Einführung in die griechische Plastik an der Hand von Meisterwerken im Alten Museum [Reprint 2019 ed.] 9783111502977, 9783111136479


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German Pages 112 [120] Year 1931

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Vorwort
Inhalt
I. Der Archaismus
II. Das fünfte Jahrhundert
III. Das vierte Jahrhundert
IV. Die hellenistische Kunst
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Einführung in die griechische Plastik an der Hand von Meisterwerken im Alten Museum [Reprint 2019 ed.]
 9783111502977, 9783111136479

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EINFÜHRUNG IN DIE GRIECHISCHE PLASTIK AN DER HAND VON MEISTERWERKEN IM ALTEN MUSEUM VON

WALTER REINECKE

MIT EINEM VORWORT

VON

KARL ANTON NEUGEBAUER

VERLAG W A L T E R DE GRUYTER & CO. VORM. G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG / J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG / GEORG REIMER / KARL J. TRÜBNER / VEIT & COMP.

BERLIN

1931

LEIPZIG

Druck von Walter de G r u y t e r & Co., Berlin W 10

Vorwort Auf Wunsch der Verlagsanstalt stelle ich diesem Buche ein Wort der Einführung voraus. Der Verfasser, der kein Archäologe sondern in einem Schulamte tätig ist, hat sich mit seiner Arbeit das Ziel gesetzt, den Entwicklungsgang der griechischen Monumentalplastik vor ausgewählten Bildwerken in den Staatlichen Museen zu Berlin dem großen Kreise derjenigen darzustellen, die nach dem heute immer noch keineswegs verbreiteten Verständnis jener Kunst verlangen. Besonders ist dabei an die Jugend gedacht worden. Ich habe das Entstehen der Arbeit in zahlreichen Zusammenkünften mit dem Verfasser verfolgt und hatte dadurch auch die Möglichkeit zu manchem Hinweise auf unsere Fachliteratur, die dem Verfasser sonst unbekannt geblieben wäre. Doch hat er auf gelehrten Ballast verzichtet und sich darauf beschränkt, in schlichter, allgemein verständlicher Weise die für die besprochenen Skulpturen bezeichnenden künstlerischen Züge, oft im Vergleich mit anderen, vorher erwähnten, hervorzuheben. Das Buch kann in dieser Gestalt als Führer durch die Sammlung dienen, zumal da ihm die Nummern der Kunstwerke und ihre nach dem auf Seite 6 abgedruckten Situationsplan verständlichen Standorte in den einzelnen Sälen und Saalabteilungen beigegeben sind. Doch wird der Text, da jedes einzelne Kunstwerk abgebildet worden ist, auch einem Leser außerhalb des Museums von Nutzen sein. K. A. Neugebauer

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Inhalt Seite

I. Der Archaismus

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II. Das 5 . Jahrhundert

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I I I . Das 4 . Jahrhundert

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I V . Die hellenistische K u n s t

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WEST

OST l d

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Situationsplan des Alten Museums Die im Text angegebenen Standorte (z. B. IV, 6) bezeichnen Saal und Saalabteilung,

Diie Abteilungen

zählen in Saal I V von links nach rechts, in Saal V von rechts nach link-s

L Der Archaismus Die primitive Kunst der alten Völker in ihrer Frühzeit hat an allen Stellen der Erde menschliche wie tierische Gestalten in vereinfachender, oft formelhafter, dem Naturbilde keineswegs entsprechender Weise dargestellt. Aus diesen Anfängen haben sich bestimmte bildnerische Anschauungen entwickelt, die erstaunlich lange gültig geblieben sind. So entsprach der Würde des Menschen in Darstellungen des ruhigen Stehens oder Sitzens nur eine Haltung in den durch Tradition geheiligten Formen strenger Frontalität. Man versteht darunter eine solche Haltung, bei der sich der Körper durch eine von vorn senkrecht durch seine Mitte gelegte ideale Ebene in zwei gleichartige Hälften zerlegen läßt. Diese Wiedergabe der menschlichen Gestalt ist für die altorientalischen Völker stets typisch geblieben. Auch die Griechen sind in den ältesten Perioden ihres Kunstschaffens von solchen Formvorstellungen abhängig gewesen, und als im 7. Jahrhundert v. Chr. die im ganzen griechischen Kulturgebiet entstehenden Tempel monumentalen bildnerischen Schmuck erforderten, griff man auf bestimmte Darstellungstypen älterer Kulturvölker, besonders der Ägypter, zurück. Erst später schritten die Griechen fort zur freien Verwendung der unzähligen, durch die Natur gegebenen Darstellungsmöglichkeiten. Die ältesten Werke der griechischen Monumentalplastik bis zur Zeit der Perserkriege zu Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. nennt man archaisch oder altertümlich; sie erscheinen uns starr und unfrei und unterscheiden sich wesentlich von der Auffassung der Folgezeit. D a aber die künstlerische Phantasie der Griechen doch schon in dieser Zeit freier gewesen ist als die der Orientalen, so bemühten sie sich schon frühzeitig, die Gebundenheit der Form zu lockern. Aus der Anschauung der gymnastischen Übungen lernte der Grieche den menschlichen Leib und die Gesetze seiner Bewegung kennen.

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Daraus erwuchs ihm das Bestreben, ihn auch in der Kunst als lebendigen Organismus darzustellen, in der plastischen Form die immer klarer durchschauten Funktionen auch immer sinnfälliger zum Ausdruck zu bringen. Darum sind die archaischen Werke der Griechen, mögen sie uns auch naiv erscheinen, innerlich wahr. Doch nicht nur organische Richtigkeit strebte der griechische Künstler an, sondern auch individuelles Leben begann schon in archaischer Zeit seine Bildwerke zu erfüllen. Wenngleich es zuerst in einem eigentümlichen, für die alte Kunst typischen Lächeln besteht, das durch Hochziehen der Mundwinkel hervorgebracht wird, so ist es doch der erste Ausdruck der Seele, des Geistigen, des Lebendigen im Antlitz. So sehen wir im 6. Jahrhundert einen immer wachsenden Erfolg des Strebens nach Wahrheit und seelischem Ausdruck. Kurz nach 500 streift die griechische Plastik die Fesseln der Jahrtausende alten Überlieferung ab und überwindet das Archaische. Von da ab entfaltet sie sich, frei geworden, zu immer schönerer Blüte. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Menschen ihren künstlerischen Gestaltungstrieb zuerst an einem weichen, bildsamen Stoff geübt haben, z. B. an Holz und Ton, dann an einem weichen, porösen Kalkstein, den man in Attika, der Landschaft um Athen, Poros nannte. (Beispiele solcher Porosskulpturen betrachten wir S. 17 ff.) Damit der heutige Zustand der Bildwerke uns keine falschen Vorstellungen von griechischer Plastik vermittelt, sei darauf hingewiesen, daß die Griechen wie in ihrer Architektur, so auch in ihrer Skulptur Farbe in ausgiebigem Maße verwandten. Bei der Porosskulptur geschah es, um die Poren und Löcher der rauhen Oberfläche zu füllen, die Fläche zu glätten. (Beisp. s. S. 17 ff.) Ausschlaggebend aber war eine heitere Lebensfreude, die in archaischer Zeit an ungebrochenen, leuchtenden, für unsern Geschmack harten Farben Gefallen fand und darum rot, blau, auch grün bevorzugte, braun und violett seltener anwandte. Wir müssen jedoch bedenken, daß diese Farbengebung dem klaren, starken Licht der griechischen Landschaft durchaus angepaßt war, da die grelle südliche Sonne die Farben milderte. Die Farbe ordnete sich durchaus der plastischen Form unter; wo ihr Zweck, sie durch Farbengegensatz zu betonen oder zu verdeutlichen, in Überein-

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Abb. i

Stimmung mit der Wirklichkeit nicht zu erreichen war, griff der Künstler unbedenklich zu andern Farben. Reste von Bemalung sind bei einer Anzahl von Bildwerken aus archaischer Zeit deutlich zu erkennen. W i r beginnen unsere Betrachtungen vor Werken des jonischen Kunstkreises, der die westlichen Küstengebiete Kleinasiens und Inseln des ägäischen Meeres umfaßt. Ihm entstammt der J ü n g -

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l i n g v o n N a x o s Nr. 1555 I I I , Abb. 1. Das ägyptische Grundmotiv, den Körper frontal zu bilden, ist übernommen. Der Rest der linken Hand am linken Schenkel beweist, daß wie der rechte auch der linke Arm herabhing. Trotzdem das linke Bein etwas vorgesetzt ist, ruht die Last so gleichmäßig auf beiden Beinen, daß die Hüften ganz gleich gestaltet sind. Im Gegensatz zu den schurztragenden, ägyptischen Standbildern aber sind die griechischen nackt und ohne Rückenstütze. In der für die jonische Kunst bezeichnenden Art ist die Formgebung ohne Härten. Die weichen Partien des Bauches sind wenig durchgeformt. Nur die Teile, in denen der Knochenbau hervortritt (Kniegelenk, Schultergürtel) und die männliche Kraft ausdrücken (Schenkel, Arme, Brustmuskeln), zeigen genauere Beobachtung. Überhaupt kommt das Typisch-Männliche in den breiten Schultern und schmalen Hüften klar zum Ausdruck, allerdings in der Schlankheit, die die meisten auf den Inseln entstandenen Statuen auszeichnet. Als bekleidete Gestalt finden wir in der archaischen Kunst überwiegend Frauen, wenngleich Männer nicht fehlen. Beispiele dieser Art betrachten wir nacheinander in Nr. 1599, Nr. 1 7 9 1 , Nr. 1577. Sie zeigen uns, wie der Bildhauer sich mit dem Problem des Körpers und des verhüllenden Gewandes beobachtend und wiedergebend auseinandersetzte. Nr. 1599, der unterste Teil einer S t a t u e des A n a x i m a n d r o s , II Abb. 2 gibt das Gewand als walzenförmigen Block wieder. In der festen Umhüllung, deren Schluß nur durch eine dicke Röhrenfalte rechts angedeutet ist, verschwindet der Körper völlig. Die Vorderseite ist ganz flach, ohne die kleinste Vorwölbung über den Füßen, die unter dem in kurzem Bogen verlaufenden Saum sichtbar werden. Sie allein deuten auf den Körper hin, ändern aber an dem Unorganischen der Erscheinung nichts. Auch die S t e h e n d e F r a u m i t S t e i n h u h n Nr. 1791, I I Abb. 3 erscheint fast tektonisch geformt, im unteren Teile einem Baumstamm vergleichbar. Aber das Gewand liegt nicht mehr so fest an; es ist soviel Spielraum zwischen ihm und dem Körper, daß sich senkrechte Falten bilden können, die in straffer Linienführung aufstreben. Von den unteren Gliedmaßen sind auch nur die vorragenden, mit weichen Schuhen bekleideten Füße zu sehen; der untere Rand des jonischen Schleppgewandes legt sich, der

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Abb. 2

Wirklichkeit entsprechend, in etwas verbreitertem Kranz auf die Füße und den Sockel ringsherum. Unter dem weichen Stoff treten die weiblichen Formen des Oberkörpers hervor. Die Brüste stehen in typisch archaischer Art weit auseinander. Die Falten folgen schon den Formen und betonen auch die Richtung des linken Unterarms, der ein Steinhuhn an die Brust drückt. Der zierliche Saum des Umhangs rieselt rechts in einer richtig gesehenen Wellen-

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Abb. 3

Abb. 4

linie herab und mildert die strenge Einfachheit der unteren Partie. Unterarm und Gürtelbogen wirken der Senkrechten entgegen. In Nr. 1577, einer anderen F r a u m i t S t e i n h u h n II. Abb. 4 ist der Typus des nackten Jünglings Nr. 1555 insofern übernommen, als das rechte Bein vorgestellt ist. Das Gewand folgt der Bewegung: es liegt auf dem vorgesetzten Knie glatt und legt sich, wo es locker hängt, in Falten. Die Steifheit der frontalen Komposition ist durch die Haltung der Arme gemildert, die in Richtung und Funktion deutlich unterschieden sind : der rechte hängt herab und zieht das Untergewand in einer großen Querfalte zur Seite; der linke Unterarm ist in spitzem Winkel erhoben und drückt ein

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Abb. 5

Steinhuhn an die Brust, dessen Umriß aber bewegter ist als der des Steinhuhns bei Nr. 1 7 9 1 . Der Zug der rechten Hand wirkt sich auf der linken Seite darin aus, daß der straffgespannte Stoff am linken Bein nach hinten abwärtslaufende Falten wirft, die das Zurückstehen des linken Beins betonen. Durch die so entstandenen Querlinien, aber auch durch den auf schmaler Basis ruhenden, nach oben etwas breiter werdenden Körper, dessen konische Form den Eindruck des Labilen hervorruft, wird das Auge sinnfällig von der steifen Senkrechten abgelenkt. So macht sich ein feiner Sinn für gefällige Linienführung bemerkbar. Das entspricht der jonischen Art, die das Gefällige pflegt. Dieselbe

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Abb. 6

Einstellung lockert auch den Umhang wellig auf, bildet die Fältchen nach, die durch Knöpfung auf Oberarm und Schulter entstehen, und läßt den Saum in zarten Wellenlinien herabfallen. Locken hängen auf die Brust herab. Wie die meisten alten Statuen war auch diese bemalt. Auf der Vorderseite sind Reste von Farbe deutlich zu erkennen. Jonisch sind auch die drei sitzenden F r a u e n g e s t a l t e n a u s M i l e t Nr. 1574—1576. Sie erinnern an orientalische Vorbilder. Wir geben im Bilde Nr. 1574 II, Abb. 5 wieder. Die Frau sitzt schwer und ruhig, ohne Bewegung oder Belebung auf dem massigen Stuhl. Der Körper mit seinen weichen und vollen, aber nicht muskelkräftigen Formen ist nicht zu schwerer Arbeit geschaffen:

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er stellt den Typus der in Untätigkeit lebenden Vornehmen der östlichen Länder dar, und aus der affektlosen Haltung spricht auch wirklich ein stolzes Bewußtsein von Würde. Die Formen des Oberkörpers und der Gliedmaßen heben sich auch hier deutlich unter dem weichen Gewand ab. Die Falten oben fallen senkrecht, die über den Unterschenkeln in hängenden Bögen. Die Beine treten deutlich hervor, weil das Gewand zwischen ihnen zurückweicht. Dieser breite Mittelstreifen war mit durch Farbe wiedergegebener Stickerei bedeckt. Auch sonst erhöhte wahrscheinlich Bemalung den Eindruck. Auf den Schultern liegen die Enden eines Manteltuchs, das über den Hinterkopf gezogen wurde, etwa so, wie wir es an dem reizenden, anmutigen F r a u e n k o p f Nr. 1 6 3 1 II, Abb. 6 sehen. Der Saum des Kopftuches ging weiter abwärts über die Schultern. Unter dem straff gezogenen Stoff heben sich reizvoll die Ohrmuscheln ab, und unter dem Rand oben treten in schmalem Streifen die Haare hervor. Die Schlitzaugen mit den in archaischer Art hervortretenden Augäpfeln scheinen uns anzulächeln. Zu diesem Eindruck trägt auch der Mund bei, dessen Winkel leicht nach oben gezogen sind. Jugend liegt in Wangen, Lippen und Kinn. Eine ähnliche Weichheit der Formenwiedergabe zeigt die Gestalt des L ö w e n Nr. 1790 II, Abb. 7. Dem Tiere stand die Kunst der alten Zeit unbefangener gegenüber als dem Menschen. Darum finden wir bei den Tierbildern der archaischen Zeit eine große Frische, mehr Beobachtung, mehr Charakteristik, ja sogar Kühnheit. Gerade unser Löwe, eines der herrlichsten uns erhaltenen Tierbilder, zeigt, was diese Kunstgattung schon damals in Anlehnung an den ägyptischen Typus an Frische und Charakteristik und anschaulicher Wahrheit hervorbrachte. In bewundernswerter Weise hat der Künstler alles Nebensächliche beiseite gelassen und das Wesentliche zu großen, klaren und einfachen Flächen zusammengefaßt. Er kannte den Löwen, aber sein Werk ist eine künstlerische Neuschöpfung. Mit dem mächtig hingelagerten Leibe, der gleichsam aus dem Stein herauswächst, und den traurigen, aber auch lauernden Augen ist das königliche Tier ein eindrucksvoller und wachsamer Hüter des Grabes seines Herrn. — Etwas Dumpfes, Schweres lag in den jonischen Bildwerken. Die in unserer Betrachtung nun folgenden attischen Skulpturen

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Abb. 8

zeichnen sich aus durch größere Lebendigkeit, mehr inneres Leben, frische Erfassung der Wirklichkeit, Freude an der Mannigfaltigkeit der Erscheinung. Ein Beispiel von Porosplastik, die wohl attischen Ursprungs ist, besitzen wir in dem leider nicht gut erhaltenen J ü n g l i n g s k o p f Nr. 1490 III, Abb. 8. In dem nach oben breiter werdenden Gesichte wölben sich die Augen aus ovalen Mulden vor. Kinn und Wangen sind rundlich, doch gemahnen Linien und Flächen des Mundes an Schneidearbeit, wie sie das weiche Material zuließ. Das Haar ist von einer Binde zusammengehalten und fällt hinten herab. Bemalte Kalksteinskulptur sehen wir in den S t i e r k ö p f e n Nr. 2414 und 2411. Es sind moderne Nachbildungen von OrigiR e i n e c k e , Griechische Plastik

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nalen des Akropolismuseums in Athen. Beide gehen in scharf beobachteten Einzelheiten über den Löwen Nr. 1790 hinaus. D e r K o p f Nr. 2414 II, Abb. 9 stammt von einer Reliefgruppe, die den Giebel eines Tempels der Akropolis schmückte. Eine riesige Löwin, deren mächtige Zitzen oben noch erhalten sind, ist in direktem Angriff über den Kopf des viel kleineren Stiers hinweggesprungen und drückt ihn nun mit ganzem Leibe zu Boden, so daß der Stierkopf mit der Stirn nach unten daliegt. Aus dem halbgeöffnetem Maule hing die Zunge seitlich heraus. Das Charakteristische der Naturformen ist in großer Einfachheit wiedergegeben. In den schwach gewölbten Apfel des großen Auges sind Iris und Pupille eingeritzt. Die Brauenwulst ist gewölbt und durch Bogenfurchen gegliedert. Sternförmig auseinandergehende furchen geben der Backenpartie ein palmettenartiges Aussehen. Etwas jünger ist der K o p f Nr. 2411 II, Abb. 10. Er stammt von einer noch größeren Reliefgruppe. Sie zeigte einen Stier, der von zwei riesigen Löwen niedergeworfen ist und sich brüllend und augenrollend mit letzter Kraft wehrt. Der Kopf ist an die Brust gepreßt, die Stirn liegt auf dem Boden auf. Die Brauenbögen sind noch energischer geschwungen als die des Kopfes Nr. 2414 und durch Parallelfurchen aufgelockert. Die Backenknochen springen vor, in scharfem Winkel zur Stirn sitzt das große, gewölbte Auge. Rundliche Querwülste liegen auf dem breiten Nasenrücken, die Nüstern sind S-förmig geschwungen. Zähne, Zahnfleisch und Zunge sind in dem geöffneten Maule zu sehen. Die Formgebung ist also sehr belebt. Mit erstaunlicher künstlerischer Wahrheit ist der Gegensatz zwischen den knochigen Teilen, dem weichen Maule und der schlaffen Wamme wiedergeben. Das Ganze ist von packender Größe und Kühnheit. Die attische Eigenart zeigt sich aber auch in der Nachbildung der menschlichen Gestalt. Ein berühmtes Beispiel bemalter Porosskulptur dieser Art ist das Hochrelief des d r e i l e i b i g e n D ä m o n s Nr. 2410, II, Abb. 1 1 vom Giebel eines alten Athenatempels auf der Akropolis. Auch dieses Werk besitzt unser Museum in einer modernen Nachbildung. Der dreieckige Aufbau des ganzen war durch die Form des Giebelfeldes bedingt, in dessen rechte Hälfte unser Bildwerk eingefügt war; denn der Dämon, dessen drei Menschenkörper in sich umeinanderringelnde Schlangen-

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Abb. 10

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leiber auslaufen, wohnte dem Ringkampf des Herakles mit dem Triton bei, dessen Darstellung die linke Giebelhälfte füllte. An den äußeren Schultern des ersten und dritten Menschenkörpers wächst je ein Flügel heraus. Die Köpfe zeigen die Eigenheiten des archaischen Stils: hervortretende, weit geöffnete Augen und hochgezogene Mundwinkel. Die lächelnde Aufmerksamkeit der bärtigen Gesichter macht einen fast grotesken Eindruck, der durch grelle Bemalung noch erhöht wird. Man spürt die Freude, mit der der Künstler seiner lebhaften Phantasie folgte und die Haut braunrot, die Barte blau, die Augen gelb, grün, schwarz, die Schlangenleiber blau, rot, weiß anstrich. Auch Marmorwerke wurden bemalt; erst nach und nach erkannte man die Schönheit dieser Steinart. Ein bedeutendes Werk bemalter attischer Marmorplastik ist die Göttin mit dem G r a n a t a p f e l Nr. 1800 II, Abb. 12. Dem härteren und spröden Material entsprechend ist die Gestalt wieder blockartig aufgebaut, die Unterschneidung möglichst vermieden. So wirkt der geschlossene Umriß der hochaufgerichteten, feierlichen Gestalt mit den wohlgerundeten Schultern, den in sanfter Schwellung hervortretenden Hüften, dem hoch erhobenen Kopfe auf schlankem, zierlichem Halse monumental in der Starrheit der alten Kultbilder. Im Gegensatz zu den sitzenden Gestalten aus Milet, die weder arbeiten wollen noch können, haben wir hier das Bild gesunder Kraft, wie sie im ländlichen Leben sich entwickelt. Das Bildwerk ist völlig auf Vorderansicht berechnet. Um im reliefartigen Aufbau alle Teile zu zeigen, hat der Künstler sich nicht gescheut, z. B. den linken Unterarm unnatürlich an den Körper zu biegen. Das Lineare herscht vor. Die Beine verschwinden unter den an die Kanneluren einer Säule erinnernden senkrechten Falten des Gewandes, die über den hervorstehenden, auffallend gedrungenen Füßen unvermittelt aufhören. Diese Linien werden von den Falten des rechts und links herabhängenden Umschlagetuchs aufgenommen und über die Schultern zur Seite abgelenkt. So führen sie den Blick zum Kopf, dessen längliche Form auffällt. Das Lächeln ist, weil die Mundwinkel höher gezogen sind als bei dem jonischen Köpfchen Nr. 1631, viel deutlicher als dort, das seelische Leben intensiver. Darin und in den stark hervorquellenden Augäpfeln erkennen wir Merkmale der hocharchaischen Kunst. Wie stark

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Abb. 1 2

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auch hier Farbe den Eindruck erhöht haben mag, zeigen die noch deutlich erkennbaren Farbreste. Das lange, gegürtete Gewand war bis auf die mehrfarbige Mäanderverzierung des Mittelstreifens rot, das Umschlagetuch gelb. Spuren gelber Farbe zeigt auch das Haar. Gesicht, Hände, Arme, Füße sind in natürlichem Marmorton gehalten. Nur Pupillen, Augenbrauen und Lippen werden bemalt gewesen sein. Individuell ist das Leben in diesem Kopfe noch nicht; so muß der Künstler zum Symbol greifen, um die Gestalt zu kennzeichnen. Darum hält die Göttin den Granatapfel, das Symbol der Fruchtbarkeit, in der rechten Hand und zeigt ihn uns mit Drehung der Hand deutlich in ganzer Rundung. Unserm Schönheitsideal entspricht die Göttin nicht; aber wir müssen bedenken, daß der Geschmack einer fast drei Jahrtausende zurückliegenden Zeit von dem unsrigen erheblich abweicht . — In dem Wunsche, das Erinnerungsbild eines Toten frisch zu erhalten, bildete man im Grabrelief den Verstorbenen in einer für ihn bezeichnenden Haltung. Der M ä d c h e n k o p f Nr. 1531, II. Abb. 1 3 ist das Bruchstück einer altattischen Grabstele, deren Hauptteil heute in New York steht. Mit Sockel, palmettengeziertem Aufsatz und einer verloren gegangenen Tierfigur, die das Ganze krönte, war die Stele etwa 5 m hoch. Auf dem schmalen Bildfeld steht als Hauptfigur ein nackter Jüngling, der in der erhobenen linken Hand einen Granatapfel hält. Ein Salbgefäß hängt am linken Handgelenk. Vor ihm steht, etwa halb so groß, das Mädchen, dessen Kopf wir in Nr. I531 besitzen. Es blickt in derselben Richtung wie der Jüngling. Da das Werk der 2. Hälfte des 6. Jahrh. angehört, ist der Kopf schon zierlicher als der der stehenden Göttin. Das Auge hat zwar noch die typische Form der archaischen Zeit, ist nicht der Kopfhaltung entsprechend profilmäßig gesehen, sondern „vorstellig", in Vorderansicht, gezeigt; aber die Modellierung der Wange ist außerordentlich weich und die der Lippen voll schwellenden Lebens. Das Haar ist ähnlich wie das des Jünglings derselben Stele von einem Bande zusammengehalten, liegt über der Stirn locker und hängt im Nacken herab. Die feingliedrigen Finger, die eine Blume halten, sind sorgfältig gebildet; selbst Einzelheiten wie die Fingernägel sind deutlich zu erkennen.

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Abb.

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Die Technik der raffinierteren Marmorbearbeitung, wie sie die Jonier übten, fand in der 2. Hälfte des Jahrhunderts auch in Attika Eingang. Einer der ganz großen attischen Künstler, die den fremden Einfluß nur als Antrieb zur Steigerung der eigenen Leistung empfanden, schuf aus Marmor den kostbaren B i l d n i s k o p f e i n e s b ä r t i g e n M a n n e s Nr. 308, II. Abb. 14. Der Kopf ist kein getreues Porträt in unserm Sinne, sondern der Künstler, der einen vornehmen Mann vornehm wiedergeben wollte, sah ab von allen Zufälligkeiten der individuellen Formung und faßte das für seinen Zweck Wesentliche zu einem groß gesehenen Idealbilde zusammen. In der edlen Bildung des Kopfes, dem feinen Oval des Gesichts, den einfachen, aber ausdrucksvollen Einzelformen, den großen Augen, die uns so durchdringend und überlegen an-

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Abb. 14

sehen, ist die Persönlichkeit eines geistigen und vornehmen Mannes überzeugend vor uns hingestellt. Die geglättete Haut tritt im Gegensatz zu den gerauhten, zur Aufnahme von Farbe bestimmten Flächen des Haares und Bartes wirkungsvoll hervor. In ihr steckt so viel Leben, daß wir den Knochenbau unter ihr zu spüren glauben. Ersetzte schon die attische Eigenart die jonische Weichheit durch straffere Formgebung, so zeichnet sich die Kunst der Peloponnes durch eine gewisse Härte aus. Ein bezeichnendes Werk dieses Stils ist das R e l i e f Nr. 731, II. Abb. 1 5 a u s L a k o n i e n , der Landschaft um Sparta. Es läßt die charakteristischen Merkmale archaischer Flächenkunst in spezifisch spartanischer Weise

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deutlich erkennen. In strenger, herber Art, die die Linien besonders betont, sucht der spartanische Künstler eine möglichst sinnfällige Wiedergabe der körperlichen Form und scheut, um dies Ziel zu erreichen und recht viel von den Gliedern deutlich zu zeigen, vor Verdrehungen des Körpers nicht zurück. Unser Relief stellt, wie die Totenschlange unter und hinter dem Sessel andeutet, zwei Verstorbene dar, die als Heroen thronend die üblichen Opfergaben, Hahn, Granatapfel und Blume, von den ganz klein gebildeten Angehörigen empfangen. Kopf und Rumpf des vorn sitzenden

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Mannes sind mit Ausnahme der rechten Schulter frontal gebildet, die übrigen Körperteile im Profil. In der Rechten hält er einen großen Trinkbecher. Die Frau sitzt, ganz von der Seite gesehen, hinter dem Manne. Die Gestalten erheben sich nicht in verschiedener Höhe von einem ebenen Grunde; sondern von einer Fläche aus sind die zurücktretenden Teile hart und kantig so weit hineingemeißelt, wie die Zahl der hintereinanderliegenden Raumschichten es erforderte. Ehe wir unsern Gang, der uns von Osten nach Westen führt, fortsetzen, werfen wir einen Blick auf kyprische Kunst, die in den Köpfen Nr. 1770 und 1771 des archaischen Saals I I I vertreten ist. Die Lage der Insel Kypros im östlichen Zipfel des Mittelmeers läßt den östlichen und westlichen Einfluß, den die Kunstwerke zeigen, verstehen. Der m ä n n l i c h e K o p f Nr. 1770, I I I . Abb. 16 besteht, wie die meisten kyprischen Skulpturen, aus einem einheimischen, weißlichen Kalkstein. In scharfen Winkeln springen Nase und Bart aus dem Profil vor. Die stilisierten Locken des Bartes und der ornamentale Kranz, der den Oberkopf abgrenzt, wirken steif, die mandelförmigen, etwas übertrieben geöffneten und darum affektiert blickenden Augen und der lächelnde Mund maskenhaft. D e r w e i b l i c h e K o p f Nr. 1 7 7 1 , III. Abb. 17 aber erinnert in der Weichheit der Form an jonische Kunst. Ein anmutiges Lächeln liegt in den mandelförmigen, noch etwas vortretenden Augen wie in dem seitlich hochgezogenen Munde und spielt um das plastisch vorgewölbte Kinn. Man ahnt die Wangenknochen unter der Rundung der Haut. Jonischer Sinn für das Schmuckhafte spricht aus dem sorgfältig frisierten Lockenkranz, dem Diadem, den Ohrringen und dem Halsband. Die Kunst der beiden kyprischen Köpfe wurzelt noch ganz im Archaismus. Das Werk aber, mit dem wir unsre Betrachtung der altertümlichen Kunst schließen, gehört schon in die Kunstwende, die zum 5. Jahrhundert überleitet. Es ist das schon den ersten Jahrzehnten des neuen Jahrhunderts angehörende herrliche Bildwerk der T h r o n e n d e n G ö t t i n Nr. 1761, IV. 1. Abb. 18 und 1 8 a . Auf einem Armstuhl mit rechtwinkliger Rücklehne, dessen Vorbild aus Holz in allen Einzelheiten überaus sorgfältig wiedergegeben ist, sitzt die edle Gestalt der Göttin in reicher Gewandung. Über

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dem langen Chiton trägt sie einen Überwurf, der auf dem rechten Oberarm ähnlich dem der Statue Nr. 1574 geknöpft ist. Er läßt die linke Brust frei. Zierlich gefaltete Zipfel, deren Säume in Wellen und Zickzacklinien herabrieseln, fallen über Knie und Unterschenkel. Ein dünner Schal hängt über Rücken und Schultern und läuft seitlich in Zipfel aus, die denen des Überwurfs ähnlich, sorgfältig unter den Armlehnen durchgesteckt und schräg nach hinten gelegt sind. So viel altertümliche Gebundenheit auch noch in Haltung, Tracht und Aufbau liegen, so fühlt man doch das Streben nach Abwechselung, nach Abwendung von den alten Formen in den schräg nach hinten unten verlaufenden Falten und Säumen des Schals bei der Betrachtung von der Seite, in den Zipfeln bei der Betrachtung von vorn. Heimliches Leben spricht aus der leisen Bewegung der Arme, die ungleich erhoben, der Füße, die verschieden weit vorgestellt sind. Vor allem aber liegt Neues im Gesichtsausdruck. Zwar ist in der Bildung der Augen der Fortschritt gegenüber Werken der letzten archaischen Zeit nicht groß, und das kräftige Kinn finden wir schon bei dem Kopf aus Kypros Nr. 1 7 7 1 ; aber das Lächeln rührt nicht mehr bloß von den gehobenen Mundwinkeln her; inneres Leben spiegelt sich wieder in der außerordentlich feinen Flächenbewegung um Mund und Wangen. Erstaunliche Meisterschaft offenbart sich in der so feinen Modellierung der Ohren. Die seitlich lang herablaufenden Wellenlocken sind steif; dafür entschädigt aber die weiche Fülle des Haares, die, von einem gefältelten Tuch zusammengehalten, in den Nacken herabhängt. Unter einem Diadem, dessen Löcher auf einstigen Metallzierat hinweisen, quillt ein breiter Wulst kleiner, stilisierter Locken hervor. Das Flächenhafte, Ruhige im Aufbau, das wenig Vordrängende der Formen und die bewußte, gekünstelte Linienführung, die durch Schräge die Steifheit der Senkrechten und Wagerechten mildern soll, läßt an peloponnesischen Einfluß denken, der im großgriechischen Kunstkreise Unteritaliens wirkte. Diese Stilverwandtschaft gibt einen Anhalt für die unbekannt gebliebene Herkunft der Statue. Anzunehmen ist, daß wir in der schönen, edlen Gestalt, deren Gesamterscheinung so vornehm wirkt, deren Diadem wohl Gold-

Abb. 18

Abb.

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zierat schmückte und deren Gewandung so reich und kostbar ist, eine Aphrodite vor uns haben, die als Kultstatue in einem der Schönheitsgöttin geweihten Heiligtume stand. Bei der Betrachtung des außerordentlichen Bildwerks fühlen wir, daß eine Zeit freierer Gestaltung, neuer Anschauungs- und Bildformen herandämmert. In diesem Sinne bedeutet die thronende Göttin einen feierlichen, großen Ausklang der archaischen Periode.

IL Das fünfte Jahrhundert Die Werke, die wir bisher betrachteten, sind Originale; die plastischen Schöpfungen von etwa 500 ab sind vielfach nur als Kopien erhalten. Originale der Rundplastik sind verhältnismäßig selten; denn Bronzen wurden in kriegerischen Zeiten eingeschmelzt, Marmorstatuen zu Kalk verbrannt. Wir besäßen also gerade aus den Blütezeiten der griechischen Plastik wenig, wenn nicht die Römer aus Interesse an der griechischen Kunst und aus Mangel an eigener Produktivität auf dem Gebiete der Idealplastik zur Ausschmückung von Gebäuden und Gärten die berühmteren Kunstwerke hätten vielfach kopieren lassen. Es sind in unserem Museum die Werke, die in der Bezeichnung den Zusatz „Antike Kopie" tragen. Die typischen Darstellungen der archaischen Zeit kannten im wesentlichen nur Front- oder Profilansichten; sie waren richtunggebunden. Die Bildanschauung des 5. Jahrhunderts ist freier. Ein erstarktes Lebensgefühl nach dem Siege über die Perser und eine große innere Produktivität gingen beobachtend mehr auf die vielfältigen Erscheinungen des Lebens ein. An Stelle der Vorstellung vom Menschen trat mehr und mehr die bewußte Wahrnehmung. Wenn nun auch das ganze Jahrhundert hindurch die zweidimensionale, also reliefartige Skulptur, die einen Betrachterstandpunkt genau vor dem Werke voraussetzt, vorherrschte, so machen sich doch Ansätze bemerkbar zu Darstellungen, die richtungsfrei sind. In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, der Zeit des Über-

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gangs oder der Frühklassik, vollzieht sich erstaunlich schnell der Umschwung. Um 450 beginnt schon die Blütezeit, die Periode der klassischen Kunst. Diese Benennung bringt zwar den inneren Wert der klassischen Kunst und die Wirksamkeit der Periode zum Ausdruck, ist aber nicht dahin zu verstehen, daß nun der archaischen Kunst der Rang einer unbedeutenden Vorstufe zugewiesen würde. Um die Wandlung gegenüber dem Archaismus recht sinnfällig zu zeigen, betrachten wir zuerst d i e G i e b e l s k u l p t u r e n d e s Z e u s t e m p e l s z u O l y m p i a , deren Gipsabgüsse im Olympiasaale des Neuen Museums stehen. Dabei ist zu bemerken, daß die aufgefundenen Bruchstücke zusammengefügt und ergänzt sind, daß aber die Anordnung der Gestalten nicht bis ins kleinste verbürgt ist. Die Darstellungen des W e s t g i e b e l s Abb. 19 zeigen einen wilden Protest gegen die unbewegten und überfeinerten Bildwerke der letzten archaischen Zeit. Sie schildern den Überfall trunkener Kentauren auf die hochzeitfeiernden Lapithen. Die hoheitsvolle, ruhige Mittelgestalt Apollons steht in berechnetem Gegensatz zu dem dramatischen Getümmel rechts und links. Sein befehlend ausgestreckter Arm und der zur Seite gewendete Kopf verbinden die Mitte mit dem linken Flügel, und die gespannt blickenden Gestalten der in den Ecken liegenden Frauen leiten den Blick des Betrachters zur Mitte wieder zurück: so ist die Vielheit der Gestalten durch die Komposition zusammengehalten. Indessen ist die Symmetrie der beiden Seiten schon viel mehr gelockert als im 6. Jahrhundert, die Linienführung und Gestaltung der sich entsprechenden Figuren und Gruppen zeigt fein abgewägte Unterschiede. So rollt die Woge der dramatischen Erregung in großartigem Ryhthmus dahin. Im einzelnen bemerken wir in der Seitenwendung des Kopfes bei Apollon und in der schon mehr richtungsfreien Übereckstellung der Vorkämpfer Theseus und Peirithoos den grundsätzlichen Bruch mit der Frontalstellung und in der Durchführung der Körper die neue, kräftig bildhafte Anschauung, die sich der Natur immer mehr nähert. Ganz individuellen, also gut beobachteten Ausdruck haben die Gesichter; Häßlichkeit liegt in den Köpfen der Kentauren, eine geradezu peinliche Wirklichkeit in der vom Schwerte durchstoßenen Brust oder in der Gruppe, wo der R e i n e c k e , Griechische Plastik

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Lapith in verhaltenem Schmerz seinen Arm aus den Zähnen des Angreifers zu befreien sucht. Der O s t g i e b e l A b b . 20 zeigt den feierlichen Augenblick der Ruhe, die verhaltene Spannung beim Opferschwur vor dem Beginn des Wagenrennens zwischen dem mythischen Landeskönig Oinomaos und dem Freier seiner Tochter, Pelops. Die Freiheit, die das Kunstwollen der Übergangszeit auszeichnet, ist hier mehr gebändigt als im Westgiebel: einmal durch den Vorwurf an sich, dann aber auch durch künstlerisches Maßhalten. Der Ausdruck der Gestalten ist mannigfaltig, aber eine strenge und herbe Vornehmheit überwiegt. Die Stimmung kurz vor folgenschwerer Entscheidung ist ernst. Die straffe Symmetrie zeigt feine Abweichungen. Der Stand, die Körper- und Armhaltungen, die Kopfwendungen offenbaren den Bruch mit der Kunst des 6. Jahrhunderts. Die Gestalten sind der Natur abgelauscht und erscheinen voller Leben; sogar ein so wenig erhabenes Motiv wie das des hockenden Stallburschen begegnet als ein Zeichen für die unter Umständen wenig wählerische Benutzung von Eindrücken der Wirklichkeit. Die M e t o p e n des Zeustempels stellen in demselben Stil die Taten des Herakles dar. In straffer Konzentration auf das Wesentliche heben sich die Körper von einem glatten Hintergrunde in eindeutiger und klarer Aktion ab. In der S t i e r m e t o p e Abb. 21 wirkt der Widerstreit der Kräfte durch den Richtungskontrast sehr stark. In der A t l a s m e t o p e Abb. 22 tritt die wundervoll durchgeformte Gestalt des Herakles zwischen Athena und Atlas hervor. Die Göttin steht zwar in der Schlichtheit einer Sterblichen hinter ihrem Helden; aber die einfache Gebärde, die ohne Kraftanstrengung beim Tragen einer so großen Last helfen kann, läßt sie doch als Göttin erscheinen. Atlas steht dem Herakles ferner; man fühlt das Widerstreben, mit dem er die Äpfel ausliefert. — D i e F r a u e n s t a t u e Nr. 1518, IV, 2. Abb. 23 ist die römische Marmorkopie eines Werkes aus der Übergangszeit; der Kopf aber ist in das Bildnis einer römischen Frau umgewandelt worden. Die Gestalt ist in einen weiten Mantel gehüllt, der auch über den Hinterkopf gezogen ist. So sind die Hauptformen des Körpers nur angedeutet unter den breiten Flächen zwischen den sparsamen

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Faltenzügen. Der Kopf mit dem ernsten Gesicht ist leicht zur Seite gewendet; man hat den Eindruck, daß sich die Frau in herber Strenge von der Außenwelt abschließt. Die scharfen Grate zwischen den Falten lassen auf ein Original aus Bronze schließen. D e r K o p f Nr. 605, IV, 2. Abb. 24 stammt von einer anderen Kopie desselben Originals und ist darum auf den Gipsabguß vom Oberkörper der Statue gesetzt worden. Seine strengen Formen, das gescheitelte Haar und der mürrische Blick passen zu der herben Verhüllung der Gestalt durch das Gewand. Die Olympiaskulpturen sind ebenso wie diese Göttin Werke peloponnesischer Künstler, deren Namen wir nicht kennen; viel-

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fach muß sich die Kunstgeschichte damit begnügen, die einzelnen Werke nur bestimmten Landschaften als ihren Ursprungsorten zuzuweisen. Von jetzt ab treten aber doch auch einzelne Meister, deren Name und Wirkungsfeld aus der schriftlichen Überlieferung des Altertums bekannt sind, als treibende Kräfte stärker hervor. Noch in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts wirkte in Attika der Erzgießer Myron. Das Problem der Darstellung mannigfacher Bewegungen, das wir schon in den Giebelskulpturen des Zeustempels angepackt fanden, ist von Myron zu kühnen Lösungen geführt worden. Im D i s k 0 s w e r f e r zeigt erden gestählten Körper eines jugendlichen Wettkämpfers in starker Bewegung. Berlin

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besitzt den K o p f einer K o p i e des D i s k o s w e r f e r s in Nr. 474, IV, 2. Abb. 25. Eine Wiedergabe der physischen Anstrengung im Gesicht hat die Zeit vermieden. So liegt im Ausdruck volle Beherrschung der Züge; er ist streng und ernst, wie die Zeit der Frühklassik überhaupt. Einzelteile des Kopfes sind ergänzt, andere leicht überarbeitet. Das sehr sorgsam ausgeführte, in schlichter Weise anliegende Haar entspricht aber völlig dem Urbild. Wir geben hier wegen des hohen kunstgeschichtlichen Wertes ausnahmsweise das g a n z e W e r k in Abb. 26 wieder, und zwar in einer neueren Nachbildung aus bronziertem Gips, die nach mehreren Marmorkopien hergestellt wurde.

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In gewaltigem Schwünge hat die schwere Erzscheibe den äußersten Punkt der Rückwärtsschwingung gerade erreicht. Diesen »fruchtbaren Moment« hat Myron in seinem Bildwerk festgehalten. Im nächsten Augenblick wird der Diskos unter Lösung der Federspannung nach vorn in Richtung auf das Ziel fliegen. Der Künstler hat die Muskelverschiebung in der gewaltigen Anstrengung aller Kräfte genau studiert; er gibt den Körper aber in solcher Beschränkung auf das Wesentliche wieder, daß kein Abklatsch der Natur, sondern eine aus der Idee geborene Kunstform entsteht. Ein Kind seiner Zeit ist Myron in der Zweidimensionalität seines Werkes; der Diskoswerfer wirkt, wenn man ihn aus der

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Wurfrichtung betrachtet, als wäre er von einem Relief losgelöst. Die dritte Dimension ist für die Skulptur noch nicht erobert. Ein ausgezeichnetes, kostbares Originalwerk besitzen wir in der G r a b s t e l e eines M ä d c h e n s Nr. 1482, IV, 2. Abb. 27. In seiner herben Schlichtheit und Anmut gibt es die künstlerische Eigenart der Frühklassik besonders gut wieder. An die alte Bildform erinnert noch die Begrenzung des Relieffeldes da, wo die menschliche Gestalt aufhört. Hart am linken Rande fallen die schweren Gewandfalten herab. Unter ihnen verschwindet der Körper bis auf das ein wenig vorgesetzte Bein. Der leicht gelöste Stand, die Stellung links von der senkrechten Mittelachse, der ziemlich stark geneigte Kopf und die Linie, die in sanftem Rhythmus von der rechten Schulter durch den Arm bis in die Fingerspitzen verläuft, bringen eine äußerst feine Belebung in das Bildwerk. Schlicht und unbeirrt, in Gedanken versunken, blickt das noch halb Abb. 27 kindliche Mädchen in das geöffnete Kästchen und hat die Hand erhoben, um einen Gegenstand herauszunehmen, der nur in Bemalung gegeben war. Es liegt eine Stimmung leiser Wehmut über dem harmlosen Tun dieses Kindes, das so früh dem Leben entrissen wurde. Aber ein Hinweis auf den Tod fehlt. Die Griechen haben in ihrem starken Lebensgefühl die Verstorbenen meistens so dargestellt, wie sie gewesen waren, ehe Krankheit oder Alter die Schönheit der Erscheinung wegnehmen. In einem erhöhten Sein sollten sie den Hinterbliebenen fortleben. So ist auch alles an der Gestalt unseres

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Mädchens mit liebevoller Sorgfalt durchgeführt; alle Formen sind v o n zarter und feiner E m p f i n d u n g belebt. Gekrönt wird die Grabplatte v o n einer prachtvollen, frei in die Höhe strebenden Palmette. Eine Zeit regsten geistigen Lebens, in der K ü n s t e und Wissenschaften blühten, w a r das Zeitalter des Perikles v o n 460 bis 429. Dieser große S t a a t s m a n n vereinigte die bedeutendsten Geister Griechenlands in A t h e n . Berlin besitzt in Nr. 1530 den K o p f d e s P e r i k l e s , I V , 4. A b b . 28 im korinthischen Helm, der ihn als Feldherrn kennzeichnet. Das W e r k ist die K o p i e des berühmten Bronzeoriginals des Kresilas,

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eines Zeitgenossen des Perikles. Die den Griechen angeborene Neigung zum T y p u s suchte auch in den K ö p f e n das allgemeine; die Bildnisse des 5. Jahrhunderts sind Idealbilder v o n dem, w a s eine Persönlichkeit den Zeitgenossen bedeutet hatte. So ist auch der K o p f des Perikles die typische Verkörperung des herrschenden Mannesideals. E r zeigt harmonisches Ebenmaß, milden, beherrschten A u s d r u c k und anmutige B e w e g u n g in Haar- und Bartlocken. D e r Mann, der im perikleischen Zeitalter die attische Skulptur in überragender Meisterschaft auf klassische Höhe führte, war Pheidias. E r ist einer der größten Bildhauer des A l t e r t u m s und aller Zeiten. E r steigerte die menschliche Schönheit in der Darstellung der Götterbilder zu göttlicher Erhabenheit. So trägt der »erhabene Stil«, der bis zum E n d e des 5. Jahrhunderts vorherrschte, pheidiasischen Geist. Der A t h e n a Parthenos, der jungfräulichen Landesgöttin, w a r der Parthenon geweiht, der große Tempel auf der Akropolis. Sein bildnerischer Schmuck, Fries, Metopen, Giebelskulpturen und K u l t s t a t u e , sind ein unvergleichliches Zeugnis für die Schöpferkraft der perikleischen Periode und besonders der Schule des Pheidias. I m Innern des Tempels stand die mit Basis 12 m hohe Statue der A t h e n a Parthenos aus Gold und Elfenbein. W i r besitzen in No. 76 a den K o p f der A t h e n a P a r t h e n o s , I V , 4. A b b . 29 in einer in der römischen Kaiserzeit angefertigten Nachbildung. Man fühlt das Bestreben des Kopisten, in sauberer Arbeit und äußerlicher Glätte Einzelheiten getreu wiederzugeben: so sind an dem attischen Helm die Sphinxe, Greifen, Flügelpferde und Rehe sorgfältig ausgeführt. D a s N a c k t e am Gesicht und Hals ist poliert; es soll sich wie das Elfenbein des Originals von den Teilen abheben, die zur A u f n a h m e der Farbe, deren Reste wir noch sehen, rauh geblieben sind. A b e r von der Größe und W u c h t der K u n s t eines Pheidias ist nichts übrig geblieben: der Ausdruck ist schwächlich, j a süßlich. In die Zeit der A t h e n a Parthenos gehört die schöne A t h e n a , die wir in der erst in hellenistischer Zeit entstandenen Kopie a u s P e r g a m o n P 22, I V , 3. A b b . besitzen. In dem starken Bau, den

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breiten Schultern und schmalen Hüften, den wenig hervortretenden Brüsten zeigt sie, wie auch andere Frauenstatuen des 5. Jahrhunderts, Züge, die den Darstellungen männlicher Gestalten entnommen sind. Etwas Erdhaftes, Urgesundes haftet der Gestalt an. Die vielen Falten des weiten Gewandes sind über den Hüften durch Schlangen und am Oberkörper durch die nicht alltägliche Kreuzbandform der Ägis zusammengehalten. Das linke Bein hebt sich mit schon leicht vom Boden gelöster Ferse aus den Falten ab. Der ernste, schöne Kopf ist aufmerkend etwas nach rechts gewendet; auch in der nach rechts geneigten Körperachse, der dadurch schrägen Schulterlinie, dem leicht gespannten linken Arm

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und der schon erwähnten Stellung des linken Beines liegt eine leichte Erregung, deren Widerspiegelung m a n in den e t w a s nachlässig zusammengenommenen F a l t e n des Überschlags sehen könnte. D e r K ü n s t l e r dieser S t a t u e gehörte schwerlich in den engen Kreis u m Pheidias. E i n Schüler dieses Meisters aber ist Alkamenes, der Schöpfer des H e r m e s P r o p y l a i o s , v o n dem wir in Nr. 107, IV, 5, A b b . 31 eine römische K o p i e besitzen. D a s B i l d w e r k ist im Stil nicht einheitlich. A u f eine im Vergleich mit Pheidias etwas jüngere K u n s t deutet die ausdrucksvolle Modellierung des Gesichts und vor allem die abgeklärte Milde des A u s d r u c k s , die m a n häufig kleineren Gottheiten beilegte, u m sie im Gegensatz z u Z e u s z u charakterisieren; in der B ä r t i g k e i t des Gottes aber, wie in den stilisierten, kranzartig angeordneten B u c k e l l o c k e n w i r k t noch eine altertümliche A u f f a s s u n g nach. Eine Vorstellung v o n der K u n s t a r t des Parthenonfrieses k a n n uns die G r a b s t e l e e i n e s M a n n e s a u s K a r y s t o s Nr. 736

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IV, 5, Abb. 32 geben. Der Mann hält einen Teil des Mantels, der auf der linken Schulter liegt und den Unterkörper verhüllt, dadurch fest, daß er ihn zusammengeballt unter die Achsel klemmt. So steht er in Seitenansicht, lässig auf einen Stab gestützt. Im Ausdruck liegt geistige Konzentration; er hebt die Hand ans Kinn und blickt aus klugen Augen, wie in anregendem Gespräch begriffen. In Haltung und Darstellung des inneren Lebens erinnert er an die bärtigen Männer des Frieses, die den Festzug erwarten. Es ist hier wie dort dieselbe Gattung idealisierter Gestalten, die wir schon im Perikleskopf kennen lernten. — Dankbarkeit gegen die Götter in Freude über einen Erfolg oder Hoffnung auf ihre Hilfe wurden schon im Archaismus der Anlaß zur Bestellung eines sog. »Weihreliefs«, auf dem sich der Stifter A b b . 32 öfter auch selbst in bescheidener Größe neben den hohen Gestalten der Götter verewigen ließ. Neben den Grabstelen sind solche Weihreliefs die uns am häufigsten erhaltenen Originalskulpturen der klassischen Zeit; wie jene verraten sie mehrfach den Einfluß der führenden Meister. Das W e i h r e l i e f an e i n G ö t t e r p a a r mit der Darstellung einer Entführung Nr. 1545, IV, 5, Abb. 33 ist zwar in der Gestalt der Frau mit dem flatternden Gewand nicht mehr rein pheidiasisch; aber die Pferdegruppe erinnert lebhaft an entsprechende Teile des Parthenonfrieses. Sie gibt in einfachen, großen Flächen und sicheren Linien fein abgestufte Bewegungen der vier edlen, feurigen Tiere wieder. Das am weitesten vorstürmende wird durch

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den Zügel am stärksten zurückgehalten; nach rechts hin heben sich stufenweise Hals und Kopf; das Pferd im Vordergrund, dem Wagen am nächsten, kann sich am freiesten bewegen. Trotz des flachen Reliefs sind sehr viele Schichten hintereinandergelegt, so daß die Pferdedarstellung sich in zarter Tiefenabstufung entwickelt. Unter dem Einfluß der pheidiasischen Kunst steht ferner die W e i b l i c h e G e w a n d f i g u r Nr. 83, IV, 4, Abb. 34, die man als Demeter bezeichnet hat. Allerdings ist das Standbild nur eine mäßige römische Kopie. Der mächtige, in den breiten Schultern und schmalen Hüften an männliche Formen erinnernde Körper ruht schwer und wuchtig auf beiden Sohlen. Die Formen treten unter dem Gewand noch wenig hervor; von den senkrechten Steilfalten, die das Standbein verdecken, heben sich die Falten des leicht entlasteten Spielbeins ab. Wahrscheinlich hat man sich den Faltenwurf des Originals einfacher vorzustellen. Den Stil der Gewandfiguren des Parthenongiebels zeigt sehr Rein ecke,

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schön die kopflose Originalstatue der A p h r o d i t e Nr. 1459, IV, 6, Abb. 35. Sie stammt wahrscheinlich von einem dem Pheidias nahestehenden jüngeren Künstler, der vielleicht an den ähnlichen Gewandfiguren des Giebels, z. B. den »Tauschwestern« beteiligt war. Die Haltung ist stolz, imponierend; in dem hochgestellten linken Bein liegt ein Vorwärtsdrängen. Das Gewand hat nicht mehr nur den Zweck, zu umhüllen, sondern erfüllt, da es dünner und schmiegsamer ist als bei den älteren Statuen, in reichen Einzel-

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motiven die Aufgabe, die Linien der Körperformen begleitend oder kontrastierend hervorzuheben. So liegen über dem linken Oberschenkel Querfalten eines Mantelzipfels, die sich bei der Bewegung von selbst nicht so ergeben hätten, die aber das Bein für das Auge stärker heraustreten lassen. Die lebensvollen Formen treten uns in strahlender Schönheit und Großartigkeit entgegen. Sie sind künstlerisch gesteigert zu einem bezeichnenden Formenideal des 5. Jahrhunderts. Ein Dasein in sieghaftem Schwung und ewiger Schönheit, in einer Lebenskraft, die menschliches Maß übersteigt, spricht aus der göttlichen Gestalt. Den herrlichen, wenngleich unfertig gebliebenen F r a u e n k o p f Nr. 607, IV, 5, Abb. 36 könnte man sich wohl auf einer der erhabenen Göttinnengestalten aus der Schule des Pheidias vorstellen. Ein ganz großer Künstler muß es gewesen sein, der so klare Formen der Augen, der Wangen, des Mundes schaffen konnte und dem Haar so weiche Fülle verlieh. Das Antlitz ist voll

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geistiger und seelischer Größe, unberührt von Heiterkeit wie von Trauer; das Ringen einer vorhergehenden Zeit um Form und Inhalt hat sich beruhigt zu vollkommener Harmonie, dem Kennzeichen der klassischen Kunst. Ein zweiter bedeutender Künstler der perikleischen Zeit ist der Erzgießer Polyklet, der Hauptvertreter der argivischen Plastik. Mehrere seiner Werke sind im Wettstreit mit Pheidias entstanden. Das Ideal des Dorers war der in der Ringschule gestählte Jünglingskörper; so hat die dorische Kunst im besonderen Athletenstatuen geschaffen. Auch für Polyklet ist das Idealbild eines vollentwickelten männlichen Körpers bezeichnend. Wir besitzen in Nr. 1789, IV, 6, Abb. 37 als beste antike Kopie den T o r s o seines b e r ü h m t e n S p e e r t r ä g e r s . Wir stellen neben die Abbildung das Bild des v o l l s t ä n d i g e n S p e e r t r ä g e r s nach der Kopie aus Pompeji Abb. 38. Polyklets Bemühen war es, die natürliche Erscheinung durch die Kunst in der Weise zu adeln, daß er aus der Naturform G e s e t z e der Körperschönheit ableitete. Das »Maßhalten«, das die griechische Kunst auszeichnet, wollte Polyklet durch Aufstellung eines »Maßes« theoretisch sicherstellen. Darum ermittelte er durch Einzelmessungen an wohlgebildeten Körpern die von seiner Schule als absolut gültig angesehenen Proportionen des menschlichen Leibes. Ergebnis solcher Feststellungen ist auch der Speerträger. Er gilt als »Kanon«, d. h. als Richtschnur für die Schönheit des männlichen Körpers. So sehen wir eine starke, breitschultrige, athletische Gestalt, in ihrer K r a f t und Schlichtheit dem dorischen Tempel vergleichbar. Klar und bestimmt sind die Muskelpartien voneinander abgegrenzt; aber es fehlt dennoch nicht die Weichheit, die man am lebendigen Körper beobachtet. Der Speerträger zeigt eine von Polyklet zwar nicht erfundene, aber häufig und bewußt in größerer Deutlichkeit angewandte Stellung: das sog. »Schreitmotiv«. Die Last ruht deutlich auf dem rechten, dem Standbein; das linke ist so weit entlastet und zurückgestellt, daß nur die Fußspitze den Boden berührt; es ist das Spielbein. So tritt die rechte Hüfte heraus, und eine rhythmische Bewegung geht durch die ganze Gestalt, von dem leicht nach rechts gewendeten und etwas geneigten Kopf bis zur linken Fußspitze.

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Die beiden Körperhälften stehen in wohlberechnetem Gegensatz zueinander: die rechte zeigt gestreckte, die linke gebogene Gliedmaßen. Der K o p f ist der ruhigeren Seite zugewandt. Durch den Kontrapost, die diagonale Entsprechung belasteter und unbelasteter Glieder, wird dieser Gegensatz überbrückt. A u s der Zeit des Polyklet, vielleicht von dem bedeutenden Kresilas aus K r e t a (dessen Bildnis des Perikles wir schon kennen lernten) ist d i e v e r w u n d e t a u s r u h e n d e A m a z o n e Nr. 7, I V , 7, A b b . 39. Durch die H a l t u n g des rechten A r m s wird die W u n d e an der rechten Brust aufgerissen; die Stellung ist also

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unmotiviert und kann erklärt werden nur aus der Absicht des Künstlers, eine schöne Pose zu geben. Und wirklich ergibt sich so ein Umriß der Gestalt von schönem, musikalischem Schwung; von der zurückgesetzten linken Fußspitze aus geht eine Linie in rhythmischen Biegungen durch das linke Bein aufwärts, wird von den Falten des kurzen Chitons aufgenommen und bis zur rechten Schulter geleitet, in der starken Krümmung des rechten Arms über einen höchsten Punkt hinweg auf die linke Körperhälfte geführt, wo sie in starken, rechtwinkligen Absätzen über Schulter und Handgelenk wieder nach unten fällt. Den zahlreichen Werken aus dem Ende des 5. Jahrhunderts

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Abb.

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gehört die Jünglingsgestalt des sog. N a r k i s s o s Nr. 223, IV, 7, Abb. 40 an. Die Statue wird der attischen, aber von Polyklet beeinflußten Schule zugeschrieben. Das Stützmotiv ist in dem seitlichen Auflehnen noch stärker betont als bei der Amazone.

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Dadurch ist die Abweichung von der Senkrechten besonders stark. Die rechte Hand lag auf dem Rücken. Im Motiv liegt schöner Rhythmus, im Umriß Festigkeit neben Zartheit, so daß der Gesamteindruck sehr geschlossen ist. Die Formen zeigen viele Feinheiten, z. B . im Halsansatz und in den Übergängen zwischen Rumpf und Oberarmen. Jonische Architektur hatte schon im Parthenon den wuchtigen Ernst reizvoll gemildert. In der letzten Zeit des Jahrhunderts machte sich jonischer Einfluß auch in der Skulptur Attikas und der Peloponnes bemerkbar. Von dem jonischen Meister Paionios stammt die F l i e g e n d e

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N i k e , Abb. 41, von der im Olympiasaal des Neuen Museums ein ergänzter Gipsabguß steht. Die Siegesgöttin ist die Personifikation des Begriffs »Sieg«. Die Siegesfreude hat in dieser genialen Schöpfung klassischen Ausdruck gefunden. Bis in unsere Zeit hinein haben Künstler bei der Schaffung von Siegesdenkmälern auf das Motiv zurückgegriffen.

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Das Bildwerk zeigt in hervorragender Weise, bis zu welcher Höhe sich die Bewegungsdarstellung im 5. Jahrhundert entwickelt hatte, sowohl was die Kühnheit der Erfindung als auch die Virtuosität der Ausführung betrifft. Die Statue stand als Weihung zweier Stadtgemeinden auf einer 9 Meter hohen dreiseitigen Basis dicht bei dem Zeustempel in Olympia. Man sah sie schräg in der Luft schweben. Die Marmormasse des wehenden Gewandes diente technisch als fester Halt für die nach vorn geneigte Gestalt und kompositionell als Hintergrund, dessen die Statue bei der hohen Aufstellung besonders bedurfte. Die Innenfläche des ausgebreiteten Mantels war purpurn. So schien die Göttin sich rauschend aus den Höhen des Adlers, der im Fluge eben ihren Weg schneidet und unter ihren Füßen sichtbar ist, auf die Menschen herabzusenken. Der Eindruck des eilenden Fluges wird durch den weitgeblähten, wie ein Segel wirkenden Mantel und die ausgebreiteten, aber nicht gleichmäßig erhobenen Flügel hervorgebracht und dadurch besonders sinnfällig gemacht, daß die Gestalt auf eine feste Stütze scheinbar verzichtet. Vorn ist das Gewand vom Winde so fest an den Körper gepreßt, daß die kräftigen Formen wie nackt durchscheinen. So ist das Gewand das wesentliche Mittel des Ausdrucks für die gewollte Bewegung. Wir beschließen die Betrachtung von Werken des 5. Jahrhunderts mit drei Reliefs, die sich in den geschilderten Entwicklungsgang nicht ohne weiteres einordnen lassen. Die Frauengestalt der P r i e s t e r i n P o l y x e n a auf der G r a b s t e l e Nr. 1504, IV, 3, Abb. 42 zeigt in der breiten und freien Haltung, in den vollen Formen des Körpers und den einfachen Linien des Gewandes die Anlehnung an die groß gedachten Gewandstatuen der attischen Kunst. Doch stammt das Relief angeblich aus Böotien, gehört also vermutlich einer provinziellen Kunstübung an, die sich in einer unverkennbaren Derbheit äußert. Der Wechsel von Stand- und Spielbein, der erhobene linke Arm mit dem Götterbildchen und der diesem zugeneigte Kopf bringen Belebung in die Haltung. Das in den Reliefbildern bisher zum Ausdruck kommende Fürsichsein fällt hier weg; eine Beziehung zum Beschauer ist angebahnt. Die Durcharbeitung der Formen und des Gewandes und der wie ein zarter Schleier von hinten über den Kopf gelegte Überschlag zeugen von guter Kunstfertig-

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keit. Die architektonische Umrahmung des Relieffeldes war schon in der ersten Hälfte des Jahrhunderts aufgekommen; hier besteht sie in einfachen Anten und einem flachen Giebelfeld mit Palmette. Im letzten Drittel des Jahrhunderts beginnt man auf attischen Grabreliefs mit den Darstellungen von Familienszenen, in denen die Beziehung der Toten zu den Angehörigen zum Ausdruck kommt. Wir zeigen als hervorragendstes Beispiel hierfür das G r a b r e l i e f Nr. 1473, IV, 7, Abb. 43. Ein Krieger in Helm und Panzer, den Speer in der Hand, nimmt von seiner Frau, die ihm sitzend die Hand reicht, Abschied. Die Wehmut der Trennung spricht aus

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den Blicken, die ineinander ruhen. Ein Knabe und ein Hund unter dem Stuhle der Frau und die Magd im Hintergrunde, die in ganz flachem Relief gehalten ist, vervollständigen das Bild stillen, häuslichen Lebens. Die Erinnerung daran wird im Kunstwerk festgehalten und für die Überlebenden bleibend gemacht. Die Linienführung über die Arme verbindet Körper und Köpfe. Auch dieses Relief zeigte in seiner Umrahmung durch Anten und Giebel die Andeutung eines Hauses. Unsicher ist der attische Ursprung eines W e i h r e l i e f s von

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besonders anmutiger Wirkung; Nr. 70g a, IV, 3, Abb. 44. Hermes und drei Nymphen führen auf der Wiese vor einer Quellhöhle, auf der der Gott Pan mit gekreuzten Ziegenfüßen sitzt, einen Reigentanz auf. Dem Quellgott in Gestalt eines Stiers mit Menschenkopf rechts entspricht links der anbetende Stifter. Die Gestalten der Tanzenden sind teils in Vorder-, teils in Seitenstellung gezeigt. Das Schreitmotiv ist am nackten Körper des Hermes als Thema angeschlagen. In feinen Variationen, bei der ersten Nymphe nur ganz leise angedeutet, bei der zweiten schon mehr betont, steigert es sich bei der Dritten wieder zum ausgesprochenen Schreiten. Wo die Körper sich nähern, ist die Entfernung zwischen den Köpfen größer, wo sie sich entfernen, stellt ein Zusammenneigen der Köpfe die Verbindung wieder her. In belebtem Rhythmus und mehrmaligem Auf und A b verläuft die Linie über Schultern und Arme von einer Gestalt zur andern. H i e r herrscht der Faltenwurf vor, d o r t kommt der Körper mehr zu seinem Rechte. So ist in fein

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künstlerisch abgewägtem Wechsel jeder Eindruck des Einförmigen in den vier Gestalten vermieden: ein heimliches Wogen scheint sie zu erfüllen.

III. Das vierte Jahrhundert Der Sieg über die äußeren Feinde, die Perser, und der Friede zwischen Athen und Sparta hatten der griechischen Kunst im Zeitalter des Perikles den hohen Schwung und erhabenen Ernst der frühklassischen Periode verliehen. Nach dem peloponnesischen Kriege (430—404), der Athens Macht und Glanz brach und die Blüte von ganz Griechenland knickte, ist das Hochgefühl nationaler Größe erschüttert. Auch in der bildenden Kunst tritt ein Umschwung ein; sie zieht sich zurück auf die Darstellung der feineren Empfindungen des Seelenlebens, der Leidenschaften und Kämpfe des Herzens. Kunstform und Wirklichkeit vermählen sich bis zu letzter Vollkommenheit in der Darstellung jugendlicher Gottheiten und des Reizes der weiblichen Schönheit. Das vierte Jahrhundert ist in der Plastik die Zeit des »schönen Stils«, der »reifen« Klassik, in der aber auch Adel und Würde der pheidiasischen Zeit fortwirken. In den Gestalten des fünften Jahrhunderts überwog das Männlich-Herbe. Der H e r m a p h r o d i t Nr. 193, V, 1. Abb. 45, der nach einem Bronzeoriginal d e r . i . Hälfte des vierten Jahrhunderts kopiert sein wird, zeigt den Wandel der Auffassung. Die vorzügliche Statue ist in den Proportionen schlanker als die jugendlichen Gestalten des polykletischen Zeitalters; die Tendenz, die Körper zu strecken, steigert sich noch in den folgenden Jahrhunderten. Die Absicht des Künstlers beim Hermaphroditen, einem von den Griechen häufig dargestellten Zwitter, ging dahin, die menschliche Gestalt in einer Form darzustellen, die die Mitte hält zwischen den Proportionen und Typen der beiden Geschlechter. Ein solcher Vorwurf lädt geradezu ein zu pikanter Darstellung und ist im Verlauf der folgenden Zeit auch öfters so ausgebeutet worden. U n s e r Bildwerk aber hält sich in vornehmen Grenzen. Dem Geist des vierten Jahrhunderts entsprechend herrscht im allgemeinen das

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Abb. 45

Weibliche vor: es liegt nicht nur in den vollen Körperformen, sondern auch in der graziösen Kopfhaltung und dem weichen Ausdruck des Gesichts; das Kopftuch unterstützt noch den Eindruck des Weiblichen, Weichlichen. Während der Hermaphrodit die Richtung andeutet, in der sich die Plastik des 4. Jahrhunderts bewegen sollte, tritt uns in der sogenannten S e e g ö t t i n Nr. 276, V, 4, Abb. 46 zum ersten Male ein Körper mit typisch weiblichen Formen entgegen. Die Schultern sind schmal, die Hüften breit; die vollen und doch zarten Formen sind weich und schmiegsam wiedergegeben. Wenn auch die Gestalt hoch aufgerichtet steht, so ist doch alles Gespannte in der Wieder-

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Abb. 46

gäbe des Fleisches vermieden; die Schönheit des nackten, jugendlichen Körpers des Weibes ist entdeckt. Die Anordnung des Mantels folgt nach einem älteren Schema, aber den Faltenwurf im einzelnen belebt schon größere Natürlichkeit; besonders die Behandlung des Stoffes ist von einer Weichheit, die schon auf Eigenheiten der Zeit des Praxiteles hinweist. Rein e c k e ,

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Das vierte Jahrhundert

D e r w e i b l i c h e K o p f Nr. 743, V, 2, Abb. 47 von einem Grabmal ist von großer Schönheit. In der etwas nach rechts geneigten Haltung und dem sanften Ausdruck liegt eine leise Trauer ohne jeden Gesichtsüberschwang: die Kunst ist hier noch ganz in klassisch strengen Grenzen. Mit dem bedeutenden Skopas von der Insel Paros, der wie Praxiteles etwa von 370—330 wirkte, kommt etwas ganz Neues in die Kunst. E r versteht, eine Erregung als Zustand im Antlitz allein auszudrücken. Wenn auch der K o p f Nr. 610, V, 3, Abb. 48 nicht auf Skopas, sondern auf den etwas jüngeren Meister der berühmten Niobidengruppe zurückgeht, so ist doch skopasischer Einfluß an ihm nicht zu verkennen. E r zeigt sich in dem für Werke des großen Marmorbildners typischen leidenschaftlichen Blicke. Dieser Affekt wird noch nicht wie in der hellenistischen Zeit durch Wiedergabe der mimischen Veränderungen in den Gesichtsmuskeln hervorgebracht, sondern nur durch starke Vertiefung der Augenhöhlen besonders an der Nasenwurzel und durch leichte Drehung der Augäpfel nach oben; so kommt der Blick aus der Tiefe des Schattens wie aus der Tiefe der Seele. Der Kopf ist als der der Ariadne gedeutet worden, die zu dem ihr nahestehenden Freier Dionysos aufblickt, und wir glauben in dem leicht erhobenen Gesicht eine Erregung des Entzückens zu sehen: die Augen strahlen, die beleuchteten Stellen glänzen in dem tiefen Schatten, der leise geöffnete Mund atmet. Das Original, nach dem diese Kopie angefertigt ist, wurde am Südabhang der Akropolis aufgefunden und steht jetzt in Athen; man ist also hier in der glücklichen Lage, einen Vergleich anzustellen. Dabei ergibt sich allerdings, daß unserer Kopie manches von der Feinheit der Übergänge fehlt. Aus dem Original ist das seelische Leben zwar zarter, aber noch eindringlicher zu lesen. Auf Skopas selber geht mit Wahrscheinlichkeit die Statue des mythischen Helden und Jägers M e l e a g e r Nr. 215, Abb. 49 zurück, die in einer ergänzten Kopie in der Rotunde steht. Der Jüngling ist kraftvoll, aber nicht mehr so untersetzt wie der Speerträger des Polyklet. Die Hauptlast des Körpers ruht auf dem rechten Bein; die Schwingung der rechten, stark ausgebogenen Hüfte wird von der rechten Begrenzungslinie des Oberkörpers auf-

Das vierte J a h r h u n d e r t

67

Abb. 49

Das vierte Jahrhundert

69

genommen, umgebogen und durch den Arm zurückgelenkt. Die rechte Schulter liegt dadurch tiefer als die linke. Da die linke Körperseite sich auf den Speer stützt, ist sie stark entlastet, und das linke Bein kann als Spielbein gefällig zurückgesetzt werden. So ergibt sich eine umgekehrt S-förmige Körperschwingung. Im Kontrapost sind linker Arm und rechtes Bein gestreckt und belastet, rechter Arm und linkes Bein nach hinten gebogen und entlastet. Die ganze Stellung macht den Eindruck einer inneren Erregung. Der nach einer anderen, aber geringeren Kopie modern ergänzte Kopf, der mit einer leisen Gespanntheit zur Seite blickt, entspricht der inneren Bewegung. Rumpf und Schenkel sind von vorzüglicher Arbeit. Die weiche Modellierung, die keine scharf abgegrenzten Muskelpartien mehr stehen läßt, sondern sie in fein abgestuften Übergängen verbindet, zeigt die Entwicklung in Technik und Auffassung gegenüber dem 5. Jahrhundert. Die Plastik steht im 4. Jahrhundert nicht mehr, wie bisher, hauptsächlich im öffentlichen Dienst, sondern auch der Kunstliebe und dem Luxus der Privatleute verdanken wir noch mehr als im 5. Jahrhundert eine Fülle schönster Grab- und Weihreliefs und statuarischer Werke. Die umrahmten Grabplatten, die schon das 5. Jahrhundert kannte, verwandeln sich jetzt vielfach in förmliche Nischen, und die Gestalten treten fast ganz rundplastisch aus dem Relief heraus dem Beschauer entgegen. Eins der schönsten Beispiele ist das G r a b m a l des T h r a s e a s u n d d e r E u a n d r i a Nr. 738, V, 2, Abb. 50. Es hat in der Komposition gewisse Ähnlichkeit mit dem Grabmal Nr. 1473 S. 61, zeigt aber gerade darum deutlich die Entwicklung, die die bildnerische Kunst des 4. Jahrhunderts genommen hat. Durch die tiefen Schatten des Hochreliefs wird die Körperlichkeit noch mehr hervorgehoben und eine malerische Wirkung erreicht. Die Figuren sind schon etwas lebhafter bewegt als die auf den flachen, stillen Reliefs des 5. Jahrhunderts. Der weicheren Stimmung der Zeit entspricht es, daß auch die innere Bewegung, der Schmerz über die Trennung, deutlicher als bisher aus Haltung und Blicken der Ehegatten zu lesen ist. Auch in Haltung und Blick der Dienerin liegt menschliche Teilnahme und Trauer; sie wendet sich aus der Bildfläche heraus, ergänzt geschickt die Komposition und scheint durch ihren aufgestützten Unterarm die Brücke,

70

D a s vierte

Jahrhundert

A b b . 50

die über die Hände hinweg die Abschiednehmenden noch verbindet, zu zerschneiden. D a s B i l d n i s e i n e s G r i e c h e n Nr. 316, V, 1 , Abb. 5 1 gibt die geistige Haltung wieder, die konzentrierte Denkarbeit in dem Gesicht des gebildeten Mannes hervorzubringen vermag. So sind die Stirnmuskeln über der Nasenwurzel zusammengezogen

Das vierte

Jahrhundert

Abb.

71

51

und bilden senkrechte Falten. Die Brauenlinien ziehen sich in schönem Schwünge aufwärts nach außen. Die Stirn ist rein durchmodelliert. Es sind das Züge, die bei den Köpfen von Dichtern, Philosophen und Rednern wiederkehren. Unser Bildwerk gibt nach den dünnen Haaren auf dem Schädel und den Furchen in der schlaffen Haut einen älteren Mann wieder, dem wir Lebenserfahrung zuerkennen möchten; in den herabgezogenen Mundwinkeln liegt eine leise Bitterkeit. Von schöner Wirkung ist der natürlich wiedergegebene Bart in seiner lockeren Fülle. D i e G r a b s t e l e d e r S i l e n i s Nr. 1492, V, 2, Abb. 52 zeigt die kindliche Gestalt eines Mädchens. Die sehr kleine Dienerin

72

D a s vierte

Jahrhundert

hält,

aufblickend,

chen.

Wie

ein

bei der

1482 ist a u c h

hier

Käst-

Stele N r . das Mäd-

c h e n i m B e g r i f f , e t w a s a u s dem Kasten herauszunehmen;

aber

m e h r liegt i h m doch w o h l an der B e z i e h u n g z u m B e s c h a u e r , denn i h m w e n d e t es sich in gefälliger H a l t u n g u n d m i t leichter N e i g u n g des K o p f e s zu, als w ä r e es z u einem G e s p r ä c h bereit.

A u f die E n t s t e h u n g erst

in der 2. H ä l f t e des

Jahrhun-

d e r t s l ä ß t der U m s t a n d schließen, d a ß der Ü b e r s c h l a g h o c h g e g ü r t e t ist.

K r e u z b ä n d e r hal-

t e n d a s G e w a n d ü b e r der B r u s t zusammen. besonders

D i e B e k r ö n u n g ist reich,

Stirnziegel

deuten das D a c h a n ;

in

der

Mitte s t e h t eine k l a g e n d e , geflügelte

Gestalt

mit

Vogel-

beinen, die P e r s o n i f i k a t i o n der m e n s c h l i c h e n Seele, r e c h t s eine Sphinx, •

. . - •••-•••••

l i n k s ein G e f ä ß ,

wie

m a n es a n G r a b b i l d w e r k e n der H l

vor

der

Heirat

verstorbenen

M ä d c h e n a n z u b r i n g e n pflegte. 52

Beispiele statuarischen

f ü r den

reichen

Schmuck,

den

einzelne F a m i l i e n b e z i r k e der a t h e n i s c h e n F r i e d h ö f e a u f w i e s e n , sind die G e s t a l t e n der T r a u e r n d e n D i e n e r i n n e n N r . 498 u n d 499 V , 3, A b b . 53 u n d 54.

Ihre d i e n e n d e S t e l l u n g zeigt sich in der Ä r m e l -

t r a c h t u n d d e n k u r z g e s c h n i t t e n e n H a a r e n an.

D i e sitzende H a l t u n g

m i t g e k r e u z t e n B e i n e n u n d a u f g e s t ü t z t e m K o p f ist i m U m r i ß s c h ö n geschlossen.

D e r G e s i c h t s a u s d r u c k e n t s p r i c h t in seiner T r a u e r der

Körperhaltung. In

den W e r k e n

des

A t h e n e r s Praxiteles

hat

die

attische

Abb. 55

Abb 56

76

D a s vierte

Jahrhundert

A b b . 57

Kunst des 4. Jahrhunderts ihren reichsten Ausdruck gefunden. E r ist, wie Skopas, vorwiegend Marmorbildner. In der Rotunde steht eine schöne Kopie des A p o l l o n Nr. 44, A b b . 55, der sicher aus dem Kunstkreise des Praxiteles stammt, auch in seiner Stellung an den berühmten H e r m e s Abb. 56 desselben Künstlers erinnert. (Ein Gipsabguß des Hermes steht im Olympiasaal des Neuen Museums).

Das vierte

Jahrhundert

Abb.

77

58

Der jugendliche Gott vereinigt Körperkraft mit anmutigen Formen. Er ist kein Athlet; die Muskeln sind nicht in andauernder Übung ausgebildet oder gestählt, sondern mühelos gewachsen und gepflegt. Die Stellung mit dem Spielbein zwischen Standbein und Armstütze erinnert an die verwundete Amazone; aber Praxiteles verwendet das Motiv viel freier. Die rechte Hüfte biegt sich in schönem Schwünge nach außen. In einer oft vorkommenden Ruhehaltung, die dem Streben nach schöner Pose entgegenkommt, ist der rechte Arm über den Kopf gelegt und nimmt die Schwingung der rechten Körperseite auf. So zeigt auch der Umriß bei dieser Statue eine melodische, umgekehrt S-förmige Biegung.

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Das vierte Jahrhundert

*

Abb. 59

Wir ziehen, um die praxitelische Kunst weise kennen zu lernen, noch den schönen T o r s o Nr. 512, V, 4, Abb. 57 heran, der in der Körperhaltung und dem erhobenen rechten und gesenkten linken Arm sowohl an den Apollon als auch an den Hermes erinnert; er ist vermutlich nach demselben Vorbilde kopiert wie der Apollon Nr. 44.

Das

vierte

Jahrhundert

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W

A b b . 59 a

Im Vergleich mit den kraftvollen Jünglingsstatuen P o l y k l e t s fällt uns auf, daß der lineare Stil, die deutliche Abgrenzung der Muskeln, auch bei den m ä n n l i c h e n Körpern einer weicheren Formgebung P l a t z gemacht hat. Noch mehr als beim Meleager verschwinden die Muskelumrisse unter der elastischen Decke der Haut. Die einzelnen Teile gehen ohne betonten A b s a t z mit leiser

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Das vierte

Jahrhundert

A b b . 60

Schwellung ineinander über. Es liegt die Gefahr nahe, daß sich in der Darstellung des Männlichen eine weiche, ja weichliche A r t der künstlerischen Auffassung durchsetzt. In der Tat ist dies in der Folgezeit an Statuen jugendlicher Gottheiten wie des Apollon und Dionysos eingetreten. Wie in der körperlichen Formung, so liegt auch in der Stirn-

D a s vierte

81

Jahrhundert

mung etwas Sanftes. Die Haltung des rechten Armes am Apollon und der Ausdruck seines Gesichts erwecken den Eindruck leiser Verträumtheit; und etwas ganz Ähnliches finden wir beim Hermes: sein Blick geht an dem kleinen Dionysos auf seinem linken Arm vorbei und verliert sich in unbestimmte Weite. Auch in dem an Praxiteles erinnernden Bildwerk des A u f g e l e h n t e n S a t y r s Nr. 258, R, Abb. 58 liegt Empfindsamkeit, Weichheit. Die schmiegsame Gestalt lehnt sich in starker Neigung des Oberkörpers auf den Baumstamm und überträgt auf ihn einen großen Teil der Körperlast. So kommt eine stärkere Schwingung des Körperumrisses zustande, als wir sie an älteren Bildwerken beobachtet haben; besonders die Begrenzung der linken Körperseite zeigt ja lebhafte Linienführung. Die beiden Senkrechten der Stütze und des Standbeins beruhigen indessen die bewegten Linien und Flächen der übrigen Teile. Der Kopf ist in einem Typus, der zu dieser Statue gehört, ergänzt. Sein Ausdruck entspricht dem, was schon die Körperhaltung sagen will: wir haben vor uns ein vollendetes Bild süßen Hinträumens. Schon bei der Betrachtung der männlichen Statuen des Praxiteles glaubten wir zu ahnen, daß seine ganze künstlerische Eigenart zur Darstellung weiblicher Anmut neige. Praxiteles hat denn auch in der berühmten Aphrodite von Knidos ein Ideal der nackten weiblichen Schönheit geschaffen; es hat die Zeitgenossen entzückt, und sein Einfluß ist in zahlreichen Aphroditenstatuen der Folgezeit zu spüren, die in der Gestalt der Göttin die Reize weiblicher Schönheit unverhüllt wiedergeben. Wir betrachten den T o r s o e i n e r A p h r o d i t e Nr. 28, V, 4, Abb. 59. Wahrscheinlich bedeckte die rechte Hand die Brust, die linke in keuscher Zurückhaltung den Schoß. Aus dieser Stellung, die stark an die mediceische Aphrodite erinnert, ergibt sich, daß unser Torso erst nach Praxiteles entstanden ist. Wir sehen und fühlen die weiche Fülle des Körpers. Die Formgebung schafft durch unmerkliche Übergänge eine samtartige Oberfläche, auf der auch das Licht sanft in die beschatteten Teile gleitet. So sind in den Formen und in der Abgrenzung der hellen und dunklen Partien alle festen Linien vermieden: ein malerisches Element, das wir schon in skopasischen Werken fanden, tritt hier noch klarer zutage. Reinecke,

Griechische Plastik

G

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Die hellenistische K u n s t

Während wir bisher nur Götter und Göttinnen in der Auffassung des 4. Jahrhunderts dargestellt sahen, zeigt uns die w e i b l i c h e G e w a n d s t a t u e Nr. 583, R, A b b . 60, wie eine Frau der Wirklichkeit damals aussah. Möglicherweise ist das Bildwerk eine Grabstatue, die wohl frühestens in der 2. Hälfte des Jahrhunderts entstanden ist. Die Frau trägt ein langes Unterkleid aus dünnem Stoff und hat sich in einen Mantel von dickerem Tuch eingehüllt. Die linke Hand ist Vereinigungspunkt der Falten am Oberkörper, die rechte rafft unter dem Überwurf den Stoff zusammen, so daß auch von diesem Punkte aus die Falten ausstrahlen. Die Statue kann uns eine Vorstellung von der Stoffbehandlung vermitteln, wie Praxiteles begonnen hatte sie auszubilden. Feines Empfinden für die Eigenart des Stoffes hat jede Härte in Bruch und Knitterung vermieden und die Weichheit, die geschmeidige Fülle, die dem leisesten Druck nachgibt, in überzeugender Weise wiedergegeben. Unter dem Tuch heben sich die Körperformen schön ab.

VL Die hellenistische Kunst In der Schlacht bei Chaeronea im Jahre 338 v. Chr. verlor Griechenland seine Freiheit an Makedonien, Alexander der Große aber schuf dem Griechentum und seiner Kunst im Osten eine neue Welt. E r wollte die ganze damals bekannte Welt mit griechischem Geiste erfüllen, hellenisieren. Die griechische Kunst hat die Aufgabe erfüllt und sich von etwa 300 an bis zur Zeit des Augustus den Aufgaben angepaßt, die das Kultleben, die prachtliebenden Fürsten der hellenistischen Reiche und der Luxus und die Vornehmheit reicher Bürger ihr stellten. Das verarmende Griechenland tritt, was die Menge der Kunstwerke betrifft, nun hinter den aufblühenden Osten zurück. In den Beginn dieser Zeit fällt die Tätigkeit des großen Bildhauers Lysippos aus Sikyon, der die Kunst des Erzgusses virtuos beherrschte. In bewußtem Gegensatz zu einer Kunstanschauung, die das Körperliche konstruierte und sich im wesentlichen auf zwei Ausdehnungen beschränkte, gibt Lysippos wieder, was sein

Die hellenistische Kunst

83

Auge sieht, wie die Wirklichkeit ihm erscheint; er läßt den Körper sich allseitig räumlich entwickeln. Die »richtungsfreie« Kunst, deren Werke, von jeder Seite aus betrachtet, etwas zu sagen haben, wird von ihm als Erstem ausgeübt. Er ist der Vollender der griechischen Plastik. In Saal X des Neuen Museums betrachten wir eine moderne Kupfernachbildung des A u s r u h e n d e n Hermes, Abb. 61. Das Original ist die schöne Bronzestatue, die in Herculaneum gefunden wurde und in Neapel steht. Das Werk kann uns als Beispiel für das über Lysipps Kunstauffassung Gesagte dienen, wenngleich es nicht auf den Meister selber, dem unmittelbar zahlreiche Schüler nachstrebten, zurückzugehen scheint. Die Gestalt des nackt auf einem Felsen sitzenden Gottes bietet geschlossene Umrisse. Und doch: welch innerer Reichtum der Komposition! Der Kontrapost der Gliedmaßen ist hier ganz räumlich in einem Vor und Zurück der Arme und Beine angewandt: linker Arm und rechtes Bein sind nach vorn gerichtet, der rechte Arm und das linke Bein zurückgenommen. Der Rumpf lehnt sich leicht nach vorn und nimmt damit die Richtung des linken Unterschenkels auf. Auch in Händen und Füßen liegen reiche Richtungsunterschiede. Von allen Seiten her wird der Blick des Betrachters in die Tiefe gelenkt. So ist erst auf dieser Entwicklungsstufe der griechischen Kunst die volle Körperlichkeit für die Skulptur erobert. Zum andern ist aber auch der Eindruck des Stabilen, Bleibenden aufgehoben: das Ausruhen dieses Hermes hat nichts gemein mit dem träumerischen Genuß des Daseins, wie wir ihn beim Satyr und Hermes des Praxiteles sahen; sondern eine innere Unruhe scheint die Gestalt zu beleben; wir fühlen, daß sie jeden Augenblick aufspringen könnte. Eine Vorstellung von den Körperproportionen, die dem Ideal der lysippischen Zeit entsprachen, von der Art der Fleischwiedergabe und dem Kopftypus des berühmten Meisters können wir aus der S t a t u e des J ü n g l i n g s Nr. 471, V, 4, Abb. 62 gewinnen. Es ist die gut gearbeitete Marmorkopie eines Bronzeoriginals, dem natürlich die Stütze in Gestalt des Baumstammes fehlte. Gegen Polyklets Kanon gehalten, sind die Beine und Arme wesentlich schlanker, der Rumpf kürzer, der Kopf kleiner. Während die Haut bei dem athletisch durchgebildeten Männerkörper des Speer6*

84

D i e hellenistische

Kunst

A b b . 61

trägers glatt und straffgezogen ist, scheint sie bei Lysipp, der die weiche Art des Skopas und Praxiteles weiterführt, lockerer, beweglicher, nachgiebiger zu sein. Der Übergang zu einer neuen Kunstauffassung ist auch im Kopf der Statue unverkennbar. Er zeigt den Ausdruck leicht nervöser Erregtheit; die Labilität des Gemütszustandes wird umso glaubhafter, als ihr ein unruhiges Stand-

Abb. 62

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Die hellenistische

Kunst

A b b . 63

motiv und eine leicht bewegliche Schlankheit des Körperaufbaus entsprechen. In die letzte Zeit des Jahrhunderts gehört wohl auch die S t a t u e der H e r a Nr. 1725, V, 1, Abb. 63 von der Insel Samos. Das Vorbild der feierlichen Gestalten des 5. Jahrhunderts ist unverkennbar. Aber im Aufbau zeigt sich doch der Beginn einer neuen Kunstanschauung. Der untere Teil der Statue als Träger des oberen ist etwas in die Höhe gereckt; es ist dieselbe Erscheinung, die wir in den Proportionen des Jünglings Nr. 471 fanden. Der Oberkörper der Göttin scheint im Vergleich mit den Standbildern des 5. und 4. Jahrhunderts etwas an Schulter-

Die hellenistische Kunst

87

breite verloren zu haben. Die Horizontale der hängenden Falten in Hüfthöhe tritt weniger hervor als die schrägen Faltenzüge des schmal zusammengelegten Mantels, der den Oberkörper schräg überschneidet. Dadurch wird das Auge nach oben gelenkt, und der getragene Teil des Bildwerks erscheint noch kleiner. Von der Formgebung im einzelnen ist zu sagen, daß an Stelle der großen, einfachen Falten der älteren Kultbilder sehr viele schmale mit scharfen Graten und tiefen Faltentälern getreten sind und das Gewand dadurch lockerer erscheint. Die bauschigen Bögen, in denen es an der rechten Seite herabhängt, verstärken den Eindruck einer leichteren Fülle. Die Beschränkung auf das Wesentliche, die wir im 5. Jahrhundert fanden, hat einer genaueren Wiedergabe von Einzelheiten Platz gemacht; denn das Gewand gibt die Falten wieder, die der in der Truhe aufbewahrte Stoff am Körper noch eine Zeitlang Abb. 64 zeigte. Mit ihrer Wiedergabe wollte die Kunst seit der Mitte des 4. Jahrhunderts die illusionistische Wirkung erhöhen und auch die Einförmigkeit der langen, parallelen Faltenzüge unterbrechen. Auch die sehr jugendliche A t h e n a Nr. 73, V, 5, Abb. 64 gehört wohl in die Übergangszeit zum Hellenismus. Sie ist nicht mehr so streng und herbe, wie die Athenastatuen nach dem Vorbild desPheidias noch lange gebildet wurden. Der Oberkörper ist sehr gerade aufgerichtet, der linke Arm ist, ganz der Haltung interessierten Aufmerkens entsprechend, keck in die Seite gestemmt. So richtet die mädchenhaft schlanke Gestalt den Blick selbstbewußt, lebhaft und beobachtend bei seitlicher Aufwärtsdrehung des Kopfes in die Höhe.

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D i e hellenistische

Kunst

A b b . 65

Einen Schritt weiter geht die Bemühung um die Darstellung jugendlich-schlanker und leichter, beweglicher Gestalten in der T a n z e n d e n M ä n a d e Nr. 208, V, 9, Abb. 65. Das Bildwerk zeigt sinnfällig die Drehung der Tänzerin um die eigene Achse; denn die Mänade tanzt zwar in graziösem Schritt vorwärts, wendet aber dabei den nach hinten gebeugten Oberkörper nach links.

D i e hellenistische

Die abgestreckten Arme hielten vermutlich eine Doppelflöte, die mit ihrer Länge und Masse den Eindruck des Schwunges noch verstärkte. Dieselbe Wirkung haben die wenigen leichten Faltenzüge des dünnen, sich dem Körper anschmiegenden Gewandes, die die drehende Bewegung begleiten. Dieser Reichtum an Bewegungsmotiven macht einen wesentlichen Teil der Schönheit des Werkes aus. Der bauschige und flatternde Rand, der beim Tanze von Schulter und Brust

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Kunst

/ s

herabgeglitten ist, läßt A b b 66 wie bei der Hera Nr. 1725 den unteren Teil des Körpers lang und schmal erscheinen und verkürzt also für das Auge den oberen Teil. Das Original war aus Bronze; der Kopist unsres Marmorbildwerks mußte leider die seitliche Stütze hinzufügen und schnitt damit einen Teil des wehenden Chitonsaumes ab. So ist der untere Teil etwas schwer und zu massig; man kann sich vorstellen, wieviel leichter, ungehemmter die Bewegung wirkte, wenn die Gestalt nur auf der schmalen Basis des Standbeins ruhte. In Haltung und Ausdruck lebhaft bewegt ist der edel geformte W e i b l i c h e K o p f a u s C y p e r n Nr. 617, V, 8, Abb. 66. E r blickt, bei scharfer Wendung mit voll aufgeschlagenen Augen, die aus anderem Material eingesetzt waren, zur Seite. Der Mund ist im Affekt leicht geöffnet. Skopasischer Einfluß verrät sich in der tiefen Einbettung der inneren Augenwinkel. Der mimische Ausdruck in der Bewegung der Brauen ist vorgetäuscht: die Brauen

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A b b . 67

selbst liegen wagerecht, aber der untere Rand der Schwellung zwischen ihnen und den Lidern ist vom äußeren Augenwinkel ab stark aufwärts geschwungen. Das Haar ist schlicht und im ganzen flächig zusammengefaßt. Alle Formen sind weich mit sanften Übergängen, nähern sich also der malerischen Auffassung, die wir in ausgeprägterer Weise in Werken der p e r g a m e n i s c h e n Kunst wiederfinden werden. So stammt der Kopf wohl aus der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts. Diejenige Kunstrichtung des Hellenismus, die die Wirklichkeit nachbildet, wie sie »erscheint«, macht an die harmonische

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Kunst

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A b b . 68

Abgeklärtheit der Klassik keine Zugeständnisse mehr. Sie gibt den Körper realistisch wieder, und sollte die Wirklichkeit des Vorwurfs selbst häßlich sein. Ein Beispiel hierfür ist der Torso des a l t e n F i s c h e r s Nr. 1630, V, 9, Abb. 67, eine Kopie, die aus der im 2. Jahrhundert nach Chr. blühenden Bildhauerschule von Aphrodisias stammt. Ihrem Geschmack entspricht die übermäßige Glättung der Oberfläche. Die Statue stellte einen alten Fischer dar, der in leicht gebückter Haltung seine Arbeit verrichtet; er hielt in der Rechten die Angelrute; über dem linken Handgelenk hing ein Korb für die

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Kunst

Fische, der am Oberschenkel anlag. Der Körper ist zwar mager, so daß die Muskeln und der Brustkorb sich deutlich unter der Haut abzeichnen; aber es ist nicht die Magerkeit der Krankheit, sondern die natürliche des Alters. Wenn auch die Haut schon welk ist, so hat

doch die Beschäftigung in der frischen Luft den Körper gesund und kräftig und die Muskulatur JFM^HHI^ elastisch erhalten. Der Forscherdrang der Zeit verlangte damals ^wJ^Lgfc^v-.W^ am Bildwerk alle Einzelheiten des anatomischen Baus; darum tritt unschön der Magen hervor, und unter ihm fällt der Leib ein. Der Torso einer Statue des M a r s y a s Nr. 213, V, 9, Abb. 68 zeigt die bildnerischen EigenAbb heiten, die sich aus der naturalistischen Auffassung der Zeit ergeben, noch deutlicher. Der Silen ist mit seinem Flötenspiel in einem musikalischen Wettkampf dem leierspielenden Apollon unterlegen und soll die ausgemachte Strafe der Schindung erleiden; darum hängt er mit gebundenen Händen an einem Baum. So wird der Körper stark gestreckt, und da er an sich schon mager und sehnig ist, tritt der Knochenbau, besonders der Brustkorb, stark hervor. Das Interesse an realistischer Wiedergabe des Körpers und seiner Veränderungen in den verschiedensten Bewegungen (in andern Bildwerken sogar an pathologischen Erscheinungen) ist so stark, daß z. B. am Oberschenkel die durch das Hängen straffgespannten Sehnen heraustreten, als müßten sie im nächsten Augenblick zerreißen. Stark realistischen Einschlag zeigt auch die vortreffliche Grabfigur des D i e n e r s a u s T a r e n t Nr. 502, V, 10, Abb. 69. Der große Kopf entspricht dem kindlichen Alter des Dieners, der kurze, geschürzte Chiton, der in den Faltenzügen ganz einfach

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Kunst

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Abb. 70

und großzügig behandelt ist, kennzeichnet den Sklaven. In dem individuell wiedergegebenen Gesicht liegen Furcht und das schon halb zum Bewußtsein gekommene Gefühl für die Unterdrückung. Die hochgezogenen Brauen zeigen, mit wie ängstlicher Erwartung er in die Höhe blickt, wohl zu seinem Herrn, dessen Standbild wir uns daneben zu denken haben. Eine solche Vereinigung von Herr und Sklavenknabe finden wir an hellenistischen Grabmalen häufiger. Die in technischer Hinsicht nicht alltäglichen Darstellungen auf dem G r a b s t e i n des

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Die hellenistische Kunst

Metrodoros aus Chios Nr. 766 a, V, 10, Abb. 70 sind so entstanden, daß man sie im Umriß in die vorher polierte Fläche einritzte und dann den Grund neben den Darstellungen wieder aufrauhte. So heben sich diese schwarz und glänzend von der hellgrauen und stumpfen Steinfarbe ab. Diese malerische Wirkung erinnert an antike Vasen mit schwarzen Silhouetten auf rotem Grunde. Nur die Buchstaben der Inschrift sind eingehauen. Das Hauptfeld zeigt den Verstorbenen beim Bogenschießen. Zwischen einem Baume und einer Säule, die eine Amphora trägt, steht sein kleiner Diener. Auf dem Nebenfeld erkennen wir einen Pfeiler, über dem ein Gewand hängt, und allerlei Turngerät: es stellt eine Palästra dar. Der Verstorbene hat also, wie es allgemein üblich war, Sport getrieben. Oben begrenzen drei Friese die Bildfelder: einer mit Weinlaub, der zweite mit musizierenden Sirenen, der dritte mit der Darstellung des Kampfes zwischen Kentauren und Lapithen. Unten bildet ein breiter Fries mit Bildern wettfahrender Niken auf Zweigespannen den Abschluß. Eine Grabfigur mit genrehaftem Einschlag ist das Mädchen mit der E n t e Nr. 505, V, 10, Abb. 71. Ein Vorgang aus dem alltäglichen Leben ist nachgebildet: ein Mädchen sitzt auf der Erde, drückt mit der linken Hand eine Ente fest auf den Boden und hält ihr mit der rechten Hand den Schnabel zu. Die vollen, fleischigen Kinderhändchen mit den Grübchen quälen das Tier ganz naiv in echt südländischer Art. Seit der Mitte des 4. Jahrhunderts gab die bildnerische Kunst die Liegefalten des Stoffes wieder; jetzt wird noch naturalistischer das Kleid so nachgebildet, wie der tägliche Gebrauch es zerknittert hat. Diesen Eindruck hat der Künstler beabsichtigt durch die summarische Art der kleinen Meißelhiebe auf den Falten des lockeren Gewandes. Naturalismus und Genre kennzeichnen aber die hellenistische Kunst nicht allein. Eine bedeutende Rolle spielt in ihr das heroische, das pathetische Element; denn die gesteigerte Aktivität, die gewaltige Energie bedeutender Männer, die im Anfang der hellenistischen Zeit neue Reiche gründen und in der Nachfolge Alexanders des Großen Weltstädte in Kleinasien bauen, macht sich auch in der Kunst bemerkbar. Im 3. Jahrhundert ist Pergamon für längere Zeit zwar noch der kleinste der östlichen Staaten, aber schon in dieser Zeit beginnt

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Kunst

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A b b . 71

die Förderung von Kunst und Wissenschaft, die in den folgenden Jahrhunderten noch großartigere Leistungen hervorbringen sollte. Von dem König A t t a l o s I., der zu Ende des 3. Jahrhunderts regierte, ist ein ausgezeichnetes Bildnis zum Vorschein gekommen. Es ist der K o p f P 130, V, 8, Abb. 72 und 72a. Die Formen des Gesichts sind mit plastischer Energie durchgebildet. Die Augen beherrschen den Ausdruck: in skopasischer Art treten die inneren Augenwinkel sehr zurück. Die Wülste unter den Brauen sind sehr betont und breit. Sie lassen auch die äußeren Augenwinkel vertieft erscheinen und geben in den stark geschwungenen Brauen und unteren Begrenzungslinien dem Kopf etwas Heroisches. Lysippisch aber ist der Ausdruck momentaner Erregung: die Stirnmuskeln ziehen sich über der Nase leicht zusammen und schieben dort die Brauen etwas nach unten. So hilft hier schon die Mimik, uns etwas über die persönliche Eigenart des Mannes zu sagen. In dem durchdringenden, feurigen Blick liegen Zuverlässigkeit und sympathischer Ernst; in dem bewegten Profil deuten das scharf hervortretende Kinn auf Energie, die Buckel über den Augen auf geistiges

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Kunst

73

Leben, auf inneren Reichtum. Es ist der Kopf eines Herrschers, der die menschliche Güte bei seinem A m t nicht verloren hat. Alle diese sehr ausgeprägten, z. T. gewaltigen Formen sind aber vom Künstler so abgestimmt, daß sie sich gegenseitig behaupten; sie sind, griechischer Kunstauffassung entsprechend, durch eine geistige Vorstellung hindurchgegangen, umgebildet und zu einem Charakterbildnis geworden. Das Haar lag ursprünglich schlicht an, wie es oberhalb der Königsbinde jetzt noch der Fall ist. Später wurde es in breitem Streifen rings um den Kopf abgearbeitet und ein Kranz von reichen, großzügig modellierten Locken, die etwas eigenwillig fallen, angefügt. Dadurch hat der Kopf an Jugendlichkeit ungemein gewonnen, denn der vorspringende Lockenkranz zieht den Blick des Betrachters stark nach oben und von den Altersspuren des Antlitzes ab. Das 2. Jahrhundert v. Chr. entwickelt eine Kunst der LeidenR e i n e c k e ,

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D i e hellenistische K u n s t

Abb.

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schaft, des starken, manchmal übermäßig starken Ausdrucks, der oft schon barock wirkt. In dieser Zeit dehnen die pergamenischen Könige ihre Macht über den größten Teil des vorderen Kleinasien aus. Pergamon wird Großstadt und errichtet auf der Burg den berühmten Riesenaltar, in dem Berlin das großartigste W e r k hellenistischer Kunst besitzt. Der Fries mit der Darstellung des Gigantenkampfes, der sich rings um den Altar zieht, ist voll dramatischer Wucht und rauschender Lebensfülle. Diesen Stil der reichen, vordrängenden Formen zeigt auch d a s S t a n d b i l d e i n e s G o t t e s o d e r F ü r s t e n Nr. i486, V, 7, A b b . 73. Es stammt aus Venedig, gehört möglicherweise noch dem 3. Jahrhundert, aber schwerlich der pergamenischen Kunst an. Die Gestalt steht hoch aufgerichtet in stolzer Haltung da. Der Körper

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Abb. 75

zeigt, im Gegensatz zum Fischer Nr. 1630, die gesunde Kraft eines Mannes auf der Höhe des Lebens. Die Muskeln heben sich wohl deutlich unter der glatten Haut ab; Linien und Flächen verschmelzen aber in weichen Übergängen so, daß sie den Eindruck eines geschlossenen Ganzen von malerischer Wirkung erwecken. Der pergamenischen Kunst gehört der überlebensgroße H e r a k l e s k o p f P 1675, V, 8, A b b . 74 an. In der meisterhaften Durchbildung zeigt sich die Fortsetzung der von Lysipp eingeschlagenen Richtung. Man glaubt zu fühlen, wie die strotzende Fülle der Kraft die Formen wuchtig herausquellen läßt. Sie sind gesteigert bis zu einem barocken Pathos und heben den als Halbgott verehrten Helden über menschliches Maß hinaus. Er selbst, der Verrichter schwerster Arbeiten, der große Dulder, erscheint hier von aller Last befreit und blickt mit leicht geöffnetem Munde wie begeistert und verklärt in die Höhe. Ein pergamenisches Werk reifster Kunst aus der Zeit des 7*

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Altars besitzt das Alte Museum in dem außerordentlich schönen F r a u e n k o p f P go, V , 8, Abb. 75. Auf die Kunstrichtung des Hellenismus, die die malerisch weiche Art pflegte, wiesen wir schon bei dem Kopf aus Cypern (Nr. 617) hin. Hier aber ist ein Äußerstes in malerischer Formung erreicht. Der Kopf wendet und neigt sich nach links und blickt aus tiefen, seelenvollen Augen etwas nach oben. Die Lider gehen so sanft in den Augapfel über, daß der Blick verschwimmt. Ein feuchter Glanz scheint in den Augen zu schimmern. Ebenso weiche Übergänge verbinden alle übrigen Formen des Kopfes; die malerische Formung geht so weit, daß es ist, als ob das Werk von einer Atmosphäre umgeben sei, durch die hindurch der Blick es wahrnimmt; es wirkt nicht mehr tastbar, wie die klaren Formen vergangener Zeiten, sondern nur noch schaubar. Die weiche Art des Praxiteles ist hier weitergeführt zu einem Ausdruck des Sanft-Schwärmerischen, der in solcher Vollkommenheit bisher von keinem Werk der Antike erreicht wurde. Malerische Anschauungsart und Plastik haben sich hier zu einem Werke höchster Kunst vermählt. Großflächig zusammengefaßt sind auch die Haare, in denen der lineare Stil völlig überwunden ist, und die in ihren weichen Wellen mit den übrigen Formen zusammenklingen. Man hat den Kopf mit dem der Venus von Milo verglichen, die vielleicht dem rhodischen Kunstkreise entstammt und etwa zur selben Zeit entstanden sein wird. An duftiger, malerischer Behandlung und seelenvoller Belebung wird er aber von dem Berliner Kopf bei weitem übertroffen. Ebenso malerisch wirkt das schöne G r a b r e l i e f Nr. 809, V, 9, Abb. 76. Der Unterschied gegen die Reliefs des 5. und 4. Jahrhunderts fällt in die Augen. Zwar ist die alte Rahmenform durch Nachahmung von Architekturteilen beibehalten; sie wirkt aber hier nur noch wie der Rahmen zu einem Bilde, das zusammengehalten werden muß; denn wo früher eine Relieffläche war, nur so groß, daß die menschlichen Gestalten Platz hatten, ist hier eine Landschaft mit Tiefenwirkung und verhältnismäßig hohem Luftraum, und statt der ruhigen Familienszene ist ein Jagdaufbruch bewegt dargestellt. Die große Schlange, die sich am Baum in die Höhe windet, deutet an, daß wir es mit einem heroisierten Verstorbenen zu tun haben; aber die kleinen Anbeter, die wir auch auf hellenistischen Reliefs noch finden, fehlen hier. Vor dem

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Abb. 76

Baum links hält ein Knabe das mit einem Fell gesattelte Pferd. Er hat den Helm seines Herrn aufgesetzt. Dieser, ein schlanker Jüngling, steht in gefälliger Schrittstellung da und scheint die Zügel zu ergreifen. Das Relief ist sehr ungleich vertieft. Die Hauptfigur z. B. hängt im Oberkörper mit dem Hintergrund zusammen, aber die Beine stehen ganz frei im Räume. Aus den tiefen Schatten, die so entstehen, heben sich die hervortretenden und darum beleuch-

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Abb.

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teten Teile malerisch a b ; besonders das Pferd tritt mit Vorderkörper und Kopf sehr lebhaft bewegt hervor. So ist auch hier die malerische W i r k u n g des Schattens bewußt dem künstlerischen Eindruck dienstbar gemacht. Die stattliche, reich gewandete F r a u e n g e s t a l t Nr. 585, V , 7, A b b . 77 ist die römische Kopie nach einem hellenistischen Werke. K o p f und A r m e fehlten; der Ergänzer hat die Statue mit einem antiken K o p f e so versehen, daß sie erregt nach oben blickt. In dem ergänzten rechten A r m e und den gestreckten Fingern

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der rechten Hand kommt die gemäßigte Erregung auch zum Ausdruck. Man hat die Gestalt darum »Niobide« genannt, obwohl aus den erhaltenen Teilen eine solche Deutung nicht hergeleitet werden kann. Dem Formenideal des Hellenismus entspricht die hohe Gürtung, die den oberen Teil des Körpers verkürzt. Der untere, tragende Teil bis zum Mantelwulst in Hüfthöhe ist schwer und massig. Die rechts und links herabhängenden Falten führen den Blick nach oben bis zu der Raffung in Höhe der linken Hand, deren flacher Bogen aber durch die hängenden Falten unter ihm vorbereitet ist. Im Vergleich mit diesem aufstrebenden, tragenden Teil überrascht der leichte und von der senkrechten Achse abweichende Oberkörper. Da steigen aus der Unruhe der durch die tiefen Faltenzüge stark aufge7g lockerten Vorderfläche des unteren Teils zuerst schmale Falten' bis zum Gürtel; in wohltuendem Gegensatz zeigt der Stoff über der Brust fast keine Falten mehr und leitet über zu der glatten Haut des Halses, (der allerdings modern ergänzt ist.) Der Kontrast zwischen Unruhe und Ruhe, Furchung und Glätte erhöht auch den zwischen dem Schweren unten und dem Leichten oben. Der Winkel des linken Arms, der den Mantel gerafft hat und sicher richtig ergänzt ist, bringt in diese Körperseite eine Ausladung, deren nach links abfallende Oberarmlinie in Gemeinschaft mit dem in gleicher Richtung abfallenden Mantelsaum der Neigung des Oberkörpers mit Gürtel- und Schulterlinie nach rechts das Gleichgewicht hält.

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Das in Smyrna gefundene, fein gearbeitete und gut erhaltene G r a b r e l i e f Nr. 767, V I , 2, Abb. 78 stammt aus dem 2. Jahrhundert. Der Aufbau des Ganzen ist wieder hoch und schlank. Die kräftige Gestalt der Verstorbenen erscheint besonders stattlich und groß durch den Gegensatz zu den viel zu kleinen Dienerinnen, deren eine die bis unter das Gebälk reichende Fackel hält, während die andre eine Kanne trägt. Auf einem hohen Pfeiler hinter dieser steht ein Füllhorn. Fackel, Füllhorn und der Mohnkopf, den die Frau in der Linken hält, lassen an eine Priesterin der Demeter denken; betend erhebt sie die rechte Hand. Die kleinen Gestalten wären dann ihre Ministrantinnen. Gewand und Haltung erinnern etwas an die Statue Nr. 585. Die Umrahmung ist zierlich und reich. Die Frau steht zwischen schlanken Säulen mit korinthischen Kapitellen. Eine mit Ornamenten geschmückte Attika über dem niedrigen Gebälk, die etwas schwer wirkt, zieht den Blick nach oben. Die 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts kehrt sich von der barocken Wucht der Formen wie von der naturalistischen Auffassung des Körperlichen ab und strebt Darstellung des Lieblichen, Graziösen an. Es liegt etwas Rokokomäßiges in den folgenden Kunstwerken. Häufig kommen erotische Motive vor. Der J ü n g l i n g D a p h n i s m i t d e r H i r t e n f l ö t e Nr. 231 V, 8, Abb. 79 ist die Einzelkopie aus einer Gruppe, die in andern Museen aufbewahrt wird und deren verkleinerte Nachbildung wir in einer Terrakotte des Berliner Antiquariums besitzen. Da unterrichtet der alte Pan den Jüngling im Flötenspiel und legt, lüstern nach dem jugendlichen Körper mit den weichen Formen und runden Gliedern, um ihn seinen Arm. Die Gestalt unseres Bildwerks sitzt leicht auf einem Baumstamm. Arme, hochangezogenes und aufgestütztes linkes Bein, Wendung des Oberkörpers nach links und Senkung der Schulterlinie nach rechts senden Richtungsachsen nach so vielen Seiten aus, daß das Streben der hellenistischen Kunst nach vollem plastischen Aufbau auch hier zur Anschauung gelangt. Was wir bei der Besprechung des Daphnis Nr. 231 nur erwähnen konnten, nämlich den lüsternen, geilen Blick des alten Pan, das zeigt uns einigermaßen d e r S i l e n Nr. 277, V, 9, Abb. 80. Der dickbäuchige Körper, dessen Haut sich zu Fettwülsten zu-

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]05

A b b . 79

sammenschiebt, ist stark behaart. Der Kopf ist kahl, aber mit einem Kranze geschmückt. Das fratzenhafte Gesicht, in das Augen von anderem Material eingesetzt waren, wendet sich gierig und betrunken lachend zur Seite zu einem von den Armen gehaltenen Gegenstand, dessen Reste wir noch an der linken Seite des Bauches sehen. Kleinere Werke, sog. »Kabinettsstücke«, können z. T. bescheidene Weihungen in Heiligtümern gewesen sein, z. T. aber auch in Privathäusern und -gärten Aufstellung gefunden haben. Wir besitzen ein Werk dieser Art in der S t a t u e t t e der A p h r o d i t e Nr. 23, V, 9, Abb. 81 die frisch, aber sorglos gearbeitet

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ist. Die Göttin hat das Gewand abgelegt, um in das Bad zu steigen. Sie hält sich an einer Herme fest und löst mit der rechten Hand die Sandale von dem hochgezogenen linken Fuße. Dabei wendet sie das Gesicht nach rechts auf den Beschauer. Mit einer Geistesrichtung, die an Lieblichem, Idyllischem, Erotischem Gefallen fand und sich heiterer Lebensfreude hingab, hängt auch die Vorliebe für das Genre zusammen. Ein reizendes Beispiel dieser Art sind die S p i e l e n d e n K i n d e r Nr. 150, V, 9, Abb. 82. Die Proportionen des kindlichen Körpers sind hier richtig erfaßt, und das weiche Fleisch ist wirklichkeitstreu wiedergegeben. Der Knabe steht nackt mit gekreuzten Beinen da und hält die

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Abb. 81

Hände gebunden auf den Rücken; er blickt mit weinerlichem Ausdruck links abwärts. Von hinten tritt ein Mädchen tröstend heran; es hält mit der rechten Hand das Ende der Fessel und umspannt mit der linken den Arm des Knaben. Die Deutung der Gruppe auf Eros und Psyche erschiene annehmbar, wenn nicht die Flügel fehlten. Gegen Ende des 2. Jahrhunderts erlebte R h o d o s einen starken Aufschwung und löste an künstlerischer Bedeutung gewissermaßen die Vormachtstellung Pergamons ab. Dem rhodischen Kunstkreise entstammt wahrscheinlich die sog. P o l y h y m n i a Nr. 221, V, 1 1 , Abb. 83. Sie ist eine der zahl-

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Kunst

A b b . 82

reichen Kopien aus einer Musengruppe, die hochberühmt und sehr beliebt gewesen sein muß; wir finden sie sogar noch auf dem römischen Sarkophag Nr. 844 (Saal VI) aus dem 2. Jahrhundert nach Chr. nachgebildet. Der Kopf sowie große Stücke am Oberkörper und am unteren Teile der Statue sind von Christian Rauch ergänzt. Der richtige

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Kunst

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A b b . 83

Kopftypus ist in einem Mädchenkopf des Dresdner Museums erkannt worden; er wendet sich nicht in scharfem Winkel zur Seite, dem Beschauer zu, sondern blickt nach rechts in der Richtung des geneigten Körpers; denn die Gestalt steht im Profil und lehnt sich mit den Armen auf einen Felsen. Den geistigen Ausdruck der Musen suchen wir hier vergebens. Die Darstellung bietet mehr den Eindruck einer elegant gekleideten Dame. Der senkrechten Begrenzungslinie rechts, die in dem Kopfe endet, steht die geschwungene Rückenlinie links gegenüber. Das Standbild ist reliefmäßig aufgebaut im Gegensatz zu den »richtungsfreien« Werken des Hellenismus, die wir bisher betrachtet haben. Be-

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Abb.

Kunst

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merkenswert ist es, mit welcher Transparenz die Künstler dieser Zeit zartes Gewebe wiederzugeben verstehen. Der Mantel ist eine dünne Decke, die mit ihren feinen, gespannten Falten einen wirksamen Gegensatz bildet zu den durchscheinenden dickeren des Kleides. In diesen sich kreuzenden Linien liegt eine Hinneigung zum Linearstil. In der rhodischen Kunst des 1. Jahrhunderts vor Chr. kehrt der pathetische Stil wieder; das bekannteste Beispiel ist die berühmte Laokcongruppe. An den Kopf des Laokoon erinnert der K o p f d e s K e n t a u r e n Nr. 205, V, 10, Abb. 84. Er stammt von der römischen Kopie eines Werkes, das einen bärtigen Kentauren zeigt, der von einem Eros auf seinem Rücken gefesselt ist und gepeinigt wird. Belustigend ist es zu sehen, wie der struppige Alte sich windet, wie er im Unwillen über den Übermut des Kleinen die Mundwinkel ärgerlich herabzieht. Das Unbehagen hat die Muskeln zwischen den Augen zu senkrechten, die Stirnmuskeln zu wagerechten Falten zusammengezogen. Ein leises Zucken scheint

Die hellenistische Kunst

111

Abb. 85

durch Stirn und Wangen zu gehen. Der Mund ist in etwas theatralischer Absichtlichkeit leicht geöffnet. — Damit haben wir den Weg, den die Entwicklung der griechischen Plastik bis zur Begründung des römischen Kaiserreichs unter Augustus genommen hat, in seinen Hauptzügen verfolgt. Nur anhangsweise sei noch ein Werk besprochen, das bereits der neuen Zeit angehören dürfte, das aber als klassizistische Schöpfung ein Beispiel für die Bewunderung darstellt, welche die alten griechischen Meisterwerke bei diesen späten Geschlechtern gefunden haben und welche die nunmehr gewaltig einsetzende Kopistentätigkeit veranlaßt hat. Es ist die Statue des bekannten D o r n -

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D i e hellenistische

Kunst

a u s z i e h e r s . Unsre Kopie Nr. 485, V, 10 ist nach dem Vorbild des berühmten Bronzebildwerkes in Rom, Abb. 85, sehr stark ergänzt; nur der Rumpf ist antik. Ein einfacher Vorgang aus dem alltäglichen Leben ist dargestellt: ein Knabe sitzt auf einem Feldstein, hat den linken Fuß auf das rechte Knie gelegt und sich niedergebeugt, um den Dorn aus der Sohle zu entfernen. Der Kopf erinnert von fern an den des Apollon im Westgiebel des Zeustempels zu Olympia. Die Locken folgen auffälligerweise nicht dem Gesetz der Schwere. Ebenso eigentümlich ist die Härte, mit der die Hauptlinien des Aufbaues einander durchkreuzen. Man beachte den Winkel der beiden Unterschenkel bei Betrachtung von vorn oder den rechten Winkel des rechten Arms, der sich bei der Betrachtung der rechten Körperseite in den rechten Winkel zwischen Rumpf und Oberschenkel einschiebt. Das alles hat früher zu der Annahme geführt, das Werk sei im 5. Jahrhundert entstanden. Aber das Motiv ist doch recht kompliziert. Kopf, Oberkörper, Arme, Beine divergieren so stark nach allen Richtungen, daß wir gezwungen sind, das Werk von verschiedenen Seiten zu betrachten, wenn wir es in seiner reichen räumlichen Entwicklung in uns aufnehmen wollen. K ü h n ist es, wie aus dem geschlossenen Umriß des zusammengekrümmten Körpers das linke Knie spitz herausragt. Dazu kommt die bemerkenswert naturwahre Wiedergabe der schlaffen Brustmuskeln, die an die Kunst Lysipps erinnert. Das sind Eigenschaften, die sich nur aus der Entstehung der Statue in der Zeit des Hellenismus erklären lassen. So ist das Urbild vielleicht die genrehafte Figur eines Dornausziehers im Britischen Museum, die, der naturalistischen Richtung des Hellenismus folgend, einen Gassenjungen in ähnlicher Stellung zeigt. Dieses hellenistische Motiv wäre dann von einem Klassizisten in den Stil des 5. Jahrhunderts umgebildet worden. So kann aus der Genreiigur eine Knabengestalt geworden sein, die an die idealisierten Wiedergaben jugendlicher Sieger in den Wettkämpfen der klassischen Zeit erinnern will.

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,.Ein sehr zu empfehlendes Werk, nützlich für jeden, der sich für Literaturgeschichte überhaupt interessiert. Die ausdrückliche Begrenzung auf deutsche Literaturgeschichte im Titel ist sachlich gerechtfertigt, aber nicht in allzu engem Sinn aufzufassen, denn Artikel wie ,,Antike Literatur", ,,Chevy Chase-Strophe", „Chor", ,,Englische Literatur", ,,Galante Dichtung" u.a. zeigen, daß hier „Deutsche Literaturgeschichte" nicht als eine enzeine für sich dastehende Erscheinung, sondern als ein Teil im großen geistesgeschichtlichen Entwicklungsprozeß überhaupt aufgefaßt wird. Die einzelnen Artikel sind durchweg inhaltlich erschöpfend und formell übersichtlich und klar." Neuphilologische Mitteilungen.

Verfasserlexikon des deutschen Mittelalters. U n t e r Mitarbeit zahlreicher F a c h genossen herausgegeben v o n W o l f g a n g S t a m m l e r . 1. L i e f e r u n g . L e x i k o n - O k t a v . I V — X I I I , 80 Seiten. 1931. R M . 5.—• D a s L e x i k o n erscheint in Lieferungen und wird einen G e s a m t u m f a n g v o n 120 Bogen haben. Es soll zum ersten Mal ein richtiges und umfassendes Bild von dem Reichtum des mittelalterlichen Schrifttums (von der karölinyischen Zeit bis etwa zur Regierung Maximilians /.) in deutscher Sprache geben. Um eine wirkliche Vollständigkeit zu erzielen, durften nicht nur die ,,schön• geistigen" Autoren aufgenommen werden, sondern es galt auch, die historische, 'philosophische, theologische, juristische, medizinische und naturwissenschaftliche Literatur zu berücksichtigen. Außerdem wurden die ohne Verfassernamen überlieferten anonymen Werke mit einbezogen sowie diejenigen mittelalterlichen Autoren oder Schriften, welche für die deutsche Literatur und Geistesgeschickte bedeutsam gewesen sind. Jeder Artikel ist in einen philologischen, literarhistorischen und bibliographischen Teil gegliedert.

Grundriß der deutschen Literaturgeschichte.

I. Geschichte der deutschen Literatur bis zur Mitte des elften Jahrhunderts. V o n W o l f v o n U n w e r t h und Dr. T h e o d o r S i e b s , o. Professor an der Universität Breslau. O k t a v . X I , 260 Seiten. 1920. R M . 6 . — , geb. R M . 8.50 II. Geschichte der mittelhochdeutschen Literatur. 1. Teil. Frühmittelhochdeutsche Zeit.. Blütezeit I : D a s höfische E p o s bis auf Gottfried v o n Straßburg. V o n Dr. F r i e d r i c h V o g t , o. Professor an der Universität Marburg. Dritte, umgearbeitete A u f l a g e . O k t a v . X, 363 Seiten. 1922. R M . 5 . — , geb. R M . 6.—• 2. und 3. Teil sowie die folgenden B ä n d e in Vorbereitung.

Stoff- und Motivgeschichte der deutschen Literatur.

Herausgegeben von

P a u l M e r k e r und G e r h a r d L ü d t k e . Groß-Oktav. Von W i l h e l m G r e n z 1. Die Jungfrau von Orleans in der Dichtung. m a n n . I X , 74 Seiten. 1929. R M . 4.—• 2. Tristan und Isolde in der französischen und deutschen D i c h t u n g des Mittelalters und der Neuzeit. V o n W o l f g a n g G o l t h e r . V I , 72 Seiten. 1929. RM. 4.— 3. Julianus Apostata in der deutschen Literatur. Von K ä t h e P h i l i p . V I , 78 Seiten. 1929. RM. 5 . — 4. Parzival in der deutschen Literatur. Von W o l f g a n g Golher. V I , 74 Seiten. 1929. RM. 5 . — 5. Heidelberg als Stoff und Motiv der deutschen D i c h t u n g . V o n R u d o l f K. Goldschmit. V I , 74 Seiten. 1930. R M . 4.-—

Stoff- und Motivgeschichte der deutschen Literatur. 6. Akasverus, der Ewige Jude. Von W e r n e r Zirus. I V , 73 Seiten. 1930RM. 5 . — 7. Das Judith-Motiv in der deutschen Literatur. V o n O t t o B a l t z e r . I V , 62 Seiten. 1930. RM. 5 . — 8. Napoleon in der deutschen Literatur. Von M i l i a n Schömann. V I I I , 87 Seiten. 1930. RM. 7 . — 9. Dido in der deutschen Dichtung. Von E b e r h a r d S e m r a u . V, 95 Seiten. 1930. RM. 7 . — 10. Das Vater-Sohn-Motiv in der Dichtung. V o n K u r t T . W a i s . Teil I : B i s 1880. X I V , 69 Seiten. 1931. RM. 6 . — 1 1 . Teil I I : V o n 1880 bis 1930. V I I I , 89 Seiten. 1931. R M . 6.50 12. Die Gestalt des bildenden Künstlers in der Dichtung. Von K ä t h e Laserstein. I V , 80 Seiten. 1931. R M . 6.50 Bibliographie der Stoße und Motive der deutschen Literatur. Von K u r t B a u e r h o r s t . E t w a 154 Seiten. 1931. Etwa RM. 8.— Allgemeine B ü c h e r k u n d e zur neueren deutschen Literaturgeschichte. Von R o b e r t F . A r n o l d , Professor an der U n i v e r s i t ä t W i e n . D r i t t e , neubearbeitete u n d stark v e r m e h r t e A u f l a g e . Groß-Oktav. X X I V , 362 Seiten. 1931. R M . 14.50, geb. R M . 1 6 . — Bas seit Jahren vergriffene, für alle an der Literatur Interessierten unentbehrliche Nachschlagewerk liegt nunmehr in einer neuen, stark vermehrten Auflage vor. Die Gliederung des Bandes ist im wesentlichen unverändert geblieben', jedoch hat sich sein Horizont stark erweitert, da das gesamte einschlägige Schrifttum der Nachkriegszeit aufgearbeitet und eingeordnet worden ist. So wird sich die ,,Bücherkunde" als besonders nützliches Hilfsmittel beim Aufsuchen der fast unübersehbar gewordenen Literatur auf allen geisteswissenschaftlichen Gebieten erweisen.

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung v o n E . H o f f m a n n - K r a y e r und Mitarbeit zahlreicher F a c h genossen v o n H a n n s B ä c h t o l d - S t ä u b l i . Lexikonformat. (Handwörterbuch zur deutschen V o l k s k u n d e , herausgegeben v o m V e r b a n d deutscher Vereine f ü r V o l k s k u n d e . A b t e i l u n g I.) D a s W e r k erscheint z. Zt. in Lieferungen. D e r Subskriptionspreis für die L i e f e r u n g beträgt R M . 4 . — . Verstärkte Lieferungen werden entsprechend höher berechnet. Die A b n a h m e der ersten Lieferung verpflichtet z u m B e z u g des ganzen Werkes. Abgeschlossen liegen bisher vor: B a n d I : Aal—Butzemann. 1927/28. Subskriptionspreis R M . 4 4 . — , in Halbleder geb. R M . 52.—• B a n d I I : C—Frautragen. 1930. Subskriptionspreis R M . 4 5 . — , in Halbleder geb. R M . 5 3 . — B a n d I I I : Freem—Hexenschuß. 1931. Subskriptionspreis R M . 5 3 . — , in Halbleder geb. RM. 6 1 . — ,,.. .enthält ein geradezu riesiges Material deutschen Aberglaubens, kritisch gesichtet, klar dargestellt, ohne jedes Werturteil ausgebreitet, durch eine ganz ungeheure Literatur belegt..." Literarischer Handweiser.

Quellen zur deutschen V o l k s k u n d e . Herausgegeben v o n V . v o n G e r a m b und L. M a c k e n s e n . Erstes H e f t : Arabische Berichte v o n Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Ins Deutsche übertragen und m i t F u ß n o t e n versehen v o n Dr. G e o r g J a c o b , o. Professor an der U n i v e r s i t ä t Kiel. G r o ß - O k t a v . V , 51 Seiten. 1927. RM. 4 . — Z w e i t e s H e f t s Die K n a f f l - H a n d s c h r i f t , eine obersteierische Volkskunde v o m Jahre 1813. Herausgegeben v o n V i k t o r v o n G e r a m b . Mit 4 einfarbigen und 4 mehrfarbigen Tafeln. 173 Seiten. 1928. RM. 24.— Drittes H e f t : Volkskundliches aus Strafprozessen der österreichischen Alpenländer m i t besonderer Berücksichtigung der Zauberei- und Hexenprozesse 1455 bis 1850. Hrsgb. v o n F r i t z B y l o f f . 68 Seiten. 1929. R M . 8 . —

Quellen zur deutschen Volkskunde. Viertes Heft: Das Zerbster Passionsspiel 1507. Von W i l l m k e u p k e . VI, 65 Seiten. 1930. RM. 6.-— Handwörterbuch des deutscheit, Märchens. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von Johannes IBolte und Mitarbeit zahlreicher Fachgenossen von L u t z M a k e n s e n . Lexikon-Oktav. Band I. Lieferung 1: Abend—Amor. VIII, 64 Seiten. 1930. Lieferung 2: Amor—Aulnoy. Seite 65—144. 1931 Lieferung 3: Aulnoy—Beckstein. Seite 145—224. 1931. Subskriptionspreis je RM. 5.—• Das Märchenlexikon wird einen Umfang von etwa 90 Bogen haben und in Lieferungen von 4 bis 5 Bogen ausgegeben werden. Subskriptionspreis der einzelnen Lieferungen etwa RM. 4 . — bis RM. 5.—. Der Subskriptionspreis erlischt nach Abschluß des ersten Bandes. Die Abnahme der ersten Lieferung verpflichtet zum Bezug des ganzen Werkes. In dem Handwörterbuch des devischen Märchens findet die Märchenforschung zum erstenmal eine zusammenfassende Darstellung. Das Werk hat die Aufgabe, -über Wesen, Inhalt und Form des deutschen Märchens nach verschiedenen Gesichtspunkten in Artikelform Aufschluß zu geben. Dabei werden auch die Märchen der anderen Länder in möglichst breitem Umfang mitherangezogen und Untersuchungen über Herkunft, Wanderung und Verbreitung eines Märchentyps außerhalb Deutschlands angestellt.

Die Idee des Aberglaubens. Sein Wachsen und Werden. Von J u l i u s von N e g e l e i n , o. Prof. an der Univers. Erlangen. Groß-Oktav. VIII, 372 Seiten. 1931. RM. 19.—, geb. RM. 20.— (Weltgeschichte des Aberglaubens, Bd. 1.) Das Feuer im deutschen Glauben und Brauch. Von H. F r e u d e n t h a l . Mit 11 Tafeln u. 15 Textabb. Gr.-Okt. X X , 571 Seiten. 1931. RM. 38.—, geb. RM. 40.— Eingeweide. Lebens und Seelenkräfte des Leibesinneren im deutschen Glauben und Brauch. Von Ernst- B a r g h e e r . Mit 8 Tafeln und 8 Abbildungen im Text. Groß-Oktav. X V , 443 Seiten. 1931. RM. 28.—, geb. RM. 30.— Deutsche Volkskunde, insbesondere zum Gebrauch der Volksschullehrer. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde herausgegeben von J o h n Meier. Oktav. IV, 344 Seiten. 1926. RM. 10.—, geb. RM. 12.— Lehrproben zur deutschen Volkskunde. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde herausgegeben von J o h n Meier. Oktav. 136 Seiten. 1928. RM. 3.60, kart. RM. 4 . — Deutsche Volkskunde im außerdeutschen Osten. Vier Vorträge von G. B r a n d s c h , G. J u n g b a u e r , V. S c h i r m u n s k i , E. von S c h w a r t z . Groß-Oktav. IV, 81 Seiten. 1930. RM. 5 . — Jahrbuch für Volksliedforschung. Im Auftrage des Deutschen Volksliedarchivs mit Unterstützung von H. M e r s m a n n , H. S c h e w e und E. Seem a n n herausgegeben von J o h n Meier. I. und II. Jahrgang. 1928/1930. Je RM. 14.—, geb. RM. 16.— Volkskundliche Bibliographie. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde herausgegeben von E. H o f f m a n n - K r a y e r . Oktav. Für die Jahre 1917—1919. 1919/1922. Je RM. 2 . — Für das Jahr 1920. 212 Seiten. 1924. RM. 6 . — Für die Jahre 1921 und 1922. X X V I I , 414 Seiten. 1927. RM. 18.—• Für die Jahre 1923 und 1924. X X X I I I , 492 Seiten. 1929. RM. 24.— Zeitschrift für Volkskunde. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde mit Unterstützung von Johannes Bolte herausgegeben von F r i t z B o e h m . Lexikon-Oktav. Jährlich 3 Hefte im Umfang von etwa 7 Bogen. 1931. RM. 18.— Bei Sammelbestellungen Preisnachlaß. Näheres erfahren Sie bei Ihrem Buchhändler.

Philosophie E I N F Ü H R U N G IN D I E P H I L O S O P H I E . Von M a x W e n t s c h e r , o. Professor an der Universität B o n n . Siebenter Neudruck. 174 Seiten. 1926. (Sammlung Göschen, B a n d 2 8 1 ) Geb. R M . 1.80 H A U P T P R O B L E M E D E R P H I L O S O P H I E . Von G e o r g S i m m e l . Sechste Auflage. 175 Seiten. 1928. (Sammlung Göschen, B a n d 500). Geb. R M . 1.80 Das Blich will keim fertigen Resultate geben, sondern das Verständnis der Philosophie von dem inneren Prozeß her gewinnen. P H I L O S O P H I S C H E S W Ö R T E R B U C H . Von Dr. M a x A p e l . 1930. (Sammlung Göschen, B a n d 1031). Geb. R M . 1.80 G E S C H I C H T E D E R P H I L O S O P H I E . I. Die griechische Philosophie. Erster Teil: Von Thaies bis Leukippos. Von Dr. W i l h e l m C a p e l l e , o. Honorarprofessor an der Hamburgischen Universität. 128 Seiten. 1922. (Sammlung Göschen, B a n d 857). Geb. R M . 1.80 11,1: Von der Sophistik bis zum Tode Piatons. Von D r . W i l h e l m C a p e l l e , o. Honorarprofessor an der Hamburgischen Universität. 140 Seiten. 1926. (Sammlung Göschen, B a n d 858). " Geb. R M . 1.80 I I I : Die Philosophie des Mittelalters. Von M a r t i n G r a b m a n n , o. Professor an der Universität München. 122 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen, B a n d 826). Geb. R M . 1.80 I V : Neuere Philosophie bis K a n t . Von B r u n o B a u c h , o. Professor an der Universität J e n a . Dritte, verbesserte Auflage. 178 Seiten. 1919. (Sammlung Göschen, B a n d 934). Geb. R M . 1.80 V : Immanuel K a n t . Von B r u n o B a u c h , o. Professor an der Universität J e n a . Dritte, verbesserte Auflage. 209 Seiten. 1920. (Sammlung Göschen, B a n d 536). Geb. RM. 1.80 V I : Die Philosophie im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Von A r t h u r D r e w s , a. o. Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Neudruck. 119 Seiten. 1920. (Sammlung Göschen, B a n d 571). Geb. RM. 1.80 V I I : Die Philosophie im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts. Von A r t h u r D r e w s , a. o. Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Neudruck. 163 Seiten. 1922. (Sammlung Göschen, B a n d 709). Geb. RM. 1.80 V I I I : Die Philosophie im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Von A r t h u r D r e w s , a. o. Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. 155 Seiten. 1921. (Sammlung Göschen, B a n d 845. Geb. R M . 1.80 I X : Die deutsche Philosophie der Gegenwart und die Philosophie des Auslandes. Von A r t h u r D r e w s , a. o. Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. 148 Seiten. 1922. (Sammlung Göschen, B a n d 850). Geb. R M . 1 . 8 0 D I E L E B E N S A N S C H A U U N G E N D E R G R O S S E N D E N K E R . Eine Entwicklungsgeschichte des Lebensproblems der Menschheit von Plato bis zur Gegenwart. Von R u d o l f E u c k e n . N e u n z e h n t e A u f l a g e . Groß-Oktav. V I I I , 564 Seiten. 1930. R M . 9 . - , geb. R M . 1 0 . G E I S T I G E S T R Ö M U N G E N D E R G E G E N W A R T . Von R u d o l f E u c k e n . Der Grundbegriffe der Gegenwart s e c h s t e , umgearbeitete A u f l a g e . Unveränderter Neudruck. Oktav. X , 418 Seiten. 1928. R M . 1 2 . - , geb. R M . 1 4 . D I E E I N H E I T D E S G E I S T E S L E B E N S in Bewußtsein und T a t der Menschheit. Untersuchungen von R u d o l f E u c k e n . Z w e i t e A u f l a g e . Groß-Oktav. X I I , 499 Seiten. 1925. R M . 1 2 . - , geb. R M . 1 4 . G R U N D L I N I E N E I N E R N E U E N L E B E N S A N S C H A U U N G . Von R u d o l f E u c k e n . Z w e i t e , völlig umgearbeitete A u f l a g e . Groß-Oktav. X , 244 S. 1913. Geb. R M . l l . — D E R K A M P F UM E I N E N G E I S T I G E N L E B E N S I N H A L T . Neue Grundlegung einer Weltanschauung. Von R u d o l f E u c k e n . F ü n f t e , umgearbeitete A u f l a g e . Oktav. 397 Seiten. 1925. R M . 9. —, geb. R M . l l . D E R W A H R H E I T S G E H A L T D E R R E L I G I O N . Von R u d o l f E u c k e n . V i e r t e , umgearbeitete A u f l a g e . Neudruck. Oktav. X I V , 447 S. 1927. R M . 1 2 . - , g e b . R M . 1 4 . K Ö N N E N W I R NOCH C H R I S T E N S E I N ? Von R u d o l f E u c k e n . Z w e i t e A u f l a g e . Neudruck. Oktav. V I I I , 235 Seiten. 1927. R M . 4.50, geb. RM.5.50 P R O L E G O M E N A UND E P I L O G zu einer Philosophie des Geisteslebens. Von R u d o l f E u c k e n . Oktav. I V , V I I I und 156 Seiten. 1922. R M . 3 . - , geb. RM.4 . E R K E N N E N U N D L E B E N . Von R u d o l f E u c k e n . Groß-Oktav. V I , 127 Seiten. 1923. R M . 3 . - , geb. RM. 4.— L E B E N S K U N S T . Der Weg zum deutschen Kulturprogramm. Von E r n s t B i t t l i n g e r . Oktav. I V , 249 Seiten. 1924. R M . 3.50, in Leinen geb. R M . 5. —, in Halbleder geb. R M . 6.50

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