Einheitswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht?: Theoretische und praktische Argumente [1 ed.] 9783428455218, 9783428055210


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German Pages 137 Year 1984

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Einheitswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht?: Theoretische und praktische Argumente [1 ed.]
 9783428455218, 9783428055210

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MICHAEL BALKE

Einheitswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer. und Schenkungsteuerrecht?

Schriften zum Steuerrecht Band 26

Einhei tswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht? Theoretische und praktische Argumente

Von

Dr. Michael Balke

DUNCKER

&

HUMBLOT I

BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Dalke, Michael: Einheitswert oder Verkehrswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht?: Theoret. u. prakt. Argumente / von Michael Balke. Berlin: Duncker und Humblot, 1984. (Schriften zum Steuerrecht; Bd. 26) ISBN 3-428-05521-7 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1984 bei Buchdruckerei A. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany

© 1984 Duncker

ISBN 3-428-05521-7

Meiner Tochter Verena gewidmet

Geleitwort Derzeit ist der Grundbesitz bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht mit dem gesondert festgestellten sog. Einheitswert (oder mit 140 Ofo des Einheitswertes) anzusetzen. Andere Wirtschaftsgüter sind dagegen mit dem Verkehrswert zu erfassen. Auch für den Grundbesitz lassen sich Verkehrswerte ermitteln. Werden sie den Einheitswerten gegenübergestellt, so zeigt sich ein drastisches Gefälle: Die Einheitswerte spiegeln nur einen Teilbetrag der Verkehrswerte wider. Der Grundbesitz wird also im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungbesteuerung deutlich günstiger behandelt als andere Vermögenposten. Dies ist ein Umstand, der nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit Bedenken erweckt, sondern auch zu unglücklichen Verbiegungen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts beiträgt. Denn die Rechtsprechung versucht auf verschiedenen Wegen, die Folgen der unterschiedlichen Bewertung abzuschwächen und zu entschärfen. Das führt zu einer Komplizierung dieses Rechtsgebiets, die sich bei anderen Bewertungsgrundsätzen vermeiden ließe. So liegt die Forderung auf der Hand: Auch der Grundbesitz sollte bei der Erbschaft- und Schenkungbesteuerung nach Verkehrswerten bemessen werden. Bevor eine solche Forderung erhoben und in der öffentlichen Diskussion nachdrücklich vertreten werden kann, gilt es jedoch zunächst die Einwände sorgfältig auszuloten, die sich gegen die Umstellung der Bewertung des Grundbesitzes vorbringen lassen. Ihr Gewicht ist mit den Argumenten, die für die Umstellung sprechen, zu vergleichen. Dabei sind auch die praktischen Auswirkungen zu bedenken, die sich im Fall einer Bewertungsumstellung ergeben müssen. Dies war das Programm, das Herrn Dr. Balke für die Ausarbeitung seiner Dissertation gesetzt wurde. Mit der vorliegenden Arbeit hat er die ihm gestellte Aufgabe eindrucksvoll gelöst. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit sehe ich zunächst in der sorgfältigen Herausarbeitung der Gesetzgebungsgeschichte, die erkennen läßt, daß der Gesetzgeber mit der Anbindung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitswerte ursprünglich sicher nicht ein so weites Auseinanderfallen von Einheitswerten und Verkehrswerten in Kauf nehmen wollte. Die Entwicklung hat also zu einem Zustand geführt, der sich von den mit der Einheitsbewertung für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht bezweckten Rechtsfolgen weit entfernt. Bedeutsam erscheint

8

Geleitwort

mir auch, daß der Verfasser mit Nachdruck den unterschiedlichen Charakter der einheitswertabhängigen Steuern betont und hervorhebt, daß die für die Anbindung der Sollertragsteuern an die Einheitsbewertung herangezogenen Argumente nicht notwendig auch für die Erbschaftsteuer passen. Beachtung verdienen ferner die Überlegungen zur Praktikabilität der Bodenbesteuerung nach Verkehrswerten. Seiner These, daß der Gesetzgeber zu einer Umstellung der Bewertung auf Verkehrswerte verpflichtet sei, wird sich so leicht kein durchschlagendes Argument entgegenstellen lassen. Bemerkenswert ist schließlich, daß sich der Verfasser auch um eine (notwendig unvollkommene) Schätzung des bei der Bewertungsumstellung zu erwartenden Steuermehraufkommens bemüht. Die Arbeit ist - wie es dem Charakter einer Dissertation entspricht - ohne Rücksicht auf Interessenstandpunkte und Verwaltungsmeinungen aus der unabhängigen Sichtweise eines jungen Steuerjuristen geschrieben, der sich primär an den Rechtsnormen orientiert. Der Blick ist jedoch zugleich auch auf die Praxis gerichtet. Die Auseinandersetzung mit den veröffentlichten Gegenstandpunkten hat sich der Verfasser nicht leicht gemacht. Die Entschiedenheit, mit der der Verfasser den Ansatz des Ertragswertes auch im Bereich der Land- und Forstwirtschaft zugunsten der von ihm ausnahmslos favorisierten Verkehrswertbesteuerung zurückdrängen will, wird wegen der damit verbundenen schwerwiegenden Konsequenzen nicht jeden überzeugen. Auch derjenige, der dem Verfasser in Einzelpunkten oder in der ganzen Linie der Erwägungen widerspricht, wird die Arbeit jedoch als eine bedeutsame Diskussionsgrundlage anerkennen müssen. Aus meiner Sicht bringt die Arbeit durch die Unabhängigkeit und Eindringlichkeit der Untersuchung einen deutlichen Fortschritt in der Erkenntnis des vom Verfasser bearbeiteten Themas. Prof. Dr. Jens Peter Meincke, Köln

Vorwort Meinen akademischen Lehrern, Herrn Prof. Dr. Meincke und Herrn Prof. Dr. Tipke, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Herr Prof. Dr. Meincke hat die Arbeit angeregt und freundschaftlich betreut. Wertvolle Hinweise erhielt ich aus der Finanzverwaltung, aus der Bundessteuerberaterkammer und aus der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Solingen. Ich danke herzlichst den Herren Hagemann (Hessisches Finanzministerium), Dr. Heitmann (Finanzbehörde Hamburg), Dr. Möllinger (Finanzministerium Rheinland-Pfalz), Dr. Moench (Saarländisches Finanzministerium), Dr. NoUe (Bundesministerium der Finanzen), Dr. Troll (ehemals Bundesministerium der Finanzen), Dr. Weiler (Bundessteuerberaterkammer), Schmeck und Braach (beide Geschäftsstelle des Gutachterausschusses). Herrn Dr. Moench gebührt besonderer Dank. Er setzte sich liebenswürdigerweise einem umfangreichen schriftlichen und mündlichen Dialog mit dem Verfasser aus. Meinem Kollegen, Herrn Steiger, danke ich für stete Diskussionsbereitschaft. Die Verantwortung für die technische Herstellung des vorliegenden Buches lag in den Händen von Frau Michitsch (Verlag Duncker & Humblot). Sie und ihre Mitarbeiter erfüllten die Aufgabe vorbildlich. Diese Stelle ist auch geeignet, meiner lieben Frau Sigrid und meiner lieben Mutter für jahrelange, aufopferungsvolle Unterstützung zu danken. Das Manuskript wurde im Frühjahr 1983 abgeschlossen. Spätere Veröffentlichungen konnten noch vereinzelt nachgetragen werden. Michael Balke, Köln/Solingen-Wald

Inhaltsverzeichnis I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung ......................

17

1. Der Einheitswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht ........................................

17

1.1 Standortbestimmung des § 12 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

17

1.2 Bewertungsstichtag und Verkehrswert-/Einheitswertansatz nach § 12 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

18

1.3 Erbschaftbesteuerung des Grundbesitzes im Vergleich zu anderen Vermögensgegenständen anhand von Beispielen .. 22 2. Eingrenzung des Themas und Plan der Darstellung . . . . . . . . . ..

29

11. Geschichte und Entwicklung der Diskussion der erbschaftsteuerlichen Grundbesitz-Bewertung .................................. 31 1. Erbschaftsteuerliche Bewertung des Grundbesitzes vor der Einführung der Einheitsbewertung im Jahre 1925 ................ 31 2. Anlehnung der Erbschaftsteuer an die 1925 neugeschaffene Grundbesitz-Einheitsbewertung und die Zeit danach bis 1949 .. 36 3. Die erbschaftsteuerliche Anknüpfung an die Grundbesitz-Einheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland ................ 40 3.1 Aus den Gesetzes-Materialien zum geltenden Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz vom 17.4. 1974 ........ 42 3.2 Aus der Rechtsprechung zur Grundbesitz-Einheitsbewertung im Erbschaftsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 43 3.3 Aus 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5

dem neueren Reformschrifttum ...................... Wissenschaftlicher Beirat beim BMF ................ Steuerreformkommission ........................... Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V. Institut Finanzen und Steuern e. V. .................. Literaturmeinungen ................................

52 52 52 53 54 54

4. Vorschläge und Reaktionen aus der jüngsten Vergangenheit. "

57

12

Inhaltsverzeichnis

111. Erforderliche Gesetzesänderungen zur Ersetzung des GrundbesitzEinheitswert durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht

62

1. Änderungen des § 12 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

62

2. Änderungen der Freibeträge und Steuers ätze . . . . . . . . . . . . . . . ..

62

2.1 Bedeutung der Verfallklausel (Art. 10 § 3 ErbStRG) . . . . . ..

62

2.2 Wirkung eines Gesamtsteuerbelastungsvergleichs auf die Neugestaltung der Freibeträge und Steuersätze ........... 65 3. Änderungen der sachlichen Steuerbefreiungen ................ 66 3.1 Allgemeines ............................................. 66 3.2 Teil-Steuerbefreiung der selbstgenutzten Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen aus gesellschaftsund sozialpolitischen Gründen ............................ 67 3.3 "Grundbesitz-Beschaffungs-Leid" des Erblassers oder Schenkers und Vorsorge-Prämierung. . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. 69 3.4 Kaum Erbschaftsteuer-Hinterziehungsmöglichkeiten für Grundbesitz-Erwerber im Vergleich zu anderen Erwerbern 70 4. übergangsregelung

.......................................... 71

IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung. . . . . . . . . . . . . . . . . ..

72

1. Begutachtung der vorgebrachten praktischen Bedenken und praktische Vorschläge für die Ermittlung der GrundbesitzVerkehrswerte .............................................. 72 1.1 Die vorgebrachten Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

72

1.2 Entgegnung und Vorschläge .............................. 73 1.2.1 Allgemeines ........................................ 73 1.2.2 Ermittlung des aktuellen Grundbesitz-Verkehrswerts 77 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.2.3 1.2.2.4

Im Regelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. In sonstigen Fällen .......................... Konkreter Verfahrensvorschlag .............. Fazit ........................................

77 79 84 86

2. Blick über den Zaun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 87 3. Begleitumstände ............................................. 88

Inhaltsverzeichnis

13

3.1 Plädoyer für die Einführung einer sinnvolleren Tätigkeit für die Mitarbeiter in der Bewertungsstelle des Finanzamts und für die Abkehr vom Besitzstandsdenken einzelner mit der Einheitsbewertung befaßter, hochrangiger Beamter. .. 88 3.2 Der Grundbesitz-Einheitswert: Eine mißverständliche (für den Rechtsverkehr mitunter gefährliche) amtliche Wertfeststellung .............................................. 89 3.3. Einheit der Rechtsordnung .............................. 91 V. Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Einheitswerte des Grundbesitzes und Grundrechte ................................. 92 1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz ........................ 92 1.1 Das Gebot der Steuergerechtigkeit und das sog. WillkÜl"verbot ..................................................

92

1.2 Tipkes Steuergerechtigkeitstheorie ....................... 97 1.3 Verstößt die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitswerte gegen Art. 3 GG? ............. 98 1.3.1 Grundbesitz-Einheitswert als sog. Ertragswert . . . . . .. 1.3.2 Grundbesitz-Einheitswert und Zeitnähe

98 102

1.3.3 Die Erbschaftsteuer als nichtklassische einheitswertabhängige Steuer ................................... 103 1.3.4 Verwendung des erworbenen Vermögensgegenstandes 105 1.3.5 Gesamtsteuerbelastung der Grundbesitzer ........... 105 1.3.6 Steuerzahlungsschwierigkeiten der Grundbesitz-Erwerber ............................................. 107 1.3.7 Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer ......... . ......... 107 1.3.8 Fazit ............................................... 109 2. Art. 6 Abs. 5 GG: Schutz der nichtehelichen Kinder

110

3. Art. 2 Abs. 1 GG: Allgemeine Handlungsfreiheit .............. 112 4. Beginnende Abkehr der Staatsgewalten von den GrundbesitzEinheitswerten .............................................. 114 VI. Welche Auswirkungen auf das Erbschaftsteueraufkommen sind bei der Ersetzung des Einheitswerts durch den Verkehrswert für Grundbesitz zu erwarten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 116

14

Inhaltsverzeichnis

VII. Durchsetzbarkeit der vorgeschlagenen Änderung

H8

1. Vollzug der vorgeschlagenen Änderung durch einen Spruch des

Bundesverfassungsgerichts, durch ein neues Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung? ...................................... 118

2. Mißbrauchbare Emotionen der Klein-Grundbesitzer . . . . . . . . . .. 120

VIII. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse .................... 124 Verzeichnis der angeführten Gerichtsentscheidungen ................... 126 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 128 Namenverzeichnis

................. . .................................. 135

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. Anm. AO Art. Az. BAföG BAnz. BBauG BewG BewÄndG BFH BGB BGBl. BGH BGHZ BMF BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE DB DDR d.h. Diss. DM DStR DStZ DStZ/A DVR DWW EFG EGAO EGBGB ErbStDB ErbStDV ErbStG

anderer Ansicht Absatz Anmerkung Abgabenordnung Artikel Aktenzeichen Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesanzeiger Bundesbaugesetz Bewertungsgesetz Bewertungsänderungsgesetz Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesminister der Finanzen Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Demokratische Republik das heißt Dissertation Deutsche Mark Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung Deutsche Steuerzeitung Ausgabe A Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau Deutsche Wohnungs-Wirtschaft (Zeitschrift) Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) Einführungsgesetz zur AO Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Erbschaftsteuer-Durchführungsbestimmungen Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung Erbschaftsteuer- und Schenkungs teuer gesetz

16 ErbStRG EStG e.V. F.A.Z. FG FR GG HB Hrsg. Inf. JbFSt KÖSDI KostO

Abkürzungsverzeichnis

Erbschaftsteuer-Reformgesetz Einkommensteuergesetz eingetragener Verein Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzgericht Finanz-Rundschau Grundgesetz Handelsblatt Herausgeber(in) Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Kostenordnung (Gesetz über die Kosten in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) meines Erilchtens m.E. Million Mio m.w.N. mit weiteren Nachweisen NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr(n). Nummer(n) NRW Nordrhein-Westfalen NWB Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) ÖStZ Österreichische Steuerzeitung qm Quadratmeter Reichsabgabenordnung RAO Reichsbewertungsgesetz RBewG Reichsfinanzhof RFH Entscheidungen des Reichsfinanzhofs RFHE Reichsgesetzblatt RGBl. Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) RIW RT-Drucks. Reichstags-Drucksache Rz. Randziffer StbJb. Steuerberater-J ahrbuch StRK-Anm. = Anmerkungen zur Steuerrechtsprechung in Karteiform StuW Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) StZBl Steuer- und Zoll blatt TeilhauptG Teilhauptfeststellungsgesetz (Entwurf eines Gesetzes zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke) Tz. Textziffer Vereinigte Staaten von Amerika USA u.U. unter Umständen v.H. vom Hundert VStR Vermögensteuer-Richtlinien v.T. vom Tausend VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Wirtschafts-Woche (Zeitschrift) WiWo Zeitschrift für Kommunalfinanzen ZKF Zeitschrift für Rechtspolitik ZRP

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung 1. Der Einheitswert für Grundbesitz im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht l 1.1 Standortbestimmung des § 12 ErbStG

Vermögensgegentände, die nicht in Geld bestehen, wie z. B. Grundstücke, müssen in Geld ausgedrückt werden, um dann von dieser Besteuerungsgrundlage die Steuer erheben zu können. Es könnte zwar daran gedacht werden, Steuern in Form von Naturalabgaben zu erheben. In der heutigen Zeit sind - jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland - Steuern jedoch Geldleistungen, was § 3 Abs. 1 AO ausdrücklich bestimmf. Die Erbschaftsteuer richtet sich nach dem Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10 ErbStG). Wie die Wertansätze im einzelnen zu ermitteln sind, regelt § 12 ErbStG. Die zuletzt genannte Vorschrift mit der überschrift "Bewertung" und den Bezugnahmen auf das Bewertungsgesetz mag dem unvoreingenommenen Leser vortäuschen, daß hier erstmals der zu besteuernde Bereicherungsvorgang in Zahlen - sprich: in Deutsche Mark - ausgedrückt wird. Jedoch schon im Vorfeld der Besteuerung von Erwerben von Todes wegen z. B. werden sich die Erben und die Pflichtteilsberechtigten Gedanken über den Wert des Nachlasses machen, da nach § 2303 Abs.1 Satz 2 BGB der Pflichtteil in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils besteht. Und bei der Frage, ob ein steuerpflichtiger Vorgang nach § 7 ErbStG (Schenkung unter Lebenden) vorliegt, ist u. a. zu prüfen, ob nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsmaßstäben eine Bereicherung gegeben is"P. In diesem Zusammenhang wird vom Vorrang des Im folgenden wird die Schenkungsteuer nicht immer besonders erwähnt. Hand- und Spanndienste als Kommunalabgaben (= Naturaldienste) sind zwar in der Bundesrepublik Deutschland noch ein Begriff - vgI. dazu Urteil des BVerwG vom 9.11.1955 - V C 228.54, BVerwGE 2, S.313 (314); sie sind aber keine Steuern. 3 VgI. Gutachten des RFH vom 21. 5. 1931 I D I/3D, RFHE 29, S.137 (155); Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 12.7.1979 - III 41/79, EFG 1979, S.559. I

2

2 Balke

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

18

§ 7 ErbStG vor dem § 10 ErbStG gesprochen4• Daraus folgt, daß zuerst der steuerpflichtige Vorgang (besser: steuerbare Vorgang) i. S. von § 7 ErbStG und dann der steuerpflichtige Erwerb i. S. von § 10 ErbStG bewertungsrechtlich beurteilt wirds, und zwar - wie noch zu zeigen sein wird - nach jeweils unterschiedlichen Maßstäben6 • Quintessenz der Standortbestimmung des § 12 ErbStG: Die in den meisten Fällen bereits nach anderen Vorschriften in Geld ausgedrückten Vermögensgegenstände werden bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungbesteuerung nochmals - diesmal nach speziellen steuerrechtlichen Grundsätzen - bewertet7. 1.2 Bewertungsstichtag und Verkehrswert-/ Einheitswertansatz nach § 12 ErbStG

Gemäß § 12 Abs.l ErbStG wird die erbschaftsteuerliche Bewertung der zum Erwerb gehörenden Gegenstände nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes durchgeführt. Der Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG). Danach wird der gemeine Wert (§ 9 BewG -

auch Verkaufs- oder

Verkehrswerfl genannt) z. B. bei Erwerben von Todes wegen zum Todes-

zeitpunkt des Erblassers (§§ 11, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) oder bei Schenkungen unter Lebenden zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung (§§ 11, 9 Abs.l Nr.2 ErbStG) der Besteuerung zugrunde gelegt. Nach der Legaldefinition des § 9 Abs. 2 BewG wird der Verkehrswert Dazu Meincke in Meinck:e / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 4 ff. Kipp (ErbStG, 1927, § 22 Anm.8) führte dagegen folgendes aus: "Die erste zu beantwortende Frage ist also stets die, inwieweit jemandem an und für sich eine steuerpflichtige Bereicherung zugegangen ist. Erst wenn dies bejaht ist, ist weiter zu fragen, wie hoch diese Bereicherung zu bewerten ist." Da, um die Bereicherung feststellen zu können, die Nachlaßgegenstände bewertet werden müssen, ist m. E. diese Aufsplittung der Vorgehensweise unmöglich. 6 Aus den genannten Gründen ist m. E. die Bezeichnung des § 12 ErbStG mit "Bewertung" irreführend. Die Bezugnahme des § 12 ErbStG auf "Allgemeine und Besondere Bewertungsvorschriften nach dem Bewertungsgesetz" verstärkt noch diese Irritation, denn das Bewertungsgesetz ist ein SteuerBewertungsgesetz und nicht ein für alle Rechtsgebiete gültiges Normenpaket. Dem Gesetzgeber ist jedoch zugute zu halten, daß das Bewertungsgesetz wohl das einzige Gesetzgebungswerk in der Bundesrepublik Deutschland ist, das sich so umfassend mit Regelungen der Bewertung befaßt. So enthält selbst der Allgemeine Teil des BGB keinen eigenen Abschnitt über Bewertung. 7 Wenn man an einer besonderen steuerlichen Bewertung festhalten will, dann sollte die überschrift zu § 12 ErbStG besser lauten: "Ermittlung der maßgebenden Steuerwerte" oder einfach "Maßgebende Steuerwerte" . 8 Pausch (DVR 1977, S. 68 1. Teil - und S. 130 - 2. Teil) plädiert zu Recht für die gesetzliche Ersetzung der antiquierten Bezeichnung "gemeiner Wert" durch den Begriff "Verkehrswert". 4

5

1. Grundbesitz-Einheitswert im Erbschaftsteuerrecht

19

durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei werden Umstände, die den Preis beeinflussen, nicht aber ungewönliche oder persönliche Verhältnisse berücksichtigt. Abweichend von dem beschriebenen Grundsatz ist nach § 12 Abs. 2 ErbStG im Inland belegener Grundbesitz9 für erbschaftsteuerliche Zwecke mit dem Einheitswert anzusetzen, der nach dem Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den Zeitpunkt festgestellt ist, der der Entstehung der Steuer vorangegangen ist oder mit ihr zusammenfällt10• Die Idee, die der Grundbesitz-Einheitsbewertung zugrunde liegt, ist, in möglichst kurzen Zeitabständen Werte für den Grund und Boden mit den eventuell aufstehenden Gebäuden in einem sog. Hauptfeststellungsverfahren zu ermitteln. Das Entstehen neuer Grundbesitz-Einheiten und das Verändern der Substanz werden durch sog. Nachfeststellungen und Wertfortschreibungen auch schon vor dem nächsten Hauptfeststellungszeitpunkt erfaßt. Die so festgestellten Werte gelten - soweit möglichfür sämtliche Steuerarten, die an Grundbesitzwerte anknüpfen. Zu den sog. einheitswertabhängigen Steuern gehören heute die Vermögensteuer, die Grundsteuer, die Gewerbekapitalsteuer, in Sonderfällen die Grunderwerbsteuer, die Einkommensteuer mit der Besteuerung der selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus und der Durchschnittsbesteuerung bestimmter Land- und Forstwirte und - last not least - die Erbschaftund Schenkungsteuer. Der Grundbesitz-Einheitswert ist also ein in einem bestimmten Verfahren für mehrere Steuerarten einheitlich festgestellter Wert (§§ 180 Abs. 1 Nr. 1 AO, 19 ff. BewG). Die Heranziehung des Grundbesitz-Einheitswerts bringt nun für die Erbschaftsteuer zwei Besonderheiten: a) Einmal wird damit ein Wert berücksichtigt, der nicht uneingeschränkt aus dem Verkehrswert entwickelt ist. In der Regel (vgl. § 76 Abs.1 BewG) werden nämlich die Werte der Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke, gemischtgenutzten Grundstücke, Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser im Ertragswertverfahren (§§ 78 ff. BewG) ermittelt. Für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen wird ebenfalls vom Ertragswert (§ 36 BewG) ausgegangen. Nur für unbebaute (§ 72 f. BewG)11 und für diejenigen bebauten Grundstücke, die gemäß 9 Zum Grundbesitz gehören gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Privat- und Betriebsgrundstücke. 10 Die Einheitswerte der Privat- und Betriebsgrundstücke werden u. a. für Erbschaftsteuerzwecke mit einem Zuschlag von 40 Ofo versehen (§ 121 a BewG/ Art. 2 ErbStRG). Im Ausland belegener Grundbesitz wird dem Grundsatz entsprechend mit dem Verkehrswert angesetzt (§§ 12 Abs.6 ErbStG in Verbindung mit 31 BewG).

20

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

§ 76 Abs.2 und 3 BewGI2 dem Sachwertverfahren unterliegen, sind - jedenfalls der Konzeption nach - die Verkehrswerte maßgebend.

Das Einheitswertverfahren für den Grundbesitz favorisiert also den Ertragswert. Das bedeutet aber nach dem überwiegend anzutreffenden Verständnis dieses Begriffes, dem auch der Gesetzgeber folgt, daß lediglich ein Ausschnitt des Nutzens eines Vermögensgegenstandes erfaßt wird. Z. B. wird bei einem Mietwohngrundstück nur der Mietzinsertrag zur Bewertung des gesamten Objekts herangezogen. Weitere Vorteile - insbesondere Wertgewinne infolge ständig steigender Bodenpreise und Baukosten - , die dem Grundbesitz-Erben zugute kommen und damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhen, bleiben dagegen unberücksichtigt. Das hat zur Folge, daß der Ertragswert in der Regel niedriger ist als der Verkehrswert. b) Des weiteren wird mit dem Einheitswert ein Wert in Bezug nommen, der nicht auf den aktuellen Wertverhältnissen, z. B. zum deszeitpunkt des Erblassers oder zum Zeitpunkt der Ausführung Zuwendung, fußt, sondern der auf einen Zeitpunkt vor Entstehung Steuer festgestellt worden ist.

geToder der

Bei der Einführung der Einheitsbewertung im Jahre 1925 sollte jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres für alle in Frage kommenden Steuerarten ein einheitlicher Steuerwert festgestellt werden 13 • Dieses Vorhaben ist so nie in die Tat umgesetz worden. GrundbesitzEinheitsbewertungen fanden zunächst zum 1. 1. 1925 14, zum 1. 1. 192815 und zum 1. 1. 1931 16 statt. Die Ergebnisse der Hauptfeststellung des Grundbesitzes zum 1. 1. 1935 17 galten dann bis Ende 1973 - also 38 Jahre 11 Für die unbebauten Grundstücke gilt § 9 BewG unmittelbar, da nichts anderes vorgeschrieben ist (vgl. § 17 Abs. 3 BewG). 12 Im Rahmen des Sachwertverfahrens wird nach § 90 BewG eine Angleichung an den gemeinen Wert vorgenommen. 13 Vgl. § 5 Abs. 2 RBewG 1925, RGBl. I 1925, S. 214. 14 Dazu §§ 81, 5 RBewG 1925, RGBl. I 1925, S.214; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die erste Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1925 und 1926, RGBl. I 1926, S.227. 15 Dazu § 1 der Verordnung über die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung 1928, RGBl. I 1928, S. 165; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die zweite Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1928, RGBl. I 1928, S. 174. 16 Dazu § 71 RBewG 1931, RGBl. I 1931, S.222; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz und zum Vermögensteuergesetz für die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung nach dem Stand vom 1. 1. 1931, RGBl. I 1931, S. 252. 17 Dazu § 79 RBewG 1934, RGBl. I 1934, S. 1035; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die Bewertung des Vermögens nach dem Stand vom 1. 1. 1935, RGBl. I 1935, S. 81.

1. Grundbesitz-Einheitswert

im Erbschaftsteuerrecht

21

lang. Die bisher letzte Hauptfeststellung fand nach den Wertverhältnissen zum 1. 1. 1964 statt; da die "neuen" Einheitswerte erst ab 1. 1. 1974 angewandt werden l8 , werden diese - mit Ausnahme der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke 19 - mit einem Zuschlag von 40 Ofo (Art. 2 ErbStRG / § 121 a BewG), der die Wertsteigerungen von 1964 bis 1970 berücksichtigen SOll20, der Besteuerung zugrunde gelegt. Auch bei Fortschreibungen (sogar bei den sog. Wertfortschreibungen)21 und bei Nachfeststellungen 22 der Einheitswerte des Grundbesitzes (auch bei einer sog. Stichtagsbewertung nach § 12 Abs.4 ErbStG) sind die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt - also die vom 1. 1. 1964 - zugrunde zu legen2J • Die an sich für mindestens alle 6 Jahre vorgesehene Einheitsbewertung des Grundbesitzes24 wurde immer wieder verschoben. Die rechtliche Grundlage für die Stornierung des ursprünglichen gesetzgeberischen Auftrages findet sich versteckt in Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG25. Hiernach wird der nächste Hauptfeststellungszeitpunkt durch besonderes Gesetz festgelegt. Im Jahre 1982 ging man noch allgemein von einer Hauptfeststellung zum 1. 1. 1985 mit Wirkung ab dem 1. 1. 1988 aus26 • Inzwischen spricht man in der Finanzverwaltung jedoch schon vom 1. 1. 1986 bzw. vom 1.1. 1992 als frühestmögliche Termine in Sachen Hauptfeststellung des GrundbesitzesZ7 • Ob es aber in diesem Jahrhundert überhaupt noch zu einer Hauptfeststellung kommt, wird von einer gewichtigen Stimme bezweifelt28 . 18 Vgl. dazu Art. 1 Abs. 1 BewÄndG 1971, BGBl. I 1971, S. 1157. 19 Nach Moench (ErbStG, § 12 Anm.2 und 13) bleibt das land- und forstwirtschaftliche Vermögen von dieser Indizierung ausgenommen, ohne daß es dafür einen triftigen (sachlichen) Grund gäbe. 20 Laut Angaben der Finanzverwaltung; vgl. auch BT-Drucks. VI/3418, S. 106 zu § 121 a BewG. 21 § 22 BewG. 22 §23 BewG. 2J Vgl. § 27 BewG. 24 Vgl. § 21 Abs. 1 Nr; 1 BewG. 25 Der nur schwer auffindbaren Gesetzeslage ist der NWB-Verlag zum Opfer gefallen: In der Textausgabe "Deutsche Steuergesetze" (3. Auflage 1983) wird der Leser nicht über die Aufgabe des sechsjährigen Bewertungszeitraums informiert. Anders dagegen der Beck-Verlag, der in seiner Textsammlung "Steuergesetze I" (Loseblatt) in einer Fußnote zu § 21 BewG auf das BewÄndG hinweist, welches dann auch abgedruckt ist. Vgl. dazu auch Dickertmann (Ansätze zur Reform der "einheitswertabhängigen" Steuern, S.7 ff.), der das BewG ohne das angesprochene BewÄndG als die maßgebliche Gesetzeslage auffaßt. 26 Dazu die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke (TeilhauptG 1983), BT-Drucks. 9/1648, S. 5 vom 13. 5. 1982. Z7 Dazu Moench, ErbStG, Einführung Anm.8. 28 Troll, zitiert in F. A. Z. vom 25.3.1982, Nr. 71/S. 13. Zur geplanten Steuermehrbelastung für Grundbesitzer vgl. auch Balke, FR 1983, S.33.

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I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

1.3 Erbschaftbesteuerung des Grundbesitzes im Vergleich zu anderen Vermögensgegenständen anband von Beispielen Die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die hier nur kurz skizzierte Einheitsbewertung des Grundbesitzes hat für die Besteuerung schwerwiegende Konsequenzen. Insbesondere die Vorverlegung des Bewertungstermins im Rahmen der Einheitsbewertung führt dazu, daß die Einheitswerte für den Grundbesitz von den Verkehrswerten zum Steuerentstehungszeitpunkt regelmäßig drastisch nach unten abweichen. So erfassen nach einer Untersuchung des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahre 1977, die Troll anhand der Wertverhältnisse 1981 aktualisiert hat, die Einheitswerte für landwirtschaftlich genutzte Flächen für forstwirtschaftlich genutzte Flächen für unbebaute Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser für Mietwohngrundstücke für Geschäftsgrundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Geschäftsgrundstücke nach dem Sachwertverfahren

ca. 3,5-15 % 0,4 % ca. 10 Ofo ca. ca. 15 -20 % ca. 15 -20 Ofo ca. 25 Ofo ca.

30

%

der jeweiligen Verkehrswerte29. Diese Abweichungen können unbefriedigende Ergebnisse nach sich ziehen. Folgende Ausführungen anhand von Beispielen sollen dies belegen und aufzeigen, welche Auswirkungen eine generelle Erbschaftbesteuerung nach Verkehrswerten zur Folge hätte: Die Tochter T beerbt ihren verstorbenen Vater. Sie erfährt dadurch eine Bereicherung in Höhe von 10 000 000 DM. Die Erbin soll diesen Vermögenszuwachs einmal in Form von Spar- oder Wertpapiervermögen (I), ein anderes Mal in Gestalt eines unbelasteten (I1) und ein weiteres Mal in Form eines belasteten Grundstücks (Verkehrswert = 20000 000 DM / mit dem Grundstück wirtschaftlich zusammenhängende Schulden30 = 10 000 000 DM) (III) bekommen. 29 Vgl. die Zusammenstellung der Relationen der Einheitswerte zu den Verkehrswerten von Troll, DStR 1981, S. 123 (124); ders., ErbStG, § 12 Tz. 96/Tz. 109 (S. 123 f.). An anderer Stelle macht Troll (StbJb. 1978/79, S.375, 396 ff.) aber auch auf den (seltenen) Fall aufmerksam, daß der Verkehrswert unter dem Einheitswert liegt. 30 Darunter ist vor allem die übernahme persönlicher Schulden zu verstehen, die durch das Grundstück dinglich abgesichert sind (somit überhaupt erst entstehen konnten) und zur Anschaffung, Erhaltung oder Verbesserung des Grundstücks aufgenommen worden sind - vgl. dazu Troll, ErbStG, § 10 Tz.41 mit umfassenden Rechtsprechungsnachweisen; Petzoldt, ErbStG, § 10 Anm.63; Kapp, ErbStG, § 10 Rz.l71 ff.; Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 10 Anm.54.

1. Grundbesitz-Einheitswert im Erbschaftsteuerrecht

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Ohne Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Steuerbefreiungen beträgt die Steuerlast im Fall (I) 1 800000 DM, im Fall (Il) dagegen nur 220 000 DM, da der nach § 12 Abs.2 ErbStG anzusetzende Einheitswert lediglich 2000000 DM beträgt31 • Im Fall (IH) nun fällt sogar überhaupt keine Erbschaftsteuer an, da von dem maßgebenden Einheitswert (= 4000 000 DM) die Schulden in voller Höhe abzuziehen sind, so daß sogar noch weitere 6000 000 DM steuerlich unbelastet hätten vererbt werden können. Die effektive Steuerersparnis hätte dann im Vergleich zur Übertragung von Vermögensgegenständen, bei denen der Verkehrswert anzusetzen ist, 3360000 DM (= 21 Ufo von 16 000 000 DM) betragen. Bezieht man hier - wie im Fall (IH) - den Schuldenabzug in voller Höhe mit in die Betrachtung ein, so wird das ganze Ausmaß der Unterbewertung des Grundbesitzes deutlich. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer würde sich voraussichtlich schon dann beträchtlich erhöhen, wenn der Grundbesitz zwar mit dem Verkehrswert berücksichtigt würde, aber zu 80 Ufo steuerbefreit wäre, denn dann blieben die mit dem Grundbesitz wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden ebenfalls zu 80 Ufo unberücksichtigt (vgl. § 10 Abs. 6 ErbStG). Fall (IH) wäre dann wie folgt zu behandeln: Ansatz des Grundbesitzes mit 20 Ufo des Verkehrswertes (= 20000000 DM) Ansatz der Belastung von 10 000 000 DM mit 20 Ufo = 2 000 000 DM. Die Erbschaftsteuer auf den Differenzbetrag (= steuerpflichtiger Erwerb) betrüge 220 000 DM. Bei Vererbung weiterer Vermögensgegenstände mit einem anzusetzenden Gesamtwert von 6000000 DM wären insgesamt 8000000 DM zu versteuern. Die Steuerlast beliefe sich auf 1 280 000 DM.

= 4000 000 DM.

Daraus folgt: Eine Steuerbefreiung - sogar zu 100 Ufo - würde - so paradox es scheinen mag - in vielen Fällen des belasteten Grundbesitzes für die betroffenen Erwerber gegenüber der noch geltenden Regelung eine SchlechtersteIlung bedeuten. So wird denn auch für die nach § 13 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 ErbStG für bestimmten Grundbesitz bestehenden Steuerbefreiungen in dem Kommentar von Meincke / Michel empfohlen, "auf die Befreiung zu verzichten, wenn der privilegierte Vermögensgegenstand mit Schulden belastet ist, die den Steuerwert desselben übersteigen ..."32. Die Crux liegt aber nicht in der Steuerbefreiung mit dem beschränkten Schuldenabzug, sondern in der Unterbewertung des Grundbesitzes mit vollem Abzug der grundbesitzabhängigen, ansonsten nicht entstandenen Schulden mit dem Ergebnis einer Quasi-Nichtbesteuerung des Grundbesitzes und anderer Vermögensgegenstände, die noch von den Grundstückslasten betragsmäßig mitumfaßt werden33 •

31 Steuerberechnungsgrundlagen sind die §§ 15, 19 ErbStG. Bezüglich des anzusetzenden (maßgeblichen) Einheitswerts vgl. Art.2 ErbStRG/§ 121 a BewG. 32 Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 13 Anm. 13. 33 Ansatzpunkt der Kritik bei Michel in Meincke / Michel (ErbStG, § 10 Anm.49) ist wohl mehr die Steuerbefreiung mit dem besChränkten Schuldenabzug. Auf die Möglichkeit einer scheinbaren Überschuldung des Grundbesitzes, die zur Abdeckung positiver Werte anderer Erwerbe und damit zur Besteuerungsgrundlage Null führt, macht auch Sigloch (DStZ/ A 1973, S. 121, 122) aufmerksam. Vgl. dazu auch BFH-Beschluß vom 18. 12. 1972 Il R 87-89/70, BStBl. Il 1973, S. 329 (344).

24

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

Ein Beispiel, das den Erwerb durch ein eheliches bzw. nichteheliches Kind zum Gegenstand hat, soll zur weiteren Veranschaulichung der aktuellen Rechtslage dienen: Ein verstorbener Vater hinterläßt ein eheliches und ein nichteheliches Kind. Der Nachlaß besteht aus Grundvermögen mit einem Verkehrswert von 1 000000 DM. Der maßgebende Einheitswert beträgt 200000 DM. Das nichteheliche Kind hat nach §§ 1934 a, 1934 b BGB einen Erbersatzanspruch in Höhe von 500 000 DM. Dieser Anspruch wird - vorausgesetzt er wird geltend gemacht (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG) - mit seinem Nennwert (§§ 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit 12 Abs. 1 BewG) also - nach Abzug des persönlichen Freibetrages von 90 000 DM (§ 16 Abs. 1 Nr.2 ErbStG) - mit 410000 DM der Besteuerung zugrunde gelegt. Nach Steuerklasse I (§§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 1 ErbStG) ergibt sich hiernach für das nichteheliche Kind eine Steuerlast von 30 750 DM. Die Steuerberechnung für das eheliche Kind führt dagegen zu einem völlig anderen Ergebnis. Von dem anzusetzenden Einheitswert (200 000 DM) für das Grundvermögen wird nach § 10 Abs.5 Nr.2 ErbStG der Erbersatzanspruch (500000 DM) des nichtehelichen Kindes als Nachlaßverbindlichkeit abgezogen, so daß das eheliche Kind - auch ohne Inanspruchnahme des persönlichen Freibetrages - von der Erbschaftsteuer verschont bleibt. Hinterläßt dagegen der Verstorbene statt eines ehelichen und eines nichtehelichen Kindes entweder zwei eheliche oder zwei nichteheliche Kinder, so ist hier allein der Einheitswert des Grundvermögens (bzw. je 1/2 von 200000 DM) maßgebend34 mit der Folge, daß nach Abzug der persönlichen Freibeträge von jeweils 90 000 DM pro Kind 10 000 DM zu versteuern sind. Nach Steuerklasse I ergibt sich mithin für jedes Kind, ob ehelich oder nichtehelich, eine Steuerlast von 300 DM, eine gegenüber dem Betrage von 30 750 DM bescheidene Summe. Einige Fälle zum Pflichtteils recht sollen die Weite des betroffenen Spektrums verdeutlichen:

a) Fall zum Pjlichtteilsanspruch Der Erblasser hinterläßt zwei Kinder und ein Testament, wonach nur das eine Kind Erbe wird. Das andere Kind ist lediglich pflichtteilsberechtigt. Der Nachlaß umfaßt Grundvermögen im Verkehrswert von 1000000 DM (anzusetzender Einheitswert 200 000 DM). Mit der Geltendmachung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG) des Pflichtteils35 (= 250000 DM), nach Abzug des persönlichen Freibetrages (90 000 DM), entsteht für den Berechtigten eine Erbschaftsteuer von 8800 DM (5,5 Ofo von 160000 DM). Demgegenüber zahlt der Erbe keine Erbschaftsteuer, da von dem anzusetzenden Einheitswert (200000 DM) der geltend gemachte Anspruch des Pflicht34 §§ 1934 a, 1934 b BGB finden nur dann Anwendung, wenn neben ehelichen Abkömmlingen des Erblassers oder neben dem überlebenden Ehegatten des Erblassers nichteheliche Kinder vorhanden sind. 35 Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 3 Satz 2 BGB).

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1. Grundbesitz-Einheitswert im Erbschaftsteuerrecht

teilsberechtigten (250 000 DM) als Nachlaßverbindlichkeit (§ 10 Abs.5 Nr.2 ErbStG) abgezogen wird. Noch nicht einmal der Abzug des persönlichen Freibetrages wird notwendig, um die Steuerschuld zu reduzieren bzw. nicht entstehen zu lassen. Obwohl hier das pflichtteilsberechtigte Kind lediglich 1/4 des Nachlasses dem Werte nach erhält, zahlt es im Gegensatz zum Alleinerben 8800 DM an Erbschaftsteuer.

b) FalZ zum Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch Wie im vorigen Fall ist ein Kind Alleinerbe und ein Kind pflichtteilsberechtigt. Der Nachlaß des verstorbenen Vaters besteht wieder aus verschiedenen Grundstücken im Gesamt-Verkehrswert von 1000000 DM (anzusetzender Einheitswert 200000 DM). Gegen Abfindung - aus dem Nachlaß wird ein Grundstück (Verkehrswert 250000 DM / anzusetzender Einheitswert 50000 DM) übergeben - verzichtet nun der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Anspruch gegen den Erben. Die Erbschaftsteuer für die bei den Kinder errechnet sich nun wie folgt: (a) Erbe: Grundvermögen Abfindung als Nachlaßverbindlichkeit36 Freibetrag steuerpflichtiger Erwerb

200000 DM ;( 50000 DM ;( 90000 DM 60000 DM

Die Steuerschuld beträgt 2100 DM (3,5 Ofo von 60 000 DM). (b) Pflichtteilsberechtigter: Grundstück Freibetrag steuerpflichtiger Erwerb

50000 DM ;( 90000 DM

ODM

Hier fällt nun für den Pflichtteilsberechtigten keine Erbschaftsteuer an. c) FalZ zum Verzicht auf den bereits

geltend gemachten Pflichtteilsanspruch

Erbschaftsteuer wäre (nach der Gesetzeslage) aber wiederum dann zu zahlen, wenn das Grundvermögen als Abfindung für den Verzicht auf den bereits geltend gemachten Pflichtteilsanspruch übertragen wird. Dann nämlich wäre nicht der Einheitswert des Grundvermögens anzusetzen, sondern der Wert des Anspruchs unter Beachtung des Verkehrswerts des Nachlasses37 • 36 § 10 Abs. 5 ErbStG benennt zwar die Abfindungsleistung nicht ausdrücklich als Nachlaßverbindlichkeit; die Abfindung gilt aber als vom Erblasser zugewendet - vgL Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.55. 37 Vgl. Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.56. A. A. BFH vom 17.2. 1982 11 R 160/80, BStBl. 11 1982, S.350: Danach (vgl. dort S.351) soll in Fällen dieser Art mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs die Erbschaftsteuer zwar dem Grunde nach entstehen, die spätere Leistung an Erfüllungs Statt aber ggf. zu einer Veränderung der vorher bereits entstandenen Erbschaftsteuer führen - hiernach wäre Fall c) wie Fall b) zu behandeln.

26

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

Hier wären demnach wie unter a) wieder 250 000 DM y: 90000 DM (Freibetrag), also 160000 DM mit 5,5 % zu versteuern. Wie gehabt betrüge hiernach die Erbschaftsteuer für den Pflichtteils berechtigten 8800 DM. Für die Erben fiele dagegen wiederum keine Erbschaftsteuer an. Die von den Verkehrswerten erheblich nach unten abweichenden Einheitswerte führen neben den gezeigten, wohl kaum akzeptablen Ergebnissen noch zu zusätzlichen Abgrenzungsproblemen: Schenkt ein Vater seinem Kind ein Grundstück (Verkehrswert 450 000 DM I maßgebender Einheitswert 90 000 DM), so ergibt sich nach Abzug des persönlichen Freibetrages von 90 000 DM ein steuerpflichtiger Erwerb von 0 DM und demgemäß eine Schenkungsteuerschuld von 0 DM. 25 200 DM an Schenkungsteuer sind zu zahlen, wenn der Vater statt Grundvermögen 450 000 DM in Spar- oder Wertpapiervermögen verschenkt. Wiederum 0 DM Schenkungsteuerschuld ergibt sich, wenn der Vater seinem Kind die Anschaffungskosten von 450 000 DM für ein bestimmtes Grundstück zur Verfügung stellt38 , denn dann gilt die Geldschenkung als Grundstücksschenkung und damit ist der Einheitswert des zu erwerbenden Grundstücks anzusetzen. Streit besteht nun allerdings darüber, wie genau das Grundstück bestimmt sein muß, für dessen Anschaffung das Geld hingegeben wird39• Die Verwirrung ist aber erst dann komplett, wenn man weiß, daß die Schenkung der Herstellungskosten für ein Gebäude, das auf bereits vorhandenem Grund und Boden gebaut werden soll, als Geldschenkung mit dem Nennwert berücksichtigt wird; d. h. der Teil des Eigenwerts, der auf das zu errichtende Haus entfällt, wird als Besteuerungsgrundlage nicht verwendet. Genausowenig darf sich die Besteuerungsgrundlage der Schenkungsteuer am Einheitswert des Grundstücks orientieren, wenn der Grundstücksnießbraucher mit fremden Geldern am Grundstück Umbauten vornimmt und ihm die "Umbaukosten" geschenkt werden4O • Wird nun umgekehrt ein Grundstück zur Geldbeschaffung verschenkt, ist nicht - was konsequent wäre - das Motiv der Schenkung für seine Qualifizierung als Geld- oder Grundstücksschenkung entscheidend, sondern hier wird erneut zugunsten des Steuerpflichtigen vom Ergebnis her argumentiert und wegen des niedrigen Einheitswerts eine Grundstücksschenkung angenommen41 • 38 Vgl. die Nachweise von Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm.15. 39 Die verschiedenen Meinungen dazu referiert Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 16. 40 So BFH-Urteil vom 13.10.198211 R 90/81, BStBl. 11 1983, S. 62. 41 Vgl. die Nachweise von Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, § 7 Anm. 16 am Ende. Das FG München (Urteil vom 12.11. 1981 IV (X) 351/78 Erb, EFG 1982, S. 310) hat sogar unlängst entschieden, daß der Erwerb eines Erben auch dann mit dem Einheitswert und nicht mit dem Verkaufserlös des Grundstücks anzusetzen ist, wenn vom Erblasser bezüglich des Grundstücks einem Dritten ein obligatorisches Ankaufsrecht eingeräumt worden ist, das dieser nach dem Tod des Erblassers gegenüber dem Erben geltend macht. Nach Moench (Vortrag am 26. 5. 1982 bei der Steuerberaterkammer Saarland, S.8)

1. Grundbesitz-Einheitswert im Erbschaftsteuerrecht

27

Die Problematik der Steuerberechnung bezüglich der Berücksichtigung der Ausgleichsforderung bei Auflösung der Zugewinngemeinschaft soll auch nicht unerwähnt bleiben: § 5 Abs. 1 Satz 1 ErbStG bestimmt, daß, wenn der Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) durch den Tod eines Ehegatten beendet und der Zugewinn nicht nach § 1371 Abs.2 BGB ausgeglichen wird, beim überlebenden Ehegatten der Betrag, den er im Falle des § 1371 Abs.2 GBG als Ausgleichsforderung geltend machen könnte, nicht als Erwerb i. S. des § 3 ErbStG gilt. Satz 2 des § 5 Abs. 1 ErbStG besagt weiter, daß, soweit der Nachlaß des Erblassers bei der Ermittlung des als Ausgleichsforderung steuerfreien Betrages mit einem höheren Wert als dem nach den steuerlichen Bewertungsgrundsätzen maßgebenden Wert angesetzt worden ist, höchstens der dem Steuerwert des Nachlasses entsprechende Betrag nicht als Erwerb i. S. des § 3 ErbStG gilt. Der Nachlaß des verstorbenen Ehemannes soll aus Grundvermögen mit einem Verkehrswert von 10 000 000 DM (anzusetzender Einheitswert 2000000 DM) bestehen. Die Ausgleichsforderung nach § 1371 Abs.2 BGB beträgt dann 5000000 DM. Nach noch herrschender Auffassung42 ergibt sich folgende Steuerberechnung für die Erbin: Grundvermögen 2000000 DM SteuerfreisteIlung der Ausgleichsforderung mit entsprechendem Steuerwert nach § 5 Abs. 1 ErbStG y. 1 000 000 DM Freibeträge nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 17 Abs. 1 ErbStG Y. 500000 DM steuerpflichtiger Erwerb 500 000 DM Nach §§ 15 Abs. 1, 19 Abs. 1 ErbStG entsteht für den überlebenden Ehegatten eine Steuerschuld von 37 500 DM.

Nach anderer Auffassung43 soll jedoch bei wortgetreuer Auslegung aus § 5 Abs. 1 ErbStG folgen, daß im Erbschaftsteuerrecht der Steuerwert des Nachlasses lediglich die Grenze des Freibetrages bildet. Danach hätte die Erbin keine Erbschaftsteuer zu zahlen, da der Abzug der Ausgleichsforderung mit einem Werte von 2000000 DM (5000 000 DM, höchstens allerdings der Nachlaßsteuerwert von 2 000 000 DM) vorgenommen werden müßte. Welcher Interpretation zu folgen ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. Hier kommt es nur darauf an zu zeigen, welche Schwierigkeiten auch in diesem Bereich durch eine vom Verkehrswert abweichende steuerliche Bewertung auftauchen. Gäbe es keine Anknüpfung an die Einheitsbewertung, so wäre erstens der oben genannte Meinungsstreit hinfällig und zweitens ergäbe sich hier folgendes:

muß das Finanzamt von einer mittelbaren Geldschenkung ausgehen, wenn klar erkennbar sei, daß ein Grundstück nur deshalb übertragen werde, damit der Beschenkte sich alsbald durch Verkauf Geld beschaffen könne. 42 Vgl. u. a. Erbschaftsteuererlaß vom 10.3.1976, BStBl. I 1976, S.145, Tz. 2. 1 b. 43 So Meincke in Meincke I Michel, ErbStG, § 5 Anm.18; ders., StuW 1981, S.219 (221).

28

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

Grundvermögen Freistellung nach § 5 Abs. 1 ErbStG Freibeträge nach §§ 16, 17 ErbStG steuerpflichtiger Erwerb Die Steuerlast betrüge

10000000 DM

Y. 5000 000 DM Y. 500000 DM

4500000 DM 630 000 DM

Bedenklich ist es auch, daß es die Steuerpflichtigen mitunter in der Hand haben, welche Steuerschuld letztlich entsteht: Der Erblasser hinterläßt zwei Kinder, Grundvermögen im Verkehrswert von 1 000 000 DM (anzusetzender Einheitswert 200000 DM) und sonstiges Vermögen im Werte von 1 000000 DM. Die Kinder erben zu gleichen Teilen; der Erblasser hat allerdings eine Anordnung für die Auseinandersetzung getroffen (= Teilungsanordnung - § 2048 BGB). Danach soll das Kind A das gesamte Grundvermögen bekommen, das Kind B hat dafür einen Ausgleichungsanspruch von 500000 DM. Da in der Praxis die Erben die Auswahl haben, ob sie bei der Ermittlung der Werte ihrer Erwerbe die Teilungsanordnung als Vorausvermächtnis behandeln oder ob sie die Anordnung des Erblassers ignorieren44 , ergeben sich zwei unterschiedliche Belastungsmöglichkeiten. a) Wertermittlung und Steuerberechnung unter Berücksichtigung der Teilungsanordnung: (a) KindA Steuerwert des Nachlasses Vermächtnislast Zwischensumme davon 1/2 Vorausvermächtnis Ausgleichszahlung an Kind B Freibetrag steuerpflichtiger Erwerb

1200000 DM

Y. 200000 DM

1 000 000 DM 500000 DM + 200 000 DM Y. 500 000 DM Y. 90000 DM 110 000 DM

Die Steuerlast beträgt hiernach 4950 DM (4,5 Ofo von 110000 DM). (b) KindB Steuerwert des Nachlasses Vermächtnislast Zwischensumme davon 1/2 Ausgleichszahlung von Kind A Freibetrag steuerpflichtiger Erwerb

1200000 DM

Y. 200000 DM

1000000 DM 500000 DM + 500000DM Y. 90000 DM 910000 DM

Die Erbschaftsteuer beträgt hier 91 000 DM (10 Ofo von 910 000 DM).

44 Dazu nähere Einzelheiten bei Michel in Meincke I Michel, ErbStG, § 10 Anm.34.

2. Eingrenzung des Themas und Plan der Darstellung

29

b) Wertermittlung und Steuerberechnung ohne Berücksichtigung der Teilungsanordnung: Kind A und B 1200000 DM Steuerwert des Nachlasses davon 112 600000 DM Freibetrag ;/. 90000 DM steuerpflichtiger Erwerb 510 000 DM Für jedes Kind ergibt sich hiernach eine Steuerschuld von 40 800 DM (8 Ofo von 510000 DM). Die angeführten Beispiele reichen wohl aus, um zu verdeutlichen, daß die Einheitswerte für den Grundbesitz im Erbschaftsteuerrecht dem Gebot der Steuergerechtigkeit zuwiderlaufen können und daß Abgrenzungsprobleme in den Vordergrund treten. Da die Einheitswerte der verschiedenen Grundbesitzarten in unterschiedlicher Relation zu den Verkehrswerten stehen (vgl. vorne S.22), können auch unterschiedliche Belastungen zwischen Erwerbern verschiedenartiger Grundstücke trotz gleich hoher Verkehrswerte entstehen.

2. Eingrenzung des Themas und Plan der Darstellung Nach § 12 Abs.2 ErbStG werden auch die Einheitswerte für Mineralgewinnungsrechte (§ 100 BewG) der Erbschaftbesteuerung zugrunde gelegt. Diesen Einheitswerten, die auf Verkehrswertbasis nach Richtlinien der Oberfinanzdirektionen45 ermittelt werden, lagen zuletzt die Wertverhältnisse vom 1. 1. 1977 zugrunde (vgl. Art. 7 EGAO). Nach den Wertverhältnissen vom 1. 1.1983 wird eine neue Hauptfeststellung der Mineralgewinnungsrechte durchgeführt (§ 21 Abs. 1 BewG). Da diese Einheitswerte von der Konzeption her Verkehrswertcharakter haben und außerdem durchweg als zeitnah zu bezeichnen sind, kommen diese Wertansätze dem in § 12 Abs. 1 ErbStG niedergelegten Grundsatz der Erbschaftbesteuerung nach aktuellen Verkehrswerten sehr nahe. Aus diesem Grunde wird die Anknüpfung der Erbschaftbesteuerung an die Einheitswerte der Mineralgewinnungsrechte nicht zum Gegenstand der Untersuchung gemacht. Ebenso werden die Einheitswerte des Betriebsvermögens46 aus der Untersuchung ausgegrenzt, da erstens das Erbschaftsteuerrecht insoweit 45 Vgl. § 100 BewG in Verbindung mit Abschnitt 23 Abs.4 in Verbindung mit Anhang 6 VStR. 46 Zum Gegenstand der Untersuchung rechnen allerdings die Einheitswerte der Betriebsgrundstücke, da diese Teil des Grundbesitzes sind (vgl. § 19 Abs. 1 Nr.1 BewG).

30

I. Einführung: Gegenstand der Untersuchung

nicht unmittelbar an die Einheitsbewertung anknüpft, mithin die Einheitswerte für Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich nur als Anhaltspunkte dienen können (vgl. § 12 Abs.5 ErbStG)47, und zweitens diese Einheitswerte weitgehend zeitnahen Verkehrswerten und damit dem Bewertungsgrundsatz in § 12 Abs. 1 ErbStG entsprechen (vgl. §§ 21 Abs. 1 Nr. 2, 95 ff. BewG). Die Frage nach der Berechtigung der Grundbesitz-Einheitsbewertung insgesamt, d. h. für alle in Betracht kommenden Steuerarten, und der Durchführung48 ist nicht Gegenstand der Untersuchung. Die aufgeworfene Frage nach der Ersetzung des Grundbesitz-Einheitswerts durch den Verkehrswert wird hier nur aus der Sicht des Erbschaftsteuerrechts behandelt, weil die Grundbesitz-Einheitsbewertung für diese Steuer möglicherweise weniger geeignet ist als für die anderen einheitswertabhängigen Steuern. Die Untersuchung befaßt sich also mit der Überprüfung der These, der Einheitswert für Grundbesitz sei im Erbschaftsteuerrecht durch den Verkehrswert zu ersetzen. Dabei wird im Teil 11 der Untersuchung ein Überblick über die Geschichte und die Entwicklung der Diskussion der erbschaftsteuerlichen Grundbesitz-Bewertung gegeben. Im Teil 111 wird dargestellt, welche Änderungen steuerlicher Vorschriften erforderlich werden, wenn künftig bei der Erbschaftbesteuerung der Verkehrswert für den Grundbesitz beachtet werden soll. Ob die vorgeschlagene Änderung praktikabel ist, wird dann im Teil IV geprüft. Im Teil V wird näher untersucht, ob die vorgeschlagene Änderung geboten ist, d. h. ob und ggf. welche Spannungsverhältnisse zwischen der Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitswerte und den Grundrechten bestehen. Im Teil VI wird versucht aufzuzeigen, welche Auswirkungen auf das Erbschaftsteueraufkommen bei der Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert zu erwarten sind. Schließlich wird im Teil VII die Frage nach den rechtlichen und tatsächlichen Durchsetzungsmöglichkeiten der vorgeschlagenen Änderung aufgeworfen und versucht, diese zu beantworten. 47 Dazu Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 12 Anm. 136 ff.; Moench, ErbStG, § 12 Anm. 16. 48 Dazu Strunk, Einheitsbewertung von Grundstücken, Kölner Diss. 1982; Gutte, Die substanzsteuerliche Bewertung der unbebauten und bebauten Grundstücke, Saarbrückener Diss. 1981; Junghanns, Die Bewertung des nichtlandwirtschaftlichen Grundbesitzes, St. Gallener Diss. 1972.

11. Geschichte und Entwicklung der Diskussion der erbschaftsteuerlichen Grundbesitz-Bewertung 1. Erbschaftsteuerliehe Bewertung des Grundbesitzes vor der Einführung der Einheitsbewertung im Jahre 1925 Zunächst befanden sich die für die Erbschaftsteuer maßgeblichen Bewertungsvorschriften im Erbschaftsteuergesetz selbst. Es wurde also nicht - wie heute weitgehend - auf ein Berwertungs"grund"gesetz verwiesen. Im einzelnen wurde im ersten reichs einheitlichen Erbschaftsteuergesetz von 19061 zur Ermittlung des Betrages der Masse der (Verkehrs-) Wert zur Zeit des Anfalls zugrunde gelegt (§ 16). Der Grundbesitz wurde danach also bewertungsmäßig wie alle anderen Vermögensgegenstände behandelt. Lediglich für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen galt in Abweichung zu den preußischen Erbschaftsteuergesetzen von 1873/1891/18952 eine Ausnahme. Bei diesem Vermögen wurde schließlich, obwohl zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens dies nicht vorgesehen warl und sich sodann gewichtiger Widerstand erhob4, in Anlehnung an § 2049 BGB der ErtragswertS zur maßgeblichen Besteuerungsgrundlage erklärt6. RGBI. 1906, S.654. Nach §§ 12 bzw. 14 der preußischen Erbschaftsteuergesetze (Gesetz-Sammlung 1873, S.329; 1891, S.72/78; 1895, S.412) war die Ermittlung des Betrages der Masse, ohne Rücksicht auf die für andere Zwecke vorgeschriebenen Abschätzungsgrundsätze, auf den gemeinen Wert zur Zeit des Anfalls zu richten. Alle die Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Frage stellenden Verordnungen wurden damit beseitigt - so nachzulesen in der Denkschrift (Begründung) zum Entwurf des preußischen ErbStG 1873 (Haus der Abgeordneten, 11. Legislaturperiode, III. Session 1872-1873, Aktenstück Nr. 12, S. 60). 3 VgI. Entwurf eines ErbStG vom 28.11.1905, RT-Drucks. Nr. 10, 1905/1906, S.939/1046. 4 VgI. Bericht der VI. Kommission, RT-Drucks. Nr.360, 1905/1906, S.3971 (3981 ff./3997/4009). 5 Nach § 16 Abs.2 ErbStG 1906 (RGBI. 1906, S. 654) galt als Ertragswert das Fünfundzwanzigfache des Reinertrags, den die Grundstücke nach ihrer bisherigen wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können. 6 Darüber hinaus wurde das land- und forstwirtschaftliche Vermögen noch dadurch begünstigt, daß ein Viertel des auf diesen Teil des Erwerbes entfallenden Steuerbetrages nicht erhoben wurde (§ 15 Abs. 1 ErbStG 1906). Eine I

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Nach § 44 eines Entwurfs des ErbStG 19197 sollte eine generelle Verkehrswert-Besteuerung (also auch für den land- und forstwirtschaftlichen Bereich, allerdings mit einer Wertansatzermäßigung von 25 0J0) durchgeführt werden. Dieser Plan wurde damit begründet, daß die Begünstigung, die in der Berechnung nach dem Ertragswert liege, unter den damaligen Verhältnissen nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Sie führe wegen der Schwierigkeiten der Schätzung zu Willkürlichkeiten und Ungleichmäßigkeiten, die bei der künftigen Steuerbelastung aller Art im Verhältnis zu den anderen Berufsständen als nicht mehr angängig zu erachten seien. Dagegen seien die besonderen Verhältnisse, die für die Bewertung dieses Besitzes insofern in Betracht kämen, als der Verkehrswert bei landwirtschaftlichen Grundstücken im Verhältnis zum Ertragswert in der Regel erheblich höher sei als bei städtischem oder industriellem Besitz und die Erhaltung jenes Besitzes sonst in der Tat gefährdet werden würde, dadurch angemessen berücksichtigt, daß bei Grundstücken, die dauernd land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu dienen bestimmt seien, der Wertansatz für die Berechnung der Steuer um ein Viertel ermäßigt werde8 • Tatsächlich jedoch wurde 1919 die Erbschaftbesteuerung des Grundbesitzes nach Ertragswerten ausgeweitet. So wurde nach § 47 Abs.2 ErbStG 19199 der Ertragswert lO bei Grundstücken, die dauernd landweitere Begünstigung ergab sich noch aus § 15 Abs.2 ErbStG 1906. Die Schonung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens stieß auf Kritik aus dem Bereich Industrie und Handel; u. a. wurde vorgetragen: Wer eine Fabrik oder ein kaufmännisches Geschäft erbt und andere Erben auszahlen muß, befindet sich in genau derselben schwierigen Lage wie der Erbe land- und fortwirtschaftlich betriebenen Grundbesitzes. Der westfälische Bauernverein erbat dagegen sogar, daß jedenfalls die westfälischen Anerbengüter von der Erbschaftsteuer ganz befreit bleiben - vgl. dazu die unter dem bezeichnenden Leitsatz "Whoever hopes a faultless tax to see, Hopes what ne'er was, is not and ne 'er shall be u aufgeführten Petitionen zum ErbStG-Entwurf, RTDrucks. Nr.360, 1905/1906, S. 4023 f. Im Vergleich zu Erwerben anderer Vermögensgegenstände erfuhren die Erwerber des Grundbesitzes insgesamt noch Erleichterungen aufgrund der Vorschriften über Stundung und Zwangsvollstreckung (§§ 47 f. ErbStG 1906). 7 Vorlage eines ErbStG-Entwurfs an die verfassungsgebende deutsche Nationalversammlung, Nr.376 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 335. 8 Vgl. Nr.376 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 335, S.26. 9 RGBl. 1919, S. 1543. 10 Nach § 47 Abs.3 ErbStG 1919 (RGBl. 1919, S.1543) galt als Ertragswert bei land- und forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Grundstücken das Fünfundzwanzigfache des Reinertrags, den sie nach ihrer wirtschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung mit entlohnten fremden Arbeitskräften nachhaltig gewähren können. Nach § 47 Abs.5 ErbStG 1919 galt als Ertragswert bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt sind, das Fünfundzwanzigfache des Miet- oder Pachtertrages, der in den letzten drei Jahren im Durchschnitt er-

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und forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken, sowie bei bebauten Grundstücken, die Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt waren, und bei denen die Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benutzung entsprach, zugrunde gelegtlI. Diese Rechtslage wurde durch folgende Aussagen des Reichsfinanzministers und von Abgeordneten der verfassungsgebenden deutschen Nationalversammlung von 191912 eingeleitet: Der Ertragswert ist zurzeit in Preußen und im Reich für diesen Besitz (gemeint ist der landwirtschaftliche Besitz - der Verfasser) Grundlage der Besteuerung und es liegt gar kein Anlaß vor, von dem bestehenden Rechte abzuweichen; das Bedürfnis, am Ertragswert festzuhalten, ist jetzt noch größer, nachdem im Verlaufe der Entwicklung der Dinge im letzten Jahre sich die Kaufwerte immer mehr vom Ertragswert entfernt haben. Dabei ist gar nichts dagegen einzuwenden, wenn auch für Haus- und Fabrikbesitz die Besteuerung nach dem Ertragswert vorgesehen wird . . . . der landwirtschaftliche Besitz kann, insbesondere bei der gewaltigen Steigerung, die jetzt die Steuers ätze erfahren sollen, eine Besteuerung nach dem gemeinen Werte nicht vertragen. Die in einzelnen Fällen für Grundbesitz bezahlten Kaufpreise sind außerordentlich hoch. Die Schätzung des gemeinen Wertes lehnt sich leicht an solche, wenn auch nur in vereinzelten Fällen bezahlte Kaufpreise an und wird deshalb außerordentlich hohe Werte ergeben. Bei Steuersätzen von 1/2 oder 1 vom Tausend spielen diese Dinge keine erhebliche Rolle. Anders ist es aber, wenn Steuersätze von 4 bis 70 und 80 vom Hundert in Frage kommen. Die Besteuerung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nach einem hohen gemeinen Werte mit solchen Steuersätzen wird den Grundbesitz mobilisieren, den Grundbesitz zur Ware machen und den Landwirt von seiner Scholle vertreiben, was im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse doch gewiß nicht wünschenswert ist. Für die Besteuerung des land- und forstwirtschaftlichen Besitzes nach dem Ertragswerte, für dessen Einführung ich selbst früher im Reichstage gekämpft habe, bin ich auch jetzt noch, vielleicht mit der Maßgabe, daß eine Berichtigung der Besteuerung dann einzutreten hat, wenn der Besitz kurz nach dem Erbfalle veräußert wird (so der Reichsfinanzminister - der Verfasser). zielt worden ist oder im Falle der Vermietung oder Verpachtung hätte erzielt werden können, nach Abzug von einem Fünftel für Nebenleistungen und Instandhaltungskosten oder von dem als erforderlich nachgewiesenen höheren Betrag für Nebenleistungen und Instandhaltungskosten ohne Rücksicht darauf, ob hierzu notwendige Arbeiten von dem Steuerpflichtigen selbst oder durch entlohnte fremde Arbeitskräfte geleistet worden sind. 11 Wurde allerdings der nach dem Ertragswert veranlagte Grundbesitz innerhalb von zehn Jahren zu einem Preise veräußert, der um ein Viertel höher lag als der veranlagte Wert, so erfolgte eine Neuveranlagung zum Verkehrswert (vgl. § 47 Abs.6 ErbStG 1919); dazu die nachfolgenden Aussagen (hier hinten S. 33, 35) aus der Nationalversammlung (folgende Fußnote). Die Grundbesitz-Erwerber konnten noch gemäß den §§ 63 ff. ErbStG 1919 Zahlungserleichterungen in Anspruch nehmen. 12 Vgl. Bericht des 10. Ausschusses über den Entwurf eines ErbStG Nr.376 der Drucksachen -, Nr.941 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 338, S. 895 (897 ff., 905 f.). 3 Balke

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Die Besteuerung des landwirtschaftlichen Besitzes nach dem Ertragswert ist nötig. Freilich dürfen dabei nicht Personen geschützt werden, die Grundbesitz nur erworben haben, um Vermögensteile zu verstecken. Wird übrigens der Ertragswert richtig eingeschätzt, so ist er hoch genug. Erwägenswert scheint mir, aus Anlaß der Veranlagung nach den Bestimmungen des neuen Erbschaftsteuergesetzes Anordnungen über eine neue Einschätzung des landwirtschaftlichen Ertrages zu treffen; freilich muß ich zugeben, daß das eine sehr umfangreiche und zeitraubende Arbeit sein wird. Ein so radikales Vorgehen auf dem Gebiete der Besteuerung der Erbschaften, wie es von anderer Seite empfohlen ist, kann ich nicht mitmachen, da es unsere Wirtschaft zerstören und höchstens dem Eindringen fremden Kapitals in unsere Wirtschaft förderlich ist . . . . die neuere Gesetzgebung, insbesondere auch das Preußische Ergänzungssteuergesetz seit der Novelle vom Jahre 1908, ist überall zum Ertragswert übergegangen. Der gemeine Wert wird im allgemeinen aus dem Verkaufswert abgeleitet und ist schon deshalb für die Besteuerung zu hoch. Daß Mißverhältnis zwischen dem gemeinen und dem Ertragswert hat sich aber durch die eigentümlichen Verhältnisse, wie sie sich im Verlauf des Krieges auf dem Grundstücksmarkt vollzogen haben, wesentlich zuungunsten des Ertragswerts verschoben. Aus einzelnen besonders hohen Verkaufspreisen wird leicht auf einen hohen gemeinen Wert geschlossen und damit eine Überlastung durch die Besteuerung herbeigeführt. Für den Erben, der doch in der Regel den Grundbesitz behalten will, ist es doch einerlei, wie viel dieser wert ist. Maßgebend ist für ihn nur der Ertrag. Die Besteuerung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes nach seinem Ertragswert kann ich zugestehen, wenn ich darauf rechnen darf, daß die Reichsabgabenordnung angenommen wird, weil ich dann eine Gewähr dafür habe, daß die Reichsbeamten, die danach die Steuerveranlagung vorzunehmen haben, gründlich veranlagen werden. Die jetzigen gemeinen Werte, die aus einzelnen Verkäufen abgeleitet werden, sind vielfach zu hoch (so der Reichsfinanzminister - der Verfasser). Der landwirtschaftliche Besitz ist im allgemeinen nicht dazu da, wie eine Ware verkauft zu werden, sondern dient dem Landwirt als Quelle des Ertrags. Es ist ein Unglück, wenn man durch eine hohe Besteuerung den Grundbesitz mobilisiert, wie dies bei den außerordentlich hohen Sätzen der Erbschaftsteuer und einer Veranlagung nach dem gemeinen Wert ganz zweifellos geschehen wird. Den Gedanken, wie ihn Antrag Nr.92 zum Ausdruck bringt (gemeint ist hier der Vorschlag, daß die Veranlagung nach dem Ertragswert förmlich ausgeschlossen werden solle nach dem Muster der Vorschrift in der Reichsabgabenordnung für solche Grundstücke, die bereits nach ihrer Lage als Bauland usw. einen höheren Wert hätten - der Verfasser), halte ich für unglücklich. Danach wird der landwirtschaftliche Besitz in der Nähe großer Städte, Vorortgemeinden usw. ungeheuerlich belastet werden, da er ganz zweifellos einen hohen gemeinen Wert hat. Diese Überlastung wird auch dann eintreten, wenn der Landwirt gar nicht daran denkt, diesen hochwertigen Besitz zu verkaufen, sondern ihn als Quelle landwirtschaftlicher Erzeugung dauernd weiterbehalten will. Es besteht doch gewiß ein wirtschaftliches Interesse daran, den landwirtschaftlichen Betrieb auch in der Nähe der Städte so lange als möglich als solchen zu erhalten, woran gerade die Städte im Interesse ihrer Versorgung mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen das größte Interesse haben müssen. Eine Überlastung mit Steuern wirkt aber entgegen-

1. Erbschaftsteuerliche Bewertung des Grundbesitzes vor 1925

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gesetzt, sie zwingt den Landwirt zu verkaufen. Gerechtfertigt ist es aber wohl, daß man die Steuer nacherhebe, wenn etwa der zum Ertragswert veranlagte Grundbesitz innerhalb einer nicht zu knapp bemessenen Zeit nach dem Erbanfall zu höherem Preis verkauft wird. Die Landwirtschaft ist auch in der Nähe der Städte zu erhalten, eine Veranlagung nach dem gemeinen Wert würde in den Vororten geradezu ruinös wirken. Mit dem Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 20.7. 192213 wurden für die Bewertung von Vermögen die Vorschriften der Reichsabgabenordnung vom 13. 12. 191914 für anwendbar erklärt. Ergänzende Bestimmungen befanden sich weiterhin im Erbschaftsteuergesetz. Nach § 152 Abs.1 RAD war bei der Bewertung von Grundstücken grundsätzlich der gemeine Wert zugrunde zu legen. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift aber wurde u. a. für die Erbschaftsteuer wie bei den in § 47 Abs.2 ErbStG 191915 genannten Grundstücken der Ertragswert l6 herangezogen l7 • Für eine kurze übergangszeit (vom 1. 7. 1923 bis zum 31. 12. 1924) gab es allgemein eine Anknüpfung an die Vermögensteuerwerte l8 • Danach waren Grundstücke mit dem Wehrbeitragswert vom 31. 12. 1913 19 anzusetzen, zu dessen Berichtigung Bestimmungen erlassen wurden (ggf. Zuoder Abschläge), um eine gleichmäßige Belastung aller Steuerpflichtigen zu erreichen20 • Der ggf. berichtigte Wehrbeitragswert war noch über den 1. 1. 1925 hinaus maßgebend für zwangsbewirtschaftete Grundstücke 21 • 13 RGBl. I 1922, S.610 (hier § 47); vgl. auch das ErbStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des ErbStG vom 20.7.1922, RGBl. I 1922, S.695 (hier § 32). 14 RGBl. 1919, S. 1993. IS RGBl. 1919, S. 1543. 16 Der Ertragswert wurde hier wie in § 47 ErbStG 1919 definiert. Eine Sonderregelung, die bereits 1919 diskutiert wurde, fand Eingang in § 152 Abs.3 RAD: Die Bewertung nach dem Ertrag galt danach nicht für Grundstücke, deren Wert bereits durch ihre Lage als Bauland oder als Land zu Verkehrszwecken bestimmt wird oder bei denen nach sonstigen Umständen, insbesondere nach ihrer Lage und Beschaffenheit, ihrem Erwerbspreis oder ihrer Belastung, anzunehmen ist, daß sie in absehbarer Zeit anderen als land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken dienen werden. 17 Grundbesitz-Erwerber konnten nach wie vor Zahlungserleichterungen in Anspruch nehmen (vgl. §§ 40 ff. ErbStG 1922). Die Neuveranlagungsklausel (Verkehrswert) des § 47 Abs.6 ErbStG 1919 wurde übernommen (vgl. § 32 Abs. 6 ErbStG 1922). 18 Vgl. Art.III der Zweiten Steuernotverordnung vom 19. 12. 1923, RGBl. I 1923, S. 1205 (1218). 19 Vgl. § 15 Abs.l des Wehrbeitragsgesetzes vom 3.7.1913, RGBl. 1913, S.505 - hiernach wurde für den Grundbesitz schon weitgehend der Ertragswert zugrunde gelegt (vgl. §§ 16, 17 Wehrbeitragsgesetz, die fast wörtlich übereinstimmen mit § 47 ErbStG 1919, RGBl. 1919, S. 1543; dazu vorne S. 32 f.). 20 Vgl. Art. II § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 7 der Zweiten Steuernotverordnung vom 19. 12. 1923, RGBl. I 1923, S. 1205 (1212 f.).

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

2. Anlehnung der Erbschaftsteuer an die 1925 neugeschaffene Grundbesitz-Einheitsbewertung und die Zeit danach bis 1949 Die geplante Grundbesitz-Einheitsbewertung wurde im Gesetzgebungsverfahren unterschiedlich aufgenommen. Einerseits wurde betont die Bedeutung eines Bewertungsgesetzes für die Einheitlichkeit der Bewertung der Vermögensgegenstände in Reich, Ländern und Gemeinden22 , andererseits war von "Begünstigung des Besitzes"23, "Steuerreform des Großbesitzes"23, "Kompliziertheit der landwirtschaftlichen Bewertung"23, "kostenintensives Bewertungsverfahren"23, "Durchbrechung der Einheitlichkeit der Bewertung durch die Länder bei den Realsteuern"23 und "planmäßiger Besitzschonung"24 die Rede. Zu den "Einheitswertsteuern" der ersten Reichsbewertungsgesetze25 gehörte die Erbschaftsteuer nicht. Nach § 22 Abs.2 ErbStG 192526 war für landwirtschaftliches, forstwirtschaftliches und gärtnerisches Vermögen sowie für Grundvermögen nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes 1925, das die Grundbesitz-Bewertung überwiegend nach dem Ertrag fortführte 27 , der auf den dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld unmittelbar vorausgehenden Feststellungszeitpunkt ermittelte Einheitswert zugrunde zu legen. U. a. wurde in Satz 2 weiter bestimmt, daß, solange die allgemeine Feststellung der Einheitswerte gemäß § 5 Abs. 2 RBewG in Zeitabständen von je einem Jahr vorgenommen wird, Wertveränderungen, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhen, im Gegensatz zu tatsächlichen Veränderungen wie Substanzver21 Dazu Stölzle, ErbStG, 1. Auflage, 1926, § 22 Anm. 68 (S.366) und ders., ErbStG, 2. Auflage, 1932, § 22 Anm. 208 (S. 508). 22 Vgl. die Ausführungen des Reichsfinanzministers v. Schlieben im Reichs" tag, 50. Sitzung 111. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, S. 1468 f. und Stellungnahmen von Abgeordneten, z. B. 53. Sitzung, S. 1559 und 54. Sitzung, S. 1601. 23 52. Sitzung 111. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, S. 1532, 1534, 1537, 1540. 24 53. Sitzung 111. Wahlperiode 1924/25, Stenographische Berichte, Band 385, S.1571. 25 Vgl. § 1 Abs.3 RBewG 1925, RGBl. I 1925, S.214; § 20 Abs. 2 RBewG 1931, RGBl. I 1931, S. 222. 26 RGBl. I 1925, S. 320. 27 §§ 13, 22, 24, 35 RBewG 1925, RGBl. I 1925, S.214; zur Ausnahme-Bewertung nach dem Verkehrswert vgl. §§ 35 Abs.2, 36 Abs. 1 RBewG 1925. Die Neuveranlagungsklausel bezüglich einer baldigen Veräußerung des nach dem Ertragswert anzusetzenden Grundbesitzes entfiel fortan (ähnliche Regelungen befinden sich heute in den Befreiungstatbeständen § 13 Abs. 1 Nrn.2 und 3 ErbStG). Zahlungserleichterungen blieben bestehen - vgl. §§ 37 ff. ErbStG 1925, RGBl. I 1925, S. 320.

2. 1925 bis 1949

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mehrungen oder -verminderungen, nicht zu einer Neufeststellung führen.

In der Begründung zum Gesetzentwurf vom 23. 4. 192528 wurde betont, für die Erbschaftsteuer bliebe der Grundsatz aufrechterhalten, daß für die Ermittlung des Wertes der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend ist. Dies stand - wie vorne bereits erwähnt (S. 36) im Einklang mit den Reichsbewertungsvorschriften 1925/1931. Bei den Vermögensgegenständen aber, die bei stabiler Währung erheblichen Wertschwankungen nicht zu unterliegen pflegen, nämlich bei landwirtschaftlichem, forstwirtschaftlichem und gärtnerischem Vermögen sowie bei Grundvermögen sollten die nach den Vorschriften des Reichsbewertungsgesetzes für den betreffenden Feststellungszeitraum maßgebenden Werte zugrunde gelegt werden. Weiter wurde ausgeführt: ... In dem ... Beispiel würden also der Ermittlung des Nachlasses auf den

1. Juli 1926 etwaige Grundstückswerte vom 1. Januar 1926 zugrunde gelegt

werden. Damit wird aber nicht etwa hinsichtlich dieser Werte der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld verschoben, es wird vielmehr angenommen, daß die für den 1. Januar 1926 festgestellten Werte auch diejenigen vom 1. Juli 1926 waren29 • Die Einheitswert-Sperrklausel3O , die die erbschaftsteuerliche Anwendung bestehender Grundbesitz-Einheitswerte unter die Bedingung einer jährlichen Neubewertung des Grundbesitzes stellte, war allerdings im Gesetzentwurf noch nicht enthalten. Sie kam erst später in die endgültige Gesetzesfassung. Der entsprechende Antrag wurde wie folgt begründet: Solange· die allgemeine Feststellung der Einheitswerte jährlich erfolge, könne die Vorschrift, daß Wertveränderungen, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhen, nicht in Betracht kommen, aus Zweckmäßigkeitsgrunden in Kauf genommen werden. Wenn man aber erst mal auf einen dreijährigen Feststellungszeitraum abkäme, könnten sich doch Härten ergeben; denn beispielsweise könnten, wenn der Einheitswert nach dem Stande vom 1. 1. 1930 für die Jahre 1930 bis 1932 festgestellt worden sei und der Erbfall am 1. 7. 1932 eintrete, doch in der Zeit vom 1. 1. 1930 bis zum 1. 7. 1932 sehr große Wertveränderungen eingetreten sein, die für die Erbschaftsteuer nicht außer Betracht bleiben dürften31 • RT-Drucks. Nr. 798 IH. Wahlperiode 1924/25, Band 400, S. 13. Vgl. dazu auch Zimmermann / Ludewig (ErbStG 1925, Nachtrag 14 zu § 32, jetzt § 22, Anm. zu Abs.2 des § 22), die auf den Gegensatz der Bewertung für "periodische Steuern" und für die Erbschaftsteuer als "einmalige Steuer" aufmerksam machen. 30 Vgl. § 22 Abs.2 Satz 2 ErbStG 1925 (RGBl. I 1925, S.320) und die vorne (S. 36 f.) hervorgehobene Passage - Begriffsprägung vom Verfasser. 28

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Die jährliche Einheitsbewertung für den Grundbesitz hat dann aber nie stattgefunden32 • Man verfiel dagegen auf zeitlich weiter auseinanderliegende Feststellungszeitpunkte, so zum 1. 1. 192833 , zum 1. 1. 1931 34 und zum 1. 1. 193535 • Im Jahre 1934 wurde offiziell36 ein kürzerer Bewertungsrhythmus erwogen, dann aber mit dem Hinweis auf die zu befürchtende untragbare Geschäftsbelastung der Finanzämter verworfen. Im einzelnen wurde nach § 5 ErbStDB 192537 für Erwerbe von landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und gärtnerischen Vermögen, bei denen die Steuerschuld zwischen dem 1. 1. 1925 und dem 31. 12. 1926 entstand, der vorliegende Einheitswert als fiktiver Stichtagswert angesetzt. Falls der Einheitswert nicht bestand (§ 7 ErbStDB 1925) oder Wertveränderungen, die nicht nur auf Veränderungen des tatsächlichen Zustandes beruhten und bestimmte Grenzen überstiegen (§ 6 ErbStDB 1925)38, eingetreten waren, war, wie beim sonstigen Grundbesitz39, von amtswegen bzw. auf Antrag40 nach den Verhältnissen am Stichtag41 unter entsprechender Anwendung der Grundsätze des Reichsbewertungsgesetzes 192542 ein erbschaftsteuerlicher Stichtagswert (also kein Einheitswert - vgl. Definition vorne S. 19) festzustellen43 • 31 Vgl. dazu den Bericht des 6. Ausschusses (Steuerfragen), RT-Drucks. Nr. 1236 111. Wahlperiode 1924/25, Band 403, S. 15/40 f. 32 Vgl. schon § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die erste Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1925 und 1926, RGBI. I 1926, S. 227. 33 Dazu § 1 der Verordnung über die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung 1928, RGBI. I 1928, S.165; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die zweite Feststellung der Einheitswerte und zum Vermögensteuergesetz für die Veranlagung 1928, RGBI. I 1928, S. 174. 34 Dazu § 71 RBewG 1931, RGBI. I 1931, S.222; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz und zum Vermögensteuergesetz für die Einheitsbewertung und Vermögensteuerveranlagung nach dem Stande vom 1. 1. 1931, RGBI. I 1931, S. 252. 35 Dazu § 79 RBewG 1934, RGBI. I 1934, S. 1035; § 1 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz für die Bewertung des Vermögens nach dem Stand vom 1. 1. 1935, RGBI. I 1935, S. 81. 36 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1. 1. 1931 eingetretenen Wertrückgänge, RStBI. 1934, S. 50. 37 RGBI. I 1926, S. 361. Zur Bewertung zwangsbewirtschafteter Grundstücke vgl. vorne S.35. 38 RGBI. I 1926, S.361. 39 Vgl. § 13 ErbStDB 1925. 40 Vgl. § 23 f. ErbStDB 1925. 41 Stichtag = Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld - vgl. § 4 ErbStDB 1925. 42 RGBI. I 1925, S.214. 43 Vgl. §§ 9, 23 f. ErbStDB 1925.

2. 1925 bis 1949

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Nach den hier kurz skizzierten Vorschriften wurde also oft noch der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld auch für die GrundbesitzBewertung zugrunde gelegt. Damit war die zeitnahe erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung grundsätzlich noch gewährleistet. Dieser Grundsatz wurde dann noch bis einschließlich 1930 fortgeführt44 • Da die Stichtagsbewertung bei mehr als einjährigen Einheitswerten und eingetretenen Wertschwankungen wegen zu beseitigender Härten für notwendig befunden wurde und im übrigen ein Antrag des Steuerpflichtigen Voraussetzung war, wollte man wohl in erster Linie die Wertveränderungen zuungunsten des Grundbesitz-Erwerbers erfassen. Konjunkturbedingte Wertveränderungen zugunsten des GrundbesitzErwerbers wurden dagegen auch schon zwischen 1925 und 1930 nicht gänzlich berücksichtigt. 1930/31 dann entfiel die Grundbesitz-Einheitswert-SperrklauseI45 • Von nun an führten Wertveränderungen des Grundbesitzes, die auf allgemeiner Veränderung der Wirtschaftsverhältnisse beruhten, in keinem Fall mehr zu einer aktualisierenden Wertfeststellung; lediglich Substanzvermehrungen oder -verminderungen führten weiterhin (bis heute - vgl. § 12 Abs.4 ErbStG in Verbindung mit §§ 22,27 BewG) zu Neufeststellungen. Eine offizielle Begründung für diesen Vorgang ist soweit ersichtlich - nicht gegeben worden46 • Die Aussagen der Erbschaftsteuer-Kommentatoren aus dieser Zeit47 geben auch keinen Aufschluß. In den Jahren 1932 bis 1934 wurde allerdings wegen der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse48 u. a. bei der Erbschaftsteuer ein Wertabschlag von 20 Ofo für den Grundbesitz vorgenommen49 • 44 Vgl. ErbStDB 1927, RGBl. I 1927, S.127; ErbStDB 1928, RGBl. I 1928, S. 186; ErbStG 1929, RGBl. I 1929, 246; ErbStDB 1930, RGBl. I 1930, S.656. 45 Vgl. Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. 12. 1930, RGBl. I 1930, S.517 (579); Bekanntmachung der neuen Fassung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 c und des § 22 ErbStG vom 25.6. 1931, RGBl. I 1931, S.346; vgl. dazu auch die angepaßten ErbStDB 1931, RGBl. I 1931, S.347. 46 Das nicht mehr funktionierende parlamentarische System der sich auflösenden Weimarer Republik [vgl. dazu Deutscher Bundestag (Hrsg.), Fragen an die deutsche Geschichte, S. 294 ff.] mag dafür verantwortlich sein. 47 Vgl. z. B. Finger, ErbStG, 4. Auflage, 1932, Einleitung (S. 12), § 22 (S.328, 332 f.); Stölzle, ErbStG, 2. Auflage, 1932, § 22 Anm. 15 f. (S. 441 f.)/ Anm. 33 ff. (S. 446 ff.); Megow, ErbStG, 1937, § 22 (S. 203 ff., 216 ff.). Zur praktischen Durchführung der Einheitsbewertung für die Hauptfeststellungszeiträume von 1925/1927, 1928/1930 und 1931 vgl. Pfender, Die Einheitswerte bei der Besteuerung des städtischen Grundeigentums, Kölner Diss. 1933, S. 43 ff. 48 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1. 1. 1931 eingetretenen Wertrückgänge, RStBl. 1934, S.50. 49 Vgl. § 3 der Verordnung des Reichspräsidenten über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Nach dem § 22 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 16. 10. 193450 wurde für den Regelfall weiterhin die Grundbesitz-Bewertung nach dem Reichsbewertungsgesetz übernommen. Danach galt im sog. Dritten Reich grundsätzlich der Grundbesitz-Einheitswert nach den Wertverhältnissen vom 1. 1. 1935. Lediglich übergangsweise wurde bei Erbfällen, die die "eingegliederten" Gebiete betrafen, auf den Verkehrswert zurückgegriffen51 • Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs52 war die Übernahme des Einheitswerts bei der Erbschaftsteuer schon damals durchweg für den Erwerber günstig. Diese Abweichung vom Grundsatz der Erfassung der aktuellen Verkehrswerte wurde aus sog. Zweckmäßigkeitsgründen (Vereinfachung des Bewertungsverfahrens) in Kauf genommen52 • In der Nachkriegszeit wurde das Erbschaftsteuerrecht durch den Kontrollrat zwar geändert, die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitsbewertung blieb jedoch unberührt53.

3. Die erbschaftsteuerliehe Anknüpfung an die GrundbesitzEinheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland Mit dem Erbschaftsteueränderungsgesetz vom 30.6.195154 wurde der Wert ansatz des Grundbesitzes sachlich nicht geändert55. Auch die folgenI. 1. 1931 eingetretenen Wertrückgänge vom 12. 5. 1932 (RGBl. I 1932, s. 192) mit zeitlicher Ausdehnung auf 1933 (RGBl. I 1933, S. 109, 116) und 1934 (RGBI. I 1934, S. 25). Am Rande sei erwähnt, daß bestimmte Erwerber landwirtschaftlichen Vermögens erbschaftsteuerfrei blieben - nach § 55 des Reichserbhofgesetzes vom 29.9. 1933 (RGBI. I 1933, S.685) hatte nämlich der Anerbe für den übergang des Erbhofs u. a. keine Erbschaftsteuer zu zahlen; vgl. dazu auch § 42 Erbhofrechtsverordnung vom 21. 12. 1936, RGBI. I 1936, S. 1069. 50 RGBI. I 1934, S. 1056. 51 Vgl. z. B. § 5 Abs.3 der Verordnung zur Einführung von Reichssteuerrecht im Memelland vom 29.4. 1939, RGBl. I 1939, S. 870; § 8 Abs. 3 der Dritten Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften in den Gebieten von Eupen, Malmedy und Moresnet vom 2.8. 1940, RGBI. I 1940, S. 1185; § 5 Abs.4 der Vierten Verordnung über steuerrechtliche Vorschriften in Lothringen vom 9.4. 1941, RGBI. I 1941, S.356; § 5 Abs.3 der Dritten Verordnung über steuerrechtliche Vorschriften im Elsaß vom 16. 1. 1941, RGBl. I 1941, S.182. 52 RFH 111 e 7/39 vom 20. 12. 1939, RStBl. 1940, S.338 (339); vgl. dazu auch Brecht, ErbStG, 1942, § 21 (S.217). 53 Vgl. Gesetz Nr.17, Nr.4 des Amtsblatts des Kontrollrats in Deutschland vom 28.2. 1946, S. 94 f.; vgl. auch noch Gesetz Nr.64 zur vorläufigen Neuordnung von Steuern vom 22. 6. 1948, StZBl 1948, S. 123 (130 f.). 54 BGBI. I 1951, S. 759, 764. 55 Vgl. dazu die Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des ErbStG vom 7.11. 1950, BT-Drucks. 1. Wahlperiode 1949 NI'. 1575, S. 19. Bestimmte Erwerbe von land- und forstwirtschaftlichem Ver-

3. Erbschaftsteuerliche Grundbesitzwerte in der Bundesrepublik

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den Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes tasteten bis auf den heutigen Tag die Koppelung des Erbschaftsteuerrechts an die GrundbesitzEinheitsbewertung nicht an56 • Warum es erst 1964 zur ersten Hauptfeststellung des Grundbesitz-Einheitswerte in der Bundesrepublik Deutschland kam und warum die festgestellten Werte erst 1974 erstmals angewendet wurden, läßt sich aus den Gründen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10.2.197657 ablesen, die hier später - auszugsweise - wiedergegeben werden. Auf die bedenklichen Seiten der Grundbesitz-Einheitsbewertung mit seinen Auswirkungen auch auf die Erbschaftsteuer ist man besonders aufmerksam geworden in den Jahren 1952/53 bei Probebewertungen, die der Bundesminister der Finanzen durchführen ließ. Die für den damaligen Zeitpunkt auf der Grundlage des Ertragswertverfahrens ermittelten Werte betrugen im Durchschnitt 1610f0 des Einheitswerts vom 1. 1. 193558 • In den folgenden Jahren wurde der Unterschied zwischen Grundbesitz-Einheitswert und Verkehrswert immer größer59. Die "neuen" Grundbesitz-Einheitswerte, die nach den Wertverhältnissen zum 1. 1. 1964 festgestellt wurden, waren schon bei ihrer erstmaligen Anwendung wieder weitgehend veraltet und werden deshalb überwiegend mit einem Zuschlag von 40 G/o versehen (§ 121 a BewG/Art. 2 ErbStRG)6O, der die Wertsteigerungen bis Ende 1973 nur teilweise abdeckt!. Heute erfassen auch die "neuen" Einheitswerte nur noch einen geringen Teil des Verkehrswerts62 • mögen wurden durch eine Sonderregelung bei den Steuersätzen (§ 10 Abs.5 ErbStG 1951) begünstigt, um den "bäuerlichen Familienbetrieb zu erhalten und bei Erbübergängen einer Zersplitterung vorzubeugen" - vgl. dazu Gülich, Fortsetzung der Zweiten und Dritten Beratung am 26.4. 1951, 139. Sitzung, Stenographische Berichte, 1. Wahlperiode 1949, Band 7, S.5477 (5483); u. a. war Voraussetzung, daß nicht innerhalb von 15 Jahren nach Eintritt des Erbfalls oder nach Abschluß des übergabevertrages der Betrieb veräußert wird (§ 10 Abs.5 Satz 3 ErbStG 1951); vgl. auch noch die Steuerbefreiung bestimmter Hof-Erwerbe (§ 18 Abs. 1 Nr. 11 a, Abs. 2 ErbStG 1951). 56 BGBl. I 1952, S.20; BGBl. I 1952, S.526; BGBl. I 1953, S.201; BGBl. I 1953, S. 687; BGBl. I 1954, S. 391; BGBl. I 1957, S. 859; BGBl. I 1959, S. 157,187; BGBl. I 1969, S. 135; BGBl. I 1970, S. 1859; BGBl. I 1974, S.933; BGBl. I 1976, S. 3350; BGBl. I 1980, S. 1542. 57 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (316 f.) und hinten S. 46 ff. 58 Vgl. Hinweise des BVerfG in seinen Beschlüssen vom 7.5.1968 (1 BvR 420/64, BStBl. 11 1968, S.549, 552) und vom 10.2. 1976 (1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311, 315). 59 Troll schätzte im Jahre 1971, daß die alten Einheitswerte zu den damaligen Verkehrswerten des Grundbesitzes in einem Verhältnis 1: 10 standen (BB 1971, S. 1145). Der BFH sprach 1972 davon, daß es 1966 schon nicht allzu selten war, daß der gemeine Wert etwa das Zehnfache des Steuerwerts betrug, in den Ballungsräumen der Großstädte sogar ein Vielfaches des Zehnfachen (Vorlagebeschluß vom 18. 12. 1972 11 R 87-89/70, BStBl. 11 1973, S.329, 342/rechte Spalte). 60 Dazu BT-Drucks. VI/3418, S. 106 zu § 121 a BewG. 61 Dazu vorne S. 21 und Troll, BB 1973, S. 696 (699).

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H. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte 3.1 Aus den Gesetzes-Materialien zum geltenden Erbschaftsteuerund Schenkungsteuergesetz vom 17.4.197463

In der Einleitung der Begründung zum Regierungsentwurf vom 4. 5. 197264 wird betont, daß die Bundesregierung bei ihrem Bemühen um mehr Steuergerechtigkeit manche Vorschläge deshalb nicht verwirklichen konnte, weil diese zu einer starken Komplizierung des Steuerrechts geführt hätten. Dadurch wäre die Steuerverwaltung überfordert worden. Als Beispiel wird die Einführung einer Besteuerung nach Verkehrswerten bei den einheitswertabhängigen Steuern angeführt. Dieses Argument, daß eine Einzelbewertung des Grundbesitzes nach dem aktuellen Verkehrswertniveau aus verwaltungstechnischen Gründen ausscheide, kehrt im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder65 • Aus den Materialien zum jetzt geltenden Erbschaft- und Schenkungseuergesetz ist allerdings das Bemühen am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter erkennbar, möglichst die verschiedenen Vermögens arten gleich zu behandeln. So wird in der Begründung zum Regierungsentwurf speziell zu § 12 Abs.2 ErbStG bemerk~, daß die Einheitswerte trotz gewisser Bedenken, die sich aus dem Wesen der Erbschaftsteuer als Bereicherungssteuer ergäben, als Besteuerungsgrundlagen beibehalten werden. Weiter wird ausgeführt, die Bundesregierung sei sich bewußt, daß sich die Einheitswerte nur dann auf Dauer als Besteuerungsgrundlage beibehalten ließen, wenn es gelänge, das Einheitswertverfahren so zu vervollkommnen, daß die Einheitswerte stets in etwa den Verkehrswerten entsprächen67 • Bei wesentlich hinter den Verkehrswerten zurückbleibenden Einheitswerten würde die erbschaftsteuerliche Bewertung insgesamt, wie der Bundesfinanzhof in der Vergangenheit in einer Reihe von Beschlüssen dargelegt habe, ernsthaften Zweifeln hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit begegnen.

62 Vgl. die Zusammenstellung der Relationen der Einheitswerte zu den Verkehrswerten von Troll, DStR 1981, S. 123 (124); ders., ErbStG, § 12 Tz. 96/Tz. 109 (S. 123 f.); und vorne S.22. 63 BGBL I 1974, S.933. 64 BT-Drucks. VI/3418, S.44. 65 Vgl. Zweiten Bericht des Finanzausschusses vom 3. 12. 1973, BT-Drucks. 7/1333, S.2; Stenographischen Bericht der 69. Sitzung vom 6. 12. 1973 des 7. Deutschen Bundestages, S.4114 (Huonker). 66 BT-Drucks. VI/3418, S. 66 f. 67 Diese Hoffnung hatte bereits der RFH in seinem Gutachten (I D 1/30) vom 21. 5. 1931 geäußert, RFHE 29, S. 137 (155).

3. Erbschaftsteuerliche Grundbesitzwerte in der Bundesrepublik

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3.2 Aus der Rechtsprechung zur GrundbesitzEinheitsbewertung im Erbschaftsteuerrecht

Durch die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz~ Einheitsbewertung kam und kommt die Rechtsprechung immer wieder in Schwierigkeiten: So war es nach dem Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 9.12.196968 ernstlich zweifelhaft, ob es mit der Gleichheit vor dem Gesetz zu vereinbaren ist, den Empfänger einer baren Abfindung (Pflichtteil, Abfindungs-Untervermächtnis) mit deren Nennwert zur Erbschaftsteuer heranzuziehen, wenn für den Anfall der Gegenstände, auf deren Wert die Teilabfindung bezogen ist (Erbschaft, Vermächtnis), Einheitswerte anzusetzen sind. In den Gründen dieser Entscheidung wurde darauf aufmerksam gemacht, daß es zwar aus sozialpolitischen Gründen gerechtfertigt sei, Wohngrundstücke niedriger zu besteuern (um eine allgemeine Erhöhung der Mieten und bei eigen genutzten Gebäuden eine unzumutbare Belastung zu vermeiden); der Ansatz von Ertragswerten möge dafür eine geeignete Grundlage sein. Eine solche Begünstigung mit Hilfe der Bewertung unterscheide sich zwar grundsätzlich in der Form, im praktischen Ergebnis aber nicht wesentlich von den gegenstandsabhängigen Befreiungen. Ernstlich zweifelhaft sei aber, ob diese Betrachtung auch rechtfertige, unterschiedslos nominale Geldwerte und gemeine Werte gegen diese Ertragswerte zu verrechnen, oder ob nicht die geringere Ertragsfähigkeit, welche in der Begünstigung zum Ausdruck kommen soll, dadurch überkompensiert wird. Infolge einer solchen Verrechnung könne ein sowohl hinsichtlich der Substanz als auch hinsichtlich seiner Erträge sehr hohes Vermögen bewertungsrechtlich sogar als überschuldet erscheinen, während wesentlich kleinere Vermögen anderer Struktur mit ihrem vollen Nennbetrag oder gemeinen Wert unter die Steuer fielen69 • Weitere höchstrichterliche Entscheidungen, die sich mit den hier in der Einführung dargestellten erbschaftsteuerlichen Auswirkungen der Grundbesitz-Einheitswerte beschäftigten, ergingen in dem aufgezeigten Sinne, also mit erheblichen Bedenken gegen die weitere Anknüpfung der Erbschaftsteuer an die Grundbesitz-Einheitswerte70 • 11 B 40-41/69, BStBl. 11 1970, S. 121. BFH vom 9. 12. 1969 11 B 40-41/69, BStBl. 11 1970, S. 121 (123/linke Spalte). 70 BFH vom 27.10.1970 11 S 2-4/70, BStBl. 11 1971, S.269; BFH vom 24.2. 1971 11 B 48/70, BStBl. 11 1971, S. 394; BFH vom 22. 9. 1971 11 S 1/71, BStBl. 11 1972, S. 16; BFH vom 19.7.1972 11 B 11/72, BStBl. 11 1972, S. 767. Vgl. auch die klare, allgemein gefaßte Aussage des BFH in dem sog. VOL-Urteil vom 5. 11. 1964 (IV 11/64 S, BStBl. III 1964, S.602, 607): "Die schematische Anknüpfung an Einheitswerte, die nicht regelmäßig den sich stets ändernden tatsächlichen 68

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11. GeschichtelDiskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Schließlich legte der Bundesfinanzhof mit seinem Beschluß vom 18. 12. 197271 die Frage nach der Vereinbarkeit der unterschiedlichen erbschaftsteuerlichen Nachlaßbewertung mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vor. In den Gründen des Vorlagebeschlusses wurden die sich aus der Unterbewertung des Grundbesitzes bei voller Berücksichtigung der wirtschaftlich mit diesem Vermögen zusammenhängenden Schulden ergebenden Probleme geschildert. Eine Begünstigung des Grundbesitz-Erwerbers durch den Ansatz der Ertragswerts wurde zwar nicht schlechthin als unzulässig angesehen, eine allgemeine Geltung eines solchen Verfahrens wegen der dargelegten Ungereimtheiten aber auch nicht befürwortet. Jedenfalls die Zubilligung von Werten, welche auf den 1. 1. 1935 zurückbezogen waren, wären in diesem Ausmaß durch keinen denkmöglichen Grund gedeckt gewesen, zum al bei unterschiedlicher Grundstückspreisentwicklung in den einzelnen Teilen des Bundesgebietes das Ausmaß des dem einzelnen Erwerber zukommenden Vorteils rein zufällig gewesen wäre. Das Gericht kommt noch zu dem Ergebnis, daß bei der Erbschaftbesteuerung mit aller Vorsicht frei ermittelte Werte in jedem Fall dem näher gelegen hätten, was mit § 23 Abs. 2 bis 4 ErbStG 195972 unsprünglich gewollt war. Daher sei das Argument abwegig, der Ansatz der gen aue ren Einheitswerte (vom 1. 1. 1935) habe noch im Jahr 1966 der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit der Steuergerechtigkeit gedient. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10.2.197673 war es jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bis 1973 Zuwendungen von Grundbesitz nur mit den nach den Wertverhältnissen von 1935 ermittelten Einheitswerten zur Erbschaftsteuer heranzuziehen, während für Kapitalforderungen zeitnahe Werte anzusetzen waren. Die Verhältnissen angepaßt wurden, führt zu zufälligen steuerlichen Ergebnissen, die nur als willkürlich bezeichnet werden können." Das FG Rheinland-Pfalz (12.7.1979 111 41/79, EFG 1979, S.559, 560) spricht im Zusammenhang mit den niedrigen Einheitswerten von einer steuerlichen Privilegierung des - insbesondere landwirtschaftlichen - Grundbesitzes. Vgl. auch FG Hamburg vom 25.4.1972 11 10/72, EFG 1972, S. 389. Unentschieden: FG Bremen vom 31. 5.1972 11 71/72 As, EFG 1972, S.445. Für die Verfassungsmäßigkeit: FG Münster vom 26. 6. 1970 111 321/69 Erb, EFG 1970, S. 505; Niedersächsisches FG vom 15.2.1972 111 154/70, EFG 1972, S. 289. 71 11 R 87-89/70, BStBl. 11 1973, S. 329. 72 BGBL I 1959, S. 187. 73 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311. Bereits mit Beschluß vom 7.5.1968 (- 1 BvR 420/64, BStBl. 11 1968, S. 549) entschied das BVerfG, daß ein Wertpapierbesitzer seine Vermögensteuerveranlagung für den Hauptveranlagungszeitraum 1963, die auf zeitnahen Werten beruht, durch Verfassungsbeschwerde nicht mit der Begründung anfechten kann, daß der Vermögenbesteuerung des Grundbesitzes noch die Wertverhältnisse vom 1. 1. 1935 zugrunde gelegt werden (die Erbschaftsteuer wird dabei in den Gründen beiläufig erwähnt).

3. Erbschaftsteuerliche Grundbesitzwerte in der Bundesrepublik

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Gründe der Verfassungs gerichts-Entscheidung werden im folgenden - auszugsweise - wiedergegeben74 : I.

Nicht zu beanstanden ist, daß für einzelne Grundstücksarten, wie z. B. landund forstwirtschaftliches Vermögen, und für Betriebsgrundstücke, die wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten sind, ein auch für die erbschaftsteuerliche Bewertung (§ 23 Abs.2 bis 4 und 6 ErbStG 1959) maßgeblicher Ertragswert ermittelt wurde, obwohl diese Bewertung - unabhängig von der Rückbeziehung auf die Wertverhältnisse des Jahres 1935 - zu niedrigeren Werten führen kann als die Bewertung des sonstigen Grundbesitzes und der anderen Vermögensgegenstände mit dem gemeinen Wert (BVerfGE 23, 242, 251 / BStBl. 1968 11 S.549). Der Markt ist durchweg geneigt, Ertragssteigerungsaussichten, die sich noch nicht im nachhaltig erzielbaren, für die Bewertung maßgeblichen Reinertrag niedergeschlagen haben, vorwegzunehmen und außerdem anzuerkennen, daß eine Vermögensanlage in Immobilien vor Geldentwertung schützt. Aus diesem Grund werden Ertragswerte häufig unter den gemeinen Werten liegen. Die Einheitswerte für Grundbesitz sollen vornehmlich als Besteuerungsgrundlage für die Vermögensteuer und die Grundsteuer dienen, die beide nach der gesetzgeberischen Zielsetzung in erster Linie den Ertrag, nicht die Substanz belasten sollen. Deshalb konnte der Gesetzgeber an den nachhaltigen Ertrag anknüpfen. Zudem wird auch der gemeine Wert durch Ertragserwartungen bestimmt. Zwar ist - mehr als die Vermögen- und die Grundsteuer - die Erbschaftsteuer eine auf die Substanz und nicht auf den Ertrag der zugewendeten Bereicherung gelegte Steuer. Deshalb liegt es bei der Erbschaftsteuer weniger nahe, den Grundbesitz mit Ertragswerten zu bewerten. Bei einem Rückgriff auf die vorhandenen Einheitswerte läßt sich jedoch für die Finanzverwaltung und auch für die Zuwendungsbeteiligten und ihre steuerlichen Berater ohne große Mühe überblicken, ob und gegebenenfalls wieviel Erbschaftsteuer im Einzelfall geschuldet wird. Deshalb konnte der Gesetzgeber davon absehen, in jedem Falle umfangreiche Ermittlungen zur Festsetzung des gemeinen Wertes anzuordnen, zumal die Erbschaftsteuer im Gesamtsteueraufkommen eine untergeordnete Rolle spielt (weniger als 1 v. H ....) und wegen der Freibeträge häufig überhaupt keine Steuerforderung entsteht. 11. 1. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Maßstäbe des Bewertungsgesetzes beruhen darauf, daß - wie das Bundesverfassungsgericht bereits dargelegt hat (BVerfGE 9, 3, 8, BStBl. 1959 I S.68; 23, 242, 252 f., BStBl. 1968 11 S. 549; 25, 216, 226, BStBl. 1969 11 S.364) - die nach den Wertverhältnissen des Jahres 1935 festgesetzten Einheitswerte des Grundbesitzes - mit zu vernachlässigenden einzelnen Ausnahmen - immer mehr hinter den tatsächlichen Werten zurückblieben, während die nicht in Grundbesitz bestehenden Vermögensgegenstände zeitnah bewertet wurden ...

2. Es wäre eine zu formale Auslegung von Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die ungleiche Bewertung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen allein damit gerechtfertigt würde, daß es sich bei dem Grundbesitz um andere Vermögens74

1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S. 311 (314 ff.).

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

gegenstände und keine vergleichbaren Vermögensarten handelt. Ob ein Sachverhalt vergleichbar ist, hängt von Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Regelung ab. Im Steuerrecht geht es um eine möglichst gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen. Diese erfordert nach den Prinzipien des Bewertungsgesetzes die Anknüpfung an Werte, die wenigstens der Konzeption nach den wirklichen Werten nahekommen, wenn auch mit Rücksicht auf die Besonderheiten der einzelnen Vermögensarten verschiedene Wertmaßstäbe aufgestellt sind. Dem steht nicht entgegen, daß aus Gründen der Praktikabilität für einen gewissen Zeitraum die einmal festgestellten Einheitswerte unter Inkaufnahme von Abweichungen zu den wirklichen Werten gelten. Diese Möglichkeit findet jedoch im Willkürverbot ihre Grenze. Wenn sich Differenzierungen in der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, insbesondere im Verhältnis von Grundbesitz zu anderen Vermögensgegenständen ergeben, die, gemessen an der Idee der Steuergerechtigkeit, unerträglich sind, so lassen sie sich für die Besteuerung nicht mit den Besonderheiten des Grundbesitzes, wie der Ortsgebundenheit, der nur allmählichen Wertveränderung, der erschwerten übertragbarkeit und dergleichen rechtfertigen. Das Auseinanderfallen von Einheits- und tatsächlichen Werten war keine Folge der Besonderheiten der einzelnen Vermögensarten, es wurde vielmehr durch die Aussetzung weiterer Hauptfeststellungen aufgrund Art. 1 Nr.2 der Verordnung zur Änderung der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz vom 22. November 1939 (RGBl. I S.2271) bewirkt. Wenn sich infolgedessen eine Entwicklung in Richtung einer Verfassungswidrigkeit anbahnte, so war der Gesetzgeber verpflichtet, Abhilfe zu schaffen (vgl. BVerfGE 33, 171, 189; 37, 38, 56 f., BStBl. 1974 11 S.273; 16, 130, 141 f.). Es war dabei nicht möglich, einen der Steuergerechtigkeit genügenden Zustand alsbald durch eine vorläufige Maßnahme, nämlich durch eine lineare Erhöhung der Einheitswerte, herbeizuführen. Die Einheitswerte waren nicht gleichmäßig hinter den tatsächlichen Werten zurückgeblieben. Es hatte sich vielmehr im Verhältnis zwischen den einzelnen Arten des Grundbesitzes die Relation der Einheitswerte erheblich verschoben, und selbst innerhalb der einzelnen Gruppen waren starke Wertverzerrungen aufgetreten ... Bei dieser Sachlage hätte sich die Höhe eines Aufschlags nicht zuverlässig ermitteln lassen, so daß mit einer solch vorläufigen Maßnahme neue verfassungsrechtliche Bedenken verbunden gewesen wären. Aus den gleichen Erwägungen entfiel auch die Einräumung eines prozentualen Abschlags bei den zeitnah bewerteten Vermögensgegenständen, zumal damit das System des Bewertungsrechts durchbrochen worden wäre (BVerfGE 23, 242, 256, BStBl. 1968 II S.549). III.

Es kann nicht beanstandet werden, daß der Gesetzgeber den eingetretenen Wertverzerrungen durch Maßnahmen zu begegnen suchte, deren Vorbereitung und Durchführung einen längeren Zeitraum erforderte. Die Vorarbeiten für ein neues Bewertungsrecht begannen schon in den Jahren 1952/1953, als durch den vom Bundesminister der Finanzen eingesetzten Schätzungsausschuß Probebewertungen durchgeführt wurden, mit deren Hilfe für erforderlich gehaltene praktikablere Bewertungsmaßstäbe gefunden werden sollten. Am 21. Juni 1956 brachte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes, des Vermögensteuergesetzes und des Erbschaftsteuergesetzes ein (BTDrucks. 11/2544). Daß dieser Gesetzentwurf nicht in einer angemessenen Zeit verabschiedet wurde, läßt sich unter verfassungsrechtlichen

3. Erbschaftsteuerliche Grundbesitzwerte in der Bundesrepublik

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Aspekten schon deshalb nicht beanstanden, weil der Gesetzgeber berücksichtigen konnte, daß sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht in allen Bereichen konsolidiert hatten und deshalb genügend sichere Prognosen, wie sie mit einer Bewertung verbunden sind, noch nicht allgemein gestellt werden konnten, insbesondere für verschiedene Grundstücksarten der nachhaltige Ertrag als Maßstab für die Bewertung noch nicht endgültig ermittelt werden konnte. In der Wohnungs- und Grundstückswirtschaft hatten sich infolge des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S.389) zunehmend marktwirtschaftliche Verhältnisse eingestellt. Auch die Ertragsverhältnisse in der Land- und Forstwirtschaft wurden einmal durch betriebswirtschaftliche Umstellungen - zunehmender Ersatz menschlicher und tierischer Arbeitskraft durch Maschinen -, zum anderen durch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung der Agrarstruktur und der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung seit dem Jahre 1956 und insbesondere durch das Hineinwachsen in den Gemeinsamen Markt der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in einem im voraus nicht zu übersehenden Ausmaß beeinflußt. Unter diesen Umständen genügte der Gesetzgeber, wie sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 23, 242, 257, BStBl. 1968 11 S.549) ersehen läßt, seiner Aufgabe zur Herstellung stichtagsnaher Einheitswerte zunächst durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965 - BewÄndG 1965 - (BGBl. I S.851), das eine neue allgemeine Feststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den Beginn des Kalenderjahres 1964 vorsah (Art. 2 Abs. 1 Satz 1). IV. 1. Der Gesetzgeber durfte auch davon absehen, aus der neuen Bewertung alsbald Folgen für die Besteuerung zu ziehen. Nach einem vom Bundestag angenommenen Entschließungsantrag des Finanzausschusses sah der Bundestag im Bewertungsänderungsgesetz 1965 "ein Mittel, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, insbesondere bei der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, zu gewährleisten. Es ist nicht seine Absicht, durch das Gesetz das Gesamtaufkommen aus diesen Steuern automatisch zu erhöhen". Die Bundesregierung sollte daher im Zusammenhang mit der Anwendung der neuen Einheitswerte die Steuersätze und insbesondere die Freibeträge bei den genannten Steuern überprüfen (Entschließungsantrag des Finanzausschusses vom 20. Mai 1965, BTDrucks. IV/3508, S.2, angenommen in der 193. Sitzung des Deutschen Bundestages, Verh. Prot. S. 9814 B). Für die Grundsteuer bestimmte Art. 3 Abs.2 Satz 2 BewÄndG, daß die neuen Steuermeßbeträge jeweils insgesamt annähernd die gleichen blieben wie die bisherigen. Wenn auch dieser Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der späteren Aktualisierung der Einheitswerte im Jahre 1974 nicht voll eingehalten wurde, so war es, wie das Bundesverfassungsgericht bereits für die Vermögensteuer entschieden hat (BVerfGE 23, 242, 257, BStBl. 1968 11 S. 549), nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber aus seiner damaligen Sicht heraus aus der Einheitsbewertung nicht sofort steuerliche Folgen zog. Das im Jahr 1965 in den Vordergrund getretene Bestreben nach Aufkommensneutralität der Steuern beruhte insbesondere auf wirtschaftspolitischen Zielen. Eine durch Anwendung der alten Tarife bedingte Erhöhung des Vermögensteueraufkommens, zumal im Zusammenhang mit der geplanten Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer bei natürlichen Personen, hätte die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft und damit die Wirtschaftslage in der Bundesrepublik beeinträchtigen können.

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Ähnliche Erwägungen gelten für die Grundsteuer. Eine Erhöhung des Grundsteueraufkommens hätte auf die Wohnungsmieten "durchschlagen" und die soziale Lage der Mieter verschlechtern können. Diese Erwägungen haben ihren Niederschlag gefunden in Art. 3 Abs. 1 BewÄndG, der bestimmt, daß der Zeitpunkt, von dem an die auf den 1. Januar 1964 festzustellenden Einheitswerte des Grundbesitzes der Besteuerung zugrunde gelegt werden, erst in einem besonderen Gesetz bestimmt werden sollte. Es war gerechtfertigt, wenn nicht sogar geboten, zunächst die Festsetzung der Einheitswerte abzuwarten, um erst nach einer Gesamtübersicht über den Vermögensstand die entsprechenden steuerlichen Änderungen vorzunehmen, insbesondere Steuermeßzahlen, Tarife und Freibeträge festzulegen, wie dies später für die Grundsteuer in § 14 des Gesetzes zur Reform des Grundsteuerrechts vom 7. August 1973 (BGBl. 1 S.965) nach eingehender Berechnung anhand der neuen Einheitswerte geschehen ist (Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes, BTDrucks. VI/3418, S. 82 ff.). 2. Bei der großen Zahl der vorzunehmenden Bewertungen und unter Berücksichtigung der technischen Schwierigkeiten stellte die Neubewertung eine zeitraubende Tätigkeit dar. Zur Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den 1. Januar 1964 mußten über vier Millionen Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und weit über acht Millionen Einheitswerte für das Grundvermögen ermittelt werden. Es ergingen zahlreiche Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften: Erste Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs.l BewG vom 30. August 1967 (BGBl. 1 S.937) und Berichtigung vom 28. November 1967 (BGBl. 1 S.1184); Zweite Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs.l BewG vom 24. November 1967 (BGBl. 1 S. 1191); Dritte Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs. 1 BewG vom 7. Dezember 1967 (BGBl. 1 S. 1199); Verordnung zur Durchführung des § 55 Abs.3 und 4 BewG vom 27. Juli 1967 (BGBl. 1 S. 805) und Berichtigung vom 28. November 1967 (BGBI. 1 S. 1184); Verordnung zur Durchführung des § 55 Abs.8 BewG vom 1l. August 1967 (BGBl. 1 S. 906); Verordnung zur Durchführung des § 81 BewG vom 2. September 1966 (BGBI. 1 S.550); Verordnung zur Durchführung des § 90 BewG vom 2. September 1966 (BGBl. 1 S. 553), geändert durch die Verordnung vom 25. Februar 1970 (BGBl. 1 S.216); Verordnung zur Durchführung des § 122 Abs.3 BewG vom 2. September 1966 (BGBl. 1 S.555); Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens vom 19. September 1966 (BStBl. I S.890); Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vom 30. November 1967 (BStBI. I S.397) und vom 25. Januar 1968 (BStBI. I S.223). Die Frist für die Abgabe der Erklärungen durch die Steuerpflichtigen mußte verlängert werden. Nach Angabe des Bundesministers der Finanzen war die Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den l. Januar 1964 für das Grundvermögen zu etwa 95 v. H. erst Ende des Jahres 1970 und für den übrigen

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Grundbesitz zu 95 v. H. erst Ende des Jahres 1972 abgeschlossen. Auch das endgültige Ergebnis einer statistisch ausgewerteten Vorerhebung (Art. 7 BewÄndG 1965) lag erst im Mai 1971 vor. Nach der Auswertung der Unterlagen wurde der Entwurf eines Zweiten Steuerreformgesetzes im März 1972 den gesetzgebenden Organen zugeleitet. Nach diesem Gesetzesvorhaben sollten die einheitswertabhängigen Steuern (Vermögen-, Erbschaft-, Grund- und Gewerbesteuer) den "heutigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen" angepaßt (BTDrucks. VII 3418 Vorblatt) und die neuen Einheitswerte erstmalig angewendet werden, wobei wegen des seit dem Stichtag des 1. Januar 1964 verflossenen Zeitraums eine Heraufsetzung der Einheitswerte des Grundvermögens um 40 v. H. vorgesehen war. Der umfassende Gesetzentwurf konnte wegen der vorzeitigen Beendigung der 6. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nicht verabschiedet werden. In der nächsten Wahlperiode wurde der Entwurf des Zweiten Steuerreformgesetzes geteilt. Am 17. April 1974 wurde das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz 1974 verabschiedet (BGBl. I S.933). Es sieht die Anwendung der neuen - teilweise um 40 v. H. erhöhten - Einheitswerte ab 1. Januar 1974 vor (Art. 2). Am gleichen Tage erging das Vermögensteuerreformgesetz (BGBl. S. 949), das ebenfalls die neuen Einheitswerte ab 1. Januar 1974 mit einem Zuschlag von 40 v. H. für Grundstücke zugrunde legte. Das Grundsteuergesetz mit Anwendung neuer Einheitswerte ab 1. Januar 1974 - allerdings ohne Zuschlag - war bereits am 7. August 1973 (BGBl. I S. 965) ergangen. 3. Der sich - bei rein verfahrensmäßiger Betrachtung - möglicherweise anbietende Weg, die einheitswertabhängigen Steuern nur vorläufig zu veranlagenum dann nach späterer Ermittlung der Einheitswerte und Feststellung der Steuertarife, Freibeträge und ähnlichem eine endgültige Veranlagung durchzuführen, hätte zwar einen dem Gleichheitsgebot mehr entsprechenden Zustand schon zu einem früheren Zeitpunkt herbeiführen können. Dieser verbot sich jedoch insbesondere bei der Vermögen- und Grundsteuer als laufend veranlagten Steuern. Es wäre damit - abgesehen von dem kaum zu bewältigenden Verwaltungsaufwand - eine Unsicherheit verbunden gewesen, die gerade bei der Vermögen- t!-nd Grundsteuer, die zum größten Teil in die Kalkulationskosten eingehen, unerträglich gewesen wäre, zumal sich wegen der teilweisen Abzugsfähigkeit dieser Steuern auch noch Rückwirkungen auf die Ertragsteuern ergeben hätten. 4. Die vorstehenden Erwägungen, die bei der Vermögensteuer und bei der Grundsteuer dafür sprechen, die Einheitswerte im Ergebnis erst am 1. Januar 1974 wirksam werden zu lassen, treffen allerdings nicht in vollem Umfang für die Erbschaftsteuer zu. Zwar hat der Bundestag, wie oben ausgeführt ... , seine Absicht bekundet, das Gesamtaufkommen aus der Erbschaftsteuer nicht automatisch zu erhöhen. Während jedoch bei der Vermögen- und Grundsteuer als periodischen Steuern die Aufkommensneutralität bei der neuen Einheitsbewertung durch Neubestimmung der Steuermeßzahlen bei der Grundsteuer sowie des Steuersatzes und der Steuerfreibeträge bei der Vermögensteuer hergestellt werden kann, erlaubt bei der Erbschaftsteuer als einer nur fallweise entstehenden Steuer höchstens das Gesetz der großen Zahl eine gewisse Schätzung des Steueraufkommens. Bei der gesamtwirtschaftlich gesehen verhältnismäßig geringen Bedeutung der Erbschaftsteuer waren auch kaum weitreichende Auswirkungen zu befürchten, falls sich durch eine Revision der Einheitswerte das Erb4 Balke

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

schaftsteueraufkommen verändert hätte. Hinzu kommt, daß sich gerade damals die Beteiligten bei der Wahl des Zeitpunktes von Vermögensübertragungen von erbschaftsteuerlichen Auswirkungen leiten ließen und in großem Umfang Grundbesitz meist völlig schenkungsteuerfrei übertragen und zum Teil - wie der Ausgangsfall der übertragung von Vermögenswerten an Minderjährige, in einem Fall auf einen sechs Wochen alten Enkel, zeigt - bis zur zweiten Generation Vorsorge getroffen haben, s'o daß es für die daran anschließenden Jahre nicht zu einem "normalen" Erbschaftsteueraufkommen kommen dürfte. Auch verwaltungstechnische Gründe ließen das Hinausschieben der Zu~ grundelegung der neuen Einheitswerte im Erbschaftsteuerrecht nicht unbedingt geboten erscheinen. Freilich lagen nach dem Inkrafttreten des Bewertungsänderungsgesetzes 1965 die neuen Einheitswerte nicht sogleich vor. Daß die Durchführung der allgemeinen Bewertungsaktion mehrere Jahre in Anspruch nahm, hätte jedoch für die alsbaldige Anwendung des neuen Bewertungsrechts bei der Erbschaftsteuer kein allzu erhebliches Hindernis darzustellen brauchen. Da die nur fallweise erforderliche Erbschaftsteuerveranlagung nicht die große Zahl von Bewertungen wie die Vermögen- und Grundsteuer erfordert haben würde, hätte man in den jeweiligen Steuerfällen eine besondere Stichtagsbewertung nach § 23 Abs.4 ErbStG 1959 vornehmen und die im erbschaftsteuerlichen Interesse erforderlichen Bewertungen auf den 1. Januar 1964 vorgreiflich durchführen lassen können. Daß bis dahin nach § 28 ErbStG 1959 die Erbschaftsteuer nur vorläufig festgestellt und dann bei Vorliegen der neu ermittelten Einheitswerte ein Änderungsbescheid ergangen wäre (vgl. RFH, RStBl. 1930 S.818), hätte wegen der steuerrechtlichen, verfahrensmäßigen und wirtschaftlichen Auswirkungen nicht zu den bei Vermögen- und Grundsteuern in einem solchen Fall zu befürchtenden Unzuträglichkeiten geführt ... Das Hinausschieben der Aktualisierung der neuen Einheitswerte für die Erbschaftsteuer läßt sich jedoch noch hinnehmen; denn neben der Durchführung der neuen Einheitsbewertung liefen die Bestrebungen zu einer umfassenden Steuerreform einher, die von der Steuerreformkommission gutachtlich vorbereitet wurde. Bei der Erbschaftsteuer ging die politische Entwicklung dahin, das Erbschaftsteuerrecht insgesamt umzugestalten. Es sollten unter anderem Steuerklassen neu eingeteilt, Freibeträge und Tarife neu festgelegt und insbesondere für steuerpflichtige Erwerbe größeren Umfangs die steuerliche Belastung erhöht werden. Die Möglichkeit, durch Errichtung von Familienstiftungen das Vermögen über Generationen hinweg der Erbschaftsteuer zu entziehen, sollte beseitigt werden, und außerdem sollten die Vergünstigungen, die durch gesellschaftsrechtliche Gestaltung erzielt werden, entfallen (vgl. Entwurf des Zweiten Steuerreformgesetzes, BTDrucks. VI/3418, S.60). Hätte der Gesetzgeber zunächst zu einem früheren Zeitpunkt als geschehen die Anwendung der neuen Einheitswerte eingeführt, so hätte das bedeutet, daß in einigen Jahren darauf die grundlegende Umgestaltung des Erbschaftsteuerrechts erfolgt wäre. Bei der Abfassung von Testamenten, Erbverträgen und Gesellschaftsverträgen spielt gerade bei größeren Vermögen die erbschaftsteuerliche Auswirkung eine nicht unbeträchtliche Rolle. Eine zweimalige, kurz hintereinander folgende Änderung des Erbschaftsteuergesetzes hätte in diesen Fällen zu Unzuträglichkeiten geführt. Es muß dem Gesetzgeber deshalb zugestanden werden, die Beseitigung der ungleichen Bewertungsgrundsätze im Erbschaftsteuerrecht mit der anstehenden Erbschaftsteuerreform zu verbinden. Er handelte daher nicht evident sachwidrig, wenn er

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die alten Einheitswerte noch bis zum Inkrafttreten der auf den 1. Januar 1972 geplanten und schließlich zum 1. Januar 1974 verwirklichten Erbschaftsteuerreform beibehielt. Die vorerst letzte Äußerung des Bundesverfassungsgerichts zur Anwendung der Einheitswerte stammt vom 4.6.197675 • Die vom Bundesminister der Finanzen gebildeten Leitsätze des Beschlusses76 lauten: 1. Die Anwendung der nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1964 festgestellten und ab 1. Januar 1974 aktualisierten Einheitswerte des Grundbesitzes ist zur Zeit noch nicht verfassungswidrig.

2. Der Besteuerung müssen grundsätzlich zeitnahe Einheitswerte zugrunde gelegt werden. Daher dürfte es erforderlich sein, in angemessener Zeit eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes durchzuführen und die dabei zu ermittelnden Einheitswerte der Besteuerung zugrunde zu legen. Auffallend ist bei der letzten Entscheidung, daß in den Gründen die Anwendung der Einheitswerte auf die Erbschaftsteuer weder geprüft noch ausdrücklich angesprochen wird. Vielmehr wird wiederum betont, daß die Einheitswerte in erste Linie als besonders festgestellte Besteuerungsgrundlagen für die Grundsteuer und die Vermögensteuer gelten, also für Steuern, die nach der gesetzgeberischen Zielsetzung den Ertrag und nicht die Substanz belasten sollen77 • Der aktuelle Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Frage der Einheitsbewertung des Grundbesitzes ist der, daß mit Beschluß vom 12. 5. 1978 der Bundesfinanzhof78 dem Bundesverfassungsgericht folgende Verfassungsfrage zur Entscheidung vorgelegt hat: Verstößt die Einheitsbewertung von Wohngrundstücken im Ertragswertverfahren auf der Grundlage der preisrechtlich zulässigen Miete gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes? In dem Vorlagebeschluß des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 4.8.1981'79 wird darauf hingewiesen, daß die Frage nach der Besteuerung auf den Ertrag oder die Substanz des Besteuerungsgegenstandes für die Vermögensteuer und Erbschaftsteuer kaum einheitlich zu beantworten sei. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, welches anstrebt, das unter dem Aktenzeichen - 1 BvL 73/78 - anhängige Verfahren in 1 BvR 360/74, BStBI. 11 1976, S. 637. Vgl. BStBl. 11 1976, S. 637 (dort Fußnote 1). 77 BStBl. 11 1976, S.637. 78 111 R 18/76, BStBl. 11 1978, S.446; vgl. auch den Beschluß des BFH vom 16.6.1980 III B 41/79, BStBl. 11 1980, S. 487. 79 Az K 207/80, EFG 1981, S. 613 (614/linke Spalte) . 75 76

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

absehbarer Zeit zum Abschluß zu bringenBO , werden auch aus der Sicht der Erbschaftsteuer allgemein mit Spannung erwartet. 3.3 Aus dem neueren Reformschrifttum

3.3.1 Wissenschaftlicher Beirat beim BMF Der Wissenschaftliche Beirat beim BMF stellte 1967 die Begünstigung der Grundstücksbesitzer bei der Erbschaftsteuer fest und sprach von zwei Klassen von Steuerzahlern: den stark begünstigten und den "normalen" Pflichtigen, deren Vermögenswerte annähernd genau ermittelt werden8!. Es wurde daher vorgeschlagen, diesen Klassenunterschied zu beseitigen: Bei der Bewertung von Vermögensanteilen sollte bei allen Vermögensarten der Wert zum Stichtag des Erwerbs ermittelt werden. Eine schematische Unterbewertung müßte durch entsprechende Vorschriften ausgeschlossen werden82• Welcher Wert (Ertrags-, Sach- oder Liquidationswert) dabei maßgebend sein soll, sollte dem Einzelfall entsprechend entschieden werden.

3.3.2 Steuerreformkommission Die Steuerreformkommission beklagte in ihrem Gutachten von 1971 83 ebenfalls die Mängel der Einheitsbewertung des Grundbesitzes hinsichtlich der Erbschaftsteuer. Sie kam zu der Erkenntnis, daß sich eine echte, individuelle, stichtagbezogene Verkehrswertermittlung bei der Erbschaftsteuer verwirklichen ließe, da sie - anders als bei der laufenden Vermögensteuer - immer nur von Fall zu Fall erforderlich würde. Schließlich setzte sich die Kommission aber doch - wenn auch nur bedingt - für die Bindung der Erbschaftsteuer an die Einheitswerte des Grundbesitzes ein: 80 Vgl. das Arbeitsprogramm 1982 des BVerfG, abgedruckt in NJW 1982, S. 740 (741), 1. Senat Arbeitsprogrammpunkt 37; vgl. auch die übersicht über steuerlich bedeutsame Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, DStR 1983, S. 142 (143). 8! Gutachten zur Reform der direkten Steuern (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer und Erbschaftsteuer), S.77. Auf S. 61 ff. des Gutachtens wird besonders auf die Fragwürdigkeiten bei der Ermittlung der Einheitswerte aufmerksam gemacht. Die dort geltend gemachten Bedenken werden auch bei der Frage der Maßgeblichkeit der Einheitswerte für die Erbschaftbesteuerung übernommen (S. 76 des Gutachtens). 82 S. 77 des Gutachtens. 83 Tz. VII/220 (S.674) in Verbindung mit Tz. VII/27 ff. (S. 621 f.).

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Unter der Voraussetzung, daß künftig in regelmäßigen Zeitabständen eine Neubewertung des gesamten Grundbesitzes vorgenommen wird und dabei eine echte Anpassung der Einheitswerte an die Verkehrswerte erfolgt, hält es die Kommission aus verwaltungsökonomischen Gründen für richtig, auch erbschaftsteuerlich an den Grundbesitzeinheitswerten als Besteuerungsgrundlage festzuhalten, zumal größeren Wertveränderungen, die im Einzelfall zwischen dem Einheitswertfeststellungszeitpunkt und dem Erbschaftsteuerstichtag eingetreten sind, durch eine besondere Stichtagbewertung nach § 23 Abs. 4 ErbStG (von 1959 - der Verfasser) (auf den Todestag bzw. den Tag der Zuwendung) Rechnung getragen werden kann84 • Der Entschluß aber, die Vermögensteuer und damit notwendigerweise auch die Einheitsbewertung beizubehalten, wurde der Steuerreformkommission - nach eigener Aussage85 - nur dadurch erleichtert, daß auch aus grundsteuerlicher Sicht ein Festhalten an den Einheitswerten als Besteuerungsgrundlage sinnvoll erscheine; von einer Erleichterung des Entschlusses auch aus erbschaftsteuerlicher Sicht war dagegen nicht die Rede.

3.3.3 KarZ-Bräuer-Institut des Bundes der SteuerzahZer e. V. Das Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V. sprach sich im November 1969 ausdrücklich für die Beibehaltung des Einheitswertverfahrens für die Erbschaftsteuer aus, obwohl es die damit verbundenen Schwächen und Probleme - nach eigener Angabe - nicht verkannte86 • Eineinhalb Jahre später im April 1971 traf das Institut eine in der Differenzierung gewichtigere Aussage, indem es ausführte, daß zum Zwecke der Erbschaftbesteuerung die Grundstücke mit objektiven Werten angesetzt werden sollten. Solange man aber an der - aufzuhebenden - Einheitsbewertung festhielte, müsse sie auch bei der Ermittlung der Werte für die Erbschaftsteuer zugrunde gelegt werden87• Im Juni 1973 betonte dann das Institut seine "schweren Bedenken" hinsichtlich der Mängel der ungerechten Einheitsbewertung und machte 84 Tz. VII/43 (S.624) in Verbindung mit Tz. VII/220 (S.674) vgl. auch S.914 des Gutachtens. Die hier angesprochene - auch heute noch gegebene Möglichkeit ---' der sog. Wertfortschreibung aufgrund einer Stichtagsbewertung (vgl. § 12 Abs.4 ErbStG) bezieht sich nur auf erhebliche Substanzveränderungen des Vermögensgegenstandes; auch bei einer stichtagsbezogenen sog. Wertfortschreibung gelten also die Wertverhältnisse vom Hauptfeststellungszeitpunkt (z. Zt. also die vom 1. 1. 1964) - vgl. §§ 27, 22 BewG und Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 12 Anm 128 ff. m. w. N. 85 Tz. VII/35 (S. 623) des Gutachtens. 86 Bearbeiter: Breitenbach, Erbschaftsteuer, S. 43 f. 87 Bearbeiter: Schelle / v. Arnim / Borell / Lau / Meng, Der Weg zu einem zeitgemäßen Steuersystem, S. 186 (vgI. auch S. 111 ff.).

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

den Vorschlag, bei der Erbschaftsteuer mit Katasterwerten oder mit Gutachten vereidigter Sachverständiger zu arbeiten88 • Noch nicht einmal ein Jahr später, nämlich im März 1974, vollzog das Institut einen Rückzieher, indem es besonders darauf aufmerksam machte, daß Aufschluß darüber, inwieweit der Grund und Boden gegenüber anderen Vermögensobjekten insgesamt steuerlich privilegiert sei, letztlich nur eine vergleichende Gesamtbelastungsrechnung geben könne, in die alle relevanten Steuern, so vor allem Grundsteuer, Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer, einzubeziehen seien89•

3.3.4 Institut Finanzen und Steuern e. V. Das Institut Finanzen und Steuern e. V. vernachlässigte in seinen Steuerreformvorschlägen für die Erbschaftsteuer (April 1972)90 weitgehend das hier anstehende Problem. So wurde zum einen lediglich festgestellt und in der Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse schließlich begrüßt, daß von der Seite des Gesetzgebers an der Maßgeblichkeit der Einheitswerte festgehalten wird. Zum anderen wurde im Zusammenhang mit der Gesamtsteuerbelastung beklagt, daß die ab 1. 1. 1974 anzuwendenden Grundbesitz-Einheitswerte zu stärkeren Belastungen als bisher führen91 • Dem steht z. T. die ältere Aussage des Instituts vom April 1965 entgegen, wonach die Neubewertung nicht mehr nur zur Beseitigung von Ungleichmäßigkeiten und Ungerechtigkeiten dringend erforderlich, sondern sogar zur Durchführung einer gesetz- und verfassungsmäßigen Besteuerung des Grundbesitzes unumgänglich sei92•

3.3.5 Literaturmeinungen Nach Meincke93 bedarf die Vereinbarkeit der durch § 12 ErbStG vorgeschriebenen unterschiedlichen Wertansätze für das Grundvermögen und für sonstiges Vermögen mit Art. 3 GG bei einem noch stärkeren Auseinanderfallen der Bewertungsmaßstäbe erneuter überprüfung. Bearbeiter: Schelle, Der problematische Einheitswert, S. 51. Bearbeiter: v. Arnim / Borell / Schelle, Zur Reform der Bodenbesteuerung, S. 14 f. (dort Fußnote 13). Bereits Andeutungen in diese Richtung in: Bearbeiter: Schelle, Der problematische Einheitswert, S.51. 90 Bearbeiter: Mönter, Zur Steuerreform / Die Erbschaftsteuer. 91 Vgl. vorangehende Fußnote, S. 153 f., 161, 118 ff. 92 Verfassungswidrige Besteuerung des Grundbesitzes, S.46. Die Erbschaftsteuer wird ausdrücklich in das Ergebnis dieser Untersuchung miteinbezogen (S.38). 93 In Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm. 6. 88

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3. Erbschaftsteuerliche Grundbesitzwerte in der Bundesrepublik

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Michel 94 hat einerseits verfassungsrechtliche Bedenken, andererseits

vermutet er unübersehbare Schwierigkeiten für die Praxis bei einer uneingeschränkten Besteuerung auf der Grundlage der Verkehrswerte. Nach Moench9S widerspricht die Bewertung nach den Einheitswerten dem System des Erbschaftsteuerrechts insofern, als die Wertermittlung nicht im Zeitpunkt der Steuerentstehung erfolge und weiter dadurch, daß die Einheitswerte in der Regel wesentlich niedriger als die Verkehrswerte seien und damit das Prinzip der Maßgeblichkeit der tatsächlichen Bereicherung mißachtet würde. Die Übernahme der Einheitswerte ließe sich jedoch aus Gründen der Praktikabilität rechtfertigen. Obwohl die Bewertung der Grundstücke mit dem Verkehrswert anders als bei der Grundsteuer und Vermögensteuer im Bereich der Erbschaftsteuer in einer wesentlich geringeren Zahl von Fällen erforderlich wäre, würden nach den allgemeinen Erfahrungen über die Probleme der Wertfeststellung von Grundbesitz Steuerpflichtige und Finanzverwaltung stark belastet werden und eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten unvermeidlich sein. Insgesamt unentschieden äußert sich Petzoldt96 • Er meint aber, daß wohl nur der Ansatz von Einheitswerten eine Steuerfestsetzung ohne langwierige Auseinandersetzungen des Steuerpflichtigen mit dem Finanzamt und ohne kostspielige Wertermittlung des z. B. geschenkten Grundbesitzes ermöglichen könne. Viele Autoren, seien sie nun Angehörige der freien Berufe97 , der Verwaltung98 , der Gerichte99 oder der Wissenschaft 100 fordern mit unter94 In Meincke / Michel, ErbStG, § 12 Anm.2 f.; vgl. auch Inf. 1981, S.101; DVR 1970, S. 113. 9S ErbStG, § 12 Anm. 13; vgl. auch DStR 1982, S. 613 (615). 96 ErbStG, § 12 Rzn.3, 155. In diesem Sinne auch Mittelsteiner (DStZ/A 1975, S.384, 385) und Crezelius (DStZ/A 1978, S.243, 245), der meint, es sei müßig die Einheitswerte zu kritisieren. Ihre Auswirkungen seien nach der Entscheidung des BVerfG vom 10.2. 1976 hinzunehmen. 97 Wündisch, FR 1967, S.132 (134 ff.); Pelka, StuW 1975, S.206 (219); ders., in Tipke (Hrsg.), Grenzen der Rechtsfortbildung, S.209 (238); Strunk, Einheitsbewertung von Grundstücken, S. 155 f. - Strunk spricht von einer "eklatanten Ungleichmäßigkeit" zwischen den Werten nach § 12 Abs. 1 ErbStG und den für die Erbschaftsteuer maßgebenden Grundbesitz-Einheitswerten; ders., StuW 1980, S.51 (56). 98 Schmitz, DB 1973, S.412; Troll, BB 1971, S. 1145; Fröhlich, FR 1970, S.418 (421); Schulz, Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer, S. 206 f. 99 Sigloch, JbFSt 1971/72, S.222 (251); ders., DStZ/A 1973, S. 121 (122); Hofmann, JbFSt 1982/83, S. 181 (188, 195); dies., Erbschaft- und Schenkungsteuer, S.46 f. 100 Schneider, StuW 1979, S.38 (40) - bei der Erwähnung von "gerechtigkeitstödlichen Fehlentwicklungen des deutschen Steuerrechts" spricht Schneider auch den Einheitswert bei der Erbschaftsteuer an; Friauf, StuW 1971,

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

schiedlicher Intensität oder halten zumindest für wünschenswert die Loslösung des Erbschaftsteuerrechts von der herkömmlichen Einheitsbewertung des Grundbesitzes. Friauflol verwies z. B. im Jahre 1971 unter Bezugnahme auf drei Beschlüsse des 11. Senats des Bundesfinanzhofs 102 darauf, daß der legitime Anspruch des Gesetzgebers auf eine Beobachtungs- und Anpassungsfrist gegenüber der Entwicklung der Verhältnisse ihn nicht dazu ermächtige, bereits eingetretene Gleichheitsverstöße beliebig zu perpetuieren. Hofmann lO3 meint sogar, daß sich Erbschaft- und Schenkungsteuer einerseits und Bindung an das Bewertungsgesetz andererseits wie Feuer und Wasser verhalten; solle die Erbschaftsteuer in sich schlüssig sein, so müsse sie sich notwendig von der Einheitsbewertung abkoppeln. An anderer Stelle spricht sie in dem genannten Zusammenhang von "Bewertungsbrüchen" 104.

Dagegen wurde ausgeführt, daß u. a. Grundbesitz von Verfassungs wegen eine Sonderbehandlung erfahren müsse - nicht, weil dem Kapitalkräftigen geholfen werden solle, sondern weil hier die Erbschaftsteuer selbst bei gleichem Tarif in kategoriemäßig voraussehbaren Fällen unverhältnismäßig stärker träfe und weil die Erhaltung der qualitativen Vermögensidentität gerade aus erbrechtlicher Sicht ein besonders zu schützendes Rechtsgut seilOS. Es sei nicht verfassungswidrig, daß der Grundbesitz für Zwecke der Erbschaftbesteuerung mit Einheitswerten angesetzt wird; vielmehr wäre eine Besteuerung immobiler Vermögensanlagen zu Verkehrswerten keine sachgerechte Differenzierung, sondern eine willkürliche und unsachliche, die gegen Art. 3 GG verstoßen würde lO6. S.369 (377); Wähe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre I, S.201; Kisker, Die Erbschaftsteuer als Mittel der Vermögensredistribution, S. 110 f.; Beyer, Grundprobleme des Erbschaftsteuerrechts, S. 89 ff. (98 f.); Nohl, Vermögensredistribution durch die Besteuerung von Erbschaften, S. 174; Gutte, Die substanzsteuerliche Bewertung, S. 66 f., S. 35 ff.; Dickertmann, Ansätze zur Reform der "einheitswertabhängigen" Steuern, S. 31 ff., 55 ff. 101 StuW 1971, S.369 (377); dazu auch ders., JbFSt 1971/72, S. 72 (91 f.). 102 BFH vom 9.12.1969 11 B 40-41/69, BStBl. 11 1970, S. 121; BFH vom 27. 10. 1970 11 S 2-4/70, BStBl. 11 1971, S.269; BFH vom 24.2.1971, 11 B 48/70, BStBI. 11 1971, S.394. 103 JbFSt 1982/83, S. 181 (188). 104 JbFSt 1982/83, S. 181 (195). lOS Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, S.60 - ähnliche, dem Bestreben den Grundbesitz gleich den anderen Vermögensarten zu behandeln, gegenläufige Äußerungen finden sich auf den S. 61 f., 64, 69, 89 f., 95, 99 ff., 125 (vgl. zu dieser Schrift die kritische Besprechung von Tipke, ZRP 1971, S. 158, 163). 106 Kleeberg, BB 1973, S. 1225 (1226, 1228); vgI. auch seinen Beitrag in BB 1971, S. 1315, in dem er sich vehement wehrt gegen die Formel, der Grund-

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Eine weitere Literatur-Stimme sieht die Einheitswerte im wesentlichen als "vernünftig" an lO7 • Nach dieser Meinung dürften bei den derzeit gültigen Besteuerungsmaßstäben für Grundsteuer und Vermögensteuer die Einheitswerte nicht mehr als 40 Ofo des Verkehrswerts betragen. Der Aussage: Dem Wertniveau der Einheitsbewertung entsprechend könnte dann für die Erbschaftsteuer ein besonderer Steuersatz für Grundbesitz festgelegt werden kann wohl entnommen werden, daß danach der Grundbesitz bei der Erbschaftsteuer weiterhin niedriger als andere Vermögensgegenstände besteuert werden soll.

4. Vorschläge und Reaktionen aus der jüngsten Vergangenheit a) In jüngster Zeit hat TrollIOs, ein ehemaliger maßgeblicher Beamter aus dem Bundesfinanzministerium, die Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert bei der Erbschaftsteuer nochmals besonders propagiert. Dabei knüpft Troll 108 an zwei neue re Entscheidungen des Bundesfinanzhofs lO9 zur gemischten Schenkung an. Folgender einfache Fall soll die Problemstellung aufzeigen: Ein Kind erhält von seinem Vater teils entgeltlich (1000000 DM), teils unentgeltlich Grundbesitz im Verkehrswert von 5000000 DM (anzusetzender Einheitswert 1 000000 DM) übertragen. Nach herkömmlicher Ansicht wird die vom Kind zu leistende Zahlung von 1 000000 DM von dem Ansatz des Grundbesitzes mit dem maßgebenden Einheitswert (1 000 000 DM) abgezogen, so daß Schenkungsteuer danach nicht zu zahlen ist. Folgt man dagegen der aktuellen BFH-Rechtsprechung, so muß das Rechtsgeschäft in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil zerlegt werden llo. Für den vorliegenden Fall bedeutet das, daß unter Berücksichtigung besitz sei durch den Ansatz der Einheitswerte besonders begünstigt, also privilegiert gegenüber anderen Vermögensarten. 107 Glier, Inf. 1979, S.436 (438). In diesem Sinne auch Streibl in einem Interview der Zeitschrift des Deutschen Siedlerbundes "Familienheim und Garten" 1982, S. 214 f.; nach Streibl sollte die Einheitswerthöhe für Wohngrundstücke 50 % des "bundesdurchschnittlichen" Verkehrswerts nicht überschreiten. 108 StbJb. 1980/81, S.255 (287 f.); ders., DStR 1981, S. 123 (131); ders., ErbStG, § 12 Tz. 109 (S. 124 f.). 109 Urteile vom 13.4.1977 II R 162/71, BStBl. 11 1977, S. 663 und vom 12.12. 1979 11 R 157/78, BStBl. II 1980, S.260 (die Entscheidungen betreffen ein und denselben Rechtsfall). Das sog. Oktober-Urteil (Bezeichnungsgeber ist Felix, KOSDI 1982, S.4616, 4617) vom 21. 10. 1981 II R 176/78, BStBl. 11 1982, S.83 und das "Kamillus-Urteil" vom 14.7.1982 11 R 125/79, BStBl. 11 1982, 8.714 haben die in den vorgenannten Urteilen enthaltene Tendenz bestätigt. 110 Ausgangspunkt der Argumentation ist § 7 Abs. 1 ErbStG mit der Formulierung " ... soweit der Bedachte ... bereichert wird" - vgl. BFH vom 21. 10. 1981 11 R 176/78, BStBl. 11 1982, S.83 (85); ablehnend dazu Kapp / Felix,

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des Grundbesitz-Verkehrswertes % unentgeltlich und Ys entgeltlich übertragen werden. Besteuerungsgrundlage sind dann % des Einheitswerts (800 000 DM) ;/, persönlicher Freibetrag von 90000 DM. Die Schenkungsteuer beträgt danach 63 900 DM (9 Ofo von 710 000 DM).

Troll ist nun der Auffassung, daß auch bei Erbfällen mit Grundbesitz im Nachlaß die Aufteilung in einen entgeltlichen-und einen unentgeltlichen Teil erfolgen müsse. Seine weiteren überlegungen dazullI: Hier würde allerdings die Auf teilung des Einheitswerts zu erheblichen Schwierigkeiten führen; denn es ist oft gar nicht feststellbar, welche der Nachlaßverbindlichkeiten gerade auf ein bestimmtes Grundstück entfällt. Diese ganzen Schwierigkeiten bestehen aber nicht, wenn das Grundstück auch steuerlich mit seinem Verkehrswert angesetzt wird. Da dieser für die Aufteilung des Einheitswerts sowieso ermittelt werden muß, liegt es deshalb nahe, durch ein neues Gesetz zu bestimmen, daß bei der Erbschaftsteuer künftig ganz generell, ebenso wie es für alle anderen Vermögensarten gilt, auch der Grundbesitz mit dem Verkehrswert anzusetzen ist.

Troll führt zwar an anderer Stelle aus, daß mindestens bis zu einer allgemeinen Neubewertung alle Grundstücke bei der Erbschaftsteuer mit dem Verkehrswert angesetzt werden sollten1l2• Als übergangslösung will Troll seinen Vorschlag aber wohl nicht verstanden wissen, denn er weist gleichzeitig darauf hin, daß die Einheitsbewertung des Grundbesitzes auch künftig zu ganz erheblichen Wertunterschieden führen werde, denn manche Weichen würden schon jetzt so gestellt, daß wieder dieselben Fehler wie bei der Hauptfeststellung 1964 gemacht würden. Im übrigen hat er auf dem Steuerkongreß 1982 in München prognostiziert, daß die (damals) zum 1. 1. 1985 geplante Hauptfeststellung mit Wirkung ab dem 1. 1. 1988113 erneut verschoben werden wird und daß es in diesem Jahrhundert voraussichtlich überhaupt kein ordentliches Verfahren zur Neubewertung von Grundbesitz mehr geben wird. Vielmehr sei mit einem Notverfahren zu rechnen, das dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht aufgezwungen werde ll4 • Betrachtet man diese Aussage, so wird deutlich, daß sein Vorschlag als endgültige Lösung gemeint ist. b) Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts (Zeidler) wirft im Mai 1981 (in der Diskussion um die Bindung privaten Eigentums an das Allgemeinwohl) der Bundesregierung Untätigkeit vor im Blick auf StRK-Anm. ErbStG 1974 § 25 R. 3; Felix, KOSDI 1982, S.4616; Moench, DStR 1982, S.613; Meincke, Landesfachkongreß 1982 der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz, S.20; a. A. Hofmann, JbFSt 1982/83, S.181; Schulze zur Wiesche, NJW 1975, S.2089; Meilicke, StbJb. 1976/77, S. 289. 1lI StbJb. 1980/81, S. 255 (287 f.); vgl. auch DStR 1981, S. 123 (131). 112 DStR 1981, S. 123 (131). 113 Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke - BT-Drucks. 9/1648, S. 5. 114 Zitiert in F. A. Z. vom 25.3.1982, Nr. 71/S. 13.

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teilweise riesige Preissteigerungen bei Grund und Boden. Die Verfassung ermögliche durchaus eine korrigierende Einflußnahme des Staates auf diese Entwicklung. In der Besteuerung des Grundbesitzes sei bisher das Prinzip der Steuergerechtigkeit in hohem Maße mißachtet worden llS • c) Trotz dieser überlegungen von maßgeblicher Seite ist dagegen im März 1982 aus dem Hessischen Finanzministerium (Hagemann) zu erfahren, daß man dort zu der Frage der Ersetzung der Einheitswerte durch Verkehrswerte nicht Stellung zu nehmen vermag, da sich die Frage bei der Erbschaftbesteuerung nicht stelle und rein hypothetisch sei1l6 • Im April 1982 wird dann bemerkt, daß nach dortiger Kenntnis der Bundesgesetzgeber in absehbarer Zeit bei der Erbschaftbesteuerung keine Ersetzung der Einheitswerte für Grundbesitz durch Verkehrswerte beabsichtigt. Weiter wird ausgeführt, daß eine derartige Regelung die Praxis vor kaum zu bewältigende Schwierigkeiten stellen würde. Bis zur Anwendung neuer Einheitswerte wäre allenfalls an eine Anhebung des Zuschlags beim Grundvermögen (Art. 2 ErbStRG) zu denken ll7 • d) Kapp hat aus der Sicht der Steuerberater und Rechtsanwälte auf die Äußerungen von Troll reagiert und geltend gemacht, daß die vorgeschlagene Ersetzung der Einheitswerte durch die Verkehrswerte eine Revolution in der Erbschaftbesteuerung bedeuten würde. Dieser Standpunkt wird durch den Ausblick bekräftigt, daß ein entsprechendes Gesetz im Bundestag niemals die erforderliche Mehrheit finden würde 1l8 • e) Ebenso sind auch vom zuständigen Referenten der Bundessteuerberaterkammer (Weiler) Bedenken gegen die Loslösung der Bewertung im Erbschaftsteuerrecht von der Einheitsbewertung geäußert worden, da dadurch die gesamte Frage der Einheitsbewertung in Frage gestellt würde. Die Praktikabilität des Einheitswertverfahrens wird dabei besonders betont ll9 • 115 Zitiert in HB vom 7.5. 1981, Nr. 87/S. 5; vgl. auch Festvortrag des 53. Deutschen Juristentages 1980, Band II der Verhandlungen, I 16. 116 Dem Verfasser liegt ein Schreiben vor mit dem Aktenzeichen: S 3730 B -Ba-lI B 32. 117 Dies entnimmt der Verfasser aus einem weiteren an ihn gerichteten Schreiben aus dem Hessischen Finanzministerium (Aktenzeichen: S 3730 B - Ba - 11 B 32). Die oben wiedergegebenen Aussagen lassen sich wohl kaum vereinbaren mit dem klaren Bekenntnis des Hessischen Finanzministers Lang aus dem Jahre 1970 für die Einführung einer gleichmäßigen Bewertung aller Vermögensarten unter Zugrundelegung zeitnaher Verkehrswerte - vgl. Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes und anderer Vorschriften - sog. Lang-Entwurf, S. 23. 118 BB 1980, S.1738 (1739); ders., Schwerpunkte des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, S. 154; ders., ErbStG, § 12 Rz. 274. 119 Der Verfasser bezieht sich auf ein an ihn gerichtetes Schreiben vom 7.5. 1982, in dem darauf hingewiesen wird, daß es sich nicht um eine offizielle Meinung der Bundessteuerberaterkammer handelt.

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11. Geschichte/Diskussion erbschaftsteuerlicher Grundbesitzwerte

Die offizielle Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zur (ehemals) geplanten Neubewertung von bebauten und unbebauten Grundstückenl20 nach dem sog. Geschoßflächenverfahren bezweifelt allerdings die praktische Anwendbarkeit dieses Einheitswertverfahrens in modifizierter Form. f) Im Mai 1982 berichtet Moench 121 von einem interessanten Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhofl22 : Im Zusammenhang mit der erbschaftsteuerlichen Behandlung der Teilungsanordnung (vgl. vorne S. 28 f.) prüft der Bundesfinanzhof in diesem Verfahren die Frage, wie trotz der unterschiedlichen Bewertungsvorschriften im Ergebnis eine gewisse Gleichbehandlung herbeigeführt werden könne, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Nachlaßgegenstände auf einen Miterben unmittelbar übergehen, und wie Ausgleichsansprüche bei gesetzlicher Erbfolge zu behandeln seien, deren Wert möglicherweise in keinem angemessenen Verhältnis zu dem bewertungsrechtlichen Wert des Nachlasses stehe. Nach Angaben der Finanzverwaltung sieht der dem Verfahren inzwischen beigetretene Bundesminister der Finanzen auf der Grundlage des geltenden Rechts keinen Weg zu der vom Bundesfinanzhof angestrebten Gleichbehandlung. Die Besteuerungsungleichmäßigkeiten seien ausschließlich eine Folge der noch unzulänglichen, steuerlichen Bewertung. Deren Beseitigung mit dem Mittel der Rechtsauslegung sei nicht zulässig l23 • Die mündliche Verhandlung hat Ende 1982 stattgefunden. Demnächst ist also vom Bundesfinanzhof eine weitere grundlegend neue Entscheidung zur erbschaftsteuerlichen Bewertung (insbesondere des Grundbesitzes) zu erwartenl24 • Nach Moench l25 ließe sich das Dilemma, das sich bei der Besteuerung der Miterben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten zeige, am ehesten aufheben, wenn Einheitswerte zur Anwendung kämen, die den Verkehrswerten voll entsprächen. Solche Einheitswerte, die aus anderen Gründen unerwünscht seien, werde es aber kaum jemals geben, und so sei abzusehen, daß das Problem, wie immer der Gesetzgeber oder die Finanzgerichtsbarkeit entscheiden würden, nie ganz vom Tisch kommen werde. DStR 1982, S. 151 f. Vortrag vom 26.5. 1982 bei der Steuerberaterkammer Saarland, S. 33 ff.; vgl. auch StbJb. 1982/83, S. 375 (410 f.). 122 11 R 85-86/78. 123 So auch BFH vom 18. 12. 1972 11 R 87-89/70, BStBl. 11 1973, S.329. U4 Vgl. nunmehr das inzwischen veröffentliche Urteil vom 10.11.1982 11 R 85-86/78, BStBl. II 1983, S. 329. 125 StbJb. 1982/83, S.375 (411). 120 121

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g) Das bis zum Jahre 1982 vom Bundesministerium der Finanzen bevorzugte sog. Geschoßflächen-Verfahren (Sachwertverfahren) zur Bewertung des Grundbesitzes wird nunmehr nicht weiter verfolgt. Vielmehr soll für die Zukunft (schwerpunktmäßig) an dem Ertragswertverfahren festgehalten werden l26 • Da Probebewertungen bei Verkaufsfällen nach Auskunft der Finanzverwaltung zeigen, daß die im einzelnen geprüften Bewertungs-Methoden zu einer großen "Streubreite" der Ergebnisse führen und die meisten ermittelten Werte bis zu 30 G/o über oder unter dem Kaufpreis liegen, wird man, wenn man eine überbewertung in einer größeren Zahl von Fällen vermeiden will, von vornherein ein Einheitswertniveau anstreben, das nicht über 70 Ofo der Kaufpreise liegt. Es ist wenig wahrscheinlich, daß der Gesetzgeber, der hier naturgemäß das letzte Wort hat, diese Wertansätze anheben wird. Das Verhältnis von Einheitswerten und Verkehrwerten wird sich im Maße der allgemeinen Wertveränderungen verschlechtern, wenn zwischen dem Hauptfeststellungszeitpunkt (z. B. 1. 1. 1986) und dem erstmaligen Stichtag der steuerlichen Anwendung (z. B. 1. 1. 1992) ein längerer Zeitraum liegt 127 • Während bisherige Äußerungen des Bundesministeriums der Finanzen einen Zeitabstand von drei Jahren für denkbar halten, ist von den Finanzressorts der Länder zu erfahren, daß dieser Zeitraum wahrscheinlich viel länger sein wird. Wenn man davon ausgeht, daß das Niveau der Einheitswerte am Hauptfeststellungszeitpunkt 70 Ofo der Verkehrswerte beträgt, könnte es bei einer Steueranwendung sechs Jahre später ohne weiteres bei 50 Ofo liegen und würde mit jedem Jahr des Hauptfeststellungszeitraums weiter sinken l28 • Selbst wenn man bei der Erbschaftsteuer wie beim Erbschaftsteuergesetz 1974 die Einheitswerte mit einem Zuschlag (§ 121 a BewG/Art. 2 ErbStRG) versehen würde, wäre nicht zu erwarten, daß damit das Verkehrswertniveau erreicht würde. Nachdem nun ein überblick über die Geschichte und die Entwicklung der Diskussion der erbschaftsteuerlichen Grundbesitz-Bewertung gegeben ist, wird im Teil III dargestellt, welche Änderungen steuerlicher Vorschriften erforderlich werden, wenn künftig bei der Erbschaftbesteuerung der Verkehrswert für den Grundbesitz beachtet werden soll. 126 So Uelner (Steuerabteilungsleiter im BMF) zitiert in F. A. Z. vom 12. 1l. 1982, Nr. 263/S. 13. 127 Vgl. dazu Moench (ErbStG, Einführung Anm.8), der davon spricht, daß für die nächste Hauptfeststellung "ein gehöriger Abstand zwischen Einheitswert- und Verkehrswertniveau schon vorprogrammiert" sei. 128 Dazu Streibl in einem Interview mit der Zeitschrift des Deutschen Siedlerbundes "Familienheim und Garten" 1982, S.214; nach Streibl sollte die Einheitswerthöhe für Wohngrundstücke 50 % des "bundesdurchschnittlichen" Verkehrswerts nicht überschreiten.

III. Erforderliche Gesetzesänderungen zur Ersetzung des Grundbesitz·Einheitswerts durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht 1. Änderungen des § 12 ErbStG Die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an den Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes wäre aufzuheben. Die Vorschriften des § 12 Abs. 2 und 6 ErbStG könnten hinsichtlich der Bewertung des Grundbesitzes wie folgt zusammengefaßt werden: Grundbesitz wird mit dem Verkehrswert angesetzt (§§ 9,31 BewG).

Eine besondere Vorschrift, die auf die Bewertung des Grundbesitzes hinweist, kann aber auch entfallen. Dann gilt der Grundsatz der Bewertung nach dem Verkehrswert gemäß § 12 Abs.l ErbStG in Verbindung mit §§ 9, 31 BewG. Der erste Vorschlag hätte also nur klarstellende Bedeutung. Die Absätze 2 bis 5 des § 12 ErbStG müßten redaktionell angepaßt werden. 2. Änderungen der Freibeträge und Steuers ätze Bei der Prüfung, ob Änderungen der Freibeträge und Steuersätze vorgenommen werden müssen, bleiben Gründe (z. B. Inflation) außer Betracht, die eine generelle Neugestaltung der Freibeträge und Steuersätze rechtfertigen würden, um z. B. sog. heimliche Steuererhöhungen abzubauen oder ganz zu beseitigen. Es geht hier nur um die Frage, ob es einen vernünftigen Grund dafür gibt, die Beseitigung der Unterbewertung einer bestimmten Vermögensart mit einer Anpassung der Freibeträge und Steuersätze zu verbinden. 2.1 Bedeutung der Verfallklausel (Art. 10 § 3 ErbStRG) Aus Art. 10 § 3 ErbStRG könnte sich die Verpflichtung für den Gesetzgeber ergeben, Änderungen vorzunehmen. Nach der genannten Vorschrift gelten die §§ 12 (Bewertung), 16 (Freibeträge), 17 (Besonderer

2. Änderungen der Freibeträge und Steuersätze

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Versorgungsfreibetrag) und 19 (Steuersätze) ErbStG nur für die Kalenderjahre, in denen Grundstücke (§ 70 BewG) und Betriebsgrundstücke (§ 99 Abs.1 Nr.1 BewG) mit 140 Ofo der auf den Wertverhältnissen am 1. 1. 1964 beruhenden Einheitswerte anzusetzen sind. Zur Illustration dieses Fragenkomplexes mag eine Aktion des Bundesrates aus dem Jahre 1982 dienen. Die Länderkammer weist in der Begründung zur Ablehnung des geplanten Teilhauptfeststellungsgesetzes 1983' auf die Nichteinhaltung der "gesetzlichen Zusage" hin, bei einer Erhöhung der Einheitswerte gleichzeitig über neue Steuersätze und Freibeträge zu entscheiden (Art. 10 § 3 ErbStRG). Die hier vorgetragenen Bedenken werden präzisiert in einer Erklärung von Späth2 : Verschärft wird diese Situation noch dadurch, daß an den alten Steuerprozentsätzen und Freibeträgen festgehalten werden, soll. Man kann jedoch nicht die Wertverhältnisse von 1983 nehmen, die Freibeträge aber aus dem Jahr 1964. Dazu ist zunächst richtigzustellen, daß die angesprochenen Freibeträge nicht aus dem Jahr 1964, sondern aus 1974 stammen3• Anzumerken ist weiterhin, daß bei anderen Vermögensarten wie Spar- oder Wertpapiervermögen die aktuellen Werte bei der Erbschaftbesteuerung zugrunde gelegt werden, obwohl die alten Freibeträge Anwendung finden. Was hier als gesetzliche Zusage gedeutet wird, könnte lediglich den Charakter einer Verfallklausel4 haben, wonach die in dieser Klausel genannten Vorschriften außer Kraft treten, sobald andere Werte als die bis heute maßgebenden Einheitswerte für Grundvermögen und Betriebsgrundstücke der Erbschaftsteuer zugrunde gelegt werden. Die z. B. von der Bundessteuerberaterkammer vertretene Auffassung, Art. 10 § 3 ErbStRG sei eine Neutralitätsklausel mit der Folge, daß die Einführung neuer (höherer) Werte für das Grundvermögen (und für Betriebsgrundstücke) mit einer Anpassung der Freibeträge und Steuersätze einhergehen müsse, so daß insgesamt durch die Erhöhung der anzusetzenden Grundbesitzwerte eine Erhöhung des Erbschaftsteueraufkommens nicht eintreten dürfes, findet im Wortlaut keine Stütze. Aus , BR-Drucks. 222/82 (Beschluß) vom 2.7.1982; vgl. auch BT-Drucks. 9/1822 vom 5.7.1982. 2 Bundesrat - Steno graphischer Bericht, 513. Sitzung, Plenarprotokoll 513, Anlage 2, S.260 vom 2.7.1982. 3 §§ 16, 17 ErbStG 1974. 4 Zum Begriff "Verfallklausel" vgl. Kapp, ErbStG, § 12 Rz. 283. S DStR 1982, S. 151 f.; so auch Bund der Steuerzahler, Nr.69, Das neue Bewertungsgesetz (1964), S.7; Kapp (ErbStG, § 12 Rz.283), der von einer Zusage der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen spricht, die Besteuerungsmaßstäbe (Tarif und Freibeträge) für den beschriebenen Fall neu zu bestimmen. Auch Moench (ErbStG, § 12 Anm.2) meint, der Gesetzgeber sei gezwun-

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III. Erforderliche Gesetzesänderungen

den Gesetzes-Materialien mögen sich zwar Anhaltspunkte für die genannte Ansicht ergeben6 • Diese stehen aber schon im Gegensatz zu § 36 Abs.1 Nr. 1 ErbStG, der u. a. eine Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung vorsieht, die zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung besondere Bewertungsvorschriften enthalten kann, auch wenn sie das Erbschaftsteueraufkommen erhöhen. Ganz abgesehen davon, daß ein Gesetzgeber den künftigen nicht binden kann, wird hier auch so ein Rahmen für die Entscheidung über neue Freibeträge und Steuersätze nicht abgesteckt: Die Freibeträge müssen nicht heraufgesetzt und die Steuersätze müssen nicht gemindert werden. Vielmehr könnten die Freibeträge auch gemindert und die Steuersätze heraufgesetzt oder der alte Zustand fortgeschrieben werden. Der Gesetzgeber wird durch die Verfallklausel also - wenn überhaupt - nur angehalten, sich in einem bestimmten Falle erneut Gedanken über Freibeträge und Steuersätze zu machen und eine Entscheidung zu treffen - mehr nicht. Diese Entscheidung ist z. B. in dem Beschluß des ehemals geplanten Teilhauptfeststellungsgesetzes 1983 getroffen worden: Die Verfallklausel sollte nicht berücksichtigt, also die bestehenden Freibeträge und Steuersätze fortgeführt werden7• Dem "Zwang zum Nachdenken"g ist wohl vorher entsprochen worden, so daß die erhobenen Vorhaltungen im konkreten Falle fehlgehen9• Zu betonen ist also, daß Art. 10 § 3 ErbStRG neben einer programmatischen Aussage lediglich Regelungen über den Verfall (das Außerkrafttreten), nicht aber über die Neukonzeption bestimmter Vorschriften enthält. M. E. sollte die Verfallklausel ersatzlos gestrichen werden, um für die Zukunft Mißverständnissen vorzubeugen und denkbaren Ablenkungsmanövern den Boden zu entziehen. Durch diese Klausel, die erst gegen heftigen Widerstand über das Vermittlungsverfahren im Jahre 1974 den Weg in das Gesetz fand lO, sollte möglicherweise nach der Vorstellung vieler am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter die Grundlage für eine gen, bei einem von ihm angeordneten Wirksamwerden neuer Einheitswerte des Grundbesitzes die entsprechenden Normen zu überprüfen und ggf. dem höheren Niveau dieser Einheitswerte anzupassen; ähnlich auch Sigloch, DStZ/A 1973, S. 121 (122 f.). 6 Vgl. Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht, 7. Wahlperiode, 69. Sitzung, S.4107, 4127 vom 6.12.1973 (Bremer) / (Huber); BR-Drucks. 759/2/73 vom 19.12.1973, S. 6. 7 § 2 TeilhaupG 1983, BR-Drucks. 222/82. g Zur Diktion Bremer, hier Fußnote III 6. 9 A. A. Moench, StbJb. 1982/83, S. 375 (380 - dort Fußnote 13). 10 Vgl. 2. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BTDrucks. 7/1333 vom 3. 12. 1973, S.4.

2. Änderungen der Freibeträge und Steuersätze

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permanente Bevorzugung der Privat- und Betriebsgrundstücke geschaffen werdenll : Die Erbschaftsteuerbelastung solle für bestimmte Grundbesitz-Erwerber immer erträglich sein. Für eine bestimmte Vermögensart solle mithin eine Art Indizierung vorgenommen werden. Von einer Erhöhung der Freibeträge bzw. von einer Verringerung der Steuersätze partizipieren zwar alle Vermögenserwerber, aber eben nur dann, wenn höhere Werte beim Grundbesitz angesetzt werden. Höherbewertungen von Vermögensgegenständen, die mit den aktuellen Verkehrswerten anzusetzen sind, ziehen nicht das Außerkrafttreten der bestehenden Freibeträge oder Steuersätze nach sich. Zusammengefaßt kann folgendes fest gehalten werden: a) Die in der Verfallklausel möglicherweise liegende Absichtserklärung des historischen Gesetzgebers läßt sich kaum vereinbaren mit der Aussage in § 36 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, findet im Wortlaut des Art. 10 § 3 ErbStRG keine Stütze und kann den künftigen Gesetzgeber nicht binden. Die Klausel ist im Grunde rechtlich wirkungslos. b) Die Existenz dieser Klausel könnte jedoch dazu benutzt werden, in dem Moment der Höherbewertung (besser: Aufgabe der Unterbewertung) der Privat- und Betriebsgrundstücke die Forderung nach Anpassung der Steuersätze und Freibeträge aufzustellen. Im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) sollte auch der Anschein einer gesetzlichen Zusage vermieden und die Klausel deshalb ersatzlos gestrichen werden. Vorstöße, wie sie im Jahre 1982 vom Bundesrat initiiert wurden, würden dann den Aufhänger verlieren. 2.2 Wirkung eines Gesamtsteuerbelastungsvergleichs auf die Neugestaltung der Freibeträge und Steuersätze

Im Rahmen VOn Gesamtsteuerbelastungsberechnungen für den Grundbesitz wird immer wieder insbesondere darauf hingewiesen, daß die Grundbesitzer eine nur sie treffende Steuer, nämlich die Grundsteuer, zu tragen haben, so daß eine unterschiedliche Behandlung des Grundbesitzes im Vergleich zu anderen Vermögensarten nicht nur gerechtfertigt erscheine, sondern sogar notwendig sei l2 • Dieser Gedanke, der wiederholt zu der unterschiedlichen Bewertung der Vermögensarten geIl Vgl. Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht, 7. Wahlperiode, 69. Sitzung, S.4107, 4127 vom 6.12. 1973 (Bremer) / (Huber); BR-Drucks. 759/2/73 vom 19. 12. 1973, S. 6; vgl. auch hier Fußnote 111 10. 12 So Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V., Bearbeiter: v. Arnim / Borell / Schelle, Zur Reform der Bodenbesteuerung, S. 14 f. (dort Fußnote 13); Glier, Inf. 1979, S.436 (438); Kleeberg, BB 1973, S. 1225 (1226/ 1228) und BB 1971, S. 1315.

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III. Erforderliche Gesetzesänderungen

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äußert wird, lasse sich bei Bewertungsgleichheit durch eine nach Vermögensarten differenzierende Neugestaltung der Freibeträge und/oder der Steuersätze verwirklichen13 • Da hierdurch aber m. E. das Problem nur von der einen auf eine andere Ebene verlagert würde, bleibt es der allgemeinen Erörterung der Frage, ob der Ansatz des Verkehrswertes des Grundbesitzes geboten ist, vorbehalten, eine Antwort zu geben. Sollte es sich als richtig erweisen, den Einheitswert des Grundbesitzes im Erbschaftsteuerrecht durch den Verkehrswert zu ersetzen, dann darf nicht über unterschiedliche Freibeträge und/oder Steuersätze die gerade aufgegebene unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Vermögensarten wieder eingeführt werden. 3. Änderungen der sachlichen Steuerbefreiungen 3.1 Allgemeines

Es geht darum, zu prüfen, ob die bewertungsrechtliche Gleichstellung des Grundbesitzes mit anderen Vermögensgegenständen eine Anpassung der Steuerbefreiungen zur Folge haben muß oder nicht. Voraussetzung für eine Änderung des § 13 ErbStG aufgrund der Beseitigung der Unterbewertung des Grundbesitzes wäre, daß die heute geltende Unterbewertung bei der Gestaltung des § 13 ErbStG Berücksichtigung gefunden hat. Würde also im geltenden Recht der Vorteil der niedrigen Einheitsbewertung ganz oder zum Teil dadurch aufgehoben, daß die anderen, mit Verkehrswerten anzusetzenden Vermögensarten mit hohen Steuerbefreiungen bedacht wären, der Grundbesitz dagegen nicht, so läge es nahe, diese Steuerbefreiungen nunmehr entweder auch auf den Grundbesitz zu erstrecken oder aber außer Kraft zu setzen. Nach § 13 Abs.l Nr.l ErbStG sind eine Vielzahl von beweglichen körperlichen Gegenständen bis zu bestimmten Wertgrenzen von der Erbschaftsteuer befreit (so z. B. Kunstgegenstände). Nach § 13 Abs.l Nm.2 und 3 ErbStG ist u. a. Grundbesitz teilweise oder ganz von der Erbschaftsteuer befreit, wenn weitere bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Auf den ersten Blick könnte darin eine Benachteiligung des Grundbesitzes gesehen werden, da für Vermögens gegenstände dieser Art eine Steuerbefreiung nur unter bestimmten, näher umschriebenen Voraussetzungen in Betracht kommt. 13

So etwa Glier, Inf. 1979, S. 436 (438).

3. Änderungen der sachlichen Steuerbefreiungen

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Bei intensiver Betrachtung des § 13 Abs. 1 ErbStG fällt jedoch auf, daß bedeutende bewegliche, körperliche Gegenstände wie Zahlungsmittel, Wertpapiere, Münzen, Edelmetalle und Perlen (§ 13 Abs.1 Nr.1 letzter Satz ErbStG) nicht befreit sind, so daß diese Gegenstände unter dem Aspekt der sachlichen Steuerbefreiung mit dem Grundbesitz auf einer Stufe stehen. Somit ist § 13 Abs.1 Nr.1 ErbStG keine pauschale Begünstigungsvorschrift für alle nicht zum Grundbesitz gehörigen Vermögensgegenstände. Mithin besteht auch keine Veranlassung, bei der Vereinheitlichung des Bewertungsmaßstabes notwendig eine Änderung der sachlichen Steuerbefreiungen vorzunehmen. 3.2 Teil-Steuerbefreiung der selbstgenutzten Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen aus gesellschafts- und sozialpolitischen Gründen

Bei den Vorarbeiten zur nächsten Hauptfeststellung und bei der eigentlichen Gesetzgebung könnten Bestrebungen auftreten, selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser (einschließlich selbstgenutzter Eigentumswohnungen) aus gesellschafts- oder sozialpolitischen Gründen mit einem Abschlag von 20 bis 30 % zu bewerten, um damit eine sachliche Teil-Steuerbefreiung auch für die Erbschaftsteuer zu erreichenl4 • Bei diesem Plan spielen nachstehende überlegungen eine gewichtige Rolle: Das Familienheim werde als ein Rechtsgut besonderer Art und als besonders schutzwürdig betrachtet. Das Familienheim diene seiner Natur nach der Eigennutzung für die Familie und der Vorsorge für das Alter. Der Familienheimer wolle etwaige Wertsteigerungen in aller Regel nicht verwirklichen, er wolle das Grundstück nicht verkaufen und nicht vermieten. Steuervergünstigungen in anderen Bereichen (z. B. Grundsteuervergünstigung, § 7 b EStG) zeigten, daß der Gesetzgeber bestimmte Bürger unterstützen wolle. Als konsequent wäre anzusehen, wenn sich diese Förderung auch auf das Erbschaftsteuerrecht erstreckteiS. Sicher lassen sich gute Gründe dafür nennen, daß der Staat alle Bestrebungen unterstützen sollte, die darauf abzielen, daß mehr Menschen in eigenen, statt in fremden Häusern leben. Ob jedoch eine entsprechende Teil-Befreiung bei der Erbschaftsteuer für die Erwerber das richtige Mittel ist, erscheint fraglich. Einmal ist es wohl kaum wahrscheinlich, daß sich heute jemand deshalb ein Einfamilienhaus anschafft, weil er davon ausgehen kann, daß In diese Richtung gehend bereits der sog. Lang-Entwurf, S. 44. Die hier genannten Gründe für eine TeiI-Steuerbefreiung der Familienheim-Erben ähneln denen von Braun (BB 1982, S.482) in die Diskussion eingebrachten - dazu Balke, FR 1983, S. 33. 14 15

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III. Erforderliche Gesetzesänderungen

bei seinem Tode (vielleicht erst in 40 Jahren) die Erben erbschaftsteuerlich begünstigt werden. Zum zweiten müßte die Teil-Befreiung davon abhängig gemacht werden, daß der oder die Erben tatsächlich 10 oder 15 Jahre das begünstigte Objekt bewohnen. Weiterhin müßten auch die Erben begünstigt werden, die z. B. von dem ererbten Geld ein Einfamilienhaus erwerben, um darin zu leben. Will man also der Zielvorstellung (Schaffung von mehr selbstgenutzten Eigenheimen und Erhaltung derselben) konsequent entsprechen, so müßte schon die Grundsatz-Regelung äußerst kompliziert ausgestaltet sein. Darüber hinaus würde eine nicht nach der Qualität des ererbtenFamilienheims differenzierende Teil-Befreiung zu einer Mehrbegünstigung (= sog. übergunstquote) der Erwerber wertvollerer Eigenheime führen, die noch durch den progressiven Erbschaftsteuertarif16 verstärkt würde. Die bereits durch die Regelung des § 7 b EStG17 verursachte sachungerechte Subventionierung umgekehrt proportional zum Bedürfnis würde bei der Erbschaftsteuer fortgesetzt l8 • Das Erbschaftsteuerrecht ist mithin ohne komplizierte, zu Abgrenzungsproblernen neigende Regelungen nicht geeignet, eine nach dem Bedürfnis ausgerichtete und damit sachgerechte Subventionierung zu gewährleisten. Da im übrigen im Bund und in den Ländern zahlreiche Direkt-Subventionsprogramme für Eigenheimer durchgeführt werden l9 , wäre eine weitere Förderungsmaßnahme bei der Erbschaftsteuer überflüssig. Die Schaffung eines Progressionsvorbehalts wird wohl nicht erwogen. Und durch die sog. Besteuerung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Haus, die in Wahrheit überwiegend eine Begünstigung des Eigenheimers ist - dazu Meincke, DWW 1982, S. 70. 18 Vgl. zur Subventions-Ungerechtigkeit durch § 7 b EStG Tipke, Steuergerechtigkeit, S. 117 ff. Nach v. Arnim (VVDStRL 39, S. 286, 326 ff., 359) müssen Steuervergünstigungen ("Verschonungssubventionen") in bezug auf das Lenkungsziel verhältnismäßig sein. Hauptproblem sei die für Steuervergünstigungen charakteristische "übergunstquote". Im übrigen WÜrde eine solche Teil-Befreiung Forderungen anderer Grundbesitzer nach ähnlichen Subventionen provozieren. 19 Vgl. Z. B. dazu die im nordrhein-westfälis.chen Antragsformular auf Gewährung von Wohnungsbaumitteln und auf übernahme einer Bürgschaft (dort S.6) zusammengestellten Vorschriften: Zweites Wohnungsbaugesetz / Zweite Berechnungsverordnung / Wohnungsbindungsgesetz / Neubaumietenverordnung 1970 / Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1979 / Bestimmungen über die Wohnungsfürsorge für Bedienstete des Landes Nordrhein 1978 / Richtlinien für den Einsatz von Aufwendungsdarlehen im Regionalprogramm des langfristigen Wohnungsbaues / Bestimmungen über die Förderung der Wohnraumversorgung für Studierende / Bundes(Landes)richtlinien zur Beschaffung von Ersatzwohnraum für Räumungsbetroffene / Richtlinien für die 16

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3. Änderungen der sachlichen Steuerbefreiungen

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Eine Teil-Befreiung für selbstgenutzte Ein-, Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen ist demnach nicht empfehlenswert. 3.3 "Grundbesitz-Bescbaffungs-Leid" des Erblassers oder Scbenkers und Vorsorge-Prämierung

In Gesprächen des Verfassers mit Grundbesitzern tauchte immer wieder das Argument auf, es sei einfach nicht einzusehen, warum z. B. eine Tochter für das Einfamilienhaus, das sie vom Vater erbt, beim Ansatz des Verkehrswertes von z. B. 300000 DM20 Erbschaftsteuer (hier: 12600 DM 21 ) zahlen müsse. Der Erblasser habe sich ja schließlich sein Leben lang für dieses Vermögensobjekt geplagt und wollte doch nur, daß es seinen Kindern einmal besser gehen solle als ihm. Für das Finanzamt habe er sich nicht "krummgelegt" . Ein solches Vorbringen führt zu der Frage, ob nicht die Einfamilienhaus-Vererbung in der engeren Familie von der Besteuerung auszunehmen ist. Für das Einfamilienhaus könnte wie für den Hausrat eine nach oben begrenzte sachliche Steuerbefreiung in den § 13 ErbStG aufgenommen werden. Abgesehen davon, daß die dargestellte Sichtweise ihren Ausgangspunkt nicht bei dem Bereicherten, sondern beim Erblasser oder Schenker hat, wird bei Lichte besehen ein nichtspezifisch grundstücksabhängiges Argument vorgetragen. Der Erblasser, der sein Leben lang für das Wohlergehen seines Erben gearbeitet und dabei Sparvermögen in Höhe von 300 000 DM angesammelt hat, wird auch sagen dürfen, er habe nicht für das Finanzamt gelitten22 • Es gibt also kein besonders zu berücksichtigendes "Grundbesitz-Besondern - wenn überhaupt - ein für alle Vermögensarten gleichermaßen vorhandenes, damit nicht zu einer Differenzierung (z. B. durch sachliche Steuerbefreiungen) zwingendes "KapitalBeschaffungs-Leid" des Erblassers (oder Schenkers). schaffungs~Leid",

übernahme von Bürgschaften zur Förderung des Wohnungswesens 1981 / Bestimmungen über die Förderung der Modernisierung und des Umbaues von Wohnungen im Ruhrgebiet. Vgl. auch Bericht der Bundesregierung über das Zusammenwirken finanzwirksamer, wohnungspolitischer Instrumente, BTDrucks. 9/1708 vom 1. 6.1982. 20 Statt des maßgebenden Einheitswerts von 60000 DM (vgl. die Zusammenstellung der Relationen der Einheitswerte zu den Verkehrswerten von Troll, DStR 1981, S. 123, 124 und vorne S.22). 21 Unter Berücksichtigung des persönlichen Freibetrages von 90000 DM. 22 Vgl. die Parallele im Einkommensteuerrecht: Hier wird z. B. nach § 3 b EStG durch Steuerfreiheit bestimmter Zuschläge zum Arbeitslohn für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit das "Arbeitsleid" einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen zu Unrecht berücksichtigt (dazu Tipke, Steuerrecht, S.206).

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III. Erforderliche Gesetzesänderungen

Im übrigen wird der Aspekt der Vorsorge schon durch den Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG berücksichtigt. Eine weitere Vorsorge-Prämierung wäre also überflüssig. 3.4 Kaum Erbschaftsteuer-Hinterziehungsmöglichkeiten für Grundbesitz-Erwerber im Vergleich zu anderen Erwerbern

Immer wieder wird im Hinblick auf eine irgendwie geartete Begünstigung des Grundbesitzes entgegnet, daß sich mit Mobilien eher Erbschaftsteuer-Hinterziehung verwirklichen ließe als mit Immobilien. So weiß Moench 23 z. B. nicht, und er möchte auch nicht wissen, wie viele antike Möbel, Goldmünzen und Nummernkonten dem Fiskus unbekannt blieben, während z. B. das Betriebsvermögen stets aktenkundig sei und sich nicht verstecken ließe. Schon bei den Vorbereitungen zum preußischen Erbschaftsteuergesetz von 1891 wurde beklagt, daß beim mobilen Kapitale eine Hinterziehung der Erbschaftsteuer leicht zu bewirken, beim Grundbesitz dagegen völlig ausgeschlossen sei24 • Es ist zwar richtig, daß die Hinterziehungsmöglichkeiten bei beweglichen Vermögensgegenständen eher als bei Grundstücken gegeben sind. Daraus aber z. B. eine (Teil-) Befreiung des Grundbesitzes herleiten zu wollen, ist m. E. nicht möglich: a) Niemand kommt zu Recht auf den Gedanken wegen besserer Einkommensteuer-Hinterziehungsmöglichkeiten der selbständig Tätigen, die nichtselbständig Tätigen grundsätzlich niedriger zu besteuern. b) Denkt man den angeführten Einwand zu Ende, so wäre der Erwerber beweglichen Vermögens gezwungen, Erbschaftsteuer zu hinterziehen, um die erbschaftsteuerliche Gleichbehandlung mit dem z. B. (teil-)befreiten Grundbesitz zu gewährleisten25 • Erwerber teils beweglichen, teils unbeweglichen Vermögens würden von der ernötigten Hinterziehung einmal bzgl. der Nichtversteuerung der versteckten Sachen und zum zweiten aufgrund der - wegen der Hinterziehung - günstigen erbschaftsteuerlichen Behandlung des Grundbesitzes profitieren. c) Im übrigen hätten die Pflichtteilsberechtigten, die Erbersatzanspruchsinhaber und die Geld-Vermächtnisnehmer nichts von einer Be23 Vortrag vom 26.5.1982 bei der Steuerberaterkammer Saarland, S.2; vgl. auch StbJb. 1982/83, S.375 (378). In diese Richtung geht auch ein Hinweis von Tipke, Steuerrecht, S. 380 (dort Fußnote 32). 24 Vgl. Bericht der X. Kommission, Abgeordnetenhaus 1890/91, Anlagen 1-2, Nr. 156, S. 1615. 25 Wie wäre wohl die Strafbarkeit des gesetzlich veranlaßten Verhaltens des Steuerpflichtigen zu beurteilen?!

4. übergangsregelung

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freiung des Grundbesitzes, obwohl sie weitgehend nicht in der Lage wären, das "Erbschaftsteuer-Hinterziehungs-Privileg" zu genießen.

4. Cbergangsregelung Falls die bestehende Unterbewertung des Grundbesitzes eine Vergünstigung für den Erwerber darstellt (das wird noch näher untersucht), gilt folgendes: Bestehende Vergünstigungen kann der Gesetzgeber aufheben. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen dagegen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keine Bedenken26 • In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber in § 36 ErbStG die Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundesrates, ermächtigt, zur Durchführung des Erbschaftsteuergesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen, u. a. soweit dies zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erforderlich ist, und zwar u. a. über die Bewertung des Erwerbs von Todes wegen, der Schenkung unter Lebenden und der Zweckzuwendung (§ 36 Abs.l Nr. 1 b ErbStG). Im geltenden Erbschaftsteuerrecht ist also schon der Hinweis auf eine künftige Änderung der Bewertung zur Aufrechterhaltung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung enthalten. Mithin könnte sich erst recht niemand auf einen Vertrauenstatbestand oder auf einen Besitzstand "erbschaftsteuerbegünstigter Grundbesitz" berufen27 • Nach alle dem kann festgehalten werden: Eine übergangsregelung mit übergangsfristen wäre nicht erforderlich. Anders ausgedrückt: Die Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert könnte im Erbschaftsteuerrecht über Nacht vollzogen werden. Ob die Änderung praktikabel ist, wird im nächsten Teil geprüft. 26 Schmidt~Bleibtreu (BB 1978, S. 1254) faßt zu dem Thema "Abbau von Steuervergünstigungen und Vertrauensschutz" die Rechtsprechung des BVerfG zusammen und kommt zu dem Schluß, der verfassungs rechtliche Vertrauensschutz gehe nicht soweit, den Staatsbürger vor jeder "Enttäuschung" zu bewahren. Vgl. dazu auch - wenn auch zu dem Problem der Familienstiftungen - den Zweiten Bericht des Finanzausschusses vom 3.12.1973, BTDrucks. 7/1333, S. 3. 27 Daß ein solches Besitzstandsdenken existiert, macht Uelner (Steuerabteilungsleiter im BMF) mit dem Hinweis deutlich, "daß die Gewöhnung des Steuerzahlers an eine ständig wachsende Privilegierung des Grundbesitzes die Anwendung zeitnaher Einheitswerte immer stärker erschwert" - zitiert in F. A. Z. vom 12.11.1982, Nr. 263/S. 13. So auch Koch, DStZ 1981, S.4 (5). Vgl. auch Wolf~Wolters, WiWo Special Steuern '79, S.20 (23) - sie unterstellt bei ihrem "Planspiel: Grundbesitz" ganz selbstverständlich für die "neuen" Einheitswerte 1964 - wie bei den Einheitswerten 1935 - eine fast vierzigjährige Geltungsdauer.

IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung 1. Begutachtung der vorgebrachten praktischen Bedenken und praktische Vorschläge für die Ermittlung der Grundbesitz-Verkehrswerte 1.1 Die vorgebrachten Bedenken

Es wird geäußert, daß bei einer Loslösung des Erbschaftsteuerrechts von der Einheitsbewertung die Praxis in unüberwindbare Schwierigkeiten geraten und daß auf diese Weise die Einheitsbewertung insgesamt in Frage gestellt würde. Hierbei wird darauf verwiesen, daß die Einheitsbewertung deshalb eingeführt wurde, damit für eine Vielzahl von Steuern ein einheitlicher Wert angesetzt werden könne, so daß sich - aus Praktikabilitätsgründen - eine allzu häufige Neubewertung erübrige l . überhaupt wird oft die Praktikabilität des Einheitwertverfahrens und die Anknüpfung der verschiedenen Steuerarten und damit auch der Erbschaftsteuer daran betontl. Aus der Finanzverwaltung stammen noch folgende praktische Erwägungen: Die Grundbesitz-Verkehrswertermittlung ziehe Streit zwischen den Steuerpflichtigen und den Finanzämtern und vermehrt Rechtsbehelfsverfahren nach sich. Die Gefahr bestehe, daß Streitfälle in der Art eines "Kuhhandels" zwischen Steuerpflichtigen und Finanzämtern erledigt werden. Die Höhe des Wertansatzes wäre so von der Geschicklichkeit des Steuerpflichtigen (bzw. von der Qualität einer Beratung) abhängig. Bei einer Verkehrswertermittlung für den Grundbesitz sei es notwendig, dem Bewertungs-Sachbearbeiter eine Faustregel an die Hand zu geben, die von höchster Stelle abgesegnet sein müßte, auf die sich der I So Weiler (Referent der Bundessteuerberaterkammer) in einem Schreiben vom 7.5.1982 an den Verfasser (vgl. auch vorne S. 59 f.). 2 So u. a. BVerfG-Beschluß vom 10.2.1976 1 BvL 8/73, BStBl. II 1976, S.311 (315); Moench, StbJb. 1982/83, S.375 (379 f.); ders., DStR 1982, S. 613 (615); Hagemann (Mitarbeiter des Hessischen Finanzministeriums), Schreiben vom 23.4. 1982 (Az. S 3730 B - Ba - II B 32) an den Verfasser; Körting, DStR 1970, S.498 (499); vgl. auch vorne S. 42.

1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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Finanzbeamte zu seinem eigenen Schutz für den Fall interner Prüfungen durch die Oberfinanzdirektion und/oder durch den Rechnungshof beziehen könnte. 1.2 Entgegnung und Vorschläge

1.2.1 Allgemeines Die Stimmen, die von unüberwindlichen Schwierigkeiten einer Verkehrswertermittlung für den Grundbesitz im Erbschaftsteuerrecht reden, übersehen offenbar, daß es früher auch ging3 und daß auch heute schon in zahlreichen Fällen für die Festsetzung der Erbschaftsteuer der Verkehrswert eines Grundstücks heranzuziehen ist und wohl auch herangezogen wird: a) Bei der Ermittlung des steuerbaren Vorgangs nach § 7 ErbStG (vgl. vorne S. 17 f.). Hier wird zwar davon gesprochen, daß lediglich Näherungswerte ermittelt werden; es ist jedoch wohl zu Recht zu vermuten, daß diese Werte realistischer als die heutigen Einheitswerte sind4 • b) Bei Bewertungen zum Zweck der Erbersatzanspruchs- und Pflichtteilsberechnung. c) Seit jeher für den zum Nachlaß gehörenden ausländischen Grund-

besitz (vgl. § 12 Abs.6 ErbStG in Verbindung mit §§ 31, 9 BewG)5.

d) Seit jeher bei der Prüfung, ob eine Hypothekenforderung unter ihrem Nennwert angesetzt werden darf. Das ist nämlich dann nicht erlaubt, wenn diese Forderung noch durch den Verkehrswert des Grundstücks gesichert ist. e) Seit jeher aufgrund zahlreicher Doppelbesteuerungs-Abkommen bei der Aufteilung von nicht objektbezogenen Nachlaßverbindlichkeiten im Verhältnis des jeweils steuerpflichtigen Vermögens im In- und Ausland auf der Basis der Verkehrswerte7 • f) Seit jeher bei der Festlegung des Freibetragsumfangs im Rahmen des § 5 ErbStG (vgl. vorne S. 27 f.). g) Seit jeher bei der Feststellung, ob der nach Art. 2 ErbStRG (bzw. § 121 a BewG) anzusetzende (um 40 0J0 erhöhte) Einheitswert den Vgl. vorne S. 31 ff. Auf die Notwendigkeit, schon bei der Frage nach der Bereicherung Näherungswerte finden zu müssen, macht auch Hofmann (JbFSt 1982/83, S.181, 188) aufmerksam. 5 Dazu Troll, ErbStG, § 12 Tz. 173; ders., Nachlaß und Erbe im Steuerrecht, S. 212 f. 6 Dazu Michel in Meincke / Michel, ErbStG, § 12 Anm. 70 m. w. N. 7 Dazu Troll, ErbStG, § 10 Tz. 42. 3

4

IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

74

Verkehrswert übersteigt. Gemäß der Begründung zu § 121 a BewG8 liegt nämlich dann eine Unbilligkeit aus der Natur der Sache vor, die eine entsprechende niedrigere Steuerfestsetzung im Billigkeitswege rechtfertigt, wenn der Zuschlag von 40 % zum Einheitswert zu einem über dem Verkehrswert liegenden Wert ansatz führt. h) Neuerdings bei der Auf teilung des Einheitswerts von Personengesellschaften zum Zwecke der Zuordnung von Betriebsvermögensanteilen an Erben bzw. Beschenkte9 • i) Neuerdings bei gemischten Schenkungen (vgl. vorne S. 57 fYo. Die teils seit jeher, teils seit neueren Datums geübte Ermittlungspraxis der Grundbesitz-Verkehrswerte im Erbschaftsteuerrecht zeigt, daß von "unüberwindlichen Schwierigkeiten" bei diesem Bewertungsverfahren nicht die Rede sein kann. Im übrigen sei noch auf das Einkommensteuerrecht verwiesen, in dem das Problem der individuellen Grundbesitz-Bewertung bei der Ermittlung des Volumens für die Abschreibung für Abnutzung (§§ 7 ff. EStG) der aufstehenden Gebäude auch gelöst werden muß und gelöst wird l1 • Betrachtet man die hier wiedergegebenen praktischen Bedenken gegen den generellen Grundbesitz-Verkehrswertansatz im Erbschaftsteuerrecht insgesamt im Zusammenhang mit der geschichtlichen Entwicklung (vgl. vorne S. 31 ff.), so stellt sich folgendes heraus: Einmal wird an einer Idee festgehalten, die sich so in die Praxis hat niemals umsetzen lassen (jährliche Grundbesitz-EinheitsbewertungI2). Zum zweiten wird unterstellt, daß die Einheitsbewertung notwendig die Erbschaftsteuer mitumfassen muß, obwohl zu den "Einheitswertsteuern" ursprünglich lediglich die Vermögensteuer, die Grundsteuer und die Gewerbesteuer gehörten13 , nach der Grundidee also die Einheitsbewertung des Grundbesitzes die Erbschaftsteuer nicht notwendig einbeziehen muß, BT-Drucks. VI/3418, S. 106; BR-Drucks. 140/72, S. 106. Dazu BFH vom 24.6. 1981 111 R 49/78, BStBl. 11 1982, S.2; Moench, DStR 1982, S. 613 (615 - dort Fußnote 28). 10 Dazu die gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur schenkungsteuerrechtlichen Behandlung von gemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage vom 10.2. 1983, BStBl. I 1983, S.238. 11 Dazu Bockholdt, DB 1983, S. 150. Hofmann (JbFSt 1982/83, S. 181, 188) meint dazu, das Argument, das die praktischen Schwierigkeiten der Verkehrswertermittlung hervorhebe, sei primär technischer Natur. Betrachte man die Steuerlandschaft, komme es auf diese zusätzliche Schwierigkeit nicht mehr an. 12 Vgl. § 5 Abs.2 RBewG 1925, RGBl. I 1925, S. 214 und vorne S. 38. 13 Dazu vorne S. 36 ff. übersehen wird auch, daß selbst heute in bestimmten Fällen eine stichtagsbezogene (allerdings nach den Wertverhältnissen zum 1. 1. 1964) Grundbesitz-"Einheits"bewertung allein für die Erbschaftsteuer durchgeführt wird (vgl. § 12 Abs. 4 ErbStG und § 27 BewG). 8

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1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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diese wegen der Nichtberücksichtigung der Erbschaftsteuer auch nicht unbrauchbar würde l4 . Nun könnten die Befürworter der heutigen Einheitsbewertung des Grundbesitzes mit der Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts daran entgegnen, daß Hauptfeststellungszeiträume, die länger als ein Jahr dauern, und daß die Erfassung auch des Erbschaftsteuerrechts .durch die Grundbesitz-Einheitsbewertung erträgliche Modifikationen oder sogar Weiterentwicklungen der ursprünglichen Idee seien; der geschichtliche Rückblick (vorne S. 36 ff.) beseitige zwar den bisherigen Aufhänger der etablierten Argumentationskette, nicht aber die übrigen guten Gründe für die Beibehaltung des jetzigen Systems. Einer solchen Sicht der Dinge wird Nachstehendes entgegengesetzt: Da sogar der nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG reichlich großzügig bemessene Neubewertungsturnus von sechs Jahren bis auf weiteres außer Kraft gesetzt ist 1S , muß festgestellt werden, daß seit 1974 lediglich auf veraltete Werte aus dem Jahre 1964 (zum Teil mit einem Zuschlag von 40 0f016) Bezug genommen wird. Nicht selten beträgt heute der Einheitswert eines Hausgrundstücks mit einem Verkehrswert von 300000 DM lediglich 25000 DM I7 . Vor 1974 wurden 38 Jahre lang Einheitswerte nach den Wertverhältnissen von 1935 angewendet. Lediglich zu Beginn der Einheitsbewertung wurden in (fast) regelmäßigen Zeitabständen - wenn auch schon abweichend von der im Gesetz festgelegten Grundidee (Abstand = 1 Jahr) - Grundbesitzwerte ermittelt (zum 1. 1. 1925/ zum 1. 1. 1928/zum 1. 1. 1931/zum 1. 1. 1935 18). Eine neue Hauptfeststellung des Grundbesitzes wurde zwar offiziell zum 1. 1. 1985 mit Wirkimg ab 1. 1. 1988 angekündigt l8 , inzwischen geht die Finanzverwaltung jedoch - aufgrund neuester Personalbedarfsschätzungen - schon von den Daten 1. 1. 1986/1. 1. 1992 aus l8 . Ob der Plan tatsächlich noch in diesem Jahrhundert verwirklicht wird, wird zu Recht bezweifelt'8; zu oft wurde eine Aktualisierung der Grundbesitz-Einheitswerte angesagt, ohne daß dies dann auch geschah l9. 14 Die Steuerreformkommission (1971) sah das wohl auch so: Es wurde nämlich die Notwendigkeit der Einheitsbewertung nur für die Vermögensteuer betont und die Anknüpfung der Grundsteuer an diese als sinnvoll erkannt die Bindung des Erbschaftsteuerrechts an die Einheitsbewertung wurde dagegen nur bedingt (Zeitnähe wurde gefordert) empfohlen (vgl. vorne S. 52 f.). IS Dazu Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BewÄndG und vorne S.21. 16 Dazu Art. 2 ErbStRG/§ 121 a BewG und vorne S. 21. 17 Aufgrund eigener Beobachtungen sind dem Verfasser solche Unterschiede bekannt; vgl. auch vorne S.22. 18 Dazu vorne S. 20 f. 19 SO Z. B. in der Begründung zu Art. 2 BewÄndG 1970 (BT-Drucks. VI/914, S.2) für den 1. 1. 1971 bzw. 1. 1. 1975.

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

Wenn aber nun das Einheitswertverfahren wegen der fehlenden Zeitnähe dem Grunde nach nicht durchgeführt wird, dann kann wohl kaum überzeugend dargelegt werden, daß z. Zt. ein praktikables Verfahren angewendet wird. Wenn man es als praktisch ansieht, den Grundbesitz mit einem erstarrten Wert anzusetzen, dann wäre es in diesem Sinne noch praktischer, den Grundbesitz mit 0 DM der Besteuerung zugrunde zu legen. In Wahrheit könnte sich hinter dem Hinweis auf die Praktikabilität der erbschaftsteuerlichen Bezugnahme auf die antiquierten Grundbesitz-Einheitswerte eine Taktik verbergen, die die bequeme Verteilung von Erbschaftsteuervorteilen20 an Grundbesitzer verschleiern und bestimmten Freiberuflern ein nützliches Beratungspotential erhalten S01l21. Eine möglicherweise verminderte Zahl von Einsprüchen und Klagen im Einheitswertverfahren wird im übrigen durch eine allzu vorsichtige Bewertung erkauft11• Es sollte allgemein erkannt werden, daß sich die Versuche der letzten Jahrzehnte, die Idee der Einheitsbewertung für den Grundbesitz in die Praxis umzusetzen, als kaum tauglich erwiesen haben23 • Wündisch verglich bereits Mitte der sechziger Jahre die Einheitsbewertungen der Grundstücke mit dem Blendwerk, daß Potemkin, ein russischer Feldherr und Staatsmann, erzeugte, als er in Südrußland zum Schein Dörfer 20 Es besteht weitgehend faktische Erbschaftsteuerfreiheit für belasteten Grundbesitz, die in vielen Fällen sogar noch auf andere Vermögensgegenstände ausstrahlt (dazu vorne S. 22 f.). 21 Vgl. den Hinweis von Troll (BB 1971, S.1145) auf ein "dankbares Be'" tätigungsfeld für den Steuerberater". Schild (Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerpolitik bei der Unternehmernachfolge, S. 318 f.) spricht im Zusammenhang mit der unentgeltlichen übertragung von Grundstücken von einer "relativ einfach handhabbaren Möglichkeit der Kürzung der Steuerbemessungsgrundlage" . Im Zusammenhang mit diesen Steuergestaltungsmöglichkeiten spricht der BFH vom "steuerbewußten Bürger" und von der "Anstandspflicht eines sorgenden Familienvaters", Vorlagebeschluß vom 18. 12. 1972 11 R 87-89/70, BStBl. 11 1973, S.329 (344 f.). Bezeichnend ist auch der Artikel des Kölner Stadtanzeigers vom 27./28.3.1982 (Nr. 73/S. 8) mit der überschrift "Fiskus schont das Vermögen, das in Grund und Boden steckt" mit dem Hinweis, daß derjenige, der sein Vermögen in Grundbesitz anlegt, dem Finanzamt ein "Schnippchen" schlagen kann. 11 Dazu vorne S.61 und S.22. 23 Vgl. hierzu die Schilderungen eines Mannes, der nach eigener Angabe - "die Lage im vordersten Graben" kennt: Wündisch, FR 1965, S.427 und FR 1967, S.132. Dazu auch die kritischen Anmerkungen von Junghanns zur Einheitsbewertung als Massenbewertung, Die Bewertung des nichtlandwirtschaftlichen Grundbesitzes, S. 186 ff.; Pelka, StuW 1975, S.206; ders. in Tipke, Grenzen der Rechtsfortbildung, S.209 (234 ff.); Vogel (StuW 1980, S.206, 210) stellt fest, daß jede Besteuerung dann fragwürdig werde, wenn die Bewertung in Wahrheit nur ein "Schuß in den Nebel" sei. Wie fragwürdig die Ergebnisse der Grundbesitz-Einheitsbewertung sind, zeigen auch Beanstandungen des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz Anfang der siebziger Jahre - dazu Landtags-Drucksache (Rheinland-Pfalz) 7/2736, S. 37 ff.

1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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errichten und bevölkern ließ, um Katharina H. Wohlstand des Landes vorzugaukeln (sog. Potemkinsche Dörfer)24. Die vielen Abgrenzungsprobleme, die die Maßgeblichkeit der Grundbesitz-Einheitswerte für das Erbschaftsteuerrecht mit sich bringt und die die erbschaftsteuerliche Praxis belasten2S , rufen weitere Zweifel an der Praktikabilität des jetzigen Bewertungs-Systems hervor.

1.2.2 Ermittlung des aktuellen Grundbesitz-Verkehrswerts 1.2.2.1 Im Regelfall Demgegenüber erscheinen die Bedenken, die gegen die Praktikabilität der Verkehrswertermittlung vorgebracht werden, weniger überzeugend. So werden sich bei Erwerben von Todes wegen die Erben und die Pflichtteilsberechtigten schon im Vorfeld der Besteuerung Gedanken über den Wert des ganz oder zum Teil aus Grundstücken bestehenden Nachlasses machen, denn nach § 2303 Abs.1 Satz 2 BGB besteht der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Aus dem erklärten, geltend gemachten Pflichtteilsanspruch könnte dann der Finanzbeamte unschwer auf den Verkehrswert des Nachlasses schließen26 • Bei der Frage, ob ein steuerbarer Vorgang nach § 7 ErbStG (Schenkung unter Lebenden) vorliegt, ist u. a. zu prüfen, ob nach bürgerlichrechtlichen Bewertungsmaßstäben (in der Regel Verkehrswert27) eine Bereicherung gegeben ist. Daraus folgt, daß nach heutiger Gesetzeslage zuerst der steuerbare Vorgang i. S. des § 7 ErbStG und dann der steuerpflichtige Erwerb i. S. des § 10 ErbStG bewertungsrechtlich nach jeweils unterschiedlichen Maßstäben beurteilt wird28 • In Zukunft bräuchte das Finanzamt den sog. Vorrang des § 7 ErbStG vor dem § 10 ErbStG nicht mehr zu beachten und würde somit durch 24 Vgl. FR 1965, S.427 und FR 1967, S.132. Nach Tipke (Steuerrecht, S.380, 367) wird die komplizierte Einheitsbewertung charakterisiert durch ein Gemengsel von Feinarbeit und ganz unbestimmten Größen. In das Bild paßt auch ein Bericht der F. A. Z. vom 17.2.1983 (Nr. 40/S. 13) aus dem Alltag der Bürokratie - da ist die Rede von einem Bescheid mit der Einheitswert-Nr. 420327099000000.8 und einer Einheitswertbogen-Nr. 42.032.7.0990. 2S Vgl. vorne S. 26 ff. Kapp (ErbStG, § 12 Rz. 276/289) weist darauf hin, daß es für die erbschaftsteuerliche Behandlung entscheidend darauf ankomme, festzustellen, welche Vermögensteile durch die Einheitsbewertung bereits wertmäßig erfaßt seien, denn soweit die wertmäßige Erfassung durch den Einheitswert nicht erfolgt sei, erfolge die Bewertung nach § 12 Abs. 1 ErbStG. 26 Dazu Troll, BB 1973, S. 696 (700). 27 Dazu Meincke (Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 185 f.), der aussagt, daß der Verkehrswert für die Nachlaßbewertung im Vordergrund stehe. 28 Dazu vorne S. 17 f.

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

den Wegfall der Doppelbewertung entlastet; es würde bei den - auch heute schon zu ermittelnden - (bürgerlich-rechtlichen) Verkehrswerten verbleiben. Im Zusammenhang mit diesem Problem der Doppelbewertung betonte der Reichsfinanzhof im Jahre 1931 29 , daß die Ermittlung des gemeinen Werts von Grundstücken meist keinen besonderen Schwierigkeiten begegne, da häufig bereits Schätzungen vorlägen oder einen Anhalt gebende Veräußerungspreise festzustellen seien. Eine Ausnahme müßte allerdings für den Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Betriebe gelten, da nach §§ 1515 Abs. 2, 2049 Abs. I, 2312 BGB bei der übernahme eines Landguts im Zweifel ein sog. Ertragswert30 angesetzt werden soll. Die Maßgeblichkeit dieser Vorschriften, die im Zivilrecht nicht unumstritten waren und sind31 , würde der generellen Ermittlung der Grundbesitz-Verkehrswerte für die Erbschaftsteuer widersprechen. Bei der Bereicherung durch die übernahme eines Landgutes könnte das Finanzamt also nicht einen bereits festgelegten Wert übernehmen. Lediglich als Anhaltspunkt könnte dieser Betrag dienen. Dem möglichen Einwand, es gäbe keinen Markt für den land- und forstwirtschaftlichen Bereich32 , aus dem sich Verkehrswerte ableiten ließen, kann mit drei Hinweisen begegnet werden: a) Nach Auskunft des Geschäftsführers (Schmeck) des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Solingen existiert ein solcher Markt. b) Das Statistische Bundesamt erhebt laufend "Kaufwerte" u. a. auch für landwirtschaftliche Grundstücke33 • c) Z. B. in der F. A. Z. gibt es unter den Immobilien-Anzeigen einen speziellen Abschnitt "Land- und Forstwirtschaft"34. Gutachten vom 21. 5. 1931 I D 1/30, RFHE 29, S. 137 (156 f.). Vgl. dazu auch Art. 137 EGBGB. 31 Dazu Kegel, Zum Pflichtteil vom Großgrundbesitz, in Festschrift für Ernst J. eohn, S.85. Kegel zählt bei der Prüfung des § 2312 BGB die immer wieder vorgebrachten Gründe für die Bewertung des Landguts mit dem sog. Ertragswert auf (S. 104): Der übernehmer müsse das Landgut in der bisherigen Weise weiter bewirtschaften können, er dürfe nicht zum Verkauf gezwungen werden, das Landgut nicht zerschlagen werden, überschuldung müsse verhindert werden; der übernehmer müsse bestehen können, als ordentlicher Wirt bestehen können; es gehe um die Erhaltung und Kräftigung des Bauernstandes, des ländlichen Grundbesitzerstandes, um die Erhaltung des Landguts der Familie. Kegel zieht dann - m. E. zu Recht - diese Gründe mit dem Hinweis in Zweifel, daß auch Fortführungsinteressen nach dem Tode des Unternehmers in der gewerblichen Wirtschaft bestehen und daß das BGB diese aber nicht berücksichtigt - vgl. auch vorne S. 31 ff. 32 Für "Gebrauchtwohnungen" ging die Bundesregierung 1982 von einem "gut entwickelten Markt" aus, BT-Drucks. 9/1708, S. 60. 33 Vgl. z. B. Statistisches Jahrbuch 1982, S. 141/500. 29 30

1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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1.2.2.2 In sonstigen Fällen Für die Ermittlung des Grundbesitz-Verkehrswerts sollte der Finanzbeamte35 weitestgehend ungebunden sein. Sämtliche verfügbaren Hilfsmittel sollten herangezogen werden .dürfen, wie z. B.: Brandversicherungswerte36, Bodenrichtwerte37 , Verkehrswertangaben der Steuerpflichtigen38 , Gutachten der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in den Gemeinden39, Beleihungswerte der Banken40, Eigene und fremde Kaufpreissammlungen41, Angaben sachverständiger Dritter42 , Vgl. u. a. F. A. Z. vom 8.4.1983, Nr. 81/S. 41. Vorzugsweise der Sachbearbeiter in der Bewertungsstelle und nicht der im Erbschaftsteuerbezirk tätige Beamte. 36 Im Kreditverkehr gilt der Versicherungswert im Gegensatz zum Einheitswert als ..zuverlässige Größe" - dazu Michaelis, Beleihungsgrundsätze für Sparkassen, S.39, 311. Brandversicherungswerte spielten schon in der Rechtsprechung des RFH zur Einheitsbewertung eine Rolle - vgl. RFH vom 13.1.1938 111 244/37, RStBl. 1938, S.420; RFH vom 15.9.1938 III 105/38, RStBl. 1939, S. 683; vgl. auch den Hinweis des BFH auf Brandversicherungswerte im Urteil vom 21. 12. 1965 III 156/62 U, BStBl. III 1966, S.346 (347). 37 Die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in den Gemeinden erstellen sog. Bodenrichtwertkarten. Die Bodenrichtwerte sind jederzeit abrufbar - vgl. § 143 b Abs.5 BBauG und Amtsblatt der Stadt Solingen vom 23.7.1982, Nr. 29/S. 1: .. Auskünfte über Richtwerte werden jederzeit erteilt". 38 Z. B. im Bereich der Prozeßkostenhilfe wird heute vom Antragsteller in der formularmäßigen .. Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" u. a. die Angabe des Verkehrswerts von Grundvermögen, kurze Bezeichnung der Lage, Größe, Nutzungsart, Jahr der Bezugsfertigkeit und die Vorlage des Feuerversicherungsscheins verlangt; die amtliche Bezeichnung des angesprochenen Formulars lautet: .. ZP 7 Hinweise mit Erklärung zum Antrag auf Prozeßkostenhilfe - Vordrucksatz gen. 1.1981". 39 Vgl. §§ 136 ff. BBauG (Ermittlungen von Grundstückswerten) und Wertermittlungsverordnung zum BBauG. Vgl. insbesondere § 136 Abs. 1 Nr. 1 BBauG: ..Der Gutachterausschuß hat über den Wert von unbebauten und bebauten Grundstücken sowie von Rechten an Grundstücken ein Gutachten zu erstatten, wenn 1. ... Pflichtteilsberechtigte, für deren Pflichtteil der Wert eines Grundstücks von Bedeutung ist ... es beantragen". Nach Moxter (Handbuch der Finanzwissenschaft, Band 11, S. 232, 237) verbessern die Gutachterausschüsse die Transparenz des Grundstücksmarktes. Troll verweist auch auf die Brauchbarkeit der für die Gutachterausschüsse maßgebenden Grundsätze der Wertermittlungsverordnung (ErbStG, 2. Auflage, § 12 Anm. 177). 40 Dazu Michaelis, Beleihungsgrundsätze für Sparkassen. 41 Die Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in den Gemeinden sind den Finanzämtern zugänglich zu machen - vgl. § 143 a Abs.4 BBauG. 42 Vgl. die bereits heute bestehenden Verpflichtungen zur Bewertung von Vermögensgegenständen der Genehmigungsbehörden nach § 14 ErbStDV und bestimmter Personen und Institutionen nach § 13 ErbStDV. 34

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

Werte, die im Verfahren über Beurkundungsgebühren bei Ausstellung eines Erbscheins gerichtlich festgesetzt werden43 • Ähnlich verfuhr man schon nach dem preußischen Erbschaftsteuerrecht; in der Begründung zum Entwurf des Erbschaftsteuergesetzes von 187344 hieß es: Die Wertangabe der Steuerpflichtigen kann als zu niedrig beanstandet werden, ohne daß deshalb stets die Notwendigkeit einträte, eine gerichtliche Taxe zu veranlassen ... Die Steuerbehörde ist in vielen Fällen in der Lage, durch Benutzung anderer ihr zugänglicher Materialien (frühere Preise bei Veräußerungen, frühere Schätzungen, Preise gleichartiger Gegenstände, ermittelte Rein- und Nutzungserträge für die Zwecke der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung usw.) ausreichende Informationen zu gewinnen, um unangemessene Wertangaben zu berichtigen. Insoweit es hieran fehlt, wird auf sachverständiges Gutachten zurückzugreifen sein, sofern nicht eine anderweitige Einigung mit dem Steuerpflichtigen zu erzielen ist. Vor allem sollte sich der Finanzbeamte der Bewertungsstelle selbst umfassend sachkundig machen dürfen. Es dürfte doch einfach nicht wahr sein, daß heutzutage Makler, die in vielen Fällen eine ordentliche Berufsausbildung nicht nachweisen können, den aktuellen Immobilienmarkt besser als ein vollausgebildeter, aber falsch eingesetzter Durchschnitts-Bewertungsbeamter einzuschätzen vermögen. Tatsache ist, daß die Zehn-Minuten-Makler-Schätzungen wirklichkeitsnäher und damit besser als die vergleichsweise aufwendig zustande kommenden Grundbesi tz-Einheitswerte sind. Die Bewertungsbeamten müssen im Rahmen der Grundbesitz-Einheitsbewertung ein Vorschriftenpaket beachten, welches einen schier unüberschaubaren Inhalt hat4s : 1. Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13. August 1965 (Bew-

ÄndG 1965, BGBl. I S.851). 2. Bewertungsgesetz in der Fassung vom 10. Dezember 1965 (BewG 1965, BGBl. I S. 1861) mit den dazu erfolgten Änderungen, letztmalig geändert durch das BewÄndG 1971 vom 27. Juli 1971 (BGBl. I S. 1157). 3. Verordnung zur Durchführung des § 81 des Bewertungsgesetzes vom 2. September 1966 (BGBl. I S. 550). Vgl. §§ 49, 107, 109, 111 u. a. KostO. Haus der Abgeordneten, 11. Legislaturperiode, III. Session 1872-1873, Aktenstück Nr. 12, S. 60 f. 4S Die nachfolgende Zusammenstellung der Vorschriften ist entnommen aus: Fachserie 14 Finanzen und Steuern, Reihe 7.5.2, Einheitswerte des Grundvermögens 1964 (1979), S.9; Beiträge zur Statistik des Landes NRW, Heft 339, Einheitswerte des Grundbesitzes in NRW 1964, Teil I, Einheitswerte des Grundvermögens (1975), S.7; Beiträge zur Statistik des Landes NRW, Heft 340, Einheitswerte des Grundbesitzes in NRW 1964, Teil 2, Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (1978), S. 5. 43

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1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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4. Verordnung zur Durchführung des § 90 des Bewertungsgesetzes vom 2. September 1966 (BGBl. I S.553) mit der Änderung vom 25. Februar 1970 (BGBl. I S.216). 5. Verordnung zur Durchführung des § 122 Abs.3 des Bewertungsgesetzes vom 2. September 1966 (BGBl. I S. 887). 6. Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens vom 19. September 1966 (BewRGr, BAnz. Nr. 183, Beilage). 7. Verordnung zur Durchführung des Bewertungsgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1965 vom 7. März 1967 (GV NW 1967 S. 42). 8. Erlaß des Finanzministers NW "betr.: Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den 1. Januar 1964; hier: Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen" vom 31. März 1967 (BStBl. 11 S. 127). 9. Gesetz über die Schätzung des Kulturbodens (BodSchätzG) vom 16. Oktober 1934 (RGBl. I S. 1050), letztmalig geändert durch Gesetz vom 6. Oktober 1965 (RGBl. I S. 1477). 10. Gesetz zur Änderung und Ergänzung bewertungs rechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes vom 22. Juli 1970 (BGBl. I S. 1118). 11. Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) vom 2. Februar 1935 (RGBl. I S.81) mit der letztmaligen Änderung durch Gesetz vom 21. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1254). 12. Verordnung zur Durchführung des § 55 Abs.3 und 4 des BewG vom 27. Juli 1967 (BGBl. I S.805), ber. 28.11.1967 (BGBl. I S. 1184). 13. Verordnung zur Durchführung des § 55 Abs.8 des BewG vom 11. August 1967 (BGBl. I S. 906). 14. Erste Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs. 1 des BewG vom 30. August 1967 (BGBl. I S.937), ber. 28.11. 1967 (BGBl. I S.1184). 15. Zweite Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs.l des BewG vom 24. 11. 1967 (BGBl. I S. 1191). 16. Dritte Verordnung zur Durchführung des § 39 Abs. 1 des BewG vom 7.12.1967 (BGBl. I S. 1199). 17. Richtlinien zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (BewRL) vom 17. November 1967 (BAnz. Nr.224, Beilage) und vom 17. Januar 1968 (BAnz. Nr.17, Beilage). 18. Durchführungsbestimmungen zum Bodenschätzungsgesetz (BodSchätzDB) vom 12. Februar 1935 (RGBl. I S. 198, ber. 276). Von diesen Regelungen müßten die Beamten befreit werden, damit sie dann zur eigentlichen Bewertungstätigkeit verstärkt übergehen können, nämlich zur Besichtigung des zu bewertenden Besteuerungsobjekts und zur Beobachtung des Marktes46 • Das Lesen des Immobilienteils der örtlichen Zeitungen, das Knüpfen und Pflegen von Kontakten zu sog. Immobilien-Börsen, zu Mieter- und Haus- und Grundbesitzerverbänden 46 Dazu Wündisch (FR 1967, S. 132), der zu Recht beklagt, daß den meisten Angehörigen der Bewertungsstelle wenig Zeit für Besichtigungen verbleibt, obwohl doch die Besichtigung das A und 0 einer jeden Bewertung sein müßte.

6 Balke

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

und (noch mehr als bisher) zu den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte in den Gemeinden müßte zur vorrangigen Dienstpflicht erhoben werden. MiTTe empfahl bereits vor sechzig Jahren, aus dem Verkehrsleben, wo jeder für seine Beurteilung mit dem Geldbeutel hafte, Schlüsse zu ziehen47 • In der Begründung zur Wertermittlungsverordnung zum Bundesbaugesetz48 wird auch die "gründliche Beobachtung der Marktverhältnisse" als für die Bewertung unerläßlich gehalten und hervorgehoben, daß die anzuwendenden Verfahren "keine starre Bindung darstellen können, sondern elastisch zu handhaben" seien. Da wohl der Steuerpflichtige (bzw. der Rechtsvorgänger) selbst in vielen Fällen am besten weiß, was das Grundstück wert ist, sollte auf dieses Bewertungspotential besonders geachtet werden49 • Da ein natürliches Interesse besteht, im Zweifel einen möglichst niedrigen Wert anzugeben, um Erbschaftsteuer zu sparenso, sollten Voraussetzungen geschaffen werden, die den Steuerpflichtigen veranlassen, den wahren Wert zu erklären. Der in diese Richtung zielende Beweggrund könnte hervorgerufen werden durch gestaffelte Bußgelder nach Maßgabe des Umfangs der für den Steuerpflichtigen günstigen Abweichung mit Berichtigungsveranlagung bei Bekanntwerden des wahren Werts, z. B. bei einer späteren Veräußerung des Grundstücks51 • Die Einführung einer ImmobilienWertzuwachssteuer52 könnte auch dazu beitragen, daß bei der Erbschaftsteuer korrekte Grundbesitz-Verkehrswerte angesetzt werden. Einfach, aber trotzdem sehr wirkungsvoll könnte es sein, die Brandversicherungswerte heranzuziehen, die meist auf Angaben des Rechtsvorgängers beruhen. Schon 1909 erkannte Dietzel53 die Brauchbarkeit der Feuerversicherungspolizzen für die Vermögensbewertung: ErbStG 1922, 2. Auflage 1923, § 32 Anm. 4, 22. BR-Drucks. 265/72, S. 4. 49 Darauf wird bereits heute bei der Bewertung ausländischen Grundbesitzes geachtet - vgl. Hinweis von Troll, ErbStG, § 12 Tz. 173. Dazu auch gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur schenkungsteuerlichen Behandlung von gemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage vom 10.2. 1983, BStBl. I 1983, S.238 (239). so Der Aufforderung von Novalis "Man soll dem Staat die Steuern zahlen, wie man einer Geliebten Geschenke darbringt" (zitiert in Pauseh, Steuerromantik, S.28) wird wohl heute im Gegensatz zur Frühromantik kaum noch gefolgt. 51 Dagegen ist der Vorschlag von Wündisch, dem Finanzamt das Recht einzuräumen, das Objekt zu dem angegebenen Wert anzukaufen (FR 1967, S. 132, 135), m. E. überzogen und im Hinblick auf Art. 14 GG bedenklich; vgl. dazu auch Pelka, StuW 1975, S.206 (218). Zur Berichtigung der Veranlagung vgl. § 47 Abs. 6 ErbStG 1919 (RGBl. 1919, S. 1543) und vorne Fußnote 11 11. 52 Dazu Leisner, Wertzuwachsbesteuerung und Eigentum, S. 106 ff.; Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, Gutachten zur Reform der Gemeindesteuern, Heft 31, S. 96 ff. 53 Reichsnachlaßsteuer oder Reichsvermögensteuer?, S. 16. 47 48

1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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Je größer der Wert des Mobiliars, desto gewisser, daß versichert wird und zwar zum wahren Wert; genauer: zu dem Werte, den der Inhaber, der das Interesse hat, möglichst richtig zu schätzen - eher zu hoch als zu niedrig für den wahren erachtet ... Natürlich kann über- wie Unterversicherung vorliegen. Im ersteren Falle mögen die Erben den Nachweis führen; gegen die letztere Möglichkeit muß der Fiskus, wenn ihm Bedenken aufsteigen, sich durch nachprüfende Taxation zu schützen suchen. Dem jetzt schon bei der neuen Rechtslage zur gemischten Schenkung erhobenen Vorwurf, bei der Verkehrswertermittlung von Grundstücken werden sich Finanzamt und Steuerpflichtiger nicht einigen oder anders ausgedrückt: Die Flut der Rechtsstreitigkeiten werde nicht abzusehen sein54, wird noch folgendes entgegengesetzt: Kreditinstitut und Kreditnehmer, der als Sicherheit sein Grundstück verpfändet, einigen sich in aller Regel auch über die Höhe des Grundstückswerts. Der Interessengegensatz ist hier ähnlich gelagert wie im Besteuerungsverfahren, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. So plädiert der Kreditnehmer für einen möglichst hohen Grundstückswert, um eine Sicherheit für einen möglichst hohen Kreditrahmen anbieten zu können. Die Bank dagegen ermittelt nach dem Motto "Sicherheit zuerst" einen wirklichkeitsnäheren Wert. Für die Bank läßt sich ohne weiteres das Finanzamt einsetzen mit dem Bestreben, den realistischen Wert und damit die richtige Steuerlast zu ermitteln. Für den Kreditnehmer läßt sich der Steuerpflichtige mit abweichendem Interesse einsetzen, nun aber mit dem Ziel, einen möglichst niedrigen Grundstückswert wegen der dann niedrigen Steuerbelastung festzulegen. Der Interessengegensatz ist hier wie dort vorhanden. Warum sollte dieser nicht auch hier wie dort ohne große Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten überwunden werden können? Würde jedoch trotzdem eine "Kuhhandelspraxis" entstehen, so wäre dies vermutlich kein Arrangement auf Einheitswert-, sondern auf einem erheblich höheren und damit besseren Niveau. Im übrigen sei darauf verwiesen, daß die Besteuerungspraxis bei Schwierigkeiten in der Sachverhaltsermittlung in anderen Bereichen des Steuerrechts wie selbstverständlich den Weg über Verhandlungen zur Einigung finde-fS, ohne daß deshalb das Steuerrecht in Frage gestellt würde. Im preußischen Erbschaftsteuerrecht erkannte man sogar von Gesetzes wegen das Bestreben hin zur Einigung zwischen Finanzamt und Steuerpflichtigen als geeignetes Mittel zur Steuerermittlung an56 • Die Einigung war als eine Dazu Moench, DStR 1982, S. 613 (615). Vgl. dazu die Berichte von Streck, WiWo Nr.44 vom 29. 10. 1979, S.90; ders. in Söhn, Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, S. 273. 56 §§ 19 bzw. 21 preußisches ErbStG 1873/1891/1895, Gesetz-Sammlung 1873, S.329; 1891, S.72/78; 1895, S.412. 54

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

Vereinbarung gedacht, durch welche die Wertermittlung der Steuerbehörde und dem Steuerpflichtigen nach Art eines Vergleichs im Wege gegenseitigen Nachgebens derart zum Abschlusse gebracht wurde, daß beide Teile gebunden und Nachforderungen und Erstattungen von Erbschaftsteuer ausgeschlossen waren57 • 1.2.2.3 Konkreter Verfahrensvorschlag Die Grundlage für den nachfolgenden Vorschlag zur Ermittlung der Grundbesitz-Verkehrswerte (insbesondere der Privatgrundstücke) bilden Gespräche des Verfassers mit wichtigen Personen aus dem Gutachterausschuß für Grundstückswerte in der Stadt Solingen und aus der Finanzverwal tung: Der Steuerpflichtige gibt in Formularform eine Erklärung zum erworbenen Grundbesitz ab (Anlage "Grundbesitz"). Im einzelnen wird er um folgende einfache Angaben gebeten: Lage des Grundstücks, Gebäudeart (z. B. Einfamilienhaus, Reihenhaus, Doppelhaus-Hälfte), Baujahr, Ausführung (z. B. massiv oder Fertighaus), qm Wohnfläche/Grund und Boden, Anzahl der Wohneinheiten, separate Garage, Einstellplatz (z. B. Reihen-, Tiefgarage). Darüber hinaus werden der Brandversicherungswert, der Bodenrichtwert und die mit dem Grundbesitz wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden erfragt. Außerdem wird der Steuerpflichtige noch um eine Selbsteinschätzung (= Angabe des Verkehrswertes) gebeten mit dem Hinweis, daß ein aktuelles Gutachten über den Verkehrswert beim Gutachterausschuß in der Gemeinde zu bekommen ist und daß dieses Grundlage für die Steuerfestsetzung sein kann. Der Erbschaftsteuerbezirk gibt die ausgefüllte Anlage "Grundbesitz" an die Bewertungsstelle zu einer Plausibilitätskontrolle weiter. Die Bewertungsfachleute, die allerdings verstärkt den Markt beobachten müßten58 , werden in den meisten Fällen schnell erkennen, ob die Schätzung des Steuerpflichtigen bzw. Brandversicherungswert zzgl. Bodenrichtwert übernommen werden können59• Vgl. Hoffmann, preußisches ErbStG 1873/1891/1895, § 21 Anm.2. Dazu vorne S. 80 ff. 59 Ähnliches findet sich schon in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zur schenkungsteuerrechtlichen Behandlung von 57 58

1. Praktische Vorschläge zur Verkehrswertermittlung und Bedenken

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Da kaum ein Steuerpflichtiger so verwegen sein wird, seine Angaben an dem zur Zeit - und offenbar noch länger - geltenden Einheitswertniveau zu orientieren, würde selbst die Übernahme der angegebenen Werte ohne Kontrolle (also kein Verwaltungsmehraufwand) schon den Ansatz besserer Werte nach sich ziehen. Bei einer nur wenig aufwendigen Plausibilitätsprüfung könnte sogar schon eine erhebliche Verbesserung der Wertansätze verwirklicht werden. Z. B. wird es den NegativErwerb mit Ausstrahlungswirkung auf andere Vermögensgegenstände durch belasteten Grundbesitz (vgl. vorne S. 22 f.) wohl dann nicht mehr geben; kaum ein Steuerpflichtiger wird z. B. ernsthaft behaupten wollen, daß sein Grundstück nur 100000 DM wert sei, gleichwohl aber als Sicherheit für ein Darlehn in Höhe von 1 000 000 DM diene. Für eine Übergangszeit (bis daß die Bewertungsfachleute den Markt richtig kennen) könnte ein Vielfaches des bestehenden Einheitswerts eine zusätzliche Grundlage für eine Plausibilitätskontrolle bilden60 • Gleichzeitig würde so, wenn die hochgerechneten Einheitswerte nicht unterschritten werden, dem internen Absicherungs-Bedürfnis61 Rechnung getragen. Wenn das Finanzamt wirklich einmal den Streit um den GrundbesitzVerkehrswert mit dem Steuerpflichtigen nicht vermeiden kann, dann ist es nicht unbedingt auf einen "Kuhhandel" angewiesen. Es sollte vielmehr ein Gutachten bei dem unabhängigen Gutachterausschuß für Grundstückswerte in der Gemeinde in Auftrag geben62 • Dieses Gutgemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage vom 10.2. 1983 (BStBl. I 1983, S.238, 239), in dem bestimmt wird: "In der Regel können die in der Schenkungsteuererklärung angegebenen Verkehrswerte übernommen werden. Beim Grundbesitz kann es im Zweifel zweckmäßig sein, den angegebenen Verkehrswert durch die zuständige Bewertungsstelle überprüfen zu lassen." 60 Die Bestimmung des Vielfachen des Einheitswerts könnte sich orientieren an den von Troll veröffentlichten und aktualisierten Relationen der Verkehrswerte zu den Einheitswerten, die aufgrund einer Probebewertung im Jahre 1977 ermittelt wurden - vgl. vorne S.22. Darüber hinaus gibt es (bereits seit 1960) ein Standardwerk für den Bereich "Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten" von Rössler / Langner / Simon, das weitere Orientierungshilfe geben kann - dazu Besprechung von Steinberg, NJW 1982, S.1374. 61 Gemeint ist der eigene Schutz der Bewertungsbeamten für den Fall interner Prüfungen durch die Oberfinanzdirektion und/Oder den Rechnungshof - vgl. vorne S. 72 f. 62 Nach § 139 Abs. 1 BBauG haben die Gutachter ihr Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben und zu begründen. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift dürfen zu Gutachtern nur Personen bestellt werden, die in der Wertermittlung von Grundstücken erfahren sind; unter ihnen sollen sich Personen mit besonderer Sachkunde für die verschiedenen Grundstücksarten und Gebietsteile des Zuständigkeitsbereichs des Gutachterausschusses befinden. Insbesondere bei der Ermittlung von Bodenrichtwerten sollen auch Bedienstete der örtlichen Finanzämter mit

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

achten würde dann zwar den Staat Geld kosten63 , da es aber von einer unabhängigen Stelle gemacht wäre, wären die Chancen der Finanzbehörde, in einem finanzgerichtlichen Verfahren zu gewinnen, ungleich höher, als wenn intern eine eigene aufwendige WertfeststellungM durchgeführt würde. Ein Richter wird wohl kaum das vom Steuerpflichtigen bezahlte Gegengutachten eines Architekten oder anderen Bausachverständigen höher einschätzen als das des unabhängigen Gutachterausschusses, noch seltener wird er seine eigene Sachkunde höher als die des Gutachterausschusses veranschlagen. Da heute die Gutachten der Ausschüsse - gerade auch bei Interessengegensatz - weitestgehend Anerkennung finden65 , besteht begründete Hoffnung, daß fast alle Streitigkeiten bzg1. des Grundbesitz-Verkehrswertes im vorgerichtlichen Verfahren erledigt werden können. 1.2.2.4 Fazit

Es wird sich gemäß den hiergemachten allgemeinen und konkreten Vorschlägen nicht auf Anhieb ein Idealzustand der Grundbesitzbewertung für das Erbschaftsteuerrecht erreichen lassen. Sicher ist aber, daß nach den hier gemachten Vorschlägen die zuständigen BewertungsFinanzbeamten erstmals seit langer Zeit wieder die Möglichkeit eingeräumt bekämen, generell wirklichkeitsnahe Grundbesitzwerte im Rahmen der Erbschaftbesteuerung zu ermitteln. Hält man sich die Ergebnisse und die Schwierigkeiten der noch bestehenden Einheitswert-Praxis vor Augen, so kann es nach den hier vorgeschlagenen Verfahrensweisen nur noch besser werden~. besonderer Sachkunde für die steuerliche Bewertung als Gutachter mitwirken. Zu den Aufgaben der Gutachterausschüsse gehört zwar nicht ausdrücklich die Erstattung von Gutachten für das Finanzamt, das könnte aber schnell geändert werden: Nach § 136 Abs.4 BBauG können nämlich die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen dem Gutachterausschuß weitere Aufgaben übertragen. 63 Bei Objekten mit einem Verkehrswert zwischen 200000 DM und 1300000 DM kostet das Gutachten in Solingen 2 v. T. vom festgestellten Verkehrswert zzgl. 400 DM. 64 Nach Auskunft seines Geschäftsführers (Schmeck) hat der Gutachterausschuß für Grundstückswerte in Solingen bei 4 bis 6 vollbeschäftigten Personen (einschließlich Schreibkräfte) im Jahr einen Ausstoß von 80 bis 100 Gutachten, die im Jahre 1982 ein Gesamtergebnis von ca. 67000000 DM auswiesen. 65 Nach Auskunft von Schmeck liegen die Abweichungen, nach oben wie nach unten, zwischen den Feststellungen der Solinger Gutachter und den gezahlten Kaufpreisen (Notare sind verpflichtet, Abschriften der Kaufverträge den Ausschüssen zuzuschicken - § 143 a Abs. 1 BBauG) meistens unter 5 Ofo, ganz selten bei 10 %. ~ In diesem Sinne auch Pelka, StuW 1975, S.206 (218 f.); ders. in Tipke, Grenzen der Rechtsfortbildung, S. 209 (238).

2. Blick über den Zaun

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Die Tatsache, daß der Geschickteste und am besten Beratene den Wert ansatz stärker drücken kann als der sog. kleine Steuerpflichtige, wird zwar kaum gänzlich durch das beschriebene Verfahren aufgehoben werden können. Da dieser Satz aber auch für das praktizierte Einheitswertverfahren gilt und im übrigen mit diesem Einwand lediglich auf den Ausfluß eines allgemeinen Besteuerungs- bzw. Rechtsproblems (Stichworte: "Dummensteuer für Denkfaulheit" und "Das Recht ist für die Wachen da") aufmerksam gemacht wird, kann schwerlich die Verwirklichung der hier gemachten Vorschläge mit diesem Argument abgelehnt werden. 2. Blick über den Zaun

Daß es für die Erbschaftbesteuerung auch ohne Grundbesitz-Einheitswertverfahren geht, beweisen noch zahlreiche ausländische Beispiele: Bei der Erbschaftsteuer wird z. B. in Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweiz (Kanton Zürich), Spanien und USA weitgehend (zum Teil mit Abschlägen) an die Grundbesitz-Verkehrswerte angeknüpfr'7. Interessant ist, daß die Dänen bei der Erbschaftsteuer den aktuellen Verkehrswert für den Grundbesitz ansetzen, obwohl sie offensichtlich über eine gut funktionierende Grundvermögen-Einheitsbewertung verfügen68 • Insbesondere Frankreich könnte für die Bundesrepublik Deutschland richtungweisend sein: Nach einem Bericht von FurkeZ / ServaZ69 sind bei der Bewertung der Grundstücke für die Erbschaftsteuer keine großen Schwierigkeiten aufgetreten. Der Ansatz erfolge zu einem Wert, der dem wirklichen Wert meistens sehr nahe komme. Im Hinblick auf die Besteuerung des Vermögenszuwachses (imposition des plus-values), die man auch bei uns ins Gespräch bringen könnte (vgl. vorne S. 82), neigten die Steuerpflichtigen selbst dazu, Grundstücke in ihren Steuer67 Dazu Mennel, Steuern in Europa, USA, Kanada und Japan, verschiedene Länderteile; überblick über ausländische Regelungen aus dem Jahre 1956 des Instituts Finanzen und Steuern e. V. (Bearbeiter: Ruckteschell / Weisse), Die Reform der Einheitsbewertung des Betriebs- und Grundvermögens, S. 53 ff. Speziell für die USA Ulbrich, Die Schenkung im Hinblick auf den Tod im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika, S.22, 142 ff. (146); Hebing, RIW 1981, S.237 (238). 68 Dazu Mennel, hier Fußnote IV. 67, Länderteil Dänemark, S. 35 f. die letzte Hauptfeststellung (= 17. Bewertung) datiert vom 1. 4. 1981 / diese allgemeinen Bewertungsverfahren für das Grundvermögen finden alle 4 Jahre statt (S. 33). 69 DStR 1982, S.409 (412). Zur französischen Grundbesitzbewertung vgl. auch Kandler, FR 1982, S.402 (405) und Geisenheyner, DStZ 1982, S.377 (384).

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

erklärungen mit dem tatsächlichen Wert anzugeben. Die Finanzverwaltung verfüge über Kaufpreissammlungen zur Kontrolle der Wertangaben. Sogar bei der laufenden Erfassung des Grundbesitzes für Zwecke der neu eingeführten Vermögensteuer rechne man in Frankreich nicht mit unüberwindlichen Schwierigkeiten. In Österreich besteht wie in der Bundesrepublik Deutschland eine Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an eine Einheitsbewertung des Grundbesitzes. Auch dort kennt man (trotz häufigerer Indizierung) die sich daraus ergebenden Probleme70 • Soweit ersichtlich wird in Europa überwiegend bei der Erbschaftsteuer an aktuelle Grundbesitz-Verkehrswerte angeknüpft. Mit der generellen Ersetzung der Grundbesitz-Einheitswerte durch die Verkehrswerte im Erbschaftsteuerrecht würde die Bundesrepublik Deutschland einen Akt der Steuerharmonisierung im Bereich der Europäischen Gemeinschaft vollziehen71 • 3. Begleitumstände 3.1 Plädoyer für die Einführung einer sinnvolleren Tätigkeit für die Mitarbeiter in der Bewertungsstelle des Finanzamts und für die Abkehr vom Besitzstandsdenken einzelner mit der Einheltsbewertung befaßter, hochrangiger Beamter

Ein wichtiges praktisches Argument für den Ansatz des zeitnahen Verkehrswerts ist m. E. noch, daß auf diese Weise die Finanzbeamten in der Bewertungsstelle endlich mit einer sinnvolleren Tätigkeit betraut würden, die sie auch einsehen könnten und die sie befriedigen würde. Tatsache ist, daß die Aufgaben der Bewertungsstelle oft - auch gerade innerhalb der Finanzverwaltung - als unbefriedigend empfunden werden. Bezüglich der Einheitsbewertung des Grundbesitzes werden eben antiquierte Werte ermittelt, die niemand ernsthaft für realistisch halten kann; man stelle sich vor, ein Konstrukteur solle in ein 70 Dazu Stall, OStZ 1981, S.226; Taucher, OStZ 1980, S.39; Ruppe, OStZ 1980, S.160; Weinberger, OStZ 1978, S.138; DoraZt / Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts II, S. 65 ff.; Schürer-Waldheim, Wertbegriffe im österreichischen Abgabenrecht, S. 89 f. 71 Kisker (Die Erbschaftsteuer als Mittel der Vermögensredistribution, S. 110 f.) stellte 1964 fest, daß die Bewertung in allen Ländern ein besonderes umstrittenes Problem sei, für das es keine allgemein befriedigende Lösung gäbe. Im Zusammenhang mit der Grundbesitz-Einheitsbewertung heißt es weiter: "Das deutsche Bewertungsrecht weist jedoch Schwächen auf, die weder notwendig, noch irgendwie vertretbar sind und die im Vergleich zu den beiden vorher untersuchten Ländern (gemeint sind Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Nordamerika - der Verfasser) besonders kraß erscheinen."

3. Begleitumstände

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neu es Automodell einen Motor nach dem Stande der Technik vom 1. 1. 1964 einbauen. Die Einbauanordnung würde wie die Gesetzes-, Verordnungs- und Richtlinienbefehle zur Bewertung, die zu wenig einsichtigen Ergebnissen führen, nicht ganz für voll genommen. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die Arbeit in den Bewertungsstellen macht wenig Freude. Die Vorschriften werden kaum ernst genommen. Wegen der Vielzahl (vgl. vorne S. 80 f.) können diese auch gar nicht alle berücksichtigt werden. Das Ziel der Bewertung des Grundbesitzes ist oft nur, den Bescheid "rechtsbehelfssicher" (= möglichst niedriger Wert) zu machen72 • Weil das so ist, werden die Finanzbeamten der Bewertungsstellen von ihren Arbeitgebern auch noch stiefmütterlich behandelt73 - dieser Umstand läßt viele dann resignieren. In den Bewertungsstellen der Finanzämter geht somit nicht selten die Frustration um74 • Maßgebende, mit der Einheitsbewertung befaßte Beamte sollten auch dies mit in ihre überlegungen aufnehmen und die Abkoppelung des Erbschaftsteuerrechts von den Grundbesitz-Einheitswerten nicht deshalb verhindern wollen, weil es sich unter Kollegen nun mal gut macht, darauf hinweisen zu können, daß die Einheitsbewertung für viele Steuerarten (einschließlich der Erbschaftsteuer) maßgebend ist und damit diese Steuern (also auch die dafür zuständigen Kollegen) darauf angewiesen sind. 3.2 Der Grundbesitz-Einheitswert: Eine mißverständliche (für den Rechtsverkehr mitunter gefährliche) amtliche Wertfeststellung

Dem Verfasser ist folgender Fall bekannt: Im Rahmen einer sog. vorweggenommenen Erbfolge wurde von einem Erblasser in spe ein Hausgrundstück (Verkehrswert 250000 DM) auf ein Kind übertragen, die übrigen drei Abkömmlinge wurden auf der Basis des Einheitswerts (20000 DM) mit je 5000 DM abgefunden. Der Vater - wie sich später herausstellte - hatte die drei so kärglich Bedachten gegenüber dem neuen Hauseigentümer nicht schlechter stellen wollen. Dieses Ergebnis konnte nur deshalb zustande kommen, weil es für das Hausgrundstück einen völlig irrealen, aber amtlich festgestellten Einheitswert gab und 72 Dazu Wündisch, FR 1965, S.427; ders., FR 1967, S. 132 (133); Junghanns, Die Bewertung des nichtlandwirtschaftlichen Grundbesitzes in Deutschland, S. 195 ff.; vorne S. 76 f. 73 Die Erfahrungen des Verfassers hierzu decken sich mit denen von Wündiseh, FR 1967, S. 132. 74 Wer den umfassenden Bericht von Jenetzky (StuW 1982, S.273) über die Misere der Steuerverwaltung gelesen hat, der wird sagen, die hier gegebene kurze Beschreibung der Bewertungspraxis paßt in das von J enetzky gezeichnete Bild.

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IV. Praktikabilität der vorgeschlagenen Änderung

das begünstigte Kind es verstand, sich diesen Umstand zunutze zu machen. Es erklärte dem Vater, der Einheitswert sei ein Wert, der vom Finanzamt für viele Steuerarten verwendet werde und daß sogar die Erbschaft- und Schenkungsteuer sich danach berechne. Die verzweifelten, aber wenig sachkundigen Vorhaltungen der drei anderen Kinder wurden von dem Begünstigten und dann schließlich auch vom nichtsachkundigen, aber überzeugten Vater mit dem Hinweis abgetan, das Finanzamt werde schon keine zu niedrigen Grundstückswerte feststellen, da es sich ja sonst selber schade75 • Der Leser wird nun vermutlich über die Leichtgläubigkeit des Vaters den Kopf schütteln und gestützt auf eine Feststellung des 11. Senats des Bundesfinanzhofs im sog. Oktober-Urteil76 widersprechen wollen. Der Bundesfinanzhof führte nämlich aus: Es entspricht der Erfahrung aller mit der Frage befaßter Bürger, daß der Einheitswert eines Grundstücks von seinem Verkehrswert (mehr oder weniger) erheblich nach unten abweicht77 • Daß der Bundesfinanzhof hier irrte78 , sollen folgende Hinweise zeigen: a) Zahlreiche ältere Bürger, die kurz nach dem 2. Weltkrieg mit Hypothekenschulden in einer Gesamthöhe von 10000 DM bis 15000 DM (zuzüglich der sog. Muskelhypotheken) gesiedelt haben, kennen oft die heutigen Immobilienpreise nicht und wenn sie sie erfahren, dann ist es nicht gewiß, daß dem Informanten Glauben geschenkt wird. Der vom Finanzamt festgestellte Einheitswert erscheint ihnen dagegen wegen der - im Vergleich zu heute - niedrigen ursprünglichen Anschaffungskosten für Grund und Boden und Gebäude plausibel. b) Im Spätsommer 1981 (also noch vor der in Rede stehenden BFHEntscheidung) wußte das Handelsblatt von einem Verkehrswert- (bzw. Einheitswert-) Kolleg für einen Staatsanwalt zu berichten79 • Folgendes hatte sich zugetragen: Im Poullain-Prozeß vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Münster warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, er hätte die Ablösung eines 30,8 Millionen DM-Kredits zugunsten eines vermögenslosen Konstanzer Finanzmaklers veranlaßt. Die Vermögenslosigkeit des Maklers hätte sich aus den vermögensteuerlichen Feststellungen einer Betriebsprüfung ergeben. Die Strafkammer 75 Fröhlich (FR 1970, S.418, 420) spricht vom "vermeintlichen öffentlichen Glauben" der Grundbesitz-Einheitswerte und verweist auf "zahlreiche Beispiele in Nachlaßauseinandersetzungen, die die mißbräuchliche Verwendung von Einheitswerten belegen". 76 Vom 21. 10. 1981 II R 176/78, BStBl. II 1982, S. 83 (84/rechte Spalte). 77 Die Unterstreichung stammt vom Verfasser. 78 Die zitierte Erkenntnis des BFH ist wohl nicht aufgrund einer repräsentativen Umfrage zustande gekommen. 79 HB vom 9. 9. 1981/Nr. 172, S. 1, 9.

3. Begleitumstände

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wollte Näheres erfahren und vernahm vom Leiter der Betriebsprüfung, daß die vermögensteuerlichen Feststellungen, die das Finanzamt getroffen hatte, nichts über die tatsächliche Vermögenslage des Maklers aussagten. Der Finanzbeamte erläuterte dann dem mit Einheitswerten befaßten Staatsanwalt den Hintergrund seiner Aussage mit der erheblichen Abweichung der steuerlichen Grundbesitz-Einheitswerte von den Verkehrswerten. Der Ausgangsfall und der zuletzt vorgetragene Fall sollen Randprobleme des Grundbesitz-Einheitswerts bewußt machen. Mit der Ersetzung des Einweitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht kann als Nebeneffekt die beschriebene Gefahr von (möglicherweise irreparablen und teueren) Beeinträchtigungen des Rechtsverkehrs nicht völlig gebannt, aber doch entschärft werden. 3.3 Einheit der Rechtsordnung

Der Reichsminister der Finanzen hat bereits 193180 darauf hingewiesen, daß die doppelte Wertfeststellung im Schenkungsteuerrecht (vgl. vorne S. 17 f., 77 f.) in Kreisen der Steuerpflichtigen nicht verstanden werde. Auch die Aussage des Bundesgerichtshofs81 , das Steuerrecht gehe vielfach eigene Wege, die zu Schwierigkeiten führen könnten, drückt deutlich das praktische Bedürfnis aus nach Vereinheitlichung der Rechtsordnung. Das Steuerrecht ist zwar ein eigenständiges rechtliches Subsystem82 • Es sollte sich aber m. E. nicht ohne Not von den anderen Rechtsgebieten durch eigenwillige Ausgestaltungen abheben wollen. Dem Streben nach Verwirklichung der Einheit der Rechtsordnung würde die generelle Ersetzung der Grundbesitz-Einheitswerte durch die Verkehrswerte im Erbschaftsteuerrecht dienen, da dann weitgehend 83 die Nachlaß- und Schenkungsbewertung des bürgerlichen Rechts mit der des Erbschaftsteuerrechts übereinstimmen würde. Im Teil V wird nun näher untersucht, ob die vorgeschlagene Änderung geboten ist, d. h., ob und ggf. welche Spannungsverhältnisse zwischen der Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die GrundbesitzEinheitswerte und den Grundrechten bestehen. 80 Vgl. Wiedergabe der Auffassung des Reichsfinanzministers im Gutachten des RFH vom 21. 5. 1931 I D 1/30, RFHE 29, S. 137, 139 ff., 142. 81 Urteil vom 20.4. 1972 11 ZR 143/69, BGHZ 58, S. 316 (322). 82 Dazu Tipke, Steuerrecht, S. 5. 83 Der Ansatz des sog. Ertragswerts nach §§ 1515 Abs.2, 2049 Abs. 1, 2312 BGB und Art. 137 EGBGB sollte im Hinblick auf die Vereinheitlichung der Rechtsordnung gestrichen werden (dazu die Hinweise vorne S.78).

v. Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts

an die Einheitswerte des Grundbesitzes und Grundrechte 1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz 1.1 Das Gebot der Steuergerechtigkeit und das sog. Willkürverbot

Art. 3 GG lautet: (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich nach allgemeiner Auffassung l das Gebot der Steuergerechtigkeit. Das Bundesverfassungsgericht bekennt sich in der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Grundbesitz-Einheitswerte bei der Erbschaftsteuer auch zur sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden "Idee der Steuergerechtigkeit"2. Mit der Feststellung: "Es wäre eine zu formale Auslegung von Art. 3 Abs.l GG, wenn die ungleiche Bewertung von Grundbesitz und sonstigen Vermögen allein damit gerechtfertigt würde, daß es sich bei dem Grundbesitz um andere Vermögensgegenstände und keine vergleichbaren Vermögensarten handelt" wird zunächst etwas Selbstverständliches betont. Danach geht das Bundesverfassungsgericht allerdings in die Tiefe: Ob ein Sachverhalt vergleichbar sei, hänge von Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Regelung ab. Im Steuerrecht gehe es um eine möglichst gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen. Diese erfordere nach den Prinzipien des Bewertungsgesetzes die Anknüpfung an Werte, die wenigstens der Konzeption nach den wirklichen Werten nahekommen. Dem stehe nicht entgegen, daß aus Gründen der Praktikabilität für I Dazu das Urteil des BVerfG vom 3.11. 1982 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79,363/80, BStBl. 11 1982, S. 717 (725) m. w. N. 2 Beschluß vom 10.2. 1976 - 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (315); vgl. auch vorne S. 45 ff. (46).

1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz

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einen gewissen Zeitraum die einmal festgestellten Einheitswerte unter Inkaufnahme von Abweichungen zu den wirklichen Werten gelten. Diese Möglichkeit finde jedoch im Willkürverbot ihre Grenze. Wenn sich Differenzierungen in der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, insbesondere im Verhältnis von Grundbesitz zu anderen Vermögensgegenständen ergäben, die, gemessen an der Idee der Steuergerechtigkeit, unerträglich seien, so ließen sie sich für die Besteuerung nicht mit den Besonderheiten des Grundbesitzes wie Ortsgebundenheit, der nur allmählichen Wertveränderung, der erschwerten übertragbarkeit und dergleichen rechtfertigen. Daß das Bundesverfassungsgericht die Erbschaftbesteuerung trotz der auch schon im Februar 1976 bekannten unterschiedlichen Steuerlasten bei gleicher Bereicherung und der Vielzahl von Abgrenzungsproblemen (vgl. vorne S. 22 ff.) für noch "erträglich" hielt, wurde mit der Nichtverletzung des sog. Willkürverbots gerechtfertigt. Die Anwendung der alten Einheitswerte von 1935 bis Ende 1973 sei "nicht evident sachwidrig" gewesen3 • Noch pauschaler wurde im Juni 1976 die Anwendung der 1964er Einheitswerte mit teil weisem Zuschlag für "noch nicht verfassungswidrig" befunden4 • Welche Kriterien einer Verletzung bzw. einer Nichtverletzung des sog. Willkürverbots und damit des Gleichheitssatzes (bzw. des Gebots der Steuergerechtigkeit) zugrunde liegen, ist nicht eindeutig erkennbar. Einige Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts dazu mögen dies belegen: Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden mußs. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt nicht schon darin, daß der Gesetzgeber bei der Regelung eines bestimmten Lebensgebietes nicht alle tatsächlichen Verschiedenheiten der Lebensverhältnisse im einzelnen berücksichtigt. Entscheidend ist vielmehr, ob für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß der Gesetzgeber sie bei seiner Regelung beachten muß6. Der Gleichheitssatz verpflichtet den Gesetzgeber nicht, unter allen Umständen Ungleiches ungleich zu behandeln. Der verfassungsmäßige Gleichheitssatz ist vielmehr nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ... nur dann verletzt, wenn für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die tatsächlichen Ungleichheiten in dem jeweils in BeBeschluß vom 10.2. 1976 - 1 BvL 8/73, BStBl. II 1976, S. 311 (318). Beschluß vom 4.6. 1976 - 1 BvR 360/74, BStBl. II 1976, S. 637 (638). S Urteil vom 23. 10. 1951 - 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, S. 14 (52). 6 Urteil vom 30.4. 1952 - 1 BvR 14, 25,167/52, BVerfGE 1, S. 264 (276).

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V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

tracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam sind, daß der Gesetzgeber sie bei seiner Regelung beachten muß7. Das Bundesverfassungsgericht kann ... nur die überschreitung gewisser äußerster Grenzen beanstanden; es kann dem Gesetzgeber erst dann entgegentreten, wenn für eine von ihm angeordnete Differenzierung zwischen verschiedenen Personengruppen sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar sind, so daß ihre Aufrechterhaltung einen Verstoß gegen das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden darstellen würde8 • Dem Gesetzgeber läßt der Gleichheitssatz ... einen weiten Bereich des Ermessens offen. Das Bundesverfassungsgericht kann nur prüfen, ob die äußersten Grenzen dieses Bereichs überschritten sind, hat aber nicht darüber zu befinden, ob der Gesetzgeber im einzelnen die zweckmäßigste, "vernünftigste" oder "gerechteste" Lösung gefunden hat9 • Doch findet sein Ermessen (das des Gesetzgebers ist gemeint - der Verfasser) eine Grenze - und damit Art. 3 Abs. 1 GG seinen aktuellen Gehalt im Willkürverbot und in den Konkretisierungen des Gleichheitssatzes durch die Verfassung selbst, wie sie neben Art. 3 Abs.2 und 3 zum Beispiel auch in Art. 6 Abs. 5, Art. 9 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 gegeben sind lO • Auch sind sie (gemeint sind Gesetze - der Verfasser) vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin zu prüfen, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen seines Ermessens innegehalten und dieses nicht mißbraucht hat 11 • Nur dann ist nach Art. 3 Abs. 1 GG Gleiches gleich, Ungleiches aber nach seiner Eigenart zu behandeln, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, daß ihre Beachtung bei einer gesetzlichen Regelung nach einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint l2 • Nur wenn die Verschiedenheit der durch den Gesetzgeber gleich geregelten Fälle so bedeutsam ist, daß ihre Gleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unerträglich erscheint, kann ein Willkürakt und damit ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegen13 • Wie das Bundesverfassungsgericht bereits vielfach ausgesprochen hat, ist der in Art. 3 Abs. 1 GG statuierte allgemeine Gleichheitssatz nur dann verletzt, wenn der Gesetzgeber versäumt, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssenl4 • Art. 3 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber lediglich, wesentlich Gleiches ungleich zu behandelnlS• 7 Beschluß vom 30.1.1953 - 1 BvR 377/51, BVerfGE 2, S. 118 (119 f.). Urteil vom 17.12.1953 - 1 BvR 147, BVerfGE 3, S. 58 (135 f.). 9 Urteil vom 17.12.1953 1 BvR 323/51, 195/51, 138/52, 283/52, 319/52, BVerfGE 3, S. 162 (182). 10 Urteil vom 18.12.1953 - 1 BvL 106/53, BVerfGE 3, S. 225 (240). 11 Urteil vom 20.7.1954 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54, BVerfGE 4, S.7 (18). 12 Beschluß vom 22. 1. 1959 1 BvR 154/55, BVerfGE 9, S. 124 (129 f.). 13 Beschluß vom 3.2. 1959 - 2 BvL 10/56, BVerfGE 9, S. 137 (146). 14 Beschluß vom 17.3.1959 - 1 BvL 39, 44/56, BVerfGE 9, S. 201 (206). 15 Beschluß vom 14.4.1959 - 1 BvL 23, 34/57, BVerfGE 9, S. 237 (244). 8

1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz

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Der allgemeine Gleichheitssatz zieht dem Gesetzgeber nur äußerste Grenzen l6 . Grenzen dieser gesetzgeberischen Freiheit bestehen aufgrund des Art. 3 Abs.l GG insofern, als der Gesetzgeber keine Differenzierungen vornehmen darf, für die sachlich einleuchtende Gründe nicht auffindbar sindi? Daher ist zu prüfen, ob diese Ausnahme dem allgemeinen Gleichheitssatz widerspricht, der eine willkürliche ungleiche Behandlung im wesentlichen gleicher Sachverhalte untersagt l8 . Es ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob er (gemeint ist der Gesetzgeber - der Verfasser) jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich, ob jene äußersten Grenzen gewahrt sind l9. Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln; er ist verletzt, wenn für eine gesetzliche Differenzierung ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund sich nicht finden läßt, wenn also für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich bezeichnet werden muß20. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt der Gleichheitssatz dem Normgeber einen weiten Gestaltungsspielraum; ob er jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen; vielmehr endet der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum erst dort, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muß21. Erst kürzlich (1982) hat Leibholz22 das wohl auf ihn zurückgehende Willkürverbofl folgendermaßen umschrieben: Von Willkür und deshalb einer Verletzung des Gleichheitssatzes kann man ... nur sprechen, wenn die Sachwidrigkeit und der mangelnde Gerechtigkeitsgehalt dem Verfassungsgericht sozusagen evident erscheint. Nach Birk24 kommt so in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Steuerrecht dem Gleichheitssatz in der Argumentationsfigur des Willkürverbots weder große praktische Bedeutung zu noch entfaltet er systembildende Kraft. 16 Urteil vom 10.5.1960 - 1 BvR 190, 363, 401, 409, 471/58, BVerfGE 11, S. 105 (123). 17 Beschluß vom 28.6. 1960 - 2 BvL 19/59, BVerfGE 11, S.245 (253). 18 Beschluß vom 25.7.1960 - 1 BvL 5/59, BVerfGE 11, S. 283 (287). 19 Beschluß vom 14.4.1964 - 2 BvR 69/62, BVerfGE 17, S. 319 (330). 20 Beschluß vom 27. 5. 1964 - 1 BvL 4/59, BVerfGE 18, S. 38 (46). 21 Beschluß vom 10.5. 1972 - 1 BvR 286, 293, 295/65, BVerfGE 33, S. 171 (189). 22 In Link, Der Gleichheitssatz im modernen Verfassungsstaat, S.89. 23 Dazu Starck, Die Anwendung des Gleichheitssatzes, in Link, Der Gleichheitssatz im modernen Verfassungsstaat, S. 51 (60 f.) m. w. N. 2. Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, S. 156 f.

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V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

Stern25 sieht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die wichtigste materielle Schranke der Besteuerung als Leerformel, die dem Gesetzgeber - abgesehen vom evidenten Willkürverstoß - einen großen Freiraum für die Ausgestaltung des Besteuerungssystems lasse. Als Faustregel könne gesagt werden, daß lediglich in Extremfällen das Besteuerungssystem wirklich verfassungsrechtlich in Grenzen verwiesen worden ist - ein bei dem Alter und der Allgemeinheit der Materie überraschendes Ergebnis dieses klassischen Eingriffsrechts. Zu Recht verweist Tipke'f' darauf, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Frage "Was ist Gleichheit?" nur verlagert wird zu den Fragen "Was ist vernünftig oder einleuchtend?", "Worin besteht die Natur der Sache?", "Was ist Willkür?" oder "Was ist Gerechtigkeitsdenken?" . Ergänzend kann noch gefragt werden "Wie ist die gewisse äußerste Grenze zu bestimmen?", "Wann sind sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar?", "Wie läßt sich das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden ermitteln?", "Wie läßt sich wesentlich Gleiches von unwesentlich Gleichem unterscheiden?", "Wann liegt ein Mißbrauch des gesetzgeberischen Ermessens vor?", "Wann erscheint dem Verfassungsgericht die Sachwidrigkeit und der mangelnde Gerechtigkeitsgehalt sozusagen evident?" und schließlich "Können überhaupt Rechtslagen gerecht, gerechter und am gerechtesten sein oder gibt es nicht vielmehr nur die Unterscheidung gerecht/ungerecht?" . Im übrigen ist Tipke'f' noch in folgendem beizupflichten: Wenn es richtig ist, daß zur Gerechtigkeit insbesondere die Gleichbehandlung gehört, so kann zur inhaltlichen Bestimmung des Gleichheitssatzes nicht wiederum auf die Gerechtigkeit zurückgegriffen werden, da sonst ein Zirkelschluß entsteht. Wegen der durch die variable Größe "Willkürverbot" wenig kalkulierbaren Bestimmung des Gebots der Steuergerechtigkeit durch das Bundesverfassungsgericht beschreibt der Verfasser kurz, bevor er u. a. sich im einzelnen mit den Gründen der hier interessierenden Verfassungsgerichts-Entscheidungen auseinandersetzt, einen "Meilenstein in der Entwicklung des Steuerrechts"27 in Form der Steuergerechtigkeitstheorie von Tipke28. Auf diese Theorie, die die Willkür, "die auf keinem Gebiete gefährlicher ist als im Steuerwesen"29, gänzlich zu verhindern sucht, stützt sich der Verfasser dann im folgenden. Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 11, S. 1109 f. Steuergerechtigkeit, S.54; Steuerrecht, S.24. 27 So Martens, NJW 1983, S.382. Wohl a. A. Arndt, Steuerliche Leistungsfähigkeit und 'Verfassungsrecht, in Festschrift für Otto Mühl, S. 17 (21 ff.). 2B Steuergerechtigkeit. 25

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1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz

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1.2 Tipkes Steuergerechtigkeitstheorie30

Tipke verweist zunächst darauf, daß es allgemein anerkannt und durch Art. 3 GG verbürgt ist, daß Gerechtigkeit ohne Gleichheit nicht denkbar ist. Diese Erkenntnis wird durch zwei griffige KurzformeIn untermauert3 1: Ungleiches Recht ist ungerecht oder Unrecht. Ungleiches gesetzliches Recht ist gesetzliches Unrecht. Weiter wird darauf aufmerksam gemacht, daß nur konsequent durchgeführte sachgerechte Regeln gleiches Recht und damit Gerechtigkeit gewährleisten; Durchbrechungen müßten durch Ausnahme- oder Gegenregeln gerechtfertigt sein32• Bei der Frage, welche Regel sachgerecht ist, stellt Tipke folgende Formeln, die die Menschheitsgeschichte hervorgebracht hat, zur Diskussion33 : Jedem das absolut Gleiche / Jedem nach seinen Verdiensten / Jedem nach seiner Leistung / Jedem nach seinen Bedürfnissen / Jedem nach seinem Rang / Jedem nach dem ihm vom Gesetz Zugeteilten / Jedem nach seinen Fähigkeiten. Die Regeln "Jedem nach seinem Rang" und "Jedem nach dem ihm vom Gesetz Zugeteilten" werden dabei von vornherein als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar erklärP'. Dann wird festgestellt und belegt35, daß eine den Finanzzwecknormen unterliegende sachgerechte Fundamentalregel das Leistungsfähigkeitsprinzip ist und daß dieses Prinzip der großen Mehrheit offenbar als sachgerecht einleuchtet und von Finanzwissenschaftlern, Rechtsphilosophen und Steuerrechtlern allgemein akzeptiert wird und daß das Bundesverfassungsgericht diese Regel anwendetJ6. 29 So schon im Jahre 1892 Enneccerus, Die Steuer-Reform in Staat und Gemeinde, S. 69. 30 Steuergerechtigkeit; Steuerrecht, S. 19 ff.; StuW 1980, S.281; StuW 1971, S.2. 31 Steuergerechtigkeit, S.24. 32 Steuergerechtigkeit, S. 24 ff. 33 Steuergerechtigkeit, S. 24 ff., 11 ff. 34 Steuergerechtigkeit, S. 59. 35 Steuergerechtigkeit, S. 57 ff. 36 Vgl. zuletzt BVerfG-Urteil vom 3.11.1982 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79,363/80, BStBl. 11 1982, S. 717 m. w. N. Hier wurde dieses Prinzip sozusagen festzementiert; dies zeigt deutlich der Umstand, daß dieses Prinzip in den Gründen immer wieder herangezogen und dabei 22mal genannt wird. Dazu auch Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen.

7 Balke

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V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

Für Sozialzwecknormen werden die Bedürfnisregel und die Verdienstregel als sachgerecht erkannt3'.

Tipke beschwört diejenigen, die es angeht, die Gleichheit nicht zu verwechseln mit der Identität. Gleichheit im Rechtssinne ist immer relative Gleichheit. In welcher Hinsicht Sachverhalte gleich sein müssen, ergibt sich danach aus der sachgerechten Regel als Vergleichsmaßstab. Das Anknüpfen an irgendwelche beliebigen Ungleichheiten (z. B. Unternehmer/Nichtunternehmer, alte/junge Steuerpflichtige) kann dagegen unterschiedliche Rechtsfolgen nicht rechtfertigen38 • Tipke ergänzt die Aufzählung des Art. 3 Abs. 3 GG dahin, daß auch niemand wegen seines Standes oder Berufes benachteiligt oder bevorzugt werden darf39 • Will man die Grundbesitzer - um die es hier ja geht - nicht als Angehörige eines besonderen Standes oder Berufes ansehen4O , so ließe sich weiter ergänzen, daß auch niemand wegen des Besitzes einer bestimmten Vermögensart benachteiligt oder bevorzugt werden darf. 1.3 Verstößt die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitswerte gegen Art. 3 GG?

1.3.1 Grundbesitz-Einheitswert als sog. Ertragswert Das Einheitswertverfahren favorisiert den sog. Ertragswert, der in der Regel wesentlich niedriger als der Verkehrswert ist (vgl. vorne S. 19 f.). Das liegt daran, daß nach dem vorherrschenden Verständnis dieses Begriffs lediglich ein Ausschnitt des Nutzens (= laufender Ertrag) eines Vermögensgegenstandes erfaßt wird. Wertsteigerungen durch z. B. ständig wachsende Baukosten und Wertbeständigkeit durch Unabhängigkeit von der Inflation bleiben als wertbildende Faktoren auch von Gesetzes wegen außer Betracht. Daß das hier skizzierte ErtragswertVerständnis nicht überzeugt, sollen folgende Ausführungen verdeutlichen: Zum Ertrag einer Sache sind nicht nur die laufenden Erträge wie Mieten oder Dividenden zu rechnen, sondern überhaupt jeglicher Nutzen, den der Vermögensgegenstand einem jeden Eigentümer vermitteln kann41 • Der richtig verstandene Ertragswert deckt sich mit dem VerSteuergerechtigkeit, S. 61 ff. Steuergerechtigkeit, S. 54 f. 39 Steuergerechtigkeit, S.53. 40 So allerdings Leisner, Verfassungs rechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, S. 100 f. 41 In I. Theil 2. Titel § 112 des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen 37 38

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kehrswert. Diese Auffassung kann sich auf keinen Geringeren als Aristoteles stützen. Nach Vogel42 stellte Aristoteles bei der Bewertung die Frage nach dem rechten Preis, den er "nach dem gerechten Tauschwert, also nach dem Gebrauchswert" bestimmte. Hier ging Aristoteles von der Identität von Tausch- (= Verkehrs-) und Gebrauchswert (= Ertragswert) aus. Dieser Satz des Aristoteles wird aber auch in einem anderen Sinne aufgefaßt: Zum Beweis nämlich, daß Verkehrswert und Ertragswert verschiedene Werte seien, bezieht sich Vogel43 auf den alten Griechen, der ja diese Werte auch schon voneinander unterschieden habe. In der von Vogel zitierten "Politik" sprach Aristoteles aber nicht von verschiedenen Werten, sondern lediglich von unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten eines jeden Besitzstücks, so z. B. hinsichtlich eines Schuhs vom Anziehen und von der Verwendung zum Tausch44 • Aristoteles hat dem erwähnten Gegenstand (Schuh) zwei Werte nicht zugesprochen. überhaupt leuchtet die Idee wenig ein, ein Gegenstand sei mit mehreren, allgemein gültigen Werten ausgestattet45 • Im allgemeinen, materiellen (also nicht etwa ethischen) Sinne bedeutet "bewerten" nämlich: Etwas in Geld ausdrücken, was nicht in Geld besteht. Da Geld anerkanntermaßen ein Tauschmittel ist, wird beim Ausdrükken eines Gegenstandes in Geld gedanklich ein Tausch unterstellt. Bewerten heißt demnach mit anderen Worten: Sich einen Tausch vorstellen und die Höhe des Tauschmittels (Geld) bestimmen. Staaten vom 5. 2. 1794 wurde bestimmt: "Der Nutzen, welchen die Sache einem jeden Besitzer gewähren kann, ist ihr Werth." Zu Recht weist Pelka (Die Bewertung von immateriellen Wirtschafts gütern, S.92) darauf hin, daß zum Ertrag eines. Vermögens nicht nur der laufende Ertrag, sondern auch der bei der Veräußerung realisierbare Ertrag gehört. Auch Enneccerus (Vermögensteuer, fundierte Einkommensteuer, oder Erbschaftsteuer?, 1893, S. 6) verstand den Ertragswert unter Einschluß der voraussichtlich eintretenden Wertsteigerung. A. A. BVerfG-Beschluß vom 10.2. 1976 - 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (314 f.). Schon 1933 forderte Boll (Das Wertproblem im Deutschen Reichssteuerrecht, S. 81) die Rückkehr zu einem einheitlichen Bewertungsgrundsatz (gemeiner Wert). 42 DStZ/A 1979, S.28 (29). 43 DStZ/A 1979, S. 28 (33). 44 Vgl. Aristoteles /. Politik - eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Gigon, I 9 (S. 78 ff., 355 ff.); Aristoteles / Politik - nach der übersetzung von Susemihl, I 9 (S. 23 ff.). Meincke (Das Recht der Nachlaßbewertung im BGB, S. 175) spricht von "Nutzung durch Behalten (Gebrauch, Verbrauch)" und "Nutzung durch übertragung (Veräußerung, Tausch)". 45 So u. a. der BVerfG-Beschluß vom 10.2. 1976 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (314 f.). Fikentscher (Methoden des Rechts, Band 111, S. 505 ff.) bezeichnet die von Marx behauptete "Gebrauchswert-Tauschwert-Divergenz" als irrational.

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Genau das drückt auch die Legaldefinition des Verkehrswerts in § 9 BewG aus. Daneben existieren keine weiteren, allgemein gültigen Werte, sondern lediglich Wertfiktionen. Der jetzigen Bewertung nach dem Ertrag liegt ein verengtes Ertragswert-Verständnis zugrunde. Das Ergebnis dieser Bewertungsmethode verdient nicht den Namen "Ertragswert", sondern nur die Bezeichnung "Ertrags ausschnitts-Wertfiktion" . Dieses Bewertungskonzept, das den laufenden Ertrag kapitalisiert, mag allenfalls für die Steuerarten, die den sog. Substanz-Ertrag46 belasten, gerechtfertigt sein47,48. Wie der Höchststeuersatz von 70 0J0 (vgl. § 19 Abs. 1 ErbStG) zeigt, soll aber bei der Erbschaftsteuer nicht nur ein Teil des Substanz-Ertrages, sondern die Substanz selbst, die sich beim Steuerpflichtigen als Vermögenszuwachs (= Bereicherung)49, als Zunahme wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit darstellt, besteuert werden. Die Feststellung, die einheitswertabhängigen Steuern träfen nicht die Substanz, sondern lediglich die sog. Ertragsfähigkeit, trifft also für die Erbschaftsteuer nicht zuso . Die Festlegung einer Ertragsausschnitts-Wertfiktion für den Grundbesitz entspricht mithin nicht dem Zweck der ErschaftsteuerS1• Besser: Laufender-Substanz-Sollertrag. 47 Obwohl es bestimmt einfacher wäre, den laufenden tatsächlichen Kapital-Ertrag (= fundiertes Einkommen) zusätzlich durch die Einkommensteuer zu belasten (Zuschlag) bzw. das Arbeitsleid des nichtfundierten Einkommens generell durch einen Freibetrag zu belohnen. Dazu Enneccerus, Die SteuerReform in Staat und Gemeinde (1892), S. 66 ff. 48 In diese Richtung zielt auch die Bemerkung des FG Rheinland-Pfalz (Im Vorlagebeschluß an das BVerfG vom 4.8.1981 - 2 K 207/80, EFG 1981, S. 613, 614/linke Spalte): Die Frage nach der Besteuerung auf den Ertrag oder die Substanz des Besteuerungsgegenstandes sei für die Vermögensteuer und Erbschaftsteuer kaum einheitlich zu beantworten. 49 Daß die Erbschaftsteuer eine Bereicherungssteuer ist und seit jeher war, wird weitgehend anerkannt: Dazu aus den Materialien zum geltenden Erbschaftsteuerrecht (BT-Drucks. VI/3418, S. 66 f. (vorne S.42); BMF in der Reihe: Bürger-Informationen - Unsere Steuern von A-Z, S. 65; Hoffmann, preußisches ErbStG 1873/1891/1895, S. 25 f.; Hensel, Steuerrecht, 3. Auflage 1933, S. 212 ff.; Nolte, JbFSt 1980/81, s. 226 (233). so Zu diesem Ergebnis kommt auch Strunk, Einheitsbewertung von Grundstücken, S. 132 (dort Fußnote 1). An anderer Stelle (S. 133) relativiert er jedoch unter Bezugnahme auf Tipke (Steuerrecht, 8. Auflage, S. 354) seine Aussage, indem er ausführt: "In Abhängigkeit von der Verwendung des geerbten Vermögens kann durchaus nur der Ertragswert der richtige Wertansatz sein" dabei geht er aber nicht von dem herrschenden Ertragswert-Verständnis aus: "Insbesondere bei den hier in Rede stehenden Grundstücken ist dem Ertrag einschließlich der Wertsteigerungsmöglichkeit bei der Realisierung der Vorzug zu geben" (S. 133 - vgI. auch S. 135, 88 ff.). 51 So auch im Ergebnis Beyer, Grundprobleme des Erbschaftsteuerrechts, S. 98. Bei der Besprechung des französischen Gesetzes über die Besteuerung großer Vermögen kritisiert Kandler (FR 1982, S.402, 405) die umgekehrte Vorgehensweise: In Frankreich werden Bewertungsregeln, die für ein ein46

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Das gilt auch für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das nicht nur im Erbschaftsteuerrecht, sondern auch schon nach Zivilrecht unterbewertet wird (vgl. Art. 137 EGBGB, §§ 1515 Abs. 2, 2049, 2312 BGB). Wie bereits vorne (S. 31 ff., 33 ff., 78) gezeigt, ist die - wohl einseitig von bestimmten Interessen geprägte - Entwicklung im bürgerlichen Recht zu beklagen, die dann offenbar die erbschaftsteuerliche Bewertung infizierte (vgl. vorne S. 31 ff.) und sich fast auf den gesamten Grundbesitz ausbreitete. Das Bundesverfassungsgericht verschließt sich dieser Erkenntnis - in Abkehr zu früheren, akzentversetzten Ausführungen52 - auch nicht völlig. Es führt nämlich aus: Die Erbschaftsteuer sei - mehr als die Vermögen- und Grundsteuer - eine auf die Substanz und nicht auf den Ertrag der zugewendeten Bereicherung gelegte Steuer. Deshalb liege es bei der Erbschaftsteuer weniger nahe, den Grundbesitz mit Ertragswerten zu bewerten53 • An anderer Stelle54 wird noch deutlicher ausgesagt, daß die Einheitswerte in erster Linie als besonders festgestellte Besteuerungsgrundlagen für die Grundsteuer und die Vermögensteuer gelten, "also für Steuern, die nach der gesetzgeberischen Zielsetzung den Ertrag und nicht die Substanz belasten sollen". Dieser Gedanke wird dann aber nicht konsequent (im Sinne einer Abkoppelung des Erbschaftsteuerrechts von der Einheitsbewertung des Grundbesitzes) zu Ende geführt55 , sondern mit folgenden Erwägungen abgelehnt: Bei einem Rückgriff auf die vorhandenen Einheitswerte lasse sich die Finanzverwaltung und auch für die Zuwendungsbeteiligten und ihre steuerlichen Berater ohne große Mühe überblicken, ob und wieviel Erbschaftsteuer im Einzelfall geschuldet wird. Deshalb habe der Gesetzgeber davon absehen können, in jedem Falle umfangreiche Ermittlungen zur Festsetzung des gemeinen Werts anzuordnen, zumal die Erbschaftsteuer im Gesamtsteueraufkommen eine untergeordnete Rolle spiele und wegen der Freibeträge häufig überhaupt keine Steuerforderung entstehe56• maliges Ereignis, den Todesfall (Erbschaftsteuer), aufgestellt worden sind, pauschal auf eine jedes Jahr zu entrichtende Steuer (Vermögensteuer) übertragen. 52 Beschluß vom 27.10. 1975 1 BvR 82/73, DB 1975, S.2209: "Die Vermögensteuer ist auch - entgegen der Annahme in der Finanzwissenschaft rechtlich nicht als eine Art Ergänzungssteuer zur Ertragsteuer angelegt ... Gesetzlich geregelt ist die Vermögensteuer ... traditionell als ertragsunabhängige Steuer." 53 Beschluß vom 10.2.1976 - 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (315); vorne S. 45 ff. 54 Beschluß vom 4.6.1976 - 1 BvR 360/74, BStBl. 11 1976, S. 637. 55 Kritisch dazu auch Kapp, BB 1976, S. 473 (475). 56 BVerfG-Beschluß vom 10.2. 1976 1 BvL 8/73, BStBl. II 1976, S.311 (315); vorne S. 45 ff.

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Das Bundesverfassungsgericht unterstellt hier, daß der Verkehrswertansatz bei der Erbschaftsteuer mit umfangreichen Ermittlungen und großer Mühe für alle Beteiligten notwendig verbunden sei. Daß dies nicht so zu sein braucht, wurde bereits vorne (S. 72 ff.) vorgeführt. Daß der Rückgriff auf die vorhandenen Einheitswerte mit richtig verstandener Praktikabilität nicht viel zu tun hat, wurde schon dargelegt (vorne S. 76 f.). Aber selbst wenn es sich herausstellen sollte, daß die Erbschaftsteuer sich von Grundbesitz-Erwerbern aufgrund der anzusetzenden Verkehrswerte weniger reibungslos erheben ließe, so rechtfertigt das nicht - wie TipkeS1 aufzeigt - die Einführung von Gruppenrecht gegenüber Erwerbern von Grundbesitz und anderen Vermögensgegenständen je nach den unterschiedlichen Möglichkeiten der Durchsetzung. Was Einzelfall-Gerechtigkeit (v gl. die Beispiele vorne S. 22 ff.) mit dem Gesamtsteueraufkommen zu tun haben soll, ist m. E. nicht erkennbar. Wenn überhaupt, hätte es vielmehr nahe gelegen, das relativ geringe Erbschaftsteueraufkommen mit den niedrigen Grundbesitz-Wertansätzen zu erklären. Da an der bestimmenden "Ertragswert-Konzeption" weiterhin festgehalten werden soll (vgl. vorne S.61), bleiben die hier vorgetragenen überlegungen auch im Hinblick auf künftige Hauptfeststellungen des Grundbesitzes von Bedeutung.

1.3.2 Grundbesitz-Einheitswert und Zeitnähe Es wird vorgetragen, daß gegen die Regelung des § 21 Abs.l Nr.l BewG, die einen Bewertungsrhythmus von sechs Jahren vorsieht, keine verfassungs rechtlichen Bedenken erhoben werden könnten58• Ungleichmäßigkeiten ergäben sich bisweilen schon nach kurzer Zeit. Sie seien zumeist jedoch so geringfügig, daß sie im Hinblick auf den mit einer Hauptfeststellung verbundenen großen Verwaltungsaufwand aus Gründen der Praktikabilität in Kauf genommen werden müßten und könnten. Ungewöhnliche Entwicklungen könnten und müßten nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BewG dadurch Rechnung getragen werden, daß die Hauptfeststellungen in kürzeren Zeiträumen vorgenommen werden59 • Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes60 haben sich die "Kaufwerte" für landwirtschaftliche Grundstücke in der Zeit von 1976 >T Steuergerechtigkeit, S. 61.· Kriele (Recht und praktische Vernunft, S.48) weist darauf hin, daß die Befolgung einer Norm nur zumutbar sei, wenn man die Gewißheit habe, daß jeder andere die Norm gleichfalls befolge (in dem Sinne, daß der Staat notfalls durch Zwang dafür sorgen muß). 58 Institut Finanzen und Steuern e. V., Verfassungswidrige Besteuerung des Grundbesitzes, Nr.71, S.21; Strunk, Einheitsbewertungvon Grundstücken, S.144. 59 Institut Finanzen und Steuern e. V., hier Fußnote V 58, S. 21. 60 Statistisches Jahrbuch 1982, S. 141, 500.

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bis 1980 nahezu verdoppelfi l . Die "Kaufwerte" für Bauland haben sich in der Zeit von 1975 bis zum 3. Vierteljahr 1981 sogar mehr als verdoppelfi2• Scholl (aus dem Bundesbauministerium) hält den Haus- und Grundbesitz für "die beständigste und sicherste aller Wertanlagen, die zugleich die höchsten Wertsteigerungsraten erzielte", woran "sich auch in Zukunft kaum etwas ändern dürfte"63. Selbst wenn also der in § 21 Abs.1 Nr.1 BewG geforderte Bewertungsrhythmus von sechs Jahren befolgt würde - was zur Zeit nicht geschieht (v gl. vorne S. 21) -, wären die neufestgestellten Grundbesitz-Einheitswerte bereits nach kurzer Zeit wieder überholt. Daß in Zukunft von der in § 21 Abs. 1 Satz 2 BewG gegebenen Möglichkeit, eine zusätzliche Hauptfeststellung durchzuführen, Gebrauch gemacht wird, darf außerdem nicht erwartet werden: Nach Angaben der Finanzverwaltung haben neueste Personalbedarfsschätzungen ergeben, daß ohne starke Aufstockung des vorhandenen Personalbestandes mindestens fünf Jahre für die Durchführung einer Grundbesitz-Hauptfeststellung benötigt werden. Aufgrund der Erfahrungen mit den vergangenen Grundbesitz-Hauptfeststellungen gehen sogar manche Angehörige der Finanzverwaltung davon aus, daß sich der gesetzliche Rhythmus von sechs Jahren nicht einhalten lasse. Vielmehr erwarte man in Zukunft Hauptfeststellungszeiträume von neun bis zwölf Jahren. Die auch vom Bundesverfassungsgericht" geforderte Zeitnähe der Einheitsbewertung des Grundbesitzes ist also nicht nur zur Zeit, sondern auch für die Zukunft nicht gewährleistet.

1.3.3 Die Erbschaftsteuer als nichtklassische einheitswertabhängige Steuer Das Bundesverfassungsgericht erkennt zwar, daß "es bei der Erbschaftsteuer weniger nahe liegt, den Grundbesitz mit Ertragswerten zu bewerten"6S und daß "der Bewertung grundsätzlich zeitnahe Einheitswerte zugrunde gelegt werden müssen"66. Es erkennt aber nicht, daß die Erbschaftsteuer keine klassische einheitswertabhängige Steuer isfi', so 61 Durchschnittlicher "Kaufwert" je Hektar Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung 1976 = 18723 DM/1980 = 36036 DM - vgl. hier Fußnote V 60. 62 Durchschnittlicher "Kaufwert" je Quadratmeter Bauland 1975 35,09 DM/3. Quartal 1981 = 73,10 DM - vgl. hier Fußnote V 60. 63 Wohne im eigenen Heim (Hrsg. Beamtenheimstättenwerk), Heft 1/1983, S.42 (43). 64 Beschluß vom 4. 6. 1976 - 1 BvR 360/74, BStBl. 11 1976, S. 637. 65 Beschluß vom 10.2.1976 1 BvL 8/73, BStBl. 11 1976, S.311 (315); vorne S. 45 ff. 66 Beschluß vom 4. 6. 1976 - 1 BvR 360/74, BStBl. 11 1976, S. 637 (638). 6' Die ursprünglichen Einheitsbewertungen des Grundbesitzes umfaßten die Erbschaftsteuer wegen ihrer Eigenart nur bedingt. Zu den "Einheitswert-

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daß sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Gedanken, die Erbschaftsteuer aus der unbefriedigenden Abhängigkeit zu den Einheitswerten zu lösen, nicht vertraut machen konnte. Das Bundesverfassungsgericht sagt zwar aus, daß die vorher breit geschilderten Schwierigkeiten, die der Gesetzgeber mit der Neuordnung der Einheitsbewertung des Grundbesitzes nach dem 2. Weltkrieg hatte, eine Rechtfertigung für die späte AktuaIisierung der Einheitswerte für die Vermögensteuer und Grundsteuer darstellte, nicht aber in vollem UmfanifB für die Erbschaftsteuer69. An dieser Stelle hätte m. E. ein Besinnen auf die Grundidee der Einheitsbewertung des Grundbesitzes (vgl. vorne S. 20, 36 f., 74 f.) ein Plädoyer für die Abkoppelung des Erbschaftsteuerrechts von diesem erstarrten Bewertungsverfahren auslösen können. Es wurde aber lediglich diskutiert, ob es möglich gewesen wäre, für die Erbschaftsteuer benötigte Grundbesitzwerte vorweg als Einheitswerte nach den Wertverhältnissen zum 1. 1. 1964 festzustellen. Die politische Entwicklung, die dahin ging, das Erbschaftsteuerrecht insgesamt umzugestalten, wurde dann schließlich als Rechtfertigung für die weitere erbschaftsteuerliche Verwendung der Grundbesitz-Einheitswerte 1935 bis Ende 1973 herangezogen. In diesem Zusammenhang wurde auf zu erwartende "Unzuträglichkeiten" bei der Abfassung von Testamenten, Erbverträgen und Gesellschaftsverträgen gerade bei größeren Vermögen hingewiesen, die eine zweimalige, kurz hintereinander folgende Änderung des Erbschaftsteuergesetzes ausgelöst hätte. M. E. war das Bundesverfassungsgericht auf dem richtigen Weg, als es die Unvergleichbarkeit der Erbschaftsteuer mit anderen durch die Einheitsbewertung bedienten Steuerarten herausarbeitete. Das fehlende Bewußtsein um die ältere geschichtliche Entwicklung der Grundbesitzbewertung im Erbschaftsteuerrecht mag jedoch die Erkenntnis verhindert haben, daß einerseits die Erbschaftsteuer nicht notwendig von der Einheitsbewertung des Grundbesitzes abhängt und andererseits das Gefüge der Einheitsbewertung durch eine Abkoppelung der Erbschaftsteuer auch nicht durcheinandergeworfen worden wäre, vielmehr wäre der wirklichen Grundidee (vgl. vorne S.20, 36 f., 74 f.) mehr entsprochen worden. Die zuletzt wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts können kaum überzeugen: "Unzuträglichkeiten" werden besteuern" der ersten Reichsbewertungsgesetze gehörte nicht die Erbschaftsteuer (vgl. vorne S. 36 f., 74 f.). 68 M. E. überhaupt nicht; so auch Kapp, BB 1976, S. 473 (475). 69 Hier Fußnote V 65, S. 317, 316 ff.; vorne S. 45 ff.

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hauptet, nicht aber erläutert. Der durch eine Aktualisierung von Grundbesitzwerten hervorrufbare Wegfall einer Vielzahl von Ungereimtheiten (vgl. vorne S. 22 ff., 73 ff.) wurde nicht mit in die Überlegung einbezogen. Warum eine als notwendig erkannte Änderung der Rechtslage bis zu einer (auf politischen Erwägungen beruhenden) geplanten Gesetzesänderung aufgeschoben bleiben darf, ist m. E. nicht erkennbar.

1.3.4 Verwendung des erworbenen Vermögensgegenstandes Der Auffassung, daß bei der Ermittlung des Werts (richtig: bei der Festlegung des Werts oder einer Wertfiktion) der Erbschaft berücksichtigt werden müsse, wie der Erbe das geerbte Vermögen zu verwerten gedenkt, ob etwa als land- oder forstwictschaftliches Vermögen oder als Bauland70, wird nicht gefolgt: Wie die Einkommensteuer erfaßt die Erbschaftsteuer die Zunahme wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit (vgl. vorne S. 100). Ob der erhaltenen Fähigkeit entsprechend gehandelt wird, kann keine Berücksichtigung finden. Es kommt nur darauf an, was der Steuerpflichtige erhält und nicht, was er mit dem Vermögenszuwachs macht, ob er die Bereicherung (z. B. in Geld) verbraucht, durch Anlegen in Wertpapiere langfristig nutzt oder lediglich mittels eines Sparbuches oder gar nur Sparstrumpfes hortet. Ob der Steuerpflichtige den erhaltenen Grundbesitz behält, irgendwann einmal veräußert, verschenkt oder (teil-) vernichtet, ist für die bei der Erbschaftsteuer entscheidende Frage nach der Bereicherung zu einem bestimmten Zeitpunkt irrelevant. Die beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im Vergleich zu anderem Grundbesitz geringere Ertragsfähigkeit spiegelt sich im Verkehrswert wider und würde also auch ohne einen bestimmten Minderwert (sog. Ertragswert) berücksichtigt (dazu vorne S. 98 ff.). Erhält der Erbe wertvolles Bauland und will er darauf einen Bauernhof betreiben, so ist dies - entsprechend dem Inhaber eines gefüllten Sparstrumpfes - allein seine Sache; der Verkehrswert des erworbenen Objekts und damit die Bereicherung werden dadurch nicht beeinflußt.

1.3.5 Gesamtsteuerbelastung der Grundbesitzer Es ist die Rede davon, daß die Grundbesitzer eine nur auf sie zugeschnittene Steuer - nämlich die Grundsteuer - zu zahlen haben und 70 So Tikpe, Steuerrecht, .8. Auflage, S.354. In diese Richtung gehend auch schon die Begründung zur Vorlage eines Entwurfs des ErbStG 1919, Nr. 376 der Drucksachen der Nationalversammlung 1919, Band 335, S. 26 -·vgl. vorne S.32.

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insoweit eine Ungleichheit gegenüber anderen Vermögensart-Besitzern bestehe. Dieser Nachteil sei durch Vorteile bei anderen einheitswertabhängigen Steuern auszugleichen71 • In der Tat ist das Nebeneinander von Grundsteuer und Vermögensteuer beim Ansatz der Verkehrswerte nur noch schwer zu rechtfertigen72 • Dies sollte jedoch nicht zum Anlaß genommen werden, die Berücksichtigung zeitnaher Werte für den Grundbesitz bei allen einheitswertabhängigen Steuern - und damit auch bei der Erbschaftsteuer - auszuschließen. Gesamtsteuerbelastungsberechnungen als Beleg für die Nichtprivilegierung des Grundbesitzes73 sind wenig aussagekräftig, da sie u. a. die Befreiungsmöglichkeit von der Grundsteuer und den Umstand nicht berücksichtigen, daß mit Schulden belasteter Grundbesitz nach steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen oft überschuldet ist und somit nicht nur der Grundbesitz selbst, sondern darüber hinaus noch weitere Vermögensgegenstände nicht der Erbschaftsteuer unterliegen (vgl. vorne S. 22 f.). überdies erscheint es schon mehr als fraglich, ob die Ungleichheiten im Erbschaftsteuerrecht überhaupt durch andere Ungleichheiten zwar im entgegengesetzten Sinne, aber in einem ganz anderen Bereich des Steuerrechts kompensiert werden können. Wie kann z. B. eine effektive Steuerersparnis von 3 360 000 DM (vgl. vorne S. 22 f.) der Höhe nach über die Grundsteuer ausgeglichen werden und wie kann ein Ausgleich über die Grundsteuer dem Grunde nach stattfinden, wenn der aus Grundbesitz bestehende Nachlaß umgehend veräußert wird? Will man die von Braun74 gekennzeichneten Vorteile (z. B. Unabhängigkeit von der Geldentwertung), die der Grundbesitzer im Gegensatz zu anderen Vermögensbesitzern genießt, nicht als Ausdruck besonderer Leistungsfähigkeit betrachten und somit niCht als Rechtfertigungsgrund für die Grundsteuer gelten lassen, so sollte der Hebel bei der Vgl. vorne S. 65 f. Vgl. die von Tipke (Steuerrecht, S. 402 f.) zusammengestellten Literaturstimmen für und gegen die Beibehaltung der Grundsteuer. Die von Braun (BB 1982, S.482) so trefflich beschriebenen Vorzüge, die die Grundbesitzer im Gegensatz zu anderen Vermögensbesitzern genießen, könnten allerdings auch weiterhin als Rechtfertigungsgrundfür die Beibehaltung der Grundsteuer angesehen werden. 73 So Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V., Bearbeiter: v. Arnim / Borell / Schelle, Zur Reform der Bodenbesteuerung, S. 14 f. (dort Fußnote 13); Kleeberg, BB 1971, S.1315; ders., BB 1973, S.1225; Glier, Inf. 1979, S.436; Streibl in einem Interview mit der Zeitschrift des Deutschen Siedlerbundes "Familienheim und Garten" 1982, S.214; überzeugend gegen Glier: Strunk, StuW 1980, S.51. 74 BB 1982, S. 482. 71

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Grundsteuer selbst angesetzt und für die Abschaffung dieser Steuer plädiert werden7s •

1.3.6 Steuerzahlungsschwierigkeiten der Grundbesitz-Erwerber Es wird vorgetragen, daß der Grundbesitz gegenüber anderen Vermögensgegenständen ungleich und deshalb anders zu behandeln sei, weil Immobilien sich schlechter als z. B. Wertpapiere "flüssig machen" ließen, um z. B. die festgesetzte Erbschaftsteuer zahlen zu können76 • Dem ist folgendes entgegenzuhalten: a) Im Verkehrswert einer Sache schlagen sich alle Vor- und Nachteile des Bewertungsobjekts nieder (vgl. Legaldefinition des Verkehrswerts in § 9 BewG), dazu zählt auch die gute oder schlechte Liquidationsfähigkeit von Liegenschaften. b) Möglicherweise muß die Erbschaftsteuer aus dem ererbten oder geschenkten Vermögen bezahlt werden, weil anderes Vermögen nicht vorhanden ist. Dann kann, wenn lediglich Immobilien vorhanden sind, die Entrichtung der Steuer problematisch sein. Für diese Fälle ist jedoch mit den einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung (Stundung: § 222/ Erlaß: § 227) schon ausreichend Vorsorge getroffen worden. Darüber hinaus ist gemäß § 28 ErbStG dem Erwerber von Betriebsgrundstücken und/oder land- und forstwirtschaftlichen Vermögen die darauf entfallende Steuer auf Antrag bis zu sieben Jahren insoweit zu stunden, als dies zur Erhaltung des Betriebs notwendig istTI. Liquiditätsschwierigkeiten der Grundbesitzer und damit Schwierigkeiten bei der Entrichtung der Erbschaftsteuer werden also auch schon ohne die Unterbewertung des Grundbesitzes angemessen berücksichtigt.

1.3.7 Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer Vereinzelt wird noch mit der Begründung, die Erbschaftsteuer sei eine Verkehrsteuer, geschlossen, der Gesetzgeber dürfe für unterschiedliche Erwerbe schon deshalb unterschiedliche Maßstäbe ansetzen, weil es ihm freistehe, den Rechtsverkehr mit einzelnen Gegenständen zu besteuern, den anderen dagegen nicht78 • Dazu Jessberger, BB 1982, S. 733 (737). Vgl. die aufgrund dieses Aspekts gegebenen (geschichtlichen) Zahlungserleichterungen ~·vorne.Fußnoten 11 6,11 11,.11 17,11 27. TI Dazu Beyer, Grundprobleme des Erbschaftsteuerrechts, S.97; Schild, Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerpolitik bei der Unternehmernachfolge, S. 348 ff.· 78 VgI .. Hinweis in BFH-Beschluß vom 18.12.1972 11 R 87-89/70, BStBI. II 1973, S.329 (349/linke Spalte); Leisner (Verfassungsrechtliche Grenzen· der 7S

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V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

Betrachtet man die Einordnung der Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer in vielen Fachzeitschriften79 , von anerkannten Erbschaftsteuer-KommentatorenllO und sogar durch den Jahresbericht des Bundesfinanzhofs für 198281, so ist man geneigt, kraft dieser Autoritäten jedenfalls der Qualifikation der Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer zuzustimmen. Fraglich ist aber bereits, ob überhaupt der Ausgangspunkt dieser Argumentation richtig gewählt ist. Wenn die Erbschaftsteuer tatsächlich eine Verkehrsteuer wäre, könnte dann der Gesetzgeber wirklich ohne Verstoß gegen Art. 3 GG unterschiedliche Bewertungen vorschreiben? Müßte nicht vielmehr bei der Zuordnung der Erbschaftsteuer zu den Verkehrsteuern - wovon die meisten nach Aussage des Bundesfinanzhofs82 keinen tieferen Sinn als den haben, dem Staate Geld zu bringen wegen Beliebigkeit und Regellosigkeit dieser Steuern erst recht die Frage nach Recht und Unrecht aufgeworfen werden83 ? Diese Fragen können hier jedoch letztlich offen bleiben. Bei genauerem Hinsehen wird nämlich klar, daß Aufhänger der beschriebenen Einordnung lediglich der äußere Vorgang der übertragung von Vermögen durch Erbfall oder Schenkung von einer Person auf eine andere ist und daß nur insoweit der Erbschaftsteuer - wenn überhaupt - ein Verkehrsteuercharakter zugesprochen werden kann. Gegenstand der Besteuerung ist dagegen - und darauf kommt es an - nach herrschender Auffassung nicht ein Rechtsverkehrsakt, sondern die dadurch ausgelöste Bereicherung einer Person84 • So hat denn auch der Bundesfinanzhof in seinem "Endlos-Vorlage'beschluß" aus dem Jahre 1972 zu Recht den eingangs vorgeführten Schluß als Fehlschluß und die Erbschaftsteuer nicht als Verkehrsteuer, sondern als Bereicherungssteuer gekennzeichnet und dies mit dem Standpunkt des Grundgesetzes belegt85 • Erbschaftsbesteuerung, S. 32 f.) geht von einem Mischcharakter der Erbschaftsteuer aus - bei der Erbschaftsteuer träfen Elemente der Verkehrsteuern und Besitzsteuern zusammen. 79 Vgl. z. B. DStR 1983, Heft 3, Umschlagseite V; DStR 1982, Heft 19, Umschlagseite IV-VI und Heft 15, Umschlagseite VI. 80 Troll, ErbStG, Einf. 1; Kapp, ErbStG, § 9 Rz. 10. 81 S. 30 ff. (32). 82 Beschluß vom 8.11. 1972 11 B 24/72, BStBI. 11 1973, S.94 (96/linke Spalte). 83 Dazu Tipke, Steuergerechtigkeit, S. 104 f. 84 Dazu Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, S.24; vorne Fußnote V 49. 85 18.12.1972 11 R 87-89/70, BStBl. 11 1973, S.329 (349/linke Spalte). In einer neue ren Entscheidung des 11. Senats wird allerdings die Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer bezeichnet und daraus für die Frage der Ausführung der Zuwendung 1. S. von § 9 Abs. 1 Nr.2 ErbStG eine rechtlich erhebliche Schlußfolgerung gezogen - Urteil vom 22.9. 1982 11 R 61/80, BStBI. 11 1983, S. 179 (180).

1. Art. 3 GG: Gleichheit vor dem Gesetz

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Daher kann festgestellt werden, daß die Einordnung der Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer - jedenfalls gemessen an dem Gegenstand dieser Steuer (= Bereicherung einer Person) - nicht gerechtfertigt ist. Damit entbehrt die aufgrund dieser Steuerartbestimmung ausgelöste (auch vom Ansatz her schon fragliche) Schlußfolgerung jeder Grundlage. 1.3.8 Fazit

Die Erbschaftsteuer hat eine Ergänzungsfunktion zur Einkommensteuer.86. Beide Steuerarten knüpfen an an die Zunahme wirtschaftlicher Leistungsfähigkeita7. Im Unterschied zur Einkommensteuer fällt die Erbschaftsteuer wegen der Unbestimmtheit des Vermögenszuwachses durch Schenkung oder Erbfall nicht periodisch, sondern aperiodisch an. Bezüge sind im Einkommensteuerrecht grundsätzlich gleich zu besteuern88• Bestehen Einnahmen nicht in Geld, so ist der aktuelle Verkehrswert der geldwerten Güter maßgebend89 • Nicht anders darf es im Erbschaftsteuerrecht sein, d. h. für die gleiche Bereicherung muß die gleiche Steuerlast zu tragen sein; ansonsten ist das Gebot der Steuergerechtigkeit verletzt. Tatsächlich wird aber im Erbschaftsteuerrecht für Grundbesitz nicht dem Grundsatz entsprechend (§ 12 Abs.l ErbStG) der aktuelle Verkehrswert, sondern ein nach den Wertverhältnissen zum 1. 1. 1964 (also ein völlig veralteter), teilweise mit geringen Zuschlägen versehener sog. Uedenfalls überwiegend) Ertragswert (= Einheitswert) verwendet. Die vorne angeführten Beispiele (S. 22 ff.) zeigen, daß trotz wertmäßig (relativ) gleicher Bereicherung Ungleichheiten (in Form von unterschiedlichen Steuerlasten) zwischen Grundbesitz-Erwerbern und Erwerbern anderer Vermögensgegenstände einerseits und, da die verschiedenen Grundbesitzarten nicht nach einheitlichem Maßstab bewertet werden und die Wertsteigerungen unterschiedlich intensiv verlaufen sind (vgl. vorne S.22), unter Grundbesitz-Erwerbern andererseits. Das auch bei der Erbschaftsteuer maßgebliche Leistungsfähigkeitsprinzip, das auf den Vermögenszuwachs Bezug nimmt, wird ohne sachliche Rechtfertigung nicht eingehalten. Dazu Meincke in Meincke / Michel, ErbStG, Einführung Anm.2; Haller,

Die Steuern, S. 356; Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, S. 163 f., 86

86 f.

87 Vgl. zu den Rechtfertigungslehren der Erbschaftsteuer Tipke, Steuerrecht, S. 350 f.; Bianca Fischer, StuW 1978, S.345 und kritisch dazu Dieter Schneider, StuW 1979, S.38. 88 Vgl. aber die Sondertatbestände der §§ 13 a, 21 a EStG. 89 Vgl. § 8 Abs. 2 EStG.

110

V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

Die Durchbrechung der sachgerechten Regel kann zwar gerechtfertigt sein, wenn - so wie es Tipke90 beschreibt - die Durchbrechung mittelbar auch dem Gemeinwohl, der Allgemeinheit dient und nicht bloß eine Gruppe um ihrer selbst willen begünstigt. Da aber die steuerliche Unterbewertung des Grundbesitzes die Masse der Nicht-Grundbesitzer weder unmittelbar noch mittelbar begünstigt, sind alleinige Nutznießer dieses Vorteils die Erwerber des Grundbesitzes. Eine bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung zu berücksichtigende Ungleichheit einmal zwischen Grundbesitz und anderen Vermögensgegenständen und zum zweiten innerhalb des Grundbesitzes besteht nicht. Ein Rechtfertigungsgrund für die Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips ist auch nicht gegeben. Mithin stellt die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die steuerliche Unterbewertung (in Form der Einheitsbewertung) des Grundbesitzes einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar. 2. Art. 6 Abs. 5 GG: Schutz der nichtehelichen Kinder Nach Art. 6 Abs. 5 GG sind den nichtehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. Diesem Postulat des Verfassungsgebers hat der Gesetzgeber für das Erbrecht mit den §§ 1934 abis 1934 e BGB entsprochen. Beim Tode des Vaters wird zwar das nichteheliche Kind neben ehelichen Abkömmlingen und neben dem Ehegatten des Erblassers - wie früher - nicht Erbe, es bekommt aber an Stelle des gesetzlichen Erbteils einen Erbersatzanspruch gegen den oder die Erben in Höhe des Werts des Erbteils. Dieser Geldanspruch des nichtehelichen Kindes soll für einen vollen Wertausgleich zwischen den Abkömmlingen und dem Ehegatten des Erblassers sorgen, eine SchlechtersteIlung des nichtehelichen Abkömmlings soll auf diese Weise vermieden werden. Die Stellung des nichtehelichen Kindes als Inhaber eines Erbersatzanspruchs ist - jedenfalls nach bürgerlichem Recht - wirtschaftlich mit der Stellung eines Erben vergleichbar. Die andersartige Ausgestaltung dieser Position ist vorgenommen worden, damit sich die eigentliche Nachlaßauseinandersetzung im Kreise der ehelichen Familie des Erblassers vollzieht und nicht durch die Beteiligung nichtehelicher Abkömmlinge erschwert wird. Da das nichteheliche Kind über die genannten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz90

Steuergerechtigkeit, S.59.

2. Art. 6 Abs.5 GG: Schutz der nichtehelichen Kinder

111

buchs dieselbe Bereicherung wie ein erbberechtigtes Kind erfahren soll, ist diese Ausgestaltung eine rein technische Sonderregelung. Diese besondere technische Ausgestaltung im bürgerlichen Recht führt im Erbschaftsteuerrecht aber nun dazu, daß der Erbersatzanspruch wie jede andere Kapitalforderung mit dem Nennwert anzusetzen ist (vgl. § 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 BewG) und daß der Erwerb durch das nichteheliche Kind normal, d. h. nach dem Verkehrswert, versteuert wird - selbst dann, wenn der Nachlaß als Ganzes aus Grundbesitz besteht. Wie zufällig hier die Ergebnisse sein können, wenn Grundbesitz vererbt wird und ein oder mehrere nichteheliche Kinder vorhanden sind, zeigt ein vorne aufgeführtes Beispiel (S.24): Erhält das nichteheliche Kind einen Erbersatzanspruch, weil noch ein eheliches Kind vorhanden ist, zahlt das nichteheliche Kind 30750 DM an Erbschaftsteuer. Erbt dagegen das nichteheliche Kind neben einem weiteren sog. Kegel, so beträgt die Steuerlast für die - wertmäßig - gleiche Bereicherung lediglich 300 DM. Hier besteht also nicht nur eine Unstimmigkeit zwischen der Besteuerung des nichtehelichen und des ehelichen Kindes, sondern auch bei nichtehelichen Kindern untereinander. Um diese Diskrepanzen abzubauen, schlägt Meincke91 vor, durch Auslegung der zivilrechtlichen Bestimmungen vorläufig Abhilfe zu schaffen: Wenn sich nämlich die Zivil rechtsprechung zu einer Interpretation der

§§ 1934 a, 1934 b BGB entschließen wollte, nach der der Umfang des Erb-

ersatzanspruchs unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erbschaftsteuerlast zu ermitteln ist, so würde die höhere Steuerlast des Erbersatzanspruchs über einen zusätzlichen Ausgleichsbetrag des nichtehelichen Kindes anteilig auf die Erben verlagert. Hierzu ist zunächst zu sagen, daß zwar die Ungleichbehandlung zwischen nichtehelichen und ehelichen Kindern mit demselben Erblasser auf diese Weise beseitigt würde, nicht aber die Ungleichbehandlung der nichtehelichen Kinder untereinander. Vielmehr würde eine weitere Ungleichbehandlung neu entstehen, nämlich die der ehelichen Kinder untereinander, deren Steuerbelastung als Erben je nachdem, ob nichteheliche Kinder zu bedienen sind oder nicht, bei der gleichen Bereicherung unterschiedlich sein würden. Des weiteren ist fraglich, ob dieses Ergebnis durch eine Auslegung erreichbar wäre, da nach § 1934 b Abs. 1 BGB der Berechnung des Erbersatzanspruchs der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt wird. Der Bestand und der Wert des Nach91

In Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm.26.

112

V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

lasses wird m. E. aber nicht durch die persönliche Steuerschuld des nichtehelichen Kindes beeinflußt. Dieser Vorschlag wäre m. E. somit nur über eine Gesetzesänderung im Bereich des Zivilrechts möglich. Abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten, den zusätzlichen Ausgleichsbetrag des nichtehelichen Kindes zivil rechtlich festzulegen 92 , ist es wohl allgemein nicht wünschenswert, steuerrechtlich inakzeptable Ergebnisse über das nichtverantwortliche Zivilrecht - noch dazu mittels einer Gesetzesänderung - zu korrigieren. Darüber hinaus würde dadurch lediglich ein Symptom, nicht dagegen die Wurzel der Krankheit "Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Unterbewertung des Grundbesitzes" behandelt. So hält es auch Meincke93 für bedenklich, daß die Familie wegen der Nichtehelichkeit eines Kindes insgesamt mit einer höheren Steuer belastet wird. Selbst wenn also das nichteheliche Kind von den Erben einen weiteren Ausgleich für die im Vergleich zu den Erben höhere Erbschaftsteuerbelastung erhält (= zivil rechtlicher Zuschlag zum Ausgleichsbetrag), so bestehen zumindest wegen des zuletzt genannten Umstandes erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 6 Abs. 5 GG. Dieser Umstand ist aber nicht auf die §§ 1934 a ff. BGB, sondern auf die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Unterbewertung des Grundbesitzes zurückzuführen, so daß die mögliche Verfassungswidrigkeit ihren Grund in § 12 Abs. 2 ErbStG mit seinem Hinweis auf den Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes hat.

3. Art. 2 Abs. 1 GG: Allgemeine Handlungsfreiheit Nach Art. 2 Abs. 1 GG hat jeder das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen das Sittengesetz verstößt. Auf den ersten Blick mag es überraschen, daß auch die allgemeine Handlungsfreiheit des Bürgers durch den Staat aufgrund der erbschaftsteuerlichen Behandlung des Grundbesitzes beeinträchtigt sein könnte. Betrachtet man vorne die Beispiele (S. 22 ff.), so wird klar, daß die Grundbesitzer sich erheblicher schenkungsteuerlicher Vorteile für sich und für die z. B. beschenkten Angehörigen und erbschaftsteuerlicher Vorteile für ihre Erben sicher sein können. Diese Vorteile - für die der Gesetzgeber verantwortlich zeichnet - gehen in die Kaufpreisvorstellungen ein, so 92 Der zur Entscheidung berufene Zivilrichter müßte über ganz spezielle steuerrechtliche Kenntnisse verfügen. 93 In Meincke / Michel, ErbStG, § 3 Anm. 26 und Einführung Anm. 6.

3. Art. 2 Abs. 1 GG: Allgemeine Handlungsfreiheit

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daß dadurch aus der Sicht eines möglichen Erwerbers der Grundstücksmarkt belastet wird. Durch die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts (und anderer einheitswertabhängiger Steuern) an die Unterbewertung des Grundbesitzes entstehen verdeckte Steuervergünstigungen, die sich der Veräußerer von Grundbesitz bei einer Vermögensumschichtung in eine nichtprivilegierte Vermögensart bezahlen lassen will94 • Nur noch kapitalkräftige Kreise können diesem vom Gesetzgeber ausgelösten Verlangen der Grundbesitzer entsprechen. Der Durchschnittsbürger dagegen hat kaum noch die Möglichkeit, Grundbesitz zu erwerben, um z. B. als Familienheimbesitzer seine Persönlichkeit voll entfalten zu können. Anders formuliert bedeutet dies: Mit der Beseitigung der dargestellten Steuervergünstigungen würde der Grundbesitz als Kapitalanlage an Anziehungskraft verlieren. Die kapitalkräftigen Kreise würden dann nicht mehr so intensiv auf den Grundstücksmarkt drängen. Viele GroßGrundbesitzer hätten einen Grund weniger, an ihrem Grund und Boden als Kapitalanlage festzuhalten. Angebot und Nachfrage auf dem Grundstücksmarkt würden dann in einem für den möglichen Erwerber günstigeren Verhältnis stehen: Die Grundstückspreise würden sinken. Dies würde dem vielzitierten kleinen Mann entgegenkommen, der dann vielleicht überhaupt erstmals einen Grundstückserwerb ins Auge fassen könnte. Genau diese überlegungen waren mitbestimmend für das im Gesetzgebungsverfahren mehrfach gescheiterte Teilhauptfeststellungsgesetz 198395 ,96. Durch die Berücksichtigung zeitnaher Einheitswerte für die unbebauten baureifen Grundstücke sollte eine Belebung des Bodenmarktes eintreten, die die oben gekennzeichneten Folgen gehabt hätte. Festzuhalten bleibt, daß der Gesetzgeber durch die Bevorzugung des Grundbesitzes auch bei der Erbschaftsteuer den Erwerb eines Grund94 So auch Beyer, Grundprobleme des Erbschaftsteuerrechts, S.91; Troll, Grund und Boden - Politik und Steuern, S. 105 ff.; eine ähnliche Analyse ergibt sich aus der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer an die seit dem 1. 1. 1931 eingetretenen Wertrückgänge (RStBl. 1934, S.50): "Für die Landwirtschaft und den Grundbesitz ist durch großzügige Maßnahmen eine weitgehende Entlastung geschaffen worden, die sich auch in einer entsprechenden Werterhöhung auswirken muß." 95 Vgl. BT-Drucks. 9/1648, S. 5 f.; Balke, FR 1983, S. 33; ähnliche überlegungen findet man bereits bei Enneccerus, Die Steuer-Reform in Staat und Gemeinde (1892), S. 45 ff.; vgl. dazu auch den Bericht "Bauland eine der besten Kapitalanlagen" in ZKF 1982, S.72 f.; Bericht der Bundesregierung über das Zusammenwirken finanzwirksamer, wohnungspolitischer Instrumente, BTDrucks. 9/1708, S. 15 f., 60. 96 Schmid (Inf. 1982, S. 347 und DStZ 1982, S. 214, 215) hält die Auswirkungen dieser überlegungen dagegen aus m. E. nicht ersichtlichen Gründen für "unsozial" .

8 Balke

114

V. Erbschaftsteuerliche Grundbesitz-Bewertung und Grundrechte

stücks für viele Bürger erschwert bzw. ganz unmöglich macht. Dadurch ist die allgemeine Handlungsfreiheit vieler Bürger ohne sachlich einleuchtenden Grund beeinträchtigt97 •

4. Beginnende Abkehr der StaatsgewaIten von den Grundbesitz-Einheitswerten Betrachtet man die voranstehenden Ergebnisse der Grundrechtsprüfungen, so verwundert es nicht, daß sich die drei Gewalten unseres Staates schon in bestimmten Bereichen von den Grundbesitz-Einheitswerten distanziert haben: a) Der Gesetzgeber erklärt in dem neugeschaffenen § 21 Abs. 1 a BAföG, wonach ab dem 1. 1. 1983 eine von § 13 a EStG (= Durchschnittsbesteuerung bestimmter Land- und Forstwirte nach Grundbesitz-Einheitswerten) abweichende Ermittlung der Einkünfte erfolgen kann, "um sicherzustellen, daß auch insoweit Einkünfte in wirklichkeitsnaher Weise auf den Bedarf angerechnet werden", die Gewinnermittlung nach Grundbesitz-Einheitswerten für nicht wirklichkei tsnah. b) Die Rechtsprechung weist darauf hin, daß der Einheitswert eines Grundstücks von seinem Verkehrswert (mehr oder weniger) erheblich nach unten abweicht98 • In dem sog. Oktober-Urteil99 wird dann der Verkehrswert bei der Schenkungsteuer zur Ermittlung des unentgeltlich zugewandten Grundstücks-"Anteils" bei einer gemischten Schenkung100 herangezogen. 97 Dies übersieht Leisner (Verfassungs rechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, S. 61, 94), wenn er von "radikalen Steuerreformplänen" spricht, die darauf aus seien, die "Vererbbarkeit" von z. B. Groß-Grundbesitz auszuschließen. Aus den Formulierungen: "Am Ende steht die totale, kalte Enteignung und Sozialisierung allen Vermögens, das über einem kleinbürgerlichen erbschaftsteuerbegünstigten Niveau liegt. Eine solche Ablösung des Begriffs eines freien, bürgerlichen Eigentums durch ein begrenztes kommunistisches Kleineigentum ist verfassungswidrig" (S. 94) muß entnommen werden, daß Leisner den Erhalt des Groß-Grundbesitzes um jeden Preis (auch auf Kosten der allgemeinen Handlungsfreiheit vieler Noch-Nicht-Klein-Grundbesitzer) befürwortet; ein breit gestreutes Klein-Grundbesitzertum ist ihm offensichtlich unerwünscht (vgl. dazu auch die kritische Besprechung von Tipke, ZRP 1971, S. 158). Bei der Aussage von Kleeberg: "In unserer Wirtschaft besteht eine freie Wahl der Vermögensanlage" (BB 1973, S. 1225, 1226) war wohl ein Wunsch Vater des Gedankens. 98 BFH-Urteil vom 21. 10. 1981 11 R 176/78, BStBl. 11 1982, S.83 (84/rechte Spalte). 99 Hier Fußnote V 98; vorne Fußnote 11 109. 100 Näheres vorne S. 57 f.

4. Beginnende Abkehr der Staatsgewalten von Einheitswerten

115

c) Die Verwaltung setzt für Vermögensteuerzwecke bei der Ermittlung des gemeinen Werts von nichtnotierten Aktien und Anteilen (sog. Stuttgarter Verfahren) den Grundbesitz mit dem Verkehrswert an; u. U. dürfen 280 % des Einheitswerts angesetzt werden lol • Im folgenden Teil VI wird versucht aufzuzeigen, welche Auswirkungen auf das Erbschaftsteueraufkommen bei der Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert zu erwarten sind.

101

Vgl. Abschnitt 77 Abs.3 VStR.

VI. Welche Auswirkungen auf das Erbschaftsteueraufkommen sind bei der Ersetzung des Einheitswerts durch den Verkehrswert für Grundbesitz zu erwarten? Das Erbschaftsteueraufkommen betrug im Jahre 1981 1092 Mio. DM!. Das sind ca. 0,31,)/0 des Gesamtsteueraufkommens des Bundes, der Länder und Gemeinden (1981: 370319 Mio. DMf Im Vergleich zu anderen Steuerarten muß das Erbschaftsteueraufkommen als niedrig bezeichnet werden. M. E. liegt das nicht zuletzt an der Tatsache, daß in der Bundesrepublik Deutschland weitgehend faktische Erbschaftsteuerfreiheit für den Grundbesitz besteht, die in vielen Fällen sogar noch auf andere Vermögensgegenstände ausstrahltJ. Man könnte allenfalls noch von einer indirekten Besteuerung des Grundbesitzes hinsichtlich der Pflichtteils-, Vermächtnis- und Erbersatzansprüche sprechen, die sich auf Nachlässe mit Grundstücken beziehen. In der folgenden Erbschaftsteuer-Schätzung für den Fall der Ersetzung des Grundbesitz-Einheitswerts durch den Verkehrswert geht der Verfasser davon aus, daß z. Zt. - grob gesehen - der gesamte Grundbesitz im Inland nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Der gesamte Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland hat einen Verkehrswert von ca. 2 085 490 Mio. DM5. ! Vgl. Statistisches Jahrbuch 1982 für die Bundesrepublik Deutschland, S.418. 2 Vgl. hier Fußnote VI 1. 3 Vgl. vorne S. 22 f.; auch Strunk (Einheitsbewertung von Grundstücken, S.156, dort Fußnote 2) führt das geringe Erbschaftsteueraufkommen auf die zu niedrigen Einheitswerte zurück. 4 Zwar führt auch der niedrige Einheitswert manchmal zu einer Erbschaftsteuer-Festsetzung, dafür löst er aber auch bei belastetem Grundbesitz des öfteren einen Negativerwerb aus mit Ausstrahlungswirkung auch auf andere Vermögensgegenstände (dazu vorne S. 22 f., 85). 5 Die Einheitswertsumme für Grundvermögen beträgt nach Feststellungen des Statistischen Bundesamtes 363994 Mio. DM (Fachserie 14 Finanzen und Steuern, Reihe 7.5.2, Einheitswerte des Grundvermögens 1964 (1979), S.20). Eine Hochrechnung mit dem Faktor 5 (vgl. vorne S. 22) ergibt einen Verkehrswert von 1 819 970 Mio. DM. Die Einheitswertsumme für land- und forstwirtschaftliches Vermögen beträgt nach Feststellungen des Statistischen Bundesamtes 26552 Mio. DM (Einheitswertstatistik land- und forstwirlschaftliches Vermögen 1964, S.2 f.). Eine Hochrechnung mit dem Faktor 10 (vgl. vorne

VI. Auswirkungen auf das Erbschaftsteueraufkommen

117

Nach der Erbschaftsteuerstatistik 19786 betrug der Wert des Gesamterwerbs 7421 Mio. DM, die festgesetzte Steuer betrug ca. 10 Ofo davon, nämlich 732 Mio. DM. Daraus läßt sich herleiten, daß ca. 1/10 des Grundbesitz-Verkehrswertes bei jeder übertragung durch Schenkung und/ oder durch Erbfolge an den Staat gehen würde. Geht man davon aus, daß ca. alle 30 Jahre ein Generationenwechsel eintritt, so ergäbe sich in Zukunft eine beträchtliche Steigerung des jährlichen Erbschaftsteueraufkommens, nämlich um ca. 6951 Mio. DM7 •

S.22) ergibt einen Verkehrswert von 265520 Mio. DM. Der Gesamt-Grundbesitz-Verkehrswert beträgt danach 2 085 490 Mio. DM. 6 Statistisches Jahrbuch 1982, S.446. Diese Relation wird auch weitgehend durch die dort abgedruckten EI'bschaftsteuerstatistiken 1973 bis 1977 bestätigt. 7 2085490 Mio. DM X 10 Ofo= 208549 Mio. DM. Davon 1/30 sind 6951 Mio. DM. Allerdings berücksichtigt diese Schätzung nicht in Gänze die Wirkungen der persönlichen Freibeträge und nicht die Tatsache, daß sich Grundbesitz im Betriebsvermögen juristischer Personen befindet, somit dieser heute schon mittels übertragungen der Anteile durch Schenkung oder Erbfolge voll der Erbschaftsteuer unterliegt (z. B. Aktien zum Börsenkurs = Verkehrswert). Dafür hat der Verfasser die Hochrechnungsfaktoren (vgl. vorne Fußnote VI 5) bewußt niedrig festgelegt; im: übrigen sei darauf verwiesen, daß die zugrunde gelegten Einheitswertsummen die Bebauung der letzten Jahre nicht berücksichtigen.

VII. Durchsetzbarkeit der vorgeschlagenen Änderung 1. Vollzug der vorgeschlagenen Änderung durch einen Spruch des Bundesverfassungsgerichts, durch ein neues Gesetz oder durch eine Rechtsverordnung? Es ist klar, daß - wie hier - eine Stimme in der Literatur, die die Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an die Grundbesitz-Einheitsbewertung für verfassungswidrig hält und für den Ansatz des Verkehrswertes plädiert, noch längst keine Änderung der tatsächlichen Rechtslage durch das Bundesverfassungsgericht zu veranlassen braucht. Weiterhin könnte Kapp mit seiner Meinung Recht behalten, die Ersetzung der Einheitswerte durch die Verkehrswerte in der Erbschaftbesteuerung sei zu revolutionär, als daß sich für ein entsprechendes Gesetz im Bundestag die erforderliche Mehrheit finden ließeI. Möglicherweise bedarf es aber gar nicht eines Spruches des Bundesverfassungsgerichts oder einer Verabschiedung eines Gesetzes, um die notwendige Ersetzung der Grundbesitz-Einheitswerte durch die Verkehrswerte zu vollziehen. Aufgrund des § 36 Abs.l Nr.l ErbStG ist nämlich die Bundesregierung (mit Zustimmung des Bundesrates) u. a. ermächtigt, zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Bewertung des Erwerbs durch Erbschaft oder Schenkung betrifft. Aus den Materialien des geltenden Erbschaftsteuergesetzes geht nun auch hervor, daß der Gesetzgeber nur für den Fall an den Grundbesitz-Einheitswerten festhalten wolle, wenn es gelänge, das Einheitswertverfahren so zu vervollkommnen, daß die Einheitswerte stets in etwa den Verkehrswerten entsprächen2• Ausdrücklich wird zwar § 36 ErbStG nicht als Mittel zum Zweck

(= aktuelle Verkehrswertbesteuerung auch des Grundbesitzes) ge-

nannf. Betrachtet man aber die Vorläufer dieser Ermächtigungsvor-

I BB 1980, S.1738 (1739); ders., Schwerpunkte des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, S. 154; ders., ErbStG, § 12 Rz.274. 2 BT-Drucks. VI/3418, S.67; vorne S.42. 3 BT-Drucks. VI/3418, S.77.

1. Vollzug der vorgeschlagenen Änderung durch die Staatsgewalten 119 schrift, so könnte die Möglichkeit einer Änderung der erbschaftsteuerlichen Bewertungsvorschriften im Verordnungswege zu bejahen sein: § 22 Abs. 3 ErbStG 19254 (mit seinen daraufhin ergangenen "Bestimmungen zur Durchführung der Wertermittlung" ErbStDB 19255, ErbStDB 192-?, ErbStDB 19287, ErbStDB 19298), § 22 Abs.3 ErbStG 19349, Art. 11 des Erbschaftsteueränderungsgesetzes 1951 10 und § 35 ErbStG 1959lJ • Z. B. hieß es in § 22 Abs. 3 ErbStG 193412 : Der Reichsminister der Finanzen trifft die näheren Bestimmungen zur Durchführung dieser Vorschriften. Er bestimmt insbesondere für die Fälle des Absatzes 2, welcher Wert anzusetzen ist, wenn ein Einheitswert für den erworbenen Gegenstand nicht festgestellt ist, und unter welchen Voraussetzungen statt des Einheitswerts ein anderer Wert zugrunde zu legen ist. Nach den Gesetzes-Materialien zu Art.II des Erbschaftsteueränderungsgesetzes 1951 13 sollte bezüglich der Ermächtigungsvorschriften sachlich nichts geändert werden. Dem könnte aber Art. 10 § 3 ErbStRG entgegenstehen, der bestimmt, daß die §§ 12, 16, 17 und 19 ErbStG (nur) für die Kalenderjahre gelten, in denen Grundstücke und Betriebsgrundstücke für die Erbschaftsteuer mit 140 % der auf den Wertverhältnissen am 1. 1. 1964 beruhenden Einheitswerte anzusetzen sind. Wie zweifelhaft diese Vorschrift ist, wurde bereits vorne (S. 62 ff.) deutlich gemacht. Letztlich würden dennoch die in Art. 10 § 3 ErbStRG (= im Verhältnis zu § 36 ErbStG die speziellere Norm) genannten Vorschriften beim Ansatz der Verkehrswerte für Privat- und Betriebsgrundstücke (nicht aber beim Ansatz des Verkehrswerts für das Landund forstwictschaftliche Vermögen) verfallen, so daß in diesen Fällen eine Wiedereinsetzung der §§ 12, 16, 17 und 19 ErbStG durch den Gesetzgeber erforderlich würde. Da das land- und forstwirtschaftliche Vermögen in Art. 10 § 3 ErbStG nicht erwähnt ist, könnte der Verordnungsgeber hier die aktuellen Verkehrswerte ansetzen lassen l4 • Bezüglich der übrigen Grundstücke könnte RGBl. I 1925, S. 320. RGBl. I 1926, S. 361. 6 RGBl. I 1927, S. 127. 7 RGBl. I 1928, S. 186. 8 RGBl. I 1929, S. 246. 9 RGBl. I 1934, S. 1057. 10 BGBl. I 1951, S.759. 11 BGBl. I 1959, S. 188. 12 RGBl. I 1934, S. 1057. § 22 Abs.3 DDR-ErbStG in der Fassung vom 18.9. 1970 (GBl. I 362/Deutschland DDR Texte, S.236) stimmt mit dem § 22 Abs.3 ErbStG 1934 noch fast wörtlich überein. 13 BT-Drucks. 1/1575, S. 19 f. 14 Ähnlich wie bei § 21 Abs. 1 a BAföG - dazu vorne S. 114. Im Hinblick auf 4

5

120

VII. Durchsetzbarkeit der vorgeschlagenen Änderung

er allerdings die miteinander kaum zu vereinbarenden Vorschriften (§ 36 Abs. 1 ErbStG/ Art. 10 § 3 ErbStG) lediglich dazu benutzen, eine der vorgeschlagenen Änderung entsprechende Rechtsverordnung mit dem Ziel zu erlassen, Freibeträge und Steuersätze außer Kraft treten zu lassen, um damit einen unhaltbaren Rechtszustand zu erzeugen, der den Gesetzgeber zum Handeln zwingt.

2. Mißbrauchbare Emotionen der Klein-Grundbesitzer a) Tatsache ist, daß das eigene "Häuschen" die Gemüter stärker bewegt als ein "dickes" Bankkonto. Dies ist zwar kein sachlicher, sondern ein emotionaler Gesichtspunkt. Es wäre aber wenig realistisch, bei einer solch einschneidenden Entscheidung - wie der Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert bei der Erbschaftbesteuerung - , und sei sie auch noch so richtig, auf eine sich von selbst einstellende Durchsetzbarkeit durch die gesetz- oder verordnungsgebenden Organe zu vertrauen. Sobald nämlich die Loskoppelung des Erbschaftsteuerrechts von der Unterbewertung des Grundbesitzes zur Entscheidung im Bundestag, im Bundesrat oder in der Bundesregierung ansteht, könnten bestimmte, "gerichtsbekannte"15 Kreise (vermutlich Groß-Grundbesitzer und Sympathisanten)16 versuchen, die große Schar der Klein-Grundbesitzer gegen diese bevorstehende Entscheidung mobil zu machen l7 • Folge einer entsprechenden "Sensibilisierung" der Klein-Grundbesitzer und der damit verbundenen Widerstandsbewegung l8 könnte sein, daß die Abgeordneten den möglichen Einwand, eine solche Rechtsverordnung verletze Art. 80 Abs. 1 GG, wird hingewiesen auf Ausführungen in dem Beschluß des BVerfG vom 11. 1. 1966 - 2 BvR 424/63, BVerfGE 19, S. 354 (362). 15 Nach Angaben des BFH sind bestimmte Kreise für das Scheitern der Bemühungen um eine Einheitswert-Reform verantwortlich - vgl. Urteil vom 5.11. 1964 IV 11/64 S, BStBl. III 1964, S.602 (606/linke Spalte). Das Institut Finanzen und Steuern e. V. macht 1965 ebenfalls bestimmte Interessengruppen für die Verhinderung der Grundbesitz-Neubewertung verantwortlich (Nr. 71, S. 5, 25 f.) - dazu auch Junghanns, Die Bewertung des nichtlandwirtschaftlichen Grundbesitzes, S.34. 16 Zur "Wirklichkeit der Auslieferung der parlamentarischen Demokratie an organisierte Interessen und Gruppenegoismen" vgl. Tipke / v. Hayek, StuW 1983, S. 1 (4 f.). 17 Vgl. schon jetzt Artikel mit reißerischen überschriften wie: "Grundbesitzer zur Kasse", WiWo vom 4.9.1981, Nr.37, S.48; "Hausbesitzer fürchten eine Steuererhöhung", HB vom 10.11.1981. 18 In einer Rede des Präsidenten des Deutschen Siedlerbundes (Eckert), die in der Zeitschrift des Deutschen Siedlerbundes ("Familienheim und Garten" 1982, S.287, 288) abgedruckt ist, heißt es: "Politiker, die den vorhandenen Bestand des Wohneigentums auf dem Wege über die Erhöhung der Einheitswerte zum leicht faßbaren Gegenstand eines verstärkten steuerlichen Zugriffs

2. Mißbrauchbare Emotionen der Klein-Grundbesitzer

121

der Parlamente und die Mitglieder der Bundesregierung die Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht als unpopulär empfinden und sich daran erinnern, daß sie auf Wählerstimmen angewiesen sind l9 • Den nicht auf bloßen Stimmenfang eingestimmten Politikern ist deshalb zu empfehlen, sich den Leitspruch von DietzeZ20 Man muß nicht aufreizen. Man muß aufklären21 zu eigen zu machen. Der Frontbildung aller Grundbesitzer sollte also mit Aufklärung begegnet werden. Es sollte den Klein-Grundbesitzern (z. B. den Familienheimbesitzern) geraten werden, sich nicht von den Groß-Grundbesitzern und deren Sympathisanten kopfscheu machen zu lassen. Die Steuermehrbelastung für die Erben, die durch Berücksichtigung des Familienheim-Verkehrswertes entstehen würde, hielte sich nämlich bereits heute aufgrund der geltenden Freibeträge und Steuersätze in bescheidenden Grenzen. Nach § 16 Abs.1 Nr.1 ErbStG bleiben steuerfrei für den Ehegatten des Verstorbenen 250000 DM, für die Kinder je 90000 DM (§§ 16 Abs. 1 Nr.2 in Verbindung mit 15 Abs. 1 ErbStG). Dazu kommen noch besondere Versorgungsfreibeträge: Für den Ehegatten 250000 DM, für die Kinder je 10 000 DM bis 50000 DM (nach dem Alter gestaffelt), die allerdings ggf. aufgrund nicht der Erbschaftsteuer unterliegender Versorgungsbezüge zu kürzen sind (vgl. § 17 ErbStG = begrenzte indirekte Besteuerung bestimmter Versorgungsbezüge). Geht man einmal von einer Durchschnittsfamilie mit vier Personen aus und stirbt ein Elternteil (= Hauseigentümer), so wäre bei gesetzlicher Erbfolge auf jeden Fall das unbelastete Hausgrundstück bis zu degradieren wollen und teilweise auch nicht einmal davor zurückschrecken, die Möglichkeit einer Besteuerung des letztlich nur inflationsbedingten nominellen Wertzuwachses zu fordern, arbeiten planmäßig darauf hin, diesen Prozeß des Auseinandersortierens der Einkommens- und Vermögensschichten auch in den Althausbestand hineinzutragen." In "Familienheim und Garten" 1983 (S.2) wird verlautbart: "Die Hauptsorge für den Gesamtbestand des selbstgenutzten Wohneigentums bleibt die bevorstehende Einheitswerterhöhung." Dort wird dann die zu erwartende Entscheidung für die Anwendung eines modifizierten Ertragswertverfahrens (Ziel: höchstens 50 Ofo des Verkehrswerts - dazu vorne S.61) als ein Erfolg der "siedlungspolitischen Bemühungen" des Deutschen Siedlerbundes gewertet. 19 Daran mag wohl auch Kapp gedacht haben, als er darauf hinwies, daß die vorgeschlagene Ersetzung des Einheitswerts durch den Verkehrswert eine Revolution in der Erbschaftbesteuerung bedeuten würde und daß ein entsprechendes Gesetz im Bundestag niemals die erforderliche Mehrheit finden würde - vgl. BB 1980, S. 1738 (1739) und vorne S.59. "Zu Stimmenfang und ,Wählerbestechung' durch Subventionen, Privilegien und andere Vorteile" vgl. Tipke / v. Hayek, StuW 1983, S. 1 (5 f.). 20 Reichsnachlaßsteuer oder Reichsvermögensteuer? , Titelblatt (1909). 21 Nach Ad. Wagner, hier Fußnote VII 20.

122

VII. Durchsetzbarkeit der vorgeschlagenen Änderung

einem Verkehrswert von 360 OOODM von den Erben nicht zu versteuern (Freibeträge: 250000 DM zzgl. 2 X 90000 DM/ohne Berücksichtigung der ggf. zu kürzenden Versorgungsfreibeträge). Nicht selten werden noch belastete Familienheime übertragen, so daß der steuerpflichtige Erwerb geringer wäre, mithin die persönlichen Freibeträge erst recht ausreichen würden. Sollten die Freibeträge wirklich einmal nicht ausreichen, so wären die Steuersätze und damit die Steuerbelastung für den überschießenden Betrag erträglich (3 Ofo bis zu 50000 DM/4 Ofo bis zu 100000 DM - § 19 Abs. 1 ErbStG). Will man darüber hinaus jeden übergang eines Familienheims in der engeren Familie (also auch die übertragung z. B. von der Mutter auf das einzige Kind - dazu vorne S. 69f.) erbschaftsteuerfrei belassen22 , so wäre das einzig angemessene Mittel die Erhöhung der persönlichen Freibeträge, da dann auch die Erwerber anderer Vermögensgegenstände davon profitieren würden; so könnte sichergestellt werden, daß z. B. Erben oder Beschenkte von dem erworbenen Geld sich ohne Erbschaftsteuerbelastung ein Familienheim anschaffen könnten23 • Fazit: Die Emotionen der Klein-Grundbesitzer sind für Zwecke der Groß-Grundbesitzer (Verhinderung der Erbschaftbesteuerung großer Ländereien in einer Hand) mißbrauchbar. Verantwortungsbewußte Politiker und Ministerialbeamte sollten dem entgegenwirken, indem sie die geltenden Erbschaftsteuer-Freibeträge und die niedrigen Eingangsteuersätze der Bevölkerung bei der Diskussion um die Einführung des Grundbesitz-Verkehrswerts im Erbschaftsteuerrecht vor Augen führen. Die Familienheimbesitzer z. B. könnten dann unschwer nachvollziehen, daß - wenn überhaupt - nicht sie "Hauptopfer" der aufzugebenden Unterbewertung des Grundbesitzes wären. Eine allgemeine (im Hinblick auf die veränderte Grundbesitz-Bewertung aber nicht notwendige) Erhöhung der persönlichen Freibeträge könnte hierbei unterstützend wirken. Auf diese Weise ließe sich der zu erwartende Widerstand der großen Zahl der Klein-Grundbesitzer gegen die Ersetzung des Einheitswerts für Grundbesitz durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht vermindern. b) Im übrigen sollte deutlich gemacht werden, daß die Umsetzung des hier gemachten Vorschlags in die Praxis zwar zu einer enormen Erhöhung des Erbschaftsteueraufkommens führen würde24, damit aber 22 Dazu aus den Materialien zum geltenden Erbschaftsteuergesetz: Deutscher Bundestag, Stenographische Berichte, 7. Wahlperiode 1973, 17. Sitzung, Band 82, S.809 (Huonker); Deutscher Bundestag, Steno graphische Berichte, 7. Wahlperiode 1973, 69. Sitzung, Band 85, S. 4121 (Porzner). 23 Dazu vorne S. 67 ff.

2. Mißbrauchbare Emotionen der Klein-Grundbesitzer

123

allgemeine Steuererhöhungen (die also alle treffen)25 vermieden werden bzw. geringer ausfallen können. Die vorliegende Arbeit will also nicht helfen, dem Staat die Kasse zu (über-)füllen, sondern will mit dazu beitragen, daß alle Bürger ohne Unterschied im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten beitragen216 und dem Zwecke dienen, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern27 •

Ohne Erhöhung der persönlichen Freibeträge: ca. 6951 Mio. DM. 25 Z. B. Umsatzsteuererhöhung. 216 Vgl. Art. 134 Weimarer Reichsverfassung vom 11.8. 1919. 27 Vgl. Art. 123 Abs.3 Verfassung des Freistaates Bayern vom 2. 12. 1946. 24

VIII. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1. Die Erbschaftsteuer ist eine nichtklassische einheitswertabhängige Steuer. Bei der Einführung der Grundbesitz-Einheitsbewertung im Jahre 1925 gehörte die Erbschaftsteuer nicht zu den "Einheitswertsteuern" des Reichsbewertungsgesetzes. Eine Einheitswert-Sperrklausel im Erbschaftsteuergesetz von 1925 für Grundbesitz-Einheitswerte, die abweichend von der Grundidee der Grundbesitz-Einheitsbewertung älter als ein Jahr waren, sollte dafür sorgen, daß veränderte Wertverhältnisse bei der Erbschaftsteuer berücksichtigt wurden. Die Ersetzung des Grundbesitz-Einheitswerts durch den Verkehrswert würde der Grundidee der Einheitsbewertung nicht widersprechen.

2. Die Erfassung aktueller Grundbesitz-Verkehrswerte bei der Erbschaftsteuer macht Gesetzesänderungen im Bereich der Steuersätze und Freibeträge nicht notwendig. Eine übergangsregelung ist auch nicht erforderlich. 3. Die Ermittlung des Grundbesitz-Verkehrswerts ist praktisch durchführbar. Stichworte: generelle Selbsteinschätzung des Steuerpflichtigen mit Angabe des Brandversicherungs- und Bodenrichtwerts und der mit dem Grundbesitz wirtschaftlich zusammenhängenden Schulden; Plausibilitätsprüfungen durch die von zuviel Vorschriften zu befreienden, dem Grundstücksmarkt nahestehenden Bewertungsbeamten; im Streitfalle Beauftragung des unabhängigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Gemeinde. Allgemeine positive Auswirkungen für die Rechtspraxis wären zu erwarten: Wegen Wegfalls vieler durch die Grundbesitz-Einheitswerte ausgelöster Abgrenzungsprobleme würden die Gerichte entlastet (Stichwort: Geld- oder Grundstücksschenkung?); die Arbeit der mit Grundbesitzbewertungs-Fragen befaßten Finanzbeamten bekäme mehr Sinn; die Gefahr eines den Rechtsverkehr belastenden "öffentlichen Glaubens" des Grundbesitz-Einheitswerts würde eingedämmt; der Einheit der Rechtsordnung käme man ein Stück näher. 4. Der generelle aktuelle Verkehrswertansatzaller Vermögensgegenstände entspricht dem Zweck der Erbschaftsteuer als Bereicherungssteuer. Die Ablösung des Grundbesitz-Einheitswerts durch den Ver-

VIII. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

125

kehrswert ist aufgrund der Art. 3, 6 Abs. 5 GG geboten. Auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG sollte der Vorschlag vollzogen werden. Die zu Recht schon begonnene Abkehr der drei Staats gewalten von den Grundbesitz-Einheitswerten in anderen Rechtsgebieten und in Teilbereichen des Erbschaftsteuerrechts würde so ihre konsequente Fortsetzung finden. 5. Bei Vollzug des Gebotenen, bei unveränderten persönlichen Freibeträgen, betrüge die Erhöhung des jährlichen Erbschaftsteueraufkommens ca. 6951 Mio. DM. 6. Die rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten sind: ein entsprechender Spruch des Bundesverfassungsgerichts und eine Gesetzesänderung; für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft würde bereits eine entsprechende Rechtsverordnung genügen. Die zu erwartenden sog. politischen Widerstände sind sehr groß. Die Emotionen der Klein-Grundbesitzer sind für Zwecke der GroßGrundbesitzer mißbrauchbar. Durch Aufklärung könnten die Widerstände abgebaut werden: Schon nach den bestehenden persönlichen Freibeträgen fiele bei gesetzlicher Erbfolge in einer Durchschnittsfamilie für ein Familienheim keine bzw. kaum Erbschaftsteuer an. Eine allgemeine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, die aber nicht notwendig wäre, könnte hierbei unterstützend wirken. Weiterhin konnte gezeigt werden, daß die Ersetzung des Grundbesitz..,Einheitswerts durch den Verkehrswert im Erbschaftsteuerrecht zwar zu einer beträchtlichen Erhöhung des Erbschaftsteueraufkommens führt, dadurch könnten aber Erhöhungen anderer Steuern (z. B. Umsatzsteuer) vermieden werden bzw. geringer ausfallen.

Verzeichnis der angeführten Gerichtsentscheidungen I. Bundesverfassungsgericht 23. 10. 1951

2 BvG 1/51, BVerfGE 1, S. 14

30. 4.1952 30. 1. 1953

1 BvR 14,25,167/52, BVerfGE 1, 1 BvR 377/51, BVerfGE 2, S. 118

s. 264

s. 58

17.12.1953

1 BvR 147, BVerfGE 3,

17.12. 1953 18. 12. 1953

1 BvR 323/51, 195/51, 138/52,283/52,319/52, BVerfGE 3, 1 BvL 106/53, BVerfGE 3, s. 225

20. 7.1954

1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/ 54, BVerfGE 4, S. 7

s. 162

22. 1. 1959

1 BvR 154/55, BVerfGE 9, S. 124 3. 2. 1959 2 BvL 10/56, BVerfGE 9, S. 137

17. 3. 1959

1 BvL 39,44/56, BVerfGE 9, S.201

14. 4. 1959

1 BvL 23, 34/57, BVerfGE 9, S.237

10. 5. 1960 28. 6. 1960 25. 7. 1960 14. 4. 1964

1 BvR 190, 363, 401, 409, 471/58, BVerfGE 11, S. 105 2 BvL 19/59, BVerfGE 11, S. 245 1 BvL 5/59, BVerfGE 11, S. 283 2 BvR 69/62, BVerfGE 17, S. 319

27. 5. 1964 1 BvL 4/59, BVerfGE 18, S.38 11. 1. 1966 2 BvR 424/63, BVerfGE 19, S. 354 7. 5. 1968 1 BvR 420/64, BStBl. 11 1968, S. 549 10. 5. 1972 1 BvR 286, 293, 295/65, BVerfGE 33, S. 171 27. 10. 1975 1 BvR 82/73, DB 1975, S. 2209 10. 2. 1976 1 BvL 8/73, BStBI. 11 1976, S. 311 4. 6. 1976 1 BvR 360/74, BStBI. 11 1976, S. 637 3.11. 1982

1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79, 363/80, BStBl. 11 1982, S. 717

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11 B 48/70, BStBI. 11 1971, S. 394

Verzeichnis der angeführten Gerichtsentscheidungen 22. 9. 1971

II S 1/71, BStBl. II 1972, S. 16

19. 7.1972

11 B 11/72, BStBl. 11 1972, S. 767

8.11. 1972

II B 24/72, BStBl. 11 1973, S. 94

18.12.1972

II R 87-89/70, BStBl. II 1973, S. 329

13. 4.1977 II R 162/71, BStBl. 11 1977, S. 663 12. 5. 1978 III R 18/76, BStBl. 11 1978, S.446 12. 12. 1979 11 R 157/78, BStBl. 11 1980, S.260 16. 6. 1980 111 B 41/79, BStBI. 11 1980, S. 487 24. 6. 1981

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21. 10. 1981

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17. 2.1982 11 R 160/80, BStBl. II 1982, S.350 14. 7.1982 II R 125/79, BStBl. II 1982, S. 714 22. 9. 1982 II R 61/80, BStBl. 11 1983, S. 179 10.11. 1982

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111. Reicbsfinanzhof 21. 5. 1931

I D 1/30, RFHE 29, S. 137

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Zeidler: Grundrechte und Grundentscheidungen der Verfassung im Wider-

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Namenverzeichnis Aristoteles 99 Arndt 96 v. Arnim 53, 54, 65, 68, 106

Hofmann 55, 56, 58, 73, 74 Huber 64, 65 Huonker 42, 122

Dalke 21, 67, 113 Beyer 56, 100, 107, 113 Birk 95, 97 Bockholt 74 Boll 99 BoreIl 53, 54, 65, 106 Braun 67, 106 Brecht 40 Breitenbach 53 Bremer 64, 65

Jenetzky 89 Jessberger 107 Junghanns 30, 76, 89, 120

Cohn 78 Crezelius 55, 108 Dickertmann 21, 56 Dietzel 82, 121 Doralt 88 Eckert 120 Enneccerus 97, 99, 100, 113 Felix 57, 58 Fikentscher 99 Finger 39 Fischer (Bianca) 109 Friauf 55, 56 Fröhlich 55, 90 Furkel87 Geisenheyner 87 Glier 57, 66, 106 Gigon 99 Gülich 41 Gutte 30, 56 Hagemann 59, 72 Haller 109 v. Hayek 120, 121 Hebing 87 Hensel 100 Hoffmann 84, 100

Kandler 87, 100 Kapp 22, 57, 59, 63, 77, 101, 104, 108, 118, 121 Katharina 11. 77 Kegel 78 Kipp 18 Kisker 56, 88 Kleeberg 56, 65, 106, 114 Koch 71 Körting 72 Kriele 102 Lang (Erwin) 59, 67 Langner 85 Lau 53 Leibholz 95 Leisner 56, 82, 98, 107, 114 Link 95 Ludewig 37 Martens 96 Marx 99 Megow 39 Meilicke 58 Meincke 18, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 30, 53, 54, 55, 58, 68, 73, 77, 99, 109, 111,112 Meng 53 Mennel87 Michaelis 79 Michel 18, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 30, 53, 54, 55, 73, 109, 111, 112 Mirre 82 Mittelsteiner 55 Moench 21, 26, 30, 55, 58, 60, 61, 63, 64, 70, 72, 74, 83 Mönter 54 Moxter 79 Mühl96

136 Noh156 NoIte 100 Novalis 82 Pausch 18, 82 Pelka 55, 76, 82, 86, 99 Petzoldt 22, 55 Pfender 39 Porzner 122 Potemkin 77 Poullain 90 Rössler 85 Ruckteschell 87 Ruppe 88 Schelle 53, 54, 65, 106 Schild 76, 107 v. Schlieben 36 Schmeck 78, 86 Schmid 113 Schmidt-Bleibtreu 71 Schmitz 55 Schneider (Dieter) 55, 109 Scholl 103 Schulz 55 Schulze zur Wiesche 58 Schürer-Waldheim 88 Serval 87 Sigloch 23, 55, 64 Simon 85 Söhn 83 Späth 63 Starck 95

Namenverzeichnis Steinberg 85 Stern 96 Stoll 88 Stölzle 36, 39 Streck 83 Streibl 57, 61, 106 Strunk 30, 55, 100, 102, 106, 116 Susemihl99 Taucher 88 Tipke 55, 56, 68, 69, 70, 76, 77, 86, 91, 96, 97, 98, 100, 102, 105, 106, 108, 109, 11~ 114, 12~ 121 Troll 21, 22, 41, 42, 55, 57, 58, 59, 69, 73, 76, 77, 79, 82, 85, 108, 113 Uelner 61, 71 Ulbrich 87 Vogel 76,99 Wagner 121 Walz 109 Weiler 59, 72 Weinberger 88 Weisse 87 Wöhe 56 Wolf-W~Iters 71 Wündisch 55, 76, 77, 81, 82, 89 Zeidler 58 Zimmermann 37