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German Pages [512] Year 1997
Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka Hans-Peter Ullmann, Hans-Ulrich Wehler
Band 120 Volker Then Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der Industriellen Revolution
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
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Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der Industriellen Revolution Ein preußisch/deutsch-englischer Vergleich
von Volker Then
Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
97. 37798
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Then, Volker: Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmer in der Industriellen Revolution: ein preußisch/deutsch-englischer Vergleich / von Volker Then. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1997 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; 120) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss. 1993/94 ISBN 3 - 5 2 5 - 3 5 7 8 3 - 4
© 1997, Vandenhoeck & Ruprecht, Gottingen. - Printed in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Text & Form, Pohle. Druck und Bindung: Guide-Druck GmbH, Tübingen.
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Inhalt Vorwort
11
I.
Einleitung
13
II.
Die Eisenbahngesellschaften
26
1. 1.1. 1.2. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 3.
Englische Vorbilder auf dem Weg zum Konzern Die Entwicklung zur London and North Western Railway Westen und Südwesten Englands. Konkurrierende Bahnsysteme Preußen Preußische und sächsische Pioniere Die drei Giganten an Rhein und Ruhr Der Berliner Stern der großen Fünf Aus Eisenbahnlinien entsteht ein Netz. Ein vergleichender Überblick
27 27 30 34 35 38 48
III.
Eisenbahnen in einer Wirtschaftsregion
58
1. 2.
Regionale Strukturen als Maß der Erfolgschancen Motive des Eisenbahnbaus
59 73
IV.
Recht und Billigkeit. Staatliche Rahmenbedingungen des Eisenbahnbaus
89
1.
Gesellschaftsrecht oder »Sucht des Vielregierens«. Weg und Dauer der Gründung Preußen England Rechtsgrundlagen der Unternchmensfuhrung. Staatsaufsicht und Gesellschaftsvertrag Eisenbahngesetz, Statuten und Ermessensspielräume in Preußen England: Private Acts als Gesellschaftsverträge Von der »Kanzleizweifelei« oder dem »Geist, bis in's Detail hinein zu administrieren«
1.1. 1.2. 2. 2.1. 2.2. 3.
53
92 93 98 103 103 112 117 5
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4. 5. V.
1. 2. 3.
Rechtsgrundlagen von Staatsbahnen und staatlichen Beteiligungen Fazit des Vergleichs
124 128
»Bei Geldfragen hört die Gemütlichkeit auf, da muß bloß der Verstand uns leiten.« Kapitalmarkt und Sozialstruktur der Eisenbahnaktionäre
130 131 142
4.
Kapitalmarkt und Kapitalmangel? Sozialstruktur der Aktionäre Aktienstruktur und Aktionäre. Englische und deutsche Verteilung Der Staat als Kapitalgeber. Preußische Anstöße
VI.
Eisenbahnunternehmer - Könige oder Bürger?
174
1. 2.
Der nationale Vergleich. England und Deutschland Regionale Differenzierung sozialer Strukturen der Eisenbahnunternehmer Eisenbahnunternehmer. Biografische Eigenarten in England.... Wirtschaftsbürger Wirtschaftsbürgerliche Assimilation an die alten Eliten? Bildungsbürger Landbesitzer und Adel Vermögen und Einkommen Eisenbahnunternehmer. Biografische Eigenarten in Deutschland Wirtschaftsbürger Feudalisierung der Wirtschaftsbürger? Bildungsbürger Landbesitzer Vermögen und Einkommen deutscher Eisenbahnunternehmer Eisenbahnunternehmer - Bürger, Wirtschaftsbürger, Bildungsbürger. Die Strategen der Industrialisierung
179
3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 5.
156 170
191 204 205 213 215 219 221 225 226 239 243 249 250 253
VII. Eisenbahnunternehmer und das Prinzip der freien Assoziation. 259 1. 2.
Eisenbahnunternehmer in der Verflechtung der Wirtschaft. Beziehungen zu anderen Kapitalgesellschaften Politisches Engagement der Eisenbahnunternehmer. Für Unabhängigkeit, Freiheit, Einheit der Nation?
6 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
259 275
2.1. 2.2. 2.3. 2.4.
Nationale Politik Kommunal- und Regionalpolitik Handelskammern und Ehrentitel Politische Ziele
277 285 288 290
VIII. Unternehmerische Probleme und Strategien der Eisenbahnen . 298 1.
Vorbilder und Erfahrungshorizonte unternehmerischer Entscheidung 2, Zeitaufwand und Sitzungstätigkeit der Eisenbahnunternehmer 3. Strategische Unternehmerentscheidungen 3.1. Finanzfragen und Kapitalstruktur 3.2. Planungsentscheidungen und Bauleitung 3.3. Industrial Relations. Bauarbeiter, Beamte und Bahnarbeiter 3.4. Systembildung und Vernetzung. Beziehungen zwischen den einzelnen Eisenbahngesellschaften 3.5. Der Titan und die Zwerge. Verstaatlichung, die letzte Unternehmerentscheidung 4. Unternehmerentscheidungen. Zusammenfassung IX.
Resümee - Vergleichende Zusammenfassung
300 307 315 315 330 347 360 369 375 379
Anhang
388
Abkürzungen
394
Anmerkungen
397
Quellen- und Literaturverzeichnis
477
Register
505
Verzeichnis der Tabellen im Text Tab. II.1. Bilanzsumme der LNW in £ Sterling Tab. II.2. Anteile der Gesellschaften (Nord) am Streckennetz und am Aktienmarkt Tab. II.3. Bilanzsumme der GWR in £ Sterling Tab. II.4. Bilanzsumme der LSW in £ Sterling Tab. II.5. Marktanteile englischer Eisenbahnen Tab. II.6. Bilanzsumme der Leipzig-Dresdner Eisenbahn in Thlr. Tab. II.7. Bilanzsumme der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn in Thlr.
29 29 31 32 33 36 37
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Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.
II.8. II.9. II.10. II.11. II.12.
Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.
II.13. II.14. II.15. II.16. III.1. III.2.
Tab. III.3. Tab. III.4. Tab. III.5. Tab. III.6. Tab. III.7. Tab. V.l. Tab. V.2. Tab. V.3. Tab. V.4. Tab. V.5. Tab. V.6. Tab. V.7. Tab. VI.l. Tab. VI.2. Tab. VI.3. Tab. VI.4. Tab. VI.5. Tab. VI.6. Tab. VI.7. Tab. VI.8. Tab. VI.9.
Bilanzsumme Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Rheinischen Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Köln-Mindener Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn in Thlr Bilanzsumme der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Thlr Marktanteile Preußischer Eisenbahnen Entwicklung der Eisenbahnnetze Einwohner London und Berlin in Tausend Wichtige deutsche und englische Städte in den Eisenbahnregionen - Bevölkerungsentwicklung in Tausend Britische Baumwollimporte in Tonnen Transportleistung der Binnenschiffahrt in Mio. Tonnenkilometern Londoner Kohlezufuhr in 1000 Tonnen Güterverkehr auf dem Bridgewater Canal in Tonnen Steinkohlenproduktion in England und Deutschland in Mio. Tonnen, Fünfjahresdurchschnitte Papiere am Londoner Kapitalmarkt - 1850 Papiere am preußischen Kapitalmarkt des Vormärz Anteile der Esquires und Gentlemen am Kapital der Eisenbahngesellschaften Englands Verteilung der Erwerbstätigkeit identifizierter Gentlemen und Esquires Soziale Herkunft des investierten Aktienkapitals (England Deutschland) Soziale Verteilung der Aktionäre (England - Deutschland) Geografische Herkunft des investierten Aktienkapitals (England - Deutschland) Erwerb der Eisenbahnunternehmer im Vergleich Erwerb der Eisenbahnunternehmer nach Regionen Zeitliche Entwicklung der Erwerbsstruktur deutscher Eisenbahnunternehmer Zeitliche Entwicklung der Erwerbsstruktur englischer Eisenbahnunternehmer Amtszeiten deutscher und englischer Eisenbahnunternehmer im Vergleich Amtszeiten deutscher Eisenbahnunternehmer - Aufteilung nach Erwerbstätigkeit Amtszeiten englischer Eisenbahnunternehmer Lebensalter bei Amtsantritt Erwerb der Eisenbahnunternehmer einzelner Gesellschaften (England)
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38 40 43 46 49 51 53 54 57 60 62 65 67 68 69 71 133 136 152 153 158 161 164 180 181 184 185 186 188 189 190 192
Tab. VI. 10. Erwerb der Eisenbahnunternehmer einzelner Gesellschaften (Deutschland) Tab. VI.l 1. Vaterberuf englischer Eisenbahnunternehmer Tab. VI.12. Vaterberuf deutscher Eisenbahnunternehmer Tab. VII. 1. Kontrollposten der Eisenbahnunternehmer Tab. VII.2. Eisenbahnunternehmerund Verwandte im englischen Parlament - Erwerbsverteilung Tab. VII.3. Eisenbahnunternehmer in deutschen Parlamenten - Erwerbsverteilung
199 211 236 262 278 283
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Vorwort
Bei der Arbeit an der vorliegenden Studie erging es mir wie den Unternehmern beim Bau der Eisenbahnen. Lange getragene Ideen und Absichten verdichteten sich in einer Vorbereitungsphase am St. Antony's College in Oxford und führten zu einer nach Eisenbahnmaßstäben schnellen Bauzeit, die im Wintersemester 1993/94 zum Abschluß kam, als der Fachbereich Geschichtswissenschaften der Freien Universität Berlin die ungekürzte Fassung dieser Arbeit als Dissertation annahm. Für die Übernahme des Ehrenvorsitzes im Gründungskomitee dieser Arbeit danke ich ganz besonders meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Kocka. Er gab erste Anstöße zur Verknüpfung meiner wirtschaftsund sozialhistorischen Interessen durch dieses Thema, nicht ahnend, daß diese zu langen Reisen auf dem entstehenden Netz der Eisenbahngedanken führen würden. Für eine der fruchtbarsten Exkursionen auf diesen Wegen übernahm am St. Antony's College Prof. Dr. Patrick K. O'Brien die Reiseleitung. Als die ersten Stationen fertiggestellt waren, halfen Prof. Dr. Sidney Pollard und Prof. Dr. Hartmut Kaelble, den Verkehr zu organisieren. Vor der Notwendigkeit, diese Arbeit am Kapitalmarkt finanzieren zu müssen, bewahrte mich ein Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Ein Projekt der Thyssen-Stiftung ermöglichte den Bau wertvoller Rangiergleise. Die Eröffnungsfeierlichkeiten der Linie gestaltete die Stinnes Stiftung durch die festliche Verleihung des Förderpreises 1994. Frühe Bauphasen profitierten enorm vom guten Arbeitsklima auf der Baustelle an der Bielefelder Fakultät für Geschichtswissenschaft, deren Freitagskolloquium die ersten Vermessungsarbeiten nachbesserte. Mit fortschreitender Bautätigkeit verlagerte sich der Schwerpunkt der Arbeiten in die Bausektion Berlin, in deren Kolloquium an der Hittorfstraße die Tragfähigkeit von Brücken und die Ausrichtung der Tunnels nachgemessen wurde. Hätten zahlreiche Baustofflieferanten in Bibliotheken und Archiven Englands und Deutschlands sich nicht als sehr hilfreich erwiesen und auch unter Zeitdruck nicht nur Staub, sondern auch große Mengen an Bausteinen geliefert, wäre dieses Werk ein Gebilde freier Imagination geblieben. Dabei sei nicht verschwiegen, daß unter den Bedingungen des Vereini11
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gungssommers 1990 Archivarbeiten in Merseburg, Leipzig und Dresden neben der Beschaffung von Baumaterialien zahlreiche Abstecher in das Feld der Alltags- und Sozialgeschichte mit sich brachten. Umfangreiche Bauarbeiten machen Sensation und locken zahlreiche Schaulustige an. Bei dieser Baustelle liefen sie akute Gefahr, an den Bauarbeiten beteiligt zu werden. Gunilla-Friederike Budde, Jörg Requate, Thomas Welskopp, Hartmut Berghoff, Philip J . Rycroft und Dirk Rumberg erschienen häufiger auf der Baustelle. Ralf Wolz erwies sich als unentbehrlicher und zuverlässiger Bauunternehmer, der für schwierige technische Aufgaben gerufen werden konnte und sie alle meisterte. Till Burandt übernahm bisweilen mit großem Erfolg die Aufgabe des Marketenders auf der Baustelle. Meine Frau Antje Kaupke hielt geduldig und unermüdlich an der Vision des Fortschritts fest, deren wichtigstes Element der Glaube an die Fertigstellung großer Taten war. Die Technikbegeisterung und das Interesse meines Vaters an Betriebsorganisation ebenso wie die Unterstützung meiner Interessen durch meine Mutter hatten dem »Bauleiter« von Kindesbeinen an die Voraussetzungen zum Bau dieses Werkes zuteil werden lassen. Dem Gedenken an meinen Vater und meiner Mutter sei dieses Buch gewidmet. Bielefeld, im Februar 1997
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Volker Then
I. Einleitung
Die Eisenbahnen erleben weltweit derzeit eine Renaissance. Sie gelten als ökologisch und für viele Länder auch als ökonomisch überlegene Lösung immer drängenderer Probleme des Verkehrs und der Aufrechterhaltung von Mobilität. Die Investitionen in Strecken und Züge haben vielfach zugenommen, Hochgeschwindigkeitslinien und Bemühungen, die Attraktivität für den Güterverkehr zu steigern, rücken in den Vordergrund öffentlichen Interesses. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen steht fast in allen Ländern die Organisationsform des Eisenbahnverkehrs auf dem Prüfstand: Diskutiert oder schon realisiert werden Konzepte organisatorischer Reform, die den meist als Staatsbahnen geführten Unternehmen mehr Flexibilität, Konkurrenzfähigkeit und unternehmerischen Spielraum gewähren sollen. Die als bürokratisches Hemmnis eingestufte Behördenorganisation der Staatsbahnen wird zunehmend auf das Abstellgleis gefahren. Die Entwicklung tendiert zur Rechtsform der Aktiengesellschaft, das langfristige Ziel ist die Mobilisierung privaten Kapitals für die benötigten enormen Investitionssummen. 1 Diese Gegenwartsentwicklung bildet einen Grund mehr, sich mit Eisenbahnen und Eisenbahnunternehmern unter den historischen Entstehungsbedingungen großer Teile des bis heute genutzten Bahnnetzes zu beschäftigen. Die Eisenbahnen sind »the first big businesses« und erlauben eine aufschlußreiche Analyse der Frühgeschichte großer Aktiengesellschaften ebenso wie eine Untersuchung des unternehmerischen Handelns, welches die Entstehung dieser Unternehmen koordinierte und leitete. Wer engagierte sich in der Leitung dieser frühen Großunternehmen? Wie fällten Unternehmer die zentralen Entscheidungen bei Aufbau und Weiterentwicklung der Eisenbahnen? Welche Probleme beschäftigten sie vorrangig? Diese Fragen sollen im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Zwei Länder mit Verweisen auf ein drittes, besser erforschtes, nämlich die USA - werden untersucht: England und Deutschland in der Industriellen Revolution von 1830 bis 1880. In Deutschland beschränkt sich die Betrachtung allerdings auf Preußen mit Ausblicken auf Sachsen und kleinere Staaten wie Hamburg. Die süddeutschen Länder bzw. Kleinstaaten bleiben ausgeblendet. Sozialgeschichte und Unternehmerhandeln in ihren Wechselwirkungen zu erforschen, erfordert ein sorgfältig angepaßtes Instrumentarium. In 13
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vergleichender Betrachtung muß sich die Vorgehensweise nicht eindimensional nur der Sphäre wirtschaftlichen Handelns am Markt, politischer und rechtlicher Prägung in den Grenzen des jeweiligen Staates oder der sozialen Zugehörigkeit handelnder Personen in der Gesellschaft zuwenden, sondern einer Konstellationsanalyse 2 aller drei maßgeblichen Einflußgrößen. Dabei ist zwischen der eher nationalen und der eher regionalen Wirkungsmächtigkeit der einzelnen Sphären zu differenzieren. Diese Konstruktion sichert die Analyse sowohl gegen ökonomistische Verkürzungen als auch gegen die Vermutung des Sonderweges einzelner Länder. Sie ermöglicht eine feingliedrige Würdigung der Strukturunterschiede und Wechselwirkungen zwischen England, dem Pionier der Eisenbahngeschichte, und Deutschland, dem schnellen und in der Adaption der Technologie erfolgreichen frühen Nachfolger.3 Wichtigste Hypothese, die zugleich Wirtschafts- und Sozialgeschichte verknüpfen kann, ist die Annahme, daß die Sozialstruktur der am Unternehmerhandeln beteiligten Gruppen und die Zusammensetzung der Leitungsgremien der Aktiengesellschaften Einfluß auf die Entscheidungen ausübten. Nicht der Markt per se, sondern die Wahrnehmung der Marktbedingungen durch die Entscheidungsträger bestimmte die Ausrichtung der Strategien und den daraus resultierenden Entwicklungsgang des Unternehmens. Umgekehrt wirkte der Erfolg des Unternehmens auf die Interpretation dieser Wahrnehmungen und die darauf aufgebauten Strategien zurück. Die bisher vorhandenen Forschungsergebnisse sind nicht aus einer derartigen Perspektive hervorgegangen, stellen aber eine Reihe von Zugriffsmöglichkeiten auf die Unternehmensgeschichte bereit. 4 Die zweifellos für ein Vorhaben wie diese Arbeit einflußreichste Forschungsleistung stellt das Lebenswerk von Alfred D. Chandler Jr. dar, das an der Harvard Business School in Anlehnung an frühere Arbeiten von Schumpeter und Redlich entstanden ist und einen institutionengeschichtlichen Ansatz der Analyse wirtschaftlicher Entwicklung verfolgt. 5 Chandler überwand die neoklassische Fixierung auf Produktionskosten und relative Faktorpreise und rückte statt dessen Unternehmensstrategien in den Mittelpunkt seiner Analysen. Damit verknüpft untersuchte er die resultierende Organisation sich entwikkelnder Großunternehmen und die Transaktionskosten 6 marktförmigen Wirtschaftens. In diese Schwerpunktverschiebung flossen die konzeptionellen und theoretischen Vorarbeiten Schumpeters und Redlichs ein, die unternehmerisches Handeln als innovatorische Schöpfung vorher nicht gesehener Kombinationen von Faktoren, Technologien und Märkten begriffen. 7 Sah Schumpeter diese unternehmerische Leistung noch vornehmlich bei herausragenden Individuen angesiedelt, so konnte Redlich die Konzeption durch eine entscheidende Erweiterung auf Kapitalgesellschaften und das 14 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
alltägliche Marktgeschehen jenseits sensationeller Innovationsschübe anwenden: Er betrachtete unternehmerisches Handeln als Funktion, die durchaus von mehreren Personen erfüllt und in Kapitalgesellschaften durch die Leitungsgremien, möglicherweise sogar im Verein mit leitenden Angestellten, ausgeübt werden konnte. Zentraler Inhalt dieser Funktion war für ihn die Strategiesetzung, die Bestimmung des Unternehmenskurses hinsichtlich des Faktoreinsatzes, des Unternehmenszweckes, der Marktposition und der damit verbundenen inneren Organisation. Redlich unterscheidet hierin den Unternehmer ausdrücklich vom Kapitalisten, der das benötigte Risikokapital bereitstellt, und vom Manager, welchem die innere Organisation des Unternehmens entsprechend einmal beschlossener strategischer Vorgaben obliegt. 8 Da es sich bei dieser Definition um eine rein funktionale Abgrenzung handelt, dürfen Funktion und Inhaber nicht verwechselt werden: Zwar sind Managern Routinetätigkeiten und die Organisation des Betriebsablaufes vorbehalten, während Unternehmer sich der Strategieformulierung widmen sollen, doch kann es realiter durchaus vorkommen, daß Direktoren oder Vorstände sich in Managementaufgaben betätigen und Manager (leitende Angestellte) unternehmerische Strategien präjudizieren oder formulieren. 9 Chandlers jüngste, am weitesten entwickelte Version seiner Vorgehensweise setzt Maßstäbe vergleichender Wirtschaftsgeschichte: Chandler konzentrierte sich in »Scale and Scope« 10 auf Wachstum und Wandel industrieller Großunternehmen in drei Ländern (USA, Großbritannien und Deutschland) und versuchte, Expansion und Strukturveränderungen entwickelter westlicher Volkswirtschaften aus der zentralen Bedeutung der untersuchten Unternehmen zu erklären. 11 Die strategische Unternehmeraufgabe in den entstehenden Großunternehmen bestand vor allem in der geeigneten Allokation von Investitionen in Produktion, Distribution und Management. Ermöglichten die getroffenen Investitionsentscheidungen einen Zeitvorsprung vor anderen Markteilnehmern, errang der »First Mover« einen Wettbewerbsvorteil in der oligopolistischen Konkurrenz gegen eine kleine Zahl von Herausforderern. Unter diesen Wettbewerbsbedingungen stand in der Regel nicht der Preis, sondern die Produktentwicklung oder die Erschließung neuer Märkte im Mittelpunkt. 12 Die Allokation der Investitionen bestimmte über die Chancen, »economies of scale« oder »economies of scope« zu realisieren, 13 also eine kostengünstigere Stufe der Massenproduktion zur erreichen, mit den vorhandenen technologischen und organisatorischen Resourcen des Unternehmens neue Produktlinien zu erschließen oder die Transaktionskosten zu senken. Unter sich ändernden Bedingungen der Märkte und der Technologien (etwa aufgrund neuer Transportsysteme, wie sie die Eisenbahnen darstellten) kam es darauf an, die Produktionsorganisation zu verbessern und 15 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
eine möglichst gleichmäßige Kapazitätsauslastung immer kapitalintensiverer Produktionsprozesse zu gewährleisten. Ziel mußte ein möglichst kontinuierlicher Materialfluß sein (Throughput). Den analogen Vorgang im Bereich der Distribution bildete die Gewährleistung möglichst umfangreicher Massenvermarktung durch Großhändler, Kaufhäuser und Massenverkäufer. Ihre Leistung läßt sich messen als sogenannter »Stockturn«. 14 Produktion und Distribution nach diesen Markterfordernissen zu organisieren, bildete eine große Herausforderung für die Leistungsfähigkeit der Unternehmer und des Managements. Die gewünschten Strategien am Markt ließen sich nur realisieren, wenn die funktionale Bewältigung der Aufgaben in der Unternehmensorganisation gewährleistet werden konnte. »Organizational capabilities«, also das in der Organisationsform des Unter nehmens gespeicherte Vermögen, komplexe Vorgänge in Reaktion auf sich ändernde Marktbedingungen zu steuern, limitierten und induzierten zugleich die strategischen Optionen der Unternehmer. 15 Entsprechend wuchsen Unternehmen eher durch horizontale, vertikale oder geographische Integration neuer Zweige oder durch die Erschließung von Märkten, die den vorhandenen Vorzügen der Organisation entgegenkamen. Im Ergebnis führte jede dieser Expansionsstrategien zu Konzernen, die eine multidivisionale Struktur aufbauten. 16 Nicht nur Chandlers eigener Vergleich, sondern auch die Rezeption seiner Vorgehensweise durch englische Historiker ließ eine seinen auf die USA bezogenen Untersuchungen vergleichbare Literatur in England entstehen. Zwar bezogen diese Autoren nur selten die Eisenbahngesellschaften explizit in ihre Forschung ein, aber die Beschäftigung mit strategischer Entscheidungsfindung und sich mit der Expansion wandelnden Unternehmensstrukturen entstehender Großkonzerne prägte ihre Arbeiten. 17 An diese Forschungsansätze anschließende Debatten zum Versagen spätviktorianischer Unternehmer und zu den frühen Ursachen des »British Decline« werden in dieser Arbeit allerdings nur am Rande eine Rolle spielen. 18 Die deutsche Chandler-Rezeption verdankt ihre fruchtbarsten Momente den unternehmenshistorischen Arbeiten Jürgen Kockas, der ebenfalls Unternehmensgeschichte mit Blick auf die strukturelle Entwicklung der Organisationen und ihrer wichtigsten Charakteristika in der Expansion geschrieben hat. 19 Fragen bürokratischen Managements, zunehmender Diversifikation der Produkte, Integration der Konzerne und der Ausbildung einer »multidivisionalen« Organisationsstruktur sind seitdem in die deutsche Unternehmensgeschichte eingeführt. Zugleich galt Kockas Bemühen jedoch der Unternehmerforschung in einer breiteren, über das unternehmenshistorische Interesse an der Entwicklung der Großunternehmen seit dem 19. Jahrhundert hinausreichenden Perspektive - mit allen 16 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
sich für die Wirtschafts-, Sozial- und vor allem Bürgertumsgeschichte bietenden Chancen. 20 Mehrheitlich läßt sich deutsche Unternehmergeschichte - soweit es sich nicht um Würdigungen »großer« Einzelpersönlichkeiten oder am Individuum interessierte Biografien handelt - ohnehin eher unter die Sozialgeschichte subsumieren als unter die Geschichte der »corporate economy«. Die meisten Untersuchungen bedienten sich eines kollektivbiografischen Zugangs, dem vor allem an der Position der Unternehmer in Gesellschaft und Politik gelegen war. Fragen der Mobilität, der Ausbildung, des beruflichen Werdegangs, der kulturellen Standortbestimmung oder des politischen Einflusses, der Stellung zu Staat und Politik dominierten hier.21 Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, diese bestehenden Forschungsgrundlagen fruchtbar weiterzuentwickeln. Einige Gemeinsamkeiten teilt sie mit einer Reihe vorliegender Studien - wenn auch in einer kritisch gewendeten Interpretation: die Verwendung eines auf Schumpeter und Redlich zurückgehenden Unternehmerbegriffs, der funktional im Hinblick auf Strategiesetzung konzipiert ist; den Versuch, organisatorische Entwicklung von Unternehmen aus dieser strategiesetzenden Tätigkeit zu erklären; die Vermutung, daß Unternehmer entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung haben; ein weitergehendes Interesse an der Sozialgeschichte der beteiligten Gruppen; schließlich das vergleichende Vorgehen. 22 Einen ersten Versuch, Chandlers Ansatz der Unternehmensgeschichte der Eisenbahnen gewinnbringend weiterzuentwickeln, hat dessen Schülerin Colleen Dunlavy jüngst abgeschlossen. Sie untersuchte in einem Vergleich zwischen Preußen und den USA die Auswirkungen der politischen Strukturen beider Länder auf Eisenbahnentwicklung und industriellen Wandel. Ihr Vorgehen stützte sich elementar auf die Annahme eines immanent politischen Charakters der Institution Großunternehmen. Institutionen gewännen ihre innere Ordnung und Struktur aus einem Geflecht von Regeln, Vorgehensweisen und Normen des Zusammenwirkens der an ihnen beteiligten Individuen. Sie brächten daher von Grund auf eine Machtverteilung zum Ausdruck, die es rechtfertige, Unternehmensentwicklung aus der Wechselwirkung mit dem politischen System heraus zu konzipieren. 23 Dem Chandlerschen Vorgehen möchte ich ein spezifisch anders konzipiertes Modell entgegenstellen. Ausgehend vom institutionell verankerten Machtverteilungsproblem in Unternehmen rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie Unternehmen Strategien formulieren, handelt es sich doch bei ihren Außenreaktionen immer um Ergebnisse komplexer innerer Entscheidungsvorgänge. Chandler argumentiert an dieser Stelle funktionalistisch und unterstellt, daß Unternehmen ihre Strategien an den Erfordernissen der Konkurrenz am Markt ausrichten. Dabei wählen Unternehmen Strate17 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gien aus einer Anzahl möglicher Optionen aus und »responses of their managers often determined the ways in which entire industries and even national economies responded to the changing market, technological, and political environment«. 24 Das Zustandekommen strategischer Formulierungen bleibt bei Chandler im Grunde eine »black box«, seine Modellvorstellung ein eher beschreibendes als erklärendes Konzept, das von der amerikanischen Situation ausgeht. Im Vergleich versucht Chandler vor allem, die universelle Gültigkeit und Verbreitung (einschließlich der Abweichungen von der Norm) des in den USA prototypisch abgelaufenen Industrialisierungsprozesses zu zeigen. Dabei interessieren Chandler eher die Konsequenzen strategischer Entscheidungen als die Art und Weise, auf welche Unternehmer zu ökonomisch vielversprechenden, ja optimalen Strategien der Behauptung in der Konkurrenz fanden. Es konnte rational sein, sich hierbei an der Gewinnmaximierung zu orientieren. Dies muß jedoch nicht generell gegolten haben. Denkbar ist ebenso eine Ausrichtung der Zielsetzungen an Erträgen in anderen Branchen oder an Entwicklungspotentialen der regionalen Wirtschaft.25 Weniger noch kann unterstellt werden, daß sich die Beteiligten über Interessenlagen, daraus resultierende Wahrnehmungen der Marktsituation und entsprechend gebotene Entscheidungen generell einig gewesen sind. Geht man jedoch von möglichen Divergenzen unter den Entscheidungsträgern aus, so wird die soziale Zusammensetzung der Unternehmer, werden ihre Brancheninteressen und Erfahrungen an Märkten und mit Organisationen zu entscheidenden Parametern der Erklärung ihres Handelns. Die Sozialstruktur der Unternehmer wird zum zentralen Untersuchungsgegenstand, der Aufschluß über das Zustandekommen strategischer Entscheidungen zu geben vermag. Nationale politische und rechtliche Strukturen bilden den Hintergrund, vor dem die Sozialgeschichte der Unternehmer zu einer differenzierteren Sicht ihres Handelns fuhren muß. Dieses Modell ist - anders als bei Chandler und auch bei Kocka - jedoch nicht ausgerichtet an dem in einer Nation identifizierten »Normalfall« und seinen Abweichungen, sondern vom Unternehmen her strukturiert. Es ist vor allem ein abstraktes Modell gleichgewichtiger Relationen zwischen Unternehmer, Unternehmensstrategie und Unternehmensorganisation. Die primär marktwirtschaftliche Entwicklung der Eisenbahnunternehmen wird damit keineswegs bestritten. Doch läßt sich argumentieren, daß marktwirtschaftliche Konkurrenz Spielräume bot, die Unternehmergremien - abhängig von ihrer Zusammensetzung und Interessenlage und dem Ausgang eventueller Konflikte - nutzen konnten. Die erfolgreiche Behauptung eines Unternehmens am Markt dürfte nicht nur mit einer einzigen, sozusagen notwendigen Strategie möglich gewesen sein. Durch die sozialhistorische, kollektivbiografische Analyse soll die Nutzung dieser Spielräu18 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
me durch die Eisenbahnunternehmer überprüft werden. Ob und wieweit sich dabei tatsächlich signifikante Unterschiede langfristigen strategischen Verhaltens ergaben, läßt sich am besten vergleichend zeigen. Der Vergleich gewinnt seine Tiefenschärfe aus der Ausrichtung auf das Unternehmen, darüber hinaus aber aus einer doppelten Perspektive: der des nationalen Vergleichs zwischen Staaten und der des regionalen Vergleichs zwischen Räumen, in denen die betrachteten Eisenbahngesellschaften operierten. Damit läßt sich, so unterschiedlich auch die Rahmenbedingungen beider Länder gewesen sein mögen, erschließen, ob nicht und wie gegebenenfalls Unternehmer dennoch einheitliche Antworten auf die drängenden Probleme des Eisenbahnbaus und der Unternehmensleitung fanden. Dabei schöpften sie möglicherweise aus ihrem regional spezifischen Erfahrungsschatz und verarbeiteten die Vor- oder Nachteile ihrer Wirtschaftsregion. Andersartiges Vorgehen könnte dabei dem von Konkurrenten funktional äquivalent gewesen sein. Dabei müßte zutagetreten, welche Gemeinsamkeiten über Ländergrenzen, Regionen, Rechtssysteme und politische Verfassungen hinweg den branchentypischen Beitrag der Eisenbahnen zur Geschichte der Industrialisierung ausmachten. Diese Kontrollfrage nach den Ähnlichkeiten der Entwicklung schärft das Instrument des Vergleichs und ergänzt die Suche nach Unterschieden. 26 Der Ländervergleich verspricht den größten Erfolg, wenn man relativ geringe historische Distanz vermutet und Gemeinsamkeiten Deutschlands und Englands in den Blick rückt, vor deren Hintergrund spezifische Unterschiede besser zutage treten. In beiden Ländern hatten eine vorindustrielle Gewerbetradition und Zentren des Fernhandels wirtschaftliches Gewicht vor der Industrialisierung erlangt, wenn auch mit unterschiedlichen regionalen Schwerpunkten. Ausgehend von diesen Zentren des Wachstums wurde die Wirtschaftstätigkeit über kleinräumige Grenzen hinaus zunehmend marktförmig koordiniert. Es setzte eine Homogenisierung des Marktes ein, die in England schon vor dem Eisenbahnbau beträchtliche Fortschritte gemacht hatte, in Deutschland dagegen in höherem Maße mit der Verkehrserschließung, die die Eisenbahnen ermöglichten, verbunden war. Im Ergebnis dieser Prozesse löste die Produktion für den nationalen Markt, der in eine internationale Arbeitsteilung eingebunden war, kleinräumiges Wirtschaften für den jeweiligen Bedarf ab. Der zeitliche Abstand des Industrialisierungsschubs war in beiden Ländern gering, hochentwickelte Zentren boten auch in Deutschland die Chance schnellen Anschlusses an englische Pionierentwicklungen, gefordert durch den intensiven Austausch von Informationen und technologischem Know how.27 Ein anfänglicher Rückstand von etwa 10-15 Jahren in für den Eisenbahnsektor relevanten technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen 28 konnte so bald aufgeholt werden. 19 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Das Ergebnis von wirtschaftlichem Wachstum und Industrialisierung war in beiden Ländern gesellschaftlicher Wandel. Bürgerliche Gruppen gewannen auf Kosten des Adels an Bedeutung und drängten nach politischer Beteiligung. In beiden Ländern kam dies im Aufstieg und der Durchsetzung des politischen Liberalismus zum Ausdruck. 29 Damit erschöpfen sich jedoch die globalen Gemeinsamkeiten - gesellschaftlicher Wandel traf auf durchaus verschiedene Ausgangsbedingungen im Verhältnis von Adel und Bürgertum zueinander, aber vor allem im politischen System, an dem teilzuhaben Bildungsbürger, Beamte und Wirtschaftsbürger forderten. Die größten Unterschiede verzeichnen zweifellos die politischen und rechtlichen Systeme beider Länder. In England fielen politische Entscheidungen in einem - zumindest nach der Parlamentsreform von 1832 relativ liberalen Verfassungsstaat, in Preußen in einem bürokratisch geprägten Obrigkeitsstaat. Zudem prägten in Preußen regionale Rivalitäten und provinzielle Eigenständigkeiten das Staatswesen, nicht zuletzt in der dank des Napoleonischen Einflusses sogar durch eine abweichende Rechtsentwicklung ausgezeichneten Rheinprovinz. Englische Politik wurde dagegen in einem auf Westminster ausgerichteten Zentralstaat gemacht. Diese Grundstrukturen wirkten auf eine Reihe von Schlüsselfragen des frühen Eisenbahnbaus ein, die vergleichend zu klären sind: Wie sahen die gesetzlichen Grundlagen der Inkorporation großer Aktiengesellschaften aus, welche Unterschiede gab es im Gesellschaftsrecht, welche Rechtsgrundlagen prägten den Kapitalmarkt? Eisenbahnunternehmer, die sich der Herausforderung innovatorischer Initiative stellen wollten, konnten auf divergente bürokratische Traditionen zurückblicken, die sowohl gegenüber dem Staat ein anderes Vorgehen erwarten lassen als auch andere Muster innerer Organisation großer Organisationen bereitstellen. 30 Bei aller Ähnlichkeit ökonomischer Entwicklungen spielten doch Vorsprünge, aber auch Größenordnungen englischer Entwicklungen in einer Reihe von Wirtschaftszweigen eine wichtige Rolle. Als Zentrum eines Kolonialreiches dominierte England den Welthandel wie kein zweites Land der Zeit. Handel und Industrie des Landes bauten eine Stellung in der internationalen Arbeitsteilung auf, die Wachstumsregionen wie Lancashire und Yorkshire mit dem Welthafen Liverpool und den Verarbeitungsindustrien der Baumwolle und Wolle rasant expandieren ließ. Dagegen handelten und wirtschafteten deutsche Kaufleute und frühe Industrielle in kleineren Dimensionen, wenn auch in Seehäfen wie Hamburg oder Stettin oder in Zentren des Binnenhandels wie Köln, Leipzig oder Breslau mit ebenso internationaler Ausrichtung. Kann London mit Fug und Recht als Metropole bezeichnet werden, so fällt das bei Berlin mit seinen zu Beginn der Eisenbahnära kaum 2 5 0 . 0 0 0 Einwohnern schon schwerer. Die Bedeutung dieser Entwicklungsunterschiede wird in einer Analyse 20 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
der regionalen Wirtschaftsstrukturen, die dem Eisenbahnbau zugrunde lagen, herausgearbeitet werden. Die Folgen traten nirgends so deutlich zutage wie beim Kapitalmarkt: Der englische war bereits vor Beginn des Eisenbahnbaus hochentwickelt, mit börsennotierten Papieren der Privatwirtschaft neben Staatspapieren, der preußische entstand abgesehen von Staatspapieren durch den Anstoß des Eisenbahnbaus, der zu den ersten Emissionen börsennotierter Aktien führte. Auch die Sektoren industrieller Entwicklung und die führenden Industriezweige verteilten sich in beiden Ländern unterschiedlich. Schwerindustrie und vor allem der Kohlenbergbau des Ruhrgebietes 31 und Oberschlesiens verdankten ihr stürmisches Wachstum der Verfügbarkeit des neuen Verkehrsmittels Eisenbahn. Sie profitierten von dem Führungssektor Eisenbahnbau. 32 Dagegen hatten ihre englischen Pendants schon vorher dank Seetransport und Kanälen eine beträchtliche Größe erreicht. Ähnlich erging es den Maschinenfabriken, 33 denen der Eisenbahnbau enorme Schubkraft verlieh. Einer in englische Größendimensionen hineingewachsenen Textilindustrie konnten sich die deutschen Länder vor dem Eisenbahnbau ebenfalls noch nicht rühmen. Es bleiben daher deutliche Unterschiede der Marktintegration zu konstatieren, abhängig von der geringeren technologischen Qualität der Verkehrserschließung. Die Unterschiede wirtschaftlicher Strukturen hinterließen Spuren in der deutschen Gesellschaft des Vormärz. Es wird nach den Folgen für die Position des Wirtschaftsbürgertums gefragt werden müssen. Englische Bürger dürften, soweit sie sich in Handel und Bankgeschäften engagierten, weit zahlreicher und kapitalkräftiger gewesen sein als deutsche. Zudem hatten sich englische Adelige eher in der Funktion auch außerhalb der Landwirtschaft aktiver Unternehmer betätigt als ihre deutschen Standesgenossen, für die es naheliegender war, Offizier zu werden oder ein staatliches Amt zu besetzen. Umgekehrt fiel es englischen Wirtschaftsbürgern leichter (vor allem aus den Reihen der Kaufleute und Bankiers), ins Parlament von Westminster gewählt zu werden, als preußischen Bürgern, politischen Einfluß zu erlangen. Jene waren weit mehr als in England darauf angewiesen, ihren Interessen in - teilweise informellen - Arrangements mit dem Staat, seiner Regierung und deren Beamten zur Geltung zu verhelfen. Dagegen konnten englische Bürger ihre Interessenlagen in Parlament und politische Öffentlichkeit, aber auch eigenständige Institutionen einbringen. Dies könnte zu recht unterschiedlichen Traditionen der bürgerlichen Selbstverwaltung und Eigeninitiative geführt haben. 34 Ein weiterer signifikanter Unterschied prägte die preußische und die englische Gesellschaft: Angehörige der freien Berufe arbeiteten in England als wirtschaftlich selbständige Anwälte, Notare, Ingenieure, Bergingenieure o.ä., während entsprechende Funktionen in Preußen sich häufig in einer 21 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
mittelbareren Position zum Staat befanden. Die Inhaber der betreffenden »Ämter« bedurften der Lizensierung, der Staatsprüfung, um ihren Beruf ausüben zu dürfen, und viele der betreffenden Fachleute fanden unmittelbar bei einer staatlichen Behörde Anstellung, die das entsprechende Expertenwissen auf diese Weise monopolisierte, aber auch fördern und erweitern konnte. 35 Es wird sich zeigen müssen, ob dies bedeutete, daß englische Eisenbahnunternehmer eher aus einer »plutokratischen Elite« 36 stammten, der Wirtschaftsbürger, führende Angehörige der Professionen, Adelige und Politiker gleichermaßen angehörten, während deutsche Eisenbahnen mehr das Produkt bürgerlicher Fortschrittsbemühungen ohne adelige Beteiligung gewesen sein könnten, aber mit Hilfe des beamteten, staatsnahen Expertenwissens gebaut wurden. Welche Konsequenzen diese unterschiedliche Beteiligung und der unterschiedliche Grad von »Offenheit« 37 für die Homogenität der Unternehmerschaft und die Gestaltungskraft ihrer unternehmerischen Strategien mit sich brachten, wird das wichtigste Erkenntnisinteresse dieser Arbeit sein. Vor dem Hintergrund der Ähnlichkeiten und Unterschiede beider Länder läßt sich das Instrument des Vergleichs in seinen beiden Dimensionen der nationalen und der regionalen - präziser einsetzen. Erwiesen sich die politischen und rechtlichen Systemunterschiede beider Länder als prägender Faktor unterschiedlichen unternehmerischen Vorgehens bei der Vorbereitung und Gründung eines Eisenbahnprojekts, aber auch bei dessen Bau und der Entstehung einer Betriebsorganisation? Entstand dadurch, daß sich der Staat nicht nur durch die Vorgabe entsprechender Rahmenbedingungen, sondern auch - wie in Preußen - durch Kapitalzuschüsse und die Übernahme der Unternehmensleitung beteiligte, ein völlig anderes Bild der Lösung unternehmerischer Herausforderungen als im rein privatwirtschaftlich strukturierten England? Es wird zu klären sein, inwieweit dieses staatliche Eingreifen auf das Bemühen um wirtschaftliche Entwicklung zurückgeführt werden kann, doch sollte dieser Weg des Aufholens relativer Rückständigkeit nicht überschätzt werden. 38 Denkbar sind ebensogut privatwirtschaftliche Vorgehensweisen, die sich als funktional äquivalent erwiesen und die Leistung erbrachten, Anschluß an den Stand von Technologie und Erfahrungen im federführenden England (teilweise auch Belgien oder den USA) zu finden. Rückständigkeit konnte regional kumuliert, aber auch schwerpunktmäßig durch örtliche Dynamik überwunden werden. Hier vermag die regionale Perspektive differenziert zu zeigen, auf welche mehr oder weniger starken Ressourcen die Unternehmer sich jeweils stützen konnten, inwieweit sie nicht dem in groben Pinselstrichen gezeichneten Bild der nationalen Eigenarten entsprachen. Je nach Wirtschaftskraft 22 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
bürgerlicher Gruppen, je nach Leistungsvermögen von Handelszentren und entstehenden Industrieregionen dürften sich unterschiedliche Praktiken des Umgangs mit der politischen und rechtlichen Situation des Landes durchgesetzt haben. Dies kann für die parlamentarische Repräsentation der jeweiligen Initiatoren im englischen Parlament ebenso gegolten haben wie für die relative Staatsnähe oder -ferne deutscher Wirtschaftsbürger. Dabei dürfte für die Haltung, mit der sich Wirtschaftsbürger, wenn sie die Initiative zu einem Eisenbahnprojekt ergriffen, an Regierung und Staat wandten, entscheidend gewesen sein, mit welcher Motivation und welchen Zielsetzungen sie zu Werke gingen. Sahen sie für ihre Strecke eine große schon vorhandene Nachfrage mit entsprechenden Ertragschancen in einem industrialisierenden urbanen Ballungszentrum oder erhofften sie von ihrem Projekt Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung der Region? Je nach derartigen Einstellungen hatten sie möglicherweise mehr den nationalen Markt oder regionale Konkurrenz untereinander im Blick. Je weniger gewiß ihnen die Ertragschancen einer rein auf den Markt gestützten Entwicklung schienen, desto eher richteten sie vermutlich ihre Erwartungen auf den Staat und hofften auf Förderungswürdigkeit ihres Vorhabens in einer spätmerkantilistischen Perspektive. Andererseits könnte die verstärkte Aktivität der Bankiers bei der Bündelung von Kapitalresourcen eine Alternative gewesen sein. Diese regional unterschiedlich ausgeprägte Selbstgewißheit, auch die mehr oder weniger intensive Beteiligung beamteter (in Deutschland) oder professionell selbständiger Experten oder Juristen (in England) und des Adels könnten über Homogenität oder Heterogenität unternehmerischer Zielsetzung entschieden haben. Entsprechend läßt sich möglicherweise ein deutlicher Einfluß auf die rational geplante, nachvollziehbare Kontrolle der leitenden Angestellten identifizieren. Sollte es so etwas wie eine Berliner »Residenzstruktur« gegenüber rein wirtschaftsbürgerlich dominierten Projekten in der Rheinprovinz oder den anderen Handelszentren gegeben haben? Konnte der agrarisch strukturierte Süden Englands im Eisenbahnbau eine dem Wirtschaftsraum Lancashire/Yorkshire vergleichbare Entwicklung in Gang setzen? In welcher Weise unterschieden sich gegebenenfalls die Gruppen der Initiatoren und ihr Vorgehen? Der Vergleich muß nicht nur die nationalen Unterschiede im Auge haben, sondern zugleich die Durchdringung der sozialen Realität und der wirtschaftlichen Aktivität durch den Staat berücksichtigen. Dabei wird die These des deutschen »Sonderweges« aus vorsichtiger Distanz geprüft, 39 müssen self-fullfilling prophecies vermieden werden, die eine unterschiedliche Eisenbahnentwicklung schon deshalb für unausweichlich halten, weil Staatstradition und Rechtssystem der beiden Länder sich so deutlich unterschieden. Schließlich kennzeichnete die Eisenbahnunternehmen ein großer 23 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Bestand an Gemeinsamkeiten in allen Ländern, der sie als die größten Privatunternehmen des 19. Jahrhunderts, die größten nicht-staatlichen bürokratischen Organisationen, die ersten Kapitalgesellschaften dieser Dimension, die ersten Unternehmen mit einem geografisch derart ausgedehnten Operationsbereich und als erste Unternehmen mit einer eindeutigen Trennung der Aufgaben von Unternehmern und Managern ausweist. Der Chandlerschen These, daß sich funktionale Erfordernisse gegenüber jedweden politischen, rechtlichen oder sozialen Außeneinflüssen durchsetzten, steht die These der regional differenzierten Nutzung von Spielräumen durch Eisenbahnunternehmer gegenüber, die über unterschiedliche soziale Hintergrunderfahrungen verfügten. Die Arbeit gliedert sich in sieben große Kapitel, die jeweils durch Leitfragen und konzeptionelle sowie begriffliche Prämissen eingeleitet werden. 40 Ein erster Teil stellt eine empirische Einführung der herangezogenen Unternehmen und eine Analyse zentraler Daten ihrer Entwicklung bereit. Die Expansion der einzelnen Unternehmen wird durch Analysen der Marktanteile der betrachteten Unternehmen ergänzt. Entstehung und Expansion der Eisenbahnmärkte beider Länder sowie ein Überblick über die Schwerpunkte der regionalen Wirtschaftsstrukturen sind Gegenstand des zweiten Kapitels. Ein dritter Teil widmet sich den unterschiedlichen rechtlichen und politischen Voraussetzungen unternehmerischen Agierens in beiden Ländern. Dabei soll das Augenmerk vor allem darauf gelegt werden, wie leistungsfähig und effizient die rechtlichen und politischen Verfahren die gesamtgesellschaftliche Interessenabwägung bewältigten. Diese drei Kapitel analysieren die Voraussetzungen, unter denen unternehmerisches Handeln in beiden Ländern stattfand. In einem vierten Kapitel stehen der Kapitalmarkt und die Finanzierung der Eisenbahnen im Mittelpunkt. Es folgt der zentrale Teil der Verknüpfung von Sozial- und Wirtschaftsgeschichte: eine umfassende kollektivbiografische Analyse der beteiligten Unternehmer beider Länder, differenziert nach Regionen und einzelnen Bahngesellschaften mit ihren Besonderheiten. Die ausführliche Erarbeitung der sozialen Zusammensetzung und der Beziehungen zwischen Eisenbahnunternehmern wird ergänzt durch ein anschließendes Kapitel zu den beiden zentralen Formen liberaler Assoziation, nämlich der Mitarbeit an anderen Aktiengesellschaften und der Beteiligung an der Politik. Das siebte Kapitel der Arbeit widmet sich umfassend den unternehmerischen Strategieentscheidungen. Die Analyse beginnt hier mit einer Übersicht der Vorbilder und Horizonte, an denen sich die Unternehmer orientieren konnten und stellt eine Betrachtung der Entscheidungsbeteiligung den einzelnen Entscheidungsbereichen voran. Exemplarisch und ohne Anspruch auf vollständige Erfassung des Unternehmerhandelns werden fünf solche Sachgebiete analysiert: Fragen der Finanzierung und Kapi24 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
talstruktur, der Planung und Bauleitung, der Arbeitsbeziehungen, der Beziehungen zwischen Eisenbahngesellschaften und des Marktverhaltens sowie für Deutschland das Verhalten in Verstaatlichungssituationen. Ein Schlußkapitel resümiert die Ergebnisse des Vergleichs und bezieht die relativen wirtschaftlichen Erfolge der Unternehmensentwicklung mit ein.
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II. Die Eisenbahngesellschaften
Eine Eisenbahn »besteht aus gehämmerten Eisenstangen von 15 Fuß Länge, acht Zoll Breite und ungefähr einem Zoll Dicke, und 35 Pfund Gewicht. Solcher Stangen liegen 4 nebeneinander in einer Entfernung von 4 Fuß 8 Zoll, folglich für 2 Wagen und mit einem, wie man denken sollte, gegen jede Gefahr sichernden Zwischenraum; sie sind mit der größten Genauigkeit mit den Enden ineinander gefügt.« 1 In einem gewissen Sinne bilden die vier Eisenstangen die empirische Grundlage dieser Arbeit, doch lohnten sie nicht die Betrachtung, ginge es nicht darum, daß und auf Initiative welcher Unternehmen sich diese Eisenstangen zunächst über die europäische, dann auch die übrige Welt zogen. Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die vergleichende Betrachtung zweier früher Eisenbahnländer: des Pioniers England und des schnellen und doch manchmal zögerlichen, auch verzögerten Nachfolgers Deutschland. Um genau zu sein: Die Arbeit beschäftigt sich vorrangig mit Preußen, blickt jedoch über dessen Grenzen hinaus, wo immer Linien die Grenzen überschritten oder das sich langsam bildende Eisenbahnnetz grenzüberschreitende Zusammenhänge insbesondere der Wirtschaft dokumentiert. Dabei wird sich der Blick auf Sachsen als eine Art Exkurs einfügen. Die in diesem Kapitel eingerührten Eisenbahngesellschaften werden der Analyse von Eisenbahnunternehmern und ihrem Handeln zugrunde liegen - beschränkt auf eine Anzahl wichtiger Eisenbahnen und in aller regionalen Vielfalt. Der Analyse hat die Information voranzugehen: hier zu dem, was die strukturelle Betrachtung Ereignisgeschichte zu nennen sich angewöhnt hat. Mehrere Kriterien standen Pate bei der Zusammenstellung der empirischen Grundlage dieser Arbeit: Gesellschaften, die als Pioniere im Eisenbahnbau agierten, sollten für beide Länder berücksichtigt werden. Zugleich muß die Analyse der Eisenbahngesellschaften gewährleisten, daß die ausgewählten Unternehmen möglichst lange während des Betrachtungszeitraums dieser Studie am Markt aktiv waren. Sie mußten also auch aus diesem Grund zu den frühen Gründungen gehören. Außerdem sollten die untersuchten Bahnen zu den größeren Unternehmen gehört haben, so daß typische Charakteristika der Eisenbahnunternehmen der Industriellen Revolution darstellbar werden. Die Auswahl der Eisenbahnen berücksichtigte ferner deren regionale 26
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Verteilung, um einen regional sehr differenzierten Eisenbahnmarkt in einem ebenfalls regional ablaufenden Industrialisierungsprozeß erfassen zu können. Dies mußte jedoch zugleich Raum für eine aggregierte Betrachtung nationaler Ausprägungen der Eisenbahnentwicklung lassen. Schließlich sollte das sample der betrachteten Unternehmen ausreichen, einen signifikanten Anteil des jeweiligen Marktes abzudecken. Dieser Anteil lag für beide hier analysierten Länder bei jeweils etwa 25 % der Streckenlänge bzw. der Zahl der Beschäftigten, für die Kapitalinvestitionen ist er sogar höher anzusetzen. Diese Unternehmen stellen jedoch keine Solitäre dar, sie wuchsen zunehmend in ein sich entwickelndes Eisenbahnnetz 2 der beiden Länder hinein, bildeten oder kauften Tochtergesellschaften, standen - jeweils regional - in Konkurrenz zueinander, grenzten Einflußbereiche ab in oligopolistischer Konkurrenz oder kooperierten im nationalen Rahmen. Die Auswahl der betrachteten Unternehmen mußte so getroffen werden, daß darauf Rücksicht genommen werden konnte, kurz: daß sich - wiederum - regionale Bezüge herstellen lassen.
1. Englische Vorbilder auf dem Weg zum Konzern 1 . 1 . Die Entwicklung zur L o n d o n and North Western Railway Die erste Eisenbahn mit dampfbetriebenen Lokomotiven nahm in England bereits 1825 den Betrieb auf. Es war die Stockton and Darlington Railway. Im Grunde handelte es sich jedoch eher um eine Kohlenbahn, die zudem nicht immer mit Lokomotiven betrieben wurde. Für den Personenverkehr kamen längere Zeit noch Pferde zum Einsatz, die die Wagen über die Schienen zogen. 3 Die erste ausschließlich dampfbetriebene, Mir Personen- und Güterverkehr gleichermaßen bedeutende Bahnlinie war jedoch die Liverpool-Manchester Railway (LMR). Die Gesellschaft wurde am 5.5.1826 mit einem Kapital von £ 510.000 inkorporiert, 4 ließ 1829 eine Kapitalerhöhung um £ 127.000 sanktionieren, nahm in der weiteren Bauzeit drei Anleihen über insgesamt £ 300.000 auf und hatte bis Januar 1828 vom ordentlichen Aktienkapital £ 154.000 tatsächlich verbaut. Die Bauzeit dauerte jedoch noch über zweieinhalb Jahre, so daß die Linie im September 1830 in Betrieb ging. 5 Das Kapital der Gesellschaft stieg auf £ 1.065.000 im Jahre 1838 (davon £ 865.000 eingezahlt) und £ 1.707.975 im Jahre 1845 (davon £ 1.224.935 eingezahlt). 6 Diese Eisenbahn ist die Urahne der hier betrachteten Gesellschaften, sie erschloß mit ihren 53 km Streckenlänge die äußerst wichtige Verkehrs- und Handelsverbindung zwi27 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
schen Liverpool und Manchester. Interessenten im In- und Ausland orientierten sich am Erfolg dieser Bahn und zogen sie zur Legitimation weiterer Vorhaben heran. Zwei weitere sehr frühe und wichtige Eisenbahngründungen erreichten größere Dimensionen und dürfen schon aus Gründen der weiteren Entwicklung des englischen Eisenbahnnetzes hier nicht fehlen: Am 6. Mai 1833 erhielten die London and Birmingham Railway (LBR) sowie die Grand Junction Railway (GJR), letztere von Birmingham an einen Punkt auf halbem Weg zwischen Liverpool und Manchester zum Anschluß an die Liverpool and Manchester Railway, die parlamentarisch abgesegnete Königliche Konzession. 7 Die LBR wurde mit einem Grundkapital von £ 2,5 Mio. gegründet, erhöhte dieses 1838 um £ 6 2 5 . 0 0 0 und hatte bis 1838 £ 2.125.000 auch tatsächlich von den Aktionären eingefordert. Die Eröffnung der Linie fand noch 1838 statt. 8 Die GJR entstand mit einem ursprünglichen Grundkapital von £ 1.091.800, das 1838 um die Hälfte erhöht wurde und nach weiteren Einzahlungen 1845 £ 2,48 Mio. erreicht hatte. Die GJR war ab Juli 1837 befahrbar, ab 1838 stand also eine durchgehende Eisenbahnstrecke von London nach Birmingham und weiter zum Welthafen Liverpool und den Industriegebieten Lancashires zur Verfügung. 9 Bereits 1845 fusionierten LMR und GJR, 1846 vereinigten sich beide mit der LBR zu einem Unternehmen, der nunmehr größten Eisenbahngesellschaft des Landes. Das Produkt dieser frühen Großfusion von Eisenbahnunternehmen erhielt den Namen London and North Western Railway (LNW). Überschreitungen der geschätzten Baukosten und erste Erweiterungsinvestitionen hatten Kapitalerhöhungen notwendig gemacht, so daß die bereits mit der LMR vereinigte GJR £ 5.788.560, die LBR schon £ 8.653.750 und die in den Konzernverbund mit aufgenommene Manchester and Birmingham Railway £ 2.800.000 einbrachten. Einschließlich eines Fremdkapitalanteils von £ 5.747.310 in Anleihen erreichte die London and North Western Railway ein Grundkapital von £ 2 2 . 9 8 9 . 6 2 0 . Das reine Aktienkapital betrug £ 17.242.310. 1 0 Die weitere Kapitalentwicklung dieses Konzerns ließ die Spitzenposition als kapitalstärkste englische - und im Betrachtungszeitraum dieser Arbeit weltweit höchstkapitalisierte - Eisenbahngesellschaft unangefochten. 11 Ein kurzer Überblick in Tabelle II.1. zeigt eindrucksvoll, daß die LNW im Jahre 1895 umgerechnet in Reichsmark eine Bilanzsumme von nominal mehr als einem Drittel des in das preußische Staatsbahnnetz investierten Kapitals erreicht hatte! Auch die Streckenlänge dieses hochkapitalisierten Unternehmens erreichte sowohl im innerenglischen als auch im internationalen Vergleich enorme Ausmaße. Die drei Ausgangslinien waren für die frühe Gründerzeit der Eisenbahnen an sich schon beachtliche Unternehmen, sie machten 28 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
nach ihrer Fertigstellung 1841 1 2 , 5 % des Streckennetzes im Vereinigten Königreich (UK) aus (vgl. Tabelle II.2.)·
Tabelle I I . 1 : Bilanzsumme der LNW in £ Sterling Jahr
Grundkap.
1846 22.989.620 1851 >29.000.000 1875 61.589.000 1883 95.750.000 1895 116.554.000
Eigenkap.
in%
Fremdkap.
in%
17.242.310
75,0
5.747.310
25,0
34.500.000
36,0 61.250.000
64,0
in%E. 1 18,2 2 11,5 2 10,1 (1874) 14,6 11,3(1896)
1 Marktanteil der Gesellschaft am englischen Netz, Bezugsjahr teilweise abweichend angegeben. 2 Bezugsgröße ist hier das Kapital im United Kingdom nach Mitchell.
Quellen: Steel, S. 134; Gourvish, Mark Huish, S. 108; Cohn, Nationalökonomie, Bd. 3, S. 862f.; ders., Eisenbahnpolitik, S. 875f.; Mitchell, British Statistics, S. 543.
Tabelle I I . 2 . : Anteile der Gesellschaften (Nord) am Streckennetz und am Aktienmarkt LMR (1826)
GJR (1833)
LBR (1833)
Streckenl. Ant. 1841
53 km 1,9%
130 km 4,4 %
177 km 6,2 % = 12,5 %
Kap.ant.I Kap.ant.II Kap.ant.III
81,0% 39,0 % 2,7 %
25,7% 12,2 % 4,0 %
61,8% 29,3 % 5,0 % = 11,7%
Erläuterungen: Streckenl. = Länge der ursprünglich parlamentarisch sanktionierten Linie. Am. 1841 = Anteil der betreffenden Bahnlinie am Streckennetz des UK im Jahre 1841, also nach Eröffnung aller vier Linien.
Kap.ant.I = Anteil der Gesellschaft am neu emittierten Kapital ihres Grundungsjahres (Kngland und Wales) Kap.ant.II = Anteil der Gesellschaft am bis zum Ende des Gründungsjahres insgesamt emittierten Kapital (England und Wales) Kap.ant.Ill - Anteil der Gesellschaft am bis zum Ende des Jahres 1844 insgesamt emittierten Kapital (England und Wales) unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher Kapitalerhöhungen. Quelle: Reed, S. 2, Appendix A, Table A . 1 .
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360 km des nationalen Netzes von 2.857 km gehörten zu dieser Gruppe von Gesellschaften. 1846 erreichte der fusionierte Konzern eine Streckenlänge von 676 km und damit einen Netzanteil von 17,2 % der britischen 3.931 km, die bis 1845 gebaut worden waren. Bis 1875 expandierte die LNW auf 2.553 km und einen Anteil am britischen Netz von 10,9 %.12 Dieses größte der regional entstandenen Eisenbahnsysteme 13 dominierte den vielversprechenden und stark entwickelten Verkehr zwischen London und dem industrialisierenden Nordwesten Englands mit dem Welthafen Liverpool.
1.2. Westen u n d Südwesten Englands. Konkurrierende Bahnsysteme An die LNW grenzten im Süden bzw. Südwesten Englands zwei weitere große Eisenbahnunternehmen an und konkurrierten dort um regionale Vorherrschaft: Die Great Western (GWR) und die London and South Western Railway (LSW). Beide gehören zu den frühesten englischen Eisenbahngründungen und erhielten die Königliche Konzession nach parlamentarischer Sanktion am 25.7.1834 bzw. am 31.8.1835. 1 4 Die Great Western verband mit ihrer 187 km langen Linie den Hafen Bristol mit London und war damit die längste Einzellinie in der frühen Gründungszeit englischer Eisenbahnen. Ihre Entstehung verdankte die GWR der Initiative einiger Bristoler Kaufleute, die Londoner Partner mobilisierten und so auf eine schnelle, konkurrenzfähige Verbindung des Seehafens Bristol mit London hinarbeiteten. Diese Konkurrenzangst gegegenüber dem führenden britischen Hafen Liverpool mochte das Handeln der Bristoler Initiatoren motiviert haben, an der wirtschaftlichen Überlegenheit Lancashires änderte sich jedoch dadurch nichts. £ 2,5 Mio. Kapital (90 % des im Jahre 1835 überhaupt konzessionierten und 6,8 % des bis Ende 1844 insgesamt emittierten englischen Eisenbahnkapitals 15 ) waren bei der Gründung der GWR für notwendig erachtet worden, im Oktober 1837 war die Hälfte eingezahlt. Im Juni 1839 wurde das Kapital um £ 1,25 Mio. erhöht, 1840 wurden weitere £ 750.000 notwendig, um den Bau bis 1841 fertigstellen zu können. Der Kapitalbedarf der GWR stieg rasant sowohl für Bedürfnisse der ursprünglichen Linie als auch für spätere Expansion. Neue Linien schlossen sich in Richtung Exeter und weiter in den Südwesten Englands an, in die Bergbauregionen Südwales' ebenso wie in Richtung Norden nach Birmingham über Oxford, und weiter nach Wolverhampton, schließlich bis nach Birkenhead, Liverpool an der Mündung des Mersey gegenüber gelegen. Wie Tabelle II.3. 30 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
TabelleI I . 3 . :Bilanzsumme der GWR in £ Sterling Jahr
Grundkapital
1841 6.350.000 1844 9.753.950 1846 11.396.666 1849 17.300.000 1856 23.500.000 davon Vorz.aktien 4.900.000 1865 42.165.121 davon Vorz.aktien 17.814.764 1867 45.154.025 davon Vorz.aktien 16.366.919 1875 49.892.000 1882 (Stammaktien) 1895 77.877.000
Eigen kapital
in%
Fremdkapital
in%
4.500.000 6.120.000 8.160.000
70,9 62,7 71,6
1.850.000 3.633.950 3.236.666
13.200.000
56,2
10.300.000
43,8
30.569.713
72,5 42,3 65,7 36,2
11.595.408
27,5
15.482.735
34,3
29.671.290
17.166.667
in% Engl.
29,1 37,3 6,8 28,4
7,2 7,6
Quellen: MacDermot, Bd. 1, Teil 1, S. 147f.; 175, 309, 4 0 2 ; Ayres, Tab. XI,; Tab. LVIII; Cohn, Nationalökonomie, S. 862f.; ders., Eisenbahnpolitik, S. 476f.
zeigt, stieg die Kapitalisierung der GWR, wenn auch auf etwas niedrigerem absolutem Niveau, ebenso steil wie die der bereits dargestellten LNW. Der enormen Kapitalerhöhung entsprach eine ebenso beträchtliche Steigerung der befahrenen Streckenlänge. Hatte die ursprüngliche Linie nach Bristol sich über 187 km erstreckt, so waren bis 1849 348 km eröffnet, 1856 hatte das Streckennetz der GWR die Länge von 531 km erreicht. 16 Bis 1875 veranlaßte der Kampf der Giganten die GWR, zur Arrondierung ihres regionalen Streckennetzes 2470 km Bahnlinie zu bauen oder zu kaufen. Damit hatte sie ihren Anteil am Streckennetz von 6,5 %, bezogen auf die ursprüngliche Linie und das Netz des UK im Jahre 1841 , ausgebaut auf 10,6 % für das Jahr 1875. Zwischenzeitlich war sie jedoch auf nur 4,3 % zurückgefallen (1856). 1 7 Das nächste Kapitel wird zeigen, daß die LNW vor allem die dichtere Erschließung einer hochindustrialisierten Region vorantreiben konnte, während die GWR sich den Zugriff auf derartige Regionen erst durch Expansion ihres weniger konzentrierten Streckennetzes erkaufen mußte. Dabei verspürte sie anhaltenden Konkurrenzdruck nicht nur aus dem Norden von der LNW, sondern auch von der südlich benachbarten London and South Western Railway (LSW). Diese Eisenbahn wurde im Mai 1840 in ihrer ganzen Länge von London nach Southampton eröffnet und durchquerte ein dünn besiedeltes, rein landwirtschaftlich genutztes Gebiet, in dem zwar eine für deutsche Verglei31 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
che immer noch beachtliche Bevölkerung lebte (in einem Korridor von 10 Meilen beiderseits der Bahn ohne London und Southampton 135.000 Menschen! 1 8 ), das jedoch keinerlei Industrie aufwies. Der Hafen von Southampton gewann im Grunde erst durch die Existenz der Eisenbahn seine spätere Bedeutung; 1836 wurde parallel zum Bahnbau der Ausbau der Hafenanlagen per Gesetzesakt beschlossen. 19 Der nicht unproblematische Bau der - wie sie zunächst hieß - London and Southampton Railway erforderte kuriose finanzielle Maßnahmen. Zwar war ursprünglich ein Aktienkapital von £ 1 Mio. sanktioniert worden (was einem Anteil von 70,1 % an den Emissionen des Gründungsjahres 1834 entsprach), 20 doch wie bei allen Eisenbahnbauten gingen die Schätzungen - in diesem Fall besonders krass - an der Realität vorbei. Der weitere Kapitalbedarf mußte 1837 in einer Kapitalmarktbaisse auf dem unkonventionellen und teuren Wege beschafft werden, daß Aktien mit dem Nennwert £ 50 zum Kurs von £ 25 ausgegeben wurden. 21 Nach einer erneuten Erweiterung von Kapital und Gesellschaftszielen durch eine Zweiglinie nach Gosport/Portsmouth im Jahre 1839 betrug das dividendenberechtigte Aktienkapital £ 1,8 Mio., 22 darüber hinaus waren durch die beiden ersten Konzessionsakte insgesamt £ 460.000 Anleihekapital genehmigt worden. Die Gesellschaft trug damit zum insgesamt bis 1844 genehmigten Aktienkapital englischer Eisenbahnen 2,9 % bei. 23 Marshall beziffert die Gesamtbaukosten schließlich auf £ 2.592.000. 2 4 Auch die LSW expandierte - wiewohl langsamer als die beiden Giganten LNW und GWR - und Tabelle IIA.: Bilanzsumme der LSW in £ Sterling Jahr
Grundkapital
1847 1848 1855 1857 1862 1866 1883
4.345.210 7.094.643 10.126,733 10.156.088 13.020.488 17.975.138 27.929.000
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in %
3.707.335 6.521.368 7.354.650 7.156.088 7.156.088 7.766.688
85,3 91,9 72,6 70,5 55,0 43,2
637.875 573.275 2.772.083 3.000.000 5.864.400 10.208.450
14,7 8,1 27,4 29,5 45,0 56,8 1
1 Vermutlich überzeichnet, da in diesem Jahr Zinsbeiastung in einem Konto mit den Saldi der Beteiligungen an anderen Ges., den Dampfschiffen etc. verrechnet. In den nachfolgenden Jahren sinkt dieses Konto wieder auf den Stand von Anfang der sechziger Jahre, so daß tatsächlicher Fremdkapitalanteil wohl eher in der Dimension von 1862 liegen dürfte.
Quellen: LSW Reports and Accounts 1831-1879, PRO London, RAIL 1110/281, wobei der Fremdkapitalanteil aus den Zinsbelastungen errechnet wurde (Annahme: Zinssatz durchschn. 4%!);für 1855: Zahlen nach Marshall, Southern Railway, S. 133; 1883: Fay, S. 136.
32 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
erhöhte demzufolge ihr Aktienkapital stetig und weit über die Gründungskapitalisierung hinaus (Tabelle II.4.). Die LSW mit ihrer ursprünglichen Linie von London nach Southampton bei einer Streckenlänge von 124 km gehörte zu den Eisenbahngesellschaften mittlerer Größe. Noch Anfang der vierziger Jahre entstanden Zweigbahnen mit insgesamt 35 km Länge nach Guildford und Gosport (davon 25 km bis 1841). Der Anteil der LSW am bis 1841 fertiggestellten Strekkennetz des UK lag demzufolge bei 5,2 %, der Kapitalanteil am bis zum Jahre 1844 insgesamt emittierten Kapital bei mindestens 2,9 %.25 Im Laufe ihrer Geschichte entwickelte sich auch die kleinste englische der in dieser Arbeit betrachteten Eisenbahngesellschaften zu einem Konzern beachtlicher Größe: 1883 erstreckte sich ihr Streckennetz über fast 1.300 km, 26 was einem gegenüber der Gründungszeit fast unveränderten Anteil von 5 % am Streckennetz Großbritanniens entspricht. 27 Abschließend ermöglicht ein Resümee der in die Betrachtung einbezogenen englischen Eisenbahnen den dichteren Vergleich zur folgenden Betrachtung der deutschen Bahnen: Die drei hier bearbeiteten Eisenbahnkonzerne partizipierten am Spiel der großen Eisenbahnlinien um regionale Vorherrschaft mit einem Anteil von ungefähr einem Viertel des britischen Streckennetzes und der ingesamt investierten Kapitalsumme (vgl. Tabelle Π.5.). Tabelle II.5,: Marktanteile englischer Eisenbahnen Streckenlänge in km
Anlagekapital in Mio £1
EB
1844
in %
1875
in%
1844
in%
LNW2 GWR LSW
360 187 150
12,5 6,5 5,2
2.553 2.470 1.300
10,9 10,6 5,0
7,313 4,500 1,800
117 7,2 2,9
Summe
697
24,2
6.323
26,5
13,613
21,8
1882/83
in %
95,750 14,6 4 9 , 8 9 2 3 8,2 27,929 4,2 173,571
27,0
Erläuterungen: Für das Bezugsjahr 1844 sind Streckenlänge und Bilanzsumme der Bahnen zu ihrer jeweiligen ErÖffnungszeit in Bezug gesetzt zum insgesamt bis 1844 gebauten Streckennetz bzw. emittierten Kapital. Die Kapital- und Streckenanteile der Gesellschaften im Jahre 1875 sind bezogen auf den Stand des Netzes zu Ende 1874. 1 Für das Jahr 1844 ist das Aktienkapital, das bis zum Abschluß des Baues emittiert worden war, nicht das Anlagekapital, zugrunde gelegt. 2 Zum Vergleich: im Jahr 1883 betrüge der Kapitalanteil der LNW sogar 14,6 %. 3 Der Markanteil des Anlagekapitals der GWR ist nicht für 1 8 8 2 / 8 3 , sondern für 1875 angegeben. Quellen: Vgl. Tabellen I I . 1 . - II.4.
33 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Das Gründungskapital der Gesellschaften repräsentierte 21,8 % des insgesamt in England und Wales bis 1844 konzessionierten Eisenbahnkapitals, dafür entstanden 24,2 des britischen Streckennetzes. 28 Der Konzentrationsgrad des Eisenbahnmarktes, den diese Zahlen zum Ausdruck bringen, änderte sich bis zum Ende des Betrachtungszeitraumes fast nicht; er nahm eher weiter zu. So kontrollierten dieselben drei Eisenbahnkonzerne dann über 26 % des britischen Streckennetzes und der investierten Kapitalsumme. 29 Dieser Konzentrationsprozeß setzte sich im Verlauf des späten 19. Jahrhunderts weiter fort, so daß 1895 überhaupt nur noch 32 britische Eisenbahnen existierten, deren 10 größte einen Marktanteil von fast zwei Dritteln an Streckennetz und Kapitalsumme hielten. 30 Die Betrachtung von nur drei Eisenbahnkonzernen schränkt also die Aussagekraft dieser Arbeit und ihrer Vergleichsperspektive keineswegs über Gebühr ein, sondern bringt im Gegenteil ein Strukturmerkmal der englischen Eisenbahnen zum Ausdruck.
2. Preußen Unterschiedliche und im Verlauf der Betrachtung wechselnde Eigentumsverhältnisse erfordern für Preußen die Einbeziehung einer größeren Zahl von Unternehmen als in England. Jeweils wechselnder Staats- oder Privatbesitz sowie Zeitphasen und Fusionen können nur angemessen berücksichtigt werden, wenn auch kleinere Bahnen herangezogen werden. Daher gebot schon die vergleichende Betrachtung ähnlicher Marktanteile in beiden Ländern, in Preußen eine größere Zahl von Unternehmen heranzuziehen. Die Analyse muß daher die Frage einschließen, ob und wieweit Konzentrationsprozesse unterschiedlich wirksam waren und in welchen absoluten Größenrelationen Eisenbahngesellschaften in England und Preußen standen. Diese Vorgehensweise läßt zugleich Raum für die regionalen Besonderheiten, die in der Entwicklung des Eisenbahnwesens vermutet werden. Deren Dokumentation ist aber unterschiedlich dicht und erfordert es, in verschiedenen Argumentationszusammenhängen jeweils andere Unternehmen in den Vordergrund zu rücken. 31 Auch in den deutschen Staaten wird die allererste Eisenbahngründung hier nicht berücksichtigt: Die Nürnberg - Fürther Bahn ging zwar mit ihrer Eröffnung im Jahre 1835 allen anderen Bahnen voran, doch hat sie weit mehr den Charakter eines technischen Experiments und eines Anstoßes für soziale Phantasien und Zukunftsvisionen einer Gesellschaft in der beginnenden Industriellen Revolution als den eines entstehenden Massenverkehrsmittels, das ganz neue Chancen wirtschaftlicher Entwicklung eröffnete. 34 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
2 . 1 . Preußische u n d sächsische Pioniere Die Rolle der Pioniere werden in dieser Arbeit andere Gesellschaften spielen, die fast zeitgleich 1837/38 wenigstens teilweise ihren Betrieb aufnahmen: Sie verteilen sich auf die drei wichtigsten geografischen Regionen, die auf der deutschen Seite im Mittelpunkt stehen sollen: Die Leipzig - Dresdner - Eisenbahn (LDE) begann nicht nur als zweite Gesellschaft überhaupt in den deutschen Staaten den Bahnbetrieb am 24.4.1837 (Teileröffnung, ganze Linie am 7.4.1839), 3 2 sie bildete zugleich die erste Fernstreckenverbindung und repräsentiert in dieser Arbeit die sächsische Industrieregion. Die Betrachtung dieser Bahn wird daher in vielen Argumentationszusammenhängen den Charakter eines die preußische Perspektive ergänzenden innerdeutschen Vergleichs annehmen. Dabei wird sich die Gelegenheit bieten, die Wirkung der unterschiedlichen politischen Verfassung Sachsens auf die Entstehung der Eisenbahnen und die Handlungsweise ihrer Unternehmer zu prüfen und den Focus des internationalen Vergleichs um eine innerdeutsche Scharfeinstellung zu erweitern. Außerdem bietet die LDE Gelegenheit, das Wirken des Eisenbahnpublizisten und -förderers Friedrich List zu würdigen, der mit der Gründung der LDE eng verbunden war.33 Diese erste Fernbahn der deutschen Eisenbahngeschichte war 115 km lang und sollte ursprünglich mit einem Aktienkapital von 1,5 Mio. Thlr. und der Möglichkeit zur Emission von 0,5 Mio. Thlr. Kassenscheinen gebaut werden. 34 So sah es zumindest die Konzession vom 6.5.1835 vor.35 Wie bei den frühen Eisenbahnbauten an der Tagesordnung, mußte auch bei der Leipzig-Dresdner Eisenbahn noch während der Bauzeit eine drastische Kapitalerhöhung den Weiterbau sicherstellen. 36 Über eine Bezugsrechtsemission wurde das Aktienkapital im Juni 1837 auf 4,5 Mio. Thlr. verdreifacht (!). 37 Insgesamt war bis 1841 das Grundkapital auf 6,5 Mio. Thlr. gestiegen: zu den bereits genannten 0,5 Mio. Thlr. Kassenscheinen waren noch zwei Anleihen vom 1.12.1839 und 1.7.1841 über zusammen 1,5 Mio. Thlr. gekommen. 38 Von diesem Anlagekapital waren zum Ende des Rechnungsjahres 1842 (31.12.) 6,217 Mio. Thlr. tatsächlich für Bau und Betriebsmittel ausgegeben. 39 Dabei hatte die LDE als erste Eisenbahn ihre gesamte Linie bereits 1843 zweigleisig ausgebaut. 40 Über die Entwicklung des Grundkapitals der LDE gibt Tabelle II.6. Auskunft. Die LDE expandierte erst relativ spät und dann nur in bescheidenem Umfang: 1876 war ihr Streckennetz erst auf 286 km fertiggestellter und 52 km im Bau befindlicher Linien angewachsen. Zwar besetzte sie 1862 nur Rang 33 in der Hierarchie der Streckenlängen deutscher Eisenbahnen, doch nahm sie im Personenverkehr Rang 13 und im Güterverkehr sogar Rang 11 ein. 41 Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn war also eine extrem 35 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.6.: Bilanzsumme der Leipzig-Dresdner Eisenbahn in Thlr. Jahr
Grundkapital
Eigenkapital
in%
Fremdkapital
in%
1842 1849 1854 1860 1869 1875
6.477.200 6.917.350 8.368.450 8.607.450 14.006.650 23.577.300
4.500.000 5.000.000 5.000.000 5.000.000 7.500.000 10.000.000
69,5 72,3 59,8 58,1 53,5 42,4
1.977.200 1.917.350 3.368.450 3.607.450 6.506.650 13.577.300
30,5 1 27,7 40,2 41,9 46,5 57,6
1 Die Kassenscheinemission wurde den echten Anleihen hinzugerechnet. Sie kursierte während des gesamten Zeitraumes bis zur Verstaatlichung. Quellen: Leipzig-Dresdner Eisenbahn, vgl. Fußn. 35, Anhang Tabelle: »Höhe des ActienCapitales, der Prioritäts-Schulden, des Reservefonds, ...«; Rechnungsabschluß der LeipzigDresdner Eisenbahn, Jahre 1 8 3 5 - 1 8 7 5 , STA Dresden, Reichsbahndirektion Dresden, Bahnen, Leipzig-Dresdener Eisenbahn Compagnie, Nr. 7 0 2 9 - 7 0 3 7 .
verkehrsreiche Linie, die folglich außerordentlich profitabel war. 1876 verstaatlichte Sachsen diese Eisenbahn, indem das Aktienkapital gegen 100 Mio. Mark in 3 %iger fester Rente, also gegen eine Verzinsung des Nominalkapitals von 10 % (!) abgelöst wurde. 42 Pionier Nummer zwei - sogar Nummer eins der Preußischen Eisenbahnen - war die Berlin-Potsdamer Eisenbahn (ΒΡΕ). Das nur gut 26 km lange Bähnchen erhielt die Königliche Konzession am 23.8.1837 und ging nach recht kurzer Bauzeit am 30.10.1838 als erste preußische Eisenbahnlinie (und als dritte deutsche) ganz in Betrieb. 43 Der ursprünglich mit 700.000 Thlr. festgesetzte Kapitalbedarf stieg auch hier rasch, so daß schon im März 1838 (nach Beschluß der Generalversammlung der Aktionäre am 5.2.1838) das Aktienkapital auf 1.000.000 Thlr. erhöht wurde. Weitere Mehrausgaben führten im März 1839 zur Emission von 4 0 0 . 0 0 0 Thlr. in 4,5 %igen (ab Juli 1842 4 %igen) Prioritätsaktien (Vorzugsaktien). 44 Die Existenz der unabhängigen Berlin - Potsdamer Eisenbahn währte nur kurz. 1845 kam eine Weiterführung Magdeburg zustande. Die Potsdam - Magdeburger Eisenbahn wurde am 17. August konzessioniert und hatte bereits am 6.11.1844 vertraglich die Übernahme der Berlin-Potsdamer Eisenbahn vereinbart. Dabei erhielten die Aktionäre der ΒΡΕ 4 %ige Schuldverschrei bungen der neu entstehenden Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn (BPME) zum Kurs von 200 %, also eine 8 %ige Verzinsung ihres Aktienka pitals. Zwischen 6,5 und 8 % hatten sich die ersten Dividenden der ΒΡΕ, mit steigender Tendenz, ab 1839 bewegt. 45 36 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.7.: Bilanzsumme der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn in Thlr. Jahr 1847 1851 1870 1876 1880
Grundkapital 9.500.000 12.500.000 15.900.000 37.700.000 42.445.300
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in%
4.000.000 4.000.000
42,1 32,0
5.500.000 8.500.000
57,9 68,0
20.000.000
47,1
22.445.300
52,9
Quellen: Fleck, Eisenbahnen, S. 4 8 0 f ; Keller, S. 78f.; Berlin Eisenbahnen, S. 12.
Die BPME wurde am 7.8.1846 eröffnet, ihre weitere Entwicklung kann abgekürzt beschrieben werden, denn aus ihren Reihen sind nur wenige Unternehmer bei der Analyse in Kapitel VI. berücksichtigt worden, dies vor allem Mitglieder aus den Reihen der frühen ΒΡΕ. Aus der 120 km langen ursprünglichen Strecke (BPME ohne ΒΡΕ) war bis zur Verstaatlichung im Jahre 1880 eines der kleineren unter den großen preußischen Eisenbahnunternehmen mit insgesamt 260 km Streckenlänge entstanden. Die Kapitalisierung stieg schon in der Bauphase rapide und deutlich über die anfangs geplanten 4 Mio. Thlr. Aktienkapital durch die Emission von Anleihen für den Kauf der ΒΡΕ und den Bau der BPME selbst, so daß nach entsprechenden Emissionen das Grundkapital Ende 1847 9,5 Mio. Thlr. betrug (mit einem schon zu dieser Zeit niedrigen Eigenkapitalanteil von 42 %, vgl. Tabelle II.7.). An zweiter Stelle in Preußen und an fünfter in Deutschland stand die dritte zu den Pionieren zählende Eisenbahngesellschaft: Die Düsseldorf Elberfelder Eisenbahn (DEE) ergänzt das Spektrum regionaler Schwerpunkte um die Rheinprovinz. Auch die DEE gehörte mit ihren knapp 28 km eher zu den »Kleinbahnen«. Das Statut der Bahn wurde am 23.9.1837 genehmigt, 46 das Aktienkapital von 1.027.800 Thlr. wurde für ausreichend erachtet, die technisch schwierige Bahnlinie fertigzustellen. Erwartungsgemäß kann auch hier die weitere Geschichte der Kapitalisierung als eine solche ständiger Bedarfsunterschätzung beschrieben werden: 1839 zeichnete sich bereits kurz nach der Eröffnung eines Teilstücks der Linie am 20.12.1838 4 7 der entsprechende Mehrbedarf ab. Einem ersten Beschluß der Generalversammlung vom Dezember 1839 zur Emission von 362.000 Thlr. Prioritätsobligationen, die nur zu dem äußerst ungünstigen Zinssatz von 5 % Abnehmer fanden, folgten weitere. Die Generalversammlung am 23.6.1840 beschloß, das Anleihevolumen auf 600.000 Thlr. zu erhöhen. Die Königliche Konzession in der Kabinettsordre vom 22.9.1840 geneh37 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
migte jedoch nur 500.000 Thlr. vorbehaltlos und machte weitere 100.000 Thlr. vom gesonderten Beschluß einer außerordentlichen Generalversammlung abhängig, die gegebenenfalls einzuberufen war. Dieser Fall trat bereits 1841 ein, so daß bis zur Eröffnung der gesamten Bahn am 3.9.1841 der Kapitalbedarf auf die zu Beginn von Tabelle II.8. genannten Beträge gestiegen war: 48 Tabelle II.8.: Bilanzsumme Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn in Thlr. Jahr
Grundkapital
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in%
1841 1842 1847 1850 1856
1.627.800 2.027.800 2.400.000 2.427.800 2.800.000
1.027.800 1.027.800 1.400.000 1.027.800 1.300.000
63,1 50,7 58,3 42,3 46,4
600.000 1.000.000 1.000.000 1.400.000 1.500.000
36,9 49,3 41,7 57,7 53,6
Quellen: Fleck, Studien, S. 30f.; Jahresbericht der Direktion der DEE für das Jahr 1847, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1116; Allerh. Privilegium wegen Ausgabe von 400.000 Thlr. 5 %iger Prioritäts-Obligationen anstelle der lt. Urkunde vom 9.7.1847 creirten StammAktien für 372.000, HStA Düsseldorf, Zweigarchiv Schloß Kalkum, BD Wuppertal, BR 1003/6.
Die selbständige Existenz der DEE endete relativ bald auf nicht unerwartete Weise: Eine außerordentliche Generalversammlung beschloß am 7.1.1857 die Abtretung des Unternehmens an die unter staatlicher Verwaltung stehende Bergisch-Märkische Eisenbahn. 49 Damit hatten zwei Teile einer durchgehenden Eisenbahnverbindung zueinander gefunden, die in einer Aktiengesellschaft zu bauen ursprünglich nicht gelungen war: 50 Düsseldorf-Elberfeld und Elberfeld-Dortmund bildeten die Komponenten einer der drei großen Ost-West-Verbindungen der Region Rhein-Ruhr.
2 . 2 . Die drei Giganten an R h e i n u n d R u h r Die weitere Geschichte der DEE ist unter der Firma »Bergisch - Märkische Eisenbahn« (BME) zu berichten. Diese operierte als eine der drei großen Bahngesellschaften der Schwerpunktregion Rheinland und Westfalen. Damit wechsle ich den Aspekt des Zugriffs: Nicht mehr die allerersten Pioniere stehen im Mittelpunkt, sondern die drei zentralen Regionen RheinRuhr, Sachsen und der Raum Berlin mit den von dort ausgehenden Achsen. 38 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Die Bergisch - Märkische Eisenbahn war eine der wenigen Eisenbahngesellschaften, die durch eine staatliche Eisenbahndirektion im Auftrag ihrer privaten Anteilseigner verwaltet wurden. Zudem beteiligte sich der Staat von Anfang an am Grundkapital dieser Eisenbahngesellschaft. Sie war am 3.3.1844 als private Aktiengesellschaft gegründet worden. 51 Noch im Herbst 1844 begannen die Bauarbeiten an der technisch aufwendigen, 59 km langen Strecke. Für den Güterverkehr konnte der Bahnbetrieb am 2 9 . 1 2 . 1 8 4 7 eröffnet werden, die Personenbeförderung ließ noch bis zum März 1849 auf sich warten. 52 Die Kostenvoranschläge und die Erfahrung mit den Baukosten der DEE hatten nahegelegt, daß zum Bau der BME ein Grundkapital von 4 Mio. Thlr. notwendig sein würde. Daran übernahm der Preußische Staat einen Anteil von 1 Mio. Thlr. und gewährte zusätzlich den Privataktionären eine Zinsgarantie von 3,5 % auf ihr eingezahltes Kapital. Diese Zinsgarantie genoß Vorrang vor eventueller Verzinsung bzw. Ausschüttung auf die Aktien des Staats. Die Privataktionäre erhielten Gelegenheit, diese Staatsanteile zum Nennwert zu amortisieren. 53 Details dieses Mischfinanzierungsmodells werden in Kapitel IV.1. diskutiert werden. Am 23.8.1850 schlossen die Bergisch-Märkische Eisenbahn und der Preußische Staat einen Vertrag folgenden Inhalts: Die neu zu schaffende Königliche Eisenbahndirektion der BME in Elberfeld übernahm sämtliche Leitungsfunktionen der Gesellschaft im Auftrag und für deren Rechnung. 54 Dies sollte zunächst für die Dauer von 10 Jahren gelten, wurde jedoch ab dem 6.7.1853 in eine Regelung auf Dauer umgewandelt. 55 Schließlich wurde die Bahn 1882 endgültig verstaatlicht. 56 Die Kapitalentwicklung dieser großen Gesellschaft stellt Tabelle II.9. im Überblick dar. Die rasante Entwicklung der Kapitalisierung der BME dokumentiert den Bau und Kauf einer Vielzahl von Zweigbahnen sowie die Übernahme einer Reihe von ursprünglich selbständig gegründeten Bahnunternehmen. Die beiden Ausgangslinien hatten zusammen nur eine Länge von 87 km, noch 1858 lag die Länge der Linien des Konzerns unter 140 km. 57 Der zunächst einsetzende Streckenzuwachs geht vor allem auf das Konto der Ruhr-SiegBahn, die die BME ab 1856 baute. Die massive Expansion der sechziger Jahre führte zum stufenweisen Bau einer Ruhrtalbahn unter Einbeziehung von Essen, d.h. einer von drei zentralen Ost-West-Verbindungen des Ruhrgebiets sowie der Übernahme der linksrheinischen Verbindungen AachenDüsseldorf mit Anschlüssen nach Venlo, Krefeld, Gladbach und Ruhrort. Zudem entstanden eine direkte Verbindung nach Köln und kleinere Strekken im Bergischen Land. 58 Aus dem auch während der siebziger Jahre ungebrochenen Expansionsprozeß, dessen wichtigster Einzelschritt der Kauf der Braunschweigischen Staatsbahn, die 1870 privatisiert wurde, gemeinsam mit der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn je zur Hälfte 39 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.9.: Bilanzsumme der Bergisch-Märkischen Eisenbahn in Thlr. Jahr
Grundkapital
Aktienkapital
in%
1844 1848 1849 1850 1855 1858 1863 1868 1873 1880 1880
4.000.000 4.800.000 5.100.000 6.400.000 9.250.000 13.633.000 27.396.300 63.038.000 113.038.000 145.038.000 193.780.000
4.000.000 4.000.000 4.000.000 4.000.000 4.500.000 6.213.000 12.976.300 20.000.000 50.000.000 70.000.000 70.000.000
100,0 83,3 78,4 62,5 48,7 45,6 47,4 31,7 44,2 48,3 36,1
Fremdkapital 0 800.000 1.100.000 2.400.000 4.750.000 7.420.000 14.420.000 43.038.000 63.038.000 75,038.000 123.780.000
in% 0 16,7 21,6 37,5 51,3 54,4 52,6 68,3 55,8 51,7 1 63,9 1
1 Die erste Zeile für das Jahr 1880 listet die Summe der nachgewiesenen Emissionen von Prioritätsobligationen auf(HStA Düsseldorf, Kalkum, BD Wuppertal, BR 1003/8 und 1 0 0 3 / 12), die höhere Zahl in der zweiten Zeile für 1880 gibt die bei der Verstaatlichung übernommene Summe von Prior.oblig. an, die infolge Konvertierung auf den niedrigeren Zinssatz von 3,5 % (die meisten Anleihen waren zu 5 % emittiert worden) deutlich höher liegt. Erläuterung: Die Unterlagen in den oben genannten Akten weisen alle Emissionen von Prior.oblig. mit Ausnahme der VIII. Emission nach (erfolgte zwischen 1870 und 1876), so daß in den siebziger Jahren die Summe der Prioritätsobligationen auf jeden Fall höher gelegen haben muß als in der Tabelle angegeben. Es versteht sich daher, daß in dieser Tabelle emittiertes Kapital ohne Berücksichtigung der Amortisation der Anleihen aufgelistet ist. Quellen: Konzessions- und Bestätigungsurkunden, HStA Düsseldorf, Kalkum, BD Wuppertal, BR 1003/8 und 1003/12; Aktienkapital nachgewiesen in der »Denkschrift betreffend die Verstaatlichung der Bergisch-Märkischen Eisenbahn, Elberfeld den 2 9 . 8 . 1 8 8 1 « , »zum Zwekke der Information für die Generalversammlung« am 21.9.1881 den Aktionären in Abdruck mitgeteilt, GStA Merseburg, Finanzministerium, Rep. 151 HB, Nr. 1356, B1. 2 0 1 - 2 0 9 , hier B1. 209R; Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmittel der im Königreich Preußen am Schlusse des Jahres 1847 in Betrieb befindlichen Eisenbahnen, nebst den Ergebnissen des Betriebes im Jahre 1847; dasselbe für die Jahre 1848, 1 8 4 9 , 1850, 1 8 5 1 , 1852, 1853, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 7 ; für 1855, 1858 ebd., Reg. Köln 2 0 0 9 .
war/ 9 ging die BME mit einem Gesamtstreckennetz von 1435 km hervor, als 1881 die Verstaatlichung zur Diskussion stand. 60 Damit gehörte die BME zu den drei preußischen Giganten, die sich an Rhein und Ruhr entwickelten und nahezu den gesamten norddeutschen Raum kontrollierten. Während die beiden geschilderten Bahnen rechts des Rheins mit Mühe und in Abschnitten die Hürden des Bergischen Landes nahmen, mühte sich die Rheinische Eisenbahn als erste längere Linie der Rheinprovinz vom 40 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Zentrum Köln aus, die Tücken des frühen Kapitalmarkts für teure Eisenbahnprojekte zu meistern. Eisenbahnprojekte standen in der Rheinprovinz und in Westfalen seit Friedrich Harkorts erstem Diskussionsanstoß im Jahre 1825 zur Debatte. 61 In mancherlei Varianten wurden letzten Endes zwei große Bahnprojekte ins Auge gefaßt: eine Verbindung von Rhein und Weser und eine solche von Köln mit Amsterdam oder Antwerpen. Auf Anstöße in die letztgenannte Richtung ging die Rheinische Eisenbahn zurück: Eine vorläufige Konzession der Preußischen Staatsregierung erhielt das Vorhaben Köln - Antwerpen am 5.12.1833. In den nachfolgenden vier Jahren (!) mußten sowohl der Verlauf der Linie, der daraus folgende tatsächliche Finanzbedarf, die Teilnahme von Kreisen des Kölner wie Aachener Bürgertums als auch die Beziehungen des zu gründenden Unternehmens zum Staat mehrfach revidiert und in langen Auseinandersetzungen ein Konsens gefunden werden. Seit einer ersten Generalversammlung in Köln am 2 5 . 7 . 1 8 3 5 hatte das Unternehmen wenigstens seinen Namen: »Rheinische Eisenbahngesellschaft« (REB). Die Aktienzeichnung hatte vorher bereits begonnen. Die folgenden Rivalitäten zwischen Aachen und Köln einerseits um die Linienführung und andererseits um die Kontrolle des Unternehmens zogen sich über zwei Jahre hin und bedurften schließlich der Schlichtung der Behörden, nachdem Aachener Interessenten ein Konkurrenzunternehmen unter der Firma »Preußisch-Rheinische Eisenbahngesellschaft« initiiert hatten. Nach entsprechenden Regierungsvorschlägen entstand als Kompromiß eine Unternehmensverfassung, die nach einer gemeinsamen Generalversammlung vom 31.5.-8.6.1837 und der Konzessionierung des Unternehmens in einer Kabinettsordre vom 21.8. 1837 in Kraft trat. 62 Nach organisatorischen brachte der Bau der 86 km langen Bahnlinie vor allem im Raum Aachen eine Vielzahl technischer Probleme mit sich, über deren Auswirkungen auf den Finanzbedarf des Unternehmens schon in der Konfliktphase zwischen Aachen und Köln heftig gestritten worden war. Die Gründungsgeschichte der Rheinischen Eisenbahn nimmt nicht zuletzt wegen dieser Konflikte in der preußischen Eisenbahnhistoriographie einen prominenten Platz ein. Mindestens ein Teil dieser Bedeutung verdankt sich sicherlich den namhaften beteiligten Persönlichkeiten: Ludolf Camphausen auf der Kölner und David Hansemann auf der Aachener Seite. Ab Juni 1837 stand Hansemann als Vizepräsident der Direktion zu wesentlichen Teilen den Geschicken des Unternehmens vor: Zu den wesentlichsten Herausforderungen der nahen Zukunft gehörte die Kapitalbeschaffung. Ein Erlaß Rothers hatte die Kapitalsumme der Rheinischen Eisenbahn auf 3 Mio. Thlr. festgesetzt, zu 1,8 Mio. aufgebracht durch Kölner und zu 1,2 Mio. durch Aachener Interessenten. 63 Vorbereitungen zum Bau der Linie begannen noch im Herbst 1837, 6 4 der eigentliche Baubeginn war der 41 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
1. April 1838. 6 5 Wie nicht anders zu erwarten, reichte auch bei der REB die Kapitalgrundlage nur zum Beginn des Baus und erwies sich schneller als unzureichend, als den Initiatoren lieb sein konnte. Im Januar 1838 wurde das Aktienkapital um 1,5 Mio. Thlr. erhöht, die nicht über Bezugsrechte, sondern über ein Konsortium der Kölner Bankiers Herstatt, Stein und Oppenheim am Markt plaziert werden sollten. 66 Zwar wurde am 2. August 1839 ein erster Bauabschnitt nach Müngersdorf eröffnet, doch hielten die Finanzierungsprobleme an: 1840 wurde eine weitere Kapitalaufnahme, jetzt durch Prioritätsobligationen, also eine Anleihe, in Höhe von 2,5 Mio. Thlr. notwendig. Von dieser Anleihe übernahm der preußische Staat eine Mio. Thlr. auf das Legat König Friedrich Wilhelms III., das dieser dem Eisenbahnbau hinterlassen hatte. Die Finanzmittel reichten jetzt zur Fertigstellung der Strecke Köln-Aachen bis zum September 1 8 4 1 , nicht jedoch für das Anschlußstück bis zur belgischen Grenze. Am 31.5.1842 genehmigte die Generalversammlung des Unternehmens eine weitere Kapitalerhöhung um 2,25 Mio. Thlr., die zur Legung des zweiten Gleises, das inzwischen als unentbehrlich galt, sowie zum Anschluß der bisher stadtseitig endenden Bahn an den Kölner Freihafen dienen sollte. Diese neuerliche Anleihe konnte am Kapitalmarkt nicht untergebracht werden, so daß Hansemann im Zusammenhang mit den Eisenbahnberatungen der Vereinigten Ständischen Provinzialausschüsse im Herbst 1842 auf eine Staatsunterstützung der REB drang. Mit Erfolg - für 1,25 Mio. der Anleihe übernahm der Staat eine Zinsgarantie und zugleich beteiligte er sich mit der Übernahme von 500.000 Thlr. Eine etwa noch am Kapitalmarkt aufzubringende weitere Million Thlr. sollte gleiche Priorität genießen, war jedoch nicht staatlich abgesichert. Auf dieser Kapitalgrundlage gelang die Fertigstellung des Unternehmens bis zum 15.10. 1843 einschließlich des Anschlusses an die belgischen Bahnen, jedoch weitgehend mit nur einem Gleis und Ausweichstellen. 67 Vom Eröffnungszeitpunkt gestaltete sich die weitere Kapitalentwicklung des Unternehmens wie in Tabelle II.10. dargestellt. Wie bei den schon geschilderten Eisenbahnen spiegelt diese Kapitalexpansion mehrere Stufen der Ausweitung des Streckennetzes wider. Seit 1850 bemühte sich die REB darum, 68 eine der letzten ganz zentralen Lücken des deutschen Eisenbahnnetzes zu schließen. Eine Rheinuferbahn fehlte noch, so daß keine Verbindung zwischen den Eisenbahnen Nord- und Süddeutschlands bestand. Das Projekt wurde der REB 1856 konzessioniert. Es entstand der fehlende ca. 106 km lange Streckenabschnitt zwischen Rolandseck und Bingen. Zugleich wurde zum 1.1.1857 die schon existierende Köln-Bonner Eisenbahn in die REB integriert, so daß weitere 42 km Streckenlänge hinzukamen (Köln-Bonner Eisenbahn bis Rolandseck). Die Konzession zu dieser Erweiterung rang die REB Minister v.d. Heydt zu einem hohen Preis 42 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.10.: Bilanzsumme der Rheinischen Eisenbahn in Thlr. Jahr 1843 1844 1855 1862 1866 1870 1880
Grundkapital
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in%
8.250.000 9.500.000 10.500.000 30.688.700 46.018.400
4.500.000 4.500.000 5.500.000 15.503.200 26.476.500 34.112.500 87.362.000
54,5 47,4 52,4 50,5 57,5
3.750.000 5.000.000 1 5.000.000 15.185.500 19.541.900
45,5 52,6 47,6 49,5 42,5
58,3
62.518.2502
41,7
149.880.000
Erläuterung: Das Fremdkapital ist hier ab 1862 unter Berücksichtigung der Amortisation der Anleihen angegeben, so daß die ursprüngliche Emissionssumme etwas höher gelegen haben muß. 1 1.250.000 Prioritätsaktien ohne Stimmrecht zu 4 %, die 1844 emittiert wurden, werden hier dem Fremdkapital zugerechnet. 2 Die Fremdkapitalsumme in diesem Jahr ist bereits umgestellt auf 3,5 %ige Verzinsung, so daß die ursprüngliche emittierte Anleihensumme nominal höher gewesen sein muß. Quellen: Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmittel ... im Jahre 1855, HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2 0 0 9 ; Auszug aus den Verhandlungen der am 23. Mai 1863 im Rathaussaale in Aachen abgehaltenen 2 6 . GV der Aktionäre, dazu Bericht über die Resultate des Betriebes und des Baues im Jahr 1862, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 8 ; Auszug ... der am 2 9 . Mai 1867 ... abgehaltenen 30. GV der Aktionäre, Bericht pro 1866, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 8 , Reg. Düsseldorf 13 130; Auszug ... der am 26.5.1871 ... abgehaltenen 34.GV der Aktionäre, Bericht pro 1870, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 438; Keller, Tabelle S. 7 8 - 7 9 ; Kumpmann, S. 4 1 1 - 1 2 .
ab: Zugleich mit der Rheinstrecke mußte sie sich zum Bau einer Kölner Verbindungsbahn, einer Eifelbahn binnen 6 Jahren, einem Kölner Zentralbahnhof sowie der Koblenzer Rheinbrücke verpflichten. Zur Verbesserung der Amortisation der hierfür benötigten enormen Kapitalsummen schien schließlich auch eine Köln-Krefelder Verbindung mit Anschluß an die Niederlande unumgänglich. Die Kapitalerhöhung für das Expansionspaket betrug 24 Mio. Thlr! 69 Rheintalstrecke und Koblenzer Rheinbrücke kamen noch Ende der fünfziger Jahre zustande, das weitere Expansionsprogramm in Richtung Niederrhein, Eifel sowie schließlich auch rechts des Rheines folgte schnell nach. Die Eifelbahn sollte in den sechziger Jahren bis Trier gebaut werden. 70 Mit der Fertigstellung einer Verbindung Osterrath-Essen am 1.1.1866 hatte schließlich auch die REB einen Fuß ins Ruhrgebiet gesetzt. 71 Die Expansion der REB hatte ihr Streckennetz schon 1860 auf fast 300 km anwachsen lassen, bis 1870 waren es bereits 644 km und wie bei fast allen Eisenbahngesellschaften Deutschlands »explodierte« der 43 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Umfang der von der REB gebauten und betriebenen Linien in den siebziger Jahren geradezu, so daß 1879 die Verstaatlichungsdiskussion über mittlerweile 1.122 km geführt werden mußte, die bis zur tatsächlichen Übergabe an den Staat rapide weiter auf 1295,5 km ausgeweitet worden waren. 72 Die oligopolistische Rivalität ums Ruhrgebiet wurde von einem Trio ausgetragen: Kontrahent Nummer drei war die Köln-Mindener Eisenbahn (KME), letztlich eine Kölner Filialgründung der REB, die die Strecke gerne selbst gebaut hätte. Die Frühphase fand unter der Firma Rhein-WeserbahnAktiengesellschaft statt, erste Denkanstöße datierten auf das Jahr 1832, auch gab es befürwortende Landtagsabschiede und schließlich am 17.8. 1835 einen Bescheid des Finanzministers von Alvensleben, der als vorläufige Konzession gelten kann. 73 Die Rhein-Weserbahn-Aktiengesellschaft konstituierte sich schließlich in einer Generalversammlung am 2 8 . / 2 9 . September 1836, mußte jedoch gemäß eines Generalversammlungsbeschlusses vom 4. Mai 1839 aufgelöst werden, weil sie bei der Aufbringung der hohen notwendigen Kapitalsummen auf unüberwindliche Schwierigkeiten stieß. 74 Ein neuer Anlauf zum Zustandekommen der zentralen preußischen Ost-West-Verbindung wurde ab 1840 unter Hansemanns energischer Führung unternommen. Ein Reskript der Staatsregierung appellierte an die Gebietskörperschaften, das Vorhaben nach Kräften zu fördern. 75 Eine Kabinettsordre vom 12.6.1841 bestätigte dies und gewährte der REB die Gelegenheit zur Vorbereitung des Projekts unbehelligt von der Konkurrenz anderer Interessenten. Der Aufsichtsrat der REB hieß am 4. März 1841 die Vorgehensweise der Direktion, das Projekt in die Hand zu nehmen, gut und ernannte Hansemann zum Spezial-Bevollmächtigten der Direktion in dieser Frage. 76 Hansemann strebte eine Art konzertierte Aktion aller Körperschaften, die Unterstützung aller Behörden, auch der lokalen, mit der REB an und erreichte dieses Ziel relativ weitgehend im Sommer 1 8 4 1 : Die Staatsregierung stellte 4 0 . 0 0 0 Thlr. zur Finanzierung der umfangreichen planerischen und vermessungstechnischen Vorarbeiten zur Verfügung, beurlaubte Beamte, die an einem Ende 1841 35 Mann starken Vorbereitungsteam mitwirkten, und ermöglichte auf diese Weise, daß - auch auf Kosten und mit Hilfe des Personals der REB - eine sorgfältige Vorbereitung des Projekts, eine detaillierte Vermessung, Kosten- und Verkehrsschätzung zum Vergleich der beiden Linienvarianten über Elberfeld oder über Düsseld o r f - Duisburg - Essen erstellt werden konnte. 77 Verhandlungen mit der Staatsregierung über die Konzessionsbedingungen begannen im Frühjahr 1842, im Sommer 1843 wurde das Projekt spruchreif: Gefallen war die Entscheidung zum Linienverlauf (nördliche Route über Düsseldorf, Duisburg, Essen unter Auslassung Elberfelds und 44 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gegen erbitterten Widerstand entsprechender dortiger Industrieinteressen), zum Finanzierungmodus sowie zur Verwaltungsstruktur des Unternehmens. Die REB sollte die Gelegenheit zur Verwaltung nur dergestalt erhalten, daß unter ihrer Direktion zwei finanziell und in den gesamten Betriebsfragen getrennte Divisionen zu bilden waren, um die ursprüngliche linksrheinische Linie der REB und die rechtsrheinische Bahn zu trennen. Der REB blieb - ultimativ vom Finanzminister gefordert - nur die Entscheidung zwischen Annahme und Ablehnung. 7 8 In einer Generalversammlung der REB am 19. August 1843 wurde eine sehr sibyllinische Lösung für den Umgang mit den aus der Sicht der REB eigentlich unannehmbaren Bedingungen des Finanzministers v. Bodelschwingh gefunden: Die Generalversammlung der REB lehnte die Bedingungen ab, erklärte sich für geschlossen, und konstituierte sich sofort neu mit allen ihren Teilnehmern: als Generalversammlung der Aktionäre der neu zu gründenen Ostrheinischen Eisenbahngesellschaft. Nach weiteren Verhandlungen zum Interessenausgleich mit Düsseldorfer und Elberfelder Komitees trat diese am 9.Oktober 1843 notariell und am 18.Dezember 1843 durch Königliche Bestätigung als »Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft« ins Leben. 79 Dank der ausführlichen Vorarbeiten stand die benötigte Kapitalisierung dieser Gesellschaft relativ sicher fest: Es wurden 13 Mio. Thlr. für den Bau der Linie benötigt, die 280 km lang war und damit für die Frühphase der Eisenbahnbauten zu den längsten Eisenbahnlinien gehörte, deren Leitung ein Unternehmen übernahm. Von dieser Kapitalsumme steuerte der Staat ein Siebtel bei. Die KME gehörte damit zu den wenigen großen Bahnen der vierziger Jahre, die staatliche Unterstützung genossen und wird daher in dieser Arbeit ein besonderes Licht auf die Staatsbeteiligung am Eisenbahnbau werfen helfen. Das Gründungsaktienkapital wurde also unter den beteiligten Gruppierungen von Interessenten wie folgt aufgeteilt: 1.860.000 Thlr. Staatsbeteiligung, ein Zeichnungsvolumen von 4.500.000 Thlr. reserviert für die Aktionäre der REB (alt), entsprechend dem Aktienkapital der bisherigen REB, 1.114.000 Thlr. durch frühere Zeichnungen im Projektstadium bereits vergeben, der Rest ( 5 . 5 2 6 . 0 0 0 Thlr.) hätte also für eine neuerliche Aktienzeichnung noch zur Verfügung gestanden. Da ein wesentlicher Teil der Aktionäre der alten REB von ihrem Zeichnungsrecht keinen Gebrauch machte, wurden schließlich für neue Zeichner ca. 7.800.000 Thlr. annonciert, die mehr als fünffach überzeichnet wurden und zwischen dem Kölner und einem Düsseldorfer Komitee aufzuteilen waren. 80 Die große Bahnlinie wurde am 15. Oktober 1847 vollständig eröffnet, 81 die Kostenüberschreitungen hielten sich hier der Bauten in engen Grenzen. Das Kapital wurde einzig am 8.10.1847 um 3.674.000 Thlr. in Prioritäts45 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.11.: Bilanzsumme der Köln-Mindener Eisenbahn in Thlr. Jahr
Grundkapital
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in %
1847 1849 1853 1857 1858 1862 1866 1873 1876
16.674.500 20.174.500 22.174.500 25.107.833 31.274.500 62.274.500 75.274.500 97.774.500 155.774.500
13.000.000 13.000.000 13.000.000 13.000.000 13.000.000 13.000.000 26.000.000 26.000.000 39.000.000
78,0 64,4 58,6 51,8 41,6 20,9 34,5 26,6 25,0
3.674.500 7.174.500 9.174.500 12.107.833 18.274.500 49.274.500 49.274.500 71.774.500 116.774.500
22,0 35,6 41,4 48,2 58,4 79,1 65,5 73,4 75,0
Erläuterungen: Angegeben sind die Jahre, in denen Kapitalerhöhungen stattfanden. Genannt sind hier Emissionssummen, die Amortisation von Fremdkapital ist in dieser Tabelle nicht berücksichtigt, ist jedoch für die Zwecke dieser Darstellung auch nicht von großer Bedeutung. Zur Orientierung: Insgesamt waren von der ersten Anleihe von 1847 bis 1877 immerhin 1.108.300 Thlr. amortisiert, von der zweiten von 1849 692.600 Thlr., vom oben genannten Fremdkapital insgesamt nur 3.940.600 Thlr. Die enormen Steigerungen des Fremdkapitals werden also in ihrer Dimension durch die Amortisation im Betrachtungszeitraum dieser Arbeit kaum berührt. Quellen: Bericht der Direktion der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft über den Bau und Betrieb der unter ihrer Verwaltung stehenden Eisenbahnen im Jahre 1877, GStA Merseburg, Finanzministerium, Rep. 151 H B , Nr. 1342, dort v.a. Anlage XXXVII (Chronologische Zusammenstellung der Länge, Anlagekosten, Transportmittel und Betriebs Ergebnisse der im Betriebe der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft befindlichen Bahnen seit Eröffnung des Betriebes auf der ganzen Hauptbahn resp. auf den ganzen Linien der hinzugetretenen Bahnen) sowie Anlage XVIII (Amortisation des Anlagekapitals des Köln-Mindener EisenbahnUnternehmens bis ultimo 1877).
Obligationen
erhöht, 8 2 so daß die Bahn für eine Gesamtsumme
von
1 6 . 6 7 4 . 0 0 0 Thlr. gebaut worden war. Für die Länge der Strecke und angesichts der üblichen Fehleinschätzungen bei den frühen Kostenvoranschlägen des Eisenbahnbaus muß dies als ein sehr gutes Ergebnis gewertet werden. Die weitere Entwicklung der Bilanzsumme des Unternehmens führt Tabelle I I . 1 1 . vor Augen. Die Expansion der KME vollzog sich bis auf wenige Ausnahmen in großen Schritten: Schon 1 8 5 7 fuhren KME-Züge auf der OberhausenArnheimer Zweigbahn, die über 74 km zur Streckenlänge der KME beisteuerte. Nächstes großes Projekt war die Nord-Süd-Verbindung rechts des Rheins, präziser als Köln-Gießener Bahn bekannt. Die Verhandlungen mit der Staatsregierung um die Rheinverbindungen und deren Priorität für eine rechtsrheinische Verbindung führten zu einer bereits teilweise ange46 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
sprochenen »Paketlösung«: Die REB durfte ihre linke Rheinuferbahn erst bauen, nachdem mit der KME eine vertragliche Festlegung bezüglich der Köln-Gießener Bahn zustandegekommen war. Diese Bahn gehörte mit fast 184 km Länge ab 1862 voll zum Streckennetz der KME. Die dritte ehrgeizige Ausbaustufe wurde wie viele andere große Projekte des deutschen Eisenbahnbaus in den siebziger Jahren realisiert: Ab 1875 gehörte eine Venlo-Hamburger Bahn zum Netz der KME - die Bahn war also weit über das Ruhrgebiet und ihre Funktion als Ost-West-Verbindung hinausgewachsen und hatte Schlüsselverbindungen des deutschen Nord-Süd-Verkehrs aufgebaut. Teil des KME-Netzes wurde zusammen mit der KölnGießener Bahn auch die Rheinbrücke in Köln, mit Unterstützung der REB und der Stadt Köln gebaut und für andere Benutzer als die KME gebührenpflichtig. 83 Die Expansion der ersten beiden Stufen wurde rein über Anleihen finanziert, wobei für die Köln-Gießener Bahn der Staat die ihm aus seinem Anteil am ursprünglichen Aktienkapital ( 1 / 7 ) zufließenden Erträge sowie seinen Anspruch auf Eisenbahnsteuer als Sicherheit zur Garantie einer mindestens 3,5 %igen Verzinsung der aufzunehmenden 4 %igen Anleihe einsetzte, falls die Erträge der neuen Strecke nicht für die Verzinsung der Anleihe ausreichen sollten. Das fehlende halbe Prozent mußte die KME auf eigenes Risiko übernehmen, für die Zinsgarantie wurden die genannten Erträge des Staats so lange gesammelt, bis die neue Strecke sich über mehr als fünf Jahre aus eigenen Mitteln finanziert hatte. Schließlich sollten aus den Erträgen der Staatsaktien an der KME nicht länger Privataktien aufgekauft (»amortisiert«), sondern das für die Rheinbrücke notwendige Kapital getilgt werden. Auf diese Weise war die allmähliche Übernahme der Rheinbrücke in Staatseigentum sichergestellt. 84 Kuriose Konsequenz der Staatsbeteiligung bei der KME: Zur Finanzierung der Kriegskosten 1866 verkaufte der Staat seinen Aktienanteil samt Recht, die Aktien der KME zu amortisieren (aus dem Ertrag des Staatsanteils, die Zinsengarantien für die Zweigbahnen waren fast nicht in Anspruch genommen worden). Damit war die KME eine rein private Eisenbahn geworden - auf Zeit, wie sich herausstellen sollte. Der Vorgang von 1866 schlägt sich in der Kapitalentwicklung als Verdopplung des Aktienkapitals nieder: Der Kaufpreis für die Staatsanteile und -rechte hatte 13 Mio. Thlr. betragen! 85 Am 20.12.1879 wurde die KME per Gesetz verstaatlicht - ein Eisenbahnsystem von 1108 km Länge und einer Bilanzsumme von mehr als 150 Mio. Thlr.86
47 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
2 . 3 . Der Berliner S t e r n der großen F ü n f 8 7 Zu den Bahnen der Rheinprovinz, den geschilderten frühen Pionieren des Eisenbahnbaus und zur ersten sächsischen Bahn kommen die Bahnen hinzu, die von Berlin ausgingen und den Kern des preußischen Eisenbahnnetzes bildeten. Nach dem schon von der KME bekannten Finanzierungsmodell wurde am 2 7 . 1 1 . 1 8 4 3 die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn (NME) von Frankfurt/Oder nach Breslau konzessioniert. Auch bei dieser fast 305 km langen Bahn 88 beteiligte sich der Staat mit einem Siebtel am Aktienkapital und garantierte eine Mindestrendite des Aktienkapitals von 3,5 %. Die erste Generalversammlung der Gesellschaft verabschiedete nach Verhandlungen mit der Staatsregierung im Mai die Statuten des Unternehmens und terminierte den Baubeginn auf den 28. August 1843. 8 9 Einschließlich einer Zweigbahn nach Görlitz zum Anschluß an das sächsische Eisenbahnnetz mit Verbindung nach Dresden galt ein Aktienkapital von 10 Mio. Thlr. als ausreichend, der Staatsanteil betrug 1.437.000 Mio. Thlr. 90 Der NME waren Gründung und Bau der Berlin-Frankfurter Eisenbahn (BFE) vorausgegangen, deren Konzession am 28.3.1840 erteilt wurde. 91 Die Gesellschaft eröffnete ihre etwa 80 km lange Linie am 23.10.1842, so daß sie sich zur Gründungszeit der NME bereits in Betrieb befand. Die erste Generalversammlung der NME verpflichtete sich statuarisch zu Fusionsverhandlungen mit der BFE. Diese und führten am 12.12.1844 zu einem Vertragsabschluß. 92 Die NME finanzierte den Aufkauf durch die Ausgabe von Prioritätsaktien und gewährte den Stammaktionären der BFE einen Kurs von 162,5 Thlr. für ihre Aktien von 100 Thlr. (im Gesamtbetrage von 2,2 Mio. Thlr.). Zusätzlich erhielten die Inhaber von 600.000 Thlr. Prioritätsaktien ebensolche NME-Papiere. Der Aufwand für den Aufkauf der BFE lag insgesamt bei 4.175.000 Thlr. 93 Dafür betrieb die NME, als sie 1846 bis Breslau fertiggestellt wurde, die mit 385 km längste preußische Eisenbahnlinie in den Händen einer Gesellschaft. Als der Bau der NME beendet war, zeigte auch dort die Bilanz, wie schwierig präzise Planungen und Kostenvoranschläge zu gewinnen waren: Man verfehlte das Ziel hier um ein Drittel. Die Bausumme hatte 13.386.306 Thlr. betragen, so daß zur Deckung der Baukosten 3,5 Mio. Thlr. Prioritätsobligationen emittiert werden mußten (Nachtrag zum Statut vom 2 6 . 6 . 1 8 4 6 ) . Die Kapitalentwicklung der NME zeigt Tabelle II.12., wobei zu berücksichtigen ist, daß die Bahn am 1. Januar 1852 in Staatsbesitz überging. Die bereits angesprochene Verstaatlichung der NME geht zurück auf eine Bedingung der staatlichen Kapitalunterstützung: Die Zinsengarantie in Höhe von 3,5 % für die Stammaktien mußte für die Jahre 1848, 1849 und 1850 in Anspruch genommen werden. 94 Für den Fall aber, daß dies im 48 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.12.: Bilanzsumme der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn in Thlr. Jahr 1846 1848 1851 1858 1858 1 1859 1 1870 1876
Grundkapital
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in%
17.675.000 19.975.000 20.666.589 18.476.000 26.262.056 25.854.873 40.600.000 77.266.667
10.000.000 9.950.000 9.789.300 7.976.000
56,6 50,1 47,4 43,2
7.675.000 9.975.000 10.877.289 10.500.000
43,4 49,9 52,6 56,8
1 Für Bauerweiterungen etc. ausgegeben:
bis zum Jahr 1858 1859
aus Staatsmittel(Zuschüsse) 2.860.000 4.461.794
aus Betriebseinnahmen 2.735.467 2.917.079
Das Grundkapital erhöhte sich also bis zu den genannten Jahren um diese Beträge. Die Kapitalsummen sind unter Berücksichtigung der Amortisation - in diesem Falle auch des Aktienkapitals, von dem größere Summen amortisiert wurden, - angegeben. Zu derartigen Details der Finanzierung wird Kapitel IV.1. weiteren Aufschluß geben. Quellen: Bericht über den Stand des NME-Unternehmens, erstattet im September 1846, Die Direktion der NME, GStA Merseburg, Min. d. Innern, Rep. 7 7 , Titel 258a, Nr. 2 3 , Vol. I; Bericht über den Stand ... 1848 ..., STA Potsdam, Pr.Br. Rep. 2A I V Nr. 2 1 2 2 ; Bericht über die Verwaltung der Königlichen Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn und der Kgl. Bahnhofs-Verbindungsbahn zu Berlin pro 1858, Berlin 1859, STA Potsdam Pr.Br. Rep. 2A I V Nr. 2123; Bericht ... pro 1859, Berlin 1860, ebd.; Bericht des Kgl. Eisenbahn-Direktors Costenoble vom 20.10.1851 Betr. die Ertragsfähigkeit der NME im Hinblick auf den proponierten Verkauf lt. Beschluß der Generalversammlung vom 1 6 . 1 0 . 1 8 5 1 , An den Kgl. Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, ..., GStA Merseburg, Min. d. Innern, Rep. 7 7 , Titel 258a, Nr. 2 3 , Vol. II; Berlin Eisenbahnen, S. 13.
dritten Jahre hintereinander geschehen sollte, hatte sich der Staat die Übernahme der Verwaltung des Unternehmens vorbehalten. In der ministeriellen Korrespondenz zwischen v.d. Heydt (Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten) und v. Bodelschwingh (Finanzminister) ist klar ausgesprochen, daß die Bahn aufgrund der Ertragslage spätestens Ende 1853 an die Eigentümer zurückzugeben sein würde, ergreife man nicht die Chance, in der gegebenen Situation die Verstaatlichung zu verwirklichen. 95 Durch Gesetz vom 31.3.1852 ging die Bahn endgültig in der von v.d. Heydt gewünschten Weise zum 1.1.1852 auf den Staat über. 96 Auch unter staatlicher Verwaltung expandierte die NME, jedoch kaum in ihrem Strekkennetz, sondern durch verbesserte Ausstattung und Bauten an der eigenen Linie. So kam nur durch die der NME übertragene Verwaltung der 49 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Berliner Verbindungsbahn (Ringbahn) ein größerer Zuwachs des Streckennetzes zustande. Dennoch gehörte die Bahn zu den größeren Eisenbahnunternehmen Preußens und verdient schon wegen ihrer interessanten Verwaltungsgeschichte die Betrachtung in der Reihe der Bahnen dieser Studie. Sie steht ebenso wie die BME für das Motto »Der Staat als Unternehmer«. Eine andere wichtige Linie startete in den ersten Jahren des Eisenbahnbaus von Berlin aus und verband erstmals Berlin mit den in Sachsen und weiter westlich entstehenden Eisenbahnen: die Berlin-Anhaltische Eisenbahn (BAE). Die Vorbereitungen dauerten wie bei allen frühen Eisenbahnprojekten Jahre an, bis im Verlauf der Jahre 1 8 3 6 - 1 8 3 9 geklärt war, daß die BAE nicht an die ΒΡΕ anschließen würde, daß sie nicht auf die LDE bei Riesa zielen würde, sondern die Magdeburg-Leipziger Eisenbahn bei Köthen erreichen sollte und daß ihr Statut, welches schließlich eine 1. Generalversammlung am 3.April 1839 beschlossen hatte, am 16. Juni 1839 die Königliche Sanktion erhielt. Ein Staatsvertrag vom 26.4.1839 regelte die Bedingungen des Baus über die Landesgrenze zu Anhalt hinweg. Die Voraussetzungen zum Bau der ca. 150 km langen Bahnlinie lagen damit vor. Die Finanzierung wurde über ein Kapital von 3.000.000 Thlr. gesichert, aufgeteilt in 2.600.000 Thlr. private Aktien und 400.000 Thlr. Beteiligung der Seehandlung. Statt einer vorgesehenen weiteren Finanzierung durch eine Anleihe von 500.000 Thlr. wurde 1840/1842 das Kapital der Gesellschaft um 1.000.000 Thlr. bzw. 500.000 Thlr. erhöht, aufgebracht durch die Emission von Prioritätsaktien. 97 Die Kapitalentwicklung dieser Eisenbahngesellschaft verlief auch langfristig in eher bescheidenen Dimensionen, wie Tabelle II.13. zeigt. Die BAE dehnte sich vor allem in ihrer eng eingegrenzten Region aus: So wurde bis 1848 die in der ersten Projektphase schon einmal vorgesehene Linie in Richtung Riesa an der LDE doch noch gebaut, bis 1859 waren, ausgehend von Dessau, Bitterfeld, Halle und Leipzig erreicht worden. 1863 kam von Dessau ein Anschluß in Richtung Zerbst zustande, erst 1874/75 von dort zur Landesgrenze und von Wittenberg nach Falkenberg. Insgesamt dehnte sich die BAE auf eine Streckenlänge von ca. 4 3 0 km aus, zusätzlich wurden 151 km der Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (Falkenberg-Kohlfurt in Richtung Görlitz) von der BAE betrieben. Die Bahn verband Berlin mit Sachsen, darüber hinaus aber auch im Durchgangsverkehr mit Österreich-Ungarn, vor allem Wien, mit Bayern und Südwestdeutschland. Zwar mußte sie sich gegen die Konkurrenz der Berlin-Dresdener und der Berlin Wetzlarer Bahn seit der Mitte der siebziger Jahre behaupten, doch führte zur Verbindung Berlins mit Leipzig und weiter nach Bayern kein Weg an der BAE vorbei. In diesem Umfang wurde die Gesellschaft 1882 verstaatlicht. Bei der 50 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.13.: Bilanzsumme der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn in Thlr. Jahr
Grundkapital
Aktienkapital
in%
1842 1847 1848 1858 1869 1874 1880 1882
4.500.000 4.981.000 7.500.000 8.500.000 17.000.000 25.750.000 31.824.000 33.023.933
3.000.000 3.481.000 6.000.000 6.000.000 8.500.000 17.250.000 17.250.000 17.250.000
66,7 69,9 80,0 70,6 50,0 67,0 54,2 52,2
Fremdkapital 1.500.000 1.500.000 1.500.000 2.500.000 8.500.000 8.500.000 14.573.933 15.773.933 1
in% 33,3 30,1 20,0 29,4 50,0 33,0 45,8 47,8
1 Die Angaben zum Fremdkapital sind ohne Berücksichtigung der Amortisation angegeben, für das Jahr 1882 (Jahr der Verstaatlichung), jedoch ist sowohl die Amortisation als auch die Umrechnung auf durchweg 3,5 %ige Anleihepapiere berücksichtigt. Zum Vergleich kann das Jahr 1880 zeigen, daß der Umrechnungseffekt auf 3,5 % Verzinsung gering war. Quellen: Preußisches Haus der Abgeordneten, 14. Legislaturperiode, III. Session, 1882, Drucksache Nr. 120: Entwurf eines Gesetzes betreffend den Erwerb des Berlin-Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat, vom 13.3.1882, dazu v.a. Anlage II: Betriebsergebnisse der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn in den Jahren 1869 bis incl. 1880; Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmittel ..., HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 7 , Reg. Köln 2 0 0 9 .
ministeriellen Bewertung des Verstaatlichungsvorhabens in der dem entsprechenden Antrag beigefügten Denkschrift erschien der Erwerb des gerade fertiggestellten Anhalter Bahnhofes in Berlin als eine besondere Gelegenheit: »An erster Stelle muß dabei auf den Wert hingewiesen werden, welchen der neu eröffnete, mit den vollständigsten Einrichtungen für den großen Verkehr ausgestattete Anhalter Bahnhof zu Berlin in der Hand des Staates haben muß, und zwar vorzugsweise im Hinblick auf die Mitbenutzung desselben Mir den Verkehr der Berlin-Dresdener Eisenbahn.«98 Durch freiwerdende Grundstücksflächen und Personaleinsparungen sollten sich wesentliche Kapitalerträge und geringere laufende Kosten ergeben - man hoffte auf die Synergieeffekte der Fusion in staatlicher Hand.
Dem Stern der frühen Berliner Hauptlinien fehlt ein Strahl, wenn die Berlin-Hamburger Eisenbahn (BHE) nicht in die Betrachtung einbezogen wird. Dies soll hier abschließend geschehen - die Vorstellung der Bahnen, auf die sich die Argumentation dieser Arbeit in der Hauptsache stützt, wird damit abgeschlossen. Auch über eine Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und dem Seehafen Hamburg wurde jahrelang spekuliert, ehe die Vorbereitungen in ein konkreteres Stadium eintraten. Eine Kabinettsordre entschied, daß die Bahn auf dem rechten Eibufer verlaufen, also Magdeburg 51 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
im Gegensatz zu früheren Planungen nicht berühren sollte. Mit dieser Entscheidung zeichnete sich ab, daß ein Staatsvertrag die zwischenstaatlichen Rechtsgrundlagen dieser Bahn bereitstellen mußte, welche Territorien Preußens, Mecklenburg-Schwerins, Dänemarks (Lauenburgs) und der Hansestädte Hamburg und Lübeck berührte. Ein solcher Vertrag kam am 8.11.1841 zustande.“ Der große Hamburger Stadtbrand im Jahre 1842 verzögerte unter anderem das schnelle Zustandekommen des Projekts, doch wurde zum 1.1.1843 die Aktienzeichnung ausgeschrieben. Die Planungen lauteten auf ein Aktienkapital von 8 Mio. Thlr., von dem bis März 4 Mio. Thlr. gezeichnet waren. Im April 1843 sicherte ein Vertrag die finanzielle Beteiligung Hamburgs und Mecklenburgs an dem Unternehmen: Beide Regierungen steuerten je 1,5 Mio. Thlr. bei und akzeptierten, daß die Staatsaktien eine um 1 % geringere Verzinsung genießen sollten als die Privataktien ( 3 , 5 % statt 4,5%). Weitergehende Erträge sollten allerdings 5:3 zwischen Privaten und Staat aufgeteilt werden. 100 Die beiden Staaten behielten sich die Ernennung von jeweils einem Direktionsmitglied vor, ein Recht, auf das sie bald nach Eröffnung der Bahn verzichteten. 101 Die erste Generalversammlung des Unternehmens am 2 2 . 7 . 1 8 4 3 beschloß die Statuten, ab Herbst 1843 wurde Kapital eingezahlt und ab Februar 1844 gebaut. Die Königliche Konzession erhielt die Bahn in Preußen erst am 28.2.1845, im April 1845 dann von Mecklenburg, Dänemark, Lübeck und Hamburg. In der Folgezeit entstand die etwa 285 km lange Linie, die am 15. Dezember 1846 vollständig eröffnet werden konnte. 102 Noch im Jahre 1845 hatte sich ein Mehrbedarf an Kapital in Höhe von 5 Mio. Thlr. herausgestellt, der durch Emission von Prioritätsobligationen 1846 aufgebracht wurde. 103 Gleichzeitig mit der Eröffnung der BHE pachtete diese die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn, die das erste Teilstück der Linie darstellte, schon seit 1842 in Betrieb war und auch jetzt als eigenständiges Unternehmen weiterexistierte, dessen Betriebsführung allerdings der BHE oblag. Die Kapitalentwicklung der BHE stellt eine absolute Ausnahme unter den Eisenbahnen dar (vgl. Tabelle II.14.). Die für lange Zeit letzte Kapitalerhöhung im Jahre 1848 diente einerseits der Fertigstellung des zweiten Gleises, zum anderen eröffnete die BHE am 15.10.1851 ihre vorerst einzige Zweigbahn Büchen - Lauenburg (14 km). Am 31.12.1874 schließlich ging die einzige wesentliche Erweiterung der BHE in Betrieb: eine Zweigbahn Wittenberge - Buchholz (142 km), die die Ursache für die große Erhöhung der Anleiheschuld ab 1875 ist. So konnte, einschließlich kleinerer Anschlußstrecken in Berlin und Hamburg, die BHE 1884 mit einem Streckennetz von 4 5 0 km verstaatlicht werden. 104 52 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle ΙΙ.14.: Bilanzsumme der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Thlr. Jahr 1846 1848 1874 1875 1883
Grundkapital 13.000.000 14.000.000 10.210.000 22.180.000 21.264.700
Aktienkapital
in%
Fremdkapital
in%
8.000.000 8.000.000 5.000.000 5.000.000 5.000.000
61,5 57,1 49,0 22,5 23,5
5.000.000 6.000.000 5.210.000 17.180.000 16.264.700
38,5 42,9 51,0 77,5 76,5
Erläuterungen: Der Aktienanteil Mecklenburgs und Hamburgs wurde bis 1874 vollständig amortisiert (3 Mio. Thlr.), entsprechend ist für die Anleihen die Amortisation ab 1874 berücksichtigt. Zwischen 1848 und 1874 gab es also keine Neuemission von BHE-Kapital! Erst 1875 war die Anleiheschuld um eine Neuemission vergrößert worden, um danach durch Amortisation bis zur Verstaatlichung wieder zu fallen. Quellen: Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmittel..., HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 7 , Reg. Köln 2 0 0 9 ; Protokolle der Generalversammlungen und Generalberichte der Direktion für die Jahre 1868-70, 1872, 1874, 1 8 7 6 - 7 9 , 1 8 8 1 , 1883, GStA Merseburg, Min. d. Innern, Rep. 7 7 , Titel 258a, Nr. 30, Vol. III; für die Jahre 1 8 7 1 , 1873, 1875, STA Hamburg, Bestand III-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 245 h ) ; für die Jahre 1880, 1882 ebd., Fasz. 294; Vorlage für den 2. Verhandlungsgegenstand der auf den 2 9 . März d. J . [ 1 8 8 4 ] berufenen außerordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft, Berlin 1884, GStA Merseburg, Finanzministerium, Rep. 151 HB, Nr. 1367.
3. Aus Eisenbahnlinien entsteht ein Netz. Ein vergleichender Überblick Im Überblick (Tabelle II.15.) wird deutlich, welche Marktanteile die dieser Studie - vor allem der Unternehmeranalyse - zugrunde gelegten preußischen Eisenbahngesellschaften (sowie die sächsische LDE) kontrollierten. Die ausgewählten frühen Gründungen kontrollierten anfangs zwei Drittel des preußischen Marktes, fielen jedoch in der Summe bis zum Ende des Betrachtungszeitraumes auf etwas mehr als ein Viertel des Streckennetzes und mehr als ein Drittel des investierten Kapitals zurück. Das sample insgesamt behält genügend Gewicht, um in den folgenden Kapiteln eine repräsentative Analyse der preußischen Eisenbahnunternehmer auf der Grundlage der hier vorgestellten Unternehmen zu ermöglichen, auch wenn sich beträchtliche Gewichtsverschiebungen zwischen den einzelnen Gesellschaften ergaben. Große Linien starteten einerseits als Marktführer und verloren relativ stark an Gewicht (NME, aber auch die immer noch 53 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.15.: Marktanteile Preußischer Eisenbahnen Anlagekapital in Mio. Thlr.
Streckenlänge in km 1847
in%
1883
in%
1847
in%
LDE ΒΡΕ BPME DEE BME REB KME NME BAE BHE
115,0 26,0 120,0 29,0 88,0 86,0 280,0 385,0 150,0 285,0
4,74 1,07 4,95 1,20 3,63 3,55 11,55 15,88 6,19 11,76
286,0 0,0 260,0 0,0 1435,0 1295,5 1108,0 385,0 430,0 450,0
1,32 0,00 1,20 0,00 6,64 6,00 5,13 1,78 1,99 2,08
6,5 1,4 8,1 1,63 4,0 8.25 16,67 17,68 4,50 13,0
Summe
1564,0
64,52
5649,5 26,16
Netz
2424,0
100,0 21596,0
100,0
EB
1883
in%
5,48 1,18 6,83 1,37 3,37 6,95 14,05 14,90 3,79 10,95
23,58 0,0 42,45 0,0 193,78 149,88 155,77 77,27 33,02 21,26
1,25 0,0 2,24 0,0 10,24 7,92 8,23 4,08 1,75 1,12
81,73
86,87
697,01
36,84
118,67
100,0
1892,0
100,0
Erläuterungen: Für diese Übersicht der Marktanteile preußischer Eisenbahngesellschaften (um die Größenordnung im Vergleich deutlich zu machen und um den Anteil des samples dieser Arbeit am gesamten Markt zu zeigen, ist die LDE hier in Bezug zum preußischen Netz dargestellt) wurde als Bezugsgröße das preußische Netz gewählt. Die beiden Bezugsjahre 1847 und 1883 markieren das erste Jahr nach Fertigstellung der Linien aller hier beteiligten Unternehmen sowie das letzte private Betriebsjahr vor Verstaatlichung der letzten der hier beteiligten Gesellschaften. Da die Werte der einzelnen Gesellschaften aus dem ersten Jahr ihres jeweiligen Betriebes bzw. dem letzen Jahr vor der Verstaatlichung (oder, wie bei der NME, einem vergleichbaren Jahr nach der Gründerkrise) also jeweils aus Jahren vor dem hier gewählten Stichjahr stammen, werden die tatsächlichen Marktanteile eher unterschätzt. Dieser kleine Fehler muß jedoch um der Standardisierung und Vergleichsperspektive willen in Kauf genommen werden. Quellen: Werte der einzelnen Gesellschaften: siehe Tabellen II.5. - II.13.; Netz: nach Fremdling, Eisenbahnen, S. 28f. (Tabelle 11: Kapitalstock zu Anschaffungspreisen) und S. 48 (Tabelle 2 0 : Die Streckenlänge deutscher und preußischer Eisenbahnen), sowie Mitchell, European Statistics, S. 3 1 7 (Tabelle F l : Length of Railway Line Open in km) für das Jahr 1883. Da sowohl Fremdling als auch Mitchell für das Jahr 1883 nur Angaben für Deutschland machen, wurde für Preußen linear extrapoliert: nach der Erfahrung der ganzen siebziger Jahre betrug der Anteil Preußens sowohl am deutschen Streckennetz als auch am Kapitalstock 6 0 %, so daß dieser Wert als Bezugsgröße ( 1 0 0 %) der obrigen Tabelle festgelegt wurde.
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sehr große KME), aus kleinen Anfängen entstanden andererseits spätere Konzerne (BME, REB). Dem direkten Vergleich mit den Größenordnungen englischer Eisenbahngesellschaften halten allerdings nur die drei Giganten des Ruhrgebietes stand, die Marktanteile aller anderen preußischen Eisenbahnen mit ihren 2 bis 5 Prozent fallen stark zurück. Diese Vergleichbarkeit gilt zudem nur für die Marktanteile der Gesellschaften, nicht aber für ihre absolute Größe, bei der die englischen Vergleichsunternehmen immer noch um eine Dimension größer waren - mindestens, was die Streckenlänge anlangt (LNW und GWR waren fast doppelt so groß wie die größten deutschen Eisenbahnkonzerne KME, BME und REB), aber auch in der Größenordnung der Kapitalisierung. Während die drei preußischen Großkonzerne singulär waren, gab es in England durchaus weitere Eisenbahngesellschaften, die den in dieser Arbeit ausgewählten drei Vertretern ebenbürtig waren. 105 Die Situation am englischen Eisenbahnmarkt ist geprägt von einer weit höheren und sogar im Betrachtungszeitraum leicht steigenden Konzentration von Strecken und Kapital in der Hand weniger dominierender Unternehmen. Der eingangs zitierte Beobachter ging von der englischen Normalität aus, wenn er schrieb: »Solcher Stangen liegen vier nebeneinander«. Denn er meinte damit natürlich eine zweigleisige Bahnlinie, wie sie bei den Stammlinien der hier betrachteten Eisenbahnen durchweg üblich war. 1843 gab es in England überhaupt nur knapp 2 0 0 km eingleisiger Strecke, das waren knapp 6 % des seinerzeitigen Streckennetzes. Der Anteil eingleisiger Strecken stieg mit der zunehmenden Entwicklung eines dichten Netzes von Nebenbahnen bis 1875 auf fast 37,8 % und bis 1889 weiter auf 45,6%. 1 0 6 Doch zeigt diese Entwicklung nur, daß in England eingleisige Strecken der Verdichtung eines ohnehin weit ausgebauten Eisenbahnnetzes in dünn besiedelte Regionen dienten. In Preußen dagegen entstanden fast alle frühen großen Linien zunächst als eingleisige Strecken, wobei meist komplizierte Bauwerke wie Brücken und manche Tunnels schon zweigleisig gebaut und der Grunderwerb sowie die Vorbereitung des Planums auf zwei Gleise ausgelegt wurden. Keine einzige preußische Eisenbahn eröffnete ihren Betrieb auf einer durchgehend zweigleisigen Linie. Die Unternehmer der sächsischen LDE hatten allerdings noch vor Eröffnung der Linie einen zweigleisigen Ausbau beschlossen, der 1843 in Betrieb ging. 107 Die BHE hatte von Anfang an wenigstens einen wesentlichen Teil ihrer Linie zweigleisig gebaut, zweigleisige Abschnitte gab es schließlich früh bei der REB und der BPME nach Übernahme der ΒΡΕ. Bis zum Jahr 1848 hatten die hier betrachteten Unternehmen insgesamt jedoch einen erstaunlich geringen Anteil zweiglei siger Strecken fertiggestellt: nur etwas über 4 0 0 km der insgesamt 1622 km 55 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
waren inzwischen zweigleisig ausgebaut worden! Bis Ende der fünfziger Jahre waren wenigstens die Stammlinien zweigleisig ausgebaut, doch hielten jetzt spätere Erweiterungen den Platz in den Annalen der Eingleisigkeit. Dies gilt nicht etwa für Kleinbahnen, sondern zentrale Verbindungen im deutschen Netz wie die linke Rheinuferbahn, die noch 1866 erst zu 80 % zweigleisig ausgebaut war. Bis zum Jahr 1879 hatte sich der Anteil zweigleisiger Strecken bei den hier betrachteten Gesellschaften auf ca. 50 % erhöht, 108 in Preußen insgesamt lag der Anteil jedoch 1845 bei nur 16,5 %, 1855 bei 27,5 und 1885 schließlich bei noch immer nur 29,4 %.109 Insgesamt gehörten die dieser Arbeit zugrunde liegenden Gesellschaften zu den verkehrsreichen, relativ hoch kapitalisierten und demzufolge eher zweigleisig ausgebauten Linien im preußischen Netz. Der Überblick der Entwicklung beider Eisenbahnnetze (Tabelle II.16.) schließt die Vorstellung der in dieser Arbeit analysierten Eisenbahngesellschaften ab. Für Preußen entstünde ein verzerrtes Bild der Eisenbahnen, berücksichtigte man nicht einen immer gewichtigeren Wettbewerber am Eisenbahnmarkt: Bereits vor der Verstaatlichung der großen Privatbahnen Ende der siebziger/ Anfang der achtziger Jahre war das Staatsbahnnetz dominant in Streckenausdehnung und Kapitalvermögen. 110 Ein beachtlicher Anteil dieses staatlichen Netzes bestand allerdings aus »Kriegsgewinnen« in der Folge des Krieges von 1866: Die Staatsbahnen Hannovers, Schleswig-Holsteins, Nassaus und des Kurfürstentums Hessen (Kassel) vergrößerten des preußische Staatsbahnnetz um 1069 km. Das größte staatliche Einzelsystem war das der Ostbahn, die aufgrund der Wirtschaftsstruktur der betreffenden Regionen nur durch staatliche Finanzierung realisiert werden konnte. Schon ihre einfache Linie nach Königsberg steuerte über 600 km zum preußischen Staatsbahnnetz bei. Die Staatsbahnen können jedoch im Rahmen dieser Arbeit nur im Kontext bestimmter Fragestellungen - v o r allem in den Kapiteln V und VIII - eine Rolle spielen. Die Analyse von Eisenbahnunternehmern und ihrem Handeln in dieser Arbeit umfaßt also in beiden Ländern etwa ein Viertel des Marktes gemessen an Streckenlänge und Kapitalinvestitionen. Dieser hohe Anteil darf in seiner regionalen Vielfalt und zahlenmäßigen Stärke als repräsentativ gelten. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, daß die »kleinen« Bahnen hier kaum berücksichtigt sind - die unbedeutenderen Nebenlinien, die jedoch häufig ihre Selbständigkeit verloren und in einem Konzern aufgingen. Die starken Fluktuationen in Größe und Rangfolge der betrachteten preußischen im Vergleich zur relativ konstanten Marktposition der englischen Eisenbahnen verlangen nach weiterer Klärung in einer Reihe von Zusammenhängen: Welche Rolle spielte die regionale Wirtschaftsstruktur für die relative Position einer Eisenbahn? Wie beeinflußte der Kapitalmarkt 56 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle II.16.: Entwicklung der Eisenbahnnetze Jahr
Streckenlänge in km (1) Preußen
1840 1845 1850 1855 1860 1865 1870 1875 1879
185 1.106 2.967 3.822 5.762 6.895 11.460 16.940 20.134
(2)GB 1 2.411 3.930 9.795 11.742 14.601 18.436 21.835 23.361 24.811
Anlagekapital in Mio. (3) Preußen (Thlr.)
7,7 50,8 152,4 211,1 383,9 468,8 815,2 1.403,7 1.734,2
(4) GB (£)2 47,6 88,5 234,9 282,4 327,5 429,8 502,7 600,0 683,9
1 Eine durchgehende Zeitreihe stand nur für Großbritannien mit Ausnahme der Jahre vor 1847 zur Verfügung: in dieser Anfangsphase ist Irland in den Zahlen enthalten (1847 machte der jetzt getrennt ausgewiesene Anteil Irlands allerdings unter 8 % aus!). 2 Die Kapitalangaben gelten für Großbritannien ohne Irland mit Ausnahme des Jahres 1845, in dessen Wert Irland enthalten ist (jedoch mit einem vernachlässigbar kleinen Anteil). Quellen: Spalte (1) und (3) nach Fremdling, Eisenbahnen, S. 2 8 , 4 8 ; Spalte (2) und ( 4 ) nach Mitchell, British Statistics, S. 5 4 1 - 5 4 4 . Die Angaben weichen hier z.T. von den Bezugsgrößen anderer Tabellen in diesem Kapitel ab, für die häufig näherliegende - aber nicht als durchgehende Zeitreihe verfügbare - Zahlen verwendet wurden. So wurde in der Einzelbetrachtung bis 1844 für England und Wales das Zahlenmaterial Reeds benutzt, für die späten Jahre der Betrachtung standen von Cohn ebenfalls Zahlen zu England zur Verfügung.
die Entwicklungschancen dieser Unternehmen? Herrschte in England relativ gesehen - ein vollkommener Markt für Eisenbahnpapiere, während gerade bei der Finanzierung starker Expansion oder großer Linien in Preußen außerwirtschaftliche Faktoren sehr wichtig waren? Mit anderen Worten: welchen Einfluß hatten Staat und Gesellschaft auf das Ergehen dieser Unternehmen? Bestimmten Politik und relative Stärke oder Schwäche des regionalen, investierenden Bürgertums den Gang dieser Unternehmen? Zweifellos war Eisenbahnbau in Preußen im Vergleich zu England ein Geschäft, das sehr viel mehr in der Vermittlung zwischen Region und Nation, Gesellschaft und Staat, Unternehmern und Markt gedieh als in England, wo reine Marktgesetze vergleichsweise mehr Geltung beanspruchten. Oder sollte diese Hypothese täuschen?
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III. Eisenbahnen in einer Wirtschaftsregion
Eisenbahnen entstanden in einer Region. Von dieser Hypothese geht die vorliegende Arbeit durchgehend aus. Sie befindet sich damit in Übereinstimmung mit wesentlichen neueren Beiträgen zur Geschichte der Industriellen Revolution, die, im Anschluß an Pollards Vorschläge, die Industrialisierung nicht als einen Prozeß auf der Ebene von Nationen begreifen, sondern als einen ungleichgewichtigen, von vielen Faktoren, die regional aus der vorindustriellen Gesellschaft und Wirtschaft herüberwirkten, getragenen Prozeß zunächst kleinräumigerer Strukturveränderungen. 1 Zumal in einer deutsch - englischen Vergleichsperspektive muß immer im Blick bleiben, daß die nationale Einigung Deutschlands lange nach und eigentlich erst mit dem Ende der in dieser Arbeit betrachteten Eisenbahnentwicklung eintrat. Preußen als Nationalstaat zu begreifen, griffe ebenfalls zu kurz. Dagegen kann es hilfreich sein, nationale Einigung und Entwicklung beschleunigter Kommunikation über große Entfernungen in unmittelbarer Verbindung mit der länderumspannenden Ausdehnung von Eisenbahnen zu sehen. Dazu braucht man nicht die kühnen Visionen eines Friedrich List zu teilen, für den die Eisenbahnen geradezu das tragende Skelett eines nationalen Körpers waren. 2 Doch ist es kein Zufall, daß Lists Aufsatz bereits im Titel den Zollverein nennt: er war eine - rechtliche Voraussetzung der Entstehung eines nationalen Marktes. Den Weg zur Durchsetzung marktförmigen Wirtschaftens bahnten in Deutschland jedoch ganz wesentlich die Eisenbahnen, die durch die enorme Senkung der Transportkosten mehr als nur regionalen Transport für mehr als nur wenige kostbare Güter ermöglichten. Die politisch längst geeinte englische Nation profitierte in dieser Hinsicht ebenfalls enorm von den Eisenbahnen, wenn auch die Industrielle Revolution dort mit einer hochentwickelten Küstenschiffahrt rechnen konnte und parallel zu einem wachsenden Kanalnetz an Umfang gewann. Ihre zweifellos wichtigste Funktion in der Durchsetzung von Wirtschaftstätigkeit am Markt erfüllten die Eisenbahnen allerdings in einer besonderen, gar nicht verkehrstechnischen Hinsicht: Die Entstehung des modernen Kapitalmarktes ist untrennbar mit der Finanzierung dieser teuren Unternehmen verknüpft. Auch diese Entwicklung nahm ihren Anfang in regionaler Perspektive und führte hin zum nationalen Markt. Die Karte 58
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der ersten Jahre des Eisenbahnbaus weist darauf hin, daß von regionalen Zentren ausgehend ein Flickenteppich aneinander anschließender Verbindungen entstand, in dem erst 1846 eine Ost-West-Verbindung von Berlin an den Rhein und 1858 die Nord-Süd-Verbindung entlang des Rheins geknüpft wurde. Auch in England entstanden Verbindungen der Netze einzelner großer Eisenbahngesellschaften. Ein nationales Netz war das Ergebnis der Entwicklung. Die Strukturen von Wirtschaft und Gesellschaft legten die Entstehungsbedingungen der einzelnen Eisenbahngesellschaften im näheren Einzugsbereich fest. Im folgenden Abschnitt kann zwar keine umfasende Strukturgeschichte der beteiligten Regionen gezeichnet werden, doch mögen einige Indikatoren für die Chancen auf Verkehr und Ertrag stehen, denen sich die Gründer dieser Bahnen gegenübersahen. In einem anschließenden Kapitel kann dann analysiert werden, welche subjektive Sicht der Marktchancen diese selbst hegten.
1. Regionale Strukturen als Maß der Erfolgschancen Dieses Kapitel vollzieht - aus einer umfassenderen Perspektive - ein Stück weit nach, was den Gründervätern der Eisenbahnen jeweils für ihr Unternehmen Kopfzerbrechen bereitete: eine Evaluation des regional erwartbaren Verkehrs aufgrund jeweils herrschender Strukturbedingungen, gepaart mit einer Abschätzung von Marktanteilen am entstehenden nationalen Verkehr. Die Initiatoren einer neuen Eisenbahn hatten Zukunftserwartungen zu formulieren. Entsprechende Berechnungen und Schätzungen lagen allen Eisenbahnprojekten in mehr oder weniger verläßlicher Form zugrunde. In Preußen wie in England hatte diese Vorgehensweise eine formale Grundlage: Brauchten englische Eisenbahnunternehmer eine Argumentationsgrundlage in der öffentlichen und vor allem der parlamentarischen Debatte, waren ihre preußischen Kollegen gezwungen, diese Daten ihrem Konzessionsantrag an die Staatsregierung beizulegen, um dort den Charakter der »Nützlichkeit« ihres Vorhabens zu dokumentieren. 3 Die »Erläuterungen«, die den preußischen »Bestimmungen« beigegeben wurden, lassen eine Ahnung der ministeriellen Autoren erkennen, daß dies so einfach nicht immer sein würde, wenn sie schrieben, daß »jedoch nicht zu verkennen ist, daß die Mannigfaltigkeit der bei gewerblichen Unternehmungen von solcher Wichtigkeit zu beachtenden Rücksichten die Vorausbestimmung alles dessen, was bei einem jeden derartigen Projekt zu prüfen und zu erwägen sein kann, erschwert und fast unmöglich macht: daher immer je nach der Eigentümlichkeit des einzelnen Projekts Vervollständi59 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gungen der den Prüfungsbehörden zu erteilenden Instruktionen erforderlich werden können«. 4 Dieses Caveat mag auch für die Ausführungen dieses Kapitels gelten, stringente Erfolgsperspektiven lassen sich aus der regionalen Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur gewiß nicht ableiten, Indizien für begründete Chancen jedoch durchaus angeben. Als Indikatoren mögen hier nur wenige der relevanten Kriterien dienen: Angaben zur Bevölkerungszahl im Einzugsbereich der Bahn, Bewertungen des Verkehrs zu Lande oder zu Wasser vor dem Eisenbahnzeitalter, besonders im Einzugsbereich wichtiger Hafenstädte oder Messeorte, und die Verkehrschancen, die sich aus großen Bergbaugebieten oder Zentren frühindustrieller Produktion in der Verkehrsrichtung der Bahn ergaben. Der bereits angedeuteten Schwierigkeit, das zu erwartende Verkehrsaufkommen zuverlässig zu schätzen, begegnete Friedrich List in Anlehnung an anglo-amerikanische Gepflogenheiten, die er nach Deutschland importierte, mit einer Näherungsrechnung: In Fällen, in denen der Personenverkehr aus anderen Quellen nur ungenau zu erfassen war, konnte die Einwohnerzahl der wesentlichen an der Linie liegenden Städte einen Näherungswert für die Zahl der Reisenden pro Jahr bilden. 5 Dieses Vorgehen möchte ich als Vorbild der folgenden Betrachtung verstanden wissen. In beiden Ländern gehört eine Metropole zum Betrachtungsgebiet, die alle übrigen Städte an Bevölkerungsreichtum deutlich übertraf: London grenzte sich jedoch auch von Berlin noch einmal um ganze Größenordnungen ab. Vergleichen wir das Wachstum der Einwohnerzahlen der beiden Großstädte, die jeweils Zentrum eines ganzen Netzes mehrerer großer Eisenbahngesellschaften wurden (Tabelle III.1.). Tabelle III.1.: Einwohner London und Berlin in Tausend Jahr 1 1800/01 1810/11 1820/21 1830/31 1840/41 1850/51 1860/61 1870/71 1880/81
London 1.117 1.327 1.600 1.907 2.239 2.685 3.227 3.890 4.770
Veränd. (1800=100)
100 119 143 171 200 240 289 348 427
Berlin
Veränd. (1800= 100)
172 203 239 330 419 493 774 1.124
100 118 139 192 244 287 450 653
1 Zahlen für London bezogen auf die Jahre 1801 ff., für Berlin 1800 ff. Quellen: London: Mitchell, British Statistics, S. 2 5 ; Berlin: Wehler, Gesellschaftsgeschichte, S. 11; Berlin Eisenbahnen, S. 119; Kocka, Arbeitsverhältnisse, S. 5 8 .
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An dieser Entwicklung wird jedoch auch noch anderes deutlich: Nicht nur die absolute Größenordnung differierte beträchtlich (zugunsten Londons) und die Wachstumsrate unterschied sich (zugunsten Berlins, das zu Beginn der Periode noch sehr »klein« war), sondern die Entwicklung beider Metropolen fand relativ zum Aufkommen der Eisenbahnen stark zeitversetzt statt: London war schon vor der Eisenbahnära Millionenstadt und wuchs rapide weiter. Berlin expandierte zunächst langsamer, holte mit Beginn der Eisenbahnperiode (vierziger Jahre) jedoch geradezu auf und »explodierte« erst in der Gründerzeit und dem wirtschaftlichen Boom der sechziger und siebziger Jahre. »London ... hat ... aufgehört, Gegenstand des Neides zu sein«, 6 kommentierte die zeitgenössische Berliner Selbstdarstellung diesen Vorgang. In beiden Ländern war der Vorsprung dieser beiden Städte enorm, doch gab es in England während des gesamten Betrachtungszeitraumes weitere Ballungsräume mit mehreren Großstädten, die diese Bezeichnung verdienen. Für preußisch-deutsche Verhältnisse bedeutende Orte reihen sich ihrer absoluten Größe nach in England eher in die Gruppe der unbedeutenderen Mittelstädte ein. Tabelle III.2. zeigt dies im Überblick. Die großstädtischen Verbindungen markieren in beiden Ländern das Nervensystem des Handels und der industriellen Entwicklung. Die hier genannten Städte gehören - ebenfalls in beiden Ländern - zu den größten des Landes, doch fehlen in Deutschland durch die vorrangig preußische Betrachtung zwangsläufig einige Großstädte bzw. Residenzen süddeutscher Staaten. Allerdings sind die sechs größten Städte des Kaiserreichs mit Ausnahme Münchens in der regionalen Auswahl dieser Arbeit enthalten (Berlin, Hamburg, Breslau, Dresden, Köln, Leipzig). In England führt die regionale Auswahl dagegen dazu, daß eine Reihe großer Industriestädte nicht berücksichtigt wird, weil diese durch andere als die hier genannten Eisenbahngesellschaften erschlossen wurden. Dazu gehören Leeds und Sheffield sowie die im nationalen Rahmen sekundären Hafenstädte Newcastle und Hull. Andererseits deklassiert ein beispielhafter Blick auf die Vororte städtischer Zentren in England die deutschen Großstädte geradezu: das unmittelbare Umland Manchesters und Liverpools war äußerst dicht besiedelt und wurde jeweils von nahezu 100.000 Einwohnern bewohnt, 7 wobei Orte wie das in Tabelle III.2. angegebene Oldham, Bolton oder Salford in dieser Zahl nicht enthalten sind und - gerade im Vergleich zu Deutschland - selbst Anspruch auf den Rang einer Großstadt erheben können. Die Vororte Kölns dagegen waren noch 1846, also nach Eröffnung der großen Kölner Eisenbahnlinien, von nicht einmal 10.000 Menschen bewohnt, bis 1871 stieg ihre Bevölkerung allerdings auf fast 45.000. 8 Erkundet man eher das Potential an Verkehr, das zwischen städtischen Zentren liegende Regionen boten, die außerhalb vor- oder frühindustrieller 61 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle I I I . 2 . : Wichtige deutsche und englische Städte in den Eisenbahnregionen - Bevölkerungsentwicklung in Tausend Jahr
1800 1825 1832 1844 1846 1867 1871 1875
Hamburg Breslau
130
Leipzig Dresden
60
60
30 40
Magdeburg
Köln
Elberf./ Aachen Barmen
23
50 59 662 834 90 125 129 135
17/16
27
29/? 96
36 50
81/86
80
130 1
265
573 785
60 90 105 127
239
88
197
1 = 1830; 2 = 1831; 3 = 1842; 4 = 1843; 5 = 1854. Quellen: für 1800 und 1875: Kocka, Arbeitsverhältnisse, S. 58; für Köln: Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, Bd. 2, S. 167; für Leipzig: Kroker, S. 239, 2 6 8 ; für Elberfeld und Aachen: Bergengrün, S. 3 4 1 ; für Magdeburg: Baron v. Puttkammer, Spezialdirektor und technischer Geschäftsdirigent der BPH an Innenmin. Graf v. Arnim, vom 18.10.1842, GStA Merseburg, Rep. 77, Titel 258a, Nr. 30, Vol. I; Fleck, Eisenbahnen, S. 7 0 1 .
Jahr
Liverpool
Manchester
1831 1841 1851 1861 1871 1881
202 286 376 444 493 553
182 235 303 339 351 341
Oldham 32 43 53 72 83 111
Bolton Birming- Wolver- Bristol South- Ports ham ampton mouth. ham 42 51 61 70 83 105
144 183 233 296 344 401
25 36 50 61 68 76
104 124 137 154 183 207
19 28 35 47 54 60
50 53 72 95 114 128
Quelle: Mitchell, British Statistics, S. 26f.
Verdichtungsräume lagen, so schneidet Preußen im Vergleich wesentlich weniger ungünstig ab: Für die durch eine reine Agrarregion verlaufende LSW wurden zur Gründungszeit in einem Korridor von 10 Meilen beiderseits der Bahn (also insgesamt ca. 32 km Breite) 135.000 Einwohner gezählt. 9 Eine Überschlagsrechnung für die städtische Bevölkerung im Einzugsbereich einer Bahn von Berlin über Magdeburg nach Hamburg, die in der Projektphase der BHE diskutiert und so nicht realisiert wurde, ergab gut 160.000 Einwohner (ausschließlich der beiden Endpunkte, aber einschließlich Magdeburgs). 1 0 Läßt man hier die Einwohner Magdeburgs 62 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
außer acht, so waren allerdings nur noch gut 100.000 Bewohner zu verzeichnen, darunter mehr als 40.000 Einwohner der Residenz Potsdam. Das kleinstädtische und dörfliche Verkehrspotential war doch noch deutlich geringer als in England, berücksichtigt man, daß die genannte preußische Strecke mehr als doppelt so lang wie die englische ist. Bei der Vorbereitung der Rheintalbahn trat zutage, daß im Rheintal zwischen Köln und Mainz insgesamt etwa 316.000 Menschen auf beiden Ufern lebten (Köln und Mainz inbegriffen), davon 224.000 auf dem linken Rheinufer. Die Residenzen Bonn und Koblenz mochten zwar Reputierlichkeit beanspruchen können, in wirtschaftlicher Hinsicht boten ihre 15.000 bzw. 16.000 Einwohner jedoch keinen großen Anreiz zu teuren Investitionen. 11 Die Relationen zu gewerblich entwickelten oder an der Schwelle zur industriellen Entwicklung stehenden Regionen verdeutlichen die Kreise, deren Einwohnerschaft bei den Planungsuntersuchungen zur Vorbereitung der Rhein-Weser-Verbindung ermittelt wurde: Erschloß die schließlich realisierte nördliche Linie über Düsseldorf, Duisburg nach Dortmund in den Kreisen Düsseldorf-Duisburg und Bochum sowie Dortmund das Verkehrspotential von insgesamt 245.000 Seelen, so waren es in den bergischen Kreisen Solingen, Elberfeld-Lennep, Hagen, Iserlohn und Altena fast 376.000 Einwohner, denen die protoindustrielle Entwicklung und die ersten industriellen Fabriken eine »dichtgedrängte« Existenz ermöglichten - beide Regionen wohlgemerkt durchzogen von einer kaum 100 km langen Bahnlinie bis Dortmund. 12 Diese Relationen waren den Zeitgenossen bewußt. Der Vergleich zu England war, wie ich noch ausführlicher zeigen werde, allgegenwärtig. Wen wird es da wundern, wenn der später in Sachen Eisenbahnen energische und sehr aktive Magdeburger Oberbürgermeister Francke - nicht ohne Hintergedanken - 1835 leicht skeptisch schrieb: »Ich will keineswegs die Möglichkeit bestreiten, daß Eisenbahn-Unternehmungen sich nach und nach über mehrere Gegenden unseres Vaterlandes und Deutschlands (!) verbreiten können; jetzt gleich aber und auf einmal an so große Unternehmungen denken zu wollen, wie Herr List es tut, scheint durchaus nicht ratsam und verständig und nur durch das bekanntlich sehr exaltierte Wesen des p. List erklärlich zu sein.« 13
List hatte - gar nicht exaltiert - festgestellt: »Der innere Verkehr [in Deutschland, V T . ] ist zwar schon mehr entwickelt als der von Nordamerika, allein mit dem englischen nicht zu vergleichen.« 14 Unter dem Eindruck Listscher Nachhilfestunden in Sachen wirtschaftlicher Entwicklung und aus Furcht um die Handelsposition Magdeburgs hatte Francke seine Bedenken wegen der bescheidenen deutschen Verkehrssituation jedoch schon vorher hintangesetzt und kurz vor seiner Bewertung Lists befunden: »Da man 63 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
aber jetzt von auswärts von mehreren Seiten das Auge auf unsere Stadt richtet und da endlich doch die Meinung verlassen werden muß, als sei es in Deutschland noch nicht zeitgemäß und ausführbar, mit Eisenbahnanlagen vorzugehen, so möchte jetzt die Zeit unserer Mitwirkung gekommen und nichts zu verabsäumen sein, was uns vor Schaden bewahren kann.« 15 Wie extrem der Eisenbahnbau die Verkehrslandschaft veränderte, dokumentierte Fleck mit dem Vergleich, daß in den ersten 5 Jahren des Bestehens der ΒΡΕ ebensoviele Personen befördert wurden, wie in den vorangegangenen 50 Jahren zwischen Berlin und Potsdam gereist wären. 16 In diesen fünf Jahren hatte die ΒΡΕ zwischen 584.000 und 450.000 Personen allein zwischen Berlin und Potsdam befördert, den Verkehr der Zwischenstationen nicht eingerechnet. 17 Die abnehmende Tendenz erklärt sich aus dem schwindenden Sensationseffekt des neuen Verkehrsmittels und der Eröffnung der BAE. Der Postverkehr von Düsseldorf, an dritter Stelle in »der Monarchie« stehend, sah Anfang der vierziger Jahre, als die KME vorbereitet wurde, 174.000 Passagiere im Jahre ankommen und abfahren. 18 Zwischen Leipzig und Dresden schätzte man den Personenverkehr auf knapp 45.000 Personen pro Jahr, die sich, sei es per Kutsche, sei es per pedes, auf den Weg machten. 19 Dieser Verkehrsstrom bewegte sich zwischen einer relativ bedeutenden Residenz und einem Handelszentrum des deutschen Binnenlandes! 124.000 Fahrgäste legten die Initiatoren der BFE ihrer Ertragsrechnung zugrunde, als sie den Verkehr zwischen Berlin und der relativ vielbesuchten Messestadt Frankfurt/Oder schätzten. 20 Entsprechende englische Details liegen mir nicht vor, doch mögen die Einwohnerzahlen der Großstädte ein Indiz sein, das im Lichte der Reisezeiten die begründete Erwartung rechtfertigt, daß in England die Zahlen der Reisenden auf einem gut ausgebauten Netz von »turnpikes« - also kostenpflichtigen Privatstraßen - deutlich höher gewesen sein müssen als in Preußen: Brauchte ein deutscher Benutzer der Schnellposten vor dem Eisenbahnbau 35 Stunden von Halle nach Frankfurt am Main (343 km), so erreichte sein englischer Zeitgenosse von London aus mit einer nur wenig längeren Reisezeit von 42 Stunden und 33 Minuten (!) Edinburgh ( 6 3 0 km). 2 1 Bevölkerungszahlen und anschließende Betrachtungen zeigen einen deutlich variierenden Urbanisierungsgrad. Innerhalb Englands stehen die Regionen des Südens und Südwestens am unteren Ende der Skala. In der Vergleichsperspektive befindet sich Preußen eher auf dem Niveau dieser Regionen. Preußische Städte entsprachen eher den Größenordnungen Bristols oder Portsmouths als dem singulären London oder Lancashire. Preußische Eisenbahnen verbanden zwar Zentren, mußten aber mit einem recht dünn besiedelten Hinterland rechnen, das erst erschlossen und auf 64 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
den Wachstumspfad der Industrialisierung geführt werden mußte. Wie gut dies gelang und welche Chancen für guten Ertrag auch für preußische Eisenbahnen bestanden, kann eine kurze Betrachtung des Güterverkehrspotentials besser zeigen. Die beiden großen englischen Eisenbahnsysteme, die London and North Western und die Great Western, gingen jeweils von einem Seehafen aus. Sie verbanden die beiden wichtigsten englischen Häfen mit London. Die Kaufleute Liverpools blieben zwar noch weit ins 19. Jahrhundert hinein für die Finanzierung ihrer Exporte auf die Refinanzierung der City angewiesen, und London bezahlte die von ausländischen Kunden ausgestellten Wechsel für die Lieferung britischer Exportgüter, 22 doch hatte Liverpool bereits 1795 die Führungsposition der britischen Häfen beim Import von Baumwolle errungen, 23 war zum überragenden Handelszentrum für die Textilindustrie Lancashires und Yorkshires geworden. Bristol dagegen spezialisierte sich auf den Zuckerimport und die verarbeitenden Lebensmittelindustrien. Glasgow schließlich nahm in der Arbeitsteilung der großen Häfen das Tabakgeschäft wahr. 24 Schon vor dem Beginn der Eisenbahnära hatte sich der Import von Rohbaumwolle via Liverpool in den Jahren 1 8 0 0 - 1 8 2 3 versechsfacht, ebenso war der Import von Weizen bzw. Weizenmehl aus Irland auf das Neunfache und der von Hafer auf das Vierfache gestiegen. 25 1810 kamen bereits 45.000 t Rohbaumwolle auf dem Weg über Liverpool ins Land. 26 In den Folgejahren stieg der britische Import von Rohbaumwolle steil an (Tabelle III.3.). Tabelle III.3.: Britische Baumwollimporte in Tonnen 1820 1825 1830 1835 1840
54.000 76-000 113.000 144.000 208.000
t t t t t
1845 1850 1855 1860 1866
276.000 267.000 405.000 457.000 400.000
t t t t t
Quelle: Mitchell, B.R. u. P. Deane, Abstract of British Historical Statistics, Cambridge 1 9 7 1 , S. 179. Abweichungen vom Fünfjahresabstand der ausgewählten Angaben erklären sich durch die Rücksicht auf Konjunkturzyklen bzw. den amerikanischen Bürgerkrieg. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden jeweils zyklische Spitzen angegeben, nach dem Bürgerkrieg das Jahr 1866, als sich der Baumwollhandel bereits teilweise wieder erholt hatte.
Diese Baumwolle fand den Weg in die Spinnereien Lancashires weitgehend über den Hafen von Liverpool, wie die Zahlen von 1810 für Liverpool und 1820 für ganz Großbritannien zeigen. Von der Entwicklung dieses Füh65 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
rungssektors der englischen Industrialisierung und den Folgen für Urbanisierung, Bevölkerungsdichte und Lebensmittelimporte zur Versorgung der Bevölkerung profitierten die Eisenbahngründungen des Nordwestens und ihre spätere Konzerngesellschaft LNW ganz enorm. Entsprechende Zahlenreihen für die bevorzugten Handelsgüter Bristols liegen leider nicht vor, doch wird die Betrachtung der Geschäftsentwicklung der Eisenbahngesellschaften zeigen, daß ein deutlicher Abstand zum Handelsvolumen Liverpools bestand. Southampton schließlich konnte in der Gründungszeit der LSW im Wettbewerb der großen Häfen gar nicht in Erscheinung treten, wurde doch das erste Dock des Hafens nach der Gründung einer Hafengesellschaft 1836 erst 1842, also kurz nach der Eisenbahn, eröffnet.27 Der vergleichende Blick auf preußische Verhältnisse enthüllt eine geradezu enorme Differenz der Maßstäbe: Es handelt sich für viele Handelsgüter und die Einschätzung des Transportvolumens um einen Vergleich zwischen Tonnen und Zentnern. Zu Wasser und zu Lande erreichten noch 1854 nicht einmal ganz 15.000 t Rohbaumwolle Berlin. 28 Diese Zahl wäre jedoch unvollständig, berücksichtigte man nicht die zusätzlich angelieferten 11.700 t Baumwollgarn, die vermutlich zu einem beachtlichen Anteil aus England stammten, denn der Selbstversorgungsgrad der Textilindustrie mit Garn lag 1854 bei etwa 4 7 %.29 Nimmt man die Produktion der Baumwollspinnerei im Deutschen Bund - gerade 30.300 t im Jahre 1854 als Indikator für das anfallende Transportvolumen, wird schnell deutlich, daß die obengenannte Menge zwar den allergrößten Teil der deutschen Baumwollproduktion ausmachte, dieser Industriezweig jedoch im Gegensatz zu England, wo es auf die schnelle und zuverlässige Verbindung zwischen Häfen und Spinnereien sowie Webereien ankam, um die Lagerkosten niedrig zu halten, in Preußen kein großes Verkehrsaufkommen für die Eisenbahnen bieten konnte. Die genannten Zahlen unterstreichen zwar, daß der Hafen Hamburg für die Verkehrssituation Berlins von großer Bedeutung war, 30 denn er erschloß den englischen Markt für Berlin, jedoch nicht entfernt den Dimensionen Liverpools im Bezug auf das Industriegebiet Lancashires und Yorkshires vergleichbar. Noch weniger relevant waren Handels- und Transportvolumen von Baumwolle für die Kölner Situation: Ist es doch bezeichnend, daß die einschlägige Produktionsstatistik gar Angaben in Pfund macht! 31 Aber auch das gesamte Handelsvolumen dieses Rohstoffs überschritt kaum die 5.000 t in den Spitzenjahren. Diese Nachfrage nach Transportleistung bot jedenfalls keine Grundlage für die Existenz einer Eisenbahn. Mit Ausnahme Hamburgs spielten für die in dieser Arbeit betrachteten Eisenbahnregionen in Deutschland die Hafenstädte eine relativ geringe Rolle. Eine präzisere Einschätzung des Transportvolumens, auf das neu entstehende Eisenbahnen sich stützen konnten, erlaubt daher nur ein 66 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle IIΙΑ.: Transportleistung der Binnenschiffahrt in Mio. Tonnen kilometern Jahr
1840 1845 1850 1855 1860 1865 1867 1868 1869 1870 1873 1880
Deutscher Bund 750 850 900 1.200 1.350 1.550 1.700 1.750 1.800 1.650 2.199 3.124
daw Rhein
Relativ
216 240 324 457 592 777 894 1
28,8 28,2 36,0 38,1 43,9 50,1 52,6
9962 915 1.154
60,4 41,6 36,9
Weser
Elbe
Oder
25 20
532 1.049
133 211
Märk. 1
355 466
1 Wert für das Jahr 1866. 2 Wert für das Jahr 1872. Quellen: Hoffmann, Wachstum, S. 4 0 3 ; Fischer, Arbeitsbuch, S. 8 1 .
ergänzender Blick auf die Bedeutung der Binnenschiffahrt (vgl. Tabelle III.4.). Da vergleichbare nationale Statistiken des englischen Kanalverkehrs nicht existieren, können die Zahlen nur mit Transportvolumina einzelner Güter bzw. Verkehrswege verglichen werden. 32 Die aufschlußreichste VergleichsPerspektive bietet sicherlich der Londoner Kohlenverkehr (Tabelle IIL5.), dessen Aufkommen in Zeitreihen für Bahn und Seeweg zur Verfügung steht. Fragt man hypothetisch, welche Entfernung die Londoner Kohlezufuhrmenge hätte zurücklegen müssen, um das Verkehrsvolumen der gesamten deutschen Binnenschiffahrt zu erreichen, so ergeben sich die in der letzten Spalte von Tabelle III.5. errechneten Transportweiten. Diese Entfernungen sind durchaus realistisch für die Wege von den englischen Bergbaugebieten nach London. Da ein enorm großer Anteil der Londoner Kohlenlieferungen aus den Kohlegruben des englischen Nordostens kam, entsprechen die hypothetisch errechneten Transportweiten recht gut der geografischen Entfernung, insbesondere für die Zeit bis 1860, in der die Kohlelieferungen per Schiff das Gros des Londoner Verbrauchs ausmachten. Diese Überlegung läßt also den Schluß zu, daß allein der Kohleverkehr 67 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle IIΙ.5.: Londoner Kohlezuruhr in 1000 Tonnen Jahr
Seeweg
1840 1845 1850 1855 1860 1865 1870 1879
2.567 3.403 3.553 3.017 3.573 3.162 2.994 3.509
Bahn
in%
Insgesamt
Rel.in km
0 8 55 1.138 1.478 2.733 3758 6.547
0,0 0,2 1,5 27,4 29,3 46,4 55,7 65,1
2.567 3.411 3.608 4.155 5.051 5.895 6.752 10.056
292 249 249 289 267 263 244 311
Erläuterung: Spalte »Rel. in km« = Relation in km. Dividiert man das deutsche Binnenverkehrsaufkommen (Tabelle III.4.) durch die Londoner Kohlezufuhr, so erhält man eine durchschnittliche Transportweite, die die Londoner Kohlen zurückgelegt haben müßten, hätte sich das gesamte deutsche Binnenverkehrsvolumen ergeben sollen. Quelle: Mitchell, British Statistics, S. 2 4 5 , für die Relation vgl. Tabelle III.4.
zur Versorgung Londons mindestens bis 1860 nahe an das gesamte deutsche Binnenschiffahrtsvolumen herankam. Erst danach nahm die Transportweite der zunehmend per Bahn angelieferten Kohlen in London ab, so daß jetzt das zugleich steigende Transportvolumen der deutschen Schiffahrt höher war als der Londoner Kohleverkehr Eine andere Vergleichsperspektive erlauben die überlieferten Transportmengen, die auf dem Bridgewater Canal zwischen Liverpool und Manchester bewegt wurden (Tabelle III.6.). In Anbetracht der etwa 50 km Entfernung zwischen Manchester und Liverpool mag sich für diesen Kanal alleine eine Transportleistung von 5 0 - 1 0 0 Mio. tkm pro Jahr ( 1 8 4 0 - 1 8 8 5 ) ergeben. Dem entspräche für das Ende des Vergleichszeitraums das halbe Volumen der Oderschiffahrt oder das Fünffache der gesamten Weserschiffahrt.33 Die Verkehrsdichte auf englischen Kanälen war also sehr hoch, und die von Mathias angegebene Netzgröße von ungefähr 3.500 km für Kanäle und weitere 3200 km für schiffbare Flüsse für das Jahr 1815 3 4 läßt erwarten, daß vor allem im Kohleverkehr eine enorme Transportleistung durch die englischen Kanäle erbracht wurde. Mathias betont zugleich, daß der Kohleverkehr eine Voraussetzung der profitablen Existenz eines Kanalunternehmens war, denn in England waren auch Kanäle als private Aktiengesellschaften organisiert. 35 Jenseits dieser groben Indizien zur internationalen Relation des Transportvolumens interesssiert vor allem die Relation von Schiffs- und Bahnverkehr mit zunehmender Entwicklung der Eisenbahnen. 68 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle III.6.: Güterverkehr auf dem Bridgewater Canal in Tonnen 1840 1845 1850 1855 1860 1885
1.015.571 1.391.136 1.460.572 1.573.110 1.978.423 2.000.000
Quelle: Mather, Appendix B, S. 362.
Mitchell zeigt für den Londoner Kohlenverkehr, daß die Menge der per Bahn angelieferten Kohlen erstmals 1867 größer war als die, die per Küstenschiff London erreichte. 36 Im gesamten Berliner Güterverkehr dominierte der Wassertransport ebenfalls recht lange, im Jahre 1868 überflügelte der Bahntransport den Schiffsverkehr offenbar erstmals um ein Geringes, bis 1880 erreichte der Bahngüterverkehr einen Marktanteil von 61 %, um anschließend wieder auf ein ungefähr paritätisches Verhältnis der beiden Verkehrsmittel zurückzugehen. Daran änderte sich bis in die neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts wenig. 37 Dies geht insbesondere auf die nach Berlin angelieferten Güter zurück, die ein Vielfaches der abgehenden Transporte betrugen. Bei diesen Gütern lagen ab 1868 Schiff und Bahn fast gleichauf. Die Anlieferung von Stein- und Braunkohlen erfolgte allerdings in Berlin ganz im Gegensatz zu London zu über 75 % auf der Bahn ( 1 8 7 0 ) , seit in den fünfziger Jahren Oberschlesische Kohle für den Berliner Markt erschlossen worden war, die hohen Anteile englischer Lieferungen verdrängt hatte und so der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn ein enormes Kohleverkehrsaufkommen bescherte. Schlesische Kohle dominierte 1870 den Berliner Markt (Marktanteil 63 % ) , der noch immer per Schiff angelieferte Anteil bestand im wesentlichen aus dem verbliebenen Absatz englischer Kohle (Marktanteil 15 % ) . 3 8 In Köln übertraf die Anlieferung von Steinkohlen per Bahn schon 1851 die Schiffsfrachten, kurz darauf wurde auch der Gesamt-Güterumschlag mehrheitlich von der Bahn bestritten. Dabei stagnierte der Kölner Hafenumschlag in der Größenordnung von 2 0 0 . 0 0 0 - 3 0 0 . 0 0 0 t pro Jahr, das Güterverkehrsaufkommen der Eisenbahnen entwickelte sich dagegen schnell auf ein Vielfaches und erreichte noch vor 1870 mehr als 1,5 Mio. t pro Jahr.39 Im Deutschen Bund insgesamt bewegten Eisenbahnzüge bereits 1855 mehr Güter als Binnenschiffe, bis 1870 hatte sich der Bahnverkehr derart 69 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
entwickelt, daß mehr als das Dreifache der Schiffsfracht auf Bahngleisen rollte, bis 1880 stieg die Relation fast auf das Viereinhalbfache. 40 Diese Veränderungen gingen - in Deutschland viel ausgeprägter als in England, aber auf niedrigerem absolutem Niveau - mit der enormen Steigerung der Steinkohleproduktion und des Kohleverbrauchs im Zuge der Industriellen Revolution einher (Tabelle III.7.). Auch wenn die Kohleproduktion Deutschlands im gesamten Betrachtungszeitraum deutlich unter der Englands lag, fällt doch das hier ebenso beobachtbare enorme Wachstum mit der Erschließung Oberschlesiens und des Ruhrgebiets zusammen. Im Gegensatz zum größten englischen Kohlerevier, dem Nordosten um Newcastle, wurde der Absatz der deutschen Reviere weitgehend auf der Bahn verfrachtet. Tabelle III.7. stellt einen Überblick über die Produktion der beiden Länder und ihrer größten Reviere dar. Von den großen englischen Kohlerevieren erschloß die London and North Western Railway einen sehr hohen Anteil. Durchweg mehr als 40 % der Kohleproduktion in den Revieren Lancashires, Yorkshires und der Midlands gehörten zum Einzugsbereich dieser größten englischen Eisenbahngesellschaft. Die Great Western mußte sich dagegen unter beträchtlichen Opfern erst den Anschlußverkehr nach Südwales und Marktanteile in den westlichen Midlands erschließen, ehe eines der großen Kohlereviere in ihr Netz integriert war. Eine Expansionsstrategie in die Regionen der Midlands und Cheshires zwang die GWR zu harten Konkurrenzkämpfen mit der LNW, die ihr territoriales Monopol vor allem für den Zugang zum Londoner Markt nicht kampflos preisgab. Ursprünglich lag der Schwerpunkt des Güterverkehrs der GWR jedoch auf den Agrargütern, transportierte sie doch noch 1866 mit 66.000 Gallons täglich (zu je 4,54 Liter) die doppelte Menge Frischmilch wie die LNW. 41 Fast gänzlich ohne Kohleverkehr, der im eigenen Netzbereich seinen Ursprung hatte, operierte die LSW. Erst die Entstehung eines nationalen Netzes und Marktes ließ sie am Kohlenverkehr partizipieren, der jedoch vor allem der Versorgung der Bevölkerung in den befahrenen Regionen diente und nicht dem Abtransport von den Bergwerken. Wie Tabelle III.5. gezeigt hat, begann ein nennenswerter Kohleverkehr per Bahn zur Belieferung Londons erst in den fünfziger Jahren. Aus völlig anderen Gründen war dies auch in Berlin so. Während in England erst die Fusionswelle großer Eisenbahnen in den vierziger Jahren zu großen, regional operierenden Eisenbahngesellschaften mit großen durchgehenden Strecken und entsprechenden Tarifen fuhren mußte, konnte in Preußen ein entsprechender Kohleverkehr per Bahn überhaupt erst entstehen, nachdem die beiden großen Reviere an der Ruhr und in Oberschlesien erschlossen und zunehmend ausgebaut worden waren. 42 Allerdings verfugte auch das deutsche Eisenbahnnetz frühestens Ende der vierziger Jahre über die 70 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle
III.7.
Steinkohlenproduktion in England und Deutschland in Mio. Tonnen, 1 Fünfjahresdurchschnitte
Jahr
UK
North East
1830-4 1835-9 1840-4 1845-9 1850-4 1855-9 1860-4 1865-9 1870-4 1875-9
32,0 37,8 44,7 55,9 68,4 80,0 92,5 106,4 123,3 133,6
7,1 8,4 10,0 12,0 15,2 17,4 20,9 25,8 35,2 31,0
Jahr
1830 1835 1840 1845 1850 1855 1860 1865 1870 1875 1880 1 2 3 4
PreuDt. Bund ßen
2,0
5,5 9,6 12,9 21,8 26,5
1,6 1,9 2,8 4,0 4,6 8,1 10,7 18,6 23,3 33,4 42,2
Lanc./ Yorks. Chesh.
4,2 4,9 6,0 7,5 9,6 11,2 12,8 13,7 15,8 18,6
Ruhr 2
0,7 0,9 1,2 1,5 2,0 3,3 4,4 8,6 11,8 17,0 22,5
3,0 3,5 4,4 5,4 6,7 8,5 9,2 9,9 13,6 15,7
Saar
0,2 0,2 0,4 0,7 0,6 1,6 2,0 2,9 2,8 4,6 5,3
East Midlands
West Midlands
South Wales
1,8 2,0 2,4 2,9 3,4 4,4 6,0 7,2 9,7 12,1
5,9 6,9 7,8 9,2 10,9 11,5 13,0 15,2 16,8 15,6
4,8 6,0 7,1 8,7 10,6 13,2 14,3 15,1 16,5 16,7
Andere
5,2 6,1 7,1 9,0 11,9 13,7 16,9 19,5 21,6 24,0
Rest Sachsen (Schlesien) 0,7 0,8 1,2 1,8 2,0 3,2 4,3 7,1 8,7 11,8 14,4
0,13 0,3 4 0,4 0,6 1,0 1,5 2,4 2,6
für UK in (long)tons = 1016,05 kg,fürDeutschland in metr. Tonnen. Oberbergamtsbezirk Dortmund. Wertfür1834. Wertfür1 8 4 1 .
Quellen: England: Church, Coal Industry, Bd. III, S. 2 , Table 1.1. Es wurden Church's revidierte Zahlen benutzt, die, wie er zeigt, gegenüber bisherigen Zahlenreihen v.a. bei Mitchell, Economic Development, S. 3, 7 nach oben korrigiert werden mußten; für Deutschland: Fischer, Arbeitsbuch, S. 6 f ; Holtfrerich, S. 16f., Tabelle 1; Kiesewetter, S. 5 5 7 .
71 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
durchgehenden Linien, die eine Voraussetzung eines hochentwickelten Kohleverkehrs waren. Erst dann gelang die Zurückdrängung der englischen Kohle vom Berliner Markt. Unverkennbar profitierte die LNW in England in einem extrem hohen Maße von der Industrialisierung, die sich in ihrem Einzugsbereich bereits in vollem Gange befand und den größten Hafen Liverpool, die Baumwollindustrie und einen hohen Marktanteil des Kohlebergbaus einbezog. Die LNW erschloß somit den »workshop of the world« par excellence. GWR und LSW waren im Vergleich schon sehr viel mehr auf die Erschließung von Verkehr angewiesen, der erst mit der Existenz der Eisenbahn ins Leben treten konnte, profitierten erst später und in geringerem Maße vom Kohlenverkehr und erschlossen weniger dicht besiedelte Räume und eine deutlich agrarischer strukturierte Region. Zusammenfassend lassen sich folgende prägende Eigenarten und Unterschiede erkennen: Im Vergleich zu Deutschland oder auch nur Preußen werden für alle englischen Eisenbahnen signifikante Differenzen sowohl in der Bevölkerungsdichte des Einzugsbereichs als auch im potentiellen Güterverkehrsaufkommen deutlich. In einer zeitlichen Perspektive zeigt sich, daß die Verkehrschancen preußischer Eisenbahnen bei ihrer Gründung eher bescheiden waren und mehr als irgendwo in England von erst noch einsetzenden und entstehenden Wachstumseffekten abhingen. Im Vergleich war der Verkehr, den deutsche Eisenbahnen in ihren ersten Jahren bewältigten, noch von geradezu vorindustrieller Dimension und wuchs erst parallel mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes in die Größenordnungen der Industriellen Revolution und der anhaltenden Industrialisierung hinein. Größte Chancen ergaben sich dabei für die drei großen Bahnen der Rheinprovinz, die das Ruhrgebiet erschlossen und schnell zu den größten preußischen Eisenbahnkonzernen wurden, sowie für die NME, die Schlesien mit dem rapide wachsenden Berlin verband und vor allem in den fünfziger Jahren von einem geradezu explodierenden Kohlenverkehr profitierte - dann allerdings bereits in staatlicher Verwaltung. 43 Doch zeigte sich, daß die Eisenbahnen in beiden Ländern relativ zu anderen Verkehrsmitteln fast gleichzeitig den Vorrang erkämpften und so die Binnenentwicklung in Preußen erstaunlich parallel zu England, wenn auch auf niedrigerem Niveau, verlief. Wie schon die Zeitgenossen angesichts dieser für deutsche Eisenbahnunternehmer eher entmutigenden Situation feststellten, lagen die Chancen deutscher Eisenbahnen in den dank des niedrigeren Preis- und vor allem Lohnniveaus auch sehr viel niedrigeren Baukosten, als sie englische Bahnen aufbringen mußten. So bestanden durchaus begründete Erfolgschancen, für einige Bahnen ließen sich sogar hervorragende Erträge erwarten. 72 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
2. Motive des Eisenbahnbaus Als die ersten Eisenbahnen gebaut werden sollten, stellte das in den Augen der allermeisten Zeitgenossen noch immer eine unerhörte Kühnheit dar. Das galt für England, aber mehr noch für das rückständige Preußen. Dort konstatierte Staatsminister Rother in seiner Denkschrift »Über die Pläne zur Anlegung von Eisenbahnen im Allgemeinen und im Interesse der preußischen Monarchie« 1835: »Hiernach dürfte anzunehmen sein, daß der Kontinent eine Eisenbahnanlage von größerem Umfange, die als Handelsstraße dient und als ein gelungenes, einem gefühlten Bedürfnis abhelfendes Werk betrachtet werden könne, noch nicht aufzuweisen hat.« 44 So sprach der selbstsichere Initiator vehementer Straßenbauaktivitäten, der angesichts des bestehenden Verkehrsaufkommens und der bisherigen Transportkosten den Eisenbahnbau nicht für vordringlich hielt. 45 Er zog das Fazit, »daß seines Dafürhaltens die Staatsverwaltung jetzt noch keine Veranlassung habe, Eisenbahnen, welche als Handelsstraßen dienen sollen, auf eigene Kosten anzulegen, durch Beteiligung mit verhältnismäßig ansehnlichen Summen zu unterstützen oder ihnen andere namhafte Opfer zu bringen und Vorrechte einzuräumen«. 46 Doch war Rother in seinen Ansichten nicht zögerlicher als seine bürgerlichen Zeitgenossen, die sich - abgesehen von wenigen Protagonisten wie Harkort oder List - nur langsam mit der Idee der Eisenbahnen anfreundeten. Magdeburgs Oberbürgermeister Francke zieh List des schon zitierten »exaltierten Wesens« angesichts der Listschen Konzeption eines deutschen Eisenbahnsystems, entdeckte aber schnell die Wettbewerbsvorteile des neuen Verkehrsmittels. 47 Seine Initiative - zusammen mit der Magdeburger Kaufmannschaft - trug Früchte und führte zum schnellen Bau der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn. Den Krieg im Blätterwald, die Rede und Gegenrede in Pamphleten wollten auch die Kölner Kaufleute lieber heute als morgen beendet wissen. Im Streit um den Verlauf der Rheinischen Eisenbahn mahnten sie: »England, Frankreich, Belgien, Österreich, Bayern, Sachsen besitzen Eisenbahnen, vollendet oder der Vollendung nahe. In Preußen hat sich die Unternehmungslust kund gegeben, begonnen ist keine.« 48 Eisenbahnunternehmer mußten sich selbst ebenso wie eine skeptische Öffentlichkeit von Nutzen und Wirkung der Eisenbahnen erst noch überzeugen. Mit welchen Motiven, welchen Mitteln und in welcher Perspektive sie das taten, soll in diesem Kapitel untersucht werden. Die Initiatoren beriefen sich auf eine Vielzahl triftiger Motive, die auf die Straße des Fortschritts wiesen: Beim Vereinigten Landtag, der 1842 über die staatliche Unterstützung von großen neuen Linienbauten beriet, wurde 73 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
festgestellt, »daß, wer mit der Zeit nicht fortschreiten wolle, von ihr erfaßt, niedergeworfen und gestraft werde«. 49 Hinter dieser Zeitallegorie stand nichts so sehr wie Konkurrenzängste und Unterlegenheitsbefürchtungen in internationaler Perspektive50. Welches waren also diese Motive, die das Handeln der Eisenbahnunternehmer leiteten, wenn sie »das Publikum von dem ganzen Unternehmen und seinen Motiven in möglichst genaue Kenntnis zu setzen und zu Teilnahme an dem Unternehmen aufzufordern« 51 hatten? Drei Argumentationslinien bildeten die Hauptmotive für den Bau von Eisenbahnen: Erstens strebte das zeitgenössische Bürgertum Fortschritt in allen seinen Schattierungen an, sei es in wirtschaftlicher, politischer oder kultureller Hinsicht. Zweitens reagierten vornehmlich die Bürger in Handelszentren auf einen steigenden Transportbedarf, eine Nachfrage nach Transportmitteln, die teilweise bereits größer war als das entsprechende Angebot bzw. die sich Engpaßsituationen gegenübersah. Drittens konnten sich viele Zeitgenossen durch den Eisenbahnbau enorme Entwicklungsperspektiven ihrer Stadt, ihrer Region, ihrer Handelsbeziehungen oder gar der Nation vorstellen, die sie in der Regel relativ zu Konkurrenten wahrnahmen. Es ging entweder um das Aufschließen zu fortgeschritteneren Konkurrenten oder um die Wahrung als gefährdet eingestufter Positionen. Die Blicke solcherart besorgter Zeitgenossen richteten sich vornehmlich nach England, von wo das Licht modellhafter Neuerungen besonders hell herüberzuleuchten schien. Die in dieser Arbeit gewählte Vergleichsperspektive zwischen den beiden Ländern wird damit immer auch zum Testfall zeitgenössischer Wahrnehmung von Unterentwicklung. Generell jedoch spielte in der Vergleichsperspektive relativer Entwicklung, gesehen durch das Auge zeitgenössischer Preußen, das Ausland eine wichtige Rolle, sei es dank des traditionellen und in der Rheinprovinz strukturell begründeten Blicks über den Rhein, dank der Wahrnehmung des 1830 neu auf der Landkarte erschienen belgischen Staates, oder einfach nur dank Naglers Befürchtung, die preußische Post könnte durchweg in sächsische Hände geraten. 52 Die drei Leitmotive des Eisenbahnbaus unterscheiden sich qualitativ in einer wichtigen Hinsicht: Während bürgerliches Fortschrittsbemühen dem Bau von Eisenbahnen als solchem galt, richteten sich die beiden anderen Aspekte auf bestimmte Projekte, auf jeweils ganz spezielle Bahnlinien bzw. Unternehmen. Konkrete Projekte konnten demzufolge eher aus der markt- und nachfrageorientierten Perspektive oder mehr aus dem Bemühen um induzierte, zukünftige Entwicklung heraus gesehen werden. Auf 74 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
diese Unterscheidung werde ich in späteren Kapiteln vor allem dort zurückkommen, wo von unternehmerischen Entscheidungen und ihrem Erfolg die Rede ist. Dieser Erfolg stellte zugleich den Prüfstein für die Motive der Unternehmer dar. Das eingangs dieses Kapitels gewählte Argumentationsmuster verweist in nuce bereits auf die Ambivalenz des Fortschritts: 53 Skeptische Zeitgenossen äußerten ihre Befürchtungen zu den gesellschaftlichen Wirkungen der Eisenbahnen unverblümt, wenn auch häufig durchsetzt mit völlig irrigen Vorstellungen von deren Funktionieren. Den Befürwortern der Bahnen erlegte dies einen beträchtlichen Legitimationszwang auf, wenn der bereits eingangs zitierte Zeitungsschreiber bekannte: »I foresee what the effect will be - it will set all the world a-gadding. Twenty miles an hour! Why, you will not be able to keep an apprentice boy at work; every Saturday evening he must make a trip to spend the Sabbath with his sweatheart. Grave plodding citizens will be flying about like comets. All local attractions will be at an end. It will encourage flightiness of intellect. Veracious people will turn into the most immeasurable liars; all their conceptions will be exaggerated by their magnificent notions of distance. And then, there will be barrels of pork, and cargoes of flour, and chaldrons of coals, and even lead and whiskey, and such like sober things, that have always been used to sober travelling, whisking along like a set of sky rockets! It will upset the gravity of the nation! Think of flying for debt; a set of bailiffs mounted on bombshells would not overtake an absconded debtor, only give him a fair start. Give me the old, solemn, straightforward, regular Dutch Canal, three miles an hour for expresses, and two for jog and trot journeys, with a yoke of oxen for a heavy load. I go for beasts of burthen, it is more primitive and scriptural, and suits a moral and religious people better. None of your hop-skip and jump whimsies for me.«54 Befürchtung und Hoffnung trafen sich: Was einem traditionsbewußten Engländer Grund zur Sorge zu sein schien, galt deutschen Bürgern als das »größte Kulturmittel«. 55 Beiden war klar, daß der Bau von Eisenbahnen das gesellschaftliche Leben beschleunigen würde. Die Rollen von Skeptikern und Befürwortern waren jedoch nicht etwa national verteilt. Mit dem »Kulturmittel« verbanden sich vielfältige Perspektiven: Kultur in ihrem weitesten Sinne von Landeskultur. Darunter verstand man zunächst wirtschaftliches Wachstum, geradezu klassisch formuliert von Friedrich List in einer Form, die eine dynamische Wachstumstheorie genannt zu werden verdiente. Am bildhaftesten zugespitzt wurde das Argument von List selbst: »Jedem Familienvater in unserer Stadt wird die Freude zuteil werden, zwei Kinder etablieren zu können, wo jetzt nur eins sein Unterkommen findet.« 56 List sah nicht nur richtig voraus, wie es für viele seiner Zeitgenossen im Mittelpunkt ihrer Überlegungen stand, daß der Verkehr enorm beschleunigt und die Transportkosten deutlich gesenkt würden, sondern er rückte 75 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
die Konsequenzen dieser Faktoren in den Mittelpunkt seines Denkens. 57 Für ihn war sofort klar, daß diese Technologie Systemwirkung haben würde (und müßte): Ein solches »Nationaltransportsystem« würde kein Nullsummenspiel durch die Verlagerung schon existierender Transporte darstellen, sondern die Produktivität der Volkswirtschaft enorm erhöhen. 58 Die Marktbildung würde voranschreiten und weit über die bisher vorstellbaren, meist engen regionalen Grenzen hinaus wirksam werden. Die generelle Durchsetzung großräumiger, mindestens nationaler Märkte, eröffnete völlig neue Chancen ökonomischer Arbeitsteilung. Die Mobilität von Kapital und Menschen - vor allem am Arbeitsmarkt - nähme zu, die Kommunikation sowohl von Menschen selbst als auch mit Hilfe von Medien, die die Bahn billig befördern könnte, erreichte neue Dimensionen, es entstünde weit mehr als bisher eine ausgeprägte Öffentlichkeit. In dieser Perspektive erscheinen die Eisenbahnen geradezu als physische Inkarnation des liberalen Programms. 59 Eisenbahngründer argumentierten mit den Schlüsselbegriffen liberaler Vorstellungen gesellschaftlichen Wandels; Bildung, Produktivität, Mobilität, Nation. »Der Glaube an den Fortschritt des Menschengeschlechts, der dem Programm seine Dynamik verlieh, manifestierte sich im ideellen Bereich als Vertrauen auf die Erziehbarkeit des Menschen, im materiellen Bereich als Vertrauen auf wirtschaftliches Wachstum.« 60 Zu beidem sollten die Eisenbahnen verhelfen. Der Bezug zur Nation als »kardinalem Thema« 6 1 der liberalen Bewegung drängte sich geradezu auf. Langstreckentransport und Marktausgleich ermöglichten wirtschaftliches Wachstum, welches seinerseits zu dem beitrüge, was die Geschichtswissenschaft innere Staatsbildung zu nennen sich angewöhnt hat.62 Zudem gewänne der Staat dank gesteigerter Wirtschaftskraft an äußerem Gewicht. Für Preußen konnte man sich von diesem Prozeß insbesondere eine Integration der abgetrennten westlichen Provinzen sowie eine insgesamt verbesserte Ost-West-Kommunikation in dieser Hauptausdehnungsrichtung des Landes versprechen, die der vorindustrielle Wasser- und Landverkehr nicht zu leisten imstande war. Insoweit konnte ein Projekt wie die RheinWeser-Eisenbahn (später als Köln-Mindener Eisenbahn gebaut) rasch zum »patriotischen Unternehmen« avancieren. 63 Zollverein und Eisenbahnnetz schienen List »siamesische Zwillinge«, wie auch die Kölner Kaufmannschaft und insbesondere Gustav Mevissen den Zollverein entsprechend würdigten. 64 Die Kehrseite der Medaille - die »\veise[n] Staatsregierungen« 65 weniger wünschenswert erschienen sein mag - war ein erwartbarer Gewinn an Bildung und Informiertheit der Bevölkerung, eine Erweiterung des Horizonts, in dem zu denken die Zeitgenossen gewöhnt waren. Die Eisenbahn als Mittel nationaler Einigung mochte vorstellbar sein, 66 in dieser Perspek76 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
tive muß sie zugleich immer als demokratisierend verstanden werden. Auch dieser Fortschritt muß für Zeitgenossen eine ambivalente Note gehabt haben, kollidierte doch im Denken der liberalen Bürger der Anspruch auf Universalität ihrer Werte, Normen und Gesellschaftsvorstellungen mit der Exklusivität bürgerlicher »Unabhängigkeit« als Voraussetzung der Zugehörigkeit zum »Volk« der Staatsbürger gegenüber dem Pöbel. 67 Reisende Lehrlinge waren folglich per se bedenklich. List und progressiv gesinnten Zeitgenossen schien dieser Fortschrittsprozeß schon deshalb wünschenswert, weil das englische, teilweise auch das amerikanische Vorbild ihnen als erfolgreiches Muster der Entwicklung galt. 68 Der wiederkehrende Blick auf das englische Vorbild bereitete weniger fortschrittsoptimistischen Zeitgenossen allerdings auch Probleme, vermochten sie doch nicht zu sehen, wie das relativ unterentwickelte Deutschland in der Lage sein würde, die enormen benötigten Kapitalsummen aufzubringen: »England, das unendlich reiche England, hat diese Summe für eine verhältnismäßig kleine Strecke Eisenbahn aufgebracht, wie aber will und kann Deutschland eine gleiche Summe, wie sie eine Bahn von Bremen bis Frankfurt oder Nürnberg fordern würde, aufbringen?« 69 Diese Frage entsprach eher konventionellem staatswissenschaftlichem Denken, die Eisenbahnprotagonisten antworteten auf dergleichen Einwände mit verstärktem Bemühen um die Zukunftsperspektiven einer wachsenden und damit zunehmend prosperierenden Wirtschaft, in der man sich nicht vorzustellen brauchte, daß das enorme, für die Eisenbahnen benötigte Kapital erst auf einem »großen Haufen« angesammelt werden mußte, ehe der Bau denkbar wurde. »Man importiere statt englischer Thaler englische Handelspolitik, und das bare Geld wird von selbst nachkommen und wird bleiben«, konterte List eher prinzipiell. 70 Zu den in utopischer Fernsicht erhofften Zivilisationserrungenschaften des Eisenbahnzeitalters gehörte jedoch auch, die im grenzüberschreitenden Handel integrierten Verkehrsmittel »als Mittel zur Erhaltung des Friedens zwischen den Völkern« zu feiern.71 Wiederum der phantasiebegabte List sah die Eisenbahnen gar den Ausbruch von Kriegen erschweren, wenn nicht verhindern, weil die gestiegene Transportgeschwindigkeit den Angriff behindere, die Verteidigung erleichtere und daher Invasionskriege der Vergangenheit angehörten. 72 Zwar sahen gerade die politischen »Linken« auch Nachteile, doch überwog der Fortschrittsoptimismus, wenn Ludwig Börne schrieb: »Heine sagt zwar, es sei eine schreckliche Vorstellung, in zwölf Stunden schon in Deutschland sein zu können. Diese Eisenbahnen sind nun meine und Lists Schwärmereien, wegen ihrer ungeheuren politischen Folgen. Allem Despotismus wäre dadurch der Hals gebrochen, Kriege ganz unmöglich. Frankreich wie jedes andere Land könnte dann die größten Armeen innerhalb vierundzwanzig Stunden von 77 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
einem Ende des Reiches zum andern führen. Dadurch würde der Krieg nur eine Art Überrumpelung im Schachspiel, und gar nicht mehr auszuführen«. 73 Hätten die Eisenbahnen tatsächlich alle in sie gesetzten Erwartungen erfüllt, wäre Heine binnen zwölf Stunden immerhin in einem völlig gewandelten Land angekommen! In einer recht merkwürdig entgleisenden Argumentation sahen 1850 die rheinischen Wirtschaftsbürger ihre geplante linksrheinische Uferlinie sogar als Mittel der inneren Pazifizierung: Mit dem Argument, eine Eisenbahn gestatte in Aufstandssituationen wie 1849 ein erheblich wirksameres Eingreifen, suchten sie offenbar ihr aus strategischen Gründen umstrittenes Projekt der preußischen Staatsregierung schmackhaft zu machen. 74 Einmal mehr zeigt sich in dieser Äußerung, wie differenziert der bürgerliche Begriff von Fortschritt gesehen werden muß und wie schnell sich die »Spaltung des Bürgertums« 75 bemerkbar machte, war die Denkschrift doch von Männern wie Boisserée, Mevissen, Du Mont oder Ciaessen unterzeichnet. Allgemeine Fortschrittserwartungen und präzise Kalkulation der jeweiligen Projekte brachte das Konzept des »fairen« Gewinns in Einklang. 76 Dieses Konzept beanspruchte in klassisch liberaler Tradition, daß partikulare, private Interessen und öffentlicher Nutzen, Gemeinwohl zur Deckung gebracht werden konnten. »Liberale vertraten keine Sonderinteressen, sie sprachen im Namen des Allgemeinwohls; Liberale vertraten keine bestimmte Meinung, sie repräsentierten die aufgeklärte Meinung als solche; der Liberalismus verkörperte nicht eine Partei unter anderen, sondern die Partei der Bewegung, des Fortschritts und der Zukunft.« 77 Vorgezeichnete Konflikte traten auf, sobald konkurrierende Interessen im Namen liberalen Fortschritts auf Berücksichtigung drangen. Wie Gibbs' Äußerung zum Thema andeutet, wurde der Gewinn als »fair« betrachtet, der für das jeweilige Projekt ausreichendes Interesse der Kapitalinvestoren sicherte. Er bemaß sich also letzten Ende am Vergleich zu den Gewinnchancen anderer Investitionen am - im Zuge des Eisenbahnbaus teilweise erst entstehenden - Kapitalmarkt. Hansemann formulierte in der Diskussion um die Rheinische Eisenbahn: »Unternehmer müssen nicht auf sehr großen, sondern nur auf einen angemessenen Gewinn Anspruch machen.« 78 Ein geplantes Eisenbahnprojekt, wie auch immer nützlich im volkswirtschaftlichen Sinne es sein mochte, hatte genau dann realistische Chancen auf Verwirklichung, wenn ein solcher angemessener Ertrag - sei es aufgrund schon vorhandenen Verkehrs, sei es aufgrund erwartbarer wirtschaftlicher Entwicklung - in Aussicht stand. Das Leitmotiv schon vorhandener Verkehrsnachfrage erschließt den zweiten wichtigen Argumentationsbereich der Initiatoren von Eisenbahnprojekten. Der Entwicklungsstand der Wirtschaft mußte allerdings, 78 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
wie Pollard zu Recht betont, 79 hinreichend fortgeschritten sein, um diese Verkehrsnachrrage für die Eisenbahnen gewinnen zu können. Wenigstens die Anfänge von Schlüsselindustrien und Handelsströmen mußten bereits existieren, um Aussichten auf Transportkostensenkung und Verkehrssteigerung zu ermöglichen. Neoklassische Marginalitätskonzepte, das Argument der Grenzkosten, konnten erst zum Tragen kommen, wenn es um die Beschleunigung schon in Gang gekommener wirtschaftlicher Entwicklung ging. Wie die Darstellung der regionalen Strukturen im vorangegangenen Kapitel gezeigt hat, war dieser Fall in England aufgrund der bereits durchlaufenen Industriellen Revolution in Einzelfällen möglich, 80 in Deutschland aber kaum denkbar. Selbst für die Rhein-Weser-Verbindung befand das Staatsministerium 1836, daß »die Bahnlinie zum großen Teile in eine Gegend fallen [würde], die selbst die Keime einer einstigen industriellen Wichtigkeit noch nicht in sich trage, daher auch durch eine Eisenbahn sich nicht schneller entwickeln könne«. 81 Tendenziell verläuft die Trennlinie zwischen nachfragemotivierten Eisenbahnbauten und solchen, die im Sinne des dritten Leitmotivs gebaut wurden, um Regionen zu erschließen und Wachstum zu induzieren, zwischen England und Deutschland. 82 Doch dies ist nicht die ganze Wahrheit. Das geradezu klassische Beispiel dieser Motivation einer Eisenbahnlinie war die englische L M R wie auch später die LNW insgesamt, entstanden aus einer Situation der »actual traffic bottlenecks«, 83 die nach Abhilfe verlangte. Zwischen dem Welthafen Liverpool und den Industrien Lancashires und Yorkshires entwickelte sich ein Verkehrsaufkommen, das gigantische Mengen (relativ zum Transportvolumen jedweder anderen Relation) an Kohle, Rohbaumwolle, Getreide und verarbeiteten Fertigprodukten umfaßte, die infolge des Betriebes der rapide zunehmenden Fabriken und der in ihrem Gefolge entstandenen städtischen Ballungsräume das traditionelle Verkehrssystem aus Schiffs-, Kanal- und Landtransport überforderten. Der Manager des Bridgewater Canal jubelte 1818 über 29 im Entstehen begriffene Fabriken in Lancashire und sah das entsprechende Transportvolumen auf »seinen« Kanal zukommen. 84 Die transportierten Mengen verschiedener wichtiger Güter waren schon in neue Dimensionen vorgestoßen, ehe an den Bau einer Eisenbahn auch nur zu denken war: Von 1800 bis 1823 stieg das Volumen der Rohbaumwollballen auf das Sechsfache, das an irischem Weizen auf das Neunfache und das an Hafer bzw. Hafermehl auf das Vierfache. 85 Um welche absoluten Gütermengen es sich handelte, zeigen die Zahlen zur jährlichen Transportleistung des Bridgewater Canal, die bereits im vorangegangenen Kapitel genannt wurden. 86 Die Folge waren Unberechenbarkeiten und Unzuverlässigkeiten sowie ein Transportmonopol der Kanäle mit den daraus resultierenden Monopolgewinnen infolge kontinuierlich hoher Frachtraten. Interessant an dieser Situation, der erste 79 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Eisenbahnen abhelfen sollten, ist die völlige Fixierung auf den Güterverkehr. Von dem von Anfang an enormen und ertragstärkeren Personenverkehr wurden die Eisenbahnunternehmer dagegen durchweg überrascht. Die Initiatoren der L M R und der anschließend projektierten Verbindung zwischen Lancashire und London hatten sich den Kampf gegen das Transportmonopol der Kanäle, gegen deren seit dem Ende des 18. Jahrhunderts steigende Frachtraten, 87 gegen Engpaßsituationen und den Zwang zu umfangreicher Lagerhaltung zum Ausgleich unkalkulierbarer Transportverhältnisse, kurz: für ein der industriellen Boomregion angemesseneres Verkehrsmittel auf ihre Fahnen geschrieben. Zugleich eröffneten sich damit Aussichten auf günstigeren Bezug von Energie, billigeren Bezug der benötigten Rohstoffe, billigere Versorgung der arbeitenden Bevölkerung mit den großen Mengen benötigter Lebensmittel und die aus allen Kostenfaktoren resultierende Möglichkeit zur Erschließung neuer Absatzmärkte für die Produkte der Industrieregionen Lancashire und Yorkshire. 88 Diese Situation war jedoch einmalig - sowohl relativ zu anderen englischen Eisenbahnprojekten als auch zu Deutschland. Pollards Einschätzung, daß auch einige wenige deutsche Eisenbahnen eher aufgrund einer schon bestehenden Verkehrsnachfrage entstanden, 89 bedarf weiterer Prüfung. Pollard nennt die ΒΡΕ aufgrund ihres hohen Personenverkehrsaufkommens, die L DE als L inie in einer schon entwickel ten Industrieregion und die Erschließung Elberfelds. Das Personenverkehrspotential der ΒΡΕ bewegte sich in der Tat in Regionen, die der Situation in L ancashire vergleichbar waren. Auch diese kurze preußische Bahn beförderte wie die L M R oder die LBR in ihrem jeweils ersten Betriebsjahr mehr als eine halbe Million Passagiere pro Jahr (in den Anfangsjahren, mit der Fertigstellung der Anhalter Bahn und anderer Eisenbahnen dann allerdings mit sinkender Tendenz bis auf ca. 4 0 0 . 0 0 0 Passagiere p.a.). Dafür war das Güterverkehrsaufkommen dieser »Residenzbahn« in den ersten Jahren zwar steigend, insgesamt aber doch vernachlässigbar gering, überschritt es doch bis 1845 nicht einmal die Grenze von 10.000 t.90 Beyer argumentiert für Leipzig mit derselben Engpaßsituation wie Mathias und Pollard es für England getan haben, sieht für das Handelszentrum die Verkehrssituation als unbefriedigend. 91 Auch hier war ein enormes Wachstum des Transportvolumens zu verzeichnen, vor allem in Kolonialwaren und Rohstoffen, die über Hamburg importiert und bis Magdeburg auf der Elbe verschifft wurden. 9 2 List hatte das Transportvolument zwischen Leipzig und Dresden bereits als recht beachtlich eingestuft, doch, wie sich schnell zeigen sollte, weit unterschätzt. 93 Das von List berechnete Potential belief sich auf ca. 15.000 t Kaufmannsgüter sowie bis zu 4 0 . 0 0 0 t Kohlenverkehr pro Jahr. Insbesondere für diesen Kohlenverkehr verging 80 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
eine längere Erschließungsperiode, ehe Energieverbrauch und Lieferregionen auf das neue Verkehrsmittel abgestimmt waren. Schon im ersten Betriebsjahr erreichte auch die LDE mehr als 4 0 0 . 0 0 0 Passagiere und transportierte die bescheidene, für deutsche Maßstäbe jedoch beträchtliche Gütermenge von über 12.000 t (umgerechnet auf die ganze Länge der Bahn von 115 km), die 1840 schon auf fast 2 3 . 0 0 0 t, 1841 auf fast 30.000 t und ab 1842 auf annähernd 39.000 t stieg (jeweils umgerechnet auf die gesamte Bahnlänge, so daß also im letztgenannten Jahr fast 4,5 Mio. tkm Güterbetriebsleistung erreicht wurden). 9 4 1845 waren 4 3 . 0 0 0 t, 1847 5 7 . 0 0 0 t und 1855 2 2 7 . 0 0 0 t erreicht. Vergleichbare Nachfrageeffekte konnten für die bergische Industrie- und Gewerberegion erwartet werden - in der Tat eine der wenigen »Führungsregionen« 95 der deutschen Industrialisierung. Auf der Ruhr wurden bereits 1835 4 0 0 . 0 0 0 t Kohle transportiert, die jeweils mit Pferdefuhrwerken von den Schächten an den Fluß gebracht werden mußten und ebenso umgekehrt zu den Verbrauchern. 96 Es ist hier nicht der Platz, Rang und Bedeutung des bergisch-märkischen Industriegebietes detailliert zu analysieren, doch sollte ein Blick auf das vorindustrielle Verkehrsnetz der Region nicht fehlen: 97 Eine große Dichte befestigter Kunststraßen durchzog die Region zwischen Ruhrtal und -fluß, Wuppertal, Düsseldorf und Köln. Reulecke weist eigens darauf hin, daß auch im zeitgenössischen Selbstbewußtsein diese Region zwar Nachzügler gegenüber England, doch Pionier relativ zur deutschen Nachbarschaft und dem englischen Vorbild dicht auf den Fersen zu sein schien. Zwar war das von Elberfeld ausgehende Bemühen um eine Rhein-WeserBahn, wie Kapitel IL2. gezeigt hat, nicht von Erfolg gekrönt, doch entstand als erste Bahn in der Rheinprovinz die DEE. Der Vergleich der spezifischen Transportleistung im Güterverkehr zu den Angaben für die LDE zeigt ähnliche Größenordnungen: Schon im ersten vollen Geschäftsjahr 1843 erreichte die DEE 2 7 . 0 0 0 t, über ca. 35.000 t für 1845 kontinuierlich steigend auf 50.000 t 1848 und 175.000 t im letzten selbständigen Betriebsjahr 1855. 9 8 Die für deutsche Eisenbahnen genannten Zahlen der ersten Betriebsjahre sind nur ein begrenzter Ersatz für leider nur bruchstückhaft erreichbare Informationen über das Verkehrsaufkommen vor dem Bau der ersten Eisenbahnen. Doch zeigen diese Zahlen klar, daß auch in den fortgeschrittensten preußischen Wirtschaftsregionen zwar ein Mangel an Transportmöglichkeiten empfunden und beklagt wurde, und die Initiatoren von Eisenbahnprojekten die Vorteile verbesserter Verkehrsanbindung für die örtliche Wirtschaft herauszustreichen verstanden, die Hauptwirkung der Eisenbahnen jedoch in der Erschließung neuer Verkehrspotentiale nach ihrer Eröffnung lag. Was lokal in der Ausnahmeregion Lancashire zutage 81 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
trat, nämlich ein Engpaß der Verkehrssituation aufgrund schon fortgeschrittener wirtschaftlicher Entwicklung, wurde andernorts - wie der Vergleich zu deutschen Eisenbahnregionen gezeigt hat - zur Verheißung. Vorrangiges Ziel der Eisenbahnunternehmer im englischen Nordwesten war es, den Produkten, Rohstoffen, Energielieferungen und Wirtschaftsbeziehungen ihrer Region schnellen Zugang zum Londoner Markt und zunehmend zum gesamten englischen Markt zu eröffnen. Ihr Ziel war die Integration der Märkte durch ein standardisiertes Eisenbahnnetz und die Freisetzung wirtschaftlicher Dynamik. Das bedeutete vor allem die Durchsetzung eines möglichst einheitlichen, technisch standardisierten, wechselseitige Nutzung der Strecken ermöglichenden Eisenbahnnetzes. Frühe und umfassende Fusionen wie die zur LNW warfen allerdings neuerlich das Problem der Transportmonopole auf, erlangten doch die drei Gesellschaften, die zur LNW fusionierten, 1838 bis 1847 das Monopol für die Verbindung zwischen London und dem englischen Nordwesten.“ Diese Vorstellung von den nationalen Entwicklungschancen griffen deutsche Eisenbahnprotagonisten und -Unternehmer auf und ergriffen verheißungsvolle Initiativen. Auch von den nachfrageorientierten großen Gesellschaften des englischen Nordwestens gingen solche induzierten Wachstumseffekte, Externalities, aus. Doch standen diese nicht im Zentrum anfänglicher unternehmerischer Initiative. Das dritte Leitmotiv der Eisenbahngründer rückt das Bemühen um Entwicklung relativ rückständiger, in ihrer wirtschaftlichen Position gefährdeter oder überhaupt der Erschließung harrender Regionen in den Mittelpunkt. Für dieses Motiv spielte die Konkurrenzwahrnehmung eine entscheidende Rolle. Eine fast klassische Charakterisierung dieser Situation fand der englische Kanalbauingenieur Telford im Jahre 1799 für Bristol: »Liverpool has taken firm root in the country by means of the canal; it is young, vigorous and well situated. Bristol is sinking in commercial importance; its merchants are rich and indolent, and in their projects they are always too late.«100 Die Absichten der Kaufleute Bristols zielten eindeutig auf eine bessere Verbindung zum Londoner Markt, als sie Landstraßen und Kanäle zu bieten vermochten. Sie wollten Marktanteile am internationalen Handel für den Hafen Bristol sichern und hofften auf die begleitende Förderung der regionalen Wirtschaft, die Erschließung der Bergbau- und Hüttenreviere von Südwales sowie die Verbindung nach Irland (Getreideverkehr). 101 Der Konkurrenzkampf um den Transatlantikverkehr führte, zumindest für einige Unternehmer der GWR, direkt zu einem ausgeprägten Interesse und Engagement beim Bau des ebenfalls vom Ingenieur der GWR, Brunei, konstruierten ersten Hochseedampfschiffs. 102 Bezeichnend für die an der regionalen Entwicklung orientierte Moti82 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
vation der GWR-Unternehmer ist es, daß sie ihrem Ingenieur die Ausführung der Bahnlinie in einer von den übrigen Bahnen des Landes abweichenden Spurweite genehmigten, ohne der damit blockierten Netzintegration das entsprechende Gewicht zuzubilligen. Offenbar überzeugte die Aussicht auf ein Geschwindigkeitsmonopol in der Verbindung nach London. 103 Der damit erschwerte Zugang zum durchgehenden Verkehr mit den nordenglischen Industriegebieten sollte sich noch als schwere Hypothek in der Geschichte des Unternehmens erweisen. Ein regionales Entwicklungsprojekt reinster Form stellte die LSW dar, entstanden hier doch Eisenbahn und Hafen von Southampton nahezu gleichzeitig. Zudem erschloß die Bahn eine rein agrarische, für englische Verhältnisse eher dünn besiedelte Region. Das Wachstumspotential der Bahn lag in der Erschließung des Verkehrs zwischen England und dem europäischen Kontinent sowie dem Anschluß der großen Marinebasis in Portsmouth. Prinzipiell wurden Eisenbahnen entlang bereits existierender Handelsrouten gebaut, zielten also auf etablierte Wirtschaftsbeziehungen. Häufig wurde dieses Argument jedoch in Verbindung mit der Befürchtung gebraucht, gegenüber konkurrierenden Städten oder Handelsrichtungen, schließlich sogar Nationen, an Bedeutung zu verlieren. Dieser Vorstellung lag die Erwartung zugrunde, daß der Anschluß an eine Eisenbahnlinie ein enormes Entwicklungspotential freisetze, das man sich nicht entgehen lassen dürfe. Entsprechend umworben oder, je nach Lage der Dinge, umstritten waren Linienverläufe und Definitionsmacht für entstehende Projekte. Der Streit wurde häufig polemisch, gar aggressiv ausgetragen und bedurfte zumal in Deutschland, wo keine parlamentarische Öffentlichkeit abwägend wirkte, meist der Vermittlung der Staatsbehörden. Die variantenreichste diesbezügliche Auseinandersetzung trugen Köln und Aachen um den Linienverlauf der Rheinischen Eisenbahn aus. Die begleitende Polemik verdächtigte in solchen Fällen die Kontrahenten, das Gemeinwohl gegenüber den eigenen Interessen zu vernachlässigen: »Übrigens kann ich die Überzeugung nicht leugnen, daß die vorliegenden Statuten [der Rheinischen Eisenbahn in ihrem Kölner Entwurf, V.T. ] durchaus keinen genügenden Schutz für die kommerziellen Verhältnisse der übrigen Hauptörter des linken Rheinufers gegen das einseitige Interesse der an der Spitze jener Gesellschaft stehenden Kölner Handelshäuser gewähren. - Das letztere steht den ersteren eifersüchtig gegenüber.« 104
V. Arnim malte die Gefahr des Unterliegens Aachens in der Handelskonkurrenz an die Wand, befürchtete Kölner Vorherrschaft und Schaden für den Aachener Handel. Die Kölner Kontrahenten betonten dagegen die Bedeutung der Bahn für den Langstreckenverkehr in Konkurrenz zum Rheinschiffahrtsweg, dessen Monopolisierung durch niederländische Zölle 83 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
mittels der Bahnverbindung ins belgische Antwerpen durchbrochen werden sollte. Hier galt der Anschluß Aachens als teurer Umweg, der einem Wegzoll zugunsten Aachens gleichkäme: »Wenn es verboten würde, die Sehne zu bauen [also die an Aachen vorbeiführende Hauptlinie der REB, V.T.], so müßte alles, was in unserem Staate für Freiheit des Handels und der Gewerbe geschehen, vergessen, es müßte zurückgetreten werden in die Zeit der Innungen und Zünfte, der Privilegien und Monopole.« 105 Der Konflikt verlief exakt zwischen den Anhängern des internationalen Großhandels Antwerpen - Köln und den Interessenten innerer Landesentwicklung. Folglich galt den Aachenern die Kölner Position als den »Landesinteressen gefährlich«. 106 Schließlich setzten sich die Aachener Anschlußbemühungen durch, ein Kompromiß integrierte die konkurrierenden Projektvorstellungen Kölns und Aachens. Ein vergleichbarer Streit entspann sich um die Linienführung der RheinWeser-Verbindung. Auch hier fürchteten die Regionen, die von den beiden Linienalternativen berührt wurden, um »ihre Interessen, von deren Erhaltung und Beförderung, zum Teil, wo nicht ihre Existenz, doch ihre Wohlfahrt und das fernere Gedeihen ihrer Zustände abhängig ist«. 107 Die nördliche Linienführung über Duisburg wird hier geradezu als »Pulsader« wirtschaftlicher Entwicklung für das Ruhrgebiet apostrophiert, dagegen würden Handel, Industrie und Ackerbau hier wie auch am mit betroffenen Einzugsgebiet des linken Niederrheins (über Duisburg) geradezu zerstört, wenn die Bahn durch das bergische Land und das Wuppertal geführt werde. Die »entwickelteren Fabrikgegenden« um Hagen und Elberfeld würden diese Nachteile nicht oder in weit geringerem Maße erleiden, zudem besäßen sie bereits den Anschluß an den Rhein durch die DEE. Das triftigste von der späteren Entwicklung bestätigte Argument sah jedoch voraus, daß die an Emscher und Ruhr geförderte Kohle durch billigen Transport bis über die Elbe hinaus konkurrenzfähig würde, der Preis von Steinkohle sänke und englische Importkohle entbehrlich würde [sic!]. Neuerlich wogte der vom Staat zu vermittelnde bzw. zu entscheidende Streit zwischen »märkischen Fabrikinteressen« und »Staats- und Provinzial- und Gesamtinteressen«! 108 Derartige Konkurrenzwahrnehmungen konnten über so große Distanzen wie die zwischen Antwerpen und Magdeburg zustandekommen, etwa im Hinblick auf die belgische Konkurrenz Antwerpens via REB. 109 An dieser Weiträumigkeit der Konkurrenzbefürchtung läßt sich - allem provinziellen Kirchturmdenken zum Trotz - doch schon eine schnell wachsende Sensibilität für die Dimensionen dank des neuen Verkehrsmittels weiträumig integrierter Märkte erkennen. Ähnliche Argumente wurden für alle in dieser Arbeit untersuchten Eisenbahnprojekte vorgebracht. Im Falle der BHE mußte erst der Streit um 84 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
die Streckenführung via Magdeburg oder via Wittenberge entschieden werden, um die Rheinuferbahnen wurde lange und heftig diskutiert, und die Verbindung Berlins mit Sachsen bzw. Anhalt durchlief eine ebensolche Streitphase. 110 Im Falle der BAE erschien erstmals die erweiterte Dimension der Konkurrenzangst auf der Tagesordnung: Generalpostmeister Nagler war geradezu besessen von der Furcht, es könnten preußische Verkehrserträge und Wirtschaftsleistungen an Sachsen verlorengehen. 111 Das jeweils spezifische Entwicklungsinteresse trifft sich hier wieder mit dem generellen Fortschrittsargument, galt letzteres doch immer auch einer nationalen Dimension. Das Stichwort lautet dann: Aufholen! Auch in der Argumentation um den Linienverlauf der BHE spielte die Auslandsperspektive eine Rolle, allerdings wiederum in ihrer spezifisch deutschen Variante: »Die ritterschaftlichen Abgeordneten aus dem 2. Jerichower Kreise haben unsere Verwendung dafür in Anspruch genommen, daß bei einer Eisenbahn-Verbindung zwischen Berlin und Hamburg das Inland gegen das Ausland möglichst bevorzugt werden möchte, damit nicht der Gegend zwischen Potsdam und Magdeburg neue schmerzliche Verluste, wie sie die Eisenbahnlinie durchs Ausland über Dessau und Köthen herbeigeführt habe, zugefügt werden, insonderheit die Altmark nicht den nachteiligen Folgen der Isolierung preisgegeben werde.« 112 Es bedurfte einiger Jahre der Erfahrung mit dem neuen Verkehrsmittel oder eines eher wirtschaftsliberalen Standortes der Zeitgenossen, ehe die wichtigeren Dimensionen internationaler Konkurrenz in den Blick der Eisenbahndiskussion rückten. In dieser Perspektive hing dann die Erstrangigkeit des Handelsplatzes Berlin vom schnellen Zugang zu den Seeverbindungen des Welthafens Hamburg ab, der die Präsenz Preußens auf den Weltmärkten entweder via Eisenbahn oder via Elbe gewährleistete. 113 Zugleich boten gute Bahnverbindungen ins Binnenland, wie List richtig erkannte, Hamburg die Chance zur Vermeidung von Konkurrenznachteilen bzw. zur Wahrung seiner führenden Handelsstellung. 114 Die rheinischen Eisenbahnprojekte bezogen von Anfang an die Konkurrenz zum Schiffsverkehr auf dem Rhein ein. Die Rheinische Eisenbahn suchte durch Anschluß nach Belgien die holländischen Rheinzölle für Überseehandel zu umgehen. In ihrem Geschäftsbericht strichen die Unternehmer der REB die Leistungskraft: der Eisenbahnen deutlich heraus: »Hoffentlich wird der Zeitpunkt nicht mehr fern sein, wo, durch richtig gegriffene Eisenbahntarife wirksam unterstützt, die deutsche Kohle und das deutsche Eisen bis in den fernen Osten unseres Vaterlandes vordringen und als Ballast unserer Seeschiffe auch dem Auslande den Beweis liefern wird, daß die Industrie des erweiterten Zollvereins auch für die Artikel des Massentransports mit Großbritannien erfolgreich um die Palme ringt.« 115 85 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Insbesondere in der Tariffrage, aber auch in der Frage der Erschließung des Ruhrgebiets galt Mevissen, dem Präsidenten der REB, hierbei die Konkurrenz der drei rheinischen Giganten als Garant der nötigen Leistungsfähigkeit. 116 Entsprechend sah Mevissen die REB bereits 1845 eingebunden in den europäischen Verkehr.117 Die Erweiterung des Netzes im Rheinland wurde immer auch in Relation zu den belgischen und französischen grenznahen Eisenbahnen gesehen, die um Transporte von der Nordsee nach Süddeutschland konkurrierten. Doch gerade im Rheinland hatte der Blick über die Grenzen noch eine zweite - die strategisch - militärische Dimension. Offensichtlich ist das Motiv, Eisenbahnen aus strategischen Gründen zu bauen, in der im Verlauf des späteren 19. Jahrhunderts geführten Eisenbahndiskussion, insbesondere im Kontext der Kriege von 1866 und 1 8 7 0 / 7 1 , zu zunehmender Prominenz gelangt, ohne deshalb auf seine Tragweite für die den preußischen Eisenbahnbau über lange Zeit dominierenden Privatbahnen befragt worden zu sein. Je mehr jedoch die »staatstragende« Bedeutung der Eisenbahnen betont wurde, wie das z.B. Kech in seiner »Geschichte der preußischen Eisenbahnpolitik« tat, desto eher gerieten diese Äußerungen zugleich zur antibürgerlichen, antiliberalen Polemik, vergaßen dabei jedoch, daß der preußische Staat im Vormärz weder willens noch in der Lage war, die Eisenbahnen in Staatsinitiative zu bauen und auf das bürgerliche Kapital zu verzichten. 118 »Die oft unterstellten militärischen Interessen spielten für die erste Generation der Eisenbahnunternehmer so gut wie gar keine Rolle.« 119 Diese Einschätzung Wehlers kann unbestreitbar als Stand der Erkenntnis zur Sachlage gelten. Zweifellos nämlich galt den Eisenbahnprotagonisten zunächst die wirtschaftliche Bedeutung der Bahnen als zentral, sodann mußten ausreichende zu erwartende Gewinne die Investition lohnend erscheinen lassen. Auf diese Weise realisierte Bahnen mochten den aus machtpolitischer Sicht interessanten Nebeneffekt strategischer Bedeutsamkeit besitzen, doch kam mit Sicherheit keine nennenswerte Bahn des Vormärz aufgrund dieses Motives zustande. Dies schloß allerdings nicht aus, daß in die Gründungsverhandlungen das Argument des strategischen Nutzens eingebracht wurde, doch dies eher aus taktischen Erwägungen heraus. 120 Auch die verlockenden Behauptungen Harkorts bei der Vorbereitung des Rhein-WeserProjekts im März 1833, »daß in einem Tage eine ganze Brigade von Minden nach Köln befördert werden, mithin 10 Tagesmärsche ersparen könne, daß eine Eisenbahn auf dem rechten Rheinufer von Mainz bis Wesel, verbunden mit Telegraph (es ist wohl nur der optische gemeint) einen Rheinübergang der Franzosen fast unmöglich machen könne«, 121 verhalfen der KME nicht zur schnellen Realisierung. Im Zuge der Beratungen der vereinigten ständischen Provinzialaus86 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
schüsse im Herbst 1842 legte die preußische Regierung Eisenbahnprojekte vor, die staatlicher Unterstützung würdig seien: »Die politische, militärische und kommerzielle Wichtigkeit dieser Bahnlinien unterliegt keinem Zweifel. Die meisten darunter sind bereits teils auf Veranlassung, teils unter dem Beirat und Beistande des Staates Gegenstand sorgfältiger Untersuchungen und anderer vorbereitenden Verhandlungen geworden, und es wird allgemein anerkannt, daß es für das Wohl des Landes höchst wünschenswert, und wenn man nicht hinter den Anforderungen der Zeit zurückbleiben wolle, selbst notwendig sei, alle jene Eisenbahnen so bald wie möglich zur Ausführung zu bringen.« 122 Gerade die hier behandelten Eisenbahnlinien brachten jedoch an den Tag, daß der Staatsanteil beim Zustande kommen der Bahnlinie desto höher ausfallen mußte, je weniger die Motive für den Bau kommerzieller und je mehr sie politischer oder militärischer Natur waren. Für die Rhein-WeserBahn, die als KME gebaut wurde, und für die spätere NME genügten staatliche Zinsgarantien, für die preußische Ostbahn war auch dann kein Privatkapital aufzubringen, so daß sie als reine Staatsbahn gebaut werden mußte. Dies galt, obwohl sie die Chance des Austausches ostpreußischer Agrarprodukte gegen Gewerbe- und Industrieerzeugnisse westlicher Provinzen mit sich brachte. Allen strategischen Bedenken zum Trotz brachte der Streit um die Rheinufer- bzw. Nord-Süd-Verbindung den Primat der Ökonomie und des Kapitalmarktes, sogar nach der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 , besonders deutlich an den Tag. Die Gefahr der Umlenkung wesentlicher Verkehrsströme zwischen Nord- und Süddeutschland über Frankreich wog schwerer als die militärischen Bedenken, auch wenn letztere in den Verhandlungen mit den großen rheinischen Bahngesellschaften insoweit berücksichtigt wurden, als zuerst eine rheinferne Verbindung, die KölnGießener Bahn, in der Regie der KME gebaut werden mußte, ehe die REB die linke Rheinuferbahn genehmigt bekam. 123 Fassen wir zusammen: Eisenbahnen galten den Zeitgenossen als Vehikel des Fortschritts und wurden um dessen Beschleunigung willen projektiert. Dabei konnte in einigen wenigen Regionen Deutschlands und in größerem Maße in England auf existierende Transportnachfrage gehofft werden, die gute Verzinsung der Investitionen versprach. In der Regel jedoch hofften die Initiatoren auf Wachstumseffekte der jeweils gebauten Bahn, die Städten und Regionen die Wahrung wirtschaftlicher Stärken oder neue Expansion ermöglichen sollten. Dabei sahen sich die Protagonisten dieser Linien von Anfang an unter dem Druck potentieller Konkurrenten, zunächst regional und im Inland, bald aber auch im näheren oder weiteren Ausland. Wirtschaftsbürger der Zeit erkannten, daß das neue Verkehrsmittel ein Kostenfaktor im internationalen Wettbewerb geworden war, daß die Bahnen zugleich marktintegrierend und international öffnend wirkten. Dies 87 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
galt für England ebenso wie für Preußen. Zunehmend rückte daher die Rivalität zwischen Staaten auf zum Motiv des Eisenbahnbaus. Doch muß die Bedeutung des strategischen Arguments zugunsten der Eisenbahnen für die Unternehmer eher gering bewertet werden. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, wie sehr ihre eher taktisch zu verstehenden Äußerungen gegenüber der preußischen Staatsregierung zugleich politische Überzeugungen zum Ausdruck brachten, wie sehr also in ihrem Denken konservatives Machtstaatsdenken mit liberalen Wirtschaftsvorstellungen und ihren politischen Konsequenzen rang.
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IV. Recht und Billigkeit 1 Staatliche Rahmenbedingungen des Eisenbahnbaus
»Privater Gewinn, wirtschaftliche Effektivität und regionaler Ausgleich« 2 wurden im vorangegangenen Kapitel als die Hauptmotive des Eisenbahnbaus genannt. »Diese Kombination kennzeichnet das Optimum dessen, was die preußische Wirtschaftspolitik im Zeitalter der Frühindustrialisierung anstrebte.« 3 Kosellecks Einschätzung der preußischen Eisenbahnpolitik galt nicht nur angesichts direkter staatlicher Aktivitäten im Eisenbahnbau, sie weist auf ein generelles Problem frühindustrieller Eisenbahnbauten hin: Die Vereinbarkeit dieser drei Hauptmotive kann nicht als selbstverständlich hingenommen werden, sie zu koordinieren wurde zur Staatsaufgabe. Rechtliche Rahmenbedingungen und staatliche Kontrolle mußten gewährleisten, daß die zum Interessenausgleich geschaffene Rechtsfiktion des »Gemeinwohls« eine Realisierungschance erhielt: »Das Wohl des Staates überhaupt, und seiner Einwohner insbesondere, ist der Zweck der bürgerlichen Vereinigung, und das allgemeine Ziel der Gesetze.« 4 Das Gemeinwohl als Zweck der bürgerlichen Gesellschaft diente als Zielprojektion, die im Hintergrund aller Reformbemühungen seit dem Allgemeinen Landrecht stand, wenn auch der zitierte Paragraph keinen Eingang in die endgültige Fassung des ALR fand. Unzweifelhaft galt es, einen Mechanismus des Interessenausgleichs zu etablieren, der den allseits erhobenen Anspruch auf Gemeinnützigkeit, den Eisenbahninitiatoren geltend machten, einer Prüfung unterzog. Die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens kann als unumstritten gelten, griffen die Eisenbahnen doch massiv in die bestehenden sozialen, ökonomischen, kulturellen und vor allem rechtlichen Verhältnisse ein. Zentrale Frage wurde hier das Recht der Enteignung von Grund und Boden, ohne das kaum eine Bahn Chancen der Realisierung besessen hätte. 5 Es mußten Bedingungen gesetzt werden, »daß dieselben [die Eisenbahnen, VΤ ] nicht störend in die bestehenden Staatseinrichtungen eingreifen, den Aktionären genügen, und doch die wesentlichsten Interessen des Landes schützen und befördern«. 6 Doch um die geforderte Leistung des Interessenausgleichs konkurrierten zwei grundlegende gesellschaftliche Organisationsprinzipien: das der liberalen Selbstverwaltung und das der bürokratischen Steue89
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rung. Im vorliegenden Fall entsprechen diese Prinzipien den jeweiligen Staatsverfassungen der beiden wichtigsten betrachteten Staaten (von der sächsischen Zwischenlage kann hier abgesehen werden): England wurde parlamentarisch regiert, zwar keineswegs demokratisch, doch galt ein hinreichend ausgedehntes Wahlrecht, so daß die großbürgerlichen Gruppen, deren Interesse an den Eisenbahnen am größten war, auf jeden Fall politische Partizipationsrechte besaßen. In Preußen regierte offiziell der noch immer unumschränkte König, im Zweifelsfalle jedoch die Beamtenbürokratie als Vollstreckerin seiner Wünsche. 7 Der fundamentale Unterschied der beiden Verfahren des Interessenausgleichs lag in ihrer jeweiligen Position zur gesellschaftlichen Öffentlichkeit und damit über kurz oder lang in der Stärke ihrer Legitimationsbasis. Die beamtete, gesellschaftliche Entwicklungen repräsentierende »Art von Öffentlichkeit blieb geheim«, 8 ganz im Gegensatz zur parlamentarischen Öffentlichkeit Englands. Zudem wurde aus unternehmerischer Sicht die beamtete (Schein-)Öffentlichkeit nicht als solche wahrgenommen, sondern eher als staatliche Kontrolle. Was diese in Preußen nicht leisten konnte, nämlich Transparenz herzustellen - auch im ökonomischen Sinne, besonders am Kapitalmarkt - mußte von jener um so dringender gefordert werden, nämlich die Bonität der Unternehmen auch gegenüber den Investoren zu gewährleisten. 9 Entscheidend wurde für die Eisenbahnunternehmer beider Länder, in welchem Maße die praktizierten Verfahren Rechtssicherheit herstellten. Englische private bills legten vorab einen Kriterienkatalog zu erfüllender Bedingungen fest, die preußische Bürokratie besaß Ermessensspielräume, die ihr das »Hineinregieren« in schon gegründete Gesellschaften erlaubten. Wie List explizit den Vergleich zu den USA und England formulierte, hatten auch die anderen prominenten Liberalen unter den Eisenbahnunternehmern die Öffentlichkeit und ihre rationalen Leistungen ständig im Blick: Hansemann sah die Forderung nach einem Zentralplan beim Aufbau eines Eisenbahnnetzes in England nicht durch Behördenplanung, sondern durch die öffentlichen parlamentarischen Anhörungen und in den USA durch das Parlament und eine gutachtende Regierungskommission verwirklicht. 10 Auch Mevissen glaubte aus der Perspektive des rheinischen Liberalen eher an einen Interessenausgleich durch die Öffentlichkeit als durch staatliche Zwangsregelungen. 11 In England stellte sich die Frage nach einer anderen als der parlamentarischen Form des Interessenstreits in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnbaus überhaupt nicht. Es zeigt sich, daß dieser Vergleich nicht von ungefähr in den Reihen der Liberalen gezogen wurde: Konsens herrschte dahingehend, daß die Frage des Gemeinwohls abgewogen und geregelt werden mußte. Ob dies allerdings der Beamtenschaft überlassen bleiben oder bürgerlicher Selbstverwal90 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
tung anheimgestellt werden sollte, ob gar die Realisierung des Gemeinwohls und daher der Eisenbahnbau per se ebenfalls eine Staatsaufgabe sei oder private Eisenbahnen unter gesetzlichen Regelungen ebenso nützlich und wirksam sein könnten, war umstritten. Diskutierten in den ersten Jahren der Eisenbahninitiativen auch überzeugte Liberale noch die Option des Staatsbahnbaus im Sinne einer entwicklungspolitischen Aufgabe, der sich der Staat angesichts preußischer Entwicklungsdefizite zu stellen habe, 12 so nahm im Laufe des Vormärz der Glaube an die diesbezügliche staatliche Leistungsfähigkeit ebenso ab wie die Legitimität bürokratischen Handelns. 13 Die Vorstellung von der Repräsentation der Nation in der Beamtenschaft verlor an Tragfähigkeit. Modernisierungsbemühungen der Beamtenschaft und liberale Fortschrittsvorstellungen differenzierten sich aus und gerieten in zunehmenden Konflikt. Schon frühe liberale Überlegungen zur Öffentlichkeit beruhten auf einer Tendenz zur Kritik und der Hinwendung zur parlamentarischen Regierung. Erfahrungen mit staatlichen Eingriffen und der Handhabung des behördlichen Aufsichtsrechts bestärkten den kritischen Unterton unternehmerischer Äußerungen über die Leistungen der preußischen Regierung beim Interessenausgleich. Die Option des Staatsbahnbaus war ohnehin nur hypothetisch gegeben, praktisch war ihre Finanzierung unlösbar mit der Verfassungsfrage verknüpft. Die enge Verknüpfung liberalen Denkens, politischer Entwicklung und rechtlicher Regelung des Eisenbahnbaus kommt noch rückblickend in scharfen Worten der Apologeten des Machtstaats zum Ausdruck. Für sie waren die Eisenbahnen nicht nur entwicklungspolitisch wichtig und gemeinnützig, sondern gar staatstragend. Die Forderung nach Öffentlichkeit im Kontext des Eisenbahnbaus wirkte auf solche Ohren geradezu zersetzend (wie auch die Wirkung der Eisenbahnen als Kommunikationsmittel öffentlichkeitsfördernd eingeschätzt und daher ihre staatliche Leitung gefordert wurde - Staatsbahnen quasi als Mittel der Zensur!). In den Augen eines solchen Autors liest sich der deutsch-englische Vergleich wie folgt: »Wo das Bürgertum geneigt ist, der Staatsgewalt auch in wirtschaftlichen Dingen einen weitgehenden Spielraum zu gewähren, wo ferner ein gesundes Finanzwesen und ein straff organisiertes Beamtentum einer starken, von den Strömungen des Parteilebens unabhängigen Regierung zur Verfügung stehen, da sind Staatseisenbahnen am Platz, da gliedern sie sich restlos in das Staatsgefüge ein. Wo man aber vom Staate nur Rechtsschutz und militärische Sicherheit verlangt, im übrigen seine Tätigkeit aber als Einmischung in die Rechtssphäre der Bürger ablehnt, oder wo die Regierung vom Parteigetriebe abhängig ist und keine Stetigkeit der Entwicklung gewährleisten kann, da könnten Staatseisenbahnen ihre Aufgabe nicht in ausgiebigem Maße erfüllen, hier werden vielmehr Privatbahnen vorzuziehen sein.«14 91 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Die prinzipiell antiliberale, antiparlamentarische Stoßrichtung dieser Äußerungen gehört allerdings mehr in den Kontext des Kaiserreichs als der hier zunächst analysierten frühen Phase des Eisenbahnbaus. Doch klingen Motive der inneren Staatsbildung an, die bei der Verstaatlichung der preußischen Eisenbahnen Gewicht erlangten. In den Folgenden vier Kapiteln soll ein Überblick über den Weg des Zustandekommens rechtlicher Regelungen des Gesellschaftsrechts gezeichnet werden. Diese betrafen die Gründungsformalitäten der Unternehmen, die Inhalte der Statuten und Gesetzesbestimmungen, die aufsichtsrechtlichen und »polizeilichen« Details sowie die politisch-rechtlichen Grundlagen der Staatsbahnen. Die kritische Auseinandersetzung der Zeitgenossen mit den jeweiligen Bestimmungen kann dabei nicht völlig ausgeklammert werden. In diesem Kapitel zur Rechtslage wird deutlich, daß die jeweiligen Bestimmungen umstritten und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen waren. Aufgrund der Verschiedenheit der politischen Systeme Englands und Deutschlands wurde diese auf unterschiedlichen Foren ausgetragen, so daß gerade in Preußen politische Auseinandersetzung um die Inhalte der Regelungen und generellere Behördenkritik fast immer Hand in Hand gingen. Im Vergleich beider Länder zielt dieses Kapitel auf die rechtlichen Bedingungen, unter denen sich unternehmerisches Handeln unter Berücksichtigung der verschiedenen politischen Systeme entfalten konnte bzw. mußte.
1. Gesellschaftsrecht oder »Sucht des Vielregierens« 15 Weg und Dauer der Gründung Die einleitenden Überlegungen dieses Abschnitts haben gezeigt, daß parlamentarische Öffentlichkeit in England und bürokratische Entscheidungsfindung eines in seiner Macht relativ unumschränkten Monarchen und seines Staatsministeriums in Preußen als funktionale Äquivalente gesehen werden können: Unzweifelhaft bestand ein Bedarf an gesetzlichen Regelungen bei der Einführung des völlig neuen Verkehrsmittels Eisenbahn. Beide Systeme hatten dem Rechnung zu tragen. Wie umfassend sie ihre Aufgabe wahrnahmen, wie weitgehend die verabschiedeten Regelungen wirkten und wie effizient im Sinne angestrebter wirtschaftlicher Entwicklung und der Freisetzung entsprechender Dynamik diese Gesetzgebungsverfahren waren, soll in diesem Kapitel im Überblick betrachtet werden. In gewissen Grenzen erlaubt die Darstellung eine Art Leistungsvergleich der beiden Systeme, läßt sich also der Versuch machen, festzustellen, ob sie wirklich äquivalente und funktional auf das entstehende Eisen92 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
bahnnetz bezogene Leistungen erbrachten. Wie zu Beginn dieses Abschnittes schon gezeigt, zogen bereits die deutschen Zeitgenossen diesen Vergleich und klagten vor allem in Preußen Leistungen der Staatsregierung ein. Als ersten Schritt zur Gründung einer Eisenbahngesellschaft beriefen interessierte Angehörige der örtlichen Wirtschaft, möglicherweise mit Unterstützung lokaler Politiker oder Beamter, eine öffentliche Versammlung zur Beratung und Propagierung eines Eisenbahnprojektes ein. Dort wurde um Unterstützung sowohl durch potentielle Kapitalinvestoren (bzw. an der Verkehrsleistung Interessierte) als auch durch die betroffenen Anlieger, über deren Grundbesitz die Linie laufen sollte, geworben. Der genaue Verlauf der Bahnlinie blieb dabei Verhandlungsgegenstand und wurde erst nach der Vorbereitungsphase endgültig festgelegt. Im englischen Falle veröffentlichte die Interessentengruppe zum Zwecke der Werbung einen Prospekt, vor allem gerichtet an potentielle Subskribenten der Aktien, im deutschen Falle entstanden Denkschriften aus der Feder einzelner Beteiligter, oft jedoch namens der Initiatoren. Beide suchten Nützlichkeit und Motive der Gründung darzulegen, im englischen Falle jedoch eher, um Investoren zu überzeugen und um parlamentarische Unterstützung zu werben, im deutschen, um die Staatsregierung zur vorläufigen Genehmigung des Vorhabens und der Aktienzeichnung zu bewegen. Die weitere Vertretung der Initiative besorgte ein von der Interessentenversammlung gewähltes Komitee, das die Geschäftsführung bzw. Vorbereitung des Unternehmens leitete, bis auf gewählte Gesellschaftsgremien nach der gesetzlichen Inkorporation zurückgegriffen werden konnte. Doch damit erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten der preußischen und der englischen Gründungsvorgänge auch fast schon. Ein zusätzlicher Blick auf andere deutsche Staaten wird zeigen, daß in Sachsen oder etwa Hamburg die Gründungsformalitäten näher am englischen Beispiel lagen als in Preußen. 1 . 1 . Preußen Eine dem englischen Fall entsprechende Vorgehensweise verlangte preußischen Eisenbahnunternehmern bereits umfangreiche Verhandlungen mit Staatsbehörden ab. Der endgültige Aufruf zur Zeichnung des gesamten Gesellschaftskapitals setzte die vorläufige Konzessiomerung der Eisenbahn voraus, 16 und die Rekrutierung des benötigten Fachpersonals konnte besonders bei den Ingenieuren kaum auf Kandidaten aus der öffentlichen Verwaltung verzichten. 17 Zwar konnten auch preußische Eisenbahnunternehmer auf rein privatrechtlicher Basis (d.h. rechtlich noch ohne den 93 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Schutz des Gesellschaftsrechts und seiner beschränkten Haftung) Subskriptionen für eine geplante Eisenbahn entgegennehmen und mußten dies sogar tun, um Planungskosten aufbringen zu können, doch galt die Vorschrift aus den »Allgemeinen Bedingungen«: »I.) Nachdem die vorläufige Genehmigung zur Anlage einer Eisenbahn in der beabsichtigten Richtung im Allgemeinen erteilt worden, wird der Chef der Verwaltung für Handel, Fabrikation und Bauwesen [Rother, V.T.] eine Frist bestimmen, binnen welcher der Nachweis zu führen ist, daß das für das Unternehmen überschläglich erforderliche Kapital wenigstens bis zur Höhe von zwei Dritteilen gezeichnet, und die Gesellschaft nach einem von den Aktienzeichnern vereinbarten Statute wirklich zusammengetreten sei.« 18 Diese »Allgemeinen Bedingungen« waren aus den Verhandlungen um die ersten preußischen Eisenbahnprojekte hervorgegangen und stellten ein Mindestmaß an Verständigung innerhalb der Staatsbehörden über die für Eisenbahngesellschaften geltenden Rechtsgrundlagen dar. Entwickelt hatten sich diese Bedingungen aus den Anforderungen, die speziell an die Konzession der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn geknüpft worden waren. 19 Sie bildeten ihrerseits einen Vorläufer des Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3.11.1838. 2 0 Ehe also die »Allgemeinen Bedingungen« und später das Eisenbahngesetz zum Tragen kamen, mußte die vorläufige Konzession und damit das Stadium der Vorbereitungen erreicht werden, in dem zu prüfen war, ob das Projekt überhaupt Aussicht auf staatliche Genehmigung besaß - noch unbesehen der Frage, ob sich genügend Investoren für eine geplante Eisenbahnlinie fanden. Dieser allererste Schritt einer Unternehmerinitiative war ebenfalls schon durch eine formale Vorschrift geregelt: Das Staatsministerium hatte am 30. November 1838 »Bestimmungen über die Prüfung der Anträge auf Konzessionierung von Eisenbahn-Anlagen« verabschiedet. 21 § 1 dieser Bestimmungen forderte den Nachweis der »Nützlichkeit des Unternehmens«, der »Erheblichkeit des jetzigen Verkehrs, des Personensowohl als des Gütertransports, zwischen den durch die Eisenbahn zu verbindenden Punkten« und »daß die hauptsächlichsten Gegenstände des Warentransports bezeichnet werden«. Zur Abwägung dieser Sachverhalte sollte ergänzend »durch Beifügung einer Skizze« die »technische Ausführbarkeit der gewählten Linie ersichtlich gemacht und ein möglichst vollständiger Überschlag der Ausführungs- und Unterhaltungskosten beigefügt werden«. 2 2 Diese Anforderungen bedeuteten für die Eisenbahnunternehmer, sich über die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellten Sachverhalte - die regionalen Strukturen und die Motive der Eisenbahngründung - Klarheit zu verschaffen und insbesondere dem Staatsministerium eine Entscheidungsgrundlage für die Interessenabwägung bereitzustellen. 94 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Wie gering der in diesem Verfahren erreichte Grad von Rechtssicherheit war, belegen die »Erläuterungen zu den Bestimmungen ...«: »Die oben allegierten Bestimmungen haben nun den Zweck, sowohl die Formen, in welchen jene präliminaire Prüfung der eingehenden Anträge zu führen, als die Punkte, auf welche die Prüfung zu richten sein wird, wenigstens in ihren Grundzügen darzustellen; wobei jedoch nicht zu verkennen ist, daß die Mannigfaltigkeit der bei gewerblichen Unternehmungen solcher Wichtigkeit zu beachtenden Rücksichten die Vorausbestimmung alles dessen, was bei einem jeden derartigen Projekt zu prüfen und zu erwägen sein kann, erschwert und fast unmöglich macht: daher immer je nach der Eigentümlichkeit des einzelnen Projekts Vervollständigungen der den Prüfungsbehörden zu erteilenden Instruktionen erforderlich werden können.«23 Offenbar beschlichen das Staatsministerium selbst Zweifel an seiner Kapazität, den umfassenden Interessenausgleich herzustellen, der durch die »Nützlichkeitsprüfung« verlangt war. Gelang jedoch diese Abwägung nicht, drohten Legitimationsverluste staatlicher Entscheidungen und, ganz im Gegensatz zu den Intentionen des Verfahrens, Rechtsunsicherheit. Das Prüfungsverfahren stand unter der Regie des Chefs des Handelsdepartements 24 und sah vor allem zwei Schritte der Abstimmung vor: Das Kriegsministerium sollte sich zu den militärischen Implikationen des Projekts äußern und die übrigen Departements hatten das Recht der Äußerung, ehe die Provinzialbehörden zur näheren Prüfung der vorgeschlagenen Linie angehalten wurden. 25 Sie sollten sich vor allem den folgenden Fragen widmen: der Begründung der »Nützlichkeit der Anlage«; der »technischen Ausführbarkeit«; den »aus allgemeinen landespolizeilichen Rücksichten etwa entgegenstehenden Hindernissen«; den zur »nachgesuchten Konzession möglicherweise in Widerspruch tretenden Privatgerechtsamen« und daraus folgenden »Entschädigungsansprüchen«; den »für die Feststellung der Bahnlinie« oder ihre Veränderung relevanten partikularen Interessen; der »Solidität der an die Spitze des Unternehmens getretenen Personen«; den »Vorschlägen wegen Zusammenbringung der Fonds« sowie der Verhinderung von »Aktienschwindel«; eventuellen künftigen »Fortsetzungen der Bahn« sowie der«Wahrscheinlichkeit künftiger Zweigbahnen« und daraus resultierenden Vorbehalten. 26 Auf dieser Grundlage setzten die Departements des Staatsministeriums ihre Beratungen fort, um die Vorschläge zu prüfen, gegebenenfalls Ergänzung durch die Unternehmer zu verlangen, und, falls sich keine Bedenken fanden, »die der Ausführung desselben zu stellenden speziellen Bedingungen« festzulegen. 27 Dabei waren eventuell noch auftretende konkurrierende Bahnprojekte zu berücksichtigen. Schließlich erarbeitete das Staatsministerium eine Vorlage zur Allerhöchsten Genehmigung des Eisenbahnunternehmens. 95 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Dieses komplizierte Verfahren sollte verhindern, daß »ganz unerwiesene und unerwogene Anträge auf dergleichen Konzessionierungen« gestellt würden, sollte »sodann aber andererseits auch die erste Anbringung der Anträge nicht auf die Weise ... erschweren, daß auch verständige, nicht blos auf die Leichtgläubigkeit des Publikums spekulierende Unternehmer durch die Mühseligkeit und Kostspieligkeit der Vorarbeit von dem ganzen Unternehmen abgeschreckt werden würden«. 28 Ob die Bestimmungen diesen Zweck erreichten, schien selbst den Verfassern im Staatsministerium nicht so ganz sicher, doch stellten sie klar, daß es vor allem darum ging, staatliche Sanktionierung der Bonität zu leisten und Anerkennung von reiner Spekulation zu verhindern. 29 Während dieses ersten Prüfungsstadiums befanden sich die Interessenten noch in einem rein privatrechtlichen Verhältnis zueinander und der formale Antrag auf Konzessionierung der Aktiengesellschaft durch den König sollte erst nach positivem Ausgang der vorläufigen Prüfung, also nach der Interessenabwägung durch das Staatsministerium und seine Unterbehörden, gestellt werden. Mangelnde Ertragschancen eines Bahnprojektes wurden an sich noch nicht als Ablehnungsgrund angesehen. 3 0 Die relativ indifferente, wenn auch warnende Position der Staatsregierung gegenüber Kapitalmarktentwicklungen verließ Finanzminister v. Bodelschwingh am 1 1 . April 1844 auf allerdings fatale Weise: In einer »Bekanntmachung« zeigte er sich besorgt über den Konkurrenzdruck, den die Eisenbahnfinanzierung auf die Kapitalbeschaffung für »Handel« und Gewerbe« ausübte und warnte: »Mit Allerhöchster Ermächtigung bringe ich daher hierdurch zur öffentlichen Kenntnis, daß für andere Eisenbahnunternehmungen, als diejenigen, welche infolge der Beratungen der vereinigten ständischen Ausschüsse und der Allerhöchsten Kabinettsordre vom 21. November 1842 (Gesetzessammlung S. 307) zur Ausführung und Beförderung bestimmt oder für deren Ausführung bereits Zusagen erteilt sind, fürs erste und in den nächsten Jahren die Genehmigung überhaupt nicht erteilt werden wird, sofern nicht für einzelne vorzugsweise wichtige Bahnen ganz überwiegende allgemeine Interessen eine Ausnahme nötig erscheinen lassen.«31 Ob die aus dieser öffentlichen Äußerung resultierende Kapitalmarktkrise im »ganz überwiegenden allgemeinen Interesse« war, darf fuglich bezweifelt werden. Diese vagen »Bestimmungen«, die eher Geschäftsordnungscharakter besaßen als Rechtssicherheit gewährten, mußten also bei der Inkorporation einer zu gründenden Eisenbahn als Grundlage zentraler Vorbereitungen dienen: der Abwägung von Interessen und Rechtsgütern. Diese Regelungen erbrachten damit, wenn auch mit Einschränkung, eine Leistung, die in England die gesellschaftliche und parlamentarische Öffentlichkeit bereit96 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
stellte. W i e problematisch dieses preußische Verfahren war, m a g a m ehesten an der Zeitdauer gemessen w e r d e n , die G u t a c h t e n u n d G e g e n g u t a c h t e n , Voten u n d V e r h a n d l u n g e n in d e m B e m ü h e n in A n s p r u c h n a h m e n , d e n öffentlichen Streit betroffener Interessen b ü r o k r a t i s c h z u s u b l i m i e r e n . In d e n A u g e n ihrer schärfsten Kritiker liest sich die L e i s t u n g d e r p r e u ß i s c h e n B ü r o k r a t i e , n a c h d e m der Geduldsfaden gerissen war, wie in C a m p h a u s e n s f o l g e n d e n Worten: »Wir vorarbeiten bis zum jüngsten Tag, wann, o Himmel, wann wird endlich ....? Darüber wird nun der Winter verstreichen, den wir sonst zu mancherlei vorbereitenden Arbeiten für die Grundentschädigung, zu Reisen nach England und vielleicht Frankreich, zu vorläufigen Unterhandlungen mit Stephenson und den englischen Walzwerken hätten benutzen und im Frühjahre flott anfangen können zu kaufen und zu bauen. ... Herr v. Bodelschwingh schreibt heute, daß die Verwaltung ohne Zweifel vor der definitiven Entscheidung über die Bahnlinie eine technische Revision des Aachener Projekts anordnen werde, bei welcher Gelegenheit seine Direktion alle darauf bezüglichen Arbeiten einsehen und ihre Bemerkungen vortragen könne. - Demnach würde einige Aussicht vorhanden sein, daß binnen vier Jahren die Frage über die Richtung schon entschieden wäre. ... Wir werden sehen, was zu tun ist.« 32 War dies n u n interessengeleitete Polemik eines u n g e d u l d i g e n R h e i n l ä n d e r s o d e r d e u t e t die Zeitdauer der a n d e r e n frühen G e n e h m i g u n g s v e r f a h r e n a u f ähnliche Probleme hin? Verschaffen w i r u n s e i n e n Ü b e r b l i c k : C a m p h a u s e n s Ä u ß e r u n g e n b e z o g e n sich auf die R E B . Von der ersten positiven R e a k t i o n d e r S t a a t s r e g i e r u n g g e g e n ü b e r d e m K o m i t e e a m 5 . 1 2 . 1 8 3 3 bis zur e n t g ü l t i g e n Konzession d e r B a h n a m 2 1 . 8 . 1 8 3 7 vergingen dreieinhalb Jahre. Das Projekt einer Rhein-Weser E i s e n b a h n n a h m im ersten A n l a u f mehr als viereinhalb J a h r e u n d nach einer zweiten Initiative der REB noch einmal drei Jahre bis z u r Konzession d e r K M E 1 8 4 3 in Anspruch. Die Abspaltung der kleinen DEE aus d e n g r o ß e n Rhein-WeserProjekten g e l a n g nach nur zweieinhalb Jahren d e r V o r b e r e i t u n g . Die 1 8 4 2 ebenfalls aus d e m B e m ü h e n um eine Rhein-Weser V e r b i n d u n g h e r v o r g e g a n g e n e B M E konstituierte sich in einer G e n e r a l v e r s a m m l u n g 1 8 4 3 in Elberfeld u n d erhielt schließlich am 1 2 . 7 . 1 8 4 4 die Königliche B e s t ä t i g u n g - nach vorbereitenden Verhandlungen seit 1 8 3 5 . 3 3 A u ß e r h a l b der Rheinprovinz war die L a g e nicht viel besser: Die BFE brauchte von einem ersten E n t w u r f im J a h r e 1 8 3 6 bis z u r e n d g ü l t i g e n Konzession 1 8 4 1 fast 5 Jahre. Für die a n s c h l i e ß e n d e N M E traf sich ein Komitee 1 8 3 7 , die e n d g ü l t i g e Konzession traf 1 8 4 3 ein. Ein Komitee z u m Bau der BAE erreichte sein Ziel » s c h o n « nach drei J a h r e n 1 8 3 9 . Die frühe ΒΡΕ g i n g auf eine erste Initiative im W i n t e r 1 8 3 4 / 3 5 z u r ü c k , das Statut wurde am 2 3 . 8 . 1 8 3 7 g e n e h m i g t . Bei der M a g d e b u r g - L e i p z i g e r Eisenbahn 97
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vergingen zweieinhalb Jahre vor der endgültigen Konzession 1837. Schwieriger ist die zeitliche Einordnung der ΒHE zu treffen, doch datiert die K.O., die sich für einen Bahnverlauf auf dem rechten Elbeufer (anstatt über Magdeburg) aussprach, von 1 8 4 1 , die Konzession wurde der BHE in den beteiligten Staaten zwischen dem 28.2. und dem 25.4.1845 erteilt. 34 Die Übersicht zeigt: Nur in Ausnahmefällen gelang es, den bürokratischen Prozeß der Interessenabwägung in weniger als drei Jahren zur Entscheidung zu bringen. Die problematische Finanzsituation der einzelnen Projekte mag mit zu den Verzögerungen beigetragen haben, doch lohnt ein Vergleich mit der Situation in Sachsen, ehe das englische parlamentarische System gegenübergestellt wird. Die sächsische LDE, die in einem Verfahren der parlamentarischen Einzelgesetzgebung ähnlich dem englischen konzessioniert wurde, erhielt nach einer ersten Initiative Ende 1833 bereits am 6.5.1835 per parlamentarisch im Landtag abgesegnetem Dekret die Konzession.35 Diese bezog sich zunächst auf das grundsätzliche Recht zum Bau der Eisenbahn sowie auf die Genehmigung der Aktienemission und nach der Zuteilung der Aktien auf die Etablierung der Aktiengesellschaft. Nachdem alle notwendigen Vorarbeiten geleistet waren und die Gesellschaft gegründet war, erhielt das Statut der LDE am 2 0 . 3 . 1 8 3 7 Allerhöchste Billigung. Am 3.7.1835 war bereits aufgrund der Initiative zum Bau der LDE ein Gesetz über Expropriation bei Eisenbahnen verabschiedet worden. 36 Das Prozedere der Hansestadt Hamburg glich weitgehend dem sächsischen. Schon am 2 0 . 1 2 . 1 8 3 9 war das Hamburgische Exproprationsgesetz erschienen. Anschließend wurden die hamburgischen Eisenbahnen ebenso wie in Sachsen und wie auch in England durch Einzelgesetze konzessioniert, die die Hamburger Bürgerschaft verabschiedete. Für die HamburgBergedorfer Eisenbahn geschah dies am 25.5.1840, für die BHE am 21.4.1845. 3 7 In beiden Fällen, dem sächsischen wie dem der BHE, war mit dem Bau der Bahn vor der endgültigen Verabschiedung der Statuten begonnen worden.
1.2. England Der Vorgang der Gesellschaftsgründung im englischen Fall liest sich als rein privatrechtliche Vorgehensweise: »That a company be formed with a certain capital divided into a specified number of shares; that subscription books be opened at a certain time and that the deposits (that is, initial payments) on the shares be of a certain amount; that an act of incorporation be sought from Parliament; that particular individuals or firms be appointed engi98 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
neers, bankers and solicitors to the company; and finally that certain persons be named a committee of management to carry out the resolutions and run the company until incorporation should have been attained and a board of directors elected to succeed them.«38 Englische Eisenbahn-Komitees hatten keine so ausgeprägten bürokratischen Bestimmungen zu erfüllen wie ihre preußischen Pendants und es spricht einiges dafür, daß die Anforderungen der parlamentarischen Beratungen einfacher zu bestehen waren. Die Verfahrensdauer der in dieser Arbeit berücksichtigten Eisenbahngesellschaften bestätigt dies klar. Zwar begann die Diskussion über die Möglichkeit einer Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester schon zu Beginn der 1820er Jahre, doch bildete sich erst 1824 ein Komitee, das am 2 9 . 1 0 . 1 8 2 4 den ersten Prospekt herausgab, also an die weitere Öffentlichkeit trat. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch 1825, führte ein zweiter Anlauf im Jahre 1826 zum Erfolg und am 5. Mai zur Königlichen Konzession. 39 Die erste protokollierte Sitzung des Komitees der LBR fand am 2 4 . 9 . 1 8 3 0 statt. Die Bahn erlangte ihre gesetzliche Inkorporation am 6.5.1833 - ebenfalls nach einem fehlgeschlagenen Versuch, die Genehmigung des Parlaments zu erlangen. Am selben Tag (dem 31.8.1835 4 0 ) erhielt die GJR nach genau zweijähriger Arbeit des Komitees die Königliche Konzession. 41 Schließlich trat das Komitee für die LSW am 5.4.1831 offiziell zusammen, die Gesellschaft wurde am 25.7.1834 konzessioniert. 42 Diese Ergebnisse lassen eine deutliche Tendenz im Vergleich zu den Vorbereitungszeiten einer preußischen Konzession erkennen: Kein Projekt befand sich länger als drei Jahre in der Beratung, selbst die relativ »langsame« LSW war nach drei Jahren konzessioniert. Dies ging allerdings, wie sich noch zeigen wird, eher auf die halbherzigen und wenig energischen Vorbereitungen der Unternehmer als auf die prinzipiellen Verfahrensweisen zurück. Die Chancen allerdings, daß selbst eine große und umstrittene Linie wie die LBR in zwei bis drei Jahren alle Hürden der Prüfungsverfahren genommen hatte, standen relativ gut. Für den Ablauf des englischen Verfahrens galt ein - auch für die Zeitplanung entscheidender - Unterschied: Hier mußte auch die Aktiensubskription in diesem Zeitraum schon weitgehend abgeschlossen sein, während sie sich in Preußen größtenteils an die vorläufige Konzession bzw. die Vorergebnisse der ministeriellen Prüfung erst anschloß. Denn entsprechende Standing Orders des Parlaments sahen in England vor, daß 80 % des geplanten Kapitals durch verbindlichen Subskriptionsvertrag gezeichnet sein mußten, ehe die Vorlage für die Gesellschaftsgründung im Parlament eingebracht werden konnte. 43 Hauptaufgabe der Komitees im englischen Falle war die Überzeugungs99 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
arbeit sowohl gegenüber der investierenden als auch der von dem Eisenbahnvorhaben betroffenen Öffentlichkeit, insbesondere soweit sie im Parlament repräsentiert war. Die Bestimmung, daß ein großer Teil des Kapitals bereits vor Beginn des parlamentarischen Verfahrens gezeichnet sein mußte, schien Gewähr dafür zu bieten, daß eine Eisenbahngründung einem gewissen öffentlichen Interesse entsprang, das sich in der Bereitschaft der Investoren zur Aktienzeichnung manifestierte. Der Löwenanteil dieser Überzeugungsarbeit mußte auf parlamentarische Debatten, Anhörungen in beiden Häusern des Parlaments in jeweils dafür gebildeten Untersuchungsausschüssen und das weite Feld des Lobbyismus verwendet werden. Ebenso wie in Preußen erforderte das Verfahren die Vorlage möglichst detaillierter Pläne, aus denen hervorging, welchen Verlauf die Linie nehmen sollte, welche Grundbesitzer betroffen waren, welche Hoch- und Tiefbauten geplant waren, welche Baukosten sich aus diesen Plänen ergaben, welches Verkehrsaufkommen auf dieser Strecke zu erwarten war und demzufolge, wie die Ertragschancen der Bahn standen. Zunächst auf der Grundlage dieser Unterlagen, dann aufgrund zahlreicher Zeugenaussagen für und wider das Vorhaben vor den parlamentarischen Ausschüssen wurde das »Public Good« abgewogen. Für die Bahn sprachen in der Regel kaufmännische Interessenten, teilweise Gebietskörperschaften und ihre Organe, Handelskammern, die jeweiligen Abgeordneten der Region sowie professionelle Experten (Ingenieure, Juristen). Dagegen äußerten sich vorrangig betroffene Landbesitzer, vor allem adelige Großgrundbesitzer, die gegen die Gefahr der Zerschneidung ihrer Güter kämpften, Vertreter der Kanalgesellschaften, deren jeweilige politische Interessenvertreter (die Adeligen nahmen diese Aufgabe in der Regel selbst wahr, vor allem im Oberhaus), konkurrierende Eisenbahnunternehmer, die mit eigenen Projekten hervorgetreten waren oder eine schon bestehende Linie vertraten, kurz: konkurrierende Verkehrsinteressen sowie allerlei esoterische Vertreter des Kulturpessimismus, die - teils im Gewande selbsternannter Expertise wie Dr. Dionysius Lardner - Horrorszenarien der Eisenbahnen überhaupt an die Wand malten. 44 Bei den ersten Eisenbahnen konnte diese Debatte eine beträchtliche Zeit anhalten, 1834 dauerte die Anhörung vor dem Ausschuß des House of Commons für die GWR 57 Sitzungstage. Da die Bill vom House of Lords abgeschmettert wurde, bedurfte es 1835 eines zweiten Anlaufes, in dessen Verlauf trotz ausdrücklichen Bezugs auf die Ausschußsitzungen des Vorjahres die Anhörung vor dem Ausschuß des House of Lords noch einmal 4 0 Sitzungstage in Anspruch nahm. 45 Aus diesem Prozedere ergab sich auch, daß im Falle einer Ablehnung einer eingebrachten Bill ein neuerlicher Versuch in der Regel erst in der 100 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
nächsten Sitzungsperiode des Parlaments möglich war. 46 Diese Ablehnung oder auch nur die Befürchtung des Eisenbahnkomitees, daß eine solche aufgrund starker, artikulierter Opposition drohen könnte, war der wesentlichste Grund für die Länge der Verfahrensdauer. Gelegentlich entschlossen sich Unternehmer, aus diesem Grund ihre Bill erst in der nächsten Sitzungsperiode des Parlaments einzubringen und in der Zwischenzeit weitere Vorbereitungen zu treffen.47 Diese weiteren Vorbereitungen ergaben sich aus den Schwerpunkten eventueller Opposition: In den parlamentarischen Anhörungen wurde zunächst die allgemeine Berechtigung des Eisenbahnbaus, die Frage des »Public Good« abgewogen. Dafür war insbesondere eine fehlerfreie, sorgfältige technische Planung vonnöten, sollten nicht in den Debatten Widersprüche, Berechnungsfehler oder sonstige Ungereimtheiten zutage treten. 48 Dann mußte eine möglichst umfassende Subskription des geplanten Gesellschaftskapitals erreicht werden, schon um breite Unterstützung des Projekts zu dokumentieren. 49 Und schließlich konnte die zusätzliche Zeit zum Interessenausgleich mit opponierenden Landbesitzern oder Kanalinteressenten genutzt werden. Der L M R gelang nach Ablehnung der ersten Bill der geniale Schachzug, den Marquis of Stafford, zugleich einer der größten Landbesitzer Englands und Eigentümer des von der zukünftigen Konkurrenz betroffenen Bridgewater Canal, als Aktionär mit einem Anteil von 20 % des später konzessionierten Kapitals zu gewinnen. 50 In einem Prozeß, der auf delikate Weise unter Einsatz großer Geldsummen ablief, bemühten sich auch die LBR-Direktoren, den Widerstand der Grundbesitzer zu brechen, wenn nicht »einzukaufen«. Mehrmals berichten die Sitzungsprotokolle von Geldsummen, die für diesen Zweck zur Verfügung standen. 51 Der betroffene Lord Essex rühmte denn auch »liberality and gentlemanly conduct of the Directors« der LBR. 52 Bestand überhaupt keine Aussicht auf gütliche Einigung, wurde durchaus der Verlauf der Bahnlinie geändert, um die Opposition mächtiger Grundbesitzer wie des Lord Chandos zu vermeiden. 53 Schließlich konnten gegen konkurrierende Interessengruppen auch direkte Kampagnen zur Bekämpfung ihrer Initiativen geführt werden, wie es sich etwa die GWR beträchtliche Geldsummen kosten ließ, ein Vorhaben der LSW zu sabotieren, ebenfalls um eine Konzession für eine Bahn nach Bristol anzutragen. 54 Das parlamentarische System der Konzessionierung der Eisenbahngesellschaften bestach vor allem dadurch, unter dem Druck parlamentarischer Mehrheitsentscheidungen schon im Vorfeld des Gesetzesaktes einen Interessenausgleich auf dem - meist mit Geld gepflasterten - Wege der gütlichen Einigung zumindest mit den Landbesitzern herbeizuführen. An die Stelle aufwendiger Verhandlungen mit Behörden traten ausgedehnte Abstimmungen mit anderen gesellschaftlichen Interessengruppen, die zu bewälti101 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gen eine große Zahl professioneller Juristen erforderte, die, teuer bezahlt, die notwendigen Vertragsregelungen ausarbeiteten. In Preußen mußte die »Billigkeit« den Behörden abgerungen werden, in England forderte das rationale Vertragsrecht seinen Preis. Die Folge des schnelleren, wenn auch in meßbaren Rechnungen aufwendigen Verfahrens waren die häufig kritisierten hohen Kosten der gesetzlichen Inkorporation in England. Der Vergleich zu Deutschland hinkt aufgrund des völlig andersartigen Verfahrens, doch zeigt ein Überblick beträchtliche Ausgaben der englischen Eisenbahngesellschaften: Die GWR hatte für den ersten Act of Parliament 1835 insgesamt £ 88.710 ausgeben müssen, für LBR und LSW nennt Marshall Kosten von £ 650 pro Meile, also etwa £ 72.000 bzw. £ 5 0 . 0 0 0 . 5 5 Reden führt für die deutschen Eisenbahnen durchschnittlich 1500 Thlr. (nach formalem Wechselkurs ca. £ 2 1 5 , selbst bei Berücksichtigung der Kaufkraft und des höheren englischen Lohnniveaus ca. £ 430) pro deutscher Meile als Vorbereitungskosten an,56 so daß sich drastisch geringere Kosten zu ergeben schienen. Doch muß berücksichtigt werden, daß nicht klar ist, welche Größen Reden hier einbezog. Zweifellos spielte es eine wichtige Rolle, daß die freien Berufe in Deutschland für die eisenbahnrelevanten Branchen nicht existierten und auf Staatsbeamte für technische oder Rechtsfragen zurückgegriffen werden mußte, die häufig kostenlos zur Verfügung gestellt wurden oder wesentlich billiger arbeiteten als Angehörige der englischen Professionen. Das Ergebnis bürokratischer oder parlamentarischer Prüfung war - im positiven Falle - die Gewährung eines Act of Parliament für jede einzelne Eisenbahnunternehmung in England und die Allerhöchste Genehmigung von Unternehmen und Statuten in Preußen. Dabei gab es für England zunächst keine weiteren gesetzlichen Vorgaben, keine allgemeingesetzliche Regelung, wie sie die Rechtsnormen des Preußischen Eisenbahngesetzes von 1838 bereitstellten. Der Vergleich muß also englische Acts of Parliament und preußische Statuten im Verein mit dem vorgeschalteten Eisenbahngesetz berücksichtigen. Diese Dokumente unterschieden sich in einer ganz wesentlichen Hinsicht: Die englischen Acts of Parliament bestanden hauptsächlich aus Bestimmungen, die die Rechtsbeziehungen der Eisenbahngesellschaft zu anderen Bürgern oder juristischen Personen regelten, um deren Interessen genüge zu tun und potentiellen Schaden von ihnen abzuwenden. Sie waren eine Art verbrieftes Ergebnis der geschilderten parlamentarischen Diskussion. Die preußischen Statuten regelten dagegen vor allem die Rechtsbeziehungen zwischen der neu gegründeten Gesellschaft und dem Staat, der sich in alle Rechtsbeziehungen (z.B. bei der Bodenenteignung, Entschädigungsfragen) vermittelnd einschaltete. Folglich war jeweils ein Behördenweg vorgeschrieben, über den die Regelung entsprechender Probleme erfolgen sollte. 102 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
2. Rechtsgrundlagen der Unternehmensführung. Staatsaufsicht und Gesellschaftsvertrag Nach den Gründungsformalitäten nahmen die Eisenbahngesellschaften den Geschäftsbetrieb auf. Dieser bedurfte klarer Regelungen des Rechtsverhältnisses zwischen der gesellschaftlichen Öffentlichkeit bzw. dem Staat und den Organen der Gesellschaft. Zugleich mußten die Beziehungen dieser Organe untereinander, ihre Besetzung und ihre Kompetenzen klar festgelegt sein. Kapitalrechtliche Fragen, die sich aus der Eigentümerstruktur, in Deutschland der Beteiligung des Staates am Kapital der Bahnen, ergaben, wurden kodifiziert. Preußen bediente sich zu diesem Zweck einer allgemeinen Rechtsregelung in Form des Eisenbahngesetzes sowie spezieller Bestimmungen für die Einzelunternehmen in den Statuten, in anderen deutschen Staaten und England umfaßten parlamentarisch sanktionierte Statuten alle Rechtsfragen, die der Klärung bedurften.
2 . 1 . E i s e n b a h n g e s e t z , S t a t u t e n u n d Ermessensspielräume in Preußen Das preußische Eisenbahngesetz vom November 1838 versuchte, und das war schon den Zeitgenossen aufgefallen, eine ganze Anzahl von Rechtsgebieten gleichzeitig zu regeln. Camphausen stellte 1843 fest: »Das Gesetz enthält erstens Verordnungen über die Expropriation, zweitens Verordnungen, die Konzessionierung betreffend, drittens Verordnungen, welche sich auf den Sozietätsvertrag der Unternehmer beziehen, viertens Vorschriften über das bei Einleitungen von Eisenbahn-Unternehmungen einzuschlagende Verfahren.«57 In rationaler Klarheit stellte Camphausen damit das Dilemma des Eisenbahngesetzes dar: Es wurde der Versuch gemacht, einen Rechtsgegenstand allgemeingültig zu regeln, zu dem nur begrenzte Erfahrungen vorlagen, der in vielerlei Hinsicht noch ungeklärt war und für den deshalb - um tatsächlich das Rechtsziel staatlicher Regelung und Kontrolle dieser Unternehmen zu erreichen - eine Vielzahl von Genehmigungen mit den zuständigen Behörden vorgesehen werden mußten, wobei jeweils nur allgemeine, Ermessensspielräumen Tür und Tor öffnende Bestimmungen möglich waren. Im Grunde war das Eisenbahngesetz mehr eine Absichtserklärung der Staatsregierung, ein Handlungsrahmen, innerhalb dessen zahlreiche Fragen anläßlich der Genehmigung der Gesellschaftsstatuten verhandelt werden mußten. § 1 des Gesetzes legt das oben beschriebene Prüfungsverfahren fest, das 103 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
der Erteilung einer Konzession voranzugehen hatte. Auch wenn diese Prüfung positiv ausging und die Gesellschaft zur Erteilung der Königlichen Konzession zugelassen wurde, 58 blieb die nachfolgende »Genehmigung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durchführung durch alle Zwischenpunkte« ebenso wie »[der] Verhältnisse der Konstruktion, sowohl der Bahn als der anzuwendenden Fahrzeuge« 59 wiederum dem Handelsministerium 60 vorbehalten. Die Konzession begründete also nicht etwa das Recht der Bahngesellschaft, eine festgelegte Linie frei zu bauen, sondern das Recht, Detailpläne dem Ministerium vorzulegen und gegebenenfalls über dessen Änderungsvorschläge verhandeln oder sie akzeptieren zu müssen. Selbstredend mußte auch jede Veränderung der Unternehmenszwecke, also jede Kapitalerhöhung, Streckenerweiterung, Zweigbahn oder jeder Anschluß an andere Bahnen, erneut konzessioniert werden. 61 In einer ganzen Reihe von Zusammenhängen war der jeweiligen Regierung (den Regierungen, falls eine Bahnlinie mehrere Regierungsbezirke durchlief) anheimgestellt, Leistungen einzufordern bzw. Details zu genehmigen. So konnte die Bahngesellschaft Grundstücke zwar jederzeit kaufen, jedoch nur mit Genehmigung der Regierung wieder veräußern, 62 Außerdem war der Regierung das Ermessen darüber anheimgestellt, welche Grundstücke dem Unternehmenszweck gemäß der Expropriation unterliegen sollten und welche dafür nicht in Frage kamen. 63 Eine Reihe weiterer Detailfragen zur Expropration war ebenfalls der Regierung übertragen. Sie befand auch, zu welchen Bauten oder Vorkehrungen die Bahngesellschaft verpflichtet wurde, um Nachteile oder Gefahren von benachbarten Grundbesitzern abzuwenden. 64 Wiederum die Regierung konnte »auf dem Verwaltungswege« die Bahngesellschaft dazu anhalten, »die Bahn nebst den Transport-Anstalten fortwährend in solchem Stande zu erhalten, daß die Beförderung mit Sicherheit und auf die der Bestimmung des Unternehmens entsprechende Weise erfolgen könne«. 65 Dieser Paragraph begründete also ein umfassendes technisches Aufsichtsrecht der Regierungsbehörden. Dieses geht allerdings auch schon aus § 22 hervor, der die Revision und Genehmigung der Anlage durch die Regierung vor der Eröffnung vorsah. Sollte ein Bahnprojekt nicht termingerecht fertiggestellt oder gar nicht gebaut werden, war es dem Handelsministerium vorbehalten, eine Frist zu setzen, bis zu der die Bahn eröffnet werden mußte. Widrigenfalls konnte das Ministerium die Versteigerung der schon errichteten Anlagen verfügen. 66 Trotz dieser umfassenden staatlichen Aufsichts- und Genehmigungskompetenzen lehnte der Staat jede Haftung ab: »Für alle Entschädigungsansprüche, welche in Folge der Bahn-Anlage an den Staat gemacht, und entweder von der Gesellschaft selbst anerkannt oder unter ihrer Zuziehung richterlich festgestellt werden, ist die Gesellschaft verpflichtet,« 67 Zugleich 104 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
bestimmte § 25 eine Generalhaftpflicht der Eisenbahngesellschaft für »allen Schaden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn, an den auf derselben beförderten Personen und deren Sachen, entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schaden entweder durch die eigene Schuld des Beschädigten oder durch einen unabwendbaren äußern Zufall bewirkt worden ist. Die gefährliche Natur der Unternehmung selbst ist als ein solcher, von dem Schadensersatz befreiender Zufall nicht zu betrachten.« Ein Themengebiet, dessen skurile Regelungen auf noch fehlende Betriebserfahrungen mit Eisenbahnen in Preußen (wenn auch nicht im Ausland) zurückgingen, bildeten die Regelungen des Bahnbetriebes sowie der Tarife, die noch immer von der Fiktion ausgingen, bei Eisenbahnen handele es sich analog den Chausseen um öffentliche Verkehrswege, auf denen verschiedene Spediteure operieren könnten. Den ursprünglichen Unternehmern war zwar eine dreijährige Betriebsphase nach Eröffnung der Bahn vorbehalten, während der keine weiteren Transporteure zugelassen wurden. 68 In dieser Anfangszeit oblag den Bahngesellschaften auch die Tariffestsetzung nach freiem Ermessen, allerdings unter Mitteilung der Tarife an die Regierung. 69 Sollten danach jedoch Konkurrenten im Transportbetrieb auf der Bahn zugelassen werden, so mußten diese ein nach einem komplizierten, vorgeschriebenen Berechnungsmodus festgestelltes »Bahngeld«, also eine Art Straßenbenutzungsgebühr, entrichten. Frachtraten bzw. Fahrpreise für Personen sollten sich also nach diesem Modell aus zwei Komponenten zusammensetzen: einem Bahngeld für die Streckenbenutzung und einer eigentlichen Transportgebühr für den Spediteur. Für beide Teile galten jeweils Höchstgrenzen, die sich aus einer Begrenzung der erzielten Verzinsung des jeweils eingesetzten Kapitals auf 10 % ergaben. Zudem war die Gesellschaft verpflichtet, einen Teil des Gewinns in einem Reservefonds anzulegen. 70 Grundlage dieses Vorgehens war eine bis ins Detail vorgeschriebene Buchführungspflicht der Gesellschaft, deren Rechnungsabschlüsse der Regierung einzureichen waren. Auch wenn die Vorstellung konkurrierender Spediteure auf derselben Bahnlinie, die auch die Anfangsphase englischer Eisenbahnen prägte, nie realisiert wurde, blieben die Bestimmungen zur Rechnungspflicht, zur Genehmigung von Tarifen und zur Gewinnbegrenzung doch gültig. 71 Für die Betriebsphase der Bahnen wurde noch eine Reihe von Regelungen betreffend das Verhältnis der Eisenbahnunternehmen zum Staat getroffen. Ausgehend von Bestimmungen zur Postbeförderung, die den Bahnen detaillierte Pflichten auferlegten, 72 brachte § 38 den Gedanken einer Eisenbahnsteuer (als Abgabe auf den Reingewinn) als Kompensation für entgangene Einnahmen aus dem Postregal auf. Wiewohl ohnehin erst 105 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
vorgesehen, nachdem die zweite Bahn in Preußen drei Jahre in vollständigem Betrieb gewesen war, kam diese Steuer erst nach der Revolution im Jahre 1853, also deutlich verzögert, zur Ausführung. 73 Zentral für die Entwicklung des preußischen Eisenbahnwesens war der in § 42 angelegte Verstaatlichungsvorbehalt. Dieser stand ursprünglich unter dem ebenfalls noch aus der Vor-Eisenbahn-Zeit überkommenen Vorzeichen der Amortisation: Mit Hilfe der Erträge aus der Eisenbahnsteuer sollte der Staat die Aktien der Bahngesellschaften in einer Art Lotterie (nach dem Los) aufkaufen, so daß bei vollendeter Amortisation des Anlagekapitals der Bahn die Transportkosten sich nur noch auf den zur reinen Spedition benötigten Anteil sowie Streckenunterhaltung belaufen würden. Auch diese Vorstellung wurde von Kapitalbedarf und Expansionsgeschwindigkeit des Eisenbahnnetzes schnell überholt. Doch blieb die später eingeführte Steuer, die zeitweise auch für den angegebenen Zweck verwendet wurde, allerdings ohne auf diesem Wege je eine Eisenbahn in staatliche Hand zu bringen oder das Anlagekapital entsprechend zu amortisieren. 74 Für den Fall einer direkten staatlichen Übernahme setzte § 42 allerdings schon das Berechnungsverfahren der Entschädigungssumme fest, die die Eisenbahnunternehmer zu erwarten hatten. Bestimmungen über die Aberkennung der Konzession und einen allgemeinen Revisionsvorbehalt dieser eisenbahnrechtlichen Bestimmungen vervollständigen das Eisenbahngesetz, das immerhin unveränderte Gültigkeit behielt, bis das Kaiserreich 1873/74 neue Regelungen erforderte. 75 Die hier geschilderten Bestimmungen bildeten den allgemeinen rechtlichen Rahmen der Eisenbahnaktivitäten in Preußen. Auch Eisenbahngesellschaften, die bereits vor Ergehen dieses Gesetzes konzessioniert worden waren, sollten den Bestimmungen unterworfen sein. 76 Eine allgemeinrechtliche Regelung, die über das Eisenbahngesetz von 1838 wesentlich hinausging, kam bis zur Verstaatlichungspolitik Preußens ab 1879 nicht mehr zustande. Diese allgemeinen Rechtsbestimmungen wurden durch die Statuten ergänzt, die den eigentlichen Gesellschaftsvertrag bildeten. Dieser Gesellschaftsvertrag bestimmte die Unternehmensziele, die innere Organisation der Gesellschaft, also die Rechts- und Kompetenzbeziehungen der Gesellschaftsorgane untereinander sowie die äußeren Rechtsbeziehungen des Unternehmens zu anderen Rechtssubjekten und dem Staat. In den Statuten wurden unternehmensspezifische Rechtsregelungen getroffen, die jedoch einen hohen Standardisierungsgrad aufwiesen. Den Unternehmenszielen widmete sich Titel I der Statuten. Name der anonymen Gesellschaft, Linienverlauf, Möglichkeiten der Erschließung von Zweigbahnen, des Anschlusses an andere Bahnen sowie die Berechtigung sowohl zum eigenen als auch zum Transportbetrieb durch andere 106 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Unternehmer gegen Bahngeld, die Möglichkeit, Fuhrunternehmer zur Anund Abfuhr von Gütern an den Bahnhöfen zu verpflichten (sogen. Bestatter), sowie das generelle Expropriationsrecht wurden hier festgelegt. Alle diese Optionen waren selbstverständlich der Genehmigung des Finanzministeriums unterworfen. Bei Bahnen, die nach Erlaß des Eisenbahngesetzes konzessioniert wurden, fand sich hier auch der Vorbehalt der Genehmigung der Tarife und des Fahrplans durch das Finanzministerium sowie die Berechtigung des Ministeriums, zur Koordination durchgehender Verbindungen zwischen mehreren Bahnen Fahrplanänderungen zu verlangen. 77 Titel III widmete die Paragraphen 13 bis 25 7 8 der Kapitalisierung der Gesellschaft, den nach und nach erfolgenden Einzahlungen des Kapitals, der Verpflichtung der Aktionäre, ihre Zahlungen bei Drohung einer Konventionalstrafe zu leisten, der Haftungsbegrenzung, der Gewinnausschüttung, der Bildung des Reservefonds, der Aktienverwaltung sowie eventuellen Kapitalerhöhungen bzw. Anleiheemissionen. Letztere unterlagen nach Beschluß der Generalversammlung jeweils der Genehmigung der Staatsregierung. Als letzter Abschnitt der allgemeineren Bestimmungen folgte Titel IV zu öffentlichen Bekanntmachungen, also der Öffentlichkeit des Gesellschaftsgeschehens in vorgeschriebenen Medien, sowie Statutenänderungsverfahren und der Auflösung der Gesellschaft. Entsprechende Befugnisse der Generalversammlung und geforderte Stimmrechtsmehrheiten wurden aufgeführt. 79 Der weit überwiegende Teil der statuarischen Bestimmungen galt jedoch in den § § 30 bis 81 der Regelung der inneren Organisation der Gesellschaft und ihrer Organe, also dem eigentlichen Gesellschaftsvertrag, insbesondere den Kompetenzen jedes einzelnen Gesellschaftsgremiums. Unter eigenen Titeln erfaßt sind die Generalversammlung, der Administrationsrat (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat), die Direktion, die »höheren, besoldeten Beamten der Gesellschaft« sowie die »untern Beamten und Agenten der Gesellschaft«. Dabei sind die beiden letztgenannten Titel im Statut der REB relativ ausführlich gehalten, in dem der KME und anderer Gesellschaften jedoch zusammengefaßt und auf teilweise nur noch zwei Paragraphen geschrumpft. Hier wird vor allem auf die Beamten Bezug genommen, deren Ernennung, zumal wegen der Staatsbeteiligung, der Bestätigung des Finanzministeriums unterworfen war. 80 Gemeinsam war allen Statuten, die nach Erlaß des Eisenbahngesetzes ergangen waren, daß sie eine Haftungsbestimmung dieses Gesetzes aufgriffen: Die ursprünglichen Subskribenten bzw. Erstzeichner einer Gesellschaft hafteten, unbesehen eventueller Verkäufe ihrer Aktien, für mindestens 40 % des Aktienwertes. Erst nachdem diese eingezahlt waren, konnte 107 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
die Gesellschaft durch Beschluß die Erstzeichner aus ihrer weiteren Haftung entlassen.81 Säumigen Zahlern drohten Konventionalstrafen auf nicht oder entsprechend verspätet geleistete Zahlungen und bei vergeblicher Mahnung solcher Aktionäre konnte die Gesellschaft die Aktien unter Verlust bereits geleisteter Einzahlungen einziehen und neu ausgeben. Der neue Besitzer hatte sodann sofort die bereits eingeforderten Einzahlungen zu leisten. 82 Eine etwas merkwürdige, in Preußen aber bei allen betrachteten Bahnen gepflogene Übung war die Zahlung von Zinsen auf das Aktienkapital während der Bauzeit. Diese Zahlungen müssen als Zinsen und nicht als Dividenden betrachtet werden, denn sie wurden bereits während der Bauzeit der Bahn geleistet, so daß sie nicht aus Erträgen, sondern aus der entsprechend höher angesetzten Kapitalsumme des Untenehmens bestritten werden mußten. Es handelte sich im Grunde um das Versprechen einer Mindestdividende, die zumindest während des Baus der Bahnen unabhängig vom Geschäftserfolg gezahlt wurde. Erst nach Fertigstellung der Bahn hing die Zahlung der Zinsen vom Ertrag der Geschäftstätigkeit bzw. einer entsprechenden staatlichen Garantieleistung ab. Diese Zinsen beliefen sich bei der Rheinischen Eisenbahn und der Berlin-Frankfurter Bahn auf 5 %, alle anderen untersuchten Gesellschaften zahlten während der Bauzeit 4 % Zinsen. 83 Die LDE mußte sich zu einer entsprechenden Vorgehensweise erst während der Bauzeit entschließen, um den Kurs der Aktien zu stabilisieren und eine große Kapitalerhöhung unterbringen zu können. 84 Die aus dem Kapitalbesitz an der Gesellschaft abgeleiteten Stimmrechte schlossen durchweg Kleinstaktionäre von der Abstimmung in der Generalversammlung aus. Das »demokratischste« Stimmrecht galt für die BME, bei der je drei (also auch: mindestens drei) Aktien zu einer Stimme berechtigten. Zugleich war hier festgelegt, daß kein Aktionär mehr als 30 Stimmen abgeben durfte. Besaß also ein Aktionär mehr als 90 Aktien (oder vertrat solche in der Generalversammlung), erhöhte sich sein Gewicht jenseits dieser Maximalstimmenzahl nicht mehr. Ein ähnlich degressives Stimmrecht findet sich im Statut der REB: Hier berechtigten 4 Aktien zu einer Stimme (zugleich Minimum) bis zum Besitz von 4 0 Aktien. Darüber hinaus erhielt der Großaktionär für je 8 Aktien eine Stimme bis zum Maximum von 400 Aktien, so daß maximal 55 Stimmen auf einen Aktionär vereinigt sein konnten. Eine entsprechende Regelung galt für die KME, allerdings mit einem Minimum von 5 Aktien pro Stimme (bis 50 Aktien) und einem Maximum von weiteren 500 Aktien (von denen je 10 zu einer Stimme berechtigten), so daß auch hier höchstens 55 Stimmen erreichbar waren. Bei allen anderen Gesellschaften berechtigten erst 10 Aktien zur Abgabe einer Stimme, so daß dies die Mindestgrenze der Mitwirkung am Abstimmungsprozeß war, wobei es bei BHE und BAE keine Obergrenze 108 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gab, bei BFE und NME jedoch höchstens 10 Stimmen auf einen Aktionär - durch Eigenbesitz oder Vertretung - vereinigt sein durften.85 Eine Reihe bemerkenswerter Festlegungen waren nur in die Statuten einzelner Gesellschaften eingegangen. Beginnend mit der NME und der KME galten »Bedingungen in Betreff der Benutzung der Eisenbahnen für militärische Zwecke«, die entweder in den Statuten enthalten oder diesen vorangestellt waren.86 In den frühen Statuten (REB, BFE, BAE)findetsich keine entsprechende Bestimmung. Die allgemein schon im Eisenbahngesetz vorgesehene Amortisation findet sich nur bei den Gesellschaften realisiert, die mit einem staatlichen Kapitalanteil entsprechend der Beschlüsse von 1842 entstanden, also der KME und der NME. Für alle anderen Gesellschaften fehlte zunächst ein Finanzierungsinstrument, da die geplante Eisenbahnsteuer erst 1853 eingeführt wurde. Hier diente der Ertrag der vom Staat gehaltenen Anteile dazu, weitere Aktien zum Nennwert aufzukaufen, als den staatlichen Kapitalanteil auf Kosten des privaten zu erhöhen. Der Amortisationsfonds sollte in den folgenden Jahren progressiv jeweils um den Ertrag der bereits amortisierten Aktien steigen und so die Bahn schließlich ganz in staatliches Eigentum übergehen. Wie Kapitel II.2. jedoch bereits gezeigt hat, trat dieser Fall nicht ein: Die NME wurde 1852 aus anderen Gründen im ganzen verstaatlicht, die KME ging 1866 vollständig in den Besitz privater Aktionäre über. Die Verstaatlichung der NME beruhte auf einem statuarischen Vorbehalt, der für Bahnen mit staatlicher Kapitalbeteiligung und Zinsengarantie folgende Regelung traf: Wurde der staatliche Zinszuschuß in drei (KME: fünf) Jahren in Folge in Anspruch genommen oder lag er über 1 % (KME: 1,5 % ) , so war der Staat berechtigt, die Verwaltung der Bahn zu übernehmen. Lag fortan der Gewinn wiederum für 3 Jahre über dem Garantiezinssatz von 3 1/2 %, so ging die Verwaltung an die privaten Eigentümer zurück. 87 Es bleibt zu bedenken, daß es sich bei Preußen nicht um ein homogenes geografisches Territorium und bei Deutschland nicht um einen Nationalstaat handelte, weshalb für das Zustandekommen mehrerer Eisenbahnen vorab Staatsverträge zwischen den Regierungen der von den Bahnen durchfahrenen Staaten geschlossen werden mußten. Dieses zusätzliche Rechtsmittel mußte im Falle der BHE immerhin zwischen Preußen, Dänemark, Mecklenburg-Schwerin und den freien und Hansestädten Lübeck und Hamburg abgestimmt werden. 88 Wesentlichste Grundlage war hier die Festlegung, daß im Grundsätzlichen das preußische Eisenbahngesetz - mit teilweise abweichend normierten Einzelbestimmungen - für die gesamte Linie gelten sollte. Von besonderer Bedeutung waren die Regelungen für die hoheitlichen Aufgaben, für die Postverwaltung, die militärischen Belange sowie die Zollbestimmungen. Wie auch in einem anderen Staatsvertrag 109 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
für das Zustandekommen der NME wurde im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr die Spurweite auf die englische Normalspur festgelegt. 89 Der Staatsvertrag zum Zustandekommen der NME und zur Regelung einer Zweigbahn von derselben nach Görlitz mit weiterem Anschluß nach Dresden und Leipzig sah zusätzlich weitergehende Bemühungen um technische Standardisierung von Streckenbau und Fahrzeugen vor, um durchgehende Züge zwischen Breslau und Leipzig zu ermöglichen. 90 Eine Besonderheit, die die BHE als einzige private preußische Eisenbahn auszeichnete, war die Besoldung der Direktion mit vertraglich festgelegten Gehältern. Alle anderen betrachteten Gesellschaften bezahlten ihren Leitungsgremien gewinnabhängige Tantiemen bzw. Remunerationen, die durch den Aufsichtsrat festgelegt wurden. Einzig bei der BHE wählte der Ausschuß die Direktoren zwar wie bei allen Gesellschaften, diese erhielten jedoch Anstellungsverträge und Gehalt wie zwei von Hamburg und Mecklenburg bestellte staatliche Direktoren. 91 Vergleichbar den angestellten Direktoren bestellten alle Bahnen außerhalb der Rheinprovinz Syndici auf Honorarbasis, die jeweils vom Aufsichtsrat gewählt wurden und die Gesellschaft in Rechtsfragen berieten sowie nach außen vor allem gegenüber der Staatsregierung sowie in Gerichtsprozessen vertraten. Diese Syndici waren aus den jeweils örtlich angestellten Justizkommissarien, vor allem Berlins, auszuwählen. Zugleich fungierten die Syndici bei den Sitzungen der Gesellschaftsorgane als Protokollanten. 92 Das durch ein eigenes Gesetz verabschiedete Statut der sächsischen LDE regelte naturgemäß durchaus ähnliche Gegenstände wie die in den späten dreißiger und vierziger Jahren ergangenen Statuten preußischer Eisenbahngesellschaften. Doch weicht es in verschiedener Hinsicht fundamental von den preußischen Pendants ab: Im Statut der LDE ist vom Staat praktisch nicht die Rede. Die ausführlichste Erwähnung findet der sächsische Staat in § 6 8 . Dort steht: »Die Staatsregierung gewährt der Compagnie ihren besonderen Schutz gegen jede Beeinträchtigung, und wird zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen einem ihrer Beamten fortwährenden Auftrag in den Eisenbahnangelegenheiten und insbesondere auch zu allen Verhandlungen zwischen der Regierung und der Compagnie erteilen. Diesem Königlichen Kommissar steht jederzeit die Einsicht in die Bücher und den Geschäftsgang der Compagnie, sowie die Gegenwart in den General- und Ausschuß-Versammlungen frei, zu denen er daher stets einzuladen ist.«93 Die relative Absenz des Staates in diesen Bestimmungen kommt auch darin zum Ausdruck, daß der Unternehmenszweck der LDE ausdrücklich den Bau, die Benutzung und die eventuelle Verlängerung der Bahnlinie bis zur Landesgrenze umfaßt. 94 Zudem regelt § 60 schon vorab die Berechtigung 110 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
zur Kapitalerhöhung: Sollte das genehmigte Kapital zum vollständigen Bau der Bahn nicht ausreichen, wird die Direktion »unter Zustimmung des Ausschusses« - nicht aber der Staatsregierung - ermächtigt, eine Anleihe aufzunehmen oder eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien vorzunehmen. 95 Die Kapitalisierung der LDE ist darüber hinaus von einem Unikum der Finanzgeschichte der Eisenbahnen gekennzeichnet: Neben dem Aktienkapital emittierte die Bahngesellschaft für 500.000 Thlr. sogenannte Kassenscheine, erhielt also das Notenemissionsrecht. 96 Letzte Besonderheit, bezogen auf die Kapitalisierung der LDE, war die Befugnis der Direktion, »müssige Gelder der Compagnie durch Ausleihen gegen vollständige Pfandsicherheit oder durch Ankauf von Aktien der Compagnie, oder guter Wechsel zinsbar anzulegen«. 97 Damit erhielt die Direktion die Befugnis, sich an Börsengeschäften mit dem Kapital der Gesellschaft zu beteiligen, was unter anderem die legale Möglichkeit der Kurspflege eigener Aktien bedeutete. Zweifellos wäre dieses Vorgehen dem immer um Aktienspekulation besorgten preußischen Finanzminister ganz und gar verwerflich erschienen. Das ursprüngliche Statut der LDE kannte keine Verzinsung der Aktien während der Bauzeit, welche allerdings anläßlich einer Bezugsrechtsemission zur Verdreifachung des Kapitals während der Bauzeit eingeführt wurde. 98 Säumige Aktionäre, die ihren Einzahlungspflichten nicht nachkamen, liefen bei der LDE lediglich Gefahr der Annulierung ihrer Aktien, Konventionalstrafen gab es nicht. 99 Eine ganz beträchtliche Abweichung weist das Stimmrecht der Aktionäre in der Generalversammlung auf: Jede Aktie berechtigt zu einer Stimme, jedoch galt für steigende Paketgrößen, die ein Aktionär besaß, ein streng degressives Stimmrecht: 2 bis 5 Aktien 2 Stimmen, 6 bis 10 Aktien 3, 11 bis 20 Aktien 4, 21 bis 50 Aktien 5, 51 bis 75 Aktien 6, 76 bis 100 Aktien 7, 101 bis 150 Aktien 8 und schließlich 151 oder mehr Aktien 10 Stimmen. 100 Damit war die LDE die einzige hier betrachtete deutsche Eisenbahn, deren sämtliche Aktionäre wenigstens eine Stimme in der Generalversammlung hatten. Neben diesen Abweichungen enthielt das Statut die üblichen Bestimmungen zu den Gesellschaftsgremien, deren Kompetenzabgrenzung und wechselseitigen Beziehungen, sowie zur Wahl, Besetzung und Qualifikation dieser Gremien bzw. ihrer Kandidaten. Der Ausschuß weist eine Besonderheit auf, die offenbar auf Gepflogenheiten des vorbereitenden Komitees verweist: 20 seiner Mitglieder wurden von der Generalversammlung gewählt, weitere 10 wurden danach von diesen kooptiert. 101 Die Direktion sollte während der Bauphase eine Vergütung erhalten, danach war die Abgeltung der Leistungen über eine Tantieme vorgesehen. 102 Mit Genehmigung der Staatsregierung - die war für Statutenänderungen immerhin erforderlich - wurde diese Bestimmung mit Wirkung vom 1. Januar 111 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
1842 dahingehend geändert, daß die Direktoren fortan wie die Kollegen der BHE Gehalt erhielten. 103 Das Statut der LDE weist einen von den preußischen Statuten durchaus abweichenden Charakter auf: Es stellt weit mehr als jene einen Gesellschaftsvertrag dar, regelt die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft und ihrer Gremien. Dies leisteten die preußischen Pendants zwar auch, doch enthielten sie darüber hinaus eine Vielzahl von Bestimmungen zum Verhältnis der Aktiengesellschaften zum Preußischen Staat. In zahlreichen Zusammenhängen behielt sich der Staat Genehmigungen, Eingriffsmöglichkeiten oder Abstimmungen vor, die die Grundaufgabe dieser Gesetzeswerke, Rechtssicherheit herzustellen, mindestens beeinträchtigten, wenn nicht unmöglich machten, waren doch die zukünftigen Auswirkungen dieser Bestimmungen auf den Geschäftsgang des Unternehmens nicht abzusehen.
2 . 2 . England: Private Acts als Gesellschaftsverträge Vorbild der in Sachsen und Hamburg praktizierten parlamentarischen Einzelkonzession von Eisenbahnen, zunächst ohne allgemeingesetzliche Regelungen, waren die englischen Private Acts of Parliament. Diese regelten direkt Interessenfragen und Rechtsgüter betroffener Bürger und Rechtssubjekte. Beispielhaft für diese Private Acts, durch welche die Eisenbahngesellschaften inkorporiert wurden, soll hier der frühe Act der LMR betrachtet werden. 104 Der vorrangige Charakter eines Gesellschaftsvertrages führte dazu, daß die englischen Acts praktisch keinen direkten Bezug auf den Staat nahmen. Wenn auch das englische Parlament - als echter Pionier ohne jedes ausländische Vorbild im Gegensatz zu Preußen und den anderen deutschen Staaten - ebenso unerfahren im zu erwartenden Charakter und der Betriebsorganisation des neuen Verkehrsmittels Eisenbahn war wie preußische Behörden, besaß es doch Erfahrung im Interessenausgleich und der Wahrung der Rechtsgüter der vom Eisenbahnbau betroffenen Bürger. Das zentrale Ergebnis dieser Erfahrung waren alle die Bestimmungen der Acts, die sich mit diesen Betroffenen und ihren Interessen auseinandersetzten. Wichtigster Unterschied zu Preußen war der, daß in die Acts direkte Entscheidungen aufgenommen wurden, nicht etwa Bestimmungen, die die eigentliche Entscheidung erst ins Ermessen einer Behörde stellten. Folgerichtig nehmen die Acts auf den Staat und seine Organe praktisch überhaupt nicht Bezug, eine für Eisenbahnen zuständige Behörde, auf die hätte verwiesen werden können, gab es in der Frühphase englischer Eisenbahngründungen bis 1840 ohnehin nicht. 105 112 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Wie später die deutschen Statuten, legte der englische Act den Linienverlauf und damit die betroffenen Anrainer fest. Die Gesellschaft zum Bau dieser Linie erhielt das Korporationsrecht, d.h. die Eigenschaft einer juristischen Person, und zugleich die Genehmigung zur Expropriation des benötigten Landes sowie zum Betreten für alle Zwecke des Baues und der Vermessung. Zugleich schloß diese Zulassung die Baugenehmigung für alle wesentlichen Kunstbauten in der in den Plänen spezifizierten Version ein. Die Bahngesellschaft wurde zu den kommunal zu entrichtenden Grundsteuern (»rates«) für diese Gebäude verpflichtet, wie sie jeder Bürger für seine Gebäude zu entrichten hatte. Der durch den Act automatisch sanktionierte Grundbedarf der Bahn war bis zum Umfange von 22 yards in der Breite für die normale Strecke, 150 yards in der Breite für Einschnitte oder Dämme sowie eine Fläche von 150 mal 200 yards für die beiden Endbahnhöfe abgedeckt. Abweichungen von den sanktionierten Plänen um mehr als 100 yards mußten erneut parlamentarisch genehmigt, also Änderungsgesetze beantragt werden. Eventuell unter der Linie gelegene Bodenschätze und die Rechte an ihnen verblieben beim Alteigentümer des Landes, der die weitere Nutzung wahrnehmen konnte. 106 Das Statut nahm für eine Reihe von wichtigen Fragen der Anlieger die LMR in die Pflicht und regelte konfliktträchtige Details: Der Bau des Tunnels der LMR unter der Innenstadt von Liverpool mußte von den Vermessungsbehörden der Stadt genehmigt werden. Sprengungen bedurften einer schriftlichen Genehmigung dieser Behörde und bei Zuwiderhandlungen drohte eine Strafe von bis zu £ 5 pro Vorkommnis. Abweichungen von den dem Act zugrunde liegenden Plänen aus technischen Gründen bedurften ebenso dieser Genehmigung. Detaillierte Festlegungen spezifizierten die Tunnelzufahrten und die Schächte zum Bau des Tunnels. Die Eisenbahngesellschaft wurde zur Änderung der jeweils kreuzenden Kanalisationsröhren verpflichtet und haftete schließlich für »good and substantial repair« des einmal fertiggestellten Tunnels, so daß keine Gefahr für darüberstehende Gebäude entstand. Verlangten es die Eigentümer, war die Eisenbahngesellschaft gezwungen, diese Gebäude zu kaufen.107 Ähnlich sorgfältige Bestimmungen sicherten in mehreren Paragraphen die Wasserversorgung Liverpools. 108 Spezielle Bestimmungen schützten eine Reihe namentlich genannter Grundbesitzer, deren Land für die Linie benötigt wurde. Kuriosester Teil dieser Überlegungen war der Schutz der Anlieger vor dem Rauch der Lokomotiven, indem diese konstruiert sein mußten »to consume their own smoke«. Darunter war zu verstehen, daß die Lokomotiven koksbefeuert sein mußten. Auch diese Bestimmung war bei Zuwiderhandlung mit Strafen zwischen £ 5 und £ 20 bedacht. 109 Derartige Detailvorschriften zum Interessenausgleich bestanden ebenso 113 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
für das Verhältnis der Eisenbahn zum Liverpooler Hafen, zu den vorhandenen Straßen und sowie zu kreuzenden Kanalgesellschaften.110 Die Aufzählung dieser Beispiele mag verdeutlichen, was ich zum Charakter dieser Acts eingangs betont habe: sie stellen eine vertragliche Ausgleichsregelung zwischen der Bahngesellschaft und all den Interessengruppen dar, die entweder von vorneherein oder im Laufe des parlamentarischen Anhörungsverfahrens berücksichtigt wurden. Doch nicht nur im Kontext von Interessenkonflikten, die zu regeln schon deshalb ein dringendes Bedürfnis bestand, weil die traditionellen Interessengruppen der Landbesitzer, vor allem des Hochadels, der mit diesen verbundenen Kanalbesitzer und der Turnpike Trusts, also der mautkassierenden Straßengesellschaften, im Parlament prominent vertreten waren, fällt die relative Staatsferne dieser Acts auf. Staatsverträge zur Regelung internationaler Fragen erübrigten sich auf den britischen Inseln, eine Staatsbeteiligung an irgendeiner dieser Gesellschaften ist nicht zu verzeichnen und bedurfte daher auch keiner Rechtsregelung. Militärische Belange scheinen in England eher in Begriffen der Marine wahrgenommen worden zu sein, jedenfalls fehlt es auch an diesbezüglichen Festlegungen. Zwar wurde in den parlamentarischen Anhörungen zumindest für die LSW der militärische Wert einer Bahnverbindung zum Hafen Southampton nicht verkannt und recht bald auch ein Anschluß Portsmouths herbeigeführt, doch fand diese Wahrnehmung keinen Eingang in den Act der Gesellschaft,111 Spezifische Regelungen, die die Post betrafen, fehlten in diesem Kanon der Staatsfragen des Eisenbahnwesens ebenfalls. Einige eher marginale Bestimmungen der Acts widmeten sich der Sicherheit des Bahnbetriebes. Dazu gehörte unter anderem, daß die Bahnlinie einzuzäunen war und die Schranken nicht die Straßen sperrten, sondern die Gleise, also zum Passieren eines Zuges geöffnet und dadurch die Straßen gesperrt werden mußten. 112 Personen, die den Bahnbetrieb gefährdeten, hatten Strafen zu gewärtigen, und die Beamten der Gesellschaft wurden darauf verpflichtet, Personen, die sich Verstöße gegen dieses Gesetz zuschulden kommen ließen, festzuhalten und den Friedensrichtern zu überstellen. 113 Die allgemeineren Bestimmungen der Acts beschloß ebenso wie in Preußen die Maßgabe, daß die Acts nur zeitlich befristet ergingen. Das Expropriationsrecht galt für fünf Jahre, die Bahn selbst mußte nach spätestens sieben Jahren fertiggestellt sein. 114 Ein wichtiges Element staatlichen Eingreifens in Details der Unternehmensführung stellten allerdings die Regelungen zur Festlegung von Höchsttarifen und zur Begrenzung der Gewinne der Eisenbahnunternehmen dar. Zur Berechnung schrieb § 122 einen jährlichen Abschluß genau geführter Bücher zum 31.12. vor. Sodann erhielt die Direktion die Befug114 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
nis, bis zum Umfange von £ 100.000 einen Reservefonds zu bilden, wobei jährlich bis zu 10 % des Reingewinns an diesen Fonds überwiesen werden durften. Dieser sollte zur Begleichung außerordentlicher Belastungen dienen. Vom verbleibenden Reingewinn sollte eine Dividende gezahlt werden, die möglichst 10% nicht überschreiten durfte. Geschah dies in einem Geschäftsjahr dennoch, so war die Gesellschaft gehalten, für jedes zusätzliche Prozent Reingewinn die Frachtraten pro Tonne um 5 % zu senken. Diese Änderung war zu veröffentlichen. Generell war die Gesellschaft nur berechtigt, Tarife bis zu festgelegten Obergrenzen zu erheben, die nach Gütern aufgeschlüsselt im Act genannt waren. Dies galt auch für Personentarife. Schließlich regelte eine Vielzahl von Paragraphen die gesellschaftsrechtlichen Fragen im engeren Sinne. Dazu gehörten die Fragen der Kapitalisierung der Aktiengesellschaft, die Stimmrechtsfragen sowie die Fragen der Gremienorganisation, der Kompetenzen von Generalversammlung und Direktion. Das englische Gesellschaftsrecht kannte nur diese beiden Leitungsinstanzen. Zu den gängigen Inhalten dieser Abschnitte gehörte die Befugnis der Gesellschaften, Anleihen bis zum Betrag von einem Viertel - bei späteren Acts einem Drittel - des Aktienkapitals zusätzlich zu diesem aufzunehmen, wenn entsprechende Baukosten dies erforderten. Für die LSW findet sich die ergänzende Möglichkeit, bis zu 50 % des Aktienkapitals über Anleihen zwischenzufinanzieren, nachdem die ersten 50 % des Grundkapitals eingezahlt waren. 115 Eine Verzinsung des eingezahlten Kapitals kannten die englischen Acts im Gegensatz zu Preußen nicht, es sei denn, der Aktionär zahlte vor den jeweiligen »Calls« Vorschüsse ein (die als Kredite anzusehen waren). 116 Von Anfang an galt eine Form des degressiven Stimmrechts: Bereits in der Generalversammlung der LMR berechtigte jede Aktie bis zum Besitz von 20 Stück zu einer Stimme, darüber hinaus gewährten je vier Aktien eine weitere Stimme. Die LSW regelte das Stimmrecht undemokratischer, wenn auch ebenso degressiv: Aktionäre, die weniger als 10 Aktien besaßen, erhielten kein Stimmrecht, danach berechtigten 10 bis 25 Aktien zu einer Stimme, 25 bis 50 Aktien zu zwei Stimmen, 50 bis 100 zu drei, 100 bis 150 zu vier, 150 bis 200 zu fünf und mehr als 200 Aktien zu sechs Stimmen. 117 Das Quorum einer Generalversammlung lag bei 25 Aktionären oder 2 0 0 repräsentierten Aktien (= £ 2 0 . 0 0 0 ) , diese waren ebenfalls die Initiativgrenzen für die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung. Die entsprechenden Grenzen lagen bei der LSW bei 15 Aktionären oder 500 Aktien (= £ 25.000). 1 1 8 Eine Besonderheit galt für die Gesellschaftsgremien der LMR: Der Großinvestor Marquis of Stafford erhielt das Recht, aufgrund seines Besitzes von 1000 Aktien (= £ 100.000) drei der 115 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
fünfzehn Direktoren zu ernennen, während die verbliebenen zwölf von den übrigen Aktionären gewählt wurden. 119 Säumige Aktionäre, die ihren Einzahlungspflichten nicht nachkamen, verloren, solange sie im Rückstand waren, ihr Stimmrecht und konnten nach entsprechenden Mahnung auch generell ihrer Aktien verlustig erklärt werden, welche dann neu ausgegeben wurden. 1 2 0 Insgesamt enthält der gesellschaftsrechtliche Teil der Acts eine große Zahl detaillierter Bestimmungen zu den Rechten und Pflichten von Aktionären, Direktoren und leitenden Angestellten der Gesellschaft. Insbesondere die Kompetenzen der Direktoren wurden, wie übrigens auch die ihrer deutschen Kollegen, genau aufgelistet. Gehaltszahlungen kannten englische Direktoren allerdings nicht, ihre Aufwandsentschädigung auf Tantiemenbasis wies ihre Tätigkeit als Ehrenamt aus. Acts vergleichbaren Inhalts lagen üblicherweise den englischen Eisenbahngesellschaften zugrunde. Eine Veränderung dieses Verfahrens trat erst 1840 ein, als ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß die Einrichtung eines Railway Department beim Board of Trade durch Gesetzesvorlage anregte. Hiermit wurde eine Regierungsbehörde geschaffen, die über den Board of Trade dem Kabinett unterstellt war. Die Kompetenzen dieser Behörde 121 erstreckten sich vor allem auf die Inspektion der Bahnlinien vor der Eröffnung sowie ab 1842 auf das Verbot der Eröffnung einer neuen Linie, wenn diese bei der Inspektion nicht den Anforderungen entsprach ( 1 8 4 2 ) . Zusätzlich oblag dem Railway Department die Genehmigung der »Bye-Laws«, also der Betriebsordnungen der Bahnen. Sie verfolgten Rechtsverstöße gegen die Acts und erstellten Untesuchungsberichte bei Eisenbahnunfällen. Schließlich erhielten sie die Befugnis, Daten zur Erstellung von Statistiken zu Verkehrsaufkommen, Fahrpreisen, Dividenden etc. von den Eisenbahneesellschaften einzufordern. Diese Behörde erhielt durch Gladstones Railway Regulation Act von 1844 weitere Kompetenzen, deren wichtigste die Erstellung von Berichten über jede neu dem Parlament zugeleitete und zur Inkorporation vorgesehene Vorlage war. Damit fand angesichts der Vielzahl der Projekte während der »Railway Mania« 122 eine Vorprüfung statt, die einer Überlastung des Parlaments und seiner Ausschüsse vorbeugen bzw. abhelfen sollte. Zugleich wurde das Department umgewandelt in den sogenannten Railway Board, der mit fünf Spitzenbeamten besetzt sein und über weiteres Personal verfügen sollte. 123 Dennoch wurde das staatliche Bemühen um Aufsicht über die Eisenbahnen in England nur mit relativ schwachen Kräften realisiert. Der Tenor staatlichen Bemühens um die Gründungsformalitäten von Eisenbahngesellschaften lautet eindeutig, daß im internationalen Vergleich das englische System nahezu ohne bürokratische Instanzen arbeitete, in 116 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
einmaligen Rechtsakten Grundlagen formulierte und Rechtsgüter abwog, dagegen nicht, wie das preußische Pendant, auf das Ermessen und weitere Entscheiden nachgeordneter Behörden, gar noch einer Mehrzahl von Dienstwegen, verwies. Das englische System arbeitete schneller, im Sinne der Mobilisierung von großen Investitionsvolumina effizienter durch geringere Verzögerungseffekte. Es bleibt zu prüfen, wie weitreichend die Folgen dieses Systemunterschieds für die Handlungsweise der Eisenbahnunternehmer waren, welche Wirkung diese Regelungen auf die Organisation der Unternehmen hatten.
3. Von der »Kanzleizweifelei« oder dem »Geist, bis in's Detail hinein zu administrieren« 1 In zahlreichen Fällen formulierte das Eisenbahnrecht gesetzlich und statuarisch Zuständigkeiten von Behörden für Aufsichts- und Sicherheitsfragen des Bahnbetriebes. Diesen oblagen die Betriebsaufsicht über die Bahnen, die amtliche Kontrolle von Betrieb, Personal, Passagieren und öffentlicher Ordnung, kurz, das weite Feld der »Polizei«. Vor allem in Preußen, wesentlich weniger jedoch in England, ist eine äußerst rege Behördentätigkeit zu verzeichnen. Die Eisenbahnen waren per se für das Ordnungsbemühen der Behörden ein sperriger Gegenstand, brachten sie doch in einem hohen Maße etwas mit sich, was obrigkeitlicher Aufsicht eher im Wege stand: gesellschaftliche Veränderung, wirtschaftliche Entwicklung und, bereits rein physisch betrachtet, hohe Mobilität. Die Diagnose stellte bereits Treitschke in den frühen Jahren der Eisenbahnhistoriographie: »Der unwürdige polizeiliche Druck, der auf dem deutschen Leben lag, konnte weder durch Kammerreden noch durch Zeitungsartikel überwunden werden, sondern nur durch die physische Macht eines aller Überwachung spottenden gewaltigen Verkehrs.« 125 Dieser physischen Macht hatten die preußischen Behörden sich schon früh zu beugen begonnen. In den ersten Jahren, ja besser noch Monaten hatte die Illusion geherrscht, den Reiseverkehr polizeilich kontrollieren zu können, wie das bei den traditionellen Landverkehrsmitteln der Fall gewesen war. Von der Eröffnung der Berlin-Potsdamer Eisenbahn am 30.10.1838 an wurde jeder Zug von einem Polizeibeamten begleitet. Für diesen Zweck wurden zwei Supernumeraire mit einem Thlr. Diäten pro Tag entlohnt. 126 In einem zweiten Bericht empfahl v. Puttkammer die Fortsetzung der Praxis für den Sommer 1839, um Erfahrungen zu sammeln, sei doch die Aufsichtsbehörde bei Unglücksfällen sofort informiert und könne »Remedur verlangen«. Nunmehr bedurfte er zu diesem Zweck nur noch 117 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
eines Beamten, für den auf 1 Thlr. 10 Sgr. erhöhte Diäten angetragen wurde. Als Ergebnis dieses Erfahrungsprozesses resümierte v. Puttkammer am 13.9.1839, daß die Polizeibegleitung als Beaufsichtigung des Publikums wirkungslos und als Beaufsichtigung der Gesellschaftsbeamten entbehrlich sei. Daher könne sie ab dem 1.10.1839 entfallen. Noch für ein weiteres Jahr wurde sie durch Tagesrapporte ersetzt, bis auch diese nur noch nötig schienen, »wenn sich außerordentliche Vorfälle ereignen«. 127 Besondere Aufmerksamkeit genossen die durch die zunehmend vernetzten Eisenbahnen so enorm erleichterten und beschleunigten »Auslandsreisen«, also Reisen, die nach Fertigstellung der BAE, LDE, NME, MLE im Länderdreieck Preußen-Sachsen-Anhalt stattfanden. Waren nach herkömmlichem Verfahren für solche Reisen Pässe und war folgerichtig deren Kontrolle notwendig, so erforderte der Eisenbahnverkehr Vereinfachungen: 128 Fortan wurden nicht mehr Ausgangs- und Eingangspässe pro Reise verlangt, sondern es wurden Paßkarten ausgegeben, die offenbar auf Dauer anstelle des Einzelfalls gelten sollten. Dafür waren sie an strenge Zuverlässigkeitskriterien - de facto soziale Abgrenzungskriterien - gebunden: Keine Paßkarten erhielten Gewerbegehilfen oder Handwerksgesellen, also Personen, die auch bei Reisen im Inland paßpflichtig waren, Dienstboten oder Arbeitssuchende sowie Personen, die »aus irgendeinem Grunde besonderer polizeilicher Aufsicht unterworfen sind«. 129 »Kinder und Ehefrauen, welche mit ihren Eltern und Ehegatten, und Dienstboten, welche mit ihren Herrschaften reisen, werden durch die Paßkarten der letzteren legitimiert.« Dasselbe galt für andere »Unselbständige« und ihren Vormund, Handlungskommis und ihren Prinzipal, Studenten und ihren Regierungsbevollmächtigten, Offiziere und ihre Vorgesetzten sowie Subalternbeamte und ihre vorgesetzte Dienstbehörde. 130 Noch waren also Dämme aufgerichtet, die das Reisen ohne die besondere Umständlichkeit einzelner Reisepässe Personen von Stand und männlichen Geschlechts vorbehielten. Mobilität war noch regierungsamtlich sanktioniert. Wichtiger als die polizeiliche Überwachung der eisenbahnfahrenden Gesellschaft der Zeit und wirksamer wie auch allumfassender in der Reichweite scheint die polizeiliche Aufsicht über die Eisenbahnunternehmen und ihren Betrieb gewesen zu sein. Diese Aufsicht erstreckte sich für den Betrieb auf das Erlassen eines sogenannten Bahnpolizeireglements (BPR) für jede einzelne Gesellschaft durch das Ministerium, die Vereidigung der Bahnpolizeibeamten, also der Beamten der Gesellschaft, denen polizeiliche Funktionen im Sinne dieses Reglements zugeschrieben wurden, sowie die technische Oberaufsicht über die Betriebsmittel und die Rechenschaftspflicht des Unternehmens in Fragen der Buchhaltung einschließlich der Genehmigung der Tarife.131 Bei allen diesen Abstimmungsprozessen und 118 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Aufsichtsentscheidungen war der bei den Regierungen ressortierende Königliche Kommissarius Ansprechpartner für die Bahngesellschaft. Es gelang jedoch entgegen der ursprünglichen Intention nicht, alle Kompetenzen regierungsamtlicher Stellen gegenüber den Eisenbahnen in diesem Funktionsträger zu konzentrieren und so den Umgang mit der Verwaltungshierarchie für die Unternehmen zu vereinfachen. 132 Während in den ersten Jahren für neu eröffnete Eisenbahnlinien jeweils eigene BPRs ergingen bzw. bei Teileröffnungen durchaus auch »vorläufige Bestimmungen« erste Vorkehrungen treffen konnten, kann ab 1843 von einer vereinheitlichten Form dieser Reglements ausgegangen werden. Neben dem allerersten BPR der ΒΡΕ und den vorläufigen Bestimmungen für die REB liegt diese abgestimmte Version für alle Bahnen der folgenden Argumentation zugrunde. 1 3 3 Diese Reglements erreichten schnell einen beträchtlichen Umfang. Die vorläufigen Bestimmungen der REB waren 1841 für Betrieb und Personal in insgesamt 24 Paragraphen festgehalten, das BPR der ΒΡΕ hatte 1839 schon 107 Paragraphen umfaßt, und in den Verhandlungen zur Standardisierung dieser Vorschriften wurden mindestens 76 Paragraphen für notwendig erachtet. 134 Für fast alle denkbaren aufsichtsrechtlichen Obliegenheiten trug das BPR Sorge. Besonders ausgeführt waren die Vorschriften für die Anstellung der Bahnbeamten. Zu diesen gehörten nach § 99 des Reglements der ΒΡΕ die »Aufseher der Bahnhöfe, das Wagen- und das Bahnwärter-Personal, sowie die Wagen- und Bahnmeister«. Alle diese Funktionsträger mußten von der jeweils zuständigen Regierung bzw. dem Kgl. Polizeipräsidium in Berlin bestätigt werden, wozu vorab eine Liste der von der Bahngesellschaft ins Auge gefaßten Kandidaten an die Regierung einzusenden war. Die endgültige Vereidigung dieses Personals nahm der Friedensrichter des Wohnsitzes nach Bestätigung der Regierung vor, die den Betreffenden die Befugnis zu Pfändungen und selbst Arretierungen übertrug, soweit dies zur Ahndung von Verstößen gegen geltendes Eisenbahnrecht notwendig war. Sie erhielten also im Kontext des Eisenbahnbetriebes allgemeine Polizeigewalt. l35 Entlassungen dieser Beamten durch die Bahndirektion waren von der Regierung zu genehmigen, die ihrerseits die sofortige Amtsenthebung dieses Personals fordern konnte. In den eigentlichen Reglements wechseln eine Reihe von Bestimmungen zur Sicherheit des Betriebes, die von den Bahnbenutzern zu beachten waren, mit vielen Details zur Beachtung durch die Bahngesellschaft und ihre Bahnbeamten. Diese reichten von Geschwindigkeitsbeschränkungen über Vorschriften zum Umgang mit Bahnschranken bis zu Wartungsintervallen, Verpflichtungen, die Strecke täglich zu begehen und zu inspizieren, und der Vorschrift, daß zur Ermittlung der Geschwindigkeiten durch die Lokführer Abteilungszeichen, also eine Art Meilentafeln, am 119 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Rand der Bahn aufzustellen waren. Besonders detailliert wurden hier die Obliegenheiten der Bahnwärter geregelt. Eine außerordentlich große Zahl von Paragraphen regelte technische Normen, die die Fahrzeuge zu erfüllen hatten. Kern dieser Regelungen war eine Art Lokomotiven-TÜV nach der Preußischen Dampfkesselverordnung, wie sie auch für stehende Dampfmaschinen galt: »Lokomotiven dürfen erst in Betrieb gesetzt werden, nachdem sie einer technisch-polizeilichen Überprüfung unterzogen und als sicher befunden worden sind.« 136 Dabei wurden vor allem die Sicherheit des Kessels durch eine Überdruckprüfung sowie das Vorhandensein geeigneter und doppelt arbeitender Sicherheitsventile überwacht. Eine vergleichbare Revision war auch für die Wagen vorgeschrieben, für die es ebenfalls konstruktionstechnische Detailvorschriften gab. 137 Besondere Aufmerksamkeit widmeten alle behördlichen Regelungen der in den Zügen jeweils erforderlichen Bremskraft, die bekanntlich durch eine »angemessene« Zahl handbetätigter Bremsen aufgebracht wurde. Diese Zahl war, jeweils abhängig von den zu befahrenden Steigungen bzw. Gefällsstrecken, strikt vorgeschrieben. Komplizierte Maßregeln trugen der Sicherheit des Betriebes auf oft eingleisigen Strecken Rechnung, legten fest, wie und wann auszuweichen war, bestimmten, daß auf zweigleisigen Strecken die Fahrtrichtung für jedes Gleis definitiv festgelegt werden mußte und nicht wechseln durfte, sicherten den Umgang mit Hilfslokomotiven (im Falle technischer Defekte oder auch mangelnder Zugkraft einer Maschine) und gingen schließlich auf die zulässigen Geschwindigkeiten ein. Die Notwendigkeit dieser Sorgfalt, mit der Geschwindigkeitsgrenzen, Zugabstände und Zeitintervalle zwischen Zügen bestimmt wurden, geht darauf zurück, daß es in diesen ersten Jahren des Eisenbahnbetriebes - vor der Einführung des Telegraphen kein Kommunikationsmittel gab, das schneller operieren konnte als die Züge fuhren. Deshalb mußten alle entscheidenden Größen vor Abfahrt der Züge bestimmt sein. Umfassende und äußerst kompliziert anmutende Vorschriften galten dem Signalwesen, genauer gesagt, dem Bahnwärterpersonal, das die Signale zunächst mittels Flaggen und Laternen zu geben hatte. Offenkundig hing die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes in dieser Ära mehr denn je von der Komponente Personal ab, waren die Chancen für Unfälle aufgrund menschlichen Versagens am größten. Folglich bemühten sich die Reglements, nach Kräften Vorkehrungen gegen derlei Imponderabilien zu treffen. Verantwortlichkeit und Erfahrung sollten Gewähr bieten gegen Unsicherheit. Erstere wurde angestrebt durch die vorgeschriebene Bestellung eines Betriebsdirektors, der unterhalb der wechselnden Direktionen für Kontinuität sorgen sollte, letztere konnte schlecht verordnet, dafür aber geprüft werden: nämlich dahingehend, daß »jeder Lokführer zunächst als 120 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Heizer gedient, überhaupt eine einjährige Lehrzeit und zuletzt eine von dem betreffenden Maschinenmeister in Gegenwart des Betriebsdirektors abzuhaltende Prüfung bestanden haben müsse«. 138 Teilweise wurden die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der einzelnen Funktionsträger, soweit sie für die zuverlässige und sichere Abwicklung des Betriebes verantwortlich waren, sehr präzise und bis in marginale Details gewürdigt. 139 Abschließende Paragraphen des Standard-BPR regelten die technische und organisatorische Standardisierung der Eisenbahnunternehmen, um durchgehenden Verkehr zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen. Dabei wurde einerseits beansprucht, daß nur eine einheitliche Benennung der Funktionsträger, also eine Art Musterorganisation, allgemeine Regeln der Bahnpolizei gestatte. Technische Voraussetzungen dieses Vorgehens waren in Normen für Fahrzeuge und Bauten bzw. Strecken festgelegt. 140 Im Rahmen der umfassenden Genehmigungspflichten konnten die zuständigen Ministerien in nahezu jeder denkbaren Weise auf den Gang von Bahnbetrieb und Unternehmen Einfluß nehmen. Andererseits deuten gelegentliche Indizien darauf hin, daß gerade wegen der allumfassenden Aufsichtsbefugnis im hektischen Getriebe dieser schnell wachsenden Branche die eine oder andere behördliche Befugnis gar nicht wahrgenommen werden konnte oder sollte. Ein wesentliches Beispiel dieser Praxis scheint die Tarifgenehmigung gewesen zu sein, die zwar generell ebenfalls dem Ministerium vorbehalten war, jedoch teilweise per Erlaß aufgehoben, teilweise in der Praxis nicht mehr eingeholt wurde. Erst am 6.4.1872 wurde die Genehmigungspflicht wieder allgemein eingeführt. 141 Trotz so prominenter Streitfälle wie der gegen den Willen der Direktionen von BHE und NME durch den Minister angeordneten Nachtzüge 142 scheint für die Rechtslage der preußischen Eisenbahnen doch gegolten zu haben, was nicht besser als in Camphausens trefflichen, 1843 formulierten Worten gesagt werden kann: »Das Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 ist seit seinem Erlaß bis zum heutigen Tage noch nicht in einem einzigen Falle zur vollständigen Anwendung gelangt, weil in demselben die Gegenstände der allgemeinen und speziellen Gesetzgebung miteinander vermischt sind, und weil darin der Versuch gemacht worden ist, solchen Bestimmungen Allgemeinheit und Dauer zu verleihen, welche notwendig dem Wechsel der Zeit und der Umstände unterliegen.«143 Ermessensspielräume und eine gewisse Rechtsunsicherheit, die aus der ungewissen Auslegung bestehenden Rechts durch die Behörden folgte, scheinen charakteristisch für die Rechtsgrundlage preußischer Eisenbahnunternehmen gewesen zu sein. Die behördliche Aufsicht über die englischen Eisenbahngesellschaften 121 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
beruhte auf wesentlich weniger stringenten Rechtsgrundlagen. Zahlreiche Fragen, die in Preußen dem obrigkeitlichen Zugriff ausgesetzt wurden, überließ die englische Gesetzgebung zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien. Die Staatsaufsicht setzte verspätet ein und erreichte lange keine große Durchsetzungsfähigkeit. Offenkundig hing dies mit der Interessenpolitik parlamentarischer Mehrheiten zusammen, die verhinderte, daß eine Kontrollbehörde mit wirksameren Befugnissen ausgestattet wurde. 144 Ein den preußischen ministeriellen Regelungen vergleichbarer Grad staatlicher Intervention lag ohnehin außerhalb jeder Diskussion, auch eine in paragraphenreichen Regelwerken festgehaltene Formalisierung preußischen Ausmaßes durch Staatsbehörden stand in England nie auf der Agenda der Eisenbahnpolitik. Allerdings galten die Bahnbeamten auch in England als »Polizei« und wurden entsprechend als Constables vereidigt. Der Board der Bahngesell· schaft nominierte die Kandidaten, welche ihren Eid jedoch vor mindestens zwei Justices of the Peace (Friedensrichtern) leisteten. Zwar erließen englische Eisenbahnen selbst ihre Bahnpolizeireglements als »Bye Laws«, doch bildeten sie auch hier die Grundlage für die Sicherheit des Betriebes und den Umgang der Öffentlichkeit mit der Bahn. Zu den Polizeibeamten gehörten Bahnwärter ebenso wie Weichensteller, Bahnhofsaufseher und dergl. 145 Die bereits aufgelisteten Zuständigkeiten des Railway Department, ab 1844 des Railway Board, ab 1846 der Railway Commissioners und ab 1848 de facto wieder eines Departments des Board of Trade, erstreckten sich im hier diskutierten Kontext vor allem auf die Inspektionen bei der Eröffnung neuer Bahnlinien und die für die Eröffnung nötige Genehmigung. Zusätzlich bereiteten sie erstmals Eisenbahndaten statistisch auf und erstellten Untersuchungsberichte bei Unfällen. Schließlich widmeten sie sich der Genehmigung der »Bye-Laws«, der Betriebsordnungen der Bahnen. 146 Letztere enthielten, von der Funktion für das Unternehmen her gesehen, durchaus ähnliche Festlegungen wie die preußischen BPRs, entstanden aber redaktionell ohne die Beteiligung einer Behörde. Versuche, die Gesetzeslage zur staatlichen Kontrolle der Eisenbahnen zu verschärfen, scheiterten schon 1841/42, 1 4 7 und Gladstones Initiative von 1844, die auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zurückging, erging es nur deshalb besser, weil die Erweiterung staatlicher Eingriffsrechte sehr begrenzt, im wesentlichen auf die Einführung der sogenannten »Parliamentary Trains« beschränkt war. 148 Bei diesen vorgeschriebenen Zügen handelte es sich um solche 3. Klasse, die mindestens täglich einmal zum Fahrpreis von einem Penny pro Meile verkehren mußten und dabei eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 12 m.p.h. zu erreichen hatten. 122 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Die wesentlichste Veränderung, die 1844 eingeführt wurde, war die Vorprüfung der ungeheuer zahlreichen neu zur parlamentarischen Debatte eingebrachten Bills, die, hätte es nicht eine Instanz zur Aufbereitung und Abkürzung des parlamentarischen Verfahrens gegeben, ganz schlicht die Arbeitskapazität des Parlaments überstiegen hätten. Im Jahre 1844 standen allerdings auch Gesetzesbestimmungen zur Diskussion, die ein staatliches Recht der Tarifänderung und die Möglichkeit der Verstaatlichung beinhalteten. Im Zuge der Beratungen erhielt die entsprechenden Kompetenzen zwar nicht das Board of Trade, dafür aber das Schatzamt (Treasury). Diese Rechte wurden jedoch nie wahrgenommen. 149 Die Eisenbahnaufsicht sollte nach der Gesetzeslage von 1846 an die Railway Commissioners, fünf Personen von öffentlichem Ansehen bzw. Experten übergehen. 150 Das Gremium prägte jedoch - auch, weil es nie seine Sollstärke von fünf Mitgliedern erreichte, eine Tendenz zur Selbstmarginalisierung, der seit 1848 de facto, seit 1851 auch de jure dadurch Rechnung getragen wurde, daß die Aufgaben wieder von einem Department des Board of Trade versehen wurden. 151 In einer für die englische Situation nicht untypischen Weise entwickelte sich die eigentlich relativ machtlose Behörde auch ohne weitere Gesetzesänderungen zu einem Instrument, welches mit administrativen Mitteln machtvoll Veränderungen in der Eisenbahnlandschaft erreichte. Dazu nutzte die Behörde vor allem ihr Recht, die Eröffnung von Linien zur verbieten bzw. Auflagen zu machen, die vor der Eröffnung erfüllt sein mußten. Dieses Konzept firmierte unter dem Titel der »equivalents«. 152 Eisenbahnunternehmen durften mit einer schnelleren Eröffnung ihrer Linie rechnen, wenn eine Reihe von Forderungen der Inspektoren erfüllt waren. Damit gelangten diese Bedingungen, die die Behörde für die Eröffnung einer Linie aufstellte, zu quasi-gesetzlicher Kraft.153 Zu den auf diese Weise durchgesetzten Veränderungen gehörten mit einzelnen Gesellschaften ausgehandelte Tarifreduzierungen als Gegenleistungen für Bemühungen der Eisenbahnbehörde, in ihren Berichten über neue Projekte bestehende Bahnen gegen Konkurrenz zu sichern.
Ebenso wirksam scheint die Arbeit des Board mittels regelmäßiger Unfallberichte gewesen zu sein, die, um auf die Gesellschaften und ihre Sicherheitsstandards öffentlich Druck auszuüben, ab 1854 nicht nur eimal im Jahr, sondern jeweils kurz nach dem Ereignis dem Parlament vorgelegt und schließlich auch in der Presse publiziert wurden. Ab 1858 gab die Abteilung des Board of Trade die Bedingungen für die Eröffnung neuer Bahnlinien als Regelbuch vorab zur allgemeinen Information heraus.154 Trotz der gerade im Gefolge der »Railway Mania« immensen Eisenbahntätigkeit darf man sich diese Behörde nicht als großen Apparat vorstellen, 123 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
denn selbst die Ministerien der Regierung kamen zu dieser Zeit mit 30 bis 40 Beamten bzw. Amtsträgern aus. 155 Hatte das Amt ursprünglich fünf Beamte und einige Hilfsangestellte (Boten, Schreiber, etc.), gab es in den fünfziger Jahren immerhin vier Inspektoren der Linien und acht Verwaltungsbeamte. 156 Schließlich muß auf die Schwierigkeit der Rekrutierung dieser Aufsichtsbeamten eingegangen werden, welche zwar für jede zeitgenössische Staatsaufsicht galt, in England jedoch im Gegensatz zu Preußen explizit formuliert wurde: »No person shall be eligible ... who shall within one year of his appointment have been a director or have held any office of trust or profit under any railway company.« 157 Daraus ergab sich zwangsläufig, daß entsprechende Amtsinhaber entweder disqualifiziert oder inkompentent waren. Denn die ohnehin in ihrer Zahl begrenzten Experten, die sich in Eisenbahnfragen auskannten, standen alle in Geschäftsbeziehungen mit der einen oder anderen Eisenbahn. Es blieben als Kandidaten Royal Engineers, also militärisch ausgebildete Ingenieure, die Bauaufgaben der Admiralität überwachten o.a. Erst im Laufe ihre langjährigen Tätigkeit akkumulierte die Behörde ebenso wie auf der anderen Seite die Eisenbahnunternehmer ein Expertenwissen, so daß sie schließlich sogar als Katalysator technischer Innovation wirken konnte. In diesem Sinne beruhte ein guter Teil ihrer Wirksamkeit auf der Kooperationsbereitschaft der Eisenbahngesellschaften, die offenbar auch für ihre Zwecke in diesem Pool verfügbaren Wissens einen Vorteil sahen. 158 So trug die englische Eisenbahnbehörde auf dem Verhandlungswege zu Standardisierung und technischer, vor allem sicherheitstechnischer, Entwicklung bei, und ihre Tätigkeit begrenzte Nachlässigkeiten des Betriebes. Ein weiterer gesetzlicher Schritt war nur begrenzt wirksam: Ein Gauge Regulation Act bestimmte 1846 die Verbindlichkeit der Normalspur für neu zu bauende Strecken, ließ aber die Hintertür offen, daß dies nur gelte, wenn der Act der Inkorporation nicht ausdrücklich Gegenteiliges verfüge. 159 Dies galt insbesondere für die Expansionschancen der in Breitspur begonnenen GWR.
4. Rechtsgrundlagen von Staatsbahnen und staatlichen Beteiligungen Bereits der Umfang der jeweiligen Darstellung hat in den Kapiteln dieses Abschnitts gezeigt, daß das Gewicht und die Tragweite staatlicher Rechtssetzung und Entscheidungen in Preußen höher war als in England. In diesem Kapitel wird der Vergleichsrahmen endgültig gesprengt: Staatsbah124 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
nen oder Bahnen mit direkter staatlicher Kapitalbeteiligung entstanden in England überhaupt nicht. Eine kurzzeitige Diskussion in den vierziger Jahren über den Wert umfassenderer staatlicher Eingriffe blieb ohne weitere Folgen. 160 Es wird hier also ausschließlich von Preußen die Rede sein. Staatsbahnen entstanden auch in Preußen zunächst nicht auf dem direkten und geradlinigen Weg. Die Kabinettsordre zu den Staatsschulden von 1820 stand dem im Wege, hätte sie doch für die Genehmigung von Staatsanleihen parlamentarische bzw. durch eine Verfassung geregelte Sanktion verlangt. Daß der Bau von Staatsbahnen die Aufnahme von Anleihen zur Finanzierung erfordert hätte, stand außer Zweifel. Bis zur Revolution von 1848 und dem sich 1850 anschließenden Verfassungsoktroi konnte es also keine Staatsbahnen im genuinen Sinne geben, mochten auch politische Wünsche nach staatlicher Eisenbahnpolitik vorhanden sein. Der Staatsregierung standen zur Kontrolle des Eisenbahnsektors nur indirekte Strategien offen. Die tatsächlich beschrittenen Wege zu staatlichen Eisenbahnen oder staatlicher Verwaltung von privat gebauten und finanzierten Eisenbahnen verliefen entlang fünf verschiedener Routen. Dabei wird in kleinerem Umfange privaten Gesellschaften gewährte finanzielle Unterstützung hier - im Gegensatz zum nächsten Kapitel über die Finanzierung der Eisenbahnen - zunächst unberücksichtigt gelassen, denn sie veränderte die gesellschaftrechtlichen Grundlagen dieser Unternehmen nicht: Initiativen, die die Staasregierung an die Vereinigten Ausschüsse der Provinziallandtage 1842 richtete und zu denen dort Beschlüsse gefaßt wurden, führten zu einer Eisenbahnförderungspolitik mit staatlicher Minderheitsbeteiligung an einer festgelegten Gruppe von Gesellschaften. Für diese Gesellschaften legten statuarische Bestimmungen Bedingungen der Übernahme durch den Staat gegen Entschädigung fest. Staatliche Beteiligung konnte bei unterstützten Gesellschaften zu staatlicher Verwaltung führen. Dies war der Fall bei der NME und der BME. Zweitens konnten nach 1849 genuine Staatsbahnen über Anleihen finanziert und gebaut werden. Das Musterbeispiel für diese Vorgehensweise ist die Preußische Ostbahn, zu deren Verwirklichung schon vor der Revolution eine erste Initiative ergriffen worden war und die 1847 zur Inkompetenzerklärung des Vereinigten Landtages führte und damit die politische Krise verschärfte.161 Diese Variante einer reinen Staatsbahn wird in der vorliegenden Arbeit nur eine marginale Rolle spielen, ist es doch hier unmöglich, Eisenbahnunternehmer (im Gegensatz zu Eisenbahnpolitikern) zu identifizieren. Drittens - und dieses Vorgehen schließt zugleich die Betrachtungsperiode dieser Arbeit ab - wurden ab 1879 preußische Eisenbahnaktien125 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gesellschaften auf der Grundlage allgemeiner Bestimmungen des Eisenbahngesetzes gegen Entschädigung verstaatlicht. Viertens sollte aufgrund von Bestimmungen des Eisenbahngesetzes die Amortisation privater Eisenbahnen zum Übergang in staatlichen Besitz führen. Diese Strategie wurde nur zeitweise angewandt und führte in den relevanten Fällen nicht zum Erfolg. Schließlich sollte fünftens darauf hingewiesen werden, daß Preußen einer wesentlichen Teil seines staatlichen Eisenbahnnetzes vor der Verstaatli chungspolitk der späten siebziger Jahre aus Annexionsgewinnen des Krie ges von 1866 erwarb. 162 Für die Unternehmensgeschichte des dieser Arbeit zugrunde liegenden samples von Gesellschaften spielt vor allem der erstgenannte Weg zur Staatsbahn eine Rolle und bedarf daher in diesem Kapitel einer Darstellung. Eine Kabinettsordre vom 19.8.1842 berief die Vereinigten Ausschüsse der Provinziallandtage nach Berlin. Die Tagesordnung der Sitzungen beschränkte sich im wesentlichen auf die Verknüpfung eines Steuererlaßvorhabens mit der Eisenbahnpolitik. Wesentlichstes Element der Vorlage der Staatsregierung war die Konzeption, eine Reihe bisher privat noch nicht zustandegekommener Verbindungsbahnen zwischen den preußischen Provinzen über lange Strecken mit staatlicher Beteiligung und vor allem einer Zinsgarantie von 3,5 % zu fördern. Kabinettsordres vom 22. November, 3 1 . Dezember 1842 und 30. März 1843 hielten die Rechtsgrundlagen der Eisenbahnförderung fest.163 Diese gegenüber den rein privaten Bahnen anderslautenden Rechtsgrundlagen wurden statuarisch verankert. Sie sahen vor allem vor, daß der Staat ein Siebtel des Aktienkapitals übernahm und für die übrigen Aktien eine Zinsengarantie von 3,5 % leistete. Für eventuelle Kapitalerhöhungen behielt sich der Staat die Entscheidung über Erhöhung des Stammkapitals oder Aufnahme einer Anleihe vor. Die Zinsgarantie sollte bis zur vollständigen Amortisation aller Aktien gelten. Die Amortisation sollte durch den Zinsertrag auf die Staatsaktien, also ein Siebtel des Kapitals, bestritten werden. Aus diesem Ertrag sollte ein Tilgungsfonds gebildet werden, mit dessen Mitteln ausgeloste Aktien privater Besitzer zum Nennwert erworben wurden. Sollte der Reingewinn die 5 %-Marge übersteigen, so fiel ein Drittel des über 5 % hinausgehenden Gewinns an die Staatskasse. Führte die Zinsgarantie während dreier (KME: fünf) aufeinanderfolgender Jahre zu einem staatlichen Zuschuß oder einmalig zu einem solchen von mehr als 1 % (KME 1,5 % ) , so behielt sich der Staat das Recht vor, die Verwaltung und den Betrieb für Rechnung der Aktiengesellschaft zu übernehmen. Lag für einen Zeitraum entsprechender Jahre der Gewinn wieder über der Garantieschwelle, war der Staat zur Rückgabe der Verwaltung an die private Verwaltung gezwungen. 1 6 4 Der Fall zu hoher Staatszuschüsse trat 126 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
einzig bei der NME ein, die allerdings aufgrund einer nach der Revolution möglichen Vereinbarung mit den Aktionären nach dem Übergang in staatliche Verwaltung vor einer eventuellen Rückgabe 1851 komplett verstaatlicht wurde. Als Gegenleistung für die staatliche Förderung wurden diese Gesellschaften erweiterter Staatskontrolle unterworfen: Der Staat bestellte ein Mitglied des Gesellschaftsvorstandes, und zwar jeweils des Aufsichtsrates und der Direktion, übte bei der Generalversammlung anteilig sein Stimmrecht aus (ein Siebtel der anwesenden Stimmen) und behielt sich die Zustimmung zu Tarifen und Fahrplänen dieser Gesellschaften vor. Schließlich unterlagen diese Gesellschaften den bereits genannten Bedingungen der Militärverwaltung. 165 Diesen erweiterten Rechtgrundlagen waren die Köln-Mindener und die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn unterworfen. Während die erstere 1866 völlig in Privatbesitz überging, repräsentiert die auf diesem Wege verstaatliche NME die Staatsbahnen im sample der Gesellschaften dieser Arbeit. Eine entsprechende Förderung wie die beiden genannten Bahnen genoß die BME, allerdings aufgrund einer eigenen Kabinettsordre vom 12.7.1844 und mit erhöhtem staatlichem Kapitalanteil von einem Viertel des Grundkapitals. 166 Auch die BME gehörte zu den Gesellschaften, deren Staatskapitalanteil durch die Privataktionäre 1866 zurückgekauft wurde. 167 Allerdings befand sich die BME unbesehen ihrer Eigentumsverhältnisse schon seit 1850 in staatlicher Verwaltung. 168 Damit dürfte vor den Kriegsannexionen nach 1866 ein Tiefpunkt staatlichen Engagements im Eisenbahnwesen erreicht worden sein. Die Verwirklichung der genuinen Staatsbahnprojekte, allen voran der Ostbahn, hatte erst nach der Revolution von 1 8 4 8 / 4 9 eine Chance. Im Vormärz bereitete die Ablehnung einer Anleihe durch den Vereinigten Landtag 1847 entsprechenden Königlichen und Regierungsplänen ein schnelles Ende. Erst mit Genehmigung des nunmehr existierenden Landtages konnte der neue Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, v. d. Heydt, die Realisierung des Projekts in Angriff nehmen. Die Mittelbewilligung vom 7.12.1849 markierte den Beginn von mehr als nur vorbereitenden Bauarbeiten, die bis 1857 zur durchgehenden Linie nach Königsberg führten. 169 Die weiteren angedeuteten Wege zu Staatsbahnen bedürfen keiner Erörterung ihrer speziellen rechtlichen Implikationen für die Gesellschaften, brachten sie doch entweder deren Auflösung mit sich oder waren ohne Konsequenzen für die innere Verfassung der Unternehmen.
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5. Fazit des Vergleichs Die Meßlatte des Vergleichs legte im thematischen Kontext dieses Abschnitts Colleen Α. Dunlavy jüngst an Preußen und die USA an: 170 Die Erkenntnisse lohnen, mit den Ergebnissen der letzten Kapitel verglichen zu werden. Dunlavy konstatiert »mirror images«: in ihrer Perspektive eine ökonomisch relativ liberale Politik des politisch relativ illiberalen Preußen und die exakt umgekehrte Situation in den USA. 171 Darunter ist vor allem zu verstehen, daß die direkte, kapitalmäßige Beteiligung der amerikanischen politischen Körperschaften, vor allem der Bundesstaaten, drastisch höher war als die des preußischen Staates, dem durch die Verknüpfung von Staatsschulden- und Verfassungsfrage die Hände gebunden waren. 172 Dunlavys Resultat, daß die preußische Eisenbahnpolitik als Wirtschaftspolitik verstanden relativ liberal war, hat zwar volle Berechtigung, wenn der Maßstab staatliche aktive Intervention und hier vor allem direktes kapitalmäßiges oder unternehmerisches Engagement ist. Im Vergleich erweist sich, daß England zwar strukturell andere Bedingungen als die beiden späteren Industrialisierungsprozesse der USA und Deutschlands aufweist, 173 die relative politische Illiberalität des preußischen politischen Systems sich jedoch als entscheidende Einflußgröße für das Gesellschaftsrecht erwies. Dies wird sogar schon deutlich, wenn man die am Rande einbezogenen kleineren deutschen Staaten wie Hamburg oder Sachsen einbezieht. Ironischerweise - und das gehört auch zu den von Dunlavy konstatierten Ergebnissen - wandelte sich das Bild nach der Revolution von 1848/49. Die preußische Verfassung ermöglichte jetzt direkte staatliche Beteiligung am Eisenbahnnetz, und die obige Darstellung hat gezeigt, daß diese Chance vor allem zur Übernahme von Bahnverwaltungen und zur Verstaatlichung von Unternehmen genutzt wurde (neben dem schon vorher geplanten Bau einzelner strategisch wichtiger Linien, die auf privater Grundlage nicht zustandekamen - vor allem der Ostbahn), und daß die schon vorher gültigen Rechtsgrundlagen den Boden hierfür bereitet hatten. Wie die 1850 oktroyierte Verfassung nur begrenzte Möglichkeiten politischer Partizipation brachte, so schufen die Rechtsetzungen des Vormärz in Fragen des Eisenbahnbaus und -betriebs nur begrenzte Rechtssicherheit. Zahlreiche Probleme waren durch die geltenden Gesetzesregelungen nicht definitiv gelöst, sondern ins Ermessen einer Behörde gestellt. Dementsprechend regelte die preußische Gesetzeslage vor allem das Verhältnis der Eisenbahnunternehmen zum Staat und dessen Befugnisse der Kontrolle und des Eingreifens. Der hohe Grad an Komplexität dieses Gebietes 128 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
rechtlicher Regelungen brachte es mit sich, daß viele rechtliche Möglichkeiten des Staates vor 1848 gar nicht und nach der Revolution nur teilweise ausgeschöpft wurden. Die relative Rechtsunsicherheit, die aus behördlichem Ermessen erwuchs, führte vor allem in der Rheinprovinz zu liberaler Kritik am Eisenbahngesetz von 1838. Hansemann nannte es Rechtlosigkeit, »wenn der Ertrag der Unternehmung von dem Maß der Billigkeit der Behörden abhängig gemacht wird«. 174 Daß damit ein Kernpunkt liberalen Verständnisses von Eisenbahnpolitk getroffen war, wird durch eine zusätzliche rheinische »Spitze« gegen kernpreußische Politik untermauert: »Daß dies am Rhein lebhafter als an der Spree empfunden wird, beweist nur, daß man hier noch mehr als dort an spezielle Bevormundung von lange her gewohnt ist«. 175 In England dagegen herrschte in den Gesetzesregelungen der Charakter des Interessenausgleichs und insgesamt des Gesellschaftsvertrages zur Konstituierung der Kapitalgesellschaft vor. Zugleich war das Regelwerk in England erheblich weniger umfangreich als in Preußen und geprägt von einer fast vollständigen Staatsferne. Eine Behörde, die so umfassend wie in Preußen Aufsicht und Kontrolle hätte ausüben können, gab es bis 1840 überhaupt nicht, und auch danach entwickelte der Railway Board nur langsam Aufsichtsbefugnisse. Obendrein besaß das englische parlamentarische System eine größere Fähigkeit, schnell zu Entscheidungen zu kommen und den Interessenausgleich mit anderen Interessengruppen wie Land- oder Kanalbesitzern effizient herzustellen. Der Vergleich der Bearbeitungszeit von Konzessionsanträgen hat das gezeigt. Konsequenterweise muß England daher als der eine Extremfall der Skala gelten, in dem politische und ökonomische Liberalität zusammenfielen. In Preußen fehlte es an politischer Liberalität und, relativ gesehen, in den USA an ökonomischer Liberalität - möglicherweise aufgrund des enormen Entwicklungs- und Erschließungsbedarfs der in der Besiedlung befindlichen USA, die keine jahrhundertealten Wirtschaftsbeziehungen und Handelsströme besaßen. Der andere Extremfall politischer und ökonomischer Illiberalität dürfte in reiner Form im Eisenbahnbau schwer nachweisbar sein.
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V. »Bei Geldfragen hört die Gemütlichkeit auf, da muß bloß der Verstand uns leiten.« 1 Kapitalmarkt und Sozialstuktur der Eisenbahnaktionäre
Eisenbahnen kosteten enorm viel Geld - relativ zu anderen Investitionen, mit denen die Zeitgenossen Erfahrung besaßen, so viel, daß zu fragen ist, ob und wie das benötigte Kapital aufgebracht wurde. Das Pionierland der Industriellen Revolution ging voran und kam schnell - in der Mitte der dreißiger Jahre bereits in einer boomartigen Entwicklung - zu einem beachtlichen Eisenbahnnetz. Preußen und andere Staaten Kontinentaleuropas folgten mit Verzögerung und teilweise mit Schwierigkeiten nach. Herrschte in dem unermeßlich reichen England Kapitalüberfluß und im armen Preußen Kapitalmangel? 2 Die Frage zu beantworten erfordert ein Vorgehen in drei Schritten: Erstens müssen Angebot und Nachfrage am Kapitalmarkt beider Länder in den Blick gerückt werden. Dabei kann hier nur in aller Knappheit der Stand der wirtschaftshistorischen Diskussion referiert werden. Als Ergebnis sei vorweggenommen, daß von einem Kapitalmangel generell nicht die Rede sein kann. In einem Nachfolgeland wie Deutschland mögen die Ertragschancen von Eisenbahninvestitionen beeinträchtigt gewesen sein, mag es strukturelle Gründe für eine rational begründete Zurückhaltung der Investoren gegeben haben. Diese Bedingungen wirtschaftlicher Rückständigkeit rücken daher - zweitens - die Motivation der Investoren in den Mittelpunkt des Geschehens. Drittens kann auf geringere Ertragschancen in einer anders strukturierten Wirtschaft eine institutionell typische Antwort erfolgt sein, indem das Bankensystem, die staatliche Politik und das Anlegerverhalten spezifisch dafür geeignete Instrumente der Kapitalsammlung und -bildung schufen. 3 Im zweiten Kapitel dieses Abschnitts kann die allerdings uneinheitliche und begrenzte Quellenlage Auskunft darüber geben, welche sozialen Gruppen in welche Bahnen investieren, wie also das Kapital einiger Bahnen, für die Informationen zur Verfügung stehen, aufgebracht wurde. Schließlich wird ein abschließendes Kapitel die Beteiligung des Staates und anderer 130
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Körperschaften, v.a. der Kommunen, an den preußischen Eisenbahnen behandeln.
1. Kapitalmarkt und Kapitalmangel? Es herrscht Einigkeit darüber, daß weder die Industrielle Revolution noch der Eisenbahnbau selbst in England durch generelle Kapitalknappheit beeinträchtigt wurden. 4 Schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts gewannen Fragen der Kapitalbeschaffung im Zuge der aufkommenden Industriellen Revolution an Gewicht. Ein Kapitalmarkt großen Umfanges entstand, ehe die ersten Eisenbahnaktien überhaupt auf dem Börsenparkett gehandelt wurden. Zwar trug auch dieser Kapitalmarkt noch alle Zeichen der Unvollkommenheit, der regionalen Unterschiede und der persönlichen Beziehungen, doch leisteten Handelsbeziehungen und Kaufmannskapitalien sowie entstehende Banken einen zunehmenden Beitrag zum Ausgleich solcher Unvollkommenheiten. Tendenziell sank daher der Zinssatz, und die britische Investitionsquote hatte schon 1770 bis 1790 in einem ersten Höhepunkt fast 11 % erreicht, die während der Boomphasen des Eisenbahnbaus in den dreißiger und vierziger Jahren nur noch leicht überschritten wurden. 5 Der Bau von Eisenbahnen trug zu den britischen Investitionen schnell einen signifikanten Anteil bei: Gingen in den zwei Dekaden 1821 - 1840 noch 6 % aller britischen Bruttoinvestitionen in den Eisenbahnsektor, waren es in den folgenden beiden Dekaden bis 1860 bereits 2 1 % . Nach Feinsteins Analyse ging dieser Anstieg vor allem auf Kosten des Hausbaus und der Sozialkapitalbildung, die zwar in absoluten Zahlen stagnierten, relativ jedoch bedeutend an Gewicht verloren. 6 Andere Investitionen in das Transportsystem des Landes, die schon vor dem Eisenbahnbau über 20 % der Summe aller Investitionen ausgemacht hatten, verloren allerdings ebenfalls zugunsten der Eisenbahnen an relativer Bedeutung und gingen auf 14% zurück, also um den Anteil, den die Eisenbahnen bereits in der ersten Periode ihres Auftretens erreicht hatten. 7 Der grandiose Umfang der Eisenbahninvestitionen brachte nicht nur Veränderung auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene mit sich, sondern auch einen vorher unbekannten Umfang des Anlagekapitals jedes einzelnen Unternehmens. Eisenbahngesellschaften waren um Dimensionen größer als irgendwelche anderen Unternehmen zuvor und zugleich war der Fixkapitalanteil höher als in anderen Branchen, die die Industrielle Revolution bisher hervorgebracht hatte. Große Unternehmen der Industriellen Revolution wie Brauereien, Spinnereien, Bergwerke oder Maschinenbauunter131 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
nehmen erreichten kaum die Grenze eines Anlagekapitals von £ 100.000. 8 Der Fixkapitalanteil betrug hier im 18, Jahrhundert meist 10 bis 15 %, bei einer großen Baumwollspinnerei der frühen 19. Jahrhunderts konnte er schließlich knapp 50 % erreichen. Selbst zeitgenössische Großbanken kamen mit viel weniger Kapital aus als eine Eisenbahn. 9 Kanäle erreichten zwar hohe Fixkapitalanteile, aber nicht die Kapitalsummen, die die Eisenbahnen erforderten. 10 Die Methoden der Finanzierung solcher Kapitalien änderten sich daher auch in England einschneidend. Für die Finanzierung industrieller Investitionen spielte das soziale Netz von Familienmitgliedern, Verwandten, Geschäftsfreunden und das kaufmännische, auf Wechseln beruhende Kreditsystem die entscheidende Rolle. Rohstofflieferanten lieferten auf Kredit, der ein Zeitziel über die Verarbeitung bis zur Bezahlung des Fertigprodukts durch den Kunden gewährte. Standen Unternehmen erst einmal solide im Geschäft, finanzierten reinvestierte Gewinne einen Gutteil der Expansion des Unternehmens. Zunehmend wurde dieses Finanzierungssystem durch die Ausbildung eines Bankensystems, einer Gruppe von Brokern und der Börse in London ergänzt. Damit nahm die Reichweite der Kapitalmobilisierung zu und der Druck auf lokal und persönlich erreichbare Kapitalreserven ab. Noch um die Wende zum 19. Jahrhundert wurden Kapitalressourcen regional allerdings weitgehend über Wechsel transferiert. Die ersten Londoner Billbroker handelten Wechsel zwischen Banken. Country Bankers konnten auf diese Weise einen Angebotsüberschuß anlagesuchenden Kapitals aus den Regionen unterbringen, in denen die Landwirtschaft Gewinn erwirtschaftete, aber wenig gewerbliche Anlagemöglichkeiten vorhanden waren, während umgekehrt in Gewerberegionen der Kredit dieses Kapitals genutzt werden konnte. 11 Pollard deutet an, daß der Umfang der Eisenbahninvestitionen dagegen nur mit Hilfe der Börse und eines sich entwickelnden Netzes von Banken, privaten Merchant Banks vor allem, bewältigt werden konnte. 12 Am Londoner Kapitalmarkt wurden bis Mitte der zwanziger Jahre vor allem Regierungsanleihen, Auslandsanleihen, Aktien der Bank of England, der East India und South Sea Companies sowie diverser Aktiengesellschaften vor allem des Versorgungs- und Infrastruktursektors gehandelt. Ein - wenn auch späterer - Überblick (Tabelle V . l . ) zeigt, welchen Umfang die Geschäfte besaßen. Ein bereits deutlich expandierender Kapitalmarkt hatte im Boom der zwanziger Jahre zahlreiche Aktiengesellschaften aller Sektoren entstehen lassen, von denen 283 nach der Krise 1824/25 noch bestanden und eine Kapitalsumme von £ 150.718.086 repräsentierten. Von dieser Summe waren £ 49.251.887 eingezahlt. Erstmals waren in größerem Umfang 132 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle V.1.: Papiere am Londoner Kapitalmarkt - 1850 Regierungsanleihen Auslandsanleihen Aktien der B.o.E. Aktien d. Aktienbanken Aktien der East India/ South Sea Companies Aktien sonstige AGs außer Eisenbahnen Eisenbahnaktien 1
830 125 11 34
Mio. Mio. Mio. Mio.
£ £ £ £
10 Mio. £ 100 Mio. £ 250 Mio. £
Erläuterung: B.o.E. = Bank of England. 1 Mathias gibt £ 2 5 0 Mio. investierten Kapitals für 1850 an, S. 2 5 9 ; Crouzet, Victorian Economy, S. 2 9 1 , £ 2 3 9 Mio.; Checkland, Industrial Society, S. 282, £ 286 Mio., allerdings für das Jahr 1856. Gayer u.a. listen einschließlich des Jahres 1850 £ 318 Mio. sanktionierten Kapitals auf, das allerdings nie investiert wurde, weil mehr als ein Viertel der während der »Mania« konzessionierten Strecken gesetzlich wieder aufgehoben wurde. Vgl. ebd., S. 4 3 9 . Quellen: Gayer, S. 4 0 9 , 4 3 7 ; Mathias, S. 2 5 9 .
Bergwerks-, Eisenbahn-, aber auch Versicherungs- und Gasgesellschaften auf Aktienbasis entstanden und Kapitalexporte nach Lateinamerika (Bergwerksgesellschaften) finanziert worden. Die beiden folgenden Hochkonjunkturphasen standen bereits ganz im Zeichen der Eisenbahngründungen: 1836/37 erreichten sie ein Kapital von £ 36 Mio., den Boom der Jahre 1845/46 dominierten die Eisenbahnen vollständig mit einem Investitionsvolumen von £ 192 Mio. 13 Dieses Nominalkapital wurde allerdings nur in Raten, sogenannten »Calls«, eingezahlt und deshalb in der Regel erst Jahre nach der Zeichnung vollständig investiert. Die vorliegende Darstellung hat verdeutlicht, daß das englische Kapitalangebot den enormen Bedarf der Eisenbahnen durchaus decken konnte. Die Sparquote war bereits im 18. Jahrhundert gestiegen, so daß die Eisenbahnen zwar mit anderen Investitionsmöglichkeiten um das Kapital der Anleger konkurrierten, auch regionale oder temporäre Ungleichgewichte aufgetreten sein mochten, 14 jedoch keine generelle Knappheit an Kapital herrschte. Ein bereits an anderen Wertpapieren erprobter und im Transfer von Kapital zwischen den Regionen aktiver Markt war entstanden, der den Eisenbahnbau bis zum Umfang von 28 % aller Bruttoinvestitionen auf dem Höhepunkt des Booms der vierziger Jahre ermöglichte. 15 Die für die deutsche Diskussion lange Zeit prägende Debatte über einen eventuellen Kapitalmangel begann in der neueren Forschung mit Borchardts Aufsatz aus dem Jahre 1961. 1 6 Von Anfang an wurde sie in einer 133 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Vergleichsperspektive zwischen England und Deutschland geführt, die auch die übrige Eisenbahngeschichte wie ein roter Faden durchzieht. 17 Borchardt weist die Unterstellung eines Kapitalmangels im Sinne einer zu geringen Gesamtersparnis zurück und rückt die Nachfrageseite der Volkswirtschaft in den Mittelpunkt der Betrachtung. Da Investitionen nicht von einer direkten Ex-ante-Ersparnis abhängig, das Sparpotential nicht erschöpft und eine volkswirtschaftliche Mehrproduktion ohne steigenden Konsum aufgrund von Arbeitslosigkeit durchaus möglich waren und außerdem in andere Sektoren der Wirtschaft große Beträge investiert wurden, ist die Ursache relativ geringer Investitionen in schlechten Ertragschancen und hohen Risiken aufgrund zu geringer Nachfrage zu suchen. 18 Diese eher nachfragetheoretische Perspektive deckt sich mit einer Reihe struktureller Argumente zur Situation des Nachfolgelandes. Auch Tilly kommt in seiner Untersuchung des rheinischen Kapitalmarkts zu der Überzeugung, daß es einen genuinen Kapitalmangel nicht gegeben haben kann, wenn ausländische Regierungsanleihen und Eisenbahnpapiere in den dreißiger/vierziger Jahren in den Finanzzentren des Rheinlandes Abnehmer fanden. Dies betrachtet er als Indikator dafür, »that the chief problem lay not so much in the aggregate size of the savings stream but in its allocation«. 19 Für den Kölner Kapitalmarkt ist generell zu beobachten, daß dort in den dreißiger Jahren eine Reihe namhafter Merchant Bankers in reine Kapitalgeschäfte eingestiegen waren und so die Leistungsfähigkeit der rheinischen Finanzierung deutlich zunahm. 20 In einer Untersuchung zur Kapitalmobilisierung im Ruhrgebiet kommt Tilly zu ähnlichen Schlüssen, wie sie schon Borchardt vorgezeichnet hatte: Es fehlte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht per se an Kapital, sondern vor allem an den übrigen komplementären Faktoren zum Zustandekommen der Industrialisierung, an ausgebildeten Fachkräften, Lösungen für technische Probleme, Kundenbeziehungen, Märkten - an Faktor- und Gütermärkten. Damit waren die Voraussetzungen für eine gewinnbringende Kapitalanlage objektiv schlecht. 21 Pollard konstatiert allerdings, daß in den hoch entwickelten vorindustriellen Gewerberegionen durchaus eine den britischen Regionen vergleichbare Faktorausstattung existierte, so daß von diesen ausgehend ein schneller Anschluß an das »Vorbild« und Pionierland England möglich war.22 Insgesamt diagnostiziert Wehler in Preußen einen weniger fortgeschrittenen »Ökonomisierungsprozeß«, eine weniger weitreichende marktorientierte Organisation von Handel und Bankwesen, Verkehr und Gewerbewirtschaft. Folglich fehlte es eher an »kapitalstarken privaten Investoren« und diese hatten risikoreichere Entscheidungen zu treffen als ihre englischen Pendants. 23 Diese Risikosituation wurde jedoch verschärft durch die vor allem in Preußen besonders lange Vorbereitungszeit zwischen Beginn einer Eisen134 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
bahninitiative und Betriebsaufnahme der fertiggestellten Strecke. Die Dauer dieser »digestion period« 24 gefährdete die Rendite, weil das Kapital entsprechend lange verzinst werden mußte ohne Ertrag zu erwirtschaften. Die Tatsache, daß die Konzessionierung einer Gesellschaft in Preußen gegenüber England fast doppelt so lange dauerte, weil der bürokratische Mechanismus des Interessenausgleichs nur sehr mangelhaft funktionierte, zeigt, daß die Konsequenzen der preußischen Verfassungsfrage eindeutig bis in den Kontext des Kapitalmarkts reichten. Diese Sorge bedrückte bereits die Zeitgenossen ganz außerordentlich, denn nichts anderes war Hansemanns Anliegen, wenn er es als Rechtlosigkeit bezeichnete, von der »Billigkeit« der Behörden abhängig zu sein. Hier sah er den Zusammenhang, daß keine gesetzliche Regelung gegen das erschütterte Vertrauen des Kapitalmarkts helfe, daß jedoch falsche gesetzliche Festlegungen wie die Unterwerfung der Transportpreise unter ministerielle Kontrolle genau dieses Vertrauen erschütterten. 25 Die Konsequenz war eine beträchtlich erschwerte Abschätzung von Risiko und erwartbarem Ertrag. Der Risikoreichtum früher Eisenbahninvestitionen hing jedoch nicht allein von den Entscheidungen des Staates ab, sondern auch von immanenten Faktoren dieser neuen Technologie: Technischen Problemen und der Knappheit von Planungsexperten, mangelnder Erfahrung mit eben diesem Know how, dem hohen Bauaufwand, der auf jeden Fall mehrjährige Bauzeiten erforderte, sowie der Schwierigkeit, forward linkages - auch in ihrer zeitlichen Reichweite - sorgfältig zu erfassen. Alle Projektplanungen hatten abzuschätzen, welcher Markt erschlossen und welche Ertragskraft erwartet werden konnte. Dies war in einem Land, in dem der Eisenbahnsektor Führungssektor der Industrialisierung war, 26 schwieriger zu bewerten als in England. Trotz des hohen Risikos waren die Finanzierungschancen jedoch nicht so schlecht, wie ein Blick auf die Investitionsalternativen zeitgenössischer Anleger zeigt (vgl. Tabelle V.2.). Diese waren äußerst beschränkt, so daß sich anlagesuchenden Kapitalbesitzern nur sehr wenige Optionen boten. Aktienbanken gehörten im gesamten Vormärz überhaupt nicht zum Portfolio preußischer Anleger, waren sie doch erst ab 1848 rechtlich möglich. So blieb der Schaaffhausensche Bankverein in Köln nach seiner Restrukturierung 1848 bis 1856 die einzige Aktienbank in Preußen. 27 Ebenso fehlte ein aktienfinanziertes preußisches Kanalnetz. Private Aktiengesellschaften waren daher am preußischen Kapitalmarkt eine äußerst seltene Spezies. Vom Kapitalumfang her blieb dem Anleger nur die Wahl zwischen Staatspapieren und Eisenbahnaktien. In den vierziger Jahren folgten die ersten Versicherungs- und Bergbau- bzw. Schwerindustrie-Aktiengesellschaften. 28 135 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle V.2.: Papiere am preußischen Kapitalmarkt des Vormärz Regierungsanleihen
Privatkapital der Preuß. Bank Alle privaten AGs außer Eisenbahnen
Eisenbahnaktien
1820 1833 1843
2 0 6 Mio. Thlr. 175 Mio. Thlr. 150 Mio. Thlr.
1846
10 Mio. Thlr.
1825 1835 1845 1849
8 8 20 145
Mio. Thlr. Mio. Thlr. Mio. Thlr.1 Mio. Thlr.
1 Wehler bezeichnet 1845 100 Mio. Thlr. Eisenbahnaktien als 8 5 % der tätigen Aktiengesellschaften, die verbliebenen 15 % also näherungsweise = 20 Mio. Thlr. waren Aktien anderer Gesellschaften, vgl. ders., Gesellschaftsgeschichte, II, S. 106. Quellen: Krug; Wehler, Gesellschartsgeschichte, II, S. 104ff., 1 1 1 ; Fremdling, Eisenbahnen, S. 28, Tabelle 11.
Die Zahlen belegen, daß am preußischen Kapitalmarkt vor dem Eisenbahnbau nur Staatsanleihen in nennenswertem Umfang gehandelt wurden und die Konkurrenz zu diesen die Finanzierungschancen der Eisenbahnen prägte. Die Rückzahlung preußischer Staatsanleihen und die damit deutlich sinkende Staatsverschuldung führten langfristig zu sinkenden Zinssätzen, die effektiv von 1835 bis 1847 und wieder 1851 bis 1853 unter 4 %, ab 1854 nur knapp darüber lagen, 29 vor allem, weil der Mangel anderer Anlageformen und die »Verknappung« der Staatsschuldscheine durch die Rückzahlung zu einem Kursanstieg der Staatspapiere geführt hatten. 30 Um 1840 hatte Preußen folglich pro Kopf der Bevölkerung die niedrigste Staatsverschuldung in Europa zu verzeichnen: nur 11 Thaler. 31 Strukturell läßt sich zweierlei aus der Kapitalmarktsituation schließen: Zum einen herrschte zweifellos kein Kapitalmangel, zum anderen muß die Konkurrenzsituation als für die Eisenbahnen sehr günstig beurteilt werden. Kapitalmarkt- und börsengängige Anlagealternativen standen kaum zur Verfügung, die Verzinsung der einzig relevanten Staatsschuldscheine sank. Einzig die Investition in private Unternehmen persönlich bekannter Unternehmer, d.h. der für die frühe Industrialisierung so wichtige »Kapitalmarkt« durch persönliche Beziehungen, bot - allerdings risikoreiche Verwendungschancen für überschüssige Fonds. Dagegen versprachen die Dividenden der ersten großen Eisenbahngesellschaften - unter anderem der in dieser Arbeit behandelten Unternehmen - wesentlich besseren Ertrag, lagen doch die Durchschnittsdividenden preußischer Privatbahnen 1840 bis 1847 zwischen 5 und 6,2 %.32 136 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Diese relativ günstigen Voraussetzungen bereiteten den Boden für das stürmische Wachstum von Eisenbahninvestitionen. Bis 1879 waren fast 12 % des insgesamt in der deutschen Volkswirtschaft angelegten Kapitals in den Eisenbahnsektor investiert worden. Auf dem Höhepunkt 1879 trug der Eisenbahn-Kapitalstock 62 % zum gesamten Kapitalstock bei, der durch Investitionen in gewerbliche Anlagen aufgebaut worden war. In den Boomphasen des Eisenbahnbaus nach 1850 erreichten die Bahnen zwischen 17,5 und 2 5 , 8 % der Investitionen der Gesamtwirtschaft, selbst in den Baissephasen der Eisenbahnkonjunktur lagen sie noch bei 11,8 bzw. 11,9%. In den siebziger Jahren gingen selbst in dem für die Eisenbahnen relativ weniger investitionsfreudigen (oder besser: für die anderen Branchen der Wirtschaft boomartigen, so daß diese aufholen konnten) Jahrfünft 1 8 7 0 74 noch 18,6 % aller Investitionen in den Eisenbahnsektor. 33 Die Eisenbahnen waren damit - obwohl für die in dieser Arbeit entscheidenden vierziger Jahre keine Zahlen für den Anteil der Eisenbahnen an den volkswirtschaftlichen Nettoinvestitionen vorliegen 34 - der investititonsstärkste Einzelsektor der Volkswirtschaft. Fremdling bestätigte die Führungssektorposition der deutschen Eisenbahnen, Wehler stellt die Leistungen bei der Kapitalmobilisierung der Eisenbahnen als einen grandiosen Erfolg dar. 35 Doch darf in der Erfolgsgeschichte des schnellen Aufholens gegeüber dem englischen Pionier der Industrialisierung nicht übersehen werden, daß nicht das Vorhandensein von Kapital allein entscheidend war, sondern dessen Mobilisierung in einem Land ohne Erfahrung am industriellen Kapital- und Aktienmarkt die große Herausforderung innovativer Eisenbahnunternehmer war. Wie überzeugten sie eine anlegende Öffentlichkeit, die an die ertragsarme Gewißheit schlecht verzinster Staatspapiere gewöhnt war und kaum andere Anlageformen kannte, von den Ertragschancen der Eisenbahnunternehmen? Zum einen mußten die Initiatoren einer Eisenbahn die Projektplanung so zu gestalten versuchen, daß möglichst präzise Kapitalbedarfs- und Ertragsschätzungen einer interessierten Öffentlichkeit den Eindruck vermittelten, die Unternehmer hätten die volle Kontrolle über die risikoreiche Entwicklung der Eisenbahn. Dies schloß die Solidität ihrer Kapitalbedarfsund Ertragsschätzungen ebenso ein wie den Umgang mit den Staatsbehörden. Dabei spielte die Einschätzung der Solidität und Bonität, die diese Unternehmerpersönlichkeiten in der Geschäftswelt aufgrund ihrer bisherigen Unternehmen ohnehin bereits genossen, eine entscheidende Rolle. Regional führende, in den Handelszentren ortsansässige Bankiers wurden dieser Anforderung besonders gerecht, zumal deren Rückendeckung für den Erfolg einer Eisenbahninitiative außerordentlich wichtig war. 36 Die zweite maßgebliche Komponente entsprechender unternehmerischer Be137 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
mühungen bestand aus dem Geschick, politische Verhandlungen mit den Staatsbehörden zu führen und gegebenenfalls auch politischen Druck im Sinne der eigenen Interessen auszuüben. Beide Komponenten der Kapitalmobilisierung verlangten nach institutionellen Antworten auf die spezifisch preußische Situation. Gemeinsam war der deutschen und englischen Situation, daß Investorengruppen gefunden werden mußten, die für den längerfristigen Erfolg des Unternehmens auch bereit und in der Lage waren, die regelmäßig gegenüber den Ausgangsschätzungen notwendigen Kapitalerhöhungen mitzutragen. Zudem sollten sie aufgrund der langen Bauzeit eine gewisse Unabhängigkeit von der Gunst wirtschaftlicher Konjunkturen besitzen. Durch die längeren zeitlichen Verzögerungen zwischen Zeichnung des entsprechenden Kapitals und Einzahlung der »Calls« fiel in aller Regel ein Teil der Kapitalaufbringung in konjunkturelle Depressionsphasen, obwohl die Aktien im vorangegangenen Boom gezeichnet worden waren. 37 Die endgültige Entscheidung über die Plazierung der Aktien lag in beiden Ländern bei den emittierenden Gesellschaften, doch bedienten sie sich in unterschiedlichem Maße der Unterstützung von Hausbanken, Juristen und Agenten bei der Werbung von Subskribenten. Die Prüfung der Bonität dieser Subskribenten oblag allein der Eisenbahngesellschaft, die bei Zahlungsrückständen mahnte oder sogar im Verzug befindliche Aktien nach statuarisch geregelten Richtlinien einziehen konnte. 38 Aktionäre griffen häufig zu dem naheliegenden Mittel, einen Teil ihrer Aktien zu verkaufen, um mit dem Ertrag die Einzahlungen auf die verbliebenen leisten zu können. Die Gesellschaften selbst bemühten sich, in den Krisenphasen des Kapitalmarktes die Einzahlungen möglichst hinauszuschieben, entweder durch laufende Zwischenkredite der Hausbanken oder durch die Aufnahme der regulär konzessionierten Fremdkapitalanteile in Anleihen. Englische Gesellschaften überschritten in diesem Falle das konzessionierte Fremdkapitallimit durch die Ausgabe sogenannter »Loan Notes«, d.h. Schuldverschreibungen zu festem Zinssatz und begrenzter Laufzeit (von allerdings bis zu zehn Jahren), die jedoch keinerlei rechtlichen Schutz genossen (im Gegensatz zu den konzessionierten Anleihen), also auch nicht einklagbar waren, und denen keine Sicherheit gegenüberstand außer dem Vertrauen der Anleger in die Zahlungsmoral und Zahlungsfähigkeit der Eisenbahn. Diese Überschreitung gesetzlicher Vorgaben in der Alltagspraxis wurde 1844 unter Gladstone verboten bzw. die bestehenden Papiere wurden anerkannt und ihre Konsolidierung in Anleihen bzw. Rückzahlung binnen einer Übergangszeit von fünf Jahren geregelt. 39 In Preußen sind für solche Übergangphasen nur laufende Kredite der Hausbanken belegt. Die Nachrichten über diese Art von Zwischenfinanzierung sind nicht 138 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
zahlreich, doch vermögen einige prominente Beispiele das Prinzip zu belegen. Die Gesellschaften griffen dann zu diesem Mittel, wenn die Kapitalmarktbaisse den Fortgang der Bauarbeiten oder die Anschaffung von Fahrzeugen bedrohte. Tilly schildert, daß die REB in den frühen vierziger Jahren, als die Fertigstellung der teurer werdenden Linie in Frage gestellt war, 3 0 0 . 0 0 0 bis 4 0 0 . 0 0 0 Thlr. Kredit über die laufenden Geschäftskonten aufgenommen habe. Zeitweise schuldete die REB allein Oppenheim 3 0 0 . 0 0 0 Thlr. Andererseits führten Aktien- oder Anleiheemissionen häufig zu hohen Kassenbeständen der Eisenbahnen bei ihren Hausbanken, bis die zu guten Konjunkturzeiten emittierten Beträge tatsächlich verbaut oder investiert worden waren. 40 Die Direktionsprotokolle der REB weisen einen zweiten Fall dieser Art aus: Am 29.11.1841 wurde beschlossen, auf noch nicht ausgegebene Obligationen, die als Sicherheit bei den Bankiers deponiert werden sollten, bei Schickler und Mendelssohn in Berlin 2 0 0 . 0 0 0 bis 3 0 0 . 0 0 0 Thlr. zu 5 % Zinsen für sechs Monate aufzunehmen, um laufende Bauausgaben zu finanzieren.41 Die BHE-Protokolle berichten für das Geschäftsjahr 1856 ebenfalls von der Abtragung einer »schwebenden Schuld« (also eines kurzfristigen Dispositionskredites) durch Tilgung von 120.000 Thlr. Die Gesamtschuld hatte 4 2 0 . 0 0 0 Thlr. in zwei Tranchen von 120.000 und 300.000 Thlr. betragen. Ein Teil der Kredite war bereits vorher zurückgezahlt worden, die restliche Tilgung der Schulden wurde in der Aufsichtsratssitzung vom 23.3.1858 für das Geschäftsjahr 1857 beschlossen. 42 Die LDE rettete sich aus einer solchen Liquiditätsknappheit durch zwei Darlehen der sächsischen Staatsregierung, für die sich die Mitglieder des Aufsichtsrates solidarisch verbürgten und die über je 100.000 Thlr. lauteten. 43 Hier war das Problem durch eine Staatsunterstützung gelöst worden, die jedoch indirekt (über die Haftung) wieder das Eintreten wichtiger Leipziger Handels- und Bankhäuser, die im Aufsichtsrat vertreten waren, erforderte. Bei englischen Eisenbahnen scheint es diese Praxis nur in Einzelfällen und in kleinerem Umfang gegeben zu haben. Jedenfalls berichten nur die Direktionsprotokolle der LSW von dem Bemühen, den Hausbankier Wright zu einem Kredit von £ 20.000 auf 15 Tage zu bewegen, durch den eine Einzahlung auf die Aktien vom 20.10.1838 vorfinanziert werden sollte. 44 Bei der GWR berieten die Gesellschaftsgremien über die Ausgabe der erwähnten Loan Notes, die zu späterer Zeit gegen reguläre Schuldverschreibungen eingetauscht werden sollten. 45 Noch vor der Finanzierung temporärer Liquiditätsengpässe rangierte jedoch die Funktion der Banken bei der Emission des Eigen- und Fremdkapitals der Eisenbahngesellschaften. In England legten die Gesellschaften selbst Subskriptionslisten aus und sammelten Zeichnungen, in Deutschland wurden teilweise große Aktien- oder Anleihepakete den Banken zur Plazie139 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
rung an den Bankplätzen der eigenen, anderer Regionen sowie des Auslandes übergeben. Dies stellte eine im Vergleich zur englischen Situation innovative und genuin deutsche Form der Emissionspolitik dar.46 Ganz im Gegensatz zur gängigen These von den enormen Leistungen einer deutschen Erfindung für die Industrialisierung, nämlich der Universalbank, erbrachten die für den Eisenbahnbau notwendigen Finanzdienstleistungen für mindestens zwei Jahrzehnte die Merchant Bankers und Privatbankiers der alten deutschen Handelszentren, ehe auch nur die erste Aktienbank gegründet war.47 Parallel zu den Gründungsgeschäften der Eisenbahnen erlebten diese Bankhäuser und ihre Familien einen rasanten Aufstieg, der den Grundstein für das gleichzeitige Engagement dieser Privatbankiers bei der Gründung großer Versicherungsgesellschaften und industrieller Aktiengesellschaften legte. Wieweit sie diese Möglichkeiten erst den Emissionsund Gründergewinnen des Eisenbahnbaus verdankten, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Gerade die bei Chandler prominent figurierenden Großbanken Schaaffhausen, Darmstädter Bank für Handel und Industrie und Discontogesellschaft entstanden allesamt auf maßgebliche Initiative von Privatbankiers und Eisenbahnunternehmern. Zudem profitierten gerade die Merchant Bankers entscheidend von der Beschleunigung des Handels, die die ersten Eisenbahnen mit sich brachten, denn dank schnellerer Verkehrsverbindungen banden Handelsgüter weniger Kapital für kürzere Zeiträume, so daß für diese Kaufleute die Entwicklung zu umfangreichen Bankgeschäften beschleunigt wurde. 48 Im englischen Falle spielten die Merchant Bankers ihre maßgebliche Rolle unter den Eisenbahnunternehmern eher als Großinvestoren denn als Emissionsinstitute. Große Namen verhandelten um große Geldsummen. Auch wenn sie nur begrenzte Fertigkeiten besaßen, »Kohle in Geld zu verwandeln«, 49 leisteten sie doch unschätzbare Dienste, und sei es bei der erfolgreichen Strategie, die belgische Regierung 1840 in der Krise zur Aktienbeteiligung an der Rheinischen Eisenbahn zu bewegen. Immerhin versprach Oppenheim anläßlich der erfolgreichen Negotiation dieses Emissionsgeschäfts dem belgischen Bankierskollegen J.R. Bischoffsheim 30.000 Francs für dessen Unterstützung bei der parlamentarischen Ratifizierung des Geschäfts, das der REB eine Mio. Thlr. Kapital sicherte. Geschäftsbeziehungen entlang der Linie Oppenheim - Schickler - Mendelssohn - Bloch - Bleichröder brachten große Summen REB-Anleihen und -Aktien am Berliner Markt unter. 50 Vielfach geschah dies mit Hilfe der Geschäftsbeziehungen der Banken zu den großen Versicherungsunternehmen. Vor allem in den fünfziger Jahren zeichneten die Kölner Rückversicherung, die Colonia und die Concordia Aktien und Anleihen der REB in größeren Summen und gewährten kurzfristige Kredite. 51 Einen vergleichbaren Glücksfall verzeichnete die LDE, als 140 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
ein Konsortium von sechs Leipziger Bankhäusern die Anleihe von 1839 mit einem Umfang von einer Mio. Thlr. zu einem Viertel Prozent Agio komplett übernahm. Die Bankiers teilten sich das Volumen in unterschiedlich große Tranchen. 52 Englische Merchant Bankers zeichneten teilweise selbst größere Summen der jeweils emittierten Schuldverschreibungen, die Plazierung der Papiere am Kapitalmarkt nahmen die Eisenbahngesellschaften jedoch nach öffentlicher Ausschreibung in den Zeitungen - teilweise in kleinsten Beträgen - selbst vor. Eine weitere Besonderheit der englischen Papiere im Vergleich zu deutschen Anleihen lag darin, daß sie Laufzeiten von drei, fünf, sieben oder höchstens zehn Jahren hatten, so daß sie sehr flexibel bei wechselnden Zinssätzen und Laufzeiten gehandhabt werden konnten. Die gesetzliche Konzession bezog sich lediglich auf die Summe der insgesamt gestatteten Fremdkapitalanteile. 53 So hatte Gladstone der GJR zunächst £ 50.000 geliehen und reduzierte diese Summe bei erneuter Zeichnung auf £ 28.600. 5 4 William Garnett steuerte £ 20.000 zum Fremdkapital der LSW bei, Williams Deacon & Co zeichnete £ 7 5 . 0 0 0 für drei Jahre, die Guardian Assurance die Summe von £ 117.000. 5 5 William Mills verhandelte für die GWR mit dem Governor der Bank of England über einen Kredit von £ 500.000 über drei Jahre, William Gibbs lieh der Gesellschaft insgesamt £ 80.000. 5 6 Da in der Regel die Namen der Gläubiger bei der protokollierten Zuteilung von Schuldverschreibungen in den Direktionsprotokollen nicht genannt sind, lassen diese wenigen Beispiele nur Umfang und Art der Beteiligung einzelner Bankiers und Kaufleute, jedoch kein Gesamtbild der Fremdkapitalaufnahme erkennen. Neben dem Engagement der Privatbankiers mobilisierte eine zweite institutionelle Eigenart den noch wenig entwickelten preußischen Kapitalmarkt: staatliche Unterstützung in vielfältiger, an Umfang jedoch erstaunlich geringer Form. Die Aufschlüsselung dieser Leistungen, die in der Tat mehr zur Mobilisierung privaten Kapitals beitrugen als selbst die Finanzierung der Eisenbahnen zu gewährleisten, werde ich unten behandeln. Dabei kommt es vor allem auf die Funktion staatlicher Aktivitäten an, im Kontext eines preußischen Kapitalmarktes, der einzig im Handel von Staatspapieren Erfahrung besaß, Eisenbahnaktien zu einer akzeptablen Anlageform zu machen. Das bedeutete, ihnen den Risikocharakter wenigstens teilweise zu nehmen und sie zu Quasi-Anleihen zu machen, also zu staatlich sanktionierten Privatanleihen mit relativ gesichertem Ertrag. Das Nachfolgeland Preußen verstand es mit den dargestellten Instrumenten in der Tat glänzend, durchaus vorhandene Kapitalreserven zu mobilisieren und eine dem seit Jahrzehnten sehr viel entwickelteren englischen Kapitalmarkt ebenbürtige (gemessen an den strukturellen Bedingun141 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
gen des jeweiligen Landes) Investitionsleistung zu erbringen. Was in England ein bereits funktionierender Aktienmarkt leistete, an dem sich Eisenbahnen in Konkurrenz zu Kanälen, Versicherungen, Bergwerken und anderen gewerblichen Aktiengesellschaften zu behaupten hatten, holten in Preußen private Bankiers im Verein mit den Eisenbahninitiatoren und staatlicher Unterstützung schnell nach. Diese Grobanalyse des Kapitalmarktgeschehens kann sich in ihrem thesenartigen Zuschnitt im folgenden Kapitel an der empirischen Untersuchung der tatsächlich mobilisierten Investoren einiger deutscher und englischer Eisenbahngesellschaften bewähren.
2. Sozialstruktur der Aktionäre Investitionsfähigkeit und Investitionsbereitschaft in dem zum Eisenbahnbau nötigen Umfange kann für die Pionierzeit der Eisenbahnen nur von wenigen sozialen Gruppen erwartet werden. Innerhalb dieses sozialen Rahmens gibt die tatsächliche soziale Verteilung von Investitionen und Investoren Aufschluß über den charakteristischen Stand industrieller Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft und darüber, welche sozialen Klassen oder Teile derselben der Entwicklung dieses in Deutschland führenden und in England relativ zu anderen Branchen so gewichtigen Sektors der Industrialisierung ihre Stoßkraft gaben. Nationale Grenzen markierten in diesem Vergleich vermutlich den relativen Stand der allgemeinen Entwicklung beider Länder. Der regionale Binnenvergleich zwischen einzelnen Gesellschaften dürfte Ähnlichkeiten über die Landesgrenzen hinweg zutage fördern. Zudem liefert er Aufschluß über die Position der Region im Zuge der industriellen Entwicklung sowie ihre Chancen schnellen Aufholens gegenüber fortgeschritteneren Regionen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, daß die Stimmrechte der Investoren über die Besetzung der Positionen entschieden, deren Inhaber federführend für die unternehmerischen Entscheidungen dieser großen Aktiengesellschaften waren. In diesem Sinne stellt die Investorenstruktur gemessen am Gewicht der Kapitalbeteiligung - eine Vorauswahl der Kandidaten für unternehmerische Schlüsselpositionen dar. Investoren verbanden mit ihrem Kapitaleinsatz Interessen. Sie stimmten mit ihrer Investition oder deren Ausbleiben über unternehmerische Strategien und deren Erfolg ab. Zudem prägte die Vorauswahl der Unternehmerpersönlichkeiten in den Reihen der Aktionäre die Erfahrungen und das unternehmerische Vorwissen aus anderen Branchen, mit denen Eisenbahnunternehmer an die Lösung ihrer neuartigen Probleme herantraten. 142 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Vergleicht man die Anteile der sozialen Gruppen an Investitionen und Zahl der Investoren, liefert dies zugleich Erkenntnisse über die Konzentration der eingebrachten Kapitalien. Nach der vorangegangenen Betrachtung der Angebotssituation am Kapitalmarkt Englands und Preußens bzw. Deutschlands lassen sich eine Reihe von Hypothesen für die erwartbare soziale Herkunft der Eisenbahninvestitionen formulieren. Ohne jeden Zweifel handelte es sich beim Eisenbahnbau um eine genuin bürgerliche Domäne. Nichtbürgerliche soziale Klassen besaßen aus unterschiedlichen Gründen nur geringe Chancen der Beteiligung an Eisenbahngesellschaften: Unter- bzw. kleinbürgerliche Gruppen der Gesellschaft verfügten in aller Regel über zu geringe finanzielle Mittel, um sich den Erwerb von Eisenbahnaktien leisten zu können. Dies verhinderten allein die durchweg hohen Nennwerte der Aktien, die in England bei £ 50 bis £ 100 und in Preußen zwischen 100 und 250 Thlr. lagen. 57 Nur zufällige Erbschaften oder mühsames Sparen konnten diesen Schichten den Weg zum Erwerb einzelner Eisenbahnaktien ebnen. Investierten kleinbürgerliche Erwerbstätige - vor allem aus Branchen des traditionellen Stadtbürgertums, wie z.B. Gastwirte - dennoch größere Beträge, steht zu vermuten, daß sie trotz ihrer Tätigkeit über Familienvermögen verfugten oder in ihrem Gewerbe so stark expandierten, daß sie sich auf dem Mobilitätspfad zur bürgerlichen Existenz befanden. 58 Das andere Extrem nichtbürgerlicher Gruppen der Gesellschaft bildet der Adel, für den zu erwarten ist, daß sein Engagement ebenfalls begrenzt war. Dies dürfte auch für Gutsbesitzer bzw. nichtadelige größere Landbesitzer gegolten haben. Zum einen bestand in aller Regel nur ein kleinerer Teil dieses Vermögens aus liquiden Mitteln, die für eine Aktieninvestition hätten verwendet werden können. Zum anderen dürfte die Investitionsfähigkeit des Adels und der Grundbesitzer vom Grad fortgeschrittener Entwicklung hin zur marktförmigen und kapitalistisch wirtschaftenden Landwirtschaft abgehangen haben. 59 Insofern ließe sich hier ein signifikanter Unterschied zwischen Preußen und England erwarten, hatte doch in England die Agrarrevolution mit Kapitalinvestitionen in die Melioration der Güter bereits im 18. Jahrhundert stattgefunden. 60 Und schließlich müßte der Anteil adeliger Investitionen in den Eisenbahnbau als eine Art Modernitätsindikator gewertet werden, der signalisierte, wie ernsthaft dem Adel an einer ökonomischen Modernisierung der jeweiligen Gesellschaft außerhalb des eigenen traditionellen Wirtschaftssektors gelegen war. Diese Faktoren lassen für Preußen eine eher geringe Adelsbeteiligung erwarten. 61 Eine weitere potentielle Investorengruppe bürgerlicher Herkunft könnten unter den Eisenbahninvestoren die - in Preußen in der Regel beamteten - Bildungsbürger gewesen sein, die im Preußen der Reformära und teilweise noch danach als Motoren des Fortschritts agierten und denen der 143 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Eisenbahnbau ein politisches Anliegen gewesen sein müßte. 62 Welche ökonomische Durchschlagskraft diese Auffassungen besaßen und ob es in England ein Pendant dazu gegeben hat, steht in diesem Kapitel auf dem Prüfstand. Insbesondere ist hier nach dem relativen Gewicht preußischer Beamter und englischer freier Berufe zu fragen, bestand hier doch ein wesentlicher Unterschied der beiden Gesellschaften. 63 Zentral für das Zustandekommen der Eisenbahnen dürften jedoch die Wirtschaftsbürger gewesen sein, die zweifellos über ein ausreichendes Vermögen und ein hinreichendes wirtschaftliches Interesse an dieser Verkehrsinnovation verfügten: die Großkaufleute und die Bankiers bildeten eine wirtschaftsbürgerliche Oberschicht, die jedenfalls in England zunehmend an die Spitze der Vermögenspyramide drängte, wie Rubinsteins Untersuchungen gezeigt haben. 64 Diese soziale Klasse stand an der Spitze der Entwicklung hin zu einer »bürgerlich-kommerziellen Struktur«, deren Ausprägung in England am weitesten fortgeschritten war.65 Dabei ist nach den Ausführungen des vorangegangenen Absatzes zu erwarten, daß das Gewicht der Bankiers in Deutschland wesentlich höher war als in England und diese eine Art Bündelungswirkung für die vielen kleinen Einzelvermögen ausübten, denen eine direkte Beteiligung an den Eisenbahnen verwehrt oder zu risikoreich war. Die Führungssektorposition 66 der Eisenbahnen in Deutschland dürfte eine eher geringe Beteiligung von Industrieunternehmern an den Eisenbahnen mit sich gebracht haben. Sie muß auch geringer gewesen sein als die der schon weit zahlreicheren und vermögenderen englischen Industrieuntenehmer, die möglicherweise Erträge ihrer Branchen im Eisenbahnsektor gewinnbringend und zudem transportkostensenkend investiert haben könnten. Den einleitend formulierten Erkenntnisinteressen entsprechend müssen Kategorien definiert werden, die zugleich den Erwartungen hinsichtlich der wichtigsten Investoren in Eisenbahnaktien gerecht werden. Mit Hilfe dieser Kategorien soll ein wertvoller, wenn auch begrenzter Quellenbestand zum Thema analysiert werden. Diese Quellen enthalten neben Namen und Vornamen oder Initialen Informationen als Selbstbeschreibungen der aufgelisteten Aktionäre zu Stand, Erwerb oder Beruf, Wohnort und Summe der Kapitaleinlage. Dies war jedenfalls der Regelfall für die betrachteten englischen Eisenbahngesellschaften. Für die LSW existiert kein Aktionärsregister, das einen endgültigen Stand tatsächlicher Investitionen angibt, sondern nur eine Subskriptionsliste, die nur den Charakter einer Absichtserklärung der Investoren besitzt. Für die Auswertung dieser Quelle wurde auf die Sekundärliteratur zurückgegriffen, 67 während die Aktionärsregister der anderen englischen Gesellschaften einer erneuten direkten Analyse unterzogen wurden. Aufgrund des weniger zuverlässigen Quellen144 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Charakters der Subskription 68 beschränke ich meine Betrachtung im wesentlichen auf die Gesellschaften, für die Aktionärsregister überliefert sind, also die GWR, die LMR, die GJR und die LBR. 69 In Preußen liegen solche definitiven Register überhaupt nur für die REB und die DEE vor. 70 Für die BHE existieren zwei Quellen zur Subskription, deren eine allerdings meist keine Berufsangaben macht und daher die Identifikation der Aktionäre mit Hilfe von Adressbüchern, biographischem Material und der den folgenden Kapiteln zugrunde liegenden Unternehmerdatenbank erforderte. 71 Zudem fehlen in dieser Liste die Kapitalanteile, so daß nur zahlenmäßige Aussagen über die Struktur der Aktionäre, nicht aber über die Kapitalstruktur möglich sind. Angaben zur Kapitalstruktur der BHE ermöglicht die zweite Quelle, 72 die zwar Kapitalangaben und teilweise Berufe enthält (im übrigen mußten die Interessenten auch hier identifiziert werden), jedoch wieder nur den Charakter einer Absichtserklärung trägt, weil es sich hier um eine Subskription für die Berlin-Hamburger Eisenbahn handelte, die noch vor der definitiven Entscheidung über den Linienverlauf abgehalten worden und als Verlängerung der ΒΡΕ gedacht war. Entsprechend beteiligten sich Interessenten aus Orten, die später durch die Linienführung nicht berücksichtigt wurden. Für die LDE standen zwei Quellen zur Verfügung: 73 Eine listet Kapitalbeteiligungen und Stimmrechte der in der ersten Generalversammlung des Unternehmens erschienen Interssenten auf, die andere gibt einen Überblick über die Berufsangaben der Initiatoren des Unternehmens, die sich zu Beginn in einer Petition an das sächsische Staatsministerium wandten. Wie bei der BHE ist auch hier nur eine Aussage zur Zahl der Aktionäre, nicht aber zu den Kapitalbeteiligungen möglich, während die erstgenannte Quelle zwar Kapitalangaben macht, aber nur einen Teil des Gesellschaftskapitals erfaßt. Trotz großer Anstrengungen ist es mir nicht gelungen, weitere definitive Informationen zur Kapitalstruktur resp. der sozialen Zusammensetzung der Kapitalbesitzer aufzufinden. Register oder Listen scheinen für weitere preußische Eisenbahngesellschaften nicht überlebt zu haben. Es lassen sich jedoch bereits aus dieser begrenzten Analyse im nationalen wie regionalen Vergleich interessante Schlüsse ziehen. Diese verfügbaren Informationen werden in dreifacher Hinsicht ausgewertet: zur Analyse der Sozialstruktur der Aktionäre, zur Betrachtung der geografischen Verteilung ihrer Herkunft und zur Auswertung der Kapitalkonzentration dieser Investitionen. Für die soziostrukturelle Auswertung der Quellen habe ich im englischen Falle die Berufs- oder Erwerbsangaben der Aktionäre zu folgenden Kategorien zusammengefaßt, wobei Aktionäre, die nicht direkt (wie Kaufleute oder Bankiers) die genannte Erwerbsbezeichnung angegeben hatten, den folgenden Kategorien zugeordnet wurden: (0) Adel, (1) Esquires, (2) 145 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Gentlemen, (3) Kaufleute, (4) Bankiers, (5) Professionals, (6) Industrielle (Manufacturers), sowie (7) Kleinbürger und Andere, Die deutschen Aktionäre wurden in folgende Gruppen eingeordnet: (1) Adel, Guts- und Landbesitzer, (2) Rentiers, (3) Kaufleute, (4) Bankiers, (5) Beamte, Professionals und Offiziere, jeweils zusätzlich in Untergruppen erfaßt, (6) Fabrikanten, (7) Handwerker, Kleinbürger und teilweise (8) Körperschaften sowie (9) Unbekannte. Die beiden letztgenannten Kategorien gehen auf deutsche Besonderheiten zurück: Es werden einzelne Kommunen oder andere Unternehmen als Aktionäre genannt. Unbekannte Aktionäre gab es in Preußen aufgrund der Notwendigkeit, für die BHE die nur namentlich genannten Aktionäre zu identifizieren bzw. deren Erwerbstätigkeit zu recherchieren. Für eine kleine Restgruppe ist dies nicht gelungen. Für diese Kategorien treten einige zentrale Probleme der Trennschärfe auf. Vergleichsweise eindeutig zuzuordnen waren Aktionäre des Adels: In beiden Ländern handelte es sich hier um Angehörige des hohen Adels, also im englischen Falle vom Baronet und im deutschen vom Freiherrn bzw. Baron an aufwärts. Nicht zu dieser Kategorie gezählt wurden im englischen Fall die grund- und gutsbesitzenden Esquires und Gentlemen oder Personen, die diesen Titel nannten, 74 und deutsche Personen, die einfach den Namenszusatz »von« führten. Deutsche Gutsbesitzer werden in der folgenden Darstellung mit der Adelskategorie zusammengefaßt, weil Landbesitzer und Adel in Deutschland nur sehr geringe Kapitalanteile besaßen. Eine Schlüsselkategorie der Untersuchung und zugleich die kapitalstärkste Aktionärsgruppe waren die »Merchants« oder Kaufleute. Darunter sollen in beiden Ländern nur Kaufleute verstanden werden, die im internationalen Fernhandel bzw. dem Großhandel von Gütern tätig waren, nicht aber Krämer und Detailhändler. Da die Zuordnung zu dieser Gruppe in der Regel auf der gleichnamigen Selbstbeschreibung der Aktionäre beruht, stellt sich die Frage, wie trennscharf diese Kategorie ist. Prinzipiell erfaßt diese Kategorie diejenigen Kaufleute, die mit den Handelsbeziehungen des Britischen Empire groß geworden waren und dessen internationale Arbeitsteilung bzw. den Güteraustausch organisierten. In Deutschland zielt diese Kategorie ebenfalls auf die Kaufleute, die den überregionalen, teilweise internationalen und an Messen gebundenen Handel betrieben. Allerdings erreichten ihre Aktivitäten nie so hohe Kapitalsummen und teilweise zahlreichen Schiffsbesitz, wie sie die »Großen« der englischen Häfen aufwiesen. Zentren solcher Überseetransaktionen bildeten Liverpool, Bristol und London, in Deutschland Hamburg. Die kaufmännische Führungsspitze Kölns, Leipzigs und Berlins beteiligte sich jedoch ebenso am internationalen Handel wie englische »Merchants«. 146 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Die Trennschärfe der Kategorie muß sich an drei Grenzbereichen erweisen: der Abgrenzung zum Kleinbürgertum, der Unterscheidung zwischen Wirtschaftsbürgern in Handels- und Industrieunternehmen sowie an der Binnendifferenzierung zwischen Kaufleuten und Bankiers. Die Befürchtung, daß die Kategorie auch eine Vielzahl kleiner Zwischenund Detailhändler und damit Kleinbürger erfassen könnte, wird zerstreut durch die hohe Konzentration der Kapitalbeteiligungen der Kaufleute. Zwar stellte die Gruppe der Kleinaktionäre in englischen Eisenbahnen (bis £ 5 0 0 ) zwischen 24 und 43 % und in deutschen Eisenbahnen (unter 1000 Thlr.) bis zu 18 %, im Ausnahmefall der DEE bis zu 63 % der kaufmännischen Aktionäre (nach ihrer Zahl), erreichte jedoch in keinem Falle einen Anteil am Kapitaleinsatz der Kaufleute von mehr als 6,8 % in England und 1,1 % (Ausnahme DEE: 18,4%) in Deutschland. 75 Entsprechend steuerten große kaufmännische Investoren (ab £ 500 bzw. 2000 Thlr.) in England 70 bis 80 % und in Deutschland sogar über 90 % (bei der Ausnahme DEE noch über 60 %) der Kapitalanteile bei. Der allergrößte Teil kaufmännischer Investitionen kam somit zweifellos nicht von Kleinbürgern. Eine Fehleinordnung von kleinen Händlern und Krämern, Gastwirten und Handwerkern wird aber auch dadurch ausgeschlossen, daß sie sich in der Regel bei ihrem Gewerbe oder den Gütern, mit denen sie handelten, nannten und damit in die Kategorie (7) fielen.76 Wichtiger und folgenreicher sind Abgrenzungsprobleme zwischen tatsächlichen Kaufleuten und anderen Tätigkeiten dieser Wirtschaftsbürger. Vor dem Hintergrund von Redlichs These, daß »vermutlich nur ein paar hundert Familien produktions- und finanzkapitalistischer Unternehmer die deutsche Frühindustrialisierung und Industrielle Revolution mit in Gang gesetzt und von ihren strategischen Entscheidungszentren aus mit in Gang gehalten [haben]«, 7 7 rückt der Charakter des Universalunternehmers in den Blick, der gleichermaßen Kaufmann wie Eisenbahninvestor, Finanzier wie Versicherungsgründer, Initiator einer Bergwerksaktiengesellschaft oder eines Maschinenbauunternehmens wie schließlich Bankier war.78 Und doch waren diese »Allround-Unternehmer« 79 nicht alles gleichzeitig und nicht zu allen Zeiten ihrer unternehmerischen Entwicklung. Früher und finanziell folgenreicher für ihre Investitionsfähigkeit in Eisenbahnaktien waren sie Kaufleute oder Verleger, und von dieser Geschäftsbasis aus organisierten sie ihre weiteren Aktivitäten. Kockas Befund einer vorherrschenden deutschen Tendenz zur funktionalen Integration von Produktion und Distribution 80 gilt für eine viel spätere Zeitphase der Industrialisierung. Industrielle Etablissements steckten in den »Kinderschuhen« oder waren noch nicht entstanden. Die vorhandenen profitierten zweifellos mehr von kaufmännischem Kapital als sie selbst durch Gewinne zur Kapitalbildung beitrugen. Die Eisenbahnen waren gerade in Deutschland somit jene Unternehmen, 147 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
mit deren Gründung die Diversifikation kaufmännischer Unternehmertätigkeit begann und für deren Kapitalisierung vorrangig Erträge aus Handelsgeschäften eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu dieser deutschen Situation hatte sich in England eine funktionale Differenzierung zwischen Produktion und Distribution schon vor dem Eisenbahnbau herausgebildet. Zwar hatte es auch dort im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts ein verstärktes Eingreifen von Industrieunternehmern in die Vermarktung ihrer Produkte gegeben, 81 doch bildete sich nach den Napoleonischen Kriegen eine Arbeitsteilung heraus, die es den Güterproduzenten nicht mehr gestattete, ihre Güter wirtschaftlich und rentabel selbst zu vermarkten. Diese Arbeitsteilung entstand offenbar vor allem auf kaufmännischen Druck, mußte doch ein großes Handelshaus seine Geschäfte diversifizieren und breit streuen, um große Kapitalien, die der Welthandel erforderte, durchgehend profitabel zu beschäftigen. Denn der Handel in einzelnen Produktgruppen sowohl der Rohstoff- als auch der Fertigwarenmärkte unterlag starken saisonalen Schwankungen, so daß eine Tätigkeit auf mehreren Märkten Voraussetzung erfolgreicher Geschäftsführung war. Zudem kristallisierte sich Liverpool zunehmend als Zentrum des Güterhandels heraus, während die Refinanzierung der Wechsel auf längere Sicht weitgehend in der Hand von Londoner Häusern blieb. 82 Ganz im Gegensatz zu Deutschland hatte also in England eine relativ deutliche Trennung von Produktion und internationalem Handel stattgefunden. Industrielle bildeten daher eine definitiv von den Kaufleuten unterschiedene soziale Gruppe. Offenbar genoß diese auch einen eindeutig niedrigeren sozialen Status: Selten pflegten Fabrikanten sich in England als »Industrialists«, eher als »Manufacturers« und in der Regel beim Namen ihrer Branche bzw. ihres Gewerbes zu bezeichnen. Dies brachte es mit sich, daß schwer zu unterschieden war, ob es sich um einen kleinen Handwerker oder einen Fabrikanten handelte. Allein diese Sachlage bedeutete jedoch bereits, daß der soziale Status der Industrieunternehmer erheblich unter dem der Kaufleute und Bankiers lag, gerieten die Fabrikanten doch geradezu in den Ruch der Handarbeit. 83 Zudem stammten die englischen Industrieunternehmer vor allem aus der unteren Mittelschicht, 84 so daß sie geradezu einer anderen sozialen Klasse angehörten. 8 5 Diese Differenz untermauert der für die jeweilige Unternehmensführung notwendige Kapitaleinsatz: Chapman unterstellt, daß das Unternehmenskapital eines großen Kaufmanns um 1850 mindestens um £ 100.000 betragen haben muß, 86 eine Summe, die eine große Zahl der namhaften Handelshäuser deutlich überschritt. Dagegen betrugen die Baukosten einer großen Spinnerei selbst gegen Ende des 19. Jahrhunderts maximal nur ca. £ 80.000. 8 7 In der Kategorie der Fabrikanten finden sich für England daher alle »Manufacturers« jedweder Branche, aber 148 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
auch »Ironmasters«, »Spinners« und dergleichen. Über eventuell durch Unscharfen einbezogene kleinbürgerliche Gruppen vermag die Kapitalkonzentration Auskunft zu geben. Für Deutschland wurden der entsprechenden Kategorie dagegen explizit genannte Fabrikanten, nicht aber einzelne Spinner oder Weber zugeordnet, was in der Regel schon durch den sehr geringen Kapitaleinsatz der ohnehin nicht sehr zahlreich auftretenden Handwerker oder solcher Personen, die sich nach Gewerben bezeichneten, gerechtfertigt erscheint. Gleichen (und hohen) sozialen Status genossen Kaufleute und Bankiers, so daß Zurechnungsprobleme zwischen beiden weniger gravierend für die Fragestellung sind. Vor allem für das unternehmerische Rekrutierungspotential sind beide Gruppen gleichermaßen bedeutend, zudem arbeiteten sie in einer Vielzahl von Einzelfällen sowohl als Investoren wie als Unternehmer eng zusammen und agierten gleichrangig. In der Selbstbeschreibung bezeichnen sich entsprechende Unternehmer entweder als Bankiers oder als Kaufleute (Bankers oder Merchants). An der Eindeutigkeit der Bankiersbezeichnung ist nicht zu zweifeln, dagegen konnten sich hinter »Merchants/Kaufleuten« gleichermaßen mit Gütern handelnde Kaufleute wie Merchant Bankers verbergen. Chapman stellt fest, daß Merchant Bankers in England sich grundsätzlich Merchants nennen. 88 Für den Betrachtlingszeitraum dieser Arbeit betrieb der größte Teil der großen Namen des Merchant Banking allerdings noch intensiven Güterhandel. Ausgedehnte Wechsel geschäfte dienten der Finanzierung des Fernhandels. Der Übergang dieser Häuser zu reinen Bankgeschäften trat erst etwa zur Jahrhundertmitte ein. Die entgültige Aufgabe der Warengeschäfte lag vielfach noch später. 89 Entsprechend entsteht für die deutschen »Merchant Bankers« der Eindruck, daß sie gerade im Zuge der Eisenbahngeschäfte erst zu Bankiers geworden sind, nicht zuletzt aufgrund der beträchtlichen Freisetzung von Kapital durch gestiegene Transportgeschwindigkeiten. 90 Tilly betont für die Rheinprovinz, daß nahezu alle Privatbankiers aus dem Großhandel kamen, also Merchant Bankers waren, und bis mindestens 1830 selbst so große Häuser wie Schaaffhausen im Warenhandel nachweisbar waren. Der Übergang zur Bank ging vor allem anderen mit dem einsetzenden Eisenbahnbau einher, ebenso mit dem beginnenden industriellen Wachstum sowie Veränderungen in der Organisation von Handel und Schiffsverkehr. Um 1860 war der Prozeß abgeschlossen. 91 Viele namhafte Häuser bezeichneten sich ohnehin bereits im Vormärz als Bankiers. Zudem bleibt beiden Gruppen die deutliche Abgrenzung zu den Industrieunternehmern, den Fabrikanten, gemeinsam, von denen sie sich durch ihren deutlich höheren sozialen Status und ihre erheblich größeren Vermögen abgrenzten. 92 Zwar wuchsen die Vermögen von Kaufleuten und 149 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Bankiers mit der einsetzenden Industrialisierung enorm, prinzipiell gehören sie jedoch einer Besitzklasse an, deren Position auf vorindustriell erworbenen Vermögen beruhte. In England fällt der Aufstieg beider Gruppen bereits ins 18. Jahrhundert, in Deutschland für viele ihrer Angehörigen in die napoleonischen und unmittelbar auf die Befreiungskriege folgenden Jahre. Für England hat dieser hohe Statusanspruch der finanzkapitalistischen Unternehmer eine gegenüber Preußen erweiterte und andersartige Dimension: Cassis beschrieb diese Position der Wirtschaftsbürger als Zugehörigkeit zu einer gesamtgesellschaftlichen Elite, einer sozialen Oberschicht aller Funktionsbereiche, der Großgrundbesitzer als traditionelle adelige Elite, Großunternehmer (nach Vermögen, also für lange Zeit fast nur finanzkapitalistische Unternehmer), Spitzenpolitiker und hohe Beamte gleichermaßen angehörten. 93 Wenn dies auch nur eine Tendenzbeobachtung gewesen sein mag, so deckt sich diese Beschreibungsperspektive - die den bewußten Gegensatz zur Analyse bürgerlicher Identitäten wählt doch mit den Erkenntnissen Lawrence Stones zur Offenheit der englischen traditionellen Elite für Aufsteiger. Die Absorptionskraft im Sinne dieses Elitebegriffs ging von den adeligen, landbesitzenden Gruppen der englischen Gesellschaft aus. Stones These von der »offenen Elite« Englands traf eher in einem speziellen Sinne zu: 94 Schon seit dem späten 17., vor allem aber dem 1 8 . Jahrhundert bestanden Aufstiegschancen in den (Land-)Adel vor allem für Kaufleute und Bankiers bzw. für früh deren Funktion ausübende Brauereibesitzer sowie zunehmend für Angehörige der Professionen, vor allem Juristen und Träger politischer Ämter. Häufig war diese Mobilität im strengen Sinne gar keine, denn die vom Erbe der Estates ausgeschlossenen jüngeren Söhne des Adels traten in Lehren bei Kaufleuten und Bankiers ein und kehrten mit dort erworbenem Vermögen in die Klasse ihrer Väter zurück. Diese Elite mußte nicht zwangsläufig die Geschäftsaktivitäten aufgeben, sondern konnte trotz des Kaufs eines Gutes und dem Erwerb eines Titels durchaus weiter tätig sein. Wenn Cassis und Stone heute mit diesen Mitteln die englische Gesellschaft analysieren, folgen sie den Spuren eines berühmten zeitgenössischen Beobachters, der dies für ein einzigartiges Kennzeichen der englischen Gesellschaft hielt. Alexis de Toqueville schrieb: »England war das einzige Land, wo man das System der Kaste nicht etwa geändert, sondern effektiv vernichtet hatte. Adel und Bürgertum widmeten sich hier gemeinsam den gleichen Geschäften, wählten die gleichen Berufsarten und, was noch weit bezeichnender ist, heirateten untereinander. Die Tochter eines Herrn vom hohen Adel konnte dort bereits ohne Schande einen Mann von geringer Herkunft heiraten.« 95 150 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Häufig diente der Erwerb eines Landsitzes vor allem der Statusdemonstration, war jedoch nicht verbunden mit der Übernahme der Funktion eines Großgrundbesitzers. Stone faßt diese Art der Veränderung unter dem Begriff der »cultural assimilation« 96 zusammen, die keineswegs impliziert, daß der soziale Aufsteiger, der Anspruch auf Statusgleichheit mit dem niederen Adel durch Führen der entsprechenden Titel (eines Esquire oder Gentleman) erhob, zugleich dessen Lebensstil und -grundlagen völlig kopierte. Immerhin konnte es gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein Kaufmann so weit gebracht haben, daß Bertram Currie, der Merchant Banker, der auch an Glyn, Mills & Co. beteiligt war, über seinen Freund Baring schrieb: »[Thomas Baring] is a proof if any were wanting, that a merchant may be as good a gentleman as any acred Lord or Squire.« 9 7 Eine vergleichbare Annäherung gesellschaftlicher Eliten prägte sich in Preußen erheblich weniger aus als in England. 98 Zwar liebte auch das deutsche Bürgertum die Übernahme adeliger Annehmlichkeiten des kultivierten Lebens, baute Stadtvillen oder Villen im Grünen mit schloßähnlichen Parks und zollte so der normativen Kraft adeliger Kultur Tribut, doch erreichte es nie den Grad sozialer Gleichrangigkeit und insbesondere politischer Partizipationschancen, den das Elitekonzept für England ausgemacht hat. 99 Dieser englischen offenen Elite gehörten auch die erfolgreicheren und vermögenderen Vertreter der professional class und dabei vorrangig der juristisch gebildeten freien Berufe an. In Preußen neigten dagegen offenbar Teile der Bildungsbürger den traditionellen Eliten, andere dem Beamtenliberalismus und seiner bürgerlichen Orientierung zu. Ihre Verortung ist weniger eindeutig und daher wert, in getrennten Gruppen für Beamte, »Professionals« und Offiziere erfaßt zu werden. Unter Professionals werden hier die Angehörigen der akademischen freien Berufe, aus Gründen der Vergleichbarkeit aber auch die Advokaten und Notare erfaßt, obwohl diese bis in die sechziger Jahre mittelbare Staatsbeamte waren. Zwischen praktizierenden Juristen und solchen mit reiner Verwaltungserfahrung soll eine Unterscheidung möglich sein. Zusätzlich habe ich in der Kategorie der Professionals alle Angestellten erfaßt, z.B. Managers, Directors oder Clerks jedweder Art in England ebenso wie Buchhalter und Prokuristen in Deutschland. Der Anspruch auf Statusgleichheit innerhalb dieser »offenen« englischen Elite führt zu einem ganz speziellen Abgrenzungproblem. Der Forschungsstand beim Umgang mit den Kategorien der »Esquires« und »Gentlemen« erfordert wesentliche Korrekturen. Die englische Literatur zum Thema faßte - aus einem Interesse an der Entstehung eines vollkommenen Kapitalmarktes mit anonym nach Ertragsgesichtspunkten vorgehenden Investoren - die Gruppe des Adels, der Esquires und Gentlemen 151 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
und teilweise der Widows und Spinsters, der Gentlewomen, als sogenannte »non-occupational classes« zusammen. 100 Angesichts des außerordentlich großen Gewichts dieser Gruppen am Kapitalbesitz englischer Eisenbahnen und vor dem Hintergrund der genannten Statusüberlegungen bedarf diese Vorgehensweise dringend der Überprüfung. Die folgende Tabelle zeigt im Überblick die Anteile von Gentlemen und Esquires: Tabelle V.3.: Anteile der Esquires und Gentlemen am Kapital der Eisenbahngesellschaften Englands Gesellschaften
GWR
LMR
LBR
GJR
(1) Esquires (2) Gentlemen
13,4% 25,8 %
28,7 % 7,2 %
22,6 % 10,4%
12,6% 10,8%
Quelle: eigene Berechnungen Zwischen 39 und 2 3 % des Kapitals der englischen Eisenbahnen wurden demzufolge von Personen gehalten, die sich als Esquires oder Gentlemen bezeichneten. Diese bei Reed oder Boradbridge nicht weiter bezweifelten Anteile lassen alle bisherigen Statistiken obsolet werden, sollte sich bewahrheiten, daß die Aktionäre diese Titel nur gebrauchten, um einen Statusanspruch zu markieren, nicht aber, um ihre Erwerbs- oder Besitzverhältnisse zu bezeichnen. Den Ausgangspunkt meiner Revisionsüberlegungen bildet daher die Hypothese, daß es sich bei diesen Selbstbeschreibungskategorien zu dieser Zeit bereits um reine Statusbegriffe handelt, die nicht automatisch mit Landbesitz oder einem Rentiersdasein gleichgesetzt werden dürfen. In diesem Gedankengang folge ich Toqueville, der als Konsequenz einer Einebnung von Standesunterschieden beobachtete: »Seit mehreren Jahrhunderten hat das Wort >gentleman< in England seine Bedeutung vollständig gewechselt, und für den >Bürgerlichen< gibt es dort kein bestimmtes Wort mehr. ... Will man noch eine andere Anwendung der Sprachwissenschaft auf die Geschichte machen, so folgt man durch Zeit und Raum dem Schicksal des Wortes >gentlemangentilhomme< ist; dessen Bedeutung wird in England in dem Maße umfassender, als die Stände sich einander nähern und vermischen. In jedem neuen Jahrhundert wendet man es auf Männer an, die ein wenig niedriger auf der gesellschaftlichen Stufenleiter stehen. Es findet endlich mit den Engländern seinen Weg nach Amerika. Dort gebraucht man es, um ohne Unterschied alle Staatsbürger zu bezeichnen.«101 Die spezifisch englischen Mobilitätschancen von Kaufleuten, Bankiers und führenden Professionals hatten bereits seit dem 18. Jahrhundert eine An152 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
näherung an die niederen Ränge des Adels, den Landadel, die ursprüngliche Gentry, bewirkt. Im Verlauf des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts kamen auch Fabrikanten zu Vermögen, so daß sich einerseits die Frage nach deren Mobilität, andererseits die nach dem Abgrenzungsbedürfnis der älteren, finanzkapitalistischen Eliten von den »vulgar industrialists« stellte. Nach Stones Diagnose: »Between 1800 and 1880, therefore, there was an unprecedented disassociation between the world of modern industrial business and the world of land, at a time when the social connections between the latter and both the professional classes and the banking community seem to have been drawing ever closer.« 102 Stimmt die geraffte Darstellung sozialer Mobilität, gesellschaftlicher Strukturen und daraus folgender Statusansprüche, so müßte sich ein beträchtlicher Teil der Esquires und Gentlemen in einer Erwerbstätigkeit anderer Gruppen nachweisen lassen. Um dieser Vermutung auf den Grund zu gehen, habe ich für drei Gesellschaften, die GWR, die LMR und die LBR, eine Stichprobe zufällig entnommener großer Aktionäre dieser beiden Kategorien in Adressbüchern, biografischen Nachschlagewerken u.a. zu identifizieren versucht. Die Stichproben umfaßten nur 32 Aktionäre der LMR, 41 Esquires und 9 Gentlemen der LBR und 15 Esquires sowie 36 Gentlemen der GWR. Dieser kleine Personenkreis besaß 13,3 % des gesamten Kapitals der LMR, 14,7 % des Kapitals der LBR und 23,3 % des Kapitals der GWR. Von den Esquires der LMR konnten 86 %, von den Mitgliedern der LBR 80 % und von denen der GWR 5 5 % identifiziert werden. Damit ergab sich schon durch diese kleinen Stichproben die Möglichkeit zu einer enormen Reduzierung der Anteile dieser sogenannten »non-occupational« classes. Die
Tabelle VA.:
Verteilung der Erwerbstätigkeit identifizierter Gentlemen und Esquires
Beruf
GWR Esq
GWR Gents
LMR Esq
LBR Esq
LBR Gents
(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
7,5 % 30,8 % 39,9 % 11,3% 10,5%
10,8% 46,7 % 20,2 % 22,3 % -
11,3% 54,2 % 2,3 % 32,2 % -
10,0% 60,7 % 6,6 % 2,0 % 20,8 % -
3,0 % 15,1 % 81,9% -
Esquires Gentlemen Kaufleute Bankiers Professionals Fabrikanten Bookseller
Quelle: eigene Berechnungen
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identifizierten Angehörigen dieser Gruppen verteilten sich auf die Erwerbskategorien wie in Tabelle V.4. dargestellt. Die in dieser Tabelle erfaßten Esquires und Gentlemen konnten tatsächlich als Landbesitzer identifiziert werden. Sie wurden als Country Gentlemen genannt oder bewohnten einen Landsitz, wobei alle hier für LMR und LBR aufgeführten Landbesitzer mit Kaufleuten oder Fabrikanten verwandt waren, in der Regel also ein Bruder das Familiengut hielt, während die anderen Wirtschaftsbürger waren. Immerhin lassen sich bereits aufgrund dieser Stichproben die in Tabelle IV.1. genannten hohen Kapitalanteile der Esquires und Gentlemen deutlich reduzieren: Für die GWR auf 28,2 %,103 für die LMR ebenfalls auf 28 % und für die LBR auf 21,7 %. Diese Stichproben deuten darauf hin, daß der Versuch einer korrigierenden Schätzung zur Bereinigung der hohen, keineswegs landbesitzenden Anteile von Esquires und Gentlemen Erfolg verspricht. Dabei möchte ich, aufbauend auf den in der Stichprobe gewonnenen Erkenntnissen, versuchen, diese Aktienanteile nach der geografischen Verteilung der angegebenen Adressen umzugruppieren. Die Schätzung kann sich dabei auf die angegebenen Adressen der Aktionäre sowie die Kapitalkonzentration stützen, die durch die Bildung von Größenklassen der Aktienanteile gemessen wird. Adressen wie »Stock Exchange«, Lombard Street oder die Londoner »Inns« (z.B. Gray's Inn), also die Juristenvereinigungen, lassen erkennen, daß der Investor der entsprechenden Erwerbstätigkeit nachging. Allgemeiner erlauben die Adressen die Unterscheidung großstädtischer Herkunft aus Industriegebieten oder Hafenstädten von der aus rein ländlichen Gebieten. Urbane Adressen sollen eher als Indiz für Geschäftstätigkeit gelten, solche in ländlichen Regionen ohne Industrie und Gewerbe als Hinweis auf wahrscheinlichen Landbesitz. 104 Nach diesem Maßstab kann die ganze City of London als Geschäftsadresse gelten, ebenso die Häfen Liverpool und Bristol oder Manchester und Birmingham. Beispiel für das gegenteilige Extrem sind irische Esquires oder Gentlemen, aber auch die in der Kategorie »Rural« zusammengefaßten Bewohner von Landhäusern und Herrensitzen, die durch den Namensbestandteil »Hall« unschwer zu identifizieren waren. London ist jedoch zugleich der Grenzfall, für den City und Westend sowie Home Counties unterschieden werden müssen, befanden sich im Westend doch einerseits die Stadtsitze des höheren und mittleren Adels für die winterliche Londoner Gesellschaftssaison und andererseits die Wohnsitze einer Vielzahl von Professionals. Das Londoner Westend wurde daher in der geografischen Verteilung von Aktionären und ihren Kapitalanteilen durch eine eigene Kategorie erfaßt. Für die Aktionärsgruppen der Esquires und Gentlemen, deren Adresse eindeutig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Zugehörigkeit zu einer 154 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
der Erwerbsgruppen spricht, ist zu entscheiden, welcher Kategorie ihre Anteile zugeschlagen werden sollen. Für diese Entscheidung wende ich mich an die Verteilung der Kapitalkonzentration, ergänzt um die Erfahrungen aus der Stichprobe identifzierter Esquires und Gentlemen. Als Grobraster ergab sich, daß die Kapitalkonzentration der Esquires auf signifikante Weise mit der der Bankiers und Kaufleute übereinstimmt, während die erheblich niedrigere Konzentration der Gentlemen eher der der Professionals und der Fabrikanten gleicht. Es ist natürlich hier von Nachteil, daß keine Kontrollgruppe definitiv landbesitzender Aktionäre existiert, über deren Investitionsverhalten und -fähigkeit zu größeren Kapitalbeträgen Informationen zum Vergleich vorlägen. Zur Absicherung des Vorgehens habe ich den Schwerpunkt der Wohnsitze der Esquires und Gentlemen noch einmal mit den meistgenannten Adressen der einzelnen Erwerbskategorien verglichen, um festzustellen, wie plausibel eine entsprechende Zurechnung wäre. Dies bedeutete z.B., daß nur die Professionals der GWR einen vergleichbar hohen Anteil an West-Londoner Adressen aufwiesen wie die Gentlemen, während alle anderen Erwerbskategorien dort nur marginal vertreten sind. Es lag daher nahe, den Anteil der West-Londoner Gentlemen an die Professionals zu übertragen, denn die Vermutung, daß landbesitzende Gentlemen in großer Zahl einen Stadtwohnsitz neben ihrem Landgut hielten, dürfte für die Mehrzahl aufgrund zu begrenzter Mittel zu weit von der Realität liegen. Zusammenfassend: Die Adressenverteilung der Gentlemen und Esquires kann Aufschluß darüber geben, welcher Anteil dieser beiden Gruppen vermutlich nicht landbesitzend war. Die Kapitalkonzentration der Beteiligungen liefert Anhaltspunkte für die für eine Übertragung in Frage kommenden Erwerbsgruppen. Die Wohnsitzverteilung innerhalb der einzelnen Erwerbsgruppen vermag weitere Anhaltspunkte für den Umfang und die Zielrichtung der Transfers zu liefern. In Zweifelsfällen habe ich mich eher für einen kleineren Korrekturfaktor entschieden, so daß die Schätzung auf relativ sicheren Grundlagen beruhte und eher vorsichtig in andere Gruppen transferierte. Ziel dieser Vorgehensweise war es, die mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich landbesitzenden Esquires und Gentlemen als Residualgröße zu bestimmen. Deren auf diese Weise geschätzte - erheblich niedrigere - Kapitalanteile werden in den folgenden Kapiteln als Argumentationsgrundlage dienen. 105
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3. Aktienstruktur und Aktionäre. Englische und deutsche Verteilung Die Struktur der Kapitalinvestitionen in Eisenbahngesellschaften ist in zweierlei Hinsicht von Interesse: Einerseits muß die soziale Herkunft des investierten Aktienkapitals aufgeschlüsselt, andererseits die Zusammensetzung der Investorengruppe nach der Zahl der Beteiligten analysiert werden. Tabelle V.5. faßt die Ergebnisse der einen, Tabelle V A die der anderen Analyse zusammen. Dabei berücksichtigt die Darstellung dieses Kapitels nur relative Anteile, die absolute Höhe der zugrunde liegenden Summen lag bei den englischen Bahnen zwischen 1,6 Mio. und 2,5 Mio., bei den deutschen bei 400.000 (LDE) bzw. 700.000 Thlr (DEE) sowie 3,0 (REB) bzw. 6,9 Mio. Thlr. (BHE, Subskriptionsliste). Für diese Summen zeichneten bei den englischen Bahnen zwischen 1342 und 1742 Aktionäre verantwortlich, in Deutschland waren es zwischen 85 (LDE) und 1279 Beteiligte (BHE). Zu den erwarteten, wenn auch in ihrem Umfang immer noch verblüffenden Ergebnissen gehört der hohe Kapitalanteil der Bankiers in Deutschland. Die Vermutung, daß Bankiers eine Schlüsselfunktion bei der Kapitalaufbringung in Deutschland einnehmen würden, wird unmittelbar durch die hohe direkte Beteiligung von bis zu 36,5 % bestätigt. Einzelne Indizien belegen dies auch für die KME, die hier nicht systematisch analysiert werden kann, weil kein Aktionärsregister gefunden wurde: Der Bankier Oppenheim hielt auf eigene Rechnung allein eine Million Thaler des Kapitals (von 13 Mio. Thlr. = 7,7 % ) . 1 0 6 Dabei verhält sich der Bankiersanteil reziprok zu dem der Kaufleute in den großen Handelszentren: Bei der BHE, einer weitgehend von Berliner Unternehmern initiierten Bahnlinie, und der DEE lag er noch höher als bei REB und LDE, die von Köln und Leipzig ausgingen. Diese Reziprozität gilt auf einem erheblich niedrigeren Niveau auch für England: Bei der LBR, die ganz besonders von den Kaufleuten Liverpools getragen wurde, waren Bankiers noch erheblich geringer repräsentiert als bei den anderen englischen Gesellschaften, vor allem der in einer rein agrarischen Gegend liegenden LSW. Ein sehr großer, in den Handelszentren der größte Anteil des Aktienkapitals stammte aus dem Vermögen von Kaufleuten. Die Investitionen dieser Gruppe konnten bis nahe an die Hälfte des Kapitals heranreichen. Dies galt für Leipzig und Köln gleichermaßen wie für Liverpool und Manchester. In den beiden südlicheren englischen Bahnen ebenso wie der deutschen DEE brachten Kaufleute eher Kapital in der Größenordnung eines Drittels auf, die BHE stellt in jeder Hinsicht eine Ausnahme dar: Ihr extrem hoher Anteil von Bankierskapital korrespondiert mit nur einem Viertel Kauf156 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
mannskapital. Diese Relation überrascht zunächst, war aber schon den Zeitgenossen aufgefallen: Das Interesse und die Kapitalbeteiligung Hamburgs an dieser Eisenbahn war offenbar sehr gering, so daß die vorliegende Situation vor allem eine »Berliner« Struktur repräsentiert. Dies mag teilweise dadurch zu erklären sein, daß die hier zugrunde gelegte Quelle eine frühe Subskription widerspiegelt, die eher brandenburgischen Interessen Genüge tat. Das hohe Gewicht der Berliner Bankiers wird jedoch auch durch die Aktionärsliste der endgültigen Zeichnung bestätigt, die zwar keine Aussagen zur Kapitalverteilung enthält, von deren 141 Berliner Aktionären jedoch mindestens 21 Bankiers waren. 107 Trotz aller Zweifel am Subskriptionscharakter dieser Daten scheinen die Ergebnisse doch auf eine »Berliner« Struktur hinzudeuten, die leider nicht systematisch überprüft werden kann, weil die entsprechenden Quellen für Gesellschaften wie die BAE, die NME oder andere fehlen. Der Vergleich der Beiträge beider Gruppen, der Kaufleute und Bankiers, zusammengenommen zeigt, daß sie in Deutschland sogar erheblich höhere Anteile hielten als in England. Immerhin erreichten sie bei der REB 76 % und der LDE 72 % des Kapitals, während es für keine englische Eisenbahn mehr als 57 % waren. Da die Dimensionen der kaufmännischen Beteiligung durchaus ähnlich waren, ersetzte der sehr viel höhere deutsche Bankiersanteil die Beteiligung anderer sozialer Gruppen, die in Deutschland offenbar noch nicht ausreichend investitionsfähig waren. Die wichtigste dieser Gruppen waren die Fabrikanten. Während sie in England zwischen 11 und 18% des Kapitals aufbrachten, kamen sie in Preußen selbst in der BHE nur auf 8 %, obwohl dies vorläufige Zahlen der Subskription waren. Realistischer dürften jedoch die Werte der industriell am weitesten entwickelten Rheinprovinz sein, die unter 4 % lagen. Hinzu kommt, daß in England in der Kategorie der »Anderen« eine Reihe kleinerer gewerblicher Unternehmer verborgen ist, die vermutlich in ihrer Größenordnung deutschen »Fabrikanten« durchaus vergleichbar waren. Da auch diese Kategorie im Vergleich zum deutschen Gewerbe einen sehr viel größeren Beitrag leistete, müssen diese Zahlen als Beleg für den noch kaum entwickelten Stand der Industrie in Deutschland gewertet werden. Die bisherigen Ergebnisse mögen erwartet worden sein, größere Überraschungen zeitigt die Analyse der übrigen sozialen Gruppen. Die deutschen Beamten, Juristen, anderen freien Berufe und Offiziere erreichten durchschnittlich knapp die Beteiligung der englischen Professionals. Selbst die in Deutschland relativ hohen 16 % der BHE stellen keinen Spitzenwert im Vergleich dar. Diesen hat die GWR mit 21 % inne. Andere englische Bahnen verdankten ihr Kapital zu 9 bis 16% den professional classes, deutsche rangierten zwischen 8 und 14%. Dies sind - allem bürokratischen, beamtengeleiteten und interventionistischen Charakter 157 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle V.5.: Soziale Herkunft des investierten Aktienkapitals 1. England Kategorie (0) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
Adel Esquires Gentlemen Kaufleute Bankiers Professionals Fabrikanten Andere
GWR
LMR
LBR
GJR
0,5 % 6,4 % 5,3 % 34,5 % 7,1 % 21,2% 14,4% 10,6%
11,1 % 6,9 % 1,8% 38,3 % 2,3 % 11,3% 12,8 % 15,0%
0,6 % 6,3 % 3,0 % 50,0 % 6,8 % 8,8 % 18,2% 6,4 %
2,8 % 5,4 % 1,6% 41,5% 7,3 % 14,9% 13,2% 13,3%
LSW 1
27,0 % 32,0 % 11,0% 13,0% 11,0% 7,0 %
2. Deutschland Kategorie (0) Adel, Gutsbes. ( 1 ) Rentiers ( 3 ) Kaufleute (4) Bankiers (5) »Professionen« (5 a) Beamte (5 b) Professionen (5 c) Offiziere ( 6 ) Fabrikanten (7) Gewerbe ( 8 ) Körperschaften (9) NN/Andere
BHE Subskr. 0,7 % 0,8 % 25,2 % 36,5 % 15,7% 4,1 % 6,9 % 4,7 % 8,3 % 3,7 % 1,2% 7,9 %
LDE
DEE
REB
2,6% 48,3 % 24,1 % 12,4% 4,4 % 6,9 % 1,1% 1,8% 1,6% 8,6% 0,6 %
10,9% 7,7 % 33,1 % 30,5 % 13,9% 7,8 % 3,8 % 2,3 % 0,4 % 1,4% 2,1 % -
2,6% 6,4 % 48,4% 27,9 % 7,8 % 4,5 % 2,5 % 0,8 % 3,6 % 1,6% 0,8 % 0,9 %
Erläuterungen: Aus Gründen der Systematik wurde in Deutschland die Kategorie ( 2 ) nicht vergeben, um in beiden Ländern gleiche Benennung zu erreichen. In Zeile ( 5 ) ist die Summe der Zeilen (5 a) bis (5 c) angegeben. Im englischen Fall enthält die Kategorie ( 7 ) Andere auch die Kleinbürger, Ladeninhaber und kleinen Gewerbetreibenden sowie sonstige Unterschichten. Zu den übrigen Kategorieabgrenzungen vergleiche oben. 1 Angaben hier wie angekündigt nach Reed, S. 151. Von Reeds Zahlen für die ursprüngliche Subskription der LSW von 1834 und die Subskription zur Zweiglinie nach Gosport 1839 habe ich nur die Zahlen von 1834 benutzt. Da Reed Adel, Esquires und Gentlemen nicht unterscheidet, ist hier in Kategorie (2) summarisch sein Wert für »Gents etc.« angegeben. Die von ihm übernommene Zahl für Kategorie (7) Andere setzt sich zusammen aus 3 % Frauen, die auch ich in Kategorie (7) erfaßt habe, und aus 4% »Miscellaneous« Aktionären, unter denen sich auch Angestellte befinden, die ich in Kategorie ( 5 ) erfaßt habe. Vermutlich ist also ein Teil von Reeds Angaben für (7) nach meiner Begriffsbildung der Kategorie ( 5 ) anzurechnen.
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des preußischen Staates zum Trotz - identische Größenordnungen, die allerdings einer weiteren Differenzierung bedürfen: Die wenigen englischen Beamten vermochten nicht dieses Gewicht zu erlangen, hier sind vor allem Vertreter der - meist juristischen - freien Berufe für die Investitionen verantwortlich. Dagegen sind in Preußen mehr Beamte vor allem der Regierungsbene vertreten, auch hier rangieren jedoch die Advokaten prominent in der Gruppe der Professionen. Sollte also die politische Geschichte Preußens zu der Erwartung verleitet haben, daß die herrschenden Bürokraten hier eine größere Bedeutung als in England erlangen würden, so muß diese enttäuscht werden. Dies verwundert andererseits nicht, denn in beiden Ländern war die Einkommenssituation dieser Gruppen zwar auskömmlich, doch nicht entfernt vergleichbar mit den für den Eisenbahnbau benötigten Investitionssummen. 108 Nur einige wenige Angehörige der Professionen verfügten über Familienvermögen oder erzielten (dies wohl eher im englischen Fall) in ihren Kanzleien oder Ingenieurbüros so hohe Einkommen, daß sie zur Investitionsfähigkeit von Kaufleuten aufschließen konnten. In noch geringerem Maße galt dies für die Offiziere. Berücksichtigt man die Ergebnisse der Korrekturrechnung zu Gentlemen und Esquires, so beteiligten sich diese beiden Gruppen mit Kapitalbeträgen, die zwischen 12 % bei der GWR und nur 7 % bei der GJR lagen. Die unkorrigierten Daten zur LSW aus der Literatur sind hier nicht berücksichtigt. Der Marquis of Stafford, ab 1833 Duke of Sutherland, stellte in der Quellen (zu Tab. V.5.): England: eigene Berechnungen, vgl. Anhang I, nach: Grand Junction Railway, Register of Proprietors, 1845, PRO London, RAIL 2 2 0 / 1 2 ; Great Western Railway, Sealed Share Register No. 1, 1 8 3 5 / 3 6 , PRO London, RAIL 2 5 1 / 1 ; Liverpool and Manchester Railway, Register of Proprietors, ( 1 8 4 4 - 4 5 ) , PRO London, RAIL 3 7 1 / 1 3 ; London and Birmingham Railway, List of Shareholders, in: S.C. on LBR Bill, PP 1839; XIII, S. 4 3 3 - 4 5 6 . Für die LSW: Reed, Table 2 2 , S. 1 5 1 . Deutschland: eigene Berechnungen, vgl. Anhang, nach: Deeters; Alphabetisches Verzeichnis der Actionaire der Eisenbahn zwischen Düsseldorf und Elberfeld mit Angabe der gezeichneten Aktien zu 100 Thlr. pr. Courant, Aufgestellt, Düsseldorf den 20. October 1835, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf, Nr. 2 0 0 0 ; Namen-Verzeichniß der Subscribenten zur BerlinHamburger Eisenbahn, Berlin, den 15. April 1841, als Anlage zur Einladung zur Unterzeichnung ..., Das Comité zur Begründung eines Actien-Vereins für die Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Hamburg, Berlin den 26.9.1840, ..., STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Ka, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz.3; Verzeichnis der Actionaire zur beabsichtigten Verlängerung der Berlin-Potsdamer Eisenbahn über Brandenburg nach Magdeburg und Hamburg, GStA Merseburg, Rep. 77, Tit. 258a, Nr. 30, Vol. I; Verzeichniß der Namen, mit welchen die unterm 20. November dieses Jahres an das Ministerium des Innern gerichtete Vorstellung, die erforderlichen Einleitungen zur Anlegung einer Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden auf Actien betr. unterzeichnet worden ist, als: ..., Anlage zur Eingabe an das Kgl. Hohe Ministerium des Innern zu Dresden vom 20.11.1833, StA Leipzig, Cap. 70, Nr. 4, Vol. Ia; Notarielles Protokoll der 1. Generalversammlung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn vom 5.6.1835, Archiv der RBD Dresden, STA Dresden, Bahnen Nr. 7029.
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LMR eine Ausnahmeerscheinung dar: Er beteiligte sich ursprünglich mit 2 0 % des Grundkapitals. Das Register von 1845, auf das sich die hier diskutierte Statistik bezieht, verzeichnet eine Einlage von £ 171.250, davon mindestens £ 156.250 seit der Ausgabe von Viertelsaktien im Jahre 1828. 1 0 9 Dieser Betrag entspricht fast dem Adelsanteil der LMR in Höhe von 11 %. Dagegen verblassen die Kapitaleinlagen des deutschen Adels ebenso wie die der mit einbezogenen Gutsbesitzer. Nur bei der relativ kleinen DEE erreichen sie mit 11 % englische Größenordnungen. Insbesondere bei der ostelbischen BHE jedoch treten sie nahezu nicht signifikant in Erscheinung. Die bei DEE und REB vertretenen Rentiers können nicht mit Landbesitz gleichgesetzt werden, bezeichneten sie sich doch ausdrücklich als Rentiers. Diese Gruppe wohnte hauptsächlich in der Rheinprovinz, was darauf hindeuten könnte, daß es sich hier um die akkumulierten Erträge aus Handels-, Verlags- und Manufakturgeschäften handelt, nicht aber um den englischen Gentlemen und Esquires vergleichbares Kapital. Der deutsche Adel war also kapitalschwächer und stand Eisenbahnaktien sehr reserviert gegenüber. Dagegen nehmen seine englischen Pendants eine stabile Position ein, wenn auch wirklich bedeutende Investitionen nur in einem Sonderfall zu verzeichnen waren. In begrenztem Umfange investierten Körperschaften in deutsche Eisenbahngesellschaften. Entweder handelte es sich um Kommunen, die Unterstützung zusagten, oder es investierten andere Unternehmen und die Preußische Seehandlung in Eisenbahngesellschaften. Der Anteil dieser Beteiligungen lag jedoch nur bei etwa 2 % des Kapitals. Die höhere Zahl für die LDE erklärt sich dadurch, daß hier die Aktionäre identifiziert werden mußten und nur zu einem Bruchteil erfaßt sind. Bezöge man die kommunale Beteiligung hier auf das gesamte Aktienkapital anstelle des identifizierten Kapitals, läge der Anteil bei 2,3 %.110 Aussagen zur Investitionsfähigkeit können trennschärfer und deutlicher formuliert werden, wenn die Kapitalkonzentration berücksichtigt wird. Erster Indikator dafür kann der Bezug der Kapitalanteile auf die an den Investititonen beteiligte Zahl der Aktionäre in den einzelnen sozialen Gruppen sein (Tabelle V.6.). Dies kann Aufschluß geben, welche Gruppen zwar zahlreich, aber mit kleinen Summen und welche mit wenigen, sehr großen Investoren vertreten waren. Dieses Bild gewinnt an Konturen, wenn man die Anteile sozialer Gruppen an der Zahl der Aktionäre mit ihren Anteilen am investierten Kapital vergleicht. Der Vergleich beider Anteile läßt sich eingängig zusammenfassen in einer Maßzahl: Von einem »positiven« Konzentrationsverhältnis möchte ich sprechen, wenn die Anteile einer sozialen Gruppe am Aktienkapital größer waren als an der Zahl der Aktionäre. Umgekehrt ergibt sich ein 160 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle V.6.: Soziale Verteilung der Aktionäre 1. England Kategorie
GWR
LMR
LBR
GJR
LSW
(0) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
0,6% 9,0% 21,3% 13,0% 1,9% 15,3% 15,6% 23,5 %
0,6% 19,0% 10,8% 15,6% 1,4% 11,0% 5,4% 36,2%
0,7% 16,0% 19,7% 19,6% 2,9% 12,0% 10,2% 18,9%
1,0% 31,5% 11,3% 17,4% 2,0% 12,3% 4,5% 33,3%
24,0 % 26,0% 6,0% 16,0% 8,0% 19,0%
Adel Esquires Gentlemen Kaufleute Bankiers Professionals Fabrikanten Andere
2. Deutschland Kategorie
BHE Subskr.
(0) Adel, Gutsbes. 2,5 % ( 1 ) Rentiers 0,8% (3) Kaufleute 30,6 % (4) Bankiers 6,3% (5) »Professionen«: 26,8 % (5 a) Beamte 11,6% (5 b) Professionen 1 1 , 4 % (5 c) Offiziere 3,8 % (6) Fabrikanten 4,9 % (7) Gewerbe 16,5 % (8) Körperschaften (9) NN/Andere 11,0%
BHE Akt.
LDE
LDE Subskr.
DEE
REB
12,5 % 0,9% 46,6 % 4,6% 24,0 % 20,6 % 3,4% 3,9 % 6,3% 1,2%
1,2% 44,7 % 9,4% 32,9 % 18,8 % 10,6% 3,5% 1,2% 7,1 % 2,4% 1,2%
0,3% 52,2 % 3,5% 12,7% 12,7% 0,9% 15,5%
7,9% 9,2% 39,9 % 5,7% 29,6% 18,4% 9,4% 1,8% 1,5% 5,9 % 0,2% 2,2%
1,8% 9,4% 50,2 % 6,9% 19,9 % 10,5% 7,2 % 2,2 % 3,4 % 6,1 % 0,2 % -
-1
14,9 %
Erläuterungen: Für die BHE stehen, wie bereits ausgeführt, zwei unabhängige Quellen zur Verfügung, hier bezeichnet als »BHE Subskr.« für die frühere Subskriptionsliste und »BHE Akt.« für die Aktionärsliste von 1841 nach dem Aufruf zur entgültigen Zeichnung des Gesellschaftskapitals. Diese letztgenannte Quelle gibt keine Kapitalanteile an. Für die Aktionärsliste der BHE und die Subskribenten der LDE sind Beamte und Professionen nicht getrennt erfaßt, weil teilweise die Zuordnung nur nach Titeln oder akademischen Graden möglich war, die keine Unterscheidung zwischen diesen Tätigkeiten erlaubten. 1 Für die Aktionärsliste der BHE sind die Anteile von den identifizierten Aktionären angegeben worden: Von 1279 genannten Aktionären konnten 8 8 9 identifiziert werden (=69,5 %), wobei dieser Anteil für Berlin bei 104 von 141 (=73,8 % ) , für Hamburg bei 490 von 606 (=80,9 %) und für andere Orte entland des Streckenverlaufs und im Umland bei 295 von 532 (=55,4%) lag. Quellen: wie Tabelle V . 5 . Für die LSW gelten die zu Tabelle V.5. gemachten Anmerkungen (Anm. 1).
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»negatives« Konzentrationsverhältnis, wenn die Beteiligung an der Zahl der Aktionäre größer war als bei der Investitionssumme. Zusätzlich habe ich die Kapitalanteile innerhalb der jeweiligen sozialen Gruppen nach Größenklassen gegliedert: Die kleinste englische Größenklasse ist die der Aktionäre unter £ 500, festgelegt nach der juristischen Mindestqualifikation für die Wahl zum Direktor, 111 Aktionäre mittleren Vermögens zwischen £ 500 und £ 2000 schließen sich an, und zuletzt wird die Gruppe der Aktionäre, die eine Beteiligung von mehr als £ 2 0 0 0 hielten, betrachtet - faktisch die Grenze für die Wahl zum Direktor. Für die preußischen Gesellschaften wurde die untere Grenze zwischen Kleinstaktionären und mittlerer Kategorie nach der Besitzgrenze für die Erlangung des Stimmrechts gezogen, die in der Regel bei 1000 Thalern lag. 112 Tatsächlich gewählte Eisenbahnunternehmer besaßen allerdings in der Regel nicht unter 2000 Thalern, so daß dies als Grenze zu den Großaktionären gerechtfertigt erscheint. Die höchste Konzentration der Einlagen weisen in beiden Ländern die Bankiers auf. Im Verhältnis zu ihren Kapitaleinlagen sind sie an der Zahl der Aktionäre nur sehr gering beteiligt. In England stellen sie kaum 3 % der Aktionäre (Ausnahme LSW: 6 % ) , in Deutschland zwischen 5 und 7 %.113 Angesichts der hohen deutschen Kapitalanteile investierten offenbar recht wenige Bankiers sehr große Summen: In allen deutschen Bahnen bestand mehr als 97 % des Kapitals der Bankiers aus Einlagen ab 2 0 0 0 Thlr. In England brachten die Großinvestoren unter den Bankiers (Einlagen über £ 2000) mehr als 81 % des Bankierskapitals (mit Ausnahme der LMR, bei der es nur 63 % waren) auf. Ein vergleichbar positives Konzentrationsverhältnis läßt sich für die englischen Kaufleute zeichnen. Hier tritt ein fundamentaler Unterschied zu Deutschland zutage. Englische Kaufleute stellten nur 13 bis 2 6 % der Aktionäre, eher jedoch sogar unter 2 0 % (Ausnahme: die LSW), besaßen aber zwischen 35 und 50 % des Aktienkapitals (Ausnahme wieder LSW: 32 %). 71 bis 83 % dieser Kapitalanteile befanden sich dabei im Besitz der Großinvestoren (über£ 2.000). Ganz anders dieses Bild bei den deutschen Kaufleuten: Mit Ausnahme der LDE war ihr Anteil an den Aktionären bereits größer als an den Aktien, das Konzentrationsverhältnis eindeutig negativ. Die Nähe zur kleinbürgerlichen Existenz war verglichen mit ihren englischen Kollegen größer. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, daß wenige große Investoren (Einlagen von mehr als 2 0 0 0 Thlr.) durchweg über 9 3 % des Kaufmannskapitals beisteuerten (Ausnahme DEE, 6 1 % ) . Zahlreiche mittlere und kleine Aktionäre, teilten sich die wenigen verbliebenen Prozent der Kaufmanninvestititonen. Englische Fabrikanten investierten ebenfalls bei hoher Kapitalkonzentration. 114 Das gilt auch für die deutschen Fabrikanten, allerdings auf wesent162 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
lich niedrigerem Niveau der Anteile. Auch in England lag jedoch der Kapitalanteil großer Fabrikanten (über £ 2.000) nur noch zwischen 35 und 58 %, das Kapital wurde also eher von einer größeren Zahl mittelgroßer Investoren aufgebracht. In Deutschland stellten dagegen sehr wenige große Fabrikanten in allen Gesellschaften mit Ausnahme der DEE mehr als 90 % der Fabrikanteneinlagen. Die englischen Professionen investierten - auch dies ein Indiz für deren gegenüber ihren deutschen Pendants höheren sozialen Status und größere Investitionsfähigkeit - noch bei einem positiven Konzentrationsverhältnis (Ausnahme: LSW). Die deutschen Professionen bringen ausnahmslos nur ein sehr negatives Konzentrationsverhältnis auf, ein Zeichen, daß die Beamten und Juristen, Richter und Advokaten, Ingenieure und Lehrer über zu geringe Geldmittel für größere Investitionen verfugten und nur durch ihre große Zahl ein gewisses Gewicht erlangten. Ihre Anteile an den Aktionären lagen immerhin zwischen 20 und 30 %, lediglich die erste Interessentenliste der LDE weist nur 13% Angehörige der Professionen auf. Bei keiner Eisenbahngesellschaft brachten diese Gruppen mehr als 16 % des Kapitals auf Dabei zeichneten sich Beamte gegenüber Advokaten und anderen Professionsangehörigen durch ihre besonders geringe Investitionsfähigkeit aus. Preußische Angehörige der Professionen brachten die große Mehrheit von 56 bis 98 % ihrer Einlagen in Summen von weniger als 2 0 0 0 Thlr. auf. In England dagegen stellen in der Regel die »großen« Aktionäre (mehr als £ 2.000) noch die Mehrheit des Kapitals: Sie steuern zwischen 50 und 60 % bei, mit Ausnahme der LBR (38 %), deren Anteil professionellen Kapitals allerdings ohnehin ungewöhnlich gering war. Daß unterbürgerliche oder kleinbürgerliche Gruppen ebenfalls ein deutlich negatives Konzentrationsverhältnis aufwiesen, verwundert nicht. Dies galt gleichermaßen für England wie für Deutschland. Ein eher uneinheitliches Bild zeichnet sich für den Adel ab. In Deutschland war dessen Beteiligung jedoch insgesamt sehr gering, in England sind nur eingeschränkte Aussagen möglich, weil durch das korrigierende Schätzverfahren bei Esquires und Gentlemen eine Einzelzurechnung nach Größenklassen für die Residualgröße landbesitzender Aktionäre nicht mehr möglich ist. Da die Stichprobe jedoch vor allem große Aktionäre als zu anderen Erwerbsklassen gehörig identifzierte, dürfte sich für die Residualgruppe der tatsächlich Landbesitzenden eine eher geringe Konzentration ergeben. Die Konzentration der Kapitaleinlagen war in England ebenso wie in Deutschland von einem steilen Gefalle zwischen den einzelnen Kategorien gekennzeichnet. Bemerkenswert ist der Verlauf des Gefälles, der für Deutschland nur bei den Bankiers und wenigen Fabrikanten sowie Kaufleuten die Fähigkeit zu hochkonzentrierter Investition erkennen ließ. In England gehörten zur höchstkonzentrierten Gruppe dagegen eindeutig 163 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle V.7.: Geografische Herkunft des investierten Aktienkapitals 1
1. England Wohnort
GWR
LMR
LBR
GJR
LSW
a) L ondon City b) L ondon Westend c) Bristol c) Southampton c) L iverpool c) Birmingham c) Manchester d) L anc./Yorks. e) West/Wales f) Irland/Scotl. g) Reading g) South/SEast h) Midlands i) North j) Southwest k) Eastern C. 1) Urban m) Rural η) Andere
19,8 % 16,0% 23,7 % 9,2 % 17,5% 4,2 % 1,9% 1,8% 1,0% 0,4 % 6,0 % -
0,4 % 6,2 % 35,1 % 22,7% 7,1% 1,2% 1,6% 19,5 % 3,2 % 0,8 % 0,9 % 12,6% 2,4% 1,4%
3,0 % 3,0 % 37,2 % 2,6 % 34,9 % 3,5% 1,6% 0,3% 2,1 % 5,9 % 0,3 % 0,2 % 23,8 % 0,2 % 5,5 %
0,5% 7,2 % 51,4% 15,1% 5,0% 2,2% 0,8% 5,8 % 8,1 % 0,5 % 0,8 % 2,8 % 3,4 % 2,7%
24,0 % 2 10,0 % 40,0 % 4,0 % 3 3,0% 1,0% 5,0 % 4,0 % 6,0 % 4 1,0% 1,0%
2. Deutschland BHE Subskr.
Wohnort a) Berlin b) L eipzig c) Brandenburg/Uml. d) Köln e) Düsseldorf f) Frankfurt g) Aachen h) Elberfeld/Barmen i) Umland Rheinland j) Westfalen k) Westdeutschland 1) Südd. Zentren m) Norddt. n) Ausland o) Sonstige
74,3 % 25,4 % _ -
LDE 100,0% -
DEE
REB
5,1 % 5,4 % 2,8 % 33,1 % 11,9% 0,9 % 11,0% 14,4% 4,0 %
2,3 % 28,9 % 0,4 % 13,5% 28,3 % 12,0 % 2,3% 7,4 % 3,8% 1,1 %
3,1 % 3,0 % 4,0 % 1,4%
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die Bankiers, die Kaufleute und in sehr viel größerem Urnfange als in Deutschland auch noch die Fabrikanten und die Professionen. Abgesehen von regionalen Differenzierungen, auf die ich noch eingehen werde, läßt sich aufgrund dieser Investitionsstruktur vermuten, daß nur sehr kleine Gruppen von Investoren über die Durchsetzungsfähigkeit verfugten, zu Unternehmern, also Aufsichtsräten oder Direktoren, ihrer Eisenbahngesellschaften gewählt zu werden. Dabei dürften die Schlüsselpositionen von Wirtschaftsbürgern besetzt worden sein, Offiziere und Beamte, aber auch Juristen und Advokaten in Preußen, jedoch nur eingeschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten besessen haben. Die Entstehung eines nationalen Kapitalmarktes war nicht nur eine Angelegenheit der sozialen Dimension, der investitionsfahigen Gruppen der Gesellschaft, sondern vor allem auch eine Frage regionalen Ausgleichs und der Entwicklung vermittelnder Finanzzentren. Es ist daher von großem Interesse, die geografische Verteilung der Herkunft des Aktienkapitals zu analysieren (Tabelle V.7.). Dies geschieht differenziert nach den jeweiligen städtischen Zentren (London, Liverpool, Bristol, Birmingham, Köln, Düsseldorf, Leipzig, Berlin, Hamburg etc.) und ihrem Umland. Zudem wird die Trennung zwischen eher gewerblich entwickelten und rein agrarisch strukturierten Gegenden berücksichtigt. Die Tabellen zeigen, daß in beiden Ländern zwei Trends die Verteilung der Investitionen prägen: Urheberregionen einer Eisenbahnlinie bzw. der Städte, von denen die Initiative ausging, z.B. Bristol, Liverpool, Southampton, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, sind hoch repräsentiet. Zusätzlich bilden überregionale, ja nationale Finanzzentren wie London, Frankfurt und Köln Schwerpunkte. Für England stellt sich heraus, daß die EisenbahngeErläuterungen zu Tab. V.7.1: Die Kategorien Urban und Rural umfassen einerseits Besitz, der als städtisch, aber nicht als eigene Kategorie gezählt ist, andererseits aufgrund der Adresse (»Hall«) eindeutig als Landbesitzerkapital identifizierte Kapitalsummen. Es kann dabei zu Doppelnennungen mit anderen geografischen Kategorien kommen. Zu den geografischen Grenzziehungen vergleiche die Erläuterungen zu den Anhängen. Erläuterungen zu Tab. V.7.2: Ausland = außerdeutsches Ausland Anmerkungen zu Tabelle V.7.: 1 Die Angaben zur geografischen Verteilung des eingezahlten Kapitals beziehen sich auf den Stand vor der Korrektur bzw. Schätzung zu den Esquires und Gentlemen in England, vgl. Anhang. Bezogen auf die Gesamtgesellschaft ändert sich die geografische Verteilung der Aktionäre bei der Schätzung selbstverständlich nicht, innerhalb der einzelnen Erwerbsklassen ergeben sich jedoch Veschiebungen. 2 Bei Reed werden Londoner City und Westend nicht unterschieden. 3 Bei Reed = Lancashire, Cheshire, Westmoreland. 4 Bei Reed sind North und Yorkshire in einer Kategorie zusammengefaßt. Quellen: wie Tabelle V.5.
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Seilschaften über unterschiedlichen Rückhalt in ihren Entstehungsregionen verfugten. Lag das Gewicht Bristols und Londons bei der GWR bei 60 %, so brachten es die Initiatoren der LMR, LBR und GJR auf höhere Werte. Für die L M R ergaben sich einschließlich der Midlands (Duke of Sutherland!) über 7 5 % , für die LBR ebenso, für die GJR einschließlich der Midlands über 72 %. Das eigentlich bemerkenswerte dieser Gruppierung ist aber der Umfang ihres Systems in Lancashire und Yorkshire, das weitgehend ohne Kapitalzuflüsse finanziert wurde. Als Gravitationszentrum des englischen Eisenbahnkapitalmarktes erweist sich nicht London, nicht die City, sondern Liverpool, welches in der nicht eben kleinen GJR immerhin mit 51 % vertreten war. Zusätzlich offenbaren dies die 9 % Anteile Lancashires und Yorkshires an der GWR sowie die angeblich 44 % Manchesters und Lancashires an der LSW. Das ist in dieser Ausnahmegesellschaft aus einer »armen« Region mehr als der Anteil der beiden Termini London und Southampton (34 % ) , aber auch mehr als der Anteil Londons an irgendeiner »nördlichen« Eisenbahngesellschaft. Hier erreichte London bestenfalls 7 bis 8 %, selbst bei der von London ausgehenden LBR war die Stadt nur mit 6 % beteiligt. Lancashire und Yorkshire, genauer Liverpool, erreichten große regionale Kapitalmehrheiten in den von ihnen initiierten Eisenbahngesellschaften. Der Süden Englands, auch wenn eine Hafenstadt wie Bristol beteiligt war, brachte nur relative Mehrheiten zustande und bedurfte des Kapitalzuflusses. Die begrenzte Aussagekraft der zur Verfügung stehenden deutschen Quellen erlaubt nur wenige gesicherte Feststellungen zur geografischen Herkunft des Eisenbahnkapitals. Für die LDE sind ausschließlich Leipziger Aktionäre nachgewiesen, für die BHE subskribierten zu 7 4 % Berliner Interessenten. Die übrigen Subskribenten kamen aus kleinen Orten entlang der Linie. Für die Aktionärsliste der BHE, die keine Angaben zu den Kapitalsummen macht, läßt sich immerhin ein Anteil von 47,4 % Hamburger Aktionären berechnen, dem 4 1 , 6 % für das Umland entlang der Strecke und nur 11,0 % für die Stadt Berlin selbst gegenüberstehen. Ein großer Teil des Aktienkapitals dürfte jedoch aus den hochkonzentrierten Einlagen der Berliner Bankiers bestanden haben. Die präzisen Aktionärsregister der Rheinprovinz liefern immerhin gewisse Indizien zur Entwicklung des westdeutschen Kapitalmarkts. Die beiden Zentren Köln und Aachen vermochten 57 % der relativ teuren REB aufzubringen, weitere 12 % kamen aus dem rheinischen Umland. Fast 70 % der Investitionen aus dem Einzugsbereich der Eisenbahn mobilisiert zu haben, stellt eine vergleichbare Leistung zur Kapitalbeschaffung der englischen Eisenbahnen Lancashires und Yorkshires dar. Allerdings zeigt das Beispiel der DEE, daß Kölns Wirtschaftskraft zur Bildung eines Kapitalmarktzentrums vom Range Liverpools nicht ausreichte. Die DEE bezog nur 3 % 166 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
ihres Kapitals aus Köln, 4 4 % aus ihren beiden Termini Düsseldorf und Elberfeld und weitere 14% aus dem rheinischen Umland. Hier spielten andere deutsche Finanzplätze eine wichtigere Rolle, weshalb der Kapitalbedarf dieser zweiten deutschen Eisenbahn zu mehr als 4 0 % aus Frankfurt, Leipzig, Berlin, dem übrigen Deutschland und dem Ausland (außerdeutsche Staaten, in der Regel Westeuropa) gedeckt wurde. An beiden rheinischen Eisenbahnen war das Ausland mit etwa 4 % beteiligt. Zum Kapital der REB steuerte vor allem Frankfurt einen Anteil von 13,5 % bei (DEE: 1,9%), die Zentrumsfunktion Kölns vermochte offenbar vor allem auch süddeutsches Kapital zu mobilisieren ( 7 , 4 % ) . Immerhin war bei beiden rheinischen Bahngesellschaften die Dominanz des regionalen Kapitalmarkts unterschiedlich und die Bedeutung anderer Finanzplätze Deutschlands und des Auslands (vor allem Brüssel, Paris und London) beachtlich. Ein dem englischen Liverpool oder dem Raum Lancashire/Yorkshire vergleichbares Zentrum konnte sich in Deutschland nicht herausbilden, keines der existierenden Handelszentren verfügte über die dafür notwendige Kapitalkraft. An diese Stelle trat ein Netz mehrerer gleichwertiger Kapitalplätze, das erst sehr viel später vom Börsenzentrum Berlin abgelöst wurde. Dieses Bild unterschiedlicher regionaler Kapitalkraft der Einzugsbereiche von Eisenbahnen läßt sich präzisieren und interpretieren, wenn man eine feinere Differenzierung vornimmt, als sie der rein nationale Vergleich ermöglicht. In der obigen Darstellung ist bereits aufgefallen, daß die Ergebnisse zwar durchaus national unterschiedlichen Tendenzen folgen, sich jedoch innerhalb der beiden Länder ein ähnliches, regional geprägtes Gefälle, wie es zwischen England und Preußen herrscht, noch einmal aufzeigen läßt. In England verlief dieses Gefälle von den nordwestlichen Eisenbahnen, der LMR, GJR und LBR zu den südenglischen Beispielen mit ihrem eher agrarisch strukturierten Einzugsbereich. Die nördlichen Gesellschaften setzen sozusagen die Norm, für die Pollards und Crouzets Beobachtung gilt, daß charakteristische Gruppen jeweils das Kapital neuer ökonomischer Entwicklungsschritte bereitstellen: »For each stage of economic development there is a distinct and separate class of capitalists, ... changes in the economic system are the work of such new men rather than those who controlled the organisation which had previously prevailed; so, at every structural change, there would be a breach of continuity in leadership.« 115 Den höchsten Anteil dieser dominierenden Gruppe, der Bankiers, Kaufleute und großen Industriellen, erreichte die LBR mit 75 % des Kapitals. Die LMR brachte es trotz der Beteiligung des Duke of Sutherland wie die GJR auf noch 62 %. Dagegen besaßen diese Wirtschaftsbürger in der GWR 167 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
und der LSW nur 56 bzw. 54 % des Kapitals. Hinzu kommt, daß die GWRInitiatoren ihre Bahn nur mit Unterstützung aus der Region Lancashire/ Yorkshire finanzieren konnten. Die GWR konnte sich dabei noch auf beträchtliche Kapitalunterstützung aus dem südwalisischen Industriegebiet verlassen, welches die GWR allerdings erst nach dem Bau von Anschlußlinien erschloß. 116 Generelles Kennzeichen der südenglischen Eisenbahnen ist es, auf Kapitalzuflüsse angewiesen gewesen zu sein, den Extremfall bildet die LSW, die mit weniger als 4 0 % einheimischen Kapitals gebaut wurde. Das besondere Gewicht der »nördlichen« Struktur wäre im Falle der LMR, der ersten größeren Eisenbahn der Welt, nicht zustandegekommen ohne die anfangs 20 %ige Beteiligung des Marquis of Stafford, ab 1833 Duke of Sutherland, der laut Register von 1845 noch 11 % der stark gewachsenen Gesellschaft hielt und für den hohen Adelsanteil dieser Gesellschaft fast allein verantwortlich war. Die Eisenbahnaktien bildeten dabei einen Bestandteil eines sehr viel größeren Portfolios von Anlagen, zu dem der Besitz des Trust des Duke of Bridgewater mit seinem Kanal, eine große Summe Regierungsanleihen sowie andere Aktienpakete gehörten. 117 Den Charakter der herzoglichen Beteiligung an der L M R als Portfolioinvestition bestätigen die Daten, die den Einkommensanteil des Marquis of Stafford aus industriellen Unternehmungen (Kohlegruben und Eisenhütten) schon 1760 mit 22 % des Nettoeinkommens, 1787 mit 31 % und Anfang des 19. Jahrhunderts mit um die 70 % angeben. 118 Dabei wurde durchaus unternehmerische Kontrolle angestrebt und die Investitionspolitik nicht nur auf die Erzielung von Renteneinkommen ausgerichtet. Ausdruck dieser Politik war das statuarische Recht des Duke, drei der 15 Direktoren der L M R zu ernennen (entsprechend der Anfangsinvestition von 20 % ) . Diese Art von Investitionspolitik deckte sich zugleich mit kommerziellen Interessen unter den Investoren der LMR. Komplementär zur relativen Schwäche der wirtschaftsbürgerlichen Interessengruppe in den südenglischen Eisenbahngesellschaften verzeichnet die Sozialstruktur einen besonders hohen Anteil landbesitzender Aktionäre Die Esquires und Gentlemen der GWR investierten immerhin 12% des Kapitals, in den nordwestenglischen Gesellschaften lag dieser Anteil eher bei 7 bis 9 %. Auch die Professionals sind in der GWR mit einem signifikant höheren Investitionsanteil vertreten, der mit 21 % den höchsten Wert aller betrachteten Gesellschaften erreichte. Bei anderen englischen Gesellschaften lag dieser eher in der Größenordnung von 9 bis 15 %. Damit bildete die Kapitalstruktur der GWR einen Typus, der durch die LSW bestätigt wird und auf die Beteiligung einer breiteren sozialen Basis angewiesen war als die Gesellschaften des Handels- und Industriezentrums Lancashire/Yorkshire. 168 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Südenglische Gesellschaften mobilisierten beträchtliche Kapitalien von den Professionals und Landadeligen, von häufig in London oder den Städten lebenden Angehörigen der (alten) Eliten, von der Politik verbundenen Gruppen, und sehr viel weniger Kapital von den Wirtschaftsbürgern. Eine vergleichbare Differenz zwischen wirtschaftsbürgerlich dominierten und »verbeamteten« Gesellschaften läßt sich auch für Deutschland zeigen. Als »Beamtenbahn« firmierte hier die DEE, die Wirtschaftsbürger Kölns und Leipzigs dominierten dagegen »ihre« lokalen Gesellschaften, die REB und die LDE. Die beiden letztgenannten waren zu 48 % durch Kaufleute finanziert, kamen mit einem relativ zu anderen deutschen Bahnen geringeren Bankiersanteil aus und zählten nur wenig Kapital der Professionen in ihren Reihen, nämlich 8 bzw. 12 %. In diesem Kontrast stellt die BHE partiell eine Ausnahme dar, müßte man sie doch als »Bankiersbahn« bezeichnen, die allerdings auf einen relativ hohen Anteil (16 %) an Kapital aus den Professionen zählen konnte. Die Ausnahmestellung der DEE ergibt sich auch aus dem bereits genannten wesentlich geringeren Anteil großer Kaufmannsinvestitionen über 2 0 0 0 Thlr. (nur 60 % ) , und den ausschließlich kleinen Investitionssummen der Fabrikanten. Zudem weist die DEE die niedrigste Kapitalkonzentration insgesamt auf: nur 68 % der Investitionen erfolgten in Summen über 2.000 Thlr., im Gegensatz zu über 90 % für alle anderen deutschen Bahnen. Dafür interessierten sich Adelige, Gutsbesitzer und Rentiers mit hohen Kapitalanteilen für die DEE. Dies könnte darauf hindeuten, daß hier alte Eliten, die von der protoindustriellen, gewerblichen Entwicklung des Bergischen Landes profitiert hatten, maßgeblich beteiligt waren. Es zeigt sich, daß auch unter den deutschen Eisenbahngesellschaften solche gab, die von Handelszentren, und solche, die von inhomogener strukturierten Verwaltungsstädten dominiert wurden. Für den zweiten Typus spielte die Mobilisierungswirkung der Bankiers eine sehr große Rolle. Dies gilt für die Berliner Bankiers der BHE ebenso wie für 22 % des Kapitals aus Frankfurt, Leipzig und Berlin in den Reihen der DEE und weitere 4 % Auslandskapital, das vor allem durch Bankiers bereitgestellt wurde. Elberfeld als industrielles Zentrum steuerte dagegen zum Kapital der DEE nur 11 % bei, zu dem der REB nahezu nichts. Offenbar reichte die Finanzkraft oder die Zahlungsbereitschaft auch größerer industrieller Unternehmer nicht für den Bau ganzer Bahnlinien, wie sich dies ja auch bei den englischen Bahnen gezeigt hat. Die Analyse der Kapitalstruktur einiger Eisenbahngesellschaften, für die ausreichende Informationen zur Verfügung standen, zeigt, daß es durchaus nationale Unterschiede zwischen England und Preußen/Deutschland gegeben hat. Diese decken sich im wesentlichen mit den eingangs formulierten Hypothesen. Es bleibt allerdings eine Erwartung zu relativieren: Preu169 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
ßen brachte ebenso wie England zwar Bahngesellschaften hervor, in denen die Professionen und Beamten eine wichtigere Rolle spielten als in anderen, doch bildeten diese Gruppen keine tragende oder dominierende Struktur. Es kam lediglich zu einer, regional differenzierten, größeren Beteiligung, die auch in England für die weniger industrialisierten und kommerziell erschlossenen, weniger urbanen Regionen nachweisbar ist. Die Rolle des deutschen Adels und der Gutsbesitzer bleibt dagegen durchweg eher bedeutungslos. Wo die Kapitalkraft Handel treibender Wirtschaftsbürger nicht ausreichte, füllte der hohe Kapitalanteil der Bankiers die Lücke und schuf damit das typische Muster des »rückständigen Landes«. Kaufleute dominierten von den Handelszentren beider Länder aus die jeweils zentralen Bahnen, und wie gering die »Rückständigkeit« Preußens war, wird daran deutlich, daß die finanzkapitalistischen Unternehmer zusammen in Preußen sogar teilweise höhere Anteile an den Gesellschaften finanzierten als ihre englischen Pendants.
4. Der Staat als Kapitalgeber. Preußische Anstöße Insgesamt betrachtet ging das finanzielle Engagement des preußischen Staates für die Eisenbahnen durchaus über die ungefähr 2 % Aktienbeteiligung hinaus, die im vorangegangenen Kapitel als Anteile von Körperschaften registriert wurden. Eine unmittelbare oder sogar mittelbare Kapitalbeteiligung des englischen Staates an den Eisenbahnen hat es dagegen nicht gegeben. Welche Bedeutung erlangten staatliche »Finanzspritzen« für die preußischen Eisenbahnen mit Instrumenten, die vom Staatsbahnbaus bis zur anstoßenden Motivationswirkung am privaten Kapitalmarkt reichten? Die Betrachtung beschränkt sich im wesentlichen auf den Vormärz. Das allgegenwärtige und von Dunlavy bereits herausgearbeitete 119 Dilemma preußischer Eisenbahnpolitik lag in den fiskalischen Beschränkungen des Hardenbergschen Staatsschuldengesetzes begründet. Staatsbahnen lagen damit im Vormärz außerhalb der Reichweite preußischer Finanzspielräume. Dagegen war die politische Förderung mit einer Reihe mehr oder weniger wirksamer, wenn auch begrenzter Instrumente möglich und wurde, vor allem ab 1842 verstärkt, praktiziert. Dazu gehörten direkte Kapitalbeteiligungen in Aktien ebenso wie in Anleihen, die Gewährleistung von Zinsen sowohl für Aktien (also eine Garantiedividende) als auch für Anleihen, aber auch die Bereitstellung kurzfristiger Kredite als Liquiditätshilfen in Krisensituationen oder die finanzielle Förderung von Vorarbeiten durch 170 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
die Finanzierung der Vermessung und Planung. Von allen diesen Mitteln wurde im Laufe der vierziger Jahre (und selbstverständlich verstärkt danach) Gebrauch gemacht. Schon vor 1842 hatte der preußische Staat sich an zwei Gesellschaften, der BAE und der Berlin-Stettiner Eisenbahn, mit insgesamt 2 Mio. Thlr. beteiligt. Eigentlicher Akteur der Transaktion war im Falle der BAE jedoch die Preußische Seehandlung, die für 1 Mio. Thlr. Aktien und für 0,5 Mio. Thlr. Anleihen der BAE übernahm. Das Finanzministerium zeichnete Stettiner Anleihen im Wert von einer weiteren halben Million Thlr. 120 Die Verhandlungen der vereinigten ständischen Provinzialausschüsse im Herbst 1842 führten zur Verabschiedung eines Maßnahmenpakets, das aus drei Komponenten bestand: einem Kapitalfonds von 6 Mio. Thlr. zur direkten Beteiligung am Aktienkapital der Gesellschaften (»Eisenbahnfonds«), der Bereitstellung von jährlich 2 Mio. Thlr. zur Gewährung von Zinsgarantien, in der Regel 3,5 % auf die vorgesehenen Aktienkapitalien oder Anleihen, sowie der Möglichkeit, aus dem Eisenbahnfonds Zuschüsse zu den Kosten der Vorarbeiten neuer Eisenbahnprojekte zu leisten. 121 Dunlavy führt die bis Ende 1846 geleisteten Zuschüsse mit 3.380.000 Thlr. tatsächlicher Einzahlungen auf ein zugesichertes Nominalkapital von 5.350.000 Thlr. an, zusätzlich waren Zinsgarantien eingegangen worden, die zu jährlichen Verpflichtungen in Höhe von 1.100.000 Thlr. fuhren konnten. 122 Eine ministerielle Denkschrift vom August 1848, die der Vorbereitung der späteren Eisenbahnpolitik v.d. Heydts diente, listet für die preußischen Eisenbahnen Staatsbeteiligungen von 6.354.800 Thlr. auf sowie spätere staatliche Aufkäufe von weiteren 639.650 Thlr. 123 Doch diese Zahlen führen in die Irre, erfassen sie doch keineswegs die volle Bedeutung staatlicher Finanzierung preußischer Eisenbahnen. Zum einen lag qualitativ ein wesentlicher Unterschied darin, welche Bahnen mit diesen Mitteln finanziert wurden. Ein Großteil des Geldes wurde für die üblichen Beteiligungen von einem Siebtel an den schon in den Beratungen von 1842 als national wichtig eingestuften Bahnen verwendet: 1.860.000 Thlr. des Kapitals der KME, 1.437.000 des Kapitals der NME und 7 1 4 . 0 0 0 Thlr. der Stargard-Posener Eisenbahn verbrauchten den größten Teil des Eisenbahnfonds. Auch an der krisenträchtigen BME, die 1844 schließlich zustandekam, beteiligte sich der Staat mit einem Viertel des Kapitals (einer Million Thlr.). Aus einem königlichen Legat Friedrich Wilhelms III. gingen 810.000 Thlr. an die Thüringischen Eisenbahn sowie Anleihen für eine Million Thlr. an die REB. Weitere Beteiligungen des preußischen Staates an Anleiheemissionen erreichten den Gesamtbetrag von 2,2 Mio. Thlr., so daß insgesamt 3,2 Mio. Thlr. Fremdkapital der Bahnen durch den Staat gehalten wurden. Die Zinsgarantie, aus der bis 1847 Verpflichtungen in Höhe von maximal 1.107.750 Thlr. erwachsen waren, hatte faktisch über 30 Mio. 171 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Thlr. Aktienkapital preußischer Eisenbahnen in festverzinsliche, risikolose Papiere verwandelt. 124 Die finanzielle Unterstützung der preußischen Regierung galt erklärtermaßen und an den Ergebnissen ablesbar dem Aufbau eines überregionalen Bahnnetzes zur Verbindung aller Landesteile und Provinzen. Zum anderen genossen jedoch einige preußische Eisenbahnen in großem Umfang finanzielle Unterstützung des »Auslandes«, sei es anderer deutscher Staaten, sei es Belgiens. An der BHE beteiligten sich Mecklenburg und die Hansestadt Hamburg mit je 1,5 Mio. Thlr. (zusammen 3 Mio. von 8 Mio. Thlr. Grundkapital). An der REB hielt der belgische Staat nach notwendigen Kapitalerhöhungen ab 1839 eine Beteiligung von 1 Mio. Thlr. 125 An der Stettiner Bahn besaß allein die Stadt Stettin 600.000 Thlr., die Pommersche Landschaft einen weiteren Anteil von möglicherweise bis zu 1,2 Mio. Thlr., sollen doch beide Körperschaften zusammen 6 0 % des Kapitals besessen haben. 126 Und schließlich war an der BAE der Herzog von Anhalt-Dessau mit einem ansehnlichen Aktienpaket beteiligt, so daß die Seehandlung, der Herzog und ein privater Aktionär über 50 % der Stimmen in der BAE verfügten. 127 Insgesamt beteiligten sich ohne den preußischen Staat öffentliche Körperschaften bzw. Regenten mindestens mit weiteren 6 Mio. Thlr. an preußischen Eisenbahngesellschaften. Die Summe aller staatlichen Beteiligungen am Aktienkapital preußischer Eisenbahngesellschaften des Vormärz steigt damit auf fast 13 Mio. Thlr. Zusammen mit den oben dargestellten, um 2 % liegenden Beteiligungen der Körperschaften dürfte der Anteil öffentlicher Kassen an den preußischen Eisenbahnen sich auf annähernd 10% der Aktienkapitalsumme belaufen. In Ausnahmefällen wie der BAE erweist sich die begrenzte Bedeutung privater Finanzierung, war doch mehr als die Hälfte des Kapitals staatlich oder von einem einzigen Großanleger finanziert. Zur permanenten Kapitalisierung der Eisenbahnen traten temporäre Finanzhilfen in Krisensituationen. Zu den größten Fällen dieser Art gehörte ein Darlehen des Staats an die BME im Herbst 1848, welches der Gesellschaft eine nicht realisierbare Kapitalerhöhung aufzuschieben erlaubte. Die verabredeten 400.000 Thlr. erhielt die BME durch Überlassung von Staatsschuldscheinen in Höhe von nominal 547.933 Thlr. zum Kurs von 73 %, die die Direktion der Gesellschaft mit Gewinn für insgesamt 4 0 8 . 0 7 0 Thlr. verkaufen konnte. 128 Ein ähnlicher Kredit über 150.000 Thlr., zahlbar in wöchentlichen Raten von 20.000 Thlr. und rückzahlbar binnen 6 Monaten nach Erhalt der letzten Rate sollte der KME aus einer zeitweiligen Liquiditätskrise helfen. 129 Auf diese Art der Unterstützung konnte sich auch die sächsische LDE verlassen: Zunächst 250.000 Thlr. (in drei Tranchen) flossen während der Baujahre 1838/39 an die Gesellschaft, allerdings gegen solidarische Haftung der Gesellschaftsvorstände durch Ver172 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
pfändung ihres Aktienbesitzes. Ein weiteres Darlehen über 70.000 Thlr. half 1848 einer Finanzkalamität während der Revolutionszeit ab. 130 Tendenziell bleibt Dunlavys Schlußfolgerung gültig, daß der preußische Staat angesichts der Kapitalintensität der neuen Technologie sich als »schwacher Staat« erwies. 131 Blickt man auf den Kontext des Kapitalmarktgeschehens mit einer englischen und nicht amerikanischen Vergleichsperspektive, so fiel dieser staatlichen Kapitalunterstützung unbestreitbar die Rolle eines Katalysators des Baus und der Finanzierung von Eisenbahnen zu. Sie erreichte eine Beschleunigung des Netzaufbaus, vor allem der langen Verbindungslinien. Ähnlich der Funktion der Bankiers besaßen die etwa 10%, die öffentliche Körperschaften zum Eisenbahnbau beitrugen, eher stimulierende und mobilisierende Wirkung, konnten aber nicht als substantieller Beitrag zur Finanzierung der Eisenbahnen gelten. Zudem bedurfte es eines Ausgleichs für die Risiken, die das langwierige und unsichere preußische Konzessionssystem mit sich brachte. Alle Gesellschaften mit Ausnahme der LDE und der kleinen Eisenbahngesellschaften wie der DEE oder der ΒΡΕ stützten sich auf staatliche Beiträge zu ihrem Grundkapital, sei es in Aktien- oder Anleiheform. Und doch wären sie alle nicht zustandegekommen ohne die weit überwiegenden privaten Investitionsanteile hunderter und tausender privater Aktionäre.
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VT. EisenbahnunternehmerKönige oder Bürger?
George in his Chair Of Railways Lord Mayor, With his nods Men and Gods Keeps in awe; When he winks Heaven shrinks; When he speaks, Hell squeaks, Earth's globe is but his taw,1
Zwei Eisenbahnunternehmer stiegen auf zum Ruhme eines Königs ihrer Branche: Bethel Henry Strousberg in Deutschland und George Hudson in England. 2 Beide erlebten einen kometenhaften Aufstieg und einen dramatischen Fall binnen weniger Jahre. Die Brillianz ihrer Erfolge und die Geschwindigkeit ihres späteren Scheiterns erlangten fast literarische Qualität. Dieser Umschlag der Geschicke verdankte sich durchaus ähnlichen Mißgriffen in der Leitung der schnell zustandegebrachten Konzerne immensen Ausmaßes: Beide verfingen sich im Gestrüpp ihrer Finanzierungskonstruktionen, Strousberg aus Mangel an echtem Eigenkapital, das zu bilden er auch zu Zeiten enormer Gewinne versäumte, 3 Hudson durch das geradezu seelenverwandte Verfahren, das Kapitalkonto seiner Unternehmensagglomeration immer offen zu halten, Erträge früherer aus Kapitalzuflüssen späterer Unternehmen im Konzern zu bezahlen. 4 Wurden Eisenbahnen von »Königen«, von schillernden Individuen und heroischen Einzelunternehmern gebaut oder entstanden sie als Folge koordinierten, arbeitsteiligen Handelns zahlreicher Beteiligter? Sind nicht Zweifel am Königstitel angebracht in dieser Branche, die so eng mit dem Aufstieg des Bürgertums verknüpft ist? Eisenbahnunternehmer dieser Pionierjahre verdienten sich schnell bildhafte Beinamen, und so verwundert es nicht, daß Jay Gould, ein vergleichbar prominenter »Spekulant« beim Aufbau großer Eisenbahnkonzerne in den USA zum »Mephistopheles of 174
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Wall Street« avancierte. 5 Doch scheint dies treffend die andere Seite königlichen Ruhmes zu beleuchten: Heroischen Einzelgängern schienen grandiose Erfolge zu winken, die Chancen verlockten, und doch reüssierte die weit überwiegende Mehrheit der Eisenbahnunternehmer auf bürgerliche und nicht auf königliche Weise. Sie milderten im engen Verbund mit Gleichgesinnten Risiken, acquirierten Kenntnisse und Kapital, verhandelten mit Staatsregierungen, organisierten komplexe Großunternehmen und mobilisierten Synergien, die ein Einzelner zu kontrollieren nicht in der Lage sein konnte. Eingebettet in das bürgerliche »Netzwerk« umfassender gesellschaftlicher Beziehungen feierten auch diese weniger mephistophelischen Eisenbahnunternehmer Erfolge, die sie ihre Palais am Berliner Tiergarten, in Bad Godesberg oder am Londoner Hyde Park und in Clifton bei Bristol nicht nur für acht kurze Jahre, 6 sondern über Generationen bewohnen ließen. Dieses Netzwerk nachzuvollziehen, so viele Mosaiksteinchen wie möglich in dieses Tableau Vivant der den Eisenbahnen verbundenen bürgerlichen Gesellschaft einzufügen, wird die Aufgabe dieses Kapitels sein. Die Rekonstruktion der bürgerlichen Netzwerke, deren Mitglieder die Eisenbahnen bauten und leiteten sowie durch ihre Expansionsphasen als Großunternehmen begleiteten, läßt sich von einer Reihe zentraler Fragen leiten: Agierten Eisenbahnunternehmer tatsächlich eingebettet in eine Vielzahl sozialer Beziehungen, die sich zugleich als funktional und sogar notwendig für ihr Handeln erwiesen? Welche Rolle spielte dabei ihr Vorgehen als »Vielfachunternhmer«, 7 die in ihre Eisenbahnaktivitäten Erfahrungen aus einer oder mehreren anderen Branchen mitbrachten, in denen sie schon vorher aktiv waren und nach der Eisenbahngründung auch blieben? Bestätigt sich in der Zusammensetzung der Führungsgremien einer Eisenbahngesellschaft die in der Kapitalmobilisierung so wichtige Tendenz, den mangelnden Entwicklungsstand der Märkte durch persönliche Vertrauensbeziehungen zumindest teilweise ausgleichen zu können? Dies legte die Anschlußfrage nach der sozialen Homogenität der beteiligten Gruppen in Gremien einer Eisenbahngesellschaft nahe, denn diese dürfte unter solchen Bedingungen ein unmittelbarer unternehmerischer Erfolgsfaktor gewesen sein. Für die Zusammensetzung des bürgerlichen Netzwerkes ist die Frage nach der Rolle der Bankiers von entscheidender Bedeutung. 8 War ihre Mitwirkung für die unternehmerischen Strategieentscheidungen ähnlich zentral wie zumindest in einigen Eisenbahngesellschaften für die Aufbringung des Kapitals? Organisierten sie möglicherweise sogar das Zusammenwirken zahlreicher beteiligter Wirtschaftsbürger? Dieselbe Frage stellt sich für die bildungsbürgerlichen Beteiligten? Gab es sie in nennenswerter Zahl? Übernahmen vor allem die Beamten 9 in ihren Reihen eine ähnliche Funktion wie die Bankiers - diejenige, das Zusammenwirken zahlreicher Beteilig175 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
ter anzustoßen und das arbeitsteilige Vorgehen in der Bündelung von Kompetenz zu koordinieren? 10 Bestanden also begründete Aussichten auf eine funktional sinnvolle Koalition der Besitzer von Kapital und der Besitzer von »Bildungspatenten« 11 in den Bemühungen um Modernisierung ihres Landes? Oder handelten beide Gruppen eher in Konkurrenz zueinander und gestützt auf unterschiedliche Wahrnehmungen der Zukunft? Wer besaß ausreichenden sozialen Status, um diese Funktion als Mitglied der unternehmerischen Leitungsgremien einer Gesellschaft zu erfüllen, wer konnte seine Fähigkeiten nur als angestellter Manager einbringen? Diese Analyse eines Netzwerkes unternehmerischer Aktivitäten führt die Unternehmensanalyse einen grundsätzlichen Schritt weiter: Sie konzentriert sich auf die Frage, wie sich Anteile am Aktienkapital der Gesellschaften in unternehmerische Gestaltungsmacht umsetzten. Welche sozialen Gruppen wurden in die Leitungsgremien gewählt und dominierten das Entwerfen und Durchsetzen unternehmerischer Strategien? Welche Interessenlagen kommen darin zum Ausdruck und welchen Denkhorizont bringen diejenigen in das Unternehmen ein, die für die Formulierung unternehmerischer Strategien zuständig sind? Welche Voraussetzungen brachten die Beteiligten für die Aufgabe mit, in den entstehehenden großen Eisenbahnunternehmen Prozesse der Professionalisierung und Bürokratisierung zu steuern? Wurden Unternehmerpersönlichkeiten in die Gremien der Aktiengesellschaften ausschließlich aufgrund ihrer Kapitalanteile und damit Wahlchancen in der Hauptversammlung oder auch aufgrund eventuell benötigten Know Hows berufen? Das »soziale Netzwerk« 12 erweist sich möglicherweise - und dies ist die zentrale These dieses Kapitels - als notwendig komplementär zur Frühgeschichte der Aktiengesellschaft. Hansemann formulierte die Leistung der Aktiengesellschaft in einer frühen Analyse folgendermaßen: »Der Fähigkeit, der Tüchtigkeit, dem Talent, dem Reichthum wird die Gelegenheit gegeben, vermittelst dieser Eigenschaften die größten und besten Eisenbahnunternehmungen zu machen; bisher war es in Deutschland nur ein glücklicher Zufall, wenn diese Unternehmungen gerade den Personen, die solche Eigenschaften besitzen, zu Theil wurden.« 1 3 Diese Einschätzung verweist auf ein grundlegendes Element unternehmerischer Tätigkeit in Aktiengesellschaften, nämlich die arbeitsteilige Organisation dieser Aktivitäten. Die Arbeitsteiligkeit, die durch die Rechtsform der Aktiengesellschaft ermöglicht wurde, mußte in diesen ersten Kapitalgesellschaften ergänzt werden durch die sozialen Beziehungen der beteiligten Unternehmer, über die Ressourcen, Know How und Fachpersonal bereitgestellt werden konnten. 14 Aufgrund des Pioniercharakters der neugegründeten Eisenbahnaktiengesellschaften ist der zeitliche Vergleich besonders interessant, der Veränderungen in der Zusammensetzung der Unternehmergrup176 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
pen als Abbild veränderter funktionaler Erfordernisse in der Leitung der Unternehmen erkennbar werden lassen kann. Da in dieser Arbeit ausschließlich Aktiengesellschaften analysiert werden, werden als Eisenbahnunternehmer nur Mitglieder von Aufsichts-/Administrations-/Verwaltungsrat und Direktion betrachtet. Entscheidend für die Zugehörigkeit zu dieser Unternehmerschaft ist also die Wahl durch die Hauptversammlung der Eisenbahngesellschaft. Eisenbahnunternehmer gingen daher in aller Regel ihren bisherigen Tätigkeiten bzw. Verpflichtungen weiter nach. Daraus folgt, daß ihre Identifizierung etwa als »Fabrikant«, »Bankier« oder »Beamter« für die Zeit unmittelbar vor, aber auch während ihrer Tätigkeit als Eisenbahnunternehmer galt. Sie gaben diese anderweitigen Funktionen nicht auf und »amtierten« daher als Eisenbahnunternehmer, d.h. übten diese Tätigkeit aufgrund der Wahl durch die Hauptversammlung der Gesellschaften aus. Als Wirtschaftsbürger aktive Eisenbahnunternehmer können daher als klassische Beispiele der Vielfachunternehmer gelten. Diese positionale Definition der in die Untersuchung einbezogenen Unternehmer provoziert die Frage, ob nicht auch leitende Angestellte, Spezialdirektoren oder General Managers, oder wie auch immer diejenigen genannt wurden, die die gewählten Eigentümervertreter an die Spitze der operativen Unternehmenshierarchie gestellt hatten, einbezogen werden müßten. Doch diese »Diffusion« 15 der Unternehmerfunktion müßte im Kontext der Organisationsgeschichte der Unternehmen diskutiert werden. Diese Hierarchie aufgebaut zu haben, war jedoch Verdienst und Entscheidung der gewählten Vertreter der Anteilseigner. Die folgende Analyse beschränkt sich daher auf diese. Aus den im ersten Kapitel dieser Studie eingeführten Eisenbahngesellschaften wurden insgesamt 645 deutsche und 218 englische Eisenbahnunternehmer einbezogen. 16 Diese beiden Samples erlauben einen aussagekräftigen nationalen Vergleich, repräsentieren die untersuchten Gesellschaften doch die eingangs dargestellten hohen Anteile am jeweiligen nationalen Markt. Die Gesamtheit aller betrachteten Unternehmer setzt sich aus drei Gruppen zusammen, die in unterschiedlichen Zeitperioden aktiv waren: in der Gründungs- und frühen Betriebsphase, die für alle deutschen Eisenbahnen spätestens 1847, für die englischen 1839 endete; in der Betriebsphase der Unternehmen, die sich in den nächsten 15 Jahren anschloß; sowie in den Jahren vor der Verstaatlichung in Deutschland und gegen Ende des Betrachtungszeitraumes in England. Von den englischen Gesellschaften wurde dabei jeweils die Direktion eines Stichjahres der drei Zeitperioden berücksichtigt, darüber hinaus die Fluktuation einzelner Amtsinhaber in den ersten Geschäftsjahren, soweit die Sitzungsprotokolle der Direktion Aufschluß gaben, eingearbeitet. In Deutschland wurde tendenziell dasselbe 177 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Vorgehen angestrebt, für einzelne Gesellschaften ergaben sich jedoch Abweichungen: Die ΒΡΕ wurde nur für ihre Gründungs- und erste Betriebsphase mit einem Sample berücksichtigt, auch für die BFE/NME konnte nur eine Unternehmergeneration herangezogen werden, weil die Gesellschaft 1850 verstaatlicht wurde. Dagegen konnten LDE, BHE und REB mit allen während des gesamten Untersuchungszeitraumes beteiligten Unternehmern in die Betrachtung eingehen, weil hier Informationen über Amtswechsel kontinuierlich ausgewertet wurden. 17 Damit ist für die Regionen Sachsen, preußische Altlande und Rheinprovinz jeweils eine Gesellschaft lückenlos vertreten. Für KME, DEE bzw. BME und BAE sind mindestens die drei Zeitperioden jeweils durch ein Stichjahr repräsentiert. Zunächst fällt auf, daß die Zahl der preußischen Eisenbahnunternehmer erheblich höher ist als die der englischen, obwohl die untersuchten Gesellschaften in beiden Ländern gegen Ende des Betrachtungszeitraumes ähnliche Marktanteile nach Kapital und Streckennetz von jeweils etwa 25 % repräsentierten (Ausnahme Deutschland: etwa ein Drittel des investierten Kapitals). 18 Dies geht natürlich zunächst darauf zurück, daß in Deutschland die Mitglieder zweier Leitungsgremien, des Aufsichtsrates und der Direktion zu berücksichtigen waren. Doch selbst dann ist dieser Größenordnungsunterschied noch ein Indiz dafür, daß entsprechende Marktanteile in Deutschland durch zahlreichere kleine Gesellschaften erreicht wurden, die teilweise fast so viele Gremienmitglieder aufweisen wie die sehr viel größeren englischen Gesellschaften oder sogar absolut zahlreicher besetzt waren. Die englischen Eisenbahnen reduzierten durchweg im Laufe ihrer Entwicklung die Zahl ihrer Direktoren - im Falle der GWR von 24 auf 15, später 18, im Falle der nördlichen Gesellschaften bei der LBR von ebenfalls 24 auf 15 und für die fusionierte LNW von zunächst 45 (je teilhabender Gesellschaft 15) auf 30. Deutsche Eisenbahnen wurden zwar von zwei Leitungsorganen geleitet, deren Mitgliederzahl zusammengenommen jedoch in einer ähnlichen Größenordnung lag. Ein signifikanter Unterschied ist allerdings zwischen den preußischen Kernlanden und der Rheinprovinz erkennbar: Rheinische Bahnen ebenso wie die Berlin-Hamburger und die Leipzig-Dresdner Eisenbahn arbeiteten unter der Leitung eines vielköpfigeren Aufsichts- bzw. Administrationsrates als die übrigen (Berliner) Gesellschaften. Waren hier 12 bis 24 Mitglieder versammelt, zählte das Gremium im Falle der Berliner Bahnen nur sieben bis elf Angehörige. Die Direktion bestand in allen Fällen aus fünf bis sieben Mitgliedern. Beide Gremien kannten in manchen Gesellschaften noch gewählte Stellvertreter. 19 Ein vergleichbarer Reduzierungsprozeß wie in England setzte offenbar bei deutschen Eisenbahnen nicht ein, lediglich die BHE verkleinerte ihr Direktorium, indem die 178 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
finanziell beteiligten Landesregierungen jeweils auf ihre ernannten Direktoren verzichteten. 20 Die Gremien der Eisenbahnen versahen in beiden Landern gleichartige, sich aus der Vertretung der Aktionäre und der Steuerung des Aufbaus der Unternehmen und des späteren Betriebes ergebende Aufgaben. Bereits an der zahlenmäßigen Zusammensetzung der Leitungsgremien wird jedoch ein unterschiedlicher Zentralisierungsgrad unternehmerischer Tätigkeit ablesbar. Mit Beteiligung des Staates oder im Einzugsbereich der Berliner Residenz und ihrer Beamten gebaute Bahnen wurden von sehr viel kleineren Organen geleitet. Der sozialen Zusammensetzung einer Unternehmerschaft, die durch die Zugehörigkeit zu den Leitungsgremien der Eisenbahnaktiengesellschaften definiert ist, gilt die Aufmerksamkeit dieses Kapitels. Der Vergleich läßt sich auf drei Ebenen ziehen: zwischen Deutschland und England, zwischen den Regionen dieser Länder und zwischen einzelnen Gesellschaften.
1. Der nationale Vergleich. England und Deutschland Unabhängig von zeitlichen oder örtlichen Differenzierungen erwarben mehr als 34 % der deutschen Eisenbahnunternehmer Vermögen, Kapital und Lebensunterhalt als Kaufleute. Ihnen standen weitere 10% Bankiers zur Seite, die, mochten sie auch aus Handelsgeschäften gekommen sein, doch eindeutig als solche eingeordnet werden können. Schließlich besaßen gut 7 % der untersuchten Unternehmer eine Fabrik. 2 % der an der Leitung der Eisenbahnen Beteiligten gingen in einer größeren Form einem Gewerbe nach, das jedoch nicht fabrikmäßig organisiert war (wie z.B. der Hofgoldschmied Hossauer in Berlin). Einschließlich der gewerblichen, eventuell schon dem kleinbürgerlichen Rand des Bürgertums zuzuordnenden Persönlichkeiten bildeten 5 3 , 7 % aller Eisenbahnunternehmer die Mehrheitsfraktion der Wirtschaftsbürger in den deutschen Unternehmen. Diese Fraktion stellte unter den englischen Eisenbahnunternehmern eine deutlichere Mehrheit: 61,5 % der englischen Direktoren kamen aus wirtschaftsbürgerlichen Verhältnissen. In ihren Reihen zählten sie 39 % Kaufleute, knapp 9 % Bankiers und immerhin über 13 % Fabrikanten. Kaum ein Prozent gewerblicher Unternehmer vervollständigten den auch außerhalb der Eisenbahngesellschaft unternehmerisch aktiven Teil des Samples. Der Vergleich zeigt, daß Bankiers zwar für die Kapitalbeschaffung deutscher Eisenbahnen eine größere Bedeutung besaßen, sich dies aber nicht in einem Übergewicht in den Gesellschaftsgremien niederschlug. Deutsche Bankiers 179 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
stellten gegenüber den englischen nur gut ein Prozent mehr Unternehmer. Angesichts der weniger ausgeprägten deutschen Industrialisierung erstaunt der deutlich (um fast 6 %) geringere Anteil der Fabrikanten nicht. Für beide Länder bleibt jedoch bemerkenswert, daß nur so wenige Wirtschaftsbürger aus der produzierenden Industrie überhaupt den Weg in die Eisenbahnen fanden. Gemessen am Stand der Industrialisierung gerade in Lancashire und Yorkshire, im »workshop of the world«, dokumentiert die relativ geringe Beteiligung der industriellen Eisenbahnunternehmer die Inferiorität der Fabrikunternehmer gegenüber den Vertretern des Finanz- und Handelskapitals. 21 Schließlich stellten auch die Großkaufleute in Deutschland eine deutlich kleinere Fraktion als in England, obwohl mehrere wichtige Handelszentren den Mittelpunkt in dieser Arbeit betrachteter Eisenbahnen bildeten. Der Reichweite und Kapitalkraft des Handels von Liverpool, London oder Bristol konnten sie offenbar durchweg nicht das Wasser reichen. Tabelle VI.1.: Erwerb der Eisenbahnunternehmer im Vergleich England
Deutschland
Erwerb Kaufmann Bankier Fabrikant Gewerbe Beamter Advokat/Jurist Profession Offizier Guts-/Grundbesitzer Rentier etc. NN
222 64 48 13 81 79 32 22 15 18 51
34,4 % 9,9 % 7,4% 2,0 % 12,6% 12,2% 5,0% 3,4 % 2,3 % 2,8 % 7,9 %
85 19 29 1 4 23 9 14 23 11
39,0 % 8,7 % 13,3% 0,5 % 1,8% 10,6% 4,1 % 6,4 % 10,6% 5,1%
Summe
645
100,0%
218
100,0 %
Quelle: eigene Berechnungen.
Komplementär zur wirtschaftsbürgerlichen Unterrepräsentierung in den Reihen deutscher Eisenbahnunternehmer stellten Bildungsbürger ein volles Drittel der Eisenbahnunternehmer, in England dagegen mit knapp 23 % immerhin 10 % weniger. Dieser Unterschied geht zuallererst auf die große Zahl deutscher Beamter zurück, die fast alleine für das Übergewicht dieses Teils des Bürgertums in Deutschland verantwortlich sind. Eher kleinere Unterschiede bei den im Rechtssystem (im Gegensatz zur öffentlichen 180 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Verwaltung) arbeitenden Juristen und Advokaten, den Offizieren und den sonstigen Angehörigen einer Profession bzw. der freien Berufe fielen dagegen kaum ins Gewicht. Aus den Reihen der Rentiers, Guts- oder Grundbesitzer kamen dagegen in Deutschland erheblich weniger Eisenbahnunternehmer als in England. Der Größenordnungsunterschied beträgt über 5 %, stellten doch die teilweise adeligen - großen Grundbesitzer in England immerhin gegen 11 % der Beteiligten, in Deutschland dagegen kaum 2 %. Auch wenn man berücksichtigt, daß sich weitere 3 % Rentiers an der Leitung von deutschen Eisenbahnen beteiligten, bedeuten diese Ergebnisse, daß sich hier nur ein sehr kleiner Teil der traditionellen gesellschaftlichen Eliten aktiv an der Leitung eines Eisenbahnunternehmens beteiligte. Die Gruppe derjenigen, deren Erwerbsgrundlage nicht identifiziert werden konnte, spielt in Deutschland mit knapp 8 % und in England mit 5 % keine große Rolle. Differenziert man diese Ergebnisse nach den drei hauptsächlich analysierten Regionen, so relativiert dies nationale Unterschiede zwischen England und Deutschland. Gruppiert man nämlich die Unternehmer nach ihrer Herkunft aus der Rheinprovinz, Sachsen 22 und den preußischen Altprovinzen, also den brandenburgischen »Kernlanden« und Berlin, so ergeben sich beträchtliche Unterschiede: Tabelle VI.2.: Erwerb der Eisenbahnunternehmer nach Regionen Erwerb Kaufmann Bankier Fabrikant Gewerbe Beamter Advokat/Jurist Profession Offizier Guts-/Grundbes. Rentier etc. NN Summe
»Kernpreußen«
Rheinprovinz
Sachsen
69 36 7 4 35 30 12 18 5 5 12
29,6 % 15,5% 3,0 % 1,7% 15,0% 12,9 % 5,2 % 7,7 % 2,1 % 2,1 % 5,2 %
96 20 40 4 40 32 11 2 6 12 33
32,4 % 6,8 % 13,5% 1,4% 13,5% 10,8% 3,7 % 0,7% 2,0 % 4,1 % 11,1%
58 8 1 4 6 18 8 2 4 1 6
50,0 % 6,9 % 0,9 % 3,4 % 5,2 % 15,5% 6,9 % 1,7% 3,4 % 0,9 % 5,2 %
233
100,0%
296
100,0%
116
100,0%
Quelle: eigene Berechnungen.
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Die relative Schwäche der Wirtschaftsbürger war in Sachsen weit weniger ausgeprägt, dort stammten immerhin 61 % der Eisenbahnunternehmer, also eine geradezu »englische« Quote, aus ihren Reihen. Ein entsprechender Anteil von 54 % in der Rheinprovinz entspricht einer leicht überdurchschnittlichen Beteiligung. Knapp unter 50 % in Berlin und Umgebung bringen zum Ausdruck, daß sich die nationalen Differenzen aus regional sehr unterschiedlichen Verteilungen zusammensetzen, denn innerhalb des Wirtschaftsbürgertums ergeben sich noch viel deutlichere Unterschiede: Fünf Sechstel aller Fabrikanten stammten aus der Rheinprovinz, die damit eindrucksvoll als gewerblich und industriell bestentwickelte Provinz etabliert ist. Ein rheinischer Anteil von über 13 % Fabrikanten entspricht dem Gewicht dieser Gruppe in England. Die gewerbliche Entwicklung Sachsens schlug sich dagegen offenbar nicht in einer Beteiligung an der weitgehend von Leipziger Kaufleuten dominierten LDE nieder. Dagegen bestätigt sich eine Vermutung aus der Untersuchung der Kapitalanteile: Die Dominanz der Bankiers ist typisch für Berlin. Über 56 % aller Bankiers wirkten in den Berliner Gesellschaften, obwohl diese nur 3 6 % aller Unternehmer stellten. Ihr Anteil an diesen Gesellschaften erreichte mit über 15 % mehr als die doppelte Beteiligung wie die der Bankierskollegen in anderen Landesteilen. Und schließlich überragten die Leipziger Kaufleute alle Unternehmerkollegen in Deutschland, stellten sie doch exakt die Hälfte aller Unternehmer in der LDE. Ein knappes Drittel Kaufleute in der Rheinprovinz entspricht fast dem deutschen Durchschnitt, in den Berliner Gesellschaften fiel ihr Anteil unter 30 %. Zwar war die wachsende Residenz Berlin auch ein Handelszentrum, doch erreichte der Handel zur Versorgung der schnell expandierenden Stadt und ihres Umlandes nicht entfernt die Dimensionen Hamburgs, Leipzigs oder Kölns. Wie nicht anders zu erwarten prägten die Beamten vor allem in Berlin die Zusammensetzung der Unternehmensleitungen (mit 15 % ) , waren auch in der Rheinprovinz noch gewichtig vertreten und spielten in Sachsen nur eine sehr kleine Rolle (um die 5 %). Die Advokaten und Juristen waren in der sächsischen LDE besonders zahlreich, auch in der Rheinprovinz fiel ihr Anteil nur geringfügig unter den deutschen Durchschnitt und in Berlin waren sie gut vertreten. Wenig erstaunlich ist, daß die Beteiligung von Offizieren an der Unternehmensleitung sich auf Berlin konzentriert, dagegen in der Rheinprovinz fast gar keine und in Sachsen nur eine kleine Rolle spielte. 23 Im zeitlichen Verlauf veränderte sich die soziale Zusammensetzung der Eisenbahnunternehmer ganz beträchtlich. Diese Entwicklung läßt sich ablesen, wenn man die Unternehmer nach den drei genannten Zeitperioden aufgegliedert: der Gründungsperiode, der mittleren Betriebsperiode sowie der Periode der abschließenden Jahre. In dieser letzten Periode 182 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
rundeten die Unternehmen in der Regel ihre Entwicklung zum großen, netzbildenden Konzern ab. Die anfangs federführenden Kaufleute verloren in den deutschen Leitungsgremien im Laufe der Zeit an Gewicht, stellten jedoch auch in den späten Jahren der Entwicklung noch 34 % der Eisenbahnunternehmer. Die Gruppe der Bankiers räumte ebenfalls zahlreiche Sitze nach Abschluß der Bautätigkeit, gewann aber in der dritten Periode der Betrachtung erneut an Gewicht und erreichte fast wieder den Ausgangsstand. Die Bedeutung der Fabrikanten stieg zunächst, ging jedoch in den späten Jahren der Betrachtung wieder zurück. Eine durchgehende Erfolgsgeschichte zeichnet sich für die Beteiligung der Bildungsbürger ab: Beamte, an Gerichten tätige Juristen und Advokaten gewannen während des gesamten Betrachtungszeitraumes ganz erheblich an Einfluß. Die Beteiligung anderer freier Berufe bzw. Professionen stagnierte hingegen, so daß die wachsende Zahl bildungsbürgerlicher Eisenbahnunternehmer allein auf den großen Erfolg der Juristen, in welcher Funktion auch immer sie tätig waren, zurückging. Der Anteil der Bildungsbürger insgesamt erhöhte sich von anfangs gut 27 % auf über 34 %, wobei die Zahl darin enthaltener Offiziere noch zurückging. Verblüffend deutlich zeichnet sich daher das Ergebnis ab, daß der Rückgang der Wirtschaftsbürger von über 62 % auf nur noch 53 % und schließlich wieder fast 55 % sich weniger zugunsten der Beamten im allgemeinen als vielmehr der Juristen in ihren Reihen und der freiberuflich tätigen Juristen auswirkte. Der Anteil nicht identifizierter bzw. nicht zu den bürgerlichen Klassen zu zählender Unternehmer blieb im Verlauf der Zeit mit 11 bis 13% recht konstant. Die ohnehin überragende Bedeutung des Bürgertums veränderte sich im Laufe der Zeit kaum, die Relation zwischen Wirtschafts- und Bildungsbürgern dagegen ganz erheblich. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die englische Entwicklung signifikant von der deutschen: Der Anteil landbesitzender oder sogar adeliger Angehöriger der alten Eliten stieg beträchtlich. Gibt man die umstrittene Zurechnung der Offiziere zu den Bildungsbürgern auf, vergrößerte auch ihre stark steigende Zahl in den Reihen der Eisenbahnunternehmer das Gewicht der vorindustriellen gesellschaftlichen Eliten in den Leitungsgremien der Eisenbahnen. Lag zunächst die Gruppe der Landbesitzer mit ihren 6 % durchaus in einer Deutschland vergleichbaren Größenordnung, so konnte diese Fraktion ihre Beteiligung bis zum Ende der Betrachtung mehr als verdreifachen. Schon ohne die Einbeziehung der Offziere stellten sie 19 %, zusammen mit diesen jedoch ein volles Drittel aller Unternehmer. Der Anteil nicht identifizierter Unternehmer blieb wie in Deutschland klein und konstant. In England ist folglich das bemerkenswerte Ergebnis zu verzeichnen, daß 183 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle VI3.: Zeitliche Entwicklung der Erwerbsstruktur deutscher Eisenbahnunternehmer 1
Periode Kaufmann Bankier Fabrikant Gewerbe Beamter Advokat/Jurist Profession Offizier Guts-/Grundbes. Rentier NN
101 31 14 5 23 23 10 10 9 8 9
Summe
243
2 41,6% 12,8 % 5,8 % 2,1 % 9,5 % 9,5 % 4,1 % 4,1 % 3,7 % 3,3 % 3,7 % 100 %
135 28 31 8 49 48 16 16 11 11 28 381
3 35,4 % 7,3 % 8,1 % 2,1 % 12,9% 12,6% 4,2 % 4,2 % 2,9 % 2,9 % 7,3 % 100 %
116 40 22 7 48 47 17 5 9 6 23 340
34,1 % 11,8% 6,5 % 2,1 % 14,1 % 13,8% 5,0 % 1,5% 2,6 % 1,8% 6,8 % 100%
Erläuterungen: Die Zeitperioden gliedern sich in den Gründungszeitraum ( 1 ) , je Gesellschaft erfaßt in den ersten fünf Jahren nach der Konzessionierung, eine daran anschließenden Zeitphase (2) von 15 Jahren sowie die späte Phase des Betrachtungszeitraums ( 3 ) . Diese Zeiteinteilung berücksichtigt im Gegensatz zu einer Stichtagsberechnung den unterschiedlichen Entwicklungsstand der einzelnen Gesellschaften und schafft so für die jeweilige Unternehmensentwicklung vergleichbare Ergebnisse. Phase (1) endete für alle Gesellschaften spätestens 1847, Phase (2) umfaßte die Jahre bis 1856 bzw. 1863 einschließlich, je nach Gesellschaft, Phase (3) die verbliebenen Jahre bis zur Verstaatlichung. Die Tabelle stellt eine Aggregation aus den Einzelberechnungen zu den Gesellschaften dar (vgl. Anhang). Die Darstellung wurde bei der Aggregation um Unternehmer, die in einer Periode in mehreren Funktionen tätig waren, bereinigt. Erfaßt sind also alle Unternehmer, die jeweils pro Periode in irgendeiner Funktion nachweisbar waren. Da jeweils alle in einer Zeitperiode amtierenden Personen erfaßt wurden, kommt es zu Doppelnennungen. Quelle: eigene Berechnungen.
das Bürgertum einen gehörigen Teil unternehmerischer Kontrolle aus der Hand gab und die alten Eliten unternehmerisch aktiv wurden. Dieses im deutsch - englischen Vergleich scheinbar paradoxe Ergebnis muß in der detaillierten Betrachtung der einzelnen Unternehmen und der Unternehmerpersönlichkeiten daraufhin überprüft werden, ob es als Folge eines bürgerlichen Mobilitätsprozesses möglicherweise zu einer größeren Zahl von Landbesitzern bürgerlichen Ursprungs gekommen ist, ob Indizien für die postulierte engere Verbindung alter Eliten und bürgerlicher Gruppen in England vorliegen oder ob tatsächlich genuine Angehörige des Hochadels zunehmend in die möglicherweise gesellschaftlich attraktiven Eisenbahnunternehmerpositionen drängten. 184 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Aber auch innerhalb der bürgerlichen Klasse ergaben sich drastische Verschiebungen: Der Rückgang der beteiligten Kaufleute um insgesamt über 2 0 % (!) folgt zwar demselben Trend wie auch in Deutschland, fand aber in weit ausgeprägterer Form vor allem in den letzten Jahren des Betrachtungszeitraumes statt. Immerhin hatten englische Kaufleute in der Gründungszeit fast 50 % aller Direktorensitze inne und damit eine dominierende Stellung, die so absolut ihren deutschen Kollegen nie zuteil wurde. Ebenso wie in Deutschland konnten die Bankiers tendenziell ihre Beteiligung an den Direktionen stabil halten.
Tabelle VIA.: Zeitliche Entwicklung der Erwerbsstruktur englischer Eisenbahnunternehmer Periode Merchant Banker Manufacturer Trade Public Official Legal Profession Profession Officer Landed NN Summe
2
1 69 13 20 1 1 12 6 4 8 6 140
49,3% 9,3% 14,3% 0,7% 0,7% 8,6% 4,3 % 2,9% 5,7 % 4,3% 100%
48 10 9 3 12 2 7 12 6 109
3 44,0 % 9,2% 8,3% 2,8 % 11,0% 1,8% 6,4% 11,0% 5,5 % 100%
21 6 6 2 8 4 10 14 2 73
28,8 % 8,2% 8,2 % 2,7 % 11,0% 5,5 % 13,7% 19,2 % 2,7% 100%
Erläuterung: Zu den Periodenabgrenzungen vgl. die Tabellen der Einzelgesellschaften in Anhang I sowie die Anmerkungen zu Tabelle VI.3. Quelle: eigene Berechnungen.
Englische Fabrikanten vermochten offenbar nur in der Gründungszeit wirklich aktiv am Geschehen dieser Unternehmen zu partizipieren, später trifft man sie sehr viel seltener in Eisenbahndirektionen an. Vielleicht handelt es sich bei diesem Rückgang um denselben Prozeß, wie er in Deutschland - möglicherweise aufgrund der verspäteten Industrieentwicklung - erst im Übergang von der zweiten zur dritten Periode stattfand. Es ist denkbar, daß die Erklärung für diese Entwicklung darin zu suchen ist, daß Fabrikanten sich zunächst viel vom Eisenbahnbau versprachen, auf längere Sicht aber für die Teilnahme am Konzernbildungsprozeß der Eisenbahnen nur wenige aus ihren Reihen hinreichend kapitalkräftig waren. 185 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Im Unterschied zu Deutschland errangen englische Bildungsbürger keine zentrale Position in der Leitung der Eisenbahnen. Beamte blieben in England eine marginale Gruppe und die freiberuflichen Juristen (Richter sind hier ebenfalls viel seltener) steigerten ihre Beteiligung nur geringfügig. Die bisherigen Ergebnisse dieser Untersuchung der Sozialstruktur lassen in der Tat an der Tragfähigkeit des Bürgertumskonzepts für die englische Seite des Vergleichs Zweifel aufkommen. Die Debatte um die möglicherweise aussagekräftigere Elitekonzeption, 24 muß wieder aufgegriffen werden, wenn in folgenden Abschnitten dieses Kapitels das Panorama der als Eisenbahnunternehmer agierenden Personen und Gruppen weiter ausgeleuchtet wird. Die bisherigen Ergebnisse widersprechen gängigen Erwartungen zur Stärke des englischen und Schwäche des deutschen Bürgertums. Sie bestätigen die Arbeiten Stones und anderer Sozialhistoriker: Es gab in England eine große Nähe der großbürgerlichen Spitzengruppe der Eisenbahnunternehmer zu führenden Professionals, in der Politik aktiven Großgrundbesitzern des Adels und den administrativen und militärischen Führungsrängen des Landes. Ohne Zweifel besaßen die Eisenbahnunternehmer die Chance, dieser Elite dauerhaft anzugehören. In einer letzten Stufe des Vergleichs markanter Entwicklungstrends möchte ich über die Periodengrenzen unternehmerischen Handelns hinausblicken und die Amtszeiten der Unternehmer unter die Lupe nehmen. Die obigen Betrachtungen haben schon erkennen lassen, daß eine ganze Reihe der Beteiligten offenbar sehr lange amtierte, andere dagegen bald wieder abtraten. Wie das zeitliche Engagement der Direktoren und Aufsichtsräte verteilt war, zeigt Tabelle VI.5. Angesichts aller sozialen Unterschiede in der Zusammensetzung der Eisenbahnunternehmer ist es um so erstaunlicher, daß die jeweiligen Antei-
Tabelle VI.5.: Amtszeiten deutscher und englischer Eisenbahnunternehmer im Vergleich 1. Amtszeiten in nur einer Funktion Amtszeit
England
Deutschland
≥20 Jahre ≥15 Jahre ≥10 Jahre ≥ 5 Jahre < 5 Jahre
103 45 64 104 329
16,0% 7,0 % 9,9 % 16,1 % 51,0%
22 17 32 44 103
9,6 % 7,8 % 15,1 % 20,2 % 47,3 %
Summe
645
100,0 %
218
100,0%
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(Fortsetzung Tabelle VI.5.) 2. Amtszeiten in mehreren Funktionen derselben Gesellschaft oder ihrer Nachfolgerin Amtszeit
Deutschland
≥20 Jahre ≥15 Jahre ≥10 Jahre ≥ 5 Jahre < 5 Jahre
115 38 65 107 320
Summe
645
17,8% 5,9 % 10,1 % 16,6% 49,6 % 100,0%
England 31 19 25 48 95
14,2 % 8,7 % 11,5% 22,0 % 43,6 %
218
100,0%
Quelle: eigene Berechnungen.
le langjährig aktiver Unternehmer sehr ähnlich sind. In beiden Ländern amtierten, zählt man sie in mehreren Funktionen, so daß eventuelle Fusionen der Unternehmen eingehen, ungefähr ein Drittel aller Eisenbahnunternehmer 10 Jahre oder länger. Der doch geringere Anteil englischer Unternehmer, die nach weniger als fünf Amtsjahren aus ihrer Funktion bereits wieder ausschieden, findet sich entsprechend in einer größeren Quote derer wieder, die zwischen fünf und zehn Jahren amtierten. Zentrale Anschlußfrage ist angesichts dieser relativ homogenen Ergebnisse in beiden Ländern die soziale Zusammensetzung der jeweiligen »Amtsaltersklassen«. Wer stellte die besonders langjährigen Mitglieder der Leitungsgremien, gab es typische Kandidaten für schnelle Abwahl bzw. kurze Amtsdauer? In Deutschland stellten Bankiers überdurchschnittlich viele »Alterspräsidenten«. Auch Advokaten waren unter den mehr als 20 Jahre tätigen höher vertreten als unter allen Unternehmern. Kaufleute amtierten zwar in der Regel lange und dominierten die mehr als 15 Jahre aktiven Unternehmer, doch waren sie in der absoluten Spitzengruppe ebenso unterrepräsentiert wie bei den Mitgliedern, die nur kurze Gastspiele gaben. Kaufleute und Bankiers zusammen dominieren vor allem die Gruppe der über 15-jährigen Amtszeiten (mit 60 %). Fabrikanten wirkten offenbar immer für eine gewisse Zeit, selten aber für ganz lange Perioden mit. Deutsche Beamte und Advokaten waren generell in den Gruppen langer Amtsdauer mit etwa 28 % überrepräsentiert, aber auch in allen anderen Kategorien entsprechend ihrer allgemein großen Zahl beteiligt. Ähnlich wie die Fabrikanten behaupteten sich auch die nicht-juristischen Professionen am ehesten für bis zu 10 Jahre. Die wenigen mitwirkenden Gutsbesit187 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Tabelle VI.6.: Amtszeiten deutscher Eisenbahnunternehmer - Aufteilung nach Erwerbstätigkeit Beruf
≥20 Jahre
≥15 Jahre
≥10 Jahre
≥5 Jahre
Kaufmann Bankier Fabrikant Gewerbe Beamter Advokat Profess. Offizier Gutsbes. Rentier NN
30 2 9 , 1 % 15 14,6% 7 6,8 % 1 1,0% 14 13,6% 16 15,5% 1 1,0% 6 5,8 % 5 4,9 % 3 2,9 % 5 4,9 %
24 3 1 7 6 1 2 1
24 7 8 1 5 5 8 1 5
41 6 6 2 12 18 6 2 4 3 4
Summe
103 100,0%
Anteil der Spalte
=16,0 %
53,3 % 6,7 % 2,2 % 15,6% 13,3% 2,2 % 4,4 % 2,2 %
45 100,0 % =7,0 %
37,5% 10,9% 12,5% 1,6% 7,8 % 7,8 % 12,5% 1,6% 7,8 %
armen< Industrie« also korrekturbedürftig ist. Insbesondere die Großunternehmer in den Reihen der Fabrikanten besaßen City-Vermögen, so daß lediglich gegenüber den Spitzenvermögen der City ein gewisser Rückstand vorlag, nicht aber für die eher durchschnittlichen Vermögen von mehr als £ 100.000. 122 Church, Dynamics, S. 26f. Die genannten Werte galten etwa für die Fabriken Greg oder Kenrick. 123 Rubinstein, Men of Property, S. 6 2 - 6 8 , 71ff. 124 Berghoff, Englische Unternehmer, S. 2 6 6 . 125 Richards, S. 131. 126 Parris, Daniel Gooch, S. 214. 127 Gooch, Memories, S. 9 5 . 128 Vgl. zur Abgrenzung einer middle-class Existenz Davidoff u. Hall, S. 23. Entsprechend auch bei Berghoff, Englische Unternehmer, S. 315, n. 4. Um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert genügten £ 500 p.a. für ein standesgemäßes Leben als Angehöriger der upper middle class, Davidoff und Hall sehen diese Grenze für frühere Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts eher bei £ 2 0 0 - 3 0 0 . 129 Vgl. van Eyll, Unternehmer. 130 DBA 131 ADB III, 301. Die Firmen- und Familiengeschichte von Breitkopf & Haertel würdigt Elvers, Breitkopf & Haertel. 132 DBA 133 Noch 1834 betrieben die Berliner Mendelssohns, in zweiter Generation Bankiers, Güterhandel, versandten sie große Wollkontingente. Vgl. Elvers u. Klein, Mendelssohns, S. 204ff 134 Zur Unternehmensgeschichte dieser Zuckersieder- und Handelshäuser vgl. van Eyll, Unternehmer.
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Anmerkungen zu S. 228-232 135 E b d . , S . 194f. 136 Besonders stark vertreten waren hier die Familien van Gülpen & Kesselkaul, Aachen, Rautenstrauch, Köln, v.d. Heydt, Elberfeld, die an der Leitung des Schaaffhausenschen Bankvereins Beteiligten, die mit dem Bankhaus J . H . Stein Verbundenen, die Weinhändlerfamilie Leiden, Köln sowie die Aachener Familie Neilessen. 137 Hansen, S. 728. Der Vorgang trug sich anläßlich der Weltausstellung 1862 in London zu. 138 Zu den namhafteren Handelshäusern Leipzigs, zumal in ihrer Beziehung zum Eisenbahnbau vgl. Kroker, S. 226f. 139 Moritz Oppenheim, per K.O. vom 2 8 . 2 . 1 8 2 7 wurde die Namensänderung in Oppenfeld genehmigt. Vgl. Jacobson, Judenbürgerbücher. 140 Vgl. zu diesem Typus des zugewanderten Unternehmers Zunkel, Kölner Unternehmer, S. 2 0 9 . 141 Stürmer u.a. Die Söhne Simon Oppenheims, ebenfalls im Sample der Eisenbahnunternehmer, traten jeweils der Konfession ihrer Ehefrauen bei, Eduard von Oppenheim wurde also evangelisch (nach Amalie Heuser, »Millionenerbin aus bester Kölner Familie«, Albert von Oppenheim katholisch (nach Paula Engels). Ebd., S. 2 0 6 , 2 1 0 , 212. 142 Die Chance des Aufstiegs wie auch die generell unterschiedslose Bezeichnung »Kaufmann« für die renommiertesten Häuser des Welthandelsund die kleineren Händler (allerdings nie en detail) »mit nur einem Lehrling« schildert Schramm, II, S. 4 5 . 143 Schramm schildert den Werdegang von Georg Heinrich Kaemmerer, dem Vater des gleichnamigen Eisenbahnunternehmers, der 1810 in einem entfernt verwandten Hamburger Kaufmannshaus Teilhaber wurde. Er war aus Güstrow zugewandert. Vgl. ebd., II, S. 152. 144 Von 9 4 Eisenbahnunternehmern bekannter Konfessionszugehörigkeit (bezogen auf alle Erwerbsgruppen) waren 51 evangelischen, 30 jüdischen und 13 katholischen Glaubens. Nur bezogen auf die Berliner Unternehmer waren 2 7 jüdischer Konfession, fast ausnahmslos Bankiers und Kaufleute. Berechnete man eine Quote jüdischer Unternehmer im Bertiner Sample, so fiele sie erheblich geringer aus als Kaelbles 50 %, doch liegt dies vor allem an dem hohen Anteil beteiligter Beamter und anderer Angehöriger der Professionen unter den Berliner Eisenbahnunternehmern, die - auch wenn dies individuell nicht ermittelt werden konnte - weitgehend Protestanten gewesen sein dürften. Vgl..Kaelble, Berliner Unternehmer, S. 7 9 . 145 Einen Überblick über die Berufsstruktur der Berliner Bürger jüdischen Glaubens zur Zeit der Bürgerrechtserwerbung um 1809 mit ihrem hohen Anteil der Bankiers und Kaufleute, der Wechsler und Geldmakler liefert Wenzel. 146 Mosse, German-Jewish Economic Elite, S. 1 7 4 - 1 7 9 , 182ff. 147 Eine Identität, die jedoch den Bankier Wolf Beer nicht daran hinderte, sich 1818 anläßlich seiner Heirat taufen zu lassen und fortan den Vornamen Wilhelm zu fuhren. Die Abgrenzung, die Mosse vorschlägt, läßt also auch hier schnell Grenzen erkennen, wie überhaupt der Assimilierungsgrad nur sehr ambivalent zu messen ist. Zu den Beers und ihrem Stammbaum der Verwandschaftsbeziehungen vgl. Giacomo Meyerbeer - Weltbürger der Musik, Anhangblatt. 148 E b d . , S . 182. 149 Abraham und Joseph Mendelssohn waren 1776 bzw. 1770 geboren, Wilhelm Beer 1797, Simon und Abraham Oppenheim 1803 bzw. 1804. Vgl. zu den Bankiersfamilien die jeweiligen Biographien: Oppenheim: Stürmer; Beer: Giacomo Meyerbeer; Mendelssohn: Elvers u. Klein sowie Jüdische Lebenswelten, S. 180ff. 150 Giacomo Meyerbeer, S. 4 3 - 4 6 .
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Anmerkungen zu S. 232-240 151 Ebd. 152 Vgl. Giacomo Meyerbeer, Stammbaum auf dem Anhangblatt; ebenso die Biografie durch Eberty (dessen Sohn); sowie Jacobson, Judenbürgerbücher. 153 Vgl. zur Entwicklung der beiden Künsder Beer: Giacomo Meyerbeer. 154 Elvers u. Klein, S. 2 7 . 155 Ebd., S. 8 0 - 8 5 . 156 Schon 1808 kaufte Oppenheim in Köln ein Haus »in einem Quartier gelegen, wo von jeher ein Teil der Kölner sanior pars gelebt hatte. Dieses Haus stand in der Rangliste der Stattlichkeit an 12. Stelle unter allen Kölner Häusern.« Stürmer, S. 3 1 . 157 E b d . , S . 2 5 , 3 8 . 158 Abraham Oppenheim hatte Charlotte Beyfus, Enkelin von Meyer Amschel Rothschild und zudem mit den Karlsruher Bankiers Haber verschwägert, geheiratet, sein Bruder Simon Henriette Obermayer aus der alten Augsburger Bankiersfamilie. Stürmer, S. 7 0 . 159 Ebd., S. 6 9 , 7 1 . 160 Ebd., S. 8 2 . 161 Vgl. zu Blochs Biografie Rachel u. Wallich, I, S. 2 6 7 - 2 7 2 . 162 Schon 1841 nahm die REB kurzfristigen Kredit gegen Verpfändung von Obligationen bei den Berliner Bankiers Mendelssohn und Schickler auf, Sitzungen der Direktion der REB, StA Köln, Best. 1028 Nr.3, vom 1 4 . 1 0 . 1 8 4 1 : Anleihen sollten nach Hansemanns Ansicht in Berlin durch Arons Wolff und Schickler sowie C.W. Lietzmann untergebracht werden. In der Sitzung vom 29.11.1841 wurde das genannte Kreditgeschäft beschlossen. Am 11.4.1845 (Best. 1028, Nr. 5 ) erhielt Bloch per Direktionsbeschluß den Auftrag, 2 0 0 . 0 0 0 Thlr. REBAnleihen in Berlin unterzubringen, limitiert zum Ausgabekurs von 9 7 , 5 %. 163 Rachel u. Wallich, I, S. 2 6 7 - 2 7 2 . 164 Eintragung Leopold Schöller jun. in der ADB; Zunkel, Rheinisch-WestfälischeUnternehmer, S. 15f. 165 Vgl. Hirschfeld, I, S. 19; Kaelble, Berliner Unternehmer, S. 23ff, 6 5 , 7 4 , 8 3 , 1 5 5 , 1 5 9 , 163, 171; zu Heckmann sen. und jun. vgl. Berliner Adresskalender 1 8 4 1 , 1865; DBA. 166 Rachel u. Wallich, I, S. 178. 167 ADB für Vater und Sohn Diergardt. 168 Die ausführlichste Diskussion des durchaus strittigen Begriffs findet sich bei Kaelble, Wie feudal, S. 148-171. Die Frageform wurde für den Gebrauch des Begriffes schon deshalb gewählt, weil Kaelble die Feudalisierungsthese als »etwas altmodisch und angegraut, wie ein Relikt aus den fünfziger Jahren« bezeichnete. Dies gilt um so mehr angesichts der vorangegangenen Darstellung der englischen Situation in meiner Arbeit, die Kaelbles Bedenken in international vergleichender Perspektive bestätigt, vgl. ebd., S. 159f.. Die von Kaelble vermutete schärfere Abgrenzung zwischen Großbürgern und dem übrigen Bürgertum hat für Kngland bestätigt: Berghoff, Englische Unternehmer, zusammenfassend S. 289-292. 169 Von den 23 Rittergutsbesitzern waren 10 Kaufleute oder Bankiers, mit Ausnahme der beiden Brüder Simon und Abraham Oppenheim, die die Rittergüter Schlenderhan und Bassenheim westlich von Köln und bei Koblenz erworben hatten, alle aus Berlin oder Leipzig. Vgl. zu den Oppenheims Stürmer, S. 228ff. 170 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, II, S. 2 0 0 . 171 Budde.S. 58ff. 172 Vgl. Kaelble, Berliner Unternehmer, S. 172. 173 V. Marchtaler, S. 87f. 174 Giacomo Meyerbeer, S. 5 1 ; weitere Details bei Becker, S. 6 1 - 8 6 . 175 Vgl. z.B. auch für die Oppenheims zunächst deren Kölner Stadthaus, ein Stadtpalais,
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Anmerkungen zu S. 240-247 das an 12. Stelle der Rangliste unter den Kölner Häusern stand, als es der nach Köln übergesiedelte Salomon Oppenheim jr. kaufte, vgl. Stürmer, S. 3 1 ; seine Söhne Simon und Abraham wohnten in diesem Haus und einem weiteren Stadtpalais in der Nähe des Doms, besaßen eine stadtnahe Sommerresidenz und die beiden Rittergüter Schlenderhan (Simon) und Bassenheim (Abraham). Vgl. Stürmer, S. 2 2 6 - 2 3 4 . Die Oppenheims scheinen die einzige Eisenbahnunternehmer- und Bankiersfamilie gewesen zu sein, die neben einem Stadtpalais für jeden Familienzweig über eine »kleine« Sommervilla und zwei Rittergüter mit Schlössern verfügte. 176 Eberty,S. 9 9 . 177 Ebd.,S. 101f. 178 Ebd. 179 Vgl. zur akademischen Ausbildung der Beamten und zum Juristenmonopol in der öffentlichen Verwaltung Süle, S. 8 2 - 9 3 ; dort, S. 84, auch zur nicht selbstverständlichen akademischen Vorbildung von Fachbeamten in Berg- und Forstwesen. 180 Vgl. Siegrist, Rechtsanwälte, S. 95ff .u. 122. 181 Landräte, besoldete Bürgermeister. 182 Zu diesen Eisenbahndirektoren gehören der Leiter der Königlichen Direktion der NME nach der Verstaatlichung, Costenoble; der Präsident der Königlichen Direktion der BME, Danco, der nach seinem Eintritt in den Ruhestand allerdings als »privater« Unternehmer weiter wirkte, denn er war Mitglied der Deputierten der Gesellschaft geworden, des Gremiums, das nach der Übernahme des Unternehmens in staatliche Verwaltung die weiterhin privaten Anteilseigner gegenüber der Königlichen Direktion vertrat; schließlich der staatlich bestimmte Direktor der KME, Bail, der in diesem Gremium den staatlichen Kapitalanteil repräsentierte und vor seinem Amtsantritt am Rhein bereits Direktor der Thüringischen Eisenbahngesellschaft gewesen war. 183 Vgl. Kapitel IV.4. 184 Ich schließe mich, auch wenn die globalen Ergebnisse dieser Untersuchung von denen Pierenkempers differieren, hier doch seiner Argumentation zur Begründung des hohen Anteils von Beamten an. Vgl. Pierenkemper, Zusammensetzung, S. 43 u. 4 7 . 185 Kölner Unternehmer, S. 135. 186 DBA. 187 ADB; DBA. Als Eisenbahnunternehmer hatte er zunächst in seinen frühen Jahren vor der Professur in Bonn bei der DEE amtiert, später wirkte er unter anderem auch bei der REB. 188 ADB. 189 Adresskalender Berlin 1841. 190 Angaben zu den Funktionen und Ämtern nach Adresskalender Berlin 1 8 4 1 , 1855, 1865. 191 DBA; Adresskalender Berlin 1865, 1880. 192 Adresskalender Berlin 1865. Die Karriere Nottebohms wird auch daran deutlich, daß er 1836 noch als Bau-Conducteur bezeichnet wurde, vgl. Adresskalender Berlin 1836. 193 Die insgesamt zu beobachtende Tendenz steigender Beteiligung der Juristen in allen Funktionen deckt sich mit Beobachtungen für die USA, deren Eisenbahn-Unternehmensleitungen ebenfalls als »more and more legalistic« charakterisiert werden. Vgl. Vagvts, S. 6 1 2 . 194 Julius v. Eckhardt, zitiert nach Schramm, II, S. 4 1 . 195 Ebd., Bd. II, S. 18f; v. Marchtaler, S. 192. 196 Erwähnung »Heidelberger Club« Schramm, II, S. 41f, Tafel 4, vor S. 2 5 : Abb. Juristenrunde; v. Marchtaler, S. 193. 197 Vgl. Zusammenfassung bei Siegrist, Rechtsanwälte, S. 12Iff.
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Anmerkungen zu S. 247-252 198 n=334. 199 Vgl. Mosse, Adel und Bürgertum, S. 288f. 200 Ich verwende absichtlich den englischen, zusammenfassenderen Begriff. 201 ADB. 202 ADB; DBA. 203 Rudolf, Jahrbuch; Augustine-Perez. 204 Vgl. zu Liepmann Meyer Wulff Klein, Deutsche Bankengeschichte, S. 2 7 4 - 2 7 7 . 205 Stürmer, S. 217f. 206 Ebd., S. 6 7 . 207 Die Vermögenslage Simon Oppenheims gewann zusätzlich ganz enorm durch die Mitgift seiner Frau, einer geborenen Obermayer aus einer Augsburger Bankiersfamilie, die 8 0 . 0 0 0 Gulden betrug. Ebd., S. 70. 208 Kölner Unternehmer, S. 3 1 . 209 Die Leitung der Bank wurde nicht von Familienmitgliedern, sondern von Geschäftsführern mit Procura, sogenannten Disponenten, wahrgenommen. Vgl. Rachel u. Wallich, III, S. 25. 210 Die höchste Bilanzsumme hatte 6 Mio. Thlr betragen, vgl. Pohl, Das deutsche Bankwesen, S. 4 0 . 211 Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, II, S. 2 3 1 . 212 Kölner Unternehmer, S. 35. 213 STA Potsdam, Pr.Br. Rep. 30 Berlin C Tit. 94, Nr. 9 6 8 0 , Berl. Pol.präs. an Oberpräs. Pr.Br. vom 2 8 . 1 2 . 1 8 5 9 . An dieser Stelle danke ich Herrn Prof. Dr. Hartmut Kaelble für die Überlassung von Informationen zu einigen Berliner Unternehmern. 214 So erbte Hermann Henoch vom Vater ein Rittergut im Wert von 200.000 Thlr. und das Geschäft im Wert von 130.000 Thlr. Bei Schultze teilte sich das Vermögen 1839 in 150.000 Thlr. liegendes und 150.000 Thlr. bewegliches Vermögen auf. Der Kölner Kaufmann Engels konnte 1845 Grundstücke im Wert von 220.000 Thlr. verkaufen, nachdem er schon 1838-42 Immobilien aus Familienbesitz für 58.000 Thlr. verkauft hatte. Der Berliner Bankier Borchardt besaß 6 - 8 0 0 . 0 0 0 Thlr. Gesamtvermögen. Für die Kölner Zuckermagnatenfamilie vom Rath etwa ist bekannt, daß allein ihre Güter in Schlesien einen Wert von über 2 Mio. Thlr. respräsentierten. 215 ADB. 216 STA Potsdam, Pr.Br. Rep. 30 Berlin C Tit. 94, Nr. 9 6 8 0 , Berl. Pol.präs. an Oberpräs. Pr.Br. vom 26.4.1874. 217 Für die Kölner Angaben vgl. Kölner Unternehmer, S. 3 1 ; auch Wehler, Gesellschaftsgeschichte, II, S. 178. 218 Die angegebenen Spannen bei diesen Einkommen beziehen sich auf Steuerklassen, denen der Betreffende angehörte, die häufig nicht vorhandene präzisere Informationen ersetzen können. Zur Quelle vgl. oben Belegstelle zu Ebelings Bankumsatz. 219 Eichholtz, Junker, S. 130, n. 358. Eichholtz zitiert einen biografischen Aufsatz über v. Alvensleben mit den Worten: »Einer der reichsten Großgrundbesitzer des Landes, dessen jährliches Einkommen König Friedrich Wilhelm IV später auf 40.000 Thlr. angab.« 220 Süle,S. 109. 221 Kölner U n t e r n e h m e n s . 147-170. 222 Tilly, Financial Institutions, S. 20 n. 6: 1 Thlr. - 3 Shillings.
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Anmerkungen zu S. 259-264
VII. Eisenbahnunternehmer und das Prinzip der freien Assoziation 1 Zur Partnerschaft als Ausgangspunkt der Unternehmensentwicklung vgl. Hannah, Rise, S. 18; Payne, S. 192; Pollard, Genesis, S. 1 5 1 . 2 Kocka, Entrepreneurs, S. 353. 3 Vgl. hierzu Gerschenkron, Economic Backwardness, S. 9 4 , 137. Dort zur Kapitalbeschaffung für industrielle Investitionen die Abfolge reinvestierte Gewinne - Kredite - Banken Staatsbeteiligung. 4 Die vorliegende Betrachtung verfolgt gegenüber Untersuchungen wie der von Berghoff ein eingeschränktes Erkenntnisinteresse. Vgl. Berghoff, Englische Unternehmer, S. 2 2 2 - 2 3 2 : Strukturen wirtschaftlicher Verflechtung, wo Berghoff alle Formen sekundärer Tätigkeiten, etwa auch Landbesitz, Ehrenämter, Teilzeittätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung oder Tätigkeiten in den Freien Berufen zählt. 5 Checkland, Rise, S. 297f.; Mathias, S. 385; Payne, S. 195; Hannah, Management Strategy, S. 12f.; Chandler, Development, S. 2 8 , 3 6 ; Hannah, Rise. S. 2 5 : noch 1914 waren 80 % der registrierten Aktiengesellschaften weitgehend in der Hand der Gründerfamilien, also verkappte Personengesellschaften. Auch Berghoff faßt solche Tendenzen zusammen, vgl. die Literatur zur Dominanz der Familienunternehmen, Berghoff, Englische Unternehmer, S. 2 2 9 , n. 10. 6 Kennedy, Institutional Response, S. 157, 160. 7 Checkland, Industrial Society, S. 1 9 5 - 2 0 1 ; Mathias, S. 146, 352f. 8 Auch die von Cassis für einen späteren Zeitraum vom Ausgangspunkt der City-Bankiers aus analysierten Nebentätigkeiten in Kontrollposten waren weniger zahlreich, als es die Zusammensetzung seines Samples zunächst erwarten ließe. 56 % aller Bankiers nahmen höchstens zwei solcher Posten oder gar keinen wahr, die Gruppe derer, die keines oder bis zu vier Ämter innehatten, umfaßt 80 % des Samples. Vgl. Cassis, banquiers, S. 183, v.a. Tableau 4.2.
Cassis bestätigt das Bild, daß vor allem die Boards von Banken und Versicherungsgesellschaften (49 % der Kontrollposten von City-Bankiers), aber auch von Eisenbahnen in Personalunion besetzt wurden, ebd., S. 186. 9 So jüngst Chandler, Scale and Scope, S. 12; v.a. S. 235f. 10 Kölner Unternehmer, S. 197, 235f. 11 Ebd.,S. 22ff. 12 Zu den umfassenden Portfolioinvestitionen des Duke in Kanalbauten vgl. Mather, S. XIV-XV, 7. Der Steward der Sutherlands, James Loch, drängte auf eine Investitionspolitik in Kanäle und Eisenbahnen in der Hoffnung auf einen insgesamt wachsenden Verkehrsmarkt. Für die Branche der Kanäle insgesamt war Loch allerdings eher skeptisch, weil er den Kanaleigen tümern und ihren Managern eine wettbewerbsorientierte Unternehmenspolitik nicht zutraute, ja sie für »a set of antiquated persons« hielt. Vgl. Richards, S. 9 0 sowie ebd., S. 56ff., 6 8 , 7 5 ; Mather, S. 4 2 , 6 5 , 136f., 157, 189, 2 2 1 , 2 2 6 , zur Arbeitsteilung zwischen Eisenbahnen und Kanälen. 13 Caspary, S. 2 5 , 5 0 , 5 8 . 14 Zur Geschichte dieser Gesellschaften und der beteiligten Unternehmer vgl. LoozCorswarem, S. 9 6 - 1 1 5 ; Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I, S. 2 1 6 - 2 1 9 . 15 Tilly, Financial Institutions, S. 125. 16 Vgl. Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I, S. 2 3 4 - 2 3 7 ; die Gründungsjahre der Unternehmen: Agrippina 1822; Colonia 1839; Concordia 1 8 5 2 ; Rückversicherung 1852; Hagelversicherung 1853.
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Anmerkungen zu S. 264-272 17 Tilly bezeichnet die Pariser Rothschilds als die »central bankers«, die Zentralbank des Rheinlandes, vgl. ders., Financial Institutions, S. 67. 18 Hansen, S. 621f.; Kölner Unternehmer, S. 24; Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I , S . 236. 19 Ebd., S. 2 3 6 f - H a n s e n , S. 6 2 2 - 6 2 5 . 20 Caspary, S. 84ff., berichtet von gemeinsamer Jagd Camphausens mit Ciaessen und dessen Einladung zu einem ersten großen Diner, welches die Familie Camphausen in der Kölner Gesellschaft gab. Vgl. auch Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I, S. 2 3 7 ; Hansen, S. 6 2 5 . Ciaessen amtierte ungewöhnlich lange und leitete bis 1879 die Geschicke der Concordia. 21 Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I, S. 234. 22 Ebd., S. 2 3 5 . Das preußische Gesetz »über das Mobiliarfeuerversicherungswesen« vom 8. Mai 1837 führte den Konzessionszwang für ausländische Gesellschaften ein, der zur Folge hatte, daß von 2 7 ausländischen Versicherungen, die in Preußen operierten, nur neun ihre Geschäfte fortsetzen konnten. Zu den ausgeschlossenen gehörte die Union Compagnie d'Assurance, Paris, deren Geschäfte die Colonia »erbte«. 23 Bergengriin, S. 5 5 - 7 4 ; Tilly, Financial Institutions, S. 122f. 24 Zu Henoch als Vertreter der Vielfachunternehmer in Eisenbahnen und Versiehe rungs Wirtschaft vgl. Kaelble. Berliner Unternehmer, S. 4 9 ; ebd., S. 155, zu den generellen Verflechtungen zwischen Berliner Unternehmern der Finanz, der Versicherungen und der Eisenbahnen, wobei die Affinität zwischen Ältesten der Kaufmannschaft, Banken und Eisenbahnen erheblich höher war als die zu den Versicherungen. 25 Vgl. allgemein Reed, S. 244ff. 2 6 Cassis, banquiers, S. 187. 2 7 Gibbs, S.2. 28 Railway Directory. 29 Cassis, banquiers, S. 1 9 1 . 30 Railway Directory 31 Amtsangaben vor allem nach dem Railway Directory. 32 Kölner Unternehmer, S. 36f; Pohl, H., S. 121f; Pohl, M., Entwicklung, S. 1 7 3 - 1 7 8 ; Hansen,S. 5 8 2 - 6 1 8 . 33 Hansen, S. 6 0 5 . 34 Pohl, M., Entwicklung, S. 190: Tab. 3: Industrielle Beteiligungen und Gründungen 1848-1870. 35 Vgl. Hansen, S. 6 4 9 - 6 6 2 , 784f. 36 Ebd. 37 Vgl. zur Entstehungsgeschichte Pohl, M., Entwicklung, S. 178-182; Bergengrün, S. 666-674. 38 Pohl H., Bankwesen, S. 8 0 - 8 9 , v.a. S. 8 4 f 39 Pohl, M., Entwicklung, S. 185f. 4 0 Pohl, H., Bankwesen, S. 87ff, 9 2 f 41 Kölner Unternehmer, S. 5 7 ; Kellenbenz u. van Eyll, Jahrtausende, I, S. 181. 42 Kölner Unternehmer, S. 57f. 43 Vgl. ebd., S. 57ff.; Hansen, S. 6 3 4 f ; Henning, F.-W., S. 171-192, hier S. 179. 44 Kölner Unternehmer, S. 7 3 - 7 6 ; Hansen, S. 638ff 45 Kölner Unternehmer, S. 72f. 4 6 Kölner Unternehmer, S. 5 4 f ; Hansen, S. 63 lf. 4 7 Ebd.,S. 629ff. 48 Vgl. Kiesezuetter, S. 5 0 0 - 5 0 4 , 5 0 8 - 5 1 3 . Die beiden erstgenannten Unternehmen
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Anmerkungen zu S. 272-277 kamen jeweils durch Umwandlung von existierenden mechanischen Werkstätten zustande, Hartmann wurde erst 1870 zur Aktiengesellschaft, es gab aber vorher bereits Kapitalbeteiligungen. Vgl. Beyer, S. 110. 49 Vgl. Kiesewetter, S. 553. Beyers Behauptung, daß sich Leipziger Kaufleute in den vierziger Jahren an der Gründung weiterer Bergbau - AGs beteiligt hätten, ließ sich für die in der LDE operierenden Eisenbahnunternehmer nicht belegen. Vgl. Beyer, S. 1 1 1 . 50 Hansen, S. 604. Das Vorbild dafür gab offenbar das von Koenigs schon seit 1842 geleitete Familienunternehmen in Dülken ab, das konsequent weiterverfolgte Prinzip der organisatorisch geregelten Delegation von Kompetenzen im Rahmen allgemeinerer, vor allem finanzieller Vorgaben blieb erhalten. Vgl. Hansen, S. 2 3 8 , 604, 7 3 6 , 764. 51 Der Berliner Eisenbahnunternehmer und Bankier Victor v. Magnus etwa war 1870 an der Gründung der Deutschen Bank beteiligt. Vgl. Rachel u. Wallich, III, S. 120ff. Die Kölner Oppenheims waren an der Gründung der beiden großen Aktienbanken, der Deutschen und der Dresdner Bank, wie auch die Berliner Privatbankiers selbst beteiligt. Über Simon Oppenheims Tochter Emma, die mit Felix Kaskel, dem Sohn des Dresdner Bankiers und »reichsten Mann Sachsens nach dem König«, Karl Kaskel, verheiratet war, bestanden enge Familienbeziehungen zu einem der Mitbegründer der Dresdner Bank. Emma Oppenheim bereicherte die Alliance um eine Mitgift von 100.000 Thlr. Vgl. Stürmer u.a., S. 199, 243. 52 Vgl. Hansen, S. 4 2 6 , 775. Mevissen vertrat wie kein anderer die Prinzipien eines organisierten Kapitalismus und hielt eine hohe Konzentration der Eisenbahnen im Sinne größerer »Territorien« für jede am Markt beteiligte Gesellschaft für unumgänglich, um die volkswirtschaftlich nachteiligen Folgen planloser Konkurrenz abzuwenden. Mevissens gedankliche Trennung gemeinsamer Interessen der Gesellschaften, die nach Kooperation verlangten - bezogen auf Wirtschaftswachstum und die Entwicklung des Verkehrs der Provinz - und unterschiedlicher Interessen, deren Berücksichtigung die Staatsregierung zu gewährleisten habe, nimmt in interessanter Weise spätere Konzepte des organisierten Kapitalismus vorweg. Vgl. Korrespondenz zwischen H. v. Wittgenstein, dem Präsidenten der KME, und Mevissen, dem Präsidenten der REB, vom 24. und 2 6 . Juni 1865, Hansen, S. 775. 53 Pollins, Marketing, S. 234ff. 54 Railway Directory 1847. 55 Hughes, S. 258. 56 Vgl. Lewin, Railway Mania, S. 4 5 3 ; Holt, S. 225ff.; Railway Directory 1847. 57 Thompson, D . , S . 1 1 . 58 So etwa, wenn schon in der zeitgenössischen Diskussion heftig um das Kanalmonopol gestritten wurde, vgl. Richards, S. 4 1 , 4 9 ; dann wurde im Sinne der Einschränkung des liberalen Marktes zugunsten der Verwirklichung andernfalls unrealisierbarer Projekte argumentiert (ebd., S. 94, ein Fall, der die deutsche Diskussion in Form der Debatte um den Staatsbahnbau geradezu beherrschte). Schließlich stellte sich, als Kanal und Eisenbahn existierten, heraus, daß die Monopolrente geteilt wurde, (jedenfalls solange Konkurrenz durch Preissenkungen ausblieb, ebd., S. 119), und nach der Fusion der nördlichen englischen Eisenbahngesellschaften zur LNW klagten Kaufleute aus Liverpool erneut, bei dieser Eisenbahn handele es sich um einen »Leviathan monopolist«!(ebd., S. 145). 59 Vgl. zu dieser Erwartung Kocka, Unternehmer, S. 123ff. Dort findet sich auch das Argument der Diffusion der Unternehmerfunktion in andere Institutionen als das Unternehmen selbst. 60 Tilly, Financial Institutions, S. 15.
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Anmerkungen zu S. 277-283 61 Alle Angaben zur Parlamentsmitgliedschaft englischer Eisenbahnunternehmer nach Stenton u. Lee; judd; Craig. Zur zahlenmäßigen Repräsentation der Eisenbahnen in Westminster: Bis zum Jahre 1852 saßen 9 9 Eisenbahndirektoren in beiden Häusern des Parlaments, Mathias, S. 259. 62 In diesen Zahlen sind Parlamentssitze unbesehen des Zeitraumes erfaßt, in dem der Betreffende das politische Amt innehatte. Vertreten sind also alle die Eisenbahnunternehmer, die im Laufe ihres Lebens in das Parlament gewählt wurden, unabhängig davon, ob dies während, vor oder nach ihrer Tätigkeit als Eisenbahndirektor geschah. Die Frage nach der Gleichzeitigkeit von unternehmerischem und politischem Amt wird unten gesondert gestellt werden. Als Verwandtschaft sollen in den folgenden Analysen Väter, Söhne, Onkel und Neffen verstanden werden. Die Aufstellungen neigen also dazu, die politischen Beziehungen eher zu unterschätzen. Beziehungen außerhalb enger Verwandtschaft sind jedoch mit Hilfe von Biografien u.ä. Nachschlagewerken nur schwer nachvollziehbar, weil dort v.a. männliche Verwandte aufgezeichnet sind. Im Mittelpunkt steht hier jedoch nur das hohe Maß sozialer Kohäsion. 63 Zur tendenziell bewahrten politischen Vorherrschaft der alten Eliten unter den MPs ebenso wie für Kabinettsmirglieder vgl. Guttsman, S. 37^11, hier S. 4 0 : »Prior to 1868 the majority of politicians, actual or prospective, belonged if not to the gentry then at least to the >pseudo-gentry', a group of wealthy, but not originally landed individuals, sometimes allied to landowners in commercial dealings and generally accorded social recognition by them.« Berghoff verweist auf die Ergebnisse Guttsmans bei seinem Befund einer Unterrepräsentation aller Unternehmergruppen außer Finanz und Großindustrie, vgl. Berghoff, Unternehmer, S. 2 1 0 - 2 2 1 , v.a. S. 211 u. 2 1 3 . Howe, S. 9 5 - 1 0 0 , beschreibt für die Textilindustriellen Lancashires einen Prozeß der »Klärung von Partei und sozialer Klasse«, so daß diese weitgehend als Liberale ins Parlament einzogen und einen, wenn auch in Fragen der Provinzinteressen Lancashires abgemilderten Gegenpol zu den eher landbesitzenden, der Gentry angehörenden Tories bildeten. 64 Diesbezügliche Spekulationen stellt auch Mathias, S. 259 an, wenn er die Landkosten beim Bahnbau auf 10-20 % der Baukosten schätzt und häufige Bezahlung durch Aktienüberlassung unterstellt. Bei der GWR mit ihrem hohen Landbesitzeranteil erschiene dies besonders plausibel. In einer Presseerklärung von 1833 zur Vorbereitung der Gründung reservierten die Direktoren des Komitees der GWR 20 % des zu diesem Zeitpunkt geschätzten Kapitalbedarfs den Landbesitzern, vgl. MacDermot, I.1, S. 11. 65 Die Familie der Glyns kann als Idealbeispiel gelten. Die Söhne des Bankgründers wurden entsprechend ausgebildet und erbten: der älteste Sohn den Landbesitz und den Titel, der zweite die Bank und die aktive Unternehmertätigkeit und der dritte wurde Offizier. Dies scheint sich über die Generationen erhalten zu haben. Vgl. Fulford, S. 38, 111, 178. Der spätere Partner in Glyns, Bertram Woodhouse Currie teilte als aktiver Bankier die Abneigung gegen die Politik, und George Carr Glyns Sorge, als er nobilitiert wurde, galt der Frage, ob der Titel weiterhin mit aktiver Geschäftspolitik vereinbar wäre, vgl. ebd., S. 197f. Cassis bestätigt für Bank of England-Direktoren generell geringe Aktivität in ihrer Eigenschaft als Parlamentsabgeordnete; soweit dies anders war, handelte es sich um Partner, die im Bankgeschäft nicht mehr aktiv waren. Vgl. Cassis, banquiers, S. 316ff., v.a. S. 325, 327. Erfolgversprechenderund zeitlich effizienter scheint für die banking community das informelle Eingreifen gewesen zu sein, ebd., S.339ff. 6 6 Eine Ausnahme unter den Eisenbahnunternehmern und zugleich den seltenen Fall direkter aufsichtsrechtlicher Eingriffe der Staatsbehörden in eine Personalentscheidung stellt
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Anmerkungen zu S. 283-287 die Wahl des demokratisch gesonnenen Advokaten Bloem zum Direktor der DEE im Jahre 1852 dar. Der durch das Kgl. Eisenbahn-Commissariat in Köln informierte Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, v.d. Heydt (der ja selbst aus Elberfeld stammte), ordnete umgehend einen Bericht darüber an, «ob genügende Veranlassung vorliegt, um gegen diese unerfreuliche Wahl von Oberaufsicht wegen in irgendeiner Weise einzuschreiten«. Den Einwand des Düsseldorfer Regierungspräsidenten v. Massenbach, daß statuarisch ein Bestätigungsrecht der Direktion durch den Staat nicht vorgesehen sei, wischte der Minister mit einer Äußerung in seiner nächsten Verfügung vom Tisch, die um ihres entlarvenden Werts für das Staatsverständnis des Ministers willen in extenso zitiert zu werden verdient: »Wenn aber der Regierungspräsident v. Massenbach am Schlüsse seines Berichts sich dafür ausspricht, daß die Wahl eines solchen Mannes zum Direktor der DEE blos deshalb [im Original unterstrichen, V.T.] nicht unwirksam gemacht werden könne, weil in dem Gesellschafts-Statutc und in dem Gesetze vom 3. Nov. 1838 der Staatsbehörde die Bestätigung der Directorenwahlen nicht vorbehalten sei, so sind bei dieser Ansicht die aus dem Aufsichts-Rechte sich ergebenden Befugnisse des Staats nicht berücksichtigt. Die Staatsgewalt ist unbedenklich nicht nur berechtigt, sondern selbst verpflichtet, gemeingefährliche und gemeinschädliche Maßnahmen von Korporationen und Gesellschaften nicht zu dulden, und deren Ausführung nötigenfalls mit allen zu Gebote stehenden Executionsmitteln zu verhindern. Es bildet diese Befugnis ein in dem Begriffe und in dem Wesen des Staates begründetes, unveräußerliches Hoheitsrecht.« Der Fall illustriert die Beweggründe, die die Eorderungen der liberalen Eisenbahnunternehmer nach Rechtmäßigkeit und Öffentlichkeit im Vormärz und darüber hinaus motivierten. Zu diesem »Eall Bloem« vgl. HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf, Präs. 1116a, Briefwechsel zwischen Minister v.d. Heydt, Reg.Präs. v. Massenbach, dem Kgl. Eisenbahn-Commissariat, dem Kgl. Polizei-Director von Düsseldorf sowie dem Minister des Innern, v. Westphalen vom 2.6.1852, 5.6.1852, 6.6.1852, 8.6.1852, v.a. die oben zitierte Verfügung v.d. Heydts vom 5.6.1852. 67 Vgl. Hansen, S. 303 zur Teilnahme in Heppenheim. Zu den Flügeln des Liberalismus Wehler, Gesellschaftsgeschichte, II, S. 4 1 6 , 4 2 6 , 4 2 9 , 432ff Zu Heppenheim auch Gall, Bürgertum, S. 2 6 7 - 2 7 1 , der auf die maßgeblichen Äußerungen Hansemanns und Mathys eingeht. Mathy kleidete die Demokratenfurcht in die Worte: »Der Mannheimer Bürger kann mit seinem Pöbel nicht fertigwerden, das ist das Elend, an welchem die Stadt zu Grunde gehen muß.« Ebd.,S. 313. 68 Vogel, S. 50. 69 Wehler, Gesellschaftsgeschichte, II, S. 202. 70 Kaschuba, S. 9 7 . 71 Koselleck, Preußen, S. 161. 72 Vgl. zu dieser Bewertung der Grafschaftsämter Berghoff, Englische Unternehmer, S. 201f, hier S. 202, der »den hohen sozialen Symbolwert« dieser Grafschaftsämter betont und auf die Beurteilung der Webbs verweist, die das Amt des Deputy Lieutenant als »a mere social distinction, carrying the right to wear a gorgeous military uniform« bezeichneten. 73 Gezählt wurde hier pro Amt und County, war also jemand nacheinander Friedensrichter in mehreren Counties, so wurden mehrere Merkmalsausprägungen gezählt. Dies gilt selbstverständlich auch für verschiedene Ämter in demselben County. 74 Berghoff, Englische Unternehmer, S. 203. 75 Ebd., S. 2 0 3 , auch Anm. 7. 76 Die gesammelten Belege für den politischen Organisationscharakter der Handelskammern und ihre Funktion als einer der Kristallisationskerne bürgerlicher Politik finden sich bei Sheehan, S. 20, Anm. 40: »Quasi-offizielle Körperschaften wie die Handelskammern wurden
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Anmerkungen zu S. 287-292 manchmal zum >Tummelplatz der Parteien, [wurden] der Sprechsaal öffentlicher Angelegenheiten, der eigentliche Mittelpunkt öffentlicher Interessen ...gegenüber< auftreten können, eine Gesellschaft also, die die Reformpolitik erst verwirklichen wollte.« Koselleck, Preußen, S. 2 7 1 ) zeigte, wie sehr die staatliche Freisetzung von Chancen der selbständigen wirtschaftlichen Entwicklung zugleich zu einer dem Beamtenstaat entfremdeten Gesellschaft führen mußte. Koselleck, Preußen, S. 332, aber auch S. 140 u. 170. 89 Hansemann, Eisenbahnen, S. 2. 90 Hansemann, Kritik, S. 57. Hansemann kommentiert mit den vorliegenden Äußerungen den Erlaß der oben beschriebenen Bahnpolizei-Reglements. 91 Hansemann, Eisenbahnen, S. 102. 92 Hansen, I, S. 387. 9 3 Ebd.,S, 171 f. 94 Zu den Verhandlungen der vereinigten ständischen Provinzialausschüsse im Jahre 1842 vgl. Fleck, Studien IV, S. 8 8 9 - 9 0 3 , v.a. S. 8 9 6 - 9 0 1 . Dort ist ausgeführt, daß eine Mehrheit der Deputierten den Staatsbahnbau befürwortete, aber angesichts dessen politischer Chancenlosigkeit darauf verzichtete, ausdrücklich ein diesbezügliches Votum abzugeben. Zu den exponiertesten Befürwortern des Staatsbahnbaus gehörte der Elberfelder Handelsgerichtspräsident (und spätere Verwaltungsratsvorsitzendc der BME) v.d. Heydt, der in den nachrevolutionären Regierungen als Handelsminister für die Eisenbahnen zuständig wurde und den Staatsbahnen in der Tat im Rahmen der fiskalischen und politischen Möglichkeiten zum Durchbruch
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Anmerkungen zu S. 292-294 verhalf. So erhielt die Regierungsvorlage, die die bekannten Fördermaßnahmen des Jahres 1842 umfaßte, die Zustimmung der Versammlung, ohne daß der Konflikt in Verfassungsfragen offen ausgebrochen wäre. Dies blieb dem Vereinigten Landtag 1847 vorbehalten. Vgl. hierzu Fleck, Studien V, S. 6 5 3 - 6 8 0 , v.a. S. 6 7 3 - 6 7 8 . 95 Vgl. Ziegler, S. 9 8 - 1 2 7 , v.a. Abschnitt II; Steitz, S. 5 0 - 5 8 , wo die Diskussion um notwendige und wünschenswerte staatliche Beteiligung am Eisenbahnbau zusammenfassend referiert ist. 9 6 Protokoll der 2. regelmäßigen Generalversammlung der REB vom 6.5.1839 zu Aachen, HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2 0 0 6 . 9 7 Ebd. Diese Position vertrat Hansemann auch in seinen publizierten Äußerungen: »Doch in Deutschland gibt es keine Regierung von so geringer Einsicht in Staatswirtschaft, daß besorgt werden dürfte, man könne das größte Kulturmittel so kleiner Rücksichten wegen verkümmern, wie vergleichsweise das Post-Privilegium für den Personen- und Güter-Transport ist.« Hansemann, Eisenbahnen, S. 30, bezogen vor allem auf v. Naglers anfänglich sehr hartnäckigen Widerstand gegen den Eisenbahnbau insgesamt. 98 Vgl. die Stellungnahmen der rheinischen Bahngesellschaften bzw. ihrer Vertreter, die überliefert sind: Die Direktion der DEE an Eine Kgl. Hochlöbl. Regierung, Das neue Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen in bezug auf die Ausführung der DEE betreffend, Düsseldorf, den 9 . 3 . 1 8 3 9 {im Text als Abschrift einer Eingabe an das Finanzministerium bezeichnet), HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf 12 884; Der Oberpräs, der Rheinprovinz an Eine Kgl. Hochlöbl. Regierung zu Aachen, Coblenz, den 2 1 . 6 . 1 8 4 3 , mit abschriftlich wiedergegebenen Anlagen: 1. über die von dem Kgl. Kommissar für die DEE mit der Direktion der letzteren gepflogene Beratung vom 30. März c. 2. eines Pro memoria der Direktion der REB vom 20. v. Mts. nebst Anlage. 3. eines darauf Bezug nehmenden Votums des Mitgliedes der Direktion für die Bonn-Kölner Eisenbahn, Mülhens, vom 9. v. Mts. 4. der Bemerkungendes Mitgliedes derselben Direktion [der REB, V.T.] L. Camphausen vom 26 v. Mts., alle HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 0 . 9 9 Ebd., Anlage 3.: Pro memoria der Direktion der REB vom 2 0 . 5 . 1 8 4 3 . Besonders spannend liest sich Camphausens Kritik des Gesetzes (ebd., Anlage 4 . ) , weil sie juristisch argumentiert und auf rechtliche Inkonsequenzen im Eisenbahngesetz hinweist, die sich aus seinen Berührungspunkten mit dem Expropriationsgesetz von 1810, dem Aktiengesetz im allgemeinen sowie der Diskrepanz zwischen allgemeinem Eisenbahngesetz und ohnehin in jedem Einzelfall notwendigen Spezialgesetzen zur Autorisation der Eisenbahngesellschaften ergeben. Die beachtliche rechtliche Klarsicht, die ein bürgerliches Rechtsstaatsbewußtsein den Setzungen der preußischen Staatsregierung entgegenhielt, kommt am besten in Camphausens Abschnitt über den Unterschied von Konzession und Statut zum Ausdruck: »Überhaupt scheint man bei Abfassung des Eisenbahn-Gesetzes vom 9. November 1838 den Begriff der Erteilung einer Konzession und der Genehmigung eines Statuts nicht mit hinreichender Schärfe gesondert zu haben. Die Konzession ist der Vertrag zwischen dem Staate und dem Unternehmen einer Eisenbahn. Das Statut ist der Vertrag der Unternehmer unter sich [Hervorhebung im Original, V T . ] . « 100 So Hansemann, Eisenbahnen, S. 134: »Ich habe die Lücken und Mängel der Gesetzgebung und die Notwendigkeit ihrer Vervollständigung und Verbesserung andeuten wollen. Mögen einsichtsvolle Staatsmänner meine Ansichten und Vorschläge so unbefangen würdigen, wie ich sie niederschrieb.« 101 Kgl. Eb.-Dir. Costenoble an den Kgl. Min. f. Handel, Gewerbe und öffentl. Arbeiten, v.d. Heydt, vom 2 0 . 1 0 . 1 8 5 1 , GStA Merseburg, Rep. 7 7 , Titel 258 a, No. 2 3 , Vol. II. 102 V.d. Heydt an den Kgl. Ministerpräsidenten, Freiherrn v. Manteuffel, vom 4.1.1852.
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Anmerkungen zu S. 294-298 GStA Merseburg, Rep. 7 7 , Tit. 258a, No. 2 3 , Vol. II. Zusätzlich wies v.d. Heydt auf die Chance hin, »staatsgefährliche Elemente« aus der Verwaltung der Bahnen fernzuhalten sowie »eine große Zahl versorgungsberechtigter Militär-Personen zweckmäßig unterzubringen«. 103 Ebd. 104 List, I I I / 1 , S . 196f. 105 Ziegler,$. 126. 106 Smith, Wohlstand, S. 643f Bezeichnenderweise fuhrt Smith die Diskussion im Kontext von Monopolen für Aktiengesellschaften, was die Diskussion bei der Einführung beschränkter Haftung für Kapitalgesellschaften noch mehr als ein halbes Jahrhundert später massiv beeinflußte, vg. Hunt, v.a. S. 86. Bezeichnend ist der englische Sprachgebrauch, der Aktiengesellschaften bis in die zwanziger Jahre als »Public Companies« behandelte, vgl. ebd., S. 26f. 107 Vgl. Richards,$. 7 8 , 9 7 ; M a t h e r , S. 72f. Den von James Loch in seinen Äußerungen an Robert Peel 1829 favorisierten Railway Board richtete die britische Regierung 1844 im Zusammenhang mit der krisenhaften Eisenbahnspekulation - der »Railway Mania« - ein. William Ewart Gladstone, der zweifellos der prominenteste »Verwandte« englischer Eisenbahnunternehmer, hatte sich für diesen eingesetzt, Checkland, Gladstones, S. 349f. 108 Ebd. 109 Entsprechende Regelungen waren mit Ausnahme der GWR in der Tat in den Acts der Gesellschaften enthalten. Ob diese Ausnahme auf einen bürokratischen Fehler beim Abfassen des Textes oder eher eine beabsichtigte Intrige des GWR-Ingenieurs Brunei zurückging, der es unter Hinweis auf eine entsprechende Nachlässigkeit beim Act der LSW geschafft haben soll, den Chairman des Comittee im House of Lords zu überreden, die entsprechende Passage im Act der GWR wegzulassen, läßt sich nicht entgültig klaren. Vgl. Rolt, Brunei, S. 146f. 110 Fulfod,S. 126. 111 Mathias, S. 2 6 6 - 2 7 7 . 112 Vgl. Wehler, Geseilschaftsgeschichte, II, S. 126ff., 4 2 0 , 4 2 5 ; Kaelble, Unternehmer, S. 134, 147, 255; Zunkel, Rheinisch-Westfälische Unternehmer, S. 1 4 1 - 1 4 4 ; Caspary, S. 102; Hansen, S. 92f., 166, 394f.; Bergengrun, S. 4 2 , 2 8 6 ; aber auch Fremdling, Eisenbahnen, S. 80; Wagenblass, S. 4 4 , 55. 113 Hansen, S. 394f.; Caspary, S. 102; Wehler, Gesellschaftsgeschichte, II, S. 4 2 5 .
VIII. Unternehmerische Probleme und Strategien der Eisenbahnen 1 Diesem Problem widmete sich die Direktion der Rheinischen Eisenbahn in einer Sitzung am 14.5.1845, StA Köln, Best. 1028, Nr. 5, Rheinische Eisenbahn, Sitzungen der Direktion. Das Protokoll belegt die Überlegung, das Futtergeld für den Wachhund der Station Aachen erscheine hoch (übrigens gleichzeitig genannt mit dem Lohn der dortigen Putzfrau). In der Sitzung vom 2.6.1845 beschloß die Direktion schließlich, den Stationsaufsehern zu empfehlen, einen »kleinen Wachhund« auf eigene Rechnung zu halten. Auch diese Überlegung hatte keinen Bestand, denn am 1.12.1845 wurde beschlossen, den Zuschuß an die Stationsaufseher beizubehalten und auf 2 1/2 Gr. pro Tag festzusetzen. Hintergrund der Diskussion war also offenkundig eine Zusatzleistung an das Bahnhofspersonal, die ins Kreuzfeuer der Kostenkritik geriet und deshalb auch in einem Atemzug mit dem Lohn der Putzfrau genannt wurde. 2 Es war das Verdienst Chandlers, auf diesen Sachverhalt hingewiesen und für die USA
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Anmerkungen zu S. 298-300 detaillierte Studien vorgelegt zu haben, vgl. v.a. Chandler, Railroads: Pioneers; auch ders., Railroads; ders., Visible Hand; gewürdigt bei Kocka, Eisenbahnverwaltung, S. 259f. 3 Vgl. für die USA im letztgenannten Sinne, Chandler, Visible Hand, S. 9 5 . In gewisser Weise eine Gegenposition vertrat Cochran, S. 10f., der für die finanzkapitalisrisch organisierten Eisenbahnen keinen fundamentalen Bruch in Methoden und Beziehungen innerer Organisation bzw. der Inhaber von Leitungspositionen sah. Auch Checkland, Rise, S 2 7 , der von der Ausweitung der »existing rules of thumb« spricht. 4 Vgl. zu Problemen mangelnder Information der Boards in den USA bereits Cochran, S, 55-59. 5 Die Definition unternehmerischer Entscheidungen, die die Formulierung und Bestimmung von Strategien des wachsenden Unternehmens am Markt in den Mittelpunkt stellt, geht auf eine Chandlersche Interpretation von Schumpeters Unternehmerbegriff zurück. Die innovative (nicht notwendigerweise auch erfinderische) Umsetzung von Ideen, teilweise durch Rearrangement vorhandener Ideen, die Rekombination existierender Routinen macht die Tätigkeit des Unternehmers aus. Sie stellt also genau den Teil der Entscheidungsfindung dar, der über die Routineverwaltung (Bendix), die »adoptive response« (Schumpeter),die rein taktischen Festlegungen in einem Unternehmen hinausgeht. Vgl. zu dieser Definition der Unternehmertätigkeit als strategischer im Gegensatz zum operationalen Management Chandler, Strategy and Structure, S. 9 - 1 2 ; ders., Visible Hand, S. 3 7 , 95ff.; Schumpeter, Creative Response, S. 150f.; auch Bendix, Work and Authority, S. 2 1 1 ; Elster, Explaining Technical Change, S. 1 1 2 - 1 3 0 , v.a. 116; Nelson u. Winter, S. 128f. So auch in Sombarts definitorischer Synthese, daß in der Person des Unternehmers Erfinder, Entdecker, Eroberer und Organisator zusammenfallen, vgl. Sombart, S. 730. 6 Inwieweit strategische Entscheidungen auch auf Ebenen der Unternehmensorganisation unterhalb der Spitze, also in den hier betrachteten Fällen unterhalb der gewählten Vertreter in Boards und Direktionen/Aufsichtsräten, gefällt wurden, hing natürlich von der Organisationsform des Unternehmens ab. Doch waren mindestens einige leitende Angestellte an der Formulierung und Durchsetzung von Strategien massiv beteiligt. Vgl. zu diesen Differenzierungen der Entscheidungsebenen Chandler, Strategy and Structure, S. 9f. Ob diese Beteiligung leitender Angestellter die Unternehmenspolitik determinierte, also ein Kontrollverlust der Vertreter der Anteilseigner in den Leitungsgremien eintrat, muß in den folgenden Kapiteln gesondert diskutiert werden. Vgl. Chandler, Strategy and Structure, S. 15, 36ff.; ders., Visible Hand, bes. S. 87: Stichwort: »Managerialism«; Hannah, Corporate Economy, S. 12, 19, 64ff. 7 So etwa bei Crouzet, Victorian Economy, S. 290; Gourvish, Mark Huish, S. 2 2 , 27: Hannah, Corporate Economy, S. 88f.; Kocka, Capitalism and Bureaucracy; ders., Entrepreneurs, S. 553; ders., Eisenbahnverwaltung, S. 268ff.; Pollard, Genesis, S. 25f., 134. 8 Geschildert in Schivelbusch, S. 35ff., v.a. S. 43f. 9 Zirkularerlaß des Finanzministers an die Kgl. Kommissarien der verschiedenen Eisenbah nen vom 18.1.1848, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf 12 884. Der Erlaß drang aul Vereinheitlichung und die Einfuhrung einer Normalzeit an allen Bahnstationen durch Justierung der jeweiligen Uhren gemäß einer dem Erlaß beigefügten Tabelle der durch die geografische Länge bedingten Abweichung der örtlichen Zeit von der Berliner Zeit. Noel besaßen also die Orte ihre »eigene« Zeit, wenn auch eine Umrechnungsvorschrift erging, die zur Fahrplankoordination unerläßlich war. 10 Die GWR in England verfugte schon 1839 über einen Telegraphen auf einem Teil de bis dahin fertiggestellten Strecke, offenbar wurde das Gerät Mitte der vierziger Jahre jedoer nicht für die tägliche Betriebskoordination benutzt. Dies geschah erst 1852 - nachdem fast all«
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Anmerkungen zu S, 300-303 anderen großen Bahnen der GWR, die zunächst Pionier gewesen war, gefolgt waren - mit einer durchgehenden Telegraphenlinie London-Bristol. Vgl. MacDermot, 1.2, S. 616ff., v.a. S. 6 1 8 , 6 2 2 . Entsprechend und fast zur gleichen Zeit bei der LNW, vgl. Gourvish, Mark Huish, S. 2 3 8 sowie Direktionsbeschluß, zunächst den Linienabschnitt London-Tring mit Telegraph auszustatten, PRO London, RAIL 4 1 0 / 2 0 , Sitzung vom 9.1.1847. Bei der LSW wurde der auf der gesamten Linie installierte Telegraph am 1.4.1845 kraft Direktionsbeschluß gegen Gebühr auch für den öffentlichen Gebrauch freigegeben, PRO London, RAIL 4 1 1 / 1 , Sitzung vom 14.3.1845. Auf deutschen Bahnen beschloß der Aufsichtsrat der BHE 1847 die Einrichtung des Telegraphen auf bestimmten Streckenabschnitten, STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 , Senat, Cl. VII, Lit. K a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87c), Sitzung vom 15.3.1847. Auf der REB wurde der Telegrapheneinsatz erst 1855 bis an die belgische Grenze ausgedehnt, vgl. StA Köln, Best. 1028, Nr. 8, Sitzungen der Direktion vom 31.8. und 11.9.1855. Generell war dieses Kommunikationsmittel offenbar etwas später verfügbar. 11 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 124ff. 12 So wurde etwa von den Clerks, den Angestellten der Glyn's Bank Ende des 18. Jahrhunderts lediglich »Schönschrift und Ehrlichkeit« als Eintrittsqualifikationen erwartet, vgl. Fulford, S. 103. 13 Marriner, Rathbones, S. 53f., 123. Das Bemühen ging dahin, aus den ohnehin hohen Informationskosten durch möglichst vollständige Nutzung aller Resourcen größtmöglichen Gewinn zu ziehen. Für die institutionelle Koordination waren Verbände zuständig, so etwa die Liverpool Cotton Brokers' Association. Die Geschäfte wurden abgewickelt »on the lines of an unwritten code, which clearly defined the functions, and plainly set forth the rights and duties, of both merchants and brokers, in their individual capacities and in their conduct towards each other«. Ellison, S. 1 7 8 , 2 7 2 f . 14 Ebd., S. 55, 5 7 , 2 0 7 , 2 1 2 . 15 Checkland, Gladstone, S. 218f. 16 Marriner, Rathbones, S. 2 1 2 . 17 Cassis, banquiers, S. 144 (Komitees), S. 72 (managing directors); Fulford, S. 104, 106. 18 Cassis, banquiers, S. 72. Beispiele für Eisen bahn-Töchter finden sich bei LNW und GWR: Admiral Richard Moorsom, LNW-Direktor ab 1839, vorher angestellter Sekretär, wirkte für £ 1.000 p.a. als »superintending director« der Chester & Holyhead Railway, Charles Fripp, Kaufmann in Bristol und Gründer der GWR, leitete ab 1839 den Bau und Betrieb der Bristol & Exeter Railway als »inspecting director« für £ 500 p.a., vgl. RD sowie Gibbs, S. 6 1 . 19 Fulford, S. 104, 106; Gourvish, Mark Huish, S. 44. 20 Gourvish, Mark Huish, S. 144ff. 21 Am Railway Clearing House waren ursprünglich nur die Gesellschaften auf der Route von London nach Nordwesten beteiligt, die Zahl der Mitgliedsbahnen weitete sich jedoch schnell von 50 im Jahre 1851 auf 115 im Jahre 1858 aus. 1855 wurden 175.000 verschiedene Frachtraten gehandhabt, das Clearing House wickelte 70% des Gesamtverkehrs ab. 1860 unterstanden 70 % des Streckennetzes im UK dem Clearing House, ab 1858 gehörte auch die GWR trotz ihrer abweichenden Spurweite der Organisation an. Vgl. Gourvish, Mark Huish, S. 224f. 22 So beschäftigte das Bridgewater-Vermögen 1837 etwa 3.000 Arbeiter, davon über 1.200 in Bergwerken, die übrigen im Kanalbetrieb und den angeschlossenen Produktionsstätten. Zum Vergleich: Das größte Industrieunternehmen, Sir John Guests Dowlais Works in
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Anmerkungen zu S. 303-307 Wales, hatte 6.000 Arbeitern, große Baumwollspinnereien in Manchester nur um die 4 0 0 Arbeiter. Vgl. Mather, S. 1; Mathias, S. 2 4 5 . 23 Richards, S. 31f. 24 Ebd., S. 2 6 . 25 Wordie, S. 26ff. 2 6 Ebd., S. 64ff. 2 7 Mather,S. 101ff. 28 E b d . , S . 269ff. 29 Dieser Vorgang ging einher mit einer differenzierteren Organisation der Kanalunternehmen selbst, die funktional zuständige Abteilungen und mehrere Angestellte entwickeln mußten, ehe sie die Betriebsorganisation ebenso bewältigen konnten wie den Bau der Wasserstraße. Vgl. zu dieser Organisationsentwicklung Hughes, S. 5 6 - 1 2 8 , 349ff. 30 Hughes, S. 7ff., 14, 5 6 , 8 3 , 1 0 4 f f , 119; Kocka, Eisenbahnverwaltung, S. 263; Mather, S. 15, 104. Anfangs hatten Carrier-Companies Angebote für den Betrieb auf der LMR gemacht, die Direktoren waren gespalten hinsichtlich der Vereinfachung der Managementaufgaben einerseits und dem Verlust an Selbstbestimmung und Nutzung des Eisenbahnmonopols andererseits. Die Verhandlungen verliefen noch vor Eröffnung der Bahn im Sande und die Eisenbahn >»serve[d] an apprenticeship to it« [the carrying business, V.T.], vgl. Richards, S. 85ff. Dabei bedienten sich die Eisenbahnen zumindest teilweise, wie das Beispiel der LSW zeigt, des ausgebildeten Personals dieser Carrierunternehmen: William James Chaplin, Seniorpartner des großen Unternehmens Chaplin & Horne (bestehend aus 64 Kutschen, 1.500 Pferden und mehreren Hotels), amtierte von 1837 bis 1859 als Direktor und zeitweise auch als Chairman der LSW. Er rekrutierte offenkundig eine ganze Anzahl von Stationsvorstehern, aber auch Schaffner aus den Reihen der Kutscher bzw. der Agenten der Carrierbranche. Auch Henry Charles Lacy (LSW) gehörte vor seiner Tätigkeit als Eisenbahnunternehmer zu den größeren Fuhrunternehmern des Landes. Vgl. Williams, I, S. 34, 2 1 6 - 2 1 9 , 227. Der höchst rangige Angestellte der LSW aus der Branche der »Coachmen« war Cornelius Stovin, general manager of traffic von 1840 bis 1852. Vgl. Williams, I, S. 2 1 9 f 31 Hier konnten allenfalls Buchhalter angestellt sein, vgl. Marriner, Rathbones, S. 88, 127f. Der erste angestellte Manager bei Glyn's wurde 1860 eingestellt, um einem Mangel an jüngeren Partnern aus den beteiligten Familien abzuhelfen, vgl. Fulford, S. 182. 32 Thompson, F.M.L., S. 157; Wordie, S. 177ff., 2 0 1 ; Mather, S. 8ff., 98f. Die East India Company zählt Pollard zu den wenigen Großorganisationen, in denen frühe Erfahrungen bürokratischer Herrschaft möglich waren, vgl. Pollard, Genesis, S. 2 5 . 33 Pollard, Genesis, S. 25f. 34 Ebd. 35 Vgl. Pohl, M., Entwicklung, S. 1 4 3 - 2 2 0 , hier S. 1 7 3 - 1 7 8 . 36 Mosse, Adel, S. 285f. Selbst Eichholtz, Junker, S. 24f., bezieht sich bei der Beteiligung von Hochadeligen an Eisenbahnen vor allem auf Oberschlesien. 37 Vgl. v. Looz-Corswarem. 38 Vgl. zur Rekrutierung von Expertenwissen Eichholtz, Junker, S. 1 6 0 - 1 7 6 ; Kumpmann, S. 8 0 , 172, 2 7 0 , 3 8 3 ; Steitz, S. 129, 144, 2 1 0 ; Leipzig-Dresdner Eisenbahn, S. 1 5 f f . , 3 1 , 3 6 ; Beyer, S. 123; Reden, II, S. 6 9 1 , 1470. 39 Vel. oben, Kapitel VI.4.3. 4 0 Ein erster Immediatbericht v. Alvenslebens vom 2 0 . 1 2 . 1 8 3 7 widmet sich dem Problem, GStA Merseburg, 2.2.1 Zivilkabinett, Nr. 29524. »Jetzt, wo die Ausführung [von Eisenbahnbauten, V.T.] wirklich beginnt, haben mehrere Gesellschaften bei der Wahl ihrer Techniker ihr
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Anmerkungen zu S. 307-310 Augenmerk ebenfalls auf Staats-Bau-Beamte gerichtet, welche nun, unter dem Fürworte der ihnen zunächst vorgesetzten Behörden, die Erlaubnis zur Annahme eines solchen Auftrages nachsuchen, sei es, indem sie einen mehrjährigen Urlaub, oder die Annahme eines Gehülfen auf ihre Kosten antragen. Es ist nicht zu verkennen, daß wenn derartige Gesuche ganz abgelehnt werden sollten, dadurch eine wirkliche Verlegenheit für die Gesellschaft herbeigeführt werden würde, da einsichtsvolle und zuverlässige Techniker im Inlande, wenigstens mit wenigen Ausnahmen, wohl nur unter den im Dienste des Staates stehenden Bau-Beamten anzutreffen sind.« Als Lösung des Konflikts empfahl von Alvensleben, den Beamten mehrjährige Beurlaubungen zu gewähren, den Wiedereintritt in den Staatsdienst allerdings von einem entsprechenden Antrag fristgerecht vor Ablauf der genehmigten Beurlaubungsfrist abhängig zu machen. Diese Regelungen wurden in einer Kabinettsorder vom 19.1.1838 verfugt. Entsprechend wurde erstmals bei Ober-Wegebau-Inspektor Neuhaus verfahren, der zunächst für die Berlin-Stcttiner, später die Berlin-Hamburger Eisenbahn tätig wurde. Vgl. Immediatbericht v. Alvenslebens vom 2 1 . 7 . 1 8 4 0 , GStA Merseburg, 2.2.1 Zivilkabinett, Nr. 29524. Ab 1845 erhielten Baubeamte die Genehmigung zur Arbeit an Eisenbahnen nur noch bei entgültigem Ausscheiden aus dem Staatsdienst, vgl. Erlaß des Finanzministers, 30.3.1845, HStA Düsseldorf, Reg. 13 125. 41 Vgl. zum Eigenleben der Bürokratien bzw. dem drohenden Kontrollverlust der Eigentümer Chandler, Strategy and Structure, S. 15, 36ff.; Hannah, Corporate Economy, S. 12, 19, 64ff.; Chandler, Visible Hand, v.a. S. 87ff., dort unter dem Stichwort »Managerialism« diskutiert. 42 GB Acts, Local & Personal Acts, Act 5 Will. IV, c. 8 8 , vom 25.7.1834, § 109. 43 Ebd., Act 7 Geo. IV, c. 4 9 , vom 5.5.1826, § 119. 44 Für die Statuten der Eisenbahngesellschaften vgl. Kapitel III, Anm. 77, 83. 45 Minutes Board Meetings, PRO London, LMR: RAIL 3 7 1 , Nr. 1-6 für die Jahre 1826-30, 1835, 1 8 4 4 - 4 5 ; GJR: RAIL 2 2 0 , Nr. 1a-6 für die Jahre 1 8 3 3 - 3 7 , 1 8 4 5 ^ 6 ; LBR: RAIL 384, Nr. 1-6 für die Jahre 1 8 3 0 - 3 8 , 1 8 4 5 - 4 6 . 46 Minutes Board Meetings, PRO London, LNW: RAIL 4 1 0 , Nr. 2 0 , 2 1 , 2 3 - 2 7 für die Jahre 1845-47, 1852, 1857, 1862, 1867, 1872, 1877. 47 Vgl. entsprechende Beschlüsse zur Einrichtung der Komitees in den Sitzungen vom 3.2.1837, 12.4.1837, RAIL 384, Nr. 2, vom 2 3 . 5 . 1 8 3 8 , 5.10.1838, RAIL 384, Nr. 3. 48 Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 5 0 , Nr. 1-5, 8-10, 17 für die Jahre 1833-51, 1855-56, 1 8 6 0 - 6 1 . Beschluß vom 9.5.1850 zum wöchentlichen Tagungsrhythmus: RAIL 250, Nr. 4. 49 Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, RAIL 4 1 1 , Nr. 1 , 3 , 4 , 6 für die Jahre 1834-1840, 1845, 1 8 4 9 - 5 0 , 1860, 1 8 7 6 - 7 7 . 50 REB: StA Köln, Best. 1028, REB, Nr. 82ff, 8 6 , 88 für die Jahre 1 8 3 5 - 4 1 , 1845, 1855, 1865; BHE: STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Ka, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87 c ) , 125 o), 163 e ) , 229 b ) , 293 b) für die Jahre 1 8 4 3 - 4 9 , 1 8 5 0 - 5 3 , 1 8 5 7 - 5 9 , 1 8 6 7 - 6 9 , 1877-79; LDE: StA Leipzig, Acta des Ausschusses der Leipzig-Dresdner Eisenbahn Compagnie, Tit. LXII E Nr. 10a, Bde. I-V, XI, XVII, XXVIII für die Jahre 1 8 3 5 - 4 0 , 1 8 4 5 - 4 6 , 1853-55, 1875. 51 StA Köln, Best. 1028, REB, Nr. 2 - 3 für die Jahre 1 8 3 7 - 4 1 . 52 Sitzungen vom 15.11.1837, 3.2.1838, 5.2.1838, 2.7.1838, ebd., Nr. 2 sowie vom 23.1.1839, ebd., Nr.3. D:e Kölner Bedenken kamen in der Sitzung vom 5.2.1838 zum Ausdruck, in der nur einer Ermächtigung der Abteilungen zum Handeln im Einzelfall, nicht aber im allgemeinen zugestimmt wurde. Am 2.7.1838 erörterten die Direktoren die Trennung des administrativen
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Anmerkungen zu S. 310-312 vom technischen Teil des Unternehmens, faßten aber keinen definitiven Beschluß. Mit Jahresbeginn 1839 verzeichnen die Protokolle des Plenums schließlich die Billigung bzw. Bestätigung von Beschlüssen der Aachener Abteilung. 53 Das Sitzungsprotokoll der Direktion der REB vom 10.2.1865 erwähnt »Commissionen« für Handel und Gewerbe, für Finanzen und für Zölle, StA Köln, Best. 1028, Nr. 14. 54 StA Köln, Best. 1028, REB, Nr. 5, 8, 14. 55 Die Sitzungsprotokolle der Direktion der ersten Jahre sind für die BHE nicht überliefert, so daß die mit der 102. Sitzung am 2 6 . 1 0 . 1 8 5 1 einsetzende Überlieferung nur ein Indiz für die Sitzungshäufigkeit dieser Zeit sein kann, STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 9 7 e. 56 Ebd., Vol. 13 b, Fasz. 1, Inv. 3a, Sitzung vom 3.2.1880. 57 Vgl. oben, Anm. 54, Acta des Ausschusses der LDE. 58 Für die BHE war Entsprechendes bereits im Gründungsstatut enthalten, vgl. GS 1845, Nr. 3, Ges.-Nr. 2 4 0 9 , m. Anl., vom 2 8 . 2 . 1 8 4 5 , S. 1 6 7 - 2 0 9 , hier § 50, S. 187. Bei der LDE wurde die Gehaltszahlung durch eine Statutenänderung vom 30.5.1842 mit Wirkung vom 1.1.1842 an eingeführt, vgl. Erster Nachtrag zu den Statuten der LDE, Archiv der RBD Dresden, STA Dresden, Bahnen, Nr. 7 0 4 1 , Verhandlungen des Directorium der LDE, Vol. II die Gesellschafts-Statuten betr. 59 Auf diese das vorhandene Personal durchaus auslastende Arbeitsteilung berief sich der hamburgische Direktor Asher ausdrücklich, als über seine Abberufung als Vertreter des hamburgischen Senats in der Direktion beraten wurde. Er legte in einem Schreiben an Syndicus Merck vom 30.12.1848 dar, welche Aufgaben durch welche Mitglieder der Direktion ausgeführt würden. STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 97 f), Dr. Asher an Syndicus Merck vom 3 0 . 1 2 . 1 8 4 8 . 60 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 1 2 5 q ) , d o r t auch eine Übersicht: »Extract aus den Personal-Etats, Gehalte der Direktion« der Jahre 1847-1853. 61 Plenarversammlung des Ausschusses der BHE, 3 . 1 1 . 1 8 4 9 , ebd., Fasz. 87 c) sowie eigene Akte 87 d). 62 Plenarversammlung des Ausschusses der BHE, 2 0 . 1 2 . 1 8 5 1 , ebd., Fasz. 9 7 e ) . Der Abberufung des hamburgischen Mitgliedes Asher ging eine lange Auseinandersetzung voran, in deren Verlauf Asher offenkundig in eigenem Interesse für den Verbleibeines hamburgischen Senatsvertreters in der äußerst lukrativen Position argumentierte. Vgl. Fasz. 97 f). Vor allem bestreitet Asher, daß die Abberufung des mecklenburgischen Vertreters v. Lehsten »wegen Geisteszerrüttung« sein eigenes Ausscheiden präjudiziert habe. 63 Vgl. zu den Zahlenangaben den in Anm. 6 0 bereits genannten »Extract aus den Personal Etats«. Zur Aufgabe der privaten Geschäfte vgl. STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 125 q ) , Abendroth, Präses, an Syndicus Merck vom 14.2.1853. 64 Vgl. Swfe,S. 109. 65 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 2 5 9 . 66 Ebd., Fasz. 265. 6 7 Süle.S. 109. 68 Etat der festen Besoldungen, LDE Rechnungs-Abschluß vom Jahre 1843ff., Archiv der RBD Dresden, STA Dresden, Bahnen, Nr. 7 0 2 9 - 3 3 , 7 0 3 5 - 3 7 , Verhandlungen in den Generalversammlungen ... , denen die Rechnungsabschlüsse beilagen. 69 Hier geht es vor allem um vor allem die Benennung von Stellvertretern der Aufsichtsräte bzw. Direktoren, die zwar an allen Sitzungen teilnahme-, jedoch nur stimmberechtigt
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Anmerkungen zu S. 312-317 waren, wenn ein festes Mitglied des Gremiums ausgeschieden war - sie müßten also besser Nachrücker heißen. 70 Minutes Board Meetings, PRO London, LMR: RAIL 3 7 1 , Nr. 1-6, ausgewertet für die Jahre 1 8 2 6 - 3 0 , 1835, 1844--45; GJR: RAIL 220, Nr. 1-6, ausgewertet für die Jahre 1833-37, 1845-46. 71 Minutes Board Meetings, PRO London, LBR: RAIL 384, Nr. 1-6, ausgewertet für die Jahre 1 8 3 0 - 3 8 , 1 8 4 5 - 1 6 . 72 Minutes Board Meetings, PRO London, LNW: RAIL 4 1 0 , Nr. 20, 2 1 , 2 3 - 2 7 , ausgewertet für die Jahre 1 8 4 5 - 4 7 , 1852, 1857, 1862, 1867, 1872, 1877, 73 Minutes Board Meetings, PRO London, GWR: RAIL 2 5 0 , Nr. 1-5, 8 - 1 0 , 17, ausgewertet für die Jahre 1 8 3 3 - 5 1 , 1 8 5 5 - 5 6 , 1 8 6 0 - 6 1 . 74 Ebd. 75 Minutes Board Meetings, PRO London, LSW: RAIL 4 1 2 , Nr. 1, RAIL 4 1 1 , Nr. 1 , 3 , 4, 6, ausgewertet für die Jahre 1834-40), 1845, 1849-50, 1860, 1 8 7 6 - 7 7 . 76 Daher habe ich die Stellvertreter in die Berechnungen der unternehmerischen Präsenz mit einbezogen. Es lassen sich zwei Beteiligungsquoten berechnen, je nachdem, ob als Bezugsgröße die Zahl der Vollmitglieder oder die Zahl der Beteiligten einschließlich Stellvertretern gewählt wird. 77 StA Leipzig, Acta des Ausschusses der Leipzig-Dresdner Eisenbahn Compagnie, Tit. LXII E Nr. 10 a, Bde. I V , XI, XVII, XXVIII, ausgewertet für die Jahre 1835-40, 1 8 4 5 - 4 6 , 1 8 5 3 - 5 5 , 1875. Bei diesen Berechnungen diente als Bezug nur die Anzahl der Vollmitglieder. 78 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, BHE, Fasz. 8 7 c ) , 125 o ) , 163 e ) , 2 2 9 b ) , 2 9 3 b ) , ausgewertet Für die Jahre 1 8 4 3 ^ 9 , 1850-53, 1 8 5 7 - 5 9 , 1867-69, 1877-79. 79 Rolt, Victorian Engineering, S. 37f. Dieser Ruf eines »engineer of eminence« war Locke offenbar auch im Kreis der Aktionäre der LSW vorausgeeilt, denn diese beriefen ihn nach großen Schwierigkeiten mit einem Vorgänger, dem es in zwei Jahren nicht gelungen war, den Bau der Bahn kostenbewußt und konsequent zu organisieren, zunächst als Gutachter und dann als leitenden Ingenieur für den Bau der Bahn, vgl. PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Minutes Board Meetings, Sitzungen vom 20.12.1836 und 10.2.1837. 80 DEE, Verwaltungsrat, an Kgl. Reg. zu Düsseldorf vom 22.1.1840, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf 12 902. 81 Ebd. 82 Ebd. Vergleichbare Argumente für Kostenüberschreitungen bei der BME im »Geschäftsbericht zur 5. ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre am 18.6.1849« in Elberfeld an, vgl. HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1123. Gründe: gestiegene Grundstückspreise, Löhne, Lebensmittelpreise (die indirekt den Tagelöhnerpreis bestimmten) sowie eine zeitbedingte Besonderheit: Im Revolutionsjahr hatten die Städte und Behörden der Region die Beschäftigung einheimischer, arbeitslos gewordener Fabrikarbeiter gefordert, was zur Entlassung geübter Bauarbeiter aus der Ferne und dazu führte, daß »Männer genommen [wurden], welche weniger leisten konnten«. Die detaillierte, nach Posten aufgegliederte Vcrgleichsrechnung von Anschlägen, tatsächlichen Ausgaben und noch offenstehenden Verpflichtungen zeigt, daß die größten Kostensteigerungen bei den Erdarbeiten (fast 55 %) sowie dem Brückenbau entstanden, aber auch bei allen anderen Unterkonten der Rechnung Fehlbeträge vorlagen, so daß über die Emission von Anleihen und ein staatliches Darlehen das Kapital der Gesellschaft um 30 % erhöht werden mußte.
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Anmerkungen zu S. 317-318 83 Ebd., 13. Plenarversammlung des AR vom 15.3.1847. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die nach weitgehendem Abschluß der Arbeiten an Hauptbahn und Büchen-Lauenburger Zweigbahn erstellte Rechnungsübersicht des Baukontos, vgl. STA Potsdam, Pr.Br. Rep. 2 Α, Reg. Potsdam, I V, Nr. 1925, 7. Generalbericht der Direktion der BHE für das Jahr 1849, Anlage O., Rapport und Rechnungs-Abschluß über den Bau der Berlin-Hamburger Eisenbahn am 1. April 1850 und Anlage P , Haupt-Rechnungs-Abschluß vom 3 1 . März 1850 (=Bilanz). Dort ist nachgewiesen, daß die vom leitenden Ingenieur und der Direktion mehrfach revidierten Kostenanschläge nun doch um fast eine Million Thlr. zu großzügig, also sehr sicher ausgefallen waren. Die maximal durch die Gesellschaftsgremien genehmigte Kostensumme betrug 14,9 Mio. Thlr., entgültig benötigt wurden 13,9 Mio. Thlr. 84 Vgl. zur Kapitalisierung der Gesellschaften die Angaben in Kapitel II.1. Einzig die NME war schon kurz nach dem Abschluß der Bauphase mehrheitlich über Fremdkapital finanziert, vgl. Tabelle 11.10. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, daß die NME eine Anleihe über 4 , 1 7 5 Mio. Thlr. für den Kauf der BFE aufgewendet hatte, die den Fremdkapitalanteil ungewöhnlich erhöhte. Auch für den eigentlichen Bau der NME lag der Fremdkapitalanteil allerdings schon 1850 bei 58 %. Vgl. Bericht der Direktion der NME über den Stand des NME-Unternehmens am Schlüsse des Jahres 1849, Anlage Α., Haupt-Rechnungs-Abschluß ultimo Dezember 1849 (=Bilanz), STA Potsdam, Pr. Br. Rep 2 Α, Reg. Potsdam, I V, Nr. 2122. 85 LDE, Acta des Ausschusses, StA Leipzig, Best. LXII E.10 a, Vol. I, Die Direktion an den Ausschuß der LDE vom 18.5.1836. Hier wird die Notwendigkeit eines Tagesordnungspunktes »Kapitalerhöhung« für die Generalversammlung der Gesellschaft am 15.6.1836 vorgestellt. In der Fortsetzung des Briefwechsels wurde auf Betreiben des Ausschusses festgelegt, daß zwar den Aktionären die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung angekündigt werden sollte, die genaue Summe sowie der Zeitpunkt jedoch noch offen blieben. 8 6 Ebd., Vol. II, Die Direktion an den Ausschuß, vom 2 9 . 3 . 1 8 3 7 ; Sitzungsprotokoll der Ausschußsitzung vom 3 0 . 5 . 1 8 3 7 ; Der Ausschuß an die Direktion, vom 31.5.1837. 8 7 Ebd. 88 Ebd., Vol. III, Die Direktion an den Ausschuß, vom 7.12.1837; enthaltend Memoir des Direktors Seyfferth vom 5.12.1837. 89 Ebd., Vol. III, Sitzung des Ausschusses vom 20.1.1838, »Bericht der zur Prüfung der Anträge auf Conversion der Interims Scheine in Actien oder Zinsen tragende Papiere ernannten Deputation«. 9 0 Ebd., Vol. III, Die Direktion an den Ausschuß, vom 8.5.1838. 91 Ich vernachlässige an dieser Stelle die relativ kleine Erhöhung des Aktienkapitals der ΒΡΕ um 3 0 0 . 0 0 0 Thlr. auf 1. Mio. Thlr. am 18.3.1838, vgl. Bleyy 150 J ahre, S. 27. Aufschlußreich, weil gescheitert, ist der Versuch einer Erhöhung des Aktienkapitals der DEE im Jahre 1847. Vorgesehen war, das Aktienkapital der DEE von 1.072.000 Thlr. auf 1.400.000 Thlr. zu erhöhen. Da die Emission nur zu 23.000 Thlr. gezeichnet wurde, also als gescheitert anzusehen war, entschloß sich die Direktion, der Generalversammlung den Verbleib der Dividende für das Geschäftsjahr 1847 als verzinstes Darlehen im Unternehmen vorzuschlagen (Dividende 4,5 % auf das alte Grundkapital, verzinst für die Dauer des Darlehens zu 5 % ) . Vgl. DEE, Protokoll der am 30. Juni 1848 zu Düsseldorf abgehaltenen 19. Generalversammlung, sowie Jahresbericht der Direktion der DEE für das Jahr 1847, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1116. Die Emission wurde schließlich 1850 durch die Emission einer Anleihe entsprechender Höhe ersetzt. Vgl. Allerhöchstes Privilegium wegen Ausgabe von 4 0 0 . 0 0 0 Thlr. 5 %iger Prioritäts-Obligationen anstelle der lt. Urkunde vom
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Anmerkungen zu S. 318-321 9 . 7 . 1 8 4 7 creierten Stamm-Aktien für 372.000 Thlr., in: HStA Düsseldorf, Zweigarchiv Schloß Kalkum, BD Wuppertal, BR 1003/6. 92 Fleck, Studien III, S. 32f. Sitzung des AR vom 2 9 . 3 . 1 8 3 8 , StA Köln, Best. 1028, Nr. 82. 93 Ebd., Sitzung des AR vom 10.5.1838. 94 Fleck, Studien III, S. 33f. 95 StA Köln, Best. 1028, Nr. 82, Sitzung des AR vom 2 9 . 1 0 . 1 8 3 9 . 96 Ebd., Sitzungen des AR vom 14.5.1840 und 2 5 . 7 , 1 8 4 0 . 97 Vgl. Kapitel IV. 1.1. 98 Great Britain, Acts of Parliament, Local and Personal Acts, Act 7 Geo. IV, C. 4 9 (1383) vom 5.5.1826, § 8 5 für die LMR; Act 5, Will. IV, C. 88 ( 2 5 1 7 ) , § 141 für die LSW; Act 3, Will. IV, C. 3 4 ( 5 2 9 ) vom 6.5.1833, § 113 für die GJR. Entsprechendes gilt für die anderen Gesellschaften. Zusätzlich stipulierten die Acts die Möglichkeit, die zweite Hälfte des Aktienkapitals durch Anleihen vorzufinanzieren, nachdem die erste Hälfte eingezahlt war. 99 L M R Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 371 Nr. 1, Sitzungen vom 9.6.1828 (Direktor Moss, Bankier in Liverpool, regte an, Frachtbetrieb selbst zu übernehmen), 30.6.1828 (Vorschlag der Kapitalerhöhung um ein Viertel), 8.9.1828 (Beschluß neue Aktien sowie später gestrichene Überlegung, mit der Neuemission auch das bisher aufgenommene Fremdkapital zurückzuzahlen), 29.12.1828 (Beschluß, daß L M R die Antriebskraft der Züge allein stellen werde), 8 . 6 . 1 8 2 9 , 1 4 . 9 . 1 8 2 9 , 1 4 . 1 2 . 1 8 2 9 (Aufforderung zu Einzahlungen auf die neuen Aktien), 14.12.1829 Beschlüsse zur Durchführung des Frachtbetriebes sowie Feststellung zusätzlichen Finanzbedarfs bis zur Fertigstellung der Bahn. 100 LBR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 8 4 , Nr. 2 u. 3, v.a. Sitzungen vom 17. u. 18.2.1836, 17.12.1836, 2.2.1837 (Antrag an Generalversammlung auf Kapitalerhöhung um £ 1 Mio.), 2.6.1837 (Beschluß der Ausgabe von 2 5 . 0 0 0 £ 25 Aktien, verbunden mit revidierter Kostenschätzung: £ 4 . 3 3 2 . 3 3 2 ) , 1.7.1837 (Bezugsrecht 1:1). In den Direktionssitzungen bis einschließlich 15.2.1837 wurden insgesamt £ 732.500 Schuldverschreibungen besiegelt, die Ausgabe ging auch danach in kleinerem Umfange weiter. 101 Steel, S. 6 2 , 65. 102 Nach Grand Junction Railway, Register of Proprietors, 1845, PRO London, RAIL 220, Nr. 12. Bis zum 29.3.1837 hatte die Gesellschaft bei einem Aktienkapital von £ 1.091.800 Anleihen in Höhe von £ 508.750 aufgenommen, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1. 103 GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 5 0 , Nr. 1, Sitzungen vom 4.5.1837 (Beschluß, vorzeitige Einzahlungen mit 5 % anstatt 4 % zu verzinsen), 10.8.1837 (Vorabfinanzierung durch Kredit nach 50% Einzahlung auf das Aktienkapital), 2 1 . 1 2 . 1 8 3 7 (Erhöhung des Anleihezinssatzes auf 5 % ) , 10.1.1839 (Vorbereitung des Gesetzes zur Kapitalerhöhung), 25.6.1839 (Emission der halben Aktien). 104 Ebd., Sitzung vom 30.7.1840 (zweite Kapitalerhöhung, einschließlich Rückzahlungsbeschluß für Anleihen), 6.5.1841 (Ausführung der Einlösung von £ 150.000 Anleihen). 105 MacDermot, I . 1 , S . 147f. 106 Reed, S. 2 3 2 - 2 3 5 . 107 Ebd.,S. 175. 108 LSW Minutes Board Meeting, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzungen vom 26.4.1837 (Kapitalbedarf), 19.5.1837 (Bedenken einzelner Aktionäre gegen Kapitalerhöhung;.
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Anmerkungen zu S. 322-324 109 Marshall, History, S. 74. Dieser Emissionskurs wird in den Sitzungsprotokollen der Direktion allerdings nicht erwähnt. 110 LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 412, Nr. 1, Sitzung vom 20.2.1838 sowie vom 14.6.1839. 111 So in der bereits zitierten Aufsichtsratssitzung der BHE vom 2 2 . 1 . 1 8 4 6 , STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. K a , Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87 c ) . 112 Minutes Board Meetings, PRO London, LMR: RAIL 3 7 1 , Nr. 1, ab der Sitzung vom 2 6 . 1 1 . 1 8 2 6 ; GWR: RAIL 250, Nr.2, Sitzung vom 2 1 . 1 2 . 1 8 3 7 ; GJR: RAIL 220, Nr. 1, Sitzung vom 2.9.1835 (Finanzkomitee ernannt); LSW: RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzung vom 8.5.1835 (Beginn der Vorlage monatlicher »Accounts of Receipts and Expenditure«). 113 LDE: StA Leipzig, Tit. LXII E Nr. 10a, Bd. 2, Sitzung des Auschusses vom 1.11. 1836. In ihrer Antwort vom 5.1.1837 beklagte sich die Direktion, daß der Bericht eine Last für den schon sehr beschäftigten Bevollmächtigten der Direktion sei, präsentierte aber den ersten Quartalsbericht. Am 22.1.1837 antwortete der Ausschuß mit der Maßgabe, daß der Bericht weniger ausführlich als der vorliegende (25-seitige!) sein und »einige Tatsachen ohne alle weitere Ausschmückung« enthalten solle. BHE: Aufsichtsratssitzung vom 22.7.1844, in der ein Bericht der Direktion für das 2. Quartal genannt wird, STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 8 7 c). REB: In der Sitzung vom 7.3.1839 beschloß die Direktion der REB die Erstellung monatlicher Bauberichte, StA Köln, Best. 1028, Nr. 3. 114 Minutes Board Meetings, LMR, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 2, Sitzung vom 6.12.1830, in der der Treasurer, also der höchste kaufmännische Angestellte, eine entsprechende Liste präsentierte. 115 REB: StA Köln, Best. 1028, Nr. 5, Direktionssitzung vom 2 9 . 3 . 1 8 4 5 . In dieser Sitzung wurden die Etatentwürfe des Spezialdirektors für das Jahr 1845 genehmigt, bestehend aus einem Hauptetat und gesonderten »Manualen« für Einnahmen und Ausgaben nach den Etattitcln des Hauptetats. Eine entsprechende Etatrechnung wurde dort auch für das Kapitalkonto, die Baurechnung, beschlossen. Die entsprechende Genehmigung des Personaletats durch den Aufsichtsrat erfolgte in der Sitzung vom 19.5.1845, wobei die Frage, ob von der Direktion generell ein Verwaltungsetat im voraus verlangt werden sollte, vertagt wurde. Bei der BHE wurde in der Aufsichtsratssitzung vom 16. u. 17.9.1843 noch über den Etat der Direktion im ursprünglichen Sinne, also über die Personalkosten, beraten. Vgl. STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Ka, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87 c). Die Direktion der DEE erstellte mit Datum vom 19. Mai 1841 eine »Nachweisung der zur Handhabung der Polizei und zum Betriebe der Eisenbahn zwischen Düsseldorf und Elberfeld erforderlichen Beamten« sowie einen »Etat« für Personalausgaben, welche sie am 29.5.1841 an die Regierung Düsseldorf einsandte, HStA Düssledorf, Reg. Düsseldorf, Nr. 12 9 0 3 . 116 Generalversammlung der LNW vom 7.8.1846, zitiert nach Steel, S. 146. 117 LNW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 20, Sitzungen vom 10.1.1846, 2.5.1846. Dem Bericht ging eine überschlägige Zusammenstellung des Kapitalbedarfes der neuen Vorhaben voran. 118 Ebd., Sitzungen vom 10.1., 2.5., 22.7. und 6.8.1846. Das geplante Erhöhungsvolu men schrumpfte von £ 6.935.000 (noch ohne den Kauf der Trent Valley Railway) auf £ 4.687.500 (einschließlich des Kaufpreises der Trent Valley Railway). Die Direktion beschloß in der Sitzung vom 6.8.1846, das Kapital durch die Emission neuer Viertelsaktien (£ 2 5 ) im Bezugsrecht, aufgeteilt auf die Kapitalsummen der drei konstituierenden Gesellschaften, aufzubringen. Zugleich sollte eine Anzahlung von £ 2 sofort zu leisten sein, die folgenden
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Anmerkungen zu S. 324-326 Einzahlungen wurden gemäß einem vorab festgelegten Zeitplan zwischen Juli 1848 und Juli 1852 eingefordert. 119 Gustav Mevissen, Auszug aus den Verhandlungen der am 26.5.1871 in Köln im großen Sitzungssaale des Direktions-Gebäudes abgehaltenen 34. Generalversammlung der Aktionäre, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 8 . Der Bezug von Mevissens Äußerungen war ein Antrag auf Statutenänderung, vor allem betreffend die Wahl der Direktion durch den Aufsichtsrat. Dies erklärt auch den apologetischen Charakter der Rede, welche problemlos ihr Ziel erreichte. 120 Für die REB: Auszug aus den Verhandlungen der am 2 3 . Mai 1863 im Rathaussaale in Aachen abgehaltenen 2 6 . Generalversammlung der Aktionäre, dazu Bericht über die Resultate des Betriebes und des Baues im Jahre 1862 (entsprechende Dokumente im Folgenden so abgekürzt : GV 2 3 . 5 . 1 8 6 3 ) , HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 8 ; GV 29.5.1867, GV 2 6 . 5 . 1 8 6 8 , GV 2 6 . 5 . 1 8 7 1 , ebd.; GV 17.6.1879, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1352; Auszug aus den Verhandlungen der ... Sitzung des Administrationsrates am 25.10.1879, GStA Merseburg, Finanzministerium, Rep. 151, HB Nr. 1352; Kumpmann, Rheinische Eisenbahn, S. 438ff. Für die KME: Rechnungsabschlüsse der KME für die Jahre 1 8 7 0 - 1 8 7 8 , HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2046a; Auszug aus dem Protokolle der am 30.6.1871 zu Köln ... abgehaltenen regelmäßigen Generalversammlung der Aktionäre, HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2046a; GV 2 8 . 6 . 1 8 7 2 , GV 3 0 . 6 . 1 8 7 6 , GV 30.6.1877, ebd.; Jahresbericht 1877, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1342, enthaltend Anlagen zum tabellarischen Rückblick über die bisherige Unternehmensgeschichte; Berechnung des Kaufvverts (revidierte Fassung gegen August 1878) des KME-Unternehmens ... , = Anlage zu: Maybach, Min. d. öff. Arbeiten, an Hobrecht, Finanzminister, vom 7.5.1879, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1343. 121 REB, Sitzung der Direktion vom 13.12.1855, StA Köln, Best. 1028, Nr. 8, in der Mevissen auf eine Denkschrift des für den internationalen Verkehr zuständigen leitenden Angestellten Hauchecorne verwies, die die Ertragskrarft des erweiterten Unternehmens einzuschätzen versuchte. 122 Gutachten der Reg. Köln an den Oberpräsidenten vom 9 . 7 . 1 8 6 1 , HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2 0 0 9 . 123 Die Direktion der REB an das Kgl. Eisenbahn-Kommissariat, Köln, 1.4.1870, HStA Düsseldof, Reg. Düsseldorf Präs. 1121. 124 So ein Beschluß der Generalversammlung vom 15.6.1836, Protokoll der GV als Anlage zu einem Schriftsatz der Direktion an den Auschuß der LDE vom 2 8 . 6 . 1 8 3 6 , StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10 a, Bd. 2.; ebenso Schriftsatz der Direktion an den Ausschuß vom 10.5.1845, ebd., Bd. 1 1 , in dem vom Abbruch von Verhandlungen mit der Staatsregierung in Sachen Sächsisch-Böhmischer Bahn wegen mangelnder Zugeständnisse berichtet wird. 125 Mitteilung an die Aktionäre der LDE für die o.a. Generalversammlung am 14.12.1854, StA Leipzig, Cap. 70, Nr. 4, Bd. 1 b). 126 Minster der öffentlichen Arbeiten und Minister der Finanzen an die Direktion der BHE vom 8.2.1884, GStA Merseburg, Rep. 1 5 1 , HB Nr. 1367. 127 So konzedierte selbst der Verhandlungsführende Beauftragte der Ministerien, daß die Bahn aus Betriebsmitteln im Laufe der Jahre 13 Mio. Thlr. investiert habe (also fast das Zweifache des Aktienkapitals einschließlich des Staatsanteils, bezogen auf nur 5 Mio. Thlr. privates Aktienkapital sogar das Zweieinhalbfache). Bericht des Kommissarius Schmidt an Minister Bitter vom 15.12.1883, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1366. Das Verstaatlichungsangebot mußte eine Durchschnittsdividende des Unternehmens auf
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Anmerkungen zu S. 326-329 sein sehr kleines Aktienkapital von 16,65 % für die Jahre 1879-1883 zugrunde legen, vgl. Votum des Min. d. õff. Arbeiten, Maybach,an Finanzminister v. Scholz vom 22.8.1883, ebd. 128 Mitteilung an die Aktionäre der LDE für die o.a. Generalversammlung am 14.12.1854, StA Leipzig, Cap. 70, Nr. 4, Bd. Ib). Die Direktion erklärt hier, daß in den letzten jahren aus der laufenden Betriebsrechnung Erneuerung im Umfange von 500.000 Thlr. betrieben worden sei. 129 Die Direktion der LDE an den Ausschuß vom 1.4.1854, StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10a, Bd. XVII. 130 Die Direktion der LDE an das Sächsische Hohe Ministerium des Innern vom 11.4.1854: Nachweis der Unbedenklichkeit der Dividende. 131 Steel, S. 134. 132 Ayres, S. XL In diese Kategorie der englischen Bahnen mit hoher Eigenkapitalausstattung gehörte auch die LSW, die 1855 noch eine Eigenkapitalquote von 73,9 % aufwies, welche allerdings ab 1 8 6 0 deutlich auf nur noch ungefähr 45 % sank. Vgl. Williams, I, S. 2 2 0 ; PRO London, RAIL 1 1 1 0 / 2 8 1 , Reports and Accounts LSW 1831-1879. Die in den Halbjahresbilanzen des Unternehmens angegebene Zinsbelastung läßt erkennen, daß das Fremdkapital sich zwischen 1860 und 1867 mehr als verdoppelte. 133 Protokolle der Generalversammlungen und Gcneralberichte der Direktion für die Jahre 1 8 4 6 , 1847, 1850, GStA Merseburg, Rep. 7 7 , Tit. 258a, Nr. 30, Vol. I. dito für die Jahre 1 8 5 4 - 5 9 , 1862-64, 1866, 1867, ebd., Vol. IL dito für die Jahre 1 8 6 8 - 7 0 , 1872, 1874, 1 8 7 6 - 1 8 7 9 , 1 8 8 1 , 1883, ebd., Vol. III. dito für die Jahre 1 8 6 1 , 1 8 6 5 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13,Fasz. 198 f)· dito für die Jahre 1 8 7 1 , 1873, 1875, ebd., Fasz. 245 h). dito für die Jahre 1880, 1882, ebd., Fasz. 2 9 4 . 134 Verhandlungen Generalversammlung des Direktoriums der LDE, Rechnungsabschluß, für die Jahre 1835-1860: STA Dresden, RBD Dresden, Bahnen, Nr. 7 0 2 9 - 7 0 3 3 ; für die Jahre 1 8 6 1 - 6 5 : ebd., Nr. 7034; für die Jahre1866z- 7 3 : ebd., Nr. 7 0 3 5 - 3 6 ; für die Jahre 1 8 7 4 - 7 6 : ebd., Nr. 7037. 135 Zusammenstellung der längen, Anlagekosten und Transportmittel der im Königreich Preußen am Schlusse des Jahres 1847 in Betrieb befindlichen Eisenbahnen, nebst den Ergebnissen des Betriebesim Jahre 1847; dito im Jahre 1848, 1849,1850,1851,1852,1853, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 437; dito im Jahre 1855, 1858, ebd., Reg. Köln 2009; GV 23.5.1863, GV 29.5.1867, GV 26.5.1868, GV 26.5.1871, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen, 14 438; Bericht über die Resultate der Verwaltung, des Baues und des Betriebes der REB während des Jahres 1852, 1853, 1858, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1120; GV 17.5.1859,ebd.; Bericht... 1842,1843, ebd., Reg. Aachen 14933; GV 17.6.1879, Bericht... 1878, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1352; GV 20.5.1845, Bericht ... 1844, GV 31.5.1847, ebd., Rep. 77, Tit. 258a, Nr. 4, Vol. II; Auszug aus den Verhandlungen der ... Sitzung des Administrationsrates am 25.10.1879, GStA Merseburg, Rep. 151, HB Nr. 1352. 136 Preußisches Haus der Abgeordneten, 14. Legislaturperiode, III. Session, 1 8 8 2 , Nr. 120: Entwurf eines Gesetzes betreffend den Erwerb des Berlin-Anhaltischen Eisenbahnunternehmens für den Staat, vom 13.3.1882; dazu v.a. Anlage II Betriebsergebnisse der BAE in den Jahren 1869 bis incl. 1880; Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmittel ..., wie oben, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 7 , Reg. Köln 2 0 0 9 . 137 MacDermot, I.l, S. 147f., 175, 308, 4 0 2 ; Arnes, S. XI 138 Ayres, Supplementary Statement Table V, 10ff. 139 Bericht der Direktion der KME über den Bau und Betrieb der unter ihrer Verwaltung
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Anmerkungen zu S. 329-332 stehenden Eisenbahnen im Jahre 1877, GStA Merseburg, Rep. 151 H B , Nr. 1342, dort v.a. Anlage XXXVII (Chronologische Zusammenstellung ...) sowie Anlage XVIII (Amortisation), 140 Konzessions- und Bestätigungsurkunden der zahlreichen Kapitalerhöhungen nachgewiesen in: HStA Düsseldorf, Zweigarchiv Schloß Kalkum, BD Wuppertal, BR 1003/8 und 1 0 0 3 / 1 2 ; Aktienkapital nachgewiesen in der »Denkschrift betreffend die Verstaatlichung der BME, Elberfeld den 29.8.1881«, »zum Zwecke der Information für die Generalversammlung« am 2 1 . 9 . 1 8 8 1 den Aktionären in Abdruck mitgeteilt, GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1356; Zusammenstellung der Längen, Anlagekosten und Transportmnittel der im Königreich Preußen am Schlüsse des Jahres 1847 in Betrieb befindlichen Eisenbahnen, nebst den Ergebnissen des Betriebes im Jahre 1847; dito ftir die Jahre 1 8 4 8 - 1 8 5 3 , HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 3 7 ; dito für die Jahre 1855, 1858, ebd., Reg. Köln 2 0 0 9 . 141 Dies gilt auch für die schon 1851 verstaatlichte NME, bei der bereits mit Fertigstellung der Linie das Fremdkapital überwog, vgl. Bericht der Driektion der NME über den Stand des Unternehmens am Schlusse des Jahre 1847, 1848, 1849, STA Potsdam, Pr. Br. Rep. 2A, Reg. Potsdam, I V Nr. 2 1 2 2 ; Bericht über die Verwaltung der Kgl. NME und der Kgl. Bahnhofs-Verbindungsbahn zu Berlin pro 1858, 1859, ebd., Nr. 2 1 2 3 ; in den beiden letztgenannten Geschäftsberichten v.a. die Anlagen 20 und 2 2 - 2 4 . 142 In Deutschland fielen diese Entscheidungen teilweise durch entsprechende Weisungen der Behörden, so z.B. bei der Festlegung der Spurweite auf 4 Fuß 8 1/2 Zoll (englisch) durch den preuß. Finanzminister, der ausdrücklich für die REB auf die Gleichartigkeit mit den belgischen Bahnen verwies. Ein entsprechendes Reskript erging am 5.1.1838, Der Oberpräsident der Rheinprovinz an cine wohllöbliche Direktion der REB zu Köln, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 9 3 2 . 143 Die Details der Rekrutierung der benötigten Experten und ihres Sachverstandes sowie die entsprechenden technischen Entscheidungen sind ausführlicher dargestellt in Then, Eisenbahnunternehmer und technische Herausforderungen. 144 Im Detail bei Then, Eisenbahnunternehmer und technische Herausforderungen, S. 63ff. 145 Ebd. sowie LSW Minutes Board Meetings, Sitzung vom 10.2.1837. 146 Rolt, Brunei, S. 1 1 1 . 147 Die Entscheidung einschließlich des folgenden Konflikts schlug sich in den Direktionsprotokollen nur sehr spärlich nieder. Im Zusammenhang mit einem später nicht ausgeführten gemeinsamen Bahnhof mit der LBR behielt sich der Board alle Bauten so vor, daß die Breitspur möglich war. Erst im Spätsommer 1838 ist das Bemühen verzeichnet, in Korrespondenz mit den Ingenieuren Stephenson, Walker und Wood zu einer Klärung der Informationslage zu kommen. Ausführliche Gutachten wurden von Wood und Hawkshaw angefordert, am 27.10.1838 beriet der Board ausführlich die gesamten vorliegenden Informationen. Es wurden keine Beschlüsse gefaßt. Die Berichte von Brunei {in eigener Sache) sowie von Wood und Hawkshaw wurden den Aktionären zur Generalversammlung am 10.1.1839 vorgelegt. Vgl. GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 250, Nr. 2, Sitzungen vom 29.10.1835,10.8.1838,14.8.1838,9.10.1838,27.10.1838,7.1.1839,8.1.1839,9.1.1839, 10.1.1839 148 Gibbs, S. 60f., Eintragung vom 14.12.1838. 149 Ebd., S. 6 7 , Eintragung vom 12.2.1839. 150 Pro memoria über die Beschaffung der technischen Hülfe beiden Eisenbahnen, Düsseldorf, 9. März 1837, Viebahn, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Nr. 12 884. 151 Dies war auch so vorgesehen, vgl. ebd. 152 Ebd., S. 5 1 ; Berlin Eisenbahnen, I, S. 175.
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Anmerkungen zu S. 333-337 153 Vgl. Ernennung Neuhaus': Vertrag zwischen dem Ausschusse der BHE-Gesellschaft einerseits und dem Kgl. Ober-Wege-Bau-Inspektor Herrn Neuhaus andererseits über das Engagement des letzteren als Ober-Ingenieur und Mitglied der Direktion der BHE, So geschehen Ludwigslust am 18. September 1843, gez. Der Ausschuß der BHE, Neuhaus, STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 15; vgl. auch Eichholtz, Junker, S. 177. 154 LDE, S. 1 5 f f . , 2 0 f . , 36. 155 Sitzungen des Ausschusses der LDE vom 8.7.1835 und 3.10.1835 sowie Bericht der Direktion an den Ausschuß vom 2 9 . 7 . 1 8 3 5 , StA Leipzig, Tit. LXII, Ε Nr. 10a, Bd. I. 156 Chandler, Visible Hand, S. 1ff., v.a. S. 10, 12, 187; Cochran, S. 8ff.,65ff. 157 Ingenieure bildeten hier - im Hinblick auf die meisten strategischen Entscheidungen - eine enge Koalition mit den Sekretären bzw. Treasurers der Gesellschaften. Vgl. Carlson, S. 185, 2 0 8 , 212; Rolt, Brunei, S. 104. 158 Vgl. Then, Eisenbahnunternehmer und technische Herausforderungen, S. 74ff. 159 So wünschte der Ingenieur der REB 1838 die Anschaffung englischer Schriften über Eisenbahnen im Wert von £ 4 15 sh. 4 d. StA Köln, Rheinische Eisenbahn, Best. 1028, Nr. 2, Sitzung vom 16.11.1838. 160 Das Urteil des Ingenieurs beweist in dieser feinen Formulierung, die die Ehre des technisch Machbaren gegen die Kostenrechnung stellt, Augenmaß. Bericht im englischen Original vom 13.2.1836/22.3.1836, Anlage zu einem Schreiben der Direktion an den Ausschuß vom 5.4.1836, StA Leipzig, Tit. LXII Ε Nr. 10a, Bd. 2. 161 StA Köln, REB, Best. 1028, Nr. 82, Sitzung des Administrationsrats vom 2 9 . 3 . 1 8 3 8 . 162 Vgl. Promemoria über die Beschaffung der technischen Hülfe bei den Eisenbahnen, Düsseldorf, den 9. März 1837, gez. Viebahn, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf, Nr. 12 884. Viebahn nahm den Fall zum Anlaß, über die geringe Zuverlässigkeit solcher Ferndiagnosen, ihre hohen Kosten (er veranschlagte das vorliegende Gutachten einschließlich Reisekosten des Assistenten auf 1.200 Thlr.) sowie die Notrwendigkeit eigener, preußischer, ggf. mit Staatshilfe ausgebildeter Ingenieure nachzudenken. 163 Ebd., Nr. 82, Sitzung vom 14.5.1840. 164 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat CL. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 8 7 c ) , 8. Plenarversammlung des Ausschusses vom 22. J anuar 1846. 165 Die Konzeption der Breitspur bei der GWR bewährte sich unter diesem Blickwinkelan den ersten Expresszügen der Eisenbahngeschichte, die ab 1844 mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 43 Meilen/Std.(!) einschließlich Zwischenhalten verkehrten. Sie brauchten damit für die Strecke London-Exeter sensationelle 4 1/2 Stunden, erwiesen sich aber als unwirtschaftlich im Betrieb und fuhren deshalb in den Folgejahren langsamer. Vgl. MacDermot, 1.2, S. 642ff; Gooch, S. 4 5 . 166 Kocka, Eisenbahnverwaltung, S. 270f. 167 Chandler beschreibt die entsprechende Entwicklung für die USA, wo in den 1840er und 50er Jahren große Bauunternehmen entstanden, die als Generalunternehmer lange Bauabschnitte oder ganze Linien erstellten und in Form des Generalunternehmertypus, den Strousberg erfolglos nach Preußen zu importieren suchte, teilweise in Aktien oder Anleihepa pieren der Eisenbahngesellschart bezahlt wurden. Vgl. Chandler, Visible Hand, S. 93ff. 168 LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr.1, Sitzungen 9.10.1826, 16.10.1826, 30.10.1826, 6.11.1826, 27.11.1826, 4.12.1826, 8.1.1827, 5.2.1827, 12.2.1827, 22.10.1827, 21.4.1828, 2 6 . 5 . 1 8 2 8 , 8.9.1828, 1 8 . 5 . 1 8 2 9 , 8.6.1829 und weitere Sitzungen in den letzten beiden Baujahren 1829 und 1830. Insgesamt sind 24 Besichtigungstermine durch Direktoren belegt.
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Anmerkungen zu S. 337-341 169 Ebd., Sitzungen vom 3 0 . 3 . 1 8 2 9 und 8.6.1829. 170 Ebd., Sitzung vom 4 . 1 . 1 8 3 0 . 171 GJR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 2 0 , Nr. 1, Sitzung vom 22.10.1833. 172 Ebd., Sitzungen vom 17.12.1834 und 15.7.1835. 173 Ebd., Sitzung vom 2 6 . 8 . 1 8 3 5 . 174 LBR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 2, Sitzungen vom 1 8 . 2 . 1 8 3 6 und 12.4.1837. 175 Ebd., Nr. 3, Sitzung vom 2 . 6 . 1 8 3 7 . 176 LSW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 412, Nr.1, Sitzungen vom 4 . 1 1 . 1 8 3 6 , 2 0 . 1 2 . 1 9 3 6 , 13.1.1837. 177 Ebd, Sitzung vom 3 1 . 8 . 1 8 3 8 . 178 Gibbsy S. 2 5 - 2 8 . , 3 3 - 3 6 . , 38f., 42f., 54, 6 3 , 6 6 , 6 8 f . Ein Teil dieser Linienbegehungen betraf allerdings das erste bereits eröffnete Teilstück von London aus, das Gibbs befuhr. 179 StA Köln, REB, Best. 1028, Nr. 3, Sitzungen vom 1 6 . 7 . 1 8 3 9 , 3 1 . 1 0 . 1 8 3 9 , 28.3.1840, 25.7.1840. 180 L M R , Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzungen vom 3.9.1827 und 17.9.1827. 181 Ebd., Sitzung vom 2 3 . 6 . 1 8 2 8 . 182 Ebd., Sitzungen vom 13.7.1829 und 4.1.1830. 183 LSW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 412, Nr. 1, Sitzungen vom 9.6.1837 und 14.9.1838, 2 8 . 9 . 1 8 3 8 . Henderson erhielt offenbar zunehmend andere Aufgaben im Bereich der Betriebsorganisation, so daß er als Kontrolleur der Bauarbeiten entbehrlich, sein Rücktritt aber zunächst nicht angenommen wurde. 184 GJR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1, Sitzungen vom 11.3.1835, 17.6.1835, 3.2.1836, 18.5.1836, 21.12.1836, 8.3.1837, 29.3.1837, 3.5.1837 sowie zu den Sub-Ing. am 6.7.1836. 185 LSW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1. Beginnend mit der Sitzung vom 13.2.1835 beschloß der Board regelmäßig jede noch so kleine Zahlung für ausgeführte Arbeiten oder Lieferungen bzw. erteilte einen entsprechenden Vorschuß an ein inzwischen eingeführtes Committee of Management, über den dieses anschließend verfugen konnte. Derartige Zahlungsanweisungen wurden während der Bauleitung durch den später ausgeschiedenen Ingenieur Giles in Beträgen von £ 1.000 bis 10.000 erteilt und korrespondierten in der Umständlichkeit des Rechnungsverfahrens ohne jede Delegierung von Kompetenzen an untere Instanzen mit dem langsamen Fortschritt der Bauarbeiten, welcher die Aktionäre aufbrachte und zu Giles' Ablösung führte. Die höheren Beträge wurden erst in Sitzungen gegen Jahresende 1835 genannt, vgl. Sitzungen des Board vom 11.9.1835, 9.10.1835, 12.2.1836 u.s.w. 186 GWR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 5 0 , Nr. 2, Sitzungen vom 27.10.1837 und 7.1.1839. 187 Vgl. die bereits genannten Berichtsintervalle bei BHE, LDE und REB. Die Direktion der REB hatte allerdings ab dem 7.3.1839 monatliche Bauberichte der Ingenieure angeordnet. StA Köln, REB, Best. 1028, Nr. 3, Sitzung vom 7.3.1839. 188 So etwa bei der LMR, die den Tunnelingenieur vor dem Chefingenieur ernannte, um sich einen Experten mit bergmännischen Kenntnissen zu sichern. LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzung vom 27.6.1826. 189 LBR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 2, Sitzung vom 6.11.1835.
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Anmerkungen zu S. 341-344 190 LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzung vom 17.6.1826. 191 Ebd., Sitzung vom 19.1.1829. 192 Ebd., Sitzungen vom 6 . 1 1 . und 9.11.1829. 193 GJR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 2 0 , Nr.1, Sitzung vom 14.8.1833. Diese Bestimmung wurde auch eigens in die Dienstverträge der leitenden Ingenieure Stephenson und Locke aufgenommen: »That no engineer shall order or consent to any extra work, or alteration in the works, plans, or contracts without first obtaining from the Board a written permission to do so«, Sitzung vom 26.11.1834. 194 Ebd., Sitzung vom 21.12.1833. 195 Ebd., Sitzung vom 20.8.1834. 196 Ebd., Sitzungen vom 17.9.1834 und 24.9.1834. 197 LBR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 2, Sitzung vom 13.2.1835. 198 Ebd., Sitzung vom 12.4.1837. 199 LSW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzung vom 14.7.1837. 200 Ebd., Sitzung vom 29.11.1839. Der Wortlaut der Resolution: »It was resolved that the Engineer be authorized to adopt the measures which he now suggests for the security of the line of Railway and generally in case of contingencies requiring any new measures or expenses, where there may not be time to obtain the previous sanction of the Court, then that the case so arising be submitted to the Chairman or in his absence the Deputy Chairman, and that the needful remedy be applied subject to the discretion of either of them and the same reported to the mext meeting of the Court.« 201 Ebd., Sitzung vom 10.1.1840. 202 StA Köln, REB, Best. 1028, Nr. 82, Sitzungen vom 3.11.1837, 2 1 . 1 2 . 1 8 3 7 , 2 2 . 1 2 . 1 8 4 0 ; Nr. 8 3 , Sitzung vom 5.3.1841. In der erstgenannten Sitzung stand bereits zur Diskussion, ob die Direktion zum selbständigen Ankauf von Materialien, vor allem von Schienen ermächtigt werden könnte. Der Gedanke wurde verworfen, so daß jede größere Beschaffung und jeder Bauvertrag dem Aufsichtsrat zur Genehmigung vorzulegen waren. Folglich mußte ein Beschluß, der Arbeiten, die durch Ausschreibung nicht zu vergeben waren, in eigener Regie vorsah, eigens im Aufsichtsrat gelallt werden. In der fortgeschrittenen Phase des Baus, als technisch schwierigere Arbeiten im Bergland um Aachen anstanden, brach der Kompetenzstreit an der Frage, ob Arbeiten generell auszuschreiben oder auch in Regie möglich seien, und inwieweit dies dem Gutdünken der Direktion zu überlassen sei, erneut aus. Den Mitgliedern des Aufsichtsrats, die entsprechende Anträge stellten und vor allem aus den Reihen der Beamten kamen, hielt Hansemann seitens der Direktion erbost entgegen: »Man möge sich hüten, die Form für die Sache zu nehmen. Es würde freilich auch für den Administrationsrat das Bequemste sein, wenn ihm gar keine Verträge zur Genehmigung vorgelegt würden. In diesem Falle aber würde man mit Recht behaupten, daß dem Statute nicht Genüge geschehe, daß der Administrationsrat keine Wahrheit sei. Denn nicht in der Beobachtung einer Form, sondern darin, daß die Direktion dem Administrationsrat über alles Rede und Antwort geben muß, liege die Gewährschaft für die vollständige Erfüllung des Statuts.«(Sitzung vom 5.3.1841). 203 StA Köln, REB, Best. 1028, Nr. 2, Sitzung vom 23.11.1837, 1.2.1838, 3.2.1838, 5.2.1838. 204 Ebd., Nr. 2, Sitzung vom 16.2.1838.
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Anmerkungen zu S. 344-346 2 0 5 Ebd., Sitzung vom 2 1 . 1 2 . 1 8 3 8 . 2 0 6 Ebd., Nr. 3, Sitzung vom 1.7.1839. 2 0 7 Ebd., Sitzung vom 2 . 7 . 1 8 3 9 . 2 0 8 Ebd., Nr. 3, Sitzung vom 3.8.1839 2 0 9 Ebd., Nr. 3, Sitzungen vom 2 . 9 . 1 8 3 9 und 3.9.1839. 2 1 0 Ebd., Nr. 3, Sitzung vom 2 2 . 1 . 1 8 4 0 . 211 Ebd., Nr. 3, Sitzungen vom 3 . 5 . 1 8 4 1 , 1 7 . 6 . 1 8 4 1 , 1 9 . 6 . 1 8 4 1 , 8.7.1841 und folgende Sitzungsmonate. Die Liste der Detailbeschlüsse, die den Grad an Chaos und Unordnung eher noch steigerten, ließe sich beliebig verlängern, so daß die gebotene Auswahl eher exemplarischen Charakter besitzt. 212 So wurde der für den Brückenbau ernannte Sektionsingenieur nach nur drei Wochen seines Amtes entbunden, weil er acht Tage nicht auf der Baustelle erschienen war und es demzufolge an Aufsicht hatte fehlen lassen. Vgl. ebd., Sitzung vom 8.7.1841. 213 STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 15: Hamburg, 6.5.1845, Bericht über den Stand der Vorarbeiten und die Bauausführung zur Berlin-Hamburger Eisenbahn (Quartalsbericht 1. Quartal). 214 STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 15, Vertrag zwischen dem Ausschusse der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft einerseits und dem Kgl. Ober-Wege-Bau-Inspektor Herrn Neuhaus andererseits über das Engagement des letzteren als Ober-Ingenieur und Mitglied der Direktion der BHE. So geschehen in Ludwigslust am 18. September 1843. Die dem Vertrag anhängende Instruktion umfaßte insgesamt 13 Paragraphen. 215 StA Leipzig, Tit. LXII, Ε Nr. 10a, Bd. 2, Bericht über den Stand der Arbeiten an der LDE, Die Direktion an den Wohllöblichen Ausschuß der LDE vom 31.12.1836. 2 1 6 StA Leipzig, Tit. LXII, Ε Nr. 10a, Bd. 3, Ausschußmitglied G.W. Schnetger an den Ausschuß vom 1.7.1837. 217 Ein erster Fall eines zahlungsunfähigen Bauunternehmers bei der LMR, vgl. Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzungen vom 8.2.1830, 2 2 . 3 . 1 8 3 0 , 5.4.1830. Die GJR verlangte vom Bauunternehmer eines großen Viadukts an der Linie eine Kaution von £ 10.000, Minutes Board meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1, Sitzung vom 4.12.1833. Besonders langwierig gestalteten sich Probleme, die die GJR mit Zahlungsproblemen zweier Bauunternehmer hatte, denn der Fall wurde in insgesamt 22 Direktionssitzungen beraten. Beginnend mit der Klage des Ingenieurs Locke über unbefriedigende Baufortschritte am 8.7.1835 über eine am 9.3.1836 beschlossene formelle Abmahnung der Betroffenen, die am 18.5.1836 erneuert wurde, bis zur Beratung über Finanzhilfen am 21.12.1836 befaßte sich der Board mit diesem Einzelfall. Schließlich übernahm die Eisenbahn quasi die Finanzierung der laufenden Geschäfte des einen Bauunternehmers, indem der Assistenzingenieur Allcard regelmäßig Beträge zwischen £ 2.000 und £ 10.000 angewiesen bekam, mit welchen er die Zahlungsverpflichtungen des Bauunternehmers beglich. Das Ende dieses für fast ein halbes Jahr praktizierten Verfahrens wurde am 3.5.1837 beschlossen. Alle Angaben aus GJR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1. Die LSW schließlich legte bei der Vergabe eines großen Bauabschnittes an den mittlerweile in der Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Locke schon bewährten Bauunternehmer Thomas Brassey sogar 10 % der Bausumme als Sicherheit fest und investierte den Betrag bis zur anstandslosen Fertigstellung der Arbeiten in Aktien der eigenen Gesellschaft. Der Fall zweigt zweierlei: zum einen die inzwischen gestiegenen Finanzkraft eines Unternehmers wie Brassey, zum anderen die Zwischenstufe in der Entwicklung zur Bezahlung von Kontraktoren
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Anmerkungen zu S. 346-349 durch Aktienemission. Vgl. LSW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzung vom 31.8.1838. Die REB erwog, eine größere Schienenlieferung, die mit Hoesch erstmals ein inländischer Unternehmer liefern sollte, durch Gewährung eines Darlehens von 50.000 Thlr. gegen 5 % Verzinsung vorzufinanzieren, StA Köln, Best. 1028, Nr. 2, Sitzung vom 31.3.1838. 218 Coleman, Γ., S. 62. 219 Die Bauorganisation der Arbeiter erfolgt in Schachten, die Schachtmeistern unterstan den, welche ihrerseits als wirtschaftlich selbständige Subunternehmer von den Bauunternehmern angeheuert wurden. Teilweise erteilte die Eisenbahngesellschaft diesen die Aufträge, teils ebenso wie in England direkt zahlreichen Bauunternehmern. Auch die detaillierten Umstände dieser harten Arbeit, der mit den Eisenbahnbauten verbundene Grad gesellschaftlicher Mobilität und die Lebensverhältnisse dieser Arbeiter wurden von den Autoren ausgiebig gewürdigt. Vgl. Kocka, Arbeitsverhältnisse, S. 3 5 9 - 3 7 1 ; Wortmann; Eichholtz, Bewegungen; Obermann, Rolle der Eisenbahnarbeiter; Wolgaramm u.a.; Klinksiek, für England: Colemann, T. 220 Kocka, Arbeitsverhältnisse, S. 361 u. 3 7 1 , betrachtet die Eisenbahnbauarbeiter als Arbeitergruppe im Übergang von traditionellen, vorindustriellen Lebens- und Arbeitsformen zur industriellen Arbeiterklasse. Die - tendenziell abnehmenden - Proteste scheinen, so seine Darstellung, nach der Jahrhundertmitte »gewissermaßen normal geworden zu sein«. Doch dürfte dies das Phänomen nicht vollständig erfassen: Der abnehmende Aufmerksamkeitsgrad für diese Arbeiterproteste hing nicht nur mit Gewöhnungseffekten zusammen, sondern eher damit, daß sich auch die Betriebsorganisation der Baustellen »im Übergang« befand. Mit zunehmend geregelteren Verfahren vor allem der Lohnzahlung und der Überwachung der dafür zuständigen Eisenbahnmitarbeiter bzw. Subunternehmer schwanden auch einige Veranlassungen zum Protest bzw. wurden geregeltere Austragungsformen ermöglicht. 221 LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzung vom 25.1.1830. 222 GJR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1, Sitzung vom 23.11.1836. 223 Ebd.; LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1 u. 2. Vgl. auch Coleman, Τ., Kapitel »Death and Disaster«, S. 7 1 - 7 9 . Ebd., S. 73 sind für den Bau der GWR in einem Zeitraum von knapp zwei Jahren 131 ernsthaft Verletzte, die ins Hospital von Bath eingeliefert wurden, genannt. 224 Coleman, Τ., Kapitel »Navvy and Contractor«, S. 5 6 - 7 0 schildert die Arbeitsbeziehun gen zwischen Bauunternehmer und Arbeiter. Dort findet sich auch die Feststellung, daß tendenziell das dem deutschen Schachtmeistersystem ähnliche System der »butty gangs« konfliktträchtiger war als reine Subunternchmersysteme, bei denen die Arbeiter individuell und nicht im Gruppenakkord entlohnt wurden (S. 53). 225 Die Direktion der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft an die Königliche Regierung, Abt. des Innern, Stettin, d. 17. April 1844, in GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 258, Nr. 22, Bd. 1. 226 Ebd. 2 2 7 Gutachten des Innen- und des Finanzministeriums sowie des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten »Über die Maßregeln ...« vom 26. Mai 1846. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 2 5 8 , Nr. 22, Bd. 2. 228 Die Verordnung vom 30sten Dezember 1798 war 1835 als Anhang zur »Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der dem Gesetze schuldigen Achtung« ausdrücklich bekräftigt worden. Juristisch fraglich blieb allerdings, ob die Erdarbeiter an den Bahnbaustellen überhaupt unter das Gesetz fielen, das im § 3 die »Entrepreneurs von
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Anmerkungen zu S. 349-352 Fabriken, die Gewerkmeister, insbesondere diejenigen, welche Spinnereien halten,« verpflichtete, »solche Vorkehrungen zu treffen, daß ihre Arbeiter, Gesellen, Lehrlinge verhindert werden, sich aus den Werkstätten und Wohnungen zu entfernen«. Zur rechtlichen Stellung von Arbeiter und Lohnherr in Preußen vor 1848 vgl. v.a. Koselleck, Preußen, S. 6 6 u. 127f. 229 Regierungspräsident v. Merckel an v. Bodelschwingh u. v. Arnim, Breslau, d. 19. Okt. 1843, GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 7 7 , Tit. 258 a, Nr. 2 3 , Bd. 1. 230 Schaubert an den Regierungspräsidenten, Neumarkt, d. 26. Nov. 1843. GStA Merseburg, Ministerium des Innern, Rep. 77, Tit. 258 a, Nr. 2 3 , Bd. 1. 231 Anweisungen für die beim Bau der Rheinischen Eisenbahn beschäftigten Schachtmeister. Die Direktion der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft, 25. November 1838. HStA Düsseldorf, Regierung Aachen, Nr. 14.462. 232 Vgl. [ H e n z ] , Die NME, Generalbericht über die baulichen Verhältnisse der NME, in: Eisenbahn-Zeitung, 1848, Nr. 38, 39, 4 1 , 4 3 , 4 4 , 4 5 , S. 307. 233 Vgl. Anm. 2 3 1 . 234 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, CI. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13,Fasz. 15, Vertrag zwischen dem Ausschusse der BHE-Gesellschaft einerseits und dem Kgl. Ober-Wege-BauInspektor Herrn Neuhaus andererseits über das Engagement des letzteren als Ober-Ingenieur und Mitglied der Direktion der BHE, So geschehen Ludwigslust am 18.9.1843, Instruktion, §7. 235 Vgl. Anm. 2 3 1 . 236 [ H e n z ] , NME, S. 329. 237 »Es wäre endlich auch zu bezweifeln gewesen, in Betracht der großen Zahl gleichzeitig in Ausführung begriffener Eisenbahnunternehmungen, daß es uns gelungen sein würde, eine so große Menge von fleißigen, umsichtigen und rechtschaffenden Baubeamten ohne übermäßigen Kostenaurwand zu erhalten, als zum Ersatz aller in unserm Baubetriebe mitwirkenden Unternehmer erforderlich gewesen wäre.« Bericht über die zur Ausführung des Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn-Unternehmens bis Endes des Jahres 1844 getroffenen Einrichtungen, Berlin 1845, S. 11f. 238 Ebd. 239 Vgl. Anonym, Die Entwicklung des Submissionsverfahrens im Bereich des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten (vormaligen Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten); in: Archiv für Eisenbahnwesen. Herausgegeben im Kgl. Preussischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, 4. Jg. 1 8 8 1 , S. 7 3 - 8 3 , hier S. 75. 240 [Der Landrat des Kreises Neumarkt] Schaubert, Betreffend die in Vorschlag gebrachten Maaßregeln zur Beseitigung der Gefahren, welche aus der Rückkehr so vieler, in den nächsten Jahren bei den Eisenbahnen zu beschäftigenden Arbeiter in ihre Heimath entstehen könnten. Neumarkt, d. 8. November 1844, Archiwum Panstwowc we Wroclawiu, Nr. I 9 0 7 7 , B1. 16-26. Ich danke Gerhard Stahr Mir diese Quelleninformation. 241 Bedingungen zur Ausführung der Erdarbeiten, der Brücken, Durchlässe und WegeUnterfuhrungen, so wie zur Lieferung und Anfuhr der Materialien, welche zur Erbauung der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn erforderlich werden; in: Eisenbahn-Zeitung, IV. Jahr, Nro. 3, 1846, S. 17ff. 242 Sitzungen der Direktion der Rheinischen Eisenbahn vom 2. Juli und 1. Oktober 1838, StA Köln, Bestand 1028, Nr. 2. 243 Sitzungen der Direktion der Rheinischen Eisenbahn vom 2 3 . Oktober, 7. November, 4. Dezember 1 8 3 7 , 2 . , 17., 19. Januar, 12. Februar, L , 3 . , 8 . , 3 1 . März, 12., 16., 19. Mai, 12. Juni, 26. Juli, 16. September, 20. Dezember 1838, StA Köln, Bestand 1028, Nr.2; vom 19.,
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Anmerkungen zu S. 352-353 2 6 . , 28. März, 7. Mai, 2. September 1 8 3 9 , 2 2 . Januar, 1 1 . Mai 1840, StA Köln, Bestand 1028, Nr. 3 244 Vgl. auch Leipzig-Dresdner Eisenbahn, S. 50. Dort wird gezeigt, daß die am Bau der LDE beteiligten Unteringenieure später in leitenden Bahnfunktionen ebenso wie in hohen Baubeamtenpositionen Karriere gemacht hatten. Vgl. auch die Erklärung der Direktion der LDE in ihrem ersten Baubericht, beim ersten Bauabschnitt handele es sich um eine Art Trainingsfeld für das Fachpersonal. Siehe Kap. VIII.3.2. Anm. 2 1 5 . 245 Speziell die Suche nach qualifizierten Sektionsingenieuren, Steigern (für den Tunnelbau), Bauaursehern und Schachtmeistern beschäftigte die Direktion der Rheinischen Eisenbahn am 13., 18., 20. August, 16. September, 4. Oktober, 20., 2 5 . , 27., 2 8 . November, 3., 5., 14. Dezember 1838, StA Köln, Bestand 1028, Nr. 2. 246 StA Köln, Best. 1028, REB, Nr. 2, Sitzung vom 2 5 . 7 . 1 8 3 8 . 247 Ebd., Sitzungen vom 14.12.1838, 16.12.1838, 2 1 . 1 2 . 1 8 3 8 , 3 0 . 1 2 . 1 8 3 8 , 31.12. 1838. 248 Ebd., Nr. 3, Sitzungen vom 25.1.1839, 1.5.1839. 249 Ebd., Nr. 2, Sitzungen vom 5.12.1838, 12.12.1838, 2 0 . 1 2 . 1 8 3 8 ; ebd., Nr. 3, Sitzungen vom 28.3.1839, 3.8.1839, 2.9.1839, 2 2 . 1 . 1 8 4 0 , 25.7.1840. 250 Sitzungen der Direktion der Rheinischen Eisenbahn vom 19. Oktober 1837, 16. Februar, 3 1 . März, 5. Mai 1838, StA Köln, Bestand 1028, Nr.2 sowie vom 22., 2 3 . Januar, 17., 25. Juli 1840, Bestand 1028, Nr. 3. 251 Dieser Abschnitt kann eine Untersuchung der beruflichen Herkunft der Bahnbeamten und -arbeiter nicht ersetzen, die durchaus weitere Aufschlüsse über die Einwirkung anderer gesellschaftlicher Institutionen bzw. anderer Unternehmen verspräche und eine eigene Aufarbeitung lohnte. Doch mögen hier Einzelfälle als Indiz dafür stehen, daß die ersten Bahnbeamten individuell aus diversen Berufen und Tätigkeiten in ihre neue Funktion eintraten. Alle Gesellschaften berichten in ihren Gremienprotokollen von einer regen Nachfrage nach Eisenbahnposten, die sich in Stellengesuchen an die Direktionen niederschlug. Vgl. z.B. LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzungen vom 2 7 . 4 . 1 8 2 9 , 27.7.1829,7.9.1829, 2 8 . 9 . 1 8 2 9 , 2.11.1829. Die LMR bestellte zunächst die beiden Bahnhofsvorsteher (»Agenten«) der Gesellschaft in Liverpool und Manchester und beteiligte diese dann an der Auswahl des weiteren benötigten Personals, vgl. LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzungen vom 6.11.1829, 7.12.1829, 21.12.1829, 4.1.1830, 1.2.1830, 8.2.1830, Nr. 3, Sitzungen vom 21.7.1830, 22.7.1830, 5 . 8 . 1 8 3 0 , 9 . 8 . 1 8 3 0 und vereinzelt folgende Sitzungen. Die GJR übertrug diese Aufgaben weitgehend dem sogenannten »Establishment Committee«, das aus dem für die Konstruktion zuständigen »Engineering Committee« hervorgegangen war. Vgl. GJR, Minutes Baord Meetings, PRO London, RAIL 2 2 0 , Nr. 1, Sitzung vom 14.9.1836. Ähnlich ging offenbar die LBR vor, deren Personalernennungen in den Board Minutes nicht einzeln belegt sind, über die einen Überblick zu geben die Sekretäre der beiden Divisionen jedoch beauftragt wurden. Vgl. LBR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 3, Sitzung vom 8.6.1838. Auch die LSW ernannte ein »Appointments Committee«, das vor allem mit Beteiligung des Fuhrexperten Chaplin {der ein großes Kutschennetz betrieben hatte) handeln und das Personal einstellen sollte, vgl. LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzung vom 30.8.1838. Auch für die GWR fehlen Nachweise einzelner Personalernennungen in den Board Minutes.
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Anmerkungen zu S. 354-356 252 Für die REB vgl. StA Köln, Best. 1028, Nr. 3, Sitzungen vom 7.3.1839, 2 8 . 3 . 1 8 3 9 , 3.5.1839, 1 . 8 . 1 8 3 9 , 3 . 9 . 1 8 3 9 , 8 . 1 0 . 1 8 3 9 , 3 0 . 1 0 . 1 8 3 9 . Für die LDE StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10a, Bd. 2, Direktion an den Ausschuß vom 11.4.1837: Lokführer aus England erhielten £ 3 Gehalt pro Woche. 253 Die Direktion der REB an die Kgl. Regierung zu Aachen vom 2 8 . 7 . 1 8 4 1 , Anlage: Verzeichnis der Sections-Conducteure, Bahnmeister, Wärter und Gehülfen, welche in ihrer Eigenschaft als Bahn-Polizci-Beamten von der Kgl. Hochlöblichen Regierung zu Aachen zu bestätigen und demnächst zu vereidigen sind, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 4 5 6 . Die Bauarbeiter hatten vor ihrer Tätigkeit beim Eisenbahnbau als Handwerker, Kleinbauern, Tagelöhner, vereinzelt auch bereits in einer leitenden Tätigkeit, z.B. als Steiger oder Geometer gearbeitet. Sie waren zwischen 25 und 4 8 , mehrheitlich jedoch zwischen 30 und 4 0 Jahre alt, 32 von ihnen hatten beim Militär gedient. 254 Ebd., Die Direktion der REB, gez. Hauchecorne, an den Herrn Polizeidirektor v. Lüdemann in Aachen, 2 4 . 1 2 . 1 8 3 9 , in der Anlage: Prüfungsfragen und Schreibproben von drei Bahnwärter- und einem Bahnaufseher-Kandidaten. Die Schriftproben sollten die Fähigkeit der Kandidaten dokumentieren, über dienstlich relevante Vorkommnisse schriftlich Mitteilung an vorgesetzte Stellen zu machen. Beispiel: Testfrage: »Was hat der Bahnwärter zu tun, wenn während einer Fahrt der Dampfwagen verhindert ist, weiter zu fahren?« Antwort: »Es muß Der Bahnwärter die weiße Flage in der Mitte Stellen so muß der Dampfwagel halten. Philipp Strang Aachen d 30 Dezember 1839« 255 LMR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 1, Sitzung vom 17.5.1830. 256 Ebd., Nr. 2, Sitzung vom 2 0 . 9 . 1 8 3 0 . 257 STA Hamburg, Best. 1 1 1 - 1 Senat, Cl. VII, Lit. K a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87 c ) , Sitzung des Ausschusses vom 22.7.1844. 258 StA Köln, Best. 1028, Nr. 3, Sitzung vom 9.7.1841 (nachmittags). 259 LBR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 3, Sitzung vom 23.11.1838. 260 StA Köln, Best. 1 0 2 8 , Nr. 3, Sitzung vom 3.9.1839. 261 GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 250, Nr. 4, Sitzung vom 9.5.1850. Das späte Datum des Verbots belegt, daß auch Jahre nach Betriebsbeginn eine vermutlich wiederholte Klärung des Sachverhalts nötig war. 262 LMR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 2, Sitzung vom 21.7.1830. 263 LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 2 , Nr. 1, Sitzung vom 30.8.1838. Der entsprechende Beschluß erging als Weisung an ein für Einstellungen geformtes »Appointments Committee« des Board. 264 Ebd., RAIL 4 1 1 , Nr. 3, Sitzung vom 26.10.1849. 265 GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 250, Nr. 2, Sitzung vom 30.10.1835. 266 StA Köln, Best. 1028, Nr. 2, Sitzungen vom 18.10.1837 u. 19.1.1838. 267 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Ka, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 8 7 c ) , Sitzungen des Ausschusses vom 10.2.1845, 1 2 . 1 0 . 1 8 4 7 , 2 1 . 5 . 1 8 4 9 , 1.8.1849. 268 StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10a, Bd. 4, Die Direktion an den Ausschuß der LDE vom 19.6.1838. Die Direktion teilt mit, daß J . B . Buchler, vorher Bevollmächtigter der Erzgebirgischen Eisenbahngesellschaft, gegen 5.000 Thlr. Kaution bestellt worden sei. 269 LMR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 2, Sitzung vom 27.12.1830: Buchhalter entlassen, weil er unterlassen hatte, wöchendiche Kontenabschlüsse
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Anmerkungen zu S. 356-358 zu erstellen; ebd., Sitzung vom 16.2.1835; ebd., Nr. 6, Sitzung vom 27.5.1844, 2 4 . 6 . 1 8 4 4 , 2 7 . 1 . 1 8 4 5 , 28.4.1845; ein größerer Fall von »Irregularities« ist für die LNW in späteren Jahren belegt, der zu drei Entlassungen, einem Rücktritt und zwei Verwarnungen führte, vgl. LNW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 2 3 , Sitzung vom 8.8.1857; bei der LSW: Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 412, Nr. 1, Sitzung vom 2 5 . 1 . 1 8 3 9 ; RAIL 4 1 1 , Nr. 3, Sitzung vom 2 3 . 3 . 1 8 4 9 , 11.5.1849, 5.10.1849; die GWR-Direktoren ließen, um Veruntreuungen vorzubeugen, eine vollständige Liste der Einnehmer der Gesellschaft erstellen und berieten höhere Kautionen. Vgl. GWR, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 250, Nr. 17, Sitzung vom 23.8.1860. Entsprechende Fälle bei der REB, vgl. StA Köln, Best. 1028, Nr. 5, Sitzungen vom 2 1 . 7 . 1 8 4 5 , 18.8.1845 (nachmittags), 1 6 . 1 2 . 1 8 4 5 , 2 9 . 1 2 . 1 8 4 5 . 270 LMR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 2, Sitzung vom 25.5.1835. 271 LBR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 8 3 , Nr. 2, Sitzung vom 23.5.1838. 272 STA Dresden, Archiv der RBD Dresden, Bahnen, LDE, Nr. 7726. Dieses Faszikel befaßt sich ausschließlich mit der Einstellung von Eisenbahnbeamten und der Kartellregelung. Dort findet sich eine Übersicht: »Cartel wegen des Engagements der aus dem Dienst der einen in den Dienst der anderen Eisenbahn-Gesellscahft tretenden ist abgeschlossen worden mit«. Es folgt eine Liste der Gesellschaften und des Datums des Vertrages, sowie die Anmerkung, ob eine Konventionalstrafe vereinbart wurde. In den Direktionsprotokollen der REB schlug sich die Verabredung in der Sitzung vom 18.3.1841 nieder, StA Köln, Best. 1028, Nr. 3. Anläßlich der Eröffnung der KME vollzog die REB mit der benachbarten KME ein solches Abkommen, ebd., Nr. 5, Sitzung vom 11.6.1845. 273 LMR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 2, Sitzung vom 6.12.1830. 274 Ebd., Sitzungen vom 7 . 9 . 1 8 3 5 , 2 8 . 9 . 1 8 3 5 . Vgl. auch Sitzung vom 2 3 . 6 . 1 8 4 5 . Hier wurde eine feste Gehaltsskala für höhere Angestellte beschlossen. 275 LBR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 384, Nr. 3, Sitzung vom 8.6.1838. 276 Ebd., Nr. 6, Sitzung vom 12.12.1845. 277 LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 1 , Nr. 3, Sitzungen vom 2.3.1849,9.3.1849, 1 4 . 3 . 1 8 4 9 , 3 0 . 3 . 1 8 4 9 . 278 GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 5 0 , Nr. 3, Sitzung vom 14.2.1843, dem Protokoll anhängend als Appendix der »Report of the Sub-Committee of Revision«, aus dem hervorgeht, daß die GWR zu dieser Zeit 906 Beschäftigte aller Funktionen hatte, wobei entsprechende Rechnungen unter anderem nachweisen, daß der durchschnittliche Officer (Beamte) der Gesellschaft £ 221 p.a., der durchschnittliche Clerk (Büroangestellte) £ 8 2 10 sh. verdiente. Die Personalkosten wurden differenziert nach Kostenstellen bzw. Dienststellen analysiert. 279 Vgl. z.B. ebd., Sitzung vom 13.8.1844. 280 Ebd., Nr. 4, Sitzungen vom 15.5.1850, 23.5.1850, 6.6.1850 (Appendix: Report des Sub-Committee). 281 LNW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 2 3 , Sitzung vom 9.5.1857. 282 Ebd., Sitzungvom 12.12.1857. 283 Ebd., Nr. 24, Sitzung vom 20.2.1862.
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Anmerkungen zu S. 358-361 2 8 4 StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10a, Bd. 5, Die Direktion an den Ausschuß vom 30.1.1840. 2 8 5 Ebd., Sitzung des Ausschusses vom 6.12.1839, B1. 2 2 7 - 2 5 4 . 2 8 6 STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 125 r) Personaletat für die Jahre 1849, 1 8 5 1 - 5 3 . 2 8 7 Ebd., Fasz. 125 o ) , Sitzung des Ausschusses vom 25.2.1850. 2 8 8 Ebd., Fasz. 2 9 3 b ) , Sitzung des Ausschusses vom 15.6.1877. 2 8 9 StA Köln, Best. 1028, Nr. 3, Sitzungen vom 9.7.1841 (nachmittags), 15.8.1841. 2 9 0 Ebd., Sitzung vom 15.10.1841. 291 Ebd., Nr. 5, Sitzung vom 4.4.1845. 292 Vgl. zu den Gründungsbeschlüssen REB: StA Köln, Best. 1028, Nr. 5, Sitzungen vom 1 4 . 5 . 1 8 4 5 , 1 8 . 8 . 1 8 4 5 ; BHE: STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Ka, Nr. 1 1 , Vol. 13, Fasz. 87 c ) , Sitzungen des Ausschusses vom 11.12.1843 (nachmittags), 27.3.1844, 1 0 . 2 . 1 8 4 5 , 1 5 . 3 . 1 8 4 7 , 1 2 . 1 0 . 1 8 4 7 , 6 . 1 2 . 1 8 4 8 , 2 3 . 3 . 1 8 4 9 . Gründung hier schließlich 1848, die Sitzungsfolge belegt die lange Vorlaufzeit des Vorhabens. Für England: Bsp. GJR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 2 0 , Nr. 1, Sitzung vom 17.5.1837; die LNW verpflichtete ab 1857 alle »Officers« der Gesellschaft, einer Pensionskasse beizutreten. Vgl. LNW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 2 3 , Sitzung vom 9.5.1857; die LSW begann über einen Pensionsfonds 1860 zu beraten, vgl. LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 1 , Nr. 4, Sitzungen vom 31.5.1860, 8.6.1860, 21.6.1860. Für die großen Bahnen der Rheinprovinz vgl. finden sich Reglements dieser Kassen: HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf 12 8 8 6 , REB, Statuten des Pensions-Vereins der Beamten der REB, Köln 3 1 . 1 . 1 8 6 6 ; BME, Statuten für die Kranken-Kasse der Beamten und ständigen Arbeiter der BME, Elberfeld 31.1.1860. Mit Nachträgen vom 30.11.1865 und 19.6.1866; KME, Statut der Kranken- und Unterstützungs-Kasse für die Arbeiter in den Maschinen-/ Wagen-Werkstätten der KME, Köln, August 1856 und Nachtrag vom 3.1.1860; KME, Reglement für die Krankenkasse der ständigen Bahn- und Bahnhofsarbeiter, Köln 6.9.1854. Für die REB löste das hier genannte Statut die Regelungen des »Statuts für den Unterstützungs-Verein des Rheinischen Eisenbahn-Personals« von 1845 ab. 293 Chandler, Visible Hand, v.a. Kapitel vier und fünf, S. 122-187. 294 Vgl. ebd., Table 3. und Table 4., S. 168f. Die 27 größten Bahnen betrieben 1893 6 9 % des US-Streckennetzes, die 32 größten 1906 80 %. 295 Eine erste Debatte um den Anschluß der GJR an die schon bestehende LMR entstand 1835 während des Baus der GJR um die Bauausführung. Die LMR ernannte ein Komitee, das eine niveaugleiche Kreuzung möglichst schon durch den Act der GJR verhindern sollte. Vgl. LMR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 371, Nr. 2, Sitzung vom 13.4.1835. Weitere Sitzungen zu diesbezüglichen Fragen ebd., Nr. 6, Sitzungen vom 8.1.1844, 29.1.1844, 12.2.1844,6.5.1844, 13.5.1844,29.7.1844, 5.8.1844,18.11.1844. Bei der GJR begannen entsprechende Beratungen bereits vor dem Bau der Linie, begleitet von Verhandlungen mit der LMR über die zukünftige Betriebsfuhrung und die Gebühren für Mitbenutzung der anderen Bahn. Vgl. GJR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 220, Nr. 1, Sitzungen vom 28.8.1833, 11.9.1833,20.11.1833,27.11.1833,4.12.1833. Dasselbe galt für den Anschluß an die LBR. Vgl. ebd., Nr.l, Sitzungen vom 16.12.1835, 30.12.1835, 17.2.1836, 9.3.1836, 1.6.1836, 29.6.1836, 13.7.1836, 10.8.1836, 17.8.1836, 24.8.1836, 28.9.1836, 8.10.1836, 19.10.1836, 9.11.1836. Diese große Zahl von Sitzungen widmeten die Direktoren nur umstrittenen Fragen des baulichen Anschlusses. Ausfuhrliche Beratungen
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Anmerkungen zu S. 361-362 regelten die Betriebsorganisation des durchgehenden Verkehrs nach Liverpool und Manchester, vgl. v.a. ebd., Sitzung vom 28.6.1837. 296 Steel, S. 146ff., der die Rede des Chairman Glyn bei der ersten Generalversammlung der fusionierten LNW am 7.8.1846 wiedergibt. 297 L M R Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 3 7 1 , Nr. 6. Sitzungen vom 12.2.1844, 1 9 . 2 . 1 8 4 4 , 3 0 . 9 . 1 8 4 4 , 2 1 . 1 0 . 1 8 4 4 , 2 . 1 1 . 1 8 4 4 , 4 . 1 1 . 1 8 4 4 . 298 Mark Huish schloß als Generalmanager der GJR das erste derartige Abkommen mit der Midland, Manchester & Leeds im Jahr 1845, wobei die Frachterträge nach festen Prozentanteilen aufgeteilt wurden, vgl. Gourvish, Mark Huish, S. 78. Nach der Fusion zur LNW brachte er ein derartige Abkommen zwischen LNW, Midland, Lancashire & Yorkshire, East Lancashire und Manchester, Sheffield & Lincolnshire zustande, das bis 1851 bestand, vgl. ebd., S. 107. Derartige Abkommen gerieten in den fünfziger Jahren zunehmend unter Druck durch das Ausscheren einzelner Beteiligter in Preiskämpfen. Die erwartbarc Instabilität von Kartellen setzte sich letzten Endes durch. Vgl. zur Beteiligung der LNW an Abkommen wie der »Octuple«- oder »Ten-Towns«-Absprache unter Huishs Ägide ebd., S. 163-167. Zu den Details kartellierten Betriebes und entsprechender Absprachen zwischen den Bahngesellschaften des englischen Nordens vgl. ebd., S. 2 0 1 - 2 3 4 . 299 Lewin. Railway Mania, S. 4 2 8 . 300 E b d . , S . 244f. 301 Die Komiteestruktur der LNW im Jahre 1867 gibt Aufschluß über die Beziehungen zu Tochtergesellschaften: In 20 Boards von Linien »connected with, or leased to, the LNW« ernannte die LNW delegierte Direktoren zur Leitung dieser assoziierten, rechtlich aber selbständigen Unternehmen. In weiteren 20 Komitees, die gemeinsam mit anderen Gesellschaften besetzt wurden, regelten LNW-Direktoren Fragen des durchgehenden Verkehrs, wobei es für größere Bahnhöfe eigene solche Gremien gab. Vgl. LNW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 25, Sitzung vom 22.2.1867, Anlage gedruckt mit der Namensübersicht der Gremienbesetzungen. Im Jahre 1872 gab es je 19 der beiden genannten Komiteearten, 1877 deren 16 bzw. 20. Vgl. ebd., Nr. 2 6 , Sitzung vom 24.2.1872, sowie Nr. 27, Sitzung vom 17.3.1877. 302 GWR Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 2 5 0 , Nr. 3, Sitzungen vom 15.8.1842, 1.9.1842, 3.11.1842, 1.2.1843 (Pacht, später Kauf der Cheltenham & Great Western Union Railway); Sitzung vom 14.8.1843 (£ 150.000 Subskription als Kapitalbeteiligung an der Plymouth Railway, gemeinsam mit der Bristol & Exeter und der Gloucester & Birmingham Railway sollten insgesamt £ 4 0 0 . 0 0 0 gezeichnet werden); Sitzung vom 13.8.1844 (Finanzielle Unterstützung für die Cornwall Railway); Sitzungen vom 10.2.1845, 11.8.1845, 12.8.1845, 12.2.1846, 19.8.1846, 16.8.1847 (betr. die Oxford, Worcester and Wolverhampton Railway, North Devon Railway, South Devon Railway, Wiltshire, Somerset & Weymouth Railway, South Wales Railway, Birmingham and Oxford Railway, Gloucester & Forest of Dean Railway). So zeichnete die GWR £ 375.000 des Kapitals der Oxford, Worcester and Wolverhampton, £ 500.000 für den Bau der South Wales Railway, auf welcher die GWR zugleich gegen eine garantierte Verzinsung von 5 % auf das Aktienkapital den Betrieb übernahm, £ 150.000 der Aktien der South Devon Railway und wendete insgesamt für die Sicherung eigener Interessen in dieser Art allein in Richtung Norden (also in Konkurrenz zur LNW) £ 6 Mio. auf. Vgl. zu diesen Angaben MacDermot, I.l., S. 151, 174, 191 ff., 220, 394 sowie Lewin, Railway Mania, S. 5 1 . 303 So z.B. mit der Portsmouth Railway, vgl. LSW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 1 , Nr. 4, Sitzungen vom 5.1.1860, 12.1.1860, 14.1.1860, 19.1.1860,
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Anmerkungen zu S. 362-365 2 6 . 1 . 1 8 6 0 , 2 8 . 1 . 1 8 6 0 , 16.2.1860, 2 3 . 2 . 1 8 6 0 , 1.3.1860, 22.3.1860. Zugleich beschloß der Board den Kauf der Wimbledon & Dorking Railway, ebd., Sitzungen vom 16.2.1860, 5.3.1860, 1 5 . 3 . 8 6 0 , 29.3.1860. 304 Vgl. Lewin, Railway Mania, S. 66ff. 305 Gourvish, Mark Huish,S. 218. So beriet der Board der LNW kurzzeitig die Idee einer Fusion mit der Midland Railway, ein Manöver, welches einen noch weit größeren Konzern hätte entstehen lassen als es die LNW schon war. Schließlich beschränkten sich beide Gesellschaften jedoch auf ein Abkommen. Vgl. LNW Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 4 1 0 , Nr. 2 2 , Sitzung vom 18.9.1852. Das Abkommen brach 1857 zusammen, vgl. ebd., Nr. 2 3 , Sitzung vom 9.5.1857. 306 MacDermot, 1.1, S. 390ff. 307 Ebd.,S.430ff. 308 Vgl. v.a. Gourvish, Mark Huish, S. 1 4 4 - 1 4 7 . 309 Vgl. Kapitel IV.2.1. zum preußischen Eisenbahngesetz und den Statuten der Gesellschaften. Daß Fusionsabsichten von den Staatsbehörden eher restriktiv beschieden werden wurden, zeigen die Reaktionen auf ein im Frühstadium gescheitertes Vorhaben von MagdeburgLeipziger Eisenbahn, BAE und BPME im Jahre 1847. Der Oberpräsident der Provinz Sachsen berichtete an die zuständigen Ministerien, daß er das Manöver für »Börsen-Schwindel« halte, weil »Männer, welche das Publikum genau kennt«, aus den Reihen der BPME-Führung sich der MLE, die »unter allen deutschen Eisenbahnen in ihren finanziellen Verhältnissen am glücklichsten situiert« sei, zu bemächtigen suchten. Dies gelte um so mehr, »da die Verwaltung derselben [der MLE, V.T. ] als eine in jeder Beziehung geregelte und tüchtige bezeichnet werden muß, während nach meiner Ansicht von der Verwaltung der BPME Gleiches nicht behauptet werden kann«. V. Bonin plädierte vehement gegen die Genehmigung eines solchen Vorhabens. Vgl. Der Oberpräsident der Provinz Sachsen, v. Bonin, an die Minister des Innern und der Finanzen vom 24.7.1847, GStA Merseburg, Rep. 7 7 , Tit. 258 a, Nr. 2 1 . In der Akte finden sich noch mehrere Stücke zu den Beratungen des Falles, unter anderem Finanzminister v. Düesbergan Innenminister v. Bodelschwingh vom 24.8.1847, in dem festgestellt wird, daß eine Genehmigung nicht zu erwarten sei. 310 Die Grundlagen dieser Kooperation wurden schon während der Bauzeit vereinbart. Vgl. StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10a, Bd. 3, Sitzungen des Ausschusses vom 28.10.1837 und 12.12.1837, Bd. 4, Sitzung des Ausschusses vom 29.12.1838 und Direktion an den Ausschuß vom 22.12.1838. 311 StA Köln, Best. 1028, Nr. 2, Sitzungen vom 4.5.1838 und 29.12.1838; Nr. 3, Sitzung vom 15.2.1841; Nr. 82, Sitzung des Administrationsrates vom 10.5.1838. 312 StA Köln, Best. 1028, Nr. 5, Sitzungen vom 31.1.1845, 20.2.1845. 313 Ebd., Sitzungen vom 2 1 . 2 . 1 8 4 5 , 5.3.1845, 2 9 . 3 . 1 8 4 5 , 5.4.1845, 1 1 . 4 . 1 8 4 5 , 1 4 . 5 . 1 8 4 5 , 2 6 . 5 . 1 8 4 5 (nachmittags), 2 . 6 . 1 8 4 5 , 1 9 . 6 . 1 8 4 5 , 2 7 . 6 . 1 8 4 5 , 2 1 . 7 . 1 8 4 5 , 18.8.1845 (nachmittags), 2 1 . 1 0 . 1 8 4 5 , 7.11.1845; ebd., Nr. 82, Sitzung des Aufsichtsrates vom 6.3.1845. Die Beratungen dieses Jahres besitzen eher exemplarischen Charakter und belegen die Vorgehensweise in einer regelmäßig wiederkehrenden Angelegenheit, die organisatorisch zur Routine werden mußte, 1845 jedoch noch in den Kinderschuhen steckte, weil erst seit 1844 die Erfahrungen eines ersten vollständigen Betriebsjahres vorlagen. 314 Ebd., Sitzungen vom 31.1.1845, 2 6 . 2 . 1 8 4 5 , 1 4 . 5 . 1 8 4 5 , 1 9 . 6 . 1 8 4 5 , 2 7 . 6 . 1 8 4 5 . 315 Ebd., Sitzung vom 7.11.1845. 316 Deutsche Eisenbahnen, S. 272.
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Anmerkungen zu S. 365-367 317 Die Direktion der REB an die Kgl. Regierung zu Köln, 29.12.1847, HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2007. 318 Denkschrift über die Belebung und Erweiterung des Güter-Transports und der Handels-Beziehungen zwischen den Zollvereins-Staaten und dem nordwestlichen Frankreich, mittels Benutzung der rheinisch-belgisch-französischen Eisenbahnen über Cöln, Aachen, Brüssel, Paris, Rouen und Havre, Hauchecorne, Cöln 1847; Betrachtungen über die Mittel zur Erreichung und Handhabung gemeinschaftlicher Maßregeln behufs zweckmäßiger Verbindung des internationalen Transport-Verkehrs auf den norddeutschen Eisenbahnen zwischen Stettin, Berlin, Leipzig, Hamburg und Bremen (Magdeburg, Braunschweig, Hannover) und Cöln, Düsseldorf, Elberfeld, Aachen, im Zusammenhange mit Belgien und Frankreich, Hauchecorne, Cöln 1847; beide im GStA Merseburg, Rep., 77, Tit. 258, Nr. 1, Vol. 3. 319 Ebd., »Betrachtungen ...«. 320 Ebd. 321 Am 8.10.1848 zu Brüssel abgeschlossene vorläufige Übereinkunft wegen Erleichterungen in der Zoll-Abfertigung bei dem Verkehre auf den Eisenbahnen zwischen Cöln, Brüssel und Paris/Havre. Dieses stellte zugleich eine Modifikation des Regulativs vom 10.9.1843 dar. HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2007. Für die KME im Verkehr mit Hannover: Regulativ über die Behandlung des Waren- und Sachtransports auf der KME, in ihrer Verbindung mit den Hannoverschen Fusenbahnen, in Bezug auf das Zollwesen. Berlin, den 2. August 1848, Der General-Direktor der Steuern, HStA Düsseldorf, Reg. Köln 2007. Die Regelungen der Zollfragen ftir die durch mehrere Staaten führende BHE bildet eine eigene Akte. Am 11.9.1846 erging das Regulativ über den Waren- und Sachtransport auf der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Bezug auf das Zollwesen. Alle Stücke GStA Merseburg, Rep. 151 III, Finanzministerium, Nr. 8055. Der Mecklenburgische Transitzoll endete mit der Reichsgründung, vgl. STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 11, Vol. 13, Fasz. 245 h) Abschluß Betriebsrechnungen 1871-75. 322 Vgl. Geschäftsbericht der Direktion der DEE Gesellschaft für das Jahr 1855, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1116 a; REB, Auszug aus den Verhandlungen der am 23. Mai 1863 im Rathaussaale in Aachen abgehaltenen 26. ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre, HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 438. 323 Chandler, Visible Hand, S. 127ff. 324 Ebd.,S. 128. 325 LNW, Minutes Board Meetings, PRO London, RAIL 410, Nr. 20, Sitzungen vom 10.1.1846, 14.11.1846, 12.12.1846. Den Spediteuren wurde das bestehende Vertragsverhältnis explizit und fristgerecht gekündigt. 326 Bericht der Direktion der KME-Gesellschaft über den Bau und Betrieb der unter ihrer Verwaltung stehenden Eisenbahnen im Jahre 1877, Anlagen XXIV und XXV, GStA Merseburg, Rep. 151, Finanzministerium, HB Nr. 1342. 327 Vgl. z.B. entsprechende Beratungen der Direktion der REB, StA Köln, Best. 1028, Nr. 14, Sitzungen vom 9.1.1865, 20.1.1865, 27.1.1865, 31.1.1865, 10.2.1865,21.2.1865, 22.2.1865,24.3.1865,21.4.1865,19.5.1865, 31.5.1865, 9.6.1865, 23.6.1865 nur während des ersten Halbjahres 1865. 328 BHE, Sitzungen des Ausschusses bzw. der Direktion, STA Hamburg, Best. 111-1 Senat, Cl. VII, Lit. Κ a, Nr. 11, Vol. 13, Fasz. 87 c), Sitzungen vom 16.5.1847 (Übernahme des Betriebes auf der Magdeburg-Witte η berger Eisenbahn), 6.12.1848 (Tariffragen mit der NME, BAE direkter Verkehr nach Leipzig und Dresden); ebd., Fasz. 125 p), Sitzungen vom 3.3.1852 (direkter Verkehr nach Halberstadt), 3.10.1853 (direkter Verkehr Chemnitz); ebd., Fasz. 132, Sitzung vom 13.7.1854 (direkter Verkehr, u.a. mit der LDE); ebd., Fasz. 97 e),
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Anmerkungen zu S. 367-371 Sitzung vom 2 0 . 1 2 . 1 8 5 1 (direkter Verkehr nach Bayern); ebd., Fasz. 125 o ) , Sitzungen vom 1 7 . 1 0 . 1 8 5 1 und 26.1.1852 {direkter Verkehr mit Bayern, Nordhausen, dem Bodensee). 4. General-Bericht der Direktion der BHE, Die Direktion der BHE an den Minister des Innern, 2 1 . 5 . 1 8 4 7 , GStA Merseburg, Rep. 77, Tit. 258a, Nr. 30, Vol. I (Fahrplan Hamburg-BerlinWien). 3 2 9 Die Direktion der REB, Cöln d. 1.4.1870, an das Kgl. Eisenbahn-Commissariat hier, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1121. 3 3 0 Vgl. Schreiber, Tabellen S. 4 6 - 4 9 , 75ff 331 Kocka, Eisenbahnverwaltung, S. 275. 332 Die Beratungen zum von den bürgerlichen Eisenbahnunternehmern scharf angegriffenen Eisenbahngesetz begannen 1843: Auf Anordnung des Finanzministeriums vom 8.2.1843 versammelten sich in Düsseldorf folgende Vertreter zur Beratung, um »die nach den gesammelten Erfahrungen sich als nötig oder zweckmäßig ergebenden Abänderungen oder Ergänzungen des Gesetzes vom 3. November 1838 gemeinsam zu erwägen«: - Reg.Präs. Frhr. v. Spiegel als Kgl. Kommissar - Staats-Prokurator Kühlwetter - und Archivrat Lacomblet als Mitglieder der Direktion der DEE - Bau-Ingenieur Calebow Zu den Beratungen lagen Schriftsätze der REB, als Beilage das belgische Eisenbahngesetz, des Kön-Bonner Direktors Mülhens und des REB-Gründers Camphausen vor. Alle Dokumente HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 430. 333 Vgl. Fleck, Studien VI, S. 261f.; Hundert Jahre Deutsche Eisenbahnen, S. 271 f., 286. 334 In rheinischer Sprachgewalt umschrieb der Aktionär Davidsohn in der für die Verstaatlichung der KME entscheidenden Generalversammlung das Verhältnis zwischen Privatbahnen und preußischem Staat als «Kampf der Zwerge gegen den Titanen«. Vgl. GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1343, a.o. Generalversammlung der KME am 10.10.1879 in Köln. 335 Beispielhaft für die BME, bei deren Verstaatlichung der Minister der öff. Arbeiten, Maybach, zur Vermeidung von Börsenspekulation vorsah, daß ein Angebot des Staates gleichzeitig an BAE und BME ergehen sollte. Ferner empfahl er für die Verhandlungen, den geschätzten Preis unter allen Umständen beizubehalten, sich nicht zu Erhöhungen drängen zu lassen und das Angebot zu veröffentlichen. Ferner sollte der Generalversammlung zur Annahme des Angebots eine kurze Frist gesetzt werden. Vgl. Min. der öff. Arbeiten, Maybach, an Finanzminister Bitter vom 2 4 . 6 . 1 8 8 1 , GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1356; Mit Schreiben vom 11.7.1881 berichtet der General-Direktor der Seehandlung an Finanzminister Bitter, ebd., daß der Berliner Bankier Bleichröder in Verbindung mit L. Behrens & Söhne, Hamburg, und Erlanger & Söhne, Frankfurt, in großen Umfange Aktien der BME aufkaufe (Summe: ca. 10-12 Mio. M ) . Die Discontogesellschaft habe bereits Anfang des Jahres für geschätzte 15 Mio. M. Aktien aufgekauft. Das Börsengerücht hatte am 18.6. bereits seinen Laufgenommen, als Bleichröder mit dem Aufkauf begann. Der Weg der Information lasse sich nicht feststellen. 336 § 14 des Statuts der NME, vgl. Kapitel IV.2.1. 337 Zu dieser Auseinandersetzung existiert eine eigene Akte, vgl. GStA Merseburg, Ministerium für öffentliche Arbeiten, Rep. 93 E, Nr. 3414. Die genannten Vorgänge: Protokoll der Übernahme im Wege des administrativen Exekutiwerfahrens vom 2.2.1850; Der Commissarius der NME an die Direktoren ebenfalls vom 2 . 2 . 1 8 5 0 . 338 Schilderung nach v.d. Heydt, Min. f. Handel, Gewerbe und öff. Arbeiten, an v. Bodelschwingh, Finanzminister, vom 2 5 . 1 1 . 1 8 5 1 , GStA Merseburg, Rep. 7 7 , Tit. 258a, Nr. 2 3 , Vol. II.
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Anmerkungen zu S. 371-374 339 Ebd., Bericht des Kgl. Eisenbahn-Direktors Costenoble vom 2 0 . 1 0 . 1 8 5 1 , Betr. die Ertragsfähigkeit der NME im Hinblick auf den proponirten Verkauf lt. Beschluß der Generalversammlung vom 16.10.1851. 340 Gesetz-Sammlung, 1852, No. 3514 vom 31.3.1852. 341 Gesetz-Sammlung, 1850, No. 3317 u. 3318 vom 14.9.1850 342 V.d. Heydt an den Kgl. Reg.-Bau-Rat Hübner in Köln vom 2 5 . 9 . 1 8 5 0 , GStA Merseburg, Rep. 93 E, Nr. 8 2 1 . Das Schreiben enthielt vor allem die Ernennung Hübners zum kommissarischen Leiter des Unternehmens. 343 Vgl. StA Leipzig, Tit. LXII E, Nr. 10 a, Bd. XVII, Die Direktion an den Ausschuß vom 10.3.1854; Die Direktion an den Ausschuß vom 18.5.1854; Deputationsgutachten betr. Verstaatlichung vom 14.6.1854; Sitzung des Ausschusses vom 23.6.1854 (einstimmiger Ablehnungsbeschluß); Die Direktion an den Ausschuß vom 18.1.1855. STA Dresden, Deutsche Reichsbahn, RBD Dresden, Nr. 7032, a.o. Generalversammlung vom 14.12.1854, lehnt Verstaatlichung mit 4083 zu 45 Stimmen ab. Vetreten waren 1349 Aktionäre mit 17.038 Aktien = 4371 Stimmen. Dividenden nach LDE, Anhang »Höhe des Actien-Capitales,..., und der Dividenden«. 344 Ebd. Angaben in der Quelle exklusive 4 % Zinsen, die ich den angegebenen Dividenden hinzugerechnet habe. 345 Für die BAE: GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1355, Der Min. der öff. Arbeiten und der Finanzminister an die Direktion der BAE-Gesellschaft vom 2 1 . 7 . 1 8 8 1 ; für die BME: ebd., Nr. 1356, Der Min. der öff. Arbeiten und der Finanzminister an Direktionspräsident Jonas vom 15.9.1881; für die BHE: ebd., Nr. 1366, Der Min. d. öff. Arbeiten und der Finanzminister an die Direktion der BHE vom 13./14.6.1883. 346 Vgl. GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1355, v.a. Min. d. öff. Arbeiten, Maybach, an Finanzminister vom 8.6.1881, mit Anlagen; Min. d. öff Arbeiten und Finanzminister an die Direktion der BAE-Gesellschaft vom 21.7.1881; M i n . d . öff. Arb., Maybach, an Finanzminister Bitter vom 3 0 . 8 . 1 8 8 1 , in der Anlage »Denkschrift betreffend das BAE-Unternehmen«; Protokoll der 1. Verhandlungsrunde der Kommissarien der BAE mit den Vertretern der Staatsregierung, Berlin, den 9 . 9 . 1 8 8 1 ; dito, vom 15.9.1881; Zeitungsmeldung aus der »Nationalzeitung« vom 2 4 . 9 . 1 8 8 1 : Generalversammlung lehnt Angebot des Staates »fast einstimmig« ab; Min. d. öff. Arb. und Finanzminister an die Direktion der BAE-Ges. vom 24.11.1881 (Angebot der Weiterverhandlung); M i n . d . öff. Arb., Maybach, an Finanzminister Bitter vom 6.12.1881 (neues, erhöhtes Angebot gerechtfertigt aus Gründen der »Staatseisenbahnpolitik«). 347 GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1356, Der Min. d. öff. Arb. und der Finanzmin. an die Deputation der Aktionäre [der BME] vom 15.10.1881; ebd., Nr. 1366, Der Min. d. öff Arb. und der Finanzmin. an die Direktion der BHE vom 13./14.6.1883 sowie ebd., Nr. 1367, Der Min. d. öff. Arbeiten und der Finanzmin. an die Direktion der BHE vom 8.2.1884 (erhöhtes Angebot). 348 So der Staatskommissar der KME, Geh. RR Dittmer, in der a.o. Generalversammlung der KME am 10.10.1879, GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1343. 349 Gehorsamster Bericht der Bergisch-Märkischen Gesellschafts-Deputation über die durch hohen Erlaß vom 21 Juli c. ihr zugefertigte Offerte der Kgl. Staats-Regierung, die Deputation der Aktionäre der BME an den Min.d. öff Arbeiten und den Finanzminister vom 2 9 . 8 . 1 8 8 1 , GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1356. 350 GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1352, Der Min. d. öff. Arbeiten, Maybach, an Finanzminister Bitter vom 15.12.1879, mit Anlagen, dort v.a. Anlage 2 ) : Protokolle über die kommissarischen Verhandlungen vom 8 . , 1 0 . , und 1 1.ei.
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Anmerkungen zu S. 374-383 351 GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1366, Votum des Min. d. öff. Arbeiten, Maybach, an Finanzminister v. Scholz vom 22.8.1883 (Dividendenentwicklung); Bericht des Kommissarius der Verhandlungen mit der BHE, Geh. Finanzrat Schmidt, an Finanzminister Bitter vom 15.12.1883. 352 Vorlage für den 2. Verhandlungsgegenstand der auf den 29. März d. J . [ 1 8 8 4 ] berufenen außerordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der BHE-Gesellschaft, Berlin 1884, gez. 11.3.1884, der Ausschuß, Dr. Carl Petersen, Die Direktion, Simon, GStA Merseburg, Rep. 151 HB, Nr. 1367. 353 STA Dresden, Deutsche Reichsbahn, RBD Dresden, Nr. 7356, 42. Generalversammlung vom 2 9 . 3 . 1 8 7 6 ; ebd., 12.5.1876, Finanzminister akzeptiert Bedingungen der Generalversammlung. 354 Auf die Wiedergabe erstellter Zahlenreihen zur Dividendenentwicklung der einzelnen Gesellschaften verzichte ich hier, weil es für die Argumentation eher auf große Trends als die detaillierten Zahlen ankommt.
IX. Resümee Vergleichende Zusammenfassung 1 Was durchaus gewollt den von Wehler erhobenen gesellschaftsgeschichtlichen Anspruch impliziert. Vgl. Wehler, Gesellschaftsgeschichte, I, S. 7. 2 Vgl. O'Brien, Typology. 3 Hier beziehe ich mich vor allem auf die bei Eley markierten Grundkonstanten der Sonderwegsthese bzw. auf die im Vorwort zu dessen Buch genannten Überlegungen von Alf Lüdtke und Adelheid von Saldern. Vgl. Eley, Wilhelminismus, S. 9 - 1 3 , 2 3 - 2 8 . Ebenso Weisbrod. 4 Ich beginne diese Aufzählung bewußt mit unternehmerischen Initiativen von Wirtschaftsbürgern, weil sich im Überblick zeigt, daß die Funktion eines Katalysators für Aufholprozesse nicht nur den von Gerschenkron vorgeschlagenen Institutionen Bank und Staat zukam. Vgl. Gerschenkron, Backwardness, S. 1 1 - 1 6 , 89. 5 Dunlavy, Politics. Zur Rolle des Staates scheint der sich generell in der Literatur abzeichnende Konsens auch für die Eisenbahnen zu gelten, daß staatliche Förderung der Industrialisierung vor allem aus »advice and guidance« bestand, Dunlavy, Politics, S. 12-44, dort v.a. »Parallel Patterns of Industrialization«. Vgl. auch meine Einleitung, Anm. 38. 6 Kocka, Bürgertum, I, S. 57. Dagegen bestätigen sich die dort ebenfalls vermutete größere innere Geschlossenheit, die geringere Abgrenzung zwischen Kaufleuten und Fabrikanten, das größere Gewicht der Beamtenfraktion in Deutschland und die größere Staatsnähe. Ebd.,S. 57ff.,70f. 7 Dies wurde bereits von Zeitgenossen als Unzulänglichkeit des preußischen Eisenbahngesetzes gebrandmarkt, im Grunde mit dem Tenor, das bestehende Recht sei unanwendbar. So Ludolf Camphausen: »Das Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 ist seit seinem Erlaß bis zum heutigen Tage noch nicht in einem einzigen Falle zur vollständigen Anwendung gelangt, weil in demselben die Gegenstände der allgemeinen und speziellen Gesetzgebung miteinander vermischt sind, und weil darin der Versuch gemacht worden ist, solchen Bestimmungen Allgemeinheit und Dauer zu verleihen, welche notwendig dem Wechsel der Zeit und der Umstände unterliegen.« Ludolf Camphausen, Bemerkungen, vom 26.5.1843, als Anlage zu einem Schreiben des Oberpräsidenten an die Regierung zu
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Anmerkungen zu S. 383-387 Aachen vom 21.6.1843, in dem die Regierung zum Gutachten in Sachen möglicher Änderungen des Eisenbahngesetzes gebeten wird, in: HStA Düsseldorf, Reg. Aachen 14 430. 8 Dies bestätigt eine bei Langewiesche bereits erkennbare Tendenz der Aufwertung des kommunalen Liberalismus. 9 Vergleichend Then, Grundsteine; für Deutschland mit ganz ähnlicher Tendenz Stahr. 10 Die ungekürzte Fassung meiner Dissertation, die an der Freien Universität Berlin vorgelegt wurde, umfaßte einen Abschnitt zur Entwicklung der Organisationsstruktur der Eisenbahnunternehmen, der gesondert veröffentlicht werden wird. 11 Vgl. Die Direktion der REB, Cöln d. 1.4.1870, an das Kgl. Eisenbahn-Commissariat hier, HStA Düsseldorf, Reg. Düsseldorf Präs. 1121.
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Quellen- und Literatur
1. Ungedruckte Quellen (In Klammern ist jeweils die bei Zitaten benutzte Notation angegeben. Da während der Bearbeitung des Themas eine Reihe von Archiven der ehemaligen DDR in eine neue institutionelle Form überführt wurden, gebe ich hier den alten Standort mit an. Bsp.: ehemaliges Deutsches Zentralarchiv, Merseburg, jetzt Geheimes Staatsarchiv, Berlin-Dahlem, generell zitiert als GStA Merseburg).
Public Record Office, London (PRO London) RAIL 371 Liverpool and Manchester Railway Piece Nos. 1-2, 6 Board Minutes Piece No. 13 Register of Proprietors RAIL 2 2 0 Grand Junction Railway Piece Nos. 1-5 Board Minutes Piece No. 12 Register of Proprietors Piece No. 7 Minutes of General Meetings RAIL 384 London and Birmingham Railway Piece Nos. 1-3, 6 Board Minutes Piece No. 147 Distribution of Shares and Votes, February 1836; List of Liverpool Shareholders Holding more than 4 0 Shares, November 1836; List of Resident Shareholders of Birmingham, August 21st, 1834. RAIL 4 1 0 London and North Western Railway Piece Nos. 2 0 - 2 7 Board Minutes Piece No. 2, Minutes of General Meetings RAIL 412 London and Southampton Railway Piece No. 1 Board Minutes RAIL 411 London and South Western Railway Piece Nos. 1, 3, 4, 6 Board Minutes Piece Nos. 5 4 7 - 4 8 Ledger 1852 ff Piece No. 554 Revenue Ledger 1841 ff RAIL 250 Great Western Railway Piece Nos. 1-5, 8-10, 12, 13, 17-18 Board Minutes Piece No. 6 7 Minutes of General Meetings RAIL 251 Great Western Railway Piece No. 1 Sealed Share Register No. 1, 1835/36 RAIL 1063 Piece No. 382, London and Birmingham Railway, Act of Incorporation 1833; Great Western Railway, Act of Incorporation 1835
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RAIL 1014 Great Western Railway Piece No. 1/8 Prospectus 1833 Piece No. 1/17 Prospectus 1834 Piece N o . l / 7 A Report of Meeting in Bristol in Regard to Establishment of a Railway to London, Reported by Provisional Committee RAIL 1075 Grand Junction Railway Piece No. 124 Prospectus Oct. 15th, 1832 RAIL 1110 London and South Western Railway Piece No. 281 Reports and Accounts 1 8 3 1 - 1 8 7 9
G e h e i m e s Staatsarchiv B e r l i n - D a h l e m , e h e m . Bestände M e r s e b u r g (GStA Merseburg) Rep. 77, Abt. II Innenministerium Titel 258 Eisenbahnen Generalia Nr. 1, Vol. I, III-V Die Anlegung der Eisenbahnen Nr. 6, Vol. I Die über Eisenbahnen erschienen Schriften und Abhandlungen Nr. 22, Vol. I Die polizeiliche Beaufsichtigung der in großen Massen zusammengebrachten Eisenbahn-Arbeiter Nr. 49 Die Zusammenstellung der preußischen Eisenbahnen und ihrer Betriebsresultate Titel 258a Eisenbahnen Specialia Nr. 2 Vol. I, II Die Anlegung einer Eisenbahn von Magdeburg nach Leipzig 1835-76 Nr. 3 Vol. I, II dito von Minden an der Weser nach Cöln 1 8 3 6 - 6 9 Nr. 4 Vol. I, II dito von Cöln über Aachen bis zur belgischen Grenze 1836-69 Nr. 5 Vol. I, II dito von Elberfeld über Hagen nach Witten, ingl. von Elberfeld nach Düsseldorf 1836-63 Nr. 6 dito zwischen Berlin und Frankfurt a.O. 1 8 3 7 - 4 6 Nr. 7, Vol. 1, II Die Eisenbahn zwischen Berlin und Potsdam 1 8 3 7 - 7 7 Nr. 9, Vol. I, II Die Berlin-Sächsische Eisenbahn 1 8 3 7 - 7 3 Nr. 14 Die Eisenbahn von Bonn über Brühl nach Cöln 1 8 3 9 - 6 0 Nr. 21 Die Anlegung einer Eisenbahn von Potsdam über Brandenburg nach Magdeburg, sowie die Anlage von Zweigbahnen 1844-71 Nr. 2 3 , Vol. I, II dito der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn von Frankfurt a.O. nach Breslau 1839-1878 Nr. 30, Vol. I U I dito zwischen Berlin (über Potsdam mit Magdeb.) und Hamburg 1840-84 Nr. 48 Die Einrichtung einer Eisenbahn von Elberfeld über Barmen, Schwelm, Hagen und Witten nach Dortmund unter der Benennung Bergisch-Märkische Eisenbahn 1836-74 Titel 260 Eisenbahn-Beamte, Generalia Nr. 3 Vol. I Die Verhältnisse der bei den Eisenbahnen angestellten Beamten 1 8 3 9 - 5 7 Rep. 151 III Finanzministerium (Abt. III = Zoll- und Steuersachen) Nr. 8055 Vol. I Anlage einer Eisenbahn von Berlin nach Hamburg 1 8 4 1 - 4 7
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Rep. 151 HB Finanzministerium Nr. 1307 Einlösung der im Staatsbesitz befindlichen. Bergisch-Märkischen-Eisenbahnaktien 1866 Nr. 1308 Vol. I, II Die Ablösung des Aktienamortisationsfondsrechts gegen die KölnMindener Eisenbahn Nr. 1339 Vol. I 1 8 6 5 - 6 8 Nr. 1340 Vol. II 1 8 6 9 - 7 1 Nr. 1342 Der Ankauf der Eisenbahn von Deutz nach Gießen und von Oberhausen nach Arnheim sowie der gesamten Köln-Mindener Eisenbahn Vol. I 1873-78 Nr. 1343 dito Vol. II 1879 Nr. 1352 Erwerb des Rheinischen Eisenbahnunternehmens für den Staat 1 8 7 9 - 1 8 8 0 Nr. 1355 Erwerb der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn für den Staat 1881-82 Nr. 1356 Erwerb der Bergisch-Märkischen Eisenbahn für den Staat 1881-82 Nr. 1366 Erwerb der Berlin-Hamburger Eisenbahn für den Staat, Vol. I 1883 Nr. 1367 dito, Vol. II 1884 Rep. 9 3 E Ministerium für öffentliche Arbeiten Abt. E Nr 304 Bericht des Kaiserlichen Konsuls in St. Louis vom 15. März 1879 Nr. 340 Akten betreffend Nachrichten über Braunschweigische Eisenbahnen 1 8 5 6 - 1 9 1 3 Nr. 751 Die Einsetzung der Verwaltung für die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn September 1849 ff Nr. 752 dito Nr. 821 Die Einsetzung einer Direktion für die Verwaltung der Bergisch-Märkischen Eisenbahn und der »Prinz-Wilhelm-Eisenbahn« August 1850 Nr. 822 dito Nr. 3350 Vol. I Anlage der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn Nr. 3414 Kommissionsakten des Geh. Regierungsrats v. Maassen über die Einweisung der Verwaltung der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn in die Administration der Bahn und des Betriebes auf derselben 1 8 4 9 - 5 0 Nr. 3740 Beilagen zum Bericht vom 31.3 1843, die Eisenbahnprojekte zwischen Minden und Cöln betreffend, 1843 2.2.1 Zivilkabinett Nr. 29 524 Beschäftigung von Baubeamten des Staats bei der Anlage von Eisenbahnen 1837-52
H a u p t s t a a t s a r c h i v D ü s s e l d o r f ( H S t A Düsseldorf) Regierung Aachen 14430-14431 Eisenbahnen Allgemeines 14456-14458 Polizeireglements für den Betrieb der Eisenbahnen 1839-1868 14462-14463 Handhabung der Polizeiaufsicht beim Bau von Eisenbahnen 1838-1879 14437-14438 Betrieb der Eisenbahnen 1848-1886 14481 Frühe Projekte ( 1 8 4 1 - 1 8 6 3 ) Düsseldorf, Köln-Düsseldorf-Minden 14482 Köln-Koblenz-Bingen-Mainz 14932-14933 Antwerpen-Lüttich-Aachen-Köln 14434 Grundabtretung Köln-belgische Grenze Febr.-Aug. 1838
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Regierung Düsseldorf Präs(-idialbüro) 1 1 2 0 - 1 1 2 1 Eisenbahnprojekte 1 8 4 4 - 1 8 8 2 1125, 1116, 1116a Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn 1837-1856 1123 Bergisch-Märkische Eisenbahn 1 8 4 4 - 5 3 , 1867 Regierung Düsseldorf 1 2 8 8 4 - 1 2 8 8 6 Anlagen von Eisenbahnen 1836-1873 13125 Die Ausführung der allerhöchsten Verordnung vom 2 1 . Dezember 1846 wegen der beim Bau von Eisenbahnen beschäftigten Handarbeiter 1847-1848 13130 Jahresbericht der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft 1849-1871 13134 Die Festsetzung von Ordnungsstrafen gegen die Mitglieder der Direktion der Eisenbahngesellschaften 1 8 5 6 - 1 8 5 8 13154 Bau der Aachen-Düsseldorfer Eisenbahn in der Bürgermeisterei Gladbach 1852-1853 4 0 1 4 4 Die Ernennung von Kommissaren bei den Eisenbahnen 1 8 4 2 - 1 8 7 7 2 0 0 0 Verzeichnis der Aktionäre der Eisenbahn Düsseldorf-Elberfeld 1835 1 2 9 0 0 - 1 2 9 0 6 Eisenbahn Düsseldorf-Elberfeld-Hagen 1832-1887 13123 Besondere Vorfälle beim Betrieb auf den Eisenbahnen (Unglücksfälle) 1839-1864 13081 Fahrpläne Köln-Mindener Eisenbahn 1849-1869 13082 Einführung der neuen Tarife Köln-Mindener Eisenbahn 1859-1871 Regierung Köln 2 0 0 6 Die Eisenbahnen 1828 2 0 0 7 - 2 0 1 0 Eisenbahn-Projecte, Betriebs-Ergebnisse, Fahrpläne, Waren- und Sacatransporte 1 8 3 0 - 1 8 7 8 2011 Fahrpläne 1 8 4 7 - 1 8 5 2 2045 Die Eisenbahn von Antwerpen nach Köln 1832 und die Köln-Mindener Bahr 1845 2 0 4 6 Köln-Mindener Eisenbahn 1846-1848 2046a Köln-Mindener Eisenbahn 1 8 7 3 - 1 8 7 7 2 0 4 7 Die Zahlung des der Direction der Köln-Mindener Gesellschaft bewilligten Vorschusses von 150.000 RThlr. 1848
H a u p t s t a a t s a r c h i v Düsseldorf, Zweigarchiv S c h l o ß Kalkum BR 1003 Bahndirektion Wuppertal 2 Verträge über durchgehenden Verkehr 6 Konzessionen, Statuten und Privilegien der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngese.lschaft 1837-1850 8, 12 dito der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft 15, 19 Protokolle über Beschlüsse der Generalversammlung, Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft Staatsarchiv H a m b u r g (STA H a m b u r g ) 111-1 Senat Cl. VII Hamburgische Angelegenheiten, Lit. Κ Handel und Schiffahrt, a Commercium, Nro. 11 Chausseen und Eisenbahnen, Verkehrswesen
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Vol.13 Berlin-Hamburger Eisenbahn Fasz. 3 Acta betr. genehmigtes Gesuch des Komitees zur Begründung eines Actienvereins für die Berlin-Hamburger Eisenbahn Fasz. 15 Wahl und Vertrag Neuhaus als Oberingenieur, Instruction September 1843 Fasz. 16 Dr. jur. Asher vom Hamburger Senat ernannter Direktor September 1843 Fasz. 17 Ernennung des v. Lehsten zum von der Meckl. Regierung zu ernennenden Mitglied der Eisenbahn Fasz. 18 Wahl Ausschuß. Direktion September 1843 Fasz. 21 Anzeige von dem Personal der Direktion Fasz. 87 a) Jahresberichte Direktion 1843-1849 gedruckt b) Generalversammlungen 1 8 4 5 - 1 8 4 9 c) Ausschuß Plenum 1 8 4 3 - 1 8 4 9 d ) Anzeige Austritt Costenoble aus Direktion November 1849 e) Rücktritt Frosch, Ernennung H. Schumacher als mecklenburgischer Commissar f) Statistische Notizen Güterverkehr 1849 Fasz. 9 7 e ) Direktion Protokolle Oct-Dez. 1851 f) Abberufung Dr. Asher Ende 1851 Fasz. 125 e) Gratifikation 1500 Thlr. Reg.dir. Lehsten h) Gratifikationen k) Dividende Lit. B 1849-1852 ο) Ausschuß Plenum 1 8 5 0 - 1 8 5 3 März p) Direktion Protokolle 1852-1853 q) Kontrakte Neuhaus, Conrad, Wolff r) Personaletat 1849, 1851-1853 s) Betriebsrechnungen Abschluß 1850-1853 Fasz. 132 Direktion Protokolle 1854 Fasz. 144 b) Direktion Protokolle 1855 c) Direktion Protokolle 1856 Fasz. 161 d) Gehaltserhöhungen 1 8 5 7 - 1 8 5 9 Fasz. 163 a) Direktion Protokolle 1857 b ) d i t o 1858 c) dito 1859 e) Ausschuß Plenum 1 8 5 7 - 1 8 5 9 Fasz. 198 0 Abschluß Betriebsrechnungen 1861-1866 Fasz. 229 b) Ausschuß Plenum 1867-1870 c) Direktion Protokolle 1866-1870 Fasz. 245 h) Abschluß Betriebsrechn. 1871-1875 incl. Dividende und Amortisation Lit. B Fasz. 259 Gehaltserhöhung Direktion Fasz. 265 Geh. Rath Simon als Direktor 1873 Fasz. 293 a) Ausschuß Plenum 1876-1884 b) dito
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Fasz. 294 Abschluß Betriebsrechnungen 1 8 7 7 - 1 8 8 3 incl Dividende Vol. 13 b Acta des Hamburgischen Syndicus bzw. des Mitgliedes und Vorsitzenden des Ausschusses der Berlin-Hamburger Eisenbahn-Gesellschaft (aus dem Nachlaß des verstorbenen Herrn Bürgermeisters Dr. Petersen) Fasz. 1 Inv. 1 Protokolle Generalversammlungen Berlin-Hamburger Eisenbahn 1855-1885 Fasz. 1 Inv. 3a Direktion Protokolle 1 8 7 8 - 1 8 8 1 Fasz. 2 Acta Personalien der Mitglieder von Ausschuß und Direktion 1 8 5 5 - 1 8 8 3
Staatsarchiv Dresden ( S T A D r e s d e n ) Reichsbahndirektion Dresden (RBD Dresden), Bahnen, Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie Nr. 7041 Gesellschartsstatut und Aktien 1838 Nr. 7056 Vermerk und Verzinsung des Aktienkapitals mit Inhaltsverzeichnis Nr. 7 0 2 9 - 7 0 3 7 Verhandlungen Generalversammlungen des Direktoriums der LeipzigDresdener Eisenbahn 1835-1876 Nr. 7038 Leipzig-Dresdener Eisenbahn Stenogramm Niederschriften über Generalversammlungen 1853-1874 Nr. 7039 Verhandlungen des Directoriums der Leipzig-Dresdener Eisenbahn Compagnie die Gesellschaftsstatuten betreffend Nr. 7040 Verhandlungen des Directoriums der LDE mit der Königlich Sächsischen Staatsregierung wegen Ertheilung der Concession zum Bau der Borsdorf-Meissener Bahn Nr. 7042 dito die Concession für die Bahn Nossen-Freiberg betreffend Nr. 7064 Faszikel geleisteter Vorschüsse Nr. 7356 Verhandlung Abtretung der Leipzig-Dresdener Eisenb. an den Staatsfiskus 1876 Nr. 7629 Leipzig-Dresdener Eisenbahn Protokolle und Registraturen 1837 Nr. 7726 Faszikel Einstellung von Eisenbahnbeamten 1838
B r a n d e n b u r g i s c h e s Landeshauptarchiv ( e h e m . Staatsarchiv P o t s d a m , O r a n g e r i e : zitiert als S T A P o t s d a m ) Pr.Br.Rep. 2A Reg. Potsdam Abt. I Nr. 1 9 2 2 - 1 9 2 7 Bau und Beaufsichtigung der Eisenb. von Berlin nach Hamburg 1840-1882 Nr. 2 1 2 1 - 2 1 2 3 Bau und Beaufsichtigung der Eisenb. von Berlin nach Frankrurt(Oder) (Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn) 1 8 3 7 - 1 8 9 0 Nr. 2 1 2 6 Bau und Beaufsichtigung der Niederschlesisch-Märkise hen Eisenbahn 1853-1860 Nr. 2 1 4 5 - 2 1 5 0 Bau und Beaufsichtigung der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn 1 8 3 6 - 1 8 7 8 Pr.Br.Rep. 3B Reg. Frankfurt(Oder) Abt. I Präsidialabteilung, Verkehr Nr. 3 7 8 - 3 7 9 Bau der Eisenbahnlinie Berlin-Frankfurt(Oder) Nr. 3 8 5 - 3 8 6 Bau der Eisenbahnlinie Frankfurt(Oder)-Breslau Nr. 399 enthaltend Betriebsordnung der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn ( 1 8 4 6 ) in: Fahrpläne und Haltestellen auf der Eisenbahnlinie Berlin-Breslau
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Stadtarchiv Leipzig (StA Leipzig) Tit. LXII E Nr. 10a Acta des Ausschusses der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie Vol. I V , XI, XVII, XXII, XXVIII, Kap. 7 0 Nr. 4 Ergangen im Rathe der Stadt Leipzig, Acta die Anlegung von Eisenbahnen zwischen Dresden und Leipzig betreffend. Vol. Ia, Ib, Ic, Id.
Historisches Archiv d e r S t a d t Köln (StA Köln) Bestand 1028 Rheinische Eisenbahn Nr. 2 - 5 , 8, 14 Protokolle der Direktion 1 8 3 7 - 1 8 4 5 , 1855, 1865 Nr. 8 2 - 8 4 , 86, 88 Protokolle Administrationsrat 1 8 3 5 - 1 8 4 1 , 1845, 1855, 1865
2. Gedruckte Quellen und Nachschlagewerke A History of the Manchester Railway. Reprint from the Manchester City News, Manchester 1882. Adressbuch Brandenburg 1847, 1847. Adreß-Buch der Haupt- und Residenz-Stadt Breslau für das Jahr 1856, Breslau 1856. Adressbuch für Berlin mit Einschluß der näheren Umgegend und Charlottenburg für das Jahr 1836, hg. von E. Winckler, Berlin 1836. Adreßbuch oder Verzeichnis der Einwohner der Stadt Köln, Köln 1835, 1838, 1846, 1857, 1866, 1879. Adress-Kalender für die Kgl. Haupt- und Residenzstädte Berlin und Potsdam, Berlin 1835, 1841, 1847, 1852, 1855, 1860, 1865, 1875, 1880. Alumni Cantabrigienses. A Biographical List of all Known Students, Graduates, and Holders of Office at the University of Cambridge, from the Earliest Times to 1900, Compiled by I A.Venn, 6 Bände, Cambridge 1 9 4 0 - 5 4 . Alumni Oxonienses. The Members of the University of Oxford 1715-1886: Their Parentage, Birthplace, and Year of Birth, with a Record of Their Degrees,... , by Joseph Foster, 4 Bde., Oxford 1888. Archiv für Eisenbahnwesen. Ayres, H., The Financial Position of Railways, London 1868. Bateman, John, The Acre-ocracy of England, London 1876. -, The Great Landowners of Great Britain, London, 4th edition 1883. Baylen, Joseph O. u. Norbert J . Gorsman ( H g . ) , Biographical Dictionary of Modern British Radicals, Bd. II, 1830-1870, Salem House, New Hampshire 1984. Berlin und seine Eisenbahnen 1 8 4 6 - 1 8 9 6 , hg. im Auftrag des Kgl. Preuß. Ministers der öffentlichen Staatsbahnen, 2 Bde., Berlin (Nachdruck 1982) 1896. Bradshaw's General Railway Directory. Shareholders' Guide, Manual, and Almanach for 1850, 1851, 1852, London 1850, 1 8 5 1 , 1852. Burke, John u. John Bernard, Genealogical and Heraldic Dictionary of the Landed Gentry of Great Britin and Ireland, 3 Bde., London 1846. - , The Peerage and Baronetage of Great Britain and Ireland, London 1 8 5 1 .
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504 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
Register 1. Sachregister Adel 20-23, 100, 143, 146, 151f., 160, 183f.,210ff.,217ff.,241,247,249,254, 256ff„ 282f, 381f, 384f., 414,434,450 Advokaten (s. Rechtsanwälte) Agrargüter {s. Landwirtschaft) Aktien 27ff., 35ff., 111, 138, 316ff., 380, 413 - Amortisation 47, 109, 126, 363 - Bezugsrecht 35, 42, 318 - Emission 139f.,402 - Stimmrechte 108, 111, 115, 142,427 - Subskription, Zeichnung 94, 99, 101, 107, 138t, 144, 319,424 - Verzinsung, Zinsgarantie 39, 47f., 105, 108f, 170r.,318f,370ff.,381,416,418 - Vorzugsaktien 36, 43 Aktiengesellschaft, Assoziation 13ff, 20, 23f., 132fr., 142, 176, 208, 234, 259ff, 272ff., 291, 295, 306, 380, 408, 412, 442,447 - Banken 135, 261 ff., 267ff, 380, 421, 440, 442 - Bergbau 133, 135, 142, 261 ff., 271ff, 380 - Industrie 132, 135, 261ff., 271ff, 380 - Versicherungen 133, 135, 140, 142, 261ff., 380, 440 Aktionäre 28ff, 36ff, 101, 107ff, 116, 142ff, 156ff, 193,338,362,369ff.,454 Anleihen 27ff, 35ff., 115, 125, 138, 141, 233, 316ff., 319, 323, 328f., 380, 423, 454f. - Amortisation 40 - Prioritätsobligationen 37ff, 48ff. - Staatsanleihen 132f, 135f. Assimilation, kulturelle (s. Feudalisierung) Banken 130ff, 138ff, 205, 207ff, 263, 268ff, 301f, 305f., 326, 376, 421, 423
- Bankkredite 139 - Merchant Bankers (s. Kaufleute) Bankiers 21,23,42, 137,144,146f, 156ff., 175ff, 179ff., 193ff, 205ff., 222,227ff, 250ff., 265ff, 272, 278ff, 338, 377, 380, 384, 426, 440, 443 Beamte 20ff.,90ff, 144, 146, 150f., 157ff., 169f, 175ff., 198ff.,210rr.,243ff.,252f., 256ff., 266, 282ff, 291, 296, 332f, 335f, 346, 368, 382, 384f, 426, 429, 451,475 Bergbau 67ff., 82, 84 Bevölkerung(sdichte) 31f., 60ff, 72 Bürger, Bürgertum 20-23, 78, 143ff, 174ff, 186, 213ff., 225ff, 236, 240f, 250, 253ff., 261ff, 276, 290ff, 380ff, 445, 475 - Bildungsbürger 143, 151, 175ff, 199, 215ff, 225, 227,232, 236,240f, 243ff, 253ff.,284,297,313, 381f. - Kleinbürger 143, 146f, 163, 179 - Staatsbürger 77, 290ff. - Wirtschaftsbürger 20-23, 144, 146f., 156ff, 16irf, 167ff, 175ff, 194ff., 205ff, 222ff, 226ff, 239ff, 244, 246f, 249, 253ff., 259, 261, 265, 273, 275, 278ff., 287ff., 297, 332, 381, 383f., 426, 430,475 Bürokratie 20, 89f, 92, 97, 290ff, 300ff., 346f,381,383,411,418,424, 445,451 Eisenbahnen - Aufsichtsrat 107, 110f., 177ff., 299, 308ff, 314f, 317fr., 333ff, 452f. - Bahnpolizei 92, 117f, 122ff, 298, 354, 419,456 - Bahnpolizeireglements 118ff, 419 - Bau 22,25, 177,298, 323, 330ff, 335ff., 347ff, 359,376,415, 461f, 469
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© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
76, 173, 193, 197, 2 6 0 , 273ff., 2 9 9 , Bauarbeiter 2 5 , 2 9 9 , 335ff., 3 4 3 , 3 4 5 , 323f., 360ff., 374, 376ff., 386, 399ff, 347ff., 377, 4 2 3 , 4 5 3 , 463ff. 405, 457, 470 - Baukosten 72, 9 4 , 100, 316ff., 3 2 6 - Bauunternehmer 335ff., 342f., 346ff., - Personal 107, 119, 299f., 323, 330, 4 6 0 , 463ff. 347ff., 354ff., 377, 386, 4 4 9 , 465ff. - Gehälter, Löhne 72, 348ff, 354ff., - Schachte, Schachtmeister 344ff., 377, 468f. 3 4 8 f f , 3 5 9 , 464f. - Personenverkehr 64, 72, 80f. Betrieb 2 2 , 105, 114, 118ff., 177, 2 7 5 , 299f., 330, 353ff., 3 5 9 , 3 6 1 , 364, 3 6 8 , - Planung 2 5 , 4 4 , 2 9 8 , 316ff, 330ff., 376, 3 8 6 , 4 1 9 , 448 344f., 376, 3 8 5 , 4 1 5 Betriebsordnung(en), - Rechnungslegung, Kontenführung 105, Berichtswesen 322, 339f., 342, 3 4 5 , 347, 114f., 118, 2 9 8 , 322f., 356ff., 365, 377, 376, 4 5 6 454, 456 - Sitzungshäufigkeit der Gremien 2 9 8 , Bilanzsummen 2 7 f f . , 3 5 f f . , 3 1 5 - 3 2 9 307ff., 375f. D i r e k t i o n e n ) 1 0 7 , 110f., 1 1 5 , 177, - Spurweite 83, 124, 193, 2 7 6 , 295, 327, 274f., 2 9 9 , 308ff., 314f., 317ff., 331ff., 3 3 1 , 362, 3 8 5 , 4 3 0 , 4 4 7 , 459f. 347ff., 362, 372, 376, 4 0 4 , 452f., 462f. - Statuten 9 2 , 102ff., 113ff., 307ff., 3 1 9 , - Gehälter 110f., 116, 177ff., 2 3 5 , 3 2 3 , 416f. 3 1 0 f f . , 3 3 8 f . , 376 - Strecken(längen) 28ff., 35ff. Dividenden, Erträge 36, 4 7 , 4 9 , 7 2 , 78, - Tarife, Frachtraten 8 5 , 114f., 118, 2 7 6 , 100, 105, 115, 136, 2 9 8 , 323ff., 328f., 361, 3 6 4 , 3 6 8 , 3 8 6 , 416 362, 369ff., 3 7 5 , 377f., 3 8 5 , 4 0 3 , 4 7 5 - Technik 330ff., 3 6 1 , 376, 414 Etat (s. Rechnungslegung) - Verwaltungsrat (s. Aufsichtsrat) Fusionen 38, 4 8 , 8 2 , 274, 361ff., 386, Eisenbahngesetz (s. Gesetze) 471 Eisenbahnpolitik 8 6 , 8 9 , 122, 128f., 170, Generalversammlung 36ff., 41f., 44, 107, 2 7 6 , 2 9 2 f f . , 378 115, 176f., 3 3 1 , 340, 3 7 1 , 374, 454 Eliten 2 2 , 1 5 0 f f . , 169, 183f., 1 8 6 , 1 9 3 , 2 1 0 , Gesellschaftsgremien 9 3 , 107, 111ff., 175f, 178f., 1 9 7 , 2 0 3 f . , 2 9 8 , 307ff., 3 4 9 , 213ff., 2 3 6 , 2 3 9 , 2 4 3 , 253f., 256ff., 2 7 3 , 371ff., 3 8 4 , 4 4 8 , 4 5 2 f . , 4 5 7 277f., 2 8 7 , 382, 443 Güterverkehr 67ff., 72, 80f. Esquires (s. Gentlemen) Investitionen 8 7 , 100, 130f., 143, 196f., Fabrikanten (s. Industrieunternehmer) 203f., 2 5 8 , 3 6 2 , 3 8 1 , 457f. Feudalisierung 1 5 1 , 213ff., 2 3 2 , 2 3 6 , 2 3 9 , Kartelle, Verbände 3 5 6 , 360ff., 3 7 7 , 256, 2 5 8 , 437 386f., 4 7 0 , 4 7 2 Fortschritt 74ff., 87, 143, 2 9 0 , 293 Komitees (Direktion) 302f., 307ff., 3 1 5 , Freie Berufe (s. Professionen) 322, 3 3 3 , 337f., 340, 342, 357f., 362, Führungssektor 8 1 , 1 3 5 , 1 3 7 , 1 4 4 , 2 5 6 , 3 8 2 376, 4 7 0 Komitees (Gründung) 9 3 , 97ff. Gentlemen, Esquires (s. Landbesitzer) Konzessionierung 35ff., 93ff., 101ff., Gesetz(e) 59f., 89ff., 92ff., 98ff., 103ff., 135, 173, 2 7 5 , 319f., 3 6 3 , 3 8 1 , 3 8 3 , 405, 413 128f., 292f., 368ff, 3 7 9 , 383, 3 8 7 , 4 1 2 , 4 1 6 , 418f., 4 4 6 , 4 7 3 , 4 7 5 Kosten, Kostenkontrolle 2 9 8 , 303f., 315ff., 330ff., 336, 340f., 345f., 356ff., 371, 3 7 5 , 4 4 7 , 4 5 3 , 460 Handel, Handelsstädte, Häfen 2 0 , 2 3 , 30, 60ff., 65ff., 7 9 , 82ff., 1 3 1 , 137, 146ff., Marktanteil 24, 2 6 , 29ff., 33, 35ff., 53ff., 192, 198, 2 0 0 , 204f., 253f., 300f., 3 2 6 , 59, 68ff., 178, 360ff. 375, 381 Militärische Bedeutung 7 8 , 86f, 9 5 , 109, Handelskammern 100, 2 7 6 , 287ff., 2 9 6 , 114, 4 0 9 , 411 383, 444 Netze, Systeme 26f., 35ff., 53ff, 5 9 , 72f., -
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506 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
134f., 176, 216, 245f, 2 5 7 , 3 2 3 , 3 3 0 , Industrie, Industrialisierung21, 65f., 7 2 , 7 9 , 332, 3 3 5 , 382, 385, 412f., 450f., 4 5 9 8 1 , 84, 2 0 5 , 226ff, 237ff, 2 6 0 , 272, Kohäsion, soziale 175, 197, 204f., 2 2 1 , 2 3 5 , 327, 3 7 5 , 3 7 9 f . , 4 0 7 239, 281 - Industrieunternehmer 20, 144, 148ff, 157ff., 177, 179ff., 193ff., 205ff., 223f., Kohle (s. Bergbau) 226f., 237ff., 2 5 5 , 2 7 8 , 2 8 3 , 3 7 6 , 3 8 1 , 425, 4 3 0 , 4 4 3 , 475 Landbesitz(er), Gutsbesitz(er) 100f., 114, 143, 150ff., 160, 180ff., 193ff., 210ff., Ingenieure 9 3 , 100, 2 1 7 , 2 2 5 , 247f., 316, 219ff., 249ff., 256ff., 278f., 281f., 2 8 7 , 321f., 330ff., 341ff., 3 7 7 , 3 8 2 , 4 0 7 , 412ff, 4 3 0 , 4 5 0 f , 4 5 9 f . , 461ff 3 1 3 , 3 8 1 , 3 8 4 f , 4 1 5 , 4 2 5 , 4 3 7 - Gutsverwaltung 300, 303f., 306 Investitionen, Investititonsquote 131ff., Liberalismus, Liberale 2 0 , 76ff., 8 5 , 128f., 137, 375 259, 275ff., 290ff, 2 9 7 , 3 8 3 , 4 0 8 , 4 1 2 , 420, 444f. Juristen 2 3 , 100, 138, 1 5 1 , 157, 180ff, 193f., 2 0 2 , 2 1 5 , 2 2 5 , 2 4 2 , 246f., 253f., Manager (Leitende Angestellte) 1 5 , 2 4 , 1 5 1 , 2 5 6 , 2 8 1 f . , 3 4 6 , 384f., 438 176f., 197, 2 0 4 , 2 1 6 , 2 2 5 , 2 9 8 f f . , 330ff., 335ff., 347, 3 5 2 , 3 6 1 , 376, 4 4 8 , 4 5 0 , Kapital 107, 115, 262ff, 300, 326, 373 - Bilanz 27ff., 1 0 4 , 1 9 7 , 2 9 8 , 315ff., 328f.,460 373, 4 0 1 , 4 0 4 , 454 Markt (nationaler) 19, 2 3 , 58, 76, 8 2 , 8 7 , 197, 260, 274, 2 9 0 , 2 9 2 , 376, 3 7 9 , 387 - Eigenkapital 27ff., 35ff., 1 3 9 , 174, 3 1 6 f f . , 3 2 8 f . , 4 0 1 , 4 5 4 , 4 5 8 Mobilität (soziale, geografische) 17, 7 6 , 150ff., 1 8 4 , 2 1 0 f f . , 2 3 5 f . , 2 4 2 f . , 2 5 6 , 4 3 3 - Ertragsrechnung (s. Bilanz) - Fremdkapital 27ff, 35ff, 138f., 2 6 6 , Nation, Nationale Einigung, Nationalismus 316ff., 328f, 377f., 4 0 1 , 454, 4 5 8 f 58, 74ff., 8 5 , 9 1 , 1 0 9 , 2 7 5 f f . , 2 8 5 , 2 9 0 f f . , - Grundkapital (s. Bilanz) 379 - Herkunft, geografische 154f., 164ff. - Kapitalerhöhung 27ff., 35ff., 1 1 1 , 138, Öffentlichkeit 7 6 , 8 3 , 9 0 , 92ff., 2 7 9 , 2 9 0 , 274, 316ff., 328f., 404, 454ff. 412 - Kapitalkonzentration 34, 5 5 , 145, 155, Offiziere 2 1 , 146, 1 5 1 , 157ff., 180ff., 160, 162f. 193ff., 2 1 0 f f , 2 1 7 f , 2 4 9 , 2 7 8 , 2 8 1 , 283, - Kapitalmangel 77, 130ff., 421 385 - Kapitalmarkt 2 1 , 24, 32, 4 2 , 57f., 77f, 9 0 , 9 6 , 130ff., 1 5 1 , 165, 173, 193, 234ff, 2 6 0 , 2 6 3 , 266, 270, 272f., 318, Parlament(arismus) 2 3 , 8 3 , 90ff, 100ff., 3 2 1 , 326, 332, 375f., 380ff., 404, 4 3 0 122f., 224, 2 5 9 , 275ff., 2 9 5 , 362, 382f., - Kapitalmarktzinsen 1 3 1 , 136, 3 2 1 , 323, 443 326f., 329, 375ff. Politik, Politische Selbstverwaltung 8 9 f , - Kapitalstruktur 2 5 , 27ff., 35ff., 130ff, 2 5 9 , 275ff. 142ff., 156ff., 193, 2 2 4 , 2 9 8 , 3 1 5 , 3 7 6 , - Kommunalpolitik, Regionalpolitik 285ff., 384f. 297, 383 Politisches System 17f., 2 0 - 2 4 , 9 2 , 275ff., Kaufleute, Merchants 20f., 8 2 , 144ff, 2 8 8 , 2 9 5 , 2 9 7 , 379f., 4 4 5 156ff, 179ff., 193ff., 2 0 5 f f , 222f., Professionen, Professionals 21ff., 143, 146, 226ff., 256, 2 7 8 , 2 8 3 , 288, 301f., 305f., 324, 326, 3 4 7 , 377, 3 8 1 , 4 2 6 , 4 3 0 , 151, 157ff, 170, 180ff, 193ff, 2 1 5 , 475 2 2 4 f , 2 4 2 , 247ff, 2 5 2 , 256ff, 2 7 5 , 2 7 9 , 2 8 3 , 287, 2 9 7 , 3 0 5 , 3 3 3 , 336, 352, 3 8 2 , - Merchant Banker 132, 134, 140, 149, 426 151, 205ff., 222, 224, 226ff., 254, 267, Provinzialausschüsse, Vereinigte 4 2 , 7 3 , 8 6 , 302, 3 2 4 , 381 Know How 19, 2 2 , 76, 9 3 , 120f., 124, 126, 1 7 1 , 4 4 5
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Provinzregierungen (Preußen) 9 5 , 1 0 4 , 1 1 -9 , Einkommen 1 5 9 , 221ff., 2 5 0 f f . , 4 3 5 , 4 3 9 - Entscheidungen 74, 142, 176, 197, 243ff., 3 3 2 , 3 8 2 315ff., 3 7 5 , 4 4 8 , 460 Erbfolge 2 1 7 , 256 Railway Clearing House 209, 302, 363, 366, - Hausbesitz 151, 1 7 5 , 2 1 3 f . , 2 1 6 f . , 239ff., 449 2 5 6 , 4 2 8 , 437f. Rechtsanwälte 1 5 1 , 180ff., 198, 202, 2 1 5 , Kontrollposten 2 0 5 , 2 2 6 , 260ff., 380, 2 3 1 , 246f., 253f., 2 5 7 , 2 6 6 , 2 8 3 f , 2 8 6 , 440 2 9 7 , 382, 384f. - Landbesitz 213f., 216f., 219ff., 224, 226, Rechtslage (s. Gesetze) 2 3 7 , 2 3 9 f f . , 2 5 6 , 437 Region 19, 21ff., 3 1 , 56, 58, 74, 79, 81f., - Lebensalter 189ff., 194, 254 8 7 , 167ff., 179, 181ff., 191ff., 2 0 4 , - Netzwerke, Familienbeziehungen 132, 253f., 257f., 260, 2 7 6 , 376, 379, 3 8 1 , 175ff., 203ff., 226ff, 230ff., 254f., 2 5 9 , 385, 405 268, 270, 2 7 3 , 2 7 6 , 2 8 5 , 333, 380, 432, Revolution von 1848 128f., 2 7 7 , 2 8 3 , 2 9 2 , 436f., 443 347 -- Nobilitierung 207, 220, 2 4 7 , 2 4 9 - Parteizugehörigkeit 278ff., 2 8 6 , 444 Staatsbeteiligung 22, 39, 42, 4 5 , 47f., 52, - Partnerschaften 206ff, 226ff., 230ff., 87, 103, 109, 124ff., 130, 170ff., 179, 2 3 9 , 2 5 4 f . , 2 5 9 , 301f., 305 199, 204, 2 3 5 , 244, 2 5 7 , 2 9 5 , 329, 370, - Politische Ämter 215, 2 1 8 , 2 2 0 , 2 5 6 , 377, 3 8 1 , 3 8 5 , 417 279ff, 383 - Staatliche Verwaltung von Eb. 39, 49f., - Reisen 332ff. 72, 1 2 8 , 2 9 4 , 370f., 3 7 7 , 4 2 0 - Religionszugehörigkeit 2 0 6 , 230f., 2 5 5 , - Staatsaufsicht 104ff., 112, 116ff., 122f, 432, 436 127ff., 4 1 9 , 4 4 4 , 4 4 7 - Sozialstruktur 14, 18, 174ff., 3 7 9 , 386f. - Staatsbahnen 2 8 , 56, 7 3 , 87, 9 1 , 124ff., - Studium 213ff., 241ff., 2 4 7 , 2 5 6 294, 3 7 2 , 3 7 5 , 3 8 1 , 4 2 0 , 445 - Titel 2 8 9 , 297 - Staatsfinanzierung 125, 170 - Vermögen 150, 159, 2 2 1 f f . , 2 5 0 f f . , 257f., - Staatsunterstützung 22, 39, 44f., 125ff., 424, 4 3 5 , 4 3 9 , 449 139, 141, 170ff - Vielfach-, Universalunternehmer 147, Staatsbildung, innere 76, 92 175, 205, 227, 254f., 382, 384, 4 4 1 Staatsregierung(en), Staatsbehörden 2 1 , 2 3 , - Wohnung (s. Hausbesitz) 4 1 , 4 4 , 4 6 , 76ff., 8 3 , 8 8 , 9 0 , 93ff., 116f., Unternehmensorganisation 16, 18, 2 0 9 , 137f., 243ff., 2 9 1 , 306f, 332f., 3 4 9 , 368, 2 6 0 , 262f., 2 7 1 , 273, 298ff., 3 4 7 , 352ff., 372, 3 8 3 , 3 9 9 , 4 0 7 , 413 385ff., 4 2 8 , 4 4 8 , 4 5 2 Staatsschulden 125, 170 Unternehmensstrategie 14f., 24, 176, 204, Staatsverträge 50, 52, 109f., 402f., 4 1 7 259, 298-378, 4 4 8 , 460 Status, sozialer 148ff., 176, 214ff., 2 2 1 , 225, 2 4 7 , 426 Verfassung(sstaat) 90, 128f, 135, 2 7 6 , 2 8 5 , 291f., 297 Techniker (s. Ingenieure) Verkehrsaufkommen 60ff., 72ff., 79ff., 100, Technologisches Wissen (s. Know How) 409f. Transportkosten 58, 73, 75, 79, 135 Verkehrsunternehmen, andere 7 9 , 1 3 1 , 2 6 0 , 263, 3 0 1 , 3 6 4 f . Unternehmer 15ff., 24, 5 9 , 74, 88, 9 2 , 9 5 , - Flußschiffahrt 67f., 8 3 , 8 5 , 260ff., 364f., 9 9 , 1 7 4 - 2 9 4 , 299f., 307ff., 334ff., 380, 409 375ff, 379 - Hochseeschiffahrt 2 1 , 66ff., 2 6 0 , 3 8 0 - Amtszeit 186ff., 195f., 202f., 237f. - Kanäle 2 1 , 67ff., 79f, 82, 100f., 114, - Ausbildung 207, 213ff., 241f. 142, 2 1 9 , 260ff., 2 9 5 , 3 0 1 , 304ff., 3 8 0 , 4 2 1 , 4 4 1 f . , 449f. - Boardmembership (s. Kontrollposten)
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Post 64, 7 4 , 2 6 0 , 3 0 1 , 3 2 0 , 4 0 7 , 109, 4 4 6 126f., 177, 294, 2 9 9 , 3 2 6 , 3 6 9 3 7 5 , 4 0 4 f . , 473f. Privatstraßen, Chausseen 64, 7 3 , 81 f., 114, 3 0 1 , 3 0 6 , 3 2 0 , 4 0 7 , 410 - Speditionen 260, 3 0 1 , 3 2 0 , 3 6 7 , 4 5 0Wirtschaftswachstum 61ff., 70ff., 75ff., 8 2 , Verrechtlichung 335f., 359 87, 1 9 2 , 2 9 2 Versicherungen 205, 261ff., 4 2 3 , 441 Verstaatlichung 25, 36, 4 8 , 50f., 9 2 , 106, Zollverein 76
2. Namensregister Abendroth (Familie) 2 3 1 , 247 Abendroth, August 452 Allcard, Thomas 463 Alvensleben-Erxleben, Albrecht Graf von 2 5 2 , 4 1 8 , 4 3 9 , 450f. Anson, George jr. 217 Arnim, Graf von 83, 4 0 7 , 410, 4 1 8 , 465 Asher, Karl Wilhelm 247, 404, 452 Ashton, Samuel 212f.
Backhouse (Familie) 432 Bail, Friedrich Wilhelm O. 438 Baring, Thomas 151, 229 Barrington, William Keppel, Viscount 194, 219, 222 Beckerath, Hermann von 284 Beckmann, Philipp Martin 227 Beer (Familie) 2 3 1 , 234, 250 Beer, Amalie 241 Beer, Jakob Herz 232 Beer, Jakob (= Giacomo Meyerbeer) 2 3 2 , 436f. Beer, Michael 232 Beer, Wilhelm (=Wolf) 436 Benecke (Familie) 233 Benson (Familie) 205f., 223 Benson, Robert 433 Beuth, Peter Christain 332, 413 Beyfus, Charlotte 437 Beyse, Ingenieur 352f. Birley, Joseph 207, 2 1 2 , 2 2 3 Bischoff, Johann Arnold 238 Bischoffsheim, J.R. 140 Bismarck, Otto Fürst von 233 Bitter, Karl Hermann 473ff. Blake, Henry Wallastone 216 Bleichröder (Familie) 140, 232f., 473
Bloch, August Friedrich 140, 233ff., 2 6 6 , 437 Bodelschwingh, Karl von 9 6 , 3 7 1 , 4 1 0 , 4 1 3 , 418, 4 6 5 , 4 7 1 , 473 Börne, Ludwig 77 Boisseree, Sulpiz 78 Borchardt, Moritz (Mendel) 439 Bradshaw, James 218 Brassey, Thomas 463 Breest (Familie) 231 Breitkopf (Familie) 2 2 7 , 435 Bright, Robert 209, 279 Brockhaus, Friedrich 2 2 8 , 272 Broicher, Carl Anton 246 Brüstlein, Carl Gustav 251 Brunei, Isambard Kingdom 82, 193, 195, 231, 2 4 0 , 4 1 4 , 4 3 0 , 4 4 7 , 459 Buchler, J.B. 4 6 7 Brydges, James, 1 st Duke of Chandos 1 0 1 , 220 Buckingham, Duke of 219 Busse, Johann Andreas Fr. 227 Calebow, Ingenieur 473 Camphausen, Ludolf 4 1 , 9 7 , 1 0 3 , 1 2 1 , 2 3 0 , 2 3 5 , 2 5 1 , 264, 2 7 1 , 284, 291f., 3 1 9 , 355, 414f., 420, 4 4 1 , 4 4 5 f , 475 Capel (Familie), Earls of Essex 101 Carl, Heinrich Conrad 237, 289 Carnegie, Swynfen Thomas 217 Chaplin, William James 450 Ciaessen, Heinrich 78, 265, 284, 441 Clive, Robert Windsor 219f. Conrad, Carl 252 Contzen, Johann C. 245 Copeland, William Taylor 287 Costenoble, Geh. Reg.rat, Eisenbahndirektor 294, 3 1 1 , 370f., 4 3 8 , 4 4 6 , 474
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Creed, Richard 2 1 6 , 4 3 4 Cropper (Familie) 2 0 5 f , 339, 432 Cropper, John Edward 4 3 3 Crusius, Wilhelm 333 Currie, Bertram Woodhause 151, 2 2 2 , 443 Dannenberger, Johann Friedrich 229 Dechen, Heinrich von 332 Deichmann (Familie) 2 3 0 , 2 6 8 , 271f. Deutrich, Christian Adolph 246 Diergardt, Friedrich von 237f., 2 5 3 , 284, 2 9 0 , 4 3 7 , 445 Douglas, Charles Eurwicke 220 Dufour-Feronce, (Familie) 2 2 9 , 272 DuMont, Joseph 78 Earle, Hardman 2 0 7 , 2 2 0 Easthope, John 2 2 0 Ebeling, E. 2 3 1 , 2 5 2 , 4 3 9 Eberty, Felix 2 4 0 Eberty, Hermann 232 Eberty, Veitel Heine Ephraim 232 Egerton, Lord (s. Granville, Francis) Ellis (Familie) 2 1 2 , 432 Engels, Friedrich 2 3 7 , 439 Erlanger (Familie) 268 Ewart, Peter 212 Eynern, Ernst von 2 3 7
Godeffroy, Johann Cesar 231 Gooch, Daniel 225 Goßler, Hermann 2 3 1 , 247 Gould, Jay 174 4 3 5 , Granville, Francis, 1 st Earl of Ellesmere, Lord Egerton 225 Granville, George Gower Leveson, Marquis of Stafford, Duke of Sutherland 1 0 1 , 115, 159, 166ff, 196, 206, 213, 2 1 8 f , 2 2 1 , 2 2 9 , 2 6 3 , 279, 2 9 5 , 303f., 3 1 2 , 433f., 440 268f., Gregg, Robert Hyde 2 0 7 , 212, 2 2 4 Grenfell (Familie) 2 0 9 , 433 Grenfell, Charles Pascoe 208 Grenfell, Marianne 2 0 8 , 2 5 5 , 266 Gülpen, van (Familie) 4 3 6 Günther, Johann Arnold 240 Güterbock, Moritz Heinrich 2 2 7 , 231
Feldhoff, Friedrich August 238 Fleischer, Friedrich 2 2 7 Frege, Chr. Gottlob 2 2 7 , 272 Friedländer (Familie) 232 Fripp, Charles 4 4 9 Garnett, Robert 2 1 7 Garnett, William 141 Gerlach, Ernst Ludwig 4 1 9 Gibbs, George Henry 7 8 , 2 0 9 f , 214, 266f., 331, 3 3 8 , 4 0 9 , 4 3 0 , 433 Gibbs, Henry Huck 2 2 2 , 2 6 7 Gibbs, William 141 Giffard, T.W. 222 Giles, Francis 3 3 1 , 3 4 0 , 461 Gladstone, John 1 4 1 , 2 2 3 , 281 Gladstone, William Ewart 116, 138, 141, 207, 2 2 3 , 2 8 1 , 4 2 9 , 447 Glyn, George Carr, Lord Wolverton 208f., 2 1 4 , 2 2 0 , 2 2 2 , 2 5 5 , 2 6 7 , 2 9 5 , 302, 324, 355, 4 2 0 , 4 3 5 , 4 4 3 , 470
Haber, von (Familie) 2 6 8 , 4 3 7 Haertel, Hermann 227 Hagen, Gotthilf 245 Haller, Nicolaus Ferdinand 2 3 1 , 2 4 7 Haniel, Hugo 237 Hansemann, David 7 8 , 9 0 , 129, 135, 176, 227, 233, 235, 265, 269f, 284, 291f, 3 1 9 , 3 5 5 , 4 0 3 , 4 0 7 f , 411f., 4 1 8 , 4 2 2 , 429, 4 3 7 , 4 4 4 f f , 4 6 2 Hardenberg, Carl August von 170, 285 Harkort, Friedrich 6 2 , 76, 4 0 2 , 4 1 1 , 421 Harkort, Gustav 2 2 7 , 2 7 2 , 334 Hauchecorne, Sekretär der Rhein. Eisenbahn 3 6 5 , 4 6 7 Hawkshaw, Sir John 4 5 9 Hayter, William Goodenough 220, 2 6 7 Head, Francis 217 Heckmann. August Carl Justus 2 3 7 f Heine, Salomon 2 3 1 , 234 Henderson, George 2 1 7 , 3 3 9 , 461 Hengstenberg (Familie) 4 3 0 Henoch, Hermann 227f., 2 3 1 , 2 6 6 , 4 3 9 Henz (Ingenieur) 332, 412 Herstatt (Familie) 2 3 0 , 251 Herstatt, Friedrich Johann David 42 Herz, Salomon 231 Heydt, August von der 127, 1 7 1 , 2 2 7 , 294, 3 6 9 , 3 7 1 , 4 1 1 , 4 3 6 , 444ff., 4 7 3 Hochepied Larpent, George Gerard de 2 2 0 , 267 Hodgson (Familie) 2 0 6
510 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35783-6
231,
Hölterhoff, Matthias 230 Hoesch, Leopold 2 3 7 , 249 Hornby (Familie) 223 Howard, Henry 219 Hudson, George 174, 428 Huish, Mark 4 7 0 Jerningham, Edmund William 222 Joest, Carl 228f., 2 5 2 , 268, 271 Kaemmerer, Georg Heinrich 2 3 1 , 4 3 6 Kaskel, Felix 442 Kennedy, John 212, 223 KerSeymer, Henry 219 Kesselkaul (Familie) 436 Kirchenpauer, Gustav Heinrich 2 3 1 , 2 4 0 , 247 Kleist-Retzow, Hans Hugo von 411 Kochhann, Emil Heinrich 227, 229 Koenigs, Franz Wilhelm 230, 238, 273 Kühlwetter, Edward 473 Kupfer, Johann Christian Heinrich 229 Lacy, Henry Charles 450 Lardner, Dionysius 100 Lawrence, Charles 415 Leiden, Damian 230, 4 3 6 Lewald, Friedrich 247 Liebermann (Familie) 232 Lietzmann, C.W. 4 3 7 Limburger, Jacob Bernard jun. 228 Lindemann, Ernst 246 List, Friedrich 73, 75, 77, 80, 9 0 , 2 4 8 , 294f., 334, 3 9 9 , 4 0 1 , 405f., 408ff., 4 1 2 , 4 1 7 f . , 421f. Loch, George 2 9 5 , 303ff., 312 Loch, James 2 0 6 , 267, 280, 2 9 5 , 303ff., 312, 4 4 0 , 447 Locke, Joseph 316, 322, 3 3 1 , 334, 3 3 7 , 3 4 0 , 3 4 2 f . , 4 5 3 , 462f. Löwe, Theodor Albert 238 Lubbock, John, Sir 222 Lüdemann, von 467 Lushington, Charles Manners 220 Mallinckrodt, Gustav von 230, 2 6 5 , 2 6 8 , 271, 273 Manteuffel, Otto Freiherr von 446 Martius, Karl Alexander 233 Mathy, Karl 444
Maybach, Preuß. Minister 372, 4 5 8 , 473ff. Melle, Emil von 231 Mendelsohn (Familie) 139f., 2 2 8 , 250f., 435, 437 Mendelsohn, Abraham 436f. Mendelsohn, Joseph 233f., 251 Mendolsohn, Moritz 4 3 6 Mendelsohn. Moses 2 3 2 , 4 3 6 Mendelsohn-Bartholdy, Felix 233 Mendelsohn-Bartholdy, Paul 233 Merck, C.H. 2 3 1 , 2 4 7 , 4 5 2 Merkens, Peter Heinrich 264f., 284 Mevissen, Gustav 228ff., 2 3 8 , 264f., 2 6 8 2 7 3 , 284, 2 8 9 , 2 9 1 , 2 9 6 , 324f., 364, 4 1 0 , 4 1 2 , 4 1 8 , 428f., 4 4 2 , 4 4 5 , 4 5 7 Meyerbeer, Giacomo (s. Beer, Jacob) Micklethwait, Frederick N. 2 1 6 , 222 Mills, Edward Wheeler 2 0 8 , 2 2 2 , 266f., 2 7 9 , 435 Mills, William 141 Moll, C.A. 270 Moorsom, Richard 2 1 6 , 4 3 4 , 4 4 9 Moss, John 4 1 5 , 4 3 3 Moss, Thomas 4 3 3 Mumm, Julius 265 Mylius, Karl Joseph von 2 4 6 Nagler, Karl Ferdinand von 8 5 , 4 0 7 , 4 4 6 Nellessen (Familie) 4 3 6 Neuhaus, Baurat 30, 3 1 7 , 332, 3 3 9 , 345f., 350, 3 5 4 , 4 5 1 , 4 6 0 , 4 6 3 , Nottebohm, W. 2 4 6 , 4 3 8 Obermayer, Henriette 437f. Odebrecht, C.T. 2 4 6 Oppen, Otto Heinrich Alexander von 2 4 6 , 310 Oppenfeld (= Berliner Familie Oppenheim) 227ff., 232f. Oppenheim (Kölner Familie) 4 2 , 140, 2 3 0 , 249ff., 264f., 268f., 3 1 0 , 364 Oppenheim, Abraham 2 8 9 , 436ff. Oppenheim, Albert von 2 2 0 , 4 3 6 Oppenheim, Dagobert 2 2 0 Oppenheim, Eduard von 4 3 6 Oppenheim, Emma 442 Oppenheim, Hertz Salomon 2 3 3 Oppenheim, Salomon jr. 2 3 3 Oppenheim, Salomon 4 3 8
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465
Oppenheim, Simon 234, 436ff., 442 Overweg, Karl 271 Pease (Familie) 432 Peel, Edmund 224 Peel, Robert 212, 2 2 1 , 223, 447 Petersen, Carl 2 3 1 , 247, 475 Pickel, Ingenieur 332, 344, 412 Pieper (Familie) 430 Ponsonby, Frederick George Brabason 216f. Prevost, John Lewis 267 Price, Theodore 216, 434 Puttkammer, Heinrich Baron von 117f., 410, 418 Pycroft, Thomas 218 Raschdorf, Julius 248 Rath, vom (Familie) 228f., 249, 268, 4 3 9 Rathbone (Familie) 205ff., 223, 429, 432 Rathenau (Familie) 232 Rautenstrauch (Familie) 230, 265, 436 Reichenheim (Familie) 232 Reimer, Georg Ernst 227 Rochow, Theodor Heinrich von 406ff., 418 Roscher, Wilhelm Georg Friedrich 248 Rother, Christian von 4 1 , 73, 94, 233f, 269, 4 0 7 , 4 1 0 , 412ff. Rothschild (Familie) 233f., 264f., 441 Rothschild, Meyer Amschel 437 Rubens, Benny 227 Russell, Charles 194f., 216f., 267 Saunders, Charles Alexander 195 Schaaffhausen (Familie) 271 Scheibler, Leopold 238 Schickler (Familie) 139f., 233, 235, 251, 437 Schimmelbusch, Julius 228 Schinkel, Friedrich Karl 332 Schlechtendahl (Familie) 430 Schmid, Reinhold 408 Schnetger, Johann Gottfried 463 Schnitzler (Familie) 230 Schöller, Leopold sen. 237, 272 Schöller, Leopold jun. 237, 437 Schröder, Octavio Rudolph II 231 Schubarth, C.L. 245 Schultze, Carl Wilhelm Jacob 439 Schulze, Johann 245
Seydlitz, Ignaz (Jacob) 227 Simon, Ludwig Wilhelm 311 Sötbeer, Adolph Georg 248 Sothern, James 225 Springorum, W. 430 Stein, Heinrich Friedrich Karl, Rfrhr. \ill\vom und zum 244 Stein, Johann Heinrich jun. 42, 230 Steinberger, Adolph 246 Stephenson, Robert 330ff., 334, 3 3 9 ,\ill\33 4 1 , 354, 3 6 1 , 4 1 2 , 4 5 9 , 462 Stovin, Cornelius 450 Strausberg, Bethel Henry 174, 428 Stupp, Hermann Joseph 246 Sturge (Familie) 432 Sybel, Heinrich von 245, 284 Taylor, Charles 224f. Taylor, John 224 Thomasson, Thomas 214 Tite; William 218f. Tooke, Thomas 216 Toqueville, Alexis de 150, 1 5 2 , 4 2 6 Veit, Philipp Uhde 227 Vetter (Familie) 228 Vettin, J . 311 Viebahn Georg von 412 Vignolles, Charles Blacker 413 Villiers (Familie), Dukes of Buckinghamm m 219 Waldthausen Ernst 227 Walker, James 334, 459 Warschauer (Familie) 232f. Watt, James 216 Wendelstadt, Victor 230, 271 Westphalen, Ferdinand von 4 1 1 , 4 4 4 Wigand, Otto 227 Williams, Robert 210, 267 Williams-Wynn, Watkin, Baronet 2 2 2 Wittgenstein, Heinrich von 230, 2 8 4 ,\ill\,4, 414 442 Wolf, Aron 437 Wolff, Julius Guido 227, 240 Wood, Nicholas 459 Wright, John 139 Wulff, Liepmann Meyer 250 Zwicker, Wilhelm 251
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