aus unter falschem Namen zur See gegangen sein. Zu der am 16. April I890 abgehaltenen letzten Hauptverhandlung des Seeamts in dieser Sache ist Thristiansen ordnungsmäßig durch öffentliche Ladung geladen worden, jedoch nicht erschienen. — In dieser Sitznng hat der Reichscommissar beantragt, demselben die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes zu entziehen.
Durch die Verhandlung ist es unzweifelhaft festgestellt, daß die Jacht „Anna Thristina" bei dem Antritt der Reise nach Aarhuus sich in einem für eine derartige Fahrt durchaus seeuntüchtigen Zustande
befunden hat.
Ferner war nach dem Urtheile des Sachperständigen
Weedermann eine Ladung im Gewicht von 18 Tonnen für das Schiff mit Rücksicht auf dessen defecten Zustand zu groß. Wenn sonach
die seeuntüchtige Beschaffenheit des Schiffes in Verbindung mit der Ueberladung die Veranlassung des Unfalles gewesen ist, so unterliegt
es andererseits keinem Zweifel, daß der Schiffer Thristiansen den Unfall dadurch verursacht hat, daß er trotz seiner Runde von der Seeuntüchtigkeit der Jacht die Reise nach Aarhuus unternahm.
Die
Leichtfertigkeit dieser Handlungsweise fällt um so schwerer ins Gewicht, als ihm kurz vor dem Antritt der Fahrt von dem Schiffsbaumeister
Weedermann mit Rücksicht auf den seeuntüchtigen Zustand des Schiffes
der Rath ertheilt war, dasselbe erst zimmern zu lassen.
Wenn er
nun trotz dieses Rathes die Besatzung, das Schiff und die ihm an-
Schraubendampfer Thea.
V8
vertraute Ladung der Gefahr des Unterganges aussetzte, so ist schon diese Handlungsweise eine derartige, daß es unthunlich erscheint, dem Lhristiansen fernerhin die Leitung eines Schiffes anzuvertrauen, hierzu kommt einerseits der Mangel an fachmännischer Tüchtigkeit des Lhristiansen, welcher ein Zeugniß zur Befähigung als Schiffer oder Steuermann nicht besitzt, andererseits die Vertrauensunwürdigkeit, welche er dem Verkäufer der Jacht gegenüber dadurch an den Tag gelegt hat, daß er in Widerspruch mit der getroffenen Vereinbarung über das Schiff vor dem (. Juni (887 ohne Leistung der verabredeten Anzahlung verfügte und dasselbe zu einer Fahrt außerhalb der Flensburger Föhrde benutzte. Endlich kommt die Thaffache in Betracht, daß Lhristiansen es für gut befunden hat, sich durch die Flucht der Verantwortung seiner Handlungsweise vor dem Seeamt zu entziehen. Dem Anträge des Reichscommiffars entsprechend, hat demnach das Seeamt dem Lhristiansen die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes entzogen, weil demselben sowohl die zur Ausübung der Seeschiffahrt erforderliche fachmännische Ausbildung als auch die für einen Schiffer unbedingt nothwendigen Eigenschaften der Besonnenheit, Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit in hohem Grade fehlen, der §. 26 des Gesetzes, betr. die Untersuchung von Seeunfällen vom 27. Juli (877 daher auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Der Umstand, daß Lhristiansen kein Befähigungszeugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes besitzt, bildet nach den Entscheidungen des Kaiserlichen Gber-Seeamts vom 3. April (880 und 8. März (88( (Sammlung der Entscheidungen Bd. II 5. 329 und Bd. III S. 2(0) kein Hinderniß, demselben die Befugniß zur Ausübung dieses Gewerbes zu entziehen.
69. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 8. Juli 1890, betreffend den Seeunfall des Schrauben dampfers „Thea" von Riel. Der Spruch des Seeamts lautet: Die Strandung des Schraubendampfers „Thea" ist dadurch herbeigeführt, daß das Schiff seit der Peilung von Lyser-Grt um einen halben Strich westlicher versetzt worden ist, als es nach dem gesteuerten Lurse kommen sollte.
Schraubendampfer Thea.
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Diese Versetzung ist entweder durch Strömung oder durch Veränderung in der Deviation des Tompasses bewirkt worden. Der Schiffer' hat in mehrfacher Beziehung unvorsichtig und wenig seemännisch navigirt: s. hätte er das Feuer von Hoborg an der Südspitze von Gothland anlaufen sollen, um dort einen sicheren Schiffsort zu bekommen; 2. hätte er auf dem WSWTurse, als er sich auf der Bkittelbank befinden sollte und s50 Seemeilen seit der Peilung von Lyser-Grt abgelaufen waren, lothen müssen; 3. hätte er sofort, als die £üff unsichtig wurde, langsam fahren und dabei fortwährend das Loth gebrauchen sollen. Der Schiffer hat, weil er diese Vorsichtsmaßregeln außer Acht ließ, den Unfall verschuldet. Gründe. Der eiserne Schraubendampfer,,Thea"— UnterscheidungsSignal £