Ein Kardinal im Zeitalter der Renaissance: Die Karriere des Giovanni di Castiglione (ca. 1413-1460). Dissertationsschrift 9783161505454, 9783161585975, 316150545X

Wie vermochte ein nicht begüterter, doch äußerst ambitionierter Prälat zu Zeiten des Renaissancepapsttums die kirchliche

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German Pages 520 [539] Year 2011

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Table of contents :
Cover
Titel
Danksagung
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen bibliographischer Angaben
I. Einführung
II. Die Anfänge
II.1 „… vortreffliches Geschlecht, ich sehe, wie aus Dir so viele und so leuchtende Helden hervorgegangen sind …“ – Die Familie di Castiglione
II.2 „Ich sage aber, daß es die Tugenden und die Bildung sind, die den an einem unbekannten und unbedeutenden Ort Geborenen veredeln und ihn zu höchstem Ruhm gelangen lassen“ – Der normannische „Hof “ der Castiglione
II.3 „… auf ihm hat all unsere Hoffnung geruht, ohne ihn konnte uns nichts ergötzen und nichts Ruhmvolles geschehen“ – Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte
II.4 „… mein Herz schlägt mit großer und mannigfaltiger Sorge für das Vaterland“ – Die allmähliche Abkehr von der Normandie
III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt
III.1 „… noch nicht einmal das Haar von einem Rind“ – Der Beginn einer Karriere in Rom ohne finanziellen Rückhalt
III.2 „… ein Mann von großem Genie“ – Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie
III.3 „… nur eine Empfehlung ohne irgendwelche Signale“ – Ein folgenschweres herzogliches Schreiben
III.4 „… Du hast unseren Willen gehört, daß der von Pavia Kardinal werde und kein anderer“ – Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione
III.5 „… lieber möchte ich ein Bettler sein, als auf unlauterem Wege zu allen Reichtümern der Welt zu kommen“ – Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes
III.6 „… Ihr dürft nicht nur ein Wölflein am Hofe des Papstes haben“ – Die Mailänder Bemühungen um zwei Kardinäle
IV. Die Translation nach Pavia
IV.1 „Ihr habt keinen Bruder oder Sohn, der zu Euren Gunsten angemessener oder beherzter hätte Fürsprache halten können“ – Das Gewinnen eines mächtigen Verbündeten
IV.2 „… nun ist es die Sache der Natur, daß ihm weder unser Herr mit gutem Gewissen, noch Eure Durchlaucht, noch irgendeine Person der Welt mit gutem Grund seinen Titel nehmen darf “ – Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville
IV.3 „… falls besagter Monsignore von Coutances es akzeptierte, wäre ich sehr dankbar, wenn der ehrwürdige Vater es erhielte“ – Das Angebot der Diözese Piacenza
IV.4 „… zum sehr großen Verlust und Schaden der Christenheit“ – Unliebsame Entwicklungen
IV.5 „… Eure Durchlaucht könnte unserem Herrn und dem ganzen Kardinalskollegium einen großen Gefallen tun“ – Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V
IV.6 „… widerrufen kann ich nicht, wenn es mir nicht zur größten Schande gereichen soll“ – Die ablehnende Haltung des Herzogs
V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg: Das Ringen um die herzogliche Zustimmung zur Translation
V.1 „… es begibt sich, daß unser Vater mich dazu erwählt hat, zum Kaiser und zum König von Ungarn zu gehen“ – Neue Strategien des Giovanni di Castiglione
V.2 „… hinsichtlich des Bistums Pavia wird man schweigen …“ – Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung
V.3 „… am 16. des vergangenen Monats traf ich ein“ – Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April / Mai 1454)
V.4 „… mit dem Erzbistum Euch eine Gefälligkeit erweisend, wollen sie, daß Ihr dem Papst und ihnen mit Pavia einen Gefallen tut“ – Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas und das Brechen des herzoglichen Widerstandes
VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt als weitere Sprossen auf der Karriereleiter
VI.1 „… wir bestimmen unseren ehrenwerten Bruder, den Bischof von Pavia, zu unserem Orator auf dem besagten Tag“ – Der Reichstag zu Frankfurt (September / Oktober 1454)
VI.2 „Als erster traf hier der Gesandte des Königs von Aragon ein … Nach diesem kam der Bischof von Pavia …“ – Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)
VII. Der Griff nach dem roten Hut
VII.1 „… ein anderer wurde gewählt, über dessen Gesinnung ich unsicher bin. Das große Rad hat sich gedreht …, die einen sind emporgestiegen, die anderen abgesunken“ – Sicherung und Ausbau der eigenen Position unter dem neuen Pontifex
VII.2 „… sie haben überlegt, daß ich für einige Tage komme und diesen Kelch trinke“ – Vom Gewinnen neuer Bündnispartner und vom Entfernen der Kontrahenten
VII.3 „Eure Durchlaucht … wünschte insbesondere von den Angelegenheiten aus dem Reich zu hören“ – Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn
VII.4 „… hier sind heute die Gesandten des Kaisers zur 21. Stunde eingetroffen“ – Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“
VII.5 „… ich müßte ein Falke sein, um zu Eurer Exzellenz fliegen zu können“ – Der Bischof von Novara und der Bischof von Modena, zwei Konkurrenten Giovanni di Castigliones
VII.6 „… ich habe mir überlegt, von meiner Seite aus nichts fehlen zu lassen“ – Ein selbstgefertigtes Schreiben zur Beschleunigung
VII.7 „… auch mit Hilfe der Freunde beabsichtige ich etwas“ – Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre
VII.8 „… er täte gut daran, dem Papst und ihnen die Wahl … zu überlassen“ – Das Kardinalskollegium als Bündnispartner
VII.9 „… für denjenigen von Pavia tun wir, was wir können“ – Im unmittelbaren Vorfeld der Kardinalskreation
VII.10 „Am Ende ließ er alle aus dem Palast jagen … und man sagt, niemand wurde ernannt“ – Das „Scheitern“ der Kardinalskreation
VII.11 „… sehr ungern sehen sie mich weggehen, aber die Notwendigkeit zwingt mich“ – Das Erwägen einer Rückkehr ins Reich
VIII. Auf dem Weg zum Purpur
VIII.1 „Am 16. dieses Monats traf ich ein, gern gesehen vom Kaiser und seinem ganzen Hofe“ – Die Rückkehr ins Reich
VIII.2 „… er sagte, Monsignore de Pavia gewählt zu haben, als denjenigen, der Eurer Durchlaucht, nach dem Bischof von Novara, am gefälligsten ist“ – Die Erhebung ins Kardinalat
VIII.3 „Das Reich, Frankreich und Ungarn haben Dich schon zur Genüge gehabt, jetzt wollen sich Italien und Rom an Dir laben“ – Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie
IX. Die römischen Jahre
IX.1 „Seine Heiligkeit würde mich gerne versetzen, wenn es Eurer Durchlaucht recht wäre“ – Bemühungen um die Diözese Novara
IX.2 „… lieber heute ein Ei als morgen ein Huhn“ – Bemühungen um die Abtei Rivalta
IX.3 „… verzeihen Sie, daß ich immer dasselbe Lied singe“ – Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta
IX.4 „Gerne hätten wir Eure Durchlaucht … vorgewarnt, aber weil diese Resignation viele Gefahren mit sich bringt …, haben wir sie akzeptiert und die Bullen bereits ausstellen lassen“ – Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio
X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458
X.1 „Es steht außer Frage, daß der Papst höchstens noch zwei Monate zu leben hat“ – Die Zeit vor dem Konklave
X.2 „… wenn die Kardinäle tatsächlich im Konklave sind, täuschen sie sich gegenseitig, trotz aller Versprechungen, die sie sich vorher gegeben haben“ – Der Verlauf des Konklaves
XI. Niedergang und Ende
XI.1 „… zu dieser sechzehnten Stunde hat mir Seine Heiligkeit im Konsistorium mit Zustimmung aller Kardinäle die Legation für die Marken übertragen“ – Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)
XI.2 „… und er sprach so schlecht über ihn, daß es mich mit großer Verwunderung erfüllte“ – Die damnatio memoriae
XII. „… auch ändern sich vergleichbare Dinge von Stunde zu Stunde“ – „Aufstieg“ und „Fall“ des Giovanni di Castiglione: eine Bilanz
Anhang
Ungedruckte Quellen
Gedruckte Quellen
Hilfsmittel
Literatur
Webseiten
Personenregister
Orts- und Sachregister
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Ein Kardinal im Zeitalter der Renaissance: Die Karriere des Giovanni di Castiglione (ca. 1413-1460). Dissertationsschrift
 9783161505454, 9783161585975, 316150545X

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Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation herausgegeben von Berndt Hamm (Erlangen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Volker Leppin (Tübingen), Heinz Schilling (Berlin)

59

Jessika Nowak

Ein Kardinal im Zeitalter der Renaissance Die Karriere des Giovanni di Castiglione (ca. 1413–1460)

Mohr Siebeck

Jessika Nowak, geboren 1977; Studium der Mittleren und der Neueren Geschichte und der Romanistik in Frankfurt / Main und Florenz; Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes (2005–2007); wissenschaftliche Mitarbeiterin von Herrn Prof. Dr. Heribert Müller am Historischen Seminar der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt / Main (2008–März 2011); Promotion in Frankfurt / Main (2009); wissenschaftliche Mitarbeiterin von Herrn Prof. Dr. Jürgen Dendorfer an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (seit April 2011).

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT ISBN 978-3-16-150545-4 / eISBN 978-3-16-158597-5 unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 1865-2840 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. D 30 © 2011 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen aus der Bembo gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Danksagung «Chi la dura si la vence»  –  daß (nur) Ausdauer und Beharrlichkeit zum Ziel führen, bekundete schon ein Mailänder Gesandter im 15. Jahrhundert in seinen von mir im Archivio di Stato di Milano eingesehenen Briefen. Geduld und Durchhaltevermögen und eine gewisse Protektion benötigte nicht nur Giovanni di Castiglione auf dem Weg zur Translation nach Italien und zum Erwerb des roten Hutes; Zähigkeit und zahlreiche hilfreiche Hände (und vor allem geduldige Ohren) erforderte es auch für das Entstehen dieser Dissertation. Damit diese „karrierebezogene“ Biographie über den Renaissancekardinal Giovanni di Castiglione im Januar 2009 vom Fachbereich Geschichtswissenschaften und Philosophie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Dissertation angenommen und im Mai 2009 verteidigt werden konnte und damit diese vorliegende Untersuchung nun in einer leicht gekürzten Fassung1 erscheinen kann, bedurfte es vielseitiger Unterstützung in moralischer, wissenschaftlicher und materieller Hinsicht. An erster Stelle möchte ich ganz besonders meinem Lehrer und Doktorvater, Herrn Professor Dr. Heribert Müller, danken, der es wie kaum ein anderer versteht zu begeistern und anzuspornen und der bereits im Grundstudium mein Interesse für das 15. Jahrhundert geweckt hat. Ebenso wie er hatte auch mein Zweitbetreuer, Herr Professor Dr. Ulrich Muhlack, immer ein offenes Ohr für mich und stand mir mit exzellenten Ratschlägen zur Seite, so daß auch ihm großer Dank gebührt. Vielmals möchte ich mich auch bei Herrn Professor Dr. Johannes Fried bedanken, der sich trotz unzähliger Verpflichtungen intensiv Zeit für das Drittgutachten nahm. Großer Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Notker Hammerstein, Herrn Professor Dr. Gerrit Walther und Frau Professor Dr. Elisabeth Stein, die mir immer mit gutem Rat zur Seite standen. Ausdrücklich danken möchte ich ebenfalls Herrn Professor Dr. Johannes Helmrath, Herrn Professor Dr. Werner Rösener, Frau Professor Dr. Claudia Märtl und Herrn Professor Dr. Knut Görich, die meinem Thema stets großes Interesse entgegenbrachten und mir freundlicherweise die Möglichkeit gaben, meine Arbeit in ihren Oberseminaren vorzustellen, so daß ich mannigfaltige, wertvolle Anregungen erhielt. Auch dem Koninklijk Nederlands Instituut te Rome und vor 1 Auf Wunsch meines Doktorvaters wurden insbesondere in den Kapiteln V und VI längere Quellenzitate herausgenommen, da diese bereits in dem Band RTA 19,1 in gedruckter Form vorliegen bzw. in Kürze durch die unmittelbar bevorstehende Herausgabe der Bände 19,2 und 19,3 durch Herrn Professor Dr. Johannes Helmrath und Frau Dr. Gabriele Annas allgemein zugänglich sein werden.

VI

Danksagung

allem dem Deutschen Historischen Institut in Rom und dem Deutschen Historischen Institut Paris, die mir durch ein dreimonatiges bzw. ein einmonatiges Stipendium weitere Recherchen im Ausland ermöglichten und mir zugleich äußerst wichtige Plattformen für Diskussionen boten, bin ich sehr zu Dank verpflichtet. Insbesondere danken möchte ich in diesem Zusammenhang Herrn Professor Dr. Michael Matheus, seiner Gattin Dr. Ricarda Matheus, Herrn PD Dr. Alexander Koller, Herrn PD Dr. Jochen Johrendt, Herrn Professor Dr. Jürgen Dendorfer, Frau Dr. Kerstin Rahn und Herrn Dr. Andreas Rehberg sowie Herrn Professor Dr. Ludwig Schmugge und Herrn Professor Dr. Werner Paravicini. Auch Herrn Professor Dr. Tino Foffano, Herrn Professor Dr. Giorgio Chittolini, Herrn Professor Dr. Riccardo Fubini, Herrn Professor Dr. Péter Kovács, Herrn Professor Dr. Wim Blockmans, Herrn Dr. Michiel Decaluwé, Herrn Dr. Francesco Somaini und Herrn Dr. Andrea Gamberini, von denen ich so manchen wertvollen Hinweis erhielt, bin ich für ihre Hilfe sehr dankbar. Ohne das Promotionsstipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes hätte ich die Dissertation schwerlich finanzieren können, von daher gilt auch dieser mein voller Dank. Historiae faveo, der Förder- und Alumniverein der Geschichtswissenschaften an der Goethe-Universität, bezuschußte die zum Teil kostspielige Reproduktion der Dokumente, wofür ich dem Verein sehr verbunden bin. „Mille grazie“ auch den Angestellten der Archive und Bibliotheken, in denen ich gearbeitet habe, insbesondere den sehr freundlichen und ungemein zuvorkommenden Mitarbeitern des Archivio Segreto Vaticano und des Archivio di Stato di Milano. Auch meinen „Mitstreitern“ im Vatikanischen Archiv Dr. Amandine Le Roux, Dr. Hugues Labarthe, Dr. Laurent Vallière, Dr. Benjamin Weber, Émilie Rosenblieh, Dr. Benedetta Albani, Dr. Antonin Kalous, Herrn Dr. Arne Karsten, Herrn PD Dr. Martin Wagendorfer, Matthias Klipsch, Anett Ladegast und Andreas Willershausen, die stets beim Durchgehen ihrer Akten darauf achteten, ob sie nicht zufällig auch auf einen Castiglione stießen, gebührt großer Dank. Das gleiche gilt auch für meine Münchener Kollegen Dr. Georg Strack und Wolfgang Untergehrer sowie für Tobias Daniels, die bei den eigenen Studien ebenfalls immer nach der Familie Castiglione Ausschau hielten. Danken möchte ich auch meinen Mailänder „Historikerfreunden“ Dr. Federica Cengarle und Laura Denaro und nicht zuletzt meinen Frankfurter Kollegen und Mitarbeitern, neben Frau Monika Hahn insbesondere den „Friedianern“ und „Müllerianern“, allen voran Frau Dr. Gabriele Annas, Mitarbeiterin bei den Deutschen Reichstagsakten (Ältere Reihe), die mir  –  ebenso wie Herr Professor Dr. Johannes Helmrath – freundlicherweise Einsicht in ihr noch nicht publiziertes Manuskript gewährte. Schließlich möchte ich Herrn Professor Dr. Helmrath, wie auch Herrn Professor Dr. Berndt Hamm und Herrn Professor Dr. Volker Leppin, ganz herzlich dafür danken, daß sie sich für mich eingesetzt haben und es mir ermöglicht haben, in diese Reihe aufgenommen zu werden. Sehr großer Dank gebührt auch dem Lektorat von Mohr Siebeck, Herrn Dr. Henning Ziebritzki wie auch Frau Bettina Gade, und natürlich auch meinem Freund Andreas Karg,

Danksagung

VII

der immer für mich da war und mir wie kein anderer allenthalben geholfen hat, und meinen lieben Eltern, Heidi und Kurt Nowak, die mich stets nach Kräften unterstützt haben und denen dieses Buch gewidmet ist. Mai 2010

Jessika Nowak

Inhaltsverzeichnis Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Abkürzungen bibliographischer Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV

I.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

II.

Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

II.1

„… vortreffliches Geschlecht, ich sehe, wie aus Dir so viele und so leuchtende Helden hervorgegangen sind …“ – Die Familie di Castiglione . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Ich sage aber, daß es die Tugenden und die Bildung sind, die den an einem unbekannten und unbedeutenden Ort Geborenen veredeln und ihn zu höchstem Ruhm gelangen lassen“ – Der normannische „Hof “ der Castiglione . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „… auf ihm hat all unsere Hoffnung geruht, ohne ihn konnte uns nichts ergötzen und nichts Ruhmvolles geschehen“ – Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte . . . . . „… mein Herz schlägt mit großer und mannigfaltiger Sorge für das Vaterland“ – Die allmähliche Abkehr von der Normandie . . . . .

II.2

II.3 II.4

III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt . . . . . . . . . . . . . . III.1 „… noch nicht einmal das Haar von einem Rind“ – Der Beginn einer Karriere in Rom ohne finanziellen Rückhalt . . . . III.2 „… ein Mann von großem Genie“ – Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie . . III.3 „… nur eine Empfehlung ohne irgendwelche Signale“ – Ein folgenschweres herzogliches Schreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.4 „… Du hast unseren Willen gehört, daß der von Pavia Kardinal werde und kein anderer“ – Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.5 „… lieber möchte ich ein Bettler sein, als auf unlauterem Wege zu allen Reichtümern der Welt zu kommen“ – Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.6 „… Ihr dürft nicht nur ein Wölflein am Hofe des Papstes haben“ – Die Mailänder Bemühungen um zwei Kardinäle . . . . . . . . . . . . . .

21

32 49 55 61 61 65 70 77 84 93

X

Inhaltsverzeichnis

IV. Die Translation nach Pavia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 IV.1 „Ihr habt keinen Bruder oder Sohn, der zu Euren Gunsten angemessener oder beherzter hätte Fürsprache halten können“ – Das Gewinnen eines mächtigen Verbündeten . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.2 „… nun ist es die Sache der Natur, daß ihm weder unser Herr mit gutem Gewissen, noch Eure Durchlaucht, noch irgendeine Person der Welt mit gutem Grund seinen Titel nehmen darf “ – Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.3 „… falls besagter Monsignore von Coutances es akzeptierte, wäre ich sehr dankbar, wenn der ehrwürdige Vater es erhielte“ – Das Angebot der Diözese Piacenza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.4 „… zum sehr großen Verlust und Schaden der Christenheit“ – Unliebsame Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV.5 „… Eure Durchlaucht könnte unserem Herrn und dem ganzen Kardinalskollegium einen großen Gefallen tun“ – Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V. . . . . . . . IV.6 „… widerrufen kann ich nicht, wenn es mir nicht zur größten Schande gereichen soll“ – Die ablehnende Haltung des Herzogs . . .

97

99 105 110 112 119

V.

Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg: Das Ringen um die herzogliche Zustimmung zur Translation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

V.1

„… es begibt sich, daß unser Vater mich dazu erwählt hat, zum Kaiser und zum König von Ungarn zu gehen“ – Neue Strategien des Giovanni di Castiglione . . . . . . . . . . . . . . . . . „… hinsichtlich des Bistums Pavia wird man schweigen …“ – Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung . . . . . . . . „… am 16. des vergangenen Monats traf ich ein“ – Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April / Mai 1454) . . . . „… mit dem Erzbistum Euch eine Gefälligkeit erweisend, wollen sie, daß Ihr dem Papst und ihnen mit Pavia einen Gefallen tut“ – Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas und das Brechen des herzoglichen Widerstandes . .

V.2 V.3 V.4

127 148 154

167

VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt als weitere Sprossen auf der Karriereleiter . . . . . . . . . . . . . 175 VI.1 „… wir bestimmen unseren ehrenwerten Bruder, den Bischof von Pavia, zu unserem Orator auf dem besagten Tag“ – Der Reichstag zu Frankfurt (September / Oktober 1454) . . . . . . . . 175

Inhaltsverzeichnis

XI

VI.2 „Als erster traf hier der Gesandte des Königs von Aragon ein … Nach diesem kam der Bischof von Pavia …“ – Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455) . . . . . . . 189

VII. Der Griff nach dem roten Hut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 VII.1 „… ein anderer wurde gewählt, über dessen Gesinnung ich unsicher bin. Das große Rad hat sich gedreht …, die einen sind emporgestiegen, die anderen abgesunken“ – Sicherung und Ausbau der eigenen Position unter dem neuen Pontifex . . . . . . . . . VII.2 „… sie haben überlegt, daß ich für einige Tage komme und diesen Kelch trinke“ – Vom Gewinnen neuer Bündnispartner und vom Entfernen der Kontrahenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII.3 „Eure Durchlaucht … wünschte insbesondere von den Angelegenheiten aus dem Reich zu hören“ – Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . VII.4 „… hier sind heute die Gesandten des Kaisers zur 21. Stunde eingetroffen“ – Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII.5 „… ich müßte ein Falke sein, um zu Eurer Exzellenz fliegen zu können“ – Der Bischof von Novara und der Bischof von Modena, zwei Konkurrenten Giovanni di Castigliones . . . . . . . . . . . . . . . . . VII.6 „… ich habe mir überlegt, von meiner Seite aus nichts fehlen zu lassen“ – Ein selbstgefertigtes Schreiben zur Beschleunigung . . . . . . VII.7 „… auch mit Hilfe der Freunde beabsichtige ich etwas“ – Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre . . . . VII.8 „… er täte gut daran, dem Papst und ihnen die Wahl … zu überlassen“ – Das Kardinalskollegium als Bündnispartner . . . . . . . . VII.9 „… für denjenigen von Pavia tun wir, was wir können“ – Im unmittelbaren Vorfeld der Kardinalskreation . . . . . . . . . . . . . . . VII.10 „Am Ende ließ er alle aus dem Palast jagen … und man sagt, niemand wurde ernannt“ – Das „Scheitern“ der Kardinalskreation VII.11 „… sehr ungern sehen sie mich weggehen, aber die Notwendigkeit zwingt mich“ – Das Erwägen einer Rückkehr ins Reich . . . . . . . . .

209 213 217 222 239 241 244 256 260 263 274

VIII. Auf dem Weg zum Purpur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 VIII.1 „Am 16. dieses Monats traf ich ein, gern gesehen vom Kaiser und seinem ganzen Hofe“ – Die Rückkehr ins Reich . . . . . . . . . . . . . . 283 VIII.2 „… er sagte, Monsignore de Pavia gewählt zu haben, als denjenigen, der Eurer Durchlaucht, nach dem Bischof von Novara, am gefälligsten ist“ – Die Erhebung ins Kardinalat . . . . . . . 299

XII

Inhaltsverzeichnis

VIII.3 „Das Reich, Frankreich und Ungarn haben Dich schon zur Genüge gehabt, jetzt wollen sich Italien und Rom an Dir laben“ – Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie . . . . . . . . . 305

IX. Die römischen Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.1 „Seine Heiligkeit würde mich gerne versetzen, wenn es Eurer Durchlaucht recht wäre“ – Bemühungen um die Diözese Novara . . IX.2 „… lieber heute ein Ei als morgen ein Huhn“ – Bemühungen um die Abtei Rivalta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.3 „… verzeihen Sie, daß ich immer dasselbe Lied singe“ – Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX.4 „Gerne hätten wir Eure Durchlaucht … vorgewarnt, aber weil diese Resignation viele Gefahren mit sich bringt …, haben wir sie akzeptiert und die Bullen bereits ausstellen lassen“ – Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio . . . . . . . . . . . . . . . X. X.1 X.2

312 312 323 346

386

Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458 . 403 „Es steht außer Frage, daß der Papst höchstens noch zwei Monate zu leben hat“ – Die Zeit vor dem Konklave . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 „… wenn die Kardinäle tatsächlich im Konklave sind, täuschen sie sich gegenseitig, trotz aller Versprechungen, die sie sich vorher gegeben haben“ – Der Verlauf des Konklaves . . . . . . . . . . . . . . . . 415

XI. Niedergang und Ende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 XI.1 „… zu dieser sechzehnten Stunde hat mir Seine Heiligkeit im Konsistorium mit Zustimmung aller Kardinäle die Legation für die Marken übertragen“ – Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460) . . . . . . . . . . . . . 427 XI.2 „… und er sprach so schlecht über ihn, daß es mich mit großer Verwunderung erfüllte“ – Die damnatio memoriae . . . . . . . . . . . . . . 451 XII. „… auch ändern sich vergleichbare Dinge von Stunde zu Stunde“ – „Aufstieg“ und „Fall“ des Giovanni di Castiglione: eine Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

Inhaltsverzeichnis

XIII

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Webseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

469 470 473 475 501

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 Orts- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

Abkürzungen bibliographischer Angaben Abh. Akad. Wiss. ACC AD ADSM AHF AHR AMDM Arm. ASDPv ASI ASL ASMi ASMa ASMnAG ASN ASPv ASR ASV AV BDHIR BECh BEFAR BNF BSAN Cam. Ap. CESR CGMBPF Coll.EFR CRAIBL CUP DA DBF DBI DCC DHGE

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Abkürzungen bibliographischer  Angaben

The Economic History Review The English Historical Review École Nationale des Chartes Gallia Christiana Giornale storico della letteratura italiana Historisches Jahrbuch Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Historische Zeitschrift Introitus et Exitus Italia medioevale e umanistica Lexikon des Mittelalters Lexikon für Theologie und Kirche Le moyen âge Mélanges de l’École Française de Rome Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung MVGN Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg NAV Nuovo archivio veneto NRS Nuova rivista storica OS Obligationes et Solutiones PCEEB Publication du Centre Européen d’Études Bourguignonnes PE Potenze Estere Philolog.-Histor. Kl. Philologisch-Historische Klasse QAmrhKG Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte QFIAB Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken RD Registri ducali Reg. Lat. Registri Lateranensi Reg. Suppl. Registri delle Suppliche Reg. Vat. Registri Vaticani RH Revue historique RHM Römische Historische Mitteilungen RI Regesta Imperii RM Registri delle Missive RQ Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte RSCI Rivista di storia della Chiesa in Italia RTA (ÄR) Reichstagsakten (Ältere Reihe) Sf. Sforzesco SHKBAW Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften StA Staatsarchiv TEA Tascabili degli Editori Associati Vat. Lat. Vaticano Latino VIÖG Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung VL Verfasserlexikon

Abkürzungen bibliographischer Angaben

VMPIG VuF ZHF

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Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte Vorträge und Forschungen Zeitschrift für Historische Forschung

I. Einführung „Wir wagen zu sagen, daß die Kirche Gottes derzeit über wenige Männer seines Schlages verfügt, sei es an Wissen wie an Gewissen, an bester Praxis und an Erfahrungsreichtum in allen großen Angelegenheiten, über einen Mann, der von unserem Herrn und der ganzen Kurie sehr geschätzt wird, der einer der Euren ist und für Eure Durchlaucht Dinge zu bewirken vermag, die kein anderer bewerkstelligen könnte“1. Mit diesen Worten charakterisierte Kardinal Guillaume d’Estouteville den Bischof Giovanni di Castiglione in einem Schreiben, das er 1453 an dessen Landesherrn, den Mailänder Herzog Francesco Sforza, richtete. Wer war nun dieser um 1413 geborene, begabte und versierte Mailänder, über den Riccardo Fubini, einer der besten Kenner des italienischen Quattrocento, jüngst schrieb, dieser verdiene schon allein wegen des umfangreichen, noch zu hebenden Quellenmaterials eine Monographie,2 und über den der an der Mailänder Università Cattolica del Sacro Cuore lehrende Agostino Sottili noch 2004, kurz vor seinem Tod, befand, dieser gebe ein gutes Dissertationsthema ab?3 Einigen wird Giovanni di Castiglione4 vorrangig als Mitglied jener alten, wohl aus dem Mailändischen Castiglione Olona stammenden Familie gelten, aus der 1 «[…] uno tale e tanto prelato chomo è lo ditto vescovo, del quale oggidì ardemo dire la giesa de dio haverne pochi pari, sì de scientia chome de conscientia e optima pratica et experientia in ogni gran cose, dilectissimo a nostro signore et a tuta la corte, il quale è de li vostri et apto a fare per la vostra excellentia quello che ogniuno non poria, né sapperia fare» (Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza, 5. Februar 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. auch unten, Kap. IV Anm. 34. 2  «Il personaggio […] bene meriterebbe una monografia» [Riccardo Fubini, Niccolò V, Francesco Sforza e la lega italica. Un memoriale adespoto di Giovanni Castiglioni, vescovo di Coutences [sic] (Milano, 12  settembre  1451), in: Eliana M. Vecchi  (Hg.), Papato, Stati Regionali e Lunigiana nell’età di Niccolò V [Atti delle giornate di studio, La Spezia, Sarzana, Pontremoli, Bagnone, 25–28 V 2000], La Spezia 2004 (Memorie dell’Accademia Lunigianese di Scienze Giovanni Capellini 73), S. 169–203, hier: S. 194] [erneut in: R. F. (Hg.), Politica e pensiero politico nell’Italia del Rinascimento. Dallo Stato territoriale al Machiavelli, Florenz 2009 (Studi di storia e documentazione storica 2), S. 77–106, hier: S. 100 (im folgenden wird jedoch nur auf die Seitenzahl des erstgenannten Sammelbandes verwiesen)]. 3 Schreiben von Agostino Sottili an Heribert Müller aus dem Sommer 2004. 4 Einen ersten biographischen Einstieg zu Giovanni di Castiglione bieten: Roger Mols, Castiglione, Giovanni di, in: DHGE 11 (1949), Sp. 1446; Abbé Prévost, Castiglione, Jean de, in: DBF 7 (1956), Sp. 1389 f.; René Herval, Trois grands évêques italiens en Normandie au XVe siècle: Branda, Zano et Giovanni Castiglione, in: Études Normandes 32 (1959), S. 185– 195, hier: S. 194; Franca Petrucci, Castiglioni, Giovanni, in: DBI  22 (1979), S. 156–158; François Neveux, Les chanoines de Bayeux et de Lisieux  (XIIIe–XVe siècle), in: Sylvette

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I. Einführung

bereits 1241 mit Goffredo di Castiglione Papst Coelestin IV. hervorgegangen war5 und als deren bedeutendster Repräsentant in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts der aufgrund seines diplomatischen Geschicks von zahlreichen europäischen Herrschern sehr geschätzte Kardinal Branda di Castiglione (ca. 1350–1443) erachtet wird,6 der im Laufe seines langen Lebens ein europaweites Netzwerk aufbauen konnte, das sich von England, Frankreich und Spanien über das Reich und Italien hinweg bis nach Böhmen und Ungarn erstreckte. Anderen wiederum, die sich mit der Geschichte Frankreichs in der Endphase des Hundertjährigen Krieges befassen, wird Giovanni di Castiglione als Mitglied des italienischen Hofes bekannt sein, der sich in der normannischen Diözese Bayeux um den dortigen Bischof Zanone,7 einen Neffen Branda di Castigliones, Lemagnen/ Philippe Manneville  (Hg.), Chapitres et cathédrales en Normandie [Actes du XXXIe congrès tenu à Bayeux, 16–20  X 1996], Caen 1997 (Annales de Normandie. Série des congrès des sociétés historiques et archéologiques de Normandie 2), S. 179–193; Fubini, Niccolò V, S. 79 ff. – Aus dem älteren Schrifttum sind zu beachten: Antonio Beffa Negrini, Elogi historici di alcuni personaggi della famiglia Castigliona, hg. v. Cesare Campana, Mantua 1606, S. 304 ff.; Filippo Argelati, Bibliotheca Scriptorum Mediolanensium, seu acta, et elogia virorum … qui in metropoli Insubriae oppidisque circumiacentibus orti sunt …, Mailand 1745, Bd.  I/2 [ND  1966], S. 367; Pompeo Litta, Famiglie celebri italiane, Mailand 1819, Bd.  II [C–E], Castiglioni di Milano, tav. IV. – Auch die Dissertation von Elena Salanti [I Castiglioni da Milano e le istituzioni ecclesiastiche nel secondo Quattrocento (Università degli Studi di Milano. Tesi di dottorato di ricerca, 1998)] könnte Informationen über Giovanni di Castiglione enthalten, doch durfte ich diese Arbeit nicht einsehen. 5 Coelestin IV. verstarb freilich bereits knapp zweieinhalb Wochen nach seiner Wahl, noch vor seiner Weihe. Die Verbindung zu Coelestin wie auch zu Branda wird auf dem Epitaph des Giovanni di Castiglione herausgestellt: «Pont. Max. Octaviani Gotiphredi, et Brandae Cardinalium, gentili […]» (Agostino Oldoini, Athenaeum Romanum in quo summorum pontificum ac pseudopontificum nec non S. R. E. cardinalium et pseudocardinalium scripta publice exponuntur, Perugia 1676, S. 399). 6 So galt Branda als enger Vertrauter mehrerer Päpste sowie als Konfident Sigismunds und des englischen Königs Heinrich V.; ferner genoß der Kardinal großes Ansehen bei den Herzögen Filippo Maria Visconti und Albrecht V. von Österreich, bei König Ladislaus von Polen und beim König von Portugal. – Zu Branda di Castiglione siehe u. a. Matheus Castilioneus [Matteo Castiglione], De origine, rebus gestis ac privilegiis gentis Castilioneae, Mailand 1595, S. 21 ff.; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 227 ff. (mit einem Sonett von Torquato Tasso); Argelati, Bibliotheca, Bd. I/2, S. 349–352; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. I; Dieter Girgensohn, Castiglione, Branda da, in: DBI 22 (1979), S. 69–75; Roger Mols, Castiglione, Branda di, in: DHGE 11 (1949), Sp. 1434 f.; Abbé Prévost, Castiglione, Branda de, in: DBF 7 (1956), Sp. 1388 f.; Herval, Trois grands évêques, S. 186 ff.; Eugenio Cazzani, Il cardinale Branda Castiglioni, Saronno 1988; Carol Pulin, Early Renaissance Sculpture and Architecture at Castiglione Olona in Northern Italy and the Patronage of a Humanist, Cardinal Branda Castiglione, [Mikrofilm] Ann Arbor 1984; Birgit Studt, Papst Martin V. (1417–1431) und die Kirchenreform in Deutschland, Köln u. a. 2004 (Forschungen zur Kaiser‑ und Papstgeschichte des Mittelalters 23) sowie unten, Kap. I Anm. 10. 7 Biographische Angaben zu diesem bei Roger Mols, Castiglione, Zanon di, in: DHGE 11 (1949), Sp. 1147 ff.; Henri Tribout de Morembert, Castiglione, Zanon de, in: DBF 7 (1956), Sp. 1389; Maria Gabriella Cruciani Troncarelli, Castiglione, Zanone, in: DBI 22 (1979), S. 178–181; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 273 ff.; Tino Foffano, Umanisti italiani in Normandia nel secolo XV, in: Rinascimento  15 (1964), S. 3–34, hier: S. 4, 10 ff.; Herval,

I. Einführung

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formiert hatte und über mehrere Jahre eine Brückenfunktion beim Transfer humanistischer Werke von Mailand nach England, an den Hof des Herzogs von Gloucester, ausübte. Diesen Historikern wird Giovanni di Castiglione auch seit 1444 als Bischof des normannischen Coutances sowie als Gefolgsmann der Engländer begegnet sein, der sich – im Gegensatz zu seinem Verwandten Zanone di Castiglione (†  1459)  –  nach der Rückeroberung der Normandie durch die Franzosen zur Heimkehr in die patria entschied. Den Forschern, die ihren Blick vorrangig auf das Reich sowie auf Böhmen und Ungarn gerichtet haben, wird der Name Giovanni di Castiglione wiederum von seiner Gesandtschaft zu Friedrich III. im Dezember des Jahres 1453, durch die Reden vor König Ladislaus und den ungarischen Ständen im Frühjahr 1454 und darüber hinaus von den Auftritten als päpstlicher Legat auf den Reichstagen von Regensburg, Frankfurt und Wiener Neustadt 1454/1455 geläufig sein. Diejenigen hingegen, die sich mit der Geschichte des Herzogtums Mailand in den 1450er Jahren befassen, werden Giovanni di Castiglione vornehmlich als Untertan Francesco Sforzas kennen und wissen, daß dieser Prälat 1453 zum Bischof von Pavia ernannt und im Dezember 1456 ins Kardinalat erhoben wurde. Das diplomatische Parkett, auf dem Giovanni di Castiglione sich bewegte, erforderte von dem jungen Mailänder nicht nur aufgrund seiner Weitläufigkeit, sondern auch hinsichtlich der mannigfaltigen Themen, die sich ihm stellten, ein besonderes Geschick, reichte sein Wirkungsfeld doch vom Frankreich am Ende des Hundertjährigen Krieges über das vom Vordringen der Türken bedrohte Reich und über das von dieser Gefahr noch stärker betroffene Ungarn bis in die italienische, von Renaissance und Humanismus durchdrungene Staatenwelt. In dieser wiederum spielten für Giovanni di Castiglione insbesondere drei Regionen eine wichtige Rolle: zunächst seine patria, das Herzogtum Mailand, mit dem nach offizieller Anerkennung als Herzog trachtenden, dem Frieden von Lodi und der Lega Italica den Weg bereitenden ehemaligen condottiere Francesco Sforza; dann Rom mit der nach der Überwindung des Schismas und der Konzilsperiode allmählich wiedererstarkenden römischen Kurie; späterhin kamen noch die stets von Unruhen gekennzeichneten Marken hinzu, die ein „Einfallstor“ für die Truppen darstellten, welche die Anhänger der Anjou im Streit um die Thronfolge Alfons’ V. im Königreich Neapel unterstützen sollten. Trois grands évêques, S. 192 ff.; Gilles Désiré dit Gosset, Les Italiens dans le clergé séculier, in: La Normandie au XVe siècle. Art et histoire [Actes du colloque organisé par les Archives Départementales, 2–5 XII 1998], Saint-Lô 1999, S. 47–53, hier: S. 50 ff.; Heribert Müller, Der französische Frühhumanismus um 1400. Patriotismus, Propaganda und Historiographie, in: Johannes Helmrath/ Ulrich Muhlack/ Gerrit Walther  (Hg.), Diffusion des Humanismus. Studien zur nationalen Geschichtsschreibung europäischer Humanisten, Göttingen 2002, S. 319–376, hier: S. 352 ff.; Bernard Mahieu, Deux évêques de Bayeux et leur diocèse au milieu du XVe siècle. 1431–1479. Zanon de Castiglione et Louis d’Harcourt [Thèse de l’École des Chartes 1942 (handschriftl.!)], S. 36 ff. [zu dieser Arbeit siehe auch: Ders., Étude sur les évêques et le diocèse de Bayeux au milieu du XVe siècle (1431–1479), in: Positions des Thèses. ENCh (1943), S. 143–153].

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I. Einführung

Wenn Giovanni di Castiglione, der, nach Aussage des Guillaume d’Estouteville, unter den Zeitgenossen kaum seinesgleichen gefunden haben soll, infolge seiner vielfältigen Tätigkeitsfelder und seines Aufstiegs ins Kardinalat durchaus einen gewissen Bekanntheitsgrad besitzt, aber dennoch in der Forschung nie aus dem Schatten des berühmten Verwandten und Vorbildes Branda, des Kardinals von Piacenza,8 heraustreten konnte, so mag es dafür mehrere Gründe geben: Zum einen existieren von Giovanni di Castiglione keine zeitgenössischen Lebensbeschreibungen, wohingegen von Branda derer gleich vier überliefert sind,9 die wiederum eine Fülle älterer und moderner Studien angeregt haben.10 Zum anderen dürfte auch eine maßgebliche Rolle gespielt haben, daß Giovanni di Castiglione bei weitem nicht so lange wie sein Verwandter lebte, der wohl ein Alter von über neunzig Jahren erreichte und in seinen letzten drei Lebens  8 So wurde Branda di Castiglione in Erinnerung an sein erstes Bistum genannt. Im folgenden werden die Kardinäle, gemäß dem zeitgenössischen Brauch, zumeist nach ihren Bistümern bezeichnet.   9 Diese vier Lebensbeschreibungen sind zum einen die Biographie aus der Feder von Johannes von Olmütz, Brandas in Castiglione Olona tätigem Scholasticus, die 1935 bei der Öffnung von Brandas Sarkophag (wieder)entdeckt wurde [Edition bei Pio Bondioli, La ricognizione della salma del cardinale Branda Castiglioni e la scoperta d’una sua biografia, in: Aevum 9 (1935), S. 474–478, hier: S. 478; bei Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 354 ff., sowie bei Angelo Paredi, La biblioteca del Pizolpasso, Mailand 1961, S. 181–192, hier: S. 190 ff.]; zum zweiten die Inschrift auf eben diesem kunstvoll gestalteten Grabmal [Abdruck bei Cazzani, Il cardinale Branda, S. 330 f., sowie bei Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 349–353]; zum dritten die von dem Florentiner Buchhändler Vespasiano da Bisticci geschriebene Vita des Kardinals von Piacenza [Vespasiano da Bisticci, Le Vite, hg. v. Aulo Greco, Florenz 1970, Bd. I, S. 119– 123] sowie viertens die Totenrede, die Guarnerio di Castiglione im Februar 1443 auf seinen Verwandten hielt und die Tino Foffano jüngst ediert hat [Inediti di Guarnerio Castiglioni da Codici Ambrosiani, in: Aevum 81 (2007), S. 683–703 (die Edition der Totenrede findet sich hier auf den S. 695–703)]. 10 Neben den in Anm. 6 angeführten Titeln können diesbezüglich u. a. genannt werden: Gosset, Italiens, S. 49; Gigliola Soldi Rondinini, Branda Castiglioni nella Lombardia del suo tempo, in: NRS 70 (1986), S. 147–158; Foffano, Umanisti, S. 3 ff.; Ders., Tra Costanza e Basilea. Rapporti col mondo d’Oltralpe del cardinale Branda Castiglioni, legato pontificio e mecenate della cultura, in: Gérard Verbeke/ Jozef IJsewijn u. a. (Hg.), The Late Middle Ages and the Dawn of Humanism outside Italy [Proceedings of the internat. conference, Louvain, 11– 13 V 1970], Löwen u. a. 1972 (Mediaevalia Lovaniensia Ser. Studia 1), S. 19–30; Ders., Rapporti tra Italia e Ungheria in occasione delle legazioni del cardinale Branda Castiglioni (1350–1443), in: Vittore Branca (Hg.), Venezia e Ungheria nel Rinascimento [Atti del convegno di studi italo-ungheresi, Venezia, 11–14 VI 1970], Florenz 1973 (Civiltà veneziana. Studi 28), S. 67–78; Ders., La politica del legato pontificio Castiglioni nella crociata antiussita e i suoi rapporti con Sigismondo di Lussemburgo, in: Tibor Klaniczay (Hg.), Rapporti veneto-ungheresi all’epoca del Rinascimento [Atti del II convegno di studi italo-ungheresi, Budapest, 20–23  VI  1973], Budapest 1975 (Studia Humanitatis 2), S. 231–242; Ders., Breve nota sull’epistolario di Branda Castiglioni con due lettere inedite, in: Aevum 62 (1988), S. 302–309; Francesca Vaglienti, Tra chiesa e stato, tra Lombardia ed Europa, tra Seprio e Milano. Il cardinal Branda e il casato Castiglioni (sec. 15), in: Cairati, Castiglioni, Martignoni, ed altri casati locali nel medioevo [Atti del convegno di studi promosso nel centenario della fondazione della società gallaratese per gli studi patria, 1896–1996], Varese 1998, S. 78–109.

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jahrzehnten zudem als Förderer der bildenden Künste und der Literatur hohes Ansehen erwarb. Die Tatsache, daß Giovanni di Castiglione im Zeitalter der Renaissance, in dem viele durch Mäzenatentum für die eigene memoria Sorge trugen, keine „Denkmäler“ im Stile seines Verwandten hinterließ11 – sei es wegen seines verhältnismäßig frühen Todes, sei es aufgrund seiner im Vergleich zu Branda di Castiglione äußerst beschränkten finanziellen Mittel –, führte zweifelsohne zum Verblassen seines Bildes. Auch daß er, im Gegensatz zu vielen seiner humanistisch interessierten Zeitgenossen, offenbar nicht darauf abzielte, durch eigene literarische Werke Ruhm und Unsterblichkeit zu erlangen, war wohl mit dafür verantwortlich, daß er wenig Beachtung gefunden hat. So überarbeitete Giovanni di Castiglione – anders als etwa Enea Silvio Piccolomini – seine auf den Reichstagen gehaltenen Reden nicht nachträglich und trug nicht systematisch dafür Sorge, daß diese Texte zielgerichtet in Umlauf gebracht wurden. Ebensowenig schliff er nach seiner Ernennung zum Bischof von Coutances den Stil seiner Korrespondenz oder verband diese mit Bezügen zur Antike. Auch wirkte er nicht darauf hin, daß sie als Exemplum großer Wort‑ und Redegewandtheit gefeiert wurde. Für die Humanismusforschung, die in den letzten Jahren einige Männer aus der „zweiten Reihe“ gerade aufgrund der von ihnen hinterlassenen, rhetorisch durchkomponierten Werke für sich entdeckt hat, war Giovanni di Castiglione, dessen wahre ars – wie im folgenden zu zeigen sein wird – nicht in seiner Wortkunst, sondern vielmehr in seiner scharfen Analytik, gepaart mit einem suggestiven Wesen, bestand, demnach von wenig Interesse. Zudem trug ein weiterer Faktor erheblich dazu bei, daß der Mailänder hinter seinem großen Vorfahren zurückstand: So trifft der von Claudia Märtl mit Blick auf Jean Jouffroy getätigte Ausspruch auch auf Giovanni di Castiglione zu: „Sein Unglück war es, daß er als Zeitgenosse Pius’ II. geboren wurde, oder besser: der selbstbewußte Kardinal hatte das Pech, mit einem Papst in Konflikt zu geraten, der Memoiren schrieb.“12 Dieser Pontifex charakterisierte nun Giovanni di Castiglione in seinen Commentarii als einen Menschen von wenig edler Gesinnung und als einen Mann von maßloser Selbstüberschätzung in allen Wissens‑ und Tätigkeitsbereichen13 und diskriminierte ihn posthum. Seine Beurteilung wirkt 11 Branda di Castiglione ließ nicht nur Castiglione Olona, den Stammsitz seiner Ahnen, künstlerisch ausgestalten, sondern achtete auch darauf, daß sein Bild an diesem Ort stricto sensu fortlebte. So tragen etwa im dortigen, nach Auftrag von Branda di Castiglione errichteten Baptisterium gleich mehrere der von Masolino da Panicale entworfenen biblischen Gestalten die Gesichtszüge des Kardinals, und in der dortigen Stiftskirche ist Brandas Andenken nicht zuletzt aufgrund des dort stehenden, nach Wünschen des pater familias angefertigten, imposanten Marmorsarkophags präsent. 12 Claudia Märtl, Kardinal Jean Jouffroy († 1473). Leben und Werk, Sigmaringen 1996 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 18), S. 11. 13 «Iohannes enim, quamvis ex familia Castilionea nobili loco apud Mediolanenses natus, ignobilis tamen moribus erat, adeo tumens opinione sui, ut aequari sibi neminem pateretur. artis oratorie, civilis sapientiae, philosophiae ac theologiae peritissimum se aiebat, nec cedebat

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bis heute nach, wie etwa einer Bemerkung von Susanne Saygin zu entnehmen ist. Diese deutet – im Hinblick auf Giovanni di Castiglione – an, daß auch die begabtesten Lehrer nicht in der Lage gewesen seien, einen angeborenen Mangel an Talent zu heilen, und hebt des weiteren hervor, daß Pius’ II. abfälliges Porträt von Branda di Castigliones Neffen Giovanni als prahlerischem Nichtskönner nahelege, daß eben nicht alle Mitglieder der Familie die intellektuellen Fähigkeiten von Kardinal Branda geerbt hätten.14 Es bleibt festzustellen, daß der aus einem verarmten Zweig der Familie di Castiglione stammende Giovanni wohl bei weitem nicht über die finanziellen Ressourcen seines Vorbildes Branda di Castiglione verfügte, der im Laufe seines Lebens zahlreiche Benefizien hatte ansammeln können;15 was aber die Ausbildung seiner intellektuellen Fähigkeiten anbelangt, hatte sich der Prälat, wie ich im folgenden auf der Basis unedierter Quellen darlegen werde, als ein äußerst gelehriger „Schüler“ Brandas gezeigt. Er, der in jungen Jahren durch seinen Verwandten Protektion erfuhr, doch seinen eigentlichen Aufstieg nicht Geld und familiären Banden, sondern vorrangig eigenen Talenten verdankte, übertraf hinsichtlich seines Scharfsinns, Weitblicks und Ehrgeizes seine ungefähr gleichaltrigen oder ein wenig älteren Verwandten in erheblichem Maße, wie etwa den weitaus minder ambitionierten und karrierebewußten Bischof von Bayeux, Zanone di Castiglione. Zudem gilt es zu bedenken, daß es Giovanni – auch wenn er einer Familie entstammte, in der ein Aufstieg auf der „kirchlichen Karriereleiter“ eine gewisse Tradition hatte – bei geringer Begabung wohl kaum vermocht hätte, in die Sphäre vorzudringen, in welcher sogar der Griff nach der Tiara und die Inbesitznahme des Stuhles Petri möglich schienen. Giovanni di Castiglione mühte sich ohne Frage stärker als andere Angehörige, in die Fußstapfen seiner großen Verwandten zu treten – mit Erfolg, denn immerhin sollte er 1458 einer der papabili sein. Nicht ohne Grund forderte Niccolò Machiavelli Jahrzehnte später – als er vor dem Hintergrund der sich ihrem Ende zuneigenden Ära der Renaissance in seinem Principe die Grundzüge des politischen Lebens der nun ausklingenden Epoche theoretisch faßte und diese damit festzuhalten suchte –, ein kluger Mensch solle immer Wege einschlagen, die bereits von bedeutenden Männern beschritten worden seien, und stets die trefflichsten Vorbilder wählen,

medicis; architectus suo iudicio et musicus et geometer et cocus optimus  [!]» [Enea Silvio Piccolomini – Papa Pio II, I Commentarii, hg. v. Luigi Totaro, Bd. I, Mailand 1984 (Classici 47), S. 686]. 14 “Even the most gifted teachers, however, would have been unable to remedy an innate lack of talent; and Pius II’s scathing portrait of Branda’s nephew, Giovanni, as a pompous ignoramus, suggests that not all the members of the clan had inherited the cardinal’s intellectual abilities” [Susanne Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester  (1390–1447), and the Italian Humanists, Leiden u. a. 2002 (Brill’s Studies in Intellectual History 105), S. 153]. 15 Tino Foffano, I primi benefici del cardinale Branda Castiglioni in una bolla inedita di Bonifacio IX, in: Rivista di storia della chiesa in Italia 17 (1963), S. 312–320.

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damit seine Tugendhaftigkeit, auch wenn sie nicht hinreiche, doch einigen Glanz erhalte.16 Die von Machiavelli beschriebene Welt firmiert nicht zuletzt dank Jacob Burckhardts Kultur‑ und Zivilisationsgeschichte17 unter dem Begriff „Renaissance“ – ein Terminus, der keinesfalls rein „kunsthistorisch“ zu sehen ist, sondern vielmehr – um mit Paul Joachimsen zu sprechen – „eine Periode italienischer Geschichte [bezeichnet], die etwa von 1250–1550 reicht [und deren] […] politisch-soziales Kennzeichen, das allein für die historische Begriffsbestimmung in Betracht kommt, […] das Emporkommen des Stadtstaates [ist]“.18 In dieser Phase, in welcher der „Staat als Kunstwerk“19 entstand und in der sich „ein neuer [kühl und rational kalkulierender] individualistischer Menschentypus entwickelte“,20 der sein „egoistisches Menschentum […] bejahte und es zum Maßstab […] seines Lebens [nahm]“,21 gingen viele Veränderungen in der italienischen Staatenwelt vor: So konnte etwa im Falle von Florenz das System – durch das kluge Taktieren der Medici und ein jahrzehntelanges Aufrechterhalten der Republik als Fiktion  –  ganz allmählich und nahezu unbemerkt transformiert werden; condottieri wie Francesco Sforza gelang es, sich Staaten regelrecht zu „erobern“, und illegitime Söhne, wie etwa Ferrante von Aragon in Neapel, konnten sich die Thronfolge erstreiten;22 Tyrannenherrschaften kamen auf, „politische Gebilde […] des neuen Typs, meist die Schöpfungen von Emporkömmlingen und Usurpatoren, streb[t]en aus der universalen Ordnung der mittelalterlichen ‚res publica christiana‘ heraus; sie beruh[t]en auf Gewalt, […] und bestanden nur durch Macht und Erfolg“.23 Vor diesem Hintergrund gewann auch der „Kampf um den Stuhl Petri“ eine bislang unbekannte Dimension: Nach der Rückkehr des Papsttums aus Avignon und nach der Überwindung des Großen Abendländischen Schismas hatte der Kirchenstaat seine universale Stellung eingebüßt und

16 «[…] debbe uno omo prudente entrare sempre per vie battute da uomini grandi e quegli che sono stati excellentissimi imitare; acciò che, se la sua virtù non vi arriva, almeno ne renda qualche odore [in anderen Fassungen häufig: onore]» [Machiavelli, Il Principe, VI; hier und im folgenden wurde der Principe zitiert nach: Opere di Niccolò Machiavelli, Bd. I: De Principatibus, Discorsi sopra la prima Deca di Tito Livio (libri I–II), hg. v. Rinaldo Rinaldi, Turin 1999 (Classici UTET)]. 17 Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch [ND der Urausgabe hg. v. Konrad Hoffmann], Stuttgart 1985. 18 Paul Joachimsen, Der Humanismus und die Entwicklung des deutschen Geistes, Darmstadt 1969 (Libelli  289), S. 8 [ND aus Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 8 (1930), S. 419–480, hier: S. 426]; siehe auch Ulrich Muhlack, Der Humanismus als kulturhistorische Epoche, Münster 2004 (Gerda Henkel Vorlesung), S. 18. 19 Burckhardt, Die Kultur der Renaissance, Kap. I, S. 1 ff. 20 Joachimsen, Der Humanismus, S. 8. 21 Ebd. 22 Zum „Renaissancefürsten“ siehe John Law, Der Fürst, in: Eugenio Garin (Hg.), Der Mensch der Renaissance, Frankfurt / Main u. a. 1990, S. 21–48. 23 Muhlack, Der Humanismus, S. 18.

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war in der italienischen Pentarchie selbst zu einer Art „Staat“ geworden, den so mancher „Kirchenfürst“ im Konklave zu „erwerben“ erhoffte. Auch etliche dieser potentiellen „Kirchenfürsten“ hatten sich beim Ringen um Amt, Würde und Ruhm  –  wenn man die militärische Komponente ausblendet – „gegenüber der weltlichen Politik“ zuweilen gar nicht so unähnlicher Mittel bedient. Kluges Taktieren, Paktieren und Intrigieren konnten auch in der Kirche durchaus zum Erfolg führen. Stark wie ein Löwe und listig wie ein Fuchs zu sein – um mit den Worten Machiavellis zu sprechen24 –, konnte auch hier keinesfalls schaden. Wie ihre weltlichen Ebenbilder waren die Kirchenfürsten durch virtù oder fortuna zu Macht gelangt, bzw. durch virtù und fortuna, denn die Befähigten bedurften günstiger Umstände, um sich durchsetzen zu können, und die günstigen Umstände wiederum vermochten sich nur auszuwirken, wenn einer sie zu nutzen verstand.25 Der rein pragmatisch ausgerichtete, zuweilen skrupellos nach Macht strebende Renaissancemensch in seiner äußersten Stilisierung ist also auch dort vertreten, wo man ihn zunächst nicht unbedingt erwartet hätte: an der Kurie. Gewiß denkt man aufgrund der Vorbilder, die Machiavelli aufzuzeigen versucht hat, bei den erfolgreichen principi nuovi zunächst an die weltlichen Herrscher, an Francesco Sforza, Cesare Borgia oder auch Castruccio Castracani:26 Doch ist es sicher auch kein Zufall, daß Machiavelli zufolge mit Alexander VI. und Julius II. zwei der bedeutendsten Renaissance-Fürsten Päpste waren.27 Allerdings gilt es mit Machiavelli zu bedenken, daß gerade im Falle der geistlichen Herrschaften die eigentliche Kunst und das eigentliche Geschick vor dem Erhalt der Tiara gefordert sind. Alle Schwierigkeiten – so heißt es in seinem Kapitel De principatibus ecclesiasticis – liegen hier vor der Machtergreifung, da man die geistlichen Herrschaften entweder durch virtù oder durch fortuna erwerbe, sie aber ohne beides behaupte, denn sie würden durch altüberlieferte, in der Religion wurzelnde Einrichtungen gestützt, die so stark und von solcher Art seien, daß sie die Herrscher an der Macht hielten, wie auch immer diese handelten und lebten.28 24 «Sendo dunque necessitato uno principe sapere bene usare la bestia, debbe di quelle pigliare la volpe et il lione: perché el lione non si difende da’ lacci, la volpe non si difende da’ lupi. Bisogna adunque essere volpe a conoscere e lacci, e lione a sbigottire e lupi: coloro che stanno semplicemente in sul lione, non se ne intendono» (Machiavelli, Il Principe, XVIII). 25 «Et examinando le actioni e vita loro, non si vede che quelli avessino altro dalla fortuna che la occasione, la quale decte loro materia a potere introdurvi dentro quella forma che parse loro; e sanza quella occasione la virtù dello animo loro si sarebbe spenta, e sanza quella virtù la occasione sarebbe venuta invano» (Machiavelli, Il Principe, VI). 26 Zu Francesco Sforza und Cesare Borgia siehe insb. Machiavelli, Il Principe, VII; zu Castracani siehe Ders., La vita di Castruccio Castracani da Lucca, in: Opere di Niccolò Machiavelli, Bd. II: Istorie fiorentine e altre opere storiche e politiche, hg. v. Alessandro Montevecchi, Turin 1971 [²1986] (Classici UTET), S. 243–274. 27 Vgl. Machiavelli, Il Principe, VI. 28 «[…] circa quali tutte le difficultà sono avanti che si posseghino, perché s’aquistano o per virtù o per fortuna e sanza l’una e l’altra si mantengano: perché sono substentati dalli ordini

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Wenn aber die eigentliche Leistung beim Erklimmen der letzten Stufen der kirchlichen „Erfolgsleiter“ liegt, so ist es umso lohnenswerter, einmal diesen Kampf um Ansehen und Aufstieg sowie das Karrierewesen zu Beginn des Renaissancepapsttums in den Blick zu nehmen. Dies gilt umso mehr, als sich Machiavelli, dessen eigentliche Zielgruppe die Medici und somit gerade die weltlichen Herrscher sind, im Principe nicht konkret zu der Frage äußert, wie genau diese Eroberung der geistlichen Herrschaft(en) zu erfolgen hat. Doch nicht nur bei Machiavelli tut sich an dieser Stelle eine Lücke auf, auch ansonsten ist diesem Thema des Machterwerbs und Machterhalts eines Renaissancekardinals in der Mitte des 15. Jahrhunderts bislang keine große Aufmerksamkeit zuteil geworden. Wie war es also um die Schwierigkeiten bestellt, die vor dem Pontifikatsantritt lagen? Oder, anders gewendet: wie vollzog sich in der Mitte des 15. Jahrhunderts der Aufstieg eines bei der Wahl der Mittel mit großem Bedacht vorgehenden, die eigene Existenz klug kalkulierenden, ambitionierten Prälaten, der nicht nur den Purpur ins Auge gefaßt hatte, sondern auch nach der Tiara greifen wollte? Diesen Fragen wird in dieser Studie nachgegangen. Dazu soll der Werdegang eines solchen „Renaissance-Karrieristen“ am Fallbeispiel des Giovanni di Castiglione nachgezeichnet werden, der zum papabile wurde, aber – gleichwohl er ähnliche Voraussetzungen wie der schließliche Sieger mitbrachte  –  sein höchstes Ziel nicht verwirklichen konnte, möglicherweise, weil er im entscheidenden Moment schlicht der Fortune entbehrte. Gerade weil es zumeist die Gewinner sind, die Geschichte schreiben, und in der Regel die aus den Papstwahlen siegreich Hervorgehenden ihre Biographen gefunden haben, ist es interessant, diese Welt nun auch einmal bewußt aus der Perspektive eines im letzten Augenblick Gescheiterten näher zu beleuchten. Gerade Giovanni di Castigliones Leben illustriert gut, wie riskant in jenen Tagen ein Aufstieg bis zur Tiara fortwährend war, wie leicht ein Absturz erfolgen konnte und wie tief der Fall zu sein vermochte. Bei der Rekonstruktion der Vita dieses „Verlierers“ kann und soll freilich keine allseitig Leben und Werk des Kardinals ausleuchtende Biographie entstehen; vielmehr wird eine Fokussierung auf die im Spannungsfeld zwischen Kurie und Mailänder Herzogshof gängigen Karrieremechanismen in den 1450er Jahren angestrebt. Die kirchlich-administrativen und seelsorgerischen Qualitäten Giovanni di Castigliones und seine Rolle als (nicht residierendes) Oberhaupt der Diözesen Coutances und Pavia sowie die in diesen Bistümern vorherrschenden Verhältnisse werden daher ausgeklammert. Ebenso werden seine Einsätze im Reich, Böhmen, Ungarn und Bosnien nur insoweit thematisiert, wie diese bewußt forcierten Missionen im „Ausland“ dem Voranbringen der Karriere an der Kurie dienten. Auch die Legation in die Mark Ancona, wo Giovanni di Castiglione die letzten anderthalb Jahre vor seinem Tod verbrachte, wird bewußt knapp gehalten.29 Hingegen antiquati nella religione, quali sono stati tanto potenti e di qualità che tengono e loro principi in stato in qualunque modo si procedino e vivino» (Machiavelli, Il Principe, XI). 29 Da eine ausführliche Behandlung dieser Themen zu weit von der zentralen Frage nach den

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soll beim Nachzeichnen des Lebensweges dieses „Renaissance-Karrieristen“ – im Sinne Reinhards30  –  der Frage, wie hoch der familiäre Hintergrund zu veranschlagen ist, ebenso nachgegangen werden wie derjenigen nach der Rolle der nicht von Natur aus gegebenen, eigenständig geknüpften Kontakte. Zu überprüfen gilt es in diesem Zusammenhang auch, aus welchen Kreisen Giovanni di Castiglione seine Verbündeten wählte und welche Erwartungen diese – wie die Personen aus seiner Umgebung im allgemeinen – in ihn setzten. Wie stark ihm Förderung, Ablehnung und Widerstand von seiten der Mächtigen zuteil wurden und ob ihn das politische Kräfteverhältnis eher einengte oder ihm gerade neue Handlungsspielräume eröffnete, soll gleichfalls untersucht werden. Da der Weg des Giovanni di Castiglione nicht geradlinig verlief und eben kein ungetrübter Erfolgskurs war, heißt es auch, die Niederlagen näher zu betrachten, die der Prälat hinnehmen mußte. Die inneren und äußeren Faktoren, die zu den Mißerfolgen führten, werden dabei ebenso berücksichtigt wie die Fragen, auf welche Weise Giovanni di Castiglione auf die Rückschläge reagierte, welche Schlüsse er aus ihnen zog und auf welche Mittel er zurückgriff, um die gesteckten Ziele dennoch zu erreichen. Insbesondere seine Bemühungen um seine Translation von der Normandie in die italienische patria, seine Anstrengungen, den roten Hut zu erwerben, sein Kampf um weitere Benefizien sowie sein Versuch, die Tiara zu erlangen, sollen hierbei in den Blick genommen werden. Es wird auch einer Klärung bedürfen, ob das Scheitern Giovannis letztlich durch ein Selbstverschulden bedingt war oder sich die Wende nur durch eine unglückliche Fügung vollzog. Ebenso stellt sich die Frage nach dem Abstraktionspotential dieser Vita und somit nach deren individuellen und zeittypischen Elementen. Diese Studie, die von den frühen Jahren unter Brandas Obhut bis zu Giovanni di Castigliones Tod im Jahre 1460 reicht und nicht zuletzt mit Hilfe prosopographischer Ansätze die Lebenswelt dieses mailändischen Prälaten beschreiben soll, wird dadurch erschwert, daß zwar die Päpste der Renaissance ihre Biographen gefunden haben,31 die Kardinalskarrieren in der Mitte des 15. Jahrim Spannungsfeld zwischen Kurie und Mailänder Herzogshof gängigen Karrieremechanismen wegführen würde, werden sie Gegenstand zweier separat publizierter Aufsätze sein. 30 Wolfgang Reinhard, Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600, München 1979 (Schriften der Philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg 14). 31 Dies zeigt nicht zuletzt das Beispiel von Pius II., dessen Vita in vielerlei Hinsicht Objekt zahlreicher Studien geworden ist. Siehe etwa Georg Voigt, Enea Silvio de’ Piccolomini als Papst Pius der Zweite und sein Zeitalter, 3 Bde., Berlin 1856/1862/1863 [ND 1967]; Gioacchino Paparelli, Enea Silvio Piccolomini (Pio II), Bari 1950 (Biblioteca di cultura moderna 481); Ders., Enea Silvio Piccolomini, l’umanesimo sul soglio di Pietro, Ravenna 21978 (Pleiadi 5); Curzio Ugurgieri della Berardenga, Pio II Piccolomini con notizie su Pio III e altri membri della famiglia, Florenz 1973 (Biblioteca dell’ASI  18); Charles-Édouard Naville, Enea Silvio Piccolomini. L’uomo, l’umanista, il pontefice (1405–1464), Locarno 1984; vgl. des weiteren die zahlreichen Tagungsbände, wie beispielsweise: Domenico Maffei (Hg.), Enea Silvio Piccolomini. Papa Pio II [Atti del convegno per il quinto centenario della morte e altri scritti], Siena 1968; Roberto Di Paola (Hg.), Enea Silvio Piccolomini. Arte, storia e cultura nell’Eu-

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hunderts – wohl auch aufgrund der nicht systematisch erschlossenen Bestände des Vatikanischen Archives zu dieser Periode – indes lange Zeit verhältnismäßig schlecht erfaßt wurden und bis vor kurzem ein „Stiefkind“ der Forschung darstellten. Dies spiegelt sich letztlich auch darin wider, daß Massimo Firpo, der den „Kardinal“ in dem von Garin herausgegebenen Band mit dem Titel Der Mensch der Renaissance als Typus dieser Epoche vorstellt, schwerpunktmäßig Beispiele aus dem späten 15. und aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts anführt.32 Nimmt man die Habilitationsschrift von Claudia Märtl über Jean Jouffroy33 und die Studien zu Nikolaus von Kues34 aus, so wurden, gerade im deutschsprachigen Bereich35  –  wenn man von einigen sehr alten Abhandlungen absieht36  –  nur einzelne Aspekte der Viten Gegenstand konkreter Untersuchungen;37 und auch die Kardinalskarrieren als solche finden sich zwar vereinzelt in der unselbständigen Literatur behandelt,38 doch fehlen hier gerade die erschöpfenderen Monoropa di Pio II [Atti dei convegni internaz. di studi 2003–2004], Rom 2006; Maria Antonietta Terzoli (Hg.), Enea Silvio Piccolomini, uomo di lettere e mediatore di culture [Atti del convegno internaz. di studi, Basilea, 21–23 IV 2005], Basel 2006; Enzo Mecacci (Hg.), Conferenze su Pio  II nel sesto centenario della nascita di Enea Silvio Piccolomini  (1405–2005) [Siena, 18 III 2005, 5 XII 2005, 22 III 2006], Siena 2006; Manlio Sodi/ Arianna Antoniutti (Hg.), Enea Silvio Piccolomini. Pius Secundus poeta laureatus pontifex maximus [Atti del convegno internaz., Roma, 29 IX–1 X 2005], Rom 2007; Luisa Rotondi Secchi Tarugi (Hg.), Pio II umanista europeo [Atti del XVII convegno internaz., Chianciano-Pienza, 18–21  VII  2005], Florenz 2007 (Quaderni della rassegna 49). 32 Massimo Firpo, Der Kardinal, in: Garin (Hg.), Der Mensch der Renaissance, S. 79–142. 33 Siehe oben, Anm. 12. 34 Von den zahlreichen Studien von Erich Meuthen siehe insb. Nikolaus von Kues. 1401– 1464. Skizze einer Biographie, Münster / Westf. 1964 [71992] (Buchreihe der Cusanus Gesellschaft); Ders., Nikolaus von Kues. Profil einer geschichtlichen Persönlichkeit, Trier 1994 (Trierer Cusanus Lecture 1) [siehe auch in: Jan A. Aertsen u. a. (Hg.), Individuum und Individualität im Mittelalter (Akten der 29. Kölner Mediaevistentagung, 13.–16. IX. 1994), Berlin u. a. 1996 (Miscellanea mediaevalia 24), S. 784–804]. 35 Aus dem englischsprachigen Raum wäre etwa die Studie von David Sanderson Chambers [A Renaissance Cardinal and his Worldly Goods. The Will and Inventory of Francesco Gonzaga (1444–1483), London 1992 (Warburg Institute Surveys and Texts 20)] zu nennen; aus dem spanischsprachigen diejenige von Lino Gómez Canedo, Un español al servicio de la Santa Sede. Don Juan de Carvajal cardenal de Sant’Angelo, legado en Alemania y Hungria (1399–1469), Madrid 1947; aus dem italienischsprachigen die Studie von Santo Gangemi, La vita e l’attività del cardinale Domenico Capranica, Casale Monferrato 1992 und diejenige von Concetta Bianca, Da Bisanzio a Roma. Studi sul cardinale Bessarione, Rom 1999 und aus dem französischsprachigen die von Henri Vast, Le cardinal Bessarion (1403–1472). Étude sur la chrétienté et la renaissance vers le milieu du XVe siècle, Paris 1878 [ND Genf 1977]. 36 Siehe etwa Ludwig Mohler, Kardinal Bessarion als Theologe, Humanist und Staatsmann, 3 Bde., Paderborn 1923–42 [ND Aalen 1967]. 37 Siehe etwa Meredith Jane Gill, A French Maecenas in the Roman Quattrocento. The Patronage of Cardinal Guillaume d’Estouteville (1439–1483), 2 Bde., [Mikrofilm] Ann Arbor 1992. 38 Gigliola Soldi Rondinini, Per la storia del Cardinalato nel secolo XV, in: Memorie dell’Istituto lombardo, Mailand 1973 (Accademia di Scienze e Lettere 33/1), S. 5–91; Dieter Girgensohn, Wie wird man Kardinal? Kuriale und außerkuriale Karrieren an der Wende des 14. zum 15. Jahrhundert, in: QFIAB 57 (1977), S. 138–162; Claudia Märtl, Geschichte des

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graphien zur Mitte des 15. Jahrhunderts. Hingegen gibt es zahlreiche aktuelle Abhandlungen zum Kardinalskollegium im 13. und 14. Jahrhundert.39 Auch floriert bereits seit einiger Zeit – vor allem dank Volker Reinhardt, Arne Karsten und Philipp Zitzlsperger die Kardinalsforschung für das späte 15. und insbesondere für das 16. und 17. Jahrhundert40 und somit für die Periode, für die auch etliche zeitgenössische Traktate zum Kardinalswesen vorliegen.41 Doch bewegten sich die Protagonisten dieser Studien in Lebenswelten, die in Bezug auf die politischen Kardinalats (Teil 4): Brüder des Papstes?, in: Damals 1 (2009), S. 62–67; Duane Henderson, „In creandis cardinalibus“. Zur Praxis der Kardinalskreationen im 15. Jahrhundert, in: SFB 573 Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit (15.–17. Jahrhundert), Mitteilungen 2 (2009), S. 38–47 [http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/mitteilungen/ M2-2009/henderson.pdf (12. V. 2010)]; Georg Strack, Deutsche Purpurträger am Vorabend der Reformation. Finanzmakler und Reformer, in: Katholisches Sonntagsblatt 10 (7. März 2010), S. 38–39. 39 Siehe etwa Erich Schelenz, Studien zur Geschichte des Kardinalats im 13. und 14. Jahrhundert, Marburg 1913; Ralf Lützelschwab, Flectat cardinales ad velle suum? Clemens VI. und sein Kardinalskolleg. Ein Beitrag zur kurialen Politik in der Mitte des 14. Jahrhunderts, München 2007 (Pariser Historische Studien 80); Andreas Fischer, Kardinäle im Konklave. Die lange Sedisvakanz der Jahre 1268 bis 1271, Tübingen 2008 (BDHIR 118). 40 So sind aus dem seit 2001 an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université Miséricorde der Universität Freiburg / Schweiz angesiedelten Projekt Requiem: Die römischen Papst‑ und Kardinalsgräber der Frühen Neuzeit [http://www2.hu-berlin.de/requiem/cms/datenbank/ web-datenbank/(12. V. 2010)] zahlreiche Publikationen zu diesem Themenkomplex hervorgegangen. Siehe etwa Arne Karsten, Künstler und Kardinäle. Vom Mäzenatentum römischer Kardinalnepoten im 17. Jahrhundert, Köln u. a. 2003; Ders. / Volker Reinhardt, Kardinäle, Künstler, Kurtisanen. Wahre Geschichten aus dem päpstlichen Rom, Darmstadt 2004; Arne Karsten  (Hg.), Jagd nach dem roten Hut. Kardinalskarrieren im barocken Rom, Göttingen 2004; Ders. / Philipp Zitzlsperger (Hg.), Tod und Verklärung. Grabmalskultur in der Frühen Neuzeit, Köln u. a. 2004; Arne Karsten (Hg.), Nützliche Netzwerke und korrupte Seilschaften, Göttingen 2006. – Schon zuvor gab es umfangreiche, verdienstvolle Studien wie die von Christoph Weber [Senatus Divinus. Verborgene Strukturen im Kardinalskollegium der frühen Neuzeit (1500–1800), Frankfurt / Main u. a. 1996 (Beiträge zur Kirchen‑ und Kulturgeschichte 2)]. – Konkret als italienische Studien zu den späteren Mailänder Kardinälen wären zudem zu nennen: Marco Pellegrini, Ascanio Maria Sforza. La creazione di un cardinale ‹di famiglia›, in: Giorgio Chittolini  (Hg.), Gli Sforza, la Chiesa lombarda, la corte di Roma. Strutture e pratiche beneficiarie nel ducato di Milano  (1450–1535), Neapel 1989 (Europa mediterranea 4), S. 215–289; Ders., Ascanio Maria Sforza. La parabola politica di un cardinaleprincipe del Rinascimento, Rom 2002 (Nuovi studi storici 60); Ders., A Turning-Point in the History of the Factional System in the Sacred College. The Power of Pope and Cardinals in the Age of ­Alexander VI, in: Gianvittorio Signorotto/ Maria Antonietta Visceglia (Hg.), Court and Politics in Papal Rome, 1492–1700, Cambridge u. a. 2002 (Cambridge Studies in Italian History and Culture), S. 8–30; Francesco Somaini, Giovanni Arcimboldi. Gli esordi ecclesiastici di un prelato sforzesco, Mailand 1994 (Archivio Ambrosiano 68); Ders., Un prelato lombardo del XV secolo. Il cardinale Giovanni Arcimboldi, vescovo di Novara, arcivescovo di Milano, 3 Bde., Rom 2003 (Italia sacra 73–75). 41 Siehe hierzu etwa Paolo Cortese, De cardinalatu, Castro Cortesio 1510; Giovanni Girolamo Albani, Tractatus de cardinalatu, Venedig 1584; Girolamo Manfredi, De cardinalibus Sanctae Romanae Ecclesiae, Bologna 1564; Fabio Albergati, Del cardinale libri 3, Rom 1598; Giovanni Botero, Dell’uffitio del cardinale libri  2, Rom 1599 oder auch Girolamo Piatti, De cardinalis dignitate et officio, Rom 1602.

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Rahmenbedingungen und hinsichtlich ihrer Leitgedanken von derjenigen Giovanni di Castigliones recht verschieden waren. Daher sind sie – ebenso wie jüngst erschienene kunsthistorische Arbeit von Richardson mit dem Titel Reclaiming Rome. Cardinals in the Fifteenth Century42 – für die Rekonstruktion des Werdegangs von Giovanni di Castiglione nur von bedingtem Nutzen. Gerade der Zeitraum seines Engagements, die Phase nach den Konzilien von Konstanz und Basel, geriet erst vor kurzem durch Claudia Märtl und Jürgen Dendorfer in den Fokus. So legten diese nicht nur einen Band zur Neuordnung der Kirche nach dem Basler Konzil vor,43 sondern riefen auch unlängst an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität ein Projekt mit dem Titel Autorität und politische Kontingenz an der Kurie des 15. Jahrhunderts44 ins Leben, dessen Schwerpunkte die „Dissens‑ und Konkurrenzphänomene“ an der Kurie sowie die Entwicklung des Kardinalats und des Kardinalskollegiums bilden. Bei dieser Unternehmung werden italienische Gesandtenberichte aus dem Pontifikat von Pius II. (1458–1464) in einer Datenbank erfaßt und ausgewertet – doch liegen die Ergebnisse dieser Recherchen gegenwärtig noch nicht in publizierter Form vor. Auch das Handbuch des Kardinalats im Mittelalter,45 das aus dem von Jürgen Dendorfer und Ralf Lützelschwab46 begründeten internationalen wissenschaftlichen Netzwerk mit dem Titel Glieder des Papstleibes oder Nachfolger der Apostel? Die Kardinäle des Mittelalters (11. Jahrhundert – ca. 1500) hervorgehen und in „interdisziplinärem Zugriff die aktuellen Forschungen zum mittelalterlichen Kardinalat 42 Carol M. Richardson, Reclaiming Rome. Cardinals in the Fifteenth Century, Leiden u. a. 2009 (Brill’s Studies in Intellectual History 173). 43 Jürgen Dendorfer/ Claudia Märtl (Hg.), Nach dem Basler Konzil. Die Neuordnung der Kirche zwischen Konziliarismus und monarchischem Papat (ca. 1450–1475), Münster 2008 (Pluralisierung und Autorität 13). 44 Siehe hierzu Claudia Märtl, Italienische Berichte von der Kurie Pius II. (1458–1464). Ein Werkstattbericht aus dem Projekt „Autorität und politische Kontingenz an der Kurie des 15. Jahrhunderts“, in: Matthias Thumser/ Janusz Tandecki (Hg.), Editionswissenschaftliche Kolloquien 2003/2004. Historiographie. Briefe und Korrespondenzen. Editorische Methoden, Thorn 2005 (Publikationen des deutsch-polnischen Gesprächskreises für Quellenedition  3), S. 243–257, hier: S. 255 ff.; Jürgen Dendorfer, Autorität und politische Kontingenz an der Kurie des 15. Jahrhunderts, in: AHF Jahrbuch der Historischen Forschung (2005), S. 61–68; siehe auch die Projektbeschreibung: http://www.sfb-frueheneuzeit.uni-muenchen.de/projekte/c/ c11.html (12. V. 2010). 45 Siehe hierzu ebd. – Zu diesem Projekt siehe auch das Interview mit Ralf Lützelschwab, Netzwerker vor dem Herrn? Kardinäle im Mittelalter, in: fundiert. Das Wissenschaftsmagazin der Freien Universität Berlin  (2/2006), S. 22–30 [siehe auch http://elfenbeinturm.net/ archiv/2006b/03.html (12. V. 2010)]. 46 Wie die aktuellen Publikationen der beiden zeigen, liegen die Interessen Jürgen Dendorfers vorwiegend im 15., die von Ralf Lützelschwab im 14. Jahrhundert: Jürgen Dendorfer, Zwischen Konzil und Papst. Zur Legitimation des Kardinalats in der Frührenaissance, Habilitationsschrift München 2008 [im Druck; erscheint bei Mohr Siebeck in der Reihe Spätmittelalter, Humanismus, Reformation]; Ambivalenzen der Reformdiskussion in Domenico de’ Domenichis De episcopali dignitate, in: J. D./ Claudia Märtl (Hg.), Nach dem Basler Konzil, S. 165–194; Lützelschwab, Flectat cardinales ad velle suum? (siehe oben, Anm. 39).

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bündeln soll“47, ist erst im Entstehen begriffen.48 Jüngst wurde von diesem Netzwerk auch eine internationale Tagung mit dem Titel Die Kardinäle des Mittelalters und der frühen Renaissance. Integration, Kommunikation, Habitus am Deutschen Historischen Institut in Rom abgehalten, doch muß auch der die Beiträge dieser Tagung beinhaltende Band erst noch publiziert werden.49 Wenn Riccardo Fubini, wie erwähnt, darauf verwies, daß Giovanni di Castiglione nicht zuletzt wegen der vielen noch zu hebenden Quellen eine Monographie verdiene,50 so hatte er wohl vor allem die weitgehend noch nicht systematisch erschlossenen Bestände des 1450 einsetzenden Carteggio Sforzesco des Mailänder Staatsarchives51 vor Augen,52 welche die Korrespondenz zwischen dem Mailänder Herzogshof und den verschiedensten Orten umfaßt, an welchen sich die Berichterstatter der Sforza aufhielten. Insbesondere an die umfangreiche Unterserie des Carteggio estero53 mag Fubini dabei gedacht haben. Aus dieser Serie, in der sich die für die Vita des Giovanni di Castiglione interessantesten Stücke befinden, wurde – obwohl Vincent Ilardi diesen Bestand zusammen mit vielen anderen Materialien bereits vor Jahren für die Yale University reproduzieren ließ54 – bislang nur ein winziger Bruchteil ediert. Adriana Sambati und Chiara Prandini untersuchten zwar die Unterserie Genova;55 auch wurde ein großer Teil der zwischen Mailand, 47 Zit. nach der Projektbeschreibung [http://www.kardinaele.geschichte.uni-muenchen.de/ projekt/index.html (12. V. 2010)]. 48 Das Handbuch wird, wie mir Herr Dendorfer mitteilte, einen von ihm und Claudia Märtl verfaßten ca. 60 Seiten langen Beitrag mit dem Titel Papst und Kardinalskolleg im Bannkreis der Konzilien – Von der Wahl Martins V. bis zum Tod Pauls II. (1417–1471) beinhalten und in der Reihe Päpste und Papsttum erscheinen, wahrscheinlich als Band 39. 49 Zum Tagungsprogramm siehe http://www.mag.geschichte.uni-muenchen.de/aktuelles/ archiv/tagung_kaiser/rom_flyer.pdf (12. V. 2010); ein Tagungsbericht findet sich in QFIAB 189 (2009), S. 431–436. 50 Siehe hierzu oben, Anm. 2. 51 Zur Mailänder Archivlandschaft sei u. a. verwiesen auf: Alfio Rosario Natale  (Hg.), Archivi e archivisti milanesi, 2 Bde., Mailand 1975; speziell zum Archivio di Stato di Milano siehe auch Ders., Lezioni di archivistica, Bd. II: L’archivio di Stato di Milano. Avviamento scolastico alle ricerche storiche, Mailand 1974. 52 Der Carteggio Sforzesco wiederum bildet mit dem Bestand Archivio Sforzesco avanti il principato und dem Archivio Visconteo, dem große Verluste entstanden sind, als das Castello di Porta Giovia, in dem sich auch die herzogliche cancellaria segreta befand, 1447, nach dem Tod Filippo Maria Viscontis, vom Volk gestürmt und zerstört wurde, das Archivio Ducale Visconteo-Sforzesco. Zu den heute noch im Bestand enthaltenen Materialien siehe die Internetpräsenz des Archivio di Stato di Milano: http://archiviodistatomilano.it/guida-on-line/complessi-archivistici/MIBA002400/ (12. V. 2010). 53 Die Unterserie Carteggio estero enthält insgesamt 711 Kartons aus dem Zeitraum von 1450 bis 1536. Eine genaue Aufschlüsselung der geographischen Herkunft dieser Korrespondenz findet sich auf der entsprechenden Internetpräsenz des Mailänder Staatsarchives (wie oben, Anm. 52). 54 Vincent Ilardi, Index of microfilms on Italian diplomatic history, 1454–94, in the Ilardi collection at the Sterling Library, Yale University, in: David Abulafia (Hg.), The French De­ scent into Renaissance Italy 1494–95. Antecedents and Effects, Aldershot u. a. 1995, S. 405–493, siehe auch http://www.library.yale.edu/Ilardi/il-toc.htm (12. V. 2010). 55 Adriana Sambati, I carteggi diplomatici sforzeschi relativi alla serie Genova (1450–1454),

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Frankreich und Burgund geführten Korrespondenz herausgegeben56 und kürzlich mit der Edition des zwischen Neapel und Mailand57 und des zwischen Mantua und Mailand58 geführten Briefwechsels begonnen. Dem für Giovanni di Castiglione besonders bedeutsamen Part, der Unterserie Roma, wurde jedoch – wie auch Claudia Märtl unterstreicht –, nachdem zu Beginn des letzten Jahrhunderts einige Stücke durch Ludwig von Pastor veröffentlicht worden waren,59 nur wenig Aufmerksamkeit beigemessen, nicht zuletzt deshalb, weil „der Papsthof […] als übernationale Institution aus dem Raster nationaler und regionaler Interessen heraus[fiel]“60. „Man bediente sich der Bestände in Mailand […] meist, um passende Fakten zu exzerpieren und diese mosaikartig zu Darstellungen zu verarbeiten, denen dann hin und wieder der Abdruck einzelner Berichte oder auch in: ASL s. 9, 10 (1971–1973), S. 159–207; Chiara Prandini, I carteggi diplomatici sforzeschi relativi alla serie Genova (1450–1454). Lotte politiche, in: ASL s. 9, 10 (1971–1973), S. 208–246. 56 Dépêches des ambassadeurs Milanais sur les campagnes de Charles-le-Hardi duc de Bourgogne de 1474 à 1477, hg. v. Frédéric de Gingins La Sarra, 2 Bde., Paris 1858; Dépêches des ambassadeurs Milanais en France sous Louis XI et François Sforza, hg. v. Bernard de Mandrot u. a., 4 Bde., Paris 1916–1923 (Société de l’histoire de France 376, 388, 393, 403); Dispatches with Related Documents of Milanese Ambassadors in France and Burgundy, 1450–1483, 3 Bde., hg. v. Paul Murray Kendall/ Vincent Ilardi, Athens (Ohio) 1970–1981; Carteggi diplomatici fra Milano sforzesca e la Francia, Bd. I: 18 agosto 1450 – 26 dicembre 1456, hg. v. Ernesto Pontieri, Rom 1978 (Fonti per la storia d’Italia 135); Carteggi diplomatici fra Milano sforzesca e la Borgogna, Bd. I: 8 marzo 1453 – 12 luglio 1475; Bd. II: 26 luglio 1475 – 19 ottobre 1476, hg. v. Ernesto Sestan, Rom 1985/1987 (Fonti per la storia d’Italia 140/141). 57 Von diesem Projekt sind bislang vier der vorgesehenen fünf Bände erschienen, von denen hier nur die ersten beiden genannt seien, da sie die Jahre abbilden, in denen Giovanni di Castiglione aktiv war: Dispacci sforzeschi da Napoli, Bd.  I: 1444 – 2  luglio  1458; Bd.  II: 4 luglio 1458 – 30 dicembre 1459, hg. v. Francesco Senatore, Salerno 1997/2004 (Fonti per la storia di Napoli aragonese 1/2). 58 Von den 16 geplanten Bänden des mit Mantua geführten Schriftwechsels liegen bislang 12 Bände vor, von denen wiederum nur die ersten beiden angeführt seien, die zu Lebzeiten von Giovanni di Castiglione verfaßte Briefwechsel enthalten: Carteggio degli oratori mantovani alla corte sforzesca (1450–1500), Bd. I: 1450–1459; Bd. II: 1460, hg. v. Isabella Lazzarini, Rom 1999/2000. Zu diesem Projekt siehe auch Massimo Zaggia, Sul carteggio degli oratori mantovani presso la corte sforzesca, in: ASL 236 (2000), S. 491–511. – Aus der Edition dieser Bände sind bislang einige kurze Studien hervorgegangen, etwa Isabella Lazzarini, L’informazione politico-diplomatica nell’età della pace di Lodi: raccolta, selezione, trasmissione. Spunti di ricerca dal carteggio Milano-Mantova nella prima età sforzesca  (1450–1466), in: NRS  83 (1999), S. 247–280; Maria Nadia Covini, Feste e cerimonie milanesi tra città e corte. Appunti dai carteggi mantovani, in: Ludica. Annali di storia e civiltà del gioco  7 (2001), S. 122–150; Concetta Bianca, Lo specchio di uno specchio: Roma attraverso gli oratori mantovani, in: Roma nel Rinascimento 18 (2002), S. 5–11. 59 Ludwig von Pastor, Ungedruckte Akten zur Geschichte der Päpste vornehmlich im 15., 16. und 17. Jahrhundert, Bd. I: 1376–1464, Freiburg / Br. 1904. 60 Märtl, Italienische Berichte, S. 247.  –  Märtl macht ebenfalls darauf aufmerksam, daß – falls die Serie Roma doch einmal berücksichtigt wurde – zumeist nicht das kuriale Umfeld im Vordergrund stand, sondern es vielmehr um die stadtrömische Bevölkerung ging, wie etwa die Studie von Paola Farenga zeige: «I Romani sono periculoso popolo …». Roma nei carteggi diplomatici, in: Sergio Gensini (Hg.), Roma capitale (1447–1527), Pisa 1994 (Centro di Studi sulla Civiltà del Tardo Medioevo di San Miniato 5. Collana di Studi e Ricerche 29), S. 289–315.

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nur einzelner Abschnitte aus Berichten beigegeben wurde“, heißt es denn auch bei Claudia Märtl.61 Das aus der „Verschwörung des Schweigens gegen Rom“62 resultierende Desiderat veranlaßte Claudia Märtl, von der bereits mehrere Studien über den Alltag an der Kurie vorgelegt wurden,63 gemeinsam mit Jürgen Dendorfer, das besagte Projekt mit dem Titel Autorität und politische Kontingenz an der Kurie des 15. Jahrhunderts ins Leben zu rufen, das, wie bereits erwähnt, auch auf einer Auswertung der römischen Korrespondenz fußt.64 Zu Überschneidungen zwischen vorliegender Arbeit und diesem Vorhaben kommt es jedoch nicht, da ich mich bei der Auswertung des Carteggio estero, Roma, schwerpunktmäßig auf den vor dem Pontifikat von Pius II. liegenden Zeitraum beziehe und insbesondere die Jahre von 1450 bis 1458 in den Blick nehme. Bei der Darstellung dieses Zeitabschnitts werden nicht nur die Schreiben berücksichtigt, die zwischen Giovanni di Castiglione und dem Herzog von Mailand sowie zwischen Giovanni di Castiglione und seinem Verwandten, dem herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta, gewechselt wurden, sondern – zur besseren Illustration des politischen, sozialen und kulturellen Umfelds, in dem sich der Prälat bewegte – auch zahlreiche Briefe und Berichte angeführt, welche die herzoglichen Gesandten in Rom in diesen Jahren anfertigten.65 Diese zumeist

61 Märtl, Italienische Berichte, S. 245. – Ein Beispiel für die Entnahme solcher Fragmente stellen etwa die Studien von Monica Ferrari zur Erziehung der Kinder der Sforza dar: Lettere di principi bambini del Quattrocento lombardo, in: MEFRM 109 (1997), S. 339–354; La disobbedienza infantile nelle carte sforzesche, in: La scuola classica di Cremona (2000), S. 111–123; «Per non manchare in tuto del debito mio». L’educazione dei bambini Sforza nel Quattrocento, Mailand 2000 (Storia dell’educazione 3). 62 Jean Delumeau, zit. nach Claudia Märtl, Italienische Berichte, S. 247. 63 Claudia Märtl, Le papesse. Frauen im Umkreis der römischen Kurie nach der Mitte des 15. Jahrhunderts, in: Jan Hirschbiegel/ Werner Paravicini (Hg.), Das Frauenzimmer. Die Frau bei Hofe in Spätmittelalter und Früher Neuzeit [6. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Dresden, 26.–29.IX.1998], Stuttgart 2000 (Residenzenforschung 11), S. 411–428; Dies., Alltag an der Kurie. Papst Pius II. (1458–1464) im Spiegel zeitgenössischer Berichte, in: Zweder von Martels/ Arjo Vanderjagt (Hg.), Pius II. ‹El più expeditivo pontifice›. Selected Studies on Aeneas Silvius Piccolomini (1405–1464), Leiden u. a. 2003 (Brill’s Studies in Intellectual History 117), S. 107–145; Dies., Von Mäusen und Elefanten. Tiere am Papsthof im 15. Jahrhundert, in: DA 60 (2004), S. 183–199; Dies., Der Papst und das Geld. Zum kurialen Rechnungswesen unter Pius II. (1458–1464), in: Brigitte Flug/ Michael Matheus/ Andreas Rehberg (Hg.), Kurie und Region. Festschrift für Brigide Schwarz, Stuttgart 2005 (Geschichtliche Landeskunde  59), S. 175–195; Dies., Interne Kontrollinstanz oder Werkzeug päpstlicher Autorität? Die Rolle der Konsistorialadvokaten nach dem Basler Konzil, in: Jürgen Dendorfer/ C. M. (Hg.), Nach dem Basler Konzil, S. 67–97. 64 Siehe hierzu oben, Anm. 44. 65 Für diesen Zeitraum sind insbesondere folgende 8 Kartons der Serie Sforzesco, Potenze Estere, Roma, relevant, die in Mailand als Mikrofilm einzusehen sind: Cart. 40 (März 1450 – Dez. 1453); Cart. 41 (1. Jan. 1454 – 30. Juni 1455); Cart. 42 (2. Juli 1455 – 30. Nov. 1455); Cart. 43 (1. Dez. 1455 – 30. Apr. 1456); Cart. 44 (1. Mai 1456 – Dez. 1456); Cart. 45 (2. Jan. 1457 – 31. Aug. 1457); Cart. 46 (3. Sept. 1457 – 30. Apr. 1458) und Cart. 47 (1. Mai 1458 – 31. Dez. 1458).

I. Einführung

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in volgare geschriebenen Briefe66 haben den Vorteil, daß sie in großen Teilen kaum nach strikten Formvorlagen verfaßt wurden und zuweilen sehr persönliche Stellungnahmen enthalten,67 insbesondere dann, wenn genügend Zeit vorhanden war,68 sie nach einem ausgeklügelten Schlüssel zu chiffrieren.69 Freilich – das gilt es beim Arbeiten mit dieser mehr persönliche Freiheit zulassenden Textgattung nie zu vergessen – fielen die Schreiben nicht selten subjektiv und tendenziös aus 66 Wenn die Korrespondenz der herzoglichen Kanzlei in volgare geführt wurde, so ist dies keineswegs mit der Vergangenheit Francesco Sforzas als Söldnerführer und dessen mangelnder humanistischer Ausbildung zu erklären. Vielmehr ist der zunehmende Gebrauch des volgare in den Kanzleien eine Entwicklung, die bereits in einigen italienischen Staaten im 14.  Jahrhundert eingesetzt hatte, so in Florenz zwischen 1311 und 1340 und in Neapel wohl 1346. Das früheste uns in volgare vorliegende Schreiben der visconteischen Kanzlei stammt erst aus dem Jahre 1427. Nach 1450 wurden in der Mailänder Kanzlei die alltäglichen Schriftstücke (Empfehlungsschreiben, Geleitbriefe etc.) in der Regel in volgare verfaßt; das Lateinische blieb lediglich der Korrespondenz mit dem Pontifex sowie besonderen Dokumenten wie Glückwünschen, Beileidsbekundungen und Kriegserklärungen vorbehalten. Zur Sprache der Kanzlei siehe u. a. auch Maurizio Vitale, Il volgare nella cancelleria milanese del secolo XV, in: Paideia  3/6 (1948), S. 321–329; Ders., La lingua volgare della cancelleria visconteo-sforzesca nel Quattrocento, Varese u. a. 1953; Ders., La lingua volgare della cancelleria sforzesca nell’età di Ludovico il Moro, in: Eugenio Garin u. a. (Hg.), Milano nell’età di Ludovico il Moro [Atti del convegno internaz., Milano, 28 II – 4 III 1983], Mailand 1983, Bd. II, S. 353–386 [ND in: Ders., La veneranda favella. Studi di storia della lingua italiana, Neapel 1988 (Collana di linguistica e critica letteraria  4), S. 169–239]; Alfio Rosario Natale, Stilus cancellariae. Formulario visconteosforzesco, Mailand 1965 [²1979; ³1984] (Acta Italica 19). 67 Im Archivio Segreto Vaticano sind, von den Breven (Arm. XXXIX) abgesehen, keine Briefe aus der Zeit Giovanni di Castigliones erhalten. Der Bestand Lettere dei cardinali setzt erst wesentlich später ein. 68 Nicht immer stand diese Zeit zur Verfügung, wie man etwa einem Schreiben des herzoglichen Gesandten Nicodemo Tranchedini entnehmen kann, der 1451 an die Kurie geschickt worden war: «Non ho messo tuto in cifra perché […] è sonate le 5 hore, et luy [= der Bote] vole partire a l’alba et vorasse vedere non l’habia aperta» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 19. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 69 Die Form der Chiffrierung war wesentlich komplexer als die der anderen italienischen Staaten: In Mailand verwendete man für jeden Buchstaben sowie für die geläufigsten Wörter und häufigsten Buchstabenkombinationen mehrere Phantasiezeichen, baute zur weiteren Verwirrung des unbefugten Lesers Schreibfehler ein und streute zudem sinnentleerte Zeichen ein. Lydia Cerioni hat zahlreiche Schlüssel veröffentlicht [La diplomazia sforzesca nella seconda metà del Quattrocento e i suoi cifrari segreti, 2 Bde. (Bd. I: Testo; Bd. II: Tavole), Rom 1970 (Fonti e studi del corpus membranarum italicarum 1. Studi e ricerche 7)], denn jeder Adressat erhielt einen eigenen Schlüssel, der häufig nach einiger Zeit wechselte (siehe hierzu unten, Kap. IX Anm. 284). Diese Vorsichtsmaßnahme war nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil sich die Beförderung der Briefe damals als nicht ganz ungefährliches Unterfangen gestaltete: Häufig wurden die Boten abgefangen, zum Teil auch ausgeraubt und niedergeschlagen, so heißt es etwa in einem Schreiben des Bischofs von Piacenza: «[…] lo messo portava dicte lettere ad me fue robato per lo camino et batuto per modo che li convene tardare nel camino molti dì» (Niccolò Amidani an Cicco Simonetta, 1. September 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Zur Verschlüsselung der Schreiben siehe auch P. M. Perret, Les règles de Cicco Simonetta pour le déchiffrement des écritures secrètes, in: BECh 51 (1890), S. 516–525; Mario Zanotti, Crittografia. Le scritture segrete, Mailand 1928 (Manuali Hoepli) [ND 1976 (Antichi Manuali Hoepli 27)]; Franca Petrucci Nardelli, Il testo e la cifra. Per lo studio di un modo di trasmissione «disturbato», in: QFIAB 66 (1986), S. 393–401.

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oder beschönigten und verfälschten die tatsächlichen Begebenheiten bewußt wie unbewußt; sie sind daher mit besonderer Vorsicht zu behandeln.70 Des weiteren wurden für die Rekonstruktion der Lebenswelt des Giovanni di Castiglione noch mehrere Briefe aus den Unterserien Alemagna, Romagna und Marca sowie etliche Schreiben aus den in die Biblioteca Ambrosiana und in die Bibliothèque Nationale de France gelangten Beständen herangezogen.71 Hinzu kommen noch einige Schreiben aus dem als ms. 5 in der Bibliothèque Municipale von Bayeux liegenden, fragmentarisch überlieferten Codex, den der in den Diensten von Zanone di Castiglione stehende bischöfliche Sekretär Rolando Talenti angelegt hatte72 und der einige Aufschlüsse über die Jahre liefert, welche die Angehörigen der Familie Castiglione in der Normandie verbrachten. Darüber hinaus wurden auch die im Archivio Segreto Vaticano befindlichen Serien Registri Vaticani, Registri Lateranensi und Registri delle Suppliche für die Pontifikate von Nikolaus V., Calixt III. und Pius II. (bis Mai 1460) eingesehen.73 70 Siehe hierzu schon Heinrich Ulmann, Über den Werth diplomatischer Depeschen als Geschichtsquellen. Eine academische Antrittsrede, Leipzig 1874. 71 In der Biblioteca Ambrosiana finden sich die entsprechenden Dokumente unter der Signatur Z 219 sup.; in der Bibliothèque Nationale de France sind es im Fonds italien die ms. 1588, 1589, 1590 und 1595. – Hinsichtlich der Transkriptionen gilt, daß die Abkürzungen nach Cappelli aufgelöst wurden [Adriano Cappelli, Lexicon Abbreviaturarum. Dizionario di Abbreviature latine ed italiane, Mailand 61990]. Für die italienischen Texte richten sich die Transkriptionen hinsichtlich der Groß‑ und insbesondere der Kleinschreibung («vostra signoria», «papa», «imperatore» etc.) nach dem Band 19,1 der Reichstagsakten. Zudem wurden die Norme per le pubblicazioni dell’Istituto Storico Italiano [in: Bullettino dell’Istituto Storico Italiano (1906), S. VII–XXV] zugrunde gelegt, denen zufolge Akzente und Apostrophe wie in der heutigen italienischen Sprache zu setzen sind. 72 Siehe hierzu Jacques Laffetay, Notice sur la vie et les écrits de Roland des Talents, chanoine de Bayeux, in: Bulletin de la Société d’Agriculture, Sciences, Arts et Belles-Lettres de Bayeux 2 [1852–1855] (1858), S. 13–60. 73 Nimmt man den Schedario Garampi und das Repertorium Germanicum [RG] einmal aus (für das es für Frankreich und Italien bislang kein entsprechendes Pendant gibt), existieren für das 15. Jahrhundert keine brauchbaren Verzeichnisse, welche die Suche nach Informationen über das Umfeld des Giovanni di Castiglione erleichtern könnten. In Ermangelung analoger umfassender Register war es notwendig, sämtliche Bestände der Serien Registri Lateranensi, Registri Vaticani und Registri delle Suppliche aus dem Zeitraum von 1447 bis 1460 einzeln zu bestellen und durchzusehen. – Zum Schedario Garampi siehe Hermann Diener, Schedario Garampi. Eine Exzerptensammlung des 18. Jahrhunderts als Hilfsmittel zur Erschließung des Vatikanischen Archivs, in: QFIAB 62 (1982), S. 204–221; Ders., Lo Schedario Garampi, in: Paolo Vian (Hg.), L’Archivio Segreto Vaticano e le ricerche storiche [Città del Vaticano, 4–5 VI 1981], Rom 1983 (Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell’Arte in Roma), S. 181–191; ­Sussidi per la consultazione dell’Archivio Vaticano. Lo Schedario Garampi – I Registri Vaticani – I Registri Lateranensi – Le «Rationes Camerae» – L’Archivio Concistoriale, neubearb. und erw. Aufl., hg. v. Germano Gualdo, Vatikanstadt 1989 (Collectanea Archivi Vaticani 17). – Zu den Registri Lateranensi, Registri Vaticani und Registri delle Suppliche siehe auch Karl August Fink, Das Vatikanische Archiv. Einführung in die Bestände und ihre Erforschung unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Geschichte, Rom 1943 [21951] (BDHIR 20); Hermann Diener, Die großen Registerserien im Vatikanischen Archiv 1378–1523. Hinweise und Hilfsmittel zu ihrer Benutzung und Auswertung, in: QFIAB 51 (1971), S. 305–368, sowie Leonard E. Boyle, A survey of the Vatican Archives and of its Medieval Holdings, Toronto 1972 [2001] (Subsidia

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Trotz dieser recht dichten Quellenlage bleibt man bei der Rekonstruktion der Wege, auf denen Giovanni di Castiglione in der Kirchenhierarchie aufzusteigen versuchte, häufig auf eine implizite Beweisführung und den Vernunftschluß angewiesen. Streckenweise wird die Arbeit eine hypothetische Natur nicht ablegen können, da der weitblickende Mailänder die angewandten Taktiken in seinen Briefen nie in allen Einzelheiten ausführte. Giovanni di Castiglione wußte, daß seine Ränkespiele nur wirksam zu sein versprachen, solange er von seiner Strategie und seinem modus procedendi nicht allzu viel preisgab. Daher begnügte er sich nicht selten mit vagen – und recht unverfänglichen – Andeutungen. Auch wird man wohl davon ausgehen müssen, daß der Mailänder Herzog (dank dessen Archivierung uns die meisten Schreiben von und über Giovanni di Castiglione überliefert sind) die brisantesten Briefe vernichtete; an seine Korrespondenten erging ebenfalls die Aufforderung, heikle Schreiben nach dem Erhalt zu verbrennen.74 Zudem fixierten sowohl der Herzog als auch Giovanni di Castiglione – trotz der Möglichkeit des Rekurses auf die Geheimschrift – einige wichtige Nachrichten überhaupt nicht schriftlich, sondern ließen diese mündlich durch Boten übermitteln. Die herangezogene Korrespondenz zwischen dem Mailänder Herzog und dessen Gesandten an der Kurie mit all ihren Chiffrierungen, Finessen und Desinformationstechniken ermöglicht es daher, neben der erkenntnisorientierten Fokussierung auf die Karriere eines Renaissanceprälaten, auch einen gewissen Beitrag zur Geschichte des italienischen Gesandtenwesens zu Beginn der Neuzeit Mediaevalia 1). – Die für diese Arbeit relevanten Bände des RG sind: Bd. IV: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Martins V. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1417–1431, bearb. v. Karl August Fink, 1. Teilbd. (A–H), Berlin 1943; 2. Teilbd. (IJY), Berlin 1957; 3. Teilbd. (L–Z), Berlin 1958; Personenregister, bearb. v. Sabine Weiss, Berlin 1979; Bd. V: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Eugens  IV. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1431–1447, bearb. v. Hermann Diener, Teil  1: Text, Teilbd.  1–3, Tübingen 2004; Teil  2: Indices, bearb. v. Christoph Schöner, Bd. 1–3, Tübingen 2004; Bd. VI: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Nikolaus’ V. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1447–1455, Teil 1: Text, bearb. v. Josef Friedrich Abert/ Walter Deeters, Tübingen 1985; Teil 2: Indices, bearb. v. Michael Reimann, Tübingen 1989; Bd. VII: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Calixts III. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1455–1458, bearb. v. Ernst Pitz, Teil 1: Text, Tübingen 1989; Teil 2: Indices, Tübingen 1989; Bd. VIII: Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten Pius’ II. vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien 1458–1464, Teil 1: Text, bearb. v. Dieter Brosius/ Ulrich Scheschkewitz, Tübingen 1993; Teil 2: Indices, bearb. v. Karl Borchardt, Tübingen 1993. 74 Das chiffrierte Schreiben vom 15. Juni 1458 etwa, in dem der Herzog seinem Gesandten die Order erteilte, einen Brief zu verbrennen, nachdem er diesen dem Pontifex vorgelesen hatte, ist noch erhalten: «Misser Otho, acciò che possiate meglio imprimere questo nostro scrivere ad nostro signore siamo contenti legete queste lettere ad sua sanctità trovandola sola, che non gli sii altra persona del mondo, et in questo non ve fidate de cardinali, né de altra persona che viva, et quando haverite usata la lettera in quello ve serà parso bisogno vogliamo che poy la brusate» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die).

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zu leisten, ein Thema, zu dem in den letzten Jahren einige italienische Studien erschienen sind,75 das aber in Deutschland – wie schon Claudia Märtl kürzlich in ihrem Werkstattbericht aus dem Projekt „Autorität und politische Kontingenz an der Kurie des 15. Jahrhunderts“ betonte – trotz „des gestiegenen Interesses an Phänomenen wie Kommunikation, Eigen‑ und Fremdwahrnehmung oder Kulturtransfer […] [und trotz der] zunehmende[n] Zahl von Arbeiten zum Gesandtschafts‑ und Botenwesen, zu Außenpolitik und internationalen Beziehungen […] weiterhin eine terra incognita [bleibt]“.76 Diese Arbeit, die biographische Ansätze mit Elementen der Diplomatie-, Kommunikations-, Sozial-, Politik-, Kirchen‑ und Kulturgeschichte vereint, soll insofern auch diesen neuen Interessen der Forschung Rechnung tragen.

75 Franca Leverotti, Diplomazia e governo dello stato. I «famigli cavalcanti» di Francesco Sforza (1450–1466), Pisa 1992 (Piccola biblioteca Gisem 3); Paolo Margaroli, Diplomazia e stati rinascimentali. Le ambascerie sforzesche fino alla conclusione della Lega italica (1450–1455), Florenz 1992 (Pubblicazioni della Facoltà di Lettere e Filosofia dell’Università di Milano 146. Pubblicazioni dell’Istituto di Storia Medioevale e Moderna dell’Università di Milano  11); Riccardo Fubini, Quattrocento fiorentino. Politica, diplomazia, cultura, Ospedaletto (Pisa) 1996 (Collana percorsi 9); Ders., L’istituzione diplomatica e la figura dell’ambasciatore nel XV secolo, in: R. F. (Hg.), Politica e pensiero, S. 43–58; Ders., L’ambasciatore nel XV secolo: due trattati e una biografia (Bernard de Rosier, Ermolao Barbaro, Vespasiano da Bisticci), in: R. F. (Hg.), Politica e pensiero, S. 59–76; Francesco Senatore, «Uno mundo de carta». Forme e strutture della diplomazia sforzesca, Neapel 1998 (Mezzogiorno medievale e moderno  2); Lazzarini, L’informazione politico-diplomatica, S. 237–280; Sergio Bertelli, Diplomazia italiana quattrocentesca, in: ASI  159 (2001), S. 797–827; Maria Nadia Covini, Milano e Bologna dopo il 1455. Scambi militari, condotte e diplomazia, in: Condottieri e uomini d’arme nell’Italia del Rinascimento [Atti del convegno, Lucca 1998], hg. v. Mario Del Treppo, Neapel 2001 (Europa mediterranea 18), S. 166–214; Dies., Guerra e relazioni diplomatiche in Italia (secoli XIV–XV). La diplomazia dei condottieri, in: Guerra y diplomacia en la Europa occidental, 1280–1480 [Estella, 18–22 VII 2004], Pamplona 2005, S. 163–198. 76 Märtl, Italienische Berichte, S. 243 f. – Eine der wenigen jüngeren deutschen Studien zum italienischen Gesandtenwesen stammt von Christina Lutter [Politische Kommunikation an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Venedig und Maximilian  I.  (1495–1508), Wien u. a. 1998 (VIÖG  34)]; auch Gregor Metzig [FU / Berlin] arbeitet gegenwärtig anhand des venezianischen Bestandes an seiner Dissertation mit dem Titel „Diplomatie und Gesandtschaftswesen Kaiser Maximilians I. (1486–1519)“.

II. Die Anfänge II.1 „… vortreffliches Geschlecht, ich sehe, wie aus Dir so viele und so leuchtende Helden hervorgegangen sind …“1 – Die Familie di Castiglione Über den Ursprung der Familie di Castiglione2 ist viel spekuliert worden – spätestens seitdem Mattheus Castilioneus und Antonio Beffa Negrini mit ihren Werken De origine, rebus gestis, ac privilegiis gentis Castilioneae  (1596) und Elogi historici di alcuni membri della famiglia Castigliona (1606) glorifizierende Studien zur Geschichte dieses alten Geschlechts vorgelegt hatten. Und nicht nur darüber, ob es sich nun bei den Castiglione um direkte Nachfahren der Grafen von Seprio handelte, die bereits in vorkommunaler Zeit mit Lehen in Castiglione Olona und in anderen Orten im Umland von Seprio, nordöstlich von Mailand, versehen wurden, herrscht Unklarheit.3 Auch darüber, ob sogar schon Otto der Große die Castiglione zu capitani ernannt und diese ausgestattet hatte oder ob die Familie die in dem contado von Seprio auf einem kleinen Hügel oberhalb des Flusses Olona gelegene, dem Geschlecht den Namen gebende Burg in der Nähe von Varese von der Mailänder Kirche erhalten hatte, divergieren die Meinungen.4 1 «[…] Inclita stirpe, io di te miro usciti / Tanti, e sì chiari Heroi (raro concesso) […]» [Auszug aus einem Sonett, das Beffa Negrini für Francesco di Castiglione, den Bischof von Piacenza (1372), verfaßte oder verfassen ließ (Elogi historici, S. 210)]. 2 Der Name dieser Familie begegnet in zahlreichen Schreibweisen, etwa Castiliono / Castilliono / Castiglione / Castiglioni … mit den Präpositionen da / de / di oder auch ohne Präposition. Im folgenden wird die Variante „di Castiglione“ verwendet, weil sie am besten die adlige Herkunft der Familie abbildet. 3 Siehe etwa Ettore Tito Villa, Guarnerio da Castiglione, consigliere ducale, Mailand 1974, S. 5; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 67. 4 Siehe hierzu Castilioneus, De origine, S. 3; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni (di Milano), tav. I; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 43. – Hinsichtlich der Etymologie des die Provenienzbezeichnung abbildenden Familiennamens gibt es verschiedene Theorien: Sie reichen von einfachen Ableitungen von castellio / ionis bis zu einer Zusammenziehung aus castrum Stiliconis, dem Lager des spätantiken Generals Stilicho, der die Westgoten zum Rückzug gezwungen hatte und dem der 395 verstorbene Kaiser Theoderich die Betreuung seines Sohns Honorius anvertraute. Einer Überlieferung zufolge soll dieser General 401 an der Stelle oberhalb der Olona ein castellum errichtet haben. – Zu Castiglione Olona siehe u. a. Diego Sant’Ambrogio, Il borgo di Castiglione Olona presso Varese, Mailand ²1893; Antonio Barili, Castiglione Olona. Note storiche con illustrazioni, Varese 1929; Ders., Castiglione Olona e Masolino da Panicale, Mailand 1938; Eugenio Cazzani, Castiglione Olona nella storia e nell’arte, Castiglione Olona 1966

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II. Die Anfänge

Weniger Zweifel bestehen indes darüber, daß der 1160 geborene Goffredo, der Sohn des capitano Giovanni di Castiglione und der Cassandra Crivelli, einer Schwester Papst Urbans III., ein Mitglied der im contado von Seprio ansässigen Familie war. Goffredo, der 1227 zum Kardinal ernannt wurde und 1241 – wenn auch nur für circa achtzehn  Tage  –  als Papst Coelestin  IV. den apostolischen Stuhl bestieg,5 war keinesfalls das einzige bedeutende Familienmitglied, auf das die Castiglione, deren Name sich 1277 in der Matricula Nobilium Familiarum Mediolani findet,6 zu verweisen vermochten.7 Richtet man den Blick auf das spätere 14. Jahrhundert, so wäre etwa der 1409 verstorbene Bischof von Vicenza, Giovanni di Castiglione, anzuführen, der kanonisches Recht an den Universitäten von Pavia und Padua gelehrt und als Ratgeber des Mailänder Herzogs Gian Galeazzo Visconti gewirkt hatte,8 wie auch der 1425 im Alter von achtzig Jahren gestorbene Rechtsgelehrte Cristofero di Castiglione, der ius civile an den Universitäten von Pavia, Parma, Turin und Siena unterrichtet hatte und dessen Renommee König Sigismund veranlaßte, ihn und seine Nachkommen 1414 mit dem Titel eines Pfalzgrafen auszustatten und auch sonstig zu privilegieren.9 Neben Cristofero, dem Urgroßvater des berühmten Baldassar (di) Castiglione, des Verfassers des Cortegiano, ist freilich auch der bereits mehrfach erwähnte, sehr [Mailand 21967], S. 20 ff.; Enrico Cattaneo/ Gian Alberto Dell’Acqua, Immagini di Castiglione Olona, Mailand 1976; Silvano Colombo, Conoscere Castiglione Olona, Varese 1994. 5 Zu Goffredo di Castiglione siehe u. a. Castilioneus, De origine, S. 17; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 122–135; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. I; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 47 ff. 6 Diese Matricula wurde am 20. April 1277, nach dem Sieg der Visconti über die Torriani, die Mitglieder der Familie Della Torre, von Marco de’ Ciocchi, dem Kanzler des Mailänder Erzbischofs Ottone Visconti, aufgesetzt, um die Namen der Familien aufzulisten, die von nun an das Anrecht hatten, über Ordinarien im Kapitel der Metropole zu verfügen. Die den Torriani treu ergebenen Familien wurden in diese Liste nicht aufgenommen. Seitens der Castiglione hielt die Ablehnung der Torriani, die 1271, als die Castiglione gegen sie aufbegehrten, deren Burg zerstören und deren Land verwüsten ließen, jedoch nicht lange an. Bereits 1279, nach dem Tod des Familienoberhauptes Napo Della Torre, wandten sich die Castiglione den Torriani zu. – Zu all diesem siehe Cazzani, Il cardinale Branda, S. 23, 54 ff. 7 Castilioneus, De origine, S. 3. 8 Zu diesem Giovanni di Castiglione siehe u. a. Castilioneus, De origine, S. 25; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 219 ff.; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. I; Codice diplomatico dell’Università di Pavia, hg. v. Rodolfo Maiocchi, Bd. I: 1361–1400, Pavia 1905 [ND Bologna 1971 (Athenaeum 13)], S. 152; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 95. 9 Zu Cristofero di Castiglione, welcher 1420 hatte erleben müssen, wie zwei seiner Schüler einen ansehnlichen Teil seiner zu den Digesten verfaßten Kommentare unter Unterdrückung seines Namens herausgegeben hatten, siehe Archivio Castiglioni, Castiglione Olona [ACC], Memorie, cart. 1, fasc. 1–3 [hierzu: Eugenio Cazzani, L’archivio Castiglioni in Castiglione Olona, o. O. 1986]; Castilioneus, De origine, S. 25 ff., 119 f.; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 248 ff.; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. V; Giorgio Giulini, Memorie spettanti alla storia, al governo ed alla descrizione della città e campagna di Milano ne’ secoli bassi, Bd. VI, Mailand 1857 [ND Mailand 1975], S. 274; Gianluigi Barni, Cristofero Castiglioni, giureconsulto milanese e i suoi «consilia», in: Studi di storia e di diritto in onore di Arrigo Solmi, Mailand 1941, Bd. II, S. 155–181; Paolo Mari, Castiglione, Cristofero, in: DBI 22 (1979), S. 140 ff.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 95 f.

II.1 Die Familie di Castiglione

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einflußreiche und ausgesprochen wohlhabende Kardinal Branda di Castiglione (ca. 1350–1443) zu nennen,10 der für den Protagonisten dieser Studie – den wohl um 141311 als Sohn von Brandas Cousin, Maffiolo di Castiglione, geborenen Giovanni – eine bedeutende, wenn nicht gar die zentrale Rolle spielen sollte. Zweifelsohne war Branda in Giovanni di Castigliones Jugend das Familienoberhaupt, das die Entscheidungen fällte, und er war ohne Frage auch derjenige, an dem sich Giovanni orientierte. Über Giovannis Eltern liegen indes nur spärliche Informationen vor: Von seiner Mutter Angela, der Tochter des Mailänder Patriziers Donato Lampugnani, wissen wir lediglich, daß sie, bevor sie den Pfalzgrafen Maffiolo di Castiglione heiratete, verwitwet war.12 Über Giovannis Vater Maffiolo, einen Namensvetter von Brandas Vater, ist gar nichts bekannt. Vermutlich verstarb er recht früh, was ebenfalls erklären könnte, weshalb sich Branda di Castiglione auch um Giovanni und dessen Geschwister Ludovico, Bonetta, Argenta und Felicita kümmerte und sie auch finanziell unterstützte.13 Nach Johannes von Olmütz,14 dem scholasticus von Castiglione Olona, scheute der Kardinal grundsätzlich keine Kosten und Mühen, um zu dem Wohlergehen seiner Verwandten beizutragen.15 Giovanni di Castigliones Kindheit und Jugend liegen gleichfalls im Dunkeln, doch wird man davon ausgehen dürfen, daß er – wie alle, welche die schützende 10 Zu

Literatur zu Branda siehe oben, Kap. I Anm. 6. Tabbagh und Gilles Désiré dit Gosset datieren Giovanni di Castigliones Geburtsjahr auf 1413 [Fasti Ecclesiae Gallicanae. Répertoire prosopographique des évêques, dignitaires et chanoines des diocèses de France de 1200 à 1500, Bd. II: Vincent Tabbagh (Hg.), Diocèse de Rouen, Turnhout 1998, S. 239 n° 93; Gosset, Italiens, S. 50]. Petrucci indes spricht nur vage davon, daß Giovanni di Castiglione «agli inizi del secolo XV» zur Welt gekommen sei (Castiglioni, Giovanni, S. 156). In der älteren Literatur wird häufig 1420 als sein Geburtsjahr angegeben (Beffa Negrini, Elogi historici, S. 329; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV; Argelati, Bibliotheca, Bd. I/2, S. 367). 12 In erster Ehe war Angela mit Agostino Biassonno verheiratet gewesen, siehe Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV. 13 So zahlte Branda di Castiglione etwa am 31.  Mai 1432 die Mitgift für Felicita, als sie Cristofero Bianchi da Velate heiratete (ACC, Arcipretura, cart. 1, fasc. 1). – Die Worte seines Biographen Johannes von Olmütz, «pauperes puellas maritabat» (ed. bei Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 355), lassen vermuten, daß auch Felicitas Schwestern Bonetta und Argenta von der Großzügigkeit des Familienoberhauptes profitierten, als sie Giovanni Carcano bzw. Giovanni Castano ehelichten. 14 Zu Johannes von Olmütz, von dem – neben der Vita des Branda di Castiglione – mit einem Traktat über den ambrosianischen Gesang (Mailand, Bibl. Ambr., I 20 sup.) und 32 lateinischen Hexametern (Mailand, Bibl. Ambr., B 116 sup., fol. 107r) noch zwei weitere Werke überliefert sind, siehe ACC, Cappellanie, cart. 2, fasc. 2; Enrico Cattaneo, Una scuola e un trattato di canto ambrosiano nel 1400, in: Ambrosius 24 (1948), S. 106–113; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 293 f., 301 ff.; Tino Foffano, Giovanni da Olomouc, un maestro di grammatica e di musica a Castiglione Olona dal 1425 al 1445, in: Sante Graciotti (Hg.), Italia e Boemia nella cornice del rinascimento europeo, Florenz 1999 (Civiltà veneziana. Studi 49), S. 85–95. 15 «Affines ditabat et exaltabat nec unquam aliquis labor aut expensa ad parentum suorum sublimacionem pauperumque Christi promotionem ipsum ullo tempore ex opere minime aggravabat» (Johannes von Olmütz, Vita, ed. bei Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 354). 11 Vincent

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II. Die Anfänge

und wohlwollende Hand des pater familias Branda über sich wußten – eine gute Ausbildung erfuhr. So hatte der Kardinal, welcher der richtigen Erziehung eine so wichtige Rolle für den späteren Erfolg beimaß, daß er sich sogar bei der Wahl der geeigneten Lehrer für seine Zöglinge zuweilen über die Anordnungen von Herzog Filippo Maria Visconti hinwegsetzte,16 1423 in Castiglione Olona eine Schule zum Erlernen von Grammatik und Kirchengesang17 und einen unter ästhetisch-pädagogischen Gesichtspunkten in seiner Art einzigartigen „virtuellen literarischen Garten“18 errichten lassen, durch welchen wahrscheinlich auch 16 So schickte er 1428 seine Zöglinge nicht, wie der Herzog es wünschte, zum Studium nach Pavia (Codice diplomatico dell’università di Pavia, hg. v. Rodolfo Maiocchi, Bd.  II: 1401–1440, Pavia 1913 [ND Bologna 1971 (Atheneaum 13)], S. 143 n° 217), sondern gab sie nach Padua in die Obhut des Gasparino Barzizza; hierzu: Tino Foffano, Tra Padova, Parma e Pavia. Appunti su tre allievi di Gasparino Barzizza, in: Quaderni per la storia dell’Università di Padova 2 (1969), S. 29–51. – Auch steuerte Branda selbst wichtige Werke, die in seine Hände gelangt waren, als Unterrichtsmaterial bei: So ist bekannt, daß der Kardinal einen Codex mit den Werken Quintilians, den Poggio Bracciolini kurz zuvor in Sankt Gallen aufgefunden hatte und dem Kardinal auf dem Konstanzer Konzil hatte zukommen lassen, sogleich an Gasparino Barzizza, den Lehrer seiner drei Neffen Guarnerio, Zanone und Baldassar[e] di Castiglione, weiterleitete; dazu insb. Foffano, Umanisti, S. 4; Ders., Tra Padova, Parma e Pavia, S. 30– 33. – Zum Unterricht des Gelehrten, zu dessen Tod der Sekretär von Zanone ein Kondolenzschreiben an Gasparinos Sohn Guiniforte sandte (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 37v–38v), siehe R. G. G. Mercer, The Teaching of Gasparino Barzizza with Special Reference to his Place in Paduan Humanism, London 1979 (Texts and Dissertations. Modern Humanities Research Association 10); Tino Foffano, La mediazione culturale di alcuni discepoli di Gasparino Barzizza, di Vittorino da Feltre e di Guarino Veronese in Francia e in Inghilterra, in: Luisa Rotondi Secchi Tarugi (Hg.), Rapporti e scambi tra umanesimo italiano ed umanesimo europeo. «L’Europa è uno stato d’animo» [Atti del convegno internaz., Chianciano-Pienza, 19–22 VII 1999], Mailand 2001 (Caleidoscopio 10), S. 575–584. 17 Zu dieser von Branda errichteten Schule, deren Portal zu Beginn des 16.  Jahrhunderts bezeichnenderweise mit einem Medaillon versehen wurde, welches in humanistischer Manier das Konterfei von Branda di Castiglione zwischen den Köpfen von Aristoteles und Cicero zeigt, siehe Cazzani, Il cardinale Branda, S. 291 ff. – Eine Gründungsurkunde von 1423 liegt nicht vor, wohl aber eine Edition der Urkunde, mit der Eugen IV. am 26. September 1439 die Errichtung der Schule bestätigte (sie ist ed. bei Castilioneus, De origine, S. 70 f.). 18 Dieses bis ins Letzte durchgeplante Refugium ist eine Anlage ganz besonderer Art: Fern davon, sich mit einer der üblichen Anpflanzungen von heimischen und mehr oder weniger exotischen Gewächsen zu begnügen, ließ der Kardinal sich in dem am stärksten mit Sonnenlicht durchfluteten Raum im Obergeschoß seines palazzo mit farbenfrohen Fresken seinen eigenen kleinen Paradiesgarten malen, der ein frühes Exempel humanistischer Mnemotechnik darstellt. Auf dem heute roten, wohl ehemals blauen Hintergrund ragen imposante Bäume empor, an denen Spruchbänder mit lateinischen Lebensregeln flattern. Um diese turnen vergnügte Putten herum, welche sich bemühen, die saftigen Früchte zu ernten. Unterhalb der Bäume gibt es einen dunkelgrünen Fries, eine Wiese mit weißen Lilien und weiteren Banderolen voller lateinischer Sentenzen, welche zumeist aus der Feder von Terenz, Sallust, Cicero, Lukian, Vergil und Seneca stammen. Diese Bänder ranken sich oft blütenartig oder wie Girlanden um kleine Portraits der Familienangehörigen und Freunde Brandas. Diese beiden „Bildleisten“ werden am oberen und unteren Rand von einer Bordüre abgetrennt, wobei die obere mit Wappen mit dem Emblem Brandas sowie mit zwölf alternierend roten und grünen Rechtecken verziert ist, in denen Putten unter anderem beim Bewässern von weißen Lilien, Rosen und Granatapfelbäumen zu sehen sind. Die untere Borte zeigt hingegen eine Holzbank mit Blumen und Vögeln. – Zu weiteren Details

II.1 Die Familie di Castiglione

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Giovanni di Castiglione schritt. Des weiteren hatte der pater familias in der Universitätsstadt Pavia, in der neben Giovanni, Cristofero und Branda di Castiglione zahlreiche Familienangehörige gelehrt hatten und lehrten,19 das Collegio di Sant’Agostino20 errichtet. An dieser auch als Collegio Castiglione bezeichneten siehe Anna Marcaccioli Castiglioni, Una pagina d’umanesimo scritta sul muro nel palazzo Branda Castiglioni in Castiglione Olona, in: Rivista della Società Storica Varesina 16 (1983), S. 1–10; Dies., Nota per il Palazzo Branda Castiglioni di Castiglione Olona, in: Arte Lombarda (1982), S. 32 und Tiziano Vezzoli, Il giardino segreto sull’isola del cardinale, in: Quaderni del Cairoli  10 (1996), S. 123–140; zur Beschreibung des palazzo siehe zudem Giacomo Carlo Bascapè, Il Cardinal Branda Castiglioni e il suo palazzo a Castiglione Olona, in: La Diocesi di Milano, Saronno 1962, S. 123 f.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 218 ff.; Colombo, Conoscere Castiglione Olona, S. 37 ff.; Carol Pulin, The Palaces of an Early Renaissance Humanist, Cardinal Branda Castiglione, in: Arte Lombarda 61 (1982), S. 23–32. 19 Zahlreiche weitere Namen sind im Codice diplomatico dell’università di Pavia, 3  Bde., hg. v. Rodolfo Maiocchi, Pavia 1905–1915 [ND Bologna 1971 (Athenaeum  13)] aufgeführt. – Zur Universität von Pavia siehe auch Memorie e documenti per la storia dell’università di Pavia e degli uomini più illustri che v’insegnarono, 3 Bde., hg. v. Camillo Brambilla, Pavia 1877/1878 [ND Bologna 1970 (Athenaeum 12)]; Pietro Vaccari, Storia della Università di Pavia, Pavia 1948 [²1957; ND 1982]; Zanino Volta, Dei gradi accademici conferiti nello «studio generale» di Pavia sotto il dominio visconteo, in: ASL 17 (1890), S. 517–584; Documenti per la storia di Pavia nella seconda metà del ’400, Bd. I: 1450–1455, hg. v. Agostino Sottili, Bologna 1994 (Fonti per la storia dell’Università di Pavia 21); Ders., Università e cultura a Pavia in età visconteo-sforzesca, in: Storia di Pavia, Bd. III/2: Dal libero comune alla fine del principato indipendente (1024–1535), Mailand 1992, S. 359–452; Ders., Zum Verhältnis von Stadt, Staat und Universität in Italien im Zeitalter des Humanismus dargestellt am Fall Pavia, in: Alexander Patschovsky (Hg.), Die Universität in Alteuropa, Konstanz 1994 (Konstanzer Bibliothek 22), S. 43–67; Lauree Pavesi nella seconda metà del ’400, Bd. I: 1450–1475, hg. v. Agostino Sottili, Bologna u. a. 1995 (Fonti e studi per la storia dell’Università di Pavia 25). 20 1429 gestattete Martin V. Kardinal Branda, «in propriis domibus nepotum suorum Papie consistentibus unum Collegium pro usu, et habitatione nonnullorum pauperum scholarium in studio Papiensi in Theologia, Iure Canonico, et Civili, aliisque licitis facultatibus studere, et proficere cupientium, erigere, instituere, et ordinare, ac pro decenti sustentatione scholarium huiusmodi sufficienter dotare». Mit der Bulle vom 17. Dezember 1437, in welcher der Erlaß von 1429 eingangs zitiert wird, vollendete Papst Eugen IV. die rechtliche Gründung des Collegio di Sant’Agostino (die Bulle ist ediert in Castilioneus, De origine, S. 76–96; ebd. findet sich auch die Edition der Statutenreform von 1443, S. 97–99). – Zu dieser Stiftung Brandas siehe auch Rouen, ADSM, G  3677 (Materialien zu den normannischen Stipendiaten des Collegio Castiglione); Pavia, Archivio del Collegio Ghislieri, Arm. XVI, Fondo Castiglioni, sowie Giulio Carotti, Gli affreschi dell’oratorio dell’antico Collegio fondato dal cardinale Branda Castiglioni in Pavia, in: Archivio storico dell’arte 2 (1897), S. 272; Anna Luisa Visintin, Il Collegio Castiglioni di Pavia [Pavia, Univ. Tesi di laurea, 1963/64]; Dies., Il più significativo precedente del Collegio Ghislieri: il Collegio Universitario Castiglioni (1429–1803), in: Il Collegio Universitario Ghislieri di Pavia, Mailand 1966, Bd. I, S. 48–91 (Istituto di storia moderna e contemporanea. Università di Pavia 1); Xenio Toscani, Documenti relativi ai Collegi Ghislieri e Castiglioni nell’Archivio della Curia Vescovile di Pavia, in: Il Collegio Universitario Ghislieri di Pavia, Mailand 1966, Bd. II, S. 315–329; Franco Zambelloni, Il Collegio Castiglioni, prima istituzione collegiale pavese, in: Il Collegio Ghislieri 1567–1967, Mailand 1967, S. 211–219; Maria Grazia Albertini Ottolenghi, Il Collegio Castiglioni, in: Adriano Peroni u. a. (Hg.), Pavia. Architetture dell’età sforzesca, Turin 1978, S. 152–166; Foffano, Umanisti, S. 14 ff.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 250; Lyse Roy, L’Université de Caen aux XVe et XVIe siècles: identité

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II. Die Anfänge

Einrichtung, die später auch Giovanni di Castiglione frequentieren sollte,21 waren zwölf Stipendien den Mitgliedern der weitverzweigten Familie vorbehalten. Zwölf weitere Stipendien waren für Studenten aus den Kapiteln von Mailand, Pavia, Piacenza und Parma, aus den normannischen Diözesen Rouen, Bayeux und Lisieux,22 aus Lüttich23 sowie aus den Kapiteln von Cartagena und von Veszprém vorgesehen – dies waren genau die Bistümer, in denen Kardinal Branda Benefizien besaß oder einmal besessen hatte.24 Eine kritische Schulung des Geistes in Verbindung mit der Herausbildung der Fähigkeit, Konversation zu führen, das heißt: zu debattieren und disputieren,25 sowie die frühe Einbindung der Verwandten in sein weitmaschiges Netz an Kontakten waren wichtige Punkte des „Brandaschen Förderungskonzeptes“, das Giovanni di Castiglione wohl ebenso wie Brandas Neffen durchlief. Auch diese et représentation, Leiden 2006 (Education and Society in the Middle Ages and Renaissance 24), S. 42 f. 21 Vgl. Mols, Castiglione, Giovanni, Sp. 1446. 22 Zu den Franzosen an der Universität von Pavia siehe Émile Picot, Les professeurs et les étudiants de langue française à l’Université de Pavie au XVe et au XVIe siècle, Paris 1916; Édouard Pelay, Étudiants normands à l’Université de Pavie aux XVe et XVIe siècles, in: Bulletin de la Commission des Antiquités de la Seine inférieure 17 (1917–1919), S. 5–10 [= (1921), S. 184–187]. 23 Herval weist darauf hin, daß bis zur Modifizierung der Statuten im Jahre 1437 nicht Lisieux, sondern nur Lüttich auf der Liste der Stipendiaten stand. Er führt dies auf einen Registrierungsfehler zurück, der daraus resultierte, daß der apostolische und kaiserliche Notar Mathieu de Beke, genannt Legrand, der selbst aus der Diözese Lüttich stammte, nicht „Lexoviensis“ (Lisieux) schrieb, wie der Kardinal diktierte, sondern „Leodiensis“ [Lüttich] (Trois grands évêques, S. 190 f.). 24 Letztere Stipendien dürften wohl kaum, wie Laffetay (Notice, S. 47) und Herval (Trois grands évêques, S. 191) annehmen, nur „uneigennützig und aus reiner Dankbarkeit“ gestiftet worden sein, sondern auch weil der Prälat hoffte, mit den Absolventen dieses Kollegs eine Klientel aufzubauen, die seine Verwandten unterstützen konnte. 25 Welche Bedeutung Branda diesem Thema beimaß, unterstreicht auch Vespasiano da Bisticci: «A tavola si leggeva a uso come fanno e’ frati. Mangiato e rendute le gratie, si proponeva qualche quistione di teologia o di casi di conscientia o in ragione canonica. Il cardinale preponeva et disputava ancor lui, et sempre si disputava per due ore e più la mattina» (Vite, S. 118). – Auch in den von Branda für das Collegio di Sant’Agostino verfaßten Statuten wird in einer Passage explizit darauf verwiesen, daß im Refektorium nicht nur aus der Heiligen Schrift vorgelesen werden solle, sondern die Studenten, um ihren Geist zu schärfen, auch nach dem Essen über festgelegte Themen zu disputieren hätten, welche Studienobjekt an den Universitäten wären: «Item scholares praefati Collegii ut dietim acutioris intellectus fiant, et studio vigilantius intendant, postquam de mensa surrexerint, et redditis Deo gratiarum actionibus, stent omnes recti ordine suo ante mensam, et quilibet in sua die aliquam quaestionem in sua facultate proponat, ad quam saltem tres ex scholaribus praedictis arguant, ita ut per continuum exercitium scientiae suscipiant incrementum: Ab hoc onere novitii sint excepti, et usque ad secundum studii sui annum completum novitii intelligantur, nisi forsan adeo modicum tempus superesset propter intrantes scholas post prandium, quod hoc exercitium commode fieri nequiret, ac unusquisque scholarium praedictorum infra duos, vel tres menses post quadriennium a die receptionis suae continue computandum in sua facultate publicum actum faciat, repetendo, vel disputando sub poena suspensionis a Refectorio dicti Collegii, donec, et quousque actum fecerit antedictum» (ed. bei Castilioneus, De origine, S. 86).

II.1 Die Familie di Castiglione

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sechs Söhne von Brandas Brüdern Guido († 1411)26 und Giovanni († 1412)27 gilt es kurz in den Blick zu nehmen, weiß man über die ersten Jahrzehnte Giovanni di Castigliones doch recht wenig und gehörten diese ein wenig älteren Verwandten sicherlich zu seiner Welt – einerseits als Konkurrenten bei der Jagd um die Gunst des pater familias und andererseits als potentielle Verbündete, wollte man sich gegen andere Mailänder Familien und andere äußere Gegenspieler behaupten: Von den drei Söhnen von Brandas Bruder Giovanni dürfte – wenn es für den pater familias darum ging, einen Kandidaten auszuwählen, der als Prälat in seine Fußspuren treten konnte – Bartolomeo der größte Konkurrent „unseres“ Giovanni gewesen sein, war doch Maffiolo bereits 1417 verstorben und hatte sich dessen Bruder Baldassare 1418 vom Leben als Geistlicher abgewandt.28 Bartolomeo war mit Hilfe des pater familias einer der ersten Kapläne in der von Branda in Castiglione Olona errichteten Stiftskirche geworden. Zudem hatte ihm Branda an der Kurie zur Position des cameriere d’onore Martins V. und Eugens IV. verholfen. Wäre Bartolomeo nicht bereits im Spätsommer 1435 verschieden, so hätte ihm Branda wohl auch die Weihe zum Bischof von Tortona verschafft.29 Von den drei Söhnen von Brandas Bruder Guido30 wiederum hatten mit Giacomo und Francesco zwei ein weltliches Leben gewählt.31 Da diesen beiden jedoch keine großen Karrieren beschieden sein sollten, blieb auch bei dieser Konstellation der Verwandte, der die geistliche Laufbahn eingeschlagen hatte und immerhin bis ins Episkopat aufsteigen konnte, für Giovanni di Castiglione der interessanteste Kontakt: Zanone di Castiglione32 war somit derjenige, mit 26 Zu Guido di Castiglione siehe ACC, Famiglie Castiglioni, cart.  8, fasc.  2; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 72 f. 27 Zu Brandas Bruder Giovanni siehe Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 214 f.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 71. – Zu Francesco, einem weiteren Bruder Brandas, der seinerseits die geistliche Laufbahn eingeschlagen hatte, siehe Beffa Negrini, Elogi historici, S. 217 f.; Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav.  IV; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 71 f. – Zu Brandas Schwester Giovanna, die durch ihre Vermählung mit Pietro Pusterla in eine der angesehensten Mailänder Familien eingeheiratet hatte, siehe Cazzani, Il cardinale Branda, S. 73. 28 Baldassare, den Branda im Dezember 1438 zu sich nach Parma hatte kommen lassen und dem der Kardinal am 2. Januar 1439 als Zeichen seiner Wertschätzung einen mit Edelsteinen geschmückten Goldring übergeben hatte, der ihm einst selbst als Geschenk von Sigismund überreicht worden war, sollte einer derjenigen sein, die den Kardinal später beerbten. Einige Monate nach dessen Tod wachte er auch über die Reform der Statuten des Collegio Castiglione. Doch auch er war für Giovanni di Castiglione nicht langfristig von Nutzen, denn Baldassare starb bereits 1444, ein Jahr nach seinem Onkel. – Zu diesem Neffen Brandas siehe ACC, Memorie, cart. 1, fasc. 1 und 2; ebd., Famiglie Castiglioni, cart. 8, fasc. 4 und 5; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 77 f.; Foffano, Tra Padova, Parma e Pavia, S. 38 f. 29 Zu Brandas Trauer über den Tod Bartolomeos siehe Foffano, Un carteggio, S. 301, 306; zu Bartolomeo vgl. Ugo Rozzo, Castiglioni, Bartolomeo, in: DBI 22 (1979), S. 122 f. 30 Näheres zu Guido di Castiglione vgl. oben, Kap. II Anm. 26. 31 Zu diesen beiden siehe Cazzani, Il cardinale Branda, S. 86. 32 Zu Zanone di Castiglione, der mit seinem Vetter Baldassare und einem weiteren Verwandten, Guarnerio di Castiglione, bei Gasparino Barzizza in Padua studiert hatte, siehe auch oben, Kap. I Anm. 7.

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dem es besonders zu kooperieren und den es gleichzeitig zu übertreffen galt. Die Viten von Zanone und Giovanni di Castiglione waren umso stärker verknüpft, als beide, wie im späteren noch zu zeigen sein wird, mehrere Jahre Seite an Seite in der Normandie verbrachten. Diese eröffnete sich dadurch für die Castiglione als Betätigungsfeld, daß Kardinal Branda einmal mehr die politische Lage für sich zu nutzen vermocht hatte. Auf dem Konstanzer Konzil hatte er enge Kontakte zu Kardinal Beaufort33 geknüpft, dem Onkel des englischen Königs Heinrich V., der 1415 den Franzosen bei Azincourt eine vernichtende Niederlage beigebracht und 1417 mit der systematischen Eroberung der Normandie begonnen hatte. Diese war 1419  –  mit Ausnahme des nicht eingenommenen Mont-Saint-Michel  –  abgeschlossen. Der im selben Jahr auf der Brücke von Montereau in Gegenwart des Dauphins Karl  –  und wahrscheinlich mit seiner Billigung – verübte Mord am Burgunderherzog Johann Ohnefurcht ließ dessen Sohn Philipp den Guten endgültig ins englische Lager überschwenken. Dies führte 1420 zum Abschluß des Vertrages von Troyes, der nicht nur die Heirat Heinrichs V. mit der französischen Königstochter Katharina vorsah, sondern auch nach dem Tode Karls VI. die Nachfolge Heinrichs V. als König von England und Frankreich festlegte.34 Außerdem wurde dem Lancaster die Herrschaft über die Normandie zugesichert.35 33 Näheres zu Kardinal Beaufort bei Gerald Leslie Harriss, Cardinal Beaufort. A study of Lancastrian ascendancy and decline, Oxford 1988, sowie bei Morimichi Watanabe, Henry Beaufort, cardinal of England, and Anglo-papal relations, in: Johannes Helmrath/ Heribert Müller (Hg.), Studien zum 15. Jahrhundert. Festschrift für Erich Meuthen, München 1994, Bd. I, S. 65–76. 34 Zum Hundertjährigen Krieg seien aus der Fülle von Darstellungen hier nur erwähnt: Desmond Seward, The Hundred Years War. The English in France, 1337–1453, London u. a. 1978 [1982, 1988 (Atheneum  281); New York u. a. 1999 (Yale Historical Publications. Miscellany 13); ND London 2003]; Charles Arthur John Armstrong, England, France and Burgundy in the Fifteenth Century, London 1983 (History series 16); Christopher Thomas Allmand, The Hundred Years War. England and France at War, c. 1300 – c. 1450, Cambrigde u. a. 1988 [Rev. ed. 2001] (Cambridge Medieval Textbooks); Anne Curry, The Hundred Years War, Basingstoke u. a. 1993 [²2003] (British History in Perspective); Gerald Leslie Harriss, Shaping the Nation. England 1360–1461, Oxford 2005 [2006] (The new Oxford history of England 7); Nicolas Offenstadt, Faire la paix au Moyen Age. Discours et gestes de paix pendant la guerre de Cent Ans, Paris 2007. 35 Die Klausel 18 des Vertrages von Troyes räumte Heinrich  V. implizit den Besitz der Normandie auf Lebenszeit ein, legte zugleich aber fest, daß sie Teil des französischen Königreiches und nicht Besitz der Könige von England war: «Henri tenait la Normandie comme héritier de France, en quelque sorte comme un apanagiste» [Alain Sadourny, Occupants et occupés (1417–1449), in: La Normandie au XVe siècle. Art et histoire [Actes du colloque organisé par les Archives Départementales de la Manche, 2–5 XII 1998], Saint-Lô 1999, S. 11–15, hier: S. 11]. – Zur damaligen Situation in der Normandie siehe François Neveux, La Normandie pendant la guerre de Cent Ans (XIVe–XVe siècle), Rennes 2008, sowie u. a. Elizabeth M. Burney, The English Rule in Normandy, 1435–1450 [Oxford, Ph. D. thesis, 1957]; Christopher Thomas Allmand, The Lancastrian Land Settlement in Normandy, 1417–1450, in: EconHR  21 (1968), S. 461–479; Roger Jouet, La résistance à l’occupation anglaise en Basse-Normandie (1418–1450), Caen 1969 (Cahier des Annales de Normandie 5), sowie die

II.1 Die Familie di Castiglione

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Infolge des Wiederaufflammens des Krieges zwischen Frankreich und England wurden viele der normannischen Bistümer vakant: Jean de Marle, Bischof von Coutances, Guillaume de Cantier, Bischof von Évreux, und Pierre Fresnel, Bischof von Lisieux, die sich entschieden hatten, im armagnakischen Paris Zuflucht zu suchen, mußten diesen Entschluß mit ihrem Leben bezahlen, als die Stadt wieder in die Hände der Burgunder fiel.36 Das Erzbistum Rouen wiederum stand zur Disposition, da sich Louis d’Harcourt weigerte, die englische Autorität anzuerkennen, und er es bevorzugte, sich ins Exil zu begeben.37 Als es nun allein vier der sieben normannischen Diözesen neu zu besetzen galt, profitierte Kardinal Branda, der zudem ein enger Vertrauter von Papst Martin V. war, von den besagten zu Beaufort in Konstanz geknüpften Banden. Dabei wußte er geschickt seinen Vorteil daraus zu ziehen, daß der englische König bei der Neubesetzung der Bischofssitze und anderer wichtiger Positionen nicht auf französische Prälaten zurückzugreifen wünschte, da er Zweifel an ihrer Loyalität hegte. Branda kam zugute, daß Heinrich V. aber auch davor zurückschreckte, englische Landsleute mit diesen wichtigen Posten zu versehen, weil er fürchtete, auf diese Weise Unruhen in der Bevölkerung und der Formierung eines normannischen Widerstandes Vorschub zu leisten.38 Die schließlich gefundene Lösung, die vakanten Bischofsstühle auch mit „neutralen“, loyal erscheinenden italienischen geistlichen Würdenträgern zu besetzen,39 dürfte ganz im Interesse Brandas gewesen sein. Beiträge in den folgenden drei Sammelbänden: Jean-Yves Marin (Hg.), La Normandie dans la guerre de Cent Ans 1346–1450 [Caen, Musée de Normandie, Échiquier des Ducs de Normandie, 26 VI–31 X 1999; Rouen, Musée Départemental des Antiquités de la Seine-Maritime, 28 I–30 IV 2000], Mailand 1999 und Pierre Bouet/Véronique Gazeau (Hg.), La Normandie et l’Angleterre au Moyen Âge [Colloque de Cerisy-la-Salle, 2001], Caen 2003 (Publications du CRAHM); Pierre Bouet/François Neveux (Hg.), Les villes normandes au Moyen Âge. Renaissance, essor, crise [Actes du colloque de Cerisy-la-Salle, oct. 2003], Caen 2006. 36 «Et tant tuèrent des gens, entre lesquels morts furent trouvés tués quatre évêques» lesen wir im Journal d’un Bourgeois de Paris [1405–1449, hg. v. Colette Beaune, Paris 1990 [1997] (Le livre de poche 4522. Lettres gothiques), S. 201]. Der vierte – im Journal erwähnte – Bischof, der bei den Pariser Unruhen den Tod fand, war der Bischof von Senlis, Jean d’Achery. 37 Hierzu François Léon Puiseux, L’émigration normande et la colonisation anglaise en Normandie au XVe siècle avec des pièces justificatives et la liste des émigrés normands, Caen u. a. 1866, insb. S. 28 ff. 38 Hierzu Foffano, Umanisti, S. 5.  –  Zur normannischen Kirchenpolitik der Engländer: Christopher Thomas Allmand, The Relations between the English Government, the Higher Clergy, and the Papacy in Normandy, 1417–1450 [Oxford, Ph. D. thesis, 1963]; Ders., The English and the Church in Lancastrian Normandy, in: David Bates/ Anne Curry  (Hg.), England and Normandy in the Middle Ages, London u. a. 1994, S. 287–298; Margaret M. Harvey, England, Rome and the Papacy (1417–1464). The Study of a Relationship, Manchester u. a. 1993. – Zur normannischen Kirche siehe ebenfalls François Neveux, Le clergé normand pendant la guerre de Cent Ans, in: La Normandie dans la guerre de Cent Ans, S. 55–58; Ders., Les structures ecclésiastiques, in: La Normandie au XVe siècle. Art et histoire, S. 31–39. 39 Den Malatesta und den Capranica gelang es ebenfalls, für ein Familienmitglied ein normannisches Bistum zu erhalten. Nach dem Tod Heinrichs V. († 1422) nominierte der Herzog von Bedford, der für den minderjährigen Heinrich VI. die Regentschaft auf dem Kontinent führte, auch Anhänger des mit ihm verbündeten Herzogs von Burgund als Bischöfe für die Normandie.

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II. Die Anfänge

Möglicherweise war dieses Ergebnis auch bewußt von ihm forciert worden. In jedem Fall waren er selbst, wie auch im späteren seine Verwandten Zanone und Giovanni di Castiglione, unmittelbare Nutznießer dieser Entwicklung. Branda, der 1420 zum Verwalter der normannischen Diözese Lisieux ernannt wurde,40 begab sich zwar nicht in sein neues Bistum, sondern ging weiterhin seiner diplomatischen Tätigkeit im Reich und in Mitteleuropa nach,41 wo er im übrigen mit Beltramolo, Bernardo und Marco di Castiglione in der familia Sigismunds weitere, wenngleich entferntere Verwandte zu plazieren wußte.42 Wenn auch diese drei Angehörigen im Leben Giovanni di Castigliones keine entscheidende Rolle spielten, so sollte ein weiteres entfernteres Familienmitglied, das Branda di Castiglione ebenfalls in den Fokus von Sigismund zu rücken suchte, später für Giovanni di Castiglione äußerst wichtig werden: der herzogliche Ratgeber Guarnerio di Castiglione, den Filippo Maria Visconti – wohl auf Einwirken des Kardinals Branda – 1424 mit Corrado del Carretto als Delegierten zu Sigismund nach Ungarn geschickt hatte. Branda, der sich zu dieser Zeit häufig an der Seite des Luxemburgers aufhielt, hoffte wahrscheinlich, auf diesem Wege seinem eloquenten Angehörigen Guarnerio auch am Königshof ein Forum zur Abgesehen von Jean de Saint-Avit, dem Bischof von Avranches, und dem Normannen Nicolas Habart (der 1418 in Coutances gewählt, dort allerdings vom päpstlichen Kandidaten Malatesta verdrängt und 1421 zum Bischof von Bayeux ernannt worden war) wurde zwischen 1420 und 1423 der gesamte normannische Episkopat durch Italiener und den Engländern wohlgesinnte Burgunder ersetzt. Siehe hierzu Allmand, Relations, insb. S. 149 ff. 40 ASV, Reg. Lat. 209, fol. 63r ff., hierzu, wie zum folgenden, siehe auch Foffano, Umanisti, S. 6; Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 24. – Zu Lisieux allgemein siehe Henri de Formeville, Histoire de l’ancien évêché-comté de Lisieux, Lisieux 1873 [ND Brionne 1971]; Louis de Rioult de Neuville, De la résistance à l’occupation anglaise dans le pays de Lisieux de 1424 à 1444, in: BSAN 16 (1892), S. 34–62; François Neveux, Bayeux et Lisieux, villes épiscopales de Normandie à la fin du Moyen-Âge, Caen 1996; Ders., Les chanoines de Bayeux et de Lisieux, S. 179–193; Ders., Les Italiens des diocèses de Bayeux et Lisieux du XIIIe au XVe siècles, in: Mariella Colin/ F. N. (Hg.), Les Italiens en Normandie, de l’étranger à l’immigré [Actes du Colloque de Cerisy-la-Salle, 8–11 X 1998], Caen 2000 (Cahier des Annales de Normandie 29), S. 97–115. 41 Zu den Legationen, die Branda di Castiglione zwecks Bekämpfung der Hussiten, Wiederherstellung des Friedens und Reform der Kirche zwischen 1421 und 1424 insbesondere ins Reich, nach Böhmen, Ungarn und Polen führten, siehe Girgensohn, Castiglione, Branda, S. 71 f.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 155 ff.; Foffano, Rapporti tra Italia e Ungheria, S. 73 f.; Ders., La politica del legato pontificio, S. 231–242, sowie Studt, Papst Martin V. 42 Beltramolo wurde sogar zweimal in die familia des Luxemburgers aufgenommen, zunächst 1412 in Udine und schließlich 1418 in Donauwörth (RI XI,  384,  3588). Die Ernennung Bernardos zum Familiar erfolgte 1422 in Regensburg (RI XI, 5292). Marco di Castiglione wurde die Auszeichnung 1425 in Totis und 1432 in Siena zuteil, wo er sich als Gesandter des Kardinals von Rouen aufhielt (RI XI, 6420, 9220). – Zur Aufnahme dieser drei Verwandten siehe zudem Gisela Beinhoff, Die Italiener am Hof Kaiser Sigismunds (1410–1437), Frankfurt / Main u. a. 1995 (Europäische Hochschulschriften 3. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 620), S. 125; Martin Kintzinger, Westbindungen im spätmittelalterlichen Europa. Auswärtige Politik zwischen dem Reich, Frankreich, Burgund und England in der Regierungszeit Kaiser Sigmunds, Stuttgart 2000 (Mittelalter-Forschungen 2), S. 425 f.

II.1 Die Familie di Castiglione

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Demonstration seiner Fähigkeiten verschaffen zu können.43 Es gelang Branda wohl auch zu bewerkstelligen, daß Guarnerio di Castiglione 1431 gemeinsam mit seinem Verwandten Franchino di Castiglione44 als herzoglicher Gesandter dem Gefolge angehörte, das Filippo Maria Visconti anläßlich des Romzuges von Sigismund zum Geleit des Königs durch das Herzogtum Mailand abstellte.45 Entsprach es Brandas – und im späteren auch Giovanni di Castigliones – Strategie, nie auf einen Herrscher allein zu vertrauen, sondern sich mehrere Optionen offenzulassen, so setzte der pater familias dennoch Prioritäten: Die meisten seiner ihm verwandtschaftlich nahestehenden, auf der kirchlichen Karriereleiter aufwärtsstrebenden jungen Angehörigen schickte er in die Normandie, wo sich in den zwanziger und dreißiger Jahren die besten Aufstiegschancen boten. In der patria Mailand hingegen, wo sich der Erhalt des herzoglichen Wohlwollens unter einem als launisch, wankelmütig und daher unberechenbar geltenden Filippo Maria Visconti46 als diplomatischer „Drahtseilakt“ gestaltete, hatte das Familienoberhaupt nur entfernteren Verwandten, den bereits erwähnten Guarnerio und Franchino, die beide an der Universität Pavia lehrten, die Position von Ratgebern am herzoglichen Hof verschafft.47 – Und beide konnten den schwierigen Balanceakt meistern, den das Bewahren der herzoglichen Gunst erforderte; ja sie vermochten es sogar, aufgrund ihrer Fähigkeiten und ihres Geschicks,48 unter dem Nachfolger Filippo Marias ihre Stellung als Ratgeber zu halten. Die sapientia 43 Spätestens bei seiner Gesandtschaft im Jahre 1426 scheint Guarnerio am ungarischen Hof einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, beglückwünschte ihn doch am 24. Juli 1426 Filippo Maria Viscontis Sekretär, Zanino Riccio, mit Überschwang zu der Rede, mit welcher er Sigismund um die Unterstützung Mailands im Kampf gegen Venedig und Savoyen ersucht hatte, und erbat deren Text. Nicht zuletzt wegen dieses überzeugenden Auftritts und wegen der Verdienste, die er sich durch das Zustandekommen eines am 11.  Juli  1426 in Visegrád abgeschlossenen Bündnisvertrages erworben hatte, bestätigte der Luxemburger Guarnerio am 25. August 1426 als Pfalzgraf und sicherte der Familie Castiglione erneut die Privilegien zu, die er Branda und seinen Verwandten bereits 1417 gewährt hatte (zu diesen Privilegien siehe die entsprechenden Dokumente bei Castilioneus, De origine, S. 116 ff.). 44 Zu Franchino di Castiglione siehe Franca Petrucci, Castiglioni, Franchino, in: DBI 22 (1979), S. 148–152. 45 Da Branda selbst den Luxemburger am 23.  November  1431 in Mailand empfangen und diesen anschließend eskortiert hatte, sah der pater familias gewiß die Möglichkeit, auf diesem Wege seine im Dienste des Herzogs tätigen Angehörigen noch stärker in das Blickfeld des Königs zu rücken. Konkret zu Guarnerio siehe insb. Villa, Guarnerio (wie oben, Kap. II Anm. 3), sowie Petrucci, Castiglioni, Guarnerio, in: DBI 22 (1979), S. 161–166; Beinhoff, Italiener, S. 125. 46 Pier Candido Decembrio, Leben des Filippo Maria Visconti und Taten des Francesco Sforza, übers., eingel. und hg. v. Philipp Funk, Jena 1913 (Das Zeitalter der Renaissance 1, 7), S. 26 ff. 47 Franchino und Guarnerio di Castiglione sollten zu den wichtigsten Kontaktpersonen Giovannis aus seinem Mailänder Familienkreis werden. Zu einigen Gefallen und Diensten, die Franchino und Guarnerio ihrem Verwandten Giovanni erwiesen, siehe z. B. unten, Kap. VII.6, VII.10 Anm. 259, Kap. IX Anm. 332. 48 In dem Schreiben, das Rolando Talenti, der Sekretär Zanone di Castigliones, anläßlich des Todes des Kardinals Branda an Franchino und Guarnerio di Castiglione sandte, heißt es: «magni

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II. Die Anfänge

sollte auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten das wichtigste Kapital der Castiglione bleiben. Insbesondere als die Familie in der Ambrosianischen Republik (1447–1450) das Schicksal vieler nobili ereilte und sie zusehen mußte, wie ihre Güter konfisziert wurden,49 waren es ihre Klugheit und ihr Geschick, die den Castiglione auch weiterhin etliche Türen öffneten. Doch stießen die Angehörigen Giovannis dann an ihre Grenzen, wenn Francesco Sforza, der neue Herzog, der zur Festigung seiner Herrschaft erhebliche Geldsummen benötigte, gerade die finanzkräftigeren Familien favorisierte. Vielleicht war es dieses Manko, das die Castiglione, die ohnehin eine kluge Heiratspolitik betrieben,50 dazu brachte, auch Vermählungen mit den Familiaren Francesco Sforzas anzustreben, um im innersten Kreise des Herzogs über Fürsprecher zu verfügen. So beförderten die Castiglione etwa die Hochzeit von dem herzoglichen Familiar Lancellotto Figino mit einer von Giovannis Cousinen51 oder auch diejenige von Elisabetta, einer Nichte Zanone di Castigliones, mit dem herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta. Insbesondere auf letztere Verbindung sollte Giovanni di Castiglione, der sich vor allem in Coutances, aber auch in Pavia mit Verwandten umgab,52 im späteren mehrfach selbst rekurrieren.53

II.2 „Ich sage aber, daß es die Tugenden und die Bildung sind, die den an einem unbekannten und unbedeutenden Ort Geborenen veredeln und ihn zu höchstem Ruhm gelangen lassen“54 – Der normannische „Hof “ der Castiglione Ein gewisses Profil gewinnt Giovanni di Castiglione erstmals während seiner frühen in der Normandie verbrachten Jahre; deshalb gilt die Aufmerksamkeit zunächst dieser Lebenswelt wie auch seinen dort agierenden Verwandten: Kardinal Branda selbst blieb zwar, wie bereits erwähnt, in Mitteleuropa, doch konnte er immerhin durchsetzen, daß die Diözese Lisieux 1424 seinem Neffen Zanone übertragen wurde. Weitere acht Jahre später, 1432, erwirkte Branda di Castiglione, mit Hilfe von Papst Eugen  IV., die Versetzung des Verwandten in die einträglichere Diözese Bayeux, wo Zanone di Castiglione, dem schon in Lisieux estis, nec honoribus solum et auctoritate, sed eximia virtute et sapiencia» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 36r). 49 Siehe hierzu unten, Kap. III.1. 50 So hatten die Castiglione etwa verwandtschaftliche Bande mit den einflußreichen Pusterla geknüpft, siehe hierzu u. a. oben, Kap. II Anm. 27; unten, Kap. II Anm. 128; Kap. IX S. 378. 51 Siehe hierzu unten, Kap. IX Anm. 316. 52 Siehe hierzu z. B. unten, Kap. VIII Anm. 63. 53 Siehe hierzu unten, Kap. VII.6. 54 «Dico autem virtutes et litterarum scienciam, que obscuro etiam et infimo loco natos ubicumque nobilitant et ad alta gloriosissime provehunt» (Rolando Talenti an Guiniforte Visconti, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 104r).

II.2 Der normannische „Hof“ der Castiglione

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ein italienischer Sekretär zur Seite gestanden hatte,55 mit der Ausweitung seines kleinen italienischen Hofes begann. Da die Translation Zanones nach Bayeux 1432 auf Druck des Papstes und der Engländer gegen den Willen und über die Köpfe des dortigen Kapitels hinweg erfolgt war,56 ist zu vermuten, daß der Ausbau der Castiglione-Enklave schon allein zum Selbstschutz betrieben wurde, wollte sich Zanone di Castiglione doch von loyalen Kräften umgeben wissen.57 Vielleicht fürchtete sich Zanone in der  –  für einen Italiener gewiß klimatisch wie kulturell wenig attraktiven – Normandie vor geistiger Isolation, ähnlich wie Poggio Bracciolini in England,58 und förderte auch aus diesem Grund den Zustrom zahlreicher Angehöriger.59 So finden wir am Hofe Zanones unter anderem seinen Bruder Giacomo, der das Amt des Siegelbewahrers bekleidete,60 sowie

55 Vermutlich war der Wunsch Zanone di Castigliones, sich geistig auf dem gewohnten Niveau mit Gleichgesinnten austauschen zu können, mitbestimmend dafür, daß seine Wahl auf einen humanistisch gebildeten italienischen Sekretär fiel. Von 1426 bis 1429 stand Stefano Fieschi da Soncino, ein Schüler Gasparino Barzizzas, in seinen Diensten [Daniela Mazzucconi, Stefano Fieschi da Soncino. Un allievo di Gasparino Barzizza, in: IMU 24 (1981), S. 257–285, insb. S. 258; Foffano, La mediazione, S. 578; Ders., Charles d’Orléans e un gruppo di umanisti lombardi in Normandia, in: Aevum 41 (1967), S. 452–473, hier: S. 455]. 56 Im Jahr 1430, noch zu Lebzeiten Nicolas Habarts, des Bischofs von Bayeux, einigten sich Martin V. und Heinrich VI. auf Zanone als Habarts Nachfolger. Die Amtsübernahme durch Zanone verlief 1432 jedoch nicht problemlos, denn neben dem Mailänder interessierten sich auch Pierre Cauchon, Bischof von Beauvais, sowie Richard de Courcy und insbesondere der von den Burgundern und der normannischen Nation der Pariser Universität unterstützte Jean d’Esquay für den Bischofssitz in Bayeux. Das Kapitel konnte jedoch seinen Kandidaten Jean d’Esquay trotz burgundischer Unterstützung und Appellation an das Konzil von Basel nicht durchsetzen, sondern mußte mit Zanone di Castiglione den „Anwärter“ akzeptieren, den ihm Eugen IV. und die Engländer unter Beratung Brandas aufnötigten. – Zur causa Bayeux in Basel siehe u. a. Mahieu, Deux évêques, S. 22 ff.; Heribert Müller, Die Franzosen, Frankreich und das Basler Konzil (1431–1449), Paderborn u. a. 1990 (Konzilsgeschichte. Reihe B, Untersuchungen), Bd. I, S. 237 Anm. 61, S. 310 Anm. 17b; Bd. II, S. 777 Anm. 54. – Zu Jean d’Esquay siehe auch Fasti Ecclesiae Gallicanae, Bd. II: Diocèse de Rouen, S. 244 n° 163. 57 «Giunto a Bayeux egli [Zanone] avrebbe avuto bisogno di collaboratori intelligenti e fedeli, tanto più che non doveva farsi illusioni sulla disposizione d’animo dei canonici della cattedrale» (Foffano, Umanisti, S. 8). 58 Siehe hierzu Roberto Weiss, Humanism in England during the Fifteenth Century, Oxford 1941 [²1957, ³1967] (Medium aevum monographs 4), S. 13 ff.; Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester, Kap. 19: Were They Pushed or Did They Jump? The Reasons for Italian Humanists to Seek Employment in England 1418 to 1445. Poggio Bracciolini, Tito Livio Frulovisi and Antonio Beccaria, S. 237 ff. 59 Immerhin betonte Zanone di Castiglione 1432, als auf dem Konzil von Basel über die Notwendigkeit einer Reform hinsichtlich der Ausbildung des Klerus gesprochen wurde, unter Verweis auf die normannischen Diözesen, die ignorantia der magistri. Siehe hierzu Müller, Frühhumanismus, S. 356; Foffano, Tra Costanza, S. 27 f. 60 Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 111r. – Giacomo hatte Zanone einst begleitet, als er von der Kurie in die Normandie zurückkehrte: «Alias, cum ex curia Romana reverterer ad has partes Anglie et Normanie, adduxi mecum Iacobum de Castelliono presentium latorem» heißt es in einem Schreiben an Filippo Maria Visconti (Ebd., fol. 111r).

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II. Die Anfänge

seine Neffen Branda den Jüngeren61 und Cristofero.62 Hinzu kommen noch weitere Mailänder wie der Sekretär des Bischofs, Rolando Talenti,63 mit dessen Bruder Antonio64 und deren Neffen Marco Corio.65 Vermutlich trug sich Zanone di Castiglione auch mit dem Gedanken, Guiniforte Visconti, den Sohn von seiner 61 Der 1415 geborene, nach dem Kardinal von Piacenza benannte Sohn von Zanones Bruder Giacomo hatte wie sein Onkel das Studium der Rechte absolviert. Da Brandas Vater Giacomo als Siegelbewahrer in Bayeux tätig war, verwundert es nicht, daß Zanone auch dessen Sohn schon früh in die Normandie holen ließ: 1438 erhielt Branda der Jüngere ein Kanonikat in Rouen und ein Jahr später wurde er, der sich schon in jungen Jahren durch große Eloquenz ausgezeichnet haben soll, bereits als Deputierter des Kapitels von Bayeux geführt. Im Gegensatz zum Vater, der nach dem Ableben des Kardinals von Piacenza nach Mailand zurückkehrte, scheint Branda bis 1465 in der Normandie geblieben zu sein. – Zu Branda dem Jüngeren siehe Roger Mols, Castiglione, Branda II di, in: DHGE 11 (1949), Sp. 1444; Gosset, Italiens, S. 50; Franca Petrucci, Castiglione, Branda jr., in: DBI 22 (1979), S. 126; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 160 f. 62 Über den condottiere Cristofero ist wenig bekannt. Man weiß lediglich, daß er 1449 von Jean de Colombière ein großes Landgut erwarb, das er jedoch 1457 wieder abtreten mußte, da im Kaufvertrag eine Klausel für den Rückkauf vorgesehen war. Vgl. Christopher Thomas Allmand, Lancastrian Normandy, 1415–1450. The History of a Medieval Occupation, Oxford 1983 [21986], S. 294 f. 63 Wann genau Rolandos Weg in die Normandie führte, ist nicht geklärt. Da er 1431 noch als Rhetor in Mailand auftrat (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 4r), wird man Susanne Saygin, die davon ausgeht, Rolando sei schon seit 1430 in der Normandie für Zanone tätig gewesen, kaum zustimmen können (Humphrey, Duke of Gloucester, S. 224). Glaubhafter erscheint hingegen die Annahme Tino Foffanos, Talenti habe Zanone auf dem Konzil von Basel zur Seite gestanden (Rede Rolandos in Basel: BAV, Chigi Chis. CVII, fol. 205r–206r) und diesen bei seiner Rückkehr in die Normandie begleitet (Foffano, La mediazione, S. 579; Ders., Charles d’Orléans, S. 454; siehe auch Laffetay, Notice, S. 15). Schriftlich bezeugt ist seine Anwesenheit jedoch erst seit dem 20. Januar 1437 (Caen, AD du Calvados, ms. 205, fol. 128r, zit. in: Foffano, Umanisti, S. 23 f. Anm. 8; Mahieu, Deux évêques, S. 67 Anm. 1). – Im August desselben Jahres wird der Mailänder zudem als «maistre Roulland de Talentes, scelleur à Bayeux» geführt (vgl. ebd., S. 357). In dem nur fragmentarisch überlieferten Codex des Rolando Talenti (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5) sind bedauerlicherweise so gut wie keine persönlichen Angaben zum Leben des Mailänders enthalten; vgl. Laffetay: «La correspondance de l’abbé des Talents ne nous fournit aucun détail sur la vie intime du prélat […]. Il a cependant prononcé son nom plusieurs fois; mais l’on regrette qu’il n’ait pas ajouté aux formules respectueuses dont il l’entoure, quelques-uns de ces traits qui dessinent le caractère, et mettent en relief la personnalité humaine» (Notice, S. 54). Bekannt ist jedoch, daß Rolando Talenti nicht nur Subdekan des Kapitels war, sondern mit Locheur auch eines der reichsten Kanonikate in der Diözese Bayeux innehatte. – Zu Rolando Talenti siehe Laffetay, Notice, S. 13 ff. 64 Rolandos Bruder Antonio bezog seine Einnahmen aus Arry, das neben Locheur zu den ertragreichsten Pfründen in der Diözese Bayeux zählte. Nur vier der neunundvierzig Pfründen brachten mehr ein (vgl. Eucher Deslandes, Étude sur l’Église de Bayeux. Antiquité de son Cérémonial. – Son Chapitre. – Disposition du Chœur de la Cathédrale autrefois et aujourd’hui, Caen 1917, S. 184 ff.). 65 Von Marco Corio wissen wir, daß er sieben Jahre lang als Sekretär und Kopist bei Zanone di Castiglione gearbeitet hat (Bayeux, Bibl.  Mun., ms.  5, fol.  50v; vgl. Foffano, Umanisti, S. 30). – Marco Corio wird im Codex von Talenti als «consobrinus meus amatissimus» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 50r) bezeichnet. Vermutlich handelt es sich bei ihm um einen Neffen, ein Geschwisterkind von mütterlicher Seite (vgl. Müller, Frühhumanismus, S. 358). – Zu diesem Mailänder siehe auch Franca Petrucci, Corio, Marco, in: DBI 29 (1983), S. 86.

II.2 Der normannische „Hof“ der Castiglione

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Schwester Caterina und ihrem Mann Gaspare, einem Ratgeber des Herzogs von Mailand,66 in die Normandie zu holen.67 Die Errichtung einer Universität in Caen, der in der Diözese Bayeux gelegenen einstigen Residenzstätte der normannischen Herzöge,68 verhalf dem Bistum ohne Frage zu größerem Ansehen und verlieh dem italienischen Hof um Zanone di Castiglione eine noch stärkere Anziehungskraft.69 So bot diese Institution nicht nur den Engländern Gelegenheit zur Herausbildung eines administrativen Stabes, sondern eröffnete auch prinzipiell den Castiglione die Chance der Ausbildung und Schulung einer eigenen Klientel. Überdies ergab

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 Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV; Ders., Visconti di Milano, tav. XI; Documenti diplomatici tratti dagli archivi milanesi, Bd. III, hg. v. Luigi Osio, Mailand 1872 [ND 1970], S. 341; I registri dell’Ufficio di provvisione e dell’Ufficio dei sindaci sotto la dominazione viscontea, hg. v. Caterina Santoro, Mailand 1929 (Inventari e regesti dell’Archivio Civico 1,1), S. 371 n° 244; Foffano, Charles d’Orléans, S. 456 Anm. 27; Ders., Rapporti tra i Castiglioni, S. 342 f.  –  Litta führt als Kinder Caterinas nur Azone, Gasparino, Giacomo Bonifacio und Elisabetta auf (Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV); Foffano hält es daher für denkbar, daß Guiniforte in jungen Jahren gestorben sein könnte (Rapporti tra i Castiglioni, S. 344 Anm. 19). 67 Hierauf dürfte etwa die Bemerkung, man könne durch Tugend und Bildung selbst an einem unbekannten und unbedeutenden Ort zu Ruhm gelangen (siehe hierzu oben, Kap  II  Anm. 54), verweisen. So heißt es auch in dem Schreiben des Rolando Talenti an Guiniforte Visconti: «Hos itaque tibi thesauros accumula, doctissime Guiniforte, his monilibus (?) adolescenciam tuam exorna, que te quocunque ieris comitentur, que te in omni regione locupletem splendidum et honoratum efficiant» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 104r). – Wie sehr der Bischof von Bayeux am Wohlergehen seines Neffen Anteil nahm, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, daß er seinem Sekretär aufgetragen hatte, seinem Verwandten bei den ihn bewegenden Fragen (wie z. B. «Queris insuper quo pronomine in scribendis epistolis utendum videatur singulari an plurali?») Auskunft zu geben.  –  Zur Antwort Talentis auf diese Frage siehe ebd., fol. 107v. 68 Zu Caen siehe u. a. Pierre Carel, Histoire de la ville de Caen depuis Philippe-Auguste jusqu’à Charles  IX, Paris 1886; Gabriel Désert, Histoire de Caen, Toulouse 1981 (Pays et villes de France). 69 Zur Universität von Caen siehe u. a. Charles de Bourgueville, Les recherches et antiquitez de la province de Neustrie, à présent duché de Normandie, comme des villes remarquables d’icelle, mais plus spéciallement de la ville et l’université de Caen, Caen 1588 [ND Caen 1833]; Jules Cauvet, L’ancienne université de Caen. Notice historique, in: Mémoires de l’Académie Nationale des Sciences, Arts et Belles-Lettres de Caen (1874), S. 162–197; Noël Valois, Textes relatifs au projet de fondation d’une université normande sous Henri VI, in: BSAN 13 (1883–1885), S. 521–522; Amédée de Bourmont, La fondation de l’Université de Caen et son organisation au XVe siècle, in: BSAN 12 (1884), S. 293–642; Arthur Tilley, The University of Caen at the Dawn of the Renaissance, in: A. T., Studies in the French Renaissance, Cambridge 1922 [ND New York 1968], S. 1–11; Henri Prentout, Esquisse d’une histoire de l’Université de Caen, in: Alexandre Pierre Désiré Bigot (Hg.), L’Université de Caen. Son passé – son présent (1432–1932), Caen 1932, S. 17–65; Jean Yver, L’Université de Caen, in: Études Normandes 12 (1954), S. 845–856; Michel Boüard, Quelques données nouvelles sur la création de l’Université de Caen (1432–1436), in: MA 69 (1963), S. 727–741; Lyse Roy, Histoire d’une université régionale. L’Université de Caen au XVe siècle, in: Paedagogica Historica 34 (1998), S. 403–419; Dies., La fondation de l’Université de Caen, in: La Normandie dans la guerre de Cent Ans, S. 101–106; Dies., L’Université (wie oben, Kap. II Anm. 20).

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II. Die Anfänge

sich an dieser Universität, an der – im Unterschied zu Paris – auch das Studium des ius civile möglich sein sollte, ein weiteres Tätigkeitsfeld für eine Familie, in der traditionell viele Mitglieder in diesem Bereich gelehrt hatten. Dieses neue Angebot nahm Antonio Talenti, der in Caen Kirchenrecht und ius civile zu lehren begann, ebenso wahr wie Piero di Castiglione, der an der neuen Universität Theologievorlesungen hielt.70 Dennoch ist Foffanos Vermutung, der 1424 in englischen Kreisen aufgekommene Plan, ein «studium generale in facultate artium jurisque civilis in quacumque civitate in provincia Rothomagensi»71 zu errichten, und die im selben Jahr erfolgte Ernennung Zanones zum Bischof von Lisieux müßten  –  ebenso wie die Veröffentlichung der Gründungsurkunde der Universität (1432) und die zeitgleiche Nominierung Zanones zum Bischof von Bayeux  –  in engem Zusammenhang gesehen werden, mit einem Fragezeichen zu versehen. Letztlich wird es sich wohl nur um ein zufälliges Zusammentreffen gehandelt haben. Wenn die englische Regierung gerade im Jahre 1424 an Papst Martin V. mit der Bitte um Zustimmung zur Errichtung einer normannischen Universität herantrat, dürfte dies weniger mit der Übernahme der Diözese Lisieux durch Zanone in Beziehung zu bringen sein als mit der Tatsache, daß es nach den Siegen von Cravant (1423) und insbesondere von Verneuil (1424) gelungen war, den Kriegsschauplatz mehr und mehr aus der Normandie zu verlagern.72 Und wenn die Gründungsurkunde schließlich acht Jahre nach der ersten Erwähnung des Planes zur Errichtung einer Universität verfaßt wurde, so dürfte auch das weniger mit der Translation von Zanone di Castiglione zusammenhängen als vielmehr damit, daß die Engländer aufgrund der politischen und militärischen Situation zunächst andere Prioritäten setzten: Man denke nur an die Belagerung des Mont-Saint-

70 Zu Antonio Talenti siehe oben, Kap. II Anm. 64. – Von Piero di Castiglione weiß man, daß er seit 1443 an der Universität von Caen eingeschrieben war. 1455 wurde er mit der Stimme des ebenfalls an der Universität immatrikulierten Francesco zum Rektor gewählt Roy, L’Université, S. 58 Anm. 10; 153; 281 Anm. 241; Gilles Désiré dit Gosset, Les origines géographiques et sociales des chanoines de Coutances aux XVe et XVIe siècles, in: Sylvette Lemagnen/ Philippe Manneville (Hg.), Chapitres et cathédrales en Normandie [Actes du XXXIe congrès tenu à Bayeux, 16–20  X 1996], Caen 1997 (Annales de Normandie. Série des congrès des sociétés historiques et archéologiques de Normandie  2), S. 195–213, hier: S. 205 Anm. 77. – Piero di Castiglione blieb allerdings der einzige Italiener, der je zum Rektor gewählt werden sollte. Außer ihm wurde nur ein weiterer Ausländer mit diesem Amt betraut: 1440 ernannte Heinrich VI. seinen Landsmann Michael Tregory zum ersten Rektor der Universität [Eugène Chatel, Liste des recteurs de l’Université de Caen dressée d’après leurs signatures sur les registres de rectories et aux documents conservés aux Archives du Calvados, in: BSAN 11 (1883), S. 75–128]. 71 Prentout, Esquisse, S. 27. 72 Möglicherweise mag die Unterbreitung des Vorschlages im Jahre 1424 auch damit zusammenhängen, daß sich die englische Delegation das Konzil von Siena zunutze machte und dort dem Papst ihr Anliegen vortrug (vgl. Allmand, Lancastrian Normandy, S. 17).

II.2 Der normannische „Hof“ der Castiglione

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Michel (1424–1434) und die von Orléans (1428–1429)73 sowie an den Prozeß der Jeanne d’Arc (1430–1431).74 Doch nicht nur die Aufnahme der Lehrtätigkeit der Universität in Caen sollte für die Mailänder in Bayeux in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre zu einem wichtigen Geschehen werden. Beinahe noch bedeutender für das kulturelle Selbstverständnis war der Ausbau des Hofes von Zanone di Castiglione zu einer Brücke für den Transfer humanistischer Werke, die so ihren Weg von Mailand über die Normandie nach England, an den Hof des Herzogs Humphrey von Gloucester,75 den Bruder des verstorbenen Heinrich  V. und einen Vormund des minderjährigen Heinrich  VI., nahmen. Die Übermittlung dieser Werke nach England erfolgte indes keineswegs allein aus genuin humanistischen oder aus idealistischen Gründen, sozusagen als Dienste der Mailänder für ihr Vaterland. Vielmehr wird man nach Susanne Saygin die Motivation für diese „Transaktionen“ auch im politischen Kalkül suchen müssen:76 Als sich in England 1436/1437 eine Machtverlagerung zugunsten des Onkels des englischen Königs, zugunsten des Herzogs Humphrey von Gloucester, andeutete,77 suchten Zanone und sein Kreis nach einer Möglichkeit, die es erlaubte, dessen Gunst und Protektion zu gewinnen, ohne den bisherigen Schutzherrn Beaufort zu ver73 Wäre es den Engländern gelungen, Orléans oder Angers einzunehmen, so hätten sie nicht nur einen leichteren Zugang zu den Kernlanden des roi de Bourges, sondern gleichzeitig eine bedeutende Universität mit einer Fakultät für das ius civile in ihrer Hand gehabt; somit wäre vielleicht die Schaffung einer weiteren Studienmöglichkeit in Caen nicht mehr unbedingt erforderlich gewesen. 74 Auch der Widerstand aus Paris gegen eine neue Universität und die schwierige Finanzierung einer solchen Institution dürften für die Verzögerung mitverantwortlich gewesen sein. – Zur Rolle der Pariser Universität, auf deren Unterstützung die Engländer während des Prozesses der Jeanne d’Arc angewiesen waren, siehe Prentout, Esquisse, S. 28. 75 Zu Gloucester siehe Kenneth Hotham Vickers, Humphrey Duke of Gloucester. A Biography, London 1907; Thomas F. Tout, Humphrey, Duke of Gloucester, in: Dictionary of National Biography 10 (1957), S. 218–227; Alfonso Sammut, Unfredo, duca di Gloucester, e gli umanisti italiani, Padua 1980 (Medioevo e l’umanesimo 41); Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester; Dies., Historia Magistra Vitae? Zum Verständnis humanistischer Geschichtsschreibung im spätmittelalterlichen England am Beispiel von Humphrey, Herzog von Gloucester (1390–1447), in: Johannes Helmrath/ Ulrich Muhlack/ Gerrit Walther (Hg.), Diffusion des Humanismus. Studien zur nationalen Geschichtsschreibung europäischer Humanisten, Göttingen 2002, S. 398–414.  –  Zum englischen Humanismus siehe zudem Walter Franz Schirmer, Der englische Frühhumanismus. Ein Beitrag zur englischen Literaturgeschichte des 15.  Jahrhunderts, Leipzig u. a. 1931 [Tübingen ²1963]; Weiss, Humanism (wie oben, Kap. II Anm. 58); Ders., New Light on Humanism in England during the Fifteenth Century, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 14 (1951), S. 21–33; Ders., Codici umanistici in Inghilterra, in: GSLI 131 (1954), S. 386–395; Ders., Il debito degli umanisti inglesi verso l’Italia, in: Lettere italiane (1955), S. 298–313; Sergio Rossi, Ricerche sull’umanesimo e sul rinascimento in Inghilterra, Mailand 1969 (Contributi dell’Università Cattolica del Sacro Cuore 3. Scienze filologiche e letteratura 19); Joseph Burney Trapp, Il libro umanistico tra Italia e Inghilterra dal ’400 al primo ’500, in: Scrittura e Civiltà 22 (1998), S. 319–337. 76 Hierzu ausführlich Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester, S. 156 ff. 77 Vgl. ebd., S. 156.

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stimmen. Hatte Zanone bei Beaufort einst 1436 dadurch einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen können, daß er ihm den aus dem venezianischen Corone stammenden griechischen Arzt Tommaso Franco78 empfohlen hatte, so schien es nun der geeignete Zeitpunkt zu sein, um die Wißbegier des Herzogs von Gloucester zu nutzen und die Vermittlung von italienischen Gelehrten und humanistischen Werken nach England anzubieten. Das Faible von Gloucester für alles „Humanistische“ kam den Castiglione gewiß sehr gelegen, da Beaufort der Literatur kein großes Interesse entgegenbrachte und es daher unwahrscheinlich war, daß Beaufort über den Büchertransfer oder über Geschenke, wie eine Handschrift mit den Briefen Ciceros, die Zanone di Castiglione dem Herzog von Gloucester zukommen ließ,79 verstimmt sein würde. Zu den bedeutendsten der von Zanone di Castiglione an Gloucester vermittelten Humanisten zählte übrigens kein geringerer als der etwa seit 1419 als Sekretär in den Diensten von Herzog Filippo Maria Visconti stehende Pier Candido Decembrio.80 Ver78 Näheres zu Tommaso Franco, der gemeinsam mit Zanone di Castiglione in Padua studiert hatte, den der Bischof von Bayeux 1454 mit einem Manuskript bedachte (BAV, Vat. Lat. 1321) und den der Prälat nach der Rückeroberung der Normandie Karl VII. empfahl, bei Tino Foffano, Tommaso Franco, medico greco, alla corte del cardinale d’Inghilterra Henry di Beaufort e di Carlo VII di Francia, in: Aevum 74 (2000), S. 657–667 [mit Edition eines von Rolando Talenti an Tommaso Franco gerichteten Brieffragmentes (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol.  98rv)], sowie bei Ernest Théodore Hamy, Un médecin grec à la cour de Charles  VII. Thomas de Coron, dit le Franc, in: Bulletin de la Société Française d’Histoire de la Médecine 7 (1908), S. 193–205; Antoine Thomas, Nouveaux documents sur Thomas Le Franc, médecin de Charles VII, protecteur de l’humanisme, in: CRAIBL 55 (1911), S. 671–676; Robin L. Storey, Cardinal Beaufort’s Greek Doctor, in: Nottingham Medieval Studies 29 (1985), S. 109–114. 79 Dieses Manuskript, das die Epistolae ad Brutum, ad Quintum fratrum und ad Atticum enthält, wird heute in der BNF aufbewahrt (ms. lat. 8537). Auf fol. 300 findet sich ein ex libris des Herzogs «C’est livre est a moy Homfrey duc de Gloucestre du don reverend pier en Dieu Zenon evesque de Bayeux». – Zu welchem Zeitpunkt der Bischof dem Herzog den Codex überreichte, ist nicht bekannt. Fest steht aber, daß Gloucester die Handschrift bereits 1439 der Universität von Oxford schenkte (vgl. Sammut, Unfredo, S. 119). 80 Zu Pier Candido Decembrio siehe insb. Mario Borsa, Pier Candido Decembrio e l’umanesimo in Lombardia, in: ASL 10 (1893), S. 5–75, 358–441; Ernst Ditt, Pier Candido Decembrio. Contributo alla storia dell’umanesimo italiano, in: Memorie del Reale Istituto Lombardo di Scienze e Lettere. Classe di Lettere, Scienze Morali e Storia 24 (1931), S. 21–106; Paolo Viti, Decembrio, Pier Candido, in: DBI 33 (1987), S. 488–498. – Zum Verhältnis zwischen Pier Candido und Herzog Humphrey siehe Mario Borsa, Correspondence of Humphrey Duke of Gloucester and Pier Candido Decembrio, in: EHR 19 (1904), S. 509–526; William Lambert Newman, The Correspondence of Humphrey, Duke of Gloucester, and Pier Candido Decembrio, in: EHR 20 (1905), S. 484–498. Ein von Gloucester an Pier Candido Decembrio gerichtetes Schreiben (Bibl. Ambr., cod. 235 inf., fol. 39rv) ist zudem ediert bei Sammut, Unfredo, S. 198. – Dank der Vermittlerdienste kam Zanone di Castiglione zugleich auch in engeren Kontakt mit anderen Gelehrten, wie etwa dem aus Verona stammenden Humanisten Antonio Beccaria. Diesem Schüler Vittorino da Feltres, der von 1438 bis 1446 als Sekretär des Herzogs von Gloucester arbeitete, dürfte noch stärker als seinen in der Heimat verbliebenen Landsleuten an einer Korrespondenz mit Zanone und dessen humanistischem Kreis gelegen gewesen sein, litt der Gelehrte doch sehr – wie man einem an Ambrogio Traversari gerichteten Schreiben entnehmen kann – unter der „Rückständigkeit“ Englands, wo es – wie er klagte – nicht eine

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mutlich hatte Guarnerio di Castiglione,81 der am Hofe des Herzogs mit Pier Candido eng zusammengearbeitet hatte, diesen dazu ermutigt, den Bischof von Bayeux zu bitten, er möge bei Herzog Humphrey den Wunsch nach einer Übersetzung von Platons Politeia wecken.82 Welch hohes Ansehen Pier Candido in der Normandie genoß, läßt sich unter anderem auch daran erkennen, daß Marco Corio, der Neffe des bischöflichen Sekretärs Rolando Talenti, nach seiner Rückkehr in die patria den großen Wunsch hegte, den „einzigartigen“ Humanisten kennenzulernen,83 dessen Übersetzungen wohl nach und nach über den Mailänder Fernkaufmann Gabriele Talenti, den Vater Rolandos, in die Normandie gelangt waren.84 Vor dem Hintergrund der sich immer weiter entfaltenden italienischen Enklave in der Normandie sind denn auch die Schritte zu sehen, mit denen Branda di Castiglione in den dreißiger Jahren seinen Verwandten Giovanni, wahrscheinlich als erstes Familienmitglied überhaupt, ganz gezielt auf einen Aufenthalt in dieser Region vorbereitete. Zu dieser „Vorbereitung“ zählte neben der Ausstattung mit

Person gäbe, die wenigstens mittelmäßig die griechische oder die lateinische Sprache beherrsche [vgl. Cesare Vasoli, Beccaria, Antonio, in: DBI 7 (1965), S. 447–449]. – Zu Antonio Beccaria siehe u. a. Roberto Weiss, Per la biografia di Antonio Beccaria in Inghilterra, in: GSLI 110 (1937), S. 344–346; Gian Paolo Marchi, L’umanista Antonio Beccaria alla corte di Humphrey di Gloucester e di Ermolao Barbaro, in: Annali della facoltà di Lingue in Verona dell’Università di Padova 2 (1966/67), S. 1–5. 81 Das gute Einvernehmen zwischen Guarnerio di Castiglione und Pier Candido Decembrio zeigt sich darin, daß letzterer ersteren über den Fortschritt seiner Werke informierte (ein dementsprechender Brief Decembrios an Guarnerio findet sich in Valladolid, Biblioteca Universitaria, ms. 325, vgl. Paul Oskar Kristeller, Iter Italicum, A Finding List of Uncatalogued or Incompletely Catalogued Humanistic Manuscripts of the Renaissance in Italian and other Libraries, Bd. IV: Alia itinera 2. Great Britain to Spain, Leiden u. a. 1989, S. 660). Auch widmete er dem herzoglichen Ratgeber sein Grammaticon, das er zunächst Niccolò degli Arcimboldi zugedacht hatte (vgl. Petrucci, Castiglioni, Guarniero, S. 165). – Decembrio war jedoch nicht der einzige Literat, zu dem Guarnerio di Castiglione in engem Kontakt stand: So bezeichnet ihn Antonio Panormita als einen seiner „Protektoren“, Francesco Filelfo nennt ihn in seinem zweiten Convivium einen seiner collocutores, Antonio da Rho zählt ihn zu den Gesprächspartnern seiner De Lactantii erratis betitelten Dialoge, und Flavio Biondo schickte ihm 1442 elf Bände seiner Italia illustrata (vgl. ebd., S. 165). 82 Zur Vermittlung durch Zanone di Castiglione siehe das Schreiben im Codex des Rolando Talenti (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 40v, ed. bei Foffano, Umanisti, S. 27). – Zur Platonübersetzung siehe Vittorio Zaccaria, Pier Candido Decembrio, traduttore della Repubblica di Platone (Notizie dall’epistolario del Decembrio), in: IMU  2 (1959), S. 179–206; Diego Bottoni, I Decembrio e la traduzione della Repubblica di Platone dalle correzioni dell’autografo di Uberto alle integrazioni greche di Pier Candido Decembrio, in: Rino Avesani u. a. (Hg.), Vestigia. Studi in onore di Giuseppe Billanovich, Bd. I, Rom 1984 (Storia e letteratura 162), S. 75–91. 83 Siehe hierzu das Schreiben von Rolando Talenti an Pier Candido Decembrio (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 50v, ed. bei Foffano, Umanisti, S. 30). 84 Siehe hierzu das Schreiben von Pier Candido Decembrio an Rolando Talenti (Bayeux, Bibl.  Mun., ms.  5, fol. 40v; ed. bei Foffano, Umanisti, S. 27; zit. bei Müller, Frühhumanismus, S. 357).

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lukrativen Pfründen in Mailand,85 in dem in der Diözese Lüttich gelegenen Eik,86 in Rouen,87 in Coutances und Bayeux88 als Basis für eine gesicherte Lebensgrundlage insbesondere die Entscheidung, Giovanni di Castiglione seine Studien nicht in Pavia, sondern 1432 als étudiant ès arts89 an der Pariser Alma mater beginnen zu lassen. Anders als seine Verwandten, die nahezu ausschließlich ein Studium beider Rechte absolviert hatten, begann Giovanni di Castiglione – wohl auch, weil in Paris das ius civile nicht angeboten wurde – 1434 mit dem Studium der Theologie,90 welches er 1437 mit dem Grad eines Bakkalaureus und ein Jahr später mit dem eines Magisters abschloß.91 Von der Hoffnung getragen, die Karrierechancen seines Verwandten in englischen Diensten dadurch zu verbessern, daß er diesen in der von den Burgundern und den Engländern kontrollierten Stadt studieren ließ, dürfte Branda di Castiglione außerdem im Entsenden Giovannis nach Paris noch einen weiteren Vorteil gesehen haben: Er glaubte vermutlich, daß Giovanni durch Kontakte zu den dort residierenden Gelehrten Verbindungen knüpfen könnte, auf welche die in der Normandie lebenden Familienmitglieder bei Bedarf zurückzugreifen vermochten. Vielleicht riet der Kardinal von Piacenza auch deshalb 1435 seinem Verwandten dazu, den Posten eines Bibliothekars an der Sorbonne anzunehmen, um über die (literarischen) Interessen und Projekte der dort Lehrenden unterrichtet zu sein.92 85 Ebd. – Litta spricht des weiteren davon, daß Giovanni ein päpstlicher Sekretär gewesen sei (Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV); möglicherweise verwechselt er jedoch hierbei Giovanni mit dessen Verwandten Leonardo di Castiglione, dessen Name in den Registri Vaticani und den Registri Lateranensi in zahlreichen Stücken zu finden ist. 86 Giovanni di Castiglione wurde noch vor seinem zwanzigsten Lebensjahr zum Kanoniker und Propst in Eik in der Diözese Lüttich ernannt, in dessen Nähe Branda di Castiglione im etwas nordöstlicher gelegenen Aldeneik ebenfalls eine Pfründe besaß (Gosset, Italiens, S. 50). 87 Giovanni erhielt im Dezember 1433 ein Kanonikat in Rouen (Rouen, ADSM, G 2127, fol. 169v; G 2133, fol. 47v); vgl. Vincent Tabbagh, Les Italiens dans le clergé séculier du diocèse de Rouen aux XIVe et XVe siècles, in: Mariella Colin/ François Neveux (Hg.), Les Italiens en Normandie, de l’étranger à l’immigré [Actes du Colloque de Cerisy-la-Salle, 8–11 X 1998], Caen 2000 (Cahier des Annales de Normandie 29), S. 83–96, hier: S. 87. 88 Auf das Kanonikat in Coutances folgte 1437 noch das Amt des Scholasters in Bayeux und das Archidiakonat des Vexin normand (Gosset, Italiens, S. 50). 89 Rouen, ADSM, G 2133, fol. 31v (vgl. Tabbagh, Les Italiens, S. 90). 90 Tabbagh, Les Italiens, S. 90. 91 Heinrich Denifle/ Émile Châtelain, Chartularium universitatis Parisiensis sub auspiciis Consilii Generalis Facultatum Parisiensium, ex diversis bibliothecis tabulariisque collegit et cum authenticis chartis contulit [künftig: CUP], Bd. IV: Ab anno 1394 usque ad annum 1452, Paris 1867 [ND Brüssel 1964], S. 592. 92 So dürfte es zumindest nicht von Nachteil gewesen sein, daß Giovanni di Castiglione, als es später den aus dem Bistum Coutances stammenden Theologen Pierre de La Hazardière als Dozenten für die Universität von Caen zu gewinnen galt, darauf verweisen konnte, daß er diesem einst die Werke Ciceros und Senecas ausgeliehen hatte. – Zu dieser Ausleihe siehe Jeanne Vielliard, Le registre de prêt de la bibliothèque du collège de Sorbonne au XVe siècle, in: Jacques Paquet/ Jozef IJsewijn (Hg.), Les universités à la fin du Moyen Age [Actes du congrès internat. de Louvain, 26–30 V 1975], Löwen 1978 (Publications de l’Institut d’Études

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Die Rückeroberung von Paris im Jahre 1436 sollte diese Pläne jedoch durchkreuzen: Als sich nach der Einnahme der Stadt durch die Franzosen zeigte, daß viele Pariser Gelehrte der neuen normannischen Bildungsstätte, der Zanone di Castiglione den Statuten zufolge als Kanzler vorstand, zunehmend mit Ablehnung, wenn nicht sogar mit Feindschaft, begegneten,93 berief Kardinal Branda seinen Verwandten Giovanni in die italienische Staatenwelt zurück. Hier erwarb er in Pavia den Doktorgrad beider Rechte und, anders als seine älteren Verwandten, die zumeist lediglich Juristen waren, 1439 in Bologna auch den Doktor der Theologie.94 Man wird annehmen dürfen, daß es Branda di Castiglione war, der ihn zum Erwerb dieser zusätzlichen Qualifikation drängte, hatten doch die jüngsten Entwicklungen, wie etwa die Auseinandersetzung Papst Eugens IV. mit dem Basler Konzil, mehr als deutlich gemacht, daß an der Kurie künftig sowohl juristisch wie theologisch geschulte Berater benötigt wurden. Bologna als alte Universitätsstadt erfreute sich nicht nur einer sehr guten Reputation,95 sondern bot noch einen weiteren Vorteil: die unmittelbare Nähe zur Kurie, denn Papst Eugen IV. hatte, als er im Juni des Jahres 1434 aus Rom fliehen mußte, die Kurie ins nahe gelegene Florenz verlegt.96 Branda di Castiglione médiévales  2,3), S. 276–292; Müller, Frühhumanismus, S. 358 f.; Tabbagh, Les Italiens, S. 90.  –  Zu Pierre de La Hazardière generell siehe u. a. Evencio Beltran, Continuité de l’humanisme français au XVe siècle, l’exemple de Pierre de la Hazardière, in: Dario Cecchetti u. a. (Hg.), L’aube de la Renaissance. Pour le dixième anniversaire de la disparition de Franco Simone, Genf 1991 (Bibliothèque Franco Simone 18), S. 123–136. – Laut Chatel soll der Theologe Pierre de La Hazardière auch Rektor der Universität Caen gewesen sein (Liste des recteurs, S. 80). Roy weist jedoch unter Bezug auf die Dokumente in Caen, AD du Calvados, D 89, fol. 153r sowie D 65, fol. 61r nach, daß nicht der Theologe und Humanist, sondern sein gleichnamiger Neffe, ein Doktor des kanonischen Rechts, zum Rektor gewählt wurde (L’Université, S. 150 Anm. 6). 93 Schon 1424, bei der Genehmigung für die neue Bildungsstätte, hatte Martin  V. mit Rücksicht auf die Pariser Universität darum gebeten, nicht die Privilegien der Pariser Alma mater als Vergleichsmaßstab zu nehmen, sondern sich an den anderen französischen Universitäten zu orientieren (vgl. CUP, Bd. IV, n° 2239). – Zum Widerstand der Pariser Universität, die nach 1432 sowohl das Parlament als auch das Konzil von Basel und den Burgunderherzog ersuchte, das Projekt einer derartigen Bildungsstätte in Caen zu verhindern, siehe auch Marcel Fournier, Les statuts et privilèges des universités françaises depuis leur fondation jusqu’en 1789, Part I: Moyen âge, Bd. III: Universités d’Aix, Nantes, Dôle, Besançon, Poligny, Caen, Poitiers, Bordeaux, Valence, Bourges, studium de Briançon et supplément général, Paris 1892 [ND Aalen 1970], n° 1645, n° 1646. 94 Zu diesem Datum siehe Franz Ehrle (Hg.), I più antichi statuti della Facoltà Teologica dell’Università di Bologna. Contributo alla storia della scolastica medioevale, Bologna 1932 (Universitatis Bononiensis Monumenta I), S. 113 n° 226. Weitere Erwähnungen der absolvierten Studien bei Litta, Famiglie celebri, Castiglioni, tav. IV; Foffano, Umanisti, S. 13. 95 Zur Universität von Bologna siehe Celestino Piana, Ricerche su le università di Bologna e di Parma nel secolo XV, Florenz 1963 (Spicilegium Bonaventurianum 1); Ders., Nuove ricerche su le università di Bologna e di Parma, Florenz 1966 (Spicilegium Bonaventurianum 2); Ders., Nuovi documenti sull’Università di Bologna e sul Collegio di Spagna, 2 Bde., Bologna 1976, (Studia Albornotiana 26). 96 Zu den Hintergründen siehe Ferdinand Gregorovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter vom 5.–16. Jahrhundert, ND Tübingen 1953, Bd. 3, XIII. Buch, S. 21 ff.

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wiederum war nun sehr darauf bedacht, die begabtesten und aussichtsreichen Mitglieder seiner Familie um sich zu versammeln. So weiß man beispielsweise aus einem Brief, den der Kardinal am 4. Oktober 1435 an Cosimo de’ Medici sandte, daß das Familienoberhaupt das Eintreffen seines Neffen Zanone erwartete, um mit diesem von Mailand nach Florenz zu reisen,97 wo Cosimo de’ Medici für den Kardinal und seinen Verwandten eine Wohnung beschafft hatte.98 Zanone scheint mehrere Jahre an der Seite des Kardinals verweilt zu haben.99 Im Dezember 1437 war der Bischof von Bayeux – ebenso wie Giovanni di Castiglione – bei der von Kardinal Branda in Bologna vorgenommenen Reform der Statuten des Paveser Collegio Castiglione zugegen.100 In Anbetracht seiner bedeutenden Position an der Kurie stand zu erwarten, daß es Branda, der sich seit Mitte 1435 wieder am Hofe des Papstes aufhielt, nicht schwerfallen würde, seinen Verwandten Giovanni beim Pontifex einzuführen. Wie „förderlich“ sich wiederum eine vor dem Papst vorgetragene stringente Rede auf die eigene Karriere auswirken konnte, hatte Branda di Castiglione einst selbst erfahren, denn sein Aufstieg in der Kirchenhierarchie hatte damit begonnen, daß er 1389 als Fürsprecher der Universität Pavia zu Bonifaz IX. gesandt wurde, mit dem Ansinnen, den neuen Pontifex dazu zu bewegen, dem studio pavese alle Privilegien zu gewähren, derer sich auch die theologischen Fakultäten von Paris und Bologna erfreuten.101 Brandas Auftritt hatte damals Bonifaz IX. so beeindruckt,   97 Das entsprechende Schreiben ist ed. bei: Tino Foffano, Un carteggio del cardinale Branda Castiglioni con Cosimo de’ Medici, in: Rino Avesani u. a. (Hg.), Vestigia. Studi in onore Giuseppi Billanovich, Bd. I, Rom 1984 (Storia e letteratura 162), S. 297–314, hier: S. 312. – Da Branda und Zanone, wie aus einem weiteren Schreiben des Kardinals an Cosimo de’ Medici hervorgeht, am 25. Oktober 1435 gemeinsam einen Halt in Parma einlegten (Ebd., S. 314), spricht vieles dafür, daß der Neffe seinen Onkel auch nach Castiglione Olona begleitet hat, wo der Kardinal am 11. Oktober 1435 einige Verfügungen für die Stiftskirche erließ (das entsprechende Dokument ist ediert bei Castilioneus, De origine, S. 73).   98 Der Kardinal hatte den Bankier am 25. Oktober 1435 von Parma aus gebeten, für ihn und seinen Verwandten eine Unterkunft zu besorgen (siehe hierzu Foffano, Un carteggio, S. 314).   99 Noch für 1438/1439 ist Zanone di Castigliones Aufenthalt an der Kurie belegt, nahm er doch an den ersten Sitzungen des Konzils von Florenz teil und zählte zu denjenigen, die am 6. Juli 1439 die Bulla unionis Graecorum unterzeichneten (vgl. Foffano, Umanisti, S. 16). 100 «Datum et actum Bononiae, in domibus nostrae solitae residentiae apud Sanctum Iacobum, sub anno a Nativitate Domini millesimo quadrigentesimo trigesimo septimo […] Praesentibus ibidem Reverendo in Christo Patre, et D. D. Zenone, Dei gratia Episcopo Baiocensi, nec non venerabilibus et Egregiis viris Dominis et Magistris Iohanne de Castiliono, sacre Theologie professore, Praeposito Ecclesiae Beatae Mariae Eikensis, nepotibus nostris […]» (Castilioneus, De origine, S. 96). 101 Für seine Mission erhielt Branda – wie man den Universitätsakten entnehmen kann – 60 Florenen (siehe hierzu Memorie e documenti per la storia dell’Università di Pavia, Bd.  II: Documenti, Pavia 1877 [ND  Bologna 1970 (Athenaeum  12)], n°  4; zu dieser Gesandtschaft siehe auch ACC, Famiglie Castiglioni, cart. 8, fasc. 2; Lorenzo Cardella, Memorie storiche de’ Cardinali della Santa Romana Chiesa, Bd. II, Rom 1793, S. 9; Pietro Vaccari, Profilo storico di Pavia, Pavia 1932 [²1950, ND Pavia 1997], S. 122; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 94, 106; Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 21; Foffano, Rapporti tra Italia e Ungheria, S. 69.

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daß er sich unverzüglich der Dienste des Mailänders zu versichern wünschte und diesen zum päpstlichen Kaplan und Rotaauditor in Rom ernannte.102 Wenn Kardinal Branda, als es galt, einen Redner an der Kurie einzuführen, unter einer beträchtlichen Anzahl hochqualifizierter Kandidaten in der Familie gerade Giovanni di Castiglione auswählte, zeugt dies von dem Vertrauen, das der pater familias in dessen Fähigkeiten setzte. In der Tat scheint Giovanni di Castiglione mit seinem Vortrag103 den Erwartungen des Verwandten entsprochen und den Pontifex für sich eingenommen zu haben. Auch der eher für seine Nüchternheit bekannte Humanist Cencio Rustici – der mit einem guten Gespür für sich herausbildende Talente ausgestattet war104 – ließ den jungen Mailänder wissen, seine Ohren seien von der Rede so sehr erfüllt worden, daß er sie habe niederschreiben lassen, um sie gewissermaßen als ständigen Begleiter mit sich führen zu können.105 Und wenn Cencio Rustici den jungen Verwandten Branda di Castigliones anspornte, sein Können nicht für sich zu behalten, sondern der Öffentlichkeit zu unterbreiten,106 dann wird dieser Appell nicht allein der Ermutigung des jungen Giovanni gegolten haben. Vielmehr war damit die Absicht von Cencio Rustici verbunden, sich beizeiten das Wohlwollen von Giovanni di Castiglione zu sichern, dem – wie Rustici wohl annahm – eine große Karriere bevorstehen konnte. Offensichtlich weckte Giovanni di Castiglione aber auch das Interesse von Domenico Capranica, dem Kardinal von Fermo,107 dem man im übrigen – wie Branda di Castiglione108 – eine glückliche Hand bei der Auswahl von Talenten nachsagte.109 Wie aus einem Dankesbrief zu entnehmen ist, den Zanone di 102 In dieser Funktion amtierte er ab Februar 1392, siehe hierzu Emmanuele Cerchiari, Capellani Papae et Apostolicae Sedis auditores causarum Sacri Palatii Apostolici seu Sacra Romana Rota ab origine ad diem usque 20 septembris 1870, Bd. II: Syntaxis capellanorum auditorum, Rom 1920, S. 38 n° 221. – Allerdings war Branda nie Bischof von Sagona, wie ebd. zu lesen steht (siehe hierzu Cazzani, Il cardinale Branda, S. 115 Anm. 35). 103 Der Text dieser Rede wurde bislang nicht aufgefunden. 104 Dieses Gespür zeigt sich auch – worauf mich Frau Professor Dr. Elisabeth Stein (Wuppertal) dankenswerterweise aufmerksam machte  –  in seinem frühen Entdecken von Poggio Bracciolini. 105 Dieses Schreiben von Cencio Rustici (Cincius Romanus) an Giovanni di Castiglione ist ed. bei Ludwig Bertalot, Cincius Romanus und seine Briefe, in: QFIAB 21 (1929/30), S. 209–255, siehe hier insb. S. 237. 106 Ebd., S. 237 f. 107 Zu Domenico Capranica siehe Maria Morpurgo-Castelnuovo, Il cardinal Domenico Capranica, in: Archivio della Reale Società Romana di Storia Patria 52 (1929), S. 1–146; Alfred A. Strnad, Capranica, Domenico, in: DBI 19 (1976), S. 147–153; Santo Gangemi, La vita e l’attività (siehe oben, Kap. I Anm. 35); Alessandro Saraco, Il cardinale Domenico Capranica (1400–1458) e la riforma della Chiesa, Rom 2004 (Chiesa e storia 1). 108 Von Branda di Castigliones Fähigkeit für das Erkennen von Begabungen zeugt etwa seine „Entdeckung“ des später sogar bis ins Kardinalat aufsteigenden Giuliano Cesarini: “His most brilliant discovery was undoubtedly Giuliano Cesarini” (Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester, S. 153). 109 Seine glückliche Hand bei der Auswahl seiner Mitarbeiter zeigt sich etwa darin, daß er

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II. Die Anfänge

Castiglione an den Kardinal von Fermo gerichtet hat, muß Domenico Capranica den jungen Giovanni, den er mit einer Botschaft in die Normandie gesandt hatte, mit Gunstbeweisen regelrecht überschüttet haben.110 Allem Anschein nach hat Domenico Capranica aber seinerseits auch Zanone di Castiglione ersucht, sich für Giovanni zu verwenden. Wie aus dem an den Kardinal von Fermo gerichteten Schreiben zu ersehen ist, versprach der Bischof von Bayeux, sich in Zukunft des Familienmitglieds stärker anzunehmen, und sicherte auch zu, Giovanni, sobald sich die Gelegenheit biete, mit 200 Florenen aus seiner Schatzkammer auszustatten.111 Giovanni di Castigliones beeindruckender Auftritt vor Eugen IV., die Fürsprache Kardinal Brandas und die Fürsprache, die Domenico Capranica sicherlich auch an der Kurie für Giovanni di Castiglione einlegte, mögen dazu geführt haben, daß der Papst den Mailänder 1441 zum Generalkollektor der apostolischen Kammer für England, Schottland und Irland und 1442 zum apostolischen Protonotar ernannte.112 Wenn Branda di Castiglione, der aufgrund seiner exzellenten Kontakte zu den Sekretären des Papstes, nahezu den gesamten Nachrichtenfluß zwischen der Kurie und England zu kontrollieren vermochte,113 seinem Verwandten Giovanni gerade den Weg zu diesem Posten geebnet hatte, so gewiß nicht mit der Erwartung, seinem Angehörigen würde es gelingen, im Kulturtransfer zwischen der italienischen Staatenwelt und England die „Brückenfunktion“ der Normandie noch weiter auszubauen. Zwar hatte Giovannis Vorgänger im Amt, zunächst den jungen Enea Silvio Piccolomini und später auch den jungen Giacomo Ammanati ­(Piccolomini) als Sekretäre beschäftigte. 110 «Reverendissime in Christo pater etc. recepi litteras dominacionis vestre per servitorem vestrum et consanguineum meum, Iohannem de Castilliono, per quas intellexi vestram erga illum precipuam caritatem et singularem benignitatem, que, quamquam littere vestre id satis ample declarent habundantius, tamen vive vocis serie exposuit michi, quam propensa sit in illum dilectio vestra, quam accumulata et gratuita beneficencia. Nam, ut refert, mira semper quidam lenitate dominacio vestra eundem fovit et aluit, moribus instruxit multisque beneficiis affecit. postremo quicquid boni omnibus diebus vite sue assecutus est, id totum tribuit bonitati dominacionis vestre […]» (Zanone di Castiglione an Domenico Capranica, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 122rv). 111 «Motus igitur propter bonam indolem suam et testimonium bene composite vite, maxime autem propter commendacionem dominacionis vestre, ipsum deinceps cariorem et acceptiorem habere constitui. Et ut fructum aliquem senciat mee erga illum benivolencie, accomodabo ei ducentos florenos camere, quam primum se offeret oportunitas ad consequendum effectum desiderii sui. et si alias sibi prodesse potero, non ero sui immemor rogans et obsecrans vicissim dominacionem vestram, ut ipsum semper dignetur habere commendatum eidemque conservare gratiam vestram et amorem, in quibus reposita est omnis fiducia profectus et incrementi sui» (Ebd., fol. 122v). 112 Giovanni wurde am 2.  März  1441 zum Kollektor für England ernannt; bald wurde sein Zuständigkeitsbereich auch auf Irland und Schottland ausgeweitet: ASV, Reg.  Vat.  382, fol.  151 (Ernennung zum Kollektor für England); fol.  153 (Ernennung zum Kollektor für Schottland); fol. 154 (Ernennung zum Kollektor für Irland); siehe zudem ASV, Reg. Vat. 376, fol. 171v. – Petrucci führt als Daten für die Ernennung Giovanni di Castigliones zum Protonotar den 2. März 1442 und für die zum Generalkollektor den 1. Januar 1443 an (Castiglioni, Giovanni, S. 156). 113 Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester, S. 147 ff.

II.2 Der normannische „Hof“ der Castiglione

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Piero da Monte,114 1437 versucht, sich als Mittelsmann für die „Vermarktung“ von italienischen Humanisten und deren Werken an den Hof von Gloucester anzubieten,115 doch war der Einfluß des Herzogs – als Giovanni zum Kollektor116 ernannt wurde  –  bereits so sehr gesunken, daß Zanone di Castiglione kein Interesse mehr an diesem Austausch zeigte.117 Vielmehr dürfte für Branda die Überzeugung ausschlaggebend gewesen sein, es sei für seine Familie unter politischen Aspekten wichtig, die eigene Bindung an England zu vertiefen. Die Notwendigkeit, das Verhältnis zu den Engländern zu Beginn der vierziger Jahre zu „optimieren“, wurde für die in der Normandie lebenden Castiglione zur existenziellen Frage, da sich in diesem Zeitraum abzuzeichnen begann, daß die Kräfte des nunmehr über neunzigjährigen Kardinals schwanden.118 Sollte 114  Zu Piero da Monte siehe beispielsweise Agostino Zanelli, Pietro del Monte, in: ASL 34 (1907), S. 47–115, 317–378; Johannes Haller (Hg.), Piero da Monte, ein Gelehrter und päpstlicher Beamter des 15. Jahrhunderts. Seine Briefsammlung, Rom 1941 [ND Turin 1971] (BDHIR 19); Roberto Weiss, Piero del Monte, John Whethamstede, and the Library of St. Albans Abbey, in: EHR 60 (1945), S. 399–406; Alberto Nodari, Pietro del Monte, collettore e nunzio papale in Inghilterra 1435–1440, in: Memorie storiche della diocesi di Brescia 28 (1961), S. 2–34, sowie Saygin, Humphrey, Duke of Gloucester, Kap. 14: A Study in Failure. Piero da Monte, Papal Collector and Nuncio in England 1435 to 1440, and the Background of his Activity as Middleman between Gloucester and Italian Humanists, S. 172–193. 115  Ebd., S. 172–193. 116 Bereits Piero da Monte hatte erkannt, daß die Positionen eines Kollektors und eines Nuntius durchaus Möglichkeiten für den Einstieg in den diplomatischen Dienst boten. Mit einer offiziellen Ernennung zum Legaten rechnend, erhoffte er sogar, eines Tages als Anerkennung für seine Verdienste den Kardinalshut erwerben zu können. Piero da Monte hat seine Pläne jedoch nicht verwirklichen können – zum einen, weil er seine Zukunftsaussichten zu stark an den Herzog von Gloucester knüpfte und nicht mit dessen Machtverlust rechnete; zum anderen, weil er unterschätzte, daß Branda di Castiglione nahezu den gesamten Nachrichtenfluß zwischen England und der Kurie kontrollierte und keine „Eindringlinge“ bzw. „Fremdkörper“ in diesem Bereich wünschte (zu all diesem siehe ebd., S. 176 ff., 193). 117 “As soon as the Castiglione realised that Gloucester was no longer able to promote their interests, Zanone’s enthusiasm as the duke’s literary agent waned, and the Castiglione reverted to their previous collaboration with the dominant forces in English politics. […] Zanone’s flirtation with Gloucester in the second half of 1437 constituted but a brief, and ultimately inconsequential, episode in the history of Castiglione expansion into northern France” (Ebd., S. 170 f.). 118 In den vierziger Jahren nahm Branda di Castiglione kaum noch am politischen Geschehen teil. Seine letzte offizielle Mission hatte den Kardinal Anfang 1441 zu Filippo Maria Visconti nach Mailand geführt (Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 28). – Zu dem mit Bernardino Corio aufkommenden Gerücht, Branda habe bei diesem Aufenthalt versuchen wollen, den ambrosianischen Ritus durch den römischen zu ersetzen, und zur Richtigstellung dieses Sachverhaltes siehe Remigio Sabbadini, Il cardinale Branda da Castiglione e il rito romano, in: ASL 30 (1903), S. 397–408; Carlo Castiglioni, Il cardinal Branda e il rito ambrosiano (una leggenda), in: Ambrosius 19 (1943), S. 85–88, sowie Ders., Il cardinal Branda Castiglioni nella storia e nella leggenda, in: Rassegna Gallaratese di Storia ed Arte 10 (1951), S. 28–49; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 287 ff.; Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 40 Anm. 27. – Am 18. Oktober 1442 scheint der Kardinal schließlich von Florenz aus seine letzte längere Reise unternommen zu haben, die ihn über Modena, Reggio Emilia, Parma, Piacenza und Pavia bis nach Mailand führte, wo Branda am 30. Oktober 1442 sehr herzlich von den Stadtabgeordneten begrüßt wurde und wo ihm der Herzog am 31. Oktober 1442 einen feierlichen Empfang bereitete (siehe auch

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II. Die Anfänge

der Schutz des über exzellente Verbindungen zum englischen Königshaus verfügenden Familienoberhauptes aussetzen, mußte man Vorkehrungen treffen und sich die Protektion der englischen Krone sichern. So riet der pater familias wohl seinem Neffen Zanone di Castiglione, unbedingt Italien zu verlassen und in seinem Bistum zu residieren.119 Brandas Bemühungen sollten erfolgreich sein: Zanone di Castiglione erfreute sich schließlich einer so guten Reputation bei den Engländern, daß er und sein Sekretär Rolando Talenti es sich erlauben konnten, Kritik an diesen für ihre in der Normandie betriebene Politik und an den dort vorherrschenden desaströsen Zuständen zu üben.120 Zanone di Girgensohn, Castiglione, Branda, S. 74). Diese ehrenvollen Empfänge durch die Stadtväter und den Herzog mag man bereits als Zeichen einer letzten Würdigung des Kardinals begreifen. (die im Namen der Stadtväter gehaltene Begrüßungsrede befindet sich in Mailand, Bibl. Ambr., cod. B 116 sup., fol. 154r f.) 119 Die neue, von Kardinal Branda zur Stabilisierung der italienischen Enklave in der Normandie ausgegebene Direktive „des Residierens vor Ort“ ermöglichte es den Castiglione letztlich tatsächlich, sich jahrzehntelang in dieser Region zu halten, wohingegen die Episkopate anderer italienischer Familien, wie der Malatesta oder der Capranica, die ihre normannischen Diözesen nie aufsuchten, nur kurze Episoden blieben (Pandolfo Malatesta verzichtete 1424 auf seine Diözese Coutances, als er zum Bischof von Patras ernannt wurde; Paolo Capranica zog es vor, sich 1427 nach Benevent transferieren zu lassen). 120  Im Schreiben an John Kemp, den Kardinal von York, fällt Rolando Talentis Beanstandung noch relativ gemäßigt aus: «Non contineret profecto lacrimas si videret mores nostros tam absimiles et ab illa inclita et generosa memoria regis Henrici tantopere degenerasse. Heu quantum distant hec tempora nostra ab illa vetere disciplina. nichil ut aiunt antique vestis supererst. certe omnis equitas omnis vera et recta disciplina cum egregio principe extincta ac pene sepulta videntur» (Rolando Talenti an John Kemp, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 14r; ed. bei Heinrich Denifle, La désolation des églises, monastères et hôpitaux en France pendant la guerre de Cent Ans, Bd. I: Documents relatifs au XVe siècle, Paris 1897 [ND Brüssel 1965], S. 531). Zugleich weist Talenti aber darauf hin, daß die Engländer ohne Reformen ihre Stellung in der Normandie nicht mehr lange halten könnten: «Quare accelerante perito et docto gubernatore sperandum opinor in domino navim hanc tot fluctuacionibus agitatam posse aliquando ab huiusmodi naufragio liberari. Sin autem celeriter cadenti rei succurratur, non posse multo diucius dominium istud perseverare. Pudet et vehementissime doleo, quod sic loqui necesse sit. Sed rursum instabo et quantum potero voce contendere, non desistam affirmare, quam maxime opus fore exactissima festinacione» (Ebd., fol. 14v). Weitaus deutlicher als in dem Brief an John Kemp ist die Kritik in dem Schreiben mit der Überschrift Ad illustrissimum dominum ducem Cloucestrie exhortatoria ad pium et iustum imperium ducatus Normannie per eundem de Talentis edita, in dem die Mißstände offen zur Sprache kommen: «Excitat preterea stimulans dolor abiecti dominii. et simul afflicte ac pene corruentis patrie. que misera et exanguis ac omnium prede indifferenter exposita misericordiam patrociniumque principis sui profusis lacrimis supplex efflagitat. utpote que mille miseriis agitata. Quid agat quove se confereat ignara inops penitus opis et consilii. que infinitis prope exactionibus exhausta est. et circumstantium hostium quotidianis incursibus oppressa. Preterea a nostris. qui illam tueri et preservare deberent. intestinis rapinis conculcata ac pene direpta. qui relictis hostium finibus quos propugnare deceret. intra viscera innocentum continuo versantur. Et quicquid superest exhauste patrie id totum sine modo mensuraque diluunt ac prorsus absorbent. simulque desidio ac torpore marescunt. Sumentes inde occasionem et rapiendi et fines ipsos destituendi quod asserant sine stipendio militare» (Zanone di Castiglione und Rolando Talenti an den Herzog von Gloucester, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 14v–15r; ed. bei Denifle, Désolation, Bd. I, S. 526 f.; sowie bei Sammut, Unfredo, S. 223 f.). Ein ähnliches Schreiben mit der Überschrift

II.2 Der normannische „Hof“ der Castiglione

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Castiglione wurde sogar 1441 zum Sekretär Heinrichs VI. ernannt und 1442 in den königlichen Rat in Rouen aufgenommen.121 Giovanni di Castiglione122 wiederum gelang es, während seiner Tätigkeit als Kollektor in England so sehr an Ansehen zu gewinnen, daß der Bischof von Bayeux seinen Angehörigen nach dem Tode Brandas dem mächtigen Kardinal Beaufort mit folgenden Worten empfehlen konnte: «commendo dominacioni vestre consanguineum meum dominum collectorem Anglie quem dominacio vestra tanta benignitate et tam liberali munificencia prosequitur».123 Möglicherweise hing der Aufstieg der Castiglione zu dieser Zeit auch mit der generellen Vertrauenskrise zusammen, die Allmand insbesondere in den Jahren 1442 und 1443 im lancastrischen Frankreich erkennen zu können glaubt.124 Heinrich VI. schien nach dem Verlust von Paris (1436) und Évreux (1441) in der Tat daran interessiert, an der restlichen Normandie auf jeden Fall festzuhalten. Er war daher bemüht, die dort wirkenden loyalen und einflußreichen Persönlichkeiten stärker an sich zu binden  –  auch den Bischof von Bayeux und dessen jungen Verwandten Giovanni, für den Kardinal Branda die Reservation der Di-

Conquestio Baiocensis episcopi Humfrido Gloucestrie directa de et super lamentabili statu et imminenti verisimili excidio ducatus Normannie cum exactissima requisicione ad relevacionem eiusdem cito apponendam per multa exempla valde notanda (London, Lambeth Palace, ms. 211, fol. 103r–104v) ist ebenfalls ediert in: Denifle, Désolation, Bd. I, S. 520 ff.; Sammut, Unfredo, S. 218 ff. 121 Die entsprechende Urkunde, mit welcher der «amé et féal conseiller Zanon, evesque de Baieux» angesichts „der vielen großen und beachtlichen Verdienste, die er Heinrich VI. in verschiedenster Weise“ geleistet hatte, in den königlichen Rat berufen wurde, findet sich ediert in: Mahieu, Deux évêques, S. 391 f. – Auch bei den Friedensverhandlungen, die im selben Jahr mit Frankreich aufgenommen wurden, war Zanone als einer der Bevollmächtigten des englischen Königs anwesend. Des weiteren erfüllte er mehrere Missionen an der Seite des Herzogs von York, war 1442/1443 bei den Ständeversammlungen in Rouen zugegen, wohnte 1444 gemeinsam mit den Bischöfen von Avranches und Lisieux der Weihe des Erzbischofs von Rouen, Raoul Roussel, bei und nahm 1445 an der Provinzialsynode von Rouen teil. 122 Es ist anzunehmen, daß Giovanni zum Eintreiben des Geldes auf Subkollektoren zurückgriff, wie es die anderen Kollektoren ebenfalls handhabten. Auch dürfte er die jeweils eingezogenen Summen nicht selbst der Kurie überbracht haben; vielmehr scheint er seinen Verwandten Rigolo di Castiglione mit dieser Aufgabe betraut zu haben – keine ungewöhnliche Praxis, sind doch, wie Christine Schuchard nachgewiesen hat, von dem Drittel der Quittungen, die den Namen des Überbringenden angeben, mehr als die Hälfte (19 von 32) von einem anderen als dem eigentlich ernannten Kollektor unterzeichnet worden [Die päpstlichen Kollektoren im späten Mittelalter, Tübingen 2000 (BDHIR 91), insb. S. 118]. Zu diesem Thema siehe auch Dies., Päpstliche Legaten und Kollektoren nördlich der Alpen, in: Siegfried de Rachewiltz/ Josef Riedmann (Hg.), Kommunikation und Mobilität im Mittelalter. Begegnungen zwischen dem Süden und der Mitte Europas  (11.–14. Jahrhundert) [Tagung, Meran 18.–20.V.1994], Sigmaringen 1995, S. 261–275, sowie künftig die Dissertation von Amandine Le Roux, Les collecteurs pontificaux dans le royaume de France (1316–1521) [eingereicht in San Marino im September 2008 / in Paris 2010]. 123 Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 33v; ed. bei Foffano, Umanisti, S. 32. 124 Christopher Thomas Allmand, La Normandie devant l’opinion anglaise à la fin de la guerre de Cent Ans, in: BECh 128 (1970), S. 345–368, hier: S. 362.

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II. Die Anfänge

özese Coutances125 erbeten hatte126 und dessen Mission als päpstlicher Kollektor für England im Juli 1444 verlängert wurde.127 Ohne Frage hatte Branda seinen Schützlingen äußerst viel vermitteln können, insbesondere dann, wenn sie ihn – wie Giovanni di Castiglione es wohl tat – genau beobachteten und seine Strategien zu imitieren suchten. Brandas Erfolg – dies dürfte der junge Giovanni di Castiglione sehr bald erkannt haben  –  beruhte neben den familiären Beziehungen, auf die jener seinerseits hatte zurückgreifen können,128 und neben dem Reichtum, mit dem es ihm schon früh möglich wur125  Dieses Bistum gehörte zwar nicht zu den einträglichsten normannischen Diözesen, lag aber zumindest abseits von den bisherigen Kriegsschauplätzen. Auch dürften sich die geringen Erträge der Diözese Coutances insofern von Vorteil erwiesen haben, als offenbar niemand dagegen Einspruch erhob, zwei normannische Diözesen in den Händen einer Familie zu wissen (eine derartige Akkumulation hätte sicher entschiedenen Protest hervorgerufen, wenn es sich um zwei besonders reiche Diözesen gehandelt hätte). – Laut dem auf den Anfangsbuchstaben der normannischen Diözesen beruhenden Merksatz von Gassion («Le BLÉ vaut mieux que le SAC») brachte diese Diözese gar die geringsten Erträge ein. Vgl. Origine de la valeur des six évêchés de Normandie, in: Ms. 6, Caen, Histoire du diocèse de Bayeux (dit manuscrit Gassion, mentionné dans Pluquet), contenant la chronologie de ses évêques, haut doyens, ducs et personnes originaires, qui se sont distingués par la sainteté de vie, par leurs beaux ouvrages ou par quelques actions éclatantes, revue et corrigée par moy Jacques [Girouard] et augmentée de l’an 1767 et finie en l’an 1770, S. 1, zit. in: Eucher Deslandes, Manuscrits de la bibliothèque du chapitre de Bayeux, in: CGMBPF, Bd. X, Paris 1889, S. 306. – Herval betont, daß es kaum die Einkünfte gewesen sein können, die Giovanni di Castiglione nach Coutances gezogen haben (Trois grands évêques, S. 195). – Nach Eubel betrugen sie mit rund 400 Florenen etwa nur ein Zehntel der Erträge von Bayeux und Lisieux und ein Dreißigstel der Einkünfte der Metropole Rouen; selbst die Diözesen Sées und Évreux brachten immerhin noch rund siebeneinhalb‑ bzw. sechsmal so viel wie Coutances ein (Konrad Eubel  (Hg.), Hierarchia catholica medii aevi, Bd. 2, Münster 21914 [ND 1960], S. 101 [Bayeux], 134 [Coutances], 148 [Évreux], 176 [Liseux], 225 [Rouen], 226 [Sées]). 126 Nach Herval dürfte der Papst das Ausbedingen von Coutances für Brandas Verwandten Giovanni als günstige Gelegenheit betrachtet haben, um auf seinem Reservationsrecht zu bestehen, welches ihm das Basler Konzil hatte absprechen wollen (Trois grands évêques, S. 194). 127 Diesmal wurde seine und Battista da Padovas Kollektur sogar auf England, Schottland, Irland, die „Niederlande“ und das Reich ausgeweitet (ASV, Reg.  Vat.  376, fol.  171v; siehe auch Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 156). – Das Amt eines Kollektors hatte Giovanni di Castiglione bis zum 25. Juli 1445 inne. Zu diesem Zeitpunkt wurde er von Giovanni Obizzi abgelöst (ASV, Reg. Vat. 378, fol. 170v; Reg. Vat. 383, fol. 20v). 128 Branda konnte, nachdem er 1389 seine Studienzeit in Pavia mit dem Erwerb des Doktorgrades in utroque iure abgeschlossen hatte, dort wohl auch deshalb sogleich kanonisches Recht lehren, weil er mit Giovanni di Castigliones Namensvetter, dem späteren Bischof von Vicenza, und Cristofero di Castiglione, dem sogenannten monarca delle leggi, zwei Fürsprecher besaß, die sich beide an dieser Fakultät einen Namen gemacht hatten, der erste als Lehrer des Kirchenrechts, letzterer auf dem Gebiet des ius civile. Da diese einflußreichen Verwandten auch enge Vertraute des 1395 zum Herzog von Mailand ernannten Gian Galeazzo Visconti waren, dürften sie Branda ebenfalls den Weg zum Mailänder Hof geebnet haben. Wahrscheinlich werden sich auch Pietro Pusterla, der einflußreiche Gatte von Brandas Schwester Giovanna, sowie Antonio und Galeazzo Porro, Brandas Onkel mütterlicherseits, die Gian Galeazzo Visconti ebenfalls sehr nahestanden, für ihren Verwandten am Mailänder Hof eingesetzt haben. – Zu Pietro Pusterla, der 1400 an der Pest starb und Branda ein Legat von 50 Goldflorenen hinterließ (ACC, Famiglie Castiglioni, cart. 8, fasc. 2), siehe Cazzani, Il cardinale Branda, S. 73 f.; zu Antonio Porro, den

II.3 Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte

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de, einen Großteil der lombardischen Prälaten an sich zu binden, insbesondere auf seinem großen diplomatischen Geschick. Daß diese meisterlich beherrschte Fähigkeit – in Verbindung mit seinem Charisma, seiner Überzeugungskraft und seiner juristische Kompetenz – Kardinal Branda zum engen Vertrauten der meisten europäischen Herrscher hatte werden lassen, mochte Giovanni di Castiglione beeindruckt, aber auch inspiriert haben. Außerdem wurde ihm deutlich vor Augen geführt, daß die große Bandbreite von Brandas Aktivitäten im Vergleich zu einer einseitigen Festlegung auf einen Herrscher nur von Vorteil sein konnte; dafür brauchte sich Giovanni di Castiglione nur die Aufstiegsmöglichkeiten zu vergegenwärtigen, die dieses weitläufige Netz der Familie Castiglione in den verschiedensten Regionen eröffnete. So konnte der Kardinal etwa die Aufnahme seiner Verwandten in die familia von König Sigismund ebenso erreichen, wie er die Vergabe von Bistümern in der Normandie an seine Familienangehörigen bewirkte.

II.3 „… auf ihm hat all unsere Hoffnung geruht, ohne ihn konnte uns nichts ergötzen und nichts Ruhmvolles geschehen“129 – Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte Am 3. Februar 1443 starb Branda di Castiglione, vom „Fieber und vom Alter angegriffen“, wie es in einem Schreiben des Mailänder Erzbischofs Francesco Pizzolpasso130 an Enea Silvio Piccolomini heißt.131 Aus der von Guarnerio di Castiglione gehaltenen Totenrede wird ersichtlich, als welch tiefen Einschnitt die Gian Galeazzo unter anderem als Gesandten nach Frankreich delegiert hatte, um die Hochzeit zwischen Valentina Visconti und Ludwig von Orléans auszuhandeln, siehe ebd., S. 32 f.; zu Galeazzo Porro ebd., S. 37. – Zu den Nachweisen über den Erhalt von Brandas Doktorwürde sowie dessen Lehrtätigkeit in Pavia siehe Codice diplomatico dell’Università di Pavia, Bd.  I, S. 150 n° 303; S. 151 n° 305; sowie Cazzani, Il cardinale Branda, S. 98; Girgensohn, Castiglione, Branda, S. 69. 129 «Cum enim nos eo privatos viderem, quem nobis natura et affinitas agnatum, caritas patrem benefactoremque constiterat, quem virtus et incredibilis quedam benivolentia omnis nostre dignitatis honoris et status auxiliatorem defensoremque dederat, in quo uno tota spes nostra sita erat, sine quo nihil nobis iocundum, nihil splendidum occurrere poterat» (Totenrede des Guarnerio di Castiglione auf Branda di Castiglione, ed. bei Foffano, Inediti di Guarnerio, S. 698). 130 Zu Francesco Pizzolpasso / Pizolpasso siehe u. a. Tino Foffano, La costruzione di Castiglione Olona in un opuscolo inedito di Francesco Pizolpasso, in: IMU 3 (1960), S. 153–187; Agostino Sottili, Ambrogio Traversari, Francesco Pizolpasso, Giovanni Aurispa. Traduzioni e letture, in: Romanische Forschungen 78 (1966), S. 43–63; Riccardo Fubini, Tra umanesimo e concili. Note e giunte a una pubblicazione recente su Francesco Pizolpasso, in: Studi medievali s. 3, 7 (1966), S. 323–370; Simona Iaria, Tra Basilea e Vienna. Letture umanistiche di Enea Silvio Piccolomini e la frequentazione della biblioteca di Francesco Pizolpasso, in: Humanistica Lovaniensia 52 (2003), S. 1–32. 131 «Vel prope febribus et etate correptus» [ed. in: Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini, Abt. I: Briefe aus der Laienzeit (1431–1445), Bd. I: Privatbriefe, hg. v. Rudolf Wolkan, Wien 1909 (Fontes rerum Austriacarum. Abt. II, Diplomataria et acta 61), S. 132].

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II. Die Anfänge

Familie den Ausfall der Protektion des pater familias empfand,132 der wohl seinem Wunsch gemäß in der Stiftskirche von Castiglione Olona beigesetzt wurde. Gewiß könnte man einwenden, diese oratio – die überdies gewisse Parallelen zu einem Schreiben aufweist, welches Guarnerio 1428 Antonio Riccio, dem Abt von Sant’Ambrogio, zum Tode von dessen Bruder Zanino übermittelt hatte133 – spiegele weniger die Realität wider und sei eine rein rhetorische Darbietung. Wie wenig die Passagen aus dieser Ansprache indes als bloßes „Wortgeklingel“ betrachtet werden können, veranschaulicht der Blick in den Codex des in den Diensten von Zanone di Castiglione stehenden Rolando Talenti.134 Dieser enthält nicht weniger als sieben135 epistolae consolatoriae in obitum Bertrandi de Castigliono.136 Wenn sich somit mehr als ein Siebtel aller noch im Codex verzeichneten Schreiben mit dem Tod des Kardinals befaßt, so ist dies ein klares Indiz dafür, welch große Bedeutung Branda zu Lebzeiten hatte und welch außerordentlichen Verlust sein Ableben für die Familie darstellte.137

132 Bibl. Ambr.,

cod. B 124 sup., fol. 1r ff. (Foffano, Inediti di Guarnerio, S. 695–703). diesen Gemeinsamkeiten siehe Foffano, Tra Padova, Parma e Pavia, S. 34 f.; Cazzani weist zudem auf gewisse Übereinstimmungen zu der epistola consolatoria hin, die Guarnerios Lehrer, Gasparino Barzizza, anläßlich von Zaninos Tod an Francesco Barbavara sandte (Cazzani, Il cardinale Branda, S. 350 Anm. 10). 134 Zu Rolando Talenti siehe oben, Kap. II Anm. 63. 135 Da der Codex (Bayeux, Bibl.  Mun., ms.  5) nur fragmentarisch überliefert ist und vor der ersten Mitteilung über Brandas Tod (fol. 33r), deren Anfang fehlt, zwei ganze Lagen ausgefallen sind, kann nicht ausgeschlossen werden, daß in dem Manuskript ursprünglich noch weitere Schreiben zu diesem Thema enthalten waren. Das zweite ebenfalls unvollständige Stück (Reverendissimo domino cardinali Anglie de eadem materia edita per eundem nomine domini Zanoni Baiocensis episcopi, fol. 33rv) findet sich ediert bei Foffano, Umanisti, S. 31 f. Da auch der Anfang des dritten Briefes (fol. 35r) nicht vorhanden ist, läßt sich dessen Adressat nicht identifizieren. Die vierte epistola (Reverendissimo domino cardinali de Lucembourc [!] de eodem obitu, fol. 35rv) ist an den Erzbischof von Rouen gerichtet, die fünfte an die einflußreichsten Familienmitglieder im Mailänder Raum (Eximiis doctoribus dominis Franchino et Guarnerio de Castiliono de eodem obitu nomine domini Zanoni Baiocensis episcopi per prefatum de Talentis, fol. 35v–36r) und die sechste an den Papst (Sanctissimo domino nostro Eugenio pape IIIIto de eodem obitu per eundem nomine domini Zanoni predicti, fol. 36rv). Die siebte und letzte wiederum wurde an Gerardo Landriani gesandt, für dessen Translation nach Como sich Branda di Castiglione einst sehr verwendet hatte (Reverendissimo domino cardinali Cumiano de eodem obitu, fol. 36v–37r). 136 Der Name Bertrandus für Branda mag dadurch zu erklären sein, daß der Eintrag von einer wesentlich späteren Hand über das erste, fragmentarisch erhaltene Schreiben (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 33r) gesetzt wurde. 137 Zanones eigener Tod hingegen – und dies ist durchaus bemerkenswert, da Rolando Talenti das Manuskript auch nach dem Ableben seines Bischofs weiterführte – wird lediglich in einem einzigen der im Codex überlieferten Briefe thematisiert (siehe hierzu das Schreiben des Rolando Talenti an Cicco Simonetta, den Kanzler des Mailänder Herzogs und Gatten von Zanones Nichte Elisabetta, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 37rv). Aufschlußreich ist ebenfalls der Tenor der entsprechenden epistolae. Während das Cicco Simonetta zugedachte Schreiben in erster Linie Trost spendende Worte zu finden sucht, haben die sich auf den Tod Brandas beziehenden Schriftstücke vielmehr als Bittbriefe zu gelten, als Schreiben, in denen sich der Bischof von Bayeux um die Gunst einflußreicher Protektoren für die Castiglione bemühte. 133 Zu

II.3 Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte

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Zanone selbst sah sich – auch das erfahren wir aus diesen Dokumenten – infolge der desolaten Verhältnisse in der Normandie nicht in der Lage, seine Verwandten finanziell zu unterstützen.138 In der weitläufigen Familie der Castiglione traute der Bischof, wie aus einem weiteren Schreiben ersichtlich wird, lediglich Franchino und Guarnerio zu, die durch den Tod des Kardinals entstandene Lücke ansatzweise schließen zu können.139 Auch von den einst durch das Familienoberhaupt aufgebauten Verbindungen konnten Giovanni und seine Verwandten nur bedingt profitieren: Das Netzwerk war letztlich so eng an die Person des Kardinals geknüpft, daß es sich bald nach dessen Ableben aufzulösen begann. Der Tod Branda di Castigliones war jedoch nicht der einzige „harte Schlag“, den Giovanni di Castiglione hinnehmen mußte. Ebenso schwer dürften die politischen Entwicklungen, die sich während der vierziger Jahre in der Normandie vollzogen, auf ihm gelastet haben. Als Giovanni di Castiglione offiziell am 2.  September  1444 zum Bischof von Coutances erhoben wurde,140 hatten 138 «Ego vero, in quem nonnulli sperare potuissent in hac regione diuturna bellorum continuacione exhausta, parum michi minimum illis fructuosus esse possum. Quapropter ad pedes sanctitatis vestre supplices confugimus humillime et devotissime deprecantes per omnem illam caritatem et amorem, quo parentem olim et alumpnum nostrum complectabatur, ut nos omnes suos nepotes et consanguineos suscipere velit commendatos digneturque observare defuncti memoriam et quem viventem carum habuit, eiusdem stirpis curam non negligat» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 36v). 139 Siehe hierzu das Schreiben Zanone di Castigliones an Guarnerio und Franchino di Castiglione, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 36r. – Mochten die beiden entfernten Zweigen der Familie angehörenden herzoglichen Ratgeber aber – laut Zanone – auch noch so viele Qualitäten besitzen (Ebd., fol. 36r), schon allein die Tatsache, daß es der Bischof von Bayeux als nötig erachtete, sich mit einem Schreiben an zwei Verwandte gleichzeitig zu wenden, spricht dafür, daß jeder einzelne für sich betrachtet bei weitem nicht über das Potential eines Branda verfügte. – Zu Guarnerio und Franchino di Castiglione siehe oben, Kap. II Anm. 47 f. 140 «Nobilis Mediolanensis Johannes, sedis apostolicae protonotarius, iure reservationis fit episcopus ab Eugenio IV per obitum Egidii, IV nonas Septembris 1444» (GC XI, S. 892). In den Lateranregistern wird Giovanni erstmals am 2.  September  1444 als electus geführt (ASV, Reg. Lat. 410, fol. 170r). Den Supplikenregistern ist zu entnehmen, daß die «promotio ad ecclesiam Constantiensem» am 4. September 1444 erfolgte (ASV, Reg. Suppl. 398, fol. 290v). – Zwischen dem 6. und 11. September 1444 zahlte Giovanni di Castiglione für die Diözese Coutances knapp 663 Florenen (ASV, Cam. Ap., OS 63 A, fol. 12v). – Möglicherweise gerierte sich Giovanni di Castiglione jedoch schon vor September, vielleicht sogar schon in den letzten Lebensmonaten seines am 29. Juli 1444 verstorbenen Vorgängers, Gilles de Duremont, als Bischof von Coutances. Sollte die Schilderung von Prévost zutreffen, so nahm Giovanni di Castiglione bereits am 26. Juli 1444 als Bischof von Coutances an dem Festakt teil, bei dem Raoul Roussel als neuer Erzbischof von Rouen in der Metropole Einzug hielt [Castiglione, Jean, Sp. 1389; siehe auch René Toustain de Billy, Histoire ecclésiastique du diocèse de Coutances, Bd. II, hg. v. François Dolbet, Rouen 1880 (Société de l’histoire de Normandie 6), S. 265]. – Zur Diözese Coutances siehe u. a. Claude Laplatte, Le diocèse de Coutances, Coutances u. a. 1942 (Collection d’histoire des diocèses de France. Province de Rouen); Gilles Désiré dit Gosset, Les chanoines du chapitre cathédral de Coutances, in: Revue de la Manche 41 (1999), S. 17–40; Ders., Origines, S. 195–213; Ders., Les Italiens à l’évêché et au chapitre de Coutances au XVe  siècle, in: Mariella Colin/ François Neveux  (Hg.), Les Italiens en Normandie, de

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II. Die Anfänge

die Erfolge seiner Familie in der Normandie den Zenit bereits überschritten. Die zunehmende Zahl an Niederlagen der Engländer hatte in der Normandie, dem englischen Kerngebiet, ihre Spuren hinterlassen. Auch wirkte sich nunmehr – nach dem Tode Heinrichs V., Bedfords und Beauforts – das Fehlen der großen englischen Führungspersönlichkeiten immer stärker aus. Es gelang nicht mehr, die strukturelle Überlegenheit Frankreichs in dem nun knapp hundert Jahre währenden Krieg weiterhin auszugleichen. Als Giovanni di Castiglione im September 1444 sein Bistum übernahm, sah es zunächst so aus, als habe sich die Lage der durch die vermehrten Gebietsverluste zu Beginn der 40er Jahre sehr in Bedrängnis geratenen Engländer etwas stabilisiert. So war im Sommer 1444 – zur Erleichterung der Castiglione141  –  eine Waffenruhe geschlossen worden, und überdies hatte man Vorbereitungen für die Vermählung von Heinrich VI., dem englischen König, mit der Nichte des französischen Königs Karl  VII. eingeleitet,142 doch war diese vermeintliche Ruhephase nicht von allzu langer Dauer. Die Erkenntnis, daß der von ihm eingeschlagene Weg sich in Anbetracht der politischen Entwicklungen als Sackgasse erweisen könnte, und die Orientierung an seinem großen Vorbild, Branda, der als guter Diplomat keine einseitige Bindung einging, mögen dafür ausschlaggebend gewesen sein, daß auch Giovanni di Castiglione schon früh eine gewisse „Zweigleisigkeit“ anstrebte. Zwar versuchte er, sich als loyaler Gefolgsmann der Engländer darzustellen,143 um die l’étranger à l’immigré [Actes du Colloque de Cerisy-la-Salle, 8–11 X 1998], Caen 2000 (Cahier des Annales de Normandie 29), S. 117–125. 141 Wie sehr die Kampfpause insbesondere vom italienischen Kreis um Zanone di Castiglione begrüßt wurde, zeigt sowohl die von Rolando Talenti verfaßte Denkschrift über die Vorzüge des Friedens [Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 6r–13r, ed. bei Denifle, Désolation, Bd. I, S. 532 ff. und in: Foffano, Charles d’Orléans, S. 461 ff.] als auch eine uns nur fragmentarisch überlieferte Rede aus der Feder Rolandos, in der dieser die christlichen Fürsten 1444 zum Waffenstillstand beglückwünschte (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 70r–71v). 142 Giovanni di Castiglione gehörte der Eskorte an, die 1445 nach Nancy gesandt wurde, um Margarete von Anjou, die Nichte Karls VII. und Braut Heinrichs VI., in Empfang zu nehmen und nach England zu geleiten (siehe hierzu Gaston Du Fresne de Beaucourt, Histoire de Charles VII, Bd. IV: L’expansion de la royauté 1444–1449, Paris 1888, S. 92 ff.; Mols, Castiglione, Giovanni, Sp. 1446; Gosset, Italiens, S. 50). – In Nancy wohnte Giovanni di Castiglione im Frühjahr 1445 auch der Heirat von Jolande von Anjou mit Ferry de Vaudémont bei (Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 156). – Möglicherweise stand er in diesem Jahr seinem Verwandten Zanone gleichfalls zur Seite, als dieser sich zu Karl VII. begab, um die Heirat zwischen Edward von York und Johanna, der Tochter des französischen Königs, auszuhandeln. Auch dürfte Giovanni di Castiglione 1445 zusammen mit Zanone an der Provinzialsynode von Rouen teilgenommen haben. 143 Gosset gilt Zanone als «serviteur zélé du pouvoir anglais» (Italiens, S. 50). Auch unterstreicht Gosset nachdrücklich die ausgezeichneten Beziehungen, in denen Giovanni di Castiglione zu den Engländern stand (Ebd., S. 50). – Georgette de Groër beschreibt Giovanni di Castiglione etwas vorsichtiger als «homme de confiance des autorités anglaises» [La formation de Thomas Basin en Italie et le début de sa carrière, in: BECh 142 (1984), S. 271–285, hier: S. 283]. – Hervals Annahme, daß Giovanni di Castiglione dem Papst gerade deshalb als geeigneter Kandidat für das Bistum Coutances erschien, weil er keinen den Engländern allzu treu ergebenen Diener als normannischen Bischof eingesetzt wissen wollte (Trois grands évêques,

II.3 Der Tod des pater familias und andere gravierende Einschnitte

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Karriereleiter in englischen Diensten so weit wie möglich emporzusteigen – und so erreichte er es, daß er 1446 zum Mitglied des königlichen Rates erhoben wurde144  –, doch pflegte er, der eine allzu enge Bindung an seine Diözese mied,145 auch stets seine Kontakte zur Kurie. Augenscheinlich ist es ihm sogar gelungen, von Eugen IV. mit geheimen, nicht näher bezeichneten Missionen betraut zu werden.146 Auch nach dem Tod Eugens IV. vermochte es Giovanni S. 194), scheint indes zweifelhaft. Angesichts der Situation in der Normandie dürfte der Papst kaum ernsthaft in Erwägung gezogen haben, Giovanni di Castiglione werde in der Lage sein, „unparteiisch“ zu agieren, zumal Eugen IV. bekannt gewesen sein müßte, daß nicht nur Kardinal Branda und Zanone über gute Kontakte zum englischen Königshof verfügt hatten, sondern auch Giovanni di Castiglione selbst in außerordentlich guten Beziehungen zu den Engländern stand. Die verhältnismäßig „neutrale“ Position der Italiener, die einst Branda di Castiglione zu seinem Bistum in Lisieux verholfen hatte, dürfte nach zwei Jahrzehnten der bewährten Kooperation mit den Engländern kaum noch bestanden haben. 144  In dieser Funktion bereiste er im September – wie aus einer Quittung vom 21. November 1446 hervorgeht – die Normandie, um die drei Stände der Normandie zu versammeln: «pour avoir leur advis au fait, entretenue et conduitte des affaires de la seigneurie du roy [d’Angleterre] pour ceste presente année» [BNF, ms. fr. 20882, n° 64, erwähnt in: Léopold Delisle, Actes concernant les évêques de Coutances et d’Avranches conservés dans les collections de Gaignières [B. N. Paris], in: Annuaire du département de la Manche 65 (1893), S. 14 f. – Diesen Hinweis verdanke ich Christian Kleinert (Frankfurt / Main)]. 145  Toustain de Billy ist der Ansicht, Giovanni di Castiglione habe seine Diözese nie betreten: «Je n’ai vu jusqu’à présent aucune marque ni aucun monument qui nous ait pu faire connaître qu’il soit venu à Coutances et qu’il y ait fait aucune fonction épiscopale» (Histoire ecclésiastique, S. 265; vgl. auch Herval, Trois grands évêques, S. 194). Gosset hat dies jedoch inzwischen widerlegt: Ihm zufolge hat Giovanni di Castiglione in den Jahren 1445 und 1446 wenigstens viermal seine Diözese zumindest für kurze Zeit aufgesucht (Gosset, Italiens, S. 50; GC XI, S. 892). Während seiner Abwesenheit ließ sich Giovanni di Castiglione von seinem Vikar Guillaume de Varroc vertreten (siehe hierzu etwa ASV, Reg. Suppl. 403, fol. 242r). – In dem Verzicht auf ein Residieren in Coutances unterschied sich Giovanni di Castiglione im übrigen wenig von seinen Vorgängern, Philibert de Montjeu und Gilles de Duremont, denn auch diese hatte man nur selten in ihrer Diözese antreffen können – den ersten, weil er auf dem Konzil von Basel eine vorrangige Rolle spielte und durch die Verhandlungen, die er in Böhmen und Mähren führte, in Anspruch genommen war; den zweiten, weil er es vorzog, im Priorat von St-Lô, einer Enklave der Kirche von Coutances in Rouen, zu residieren [Claude Laplatte, Coutances, in: DHGE 13 (1956), Sp. 979; konkret zu Philibert siehe auch Christian Kleinert, Philibert de Montjeu  (ca.  1374–1439). Ein Bischof im Zeitalter der Reformkonzilien und des Hundertjährigen Krieges, Ostfildern 2004 (Beih. der Francia 59)]. Vermutlich hatte sich auch Giovanni di Castiglione in Rouen niedergelassen. Eine Schilderung des damaligen Rouen liefert u. a. Adolphe Chéruel, Histoire de Rouen sous la domination anglaise au quinzième siècle, Rouen 1840 [ND Genf 1976; Marseille 1977; Péronnas 1996]; siehe auch Jean François Pommeraye, Histoire de l’Église cathédrale de Rouen métropolitaine et primatiale de Normandie, Rouen 1686; François Farin, Histoire de la ville de Rouen, Rouen 1731. 146 Zumindest wurde dem ehemaligen Kollektoren am 23. Dezember 1446 die Zahlung von gut 447 Florenen erlassen «pro nonnullis negotiis segretis per suam sanctitatem eidem domino episcopo olim collectori commissis et impositis et per ipsum executioni demandatis cum expositione dictorum florenorum ac ex nonnullis aliis certis legitimis et rationabilibus causis ad id animum sue sanctitatis moventibus» (ASR, Fondo Camerale I, 1122, fol. 94r). – Zu dieser Zahlung von 447 fl., 37 sol. und 6 den. siehe Schuchard, Die päpstlichen Kollektoren, S. 57.

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II. Die Anfänge

di Castiglione, sich sehr schnell mit dem neuen Papst zu arrangieren: Während Zanone di Castiglione sich damit begnügte, Nikolaus  V. per Brief zu dessen Pontifikatsantritt zu beglückwünschen,147 wußte Giovanni di Castiglione 1447 aus seiner Funktion als „Konservator der Privilegien der Universität Caen“148 Nutzen zu ziehen und reiste als Beauftragter des Königs nach Rom, um dem Pontifex ein Gesuch für die Bestätigung der Privilegien der Universität Caen zu unterbreiten.149 Wahrscheinlich stand Giovanni di Castiglione noch der Erfolg vor Augen, den er einst durch seine Rede bei Eugen IV. hatte erringen können und durch den letztlich der Beginn seiner eigenen Karriere eingeleitet worden war. So hoffte der Bischof von Coutances wohl, er würde den humanistisch gebildeten Nikolaus  V. durch eine eindrucksvolle Rede für sich einnehmen können.150 Vermutlich glückte dieser Plan, denn nach Giovanni di Castigliones Besuch in Rom verstrichen nur etwas mehr als zweieinhalb Jahre, bis der Bischof von Coutances der Normandie 1450 endgültig den Rücken kehrte und sich an der Kurie niederließ.

147  «Ad sanctissimum dominum nostrum Nicolaum papam quintum epistola congratulatoria de eius assumpcione per eundem de Talentis edita nomine domini Zanoni Baiocensis episcopi predicti» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 50v–53v). 148 Diese Funktion hatte der Bischof von Coutances laut den Statuten vom 17. Mai 1439 gemeinsam mit dem Bischof von Lisieux inne (vgl. Bourmont, La fondation, S. 41). 149 Der Brief, den der englische König an die Universität Caen schrieb, um diese von der Mission des Giovanni di Castiglione in Kenntnis zu setzen, läßt aufgrund des Verbes se disposer erahnen, daß sich der Bischof von Coutances selbst dazu erboten hatte, sich an die Kurie nach Rom zu begeben, um den neuen Pontifex um die Bestätigung der Privilegien zu ersuchen: «Tres chiers et bien amez, les choses par vous enchargees et baillees en escript pour les exposer a nous et a nostre conseil, a maistre Jehan Bridon, l’un de voz suppostz, touchans le bien, continuacion et augmentacion de nostre tres chiere et tres amee l’Universite de Caen, avons au long entendues, et pour la tres grant affection que avons au bien et entretennement de la ditte Universite, comme raison est, je pieça estions disposez d’envoyer propre messaige et d’en escripre moult affecteusement devers feu nostre saint Pere le pape Eugene darain trespasse, par le trespassement duquel la chose a este delayee jusques a present que reverend pere en Dieu nostre ame et feal conseiller, l’evesque de Coutances, se dispose d’aller visiter la court de Romme et la personne de nostre saint Pere qui de present est, auquel nostre conseiller envoions presentement certaines charges et instructions par escript esqueles le fait de la dite Université est declaire bien au long, pour les exposer et en faire requeste bien affectueusement a nostre dit saint Pere. Donne sous nostre signet en nostre palais à Westminster le XXIe jour de juing l’an XXVe de noz regnes» (ed. bei Bourmont, La fondation, S. 256). – Auch in der Gallia Christiana heißt es: «Ab Henrico VI Anglorum rege missus est anno 1447 ad summum pontificem ad versus commendas aliasque ejusmodi beneficiorum dispensationes» (GC XI, S. 892). 150 Zum Vorbild gereichte ihm dazu gewiß Branda di Castiglione, dem es, wie bereits erwähnt, einst im November 1389 mit einer nachhaltigen Ansprache – in der er Bonifaz IX. gebeten hatte, dem studio pavese alle Privilegien zu gewähren, derer sich auch die theologischen Fakultäten von Paris und Bologna erfreuten – gelungen war, großen Eindruck zu hinterlassen. Branda hatte damals so überzeugt, daß Bonifaz IX. sich unmittelbar seiner Dienste zu versichern wünschte (siehe hierzu oben, Kap. II S. 42 f.).

II.4 Die allmähliche Abkehr von der Normandie

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II.4 „… mein Herz schlägt mit großer und mannigfaltiger Sorge für das Vaterland“151 – Die allmähliche Abkehr von der Normandie Giovanni di Castiglione war realistisch genug, um zu erkennen, daß seine Zukunftsaussichten in der von den Franzosen zurückeroberten Normandie nicht eben ermutigend waren.152 Da er sich bis zuletzt für die Engländer verwendet hatte,153 konnte er sich ausrechnen, daß sich für ihn  –  nachdem Coutances am 13. September 1449, nach dreitägiger Belagerung, wieder in die Hand der Franzosen gefallen war – dort keine weitere Karrieremöglichkeit bieten würde. Zwar hob Karl VII., nachdem Giovanni di Castiglione am 3. November 1449 seinen Treueschwur abgelegt hatte,154 die zuvor erfolgte Konfiszierung der Güter des Prälaten auf,155 auch war der Bischof von Coutances am 10. November 1449 zugegen, als der siegreich aus der Auseinandersetzung mit England hervorgegangene Karl VII. feierlich in Rouen einzog, doch dürfte Giovanni di Castiglione sich keine Illusionen über seinen künftigen Stellenwert gemacht haben. Sein etwas älterer Verwandter Zanone di Castiglione, der beim Einzug des französischen Königs in Rouen ebenfalls anwesend war,156 hoffte indes, nicht zuletzt weil er 151 «cum multiplex et varia sollicitudo patrie pulsaret animum meum» (Rolando Talenti an die Stadt Mailand, Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 107bis r). 152  Zur Rückgewinnung der Normandie siehe u. a. Louis Duval, La libération du territoire normand sous Charles VII, Alençon 1894; Victor Hunger, Le siège et la prise de Caen par Charles VII en 1450, Paris 1912; Jean Lesquier, La reddition de 1449, in: Études lexoviennes 1 (1915), S. 19–56; Roger Jouet, La ville «anglaise» et la réadaptation au royaume (1417–1483), in: Gabriel Désert (Hg.), Histoire de Caen, Toulouse 1981 (Pays et villes de France), S. 94– 113; Ders., … et la Normandie devint française, Paris 1983 [ND 2004]; Allmand, Lancastrian Normandy (wie oben, Kap.  II  Anm. 62); Philippe Contamine, Le recouvrement par Charles VII de son pays et duché de Normandie (15 mai 1449 – 12 août 1450), in: La Normandie au XVe siècle. Art et histoire, S. 17–23. 153 Giovanni di Castiglione hatte noch wenige Tage vor der Einnahme der Metropole an der in Rouen abgehaltenen Sitzung des großen Rates teilgenommen. Vgl. Thomas Basin, Histoire des règnes de Charles VII et de Louis XI, hg. v. Jules Quicherat, Bd. IV, Paris 1859 (Société de l’Histoire de France 29), S. 343; [neuere Ausgabe: Historiae de rebus gestis temporibus Caroli VII et Ludovici XI Francorum regum (lat. u. franz.), hg. v. Charles Samaran u. a., Paris 1963–1972]; Mols, Castiglione, Giovanni, Sp. 1446. 154 Davon, daß es Giovanni di Castiglione damit „eilig“ gehabt hätte, Karl  VII. als König anzuerkennen, kann indes – da zwischen dem Fall von Coutances und dem Ableisten des Treueschwures am 3. November 1449 mehr als eineinhalb Monate verstrichen – keine Rede sein, auch wenn man solches bei Herval (Trois grands évêques, S. 194) und Mols (Castiglione, Giovanni, Sp. 1446) liest. 155 Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 156. 156 Neben Giovanni und Zanone di Castiglione war auch Thomas Basin, der Bischof von Lisieux, bei diesem Festakt zugegen; siehe hierzu den von Mazure publizierten Augenzeugenbericht in der Revue anglo-française 3 (1835), S. 115–117, sowie Du Fresne de Beaucourt, der in seiner Histoire de Charles VII (Bd. V: Le roi victorieux. 1449–1453, Paris 1890, S. 20, 24) allerdings den Bischof von Évreux und nicht Zanone di Castiglione als Anwesende anführt. Zanone di Castiglione nahm auch am 13. Dezember 1449 an der von dem Kanzler Guillaume Juvénal des Ursins geleiteten Untersuchung über die Einnahme von Fougères teil. Zu diesem Ereignis, das zum Wiederaufflammen des Krieges zwischen England und Frankreich geführt

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II. Die Anfänge

weitaus stärker in der Normandie verwurzelt war,157 der König werde sich den „ehemaligen Helfern der Krone“ nicht verschließen. Zumindest versuchte er, seine frühere Parteinahme vergessen zu machen, indem er am 12. August, zum Jahrestag des Sieges Karls  VII. über Cherbourg,158 der als kriegsentscheidend betrachtet wurde, gemeinsam mit dem Kapitel von Bayeux eine große Feier ausrichten159 und seinen Sekretär Rolando Talenti zu diesem Anlaß eine Hymne zum Lobe Karls  VII. schreiben ließ.160 Giovanni di Castiglione bemühte sich offensichtlich nicht, Vergleichbares zu initiieren. Er sah wohl, daß durch den Machtwechsel die Zeiten, in denen Bayeux ein bedeutender kultureller italienischer Hof gewesen war, dem Ende entgegengingen. In der Tat wurde Zanone di Castiglione in den fünfziger Jahren mit keinen wichtigen Aufträgen und politischen Missionen mehr betraut.161 Im Gegenteil sah er sich mit einer Verleumdungskampagne konfrontiert, wie wir einem Brief entnehmen können, in dem Rolando Talenti 1452 Kardinal Estouteville162 bat, sich während seines Aufenthaltes in Rom bei Nikolaus  V. für den wegen der üblen Nachrede diskreditierten Bischof von Bayeux einzusetzen.163 Ohnehin wird man davon ausgehen können, daß Giovanni di Castiglione schon seit einiger Zeit die politischen und militärischen Vorgänge mit Skepsis verfolgt und auch die Niederlage der Engländer als Möglichkeit einkalkuliert hatte. Wegen seiner zahlreichen Verwandten in der Normandie sah er sich wohl genötigt, bis zur Niederlage der Engländer in dieser Region auszuharren und sich schließlich Karl  VII. zu beugen. Hält man sich vor Augen, mit welcher und auch letztlich den französischen Sieg eingeleitet hatte, siehe Craig Taylor, Brittany at the French Crown. The Legacy of the English Attack upon Fougères (1449), in: John Maddicott/ David Palliser (Hg.), The Medieval State. Essays presented to James Campbell, London u. a. 2000, S. 243–257. – Zu diesem Sieg siehe auch das Memoriale reductionis ducatus Normanie facte per serenissimum regem Karolum septimum, et institucio diei festi editum ab eodem de Talentis nomine domini episcopi Baiocensis et capituli eiusdem (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 53v–54r). 157 Giovanni di Castiglione hatte zu dem Zeitpunkt, als die Normandie von den Franzosen eingenommen wurde, gerade fünf Jahre seinem Bistum vorgestanden. Zanone, der bereits 1424 die Diözese Lisieux übernommen hatte, war indes seit fünfundzwanzig Jahren als Bischof in der Normandie tätig. 158 Zur Bedeutung Cherbourgs siehe André Plaisse, Cherbourg durant la guerre de Cent Ans, in: La Normandie dans la guerre de Cent Ans, S. 23–25. 159 Diese Feier beging man in Bayeux bis zur Julirevolution von 1830. Siehe hierzu Jacques Laffetay, Essai historique sur l’antiquité de la foi dans le diocèse de Bayeux et le culte de quelques saints récemment introduits dans le calendrier liturgique de ce diocèse, Bayeux 1861, S. 136 ff.; [Abbé] Le Mâle, La fête commémorative de la délivrance de la Normandie en 1450, in: Baiocana 3 (1911), S. 51–58. 160 Memoriale (wie Anm. 156), fol. 53v–55v. 161 «D’ailleurs Zanon n’intervient plus dans les grandes affaires politiques. Pas d’ambassade, pas de mission importante» (Mahieu, Deux évêques, S. 199). – Auch Heribert Müller geht davon aus, daß „der alte Bischof aus dem ehemals lancastrischen Frankreich […] von Karl VII. nichts mehr zu erwarten hatte“ [Kreuzzugspläne und Kreuzzugspolitik des Herzogs Philipp des Guten von Burgund, Göttingen 1993 (SHKBAW 51), S. 52 Anm. 10]. 162 Zu diesem siehe unten, Kap. IV Anm. 3. 163 Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 108v–109v.

II.4 Die allmähliche Abkehr von der Normandie

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Raffinesse und Flexibilität Giovanni di Castiglione später agierte, so läßt sich vermuten, daß der Prälat gewiß schon früher ins Lager der Franzosen übergewechselt wäre, wenn nicht die Befürchtung bestanden hätte, daß seine Angehörigen164 die Konsequenzen seiner Entscheidung hätten tragen müssen und erheblichen Repressalien ausgesetzt worden wären.165 Auch als Giovanni di Castiglione, nicht zuletzt in Anbetracht des durchaus mit der Ablehnung des Fremden verbundenen neuen französischen Selbstbewußtseins,166 für sich entschieden hatte, die Normandie zu verlassen und sich nach Italien zu begeben, vergaß er die Verwandten nicht. Mitnehmen konnte er sie zu diesem Zeitpunkt nicht, da er erst selbst seinen Platz in der italienischen Welt finden mußte und ihm kaum materielle Mittel zur Verfügung standen. Doch 164  Wie sehr Giovanni di Castiglione um das Wohlergehen seiner Angehörigen bemüht war, zeigt etwa das Beispiel seines Verwandten Guglielmo di Castiglione, eines Bakkalaureus in utroque iure, dessen Anwesenheit sich seit 1436 in der Normandie nachweisen läßt und dem Giovanni 1444 sein Kanonikat in Rouen übertrug (Rouen, ADSM, G 2133, fol. 144v). 1446, ein Jahr nachdem Guglielmo erstmals als Kanoniker in Bayeux bezeugt ist, trat er ihm auch sein Archidiakonat in Bayeux ab. Dieses Archidiakonat des Veys hatte Guglielmo di Castiglione dann bis 1454 inne (siehe hierzu Gosset, Italiens, S. 51; Ders., Origines, S. 205 Anm. 75; Fasti Ecclesiae Gallicanae, Bd. II: Diocèse de Rouen, S. 193 n° 92; Vincent Tabbagh, Le clergé séculier du diocèse de Rouen à la fin du moyen âge 1359–1493 [Lille, thèse de doctorat, 1994], S. 894; zu Guglielmo siehe auch unten, Kap. IX Anm. 318). Auch die Tatsache, daß Guiniforte Visconti, der Sohn von Zanones Schwester Caterina, sich zu erfahren bemühte, ob Zanone und Giovanni di Castiglione ihm wohlgesinnt seien, mag für sich sprechen. Der Sekretär des Bischofs von Bayeux beantwortete diesen, uns nicht überlieferten Brief Guinifortes im Hinblick auf Zanone folgendermaßen: «Ceterum ut ad ea que queris paucis respondeam: scito reverendum in Christo patrem dominum nostrum Baiocensem pluries, dum ocio vacaret, mecum de te verba fecisse, qui, ut plane concipio, te singularissime diligit et carissimum habet. Nec mirum: es sua caro! Meo iudicio si quid ab eo impetraturus es non eges cuiuspiam intermedio […]» (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 107rv, ed. bei Foffano, Rapporti tra i Castiglioni, S. 349). – Interessant ist auch eine Charakterisierung, die Rolando Talenti dem Neffen Zanones über Giovanni di Castiglione gab: So schrieb er, zwar habe er die Meinung des Bischofs von Coutances noch nicht einholen können, er sei sich aber aufgrund von Giovannis gütiger und leutseliger Art sowie von dessen Verehrung der virtus recht sicher, daß dieser Guiniforte sehr großes Wohlwollen entgegenbringe: «Alterius vero domini Constanciensis, ne te vana spe deludam, nondum voluntatem investigavi, sed non ambigo quin optimi sit erga te animi: est enim suapte natura benignus et affabilis ac singularis virtutum cultor; preterea, ut nosti, tibi affinitate propinquus. Dabo operam ut oportunitatem temporis nanciscar, et qualis sit erga te voluntas diligenter investigabo» (Ebd.). – An Guiniforte Visconti hatte Rolando Talenti übrigens noch ein weiteres (bislang noch nicht ediertes) Schreiben über die Vorteile der Wissenschaft gesandt (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 104rv), siehe hierzu oben, Kap. II Anm. 54. 165 Zanone di Castiglione bekam derartige Folgen zu spüren, denn als er den Frontwechsel vollzog und Karl VII. in Rouen empfing, war Bayeux noch in englischer Hand. Die englischen Anhänger in Bayeux stürmten, als sie von Zanones Vorgehen erfuhren, seine Residenz und plünderten diese (vgl. Mahieu, Deux évêques, S. 163). 166 Zu diesem neuen französischen Bewußtsein siehe u. a. Claude Rossignol, Le patriotisme de la Normandie pendant l’invasion anglaise: première moitié du XVe siècle, in: L’Investigateur. Journal de la société des études historiques 38 (1872), S. 24–37; Josette Wisman, L’éveil du sentiment national au Moyen Âge. La pensée politique de Christine de Pisan, in: RH 257 (1977), S. 289–297.

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II. Die Anfänge

bevor er der Normandie den Rücken kehrte, leitete er wohl gewisse „Schutzmaßnahmen“ in die Wege, die für eine finanzielle Absicherung seiner Angehörigen auch nach seinem Weggang sorgen sollten. So konnten sich die Castiglione noch verhältnismäßig lange in Coutances halten.167 Bis in die späten siebziger Jahre, das heißt bis zu einem Zeitpunkt, da der Tod von Giovanni di Castiglione († 1460), schon über ein Jahrzehnt zurücklag,168 vermochten etwa Giovanni Terzago, ein Verwandter Zanones mütterlicherseits,169 Branda der Jüngere170 sowie Guglielmo und Piero di Castiglione171 ihre Pfründen zu bewahren.172 In Rouen hingegen, 167  Wenn die Integration der Italiener in Coutances  –  auch nach der Rückkehr Giovanni di Castigliones in die italienische Staatenwelt – reibungslos verlief, so mag dies darauf zurückzuführen sein, daß der Bischof, der sich zuvor nur selten in seiner Diözese aufgehalten hatte, sich das Wohlwollen der einheimischen Kleriker dadurch erhalten hatte, daß er diesen die wichtigsten Positionen zuerkannt hatte. So ist es sicher als wohlgeplanter Schachzug zu betrachten, daß Giovanni di Castiglione keinen Mailänder, sondern den Franzosen Guillaume de Varroc zu seinem Generalvikar ernannte (siehe dazu auch oben, Kap. II Anm. 145). 168  Zanone di Castiglione war bereits 1459 gestorben. 169  Giovanni Terzago ist – wie Gosset nachgewiesen hat –, von einem Intervall von März 1469 bis November 1471 abgesehen, bis zum 22. Juli 1478 in Coutances belegt. Seine Pfründe in Coutances wurde erst zwei Jahre später, am 12.  April  1480, wieder eingezogen (DCC  III, unter dem Datum des 12. April 1480); zwei weitere Jahre verstrichen wiederum, bis Giovannis Nachfolger diese Pfründe für sich in Anspruch nehmen konnte (DCC III, unter dem Datum des 12. Juli 1482). War Giovanni Terzago auch anfangs wohl recht kränklich und mußte in den sechziger Jahren mehreren Versammlungen aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben, so zählte er doch, wie Gosset nachdrücklich unterstreicht, „zum kleinen harten Kern der Kanoniker, die regelmäßig am Leben des Kapitels teilnahmen“. Selbst 1473, als die Pest in Coutances wütete und viele Kanoniker die Stadt fluchtartig verließen, soll Giovanni – wie Gosset ebenfalls zu berichten weiß – standhaft ausgeharrt haben (Origines, S. 206 Anm. 82; Ders., Italiens, S. 51). 170 Branda der Jüngere war in der Kathedrale nicht nur Kanoniker, sondern bekleidete auch mit dem Archidiakonat die zweithöchste Dignität des Kapitels. Wie wir den leider erst seit dem 23. August 1464 erhaltenen registres de délibérations entnehmen können, blieb er bis zum 9. Februar 1465 nur elf der sechzig Versammlungen in Coutances fern (Gosset, Italiens, S. 51); weiteres zu Branda dem Jüngeren auch unten, Kap. II Anm. 174 f. 171 Guglielmo di Castiglione, der bis 1477 eine Pfründe in Coutances innehatte, wohnte noch am 14. und 19. Februar 1477 zwei Versammlungen des Kapitels von Coutances bei (siehe hierzu Gosset, Italiens, S. 51; DCC III, unter dem Datum des 14. und 19. Februar 1477). Kurze Zeit später scheint er entweder verstorben oder endgültig in die patria zurückgekehrt zu sein, wurde doch im Oktober dieses Jahres seine Pfründe für vakant erklärt und  –  trotz des Einspruches seines gleichfalls in der Normandie lebenden Angehörigen, des bereits erwähnten Giovanni Terzago – Georges du Meny Peny, dem Generalvikar von Giuliano della Rovere, übertragen (Gosset, Italiens, S. 51; DCC III, unter dem Datum des 17. und 30. Oktober 1477). – Bis zum Juli 1477 war auch der an der Universität von Caen lehrende Piero di Castiglione Kanoniker in Coutances (Gosset, Italiens, S. 51; Ders., Origines, S. 205 Anm. 77). Ob Piero di Castiglione an der Pest verstarb, die seit 1473 in Caen grassierte und 1477 einen ersten Höhepunkt erreichte, oder ob ihm die Pfründe entzogen wurde, weil er in seine patria zurückzukehren beschlossen hatte, ist unklar. 172 Wie lange der seit 1454 an der Universität von Caen immatrikulierte Student Francesco di Castiglione indes in Coutances blieb, ist unbekannt. Auch weiß man nicht, wie lange sich Antonio di Castiglione, der 1456 über eine maison canoniale in Coutances verfügte, in der Normandie aufhielt. – Zu letzteren beiden siehe Gosset, Italiens, S. 51; Ders., Origines, S. 205 Anm. 76; Foffano, Umanisti, S. 13 f.

II.4 Die allmähliche Abkehr von der Normandie

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wo sich das durch den Sieg über die Engländer neu gewonnene französische Selbstbewußtsein ausgeprägter als in der restlichen Normandie manifestierte,173 waren – dies sei nur als Vergleichsgröße genannt – die letzten Italiener bereits zu Beginn der fünfziger Jahre aus dem Erzbistum gedrängt worden.174 Und selbst in Bayeux, wo Zanone di Castiglione bis zu seinem Tod 1459 wirkte, war die italienische Gruppe offenbar schließlich so machtlos, daß sie nicht einmal den Versuch unternahm, Branda dem Jüngeren die Diözese Bayeux zu sichern, der das Bistum gern als Nachfolger seines Onkels übernommen hätte.175 Die Ankunft auf der italienischen Halbinsel bedeutete für Giovanni di Castiglione im wahrsten Sinne des Wortes den Eintritt in eine neue Welt, in der 173  «Peut-être faut-il voir là l’expression d’une forme de nationalisme et peut-être de gallicanisme, développée davantage à Rouen qu’ailleurs dans la province» (Gosset, Italiens, S. 51). 174  1451 verließ Branda der Jüngere di Castiglione das Kapitel. Er hatte 1438 seine Pfründe in Rouen – welche ihm (ebenso wie seine Pfründe in Coutances) über eine Expektative zugesichert worden war (Rouen, ADSM, G 2133, fol. 10v) – durch einen Prokurator in Empfang nehmen lassen. Im Dezember  1446 war Branda in das Kapitel eingeführt worden (Rouen, ADSM, G 2133, fol. 170v). Im April 1451 hatte er an einer Versammlung des Kapitels teilgenommen (Fasti Ecclesiae Gallicanae, Bd. II: Diocèse de Rouen, S. 165 n° 91; Tabbagh, Le clergé, S. 893; Gosset, Italiens, S. 51), ansonsten sich jedoch nur selten in der Metropole aufgehalten. So dürfte es ihm nicht schwergefallen sein, seine Pfründe im Dezember 1451 mit Nicolas Gaillart gegen eine Pfründe in Utrecht zu tauschen (Rouen, ADSM, G  2134, fol.  53r). Zu diesem Tausch siehe auch Tabbagh, Le clergé, S. 893, sowie RG VI / I, n° 567: mit einem Verweis auf zwei Dokumente vom 10. Dezember 1451 (ASV, Reg. Suppl. 456, fol. 114v f.; Reg. Lat. 472, fol. 145v ff.). – Hinsichtlich der Pfründe des Guglielmo di Castiglione hatten sich ebenfalls schon seit längerem Schwierigkeiten abgezeichnet: So heißt es in der Gallia Christiana etwa unter Verweis auf den 14.  Februar  1449  (1450): «[Johannes Castilionis] litem habuit cum Johanne du Bec pro praebenda in ecclesia Rotomagensi, quam Guillelmo de Chatillon super Matronam contulerat archiepiscopus Rotomagensis […]» (GC XI, S. 892). Da Guglielmo di Castiglione jedoch nicht rechtzeitig reagierte, wurde ihm die Pfründe in Rouen, nachdem Jean du Bec einen Prozeß gegen ihn angestrebt hatte, gemäß dem vom Pariser Parlement gefällten Urteil 1452 entzogen (Rouen, ADSM, G 2134, fol. 209r). Zu dem verlorenen Prozeß und der Pfründe, die Jean du Bec zugesprochen wurde, siehe auch Fasti Ecclesiae Gallicanae, Bd. II: Diocèse de Rouen, S. 192 n° 92; Tabbagh, Le clergé, S. 894. – Nach dem „Ausscheiden“ von Guglielmo di Castiglione gab es lange Zeit überhaupt keine italienischen Kanoniker mehr in Rouen (siehe hierzu Gosset, Italiens, S. 51). 175 In Talentis Codex ist ein Schreiben überliefert, in dem sich der bischöfliche Sekretär beim Grafen Giovanni Marco Grassi dafür entschuldigt, nicht Zanones Neffen als Nachfolger vorgeschlagen zu haben (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 110r–111r). – Zum Grafen (Giovanni) Marco Grassi und dessen Brüdern Giovanni und Luca, die ebenfalls eine juristische Ausbildung genossen hatten, siehe Maria Gigliola di Renzo Villata, Grassi (Crassus, de Grassis), Giovanni, in: DBI 58 (2002), S. 621 ff. – Der eigentliche Karrieresprung von Branda dem Jüngeren di Castiglione erfolgte erst wesentlich später, in den sechziger Jahren, nach dessen Rückkehr in die italienische patria. Seit dem 8. Oktober 1466 läßt sich Branda der Jüngere in der Diözese Como nachweisen; noch im selben Jahr wurde er von Paul II. zu deren Bischof ernannt. Angesichts der Abneigung, die Papst Pius II. († 1464) offensichtlich gegen Giovanni di Castiglione hegte und von der im folgenden noch die Rede sein wird (siehe hierzu unten, S. 426 f.), mag es kein Zufall sein, daß Branda der Jüngere di Castiglione mit seiner Erhebung zum Bischof bis zum Beginn eines neuen Pontifikats warten mußte. Auch mit dem Purpur hätte sich Branda der Jüngere schmücken können, wenn er nicht kurze Zeit nach seiner Ernennung zum Kardinal, noch bevor er den roten Hut erhalten hatte, verstorben wäre (siehe Mols, Castiglione, Branda II, Sp. 1444).

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II. Die Anfänge

ganz andere „Spielregeln“ vorherrschten als in der Normandie, wo Loyalität, Treue und Beständigkeit schon unter dem Eindruck der enklavenartigen Lage der Italiener als äußerst wichtig erachtet worden waren. In dieser neuen Welt, in der – um mit den Worten Machiavellis zu sprechen – „das Verlieren und nicht das Erwerben durch Täuschungen als Schande galt“,176 konnte Giovanni di Castiglione nun sein ganzes politisches-taktisches Potential entfalten. Wenn die erste Phase seines Werdegangs durch das Familienoberhaupt Branda genauestens vorbereitet worden war und sein Dasein in der Normandie dem Wohlergehen der eigenen Familie gegolten hatte, überging er diese in den nächsten Jahren, als er seine Karriere forcierte, zunehmend.

176 «gli uomini grandi chiamano vergogna il perdere, non con inganno acquistare» [Niccolò Machiavelli, Istorie fiorentine, VI, XVII, in: Opere di Niccolò Machiavelli, Bd. II: Istorie fiorentine e altre opere storiche e politiche, hg. v. Alessandro Montevecchi, Turin 1971 [21986] (Classici UTET)]. – Lediglich ein einziges Mal mag in den normanischen Jahren ein gewisses Doppelspiel aufscheinen: Im Mai 1438, als die Castiglione längst als enge Parteigänger Eugens IV. einzustufen sind, findet sich der Name Giovanni di Castigliones – wie Émilie Rosenblieh auf Basis des in der BNF aufbewahrten ms. lat. 1511 in ihrer noch nicht publizierten Doktorarbeit gezeigt hat – überraschenderweise unter denjenigen, die auf Drängen des Basler Konzils gegen Eugen IV. aussagten bzw. auszusagen gezwungen waren. Zu den entsprechenden, sehr nichtssagenden Ausführungen Giovanni di Castigliones siehe Émilie Rosenblieh, Juridiction conciliaire et juridiction pontificale au temps du concile de Bâle, 1431–1449. Recours, procédures et suppliques [Diss., Paris 2010], S. 495 bzw. BNF, ms. lat. 1511, fol. 107v–108v.

III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt III.1 „… noch nicht einmal das Haar von einem Rind“1 – Der Beginn einer Karriere in Rom ohne finanziellen Rückhalt Als sich Giovanni di Castiglione 1450 von der Normandie abwandte, neigte sich in seiner patria Mailand die Zeit der Ambrosianischen Republik2 ihrem Ende zu. Diese Entwicklung erfolgte sehr zur Erleichterung der Familie Castiglione. Zwar hatten Giovannis Verwandte, nachdem der Mailänder Herzog Filippo Maria Visconti am 13. August 1447 ohne legitime männliche Nachkommen gestorben war, die „wiedererlangte Freiheit“ zunächst enthusiastisch begrüßt;3 schon bald aber begannen sie, unter der neuen Regierung zu leiden, da sich diese zusehends radikalisierte und immer stärker einen antiaristokratischen Kurs einschlug.4 So 1 «[…] et non lassato uno pelo de bovi» (Guarnerio di Castiglione an Francesco Sforza, 20. April 1452, BNF, ms. it. 1586, n° 98). – Zu diesem Schreiben siehe ausführlicher unten, Kap. III Anm. 17. 2 Zur Ambrosianischen Republik, deren Name sich von dem Mailänder Stadtheiligen, dem Kirchenvater Ambrosius, herleitet und die ausgerufen worden war, nachdem der Herzog Filippo Maria Visconti am 13. August 1447 ohne legitime männliche Nachkommen verstorben war, siehe u. a. Aurelio Angelo Bianchi-Giovini, La republica di Milano dopo la morte di Filippo Maria Visconti, Mailand 1848; Francesco Peluso, Storia della Repubblica milanese dall’anno 1447 al 1450, Mailand 1871; Alessandro Colombo, Le fonti storiche della Repubblica Ambrosiana, Vigevano 1911; Ders., Due memorie inedite sulla Repubblica Ambrosiana, in: ASL  48 (1921), S. 171–184; Francesco Cognasso, Il ducato visconteo e la Repubblica Ambrosiana 1392–1450, in: Storia di Milano, Bd. VI: Il ducato visconteo e la Repubblica Ambrosiana (1392–1450), Mailand 1955, S. 396 ff.; Enrico Resti, Documenti per la storia della Repubblica Ambrosiana. Regesto ragionato, in: ASL s. 8, 5 (1956), S. 192–292; Ders., L’Aurea Repubblica Ambrosiana, Mailand 1968; Gigliola Soldi Rondinini, Ambrosianische Republik, in: LexMA I (1980), Sp. 522 f.; Sebastiana Maria Natale, La Repubblica Ambrosiana (14 agosto 1447 – 25 febbraio 1450), Mailand 1986; Marina Spinelli, Ricerche per una nuova storia della Repubblica Ambrosiana, in: NRS 70 (1986), S. 231–252; 71 (1987), S. 25–48; Dies., La Repubblica Ambrosiana (1447–1450). Aspetti e problemi [Milano, Università degli Studi. Tesi di dottorato, 1988]. 3 Siehe hierzu das Ad illustrem communitatem Mediolanensem congratulatoria de recuperanda libertate betitelte Schreiben von Zanone di Castigliones Sekretär Rolando Talenti aus dem Jahre 1447 (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 107bis r–108bis r). 4 Schon im Laufe des Jahres 1448 waren die „Gründer“ der Ambrosianischen Republik allmählich durch die „populären“ Kräfte aus ihren Ämtern verdrängt worden. Mit der Wahl von Giovanni da Ossona und Giovanni da Appiano am 1. Januar 1449 verstärkte sich dann die radikale Tendenz, mit der die Interessen des popolo gewaltsam durchgefochten wurden und die zur Hinrichtung vieler Adliger führte. Nach einer kurzen Phase der Ruhe, in der am 1. Juli 1449

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

versuchten die Castiglione zunehmend darauf einzuwirken, daß Francesco Sforza,5 dem Schwiegersohn des verstorbenen Herzogs, der Weg zur Herrschaft geebnet wurde.6 Zu Anfang des Jahres 1450, als Giovanni di Castiglione die Alpen überquerte, belagerte Francesco Sforza gerade Mailand, und da der condottiere die Stadt geschickt von den Nachschublieferungen mit Lebensmitteln abgeschnitten hatte, herrschte derzeit in der patria des Prälaten eine schwere Hungersnot.7 In Anbetracht dieser äußerst ungünstigen Verhältnisse überrascht es nicht, daß Giovanni di Castiglione sich vorerst nicht nach Mailand wandte, sondern sich nach Rom an die Kurie begab.8 Auch als Francesco Sforza im Februar  1450 mit Wagen voller Lebensmittel in die lombardische Metropole einreiten und dort im März 1450 feierlich als Herzog Einzug halten konnte,9 blieb Rom für wieder die Gemäßigten die Oberhand gewonnen hatten, brach am 31. August 1449 ein Aufstand aus, bei dem Galeotto Toscano, einer der gemäßigten „Triumvirn“, vom popolo grausam ermordet wurde. Dies wiederum zog die Flucht vieler aristokratischer Familien nach sich; da zudem viele Adlige verbannt wurden, kam es letztlich beinahe zu einer gänzlichen Eliminierung der Adelskreise aus dem politischen Geschehen (siehe hierzu Cognasso, Il ducato visconteo, S. 430 ff.; Franco Catalano, La nuova signoria: Francesco Sforza, in: Storia di Milano, Bd. VII: L’età sforzesca dal 1450 al 1500, Mailand 1956, S. 1–224, hier: S. 4 ff.). 5 Zu Francesco Sforza siehe u. a. Luigi Bignami, Francesco Sforza (1401–1466), Mailand 1938; Clemente Assum, Francesco Sforza, Turin 1945; Georges Peyronnet, Il ducato sotto Francesco Sforza (1450–1466), politica interna, vita economica e sociale, in: ASI 116 (1958), S. 36–52; Ders., François Sforza: de condottiere à duc de Milan, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli Stati italiani ed europei, 1450–1535 [Convegno internaz., Milano, 18–21 V 1981], Mailand 1982, S. 7–25; Ders., Un virtuose de la guerre et de la paix au quattrocento, Francesco Sforza, in: Fifteenth Century Studies 19 (1992), S. 191–208, sowie Franco Catalano, Francesco Sforza, Mailand 1984 (Collana storica). 6 Entscheidende Initiativen gingen hierbei von Guarnerio di Castiglione aus, der bereits ein enger Ratgeber Filippo Maria Viscontis gewesen war, der in der Anfangsphase der Ambrosianischen Republik zu den führenden Köpfen gezählt hatte und der auch im Juli 1449, als die Gemäßigten kurzzeitig die Oberhand gewonnen hatten, mit Galeotto Toscano und Pietro Pusterla eine Art „Triumvirat“ gebildet hatte (siehe hierzu Villa, Guarnerio, S. 40, 45 ff.). 7 So berichtete Giovanni Simonetta davon, daß viele, um sich am Leben zu erhalten, nicht nur Pferde und Esel, sondern auch Katzen, Mäuse und viele andere Dinge essen mußten, die widerlich für die menschliche Natur seien. Den Schilderungen Filelfos zufolge gelangten zwar hin und wieder, etwa durch Schmuggler, einige Lebensmittel nach Mailand, doch achteten die Stadtoberen wohl strikt darauf, daß diese nicht in die Hände der Anhänger Francesco Sforzas fielen (siehe hierzu Cognasso, Il ducato visconteo, S. 444 f.; Catalano, La nuova signoria, S. 5). 8 Zum Rom um 1450 siehe u. a. Sergio Gensini (Hg.), Roma capitale (1447–1527), Pisa 1994 (Centro di Studi sulla Civiltà del Tardo Medioevo di San Miniato. Collana di Studi e Ricerche 5), sowie Anna Esposito/ Luciano Palermo (Hg.), Economia e società a Roma tra Medioevo e Rinascimento. Studi dedicati ad Arnold Esch [Seminario in onore di Arnold Esch: «Fonti per la storia economica e sociale di Roma nel Rinascimento», Roma 2003], Rom 2005; Arnold Esch, Aspetti della vita economica e culturale a Roma nel Quattrocento, Rom 1981 (Fonti e studi per la storia economica e sociale di Roma e dello Stato Pontificio nel tardo medioevo 3 = Fonti e studi del corpus membranarum italicarum 1. Studi e ricerche 17). 9 Francesco Sforza hatte sich, um den Mailändern Zeit für die Vorbereitung der Übergabe zu gewähren, zunächst noch einmal in sein Lager nach Vimercate zurückgezogen und die provisorische Regierung Carlo Gonzaga anvertraut. Zum feierlichen Einzug Francesco Sforzas, bei dem Guarnerio di Castiglione die Ehrenrede hielt, siehe Villa, Guarnerio, S. 48 f., sowie

III.1 Der Beginn einer Karriere in Rom ohne finanziellen Rückhalt

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Giovanni di Castiglione zunächst die attraktivere Wirkungsstätte. Unmittelbar nachdem die Kurie die Nachricht von diesem Sieg Francesco Sforzas erreicht hatte,10 bat der Bischof von Coutances den Pontifex zwar, zu seinen Gunsten ein Empfehlungsschreiben an den neuen Mailänder Herzog zu senden,11 doch dürfte Giovanni di Castiglione schon allein deshalb nicht daran gedacht haben, sich langfristig in Mailand niederzulassen, weil die finanziellen Ressourcen der Familie nach den „unwegsamen“ Zeiten der Ambrosianischen Republik sehr angegriffen waren. Noch zwei Jahre später sollte sein Verwandter Guarnerio di Castiglione über die finanzielle Not der Familie klagen: Ihr Leid, so lesen wir in Guarnerios Schreiben, sei sogar schlimmer als das aller anderen, auch wenn man sich bemühe, dies zu verschleiern. Zum einen ginge es ihm selbst so schlecht, weil sein Heim geplündert worden sei, als er versucht habe, Francesco Sforza mit Mailand auszusöhnen,12 und Francesco ihm untersagt habe, sich an die zu halten, die diesen Schaden angerichtet hätten. Zum anderen komme erschwerend hinzu, daß er zu Zeiten der Ambrosianischen Republik von den sogenannten capitani e difensori della libertà13 zweimal gezwungen worden sei, für die „Verteidigung der Freiheit“ die große Summe von neunhundert Dukaten zu zahlen,14 daß er ferner drei Jahre lang nichts habe ernten können und daß man ihm überdies noch den

Alessandro Colombo, L’ingresso di Francesco Sforza in Milano e l’inizio di un nuovo principato, in: ASL s. 4, 3 [32,6] (1905), S. 10–16, 297–344; Catalano, La nuova signoria, S. 10 ff. (Einzug im Februar 1450); S. 13 ff. (Einzug im März 1450). 10 Diese Nachricht war wohl in Rom über Florenz und Ferrara kurz vor dem 9. März 1450 eingetroffen, wie ein Schreiben eines Mailänder Gesandten annehmen läßt, heißt es in diesem doch: «[…] essendo sopragionta la novella felicissima de la reductione de Milano ad la obedientia de la signoria vostra, la quale se ha et di Firenze et di Ferrara per copie de lettere scripte per la signoria vostra in diversi lochi, benché qui ancora non ne è lettera veruna de la signoria vostra, del che et nostro signore papa et signori cardinali et ciascuno molto si meraviglia […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 9. März 1450, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Zu Tranchedini siehe unten, Kap. III Anm. 52. 11 In diesem Schreiben, das der Pontifex im März 1450 an Francesco Sforza sandte, betonte er, daß der Prälat aus dem Hause der Castiglione nun, da er nach gewissenhafter und umsichtiger Erfüllung der ihm anvertrauten Mission («confectis diligenter ac prudenter negotiis per nos sibi commissis») an die Kurie zurückgekehrt sei, die patria und die Seinen wiederzusehen wünsche («velit natalem patriam a qua diutius abfuit et suos videre») (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub mense). 12 Dies dürfte im Frühjahr 1449 geschehen sein, waren doch seit dem 21. März 1449 immer wieder Mailänder adeliger Herkunft als Rebellen, Vaterlandsverräter und Kollaborateure France­ sco Sforzas denunziert und bestraft worden. Allein am 30. Mai 1449 wurde die Hinrichtung von über zweihundert Mailändern proklamiert (siehe hierzu Cognasso, Il ducato visconteo, S. 432). 13 Nach dem Tod des Herzogs wurden am 14. August 1447 für jedes der sechs Stadttore vier Bürger gewählt. Diese Delegierten, die sogenannten capitani e difensori della libertà, welche die Ambrosianische Republik schützen und deren Freiheit garantieren sollten, bildeten den Rat der XXIV, das neue Regierungsorgan, neben das bald noch andere Institutionen wie der Rat der Neunhundert traten (siehe ebd., S. 397 f.). 14 Zu den Versuchen der capitani, Geld auch durch Zwangsanleihen zu beschaffen, siehe ebd., S. 430.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

ganzen Weizen15 und seine anderen Besitztümer genommen und ihm nicht einmal das Haar eines Rindes belassen habe.16 Nun habe er sich so viel wie möglich geliehen, um neue Tiere zu kaufen. Da er in seiner Familie jedoch 24 Mäuler ernähren und auch an die Bauern denken müsse, sei er, wie Gott wisse, in einer größeren Bedrängnis als alle anderen der ihm Gleichgestellten, die diese Schäden nicht zu beklagen hätten. Dennoch – so beteuerte Guarnerio di Castiglione abschließend – würde er dem Herzog ebenso treu dienen und ihn ebenso unterstützen wie alle anderen, selbst wenn er, um dies tun zu können, auch noch seinen restlichen Buchbestand veräußern müsse.17 Gewiß mag Guarnerio die mißliche Lage seiner Familie ein wenig dramatisiert haben, doch ist unbestritten, daß die Castiglione zu den Zeiten, als die Ambrosianische Republik stark antiaristokratische Züge angenommen hatte, so schwere finanzielle Einbußen hinnehmen mußten, daß sich ihre wirtschaftliche Situation noch im Jahre 1452 nicht entspannt hatte. Wen wundert es daher, daß Giovanni di Castiglione im Laufe seiner Karriere immer wieder Rückschläge hinnehmen mußte, zumal der Mailänder Herzog, der seinerseits zum Unterhalt seiner Truppen und zur Sicherung seiner Position beständig auf „Zuwendungen“ finanzieller Art angewiesen war, sich das ihm 1450 von Papst Nikolaus V. erteilte Recht auf Mitsprache bei der Vergabe von Benefizien und Ämtern im Lombardischen in barer Münze vergüten ließ.18 Daß Giovanni di Castiglione in Anbetracht dieser prekären materiellen Verhältnisse häufig hinter den Kandidaten finanzkräftigerer und wohlhabenderer Familien würde zurückstehen müssen, dürfte er zweifellos 15 Wegen der Nahrungsmittelknappheit und der Hungersnot, die in Mailand herrschte, war am 5. Februar 1449 der Erlaß ergangen, daß Wein‑ und Getreidevorräte, welche die Bürger zu Hause hätten, anzuzeigen seien. Am 10. April 1449 folgte eine vergleichbare Bestimmung für Mehl (siehe hierzu ebd., S. 430). 16 Dies dürfte erfolgt sein, als es am 31. August 1449, im Vorfeld der Wahlen der neuen capitani e difensori della libertà, zu einem Aufstand des popolo kam, bei dem Galeotto Toscano, einer der capitani, getötet wurde und die Häuser der anderen aristokratischen Mitglieder des Rates, denen die Flucht gelungen war, geplündert und ihre Güter konfisziert wurden (siehe hierzu oben, Kap. III Anm. 4). 17 «In vero me ritrovo in pegiore conditione de tuti gli altri, quatuncha nol demonstra, prima perché me fo saccomanata meza la casa et tuta quella de misocho melio forniti, quando volse componere la citate cum la excellencia vostra, et me haveriti prohibito non domanda a quelli che lo feceno. Item perché quelli de la libertate in due volte me constrinseno ad pagare ducati novecento, item perché in tri anni non ho recolto commo niente, et in severo et ubique me fo tolto la blada et quanto haveva et non lassato uno pelo de bovi. Et ancora ho parte de la possessione zerbe per mancamento de dinari, et ho impremutato quanto ho potuto per comprare bestiame et somenze in alchune possessione, et per vita de mia familia che pascho bocho XXIIIIor, et ho ancora le case de massari per terra in grande parte. Et sonno in magiore affanno che verun altro mio pare como dio sa. Nondimancho a me pare se fazia tuto per vincere li inimici, et sento contentissimo che la excellencia vostra tolia le nostre paghe che sonno come dinari presenti, et in tuto et in quella parte gli piaze, et anche se tuti gli altri vostri consiglieri et magistrati subvegnerano de più soma, quatuncha non habiano haute cotante strete, io farò commo loro tuti, se dovesse bene vendere el resto de li libri, me ricomando continuamente ad la sublimitate vostra» (Guarnerio di Castiglione an Francesco Sforza, 20. April 1452, Paris, BNF, ms. it. 1586, n° 98). 18 Siehe dazu unten, Kap. III Anm. 86.

III.2 Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie

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geahnt haben. Entmutigt und abgeschreckt hat ihn die Aussicht auf eine zwangsläufige Benachteiligung indes nicht. Im Gegenteil: vielmehr mögen es gerade diese Gegebenheiten in Verbindung mit dem Wunsch gewesen sein, dieses „Manko“ zu kompensieren, die ihn eine besondere Kreativität beim Aufspüren neuer Wege entfalten ließen, welche ihn zu weiterem Ansehen führen sollten und ihn für den Herzog „wertvoll“ machten.

III.2 „… ein Mann von großem Genie“19 – Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie An der Kurie angelangt, sollte Giovanni di Castiglione sehr rasch das Verhalten eines in Italien zu dieser Zeit häufig anzutreffenden, sich gekonnt in Szene setzenden Karrieristen annehmen, der nicht nur die Fertigkeit des Schmeichelns und Blendens meisterlich beherrschte, sondern der vor allem über Weitsicht verfügte und mitunter skrupellos immer neue Schach‑ und Winkelzüge zum eigenen Vorankommen ersann. Seinem großen Verwandten Branda di Castiglione stand der Bischof von Coutances an Scharfsinn, Finesse und Manipulationsgabe dabei kaum nach. So vermochte er, durch kluges Taktieren und geschickte Selbstinszenierung weitgehend aus eigener Kraft und ohne große materielle Ressourcen schnell aufwärts zu streben. Wie geschickt Giovanni di Castiglione sich an der Kurie zu bewegen wußte, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, daß es ihm, sozusagen einem „Fremden“, der über keinen familiären Rückhalt in Rom verfügte, sehr bald gelang, nicht nur viele Kardinäle, sondern auch Papst Nikolaus V. für sich einzunehmen. So ließ der Pontifex, wie bereits angedeutet, im März  1450 ein Empfehlungsschreiben zugunsten Giovanni di Castigliones aufsetzen, in dem er diesen dem neuen Herrn als einen Mann von Gelehrsamkeit, Klugheit und Integrität beschrieb, der es verdiene, von allen geliebt und verehrt zu werden.20 Es ist denkbar, daß Giovanni di Castiglione die Aufmerksamkeit des Papstes auch deshalb auf sich zu ziehen vermochte, weil er sich diesem aufgrund der guten Kontakte Guarnerio di Castigliones zu Francesco Sforza als Mittler für die Gespräche anbot, die es mit dem Mailänder Herzog hinsichtlich des Abschlusses eines inneritalienischen Friedens zu führen galt. Desgleichen dürfte der Prälat von seinen verwandtschaftlichen Verbindungen nach Frankreich und der Tatsache, zumindest nominell einer normannischen Diözese vorzustehen, profitiert haben. Er wußte, daß der Pontifex, der die französische Appellation an ein Konzil fürchtete, jemandem bestimmt sehr zugetan sein würde, der ihn über Entwicklungen in 19 «[un] homo de gran ingengio» (Ludovico Scarampo an Francesco Sforza, 24. März 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Zu Ludovico Scarampo siehe unten, Kap. III Anm. 28. 20 «[…] Est enim vir ea doctrina, prudentia et integritate vite, ut amari et honorari ab omnibus mereatur [?]» (Francesco Sforza an Nikolaus V., März 1450, ASMi, Sf., PE, Roma 40).

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

Frankreich und aufkommende Gerüchte hinsichtlich der Einberufung einer solchen Synode zu informieren versprach.21 Auch richtete Giovanni di Castiglione – seinem Vorbild Branda di Castiglione folgend – seinen Blick nach Osten. War Branda vor allem im Reich, in Böhmen und in Ungarn aktiv gewesen und hatte in diesen Gebieten Lorbeeren geerntet, so meinte Giovanni di Castiglione wohl, ein mögliches Sprungbrett für seine weitere Laufbahn in einer päpstlichen Gesandtschaft nach Bosnien erkannt zu haben, einem aufgrund innerer Verwicklungen und vor allem wegen des äußeren Drucks osmanischer Expansion letztlich instabilen Königreich, das erst 1377 unter Schutz und Obhut der ungarischen Krone errichtet worden war und in dessen politischjuristischer Verfaßtheit byzantinische, ungarische und auch serbische Eindrücke verschmolzen.22 Giovanni di Castiglione wagte sich also auf ein ihm nicht nur in geographischer Hinsicht völlig unbekanntes Terrain. In der Tat erlebte der Mailänder nur noch den Herbst der bosnischen Krone: Der sich stark an Ungarn anlehnende König Stjepan Tomaš Kotromanić hatte sich gegen seinen Schwiegervater Stjepan Vukčić aus dem machtvollen Hause Kosača zu behaupten, der als Herzog (Herceg) über die heutige Herzegowina herrschte und zur Wahrung seiner Unabhängigkeit partiell auch auf die Unterstützung der Türken rekurrierte. Diese wiederum drohten, nach der 1389 gegen die Serben auf dem Amselfeld geschlagenen Schlacht, weiter nach Mitteleuropa vorzudringen: Seit 1415 hatten sie gezielt in die inneren Streitigkeiten in Bosnien eingegriffen und im Laufe der Jahre sogar dem König die Zahlung eines jährlichen Tributs (haracˇ ) abgenötigt. Stjepan Tomaš schließlich, der 1443 die gefährdete Krone von Stjepan Tvrtko II. Kotromanić geerbt hatte, sah sich zu dem verzweifelten Versuch veranlaßt, seine Herrschaft politisch gegenüber Rom zu öffnen, das die Anhänger der bosnischen Kirche lange Zeit als Ketzer bekämpft hatte, und sich an den Papst und an die katholischen Fürsten im Westen anzunähern.23 21 Wie mißtrauisch der Pontifex und sein Umfeld den Franzosen generell gegenüberstanden und wie sehr man an der Kurie wünschte, einen Ausgleich zwischen den italienischen Mächten in die Wege zu leiten, um ein Eingreifen Frankreichs auf der italienischen Halbinsel abzuwenden, zeigt deutlich ein Schreiben, das Nicodemo Tranchedini, der herzogliche Gesandte an der Kurie, am 4. November 1450 an Francesco Sforza schickte: «Et in vero tuta questa corte o la più parte dessiderano che nostro signore se inframeta per una bona pace universale, dubitando che vostra illustrissima signoria et Fiorentini et Zenoesi como desperati non provochiate in Ytalia Franzesi o altre natione […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Zur konfliktbeladenen Beziehung zwischen Venedig und Neapel einerseits und dem mit Florenz verbündeten Mailand andererseits siehe: Luigi Rossi, Venezia e il re di Napoli, Firenze e Francesco Sforza dal novembre 1450 al giugno 1451, in: NAV, n.s., 10, 5 (1905), S. 5–47, 281–371; Ders., Niccolò V e le potenze d’Italia dal maggio 1447 al dicembre 1451, in: Rivista di Scienze storiche 2 (1905), S. 241–262, 392–439; 3 (1906), S. 22–37, 177–194, 225–232, 329–356, 385–406; 4 (1907), S. 52–61. 22 Heiner Lück, Bosnien-Herzegowina, in: HRG 1 (22008), Sp. 650–652. 23 Zur Geschichte Bosniens siehe neben Lück, Bosnien-Herzegowina, Sp. 650–652, auch Vjekoslav Klaic´ [Ivan von Bojnicˇic´], Geschichte Bosniens von den ältesten Zeiten bis zum Verfalle des Königreiches, Leipzig 1885; Luka Lucic´, Die bosnische Kirche des XV. Jahrhunderts, Eichstätt 1979 [Univ. Diplomarbeit]; Sima Ćirkovic´, Bosnien, in: LexMA  II (1993), Sp. 472–477, insb. 476 f.; Fred Singleton, A Short History of the Yugoslav Peoples,

III.2 Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie

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Daß das bosnische Königtum weder durch den Heiligen Stuhl noch durch die Kernlande des Reichs seine Rettung oder auch nur eine wertvolle Entlastung würde erfahren können, erkannte Giovanni di Castiglione vermutlich rasch im Laufe seiner bosnischen Gesandtschaft, zu der er wohl im Juni 1450 aufgebrochen sein dürfte,24 und damit auch, daß seine Zukunft doch nicht in diesem Territorium lag: In den folgenden Jahren sollte er sich nie mehr darum bemühen, erneut mit Aufgaben in dieser Region betraut zu werden.25 Vielmehr richtete er sein Augenmerk – neben Mailand – auf den ungarischen Raum und auf das Reich. Angesichts des unglücklichen Endes, welches das Haus Kotromanić und mit ihm das bosnische Königtum bald darauf nahm, war dies eine weise Entscheidung: Im Frühjahr 1459 wurde zwar der Sohn von Stjepan Tomaš, Stjepan Tomašević, durch seine Vermählung zum Despoten von Raszien, doch konnte er, der seinem Vater 1461 auf dem bosnischen Thron nachfolgte, dem Druck der Türken nicht mehr standhalten. 1463 wurde zum Schicksalsjahr der bosnischen Krone: Bobovac, der stark befestigte Königssitz, fiel in türkische Hand, der König selbst wich immer weiter westwärts aus, erst nach Jajce, dann nach Ključ. Am Ende geriet er in türkische Gefangenschaft und wurde enthauptet. Als die Königinmutter Katarina Kosača Kotromanić aus Bosnien floh und ihre überlebenden Kinder zurückließ, erlosch die bosnische Krone faktisch, gleichwohl Katarina, die in Rom Zuflucht fand und dort 1478 starb, der Kirche das bosnische Königtum testamentarisch vermachte. Nachdem Giovanni di Castiglione von seiner Gesandtschaft nach Rom zurückgekehrt war, scheint er den Papst, dem am Abschluß eines Friedens auf der italienischen Halbinsel sehr gelegen war, darin bestärkt zu haben, im März 1451 Cambridge u. a. 1985 [ND 1996], Kap. 3: The early Slav kingdoms; Noel Malcolm, Bosnia. A Short History, New York u. a. 1994 [²1996], Kap. 2: The medieval Bosnian state, 1180–1463; Kap. 3: The Bosnian Church. 24 Siehe hierzu ASV, Reg.  Vat.  412, fol.  56r ff.  –  Nähere Erkenntnisse zu dieser Legation, über die mir, sieht man von diesem Dokument ab, bislang leider nichts bekannt ist, da Anfragen an die entsprechenden Archive unbeantwortet blieben und mir der Zugang zur Sekundärliteratur aus diesem Raum aus sprachlichen Gründen verschlossen ist, könnten die Arbeiten von Antonin Kalous (Dozent in Olmütz) und Wolfgang Untergehrer (Doktorand an der LMU, München) liefern, beschäftigen sich doch beide derzeit mit den päpstlichen Legaten und Nuntien im Reich und in Mitteleuropa.  –  Zum Legationswesen im Spätmittelalter allgemein siehe Werner Maleczek, Die päpstlichen Legaten im 14. und 15.  Jahrhundert, in: Rainer Christoph Schwinges (Hg.), Gesandtschafts‑ und Botenwesen im spätmittelalterlichen Europa, Ostfildern 2003 (VuF 60), S. 33–86, sowie die Beiträge des jüngst von Claudia Zey und Claudia Märtl herausgegebenen Tagungsbandes: Aus der Frühzeit europäischer Diplomatie. Zum geistlichen und weltlichen Gesandtschaftswesen vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, Zürich 2008. Siehe künftig auch die Beiträge des derzeit im Druck befindlichen Bandes zur Tagung «Les légats pontificaux. Paix et unité de l’Église, de la restructuration grégorienne du Concile de Trente (mi XIe – mi XVIe siècle)» [Paris, 12–14 II 2009] [http://www.rhe.eu.com/ material/Legats_pontificaux.pdf Pariser Tagung 2009 (12.V.2010)]. 25 Seine damals geknüpften Kontakte zum Umfeld des Herrschers hielt Giovanni di Castiglione, auch wenn er nicht in diese Region zurückkehrte, jedoch aufrecht; siehe hierzu unten, Kap. IX Anm. 243 f.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

eine kleine Abordnung nach Mailand zu schicken.26 Giovanni, dessen Nähe der offenbar ebenfalls über ein feines Gespür für Aufsteiger und Hoffnungsträger verfügende päpstliche Sekretär Poggio Bracciolini suchte,27 konnte sogar noch mehr erreichen: so vermochte er es, mit Hilfe befreundeter Kardinäle zu bewerkstelligen, daß er an dieser Gesandtschaft teilnehmen durfte. Wenn schon das päpstliche Empfehlungsschreiben aus dem Frühjahr 1450 Giovanni di Castiglione am herzoglichen Hof manche Tür geöffnet haben wird, so durfte er für sich nun umso mehr erhoffen, da er Francesco Sforza jetzt als offizieller Gesandter des Papstes gegenübertreten konnte. Überdies führte er Empfehlungsschreiben der vom Mailänder Herzog sehr geschätzten Kardinäle Astorgio Agnesi und Ludovico Scarampo28 mit sich, aus welchen ersichtlich wurde, daß er diesen ein alter, ver26  Francesco Sforza jedoch hätte es für vorteilhafter erachtet, wenn die Delegierten Venedigs, Mailands und des Papstes in Bologna – oder noch besser: an der Kurie – zentral zusammengekommen wären und Nikolaus V. nicht einen Gesandten nach Venedig und einen anderen nach Mailand geschickt hätte: «Alla parte de quelli tre partiti che la sanctità de nostro signore dice de la pratica della pace, cioè overo che la soa sanctità mandasse duoi legati, l’uno ad Venexia, l’altro ad nuy, overo ne mandasse uno solamente ad Bologna, et lì concorressero li ambaxiatori de l’una et l’altra parte, overo che l’una et l’altra parte mandasse suoi ambaxiatori alla presentia della sanctità soa, dove se havesse ad concludere […], dicemo ch’el primo partito ad nuy non pare, cioè che la sanctità soa mandasse duoi legati, l’uno ad Venexia, l’altro ad nuy, perché in simile cose grande ogniuno se sforzaria fa[r]si benivolo alla parte dove fosse mandato, et […] vorria adiutare et favorire la parte soa, et vogliando ogniuno adiutare la parte soa non porria dare recto iudicio delle cose, et ad questo modo la cosa andaria in dilatione […]; l’altro secondo partito de mandare a Bologna, questo seria forsi meglio, ma pur ad nuy pare che l’ultimo sia molto megliore, cioè che l’una et l’altra parte mandi suoi ambaxiatori alla presentia della soa sanctità et che lei sia quella habbia ad vedere et intendere et dare sentencia de questa cosa […]» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 21. Februar 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 27 So trat Poggio Bracciolini im Frühjahr 1451 offensichtlich mit der Bitte an den Mailänder heran, er möge Zanone di Castiglione einen Kleriker namens Robert aus der Diözese Bayeux empfehlen. Es ist bezeichnend, daß Poggio diesen Wunsch nicht Franchino oder Guarnerio di Castiglione antrug, mit denen er bereits in freundschaftlicher Verbindung stand, sondern daß er sich an keinen anderen als an Giovanni di Castiglione wandte. Bedauerlicherweise ist das Schreiben, das Poggio an den Bischof von Coutances sandte, nicht erhalten. Wir verfügen aber über einen Brief, den der Florentiner am 4. Mai 1451 an Zanone di Castiglione richtete und in dem er auf die erbetene Intervention Giovannis Bezug nahm: «Rogavi nuper reverendissimum patrem et dominum meum episcopum Constantiensem ut tibi recommendaret quendam familiarem, qui mihi multis annis servivit, Robertum nomine, clericum tue diocesis, in alicuius beneficii collatione, postquam culpa temporum accidit ut hic ei nequeat provideri» [Poggio Bracciolini, Lettere, Bd.  III, Epistolarum familiarium libri. Secundum volumen, hg. v. Helene Harth, Florenz 1987 (Carteggi umanistici), S. 119]. – Von der Freundschaft, die Poggio mit Guarnerio und Franchino di Castiglione verband, zeugt ein Schreiben vom Januar 1457: «Fui, sicut nosti, cultor atque observator prestantissimi quondam atque omni laude dignissimi viri patrui tui cardinalis Placentini, qui me semper ut filium dilexit. Scis me esse amicissimum preclarissimis atque integerrimis viris Franchino Guarnerioque iure consultis, quos tu sanguine proximos ut patres hactenus coluisti» (Lettere, Bd. III, S. 420). 28 Zum Kardinal Astorgio Agne(n)si, der noch im Oktober des Jahres 1451 starb, siehe u. a. Lorenzo Cardella, Memorie storiche de’ cardinali della Santa Romana Chiesa, Rom 1793, Bd. III, S. 109 f.; Nilo Calvini, Agnesi, Astorgio, in: DBI 1 (1960), S. 439–440. – Zum Patriarchen von Aquileia siehe u. a. Arturo Alcaro, Lodovico Scarampo, Bologna 1931 (I grandi

III.2 Giovanni di Castigliones erste Schritte auf dem Parkett der Kurie

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trauter Freund war29 und Papst Nikolaus V. gar als «homo de gran ingen[g]io» galt.30 Woran lag es nun, daß sich Giovanni di Castiglione an der Kurie so schnell einen so guten Stand sichern konnte? Vermutlich dürfte das eigentliche „Rezept“ für sein Reüssieren darin zu finden sein, daß er sich geschickt mit allen, die ihm von Nutzen sein konnten, zu arrangieren vermochte. Dabei orientierte er sich nicht nur an den Höhergestellten und richtete sein Augenmerk nicht, wie so viele andere, allein auf den Papst und die Kardinäle, sondern achtete – wie im folgenden zu zeigen sein wird – sorgfältig darauf, insbesondere die Gesandten Francesco Sforzas sowie die Ebene der herzoglichen und päpstlichen Sekretäre31 für sich zu gewinnen und für seine Interessen einzuspannen. Andere Prälaten, welche diese Stufe vernachlässigten und sich lediglich mit den ihnen über‑ oder bestenfalls gleichgeordneten Personen befaßten, bekamen diesen Fehler meistens zu spüren. So äußerte etwa Giacomo Antonio Della Torre,32 der Bischof von

cardinali italiani nella vita e nella storia 1,5); Pio Paschini (Hg.), Lodovico cardinal camerlengo († 1465), Rom 1939 (Lateranum n.s. 5,1). 29 So heißt es etwa in dem Schreiben des Kardinals Scarampo an Francesco Sforza vom 24. März 1451: «occurendo venire lì el reverendo in Christo patre misser lo episcopo de Constantia, lo qual è per nation lumbardo et anche de quelli della excellentia vostra, pigliando de lui gran fede como de nostro antiquo amico et fidato, li havimo dicto pur quel medesmo che scripsimo al dicto nostro famiglio et exhortato lui el voglia referire alla excellentia vostra perché de verun’altra persona haveremmo presa tal fede, non dubitamo dirrà alla excellentia vostra quanto per noi li è stato dicto […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die) (verkürzt auch bei Fubini, Niccolò V, S. 179). – Der Kardinal von Benevent, Astorgio Agnesi, betonte an eben diesem 24. März 1451 gegenüber dem Herzog sogar noch stärker die freundschaftliche Verbundenheit mit Giovanni di Castiglione: «Nonobstante che io existime per molti degni respecti che lo reverendo patre messer lo vescovo de Constantia debba essere assai caro a la vostra illustrissima signoria, et maxime per caxion de le sue virtù et per consideratione de la sua casa et progenie, pure nihilominus per la bona amicitia che lo dicto messer lo vescovo ha meco, et cognoscendolo homo da doversene meritamente fare gran conto et bon capitale, quanto a me è possibile lo racommando a la vostra illustrissima signoria; et sì vi prego che ultra le raxioni predicte che debbono movere la vostra signoria ad haverlo caro ancora per mio respecto la vostra signoria el voglia havere caro et haverlo per racommandato et vederlo volontieri […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Verkürzt auch bei Fubini, Niccolò V, S. 178 f. 30 «pregamo quella li sia de piacere prestarli fede appresso ad questo perché la sanctità de nostro signore ha bona opinione et gran fede in ’l dicto misser lo episcopo et reputalo homo de gran ingengio […]» (Ludovico Scarampo an Francesco Sforza, 24. März 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 31 Zur Bedeutung des Sekretärs siehe u. a. Andreas Kraus, Die Sekretäre Pius’ II. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des päpstlichen Sekretariats, in: RQ 53 (1958), S. 25–80; Adelin Charles Fiorato, Grandeur et servitude du secrétaire. Du savoir rhétorique à la collaboration politique, in: A. C. F. (Hg.), Culture et professions en Italie (fin XVe – début XVIIe siècles), Paris 1989 (Publications de la Sorbonne. Cahiers de la Renaissance italienne 2), S. 133–184. – Zu den italienischen Kanzleien und der Bedeutung von deren Mitarbeitern siehe auch Franca Leverotti, Cancelleria e amministrazione negli stati italiani del Rinascimento, in: Ricerche Storiche 2 (1994), S. 278–519. 32 Zu diesem Bischof siehe unten, Kap. VII Anm. 108.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

Modena, seinen Unmut darüber, daß der herzogliche Gesandte Giovanni Caimi33 den Bischof aus der Familie Castiglione dem Papst so warm und herzlich wie keinen anderen empfohlen habe, wohingegen die für ihn, den Bischof von Modena, gehaltene Fürsprache des Gesandten Caimi durch die Zähne gequetscht und langsam, trübselig, kühl und herzlos vorgetragen worden sei.34 Sogar Enea Silvio Piccolomini scheint, obgleich er selbst lange Zeit als Sekretär tätig gewesen war, anfänglich die Bedeutung dieser Ebene an der Kurie verkannt zu haben. Ansonsten hätte sich der Kardinal von Fermo, Domenico Capranica, in dessen Diensten nicht nur Enea Silvio, sondern auch Giovanni di Castiglione einst gestanden hatten,35 wohl kaum zu der Bemerkung veranlaßt gesehen, wenn der Bischof von Siena diese maßgeblichen Kräfte nicht berücksichtige, sei es nicht weiter erstaunlich, daß sein Aufstieg an der Kurie nicht schneller verlaufe.36 Wie hilfreich und förderlich die „Rückendeckung“ durch diese „Personen aus der zweiten Reihe“ in der Tat war, sollten deutlich die folgenden Monate zeigen, in denen Giovanni di Castiglione seine Erhebung ins Kardinalat zu lancieren suchte.

III.3 „… nur eine Empfehlung ohne irgendwelche Signale“37 – Ein folgenschweres herzogliches Schreiben Es überrascht wenig, daß Giovanni di Castiglione das Zusammentreffen mit Francesco Sforza im Frühjahr  1451, bei dem er diesem die Pläne des Papstes zum Abschluß eines allgemeinen Friedens in der italienischen Staatenwelt unterbreiten sollte, auch in eigener Sache zu nutzen vermochte. So gelang es ihm – mit Hilfe Guarnerio di Castigliones38 – den Herzog zum Abfassen eines Briefes zu 33 Zu diesem Gesandten siehe Franca Petrucci, Caimi, Giovanni, in: DBI  16 (1973), S. 351–353; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 151 f. 34 «Zoane Caymo de luy ha parlato più caldamente che de niuno altro, de my ha parlato fra ly denty et cussy lentamente che me ne rincrese. […] Zoane non ha facto il debito suo, secundo me ha riferito il cardinale Colona, al quale parlete cussy tristamente per modo ch’el cardinale, il quale sa la fede mia […] verso lo illustrissimo signore nostro, se meravegliò che cussy tristamente et fredamente me nominasse» (Giacomo Antonio Della Torre an Cicco Simonetta, 22. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Zu diesem Thema siehe ausführlicher unten, Kap. VII Anm. 109, 133. – Zu Cicco Simonetta siehe unten, Kap. III Anm. 120. 35 Siehe hierzu oben, Kap. II Anm. 109. 36 «Evidentemente il pontefice, non avendo potuto ottenere il consenso dei cardinali per tutti i proposti, aveva sacrificato quelli che gli premevano meno. Commentando l’episodio, il Capranica ebbe a dire: ‹Evidentemente il vescovo di Siena non conosce la via per ottenere il voto: gli aiuti vanno chiesti in basso, non in alto› » (Paparelli, Enea Silvio Piccolomini, S. 160). 37 «[…] era solum de recommandatione, senza altri signali» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 24. Juni 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Zu diesem Schreiben siehe ausführlicher unten, Kap. III Anm. 61. Vgl. auch Fubini, Niccolò V, S. 174 Anm. 16. 38 So heißt es bezüglich der Unterstützung Guarnerio di Castigliones in einem Brief des Herzogs: «Nui ti scrivessimo altra volta, como ti devi recordare, in favore et recommandatione del vescovo de Constanza, como pregati da messer Guarnero (danach gestrichen: et di alcuni altri

III.3 Ein folgenschweres herzogliches Schreiben

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bewegen, in dem dieser die Qualitäten des Prälaten über alle Maßen lobte und dessen Erhebung ins Kardinalat erbat.39 Der Bischof von Coutances dürfte sich ausgerechnet haben, daß der Herzog  –  schon allein wegen seiner noch nicht gänzlich gefestigten Position – das Wagnis nicht eingehen würde, sich dem Ansinnen eines Angehörigen einer zwar materiell nicht begüterten, aber dennoch bedeutenden Mailänder Familie direkt zu widersetzen, zumal dieses Mitglied an der Kurie schon erhebliches Ansehen erlangt hatte. Doch gab sich Giovanni di Castiglione, der wohl fürchtete, der Herzog könne seine Ablehnung dem Papst auf subtilere Weise signalisieren, mit der reinen Existenz eines herzoglichen Empfehlungsschreibens noch nicht zufrieden. Ob der Bischof von Coutances damit rechnete, daß der Herzog dem Papst in dem Empfehlungsschreiben durch rhetorische Mittel, etwa durch ein völlig überzogenes Lob,40 bedeuten würde, daß er diese Kardinalsernennung nur bedingt unterstütze, ist dabei unklar. Möglicherweise ging Giovanni di Castiglione auch davon aus, daß der Herzog dem Empfehlungsschreiben vom 16. April 1451 ein zusätzliches, chiffriertes Schreiben mit relativierenden, wenn nicht gar negierenden Passagen beifügen würde.41 Aufgrund seines freundschaftlichen Umgangs mit den herzoglichen Gesandten dürfte Giovanni zumindest bekannt gewesen sein, daß die suoi parenti qui) perché lui è più de la casa de Castione […]» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 31. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 175. 39 Der Text dieses Schreibens vom 16.  April  1456 ist ed. in: ASL, s.  3,  2 (1894), S. 498– 500. – Bei Fubini heißt es diesbezüglich: «In seguito all’incontro il duca indirizzò al Papa, il 16 aprile, una raccomandazione latina particolarmente enfatica per la promozione cardinalizia del Castiglioni, che ebbe l’insolita distinzione di essere trascritta per maggiore evidenza documentaria nei registri ducali. Rinnovando la lamentela per l’assenza di un cardinale lombardo (‹pro patria vidua›), la commendatizia indicava Giovanni Castiglioni per i suoi meriti e la notoria devozione al pontefice (‹pro homine dignissimo Vestre Beatitudini notissime devoto›). A tanto concorrevano l’interesse politico (‹publica utilitas›) e il favore della Curia e del Sacro Collegio (‹universorum sapientium voces›). Del prelato – ‹Joannes Castilionensis, Constantiensis episcopus› – erano celebrati la cultura e i costumi (‹vir in primis litteratissimus›) e la nobiltà della stirpe (‹generis claritate›). In quale altro fra i suoi pari si riuniva un tale concorso di virtù? Per tutto ciò il duca ne abbracciava la causa ‹ita exigente conscientia mea totis mentis affectibus et proprio motu›, – non meno per sé che per il prestigio della patria lombarda (‹pro ornamento et decoro huius patrie›) […]» (Niccolò V, S. 174). 40 Da das für Giovanni di Castiglione verfaßte Schreiben in der Tat überaus positiv ausfällt, nimmt Riccardo Fubini an, der Herzog habe durch übertriebenes Lob Mißtrauen erwecken und sich distanzieren wollen (Ebd., S. 174). 41 Zu diesem Mittel, parallel zu dem von ihm eigenhändig verfaßten, sehr wohlwollenden Empfehlungsschreiben, auch Briefe mit gegenteiligen, den Empfehlungen zuwiderlaufenden Instruktionen an seinen Gesandten in Rom zu schicken, griff Francesco Sforza etwa 1458 im Falle der Verleihung des Purpurs an den Protonotar Teodoro di Monferrato, da der Herzog dessen Bruder Guglielmo, einen seiner wichtigsten condottieri, nicht durch ein deutliches öffentliches Abweisen dieses Projektes brüskieren wollte [siehe hierzu Vincent Ilardi, Crosses and Carets. Renaissance Patronage and Coded Letters of Recommendation, in: AHR 92 (1987), S. 1127– 1149, hier: S. 1137 f.].  –  Zum Umgang der Mailänder Herzöge mit den an sie gerichteten Suppliken siehe auch Maria Nadia Covini, La trattazione delle suppliche nella cancelleria sforzesca da Francesco Sforza a Ludovico il Moro, in: Cecilia Nubola/ Andreas Würgler (Hg.), Suppliche e gravamina. Politica, amministrazione, giustizia in Europa, secoli XIV–XVIII

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

Nachrichten aus Mailand zuweilen verschlüsselte Botschaften von Francesco Sforza enthielten, in welchen dieser seinen Gesandten das Verfolgen einer ganz anderen Linie als der nach außen vertretenen ans Herz legte.42 Vielleicht rechnete Giovanni di Castiglione auch damit, daß Francesco Sforza, so wie er es manchmal zu tun pflegte, einen speziellen Boten entsenden würde, welcher eine gegenteilige, die ursprüngliche Empfehlung wieder aufhebende Nachricht zu überbringen hatte.43 Denkbar ist auch, daß Giovanni di Castiglione aufgrund der zu den herzoglichen Gesandten unterhaltenen Kontakte wußte, daß Francesco Sforza seine Briefe mit unauffälligen, geheimen Symbolen zu versehen pflegte, durch die ein Schreiben erst Gültigkeit erlangte.44 So wäre es gut möglich, daß die herzoglichen Gesandten Giovanni di Castiglione ins Vertrauen gezogen hatten, als Francesco Sforza45 im Frühjahr 1450 ein neues verfeinertes System ausarbeiten ließ, mit dem die Wertigkeit eines Schreibens angezeigt wurde. Die Einführung [Atti del convegno, Trento, 25–26 XI 1999, 14–16 XII 2000], Bologna 2002 (Annali dell’Istituto Storico Italo-Germanico in Trento 59), S. 107–146. 42  So heißt es beispielsweise in einem Schreiben Francesco Sforzas an seine Gesandten Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio vom 13. Januar 1454: «Nuy ve scrivemo questa littera alligata cum le parte cifrate […] per risposta delle vostre, la quale non veda, né sapia persona che viva altri che voy doy. […] Deinde vi scrivemo un’altra senza cifra, quale vi mandiamo pur alligata a l’altra, della quale ne mandiamo la copia ad Fiorenza; sì che havute haveriti queste littere ve presentariti alla sanctità de nostro signore et ad quella dite como havete havute le risposte da nuy. Et poy haveriti dicto alla sanctità soa della bona intentione et voluntà nostra a fare quanto vole la sanctità soa poreti monstrargli dicta nostra littera senza cifra. Et se la sanctità soa ve domandasse se haveti altro da noy respondeti de non zo e che non haviti altro, persuadendo et monstrando alla sanctità soa, cum quelle rasone ve parerano, quanto ne siamo inclinati ad condescendere al desiderio della voluntà sua; sì che dal canto nostro non mancha che la pace habbia luoco. Denique usati ogni vostro intellecto et sagacità […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – Zu Sceva da Curte siehe unten, Kap. III Anm. 133. 43 So wurde etwa der Florentiner Angelo Acciaiuoli im Oktober 1460 vom Mailänder Herzog nach Rom geschickt, um dem Papst vertraulich mitzuteilen, daß Francesco Sforza die Vergabe des roten Hutes an Cosimo de’ Medicis Neffen Filippo und an Francesco Gozanga, den Sohn des Markgrafen, lange nicht so sehr am Herzen liege, wie zuvor in den Empfehlungsschreiben dargestellt und wie von den herzoglichen Gesandten in Rom verkündet. Viel wichtiger als die Ernennung des Verwandten des herzoglichen „Finanziers“ Cosimo de’  Medici und des Angehörigen des herzoglichen condottiere Gonzaga – so lautete die zu überbringende Nachricht, die keinesfalls die Ohren anderer erreichen durfte – sei dem Herzog die Erhebung zweier seiner Leute, des Bischofs von Pavia, Giacomo Ammanati, und des Protonotars Stefano da Forlì. – Zu dieser Angelegenheit siehe Ilardi, Crosses and Carets, S. 1136 f.; zu Angelo Acciaiuoli siehe den entsprechenden Artikel von Arnaldo D’Addario, in: DBI 1 (1960), S. 77. 44 Zu dieser in der Renaissance nicht unüblichen Praxis des besonderen Kennzeichnens wichtiger Empfehlungsschreiben siehe ausführlich Ilardi, Crosses and Carets, S. 1127–1149. 45 Francesco Sforza hatte bereits vor seiner Zeit als Herzog gewisse Schutzmaßnahmen zur Feststellung der Authentizität eines Schreibens eingeführt. Bei Ilardi heißt es diesbezüglich: “These instructions reveal that, even before coming to power, Sforza was using a fairly intricate system of secret signs and codes to communicate with officials and others. In addition to the standard password, castellans were instructed to recognize the authenticity of ducal letters by the type and size of seals and the figures represented in them (tree, serpent, woman, old man, and others), the color of the wax (green, red, white), and the signs preceding, following, or intermingled with the duke’s autograph signature” (Ebd., S. 1129).

III.3 Ein folgenschweres herzogliches Schreiben

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dieses elaborierteren Verfahrens war notwendig geworden, als Francesco Sforza nach der Übernahme des Herzogtums mit einer Fülle von Bittgesuchen überflutet wurde, denen er einerseits nicht allen stattgeben konnte, die er sich aber andererseits – aufgrund seiner noch nicht gänzlich gefestigten Position – nicht offiziell zurückzuweisen traute.46 Auch wenn Giovanni di Castiglione dank seiner Stellung an der Kurie und seiner guten Beziehungen zu den herzoglichen Gesandten mit diesem System wenigstens in etwa vertraut gewesen sein dürfte, wird ihm das eigentliche Schreiben kaum direkt in die Hände gefallen sein, in dem der Herzog den Pontifex am 18. Juni 1450 wissen ließ, daß er infolge der vielen Bittsteller, die er nicht alle abweisen könne, von nun an die Schreiben, deren Realisierung ihm persönlich wichtig sei, mit verschiedenen, dezenten Zeichen versehen werde.47 Dies waren beispielsweise, je nach Bedeutungsgrad, drei, zwei oder kein „s“ für „subscripsit“48 oder ein sogenanntes „contrasigno“, etwa ein vor der Unterschrift stehendes Kreuz.49 Im Falle des Giovanni di Castiglione glaubte sich Francesco Sforza dadurch abgesichert zu haben, daß er den Brief nicht eigenhändig unterschrieb und die für eine höhere Wertigkeit der Empfehlung stehenden Zeichen nicht setzte.50 Von der bewährten Praxis des Beilegens eines chiffrierten Begleitschreibens,51 46

 Siehe hierzu ebd., S. 1129.  Dieses Schreiben Francesco Sforzas an Nikolaus V. vom 18. Juni 1450 ist ed. bei Ilardi, ebd., S. 1145 f.; ein kleiner Abschnitt findet sich ebenfalls bei Senatore, «Uno mundo de carta», S. 370 Anm. 51. 48 Bezüglich der Anzahl der „s“ erteilte der Herzog beispielsweise am 16. September 1455 seinem in Rom stationierten Gesandten Calcaterra folgende Instruktion: „sss“ bedeute die Umsetzung dieses Schreibens liege ihm besonders am Herzen («nostra intencione sarà ve rescaldati et faciati con effecto a la expeditione et che ne saranno a cuore»); „ss“ heiße mittelwichtig («più caldamente che quelle che non saranno sottoscripte»); Schreiben ohne Autograph erforderten weniger Engagement («farite quello poreti cum honestate») (ASM, Sf., PE, Roma 42, sub die; siehe auch Senatore, «Uno mundo de carta», S. 370). – Entsprechende Illustrationen finden sich bei Ilardi, Crosses and Carets, S. 1145 ff. 49 «El contrasigno ne rechiedeti ve lo mandamo, come vedereti per queste alligate: questo contrasigno usaremo per lo venire in quelle cose vorremo sianno omnino messe a execucione et che ne tocarano el core et l’animo. L’altre littere che sarano senza esso serano de facti privati o de cose non troppo importante, quale saremo ben contenti che con honesta et debita instancia ve studiate exequirle, non passando li termini del conveniente, come vuy per vostra prudencia saperete cognoscere, ma quelle che vedereti col contrasigno siati certo vegnarano de pura et vera nostra voluntà, et in quello ve sforzareti per ogni modo che sortiscano effecto» (Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 17. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42; ed. bei Senatore, «Uno mundo de carta», S. 370). – Auch Kardinal Guillaume d’Estouteville pflegte, zumindest nach 1453, seine Briefe, denen er eine besondere Bedeutung beimaß, mit einem nach der Unterschrift gesetzten Zeichen zu versehen, das einem „^“ ähnelt. Siehe hierzu Ilardi, Crosses and Carets, S. 1130. 50 «Nui ti scrivessimo altra volta, como ti devi recordare, in favore et recommandatione del vescovo de Constanza, […] senza altra soctoscriptione de nostra mano et senza contrasigno, che se rechiede che tu volessi operarti cum la sanctità de nostro signore in suo favore per lo cappello» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 31. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 51 Zur elaborierten Art und Weise dieser Verschlüsselung siehe oben, Kap. I Anm. 69. – Zudem wurde dieses System hin und wieder auch dadurch ergänzt, daß für gewisse Wörter andere 47

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

das genaue Instruktionen für den herzoglichen Gesandten Nicodemo Tranchedini52 enthielt, sah der Herzog indes ab  –  eine Nachlässigkeit, die Francesco Sforza später bereut haben dürfte, „übersahen“ der Pontifex und der Gesandte doch das Fehlen dieser Zeichen bzw. sie sahen bewußt darüber hinweg. Es ist wohl anzunehmen, daß Giovanni di Castiglione diesen von Francesco Sforza unternommenen Schritt erahnt und daraufhin besondere Vorkehrungen und Arrangements getroffen hatte. Vermutlich war der Bischof mit dem ihm sehr wohlgesinnten Nicodemo Tranchedini53 übereingekommen, daß es am besten sei, wenn sich der Gesandte völlig überrascht zeige, falls er vom Herzog auf die Hilfe angesprochen würde, die er Giovanni di Castiglione hatte zuteil werden lassen. So sollte er vorgeben, davon ausgegangen zu sein, daß die Instruktion die speziellen herzoglichen Zeichen enthalten habe. Allem Anschein nach konnte diese Strategie erfolgreich umgesetzt werden, und es gelang, den Herzog zu besänftigen, der zunächst sehr irritiert gewesen war,54 als er von dem Bischof von gesetzt wurden, so etwa «el fortis» für der König von Aragon und «el buono» für der Papst (siehe hierzu etwa das Schreiben des Bartolomeo Visconti an den Mailänder Herzog vom 7. Mai 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 52 Der 1411 als Sohn von Giovanni Tranchedini und Giovanna Fondeva da Lucca in Pontremoli geborene Nicodemo stand bereits seit 1429 in den Diensten Francesco Sforzas. Nachdem er 1430 zunächst dessen Schatzmeister gewesen war, wurde er von seinem Herrn 1442 als Prokurator für die mit Eugen IV. zu führenden Friedensverhandlungen bestimmt und ein Jahr später für Gespräche zu Federico da Montefeltro geschickt. Zahlreiche Gesandtschaften schlossen sich an: Von 1445 bis 1449 agierte Nicodemo gemeinsam mit Boccaccino Alemanni als Francesco Sforzas Vertreter in Florenz, seit 1450 hielt er sich mehrfach als dessen Gesandter an der Kurie auf. – Zur weiteren Laufbahn Nicodemo Tranchedinis siehe u. a. Ferdinando Massai, Nicodemo da Pontremoli, ambasciatore di Francesco Sforza a Firenze al tempo di Cosimo il Vecchio, in: Atti della Società Colombaria, Florenz 1934, S. 133–162; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 242 f.; Leverotti, Diplomazia e governo, S. 244 ff.; Paola Sverzellati, Per la biografia di Nicodemo Tranchedini da Pontremoli, ambasciatore sforzesco, in: Aevum 72 (1998), S. 485– 557; Dies., Niccolò V visto da un umanista pontremolese. I dispacci di Nicodemo Tranchedini a Milano, in: Franco Bonatti/ Antonio Manfredi (Hg.), Niccolò V nel sesto centenario della nascita [Atti del convegno internaz. di studi, Sarzana, 8–10 X 1998], Vatikanstadt 2000 (Studi e testi 397), S. 329–350. 53 Es ist nicht auszuschließen, daß Giovanni di Castiglione, obgleich er nicht vermögend war, sich die Freundschaft des Nicodemo Tranchedini erkauft hatte; fest steht, daß der Gesandte materiell alles andere als gut gestellt war und dringend Geld benötigte. So bat er etwa am 29. Juni 1451 den Herzog um eine finanzielle Unterstützung, damit er nicht immer sein Brot erbetteln müsse: «Iterum et sempre me recomando a vostra illustrissima signoria, qual prego non voglia ch’io habia sempre a mendicare el pane, anci se degni dare qualche provisione al facto mio, in modo ve possa servire de bonissima voglia et ch’io non ve habia omne dì a rompere le orechie […] per chiedervi da vivere» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 54 Wie verwundert er ob der von seinem Gesandten an den Tag gelegten Haltung war, hatte der Herzog diesem denn auch am 31. Mai 1451 deutlich zu verstehen gegeben: «[…] de la quale cosa, non havendone havuto altro da ti, ne serimo fortemente meravegliati de ti che habbi usato un acto così temerario et presuntuoso, come ne pare questo, che non lo possamo quasi credere, et che tu vogli più tosto fare li facti de altri che li nostri» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 Anm. 40. – An einer anderen Stelle eines weiteren Schreibens vom 31. Mai 1451 heißt es zudem: «de la quale cosa multo se meravegliamo che ti habbi tran-

III.3 Ein folgenschweres herzogliches Schreiben

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Coutances erfahren hatte, daß der Papst ihn, Giovanni di Castiglione, demnächst zum Kardinal zu erheben gedenke55 und daß sich Tranchedini – der wohlweislich nie etwas über diese Unterstützung hatte verlauten lassen56 – wärmstens für den Bischof verwandt hatte.57 Zwar versicherte der Herzog seinem Gesandten nachdrücklich, er habe den für den Bischof von Coutances geschriebenen Brief nur auf Insistieren und Bitten von Giovanni und Guarnerio di Castiglione verfaßt und nicht etwa, weil dies sein Begehren gewesen sei,58 doch konnte man ihn offenbar glauben machen, Tranchedini habe den Text des Schreibens gar nicht zu Gesicht bekommen und den Brief nur deshalb schnell weitergeleitet, weil er habe verhindern wollen, daß der Bischof von Coutances Francesco Sforza weiter belästige.59 So sah der Herzog von schweren Rügen und Vorwürfen ab60 und bat seinen Gesandten lediglich, sich den Brief, den er offenbar noch nicht gesehen habe, vom Pontifex zeigen zu lassen, damit er sich vergewissern könne, daß alles scenere in simile acto, havendo havuto si puoco respecto al nostro scrivere […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 55 «È stato da nui monsignore vescovo de Constantia, quale ne ha presentato alcune soe lettere de XI e XIIII ha portate el suo cappellano, quale ne ha dicto che lui ha lettere de corte che la sanctità de nostro signore, per lo singulare amore et affectione che gli porta, ha deliberato farlo cardinale […]» (Ebd.). 56  Lediglich in seinem teilweise chiffrierten Schreiben vom 6.  Mai  1451 hatte Nicodemo Tranchedini dem Herzog gegenüber die „Angelegenheit des Bischofs von Coutances“ erwähnt. Dabei hatte er sich allerdings so allgemein und so vage ausgedrückt, daß Francesco Sforza, der nicht konkret mit einer Erhebung Giovanni di Castigliones ins Kardinalat rechnete, wohl keinen Verdacht geschöpft hatte: «ho dicto accuratissime a nostro signore el facto de monsegnore nostro de Constanza; hamene data grandissima speranza, dicendo volere omnino de questo o d’altri farne la voglia de la illustrissima vostra signoria. Et se non serà prestissimo, como dessiderate, tamen serà presto, et senza dubio non alentarò la impresa, et sforzaromi che monsegnore dicto, o el suo che è qui, me ne darà comendatione oltra l’esservene perpetualmente obligato et haveranone qualche certeza, saltim a boca, posto che nostro signore demostra amarlo cordialmente» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 57 «esso vescovo è venuto qui et ne ha dicto […] che ultra ciò tu te sei operato multo caldamente in lo facto suo et che l’hai reducto ad bono fine» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 31. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 58 «[…] tu sai che quelle lettere scrivessimo per costui fo ad instantia et pregeri suoi et de messer Guarnero et non già che ne havessimo voglia» (Ebd.). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 Anm. 40; Fubini, Niccolò V, S. 175. 59 Daß Tranchedini diese Entschuldigung angeführt hatte, läßt sich der Antwort des Herzogs vom 24. Juni 1451 entnehmen: «A la parte del vescovo de Constanza ne pare che in la toa resposta sei andato troppo in alto perché, per benché tu diche che quelle parole gli facesti movere al papa, gli le facesti movere perché esso vescovo non havesse casone darne più tedio ad nui […], tene che questo facto non manche per altro che per nui» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 176 Anm. 24. 60 So schrieb Francesco Sforza am 31.  Mai  1451 lediglich, nun habe der Gesandte ja von seinem großen Fehler erfahren und den eigentlichen Willen des Herzogs gehört und könne so dafür Sorge tragen, daß sich der Fehler nicht potenziere: «Hora tu hai inteso el tuo grande errore et hai inteso lo intrinseco de la voluntà nostra, etiandio lo remedio che lo errore non multipliche; provedi mo como ti pare per lo honore et debito tuo che sia satisfacto a la voluntà nostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 f. Anm. 40.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

so sei, wie der Herzog sage, sprich: daß es sich um ein einfaches Empfehlungsschreiben ohne die entsprechenden Signale handele.61 Auch die Taktik des Giovanni di Castiglione bestand augenscheinlich darin, Naivität vorzutäuschen und den Unwissenden zu spielen, der sich dem Herzog für das Verfassen dieses so effizienten und wohlwollenden Empfehlungsschreibens, das ihm bald den Kardinalshut einbringen werde, ungemein verbunden fühlte.62 So gab er, als er im Mai 1451 Francesco Sforza aufsuchte,63 offensichtlich mit Erfolg vor, er glaube, daß in den von Tranchedini am 11. und 13. Mai verfaßten Briefen, die sein Kaplan von der Kurie mitgebracht habe und die er dem Herzog persönlich überreicht habe, mehr über seine Rangerhöhung zu lesen stehe, weil der Papst dem Kaplan gegenüber Entsprechendes angedeutet hätte.64 Den arglosen und treuherzigen Prälaten dürfte Giovanni di Castiglione dabei so überzeugend verkörpert haben, daß ihm Francesco Sforza diese Rolle abnahm.65 Weniger glücklich verlief indes Giovanni di Castigliones Plan, den Herzog – auch mit Hilfe seines Verwandten Guarnerio66 – durch inständiges Bitten und hartnäckiges Insistieren dazu zu bewegen, daß er dem Papst erneut mitteile, wie gerne er es sähe, wenn der Bischof von Coutances den roten Hut erhielte.67 Giovanni 61 «[…] tu diche che la lettera scrivessimo al papa in recommandatione soa era cum li signali, questo non è vero, non credimo che tu habbi veduto la nostra litterra, la quale era solum de recommandatione, senza altri signali, sì che volimo ti fazi monstrare dal papa la lettera nostra, per che tu trovarai la cosa essere così, como havimo dicto» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 24. Juni 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40) (sehr verkürzt auch bei Fubini, Niccolò V, S. 175 Anm. 16). – Weitere konkrete Instruktionen in dieser Angelegenheit erteilte der Herzog seinem Gesandten dann auch nicht, er schrieb lediglich unter Verweis auf seinen letzten Brief: «[…] per altra nostra ti havimo chiarita la voluntà et despositione nostra, como haverai veduto in questo facto; non ti dicemo altro se non che volimo ti governi secundo che in quella se contene quando al effecto. In demostratione ti governa como ti pare per honestà, et questo ne pare ti debbia essere doctrina per lo advenire in le altre cose» (Ebd.). 62 So teilte Francesco Sforza seinem Gesandten Nicodemo Tranchedini am 31.  Mai  1451 mit, Giovanni di Castiglione glaube (nach wie vor), der Papst habe infolge des zu dessen Gunsten verfaßten, herzoglichen Empfehlungsschreibens beschlossen, ihn ins Kardinalat zu erheben: «la sanctità de nostro signore […] ha deliberato farlo cardinale, et crediva per quella lettera che scrivessimo là in suo favore» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 63 «mo esso vescovo è venuto qui» (Ebd.). 64 «[…] monsignore vescovo de Constantia, quale ne ha presentato alcune soe lettere de XI et XIII del presente che ha portate el suo cappellano, […] crediva […] che queste lettere che lui ne ha presentate ne contenesse qualche cosa perché quello suo è là gli havia scripto ch’el papa gli havia dicto queste parole in soa presentia» (Ebd.). 65 Zumindest sind weder gegen Giovanni di Castiglione noch gegen Nicodemo Tranchedini Sanktionen belegt, die etwas Gegenteiliges vermuten ließen. 66 Daß ihn auch Guarnerio di Castiglione diesbezüglich aufgesucht hatte, gab Francesco Sforza seinem Gesandten Nicodemo Tranchedini am 31. Mai 1451 zu verstehen: «dapuoy, el dì sequente, fo da nui messer Guarnero, lo quale ne stringeva multo che iterum volessimo scrivere là perché non dubitava che la cosa non venesse ad effecto» (Ebd.). 67 Wie sehr Giovanni di Castiglione ihn bedrängte, signalisierte der Herzog seinem Gesandten am 24. Juni 1451: «et ne fa gran instantia che nui vogliamo de novo per questo suo facto scrivere al papa […] [et] havimo continua sollicitatione et molestia» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 176.

III.4 Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione

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di Castiglione argumentierte daraufhin, er sei sich sehr gewiß, bald ins Kardinalat erhoben zu werden, und könne sich gar nicht vorstellen, daß der Herzog die Schuld daran tragen wolle, daß ihm diese Würde vorenthalten bliebe, zumal dieses Schreiben Francesco Sforza ja noch nicht einmal etwas koste,68 doch auch dieser Hinweis konnte den Mailänder Herzog nicht umstimmen. So erwiderte er, es sei ihm derzeit unmöglich, diesen Brief zu verfassen, weil er schon sechs Monate zuvor Giacomo Borromeo, dem Bischof von Pavia, versprochen habe, sich für diesen zu verwenden, und nicht annehme, daß der Pontifex zwei Mailänder zu Kardinälen erheben werde.69

III.4 „… Du hast unseren Willen gehört, daß der von Pavia Kardinal werde und kein anderer“70 – Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione Was hatte nun aber der Herzog von Mailand gegen Giovanni di Castiglione als Kardinal einzuwenden? Wäre nicht eigentlich zu erwarten gewesen, daß er zu einer Zeit, in der – infolge der von seinem Schwiegervater Filippo Maria Visconti betriebenen antipäpstlichen Politik – kein Kardinal aus dem Mailändischen an der Kurie vertreten war, über die Aussicht, bald über einen ihm ergebenen Purpurträger an der Kurie verfügen zu können, hocherfreut gewesen sein müßte? Man sollte dieses umso mehr vermuten, als der Herzog den Pontifex durch seinen Gesandten Nicodemo Tranchedini in der Tat mehrfach ersucht hatte, einen Lombarden mit dieser hohen Würde auszuzeichnen;71 ein Wunsch, den Nikolaus V. zu erfüllen versprochen hatte, sobald sich ihm die Möglichkeit biete.72

68 «[…] lui se rende certo che haverà luoco et che non vogliamo essere casone nui che gli mancha tanta dignità, possendo lo nui fare senza nostro costo» (Ebd.). – Daß die Familie Castiglione gegenüber dem Herzog den Eindruck erwecken wollte, als glaube sie fest an die päpstliche Vergabe des roten Hutes an Giovanni, zeigt auch eine weitere Stelle eines früheren Schreibens: «lui ne respose ch’el dicto vescovo de Constantia, è chiarito per toa lettera, ch’el papa omnino ha deliberato de farlo cardinale» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 31. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 175. 69 «nui gli havimo dicto che non possevamo fare questo perché sonno già sei mesi che havevamo scripto per lo vescovo de Pavia et che noi non credevamo ch’el papa volesse fare tanti cardinali, per quello che tu ne hai già scripto» (Ebd.). 70 «[…] tu hai inteso la voluntà nostra essere che quello de Pavia sia cardinale et non altri» (Ebd.). – Zu diesem Schreiben siehe ausführlicher unten, Kap. III Anm. 95. 71 So heißt es etwa in einem Schreiben, das Francesco Sforza am 2.  Mai  1451 für seinen Gesandten Nicodemo Tranchedini verfaßte: «tu sai che essa sanctità ne ha dato intentione altra volta che faria uno cardinale secundo la rechiesta nostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 175. 72 «[…] quod quecumque dabitur nobis opportunitas de creandis cardinalibus agere, erimus memores eius quod per ipsum Nicodemum nobilitati tue sepenumero dici fecimus, videlicet quod unum ex provincia Lombardie quem duxeris eligendum ad prefatam dignitatem promo-

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

Gewiß hätte Francesco Sforza lieber den Bischof von Pavia, Giacomo Borromeo,73 als seinen Kardinal an der Kurie gesehen,74 doch hatte ihm Nicodemo Tranchedini bereits am 6. Mai 1451 signalisiert, daß seine und Pietro da Nocetos75 Bemühungen und Anstrengungen, Borromeo den Purpur zu verschaffen, nur dazu geführt hätten, daß der Papst sie vertröste und hinhalte, da er hinsichtlich der Verleihung des Kardinalshutes an den Bischof von Pavia derzeit kein Dokument ausstellen wolle.76 Die Perspektiven für Giacomo Borromeo sollten sich auch in den folgenden Tagen und nächsten Wochen nicht bessern.77 So bedeutete der Gesandte dem Herzog mehrfach, daß ein weiteres Eintreten für den Bischof von Pavia unter den gegebenen Umständen derzeit keine Aussicht auf Erfolg habe.78 Da im Augenblick nicht mehr zu erreichen sei als die Zusicherung, eines Tages einen Lombarden zu ernennen,79 scheine es im Moment sinnvoller  –  so die verimus» (Nikolaus V. an Francesco Sforza, 15. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40; zit. nach Fubini, Niccolò V, S. 175; vgl. Rossi, Niccolò V, S. 37). 73  Literaturhinweise zur Familie Borromeo u. a. bei Fubini, Niccolò V, S. 175 Anm. 19. 74  «Nicodemo, tu sai quanto ti dicessimo et caricassimo […] che per nostra parte pregasti et supplicasti la sanctità de nostro signore per lo capello per lo reverendo monsignore vescovo de Papia et […] che nui havimo grandemente ad cuore questo facto […]» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 2. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 75  Zu diesem päpstlichen Sekretär siehe Mario Accarini, Pietro da Noceto, segretario di papa Nicolò  V, in: Parma nell’arte. Rivista di lettere, storia e arte 170 (1983/84), S. 13–20; Germano Gualdo, Pietro da Noceto, segretario particolare di Niccolò  V  (1447–1455), in: Eliana M. Vecchi (Hg.), Papato, Stati Regionali e Lunigiana nell’età di Niccolò V [Atti delle giornate di studio, La Spezia, Sarzana, Pontremoli, Bagnone, 25–28 V 2000], La Spezia 2004 (Memorie dell’Accademia Lunigianese di Scienze Giovanni Capellini 73), S. 73–83. 76 «A la parte, signore, del nostro monsegnore de Pavia el papa non ha voluto fare quel breve, ma dice ve observarà la promessa. Et sforzarassi sia presto, benché gli serà dificile, ma pur tante altre fiate ve l’ha promesso che ve l’observarà, et metiate per constante ve habia ad rendere questo honore, ma non faria quel breve, quale, vedendossi o sapendossi, may gli seria una mitria de vergogna, ma ve accerta che ormay questa facenda non è meno in vostro arbitrio che suo. Assay ho pregato et facto, et mai ne ho potuto trarre altro. Misser Piero da Noxeto ce fa el possibile, et damene pur certissima speranza, et non alentarò speroni cum omne mio inzegno et de misser Piero» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 6. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. auch Fubini, Niccolò V, S. 176. 77 Nicodemo Tranchedini teilte dem Herzog eine Woche später, am 11. Mai 1451, mit, daß auch sein Versuch nichts gefruchtet hätte, dem Papst die Beförderung Borromeos als Manifestation seines Wohlwollens dem Herzog gegenüber während der Auseinandersetzungen mit Venedig und Neapel abzuringen: «Domenica che fo a 9 del presente dricto a vespero foi bon pezzo con nostro signore lo papa, et como servitore et compatriota de soa sanctità molto fiducialmente, como da me, depoi molti altri rasonamenti, gli mostrai che a volersi perservare vostra illustrissima signoria per affectionato figliolo et servitore et a volervi correspondere in amore et in la fede havete in soa sanctità è necessario facia qualche demostratione cum effecto, oltra le bone et optime proferte, in modo che vediate altro che parole […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 78 Am 14.  Mai  1451 schrieb der herzogliche Gesandte an Francesco Sforza bezüglich der Schwierigkeiten: «Poi subito andai a pallazo et foi cum nostro signore, quale, veduta hebbe la littera, fece moltissime difficultà a concedere quel breve per lo vescovo de Pavia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 79 Siehe hierzu das Schreiben, das der Papst am 15.  Mai  1451 an den Mailänder Herzog richtete (wie S. 77 Anm. 72). Daß der Pontifex sich nicht auf den genauen Zeitpunkt für die

III.4 Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione

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Schlußfolgerung Tranchedinis –, von weiteren Bittgesuchen für den Bischof von Pavia abzusehen, um den Pontifex, der sich ja bereits kompromißbereit gezeigt habe, nicht unnötig zu verstimmen.80 Mit dem päpstlichen Angebot, den roten Hut an Giovanni di Castiglione zu vergeben, schien die Aussicht, das Projekt eines lombardischen Kardinals zu realisieren, alsbald in greifbare Nähe zu rücken. Da die Chancen, Giacomo Borromeo in unmittelbarer Zukunft durchsetzen zu können, nur gering waren, mag es zunächst überraschen, daß Francesco Sforza nun plötzlich Vorbehalte gegen die Vergabe des roten Hutes an den Bischof von Coutances anmeldete. Die Verwunderung dürfte umso größer sein, als einige von Giovannis Verwandten – wie etwa Guarnerio di Castiglione – geschätzte Ratgeber am Hofe des Herzogs waren. Merkwürdigerweise sollte Francesco Sforza – dies sei an dieser Stelle schon vorweggenommen – auch im späteren Giovanni di Castiglione beim Erklimmen der Karriereleiter kontinuierlich Hindernisse in den Weg legen. Unabhängig davon, ob es sich um den Erhalt des roten Hutes, um Translationen oder um Pfründen handelte, Giovanni di Castigliones Gesuche wurden anfangs stets negativ beschieden und, so er nicht auf später vertröstet wurde, zurückgewiesen. Ja, fast ist man geneigt zu sagen, die Ablehnung seitens Francesco Sforzas ziehe sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der herzoglichen Beziehungen zu Giovanni. Ein derartiges Verhalten wirft natürlich Fragen auf. Dies gilt umso mehr, als Giovanni di Castiglione in der Regel sehr leicht Leute für sich einzunehmen wußte. So erfreute er sich etwa unter den Kardinälen großer Beliebtheit.81 Der Herzog erlag jedoch definitiv nicht dem Charme des Prälaten. Hatte der ehemalige Söldnerführer, der selbst ein guter Stratege war, eine bessere Menschenkenntnis als viele seiner Zeitgenossen und sah er hinter Giovannis Maske dessen „wahres Gesicht“? Erkannte er dessen intrigantes Potential oder hielt er Giovanni di Castiglione für einen Aufschneider, der mehr versprach, als er halten konnte, und unterstützte ihn deshalb nicht? Diese Fragen werden sich kaum mehr beantworten lassen; unbestritten wird jedoch eine starke persönliche Antipathie seitens des Herzogs vorhanden gewesen sein. Giovanni di Castiglione dürfte ihm zweifelsohne zu eigenmächtig agiert und die persönlichen Interessen zu hoch gestellt haben. Möglicherweise teilte Francesco Sforza Machiavellis Meinung. Dieser sollte im Erhebung eines lombardischen Kandidaten festlegen lassen wolle, gab Nicodemo Tranchedini dem Herzog am 16. Mai 1451 zu verstehen: «La celsitudine vostra sa quanto tempo me ha facto sollicitare la sanctità de nostro signore per lo facto de monsignore de Pavia, et la sanctità soa me ha sempre resposto de volere compiacere a la prefata celsitudine vostra de fare uno cardinale lombardo. Mo ultimamente me ha dicto queste parole: ‹Nicodemo, tu ne hai multo sollicitato per parte del tuo signore per lo facto del vescovo de Pavia, dicemo che nui serimo contenti de compiacere ad esso signore duca de pronunciare lo dicto vescovo o un altro chi parerà a la signoria soa. El quando non possiamo dire. Ma ben ti dicemo che questa cosa volimo sia secretissima per non darce incarico› » (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 80 «non me pareria che la signoria vostra havesse più ad sollicitarla, né agrezarla, perché non ne pigliasse desdegno per tanta sollicitudine […]» (Ebd.). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 176 Anm. 23. 81 Siehe hierzu unten, Kap. VII.8.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

späteren im Principe schreiben, es gebe für einen Herrscher ein untrügliches Zeichen, um einen guten Mitarbeiter zu erkennen, denn wenn man merke, daß der Mitarbeiter mehr an sich denke als an den Herrscher, und falls er immer bei allen Handlungen nur seinen eigenen Vorteil suche, so werde dieser nie ein brauchbarer Mitarbeiter werden, und man könne ihm nie trauen.82 Selbst wenn der Herzog nicht gemerkt haben sollte, daß Giovanni di Castiglione zuweilen gewisse Prozesse geschickt künstlich in der Schwebe hielt, um interessant zu erscheinen,83 so dürfte für ihn außer Frage gestanden haben, daß dieser Prälat nicht der loyalste und uneigennützigste Mitarbeiter sein würde. Zudem befürchtete der Herzog vermutlich ebenfalls, daß Giovanni, den er selbst nur selten gesehen hatte, durch seinen Aufenthalt an der Kurie dem Papst nun so nahestand, daß er sich Nikolaus V. im Konfliktfall weitaus mehr verbunden fühlen würde als ihm. Auch dürfte Francesco Sforza die zuweilen bis zur Penetranz reichende, zermürbende Hartnäckigkeit, mit der Giovanni di Castiglione seine Ziele verfolgte, sehr irritiert haben. Daß etwa das Empfehlungsschreiben, welches er für diesen Bischof verfaßt hatte, eine ganz andere Wirkung, als die von ihm intendierte, ausgelöst hatte, konnte Francesco Sforza diesem Mitglied der Familie Castiglione wohl kaum verzeihen. Ein weiterer sehr wichtiger – und recht profaner – Grund für die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione und für das starre Festhalten an Giacomo Borromeo, dessen Beförderung Francesco Sforza sogar vom Papst schriftlich garantiert sehen wollte,84 war finanzieller Natur: Filippo Borromeo85 hatte dem sich aus militärischen Erwägungen nach neuen Geldquellen umsehenden Herzog nämlich  –  im Gegenzug zu der Verleihung des Kardinalshutes an seinen Bruder – die Anleihe von zehn‑ bis zwölftausend Dukaten zugesagt.86 Wie dringend Francesco Sforza, angesichts der Gefahr eines 82 «Ma come uno principe possa conoscere el ministro, ci è questo modo che non falla mai: quando tu vedi el ministro pensare più a sé che a te, e che in tutte le sua actioni vi ricerca dentro l’utile suo, questo tale così fatto mai fia buono ministro, mai te ne potrai fidare. Perché quello che ha lo stato di uno in mano, non debbe pensare mai ad sé ma sempre al principe, e non gli ricordare mai cosa che non appartenga a lui» (Machiavelli, Il Principe, XXII). 83 Siehe hierzu unten, Kap. VI Anm. 150. 84 «Alle altre parte della littera che ne hay scripto da Roma, dicemo che remanemo advisati della bona disposicione de nostro signore circha el facto del reverendissimo monsignore vescovo de Pavia. Et quanto ad nuy remanemo benissimo satisfacti della resposta ha facto la signoria soa, ma pur considerato quanto ne importa quello facto ne ha promesso el conte Filippo sarrissemo contenti havere de ciò qualche letterina o qualche chiareza dalla sanctità soa che potessimo monstrare ad essi monsignore et conte Filippo; sì che de novo te replicamo debbi operare con la sanctità de nostro signore con ogni diligentia che la soa sanctità ne satisfacia in questo, parendo ad ti che alla soa sanctità questo non debia esser molesto, ma se tu cognoscessi che questo non dovesse piacere alla soa sanctità nuy non vorrissemo gravarla de cosa fosse casone de dare molestia et turbatione allo animo della sanctità soa» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 22. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 85 Zu diesem siehe Giorgio Chittolini, Borromeo (Bonromeus, Borromaeus), Filippo, in: DBI 13 (1971), S. 45 f. 86 «[…] per tanto volimo che tu te debbi retrovare cum la prefata sanctità et quella cum debita reverencia pregare et supplicare per nostra parte che se digne per via de uno breve directivo ad

III.4 Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione

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erneuten Krieges mit Venedig,87 für seine Streitkräfte solch großer Summen bedurfte, zeigt auch ein weiteres Schreiben, in dem der Herzog am 2. Mai 1451 seinen Gesandten in Rom anwies, er möge den Kardinal Scarampo aufsuchen und diesen bitten, ihm, wie einst in Aussicht gestellt, fünftausend Dukaten zu leihen, da er neben anderen extrem hohen Ausgaben, die jeden Tag anfielen, auch noch eine sehr große Anzahl von Soldaten unterhalten müsse.88 Angesichts der immer aggressiver auftretenden Verbündeten Venedig und Neapel89 und angesichts der Kosten, welche die Kriegsvorbereitungen verursachten, ist durchaus nachvollziehbar, daß sich Francesco Sforza, dessen Herrschaft erst nui o al prefato monsignore vescovo de Pavia overo al magnifico conte Filippo […] o per altra via che meglio ad essa sanctità paierà […] fare tale chiareza de questo facto che esso monsignore sia certo havere lo dicto cappello, la quale cosa certamente a nui serà tanto grata et accepta che più non porressimo dire per una volta, sì perché è stato usitato essere duoi cardinali o almanco uno de questa patria, sì etiandio perché havuta questa tale chiareza esso conte Filippo ne prestarà e subvenerà de ducati X mila fin in XII mila, li quali puoi nui gli renderemo cum tempore […]» [Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 2. Mai 1451 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 40]. Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 175. 87 Mailand gedachte diesen Krieg zwar nicht auszulösen, wollte sich aber im Falle eines Angriffes verteidigen. So heißt es in dem herzoglichen Schreiben vom 2. Mai 1451, welches Tranchedini dem Pontifex zeigen sollte: «[…] le quale cose devi pensare che tucte se fanno in nostro damno et preiuditio et per provocarne guerra adosso, et benché nostra intentione sia de non volere guerra cum niuno, ma vivere quietamente et in pace cum cadauno, tamen essendo offesi et factone guerra et molestia et datane iusta casone de defenderse non porremo fare che ancora nui dal cantro nosto non se defendamo per non sostenere ne sia facta violentia […] et se da loro venerà lo principio, perché da nui non venerà mai, speramo de fare per tale modo et forma che se ne pentiranno et serà manifesto a tucto el mundo ch’el defecto non è proceduto da nui, ma da loro […]» (Ebd.). 88 «Nicodemo, il reverendissimo monsignore cardinale de Aquilea [=Scarampo] altre volte ne ha facto dire che la signoria soa ad ogni nostra rechiesta ne subveneria de qualche quantità de dinari ad nostri bisogni et perché como tu sai ne retrovamo havere grandissimo numero de gente d’arme a le spalle, senza le altre excessive spese che havimo et che ne occoreno tucto el dì, a le quale gente d’arme de presenti ne bisogno dare qualche dinaro per mantenerle, volimo che tu te debbi retrovare cum la signoria soa et quella per nostra parte pregare che gli piaza de presenti in questo nostro bisogno subvenirne de ducati cinquemillia, de li quali faciamo fare qui bona et valida assignatione sopra le intrate nostre del anno da venire, sì che la signoria soa serà certa de rehaverli […]» [Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 2. Mai 1451 (II), ebd.]. – Dieses Schreiben sollte laut Begleitbrief auch Ludovico Scarampo vorgelegt werden. 89 So beschloß der Rat der Stadt Venedig etwa im Mai 1451, sämtliche Florentiner aus seinen Gebieten zu vertreiben: «Poi me disse havere aviso pur da particulari Venetiani como in li loro conseglii hanno deliberato cacciare tuti li Fiorentini de li loro terreni» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 2. Juni 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Den gleichen Sachverhalt, ergänzt um die Nachricht, daß auch der König von Neapel die Florentiner aus seinem Reich ausweisen würde und man sie, so diese nicht bereit seien, sich der neapolitanisch-venezianischen Liga anzuschließen, zu Kapitalfeinden erklären würde, referierte Tranchedini auch noch ein weiteres Mal an einer etwas späteren Stelle des Schreibens: «El reverendissimo cardinale camerlengo in questa hora me ha dicto che ha lettere da Vinesia et da Napoli como Venetiani lunedì che fo l’ultimo del passato deviano havere licentiati Fiorentini da Vinesia et de tuto el paese loro, et ch’el re faria quel medesimo presto […] et che in questo mezo rechiedriano Fiorentini al entrare in la liga loro et non gli entrando li publicariano et tractariano per inimici capitali» (Ebd.).

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

seit dem Vorjahr währte und ohnehin nicht unumstritten war,90 sehr schwer damit tat, von Giacomo Borromeo abzulassen. Verständlich wird aufgrund dieser Gegebenheiten ebenfalls, warum der Herzog eine Verleihung des Purpurs an Giovanni di Castiglione nur dann billigte, wenn der Kardinalshut für den Bischof von Pavia dadurch nicht gefährdet wurde,91 und weshalb Francesco Sforza so bestrebt war, die Schuld für ein mögliches Scheitern des Unterfangens allein seinem Gesandten zuzuschieben.92 Neben dem finanziellen Aspekt dürfte vermutlich auch noch ein anderer Grund eine Rolle gespielt haben. So gilt es zu bedenken, daß in gewisser Hinsicht auch ein kleiner „Machtkampf “ zwischen dem Papst und dem Herzog ausgetragen wurde. Francesco Sforza, der sich bei der Vergabe von Benefizien im Lombardischen dank der päpstlichen Bulle vom 1. April 145093 ein bedeutendes 90 Im Gegensatz zu seinen Vorgängern war er nicht von herzoglichem Geblüt, sondern lediglich der Gatte der Bianca Maria, des einzigen Kindes von Filippo Maria, des letzten der Visconti-Herzöge. Zwar stammte Bianca aus der Beziehung zu seiner Geliebten, doch war seine natürliche Tochter später legitimiert worden. Außer Friedrich III., der das Herzogtum nach dem Aussterben aller „rechtmäßigen“ männlichen Nachkommen der Dynastie nun als dem Reich anheimgefallen betrachtete, erhoben auch König Alfons V. von Neapel, welcher behauptete, von dem Herzog adoptiert worden zu sein, sowie das Haus Orléans und der Herzog von Savoyen Anspruch auf Mailand – und auch die Republik Venedig zeigte sich am mailändischen Territorium sehr interessiert. Siehe hierzu unter anderem Ludwig von Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters, Bd. I: Geschichte der Päpste im Zeitalter der Renaissance bis zur Wahl Pius’ II. – Martin V., Eugen IV., Nikolaus V., Kalixtus III., Freiburg / Br. 91926 [121955], S. 425 f. 91 «[…] perché quello che nui ti scrivessimo per costui non lo scrivessimo cum intentione che havesse ad derogare et preiudicare al facto del dicto vescovo de Pavia, ma la intentione et voluntà nostra sì era et è che esso monsignore de Pavia sia quello che sia promosso a la dignità del cardinalato, et quando lui fosse promosso ad tale dignità et se potesse fare ancora d’esso vescovo de Constanza lo haveressimo caro et ne seressimo contenti, ma non però ch’el facto suo havesse ad impedire quello de monsignore de Pavia, […] sì che de questo facto ti havimo voluto advisare perché sappi la cosa como passa et sappi in che modo ti habbi ad governare» (Francesco Sforza an Nicodemo Tranchedini, 31. Mai 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 92 Diese Absicht wird denn auch in dem herzoglichen Schreiben vom 31. Mai 1451 ganz offenkundig, betont Francesco Sforza an diesem Tage doch, welch großen Wert er darauf lege, daß allein Tranchedini für den „Skandal“ verantwortlich zeichne, der entstehe, falls die mit der Familie Borromeo getroffene Übereinkunft nicht würde gehalten werden können, habe er selbst doch stets erklärt, daß seinem Willen zufolge niemand anderer als der Bischof von Pavia zum Kardinal erhoben werden solle: «[…] et teneressimo che de questo fossi stato casone tu et de questo scandalo perché nui havimo dicto dal canto nostro de quello de Pavia et de voluntà nostra non serà mai altro che lui» (Ebd.). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 Anm. 40. 93 Die Bulle (Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., n° 9425) ist u. a. ediert bei Andrea Galante, Il diritto di placitazione e l’economato dei benefici vacanti in Lombardia. Studio storico giuridico sulle relazioni fra lo stato e la chiesa, Mailand 1894 (Studi giuridici e politici  1), S. 49 ff. (weitere Kopien dieses Erlasses mit wesentlichen Modifikationen finden sich in ASMi, RD 51, fol. 126r; RD 214, fol. 143v; Sf., PE Roma 40, sub die). – Zur Bewertung dieser Bulle siehe insb. Michele Ansani, La provvista dei benefici  (1450–1466). Strumenti e limiti del intervento ducale, in: Giorgio Chittolini  (Hg.), Gli Sforza, la Chiesa lombarda, la corte di Roma. Strutture e pratiche beneficiarie nel ducato di Milano (1450–1535), Neapel 1989 (Europa mediterranea 4), S. 1–113, insb. 4 ff.; Ders., Quod ad aures Lombardorum non veniat.

III.4 Die ablehnende Haltung des Herzogs gegenüber Giovanni di Castiglione

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Mitspracherecht gesichert hatte, wollte wohl auch deshalb nicht nachgeben, weil er wußte, daß Nikolaus V. ursprünglich nicht beabsichtigt hatte, ihm uneingeschränkte Kompetenzen zu übertragen.94 Nun fürchtete der Herzog offenbar, er würde, wenn er erst einmal seinen bevorzugten Kandidaten fallengelassen habe, einen Präzedenzfall schaffen und müsse sich dann auch in Zukunft bei der Zuweisung der wichtigen lombardischen Benefizien und der entscheidenden Ämter stets dem päpstlichen Willen beugen. Wen wundert es daher, angesichts dieser finanziellen Nöte und Ängste, daß Francesco Sforza, als er von den guten Aussichten des Giovanni di Castiglione gehört hatte, am 31. Mai 1451 an Tranchedini schrieb: „Du hast unseren Willen vernommen, daß der von Pavia Kardinal werde und kein anderer. Und wenn der Papst es seinerseits täte, in dem Glauben, uns einen Gefallen zu tun, weil er Mailänder ist, werden wir dies(en) nicht akzeptieren“.95

Osservazioni intorno al cosiddetto indulto di Niccolò V a Francesco Sforza, in: Roberto Delle Donne/ Andrea Zorzi  (Hg.), Le storie e la memoria [in onore di Arnold Esch], Florenz 2002 (Reti Medievali, E-book Reading  1), S. 53–67; Fubini, Niccolò  V, S. 176 ff.  –  Zur „Kirchenpolitik“ Francesco Sforzas siehe zudem Luigi Fumi, Chiesa e Stato nel dominio di Francesco Sforza da documenti inediti dell’Archivio di Stato e dell’Ambrosiana di Milano, in: ASL  51 (1924), S. 11–74; Luigi Prosdocimi, Il diritto ecclesiastico dello Stato di Milano dall’inizio della Signoria viscontea al periodo tridentino (sec. XIII–XVI), Mailand 1941 [ND 1973]; Ders., Chiesa e istituzioni ecclesiastiche a Milano di fronte alla formazione dello stato territoriale, in: Gioachino Rigamonti (Hg.), Problemi di storia religiosa lombarda [Atti della tavola rotonda, Varenna, 2–4 IX 1969], S. 88–100; Ders., Lo stato sforzesco di fronte alla chiesa milanese e al papato, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli stati italiani ed europei  (1450–1535) [Convegno internaz., Milano, 18–21  V  1981], Mailand 1982, S. 147–164; Adriano Prosperi, Dominus beneficiorum: il conferimento dei benefici ecclesiastici tra prassi curiale e ragioni politiche negli stati italiani tra ’400 e ’500, in: Paolo Prodi/ Peter Johanek  (Hg.), Strutture ecclesiastiche in Italia e in Germania prima della Riforma, Bologna 1984 (Annali dell’Istituto Storico Italo-Germanico in Trento 16), S. 51–86; Michele Ansani, Note sulla politica ecclesiastica degli Sforza, in: Jean-Marie Cauchies (Hg.), Milan et les États bourguignons: deux ensembles politiques princiers entre Moyen Âge et Renaissance (XIVe–XVIe s.) [Actes des rencontres de Milan, 1er–3 X 1987], Basel 1988 (PCEEB 28), S. 133–143; Ders., Da chiesa della comunità a chiesa del duca. Il «vescovato sfortiano», in: Giorgio Chittolini/ Giancarlo Andenna (Hg.), Metamorfosi di un borgo. Vigevano in età visconteo-sforzesca [Atti del convegno, Vigevano 30 IX–1° X 1988], Mailand 1992 (Studi e ricerche storiche 155), S. 117–144. 94 Die Bulle war ursprünglich lediglich als ein wohlwollendes Zugeständnis seitens des Papstes konzipiert gewesen, mit dem er zur Stabilisierung der anfänglich noch etwas unsicheren herzoglichen Position hatte beitragen wollen; vgl. Ansani, La provvista, S. 3. – Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, daß die päpstliche Bulle sogar zurückdatiert wurde, um Francesco Sforza den Herrschaftsantritt zu erleichtern. So könnte sie letztlich als päpstliche Reaktion bzw. Antwort auf eine am 18. Juni 1450 an den Pontifex gerichtete Bitte gesehen werden; vgl. Ansani, ebd., S. 5 Anm. 18. 95 «[…] tu hai inteso la voluntà nostra essere che quello de Pavia sia cardinale et non altri. Et quando el papa per soa voluntà lo facesse, credendo farne cosa grata perché è milanese, non lo acceptaressimo» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 Anm. 40; Fubini, Niccolò V, S. 175 Anm. 18.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

III.5 „… lieber möchte ich ein Bettler sein, als auf unlauterem Wege zu allen Reichtümern der Welt zu kommen“96 – Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes Am 31. Mai  1451 hatte Francesco Sforza seinen Gesandten darum gebeten, kein weiteres Unheil dadurch anzurichten, daß er dem Bischof von Coutances und dessen Angehörigen berichte, wie wenig angetan der Herzog von dem Engagement seines Gesandten für Giovanni di Castiglione gewesen sei.97 Selbst wenn Nicodemo Tranchedini dieser herzoglichen Bitte nachgekommen sein sollte, dürfte der Bischof von Coutances jedoch aufgrund des Stagnierens seines Projektes erkannt haben, daß es neuer Mittel und Wege bedurfte, um sein Vorhaben voranzutreiben. Möglicherweise hielt er es zunächst für ratsam, vorerst ein wenig Abstand zu wahren, um dem Herzog nicht das Gefühl zu geben, er wolle ihn bedrängen.98 So dürfte er in der folgenden Zeit, in der Francesco Sforza sich offiziell mit Florenz verbündete99 und in der Nikolaus  V. und viele Angehörige der Kurie Rom wegen der Pestwelle geradezu fluchtartig verließen,100 darüber nachgesonnen haben, wie seine Position zu verbessern sei. Anders als etwa der Bischof von Piacenza, Niccolò Amidani,101 entschied sich Giovanni di Castiglione – wie man aus seiner Korrespondenz erkennen kann – gegen das

  96 «più tosto voglio essere povero et mendicho che per vie illicite et non devute havere tutte le richezze del mondo […]» [Niccolò Amidani an Francesco Sforza, 11. Oktober 1451 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 40].   97 «Et dubitamo che tu farrai ancora magiore inconveniente che non è questo perché siamo certi che tu non ti saperai contenere, che tu non monstri cum lo dicto monsignore o cum li suoi che tu habbi havuto de questo reprensione da nui» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Nicodemo Tranchedini sollte dem Bischof von Coutances sogar bedeuten, wie lieb dieser dem Herzog sei: «[…] ch’el dicto monsignore comprenda che del facto suo siamo male contenti, la quale cosa nui non voressimo per modo alcuno, anzi voliamo che tu te sforzi in ogni modo monstare che questo ne saria multo caro» (Ebd.).   98 Zumindest sind aus den folgenden Monaten keine Schreiben Giovanni di Castigliones an den Mailänder Herzog überliefert.   99 Zu dem am 30. Juli 1451 zwischen Florenz und Mailand geschlossenen Bündnis, das am 15. August 1451 publik gemacht wurde, siehe Alessando Colombo, A proposito delle relazioni tra Francesco Sforza e Firenze (luglio 1451), in: Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei, s. 5, 15 (1906), S. 551–568. 100 Auch Nicodemo Tranchedini berichtete dem Herzog am 29. Juni 1451 von der durch die Pest und die ungewöhnliche Hitze bedingten Fluchtwelle, die dazu führe, daß alle Nationen die Stadt verließen, die in der Tat für jeden ehrenwerten Mann nur zum Grab werden könne: «Poi etiandio qui sono caldi exterminatissimi più che mai se recordi homo vivo; el medesimo se dice de Napoli. Ma in omne modo omne nacione fuge volentire Roma a li tempi mo, et meritamente perché in vero è sepulchro de valenti huomini» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 445 Anm. 2. 101 Amidanis Konzept sollte sich letztlich aber als erfolgreich erweisen, gelang es ihm doch, 1453 zum Erzbischof von Mailand erhoben zu werden. – Zu Amidani siehe Ovidio Capitani, Amidani, Niccolò, in: DBI 2 (1960), S. 792.

III.5 Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes

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Verfassen von „Bettelbriefen“102 und versuchte auch nicht, durch das Hervorrufen von Mitleid über Sforzas Sekretär Benefizien zu erlangen.103 Auch hielt er es nicht für vorteilhaft, seine Kräfte zu vertun, indem er – wie der Bischof von Piacenza – schlichtend in die bei der Benefizienvergabe entstandenen Streitfälle zwischen dem Pontifex und dem Herzog zugunsten des letzteren eingriff,104 zumal ein solcher Einsatz offenbar die Gefahr barg, den Kompetenzbereich des herzoglichen Gesandten Nicodemo Tranchedini einzuengen.105 Giovanni di Castiglione achtete indes darauf, möglichst gute Beziehungen zu den her102 «Signore mio, io so’ poverissimo prelato però che io non ho beneficio che sia sufficiente ad farme lo quanto de le spese necessarie. Anche lo officio che io ho non mi fa utile de un soldo benché sia di molti affanni et fatiche. […] Advisando la signoria vostra che se nostro signore non mi desse un pocho de provisioncella, la quale me adiuta ad vivatare, io staria in pessimi termini. Questo ho vogliuto significare ad la signora, ad ciò che sapendo quella lo stato mio vogli havermi in memoria quando vacano beneficii nel dominio suo come fano spesse volte, parendo ad me che per molti rispetti sia non manco rasonevele che io sia proveduto cossì come molti altri ad li quali la signoria vostra fa ogni dì provedere. Per tanto humilemente supplico ad quella che de li beneficii vacanti vogli farme provedere over almanco lassarmi provedere ad chi lo farà voluntieri. Et non vogli che io sempre stia ad speranza de beneficii, li quali forse non vacarano al tempo mio o vacarano cossì tardi che troppo grave me serà lo aspectare, adciò che se mai io deggio havere qualche bene lo haggia alli dì mei […]» [Niccolò Amidani an Francesco Sforza, 11. Oktober 1451 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 40]. 103 Wie inständig der Bischof von Piacenza den herzoglichen Sekretär bat, sich bei seinem Herrn für ihn einzusetzen, kann man einem Schreiben vom 11.  Oktober  1451 entnehmen: «[…] vogliati per amore mio captare tempo commodo che la signoria sua o da sé o da noi intenda quanto io li scrivo. Insuper, Ceccho mio, vi prego vogliati ricomandarmi ad la sanctità sua efficacemente come saperete et supplicare ad quella che vogli operare che io non stia sempre vivo di speranza, ma sia contenta che io sia proveduto de le cosse vanno sopra li tavolieri […], vi prego stretamente vogliati operare per me quanto vediati essere bisogno, però che di quanto se habbia ad fare per me presso ad quello nostro illustrissimo signore ho posto in voi tutta la speranza mia […]» (Ebd.). – Daß Cicco Simonetta sich in der Tat für den Bischof von Piacenza verwendete, läßt sich auch an einem weiteren, an eben diesem Tag verfaßten Schreiben von Niccolò Amidani erkennen: «Per lettera di Vincentio, mio fratello, oggi ho inteso questa dimostratione continuamente faciati amare lui et me, et maxime in esserli stato favorevele ad potere ne li fatti mei havere commoditate parlare ad lo nostro illustrissimo signore. Et benché ad me non sia cossa nova, ma notissima per molte experientie che voi per vostra cortesia me amati assai, nondimeno continuamente conoscho ad me crescere obligatione verso voi […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die (II)]. 104 So berichtete Niccolò Amidani dem Herzog etwa am 22. Oktober 1455, wie er den Ärger des Papstes auf sich gezogen habe, als er Calixt III. darauf aufmerksam gemacht habe, wie unzufrieden Francesco Sforza damit sei, daß der Pontifex die Abtei Cerreto Kardinal Calandrini als Kommende geben wolle (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 105 Wie schlecht das Verhältnis zwischen dem Bischof von Piacenza und dem herzoglichen Gesandten wohl nicht zuletzt aufgrund der Übergriffe des Prälaten in dessen Kompetenzbereich war, sieht man auch daran, daß Niccolò Amidani aus der Befürchtung heraus, es könne ihm andernfalls Schaden entstehen, den Mailänder Herzog am 22. Oktober 1451 bat, niemanden, auch nicht Nicodemo, über den Inhalt seines Schreibens in Kenntnis zu setzen: «[…] supplico che non vogli per modo alchuno cum persona veruna, etiam cum Nicodemo, fare vista havere da me veruna de le […] cosse, però che ad quela non giovaria, ma più tosto noceria. Et ad me poteria fare danno grandissimo […]. Ad Nicodemo ho ditto che io di ciò scrivo alla signoria vostra, ma non voglio sappia le particularitate» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die).

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

zoglichen Gesandten zu pflegen, und wählte daher lieber einen an der Kurie nicht unüblichen, jedoch ein wenig fragwürdigen Weg. Einen solchen lehnte der Bischof von Piacenza entschieden ab, denn er wollte nach eigenen Worten lieber Bettler sein, als sich an dem durch seine Hände Fließenden unehrenhaft zu bereichern.106 Giovanni di Castiglione hatte derartige Bedenken nicht: Die gezielte Weitergabe von über ihn laufenden Informationen, die Francesco Sforza von anderer Seite schwerlich zu bekommen vermochte, in Verbindung mit dem Erteilen von Ratschlägen, schien ihm ein geeignetes Mittel zu sein, um in den Augen des Herzogs an Bedeutung zu gewinnen. So ließ Giovanni di Castiglione etwa, wie wir aus der Denkschrift wissen, die er am 12. September 1451 für den Mailänder Herzog verfaßte,107 Francesco Sforza durch Guillaume de Varroc, den Vikar seiner normannischen Diözese, Informationen zu den vom französischen König Karl VII. gefaßten Plänen über die Einberufung einer Versammlung in Lyon zukommen,108 auf welcher über einen Feldzug in die Lombardei beratschlagt werden sollte.109 Diese stand in den Augen der Franzosen aufgrund der Heirat von Valentina Visconti und dem Herzog Ludwig von Orléans dem französischen Königshaus zu. Es ist sicher nicht von ungefähr, daß Giovanni di Castiglione – wie Fubini betont – gerade in dieser Denkschrift vom 12. September 1451 explizit auf die Notwendigkeit eines inneritalienischen Friedens

106 «Se io volesse et havesse vogliuto per lo passato havere de la robba et richezze per vie indirecte, come alle volte sogliono fare alchuni, debbe essere certa la signoria vostra che stando io dove sto et non essendo riputato lo minimo presso ad nostro signore pur sono passate et passano de le cosse per le man mie, unde io haveria potuto tirarmi de la paglia sotto, in tal modo che non seria stato povero perfin ad un bon pezzo, ma non lo ho vogliuto né voglio fare, anzi più tosto voglio essere povero et mendicho che per vie illicite et non devute havere tutte le richezze del mondo […]» [Niccolò Amidani an Francesco Sforza, 11. Oktober 1451 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 40]. 107 Dieses Memorial (BNF, ms. it. 1585, fol. 223r–224v) wurde von Riccardo Fubini erst kürzlich Giovanni di Castiglione zugeordnet und ediert (Niccolò V, S. 198 ff.); ein Großteil des Dokuments ist aber bereits publiziert bei Benjamin Buser, Die Beziehungen der Mediceer zu Frankreich während der Jahre 1434–1494 in ihrem Zusammenhang mit den allgemeinen Verhältnissen Italiens, Leipzig 1879, S. 372 ff.; zur Interpretation siehe neben Fubini und Buser auch Gaston Du Fresne de Beaucourt, Histoire de Charles VII, Bd. IV, S. 162; Vincent Ilardi, The Italian League, Francesco Sforza, and Charles VII (1454–1461), in: Studies in the Renaissance  6 (1959) [ND New York 1973], S. 129–166, hier: S. 138; Patrick Gilli, Au miroir de l’humanisme. Les représentations de la France dans la culture savante italienne à la fin du moyen âge (c. 1360 – c. 1490), Paris 1997 (BEFAR 296), S. 241, dessen Deutung Fubini, Niccolò V, S. 169 ff. zu untermauern sucht. 108 Giovanni di Castiglione unterstrich dabei, daß die Informationen über die besagte Zusammenkunft zutreffend sein müßten, weil er sie von einem sehr zuverlässigen Gewährsmann erhalten habe: «Che essendo vera la dicta venuta et congregatione a Lione, come la credo, perché l’ho da persona che non me sole dare avisi vani […]» (Memorial; Fubini, Niccolò V, S. 198). 109 «Perch’io non so qual pensero habia facto, né fare deba la signoria vostra sopra quello aviso li mandai novissime per il vicario mio circa la venuta di proximo del re de Franza a Lione et la congregatione de li tri stati soy per prendere deliberatione sopra l’impresa de Lombardia et del resto pretende la casa soa in Italia spectarli […]» (Ebd., S. 198 f.).

III.5 Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes

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hinwies, wurde diese doch einen Tag vor der Entsendung des herzoglichen Gesandten Niccolò Acciaiuoli an den französischen Hof 110 und in Anbetracht der dort zu führenden Gespräche über ein Bündnis zwischen Frankreich, Florenz und Mailand abgefaßt. Die einzige und beste Möglichkeit, die große Bedrohung einer unmittelbar bevorstehenden französischen Invasion abzuwenden und zu verhindern, daß die Franzosen nach der gesamten italienischen Staatenwelt griffen,  –  so schrieb er  –  liege darin, schnell einen Friedensschluß zwischen den italienischen Mächten herbeizuführen.111 Ebensowenig dürfte es angesichts der Vertrauensstellung, die Giovanni di Castiglione beim Pontifex einnahm, ein Zufall sein, daß die von dem Prälaten unterbreitete Lösung, zumindest nach außen hin, ganz die päpstliche, auf den Abschluß eines Friedens in der italienischen Staatenwelt gerichtete Linie widerspiegelte.112 Der Prälat vermochte es wohl so zu arrangieren, daß er in Absprache mit, wenn nicht sogar auf Wunsch von Nikolaus V. agierte, dessen Dank ihm für das Aufsetzen des Schreibens gewiß gewesen sein dürfte. Doch betrachtet man die Denkschrift genauer, so kann man sich des Gefühls nicht erwehren, daß die Botschaft, die Giovanni di Castiglione für den Mailänder Herzog „zwischen den Zeilen“ zu verstecken verstand, nicht ganz der Intention des Papstes entsprochen haben dürfte, denn geschickt gewichtete er die Vorteile, welche der Abschluß eines inneritalienischen Friedens für die einzelnen Staaten mit sich zu bringen versprach (viele Vorzüge werden für die mit Francesco Sforza in Fehde stehenden Mächte genannt,113

110 Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 188 f. – Zu dem am 21. Februar 1452 geschlossenen Bündnis siehe Luigi Rossi, La lega tra il duca di Milano, i Fiorentini e Carlo VII re di Francia (21 febbraio 1452), in: ASL s. 4, 5 [33] (1906), S. 246–298. 111 «dico che la principale et più secura provisione seria la pace universale de le Signorie de Italia […]» (Fubini, Niccolò V, S. 202). 112 «Il messaggio, si è detto, proviene da un portavoce ufficioso del pontefice» (Fubini, Niccolò V, S. 172). 113 So heißt es in Bezug auf Venedig, der Friede werde in erster Linie für die Serenissima und nicht für Mailand abgeschlossen, denn jene hätte nicht nur weit mehr zu verlieren als der Herzog, sondern sei wegen ihrer Küste auch viel leichter anzugreifen und verfüge zudem auch nicht über die alten freundschaftlichen Bande zu Frankreich, auf die sich Mailand stützen könne. Überdies sei Mailand in der Lage, sich viel besser, mit geringerem Kostenaufwand und der Hoffnung auf größeren Gewinn zu verteidigen und habe es zudem wesentlich leichter, Verbündete zu finden; so wäre es dem tugendhaften, allseits geachteten Herzog sogar möglich, die Unterstützung des Kaisers zu erlangen [!]. Ähnlich wie für die Serenissima stelle sich die Situation für Neapel dar, für das ein französischer Einmarsch auf die italienische Halbinsel ebenfalls eine viel größere Gefahr als für Mailand bedeute, zum einen wegen des Anspruches, den die Franzosen ohnehin auf diese Region erhöben, zum anderen weil das Königreich sich wegen der vielen Flüsse und Küsten schlecht mit geringen Kräften verteidigen ließe (siehe hierzu die entsprechende Passage des Memorials, in: Fubini, Niccolò  V, S. 202).  –  Gewiß hatte Giovanni di Castiglione die Situation ein wenig beschönigt, denn in Wirklichkeit war etwa das Verhältnis Francesco Sforzas zu Friedrich III. keinesfalls so positiv, wie es der Bischof von Coutances andeutete.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

einige für das Papsttum,114 wenige für Mailand115). Auf diese Weise gelang es Giovanni di Castiglione dem Herzog zu suggerieren, daß er sich bei den an der Kurie anstehenden Friedensverhandlungen letztlich in einer Position der Stärke befände, weil Neapel, Venedig und das Papsttum des Friedens noch weitaus mehr bedürften als Mailand.116 Mit dem Aufzeigen der „Schwachstellen“ der Gegner von Francesco Sforza gab Giovanni di Castiglione ohne Frage die Argumente vor, die den Herzog aus den an der Kurie angesetzten Friedensgesprächen den größten Profit ziehen ließen. Francesco Sforza wußte diese Auskünfte wohl gut zu nutzen: So ist es sicher kein Zufall, daß der herzogliche Gesandte in Rom knapp zwei Monate später den Papst  –  um sich bei den Friedensverhandlungen eine gute Ausgangsposition zu sichern – ein wenig in die Enge zu drängen suchte, indem er ihn mit den von Giovanni di Castiglione gebrachten Argumenten konfrontierte.117 Grundsätzlich wird man vermuten dürfen, daß Giovanni di Castiglione bei seiner Einflußnahme auf den Herzog schon allein deshalb erfolgreich war, weil Giacomello da Trivulzio118  –  ein Gesandter, der von Francesco Sforza, zu114 Als Ängste, die den Papst bewegten, kamen zur Sprache: die Furcht, die Franzosen könnten ihren Einfluß über die gesamte italienische Halbinsel  –  und damit auch über den Kirchenstaat – ausdehnen, nach der Kaiserkrone greifen, das Papsttum wieder nach Frankreich führen und an ein Konzil in Lyon appellieren: «Per la sanctitate autem de Nostro Signore il papa, che n’è directrice d’essa pace, etiam s’affarìa non manco ch’essa rasonevolmente se concludesse et presto che per la Signoria Vostra et l’altri predicti per le rasone tochate di sopra, ove s’è facta mentione del Papato et del concilio, per le quale se po comprendere asai che, dominato havesseno a la Lombardia vel pur a Zenoa sola, voriano dominare incontinenti al reame de Napoli et consequenter a le terre de la Chiesa, sed imprimis a Roma, per havere quella corona del Imperio qual più ambissano che’l paradiso, et per potere a loro voluntate transferire il Papato [a ca]sa soa. Et se non altro movesse la Sanctitate Soa ad accellerare essa pace, il doveria commovere il periculo al qual subiace facendose el concilio a Lione; del qual, essendo Italia unita et in suo favore, non haverà [a] temere un grillo, maxime essendo l’Imperatore dal canto suo. Il qual, non essendo Italia concorde et per disgratia evenesse che alcune de le Signorie d’essa Italia fosseno constrecte esser cum Francesi, presertim la vostra, pocho li valeria, et la experientia diebus nostris s’è veduta» (Ebd., S. 203 [bzw. 104]). – Zur Frage, weshalb gerade Lyon als Konzilsort sich anzubieten schien, siehe Müller, Die Franzosen, Frankreich und das Basler Konzil, Bd. I, S. 215. 115 Giovanni di Castiglione nannte für das Herzogtum etwa den Vorzug, daß Genua nicht mehr unmittelbar der Gefahr ausgesetzt sei, von den Franzosen eingenommen zu werden, so daß man in der Lombardei nicht fürchten müsse, die Franzosen als direkte Nachbarn zu bekommen (siehe hierzu die entsprechende Passage des Memorials, in: Fubini, Niccolò V, S. 202). 116 Wie sehr das Augenmerk Giovanni di Castigliones den Kontrahenten des Herzogs galt, wird auch daraus ersichtlich, daß der für Florenz, den Verbündeten Mailands, aus einer inneritalienischen Allianz hervorgehende Nutzen überhaupt nicht thematisiert wurde. 117 «recorday ad soa sanctità ch’el re de Franza pretende al imperio et non dorme, in modo che, non ce havendo soa sanctità bon riguardo et consideratione, Italia inanti tracto se impira de forestieri et desfarassi, et in picolo tempo soa sanctità se perderà la obedientia d’Oltramonti et de la più parte et megliore de Italia, ricordandogli ancora che Oltramontani omnibus conatibus suis cercano el concilio contra soa sanctità et tirare el papato in le parte loro» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 22. November 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 118 Zu Giacomello (bzw. Giacomo) da Trivulzio siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 246; Leverotti, Diplomazia e governo, S. 250 ff.

III.5 Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes

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sammen mit Nicodemo Tranchedini, speziell für die an der Kurie stattfindenden Friedensverhandlungen abgestellt worden war  –  offenbar schon im Sommer 1451 recht unglücklich agiert hatte. So hatte Nicodemo Tranchedini sogar im Auftrag des Papstes am  12.  Juli  1451 an den Herzog die Bitte herangetragen, diesen Gesandten durch einen geeigneteren und einflußreicheren abzulösen.119 Es überrascht vor diesem Hintergrund nicht, daß Francesco Sforza dem Bischof von Coutances im November  1451 aufgeschlossener gegenüberstand als noch im Frühjahr desselben Jahres. Zumindest versicherte der Herzog Giovanni di Castiglione seines Wohlwollens, was der Bischof mit großer Freude zur Kenntnis nahm, wie wir aus dem Schreiben wissen, das er am 3. Dezember 1451 an den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta sandte.120 Dieses Schreiben vom 3.  Dezember 1451 ist auch insofern interessant, als hier nicht nur Kardinal Estouteville, mit dem Giovanni di Castiglione später eng kooperieren sollte, erstmals erwähnt wird, sondern weil zudem in diesem eine weitere Strategie sichtbar wird, die Giovanni di Castiglione bald häufig anwenden sollte: das Weiterleiten von Nachrichten, die aus dem Reich und dem ungarischen Raum stammten. Ließ Giovanni di Castiglione in der Regel an der Kurie eintreffende Berichte über die Vorkommnisse in Venedig, Genua, Florenz, den Marken und Neapel unkommentiert, so schenkte er seine Aufmerksamkeit schon früh dem Reich und Ungarn, einstigen Tätigkeitsfeldern des Kardinals Branda di Castiglione, und leitete diese Neuigkeiten im Telegrammstil nach Mailand weiter. Er dürfte erkannt haben, daß sich hier eine Nische bot, die ihm als Mittelsmann Gewicht zu verleihen versprach, war doch das herzogliche Gesandtennetz auf der italienischen Halbinsel sehr eng geknüpft und garantierte eine detaillierte Berichterstattung, wohingegen der Informationsstrom aus dem Reich wesentlich zäher, langsamer und spärlicher floß.121 Zudem stand 119 ASMi, RD 35, fol. 329 ff.; siehe auch Catalano, La nuova signoria, S. 26, 57; Leverotti, Diplomazia e governo, S. 251. 120 Siehe hierzu ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die. – Cicco Simonetta wurde wohl um 1410 als erster Sohn von Margherita und Antonio Simonetta in Kalabrien geboren. Sein Onkel Angelo vermochte es, Cicco und dessen Brüder Andrea und Giovanni schon früh in das Blickfeld und in den Dienst Francesco Sforzas zu führen, so daß diese den condottiere vom Königreich Neapel über die Marken in die Lombardei begleiteten. Seit 1444 unterzeichnete Cicco offiziell als Kanzler und Sekretär Francesco Sforzas. Nachdem er 1449 zum Regenten von Lodi ernannt worden war, kehrte er, als sein Herr 1450 in Mailand als neuer Herzog eingezogen war, ebenso wie sein Bruder Giovanni, in die Kanzlei zurück, während Andrea Kastellan von Monza wurde und Angelo einen Platz im herzoglichen Rat einnahm. Cicco wurde ein wichtiger Korrespondenzpartner der Castiglione, wie auch das spätere Kondolenzschreiben zeigt, das der bischöfliche Sekretär Rolando Talenti 1459 zum Tode seines Herrn Zanone di Castiglione an den herzoglichen Sekretär sandte (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 37rv). – Die Tagebücher des Cicco Simonetta setzen leider erst mit dem Jahre 1473 ein, siehe hierzu I diari di Cicco Simonetta, hg. v. Alfio Rosario Natale, Bd. I, Mailand 1962 (Acta Italica 1), mit einer Einführung, die auch wesentliche Informationen zur Laufbahn Cicco Simonettas enthält (Notizie biografiche, S. XIII ff.). 121 Francesco Sforza hatte zwar am 5.  Dezember  1450 Sceva da Curte zu seinem Vertreter beim Kaiser bestimmt (zu diesem Gesandten siehe unten, Kap. III Anm. 133) und auch

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

nach wie vor die offizielle Anerkennung Francesco Sforzas als Herzog von Mailand durch Friedrich III. aus.122 Das im Reich Vorfallende mochte Giovanni di Castiglione auch deshalb berichtenswert erscheinen, weil Friedrichs III. Bruder Albrecht bei seinem anläßlich des Heiligen Jahres in Rom absolvierten Besuch im Dezember 1450 angekündigt hatte, daß sich der Habsburger demnächst zur Kaiserkrönung in die Ewige Stadt begeben wolle, wie er es schon seit 1447 ins Auge gefaßt habe. In Anbetracht der politischen Lage in Italien stand nun zu befürchten, daß sich der Herrscher bei den inneritalienischen Streitigkeiten eher auf die Seite von Neapel und Venedig als auf diejenige von Mailand stellen würde, dessen Angebote zur Zusammenarbeit der Habsburger bislang stets zurückgewiesen hatte, da er Francesco Sforza nach wie vor nicht anerkannte und als Usurpator betrachtete. Als der Habsburger auch noch beschloß, das HerNicodemo Tranchedini gebeten, aus Rom von seinen Gesprächen mit dem über den Italienzug Friedrichs III. keineswegs beglückten Pontifex zu berichten und die päpstlichen Prognosen über das Verhalten, das der Habsburger in Italien an den Tag legen würde, zu referieren (siehe hierzu etwa die Schreiben des Nicodemo Tranchedini vom 22. November und 13. Dezember 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40), doch ließ dieser verhältnismäßig schwach besetzte Sektor Giovanni di Castiglione noch genügend Raum zum Agieren und Profilieren. 122 1395 hatte König Wenzel Gian Galeazzo Visconti zum Herzog von Mailand erhoben. Nachdem er daraufhin von den Kurfürsten als Minderer von Ehre, Macht und Besitz des Reiches angeklagt und unter anderem wegen der Veräußerung von Reichsrechten abgesetzt worden war, versprach dessen Nachfolger Ruprecht, er werde sich darum bemühen, dieses Territorium wieder dem Reich zuzuführen. Doch letztlich ergab sich erst 1447, mit dem Tode des ohne männliche rechtmäßige Nachkommen gestorbenen Filippo Maria Visconti, die Chance, Mailand wieder als Reichslehen einzuziehen. So schickte Friedrich III. im September 1447 eine Delegation, der auch Enea Silvio Piccolomini angehörte, nach Mailand, wo inzwischen die Ambrosianische Republik ausgerufen worden war. Diese Abordnung konnte indes ebensowenig eine erfolgreiche Unterordnung Mailands unter die Autorität Friedrichs III. vermelden wie eine weitere 1449 entsandte. Francesco Sforza, dem es 1450 gelang, sich als Herzog von Mailand durchzusetzen, hätte es – angesichts der Ansprüche, welche die Venezianer ebenso wie die Savoyer, König Alfons V. von Neapel und das französische Königshaus auf Mailand erhoben – gern gesehen, wenn er offiziell von Friedrich III. anerkannt worden wäre. Doch fühlte er sich keinesfalls als Herzog von „des Kaisers Gnaden“, und so lehnte er es ab, die von Friedrich III. jährlich verlangten 50.000 Gulden Tribut für eine Belehnung zu zahlen, da derartige Zahlungen nur von Unterworfenen und Abhängigen zu leisten waren und Lehnsmänner generell nur anfänglich einen Tribut zu zahlen pflegten. Siehe hierzu Heinz Angermeier, Die Sforza und das Reich, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli stati italiani ed europei (1450–1535) [Convegno internaz., Milano, 18–21 V 1981], Mailand 1982, S. 165–191, insb. S. 168 ff. [bereits zuvor in: HJb 101 (1981), S. 362–383; siehe auch: Ders., Das alte Reich in der dt. Geschichte. Studien über Kontinuitäten und Zäsuren, Müchen 1991, S. 194–215]. – Zur Frage der Investitur siehe auch Fabio Cusin, L’Impero e la successione degli Sforza ai Visconti, in: ASL, n.s. 1 (1936), S. 3–116; Ders., Le aspirazioni straniere sul ducato di Milano e l’investitura imperiale (1450– 1454), in: ebd., S. 335–354; Carlo Antonio Vianello, Gli Sforza e l’Impero, in: Atti e Memorie del I° congresso storico lombardo [Como, 21–22 V 1936; Varese, 23 V 1936], Mailand 1937, S. 193–269; Ders., I primi approcci tra Francesco Sforza e Federico III, in: ASL, n.s. 3 [65] (1938), S. 418–429; Enrico Lazzeroni, Vano tentativo diplomatico di Francesco Sforza per ottenere l’investitura imperiale del Ducato di Milano (1450–1451), in: Atti e Memorie del IV° congresso storico lombardo [Pavia, 18–20 V 1939], Mailand 1940, S. 233–268; Margaroli, Diplomazia, S. 234–247.

III.5 Strategien bei dem Erwerb des roten Hutes

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zogtum zu umgehen123 und die Krone der Langobarden in Rom in Empfang zu nehmen,124 schien dies Giovanni di Castiglione sicherlich eine gute Gelegenheit zu sein, um – so wie es sein Verwandter Branda einst getan hatte – vermittelnd einzugreifen und sich somit in den Augen des Papstes, des Kaisers und des Mailänder Herzogs zu profilieren.125 So dürfte Giovanni di Castiglione darauf hingearbeitet haben, daß am 24. Januar 1452 im Konsistorium beschlossen wurde, ihn mit dem durch die Kardinäle Calandrini und Carvajal angeführten Empfangskomitee126 dem Habsburger entgegenzuschicken,127 welcher am 123 Zunächst war man lange Zeit davon ausgegangen, daß Friedrich III. den Weg über das Herzogtum wählen würde, um in Monza die Krone der Langobarden in Besitz zu nehmen. So heißt es etwa in einem Brief, den Nicodemo Tranchedini am 19. Mai 1451 an den Herzog richtete: «venni poy a recordargli quel me imponesti de la venuta del imperatore, ad che me respose che se ne recordava et ch’io lassassi ormai quel pensiero a luy. Et che sentiva che de li X consiglieri del imperatore li nove el consegliavano a la via de Monza, como dicia la vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Im Juni 1451 hielt sich diese Meinung nach wie vor, doch schien sich der Pontifex nun recht sicher zu sein, daß Friedrich III. den Venezianern und Neapolitanern nicht trauen würde: «Et che avisassi vostra illustrissima signoria ch’el non crede che l’emperatore vengha per mo. Et che venendo gli pare essere certo venerà per la via vostra et cum la intelligentia vostra perché ha de certo che li soi, ch’el consigliano, el consegliano al venire a la via de la illustrissima vostra signoria et senza scandalo, et a pigliare la corona de Monza, senza la quale non seria reputato vero imperatore. Item crede nostro signore ch’el imperatore non se fidaria de Venetiani, né de Raghona, nonobstante el parentado et cognoscendo l’ambitione loro» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 2. Juni 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 124 Wie sehr der Papst bedauere, daß er Friedrich III. auch mit der Lombardenkrone in Rom habe krönen müssen, beteuerte Sceva da Curte dem Mailänder Herzog am 25. März 1452, kurze Zeit nach der Zeremonie: «Questo benedicto papa ne fa tante careze e bone parolle che la mitade farira inamorare un castrato, e monstra non havere ochio in chuy più se confida et in chui più spera como in la vostra signoria, et ha facte molte excusatione sul facto del havere data la corona de Milano […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 125 Möglicherweise schwebte Giovanni di Castiglione dabei Ungnad, der Kammerherr Friedrichs III., als Kontaktperson vor, war dem Prälaten doch gewiß zu Ohren gekommen, daß der Papst darauf hingewiesen hatte, wie günstig es sein könne, in diesen zu investieren, da Ungnad beim Habsburger sehr viel zu bewirken in der Lage sei: «disse soa sanctità che solamente el magister camere de lo imperatore p[u]ò in soa mayestà et che in luy era meglio investito omne honore et carezze» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 22. November 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Ebenso schätzte wohl auch Cusanus Ungnad ein [diesen Hinweis verdanke ich Tobias Daniels (Pavia / Innsbruck)]. 126 Die beiden Kardinäle waren bereits am 17. Januar 1452 mit dieser Aufgabe betraut worden, siehe hierzu das Schreiben, das Nicodemo Tranchedini am 18. Januar 1452 an den Herzog von Mailand sandte (Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., sub die). 127 «Heri vero, qui fuit dies consistorialis, placuit sanctissimo domino nostro me licet indignum eorum comitive deputare» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 25. Januar 1452, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Es ist im übrigen bemerkenswert, daß Giovanni di Castiglione – entgegen der Gepflogenheit der Mailänder Kanzlei – seine Briefe an Francesco Sforza bis zum Jahr 1453 nicht in volgare, sondern in lateinischer Sprache verfaßte. Da der Prälat dem Herzog schrieb, er möge entschuldigen, daß er nicht in der Lage sei, sich auf Italienisch so auszudrücken, wie es Francesco Sforza verdiene [«Anche la excellentia vostra me perdona se io non scrivo cossì bene italiano como meritarebbe la signoria vostra, a la quale sempre me recomando» (9. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42)], ist anzunehmen, daß der Mailänder – nachdem er bis 1450 fern von der patria in der Normandie in englischen Diensten gestanden hatte – sich nach

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

1.  Januar  1452 italienischen Boden betreten hatte.128 Fraglos sah Giovanni di Castiglione, der vermutlich wußte, daß der Mailänder Herzog auch seinen Sohn Galeazzo Maria und seinen Bruder Alessandro mit einem großen Gefolge zu Friedrich III. nach Ferrara gesandt hatte,129 in dieser Mission eine Möglichkeit, um mit dem kaiserlichen Umfeld näher in Kontakt zu kommen. Gewiß wollte er dem Herzog dies signalisieren, weil er hoffte, der an einer kaiserlichen Legitimation seiner herzoglichen Position sehr interessierte Francesco Sforza würde sich von diesen Aussichten „ködern“ lassen, ihn offiziell ins Vertrauen ziehen und ihm entsprechende Instruktionen zum Erwirken der kaiserlichen Zustimmung zu dieser Investitur erteilen130 – Anweisungen, deren erfolgreiche Umsetzung wiederum eine gewisse Dankbarkeit seitens des Herzogs bedingen mußte, welche sich etwa in der Unterstützung des Mailänder Hofes bei der Vergabe des roten Hutes an ihn, Giovanni, niederschlagen konnte.131 seiner Rückkehr in die italienische Staatenwelt das volgare als Schriftsprache erst allmählich aneignen mußte, war er es doch seit Studienzeiten gewohnt gewesen, sich zumindest schriftlich der lateinischen Sprache zu bedienen. Gewiß ist es nicht vollkommen auszuschließen, daß es sich bei der Entschuldigung, er würde sich auf Italienisch nicht besser ausdrücken können, um das Kokettieren eines humanistisch Gebildeten handelte, der betonen wollte, wie fern ihm die lingua volgare war. Eine teilweise sehr eigenwillige Orthographie, die von derjenigen der anderen Mailänder Gesandten abweicht, deutet jedoch eher auf eine tatsächlich bestehende Unsicherheit im Schriftitalienisch hin. Es wird wohl kaum ein Zufall sein, daß seine Orthographie viele Fehler aufweist, die aus den italienischen Texten französischer Muttersprachler bekannt sind, welche zwar Italienisch recht passabel sprechen, aber keine Erfahrung im Schreiben besitzen. So sind insbesondere der falsche Gebrauch von Doppelkonsonanten («ho fato», «tropo», «quelo», «cossa», «sarrò», vgl. den Brief vom 19. Juni 1453, ebd.) sowie die Verwendung von „u“ und von „o“ («singulare», «bono», vgl. ebd.) bei Franzosen relativ häufig. – Daß sich beispielsweise mit «quittar» bei Prospero da Camogli oder mit «trompare» bei Giovanpietro Panigarola auch einige Gallizismen in die Briefe der Mailänder Gesandten einschlichen, die sich längere Zeit in Frankreich aufhielten, erwähnt auch Senatore, in: «Uno mundo de carta», S. 388. 128 Am 24. Januar 1452 war Friedrich III. aus Ferrara aufgebrochen und nach Bologna gereist, wo er sich vom 25. bis zum 27. Januar 1452 aufhielt. Am 30. Januar erreichte der Habsburger dann Florenz, wo am 4. Februar 1452 das päpstliche Empfangskomitee, dem auch Giovanni di Castiglione angehörte, eintraf (siehe hierzu Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 499 f.). 129 Zu dem Auftritt des achtjährigen Galeazzo Maria Sforza, der am 24.  Januar  1452 vor Friedrich III. eine von Filelfo verfaßte Rede sehr gekonnt vortrug, und zu der von Alessandro Sforza geäußerten Bitte, der Habsburger möge doch auf der Rückreise den Weg über Mailand nehmen, siehe neben dem Schreiben, das Alessandro Sforza am 25. Januar 1452 an seinen Bruder sandte (BNF, ms. it. 1586, n° 30 f.), u. a. auch Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 498. 130 Während sich Friedrich III. in Florenz aufhielt, versuchten die herzoglichen Gesandten Sceva da Curte, Giacomello da Trivulzio und Niccolò degli Arcimboldi, den Habsburger vergeblich dazu zu bewegen, sich zum Empfang der Eisernen Krone nach Mailand zu begeben. Friedrich III. wich ihnen aus und widmete sich, wie Sceva klagend feststellte, lieber dem Kauf von Geschenken für Eleonora von Portugal, mit der er sich in Rom zu vermählen beabsichtigte (siehe hierzu das Schreiben des Sceva da Curte an den Mailänder Herzog vom 4. Februar 1452, BNF, ms. it. 1586, n° 35). 131 Ob Giovanni di Castiglione hierbei auch die Vorteile seiner Verwandten im Auge hatte, muß offenbleiben. Zumindest ist nicht bekannt, daß er Branda den Jüngeren di Castiglione, als dieser im Januar 1452 ein Kanonikat im Dom von Como anstrebte, wesentlich unterstützt hätte.

III.6 Die Mailänder Bemühungen um zwei Kardinäle

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III.6 „… Ihr dürft nicht nur ein Wölflein am Hofe des Papstes haben“132 – Die Mailänder Bemühungen um zwei Kardinäle Es ist sicher kein Zufall, daß ein weiterer Gesandter Francesco Sforzas, Sceva da Curte,133 mit dem sich Giovanni di Castiglione ebenfalls gut arrangiert hatte, knapp zwei Wochen nach der Krönungsfeier Friedrichs III., welche am 19. März 1452 stattfand, erneut an den Mailänder Herzog die Bitte richtete, er möge doch die Erhebung Giovanni di Castigliones ins Kardinalat befördern. Angesichts der Weigerung des Herzogs, von seiner Präferenz für Giacomo Borromeo abzurücken, verlegte sich der herzogliche Gesandte dabei – wohl auf Anraten des Bischofs von Coutances – auf eine neue Strategie: So plädierte er am 1. April 1452 erstmals dafür, der Herzog möge nicht die Ernennung eines Kardinals, sondern zweier Kardinäle befürworten: „ich sage Eurer Durchlaucht, so wie die Dinge stehen, dürft Ihr nicht nur ein Wölflein am Hofe des Papstes haben, sondern es scheint mir notwendig, daß Eure Durchlaucht zwei Kardinäle kreieren läßt, hat doch der König von Aragon derer vier und haben die Venezianer doch derer drei gewiß und sicher“.134 Gegen diese Variante hätte der Herzog vermutlich keine Einwände gehabt, zumal sich Giovanni di Castiglione nun auch als Mittelsmann für den französischen Hof anbot.135 Dies mochte insofern verlockend erscheinen, als der Herzog im Frühjahr 1452 – auf Bitten der Medici hin und infolge der neaZu Branda di Castigliones Bemühungen und zu seinen Konkurrenten beim Kampf um dieses Kanonikat siehe Ansani, La provvista, S. 31. 132 «[…] non haveti a fare un lupino in questa corte del papa» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 1. April 1452, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 133 Zu Sceva da Curte [de Curte, Corti], mit dem Enea Silvio Piccolomini im Auftrag Friedrichs III. bereits 1447 über die Zukunft Mailands verhandelt hatte und der – als der Habsburger nach dem Herrschaftsantritt Francesco Sforzas am 12. April 1450 die Rückerstattung Mailands forderte – an den Hof nach Wiener Neustadt gesandt wurde, wo er am 10. Januar 1451 eintraf, siehe Franca Petrucci, Curte (Corte), Sceva de, in: DBI 31 (1985), S. 475–478; Leverotti, Dipomazia e governo, S. 158 f.; Heinrich Koller, Kaiser Friedrich III., Darmstadt 2005 (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), S. 121. – Der Vertrag, den Sceva da Curte und Enea Silvio Piccolomini am 10. April 1451 in Sachen Investitur ausgehandelt hatten (Paris, BNF, ms. it. 1585, n° 192r), blieb jedoch folgenlos. 134 «[…] dico la vostra signoria, stando le cosse como stano, non haveti a fare un lupino in questa corte del papa, e parme necesario la vostra signoria faza fare di vostri duy cardinali, che lo re da Ragona ce ne ha quatro, Venetiani tri firmi e certi; ma vogliono essere homini valenti de bona audatia et experientia, et altramente è mancho male lassare stare, e quando la vostra excellentia in questo me credesse ve ne nominaria duy di vostri sufficientissimi a ciò e vostri boni servitori» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 1. April 1452, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. Margaroli, Diplomazia, S. 76 Anm. 37. 135 So teilte Giovanni di Castiglione dem Herzog am 19. April 1452 in einem Brief mit, er werde den Überbringer dieses Schreibens, seinen ihm treu ergebenen und sehr verschwiegenen Kaplan, zum Abwickeln gewisser Angelegenheiten in seine französische Diözese schicken und ihn dabei auch am Hof Karls  VII. Station einlegen lassen. Wenn Francesco Sforza es wünsche – so fuhr der Prälat schließlich geschickt fort – dann könne der bischöfliche Bote auch gern etwas für den Herzog am Königshof erledigen: «Ceterum mitto presentium latorem capellanum meum fidelissimum et secretissimum ad dirigendas certas meas res in episcopatu meo, transibit

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

politanisch-venezianischen Bedrohung – ein Bündnis mit Florenz und Frankreich eingegangen war. Doch beschloß der Pontifex vorerst, von weiteren Kardinalserhebungen abzusehen – eine Entwicklung, die sich letztlich schon zu Ende des Vorjahres angedeutet hatte.136 Diese Position behielt Nikolaus V. in den nächsten Jahren bei. Auch die Kardinäle besaßen kein Interesse an einer Vergrößerung des Kollegiums, und so signalisierten Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio am 22. Dezember 1453 ihrem Herrn, es bestünde keine Gefahr, daß der König von Aragon einen Kardinal durchsetze.137 Allerdings gaben sie dem Herzog einen per curiam serenissimi domini regis Francie, si placuerit vestre dominationi aliquid sibi imponere fideli executione parebit vestre celsitudini […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 136  Im November 1451 hatte der Pontifex im Gespräch gegenüber Nicodemo Tranchedini anklingen lassen, daß er einen herzoglichen Kandidaten im Auge behielte, auch wenn er wohl zu Weihnachten noch keine Kardinäle erheben werde: «del cardinalato per monsignore de Pavia […] ne respose soa sanctità molto gratamente havere a memoria la fede ve ne ha data più fiata, per me a boca et poi per lo breve suo, et che quella ve observarà senza dubio fin a dirmi la malitia et astutia ch’el ce volia usare, ma che non sapia se havesse ad fare cardinali ad questo natale, tantum est che mai ne farà veruno che non facia el vostro […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 22. November 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Im Dezember 1451 hatte der Pontifex, der nach außen hin im Konflikt zwischen Venedig und Neapel einerseits und Florenz und Mailand andererseits stets Neutralität zu wahren suchte, signalisiert, daß es derzeit wegen des inneritalienischen Friedens, den er nicht noch weiter gefährden wolle, nicht möglich sei, auch nur einen Kardinal zu ernennen: «In questa hora son stato cum nostro signore et pregatolo per vostra parte se degni, per li respecti alegati altra fiata et perché Venetiani e’l re ancora dicono che soa sanctità al tuto è da la loro et perché vediate che una fiata habia facta una cosa de importantia per vostra illustrissima signoria, trasferire al cardinalato […]. Et qui ho messa tanta diligentia quanta me è stata possibile, vedendo quanto l’havete ad core, et quanto etiam io el dessidero et fa per me, in fine soa sanctità responde nol potere fare in queste quatro tempore como domandate, ma che mai farà cardinale ch’el vostro non sia el primo. Reposi che meritamente ve potete dolere de tanta longheza o dilactione, quale se mette in questa materia, maxime per lo continuo stimulo ve ne è dato da Lombardi et perché in corte tanto vostra illustrissima signoria quanto Lombardi sete senza verun prelato, dal quale se possa havere un minimo subsidio o favore etc. Disse ch’el re de Franza, lo imperatore […] et molti altri re et principi de christianità gli fano grandissima instantia de havere un cardinale per ciaschuno, in modo che, volendoli compiacere tuti, se victuperaria. Et compiacendo al uno et non al altro se conduria in uno disordine meraviglioso et in uno impacio da non ussirne mai. Et questo non crede vogliate ullo pacto perché el meterate in gravissimo pericolo. Et che per dio ve preghi nol vogliate mettere in questo laberinto, ma siate liberamente sopra de lui che omnino ve farà questo cardinale, et presto, ma bixogna che la morte l’aiuti un poco in levare via alcuni de questi che ce sono […]. Repplicando io che questa promessa è troppo inveterata, et che quest’altri re et signori hano tuti qualche cardinale, et vuy solo non havete veruno, p[u]ò adaptare questa cosa. Disse nol potere fare a veruno modo al presente, che seria un disfarsi et victuperarsi, ma che de certo vel faria et presto, in modo che gli restarate bon figliolo et amico […]. Et qui non volse che lo strengessi più. Parmi debiate solicitare continuamente questa materia et dolervi honestamente perché cum piacevoleza pur conduremo questa cosa, ma ce bixogna mescolare una grande diligentia […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 13. Dezember 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 137 «Havimo intesso ch’el re da Ragona molto insta de volere ch’el papa faza cardinale uno fratello del conte de Fondi [= Onorato Caetani], lo quale se dice dà al prefato re per questo ducati XIIII mila, ma […] non se ne farà nulla, sì perché el papa quiste quatro tempore non delibera fare cardinale nisuno, né li cardinali se ne curano, e sì perché el papa è amallato, e così credo non se ne farà nisuno» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die).

III.6 Die Mailänder Bemühungen um zwei Kardinäle

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Tag später ebenfalls zu verstehen, daß derzeit auch keine Aussichten auf einen lombardischen Kardinal existierten, weil der Pontifex der Ansicht sei, daß bereits ausreichend Kardinäle vorhanden seien, um alle Benefizien „zu verschlingen“.138 Der päpstliche Sekretär Pietro da Noceto zeigte sich in Anbetracht des hohen Alters vieler Purpurträger auf längere Sicht anfänglich noch hinsichtlich einer Kardinalskreation optimistisch.139 Schon am 22. Februar 1454 mußte Sceva da Curte seinem Herrn jedoch berichten, daß der Pontifex das Thema Kardinalsernennung nun definitiv bis zum Abschluß eines Friedens in der italienischen Staatenwelt aufgeschoben und sogar nach weiterem Drängen eingestanden habe, wahrscheinlich zeit seines Lebens keine Kardinäle mehr zu ernennen.140

138  «e li dicessemo quelo bisognava cum tuto quelo bel modo ne parse, dicendo […] como vostra signoria suplicava per bene de la patria di Lombardia […] et per honore [vi volesse] compiacere in queste tempore de fare uno cardinale lombardo a sua instantia e non nominasseno la persona. Rispoxe […] che di questa non bisognava parlare perché lì ne sonno tanti di cardinali […] che sariano sufficenti a devorare tuti li beneficii. ‹E finché lì sia tanto […] havimo deliberato non farne nisuno al mundo, ma bene volimo scrivati al signor duca e così vi prometiamo che, summendose questo tal numero, e nuy harimo partecipatione et deliberatione cum li nostri fratelli cardinali de fare cardinale alcuno, ne ricordarimo de la sua signoria e de questa richesta e farimo quelo che sarà honore a la sua signoria et a la patria lombarda› » (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 139 «dapoi lo dì sequente fossemo cum domino Petro da Noxito […], el quale intexe voluntera quela materia e tuto quelo circha ciò se era dicto et agitato cum el papa; e piacqueli la risposta de la sanctità sua, dicendo che la vostra signoria se tenga certo haverà in ciò lo intento suo, e che mo novamente è morto uno cardinale de li absenti, e ne nominò bene cinque altri che tuti sono de octanta anni o più […]» (Ebd.). 140 «Al fatto de havere un cardinale dopo la venuta de Nicodemo, ne havimo lui e nuy parlato de novo cum el papa […]. Insumma la sua sanctità non pare li habia lo capo, e rispoxe ‹attendiamo a questo tractato de pace, poy diremo de questo e de altro›. Et instando pur nuy in commendatione del dicto amico e quanto la vostra signoria a questa cosa a petto, rispose ‹veramente io non so quanto viverò, ma se io bene vivesse XV in XX anni, non so se may in vita mia farò […] [cardinali] perché vero lo maior pesso ch’io habia a le spale sie quelo de tanto minicio de cardinali.› E questo è quanto ne havimo potuto havere per lo presente» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – Die herzoglichen Gesandten wiederum hatten, wie wir aus einem weiteren Schreiben an Francesco Sforza vom 26. Februar 1454 wissen, dem Pontifex für diese klare Aussage gedankt und abermals versucht, dem Papst vor Augen zu führen, wie ungemein wichtig es für den Herzog wäre, über einen ihm loyal ergebenen Kardinal zu verfügen: «Ultimamente io, Nicodemo, regratiay soa sanctità instantemente che cossì iustificatamente et caldamente havesse […] honestato el facto nostro al conspecto de cardinali, mostrandogli è necessario habia facto et facia sempre cossì per havere carestia d’amici nel collegio che qui tuti sono catalani, spagnoli et venetiani, e non ce n’è veruno immediate de vostra celsitudine […]» (Ebd., sub die). Gerüchteweise verlautete zuweilen, der Pontifex würde doch rote Hüte vergeben: «Secretamente se buccina […] che nostro signore in queste quatro tempore habi[ce] ad fare un cardinale al re de Ragona, cioè misser Inigho, ma non so quale messer Inigho, et ch’el imperatore a petitione de re ha havuta la fede de nostro signore che dice ancora farà el vescovo de Sena a richiesta del imperatore. Non so che me ne credere, ma nostro signore sempre per quanto ho compreso de la mente soa ha poco stomaco et men cappo ad fare cardinali per mo […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 28. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). Der Pontifex ließ sich in der Tat nicht erweichen.

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III. Rückkehr in die italienische Staatenwelt

Da die Erhebung ins Kardinalat zu diesem Zeitpunkt keine realistischen Aussichten auf Erfolg hatte141 und auch die Tage der Allianz zwischen Mailand und Frankreich gezählt waren,142 verlegte sich Giovanni di Castiglione, der nach wie vor noch Bischof von Coutances war,143 nun auf ein anderes Projekt: seine Translation in ein auf der italienischen Halbinsel gelegenes Bistum.144 In diesem Kontext sollte er alsbald erneut die Karte eines Vermittlers und herzoglichen Fürsprechers ausspielen, der sich engagiert um die offizielle kaiserliche Anerkennung Francesco Sforzas bemühte.

141 In der Tat blieben der am 16.  Februar  1448 mit dem Purpur bedachte Antonio de la Cerda, die im Dezember 1448 mit dem roten Hut ausgezeichneten Prälaten Nikolaus von Kues, Alain de Coëtivy, Jean Rolin, Astorgio Agnesi, Latino Orsini und Filippo Calandrini sowie der nach Beendigung des Schismas ins Kardinalskollegium aufgenommene Amadeus von Savoyen gemeinsam mit Jean d’Arces, Guillaume Hugues d’Estaing und Louis de la Palud, die der Gegenpapst dereinst erhoben hatte und die Nikolaus V. nun anerkannte, die einzigen Prälaten, denen diese Würde unter diesem Pontifex zuteil wurde (zu diesen Kardinalserhebungen siehe Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 418 ff.; Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 11). 142 Ohne Frage dürfte es Giovanni di Castiglione die ganze Zeit über bewußt gewesen sein, daß ihm die Normandie auch auf diesem Wege langfristig keine Perspektiven mehr bieten konnte, zumal ihm durch seine Verwandten Franchino und Guarnerio di Castiglione, die im herzoglichen Rat saßen, signalisiert worden sein müßte, wie wenig Sympathie Francesco Sforza Frankreich entgegenbrachte. – Zur Einstellung Francesco Sforzas Frankreich gegenüber siehe Vincent Ilardi, France and Milan. The Uneasy Alliance, 1452–1466, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli stati italiani e europei (1450–1535) [Convegno internaz., Milano, 18–21 V 1981], Mailand 1982, S. 415–447. 143 Daß er als ehemaliger enger Verbündeter der Engländer kaum Aussichten auf eine erfolgreiche Karriere im nun französischen Herrschaftsbereich hatte, ist bereits an anderer Stelle dargelegt worden (siehe oben, Kap. II.4). – So ist es auch bezeichnend, daß Giovanni di Castiglione, nachdem er der Normandie den Rücken gekehrt hatte, sich nie wieder nach Frankreich begab, sondern lediglich Boten entsandte, die ihm die entsprechenden Informationen zutrugen. Daß der Bischof nicht beabsichtigte, seine normannische Diözese erneut aufzusuchen, zeigen nicht zuletzt einige der von ihm getroffenen Maßnahmen, so etwa die im April 1452 vorgenommene Ernennung eines Stellvertreters für sein (Ehren‑)Amt als Konservator der in der Diözese Bayeux gelegenen Universität Caen (ASV, Reg. Suppl. 459, fol. 1r). – Die am 19. April 1452 dem Herzog gegenüber getätigte Aussage, er, Giovanni, habe schon mehrfach darauf verwiesen, wie viel von Rom abhänge [«vestra dominatio, que, ut sepe connotavi, non dubito intelligit, multa ex hoc loco dependere» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die)], läßt ebenfalls erkennen, daß der Bischof keineswegs die Absicht hegte, in nächster Zeit die Kurie zu verlassen, an der so viele wichtige Weichen gestellt wurden, Weichen, die nicht zuletzt auch das Wohl des Herzogs betrafen, das Giovanni di Castiglione, nach eigenen Worten, sehr am Herzen lag (Ebd.). 144 Wenn Giovanni di Castiglione noch nicht 1450 um eine Translation bemüht war, so gab es dafür wohl mehrere Gründe: Zum einen waren in Francesco Sforzas Herrschaftsbereich anfänglich keine lukrativen Diözesen vakant; zum anderen war dem Prälaten sicher bewußt, daß er noch nicht über das herzogliche Wohlwollen verfügte, dessen es – insbesondere wenn man keine großen Reichtümer vorzuweisen vermochte – bedurfte, um als aussichtsreicher Kandidat für ein lombardisches Bistum zu gelten.

IV. Die Translation nach Pavia IV.1 „Ihr habt keinen Bruder oder Sohn, der zu Euren Gunsten angemessener oder beherzter hätte Fürsprache halten können“1 – Das Gewinnen eines mächtigen Verbündeten Den ihm wohlgesinnten Papst Nikolaus V. für das Translationsvorhaben zu gewinnen, wird Giovanni di Castiglione keine größeren Schwierigkeiten bereitet haben. Problematischer war es indes, sich der Zustimmung Francesco Sforzas zu versichern, der, wie bereits mehrfach erwähnt, bei der Benefizienvergabe in der Lombardei ein starkes Mitspracherecht einforderte, obwohl ihn Kardinal Agnesi gewarnt hatte, er solle nicht jeden Vogel, der durch die Lüfte schwebe, ergreifen und nicht über jedes auch noch so kleine Benefizium verfügen wollen.2 Giovanni di Castiglione wußte, daß seine Verwandten Franchino und Guarnerio als Ratgeber am Hof Francesco Sforzas zwar keine unbedeutende Stellung bekleideten, doch war er sich darüber im klaren, daß deren Position allein, nicht zuletzt aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel, kaum ausreichen würde, um den Herzog zur Bewilligung einer Translation zu bewegen. Der Bischof hatte ebenfalls realisiert, daß es kein leichtes Unterfangen sein würde, jemanden außerhalb seiner Familie zu finden, der in der Tatsache, daß Giovanni di Castiglione ein lombardisches Bistum übernahm, einen derart großen Nutzen sah, daß er sich dafür einsetzen würde. Darum ersann der Prälat eine andere Taktik: Statt auf die Vorzüge zu setzen, die mit seiner Anwesenheit in der Lombardei verbunden gewesen wären, zog er nun deren Kehrseite ins Kalkül, sprich: die Vorteile, die eine Vakanz seiner normannischen Diözese Coutances mit sich bringen würde. Dabei hatte Giovanni di Castiglione vor allem den aus einer alten, angesehenen normannischen Familie stammenden Guillaume d’Estouteville3 ins Auge gefaßt, 1 «né havete fratello, né figliolo che havesse favellato in vostro favore più aconzamente et animosamente […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 18. Juni 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Zu diesem Zitat siehe unten, Kap. IV Anm. 4. 2 «et ancora non voliati piliare ogni uccello che va per aero, et scrivere et volere disponere de ogni picolo beneficio» (Astorgio Agnesi an Francesco Sforza, 17. Februar 1451, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 178; Ansani, La provvista, S. 2. 3 Zu Guillaume d’Estouteville siehe Heribert Müller, Estouteville, Guillaume d’, in: LexMA IV (1989), Sp. 40 f.; Gill, A French Maecenas (siehe oben, Kap. I Anm. 37); Anna Esposito, Estouteville (Tuttavilla), Guillaume (Guglielmo), in: DBI  43 (1993), S. 456–460; Dies., Il cardinale Guglielmo d’Estouteville, Ambrogio da Cori e l’area dei Colli Albani, in: Carla Frova/Raimondo Michetti u. a. (Hg.), La carriera di un uomo di curia nella Roma

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IV. Die Translation nach Pavia

einen der wohlhabendsten und einflußreichsten Kardinäle der damaligen Zeit, der auch die Entwicklungen in Mailand mit großem Interesse verfolgte und von Francesco Sforza sehr geschätzt wurde.4 Guillaume d’Estouteville, der zu Beginn des Jahres 1453 von seiner Legation aus Frankreich an die Kurie zurückgekehrt war,5 hatte – dies wußte Giovanni di Castiglione – bereits 1439 seine ihm von Papst Eugen IV. zugewiesene Diözese Angers, aufgrund des Widerstandes des auf die Pragmatische Sanktion von Bourges6 verweisenden französischen Königs und wegen der Auflehnung des Klerus von Angers, nie in Besitz nehmen können. Nun war in ihm, der in seiner Funktion als Legat in Frankreich 1452 auch der Diözese Bayeux einen Besuch abgestattet hatte,7 möglicherweise bestärkt durch den dortigen Bischof, Zanone di Castiglione, offensichtlich der Wunsch gereift, nach einer Beruhigung der politischen Wirren seine Translation in ein normannisches Bistum zu betreiben. Dieses Ansinnen vermochte Giovanni di Castiglione zu nutzen, indem er anbot, der Kardinal könne das Bistum Coutances übernehmen, wenn dieser ihm bei der Versetzung nach Mailand behilflich sei und ihn später dabei unterstütze, die Kardinalswürde zu erringen. Guillaume d’Estouteville stimmte diesem Unterfangen zu und ließ dem Herzog erklären, dieser könne ihm keinen größeren Gefallen erweisen, als seine Translation nach Coutances dadurch del Quattrocento. Ambrogio Massari da Cori, agostiniano: cultura umanistica e committenza artistica, Rom 2008, S. 161–171. 4 So ließ Francesco Sforza, kaum daß er im März 1450 in Mailand eingezogen war, seinen Erfolg speziell Estouteville mitteilen. Als der Kardinal von Rouen, der am 13.  August  1451 zum Legaten für Frankreich ernannt worden war und am 16. September 1451 die Kurie verlassen hatte, auf dem Weg zu den Friedensverhandlungen zwischen Frankreich und England das Herzogtum durchquerte, bereitete der Herzog ihm einen ehrenvollen Empfang (Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 175 f.; zur Legation Estoutevilles siehe auch Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 463 ff.). – Wie wohlgesinnt der Kardinal seinerseits Francesco Sforza war und wie wichtig es für den Herzog war, sich dieses Wohlwollen zu bewahren, läßt sich wiederum einem Schreiben entnehmen, das Nicodemo Tranchedini am 18. Juni 1451 dem Mailänder Herzog sandte: «Per l’aligata lettera [dieser Brief ist leider nicht erhalten] vederà vostra illustrissima signoria quel ve scrive el reverendissimo cardenale Andegavense [= Estouteville], quale è de casa de Franza, ma in vero è meglio che francese perché, como da qualunche pratica qui vostra signoria potrà intendere, luy è de li politi, intendenti et reputati cardenali che habia corte de Roma, et tiene de li maiori stati che ce siano. Et oltr’a ciò sempre ve è stato affectionatissimo […], né havete fratello, né figliolo che havesse favellato in vostro favore più aconzamente et animosamente et cum le megliori rasone che fece luy in la camera del papagallo de nostro signore et a la presentia de sey altri cardenali. Et perho, essendo la conditione soa in corte et in omne loco meritamente de grandissima reputacione, e[s]t da tenerlo et reputarlo carissimo conforto. Et instanter prego vostra illustrissima signoria gli responda in modo habia ad perseverare vostro devoto et amico, como sento ve è stato sempre. Et licet quel ch’el chiede ve sia difficilissimo per la gran copia de li servitori che havete, cum de bone parole se p[u]ò satisfare in bona parte al dessiderio suo. Et quando bene el satisfacessino in tuto non seria mala spesa havere mostrata questa gratuita ad casa de Franza […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 5 Guillaume d’Estouteville war am 3. Januar 1453 wieder in Rom eingetroffen (siehe hierzu Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 467). 6 Vgl. Heribert Müller, Pragmatische Sanktion v. Bourges, in: LexMA VII (1996), Sp. 166 f. 7 Von diesem Besuch zeugt die Rede, die Zanone di Castigliones Sekretär Rolando Talenti bei diesem Anlaß gehalten hatte (Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 73r–80v).

IV.2 Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville

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zu ermöglichen, daß er Giovanni di Castiglione das Erzbistum Mailand8 und die Erhebung ins Kardinalat zusage.9 Der Erfolg des Unternehmens schien nun vor allem auch dadurch in greifbare Nähe zu rücken, daß der Kardinal, dessen Herz, laut den Worten seines Sekretärs, „eher italienisch als französisch schlug“,10 nicht nur sehr wohlhabend und einflußreich, sondern auch ein exzellenter Diplomat von großer rhetorischer Überzeugungskraft war.

IV.2 „… nun ist es die Sache der Natur, daß ihm weder unser Herr mit gutem Gewissen, noch Eure Durchlaucht, noch irgendeine Person der Welt mit gutem Grund seinen Titel nehmen darf “11 – Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville Der erste Schachzug des Bischofs von Coutances und des Guillaume d’Estouteville bestand darin, daß letzterer dem Herzog das Projekt einer Translation als ein allein von ihm entwickeltes Konzept unterbreitete. Dabei begnügte er sich nicht mit den Versprechen Francesco Sforzas, sondern setzte sich über die Bitte des Herzogs hinweg, er, Estouteville, solle sich nicht weiter bemühen und nur alles ihm, Francesco Sforza, überlassen, denn der Herzog werde schon (zu gegebener Zeit) den Bischof von Coutances zufriedenstellen und den Wunsch des Kardinals erfüllen. Vielmehr wertete Guillaume d’Estouteville diese Versicherungen des Herzogs als feste Zusagen und leitete daraufhin eigene Schritte in die Wege, um weitere Kardinäle und das französische Königshaus für dieses Vorhaben zu gewinnen.12 Giovanni di Castiglione scheint in der Zwischenzeit auch den ihm wohlgesinnten, in Rom anwesenden herzoglichen Gesandten Nicodemo Tranchedini,   8 Giovanni Visconti, der Erzbischof von Mailand, starb am 3. März 1453 (vgl. Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 188).   9 Auch Nicodemo Tranchedini berichtete Francesco Sforza im Januar 1453, daß Kardinal Estouteville, der auf seiner Rückreise von Frankreich nach Rom leider in Mailand keine Station habe einlegen können, den Herzog nun daran erinnern wolle, welch großer Wunsch es ihm sei, daß der Bischof von Coutances nach Mailand versetzt und zum Kardinal erhoben werde: «Mo, non se essendo potuto afrontare nel tornare cum vostra illustrissima signoria, ha voluto ve recordi che non gli porate fare maiore gratia de questa, et che però reduchiate Constanza a questa permutatione cum la promessa de dicto arcivescovato et cum favorezarlo al cardinalato» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub mense). 10 Schreiben des Sekretärs von Guillaume d’Estouteville an Cicco Simonetta, 16. Juni 1452, BNF, ms. it. 1586, n° 133. 11 «[…] horemai la cosa [è] di tal natura che non nostro signore con conscientia, non la vostra signoria, non persona del mondo con debita rasone li poria togliere el titulo suo […]» (Kardinal Estouteville an Francesco Sforza, 5. Februar 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. unten, Kap. IV Anm. 31. 12 «como ad integrum esso cardenale dice havere rasonato cum vostra celsitudine, da la quale dice gli fo risposto humanamente che lassasse questo pensiere in sul pecto vostro, che contentarate Constanza et reduratelo al dessiderio de soa reverendissima signoria. Et per questo pone la [co]sa

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IV. Die Translation nach Pavia

der beim Papst einen sehr guten Stand hatte und verhältnismäßig viel Zeit bei diesem verbrachte,13 erfolgreich um Beistand ersucht zu haben. Tranchedinis Mithilfe bestand wohl darin, daß er seinem Herrn im Januar 1453 die Tragweite dieses Translationsprojektes für Guillaume d’Estouteville verdeutlichte und dem Herzog vor Augen führte, welch hohes Ansehen und welch großen Einfluß der Kardinal, der sogar die Einberufung eines Konzils durch die Franzosen abzuwenden vermocht hatte, an der Kurie besaß.14 Da der Herzog derzeit schon im Hinblick auf den König von Neapel und die Venezianer treu ergebene Herren an der Kurie benötige und auch dem französischen König nahestehende Personen wichtig seien – so argumentierte Tranchedini weiter –, könne es für ihn nur von Vorteil sein, sich durch das Erfüllen von Estoutevilles Anliegen, das dem Kardinal in der Tat so sehr am Herzen liege wie nichts anderes,15 ein gutes Auskommen mit diesem Prälaten zu sichern. Dies gelte umso mehr, als der Herzog dadurch mit Guillaume d’Estouteville und Giovanni di Castiglione auf einen Schlag gleich zwei wertvolle Helfer an der Kurie gewänne, welche die „Nüsse des Königs von Aragon und der Venezianer knacken“ könnten.16 Der Zeitpunkt, sich der Gunst Estoutevilles langfristig zu versichern, sei zudem – so Tranchedini – gegenwärtig sehr günstig: Der Kardinal sei im Augenblick dem Herzog gegenüber ausgesprochen positiv eingestellt.17 per facta, et ha la comunicata cum li fratelli et altri soy in casa del re de Franza […]» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, Januar 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub mense). 13 So berichtete Tranchedini dem Herzog beispielsweise am 19. Mai 1451, wie ihm der Papst, sehr zur Verärgerung der vor der Tür Wartenden, ganze drei Stunden gewidmet habe: «Questa sera sono stato cum nostro signore circa 3 hore, in modo ch’io era biastemato da molti che erano de fora» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 14 «El reverendissimo cardenale Andegavense  [=  Estouteville], como per altra avisai vostra illustrissima signoria, tornò qui et fo ricevuto honoratamente. Depoy nostro signore l’honora et acareza omne dì meglio perché, oltra l’essere signore d’assay, è reputato et amato in questa corte al part’ de ciascun de l’altri. Et è opinione che, se luy non havesse obviato el concilio, seria già in esse […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub mense). 15 «sono doy notabeli signori et hano questa cosa tanto a core che nil ultra» (Ebd.). 16 «Signore, voy havete bixogno qui de un cardenale che sia vostro et che non dubiti de persona, che, quando questo fosse, ce ne haverate doy. Havete bixogno de Francesi, et chi possa trovarsi qui […] chi meglio ve adapta queste cose che Andegavense che vive honestissimo et è reputatissimo? Degnissi adonque vostra celsitudine fare in ciò bon pensiere et pigliare a questo bocone doy si facti signori, de quali ve aiutarete in più maniere. Et non ce inganando ve bixogna havere qui chi possa rompere a le fiate qualche nochiola in boca al re et Venetiani, et altri che capelli rossi nol poria fare. Et degnissi vostra celsitudine prenderci bon partito et rendere più presto che se p[u]ò et in modo che non ce habiamo a perdere costoro che sono doy notabeli signori […]» (Ebd.). 17 «Soa reverendissima signoria demostra amarvi e volere essere vostro, quanto se ve fosse fratello, et ha dicto cum nostro signore deverlo et volerlo fare per l’honore gli havete renduto, per rispecto de soa sanctità et perché gli parete excellentissimo signore, degno de omne honore, ma che oltr’a ciò l’ha in mandatis da la sacra mayestà del re de Franza. Et continuamente, dove me trova, me chiama et honora senza verun reguardo, cum dire: ‹Vedi se posso qualche cosa per lo illustrissimo signore tuo, et non gravare altri che me›, et in modo me acareza et favella […] che mostra havere caro che ognuno intenda ch’el sia vero et a bon seno» (Ebd.).

IV.2 Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville 101

Da Tranchedini zudem wußte, daß es Francesco Sforza nicht gefiel, wenn seine Untertanen18 versuchten, ihm ihre Wünsche aufzudrängen, wollte er dem Mailänder Herzog suggerieren, Giovanni di Castiglione habe eigentlich die so einträgliche Normandie gar nicht verlassen wollen. Nur mühsam habe er ihm seine Zustimmung dazu abringen können, auf die so viele Einkünfte abwerfende Diözese zugunsten des Erzbistums Mailand zu verzichten und sich mit dem Versprechen auf eine baldige Erhebung ins Kardinalat zufriedenzugeben. Diese – versicherte Nicodemo Tranchedini im Januar 1453 – sei mit ein wenig herzoglicher Fürsprache leicht zu erreichen, denn schließlich werde der Prälat an der Kurie sehr geschätzt.19 Der Mailänder Herzog ließ sich jedoch nicht beeinflussen. Sein Favorit für die Erhebung ins Kardinalat blieb weiterhin der Bischof von Pavia,20 Giacomo Borromeo, nicht zuletzt wegen der von dessen Bruder, Graf Filippo Borromeo, in Aussicht gestellten finanziellen Mittel. Zwar war diese Haltung für Giovanni di Castiglione und seine Verbündeten wenig erfreulich, aber es ist wohl davon auszugehen, daß die „Allianz“ keine andere Wendung erwartet hatte und gar nicht damit rechnete, ihr Vorhaben sofort, ohne jeglichen Widerstand seitens des Herzogs, realisieren zu können. Vielmehr stellten sie wohl zu Beginn extreme Forderungen, in der Hoffnung, auf diese Weise eine Verhandlungsbasis zu schaffen, die nach einigen Abstrichen immer noch Ergebnisse zu ihrer Zufriedenheit ermöglichte. In der Tat scheint Nicodemo Tranchedini dem Herzog nun geraten zu haben, er möge doch eine Art Kompromiß anstreben, denn schließlich habe Guillaume d’Estouteville dem Herzog deutlich zu verstehen gegeben, daß er sich der Ernennung von Giacomo Borromeo zum Kardinal in jedem Fall widersetzen werde.21 Der Herzog, so die Empfehlung Nicodemos, solle nun geschickt agieren, damit er weder die Brüder Borromeo, noch Kardinal Estouteville kränke und auch Giovanni di Castiglione nicht vor den Kopf stoße, 18 In den mailändischen Quellen findet sich der Begriff suddito (Untertan) schon seit der Zeit Filippo Maria Viscontis; zu dem sich dahinter verbergenden Konzept siehe Federica Cengarle, Immagine di potere e prassi di governo. La politica feudale di Filippo Maria Visconti, Rom 2006, insb. S. 50 ff. 19 «Più fiate me ha dicto quanta reputatione darate a casa soa, quando per vostro mezo obtenesse el vescovato de Costanza, quale, como sapete, è in le mane de un vostro da Castiglione de Milano; quale esso monsignore dice essere nel mezo del stato suo, de li fratelli et nepoti, cum libero dominio in spirituale et temporale; secundo dice havere rasonato cum vostra [illustrissima] signoria in Piasenza, et de novo col vescovo de Costanza, quale cum molta difficultà se reduce ad permutarlo in l’arcivescovato de Milano perché Costanza è de molto maiore intrata, ma quando esso monsignore de Costanza potesse pervenire al capello cardenalizio, como pure se extima per molti che pervenerà per essere reputato d’assay, maxime quando ce lo aiutassino, como vostro subdito e[s]t accepto qui, questa cosa seria aconza […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub mense). 20 Daß Francesco Sforza diese Haltung beibehielt, läßt sich auch einem chiffrierten Schreiben des herzoglichen Gesandten Nicodemo Tranchedini vom 15. Januar 1453 entnehmen, heißt es hier doch: «Io voria che el vescovo de Pavia [= Giacomo Borromeo] fosse omnino cardinale per observantia de la fede vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 21 «[…] mo questo cardenale Andegavense […] dice ch’el vescovo de Pavia ha del ambrosiano, zoè del simplice […], et daragli contra» (Ebd.).

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IV. Die Translation nach Pavia

denn Graf Borromeo könne in Mailand wertvolle Hilfe leisten und Guillaume d’Estouteville sei sowohl im Hinblick auf die Kurie als auch für die Beziehung zu Frankreich ausgesprochen wichtig.22 Da zudem Giovanni di Castiglione in dem Ruf stehe, auf etwas befremdliche Aktionen zurückzugreifen, wenn er eine Sache nicht bekäme,23 regte Nicodemo Tranchedini an, man könne ja, sozusagen als Kompromiß, dem Bischof von Pavia das Erzbistum Mailand und einige weitere Benefizien zuweisen und dem Bischof von Coutances die Diözese Piacenza anbieten und für das Kardinalat plädieren, das der Papst eher Giovanni di Castiglione als jedem anderen lombardischen Prälaten zugestehen werde. Niccolò Amidani, dem Bischof von Piacenza, hingegen könne man Pavia zuteilen, und falls man Piacenza letzterem belasse, da es mehr einbringe, solle man Giovanni di Castiglione einige Kommenden vorschlagen.24 Von Interesse sind zudem zwei weitere Anmerkungen im Schreiben des herzoglichen Gesandten: zum einen die an Francesco Sforza gerichtete, wenn auch im folgenden gleich wieder abgeschwächte Warnung, er möge daran denken, daß die Ghibellinen in Mailand keineswegs davon angetan wären, wenn sie hörten, daß der erste, der mit Hilfe Francesco Sforzas zum Kardinal erhoben werde, ein Guelfe sei;25 zum anderen die Übermittlung eines Nicodemo zu Ohren gekommenen Gerüchts, wonach Cosimo de’ Medici sich ebenfalls für Giovanni di Castiglione eingesetzt und sich sogar angeblich dazu bereit erklärt habe, für dessen „Beförderung“ mehrere 22 «[…] questa facenda ve la bisogna intendere […] cum tale maturità et prudentia che non perdiate el conte Filippo e’l fratello, né questo cardinale e’l vescovo de Costanza. De tutto potete trare bon fructo, ma el conte Filippo ve è in casa et p[u]ò meglio soccorere ad ogni bisogno. Questo cardinale p[u]ò assay qui et più in Franza, et fa per vuy haverlo qui et in Franza» (Ebd.). – Daß Francesco Sforza die Gunst des Kardinals Estouteville, der seinerseits seine Bereitschaft bekundet hatte, den Herzog zu unterstützen, keineswegs verlieren dürfe, hatte Nicodemo dem Herzog bereits an einer früheren Stelle dieses Schreibens zu verstehen gegeben: «el cardinale Andegavense me ha dicto scrivere una lettera alla signoria vostra per la permutatione voria fare col vescovo de Constanza. Como altre fiate ho scripto ad vostra illustrissima signoria, el volere mio solamente è’l vostro, et cussì deve essere. Veda pur sempre vostra celsitudine qu’el fa più per voy et qu’el seguite nonobstante ogni mia recomandatione o scrivere, ma veda la signoria vostra responderme in modo che dicto cardinale habbia ad restare vostro, como dice et monstra volere essere» (Ebd.). 23 «Constanza che pur [è] reputato qui se non ha qualche cosa farà de cosa de stranie gambarole» (Ebd.). 24 «pensava io che, per lo obietto ha Pavia, gli dessino l’arcivescovato de Milano et qualche altro beneficio in comenda finché fosse contento; ad Constanza de più o Pavia [?] o Piasenza, el cardinalato, qual el papa gli darà più volentiere che ad prelato che habbiate; et [al] vicecamorlengo [= Niccolò Amidani] se desse Pavia, o, lassandogli Piasenza che fa più per luy, se gli desse qualch’altra comenda […]» (Ebd.). 25 «mo ce resta accordare li gibilini de Milano che non voriano uno guelfo per lo primo cardinale che faccia la signoria vostra, ma prosperando la signoria vostra haverà mo bisogno de men amici […]» (Ebd.). – Zu den Spannungen, die im 15. Jahrhundert in Mailand zwischen den Guelfen und den Ghibellinen bestanden, siehe Francesco Somaini, Il binomio imperfetto. Alcune osservazioni su guelfi e ghibellini a Milano in età visconteo-sforzesca, in: Marco Gentile (Hg.), Guelfi e ghibellini nell’Italia del Rinascimento, Rom 2005 (I libri di Viella 52), S. 131–216.

IV.2 Strategie und Taktiken des Giovanni di Castiglione und des Guillaume d’Estouteville 103

tausend Florenen zu zahlen.26 Sollte diese Nachricht zutreffen, so zeugte sie von einem weiteren klugen Manöver des Giovanni di Castiglione, denn es hätte kaum einen geschickteren Schachzug geben können, als, nachdem er bereits den Pontifex hinter sich wußte, auch das Oberhaupt der Medici auf seine Seite zu bringen, zumal Cosimo als ein enger Freund von Kardinal Branda di Castiglione gegolten hatte27 und nun nicht nur der stärkste Bündnispartner, sondern auch gewissermaßen der „Finanzier“ von Francesco Sforza im Krieg gegen Venedig und Neapel war. Giovanni di Castiglione begnügte sich jedoch nicht damit, sondern versuchte augenscheinlich, noch einen weiteren Trumpf auszuspielen: So begab er sich zu dieser Zeit zu Kaiser Friedrich III., um diesem weitere Zugeständnisse bezüglich der immer noch ausstehenden offiziellen Investitur des Mailänder Herzogs abzuringen.28 Das Feilschen um die Übertragung eines lombardischen Bistums als Kompensation für das Abtreten der Diözese Coutances überließ er in der Zwischenzeit Kardinal Estouteville, der alsbald – vermutlich nach Absprache mit ihm – einen weiteren Schritt unternahm. So beteuerte der Kardinal am 5. Februar 1453, er würde den Herzog nie darum gebeten haben, dem Bischof von Coutances die Diözese Pavia zu übergeben, wenn er geahnt hätte, daß der Herzog dieses Bistum bereits dem Abt Giacomo Filippo Crivelli29 versprochen hätte.30 Bedauerlicherweise sei die ganze Entwicklung nun schon derart fortgeschritten, daß weder der Pontifex guten Gewissens den Gang der Dinge aufhalten könne, noch der Herzog oder sonst irgendjemand in der Welt mit gutem Grund dem Bischof von Coutances seinen Anspruch auf das Bistum Pavia nehmen dürfe. Daher 26 «cosino che Cosimo che intercede per Constanza ce desse parechy migliaia de fiurini de quelli de esso Constanza […]» (wie oben, Kap. IV Anm. 20). 27 Wie eng der Kontakt zwischen Cosimo de’ Medici und Branda di Castiglione gewesen war, sieht man etwa daran, daß ihm der Kardinal am 17. September 1435 über den Tod seines Neffen Bartolomeo di Castiglione berichtete [siehe hierzu Foffano, Un carteggio, S. 301; derselbe Autor hat auch einen weiteren Brief vom 4. Oktober 1435 ediert, mit dem sich der Kardinal bei Cosimo de’ Medici für das entsprechende Kondolenzschreiben bedankte (Ebd., S. 301, 306)]. 28 Daß Giovanni di Castiglione zu dieser Zeit auch in Ungarn war, belegt ein Schreiben des Kardinals Estouteville an Francesco Sforza vom 5. Februar 1453: «Avisando la signoria vostra che lui ce scrive de Hungaria havere principiato e fermato cose con lo imperatore in favore de la excellencia vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Leider ist es bislang noch nicht gelungen, weitere Schriftstücke aufzutun, die von diesem Aufenthalt zeugen. 29 Zu diesem siehe Giancarlo Andenna, Crivelli, Giacomo Filippo, in: DBI  31 (1985), S. 131 ff. 30 «Noi havemo scritto a la vostra signoria più fiate lettere sottoscritte de nostra mano, pregando e supplicando in questa materia la signoria vostra ne faza questa gratia de farli assignare la possessione del ditto vescovato. Et se havessemo creduto e sapputo fare in ciò cosa non grata a la vostra signoria non se ne seriamo mai impazati, ma non sappevamo, neanche ce fo ditto quello dice presente la vostra signoria de haverlo promesso prima a quelli gentilhomini de Crivelli […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – In der Tat hat Kardinal Estouteville sämtliche Schreiben, in denen er für Giovanni di Castiglione eintrat, nicht nur eigenhändig unterzeichnet, sondern auch mit einem „^“ versehen, durch das er – ähnlich wie der Herzog durch seine „sss“ – die besondere Bedeutung eines Schriftstückes hervorzuheben pflegte. – Näheres zu der geheimen Kennzeichnung durch Estouteville bei Ilardi, Crosses and Carets, S. 1130 Anm. 8.

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IV. Die Translation nach Pavia

wolle er, so fuhr Estouteville in diesem Schreiben fort, den Herzog untertänigst ersuchen, doch Giovanni di Castiglione das Bistum Pavia zu übertragen und für den Abt ein anderes angemessenes Benefizium zu finden, für dessen Vergabe er, Estouteville, sich dann auch persönlich beim Papst einsetzen werde.31 Dies sei umso notwendiger, als das Bistum Coutances auf seine Bitte hin schon weitervergeben worden sei und der bedauernswerte Giovanni di Castiglione – da dieser Prozeß nicht rückgängig gemacht werden könne –, wenn er nicht die Diözese Pavia erhielte, Gefahr laufe, gänzlich ohne Bistum dazustehen, was einem so treuen und engagierten Untertan des Herzogs nicht zugemutet werden dürfe.32 Deshalb würde er, Estouteville, auch alles tun, um diese traurige Nachricht dem vom Pontifex und der ganzen Kurie überaus geschätzten Giovanni di Castiglione zu ersparen,33 der ein Prälat sei, der derzeit kaum seinesgleichen finde, sei es an Wissen und Gewissen, sei es an kluger Vorgehensweise und Erfahrungsreichtum in allen großen Angelegenheiten; kurzum: einer, der an der Kurie für den Herzog Dinge zu bewirken in der Lage sei, die kein anderer zu bewerkstelligen wisse,34 und der daher nicht nur die Diözese Pavia, sondern vier Bistümer verdiene.35 Dieses Schreiben zeitigte wohl in der Tat eine erste Wirkung. Wenn auch der Herzog weiterhin beteuerte, aufgrund seiner gegebenen Versprechen und eingegangenen Verpflichtungen sowohl Pavia als auch das Erzbistum Mailand an andere Prälaten vergeben zu müssen, so erklärte er sich immerhin bereit, Giovanni di Castiglione die Diözese Piacenza anzubieten, für die es ebenfalls eine Reihe von Interessenten gab.36 31 «E però essendo horemai la cosa di tal natura che non nostro signore con conscientia, non la vostra signoria, non persona del mondo con debita rasone li poria togliere el titulo suo, e tale cosa sia irretractabile, de novo, per quella fede e devotione vi portiamo, pregemo affectuosamente la signoria vostra che per nostro amore resti contenta a farli dare con effetto ditta possessione, de la quale cosa ne saremo sempre tenuti et obligatissimi a la vostra signoria. Et a misser lo abbate la vostra excellencia p[u]ò fare provedere d’altro beneficio conveniente. E sia quale el se voglia, noi voliamo pigliarne la cura de farglilo dare da nostro signore, et servirli continuamente, chomo a caro fratello e amico […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 32 «Lo vescovato de Constanza, a la nostra rechesta, fo dato ad altri, e più non se poria retrattare per modo alchuno, unde s’el ditto vescovo mo se ritrovasse senza vescovato ne veneria di lui gran passione et una grandissima conscientia che bene certificamo la signoria vostra lui essere homo quale fa per le cose vostre a dovere far et exequire ogni gran fatto» (Ebd.). 33 «Noi voriamo farelo tuto per non li mandare trista resposta. Bisogna adunque al tuto la vostra gratiosissima signoria hormai ne conceda liberamente questa gratia, ne la quale etiam farà la vostra signoria a la sanctità di nostro signore cosa gratissima, et a tuto lo collegio de cardinali; e ce obligarete per quanto potemo e vagliemo in questo mondo» (Ebd.). 34 «[…] uno tale e tanto prelato chomo è lo ditto vescovo, del quale oggidì ardemo dire la giesa de dio haverne pochi pari, sì de scientia chome de conscientia e optima pratica et experientia in ogni gran cose, dilectissimo a nostro signore et a tuta la corte, il quale è de li vostri et apto a fare per la vostra excellentia quello che ogniuno non poria, né sapperia fare» (Ebd.). 35 «meritaria debitamente nonché la ditta giesa de Pavia, ma quatro vescovati» (Ebd.). 36 «Per altre nostre respondessimo a la signoria vostra circa lo facto de lo arcevescovato de questa nostra […] cità per lo reverendo padre monsignore vescovo de Constancia como a nuy saria stato singularmente grato che havessemo possuto compiacere a la signoria vostra, ma noy haveressemo cum nostro honore actrate le promesse ne haveva da noy lo reverendo padre monsignore

IV.3 Das Angebot der Diözese Piacenza

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IV.3 „… falls besagter Monsignore von Coutances es akzeptierte, wäre ich sehr dankbar, wenn der ehrwürdige Vater es erhielte“37 – Das Angebot der Diözese Piacenza Die Diözese Piacenza, die der Herzog Giovanni di Castiglione antrug, war durch die Erhebung von Niccolò Amidani zum Erzbischof von Mailand38 vakant geworden. Man sollte meinen, daß Kardinal Estouteville, nachdem er sich so um eine Translation Giovanni di Castigliones bemüht hatte, über das Einlenken des Herzogs und die Zusicherung, das Mitglied der Familie Castiglione in Piacenza – dem ersten Bistum von Kardinal Branda di Castiglione39 – einzusetzen, höchst erfreut gewesen wäre. Doch Estouteville, der in der Zwischenzeit am 20. März 1453 ein weiteres Schreiben an den Herzog gerichtet hatte, in dem er diesen erneut eindringlich gebeten hatte, er möge doch seinen „brennendsten Wunsch“ erfüllen und die Translation des Bischofs von Coutances nach Pavia gutheißen,40 schlug vicecamorlengo, vescovo de Piacenza [= Niccolò Amidani]. […] nuy voressimo per ogni respecto adaptarse ad satisfare per qualche modo a la signoria vostra. El vene per questa permutacione a vacare lo vescovato de Piacenza, lo quale, vogliando dicto monsignore de Constancia acceptarlo, ne sarà grato che la paternità soa l’abia […]. Nuy dal canto nostro […] damo liberali animo quelo havemo et possemo. Advenga dio che multi de casa nostra, quali hanno promessa da noy, ne dano stimulatione et molestia assay de questo vescovato, ma ad nuy sarà caro darlo al prefato monsignore de Constancia per adaptarse ad fare cosa grata a la signoria vostra […]» (Francesco Sforza an Guillaume d’Estouteville, 17. März 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 37 Siehe Anm. 36. 38 Diese Erhebung war am 19. März 1453 erfolgt. Am 24. März 1453 schrieb der Kardinal von Venedig, Francesco Condulmer, diesbezüglich an Francesco Sforza: «La signoria vostra ne ha scripto molto begnignamente che ne piacia per contemplatione vostra intercedere appresso ad nostro signore che la sanctità sua se dignasse transferir el reverendo padre misser Nicolò [= Amidani], vesco de Piasenza, ad la chiesa de Millano [!]; secundo de questa cosa ne scrivea ad la sanctità del dicto nostro signore et anco al sacro collegio de reverendissimi padri signori cardinali. Ad questa cosa, illustrissimo signore, pocha fatigha è bisognata perché la mente de nostro signore era molto bene disposita verso el predicto prelato. Et poy, supervenendo le preghere de la vostra signoria, fo facta la cosa facillima, et tanto più facile quanto ch’el dicto prelato è persona digna de honore et de ogni favore. Nientedemeno, per far cosa grata ad la signoria vostra et digna de le virtù et dei meriti de la persona, havemo facto de bona voglia quanto ad noy è spectato, como saressemo et simo sempre apparigiati ad tuta nostra possanza in simile et in ogni altra cosa cognoscessemo esser in piacer de la vostra illustrissima signoria. Et per abbreviar le parole, el dicto prelato lunedì passato, che fu 19 de questo mese, in pleno concistorio fu transferito da nostro signore ad la dicta chiesa de Milano, secundo se p[u]ò vedere per le lettere apostolice» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Einen ähnlichen Tenor hat auch das Schreiben, das der päpstliche Sekretär, Pietro da Noceto, am 25. März 1453 an den Mailänder Herzog richtete, siehe ebd., sub die. 39 Branda war 1404 von Bonifaz IX. zum Bischof von Piacenza ernannt worden. Dieser starb jedoch, bevor er Branda auch zum Bischof weihen konnte. Nicht Innozenz VIII., sondern erst dessen Nachfolger Gregor XII. war derjenige, der die Weihe schließlich vollzog (Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 32 Anm. 6; Girgensohn, Castiglione, Branda, S. 70). 40 «Ben ve vogliamo cordialissimamente pregare e supplicare, sichome per più brevi de la sanctità de nostro signore et molte nostre affectuose lettere la vostra illustrissima excellencia ha cognossuto lo nostro ardentissimo desiderio circa la possessione del vescovato de Pavia in favore del reverendo padre el vescovo, […] ce voglia fare contenti in farli dare libera et expedita posses-

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IV. Die Translation nach Pavia

das Angebot von Francesco Sforza aus. Wenn er diese Variante als unattraktiv betrachtete,41 so dürfte der Grund dafür wohl nicht allein darin gelegen haben, daß Francesco Sforza angeregt hatte, Estouteville könne die Lukrativität dieser Diözese dadurch steigern, daß er Giovanni di Castiglione selbst die eine oder andere Pension aus Coutances zuspreche.42 Vielmehr wird man die Ablehnung als Beleg dafür sehen können, daß der Kardinal ein aufrichtiges Interesse an Giovanni di Castiglione hatte und ihn daher nicht nur einfach in das erstbeste lombardische Bistum „abschieben“ wollte, um über Coutances freie Hand zu haben. Estouteville ging noch einen Schritt weiter: Er lehnte am 5. April 1453 Piacenza nicht nur ab, sondern bat den Herzog auch eindringlich, ihn, sobald er von der Vakanz eines der in seinem Herrschaftsbereich liegenden Bistümer erfahre, unmittelbar darüber zu unterrichten. Auch wünschte Estouteville, daß Francesco Sforza dem Bischof Giovanni di Castiglione, so diesem die betreffende Diözese zusage, die Erlaubnis erteilte, sie sich direkt vom Pontifex zuweisen zu lassen, ohne weitere Schreiben abwarten zu müssen, welche die herzogliche Zustimmung enthielten.43 sione […]. Certo basta havere tanto sostenuta la pugna per quello de li Crivelli, a declaratione de la affectione li portate, unde voglia una volta la signoria vostra exaudire li nostri pregi, conzosia mazor contenteza non poria fare a la sanctità d’esso nostro signore che di pacificare uno tanto prelato cossì amato da la beatitudine soua […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 41 «Per le lettere de la excellentia vostra, date a Milano a XVII del passato, havemo inteso lo desiderio vostro seria stato compiacerne de lo archivescovato de Milano, non fusse stato la consideratione de le promesse aveva lo vicecamarlengo [= Niccolò Amidani] da la signoria vostra, per la quale cossa anche nuy non havemo fatto altro perché vorriemo in ognia facenda seguiri la volontà de vostra excellentia. Quantum vero al fatto di Piasenza non è cosa sufficiente a conducere lo proposto nostro, nientedemeno summamente regratiamo la signoria vostra, a la quale como evidentamente appare seria grato per qualche modo satisfaci a lo nostro summo desiderio […]» (Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza, 5. April 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 42 «forsia, havendo questo in titulo et reservandoli qualche pensione in quello de Constancia, che lo acceptarà […]» (Francesco Sforza an Guillaume d’Estouteville, 17. März 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 43 «et in vero non è cosa per la quale ne podessate tanto obligare como in questa, e, sotto questa fiducia et ferma speranza havemo de la excellentia et humanità vostra, caramente pregamo essa vostra excellentia, si mai ne crede fare cosa ne sia in piasere, ne voglia consentire et per soe lettere certificare che, avegnando […] vacare qualche giesa in lo vostro dominio, senza nulla exceptione, dummodo fusse grata a lo nostro monsignore vescovo di Constanza, la possiamo impetrare di qua, senza expectatione d’altre lettere, e di questo vostro consentimento et libera volontà farne certa la sanctità di nostro signore, apresso lo quale sempre saremo procuratore et defensore de ogni vostro bene et honore; et experimentalmente vederà la signoria vostra haveriti lo ditto vescovo di Constanza persona de la quale in ognia grande cosa poteriti pienamente adiutarve. Nuy siamo bono testimonio de la soa fidelità, amore et reverentia porta a la vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – In diese Richtung hatte sich der Kardinal von Rouen bereits im Februar dieses Jahres vorgetastet, heißt es doch in einem Schreiben, das er am 5. dieses Monats an Francesco Sforza richtete: «[…] se havemo persuaso, per vigore de lettere e parole de la vostra signoria, che dovesti esserne ben contento, havendo noi da la excellentia vostra di potere impetrare uno vescovato ne lo dominio vostro, quando ne accadesse alchuno vacare, e spetialmente havendo nominato uno tale e tanto prelato chomo è lo ditto vescovo [di Costanza] […]» (Ebd., sub die).

IV.3 Das Angebot der Diözese Piacenza

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Bemerkenswert ist ebenfalls die Tatsache, daß sich Kardinal Estouteville mit der Antwort, in welcher er das Bistum Piacenza zurückwies, reichlich Zeit ließ, obgleich ihn Francesco Sforza – wegen der vielen Interessenten44 – mehrfach, so auch am 17.  März  1453, darum ersucht hatte, baldmöglichst Bescheid zu geben.45 Vielleicht befürchtete der Kardinal, daß der Herzog sich über seine Ablehnung hinwegsetzen werde, und zögerte deshalb mit seinem Antwortschreiben so lange, bis er sicher sein konnte, daß der Papst die Diözese Giovanni Campesio übertragen hatte. Diese Ernennung hatte Estouteville im übrigen, wie wir von Francesco Condulmer, dem Kardinal von Venedig,46 und von dem Kandidaten selbst47 wissen, tatkräftig unterstützt, auch wenn er Francesco Sforza gegenüber später zunächst Bedauern über diese Entwicklung vortäuschte und beteuerte, er habe leider nicht intervenieren und den Prozeß aufhalten können, weil nur die 44 Daß der Kardinal von dem Herzog mehrere Briefe erhalten hatte, in denen der Vorschlag erörtert worden war, Giovanni di Castiglione zum Bischof von Piacenza zu erheben, läßt sich auch einem Schreiben Estoutevilles vom 7. Mai 1453 an Francesco Sforza entnehmen, heißt es hier doch: «havemo ricevute diverse lettere de la vostra illustrissima excellencia sopra lo vescovato de Piasenza in favore del vescovo de Constanza […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 45 «[…] multi de casa nostra, quali hanno promessa da noy, ne dano stimulatione et molestia assay de questo vescovato […], sì che gli piaza subito responderci, se dicto monsignore vuole acceptarlo o non, per torci questa molestia» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 46 Daß Kardinal Estouteville über die Wahl Campesios keineswegs unglücklich war, sondern im Gegenteil sogar zu den stärksten Befürwortern dieser Ernennung zählte, unterstrich France­ sco Condulmer am 25. Mai 1453 in einem Schreiben an Francesco Sforza: «Et perché sentiamo la signoria vostra ha facto caso de monsignor Andegavense [= Estouteville], dubitando che la signoria sua non sia malcontenta de la dicta promotione, acertamo la signoria vostra che […], essendo stata la signoria sua ponto malcontenta de la dicta promotione, noi non haveressemo promosto questa cosa, et cossì non la promovessemo che prima non vedessemo la signoria sua esser contentissima et de primi ad voler ch’el dicto misser Giovanni [= Campesio] fusse promosto […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Ein ähnlicher Wortlaut findet sich auch in dem Schreiben, das der Kardinal von Venedig knapp einen Monat später, am 19. Juni 1453, an den Herzog sandte: «[…] ma non la v[ole]vemo movere se prima non havessemo intieramente et chiaramente la intentione de monsignor Andegavense, [al] qual per niun modo haveriamo voluto dispiacere, la quale era et è stata sempre de non volere impagiarse de [la] dicta chiesa de Piasenza, anci era et è stato contentissimo de la dicta promotione» (Ebd., sub die). 47 So heißt es in dem Schreiben, in dem Giovanni Campesio dem Herzog am 19. Juni 1453 für seine Anerkennung als Bischof von Piacenza dankte: «[…] ho inteso como la illustrissima signoria vostra gratiosissimamente ha scripto ad Piasenza che me sia assignata la possessione de la chiesa mia de la cità vostra de Piasenza, secundo sempre me ho promesso de la benignità et clementia de la dicta signoria vostra, de la quale speranza mia assai ho dechiarato ne le littere mie, le quale più ho scripte ad la excellentia vostra, et per le quale ha potuto comprendere el perfecto animo mio et la perfecta et sincera fede et devotione mie verso la illustrissima signoria vostra como bono et fidele servitore et subdito suo et anco la integra innocentia mia in questa mia promotione, maxime sapendo la dicta excellentia vostra per più vie et modi como questa cosa è passata dritamente senza niuna mia colpa, tenendo io certissimamente, senza alchuna dubitatione, non esser altra voluntà de la signoria vostra verso el servitore et subdito suo che era quella de nostro signore circa la promotione mia, et anco sapendo io la optima intentione de monsignore mio Andegavense [= Estouteville], el quale non solo [fo con]tento de la mia promotione, ma era et è stato de primi ad promovere in concistorio secreto questa cosa […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die).

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IV. Die Translation nach Pavia

dereinst zugunsten von Campesio verfaßten Briefe und keine neueren, gegenteiligen Instruktionen des Herzogs vorgelegen hätten.48 In der Tat sollte diese Taktik aufgehen. Der Herzog hielt sich zurück, offenbar in Erwartung der Antwort des Kardinals Estouteville,49 und Giovanni Campesio wurde von Nikolaus V. die Diözese Piacenza zugewiesen. Obwohl dies bereits am 23. März 1453 geschah,50 trug bezeichnenderweise das entsprechende Schreiben des Kardinals Estouteville, in dem Piacenza abgelehnt wurde, erst das Datum vom 5. April 1453. Auch Amidani, der Erzbischof von Mailand, ließ sich – darauf verweisend, daß man den Papst am Osterfest schlecht habe behelligen können und dieser nach den Feiertagen von so heftigen Knieschmerzen befallen worden sei, daß er sich nur über Medizin habe unterhalten wollen51 – mit der Berichterstattung Zeit. Erst zum 9. April 1453 erwähnte er, daß Nikolaus V., aufgrund des Insistierens des Kardinals von Venedig, eingelenkt und die Diözese Piacenza an Campesio vergeben habe, obgleich die Instruktionen des Herzogs, die der Pontifex zugesichert hatte abzuwarten, noch nicht eingegangen waren.52

48 «Quanto a la promotione fatta de misser Zohanne Campese a la giesa de Piasenza fo ditto esservi lettere e consentimento de la signoria vostra, et noi ancora non havevamo alcuna vostra lettera in contrario, quando fo promosso, unde non potevamo intervenirlì, né da uno canto, né dal altro» (Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza, 17.  Mai  1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Erst am 25. Mai 1453 gab d’Estouteville dem Mailänder Herzog gegenüber zu, über die Wahl von Campesio erfreut gewesen zu sein (Ebd., sub die). 49 Daß der Herzog auf das Guillaume d’Estouteville gegebene Versprechen verwiesen hatte, erwähnt Francesco Condulmer am 19. Juni 1453: «[…] ne la letera scripta ad Nicodemo se conteneva la excellentia vostra esser contenta de compiacerne, remanendo però firma la promessa facta ad monsignor Andegavense [= Estouteville]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 50 «hogi ad nostro signore è parso de me promovere ad la dicta chiesa de Piasenza, vacata per translatione de lo reverendo padre misser Nicolò [= Amidani] ad la chiesa de Millano, et in concistoro secreto cum contenteza de tuti cardinali me ha facto digno et pronunciato vesco de Piasenza» (Giovanni Campesio an Francesco Sforza, 23. März 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Auf den 23.  März  1453 als den Tag seiner Erhebung zum Bischof von Piacenza verwies Giovanni Campesio auch am 16. April 1453 in seinem Schreiben an Francesco Sforza (Ebd., sub die). – Nimmt man indes das Wort „heute“ in dem Schreiben Francesco Condulmers an Francesco Sforza vom 24.  März  1453 wörtlich, so erfolgte die Erhebung Campesios erst an diesem Tag: «hogi in concistorio secreto cum contenteza de tutti cardinali ha pronunciato vescovo de Piasenza el sopradicto messer Iohanni Campese, nostro secretario, del quale credemo et havemo ferma speranza la signoria vostra ne sarà ogni dì più contenta et haverane honore […]» (Ebd., sub die). 51 «Lo venere sancto circha mezzo dì ricev[ett]i lettera del illustrissimo signore nostro alla sanctità de nostro signore papa […], de le quale lettere, factone subito notitia ad nostro signore, mi commandò che de tale materie non li parlasse, se non passati li tre dì di Pasqua, et questo per la sollemnitate de li officii che in quelli dì occorrevano. Interim piacque a dio che, la nocte sequente lo dì di Pasqua, la palagra lo assaltò nel zinochio, per modo che de niuna altra cossa che di medicine se è potuto parlare cum la sanctità sua per alchuni dì, la qual cossa ad me è stata molestissima […]» (Niccolò Amidani an Cicco Simonetta, 9. April 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 52 «Haverete inteso che nostro signore ha promosso allo vescovato de Piacenza d. Giovanni Campeso da Pavia, et benché io havesse supplicato ad la sanctità sua che soprasedesse ad fare

IV.3 Das Angebot der Diözese Piacenza

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Wenn Niccolò Amidani mit dieser Nachricht über die Erhebung des Giovanni Campesio so lange gewartet hatte, mochte dies damit zusammengehangen haben, daß er bereits erahnte, wie wenig angetan der Mailänder Herzog über diese Entwicklung sein würde. Und in der Tat sollte sich Francesco Sforza alles andere als erfreut zeigen, wie aus einem Schreiben des Kardinals von Venedig hervorgeht, im dem dieser sich überschwenglich entschuldigte und beteuerte, er sei aufgrund der früheren, zugunsten von Campesio verfaßten Briefe des Herzogs überzeugt gewesen, im Einklang mit diesem zu handeln, und er würde nie die Wahl Campesios betrieben haben, wenn er gewußt hätte, daß diese den herzoglichen Wünschen derart zuwiderliefe.53 Estouteville beschwichtigte jedoch Francesco Sforza und wies diesen am 7. Mai 1453 darauf hin, daß sich mittlerweile durch seine Ernennung zum Erzbischof von Rouen,54 der wichtigsten der normannischen Diözesen, alles zum Besten gefügt habe und Giovanni di Castiglione nun vorerst, als Bischof von Coutances, sein Suffragan bleiben könne.55

alchuna provisione de dicto vescovato perfin che havesse lettera dal signore sopra ciò et che me havesse promesso de farlo, pur è stata tanta la instantia del vicecancelero [= Condulmer] che ’l ha mutato de proposito […]» (Ebd.). 53 «Per altre nostre littere già più dì fa scrivessemo ad la signoria vostra como ad la promotione di misser Giovanni di Campese ad la chiesa de Piasenza noi s’eravamo adoperati cum nostro signore, credando fermamente de far cosa la qual non fusse ingrata ad la dicta signoria vostra, anci tenendo ferma opinione cossì esser la voluntà sua per le littre scripte da essa signoria vostra et ad nostro signore et ad noi, le qual littere chiaramente demonstravano una grande benignità verso el dicto misser Giovanni. Et se havessemo creduto el contrario, overo non havessemo compreso manifestamente la voluntà de la signoria vostra per dicte littere, noi non haveriamo mai habuto uno minimo pensiero de promover el dicto misser Giovanni, se non fosse stato le dicte littre et la benignissima risposta de la signoria vostra al breve et ad la ambassata de nostro signore; et più né nostro signore lo haveria promosto fin havesse havuto altre littre de la signoria vostra. Simelmente né lo dicto misser Giovanni haveria mai acceptato de esser vescovo de Piasenza se lui non fosse stato in la dicta ferma opinione de la bona voluntà de la dicta signoria vostra […]» (Francesco Condulmer an Francesco Sforza, 25. Mai 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40); siehe auch das ebenfalls an den Herzog gerichtete, von Campesio verfaßte Schreiben vom 28. Mai 1453, in dem es heißt: «se io havesse havuto ponto de opinone de non piacer ad la signoria vostra la mia promotione ad questa chiesa de la cità vostra de Piacenza mai non l’averia acceptata […]» (Ebd., sub die). 54 Die Ernennung Estoutevilles zum Erzbischof von Rouen erfolgte am 20.  April  1453 (Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 225). 55 «[…] Apresso a grande consolatione e conforto de la signoria vostra notificamovi chome a questi dì proximi passati la sanctità de nostro signore ne ha provisto de lo arcivescovato de Rohano, el quale è principal giesa et capo de tuta la Normandia et in nobilissima citade, unde ne lo paeso nostro vegnemo ad esser provisto d’uno de più singular beneficii de Franza, et lo vescovo de Constanza vene ad essere nostro suffraganeo, sì che cessano ora le pratiche havute con esso vescovo con grande honore de la excellencia vostra e nostro, de la qual cosa se rendemo certi la signoria vostra per la grande benivolentia ne porta pigliarà piacere assai, sentendo cossì utile et honorevole nostra provisione» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die).

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IV. Die Translation nach Pavia

IV.4 „… zum sehr großen Verlust und Schaden der Christenheit“56 – Unliebsame Entwicklungen Als Suffragan des Erzbischofs von Rouen sollte Giovanni di Castiglione indes keine großen Taten vollbringen, denn bald traten zwei Ereignisse ein, welche den Prälaten noch weiter in seinem Wunsch bestärkten, möglichst schnell in ein italienisches Bistum versetzt zu werden, und die ihn dazu veranlaßten, dem Herzog, mündlich wie schriftlich, seine Ergebenheit zu beteuern und seine Dienste anzubieten:57 Zum einen konnte Guillaume d’Estouteville sein Erzbistum nicht wie geplant übernehmen, weil das dortige Kapitel mit Philippe de la Rose und Richard Olivier de Longueil gleich zwei konkurrierende, von unterschiedlichen Fraktionen des Kapitels unterstützte Kandidaten zu seinen neuen Erzbischöfen gewählt hatte. Zum anderen fiel Konstantinopel am 29. Mai 1453 in die Hände der Türken. Die Nachricht von diesem schweren Verlust für die Christenheit erreichte Venedig einen Monat später und führte insbesondere bei der durch dieses Geschehen auch in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht schwer getroffenen Serenissima und auf seiten des Papstes, dem die Einheit der italienischen Staaten als unabdingbare Voraussetzung für den Kampf gegen die Türken galt,58 zu verstärkten Friedensbemühungen auf der italienischen Halbinsel.59 Mit weiteren Vorbereitungen  –  wie dem Entsenden zweier päpstlicher Legaten in die wichtigsten Staaten Italiens60 und dem Anberaumen eines Friedenskongresses 56 «[…] cede a grandissima iactura e danno de la christianità e più se presto non se provede […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 19. Juli 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Das vollständige Zitat findet sich unten, Kap. IV Anm. 60. 57 So schrieb Giovanni di Castiglione dem Mailänder Herzog etwa am 19. Juni 1453: «Io mi ricomando tanto como fare lo possa a la vostra inclitissima signoria, a la qualle como altre volte de bocha cossì per mio debito spesso per lettere mi offerisco se in qualche cossa io sono bono per la vostra excellentia, a la quale potere compiacere mi serebbe singulare gratia. Saltem in questo comprendereve la brigata quelo è vero, che io in tuto sono dato a li servitii de la vostra signoria, benché tropo lo sano, como pienamente la signoria vostra poterà intendere da lo portitore de questa, missere Anthonio da Parma […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 58 So liest man auch in einem Schreiben, das Guillaume d’Estouteville am 19. Juli 1453 an Francesco Sforza richtete: «La excellencia vostra haverà inteso lo gran Turcho havere preso Constantinopoli, benché ora alchuni voliano dire quella essere miraculosamente recuperata, che è possibile, ma non verisimile; per la quale novella havuta la sanctità di nostro signore, considerando tale presa vegnire a grande interesso e vergogna de la christianitade, a persuasione de molti ha deliberato procurare la pace de Italia quanto li serà possibile […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Das Thema der Befriedung Italiens bewegte die Kurie sehr, wie die in den RTA 19,1 unter n°  4 zusammengestellten Briefausschnitte Enea Silvio Piccolominis aus den Monaten August bis Oktober 1453 zeigen (Deutsche Reichstagsakten unter Friedrich III., Abt. V, Bd. 19, Hälfte 1: 1453–1454, hg. v. Helmut Weigel/ Henny Grüneisen, Göttingen 1969 [zukünftig: RTA 19,1], n° 4, S. 34 ff.). 59 Siehe hierzu u. a. Erich Meuthen, Der Fall von Konstantinopel und der lateinische Westen, in: HZ 237 (1983), S. 1–35; Walter Brandmüller, Die Reaktion Nikolaus’ V. auf den Fall von Konstantinopel, in: RQ 90 (1995), S. 1–22. 60 Der Pontifex hatte Mitte Juli 1453 die Kardinäle Capranica und Carvajal beauftragt, für Frieden zu werben, wobei er ersteren nach Neapel und letzteren nach Venedig, Florenz und

IV.4 Unliebsame Entwicklungen

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in Rom61  –  wuchs die Wahrscheinlichkeit, daß das mailändisch-florentinischfranzösische Bündnis nicht länger halten und von einem inneritalienischen abgelöst würde. Dieser Entwicklung, das wußte Giovanni di Castiglione, galt es früh genug Rechnung zu tragen, wenn man sich nicht plötzlich ins Abseits manövrieren wollte. So mußte er rechtzeitig – noch bevor seine Informationen, die er aus Frankreich bezog und an den Mailänder Herzog und an den Papst weiterleitete, an Wert und Bedeutung massiv einbüßten  –  der politischen Entwicklung mit der Tendenz, den Fokus auf die italienische Staatenwelt hin zu verlagern, Folge leisten, Frankreich hinter sich lassen und neue Wege erkunden, die ihn für den Mailänder Herzog unentbehrlich machten. Eine Translation in eine lombardische Diözese schien für Giovanni di Castiglione dabei umso mehr der richtige Schritt zu sein, als er so auch Guillaume d’Estouteville einen großen Gefallen tun konnte, ließen sich durch die Vakanz von Coutances doch die bei der Übernahme des Erzbistums Rouen entstandenen Schwierigkeiten beheben. nach Mailand gesandt hatte: «Et cossì ha fatto doi reverendissimi signori cardinali legati, l’uno, Fermo [= Capranica] che partì heri per Napoli a lo re di Ragona, l’altro, Sancto Angelo [= Carvajal] che partirà domane a la vostra illustrissima signoria, Firentini e Venitiani […]» (Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza, 19. Juli 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Auch Giovanni di Castiglione berichtete dem Herzog an diesem Tag von der Entsendung der Legaten: «Como altra volta ho significato a la signoria vostra, pose le novelle de la presa de Constantinopoli et altri castelle ha fata li Turchi, la qual cosa cede a grandissima iactura e danno de la christianità e più se presto non se provede, nostro signore si ha ordenato e mandato lo reverendissimo monsignore lo cardinale de Fermo a lo re da Ragona, e adesso vene da la signoria vostra lo reverendissimo monsignore cardinale de Sancto Angelo, homo prudentissimo, grave, de singulare vita e incorruptibile, molto dato a lo honore de la vostra celsitudine. È certo nostro signore che mediante la singulare diligentia de quisti tanti patri seguitarà una bona pace, e cossì se po[terà] resistere a l’animosità e crudelità d’essi Turchi. E però io prego carissimamente la celsitudine vostra voglia confidentemente adaptarse a la voluntà de la sanctità de nostro signore e de lo dicto monsignore, a lo quale in specialtà io sono obligatissimo […]» (Ebd., sub die). – Es ist nicht ausgeschlossen, daß Giovanni di Castiglione Kardinal Carvajal, auf dessen Worte er den Herzog zu hören bat, ebenso ersucht hatte, sich während dieser Legation bei Francesco Sforza zu seinen Gunsten zu verwenden. 61 Über die Vorbereitungen dieses Kongresses durch den Papst, der um jeden Preis einen Frieden oder zumindest einen Waffenstillstand anstrebte, heißt es in einem Schreiben, das Guillaume d’Estouteville am 17. September 1453 an Francesco Sforza richtete: «Rendendosse noi certi la vostra illustrissima excellencia devere essere pienamente avisata per li correri de la sanctità de nostro signore […] e per altre vie de la convocatione fatta per la soua sanctità de li ambassatori di tute le potentie de Italia per tenir tractato di pace, non se extenderemo scrivere più oltra. Solamente questa facemo più notificare a la signoria vostra che esso nostro signore, vedendo la grande potentia de li Turchi e pericoli ne li quali sono sottoposti christiani e volendo seguire quello che li soi predecessori sempre hano fatto in simeli casi et pericoli, delibera ad ogni modo che si faza in Italia pace o trevga […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Bereits am 31. August 1453 hatte auch Antonio da Pistoia dem Mailänder Herzog von den nun erstmals ernsthafter betriebenen Friedensverhandlungen berichtet: «[…] ogni mattina pare che la nocte sieno venuti cavallari cum novelle fresche, et molto più fanno questo dapoi in qua che si è cominzato a raxonare del trattamento de la paxe che non havevano fatto per lo passato» (Ebd., sub die). – Zu Antonio da Pistoia, dem Sekretär des Kardinals von Venedig und späteren Prokurator Francesco Sforzas, siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 210 mit weiterer Literatur.

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IV. Die Translation nach Pavia

IV.5 „… Eure Durchlaucht könnte unserem Herrn und dem ganzen Kardinalskollegium einen großen Gefallen tun“62 – Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V. Als Richard Olivier de Longueil, der Archidiakon von Rouen und einer der beiden vom Kathedralkapitel zum neuen Erzbischof erkorenen Kandidaten, sich von seinem Kontrahenten Philippe de la Rose hintergangen fühlte und an die Kurie gereist war, um Protest einzulegen, nutzten Giovanni di Castiglione und Guillaume d’Estouteville diese Gelegenheit und wirkten so lange auf ihn ein, bis er sich bereit erklärte, zugunsten Estoutevilles auf das Erzbistum Rouen zu verzichten und als Ausgleich dafür die Diözese Coutances zu übernehmen, sobald Giovanni di Castiglione in ein lombardisches Bistum versetzt sei. Dieser dürfte seinen Romaufenthalt im Sommer  145363 denn auch genutzt haben, um Nikolaus V. abermals seinen Wunsch nach einer Translation in ein italienisches Bistum zu unterbreiten und um die an der Kurie anwesenden Kardinäle erneut für sein Vorhaben zu gewinnen.64 Dessen Realisierung schien in greifbare Nähe zu rücken, als am 23. September 1453 die Nachricht vom Tod Giacomo Borromeos, des Bischofs von Pavia, bestätigt wurde. So teilte Giovanni di Castiglione seinem Verwandten Cicco Simonetta, dem herzoglichen Sekretär, der 62 «videbit celsitudo ipsius domini nostri ducis fecisse rem gratam serenissimo domino nostro et toti collegio» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 24. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 63 Von diesem Aufenthalt zeugen unter anderem Schreiben Giovanni di Castigliones vom 12. Juli und 19. Juli 1453 (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 64 Für seinen Verwandten Branda (den Jüngeren) di Castiglione, der zu dieser Zeit mit einem Neffen des päpstlichen Familiars Giacomo Calvi um ein Benefizium stritt, scheint Giovanni di Castiglione sich weniger intensiv als für seine eigenen Belange eingesetzt zu haben. Sein Schreiben vom 12. Juli 1453 erweckt den Eindruck, der Prälat habe sich für Branda den Jüngeren überhaupt nur deshalb engagiert, weil der Herzog ihn darum gebeten hatte (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Über einen Interessenkonflikt zwischen Calvi und Branda di Castiglione hatte Nicodemo Tranchedini den Herzog bereits am 22.  November  1451 informiert. So erwähnte er, der Papst habe im Laufe einer Unterredung geäußert, zumindest Giacomo Calvi, der sein treuer und alter Familiar sei, solle von Francesco Sforza bedacht werden, da man für Branda di Castiglione schon auf einem anderen Wege etwas finden werde (Ebd., sub die) [zu Giacomo Calvi (Soldano) siehe Michele Ansani, «Curiales» lombardi nel secondo ’400. Appunti su carriere e benefici, in: Sergio Gensini (Hg.), Roma capitale (1447–1527), Pisa 1994 (Centro di Studi sulla Civiltà del Tardo Medioevo di San Miniato. Collana di Studi e Ricerche 5), S. 415–471, hier: S. 466 f.]. – Giovanni di Castiglione hielt sich offenbar auch im Frühjahr 1453 zurück, als Streitigkeiten zwischen Giovanni Antonio di Castiglione und Giuseppe de Brippio auftraten. Wohl ist uns ein Schreiben des Mailänder Herzogs vom 2. Mai 1453 überliefert, in dem dieser Giovanni di Castiglione, dem er auch das an de Brippio gesandte Schreiben in Kopie beilegte, zu vermitteln bat (Ebd., sub die), doch von positiven Resultaten wußte Giovanni di Castiglione auch hier nicht zu berichten, im Gegenteil: Am 19. Juli 1453 teilte er dem Herzog mit, er habe de Brippio lediglich die Antwort entlocken können, daß dieser nicht mit ihm sprechen, sondern sich direkt an Francesco Sforza wenden werde (Ebd., sub die) [zu Brippio siehe Massimo Miglio, Brivio (Brippius, Brippio), Giuseppe, in: DBI 14 (1972), S. 355–358].

IV.5 Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V.

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im Vorjahr Elisabetta, die Nichte Zanone di Castigliones, geheiratet hatte,65 am 24. September 1453 mit, der Papst gedenke die Vakanz zu nutzen, um ihn „auf diesem Wege ins Vaterland zurückzuholen“.66 Auch vergaß er nicht hinzuzufügen, daß diese Aktion den großen Vorteil mit sich bringe, Kardinal Estouteville einen erheblichen Dienst zu erweisen, denn durch seine Versetzung nach Pavia könne das Erzbistum Rouen „befreit“ werden.67 Die Zustimmung des Papstes war leicht gewonnen, doch galt es, noch das Einverständnis Francesco Sforzas einzuholen, ein Unterfangen, das einmal mehr viel Geschick erforderte, denn der Herzog hatte Estouteville schon im Frühjahr signalisiert, daß er die Diözese Pavia dem Abt von Rivalta, Giacomo Filippo Crivelli, zugesichert habe.68 Zudem hatte der Herzog  –  nachdem ihm bereits im Frühjahr 1453 Campesio als Bischof von Piacenza „aufgezwungen“ worden war  –  eine entschlossenere Gangart eingeschlagen. So hatte Francesco Sforza etwa im Juli 1453, als es ihm gelungen war, bei der Besetzung eines Kanonikats in Monza seinen Kandidaten gegen den päpstlichen durchzusetzen,69 verkünden lassen, er könne aufgrund der Bulle vom 1. April 145070 nach seinem Belieben über die Benefizien seines Landes entscheiden und ordne daher an, daß alle vom Papst vergebenen Expektativen annulliert würden und daß niemand ohne seine besondere Erlaubnis in den Besitz der betreffenden Benefizien kommen dürfe.71 Vor diesem Hintergrund schien es Giovanni di Castiglione angebracht, 65 Elisabetta war die Tochter von Zanones Schwester Caterina. Auch mit Elisabettas Bruder Guiniforte stand der Prälat in engem Kontakt, hatte dieser doch bereits zu Zeiten, als Giovanni di Castiglione noch Bischof von Coutances gewesen war, sich sehr um dessen Wohlwollen bemüht (siehe oben, Kap. II Anm. 67, 164). 66 «Certificati sumus de morte domini episcopi Papiensis. Summus dominus noster est dispositus per hanc viam trahere me ad patriam, ut possim liberius vacare serviciis sue sanctitatis et illustrissimi domini nostri ducis» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 182 Anm. 47. 67 «[…] et ego propter istos respectus sum contentus, etiam quia ex hoc plurimum complaceo reverendissimo domino meo cardinali Andegavensi, qui per hunc modum liberat ecclesiam suam Rothomagensem» [ASMi, Sf., PE, Roma 40 (wie Anm. 56)]. Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 182 Anm. 47. 68 Siehe hierzu oben, Kap. IV Anm. 30. 69 Bei dem Streit um ein Kanonikat in San Giovanni in Monza hatte Francesco Sforzas Protegé Bartolomeo Vegio, der auch der Elekt des Kapitels war, den Sieg über den päpstlichen Kandidaten, Antonio Casati, davongetragen (siehe hierzu Ansani, La provvista, S. 1). 70 Siehe hierzu oben, Kap. III Anm. 93. 71 «Noi habiamo da la sanctità del nostro signore concessione et possanza per bolle apostolice che possiamo compiacere de li benifitii del nostro paese secundo che a nui pare et piace. Et per essa concessione vengano anullate et revocate tute le expectative facte in dicto nostro paese; per vigore de la quale concessione nuy facessemo ordine che niuno potesse impetrare benifitii, né aceptarli, per vigore d’esse expectative, in lo nostro dominio senza nostra special licentia» (Francesco Sforza an Francesco Maletta, 29.  Juli  1453, ASMi, RD  97, fol.  38r; siehe auch Ansani, La provvista, S. 1; zu Francesco Maletta siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 191 mit weiterer Literatur). – Wie wichtig die Vergabe von Benefizien für Francesco Sforza war, um sich die Gunst vieler „Freunde“ zu erhalten und seine Herrschaft zu sichern, wird aus seinem Schreiben vom 14. November 1457 ersichtlich, in dem es heißt: «in li ecclesiastici, sì per

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IV. Die Translation nach Pavia

in dem Schreiben, das er am 24. September in eigener Sache an den herzoglichen Sekretär sandte, explizit darauf hinzuweisen, wie wichtig ihm die Zustimmung Francesco Sforzas zu seiner Translation in dieses Bistum sei.72 Allem Anschein nach beabsichtigte der Prälat, wie er es häufig zu tun pflegte, zunächst seinen Verwandten, den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta, die Lage sondieren zu lassen.73 So bat er Cicco in dem besagten Schreiben vom 24. September, das er, der schnelleren Zustellung (und vermutlich auch der größeren Geheimhaltung) halber, durch ein jüngeres Familienmitglied überbringen ließ,74 sich als „wahrer Verwandter und guter Freund“75 zu erweisen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Bischof dem Sekretär des Herzogs in seinem Schreiben sogar die Argumente vorgab, die dieser in der vor dem Mailänder Herzog für Giovanni di Castiglione zu haltenden Fürsprache vorbringen sollte: Zunächst sollte darauf hingewiesen werden, daß eine Rückkehr in die patria sogar für die geringeren Erträge entschädige, die Pavia im Vergleich zu Coutances abwerfe.76 Dann galt es zu erwähnen, daß der Herzog mit dieser Ernennung dem Papst und dem gesamten Kardinalskollegium einen großen Gefallen tun könne,77 und schließlich hieß es, daran zu erinnern, daß schon Filippo Maria Visconti, der Vorgänger Francesco Sforzas, diese Kirche für Giovanni di Castiglione freigehalten habe, weil er ihn auf jeden Fall zu sich habe holen wollen. Dies sei damals nur wegen dessen Ernennung zum Bischof von Coutances nicht geschehen. Nun aber sei die Zeit gekommen, daß Francesco Sforza den bereits von seinem Schwiegervater vorgesehenen Schritt einleite,78 nachdem Giovanni di Castiglione

l’auctorità del sacerdotio, sì per li parentati et amicitie qual hanno, consiste una grande parte del temporal dominio» (Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., n° 9290). 72 «Quia erit michi singularis consolatio, quod fiat de expresso consensu ipsius il[l]ustrissimi domini nostri» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 24. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 73 Erst nach seiner Erhebung zum Kardinal sollte Giovanni di Castiglione von dieser auch im Laufe der folgenden Jahre praktizierten Sondierung abrücken. 74 «fuit avisatum pro maiori celeritate mittere hunc levem iuvenem parentem meum sub fiducia, quod magnificentia vestra omnia diriget ad honorem domini nostri ducis et consolationem sancti domini nostri pape et multorum aliorum […]» (Ebd.). 75 «[…] necesse est, quod magnificentia vestra exhibeat se et verum affinem et cordialem amicum» (Ebd.). 76 «Et licet ecclesia mea sit maioris valoris, tamen pro tantis respectibus non curo» (Ebd.). 77 «videbit celsitudo ipsius domini nostri ducis fecisse rem gratam serenissimo domino nostro et toti collegio» (Ebd.). 78 «Alias illustrissimus dominus noster dux bone memorie tenuit in suspenso istam ecclesiam pro me, quia omnino volebat me ad se trahere, sed quia noviter fueram promotus ad ecclesiam Constantiensem, non fuit factum. Nunc autem venit tempus, ut sub ipso gloriosissimo principe nostro hoc fiat» (Ebd.). (Vgl. auch Fubini, Niccolò V, S. 173 Anm. 12.) – Sollte es zutreffen, daß die Castiglione ihren Verwandten eigentlich in Pavia zu plazieren gedacht und Coutances sozusagen nur als zweite Wahl betrachtet hatten, so hieße dies letztlich, daß man bereits zu Beginn der vierziger Jahre ahnte, daß die Normandie auf Dauer doch nicht die Perspektiven bot, welche diese Familie sich einst von dieser Region versprochen hatte.

IV.5 Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V.

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schon Mailand nicht habe übernehmen dürfen.79 In dem Schreiben, das der Bischof einen Tag später auf dem offiziellen Weg an den Herzog sandte, betonte er erneut, daß die Liebe zum Vaterland die geringere Einträglichkeit von Pavia ausgleiche,80 und beteuerte auch, daß er nicht zuletzt dem Papst und den Kardinälen, allen voran Estouteville zuliebe den Wunsch hege, nach Pavia versetzt zu werden.81 Das einstige Angebot von Filippo Maria Visconti erwähnte Giovanni di Castiglione jedoch bemerkenswerterweise nicht, möglicherweise, um nicht durch eine zu große Übereinstimmung der angeführten Begründungen preiszugeben, daß er Cicco genaue Anweisungen gegeben hatte. Allerdings versäumte er es nicht, dem Herzog vor Augen zu führen, welchen Nutzen eine beständige Präsenz seiner selbst in der Nähe Francesco Sforzas für diesen mit sich bringe.82 Dazu verwies er auf drei weitere Punkte, mit denen er hoffte, den Herzog für sich einnehmen zu können: Zum ersten betonte er die vor dem Hintergrund der Friedensverhandlungen und des mailändisch-französischen Verhältnisses besonders wichtig werdende Rolle des dem Herzog ergebenen Kardinals Estouteville, welcher sich durch diese Translation Francesco Sforza gegenüber noch viel mehr verpflichtet fühlen und sich daher umso stärker für das Wohlergehen Mailands einsetzen würde.83 Selbstverständlich – fügte der Prälat hinzu – werde auch er, mit Hilfe seiner Freunde, alles für den Herzog tun, damit Francesco Sforza in Zukunft weder Mühen noch Geld aufwenden müsse, um seine Interessen an der 79 «Alias sua dominatio excusavit se de ecclesia Mediolanense propter inevitabilem promissionem etc.» (Ebd.). 80 «[…] ho condescenduto nanze la sanctità de nostro signore de havere questa translatione gratissima benché la mia giesa vaglia molto più, ma l’amore de la patria e le rasone prescritte supplischeno […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Daß nicht der Ertrag der Diözese Pavia der eigentliche Grund für die Translation des Giovanni di Castiglione gewesen sei, bedeutete der Florentiner Roberto Martelli dem Herzog noch drei Monate später. In einem Schreiben, das er am 24. Dezember 1453 an Cicco Simonetta richtete, nannte er als Hauptmotiv den Wunsch des Papstes, Giovanni di Castiglione in seiner Nähe zu haben: «[…] pervenendo a notitia [del] papa la vacatione della chiesa di Pavia, motuo proprio […] n’a provisto lo vescovo di Gostanza, non per daregli chiesa n’è più honorata ch’è [l]la sua, né ancora più rendita perché vale molto manco Pavia, ma la sua santità gli vuole bene e disidira averlo di qua. E lo vescovo di Gostanza, solo per questo respecto, vi consentì, e l’aria molto caro perché a voluntà ridursi intra suoi e ancora perché qui gli parrebbe potire con più ardore procurare quelle cose che apartenessono alla excellentia del signor duca. Credo la santità del papa e alcuni signori cardinali ne scrivono al prefato signor duca e lo confortano a questo» (Ebd., sub die). 81 «[…] per compiacere a la soa sanctità e a tuti li mei signore cardinale e maximamente a monsignore lo cardinale de Andegavense  [=  Estouteville] […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 25. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 82 «Novamente certificata la sanctità de nostro signore de la morte bone memorie lo vescho de Pavia [= Giacomo Borromeo], mi volea promovere ad essa giesa de Pavia per tandem tirarme a casa e che me potesse senza altro respecto exercitarme in le faciende de soa sanctità et vostra excellentissima signoria […]» (Ebd.). 83 «[…] lo cardinale de Andegavense [= Estouteville] […] è tuto de la vostra signoria, e yo lo vorreia fare de dì in dì più obligato a la vostra celsitudine perché so accadarano cose che poterà molto favorezare con li altri mei signori e amici a lo pacifico stato de la vostra signoria […]» (Ebd.).

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IV. Die Translation nach Pavia

Kurie vertreten zu sehen.84 Zum zweiten verwies Giovanni di Castiglione auf seine der Universität von Pavia entgegengebrachte Wertschätzung,85 und zum dritten unterstrich er, daß anhand seines Falles das herzogliche Privileg der Mitsprache bei der Vergabe von Benefizien im lombardischen Raum weiter gefestigt werden könne.86 Wie es redlich sei, heißt es in seinem Brief, wünschten alle das Einverständnis Francesco Sforzas. Aus diesem Grunde werde Seine Heiligkeit auch bald aus eigenem Antrieb an den Herzog schreiben, obgleich der Pontifex glaube, dessen Zustimmung bereits gewiß sein zu können.87 Es scheint, daß Giovanni di Castiglione, um seine Erfolgsaussichten noch zu vergrößern, sich nicht allein mit dem angekündigten päpstlichen Empfehlungsschreiben begnügte, sondern auch an weitere Prälaten die Bitte herantrug, zu seinen Gunsten bei Francesco Sforza ein gutes Wort einzulegen. Diese Schreiben fielen in der Tat überaus positiv aus: so wird Giovanni etwa in einem Brief als Edelmann aus dem ehrwürdigen Haus der Castiglione und als Prälat von größtem Ruhm und bester Reputation beschrieben, der infolge seines Alters, seiner Tugend, seines Wissens und seiner Nobilität herausrage und, obwohl er bereits über eine namhafte und reiche Diözese verfüge, nun den Wunsch hege, in die Heimat zurückzukehren, um sich nicht immer in der Fremde aufhalten zu müssen, sondern um in der Nähe des Herzogs und seiner Verwandten sein zu können.88 Doch trotz all dieser Maßnahmen scheint Giovanni di Castiglione ein 84 «Fato questo non bisognarà la vostra signoria piglare affano, né spesa de sollicitatore in questa corte; al adiuto de dio e de li amici poteremo stare fra li altri. A me serà una singulare quiete e reposso poderve fare cosa grata, e, habiuta la experientia de la mia devotione inverso la celsitudine vostra, se troverà alegra e contenta e non vorreia per gran cosa havere fato altramente, né per questo me voglia subtrahere de fare el mio honore, ma consideri bene la necessitate ha la vostra signoria, a lo quale voglio succorrere de bona e alegra voluntà tanto como piacerà a la vostra prudente e discreta signoria per lo so bene e stabilmento de tuto el paise e de tutti li mei parente» (Ebd.). 85 «molto me move quelo studio benché yo sia ignorante» (Ebd.). – Zur Beziehung der Familie Castiglione zur Universität von Pavia siehe oben, Kap. II Anm. 20. 86 «[…] e anche mi sono più contento per fermare sempre più lo vostro privilegio» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 25. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 87 «[…] ma como è honesto, tuti desiderano lo bono consentimento de la vostra celsitudine. E per questo adesso proprio motu scrive la soa sanctità a la vostra benigna excellentia, benché creda essere certa de lo contentamento d’essa […]» (Ebd.). 88 «[…] Al presente havemo inteso che vaca la chiesa de la cità vostra de Pavia per morte del vescovo [= Giacomo Borromeo], la quale, essendo notabile chiesa, merita havere uno pastore el quale sia homo notabile. El reverendissimo padre, misser lo vescovo de Constanza, gentilhomo milanese de la nobile casa de Castiglione, benché habia quella sua chiesa molto notabile et famosa et anco molto richa, nientedemeno desideraria una volta repatriare et non stare sempre in le parte strangere, sì per esser in la patria appresso ad soy, sì per esser appresso ad la vostra signoria et poterla servire et luy et tuta la casa sua inseme, donde grandemente desidera de esser transferido cum vostra bona gratia et voluntà ad la dicta chiesa de Pavia. Et noy, cognoscendo el dicto misser lo vesco esser persona bene affecta al stato et a la exaltacione de la signoria vostra et esser prelato de optima fama et reputatione in la chiesa de dio, sì per età et per virtù, sì per scientia et anche per nobilità de la casa sua in la cità vostra de Millano, cum securtà lo recommandiamo ad la signoria vostra, et tanto più liberamente quanto ne dà maior fiducia la benignità de la dicta signoria vostra, ad la quale sogliano delectare le persone quanto sonno più excellente et più dotate de vertù et

IV.5 Die Ernennung zum Bischof von Pavia durch Nikolaus V.

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erneutes Zaudern des Herzogs befürchtet zu haben, denn sonst hätte er ihn, unter vorsichtigem Hinweis auf seine Ablehnung als Erzbischof von Mailand,89 wohl kaum gebeten, jegliche Bedenken auf später zu verschieben und dem Pontifex bald mitzuteilen, daß er die Wünsche des Papstes erfüllen werde.90 Giovanni di Castiglione sollte sich nicht täuschen: Francesco Sforza entschied sich, trotz aller Fürsprache, gegen den Bischof von Coutances und für Giacomo Filippo Crivelli, den Abt von Rivalta, denn dessen Bruder, Graf Antonio, hatte dem Herzog für die Ausstattung mit einer Diözese die Zahlung einer beträchtlichen Summe versprochen.91 – Die Erinnerung an die Situation des Jahres 1451 kommt auf, als der Herzog bei der Frage nach der Kardinalsernennung nicht zuletzt aus finanziellen Beweggründen einen anderen Kandidaten unterstützte. Anders als im Jahre 1451 vermochte Giovanni di Castiglione jedoch dieses Mal, durch die entschiedene Unterstützung von Estouteville92 im Herbst des Jahres 1453 einen ersten Erfolg zu erzielen: Nikolaus V., der Giovanni di Castiglione sehr schätzte,93 stellte – trotz de scientia. Donde pregamo strictissimamente ve piacia volere ch’el dicto prelato, secundo el suo honesto desiderio, sia vesco de Pavia, el quale, ultra che sarà fidatissimo al stato de la signoria vostra, sarà sempre prompto ad far quello che li sia grato, et poterasse exercitare ad servicii de la dicta signoria vostra in le cose etiamdio grandissime. Et noy, benché in altre cose simo grandemente obligati ad la signoria vostra, nientedemeno per questa li sarimo obligatissimi. Et anco farà la signoria vostra cosa gratissima ad nostro signore, el quale haveria promosso el dicto prelato, overo transferido, se havesse creduto de piacere ad la dicta signoria vostra. Et non è per provedere la signoria sua ad altri senza suo molto dispiacere, advisando la signoria vostra che questo è tal prelato de tale virtù che meritaria esser chiamato […]» (Francesco Condulmer an Francesco Sforza, 24. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Bereits am 23. September 1453 hatte ein weiterer Giovanni di Castiglione zugetaner Prälat, dessen Name nicht überliefert ist, einen ähnlichen Brief an den Herzog gesandt (Ebd., sub die). 89 «Benché questa cosa non sia molto grande, nientedemeno accrescerà honore a la vostra signoria, a la quale piace farme piacere a questa volta, manchando questa con quella del archivescovato […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 25. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 90 «Igitur prego humiliter la vostra benignità che postposta ogni excusatione, subito scriva a nostro signore che faria tutto quelo piace a la soa sanctità e che in maiore cosa […] non se partirea de la soa bona voluntà, e mostra la signoria vostra essere commune padre e benefactore de tutti» (Ebd.). 91 Siehe hierzu zwei an Antonio Crivelli adressierte Schreiben des Herzogs vom 13. September und 13. November 1453 (ASMi, RM 16, fol. 64r und 135r). – Dazu siehe auch Ansani, «Curiales» lombardi, S. 423; Ders., La provvista, S. 34, 71. 92 Wie stark sich Estouteville für die Translation von Giovanni di Castiglione einsetzte, berichtet auch Pietro da Noceto in einem Schreiben, das er am 4.  Oktober  1453 an Cicco Simonetta sandte: «Lo cardinale Andegavense alias Rothomagense col decto vesco è stato caxione di tutto questo facto per havere la giesa di Costanza per uno suo amico come ha havuto, et luy ha solicita dì et nocte maravigiosamente nostro signore ad questa provisione […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 93 Welch hohes Ansehen Giovanni di Castiglione beim Pontifex besaß, geht auch aus einem Schreiben hervor, das ein namentlich nicht genau festzumachender herzoglicher Gesandter am 3. Oktober 1453 an Francesco Sforza sandte: «Scripsi ne’ dì passati allo spectabile misser Cieccho et avisalo quanto con desiderio grandissimo il papa et tucto lo collegio de cardinali, et maxime lo cardinale di Roano, desidiravano lo vescovo di Gostanza fusse transfirito alla chiesa di Pavia […], e questa mactina di consientimento di tucti i cardinali a transfirito lo decto vescovo di

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der bislang ausgebliebenen Zustimmung des Herzogs von Mailand94 – am 3. Oktober 1453 die Bullen aus, mit denen er Richard Olivier de Longueil zum Bischof von Coutances und Giovanni di Castiglione zum Bischof von Pavia ernannte.95 Laut Antonio da Pistoia, dem Sekretär des Kardinals von Venedig und späteren Prokurator Francesco Sforzas,96 wurde diese Entscheidung, die mit Zustimmung und auf den gemeinsamen Wunsch aller Kardinäle hin erfolgt war, nicht nur von den drei Nutznießern begrüßt, sondern von der gesamten Kurie gefeiert, an der Giovanni di Castiglione sehr beliebt war.97 Gostanza motu proprio alla dicta chiesa di Pavia con speranza la vostra illustrissima signoria ne sia optimamente contenta, et in vero la sua beatitudine per ogni modo vuole lo decto vescovo levi l’animo di ritornare in Francia, e questa cagione perché gli porta singulare affectione […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 94  An der Kurie ging man diplomatisch darüber hinweg, indem man betonte, man sei sicher, daß die Translation dieses Ehrenmannes in seine patria nur im Sinne seines Landesherrn sein könne. So heißt es bezeichnenderweise in dem Schreiben, das Antonio da Pistoia am 3. Oktober 1453 an den Herzog richtete: «[…] la sanctità di nostro signore ha transferito el reverendo misser lo vescovo di Constanza a la chiesa di Pavia, rendendosi zerta che la signoria vostra se ne deba assai contentare come de translatione fatta de uno prelato dignissimo, zentilhomo de la vostra inclita città de Milano, vostro subdito et fedele servitore […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 95 Die Bulle vom 3. Oktober 1453, mit der Giovanni di Castiglione ins Bistum Pavia transferiert wurde, findet sich in ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die; vgl. auch Reg. Lat. 484, fol. 33r; zur Translation siehe ebenfalls ASV, Cam. Ap., OS 72, fol. 83r. – Zur Diözese Pavia siehe u. a. Xenio Toscani, Aspetti di vita religiosa a Pavia nel secolo XV, Mailand 1969 (Istituto di storia moderna e contemporanea. Università di Pavia 2); Marco Pellegrini, Chiesa cittadina e governo ecclesiastico a Pavia nel tardo Quattrocento, in: Quaderni milanesi 10 (1990), S. 44–119, sowie Ders., Il capitolo della cattedrale di Pavia in età sforzesca  (1450–1535), in: Hélène Millet (Hg.), I canonici al servizio dello Stato in Europa, secoli XIII–XVI / Les chanoines au service de l’État en Europe du XIIIe au XVIe siècle, Modena 1992 (Istituto di Studi Rinascimentali di Ferrara. Saggi), S. 73–92; Annibale Zambarbieri, La vita religiosa. Città e religione, in: Storia di Pavia, Bd. III/1: Dal libero comune alla fine del principato indipendente (1024–1535), Pavia 1992, S. 263–358. 96 Antonio da Pistoia sollte wie Giovanni di Castiglione versuchen, als Berichterstatter und Übermittler von wichtigen Nachrichten den Status eines offiziellen herzoglichen Gesandten zu erwerben  –  mit Erfolg, wie das Schreiben Antonio da Pistoias an Francesco Sforza vom 16. Dezember 1453 zeigt: «Per la lettera de la [signoria vostra del] dì XXVIII del passato ho intexo cum quanta benignità la vostra signoria si è degn[ata di] acceptarmi a li soi servitii. Parmi ozi essere rinato, et mazor gloria […] non haria potuto aspectare che esser chiamato fameglio de la vostra excellentia. La signoria vostra me comanda che io stia pur qui in corte et che sia cum li soi ambassatori […], dapoi la me aviserà de quanto io habia a seguire […], e cusì farò, aspectando a la zornata che la signoria vostra me ordini quello habi a fare. Et ne le cose che mi commetterà la vostra excellentia mi sforzerò portarmi in tal modo che la signoria vostra harà caxone di contentarse ogni dì più del mio servire, et sopra tutte le cose ho speranza farvi honore» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Daß Francesco Sforza Antonio da Pistoia zu seinem Prokurator ernannte, begrüßte auch Guillaume d’Estouteville in seinem Schreiben, das er 22. Dezember 1453 an den Mailänder Herzog sandte: «Per quello che novamente avemo potuto comprendere ne pare che la signoria vostra abbia deputato per procuratore suo qui in corte di Roma el venerabile misser Antonio da Pistoia, secretario olim della buona memoria dello reverendissimo monsignore vicechancellario, del che avevo preso grande piacere et contento […]» (Ebd., sub die). – Zu Antonio da Pistoia siehe auch oben, Kap. IV Anm. 61. 97 «Questa mattina, a 3 del presente, cum allegro consentimento et desiderio di tutti li signori

IV.6 Die ablehnende Haltung des Herzogs

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IV.6 „… widerrufen kann ich nicht, wenn es mir nicht zur größten Schande gereichen soll“98 – Die ablehnende Haltung des Herzogs Unmittelbar nach der Translation des Giovanni di Castiglione wurde der Mailänder Herzog von Papst Nikolaus V.99 und Guillaume d’Estouteville100 ersucht, ihn als neuen Bischof von Pavia101 zu akzeptieren.102 Auch war es dem französischen cardinali la sanctità di nostro signore ha transferito el reverendo misser lo vescovo di Constanza a la chiesa di Pavia […], de la quale translatione tutta questa corte ha fatta grandissima festa, conciosia che ditto misser lo vescovo è generalmente bene amato da caduno» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 3. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Lediglich Pietro da Noceto, dessen Bruder Taddeo von Francesco Sforza gerade erst mit der in der Diözese Pavia gelegenen Abtei Sant’Alberto bedacht worden war, drückte, wohl im Hinblick auf weitere zu erwartende Vergünstigungen, Francesco Sforzas Sekretär Cicco gegenüber seine Enttäuschung darüber aus, daß die Ernennung des Giovanni di Castiglione ohne die explizite Zustimmung des Herzogs erfolgt sei. Aber selbst er mußte am 4. Oktober 1453 einräumen, daß er Giovanni di Castiglione sehr achte und wie einen Vater verehre: «Heri matina la sanctità de nostro signore importunata maravigiosamente da tutto il collegio de li signori cardinali et dal vesco di Constanza fece la provisione de la giesa de Pavia, non expectando alias la voluntà de lo illustrissimo signor duca, de la qual cosa ne ho ricevuto grandissimo dispiacere et grandissima melenconia, prima per honore de nostro signore, lo quale haveva promesso omnino de expectare, et così haveva scripto al prefato signore, et deinde perché voria fra nostro signore et quelo illustrissimo signore fosse sempre ongni bono amore et caritate, et non voria ce occorresse cosa alcuna havesse ad generare alcuno scandalo. […] me ne incresce perfine ad l’anima, non per male che io vog[l]ia al vesco di Constanza, lo quale amo et reverisco como patre, ma perché amo più lo honore de nostro signore et il suo buon stato che luy, et voria havesse havuto patienza perfine che il signore havesse consentito anchora per rispecto et bono exempio de li altri […]» (Ebd., sub die).   98 «[…] revocare non poteram nisi meo maximo […] dedecore […]» (Francesco Sforza an Nikolaus V., 20. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40).   99 Das Schreiben, welches der Pontifex am 5. Oktober 1453 an den Herzog richtete und das nur noch als Fragment erhalten ist, findet sich in ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die. Vollständig ist indes das Schreiben, welches die Bischöfe und Kardinäle am folgenden Tag, dem 6.  Oktober 1453, an den Mailänder Herzog sandten (Ebd., sub die). 100 Im September  1453 noch hatte Giovanni di Castiglione Kardinal Estouteville stets als «Monsegnore Andegavense» betitelt (siehe hierzu die entsprechenden Schreiben des Bischofs von Coutances vom 24. und 25. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Am 4. Oktober 1453, nachdem Richard Olivier de Longueil am Vortag durch die Translation Giovanni di Castigliones Bischof von Coutances geworden war und Rouen freigegeben hatte, findet sich in dem an den Herzog gerichteten Schreiben indes erstmals die Wendung: «l’amico, Monsegnore Andegavense, nunc Rothomagense» (Ebd., sub die); siehe hierzu auch Fubini, Niccolò V, S. 182. 101 Auch wenn Giovanni di Castiglione noch nicht vom Mailänder Herzog anerkannt war, sei er doch im folgenden bereits als Bischof von Pavia (ohne „ “ oder andere Hervorhebungen) bezeichnet, da sich dieser Terminus zumindest in den damaligen Quellen aus dem kurialen Umfeld findet. 102 «La vostra illustrissima excellencia haverà inteso per lettere de lo sanctissimo nostro signore e nostre quanta sia la affectione e benivolentia porta la sanctitade soua a lo reverendo padre lo vescovo de Constanza, desiderando de lo voler transferire a la giesa de Pavia, e quanto essa translatione vene ad noi essere utile per le rasoni in quelle allegate. Resta ora ad avisare essa excellentia vostra che – differendo noi questa translatione quanto più ce fosse possibile e considerando le ditte lettere a lo presente ad la signoria vostra potere essere pervenute, sentito le pratiche tegneva uno certo abbate de li Crivelli per havere lo ditto vescovato et molte altre persone, che non

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Prälaten gelungen, viele seiner Kardinalskollegen dafür zu gewinnen, sich mit dem Wunsch um Akzeptanz des Giovanni di Castiglione als Bischof von Pavia an den Mailänder Herzog zu wenden. Eine so große Anzahl von Fürsprechern im Kardinalsrang fand sich, selbst in strittigen Fällen, nur selten. Dies zeigt etwa das Beispiel der Ernennung des Giovanni Campesio zum Bischof von Piacenza, die ebenfalls am Herzog vorbei, bzw. gegen dessen eigentlichen Willen, erfolgt war.103 Damals hatten sich lediglich Francesco Condulmer und Guillaume d’Estouteville bei Francesco Sforza für jenen eingesetzt. Gewiß würde Francesco Condulmer das Ansinnen von Giovanni di Castiglione unterstützt haben, wenn er nicht zu dieser Zeit schwer erkrankt gewesen wäre.104 Guillaume d’Estoutepoteva essere senza affano d’essa vostra signoria et male contentamento de alchuna de le parti de la sanctità di nostro signore, desiderosa de retenere apresso de si in queste parti esso vescovo, per li grandi meriti e virtù soue; dal altro canto confortata da noi che se rendemo certi potere tanto con la signoria vostra che del tuto fariamola stare contenta et piliando questo sopra di noi – con lo nome de dio e gratia de la excellentia vostra esso vescovo de Constanza ozi in pieno consistorio è stato transferito a la ditta giesa de Pavia, la quale translatione quanto sia grata et accepta di qua non lo poriamo exprimere. E perché di là ancora c’è bisogna lo aiuto et favore de la signoria vostra, essendo questa nostra cosa propria fatta in nostro beneficio grandissimo, havemo deliberato mandare de lì uno nostro scudere presente a portatore, pregando et supplicando a la excellentia vostra che tale provisione a nostro grande contentamento et utile volia havere rata et grata et esso vescovo fidelissimo servitore vostro, da noi confortato volesse acceptare ditta giesa, fare admettere a la possessione del suo vescovato liberamente, chomo è nostra ferma fede et speranza; conzosia per la grande benivolentia ne porta essa signoria vostra, piliamo tale confidentia di quella che […] havemo procurato essa translatione se faza de tanto degna persona et fidele a lo vostro stato, per la quale, per mo et per sempre, se obligamo fideiussore et securtà che non troverà più ardente et fidele servitore, recognoscitore de la gratia vostra de lo ditto vescovo; unde con aperta fronte havemo ancora più ardire de strengere la signoria vostra a questo, la quale quando volesse movere alchuna difficultà se apparechi de farne bone spese chome per lo passato, conzosia vegneremo personalmente a visitarla con tanta brigata che li proveditori vostri serano ben sinariti, unde conciudendo el convene che a questa volta la signoria vostra ne serva et compiacqua in persona del ditto vescovo, la qual cosa non serà meno cara a la sanctità di nostro signore che a noi, per el grande amore porta ad esso vescovo. El perché a noi serà di tanta gratia quanta alchuna altra ce potesse essere fatta, sentendo noi di questo perpetuamente obligatissimi a la signoria vostra […]» [von Guillaume d’Estouteville eigenhändig unterzeichnetes, mit „^“ zur Kenntlichmachung des besonderen Bedeutungsgrades markiertes Schreiben an Francesco Sforza vom 4. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40]. – Um die Tragweite und Bedeutung dieser Entscheidung für ihn hervorzuheben, fügte Guillaume d’Estouteville überdies noch eigenhändig einige weitere Zeilen zu dem wohl von seinem Sekretär geschriebenen Brief hinzu (Ebd.). – Zudem hatte der Kardinal ihm nahestehende Personen angewiesen, an Francesco Sforza die Bitte zu richten, der Translation zuzustimmen (siehe dazu etwa das Schreiben einer solchen vom 6. Oktober 1453, ebd., sub die). 103 Siehe hierzu oben, Kap. IV.3. 104 Um den Gesundheitszustand Francesco Condulmers, des Kardinals von Venedig, war es so ernst bestellt, daß dessen Sekretär, Antonio da Pistoia, Francesco Sforza am 14. Oktober 1453 mitteilte, sein Herr sei inzwischen so geschwächt, daß man wohl mit seinem baldigen Tod rechnen müsse: «Sono circa XX zorni ch’el mio reverendissimo monsignore è stato al lecto cum algune febre che li hanno dato et danno assai noia. Et per ancora non ci vego via veruna de meglioramento. Anco dubito grandemente de la sua vita perché la sua signoria è tanto debolita et la febre non lo lassa, che non senza difficultà potrà campare […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). Der Kardinal starb am 30. Oktober 1453 (Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 60).

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ville hatte jedoch, unter anderem mit dem Kardinal Scarampo, adäquaten Ersatz gefunden.105 Zudem war es ihm geglückt, mit Juan de Carvajal und Alain de Coëtivy zwei weitere einflußreiche Kardinäle als Fürsprecher zu gewinnen.106 Da diese bislang Francesco Sforza kaum kontaktiert hatten und bisher nicht als Bittsteller aufgetreten waren, vermochten sie, ihren Wunsch nach der herzoglichen Zustimmung zur Versetzung des Giovanni di Castiglione besonders eindringlich vorzutragen. Guillaume d’Estouteville wußte sehr wohl, daß Francesco Sforza die Bitte dieser beiden Kardinäle weder mit Verweis auf bereits geleistete Gefallen zurückweisen, noch sie damit vertrösten konnte, daß er an Stelle von Giovanni di Castiglione anderen Kandidaten aus ihrem Umfeld einen Dienst erweisen würde, mußte dem Herzog doch sehr daran gelegen sein, an der Kurie viele einflußreiche ihm wohlgesinnte Kardinäle zu wissen, die bereit waren, ihn bei seinen Projekten generell zu unterstützen. Zwei mächtige Kardinäle, die nur mit einer einzigen Bitte an ihn herantraten, sogleich zu brüskieren, konnte sich der Herzog nicht leisten. Trotz der Empfehlungsschreiben ließ sich der Herzog auch nach dem Ausstellen der päpstlichen Bulle nicht umstimmen. Die Empfehlungen des Antonio da Pistoia vermochten an der herzoglichen Einstellung ebenfalls nichts zu ändern, obwohl dieser Francesco Sforza am 3. Oktober  1453 sehr geschickt die Vorzüge zu suggerieren versucht hatte, welche die Anwesenheit eines dem Herzog ohnehin treu ergebenen, durch die Zuweisung des Bistums Pavia Francesco Sforza aber noch stärker verpflichteten, an der Kurie allseits beliebten Prälaten zu einem Zeitpunkt besaß, zu dem Friedensverhandlungen mit Venedig und Neapel anstanden.107 105 Siehe hierzu Ludovico Scarampos Schreiben an Francesco Sforza vom 6. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40. 106 Das Empfehlungsschreiben, welches Juan de Carvajal an Francesco Sforza sandte, stammt vom 4. Oktober 1453, dasjenige, in dem der Kardinal Alain de Coëtivy für die Translation des Giovanni di Castiglione plädierte, vom 5. Oktober 1453 (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 107 «La beatitudine di nostro signore per suo breve conforterà et pregerà assai la signoria vostra che voglia rimaner contenta di quanto ha fatto. Et similiter ve ne scrivano li reverendissimi signori cardinali, monsignore mio et Rothomagense. Io, per la fede et devotione che porto a la signoria vostra, mi ha parso reverentemente ricordare et supplicare a quella che si degni allegramente remanir contenta de la ditta provisione perché la signoria vostra non poria al presente fare più grata, né più accepta cosa a nostro signore et a li ditti segnori cardinali che consentire cum allegra faccia la ditta chiesa di Pavia al preditto monsignore alias di Constanza, certificando la signoria vostra che la potrà fare stima havere continuamente uno suo ambassatore pagato in questa corte, el quale, benché avanti ve fusse partixano et servitore per essere zentilhomo milanese, nientedimeno, tenendo la ditta chiesia nel dominio vostro, più abandonatamente se discoprirà vostro sbardellato partixano, et non guarderà in faza a persona, de la qual cosa è pur da fare stima assai per molti respecti, et maxime havendosi a tractare la pace di qua […]» (ASMi, Sf., PE, Roma, sub die). – Mit dem Gewinn, den Francesco Sforza aus einem diskreten, rechtschaffenen, an der Kurie sehr beliebten und vor allem kostenfreien Prokurator ziehen könne, argumentierte auch ein weiterer Korrespondent des Herzogs am 3. Oktober 1453: «[…] lui lascia la chiesa di Gostanza che vale V mila ducati […] per ripatriarci, et n’è molto contento et arà in singularissima gratia la vostra illustrissima signoria lo acepti et riconoscerallo in moltissimi modi, curtificando la

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Die Beteuerungen Giovanni di Castigliones, er werde dem Herzog als treuer Diener, Orator und kostenfreier wie beständiger Gesandter zur Seite stehen, verhallten daher ebenso wie der Verweis des Prälaten auf seine guten Beziehungen zu dem in Kürze eintreffenden König René und die Bitte, der Herzog möge ihm doch Instruktionen für die in Rom zu führenden Friedensverhandlungen zusenden.108 Der Herzog wandte sich nicht, wie Giovanni di Castiglione es gewünscht hatte, mit dem Ersuchen an den Papst, den Bischof von Pavia zu beurlauben, damit sich dieser in seine neue Diözese begeben könne.109 Auch ervostra illustrissima signoria che qui in corte sanza sua spesa arà uno procuratore bonissimo perché è discreto et da bene et a molto la gratia del papa et di tucti questi signori cardinali, et in quelle cose che occorrono, dove sia di bisognio, ricorrirà al papa […]» (Ebd., sub die). – Daß Giovanni di Castiglione als vom Pontifex geschätzter, treu ergebener Diener des Herzogs diesem an der Kurie und bei den Friedensverhandlungen nur von Nutzen sein könne, unterstrich auch der Florentiner Roberto Martelli am 24. Dezember 1453 in einem Schreiben an Cicco Simonetta: «[…] la excellentia sua ne dovrà restare contenta perché […] è huomo di bonissimo intellecto e molto acepto a nostro signore; con grazia bonissima della sua beatitudine e di tucti questi signori cardinali potrà in tucte quelle cose che acchadranno, partenenti alla excellentia della sua signoria, essergli molto utile. Io credo che di questa promotione ne farà molto meglio la signoria del duca et tucti voi altri […] perché, avendo lo credito a col papa, […] potrà facilmente spacciare et presto ogni cosa gli sia commessa […]» (Ebd., sub die). – Martelli führt zudem als weiteres Argument an, daß sich der Herzog neben dem Wohlwollen des Papstes auch der Ergebenheit aller Mitglieder der Familie Castiglione versichern könne: «In verità io potrei scrivere molte parole, ma è non mi pare bisogni, istimate che, oltra al farvi partigiani tucti quelli della casa da Castiglione, ne farete di qua grandissimo a piacere a nostro signore […]» (Ebd.). 108 «Heri nostro signore nanze el consistorio si me fece domandare, e era presente lo vostro singularissimo amico monsignore Andegavense, nunc Rothomagense, dicando che a ogni modo mi volea tirare a casa per la translatione de Constanza a la giesa de Pavya. E yo, per compiacere a la soa sanctità, la quale cognoseva desiderosa de questo za grande tempo, e in la vacatione de lo archiveschovato de Millano l’avereia fato se non avessi creduto tropo despiacere a la vostra signoria, si consentì; anchora per respecto de lo dicto monsignore de Rouano, el quale, a spadata trata, favoreza la excellentia vostra, e anchora per intercessione de tutti li mei signore cardinale, li quali sempre si me hano confortato e impulso a condescendere a questo, sperando in la clementia de essa vostra signoria, la quale restarà contentissima e haverà uno fidelissimo servidore, oratore e continuo ambassatore e senza spesa. Volesse el dio che la vostra signoria cognosesse chiaramente lo mio desiderio, el quale sempre è de vedere la vostra signoria pacifica et prosperosa a lo bene e tranquillità de lo nostro paise. È vero che, per tuti quisti respecti e per potere ex toto servire a la vostra signoria, yo più facillemente ho consentito, perché ho molto più lassato, ma assay yo ho guadagnato, quando me sono adaptato a li servitii de essa vostra signoria, la quale per soa discretione et prudentia me metta a tal partito como li piace e non guarda questo presente, ma tutto el tempo a vegnire, in lo quale intenderà la vostra celsitudine quanto yo ho caro essere servidore ad essa vostra celsitudine e a tuta la vostra posterità. Prego igitur la vostra clementia che liberalmente e alegramente scriva a nostro signore e a lo collegio che per loro singulare respecto è contenta de tutto quelo è fato. Yo so quanto questo giovarà a la vostra celsitudine. E in lo tractare de questa pace overo de tutto quelo tocha a la vostra signoria mi manda commissione, e a tutto metterò ogni mio pensere e studio perché adesso sono de tutto in tutto vostro. Dio guarda la vostra signoria, de la quale expectamo haverà bonissime novelle, maximamente per la venuta de lo re Reniero [= René von Anjou], el quale yo vederà volentera perché è mio singulare signore» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 109 «Signore mio carissimo, oltra tutte le altre gratie che m’a a fare la vostra signoria, pregola si degna de volere scrivere a la sanctità de nostro signore che mi voglia dare tanta licentia che

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teilte er dem Prälaten nicht die Anweisung, in Rom zu verbleiben und mit den herzoglichen Gesandten an den Friedensverhandlungen teilzunehmen, wie es Giovanni di Castiglione als Alternative angeregt hatte.110 Statt dessen bekundete Francesco Sforza dem Papst, wie sehr er bedauere, daß ihn das Schreiben von Nikolaus V. so spät erreicht habe, da das Bistum nun schon dem ebenso ehrenwerten Giacomo Filippo Crivelli zugesichert worden sei, dessen Familie ihm beim Erwerb von Mailand große Dienste geleistet habe und den er den Pontifex bereits zu „befördern“ ersucht habe. Zurücknehmen könne er, so fuhr Francesco Sforza fort, das gegebene Versprechen nicht, es sei denn zum großen Schaden seiner selbst. So bat er den Papst, die Ernennung des Giovanni di Castiglione zum Bischof von Pavia zu widerrufen und Giacomo Filippo Crivelli diese Diözese zuzuweisen.111 Hiermit stellte Francesco Sforza jedoch eine Forderung, die aus der Sicht Estoutevilles und nach der Auffassung des Papstes nicht zu realisieren war. Daher wies der Kardinal am 8. November 1453 mit Nachdruck darauf hin, daß diese Ernennung nicht widerrufen werden könne, und beschwor Francesco, er möge ihm, der dem Herzog nicht weniger zugetan sei als Crivelli, seinen größten Wunsch erfüllen, nämlich Giovanni di Castiglione, einen treuen und ergebenen Diener des Herzogs, als Bischof von Pavia anerkennen. Auch solle er dies dem Papst mitteilen, der ohnehin mit dieser Angelegenheit nicht weiter belästigt werden dürfe, weil auch in tausend Jahren die Entscheidung nicht zurückgenommen würde. Für Crivelli werde man schon eine angemessene, noch einträglichere Entschädigung finden, für die er, Estouteville, sich, wie auch für alle anderen herzoglichen Wünsche, mit aller Kraft und Nachdruck an der Kurie verwenden werde.112 yo possa vegniri a disponere de lo regimento de lo veschoato […]» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza (Begleitschreiben), 4. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40]. 110 «[…] salvo se non pare a la vostra signoria [io] debia restare anchora per quello s’a a tractare sopra lo fatto de la pace […]» (Ebd.). 111 Siehe hierzu das detaillierte Schreiben Francesco Sforzas an Nikolaus V. vom 20. Oktober 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40. 112 «Havemo pienamente inteso quanto ce scrive la vostra illustrissima signoria […] circa la provisione del reverende padre lo vescovo de Pavia, a le quale non accade longa risposta per non tediare la signoria vostra e per essere tale provisione al tuto irrevocabile, unde non sappemo concludere altro, salvo che per ogni modo voliamo forzare la excellencia vostra che, mittendo da parte tuti li allegati respetti in favore del reverendo padre lo abbate de Rivalta, a noi volia fare la gratia dimandata con tanti preghi et instantia, conzosia non siemo mancho benivolo e fervente circa lo servire e stato vostro che se sia esso abbate, e cossì strenzemo, pregamo e supplicamo a la excellencia vostra volia fare, che impossibile cosa seria de mai poter revocare […] essa provisione fatta. Sì che volia la signoria vostra compiacerne in questo nostro supremo desiderio […] in far dare libera possessione ad esso vescovo, vostro fidelissimo et devotissimo servitore, de la giesa soua, chomo indubie speramo far debia essa signoria vostra perché bisogna che a questa volta ne scriva e compiacque a la sanctità de nostro signore, a lo quale non ce pare per modo alchuno si debia più dare molestia in questo fatto, conzosia e[s]t irrevocabile, che mai non se faria altramente se mille anni durasse, et seria ad irritare li animi de molti che nullo pacto è expediente né a la excellentia vostra, né ad esso abbate, per lo quale in ogni altra cosa potesse accadere cossì in provisione de vescovati degni, che molti ne sono nel dominio vostro, chome in altra maiore

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IV. Die Translation nach Pavia

Giovanni di Castiglione brachte seinerseits Entschuldigungen vor und beteuerte, sich ganz anders verhalten und sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben, wenn er geahnt hätte, daß eine Translation nach Pavia solche Schwierigkeiten mit sich bringen würde. In der Tat sei es ihm wesentlich lieber, in Frieden leben zu können und keine Zwietracht in seinem Hause zu haben. Sein Unglück sei aber gewesen, daß der Kardinal von Rouen ihm bedeutet habe, der Herzog habe lediglich die Vergabe des Erzbistums Mailand ausgeschlossen, und daß er selbst nur im Blick gehabt habe, wie sehr seine Translation dem Papst am Herzen liege und wieviel Gutes aus diesem Schritt für Estouteville resultiere, den großen Diener und Verteidiger des Herzogs, der, wenn man ihm diesen Wunsch erfülle, sich Francesco Sforza gegenüber noch viel stärker verpflichtet fühlen würde. Bedauerlicherweise seien die Dinge nun so weit fortgeschritten, daß man sie nicht, wie der Herzog vielleicht denke, umkehren könne; wäre dieses möglich, so täte er, Giovanni di Castiglione, dieses gewiß eher heute als morgen, um dem Herzog solchen Kummer zu ersparen. Es schmerze ihn, doch angesichts der Gegebenheiten müsse er Francesco Sforza bitten, Mitleid mit ihm zu haben und ihm das Bistum Pavia zuzuweisen.113 Doch der Herzog ließ sich weder durch dieses Schreiben noch durch den päpstlichen Skriptor Giovanni Colli, den Giovanni di Castiglione auf Anraten von Nikolaus V. als Boten entsandt hatte,114 umstimmen. dignitade ad intercessione vostra; se offremo con tuto lo nostro ingegno, forze, facultadi et diligentia fare e procurare lui sia servito per modo che maior frutto e stato possa conseguire, et a questo se obligamo per mo e per sempre […]» [Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die; diesem Brief sind sogar noch ein paar eigenhändig verfaßte Zeilen des Kardinals beigefügt, in denen er in lateinischer Sprache den Herzog daran erinnert, daß dieser bereits zuvor in Piacenza die Translation Giovanni di Castigliones in eine Diözese seines Herrschaftsgebietes, ausgenommen Mailand, versprochen habe, und in denen er diesen erneut darum ersucht, ihm seinen „so brennenden Wunsch“ zu erfüllen]. 113 «Assay quisti dì passati ho avisato la illustrissima signoria vostra de tuto achadeva cercha lo veschovato de Pavya, a lo quale, se yo havesse creduto havere queste difficultate, haverea fato altramente, e serea stato contento sorte mea, e me havrea perdonato ogni homo; più tosto havrea voluto havere pace de fora che guerra in casa, ma questa è stata la mia desaventura. Me certificava monsignore Andegavense che la vostra signoria non haveva exceptato se non lo archivescoato de Milan, e yo, vedendo primo la singulare affectione et desiderio de nostro signore e lo bene che ne facieva lo dicto monsignore e che per questo se constituiva unico et obligatissimo servidore et defensore de lo stato de essa vostra signoria, me lassay condure, et in tal modo che la cossa è in termini che non se p[u]ò fare altremente, commo la prudentissima excellentia vostra p[u]ò pensare. E in vero, se le cosse se potesseno intregare, più presto lo fareve ogi che doman, e non darea quisti affani a la signoria vostra. Certe me dolo da morte. Sta adesso mo de havere compassione di fati mei e me soffrire [e] havere la possessione. Se non è pur yo merita questa afflictione yo aspectarò quanto piacerà a dio e a la vostra humanità […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. November 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). 114 «Iterum humiliter prego la vostra benignità se degna per questa volta componere questa cossa e me consentire pacificamente la dicta possessione, per la quale, a l’ordenanza de la sanc­ tità de nostro signore, mando lo portitore de queste, messere Iohanne de Collis, scriptore et fam[igliar]e de soa sanctità, a lo quale yo ho commesso tutte le me faciende […]» (Ebd.). – Giovanni Colli signalisierte der Kurie alsbald, daß er bei Francesco Sforza nichts ausrichten könne. Dieses Schreiben wiederum legte Estouteville dem herzoglichen Gesandten vor, der seinerseits

IV.6 Die ablehnende Haltung des Herzogs

125

Statt dessen instruierte er noch am 11. Dezember die herzoglichen Gesandten in Rom, sie sollten dem Pontifex mit angemessenen Worten zu verstehen geben, daß die Vergabe der Diözese Pavia an keinen anderen als an Giacomo Filippo Crivelli in Frage komme, schon allein wegen der Schande, die der Herzog andernfalls auf sich laden würde, und wegen des Schadens, der sonst für ihn ebenso wie für die Familie Crivelli und für all diejenigen entstehe, die sich in dieser Angelegenheit engagiert hätten und die, falls er sich nun nachträglich anders entschiede, zu seinen ärgsten Feinden würden.115 Selbst auf die Anregung, der Herzog könne Crivelli doch mit der nach dem Tode des Kardinals von Venedig vakant gewordenen Abtei Cerreto entschädigen, die der Papst, obgleich er prinzipiell mit der Vergabe der Abtei bis zum Ende der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Mailand und Venedig warten wolle,116 Crivelli zuzugestehen bereit sei, wenn der Herzog im Gegenzug Giovanni di seinen Herrn von der Verwunderung des Papstes und Kardinals Estouteville angesichts der herzoglichen Haltung in Kenntnis setzte. 115 «Alla parte del vescovato de Pavia dicemo che vogliati essere cum la sanctità de nostro signore et dirgli come […] è stato qui misser Iohanne da Colli cum uno breve de la sanctità sua et cum lettere de monsignore Andegavense et altri cardinali et cossì del vescovo de Constanza. Et inteso quanto in dicte breve et lettere se contene, come quanto ne ha dicto esso d. Iohanne che è tucta una substantia, zoè de dare la possessione del dicto vescovato de Pavia al dicto vescovo de Constanza, gli habbiamo risposto, et cussì dicimo ad vuy che vogliati respondere alla sanctità de nostro signore, cum quelle conveniente parole che ve pareranno, che nuy non possemo dare questa possessione per non fare questa vergogna et mancamento et danno prima ad nuy, poy ad questi gintilhomini della casa de Crivelli et poy alli altri che se sonno impazati de questa cosa appresso de nuy, che quando receverimo questa vergogna ne doventariano tucti inimici capitali, sì che, quanto per nuy, non gli sapessimo pigliare partito nissuno. Bene ne pareria che, siando questa cosa de quella importantia che è al stato nostro, che la prefata sanctità de nostro signore doveva havere più riguardo in questa cosa che non ha havuto, et maxime che la sanctità soa ne scripse uno breve, inmediate che fo sentita la vacatione del dicto vescovato, che volontieri haria proveduto de questo vescovato al vescovo de Constanza, quale commendava assay, et che questa tale provisione saria grata ad tucti li cardinali, ma che non lo havea voluto deliberare, non sapendo la sanctità soa se tale promotione fosse stata grata ad nuy, ma in dicto breve ne persuadeva multo efficaciter che volessimo stare contenti. Nuy gli respondessimo per dupplicate et triplicate lettere che saressimo stati contenti quando fossemo stati prima advisati de questo che havessimo concluso cum dicti gintilhomini de Crivelli, et sariane stato gratissimo havere compiazuto alla sanctità de nostro signore et ad monsignore Andegavense et altri signori cardinali et cussì ad esso monsignore vescovo de Constanza, quale è prelato virtuoso et da bene et al quale portamo singulare affectione, ma per li respecti supradicti non vedemo per modo alchuno de potere fare altramente; sì che pregati la prefata sanctità che voglia fare expedire le bolle, como havemo scripto et supplicato per più nostre lettere. Et in questo usate ogni inzegno, industria et sollicitudine che ve parerà expediente per obtenere […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 116 So heißt es in einem Schreiben, das Antonio da Pistoia am 16.  Dezember  1453 an Francesco Sforza richtete: «Ricevute che hebi le lettere de la signoria vostra diritte a la sanctità di nostro signore et a li vostri ambassatori per la fazenda de la abbazia di Cereto, secondo el parere de li ambassatori, feci presentare la lettera al papa per le mane del reverendissimo monsignore Andegavense, el quale infine hebe tal resposta che facilmente si comprehendeva nostro signore non haver animo conferire ditta abbazia durante la guerra o almanco finché la fusse tutta sotto uno dominio […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die).

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IV. Die Translation nach Pavia

Castiglione als Bischof von Pavia anerkenne,117 ging Francesco Sforza nicht ein. In sein Bistum einziehen konnte Giovanni di Castiglione zu diesem Zeitpunkt daher nicht.118 Zudem sah sich der Prälat in Pavia nicht nur mit der Ablehnung des Herzogs konfrontiert, sondern hatte auch einen Kampf gegen das Paveser Kathedralkapitel zu bestreiten, das seinen lokalen Kandidaten, Giovanni Stefano Bottigella,119 zum Bischof erhoben sehen wollte.120 Aus Sicht des Kapitels blieb der Bischofssitz also vorerst vakant, wie es ein in Pavia aufgesetztes Schreiben vom 6. Oktober 1453,121 aber auch spätere Dokumente vom 25. Mai 1454122 und vom 27. Juni 1454123 zeigen. 117  Zumindest deutete Antonio da Pistoia dem Herzog am 16. Dezember 1453, unter Verweis auf einen bereits versandten, jedoch aufgrund der Erkrankung des Boten nicht an sein Ziel gelangten Brief aus seiner Feder an, daß der Pontifex einer derartigen Kompensation Crivelli gegenüber keineswegs abgeneigt sei: «Intendo che uno mio messo, el qual mandai ultimamente a la vostra signoria cum mie lettere de XVI del passato, è remasto amalato in Toscana, et perché dubito che le lettere non sieno mal capitate replicherò per la presente quello che scripsi per el ditto messo. […] Scripsi ancora in la ditta mia lettera che quando la signoria vostra domandasse el Cereto per misser lo abbate di Crivelli, per ricompensa de la promessa li haveva fatta la vostra excellentia del vescovato de Pavia, credevo che nostro signore haveria consentito, maximamente azoché la promotione ch’el haveva fatta de misser lo vescovo di Constanza havesse loco» (Ebd.). 118 Fünfzig Jahre zuvor hatte auch Branda di Castiglione, als es um seinen Einzug in das Bistum Piacenza ging, ebenfalls mit dem Widerstand des Mailänder Herzogs zu kämpfen gehabt, der sich der Stadt erst wenige Monate zuvor bemächtigt hatte und nun mit Manfredo Della Croce einen eigenen Kandidaten für den Bischofssitz besaß [zu diesem siehe Franca Petrucci, Della Croce, Manfredo, in: DBI 36 (1988), S. 798 ff.]. So schrieb der Herzog am 12. September 1404 an das Kapitel und ordnete an, es dürfe keinen anderen Bischof akzeptieren als eben jenen Manfredo. Der Zufall wollte es allerdings damals, daß das herzogliche Schreiben das Kapitel erst am 19. September 1404 erreichte und somit erst zu einem Zeitpunkt eintraf, zu dem Brandas Prokuratoren bereits die Diözese in Besitz genommen hatten. Dies war am Vortag, dem 18. September, geschehen. Am 21. Dezember 1404 gab der Herzog schließlich seinen Widerstand auf und sandte ein Schreiben an das Kapitel, in dem er seine Anordnung vom September zurücknahm und explizit dazu aufforderte, Branda di Castiglione anzuerkennen und diesem Prälaten alle ihm zustehenden Einkünfte zukommen zu lassen (siehe hierzu ACC, Famiglie Castiglioni, cart. 8, fasc. 2; Cristoforo Poggiali, Memorie storiche della città di Piacenza, Bd. VI, Piacenza 1759, S. 90). 119 Die Mailänder Herzogin Bianca Maria Visconti konnte schließlich für Giovanni Stefano Bottigella, dessen Bruder Giovanni Matteo unter ihrem Vater das economato dei benefici vacanti innegehabt hatte, die Ernennung zum Bischof von Cremona durchsetzen. Siehe hierzu Fubini, Niccolò V, S. 182 Anm. 48; Massimo Zaggia/ Pier Luigi Mulas/ Matteo Ceriana, Giovanni Matteo Bottigella cortigiano, uomo di lettere e committente d’arte. Un percorso nella cultura lombarda di metà Quattrocento, Florenz 1997 (Quaderni di Rinascimento 36), S. 8 f., 18, 30. 120 Dieser Wunsch war dem Herzog bereits am 8. September 1453 übermittelt worden. Vgl. Documenti per la storia dell’Università di Pavia, Bd. I, S. 100, n° 86; Ansani, «Curiales» lombardi, S. 423; Ders., La provvista, S. 71. 121 ASDPv, Pergamene, n° 302. 122 ASDPv, Registrum Vetus, fol. 66v. 123 In einem Stück vom 27.  Juni  1454, in dem der bischöfliche Generalvikar, Antonio Picchetti, die Rechte und Privilegien von San Pietro bestätigt, liest man, der Bischofssitz sei nach wie vor vakant «per obitum episcopi» (ASVPv, Pergamene, n°  47).  –  Ansani spricht in seiner Studie ebenfalls von der «sedevacanza del 1453–54» [La provvista, S. 67; mit Verweis auf drei Dokumente vom 13. Februar 1454 (ASMi, RD 97, fol. 105v), vom 12. März 1454 (ASMi, RM 16, fol. 289r) und vom 20. März 1454 (ASMi, RD 97, fol. 115r)].

V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg: Das Ringen um die herzogliche Zustimmung zur Translation V.1 „… es begibt sich, daß unser Vater mich dazu erwählt hat, zum Kaiser und zum König von Ungarn zu gehen“1 – Neue Strategien des Giovanni di Castiglione Giovanni di Castiglione, den Enea Silvio Piccolomini in einem an den ungarischen Kanzler János Vitéz2 gerichteten Brief als jemanden beschrieb, der sich durch Genie und Redegewandtheit auszeichne3, resignierte indes angesichts des herzoglichen Widerstandes nicht. Bereits im Herbst 1453 war von ihm ein weiterer Schachzug vorbereitet worden, wobei der Prälat seinen Blick einmal mehr auf das Reich gelenkt hatte. Zugute kamen ihm dabei die vom Pontifex im Hinblick auf die Türkengefahr getroffenen Vorkehrungen: Nikolaus  V., der unter dem Schock des Falls von Konstantinopel4 bereits im Sommer  1453 Legaten 1 «[…] achade che nostro signore consistoriali me electò andare in servicio de la fede christiana da lo imperadore, da lo re de Ungaria et barone de esso regname […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. November 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). – Das vollständige Zitat findet sich unten, Kap. V Anm. 16. 2 Zu János Vitéz, dem Bischof von Großwardein und Kanzler von Ungarn, siehe u. a. Ferenc Földesi u. a. (Hg.), A Star in the Raven’s Shadow. János Vitéz and the Beginnings of Humanism in Hungary [Exhibition organised by the National Széchényi Library, 14th III–15th VI 2008], Budapest 2008. 3 «Johannem episcopum Papiensem, ameno ingenio facundiaque prestabilem, in Austriam ire iussit» [De dieta Ratisponensi (von Enea Silvio Piccolomini im Sommer des Jahres 1454 verfaßter, an János Vitéz gesandter Bericht), ed. in: Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini, Abt. III: Briefe als Bischof von Siena, Bd. I: Briefe von seiner Erhebung zum Bischof von Siena bis zum Ausgang des Regensburger Reichstages (23.  September  1450 – 1.  Juni  1454), hg. v. Rudolf Wolkan, Wien 1918 (Fontes rerum Austriacarum. Abt. II. Diplomataria et Acta 68) [zukünftig: Wolkan, III/1], S. 492–563, hier: S. 493; siehe auch RTA 19,1, n° 8,5, S. 47; zur Entstehungsgeschichte dieses Berichts siehe ebd., S. 28 ff.]. 4 Die ersten Gerüchte darüber, daß Konstantinopel am 29. Mai 1453 gefallen war, hatten am 5. Juli 1453 Wien (RTA 19,1, n° 2,2, S. 20) und am 11. Juli 1453 Graz (Ebd., n° 2,3, S. 20) erreicht. Die desillusionierende Antwort auf die an Venedig gerichtete Nachfrage, ob die Türken tatsächlich Konstantinopel eingenommen hätten (Ebd., n° 2,10, S. 26 f.), traf am Kaiserhof wohl

128 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg in die italienische Staatenwelt entsandt hatte,5 ließ am 10. September 1453 im Konsistorium unter anderem erklären, daß er zur Ausarbeitung eines Konzeptes für die Bekämpfung der Türkengefahr eine Kommission aus sechs Kardinälen einsetzen werde.6 Die von der Kardinalsdeputation geleisteten Vorarbeiten, insbesondere die von der Kommission ausgearbeitete Denkschrift super provisione contra Thurcum,7 wiederum flossen in die Kreuzzugsbulle ein, die Nikolaus V. am 30. September 1453 öffentlich verlesen ließ.8 Auch der Vorschlag, der Pontifex möge weitere Legaten entsenden,9 ging letztlich auf eine Anregung dieser Kardinalsdeputation zurück, der im übrigen auch der Kardinal von Rouen angehörte.10 Es mag mit auf die Initiative von Estouteville, Giovanni di Castigliones Protektor, zurückzuführen sein, daß es in diesem Dokument hieß, der Papst könne, ganz wie es ihm beliebe, Kardinälen oder auch Prälaten niedereren Ranges die Legationen übertragen.11 Der damals in den Diensten des Kaisers stehende Enea Silvio Piccolomini, der im Oktober 1453 von Juan de Carvajal erfuhr, daß der Papst einen Legaten zu Friedrich III. zu schicken beabsichtigte,12 gab diese Information sogleich an Baron Ulrich von Rosenberg13 sowie an den Dekan und das Kapitel der Prager Domkirche14 weiter, da er davon ausging, daß der Legat im Anschluß an seinen Besuch beim Kaiser in Wiener Neustadt zu König Ladislaus reisen würde. Auch wenn Enea Silvio Piccolomini damals offenbar noch nicht den Namen des zukünftigen Legaten kannte, so wird für Estouteville schon zu diesem Zeitpunkt festgestanden haben, daß die Person, die er gern mit dieser Mission betraut gesehen hätte, Giovanni di Castiglione war. Die Chancen dafür dürften gut gestanden haben, da der Papst diesen Bischof hoch achtete und wünschte, dessen Ansehen zu steigern.15 Auch konnte Giovanni di Castiglione durch seine um den 8./9. August 1453 ein (siehe hierzu den Kommentar von Weigel/Grüneisen, ebd., S. 19).   5 Diese sollten die Friedensverhandlungen auf der Halbinsel vorantreiben, welche wiederum die Basis für einen möglichen Türkenkreuzzug bildeten.  –  Zu diesen Legationen siehe auch oben, Kap. IV Anm. 60.   6 Siehe hierzu das Schreiben Antonio da Pistoias an Francesco Sforza vom 10.  September 1453 (Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, n° 50, S. 827 f.).   7 RTA 19,1, n° 10,2, S. 64 ff.   8 Ebd., n° 10,1, S. 56 ff.   9 Ebd., n° 10,2, S. 67. 10 Siehe hierzu das Schreiben Antonio da Pistoias an Francesco Sforza vom 10.  September 1453 (Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, n° 50, S. 827 f.). 11 RTA 19,1, n° 10,2, S. 67. 12 Siehe hierzu Enea Silvio Piccolominis Schreiben an Juan de Carvajal vom 16.  Oktober 1453 (RTA 19,1, n° 5,3, S. 43; Wolkan, III/1, n° 172, S. 311). 13 Enea Silvio Piccolomini an Ulrich von Rosenberg, 11. Oktober 1453 (RTA 19,1, n° 5,1, S. 42; Wolkan, III/1, n° 167, S. 297). 14 Enea Silvio Piccolomini an den Dekan und das Kapitel der Prager Domkirche, 11. Oktober 1453 (RTA 19,1, n° 5,2, S. 43; Wolkan, III/1, n° 168, S. 299). 15 «Nostro signore […] con sommo desidira desidira [!] questa promotione abbia luogho, avisandovi che molto più intende crescerlo di dignità […]» (Roberto Martelli an Francesco Sforza, 24. Dezember 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40).

V.1 Neue Strategien des Giovanni di Castiglione

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Gesandtschaften nach Bosnien und Ungarn schon wichtige Erfahrungen in der Türkensache aufweisen. Als dann Anfang November  1453 konkret erörtert wurde, wer im Reich den Kreuzzugszehnten einfordern, des Kaisers Begeisterung für einen Kreuzzug „entflammen“ und ihm die bereits von päpstlicher Seite ergriffenen Bemühungen und Maßnahmen vor Augen führen sollte, vermochte Giovanni di Castiglione, wohl mit Unterstützung von Estouteville, den Pontifex dazu zu bewegen, ihm den Auftrag zu erteilen.16 Ein Ziel dieser Gesandtschaft bestand zweifellos darin, nach Aufzeigen der Vorleistungen von seiten des Papstes, die Schritte und den Impuls zum Einberufen eines Kongresses der christlichen Könige und Fürsten, den Friedrich III. in einem am 10.  August  1453 an Nikolaus  V. gerichteten Schreiben angeregt hatte,17 auf den Kaiser, als weltliches Oberhaupt und obersten Schutzherrn der Christenheit, zu übertragen. Der Papst wußte sehr wohl, daß Friedrich III. ihm in dem Schreiben vom 10. August 1453, das abgefaßt worden war, nachdem die Nachricht über den Fall Konstantinopels sich bestätigt hatte,18 seine Hilfe zum Einberaumen dieses Kongresses und bei der Befriedung Italiens19 mehr aus Höflichkeit als aus Überzeugung in Aussicht gestellt hatte. Er dürfte sich demzufolge keine Illusionen über das im Grunde geringe Interesse des Kaisers an einem Kreuzzug gemacht haben.20 So wird ihm klar gewesen sein, daß Friedrich III., welcher besagtes Schreiben offensichtlich erst auf Drängen des sich sehr für die Abwehr der Türkengefahr engagierenden Enea Silvio Piccolomini21 hatte auf16 Über diesen Auftrag, der ihn ins Reich führte, hatte Giovanni di Castiglione den Herzog bereits am 8. November 1453 informiert: «[…] achade che nostro signore consistoriali me electò andare in servicio de la fede christiana da lo imperadore, da lo re de Ungaria et barone de esso regname, e cossì adesso non è possibile acompiri lo meo desiderio de vedere la illustrissima vostra signoria, a la quale iterum me ricomando. E prego l’altissimo che li daga prosperità et victoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). – Das päpstliche Mandat, das insbesondere von der Erhebung des Kreuzzugszehnts handelt, trägt indes erst das Datum des 24. November 1453 (ASV, Reg. Vat. 427, fol. 190r f.). – In Enea Silvio Piccolominis De dieta Ratisponensi heißt es hinsichtlich dieser Gesandtschaft: «Is cognita mente cesaris, qui de communi Christianorum periculo anxius esset, Johannem episcopum Papiensem, nobili loco apud Insubres natum et ameno ingenio facundiaque prestabilem, in Austriam ire iussit, qui et imperatoris animum ad vindicandum commune Christianorum vulnus magis ac magis incenderet et apostolice sedis consilia provisionesque demonstraret» (RTA 19,1, n° 8,5, S. 47; Wolkan, III/1, n° 291, S. 493). 17 RTA 19,1, n° 3,1, S. 33; Wolkan, III/1, n° VII, S. 579. 18 RTA 19,1, n° 3,2, S. 33; Wolkan, III/1, n° 291, S. 493. 19 Siehe hierzu das Schreiben Friedrichs III. an Nikolaus V. vom 10. August 1453 (RTA 19,1, n° 3,1, S. 33; Wolkan, III/1, n° VII, S. 579 f.). 20 Vgl. den Kommentar von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 2. 21 Enea Silvio Piccolomini richtete, nachdem er bereits im Juli 1453 dem Pontifex geschrieben hatte (RTA 19,1, n° 2,6, S. 21 ff.), am 11. August einen weiteren Brief an Nikolaus V., in dem er diesen darauf hinwies, wie wichtig es sei, daß der Papst die Initiative ergreife, da dem Kaiser die Mittel fehlten (Ebd., n° 3,7, S. 35; Wolkan, III/1, n° 126, S. 230). – Zu den zahlreichen Briefen, die Enea Silvio Piccolomini zu dieser Zeit an viele seiner Bekannten sandte, um diese von der Notwendigkeit zu überzeugen, das Ihre zum Abschluß eines Friedens in der italienischen Staatenwelt sowie zum Vorantreiben des Kreuzzugsprojektes an der Kurie beizutragen, siehe zudem RTA 19,1, S. 31 ff.

130 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg setzen lassen, letztlich nur beabsichtigt hatte, sein Gewissen auf diese Weise zu entlasten, glaubte er doch, durch die Ermunterung des Papstes seinen Beitrag mehr oder minder schon geleistet zu haben.22 Es dürfte die Kurie daher nicht überrascht haben, daß Enea Silvio Piccolomini dem Pontifex und Juan de Carvajal am 24. November 1453 bedeutete, man wolle im Reich auf den päpstlichen Legaten warten und so lange nichts in der Sache „Türkengefahr“ unternehmen, bis dieser eingetroffen sei.23 Giovanni di Castiglione, der bereits 1450 bei seiner Entsendung nach Bosnien wichtige Erfahrungen gesammelt hatte und der auch im Frühjahr  1451 die päpstliche Gesandtschaft nach Mailand für sich hatte nutzen können,24 dürfte bei dieser Legation wiederum eigene Ziele ins Auge gefaßt haben. Gewiß hegte er die Hoffnung, bei dieser Zusammenkunft mit dem Kaiser, sozusagen nebenbei, erneut das Thema der herzoglichen Investitur mit Mailand zur Sprache bringen und dieses Mal Fortschritte erzielen zu können, die vielleicht den Widerstand Francesco Sforzas gegen die Translation nach Pavia zu brechen vermochten. Sollte sich dies nicht unmittelbar umsetzen lassen, so beabsichtigte Giovanni di Castiglione, durch seine Legation beim Kaiser zumindest so sehr an Ansehen zu gewinnen, daß er für den Herzog zukünftig als Mittelsmann für dessen Verhandlungen mit dem Reich wichtig würde. Guillaume d’Estouteville wiederum versuchte, dem Herzog die Tragweite dieser ehrenvollen Mission vor Augen zu führen, die – wie der Kardinal schrieb – auch zum höchsten Lob und Ruhm des Herzogs gereiche, weil man einem Prälaten aus dessen Umfeld einen so wichtigen Auftrag anvertraut habe, wie man ihn in der Regel nur den größten und bedeutendsten Männern zukommen ließe.25 Zudem gab Estoutville in diesem Brief  –  keineswegs ungeschickt  –  vor, er gehe davon aus, daß der Herzog in der Zwischenzeit Giovanni di Castiglione bereits das Bistum Pavia zugestanden habe.26 Falls dem allerdings nicht so sei und der vollständigen prokuratorischen 22 Vgl.

den Kommentar von Weigel/ Grüneisen zu n° 3,1, in: RTA 19,1, S. 31. Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Papst Nikolaus V. vom 24. November 1453 ist ed. in: RTA 19,1, n° 7,1, S. 46 sowie in: Wolkan, III/1, n° 185, S. 364; dasjenige an Juan de Carvajal vom selben Tag findet sich in: RTA 19,1, n° 7,2, S. 43 sowie in: Wolkan, III/1, n° 186, S. 365. 24 Siehe hierzu oben, Kap. III.3. 25 «[…] nientedimeno havemo deliberato notificare a la excellentia vostra chome a lo presente se parte de corte esso vescovo, mandato da la sanctità d’esso nostro signore a lo serenissimo imperatore et a lo re de Hungaria, prelati e baroni de quello regno per lo fatto de la fede nostra christiana e per dare provedemento contra li Turchi, secundo è necessario et expediente. El che cede a summa laude et gloria de la excellencia vostra, quando a prelati de lo dominio vostro se comette tanta cosa, la qual bastaria ad mazor prelato de la giesa de dio» (Guillaume d’Estouteville an Francesco Sforza, 26. November 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 182 Anm. 50. 26 «Quantumque se rendiamo certissimi la vostra illustrissima excellencia al presente haverà fatto dare a lo reverendissimo padre lo vescovo de Pavia libera et expedita possessione de la giesa soua, sì per satisfare a la voluntà de lo sanctissimo nostro signore, chomo per compiacere a noi in quella provisione da noi summamente desiderata e fatta in nostro grande beneficio, chomo 23 Das

V.1 Neue Strategien des Giovanni di Castiglione

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Inbesitznahme noch etwas im Weg stehe – fuhr Estouteville fort –, so möge der Herzog die Hindernisse ausräumen, denn der Papst habe mit der Vergabe dieser Legation gezeigt, daß er entschlossen sei, Giovanni di Castiglione in den Besitz dieser Diözese zu bringen. Auch er, Guillaume d’Estouteville, der sich während der Abwesenheit des Bischofs um dessen Belange kümmere, werde nicht eher ruhen, bis Giovanni di Castiglione die Diözese Pavia erhalten habe.27 Allein das Anvisieren und Beschreiben der Erfolgsaussichten dieser Legation reichten jedoch noch nicht, um Francesco Sforza von seiner Position abrücken zu lassen. Deshalb unternahm Estouteville, der erkannt hatte, daß auch weitere Schreiben fruchtlos bleiben würden, am 18.  Dezember  1453 einen erneuten Anlauf, den Herzog zur Anerkennung von Giovanni di Castiglione zu bewegen, dessen Ankunft am kaiserlichen Hof in Kürze zu erwarten war.28 Er wandte sich an den herzoglichen Gesandten Sceva da Curte, der ihm am vertrautesten war, und verpflichtete diesen, den Herzog in jedem Fall von der darauf folgenden Unterredung zwischen beiden in Kenntnis zu setzen,29 – ohne Frage eine Finesse, eingesetzt, um sich einer Abfuhr zu entziehen, falls der Herzog die Devise ausgegeben hatte, von seinen Gesandten mit dem Thema „Giovanni di Castiglione“ nicht mehr behelligt werden zu wollen. Mit dem von Sceva da Curte gegebenen Versprechen hatte Estouteville die Gewähr, daß seine Botschaft dem Herzog in che per meriti d’esso vescovo, li quali stimamo tanti e tali che la vostra signoria per lui deveria supplicare […]» (Ebd.). 27 «Unde essa excellencia vostra voliamo affectuosamente strenzere et pregare che se alchuna cosa manchasse per modo che li procuratori d’esso vescovo non havessero ancora integra possessione, chomo si convene, tuto volia compire et comandare essa libera possessione in tuto et per tuto li sia consignata. Conzosia essa excellencia vostra se p[u]ò rendere certa la sanctità d’esso nostro signore, mandando esso vescovo a tal tempo et a tanta impresa, havere preso sopra di sé de farli obtenire la ditta possessione et noi a questo essere obligati, li quali havemo preso la protectione de le cose soue durando la soua absentia, non meno che se a noi fossero proprie chomo le reputiamo. Et per esso non volia essa signoria vostra in alchuna cosa manchare ad lo ditto vescovo che fare se poria senza grande molestia d’esso nostro signore et nostro gravamento, li quali assai già havemo interceduto per esso vescovo et intercederemo continuamente finché la cosa habia bono effetto» (Ebd.). 28 Enea Silvio Piccolomini teilte zumindest am 16. und 17.  Dezember  1453 drei seiner Korrespondenten mit, daß die Ankunft des päpstlichen Legaten demnächst bevorstehe: So heißt es etwa in einem an Leonardo [dei] Benvoglienti gerichteten Brief: «expectantur apostolice sedis nuntii, qui somnulentes excitent» (RTA 19,1, n° 8,1, S. 47; Wolkan, III/1, n° 200, S. 388). Und in einem für den Kardinal von Kues bestimmten Schreiben liest man: «hic expectantur apostolici legati» (RTA 19,1, n° 8,2, S. 47; Wolkan, III/1, n° 201, S. 389). In einem an Prokop von Rabenstein adressierten Schreiben wiederum steht: «nos hic expectamus episcopum Papiensem apostolice sedis legatum in negotio Turchorum» (RTA 19,1, n° 8,3, S. 47; Wolkan, III/1, n° 205, S. 391). 29 «[…] lo prefato monsignore Andegavense, essendoli presenti misser Iacomello [= Giacomello da Trivulzio] e li oratori firentini, heri como quelo, quale ha più domesticheza fin a Piaxenza de mi, Sceva, ch’a de li altri, trasse me solo in parte, e volse ch’io li promettesse de avissare la vostra signoria de quelo lui me diria, e così li promessi, non sapendo etiam que se volesse dire» (Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio an Francesco Sforza, 19. Dezember 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40).

132 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg jedem Fall zugetragen würde; zudem bewahrte er den herzoglichen Gesandten möglicherweise vor dem Tadel seines Herrn, da dieser sich darauf berufen konnte, sein Wort gegeben zu haben, bevor er wußte, welchen Inhalt das Gespräch, von dem er berichten sollte, hatte und welchen Verlauf es nehmen würde.30 Bei dieser Unterredung versuchte Estouteville, der die herzoglichen Gesandten wohl instruiert hatte, ihrem Herrn immer und immer wieder mit Nachdruck seine Ergebenheit vor Augen zu führen,31 an das schlechte Gewissen des Herzogs zu appellieren. So klagte er sein Leid darüber, daß es für ihn unverständlich sei, weshalb er, obwohl der Papst und die Kardinäle hinter ihm stünden und er Francesco Sforza sogar in mehreren mit eigener Hand aufgesetzten Schreiben persönlich um die Verleihung der Diözese Pavia an Giovanni di Castiglione gebeten habe, von Francesco Sforza eine so demütigende Absage erteilt bekommen habe, und daß er nicht begreifen könne, weshalb ihm der Herzog diese Schmach bereite.32 Daher bitte er Francesco Sforza nun erneut um diese Gunst und weise darauf hin, daß er ihm nicht nur an der Kurie, sondern auch am Hofe Karls VII. sehr von Nutzen sein könne, zumal er in diesem Sommer nach Frankreich reisen werde, wo er, wenn der Herzog ihm entgegenkomme und Giovanni di Castiglione Pavia überlasse, für Francesco Sforza so viel erwirken könne, daß es diesem weit mehr als vier oder gar sechs Bistümer einbringe und der Herzog seine mächtigen Feinde kaum noch zu fürchten brauche.33

30 In der Tat fügte Sceva da Curte entschuldigend hinzu, daß Kardinal Estouteville, obwohl er ihm im Anschluß an das Gespräch zu verstehen gegeben habe, daß Francesco Sforza durch sein Versprechen gegenüber Crivelli gebunden sei, dennoch darauf beharrt habe, die Zusage zu erhalten, daß er, Sceva, dem Herzog trotzdem schreiben würde: «Io feci molte scusse, maxime che seti obligato per capituli a quili gentilhomini Crivelli e non poteti fare altramente e molte altre cose li dixi. In summa volse ch’io prometesse de scrivere a la vostra signoria. E così fazo, mo la excellentia vostra ne faza como li pare e piace» (Ebd.). 31 So wiesen Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio, ein weiterer herzoglicher Gesandter, auch am 19. Dezember 1453 den Herzog darauf hin, daß Estouteville ihm von allen Kardinälen am meisten gewogen sei: «Monsignore cardinale Andagavense […] a nuy pare lo più amorevole e più sincero de tuti li altri verso la vostra [signoria] [….] e […] ne dice più schieramente lo vero […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 40, sub die). 32 «E la signoria sua me incomenzò a fare uno cordoglio dal altro mundo, dicendo non p[u]ò credere s’el non fosse may papa, ni altri che la vostra signoria non li debia compiacere del vescovato de Pavia e li debia volere fare questa vergogna e manchamento. E che tanto ha scripto de sua mane propria a la vostra signoria e non ha havuto risposta qual sperava, che hormay se vergogna a scrivere più. E pregavi iterum iterum atque iterum li fatiati questa gratia» (Ebd.). 33 «Avisandovi che oltra lo potere suo in corte de Roma, lo quale volle sia non mancho a vostra obedientia como de la mayistà del re di Franza, ello ha a passare per Lombardia in Franza questa estade, e vi promete che vi farà tal servitio se li fatti questa complacentia apreso a la mayistà del re de Franza che valerà meglio ch’a quatro o forsi più de sei vescovati così fatti e che la vostra signoria haverà pocho a temere potentia de vostri nemici» (Ebd.). – Einen ähnlichen Tenor hat auch das Schreiben, das ein herzoglicher Gesandter im Januar 1454 an seinen Herrn schickte: «[…] et dice omnino volere questa estate andare in Franza et may non se reputa homo s’el non megliorà la signoria vostra più che quattro corali vescovati in li facti de la signoria vostra» (Ebd.).

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Doch auch nach dieser Fürsprache Estoutevilles, der weitere folgten,34 änderte Francesco Sforza seine ablehnende Haltung gegenüber dem Mailänder Prälaten nicht.35 Mochte der beschriebene Weg, auf dem Giovanni di Castiglione die Anerkennung als Bischof von Pavia vom Mailänder Herzog zu erringen versuchte, auch nicht sogleich zum Ziel führen, so sollte dennoch der Aufenthalt des päpstlichen Legaten am Hof des Kaisers in Wiener Neustadt genauer betrachtet werden; denn bei Giovanni di Castigliones Strategie, dadurch langfristig von Francesco Sforza akzeptiert zu werden, daß er sich die Wertschätzung des Kaisers erwarb und im zunehmenden Maße als Vermittler für Verhandlungen zwischen dem Reich und Mailand auftreten konnte, ließen sich in der Tat bald erste Erfolge verzeichnen. Wie der Bischof an der Kurie einst den Papst in kurzer Zeit für sich hatte einnehmen können, so vermochte es Giovanni di Castiglione auch, das Interesse des Kaisers zu wecken  –  nicht zuletzt durch seine Rede (Si liceat flere36), die er zu Weihnachten bei einer feierlichen, wahrscheinlich öffentlichen Audienz vor Friedrich III. hielt.37 Daß es Giovanni di Castiglione mit der Schilderung des Schicksals, das Konstantinopel ereilt habe, und der Darstellung der 34  So konfrontierte Estouteville etwa am 2.  Januar  1454 den herzoglichen Gesandten mit einem Schreiben, das er von Giovanni Colli, seinem Boten bei Francesco Sforza, erhalten hatte, in dem dieser davon berichtete, daß er in Mailand bezüglich des Bistums Pavia nichts ausrichten könne und in dem er dem Kardinal riet, den herzoglichen Gesandten zum Verfassen eines Briefes zu bewegen, der zugunsten Estoutevilles ausfalle: «Mo de novo a dì II del presente ne monstrò la signoria sua una littera li ha scripto misser Iohanne de Collis, dove dice non havere potuto obtenere da la signoria vostra la possessione del dicto vescovato et che la cosa va in longo et crede che la signoria vostra sopra zo aspecta solamente le nostre risposte di qua. e lo prega in la littera ne voglia sollicitare nuy […] al scrivere alla signoria vostra favorevolmente per la signoria soa. E multo ne ha dito se meraviglia la signoria vostra in zo li faza renitentia perché mille volte metteria la data per la signoria vostra et sta pur in questa ferma opinione li ne debiatte compiacere» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 35 Zu den Gründen hierfür siehe oben, Kap. III.4. 36 Eine ungekürzte Fassung dieser Rede findet sich in RTA  19,1, n°  9,2, S. 49 ff.  –  Von einer Inhaltsangabe sei hier abgesehen, weil schon der Beginn dieser Rede, in der Giovanni di Castiglione bekennt, sich bewußt darüber zu sein, daß man eine derartig traurige Materie an sich eher mit Schluchzen und Seufzern als mit einer wohlklingenden Stimme vorzutragen habe, erahnen läßt, wie sehr das Erregen von Emotionen durch geschickte Rhetorik und nicht die Übermittlung von Inhalten im Vordergrund steht. Siehe hierzu auch den Kommentar von Weigel/Grüneisen: „Wie bei spätmittelalterlichen Gesandtschaften üblich, trug der päpstliche Legat Bf. Johannes von Pavia bei einer feierlichen (wohl öffentlichen) Audienz in einer Prunkrede dem Kaiser seine Werbung vor, wortreich und in kunstvoller Form, überschwenglich im Gefühl und bescheiden an sachlichen Mitteilungen“ (RTA 19,1, S. 48). 37 «Unde sancte sue iussioni parendo primum me contuli ad imperialem serenitatem, cui ex suscepte supreme temporalis dignitatis summo fastigio ecclesie ac fidei tuicio pertinet et, quo efficacius potui, hortatus sum ad debitam provisionem, uti constat ea oracione, cuius inicium est: ‹Si liceat flere an loqui, in dubio michi est, imperator optime etc.› qui cum recte consideraret rem hanc grandem et multorum consilio atque auxilio egentem, instituit hanc dietam» (Giovanni di Castiglione über seinen Aufenthalt am kaiserlichen Hof; Auszug aus seiner Ansprache vor dem Reichstag zu Regensburg, RTA 19,1, n° 9,1, S. 49).

134 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg von den Türken drohenden Gefahr38 gelungen sei, den Kaiser tief zu bewegen, bestätigte nicht nur Enea Silvio Piccolomini.39 Auch Friedrich III. selbst hob in seinem an den Pontifex gerichteten Schreiben sicher nicht nur aus Höflichkeit hervor, daß der päpstliche Legat „äußerst schmuckvoll und mit höchster Klugheit und Würde“ geredet habe und als „weise und rechtschaffen“ betrachtet werden müsse.40 Und nicht nur sich selbst wußte Giovanni di Castiglione in Szene zu setzen, auch das Engagement des Papstes vermochte der Legat, seinem Auftrag gemäß, in ein vorteilhaftes Licht zu rücken.41 Zumindest berichtete Enea Silvio Piccolomini davon, daß Friedrich III. von großer Freude erfüllt worden sei, als er von Giovanni di Castiglione gehört habe, daß der Pontifex und die Kurie alles versuchten, um die den Christen zugefügte Schande zu rächen.42 Auch wird sich 38

 RTA 19,1, n° 9,2 [H1], S. 50 ff. vestra, reverendissime pater, quam nuper in conspectu cesaree maiestatis habuistis, et merorem simul et gaudium attulit imperatorio culmini: merorem sane, dum cladem illam Constantinopolitanam nostris diebus horribilem et deflendam contigisse narrastis […] non potest cesarea sublimitas audire de re tanta loqui sine anxietate animi. quis enim talia audiens temperet a lacrimis, quis luctum contineat? […]» (fragmentarisch überliefertes Schreiben des Enea Silvio Piccolomini, wohl vom 1. Januar 1454, das wahrscheinlich eine Überarbeitung der Replik auf die von Giovanni di Castiglione vorgetragene Rede darstellt, RTA 19,1, n° 9,3, S. 55; Wolkan, III/1, n° 207, S. 394). 40 «Que omnia dictus episcopus et ornatissime et cum summa prudentia et gravitate coram nobis peroravit, ut est pater nostro iudicio sapientia proditus et probitate. cuius verba nobis partim molesta partim iocunda fuerunt […]» (Friedrich III. an Nikolaus V., 24.–31. Dezember 1453, RTA 19,1, n° 11, S. 70; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 596). 41 Daß dem Prälaten indes bei der Auflistung der päpstlichen Leistungen die Kreuzzugsbulle als Vorlage bzw. als „Material“ gedient haben soll, wie Weigel und Grüneisen annehmen (RTA  19,1, S. 48), ist wenig wahrscheinlich, denn sonst hätte Giovanni di Castiglione wohl während seines Vortrages auch auf den päpstlichen Beitrag zum Abschluß eines allgemeinen Friedens in der italienischen Staatenwelt hingewiesen, führte der Papst doch seit November 1453 mit den einzelnen italienischen Mächten in Rom Gespräche über dieses Thema und fand sich das Gebot eines allgemeinen Friedens oder zumindest eines Waffenstillstandes für die Dauer des Türkenkrieges immerhin in der Kreuzzugsbulle ganz am Ende, an einer wohlkalkulierten Stelle (vgl. die Kreuzzugsbulle vom 30. September 1453, ebd., n° 10,1, S. 64). Selbst in der entsprechenden Passage, in der Giovanni di Castiglione auf die Ausarbeitung der Kreuzzugsbulle als eine der wichtigen bereits durch den Papst in Übereinkunft mit den Kardinälen getroffenen Maßnahmen zu sprechen kommt (Ebd., n° 9,2, S. 54), hat man nicht den Eindruck, als habe sich der Prälat unmittelbar darauf gestützt, denn sonst wäre er wohl zumindest auf die Gewährung des Ablasses eingegangen, der in der Kreuzzugsbulle eine große Rolle spielt und dort minutiös geregelt ist (Ebd., n° 10,1, S. 61) und den selbst Enea Silvio Piccolomini später in seinem Bericht De dieta Ratisponensi als päpstliche Maßnahme erwähnt (Ebd., n° 10,4, S. 68; Wolkan, III/1, n° 291, S. 493). Auch die bezüglich der Finanzierung der Kreuzzüge von päpstlicher Seite unternommenen Anstrengungen und Verordnungen, denen etwa ein Viertel der Kreuzzugsbulle gewidmet ist (RTA 19,1, n° 10,1, S. 62 f.), wären wohl, hätte diese Bulle Giovanni di Castiglione als Vorlage gedient, detaillierter geschildert worden. 42 «Oratio vestra […] et merorem simul et gaudium attulit imperatorio culmini […] gaudium vero, dum sanctissimum dominum nostrum apostolicum sacrumque suum senatum animo erectum totis conatibus ad vindicandum obprobium Christiani nominis intentum esse declarastis […]» [Schreiben des Enea Silvio Piccolomini (wie Anm. 39), RTA 19,1, n° 9,3, S. 55; Wolkan, III/1, n° 207, S. 394]. – Daß ihm das päpstliche Engagement ein großer Trost sei, der ihn heiter 39 «Oratio

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der Kaiser wohl sehr geschmeichelt gefühlt haben, als Giovanni di Castiglione ihn im Namen des Papstes so wortreich um Rat und Beistand bat.43 Giovanni di Castiglione wiederum konnte erreichen, daß der Kaiser schriftlich einige Konzessionen machte: Friedrich III. erklärte sich generell dazu bereit, der Christenheit beizustehen und sich deren Feinden entgegenzustellen.44 Weiterhin versicherte er, den geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches sowie anderen Herrschern zu schreiben, damit diese über Hilfemöglichkeiten nachdächten und sich stets bereithielten,45 und er versprach nicht zuletzt, weil ein Kreuzzug gegen die Türken ein Vorhaben von großer Bedeutung sei, welches der Hilfe vieler Fürsten bedürfe, für den 23. April 1454 einen Reichstag46 nach Regensburg einzuberufen, an dem er persönlich teilnehmen wolle und auf dem über die gegen die Türken zu ergreifenden Maßnahmen beraten werden solle.47 Voller Stolz verkündete Giovanni di Castiglione später in Regensburg, sein Beitrag habe die Wirkung auf Friedrich III. nicht verfehlt, denn der Kaiser habe, sozusagen als Reaktion auf seine Rede, den Reichstag einberufen, da er zu der stimme, ließ Friedrich III. auch den Pontifex in einem Schreiben aus der letzten Dezemberwoche 1453 wissen (RTA 19,1, n° 11, S. 70; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 597). 43 So heißt es beispielsweise, um nur einen Ausschnitt zu zitieren: «Quantum vero huic immitissimo hosti mala vicina sint et propinqua suorumque scelerum et immanitatum cito futura sit correctio, ex sequentibus facile quisque intelliget, potissimum quando id ipsum sapient nostre religionis rectores, maxime tua imperialis celsitudo. quod is, qui vices impresenciarum gerit in terris domini nostri Jhesu Christi, sanctissimus dominus noster dominus Nicolaus papa quintus, qui ut ceteros te primum digne exhortatur in visceribus ipsius domini nostri Jhesu Christi ad capescendam defensionem eius, in qua nati sumus et vivimus, fidei Christiane, ad quam sub sue salutis debito quilibet se nosse debet astrictum, rursus tue maiestatis in hac re tam ardua ac difficili consilium expectat; quo agnito et a te perdoctus, quid in hoc gravi negocio ad reprimendos ausus tam diri hostis sit propensioris consilii, conscitoque, quid auxilii conferre velit tua excelsa bonitas, valeat sua beatitudo securius atque oportunius consulendo monendo atque agendo tam extreme necessitati, cui vix satis in tempore accelerabitur, providere. […] te maxime, devotissime imperator, decet assurgere, ut, qui tocius orbis temporalis dignitatis culmine ceteros antecellis, sic opera exemplo et singulari promptitudine anteeas cunctos. hec erit perfecta emulacio, hec digna laude invidia, ut in defensione Christiani nominis velis quemlibet superare, nulli gloriam tuam dare. o gloriosum certamen! o felix pugna! o pulchrum mori, quando mors est vita! sis huius rei prudentissimus ac strenuissimus dux, qui pro ecclesie ac fidei defensione tanti regni gubernacula suscepisti, ut non iam ‹rex›, sed supremo vocabulo ‹imperator› vociteris […]» (ed. in: RTA 19,1, n° 9,2, S. 52 f.). 44 Ebd., n° 11, S. 71; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 598 f. 45 RTA 19,1, n° 11, S. 71; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 599. 46 Korrekter wäre es an sich, vor 1495 von „Reichsversammlungen“ und nicht von „Reichstagen“ zu sprechen. Zu begrifflichen Überlegungen siehe Gabriele Annas, Hoftag – Gemeiner Tag  –  Reichstag. Studien zur strukturellen Entwicklung deutscher Reichsversammlungen des späten Mittelalters (1349–1471), Göttingen 2004 (SHKBAW 68), Bd. I, S. 123–136; RTA 19,2, Einleitung; dennoch sei im folgenden der Einfachheit halber von den „Reichstagen“ von Regensburg, Frankfurt und Wiener Neustadt die Rede. 47 RTA 19,1, n° 11, S. 71 f.; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 599 f. – Zur Einberufung der Reichstage zur Beratung der Vorgehensweise gegen die Türken siehe auch Johannes Helmrath, The German Reichstage and the Crusade, in: Norman Housley (Hg.), Crusading in the Fifteenth Century. Message and Impact, Houndmills u. a. 2004, S. 53–69, 191–203.

136 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Erkenntnis gelangt sei, daß ein derart wichtiger Gegenstand wie die Regelung der türkischen Angelegenheit den Rat vieler erfordere.48 Friedrich III. lud zu dieser Versammlung, die symbolträchtig für den Tag des Heiligen Georg, des Schutzpatrons der Ritter, anberaumt worden war, jedoch nicht nur die geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches und die Reichsstädte ein,49 sondern weitete den Reichstag zu einem Kongreß der christlichen Könige und Fürsten aus. Unter Verweis auf die „glänzende Rede“ Giovanni di Castigliones bat Friedrich III. auch mehrere bedeutende Könige, den Reichstag zu beschicken, darunter Karl VII. von Frankreich,50 Ladislaus von Böhmen und Ungarn, Kasimir IV. von Polen, Heinrich VI. von England, Jakob von Schottland und Christian I. von Dänemark;51 auch an König Karl VIII. von Schweden erging augenscheinlich dieses Anliegen.52 Ebenso wurden der Herzog von Burgund, Philipp der Gute, der Markgraf von Ferrara und Herzog von Modena, Borso d’Este, der Herzog vom Savoyen, der Markgraf von Mantua und der Markgraf von Montferrat, Giovanni  IV., zum Kommen aufgefordert.53 Am 22.  Januar  1454 erging auch eine Einladung an den Dogen von Venedig, Francesco Foscari.54 Möglicherweise hatte Giovanni di Castiglione gehofft, durch die Ausweitung dieser Versammlung und durch die Einbeziehung italienischer Herrscher Friedrich III. auf relativ unauffällige Weise 48  «[…] et, quo efficacius potui, hortatus sum ad debitam provisionem, uti constat ea oracione, cuius inicium est: ‹Si liceat flere an loqui, in dubio michi est, imperator optime etc.› qui cum recte consideraret rem hanc grandem et multorum consilio atque auxilio egentem, instituit hanc dietam […]» [Giovanni di Castiglione über seinen Aufenthalt am kaiserlichen Hof (aus seiner Ansprache vor dem Reichstag zu Regensburg, RTA 19,1, n° 9,1, S. 49)]. 49 In dem Schreiben, in welchem der Kaiser zwischen dem 11. und dem 17. Januar 1454 die geistlichen und weltlichen Fürsten sowie die Städte des Reiches aufforderte, am 23. April 1454 zum Reichstag in Regensburg zu erscheinen, wird ebenfalls auf die Gesandtschaft des päpstlichen Legaten verwiesen: „unser heiliger vater der babst hat itzo den erwirdigen Johansen, bischof zu Pavy, unsern lieben andechtigen, in botschaft bi uns gehabt, werben und erzelen laißen den großen kummer ganzer Christenheit us der merklichen und unerhorten widerwertickeit der ungla󰀆bigen Turcken […]“ (RTA 19,1, n° 14,14, S. 108–110, hier: S. 109). 50 In dem Schreiben Friedrichs III. an König Karl VII. vom 9. Januar 1454 heißt es etwa: «ipse vero legatum suum per hos dies ad nos direxit, venerabilem Johannem episcopum Papiensem devotum nostrum dilectum, qui exornata oracione quamvis flebili et rebus agendis accomodata coram nobis habita periculum, in quo Christiana respublica versaretur, ostendit et, que sancte Romane sedis esset pro tutela fidei vel cura vel preparacio, declarando, serenitatem nostram velut ecclesie catholice protectricem magnopere adhortatus est, ut adversus Turchorum insolentem audaciam cum nostris principibus ac magnatibus insurgamus atque ut primi inter seculares potestates, quibus de salute communi Christianorum cura et sollicitudo incumbit, ceteros reges et principes ad idipsum nostris exemplis et hortacionibus invitemus […]» (RTA 19,1, n° 14,2, S. 97–100, hier: S. 98; Wolkan, III/1, n° XIV, S. 603 f.). 51 Zu den Ladungen siehe RTA  19,1, n°  2–8, S. 97 ff.; siehe auch ebd., n°  14,1, S. 95 f.; Wolkan, III/1, S. 494. 52 Siehe hierzu den Kommentar von Weigel/ Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 100; sowie ebd., n° 20,3. 53 Zu diesen Ladungen siehe RTA 19,1, n° 14,1, S. 95 (irrtümlicherweise an Carlo Gonzaga statt an Ludovico gerichtetes Schreiben); n° 14,10, S. 103 ff.; n° 14,11, S. 105 f.; n° 16,11, S. 124; n° 23,2a, n° 23,3, S. 212 ff.; n° 24,7a, S. 221. 54 Ebd., n° 14,12, S. 106.

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auch dazu bewegen zu können, eine Einladung an Francesco Sforza zu verschicken, was letztlich einer Anerkennung von dessen Regentschaft gleichgekommen wäre. Der Kaiser, dem Francesco Sforza nach wie vor als Usurpator galt, verschloß sich jedoch offenbar diesem Anliegen.55 Daraufhin dürfte Giovanni di Castiglione eine ganz andere Strategie versucht und Friedrich III. nahegelegt haben, er möge sich doch statt dessen direkt an die „Reichsstädte“ Pavia56 und Mailand57 wenden, so wie er auch direkt Genua,58 Florenz,59 Lucca60 und Siena61 kontaktiere. Ohne Frage war die Aufforderung an Mailand zur Teilnahme an der Reichsversammlung unter Umgehung des Herzogs ein Affront für Francesco Sforza, und der Herzog sollte sich, als er von diesem Schreiben erfuhr, bei Giovanni di Castiglione heftig beklagen, derart brüskiert worden zu sein. Selbstverständlich gab sich der Bischof ahnungslos und zutiefst überrascht, als ihn im März 1454 das Schreiben des Herzogs erreichte, in dem sich dieser darüber entrüstete, daß Friedrich III. die Städte Pavia und Mailand zur Teilnahme am Reichstag aufgefordert hatte, ohne zuvor das herzogliche Einverständnis eingeholt zu haben. Giovanni di Castiglione bekundete dem Herzog seine eigene Betrübnis ob dieser unerfreulichen Entwicklung,62 wohlwissend, daß die Verärgerung Francesco Sforzas darüber, übergangen worden zu sein, letztlich für ihn von Vorteil sein würde, weil der Herzog durch diese Kränkung nur noch mehr in seinem Begehren bestärkt werden mußte, die leidige Investiturfrage zu seiner Zufriedenheit gelöst zu sehen. Die Chancen für Giovanni di Castiglione, vor diesem Hintergrund offiziell von Francesco Sforza als „Vermittler“ eingesetzt zu werden, standen entsprechend gut. 55 Francesco Sforza war im übrigen nicht der einzige wichtige Machthaber in Italien, an den keine Einladung erging. König Alfons V. von Aragon erhielt offensichtlich ebenfalls kein derartiges Schreiben. Da er jedoch offiziell anerkannt war, gab es dafür wohl andere Ursachen. Auch die Einladung an die Serenissima wurde sehr spät versandt (siehe hierzu RTA 19,1, S. 106 Anm. 3; n° 24,7a, S. 221). Daher scheint es denkbar, daß der Kaiser sich – wie Weigel und Grüneisen annehmen – „ursprünglich auf die Landmächte beschränken [wollte], die den ‚Heerzug‘ aufstellen sollten“ (Ebd., S. 100 f.). In jedem Falle ist ihnen darin zuzustimmen, daß die Entschuldigung, die Friedrich  III. Mitte April  1454 gegenüber König Alfons  V. vorbrachte, ein reiner Vorwand war. Denn es dürfte unwahrscheinlich sein, daß man, wie es in dem kaiserlichen Schreiben heißt, allein in Anbetracht des langen Weges, den man den königlichen Gesandten in so einer schwierigen Zeit nicht habe zumuten wollen, von einer Einladung abgesehen hatte (Ebd., n° 14,9, S. 102). 56 In dem kaiserlichen Schreiben an die Stadt Pavia vom 10./11. Januar 1454 wurde bezeichnenderweise (anders als in den Briefen an den Dogen von Venedig und den Herzog von Modena) die Legation des „Bischofs von Pavia“ angesprochen. Hier heißt es: «sanctissimus dominus noster papa ad nos in legatione sua venerabilem Johannem episcopum Papiensem devotum nostrum dilectum hiis diebus destinavit et per organum suum eam luctuosam Turchorum subactionem nuper de civitate Constantinopolitana nobis exponi fecit […]» (RTA 19,1, n° 14,13, S. 107 f.). 57 RTA 19,1, n° 14,17, S. 110; n° 24,3, S. 220; n° 24,7a, S. 221. 58 Ebd., n° 24,7a, S. 221. 59 Ebd., n° 21,5, S. 200; n° 24,2, S. 220; n° 24,7a, S. 221. 60 Ebd., n° 21,6, S. 200 f.; n° 24,7a, S. 221; n° 21,7, S. 201 f. 61 Ebd., n° 24,7a, S. 221. 62 Siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 31. März 1454 (ASMi, Sf., PE, Romagna 156).

138 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Nicht alle Schachzüge des päpstlichen Legaten glückten, doch prinzipiell konnte Giovanni di Castiglione mit dem am Hofe Friedrichs III. erzielten Ergebnis zufrieden sein: Immerhin hatte der Kaiser sich bereit erklärt, einen Aufruf an die führenden Herrscher in Europa zu richten und diese zur Verhandlung der Türkenfrage auf eine Reichsversammlung einzuladen. Auch hatte Friedrich III. dem Papst auf Wunsch des Legaten schriftlich die Ergebnisse von dessen Besuch am Kaiserhof mitgeteilt.63 Die abschließende kaiserliche Forderung, der Papst solle ebenfalls, unter anderem durch die Entsendung eines Legaten, das Seine zum Zustandekommen dieser Versammlung beitragen,64 dürfte ebenfalls zur Zufriedenheit Giovanni di Castigliones schriftlich fixiert worden sein. Erneut als päpstlicher Legat ins Reich entsandt zu werden und sich längere Zeit im unmittelbaren Umfeld Friedrichs  III. aufzuhalten, der seine Teilnahme an dem Reichstag garantiert hatte, dürfte durchaus im Sinne Giovanni di Castigliones gewesen sein. Immerhin hätte sich ihm, der sich bereits an der Kurie so rasch geschickt zu positionieren vermocht hatte, dadurch die Möglichkeit eröffnet, auch bei Friedrich III. besondere Beachtung zu erlangen und am Kaiserhof vielleicht eine so angesehene Stellung zu erringen, wie sie derzeit Enea Silvio Piccolomini innehatte und wie sie einst, unter Sigismund, Branda di Castiglione bekleidet hatte. Der Erwerb einer derartigen Position, die in gewissem Umfang Einfluß auf die Investitur Francesco Sforzas nehmen ließ, konnte im Hinblick auf die herzogliche Anerkennung als Bischof von Pavia nur von Vorteil sein. Auch Enea Silvio Piccolomini dürfte sich bewußt gewesen sein, daß – angesichts des erfolgreichen Abschlusses der Legation und des guten Eindrucks, den Giovanni di Castiglione bei Friedrich  III. hinterlassen hatte (und den er dank des kaiserlichen Schreibens sogar schriftlich dokumentiert hatte)  –  die Wahrscheinlichkeit recht hoch war, daß man Giovanni di Castiglione ebenfalls mit der Legation für den Reichstag betrauen würde, zumal der Bischof von Pavia in Rom über so einflußreiche Fürsprecher wie Guillaume d’Estouteville verfügte. Wenn Enea Silvio Piccolomini sich am 1. Januar 1454 an Juan de Carvajal wandte, von dem er hoffte, daß er die Entscheidung über die Vergabe der Legation an der Kurie beeinflussen könnte, und wenn er diesen bat, sich dafür einzusetzen, daß, falls kein Kardinal kommen könne, doch zumindest ein dem Kaiser und der (deutschen) Nation genehmer Prälat entsandt werde,65 so hat dies nicht zwangs63 Daß das an den Pontifex gerichtete Schreiben nicht dem Willen Friedrichs III. entsprang, sondern ausdrücklich auf Wunsch Giovanni di Castigliones angefertigt wurde, geht aus dem Brief hervor, den der Kaiser zwischen dem 24. und dem 31.  Dezember  1453 an den Papst schickte: «Licet autem non dubitemus responsum nostrum dicto legato datum per litteras eius sanctitati vestre plene significatum iri, quia tamen idem a nobis optavit, ut que sibi respondimus, apostolico culmini nostris scriptis insinuaremus, eius petitioni noluimus adversari» (RTA 19,1, n° 11, S. 71; Wolkan, III/1, n° XIII, S. 597). 64 RTA 19,1, n° 11, S. 72; Wolkan, III/1, S. 601. 65 «audito legato sedis apostolice decrevit imperator cum suis principibus apud Ratisponam in festo sancti Georgii conventum habere, in quo de copiis adversus Turchorum furorem et impetum instruendis transigat. citius dies dicta fuisset, si legatus ad nos maturius accessisset. hec

V.1 Neue Strategien des Giovanni di Castiglione

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läufig zu bedeuten, daß Giovanni di Castiglione am Kaiserhof einen schlechten Eindruck hinterlassen hatte, wie Weigel und Grüneisen glauben.66 Man wird im Gegenteil Enea Silvio Piccolominis Vorgehen vielmehr als Beweis dafür werten können, daß sich Giovanni di Castiglione am Kaiserhof so gut präsentiert hatte, daß Enea Silvio Piccolomini zu fürchten begann, der Prälat könne ihm als Rivale gefährlich werden, sollte er sich ebenfalls darauf verlegen, über die kaiserliche Fürsprache den Kardinalshut zu erlangen, wie es auch Enea Silvio Piccolomini seit längerem versuchte.67 Dem Bischof von Siena, der wohl selbst gern diese Legation übernommen hätte,68 schien es daher sicherer, diesen möglichen Konkurrenten von vornherein von seinem Tätigkeitsfeld fernzuhalten. Ein Indiz für die Tatsache, daß der Bischof von Siena bestrebt war, den Bischof von Pavia aus dem für sich beanspruchten Terrain zu drängen, dürfte auch dessen großes Bemühen sein, Giovanni di Castiglione bei dessen Landesherrn, Francesco Sforza, in ein gutes Licht zu setzen. Falls es ihm gelingen sollte, seinen „möglichen Kontrahenten“ mit dem Herzog von Mailand „auszusöhnen“, so würde er verhindern können, daß sich dieser, auf der Suche nach einem anderen Protektor, noch stärker an den Kaiser zu binden vermochte. Obwohl Giovanni di Castiglione von Francesco Sforza nie offiziell den Auftrag erhalten hatte, für die Investitur des Herzogs zu werben, hatte er am Kaiserhof den Eindruck erweckt, von oberster Stelle mit dieser Aufgabe betraut worden zu sein. Dabei mochte dem Bischof zugute gekommen sein, daß er sich mit Sceva da Curte, der zu dieser Zeit im Namen des Herzogs an den von Nikolaus V. an der Kurie anberaumten Friedensverhandlungen teilnahm, so gut arrangiert hatte. Denn Sceva da Curte, der auch für seine spontanen Einfälle bekannt war,69 hatte Giovanni di Castiglione, kurz bevor dieser am Ende des Jahres 1453 ins Reich intelligetis abunde ex his scriptis, que pietati apostolice sublimitas imperatoria scribit. vestrum nunc est, de legato providere, qui conventum accedat. quantum intelligo, multum vestra dignatio cunctis Theutonicis esset accepta; […] quod si ex numero cardinalium haberi non possit, alius saltem acceptus imperatori et nationi mittatur scribanturque littere, quas cesar requirit, et mittantur ocius, ne mora longa fiat longior» (RTA 19,1, n° 12,1, S. 72 f.). 66 RTA 19,1, S. 49. 67 In der Tat schien sich Friedrich III. bereits seit längerem, wenn auch erfolglos, für die Erhebung des Enea Silvio Piccolomini ins Kardinalat verwandt zu haben. So schrieb der Bischof von Siena etwa am 22. Januar 1454 an Heinrich Senftleben: «promotionem autem ex illis aliam non spero; nisi enim imperialia scripta me iuvent, in aliis parum confido» (RTA 19,1, n° 16,13, S. 124). – Zu Senftleben siehe unten, Kap. V Anm. 99. 68 So unterstrich Enea Silvio Piccolomini, möglicherweise um den Fokus auf sich zu lenken, daß unter den Deutschen  –  seines Erachtens  –  kein geeigneter Kandidat für eine derartige Legation zu finden sei: «de natione non creditur prelatus ad eam rem idoneus esse» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 1. Januar 1454, RTA 19,1, n° 12,1, S. 73). 69 So klagte etwa Nicodemo Tranchedini, der gemeinsam mit Giacomello da Trivulzio und Sceva da Curte im herzoglichen Auftrag den an der Kurie abgehaltenen Gesprächen über den Abschluß eines inneritalienischen Friedens beiwohnte, in einem am 1. März 1454 an den Herzog gerichteten Schreiben darüber, daß der Umgang mit Sceva aufgrund seiner Spontaneität große Geduld erfordere: «Vostra celsitudine vederà per la circumvoluta littera per parte de noy tre la pacientia me bisogna havere cum messer Sceva, qual como gli salta la fantasia vole scrivere quel

140 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg aufgebrochen war, sozusagen in Eigeninitiative gebeten, beim Kaiser für die herzogliche Sache einzutreten. Außerdem hatte Sceva da Curte dem Bischof von Siena in einem Schreiben in anderer Sache von der „Mission“ des Giovanni di Castiglione berichtet.70 Enea Silvio Piccolomini scheint Giovanni di Castiglione in der Tat als eigentlichen „Verhandlungspartner“ in Sachen Investitur betrachtet zu haben, denn sonst hätte sich der Bischof von Siena wohl in dem Brief vom 10. Januar 1454 ausführlicher gegenüber Sceva da Curte zu den die Investitur betreffenden Entwicklungen geäußert. So aber begnügte sich Enea Silvio Piccolomini damit, Sceva mitzuteilen, daß ihn Giovanni di Castiglione über das Neueste in dieser Sache in Kürze informieren werde.71 Erst knapp zwei Wochen später, am 22. Januar 1454, als Enea Silvio Piccolomini davon ausging, daß der Bischof von Pavia den Hof in Mailand mittlerweile unterrichtet und auch der zumeist in Florenz wirkende herzogliche Gesandte Niccolò degli Arcimboldi72 Francesco Sforza inzwischen die Vorstellung des Kaisers über eine Investitur unterbreitet hatte, brachte Enea Silvio Piccolomini dieses Thema erneut zur Sprache.73 So gli pare et vole sia ben facto, messer Iacomello et io per honore vostro el segundiamo» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 70 Sceva da Curte teilte dies dem Herzog erst einige Monate später, im Februar 1454, mit: «Adviso io, Sceva, la vostra signoria che, licet la vostra excellentia non l’habia saputo, io come da me stesso parlay alla partita soa al vescovo de Constanza molto caldamente, quando questi dì passati andò al imperatore, sopra il facto de vostri privilegii del dogato, et che dopo le debite recomandationi et reverentie dovesse per nostra parte dire et fare alla mayestà sua fede como di facti della signoria vostra. Io non li dixi bosia, et questo se p[u]ò vedere per li effecti che, quando la sua maiestà volesse cum effecto attendere ad quella materia, ch’io ancora impetraria da la signoria vostra de ritornare da luy. Ma per andare in dubio non me ne voglio impazare. Et più altre cose li manday ad chiarire in honore e magnificentia de la signoria vostra. et cossì ne scripsi io al vescovo de Sena, il quale è valente homo et servitore della signoria vostra et mio grande amico, al quale etiamdio scripsi vedesse modo s’el poteria farme havere lo privilegio del contato palatino mio, lo quale me offerì et me promise» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub mense). 71 «in re vestra, que facta sint, ex domino Papiensi plenius intelligetis» (Enea Silvio Piccolomini an Sceva da Curte, 10. Januar 1454, RTA 19,1, n° 12,6, S. 74; Wolkan, III/1, n° 217, S. 406). 72 Auch Niccolò degli Arcimboldi verfolgte im übrigen gegenüber dem Kaiser durchaus ein eigenes Anliegen. So versuchte er, Friedrich III. dazu zu bewegen, seinen Titel eines Pfalzgrafen als erbliche Würde zu erklären; ein Ansinnen, bei dem – wie ihm Enea Silvio Piccolomini mitteilte – die Aussichten auf einen Erfolg nicht allzu gut stünden. Auch Giovanni di Castiglione plante man, nach dessen Rückkehr als Fürsprecher für dieses Unterfangen zu gewinnen: «de privilegio vestro non est, quod promittere possim, nam cesar illud ad heredes nequaquam concedere vult. Papiensis episcopus non adest; […] cum redierit, si voluerit de hoc negocio loqui, assistam sibi et rem vestram quasi meam juvabo neque putetis voluntatem mihi hactenus defuisse. facultas negata est. ego certe vobis quantum homini quem norim afficior, sed non est imperator, qui meis verbis duci possit; satis est mihi, si aliquando me audit» (Enea Silvio Piccolomini an Niccolò degli Arcimboldi, 7. März 1454, Wolkan, III/1, n° 268, S. 456). 73 «existimo, que gesta sunt cum cesare in rebus tui domini, Papiensem episcopum tibi plene significasse; non est, cur illa repetam. mihi semper visum est ex usu esse tuo principi, ex imperio titulum habere. neque enim filii sui eam semper vel fortunam vel peritiam in bellis habebunt, que nunc in eo est; multus adhuc sub pennis aquile favor adest. credo te cognovisse ex viro gravi et doctissimo, domino Nicolao Arzimboldo, quod sit desiderium cesaris. ego illud sibi Florentie ante duos annos exposui» (ed. in: Wolkan, III/1, n° 242, S. 430; zum Teil auch in RTA 19,1,

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ließ er den herzoglichen Gesandten Sceva da Curte wissen, wenn es Francesco Sforza zusage, möge er doch einen Gesandten nach Regensburg schicken, wo man vielleicht eine Übereinkunft erzielen könne.74 Im Frühjahr des Folgejahres, so viel sei vorweggenommen, zeigte sich Enea Silvio Piccolomini sogar bereit, Giovanni di Castiglione in Schutz zu nehmen, als dieser ihm von einem Schreiben berichtete, in dem Francesco Sforza seine Entrüstung darüber zum Ausdruck brachte, daß Friedrich III. Pavia und Mailand zum Reichstag geladen habe, ohne zuvor sein Einverständnis einzuholen.75 So hob Enea Silvio Piccolomini gegenüber Sceva da Curte hervor, es sei ihm unverständlich, wie Francesco Sforza auf den Gedanken kommen könne, daß ein so loyaler Diener wie Giovanni di Castiglione nicht alles zum Besten des Herzogs verrichte.76 Wenn es das Ann° 15,15, S. 110). – Ein weiteres Schreiben scheint Enea Silvio Piccolomini bezüglich der Investitur dann im Februar 1454 an Sceva da Curte geschickt zu haben. Dieser wiederum erstattete hierüber der Mailänder Herzogin Bianca Maria am 26. Februar 1454 Bericht und teilte dieser auch mit, daß er einen entsprechenden Brief des Enea Silvio Piccolomini an den herzoglichen Rat weitergeleitet habe: «Mo novamente monsignore vescovo de Sena, el quale è lo primo homo apresso al imperadore et è gentilhomo de Senna, de quili che in Sena non hanno stato, homo sapientissimo et partixano de la vostra signoria, m’ha scripto sopra questa materia un’altra litera, la quale io mando al vostro magnifico consiglio secreto, pregandoli vogliono de ciò fare cappo a la vostra signoria, […] et assay intenditi que importa e non importa havere o non havere dicti tituli, e chi dicese non lì sonno denari al presente, maxime considerata la guerra (la qual me credo, e qui sum certo, habia ad havere loco più tosto che la pace), me ricordò ch’io terai l’imperadore a C mila ducati et sperava poterlo terare a LXXX mila a darli i X anni omni anno la rata sua, et era contento de la promessa e segurtà del marchese de Mantua che sariano ottomilia ducati l’anno o X mila al più, gran fatto sarà non sapiamo per uno qualche modo extraordinario ritrovarli senza movere intrata […] ordinaria ni extraordinaria del signore, me daria l’animo a me di farlo. Per fare tanto beneficio la vostra signoria porrà consultare questa cosa e poi farne cum el signore quela intentione vi parirà o lassare stare, al quale io non scrivo nulla al presente più de questo fatto per non havere havuto risposta a l’altre […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 74 «si tuo principi ad eam rem animus est, poterit legatos mittere Ratisponam et ibi fortasse negocium concludetur» (Enea Silvio Piccolomini an Sceva da Curte, 22. Januar 1454, Wolkan, III/1, n° 242, S. 430 f.). 75 Giovanni di Castiglione wiederum gab dem herzoglichen Gesandten Sceva da Curte am 3. Mai 1454 zu verstehen, Enea Silvio Piccolomini sei über diesen „Stilbruch“ genauso erstaunt und erschüttert wie er selbst: «narravi domino Senensi de scriptis, de quibus fecistis michi verbum in Bononia; plurimum admiratus est, cum et ipse nil penitus scierat, et subito dixit: ista esset mala retributio sincere affectionis vestre ad statum domini ducis. cuius honorem tanta instantia queritis» (RTA 19,1, n° 25,3, S. 228). 76 In diesem Schreiben vom 3. Mai 1454 gab Enea Silvio Piccolomini vor, von den an die Städte Pavia und Mailand versandten Schreiben nichts gewußt zu haben. Diese seien vermutlich nicht mit böser Absicht verfaßt worden, sondern nur, weil man wohl geglaubt habe, so einen guten Weg gefunden zu haben, Francesco Sforza (den Friedrich III. nicht als „Herzog“ habe anreden wollen), nicht dadurch zu verstimmen, daß man ihn lediglich als „Graf “ hätte titulieren müssen: «retulit mihi per hos dies reverendus pater episcopus Papiensis, imputatum sibi esse apud dominum ducem, quod eius opera scriptum sit civitati Mediolanensi ac etiam Papiensi per cesarem, ut ad dietam Ratisponensem mitterent oratores. cum hoc audivi, duplex admiratio me tenuit: una quod scriptum esset illis communitatibus, que nullam iurisdictionem aut potestatem habent; altera quod hoc episcopo Papiensi imputari debeat, quasi is sit, qui conetur domini ducis statum perturbare, cum ego conscius sim episcopum ipsum cum magna affectione et diligentia

142 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg sinnen Enea Silvio Piccolominis war, Giovanni di Castiglione auf diese Weise von seinem Betätigungsfeld am Hofe des Kaisers fernzuhalten, sollte er vorerst keinen Erfolg haben, denn den Mailänder hatte nicht zuletzt die Einflußnahme seines Verwandten Branda di Castiglione gelehrt, wie wichtig das Ausspielen der Karte des „Reiches“ – sowohl im Hinblick auf eine Karriere in Mailand wie auch auf einen schnelleren Aufstieg an der Kurie – sein konnte. Nachdem Giovanni di Castiglione zum Jahresende 1453 den Kaiserhof verlassen hatte,77 begab er sich im Auftrag von Nikolaus V. nach Prag an den Hof von König Ladislaus,78 um dort weitere Kräfte für einen Türkenkreuzzug zu mobilisieren. In Prag hielt der päpstliche Legat vor dem ungarischen König Ladislaus, der am 4. September 1452 aus der Vormundschaft Kaiser Friedrichs III. „befreit“ und am 29. Oktober 1453 in Prag auch zum König von Böhmen gekrönt worden war, am 10. Januar 1454 eine Rede (Tametsi nihil dubitet). Darin verdeutlichte er die unmittelbare Bedrohung, welche die Türken für die von Ladislaus beherrschten Lande darstellten, appellierte an den König, entsprechende Schutzvorkehrungen zu treffen, und forderte diesen ganz entschieden dazu auf, sich gegen die Türken zu erheben.79 Nicht der böhmische Kanzler Prokop von Rabenstein, dem Giovanni di Castiglione von Enea Silvio Piccolomini am 10. Januar 1454 als «humanissimus et optimus pater» ankündigt worden war,80 sondern János Vitéz,81 der ungarische Kanzler, beantwortete als Repräsentant der stärker von der Türkengefahr betroffenen Gebiete,82 die Rede des Legaten. Diese Replik fiel allerdings recht vage negotia domini ducis imperatori commendasse. certe dominus episcopus nihil omnino scivit, cui scriberetur in facto diete. ego quoque, de quo magis suspicari possetis, nunquam intellexeram, quod illis communitatibus scriberetur et, si scivissem, puta, quia bonis rationibus impedivissem. sed scriptum est, ut intelligo, non causa mala, sed solum quia nolebant scribere domino duci ut duci et timebant offendere, si ut comiti scriberent. receperunt igitur hec medium scribendi communitatibus, quamvis hoc minus consulte factum est et sine iudicio consiliariorum […]» (RTA, 19,1, n° 15,17, S. 110 f.; Wolkan, III/1, n° 277, S. 471). 77 Daß Giovanni di Castiglione am 1. Januar den kaiserlichen Hof wieder verlassen hatte, wissen wir aus einem Schreiben, das Enea Silvio Piccolomini an diesem Tag an den päpstlichen Geheimsekretär Pietro da Noceto sandte und in dem es heißt: «legatus apostolicus in re Turchorum apud nos fuit» (RTA 19,1, n° 12,2, S. 73; Wolkan, III/1, n° 214, S. 402). 78 Diese Reise führte Giovanni di Castiglione durch das verschneite, winterliche Mähren und Böhmen: «Postea vero quam ab ipso imperatore discessi, superato illo Moravorum Bohemorumque denso ac nivoso algore ventum est ad illustrissimum dominum Ungarorum Bohemorumque regem» (aus der Regensburger Reichstagsrede von Giovanni di Castiglione, RTA 19,1, n° 13, a 1, S. 76 f.). 79 Diese Rede, die weitgehend mit der später vor Friedrich III. in Wiener Neustadt gehaltenen oratio übereinstimmt, findet sich ed. in: RTA 19,1, n° 13, a 2, S. 77–80 (die identischen Passagen sind in den RTA mit Petitdruck kenntlich gemacht). 80 «de novitatibus Italie vel nostre curie non est opus scribere, veniente ad vos reverendissimo patre domino legato, humanissimo et optimo patre, qui cuncta vestre magnificentie reserabit» (ed. in: Wolkan, III/1, n° 215, S. 403 f.). 81 Zu Vitéz siehe oben, Kap. V Anm. 2. 82 Siehe hierzu den Kommentar von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 75.

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und unverbindlich aus.83 Doch offenbar führte Giovanni di Castiglione mit den von Ladislaus ernannten Bevollmächtigten erfolgreich weitere Gespräche, denn neun Tage später, am 19. Januar 1454, wurde ihm von János Vitéz offiziell eine zweite, nun wesentlich konkretere Antwort erteilt, in der König Ladislaus zusicherte, die Landtage von Ungarn, Böhmen und Mähren zu konsultieren. Am 26. Januar 1454 richtete Ladislaus zudem ein Schreiben an Nikolaus V., in dem er um Verständnis dafür bat, daß er in dieser gravierenden Angelegenheit unbedingt den Rat der Landtage einholen müsse, bevor er einen definitiven Bescheid geben könne. Außerdem versprach er, bald eine Gesandtschaft zu schicken.84 Da der König dem Pontifex überdies für die Entsendung des Legaten dankte und diesen mit lobenden Worten bedachte,85 darf man wohl annehmen, daß Giovanni di Castiglione sich auch in Prag gut zu präsentieren wußte. Dieser Eindruck wird zudem in einem Schreiben Enea Silvio Piccolominis vom 14. Februar 1454 bestätigt, in dem der kaiserliche Sekretär den Kardinal Juan de Carvajal wissen ließ, daß Giovanni di Castiglione in Böhmen „gern gesehen“ sei.86 Es ist nicht auszuschließen, daß die im Winter des Jahres  1454 geknüpften Verbindungen dazu führten, daß König Ladislaus 1456 die Bitte an die Kurie richtete, Giovanni di Castiglione ins Kardinalat87 zu erheben.88 Ganz im Stil seines Verwandten Branda bemühte sich Giovanni di Castiglione zu diesem Zeitpunkt, das internationale Parkett zu betreten, um ein europäisches Netzwerk zur Beförderung der eigenen Karriere aufzubauen. Er wollte auf sich aufmerksam machen, die Herrscher und deren Berater beeindrucken und ihr Wohlwollen erlangen.89 Da das Verhältnis Giovanni di Castigliones zu seinem eigenen Landesherrn Francesco 83 Ebd.,

n° 13, a 3, S. 81 f. hierzu RTA 19,1, n° 13, a 5, S. 87. – Am 14. Februar 1454 kündigte auch Enea Silvio Piccolomini Kardinal Carvajal an, daß bald eine Gesandtschaft aus Böhmen zum Papst kommen werde (RTA 19,1, n° 13, a 11, S. 88; Wolkan, III/1, n° 256, S. 443). 85 «legatum et visitacionem apostolice gracie, quibus hoc tempore magno sanctitatis vestre favore consolati sumus, magna gratitudine suscepimus, illius venerabili persona, huius vero fructu condelectati. ubi inprimis coluimus ipsum virum dignum eo munere, quo apostolice sedis et magisteria doctus referret et exempla disertus nunciaret. recte enim expectacioni ac desiderio nostro oblatus, apostolice erga nos affectionis faciem representavit ac simul allatis rebus parem sermonem accomodans nobis visitacionis ipsius graciam effecit graciorem. quo docente intelleximus eciam provisionem amplissimam beatitudinis vestre […]» (König Ladislaus an Papst Nikolaus V., 26. Januar 1454, ed. in: RTA 19,1, n° 13, a 5, S. 86 f.). 86 «episcopus Papiensis in Bohemia bene visus est» (ed. in: Wolkan, III/1, n° 256, S. 443). 87 Vermutlich stand Giovanni di Castiglione bei seinem Besuch bei Ladislaus auch das Bild des Enea Silvio Piccolomini vor Augen, hatte sich der König doch – wie Giovanni sicherlich wußte – im September 1453 für die Verleihung des roten Hutes an Enea Silvio Piccolomini ausgesprochen [zu diesem Empfehlungsschreiben für Enea Silvio Piccolomini vom 12. September 1453 siehe Wolkan, III/1, n° 206, Anm. a, S. 392 f.]. 88 Siehe hierzu unten, Kap. VII Anm. 224. 89 Möglicherweise hat Giovanni di Castiglione am böhmischen Hof ebenfalls für den Mailänder Herzog geworben. So könnte es durchaus auch auf die Mittlertätigkeit Giovanni di Castigliones zurückzuführen sein, daß sich König Ladislaus wenige Jahre später an seinen „lieben Freund“, den Herzog von Mailand, wandte und diesen um Unterstützung im Kampf gegen die Türken bat [siehe hierzu Joseph Chmel (Hg.), Briefe und Actenstücke zur Geschichte 84 Siehe

144 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Sforza bekanntermaßen nicht ungetrübt war, konnte es nur von Vorteil sein, wenn er rechtzeitig einflußreiche Fürsprecher gewann und sich auch die Gunst von deren Kanzlern und Sekretären sicherte, waren doch diese für das Abfassen der entscheidenden Schreiben verantwortlich.90 Im Anschluß an seinen Aufenthalt in Prag begab sich der päpstliche Legat, der mit den dort erzielten Resultaten durchaus zufrieden war,91 nach Buda, um der dort einberaumten Ständeversammlung beizuwohnen.92 Da Giovanni di Castiglione den Hof von Ladislaus jedoch frühestens am 19. Januar 1454, nach Anhören der von Vitéz erteilten Antwort, verlassen haben dürfte, werden er und die ihn begleitenden Gesandten93 mit großer Wahrscheinlichkeit erst nach dem 25. Januar 1454 in Buda angelangt sein, als die Ständeversammlung bereits die wichtigsten Entscheidungen getroffen hatte.94 An diesem Tag wiederum hatte der einstige Gubernator János Hunyadi,95 den Ladislaus nach der Krönung in Prag in seinen Ämtern bestätigt hatte, ein wichtiges Dekret durchgesetzt, das ihn zum capitaneus generalis machte.96 Mit ihm, dem neuen Oberbefehlshaber, und den ungarischen Magnaten, die im Februar seine Rede (Non parum leticie) hörten, scheint Giovanni di Castiglione intensive Beratungen geführt zu haben.97 Bei diesen Gesprächen konnte der Legat die Magnaten Ungarns dazu bringen, die der Herzöge von Mailand von 1452 bis 1513, in: Notizenblatt-Beilage zum Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 6 (1859), n° 2, n° 3, S. 32 f.]. 90 So bedankte sich auch Enea Silvio Piccolomini am 24. Dezember 1453 bei János Vitéz, dessen Federzug er in einem Empfehlungsschreiben erkannt hatte (Wolkan, III/1, n°  206, S. 392 ff.). 91 Daß Giovanni di Castiglione mit dem Ausgang der Gespräche in Böhmen zufrieden war, berichtete zumindest Enea Silvio Piccolomini am 15. Februar 1454 in einem Schreiben an Johannes von Lysura: «legatus apostolicus apud regem Ladislaum in Bohemia fuit. qui cum eum ad impugnationem Turchorum animaret, habuit responsum, quod optavit» (RTA 19,1, n° 13, a 12, S. 88; Wolkan, III/1, n° 257, S. 445). 92 «Hungari Bude convenere; legatus eo profectus est […]» (Enea Silvio Piccolomini an Heinrich Senftleben, 24. Februar 1454, RTA 19,1, n° 13, b 11, S. 91; Wolkan, III/1, n° 261, S. 449). 93 «remissus est ad conventum Hungarorumr [!] qui modo Bude celebratur. cum eo pergunt ex Bohemia et Austria oratores regii» (Enea Silvio Piccolomini an Johannes von Lysura, 15. Februar 1454, RTA 19,1, n° 13, b 10, S. 91; Wolkan, III/1, n° 257, S. 445). – Die Gesandten sollten ein königliches Memorandum für die ungarischen Stände überbringen. Dieses enthielt Instruktionen für die mit dem Despoten von Serbien abzuhaltenden Verhandlungen wie Vorgaben für die mit dem päpstlichen Legaten zu führenden Gespräche (ed. in: RTA 19,1, n° 13, b 1, S. 90). 94 Der Bischof von Siena hatte schon am 22. Januar 1454 Heinrich Senftleben gegenüber die Befürchtung geäußert, Giovanni di Castiglione werde es nicht schaffen, rechtzeitig in Buda anzukommen: «Hungari dietam Bude tenent. nescio, an legatus poterit illuc in tempore pervenire» (RTA 19,1, n° 13, b 7, S. 91; Wolkan, III/1, n° 236, S. 425). 95 Zu Hunyadi siehe u. a. Joseph Held, Hunyadi. Legend and Reality, New York 1985 (East European Monographs 178); Karl Nehring, Hunyadi, Johannes, in: LexMA V (1991), Sp. 226. 96 Siehe hierzu u. a. die Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Juan de Carvajal und an Johannes von Lysura vom 14. und 15. Februar 1454, RTA 19,1, n° 13, b 9/b 10, S. 91; Wolkan, III/1, n° 256, S. 443; n° 257, S. 445. 97 Der Text dieser Rede wurde bislang noch nicht aufgefunden. Wir verfügen lediglich über eine knappe Inhaltsangabe. Diese ist in der Rede enthalten, die Giovanni di Castiglione in Regensburg vortrug: Siehe hierzu RTA 19,1, n° 13, b 2, S. 90 f.

V.1 Neue Strategien des Giovanni di Castiglione

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Zusage zu geben, bald eine Abordnung nach Rom zu senden.98 Zwar zeigte Enea Silvio Piccolomini am 24. Februar 1454 Heinrich Senftleben,99 dem kaiserlichen Prokurator an der Kurie, die baldige Rückkehr Giovanni di Castigliones an,100 doch scheint der päpstliche Legat noch bis Anfang März in Ungarn geblieben zu sein.101 Möglicherweise wollte er gemeinsam mit der ungarischen Delegation aufbrechen; als es dann aber zu Verzögerungen kam, reiste er ohne diese ab. Am 16. März 1454 teilte Enea Silvio Piccolomini in einem weiteren Schreiben an Johannes Hinderbach mit, der päpstliche Legat sei aus Ungarn zurückgekehrt und habe sich nun nach Rom begeben.102 Der Umstand, daß sein Weg Giovanni di Castiglione – wie aus seinen Reden auf dem Frankfurter Reichstag hervorgeht – nach dem Aufenthalt in Buda ein weiteres Mal an den kaiserlichen Hof geführt hatte,103 findet indes in den Briefen des Enea Silvio Piccolomini keine Erwähnung. Vermutlich dürfte dieses Stillschweigen darin begründet gewesen sein, daß Giovanni di Castiglione damals, wie er es auch in den folgenden Jahren tat,104 im Konflikt zwischen Hunyadi bzw. zwischen Ladislaus und Friedrich III. zu vermitteln versuchte und Enea Silvio Piccolomini, wie oben bereits angedeutet, einmal mehr fürchtete, ein weiterer Italiener könne in den von ihm beanspruchten Zuständigkeitsbereich eingreifen und ihm seine Kompetenzen zumindest teilweise streitig machen. Auch wenn Giovanni di Castigliones Tätigkeit als Legat, die er sich durch die Unterstützung Estoutevilles erwirkt hatte, nicht unmittelbar zur herzoglichen Akzeptanz seiner Translation nach Pavia führte, so hatte er für seine Zukunft doch ein weiteres wichtiges Fundament gelegt, denn es war dem Prälaten in nur etwas mehr als zwei Monaten geglückt, mit Kaiser Friedrich III., König La  98 Diese Entsendung einer Delegation hatte ihnen auch das königliche Memorandum nahegelegt; zu diesem Memorandum siehe oben, Kap. V Anm. 93.   99 Zu dem aus Groß-Glogau in Niederschlesien stammenden Heinrich Senftleben, den Friedrich III. zu seinem Prokurator an der römischen Kurie ernannt hatte, siehe u. a. Andreas Sohn, Deutsche Prokuratoren an der römischen Kurie in der Frührenaissance (1431–1474), Köln u. a. 1997 (Norm und Struktur 8), S. 228–239. 100 «legatus […] cito reversurus» (Enea Silvio Piccolomini an Heinrich Senftleben, 24. Februar 1454, RTA 19,1, n° 13, b 11, S. 91; Wolkan, III/1, n° 261, S. 449). 101 Zumindest heißt es in den Briefen, die der Bischof von Siena am 4. März 1454 an Juan de Carvajal und am 7. des Monats an Niccolò degli Arcimboldi sandte: «Papiensis episcopus in Hungaria nunc est, reversurusque dietim expectatur» (Wolkan, III/1, n° 267, S. 454) bzw. «Papiensis episcopus non adest; ivit ad Hungaros» (Ebd., n° 268, S. 456). 102 «legatus apostolicus ex Hungaria reversus Romam repetit; ait Hungaros ad rem Turchorum fervidos esse, quamvis habent inducias cum his ad menses undecim» (Enea Silvio Piccolomini an Johannes Hinderbach, 16. März 1454, RTA 19,1, n° 13, b 12, S. 91; Wolkan, III/1, n° 269, S. 457). 103 «[…] consummatis singulis demum nostre illius legacionis, quo usui essemus, desiderio imperatoris repedavimus ad eum […]» (Pollicitus, Rede des Giovanni di Castiglione auf dem Frankfurter Reichstag, RTA 19,2, n° 17,1; Johannes Helmrath, Die Reichstagsreden des Enea Silvio Piccolomini. Studien zu Reichstag und Rhetorik [mit Edition und Kommentar], 2 Bde. [Köln, Habil.-Schr., 1994 (masch.-schriftl.)], S. 414). 104 Siehe hierzu unten, Kap. VI.2, S. 202 ff.; VIII.1, S. 288 ff.

146 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg dislaus und János Hunyadi drei führende Persönlichkeiten aus Mitteleuropa für sich einzunehmen, mithin aus jenem Machtbereich, in dem sein Vorbild Branda di Castiglione  –  wenn man von der italienischen Staatenwelt absieht  –  seinen Hauptaktionsradius hatte. Ein Motiv für Giovanni di Castiglione, sich an diesen Höfen einen möglichst guten Namen zu machen und stabile Kontakte zu knüpfen, dürfte in seinem ambivalenten Verhältnis zum Mailänder Herzog gründen. Doch mochte ihm überdies die diplomatische Vita seines Vorfahren Branda di Castiglione als Vorbild gedient haben. Dies ist umso wahrscheinlicher, als Branda di Castiglione in seiner Rolle als Mittler zwischen der italienischen Staatenwelt, dem Reich und Ungarn seinem Verwandten Giovanni stricto sensu bildlich im Baptisterium von Castiglione Olona vor Augen stand.105 Auf den ersten Blick scheint es so, als halte dieses 1435 von Masolino106 gestaltete Fresko nur das Bankett des Königs Herodes fest; doch beim genaueren Hinsehen entdeckt man, daß der Künstler – auf Wunsch seines Auftraggebers – den biblischen Gestalten die Züge seiner Zeitgenossen verliehen hat. So erkennen wir auf diesem Fresko, das  –  ganz im Sinne der Kunst des Quattrocento  –  verschiedene historische Ereignisse wechselseitig überblendet, daß Branda an der Ecke der Längsseite der Tafel rechts neben König Sigismund plaziert ist. Zur Linken des Luxemburgers gewahrt man János Hunyadi. Rechts von Branda, an der Stirnseite, hat Niccolò III. d’Este107 seinen Platz, gewisserma105 Zu diesem Baptisterium siehe Colombo, Conoscere Castiglione Olona, S. 67 ff.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 256 ff.; Ders., Castiglione Olona, S. 523–546. 106 Foffano zufolge soll Branda di Castiglione erstmals im April 1425 in Florenz Masolino da Panicale begegnet sein (I rapporti tra Italia e Ungheria, S. 76). Masolino hatte zu dieser Zeit die Ausgestaltung der Cappella Brancacci in der Kirche Santa Maria del Carmine übernommen. Im September desselben Jahres trat der Künstler – möglicherweise auf Vermittlung Brandas – in die Dienste Filippo Scolaris, des condottiere von König Sigismund. 1427, nach dem Tod seines Mäzens, begab sich Masolino zunächst zu Masaccio nach Rom; nach dessen Ableben förderte ihn Branda di Castiglione, für den er in dessen Titelkirche San Clemente die Katharinenkapelle sowie in Castiglione Olona die Stiftskirche und das Baptisterium mit Fresken ausgestaltete. Siehe hierzu Pietro Toesca, Masolino da Panicale, Bergamo 1908 (Collezione di monografie illustrate. Serie pittori, scultori, architetti 4); Ders., Masolino a Castiglione Olona, Mailand 1946 (Collezione Silvana. Affreschi italiani); Ugo Procacci, Sulla cronologia delle opere di Masaccio e di Masolino tra il 1425 e il 1428, in: Rivista d’arte 28 (1953), S. 3–55, hier: S. 36 f.; Alberto Martini, Masolino a Castiglione Olona, Mailand 1965 (L’Arte racconta. Le grandi imprese decorative nell’arte di tutti i tempi 3), S. 3 [Der Band besteht größtenteils aus Abbildungen]; Cattaneo/ Dell’Acqua, Immagini di Castiglione Olona, S. 3; Barili, Castiglione Olona e Masolino da Panicale; Cazzani, Castiglione Olona, S. 241 ff., 351 ff., 523 ff.; Ders., Il cardinale Branda, S. 170 f.; Perri Lee Roberts, Masolino da Panicale, Oxford 1993 (Clarendon Studies in the History of Art 12). 107 Vermutlich ist Brandas Entscheidung, gerade Niccolò III. d’Este die italienischen Staaten symbolisieren zu lassen, vor dem Hintergrund der am 10. August 1435 erfolgreich beendeten Friedensverhandlungen zwischen dem Papst, der florentinisch-venezianischen Liga und deren Kontrahenten, dem Herzog von Mailand, zu sehen, bei denen der Kardinal und Niccolò III. d’Este als Vermittler eine Schlüsselrolle spielten. Auf dem Fresko werfen sie sich gewiß nicht zufällig einen verständigenden Blick zu und scheinen dabei beruhigende und schlichtende Handbewegungen zu machen.  –  Zu diesem Friedensabkommen siehe Cazzani, Il cardinale

V.1 Neue Strategien des Giovanni di Castiglione

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ßen der einzige Repräsentant der italienischen Staatenwelt.108 Die „Verdopplung“ der Vertreter Mitteleuropas109 mag daran erinnern, daß in diesen Regionen über lange Jahre hinweg eben einer der Schwerpunkte von Brandas Aktivitäten lag.110 Zugleich könnte die Plazierung von Niccolò als Vertreter Italiens zur äußersten Linken und Hunyadi als Repräsentant Ungarns zur äußersten Rechten der Tafel das Ausmaß des sich über weite Teile Europas erstreckenden Netzwerkes veranschaulichen, in dessen „Angelpunkt“ der Kardinal – als Bindeglied zwischen der italienischen Staatenwelt und den anderen Ländern wohlkalkuliert an der Ecke des Tisches positioniert – seine Fäden spann. Ersetzte man in diesem Fresko Niccolò durch den gleichnamigen Pontifex oder durch Francesco Sforza, und Sigismund durch Friedrich III., so beschriebe man auch die Pole, zwischen denen Giovanni di Castiglione in den Jahren 1454 bis 1456, bis zu seiner Erhebung ins Kardinalat, agierte. Wenn der pater familias Branda auch mit der Zeit seine Aktivitäten von den östlichen Gebieten in die patria Mailand verlagerte, wird er sich dennoch darüber bewußt gewesen sein, daß diese Regionen für einzelne Familienmitglieder nach wie vor durchaus ein Branda, S. 193; Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 27; Girgensohn, Castiglione, Branda, S. 73. – Wenn Guarnerio di Castiglione als Abgeordneter des Herzogs von Mailand ebenfalls an diesen Friedensverhandlungen beteiligt war (siehe hierzu Villa, Guarnerio, S. 32 f.; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 192 f.), so mochte er dies auch der Fürsprache Brandas zu verdanken gehabt haben, welcher gewiß auf den Herzog von Mailand entsprechend eingewirkt hatte. 108 Zur Identifizierung von Niccolò d’Este, Branda di Castiglione, König Sigismund, János Hunyadi und Filippo Scolari siehe Maria Luisa Eiko Wakayama, Nuovi apporti all’iconografia nella Lombardia del primo Quattrocento. Masolino da Panicale a Castiglione Olona [Mailand, Università Cattolica. Tesi di dottorato, 1969/70]; Dies., «Novità» di Masolino a Castiglione Olona, in: Arte Lombarda 16 (1971), S. 1–16; Dies., Iconografia ritrattistica negli affreschi a Castiglione Olona, in: Arte Lombarda 17 (1972), S. 83–87; Dies., Il programma iconografico degli affreschi di Masolino nel Battistero di Castiglione Olona, in: Arte Lombarda, n.s.,  50 (1978), S. 20–32; Cazzani, Il cardinale Branda, S. 203. 109 Einen weiteren Verweis auf Ungarn liefert zudem das Portrait von dem 1429 verstorbenen früheren Protektor Masolinos und gutem Bekannten Brandas, Filippo Scolari, der in einer links neben Hunyadi stehenden, fünf Personen umfassenden Gruppe zu sehen ist. – Zu den Fresken siehe ferner Florio Banfi, Una scena del rinascimento ungherese in un affresco del Battistero di Castiglione Olona, in: Corvina 29/30 (1935), S. 61–99. 110 Vieles spricht dafür, daß Branda bei dieser Gesamtschau auf seine Tätigkeitsfelder auch seine Familie, der Zeit seines Lebens sein Augenmerk gehörte, nicht ausgeblendet hat. Die Gesichter der ihm am nächsten stehenden Verwandten könnten meiner Meinung nach zwischen den Köpfen der um Filippo Scolari versammelten Freunde auszumachen sein. Insbesondere der Jüngling und der Knabe im Hintergrund kämen in Betracht, da sie sich als einzige der fünf neben Hunyadi stehenden Personen nicht dem Bankett zugewandt haben, sondern einander fest in die Augen sehen, um so möglicherweise den starken familiären Zusammenhalt zu versinnbildlichen. Das Alter der Dargestellten sowie die Tatsache, daß gerade das Gesicht des Jüngeren noch ein zweites Mal, diesmal in unmittelbarer Nähe zu einem weiteren Bildnis Brandas (nämlich: in der die Taufe Christi illustrierenden zentralen Szene des Johanneszyklus), zu entdecken ist, könnte dafür sprechen, daß – zu Ehren des Johannes, des Namenspatrons des Baptisteriums – das Portrait von Giovanni di Castiglione gewählt wurde, um die Familie zu repräsentieren. Die zweite etwas ältere Gestalt könnte Zanone di Castiglione sein, der sich zu der Zeit, als Masolino die Fresken anfertigte, an der Seite Brandas aufhielt (siehe hierzu oben, Kap. II Anm. 97 f.).

148 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg gewisses Potential boten. Diese Botschaft dürfte Branda di Castiglione auch den Seinen übermittelt haben. So ist es gewiß kein Zufall, daß das Thema „Ungarn“ im Hause der Castiglione stets lebendig blieb, wie die große, ebenfalls von Masolino angefertigte Vedute von Veszprém111 in Branda di Castigliones Arbeitszimmer in Castiglione Olona zeigt. Und selbst in Pavia, der neuen Diözese von Giovanni di Castiglione, bestand durch das einem Studenten aus der Diözese Veszprém am Collegio Castiglione112 reservierte Stipendium das Andenken an die „ungarische Vergangenheit“ der Familie fort.

V.2 „… hinsichtlich des Bistums Pavia wird man schweigen …“113 – Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung Wie sehr sich die Strategie Giovanni di Castigliones, durch seine Annäherung an das Reich die Aufmerksamkeit des Herzogs zu gewinnen, langfristig bewährte, wird deutlich, wenn man sich die Änderung der Haltung Francesco Sforzas von Januar auf Februar 1454, also innerhalb nur weniger Wochen, vergegenwärtigt. Noch um die Jahreswende 1453/54 waren sämtliche Bitten des Kardinals Estouteville wirkungslos verhallt. Trotz aller Mahnungen der herzoglichen Gesandten, die den Kardinal von Rouen als die einzige „herzogliche Anlaufstelle für das Erbitten von Gefälligkeiten“ und den mächtigsten Mann an der Kurie, ja nahezu als „zweiten Papst“ beschrieben,114 dessen Gunst man sich unbedingt sichern müsse, hielt Francesco Sforza unnachgiebig an Giovanni di Castigliones Gegenkandidaten, dem Abt von Rivalta, fest.115 Weder das erneute Inaussichtstellen der sehr einträglichen Abtei Cerreto als adäquate Entschädigung für Giacomo Filippo Crivelli,116 111 Zu dieser Vedute siehe Enrico Horváth, Una veduta di Veszprem in un affresco di Castiglione d’Olona  –  Contributi al problema di Masolino, in: Corvina 6 (1926), S. 47–70; Mario Salmi, Lombardia, Veneto e Toscana a Castiglione Olona, in: Arte lombarda 8 (1963), S. 93–103, insb. S. 102. 112 Zu diesem siehe oben, Kap. II Anm. 20. 113 «Al facto del vescovato de Pavia se tacerà […]» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 22. Februar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). Das vollständige Zitat findet sich unten, Kap. V Anm. 126. 114 «non havendo nuy altro atacho de favore per la signoria vostra come monsignore Andegavense in questa corte […], Andegavensis ne pare per effecto lo tucto et lo primo homo de questa corte, et ad nuy pare per quella comprendemo ch’el sia un altro papa […]» (herzoglicher Gesandter an Francesco Sforza, Januar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub mense). 115 So liegt etwa vom 13. Januar 1454 ein verschlüsseltes Schreiben vor, in dem Francesco Sforza seine Gesandten Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio eindringlich aufforderte, den Papst mit Geschick dazu zu bringen, die Ernennung Crivellis zum Bischof von Pavia auszusprechen: «[…] perché sapete quante volte havimo scripto del vescovato de Pavia per questa ve replicamo et comandamo che debbiati fare ogni opera et diligentia perché la prefata sanctità remanga contenta de pronuntiare lo abbate di Crivelli iuxta la domanda et desiderio nostro» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 116 «Item dice che la signoria vostra p[u]ò darli l’abbadia de Cereto per cambio che dice valré tanto o più como lo vescovato, et in quella p[u]ò saldare li denari de esso ha havuti la signoria

V.2 Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung

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noch die Ankündigung, Giovanni di Castiglione (von dem man vorgab, daß er sehr wohlhabend sei) werde dem Herzog den „Schaden“ vergüten,117 noch die Beteuerungen des Kardinals Estouteville,118 noch die Warnung, der Papst würde den Abt von Rivalta nie akzeptieren,119 vermochten hieran etwas zu ändern. Und so befahl der Herzog noch Mitte Januar 1454 seinen Gesandten in Rom, auf die Erhebung Crivellis zum Bischof von Pavia zu drängen,120 und er ordnete zudem an, diese sollten den Kardinal von Rouen in Bezug auf Pavia mit schönen Worten hinhalten und abspeisen.121 Giovanni di Castiglione verzagte indes nicht, sondern wartete einfach ab, bis seine im Reich, in Böhmen und in Ungarn unternommenen Anstrengungen Früchte trugen. Er wußte, daß er schon allein deshalb zuversichtlich sein konnte, weil keine große Gefahr bestand, daß der Pontifex das Lager wechseln und sich mit einem Male unvermittelt hinter den Abt von Rivalta stellen würde. Zum einen vertrat Nikolaus V. die Auffassung, ihm werde eine Ernennung Giacomo Filippo Crivellis zum Bischof von Pavia nie zur Ehre gereichen, zum anderen wollte der Pontifex schon allein aufgrund der Existenz der in dieser Diözese gelegenen Universität keinen Mönch mit dem Bischofsamt betrauen.122 In der Tat sollte der päpstliche Widerstand, der wohl so entschieden war, daß die hervostra» (herzoglicher Gesandter an Francesco Sforza, Januar  1454, ASMi, Sf., PE, Roma  41, sub mense). 117 «Item dice che [… ] più quanti voreti ne farà exborsare alla signora vostra per lo vescovo de Constanza, el quale come dice è multo richo» (Ebd.). 118 «E de zo se offerre lo prefatto monsignore Andegavense fare per anco de presenti, dove piace alla signoria vostra» (Ebd.). 119 «Hanno molto pregati vogliamo de zo scrivere alla vostra signoria et cussì dicemo per nostro debito. Et ben dicemo alla signoria vostra che, per quanto possiamo sentire et intendere da ogni banda, ad nuy pare impossibile sive incredibile ch’el papa may revochi in questo facto zoè per la sanctità sia facto, né che may faza le bolle per messer l’abbate, maxime attento ch’è per lo vero dire Andegavense» (Ebd.). 120 So schrieben Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio am 19. Januar 1454 an France­ sco Sforza: «Nuy siamo stati de novo cum la sanctità de nostro signore per lo facto del vescovato de Pavia cum quele preghere et exortationi che sia posibile nonché fare ma ymaginare e cum argumenti asay che la sua sanctità voglia fare le bolle a misser l’abate de Crivelli del vescovato. In summa non lo volle fare e quando se li ne parla, pare a ponto a ponto ch’el parli d’una cosa imposibile, dicendo quelo da Castiliono esser valente homo, e molto se extende in le laude sue et item che ’l è tal persona e così fidata che e la chiexa de dio e la vostra signoria ne haverà bon servitio. Et che una volta l’ha conferito a lui in publico consistorio, non li saria posibile revocarlo per cosa del mundo. Et che, compiacendo la sanctità sua a la vostra signoria de le dece cose le octo, li pare anche la vostra signoria li doveria al lei compiacere de le due […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub mense). 121 «Al facto de quanto ve ha dicto monsignore Andegavense per lo vescovato de Pavia dicemo che vogliati non respondere altro, ma andare temporizando cum bone parole et soprasedere» (Francesco Sforza an seine Gesandten in Rom, 19. Januar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 122 «Item dice che la vostra signoria p[u]ò essere certa ch’el papa non daria ad modo alchuno tale dignità al abbate perché è monastico et non saria honore al papa. Considerato etiam che ad Pavia è lo studio saria male metterli un vescovo monaco» (herzoglicher Gesandter an Francesco Sforza, Januar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub mense).

150 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg zoglichen Gesandten Mitte Januar schrieben, jeder weitere Versuch, zugunsten von Crivelli zu intervenieren, sei nur vergebene Liebesmüh,123 in Verbindung mit Giovanni di Castigliones Verdiensten im Reich, in Böhmen und Ungarn alsbald den Herzog nachdenklich stimmen. Die Tatsache, daß Giovanni es dank seiner Kontakte an der Kurie hatte in die Wege leiten können, daß er – obgleich er nach wie vor nur den Rang eines Bischofs besaß und der Kaiser den Pontifex explizit um die Entsendung eines Kardinals ersucht hatte124 – auch noch zum päpstlichen Legaten für den in Regensburg abzuhaltenden Reichstag bestimmt wurde,125 mag ein übriges getan haben. Da der Kaiser versprochen hatte, an diesem Reichstag persönlich teilzunehmen, dürfte es nicht schwer gewesen sein, Francesco Sforza zu suggerieren, Giovanni di Castiglione könne die Versammlung gut als Plattform nutzen, um weiter für dessen offizielle Investitur zu werben. So erteilte der Herzog Mitte Februar  1454 seinen Gesandten die Weisung, das Thema Pavia an der Kurie zunächst nicht mehr anzusprechen.126 Doch daß der Herzog vor123  «A nuy in summa pare comprehendere non lo farà may, e che a parlargene più nuy sia tempo perduto» (Sceva da Curte und Giacomello da Trivulzio an Francesco Sforza, 19. Januar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 124 «[…] et si fieri potest, cardinalem transmittat» (Friedrich III. an Nikolaus V., 24.–31. Dezember  1453, RTA  19,1, n°  11, S. 72).  –  Vermutlich dürfte der Kaiser gehofft haben, der Papst würde sich erneut für den Kardinal Nikolaus von Kues, den päpstlichen Legaten der Jahre 1451/52, entscheiden oder der Bitte dadurch entsprechen, daß er dem im Reich für den Kaiser tätigen Enea Silvio Piccolomini den Purpur verleihen und anschließend dessen Legation verkünden würde. (Zu den Bemühungen des Kaisers, Enea Silvio Piccolomini den roten Hut zu verschaffen, siehe oben, Kap. V Anm. 67.) 125 Wahrscheinlich ließ sich der Papst für die Entsendung des Bischofs von Pavia gewinnen, weil er glaubte, daß aus dem niederen hierarchischen Rang wegen Giovanni di Castigliones Begabung keine wirkliche „Behinderung“ resultieren würde, hatten Nikolaus V. doch die eigenen Erfahrungen gelehrt, daß man selbst jemandem von bescheidener Herkunft im Falle von Leistung und Gelehrsamkeit so viel Gehör schenkte, daß er es schließlich bis zur höchsten Würde und auf den Stuhl Petri bringen konnte. Vermutlich dürfte der Papst, der wußte, wie sehr Francesco Sforza an einer offiziellen Legitimation seiner Herrschaft gelegen war, in der Entsendung des Giovanni di Castiglione auch eine Chance gesehen haben, den Herzog zu „überlisten“, um im Machtkampf um die Stellenvergabe im Lombardischen einen Sieg davonzutragen. In der Tat scheint dieses die plausibelste Erklärung für die vom Papst getroffene Entscheidung zu sein. Man wird schließlich kaum annehmen dürfen, daß Nikolaus V., der als Gelehrter einst von Branda di Castiglione protegiert worden war, sich dem Kardinal von Piacenza noch nach dessen Tod verpflichtet fühlte und daher aus reiner Loyalität gegenüber dessen Familie einen derartigen Schritt tat, der dem von Friedrich III. geäußerten Wunsch diametral zuwiderlief. Auch wird die alleinige Erinnerung an die einstige Legatentätigkeit Brandas auf den Reichsversammlungen von Nürnberg (1421 und 1422) kaum ausschlaggebend für diese Entscheidung gewesen sein. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich bei der Reise ins Reich auch nicht um eine derart unliebsame Mission, daß sich kein anderer Kandidat gefunden hätte, der bereit gewesen wäre, diesen Auftrag auszuführen. Enea Silvio Piccolomini etwa hätte diese Aufgabe nur zu gern selbst übernommen. 126 «Al facto del vescovato de Pavia se tacerà, come scrive la signoria vostra, finché a quisti facti sia posto qualche fine» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 22. Februar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma  41).  –  Gewiß mögen zu dieser Entscheidung noch andere Elemente beigetragen haben. So düfte das Thema der italienischen Friedensverhandlungen zeitweilig in den Vordergrund getreten sein. Von der geheimen Androhung des Papstes, die Befürworter Crivellis mit harten, bis zur Exkommunikation gehenden Strafen zu belegen, wird Francesco Sforza indes zu

V.2 Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung

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erst die Translation nicht weiter anfocht, war keineswegs der einzige Erfolg, den der Bischof zu dieser Zeit für sich verbuchen konnte. Ebenso wichtig dürfte für ihn die Tatsache gewesen sein, daß Francesco Sforza nun seine Mittlerrolle bei den Verhandlungen um die offizielle kaiserliche Anerkennung der Herzogswürde akzeptierte und Sceva da Curte nunmehr den Auftrag erteilte, alsbald mit Giovanni di Castiglione in Verbindung zu treten und diesen bei dem Erlangen der Investitur zu unterstützen.127 Daß der Herzog zu diesem Schritt hatte bewegt werden können, war vermutlich einem Schachzug des Sceva geschuldet: Als Francesco Sforza auf einen seiner Briefe, dem ein Schreiben von Giovanni di Castiglione beigefügt war, nicht reagierte hatte,128 wandte der Gesandte sich direkt an die Herzogin. Da diese auf ihren Mann großen Einfluß ausübte, beschrieb er ihr den päpstlichen Legaten als einen Francesco Sforza sehr ergebenen, klugen, tatkräftigen und rechtschaffenen Mann.129 Das von Sceva da Curte eingeleitete „Spiel über die Bande“ glückte, doch bahnte sich für Giovanni di Castiglione eine andere unerfreuliche Entwicklung an. Als der Prälat im März 1454, nach seiner Rückkehr nach Italien, die päpstliche Anordnung erhielt, umzukehren und sich zum Reichstag nach Regensburg zu begeben,130 war seitens des Kaisers bereits zunehmend die Bereitschaft dem Zeitpunkt, als er die Entscheidung fällte, das Thema Pavia zunächst ruhen zu lassen, noch nichts gewußt haben. Die Instruktion dürfte der Herzog (wenn man die durchschnittliche Dauer des Brieftransportes von etwa 10 Tagen zugrunde legt) etwa um den 12. Februar herum erteilt haben, Sceva da Curte berichtete seinem Herrn indes erst am 22. Februar 1454 von der päpstlichen Drohung: «[…] ma nuy havimo sentito, et è certo, sia su motu proprio del papa, sia ad instantia d’altri, ch’el papa ha commisso un breve dirresso a misser l’abate di Crivelli et a cadauno di suoy che se impazaré quoque modo del dicto vescovato cum terribile excommunicatione et anathematizatione e privatione de beneficii et inhabilitatione in perpetuum che certo meteria paura a uno ardito homo, ma non ne possemo parlare perché n’è ditto in secreto asay, e non ne poressimo parlare, l’amico saria scandelizato, pur lo abbate de San Mar[t]ino, quale è qua per d. l’abate, n’è anche informato e li ne scrive a compimento» (Ebd., sub die). 127 Dies bestätigt auch ein von Sceva da Curte an den Herzog gerichtetes Schreiben, das leider kein genaues Datum trägt (ASMi, Sf., PE, Roma 41). 128 «Lo dicto monsignore me ha rescripto havere molto bene excusato e ch’el tuto passarà molto bene et che ha anchora de molto meglio asay et che in brevi lui retornarà in Lombardia e venirà a visitare el signore e la signoria vostra e dirà più a pieno a bocha. Questa tal litera io la manday al signore, né poy may ne ho sentito parolla» (Sceva da Curte an Bianca Maria Visconti, 26. Februar 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 129 «[…] el papa mandava lo reve[rendissimo monsignore da Cast]iglono vescovo de Constanza sive de Pavia da lo imperadore per ambasatore e legato per facto del Turcho. Et havendolo io sempre veduto molto affectionato al stato de la vostra signoria et esser persona prudente, factiva et dabene, ricordandome di tituli vostri del ducato, como da me li parlai, pregandolo me offerisse et recomandasse ay pedi de la maestà del imperadore […]» (Ebd.). 130 Über diese päpstliche Anordnung setzte Giovanni di Castiglione den Mailänder Herzog von Bologna aus am 31. März 1454 in Kenntnis: «mi scontray uno corriero con uno breve de la sanctità soa per lo quale me manda che vada a la dieta, la quale lo imperadore ha instituita de lo mese d’aprile a la festa de sancto Georgio» [ASMi, Sf., PE, Romagna 156; siehe auch RTA 19,2, n° 10 (Einleitung)]. Auf seine bereits in Bologna thematisierte, dem päpstlichen Mandat geschuldete Änderung der Reiseroute vewies Giovanni di Castiglione am 3. Mai 1454 von Regensburg aus erneut: «io scrisse da Bologna a la illustrissima signoria vostra che iuxta mandatum de

152 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg gesunken, am Reichstag persönlich teilzunehmen: Hatte Enea Silvio Piccolomini schon am 15. Februar 1454 in einem Schreiben an Johannes von Lysura131 bezüglich der Anwesenheit des Kaisers erste Zweifel geäußert132 und sich auch am 16.  März  1454 gegenüber Johannes Hinderbach133 hinsichtlich der Teilnahme des Kaisers am Reichstag bedeckt gehalten,134 so erhärtete sich mit der Zeit der Verdacht, Friedrich III. würde der Versammlung in Regensburg fernbleiben. Enea Silvios an den Kaiser gerichteter eindringlicher Appell, der dem Habsburger vor Augen führen sollte, wie unerläßlich dessen unmittelbare Anwesenheit für einen erfolgreichen Ausgang des Reichstages und für das eigene Prestige war,135 verhallte. Das Zureden der anderen Räte Friedrichs III., die alle die Ansicht Enea Silvio Piccolominis teilten, blieb ebenfalls ergebnislos:136 Da János Hunyadi (der übrigens seinerseits entschieden hatte, den Regensburger Tag nicht zu beschicken) nicht dazu bewegt werden konnte, dem Kaiser ein Nicht-Angriffsversprechen für die Dauer des Reichstages zu geben,137 fürchtete Friedrich III. um die Sicherheit seiner Lande138 und beschloß, sich lediglich durch eine Gesandtschaft vertreten zu lassen.139 nostro signore tournava indreto per venire a questa cità» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, vgl. auch RTA  19,1, n°  25,4, S. 229).  –  Daß der Bischof von Pavia sich in Bologna aufgehalten hatte, geht auch aus dem an den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta gerichteten Schreiben vom 3. Mai 1454 hervor, das zudem von dem Kontakt zeugt, in dem Giovanni di Castiglione und Enea Silvio in Regensburg standen: «narravi domino Senensi de scriptis, de quibus fecistis michi verbum in Bononia» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch RTA 19,1, n° 25,3, S. 228). 131 Siehe zu diesem in Kürze die Doktorarbeit von Tobias Daniels (Innsbruck / Pavia) Johannes Hoffmann von Lieser (Lysura). 132 «de cesaris presentia non sum certus, quamvis eius voluntas est interessendi» (ed. in: RTA 19,1, n° 15,2, S. 119; Wolkan, III/1, n° 257, S. 445). 133 Zu Johannes Hinderbach siehe u. a. Josef Gelmi, Johannes Hinderbach, in: LThK  V (31996), Sp. 915; Daniela Rando, Dai margini la memoria. Johannes Hinderbach (1418–1486), Bologna 2003 (Annali dell’Istituto Storico Italo-Germanico in Trento. Monografie 37) [dt.: Johannes Hinderbach (1418–1486). Eine „Selbst“-Biographie (Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 21), Berlin 2008]. 134 «de transitu cesaris ad Ratisponam nihil adhuc certi dicere possum» (RTA 19,1, n° 17,2, S. 128; Wolkan, III/1, n° 269, S. 457). 135 RTA 19,1, n° 4ab, S. 128 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 496 f. 136 RTA 19,1, n° 4c, S. 130; Wolkan, III/1, n° 291, S. 499. 137 RTA  19,1, n°  17,4e, S. 131; n°  17a–b, S. 131 f.; n°  17,9, S. 134 f.; n°  17,11, S. 135 f.; n° 17,12, S. 136 f. 138 RTA 19,1, n° 4d, S. 131; Wolkan, III/1, n° 291, S. 499 f. 139 Dieser Gesandtschaft sollten als Repräsentanten des Hofes Enea Silvio, der Bischof von Gurk, der kaiserliche Kammermeister Johann Ungnad sowie der österreichische Baron Georg von Volkensdorf ebenso angehören wie als „Präsidenten“ Kardinal von Kues, die Kurfürsten von Trier und Sachsen, die Bischöfe von Würzburg und Regensburg, die Herzöge Albrecht von Österreich und Ludwig von Bayern sowie die Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg und Karl von Baden. Die Kurfürsten von Trier und Sachsen indes erschienen nicht persönlich, sondern schickten ebenso wie der Bruder Friedrichs III., Herzog Albrecht, und der Bischof von Würzburg nur eine Abordnung; der kaiserliche Schwager, der Markgraf von Baden, sah sogar von der Entsendung dieser ab; der Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg und der Herzog von Bayern-Landshut konnten zwar immerhin dazu bewegt werden, sich zum Reichstag

V.2 Ein allmählicher Wandel in der herzoglichen Einstellung

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Der päpstliche Legat, der sich am 10.  April  1454 von der apostolischen Kammer in Nürnberg per Wechselbrief 515 Goldflorenen hatte ausbezahlen lassen,140 dürfte vermutlich all dieses dem Herzog zunächst verschwiegen haben, um die strategisch wichtige Position, die er in den Augen Francesco Sforzas gerade erst gewonnen hatte, nicht sofort wieder zu verspielen. So schrieb er auch erst am 3. Mai 1454, als kurzzeitig doch wieder die Hoffnung aufgekommen war, daß Friedrich III. auf dem Reichstag erscheinen könnte, aus Regensburg an den herzoglichen Gesandten Sceva da Curte und teilte diesem mit, daß er am Tagungsort angelangt sei141 und nun auf das Eintreffen des Kaisers warte.142 Doch letztlich dürfte Giovanni di Castiglione bereits zu diesem Zeitpunkt längst klar gewesen sein, daß sein Unterfangen, – durch auf dem Regensburger Reichstag hinsichtlich der Investitur des Herzogs erzielte Erfolge – seine Anerkennung als Bischof von Pavia durchzusetzen, schon deshalb zum Scheitern verurteilt sein mußte, weil der Kaiser entgegen der ursprünglichen Erwartung wohl nicht auf dem Reichstag erscheinen würde. Aber auch mit der Kopplung seiner eigenen Zukunft an die im Reich erzielten Ergebnisse war das politisch-diplomatische Repertoire des Giovanni di Castiglione noch nicht erschöpft. So dürfte er sich kaum in einer ebenso düsteren Stimmung wie Enea Silvio Piccolomini befunden haben, der ohne Friedrichs III. Anwesenheit keine großen Erwartungen mehr in den Reichstag setzte143 und noch auf dem Weg nach Regensburg verzweifelt zu begeben, letzterer kam jedoch vorrangig wegen des Herzogs von Burgund und war daher ebensowenig wie Albrecht Achilles von Brandenburg dazu zu bringen, die Präsidentschaft des Reichstages zu übernehmen. [Siehe hierzu RTA  19,1, [Kommentar] S. 127; n° 6, S. 132 (Wolkan, III/1, n° 291, S. 501); RTA 19,1, n° 7, S. 132 f.; n° 8, S. 133 f.; n° 25,2g, S. 227 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 513]. 140 «Johannes episcopus Papiensis nuntius apostolice sedis et orator pape ad regnum Hungarie, Austriam et Moraviam: recepit pro expensis per litteras cambii in Nuremberg 515 fl. auri de camera» [ASV, Cam.  Ap., IE  427, fol.  4v, 58v; IE  428, fol.  4v, 56v; IE  429, fol.  4v, 43v; vgl. RTA 19,2, n° 5 Anm. 7; siehe auch Arnold Esch, Überweisungen an die Apostolische Kammer aus den Diözesen des Reiches unter Einschaltung italienischer und deutscher Kaufleute und Bankiers. Regesten der vatikanischen Archivalien 1431–1475, in: QFIAB 78 (1998), S. 262–387, hier: S. 303].  –  Eine systematische Erschließung der Bestände der Camera Apostolica wie sie Michele Ansani für das Herzogtum Mailand während der Pontifikate von Pius II. und Paul II. liefert [Camera Apostolica. Documenti relativi alle diocesi del Ducato di Milano (1458–1471). I «libri annatarum» di Pio II e Paolo II, Mailand 1994 (Materiali di storia ecclesiastica lombarda secoli XIV–XVI 1)], fehlt für deren Vorgänger. 141 Giovanni di Castiglione war bereits am 16. April 1454 in Regensburg eingetroffen. Hierzu unten, Kap. V Anm. 146. 142 «applicui huc […] expectans adventum serenissimi domini imperatoris» (Giovanni di Castiglione an Sceva da Curte, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch RTA 19,1, n° 25,3, S. 228). 143 «nam me plures cause in sinistram opinionem trahunt, maxime vero imperatoris absentia me territat. quid enim membra sine capite magni queant gerere? cum abest imperator, nec forti militi constat animus» [Enea Silvio Piccolomini an Gregorio Lolli, 12. April 1454 (RTA 19,1, n° 17,11, S. 136; Wolkan, III/1, n° 274, S. 468). Siehe diesbezüglich auch dessen Schreiben an Juan de Carvajal vom 18. April 1454 (RTA 19,1, n° 18,1, S. 137; Wolkan, III/1, n° 275, S. 469)].

154 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Teilnehmer für diese Versammlung zu gewinnen suchte, wie etwa den Erzbischof von Salzburg, Sigismund von Volkensdorf,144 oder Herzog Ludwig von Bayern-Landshut.145

V.3 „… am 16. des vergangenen Monats traf ich ein“146 – Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April / Mai 1454) Giovanni di Castiglione traf am Dienstag, dem 16. April 1454,147 drei Tage vor Karfreitag und eine Woche vor dem angekündigten Beginn des Reichstages,148 als einer der ersten Teilnehmer149 in Regensburg ein.150 Möglicherweise begab 144  Siehe hierzu das Schreiben des Enea Silvio vom 3.  Mai  1454 an die Balia von Siena (RTA 19,1, n° 18,2, S. 137 f.; Wolkan, III/1, n° 278, S. 473) sowie Enea Silvio Piccolominis Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 18,3a–b, S. 138; Wolkan, III/1, S. 501 f.). 145  Siehe hierzu den Bericht des Enea Silvio über den Regensburger Tag (RTA 19,1, n° 18,3c, S. 138 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 502) sowie das Schreiben des Enea Silvio vom 3. Mai 1454 an die Balia von Siena (RTA 19,1, n° 18,2, S. 138; Wolkan, III/1, n° 278, S. 473). 146 «applicui huc XVI preteriti» (Giovanni di Castiglione an Sceva da Curte, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch RTA 19,1, n° 25,3, S. 228). 147  «[…] tournava indreto per venire a questa cità a la qualle gionse a dì XVI del passato» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch RTA 19,1, n° 25,4, S. 229). 148 Der Reichstag war laut der kaiserlichen Ausschreibung für den 23. April 1454 einberufen worden; siehe hierzu oben, Kap. V Anm. 47. – Daß er schon lange vor dem eigentlichen Beginn des Reichstages in Regensburg eingetroffen sei, unterstrich Giovanni di Castiglione auch in seiner auf dieser Versammlung gehaltenen Rede: «Et tandem consummatis omnibus, dum ad eum, qui me misit, redirem, accepto mandato, quod ad hanc dietam ipsam me conferrem, revocato pede mandata secutus sum indictionis terminum multo preveniens, ut eciam ex hoc quisque intelligat, quam sit hec res insita cordi ipsius domini nostri» (RTA 19,1, n° 34,2, S. 274). 149 So heißt es in einer Liste aus dem burgundischen Aktenbestand sicherlich wohl nicht nur wegen des hierarchischen Ranges der darin Aufgeführten, sondern auch aufgrund von deren zeitlichem Eintreffen: «Inprimis fuit ibi dominus legatus pape episcopus Papiensis» (RTA 19,1, n°  23,3, S. 213). Fast wortgleich liest man auch in den Akten des Vertreters des Deutschen Ordens: «Inprimis ibi d. legatus pape episcopus Papiensis» (Ebd., n° 23,5, S. 215), und in der Liste, welche Enea Silvio Piccolomini dem ungarischen Kanzler Vitéz übersandte: «In primis fuit inibi pro parte s. d. n. domini Nicolai pape quinti reverendus pater dominus Johannes episcopus Papiensis apostolice sedis legatus» (Ebd., n° 23,4, S. 214). Auch in der Ankunftsliste der Stadt Regensburg sowie in derjenigen der kaiserlichen Kanzlei bilden „u. hl. v. des babsts botschaft“ bzw. «domini pape ambasiata» den ersten Eintrag (Ebd., n° 23,2, S. 212; bzw. n° 23,1, S. 211). – In einem Schreiben, das die Stadt Regensburg am 23. April 1454 an die Stadt Straßburg richtete, heißt es zudem: „auch so sint vor guter zeit u. hl. v. des babstes botschaft, der bischof von Bafi, komen» (Ebd., n° 22,4, S. 205). Siehe auch Johann Joachim Müller, Des Heiligen Römischen Reichs Teutscher Nation Reichs Tags Theatrum …, Bd. I, Jena 1713, S. 430, 469; Helmrath, Reichstagsreden, S. 155 ff.; Annas, Hoftag, Bd. II: Verzeichnis deutscher Reichsversammlungen des späten Mittelalters (1349–1471), S. 397 ff.; speziell zum Reichstag von Regensburg auch ebd., S. 390 ff. mit weiterer Literatur. 150 In Regensburg wurde Giovanni di Castiglione mit seinem Geleit im Hause Weltemberger untergebracht: In der Liste, welche die angemeldeten bzw. die erwarteten Teilnehmer aufführt, liest man: „Außtailung und geben der herberg. Babsts bottschaft: Item des babsts botschaft soll

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

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sich der päpstliche Legat besonders früh an den Tagungsort, um schon im Vorfeld der Versammlung ein genaues Bild über die Meinungen und Stimmungen zu erhalten und um Kontakte zu knüpfen. Enea Silvio und die anderen kaiserlichen Gesandten indes erachteten, wohl weil sie mit den Entwicklungen im Reich vertrauter waren, derartige „Vorkehrungen“ für nicht notwendig. So brachen sie erst am 16. April 1454, an dem Tag, an dem Giovanni di Castiglione Regensburg bereits erreicht hatte, aus Wiener Neustadt auf.151 Erst um den 28. April, als „unsers heiligen vaters des babsts bottschaft, mit namen der bischoff von Pavia, als bi zehen tagen hie gewesen“152 war, kamen die kaiserlichen Gesandten Enea Silvio, Ulrich Sonnenberger und Johann Ungnad in Regensburg an,153 wo sich inzwischen auch die Gesandten einiger Städte, etwa Kölns und Aachens, sowie die Abgeordneten einiger Fürsten, wie etwa Johannes von Lysura als Vertreter des Erzbischofs von Trier, eingefunden hatten.154 An diesem Tag erfuhren die in Regensburg Versammelten auch von einem burgundischen Gesandten, daß Herzog Philipp der Gute, der schon am 17. Februar 1454 beim Fasanenfest in Lille mit den Rittern seines Ordens vom Goldenen Vlies feierlich einen Kreuzzugseid abgelegt hatte,155 bereits in Ulm eingetroffen war.156 Nicht nur bei Giovanni di Castiglione war die Freude ob dieser neuen Nachricht groß; mit ihm hofften viele, daß der Kaiser in Anbetracht dieser Entwicklung in Kürze doch noch in Regensburg erscheinen werde und auch viele Fürsten nunmehr den Reichstag aufsuchen würden.157 Die ligen zu Jorigen Weltemberger mit 70 pferiden“ (RTA 19,1, n° 22,20f, S. 210). – Zu den weiteren Anordnungen und Vorkehrungen, die der Regensburger Rat in Hinblick auf den Reichstag traf, siehe ebd., n° 22,20a–e, S. 208 f. 151 Siehe hierzu RTA 19,1, n° 18,3a, S. 138; Wolkan, III/1, n° 291, S. 501. 152 RTA 19,1, n° 15,4, S. 120. 153 Siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Sceva da Curte vom 3. Mai 1454 (RTA 19,1, n° 25,3, S. 229). 154 Siehe hierzu den Kommentar von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 223. 155 Zu den Kreuzzugsvorbereitungen Philipps des Guten siehe neben RTA 19,1, S. 142 ff. mit zahlreichen Quellen‑ und Literaturangaben insb. Müller, Kreuzzugspläne, S. 60 ff.; Jacques Paviot, Les ducs de Bourgogne, la croisade et l’Orient (fin XIVe siècle – XVe siècle), Paris 2003 (Cultures et civilisations médiévales), insb. Kap. III: «Philippe le Bon et la croisade» (S. 117–176). 156 «Cum venissent legati ad conventum, legatum apostolicum episcopum Papiensem inveniunt et aliquot civitatum ac principum oratores et nobilem quendam virum, ducis Borgundie precursorem, qui dominum suum apud Ulmam esse affirmavit» (Enea Silvio Piccolomini an die Balia von Siena, 3. Mai 1454, RTA 19,1, n° 25,1a, S. 224 f.; Wolkan, III/1, n° 278, S. 473). 157 «[io] gionse a dì XVI del passato, expectando la venuta de lo imperadore, la qualle spero farà accelerare lo respeto de lo illustrissimo signore ducha de Bourgogna, lo qualle è già qui presso a tre giornate. […] penso che molti principi se vegnarano per so respeto. in vero, chascaduno reputa questa grande cosse perché è cognossuto quanto grande e potente principe sia» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. RTA 19,1, n° 25,4, S. 229). – In seinem Schreiben an Sceva da Curte brachte der päpstliche Legat am 3. Mai 1454 ebenfalls diese Hoffnung zum Ausdruck: «Domini incipiunt venire; immo et illustrissimus dominus dux Burgondie prope est ad quatuor dietas, qui erit occasio faciendi accelerare dominum imperatorem et multos alios principes» (ASM, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. RTA 19,1, n° 25,3). – Auch Enea Silvio signalisierte Sceva da Curte an diesem Tag, er glaube

156 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg kaiserlichen Gesandten leiteten diese Information nach Wiener Neustadt weiter und baten den Kaiser, aber auch den Erzbischof von Trier, eindringlich, sie sollten in Regensburg erscheinen.158 Die unmittelbar bevorstehende Ankunft eines weiteren prominenten Besuchers, von der die in Regensburg Versammelten am 1.  Mai  1454 Kunde erhielten, dürfte Giovanni di Castiglione indes weitaus weniger behagt haben, handelte es sich doch bei diesem Besucher um Kardinal Nikolaus von Kues, den Enea Silvio dem Pontifex als zusätzlichen Legaten anzudienen versucht hatte.159 Zwar erschien von Kues letztlich als kaiserlicher Vertreter und Repräsentant Herzog Sigismunds von Tirol,160 dennoch ließ die Anwesenheit eines Kardinals Giovanni di Castiglione um seinen Sonderstatus fürchten.161 Doch vermochte er zumindest durchzusetzen, daß er (als päpstlicher Legat) und Nikolaus von Kues (als Kardinal) in der ersten Sitzung, die am 5. oder 6. Mai 1454 eröffnet wurde, eine Doppelspitze bildeten. In dieser Sitzung, auf welcher der päpstliche Legat nach den kaiserlichen Gesandten, Bischof Ulrich Sonnenberger und Kardinal Nikolaus von Kues, sprach,162 verlor Giovanni di Castiglione nur wenige Worte und behielt sich einen längeren Vortrag für einen späteren Zeitpunkt vor,163 vermutlich mit dem Hintergedanken, dann vor einem noch größeren und  –  durch die Anwesenheit des Burgunderherzogs und vielleicht auch des Kaisers  –  illustreren Publikum mit seiner Rede glänzen zu können. das Eintreffen des Burgunders würde das Kommen anderer Fürsten nach sich ziehen (RTA 19,1, n° 24,3, S. 232 f.; Wolkan, III/1, n° 277, S. 471). 158 Zumindest in einem Fall bewahrheiteten sich die Hoffnungen Giovanni di Castigliones, tat doch nun der Herzog von Bayern sein Interesse am Reichstag kund und ließ anfragen, ob es dem Kaiser genehm sei, wenn er dem Burgunder entgegenzöge und ihn feierlich nach Regensburg geleite (siehe hierzu RTA 19,1, n° 19, b 2f–g, i–l, S. 172 ff.; n° 19, b 3, S. 175 f.; n° 25,1b, S. 225; Wolkan, III/1, n° 278, S. 473). Vgl. auch Giovanni di Castigliones Schreiben vom 3. Mai 1454: «e verso la soa signoria è andato lo signore ducha Ludovicho de Bavaria per honorarlo e festezare in questo so paise» (ASM, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. RTA 19,1, n° 25,4, S. 229). 159 So äußerte Enea Silvio Piccolomini etwa am 4. März 1454 Juan de Carvajal gegenüber seine Hoffnung, der Papst werde auch Nikolaus von Kues als Legaten zum Reichstag entsenden: «credimus conventum non parvum neque contemnendum illic futurum esse, si modo cesar intererit et apostolice sedis legatus, ut spes est, cardinalis advenerit» (RTA 19,1, n° 24,1, S. 220; Wolkan, III/1, n° 267, S. 455). 160 Siehe hierzu RTA 19,1, n° 25,1b, S. 225 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 515. – Zu Nikolaus von Kues in Regensburg siehe Erich Meuthen, Nikolaus von Kues auf dem Regensburger Reichstag 1454, in: Festschrift für Hermann Heimpel, hg. v. den Mitarbeitern des Max-PlanckInstituts für Geschichte, Bd. II, Göttingen 1972 (VMPIG 36,2), S. 482–499 sowie RTA 19,1, n° 25,2e–f. 161 Zur Debatte, wie sich der bischöfliche Legat gegenüber dem Kardinal zu verhalten habe, siehe die entsprechende Passage aus Enea Silvio Piccolominis Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 25,2e, S. 226 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 512 f.). 162 Zur Eröffnungsrede des Bischofs von Gurk und zur Ansprache des Kardinals von Kues siehe die entsprechenden Passagen in Enea Silvio Piccolominis Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 26,1b und 1c, S. 230; Wolkan, III/1, n° 291, S. 514 f.). 163 «Legatus apostolicus pro tempore pauca dixit, in aliud tempus dicturum se plura promittens» [De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 26,1d, S. 230; Wolkan, III/1, n° 291, S. 515)].

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

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Bei der anschließenden Debatte, welche die vom Deutschmeister gegen den Preußischen Bund vorgebrachte Klage auslöste,164 ergriff Giovanni di Castiglione freilich Position und erklärte sich – wie im übrigen auch Nikolaus von Kues, die kaiserlichen Vertreter und die brandenburgischen Gesandten – für den Deutschen Orden,165 was wiederum Jan Lutek von Brzezie, den Vertreter des polnischen Königs, erzürnte. Er verlangte von den Teilnehmern, sie sollten sich nicht in den polnischen Streit mit dem Deutschen Orden einmischen – eine Forderung, die im Plenum zu Tumulten führte.166 Die Ablehnung vieler Teilnehmer aus dem Reich, die der polnische Gesandte deutlich zu spüren bekam, mag ihrerseits dazu beigetragen haben, daß dieser in der zweiten, am 7. oder 8. Mai abgehaltenen allgemeinen Zusammenkunft, auf der an sich über allgemeine Fragen gesprochen werden sollte, einen Sitzstreit heraufbeschwor.167 So kritisierte er die ursprünglich gewählte Ordnung mit der durch Nikolaus von Kues als kaiserlichem Vertreter und Giovanni di Castiglione als päpstlichem Legaten gebildeten doppelten Spitze, auf deren rechter Seite die Bischöfe von Siena, Regensburg und Gurk sowie die übrigen kaiserlichen Vertreter saßen und auf deren linker Seite die Kurfürsten plaziert waren. Seinem Ermessen nach  –  so betonte er  –  gebühre dem königlichen Repräsentanten und nicht den Kurfürsten der Platz zur Linken Giovanni di Castigliones.168 Mit der ihm schließlich unterbreiteten Ordnung, derzufolge rechts neben dem päpstlichen Legaten die kaiserlichen Vertreter und die Kurfürsten und links neben Giovanni di Castiglione der polnische Gesandte und der Deutschmeister ihren Sitz erhalten sollten, erklärte sich Jan Lutek einver164 Siehe hierzu Enea Silvio Piccolominis Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 26,1e, S. 230 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 515, 526). 165 Siehe hierzu die entsprechende Passage aus De dieta Ratisponensi (RTA  19,1, n°  26,1f, S. 231; Wolkan, III/1, n° 291, S. 526). 166 Zur der Aufforderung des Gesandten des polnischen Köngs, zu dem Tumult wie zu der vom Deutschmeister erteilten Antwort siehe RTA 19,1, n° 26,1i/1k, S. 232; Wolkan, III/1, n° 291, S. 527 f. 167 Siehe hierzu Heribert Müller/ Gabriele Annas, Kaiser, Kurfürsten und Auswärtige Mächte. Zur Bedeutung der Goldenen Bulle im Rahmen von Rangstreitigkeiten auf Reichsversammlungen und Konzilien des 15. Jahrhunderts, in: Evelyn Brockhoff/ Michael Matthäus (Hg.), Die Kaisermacher. Frankfurt am Main und die Goldene Bulle 1356–1806, Frankfurt / Main 2006, S. 106–128; Heribert Müller, Théâtre de la préséance. Les ducs de Bourgogne face aux grandes assemblées dans le Saint-Empire, Ostfildern 2007 (Conférences annuelles de l’Institut Historique Allemand  13).  –  Zu den spätmittelalterlichen Rangstreitigkeiten allgemein siehe auch Karl-Heinz Spiess, Rangdenken und Rangstreit im Mittelalter, in: Werner Paravicini (Hg.), Zeremoniell und Raum [4. Symposium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Potsdam, 25.–27.IX.1994], Sigmaringen 1997 (Residenzenforschung 6), S. 39–61; Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Johannes Kunisch  (Hg.), Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, Berlin 1997 (ZHF Beih. 19), S. 91–132. 168 Siehe hierzu die entsprechende Passage von Enea Silvio Piccolominis Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 27a, S. 235; Wolkan, III/1, n° 291, S. 528); vgl. auch Müller/ Annas, Kaiser, S. 109.

158 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg standen.169 Gewiß, gradual und graduell hatte der polnische Gesandte nun seine Position verbessert, war es ihm doch gelungen, einen Platz vor den Kurfürsten zu erringen. Als eigentlichen Gewinner dieser Auseinandersetzung wird man jedoch Giovanni di Castiglione betrachten können, der nun nicht mehr mit Nikolaus von Kues eine Doppelspitze bildete, sondern die alleinige Spitzenposition einnahm, da Nikolaus von Kues unter den kaiserlichen Gesandten Platz genommen hatte. Der Kardinal hatte sich faktisch dem Bischof von Pavia untergeordnet; ein Novum, das denn auch Enea Silvio sehr erzürnte, das Nikolaus von Kues jedoch augenscheinlich ohne Widerspruch hinnahm.170 Nachdem Philipp der Gute am 9. Mai 1454 in Regensburg feierlich empfangen worden war171 und Giovanni di Castiglione und die kaiserlichen Gesandten am folgenden Tag den Burgunderherzog in seiner Bleibe aufgesucht hatten,172 wurde entschieden, die weiteren öffentlichen Sitzungen so lange auszusetzen, bis man eine Nachricht darüber erhalte, ob Friedrich III. sich nun doch noch zum Reichstag zu begeben gedenke.173 Zwar trafen nach dem Burgunderherzog noch einige Gesandtschaften aus dem Reich ein,174 von den eingeladenen ausländischen Mächten kamen freilich die meisten  –  wie Enea Silvio mit Bedauern kon169 Siehe hierzu RTA 19,1, n° 27a, S. 235; Wolkan, III/1, n° 291, S. 529; Müller/ Annas, Kaiser, S. 109. (Gegen die Variante, den päpstlichen Legaten zwischen die kaiserlichen Vertreter zu setzen, rechts von diesen den polnischen Gesandten zu plazieren und links von diesen die Kurfürsten, hatte Jan Lutek zuvor Einspruch erhoben. Er hatte auch deshalb protestiert, weil er vernommen hatte, daß Jost von Venningen, dem Vertreter des mit dem König von Polen im Konflikt liegenden Deutschen Ordens demonstrativ ein Sitz vor den Kurfürsten zugedacht worden war, siehe hierzu ebd.) 170 «atque ita visum est legatum pape digniori esse loco quam cardinalem, res nova et inaudita nostro tempore. sed noluit cardinalis sui causa turbam fieri, homo quamvis alti cordis et animi videntis, pacis tamen et unitatis amator et qui privatis rebus publicas antefert» [De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 27a, S. 235; Wolkan, III/1, n° 291, S. 529)]. Vgl. Müller/ Annas, Kaiser, S. 109. 171 «Et quant lesdis deux princes descendirent de leurs vaisseaux en ladicte ville Rasembourg, le cardinal de Saint-Pierre d’Amerclaut, l’evesque de Pavie, legat de nostre saint père le pape, les ambaxadeurs de l’empereur, qui ilec representoient sa personne, et pluseurs autres ambaxadeurs, alèrent tous en grant reverence au-devant desdis deux princes; et tous ensamble menèrent ledit duc de Bourgoingne en son hostel» (Chronique de Mathieu d’Escouchy, S. 255; zit. in: RTA 19,1, n° 28,2a, S. 238). 172 Ebd.  –  Enea Silvio Piccolomini hingegen „vergißt“ zu erwähnen, daß auch Giovanni di Castiglione dem Burgunderherzog einen Besuch abgestattet hat. In seiner nachträglichen Schilderung der Ereignisse klingt es so, als seien am 9. Mai nur die kaiserlichen Gesandten bei Philipp dem Guten gewesen [De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 28,1b, S. 237; Wolkan, III/1, n° 291, S. 531)]. – Ziel des Besuches war es, dem Herzog anzubieten, die weiteren Sitzungen in seiner Herberge abzuhalten. Der Herzog wies dieses Angebot jedoch zurück (siehe hierzu RTA 19,1, n° 1c). 173 Siehe hierzu RTA  19,1, n°  29,1, S. 240; Wolkan, III/1, n°  291, S. 532.  –  Man ging davon aus, daß diese Anwort in den nächsten Tagen eintreffen werde, war doch der Bote bereits Ende April zum Kaiserhof aufgebrochen und nahm doch eine derartige Reise meist knapp zwei Wochen in Anspruch (siehe hierzu den Kommentar von Weigel/ Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 259 f.). 174 RTA 19,1, n° 25,2h, S. 514; Wolkan, III/1, n° 291, S. 532.

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

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statierte – der kaiserlichen Bitte, sich nach Regensburg zu begeben oder dorthin zumindest Gesandte zu schicken, nicht nach.175 Lediglich Kasimir von Polen hatte es wegen der Auseinandersetzung mit dem Deutschen Orden für sinnvoll erachtet, eine Abordnung zu entsenden.176 Aus Italien blieb der Bischof von Pavia als Legat des Papstes der einzige Vertreter,177 da die Gesandten Venedigs erst mit erheblicher Verzögerung, am 17. Mai 1454, aus der Serenissima aufgebrochen waren und den Tagungsort nicht mehr rechtzeitig erreichten.178 Man wird davon ausgehen dürfen, daß Giovanni di Castiglione keineswegs enttäuscht darüber war, der einzige Repräsentant aus den italienischen – im übrigen nach dem Abschluß von Lodi im April 1454179 nahezu befriedeten – Staaten zu sein, lief er doch auf diese Weise keine Gefahr, sein „Informationsmonopol“, das ihn für den Mailänder Herzogs wertvoll machen sollte, zu verlieren. Zudem konnte er so nach seinem Gutdünken, ohne dem prüfenden Blick eines um die Gunst Francesco Sforzas buhlenden Konkurrenten ausgesetzt zu sein, hinter den Kulissen für seine eigenen Belange und für die Sache des Mailänder Herzogs 175 De

dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 24,7b, S. 221 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 494 f.). anderen geladenen europäischen Könige hielten es, mit Ausnahme Christians von Dänemark und Karls von Schweden, noch nicht einmal für sinnvoll, ihr Fernbleiben zu entschuldigen, weil sie nicht den Anschein erwecken wollten, als würden sie Friedrichs III. Anspruch, die führende Position in Europa zu bekleiden, akzeptieren (siehe zur Reaktion der europäischen Könige den Kommentar zu n° 19–24 von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 140 mit den entsprechenden Verweisen auf RTA 19,1, n° 20,1–3, S. 194 ff.; n° 24,7b, S. 221 f.). 177 «ex Italia quoque non pauci accersiti. at cum dies affuit, Italorum nemo comparuit, nisi Papiensis episcopus, qui Romani pontificis locum tenuit […]» [De dieta Ratisponensi (Wolkan, III/1, n° 291, S. 494; verkürzt in: RTA 19,1, n° 24,7a, S. 221)]. 178 Zu dem am 2. März 1454 im Senat gefällten Beschluß, eine Delegation zum Reichstag von Regensburg zu entsenden, siehe RTA 19,1, n° 21,1, S. 197; zu den entsprechenden Geleitbriefen für die venezianischen Gesandten und zu den Instruktionen, welche die Serenissima diesen erteilte, siehe ebd., n° 21,2–3, S. 197 ff.; zur Verspätung der venezianischen Gesandten siehe unten, Kap. V Anm. 213. 179 Zum Abschluß dieses am 9.  April  1454 zwischen Mailand und Venedig geschlossenen Friedens beglückwünschte Giovanni di Castiglione den Herzog am 3. Mai 1454: «qui se dice de la pace fata tra la signoria vostra e Veniziani e tutti sono alegri. poterà adesso la vostra excellentia riposare et refarse e non essere continuamente in tanta sollicitudine e affani como richede lo strepito d’arme» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, vgl. RTA 19,1, n° 25,4, S. 229). In dem Schreiben, das der Bischof von Pavia am selben Tag an Sceva da Curte richtete, heißt es entsprechend: «avisabo successive illustrissimum dominum nostrum ducem, quem gaudeo pacem habere» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, vgl. RTA 19,1, n° 25,3, S. 229). – Zum Frieden von Lodi siehe Federico Antonini, La pace di Lodi e i segreti maneggi che la prepararono, in: ASL 57 (1930), S. 233–296, sowie Felice Fossati, Francesco Sforza e la pace di Lodi, in: AV 87 (1957), S. 16–34; zu der aus dem Frieden von Lodi hervorgehenden Lega Italica, der am 30. August 1454 Florenz beitrat, der sich am 26. Januar des Folgejahres auch König Alfons V. von Neapel anschloß und die von Nikolaus  V. am 25.  Februar  1455 ratifiziert wurde, siehe zudem Giovanni Soranzo, La Lega Italica (1454–1455), Mailand 1924 (Pubblicazioni dell’Università Cattolica del Sacro Cuore 5. Scienze Storiche 1); Ders., Studi e discussioni sulla Lega Italica del 1454–1455, in: Studi storici in onore di Gioacchino Volpe, Florenz 1958 (Biblioteca storica Sansoni, n.s. 31/32), Bd. II, S. 971–995; Giovanni Pillinini, Il sistema degli stati italiani 1454–1494, Venedig 1970 (Studi e ricerche del Seminario di storia. Collana Ca’ Foscari). 176 Ebd. – Die

160 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg werben.180 Insbesondere mit Enea Silvio Piccolomini scheint sich der päpstliche Legat dabei intensiv beraten zu haben.181 Sicherlich hoffte Giovanni di Castiglione, bei Philipp dem Guten einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu können, und hatte demzufolge auch sehr starkes Interesse daran, seine große Rede, die für die dritte öffentliche Sitzung vorgesehen war, in Gegenwart des Burgunderherzogs zu halten. Daher dürfte er wohl zu denjenigen gehört haben, die – als die Nachricht vom Fernbleiben des Kaisers eintraf 182 und sich kurze Zeit später die Neuigkeit von einer leichten fieberhaften Erkrankung Philipps des Guten verbreitete – darauf drängten, daß die Sitzung vom 15. auf den 16.  Mai  1454 verschoben werden sollte, damit der Herzog genesen und an der Sitzung teilnehmen könne.183 In der Tat wird man davon ausgehen dürfen, daß die Rede, die Giovanni di Castiglione am 16. Mai 1454 im Anschluß an den Vortrag des Enea Silvio Piccolomini hielt, von Philipp dem Guten zur Kenntnis genommen worden ist.184 Die Chancen, daß der päpstliche Legat einen positiven Eindruck hinterließ, standen sogar recht gut, da Enea Silvio Piccolomini – zumindest nach eigenen Worten – offenbar erst relativ kurzfristig von seinem „Auftritt“ erfuhr und somit wenig Zeit zur Vorbereitung hatte.185 180  Bereits am 3. Mai 1454 hatte der päpstliche Legat an Sceva da Curte in einem Nachsatz geschrieben: «Hic est magna reputatio prefati domini nostri ducis, quod unus subditus suus et prelatus gerat hanc rem tam grandem» (ASM, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch RTA  19,1, n° 25,3, S. 229). 181 «reverendus pater episcopus Papiensis, cui pro sua in vos fide non parum tenemini, multa mecum locutus est de re vestra, maxime vero de investitura, quam summo studio apud cesarem conatus est obtinere. ego quia verba incassum nescio proferre nec valeo facile dicere, quod est difficile, etsi fateor dignissimam esse personam vestram quovis honore, scio tamen hoc negotium plurimum in se ponderis ac difficultatis habere» (Enea Silvio Piccolomini an Francesco Sforza, 20. Mai 1454, RTA 19,1, S. 228 f. Anm. 6; Wolkan, III/1, n° 286, S. 486). 182 Siehe hierzu die entsprechende Passage der Chronique von Mathieu d’Escouchy, S. 256, zit. in: RTA 19,1, n° 33,1b, S. 263. 183 Siehe hierzu die entsprechende Passage aus De dieta Ratisponensi (RTA  19,1, n°  33,1a, S. 263; Wolkan, III/1, S. 538). 184 Daß der Burgunderherzog den Vortrag des Giovanni di Castiglione hörte, bestätigt die von dem Bischof von Toul am 21. Mai 1454 für den Burgunderherzog abgegebene Erklärung: «[…] et osy a pareillement oy ce que de par nostre tres saint pere le pape a dit et propossé tres reverend pere en dieu monseigneur l’evesque de Pavie legat apostolicque […]» (RTA 19,1, n° 37,3, S. 303). – Zu den Reden auf den Reichstagen allgemein siehe Johannes Helmrath, Reden auf Reichsversammlungen im 15. und 16. Jahrhundert, in: Lotte Kéry/ Dietrich Lohrmann/ Harald Müller (Hg.), Licet preter solitum. Festschrift für Ludwig Falkenstein, Aachen 1998, S. 265–286; sowie Ders., Rhetorik und ‚Akademisierung‘ auf den deutschen Reichstagen im 15. und 16. Jahrhundert, in: Heinz Duchhardt/ Gert Melville (Hg.), Im Spannungsfeld von Recht und Ritual. Soziale Kommunikation in Mittelalter und Früher Neuzeit, Köln u. a. 1997 (Norm und Struktur 7), S. 423–446. 185 Zu dieser Behauptung Enea Silvio Piccolominis siehe De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 33,1a, S. 263; Wolkan, III/1, S. 537 f. – Die durch die Erkrankung des Burgunderherzogs bedingte Verschiebung der Sitzung verschaffte Enea Silvio Piccolomini allerdings noch einen weiteren Tag Vorbereitungszeit.  –  Die Rede des Enea Silvio Piccolomini findet sich ed. in: Wolkan, III/1, S. 538 ff.; RTA 19,1, n° 34, S. 265 ff.).

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

161

Die Reden der Bischöfe von Siena und Pavia sind recht ähnlich aufgebaut. Enea Silvio beschrieb in seiner oratio (Quamvis omnibus, qui adestis) nach einer Darstellung der von den Türken in Konstantinopel verübten Greueltaten und einer Schilderung der von Sultan Mehmed II. für den christlichen Westen ausgehenden Gefahr, ursprünglich186 die vom Kaiser ergriffenen Maßnahmen.187 Giovanni di Castiglione wiederum hob in seiner Rede (Gravi tociens merore),188 nach einer pathetischen Darstellung des durch Juden, Häretiker und vor allem durch die Türken verursachten Leides und des von letzteren ausgehenden Unheils189 sowie nach einem Appell an die Eintracht der Christenheit,190 die päpstlichen Verdienste hervor. Als solche nannte er etwa den Erlaß der Kreuzzugsbulle, die finanziellen Vorkehrungen für den Kampf gegen die Türken und die Vorbildfunktion des Papstes.191 Auch auf seine eigenen Leistungen kam Giovanni di Castiglione in diesem Zusammenhang zu sprechen, indem er als weiteres päpstliches Verdienst das Entsenden eines Legaten anführte, der durch seine Tätigkeit an den Höfen von Kaiser Friedrich III. und König Ladislaus sowie durch seine Präsenz auf der ungarischen Ständeversammlung und dem Reichstag von Regensburg eine Bündelung der Kräfte dieser Länder herbeiführen sollte.192

186 Aus der überarbeiteten Fassung der Rede, die in seinem Bericht De dieta Ratisponensi enthalten ist, hat Enea Silvio diesen zweiten, sich mit den Propositionen des Kaisers befassenden Teil indes fast ganz herausgestrichen. Statt dessen hat er in dieser neuen Version den ersten allgemeinen Teil, welcher von der Eroberung Konstantinopels handelt, stark ausgearbeitet. Siehe hierzu die editorischen Anmerkungen von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 265 sowie die Edition der neueren Version der Rede in: Wolkan, III/1, S. 538–547. 187 Als vom Kaiser getroffene Maßnahmen nennt er etwa die Einberufung des Reichstages als „europäischer“, die Eintracht der Christenheit befördernder Kongreß; die an alle Teilnehmer ergangene Aufforderung, Anregungen zur Frage der Bekämpfung der Türken zu geben; das kaiserliche Versprechen, die von dem Reichstag gefaßten Beschlüsse umzusetzen, aber auch den an die Prälaten gerichteten Appell, das Kirchenvolk zu frommen Werken zu bewegen und so Gottes Gnade zu erlangen (siehe hierzu die entsprechenden Passagen der Rede Quamvis in: RTA 19,1, n° 34,1, S. 267 ff.). 188 Die Rede, die Giovanni di Castiglione in Regensburg hielt und die in gewisser Weise eine Erweiterung seiner Rede Tametsi nihil darstellt, ist ed. in: RTA 19,1, n° 34,2, S. 270 ff. – Parallelen zu den vor Kaiser Friedrich III. und vor König Ladislaus gehaltenen Reden sind in den RTA 19,1 durch Petitdruck gekennzeichnet. 189 RTA 19,1, n° 34,2, S. 270 ff. [Abschnitte: I,1a–c; I,2a–c]. 190 Ebd., S. 273. 191 Ebd., S. 273 f. 192 «Unde sancte sue iussioni parendo primum me contuli ad imperialem serenitatem, cui ex suscepte supreme temporalis dignitatis summo fastigio ecclesie ac fidei tuicio pertinet et, quo efficacius potui, hortatus sum ad debitam provisionem, uti constat ea oracione, cuius inicium est: ‹Si liceat flere an loqui, in dubio michi est, imperator optime etc.› qui cum recte consideraret rem hanc grandem et multorum consilio atque auxilio egentem, instituit hanc dietam. cuius institucionis urgentissimam causam, si, ut decuisset, ponderassent hii, ad quos spectare dinoscitur, consuluissent magis et reipublice et proprio honori et res se felicius haberent. […]» [RTA 19,1, n° 9,1, S. 49 (siehe auch oben, Kap. V Anm. 37) sowie, n° 34,2, S. 274].

162 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Gleich Enea Silvio, der am Ende seiner Rede das Erfordernis einer schnellen Entscheidungsfindung beschwor,193 schloß auch Giovanni di Castiglione mit einer an die Reichstagsteilnehmer gerichteten Ermahnung: Er appellierte an sie, schon zum eigenen Schutze, die Bekämpfung der Türken nicht aus Nachlässigkeit, Furcht oder Geiz unnötig hinauszuschieben, und er bat sie zugleich, den Reichstag nicht zu verlassen, ohne zuvor den Beschluß zum Kreuzzug gefällt zu haben.194 Diese Rede, die von Johannes von Lysura, dem Gesandten des Erzbischofs von Trier, anschließend ins Deutsche übertragen wurde,195 soll laut Enea Silvio „voller Anmut, Glanz und Eleganz“ und sehr „einfühlsam“ gewesen sein.196 Dennoch lag Giovanni di Castiglione offenbar ebensowenig an einer Publikation seiner Rede(n) wie an einer Herausgabe seiner Briefe. Im Gegensatz zu dem stilistisch freilich noch etwas gewandteren Enea Silvio Piccolomini, der seine Reden sogar im Nachhinein noch mehrfach redigierte, bevor er sie an Bekannte zu verschicken begann, erblickte Giovanni in der Verbreitung von Ausweisen seiner stilistischen Fertigkeiten kein wesentliches Moment seiner Karriere.197 Nach den Reden von Enea Silvio Piccolomini und Giovanni di Castiglione meldeten sich zwar am 16. Mai 1454 noch einige weitere Teilnehmer zu Wort, „Höhepunkte“ dürfte es an diesem Tag nach diesen beiden orationes jedoch keine mehr gegeben haben. So wurde die Sitzung auch bald auf den übernächsten Morgen vertagt.198 In dieser vierten allgemeinen, auf den 18.  Mai  1454 193 Enea Silvio Piccolomini sah in einer schnellen Entscheidungsfindung die einzige Möglichkeit, um die Ungarn von einem Bund mit den Türken abzuhalten. Zudem erachtete er vor allem aufgrund der Befriedung der italienischen Staatenwelt und der Anwesenheit des Burgunders in Regensburg die Umstände als äußerst günstig, um gegen die Türken vorzugehen (siehe hierzu die entsprechenden Passagen der Rede Quamvis, RTA 19,1, n° 34,1, S. 269 f.). 194 Siehe hierzu die entsprechenden Passagen von Giovanni di Castigliones Rede Gravi tociens merore in: RTA 19,1, n° 34,2, S. 275. 195 «Cuius verba Johannes de Lysura in sonum Theutonicum transtulit, non sine attentione ac gratia auditorii» [De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 33,1e, S. 264; Wolkan, III/1, n° 291, S. 548)]. – Auch die Rede des Enea Silvio Piccolomini war ins Deutsche übertragen worden, allerdings hatte in diesem Fall nicht Johannes von Lysura, sondern Ulrich Sonnenberger, der Bischof von Gurk, als Übersetzer fungiert [siehe die entsprechende Passage aus De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 33,1b, S. 264; Wolkan, III/1, n° 291, S. 548)]. – Zur Zweisprachigkeit auf dem Reichstag siehe Helmrath, Reichstagsreden, S. 275 ff. – Vgl. auch Daniels (wie Anm. 130). 196 «[…] Johannes episcopus Papiensis […] orationem habuit cum multa venustate ac luce munditiaque verborum» [De dieta Ratisponensi (RTA, 19,1, n° 33,1d, S. 264; Wolkan, III/1, n° 291, S. 547 f.)]. 197 „Johannes von Pavia war nicht wie Enea der auf sein Œuvre bedachte Literat“ lesen wir auch bei Dieter Mertens [«Europa, id est patria, domus propria, sedes nostra …» Zu Funktionen und Überlieferung lateinischer Türkenreden im 15.  Jahrhundert, in: Franz-Reiner Erkens (Hg.), Europa und die osmanische Expansion im ausgehenden Mittelalter, Berlin 1997 (ZHF Beiheft 20), S. 39–58, hier: S. 52]. – So ist es auch nur bezeichnend, daß der Bischof von Siena seine am 16. Mai 1454 gehaltene Rede stark umstrukturierte und umgewichtete, wohingegen die oratio des Giovanni di Castiglione in ihrer ursprünglichen Form belassen wurde. 198 Siehe hierzu die entsprechende Passage in De dieta Ratisponensi (Wolkan, III/1, n° 291, S. 548).

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

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anberaumten Sitzung, welcher der Herzog von Burgund, angeblich wegen einer Verschlechterung seines Zustandes, fernblieb,199 hielt sich auch Giovanni di Castiglione zurück, der wohl seinerseits erkannt hatte, daß kein großer Ruhm auf diesem Reichstag zu gewinnen war, da sich die Vertreter der Reichsstände unter Verweis auf ihre unzureichenden Instruktionen dagegen verwahrten,200 konkrete Vorschläge zur Abwehr der Türken zu unterbreiten. So dürfte Giovanni di Castiglione keineswegs unzufrieden gewesen sein, als die kaiserlichen Gesandten, auf die Bitte der Reichsstände hin, eine – wohl von ihnen ausgefertigte – „kaiserliche“ Proposition verlesen ließen,201 in der unter anderem angeregt wurde, die Sitzung zu vertagen und den Reichstag am 8. September 1454 in Frankfurt fortzuführen. Auf Intervention des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg,202 welcher mit der von ihm referierten Stellungnahme der Reichsstände die Schlußsitzung am 21. Mai 1454 eröffnete,203 wurde als Termin der nächsten Versammlung der 29. September 1454 festgelegt.204 Der Vorschlag der Fortführung des Reichstages unter günstigeren Auspizien dürfte den päpstlichen Legaten auch deshalb mit Erleichterung erfüllt haben, weil er ihm Gelegenheit gab, sich im Herbst – und diesmal wohl, wie zu erwarten stand, in Gegenwart des Kaisers und somit unter vorteilhafteren Bedingungen – ein weiteres Mal auf der Bühne des Reichstages zu präsentieren und zu profilieren. Auf diese Weise bekam er die Chance, erneut im Reich für die Investitur des Mailänder Herzogs zu werben (oder zumindest dem Mailänder Herzog gegenüber vorzugeben, er werde dies tun), und vor allem eröffnete sich ihm die Möglichkeit, seine in Regensburg geknüpften Kontakte zu festigen.

199 Siehe hierzu RTA 19,1, n° 35,1d, S. 276; Wolkan, III/1, n° 291, S. 552; vgl. auch die vom Bischof von Toul in der Schlußsitzung für den Burgunderherzog abgegebene Erklärung (RTA 19,1, n° 37,3, S. 303). – Zur Frage, inwieweit der über das Ausbleiben des Kaisers sehr enttäuschte Burgunderherzog durch sein Fernbleiben versuchte, sich von dieser Versammlung zu distanzieren, siehe den Kommentar von Weigel/ Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 260 f. 200 «et quanquam legati cesaris instructi essent plenissime, deficientibus ceteris nihil concludere valuerunt» (Enea Silvio Piccolomini an Jakob von Sierck, 21.  Mai  1454, RTA  19,1, n° 39,6, S. 325; Wolkan, III/1, n° 288, S. 488). 201 Zur Forderung nach der Vorlage einer kaiserlichen Proposition, zur Sonderberatung der kaiserlichen Gesandten und zum Abfassen / Verlesen der scedula siehe die entsprechende Passage in Enea Silvios Bericht De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 35,2a, S. 277; Wolkan, III/1, n° 291, S. 550). – Eine überarbeitete Fassung dieser scedula findet sich in: RTA 19,1, n° 35,3, S. 277 ff.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 550 ff. 202 Albrecht Achilles von Brandenburg, der so lange in Prag über die dem Deutschen Orden zu leistende Hilfe verhandelt hatte, war erst am 17.  Mai  1454 in Regensburg eingetroffen, ebenso wie eine burgundische Delegation, die am böhmischen Hof in der Luxemburger Frage eine Einigung zu erzielen versucht hatte [siehe hierzu die entsprechende Passage in De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 35,1b–c, S. 276; Wolkan, III/1, n° 291, S. 550). 203 Siehe hierzu RTA  19,1, Kommentar zu n°  37, S. 284 f.; n°  37,1a, S. 288 ff.; n°  37,2a, S. 294 f. 204 Siehe hierzu RTA 19,1, n° 35,3, S. 279; Wolkan, III/1, n° 291, S. 551.

164 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg So hielt Giovanni di Castiglione in der Schlußsitzung am 21. Mai 1454205 denn auch nur eine kurze Rede, in welcher er zunächst die Vertagung der Versammlung begrüßte, dann an den Kaiser, die Kurfürsten und die Fürsten appellierte, dem nächsten Reichstag persönlich beizuwohnen, um schließlich – nachdem er den Fürsten, den Städten und insbesondere dem Burgunderherzog seinen Dank ausgesprochen hatte – zu versichern, daß er dem Papst detailliert Bericht erstatten werde.206 Aufschlußreich ist die Danksagung, die Enea Silvio Piccolomini, nach einer erneuten kurzen Sondersitzung der kaiserlichen Gesandten,207 vortrug, werden in dieser doch noch einmal explizit Giovanni di Castigliones Eloquenz und Klugheit gepriesen, welche der Versammlung von großem Nutzen gewesen seien.208 Nachdem auch Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg ihm gedankt 205 In dieser hatte zunächst Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg im Namen der Gesandten Stellung zur kaiserlichen Proposition genommen und anschließend Guillaume Fillastre, der Bischof von Toul, die Bereitschaft des Burgunderherzogs, gegen die Türken zu ziehen, verkündet. Zu Rede von Fillastre, deren lateinische Originalfassung nicht mehr erhalten ist, siehe RTA 19,1, Kommentar von Weigel/Grüneisen zu n° 37, S. 286 ff.; n° 37,1b, S. 291 ff.; n° 37,2a, S. 295 ff. und insb. n° 37,3, S. 301 ff. sowie n° 37,4c, S. 306. – Zum Bischof von Toul siehe Malte Prietzel, Guillaume Fillastre der Jüngere (1400/07–1473). Kirchenfürst und herzoglich-burgundischer Rat, Stuttgart 2001 (Beih. der Francia 51). 206 „Des babsts legat hat gesagt: er vermerk wol, das es nach aller gelegenheit der dinge weißlich f󰀆rgenomen sei zu einer andern betegung, dahin der keiser die kurfursten und fursten komen mogen, die sachen daselbs nach aller notdorft furzunemen. er hat auch ersucht, das der keiser kurf󰀆rsten und f󰀆rsten des reichs darzu personlich komen; sich auch vast hoh belobt des rats der f󰀆rsten rete und stete und in besunderheit der erbietung des herzogen von Burgundi, darumb das die, als er meint, von niemantz grosser erboten m󰀄cht werden. er wolle auch das alles und was er da gehort habe dem babst anbringen und zweifel nit, es sei seiner heilikeit anneme» (RTA 19,1, n° 37,1c, S. 293; siehe auch den Kommentar von Weigel/ Grüneisen zu n° 37, ebd., S. 285). – Interessanterweise hat Enea Silvio Piccolomini in seinem Bericht De dieta Ratisponensi die Beiträge der in der Schlußsitzung auftretenden Oratoren in direkter Rede festgehalten mit Ausnahme des Vortrags des päpstlichen Legaten. Diese Ansprache wird auf eine an den Burgunder gerichtete Danksagung reduziert: «assurgens legatus apostolicus in laudem Philippi ducis ornatam oratiunculam habuit, commendans eum principem, qui domo uxore filioque unico pro Christi nomine tuendo relictis itineri laborioso ac longissimo se commisisset seque pre ceteris principibus in obsequium ecclesie promptum paratumque ostendisset. id futurum summo pontifici acceptissimum nullasque gentes oblationem eius audituras, que nomini suo non benedicant» [De dieta Ratisponensi (Ebd., n°  37,2d, S. 300; Wolkan, III/1, n° 291, S. 562)]. 207 Zum Verlauf der Sitzung siehe den Kommentar von Weigel/Grüneisen, in: RTA 19,1, S. 283. 208 «ad te nunc venio, magne parens ecclesie Papiensis, quem prima sedes huc legatum misit. gratissima fuit tua presentia in hoc loco, ad res bene gerendas eloquentia ac prudentia tua singularis adiumento non parvo fuit. agimus ingentes gratias domino apostolico, qui te direxit, teque magnopere commendamus, qui nulla in re defuisti» [De dieta Ratisponensi (RTA 19,1, n° 37,2c, S. 299 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 561)]. – Zu dem Dank, den Enea Silvio Piccolomini an den Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg, an Herzog Philipp, an die polnischen und savoyischen Gesandten sowie an die Delegierten der Reichsstädte richtete, siehe RTA 19,1, n° 37, S. 293 f., 299 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 260 ff.

V.3 Auf dem Türkenreichstag von Regensburg (April/Mai 1454)

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und im Namen aller das Schlußwort gesprochen hatte,209 dürfte Giovanni di Castiglione Vorbereitungen für seine Rückkehr an die Kurie getroffen haben. In seinem Gepäck210 wird sich, als er am 22. Mai 1454 Regensburg verließ, höchstwahrscheinlich auch eine überarbeitete und erweiterte Version der den Reichstagsteilnehmern am 18. Mai unterbreiteten „kaiserlichen Proposition“ befunden haben, die gewissermaßen den Abschied darstellte und die unter anderem für den April des Folgejahres den Aufmarsch des Kreuzzugsheeres an der Grenze zur osmanischen Herrschaft vorsah.211 Im großen und ganzen wird Giovanni di Castiglione, der sich gemeinsam mit Nikolaus von Kues auf den Weg nach Rom machte, das gleiche Resümee für sich gezogen haben wie Enea Silvio Piccolomini, der die Ergebnisse des Reichstages in einem Brief an Siena als den Umständen entsprechend „zufriedenstellend, aber noch nicht vollkommen“ beschrieb.212 Indes dürfte Giovanni di Castiglione, aus bereits erwähnten Gründen, die Vertagung der Versammlung auf September – von der er auch die venezianischen Gesandten unterrichtete, als er diese, welche noch zum Reichstag nach Regensburg reisen wollten, am 29. Mai 1454 im tirolischen Hall traf 213 – weit weniger bekümmert haben als den Bischof von Siena. Letzterer klagte schon zu diesem Zeitpunkt verstärkt 209  „Marggrave Albrecht hat von sein und der andern wegen auch gedankt des babsts legaten seins guten fleißs» (RTA 19,1, n° 37,1e, S. 294). – Zu den Schlußworten allgemein siehe ebd., S. 286, 294 sowie die entsprechende Passage aus Enea Silvios Bericht De dieta Ratisponensi (Ebd., n° 37,2e, S. 300 f.; Wolkan, III/1, n° 291, S. 562 f.). 210 Hinsichtlich der Geschenke, die Giovanni di Castiglione von Regensburg erhalten hatte, heißt es in den städtischen Ausgaben: „Item mein herrn haben geschankt dem legaten von Pafia des pabst pottschaft 1 schaf habern und 16 kandl weins zwikopfig […]“ (RTA 19,1, n° 22,21, S. 211). 211 Zu diesem auch als Regensburger Ordnung bezeichneten Abschied, der in gewissen Punkten an das von der Kardinalskommission ausgearbeitete Gutachten erinnert, das Giovanni di Castiglione im Dezember des Vorjahres bei seinem Besuch am kaiserlichen Hof Friedrich III. übergeben hatte, siehe RTA 19,1, n° 38, S. 307 ff. – Eben dieser Abschied wurde Ende Juni / Anfang Juli, bevor er anläßlich der Ausschreibung des neuen Reichstages an die Reichsstände verschickt wurde, noch einmal erweitert und dabei um die an den Papst gerichtete Bitte ergänzt, einen Legaten zum neuen Reichstag zu entsenden: «Item quod hec omnia sanctissimo domino nostro intimentur suppliceturque sanctitati sue, ut ad dietam s. Michahelis predictam suum legatum cum plena potestate transmittere dignetur, ut prefertur» (Ebd.,  I,c,  S. 314). In der lateinischen Überlieferung findet sich dieses Gesuch sogar noch ein weiteres Mal als «et exhortatur sanctissimum dominum nostrum summum pontificem, ut legatum suum ad huiusmodi dietam transmittere dignetur» (Ebd.) in den Text eingeschoben. Bei der deutschen Fassung blieb es indes nur bei einer den päpstlichen Legaten betreffenden Hinzufügung: „Und das an u. hl. v. den babst begert werde, daz er auch zu dem obgenanten tag, so zu Franckfurt oder Nuremberg gehalten soll werden, sein potschaft schicke“ (Ebd., IIc, S. 319). 212 «in re vero Turchorum compescendorum, quia non affuerunt principes, ut spes erat, conclusio recepta est quamvis bona, non tamen plena» (Enea Silvio Piccolomini an die Balia von Siena, 19. Mai 1454, RTA 19,1, n° 39,1, S. 323; Wolkan III/1, n° 281, S. 479). 213 «litteras vestras accepimus datas Halle die 29. mensis maii, quibus de visitatione illustrissimi domini Sigismundi ac colloquiis habitis cum reverendissimis d. cardinali Brixensi et d. legato apostolico remansimus plenissime informati et vidimus, que in dieta Ratisbonensi proposita fuerant preparanda, et ultimate, quod dicta dieta teneri in festo s. Michaelis proximo prorogata

166 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg darüber, daß die Reichstage so fruchtbar seien, daß ein Reichstag den nächsten gebäre.214 Gewiß war die Ausgangssituation verschieden: Enea Silvio Piccolomini hätte wohl gerne einen unmittelbaren Erfolg der Versammlung gesehen, hoffte er doch offenbar, daß sein Engagement für den Türkenzug mit dem Erhalt des roten Hutes ausgezeichnet würde;215 Giovanni di Castiglione indes sah, obwohl er natürlich bei seinen Legationen seinen päpstlichen Auftraggeber pflichtbewußt vertrat, in einem Werben für den Türkenzug anscheinend nicht den geeigneten Weg, um in den Kardinalsrang erhoben zu werden. Vielleicht schätzte er die Situation realistischer ein als der Bischof von Siena; möglicherweise erachtete er es aber auch, gerade weil bereits Enea Silvio Piccolomini das Zustandekommen eines Türkenkrieges mit seiner Erhebung ins Kardinalat zu verbinden suchte, als sinnvoller, zum Erlangen dieser Auszeichnung andere Strategien anzuwenden. Im Gegensatz zu Enea Silvio Piccolomini, der durch seine Beschäftigung in den Diensten Friedrichs III. sehr an einen Aufenthalt im Reich gebunden war und nur selten die Gelegenheit bekam, sich an die Kurie zu begeben, verfügte der Bischof von Pavia über den Vorteil, daß er sich bereits in den letzten Jahren durch seine Präsenz in Rom hatte profilieren können. So wußte er, daß ihn der Papst schätzte und ihm vermutlich längst den roten Hut zugestanden hätte, wenn der Mailänder Herzog sich nicht 1451 und 1452 diesem Vorhaben vehement widersetzt hätte216 und wenn der Pontifex danach nicht zur Wahrung des inneritalienischen Friedens von weiteren Kardinalserhebungen hätte absehen müssen.217 Nicht so sehr der Kardinalshut, sondern das Knüpfen von Kontakten ins kaiserliche Umfeld sowie das Brechen des herzoglichen Widerstandes und das Erringen seiner Anerkennung als Bischof von Pavia hatten Giovanni di Castiglione wohl vorrangig vor Augen gestanden, als er sich darum bemühte, als Legat nach Regensburg entsandt zu werden. Seine Hoffnungen hatten sich zwar durch das Fernbleiben des Kaisers vom Reichstag nicht realisiert, doch hatte er eine weitere, für seine Zukunft wichtige Lektion aus seinem Aufenthalt gezogen: Schon allein die Ankündigung, man würde sich für die kaiserliche Investitur verwenden, bzw. das geschickte Vortäuschen, man würde dies mit großem Engagement tun, ließ sich, so man est» (Schreiben des venezianischen Senats an seine Gesandten vom 6.  Juni  1454, RTA  19,1, n° 21,4, S. 200). 214 «secuti sumus veterem morem: dieta dietam peperit» (Enea Silvio Piccolomini an den Erzbischof von Köln, 21. Mai 1454, RTA 19,1, n° 39,6, S. 325; Wolkan, III/1, n° 288, S. 488). 215 „[An dem Zug gegen die Türken] interessiert war lediglich das Haupt der kaiserlichen Gesandtschaft, der kaiserliche Rat und Bischof von Siena, Enea Silvio Piccolomini. Italiener, Humanist und eben eifrig bemüht und besorgt, den Kardinalshut zu gewinnen. Was versprach dabei einen rascheren Erfolg, seine Rückkehr nach Italien über Siena nach Rom, oder das Zustandebringen eines europäischen oder doch deutschen Heerzuges nach dem Balkan gegen den Türken? Auch dieses letzte konnte den Bischof an der Kurie für ein Kardinalat empfehlen“ (Einleitung, in: RTA 19,1, S. 2). – Eine gewisse Enttäuschung Eneas zeigen etwa dessen Briefe an die Balia von Siena und an Juan de Carvajal vom 19. Mai 1454 (RTA 19,1, n° 24,4, S. 221; n° 39,4, S. 324; Wolkan, III/1, n° 281, S. 479; n° 283, S. 481). 216 Siehe hierzu oben, Kap. III.4. 217 Siehe hierzu oben, Kap. III Anm. 140 f.

V.4 Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas

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das „Theater“ geschickt inszenierte, als gutes Argument in eigener Sache gegenüber dem Herzog verwenden. Die Perspektive, die „Bühne“ eines Reichstages im Herbst 1454 erneut nutzen zu können,218 dürfte für Giovanni di Castiglione reizvoll gewesen sein. Die Aussicht jedoch – da sich derzeit in Regensburg nicht mehr erreichen ließ –, zunächst an die Kurie zurückzukehren, um die herzogliche Zustimmung zur Translation, mit Unterstützung der ihm wohlgesinnten Kardinäle, auf anderem Wege zu erreichen, wird vorerst noch verlockender gewesen sein. Dies galt umso mehr, als Giovanni di Castiglione mit Hilfe von Guillaume d’Estouteville im Frühjahr 1454, als sich bereits abzuzeichnen schien, daß Regensburg nicht zum gewünschten Ziel der unmittelbaren herzoglichen Anerkennung der Translation führen würde, ein neues Unterfangen in die Wege geleitet hatte, das erfolgversprechend zu sein schien.

V.4 „… mit dem Erzbistum Euch eine Gefälligkeit erweisend, wollen sie, daß Ihr dem Papst und ihnen mit Pavia einen Gefallen tut“219 – Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas und das Brechen des herzoglichen Widerstandes Da seine Informanten, wie etwa der sich fortwährend für die Sache des Prälaten einsetzende Kardinal Estouteville, Giovanni di Castiglione bedeutet hatten, daß Francesco Sforza nach dem Tod des Erzbischofs von Mailand am 24. März 1454 sehr daran gelegen war, seinen Bruder Gabriele220 beim Erwerb des Erzbistums möglichst tatkräftig zu unterstützen, bekundete Giovanni nun seinerseits eigenes 218 Da ihn Enea Silvio Piccolomini in der Schlußsitzung explizit dazu aufgefordert hatte, den Papst zu bitten, mit seinen bisherigen Bemühungen fortzufahren und auch den nächsten Reichstag in jedem Fall mit einem Gesandten zu beschicken, dürfte dies Giovanni di Castiglione als eine gute Gelegenheit erschienen sein, um Nikolaus V. zu ersuchen, ihm die Legation erneut zu übertragen. – Zu dieser von Enea Silvio Piccolomini in der Schlußsitzung geäußerten Bitte heißt es in einer amtlichen Niederschrift aus der Kanzlei der Markgrafschaft Ansbach: „Sie hant dabei gedankt dem legaten seins guten vleiss und gebeten, diese dinge dem babst anzubringen; daran zu sein, das sein heilickeit ferrern vleis wolle tun und vorsehung haben zu beistand und vollendung dieser sachen; und ie daran sein, das sein heilickeit zu dem kunftigen tage seinen legaten schicken wolle, die sachen nach notdorft helfen zu sliessen“ (RTA 19,1, n° 37,1d, S. 293). Siehe auch die entsprechende Passage aus De dieta Ratisponensi: «que hic gesta sunt, tuum erit apostolice pietati referre atque hortari, ut quo suo incumbunt officio expleat, in altero concilio legatum habeat. opus hoc sanctissimum, quod ferventi animo inchoavit, ferventiori studio prosequatur […]» (Ebd., n° 37,2c, S. 300; Wolkan, III/1, S. 561). 219 «[…] compiacendo a vuy del arcevescovato, voriano fusse compiazuto al papa et a loro de quello de Pavia» (Tommaso Tebaldi an Francesco Sforza, 11.  Juni  1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). – Das vollständige Zitat findet sich unten, Kap. V Anm. 225. – Zu Tommaso Tebaldi siehe unten, Kap. V Anm. 228. 220 Carlo Marcora, Frate Gabriele Sforza, arcivescovo di Milano (1454–1457), in: Memorie storiche della diocesi di Milano 1 (1954), S. 236–331.

168 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg Interesse an dieser Erzdiözese.221 Gleichzeitig ließ er den herzoglichen Gesandten Sceva da Curte wissen, wenn es Francesco Sforza lieber sei, könne er, Giovanni, auch von dem Erzbistum absehen und sich mit Pavia zufriedengeben.222 Ferner bewirkte der Bischof, daß der Pontifex am 15. Mai 1454 bezüglich der Diözese Pavia ein weiteres Schreiben zu seinen Gunsten an den Herzog richtete.223 Überdies gelang es ihm, dank der Unterstützung des Kardinals Estouteville und wohl auch mit dem Segen der Kardinäle von Fermo und Avignon, den Pontifex dazu zu bewegen, die Frage nach der Besetzung von Mailand so lange in der Schwebe zu halten, bis sich Estouteville, der nach Frankreich zu reisen beabsichtigte, zum Herzog begeben konnte, um ihn in einer persönlichen Unterredung zu bitten, Giovanni di Castiglione Pavia zuzuweisen.224 Diesem Versprechen des Papstes folgte bald dasjenige, die Zustimmung zur Ernennung Gabriele Sforzas zum Erzbischof von Mailand offiziell an die herzogliche Akzeptanz Giovanni di Castigliones in Pavia zu knüpfen.225 Davon, daß die Mehrheit der Kardinäle fest entschlossen sei, die Erhebung Gabrieles so lange hinauszuzögern, bis Francesco Sforza hinsichtlich der Translation Giovanni di Castigliones nach Pavia eingelenkt habe, berichtete auch der Mailänder Gesandte Nicodemo Tranchedini dem Herzog am 8. Juni 1454 nach einer Unterredung mit dem Pontifex.226 Da Nicodemo 221  «Ceterum intesa la vacatione del archivescoato de Millan, io scrisse a la clementia vostra che, quando li fusse grato, serea stato contento d’essere transferido de Pavya a Millan, e sono certo che nostro signore più che volentiera le haverea fato, cognossi la soa sanctità tra le altri respecti quanto sono servidore de la vostra excellentia, e similimente tutti li signori cardinali, quando fusse stato lo piacere a essa vostra excellentia, tutti li signori, con li qualli yo pratico, havereveno habiuto consolatione, yo spero, ma che dio me daga più pratica con la vostra signoria essa serà contentissima […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 222 «Libenter intellegerem, quam conclusionem ceperit sua illustrissima dominatio in facto Mediolanensis, ad quam si dignata fuissem me fidelissimum suum habere contentissimus fuissem, si non quiescam [?] in Papiense cuius conditiones michi summe placent» (Giovanni di Castiglione an Sceva da Curte, 3. Mai 1454, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 223 Zum entsprechenden Schreiben von Papst Nikolaus  V. an Francesco Sforza vom 15. Mai 1454 siehe ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die. 224 «[…] el papa abia promesso al Rotomagensis vel Andagavensis […] [de tenire] la cossa suspesa fino ch’el habia parlato in questo suo andare in Franza con la signoria vostra perché ha speranza fare in modo che la signoria vostra gli compiacerà de quello de Pavia» (Tommaso Tebaldi an Francesco Sforza, 11. Juni 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 225 «[…] E perché la excellentia vostra sia ben informata avisola che Fermo [= Capranica], Avignone [= Coëtivy] et tutti sono inclinati a quello de Castiglione et questa sola è la casone ch’el arceveschovato sea suspeso perché, compiacendo a vuy del arcevescovado, voriano fusse compiazuto al papa et a loro de quello de Pavia, più la cossa passarà bene e presto. De queste cosse, perché Nicodemo v’ha scritto copiosamente, io non me extendo più ultra, ma lasso la faticha a luy, et ancora me governo circha questo in lo parlare e in lo tacere, como a luy pare meglio» (Ebd.). 226 «[…] [il pontefice] fece assay scuse, dicendo che una fiata me havia dicto essere contento et cossì era, ma che li più de li cardinali erano e sono in fermo proposito de non dare mai el voto loro se prima Constanciense non è admesso in Pavia» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – An einer späteren Stelle des Schreibens heißt es: «A fare l’hanno et dicono volerlo fare, ma el papa voria admetessino Costanza a Pavia omnino, et tuti li cardinali voriano questo medesimo, ma pur

V.4 Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas

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Tranchedini diesem Schreiben zufolge dem Papst gegenüber das Thema Gabriele Sforza erst richtig zur Sprache zu bringen vermochte, nachdem die anderen beiden herzoglichen Gesandten Rom bereits wieder verlassen hatten,227 könnte man sich durchaus vorstellen, daß er ebenfalls von der Fraktion gewonnen worden war, die im Interesse Giovanni di Castigliones agierte. Einige kleinere Indizien weisen zumindest in diese Richtung, so etwa die Tatsache, daß Nicodemo Tranchedini – im Gegensatz zu seinem mit der Rückkehr in die Lombardei liebäugelnden Kollegen Tommaso Tebaldi228 – darauf beharrte, in Rom bleiben zu müssen. So bedeutete er dem Herzog am 8. Juni 1454, der Papst habe ihm zu verstehen gegeben, daß es weder Francesco Sforza noch seinem Gesandten zum Wohle und zur Ehre gereiche, wenn der Herzog gerade zu diesem Zeitpunkt seinen Mann von der Kurie abziehe.229 Auch führte er als weiteres Argument an, er müsse noch zwei oder drei Konsistorien abwarten,230 damit versucht werden doy o tre la pigliano più in summa […]» (Ebd.). – Zu diesem Thema siehe auch die Schreiben Nicodemos an den Herzog vom 15. und 21. Juni 1454 (Ebd., sub die) sowie dessen Briefe an Nicodemo Tranchedini vom 14. Juni 1454 (ASMi, RM 19, fol. 266v) und vom 4. Juli 1454 (ASMi, Sf., PE, Firenze 267). Vgl. auch Margaroli, Diplomazia, S. 95; Ansani, La provvista, S. 11 f.; Marcora, Frate Gabriele Sforza, S. 236 ff. 227  «Vostra celsitudine intenderà per la lettera de messer Thomaxo quel fo facto heri sera per luy et per messer Carlo al conspecto de nostro signore che fo cum pochissime parole et substantiale, restay drieto a loro circa una hora cum soa sanctità, et honestamente feci gran querimonia de tanta dilactione al arcivescovato, mostrando non facia el facto de soa beatitudine che guastava in tuto e per sempre quel de Constanciense» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 228 Zumindest ist in den Schreiben Tebaldis durchgängig die Rede davon, daß er demnächst die Erlaubnis einholen werde, in die Lombardei zurückzukehren: «vederemo questa septimana che vene havere audientia da la sua sanctità et poy con la sua bona licentia partire et ritornare verso Lombardia» (Tommaso Tebaldi an Francesco Sforza, 15.  Juni  1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). – Am 17. Juni 1454 hieß es bezüglich der Rückkehr Tommasos in einem weiteren Schreiben dieses Gesandten an Francesco Sforza: «s’el papa fusse sano l’haveria inducto per ogne modo a rechedere licentia, ma subito se gli possa parlare, che credo serà presto in questa septimana, toremo licentia et veremo in quelle parte […], et presto me sforzarò essere da la excellentia vostra […]» (Ebd., sub die). – Zu Tommaso Tebaldi [auch Tommaso da Bologna], der schon Filippo Maria Visconti als Gesandter gedient hatte und der von Francesco Sforza 1450 zum commissario von Como ernannt worden war, siehe Leverotti, Diplomazia e governo, S. 241 ff.; zur dieser Gesandtschaft, die vom 11. Mai 1454 bis zum 12. Juli 1454 dauerte, siehe auch ASMi, RM 15, fol. 248r. 229 «[…] Finalmente conclusi che se degnasse licenciarmi et dirmi quello volia respondessi a vostra celsitudine, ma vedesse perho ad fare per modo che havessino ad perseverare in la bona dispositione che sete et che poco inanti gli havia dicto messer Thomaxo. Et che le cose d’Ytalia sono in termini che fa per soa sanctità mantenervessi benivolo più o tanto quanto signore che ce sia, et respose bone parole assay et concluse non volia me partissi, et che partendomi non farei l’honore vostro né il mio […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – Am 15. Juni 1454 teilte Nicodemo dem Herzog erneut mit, daß der Papst ihm die Abreise untersagt habe: «Per altra mia avisai vostra celsitudine como nostro signore me havia vetato ch’io non tornassi […]» (Ebd., sub die). 230 «se già questa cosa non se terminava altramente, facendo io pur calca de partirme, disse l’aspectassi doy o tre altri concistorii» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 8. Juni 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41).

170 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg könne, einige Kardinäle zu „zähmen“,231 welche auf Insistieren des Kardinals von Rouen hin den Prozeß der Erhebung Gabriele Sforzas in die Länge zögen.232 Die Konsistorien indes, die sonst dreimal wöchentlich einberufen wurden, waren just zu dieser Zeit ausgesetzt worden, angeblich wegen eines Gichtanfalls des Papstes.233 Doch selbst der aus Bologna stammende, unter dem Einfluß Nicodemos stehende234 Tommaso Tebaldi argwöhnte, als er den Herzog noch während seines Aufenthaltes in Rom von der Erkrankung des Papstes unterrichtete,235 daß dieses Leiden des Papstes nur ein von der Kurie inszeniertes Manöver sei, um Zeit zu gewinnen, damit das dem Kardinal von Rouen gegenüber gegebene Versprechen gehalten werden könne. Immerhin hatte man Estouteville, der den Herzog persönlich aufzusuchen beschlossen hatte, um diesem nahezulegen, Giovanni di Castiglione – im Gegenzug zur Erhebung Gabriele Sforzas als Erzbischof von Mailand – anzuerkennen, ja zugesichert, man werde seinen „Lagebericht“ abwarten.236 Die Fürsprache Estoutevilles in Verbindung mit dem von Nicode231  «[…] [disse] che bixogna duri fatica a redure questi cardinali, et confortavami a durarcela ancora, disse che vostra illustrissima signoria non è perho tanto povera de amici qua ch’io non sentisse meduliter como la cosa passa et che solamente questa dilactione è per aspectare la risposta de Andegavense, et che solamente ancora li cardinali d’Avignone [= Coëtivy], de Sanct’Angelo [= Carvajal] et de San Marco [= Barbo] haviano tenuta questa ponta, et io gli havia tanto reducti che me haviano iurato d’aiutarci» (Ebd.). 232  «Et me havia promesso spazare ad modo vostro questo arcivescovato al primo o secundo concistorio et che interim adomesticaria alcuni cardinali, quali prolungavano questa collatione ad instantia del cardinale Andegavense. Avisai ancora essa vostra signoria che io havia havuta la fede da questi renitenti, in modo ch’io credia essere spazato presto; depoy ho compreso continuamente la dispositione de nostro signore essere de compiacervene, et mal p[u]ò fare altramente, et paregli ormay havere troppo aspectata la risposta de Andegavense» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 15. Juni 1454, ASMi, Sf., PE, Roma 41). 233 «È sucesso che soa sanctità se è reinchiodata nel zenochio et nel collo, in modo non se è potuto retrovare a questi dì solempni, né ha facto concistorio in tuta questa septimana» (Ebd.). 234 Wie sehr Tommaso Tebaldi auf Nicodemo Tranchedini hörte, wird aus dem Schreiben deutlich, daß der Bologneser am 15. Juni 1454 an Francesco Sforza sandte: «E Nicodemo et io non gli manchamo in cossa alchuna, […] ancora non ho parlato io cossa alchuna col p[apa] et con li signori cardinali, ho dicto solo quanto è parso al dicto Nicodemo, e cussì me governarò in quanto segondo che a luy parerà […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 235  «Dapoy ch’io scrissi a la excellentia vostra non è acaduto altro de novo, né siamo stati da la prima volta in qua a la presentia del papa perché gli è ritornata la gotta in uno zenochio, et heri gli andò in una spala, et dubitasse non gli cerchi tute le zontirie como è usata de fare inanti che se parta. E per questa casone non ha facto consistorio, come sole fare tre volte la septimana, né s’è possuto spazare il facto del arcivescovato, como haveano promesso tuti li cardenali» (Ebd.). 236 «Ma io dubito che questa longheza proceda perché l’ha promesso al Rotomagensis de aspectare la sua risposta dapoy ch’el serà stato con la signoria vostra, havendo luy speranza de inclinarve a le voglie sue de quello vescovato de Pavia perché, como ho scripto, voriano compiaserve de quello de Milano, compiasendo la signoria vostra a loro de quello de Pavia. Ma pur son certo con lo tempo e con bon modo non mancharà bon effecto a le voglie vostre […]» (Ebd.). – Daß eine gewisse Verzögerung dadurch entstand, daß man an der Kurie auf das Eintreffen einer Nachricht des Kardinals von Rouen wartete, hatte Nicodemo Tranchedini dem Mailänder Herzog bereits am 8. Juni 1454 zu verstehen gegeben: «[…] et che solamente questa dilactione è per aspectare la risposta de Andegavense. […] Vedo, como ho dicto, aspecta quello haverà facto Andegavense cum vostra illustrissima signoria. Et etiam dubita non facia mala rela-

V.4 Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas

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mo Tranchedini signalisierten päpstlichen Versprechen, Giovanni di Castiglione, wenn dieser erst einmal in Pavia installiert sei, bei der nächsten Gelegenheit in ein anderes Bistum zu versetzen,237 dürfte denn auch zusammen mit dem Wunsch, seinem Bruder zum Erzbistum zu verhelfen, ausschlaggebend dafür gewesen sein, daß der Herzog schließlich nachgab, was Kardinal Estouteville dem Pontifex sogleich mitteilte. Spätestens am 17. Juni 1454, zwei Tage nach der Rückkehr Giovanni di Castigliones vom Reichstag,238 dürfte der Brief Estoutevilles an der Kurie eingegangen sein, denn an diesem Tag unterrichtete Tommaso Tebaldi den Herzog über das Eintreffen dieses Schreibens in Rom und folgerte, daß nun im nächsten Konsistorium gewiß das Erzbistum Mailand an den herzoglichen Bruder vergeben würde.239 Am 21. Juni 1454, einen Tag nach der Ernennung Gabriele Sforzas,240 erreichte die Kurie denn auch die offizielle Nachricht, daß der Herzog infolge des beharrlichen Insistierens von Estouteville endlich eingelenkt und den Prokuratoren Giovanni di Castigliones die Erlaubnis erteilt habe, Pavia in Besitz zu nehmen.241 Giovanni hoffte nun seinerseits, wie er dem Mailänder Herzog sogleich mitteilte, tione. In quest’altra septimana farò omne mia diligentia, et etiam deverò havere risposta da vostra celsitudine, et secundo quella me governarò» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 237 «El papa da canto me dice volermi dare la fede in nome de la signoria vostra de levare poy a la prima vacancia de vescovato Costanza da Pavia et meterlo a quella […]» (Ebd.). 238 So schrieb Nicodemo Tranchedini, der zu denjenigen zählte, die Giovanni di Castiglione zur Begrüßung entgegenzogen, am 15.  Juni  1454 an den Herzog: «Questa matina è tornato d’Alamagna el vescovo de Costanza o de Pavia, al modo de costoro so[no] gli andato a lo scontro et acompagnatelo che gli è stato carissimo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – Am 16. Juni 1454 ging wohl auch Enea Silvio Piccolomini, der an diesem Tag von Wiener Neustadt aus einen Brief an den sich an der Kurie aufhaltenden Heinrich Senftleben schickte, davon aus, daß Giovanni di Castiglione wieder in Rom eingetroffen sein müßte oder zumindest demnächst eintreffen werde: Folglich heißt es in diesem Schreiben: «Si videris episcopum Papiensem, recommendes me sibi et dicito, quod litteras, quas cupiebat ex cesare, feci committi, sed non sunt adhuc expedite. curabo, ut cito expediantur et sibi mittam» [künftig: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich III., Bd. 19, Abt. V, Teil 2: Reichstag zu Frankfurt (September / Oktober 1454), hg. v. Johannes Helmrath (in Vorbereitung; zukünftig: RTA 19,2), n°  1,3].  –  Etwa dreieinhalb Wochen später, am 8.  Juli  1454, liest man dann in einem Brief von Enea Silvio Piccolomini an Domenico Capranica: «Que gesta sunt Ratispone, non arbitror ignorare dignationem tuam, quando legatus Romam reversus est» (Ebd., n° 3,1a). 239 «Rotomagensis ha scritto qua al sancto padre et a cardenali del grande honore che gli ha facto la excellentia vostra in venirli incontra fino a Lode et farli tante bone achoglienze […], et dice havere facto restare contenta la signoria vostra de dare la possesione de Pavia al vescovo de Costanza, et non dubito ch’el primo concestorio che se faza se spazarà quello de Milano, et cussì lo solicita[mo] Nicodemo et io […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 240 Giovanni di Castiglione unterrichtete seinerseits selbst den Herzog am 21. Juni 1454 von dieser Ernennung (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 241 «A questi dì, siandomi gionto in questa corte, venero novelle a nostro signore et quisti mei signori cardinali che la vostra illustrissima signoria, a la grande instantia de monsignore lo cardinale Rothomagense, haveva data licentia a li mei procuratori de intrare la possessione de lo veschoato de Pavia, e subitamente tanto la clementia de nostro signore como alchuni de li ditti signori cardinali me mandarono le lettere a casa mia. La signoria vostra a fato cosa che tanto piace a la sanctità soa e a tutta questa corte com[e] se poterea dire, de mi non dico niente perché non

172 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg das Bistum zu sehen und dort ein wenig verweilen zu dürfen; zu diesem Zwecke beabsichtige er, die Genehmigung des Papstes einzuholen, um sich in die Lombardei begeben zu können.242 Zudem plane er – so fuhr Giovanni di Castiglione fort –, falls das Eintreffen der Gesandten des ungarischen und polnischen Königs an der Kurie,243 das er gerne abgewartet hätte, sich nicht allzu sehr verzögere, der Weihe des herzoglichen Bruders, Gabriele Sforza, zum Erzbischof von Mailand beizuwohnen, für dessen Promotion er sich nach seiner Rückkehr an die Kurie sehr eingesetzt habe.244 Da der Pontifex der Bitte Giovanni di Castigliones offenbar stattgab, konnte er als Bischof schließlich am 4. August 1454 in Pavia Einzug halten.245 ho meritato tanto beneficio da la signoria vostra, ma de tempo in tempo vederà se me haverà fato piacere […]» (Ebd.). 242 «[…] Farò instantia a la sanctità de nostro signore che li piacia darme licentia di visitare la signoria vostra, a la qualle dio sa quanto amore io porto […], anchora me constrenze lo respecto de lo ditto veschoato, a lo qualle la mia presencia non serà se non bona; e in vero molto desidero de riposare un pocho, maximamente presso de la clementia vostra» (Ebd.). 243 Der Gesandte des ungarischen Königs dürfte wohl Albert Vetési gewesen sein [siehe hierzu RTA 19,2 n° 7,2 (Anm. 5)]; der Delegierte des polnischen Königs wiederum war mit großer Wahrscheinlichkeit Jan Lutek von Brzezie [Johann Lutko von Brezc], der Kasimir IV. bereits auf dem Reichstag zu Regensburg vertreten hatte. – Laut dem Bericht des Generalprokurators in Rom, Jodocus Hogenstein, vom 3. Mai 1455 traf Jan Lutek von Brzezie gemeinsam mit Giovanni di Castiglione an der Kurie ein: „quam der genumpte Lutko ouch zu Roem in mit mins heilgen vaters legaten, der zu Reinsburgk ouch gewesen was am tage“ (künftig: RTA 19,2, n° 21,2). 244 «Ceterum quando sono stato qui ho sollicitato la expedi[cione] de lo archiveschoato de Millano per lo vostro fratello, e hogi è fata la promocione. Io spero de trovare[mi?] a la soa consecratione e intrata se la venuta de li ambassatori de li re de Hungaria e Polla[nia no]n me retarda, ma credo che nostro signore me compiacerà, molto desidero de conferire con la vostra celsitudine […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 245 Giuseppe Robolini, Notizie appartenenti alla storia della sua patria, Bd.  VI/1, Pavia 1838, S. 159; Piero Majocchi, Cronotassi dei vescovi di Pavia nei secoli XIV e XV, in: P. M. u. a. (Hg.), I vescovi dell’Italia settentrionale nel basso medioevo. Cronotassi per le diocesi di Cremona, Pavia e Tortona nei secoli XIV e XV, Pavia 2002 (Fonti e Studi. Collana del dipartimento di scienze storiche e geografiche Carlo M. Cipolla dell’Università di Pavia), S. 90 f. – In Giovanni di Castigliones Namen veranlaßte die bischöfliche Kanzlei dann auch Investituren und bestätigte die Besitztümer der bischöflichen Vasallen, wie am 22. August 1454 diejenigen der Brüder Torto aus Pieve Albignola (ASDPv, Vescovi, c. 3, fasc. 4) oder am 9. September 1454 diejenigen von Antonio und Balduino Montafia, über deren Lehnsverpflichtung Giovanni di Castiglione auch an eben diesem Tag den Mailänder Herzog in Kenntnis setzte (ASMi, Autografi 11, sub die). – Für die ersten Septemberwochen ist die Tätigkeit des Bischofs in Pavia gut dokumentiert. So nahm er sich am 2. September 1454 der Angelegenheiten seines bischöflichen Kanzlers Ludovicus de Lege und dessen Bruders Ambrosius an (ASDPv, Vescovi, c. 3, fasc. 4), und ebenso ist bekannt, daß er sich am 13. September 1454 von Miramondo aus erneut an den Herzog mit der Bitte wandte, die Steuern, welche dieser der Diözese auferlegt hatte, wegen der beim Eintreiben des Zehnten aufgetretenen Schwierigkeiten und der durch die Kriege verursachten fortwährenden Unsicherheit zu reduzieren (ASMi, Autografi 11, sub die). Möglicherweise ist dieses Schreiben auch eine Reaktion auf die Beschwerde, welche die Bewohner von Cecima am 12.  September  1454 an Giovanni di Castiglione herangetragen hatten (ASDPv, Vescovi, c. 3, fasc. 4). – Angesichts dieser offensichtlichen Präsenz in Pavia ist Pastors Annahme wenig wahrscheinlich, daß Giovanni di Castiglione genau zu jener Zeit im Vorfeld des Reichstags

V.4 Die Verknüpfung des Schicksals Giovanni di Castigliones mit dem Gabriele Sforzas

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Nach über eineinhalb Jahren des Insistierens und Taktierens hatte Giovanni di Castiglione nunmehr sein Ziel einer Translation in die patria erreicht. Und obgleich der Herzog ursprünglich die Hoffnung gehegt hatte, man werde den Prälaten, wie vom Papst in Aussicht gestellt, alsbald in eine andere Diözese weiterversetzen,246 konnte sich Giovanni di Castiglione in diesem Bistum auf Dauer behaupten. Hält man sich vor Augen, daß der erfolgsverwöhnte Francesco Sforza im Zeitraum von 1451 bis 1465 bei immerhin vierzehn der siebzehn Bischofsvakanzen den eigenen Kandidaten durchsetzen konnte,247 so wird man Giovanni di Castiglione Beharrlichkeit und politisches Geschick bei dem – eine gewisse Raffinesse nicht entbehrenden  –  Auffinden und konsequenten Ausnutzen der herzoglichen Schwächen ebensowenig absprechen können wie seinen sicheren Zugriff bei der Auswahl geeigneter Helfer. Giovanni di Castiglione hatte gezeigt, daß er, obgleich er zunächst fernab Italiens gelebt hatte, sich auf die italienischen Ränkespiele rasch einzustellen vermochte. Der Preis, den er hierfür hatte zahlen müssen, war freilich ein in Zukunft erheblich belastetes Verhältnis zum Mailänder Herzog. Trotz aller Verstimmtheit ging die Ablehnung Francesco Sforzas jedoch nie so weit, daß er versucht hätte, den Prälaten wieder aus seiner Diözese zu vertreiben. Daß der Herzog durchaus vor derartigen Schritten nicht zurückschreckte, zeigen etwa seine nachhaltigen Bemühungen, sich 1457 des Bischofs von Parma zu entledigen.248 Ein weiteres wichtiges Resultat von Giovanni di Castigliones ersten an der Kurie verbrachten Jahren gilt es noch zu erwähnen: sein mit Kardinal Guillaume von Frankfurt im Reich als Kollektor tätig gewesen sei und den Kirchenzehnten eingesammelt habe (Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 621). 246 Zu dieser Aussicht siehe oben, Kap. V Anm. 237. 247 Die erfolgreich durchgesetzten Kandidaten waren: die Erzbischöfe von Mailand Niccolò Amidani (ab 19.  März  1453), Gabriele Sforza (ab 20.  Juni  1454), Carlo Forlì (ab 19.  Oktober 1457), und Stefano Nardini (ab 13. November 1461), der Bischof von Alessandria Marco Cattanei (ab 31. Mai 1457), der Bischof von Novara Giacomo Filippo Crivelli (ab 30. Mai 1457), der Bischof von Tortona Michele Marliani (ab 9.  Januar  1461), der Bischof von Cremona Bernardo Rossi (ab 27. April 1458), die Bischöfe von Como Antonio Pusterla (ab 16. Juli 1451), Martino Pusterla (ab 19.  Dezember  1457) und Lazzaro Scarampo (ab 20.  August  1460), der Bischof von Lodi Carlo Pallavicini (ab 21. Juni 1456), der Bischof von Bobbio Vasino Stefano Ghilini (ab 31. Oktober 1465) und der Bischof von Parma Giacomo Antonio Della Torre (ab 24. September 1463). Gegen den ursprünglichen Willen des Herzogs konnten außer Giovanni di Castiglione lediglich Giovanni Campesio als Bischof von Piacenza (siehe oben, Kap. IV.3) und Giacomo Ammanati-Piccolomini als Bischof von Pavia und Nachfolger unseres Prälaten durchgesetzt werden. – Zu all diesen Kandidaten siehe Ansani, La provvista, S. 11 f. – Zweifelsohne verdankte der Herzog die Durchsetzung vieler seiner Kandidaten nach 1456 auch in einem erheblichen Maße Giovanni di Castiglione, der sich in den Jahren 1457/1458 größtenteils an der Kurie aufhielt und dort verstärkt als Fürsprecher Francesco Sforzas agierte (siehe hierzu unten, insb. Kap. IX). 248 Zum „Entfernen“ des Bischofs von Parma siehe etwa in dem Bestand ASMi, Sf., PE, Roma 45/46 Francesco Sforzas Schreiben an Ottone del Carretto vom 22. Juli 1457 sowie vom 13. und 28. September 1457; Francesco Sforzas Brief an Papst Calixt III. vom 23. Juli 1457 und die Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 9. August 1457, vom 26. September 1457 und vom 27. Oktober 1457.

174 V. Die Gesandtschaft ins Reich, nach Böhmen und Ungarn und der Reichstag von Regensburg d’Estouteville geschlossenes Bündnis, dessen Stabilität nicht nur in zahlreichen Erwähnungen des Kardinals in den Briefen Giovanni di Castigliones ihren Niederschlag findet, sondern das letztlich auch für das Konklave des Jahres 1458 von Bedeutung sein sollte, bei dem Giovanni di Castiglione sich zunächst für Guillaume d’Estouteville zu votieren entschied.

VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt als weitere Sprossen auf der Karriereleiter VI.1 „… wir bestimmen unseren ehrenwerten Bruder, den Bischof von Pavia, zu unserem Orator auf dem besagten Tag“1 – Der Reichstag zu Frankfurt (September / Oktober 1454) Nachdem Giovanni di Castiglione den Mailänder Herzog dazu hatte bewegen können, die Translation nach Pavia zu akzeptieren, galt es nun, für weitere Anerkennung zu sorgen, damit der Herzog sich bereit zeigte, ihm einige einträgliche Benefizien im Lombardischen zuzubilligen. In Anbetracht der noch ausstehenden offiziellen kaiserlichen Investitur des Herzogs2 boten sich für Giovanni di Castiglione die vielversprechendsten Erfolgsaussichten für sein Vorhaben im Reich, wo der in Frankfurt einberaumte Reichstag als Fortsetzung des Regensburger Tages anstand.3 Da Giovanni bereits in Regensburg als päpstlicher Vertreter gewesen war, konnte er vermutlich mit Unterstützung ihm wohlwollender Kardinäle an der Kurie ohne größere Schwierigkeiten veranlassen, daß Nikolaus  V. ihn am 3. September 1454 abermals zu seinem Legaten ernannte.4 1 «[…] venerabilem fratrem nostrum Johannem episcopum Papiensem oratorem nostrum ad prefatam dietam destinamus […]» (Nikolaus  V. an in Frankfurt versammelte Fürsten, 15.  September  1454, künftig: RTA  19,2,  n°  5,2; das vollständige Zitat befindet sich unten, Kap. VI Anm. 8). – Gabriele Annas (Frankfurt / Main) und Johannes Helmrath (Berlin) danke ich für die Möglichkeit, im Sommer 2008 die Manuskripte der Bände RTA 19,2 und RTA 19,3 einzusehen, aus denen ich im folgenden zitiere, vorbehaltlich möglicher Abweichungen bei der Numerierung der Stücke zwischen vorgenannten Manuskripten und bevorstehenden Publikationen und vorbehaltlich möglicher von den Herausgebern in späteren Fassungen vorgenommener Korrekturen. 2 Zu den Beziehungen Francesco Sforzas zu Friedrich III. nach dem Abschluß des Friedens von Lodi siehe Fabio Cusin, Le relazioni tra l’Impero ed il ducato di Milano dalla pace di Lodi alla morte di Francesco Sforza (1454–1466), in: ASL, n.s. 3 (1938), S. 3–110. 3 Als man im Mai  1454 in Regensburg beschlossen hatte, im September einen weiteren Reichstag einzuberufen, war festgelegt worden, daß dieser, so der Kaiser daran teilnahm, in Nürnberg, andernfalls aber in Frankfurt abgehalten werden sollte (RTA 19,1, n° 35,3, S. 279; n° 38, Ia, S. 313; n° 38, IIa, S. 317 f.; n° 38, III, S. 322). 4 «Nos huiusmodi honeste ac piissime requisitioni sue satisfacere volentes, ut tenemur, et fidei devotionis ac integritatis tue erga nos et sedem apostolicam, et quantis virtutum donis illarum largitor personam tuam dominus insignivit, non ignari et sperantes, quod, que tibi comisserimus, cum omni prudentia atque laude, quemadmodum semper consuevisti, fideliter exequeris, te

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

Da Friedrich  III. den Papst, auf schriftlichem Weg wie auch durch Boten, erneut um die Entsendung eines Legaten ersucht hatte5 und man im Reich wohl die Abordnung eines Prälaten höheren Ranges erhoffte, wird der eine oder andere in Frankfurt vermutlich enttäuscht gewesen sein,6 als dort am 15. September 1454 ein Schreiben einging, in dem der Papst nicht den Kardinal Nikolaus von Kues,7 sondern Giovanni di Castiglione als Legaten für den am 29. September zu eröffnenden Tag ankündigte und empfahl.8 Wenn diese Abordnung schon zu einigen Verstimmungen führte, so dürfte der Unmut noch gewachsen sein, als sich die Ankunft des päpstlichen Legaten verzögerte. Und so teilte denn der franziskanische Bußprediger Capistran,9 der sich auf Bitten von Enea Silvio Piccolomini nach Frankfurt begeben10 und dort den Text der Kreuzzugsbulle verlesen hatte,11 Nioratorem nostrum de optima voluntate nostra et vehementissimo desiderio erga provisiones faciendas in ista re fidei plenissime informatum ad prefatam dietam duximus destinandum, dantes et concedentes fraternitati tue harum serie plenam et omnimodam facultatem omnia in dicta dieta proponendi dicendi faciendi ordinandi et concludendi, que in ista re sapientie tue videbuntur oportuna […]» (künftig: RTA 19,2, n° 5,1).   5 «Significavit nobis nuper et litteris et nunciis carissimus in Christo filius noster Fridericus Romanorum imperator semper augustus de dieta in Franckfordia aut alibi de proximo tenenda pro factis ac defensione fidei petiitque a nobis cum instancia, ut ad illam oratorem nostrum mitteremus» (künftig: RTA 19,2, n° 5,1).  6  Siehe hierzu unten, Kap. VI Anm. 12.   7 Nikolaus von Kues wurde indes, wie er auch Johannes von Segovia am 29. Dezember 1454 selbst berichtete, von Nikolaus V. anderweitig eingesetzt (siehe hierzu Helmrath, Reichstagsreden, S. 175 Anm. 21).   8 «Quia carissimus in Christo filius noster Fridericus Romanorum imperator semper augustus nos per litteras et nuncios suos certiores reddiderit de dieta Frankfordie tenenda pro negociis fidei et defensione tocius christianitatis pecieritque cum instancia, ut oratorem nostrum ad illam mitteremus, nos volentes honeste et piissime requisicioni sue libenter, ut tenemur, annuere, venerabilem fratrem nostrum Johannem episcopum Papiensem oratorem nostrum ad prefatam dietam destinamus […]» (Nikolaus V. an in Frankfurt versammelte Fürsten, 13. September 1454, künftig: RTA 19,2, n° 5,2).   9 Zu Capistran siehe u. a. Johannes Hofer, Johannes Kapistran. Ein Leben im Kampf um die Reform der Kirche, 2 Bde., Innsbruck 1936 [Neubearb. v. Ottokar Bonmann, Heidelberg u. a. 1964/65 (Bibliotheca Franciscana  1/2)]; Kaspar Elm, Johannes Kapistrans Predigtreise diesseits der Alpen (1451–1456), in: Hartmut Boockmann u. a. (Hg.), Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Politik – Bildung – Naturkunde – Theologie. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1983 bis 1987, Göttingen 1989 (Abh. Akad. Wiss. in Göttingen, Philolog.-Histor. Kl. III 179), S. 500–519 [ND in: Dieter Berg (Hg.), Vitasfratrum. Beiträge zur Geschichte der Eremiten‑ und Mendikantenorden des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts. Festgabe zum 65. Geburtstag von K. E., Werl 1994 (Saxonia Franciscana 5), S. 321–337]; Ders., Johannes v. Capestrano, in: LexMA  V (1991), Sp. 560 f.; Roger Aubert, Jean de Capestrano, in: DHGE  26 (1997), Sp. 1371 f.; Hélène Angiolini, Giovanni da Capestrano, in: DBI 55 (2000), S. 744–759. – Zu Capistran in Frankfurt siehe auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 164 ff.; Annas, Hoftag, Bd. II, S. 408 f., sowie künftig: RTA 19,2, n° 15, jeweils mit weiteren Quellen‑ und Literaturangaben. 10 Zum entsprechenden Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Johannes Capistran vom 26. Juli 1454 siehe künftig: RTA 19,2, n° 3,5a. Vgl. auch ebd., n° 15 (Einleitung). 11 Siehe hierzu das Schreiben von Johannes Capistran an Papst Nikolaus  V. vom 28.  Oktober 1454 (künftig: RTA 19,2, n° 15,3e).

VI.1 Der Reichstag zu Frankfurt (September/Oktober 1454)

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kolaus V. mit, daß so mancher über das späte Eintreffen des bischöflichen Legaten und über seinen niederen Rang enttäuscht gewesen sei.12 Giovanni di Castiglione versicherte indes später, er habe sich nach Erhalt des Mandats unverzüglich nach Frankfurt begeben.13 Sollte es wirklich zutreffen, daß der Bischof von Pavia seine Reise hinauszögerte, so dürfte er seine Gründe gehabt haben. Vermutlich mußte er Sorge dafür tragen, nicht sogleich die Mißgunst seiner Diözesanen zu erregen, die so sehr auf einen residierenden Bischof bestanden hatten. Vielleicht hatte ihn auch Francesco Sforza von der Notwendigkeit einer gewissen Präsenz in Pavia überzeugt und ihm nahegelegt, dort einige anstehende, die bischöfliche Gerichtsbarkeit betreffende Angelegenheiten zu regeln.14 Erst Ende September entließ ihn der Herzog, der vermutlich darüber verärgert war, daß Pavia erneut15 zu den explizit zum Reichstag geladenen Städten zählte,16 mit dem Auftrag, Friedrich III. für die Investitur bis zu 30.000 Dukaten zu bieten.17 Eventuell könnte auch bei Giovanni di Castgliones verhältnismäßig spätem Eintreffen in Frankfurt mit eine 12  «Mordebant enim nonnulli tardum huc legati vestri adventum, qui pre ceteris debebat esse primus. ut autem eum legatum episcopum intellexerunt, vestram sanctitatem cardinalem non misisse similiter imputabant» (künftig: RTA 19,2, n° 15,3e; n° 5 Anm. 17). 13 «[…] presens conventus.[…], ad quem […] accepto ab eo [Nikolaus V.] mandato confestim me contuli» (aus Pollicitus, der von Giovanni di Castiglione am 16. Oktober 1454 auf dem Frankfurter Reichstag gehaltenen Rede, ed. in: Helmrath, Reichstagsreden, S. 415, künftig: RTA 19,2, n° 17,1). – Zum päpstlichen Legaten in Frankfurt siehe zudem künftig: RTA 19,2, n° 5. 14 Einer der Fälle, die ihn beschäftigten, war offenbar die causa des Priesters Giacomo da Cremona gewesen. Giacomo, der Diebstähle verübt und Freveltaten gegenüber dem Juden Pietro Simone begangen hatte, war verhaftet und der bischöflichen Gerichtsbarkeit anvertraut worden (siehe hierzu das Dokument vom 28. September 1454; ASDPv, Vescovi, c. 3, fasc. 4; siehe auch Majocchi, Cronotassi, S. 91). 15 Zur Verstimmung des Herzogs darüber, daß Pavia zum Regensburger Reichstag geladen worden war, siehe oben, Kap. V Anm. 62. 16 Das an die Stadt Pavia gerichtete Ladungsschreiben ist künftig ed. in: RTA 19,2, n° 2,3. 17 Zunächst sollte Giovanni di Castiglione nur 25.000 Dukaten bieten; im Falle einer Ablehnung hatte er jedoch die Erlaubnis, die Summe bis auf 30.000 Dukaten zu erhöhen; siehe hierzu die herzoglichen Schreiben vom 24. September 1454 (ASMi, Missive 25, fol. 30r) und vom 30. September 1454 (ASMi, Missive 25, fol. 35r): «Alla parte che la paternità vostra scriva che doria […] intendere el modo che havesse ad provare cercha quella che se haverà ad paghare per li privilegii etc., dicimo che altra volta daressimo commissione ad dominum Seva da Corte che cercha el pagamento d’essi privilegii se dovesse extendere fina alla quantità de vintecinquemillia ducati. Et il simile dicemo anchora ad vuy che […] ve extendiati fina alla quantità predetta, la quale ne pare che fu sufficiente. Et anche crediamo parerà alla serenità del imperatore assay raxonevele, considerate le condictione delli tempi presenti molti differenti da quelle erano allora. Et pur, quando vedeti che per questo non se possa fare, siamo contenti che detriate fina alla quantità de ducati trentamillia al ultimo, da essere paghati non in uno termino, ma in molti, como bene fo una altra volta raxonato. Sì che vuy che sareti sul facto ve governareti in quello modo che ve parerà richieda la cosa in fine; quando non se possa fare per la dicta quantità de ducati trentamillia non vugliati ne tirare più ultra, ma subito ne avisareti del tutto chiaramente […]» (künftig: RTA 19,2, n° 10,4a); siehe hierzu auch Margaroli, Diplomazia, S. 247 Anm. 88; Carlo Paganini, Divagazioni sulla documentazione fra Milano e l’impero per l’investitura ducale, in: Squarci d’Archivio Sforzesco, Como 1981, S. 27–40.

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

Rolle gespielt haben, daß er in Regensburg nahezu als der erste Teilnehmer angelangt war und so hatte miterleben müssen, daß sich der Beginn des Reichstages wegen des nur spärlichen Zustroms der anderen Teilnehmer erheblich verschob. So rechnete er, den Francesco Sforza bereits am 24. September 1454 dem Erzbischof von Trier und Johannes von Lysura sowie Enea Silvio Piccolomini explizit als Vertrauensmann empfohlen hatte,18 wohl auch damit, nichts Wesentliches zu verpassen, wenn er mit etwas Verspätung aus Italien aufbrach,19 zumal sich der Kaiser erneut entschieden hatte, nicht beim Reichstag zu erscheinen.20 Belegt ist in jedem Fall, daß der päpstliche Legat am 11. Oktober 1454 mit einem in Worms21 aufgesetzten Schreiben um eine angemessene Herberge in Frankfurt bat.22 Wo sich die Unterkunft befand, die man Giovanni di Castiglione zuwies, ist indes nicht bekannt.23 Als gesichert gilt hingegen, daß der Bischof von Pavia am Sonntag, dem 13. Oktober 1454, zur selben Zeit wie der Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg, in Frankfurt eintraf.24 Der Reichstag zu Frankfurt war deutlich besser besucht als der vorherige, zählten doch, nachdem am 16. Oktober 1454 auch der Markgraf von Baden und am 18 Francesco Sforza an Jakob von Sierck (künftig: RTA 19,2, n° 10,4 b1); Francesco Sforza an Johannes von Lysura (Ebd., n° 10,4 b3); Francesco Sforza an Enea Silvio Piccolomini (Ebd., n° 10,4 b2). 19  Die apostolische Kammer verbuchte im Oktober 1454 weitere Zahlungen an Giovanni di Castiglione, siehe ASV, Cam. Ap., IE 430, fol. 120r; IE 431, fol. 76r. 20 Wie sehr die Idee vorherrschte, ohne den Kaiser könne auf dem Reichstag in der Türkenfrage ohnehin nichts Konstruktives entschieden werden, sieht man sehr deutlich in dem Schreiben des Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal vom 1. Juli 1454: «nisi caesar in conventu fuerit, omnes incassum labores ire futuramque rem pene dignam ridiculo […]» (künftig: RTA 19,2, n° 1,9). 21 Möglicherweise stellte man ihm bei diesem Aufenthalt eine Pfründe in der Kirche von Sankt Martin in Aussicht. Einige Jahre später scheint es Giovanni di Castiglione tatsächlich gelungen zu sein, in Worms die Propstei zu erwerben [siehe hierzu das Dokument vom 14. Januar 1457 (ASV, Reg. Vat. 450, fol. 321r ff.) sowie RG VII/1, n° 1340]. 22 «Placuit sanctissimo domino nostro, quod adiremus hanc pendentem iam dietam Frankfordensem; et iam sumus hic. et quia indigebimus hospicio comodo conventioni et apto his, quos nobiscum habemus, communicare, premittimus hunc scutiferum nostrum Antonium rogantes vos, ut dirigi faciatis eum ad provisionem illam. in quo facietis nobis rem gratam prompti ad beneplacita vestra» (künftig: RTA 19,2, n° 5,3; siehe auch Regest: Frankfurts Reichscorrespondenz nebst andern verwandten Aktenstücken von 1376–1519, hg. v. Johannes Janssen, Bd. 2, Abt. 1: Aus der Zeit Kaiser Friedrichs III. bis zur Wahl König Maximilians I., 1440–1486, Freiburg / Br. 1866, S. 124 f., n° 193). 23 Vgl. künftig: RTA 19,2, n° 5,3 Anm. 2. 24 «Dominus Papiensis et marchio Brandeburgensis eadem hora die dominica preterita intrarunt» heißt es in dem Brief, den Enea Silvio Piccolomini am 16. Oktober 1454 an Juan de Carvajal sandte (künftig: RTA 19,2, n° 13,1). – Dasselbe Datum ergibt sich auch aus dem Bericht des Regensburger Gesandten Jörg Gaisler (Ebd., n° 14; vgl. ebd., n°5 Anm. 16). – Zum Eintreffen des „pischof von Pavi“ in Frankfurt siehe auch den Bericht Rottenauers (Ebd., n° 11,3) sowie den Brief, den Enea Silvio am 28. Oktober 1454 an Juan de Carvajal schickte und in dem zu lesen steht: «episcopus Papiensis, legatus pape, octo post nos diebus advenit et eadem die ingressus est Albertus marchio Brandeburgensis» (Ebd., n° 13,3). – Zu Rottenauer siehe unten, Kap. VI Anm. 57.

VI.1 Der Reichstag zu Frankfurt (September/Oktober 1454)

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21. Oktober der Erzbischof von Mainz angelangt waren,25 neben dem – in Begleitung von Johannes von Lysura und dem Grafen von Sayn – angereisten Jakob von Sierck die Gesandten des Kaisers,26 des Königs von Böhmen und Ungarn,27 des Pfalzgrafen bei Rhein und des Erzbischofs von Köln zu den Teilnehmern.28 Hinzu kamen mit Heinrich Kalteisen ein Gesandter des Königs von Dänemark und Norwegen,29 des weiteren die Vertreter der Herzöge von Burgund,30 Savoyen, Modena, Bayern, Braunschweig und Österreich sowie diejenigen des Markgrafen von Mantua und Abgeordnete einer Reihe von Städten.31 Nachdem der Reichstag32 am 15. Oktober 1455 von Enea Silvio Piccolomini mit einer Ansprache (Constantinopolitana clades)33 eröffnet worden war, hielt Giovanni offenbar als erster Redner des übernächsten Tages34 seine oratio (Pollicitus 25  Siehe hierzu das Schreiben des Eneas Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal vom 16. Oktober 1454 (künftig: RTA 19,2, n° 13,1) sowie Helmrath, Reichstagsreden, S. 199. 26 Diesen gehörten – neben den Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg und Karl von Baden  –  auch Enea Silvio Piccolomini, der Gurker Bischof Ulrich Sonnenberger, der Erbmarschall Heinrich von Pappenheim sowie Hartung von Kappel an (siehe hierzu ebd., S. 199 sowie künftig: RTA 19,2, n° 4; n° 6). 27 Dies waren der böhmische Vizekanzler Prokop von Rabenstein, Graf Heinrich von Gera, der ungarische Vizekanzler und Bischof von Großwardein János Vitéz, der ungarische Vizekanzler Nicolaus Barius, der österreichische Kanzler Ulrich von Nußdorf sowie Gregor Heimburg (siehe hierzu u. a. Helmrath, Reichstagsreden, S. 199, künftig: RTA 19,2, n° 4). 28 Herzog Friedrich von Sachsen hatte sich indes entschuldigen lassen. – Zu den in Frankfurt persönlich anwesenden Kurfürsten und zu den von den anderen Kurfürsten abgeordneten Gesandtschaften siehe künftig: RTA 19,2, n° 7. 29 Wie wir aus dem Abschied von Regensburg wissen, hatte man noch weitere europäische Könige geladen (RTA 19,1, n° 38, Ia, S. 313; n° 38, IIa, S. 318; n° 38, IIIa, S. 323). 30 Philipp der Gute hatte nach den Geschehnissen auf dem Regensburger Reichstag entschieden, nicht mehr persönlich in Frankfurt zu erscheinen. Zur grundsätzlichen Bereitschaft des Burgunderherzogs, an einem Kreuzzug teilzunehmen, und zu den Auflagen, welche die Gesandten Philipps des Guten in Frankfurt an einen Kreuzzug knüpften, siehe Müller, Kreuzzugspolitik, S. 69 ff. 31 Zu den geladenen Gästen und zu den tatsächlichen Teilnehmern siehe detailliert, Annas, Hoftag, Bd.  II, S. 403 ff., und insb. die entsprechenden Teilnehmerverzeichnisse (künftig: RTA  19,2, n°  4,1–3).  –  Die Reihenfolge, in der zahlreiche Teilnehmer eintrafen, läßt sich wiederum einem Schreiben entnehmen, das Enea Silvio Piccolomini am 28. Oktober 1454 an Juan de Carvajal sandte (Ebd., n° 13,3). – Auch in einem an seinen Cousin Gregorio Lolli gerichteten Schreiben vom 31. Oktober 1454 benennt Enea Silvio Piccolomini die Anwesenden (Ebd., n° 13,7). – In einem Brief, den Frankfurt am 22. Oktober 1454 an Straßburg schickte, werden die Teilnehmer des Reichstages, darunter „der bischoff von Paphije“, ebenfalls angeführt (Ebd., n° 9,9b). – Zu Gregorio Lolli siehe unten, Kap. VI Anm. 100. 32 Eine Schilderung des Reichstages findet sich in: Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 144 ff. 33 Zu Gliederung, Inhalt und syntaktischer, semantischer und pragmatischer Analyse dieser Rede siehe ausführlich Helmrath, Reichstagsreden, S. 200a ff. (Inhaltsangabe und Interpreta­ tion); S. 344 ff. (Gliederung); S. 348 ff. (Handschriftenspektrum); S. 358 ff. (Transkription); siehe auch künftig: RTA 19,2, n° 16. 34 Johannes Helmrath weist auf die bei der Datierung dieser Rede auftretenden Schwierigkeiten hin, die auch aus Divergenzen resultieren, welche bei den Angaben Rottenauers, Capistrans und Enea Silvio Piccolominis bezüglich der Reihenfolge der Redner zu verzeichnen

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

in hoc tempore). Darin hob er die ernsten, durch den Papst für den Türkenkrieg unternommenen Bemühungen hervor, wobei er den Erlaß der Kreuzzugsbulle, pekuniäre Maßnahmen wie die Erhebung des Zehnten zur Finanzierung des Kreuzzuges, Vorkehrungen für die Aufstellung der Flotte sowie die Entsendung der Legaten besonders herausstellte.35 Im diesem Zusammenhang konnte sich Giovanni di Castiglione36 nicht enthalten, sich einmal mehr seiner eigenen Verdienste als Legat zu rühmen und all seine bislang im Hinblick auf den Kreuzzug gehaltenen Reden (samt Incipits) aufzulisten.37 Über diese Eigenheit Giovanni di Castigliones hatte sich Enea Silvio Piccolomini schon in Regensburg mokiert.38

sind (Reichstagsreden, S. 159  Anm. 27). In einem Schreiben des Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal vom 16. Oktober 1454 liest man: «Dominus Papiensis cras audietur» (künftig: RTA 19,2, n° 13,1). Zur Datierung der Rede Giovanni di Castigliones auf den 17. Oktober 1454 siehe ebd., Einleitung zu n° 11. 35  Helmrath, Reichstagsreden, S. 412 ff.; künftig auch: RTA 19,2, n° 17,1. 36  Helmrath unterstreicht, wie stolz Giovanni di Castiglione darauf war, selbst zu sprechen [vgl. künftig: RTA 19,2, n° 20,1 (Einleitung)]. 37 «Et, ut de aliis taceam, huius ego rei si testis sum idoneus: novit primum imperialis sublimitas, quam iam ferme decursis decem mensibus, quo pertinere eius fieri potuit, commonitam et exhortatam feci ad ea omnia experienda, que tante necessitati Christiani populi convenirent, veluti constat ex ea oracione, cuius inicium est ‹Si liceat flere an loqui in dubio michi est, imperator optime› etc. decuit profecto eum primum adire, qui tanti imperii gubernacula suscepit, ad defensionem potissimum fidei nostre, ecclesie protectionem et tocius Christiane plebis tranquillam vitam et pacem. superatis postea Moravorum finibus, primam illam Bohemie civitatem Pragam veni, ubi tunc habitabat serenissimus ipse ac decorus Ungarie rex, quem eciam in illum finem sic allocutus sum: ‹Tametsi nichil dubitet, summus ac magnificus pontifex noster› etc. ego cum maiore studio atque impulsu conveni, quo vicinius agnovi esse periculum. hoc idem egi adiens ipsius Ungarie regni presides rectores ac satrapas et illum potissime Turchorum mal[l]eum, vaivodam inclitum Johannem Bystricie comitem, qui tunc Bude convenerant. ad quos fuit is sermo, cuius exordium est: ‹Non parum leticie meo animo incessit› etc. Nichil sane omissum puto, quominus commonitos relinquerem ad obviandum infideli illi homini, ad tutandum regnum et conservandam pristine eorum virtutis dignitatem. consummatis singulis demum nostre illius legacionis, quo usui essemus, desiderio imperatoris repedavimus ad eum, quem cogente nos rerum necessitate et hiis, que dietim videmus ingravescere, malis, adhuc hortati sumus ad eam dietam personaliter absolvendam, quam prius nobis presentibus conceperat in Ratispona. semper namque difficillimum putavimus sine sua imperiali providencia atque presencia posse in tanta tempestate utiliter provideri. ad eum conventum, parendo sancte iussioni ipsius sanctissime dominationis nostre revocato vix e Florencia pede, cum me contulissem, exhortacionis gratia sermonem illum feci, cuius principium est: ‹Gravi tociens merore confossus› etc. annotavi hiis, qui aderant et ad quos poterant verba venire, debitum tutande rei nostre publice christiane, extra quam nemo salutem expectet, com[me]moravi ex periculis. que quisque videt, ea omnes intelligunt, omnes timere videntur. sed ne obveniant hucusque parum pensi fuit, ne inaniter discederetur ab illo conventu Ratisponensi; id enim turpe videbatur. in eam cuncti sentenciam fuere, quam continent capitula illa, que communi vocabulo ‹avisamenta› dicuntur. Que, quo congruencius execucionem accipiant, presens conventus habetur, ad quem, ne quid deesset favoris directionis et adiumenti sedis apostolice et in ea dignissime sedentis domini nostri pape, accepto ab eo mandato confestim me contuli […]» [Pollicitus (künftig: RTA 19,2, n° 17,1; siehe auch Helmrath, S. 413 ff.)]. 38 «commemorans orationum capita singularum, quas illos apud principes habuisset» [zit. nach Helmrath, Reichstagsreden, S. 159, künftig: RTA 19,2, n° 17,1 (Einleitung)].

VI.1 Der Reichstag zu Frankfurt (September/Oktober 1454)

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Im Verlauf des Vortrags, in dem Giovanni di Castiglione eindringlich an die Teilnehmer des Reichstages appellierte, endlich zu handeln,39 sprach er – unter Rückgriff auf einen zu dieser Zeit nicht unüblichen Topos – von der Ecclesia, die ihm angeblich nachts im Traum als eine sehr schöne, in ein Purpurgewand gehüllte Frau40 mit aufgelöstem Haar und Tränen, die ihr über die Wangen liefen, erschienen sei.41 Sie habe ihr Los nach dem Fall von Konstantinopel beklagt42 und 39 «accingimur, viri in seculo potentes, accingimur! sumite arma, scutum, gladium et bellum adversus illum atrocem inimicum crucis Christi in obsequium intemerate nostre fidei! non paciamini eum tantum de suis malis gloriari. agite! intelligat non adeo collapsam vestram virtutem, ut autumat. iam res pro merore maturum consilium, pro lacrimis arma deposcit. non videtis, quod magna minatur, quodque dietim se ad nostram perniciem preparat? nichil segniter agit; iam pervagatur maria magna; iam terram nullo resistente perambulat. nonne iam provinciam illam igne ferroque devastando percurrit, quam Rascie despotus possidebat? peiora hiis sibi finitimi timent. maturate, maturate! verendum est, ne, dum per longa consilia variosque conventus erratis, ipse pertinaciter irruat, dumque nos improvisos videt, tantum se nostris sedibus ingerat, quantum parum postea virium in eum extendere possitis [….]» [Pollicitus (künftig: RTA 19,2, n° 17,1; siehe auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 415)]. 40  Auch Olivier de La Marche war auf dem im gleichen Jahr stattfindenden Fasanenfest von Lille, als er als Personifikation der Heiligen Kirche aufgetreten war und von dem Rücken eines – von einem als Türken verkleideten „Riesen“ geführten – Elefanten die «Lamentation de notre sainte mère d’Église de Constantinople» vorgetragen hatte, in Frauengewänder gehüllt gewesen (Mémoires d’Olivier de La Marche, hg. v. Henri Beaune/ Jules d’Arbaumont, Bd. II, Paris 1884 [Publications de la Société de l’Histoire de France 219), S. 385]. – Speziell zu dem damals durchaus gebräuchlichen Kunstgriff einer im Traum erscheinenden Allegorie in Frauengestalt siehe Helmrath, Reichstagsreden, S. 160. 41 «Non omittam referre, quod per hos dies, dum fessis membris quietem dedissem et me suspensum somnia quedam perturbarent, visa est se oculis meis quedam excelse honestatis mulier obicere, cuius primo aspectu hec erat condicio: statura egregia, pulcra facie, roseo vultu, circumdata mira varietate, vestimentum cuius purpureum in terra usque defluens, ut non nisi reginam putes sublimem virginemque sparsa capillis, et lacrime ora madebant per genas decurrentes, que mestam eam ac nimium dolentem insumabant. quam cum me interpellantem parum notam facere nocturni ac sompnolenti torporis egra condicio [siverit], me sic gravi voce et submisso vultu allocuta est: ‹Fili, quid et tu cum aliis, quos innumeros genui, pigritaris et, quasi me numquam vidisses, neglectam facis? excute tandem soporem et intende voci mee.› quam cum intuerer et adhuc, quenam esset, non bene compertum haberem […]» [Pollicitus (künftig: RTA  19,2, n°  17,1; siehe auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 416)].  –  Da Enea Silvio Piccolomini im späteren gerade diese Passagen der Rede Giovanni di Castigliones stark kritisierte (siehe hierzu unten, Kap. VI Anm. 47), seien sie hier und in den folgenden zwei Fußnoten etwas ausführlicher wiedergegeben. 42 «[…] o me miseram, o desolatam, o nimium labantem! que michi iocunditas esse potest, que leticia! quam circumdant undique tot mala, tot errores, tot improbi hostes! leva in circuitu oculos: nonne vides me omni ex parte circumseptam? rabidus canis, lupi rapaces latera mea omnia impetunt. nullus est consolacionis locus. sed me precipitem agit ac dolentem nimium exagitat meorum incuria regum, principum et numerosi adhuc populi, qui vident calamitatem meam, ruinam meam senciunt, desolacionem meam intuentur et eam veluti quoddam somnium habent; de ea quasi de re ad eos non pertinente collocuntur. bene mihi omnes ignoscunt et nemo succurrit. vident, quod gens inimica michi terrena per equora sparsis bachatur velis, et terram sine ullo metu deambulat, me sine ullo federe impetit, vastat et cruento ictu dirimit. si mee genti deesset resistendi facultas, pacienter tollerarem; si deesset instructus miles, si sonipes, si arma, si thesaurus, si demum aliquid bellici apparatus, res equo animo ferenda foret. solum tunc eum adirem, qui michi nomen dedit, qui solo conterit hostes nutu prevalidos, sub cuius aliquando

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

ihn angefleht, die christlichen Fürsten wachzurütteln.43 Diesen Wunsch habe er ihr zu erfüllen versprochen,44 weshalb er nun an die Teilnehmer des Reichstages appelliere, sich zu erheben und den Kampf gegen die Türken aufzunehmen, bei dem ihnen die Ungarn, der Burgunderherzog und vor allem der Papst beistehen würden.45 Während in einem Ende Oktober 1454 verfaßten Schreiben des Bischofs von Siena zu lesen ist, Giovanni di Castiglione habe eine elegante Rede gehalten,46 sollte Enea Silvio Piccolomini an dieser oratio in den späteren Commentarii harte Kritik üben: Ihm selbst habe man während seiner zwei Stunden dauernden Rede so aufmerksam gelauscht, daß niemand auch nur den kleinsten Hüstler auszustoßen, geschweige denn die Augen vom Gesicht des Redners abzuwenden gewagt habe, so heißt es hier. Und Enea Silvio Piccolomini fährt fort: Von seiner eigenen Rede seien viele Niederschriften angefertigt worden, und alle hätten das Ende seiner Ansprache bedauert und gewünscht, sein Vortrag möge länger währen. Dagegen hätten alle anderen Reden langweilig und lächerlich angemutet, vor allem aber die des Bischofs von Pavia, der, als er in seiner Rede das Bild der ihm als Personifikation der Kirche im Traum erschienenen, ihr Unglück beklagenden schönen Frau anführte, mit einer „größeren Leichtigkeit“ gesprochen habe, als es sich für ein derart ernstes Thema gezieme.47 unius angeli dextra tot milia corruerunt. nunc omnia meis sunt abunde, solum assit animus. sed is nescio quo pacto tepidus, negligens et parum futura pericula timens. et tantum importunus est hostis et impiger, cuius infidelitas et regnandi cupido parum fida est pactis, insecura treuge pace demum inquieta. ineant igitur pacta, qui volunt, treugas componant, stabiliant pacem et quod humana dissidencia et instabilitas adinvenit; sit intelligencia, sit liga […]» [Ebd. (S. 417 f.)]. 43 «[…] ‹vade igitur et dic et scribe dolorem meum, et mone, ut caveant a propria ruina et ventura tribulacione, qualem numquam viderunt, que propinquior est, quam cum credant, cureque sit eis de violato matris honore. quem potissime commissum facias hiis, ad quos properas, inclite Germane, nacionis devotos ac potentes bellatores, quibus michi sepe magna auxilia provenire, a quibus sepe pro me viriliter certatum est. plura tibi dicere non permittunt singultus crebri et, que vides, profunda mea suspiria› […]» [Ebd. (S. 420)]. 44 «Cum finem fecisset, dixi: ‹Ibo, o domina, et pro exhortacione tecum dabo lacrimas› » (Ebd.). 45  Ebd. (S. 421 f.). 46 «Episcopus Papiensis orationem in concione habuit admodum elegantem» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 28. Oktober 1454, künftig: RTA 19,2, n° 13,3). – In einem anderen Schreiben, das er am 31. Oktober 1454 an Gregorio Lolli sandte, heißt es dagegen ganz schlicht: «Post me legatus apostolicus sermonem habuit, tum legati Hungarie, deinde Nidrosiensis episcopus [= Kalteisen] […]» (Ebd., n° 13,7). 47 «Oravit ille duabus ferme horis, ita intentis animis auditus ut nemo unquam screaverit, nemo ab orantis vultu oculos suos averterit, nemo non brevem eius orationem existimaverit, nemo finem non invitus acceperit. Fuerunt et alii complures auditi, verum cum taedio et irrisione; et praesertim Papiensis episcopus Apostolicae Sedis legatus, qui, cum mulierem quandam forma pulcherrimam sub typo Ecclesiae introduxisset, sua incommoda deplorantem, sibi per quietam visam, levius orare visus est, quam in tanto negocio conveniret. Orationem Aeneae, ab omnibus laudatam, multi transcripsere» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, Bd. I, S. 148; siehe auch künftig: RTA 19,2 n° 12,1]. In dem ursprünglichen «Qualis exitus fuerit conventus Frankfordiensis» betitelten Schreiben hatte sich Enea Silvio indes gegenüber Juan de Carvajal am

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Gewiß läßt sich zeigen, daß die Rede Giovanni di Castigliones schwächer ausgearbeitet war als die des Enea Silvio48 (wobei letztlich unerheblich ist, ob die Entschuldigung des päpstlichen Legaten, nicht besser vorbereitet zu sein,49 ernst gemeint50 oder der Rückgriff auf einen „Bescheidenheitstopos“ war51). Doch gilt es zu bedenken, daß Enea Silvio Piccolomini seine orationes, anders als Giovanni di Castiglione, im Nachhinein erheblich bearbeitete.52 Dies mag den 28. Oktober 1454 zu seinem eigenen Auftritt nur ganz knapp geäußert: «Congregatis omnibus in pretorio civitatis exposui ego mentem caesaris ac duabus horis concionem tenui» (Ebd., n° 13,3). Auch in seinem am 31. Oktober 1454 an Gregorio Lolli gerichteten Schreiben gibt er sich bescheidener: «advocata concione placuit me nomine caesaris verba facere: parui, oravi duabus horis. auditus sum equis animis. orationis mee, cum fuero in Novacivitate, copiam tibi faciam» (Ebd., n° 13,7; Helmrath, Reichstagsreden, S. 196). – In dem am 16. Oktober 1454 an Kardinal Carvajal gerichteten Brief heißt es hingegen ein wenig ausführlicher: «Heri cepimus rem defensionis fidei agitare. ego nomine cesaris orationem habui quasi ad horas duas. an placuerit, nescio. multi, ut puto per adulationem, eam petunt. fui tamen auditus screante nemine. sunt qui dicant illam profuisse. quod si verum erit, deo agam gratias et semper ago, qui me dignatur in rebus uti magnis. puto tamen, etiamsi Cicero aut Demostenes hanc causam agerent, dura haec pectora movere non possent. cum potuero, faciam orationis mee quamvis inepte copiam, ut, siquid deinceps sit agendum, quid addam quidve minuam, a tua dignacione fiam doctior» (künftig: RTA 19,2, n° 13,1; Helmrath, Reichstagsreden, S. 196). 48 Dazu Helmrath: „Auch bei sehr vorsichtigem Urteil wirken Castigliones Reden deutlich schlechter vorbereitet, im Aufbau unstrukturierter als diejenigen des Enea. Man kann sie kaum dem genus deliberativum, sondern ganz dem genus demonstrativum zurechnen. Um den unvermeidlichen Kern einer Standard-Gesandtenrede herum argumentieren sie wenig, referieren werbend allenfalls die päpstlichen Standpunkte, preisen vor allem seine Verdienste. Vielmehr steht die Erregung der Pathe, von Furcht und Mitleid ganz im Vordergrund; darin erinnern sie an die Türkenrede des Campano von 1471. Parallelen zu Enea Silvio und dessen Erweiterung des rhetorischen genos sind in der Mischung von Predigtelementen, Gebeten und Anrufen Gottes, panegyrischen Elementen etc. zu sehen“ (Reichstagsreden, S. 160 f.). 49 «Pollicitus sum in hoc tempore mee legacionis causam absolvere, et si michi satis meditandi locus fuisset et tempus et ocium, oratoris grande decus, sat concessum foret, potuissem forte oportune magis ac venuste vos alloqui, o utriusue ordinis principes gloriosi! nunc michi, multis prepedito, vix satis fuit ad vos venisse. verum quod me loquentem consolatur: iam sepe michi probata vestra virtus, mansuetudo atque paciencia […]» (Pollicitus, künftig: RTA 19,2, n° 17,1; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 412). 50  „Die eigene excusatio und captatio benevolentie im Exordium zu ‹Sollicitus›  [!] […] wirkt ausnahmsweise kaum topisch, sondern ernstgemeint“ (Helmrath, Reichstagsreden, S. 160 f. Anm. 36). Vgl. auch RTA 19,2, n° 17,1 (Einleitung). 51 Auch Enea Silvio Piccolomini griff durchaus auf den Bescheidenheitstopos zurück. So verkündete er im Proömium seiner am 23. März 1455 in Wiener Neustadt gehaltenen Rede Si mihi, er entbehre im Vergleich zu seinem Vorredner jeglicher rhetorischer Fertigkeit [siehe hierzu Helmrath, Reichstagsreden, S. 476, künftig auch: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Friedrich  III., Bd. 19, Abt.  V, Teil  3: 1455, Reichstag zu Wiener Neustadt, hg. v. Gabriele Annas (in Vorbereitung; zukünftig: RTA 19,3), n° 36]. 52 Dies führte teilweise, wie etwa im Falle der in Regensburg gehaltenen Rede oder der Fassungen von Astantes / In hoc florentissimo und Frequentissimus zu erheblichen Divergenzen zwischen den einzelnen Versionen. Ein Indiz dafür, daß auch die Clades überarbeitet wurde, könnte der Bericht des Konrad Rottenauer sein, der – wie von Johannes Helmrath hervorgehoben (Reichstagsreden, S. 198) – mit der Andeutung des drohenden Verlustes des Kaisertums und der Forderung, das Eintreffen der Nachzügler abzuwarten, zwei Komponenten enthält, die in der

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

qualitativen Unterschied zwischen den Vorträgen der beiden Prälaten zumindest noch gesteigert, vielleicht sogar begründet haben. In jedem Fall aber wird man ins Kalkül zu ziehen haben, daß Giovanni di Castiglione das eigentlich unpassende genus demonstrativum weniger aus Unvermögen gewählt haben könnte, weil er „im Grunde sein rhetorisches Pulver bereits im Dez. 1453 in Wien und im Mai 1454 in Regensburg verschossen [hatte]“53, sondern vielmehr in voller Absicht. So dürfte er, wie stets, wenn er bemerkte, daß der gewählte Weg nicht zum Ziel führte, andere, zuweilen auch unkonventionelle Mittel und Methoden ausprobiert haben. Und so mag er in Frankfurt, nachdem er in Regensburg erkannt hatte, daß die bisherigen Reden die Fürsten nicht zu begeistern vermochten, mit dieser für den Reichstag neuen Allegorie von der ihm im Traum erschienenen Ecclesia versucht haben, die Teilnehmer des Reichstages aufzurütteln. In Italien hätte ein derartiger, dem humanistisch geschulten Zeitgeist nicht unvertrauter Kunstgriff der Traummetapher und der persona ficta, die – wie Johannes Helmrath betont  –  auch Petrarca oder Trapezunzio angewendet hatten,54 durchaus Anklang finden können. Auf dem Reichstag indes konnte Giovanni di Castiglione anscheinend nicht das gewünschte Interesse entfachen. Hier bevorzugten die meisten ohnehin eher an den Fakten interessierten Teilnehmer55 die ihnen geläufigen rhetorischen Muster, weshalb wohl beispielsweise auch ein Guillaume Fillastre seinen ansonsten in erheblichem Maße humanistisch durchdrungenen Redestil auffällig reduzierte.56 So ist nur symptomatisch, daß der Gesandte Konrad Rottenauer,57 der im übrigen auch die Eleganz der Rede Enea Silvio Piccolominis nicht würdigte,58 in seinem Bericht über Giovannis Auftritt und dessen „Darsteluns vorliegenden Fassung der Clades in dieser Form nicht zu finden sind (Bericht des Konrad Rottenauer, künftig: RTA 19,2, n° 11,2; Helmrath, Reichstagsreden, S. 197 f.). 53 Ebd., S. 160 f. Anm. 36. 54 Ebd., S. 423 Anm. 17. Vgl. auch künftig: RTA 19,2, n° 17,1 (Einleitung). 55 Über die Trägheit der Fürsten klagte auch Capistran am 28. Oktober in seinem Schreiben an Nikolaus  V: «[…] perceptoque ab eo hos Germanos principes nedum tepidos, verum et totaliter frigescentes, publicis et privatis sermonibus cepi clamare […]» (RTA 19,2, n° 15,3e). 56 „Auffällig ist nun, daß von den vier im Wortlaut überkommenen lateinischen Reden des Guillaume Fillastre die späten Orationen aus den sechziger Jahren, nämlich die 1463 vor Pius II. gehaltene Kreuzzugsrede – Lieblingsthema eines jeden Humanisten, da es um die Rettung der Mutter der Humanitas, Griechenland, ging  –  und die Obödienzansprache vor Paul  II. 1465 weitaus stärker humanistischen Stilkriterien entsprechen als diejenigen, die er auf dem Reichstag von Nürnberg 1444 und 1454 in Prag vor dem jungen Böhmenkönig Ladislaus hielt. Lernte der Gesandte im Lauf seiner langen Tätigkeit hinzu? Zeigt sich hier der Einfluß des erst spät von ihm eingestellten italienischen Sekretärs Angelo T(h)ani(s)? Oder aber verstand Fillastre, der für seine Grablege im Kloster St-Bertin ein imposantes Renaissancemausoleum bei der florentinischen Werkstatt des Andrea della Robbia in Auftrag gab, sich auf den jeweiligen Adressaten einzustellen, d. h. schienen ihm – was Prietzel in Abrede stellt – Reich und Böhmen konservativer, ‚mittelalterlicher‘ als der päpstliche Hof?“ (Müller, Der französische Frühhumanismus, S. 363 f. mit Verweis auf Prietzel). 57 Zu Konrad Rottenauer siehe die Einleitung zu n° 11 [II] in: RTA 19,2. 58 „War Rottenauer offensichtlich von der Rede beeindruckt, findet sich im Bericht des Regensburger Gesandten nur der nüchterne Satz: ‚daselbs sein u. h. des kaisers rat geh󰀄rt worden, und ist sunst nichtz beschehen‘“ [RTA 19,2, n° 16,1 (Einleitung)].

VI.1 Der Reichstag zu Frankfurt (September/Oktober 1454)

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lungsform“ kein Wort verlor und lediglich die handfesten Tatsachen, sprich: die Zusicherung des Papstes zur Unterstützung und den Erlaß der Kreuzzugsbulle, erwähnte.59 Immerhin: ein Skandalon hat er in Giovanni di Castigliones Ecclesia augenscheinlich nicht gesehen, sonst hätte Rottenauer dies wohl thematisiert. Auch hätte Capistran, der  –  wie bereits erwähnt60  –  den niederen Rang des Legaten beklagte, falls sich Giovanni di Castiglione einen Faux pas erlaubt hätte, dies gewiß dem Pontifex mitgeteilt und nicht betont, daß der Bischof von Pavia eine ehrenvolle Rede gehalten und sich gut aufgeführt habe.61 Der Legat, der im übrigen die Traummetapher ein halbes Jahr später auf dem Reichstag von Wiener Neustadt erneut verwenden und sogar fast wortwörtlich übernehmen sollte,62 dürfte indes kaum resigniert haben: Während Enea Silvio Piccolomini an der klassischen, am Fürstenspiegel orientierten Rede festhielt, um die Fürsten und Gesandten nicht zu „überfordern“,63 wird der Mailänder bereits über eine neue, auf Überraschung zielende oratio nachgesonnen haben, welche er bei seinem nächsten wichtigen Auftritt im Reich anbringen konnte. Die Berichte der Gesandten von Mantua und Ferrara, die von János Vitéz verfaßte oratio (Non dubitavit) sowie die Reden des burgundischen Gesandtschaftsführers und des Erzbischofs von Drontheim, des Delegierten des Königs von Dänemark, dürfte Giovanni di Castiglione in Frankfurt wohl gehört haben. Auch war er vermutlich bei der Ansprache des – im Namen des Deutschmeisters Hilfe gegen die Polen fordernden – Johannes von Lysura zugegen.64 In der Sitzung vom 26. Oktober 1454, in der die kurfürstlichen Räte dafür plädierten, den Tag im Februar 1455 in Wiener Neustadt in Gegenwart der Gubernatoren von Böhmen und Ungarn, Podiebrad und Hunyadi, fortzusetzen,65 und in der das den Ungarn 59 „Also nach etlichen tagen tet des pabstz potschaft auch ain lange oracion auf sein credentz und ermanung, an die T󰀆rgken ze ziechen, darzu het er gewalt und erpot sich, das der heilig vater der pabst mit aller macht darinne helfen wolt; es hab auch sein heilikait vorher ain pabstlich bull des zehenden pfenigs von der priesterschaft auf ze heben ausgeben“ (Bericht des Konrad Rottenauer, künftig: RTA 19,2, n° 11,5; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 159 Anm. 28). 60 Siehe hierzu oben, Kap. VI Anm. 12. 61 «[…] allegantes maxime r. d. episcopum Papiensem, qui […] inter hos principes egregie peroravit et bene se gessit in adventu huc suo […]» (Johannes Capistran an Nikolaus V., 28. Oktober 1454, künftig: RTA 19,2 n° 15,3e). 62 Dies wäre wohl kaum der Fall gewesen, wenn die Traummetapher in Frankfurt wirklich als so deplaziert empfunden worden wäre, wie es Enea Silvio später in den Commentarii darzustellen sucht. – Zu der entsprechenden Passage der in Wiener Neustadt gehaltenen Rede siehe künftig: RTA 19,3, n° 34. 63 Näheres bei Helmrath, Reichstagsreden, S. 188 f. 64 Zu diesen Ansprachen siehe den Bericht Konrad Rottenauers (künftig: RTA 19,2, n° 11,5a– d). – Zu der Rede, die wohl der ungarische Vizekanzler Nicolaus Barius stellvertretend für den Kanzler János Vitéz hielt, siehe zudem siehe Iohannes Vitéz de Zredna, Opera quae supersunt, hg. v. Iván Boronkai, Budapest 1980 (Bibliotheca Scriptorum Medii Recentisque Aevorum, s. n. 3), n° 6, S. 252–254; künftig auch: RTA 19,2, n° 17,2. – Zur oratio Lysuras siehe überdies ebd., n° 22,2. 65 Zunächst wurde erwogen, eine neue Versammlung auf den 2. Februar 1455, auf Lichtmeß, in Wiener Neustadt einzuberufen (künftig: RTA 19,2, n° 18,1 [6,7]; n° 18,2/3). – Auf Wunsch

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

zugesagte Heer auf 40.000 Mann (10.000 Reiter und 30.000 Fußsoldaten) veranschlagt wurde,66 sprach Giovanni di Castiglione die Danksagung im Namen des Papstes.67 Zudem sicherte er auch die Entsendung eines päpstlichen Legaten zu dem in Wiener Neustadt abzuhaltenden Tag zu und gab das Versprechen, der Pontifex werde den Bau der Flotte für den Türkenzug weiter vorantreiben.68 Auch wenn der Legat auf dem Tag kaum intervenierte und sich zumeist mit der „zeremoniellen Präsenz“69 begnügte, so dürfte er doch hinter den Kulissen agiert haben. Allerdings hat er hierbei offenbar keine für uns ersichtlichen Spuren hinterlassen. Seine Briefe, die er vom Reichstagsgeschehen aus Frankfurt an die Kurie wie auch nach Mailand sandte, sind leider nicht überliefert.70 In den anderen erhaltenen Dokumenten finden sich indes nur selten Vermerke über die Teilnahme „des pabstz potschaft pischof von Pavia“ am Reichstag,71 wohl weil der Mailänder, der die Feinheiten der deutschen Sprache und ihrer dialektalen Ausprägungen kaum beherrscht haben dürfte, sich – nicht zuletzt aus pragmatischen Gründen – allein der „oberen Garde“ und dem kaiserlichen Umfeld zuwandte und zu den städtischen Berichterstattern, wie etwa zu Konrad Rottenauer, keine der kurfürstlichen Räte wurde dieser Tag jedoch auf den 15. Februar 1455 verschoben; siehe hierzu die entsprechende Passage des Berichts von Rottenauer (Ebd., n° 11,13a). 66 Siehe hierzu künftig: RTA 19,2, n° 18; 20. 67  „darumb redt des pabstz potschaft und danket baider seiten benenter antwurt“ (RTA 19,2, n° 11,13d). 68 „und erpot sich, das unser hailigister vatter solt auch zu dem genanten tag senden und mit den herren und steten in Welschen landen auf dem mer wider die Turgken mechticlich ze streiten“ (Ebd.). – In dem Frankfurter Abschied heißt es bezüglich der Entsendung des Legaten: «Item quod prefatus sanctissimus dominus noster in predicto die purificationis habeat legatum suum in curia imperiali cum pleno mandato ad prosecucionem predictarum rerum faciendam» (RTA 19,2, n° 18,1 [11]; siehe auch ebd., n° 18,2–3 [11]). – Zur an den Papst gerichteten Bitte, gemeinsam mit dem König von Aragon, den italienischen Fürsten, den Kommunen Venedig und Genua und den anderen italienischen Städten Sorge für die Bereitstellung der Flotte zu tragen, siehe ebd., n° 18,1–3 [10]. – Zum dem Pontifex gegenüber geäußerten Wunsch, er möge den französischen König und die anderen europäischen Herrscher auffordern, die Unternehmungen gegen die Türken zu unterstützen, siehe ebd., n° 18,1–3 [12]. 69 So Helmrath treffend in der künftigen Einleitung zu RTA 19,2, n° 5. 70  Daß Giovanni di Castiglione Briefe an den Pontifex gesandt hatte, wissen wir aus einem Schreiben, das Nikolaus V. am 23. Januar 1455 an Enea Silvio Piccolomini schickte: «Ex litteris tuis, quas proximis diebus accepimus, et etiam ex avisamentis et litteris venerabilis fratris nostri episcopi Papiensis intelleximus, que gesta fuerunt in Frankfordiensi dieta et quid agendum sit in congregatione in Civitate Nova apud imperatoriam maiestatem de proximo celebranda. omnia diligenter intelleximus et matura deliberatione pensavimus» (künftig: RTA 19,3, n° 11). 71 Ein entsprechender Vermerk findet sich etwa in dem Frankfurter Abschied vom 27. Oktober 1454 (künftig: RTA 19,2, n° 18). Auch die aus den Akten der Gesandtschaft König Ladislaus’ von Böhmen gefertigte Liste vom 26./27.10.1454 enthält einen entsprechenden Hinweis auf den päpstlichen Legaten Giovanni di Castiglione (Ebd., n° 4,2). Die Liste aus den Akten der kaiserlichen Gesandtschaft, in welcher der „bischoff von Pavi und etlich doctores“ erwähnt werden, dürfte ebenfalls nach dem 20.  Oktober  1454 entstanden sein (Ebd.,  n°  4,1). In der Speierischen Chronik wiederum heißt es: „darzu kam des babstes botschach“ (Ebd.,  n°  12,3). Müller, Reichstags-Theatrum, Bd. 1, S. 473 f. verweist indes nur auf eine namentlich nicht näher benannte päpstliche Gesandtschaft.

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Nähe zu etablieren suchte. Zudem stammen – wie auch schon im Falle des Regensburger Reichstages – die meisten der erhaltenen Schilderungen, die einen Einblick in diese Versammlung gewähren,72 aus der Feder Enea Silvio Piccolominis, der seinerseits darauf bedacht war, insbesondere seine eigene Person in den Vordergrund zu stellen, und der andere Teilnehmer, wie etwa die gelehrten Räte der Fürsten, die zumindest in Regensburg und Wiener Neustadt eine wichtige Rolle spielten, recht farblos bleiben ließ.73 „Der Senese gestaltete sowohl als Politiker die Ereignisse selbst wie er als Orator und Autor auch das Bild und die Überlieferung des Frankfurter Tags, und damit das Bild und die Überlieferung eines Stücks Reichsgeschichte, für die Nachwelt ganz wesentlich prägte“ heißt es treffend bei Helmrath.74 Nachdem der Reichstag am 27. Oktober 1454 von Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg geschlossen worden war75 (dem im übrigen in den letzten Sitzungen in Frankfurt laut den Berichten Rottenauers eine wesentlich größere Rolle zukam, als die Darstellungen Enea Silvo Piccolominis annehmen lassen76), erachtete es Giovanni di Castiglione einstweilen für vorteilhaft, im Reich zu bleiben – anders als nach der Regensburger Versammlung, denn damals hatte er sich, aufgrund der an der Kurie laufenden Bemühungen um die herzogliche Zustimmung zu seiner Translation, eiligst nach Rom begeben. Seine Entscheidung, zunächst nur per Brief mit der Kurie zu kommunizieren, erregte den Verdruß von Enea Silvio Piccolomini, der es gerne gesehen hätte, wenn der Bischof von Pavia nach Rom zurückgekehrt wäre, um dort die „schlafenden Gemüter“ wachzurütteln, und der am 31. Oktober 1454 seinen Unmut hierüber in einem Schreiben an Nikolaus von Kues kundtat.77 Enea Silvio Piccolominis Verärgerung dürfte umso größer gewesen sein, als er davon ausging, daß es rein egoistische Motive waren, die den Bischof von Pavia veranlaßten, lediglich bis Passau zu reisen. Nicht die Furcht vor Epidemien,78 die in diesen Regionen wüteten, und nicht die vom Bischof von Pavia vorgebrachte Rechtfertigung des ungünstigen Zeitpunktes 72 Zur

Quellenlage siehe künftig: RTA 19,2, Einleitung.  Siehe hierzu ebd. 74 Ebd. 75 Siehe hierzu Rottenauers Bericht, künftig: RTA 19,2, n° 11,13g. 76 „Anders als in den Briefen des Enea Silvio (n° 13) erwähnt Rottenauer für die Verhandlungen nach dem 17. Oktober allein Mgf. Albrecht als aktive Figur, nicht den Bischof von Siena. Er wird mit Namen allein als Redner hervorgehoben“ [künftig: RTA 19,2, n° 11 (Einleitung)]. Siehe auch ebd., n° 11,10. 77 «Ecce, nunc pacata Italia est, quiescit armipotens terra. quid nunc excusationis afferet, si rogata nolit auxilium ferre fidei? pudebit me semper Italum esse, nisi hac vice ostendat Italia curam sibi esse Christiane religionis. hac de causa maxime optavi Papiensem episcopum reverti Romam, ut dormientes aliquorum mentes excitaret. sed illi potior sententia visa est in Germania usque ad dictam diem remorari ac epistulis agere, quod erat verbo facturus» (künftig: RTA 19,2, n° 13,6). 78 «Episcopus Papiensis nobiscum venit usque ad Pataviam; ibique mansit timens epidemiam, que his in locis viget» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 26. November 1454, künftig: RTA 19,2, n° 26,3). 73

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

zum zweimaligen Überqueren der Alpen innerhalb weniger Monate79 seien – so schrieb er wenig später an den Kardinal Juan de Carvajal  –  die eigentlichen Beweggründe dafür gewesen, daß sich Giovanni di Castiglione nicht direkt nach Rom begeben habe, wie es viele, die in Frankfurt waren, erwartet hätten.80 Denn, wenn es einen wichtigen Auftrag auszuführen gelte, so fuhr er fort, der seinerseits schon seit 1453 in die patria zurückzukehren wünschte,81 fürchte man weder die Berge noch spüre man sein Alter.82 Den wahren Grund für den längeren Aufenthalt von Giovanni di Castiglione glaubte Enea Silvio Piccolomini zwar erkannt zu haben, er wollte ihn indes nicht näher ausführen, weil er – so liest man in dem Brief an Juan de Carvajal – dafür keinerlei Beweise besitze.83 Vermutlich lag der Anreiz für Giovanni di Castiglione, sich länger in der Diözese Passau aufzuhalten, welcher der österreichische Kanzler, Ulrich von Nußdorf, vorstand,84 in der Hoffnung, über diesen weitere Kontakte zu Friedrichs III. Hof zu knüpfen und Beziehungen festigen zu können. Wahrscheinlich spekulierte er auch mit Blick auf Mailand darauf, den Eindruck zu erwecken, er engagiere sich im hohen Maße für die offizielle kaiserliche Anerkennung des Herzogs. Nebenbei wird Giovanni di Castiglione wohl auch versucht haben, für seine Angehörigen einige profitable Versorgungsmöglichkeiten aufzutun.85 Möglicherweise begab er sich ebenfalls für kurze Zeit nach Nürnberg, wie Majocchi annimmt.86 Wahrscheinlicher ist indes, 79 «sed eius alia sententia fuit. aiebat sibi esse incommodissimum hoc tempore bis Alpes transire neque absurde» (Ebd.). 80 «placuisset omnibus, qui Frankfordie fuerunt, eum recta via Romam petivisse, ut apud dominum nostrum, que gerenda supererant, promovisset» (Ebd.). 81 Siehe hierzu seine Schreiben aus dem Spätherbst  1453, z. B. an Pietro da Noceto vom 15.  Dezember  1453 (Wolkan  III/1, n°  198, S. 384 ff.) oder an Leonardo Benvoglienti vom 16. Dezember 1453 (Ebd., n° 200, S. 388). 82 «[…] quodsi loco suo fuissem neque montes horruissem neque asperam hiemem neque etati mee pepercissem in tanto negotio; voluissem omnes intellexisse rem mihi cordi esse» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 26. November 1454, künftig: RTA 19,2, n° 26,3). 83 «[…] puto eum alia de causa remansisse, quam, etsi scire me opinor, non tamen audeo pandere, quod incertum est. ille nunc apud Pataviam degit vitam» (Ebd.). 84 Ulrich von Nußdorf hatte sich vor kurzem im Streit um das Passauer Bistum durchgesetzt. Siehe hierzu auch das Schreiben, das Enea Silvio Piccolomini Ende Dezember 1454 an Juan de Carvajal richtete (künftig: RTA 19,2, n° 26,8). 85 So dürfte der Bischof von Pavia vermutlich seine Hand im Spiel gehabt haben, als seinem Verwandten Leonardo di Castiglione, dem Giovanni wohl an der Kurie zum Posten eines Schreibers verholfen hatte, im Frühjahr 1455 in Passau ein Kanonikat und Benefizien zugesichert wurden (siehe hierzu das Dokument vom 20. April 1455, ASV, Reg. Lat. 499, fol. 305v–307r; vgl. auch RG VI, n° 1979). – «Dans une complète inactivité», wie Mols schreibt (Castiglione, Giovanni, Sp. 1446), wird der Bischof von Pavia, der sich stets durch Betriebsamkeit auszeichnete, die Wintermonate jedenfalls kaum verbracht haben. Auch dürfte er wohl nicht, wenn er sich gegen eine Überquerung der Alpen entschlossen hatte, im Dezember  1454 in Pavia feierlich Einzug gehalten haben, wie wir bei Francesco Magani lesen: «stette ben poco tempo a Pavia, ove fece il suo solenne ingresso nel dicembre 1454» (Cronotassi dei vescovi di Pavia, Pavia 1894, S. 82). 86 Bei Majocchi heißt es etwas unspezifisch «dopo aver dimorato a Norimberga alla fin del 1454, nel febbraio successivo partecipa alla dieta imperiale di Wiener Neustadt» (Cronotassi,

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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daß Giovanni di Castiglione in Passau blieb87 und dort „Vorkehrungen“ für den nächsten Reichstag traf, der im Februar 1455 in Wiener Neustadt eröffnet werden sollte. Einmal mehr hatte er erreicht, als päpstlicher Legat zu dieser Versammlung abgeordnet zu werden, obwohl Enea Silvio Piccolomini am 23. Dezember 1454 gegenüber Kardinal Juan de Carvajal die geringe Autorität des Bischofs von Pavia angedeutet88 und abermals versucht hatte, beim Pontifex für den nächsten Reichstag die Entsendung eines Kardinals oder auch des Erzbischofs von Drontheim, Heinrich Kalteisen, zu erwirken, der diese Mission gern übernommen hätte.89

VI.2 „Als erster traf hier der Gesandte des Königs von Aragon ein … Nach diesem kam der Bischof von Pavia …“90 – Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455) Im Februar 1455 erreichte Giovanni di Castiglione nach dem Gesandten des Königs von Aragon als einer der ersten Kongreßteilnehmer Wiener Neustadt.91 Der Bischof von Siena berichtete Kardinal Carvajal in einem am 12. März 1455 verS. 91). Das möglicherweise dort am 20.  Dezember  1454 verfaßte Schreiben, das Majocchi (Ebd., Anm. 459) erwähnt, befindet sich nicht (mehr) in der angegebenen Mappe ASMi, Autografi. – Von diesem oder einem anderen Aufenthalt in Nürnberg scheint auch ein undatierter Eintrag im Nürnberger Schenkbuch zu stammen: „eim babstlichen legaten visch pro 7 1/2 lb. n.“ (künftig: RTA 19,2, n° 5 Anm. 15). 87 Dies läßt zumindest ein Schreiben vermuten, das Enea Silvio Piccolomini am 31. Dezember 1454 an Nikolaus von Kues richtete: «Papiensis episcopus Patavie remansit, circa finem futuri mensis ad nos venturus» (künftig: RTA 19,2, n° 26,9). 88 «sed cardinalem hac de causa missum Germania nullum vidit. Papiensis episcopus in hanc provinciam destinatus, quamvis prudentia et eloquentia preditus, minus tamen quam par fuit in tantis rebus visus est auctoritatis habere. negant omnes animum illi ad grande negotium esse, qui legatos minores mittit» (künftig: RTA  19,2, n°  26,8; Helmrath, Reichstagsreden, S. 157 Anm. 16). 89 «[…] sexaginta tamen diebus ante festum Purificationis aut saltem quinquaginta Romam petiit, itaque non deerat tempus designandi legati etiam cardinalis, et maxime, cum se tam voluntarium Nidrosiensis [= Kalteisen] offerret. ego illius promptitudinem laudo, qui pro fide catholica tanto labori personam suam non denegat […]» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 12. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 27c). – Zu Heinrich Kalteisen, dem Erzbischof von Drontheim, der die Gesandtschaft des Königs Christian I. von Dänemark anführte und der auch schon den Reichstag von Regensburg hatte aufsuchen sollen, siehe auch RTA 19,1, n° 20,2, S. 196; Müller, Heribert, Heinrich Kalteisen, in: LThK IV (³1995), Sp. 1389. 90 «Primus, qui huc venit, fuit orator regis Aragonum […]. Post eum venit ad nos episcopus Papiensis» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 12. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 27c). 91 Bereits am 10. Januar 1455 hatte Enea Silvio Piccolomini gegenüber Capistran erwähnt, daß Giovanni di Castiglione Vorbereitungen für seine Unterbringung in Wiener Neustadt treffen ließ: «Papiensis episcopus nondum ad nos venit […] Papiensis quoque pontifex unum ex suis pro capienda domo huc direxit» (künftig: RTA 19,3, n° 50a; vgl. auch ebd., Kap. B Anm. 13). – Zu den Besuchern des Reichstages allgemein siehe Annas, Hoftag, Bd. II, S. 416 ff. mit weiteren Quellen‑ und Literaturangaben; sowie künftig: RTA 19,3, Kap. C.

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

faßten Schreiben, daß Giovanni di Castiglione, den er als «gravis et modestus pater et ad fidem tutandam egregie cordatus»92 bezeichnete, zunächst sehr bedrückt gewesen sei, weil er seit längerer Zeit keine Briefe von der Kurie erhalten habe.93 Häufig scheint Giovanni di Castiglione seine Nachrichten zudem nur „indirekt“ bekommen zu haben: So traf erst Mitte Februar bei Enea Silvio Piccolomini (der sich im übrigen am 1. Februar 1455 selbst bei Juan de Carvajal über den stockenden Schriftverkehr beklagt hatte94) – nach einer Pause von drei Monaten95 – ein auch an Giovanni di Castiglione gerichteter Brief ein.96 Von Nikolaus V. empfing der Bischof von Siena etwa zu diesem Zeitpunkt, am 23. Januar 1455, ebenfalls 92  Zu diesem Schreiben siehe künftig: RTA 19,3, n° 27c; vgl. auch Gómez Canedo, Un español, Apéndices, n° 2, S. 330. – Ganz anders klingt indes das Urteil, das Enea Silvio Piccolomini in seinen Commentarii über Giovanni di Castiglione in dem von dem Reichstag von Wiener Neustadt handelnden Kapitel fällt: «Ex Italia legatus apostolicus affuit idem qui Ratisponam et Francfordiam adierat, Iohannes episcopus Papiensis, suo iudicio valde sapiens et eloquens, aliorum neque stultus neque dicendi prorsus ignarus» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 150; siehe auch künftig: RTA 19,3, n° 24]. 93  «[…] is diu tristis fuit, cum nihil litterarum ex curia reciperet. sed tandem consolationem accepit veniente cursore apostolico et res Italicas afferente, quas ille mox caesari et aliis, qui ad conventum venerant, notas fecit» (künftig: RTA  19,3, n°  27c). In einem Schreiben des Bischofs von Pavia klingt ebenfalls das Bedauern über die erschwerte Korrespondenz und die ausbleibenden Nachrichten mit: «[…] quamquam non dubito, ex Roma fueritis admoniti de concurrentibus per litteras, quas detulit, ut dicunt, Guido cursor; nam ego eum non vidi […]» (Giovanni di Castiglione an Johannes Capistran, 8. März 1455, ebd., n° 50e). – Auch Enea Silvio Piccolomini selbst hatte, wie wir einem anderen Schreiben an Jakob von Sierck vom 5. Februar 1455 entnehmen können, noch keine Antwort auf den Bericht erhalten, den er Nikolaus V. im Herbst aus Frankfurt zugesandt hatte (Ebd., n° 6h). In diesem Sinne heißt es auch in einem Schreiben, das der Bischof von Siena wenige Tage später, am 8. Februar 1455, an Johannes Capistran sandte: «De Italia mirum silentium est. nescio, quid dicam. timeo, ne omnia negligantur, quando nec minimum resposum datum est ad litteras ex Francofordia summo pontifici scriptas» (Ebd., n° 50b). – Angesichts des Ausbleibens der päpstlichen Korrespondenz äußerte Enea Silvio Piccolomini am 8.  Februar  1455 Jakob von Sierck gegenüber die Befürchtung, Nikolaus  V. könne krank sein (Ebd., n° 6i). – Gerüchte über die Erkrankung des Papstes hatte Enea Silvio bereits im Dezember des Vorjahres vernommen (siehe hierzu sein Schreiben an Nikolaus von Kues vom 31. Dezember 1454, künftig: RTA 19,2, n° 26,9). 94 «Ex vobis nihil audimus. nescio, que mens vestra est» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 1. Februar 1455, künftig: RTA 19,3, n° 6e). 95 «[…] gavisi sumus, quia tandem post tres menses rescribere cogitasti» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 20. Februar 1455, künftig: RTA 19,3, n° 6k). 96 «Cursor Hispanus tuas ad me litteras dedit, quae – licet meum nomen in fronte praescriptum ferrent – interius tamen Papiensi episcopo sonare videbantur» (Ebd.). – Einem Brief, den Enea Silvio Piccolomini Kardinal Carvajal wenige Wochen später, am 12. März 1455, schrieb, läßt sich entnehmen, daß auch er seine Nachrichten gemeinsam mit denen von Giovanni di Castiglione verschickte: «De duplomatario, quae scripta sunt, intelligo. tacite mordeor, qui noscens hominis mores non prohibuerim litteras sibi dari. res acta est me nescio. ante Papiensis episcopus eum convenit, quam mihi verbum de eo fieret. cum scivi eum litteras accepisse, nolui nocere homini, et maxime, cum esset equester et causam propriam haberet, que ipsum urgebat ad curiam festinare. itaque dedi ego et litteras meas sibi. neque contentus is, sciens pericula, que possunt itinerantibus accidere, reique gravitatem recogitans, cum essem Norenbergae, suasi domino Papiensi, ut iterum scriberet; quod factum est. ego quoque cum eo scripsi, littere per mercatores fideles transmisse sunt […]» (künftig: RTA 19,3, n° 27c).

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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einen Brief, dessen Inhalt der Pontifex dem päpstlichen Legaten mitzuteilen bat. Demnach – so betonte zumindest der Bischof von Siena – wünsche der Papst, daß Enea Silvio sich mit dem Bischof von Pavia stets austausche und Giovanni di Castiglione den klugen Ratschlägen des aus Siena stammenden Prälaten Folge leiste.97 Zudem dankte der Pontifex dem Bischof von Siena für die bisherigen Bemühungen und bat ihn, im Falle von Giovannis Abwesenheit98 diesen zu vertreten, die vom Pontifex an den Legaten gerichteten Schreiben zu öffnen und dafür Sorge zu tragen, daß alle im Namen des Papstes verfügten Anordnungen, die sonst der päpstliche Legat hätte ausführen lassen, umgesetzt würden.99 Wie stolz diese Direktive den Bischof von Siena stimmte, läßt sich seinem Schreiben vom 21. Februar entnehmen, in dem er Gregorio Lolli100 davon berichtete, daß der Pontifex ihn ersucht habe, ihn bei der Verwirklichung seiner Vorstellungen zu unterstützen; mit Hilfe des Bischofs von Pavia, so dieser zugegen sei, und allein, so Giovanni di Castiglione abwesend sei.101 Als Enea Silvio Piccolomini am 21. Februar 1455 Nikolaus V. versicherte, er habe dem Bischof von Pavia – wie gewünscht – vor Ort so viel wie möglich beigestanden und werde ihm auch in Zukunft helfen, obgleich dieser aufgrund dessen Klugheit eigentlich seiner Unterstützung nicht bedürfe,102 hatten sich neben   97  «[…] respondemus cumulate per litteras nostras, quas etiam fraternitas tua videbit eidem episcopo Papiensi, oratori nostro, qui omnia tecum communicabit et consiliis tuis saluberrimis in his gravibus rebus conficiendis semper utetur» (künftig: RTA 19,3, n° 11).   98 Wenn schon zu diesem Zeitpunkt eine vorübergehende Abwesenheit Giovanni di Castigliones vom Reichstag seitens des Papstes in Erwägung gezogen wurde, so dürfte dies darauf zurückzuführen sein, daß wohl damals beschlossen worden war, Giovanni di Castiglione aufgrund der guten Beziehungen, die er zum König von Böhmen und Ungarn pflegte, im Bedarfsfall als Vermittler zu Ladislaus zu schicken.   99 «Volumus, quod, si casu aliquo prefatus episcopus Papiensis, orator noster, huic futurae dietae interesse non posset, fraternitas tua litteras nostras ad eum directas aperiat et videat omniaque nostro nomine exequatur, quae prefatus episcopus executurus esset; super quibus omnibus plenam et omnimodam concedimus tenore presentium fraternitati tuae facultatem, confidentes, quod in omnibus concludendis tali sapientia uteris, quod venies apud nos et sedem apostolicam merito commendandus» (Ebd.). 100  Zu dem aus Siena stammenden Gregorio Lolli, dem Sohn von Enea Silvio Piccolominis Tante väterlicherseits, der ein enger Freund des Humanisten war, siehe u. a. Peter Partner, The Pope’s Men. The Papal Civil Service in the Renaissance, Oxford 1990, S. 238 sowie künftig: Annas, in: RTA 19,3, n° 6d Anm. 1. 101 «episcopus Papiensis hic est nomine domini nostri sanctissimi, qui etiam mihi scripsit, ut suas causas cum Papiensi – si adesset – aut solus – si abesset – peragerem» (künftig: RTA 19,3, n° 6n). 102 «In rebus, que hic geruntur, astiti hactenus, quantum mihi possibile fuit, reverendo patri episcopo Papiensi et assistam in futurum, quamvis pro sua prudentia nihil egeat opera mea» (künftig: RTA 19,3, n° 6m). – Von den gemeinsamen, wenn auch bislang vergeblichen Bemühungen, der Kritik an der kurialen Pfründenpolitik ein Ende zu setzen, berichtete Enea Silvio wiederum Juan de Carvajal am 12. März 1455: «scripseram tue dignitati ex Frankfordia, quanti essent rumores huius nationis adversus Romanam curiam. respondisti copiose et argumenta subtiliter dissolvisti. episcopus Papiensis et ego sedulo idipsum agimus et utimur argumentationibus tuis. sed nihil in auribus emulorum proficimus. stat illis sententia sua neque proposito excidunt.

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

dem Trierer Erzbischof Jakob von Sierck103 und dem Gesandten des Königs von Aragon schon einige weitere Teilnehmer in Wiener Neustadt eingefunden, etwa die Delegation des Herzogs von Burgund (mit dem Bischof von Toul, Guillaume Fillastre), der Markgraf Karl von Baden sowie die Abordnungen der Erzbischöfe von Mainz und Köln und die Bischöfe von Salzburg und Würzburg. Nachdem Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg am 23. Februar 1455 in Wiener Neustadt angelangt war und sich dort auch die Abgeordneten vieler Städte (unter anderem aus Köln, Straßburg, Regensburg, Basel, Frankfurt, Nürnberg, Augsburg und Ulm) versammelt hatten,104 konnte man am 25. Februar 1455 den Reichstag eröffnen, auch wenn die Gesandten von König Ladislaus noch fehlten.105 Giovanni di Castiglione, der gewiß in Wiener Neustadt die Nähe Friedrichs III. suchte,106 war mit großer Wahrscheinlichkeit zugegen, als Enea Silvio Piccolomini in seiner an diesem Tag gehaltenen Rede zunächst die schwindende quod queris ex me, ut, qui vulnus ostendi, de medicina consulam. non sum ego talibus morbis idoneus medicus» (Ebd., n° 27c). 103 Zum Erzbischof von Trier siehe Ignaz Miller, Jakob von Sierck 1398/99–1456, Mainz 1983 (QAmrhKG 45). 104 Zu den Teilnehmern des Reichstages siehe etwa das Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Gregorio Lolli vom 21. Februar 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 6n) sowie diejenigen des Bischofs von Siena an Juan de Carvajal und Pietro da Noceto vom 20. Februar 1455 (Ebd., n° 6k, 6l), aber auch den Bericht von Niklas Muffel und Hans Pirckheimer vom 27. Februar – 4. März 1455 (Ebd., n° 33d). 105 Zum Verlauf der Verhandlungen nach der kurfürstlich-trierischen Relation sowie nach den Aufzeichungen reichsstädtischer und fürstlicher Provenienz siehe künftig: RTA 19,3, n° 20, 22. Siehe zudem den Bericht von Niklas Muffel und Hans Pirckheimer an den Rat der Stadt Nürnberg, 27. Februar – 4. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 33d. – Wie bereits in Regensburg, so sollte es auch in Wiener Neustadt zu Auseinandersetzungen bei der Sitzvergabe kommen. Bei diesen stritten nicht nur die Vertreter der Kurfürsten und die Gesandten des Königs von Aragon und des Königs Kasimir IV. von Polen um ihre Plätze (siehe hierzu die Aufzeichnungen kurfürstlich-trierischer Provenienz, ebd., n° 20 sowie Annas/ Müller, Kaiser, S. 119 f.); auch Giovanni di Castiglione, dem der Erzbischof von Trier vorhielt, kein Kardinal zu sein, wurde in diese Rangstreitigkeiten involviert: «[…] ibi de sedibus diu disputatum est, neque concordia reperiri potuit. Treverensis dextrum latus caesaris obtinere volebat; post eum legati principum electorum locum sibi vendicabant. alii legatum apostolicum Treverensi et oratorem regis Aragonum legatis electorum preferendos aiebant. Treverensis principem electorem, qui presens esset, legato pape minime cessurum affirmabat, nisi cardinalis esset aut crucem pre se ferret. multa concordiae media sunt aperta, sed nullum placuit […]» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 12. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 27c; Gómez Canedo, Un español, Apéndices, n° 2, S. 333; Annas/ Müller, Kaiser, S. 109 f.). 106 Kaiser Friedrich III. hielt sich bereits seit Oktober bzw. Anfang November des Jahres 1453 in Wiener Neustadt und in der Umgebung der Stadt auf. Er residierte dort bis zum Herbst 1455. Siehe hierzu Joseph Chmel, Regesta chronologico-diplomatica Friderici  III. Romanorum imperatoris (regis IV.). Auszug aus dem im k. k. geheimen Haus-, Hof‑ und Staats-Archive zu Wien sich befindenden Reichsregistraturbüchern vom Jahre 1440–1493, nebst Auszügen aus Original-Urkunden, Manuscripten und Büchern, Wien 1859, n°  3125–3438, S. 315–345; Paul-Joachim Heinig, Kaiser Friedrich III. (1440–1493). Hof, Regierung und Politik. 3 Teile, Köln u. a. 1997 (Forschungen zur Kaiser‑ und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 17/I–III), S. 1364; Annas, Hoftag, Bd. II, S. 390, 401, 411.

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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Bereitschaft beklagte, einen Kreuzzug zu führen.107 Er verfolgte wohl mit, wie der Bischof von Siena dann vier Argumente benannte, die einen Krieg gegen die Osmanen gerecht erscheinen ließen,108 wie er daraufhin den an die Reichstagsteilnehmer gerichteten Appell des Kaisers wiedergab und schließlich vier vermeintliche Hinderungsgründe für einen Kreuzzug anführte, um diese dann fast ausnahmslos wieder zu entkräften.109 Da Enea Silvio Piccolomini gemäß der in Frankfurt gefällten Entscheidung, derzufolge die Sorge für die Bereitstellung der Flotte dem Pontifex obliegen sollte,110 hinsichtlich der maritimen Vorbereitungen des Türkenzuges auf Giovanni di Castiglione verwiesen hatte,111 ergriff dieser sodann in seiner Funktion als päpstlicher Legat das Wort112 und kündigte eine 107 Die

Rede selbst ist nicht in ihrer gehaltenen Form, sondern nur in Zwischenstadien und Überarbeitungen überliefert; siehe hierzu Helmrath, Reichstagsreden, S. 265 ff., 425 ff. [kürzere Fassung der Rede, noch mit dem Incipit Astantes, S. 426 ff. (künftig: RTA 19,3, n° 33a); längere Version In hoc florentissimo, S. 429 ff. (RTA 19,3, n° 33b); weiter überarbeitete Fassung mit dem Incipit Frequentissimus, S. 446 (RTA 19,3, n° 31c)]. – Zu der in Wiener Neustadt gehaltenen Rede siehe auch den Bericht von Niklas Muffel und Hans Pirckheimer an den Rat der Stadt Nürnberg, 27. Februar – 4. März 1455 (Ebd., n° 33d) sowie die Inhaltsangabe dieser oratio, die Enea Silvio Piccolomini am 12.  März  1455 Kardinal Carvajal zukommen ließ (Helmrath, Reichstagsreden, S. 267 f., künftig auch: RTA 19,3, n° 27c). Erwähnt wird diese Rede ebenfalls in der kurfürstlich-trierischen Relation (Ebd., n° 20). 108  Als Argumente führte Enea Silvio das Rächen eines Unrechts, das Abwenden eines noch größeren Schadens, das Erzielen eines materiellen wie spirituellen Gewinns sowie das Erlangen von Ruhm und Ehre an (siehe hierzu künftig die entsprechenden Passagen aus RTA 19,3, n° 33). 109 Als vermeintliche Hinderungsgründe nannte Enea Silvio Piccolomini die innerdeutschen Streitigkeiten, die Ungewißheit über den genauen Stand beim Bau der italienischen Flotte, die zu kurze Frist zur Aufstellung eines Heeres sowie die zahlenmäßige Überlegenheit der Türken (Ebd). 110 Zum entsprechenden Abschnitt des Frankfurter Abschieds vom Herbst 1454 siehe künftig: RTA 19,3, n° 33a Anm. 4; RTA 19,2, n° 18. – Wie eindringlich er und Giovanni di Castiglione den Papst um den Bau der Flotte gebeten hatten, unterstrich Enea Silvio Piccolomini am 12.  März  1455 auch gegenüber Kardinal Carvajal: «Pergo ulterius. miraris cur tantopere sive dominus Papiensis sive ego sanctissimum dominum nostrum ad respondendum de classe Italica coartamus» (künftig: RTA 19,3, n° 27c). 111 «in Francfordia vero re pressius examinata ac digesta decretum est bellum terra ac mari contra Turchos gerendum esse […]. classis ex Italia comparande cura ad sanctissimum urbis Rome ponificem Nicolaum quintum remissa, qui per legatum suum id oneris acceptavit» [kurze Fassung der Eröffnungsrede von Enea Silvio Piccolimini, ed. in: Reichstagsreden, RTA 19,3, n° 33a; siehe auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 427 (zur entsprechenden Passage der längeren Fassung siehe ebd., S. 430, künftig: RTA 19,3, n° 33b, I)]. – In dem Bericht der Nürnberger Gesandten liest man diesbezüglich: „von gewisheit wegen des Welischen czugs auf dem mer antwort er nit vil, wann unsers heyligen vaters legat, auch des kunigs von Arrogonien potschaft solches zu seinen zeiten wol verantwurten wurden“ (Niklas Muffel und Hans Pirckheimer an den Rat von Nürnberg, 27. Februar – 4. März 1455, ebd., n° 33d; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 470). – In Frequentissimus heißt es wiederum: «De rebus Italicis audietis apostolice sedis legatum» (Überarbeitung der von Enea Silvio Piccolomini in Wiener Neustadt gehaltenen Eröffnungsrede, künftig: RTA 19,3, n° 33c; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 448). 112 „Antwurt der legat, wie er czw Regenspurg geantwurt het, wie dij sach unserm heiligsten vater zu herczen ging, und wolt leib und gut nit sparen. doch wolt er solches und von zusagung der Welischen armat auf dem mer nach der zukunft Ungern und Peham erczeln“ (Bericht von

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

ausführlichere Rede an, sobald die ungarische und die böhmische Gesandtschaft eingetroffen seien.113 Anschließend dürfte der Legat den Reden Michele Riccios, des Gesandten des Königs von Aragon, und der Delegierten des Herzogs von Burgund beigewohnt und gehört haben, wie der Erzbischof von Trier forderte, sich mit den Kurfürsten zur Beratung zurückzuziehen, um einen Weg zu finden, der dem Reich von Nutzen sein werde.114 Zwar waren bereits Anfang Februar  1455 einige Gesandte des Königs von Ungarn und Böhmen nach Wien gereist,115 auch war Ladislaus am 16. Februar  1455 dort persönlich eingezogen,116 doch hatten seine Delegierten Mitte Februar immer noch nicht Wiener Neustadt aufgesucht. Giovanni di Castiglione hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits zweimal mit der Bitte an König Ladislaus gewandt, eine Delegation nach Wiener Neustadt abzuordnen, doch war eine Antwort stets ausgeblieben.117 So entschied sich der päpstliche Legat schließlich, den in Wien weilenden ungarischen Kanzler Vitéz in dieser Angelegenheit zu kontaktieren;118 offensichtlich ein erfolgreicher Schritt, denn Vitéz führte wohl am 3. März 1455 ein Gespräch mit König Ladislaus, in dessen Folge der Herrscher noch am selben Tag ein an Giovanni di Castiglione gerichtetes AntwortNiklas Muffel und Hans Pirckheimer, 27. Februar – 4. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 33d; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 471). 113 «Postquam finivi, Papiensis episcopus, quoniam multum noctis esset, in aliud tempus mentis apostolicae decretum, cum Bohemi et Hungari presentes essent, expositurum se ait» (Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal, 12. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 27c). – In der kurfürstlich-trierischen Relation heißt es diesbezüglich: „Darnach hat unsers heyligen vatters des babsts botschafft und orator mit namen der bischoff von Bapije auch offentlich vor allermeniglich, die daby waren, zu erkennen geben: als uff Michaelis nehstvergangen [29. September 1454] uff dem tage zu Frangkfurt geratslagt sy, das die Tûtsche nacien ire fûrnemen daselbst beschehen uff die hoffenunge abgeredt habe, das unser heyliger vatter der babst mitsampt dem konige von Arrogon und den mechtigen comm󰀇n in Welschen lannden mit namen Venedig und Ian󰀇a ein schieffrich here zu wasser auch furnemen und damitde den Turgken anfechten werde. also habe sin heyligkeyt ime geschreben und ine siner meynûnge deßhalber underrichtet, die er auch zu tzyten, so die Ungerische bottschaft dahyn ko(m)men, die die sachen am meynsten berûren, zu erkennen geben werde“ (Ebd., n° 20; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 163 Anm. 38; 333). 114 Zu diesen Reden wie auch zur Forderung des Trierer Erzbischofs siehe den Bericht von Niklas Muffel und Hans Pirckheimer, 27.  Februar – 4.  März  1455 (künftig: RTA  19,3, n° 33d) sowie das Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Juan de Carvajal vom 12. März 1455 (Ebd., n° 27c). 115 Siehe hierzu das Schreiben Enea Silvio Piccolominis an Jakob von Sierck vom 5. Februar 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 6h). 116 Siehe hierzu den Bericht von Niklas Muffel und Hans Pirckheimer vom 27.  Februar – 4.  März 1455 (künftig: RTA  19,3, n°  28d); siehe auch das Schreiben des Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal vom 12. März 1455 (Ebd., n° 27c). 117 Auf dem Reichstag zu Frankfurt war beschlossen worden, daß König Ladislaus, sofern er sich nicht selbst nach Wiener Neustadt begeben wollte, zumindest Georg von Podiebrad, den Gubernator von Böhmen, und János Hunyadi, den (einstigen) Gubernator von Ungarn, als seine Vertreter schicken sollte (siehe hierzu künftig: RTA 19,2, n° 18). 118 Leider konnte dieses Schreiben bislang nicht aufgefunden werden.

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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schreiben aufsetzte,119 in dem er auf bereits getroffene Vorbereitungen verwies und versprach, in Kürze eine Gesandtschaft zu schicken, der unter anderen der Graf von Cilli angehören werde.120 Der königliche Rat und Orator, Přibik von Klenau, dem die Beantwortung der Schreiben Giovanni di Castigliones obliege, – hieß es zudem – sei bereits zu Kaiser Friedrich III. aufgebrochen und werde ebenfalls die Unterredung mit Giovanni di Castiglione suchen.121 Wie groß dessen Freude über die bevorstehende Ankunft der ungarischen Gesandtschaft war, kann man seinem Brief entnehmen, den er am 8. März 1455 an Johannes Capistran richtete,122 der seinerseits auf die kaiserliche Erlaubnis wartete, sich nach Wiener Neustadt begeben zu dürfen.123

119  So heißt es in der ersten Passage dieses Schreibens, das König Ladislaus noch am 3. März 1455 an Giovanni di Castiglione schickte: «Hodie cum accessisset ad presentiam nostram dominus Iohannes episcopus Waradiensis, cancellarius noster, retulit se habuisse litteras reverendissimae paternitatis vestrae, per quas inter alia ex parte eiusdem monitus est, ut sollicitaret mitti legationem super omnibus rebus Turcorum et aliis, quae apud serenissimum fratrem nostrum, dominum imperatorem, agendae sunt. addidit etiam per easdem litteras significatum sibi esse, quod paternitas vestra binas super eadem re sollicitanda litteras ad nos dedisset, ad quarum neutram hactenus responsum decernere et mittere curassemus» (künftig: RTA 19,3, n° 12). 120 «In horum primo operam paternitatis vestrae magni facimus, quae rebus ceptis adhibet curam se et suo officio dignam. parebimus monitis, mittemus brevi legationem ipsam, et misissemus hactenus, nisi legitima impedimenta obstitissent. habemus iam apud nos illustrem consanguineum nostrum, comitem Ciliae, quem unum et praecipuum inter alios venturum expectabamus. habemus etiam praelatos et barones ex regno Hungariae potiores, qui attulerunt seriem et decretum magnificae dispositionis contra Turcos in ipso regno factae. restat solum, ut deliberatione habita paucis post diebus absolvamus, quae exspectantur a nobis» (Ebd.). 121 «Caeterum de litteris prioribus paternitatis vestrae fatemur equidem accepisse eas ac pariter de reddendo responso curam habuisse. nam cum nuper pro certis rebus misissemus ad imperialem maiestatem oratorem nostrum, egregium Prezbyk de Klenow, ex regno Bohemiae consiliarium nostrum, iniunximus simul eidem cum litteris nostris credentionalibus loqui cum reverendissima paternitate vestra, praesertim de his, quae ad nos scripserat in litteris supratactis. quod si omissum est, voluntas suppleat, que sermo non attigit, nosque paternitas vestra pro suo honore semper paratum reputet» (Ebd.). 122 «Gaudeo, quod intelligo Viennam advenisse aliquos ex dominis Hungaris, qui etiam huc venturi sunt pro facto communi Turcam , quod utinam plus insideret cordibus istorum. sed de hoc alias. Spero, quod sanctae vestrae exhortationes multum proderunt; ideo in adventu praedictorum dominorum jucundissimus erit mihi adventus vester […]» (Giovanni di Castiglione an Johannes Capistran, 8. März 1455, künftig: RTA 19,3, n° 50e). – Zum Eintreffen der böhmischen und ungarischen Gesandten siehe auch den Bericht von Hans Vogg an den Rat von Nördlingen vom 1. April 1455 (Ebd., n° 29d). 123 Siehe hierzu Johannes Capistrans Schreiben an Papst Nikolaus V. vom 28. Oktober 1454 (künftig: RTA  19,2, n°  15e), Enea Silvio Piccolominis Ende Dezember  1454 an Johannes Capistran gerichtetes Schreiben (künftig: RTA 19,2, n° 26,10; RTA 19,3, n° 50d Anm. 1), Enea Silvio Piccolominis Brief an Johannes Capistran vom 12.  Februar  1455 (künftig: RTA  19,3, n°  50c) sowie Helmrath, Reichstagsreden, S. 169.  –  Im März durfte Capistran schließlich nach Wiener Neustadt reisen. So heißt es in dem entsprechenden Schreiben, das Giovanni di Castiglione am 8. März 1455 an Johannes Capistran sandte: «Quia puto de proximo paternitatem vestram venturam, non extendam me multum in scribendo de his, quae communicanda veniunt […]» (künftig: RTA 19,3, n° 50e).

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

Nach dem Eintreffen der böhmischen Delegation unter der Leitung des Gubernators, Georg von Podiebrad,124 sowie der ungarischen Gesandten unter der Führung des Erzbischofs von Esztergom (Gran), Dionysius Széchy,125 trug Giovanni di Castiglione, „ein gelehrter und sehr würdevoller Mann“, wie Enea Silvio Piccolomini in seiner Eröffnungsrede bemerkt hatte,126 dann am 22. März 1455127 seine oratio (Supervacuum puto, dive imperator)128 vor. In dieser führte er – wie er es stets zu tun pflegte – sein eigenes Verdienst als Legat und alle seine bislang im Hinblick auf den Kreuzzug gehaltenen Reden (samt Incipits) auf.129 Wie schon in Frankfurt, so versuchte der päpstliche Legat auch in Wiener Neustadt neue Elemente in seinen Vortrag einfließen zu lassen. Mag es in Anbetracht des Tagungsortes nur bedingt verwundern, daß diese Rede Giovannis starke Züge eines auf den Kaiser ausgerichteten Panegyrikus annimmt, so überrascht indes der „prophetische Charakter“, der etwa mit Verweisen auf die Apokalypse oder die Sibyllen etwas vollständig Neues in die bisher auf den Türkenreichstagen gehaltenen Reden bringt.130 124 Der Gubernator von Böhmen war am 18.  März  1455 in Begleitung von Zdenko von Sternberg, P ibik von Klenau und Prokop von Rabenstein in Wiener Neustadt angelangt und dort feierlich begrüßt worden [siehe hierzu den Bericht von Heinrich Leubing und Georg von Bebenburg an Herzog Friedrich II. von Sachsen vom 20. März 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 47b) sowie die kurfürstlich-trierische Relation (Ebd., n° 20)]. 125 Dionysius Széchy war am 19. März 1455 in Wiener Neustadt eingetroffen. Siehe hierzu die den Bericht des Heinrich Leubing und Georg von Bebenburg an Herzog Friedrich II. von Sachsen ergänzende Cedula vom 20. März 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 47b). 126 «qui misso legato suo episcopo Papiensi, docto et ornatissimo viro, cesaream mentem ad tutelam rei publicae iam ardentem inflammare conatus est» (Frequentissimus, überarbeitete Fassung der in Wiener Neustadt von Enea Silvio gehaltenen Eröffnungsrede, künftig: RTA 19,3, n° 33c; vgl. auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 448). 127 Zu diesem Zeitpunkt waren auch der Erzbischof von Trier und die kurfürstlichen Gesandten, die sich Ende Februar 1455 gegen den Willen Friedrichs III. zum Führen von Gesprächen zu König Ladislaus begeben hatten, wieder nach Wiener Neustadt zurückgekehrt [siehe hierzu den Bericht von Hans Vogg an den Rat der Stadt Nördlingen vom 16.  März  1455 (künftig: RTA 19,3, n° 29c)]. 128 Diese Rede ist künftig ediert in: RTA 19,3, n° 34. 129  «Et primum, ut nosci, dignissime imperator, in hunc finem ad te me misit, ad quem tunc fuit exhortacio illa, cuius inicium est: ‹Si liceat flere an loqui in dubio michi est, imperator optime etc.›. Item ad potentissimum consagwineum tuum Ungarorum Bohemorumque regem, quem maiore impulsu conveni, quo viciniorem agnovi periculo, ut constat ex ea oratione, cuius principium est: ‹Tametsi non dubitet summus et maximus pontifex noster etc.› rursus et Ungarorum maiores, qui tunc, Bude convenerant, ea semone concitavimus, cuius exordium est: ‹Non parum leticie meo animo incessit, o utriusque ordinis princepes etc.› te vero conveniente principes in Ratispona, id eo habui sermonem hunc: ‹Grave totiens merore confossus etc.›. parturiente illa dicta Franckfordensem conventum ad amplam persuasionem summendorum armorum accurrit ea oracio: ‹Pollicitus sum hoc tempore mee legationis causam absolvere etc.› profecto citra iactantiam dixerim, nam id vitium esset. nihil omissa puto» (Supervacuum puto, von Giovanni di Castiglione in Wiener Neustadt gehaltene Rede, künftig: RTA 19,3, n° 34; siehe auch: Helmrath, Reichstagsreden, S. 158 Anm. 23). – Zur entsprechenden Passage aus Giovanni di Castigliones Frankfurter Rede Pollicitus siehe oben, Kap. VI Anm. 37. 130 Siehe hierzu Helmrath: „Castiglione akkumuliert zahlreiche, zum Teil neue antike

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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Wenn Giovanni di Castigliones Rede Supervacuum, von der Helmrath sagt, sie sei die „relativ interessanteste“ des Legaten gewesen,131 heute noch in sechs Handschriften überliefert ist,132 so mag dies in der Tat auch ein Beleg dafür sein, daß das Kalkül des Bischofs von Pavia aufging und er mit dieser oratio stärker als bisher den „Geschmack“ der aus dem Reich kommenden Teilnehmer der Versammlung getroffen hatte. Auch der in Wiener Neustadt weilende Capistran sprach sich lobend über die rhetorischen Fähigkeiten des Giovanni di Castiglione – ebenso wie über die des Enea Silvio Piccolomini – aus.133 Letzterer hatte am 25.  März  1455 seine Rede (Si mihi134) als Replik auf die  –  die Kampfbereitschaft der Ungarn signalisierende und Hilfe im Kampf

Schlacht‑ und Ruhmes-Exempla aus AT und Antike, [die Rede] nähert sich mit ihrer Wendung an den Kaiser persönlich ohnehin stark einem Panegyricus an. Einer ihrer Sondereffekte, der etwa bei Enea Silvio weitestgehend fehlt, besteht in einem astrologisch-prophetischen Exkurs. So kommt erst in Wiener Neustadt mit der Apokalyptik, mit Leo Presbyter, Joachim und der erythräischen Sibylle eine neue Klangfarbe in die Türkenreden der Reichstage“ (Reichstagsreden, S. 161). – Giovanni di Castiglione könnte von den berühmten Predigten des Johannes Capistran inspiriert worden sein, hatte doch Enea Silvio Piccolomini damals die Teilnehmer des Frankfurter Reichstages nachdrücklich dazu aufgefordert, sich die Predigten Capistrans auf dem Römerberg anzuhören [siehe hierzu ebd., S. 168, künftig: RTA 19,2, n° 15 (Einleitung)]. Bekanntlich verstand sich der Franziskaner darauf, bei seinen Zuhörern enorme Begeisterung zu erwecken. Daß Capistran – um mit den Worten Enea Silvio Piccolominis zu sprechen –, wenn er wollte, allein durch das Heben eines Fingers einen großen Tumult hervorrufen konnte, mag auch Giovanni di Castiglione sehr beeindruckt haben (zu dieser Fähigkeit Capistrans siehe Enea Silvio Piccolominis Schreiben an Domenico Capranica vom 11. Januar 1455, künftig: RTA 19,3, Kap.  L Anm. 5; RTA  19,2, n°  15  Anm. 4, vgl.  auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 164 f.). Vielleicht hoffte Giovanni di Castiglione auch, durch die von Capistran übernommene rhetorische Strategie, insbesondere durch das „Aufpeitschende“, das Capistrans Reden auszeichnete, die Fürsten, die andere Prioritäten (etwa die Reichsreform) hatten, doch noch für den Zug gegen die Türken begeistern zu können. Schon Enea Silvio Piccolomini hatte am 31. Dezember 1454 in einem Brief an Capistran das Motiv des Predigers gebraucht, der es vermochte, den Zauber der Trägheit aufzuheben. Siehe hierzu Helmrath: „Nach einer ungewöhnlich fulminanten Tirade geradezu Huttenscher Qualität gegen die Raffgier und den Attentismus der Fürsten, die er sogar mit den verzauberten Bestien der Kirke und den Harpyen vergleicht, erscheint Capistran, nun doch leicht augenzwinkernd gemeint, als rhetorischer Bestienkämpfer im Zirkus (sc. des Reichstags), als der magiemächtige Lycaon des griechischen Mythos, dessen sermo mit anticipitigladio die verzauberten Bestien rückverwandele in Menschen; bzw. auf die gegenwärtige Situation bezogen: der aus träge-satten Fürsten türkenkriegsentflammte zu machen verstehe. Der Kampf gegen diese Monstren, wie er ihn schon seit dreißig Jahren führe, sei auch jetzt Aufgabe des Predigers“ (Reichstagsreden, S. 166 f.). – Siehe hierzu künftig auch RTA 19,2, Einleitung zu n° 15; n° 26,11 [5]. 131 Helmrath, Reichstagsreden, S. 161. 132 Siehe hierzu RTA 19,3, n° 34. 133 «satis laboravit ornatissimis orationibus et exhortationibus reverendissimus dominus episcopus Papiensis. valde insudavit reverendissimus dominus episcopus Senensis» [Johannes Capistran an Calixt III., 1. Mai 1455, künftig: RTA 19,2, n° 16 (Einleitung); RTA 19,3, n° 50f; vgl. zudem Helmrath, Reichstagsreden, S. 169]. 134 Zu dieser Rede siehe ausführlich Helmrath, Reichstagsreden, S. 280 ff., 473 ff. (Gliederung: S. 474 f., Transkription: S. 476 ff.); siehe künftig auch: RTA 19,3, n° 36.

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

gegen die Türken erbittende – oratio von Vitéz (Pulsatis merore publico135) gehalten. In dieser hatte er an einer Stelle, als er die Notwendigkeit der Eintracht im Heer zu verdeutlichen suchte, zumindest indirekt auf Giovanni di Castiglione Bezug genommen, indem er, wie Johannes Helmrath unterstreicht, ein von diesem angeführtes Sallust-Zitat wieder aufgriff.136 Weitere vollständig überlieferte orationes des Giovanni di Castiglione liegen aus dem Monat April jedoch nicht vor. Wir verfügen lediglich über die Zusammenfassung einer Ansprache, die er am 5. April 1455 bei einer Zusammenkunft der kaiserlichen Räte, der kurfürstlichen und fürstlichen Vertreter sowie der städtischen Gesandten hielt und in der er aufzeigte, daß ein weiteres Hinausschieben der Beschlüsse des Frankfurter Abschieds oder ein erneutes Vertagen sehr starkes Mißfallen des Papstes hervorrufen würde, der sich seinerseits sehr engagiert hätte, wie aus zahlreichen, ihm zugegangenen Dokumenten hervorgehe, und dem es überdies gelungen sei, die italienische Staatenwelt zu befrieden.137 135  Zu Editionen dieser am 23. März gehaltenen Rede siehe Iohannes Vitéz de Zredna, Joannis Vitéz de Zredna episcopi Varadiensis in Hungaria Orationes in causa expeditionis contra Turcas habitae, hg. v. Wilhelm Fraknói, Budapest 1878, S. 14–22; Vitéz, hg. v. Boronkai, n°  7, S. 255–267 sowie künftig: RTA  19,3, n°  35.  –  Auf die Rede Si mihi ging János Vitéz wiederum am 27. März 1455 ein. Diese Rede (Serenissime princeps. Vocati et tandem missi) findet sich ed. in: Vitéz, hg. v. Fraknói, S. 23 f.; Vitéz, hg. v. Boronkai, n° 8, S. 270 f. sowie künftig in: RTA 19,3, n° 37. 136 «[…] pulchre heri ex Salustio dictum est: ‹Concordia parve res crescunt, discordia maxime dilabuntur› (Sallust, Jugurtha, 10,6,2)» (zit. nach Helmrath, Reichstagsreden, S. 479). 137 „Und als auf sambstag vor dem heiligen ostertag [5. April 1455] abermals die rette des Romischen kaisers, der ertzbischove von Triere, annder der kurfursten, fursten und des Reichs stette botten versammet waren, warde durch den marggraven von Brandeburg geredt von Romischen keisers wegen: als nachst inn beschliesse am mitwochen zu nacht [2. April 1455] nachst verruckt geredt were, auf hewt von artickel zu artickeln des gehalten abschieds zu Franckfurtt rede zu hallten, were nw das beste, die artickel zu verlesen. und als nu der erst artickel anrurtt die fertigung der schiffunge, das die Wellischen lannd mitsampt unserm heiligen vatter dem babst berurtte, geburte sich von notte, das der legat seiner heilickait begegnend wurde. Unde als nu der legatt unnsers heiligen vatters des babsts entgegen was, redte er auf den obgedachten artickel die Wellischen nation berurende: was unnsern heiligen vatter den babst mitsampt den Wellischen inn dann abschiede zu Franckfurt ergangen berurtte, were nicht bruchs, dem wurde stackchs nachgegangen. und hette gemaynt, dem selben abschied were nicht widerwertickait enngegent, als er denn vermercke yetzo taglich geschee. nu seye er gegenwurtig und wolle kain ursache sein, das auffschube inn den sachen oder anndere tag gemacht werden, dann er habe unnserm heiligen vatter dem babst geschriben, wie der zuge wider den Turgcken auff ein zeytte geendet werde. so nw das nicht also geschee, zwifel er nicht, sein heilickait werde des groß missvallen gewynen. nu sey er alhie erbiettende, ganntz vermugen leibs und guts seiner heilickait darinne nicht zu sparen. und ob nw ettlich maynntten, sein erbiettung als rede ane hanndel zu achten, so wolle er tzaigen briefe, wellicher masse sein heilickait solichs also ime geschriben habe. so habe auch sein heilickait auf den artickel des frids halben so vil vleisse getan, daz er alle fursten und conmune inn Wellischen landen inn ewige fride gebracht habe, die sich dann zu dem zwaintzig iare zusamen alle widerwertickait miteinander gleich zu leyden verpunden haben» (Aufzeichnungen fürstlicher Provenienz über den Gang der Verhandlungen, 1.–7. April 1455, künftig: RTA 19,3, n° 22). – Zu den entsprechenden Aufzeichnungen reichsstädtischer Provenienz siehe ebd., n° 21; in diesen wird auch detailliert von besagter Zusammenkunft vom 2. April 1455 berichtet, an der Giovanni di Castiglione ebenfalls teilgenommen hatte.

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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Zudem sind aus dem Monat April einige Schreiben aus der Feder des Giovanni di Castiglione überliefert,138 so ein Brief vom 8. April 1455, in dem er dem Herzog von Mailand berichtete, es sei immer noch nichts in der türkischen Angelegenheit unternommen worden, und dazu kritisch anmerkte, daß es angesichts der fortgeschrittenen Zeit nun auch nicht den Anschein habe, als werde im laufenden Jahr noch ein Heer aufgestellt werden können.139 Giovanni di Castiglione versuchte jedoch vor allem den Eindruck zu vermitteln, daß er sich mit Unterstützung des Erzbischofs von Trier, Jakob von Sierck, und des Bischofs von Siena, Enea Silvio Piccolomini, sehr engagiert habe, um Francesco Sforza den Weg zur offiziellen kaiserlichen Investitur zu ebnen.140 Wie sehr Giovanni di Castiglione seine Position als „Mittler des Herzogs“ im Vergleich zu den Vorjahren hatte verbessern und festigen können und wie erfolgreich seine Strategie gewesen war, sich (zunächst eigenmächtig) als solcher zu gerieren, wird aus der Vollmacht ersichtlich, die Francesco Sforza am 19. Februar 1455 für den Prälaten ausstellte, damit dieser die Investitur wie die Bestätigung aller Rechte und Privilegien erwirke, derer sich die Visconti erfreut hatten.141 Zudem kündigte der Herzog am 28. Februar 1455 Friedrich III. offiziell an, er wolle dem Kaiser sowohl durch den päpstlichen Legaten als auch den später eintreffenden Gesandten Giovanni

138 Ein anderes Schreiben, das Giovanni di Castiglione an Kardinal Scarampo richtete und von dessen Existenz der Briefwechsel des Bischofs von Siena zeugt [«Credo intelliges ex domino Papiensi, quomodo res iste Germanice disponuntur» (Enea Silvio Piccolomini an Ludovico Scarampo, 29. April 1455, künftig: RTA 19,3, n° 27k)], ist indes nicht erhalten. 139 «Ceterum in lo fatto de Turchi non è anchora fatto altro. Pare a quisti essere tanto tran­ scorso el tempo che non sia possibile traducere exercito per questo anno. Nientedemeno se piglarà qualche bona conclusione, la quale poy notificarò a la vostra celsitudine» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. April 1455, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; siehe auch künftig: RTA 19,3, n° 49c). – Eine Woche zuvor hatte Hans Vogg dem Rat der Stadt Nördlingen eine Mitteilung ähnlichen Tenors zukommen lassen (siehe hierzu ebd., n° 29d). 140 «Io farò diligentia possible con l’adiuto de monsignore l’archivescho de Trevere e lo vescho de Siena» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. April 1455, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, künftig: RTA 19,3, n° 49c). – Wenn Giovanni di Castiglione von der Investitur spricht, fügt er zumeist das Personalpronomen „unser“ hinzu: «fato nostro» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. April 1455, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, künftig: RTA 19,3, n° 49c); «le conditione nostre» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 16. April 1455, künftig: ebd., n° 49d). 141 «Franciscus Sfortia vicecomes dux Mediolani etc. Papie Anglerieque comes ac Cremone dominus natus quondam illustris domini Sfortie nichil magis cordi habens nichilque magis appetens quam mores et optima illustrissimorum ducem Mediolani precessorum suorum studia imitari presertim hoc tempore, quo favente omnipotentis dei gratia post longas et acerbas clades, post varia bellorum discrimina, quibus hec Lombardia provintia vexata et afflicta est, res status sui optima pace et tranquillitate composite sunt, ad excelsum sacri imperii fastigium, prout optimum quemque decet principem, omnia sua consilia omnes suos cogitatus dirigere constituit et ea ipsa fide et devotione ad id ipsum imperiale culmen confugere, quas semper et omni tempore et precipue ex quo presens dominium suum adeptus est, erga ipsum habebat et continuo habuit et habet quibusque antiqui precessores sui prelibatum sacrum imperium sunt prosecuti […]» (künftig: RTA 19,3, Kap. K Anm. 4).

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

de Ulessis142 etwas Wichtiges ausrichten lassen.143 Auch an etliche einflußreiche Persönlichkeiten, von denen der Herzog annahm, daß sie ebenfalls am Reichstag in Wiener Neustadt teilnehmen würden, richtete er weitere Schreiben, so noch am selben Tag eines an Herzog Albrecht VI. von Österreich, Friedrichs III. Bruder, und eines an den Mainzer Erzbischof Dietrich Schenk von Erbach, mit der Bitte, Giovanni di Castiglione sowie Giovanni de Ulessis bei dem Erwirken der Investitur behilflich zu sein.144 Anscheinend wandte sich der Mailänder Herzog mit demselben Ersuchen u. a. ebenfalls an den Kölner Erzbischof Dietrich von Moers, den Trierer Erzbischof Jakob von Sierck, den Pfalzgrafen Friedrich  I. den Siegreichen, den Markgrafen Friedrich  II. von Brandenburg, den Gubernator von Ungarn, János Hunyadi, den Herzog Johann I. von Kleve, Herzog Ludwig XI. von Bayern-Landshut sowie an Enea Silvio Piccolomini und an den Kammermeister Johann Ungnad.145 Schließlich trat Francesco Sforza an den Markgrafen Ludovico Gonzaga von Mantua mit der Bitte heran, die über seine Frau Barbara bestehenden guten Kontakte zum Reich zu nutzen, um sich für seine Investitur zu verwenden und dem Bischof von Pavia alle Unterstützung bei diesem Unterfangen zukommen zu lassen.146 142 Zu Giovanni de Ulessis [Giovanni Ulesis da Cividale], der seit 1444 als Kanzler Francescos und seit 1450 als Mitglied der herzoglichen Cancelleria Segreta nachgewiesen ist, siehe u. a. Leverotti, Diplomazia e governo, S. 252 ff.; Caterina Santoro, Gli uffici del dominio sforzesco (1450–1500), Mailand 1948, S. 53; Margaroli, Diplomazia, S. 102, 222 Anm. 518, 239. 143 «Per litteras meas et per nuntium meum informatum reddidi reverendissimum in Christo patrem dominum Johannem de Castiliono, episcopum Papiensem, sedis apostolice legatum, de nonnullis, que per eius paternitatem vestre imperatorie maiestati referentia esse disposui. necminus ob eandem causam emittens ad eas partes nobilem virum ser Johannem de Ulexis […] harum exhibitorem sibi commisi ea pariter serenissime vestre maiestati referentia. eapropter serenitatem vestram suppliciter exoro, dignetur eorum relatibus ceu meis propriis fidei plenitudinem exhibere, cui me humillime (!) recommitto» (künftig: RTA 19,3, n° 49 b1). 144 So heißt es in dem an den Herzog adressierten Schreiben Francesco Sforzas vom 28. Februar 1455: «Per nostras litteras et per nuntium nostrum informatum fecimus reverendissimum dominum Johannem de Castiliono, episcopum Papiensem et sedis apostolice legatum, de nonnullis, que vestre dominationi per eius paternitatem referri disponimus. necminus ob eandem causam emittimus ad eas partes nobilem virum ser Johannem de Ulexis […] [et] sibi comisimus ea pariter vestre celsitudini referentia. epropter prefatam vestram dominationem requirimus et oramus, velit eorum relatibus ceu nostris propriis fidei plenitudinem impertire, parati in omnem vestre celsitudinis bonum» (künftig: RTA 19,3, n° 49 b2). – Sehr ähnlich klingt auch die Passage in dem an Dietrich von Erbach, den Mainzer Erzbischof, gerichteten Brief vom 28. Februar 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 49 b3). 145 Unmittelbar auf den an den Mainzer Erzbischof gerichteten Brief folgt eine mit «Similiter scriptum fuit omnibus infrascriptis mutatis mutandis etc. videlicet» überschriebene Liste, der zu entnehmen ist, daß die oben Genannten sowie einige weitere nicht ganz so illustre Persönlichkeiten, darunter etwa Walter von Zöbing zu Kranichberg, kontaktiert wurden (siehe hierzu künftig: RTA 19,3, n° 49 b4). 146 Markgraf Ludovico und seine Frau Barbara baten am 17. Februar 1455 den Markgrafen Friedrich II. von Brandenburg sowie dessen Brüder, Johann und Albrecht, sich für die Investitur des Herzogs von Mailand einzusetzen und Giovanni di Castiglione zu unterstützen (siehe hierzu künftig: RTA 19,3, n° 49a).

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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Wohl um den 3.  April  1455147 traf in Wiener Neustadt zu Giovanni di Castigliones Unterstützung der bereits vom Herzog angekündigte Giovanni de Ulessis ein.148 Ob Giovanni di Castiglione über diese „Verstärkung“ erfreut gewesen war und wie er diese deutete, ist fraglich. Nahm er diese Entsendung als Indiz, daß der Herzog ihn nicht für hinreichend kompetent hielt, die Sache alleine voranzubringen? Oder sah er die Abordnung des Giovanni de Ulessis als Ausdruck des herzoglichen Mißtrauens, er, Giovanni di Castiglione, trete entgegen allen Beteuerungen nicht mit aller Kraft für die Investitur ein?149 War die Wahl Francesco Sforzas auch genau aus diesem Grund nicht auf Sceva da Curte gefallen, der sich bislang um die „Reichsangelegenheiten“ bemüht hatte und sich mit Giovanni di Castiglione gut verstand, sondern auf Giovanni de Ulessis, mit dem der Bischof von Pavia bislang kaum Kontakt gehabt hatte? In der Tat könnte man sich durchaus vorstellen, daß die herzoglichen Zweifel an der Integrität Giovanni di Castigliones nicht ganz unbegründet waren: So wäre es gut möglich, daß der Bischof von Pavia, nachdem er die herzogliche Anerkennung für seine Translation erreicht hatte, zwar für die kaiserliche Belehnung warb, jedoch dies eher halbherzig tat, da er unter den gegebenen Umständen mit seiner Mittlerrolle, die ihn in den Augen des Herzogs wichtig erscheinen ließ, so zufrieden war, daß er gar kein allzu großes Interesse daran hatte, das Projekt zu einem raschen Abschluß zu bringen. Immerhin stand zu befürchten, daß der Herzog nach vollzogener Investitur Giovanni di Castigliones Beitrag schnell wieder vergessen und sich von diesem abermals abwenden würde.150 147 Einen Tag zuvor hatte die apostolische Kammer verzeichnen lassen, daß Giovanni di Castiglione für seine im Vorjahr im Rahmen der Legation bestrittenen Aufwendungen 750 Florenen gezahlt worden waren [siehe hierzu den Eintrag vom 4.  April  1455 (ASR, Camerale  I, 832, fol. 17v, 63r); siehe auch den Eintrag vom 5. Oktober 1455 (ASV, Cam. Ap., IE 430, fol. 120r und IE 431, fol. 76r)]. 148 Zumindest heißt es in Giovanni di Castigliones Schreiben an Francesco Sforza vom 8. April 1455, er habe die herzoglichen Briefe vor fünf Tagen von Giovanni de Ulessis überreicht bekommen: «A tri dì de questo ho receute le lettere de la illustrissima signoria vostra per ser Iohanne de Ulesis» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die, künftig: RTA 19,3, n° 49c). 149 Francesco Sforza sollte später darüber klagen, daß «niente fo eseguito che parolle bone» (Memoriale des Francesco Sforza, ohne Datum, zit. nach Vianello, Gli Sforza, S. 236, künftig: RTA 19,3, Kap. K). 150 Daher erachtete Giovanni di Castiglione es wohl als klüger, die ganze Angelegenheit in der Schwebe zu halten und nur kleinere Konzessionen auszuhandeln, so daß der Herzog ihm die Vermittlertätigkeit nicht entzog und einem anderen Gefolgsmann übertrug. Wahrscheinlich dürfte es dem Bischof von Pavia sogar gelungen sein, Enea Silvio Piccolomini, mit dem er sich intensiv beriet, von den Vorteilen eines derartigen Spieles zu überzeugen. Immerhin konnte auch der Kaiser selbst nur so lange mit Gewißheit auf die Loyalität des Herzogs zählen, wie er – zumindest theoretisch gesehen – in der Lage war, mit dem „Köder“ der begehrten offiziellen Investitur zu „locken“. So war davon auszugehen, daß die militärisch wie (nach dem Frieden von Lodi) politisch äußert einflußreich gewordenen Sforza – nach der Konsolidierung des Herzogtums und nach ihrer offiziellen Anerkennung seitens des Kaisers – neue Ziele in den Blick nehmen und eventuell sogar die Forderung nach einer Königskrone stellen würden. In der Tat sollte Francesco Sforzas Verwandter Ludovico il Moro 1498, nur vier Jahre, nachdem er von Maximilian I. die offizielle Bestätigung als Herzog von Mailand erhalten hatte, an den Habs-

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

Wie aber ging Giovanni di Castiglione im Frühjahr 1455 mit der vom Herzog geschickten „Verstärkung“ um? Seine Taktik scheint darin bestanden zu haben, dem Herzog zu signalisieren, Giovanni de Ulessis sei bedauerlicherweise zu spät in Wiener Neustadt eingetroffen, um noch etwas bewirken zu können, zum einen, weil der Reichstag sich nach dem Eintreffen der Nachricht vom Tod von Papst Nikolaus V.151 aufzulösen beginne; zum anderen, weil wenige Tage zuvor unglücklicherweise eine gewisse Meinungsverschiedenheit aufgetreten sei, die der eigenen Sache ziemlich schade.152 Überdies – und hiermit zusammenhängend – dürfte Giovanni di Castiglione versucht haben, sich der „Verstärkung“ schnell wieder zu entledigen. So gab er Francesco Sforza auch zu verstehen, daß Giovanni de Ulessis, mit dem er intensiv konferiert habe,153 in Anbetracht der Umstände bald in die patria zurückkehren könne, wo er dem Herzog detailliert Bericht erstatten werde.154 Nach der Abreise des Giovanni de Ulessis, die um den 16. April 1455 erfolgte,155 holte Giovanni di Castiglione wohl bei Jakob von Sierck, der am 18. April 1455 von einem erneuten Aufenthalt in Wien nach Wiener Neustadt zurückgekehrt war, Informationen über die Fortschritte ein, welche der Erzbischof bei der Schlichtung der zwischen Friedrich III. und Ladislaus bestehenden Divergenzen hatte erzielen können,156 gedachte er sich doch auf diesem Feld – nach Abschluß des Reichstages – ebenfalls zu betätigen. Bereits am 16. April 1455 hatte Giovanni di Castiglione hierfür Vorkehrungen getroffen, als er Francesco Sforza mitteilte, er burger mit der Bitte herantreten, ihm dessen Tochter Margarete zur Frau zu geben und ihn zum Erzherzog oder zum König der Lombardei zu ernennen (siehe hierzu Angermeier, Die Sforza und das Reich, S. 180; Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österrreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd.  II: Reichsreform und Kaiserpolitik  1493–1500. Entmachtung des Königs im Reich und in Europa, Wien 1975, S. 359). 151 Nikolaus V. war in der Nacht vom 24. zum 25. März 1455 verstorben. In Wiener Neustadt traf die Nachricht vom Tod des Papstes allerdings, wie die kurtrierischen Aufzeichnungen vermuten lassen, nicht vor dem 12. April 1455 ein (künftig: RTA 19,3, n° 20). 152 «Ben vorriea che più tosto havesse mandato la signoria vostra, primo che qui già se dispone del partire, secundo che non è molti giorni è intervenuta certa differentia, la qualle nose assay al fato nostro» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. April 1455, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, künftig auch: RTA 19,3, n° 49c). 153 «Ser Iohanne de Ulesis con el quale ho communicato e inteso plene la intentione de essa vostra signoria […]» (Ebd.). 154 «[…] et tutto questo con le altre cose referirà lo dicto ser Iohanne, el quale presto poterà ritornare» (Ebd.). 155 Daß die Abreise unmittelbar bevorstand, läßt zumindest die Präsensform «ritourna» vermuten; wahrscheinlich stellte das Schreiben vom 16. April 1455 noch eine letzte Botschaft dar, die der päpstliche Legat dem Gesandten Giovanni de Ulessis für Francesco Sforza mitgab, bevor dieser Wiener Neustadt verließ: «Ritourna da la illustrissima signoria vostra ser Iohanne de Ulesis, el qualle, pienamente informato de tutto quello è fatto qua, refferirà ad essa vostra signoria le conditione nostre, perho non me extendo più in lo scrivere. Quando piacerà a dio che sia con la signoria vostra, intenderà quello serà dapoy seguito» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, künftig: RTA 19,3, n° 49d). 156 Zu den Vermittlungsversuchen des Jakob von Sierck siehe den Bericht des Hans Vogg an den Rat von Nördlingen vom 18. April 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 29f).

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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könne noch nicht an die Kurie zurückkehren, sondern müsse – gemäß dem Mandat der Kardinäle, welche ihn vom Tod des Papstes Nikolaus in Kenntnis gesetzt hätten – vor Ort bleiben, bis der neue Pontifex ihm eine Anweisung erteile.157 Bevor er sich zum König von Ungarn und Böhmen begab, wird Giovanni di Castiglione jedoch noch Enea Silvio Piccolominis Rede Optasset158 vom 23. April 1455 abgewartet haben, in welcher dieser Bilanz zog und unterstrich, daß  –  zum großen Bedauern Friedrichs  III.  –  das den Ungarn versprochene Heer in diesem Sommer nicht mehr aufgestellt werden könne.159 Da infolge der ungünstigen Witterung sowohl für das Heer wie auch für die Flotte ein Kampf im Winter nicht in Frage komme – so fuhr Enea Silvio fort –, wolle man den Termin für die Aufstellung des Heeres auf den 15. Mai, den Himmelfahrtstag des folgenden Jahres, verschieben.160 Die Replik von János Vitéz, der diese Rede am 25.  April  1455 erwiderte und Friedrich  III. eindringlich bat, nun endlich Taten folgen zu lassen,161 wird Giovanni di Castiglione ebenfalls noch gehört haben. Kurz danach löste sich der Reichstag auf, ohne weitere Beschlüsse gefaßt zu haben. Auch die beschwörenden Schlußreden von Enea Silvio Piccolomini und János Vitéz hatten nichts an der Tatsache zu ändern vermocht, daß der Tod von Nikolaus V. den Teilnehmern der Versammlung hierfür einen willkommenen 157 «Me bisogna anchora expectare qui tanto che lo novo summo pontifice me manda altro, iuxta el mandato de li mei signori cardinali, li qualli subito me hano advisato de la morte. fe. re. papa Nicholao. Prego che dio ne daga uno, el qualle oltra le altre bone conditione sia affecto a la ditta vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, auch künftig in: RTA 19,3, n° 49d). – Am 8. April 1455 wurde Alfonso Borgia gewählt, der den Namen Calixt III. annahm. – Zur Erhebung Calixts III. siehe u. a. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 639 Anm. 1. 158 Zu dieser Rede, die laut Gabriele Annas als eine Replik auf eine nicht erhaltene ungarische Gesandtenrede zu sehen ist, siehe künftig: RTA  19,3, Kap.  F n°  38; siehe auch Helmrath, Reichstagsreden, S. 283 ff., 492 ff. (zur Überlieferung: S. 494 ff.; Gliederung: S. 496; Transkription: S. 497 ff.). – Die Rede beantwortete János Vitéz wiederum am 25. April 1455 (siehe hierzu künftig: RTA 19,3, n° 40). Im Mai 1455 hielt Vitéz nach dem Ende des Reichstages zudem noch eine weitere Rede vor Friedrich III. (siehe hierzu ebd., n° 41). 159 Die Zeit sei – so die Argumentation Enea Silvo Piccolominis – nun schon zu sehr fortgeschritten, um die weit verstreuten Soldaten zu versammeln und einzuweisen; hinzu komme, daß sich infolge des Todes des Papstes die Bereitstellung der für den Erfolg des Unternehmens unbedingt erforderlichen Flotte verzögert habe und daß die kriegerischen Auseinandersetzungen im Reich noch nicht beigelegt seien [zu dieser Rede siehe künftig: RTA 19,3, n° 38a; Helmrath, Reichstagsreden, S. 497 f. (zu den deutschen Fassungen, der Nürnberger und der Frankfurter, siehe künftig: RTA 19,3, n° 38 b 1 u. 2)]. 160 Bis zu diesem Termin sollten – so hieß es bei Enea Silvio Piccolomini – die innerdeutschen Fehden behoben, ein zweijähriger Reichslandfrieden proklamiert, die entsprechenden Truppen (auf)gestellt sowie instruiert und  –  falls der Kaiser nicht persönlich mit dem Heer ziehen könne – ein Feldhauptmann ernannt sein. Zudem wolle man die europäischen Fürsten noch stärker einbinden und den neuen Pontifex und die übrigen italienischen Staaten zur Aufstellung der Flotte bewegen. Die Ungarn indes sollten gleichfalls ihre Truppen bereithalten und überdies durch besondere Vorkehrungen das sichere Durchqueren des ungarischen Territoriums sowie stabile Lebensmittelpreise gewährleisten [siehe hierzu die entsprechenden Passagen der Rede Optasset (künftig: RTA 19,3, n° 38a; Helmrath, Reichstagsreden, S. 498 ff.)]. 161 Zu dieser Rede (Satis equidem duplici superiore conventu) siehe künftig: RTA 19,3, n° 40; vgl. auch Vitéz, hg. v. Boronkai, n° 9, S. 272 f.; Helmrath, Reichstagsreden, S. 68.

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Anlaß bzw. einen Vorwand bot. Der Plan eines Türkenkrieges war zumindest im Reich gescheitert. Giovanni di Castigliones Tätigkeit verlagerte sich nun auf besagte Friedensverhandlungen zwischen Friedrich III. und Ladislaus und somit auf ein Feld, das ihm im folgenden Jahr, wie noch zu zeigen sein wird, die Rückkehr ins Reich ermöglichte. Nachdem János Vitéz am 30. April 1455 in einer Rede vor dem Kaiser dem päpstlichen Legaten für das große Engagement bei der Bekämpfung der Türken gedankt hatte,162 begab sich Giovanni di Castiglione, auf Wunsch Friedrichs III., ebenso wie der Erzbischof von Trier, nach Wien,163 um dort insbesondere in der sächsisch-böhmischen Auseinandersetzung,164 aber auch in dem Konflikt zwischen Friedrich und Ladislaus zu vermitteln.165 Wenn es Giovanni di Castiglione keine Mühen bereitete, diese Mission übertragen zu bekommen, so lag dies zum einen daran, daß Friedrich III. – vermutlich infolge der unsicheren Straßenverhältnisse und der Kosten – offenbar kein großes Interesse daran hatte, eigene Ratgeber nach Wien zu schicken;166 zum anderen profitierte 162  «Accedo nunc a te, reverendissime pater, sancte apostolice sedis legate, cuius presenciam hiis rebus gestis non solum utilis, verum necessaria fuit. cognovimus curam et sollicitudinem in rebus fidei tibi commissam, quam profecto diligencia tua cumulare pocius visus es quam gerere. si commendacionis egeres, eam sane  –  quantum officium et condicio nostra sufficeret  –  tam libenter quam merito faceremus. sed sacius putamus relinquere ipsis operibus tuis commendacionem tuam, que potencia sunt ubique virtuti et providencie tue conveniens testimonium perhibere. si ille sanctissimus felices memorie dominus Nicolaus papa quintus in humanis ageret, ingentes ei gracias ex parte serenissimi domini nostri regis et regnorum suorum ageremus, tum quia te talem legatum direxerat, tum quia paternitalem et vere pastoralem de rebus Christianis sollicitudinem habuerat» (Rede des János Vitéz vor Friedrich III., wohl vor dem 30. April 1455, künftig: RTA 19,3, n° 41). – Zudem dankte der Orator auch Friedrich III., Jakob von Sierck und Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg, doch fiel dieser Dank viel knapper aus als der an Giovanni di Castiglione gerichtete. 163 Dort hatten sich bereits einige weitere hochrangige Persönlichkeiten eingefunden. Davon, daß sich unter anderem auch Sigismund, der Herzog von Österreich-Tirol, zu Ladislaus begeben hatte und auch Durad Brankovič, der Despot von Serbien, am 30.  März  1455 beim König eingetroffen war, sind wir durch das Schreiben von Hans Vogg an den Rat von Nördlingen vom 14. Mai 1455 unterrichtet (künftig: RTA 19,3, n° 29g). 164 Zu den sächsischen Aufzeichnungen über die im Mai 1455 in Wien in Gegenwart und unter Vermittlung von Giovanni di Castiglione und Jakob von Sierck stattfindenden Verhandlungen siehe künftig: RTA 19,3, n° 47e. 165 Enea Silvio Piccolomini berichtete am 29. April 1455 Ludovico Scarampo über die an den Hof von König Ladislaus verlagerten Friedensverhandlungen und wies auch darauf hin, daß sich Giovanni di Castiglione am folgenden Tag auf Wunsch des Kaisers zur Vermittlung nach Wien begeben werde: «et dominus Papiensis eo cras [30. April 1455] ibit, qui per caesarem rogatus est ad hoc ipsum suas partes interponere» (RTA 19,3, n° 27k). – Auch in dem Schreiben, das Enea Silvio Piccolomini am 3. Mai 1455 an Kardinal Carvajal richtete, heißt es: «pax quoque illic inter Bohemos et Saxones agitatur, ad quam rem iuvandam etiam Papiensis episcopus eo se contulit hortante caesare» (Ebd., n° 51a). 166 Aus einem Schreiben von Heinrich Leubing und Georg von Bebenburg an Herzog Wilhelm III. von Sachsen vom 19. Mai 1455 geht hervor, wie wenig geneigt Friedrich III. war, seine Räte nach Wien zu senden: „Und wanne nu die Behmischen hern mit solicher antwurt lang verczogen, wurden wir pittend die keiserlich maiestat, das er sein trefflich botschafft gein Wyenn schickete und die antwurt heraussprechte. seine maiestat was des willig, abir es hatt die

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der päpstliche Legat davon, daß er als Mann der Kirche ohnehin für Friedensverhandlungen prädestiniert war. Die Rede, die Giovanni di Castiglione vor dem König hielt, ist nicht überliefert, doch läßt die Replik, mit welcher der ungarische Kanzler dem päpstlichen Legaten Anfang Mai  1455 zunächst für dessen Kommen und dessen großes Engagement dankte,167 einige Rückschlüsse auf diese oratio zu, in der Giovanni di Castiglione wohl nachdrücklich unterstrich, als Berater und nicht nur als Besucher nach Wien gekommen zu sein.168 Nachdem Vitéz, wie es die Etikette verlangte, beteuert hatte, wieviel Hochachtung Ladislaus ihm, Giovanni di Castiglione, entgegenbringe und wie sehr er dessen Ratschläge zu schätzen wisse,169 ging der ungarische Kanzler im Auftrag seines Königs auf die wesentlichen Anliegen Giovannis ein: zum einen auf das Beenden der vierfachen Fehden von Ladislaus (mit Kaiser Friedrich  III., mit János Hunyadi, mit Philipp dem Guten und mit den Herzögen von Sachsen), zum anderen auf die Billigung des in Wiener Neustadt gefällten Beschlusses, den Zeitpunkt des Zuges zu verschieben.170 Den Antworten wiederum, die der König durch Vitéz geben ließ, ist zu entnehmen, daß Giovanni di Castiglione mit seiner Rede zwar die von Ladislaus gehegten Zweifel keineswegs hatte zerstreuen können, doch erklärte der Herrscher nach Giovannis Auftritt immerhin, er wolle sich bemühen, die Differenzen mit seinen Kontrahenten beizulegen. Zudem versicherte der König – auch wenn er die Nachteile, Gefahren und Risiken sehe, die ein weiteres Hinauszögern der Kampfhandlungen gegen die Türken mit sich bringe –, grundsätzlich willens zu sein, die in Wiener Neustadt gefällten Entscheidungen anzuerkennen, ein Heer aufzustellen, einen ungehinderten Durchmarsch der gegen die Türken ziehenden Truppen zu garantieren und reichlich Handelsgüter zu guten Preisen zu gewährzceit eyne solche gestalt, das seine maiestat gein Wienn nymands von seinen treffenlichen reten sicher prengen mocht. Darumbe so schickete er hin den bebistlichen legaten also unterweiset, damit die antwurt herausspracht wurde“ (künftig: RTA 19,3, n° 47f). 167 «Adventus tuus, reverendissime pater, religionis ministrii gratia gratus meritorum tuorum dignus iudice fuit. simul uti equam laboribus tuis estimacionem reperires, tunc se tibi superiori responso serenissimus dominus noster rex equo animo exhibuit, nunc hodie iterato profitetur, testificando palam tuum constantem animum, indefessam operam infatigabilemque pro dignitate ac statu fidei excubacionem magno usui futuram saluti fidelium. non magis ex cura gestarum rerum quam exemplo illustrasti provinciam tuam virtutis diligentia, vacansque favorabili cause gratuitis officiis factus ubique gratissimus» [künftig: RTA 19,3, n° 42 (zur vollständigen Rede siehe auch Vitéz, hg. v. Boronkai, n° 11, S. 276–282; Vitéz, hg. v. Fraknói, S. 25–30)]. 168 «novissime cumulo laborum tuorum id quoque adiecisti, quo plenam benivolenciam amplius compleres, ut venire dignum duxeris in hunc locum, non tam visitaturus regem quam rebus regiis consulturus. exposuisti primum causas adventus tui, postridie aperuisti consilia gerendis pro fide rebus accomoda – tam boni consulis quam consultoris solliciti perfungens officio» [Ebd. (zit. nach RTA 19,3, n° 42)]. 169 «Quibus actis intellexit maiestas regia mentem reverendissime paternitatis tue, in qua non minus magnificum affectum tuum quam propositum pensi habuit. magni estimavit consilia tua, pluris sollicitudinem plurimique vota patefacta […]» (Ebd.). 170 Ebd.

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leisten. Der Bitte des Königs, er möge doch dem Pontifex alles, was gesagt und getan wurde, ausführlich referieren,171 wird Giovanni di Castiglione, der darin gewiß eine Chance erblickte, sich unter dem neuen Papst gleich geschickt zu positionieren, gern nachgekommen sein.172 Wenn Giovanni di Castiglione sich während seiner Abwesenheit aus Wiener Neustadt nicht nur in Wien, sondern auch in dem nahe gelegenen Baden aufhielt,173 so hängt dies wohl nicht nur mit gesundheitlichen Gründen zusammen, sondern auch damit, daß der einflußreiche Trierer Erzbischof, der sich gleichfalls als Vermittler zwischen Friedrich III. und Ladislaus betätigte und dessen Nähe Giovanni di Castiglione offenbar suchte, sich gerne an diesen Ort zurückzog.174 Anfang Mai 1455 jedoch scheint Giovanni di Castiglione der Ansicht gewesen zu sein, vorerst alles Mögliche in Wien und Baden geleistet zu haben, so daß er eine Rückkehr nach Wiener Neustadt und anschließend an die Kurie ins Auge faßte. Am 7. Mai 1455 teilte Enea Silvio Piccolomini, der die Heimreise gemeinsam mit dem päpstlichen Legaten anzutreten gedachte, Giovanni di Castiglione mit, wie sehr ihn die Nachricht von dessen angekündigter Rückkehr nach Wiener Neustadt175 mit Hoffnung erfülle. Er vertraue nun darauf, so fuhr Enea Silvio Piccolomini fort, daß Giovanni di Castiglione innerhalb von acht Tagen zurück sei, damit sie zusammen die Alpen überqueren und sich nach Italien begeben könnten.176 Der Kaiser habe ihm nämlich am 5.  Mai  1455 mitgeteilt, daß er 171 Ebd.

172 Auch den großen Dank, den ihm Vitéz für seinen Besuch und sein Engagement aussprach, wird Giovanni di Castiglione gern gehört haben, obgleich er wußte, daß er dessen Wert, weil die Etikette schlicht eine Danksagung erforderte, nicht zu hoch einschätzen durfte: «Restat ergo iam gratias agere reverendissime paternitati tue, quas re vera dominus noster serenissimus rex magnas et dicit et habet, scilicet de visitacione et visione persone ac de estimacione cara bone valitudinis sue. recognoscit benivolenciam et affectionem tuam erga statum suum, maxime vero hanc perseveranciam, quam in promovendis rebus fidei non solum salvasti, sed supra spem extulisti, reputatque maiestas operarius frequentius pertractares» (Ebd.). 173 So heißt es am Ende von Enea Silvio Piccolominis Schreiben an Giovanni di Castiglione vom 7. Mai 1455: «Vale, optime. non tamen balnearum voluptas prolixius te teneat» (BAV, Ottob. lat. 347, fol. 87v). 174 Schon vor Beginn des Reichstages hatte sich der Trierer Erzbischof Ende Januar / Anfang Februar zur Erholung an diesen Ort begeben. Siehe hierzu etwa Enea Silvio Piccolominis Schreiben an Jakob von Sierck vom 5. Februar 1455 (künftig: RTA 19,3, n° 6h), an Johannes Capistran von 8. Februar 1455 (Ebd., n° 50b) und an Kardinal Carvajal vom 12. März 1455 (Ebd., n° 27c). 175 Dieses Schreiben des Giovanni di Castiglione wurde bislang noch nicht aufgefunden (siehe hierzu künftig: RTA 19,3, n° 51e Anm. 3). 176 «Recreat me spes tui reditus, si tamen ita erit, ut scribis. solus nanque mihi videbar esse, cum dissoluto conventu domi quiescerem ociosus. quod si redibis intra octendium confido. simul dulcem Italiam visitabimus et nova legemus ceresa. in Alpibus autem Germanie, que medie interiacent, fragra reperiemus, quibus inter equitandum refrigeremur» (Enea Silvio Piccolomini an Giovanni di Castiglione, 7. Mai 1455, wie Anm.173). – Am 3. Mai 1455 hatte der Bischof von Siena sowohl Gregorio Lolli als auch Francesco Agnifili und Francesco Tolomei mitgeteilt, daß er innerhalb der nächsten zwölf Tage aufbrechen wolle (siehe hierzu künftig: RTA 19,3, n° 51b2, n° 51b3, n° 51b4).

VI.2 Der Reichstag zu Wiener Neustadt (Februar – April 1455)

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die Ankunft des päpstlichen Boten nicht abzuwarten brauche, falls die Wahl des neuen Papstes eindeutig sei.177 Um den 10. Mai 1455 scheint sich in der Tat eine baldige Rückkehr des Bischofs von Pavia an die Kurie abgezeichnet zu haben, unterrichtete ihn Enea Silvio Piccolomini doch an diesem Tag davon, daß er den Gurker Bischof Ulrich Sonnenberger, welcher ihn wegen einer Zahlung, die er der Kurie zu leisten habe, angesprochen hätte, an den päpstlichen Legaten verwiesen habe, weil dieser – da er selbst zunächst noch in Venedig Station einzulegen habe178 – auf jeden Fall als erster in Rom eintreffen werde.179 Zwar verzögerte sich die Abreise Giovanni di Castigliones und Enea Silvio Piccolominis noch um einige Tage,180 doch wird als unbestritten gelten dürfen, daß Giovanni di Castiglione  –  nachdem er durch seine Vermittlertätigkeit im Anschluß an den Reichstag auch noch in Wien einen positiven und nachhaltigen Eindruck hinterlassen hatte181 – großes Interesse daran besaß, möglichst bald an 177  «Caesar nudiustertius [5. Mai 1455] ait, velle me non expectato nuntio summi pontificis iter arripere, quando certa est illius electio sine competitore […]» (Enea Silvio Piccolomini an Giovanni di Castiglione, 7. Mai 1455, wie Anm. 173). – Zu diesem Zeitpunkt wußte der Bischof von Siena bereits, daß Calixt III. zum Papst erwählt worden war (siehe hierzu etwa das Schreiben des Enea Silvio Piccolomini an Juan de Carvajal vom 3. Mai 1455, künftig: RTA 19,3, n° 51a). Die Nachricht hatte Enea Silvio jedoch nicht von Kardinal Carvajal erfahren, sondern offenbar von Giovanni di Castiglione, der diese Mitteilung wiederum von Kardinal Scarampo erhalten hatte: «Habes novum pontificem et laetaris. id non didici litteris tuis. cardinalis sancti Laurentii in Damaso Papiensi episcopo hoc rescripsit» (Ebd.). 178 Friedrich  III. hatte Enea Silvio Piccolomini beauftragt, er möge doch, bevor er dem Pontifex die Oboedienzbekundung des Kaisers übermittle, Station in Venedig einlegen, um hier in Erfahrung zu bringen, welche Schritte die Serenissima im Hinblick auf den Türkenkreuzzug zu unternehmen beabsichtige. Daß er sich zunächst nach Venedig begeben würde, hatte der Bischof von Siena bereits am 3. Mai 1455 Francesco Agnifili, dem Vikar der Diözese Siena, mitgeteilt (künftig: RTA 19,3, n° 51b3). 179 «Gurczensis episcopus heri [9. Mai 1455] ad me venit aitque se Rome obligatum esse in aureis quinquaginta et ducentis, quos eo missurus esset. quesivit ex me tutum mittendi modum. persuasi sibi, eos tue dignationi crederet, que ante me Romam petitura esset. respondit placere sibi consilium, si litteris tuis cautior fiat, pecuniam Romae ad præstitutam diem his, quibus debetur, solutum iri. hec volui ut scires» (Enea Silvio Piccolomini an Giovanni di Castiglione, 10. Mai 1455, künftig: RTA 19,3, n° 51k2). 180 Am 15. Mai 1455 schrieb der Bischof von Siena an den aus Volterra stammenden, in der böhmischen Kanzlei tätigen Niccolò Lisci, daß er noch sechs Tage in Wiener Neustadt bleiben werde (künftig: RTA 19,3, n° 51u). Einen Tag später teilte Enea Silvio Piccolomini dann Ludovico Scarampo mit, er und Giovanni di Castiglione würden sich innerhalb der nächsten sechs Tage auf den Weg machen: «Dominus Papiensis et ego infra sex dies hinc iter arripiemus et annuente divina gratia dignationem tuam Rome videbimus» (Ebd., n° 51p). Am 23. Mai 1455 wiederum ließ Enea Silvio Piccolomini den Trierer Erzbischof wissen, er werde am folgenden Morgen Wiener Neustadt verlassen (Ebd., n° 51q). Doch offenbar brachen Enea Silvio Piccolomini und Giovanni di Castiglione letztlich erst Anfang Juni 1455 auf (siehe hierzu ebd., Kap. M). 181 So hatte er auch dazu beigetragen, daß ein bis zum 24. August 1455 währender böhmischsächsischer Waffenstillstand ausgehandelt wurde und man darüber übereingekommen war, am 10. August 1455 einen „(Schlichtungs‑)Tag“ in Laub oder Brüx abzuhalten (siehe hierüber die Aufzeichnungen über die Verhandlungen aus dem Mai 1455, künftig: RTA 19,3, n° 47e).

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VI. Die Reichstage von Frankfurt und Wiener Neustadt

die Kurie zu reisen, um dort unter Calixt III. eine gute Ausgangsposition zu erlangen und von den häufig zu Beginn eines neuen Pontifikats vorgenommenen Gunstverteilungen zu profitieren.182 Sich in dieser Hinsicht abzusichern und nicht Gefahr zu laufen, sich durch ein Wirken außerhalb des unmittelbaren Blickfeldes des Papstes in ein eventuelles Abseits zu manövrieren, dürfte dem Bischof von Pavia umso sinnvoller erschienen sein, als ihm bekannt war, daß die Günstlinge eines Papstes – und zu den Favoriten von Nikolaus V. kann Giovanni di Castiglione durchaus gezählt werden – unter dessen Nachfolger nicht selten einen schweren Stand hatten.183

182 Giovannis Verwandter, der Skriptor Leonardo di Castiglione, hatte bereits am 20. April 1455 (dem Krönungstag des neuen Papstes) in Sankt Severin und Sankt Georg in Köln Pfründen erhalten (ASV, Reg. Lat. 519, fol. 12v–14r). Auch Giovanni di Castiglione selbst scheint Kanonikate in diesen beiden Kirchen angestrebt zu haben, weiß man doch, daß er 1457 auf Sankt Georg und etwas später auf Sankt Severin verzichtete [siehe hierzu etwa die Dokumente vom 27. Oktober 1457 (ASV, Reg. Suppl. 505, fol. 26v; Reg. Lat. 521, fol. 42v–44r) und vom 4. und 16. September 1458 (ASV, Reg. Suppl. 510, fol. 11vf.; Reg. Lat. 541, fol. 33v–35r; ASV, Reg. Vat. 500, fol. 7v) sowie RG VII/1, n° 1613, 3170]. 183 Vor diesem Hintergrund dürfte Giovanni di Castiglione auch Enea Silvio Piccolomini dankbar gewesen sein, daß dieser am 3. Mai 1455 Kardinal Carvajal nicht nur sich selbst, sondern auch ihn empfohlen hatte: «ego propediem iter ad vos arripiam. iubet enim imperator, ut novo pontifici suo me nomine representem. intra sex aut septem ebdomadas, nisi fallor, te Romae visam. multa dicturus sum vel convitia dignationi tuae. appara aures non solum mihi, sed etiam Papiensi episcopo. ambo in te armati veniemus» (künftig: RTA 19,3, n° 51a).

VII. Der Griff nach dem roten Hut VII.1 „… ein anderer wurde gewählt, über dessen Gesinnung ich unsicher bin. Das große Rad hat sich gedreht …, die einen sind emporgestiegen, die anderen abgesunken“1 – Sicherung und Ausbau der eigenen Position unter dem neuen Pontifex Eine Chance, sich unter dem neuen Pontifex eine gute Position zu sichern, mag Giovanni di Castiglione gewiß darin erblickt haben, sich nunmehr als Vermittler zwischen Mailand und der Kurie anzubieten. So wußte der Bischof von Pavia zweifelsohne um die Bedeutung,2 die der neue Papst dem Mailänder Herzog nicht zuletzt deshalb zumaß, weil er sah, wie unentbehrlich die Unterstützung durch dessen Truppen3 war, wollte er den durch den Abschluß des Friedens von 1 «creatus est alius, de cuius animo sum incertus. revoluta est magna rota: qui summi erant, infimi facti sunt, alii creverunt, alii ceciderunt» (Enea Silvio Piccolomini an Stefano Caccia, 3. Mai 1455, künftig RTA 19,3, n° 51b1). 2 Wie sehr der neue Pontifex den Mailänder Herzog schätzte, war Francesco Sforza bereits am 28. Mai 1455 von Nicodemo Tranchedini und Bartolomeo Visconti mitgeteilt worden: «heri havemo le vostre de 19, cum essa una quantità de lettere et copie de Romagna. Questa sera le legemo a nostro signore, poy dicemo a boca quel ne parme necessario. Soa sanctità mostrò havere tuto carissimo et in più fiate usò queste parole formalmente: ‹Noy credevamo già che niuno potesse veramente havere del magnanimo né potesse pervenire ad gran fastigio et alteza se non participava de sangue reale, ma per certo el non è vero perché, quantunche el signor duca vostro non habia havuta origine regale, ne pare el più compito signore che praticassimo mai. Et benché bon tempo fa habiamo havuta bona opinione de soa celsitudine pur, quanto più el manegiamo, più ne pare se governi cum gran mesura et summa prudentia› […] Et ha bon iuditio re de Ragona, al quale habian sentuto dire che solamente extimava doy homini al mondo, prima questo vostro signore, poy el conestabile de Castella, et qui, cum gran vehementia, se extese ad comendare vostra illustrissima signoria et concluse ve è tropo obligato et che may ve mancharà. […] Et che al tuto ha deliberato retenersi cum vostra celsitudine et quella acarezare, honorare et favorezare per omne modo, se ben dovesse per questo patere omne gran persequutione, et tanto se rescaldò in questo rasonamento che disse pateria prima essere privato del papato et caciato de Roma che mai patesse verun vostro mancamento, né facesse cosa ve potesse increscere. Et che intende quel sa et p[u]ò fare un privato homo, nedum un signore de la valuta che è vostra signoria. Et che se refidava farate el simile verso de luy, et devetelo fare perché non porate havere havuto in questo pontificato ytaliano né altri che tanto cordialmente ve amasse quanto luy […] » (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die; siehe hierzu auch das auf diesen Brief Bezug nehmende Antwortschreiben des Herzogs vom 1. Juni 1455, ebd., sub die). 3 Zu Francesco Sforzas Heer siehe Peter Blastenbrei, Die Sforza und ihr Heer. Studien zur Struktur-, Wirtschafts‑ und Sozialgeschichte des Söldnerwesens in der italienischen Früh­ renaissance, Heidelberg 1987 (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Ge-

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Lodi zunehmend unberechenbarer werdenden Söldnerführer Giacomo Piccinino4 in Schach halten. Dieser hatte bereits die Krankheit von Papst Nikolaus V.5 und hernach die vorübergehende Vakanz des apostolischen Stuhls ambitioniert genutzt, um zunächst Bologna und die Romagna zu bedrohen und sich, nachdem ihn der Mailänder Herzog auf Wunsch des Papstes zurückgedrängt hatte, schließlich gegen Siena gewandt.6 Bereits im Juni 1455 klagte Calixt III. darüber, daß ihn die Bekämpfung Piccininos schon 70.000  Dukaten gekostet habe  –  eine Summe, die er lieber für den Türkenkrieg verwandt hätte.7 Dennoch sei dieser Betrag zu Recht investiert worden, denn der Söldnerführer, der den Frieden Italiens bedrohe, müsse schon allein zur Abschreckung derjenigen, die auf ähnliche Gedanken kommen könnten, unschädlich gemacht werden, weil die Eintracht der italienischen Staaten genauso wichtig wie die Bekämpfung der Türken sei. Da sich beides gegenseitig bedinge, könne ein erfolgreicher Zug gegen die Türken nicht durchgeführt werden, solange Italien nicht befriedet sei.8 In den Briefen, die Giovanni di Castiglione nach seiner Rückkehr aus dem Reich an Francesco Sforza sandte, erwähnte er die von dem Söldnerführer ausgehende Gefahr nicht, obwohl sie ausführlichst in einem Großteil der zwischen der schichte NF 1); Maria Nadia Covini, L’esercito del Duca. Organizzazione militare e istituzioni al tempo degli Sforza (1450–1480), Rom 1998 (Nuovi studi storici 42). 4 Zu diesem Söldnerführer siehe Serena Ferente, La sfortuna di Jacopo Piccinino. Storia dei bracceschi in Italia 1423–1465, Florenz 2005 (Studi – Accademia Toscana di Scienze e Lettere la Colombaria 229). 5 Schon am 13. März 1455, gut zehn Tage vor dem Tode des in der Nacht vom 24. auf den 25. März 1455 verschiedenen Papstes Nikolaus V., hatte der Bischof von Chiusi dem Mailänder Herzog mitgeteilt, man gehe davon aus, daß Giacomo Piccinino Unruhe stiften werde: «Qua molto si dubita che el m° conte Iacomo Piccinino non facci grande scandalo alle terre della chiesa, o nella Marcha, o nel ducato, o a Bologna» (zit. nach Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 634 f. Anm. 3). 6 Siehe hierzu Luciano Banchi, Il Piccinino nello stato di Siena e la lega italica, in: ASI a. 4, s. 4, 10 [112] (1879), S. 44–59; Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 668 f.; sowie speziell zu den Bemühungen des Mailänder Herzogs, den Sölderführer in Schach zu halten, die Arbeit von Luigi Fumi, Francesco Sforza contro Jacopo Piccinino, dalla pace di Lodi alla morte di Calisto III, Perugia 1910. 7 «Aviso vostra signoria como, fra l’altri rasonamenti hebe hieri il papa cum li oratori Venetiani, me disse che, respondendoli a l’impresa del Turco, alla quale il confortareno asay, se condolse molto cum essi de l’impresa del conte Iacomo, per la quale già haveva facto debito più che LXX mila ducati, li quali sarebe stato meglio exponere contra esso Turco […]» (Bartolomeo Visconti an Francesco Sforza, 29. Juni 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 41; vgl. Ungedruckte Akten zur Geschichte der Päpste vornehmlich im XV., XVI. und XVII. Jahrhundert, Bd. I: 1376–1464, hg. v. Ludwig Pastor, Freiburg / Br. 1904, n° 34, S. 45 f.). 8 «[…] disse […] che ben li fosse stata grave dicta spexa de ducati LXX mila, nondimeno, s’el dovesse ancora exponere quanto el potrà may cavare del papato, dispone non aliter perseverare contra luy ch’el faria contra il Turco, perché non s’habia gloriare luy, né chi l’a messo in quisti zambelli del suo mal pensero, et chi altri soy pari prendano exemplo de non saltare cussì legieramente in simile imprese, declarandoli non esserli manco cara la conservatione de la pace et Liga Italica che la defensione de la fede, presertim havendo l’una tanta dependentia da l’altra che non sia possibile attendere a dicta defensione senza essa pace […]» (Ebd.).

VII.1 Sicherung und Ausbau der eigenen Position unter dem neuen Pontifex

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Kurie und Mailand gewechselten Korrespondenz abgehandelt wurde.9 Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Giovanni di Castiglione dieses Thema bewußt ausblendete. Denkbar wäre natürlich, daß er diesen Gegenstand mied, weil es gerade für ihn, der soeben aus dem Reich zurückgekehrt und mit den genauen Hintergründen nicht vertraut war, schwierig gewesen wäre, so tief in die Materie einzusteigen, daß er Interessantes zu diesem Thema hätte beitragen können. Wahrscheinlicher dürfte indes sein, daß Giovanni di Castiglione sich zu diesem Schritt entschied, weil sich bereits sein Kontrahent, Bartolomeo Visconti, der Bischof von Novara,10 durch das Abfassen detaillierter, mehrseitiger Berichte zu profilieren suchte11 und es Giovanni di Castiglione daher für vorteilhafter erachtete, sich nicht auf das Terrain seines Kontrahenten zu begeben, sondern seine eigene „Nische“, die das Reich und Ungarn darstellten, von Rom aus weiterzupflegen. Auch könnte man sich durchaus vorstellen, daß der Bischof von Pavia die Gefahr sah, die ein zu starkes Interesse barg, das man Giacomo Piccinino entgegenbrachte, bestand doch immer das Risiko, daß jemand, der sich für dieses Thema als Experte ausgab, mitunter als Vermittler selbst direkt an den Ort des Geschehens entsandt wurde. (In der Tat sollte gerade dieses Schicksal, nachdem Giovanni di Castiglione vermutlich etwas nachgeholfen hatte, später den Bischof von Novara ereilen.12) Da es auf diesem Feld – im Vergleich zu dem der „Reichspolitik“ – ohnehin nur wenige Lorbeeren zu ernten gab, schien es Giovanni di Castiglione sinnvoller, seine Kräfte nicht hier zu vergeuden, sondern sie anderweitig zu nutzen. So legte der Bischof von Pavia besonderen Wert darauf, den Herzog über das große Wohlwollen, das der Pontifex Francesco Sforza entgegenbrachte, zu informieren, also grundsätzlich Erfreuliches zu berichten: Er meldete dem Herzog etwa am 5. Juli 1455, der Papst habe ihm gegenüber geäußert, er schätze Francesco Sforza dermaßen, daß er, wenn es notwendig würde, bereit wäre, auch sein Blut für diesen zu vergießen.13   9 Siehe für die Monate von Mai bis August  1455 etwa die Schreiben des Bartolomeo Visconti, des Nicodemo Tranchedini und des Giacomo Calcaterra vom 2., 7., 22., 28. und 29. Mai 1455, vom 15. und 29. Juni 1455, vom 4., 7., 9., 15. und 20. Juli 1455 und vom 8., 10. und 23. August 1455 oder etwa die Briefe des Herzogs vom 7. und 19. Mai 1455, vom 1. Juni 1455, vom 17., 27., 29. und 30. Juli 1455 und vom 1., 7., 8., 11., 16., 20., 24., 26. und 31. August 1455 (ASMi, Sf., PE, Roma 41/42, sub die). – Lediglich am 9. September 1455 drückte Giovanni di Castiglione gegenüber Francesco Sforza einmal kurz sein Bedauern darüber aus, daß der Söldnerführer durch sein Handeln den Papst an seinen Kreuzzugsvorbereitungen hindere: «la soa sanctità […] ha ferventissimo desiderio contra lo Turco, et è grande peccato che se li presta impedimento, maxime per questo fatto del conte Iacobo» (Ebd., sub die; vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 838 f.). 10 Zu Bartolomeo Visconti siehe Chiara Baglione, La singolare figura di un vescovo intraprendente a Novara. Bartolomeo Visconti (1402–1457), in: Bollettino storico per la provincia di Novara 63 (1972), S. 3–27. 11 Siehe hierzu etwa die an den Herzog gerichteten Schreiben des Bartolomeo Visconti vom 2., 7., 24. und 28. Mai 1455 sowie dessen Briefe vom 4., 9., 15. und 20. Juli 1455 (ASMi, Sf., PE, Roma 42). 12 Siehe hierzu unten, Kap. VII.2. 13 «Questa nocte passata ho receute le lettere de la signoria vostra, e regratio la illustrissima excellentia vostra che se degna de me scrivere alchuna volta. Sono qui apparegiato a tutti li comman-

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Vor solchem Hintergrund spekulierte Giovanni di Castiglione – mit besonderem Blick auf die in absehbarer Zeit anstehenden Kardinalserhebungen – gewiß darauf, dieses Wohlwollen gegenüber dem Mailänder Herzog auch zu seinem eigenen Vorteil nutzen zu können. In diesem Sinne bat er Francesco Sforza am 5. Juli 1455 nachdrücklich, er möge ihn doch dem Papst empfehlen und diesem zu verstehen geben, welch treuer Diener er dem Herzog sei.14 Doch Giovanni di Castiglione hatte einmal mehr das Nachsehen. Zwar war Giacomo Borromeo, sein einstiger Konkurrent im Kampf um den roten Hut,15 inzwischen gestorben, doch hatte der Herzog mittlerweile mit Bartolomeo Visconti, dem Bischof von Novara, einen neuen Kandidaten gefunden, dem er den Purpur zu verschaffen wünschte. Die Befürchtung, er könne dessen Aussichten schmälern, wenn er auch andere Anwärter für einen Kardinalshut lancierte, war wohl dafür verantwortlich, daß der Herzog von einer stärkeren Fürsprache für Giovanni di Castiglione absah, dessen Obsiegen im Ringen um die Diözese Pavia für ihn ohnehin noch einen bitteren Nachgeschmack hatte.16 damenti de la excellentia vostra. Me piace sommamente che questo papa ha carissima la signoria vostra, de la qualle, faciando mi per mio debito mentione a la sanctita soa, me rispose queste parole in forma: ‹[…] ego sum tantum obligatus domino duci vestro quod, si essem necesse, darem sibi de sanguine meo›. Audito questo, regratiai molto la soa sanctità» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Die Bereitschaft, sein Blut zu vergießen, scheint der Pontifex auch gegenüber den herzoglichen Gesandten erwähnt zu haben: «[…] et cum molte cordiale parolle più volte replicando como sempre el fu, et è, desideroso de fare cossa grata ad la signoria vostra, cossì per rispecto de la bone memorie de vostro padre como per le virtute vostre et benefiti facti per vuy ad sancta chiesa, offerendose ad exponere per la signoria vostra non solamente parolle et roba, ma del sangue proprio, quando la signoria vostra gli ne rechedesse. Et qui, como habiamo dicto di sopra, ha usato tante bone et cordiale parolle che noy comprendiamo essere in la sanctità sua se non sincerità et amore, et non puncto fictione ni simulatione […]» (Giacomo Calcaterra, Alberigo Maletta und Giovanni Barbavara, der Bischof von Tortona, an Francesco Sforza, 8. Juli 1455, ebd.). 14 «Molto me sarea caro, e de questo strettamente prego la signoria vostra, mi ricommandasse per le soe lettere a la sanctità soa, non per preiudicare a nessuno, ma solamente che in questa novità la sua sanctità intendesse che la signoria vostra me ha caro, e in lo numero de li soi fideli servitore. Si tamen questa mia instantia fusse onerosa a la excellentia vostra, non ne piglia za altro afano» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 5. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 15  Siehe hierzu oben, Kap. III.4. 16 Diese Niederlage hatte der Herzog nach wie vor nicht vergessen, kam er doch am 27. Juni 1455 gegenüber seinen Gesandten in Rom nochmals darauf zu sprechen, daß die Vergabe des Bistums Pavia an Giovanni di Castiglione eigentlich gegen seinen Willen erfolgt sei und Nikolaus V. ihm sozusagen als Entschädigung die Abtei Cerreto zugesichert habe, die Calixt III. nun aber entgegen dem Versprechen des Vorgängers nicht seinem Kandidaten, sondern Filippo Calandrini, dem Kardinal von Bologna, überlassen habe: «Crediamo debiati sapere como ne li tempi passati, vacando el vescovato de Papia, nuy supplicassemo a la sanctità del papa Nicola che si dignasse conferirlo a misser Iacomo de Crivelli, abbate de Rippalta de Terdonese. Et la sua sanctità non volesse compiace[r]ne de dare dicto vescovato al dicto abbate, deliberando quella de volerlo dare al vescovo tunc de Constantia, per el che ne stete più di grande difficultate. Et interim, vacando l’abbatia de Cerreto, credete essa sua sanctità fare remanere contento dicto abbate de dicta abbatia de Cerreto, et monsignore de Constancia havesse lo vescovato de Pavia, quale abbate non volse acceptare dicta abbatia. Tandem, pur remanendo la soa sanctità cossì difficile in non volere dare dicto vescovato al prenominato abbate, et successive accadendo venire a Milano,

VII.2 Vom Gewinnen neuer Bündnispartner und vom Entfernen der Kontrahenten

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VII.2 „… sie haben überlegt, daß ich für einige Tage komme und diesen Kelch trinke“17 – Vom Gewinnen neuer Bündnispartner und vom Entfernen der Kontrahenten Giovanni di Castiglione, dem es nicht fremd war, daß ihm Hindernisse in den Weg gelegt wurden, griff daher einmal mehr auf seine altbewährte Praktik des Sich-Gutstellens mit den herzoglichen Gesandten in Rom zurück. Er hatte dabei vor allem Giacomo Calcaterra18 im Blick, der erst am 3. Juli 1455, als Ersatz für Nicodemo Tranchedini, in Rom eingetroffen war19 und sich dennoch schnell ein hohes Ansehen beim Pontifex und den Kardinälen hatte verschaffen können.20 Wenn Giovanni di Castiglione den Auftritt, den Giacomo Calcaterra am 7. Juli 1455 im öffentlichen Konsistorium hatte, gegenüber Francesco Sforza noch am selben Tage als äußerst gelungen beschrieb und betonte, der Herzog habe damit genau richtig gehandelt, gerade den begabten Calcaterra zu seinem como ve deveti recordare, el reverendissimo cardinale Andegavense [= Estouteville], quale, et per parte del prefato papa Nicolò, et per si medesmo, de ciò ne fece tante instancie remanessemo contenti ch’el dicto vescovato fosse conferito al prefato misser lo vescovo alhora de Constantia. Et nuy supplicassemo a la soa sanctità che, consyderata la importantia grandissima al stato nostro del sitto de la dicta abbatia de Cerreto, quale, como sapeti, ne li tempi passati de la guerra cum Venetiani ne ha dato da far assay, se dignasse conferirla ad quello che nuy preponeressemo ad essa soa sanctità, ad nuy et al stato nostro grato et fidele. Et essa soa sanctità, respondendone per soe breve, ne scripse et promesse essere cossì contenta. Et postremo, supplicandogli nuy che la volesse conferire al reverendissimo d. Bartolomeo di Sechi [= Bartolomeo Secchi], prothonotario, ad nuy grato et fidele, sufficiente et ydoneo ad tale dignitate, la soa sanctità, non observandone dicta promessa, nedum non volse compiacerne, imo dicta abbatia l’a conferite al reverendissimo monsignore cardinale de Bologna [= Calandrini], suo fratello, in commenda […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). – Zu dieser Angelegenheit siehe auch unten, Kap. VII Anm. 120 sowie Ansani, La provvista, S. 48 Anm. 177. 17 «[…] hano pur deliberato ch’io venga, per alcuni pochi dì, a bevere questo calice […]» (Bartolomeo Visconti an Nicodemo Tranchedini, 13. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). – Zu diesem Schreiben siehe ausführlicher unten, Kap. VII Anm. 27. 18 Zu Giacomo Calcaterra, dessen Brüder Antonio und Filippo auch in dessen Korrespondenz Erwähnung finden (siehe etwa Giacomos Schreiben an Francesco Sforza vom 27. April 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43) und der, bis er im September 1456 bei einem Unfall im Tiber ertrank, eine wichtige Rolle in Rom spielte, siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 152 f.; Franca Petrucci, Calcaterra, Iacopo, in: DBI 16 (1973), S. 512–513. 19 Daß Calcaterra am 3. Juli1455 in Rom Einzug gehalten hatte, ergibt sich aus einem Schreiben, das Giacomo Calcaterra, Alberigo Maletta und Giovanni Barbavara, der Bischof von Tortona, am 8. Juli 1455 an Francesco Sforza richteten (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Wahrscheinlich zählte Giovanni di Castiglione auch zu dem großen Empfangskomitee, das Giacomo Calcaterra und dessen Kollegen an diesem Tag begrüßte. In dem erwähnten Schreiben lesen wir diesbezüglich: «intrasimo in Roma ad XXII hore, acompagnati da la fameglia de tuti li cardinali chi se trovano qui, et da la fameglia propria del papa, oltr’a molti altri vescovi et prothonotarii et reputate persone […]» (Ebd.). 20 Dies bestätigte auch der Bischof von Novara dem Mailänder Herzog am 9. Juli 1455: «[…] et per pigliare il tempo che d. Iacomo ce sia per farli pigliare credito, como scrive vostra signoria, el quale però già s’ha acquistato per sua virtute, sì presso la sanctità sua, como de tuti li cardinali […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Prokurator zu ernennen,21 dürfte der Bischof von Pavia wohl gehofft haben, über den Umweg dieses überschwenglichen Lobes die Sympathie des neuen Gesandten zu gewinnen,22 denn daß dieser von dem sehr positiven Votum erfahren würde, stand außer Frage. Vermutlich wird Giovanni di Castiglione zudem darauf gesetzt haben, daß es Francesco Sforza leichter fallen werde, Bartolomeo Visconti aus Rom wieder abzuziehen, wenn er wußte, daß er mit Calcaterra einen so wertvollen Ersatz für Tranchedini gefunden hatte und nun keinen weiteren Berichterstatter mehr benötigen würde. Dieser Umstand und die Hoffnung, bald wieder in der Lombardei zu sein, könnten auch den Bischof von Novara dazu veranlaßt haben, die Rede Calcaterras zu loben.23 Das Verhalten des ebenfalls mit einem Kardinalat liebäugelnden Bischofs von Novara indes dürfte im übrigen als etwas ungeschickter zu werten sein als das Giovanni di Castigliones, gab doch Bartolomeo Visconti, den der Mailänder Herzog bewußt bereits während des Konklaves in Rom als Berichterstatter plaziert hatte, seinem Herrn am 24. Mai 1455 zu verstehen, daß er – auch wenn es dieser nicht gerne sehe – bevorzuge, der Kurie während der größten Hitze nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen für mindestens drei Monate den Rücken zu kehren und sich in die Lombardei und in sein Bistum zur Regelung gewisser Angelegenheiten zurückzuziehen.24 21 «Pose le altre mee lettere non acade scrivere altro, se non che hogi li ambassatori de la signoria vostra hano proposto denanze a nostro signore in consistorio publico, e messere Iacobo Calcaterra ha fatto una egregia oratione, degna de recommendatione. Me pare che la signoria vostra ha optimamente deliberato in constituendolo so procuratore in questa corte, donde sempre depende molte cosse de stati» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 22 Giacomo Calcaterra berichtete dem Herzog im übrigen ebenfalls am 8. Juli 1455 in einem gemeisam mit Alberigo Maletta und Giovanni Barbavara verfaßten Schreiben von seiner im Konsistorium gehaltenen Rede, allerdings mit wesentlich mehr Zurückhaltung, so daß ihm das große Lob des Giovanni di Castiglione gewiß geschmeichelt haben dürfte: «heri, inance el disinare, el sancto padre ne dedi loco et audientia in consistorio, in presentia de li cardinali et molte ambassarie, et spetialmente de l’ambassaria de Venetiani et Fiorentini, de li quali Fiorentini una persona sola è qui. Et lui fecimo proposta nostra et la debita obedientia ad la sanctità sua, ad nome de la excellentia vostra, habita oratione per mi, Iacomo. Dopo questo, piacque ad la prefata sanctità sua de darme audientia privata, pose el disnare, la quale audientia fu tanto benigna, humile et gratiosa quanto dire se potesse […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 23  Anders als im Schreiben des Giovanni di Castiglione, dessen Absicht in erster Linie war, die Leistung des Giacomo Calcaterra zu würdigen, um diesen für sich zu gewinnen, scheint es in dem Brief vom 9. Juli 1455 die vorrangige Intention des Bischofs von Novara gewesen zu sein, den Herzog zu dem sicheren Gespür zu beglückwünschen, das dieser bei der Auswahl seines „Personals“ (dem ja auch der Bischof von Novara selbst angehörte) an den Tag lege: «[…] et quanti fureno presenti a la oratione ch’el fece quando [pre]stassemo l’obedientia, qual fue cossì ben ornata et meglo pronuntiata che fue comendata supra quanti oratori fussero ancora stati qua, non senza grandissima laude et reputatione de vostra signoria, qual tra l’altre cosse fu molto commandato de questo che mandò persone forbite, et maxime dal conte Ianni, qual ha dicto più volte che in questo vostra signoria demonstra bene la prudentia sua. Qual non vorebe però pensasse che questo dicesse per mi […], ma el dico solo per confortare […] vostra signoria ad fare cossì per l’avenire […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 24 «Per evitare li caldi, che soleno essere qua pericolosi ad ogni persona, sed maxime a quelli sono gravati de passione renale como son mi, si etiamdio perché, dovendo continuare qua, como essendo in piacere de vostra signoria, senza riguardo de alcuna mia comoditate, al tuto dispono e

VII.2 Vom Gewinnen neuer Bündnispartner und vom Entfernen der Kontrahenten

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Unzweifelhaft hätte Giovanni di Castiglione eine baldige Abreise seines Kontrahenten sehr in die Hände gespielt, doch weigerte sich Calixt III., den Bischof von Novara zu beurlauben, und verlangte, dieser solle so lange nicht zum Mailänder Herzog zurückkehren, bis die Angelegenheit des Unruhe stiftenden Giacomo Piccinino gelöst sei.25 Vermutlich wird Giovanni di Castiglione daraufhin seine Beziehungen genutzt haben, um seinen Opponenten wenigstens für einige Zeit von der Kurie zu entfernen. So dürfte er dem Papst suggeriert haben, er müsse Bartolomeo Visconti zur schnelleren Lösung des Problems direkt „ins Feld“, sprich dichter an den Kriegsschauplatz, schicken. Die Freude auf seiten Giovanni di Castigliones wird sicherlich groß gewesen sein, als der Papst dem Bischof von Novara den Auftrag erteilte, sich ebenso wie Giacomo de Racaneto, Erzbischof von Ragusa, der „Sache Piccinino“ unmittelbar vor Ort anzunehmen, und Bartolomeo Visconti in der Nacht vom 13. auf den 14. Juli 1455 von Rom aufbrach.26 Dessen Begeisterung hielt sich, wie man sich vorstellen kann, in Grenzen: Zwar habe er es akzeptiert, „aus diesem Kelch zu trinken“,27 doch habe er den Auftrag – wie er Nicodemo Tranchedini28 am 13. Juli 1455 versicherte – nur aus Gehorsam dem Pontifex und dem Herzog gegenüber akzeptiert. Dagegen, daß er die Gefahren, wie viele dächten, gerne auf sich genommen habe, weil er davon m’è necessario ad minus dimorare tri mesi nel vescovato mio per ordinare li fatti mei, quali per la brevitate del tempo hebe, al partire mio di là, lassay tuti incomposti; como etiam perché qua non vedo sia, de presenti, cossa importante a vostra signoria da agitare, per la quale sia opportuna la dimora mia qua, poych’el s’è reducta quella del conte Iacomo, che solla ce restava d’alcun peso, a termini tali che vostra signoria non havrà dubitare se facio etiam in la absentia mia altro che quello havrà inteso per le lettere nostre heri mandate, ho deliberato, venuti che siano li vostri oratori et prestata che sia l’obedientia, levarmi da qui per venire asiatamente fin a la presentia de vostra signoria, la quale parme milli anni che non habia visitata. Et poy, cum soa bona licentia, transferirme nel veschovato et fare quanto è dicto, deinde ritornare da ley, et fare circa el venire in qua quanto li piacerà et de bona vogla […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 25 «Et è firma intentione de la beatitudine d’esso papa ch’el dicto episcopo non ne retorna da la signoria vostra per fine che cessa la impresa del conte Iacobo […]. Et questa parte, cioè del volere del papa che lo episcopo se habia ancora uno pezo a dimorare, cognobe expressamente de bocha de la sanctità sua […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 14. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 26 «Ne la nocte passata se partite da Roma per andare in campo, lo reverendissimo monsignore nostro de Novaria, come credo serà ancora per sue littere vostra excellencia avisata. Et questo ha facto per commandamento et impositione de la sanctità del nostro signore papa […]» (Ebd.). – Das entsprechende, an Francesco Sforza gerichtete Schreiben von Bartolomeo Visconti, auf das Giacomo Calcaterra verweist, ist auf den 15. Juli 1455 datiert (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 27 «Nostro signore ha convocato questa mane tuti li cardinali et, communicatoli quanto haveti tuti di là scripto, li ha poy domandato del apparere loro circa el venire mio […], aperienoli alcune, et non tute, de quelle rasone, per che serà inducto a mandarmi per suegiare il capitaneo, et poy a farmi suprastare, perché li parea fusse asay per questo acto suegiato. Et finaliter tuti, insieme cum sua sanctità, hano pur deliberato ch’io venga, per alcuni pochi dì, a bevere questo calice […]» (Bartolomeo Visconti an Nicodemo Tranchedini, 13. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 28 Nicodemo Tranchedini war zu dieser Zeit als Berichterstatter in Florenz eingesetzt. Zu dessen florentinischer Korrespondenz mit Francesco Sforza siehe ASMi, Sf., PE, Firenze 267 ff.

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

ausgehe, daß ihm dieses Engagement den roten Hut einbringe, verwahrte sich der Bischof von Novara allerdings entschieden.29 Der einzige Trost mochte für Bartolomeo Visconti die Annahme gewesen sein, spätestens nach zwei Wochen wieder an die Kurie zurückkehren zu können30 – eine Hoffnung, die sich jedoch nicht erfüllte. Die Absenz seines Konkurrenten dürfte Giovanni di Castiglione geschickt genutzt haben. So steht zu vermuten, daß der Bischof von Pavia bei dem sich nunmehr gegen Visconti anbahnenden Stimmungswechsel mitgewirkt hat. Dieser Umschwung hätte extremer nicht sein können: Als der Bischof von Novara die Kurie verließ, schien der Prälat, den Nikolaus V. hoch geachtet hatte, nicht nur von dessen Nachfolger Calixt III., sondern auch von den Kardinälen geschätzt zu werden.31 Nur einige Monate später aber äußerte sich der Camerlengo Scarampo plötzlich sehr negativ über Bartolomeo Visconti. Er beschrieb diesen als oberflächliche Person, die viel sage und viel verspreche und nie etwas davon tue oder einhalte.32 Zudem bemängelte er das Unvermögen und die Untauglichkeit des Bischofs von Novara bei der Bekämpfung Piccininos und unterstrich, daß, wenn man ihn, Scarampo, mit der Sache betraut hätte, die Angelegenheit innerhalb von zwei Wochen geregelt und der Söldnerführer tot oder lebendig dem Papst übergeben worden wäre.33 Einige weitere Monate später hatte der Bischof dann bei den meisten Kardinälen so sehr an Ansehen eingebüßt, daß diese wörtlich verkündeten, sie würden lieber den roten Hut in die „Scheiße“ schmeißen, als ihn dem Bischof von Novara zuzugestehen.34 29 «[…] non havria acceptata questa impresa per il mio rosso capello […], per il quale molti penserano ch’io voluntera intri in questi fochi et pericoli, sì che per obedire sua sanctità et etiam la illustrissima signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 30 «[…] havendomi scrivere cosa alcuna, potrà mandare li cavallari per la via del campo, per quel tempo gli haverò a stare, che non credo però deba essere più de XV dì» (Bartolomeo Visconti an Francesco Sforza, 15. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). Auch der herzogliche Gesandte Giacomo Calcaterra ging davon aus, daß der Bischof von Novara nach circa zwölf bis fünfzehn Tagen wieder zurückkehren dürfte: «Credo che in brevi retornarà esso episcopo, che serà per fine giorni XII o XV» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 14. Juli 1455, ebd.). 31 Noch am 8. August 1455 hatte Giacomo Calcaterra gegenüber Francesco Sforza diese hohe Wertschätzung des Papstes für den Bischof von Novara zur Sprache gebracht: «Ultra de questo, aviso vostra signoria come la sanctità sua se è deliberata de dare tale et tanta auctoritate in campo al reverendissimo monsignore de Novaria per la summa et mirabile confidentia prende de luy et per lo singulare amore gli porta […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 32 «Ulterius [Scarampo] intrò in sparlare virtuperosamente del reverendissimo monsignore episcopo de Novaria, digando ch’el era persona legiera, ch’el diceva et parlava varie et diverse cose, et ch’el prometteva cose assay et niente faceva» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 29. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 33 «Insuper digando che, si a luy fine al principio fusse stato dato il caricho et facto commissione de questa facenda, in quindici giorni la haveria expedita et mandata ad executione, et haveria dato il conte Iacobo, vivo o morto, in le mane del papa, come luy havesse voluto» (Ebd.). 34 «[…] et sono de quilli che me hanno dicto che buttariano più tosto el suo capello in la merda che consentire ad quello rechiede el nostro cesare» (Bericht des herzoglichen Gesandten Giovanni Caimi an den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). Vgl. auch unten, Kap. VII Anm. 214.

VII.3 Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn

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Gewiß werden Giovanni di Castiglione dabei auch die äußeren Umstände in die Hände gespielt haben. So wird ihm beim Schmieden seiner Ränke zugute gekommen sein, daß die Mission Bartolomeo Visconti wesentlich mehr beanspruchte und erheblich länger von der Kurie fernhielt, als dieser erwartet hatte, und daß sich der Bischof von Novara zudem auf dem Kriegsschauplatz äußerst unglücklich bewegte, dort ungeschickt mit dem Erzbischof von Ragusa wetteiferte35 und auf diese Weise einen recht unvorteilhaften Eindruck hinterließ. Obendrein dürfte der Umstand, daß Bartolomeo Visconti schließlich an leichtem Fieber erkrankte und sich zur Erholung nach Siena zurückzog, Giovanni di Castiglione zustatten gekommen sein, da solches Verhalten allseits mit Unmut aufgenommen wurde.36 Giacomo Calcaterra schien denn auch zu erahnen, welch nachteilige Wirkung eine zu lange Absenz des Bischofs von Novara für dessen Reputation in Rom bedeuten konnte, und so forderte er den Herzog dazu auf, dafür Sorge zu tragen, daß Bartolomeo Visconti schnell gesunde und bald zurückkehre.37 Dieser Appell wiederum zeigt, daß Giovanni di Castiglione den herzoglichen Gesandten zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz für sich gewonnen hatte.

VII.3 „Eure Durchlaucht … wünschte insbesondere von den Angelegenheiten aus dem Reich zu hören“38 – Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn Auch den Herzog abermals mit der Aussicht auf eine Investitur zu locken, schien Giovanni di Castiglione ein wichtiger Schritt zu sein, um die Position seines Kontrahenten zu schwächen. Die Situation mochte für ihn umso günstiger sein, als Enea Silvio Piccolomini zu dieser Zeit als kaiserlicher Gesandter auf dem Weg an 35 Giovanni Caimi schrieb Francesco Sforza am 3.  Februar  1456, nach diesem Wetteifern könnten er und Sceva da Curte nun überhaupt nichts mehr tun oder sagen, um den camerlengo hinsichtlich des Verhaltens von Bartolomeo Visconti zu besänftigen: «Non havemo, d. Sceva e mi, tanto poduto fare né dire cum lo reverendissimo monsignore lo camerlengo ch’el posciamo placare cum el nostro monsignore de Novara. Maxime dapoy che è seguita questa garra fra luy e lo arcivescho, me pare ch’el sia molto indurato cum luy» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 36 So läßt sich auch aus der Wendung „wegen eines leichten Fiebers“, die Giacomo Calcaterra am 8. August 1455 in einem an Francesco Sforza gerichteten Schreiben verwendet, durchaus ein gewisses Unverständnis ob dieser Haltung entnehmen: «[…] il quale, per un pocho de febre gli è venuto, s’è levato de campo et andato a Sena» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 37 «[…] et in tale modo se gli scrivisse che presto se facesse galiardo, se fortificasse de animo et retornasse in campo» (Ebd.). – Am Mailänder Herzogshof indes hatte man wohl schon aus anderer Quelle von dieser Erkrankung erfahren und eben diesen Schritt in die Wege geleitet. So wissen wir aus einem ebenfalls auf den 8. August 1455 datierten Schreiben Francesco Sforzas an Calcaterra, daß er zu diesem Zeitpunkt bereits den erkrankten Bischof von Novara gebeten hatte, nach dessen Genesung nach Rom zurückzukehren (Ebd., sub die). 38 «[…] la signoria vostra […] desiderava intendere particularmente de le cose de Alamagna» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 9. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42, wie unten, Kap. VII Anm. 42).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

die Kurie war, um Calixt III. die Oboedienz Friedrichs III. zu entbieten.39 Sobald Enea Silvio Piccolomini in Rom eingetroffen war, sollte es dem Bischof von Pavia denn auch möglich sein, mit diesem Vertrauten Friedrichs III. über die Investiturfrage zu sprechen, ohne die Kurie verlassen zu müssen. Auch die Tatsache, daß sich die Ankunft des Bischofs von Siena ein wenig hinzog, vermochte Giovanni di Castiglione durchaus ins Positive zu wenden, indem er Francesco Sforza schrieb, man habe auf diese Weise noch ein wenig mehr Zeit, um alles zu überdenken und eine gute Strategie auszuarbeiten.40 Der Herzog indes schien sich tatsächlich damit locken zu lassen, bald über Giovanni di Castiglione als Vermittler Neuigkeiten aus dem Reich zu erhalten. Wie sehr Francesco Sforza sogar einforderte, von Giovanni di Castiglione über die dortigen Entwicklungen informiert zu werden, läßt denn auch das Schreiben, das der Herzog am 24. Juli 1455 an den Bischof von Pavia richtete,41 ebenso erahnen wie dasjenige, das Giovanni di Castiglione im September in seine patria sandte.42 Angesichts seines Interesses am Reich und an Ungarn dürfte Francesco Sforza erfreut gewesen sein, als Giovanni di Castiglione ihm am 23. Juli 1455 mitteilte, die Botschafter des Königs Ladislaus würden bald den Mailänder Herzogshof aufsuchen.43 Man wird annehmen dürfen, daß der Bischof von Pavia dabei den Eindruck zu erwecken verstand, daß das Zustandekommen dieses Besuches größ39 Enea Silvio Piccolomini, der im Auftrag des Kaisers zunächst nach Venedig gereist war (siehe hierzu oben, Kap.  VI  Anm. 178), traf am 10.  August  1455, gemeinsam mit Johannes Hinderbach, in Rom ein, wie wir aus einem Schreiben wissen, das Giacomo Calcaterra an diesem Tag an Francesco Sforza sandte (siehe hierzu unten, Kap. VII Anm. 63). 40 So schrieb Giovanni di Castiglione am 7. Juli 1455 an Francesco Sforza: «Ceterum ho receute lettere de monsignore el vesco de Siena, el qualle anchora era a Portenau [= Pordenone], sì che havemo tempo de deliberare in lo fatto» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 41 «[…] voressimo che la reverendissima vostra paternità ne havesse avisato de le cose de Alamagna como passano, como per altre nostre vi scrissemo desiderare de sapere […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 42 «Per le altre mee lettere credo havere satisfacto a la mente de la signoria vostra, la quale desiderava intendere particularmente de le cose de Alamagna» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 9.  September  1455, ASMi, Sf., PE, Roma  42, wie  oben, Kap.  VII  Anm. 38).  –  Ein ähnlicher Wortlaut findet sich auch in einem weiteren Schreiben des Bischofs von Pavia an Francesco Sforza vom 24. September 1455: «Per le altre mee lettere credo havere satisfatto a la mente de la signoria vostra quanto a le cose desiderava sapere de Alamagna, del Turcho e de lo fatto nostro» (Ebd., sub die). – Politische Entwicklungen und Ereignisse, für die Giovanni di Castiglione kein „Informationsmonopol“ zu haben glaubte und von deren Berichterstattung er sich somit keine unmittelbaren Vorteile für seine Karriere versprach, referierte der Bischof von Pavia indes nicht. So begnügte er sich üblicherweise – wie auch am 9. September 1455 – damit, für alles weitere auf die Briefe Calcaterras zu verweisen: «Credo che, del tutto che acade qui, la illustrissima signoria vostra sia advisata per messere Iacobo vostro procuratore, perho non me extendo più» (Ebd., sub die). In diesem Sinne heißt es auch in einem noch späteren Brief Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 23. November 1455: «[…] non scrivo altro, perché sono certo la excellentia vostra e[s]t de ponto in ponto avisata da quilli hanno ciercha de simile faciende commissione» (Ebd., sub die). 43 «[…] già è data risposta a li ambassatori de re de Ungaria, li qualli presto vegnarano da la signoria vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die).

VII.3 Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn

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tenteils auf sein Wirken zurückzuführen sei. Auch an der Tatsache, daß Calixt III. einen Kardinallegaten mit Vollmachten ins Reich zu senden beabsichtigte, der sowohl im Reich wie auch in Ungarn für die Aufstellung des Türkenheeres werben sollte, will Giovanni di Castiglione großen Anteil gehabt haben.44 Wenn er obendrein schreibt, er habe den Papst um diese Entsendung aus einem Grund gebeten, den er dem Herzog später sagen werde, so mochte gerade diese gesteigerte Diskretion andeuten, daß im Hintergrund etwas sehr Wichtiges stand: die herzogliche Investitur nämlich, die er ohnehin meist in seinen Briefen nicht direkt anzusprechen pflegte. Dabei wird Giovanni di Castiglione, der gewiß hoffte, künftig selbst als Legat ins Reich und nach Ungarn zurückkehren zu können, durchaus seinen eigenen Vorteil im Auge gehabt haben. So mag er, der damals auch gewissermaßen die Referenzen für die zum Herzog reisenden Gesandten des ungarischen Königs Ladislaus und des Despoten von Serbien, Durad Branković, ausstellte,45 damals schon mit den Grundstein dafür gelegt haben, daß er im Juni 44  «Nostro signore loro permette mandarge uno cardinale legato con piena facultate a sollicitare lo exercito tanto de Alamagna quanto de Ungaria, e questo in parte [h]o sollicitato mi, per certo respecto che poi dirò a la signoria vostra» (Ebd.). – In der Tat wurden bald Dionysius Széchy zum Legaten für Ungarn, Juan de Carvajal zum Legaten für das Reich, Ungarn und Polen und Nikolaus von Kues zum Legaten für England und das Reich sowie Alain de Coëtivy zum Legaten für Frankreich ernannt (Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 659 f. mit weiteren Quellenangaben). So heißt es diesbezüglich in einem Schreiben des herzoglichen Gesandten Calcaterra an Francesco Sforza vom 10. August 1455: «In questa corte non c’è altro de novo, excepto che ancho il terzo giorno la sanctità del papa ha creato et ordinato quatro legati, i quali habiano andare per diverse parte del mondo per confortare la brigata a la impresa contra il Turcho. De li quali li duy son absenti, cioè il cardinal Strigonense [= Dionysius Széchy], il quale è in Ungaria, et il cardinal che si appella ad Vincula Sancti Petri [= Nikolaus von Kues], et quello si è in Alamagna; li altri duy son qua, che son monsignore de Avignone [= Alain de Coëtivy], et ello è deliberato vada in Francia, et monsignore de Sancto Angelo [= Juan de Carvajal], il quale è ordinato se ne vada prima da lo imperatore, et possa [in] Ungaria. Lo andare di quali prego dio secunda et prospera a bon fructo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Und in dem entsprechenden Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 19. August 1455 liest man: «Ceterum como a quisti dì scrisse a la excellentia vostra fureno creati legati cardinali […]; monsignore de Avignon andarà per mare in Francia» (Ebd., sub die; vgl. Pastor, Ungedruckte Akten, Bd. I, Anh. n° 65). – Der Aufbruch der meisten Legaten zog sich jedoch noch hin. So wurde Alain de Coëtivy und Juan de Carvajal erst am 8. September 1455 – in einer Messe, an der auch Giovanni di Castiglione teilnahm – vom Pontifex das Kreuz überreicht, ebenso wie auch Pedro de Urrea, dem Erzbischof von Tarragona und einstigen Legaten in Aragon, Katalonien und Valencia, den der Papst nun mit der Kreuzzugsflotte nach Rhodos zu schicken beabsichtigte (siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 9. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma  42, wie  S. 211  Anm. 9).  –  Zu den weiteren Gesandten, Kreuzzugspredigern und Eintreibern des Zehnten, die der Pontifex, der aufgrund der ergebnislos verlaufenen Reichstage den direkten Kontakt zu den Herrschern suchte, in einzelne europäische Städte und Provinzen geschickt hatte, siehe Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 660 ff. 45 «Como per le altre mee lettere avisai la illustrissima signoria vostra vegnano ad essa li ambassatori de lo re de Ungaria, messere Alberto, doctore notabile e prothonotario apostolico, e messere Iunio. Anchora da parte lo despoto de la Rascia lo ditto messere Iunio si ha communicare certe cose a la signoria vostra, como me ha dito. Prego essa vostra signoria li voglia havere recommendati» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 19. August 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42, wie oben, Anm. 44). – Zu Giovanni di Castigliones vorausgehendem Schreiben vom 23. Juli 1455, in

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

des folgenden Jahres zur Unterstützung von Kardinal Carvajal, dessen Kräfte in Ungarn gebunden waren, ebenfalls als Legat ins Reich entsandt wurde.46 Bereits im Sommer 1455 vermochte Giovanni di Castiglione – nach der Abreise seines Konkurrenten im Kampf um den roten Hut –, wieder stärker in das Blickfeld Francesco Sforzas zu rücken, da der Herzog nicht nur über fähige Gesandte, sondern auch über einen einflußreichen Prälaten an der Kurie verfügen wollte. Vor diesem Hintergrund wird auch der Umstand zu sehen sein, daß ihm der Herzog nicht nur proprio motu den aufgrund der Lage am sogenannten Rocca del vescovo strategisch äußerst günstig situierten Turm in Montalino [heute Stradella] im Umland von Pavia überließ,47 sondern daß sich Francesco Sforza in seinen Schreiben nun auch persönlich an Giovanni di Castiglione wandte,48 was ein ganz besonderes Privileg darstellte.49 Der größte Erfolg für den Bischof von Pavia dürfte es jedoch gewesen sein, daß Francesco Sforza, entgegen seiner ursprünglichen Absicht, für ihn ein an den Papst gerichtetes Empfehlungsschreiben verfaßte.50 Dabei dürfte den Herzog kaum gestört haben, daß der Prälat, der seit kurzem auch päpstlicher Referendar war,51 zwar immer ankündigte, nach Mailand kommen zu wollen,52 jedoch immer neue Vorwände fand, die sein Ausharren an dem die Abordnung einer ungarischen Gesandschaft nach Mailand bereits angekündigt worden war, siehe oben, Kap. VII Anm. 43. – Es wäre sogar denkbar, daß Giovanni di Castiglione erst den Anstoß dazu gegeben hat, daß sich letztere im August überhaupt nach Mailand begab. 46 Siehe hierzu unten, Kap. VIII.1. 47 «Per adesso non mi acade a scrivere altro, salvo che cordialissimamente regratio la illustrissima signoria vostra de la liberalità et munificientia, la qualle ha usata in fare commandamento che me sia assignata la torre de Montalino, la qualle vulgaremente se chiama la Rocha del vescho, e de tanto più sono obligato a la benignità vostra quanto ha fato questo proprio motu» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 48 So heißt es etwa in einem Brief Francesco Sforzas an Giovanni di Castiglione vom 24. Juli 1455: «Havemo recevuto le vostre littere et inteso quanto la vostra reverendissima paternità ne scrive del ritornare suo ad Roma et de le cose de là, il che havemo havuto carissimo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Bereits am 5. Juli 1455 hatte Francesco Sforza an den Bischof von Pavia geschrieben, um ihm mitzuteilen, sein Generalvikar solle sich nicht für einen Priester namens Giorgio verwenden, sondern dafür Sorge tragen, daß eine strittige Pfründe in Trivolzio Giovanni Antonio Giussani zufiele (ASMi, RD 97, fol. 190v); zu dieser Angelegenheit siehe Ansani, La provvista, S. 77 f. 49 Zu diesem Aspekt siehe das « ‹Uno virgolo de lectera› in un mondo di carta» betitelte Unterkapitel in: Senatore, «Uno mundo de carta», S. 25 ff. Die Überschrift ist bezeichnenderweise einem Schreiben entlehnt, in dem Angelo da Caivano den Mailänder Herzog darum bittet, ihm durch „ein Komma in einem Brief “ (sprich: durch einen winzigen Brief) zu verstehen zu geben, daß er von seiner Existenz Kenntnis genommen habe: «Insuper prego la vostra magnifica signoria che me scrivat(e) uno virgolo de lectera, azò che saczate che yo vivo, et sto a Napoli, et habito in Forcella» (Ebd., S. 26). 50 Siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Papst Calixt III. vom 24. Juli 1455 (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 51 Am 7. Juli 1455 unterzeichnete Giovanni di Castiglione erstmals seit dem Pontifikatsantritt Calixts III. mit diesem Titel (Ebd., sub die). 52 «Io desidero de servirve tutto el tempo de la vita mia, e per questo sollicito de havere licentia de acomplire lo mio desiderio» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42).

VII.3 Der erneute Rekurs auf das Reich und Ungarn

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der Kurie rechtfertigen sollten: etwa die Brisanz der Türkenfrage, derentwegen seine Freunde ihm rieten, noch etwas in Rom zu bleiben,53 oder das Warten auf das Eintreffen wichtiger Gesandtschaften.54 Ein fest in Rom verwurzelter Prälat war ja genau das, was dem Herzog vorschwebte. Gewiß ist es auch kein Zufall, daß der Herzog gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem Giovanni di Castiglione nach Rom zurückgekehrt war, beschloß, die kaiserliche Investitur über den Umweg der Kurie zu erreichen.55 Es spricht vieles dafür, daß der Bischof von Pavia dem Herzog suggeriert hatte, der Pontifex werde sich als geeigneter Fürsprecher einschalten lassen, um den Kaiser zur Belehnung zu bewegen – zum einen wegen seiner Autorität, zum anderen, weil Calixt III. dem Herzog sehr wohlgesinnt sei und zudem bei der Vorbereitung der gegen die Türken gerichteten Expedition hohe Erwartungen in ihn setze.56 Auch die im Hinblick auf den Kaiser vorzubringende raffinierte Argumentation, die der Herzog dem Pontifex nahelegte, wird wohl auf den Bischof von Pavia als spiritus rector zurückzuführen sein.57 In 53  «Io mi disponerea volentera a tournare a la signoria vostra, ma queste cosse de lo Turcho me impaciano, e anchora quisti mei signori et amici non mi consigliano de partire cossì in freta. Supersederò un pocho» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 5. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 54 So führte er etwa als Grund an, daß er auf die Ankunft der Gesandtschaft des Kaisers, sprich auf das Eintreffen Enea Silvio Piccolominis, zu warten habe: «Quisti desiderano che almancho aspecta qui fin a la venuta de la ambassata de lo imperadore, cioè la venuta de lo vescho de Siena» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23. Juli 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 55 Siehe hierzu das nicht genau datierte, wohl aus dem Sommer 1455 stammende Konzept einer an Calcaterra gerichteten Instruktion (ASMi, Sf., PE, Roma 42), die mit der Feststellung beginnt, daß der Erhalt der Investitur, da er, Francesco, ja seinem Schwiegervater nachgefolgt sei, nicht unbedingt notwendig, sondern lediglich eine Frage der Reputation sei: «[…] non tanto perché ne sia molto necessario per le rasone de la adoptione et successione de lo illustrissimo signore duca Filippo, nostro patre et socero honoratissimo, et per altre rasone in nuy transferite per questa excellente comunità de Milano quando fecemo l’intrata […], quanto per l’honore et reputatione de questo stato et di nostri figlioli et successori et per contentamento et gloria de questa inclyta patria ne è parso ricorrere ad la sanctità de nostro signore […]». 56 Dieser Gedanke findet sich auch in der an Giacomo Calcaterra gerichteten herzoglichen Instruktion wieder: «[…] ne è parso ricorrere ad la sanctità de nostro signore como ad quella la quale, per la suprema sua dignità et auctoritate del pontificato, et per l’amore et cordiale et paterna affectione che siamo certi per sua gratia ne porta, poterà meglio disponere la mente et animo del serenissimo imperatore ad inclinarse ad concederne questa cosa. Il che ne persuademo che tanto più voluntieri el farà, quanto che al presente è più desyderosa et più accesa ad l’expeditione contra el Turcho […]. In la quale impresa sapete quanto gli habiamo offerto et promesso […]. Vederete adunque, per la copia inclusa, quanto supplicamo ad la prelibata sanctità circa questa materia, et quanto desyderamo che quella interpona l’opera et l’auctorità sua apresso la serenissima maestà de lo imperatore per obtenere dicti privilegii […]» (Ebd.). 57 Der Papst sollte argumentieren, der Kaiser möge Francesco Sforza die Investitur zubilligen, da sonst die Gefahr bestehe, daß sich dieser so wichtige Fürst aus dem gegen die Türken geplanten Unternehmen zurückziehen werde, weil er befürchte, daß – wenn er schon selbst nicht anerkannt werde – auch seine Leute vom Kaiser, von den Fürsten und den anderen Reichsangehörigen nicht so behandelt würden, wie sie es verdienten: «Quello che nuy vorressimo seria che sua sanctità scrivesse ad la prelibata maestà del imperatore, in quella forma più efficace che fosse possibile, monstrandose motore da sé stessa per respecto de questa impresa contra el Turcho […] perché, non havendo li privilegii del ducato, may è da dubitare che nuy non mettiamo mane ad

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Giovanni di Castiglione die treibende Kraft zu sehen, liegt umso näher, als dieser gegen Ende der an den herzoglichen Gesandten Giacomo Calcaterra erteilten Instruktion gleich mehrmals namentlich Erwähnung fand: So bat Francesco Sforza seinen Gesandten, darauf zu achten, daß in dem Brief, den der Papst an den Kaiser richten solle,58 hervorgehoben werde, daß der Pontifex in dieser Sache den Bischof von Pavia akkreditiere59 und eine dementsprechende Bevollmächtigung für Giovanni di Castiglione ausstelle.60 Seinerseits betonte der Herzog, daß er einen Gesandten mit den entsprechenden Instruktionen zu dem Bischof von Pavia schicken werde, so daß dieser mit dem Kaiser, durch das Angebot einer „vernünftigen Summe“, eine Übereinkunft erzielen könne.61

VII.4 „… hier sind heute die Gesandten des Kaisers zur 21. Stunde eingetroffen“62 – Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“ Mit dem 10.  August  1455, dem Tag der Ankunft der kaiserlichen Gesandten Enea Silvio Piccolomini und Johannes Hinderbach,63 eröffneten sich Giovanni di Castiglione weitere Perspektiven; zum einen, weil er als Mittelsmann in den Augen des Herzogs noch an Beachtung gewann, zum anderen, weil er nun auch im eigenen Interesse seine Kontakte zu wichtigen Funktionsträgern des kaiserlichen Umfeldes pflegen konnte. Wenn etwa Johannes Hinderbach den Papst für seinen in Pavia studierenden Bruder64 um ein durch den Tod von Taddeo da Noceto in der Diözese Pavia vakant gewordenes Priorat bat, könnte dies auf questa impresa, overo che faciamo più tepidamente et più remissamente, per dubio che le gente che mandaremo non siano recevute et tractate, et per lo imperatore et altri principi et signori de quelle parte, altramente che non meritasse el grado nostro […]» (Ebd.). 58 Das entsprechende Schreiben für den Kaiser wollte Francesco Sforza nicht vorgefertigt schicken, sondern von den päpstlichen Sekretären ausstellen lassen: «[…] Questo è l’effecto et substantia de le lettere, quale desyderamo se scrivano per sua sanctità a la maestà del imperatore, quale vogliate solicitare se faciano in forma più honorevole et efficace che vi sia possibile, et questa cura lassaremo ad vuy […]. Nuy non ve ne havemo voluto mandare forma alcuna, perché non ne pare conveniente lodarne nuy stessi et perché siamo certi che li serano di secretarii che le saperano molto bene notare» (Ebd.). 59 «farete anchora che in fine d’esse lettere nostro signore remetta la credenza in el reverendo monsignore de Pavia […]» (Ebd.). 60 «farete anchora che […] poy separatamente scriva efficaciter ad esso monsignore […]» (Ebd.). 61 «nuy, ab alio latere, mandaremo uno nostro messo dal prefato monsignore, per el facto del ducato, ad fare quanto è dicto de sopra, cioè accordarse per qualche somma rasonevole» (Ebd.). 62 Siehe hierzu die folgende Anmerkung. 63 «Qui son arrivati li ambassiatori de lo imperatore, ozi a XXI hora, et, como si crede, per fare la obediencia a la sanctità del papa. Et son duy, de che l’uno è lo episcopo de Sena, chiamato misser Enea […], a li quali, siandoli io andato incontra per fargi honore, como si solle fare a simili ambassatori in questa corte […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 10. August 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 64 «misser Giovani [= Hinderbach] ambassiatore […] desidera havere [il beneficio] per uno so

VII.4 Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“

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eine Anregung Giovanni di Castigliones zurückgehen, der eben dieser Diözese als Bischof vorstand. Noch vorteilhafter, als sich der Gunst von Johannes Hinderbach zu versichern, war jedoch für Giovanni di Castiglione ein anderer „Nebeneffekt“ dieses Gesuches: Als der kaiserliche Gesandte mit der Bitte um ein lombardisches Benefizium an den Pontifex herantrat und darauf verwies, daß dieses prinzipiell unter das Patronat Friedrichs  III. falle,65 erwiderte der Papst, daß man an der Kurie die Entscheidung, ob Hinderbachs Bruder das Benefizium erhalten solle, nicht treffen könne, sondern Francesco Sforza dies tun müsse.66 Da sich Calixt III. bislang stets geweigert hatte, der Bitte des Herzogs nachzukommen67 und die von seinem Vorgänger zu dessen Gunsten erlassene Bulle anzuerkennen,68 dürfte der fratello studia a Pavia» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 17. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 65  Aus dem Bericht des Mailänder Gesandten wissen wir, daß diese Argumentation in der Tat angewandt wurde: «Il spectabile misser Giovani [= Hinderbach] de Alamania, ambassiatore della maestà de lo imperatore, compagno in questa legatione dello episcopo de Sena, si è ritrovato cum la sanctità de nostro signore, et ha voluto impetrare uno priorato, il qual dice luy essere vacato per la morte de domino Thadeo da Noceto, digando che da bene quello sia posto nelle terre de vostra signoria, non de mancho è, de ragione, patronato dello imperatore, de che però non ne so altro che quello luy affirma […]» (Ebd). 66 Hinderbach trat daraufhin über den Umweg des herzoglichen Gesandten an Francesco Sforza heran: So heißt es auch in dem Bericht des Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza vom 17. September 1455: «[…] alla richiesta del qual la beatitudine del papa li ha dato repulsa in questa forma, digando che de quelli beneficii, li quali teniva prefato domino Thadeo, ne voliva sua sanctità disponere secunda da vostra excellentia li seria scripto. Luy, misser Giovani [= Hinderbach] ambassiatore, […] me ha dicto ne scrive a vostra signoria quanto li pare, et pariter ha confortato anchora mi voglia vostra excellentia pregare che de questo beneficio, il qual luy desidera havere per uno so fratello […], li voglia et si digna compiacerli» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 67 Am 18.  Juni  1455 hatte der Herzog seine Gesandten Nicodemo Tranchedini und Bartolomeo Visconti darum gebeten, daß sie den neuen Pontifex um die Bestätigung der von Nikolaus  V. erlassenen Bulle ersuchten, welche sein Mitspracherecht bei der Zuweisung der lombardischen Benefizien festgeschrieben hatte: «Item, quando sareti a Roma, supplicareti alla sanctità de nostro signore ne vogli confermare la bolla, a nuy concessa per la sancta memoria de papa Nicolò, circa el facto de li beneficii del nostro dominio nostro [!], della quale bolla ve havimo data la copia, certificando la sanctità soa che in questo facto ne portaremo con tale honestà che alla sanctità soa piaserà. Et li preponeremo sempre persone idonee et sufficiente. Et in questo operareti talmente che habiamo dicta confirmacione […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 41, sub die). 68 Wie ablehnend Calixt III. dieser Bulle gegenüberstand, hatten Giacomo Calcaterra, Alberigo Maletta und Giovanni Barbavara dem Herzog bereits am 8. Juli 1455 signalisiert: «Ad la parte che richede la signoria vostra de la confirmatione de la bolla di beneficii, ad questo ne ha resposto la sanctità sua che cum honore suo non poterebe concedere tale bolla, avisandone como per luy et per tuti li altri cardinali fu altra volta facto grande reprehensione ad la bona memoria del predecessore suo papa Nicola. Et tanto de questa cossa fu dicto et improperato al prefato papa Nicola ch’el dixi expressamente luy non havere may concessa la dicta bolla, ni essere passata de mente sua, et questo forse diceva vergognandose che havesse facto tale concessione. Et per tanto non poteria cum honore suo confirmarla, ni de novo concedere perché tropo grande carico gli seria, prima ad la conscientia sua, deinde apresso li fratelli suoy cardinali. Bene ha dicto et promisso, ad fede de vero papa, che la sanctità sua, nonobstante questo, de ogni beneficio, quantunche grande et picolo, chi vacarà in la iurisditione et dominio vostro, sempre ne provedirà como parirà et piacerà ad la signoria vostra, confidendose che non gli preponeriti se non persone degne et idonee, et como richiderà la qualità et dignità de li beneficii» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die).

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Bischof von Pavia wiederum diese Replik Francesco Sforza gegenüber als großen Fortschritt gedeutet und als Ausweis dafür angeführt haben, wieviel er (zusammen mit den anderen offiziellen und „offiziösen“ Mittelsmännern Francesco Sforzas an der Kurie) bereits in verhältnismäßig kurzer Zeit auf dem Sektor der stillschweigenden Anerkennung der 1450 von Nikolaus  V. erlassenen Bulle hatte bewirken können. Da der neue Papst danach strebte, seine Nepoten mit einträglichen lombardischen Benefizien auszustatten, begann zu dieser Zeit die Benefizienvergabe ein lohnendes Tätigkeitsfeld für jemanden darzustellen, der seine Fähigkeiten als Vermittler zwischen dem Pontifex und dem Herzog ausspielen wollte. So wußte Giovanni di Castiglione, daß er sich in den Augen des Herzogs große Verdienste erwerben konnte, wenn er dessen Kandidaten durchsetzte,69 und Francesco Sforza ihm sehr verpflichtet sein würde, wenn er Calixt III. dazu bewegen konnte, offiziell die bewußte Bulle von 1450 anzuerkennen.70 Doch nicht nur von dieser neuen Haltung des Papstes, sondern auch von der Einstellung des Kaisers wußten Giovanni di Castiglione und der herzogliche Gesandte, Giacomo Calcaterra, Positives zu berichten. So schrieb denn auch letzterer am 10. August 1455 an seinen Herrn, Hinderbach habe signalisiert, daß der Kaiser, der dem Herzog lange Zeit aus gewissen Gründen nicht sonderlich zugeneigt gewesen sei, Francesco Sforza nun so wohlwollend gegenüberstehe, wie es kaum besser möglich sei.71 Daß Friedrich III. dem Herzog gegenüber noch nie so 69 Giovanni di Castiglione teilte Francesco Sforza beispielsweise am 23. November 1455 mit, daß er sich ganz im herzoglichen Sinne für dessen Anwärter für die Abtei San Savino eingesetzt habe: «[…] è venuto da messere Iacobo Calcaterra, vostro speciale oratore et procuratore, per la promotione de lo vostro sacerdote a l’abbadia de Sancto Savino. E, beneché io non ne sapia altro, nientedemeno ho fatto instantia con nostro signore volesse pienamente compiacere a la excellentia vostra, la qualle non de[ve] presumere né dubitare che io impacia la voluntà de essa vostra excellentia, et pienamente fare fede de mi a tutti quilli se delectano de mettere la quinta rota a lo carro. La sanctità soa me ha resposto che, per soa honestà et poyché lo ditto Calcaterra ha scritto a la signoria vostra, expectarà la resposta» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 70 Wie wichtig ihm diese Bestätigung war, hatte der Herzog am 31.  August  1455 seinem Gesandten Calcaterra erneut explizit zu verstehen gegeben: «Havemo recevute le vostre littere de dì XVI, XVIII et XVIIII° del presente, per le quale restiamo advisati ad compimento de quanto ne havete scripto, et commendiamo assay la diligentia vostra. Respondendo ad quanto ne pare necessario: Prima, a la parte de li beneficii et della bolla nostra, dicimo che, quando vi parirà la opportunità, debiate supplicare ad la sanctità de nostro signore, con quella più reverentia et modestia vi serà possibile, che sua sanctità se digni de renovarci la dicta bolla. Crediamo che sua beatitudine ne’l concederà, et parne haverlo meritato, saltem per la fede et devotione portiamo ad sua sanctità, quantunche per le opere noy l’havessemo meritato. Et non farà sua sanctità difficultà ad concederce quello che ne concesse la felice memoria de papa Nicolao, la quale fu cossì facile verso nuy in le cose li supplicassimo che ne mandò la bolla fin ad Millano, et quello che è concesso ad la maestà del re de Ragona et altri signori, fin al duca de Modena. Sì che governarete questa cosa, per quello migliore modo et forma vi parirà, per obtenere che la dicta bolla ne sia renovata. Ma, como havimo dicto, governati questa cosa con grandissima modestia» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 71 «[…] disse uno di loro, cioè lo antedicto doctore [= Hinderbach], che, da bene per il passato la magestà de lo imperatore per certi respecti non fussi stata troppo benigna verso de vostra signo-

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vorteilhaft eingestellt gewesen sei wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt, bestätigte Giacomo Calcaterra seinem Herrn ungefähr einen Monat später, am 12. September 1455.72 Wenn allerdings der herzogliche Gesandte an diesem Tag den krank daniederliegenden Enea Silvio Piccolomini73 allein aufsuchte, um das Gespräch auch ganz bewußt auf die kaiserliche Investitur zu lenken,74 so mag man hierin ein Zeichen dafür sehen, daß Francesco Sforza – der schon auf dem Reichstag zu Wiener Neustadt Giovanni de Ulessis dem päpstlichen Legaten zur „Unterstützung“ zur Seite gestellt hatte75 – leichtes Mißtrauen an der Ernsthaftigkeit hegte, mit der Giovanni di Castiglione die Verwirklichung dieses Projektes betrieb. So könnte der Herzog, als der Bischof von Pavia keine konkreten Details über die in Sachen „Investitur“ erzielten Fortschritte preisgab, sondern „nur“ Berichte mit aus Ungarn erhaltenen Neuigkeiten sandte,76 Giacomo Calcaterra gebeten haben auszuloten, ob diese angeblich so positive kaiserliche Gesinnung wirklich keine größeren Handlungsspielräume erlaubte, als sie der Bischof von Pavia generell zu ria, che al presente era cossì bene disposta che melio non si poterebe dire» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 10. August 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 72 «Tra le altre cose me hebe a dire che la mente de lo imperatore non fu may cossì ben disposta verso vostra signoria quanto al presente […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 73 «Anday nel dì de heri a visitare monsignore lo episcopo de Sena, però che iace infermo» (Ebd.). 74  «et cum quello [= Enea Silvio] habiando tractato [..] de diverse et varie cose, come accade in longo parlare, alla fine se vene ad agitare delle facende vostre, tractate per lo passato cum lo imperatore» (Ebd.). 75 Siehe hierzu oben, Kap. VI S. 201. 76 So erstattete Giovanni di Castiglione dem Herzog am 12. September 1455 darüber Bericht, daß eine Einigung zwischen dem Kaiser und dem ungarischen König stattgefunden habe, und referierte die von einem aus Ungarn eingetroffenen Propst überbrachte Nachricht, derzufolge die Türken eine große Gesandtschaft nach Ungarn geschickt und den dortigen Prälaten und Baronen einen Waffenstillstand angeboten haben sollten, unter der Bedingung, daß die türkischen Truppen ungehindert ihr Gebiet passieren dürften. Jene hätten jedoch  –  so weiß Giovanni di Castiglione weiter zu berichten – ohne ihren König, der in Kürze nach Buda zu kommen beabsichtigte, keine Entscheidung treffen wollen; doch wäre es klug, Vorkehrungen in die Wege zu leiten, denn, wie man höre, seien der Despot von Serbien und János Hunyadi sehr geneigt, diesen Vorschlag anzunehmen, zumal die Türken letzteren zwei große Signorien angeboten hätten, von denen die eine Bulgarien sei: «Pose le mee altere lettere anchora havemo abiuto certeza del acordio, fato tra lo imperadore et lo re de Ungaria, excluso lo conte de Cilia [= Ulrich von Cilli] e lo signore de Valzhen, contra lo quale Ainzingher [= Ulrich Eytzinger] fa grande guerra. Dice uno preposto, el quale è venuto de Un[garia], che lo Turcho a mandato grande ambassiata da li prelati et baroni de Ungaria […], e offeriva tregua a li Ungari, con pacto che potesse liberamente passare per Unga[ria] onde volesse, senza nullo damno de Ungari. Li prelati e baroni hano resposto che, cercha a questo, non potev[ano] dare resposta senza lo re, el qualle era per andare a Buda fra otto giorni. Quanto seguirà, lo farò [..] sapere a la vostra signoria. Presto che ebbe queste novelle, lo disse a la sanctità de nostro signore, advisandolo che celeriter procedesse a la provisione. Signore mio, como altra volta ho scritto a la signoria vostra, sempre ho visto grande negligentia de li christiani. E pare dio sia scorrazato con nuy, e ne apparegia una forte punitione. Me dice el messo che lo despoto de la Rascia [= Durad Branković] e Iohanne Vayuoda [= Hunyadi] sono assay incline a la tregua con el dicto Turcho, el qualle promette a lo ditto Vayuoda due grande segnoria, cioè la Bulgaria et una altra. Dio, per sua misericordia, ne abbia in la sua gratia» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

haben vorgab. Enea Silvio Piccolomini, der von Giacomo Calcaterra als seriös beschrieben wurde,77 ließ sich jedoch offenbar, trotz der Schwächung durch seine Krankheit, nicht überlisten. Es hat beinahe den Anschein, als habe er sogar im Gegenteil versucht, den Bischof von Pavia besonders vorteilhaft aussehen zu lassen. So signalisierte er dem herzoglichen Gesandten, daß nicht zuletzt durch Giovanni di Castiglione gewisse Fortschritte erzielt worden seien, denn während früher nie davon die Rede gewesen sei, daß Friedrich III. bereit sei, die Herrschaft über Mailand in anderer Form als in der eines Vikariats zu vergeben, hätte der Kaiser seine Einstellung nach dem Eintreffen Giovanni di Castigliones im Reich modifiziert. Friedrich III. könne sich nun durchaus Francesco Sforza und dessen Nachfolger als Mailänder Herzöge vorstellen, unter der Voraussetzung, daß dieser einwillige, daß der Kaiser diesen Titel als ein dem Reich anheim gefallenes Lehen „neu“ an ihn vergebe.78 Von den schmeichelnden Worten Calcaterras und dessen Hinweis, Friedrich III. könne doch Francesco Sforza ebenso gut in seiner nie erloschenen Würde bestätigen,79 ließ sich der kaiserliche Gesandte indes ebenso wenig umgarnen wie erweichen. Falls sich Francesco Sforza mit den vom Kaiser vorgegebenen Bedingungen nicht abfinde, so lautete die einfache Antwort, müsse man eben nach einer dritten Lösung suchen.80 Bezüglich der Details der mit Giovanni di Castiglione derzeitig geführten Verhandlungen, insbesondere derjenigen finanzieller Natur, konnte Giacomo Calcaterra dem kaiserlichen Gesandten indes kein Wort entlocken. Dieser signalisierte Calcaterra lediglich, daß der Bischof von Pavia den Herzog bei seinem nächsten Aufenthalt in Mailand

77 «[…] et cognobe lo predicto episcopo [= Piccolomini], il quale de sua natur[a è] persona molto sincera et da bene, et de singulare auctorità et credito apresso la prelibata maestà, essere molto et cordialmente affectionato a vostra signoria […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 12. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 78 «[…] et che, per il passato, non si possa trovare da sí parola alcuna, per la qual se cognocesse la maestà sua volere essere contenta che vostra signoria havessi il governo et dominio de Milano per altra forma che in vicariato, ma che novamente, cioè al tempo ch’el reverendissimo monsignore de Pavia era da esso imperatore, disse a l[u]y, episcopo de Sena, il qual dapoy lo significa al prefato monsignore de Pavia, che era conte[n]to investire vostra excellencia in titulo de ducato, amplo et largho, per voy et tuti legittim[i] figlioli et heredi vostri. Bene disse che non voleva altramente del predicto ducato investire vostra signoria, se non come de dignità devoluta allo imperio» (Ebd.). 79 «[…] alla qual parte, lassando stare tuto il resto del mio parlare, cossì in regraciare luy quanto in naragli amplissimamente la bona fede et devotione ha vostra signoria verso lo imperio, [io] li respose che, deliberandossi la maestà dello imperatore come era conveniente et honesto l’investire del titulo del ducato la excellencia vostra, che era il più et il magiore facto, me rendeva certo non se farebe difficile in tal forma et modo investire vostra signoria che più tosto parissi confirmassi in voy la predicta dignità, come quella che non sia extincta, che de novo la conferisse come cossa devoluta allo imperio. Sopra de che me disse il predicto episcopo che questo non era da sperare per alcuno modo potere impetrare dalla maestà dello imperatore […]» (Ebd.). 80 «[Enea Silvio disse] che bene serebe loldevele [!] cosa pensare uno qualche terzo modo, il qual fusse tale che la investitura della predicta dignità non parisse che se desse come cosa devoluta, ni anchora se conferisse como dignità perdurante et affixa al dominio de Milano» (Ebd.).

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schon über die speziellen Einzelheiten informieren werde.81 Wenn Enea Silvio sich hinter Giovanni di Castiglione stellte und zudem versuchte, die Verhandlungen gegenüber dritten abzuschirmen, wird dies jedoch keineswegs ein rein altruistischer Akt gewesen sein. Wahrscheinlich handelte er, der gewissermaßen für die eigenen Karrierepläne die gleiche „Nische“ wie Giovanni di Castiglione82 für sich entdeckt hatte, vielmehr aus Selbstschutz, wenn er keine „Intima“ preisgab. Er wußte, daß auch seine Attraktivität im kaiserlich-päpstlichen-herzoglichen Nachrichtentransfer nur dann bestehenbleiben konnte, sofern es gelang, die Zahl der auf diesem Feld Agierenden und Kundigen möglichst klein zu halten. Die Vorteile einer Zusammenarbeit überwogen seinerzeit für Enea Silvio wie auch für Giovanni di Castiglione, doch hieß das nicht, daß diese Kooperation zwangsläufig von unbegrenzter Dauer sein mußte; so mochte, und das wußten fraglos beide, sehr wohl der Zeitpunkt kommen, an dem die von beiden genutzte „Nische“ zu klein für beide zu werden drohte und einer den anderen verdrängen mußte. Der Herzog indes akzeptierte die von Enea Silvio Piccolomini erteilte Antwort und begnügte sich damit, auf die Ankunft Giovanni di Castigliones zu warten.83 Der Ton seines Schreibens vom 25. September 1455, in dem er den Bischof von Siena nachdrücklich als seinen Wohltäter lobte,84 indes Giovanni di Castiglione 81 «Etiam me disse lo antedicto episcopo che il sopradicto monsignore de Pavia, al tempo si trovarà cum vostra signoria, la informarà de alcune altre cose particulare a questo facto, le quale, secundo che io extimo – non che quello me lo dicesse –, credo debianno essere de li dinari se habianno a desbursare per obtenire li privilegii del predicto ducato» (Ebd.). 82 Die „Einträglichkeit“ dieser Nische mag Giovanni di Castiglione zu dieser Zeit auch insofern vor Augen gestanden haben, als ihm erst am 4. September 1455 für seine Legation die noch ausstehenden Gelder gezahlt wurden [RTA 19,3, n° 10b; die Einträge in der Reihe Introitus et Exitus stammen gar erst vom 10. Dezember 1455 (ASV, Cam. Ap., IE 430, fol. 120r; IE 431, fol. 76r; siehe auch Rep. Germ. VII/1)]. 83 «[…] expectaremo la venuta de monsignore de Pavia, dal quale intenderemo più ad pieno quanto serà da fare circa questa materia [= Investitur]» (Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 25. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 84 «Havemo havuto carissimo quanto ne scriveti de la visitacione facta al reverendissimo monsignore de Siena, et quanto soa signoria per sua humanita s’è allargata con vuy de la bona dispositione de la serenissima maxestà imperiale verso nuy circa ’l titulo del ducato etc. Volimo ringraciate la reverendissima sua paternità per nostra parte migliaia de volte, notificandoli che nuy havemo carissimo et ad singulare beneficio quello che soa signoria ha dicto et facto in questa materia, perché siamo certi che queste parole vengono da perfecto amore et affectione che la ne porta, el quale reciproce portiamo ad sua signoria. […] Et in questo ringraciatelo quanto ve serà possibile et avisatelo che nuy usaremo de l’opera et patrocinio suo apresso la maxestà imperiale, perché per le sue mane siamo certissimi le cose nostre non poranno passare se non felicemente, […]. Et sempre usaremo del consiglio del prefato monsignore de Siena perché havemo in luy reposta singularissima confidentia et tegniamo che sia unico et principale nostro benefactore» (Ebd). – Daß er Enea Silvio Piccolomini den herzoglichen Dank überbracht hatte, berichtete Calcaterra seinem Herrn kurze Zeit später, am 3. Oktober 1455: «Denique ho facto al reverendissimo monsignore de Scena, ambassiatore della maestà imperiale, quilli regraciamenti et oblatione per parte de vostra signoria che se convenivano alla bona voluntà et dispositione sua verso vostra excellencia. Et trovo quello essere devotissimo et amicissimo vostro, et dice in soma che cossì se dispone in ogni cosa, quanto proprio me sia, esser bon et fidele servitore de vostra signoria […]» (Ebd., sub die).

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zwar erwähnte, aber nicht mit einem schmückenden Adjektiv bedachte, läßt jedoch keinen Zweifel darüber aufkommen, daß Francesco Sforza dem Bischof von Pavia nun wieder skeptischer gegenüberstand. So war der Herzog vermutlich gar nicht unglücklich darüber, daß Giovanni di Castiglione ihm am 24. September mitteilte, daß er derzeit noch zur Abwicklung gewisser Angelegenheiten an Rom gebunden sei. Enea Silvio aber – so fügte Giovanni hinzu – plane ohnehin einige Tage Station in Siena einzulegen und wolle dann über Bologna reisen. Auf seinem Weg ins Reich könne der Bischof von Siena daher auch dem Mailänder Hof einen Besuch abstatten und über die kaiserlichen Absichten im Hinblick auf die Investiturfrage ausführlich Bericht erstatten, falls der Herzog dies wünsche.85 Francesco Sforza, dem es sehr recht war, den Bischof von Pavia als einen seiner Informanten in Rom zu wissen86 und gleichzeitig direkte Verbindung mit dem kaiserlichen Gesandten aufnehmen zu können, war von diesem Vorschlag sehr angetan und teilte am 8. Oktober 1455 seine Freude über den baldigen Besuch des Bischofs von Siena sowohl diesem selbst87 als auch Giovanni di Castiglione88 85 «Adesso acade che monsignore el vescho de Siena fra pochi dì andarà a Siena, e starà là alchuni dì, dapoy tornarà da lo imperadore. Havemo conferito insiema de la facienda nostra. E perché non se p[u]ò bene tutto scrivere, e io per adesso sono anchora qui occupato, e lo ditto vescho è pienamente informato de la intentione de lo imperadore, ho concluso con la paternità soa che, in caso che la signoria vostra sia contenta e voglia che venga da essa vostra signoria, luy volentera lo farà. Lo so camino è per Bologna, de là poterà divertire a la excellentia vostra. Luy è desideroso de compiacere a la prefata signoria vostra, e molto p[u]ò con lo imperadore. Per tanto me pare che, ad ogni modo, la signoria vostra lo recheda de vegnire ad essa, perché la signoria vostra intenderà el tutto, e darà tale ordene como apparerà. Ma sopra tutto questa cosa vole essere secreta. Se questo adviso piace a la signoria vostra prestissimamente manda uno cavallaro. Tutto se farà segondo la vostra ordenanza […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 86 «Che la reverentia vostra sia occupata lì per cose importante el ne piace, perché dove sete le cose non possono passare se non bene et felicemente. De le novelle de là ringratiamo assay la prefata vostra reverentia. Et così, accadendo per lo venire cosa degna de aviso, haveremo carissimo ne facete participare» [Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 8. Oktober 1455 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die]. 87 «Siamo avisati che la reverendissima vostra paternità de proximo è per partire da Roma, et ritornare ad la serenissima maestà imperiale, in la quale ritornata p[u]ò usare de doe vie, o quella de Ferrara o quella de qua. Et perché è un bon pezo che non vediamo la signoria vostra, quale amamo cordialmente quanto pater, havessimo caro che la prefata vostra signoria venisse per qua, dove rasonevolmente doveriano fare capo non solo li ambassatori, ma qualunque messo de la maestà imperiale, essendo nuy devoti servitori d’essa como siamo. Et così la confortiamo, preghiamo et rechiedemo, per quello amore che ne porta, non gli fia grave divertere per la via de qua, perché desideriamo grandemente de vedere la signoria vostra et parlare con quella de più cose, etiam de quello che vi ha dicto monsignore nostro de Pavia, et vederemola molto voluntieri» (ASMi, Sf., PE, Roma  42, sub  die).  –  Den Brief für den Bischof von Siena, so lautete die Instruktion Francesco Sforzas, solle der herzogliche Bote Enea Silvio Piccolomini persönlich überreichen, wenn dieser bereits aus Rom aufgebrochen sei; ansonsten, falls er sich noch in Rom aufhalte, sei das Schreiben zunächst Giovanni di Castiglione zu übergeben, der es dann Enea Silvio Piccolomini aushändigen solle [Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 8. Oktober 1455 (I), ebd.]. 88 So schrieb der Herzog am 8. Oktober 1455 an den Bischof von Pavia: «Havemo recevuto le vostre littere date ad Roma a dì XXIIII° de septembre passato. Inteso quanto la reverentia vostra

VII.4 Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“

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mit. Wenn Enea Silvio Piccolomini dem kaiserlichen Umfeld nicht deutlich offenlegen wolle, wie sehr er mit ihm, dem Herzog, sympathisiere  –  so ließ Francesco Sforza Giovanni di Castiglione wissen – könne der Bischof von Siena ihn auch benachrichtigen, wann er Bologna erreichen werde, so daß man dort ein (unauffälliges) Zusammentreffen mit einem herzoglichen Boten arrangieren könne.89 Der Bischof von Pavia war gewiß zufrieden, weil er den Herzog, dem er ohnehin nicht viel Neues bezüglich der Investitur hätte berichten können, auf diese Weise zufriedengestellt hatte, ohne Rom verlassen zu müssen, wo sich seit dem 12. September 1455 auch wieder Guillaume d’Estouteville, sein wohl engster Verbündeter, aufhielt90 und wo der Pontifex krank daniederlag.91 Daß Giovanni di Castiglione zu diesem Zeitpunkt Enea Silvio Piccolomini dem Herzog als „Verhandlungspartner“ zu präsentieren wußte, traf sich für ihn auch deshalb gut, weil gerade damals Kardinal Carvajal als päpstlicher Legat zum Kaiser reiste und der Herzog den Wunsch hätte äußern können, diesen wegen der Vermittlung in der Investiturfrage zu kontaktieren – eine Rolle, die Giovanni di Castiglione zwar noch mit Enea Silvio Piccolomini zu teilen bereit war, aber keineswegs mit noch mehr Akteuren. Nicht ohne Grund wartete der Bischof von Pavia wohl daher mit dem Versenden der Nachricht, daß Kardinal Carvajal am 25. September 1455 aufbrechen würde, bis zum Tag vor dessen Abreise. Er wollte wohl damit sicherstellen, daß Francesco Sforza Kardinal Carvajal vor dessen ne scrive del parlare ha facto con el reverendissimo monsignore de Siena, legato del serenissimo imperatore, el quale debbe partire da Roma et venire ad Siena, deinde ritornare alla maestà imperiale; et quanto havete concluso con la reverendissima sua paternità circa la facenda nostra, che in caso siamo contenti et vogliamo venerà qua da nuy, dicemo ch’el ne piace summamente quanto havete dicto et facto con luy, et non poressimo credere che ne ricordasti et consigliasti, se non al bene et honore nostro […]» [Ebd. (I); von diesem Brief liegt noch eine zweite, etwas emphatischere Fassung vom selben Tag vor (Ebd., sub die, II)]. 89 «Et se forse, che non crediamo, el prefato monsignore de Siena non se volessi discoprire quanto el ce ama ad questa venuta, per non farse suspecto forse ad alcuni de quelli de la maestà imperiale, o che per altro rispecto non gli paresse de venire qua, vogliate avisarne del dì certo ch’el giongerà ad Bologna, perché gli mandaremo lì uno di nostri per conferire con la sua signoria. Benché più caro haverimo ch’el vogla venire qua, perché non crediamo questo facia carico né imputatione alcuna, essendo nuy vero servitore de la maestà imperiale et non havendo ad dire cosa che debbano essere se non grate et accepte ad la sua sublimità» (Ebd.). 90 Bereits am 19. August hatte Giovanni di Castiglione dem Herzog die baldige Rückkehr des Kardinals von Rouen angekündigt und betont, wie sehr er der Ankunft Guillaume d’Estoutevilles, der auf seinem Weg nach Rom wohl den Herrschaftsbereich des Herzogs durchqueren werde, aus vielerlei Gründen mit Freuden entgegensehe: «Qui havemo novelle che monsignore lo cardinale de Rou[an]o presto serà de qua, e verisimilimente passarà per lo districto de la signoria vostra, molto me piace la venuta soa per molti boni respecti» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, wie S. 219 Anm. 44). – Als Estouteville schließlich am 12. September 1455 an der Kurie eintraf, will Giovanni di Castiglione, wie er dem Herzog an diesem Tag schrieb, „überglücklich“ gewesen sein: «Monsignore de Rouano questa matina intrarà questa cita, io ne sono contentissimo, e tanto più che è deditissimo a lo bene de vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 91 «Ceterum la beatitudine del papa pur anchora iace in lecto, ma secundo ne ha dicto se delibera nel dì de domane levarsi, sana et galiarda» (Tommaso Tebaldi und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 15. Oktober 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42).

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Aufbruch keine entsprechenden Anweisungen mehr erteilen konnte. Zudem „verpackte“ der Bischof von Pavia die Nachricht über den Aufbruch des Legaten so geschickt in einer Passage über die allgemeinen Kreuzzugsvorbereitungen, daß dieser Satz nahezu unterging.92 Wahrscheinlich versuchte sich Giovanni di Castiglione sogar in seinem Schreiben vom 24. September 1455 gegen den möglichen Vorwurf abzusichern, er habe den Herzog zu spät über den Aufbruch des Legaten in Kenntnis gesetzt, indem er die Vermutung lancierte, er könne sich des Gefühls nicht erwehren, nicht alle seiner Schreiben seien bis in die Hände des Herzogs gelangt.93 Nachdem die Gefahr gebannt war, daß Kardinal Carvajal in die Frage der herzoglichen Investitur eingebunden wurde, sank augenscheinlich die Begeisterung des Bischofs von Siena, den Herzogshof aufzusuchen. So begab sich der kaiserliche Gesandte, der die Bekundungen des herzoglichen Wohlwollens mit großer Freude zur Kenntnis genommen hatte,94 entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung, nicht ins Reich, ja noch nicht einmal bis nach Bologna, sondern nur bis Siena, von wo aus er eiligst an die Kurie zurückkehrte, um auf Wunsch seiner Diözesanen, die nach wie vor von Giacomo Piccinino bedroht wurden, nach Neapel zu reisen.95 Dort wollte er König Alfons V.96 überzeugen, den Söldnerführer nicht länger zu unterstützen. Da Francesco Sforza seinerseits 92 «Ceterum heri nostro signore benedixe cinque standardi, cioè uno de Sancto Petro, el 2° de Sancta Tegia, el 3°, 4° e 5° con le soe arme, e li detti a lo archivescho de Terrachona [= Pedro de Urrea], el qualle ha constituito legato e capitaneo de le galee manda a Rodi. Monsignore de Sancto Angelo [= Carvajal] partirà doman verso lo imperadore, e poy a lo re de Ungaria. Passarà per Bologna e Ferrara, como credo. Qui se apparegia per fare molte galee nove, ma le fatte sareveno più utile, è vero che simile cose darano credito grande a la impresa contra lo Turcho» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 24.  September  1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). – Einen Bericht über die Vorbereitungen für die nach Rhodos zu schickende Flotte und die Vergabe der Standarten, in dem ebenfalls der Aufbruch Carvajals, vielleicht auf Bitten Giovanni di Castigliones, nicht thematisiert wurde, hatte auch Giacomo Calcaterra dem Herzog am 23. September 1455 geschickt (Ebd., sub die). 93 «Per le altre mee lettere credo havere satisfatto a la mente de la signoria vostra quanto a le cose desiderava sapere de Alamagna, del Turcho e de lo fatto nostro. Non so se le lettere sono pervenute a le man vostre» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 24. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 94 Giovanni di Castiglione schrieb diesbezüglich am 2. November 1455 an Francesco Sforza: «Luy me ha dicto che ha receute le lettere de la excellentia vostra, et ha fatta la resposta, como sempre apparegiato a lo piacere de essa excellentia vostra. Li ho monstrato quanto scrive la signoria vostra de la benivolentia a luy porta, et molto regratia la celsitudine vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 95 Der Bischof von Pavia kommentierte diesen Sachverhalt am 2. November 1455 nur kurz: «[…] solum notifico a la signoria vostra che è retornato qua monsignore el vescho de Siena et […] andarà da lo re a Napoli» (Ebd.). 96 Zu König Alfons  V. siehe u. a. Ernesto Pontieri, Alfonso il Magnanimo re di Napoli (1435–1458), Neapel 1975; Alan Ryder, The Kingdom of Naples under Alfonso the Mag­ nanimous. The Making of a Modern State, Oxford 1976; Ders., La politica italiana di Alfonso d’Aragona (1442–1458), in: ASN n.s. 39 (1959), S. 235–294; Ders., Alfonso the Magnanimous, King of Aragon, Naples and Sicily, 1396–1458, Oxford 1990.

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ein großes Interesse daran hatte, das Problem Piccinino zu beseitigen, und selbst seinen Gesandten Sceva da Curte nach Neapel zu schicken beabsichtigte,97 wird Giovanni di Castiglione, der wohlweislich den Herzog den ganzen Oktober über nicht kontaktiert98 und selbst nicht einmal auf dessen Brief vom 8. des Monats geantwortet hatte, wohl darauf spekuliert haben, daß Francesco Sforza durch Enea Silvio Piccolominis Reise nach Neapel über das „Verschieben“ von dessen Besuch in Mailand hinweggetröstet würde. Giovanni di Castiglione dürfte hierauf umso mehr gesetzt haben, als er wußte, daß zu diesem Zeitpunkt ohnehin die Rückkehr des Tommaso Tebaldi99 an den Herzogshof anstand, der über alles an der Kurie Vorgefallene gut unterrichtet war.100   97  Daß dies die Absicht des Herzogs war und man diese „Mission“ eigentlich vor dem Papst hatte geheimhalten wollen, geht unter anderem aus einem Schreiben hervor, das Giacomo Calcaterra am 14. November 1455 an den Herzog sandte: «Andato fu questa sera da nostro signore, dal quale, prima che mi, haveva havuto audiencia lo ambassiatore senese, et ad sua sanctità haveva dicto como era in camino per venire qua misser Seva, ambassiatore de vostra signoria. Me spiò sua beatitudine chi era questo ambassiatore et quello veniva a fare, et a che effecto andava da la maestà del re, digando havere inteso che da prelibata maestà vostra excellencia lo mandava. Il perché, cognosciando che d’altro[v]e sua sanctità haveva noticia de la venuta del dicto misser Seva, la qual io altramente non gli harebe significata per exequire la voluntà et comandamento de vostra signoria, gli respose et disse prima manifestandogli chi era esso misser Seva, deinde che la venuta sua qua credeva fussi principalmente per confirmare sua sanctità nella singualare benivolencia et affectione portava et monstrava ad vostra excellencia, et ad persuadergli che fermamente et indubitatamente che, per rispecto de la affinità contracta cum la maestà del re, la excellencia vostra non debia poncto desistere in mancare ad prosequire la impresa comenzata contra il conte Iacobo, in quella forma et modo che sempre may parirà et piacerà ad sua beatitudine […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die (I)].   98 Wenn aus dem Monat Oktober 1455 keine Briefe des Giovanni di Castiglione an den Herzog vorliegen, so könnte dies natürlich eine Folge ungünstiger Überlieferung sein. Ebenso ist nicht ausgeschlossen, daß dessen Briefe bereits unterwegs abgefangen wurden und Mailand gar nicht erst erreicht haben. Immerhin hatte der Bischof von Pavia bereits im September (vorgeblich) Zweifel gehegt, ob überhaupt alle seiner Briefe an ihr Ziel gelangt seien (vgl. sein entsprechendes Schreiben an den Herzog vom 24. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). Dennoch scheint es angesichts der restlichen, sehr umfangreichen, von der Kurie nach Mailand fließenden Korrespondenz, die aus dem Monat Oktober überliefert ist, eher so, als habe sich Giovanni di Castiglione bewußt zurückgehalten.   99  Daß er wohl am 2. November 1455 die Kurie verlassen würde, hatte Tommaso Tebaldi dem Herzog tags zuvor persönlich mitgeteilt: «E a me dicto la sua sanctità volerme dare licentia questa sera, sì che domane a l’alba me partirò, se a dio piacerà, e del tutto informarò la vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). Möglicherweise blieb Tommaso jedoch noch bis zum 15. November 1455 in Rom (ASMi, RM 15, fol. 327). – Zu Tommaso Tebaldi siehe auch oben, Kap. V Anm. 228; zur Gesandtschaft im Herbst 1455 siehe zudem ASMi, RM 15, fol. 317. 100 «Ritorna da la vostra illustrissima signoria missere Thomaso [= Tebaldi] da Bologna, instructissimo de tutto quello occorre al presente in questa corta, però non me extendo» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2.  November  1455, ASMi, Sf., PE, Roma  42).  –  Auch Giacomo Calcaterra, der am 2. November 1455 ebenfalls ein Schreiben an den Herzog sandte, faßte sich vor dem Hintergrund der Rückkehr des Tommaso Tebaldi kürzer: «Nelle presente littere solamente digando le conclusione de quello scriverò, et remittendomi a quello che più largamente a bocca misser Thomaso referirà, il qual de presente se parte, serò molto breve» (Ebd., sub die). – Der Kardinal von Rouen hatte sein Schreiben an Francesco Sforza übrigens bereits am 22. Oktober 1455 sehr knapp gehalten, lediglich seine Dienste angeboten und für alle weiteren

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Nicht ungeschickt versuchte Giovanni di Castiglione zudem, als er den Mailänder Herzog endlich am 2. November 1455 von dem neuen Ziel des kaiserlichen Gesandten in Kenntnis setzte,101 durch den Einschub „und falls er seine Meinung nicht ändert“,102 Francesco Sforza eine gewisse Wankelmütigkeit des Bischofs von Siena zu suggerieren, die ihm selbst als dreifache Absicherung dienen mochte: zum einen als Ausflucht dafür, daß der Bischof sich nicht ins Reich begeben hatte, zum zweiten als vorbeugende Entschuldigung für den Fall, daß Enea Silvio Piccolomini doch nicht nach Neapel reisen würde,103 und zum dritten als ein Grund dafür, weshalb der Herzog nicht alle seine Hoffnungen allein in den kaiserlichen Gesandten setzen dürfe, sondern nach wie vor auch auf ihn, Giovanni di Castiglione, bauen und in ihn investieren müsse. Dieses „Investieren“ wiederum konnte sich, so schwebte es wohl dem Bischof von Pavia vor, etwa darin äußern, daß Francesco Sforza ihm in Castiglione Olona104 Besitz verschaffte, oder darin, daß der Herzog zu Gunsten seines treuen lombardischen Prälaten Empfehlungsschreiben an den Papst und an die Kurie sandte.105 Zumindest ein Akkreditiv scheint der Mailänder Herzog dem sich Mitte November auf den Weg nach Neapel auch an die Kurie begebenden Sceva da Curte106 für Giovanni di Castiglione überreicht zu haben.107 Da der Bischof von Informationen auf den Bericht des in Kürze von der Kurie nach Mailand zurückkehrenden Tommaso Tebaldi verwiesen: «Ritorna de lì lo spectabile cavaler miser Thomaso da Bologna, a lo quale, chome dotissimo et instructo d’ogni occorentia de qui, a noi pareria far manchamento in volere per nostre littere condescendere ad alchuna particularitade, conzosia la excellentia vostra serà da lui d’ogni cosa pienamente informata. Solamente notificando a la signoria vostra nostro summo et ardente desiderio essere de fare cosa a lei grata, et che concerna ogni bono et felice stato di quella, pregandovi affectuosamente che, se per noi si p[u]ò alchuna cosa, quella ce volia intimare, perché sempre ne haverà prompti et apparechiati essa excellencia vostra ad ogni suo bon piacere» (Ebd., sub die). 101 ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die. 102 «se non se muta de opinione andarà da lo re a Napoli» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 103 In der Tat unterrichtete der Bischof von Pavia denn auch Francesco Sforza bereits am 23. November 1455 darüber, daß Enea Silvio Piccolomini erneut seine Meinung geändert habe: «Luy era venuto qua con opinione de andare più oltra, ma li giorni produceno novi penseri. Dio farà tutto quello hè meglio» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 104 Zu Castiglione Olona, dem alten Familienstammsitz der Castiglione, siehe oben, Kap. II Anm. 4. 105 «[…] aio infinite gratie [alla vostra excellentia] de lo raisonamente fece a Castiglione de li fatti mei. Aio bono et grande animo assay, ma la possanza non gli è, a questo supplireve bene la [vostra] signoria et senza so damno solum con una bona lettera a lo papa et collegio de quisti signori cardinali, et ne sarebe la signoria vostra laudata et spero consolata, ma tutto sia segondo la voluntà de la signoria vostra, ad ogni modo io sono vostro schiavo […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 106 Zur Mission des Sceva da Curte siehe das bereits erwähnte Schreiben des Giacomo Calcaterra vom 14. November 1455 (oben, Kap.VII Anm. 97). – Am Abend des 14. November 1455, als Giacomo Calcaterra einen weiteren Brief an den Herzog anfertigte, weil er einen anderen Boten nicht ohne ein von ihm verfaßtes Schreiben aufbrechen lassen wollte, war Sceva da Curte noch nicht an der Kurie eingetroffen: «Altro non è al presente de cosa importante che io scriva, habiando questa matina de quanto occorreva ad vostra signoria scripto. Pur non ho voluto il

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Pavia jedoch ahnte, daß Francesco Sforza nach wie vor Bartolomeo Visconti protegierte, hatte er im Hinblick auf die Kardinalsernennung sein Schicksal sicherheitshalber nicht nur allein dem Herzog in die Hände gelegt, sondern zur „Selbsthilfe“ gegriffen und wieder einmal mehr seine guten Kontakte zu den Mailänder Gesandten spielen lassen. Insbesondere Giovanni Caimi scheint sich dabei für den Bischof von Pavia eingesetzt zu haben. So schrieb denn auch Giacomo Antonio Della Torre, der Bischof von Modena,108 der an der Kurie gleichfalls mit einer herzoglichen Fürsprache zu seinen Gunsten gerechnet hatte, am 22. Oktober 1455 an Francesco Sforza, er müsse ihm mitteilen, daß Caimi an erster Stelle für den Bischof von Novara, aber dann, wohl eigenmächtig, auch für den Bischof von Pavia geworben und ihn, Giacomo Antonio Della Torre, erst an dritter Stelle genannt habe.109 Der herzogliche Prokurator, Giacomo Calcaterra, war wohl zu vorsichtig, um selbst zugunsten des Giovanni di Castiglione aktiv zu werden, doch dürfte er den Prälaten schließlich zumindest insoweit gedeckt haben, als er in seinen ansonsten äußerst detaillierten Schreiben kein Wort über dessen eigenmächtiges Verhalten verlauten ließ. Auch Sceva da Curte, der am 19. November 1455 an der Kurie eingetroffen war, wo er nun auf die Ankunft der venezianischen und florentinischen Gesandten wartete,110 um sich gemeincavallaro portatore de questa, che al presente vene da Napoli per andare a vostra excellencia, partirse vacuo de mie littere, per le quale do noticia ad vostra signoria non esser ancora gionto qua misser Seva, ma secundo son informato, non per so littere o messo, ma per parlare de alcuni Florentini e Senesi, li quali de la venuta sua son avisati da Florencia et da Sena, credo serà qui per tuto dì de hogi, o almanco de domane […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die (II)]. 107 So heißt es zumindest in einem Schreiben des Bischofs von Pavia an Francesco Sforza vom 23. November 1455: «A la venuta de messere Sceva ho recevute le lettere credentiale de la illustrissima signoria vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 108 Zu diesem siehe Tiziana Di Zio, Della Torre, Giacomo Antonio, in: DBI 37 (1988), S. 560 f.; Leverotti, Diplomazia e governo, S. 162 f. 109 «Io voglio che la excellencia vostra sapia quello ho intexo dal cardinale Colona, il quale hè tuto de la excellentia vostra. La sua reverendissima signoria me ha dicto ch’el vorrà che la excellentia vostra havesse mandato a fare per my altra dimostratione non haveti [fatto]. Et a me dicto che questo Zoane Caymo glie ha parlato et ricomendato prima il vescovo de Novara, ma assay tristamente; poy ly ha ricomandato et stretamente il vescovo de Papia; tertio ly ha ricomendato my, e più che tristamente. E ch’el non p[u]ò credere che questa sia stata la comissione ly ha data la excellentia vostra, perché ha pur intexo per altri che la excellentia vostra desiderava, et ardentissime, prima il vescovo de Novara. Et io gliel’o ancora ditto de quello che la excellentia vostra possa mi rechiedeva, my suo unico servitore. Unde io dico […] che, se la excellentia vostra desiderava ch’el sia il vescovo de Pavia, che la excellentia vostra fa optima et sancta electione et, per dio, ch’el è homo da bene et de bono precio, et haverrà de ly […] nove assay in corte. Et siando questa vostra voluntà seria ancora mia. Ma quando la excellentia vostra havesse propossito che io fosse lo secundo nominato per la excellentia vostra, como quela me disse essere sua intencione, me doleva bene che Zoane Caymo havesse cussy parlato de suo capo et non facto l’officio del fidel servitore al suo signore […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 110 «Apresso dice sua sanctità che extima in brevi dovere venire qua lo ambassiatore de la illustrissima signoria de Venecia per andare, se sarà bissogno, cum li altri ambassiatori de le potencie de Italia da la maestà del re, et cossì anchi se expecta Bernardo de’ Medici, ambassiatore de la excelsa comunità de Florentia. Il perché io, Sceva, non me partirò de qua [..] finché li dicti ambassiatori siano venuti, aciò che dapoy tuti insiema possiamo fare quella disponerà la sanctità

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sam mit diesen Delegierten nach Neapel zu begeben, äußerte sich nie negativ über den Bischof von Pavia, im Gegenteil: er scheint sogar viel Zeit mit diesem und dem Bischof von Siena verbracht zu haben.111 Der letztere, so gab Giovanni di Castiglione dem Herzog zu verstehen, habe nun seinen ursprünglichen Plan, sich zu König Alfons V. zu begeben, wieder fallengelassen und werde nun wohl doch den Mailänder Herzog aufsuchen, so wie es auch diesem sehr lieb sei.112 Neben Enea Silvio Piccolomini und den herzoglichen Gesandten war fraglos auch Kardinal d’Estouteville, der am 12.  September  1455 zur großen Freude Giovanni di Castigliones in Rom eingetroffen war,113 einer von dessen engsten Vertrauten. Man wird wohl davon ausgehen können, daß die beiden, nachdem sie im Vorjahr so erfolgreich mit vereinten Kräften die Anerkennung Giovannis als Bischof von Pavia durch den Mailänder Herzog hatten „erzwingen“ können, gemeinsam neue Pläne schmiedeten und Strategien zum Durchsetzen weiterer Ziele entwarfen. So dürften sie etwa darin übereingekommen sein, daß es, um Estouteville zum begehrten Amt des Vizekanzlers114 zu verhelfen, günstig sei, den herzoglichen Gesandten dazu zu bewegen, ein Schreiben an Francesco Sforza zu richten, in dem dieser gebeten würde, den Pontifex darum zu ersuchen, dem Kardinal von Rouen dieses vakante Amt zu übertragen.115 Die Methode, dem Herzog del papa circa de lo mandare de dicti ambassiatori de le potencie de Italia […]» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 19. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 111 So schrieb zumindest Giovanni di Castiglione am 23. November 1455 dem Mailänder Herzog: «Seremo insiema monsignore el vescho de Siena, luy, messere Sceva et mi […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 112 Zumindest wußte der Bischof von Pavia, nicht zuletzt durch die Verwendung der Futurformen, den Eindruck zu vermitteln, daß Enea Silvio Piccolomini mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Herzog reisen werde: «et poyché cossì piace a la excellentia vostra el ditto monsignore el vescho li referirà la cosa agitata, et forse per questo serà supportato de vegnire a la signoria vostra» (Ebd.). 113 Siehe hierzu oben, Kap. VII Anm. 90. 114 Calcaterra beschrieb dem Herzog dieses lukrative Amt am 15. September 1455 folgendermaßen: «Tra li officii de questa corte c’è lo officio del vicecanzellariato, il quale è uno de li più et forsi il più honorato de tuti et se sole dare ad uno de li reverendissimi signori cardinali, [..] benché posso la morte del cardinal de Venecia [= Francesco Condulmer], il qual era vicecanzellario et passò della presente vita, per fino al tempo della bona memoria de papa Nicola may non si è dato a cardinal alcuno, et cossì è stato vacante come anchora è perfina al dì presente. Questo tal officio, como vostra signoria p[u]ò pensare, è cosa desideratissima […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 115 «[…] il reverendissimo monsignore de Roano, altramente chiamato il cardinal Andegavense, amicissimo et amantissimo da vostra signoria, como vuy sapiti, ha grandissimo desiderio et harebe singulare consolatione che tochassi ad si, […] et luy, monsignore cardinal, me ha confortato voglia vostra signoria preghare se digna essere in suo adiuto et intercessione apresso la beatitudine del papa, aciò ch’el dicto officio del vicecanzellariato sia suo, et spera fermamente la signoria sua per il summo et singulare amore vi porta il sanctissimo papa che le vostre preghere apresso sua beatitudine li debianno essere ad optimo fructo per consequire il suo optato desiderio» (Ebd.). – Bis Anfang Oktober 1455 scheint allerdings an der Kurie ein derartiges Schreiben noch nicht eingegangen zu sein, denn sonst hätte es am 3. Oktober 1455 kaum in einem Brief Giacomo Calcaterras an Francesco Sforza geheißen: «Il reverendissimo monsignore de Roano

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die Argumente vorzugeben, in Verbindung mit dem Versuch, alles schließlich so aussehen zu lassen, als stamme der Gedanke der Auszeichnung des Kardinals von Rouen allein von Francesco Sforza und als sei Guillaume d’Estouteville gar nicht in die Sache involviert,116 trägt ganz die Handschrift des Giovanni di Castiglione. Doch funktionierte nur die erste Hälfte des Planes: So gelang es zwar, den Herzog dazu zu bringen, daß er seinen Gesandten den Auftrag erteilte, sich für den Kardinal von Rouen117 um das Amt des Vizekanzlers zu bemühen, doch vermochten es Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra nicht, den Papst, der viele andere Anfragen für dieses Amt erhalten hatte, das Versprechen abzuringen, diese Würde Guillaume d’Estouteville vorzubehalten.118 Ein Grund für das Scheitern

prega vostra signoria se anchora non ha scripto alla sanctità de nostro signore circa aquella facenda significay ad vostra excellencia se digna ricomandarlo alla sanctità de nostro signore il papa» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 116  «Et a ciò vostra signoria non si maravigliassi perché io vi scriva de questo et non vi scrivi cosa alcuna esso reverendissimo cardinal, voglio sapiati questa esser la cagione, però vole potere dire, accadendo che la sanctità del papa gle mova parola de questa facenda, che may sua signoria non ne fece parola alcuna cum vostra excellencia, ni scrisse in alcuno modo. Il perché serà necessario che nelle lettere formarà vostra signoria alla beatitudine del papa sia cauta in scrivere in tal forma et modo che non parà scriva como richiesta confortata et preghata da esso reverendissimo monsignore cardinal, ma per sua spontanea voluntà, como quella la qual, intendando vacare il supradicto officio, s’è deliberata scrivere in citata parti per il summo amore porta al prelibato cardinal, parte constretta per l’honore et exaltacione della romana ghiesa, cognoschando esso cardinal persona sapientissima, magnificentissima et dignissima de questo et de ogni altro honoratissimo officio […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 15. September 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 117 Guillaume d’Estouteville hatte sich klugerweise zu diesem Zeitpunkt bereit erklärt, einen Bekannten des Herzogs in seinem Haushalt aufzunehmen, während alle anderen Kardinäle dieses Anliegen Francesco Sforzas unter Verweis auf ihre Familiaren, die bereits zu zahlreich seien, abgelehnt hatten: «una grande dificultà me pare a dovere ritrovare loco per lo nepote vostro in caxa de quisti reverendissimi signori cardinali che tuti dicono essere forniti de più asay non li bisogna. Cum arciepiscopi et episcopi asay se ne trovaria, ma non saria tropo honore. Monsignore de Rohan ha dato speranza de acceptare lo cussino de d. Matheo vostro da Pexaro in caxa […]» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 22. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 118  «Al ultimo habiamo facto questa sera et quanto n’è stato possibile siamo adoperati cum quella megliore via et modo habiamo saputo e cum quante più preghiere et intercessione havemo potuto, aciò che la beatitudine del papa se dignasse compiacere al reverendissimo monsignore Rothomagense del vicecancellariato per amore de vostra signoria. Et insoma non lo vole fare, digando che ancora da la maestà del re è stata richiesta per uno altro et anchi da altri signori per altri et che al presente s’è deliberata non fare altra innovatione, ma de lassare quello officio nelle mane del vicegerente de la cancellaria, nuy ancora de novo instaremo, solicitaremo et pregharemo, da ben cognoscamo ch’el nostro instare et solicitare et pregare non parturirà fructo, de che ne recresse cossì perché non si p[u]ò compiacere alla voluntà del prelibato monsignore, il qual è signore de ogni gran precio et a vostra signoria singularmente affectionato» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 19. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Der Widerstand des Papstes gegen dieses Projekt wird auch in einem weiteren, von Sceva da Curte am 28. November 1455 an den Herzog gerichteten Schreiben kurz angerissen: «E de dare lo vicecanzelariato a monsignore de Rohan la sanctità sua non ne volle fare nulla […]» (Ebd., sub die).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

dieses Planes wird gewiß in dem starken Nepotismus zu sehen sein, der unter Calixt III. schließlich die Oberhand gewann.119 Guillaume d’Estouteville dürfte Giovanni di Castiglione indes nicht nur bei Benefizienvergaben,120 sondern auch bei der Ausweitung von dessen Kontakten behilflich gewesen sein. So ist anzunehmen, daß der Kardinal von Rouen auch versuchte, Giovanni di Castiglione mit dem herzoglichen Bruder Alessandro Sforza zusammenzubringen, der am 19. November 1455 in Rom eingetroffen und sogleich mehreren Kardinälen und deren Familien, darunter auch Guillaume 119 Daß der Papst das Amt des Vizekanzlers wohl seinem Neffen Rodrigo Borgia vorbehalten wolle, den er zum Kardinal zu erheben beabsichtige, signalisierte Giovanni Caimi seinem Herrn am 2. Janunar 1456: «Gli haveva recommendato monsignore Rotomagense per parte de la excellentia vostra, […] et etiam el prefato monsignore me comisse gli dicesse alchune cose. La soa sanctità, che etiam la maiestà del re da Ragona per la prima cosa gli haveva domandato questo offitio de la vicecancellaria per un altro et che non l’aveva voluto concedere perché el dicto offitio è de la mazore importantia che offitio del mondo, non delibera de darlo anchora via fin’a tanto non prova bene ad chi darlo. Ma se stima che lo voglia dare ad uno di soy nepoti ch’el farà cardinale» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). 120 So unterstützte Estouteville den Bischof von Pavia bei dem Versuch, die Abtei Cerreto dem herzoglichen Wunsch zufolge dem Protonotar Secchi zu verschaffen; doch der Kardinal von Bologna, Calandrini, beanspruchte diese Abtei für sich und wollte nach eigenen Worten eher auf den Kardinalshut verzichten, als sich mit einer Pension abspeisen lassen: Calcaterra berichtete dem Herzog am 23. September 1455 über die Bemühungen, die er und Giovanni di Castiglione diesbezüglich unternommen hatten: «Quanto partiene al facto de la abbatia da Cereto per molte mie lettere ho certificata vostra excellentia non si poteva fare altro perfino alla ritornata del reverendissimo monsignore cardinal de Bologna, cum il qual gionto fo che è stato da sey giorni in qua, al primo colpo fece parlare monsignore lo episcopo de Pavia, monstrando como ordinava le lettere de vostra signoria che quello li parlasse da si stesso, et in conclusione li dede ad intendere per molte et infinite ragioni che may non serebe possibile inclinare la mente de vostra signoria ad volere che la dicta abbatia fussi d’altro che del prothonotario di Sechi, ma che sì era contento acceptare qualche honesta pensione, che questa via se poteria temptare et serebe più facile ad obtenire. Dapoy li parlay anchora io per simile forma et modo quanto meglio et più sape caldamente, insiema addisandolo volessi desistere da le menaze le quale faceva che farebe privare il dicto prothonotario de li beneficii soy et de lo habito etc. Insoma nel suo respondere ello va fora delle nubille et passa li termini de la honestà, digando che più tosto renunciarebe al capello che may acceptare pensione alcuna, et quando piacerà a dio il golderà il tuto. Il perché, vedando io che cum tuto luy non si poteva cavare alcuno bon constructo, ho parlato cum la sanctità del papa, il qual da uno canto trovo a vostra signoria desideroso de complacere, d’altro non volere però displacere al dicto cardinal, unde ho supplicato a sua beatitudine si dignassi dire al reverendissimo monsignore cardinal de Roano, il qual è amicissimo quanto dire se possa de vostra signoria, fossi et si trovassi cum il prelibato monsignore de Bologna [= Calandrini] et tenesse modo de indurlo al volere de vostra excellencia. Et cossì ha facto esso papa et io prima haviva parlato cum tuto il prelibato monsignore de Roano et quello trovato benissimamente disposto in volersi affatichare in questa facenda quanto li serà possibile […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 42, sub die). – Angesichts dieses Beharrens blieben auch, wie Giacomo Calcaterra dem Herzog gegenüber am 3. Oktober nochmals betonte, die Bemühungen des Kardinals von Rouen fruchtlos: «Preterea sapia vostra signoria la interpositione et diligentissima opera del reverendissimo monsignore de Roano cum tuto monsignore cardinal de Bologna per il facto de la abbatia da Cereto non è valsa covello, però è più duro che may, et dio perdona ad monsignore de San Marco [= Pietro Barbo], il qual è gran cagione de farlo stare in questa tal obstinata sua opinione» (Ebd., sub die). – Zu dieser Angelegenheit siehe auch oben, Kap. VII Anm. 16, sowie Ansani, La provvista, S. 48 Anm. 177.

VII.4 Die Kooperation mit Enea Silvio Piccolomini und anderen „Helfern“

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d’Estouteville, vorgestellt worden war.121 Alessandro Sforza, der seine erste Audienz bei Calixt III. am 21. November 1455 hatte122 und zwei Tage später bereits mit diesem zum Mittag speiste,123 mochte für Giovanni di Castiglione eine umso interessantere Kontaktperson sein, als dieser, dem Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra kaum von der Seite wichen, nicht nur vom Pontifex geschätzt wurde, sondern auch bei den Kardinälen ein und aus ging.124 Es ist nicht ausgeschlossen, daß die guten Beziehungen, die Giovanni di Castiglione wohl zu Alessandro Sforza knüpfen konnte, den Bischof von Pavia im Dezember 1455 bewogen, kurzzeitig in die Lombardei zurückzukehren,125 um nun auch sein Verhältnis zu dessen Bruder Francesco Sforza vor Ort zu verbessern. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß Giovanni di Castiglione – als man an der Kurie mutmaßte, der Pontifex werde in unmittelbarer Zukunft einige Kardinäle erheben126 – den Herzog in Mailand nochmals darauf einschwören wollte, ihn 121  «Etiam certificamo vostra signoria como questa sera è gionto qua il signor misser Alexandro et quello havemo acompagnato dentro da Roma honoratamente, siandogli andato incontra nuy tuti ambassiatori, cioè il Florentino, li Senesi et nuy cum molta compagnia de prelati et molte altre persone da bene, subditi de vostra signoria. Similmente ancora li hanno mandato ad incontro la familia loro li reverendissimi monsignori, il camerlengo [= Scarampo] et monsignor Rothomagense [= Estouteville] et monsignor de Colunna» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 19. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 122 «Per domane non serà esso signor misser Alexandro cum la beatitudine del papa, ma per venerdì matina li ha assignata l’hora, et de quello succederà nelli facti soi ne daremo aviso a vostra signoria» (Ebd.). – Auch am 22. November 1455 führte der Bruder des Herzogs mit dem Papst ein längeres Gespräch: «El signor domino Alexandro è stato cum nostro signore al dì de hogi circha una hora solo cum solo, e poy più un’altra inseme cum li oratori firentino, senexe e domino Iacobo e mi […]» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 22. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 123 «El signore Alexandro, vostro fratello, è qui ben visto da nostro signore, hogi per soa humanità farà pranso in questa vostra e soa casa» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). 124 «Il signor misser Alexandro è recevuto da la sanctità de nostro signore tanto graciosamente et bene che meglio non se poterebe dire, et similmente ancora da quisti reverendissimi signori cardinali, li quali de uno in uno ha comenzato a visitare, et misser Sceva et io continuamente gli faciamo compagna in queste visitatione. Et da li predicti cardinali non solamente è recevuto cum summa affectione et amore, ma et anchi honorato de solemni conviti et honorati pasti» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 23. November 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 42). – Aus diesem Schreiben geht allerdings auch hervor, daß Alessandro Sforza zu diesem Zeitpunkt sein eigentliches Anliegen noch nicht thematisiert hatte: «Del facto suo, per il qual principalmente è venuto, como vostra excellencia sa, ancora non è facta mentione o parola alcuna, però quelle bissogna sforzere cum summa industria et inzegno, como è iudicio et consilio per quello me ha dicto missere Sceva de vostra signoria» (Ebd.). 125 Zumindest liegen im Archivio di Stato di Milano aus dem Monat Dezember keine von Giovanni di Castiglione an den Herzog gesandten Schreiben vor. Zwar schreibt Majocchi, der Prälat habe zu Ende des Jahres 1455 in Rom residiert [«Sul finire del 1455 risiede a Roma» (Cronotassi, S. 91)]; den Brief aus ASMi, Autografi, c. 11, fasc. 3, vom 20.12.1454 [!] auf den diesbezüglich verwiesen wird, habe ich an dieser Stelle weder für das Jahr 1454 noch für Jahr 1455 finden können. 126 «Siando qua fama et opinione che ne le tempore proxime a venire la sanctità de nostro

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

bei diesem Projekt so energisch wie möglich zu unterstützen.127 Als jedoch der herzogliche Gesandte Calcaterra den Papst aufsuchte und diesen bat, bei einer derartigen Promotion auch einen dem Mailänder Herzog wohlgesinnten Prälaten im Auge zu haben, gab Calixt III. ihm vertraulich zu verstehen, daß er Francesco Sforza zwar prinzipiell sehr zugeneigt sei, doch dessen Wunsch gegenwärtig nicht erfüllen könne, weil er in der nächsten Zeit keinen Kardinal ernennen werde.128 Ganz treffend war dies nicht, denn der Papst sollte, wie wir aus einem weiteren Schreiben Calcaterras wissen, versuchen, zweien seiner Nepoten und einem Infanten des portugiesischen Königs den roten Hut zu verleihen. Dieser Plan scheiterte – so Calcaterra – jedoch am Widerstand der Kardinäle, von denen einige diese Kandidaten als völlig ungeeignet erachteten, einige keine Vergrößerung des Kardinalskollegiums wünschten, andere der Ansicht waren, man müsse die Erhebungen bis zum Abschluß eines allgemeinen Friedens aufschieben, und wiederum andere schließlich betonten, es gäbe Personen, die eine derartige Auszeichnung viel mehr verdienten als die von Calixt III. Auserkorenen.129 signore havesse a fare et creare certi cardinali […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 4. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 127 Bei diesem Aufenthalt in der Lombardei intervenierte Giovanni di Castiglione auch am 7. Dezember 1455 als Kanzler der Universität von Pavia bei der Frage der Besoldung der Professoren (Documenti per la storia dell’Università di Pavia, Bd. I, S. 204, n° 206). 128 «[…] et io circa de ciò consyderasse quello partineva al honore et dignità de vostra excellentia et anche quello che rasonevolemente rechedeva il debito, cioè che a contemplatione de vostra signoria ne fidesse facti alcuni, me sono retrovato con la beatitudine del papa, et gli ho dicto de quello intendeva et se rasonava, et dabenché io non fosse quello, il quale volesse perscrutare et intendere il secreto de la mente et del cuore suo, cioè quali e quando volesse fare et creare cardinale, nondimanco questo acadendo gli recommandava lo honore de vostra signoria et anche quello me pareva richedesse la honesta circa de questo, dilatandome et allargandome in parlare tanto quanto me parse conveniente et de bisogno, trovò sua sanctità optimamente et affectionatissimamente disposta così in questo quanto nel resto a tuto quello sia de honore, laude, commendatione et desyderio de vostra signoria et essa sua beatitudine restare in questa constante opinione et solido proposito che de li primi cardinali se harano a creare et ordinare sia uno tra li altri quello che a vostra signoria parerà proponere overo recommandare overo che già habia proposto et recommandato. Ben cognosco segondo che largamente sua beatitudine et confidentemente me ha dicto che ne le antedicte tempore proxime a venire non se ne farà alcuno per molti respecti et casone che serebe uno longo et largo scrivere. Unde, illustrissimo signore mio, m’è parso mio debito de quello è scritto de sopra darve in continenti et senza dimora alcuna a vostra signoria aviso […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 4. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 129 «Denique certifico vostra signoria che in queste tempore non è facto né creato cardinale alcuno, como io ne li dì proximi avisay vostra signoria era la intentione d’esso papa. Vero è bene che venerdì passato, habiando sua sanctità mutato proposito et havendo desyderio de farne tre solamente, cioè li duoy suoy nepoti, de li quali l’uno è gubernatore de Bologna [= Luis Juan de Mila], l’altro lo prothonotario che studia in Bologna [= Rodrigo Borgia], il terzo il nepote del re de Portogallo [= Jaime de Aviz], il quale è arcivesco de Isbona [= Lissabon] et è cortesano qua in Roma, tuti universalmente li cardinali gli sono stati al opposto, in forma non ha facto veruno, dabenché perfin a questo discendesse sua sanctità a pregarli et chiamargli de gratia spetiale a ciascaduno de loro gli compiacesseno in questo. La conclusione è stata laudatissima più tosto in non farne nesuno che fare questi soli, dabenchi li signori cardinali a contradire se siano mosti per diversi respecti: alcuni per lo honore de la chiesa, digando che questi erano tri puti et

VII.5 Der Bischof von Novara und der Bischof von Modena

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VII.5 „… ich müßte ein Falke sein, um zu Eurer Exzellenz fliegen zu können“130 – Der Bischof von Novara und der Bischof von Modena, zwei Konkurrenten Giovanni di Castigliones Doch nicht nur mit den Nepoten des Papstes und mit Bartolomeo Visconti, dem Favoriten des Mailänder Herzogs, mußte sich Giovanni di Castiglione auf der Jagd nach dem roten Hut messen. Auch der bereits erwähnte Bischof von Modena, Giacomo Antonio Della Torre, konkurrierte mit ihm um den Purpur, und genau wie der Bischof von Pavia versuchte auch er, dieses Ziel über die Fürsprache des Mailänder Herzogs zu erreichen. Die Gunst Francesco Sforzas glaubte Della Torre – anders als Giovanni di Castiglione, der sich, wie gesehen, insbesondere durch seine Kontakte zum Reich interessant zu machen suchte – dadurch zu gewinnen, daß er die herzoglichen Tugenden an der Kurie pries. So schrieb er kurz vor Weihnachten 1455, er bedauere sehr, kein Falke zu sein, denn ansonsten könne er zum Herzog fliegen und ihm erzählen, auf welch eindrucksvolle Weise er dem Pontifex die Ergebenheit des Herzogs geschildert habe.131 Von der Wirkung der Rede des Bischofs Della Torre berichtete auch der herzogliche Gesandte Calcaterra.132 Trotz eines augenscheinlich bemerkenswerten Auftritts era una vergogna fargli cardinali, alcuni per non volere più compagnia che sono, alcuni dicendo non erano da fare perfine se havesse la universale obedientia de tuti li re et signori christiani, alcuni altri però che questi tuti erano ultramontani et citramontani non se ne faceva alcuno, altri però allegaveno essergli altre persone che summamente lo meritaveno. Et così hano placata la mente del papa con bono modo et honesta concordia. Et dapoy tra loro ordinareno et feceno promissione de non revellare o notificare cosa alcuna fusse lì agitata, quantuncha uno de loro de vostra signoria amicissimo me habia dicto il tuto et pregato non ne facia altra demonstratione, et così io quanto so et posso supplico a vostra excellencia sia contenta tenere questo apresso de sé […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 21. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 130 Siehe zu diesem Auspruch die folgende Anmerkung. 131 «Il mi bisogneria esser uno falcone per volare da la vostra excellencia per potere exponere a quela viva voce quelo ho opperato et refferito a la sanctità de nostro signore papa de lo ardentissimo et ineffabile amore, carità et observancia ha la celsitudine vostra a la sua beatitudine perché non [?] me basteria […] né lo scrivere né il tempo ancora a poterlo notificare a la celsitudine vostra sy ne le cosse io exporei como eciam ne le risposte hebbi da la sua beatitudine, et beneché io staesse cum la beatitudine sua, presente il reverendissimo monsignore de Fermo [= Capranica], sabato domatina passato per lo spacio de dua hore, nundimeno ancora quel zorno la sera fina a due hore di nocte steti cum la sua sanctità, absente ogni persona, et volse la sua beatitudine che dy nuovo ly replicasse quelo haveva exposto la matina presente il supradicto reverendissimo monsignore de Fermo, et io repetendo […] quanto haveva exposto gliei narray che io poteria certificare la sua beatitudine che quela se poteva gloriare in questo suo pontificato havere il più hobediente principe a le voglie sue che fosse fra cristiani […]» (Giacomo Antonio Della Torre an Francesco Sforza, 22. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 132 «Lo reverendissimo monsignor de Modena [= Giacomo Antonio Della Torre], il quale come per altre mie ho vostra signoria avisato già più dì passati gionsi qua, solamente heri hebe adito et audientia da la sanctità de nostro signore, la tardeza del che è proceduto però che poso la sua venuta ha patito certa pocha infirmità. Ceterum per la verità, illustrissimo mio signore, non potrebe in poche neanche forse in assay parole a vostra excellencia exprimere quanto notevole et bona relatione ha facto a la beatitudine del papa de la constantissima fede, devotione et amore vostro verso

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

des Bischofs von Modena sollte aber die Taktik des Giovanni di Castiglione letztlich die erfolgreichere sein, hatte Giacomo Antonio Della Torre doch einen wesentlichen Punkt vernachlässigt: die Pflege der Kontakte zu den römischen Gesandten des Herzogs. So klagte der Prälat denn auch im Dezember 1455 darüber, daß sich Giovanni Caimi wärmstens für Giovanni di Castiglione eingesetzt, die Fürsprache für ihn, den Bischof von Modena, aber nur äußerst schleppend und mit zusammengebissenen Zähnen vorgetragen habe.133 Giovanni Caimi, bei dessen Fürsprachen die persönliche Sympathie stets eine große Rolle spielte, hatte wohl durch seinen Auftritt auch die Chancen des Bischofs von Novara schmälern können, obgleich Francesco Sforza diesen Prälaten nach wie vor favorisierte.134 So dürften sich Bartolomeo Visconti und Giacomo sua sanctità […]. Et si vostra signoria dicesse: ‹como say tu che lo parlare de lo episcopo sia stato così acceptissimo a sua sanctità?› respondo che io lo so per la megliore via che sapere se possa però che subito che usirono de la camera del papa il predicto episcopo insema con lo reverendissimo monsignor de Fermo [= Capranica], il quale era stato presente a le sopradicte parole, intraremo dentro lo episcopo de Scena et io dal papa, il quale ad ambiduoy, replicandoni li rasonamenti havuti, monstrò grande festi et iubileo et consolatione havere, sopra de che, confirmando io quelo che altre volte più fiata ho facto, gli disse haveva carissimo che lo episcopo de Modena, il qual era non subdito né ambassiatore de vostra signoria, gli havesse refirmato lo optimo proposito et solida fede et devotione de vostra excellencia verso sua beatitudine, et circa de ciò ancora in commendatione et laude de vostra signoria summamente et singularmente parlando lo dicto episcopo de Sena, disse sua beatitudine in conclusione: ‹Io me tengo francho e galiardo et ben stabile in questo mio papato et sede apostolica et securo contra ogni principo et signore del mondo me volesse nocere, però so che ad ogni mio bisogno harebe per certo et fidele exequutore de la volunta et necessità mia il duca de Milano, il quale non farebe come faceva il duca Filippo che daben fusse signore prudentissimo, nondimanco de una diceva et de un’altra faceva› […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 21. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 133 «et Zoane Caymo de luy ha parlato più caldamente che de niuno altro, de my ha parlato fra ly denty et cussy lentamente che me ne rincrese perché la fede mia et opperatione mie non meritano questo da lo illustrissimo nostro signore, il quale seria obligato nonché a questo, ma a mazore cossa se mazore se p[u]ò dire perché non vive homo al mundo più sinciero suo servitore de my […], nonché io creda per dio vero che la sua excellencia non habie comesso questa cossa mia caldissimamente perché so quelo me disse la sua excellentia, ma Zoane non ha facto il debito suo, secundo me ha riferito il cardinale Colona, al quale parlete cussy tristamente per modo ch’el cardinale, il quale sa la fede mia et le opperatione mie verso lo illustrissimo signore nostro, se meravegliò che cussy tristamente et fredamente me nominasse» (Giacomo Antonio Della Torre an Cicco Simonetta, 22. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Siehe hierzu oben, Kap. III Anm. 34. 134 Wie sehr der Herzog den Bischof von Novara favorisierte, läßt sich dem Schreiben Francesco Sforzas an seinem Gesandten Caimi vom 19. Januar 1456 entnehmen: «Como tu say te dicessimo ad bocca il nostro desyderio principalmente è ch’el reverendo monsignore de Novara sia promosto al cardinalato perché come è notorio ad nostro signore et signori cardinali et tutta quella corte za longo tempo l’havemo preferito et proponuto, et scrittone et mandato messi tante volte ad la prelibata sanctità. Et in questa opinione stiamo anchora de presenti et perseveriamo fermamente perché ne pare comprendere che la sua reverendissma paternità el meriti, sì per essere longo tempo prelato in la ecclesia de dio, sì per essere de bona doctrina et sufficientia et virtuoso, et quando bene se atrovasse de quelli che forsi haveriano più sufficientia el ha de le altre assay bonissime parte che al parere nostro molto bene suppliscano, et credemo che anche gli sia de quelli sono constituiti in quella dignità […], etiam ch’el[l] è pur di nostri et allevato con lo illustrissimo signore duca

VII.6 Ein selbstgefertigtes Schreiben zur Beschleunigung

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Antonio Della Torre keine Illusionen darüber gemacht haben, daß der Bischof von Pavia aufgrund des hohen Ansehens, das er an der Kurie genoß, den roten Hut wesentlich leichter erhalten würde als alle anderen lombardischen Kandidaten, zumindest wenn der herzogliche Gesandte wirklich den Eindruck zu vermitteln vermochte, daß Francesco Sforza tatsächlich dessen Beförderung wünschte.135

VII.6 „… ich habe mir überlegt, von meiner Seite aus nichts fehlen zu lassen“136 – Ein selbstgefertigtes Schreiben zur Beschleunigung Da Giovanni di Castiglione gewiß noch seine schlechten Erfahrungen aus den Jahren 1451 bis 1454 vor Augen standen, beschloß er nunmehr, verstärkt selbst die Initiative zu ergreifen, und teilte so am 4. Januar 1456 dem ihm verwandtschaftlich verbundenen herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta mit, er habe sich entschieden, von seiner Seite aus nichts unversucht zu lassen,137 und beabsichtige nun, vielleicht auch mit Hilfe seiner Freunde,138 bei der Kardinalsernennung „etwas nachzuhelfen“. Wahrscheinlich wollte der Bischof den Prozeß insbesondere auch deshalb etwas beschleunigen, weil er glaubte, der Herzog würde die Dringlichkeit der Angelegenheit nicht richtig einzuschätzen wissen und daher nicht schnell genug handeln. Die Sorge, der herzogliche Gesandte Giovanni Caimi139 werde es nicht schaffen, nach Mailand zu reisen und rechtzeitig vor dem Beginn der nun doch von Calixt III. zu Beginn der Fastenzeit anvisierten Kardinalskreation140 wieder nach Rom zurückzukehren, kommt zumindest in dem Filippo nostro patre et socero et con nuy, et vale de fede et devotione quanto dire se possa, sì che el ne pare essere certo che, essendo luy promosto ad questa dignità, el debba essere utilissimo ad la sanctà ecclesia, ad nuy et le cose nostre, et ne possiamo largamente fidare et riposare sopra luy in ogni grande facto, como de nostra factura propria. Sì che consyderati tutti questi rispecti, el ne pare ch’el prefato monsignore habia molto bene meritato da nuy che li faciamo questo favore et adiuto ch’el possi ascendere al cardinalato, et quando no’l facessimo ne pariria ne dovesse cedere ad grande manchamento […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 135 «Se lo illustrissimo signore ha voglia ch’el vescovo de Papia sia cardinale siati certo ch’el serà et serà assay più facile impetrare per luy che per niun altro perché ha et haverà de gran favori et lo haveria più a caro che havesse may […]» (Giacomo Antonio Della Torre an Cicco Simonetta, 22. Dezember 1455, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 136 «Me son deliberato de non lassare manchare niente dal mio conto» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 4. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 137 Siehe hierzu Anm. 136. 138 «[…] et io forse per lo mezo de li amici intendo qualche cosa più inanze» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 139 Zu Giovanni Caimi, der schon unter Filippo Maria Visconti zahlreiche Gesandtschaften übernommen hatte, 1455 von Francesco Sforza in den consiglio segreto aufgenommen wurde und der laut den Registri delle Missive vom 8. November 1455 bis zum 1. März 1456 als herzoglicher Gesandter in Rom residierte (ASMi, RM 15, fol. 355), siehe Leverotti, Diplomazia, S. 126 ff.; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 151 f., mit weiterer Literatur. 140 «Nostro signore se deliberava de fare cardinali, pure la cosa e[s]t differita fin a questo comenzamento de guaresema, expectando la venuta de li ambassatori de Francia et de Hispania,

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Schreiben, das Giovanni di Castiglione am 4. Januar 1456 an den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta sandte, gleich dreimal zur Sprache.141 Auch Giovanni Caimi selbst, der ursprünglich vorgehabt hatte, um den 10.  Januar  1456 von Rom aus nach Mailand aufzubrechen,142 hegte im übrigen Zweifel daran, ob es ihm gelingen würde, wieder rechtzeitig zurück zu sein, und fragte sich, ob es angesichts der wichtigen Entscheidungen, die im Vorfeld von Kardinalserhebungen stets anstanden, überhaupt sinnvoll sei, Rom zu verlassen, zumal er, in Anbetracht der schlechten Beschaffenheit der Strecke und der ungünstigen Witterung, weitere wertvolle Tage verlieren würde, welche an der Kurie wesentlich effizienter genutzt werden könnten.143 Inwieweit ihn diese Überlegungen wirklich bewegten, muß dahingestellt bleiben. Vermutlich handelte es sich hierbei nur um einen wohlkalkulierten Schachzug, wie wohl auch bei der Francesco Sforza gegenüber geäußerten Befürchtung, eine zu lange Absenz des herzoglichen Gesandten könne in dieser Situation – da sich so viele Fürsprecher an der Kurie eingefunden hätten144 – fälschlicherweise als mangelndes Interesse des Herzogs ausgelegt werden.145 So dürfte diese Strategie, die in der Tat ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben scheint, da der Herzog sich davon überzeugen li qualli sono qui presso, et prestata la obedientia senza dubio procederass[eno a la] creatione» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 4. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 141  «Non so se luy haverà tempo de tornare a lo nostro illustrissimo signore et in tempo revenire qua», heißt es direkt zu Anfang dieses Briefes vom 4. Januar 1456 (Ebd.); «temo che siando lo tempo curto el ditto Iohanne a grande fatiga poterà retornare» an einer weiteren Stelle (Ebd.); und mit eben der Bitte, unbedingt Sorge dafür zu tragen, daß ihn die Dokumente rechtzeitig erreichten, schließt Giovanni di Castiglione dieses Schreiben: «Iterum vi prego una volta per tutte date modo abbia in tempo le ditte lettere» (Ebd.). 142 «Era deliberato expedito che havesse queste bolle de la illustrissima madonna duchessa, de le quale pur questa sera la supplica è signata, et fra sey o octo dì partirme» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 2. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 143 «Son confortato che, havendo vostra celsitudine al core de havere almancho uno cardinale di soy, che non me parta finché non passeno queste tempore de febraro perché quanto più caso monstra vostra signoria de questo facto più tosto lo obtenerà, maxime monstrando de tenire qui uno spetialiter per questa casone. Et perché non vorria falare io son rimasto in grande dubio de venire o non venire, partendome de qui che non può essere de qua a dì X di questo, essendo la via longa e cativissima quanto la p[u]ò, non porria tenire mancho de XV dì o più ad venire, se pur quella havesse voluto remandarme per questa casone benché la ne habia assay di altri più suffitienti de mi che la porria mandare facilmente, o mi o altri che fosse venuto non seria venuto ad tempo per la mutatione di tempi et le vie cative» (Ebd.). 144 So weilten etwa ein Gesandter des portugiesischen Königs und ein Gesandter aus Bologna in Rom, welche für den Infanten des Königs und die Nepoten des Papstes (von denen einer [= Luis Juan de Mila] der Gubernator von Bologna war), als Kardinäle plädierten: «[…] per la solicitudine d’essi cardinali da esser creati gli è uno ambassadore del re de Portogallo, per gli altri duy, cioè li soy nepoti, gli è uno ambassadore de Bolognesi, lo quale el papa fa restare qui perfine a le prime tempore che se aproximano e serano a dì deceocto de febraro» (Ebd.). 145 «Et lassando la cosa habandonata pariria al sancto padre et cardinali vostra excellentia non fare tropo caso, né curarse de questo comme doveria, et maxime stando fermi qui fin’al dicto tempo quilli altri ambassadori che son venuti per simile casone, come ho dicta, ho deliberato per questa avisare vostra signoria, la quale prego se degni per sue lettere mandare quello gli pare che faccia, se la delibera che staghi fin’a quel tempo o non. Et se gli pare che staghi ad mi pare

VII.6 Ein selbstgefertigtes Schreiben zur Beschleunigung

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ließ, daß sein Gesandter in Rom ausharren müsse,146 zum einen darauf abgezielt haben, Giovanni Caimi zu ermöglichen, vor Ort zu bleiben, um Giovanni di Castiglione in dieser Lage tatkräftig zu unterstützen. Zum anderen sollte sie wohl dazu beitragen, einen von Giovanni di Castiglione selbst eingeleiteten, zweifelhaften Schritt gewissermaßen zu „legitimieren“ – denn der Prälat zögerte in Anbetracht der offensichtlichen „Unmöglichkeit“, alles auf dem normalen, offiziellen Weg zu erreichen, nicht, mit eigenen Maßnahmen den Vorgang zu beschleunigen: Er schreckte nicht davor zurück, das an den Papst gerichtete Empfehlungsschreiben selbst aufzusetzen und es über den „geheimsten und bequemsten Weg, der zugleich am wenigsten Verdacht erregte“ – nämlich über einen Verwandten –, an den herzoglichen Sekretär zu schicken.147 Diesen bat der Bischof dann, den Brief mit eigener Hand  –  und ohne irgendeine Veränderung vorzunehmen148 – abzuschreiben und dem Herzog zur Unterschrift „unterzuschieben“.149 Gewiß könne man das Schreiben noch enthusiastischer und ausführlicher gestalten, ihm aber genüge der vorgegebene Text, so teilte er dem ihm verwandtschaftlich verbundenen Cicco mit,150 den er im weiteren damit zu beruhigen suchte, daß er ihm versicherte, wenn dieser das Ganze nur recht bedenke, komme er bestimmt zu dem Ergebnis, daß dies eine perfekte Lösung sei: Immerhin müsse man sich so später nicht vorwerfen, nicht alles versucht zu haben.151 Habe der Herzog, der seinerseits  –  so die Beteuerung Giovanni di Castigliones – mit der Zeit schon merken werde, welch löbliche und nützliche kleine Unterschrift er geleistet habe,152 den Brief abgezeichnet, solle Cicco diesen über einen im Hause Guarnerio di Castigliones postierten, in das Projekt bewußt nicht eingeweihten Familiar153 unauffällig zurückschicken, non gli sia grave scriverme ch’io strenga la cosa quanto più posso in modo che possa mostrare la lettera al sancto padre et a li cardinali» (Ebd.). 146 «Havemo ricivute le toe lettere del secundo del presente et inteso quanto tu ne scrivi de le casone et rasone te hanno inducto ad restare lì fin ad queste tempore proxime de febraro, in le quale la sanctità de nostro signore ha ad creare cardinali, per solicitare de exequire quanto te havimo commisso circa questo facto. Respondendo ad quanto ne pare bisognare, dicemo primo ch’el ne piace tu si rimasto lì per essere presente et vedere el fine de questa cosa» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 19. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 147 «Anche questo modo de una picola lettera è più secreto et comodo perché se ne p[u]ò fare al so modo, senza suspecto» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 4. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 148 «[…] non vogliate mutare niente de la minuta vi mando» (Ebd.). 149 «Ve mando una minuta honestissima et piccinina affin la possiate con mancho fatiga scriverla de vostra man et farle poy ben sottoscriverla da lo prefato signore nostro» (Ebd.). – Und er fügte hinzu: «Questo se p[u]ò fare solamente tra la soa signoria e la magnificentia vostra» (Ebd.). 150 «[…] poterea bene scrivere più caldamente et più largamente, ma a mi basta quello modo perché è tanto honesto che quase a ogniuno se poterea exhibere» (Ebd.). 151 «[…] se volite pensare bene questo si è perfectissimo modo et per che non li sia manchamento perché tarde sareve poy dire ‹me repento› » (Ebd.). 152 «[…] el qualle intenderà in tempo havere fatta una laudatissima et utilissima pocha scrittura, la qualle se extenderà a tutta la soa nobile posterità» (Ebd.). 153 «luy non sa que porta» (Ebd.).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

so daß das Schreiben spätestens am 8. Februar, wenige Tage vor der erwarteten Kardinalskreation, wieder in Rom sein werde.154 Zugleich bat Giovanni di Castiglione den herzoglichen Sekretär und Gatten von Zanones Nichte Elisabetta, vor Francesco Sforza ein entschiedenes Plädoyer für ihn und sein Kardinalsprojekt zu halten und ihn nachdrücklich zu empfehlen  –  mit hundertmal so vielen Wörtern, wie er, Giovanni, sie nun selbst gebrauche.155

VII.7 „… auch mit Hilfe der Freunde beabsichtige ich etwas“156 – Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre Cicco Simonetta, dem auch Giovanni Caimi am 2. Januar 1456 bedeutet hatte, daß im Hinblick auf die Kardinalserhebung die Chancen des Bischofs von Pavia wesentlich besser stünden als die des Bartolomeo Visconti,157 scheint dem von Giovanni di Castiglione geäußerten Wunsch nachgekommen zu sein und den Plan erfolgreich ausgeführt zu haben. Hierbei mag ihm zugute gekommen sein, daß auch Giovanni Caimi unterstützend in dieser Sache wirkte: Er signalisierte dem Herzog am 2. Januar 1456 unter anderem, einige Kardinäle hätten ihm zu verstehen gegeben, daß sie die Wahl eines Lombarden begrüßen würden, denn es habe den Anschein, daß Calixt III. keine Italiener, sondern nur Ultramontane (zwei seiner eigenen Nepoten und einen Infanten des Königs von Portugal) zu Kardinälen zu ernennen beabsichtige, was auch im Dezember zum Scheitern seines Vorhabens geführt habe. Hätte indes nur ein Italiener auf der Liste der zu erhebenden Kardinäle gestanden, so hätte der Pontifex diesen wie auch zwei der oben genannten Kandidaten damals durchsetzen können.158 154 «Io mando questo mio famiglo da la magnificentia vostra, el qualle bisogna sia qui al più tarde a otto de febraio. Poterà interim stare in casa de messere Guarnero, a lo qualle scrivo ve voglia sollicitare, benché attenduta la natura de questo fatto son certo non bisogna usare tropo lo sperone» (Ebd.). 155  «[…] con una parola che adesso con cento e cossì dicite a la soa signoria de mia parte, et mi recommandate strettamente. In vero molto desidero che la excellentia soa sia el tutto in questa cosa, vogliate in lo mio pocho scrivere intendere et supplire tutto quello significa questo fatto […]» (Ebd.). 156 «et io forse per lo mezo de li amici intendo qualche cosa più inanze» (Ebd.). 157 «Ve dico ben per el vero ch’el me pare serà grande difficultà in obtenere el capello per d. lo vescho de Novara, ma per quello de Papia me pare serà molto più facile […], parme intendere la dispositione de la mazor parte de quisti signori cardinali» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 158 «Come per altre mie ho avisata la vostra celsitudine de quanto per mi era agitato circa ’l facto de la comissione me fece quella, me pare iter per questa repplicare quanto dapoy passato ’l tempo de creare cardinali, andando come è consuetudine ad visitare de questi reverendissimi signori cardinali, per alchuni m’è dicto che la vostra excellentia non porria fare meglio al mondo come solicitar de havere qualchi cardinali de li soy et che non solamente ad honore e utile de la signoria vostra retorna, ma ch’el serà utilissimo ad tuta la chiesa de dio et maxime per Italia, de novo certificandome che ad queste tempore passate, ventilando nostro signore de fare cardinali

VII.7 Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre

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Giovanni Caimi erklärte dem Herzog ebenfalls, daß, auch wenn die Aussichten auf einen lombardischen Kardinal prinzipiell gut stünden, es dennoch sinnvoll sei, mehrere Kandidaten zu präsentieren, da viel debattiert werde, und es manches Für und Wider im Falle des Bischofs von Novara gebe, indes im Hinblick auf Giovanni di Castiglione nur geringe Einwände vorlägen.159 Äußerst negativ werde dem Bischof von Novara etwa vom Camerlengo Scarampo dessen Erfolglosigkeit im Kampf gegen Giacomo Piccinino ausgelegt, ein Problem, das der Camerlengo – wie bereits bemerkt – schon längst beseitigt zu haben überzeugt war, so man ihm diese Aufgabe anvertraut hätte.160 Die Nachdrücklichkeit, mit der Caimi darauf drang, der Herzog solle unbedingt zwei Kandidaten vorschlagen, um dem Papst eine Wahlmöglichkeit zu bieten, prägt auch sein Schreiben, das er am 2. Januar 1456 an den herzoglichen Sekretär richtete.161 cum quisti reverendissimi signori cardinali, may soa sanctità non nominò de volere fare veruno [i]taliano, anzi continuamente stando in preposito de volere fare tre cardinali ultramontani, che sono tuti duy li soy nepoti che sono ad Bologna, l’uno per gobernatore [= Luis Juan de Mila] et l’altro studia [= Rodrigo Borgia]; l’altro è’l nepote del re de Portogalo [= Jaime de Aviz], et tuti tri non hano el t[i]po de uno cardinale. Et se pur l’havesse nominato volere fare uno [i]taliano cum duy di nominati l’haveria obtenuto. Et però veruno di cardinali gli ha voluto assentire […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 159 «Illustrissimo signore, per quello comprehendo me pare la vostra signoria ne debia havere gratia de uno, tenendo la cosa solicitata, ma non la posso chiarire quale el debia essere, o quello de Novaria o quello de Pavia, perché gli vedo assay pro e contra, maxime al primo, al secondo non gli vedo tanti contra» (Ebd.). 160 «Essendo a quisti dì d. Sceva e mi andati ad visitare el camerlengho, post multa lo prefato camerlengho, in presentia de uno d. Capone, catellano, el quale ha la comissione de fare fare le galee per mandare contra ’l Turcho, disse che vole dire che questo facto del conte Iacomo non ha ancora fine, ‹per certo, vuy ambassadori, ogni dì per questo facto dati tanto tedio al papa ch’el non p[u]ò attendere ad verun’altra cosa, gli dati ad intendere parole e zanze, e niente se fa. Se io havesse havuta questa impresa me seria bastato l’animo haverli dato fine in modo ch’el haveria mo brusato o facto tagliare ad peze, per certo questi che hano questa impresa l’hanno molto male zovernata, carichando el facto de d. lo vesco de Novaria, dicendo, come se accorda insiema le lettere del vesco de Novara, ch’el scrive al papa ch’el andrano ad campo ad Urbitello et che si lì p[u]ò andare, et dal altro canto scrive ad Senesi che non è possibile ch’el campo vada ad Urbitello, che non faccino la spesa del apparechio.› Et poy disse ben s’el accordo ha loco col conte Iacomo chi pagarà questi denari, ‹volitili pagare vuy o la signoria de Venetia o Firentini?› Alora d. Sceva rispose: ‹Perché, monsignore, non pigliati vuy questa impresa? Et se darà presto termine ad questo facto›. Disse: ‹Non voglio perché ne ho una mazore a le mane›. Etiam d. Sceva disse: ‹Nuy, quando andemo dal papa non li di[ce]mo parole né lo tediamo. Ma ’l è tanto el desiderio de soa sanctità de mettere fine ad questo facto ch’el non se può satiare de dirne, neanche nuy, né la illustrissima signoria de Venetia, né Fiorentini volemo butare fora denari veruni, ma seriti vuy signori de la chiesa che li butariti fora che ben saperiti pigliare bon partito fra la maestà del re et vuy ad questo facto.› Molte altre cose se disseno sopra ciò […]» (Ebd.). 161 «[…] vediti ch’el prefato nostro illustrissimo signore [re]metta a la dispositione del papa che soa sanctità faccia c[ardi]nale meglio gli pare de li [du]y, ma faccia instantia assay de tuti duy» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 2. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – In diesem, wie auch in dem an den Herzog gerichteten Schreiben, mutet jedoch eine Wendung verdächtig an, forderte Caimi doch, Francesco Sforza, der den Brief unbedingt mit eigener Hand aufsetzen müsse, möge den Papst bitten, genau das zu tun, worum ihn Giovanni Caimi bereits gebeten habe: «Et anche un’altra lettera scriva al sancto padre come quella e ’l prega et supplica de gratia

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Wohl weil Caimi dem Herzog überdies zu verstehen gegeben hatte, daß selbst der Kaiser den Papst gebeten habe, Enea Silvio Piccolomini und Giovanni di Castiglione den Purpur zu verleihen,162 erteilte Francesco Sforza seinem Gesandten am 19. Januar 1456 die Anweisung, sich mit den anderen herzoglichen Delegierten in Verbindung zu setzen,163 um diesen die neue Linie vorzugeben, gemäß der Calixt  III. nicht nur um die Kardinalserhebung des Bischofs von Novara, Bartolomeo Visconti, ersucht werden sollte, sondern auch um die Vergabe des roten Hutes an Giovanni di Castiglione und Giacomo Antonio Della Torre, den Bischof von Modena,164 der dem Mailänder Herzog wohl kurze Zeit zuvor in Neapel gute Dienste erwiesen hatte.165 Auch wenn Francesco Sforza an speciale gli piaccia de concedere quello che per mi da sua parte hè rechiesto, et seria molto utile se essa lettera fosse tuta scripta de vostra propria mane […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 2. Januar 1456, ebd.). – bzw. heißt es in dem entsprechenden an den herzoglichen Sekretär gerichteten Schreiben vom selben Tag: «[…] tegnati modo fare scrivere […] de soa propria mane el nostro illustrissimo signore una lettera ad nostro signore che gli conceda quello gli ho r[ichiesto]» (Ebd., sub die) – hingegen wird nicht präzisiert, worin genau diese Übereinkunft mit Caimi bestand; es ist nicht ausgeschlossen, daß der herzogliche Gesandte auf diese Weise versuchte, gewisse bereits von ihm unternommene Schritte, die nicht ganz im herzoglichen Sinne waren, mit dem «placet» Francesco Sforzas zu versehen. 162 «La maiestà del imperatore ha scripto etiam al sancto padre in favore del vescovo de Siena e de quello de Pavia, pregando soa sanctità che li faccia cardinali, et ha mandato uno suo secretario per questa casone» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 2. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 163 «Et perché questa cosa è da tractare et intendere cum grande prudentia et discretione, et seria mancamento de reputatione ad li nostri ambaxatori che sonno lì essere ignari de questo facto, volemo che cum loro participi quanto te scrivemo et tu gli adimandi el loro adiuto et consiglio et favore in questa materia, come li scrivemo per nostre lettere, delle quale te mandiamo la copia. Sì che sforzativi de condure questa cosa in modo che satisfazate alla nostra voluntà. Et de quanto haveray exequito subito avisane, mostrandoli queste nostre lettere ad ambeduy, perché tutto intendano et non habiano ad variare de questa nostra voluntà» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 19. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 164 «[…] Doncha tu supplicaray de novo alla prelibata sanctità cum quella più reverentia et instantia te serà possibile in favore del prefato monsignore de Novare che la se degni satisfare et adimplire questo nostro desiderio. Vero è che quello che in tutto compiria el voto nostro seria che la prelibata sanctità promovesse etiamdio li reverendi monsignori de Pavia et de Modena perché sono duy prelati virtuosi et dabene, et, al nostro iuditio, sufficientissimi et chi hanno la notitia et experientia de multe grande cose, et boni figlioli et servitori della sanctità de nostro signore et de sancta ecclesia. Credemo bene per quello che intendemo che nel facto de monsignore de Pavia serà più facilità per esserli nostro signore et molti di signori cardinali ben disposti et propitii, pur credemo che el prefato monsignore de Modena sia assay cognosciuto et la sufficientia et virtute sua assay lo comendano […]» (Ebd.). – Siehe hierzu auch ein ähnliches Schreiben vom 20. Januar 1456, Bibl. Ambr., Pergamene, Regesti 10, siehe hierzu auch Leverotti, Diplomazia, S. 127. 165 Zumindest heißt es in einem Schreiben des Herzogs: «Quanto contentamento et satisfactione habiamo havuto della littera de mano della signora vostra de dì del XXVIIII° del passato in Napoli non porrissimo scriverlo per littera, intendendo li raxonamenti sonno stati fra la maestà del re et la signoria vostra, et con quanta maturità et prudencia in tucto se è governata la signoria vostra, la quale certamente in ogni cosa ha meglio satisfacto al desiderio et animo nostro che nuy havessimo saputo domandare […]» (Francesco Sforza an Giacomo Antonio Della Torre, 20. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

VII.7 Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre

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Giacomo Antonio Della Torre später schrieb, er habe seine Gesandten gebeten, aufs wärmste Fürsprache für ihn zu halten,166 blieb freilich Bartolomeo Visconti, wie Francesco Sforza dem Bischof von Modena zu verstehen gab,167 nach wie vor der herzogliche Favorit. Dies ließ Francesco Sforza in einem eigenhändig unterzeichneten Schreiben168 auch den Papst wissen, als er diesem am 20. Januar 1456 die drei Prälaten als seine Anwärter für den Kardinalshut präsentierte.169 So war denn auch Francesco Sforza angesichts dieser Vorgaben recht erstaunt, als sich der Bischof von Modena bei ihm – seine Vorwürfe von Dezember 1455 erneuernd  –  darüber beschwerte, daß Giovanni Caimi mit sehr wenig Engagement für den Bischof von Novara und mit noch viel weniger Enthusiasmus für ihn, Giacomo Antonio Della Torre, plädiere, wohingegen er mit wärmsten Worten den Bischof von Pavia empfehle.170 Diesen Vorwurf wies Giovanni 166 «Circa il facto della signoria vostra siamo certi havereti inteso dalli ambaxatori nostri lì, così da Iohanne Caymo quanto caldamente gli havimo scripto et caricatoli prima ad bocha poy per infinite nostre littere del facto vostro […], né dubitamo ne haverano facto tale opera che alla vostra signoria sarrà chiaro et manifesto che nuy non altramente desideramo l’habia effecto como la signoria vostra propria […]» (Ebd.). 167 «[…] dreto quell’altro amico como la signoria vostra deve recordarse che nuy gli dissimo […]» (Ebd.). 168 Caimi hatte Francesco Sforza und dessen Sekretär am 2. Januar 1456 darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, daß der Herzog den Brief an den Papst mit eigener Hand aufsetze (siehe hierzu oben, Kap. VII Anm. 161). – Der Herzog kam dieser Folgerung immerhin insoweit nach, als er eigenhändig einige Zeilen unter das eigentliche Schreiben setzte und diese persönlich mit seiner Unterschrift abzeichnete: «Nuy scrivemo per la alligata ad nostro signore, la quale havemo soctoscripta de nostra mano, como tu vederay per la copia inclusa» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 19. Januar 1456, ebd.). 169 «Più et più volte per mei messi et lettere ho instanter supplicato alla sanctità vostra se dignasse ornare questa provintia et patria de Lombardia della dignitate del cardinalato in qualche prelati digni della dicta provintia, attento che per li tempi passati continuo questa provintia ha havuti doy cardinali, et may è mancato che non gli ne sia stato almeno uno et da la sanctità vostra. continue ho havute benigne et gratiose risposte ch’el faria. Et mo ultimanente da Zohanne Caymo mio famiglio mandato da essa vostra sanctità per dicta casone so certificato della sua optima dispositione et voluntà, alla quale rendo gratie infinite de tanta benignità et clementia soa verso mi. Et perché intendo ad queste tempore de febraro proximo crearà pur qualchi cardinali, iterum cum quanto instantia posso supplico et prego la prelibata signoria vostra se degni promovere el reverendo padre monsignor vescovo de Novara per merito delle soe virtute et per la integra fede et devotione sua et mia verso la sanctità vostra, della qual cosa me farà gratia singularissima et beneficio immortale […]. Ulterum como per dicto Iohanne Caymo [ho pregato] et supplicato alla signoria vostra se degni in queste promotione havere reconti (?) li reverendissimi padri, monsignor vescovo de Pavia et monsignor vescovo de Modena, per le immense virtude loro et fede et devotione et opere verso la sanctità vostra et sancta chiesia, perché tanto me sarà gratissimo quanto fossi facto ad mi stesso, como più largamente dicto Iohanne Caymo referirà a bocha, al quale se degni dare piena fede quanto alla mia propria persona, quanto se io personalmente a bocha gli parlassi et supplicassi. Et perché intenda più chiaramente questo mio desiderio ho sottoscripta questa lettera de mia propria mane» (Francesco Sforza an Calixt III., 20. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 170 «Et perché el prefato monsignore de Modena ne scrive che in questa praticha tu hay parlato molto lentamente per monsignore de Novara et più lentamente per luy, et parlato più gagliardo per monsignore de Pavia et più favorevelmente, et lo simile etiam scrive monsignore de Colonna,

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Caimi zwar von sich, indem er am 3.  Februar  1456 beteuerte, er habe sich, wie vom Herzog angeordnet, insbesondere für den Bischof von Novara verwandt, und wenn Francesco Sforza durch den Kardinal Colonna Gegenteiliges höre, so sei dies dadurch zu erklären, daß der Kardinal durch den Bischof von Modena beeinflußt worden sei und sich nur diesem zuliebe derart kritisch geäußert habe.171 Dennoch mag der Erhalt der Nachricht von Kardinal Colonna den Herzog bewogen haben, Giovanni Caimi am 3. Februar 1456 erneut darauf hinzuweisen, daß die Sache des Bischofs von Novara absolute Priorität habe.172 Um die Wichtigkeit dieses Schreibens noch zusätzlich herauszustellen, setzte der Herzog auch seine eigenhändige Unterschrift und die bereits erwähnten, als Markierung für die besondere Tragweite eines Briefes dienenden „ss“.173 dicemo che ne maravegliamo perché pareria che in questo havesti usato parte che non è nostra voluntà. Per tanto voglite governare in tale modo con l’uno et con l’altro che intendano che nuy non usamo parte in questo facto, sì che donc credemo fare bene et farce amici […], sì che usa in questo ogni tuo ingenio et intellecto et industria che tu satisfacia ad questa nostra voluntà» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 19. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Zur Parteilichkeit des Giovanni Caimi siehe auch oben, Kap. VII Anm. 133. 171 «[…] Altra risposta non gli accade se non ad una parte d’esse lettere, ne la quale se contene che monsignore de Modena scrive ad quella che in questa pratica io ho parlato molto lentamente per lo reverendissimo monsignore de Novara e per luy et parlato più gagliardo per monsignore de Pavia. Et che lo simile scrive monsignore el cardinale de Coluna. Ad questa, illustrissimo signore, dico ch’el p[u]ò essere scripto così et son certo ch’el cardinale più tosto ha scripto per contemplatione d’esso monsignore de Modena per contentarlo che perché sia così et stariane a la conscientia del prefato reverendissimo cardinale. El vero è che io parlay prima cum el sancto padre, recomendandoli tanto strectamente quanto dire podesse el facto de monsignore de Novaria, havendo prima facta tuta quella instantia possibile per havere duy cardinali, poy seguitay in recomendare quelo de Modena […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). – Auszuschließen ist allerdings auch nicht, daß der Kardinal den Bischof von Modena deshalb unterstützte, weil er hoffte, daß ihm Francesco Sforza sozusagen als Entgegenkommen für das Ablassen von diesem Prälaten und für die Zusicherung, den herzoglichen Favoriten Bartolomeo Visconti zu unterstützen, die in der Diözese Tortona gelegene Abtei Sant’Alberto zubilligen würde, die der Pontifex ihm zuzuweisen bereit war (zu dem Wunsch des Kardinals Colonna, diese Abtei zugestanden zu bekommen, und zu der herzoglichen Ablehnung, welche dieser durch ein bereits anderweitig gegebenes Versprechen zu entschuldigen suchte, siehe etwa das Schreiben, das Francesco Sforza am 4. Februar 1456 an seine in Rom stationierten Gesandten schickte, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 172 «Benché per altre nostre del 19 del passato credemo habii inteso la voluntà nostra circa la promotione di cardinali, nientedimeno per più tua chiareza et maiora nostra satisfactione te dicemo che nostra firmissima dispositione et voluntà è che monsignore de Novara sia preponuto ad ogni altra persona, sia chi se vogli, per tutte quelle raxone che te scipsimo. Quando se potesse obtenere da nostro signore de farne più che uno, tu hay inteso quello te havemo scritto et ad quello ne remettiamo. Ma quando non se posse obtenere per più che duo cardinali, nuy intendiamo ch’el prefato monsignore de Novara sia quello et sia preferito ad tutti li altri. Et perché cognoschi che questo procede veramente dal cuore nostro havemo sottoscritta la presente de nostra propria mano et volemo che tu le monstri ad misser Sceva et ad misser Iacomo aciò che niuno de loro habia ad variare […] questa nostra voluntà» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 173 «Et perché cognoschi che questo procede veramente dal cuore nostro havemo sottoscritta la presente de nostra propria mano […]» (Ebd.).  –  Zu diesen Symbolen siehe oben, Kap. III Anm 48.

VII.7 Die Unterstützung der herzoglichen Gesandten und Sekretäre

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Zudem befahl Francesco Sforza, Caimi solle dieses Schreiben auch Sceva da Curte und Calcaterra zeigen, damit auch sie nicht vom herzoglichen Willen abwichen.174 Diese Anordnung wurde überdies dadurch abgesichert, daß der Herzog am 3. und am 5. Februar 1456 auch seinen beiden anderen römischen Gesandten Abschriften der an Giovanni Caimi gerichteten Schreiben gleich mehrfach zukommen ließ175 (wobei er dasjenige vom 5. Februar 1456 wie auch ein weiteres, ähnlichen Inhalts vom 7.  Februar  1456176 wiederum mit seiner eigenen Unterschrift und einem „ss“ versah). Dieses Verhalten veranlaßte zwar Giovanni Caimi am 17.  Februar  1456 zu der Bemerkung, Francesco Sforza 174  «[…] et volemo che tu le monstri ad misser Sceva et ad misser Iacomo aciò che niuno de loro habia ad variare […] questa nostra voluntà» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Aus einem Schreiben, das Giovanni Caimi an eben diesem 3. Februar 1456 an den Mailänder Herzog sandte, scheint indes hervorzugehen, daß die Zusammenarbeit zwischen Giovanni Caimi, Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra gut funktionierte: «Nondimeno io andrò dreto ad solicitare cum ogni industria, solicitudine et studio che me sarà possibile, cum el consiglio, adiuto et favore de li spectabili domini Sceva et Iacobo, cum li quali già gran tempo ho participato de questo facto, perché non me pareno mancho voluntarosi de adimpire el voto de vostra excellentia che quella per vedere modo mandare ad effecto tuto quello la me comanda» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 175 So heißt es etwa in dem Schreiben, das der Herzog am 3. Februar 1456 allgemein an seine Gesandten in Rom richtete: «Carissimi nostri, benché crediamo che per l’altre nostre littere de dì XX del passato habiate inteso l’animo et dispositione nostra circa la promotione di cardinali, nondimeno per più vostra chiareza et maiore nostra satisfactione ve mandiamo la copia de quello scripsimo ad dì passati ad nostro signore et ad Iohanne Caymo et de quello che scrivemo de presente al dicto Iohanne, aciò che niuno de vuy habia ad variare, né ad preterire questa nostra voluntà» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). – Sehr ähnlich ist auch der Text des eigenhändig unterzeichneten, mit „ss“ markierten Schreibens, das Francesco Sforza seinen Gesandten am 5. Februar 1456 zukommen ließ: «Dilecti nostri, benché crediamo che per altre nostre littere de dì XX del passato habiate inteso l’animo et dispositione nostra circa la promotione de cardinali et che Iohanne Caymo haverà comunicato con vuy quanto gli habiamo scritto, nientedemeno per più vostra chiareza et maiore nostra satisfactione, noy (?) heri l’altro ve mandassemo la copia de quello scripsemo ad li dì passati ad nostro signore et al dicto Iohanne […] et quello scripsimo al dicto Iohanne solo, ad dì III del presente […], [siamo] certi che ad l’havuta de queste haverite molto bene intese, et perché crediate che questo proceda dal cuore nostro et che perseveriamo in ferma dispositione e sopra quanto havemo scritto ve havemo voluto scrivere questa et sottoscrivere de nostra propria mano, aciò che niuno de vuy habii ad variare in preterire questa nostra voluntà» (Ebd., sub die). 176 «Per dupplicate et triplicate nostre littere, cioè de dì XX del passato et de III et V del presente, haverite inteso quanto sia la voluntà et desiderio nostro circa la promotione del reverendo monsignore de Novara, per più vostra chiareza et maiore expressione del animo nostro non cessando de replicare vi dicemo et commandamo per quanto desyderate fare cosa che ne piacia, debiate solicitare et operare per ogni modo ch’el prefato monsignore de Novara sia promosto al cardinalato et sia preponuto et preferite ad tutti li altri, sia chi se voglia. Per li altri de che vi havemo scritto siamo etiandio contenti vi operate con quella caldeza et honestà che vi paierà, d’un modo che per loro non se impazi né disturbi per veruno modo el facto del predicto monsignore de Novara, el quale sopra tutte intendemo omnino sia cardinale luy solo, quando per più non se posse obtenere, et che niuna altra cosa impeza questo nostro desyderio et voluntà» [Francesco Sforza an seine Gesandten in Rom (eigenhändig unterzeichnetes Schreiben, mit „ss“ markiert), 7. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43].

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

hätte sich nicht bemühen müssen, über die erbetenen Schreiben hinaus noch weitere Instruktionen zu schicken, weil er sich durchaus bewußt darüber sei, wen der Herzog favorisiere,177 doch dürfte diese herzogliche Praxis scheinbarer „Übervorsichtigkeit“ durchaus ein effektiver Schutzmechanismus gewesen sein. Dieser sollte wohl eine wechselseitige Kontrolle der drei Gesandten untereinander bewirken und sicherstellen, daß keiner von ihnen unter dem Vorwand der Unwissenheit eigene Politik (zugunsten von Giovanni di Castiglione) betrieb. Daß der Anlaß für diese Schreiben wie für das Ausstatten seiner drei Gesandten mit an den Pontifex, das Kardinalskollegium und an den Kardinal von Fermo gerichteten Akkreditiven178 insbesondere darin zu sehen war, daß der Herzog vernommen hatte, einige der Gesandten würden sich über seine mit Blick auf die Kardinalserhebung erlassenen Anordnungen hinwegsetzen, hatte Francesco Sforza denn auch Giovanni Caimi, Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra bereits am 7. Februar 1456 deutlich zu verstehen gegeben.179 Möglicherweise hatte der Herzog insbesondere Giacomo Calcaterra im Verdacht, derart eigenmächtig zu handeln, sandte er doch ein weiteres Schreiben dieses Inhalts mit den entsprechenden Abschriften der in den Schreiben vom 3. und 5. Februar erwähnten Briefe gerade an Calcaterra.180 Dieser jedoch pflegte Francesco Sforza – ganz vertraulich und ohne Kenntnis der anderen181 – über die von ihm persönlich wegen 177 «[…] dico non bisognava che vostra excellentia se affatichasse in fare scrivere altre lettere ch’a quelle ch’io li rechiede et che me ha mandato perché a mi era et è notissima et manifesta l’intentione e dispositione vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 178 Ein an den Papst gerichtetes Akkreditiv vom 7. Februar 1456, das in gleicher Form an das Kardinalskollegium wie an den Kardinal Domenico Capranica gesandt wurde, findet sich in ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die. Der Abschrift dieses Akkreditivs wiederum, die der Herzog seinen Gesandten am 7.  Februar  1456 zukommen ließ, wurde ein am selben Tag verfaßtes, begleitendes Schreiben beigefügt, in dem es bezeichnenderweise heißt: «Et perché possiate exequire più votivamente questa nostra voluntà vi mandiamo le littere de credenza in vostra persona, directive ad nostro signore, al sacro collegio de signori cardinali et ad lo reverendissimo monsignore de Fermo» (Ebd., sub die). 179 «Carissimi nostri, nuy vi habiamo scritto quatro poste de lettere como haverite inteso per lo facto del reverendissio monsignore de Novara, ch’el sia omnino promosso ad la dignità del cardinalato perché nonobstante quello vi haverimo commisso et scritto in favore del prefato monsignore ne è stato referto che ce sono de vuy chi declinava da questa nostra voluntà et non andava dritto in exequirla, del che molto ne siamo maravigliati. Pertanto n’è parso de scrivervi et replicare tante volte che intendesti l’animo et dispositione nostra in questa materia, admonendovi de novo ad exequirla per ogni modo, avisandovi che chi variarà da quella o la preterirà, gli daremo ad intendere ch’el haverà facto male» (Ebd.). 180 In Francesco Sforzas Schreiben an Giacomo Calcaterra vom 3.  Februar  1456 heißt es etwa: «[…] per l’altre nostre de dì XX del passato credemo de havere molto bene evacuata questa materia et sciolti tutti questi dubii, pur nondimeno ad maiore vostra chiareza et più satisfactione nostra vi mandiamo la copia de quello scripsimo ad dì passati et de quello che etiandio de presente scrivemo ad Zohanne Caymo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 181 So bat Giacomo Calcaterra den Herzog am 2. Februar 1456 denn auch inständig, niemand dürfe etwas von seinen in dieser Sache verfaßten Briefen erfahren: «Et sopra il tuto prego et supplico che io in cosa alcuna non sia nominato né demonstratione se faza che sopra de questo habia né prima né adesso scritto a vostra excellencia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die).

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der Kardinalserhebung unternommenen Bemühungen zu unterrichten,182 wobei er obendrein dem Herzog signalisierte, wenn sich Entwicklungen anbahnten, die sich negativ auf die Kardinalserhebung des Bischofs von Novara auswirken mochten183 (welche er seinerseits durch sein intensives Werben für Bartolomeo Visconti abwenden zu können glaubte).184 So dürfte diese Vorsichtsmaßnahme doch wohl eher im Hinblick auf Sceva da Curtes Verhalten getroffen worden sein. Diesem nämlich sagten, obwohl – oder möglicherweise gerade weil – er an sich ein kluger Stratege mit großem manipulativen Geschick war,185 böse Zun182 Ein diesbezügliches Schreiben, das Giacomo Calcaterra am 26. Januar 1456 an den Herzog schickte, ist offensichtlich nicht mehr erhalten, wohl aber die entsprechende Antwort, die Francesco Sforza am 3.  Februar seinem Gesandten zukommen ließ: «Miser Iacomo, havemo recevuto le vostre littere de dì XXVI del passato et molto bene inteso quanto ce havete scritto circa el facto de la promotione di cardinali, il che ne è stato caro intendere et ve ne commendiamo assay che in questo vi siate governato prudentemente et fidelmente como è vostro costume […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 183  So heißt es etwa in einem Schreiben Giacomo Calcaterras an Francesco Sforza vom 2. Februar 1456: «[…] in questi dì proxime passati scrisse a vostra excellencia de quello intendeva se praticava contra la promotione del reverendissimo monsignor de Novaria et così in consequentia ultra la voluntà et affecto de vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 184 «[…] non parendo a mi bastare havere scritto [de quello intendeva se praticava contra la promotione del reverendissimo monsignor de Novaria] si io ancora dal canto mio qua non gli provedeva in quello era a mi possibile fare de bene, parlay con quanta più me fu possibile modestia et discretione a quelli de li quali le prime mie littere sopra de ciò scritte intendevano, et ad essi significay quello se diceva, quello che io sentiva, quello me pareva fusse suo debito et honore a fare et anche a fare altramente quanto me pariva fusse suo mancho de honore et vergogna. Et in summa me pare assay bene haverli reducti ne li termini del honesto et conveniente, cioè de volere fare et exequire quello è voluntà et dispositione de vostra signoria, digando parte de loro et excusandose che si lo episcopo de Novara cognosceva la sua opera et intercessione a luy potere essere fructiferta et utile la doveva rechedere et che a quelli gli[e]la havevano rechesta l’hano exhibita voluntera et de bona voglia, non credendo de errare, parte che vedendo le mente de quelli hano a fare la sopradicta promotione non in tuto disposte in favore de lo antedicto episcopo, non gli pare fallare a prendere la cosa como havere se poteva et quello pratichare gli pareva factibile, pur credo che al presente, siando tuti unanime et ad uno medesmo fine ben disposti, se exequirà quello è intentione de vostra excellencia et tanto più et meglio quanto le lettere de vostra signoria scritte a Iohanne Caymo et heri a luy presentate gionsero ad opportuno tempo, però che in esse vostra excellencia gli commanda, confirmando la mente sua circa la promotione del sopradicto episcopo de Novaria per la prima e principale de tute, che debia questa facenda communicare et consultare con messer Sceva et anche meco. Sì che spero che tuti insema mediante la gratia de dio et la bona dispositione del sanctissimo papa la conduceremo si la opinione mia non me ingana a boni termini et effecto. Il perché m’è parso per quella medesma fede et sincera devotione scrisse le prime mie littere sopra de ciò a vostra signoria, ancora similemente de quello ho dicto et adesso scritto darne aviso a vostra excellencia, aciò che de passo in passo intendendo il tuto gli proveda et gli remedia como a se piace et pare meglo. Et anche a quella supplicando che, consyderato che humana cosa è cerare et angelica emendarse come se scrive, sia contenta monstrare de non videre né cognoscere il fallo de quelli, li quali il suo errore cognoscendo habione presa la via la quale sia de voluntà et animo de vostra signoria […]» (Ebd.). 185 So warnte Sceva da Curte beispielsweise Calixt III., er werde beim König von Neapel nichts ausrichten können, wenn er diesen zu kritisieren und zu ermahnen suche, sondern im Gegenteil auf diese Weise nur die ganze Situation noch verschlimmern. Weitaus effizienter sei es indes, den Herrscher mit Liebenswürdigkeit sanft auf den gewünschten Weg zu lenken: «Et

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gen ohnehin nach, er handele nicht ganz gemäß den herzoglichen Instruktionen; ein Vorwurf, den Sceva freilich mit aller Entschiedenheit von sich wies.186 Auch der herzogliche Sekretär Cicco Simonetta schien diese Unterstellungen vernommen zu haben, sonst hätte er Sceva da Curte wohl kaum freundschaftlich ermahnt, er solle sich doch darum bemühen, im Hinblick auf die Kardinalserhebung stärker den Eindruck zu vermitteln, den herzoglichen Kandidaten zu unterstützen. Diese Warnung nahm Sceva da Curte am 3. Februar 1456 dankend zur Kenntnis und beteuerte Cicco Simonetta gegenüber, daß er stets nur das Beste für den Herzog im Sinn habe, denn er sei selbst klug genug zu wissen, daß man schon eine «bestia temeraria», eine tollkühne Bestie, sein müsse, wenn man sich über den herzoglichen Willen hinwegsetzen wolle.187 Er vergaß auch nicht alhora io, Sceva, disse, non se voliva fare mentione de irritare la maestà del re, ma allizerirelo cum suave e dolce parole, maxime perché quando la sanctità de nostro signore per li oratori facesse fare tale proteste, questa seria como una sentencia data per la auctorità papale e como dal capo de la liga. E la maestà del re se ne poria più sdegnare e seguirne pezo. […] e queste parole piaquene a la sanctità soa» (Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 7. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 186 «[…] la qual cosa me ha dato un grande affano, non perché la cossa sia, perché non n’è [..] testimonio ch’a la mia propria conscientia, ma perché me pare se io facesse quanto bene […] tanto sum sciagurato che io continuamente saria butato rabioso, aut saltem el ben fare mio may non saria agradito. Siati certo ch’io so così bene et intendo questa modestia se debia uxare in talle cose como homo che viva. E poy lo nostro illustrissimo signore me dise a bocha quillo che bisognava e fo me dato in scripto in la instructione. Et ultimo vuy per bono amore me amonisti così fare, aricordandome ch’io era posto in capo de lista de quili che in [le] sue ligationi fanno a la reversa. Io saria più che impacito se io havesse contrafacto. Non posso tenere le male lingue, ma chi l’ha dicto qui [..] [è] uno falso traditore e inventore de boxie, se mente falsamente per la golla […]» (Sceva da Curte an Cicco Simonetta, 29. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Auch in dem Schreiben, das Sceva am selben Tag an den Mailänder Herzog richtete, betonte er, daß er, entgegen allen Verleumdungen, nur die ihm von Francesco Sforza aufgetragene Aufgabe erledigt und seine Pflicht getan habe (Ebd., sub  die).  –  Am 9.  Februar  1456 ließ Sceva da Curte zudem ein weiteres dementierendes Schreiben an den Herzog folgen: «Talhora el patrono sperona el cavallo, non perché bisogna, ma per farlo più ardito et accorto, overo vostra signoria ha facto così a mi quisti dì passati, quando me scrivesti haver sentito ch’io ne lo andare mio in campo haviva sbrigliato de parole che erano reportate e despiazute a la maestà del re, overo che chi ve l’ha dicto aut scripto se parte dal vero, et halo facto per scometere e maldire, io, el quale molto più per mia natura amo le dolceze a fare omni cossa del mundo ch’a li speroni, ho havuto de quella tal significatione falsa grande despiacere, […] tanto per la imputatione, la qual essendo falsa pur bisognava tandem che venisse in lucem, ma perché hormay sonno XV anni vel circha ch’io cum omni mio studio forza et ingenio servo fidelmente a la vostra excellentia e voglio sustenire ch’io may non feci errore in cosa alcuna che me commetesti, ma più tosto ne ho ben condusse de le grande che may non me havevati comesse, debia omni fiata a la signoria vostra per male lingue essere renduto così legirio e così da pocho ch’io non debia sapere servare li debiti termini de la modestia. E como per un’altra scripsi a la vostra signoria, io de questa cosa ne ho scripto a la maestà del re, e la sua maestà humanissimamente m’ha risposto per una sua litera ch’io mando per copia a la prefata vostra excellentia, dove comprehendereti se io sia tanto legirio né se a la sua maestà è stato dicto quelo chi è significato secundo le vostre litere a la vostra excellentia» (Ebd., sub die). 187 «Respondendo a una vostra litera, dove me amoniti fraternamente a dire, fare e parlare correcto in omni cosa et maxime nel facto del cardinallato, lo qual è omnimoda intentione del

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hinzuzufügen, daß er seine Aufgabe, dem Bischof von Novara zum Kardinalat zu verhelfen, immer pflichtbewußt erfüllt habe, ja sogar bereit gewesen wäre, für diesen sein Blut zu vergießen, weshalb er auch hoffe, daß sich Francesco Sforza von dem ungerechten, üblen Gerede nicht beeinflussen lasse, gegen das er sich nicht schützen könne, weil ihm unbekannt sei, von wem es ausgehe.188 Man mag der Beteuerung skeptisch gegenüberstehen, derzufolge sich Giovanni Caimi nicht sonderlich für Giovanni di Castiglione verwandt haben will (obgleich – wie er hinzufügt – es dieser verdient hätte), weil er die Erfolgsaussichten des Bischofs von Novara, auch wenn diese nicht gut stünden,189 in keiner Weise habe schmälern wollen.190 Doch dürften die Bekundung seiner und Scevas unbenostro illustrissimo signore habia monsignore de Novaria, e che sopra omni mio dire o scrivere fi facto al contrario y hose e comenti, dico ch’io singularmente rigratio la magnificencia et la humanitade vostra, e cognosco questo avisso e li altri vostri avissi non me li dati se non per singulare amore me portati, ma bene vi avisso: non sum putho, ni così syocho ch’io bene non intenda quelo me convene ad observare, e saria più ch’a una bestia temeraria quando io facesse maxime quello che fosse contra la mente del nostro illustrissimo signore, maxime in lo facto del cardinallato […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). – An anderer Stelle sollte Sceva später schreiben, er würde, anders als viele übelwollende Zungen sagten, nie vom Willen des Herzogs abweichen – schon allein deshalb nicht, weil er selbst den Bischof von Novara wegen seiner Tugenden sehr schätze und weil dieser aus seiner patria komme: «Et io, Sceva, dico a la vostra signoria: ‹Signore mio, perché ce haveti scripto che senteti alcuno di nuy variare da la voluntà vostra in questo ch’io per me may non ho variato, ni variaria intendendo solamente la voluntà de la vostra excellentia, tanto maiormente ch’io voluntera fazo per monsignore di Novara, al qual porta reverentia, sì per le virtù sue, sì perché e cum mi d’una patria, sì perché siamo d’una professione. Io non porria tenere le male lingue o li mal scrivanti, farò mio debito cum offeririme sempre de stare al parangono e facendo el dovere mio, credo che la veritade apreso a la vostra signoria haverà el loco suo […]› » (Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 18. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 188 «[…] maxime in lo facto del cardinallato, dove io meteria più onze de sangue per farlo obtenere a monsignore nostro di Novara perché saria secundo l’intentione del signore et anche esso è da Pavia, saria pur gloria a quella citade. […] Io, compadre mio, farò el debito mio e dica male e faza cose e comenti chi voglia. El [qu]al dire maxime d’uno absente è libero a zascaduno. E quando el signore né in questo né in altro trovarà ch’io transgredisca io sarò digno de merita corressione. Quando autem per suspicione o per male lingue io fidesse abhominato a la sua signoria, como me pare comprehendere debiano essere gente che non habiano forsi altro studio, me ne recreseria. E faria però lo debito mio […]. E per certo, magnifico compadre, non so que se voglia dire questa mia proterna fortuna che sempre facendo bene e cum pura fede io sia scarpito in questo modo, e che più me dolle non so da chi et consequenter non so da chi guardarme. Nondimeno ho fiducia in dio et in la sapientia del nostro illustrissimo signore et in vuy et in li altri valent’homini chi li stano apresso» (Sceva da Curte an Cicco Simonetta, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 189 «E più oltra non dico. Salvo che vuy vedereti quanto scrivo al signore et maxime sopra lo dubio ho che monsignore di Novara non possa obtenere, che veramente qui tuti questi cardinali li sonno contrarii […]» (Ebd.). 190 «Etiamdio lo merita per la sua virtude, fede et extreme spexe e fatiche ch’io non meteria carlini per lo vescovo di Pavia, quamvis el sia anchora lui prelato a bene, e non n’è ch’io non li voglia bene anche per humanitade sua, ma se purpur o per dispositione di celli, o per altra via inexcogitata venisse fallito lo pensiero de monsignore di Novara, io me ne porria dolere e non altro fare […]» (Ebd.).

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dingter Ergebenheit und die Zurückweisung sämtlicher anderslautender Behauptungen als durch Neider in die Welt gesetzte Verleumdungen191 den Herzog zumindest beschwichtigt haben. In der Tat blieben weitere indirekte Vorwürfe von dessen Seite aus. Auch wenn Giacomo Calcaterra später seine Gefährten noch deckte, indem er betonte, er habe sich mit aller Kraft schon vor dem Erhalt der Briefe darum bemüht, daß sie gemeinsam im Sinne des Herzogs agierten, was denn auch erfolgreich geschehen sei,192 läßt sich nicht von der Hand weisen, daß sich einige Diskrepanzen zwischen dem, was die Gesandten taten, und dem, was sie zu tun vorgaben, feststellen lassen. So spielte etwa Giovanni Caimi zu dieser Zeit, zu der an der Kurie infolge der Karnevalszeit ohnehin die Maskerade gera191 «Ho

inteso quanto scrive vostra excellentia per soe lettere triplicate e quatriplicate ad messer Sceva, messer Iacobo et ad mi directive, circa il facto de la promotione de cardinali, unde ne chiarasse la soa ferma intentione essere ch’el reverendo monsignor de Novara sia preferito ad ogni altro, sia chi si voglia, et non possendone obtenere più che uno esso monsignore fosse quello sopra tuti che fosse promosto ad quella dignità del cardinalato, et che ce erano alchuni de nuy che variavano da questa opinione, a le quale, illustrissimo signore mio, secundo ’l mio pocho intellecto pare conveniente fare resposta, non per fare scuxa alchuna perché dove non è fallo non bisogna scuxa, ma per fare chiarissima la mente de vostra celsitudine […]. Et similiter voglio arditamente dire e sustenere che io ho trovato el nominato messer Sceva operarse cum ogni diligentia, studio et ingengno per adiutare a mandare ad effecto l’intentione vostra, né may lo trovate d’altra opinione né in facti né in dicti, et maxime dapoy ch’el prefato monsignore de Novara l’a rechiesto et scriptoli se adoperi per luy, et che io li fece manifesta la mente di vostra celsitudine. Mi seria stato grande traditore quando havesse preterito li comandamenti vostri, essendomene facta spectiale comissione, comme me fece vostra excellentia, la qual cosa più tosto perderia la vita che portare cum iustitia quello nome, ’l è ben verissimo che sicundo me disse vostra excellentia che prudentissimamente se bisognava deportarse in questo facto perché le male lengue e li detractori non cessano may di fare l’offitio suo, maxime contra quelle persone che vivano drictamente, unde io conoscho che per loro non è manchato ad adoperare le soa iniquitade contra messer Sceva e mi, volendo dare ad intendere a la signoria vostra che nuy adoperamo el contrario de quello che facciamo, ma non potrano già però havere tanta forsa che facciano prevaricare la nostra inmaculata fede che sempre havemo portata a la prefata vostra excellentia et quella ne vederà la experientia come per il passato manifestamente ha poduto comprehendere, et serano conosciuti et confusi di loro errori, et nuy per fidelissimi et devoti de vostra celsitudine, nundimeno esse lettere ho monstrate ad la sanctità de nostro signore et ad alchuni de questi reverendi signori cardinali tuti tri insieme et ho bona speranza sortirà ad effecto el desiderio vostro et del prefato monsignore de Novaria» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 17. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 192 «A le multiplicati littere de vostra signoria scripte in quisti dì presenti l’una poxo l’altra circa la promocione et creacione de cardinali non hè necessario rendere ho fare altra risposta, se non è che molto bene hano satisfacto al bisogno et molto bene et honestissimamente declareno la pura et vera dispositione de la mente et del desiderio de vostra excellentia circa de ciò. Io anchora me sono sforzato prima che le dicte littere adgionseno procurare et fare de ogni mia possanza che tutti uniti practicassemo et exequissimo quelo era voluntà de vostra signoria et in quelo proprio modo vostra excellencia appetiva et cossì havemo facto et facemo za più dì passati et credo che la cossa debia succedere molto bene in favore del reverendissimo monsignore de Novara si forse el mio pensero non me ingana che non credo […]. Le cosse sono bene disposte et con lo sanctissimo papa et con li reverendissimi signori cardinali, pur de tutto quelo habia a succedere infra duy ghyorni ne saremo ho fora ho dentro […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 18. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

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dezu auf der Tagesordnung stand,193 weiterhin seine Rolle und beteuerte, wie er den Herzog von Mailand wissen ließ, gegenüber dem Bischof von Modena, man würde sich aufs stärkste für ihn verwenden. Jedoch hatte er – wie er dem Herzog ebenfalls mitteilte – kurze Zeit zuvor, als er mit dem krank daniederliegenden Papst194 gesprochen hatte, nicht die Unterredung auf diesen Prälaten gelenkt, sondern lediglich erwogen, ob eher der Bischof von Novara oder der Bischof von Pavia den roten Hut erhalten sollte.195 Es überrascht wenig, daß auch bei den folgenden Gesprächen mit dem durch seine Erkrankung noch geschwächten Pontifex, den man nach wie vor dazu zu bewegen suchte, zwei Kardinäle zu ernennen, der Name des Bischofs von Modena nur kurz erwähnt wurde, während die Bischöfe von Novara und Pavia deutlich im Vordergrund standen.196 Es war letztlich Sceva da Curte, der die alles erklärende Formel fand, mit der sich das vom Herzog intendierte und das tatsächliche Verhalten der Gesandten in Einklang bringen ließen, als er beteuerte, sein Kollege Giovanni Caimi habe sich, entgegen einigen Beschwerden, die vom Bischof von Modena kommen könnten, durchaus in angemessener Weise für diesen eingesetzt. Schließlich müsse man bedenken, daß ein zu starkes und zu unnachgiebiges Insistieren für alle letztlich nur alles verderben würde.197 193  «Heri sera che fo el dì de la nostra donna quisti Catellani che stano presso al sancto padre feceno una solempne festa e cena fra loro in palazo cum maschare infinite, fra quale ce erano de molte femene vive e belle che credo pur questa matina se partino dal palazo et ordinarono uno re da la fava da carnevale […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 194 «Son già sey dì che li nostri ambasadori et così quilli di magnifici signori firentini et senesi et anche de li altri che non hanno poduta havere audientia dal papa per casone de certe doglie ch’el ha in li pedi et genochii, non so quello sequirà» (Ebd.). 195 «Poy me trovay cum quello de Modena et gli disse quanto strectamente vostra excellentia m’avea commisso lo dovesse recomendare ad nostro signore et ad tuti signori cardinali, giongendoli che io havea comissione de fare e dir in questo facto secundo che a luy pariva et me comandava et ch’el me dicesse et avisasse quanto haveva ad fare che in tuto exequiria li soy pariri» (Ebd.). 196 «Son stato cum la sanctità de nostro signore, a la quale ho presentata la lettera de la vostra signoria et pregato ch’el se degni concedere a la provintia de Lombardia duy cardinali come sempre quella è usata havere, li quali siano li reverendissimi monsignori de Novaria et monsignore de Pavia, et etiam recomandatoli monsignore de Modena strectamente, pur gli son bisog[n]ate dire poche parole, perché non sta tropo bene et iace nel lecto. Me ha risposto gratiosamente ch’el haverà recomendato vostra signoria et farà per monisgnore de Novaria quanto per l’anima soa, ho deliberato per consiglio de questi spectabili oratori vostri parlargli più longo un’altra volta ch’el sia migliorato, che a dire el vero per quello tempo stette lì cum li altri ambasadori de Firentini, Senesi et nostri che fu circha una hora me parse molto debile et ch’el cattarro gli daghi impazo perché ’l è pur grasso, dio sa quello serà di soa sanctità perché anche me pare molto anticho» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 5. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 197 «Se li farà ciò che se porrà per monsignore de Modena, s’è facto e fasse per Zohanne Caymo quelo che se p[u]ò honestamente, ma non se p[u]ò essere tanto prompto como pur in quisti altri chi non volesse guastare l’uno e l’altro. Esso monsignore de Modena pare essere sdignato cum Zohanni Caymo, e non ha raxone. E forsi scriverà male de lui a la vostra signoria, la vostra excellentia sapia ch’el tropo tirare rompe, et volendo pur cum importunità el tuto talhor se perderia el tuto» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 19. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

VII.8 „… er täte gut daran, dem Papst und ihnen die Wahl … zu überlassen“198 – Das Kardinalskollegium als Bündnispartner Da man dem Papst, der lediglich dazu bereit schien, einen Lombarden zum Kardinal zu erheben,199 angesichts des herzoglichen Insistierens offensichtlich nicht hatte verheimlichen können, daß Francesco Sforza einen Visconti gegenüber einem Castiglione vorzog,200 leitete Giovanni di Castiglione mit seinen Verbündeten einen weiteren Schritt in die Wege. So wirkten er und seine Helfer schon früh darauf ein, die zweite für die Kardinalserhebung wichtige Instanz, das Kardinalskollegium, für sich zu gewinnen. Insbesondere suchten sie, den Camerlengo Scarampo auf ihre Seite zu bringen, der sich dem Bischof von Novara, wie Sceva da Curte betonte, mittlerweile mit einem derartig entschlossenen Widerstand entgegenstellte, daß dieser kaum größer gewesen wäre, wenn Bartolomeo Visconti sich zum Papst hätte aufschwingen wollen.201 Während die Einstellung von Calixt  III. gegenüber Bartolomeo Visconti 198 «[…] el faria bene ad remettere al papa et a loro la electione […]» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). Zum vollständigen Zitat siehe unten, Kap. VII Anm. 216. 199 «Quando ebbe intesa la risposta de soa sanctità che me chiariva non se ne podeva havere duy, ma che facendone se ne haveria uno […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 200 «[…] et [la sanctità soa] volse ben chiarirse da mi de li duy quale più piaceva ad vostra excellentia, o quello de Novara o quello de Pavia, gli respose chiaramente che l’intrinsico de la voluntà vostra era totalmente ch’el fosse quello de Novarra, unde me fece bona resposta et dedime bona speranza di luy, secundo io avisay alora la vostra signoria […]» (Ebd.). 201 «[…] tuti quisti cardinali li sonno contrarii, ma specialmente monsignore lo camerlengo non fa continue mancho praticha contra di lui ch’el faria s’el volesse lo papato per se ystesso» (Sceva da Curte an Cicco Simonetta, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Angesichts dieser entschlossenen Ablehnung, die in den Quellen mehrfach unterstrichen wird (siehe u. a. auch oben, Kap.  VII  Anm. 34), ist es auch mehr als fraglich, ob der Bericht des Giovanni Caimi an Francesco Sforza vom 5. Februar 1456 zutrifft, demzufolge der Camerlengo zwei Tage später den Herzog nicht nur überschwenglich gelobt und als zweiten Alexander den Großen gepriesen, sondern auch versprochen haben soll, den Bischof von Novara beim Erstreben des Kardinalshutes zu unterstützen: «[…] continuando [a] visitare quisti reverendissimi signori cardinali et maxime monsignore il camerlengo ogi fra gli altri resonaniti, respondendo [ad] alchune de quelle cose gli ho dicto per parte vostra, m’a dicto che dal principio ch’el sentì may nominare la [signoria] vostra continuamente l’ha amata singularmente, che fu in li primi tempi vostra signoria vene a li servitii de la felice et [sa]ncta memoria del duca Filipo et luy era ad Padua, che tanto sentiva de la fama et virtù vostra che non gli pariva menore che fosse stata quella de Alexandro Magno, ch’el se deliberò venire a trovare vostra signoria cum intentione de exercitarse nel mestero de l’arme, bench’el fosse poy inspirato per de[o] pigliare altra via, […] ne ringratia summamente la vostra excellentia, concludendo che in ogni modo vole essere de la signoria vostra, et quella tenire per soa et habia luy per verissimo suo amico et servitore. Et ch’el è contento per vostro rispecto adoperarse per monsignore de Novaria. […] dapoy che gli ho facto intendere che la excellentia vostra l’ha per singulare padre et cordiale amico et [a] cosa alchuna che ve podesse essere dicta né stripta de male de la soa reverendissima signoria vostra excellentia non daria fede né poria credere per condictione del mondo et che ne avisaresti la signoria soa sempre, me pare etiam che per le dicte parole et per de le altre che l’habia assay

VII.8 Das Kardinalskollegium als Bündnispartner

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variierte und die Phasen, in denen sich der Papst kritisch und abfällig über den Bischof von Novara äußerte,202 hin und wieder von Momenten unterbrochen wurden, in denen er sich durchaus positiv über diesen aussprach,203 lehnte die Mehrheit der Kardinäle eine Verleihung des roten Hutes an Bartolomeo Visconti konsequent und kategorisch ab.204 Als verhängnisvoll dürfte sich für den Bischof von Novara dabei natürlich sein eher unglückliches Agieren im Kampf gegen Giacomo Piccinino erwiesen haben, denn – so schreibt zumindest Giovanni Caimi – wenn der Bischof von Novara in dieser Auseinandersetzung ebenso viel gewonnen hätte, wie er bereits verloren habe, dann bestünde kein Zweifel daran, daß Bartolomeo Visconti nicht nur Kardinal, sondern auch Papst würde.205 Auch wenn dies erkennbar eine Übertreibung ist, dürften indes wenig Zweifel darüber bestehen, daß der bewußt exzessiv betriebene Versuch des herzoglichen Gesandten, den Prälaten von jeglicher Schuld an den Mißerfolgen reinzuwaschen,206 Bartolomeo Visconti eher geschadet als genutzt hat, denn mittigato cum monsignore de Novaria in modo ch’el s’è proferto adoperarse in suo favore» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 202 «[…] ma etiam me pare el papa non perseverare in così bona opinione come el me paria de prima, ch’el sia el vero vostra excellentia potrà vedere la copia d’una risposta in scripto che fece l’altro dì la signoria soa a li vostri oratori, quali gli mandono una littera che gli scriviva de campo el prefato monsignore, de la quale ne mando la copia introclusa ad questa, altre non tropo bone parole soa sanctità de luy ha usate non scrivo, et non le ho per ben signale» (Ebd.). 203 «Denique fossemo cum la sua sanctità a parlare di facti de monsignore de Novara e ch’el non stava a luy e li standardi de sancta chiexa cum così poche gente e che la fede, devocione e summa dilligencia del prefacto monsignore merita d’essere favorita e fortificata altramente, et in summa ritrovassemo la sanctità sua molto ben disposta e non dimostrò nulla che dimonstrava a li dì passati e ha ordinato che nuy stessi faciamo fare li brevi e comissione e quelo che bixogna per remetere le gente a sufficientia in campo per sua fortificatione e per farli omni favore possibile. Et similiter parlandoli io, Iohanni, in fama e recomendacione sua per facto del capello la sanctità sua rispoxe che non bisogna ricomandarli coluy che ello ama tanto quanto la sua propria persona» (Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 7. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 204 «Io anday poy da tuti cardinali et fece le simile rechieste e recomendatione per parte de vostra excellentia, et a dire el vero ad vostra signoria non trovay nessuno de loro che havesse tanta dispositione bona verso quello de Novara quanta haveva trovata nel papa, et la più parte me disseno in secreto che la signoria vostra faceva bene ad recomandare li soy amici, ma non intendeva bene el giocho, dico che gli ne trovay pochi pochi dicessino per luy, né che gli piacesse le recomendatione de luy, benché com savii signori me dedero bone parole generale. […] li cardinali per la più parte non siano ben disposti verso el povero monsignore de Novara» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 205 «s’el havesse tanto guadagnato quanto senza soa colpa ha perduto et cum suo grande danno, pericolo et spexa, non dico ch’el seria facto cardinale, ma seria facto papa» (Ebd.). 206 «[…] senza soa colpa ha perduto […]. Io dico, comenzando dal corpo per fine a piedi, ch’el sia vero l’ordine che soa signoria havea facto de tenere tanti homini d’arme cum soe coraze et tanti fanti, non è may stato observato secundo ch’el volea tenere ad Magliano ducento vinticinque coraze e doamilia fanti, electi tanti per squadra, may non li ha poduti havere, apena la mita ne ha havuto, el più son state le nostre povere gente, son però stati così lenti li signori senesi in mandarli li soy fanti et di guastatori quanto quisti de la giesia, Symoneto se grava et dice non p[u]ò comandare a li soy perché li signori firentini non lo paghino et lo tractano non bene, mo de novo quilli pochi homini d’arme del signore Napolione, del principo et de le lanze-spezate

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

die hierfür angeführten Gründe wirkten in ihrer Überzogenheit unglaubwürdig bis hin zur Lächerlichkeit. Die übertriebene Protektion, die der Herzog dem Bischof von Novara zuteil werden ließ, machte sich Giovanni di Castiglione, der bewußt darauf geachtet hatte, daß die Empfehlung, die er für sich selbst geschrieben hatte, alles andere als überbordend war,207 zudem zunutze. Denn diese sehr starke herzogliche Fürsprache mochte sich für den Bischof von Novara negativ auswirken, wenn man sie, wie Giovanni di Castiglione und seine Vertrauten es taten, geschickt zu lancieren vermochte. So konnte man aufgrund des ohnehin zwischen der Kurie und dem Herzogshof schwelenden Konflikts über die Entscheidungshoheit bei der Vergabe von lombardischen Benefizien leicht den Eindruck erwecken, der Herzog versuche nun, auch in diesem Fall dem Kardinalskollegium seinen Willen mit allen Mitteln aufzuzwingen. In der Tat scheint dieser Schachzug gelungen zu sein, denn ansonsten hätte es einer der Kardinäle wohl kaum für nötig erachtet, dem herzoglichen Gesandten dezent und mit der Bitte um völlige Diskretion zu signalisieren, daß man dem Bischof von Novara reserviert gegenüberstehe und zu bedenken geben wolle, daß die Kirche selbst nie so dreist wäre, sich herauszunehmen, in das Hoheitsgebiet des Herzogs überzugreifen, um etwa einen Statthalter in Cremona einzusetzen.208 Ein von Francesco Sforza durchaus anerkannter, wenngleich nicht favorisierter Prälat mochte dem auf seine Unabhängigkeit und freie Mitsprache pochenden, konkrete Vorschriften von außen ablehnenden Kardinalskollegium in dieser Situation als der geeignete „Kompromißkandidat“ für die Auszeichnung mit dem roten Hut erscheinen. Giovanni di Castigliones Karten für eine Kardinalsernennung waren daher ausgesprochen gut. Auch der Gefahr, daß der Bischof von Modena sozusagen als „lachender Dritter“ siegreich aus diesem Machtkampf hervorgehen könnte, wußte er vorzubeugen. Und so teilte Giovanni Caimi dem Herzog denn auch alsbald mit, daß weder der Papst noch die Kardinäle der Kandidatur Giacomo Antonio Della Torres Sympathie entgegenbrächten.209 che erano cum luy sono revocate, sì che ogni suo designo gli fo rotto per quilli che fano per lo papa et per questo non gli mancha imputatione assay, el povero homo se storticha per ben fare et tuto perde, che dio voglia ne habia honore, la qual cosa me pare imposibile perché ogni persona che se adopera in quisti facti, dico de questi de za, fanno tuto ’l contrario de quello denno fare, et pare ch’el sia un zogo da presenti, et lo papa voria, secundo ch’el dice, fare bene, da tuti li soy fu inganato […]» (Ebd.). 207 Siehe hierzu oben, Kap. VII Anm. 150. 208 «Et gli fo alchuno non di minori [cardinali] che me fece iurare de non parlare may cum veruno se non cum vostra signoria et non voleva ch’el scrivisse che me disse alchune cose, el quale poy visitandolo de le altre volte, recommendandoli el facto de Novara, me respose queste parole: ‹Credeti, Iohanne, ch’el duca de Millano fosse contento che la chiesa mettesse ad suo nome uno locotenente in Cremona? basta, un’altra volta voglio parlare cum vuy, andati› […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 209 «Ma de quello de Modena non fo papa né cardinale che me ne facesse risposta né parola veruna. Io prometto per l’anima mia che io fece et usay tuta quella dilligentia che dovea secundo l’intentione de la celsitudine vostra» (Ebd.).

VII.8 Das Kardinalskollegium als Bündnispartner

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Während Giovanni di Castiglione mithin seine Fäden spann, in denen sich Bartolomeo Visconti und Giacomo Antonio Della Torre nach und nach verfingen, versuchte Giovanni Caimi sein eigenes Verhalten dadurch zu legitimieren, daß er am 4.  Februar 1456 Cicco Simonetta hinter dem Rücken des Herzogs signalisierte, er werde auch weiterhin versuchen, den herzoglichen Wunsch zu erfüllen, da eine Realisierung dieses Anliegens große Ehre mit sich bringe.210 Doch sollte sich (was mehr als wahrscheinlich sei) die konkrete Alternative stellen, daß man entweder niemanden oder den Bischof von Pavia zum Kardinal erheben werde, so wolle er unbedingt letzteren unterstützen,211 auch wenn dies hieße, daß Francesco Sforza hiervon keineswegs angetan wäre.212 Leiste man aber dem Bischof von Pavia in solchem Fall keinen Beistand, so liefe man – was der Herzog noch nicht durchschaut habe und man ihm auch noch nicht so deutlich sagen könne – Gefahr, schließlich ganz ohne Kardinal dazustehen. Der Bischof von Novara sei, obwohl er sich Tag und Nacht abmühe, an der Kurie ausgesprochen unbeliebt, insbesondere seitdem er sich auf den Konflikt mit dem Erzbischof von Ragusa eingelassen habe.213 Nunmehr ginge die Abneigung gegenüber diesem Prälaten sogar so weit, daß einige verkündeten, sie würden den Kardinalshut lieber in «la merda» schmeißen als zuzulassen, daß Bartolomeo Visconti diesen erhalte.214 Giovanni di Castiglione hingegen sei allseits beliebt und gern gesehen,

210 «Me sforzerò et adoperò ogni industria et diligentia per exequire quello m’è comandato et scripto perché tanto più honor ne acquistarò quanto mazor faticha gli durarò» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 211 «Ad ogni modo s’el se ne farà in queste tempora, come per la più parte se ne tene fermo se ne farà, ne haveremo uno, ben ve dico che quando io veda pur ch’el non sia per andare facto al Novariense, inanzi che lassare che non habiamo io dirò largamente del Papiense nostro» (Ebd.). 212 «Et questo dico perché uno amico dà ad intendere a la brigata che facendo el Papiense et non lo Novariense cesaro non seria contento et seria facto tuto el contrario de la voglia soa» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 213 «[…] Facciovi risposta per el vero che se non se governa questo nostro facto cum summa discretione per nuy che siamo qui, nonobstante quello ne scrive el nostro illustrissimo signore, corre pericolo che non perdiamo per l’uno e per l’altro. El volere tanta gente recomendare fastidia la brigata che oldino io scrivo largamente come vederà vostra magnificentia al nostro illustrissimo signore, et non dico anchora tanto quanto n’è che ’l è facto tanto exoso el nostro monsignore de Novara al papa, ad cardinali et ad tuta questa corte, dapoy che ’l a pigliata questa impresa del campo contra el Raguxino che non è persona che l’olda voluntiera nominare, anzi se ne beffano per le grande promesse ch’l a facte. Et questo non me pare già ch’el sia per soa colpa, che pur el se stenta dì e nocte cum grande spexa et faticha, et pare che niente faccia che acepta sia» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 214 «et sono de quilli che me hanno dicto che buttariano più tosto el suo capello in la merda che consentire ad quello rechiede el nostro cesare» (Ebd.). Vgl. auch oben, Kap. VII Anm. 34. – Wie man einer späteren für den Herzog bestimmten Notiz aus dem Monat März entnehmen kann, ging auch die Abneigung des Kardinals Orsini so weit, daß er den Herzog mit allen Mitteln davon zu überzeugen suchte, daß Bartolomeo Visconti dem Pontifex feindlich gesonnen sei und sicher nie das tun würde, was der Papst sich erhoffe: «me dice de monsignore de Orsini, el quale tre fiate fu con summa instantia ad pregare la sanctità de nostro signore, recommendandolo per generale interesse de tutto il collegio loro poi per sua specialità, dicendo che il vescovo de Novara

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

so daß es keinerlei Schwierigkeiten mit sich bringen werde, ihn ins Kardinalat zu befördern, ja dessen Popularität reiche sogar so weit, daß man fast den Eindruck gewinnen könne, als würde man an der Kurie den Herzog am liebsten dafür anklagen, daß er nicht ihn als seinen bevorzugten Kandidaten auserkoren habe.215 Nicht wenige Stimmen würden laut, die forderten, der Herzog solle doch dem Pontifex und den Kardinälen die Entscheidung überlassen, welcher von den beiden Kandidaten der geeignetere sei, da sie deren Eigenschaften besser kennen würden als er.216 – Insbesondere der letztgenannte Aspekt dürfte ein Indiz dafür sein, daß die Strategie, auf die Kardinäle zu setzen, für Giovanni di Castiglione ebenso erfolgreich zu sein versprach, wie es seine Bemühungen gewesen waren, sich mit den herzoglichen Gesandten gut zu arrangieren.

VII.9 „… für denjenigen von Pavia tun wir, was wir können“217 – Im unmittelbaren Vorfeld der Kardinalskreation Wie sehr Giovanni Caimi – der es angesichts des schlechten Gesundheitszustandes Calixts III. auch nicht ausschloß, daß die Neuwahl eines Papstes noch vor der Ernennung der Kardinäle anfallen werde218 – bei seinem Vorgehen in enger Abgli era capitale inimico, poi vedendo che non poteria movere la sanctità de nostro signore per le promesse haveva facte, tandem con le lachryme [..] disdegnato cominciò ad sconzurare che sua sanctità era ad questo disposta ello non voleva esserli traditore, et come ingereriato da Venetiani [..] zurava de esserli sempre adverso ad ogni cosa che sua sanctità cercasse, et non solum in vita, ma quando altro fusse de sua sanctità de essere inimico ad tutti li suoy, unde compiacendoli in questo prometteva in ogni cosa esserli obedientissimo et, volendo alcuno da suoi o altri elegere che a la sanctità sua fosse grati, prometteva la voce sua et de sette altri cardinali […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub mense). 215 «El nostro de Pavia è lo contrario, che da tuti ’l è amato et ben veduto, dico che ad farlo luy cardinale non gli serà difficultà veruna, anzi quasi ne fu imputato el nostro illustrissimo signore ch’l non prepone luy, non podendone havere altro che uno» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 216  «et altri diceno ch’el faria bene ad remettere al papa et a loro la electione de questi duy perché loro conosceno meglio li preyti […]» (Ebd.). – So ist es auch nicht verwunderlich, daß es in einer späteren an den Herzog gerichteten Notiz aus dem März heißt, der Kardinal von Rouen habe darauf hingewiesen, daß all das, was der Mailänder Herzog zugunsten des Bischofs von Novara geschrieben habe, zu dessen Schaden gewesen sei: «[…] anchora molto gli hè stato contrario monsignore Rothomagense, dicendo che ogni cosa che vostra excellentia faveca in mandare e scrivere era per importunità d’esso monsignore de Novara […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub mense). 217 «de quelo de Pavia, se li fa quelo che se p[u]ò […]» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 19.  Februar  1456, ASMi, Sf., PE, Roma  43). Zum vollständigen Text siehe unten, Kap. VII Anm. 226. 218 «A dirve el vero non posso anchora ben discernere quello debia seguire perché porria accadere che sicome cercamo de fare cardinali porria seguire che ne bisognaria fare un papa, sia quello che a dio piace» (Giovanni Caimi an Cicco Simonetta, 4. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma  43).  –  Zehn Tage später folgte jedoch die Entwarnung. Obwohl der Papst nun

VII.9 Im unmittelbaren Vorfeld der Kardinalskreation

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sprache mit dem herzoglichen Sekretär wie auch mit Giovanni di Castiglione arbeitete, verrät sein am 4. Februar 1456 an Cicco Simonetta gerichtetes Schreiben. In diesem erwähnt Caimi, er habe „ihrem Paveser“ seine und die Wünsche und Anliegen Ciccos erläutert und ihm unterbreitet, was sie in dieser Hinsicht beide gemeinsam „ausgebrütet“ hätten.219 Auch Sceva da Curte, der Pate Ciccos, der zwar nicht direkt in diesem Kontext, jedoch unmittelbar danach erwähnt wird, als Giovanni Caimi sich selbst und Sceva dem herzoglichen Sekretär empfiehlt,220 dürfte in diese „Geschäfte“ involviert gewesen sein. Inwieweit indes Calcaterra von Beginn an in die Sache eingeweiht war, ist fraglich. Vermutlich wurde er nach und nach ins Vertrauen gezogen, denn allem Anschein nach verteidigte er Sceva da Curte, als dieser in die Kritik geriet,221 und nahm auch Giovanni Caimi in Schutz, als sich der Bischof von Modena mehrfach negativ über diesen äußerte.222 Schließlich deckte er dann wohl sogar die Machenschaften der anderen dadurch, daß er in den Briefen, die man gemeinsam an den Herzog sandte, stets

schon mehr als zwei Wochen daniederliege, hieß es in dem Schreiben der drei Gesandten an den Herzog vom 14. Februar 1456, handele es sich um nichts Bedrohliches, verlasse Calixt III. doch deshalb nicht das Bett, weil er davor zurückschrecke, beim Aufstehen und Stehen das Knie, in dem er Gicht habe, zu belasten: «et licet el non si a levato de lecto già più de quindice dì passati, non per male ch’el habia, né per altra casone, se non per dubio che uno zenochio ove ha la gotha non se li venisse a infiare stando susso, e non li desendesse li humori, et per consequens, como stando nel lecto la gotha non li dolle, forse porria adolorarse, non resta ch’el non daga audientia al lecto, e fa qui omni dì consistorio cum cardinali per fare questa armata de galee» (Ebd., sub die). – Am 18. Februar 1456 hatte sich der Papst jedoch wieder von seinem Krankenlager erhoben, wie die herzoglichen Gesandten Francesco Sforza an diesem Tag wissen ließen: «Heri sera fossemo da la sanctità sua fin a tre hore di nocte perché sua sanctità è guarita e levata e sta bene de la persona» (Ebd., sub die). 219 «Al nostro de Pavia ho explicato el desiderio de vostra magnificencia et mio et quanto in questo facto havemo ventilato fra nuy, et hovi recomendato a la sanctità soa e a li reverendissimi cardinali, quali tuti gratiosamente hanno havuto caro esse recomendationi» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 220 «Non so che altro dire, se non che me recomando sempre a la magnificencia vostra et la prego se degni tenerme recomandato ove bisogna, similiter el vostro caro compare d. Sceva che ve so certare ve porta singularissimo amore» (Ebd.). 221 Zumindest nahm der Herzog am 14.  Februar  1456 in einem Schreiben an Giacomo Calcaterra darauf Bezug, daß dieser ihm gegenüber das Verhalten des Sceva da Curte zu entschuldigen gesucht habe: «Alla parte ne scrivete in excusatione de misser Sceva de quelle parole sono state refer[i]te, havemo havuto caro el vostro scrivere» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 222 «Postremo rechesto da Iohanne Cayme et anche per rendere testimonio a la verità perché intendo che lo reverendo monsignore episcopo de Modena se lamenta de luy, et a vostra signoria deve haver novamente scritto che esso Iohanne nel facto de la promotione del cardinalato non ha facto recommendatione alcuna de luy, como era dispositione de vostra excellencia, sapia vostra signoria che in molti loci, dove io me sum trovato, esso Iohanne lo ha recommandato honestamente et caldamente come se conveneva, et a molti reverendissimi signori cardinali. Vero è bene che ne le recommandatione faceva de luy gli preponeva lo episcopo de Novaria et lo episcopo de Pavia segondo diceva havere in mandato et impositione da vostra signoria […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 18. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

darauf achtete, den Eindruck zu erwecken, man bemühe sich mit aller Kraft um den Bischof von Novara.223 Doch Giovanni di Castiglione war bei seinen Vorbereitungen für seine Erhebung ins Kardinalat inzwischen noch einen Schritt weitergegangen und hatte dafür Sorge getragen, daß er an der Kurie nicht nur über die Kardinäle und die herzoglichen Gesandten als Fürsprecher verfügte, sondern auch Referenzen des Königs von Ungarn vorweisen konnte  –  Referenzen, die im übrigen so eindrucksvoll gewesen zu sein scheinen, daß er es sogar als sinnvoll erachtete, sie einem Brief an Cicco Simonetta in Abschrift beizufügen.224 Noch am 18. Februar 1456 schrieb Sceva da Curte dem Herzog, er sei sich sicher, daß der Papst den Bischof von Novara und möglicherweise auch den Bischof von Pavia zum Kardinal erheben werde.225 Sogar noch am 19. Februar 1456 bestand nach Sceva da Curte kein Zweifel, daß der Bischof von Novara am nächsten Tag mit dem roten Hut bedacht werde. Im übrigen tue man, was man könne, damit der Bischof von Pavia ebenfalls zum Kardinal erhoben werde, umso mehr als auch der dem Herzog ergebene Bischof von Siena den roten Hut erhalten werde und vielleicht auch Cosimo de’ Medicis Neffe, für den sich Francesco Sforza ebenfalls eingesetzt habe, so daß nicht nur die Toskana, sondern auch die Lombardei über zwei Kardinäle verfügen werde.226 223 So heißt es beispielsweise in dem Schreiben, das Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi am 14. Februar 1456 an den Mailänder Herzog sandten: «Al facto del cardinallato nuy per quelo possiamo comprehendere havimo che vostra signoria non ne porrà havere più como uno al presente et essendo così nuy facimo omni studio, cura et dilligentia principalmente per monsignore di Novara in executione de le litere e voluntà de la vostra signoria, a la qual speremo se adaptarà la sanctità de nostro signore et havemoli bona speranza» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 224 «[…] per vostra consolatione sapiate che uno giorno denanze a li quatro tempore passati gionsero le lettere de lo re de Ungaria a lo papa et collegio de cardinali in mia recommendatione, et in optima forma et humanissima como vedereti per la copia qui inclusa et ve so dire che le a mandate proprio motu. nostro signore lo ha abiuto grato, et quisti signori cardinali tanto più como me sono affectissimi […]» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 4. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 225  «Al facto del cardinallato nuy tuti concorditer li havimo facto tuto quelo sia posibile fare in cosa del mundo et havimo optima speranza se fazano o tuti duy o alma[n]cho monsignore de Novara, de questo qui non li havimo dubio […]» (Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 18. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 226 «Me rendo certo che domani el nostro monsignore di Novara omnino sarà pronuntiato cardinale, de quelo de Pavia se li fa quelo che se p[u]ò che anchora lui li sia secundario loco, maxime perché el papa volle fare per lo primo cardinale citramontano monsignore lo vescovo di Sena, il qual veramente è tuto devoto partexano e servitore de vostra signoria e ve ne porriti valere quanto de li vostri proprii, volle etiam fare quelo nepote de Cosmo, como intendemo, per lo qual ha scripto vostra signoria e mandato qua Lanzalloto da Figino, sì che non mancho merita Lombardia havere duy cardinali como Toscana, essendo etiam solito esserve li duy a li altri tempi e talhora tri» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 19. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Zu Lancellotto da Figino [auch Lancillotto da Figino, Lancillotto de Brippio da Fighino] siehe Leverotti, Diplomazia e governo, S. 169 ff.; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 179 mit weiterer Literatur.

VII.10 Das „Scheitern“ der Kardinalskreation

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VII.10 „Am Ende ließ er alle aus dem Palast jagen … und man sagt, niemand wurde ernannt“227 – Das „Scheitern“ der Kardinalskreation Bereits am 20. Februar 1456 meldete jedoch der herzogliche Gesandte Alberigo Maletta,228 der erst zwei Tage zuvor in Rom eingetroffen war,229 man habe ihn von verläßlicher Seite soeben darüber unterrichtet, daß der Papst gerade mit dem Kardinalskollegium übereingekommen sei, nun doch keine weiteren Ernennungen vorzunehmen.230 Und auch Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Giovanni Caimi teilten dem Herzog noch an diesem Tag mit, sie hätten vernommen, den Kardinälen sei es im Konsistorium gelungen zu bewerkstelligen, daß der Papst entgegen allen Versprechungen davon abgesehen habe, weiteren Prälaten den Purpur zuzugestehen, und er es offenbar auch in der nächsten Zeit, wohl selbst im Falle seiner Neffen (was alle sehr verwundere), nicht tun werde.231 Einen Tag später, am 21. Februar 1456, lieferte Sceva da Curte seinem Herrn weitere Nachrichten über diese recht unerwartete Entwicklung, die für die Mailänder wohl umso überraschender gewesen sein mochte, als der Papst selbst zugesichert hatte, den Bischof von Novara am 20. Februar 1456 mit dem Kardinalshut zu bedenken.232 Auch hatte man gesehen, daß Bartolomeo Visconti als herzoglicher Kandidat auf der Liste der sicheren Kardinalatsanwärter geführt wurde, die zudem die Namen von zwei Nepoten Calixts III. enthielt sowie den des vom König von Kastilien unterstützten Bischofs von Zamora, des weiteren den eines Infanten 227 «In finem fece cazare omniuno fora del pallatio […] e dicese che non se n’è facto nisuno» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 21. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43); zu diesem Zitat siehe ausführlich unten, Kap. VII Anm. 234. 228 Zu Alberigo [Alberico] Maletta siehe Leverotti, Diplomazia e governo, S. 197 f. 229 «Illustrissimo signore mio, non heri, ma l’altro zonze qua a Roma» (Alberigo Maletta an Francesco Sforza, 20. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Siehe auch das an den Mailänder Herzog gerichtete Schreiben des Sceva da Curte vom 19. Februar 1456: «Mo è gionto qua fin heri d. Albrico» (Ebd., sub die). 230 «Hogi che hè venerdì ogni homo expectava che la sanctità del nostro signore dovesse creare de molti cardinali, ma son avisato da persona digna che perfin a lune passato la sua sanctità remaste de acordio cum li signori cardinali de non creare al presente cardinale alcuno, vedendo la instancia grande che era facta per molti signori e signorie, ma niuno dignamente se p[u]ò più dolerse de la vostra signoria, a la qualle certamente fi facto torto asay a non creare uno cardinale de li soy» (beigefügte Notiz des Alberigo Maletta zu seinem Schreiben, das er am 20. Februar 1456 an Francesco Sforza richtete, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 231 «La sanctità del nostro signore haveva dicto e delliberato ad ogni modo de volere fare pareghi cardinali e cossì a pareghi haveva datto promessa ferma. Et ozi essendo tuti li cardinali in consistorio tanto hano saputo dire e fare che secundo intendiamo non ha facto ni farà nisuno in queste presente tempore, [n]i etiamdio li proprii nepoti, dil che ognuno se dà a maravegliare grandamente. E questo per quanto se sapia fin’a qui, ma sia como se voglia, ho facti o no questo, hè certo che de nesuno di nostri non hè facto mentione alcuna. Il che hè stato contra tante promesse che non deverieno essere state rotte […] dal papa. Secundo sentiremo più ultra avisaremo la vostra illustrissima signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 232 «A le promisse ample e larghe haviva facte la sanctità del papa omniuno teneva per certo che monsignore nostro di Novara per lo menno dovesse essere heri creato cardinale» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 21. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

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des portugiesischen Königs, den eines Kandidaten des Königs von Aragon, den des Bischofs von Siena (dessen Ernennung der Kaiser und der ungarische König befürworteten) sowie die eines römischen Protonotars und eines Neffen von Cosimo de’ Medici. Lediglich darüber, ob auch die Bischöfe von Pavia und Brescia zu den Auserwählten zählten, habe Unklarheit bestanden.233 Der Pontifex habe, so berichtete Sceva da Curte, als man sich zur Erhebung der Kardinäle versammelt hatte, alle aus dem Gebäude jagen und an den Türen über fünfzig Bewaffnete aufstellen lassen; die Kardinäle hätten ihn jedoch davon überzeugen können, daß eine unter diesen Umständen zustande gekommene Kardinalskreation ein großer Skandal sei, und so habe am Ende keine Verleihung des Purpurs stattgefunden.234 Den herzoglichen Gesandten nannte der Papst schließlich zwei Gründe dafür, daß die angekündigte Aufnahme von Bartolomeo Visconti ins Kardinalskollegium nicht zustande gekommen sei: zunächst den überwältigenden Andrang von Anwärtern und dann die allseitige Ablehnung, auf die der Bischof von Novara gestoßen sei.235 Den ersten Punkt führte auch der herzogliche Gesandte Troylo236 als Argument für den Meinungswandel des Papstes an, war dem gerade aus Neapel zurückgekehrten und sich nun in Rom aufhaltenden Gesandten doch zu Ohren gekommen, daß die Ursache für diese Kehrtwende insbesondere beim König von Aragon liege. Dieser habe seine Feindschaft angedroht, falls nicht sieben seiner Prälaten den Purpur erhielten. Sollte aber seine Forderung erfüllt werden, so habe 233 «ymo el papa havia monstrato una lista ad alcuni de volerne omnino fare dice, cioè duy suoy nepoti et uno Zamorensis per lo re di Spagna, et uno nepote del re di Portugallia, et uno per lo re d’Aragona. e cinque citramontani, cioè lo vescovo di Sena per opera del imperadore et del re d’Ongaria, el vescovo di Novaria per la vostra signoria, uno nepote di Cosmo per la vostra signoria e per Cosmo, e lo prothonotario Cessarino romano per questo populo; poy stava in dubio de quel de Pavia o de quel de Bressa [= Piero da Monte] […]» (Ebd.). 234 «In finem fece cazare omniuno fora del pallatio, como li cardinali tuti forono in consistorio, e fece metere in le camere devanti cinquanta homini armati o più, e fece sarrare le porte del pallatio e guardare cum gente d’arme di fora […], in finem pare che li cardinali tuti unitamente hanno saputo fare e dire in tal modo che ha havuto dubio de gran scandalo e dicese che non se n’è facto nisuno» (Ebd.). 235 «Al facto de non havere sua sanctità facto cardinali, como haviva promesso, la sua sanctità, in grande secreto, n’ha dicto duy respecti perché ha lassato, l’uno fu per troppo domandatori che non se p[u]ò ben dire lo tutto, l’altro per lo grande hodio de cardinali contra monsignore de Novara, del qual prendo maraviglia pur asay. E che fin ad esserli inproperato el tempo de papa Eugenio a Firenza non li sono manchati. Nuy r[e]spondessemo questo non procedeva perché in luy fusse errore perché se li fusse stato tanto errore papa Eugenio non l’ha haveria poy recevuto a la sua gratia, ni el cardinale de Sancta Croce l’haveria favorito, qual fu homo sancto, ma lo facevano perché lo cognosceve fidele et obediente et anche animoso, e dubitano quando el ge fusse e la sanctità sua comandasse una cossa seria altramente obedita che non è al presente. E dicesseme che monsignore de Novara veneria bene a diffendere l’honore suo, e la sua sanctità rispoxe li bisognava bene venirlo a purgare» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 26. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 236 Troylo hatte an der Kurie eine Zwischenstation auf dem Weg von Neapel nach Mailand eingelegt. So heißt es in einem Schreiben des Sceva da Curte an Francesco Sforza vom 22. Februar 1456: «[…] Troylo, el quale partirà a XXIIII° del presente per venire da la vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die).

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er durch ihm wohlgesinnte Kardinäle dem Pontifex in Aussicht stellen lassen, auf Giacomo Piccinino einwirken zu wollen und diesen, der seit langem in einem zermürbenden Kampf die Kräfte der italienischen Mächte band (welche der Papst gerne in die Kreuzzugsvorbereitung einbezogen hätte), zu einem Friedensschluß zu bewegen.237 Sceva da Curte wiederum nahm an, der Papst, der so viele Versprechungen gemacht habe, empfinde nun Scham, sei deshalb derart einsilbig und betone lediglich, er habe mit guten Absichten und zum Besten aller gehandelt.238 Aus einer sehr geheimen Quelle will aber auch er erfahren haben, daß der König von Aragon für die ausbleibenden Kardinalsernennungen verantwortlich sei. Scevas Informationen zufolge soll der Papst an jenem Freitag, an dem die Vergabe der roten Hüte vorgesehen war, von Alfons V. zwei Briefe erhalten haben, in denen die sieben Prälaten aufgeführt wurden, die der Herrscher zu Kardinälen erhoben sehen wollte. Die Schreiben des Königs hätten die Warnung enthalten, wenn jene Prälaten nicht berücksichtigt würden, werde er dies als Beweis dafür ansehen, daß die Kurie ihm übel wolle, und den Papst und das Kardinalskollegium als Todfeinde betrachten.239 Daß der Monarch tatsächlich die besagten Nominierungen 237 «[…] sonno certo che da li vostri qua sariti avisato a bocha e per littere perché è restata la electione de li dicti cardinali, come era ordinato. che secundo io comprehendo è rimasto per rispecto del re di Ragona e de alchuni altri cardinali del re per la dimanda grande ch’el faceva, che s’el se ne facesse nissuno de li altri, ch’el voleva se ne facesse septe de li suoy. Et che altramente teneria luy e la giesa per inimica e de li cardinali per vincere la loro ponta, e per odio contra alchuni e forse se dicesse per odio vostro non direbe bosia. anchora intendendo che li dicti cardinali li hanno offerto la pace del conte Iacomo per la via del dicto re, per la quale offerta el papa si è inclinato. E molto se incomenza a placare con lo predicto re. la signoria vostra è sapientissima e non li bisogna consilio. me rendo certissimo che così come haviti facto le altre cose prudentissimamente, sapiti ordinare e seguire questo, zoè a fare ch’el dicto re ve rimagna bono amico et bono parente e così el papa amico e benivolo, […] e prima sapiati ch’el dicto re ha promiso et offerto a certi signori del reame e così a certi cardinali qui in corte de mettere el stato, denari e la vita per vincere questa ponta e de non may abandonare el conte Iacomo e non per bene de esso conte Iacomo, ma per li dicti rispecti e per altre rasone che la signoria vostra p[u]ò comprehendere. è la gagliardia ch’el dicto re ha sopra questo facto, prima è ch’el vede la vostra signoria essere sola in questo, l’altra ch’el se tene per certo vincere la voluntà del papa et inclinarlo a la sua […]» (Troylo an Francesco Sforza, 22. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 238 «De facto di cardinali nullo n’è facto, el papa qual così largamente haviva promesso nonché a nuy, ma a molti altri veramente me acorzo se ne vergogna. E may non ha parlato se non due parole dicendo quello ha facto l’ha facto a bon fine e per lo meglio» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 22. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 239 «Nuy per non lo irritare, ni corere dreto al tempestato l’haimo collaudato, dicendo sapemo che gran casone e licita li debbe essere stato perché sapemo fa omni cosa cum sapientissimo consiglio. Me so voluto sforzare d’intendere la caxione et una persona secretissima m’ha dicto che alcuni de quisti cardinali che hanno la benivolentia de la maestà del re […], maxime monsignore lo camerlengo, hanno tenuto modo che zobia de nocte, venendo lo venerdì che se dovivano creare, forono presentati due litere de la maesta del re al papa, l’una era venuta in XXIIII, l’altra in XVIII hore, erano directive al papa et al collegio di cardinali cum una lista de VII da fir facti cardinali a instantia de la maestà del re, e di una in effectu che se cardinale nisuno se faciva e non se facessero tuti questi VII che allhora voliva dire ch’el papa e cardinali li volevano male e li haveria per nemici capitali» (Ebd.).

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durchzusetzen beabsichtigte, hielt Sceva da Curte indes für unwahrscheinlich; vielmehr glaubte er, die ganze Inszenierung habe lediglich das Ziel gehabt, den Papst einzuschüchtern und jegliche Kardinalserhebung zu unterbinden, was denn auch eingetreten sei.240 Insgeheim hofften die herzoglichen Gesandten dennoch, es werde doch noch verkündet werden, einer der ihrigen habe diese Auszeichnung erlangt. So meinte etwa Giacomo Calcaterra, der Camerlengo habe bei einer Unterredung Ende Februar  1456 angedeutet, daß man doch herzogliche Kandidaten auserkoren habe, dies allerdings vorerst geheimhalten wolle.241 Bei dieser Unterredung hatte Kardinal Scarampo zunächst bemerkt, er sei sehr erleichtert, diesmal nicht mit einem Empfehlungsschreiben belästigt zu werden, in dem ihm das Wohl eines Anwärters ans Herz gelegt werde.242 Als Sceva da Curte dann einwandte, hätte man den herzoglichen Wunsch erfüllt, so würde er gewiß nie wieder behelligt werden,243 entgegnete der Kardinal, Sceva solle sich nur unbesorgt mit seinen eigenen Sachen beschäftigen, denn die Kardinäle hätten eigentlich eine bessere Entscheidung getroffen, als sie (die Lombarden) es verdient hätten.244 Mochte dies 240 «E questo non fo facto perché el re se credesse che se facesero a sua posta VII cardinali, ma per intimorire lo papa. E per far non se ne facesse nisuno, como s’è facto, aricordando a vostra signoria ch’io molto bene vedo e cognosco chi tira drito e chi da traverso in questa corte […]» (Ebd.). – Jegliche Kardinalserhebung hatte der König von Aragon jedoch nicht verhindern können, denn im Geheimen hatte der Pontifex durchaus drei Prälaten den roten Hut verliehen, was jedoch erst im September bekannt gegeben wurde. Siehe dazu unten, Kap. VIII Anm. 60. 241 «dapoy parendo a mi quanto più gli pensava il sopradicto parlare essere stato pur assay extraneo et insolente et in parte dubitandome che le parole antedicte ‹nuy cardinali havemo facto meglo che non meritati› potesseno forse havere qualche bono sentimento, cioè interpretandole che forse havesseno creato qualchi cardinali a complacentia de vostra excellencia et quello ordinato de tenere secreto per qualche bon respecto […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 28. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 242 «Essendo uno de questi dì proxime passati andati messer Sceva ed io da monsignor camerlengo per recommandargli Troylo, il quale era insema con essi, nuy tra le altre cose poso il parlare fecimo de li facti d’esso Troylo, sopra del che me remetto a quello che luy ne la venuta sua referirà a bocca a vostra signoria, hebemo a presentare certe littere in recommandatione de uno nostro amico al prelibato monsignore, le quale recevendo luy disse: ‹laudato sia dio che queste non sono littere in recommandatione de cardinali, de la quale cosa tante volte questi dì passati me haveti fastidito› […]» (Ebd.). 243 «al che respondendo messer Sceva disse: ‹almanco voy signori cardinali havesti facto in forma che non havessemo casone nel avenire de fastidirvi più, cioè havesti compiazuto a la honesta rechesta del signore nostro› […]» (Ebd.). 244 «del quale parlare luy impatiente gli disse: ‹voy, messer Sceva, andate pur dreto a le materie vostre; nuy cardinali havemo facto meglo che non meritati›. A la quale resposta a mi non parse de dire altro, ma solamente feci bocca de ridere et tacui. Così presemo licentia da luy» (Ebd.). – Auch Sceva berichtete dem Herzog am 22. Februar 1456 von diesem Gespräch mit dem Camerlengo, ohne jedoch daraus die Schlüsse abzuleiten, die Giacomo Calcaterra zog: «D’un altro nostro amico, el qual ha dicto a un certo proposito a domino Iacomo et a mi, presente Troylo, che nuy andamo pur dreto a le materie nostre. Et item diceno nuy maravigliarse che non fosse facto cardinale nisuno, rispoxe e disse che era facto più che non meritamo. Troylo ve ne informarà. Io non volsi responderli perché vostra signoria me fa essere talhor più continente e più sobrio che non saria bisogno, pur dixi che non essendo facto cardinal nisuno, non ve che nuy

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den herzoglichen Gesandten auch als positiver Wink erscheinen, so wurden sie dennoch enttäuscht, denn zu einer Dreiergruppe dann überraschend doch mit dem Purpur bedachter Prälaten gehörten, wie man später erfuhr245 – trotz aller getroffenen Vorkehrungen  –  weder Giovanni di Castiglione noch die anderen beiden herzoglichen Kandidaten, die Bischöfe von Novara und Modena (von denen letzterer ohnehin schon eine Zeit lang davon ausgegangen war, daß vorerst gar keine Kardinäle erhoben würden246). So mußte der Pontifex, den Giacomo Calcaterra aufgesucht hatte, um Gewißheit zu erlangen, den Gesandten alle Illusionen nehmen.247 Auch wenn der Papst den zweifellos ungehaltenen Herzog damit zu beschwichtigen suchte, daß das vermeintliche Erwecken von falschen Hoffnungen durch den Camerlengo Scarampo nur dem Neid entspringen könne, den viele auf die enge Freundschaft hegten, welche ihn, den Papst, mit Francesco Sforza verbinde, so ist dennoch bemerkenswert, daß Calixt III. noch einen Schritt weiterging. Er versprach, den „Übeltäter“ für sein „diabolisches Gerede“ dadurch zu bestrafen, daß er diesen, der dem Herzog wohl sehr feindlich gesinnt sei248 und non meritamo meglio che nulla. Crediti, signore mio, me frizeva el core de dire più oltra, ma essendoli quisti altri predicti e non respoxero, io anchora lassay de non dire più oltra per non essere reputato tropo fochosso apresso a la vostra excellentia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 245 Siehe hierzu unten, Kap VIII Anm. 60. 246  «La risposta ch’el me fece fo ch’el regratiava grandemente vostra signoria e mi et che luy se credeva che in quelle tempora non se faria cardinale veruno […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 3. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 247 «Me deliberay per intendere il tuto et per declaratione de questo trovarne con la sanctità de nostro signore. Et questo è accaduto opportunamente, habiandome quella facto dire novamente me volesse trovare a li pedi de sua beatitudine solo, però me voleva parlare de alcune cose de le quale de sotto farò mentione. Unde sapia vostra signoria che, siando io da essa beatitudine et havendogli dicto che uno certo cardinale haveva usato le sopradicte parole et non nominando io chi ello se fusse, volse sua beatitudine gli dicesse chi era digando che non me dubitasse lo tenerebe secreto. Et dapoy tuta miraveglandose de così superbo parlare et quasi suspirando disse: ‹Sapie che questo parlare non ha parte alcuna de bono, né se gli p[u]ò dare bona alcuna interpretatione, però non havemo creato né facto cardinale alcuno› […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 28. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 248 Der Herzog war bislang anscheinend davon ausgegangen, daß ihm Scarampo großes Wohlwollen entgegenbringe; so schrieb er am 20.  Februar  1456 an Caimi: «havemo inteso quanto tu ne scrivi de le cose de là, alle quale havemo facto risposta per altre comune ad vuy tri insieme, come tu vedray, solo resta quella parte tu ne scrivi del parlamento facto col reverendissimo monsignore camerlengo et quanto confidentemente, largamente et amorevolissimamente sua reverendissima signoria te ha explicato el grande amore et affectione ch’ella ne porta et la stima et concepto fa de nuy et de le cose nostre, del che havemo preso tanto piacere, gaudio et contentamento quanto dire se possi. et volemo che retrovandote col prefato reverendissimo monsignore ringratii la sua signoria da nostra parte de tanto humano et benigno parlare, de tanta carità et affectione quanto ce ha monstrato continuamente et monstra, la qual cosa ad nuy non è cosa nova, ma notissima et certissima più che quella propria non te ha dicto. Et quello che la sua reverendissima paternità ha dicto de nuy, et la grande opinione ch’ella ha, è proceduto e procede più dal grande amore et cordiale benivolentia ch’ella ne porta che per el vero, peroché in questo sua signoria se ingana per superchio amore, ma quello che si siamo, la reverendissima sua paternità n’ha cognosciuto che sempre gli siamo stati et così vogliamo essere più che may bono amico et bono figliolo per le sue grandissime virtù […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die).

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der sich auch despektierlich über den Bischof von Novara geäußert habe, durch eine Legation von der Kurie entfernen werde.249 Giovanni di Castiglione mochte sich damit getröstet haben, daß er bei der nächsten Kardinalserhebung zu den Auserwählten zählen werde. Vermutlich klingt deshalb auch keine allzu große Enttäuschung in dem Schreiben vom 27. Februar 1456 mit, in dem er Francesco Sforza für die Unterstützung dankte und diesen darauf hinwies, daß die nun bald nach Mailand zurückkehrenden herzoglichen Gesandten Alberigo Maletta250 und Giovanni Caimi, die von der Kardinalsernennung berichten würden, ebenso wie die an der Kurie verbleibenden herzoglichen Gesandten in Rom sehr gute Arbeit geleistet hätten.251 Auch Giacomo Calcaterra verfocht das Prinzip der Beharrlichkeit und ermutigte den Herzog daher am 28. Februar 1456, mit seinen Bemühungen, Bartolomeo Visconti zum roten Hut zu verhelfen, fortzufahren, da angesichts des Wohlwollens, mit dem der Pontifex dem Bischof von Novara begegne, die Chancen, das 249  « ‹[…] ance è uno parlare tuto venenoso et costuy che ’l ha proferto non è ponto amico del signore tuo et ogni dì me stimula con novo ingegno et nova arte per fare che me leva da la amicitia et benivolentia porto al duca, la quale perché la dura et sta solida et firma tra esso duca et io non potresti estimare quanto gli sia molesto et quanto affano et invidia ne habia, ma pur non haverà possanza de dissolverla et non se curaremo de luy con il suo Sathan, il quale lo tene ligato, et se studiaremo de levarvelo denance et mandarlo fora a la impresa de le galee, acioché dapoy siamo liberi de tute queste sue cotidiane diabolice machinatione et arte, et non habia casone de impediri li nostri designi et voluntate come ha facto questa volta peroché non potresti pensare quanto excommunicate parole habia dicto de lo episcopo de Novara aciò non gli dessemo il capello et nuy per non confundere esso episcopo, al quale havemo animo de servire et in questa dispositione stagamo perché ello lo merita et anche per non volere damnificare lo honore del duca de Milano, il quale lo prepone et è il più idoneo et più fidele a se de quanti ne prepone, se siamo deliberati de soprasedere et differire perfine a tanto possiamo exequire il volere nostro senza scandalo, dissensione et alteratione alcuna›. De le sopradicte cose et ragionamenti m’è parso mio debito darne notitia a vostra signoria et questo ho facto voluntera principalmente per duy respecti, l’uno aciò sapiati il tuto et intendiati de che animo sia il sopradicto camerlengo verso vostra excellencia et anche que iudicio ne facia la sanctità del papa. Ben prego et supplico vostra signoria sia contenta questo mio scrivere non comunicarlo con altri et specialmente non ne voglia fare mentione alcuna con messer Albrico Maleta cioè che io habia scritto de questo, il quale messer Albrico segondo intendo ha impositione dal prelibato monsignore camerlengo parlare sopra de ciò a vostra signoria in excusatione d’esso camerlengo, il quale o cognoscendo havere errato overo pentendose del parlare suo ha mandato per il dicto messer Albrico et con quello s’è excusato al meglo ha saputo […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 28. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 250 Alberigo Maletta brach am 26. Februar 1456 aus Rom auf: «Messer Albrico se partirà ogy ad hore XVI di qua et pocho poxo, a le XVIII, se partirano li oratori de la maestà del re per venire a Milano» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 26. Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 251 «Ritorneno da la signora vostra messere Alberico et Iohanne Caymo, per li qualli pienamente sarà informata de le cose de qua, et specialmente cercha el fatto de promotione de cardinali, e però non me extendo più oltra, credo anche quisti vostri oratore li qualli restano qua certificarano la excellentia vostra del tutto. Loro [h]ano molto bene exequitto la commissione vostra e forse più nanze del debito. Nientedemeno io rengratio sommamente la signoria vostra, la qualle p[u]ò disponere alto e basso del so vero servitore e quando più potesse più me p[u]ò mettere a lo so partito et servitii, per tanto affectuosamente prego la clementia vostra che se degna al tempo advenire haverme a core» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die).

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nächste Mal einen Erfolg zu erzielen, recht hoch seien. Auf jenen, der versuche, Francesco Sforza vom Gegenteil zu überzeugen (gemeint ist wohl wiederum der Camerlengo), solle der Herzog nicht hören, denn dies könne nur ein Lügner sein oder jemand, der sich selbst etwas vorgaukele.252 Allerdings habe man ihm, Giacomo, berichtet, daß zwei Kardinäle gesagt hätten, sie würden es nicht gutheißen, wenn der Bischof von Novara den roten Hut erhielte, denn wenn dieser in ihrem Kreis sitze, könne man nichts mehr tun, ohne daß sogleich Francesco Sforza durch diesen Informanten davon Kenntnis erhielte.253 Überließe der Herzog daher allein den Kardinälen die Entscheidung, würden diese sicherlich einen ganz verschwiegenen Mann mit dem roten Hut bedenken.254 Folglich sei es wohl nützlich und löblich, wenn der Herzog erneut die Initiative ergreife und einen Brief an Calixt III. schreibe, in dem er diesem bedeute, wie sehr er es bedauere, daß der Bischof von Novara diesmal nicht die Kardinalswürde erhalten habe, und in dem er darum bitte, daß Bartolomeo Visconti doch wenigstens das nächste Mal zu den Auserwählten zähle.255 Der Papst hatte indes selbst dem Herzog in einem Schreiben, das er wenige Tage zuvor als Empfehlung für den nach Mailand zurückkehrenden Giovanni Caimi verfaßt hatte,256 bedeutet, daß er die Kardinalsernennung von Giovanni di Castiglione und Bartolomeo Visconti in Zukunft durchaus für möglich halte.257 252 «L’altro respecto che me ha mosto a scrivere le presente lettere sie acioché vostra signoria intenda che la mente de nostro illustrissimo signore il papa molto bene persevera ne la bona dispositione de la promotione de lo antedicto episcopo de Novara et chi altramente volesse persuadere a vostra excellentia o mentisse overo se ingana, sì che, illustrissimo signore mio, perseverando vostra signoria in questo proposito, como credo debia perseverare, non se dubita succederà quello se dice nel proverbio ‹chi la dura si la vence› et acioché vostra excellentia intenda si ha casone de dovere perseverare in questo proposito […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 253 «vi notifico che duoy cardinali segondo che novamente m’è stato referito hano havuto a dire che loro non appetiscono la promotione de lo antedicto episcopo de Novara però che quando luy fusse nel ceto et consiglio de loro cardinali non se potrebe fare cosa de che subito non ne desse aviso a vostra signoria» (Ebd.). 254 «ma che si vostra excellentia lassa fare a loro vi ne darano uno che serà tacito et secreto» (Ebd.). 255  «il quale parlare que et quanto importa lasso il iudicio a vostra signoria et non me extendo più ultra per questo, excepto che una sola cosa non per via de consiglio che a mi non specta, ma per recordo voglio commemorare a vostra signoria che a mi parerebe utile et laudabile che vostra excellentia scrivesse una littera a la sanctità de nostro signore, ne la quale vostra signoria con quello honesto modo vi parirà se condolesse che sua beatitudine al presente non habia promosto il dicto episcopo et dapoy instantissimamente supplicasse per quello in essa medesma littera, facia però vostra signoria in questo come a se pare et piace, prendendo il mio recordo in bona parte» (Ebd.). 256 Die Rückkehr Caimis verzögerte sich jedoch wegen dessen Erkrankung um einige Wochen: «Iuhanni Caym è qui infermo […]. Io lo ho visitato et […] dolutome del suo male […]. Lui spera de partire infra 4 dii. Credo lo suo male tutto sia de passione et dolore de core, remorso et represo dalla propria consciencia» (Battista de Brendis an Francesco Sforza, 13. März 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Zu Battista de Brendis siehe unten, Kap. VIII Anm. 53. 257 Siehe hierzu das Schreiben von Papst Calixt  III. an Francesco Sforza vom 24.  Februar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43.

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Nachdem das Projekt der Kardinalsernennung jedenfalls vorerst nicht erfolgreich hatte realisiert werden können und es auch nicht mehr sehr wahrscheinlich schien, daß eine Kreation zu Ostern anstehen würde,258 wandte Giovanni di Castiglione offenbar sein Augenmerk zunächst kurzzeitig familiären Angelegenheiten zu, wie etwa der Zuführung weiterer Besitztümer durch Franchino di Castiglione259 oder der causa Grassi, die ihn schon im Januar des Jahres 1456 beschäftigt hatte.260 Schon im April 1456 richtete er seinen Blick jedoch wieder auf das Reich und Ungarn, auf sein früheres Tätigkeitsfeld, das ja auch das von Branda di Castiglione gewesen war. Francesco Sforza Nachrichten aus diesem Raum zukommen zu lassen261 und dadurch die herzogliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, schien 258  Falls diese stattfinden sollte, schienen ohnehin nur die Neffen des Papstes, der Kandidat des portugiesischen Königs und der Bischof von Siena Aussichten zu haben. So schrieb Sceva da Curte am 13. März 1456 an Francesco Sforza: «S’è pur facto de novo alcuna mentione de creare cardinali a questa pascha, maxime che li nepoti e de Borges e così quili del re di Portugalia a chi fermiter è stato promesso molti sonno a le cingie a nostro signore, non so que se farà perché molto è perplexo e variabile in questo facto, maxime perché cardinali [..] ne vorrebeno nullo, pur se ne farà pur fin a tri, vostra signoria sapia che monsignore de Sena sarà uno» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 259 Giovanni di Castiglione bat seinen Verwandten Franchino am 13.  März  1456, ihm einige Sachen, darunter einiges Silber, zu schicken, die ihm in Rom nützlich sein und zur Ehre gereichen konnten: «Scrivo a lo mio cusino messere Francesco da Castillione sollicita questa expeditione, la qualle desidero sommamente perqué quelle argentere e altre cose me sono necessarie me faseveno pure qualche honore» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 260 Damals waren Unstimmigkeiten zwischen Giovanni di Castiglione und einem Martino aus der renommierten Mailänder Familie Grassi aufgetreten, als dieser sich einiger Güter Giovannis bemächtigt hatte. Der Bischof von Pavia hatte daraufhin beschlossen, seinen Kontrahenten zur Lösung des Problems an die Kurie zitieren zu lassen, was jedoch der Landesherr Francesco Sforza als einen den Parteien nur unnötige Kosten verursachenden Schritt zu unterbinden gesucht hatte; obendrein wies er darauf hin, daß diese Sache, die eine weltliche und keine kirchliche sei, in Mailand geklärt werden solle. An Francesco Sforzas ablehnender Haltung gegenüber einer Anrufung der Kurie in der bewußten Streitsache änderte sich auch im folgenden nichts. Giovanni di Castiglione lenkte daher ein, freilich dabei nicht ungeschickt den Herzog in Richtung einer Entscheidung in seinem Sinne umwerbend. Letztlich scheint Francesco Sforza die bis 1459 belegte Streitsache mit der Durchsetzung seiner Gerichtsbarkeit aber doch auf ein für Giovanni di Castiglione ungünstiges Feld geführt zu haben. Zu dieser causa siehe die Schreiben Francesco Sforzas an seine Gesandten vom 16. Januar 1456, den gemeinsam von Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra verfaßten Brief an den Herzog vom 13. März 1456, Sceva da Curtes Schreiben an diesen vom selben Tag, Giovanni di Castigliones Briefe an Francesco Sforza vom 13. März 1456, vom 27. April 1456, vom 15. Februar 1457, vom 30. April 1457 und vom 24. Mai 1459, die herzogliche Instruktion für Orfeo da Ricavo vom 18. Mai 1456 sowie die Schreiben Giovanni di Castigliones an Cicco Simonetta vom 25. Mai und vom 29. September 1456 [ASMi, Sf., PE, Roma 43/44/45, sub die (Alemagna 569 für Giovanni di Castigliones Schreiben vom 27. April und vom 29. September 1456; Marca 144 für dessen Schreiben vom 24. Mai 1459)]. 261 So berichtete Giovanni di Castiglione dem Herzog am 27. April 1456 insbesondere über das Vorgehen des – von ihm selbst per Brief angespornten – János Hunyadi gegen die Türken: «Ritourna da la illustrissima signoria vostra lo magnifico et spectabile cavalero messere Sceva instructissimo del tutto, tanto del passato como de lo presente. Solo per questa notifico a essa vostra signoria che havemo nova como Iohanne Uuayuoda alias governatore de Ungaria con molti

VII.10 Das „Scheitern“ der Kardinalskreation

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dem Bischof von Pavia umso wichtiger zu sein, als Mitte April 1456 das Thema der Kardinalserhebung an der Kurie wieder stärker diskutiert wurde. So teilten Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo262 ihrem Herrn am 10. April 1456 mit, sie hätten sich, nachdem Calixt  III. zunächst gegenüber Bartolomeo Visconti negativ gestimmt gewesen sei,263 nun, da sich die Gelegenheit erstmals wieder günstig gestaltet habe, beim Papst für den Bischof von Novara eingesetzt. Im Augenblick wären dessen Chancen, einen Kardinalshut zu erhalten, in der Tat nicht schlecht, auch wenn ihm die Mehrheit der Kardinäle nach wie vor sehr ablehnend und nahezu feindschaftlich gegenüberstünde.264 Deshalb solle Franbaroni et altri ha preso la croce contra lo Turcho. Lo despoto de Servia [= Durad Branković] è liberato. Del acordo tra el re e lo ditto governatore non havemo altro, ma spero tandem seguirà. Io per le mee lettere ne ho molto confortato la soa sanctità et cossì lo governatore» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). 262 Zu Orfeo da Ricavo [auch Orfeo da Cenni] siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 164. 263  «Non havendo havuta la opportunità et habilità più presto de parlare a la sanctità de nostro signore per li facti del reverendissimo domino lo episcopo de Novaria et questo però che alchune fiate è stata occupata in altri facti he raxonamenti e non lì he stato el tempo a questo et alchuna volta l’haveva trovato non tropo ben disposto anze turbato verso lo veschove et questo in queli giorni che tropo e tropo se agrezava in volere venire ad sua sanctità, cosa a quela per certo molestissima quanto dire se potesse […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 264  «heri sera, offerendose el tempo congruo et opportuno et vedendo nuy sua beatitudine in ogni bona disposicione he gracioxità, li havemo amiduy parlato in recommendatione del dicto episcopo, sopra del che comenzando io, Orpheo, seghondo l’ordine prexo e concluxo tra nuy, prima per parte de vostra signoria, cum quela honstestate, reverencia et modestia de parole si conveneva uxare, li dissi vostra excellencia marevigliarse et anche dolerse che al tempo statuito et ordinato aciò, maximamente poxo tale e tante promisione facte, sua beatitudine non havese promosto a la dignitate e grado del cardinalato lo antedicto monsignore de Novaria, essendo in vostra signoria, la quale supplicava et anch’a in esso episcopo, per lo quale fuxeva supplicato, molte et infinite caxone de specialità che certamente non verrà da essere denegato quando anchora no havese creato alcuno altro, et in questo dilatandome quanto haveva da vostra signoria in comandamento et anchora consultando la cosa tra noy, parse necesario a dire al ultimo, concludendo, che quelo non era anchora facto, che vostra excellencia fermamente spera se dovese fare, non patisse più longhe dillacione et se metesse al più presto in bono effecto, sopra de questo humilmente pregando he supplicando a nome de vostra signoria dapoy io, Iacobo, exequendo quelo era mia parte a dovere dire et prima tra noy firmato se havese a così fare, regraciay la beatitudine sua de quelo amorevelo e benignissimo breve ve haveva scripto sopra de questo pleno de ogni promisione he certeza in volere per ogni modo promovere lo predicto episcopo et de questo che così volese fare quanto me fuy possibile, melio he devotissimamente lo pregay per parte de la vostra excellencia, narrandoli el placere ne harebe vostra signoria, la consolacione, el gaudio, et similmente per lo contrario la turbacione he molestia ne prehenderisti non havendo loco questo, el che vostra excellencia tanto al presente desidera quanto sia altra cosa a questo mondo. Halduto ne hebe la sua sanctità ne rispoxe queste parole formale che per boni et molti respecti non haveva anchora perfine al presente potuto ho voluto a la sopradicta dignità he grado promovere alchuno et che sempre era stata et era ben disposta in volere complacere a vostra signoria de questo in persona del dicto monsignore, el quale nonobstante havese molti he molti contrarii, adversanti et inimici in forma che quasi se potese dire che sola sua beatitudine li fusse propicia e favorevele, non­dimeno haveva a stare de bona volia perché lo renderebe consolato he ben contento he presto et così haveva a stare securo de questa promocione quanto si l’havese le bolle in manno, et così ne ha dicto che debiamo a vostra signoria scrivere che per ogni modo ha deliberato fare, et così ve

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

cesco Sforza dem Papst jetzt auch zahlreiche Empfehlungsschreiben zugunsten Viscontis schicken.265 Diese Nachricht nahm der Herzog freudig zur Kenntnis266 und bat seine Gesandten, sich außerdem für die Bischöfe von Pavia und Modena einzusetzen,267 sofern die Vergabe des roten Hutes an Bartolomeo Visconti als promete anche al presente. Questa sua risposta, illustrissimo signore nostro, crediamo sia anchora iudicio de vostra signoria a noy e parse optima he quanto dire se possa favorevele he propicia et quela facendo nostro signore ne pariva la dicese con grande ardore, amore et affectione de mente verso vostra excellencia et ancha verso lo antedicto episcopo» (Ebd.). 265 «Quelo che adesa habia a fare più ultra vostra signoria circha de ciò lasamo el iudicio he consideratione de vostra perfecta e summa prudencia. Ma pur perché rispondendo vostra excellencia ad alchune littere de mi, Iacobo, me scrive la volia avixare si harrà a fare più una cosa che una altra a mi parirebe sottointendome sempremay a la corectione e volere de vostra signoria che aproximandose le quatro tempore, ne le quale se exstima che nostro signore habia a fare le dicte promocione de cardinali, et non più presto che alora, vostra excellencia de novo li scrivisi iterum atque iterum quanto dire se potese strectamente in questo, pregandoli et supplicandoli et sopradicto ricordandoli le promese tante volte facte […]» (Ebd.). – Die Aufforderung, der Herzog möge zugunsten von Bartolomeo Visconti an den Pontifex schreiben, wiederholte Giacomo Calcaterra noch einmal am 29. April 1456: «Exspecto con desiderio qualche littere de vostra signoria a la beatitudine del papa in recommendacione et commendacione de la promocione de lo reverendissimo monsignore lo episcopo de Novaria, tante fiate per nostro signore promisa, et queste serrà benissimo, como per altre mie ho scripto a vostra signoria, vengheno a tempo, cioè avante le quatro tempore proxime a venire, ne le quale perhò me pare vedere non se habia a fare niente ho almancho men pocho» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 266 «Dilecti nostri, inteso quanto ne scrivete vuy, misser Iacomo, et tu, Orpheo, de la humanissima et clementissima risposta ad vuy facta per la sanctità de nostro signore et de la certa et indubitata speranza ad vuy data in el facto del reverendissimo monsignore de Novara nostro de promoverlo omnino alla dignità de lo cardinalato, ne havemo preso et prendiamo tanto piacere et contentamento che non lo porissemo scrivere, de la qual cosa volimo ringratiate per nostra parte la sua beatitudine con quella più reverentia et summissione che ve sia possibile. Pregandola et supplicandola che la se degni de farne in ciò contenti et consolati come sua sanctità ha dicto et promesso, le cuy parole tegnamo come lo evangelio, et così vuy non gli mancarete de cura, solicitudine et diligentia che queste quatro tempora non passano ch’el dicto monsignore de Novara sia promosto omnino cardinale et che nuy habiamo questa allegreza per tutte quelle rasone et casone che per tante nostre ve havemo scritto, ad le quale ne referimo senza replicare altramente» [Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo (mit „ss“ gekennzeichneter, eigenhändig unterschriebener Brief), 28. April 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 43]. Bereits zwei Tage zuvor, am 26. April 1456, hatte der Herzog ein Schreiben mit identischem Wortlaut verfassen lassen, das lediglich kleine orthographische Abweichungen enthielt. Dieses hatte Francesco Sforza jedoch nicht unterzeichnet (siehe ebd., sub die). Des weiteren liegt das auf den 25. April datierte, den vollen Wortlaut beinhaltende herzogliche Konzept eben dieses Schreibens (Ebd., sub die) vor. 267 «Li reverendi monsignori, el vescovo de Pavia et monsignore de Modena, similiter recommandarete a la prelibata sanctità che la se degni etiamdio promoverli, et per l’uno et per l’altro de loro farete quella opera et diligentia et con quella caldeza et fervore che fareste in veruno nostro facto più importante perché non ve poressemo dire quanto haveremo caro ogni loro bene et honore et exaltatione per l’amore et affectione che li portiamo per le loro singulare virtute et probiate et auctoritate, la qual cosa ascriveremo ad gratia et beneficio immortale» [Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo (mit „ss“ gekennzeichneter, eigenhändig unterschriebener Brief), 28. April 1456 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 43]; zu dem sehr ähnlichen Schreiben, das der Herzog bereits zwei Tage zuvor hatte verfassen lassen, siehe Anm. 266.

VII.10 Das „Scheitern“ der Kardinalskreation

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gesichert gelten könne.268 Zugleich ersuchte er sie, dieses Engagement für die Bischöfe von Pavia und Modena nach außen hin so deutlich zu machen, daß, anders als beim vorherigen Mal, keine Klagen von deren Seite laut werden könnten.269 Daß auch der Bischof von Modena, zumindest formal, wieder zu den Nutznießern herzoglicher Fürsprache gehörte,270 mag kaum überraschen, zumal der Herzog erst wenige Tage zuvor ein Schreiben erhalten hatte, in dem sich der 268 «Vederete quanto de novo vi replicamo per questa altra in el facto di cardinali, per le quale intenderete quanto sia el nostro desyderio in questa materia. Vedrete etiamdio per le copie incluse quanto supplicamo a la sanctità de nostro signore et al sacro collegio de signori cardinali remettendo la credentia in persona de vuy tri, ma credemo che misser Sceva et Orpheo serano partiti alla recevuta de questa […]. Concludendo adunque in poche parole dicemo che primo et principalmente vi sforzarte omnino de aconzare el facto de monsignore de Novara, poy quando questo sia aconzo per li reverendi monsignori de Papia et de Modena farete ogni opera et metterete ogni cura, diligentia et studio equalmente per l’uno como per l’altro, et con quella caldeza et ferventia che faresti in operare per la persona nostra propria perché ogni honore et exaltatione sia reputatione debia cede[re] in nostro beneficio più che suo, per el grande amore et affectione che li portiamo per le sue probitate, virtute, doctrina et sapientia […]» (ursprünglich für Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo vorgesehenes, schließlich nur an Giacomo Calcaterra gerichtetes, eigenhändig unterzeichnetes und mit „ss“ markiertes Schreiben des Mailänder Herzogs, 28. April 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Die in diesem Brief erwähnten, an den Pontifex und an das Kardinalskollegium gerichteten Schreiben, die gleichfalls das Datum vom 28. April 1456 tragen, finden sich unmittelbar hinter dem an Giacomo Calcaterra adressierten Schreiben in ASMi, Sf., PE, Roma 43. 269 «Nuy vi scrivemo questa lettera perché la possiate monstrare ad nostro signore prima et principalmente per satisfactione del facto de monsignore de Novara, deinde per monsignore de Papia et de Modena […], et perché intendemo che pur se lamentano che Iohanne Caymo non s’è coperato in el facto loro con quella fede et caldeza che voriano, nuy vi mandiamo la copia d’una breve, quale ne scrive sua sanctità che excusa molto ben el facto suo, s’el vi parirà glilo porrete etiamdio monstrare et fatene quello vi pare, ma sforzativi de fare ogni demonstratione et opera che vi sia possibile che intendano perfectamente che per nuy né vuy non sia mancato che obtengano el suo desyderio, de la quale cosa nel vero nuy havessimo singularissimo piacere et reputaressimo ad singulare gratia che succedesse, dicta nostra lettera non monstrarete se non ad nostro signore, ma [a] li prefati monsignori parlarete largamente et fate ogni demonstratione como è dicto perché riputassimo che havendo loco questa loro promotione cedesse quasi più di nostro beneficio che de loro proprii» (laut dem herzoglichen Konzept vom 25. April 1456 zu chiffrierende Passage eines an Sceva da Curte, Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo gerichteten Begleitschreibens, ASMi, Sf., PE, Roma 43). In diesem Sinne heißt es auch in einem wenige Tage später verfaßten herzoglichen Brief: «[…] fate che intendeno et comprendano per effecto che siamo equalmente affectionati ad l’uno et l’altro, che non gli siamo mancati nuy né vuy in cosa alcuna, governandove in questo facto con summa diligentia, summa prudentia et circumspectione che coluy de loro che pur restasse et non potesse conseguire el voto suo in questa materia cognosca et comprenda chiaramente che né per nuy né per vuy sia mancato ad fargli l’ultimo depossanza per adimpire el desyderio suo et nostro» [Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 28. April 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43]. 270 «[…] nuy scrivemo ad li nostri là del facto vostro che ne parlino et facino quella instantia ad nostro signore et per tutto dove bisognarà che farano per nuy medesmi et gli scrivemo tanto efficacemente quanto ne è possibile et così preghiamo dio ne succeda quello che sia satisfactione et contentamento de la vostra reverendissima signoria perché l’haveremo così cara como quella propria perché siamo certissimi che ogni honore et exaltatione de la reverendissima paternità vostra tornarà in nostro benefico più che vostro […]» (Francesco Sforza an Giacomo Antonio Della Torre, 25. April 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43).

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Bischof für die ihm im Vorfeld der letzten Kardinalserhebung zuteil gewordene Hilfe aufs freundlichste bedankte.271 Dennoch dürfte die Schlußpassage des herzoglichen Schreibens vom 28. April 1456, angesichts der Popularität Giovanni di Castigliones an der Kurie, als Entscheidung zu dessen Gunsten aufzufassen sein, wies Francesco Sforza doch in dieser Schlußpassage seine Helfer an, sie sollten, so man nicht Giacomo Antonio Della Torre und Giovanni di Castiglione durchsetzen könne, letztlich denjenigen unterstützen, bei dessen Erhebung es weniger Widerstände zu überwinden gelte.272 Der Bischof von Pavia plante jedoch, seine Stellung noch auszubauen.

VII.11 „… sehr ungern sehen sie mich weggehen, aber die Notwendigkeit zwingt mich“273 – Das Erwägen einer Rückkehr ins Reich Da Ungarn zu dieser Zeit durch die fortschreitende Türkengefahr ein so brisantes Feld wurde, daß sich selbst Giacomo Calcaterra genötigt sah, dieses Themenfeld wenigstens kurz in seiner Berichterstattung anzuschneiden,274 schien die von 271  «Questi dì recevessimo una vostra de dì XXIIII° del passato, la quale vene un pocho tardetta, et inteso quanto la reverendissima vostra signoria ne scrive circa el facto de la promotione et quanto la ne regratia de l’opera nostra apresso nostro signore per nostra materia, alle quale respondendo dicemo ch’el non bisogna che la prefata vostra signoria ne ringratia de quella che reputiamo nostro officio et nostro debito verso quella per l’amore et affectione che la portiamo per le sue singulare virtute. El ne rincresce ben et dole che la cosa non sia succeduta ad votum como era nostro desyderio et nel vero Iohanne Caymo, el quale questi dì retornò qua, ne ha dicto et affermato […] che non gli manche cosa veruna ch’el potesse operare per satisfare ad la voluntà de vostra signoria et nostra […]» (Ebd.). 272 «In ultimo concludeno per quello chi trovarete sia meno difficultà et dove possiate condure la cosa quando non se potesse obtenire la promotione per tutti duy, il che ad nuy seria gratia immortale […]» [Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 28. April 1456 (wie S. 272 Anm. 267), ASMi, Sf., PE, Roma 43]. 273 «[…] malvolentera me vedono partire, ma el bisogno me constrenze […]» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 25. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). Zum vollständigen Zitat siehe unten, Kap. VII Anm. 290. 274 «De li facti de la fede christiana como paseno per rispecto a li preparamenti del Turcho contra christiani et maximamente al presente a quali et quanti periculi stia le parte del regnamo de Ungaria et succissivamente a che periculo possa essere Ithalia et dapoy tuto el resto de christianità, si subito non se la provede, poterà vostra excellencia ghiaramente intendere per le copie de molte introcluxe lettere, le quale a vostra signoria mando sempre et mandate qua de Ungaria, parte per la sacra magestà del re a la sanctità de nostro signore, parte per lo reverendissimo monsignore de Sancto Angelo, legato de là, et la beatitudine de nostro signore el papa et anche al reverendissimo monsignore el cardinale de Fermo et similmente de alcuni altri al prelibato legato, le quale tutti insema richidendo subsidie, adiuto et succurso metene et significheno le cose nostre cioè de christianità essere poste in male loco et termini […]» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 4. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). – Zu einem am 16. Mai 1456 verfaßten Brief über die Vorgänge in Ungarn, den Giacomo Calcaterra ebenfalls unter Verweis auf eine von Kardinal Carvajal erhaltene Nachricht an den Herzog schrieb, siehe ebd., sub die. – Wenn der

VII.11 Das Erwägen einer Rückkehr ins Reich

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Giovanni di Castiglione angewandte Taktik, sich dem Herzog als dessen vielleicht wichtigster Verbindungsmann für diesen Raum in Erinnerung zu rufen, bereits im Mai zu gewissen Erfolgen zu führen. Wenn der Herzog sich nun zum ersten Mal seit langem wieder brieflich direkt an Giovanni di Castiglione wandte,275 so dürfte dies eindeutig dafür sprechen, daß es der Prälat geschickt vermocht hatte, die Aufmerksamkeit des Herzogs erneut auf sich zu lenken. Auch wird den Bischof von Pavia sehr gefreut haben, daß Francesco Sforza ihm gegenüber nun betonte, seine Verwandten hätten gar nicht so nachdrücklich für ihn intervenieren müssen, da sein Wohl ihm ebenso wichtig wie das eigene sei und er schon aus eigenem Antrieb alles in seiner Macht Stehende unternommen hätte, um dem aus so edlem Hause stammenden Giovanni, der über so viel Gelehrsamkeit, Erfahrung, Klugheit, Autorität und Tugend verfüge und ihm so treu und hingebungsvoll gedient habe, zu einem roten Hut zu verhelfen.276 herzogliche Gesandte seinen Herrn zu dieser Zeit auf die Bedrohung aufmerksam zu machen suchte, der Ungarn ausgesetzt war, so geschah dies, wie man dem letztgenannten Schreiben, aber auch einem späteren Brief Calcaterras vom 22. Mai 1456 entnehmen kann, nicht zuletzt auf Bitten des Papstes hin, der die konkrete Unterstützung des Mailänder Herzogs im Kampf gegen die Türken zu erlangen hoffte: «vederà la vostra excellencia la littera papale con el plombo, la quale per imposicione et comandamento de nostro signore mando a vostra signoria con questa mia alligata a quela. Ella sie una exhortatoria fa el serenissimo papa a vostra signoria et in simile forma a tuti li altri signori e signorie de christianità a la impresa contra el Turcho, narrando et allegando in quela como vostra signoria legerà a quanti periculi stia la republica christiana per la nova preparacione fa el prefacto Turcho per invadere et intrare el payxe de Ungaria, prexo che habia li passi supra el Danubio, si presto et presto non li sia provisto, succurendo a li facti nostri et opponendose a questo suo iniquo et malvaxo proposito. Io exequendo la voluntà de nostro signore et ancha quelo me ha comandato ve debia scrivere, conforto et prego et supplico vostra signoria a dovere dal canto et lato suo senza più longa dimora fare debita provosione, como se convene a ceschaduno fidele et magnanimo christiano principo fare perfine a quanto se extende el potere et valere suo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 275 Einen dieser Briefe, welcher sogar mit Anlagen versehen war, die Giovanni di Castiglione direkt an Giacomo Calcaterra weiterleitete, erhielt der Bischof von Pavia am 13.  Mai  1456: «Heri receviti le lettere de la illustrissima signoria vostra con le alligate, le qualle subito mandai a messere Iacomo, vostro oratore, et luy hogi è stato meco, havemo communicato. Io segondo la conditione pareme vedere passarà el tempo como altra volta perché le difficultate ereno alora, sono anche adesso […]. non sono sufficiente a regratiare la benignissima signoria vostra de lo singulare amore et desiderio ha a lo mio bene, el qualle, ho pocho ho assay sia, la signoria vostra ne p[u]ò disponere alto e basso, tutto al suo piacere» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Mai 1456 ASMi, Sf., PE, Roma 44). 276 So schrieb der Herzog dem Bischof von Pavia am 3. Mai 1456: «El non bisognaria che li vostri de qua ne havessimo solicitati in ricordare el facto vostro tanto como hano ricordato perché l’havevamo al cuore quando la paternità vostra propria et senza questa volta ne havemo doe volte supplicato ad nostro signore et scritto alli nostri lì tanto caldamente et efficacemente quanto ne è stato possibile, et ogni rasone concorre perché el debiamo fare, et desyderare la promotione vostra quanto de prelato che sia in el dominio nostro, sì per la nobilità de la casa vostra, sì per la doctrina, experientia et cognitione de grandissime cose et auctorità et quelle virtù che se rechiedeno in uno vostro pare, ultra che sapiamo con che fede et devotione sete affectionato ad nuy et le cose nostre […]. Et nonobstante, como è dicto che per duplicate havemo supplicato ad nostro signore, nondimeno ad satisfactione vostra di novo gli supplicamo, et scrivemo ad misser Iacomo Calcaterra del facto vostro tanto caldamente quanto sapiamo et possiamo, et non dubitamo che

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VII. Der Griff nach dem roten Hut

Inzwischen hatte Giovanni di Castiglione indes zwei seiner maßgeblichen Helfer verloren: Ende April hatte nach Giovanni Caimi mit Sceva da Curte auch sein zweiter enger mailändischer Vertrauter die Kurie verlassen277 und war an den Herzogshof zurückgekehrt. Zwar bat Cicco Simonetta, der herzogliche Sekretär und Gatte von Zanones Nichte Elisabetta, den vor Ort verbliebenen Giacomo Calcaterra am 1. Mai 1456, sich nicht nur für den Bischof von Novara, sondern auch für die anderen beiden Bischöfe, insbesondere für seinen Verwandten, Giovanni di Castiglione, einzusetzen, der ein ehrenwerter Prälat sei und deshalb der Kurie leicht als geeignet vermittelt werden könne.278 Doch wird davon auszugehen sein, daß für den Bischof von Pavia der Wegfall dieser beiden wichtigen Fürsprecher, die bei den Kardinälen ein‑ und ausgegangen waren, die auch den Pontifex recht häufig hatten aufsuchen können und die daher in Rom, zuweilen auch gegen die herzoglichen Instruktionen, Stimmung zugunsten von Giovanni di Castiglione zu machen vermocht hatten, einen empfindlichen Einschnitt bedeutete. Daher war es für ihn nun umso wichtiger, auf dem offiziellen Weg – per Empfehlungsschreiben – die entschiedene herzogliche Zustimmung zu seiner Erhebung ins Kardinalat einzuholen und gleichzeitig zu bewirken, daß der Herzog dem im Rom verbliebenen Calcaterra, der nicht im selben Maße mit ihm esso d. Iacomo obedirà quello che è la voluntà nostra, la quale è quella che havemo dicto de sopra verso la prefata vostra paternità, haveremo ben caro che la signoria se servi apresso sé queste nostre lettere et che non vadano in mano de altri et basta che la paternità vostra intenda la optima voluntà et dispositione nostra verso quella perché nuy intendiamo de adiutare de bono cuore la signoria vostra in questo facto et ogni altro più presto con li effecti che de demontratione, de parole et de lettere» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 277 Das Schreiben, das der Pontifex wohl dem zurückkehrenden Sceva da Curte für den Mailänder Herzog mitgab und in dem er die Qualitäten dieses Gesandten sehr herausstellte, datiert vom 27. April 1456 (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). – Von eben diesem Datum stammt auch ein Schreiben, in dem Giacomo Calcaterra dem Herzog ankündigte, Sceva da Curte und Orfeo da Ricavo würden am folgenden Tag von Rom aufbrechen: «[…] messer Sceva et Orpheo li quali domane se partiranno de qui […]» (Ebd., sub die). – Die Rückkehr des Sceva da Curte war im übrigen schon seit längerem diskutiert worden; so hatte der Herzog diesem und Giacomo Calcaterra bereits Anfang April mitgeteilt, er würde dessen Rückkehr begrüßen, vorausgesetzt, der Papst heiße diesen Schritt gut (Ebd., sub die). – Daß der Papst zunächst gegen seine Abreise gewesen war und sich bemüht hatte, ihn an der Kurie zu halten, erwähnte Sceva da Curte dem Herzog gegenüber in einem Schreiben vom 27. April 1456 (Ebd., sub die). – Am 14. Mai 1456 war Sceva da Curte, wie man aus der herzoglichen Instruktion für Orfeo da Ricavo vom 18. dieses Monats weiß, wieder in Mailand eingetroffen (Ebd., sub die). 278 «Sforzative omnino ad questa volta fornire el facto del reverendissimo patre nostro monsignore de Novara per satisfactione de la mente del signore nostro et de tucti li suoi parenti et amici et precipue mio che già tanto tempo gli ho fatigato per quello poco ho saputo et poduto, che dio sa questa consolacione ne ho e haverò, che habia effecto più che se l’avessi mi stesso. Expedito questo e ’l firmato vogliati operare per li altri doi, como el signore scrive, amplamente me rendo certo per monsignore de Pavia durareti poca fatiga, ’l è pur quello digno prelato vedeti et mio padre, parente et benefactore. pregove operati per luy de bon sigello et ve fatigati de bon cuore, como voreste io facessi per voy proprio et como mi realmente faria, questo non se fa più che una volta, però operati lo ingegno vostro et le forze satisfariti al signore nostro […], per monsignore de Modena non dico altro perché el signore nostro ve scrive ad pieno cose voliate fare […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die).

VII.11 Das Erwägen einer Rückkehr ins Reich

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verbunden war wie Sceva da Curte und Giovanni Caimi und sich pflichtbewußt an die herzoglichen Anweisungen hielt,279 ordnungsgemäß den Auftrag erteilte, sich zu seinen Gunsten nachdrücklich zu verwenden. In der Tat sollte Giovanni di Castiglione dieses Ziel dadurch erreichen, daß er den Herzog in einen gewissen Rechtfertigungszwang brachte, indem er seine Bitte zur entsprechenden Order für Calcaterra in einem protestierenden Ton vortrug und diesen sogar noch durch das Vorschicken eines Verwandten verstärkte.280 Alsbald erteilte Francesco Sforza seinem Gesandten in Form eines eigenhändig unterzeichneten, mit „ss“ 279 Einen Eindruck von Giacomo Calcaterras pflichtbewußter Ausführung auch schwieriger herzoglicher Instruktionen vermittelt dessen Schreiben an Francesco Sforza vom 13. Mai 1456: «Quanto per sue replichate littera vostra excellencia scrive, parte in quele sono comune a messer Sceva, Orpheo et a mi, parte a mi solo, de quelo hè sua disposicione circha el facto de li cardinali se hanno a promovere et con quale via e modo habia a procedere in queste et como me habia a gubernare con el sanctissimo nostro signore, con li signori cardinali et con questi medesmi domini episcopi, per li quali vostra excellencia supplica et intercede, ho intexo complitamente el tuto et exequirò a poncto quelo hè desiderio, disposicione et volere de vostra signoria, in forma he modo che evengha et succeda quelo si volia, ho si faceno cardinali, ho no, ho si fazeno in parte queli, li quali vostra excellencia richede et desidera, ho in tuto che ognohomo de loro se harrà a laudare et summamente comendare de vostra signoria et a quela renderse et tenerse obligatissimi et de me non harrano caxone raxonevelmente discontentarse ho biasmarse in cosa alchuna, dabenché in vero, illustrissimo signore mio, hè duro et stranyo incaricho quelo che a questa volta vostra excellencia me ha posto a le spale, perho che a zeschaduno de queli per li quali se ha ad intercedere pare che la intercesione se fa per lo compagno, così como per loro, sia he debia essere pernicioxa al facto suo. Io farò con ogni inzegno et studio quelo hè voluntà de vostra excellencia et non lasarò cosa che da fare sia, ne intermeterò quale se volia diligencia e solicitudine se habia ad uxare, aciò che quela sortischa effecto […]. Pur quando dio vorrà credo verrà facto et io fra tanto non mancharò in fare ogni instancia necesaria et opportuna, secondo apetische vostra excellencia, a la quale devotissimamente me ricomando» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Der Herzog wiederum war offensichtlich mit Giacomo Calcaterras Bemühungen sehr zufrieden, wie er diesen am 23. Mai 1456 wissen ließ: «Alla parte di cardinali dicemo ch’el ne piace quanto havete dicto et operato con nostro signore et la resposta vi ha facto soa sanctità in affermare de promovere omnino monsignore de Novara et che monsignori de Pavia et Modena haverà recommendati, ma che non speravate ad queste tempora se facessero veruni cardinali, expectiamo sentire quello che serà seguito o de promotione o non, la quale facendose ne sarà carissima et acceptissima, quanto che non haveremo patientia como haverano li altri, et expectaremo che se faci un’altra volta quello non serà facto ad questa» (Ebd., sub die). – Ein ähnliches Lob des Herzogs für Giacomo Calcaterra folgte wenige Tage später, am 28. Mai 1456 [«alla parte di cardinali promovendi ne piace che habiate governato la cosa in quella forma ne scrivete» (Ebd., sub die)]. 280 «Replicamo de novo per l’alligate, la copia de le quale vederete inclusa, supplicando ad la sanctità de nostro signore per il facto di cardinali, et queste scrivemo ad vuy, principalmente per satisfare al facto del reverendissimo monsignore de Pavia perché da li suoy chi son qui intendemo pur ch’el se grava ch’el facto suo non è stato governato con quella caldeza che bisognaria, anzi dice che se sono stati de quelli chi hano dicto ch’el non ne è ben accepto né grato, il che non è vero perché l’havemo carissimo et lo amamo quanto prelato che sia in el dominio nostro perché el[l] è persona che lo merita et per nobilità de la casa, per doctrina, per experientia de grandissime cose, per auctorità et per tutte quelle virtù che se recercano in uno prelato et de la fede sua et affectione verso nuy et le cose nostre, ne faremo quello fundamento che de nuy stesso» [Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra (eigenhändig unterzeichnetes, mit „ss“ markiertes Schreiben), 3. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44].

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zur Hervorhebung des besonderen Bedeutungsgrades markierten Schreibens den offiziellen Befehl, sich für den Bischof von Pavia einzusetzen. Und – auch dies ist bemerkenswert – obgleich der Mailänder Herzog allem Anschein nach eine wesentlich stärkere Sympathie für den Bischof von Modena hegte, stufte er nun den Bischof von Pavia, dessen Durchsetzbarkeit er an der Kurie als größer erachtete, aus pragmatischen Gründen in der Hierarchie vor dem Bischof von Modena ein.281 Mit dieser klaren Staffelung, die dem Bischof von Modena freilich auf herzogliches Geheiß hin verborgen bleiben sollte,282 hatte Giovanni di Castiglione, im Vergleich zur Ausgangssituation Anfang des Jahres, als er und der Bischof von Modena aus Francesco Sforzas Sicht als „Kardinalsanwärter“ noch gleich gewichtet worden waren, erhebliche Forschritte erzielt. Jetzt indes hieß es bereits, daß man diesen mit Benefizien abfinden werde.283 Das nächste Zwischenziel des Prälaten war es nun, den Bischof von Novara, der – zumindest in der herzoglichen Perspektive – nach wie vor noch an erster Stelle stand,284 aus seiner Position zu verdrängen, denn Calixt III. hatte angekündigt, bei der nächsten anstehenden Kardinalskreation285 zunächst nur einen her281 «El è ben vero che amamo et havemo carissimo monsignore de Modena che senza dubio ne pare virtuosissimo et da bene, ma nel vero nuy credemo che in el facto suo atrovarete più difficultà che in quello de monsignore de Pavia et che altramente sia reputato l’uno che l’altro in quella corte […], farete ad vostra possanza con ogni industria, solicitudine et studio non altramente che per la vostra propria persona perché questa patria continue ha havuto cardinali el più de le volte duy et talvolta tri. Et qui sia la conclusione […], prima monsignore de Novara, deinde quello de Pavia, s’è possibile, […] poy quello de Modena se più se potesse obtenere, ma governate questo facto con summa prudentia et summa circunspectione» (Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 18. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). 282 «Et como vi havemo scritto in le altre lettere quando pur esso monsignore de Modena non posse obtenere l’intento suo gli faciate ogni demonstratione perché la sua signoria intenda che da nuy né vuy sia mancato et che habiamo facto quello che se ha potuto fare et che el rimanga satisfacto de la bona et optima voluntà nostra verso luy et cognoscha che lo amamo et havemolo carissimo» (Ebd.). 283 «El veschove de Modena monstra similmente havere per caro sua sanctità et a quelo volere che le recomendacione de vostra signoria li giovene in adiutarlo et exaltarlo a qualchi beneficii, comoditate et altri beni, ma al facto del cardinalato non me dete risposta alcuna certa» (Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 18. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). 284 «però vi dicemo et commandiamo expressamente che poy che haverite aconzo fermato et stabilito el facto de monsignore de Novara, el quale preponiamo senza exceptione ad tutti, et questa sia la prima et principale opera et instantia ne faciate, debiate poi sforzarvi de fare promovere esso monsignore de Pavia […]» (Francesco Sforza an Orfeo da Ricavo, 18. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). 285 Viele gingen damals davon aus, daß die nächste Kardinalsernennung  –  selbst für die Nepoten des Papstes  –  noch in einiger Ferne liegen würde: So schrieb Giacomo Calcaterra dem Herzog am 7. Mai 1456: «L’altra casone de la sua venuta sie stata per voler confortare per parte de Bolognesi nostro signore a quello che sua sanctità è inclitatissima, cioè vogla fare et creare cardinali quelli duoy suoy nepoti stano a Bologna, l’uno in studio [= Rodrigo Borgia] et l’altro per legato et gubernatore [= Luis Juan de Mila], pur credo si sua sancità non se muta de opinione de quello che in questi dì ha dicto a mi et credo per quello alhora me disse non l’habia significato così liberamente et largamente ad altri, non sia per dovere creare o promovere ne le tempore proxime alcuni de li nepoti e molto mancho chi se vogla altri» (ASMi, Sf., PE, Roma 44,

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zoglichen Kandidaten mit dem roten Hut auszuzeichnen.286 Mit der Gunst vieler Kardinäle, die der herzogliche Gesandte aufgesucht hatte,287 glaubte Giovanni di sub die). – Diese beiden Nepoten waren allerdings (was bislang geheim gehalten worden war) bereits erhoben worden. – Daß in unmittelbarer Zukunft keine Kardinalserhebung stattfinden werde, berichtete Giacomo Calcaterra auch am 13. Mai 1456: «Ben me rincresce che per quelo sento me pare comprehendere et quasi chiaramente cognoscere che in queste proxime tempore non se habia a fare promocione alchuna, como per altre mie ghià in doue fiate ho scrip[t]o a vostra signoria. Et de questo facto tanto più me rincresce et tanto più me dolio quanto cognoscho et vedo non essere principo christiano, el quale così debitamente et raxonevelmente habia havere molestia la longa et tarda dillacione de queste tale promocione quanto vostra excellencia, non ha alchuno cardinale et già longi tempi Lombardia non l’a havuto et summamente per mille rispecti meritate doverli havere non solo tanta, ma molto più che nesuno altro» (Ebd., sub die). – Fünf Tage später, am 18. Mai 1456, bestätigte der Gesandte dem Herzog noch ein weiteres Mal diese Nachricht: «Sopra el tuto me disse et che questo me fusse secretissimo che a le presente tempore non se deliberava fare promocione alchuna, né ghe valseno mie rax[on]e bone et efficaze asay et suasione mostrandoli che non era ben facto el differire et che non se faceva per sé a voltare sua beatitudine questo suo proposito et deliberacione» (Ebd., sub die). – Die Antwort wiederum, die Francesco Sforza daraufhin am 22. Mai 1456 an Giacomo Calcaterra und Orfeo da Ricavo richtete, lautete folgendermaßen: «Alla parte di cardinali dicemo ch’el ne piace quanto havete dicto et operato con nostro signore et la resposta vi ha facto sua sanctità in affermare de promovere omnino monsignore de Novara et che monsignori de Pavia et Modena haverà recommendati, ma che non speravate ad queste tempora se facessero veruni cardinali, expectiamo sentire quello che serà seguito, o de promotione o non, la quale facendose ne serà carissima et acceptissima, quanto che non haveremo patientia como haverano li altri, et expectaremo che se faci un’altra volta quello non serà facto ad questa» (Ebd., sub die). 286 So heißt es auch in einem Schreiben des herzoglichen Gesandten Calcaterra an Francesco Sforza vom 10. Mai 1456: «Le littere de vostra signoria scripte a XXVI del passato et intitulate a messer Sceva, Orpheo et a mi, per la loro absencia a mi solo presentate et quele ne le quale vostra excellencia scriviva da la promocione de li reverendissimi monsignore de Novara, monsignore de Pavia et monsignore de Modena, per queli modi et forma se contene in esse vostre littere ho lecto a la sanctità de nostro signore seghondo era voluntà, comandamento et disposicione de vostra excellencia. Sua beatitudine risponde et dice che per quanto pertene a lo episcopo de Novaria quelo che vostra signoria scrive che voy tenite et reputate le sue parole quanto evangelio, che indubitamente lo potite fare, perho che ne le prime promocione faza de cardinali se delibera che quelo sia uno de li promosti, et instando io che questo fusse ne le tempore proxime a venire et qui allegando et dicendo tuto quelo che raxonevelmente dire et allegare se potesse perché vostra excellencia lo debe havere, sì ben anche non ne fudesse al presente complazuto ad alchuni altri principi ho signori, me rispoxe che questo non voleva prometere, ma che a vostra signoria doveva bastare che certamente si quela dignitate del capello si haveva dare ad alchuno e quando primo se dese el dicto domino episcopo serebe uno de li primi promosti et ellecti, si bene anchora tuti signori cardinali non volseno et li fusseno per ogni modo contrarii et renitenti, et queste fureno le sue parole formale. A la parte de li altri doy, cioè domino lo episcopo de Pavia et quelo de Modena, dixe che per amore de la vostra signoria al modo che li ereno cari et acepti così li voleva havere carissimi et recomandati. Et instando io per sghyarirme che volese significare carissimi et recomandati et pur pregando caldissimamente, instando che anchora loro fudesseno promosti et che in questo a sua beatitudine piacese suplire al defecto de la bona memoria de papa Nicholà, il quale may non haveva complazuto de alchuno a vostra signoria, et ancha supplicandoli se dignase havere rispecto et consideracione a la antiqua consuetudine de Lombardia, la quale [..] soleva havere tale volta trei et almancho per el più del tempo doy, rispoxe che de uno firmamente prometeva a vostra excellencia, cioè de lo antedicto episcopo de Novaria, de li altri li voleva havere como hè scripto desopra carissimi et recomandati et che questo me bastasse. Si in queste proxime tempore si habia a promovere alchuno ho no, non so de certo, pense che de non per

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Castiglione wohl rechnen zu können. Der Umstand wiederum, daß der Prälat aufs Neue ernsthaft mit dem Gedanken spielte, den Papst um die Erlaubnis zu ersuchen, sich für einen Monat an den Herzogshof und in seine Diözese begeben zu können,288 dürfte kaum allein auf die Schwierigkeiten und Anfeindungen zurückzuführen sein, mit denen sich Giovanni di Castigliones Generalvikar in Pavia konfrontiert sah.289 Vielmehr beabsichtigte der Bischof wohl, den Herzog vor quelo scripse a vostra signoria in questi dì proximi, pur starò su lo avixo et seghondo sentirò così reschaldarò le pratiche dove sarà bixogno, me dolio che poxo tante promisione così se differischa et se tarda lo effecto, nondimeno credo debia reusire bene et prego dio che così sia como vostra excellencia desidera […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Daß der Papst von seinem Entschluß, zunächst nur einen Lombarden zum Kardinal zu erheben, kaum abzubringen war, belegt auch ein zweites Schreiben des Giacomo Calcaterra, das dieser etwa eine Woche später, am 18. Mai 1456, für seinen Herrn verfaßte, nachdem er mit dem Pontifex erneut über das Thema der Kardinalsernennung gesprochen hatte: «Dapoy che novamente hebe receute la terza posta de littere de vostra signoria sopra el facto de cardinali et intexo como vostra excellencia serrà mosta a quelo scrivere et triplicare per satisfare principalmente a la voluntà et requisicione de monsignore lo episcopo de Pavia, subito me trovay a li pedi de la sanctità de nostro signore, el quale, olduto hebe quelo li dixi et intexe le efficacissime parole, preghere et supplicacione per me sporte per parte de vostra signoria in quelo modo, ordine et forma me comandate, rispoxeme como pocho avante l’altra volta haveva facto, seghondo è stata vostra signoria per altre mie avixata, che ne le prime promocione farebe de cardinali era disposta sua beatitudine ellevare et promovere a questa dignità et fare che fusse uno de li principali domino lo episcopo de Novaria, et che quelo de Pavia recomandato per lo secondo più caldamente che dire se possa a questo mondo et ancha con tale affectione dal canto mio, così dio non me faza may de bene se mentischo, como s’el me fuse stato et fusse padre naturale. Rispoxe sua sanctità perché era homo dabene et de bon precio lo voleva havere per recomandatissimo, ma che nel facto del capello non se deliberava ne la prima volta facesse cardinali complacerve se no de uno et de quello hè dicto de sopra» (Ebd., sub die). 287 «Io nondimancho me havese sua sanctità data la negativa per lo presente de volere fare cardinali, non sono restato de presentare le lettere de vostra signoria se adrizavano al collegio de li reverendissimi signori cardinali et con queli facto de mane et de pedi, come se dice, singularmente troandoli de uno in uno per fare che la disposicione et desiderio de vostra signoria havese effecto, et in tale modo tractata questa praticha et exequito quelo che vostra excellencia circha de questo me comandava, che firmamente credo succeda adeso ciò che si volia, che li sopradicti domini episcopi de Novaria, de Pavia et de Modena se habieno a contentare de vostra signoria et a quela renderse obligatissimi. Et ancha de me che son stato el solicitatore de questo homo de loro se habia a discontentare, anze credo che l’opera mia et servicio li debia essere stato grato et accepto in exequire la voluntà de vostra excellencia […]» (Ebd.). 288 «Se io posso appropinquando il caldo farò instantia a nostro signore me daga licentia per un mese, et visitarò la vostra clementia e la mia giesa per fare el debito mio et, segondo la mia vocatione, le lettere serano secrete, cossì se rechede in simile cose» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). – Daß er den Monat Juni in der Lombardei zu verbringen plante, teilte der Bischof von Pavia auch Cicco Simonetta am 25. Mai 1456 mit: «Per questa non scrivo altro, se non è che mediante gratia dei serò con el nostro signore ducha et vuy per tutto el mese de iunio, et sì referirò personaliter gracie a la soa illustrissima signoria de tanta caritate usò verso de my» (Ebd., sub die). 289 «Ceterum ho inteso quanto enormamente alchuni hano inculpato et accusato el mio vicario, el qualle inter mille ho electo per sufficiente, maxime a reformare el chiericato de Pavya perché so che n’a bisogno, la vostra signoria cognosce la sua probità, e la sua innocentia è manifesta, lo recommando a essa vostra signoria. Anche questo me constrenze de vegnire per purgare quelle zizame gustano la messe […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). – Auch dem herzoglichen Sekretär gegenüber äußerte Giovanni di

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Ort so für sich einzunehmen, daß dieser ihn fortan ebenso entschlossen unterstützen würde wie seinen hauptsächlichen Kontrahenten, den Bischof von Novara. Und nicht nur in die Lombardei wollte sich Giovanni di Castiglione begeben. Wenn er seinen Verwandten Cicco Simonetta von seiner Absicht unterrichtete, den Papst um die Erlaubnis zu bitten, vier Monate von der Kurie fernbleiben zu dürfen, obwohl er wisse, daß man dort ungern auf ihn verzichten werde, und wenn er den Herzog um einen Passierschein ersuchte,290 so spricht einiges dafür, daß er schon im Mai 1456 den Plan gefaßt hatte, seine Reise ins Reich hinein fortzusetzen. Giovanni di Castiglione spekulierte wohl darauf, den Herzog auf diesem Wege erneut mit der immer noch ausstehenden offiziellen Investitur „locken“ zu können291 und durch das Übersenden von Informationen aus dem Reich und aus Ungarn292 abermals zu „punkten“.293 Zugleich hoffte er wohl, auf diese Weise auch seine Beziehungen insbesondere zu Ladislaus und János Hunyadi ausbauen zu können, die ihm schon zu Beginn des Jahres, bei der letzten KardiCastiglione am 25. Mai 1456 diese Absicht, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß es dereinst die Legationen ins Reich gewesen seien, die ihm Nikolaus V. kurz nach der Übernahme des Bistums erteilt habe, welche eine sofortige Reform der Zustände in seiner Diözese unmöglich gemacht hätten (Ebd., sub die). 290 «Spero tanto adoperare con nostro signore che la soa sanctità me darà licencia per IIII° mese, malvolentera me vedono partire, ma el bisogno me constrenze, como più largamente dico a la magnificentia vostra, la qualle prego me voglia fare havere una lettera ducale de passo per schivare molte angarie, et de questo ne scrivo a messere Stephano e che la manda a Bologna al bancho de Medici» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 25. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). 291 «como pienamente vederà la signoria vostra […], la qualle certificarò de tempo in tempo de quello haverò noticia de lo fatto con lo imperadore, lo ditto messere Seva ha inteso quanto li ha refferido monsignore el vescho de Siena, ne certificarà la signoria vostra. Spero bene che lo imperadore tandem se reduca meglio in la qualle cosa et in tutte le altre che concerneno lo felice stato de la vostra excellentia et de tutta la vostra posterità, se io posso adoperarme sa la signoria vostra quanto fiducialmente mi p[u]ò commandare» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 5. Mai 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). 292 Zuweilen fügte Giovanni di Castiglione seinen eigenen Schreiben auch Abschriften von Briefen dritter bei; am 5.  Mai  1456 schickte er Francesco Sforza beispielsweise Kopien von Schreiben des Königs von Ungarn und des Kardinals Carvajal, des Legaten in Ungarn: «Sono anche lettere de lo re d’Ungaria et de lo cardinale de Sancto Angelo, legato in Ungaria, de la dispositione bona de lo re et de li Ungari, como pienamente vederà la signoria vostra per le copie le qualle mando a essa vostra signoria» (Ebd.). – Auch eine Abschrift eines Briefes des französischen Königs hatte Giovanni di Castiglione diesem Brief vom 5. Mai 1456 beigelegt: «Pose el partimento de lo spectabile messere Sceva non me acade scrivere altro a la illustrissima signoria vostra, salvo che nostro signore ha recevute lettere da lo re de Francia, como la soa serenità è contenta che se leva la decima per tutto lo so regname per la defensione de la christianità, la qualle cosa è stata gratissima a lo papa, mando la copia de lo prefato re» (Ebd.). 293 Dies scheint in gewisser Hinsicht geglückt zu sein, beauftragte der Herzog doch seine Gesandten explizit damit, Giovanni di Castiglione für das Zustellen dieser Stücke zu danken. So heißt es etwa in der herzoglichen Instruktion für Orfeo da Ricavo vom 18. Mai 1456: «Item ringratiay el reverendo monsignore de Pavia de le lettere ce ha scritto la sua reverenda paternità et le copie mandate de le novelle de Ungaria et le lettere de re de Franze» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die).

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nalsernennung, zu einem sehr positiven Empfehlungsschreiben verholfen hatten. Und wie wirkungsvoll auch das Wort des Kaisers und des ungarischen Königs bei der Ernennung sein konnte, zeigte nicht zuletzt das Beispiel des Bischofs von Siena, der von dieser Seite große Unterstützung erfahren hatte und daher gewiß nicht zufällig als der Kandidat galt, der bei der nächsten Kardinalserhebung in jedem Fall mit dem roten Hut ausgezeichnet würde.294

294 «[…] pur se ne farà pur fin a tri, vostra signoria sapia che monsignore de Sena sarà uno, del che certo la vostra signoria p[u]ò essere ben contenta per più respetti, e saria bene la vostra signoria li scrivesse qualche litera gratioxa per incorporarlo in questa devotione et benivolentia» (Sceva da Curte an Francesco Sforza, 13. März 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44).

VIII. Auf dem Weg zum Purpur VIII.1 „Am 16. dieses Monats traf ich ein, gern gesehen vom Kaiser und seinem ganzen Hofe“1 – Die Rückkehr ins Reich Im Juni des Jahres 1456 konnte Giovanni di Castiglione einen weiteren Erfolg verbuchen: Während die Popularität des Bischofs von Novara zunehmend sank,2 erhielt der Bischof von Pavia am 17. Juni3 die Nachricht über seine Ernennung zum apostolischen Nuntius und Orator mit der Machtbefugnis eines legatus a latere für eine Gesandtschaft ins Reich, wo er Friedrich III. und die deutschen Fürsten von der Notwendigkeit überzeugen sollte, gegen die Türken zu ziehen.4 Da die 1 «A dì XVI de questo mese gionse qui ben visto da lo imperadore et tutti de la soa corte» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23. Juli 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 2  Dies hatte sich bereits Ende März angedeutet. So ließ der Papst, nachdem er einen Brief des Bartolomeo Visconti geöffnet hatte, die herzoglichen Gesandten, für welche das Schreiben bestimmt war, des Nachts zu sich holen und teilte ihnen mit, er hätte es lieber, dieser Bischof wäre tot und auch er selbst wäre nicht mehr am Leben, als daß der Bischof von Novara die im Schreiben angekündigten Schritte umsetze; erwog dieser doch angesichts der ausbleibenden, an sich durch Siena zu stellenden Nahrungsmittel, vom Hunger getrieben mit seinen Männern in die Gebiete des Kirchenstaates zu ziehen: «E quelo dì proprio [el primo dì de paschua, a XXVIII del presente] a una hora de nocte fo mandato da la sua beatitudine, andassemo da la quale, e la ritrovassemo multo turbato et de malavoglia per caxone de alcune littere a nuy scripte et a luy per monsignore de Novara, capitate prima a le mane de sua sanctità che a le nostre, la quale la sua sanctità haviva aperta e lecta, ancha le nostre, dove monsignore verso nuy et sua sanctità molto se doleva di manchamenti de Senexi, quali non provedano de victualie per lo campo e lo lassano morire de la fame, dicendo, como sua signoria ad essi Senexi haviva scripto, se non provedevano le victualie, che omnino li era forza levarse cum lo exercito universaliter et andare cum esso in le terre de sancta ghiexa per la fame, et così faria lunedì XXVIIII° del presente. E che così nuy lo dovessemo dire e notificare a nostro signore che così seguirebe, la qual littera tanto despiaque a la prefacta sanctità che hebe a dire cose asay, ma specialmente che, s’el vescove de Novara havesse facto aut facesse questo, vorria più tosto che fusse morto esso vescove e la sua sanctità inseme cum luy […]» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterrra an Francesco Sforza, 30. März 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). 3 Am 4. Juni 1456 hatte er bereits ein Schreiben von Calixt III. erhalten, das die Vergabe von Benefizien in der Diözese Cremona zum Inhalt hatte. Siehe hierzu Giovanni Bronzino, I documenti di pontefici e legati apostolici nella Biblioteca statale di Cremona (1404–1765), Cremona 1977 (Biblioteca storica Cremonese 20. Bolletino storico Cremonese. Collana storica 18), n° 7, S. 29. 4 ASV, Reg.  Vat.  457, fol.  371v ff.; siehe auch Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 156 f.; Robolini, Notizie, Bd. VI / I, S. 159; Ernst Pitz, Supplikensignatur und Briefexpedition an der römischen Kurie im Pontifikat Papst Calixts III., Tübingen 1972 (BDHIR 42), S. 237 f.; Magnani, Cronotassi, S. 82. – Der Geleitbrief datiert auf den gleichen Tag (ASV, Reg. Vat. 457,

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

offizielle Anerkennung Francesco Sforzas durch Kaiser Friedrich III. nach wie vor ausstand, versuchte Giovanni di Castiglione, den Herzog wiederum mit dem Versprechen für sich einzunehmen, er werde sich im nächsten halben Jahr beim Kaiser für dieses Projekt einsetzen.5 fol.  371r) ebenso wie einige weitere dem Prälaten ausgestellte Fakultäten (Reg.  Vat.  457, fol. 373r–380r). Zwei Tage später folgte auch die Ausstellung der «facultas crucesignandi euntes contra Turcos» (ASV, Reg.  Vat.  457, fol.  380r f.).  –  Am 19.  Juni  1456 richtete Giovanni di Castiglione eine Supplik an den Pontifex, mit der Bitte, ihm die Erlaubnis zu gewähren, seinen familiares die «praerogatio presencium» zuzugestehen (ASV, Reg. Suppl. 491, fol. 188r f.). – Diese praerogatio mochte Giovanni di Castiglione umso wichtiger erschienen sein, als der Papst offenkundig beabsichtigte, ihn erneut für einen längeren Zeitraum ins Reich zu schicken, wie man unter anderem der Tatsache entnehmen kann, daß die apostolische Kammer dem Legaten am 26.  Juni 600  Florenen für die nächsten sechs Monate zahlen ließ (ASV, Cam.  Ap., IE  432, fol. 77r). – Ein weiteres Dokument vom 26. Juni 1456, das von der Legatentätigkeit Giovanni di Castigliones zeugt, befindet sich in ASV, Reg. Vat. 443, fol. 264r–265v. – Es mag ein Abglanz der einstigen, von Branda di Castiglione betriebenen Familienpolitik sein, wenn sich unter den namentlich genannten Familiaren neben Giovannis Verwandten Guido di Castiglione (einem Mailänder Kleriker), unter anderem auch Richard de Longueville (wohl ein Vertrauter Giovanni di Castigliones aus seiner Zeit als normannischer Bischof), Walter de Themsmonte (ein Kleriker aus der den Castiglione seit den Tagen Kardinal Brandas nicht zuletzt aufgrund der Stipendien im Collegio Castiglione verbundenen Diözese Lüttich), Petrus Bardekem / Vardekem (scholasticus in ebendiesem Bistum) und Erhard von Regensburg finden (dessen Bekanntschaft der Kardinal vermutlich während des Türkenreichstags in Regensburg gemacht hatte). Die bekanntesten Familiaren dürften wohl die Brüder Georg und Johannes Hessler gewesen sein, die beide in Pavia studiert hatten. Zu ihnen siehe u. a. Walter Hollweg, Dr. Georg Hessler, ein kaiserlicher Diplomat und römischer Kardinal des 15.  Jahrhunderts. Versuch einer Biographie, Leipzig 1907; Agostino Sottili, Zur Geschichte der „Natio Germanica Ticinensis“. Albrecht von Eyb, Georg Heßler und die Markgrafen von Baden an der Universität Pavia, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 132; N. F. 93 (1984), S. 107–133; Das Bistum Würzburg, Bd. 4: Das Stift Neumünster in Würzburg, bearb. v. Alfred Wendehorst, Berlin 1989 (Germania Sacra, N. F. 26), S. 305 f.; Voss, Dietrich von Erbach, S. 302 ff. – Zu weiteren Familiaren siehe RG VII/1, n° 2354, 2370. 5 Wie groß die Freude des Herzogs über diese Entsendung Giovanni di Castigliones ins Reich war und wie hoch die Erwartungen waren, die Francesco Sforza mit dieser Mission auch im Hinblick auf die Investitur verband, geht deutlich aus einem Schreiben hervor, das er am 22. Juni 1456 an den Bischof von Pavia richtete (BNF, ms. it. 1595, n° 114). – Welche Diskretion Giovanni di Castiglione schon bei der Vorbereitung dieses Unterfangens an den Tag legte, zeigt ein des Nachts in der Kartause von Pavia aufgesetztes Schreiben, in dem der Prälat lediglich die Uhrzeit, nicht jedoch den Tag des Abfassens nannte und in dem er dem herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta mitteilte, Francesco Sforza könne seine Instruktionen für die im Hinblick auf die Investitur zu führenden Gespräche am Donnerstagabend um halb neun senden, weil er zu diesem Zeitpunkt mit seinem Verwandten Guarnerio das Abendessen einnehmen würde: «A questa VIIIIa hora de note ho receute le lettere de la magnificencia vostra, con quelle lettere oportune al fato. Quantum vero a le instruttioni, poterite mandarle iovis de sera a misocho, unde serò a cena con messere Guarnero […]» (ASMi, Autografi 11). – Giovanni di Castiglione selbst unternahm offensichtlich keine Anstalten, Francesco Sforza vor seiner Abreise persönlich aufzusuchen, sondern beschränkte sich darauf, dem herzoglichen Sekretär vage seine weitere Reiseroute mitzuteilen. So verkündete der Bischof, er werde sich von diesem Treffpunkt aus nach Como begeben und wenn er einen anderen Weg nähme, würde er es den Herzog wissen lassen: «[…] da là andarò a Como, e se altra via acadarà de piglare ve lo farò [a] sapere» (Ebd.).

VIII.1 Die Rückkehr ins Reich

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Am 16. Juli 1456 traf Giovanni di Castiglione, der auf seinem Weg ins Reich unter anderem in dem nördlich von Ferrara gelegenen Francolino einen Halt eingelegt hatte,6 in Wiener Neustadt ein.7 Das Thema der Investitur brachte er jedoch nicht sogleich zur Sprache, denn – so die Entschuldigung des Prälaten in einem Brief gegenüber Sforza – infolge der täglich eingehenden schlechten Nachrichten über das Vorrücken der Türken herrsche am Hof ein solches Chaos vor, daß sich bislang noch keine günstige Gelegenheit geboten habe, um diese Problematik aufzugreifen.8 So widmete sich Giovanni di Castiglione zunächst der Umsetzung des päpstlichen Auftrags und ersuchte den Kaiser, mit einem Heer nach Ungarn aufzubrechen, um dort König Ladislaus im Kampf gegen die Türken zur Hilfe zu kommen.9 Auch appellierte er an die deutschen Fürsten, das gleiche zu tun.10 Erzherzog Albrecht von Österreich forderte er ebenfalls auf, noch größere Sorgfalt auf die Eintreibung des Kreuzzugszehnten zu verwenden, da die Türken sich schon Ungarn näherten.11 Gewiß haftet den Berichten über die vom Osmanenreich ausgehende Gefahr häufig eine gewisse Topik an, vielleicht fallen die Schilderungen dieser Bedrohung in den an den Herzog von Mailand gerichteten Schreiben aber auch deshalb recht dramatisch aus,12 weil der Prälat insgeheim   6 Von Francolino aus schrieb Giovanni di Castiglione am 3. Juli 1456 an seinen Verwandten Cicco Simonetta, um sich für den Beistand und die Unterstützung zu bedanken, welche der herzogliche Sekretär ihm in dem Streit mit Martino Grassi zukommen ließ (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Zum Streit mit Grassi siehe oben, Kap. VII Anm. 260.   7 Zumindest teilte Giovanni di Castiglione dieses Ankunftsdatum dem Herzog in einem Schreiben vom 23. Juli 1456 mit (siehe hierzu oben, Kap. VIII Anm. 1). – Sollten diese Angaben zutreffen, so wird der Bischof wohl kaum am 15. Juli 1456 in seiner Diözese neue Ablässe für das Ospedale S. Matteo erteilt haben, wie es in einem Dokument im Archivio di Stato di Pavia (Ospedale S. Matteo, c. 12, fasc. 2) heißt.   8 «[…] ho trovato le cose tanto destonze che non è stato modo de intrare anchora el fatto nostro, e de dì in dì havemo tante dolorose novelle del Turcho che anchora mal s’è potuto parlare d’altra cosa» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 23.  Juli  1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). Dieser Aspekt wird auch in dem Schreiben aufgegriffen, das Giovanni di Castiglione wenige Wochen später, am 4. August 1456, an den Mailänder Herzog sandte: «Io scrisse da Novacità a la vostra signoria como per certo respecto in quelli primi giorni de la mia venuta non haveva habiuto oportunità de tractare el fatto nostro» [Ebd., sub die (I)]. – Auch in einem Schreiben des Bischofs von Pavia an Francesco Sforza vom 29.  August  1456 heißt es: «Fin adesso non ho potuto remandare Alberto, cavallaro, perché non ho abiuto tempo de parlare pertinentemente a lo imperadore, como rechedeva el fatto nostro. In prima quando vene stete pocho e lo imperadore era tanto affanato in la soa guerra che non volse attendere» (BNF, ms. it. 1587, n° 133).   9 ASV, Arm. XXXIX,7, fol. 4r f. 10 Ebd., fol. 8v f. 11 Ebd., fol. 7v f. 12 So heißt es beispielsweise in einem Schreiben, das Giovanni di Castiglione dem Mailänder Herzog am 23. Juli 1457 schickte: «El Turcho si è venuto in persona con grandissima multitudine de genti de ogni natione et a miso el campo a Nanderalba [= Belgrad], la qualle è logio dextro de lo regname de Ungaria, et, como se scrive, ha bene duecento galee, et ha fato uno ponte sopra Sova fiume [= Save], et p[u]ò transcorrere fin a la Schiavonia [= Slawonien]. Veda la signoria vostra in que termini è la christianità. Et nessuno principe se move a dare adiuto, salvo che quello

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

hoffte, den ehemaligen Söldnerführer bei seinem Ehrgefühl zu packen und doch für die Teilnahme an einem Kreuzzug gewinnen zu können.13 Zu weiterem Ansporn sollten wohl die Abschriften von Briefen dienen, die Giovanni di Castiglione dem Herzog am 4. August 1456 sandte. In diesen berichtete Hunyadi von seinen großen Taten bei der Verteidigung von Belgrad.14 Wäre Giovanni di Castiglione dieser Schachzug geglückt, so hätte er sich der großen Dankbarkeit des Papstes gewiß sein dürfen.15 Es verwundert deshalb nicht, daß zu dieser Zeit in den an den Herzog gerichteten Briefen zumeist das Thema „Türkengefahr“ zur Sprache kam, wohingegen dieses Sujet in keinem der an den herzoglichen Sekretär adressierten Briefe Erwähnung fand, obwohl diese Schreiben zum Teil am selben Tag verfaßt wurden. Daß die an Cicco Simonetta gesandten Briefe, die Giovanni di Castiglione gelegentlich auch mit Grüßen an seine Verwandte Elisabetta verband,16 nur deshalb diesen Gegenstand aussparten, weil man generell inhaltliche Überschneidungen zu vermeiden suchte, sei am Beispiel der beiden Schreiben vom 23. Juli widerlegt, enthalten diese doch identische Informationen, wenn sie auch das eine Mal in lateinischer Sprache, das andere Mal in volgare übermittelt wurden. So wird der herzogliche Hof aufgefordert, so lange nichts in Fragen der Investitur zu unternehmen, bis der Bote Alberto in die Lombardei zudegno de ogni honore Iohanne Uuayuoda [= Hunyadi], strenuissimo christiano, fa tutto questo p[u]ò, et sie con quello exercito ha potuto mettere insieme a fronte de la possanza del Turcho, ma se non ha altro adiuto non poterà durare» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). 13 Zu der Zurückhaltung des Mailänder Herzogs hinsichtlich der Beteiligung am Kreuzzug siehe Luigi Fumi, Il disinteresse di Francesco I Sforza alla crociata di Calisto III contro i Turchi. Un Borgia re di Cipro e imperatore di Constantinopoli?, in: ASL 17 (1912), S. 101–113. 14 «Ceterum afinché la signoria vostra sapia quanta gratia abbia fatto dio a lo exercito de christiani contra el Turcho, mando la copia de le lettere de quello strenuissimo e christianissimo signore Iohanne Waiuoda, conte de Bistriere [= Hunyadi], el qualle se non fusse lo Turcho havereva già fato una grande parte de la soa voluntà» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. August 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Alemagna 569]. – Zudem wurde der Appell an den Herzog gerichtet, ebenfalls guten Willen zeigen zu wollen: «Serà bono che la excellentia vostra ne facia qualche bona demonstratione, como è acostumato a fare in simile grande e bone novelle» (Ebd.). 15 Wie sehr der Papst gehofft hatte, Francesco Sforzas Unterstützung im Kampf gegen die Türken zu gewinnen, indem er dem Herzog das vorbildliche Verhalten anderer Herrscher vor Augen führte, geht deutlich aus einem Schreiben des mailändischen Gesandten Giovanni Caimi vom 2. Januar 1456 hervor: «Item ha dicto [il papa] che la maestà del re de Franza [= Karl VII.] delibera mandare grande subsidio contra ’l Turcho, et multe cosse assay disse in laude d’esso re. […] Etiam disse che dal re d’Inghilterra, re de Portogallo, re di Spagna, duca de Brogundia [!] et da molti altri signori cristiani l’haverà grande subsidio per mandare contra ’l Turcho. Io lo respose la signoria vostra haveva dicto che, s’el non havesse el peso ’l ha a le spalle del stato novo et di fioli picoli, la mazore gratia et gloria la podesse havere seria de andargli in persona […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 43, sub die). 16 So heißt es etwa in einem Schreiben Giovanni di Castigliones an Cicco Simonetta vom 23. Juli 1456: «Valete cum vestra consorte, carissima consanguinea mea» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). Auch in einem Brief vom 29. September 1456 findet Elisabetta in ähnlicher Form Erwähnung (Ebd., sub die). Daß Giovanni zuweilen sogar ihren Rat einholte, läßt ein Schreiben vom 24. September 1453 erahnen, heißt es doch hier: «Si Helisabeth, consanguinea mea, esset apud vos, rogaret pro hac re que se fiat» (24. September 1453, ASMi, Sf., PE, Roma 40).

VIII.1 Die Rückkehr ins Reich

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rückgekehrt sei.17 Die Rückkehr dieses Kuriers ließ freilich auf sich warten, denn Giovanni di Castiglione wünschte sich einen Erfolg, „etwas, das sich zu berichten lohne“, bevor er ihn zurücksenden wollte.18 Am 4. August 1456 gab der Bischof von Pavia, der indessen nach Wien weitergereist war, um zwischen Friedrich III. und Ladislaus zu vermitteln,19 Bescheid, der Kaiser habe „lächelnd“ zugesichert, die Frage der Investitur während Giovannis Wiener Aufenthalt überdenken zu wollen.20 An diesem Tag stand zwar noch nicht die Rückkehr des Boten Alberto zur Diskussion, wohl aber kündigte der Bischof von Pavia dem Herzog am 4. August 1456 an, König Ladislaus werde demnächst einen Familiar zu ihm schicken, der sich zuvor auch nach Rom begeben solle.21 Wenn Giovanni di Castiglione diesen Familiar als „amicissimo“, als einen sehr engen Freund, bezeichnet, so dürfte dies nicht nur als rhetorische Floskel zu werten sein, wissen wir doch, daß 17 «De lo fato nostro non se mova altramente la signoria vostra finché Alberto, cavalaro, retorna» liest man in dem Brief, den Giovanni di Castiglione am 23. Juli 1456 an den Mailänder Herzog richtete (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). Das entsprechende Schreiben an Cicco Simonetta, das gleichfalls vom 23. Juli 1456 stammt, findet sich ebd., sub die. 18 «Tegnarò Alberto, cavalaro, tanto [l’imperatore] abbia fato qualche cosa degna de remandarlo, farò ogni diligentia como de mia cosa» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. August 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Alemagna 569]. 19  So hieß es in dem Schreiben, das Giovanni di Castiglione am 4. August 1456 aus Wien an den Mailänder Herzog schickte: «[…] lo imperadore era molto implicato et affanato per la differentia è tra luy e lo re de Ungaria, e perché certi baroni et gentilhomini erano congregati contra de la soa serenità, passati alchuni giorni me è convenuto venire qua per tractare lo acordio, ho per pace ho per tregua. Dio me daga la gratia de fare l’uno o l’altro» (Ebd.). – Am 29. August wies Giovanni di Castiglione erneut auf diese Mission hin, als er an Francesco Sforza schrieb: «Anday a Vienna da lo re per tractare la pace tra luy e lo imperadore perché questa discordia fa grande preiudicio a la provisione contra el Turcho» (BNF, ms. it. 1587, n° 133). 20 «Nientedemeno io disse a lo imperadore volesse fare qualche pensere sopra el fatto tanto che io retornasse da la soa signoria. Sorrise et disse lo voleva fare» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. August 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). – Auch einige Wochen später, am 29. August 1456, als Giovanni di Castiglione wieder aus Wien nach Wiener Neustadt zurückgekehrt war, erwähnte der Bischof von Pavia dem Herzog gegenüber erneut, daß der Kaiser versprochen habe, ihm zuliebe über die herzogliche Investitur nachzudenken: «Nientedemeno nanze el mio partire da la soa serenità lo pregay affectuosamente volesse fare qualche bono pensere sopra de ciò perché oltr’a tutti li altri respecti fareve cosa de la qualle ne havereva sempre consolatione. Respose che per amore mio lo fareve» (BNF, ms. it. 1587, n° 133). 21 «Lo re, como ho inteso, mandarà uno so caro famiglo messer Giorgio [= Georg Peltell von Schönberg / Georg von Schomberg], preposto de Posonio [=  Pozsony / Preßburg / Bratislava], mio amicissimo, da la signoria vostra, ma in prima andarà a Roma» [ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die (I)]. Und in einem weiteren Brief, den der Bischof von Pavia an diesem Tag an den Herzog richtete, lesen wir noch etwas ausführlicher: «Vegnarà da la signoria vostra el portitore de questa, messere Giorgio, preposto de Posonio, da parte de questo serenissimo re, prego la excellentia vostra lo receva como ha sempre acostumato benignamente e luy demonstra che l’abbia recommendato como se debe, è mio amicissimo et obsequentissimo in tutto quello ho a fare in questa corte regale. Luy notificarà tutto quello acade qua. […] per le mee altre lettere, le qualle vegnarano più presto da la signoria vostra, ho scritto quello occorre, cioè de le felice novelle contra el Turcho, e quello è fatto in la cosa nostra, per adesso non me extendo più» [Ebd., sub die (II)].

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

der Prälat stets sehr enge Kontakte zu den „Männern aus der zweiten Reihe“ zu knüpfen pflegte, die sich im engeren Umfeld eines Herrschers bewegten. In den folgenden Wochen, die Giovanni di Castiglione größtenteils in Wien verbrachte,22 tat sich Erhebliches: Nach dem großen Sieg, den János Hunyadi bei Belgrad hatte erringen können,23 starb der Gubernator.24 Zudem kam kurzzeitig das Gerücht auf, auch der Sultan sei nicht mehr am Leben und Konstantinopel zurückerobert worden.25 König Ladislaus entschloß sich derweil, Wien den Rücken zu kehren und sich nach Ungarn zurückzuziehen.26 Johannes Capistran, der große Prediger, wirkte weiterhin unermüdlich in Belgrad und warb für den Kreuzzug.27 Giovanni di Castiglione verfolgte indes, wie Kreuzfahrer in Wien zusammengezogen und nach Ungarn geschickt wurden. Er selbst geleitete drei Tage lang ca. 6.000 gut ausgerüstete Männer aus Wien zu den Schiffen.28 Zudem hatte der Prälat bei den Friedensverhandlungen zwischen König Ladislaus und Friedrich III. (deren Eintracht letztlich als Basis für eine effiziente Bekämpfung der Türken angesehen wurde29) dazu beigetragen, daß der König und der Kaiser übereinkamen, ihre Räte zur Vermittlung in das zwischen Wien und Wiener 22 «Stette a Vienna quasi un mese» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. August 1456, BNF, ms. it. 1587, n° 133). 23 Die Nachricht vom Sieg Hunyadis war sowohl über Rom als auch über Neapel und Venedig an den Mailänder Herzogshof gelangt: «La felice novella del conflicto dato al perfido Turcho per lo […] conte Iohanne Vayuoda [= Hunyadi] havemo inteso per la via de nostro signore per quelle copie ce havete mandato. Item da Napoli et da Venetia, che tutti affirmano essere verissima. Non poressimo magnificare, né sublimare adbastanza uno tanto et si glorioso misterio perché ne pare che sia stato più presto opera divina che humana […]» (Francesco Sforza an Giacomo Calcaterra, 8. September 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 24 So schrieb Giovanni di Castiglione dem Herzog am 29. August 1456: «Illustrissimo segnore mio, de novelle de Turchi poso la victoria Nandoralbe [= Belgrad], de la quale scripsi a la signoria vostra et mandai la copia de le lettere de Iohanne. Uayuoda [= Hunyadi], è seguita la morte del dicto Iohanne Uayuoda» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). 25 Diese Gerüchte hielt Giovanni di Castiglione allerdings für wenig glaubwürdig: «Item se dice della morte del grande Turco [= Mehmed II.]. Item se dice che li Turchi sono caciati de Constantinopoli, non lo credo bene» (Ebd.). – Auch der Bischof von Novara hatte Francesco Sforza von diesem Gerücht berichtet. Dies läßt sich einem Schreiben des Herzogs an Bartolomeo Visconti vom 9. September 1456 entnehmen: «Le altre lettere de la novella de la recuperatione de Constantinopoli havemo recivute, et preghiamo l’omnipotente dio che sia vera» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 26 «Lo re se tira in lo reame de Ungaria» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. August 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 27 Siehe hierzu Hofer, Johannes Kapistran. Ein Leben; Norman Housley, Giovanni da Capistrano and the Crusade of 1456, in: N. H.  (Hg.), Crusading in the Fifteenth Century. Message and Impact, Houndmills u. a. 2004, S. 94–115, 215–224. 28 «Grande quantità de crucisignati vano là. Io in tre dì ne ho mettuto fora de Vienna circha VI mila bene armati, et li ho acompagnati fine alle nave, et lo re spesso è venuto ad vedere» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. August 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 29 So liest man in Giovanni di Castigliones Schreiben an den Herzog vom 29. August 1456, wenn Gott dazu beitrage, daß im Reich Frieden geschlossen werde, dann könne für das folgende Jahr ein großes Heer aufgestellt werden: «Se dio me dà gratia de fare questa pace ho speranza se ordenarà grande exercito in questo paese, maxime per lo anno sequente» (Ebd.).

VIII.1 Die Rückkehr ins Reich

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Neustadt gelegene Baden zu schicken.30 Nachdem Giovanni di Castiglione zwischen Baden und Wien hin‑ und hergependelt war,31 hatten er und Erzherzog Albrecht VI., der sich ebenfalls um einen Ausgleich bemühte, verschiedene Vorschläge für den Abschluß eines Friedens oder eines Waffenstillstandes ausgearbeitet. Da die Räte jedoch nicht über die notwendigen Vollmachten verfügten, derer es für einen solchen Abschluß bedurfte, kamen Erzherzog Albrecht und Giovanni di Castiglione überein, daß der eine sich zu Friedrich III. und der andere sich zu Ladislaus begeben solle.32 Der Bischof von Pavia wußte es dabei so einzurichten, daß er derjenige war, der den Kaiser in Wiener Neustadt aufsuchen konnte. Dies gab ihm, wie er dem Mailänder Herzog sogleich signalisierte, die Möglichkeit, am Hofe Friedrichs III. weiter auf Francesco Sforzas Investitur hinzuwirken.33 Diese Gelegenheit will Giovanni di Castiglione umgehend genutzt haben. So hielt er, zumindest nach eigenen Worten, vor Friedrich III., in Gegenwart von Albrecht von Brandenburg, dem Bischof von Gurk, Ulrich Riederer und Johann Ungnad, für den Herzog ein eindrucksvolles Plädoyer, von dem er nur wünschte, daß Francesco Sforza es gehört hätte.34 Der Kaiser habe ihm daraufhin antworten lassen, daß er, weil Giovanni di Castiglione so sehr insistiere und jetzt, wie schon viele Male zuvor, auf diese Investitur gedrängt habe, entschieden habe, dem Herzog seine Gunst zuteil werden zu lassen und die Angelegenheit so zu behandeln, wie es sich gezieme.35 Noch weitere gute Nachrichten konnte der Bischof von Pavia dem Mailänder Herzog übermitteln: Hatte der Kaiser ihm doch bedeutet, daß er ihn, Giovanni di Castiglione, als „Mediator“ in der Investiturfrage akzeptieren werde, weil er dem Herzog zeigen wolle, wie wohlgesinnt er ihm sei. Auch habe Friedrich III. ihn beauftragt, dem Herzog zu schreiben, er solle einen Gesandten oder derer mehrere schicken, die mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet seien.36 In Anbetracht all dieser Neuigkeiten und der Tatsache, daß Giovanni di 30 «finalmente fu concluso che lo imperadore e lo re mandasseno li soi consiglieri a uno loco mezano, et cossì venimo a Baden in mezo de Vienna e Novacità» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. August 1456, BNF, ms. it. 1587, n° 133). 31 «et pose molti tractari et differentie tra li consigliere me convene tornare da lo re et poi a lo loco» (Ebd.). 32  «Tandem lo signore duca Alberto [VI.] et io praticamo certi modi ov de pace ov de tregua et, non abiando li consigliere facultà sufficiente, deliberamo che el duca andasse da lo re et io da lo imperadore […]. E cossì pose li avisamenti de la pace, la qualle spero mediante gratia dei concludere» (Ebd.). 33 «questa parte io piglay per potere communicare de la facienda nostra» (Ebd.). 34 «Heri feci ultimum de potentia con la soa maiestà, presente el marchese Alberto de Brandeburg, el vescho Gurcense [= Sonnenberger], maestro Ulrico Ridrer [= Riederer] et messer lo Unguenad [= Ungnad]. Vorirà che la signoria vostra havesse odute le raisone allegate, per le qualle meritamente la soa serenità deveria attendere a questo fatto» (Ebd.). 35 «Tandem pose molte deliberatione me feci respondere luy presente che attendute tanta mia instantia, et adesso e molte altre volte, [si] era deliberato havere la vostra signoria in la soa gratia et tractare la cosa debitamente» (Ebd.). 36 «afinché io intendesse la soa bona voluntà verso de mi, voleva fusse et me acceptava per mediatore, e [voleva] che scrivisse a la vostra signoria mandasse qui alchuni o alchuno con sufficiente mandato e potestate a tractare simile cosa» (Ebd.).

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

Castiglione den Kaiser noch nie so entschlossen in dieser Angelegenheit gesehen haben will,37 verwundert es nicht, daß es der Prälat am 29.  August  1456 als günstig erachtete, den Boten Alberto zurück in die patria zu senden.38 Wenig überraschend ist auch seine Bitte, der Herzog möge doch Sceva da Curte zum Kaiserhof schicken,39 denn mit diesem herzoglichen Gesandten hatte er stets in gutem Einvernehmen gestanden. Giovanni di Castiglione brach am 29. August 1456 aus Wiener Neustadt auf, um sich ein weiteres Mal zu König Ladislaus zu begeben, der sich, wie bereits erwähnt, inzwischen nach Ungarn zurückgezogen hatte.40 Nach seiner Rückkehr an den Kaiserhof – so teilte Giovanni di Castiglione dem Herzog mit – werde er sich dann mit den gegen die Türken zu treffenden Maßnahmen, wie der Aufstellung des Heeres, befassen.41 Als er Ende September wieder in Wiener Neustadt angelangt war, konnte der Bischof von Pavia sich zwar zufrieden mit den bei der Schlichtung zwischen Ladislaus und Friedrich III. erzielten Ergebnissen zeigen,42 doch mußte er konstatieren, daß in der Zwischenzeit kein Antwortschreiben des Mailänder Herzogs am Hofe des Kaisers für ihn eingegangen war. Auch am 29. September lag noch kein Brief vor. Daher beschwerte sich Giovanni di Castiglione bei seinem Verwandten, dem herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta,43 und gab diesem zugleich zu verstehen, daß man durch das 37 «Io regratia molto la soa serenità perché may non era tanto determinata» (Ebd.). – Zugleich versicherte Giovanni di Castiglione dem Herzog, er habe dem Kaiser deutlich gemacht, daß, wenn Francesco Sforza schon einen Bevollmächtigten zur Verhandlung der Investitur schicke, es auch zu einem gewissen Abschluß kommen müsse: «ma li dixe: ‹Serenissime imperatore, lo signore nostro non vorreva mandare qui, se non sapesse sopra que, perché mandando et non se faciesse honesta conclusione non sereve honore› » (Ebd.). 38 Am 29.  September  1456 schrieb Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta: «A dì XXVIIIIa del passato remandamo Alberto, cavalaro, con le lettere et avisamento havemo de lo imperadore […]» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). 39 «[…] signore mio, la signoria vostra poterà mandare et presto messere Sceva [da Curte], sereve bono ordo, poyché lo imperadore si è determinato a tractare questa cosa, ne haveremo bona conclusione. Ciercha questo aspectarò la deliberatione de la vostra signoria, per la qualle sempre farò como per l’anima mia» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. September 1456, BNF, ms. it. 1587, n° 138). 40 «Hogi torno da lo re, el qualle adesso è in Ungaria» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. August 1456, BNF, ms. it. 1587, n° 133). 41 «et poy tornarò qua per tractare de lo exercito et maiore provisione contra li Turchi» (Ebd.). 42 «Ho tanto fato che le più grande differentie tra lo imperadore e lo re sono pacificate, cioè de tutto quello tocha Ungaria, cioè de quelle castelle tene lo imperadore et de quelle austrerili et de la tutella de lo re. Resta solamente componere certe cose dependente e a questo se dà opera» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 29. September 1456, BNF, ms. it. 1587, n° 138). 43 «A dì XXVIIIIa del passato remandamo Alberto, cavalaro, […], e hogi uno mese, non havemo abiuto noticia nessuna» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 29. September 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569; vgl. auch das Schreiben, das Giovanni di Castiglione an diesem Tag an Francesco Sforza richtete, BNF, ms. it. 1587, n° 138). – Bei den Botengängen scheinen offensichtlich mehrfach Schwierigkeiten aufgetreten zu sein. So schrieb Giovanni di Castiglione dem Herzog an eben diesem 29. September 1456, er wisse nicht, ob Francesco Sforza die Briefe erhalten habe, die er ihm über Bologna habe zukommen lassen: «Signore mio, ho mandato al-

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späte Eintreffen des herzoglichen Gesandten den geeigneten Augenblick, um eine endgültige Klärung in der Investiturfrage herbeizuführen, bereits verpaßt habe.44 Indes dürfte den Legaten, der nun Vorbereitungen für seine Teilnahme am Fürstentag in Nürnberg einleitete,45 diese Tatsache nur wenig tangiert haben, da für ihn ohnehin seine Stellung als Mittler zwischen Mailand und dem Reich, die ihn in den Augen Francesco Sforzas wichtig machte, derart günstig war, daß er diese Position noch möglichst lange einzunehmen gedachte. Gewiß, ein gelungener Abschluß in der Investiturfrage hätte ihm kurzzeitig Ehre eingebracht; seine Rolle chune lettere a Bologna a messere Santo che le mandasse a la signoria vostra. Non so se le seno parvenute» (Ebd., n° 138), und auch im folgenden Frühjahr klagte der Bischof von Pavia am 6. Mai 1457 in einem Schreiben an den Herzog darüber, daß er vergeblich auf Neuigkeiten des Kuriers warte, der sich zum Kaiser begeben habe: «Molto me maraveglio che non ci è novella de quello cavalaro andò a lo imperadore» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). Fast der gleiche Wortlaut findet sich auch in dem Brief vom 17.  Mai  1457, in dem Giovanni di Castiglione dem Herzog zudem anbot, er könne den Papst um Hilfe ersuchen und diesen einen Boten zum Kaiser senden lassen: «Ceterum molto me maraveglio non sia novella de quello cavallaro andà da lo imperadore per la cosa nostra. Serebbe bono continuare la expeditione et, quando intendesse essere grato a la signoria vostra, ne fareve parolla a nostro signore, el qualle volentera nomine suo mandaré da lo imperadore, et in vero signore laudareve che cossì se faciesse. Io, per la parte mia, non mancharò may perché ayo questa cosa molto a core» (Ebd., sub die). 44 «[…] ormay vene el tempo ne sarà necessario de andare verso Neuremberga, et cossì, vegnando tanto tarde alchuno de la famiglia ov conseglio de lo nostro illustrissimo signore per praticare la expeditione, non poteremo fare como vorevemo» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 29. September 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). – Optimistischer gab sich Giovanni di Castiglione indes in dem Schreiben, das er an dem selben Tag an den Herzog richtete; doch auch diesem signalisierte er vorsichtig, daß man nun, infolge der Verzögerung, die durch die ausbleibenden Nachrichten eingetreten sei, besonders viel Geduld zur Umsetzung des Projektes benötigen werde: «A dì XXVIIII° del passato scrissi a la signoria vostra per Alberto, vostro cavalaro, dapoy non ho sentito niente. E[s]t vero che de tempo in tempo sempre prego lo imperadore a compiacere a la signoria vostra, allegando tutte le rasone le qualle meritamente debeno movere la soa serenità. Lo trovo de bona dispositione, dice vole attendere a questo fato, purché sia qui alchuno de vostra parte con sufficiente potestà et facultà, et vole sia mezano. Li ho resposto che male potereve essere mezano perché la soa maiestà domanda tropo; a questo luy ride et dice che io sono tropo partiale de la vostra signoria. Signore mio, io credo che tandem la cosa haverà bono fine, ma le faciende se tractano con tanta tardità che bisogna havere patientia. Io non lassarò de sollicitare, como è mio debito […]» (BNF, ms. it. 1587, n° 138). 45 Giovanni di Castiglione plante wohl, in der zweiten Oktoberhälfte nach Nürnberg aufzubrechen. Zumindest deutete er Cicco Simonetta am 29. September 1456 an, er werde wohl nur noch etwa drei Wochen in Wiener Neustadt bleiben: «[…] forse staremo qui anchora tre septimane» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die). – In dem Brief, den der Bischof von Pavia am selben Tag an Francesco Sforza richtete, hieß es indes etwas konkreter: «sarò anchora qui ciercha tre septimane, dapoy me tirarò verso Neuremberga, onde credo se tegnarà una dieta» (BNF, ms. it. 1587, n° 138). Wie aus beiden Schreiben hervorgeht, versuchte der Bischof von Pavia auch, den Kaiser dazu zu bewegen, sich auf diesen Fürstentag zu begeben: So steht in dem an Francesco Sforza adressierten Brief vom 29. September 1456: «Sollicito molto lo imperadore voglia andarge, non ho anche hauto resposta; quando la haverò lo farò sapere alla signoria vostra» (Ebd.). Und in dem Schreiben für Cicco Simonetta liest man: «È vero che faciemo diligentia de tirare lo imperadore a quelle parte de lo Reno [!], et quando questo fusse vegnereve bene a taglio. Non havemo anchora resposta; quello seguirà lo faremo a sapere a lo prefato signore nostro, al qualle ne recommandate» (ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die).

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

als Mediator hätte er jedoch verloren, da seine Dienste auf diesem Gebiet nicht weiter erforderlich gewesen wären. Insofern genügten die kleinen Fortschritte, die Giovanni di Castiglione dem Herzog auf dem Weg zur Investitur hatte vermelden können, dem Bischof von Pavia vollauf, auch wenn er dies Francesco Sforza gegenüber nicht zugeben durfte.  –  Und die Entschuldigung, daß sein Gesandter zu spät eingetroffen sei, um Entscheidendes erreichen zu können, hatte der Herzog ja bereits akzeptieren müssen, als Giovanni di Castiglione im Jahr zuvor auf dem Reichstag in Wiener Neustadt gewesen war.46 So geschickt Giovanni di Castiglione auch im Reich agierte und taktierte, einen gewissen Rückschlag auf dem Weg zum roten Hut mußte er dennoch hinnehmen, erhielt er doch zu dieser Zeit die Nachricht vom Tode Giacomo Calcaterras, des letzten an der Kurie verbliebenen herzoglichen Gesandten, durch den er mehrfach Unterstützung erfahren hatte. Giacomo Calcaterra, der aus Angst vor der Pest Rom kurzzeitig verlassen hatte, war bei seiner Rückkehr im September 145647 bei der Überquerung des Tibers mit vier Angehörigen in den Fluten des Flusses ertrunken.48 Giovanni di Castiglione dürfte den Verlust des Gesandten als umso schwerwiegender empfunden haben, da zu befürchten war, daß nunmehr der Bischof von Novara vorerst der einzige Berichterstatter aus Rom sein würde,49 und anzunehmen stand, daß sein Konkurrent daraus rasch Vorteile mit Blick auf das Kardinalat zu ziehen vermochte. Allerdings hatte Giovanni di Castiglione zumindest insofern „Glück im Unglück“, als der Bischof von Novara 46 Siehe hierzu oben, Kap.  VI  Anm. 152.  –  Der Bischof von Pavia wies am 18.  Dezember 1456 Giovanni de Ulessis abermals von Nürnberg aus darauf hin, wie bedauerlich es sei, daß er nicht im rechten Augenblick vor Ort gewesen sei (BNF, ms. it. 1587, n° 153r). – Zu de Ulessis siehe oben, Kap VI Anm. 142. 47 Daß die Pestwelle Anfang September schwächer zu werden schien, erfahren wir aus einem Schreiben Francesco Sforzas an Giacomo Calcaterra vom 8. des Monats: «La peste ne piace che per dio gratia comenzi ad cessare» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 48 Über diesen tragischen Unfall unterrichtete der Bischof von Novara den Mailänder Herzog am 15. September 1456 (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). Dieser wußte aber wohl über das Unglück bereits Bescheid, schrieb er doch an Calixt III. an eben diesem 15. September 1456: «[…] et quod pestis non potuit, flumen ipsum Tiberis absumpsit» (Ebd.). Zum Tod Calcaterras siehe auch das Schreiben des Papstes an Francesco Sforza vom 21. Oktober 1456 (Ebd., sub die), das Schreiben des Herzogs an den Bischof von Novara vom 25. September 1456 (Ebd., sub die) sowie den Brief Bartolomeo Viscontis an Francesco Sforza vom 7. Oktober 1456 (Ebd., sub die). – Der Körper des Ertrunkenen wurde erst im September des Folgejahres in der Nähe der Engelsbrücke gefunden (siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 10. September 1457, ebd., Roma 46). 49 Bereits zu Calcaterras Lebzeiten, als sich dieser wegen der Pest außerhalb Roms aufgehalten hatte, waren einige Instruktionen Francesco Sforzas sowohl an Giacomo Calcaterra als auch an Bartolomo Visconti ergangen. So heißt es etwa in dem herzoglichen, an Calcaterra gerichteten Schreiben vom 8. September 1456: «Alla parte del nepote de nostro signore, quale sua sanctità tanto lauda et desydra che da altri sii laudato, ne piace quanto ne scrivete […], scrivamo ad monsignore de Novara et ad vuy una lettera separata qui alligata, quale porrete aperire et comunicare con esso monsignore et poy monstrarla al papa con dirli appresso quello vi parirà opportuno» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Das in diesem Brief erwähnte Schreiben, das der Herzog an den Bischof von Novara richtete, stammt vom folgenden Tag (Ebd., sub die).

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infolge einer schweren Erkrankung die Gelegenheit nicht sofort nutzen konnte50 oder wollte. Vielleicht mied er Rom aber auch vorerst, weil in der Stadt und deren unmittelbarer Umgebung weiterhin die Pest grassierte.51 So suchte der Bischof von Novara zunächst in den Bädern von Viterbo Heilung und trug sich mit dem Gedanken, sich anschließend in die „heilsame“ Luft der patria zu begeben.52 Aber selbst die Perspektive, daß ein neuer herzoglicher Gesandter für Rom ernannt werden sollte, war für Giovanni di Castiglione nicht sonderlich attraktiv, war es ihm doch, zumindest solange er sich im Reich aufhielt, kaum möglich, Kontakte zu diesem zu knüpfen. Wenn er jedoch nicht über das Wohlwollen des herzoglichen Gesandten in Rom verfügen konnte, bzw. wenn dieser eher Sympathien für seinen Widersacher, den Bischof von Novara, zeigen sollte, so trübte diese Präferenz die Aussichten auf die eigene Erhebung ins Kardinalat erheblich. Die Befürchtungen des Bischofs von Pavia schienen sich zu bewahrheiten, denn Bartolomeo Visconti präsentierte als vorläufigen Berichterstatter und „Übergangskandidaten“ einen seiner Männer, Battista de Brendis.53 Auch 50 Am 15. September 1456 teilte Bartolomeo Visconti dem Herzog mit, daß er sich noch zu schwach fühle und es noch ein wenig dauere, bis er nach Rom zurückkehren könne: «Et tanto più mi ne incresce et dole quanto che ancora io mi ritrovo tanto debile per il male ho havuto che da qui a bon tempo non mi potrò rizare, né vostra signoria se potrà valere di me; sì che bixognarà ch’ella faci provisione d’alcun altro apto a drizare bene le cose de vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Am 7. Oktober 1456 bedauerte Bartolomeo Visconti erneut, noch zu krank zu sein, um sich der Wünsche des Herzogs persönlich anzunehmen: «Illustrissimo signor mio, respondendo ad quanto mi scrive vostra signoria per soe lettere de XXV del passato circa il lacrymabile caso del quondam d. Iacobo Calcaterra, al corpo del quale vorrebbe vostra signoria, essendose trovato, se facesse debito honore et se havesse bono riguardo alla robba soa che non fosse sinistrata, dogliomi assay non havere potuto, né potere exequire quanto vostra signoria mi scrive perché, dapoy in qua caschay amallato cum la famiglia mia, non mi son may potuto relevare, né alcuno de la famiglia, excepto che uno mio cancellero, qual bixogna che attenda al governo mio et alli bixogni de la casa; sì che né per mi, né per alcuno di mei ho potuto, né posso adimpire quanto vostra signoria scrive […]» (Ebd., sub die). 51 Am 24. Oktober klagte Battista de Brendis in einem Schreiben an Bartolomeo Visconti darüber, daß es derzeit infolge der Pest in Rom beinahe unmöglich sei, Sekretäre oder vertrauenswürdige Boten zu finden: «Hora bisognia attendere a dare forma tale che se contenti el signore, et, perché qui è hora carentia de secretarii et io anchi non so de chi fidarme, non vedo se possa per lo presente messo expedire queste littere […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). Noch deutlicher wird diese Not in einem weiteren Schreiben, das Battista de Brendis am 27. Oktober 1456 an Bartolomeo Visconti sandte (Ebd., sub die). – Und Bartolomeo Visconti rechtfertigte die Tatsache, daß er sich von Sutri nach Viterbo zurückgezogen hatte, am 7. Oktober 1456 in einem Schreiben an Francesco Sforza ebenfalls mit der Pest, die nun auch Sutri erreicht und bereits zwei seiner Diener dahingerafft habe (Ebd., sub die). 52 Siehe hierzu die Schreiben Bartolomeo Viscontis an Francesco Sforza vom 7. und 17. Oktober 1456 sowie den Brief des Herzogs an den Bischof von Novara vom 21. Oktobr 1456 (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 53 «Et li reduco a memoria messer Baptista [de Brendis] nostro da Roma, qual quanto sia affectionato alla prelibata signoria vostra ella per longha experientia l’ha potuto comprendere. Et essendo luy antiquo cortesano et cognosciuto et amato in tuta la corte, son certo drizaria forse meglio le cose de vostra signoria che molti altri ch’ella ce ne potria mandare. Et saria cum mancho spesa» (Bartolomeo Visconti an Francesco Sforza, 15. September 1456, ASMi, Sf., PE,

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dieser erkrankte jedoch zunächst,54 bot aber nach seiner Genesung ebenfalls dem Herzog an, ihm dienlich zu sein55 – insbesondere natürlich, um die Vergabe des roten Hutes an Bartolomeo Visconti zu erwirken, dem der Papst wieder positiver gegenüberstand.56 Auch Ottone del Carretto,57 der „offizielle“ Nachfolger von Giacomo Calcaterra, sollte sich, als er im Dezember  1456 in Rom eintraf,58 engagiert für den Bischof von Novara an der Kurie verwenden. Schon auf seinem Weg nach Rom suchte er Bartolomeo Visconti auf, um sich mit diesem abzustimmen.59 Solches Engagement für den Bischof von Novara dürfte Giovanni di Castiglione ebensowenig behagt haben wie die Nachricht, daß Calixt III. im FrühRoma 44). – Zu Battista de Brendis siehe Massimo Miglio, Brendi (Bremi, Brenni, Brenno, de Brendis), Battista, in: DBI 14 (1972), S. 141 f.; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 148. 54  Zur Krankheit des Battista de Brendis siehe das Schreiben, das Bartolomeo Visconti am 17. Oktober 1456 an den Mailänder Herzog sandte (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die), sowie den Brief, den Battista de Brendis am 20. des Monats an Francesco Sforza schickte, um sich für sein langes Schweigen zu entschuldigen und mitzuteilen, daß er nun wieder genesen und nach Rom zurückgekehrt sei (Ebd., sub die). 55 «Ceterum, essendo occursa la morte de messer Iacomo et non retrovandose qui persona per la vostra signoria al presente fine ad tanto che abia proveduto, accadendo cosa alcuna dove io potessi satisfare al desiderio de vostra signoria, me offerò prontissimo» (Ebd.). 56 Wie sehr Battista de Brendis die Erhebung des Bischofs von Novara ins Kardinalat empfahl und wie sehr er dessen Tugenden lobte, geht deutlich aus seinem am 20. Oktober 1456 an den Mailänder Herzog gesandten Schreiben hervor: «[…] ho voluto questo scrivere ad vostra signoria per fare mio debito et anchi per compassione porto al prefato veschovo, el qual è già quasi tre mesi infermo con tutta la famiglia; è restato de qua per obedire nostro signore ad consumare la robba et sanità con gran periculo della vita perché dui che lo servivano in camera se infermano de peste et morino desubito. hora vostra signoria ad questo facto farrà quella provisione li parirà conveniente, advisando quella che monsignore de Fermo [= Capranica] me dice più volte post factum havere conferito con nostro signore sopra el facto del veschovo et che sempre lo ha retrovato in meglor dispositione, sì che, aiutandolo la vostra signoria con monstrare de farne caso et che questo facto ve sia ad core, se poteria anchi remediare» (Ebd.). 57 Zu Filelfos Freund Ottone del Carretto, der von November 1456 bis zu seinem Tode im Jahre 1464 der herzogliche Gesandte in Rom war, siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 158 f. mit weiterer Literatur, sowie Franca Petrucci, Del Carretto, Ottone, in: DBI  36 (1988), S. 436 ff. 58  Daß der Herzog unbedingt einen Gesandten schicken müsse, der in Rom für Bartolomeo Visconti werben könne, war Battista de Brendis schon Anfang November 1456 von Kardinal Capranica signalisiert worden: «[…] el cardinale de Fermo [= Capranica] questa matina in aurora mandò per mi et me disse […] che dovesse vostra signoria in principio futuri mensis al più fare che sia qui uno oratore ducale ad fare instantia […]» (Battista de Brendis an Bartolomeo Visconti, 4. November 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). Battista de Brendis hatte dem Herzog wiederum am 5. November 1456 mitgeteilt, daß alles wohl nach dem gewünschten Plan verlaufen werde, wenn er einen Gesandten an die Kurie abordnete: «[…] se vostra signoria mandava qui ad instare ante tempus è ferma opinione de tutti, etiam de chi sente della mente del papa, che haverà quanto vostra signoria he per lui domandato circha al facto della promotione, donde resultarà al stato de vostra signoria grande utile et comodità […]» (Ebd., sub die). 59 So schrieb auch Francesco Sforza seinem neuen Gesandten Ottone del Carretto am 30. November 1456: «[…] quanto al essere vostro uno dì demorato col reverendo monsignore nostro de Novara per informarvi de le cose della corte romana et per la commissione ve havimo facta del facto suo, dicimo che haviti facto bene et ne piace» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die).

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jahr 1456 insgeheim doch drei Kardinäle ernannt hatte, deren Namen nun im September verkündet wurden.60 Desillusioniert mußte der Bischof von Pavia zur Kenntnis nehmen, daß nur zwei Nepoten des Papstes und der Neffe des portugiesischen Königs zu den Auserwählten gehörten, nicht aber er. Nicht minder wird ihm mißfallen haben, daß der Herzog nun um eine Annäherung an den päpstlichen Neffen und neuen Kardinal, Rodrigo Borgia, bemüht war61 und versuchte, diesen als neuen herzoglichen Fürsprecher an der Kurie zu gewinnen,62 60  Battista de Brendis hatte, als er nach seiner Rückkehr an die Kurie von diesen Ernennungen erfuhr, diesen Sachverhalt sogleich dem Herzog mitgeteilt und dabei am 20.  Oktober  1456 gemutmaßt, wie groß die Enttäuschung des Bischofs von Novara, der ihm sehr nahestehe, darüber sein müsse, bei der Vergabe mit dem roten Hut nicht berücksichtigt worden zu sein: «[…] ho retrovato essere stati publicati del mese de septembre tre cardinali, zoè li dui nepoti del papa [= Rodrigo Borgia; Luis Juan de Mila] et quello portugallese [= Jaime de Aviz], li quali forono creati fine del mese de marzo, et così s’è verificato quel mio parere non senza evidenti rascioni, del quale vostra signoria ebe adviso per lettere del reverendo veschovo de Novara [= Bartolomeo Visconti]. Et così el prefato veschovo s’è retrovato excluso, el quale, havendo hauta si ferma speranza ymmo certitudine da nostro signore per multiplicati brevi publici et secreti et deinde viva voce, tornando de campo quello medesmo, penso se debia retrovare malcontento, non per cupidità della dignità, ma solo per essere tanto publica questa voluntà de nostro signore. […] se deve retrovare malcontento […], abiando servito nostro signore in questa impresa contra el conte Iacomo con tanta fede et diligentia, come è manifesto ad tutte le gente de vostra signoria, quale erano suso la impresa, et secundo per experientia se vede per la laudabile et honorevile fine ha hauto dicta impresa […]; ne posso rendere vero testimonio che, s’el veschovo predicto non piglava el partito de condurse ad Maglano contra voluntà de tutti, e non senza periculo della sua vita, el conte Iacomo se faceva signore de tutta Maremma in XV dì […]; sperava retornare da vostra signoria con lo effecto de quanto li era stato promesso, de che (habiando vostra signoria questa cosa tractata per replicate lettere et oratori, alli quali sempre è stato resposto fermamente de sì, como più volte mi me sonno retrovato ad intenderlo, et tandem per spetial breve directo ad vostra signoria s’è facto el simile) ne debe havere despiacere, considerando maxime che quilli, li quali hanno per continuo turbato questo facto, è da credere lo habiano impedito […], donde resulta non piccholo detrimento allo honore de vostra signoria et anchi al stato perché, essendose lo veschovo retrovato in quello loco, haveria vostra signoria hauto in questo loco bon procuratore et per mezo de lui consequite delle cose che ad vostra signoria fossero state grate» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 61 Siehe hierzu das Schreiben von Francesco Sforza an Rodrigo Borgia vom 7. Oktober 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44. 62 In der Tat scheint Rodrigo Borgia, als er im November nach Rom kam, um den Kardinalshut in Empfang zu nehmen, wie gebeten, bei seinem Onkel Calixt III. für den Mailänder Herzog vorgesprochen zu haben: «Come per altre scrissemo a la illustrissima signoria vostra che dovevamo venire a Roma, hora certificamo quella che a dì XVI del presente intramo in Roma in Sancta Maria de Populo, dove erano li reverendissimi signori cardinali con tuta la corte a cavallo che ce recevimo con grande amore et honore. Di poi, il sequente giorno, da li reverendissimi predicti signori cardinali et tuta la corte siamo acompagnati al palazo, et lì recevimo de mano de nostro signore li capelli. La sera in nocte, essendo noy con la sanctità de nostro signore molto stritamente, ce dimandò de la illustrissima signoria vostra, monstrando grandissima carità verso la illustrissima signoria vostra. Et noy, recordandosi de la littera de quella ce scrisse a Bologna et etiandio di quello ce disse a bocha Francisco da Cusano, vostro spectabile cancellero et mandato, fecimo il debito nostro. Et la sanctità sua molto volientera c’è ascoltato. Questo scrivamo a la illustrissima signoria vostra, aciò che quella cognosca chiaramente che intendiamo in tuto, in ogni loco et tempo voler essere suo bono et fidele figliollo […]» (Rodrigo Borgia an Francesco

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

war dies doch die Position, die der Bischof von Pavia nach seiner Promotion selbst einzunehmen gedachte. Mochten der Tod Giacomo Calcaterras und die Erhebung der päpstlichen Neffen ins Kardinalat für die Realisierung von Giovanni di Castigliones Plänen zum Erwerb des roten Hutes schon eine gewisse Erschwernis darstellen,63 so dürfte auch der Hergang der bereits erwähnten Reichsversammlung in Nürnberg nicht ganz in seinem Sinne verlaufen sein. Diese war auf Betreiben der Kurfürsten einberufen worden64 und sollte am Andreastag, dem 30. November 1456, eröffnet werden. Die Kurfürsten hatten den Kaiser bereits am 10. September ersucht, sich persönlich zu dieser Versammlung zu begeben, auf der über das weitere Vorgehen gegen die Türken entschieden werden sollte.65 Doch lehnte Friedrich III., nachdem er lange Zeit gar nicht reagiert hatte, eine persönliche Teilnahme ab und gab den Kurfürsten zudem zu verstehen, daß er diesen von ihnen angesetzten Tag als unnötig erachte.66 Selbst mit dem Entsenden seiner Repräsentanten ließ Sforza, 20. November 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44). – Zu Francesco Cusano siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 173 mit weiterer Literatur. 63 Zwar soll Giovanni di Castigliones Verhältnis zu seiner Diözese Pavia in dieser Arbeit nicht behandelt werden, es sei an dieser Stelle aber dennoch darauf hingewiesen, daß auch die Berichte über Vorgänge in diesem Bistum, die den Prälaten etwa zu dieser Zeit erreichten, wenig erfreulich waren. Gewiß hatte sich Giovanni di Castiglione auch aus der Ferne um seine Diözese bemüht [siehe hierzu etwa sein Schreiben an Cicco Simonetta vom 23. Juli 1456 oder seinen Brief an den Herzog vom 4. August 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Alemagna 569, sub die]; auch hatte er einige Verwandte eingesetzt, die vor Ort über die Einhaltung der Ordnung wachen sollten [Aloisio di Castiglione etwa war Kanzler, vgl. Ansani, La provvista, S. 77], doch hatte der Bischof gewisse Mißstände dennoch nicht zu unterbinden vermocht (siehe hierzu Bosisio, Documenti inediti, S. 42; Majocchi, Cronotassi, S. 90 f.). 64 Gedankt sei Frau Dr. Gabriele Annas, die mich das in der Frankfurter Arbeitsstelle der Deutschen Reichstagsakten (Ältere Reihe) hierzu vorhandene Material einsehen ließ. 65 „[…] so bitten erinnern und ermanen wir uwer keiserlichen maiestet mit emsigen vlisz merer und merer alles, des wir uch als Romschen keiser von gottis, der Cristenheit und auch der phlicht wegen, damit ir dem heiligen reiche gewandt seit, erbitten ermanen und ersuchen konnen, sollen und mugen, das ir solich sache innerlich betraichten und dabi bedenken wollent, das durch schriftlich und brieflich ersuchung, die uwer keiserliche maiestet biszher hat laiszen uszgeen und getan, den fienden unsers cristlichen glaubens nit hat widerstand mogen gescheen, und wollent uf das in eigener persone uf sanct Andrestag schirstkunftig [Nov. 30] zu Nuremberg hie oben in dem riche erscheinen und uch daran kein sunder sach verhindern noch irren laiszen, als wir uwern gnaden des genzlich getruwen nach unserer besten verstentnisz und verm󰀆gen derselben uwer maiestat beholfen und beraiten zu sin, alles das furzunemen zu handeln und zu tun, damit der cristenlich zug so forderlichst das immer gesinen mag gein den unglaubigen und, was dazu noitdorftig und fruchtberlich gesin mag, vollbracht werden mugen […]“ [Schreiben der Kurfürsten an den Kaiser, zit. nach der Transkription der RTA ÄR (Karton 19/VII; Frankfurter Bestand)]. 66 „wir meinen auch, das solcher tage setzung uszerhalb unserer als Romischen keisers nit noit getan hat, sunder nachdem wir unverdroszen arbeit der sachen nemlich gein dem hochwirdigen in got vater, unserm lieben frunde, hern Johansen legaten des babstlichen stuls, cardinal sancti angeli [= Carvajal], und unserm lieben vettern konig Laszla zu Hungern und zu Beheim etc. kunig statiglich gehabt und noch haben, denselben aber nit gemeint gewesen ist, dieser zijt samnung und solichen furgenommen tag im rich der sachen zu pflegen […]“ [kaiserliches Schreiben an die Kurfürsten vom 24. November 1456, zit. nach der Transkription der RTA ÄR (Karton 19/VII; Frankfurter Bestand)].

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sich der Kaiser Zeit und schob die bei der Zusammenstellung der Gesandtschaft aufgetretenen Verzögerungen auf die Vorfälle in Ungarn.67 Erst am 24. November 1456, dem Tag, da Giovanni di Castiglione Nürnberg erreichte,68 verkündete Friedrich  III., daß der Kardinal von Augsburg, Peter von Schaumberg, sowie die Bischöfe von Bamberg und Eichstätt, Anton von Rotenhan und Johann von Eych, von ihm instruiert worden seien und alles weitere hinsichtlich seiner Disposition in Nürnberg berichten würden.69 Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, daß Calixt III. bereits in einem Schreiben vom 11. November 1456 gegenüber Giovanni di Castiglione die Nachlässigkeit des Kaisers im Hinblick auf die Türkenkriege beklagte.70 Diese Mißbilligung mochte für Giovanni di Castiglione recht unerquicklich sein, hatte er vielleicht doch insgeheim gehofft, daß seine im Reich erworbenen Verdienste und sein Bemühen um die Türkensache seine Beförderung ins Kardinalat bewirken würden. Erschwerend kam für Giovanni di Castiglione hinzu, daß das Verhältnis zwischen dem Papst und dem Reich damals recht angespannt war. So widerstrebte etwa die Tatsache, daß führende Persönlichkeiten im Reich an ein Konzil zu appellieren gedachten, dem Pontifex zutiefst, wie er seinem Legaten am 11. November 1456 ebenfalls zu verstehen gab.71 Lediglich einen kleinen Erfolg vermochte Giovanni di Castiglione, der 67

 Ebd.

68 Zumindest

heißt es in einem Schreiben, das der Nürnberger Rat am 24. November 1456 an Köln und Ulm sandte und in dem die bislang eingetroffenen und noch ausstehenden Teilnehmer der Versammlung aufgeführt wurden, der Bischof von Pavia werde noch am selben Tag erwartet: „[…] des wöll ewer lieb g󰀆tlich vernemen, das unsers gn. herrn von Meintz und des pfalzgrafen rete vor acht tagen in unser stat kumen sein und das auch derselbe u.h. von Meintz [= Dietrich Schenk von Erbach], so wir bericht sein, uf sant Andrestag schirst [Nov. 30] und u.h. pfalzgrave [= Friedrich bei Rhein] uf morgen [Nov. 25] und unsers h. vaters babst legat uf hut [Nov. 24], desgleichen u.gn.h. Fridrich margraf zu Branndenburg kurfurst etc. und herzog Ludwig von Beyern etc. auch furderlich herkumen sullen […]“ [Nürnberg StA, Briefbücher 27, fol. 4v, zit. nach der Transkription der RTA ÄR (Karton 19/VII; Frankfurter Bestand)]. – Ein Eintrag aus dem Nürnberger Schenkbuch zeugt davon, daß Giovanni di Castiglione einen vergoldeten Becher erhielt: „Bäbstlich legaten, episcopo Papiensi legato apostolico 1 verguldten becher, costet 25 ½ gulden zusampt den vischen […]“ [Nürnberg StA, Rep. 52b, n° 316, fol. 73r, zit. nach der Transkription der RTA ÄR (Karton 19/VII; Frankfurter Bestand)]. 69 „uch werden auch der hochwirdig in got vater her Peter, der heiligen Romischen kirchen cardinal und bischove zu Augspurg [=  Peter von Schaumberg], unser lieber frund, und die erwirdigen Anthoni zu Bamberg [= Anton von Rotenhan] und Johannes zu Eystet [= Johann von Eych] bischove, unser fursten und lieben andechtigen, daruf unser meinung volliclich zu erkennen geben. den wir dann darinne in sonderheit bevelnusz getan haben“ (Schreiben Friedrichs III. an die Kurfürsten, 24. November 1456, wie Anm. 66). – Einen Tag später sandte Friedrich III. auch ein ähnliches Schreiben an die Vertreter der Städte, die sich in Nürnberg versammelt hatten. Eine Transkription dieses Schreibens vom 25.  November findet sich im Frankfurter Bestand der RTA ÄR (Karton 19/VII). 70 ASV, Arm. XXXIX,7, fol. 14v–15v [Druck: Raynaldus, Bd. 18: Ad a. 1456, n° 40]. – Bereits im Juli 1456 hatte sich Calixt III. direkt an Friedrich III. gewandt und versucht, diesen zu Aktivitäten im Türkenkampf anzuspornen, siehe hierzu ASV, Arm. XXXIX,7, fol. 1rv [Druck: Raynaldus, Bd. 18: Ad a. 1456, n° 16]. 71 ASV, Arm. XXXIX,7, fol. 14v [Druck: Raynaldus, Bd. 18: Ad a. 1456, n° 40].

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

in Nürnberg auch in anderen Dingen vermittelnd tätig wurde72 und sich etwa bis zum 20. Dezember 1456 in der Stadt aufhielt,73 zu erringen: So konnte er immerhin durchsetzen, daß auf einem neuen Tag, den der Mainzer Erzbischof, Pfalzgraf Friedrich bei Rhein und Markgraf Friedrich von Brandenburg auf den 13.  März  1457 in Frankfurt einzuberufen entschieden hatten,74 die Frage des Herzogtums Mailand in die Tagesordnung aufgenommen wurde75 und auch die Beziehungen zum Papst nochmals thematisiert werden sollten.76 72  Er bemühte sich etwa, zwischen dem Würzburger Bischof Johann von Grumbach und dem Würzburger Schultheiß Hans Hessler, dem Vater seines Familiars Georg (siehe hierzu oben, Kap. VIII Anm. 4) zu vermitteln: „der erwirdig in got vater her Johann bischof zu Pavey, u.h.v. des babsts legat, hat uns zu erkennen geben, wie sein heiligkeit im die sachen der zwitracht zwischen ewern fürstl. gn. und Hanssen Hesler etwen schultheissen erschinen zu verhörn und zu entscheiden bevolhen habe; das er auch alhie nach bebstlicher bevelhnus ze tun und ze handeln in willen und meinung sei, an uns von desselben. u. h. v. des babsts wegen begernd, im zu sollichem austrag unser slecht sicherheit und geleite zu geben. und wiewol uns nu pasz gemeint were, das sollicher sachen an andern enden denn hie gehandelt wurden, gepurt uns doch, – des babsts gescheft und meinung – nit zu verachten, und haben darumb demselben Hesler zu sollichem austrag unser sicherheit und geleite gegeben […]“ [Schreiben der Stadt Nürnberg an den Bischof Johann von Grumbach, 1. Dezember 1456, Nürnberg StA, Briefbücher 27, fol. 6v, zit. nach der Transkription des Bestandes der Frankfurter Arbeitsstelle der RTA ÄR (Karton19/VII)]. – Der Zwist zwischen Johann von Grumbach und Hans Hessler resultierte letztlich daraus, daß ersterer nicht vergessen konnte, daß der Schultheiß einer derjenigen gewesen war, die einst einen Anschlag der oppositionellen Domherren – unter denen sich damals auch der spätere Bischof befunden hatte – zu vereiteln gewußt hatten. Eine der ersten Amtshandlungen des Bischofs Johann war es daher, Hans Hessler zu verbannen und zu enteignen, siehe hierzu Lore Muehlon, Johann  III. von Grumbach, Bischof von Würzburg und Herzog zu Franken  (1455–1466), Würzburg 1935, S. 168 ff.; Voss, Dietrich von Erbach, S. 302 f. 73 Zu dieser Zeit brachen, wie wir aus einem Schreiben des Nürnberger Rates wissen, die meisten Teilnehmer der Versammlung aus der Stadt auf: „[…] den furstlichen tage der itzunt bei uns gehalten ist antreffend, haben wir wol vernomen und tun ewer lieb zu wissen, das u.gn.h. kurfursten fursten und stetten poten, an diser eingelegten zettel verzaichent itzend bei uns gewesen und einteils noch sein und, so wir versten, uf morgen oder des nehsten tags darnach [1456 Dez. 19./20] aufprechen und abscheiden werden […]“ [Schreiben des Nürnberger Rates an Konstanz, 18. Dezember 1456, Nürnberg StA, Briefbücher 27, fol. 23v–24r, zit. nach der Transkription des Bestandes der Frankfurter Arbeitsstelle der RTA ÄR (Karton 19/VII)]. – Am 11.  Dezember  1456 befand sich Giovanni di Castiglione auf jeden Fall noch in Nürnberg, erwähnt doch der Frankfurter Heilman Schiltknecht, der am 3. Dezember 1456 in Nürnberg eingetroffen war, an diesem Tag in einem Schreiben an die Stadt Frankfurt die Anwesenheit des päpstlichen Legaten: „ich dune uch zu wissen, das wir mit minem genedigen hern von Meincz of fritdag sant Barbara abent gein Nurnberg komen sin, wissent, das von fursten dar waren: der palczgrave und marggrafe Frederich von Brandenberg auch der rich herzug und der junge herzug Hans von Munchen und sust fell grafen und herren, auch des babst botschaft ein legat […]“ [Janssen, Frankfurts Reichscorrespondenz, Bd. 2, S. 134 f., n° 209; vgl. auch den Bestand der Frankfurter Arbeitsstelle der RTA ÄR (Karton 19/VII)]. 74 Siehe hierzu den entsprechenden Abschied in Müller, Reichstags-Theatrum sowie die entsprechende Transkription des Bestands der Frankfurter Arbeitsstelle der RTA ÄR (Karton 19/VII). 75 „item man sol auch alsdann zurate werden von der sach wegen das herzogtum zu Meyland unde dorzu das furstentum zu Cili antreffent“ (Ebd.). 76 „item man sol auch alsdann zurate werden wie uner heiliger vater der babst von des heiligen richs unde der dutschen nacion wegen zu ersuchen sei“ (Ebd.).

VIII.2 Die Erhebung ins Kardinalat

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VIII.2 „… er sagte, Monsignore de Pavia gewählt zu haben, als denjenigen, der Eurer Durchlaucht, nach dem Bischof von Novara, am gefälligsten ist“77 – Die Erhebung ins Kardinalat Während Giovanni di Castiglione in Nürnberg als Legat und Mittler tätig war, wurden in Rom, aber auch in Mailand, die Vorbereitungen für eine erneute Kardinalskreation forciert. Als sich die Nachricht verbreitete, der Bischof von Novara sei schwer erkrankt, zeigte sich Francesco Sforza sehr besorgt, weil zu befürchten war, daß diese Meldung sich nachteilig auf die Vergabe des roten Hutes an Bartolomeo Visconti auswirken könnte. So instruierte er am 8. Dezember 1456 Ottone del Carretto, seinen neuen Gesandten in Rom, er möge den Papst, die Kardinäle und alle anderen, die auf die Entscheidung, wer den Purpur erhalten solle, Einfluß nehmen könnten, davon überzeugen, daß sich der Bischof von Novara guter Gesundheit erfreue und unbedingt ins Kardinalat erhoben werden müsse.78 Wenn schließlich am 17.  Dezember  1456 aber nicht Bartolomeo ­Visconti,79 sondern Giovanni di Castiglione der rote Hut zugesprochen wurde,80 77 «[…] disse adonche haver fatto monsignor de Pavia come quello che dovesse esser più grato a vostra excellencia che altro poy monsignor de Novara […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. Dezember 1456 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 44]. – Zu diesem Zitat siehe unten, Kap. VIII Anm. 89. 78 «Perché intendiamo che è facta voce ch’el reverendo monsignore nostro de Novara è amalato et che non può scampare, et forsi questa tale voce, andando a le orechie de la sanctità de nostro signore et de quelli reverendissimi signori cardinali, gli poteria disturbare la promotione sua a la dignità del cardinalato; volemo che, essendosi facta dicta voce […], certificati la prefata sanctità et signori cardinali, et chi altri bisognasse, como esso reverendo monsignore è sano et de bona voglia, como fosse may per alcuno tempo. Et vay suplicando a la prefata sanctità et ad quello reverendissimo collegio de cardinali, et pregando qualunche altro bisognasse da nostra parte, sforzative de obtenire ch’el facto d’esso reverendo monsignore habia luocho, como sapeti che expressamente ve havemo commisso» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 79 Battista de Brendis hatte offenbar falsche Informationen erhalten und vermeldete Francesco Sforza daher am 27.  Dezember  1456 zunächst die erfolgreiche Erhebung des Bischofs von Novara ins Kardinalat: «Questo si è solo per advisare la vostra illustrissima signoria come in questo die la sanctità de nostro signore […] cum el collegio de reverendissimi signori cardinali haveno promosso lo reverendissimo veschovo de Novara in cardinale per satisfare al desiderio de vostra signoria, et anchi perché, facto examino delli meriti del prefato veschovo olim, s’è al presente retrovato ad iudicio de tutti dignissimo de questa dignità, de che per proprio cavallaro m’è paruto darve adviso ad vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Diese Nachricht mußte er jedoch kurze Zeit später zurücknehmen und widerrufen: «Illustrissimo signore, credendo nostro signore stessi fermo nel suo proposito et anchi per advisi ebi della creatione del reverendissimo Novaria in cardinalem con gran letitia scripsi questa lettera per mandare el cavallaro, ma aspectando de essere più certo, pocho stando la sanctità de nostro signore in facto, se mutò […] et pronuntiò lo veschovo de Pavia» (Battista de Brendis an Francesco Sforza, o. D., ebd.). 80 Das entsprechende Dokument, in dem Calixt III. den Mailänder Herzog am 17. Dezember 1456 von dieser Ernennung in Kenntnis setzte, ist nicht mehr vollständig erhalten (siehe hierzu ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). Das Schriftstück, in dem der Papst den Bischof von Pavia von seiner Ernennung unterrichtete, findet sich ebd., unter der Angabe «1456 dopo il 17 dicembre».

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

so ist diese Entscheidung kaum darauf zurückzuführen, daß del Carretto das Gerücht über die Krankheit des Bartolomeo Visconti nicht hatte ausräumen können. Auch die zunächst vorgebrachte Entschuldigung des Papstes, alles resultiere aus einem Mißverständnis, da er irrtümlich davon ausgegangen sei, daß Giovanni di Castiglione als Favorit des Mailänder Herzogs gegolten habe,81 gab wohl kaum den wahren Grund wieder. Für Battista de Brendis war dies nur ein Vorwand Calixts III., denn dieser habe keine andere Rechtfertigung dafür gefunden, daß er auf Drängen des Königs von Neapel den Bischof von Novara fallengelassen habe. König Alfons V. habe den Pontifex durch Antonio de la Cerda, den Kardinal von Messina, der den Papst sogar nachts dreimal aufgesucht habe, nachhaltig unter Druck gesetzt.82 Auch viele andere Kardinäle scheinen ihre Stimmen gegen den Bischof von Novara erhoben zu haben. Der mächtige Kardinal Orsini begab sich sogar mehrfach zum Pontifex, um zu unterstreichen, welch große Antipathie er gegen den Bischof von Novara, seinen Intimfeind, hege.83 Ottone del Carretto zufolge soll er dem Papst zudem deutlich zu verstehen gegeben haben, daß er, falls dieser den Bischof von Novara zum Kardinal ernenne, auf ewig ein Gegner Calixts III. und der päpstlichen Familie sein und dieser fortwährend Hindernisse in den Weg legen werde, wo er nur könne. Hingegen habe er versprochen, wenn sich der Pontifex gegen den Bischof von Novara entscheide, für immer und in allen Dingen dem Papst zu Gehorsam zu sein. Zugleich sicherte er dem Pontifex zu, wenn dieser andere Kandidaten für den roten Hut im Sinn habe, würde er diese nicht nur unterstützen, sondern auch dafür Sorge tragen, daß sich sieben andere Kardinäle ebenfalls für diese Kandidaten verwendeten.84 Es verwundert wenig, daß 81 «[…] poi in ultimo puncto de la electione ha facto scusa sua sanctità, secundo dice esso misser Baptista […], tamen intenderia aliter essere l’intentione de vostra excellentia, che più tosto fosse el vescovo de Pavia, et monstrò desyderava assai ch’io fosse stato qua per chiarire la sua mente» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 19. Dezember 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44]. 82 «ma in vero questa è stata una coperta, non trovando altra scusa honesta; ma secundo che esso d. Baptista medesmo me dice è stata opera secreta de la maestà del re de Ragona. Et così molto impetuosamente se è demonstrato contrario monsignore el cardinale Mesenense [= Antonio de la Cerda], cathelano, andando de nocte tre fiate da nostro signore per molestarlo circa questo, dicendo cose molto strane» (Ebd.). – Wenn Alfons V. den Bischof von Novara derart entschieden ablehnte, so könnte dies dadurch zu erklären sein, daß Bartolomeo Visconti derjenige gewesen war, der die Macht des einst von König Alfons protegierten Piccinino einzudämmen gesucht hatte. 83 «Item esso misser Baptista me dice de monsignore de li Orsini [= Latino Orsini], el quale tre fiate fu con summa instantia ad pregare nostro signore, incarichandolo per generale interesse de tutto el collegio loro, poy per sua specialità, dicendo ch’el vescovo de Novara gli era capitale inimico» (Ebd.). – Die Antipathie dürfte wahrscheinlich auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß Bartolomeo Visconti einst in das Komplott involviert gewesen war, bei dem dessen Verwandter, der Herzog Filippo Maria, versucht hatte, Papst Eugen IV. in Florenz gefangennehmen zu lassen, siehe hierzu Fumi, Chiesa e Stato, S. 32. 84 «Poy, vedendo ch’el non poteva movere la sanctità sua per le promesse haveva facte, tandem con le lachryme sdegnate cominciò ad sconzurare che, poyché sua sanctità era ad questo disposta, ello non voleva esserli traditore, et como iniuriato da sua sanctità zurava de esserli sempre adverso ad ogni cosa che la sua sanctità cercasse, etiam non solum in vita, ma, quando altro fusse de sua sanctità, de essere inimico ad tutti li suoy; unde, compiacendoli in questo, prometteva in ogni cosa

VIII.2 Die Erhebung ins Kardinalat

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sich auch Guillaume d’Estouteville, der enge Verbündete Giovanni di Castigliones aus den Jahren 1453 und 1454, gegen eine Kreation des Bartolomeo Visconti aussprach.85 Auch dürfte dieser Francesco Sforza letztlich sehr gewogene Kardinal86 mit seiner an den Herzog gerichteten Warnung recht behalten haben, daß in Anbetracht der Umstände jedes Empfehlungsschreiben, das Francesco Sforza für Bartolomeo Visconti aufsetze, am Ende nur zu dessen Schaden sein könne.87 Wie wenig geneigt die Kardinäle waren, sich von außen ein Votum aufzwingen zu lassen, hatten sie bereits im Frühjahr dem Herzog deutlich zu verstehen gegeben. In der Tat sollten auch etliche Kardinäle, die zunächst versprochen hatten, für den Bischof von Novara einzutreten, sich von diesem distanzieren – insbesondere als sie erkannten, welchen Verlauf die Sache des Bartolomeo Visconti nahm.88 Später gab auch der Pontifex dem herzoglichen Gesandten Ottone del Carretto gegenüber zu, daß das gesamte Kardinalskollegium, mit zwei Ausnahmen, gegen den Bischof von Novara gewesen sei und er daher gedacht habe, den Herzog mit der Ernennung des Giovanni di Castiglione zufriedenstellen zu können, da dieser auch eine „Kreatur“ Francesco Sforzas sei.89 Der Papst räumte sogar ein, daß er esserli obedientissimo; et, volendo alcuno di suoy o altri elegere che ad sua sanctità fossero grati, gli prometteva la voce sua et de sette altri cardinali. Questo non voria misser Baptista, dicesse luy, haverme dicto, ma dice faramelo dire da uno cardinale, quale gli era presente et quale poterò inducere per testimonio» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 19. Dezember 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44]. 85 «Ancora molto gli è stato contrario monsignore Rothomagense» (Ebd.). 86 Nicht ohne Grund nannte der Herzog, als er Ottone del Carretto am 23. November 1456 anwies, welche Kardinäle er aufzusuchen habe, Guillaume d’Estouteville an erster Stelle: «Circa le benivolentie et amicitie de li signori cardinali: Per prima con monsignore cardinale Rothomagese perché ’l è da bene et nostro amicissimo, vuy haveriti a tenere l’amicitia soa. Item con el cardinale de Fermo [= Capranica] perché ’l è homo da bene et de grande auctoritate. Item con messere Bessarion, cardinale Niceno, perché ’l è prelato et cardinale da bene, se vole vedere de intrare in amicitia» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 87 «[…] monsignore Rothomagense […] copriva el facto con dire che ogni cosa che vostra excellentia faceva in mandare et scrivere, tutto era per importunità d’esso monsignore de Novara» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 19. Dezember 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 44]. 88  «[…] vedendo le cose como andavano, sono stati più fredi et alcuni manchati da le promesse» (Ebd.). 89 «Scrissi a vostra excellencia più largamente per mie littere datte a XXII del presente come, exponendo io a la sanctità del nostro signore quello seria statto desiderio de vostra excellencia in creatione cardinalium, mi risposi humanissime, scusandosi che tutto il collegio de cardinali era contrario expresso a monsignore de Novara, excepti duy, et che non haria potuto farlo senza scandalo; per la qual cosa, volendo a vostra excellencia compiacere in quello che possibile fusse, deliberò far quello de Pavia ancora come vostra creatura; hora per suo breve ve ne scriveré circa questo per sua scusa» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. Dezember 1456 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 44]. – Daß man sich für Giovanni di Castiglione entschieden habe, weil sich der Herzog auch für diesen eingesetzt habe, betonte der herzogliche Gesandte in einem weiteren Schreiben, das er an diesem Tag an den Herzog sandte: «disse adonche haver fatto monsignore de Pavia come quello che dovesse esser più grato a vostra excellencia che altro poy monsignor de Novara, et per lo qual vostra excellencia etiam havea interceduto alias poy esso monsignor de Novara, et per compiacere ad vostra excellencia ha fatto quello, come per uno suo breve dice

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

es noch nie erlebt habe, daß nahezu das gesamte Kollegium einem Kandidaten so haßerfüllt begegnet sei und diesen so entschieden abgelehnt habe wie Bartolomeo Visconti. Angesichts der skandalösen Geschichten, die über Bartolomeo verbreitet worden seien,90 habe er keine Möglichkeit gesehen, dem Bischof von Novara den Purpur zu verleihen. Und der Pontifex fügte hinzu, selbst wenn er seinen eigenen Bruder hätte erheben wollen, wäre nicht mit derartigem Widerstand zu rechnen gewesen.91 Giovanni di Castiglione, der jahrelang den diplomatischen Drahtseilakt geschickt vollführt hatte und wußte, wie man Stimmungen kreieren oder drehen konnte, vermochte am Ende also zu triumphieren. Vermutlich hätte Ottone del Carretto, wenn er frühzeitig in Rom eingetroffen wäre, die sich gegen Bartolomeo Visconti erhebenden Wogen des Unmutes etwas glätten können. Doch der Gesandte hatte sich auf Geheiß des Herzogs zunächst nach Lucca, Florenz und Siena begeben92 und langte daher erst verhältnismäßig spät in Rom an  –  zu spät, um die an der Kurie vorherrschende feindselige Stimmung noch abwenden zu können.93 Für Giovanni di Castiglione, der sich zu haver scritto; et dice ancora scriverà a vostra excellencia, scusandose in quello più desiderava vostra excellencia non ve ha compiacuto» [Ebd., sub die (II)]. 90 Diese Geschichten dürften mit der Vergangenheit des Bartolomeo Visconti in Verbindung gestanden haben. Zu dieser siehe oben, Kap. VIII Anm. 83. 91  «Non potria dire quanto si dolle che non havesse potuto compiacere a vostra excellencia, la qual tanto amava, et qui se extense assay perché già tre volte a cotali tempi de creatione de cardinali se era sforzato a far questo, et che era imposibile obtenerlo, che may non vide tanta voluntà de tutti cardinali, excepti duy, et che recordaveno odii et cause antique et altre maladitione, tanto che niuna cosa li paresse may tanto odiosa al collegio quanto questa; assay disse, scusandose, perché troppo li seria duro far una cosa con tanto scandalo, et, se volesse fare uno suo fratello, non lo faria in tanta contraietà» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. Dezember 1456 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 44]. 92 Siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 23.  Dezember  1456, ASMi, Sf., PE, Roma  44.  –  Ottone del Carretto hatte wohl damals Vorbehalte angemeldet, weil er es für unwahrscheinlich hielt, daß er, wenn er diese Besuche in Lucca, Florenz und Siena zu absolvieren hätte, rechtzeitig in Rom eintreffen würde. Der Herzog hatte ihn daraufhin am 30. November 1456 beschwichtigt und ihn damit beruhigt, daß er, wenn er sich beeile, schon alles rechtzeitig schaffen werde und wenn nicht, ihm im ungünstigsten Falle immer noch die Möglichkeit bliebe, an den Papst zu schreiben: «Circa el calculo haveti facto insieme che non possiati giongere ad Roma in manco de dì quatordeci, et dubitati non potere giongerlì ad hora, havendo ad exequire quelle altre cose ad Luca, ad Firenza et ad Siena, dicemo che, volendo vuy caminare et expedirvi presto in questi lochi, dove haveti ad fare poco, andareti in tempo ad Roma, et porrete expedire con nostro signore el facto de monsignore. Pur nondimeno, se non potesti arivare ad hora, laudiamo che ne scriviate ad soa sanctità, exordiendo la venuta vostra con quelle humane et grate parole che ve parerano megliore, et poy tocate questa cosa de monsignore de Novara […], quale recomendiamo humilmente alla sua beatitudine che la se degni promoverlo […]» (Ebd., sub die). 93 Sein spätes Eintreffen bedauerte Ottone del Carretto auch in seinem chiffrierten Brief, den er am 19. Dezember 1456 an den Herzog schickte: «Ad me rincresce non sia stato in tempore per provare mia diligentia, ma in vero el non era possibile gli giongesse col carriagio più presto, et senza esso non haveria li mei bisogni, et etiam senza esso non poteria giongere più tosto che martedì passato, sì che frustra era la mia faticha […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). – Es ist bemerkenswert, daß auch der Protonotar Ludovico Ludovisi, der die herzogliche Entscheidung,

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dieser Zeit noch im Reich und in Ungarn aufhielt und der seine Beförderung mit Hilfe von Guillaume d’Estouteville und anderen ihm wohlgesinnten Kardinälen forciert hatte, bedeutete das verspätete Eintreffen Ottone del Carrettos an der Kurie vielleicht das Quentchen Glück, das so häufig den entscheidenden Ausschlag geben konnte.94 Bei Giovanni di Castiglione und den anderen neu ernannten Kardinälen dürfte die Genugtuung, dieses Ziel erreicht zu haben, umso größer gewesen sein, als ihnen nicht verborgen geblieben sein wird, daß ihre Erhebung nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten gegangen war. Von den Anstrengungen, die der Papst unternehmen mußte, um überhaupt Kardinäle ernennen zu können, berichtete insbesondere Enea Silvio Piccolomini, dem im Dezember  1456 ebenfalls der Purpur zugesprochen worden war.95 So schrieb er mit Rekurs auf ein Wortspiel an Giovanni di Castiglione, niemals seien Kardinäle mit mehr Schwierigkeiten als sie in das Kollegium eingetreten, denn der Rost habe die „Angeln“, die „cardines“, so sehr überzogen, daß man die Tür nicht mehr habe drehen und öffnen können. Calixt III. habe Sturmböcke und alle Arten von Kriegsmaschinen einsetzen müssen, um die Torflügel zu sprengen.96 In der Tat konnte Giovanni Ottone del Carretto zum neuen Gesandten zu bestimmen, sehr lobte, del Carrettos spätes Eintreffen zu entschuldigen und die daraus entstandenen Folgen herunterzuspielen versuchte, indem er Francesco Sforza am 28. Dezember 1456 darauf hinwies, daß alles ein abgekartetes Spiel gewesen sei und der herzogliche Gesandte daher, selbst wenn er früher eingetroffen wäre, nichts hätte ausrichten können: «Per lo magnifico misser Otto ambasadore de la excellentia vostra recev[ett]i due littere e per uno altro recev[ett]i una terza littera de la signoria vostra. Responderò solo alle parte necessarie, prima me debo merito alegrarme cum la vostra signoria che habia fato buona ellectione, quale ha fata de lo predicto misser Otto, el quale certamente me pare […] de prudentia, de bonissima affabilità, diligentia e fidelità a la signoria vostra, e cusì è stato grato a la sanctità de nostro signore. Spero che omne dì la vostra signoria ne pigliarà più consolatione perché è de natura de andare sempre de bene in meglio. […] a la deliberatione me pare essere certo che già era concepta [la promotione de questi sei cardinali], è stato per lo meglio che lui [= del Carretto] non se trovasse qui in Roma che se li fusse stato presente perché me rendo certo che pure seria passato cussì […]» (Ebd., sub die). – Zu Ludovico Ludovisi siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 189; Giorgio Tamba, Ludovisi, Ludovico, in: DBI 66 (2006), S. 457 ff. 94 Gewiß mag es ein Zufall gewesen sein, daß sich auch Branda 1411, zu dem Zeitpunkt, da ihm der rote Hut verliehen wurde, in Ungarn befunden hatte (vgl. Johannes von Olmütz, Vita, ed. bei Pulin, Early Renaissance Sculpture, S. 355); in gewisser Hinsicht spiegelt diese Koinzidenz jedoch recht treffend wider, wie gut Giovanni di Castiglione das von seinem großen Verwandten vorgelebte Beispiel zu imitieren wußte. 95 Neben ihm und Giovanni di Castiglione hatte man auch den Bischof von Zamora (Juan de Mella), den Bischof von Montefeltro (Giacomo Tebaldi), den Erzbischof von Neapel (Rinaldo Piscicelli) und Giovannis Nachfolger in Coutances (Richard Olivier de Longueil) zu Kardinälen erhoben (Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 11 f.). Die Namen der neuen Kardinäle teilte auch Ottone del Carretto seinem Herrn am 19. Dezember 1456 in einem chiffrierten Schreiben mit: «Per lettere de miser Baptista intenderà vostra excellentia quelli cardinali sono electi, cioè el vescovo de Pavia, quello de Siena, il fratello de maestro Symone [di Marco] [= Giacomo Tebaldi], l’arcivescovo de Napoli, item lo vescovo de Constanza, franzese, et Zamorense, spagnolo» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). 96 «Nulli unquam Cardinales aegrius, quam nos collegium intraverunt: iam enim rubino Cardines ita obduxerat, ut verti hostium, et aperiri non posset. Arietibus, et omni machinarum

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

di Castiglione von Glück sagen, nun unter den Auserwählten zu sein, denn aufgrund der Mühsal bei dieser Kardinalserhebung entschied sich Calixt III., wie der herzogliche Gesandte zu berichten wußte, vorerst von weiteren Kreationen abzusehen, zumal das Kardinalskollegium ohnehin nicht bereit war, einer weiteren Vergrößerung zuzustimmen.97 So blieben die zahlreichen Ersuche, die Ottone del Carretto in der Folgezeit an den Pontifex richtete, um auch dem Bischof von Novara noch zum Purpur zu verhelfen,98 trotz aller Versprechungen, die Calixt  III. einst abgegeben hatte,99 ergebnislos. Lediglich sein Bedauern drückte der Papst darüber aus, daß er Bartolomeo Visconti so habe enttäuschen müssen.100 Auch drei Monate später, als Ottone del Carretto den Kardinal von Fermo um Rat fragte, legte dieser dem Gesandten eindringlich nahe, von diesem Thema abzulassen, da eine weitere Fürsprache für Bartolomeo Visconti unter den gegebenen Umständen nicht nur unnötig, sondern sogar schädlich sei. Falls er versuchen sollte, nach den Sternen zu greifen und Unmögliches zu realisieren, würde der Bischof von Novara nur noch stärker den Haß der Kardinäle auf sich ziehen und er, Ottone, zum Gespött aller werden.101 Trotz der Warnungen genere usus est Calixtus Pontifex, ut valvas aperiret. Demumque arte non modica belli ferratos postes, portusque refregit» (Enea Silvio an Giovanni di Castiglione, 26. Dezember 1456; Beffa Negrini, Elogi historici, S. 308).   97  «Desideroso io de fare quello che vostra excellencia per sue littere molto strettamente me impone circa li fatti de monsignore de Novara et parendomi intendere quanta sia la concorde deliberatione de tutti li signori cardinali in non volere più giongere al suo numero altruy, intendando ancora il nostro signore papa havere risposto a chiunche de tal materia li ha parlato o fatto parlare (perché molti sono ancora chi cerchano tal dignità) che sua sanctità non delibera più fare cardinali, et, se havesse creduto per lo passato haverne tanto affano, non haria fatto quanti n’ha fatto, et che debbeno intendere la voluntà de cardinali, et trovando il collegio disposto, disponerasi ancora sua sanctità, aliter non […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45).   98 So kündigte Ottone del Carretto dem Herzog am 19.  Dezember  1456 in einem chiffrierten Schreiben an, er werde aus diesem Anlaß den Papst aufsuchen: «Quanto io habii ad fare hormay, mi pare de visitare la sanctità de nostro signore, modestamente dechiarandolo lo desyderio de vostra signoria essere che monsignore de Novara fosse stato promosto […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 44, sub die). Von der mit dem Papst geführten Unterredung berichtete Ottone del Carretto dem Mailänder Herzog dann am 22. Dezember 1456 (Ebd., sub die).   99 «[…] mi ritrovo in molto affano de questa cosa perché, essendo li meriti del reverendissimo monsignore de Novara tanti et tali verso santa chiesa et la beatitudine de nostro signore quanti et quali sono et havendo le promesse molte et large da quella sua sanctità quanto s’è havuto per lo pasato, non pare credibile […] che questo nostro desiderio ce debbia essere denegato, et pare più tosto negligentia o imprudentia de chi ha a conducere questo fatto che mancamento de chi l’ha promesso» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 100 «Se dolsse molto de la melanconia che prehenderia monsignor de Novara, al quale molto si monstra affecto, dicendo che in quello stesse in sé sempre li compiaceria quanto a figliolo» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. Dezember 1456 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 44]. 101 «Per tanto, vedendomi con tanto caricho, ho voluto participare il consiglio de quelle persone quale cognosco debbiano meglio intendere et essere più affette in questa cosa, et prima ne comunicay con il reverendissimo d. Firmano [= Capranica], il qual a parte mi disuase lo farne parola in questi tempi perché seria omnino inutile, anzi più tosto damnosa perché né ’l papa, né cardinali per alcuno modo sono disposti a tal cosa fare, et in questo sa quello che dice perché

VIII.3 Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie

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des Gesandten sollte erst der Tod Bartolomeo Viscontis Anfang Mai 1457 dem Ringen der Mailänder um dessen Erhebung ein Ende setzen.102

VIII.3 „Das Reich, Frankreich und Ungarn haben Dich schon zur Genüge gehabt, jetzt wollen sich Italien und Rom an Dir laben“103 – Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie Die Nachricht von seiner Erhebung ins Kardinalat wie auch etliche Glückwunschbotschaften, die Giovanni di Castiglione zu diesem Anlaß erreichten, mögen ihn bewogen haben, alsbald an die Kurie zurückzukehren. Als Beispiel für ein solches Gratulationsschreiben sei nur der emphatische Brief angeführt, lì sono altri ancora chi hanno cerchato questo novamente, et temptare questo seria fare odioso esso monsignore de Novara ad ogni cardinal et far fare beffe di me che adesso temptasse cose non fatibile; et come persona affecta ad vostra excellencia et ad esso d. Novariense et ad me in tutto lo disuadeva, dicendo che sua reverendissima signoria ancora scriveria a vostra excellencia circa de ciò il suo parere» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 22. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Auch Battista de Brendis, mit dem der herzogliche Gesandte ebenfalls konferierte, kam zu dem Ergebnis, daß derzeit ein weiteres Intervenieren für Bartolomeo Visconti, solange der Papst keinen unmittelbaren Nutzen daraus ziehen könne, sinnlos sei: «Parlay ancora di questo con d. Baptista Brendo, et molto fra noy havemo examinato questa cosa, a luy ancora per niuno modo pare utile adesso farne parola, essendo le cose in questi termini; et in effecto mi pare de fare questa conclusione che frustra sia temptare questo, se non accadesse che la sanctità de nostro signore bisognasse de alcuno servicio che molte li fusse a core da vostra excellencia, overo desiderasse de fare alcuno de suoy cardinali et, per rompere il giazo con li signori cardinali, dicesse volere fare monsignore de Novara, al qual non p[u]ò denegarlo, et con quello aprirsi la via ad altri ancora che sua sanctità desideri […]» (Ebd.). 102 Noch Ende April  1457, als der Papst vermutlich schon von der schweren Erkrankung des Bischofs von Novara erfahren hatte, versuchte der herzogliche Gesandte vergeblich, den Pontifex dazu zu bewegen, Bartolomeo Visconti den Purpur zuzugestehen: «Parlando col nostro signore, dicendomi sua sanctità che havea inteso monsignore de Novara essere graviter infirmo, li resposi non essere vero, et parendomi che sua sanctità con affectione parlasse, me accade a dire quanto seria gran damno che mancasse quello signore, et quanto vostra excellencia n’harebbe gran dolore, per le virtù sue et singulare devotione et fede che porta a vostra excellencia, et che era quella persona la qual vostra excellencia desiderasse exaltare quanto possibile gli fusse, et che troppo harebbe havuto caro fusse stato promovuto al cardinalato, et che sua sanctità farebbe bene a farlo et satisfare in un tratto a li meriti de quello et a le promesse fatte molte volte per sua sanctità et al desiderio de vostra excellencia, a la qual per molte ragione pareva convenevole, ymo quasi mancamento de la reputatione de vostra excellencia che non sequisse l’effetto de quello de che era stata firma speranza. Mi rispose sua sanctità che già m’havea ditto altre volte quanto questo li dolesse et quanto volentieri l’harebbe fatto, et disse molte cose in comendatione d’esso monsignore et del amore che li portava sua sanctità, tandem se scusa su li cardinali et dice che adesso seria insania parlare de fare più cardinali et similia, sì che mi pare clauso lo alleluya, et non saperia che in questo più operare, salvo quando a sua sanctità accadesse un grande bisogno de vostra excellencia, aliter non valle industria, né diligentia mia circha questo» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 30. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Vgl. dazu des weiteren die herzogliche Instruktion an Ottone del Carretto vom 8. Februar 1457 (Ebd., sub die) sowie das chiffrierte Schreiben, das Ottone del Carretto Mitte März an Francesco Sforza richtete (Ebd.). 103 Siehe hierzu die folgende Anmerkung.

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

den Enea Silvio Piccolomini am 26. Dezember 1456 an Giovanni di Castiglione sandte: Nun würden seine Arbeiten so ausgezeichnet und seine Tugenden belohnt – hieß es dort –, wie man es ihnen schulde. Er wisse, welchen Gewinn die Kurie durch Giovannis Beförderung erhalte und welch großes Licht auf die Römische Kirche fallen werde. Giovannis Ruhm und Gelehrsamkeit würden seine eigene Unwissenheit und Ruhmlosigkeit verbergen. Von Giovannis Schild geschützt, wolle er, der unwürdige Enea, daher kämpfen. Nur müsse Giovanni endlich zurückkommen, denn dürstend erwarteten schon alle seine Rückkehr; das Reich, Frankreich und Ungarn hätten Giovanni schon zur Genüge gehabt, nun wollten sich Italien und Rom an ihm laben.104 Durch den Florentiner Humanisten Poggio Bracciolini, der Giovanni di Castiglione im Januar 1457 ebenfalls einen langen Brief zugesandt hatte,105 in dem er dem Kardinal seine Glückwünsche aussprach und sich um dessen Freundschaft bemühte,106 wissen wir, daß sich Giovanni Anfang des Jahres 1457 noch im Reich aufhielt.107

104 «Si qua mihi voluntas est ad Cardinalatus honorem esse assumptum, inde tantum est, quod tua dignatio mihi collega, et pater, et Dominus traditus est, quo cum vivere dulcissimum erit. Nunc tui labores praemia susceperunt, nunc tuae virtuti, quod suum erat creditum; scio quid lucri acceperit sacer Senatus ex tua promotione. Magnum lumen Romana suscepit Ecclesia, tua nobilitas, tuaque doctrina, meam ignorantiam, et ignobilitatem obteget, sub scuto indignus ego securus militabo. Veni igitur, sitibundi expectamus omnes reditum tuum; iam satis Alemania, Galliaque et Hungaria te tenuit; Italia nunc, et ipsa mater Orbis Roma, te perfrui vult; nisi redieris cito, etiam Tyberis maledicet absentiae tuae» (Enea Silvio Piccolomini an Giovanni di Castiglione, 26. Dezember 1456, wie S. 303 f. Anm. 96). 105 Poggio Bracciolini gratulierte gleichfalls Juan de Mella und Enea Silvio Piccolomini zur Verleihung der Kardinalswürde (Poggio, Lettere, Bd. III, S. 415 f., 417 f.) und sandte zudem Abschriften dieser drei Gratulationsschreiben an Francesco dal Legname [Lignamine], den Bischof von Ferrara (Ebd., S. 423). – Zu den Briefen Poggios siehe Helene Harth, Poggio Bracciolini und die Brieftheorie des 15. Jahrhunderts. Zur Gattungsform des humanistischen Briefes, in: Franz Josef Worstbrock (Hg.), Der Brief im Zeitalter der Renaissance, Weinheim 1983 (Mitteilung der Kommission für Humanismusforschung 9), S. 81–99. 106 «[…] Ego, prout postulabat nostra mutua benivolentia, cum tibi essem deditissimus, maiorem in modum sum gavisus ex hac tua ad cardinalatus dignitatem assumptione, quam non ambitioni sed virtutum testimonio vidimus esse tributam. Fui, sicut nosti, cultor atque observator prestantissimi quondam atque omni laude dignissimi viri patrui tui cardinalis Placentini, qui me semper ut filium dilexit. Scis me esse amicissimum preclarissimis atque integerrimis viris Franchino Guarnerioque iure consultis, quos tu sanguine proximos ut patres hactenus coluisti. Scis amicitiam antiquam cum tuis habitam me in te colendo conservasse, ut merito confidam te consuetam benivolentiam non solum oblivioni non daturum, sed aucturum potius tuis officiis amicitiam constitutam. Utcunque tamen tua voluntas se habebit, Poggius servabit pristinum erga te amorem. Qua in re si respondebis affectioni mee, erit ut gaudeam te doctissimorum virorum et optimorum studiorum, quibus ab ineunte etate summa cura operam dedisti, consiliis et doctrine potius quam communi consuetudini paruisse. Ego nihil a te desidero preter antique caritatis et benivolentie conservationem. Vale, pater optime, et mei memor» (Poggio, Lettere, Bd. III, S. 420). 107 «Scripsi litteras congratulatorias Zamorensi, Senensi et Papiensi, qui est apud Germanos» heißt es in dem Schreiben, das Poggio Bracciolini an Carlo Gonzaga sandte (Ebd., S. 422).

VIII.3 Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie

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Bald jedoch begab er sich nach Mailand, wo der Herzog den Kardinal Ende Januar  1457 feierlich empfing.108 Ein Schreiben, das Francesco Sforza Anfang Februar an seinen Gesandten in Rom richtete, zeigt deutlich, daß der Herzog zwar nach wie vor hoffte, auch Bartolomeo Visconti würde den roten Hut erhalten, sich jedoch auch gut damit abgefunden hatte, daß Giovanni di Castiglione sich siegreich gegen seinen Favoriten durchgesetzt hatte.109 Francesco Sforza begrüßte nun diese Ernennung, denn er sah, welche Vorteile die Vergabe des Purpurs an den Bischof von Pavia auch für ihn und das Herzogtum mit sich bringen würde.110 Nach einer mehrtägigen Zwischenstation in Pavia111 – wo er mit prunkvollen Feiern und prächtigen Geschenken geehrt worden sein soll112 – reiste Giovanni 108  So schrieb der Herzog am 2. Februar 1457, vier Tage nachdem Giovanni di Castiglione Mailand verlassen hatte, an Ottone del Carretto: «El[l] è stato qua questi proximi dì el reverendissimo monsignore cardinale de Pavia, venuto da le parte de Allamagna, quale in l’intrata in Milano havemo honorato et carezato et congratulatosse assay con soa signoria de questa nova dignitate. In el vero ne pare prelato virtuoso et tucto da bene. Havemolo facto molto benivolo et affectionato, in modo che pigliamo ogni larga fede de luy» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Vom Aufenthalt Giovanni di Castigliones in Mailand zeugt auch das Schreiben, das der neu ernannte Kardinal am 29. Januar 1457 von dort an Papst Calixt III. richtete (Ebd., sub die). 109 «Passati alcuni dì siamo contenti torniate sul facto del prefato monsignore de Novara, intrandoli con quello megliore modo che possibile vi sia, et de novo lo recommandate ad sua sanctità tanto strettamente quanto saperete et porete […], ma tutta volta con grande advertentia che sua sanctità non cognoscesse che per commendare et pregare et instare per monsignore de Novara nuy non fossemo ben contenti de la promotione de monsignore de Pavia, anzi monstrate che ne siamo contentissimi, como è dicto» (chiffriertes Schreiben von Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 8. Februar 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 110 «In quelli primi dì che ne cominciaste ad scrivere da Roma recevessimo le vostre littere, per le quale intesimo particularmente como era successo el facto di cardinali; item dui brevi de nostro signore, per uno de quali sua sanctità ne scriveva de la promotione al cardinalato del reverendissimo monsignore de Pavia et le rasone et casone che l’havevano inducte ad promoverlo; per l’altro s’excusò perché non ne haveva potuto compiacere ad promovere monsignore de Novara, et le difficultate et obstaculi erano in questa materia. Tutto intesimo, et fo[rono] ne molto grate dicte lettere et brevi, alli quali non havemo facto più presta resposta, expectando de ciò conferire con el prefato monsignore cardinale de Pavia, como poy havemo facto; per questo vi dicemo che, captata opportunitate, vi debiate retrovare con nostro signore et notificare ad sua beatitudine la receptione de dicti suoy brevi, con dirli che nuy remanemo molto contenti et satisfacti de quanto sua sanctità ha fatto circa la promotione del prefato monsignore de Pavia, sì perché quella ha promosto persona che per nobilità de la casa, per scientia et virtute et per molte fatiche et affani, patiti in servitio et obedientia de sua sanctità et sancta ecclesia, meritaria de essere honorata de tale dignità, ultra che ad nuy è acceptissimo et affectionatissimo luy et la casa sua quanto dire se possa […]; le rasone che sua sanctità ne adduce, per le quale non me poté compiacere in el facto de monsignore de Novara, nuy le havemo accepte, et credemo largamente che così sia; et qui cercate con ogni industria et studio de evacuarli molto bene la mente sua de ogni umbra et dubio, che […] potesse havere preso per questa cosa, et commendare esso monsignore de Pavia quanto vi sia possibile perché nuy per li soprascritti respecti l’havemo tanto grato et tanto accepto quanto dire se possa» (Ebd.). 111 «[…] hogi è el quarto dì che se partì de qua, et andò a Pavia, et fra duy o tre dì se partirà per venire a Roma […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. Februar 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 112 So Magnani, Cronotassi, S. 82. – Beffa Negrini hingegen berichtet nicht von Freudenbekundungen aus diesem Bistum, sondern erwähnt lediglich die Freudenfeuer, die anläßlich der

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

di Castiglione dann wohl über Mantua113 weiter nach Bologna. Von dort schrieb er am 15. Februar 1457 an den Mailänder Herzog, um diesem für den, wie es heißt, nicht zuletzt ihm geschuldeten Erfolg zu danken.114 Am 25. Februar 1457 schließlich traf Giovanni di Castiglione in Rom ein,115 wo ihm die in Rom anwesenden Kardinäle zu seiner Begrüßung entgegengingen und den Empfang zu einer «singulare demostratione de benivolentia» machten.116 Auch der Mailänder Gesandte, Ottone del Carretto, zählte zu denen, die Giovanni di Castiglione feierlich willkommen hießen, hatte ihm doch der Herzog bereits am 2. Februar, kurz bevor Giovanni di Castiglione aus Mailand aufbrach, die Instruktion erteilt, den Kardinal von Pavia ehrenvoll zu begrüßen, diesen häufig zu besuchen und sich stets mit diesem zu beraten.117 Giovanni di Castiglione wurde am folgenden Verleihung des roten Hutes an Giovanni di Castiglione in Mailand und – das ist außerordentlich bemerkenswert  –  in der Normandie abgehalten wurden (Beffa Negrini, Elogi historici, S. 307). – Man wird jedoch annehmen müssen, daß Beffa Negrini ein Fehler unterlaufen ist und der große Jubel nicht Giovanni di Castiglione, sondern seinem Nachfolger in Coutances, dem gemeinsam mit dem Bischof von Pavia zum Kardinal erhobenen Richard Olivier de Longueil, galt. 113 Darauf, daß Giovanni di Castiglione auch in Mantua Halt einlegte, läßt zumindest das Schreiben schließen, das der Kardinal am 4. März 1457 dem Mailänder Herzog sandte: «havemo recevute le littere de la signoria vostra responsive a le nostre et inteso como la excellentia vostra ha scripto al illustrissimo signore marchese di Mantua et a Bologna, ringratiandoli del honore havemo da loro signorie riceputo, di che summamente ringratiamo la signoria vostra, et comprehendiamo chiaramente per questo il vero amore et affectione de la signoria vostra verso nuy […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 114 «Scrivemo al presente a lo nostro illustrissimo signore de lo nostro successo et como, per so respecto, siamo ben visti et honorati; donde regratiamo la soa excellentia, et cossì fate de nostra parte […]» (Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 15. Februar 1457, ASMi, Sf., PE, Roma [!] 45 ). – Der entsprechende Brief an den Herzog ist leider nicht überliefert. Vermutlich dürfte er aber ebenso wie das an Cicco Simonetta gesandte Schriftstück die Bitte enthalten haben, Gerechtigkeit im Streitfall mit Martino Grassi walten zu lassen; so heißt es in dem Schreiben an Cicco: «Anche recordamo che se degna de lassare fare executione de iustitia in quella nostra causa contra Martino Grasso. Lo danno havemo, ne despiace, ma non mancho la vergogna, la qualle non è sola a nuy, ma a la soa signoria […]» (Ebd.). Zur Auseinandersetzung mit Martino Grassi, siehe oben, Kap. VII Anm. 260. 115  «[…] card. Papiens. veniens de Alemania legatus intravit Urbem» (ASV, Arm. XXXI,52, fol. 27r f.); siehe auch Helmut Wolff, Päpstliche Legaten auf den Reichstagen des 15. Jahrhunderts, in: Erich Meuthen  (Hg.), Reichstage und Kirche [Kolloquium der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München, 9.III.1990], Göttingen 1991 (SHKBAW 42), S. 25–40, hier: S. 38 Anm. 62. 116 «Pare mio debito per consolatione de vostra excellencia notificarvi come il reverendissimo monsignore nostro de Pavia venerdì gionse qui […], et quella sera li andareno incontra tutti li cardinali se trovano qui, chi lontano un meglio, chi mezo miglio, licet non sia costume a li altri fare così, ma questo hanno fatto a luy per singulare demostratione de benivolentia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 2. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 117 «[…] se partirà per venire a Roma; quando el venerà li vogliati andargli incontra et fargli honore et visitarlo spesso a casa et comunicare et consigliarvi con la soa signoria de quelle cose ve parerà potere comunicare perché ne rendiamo certissimi che ve drizarà et darà ogni aiuto et favore che gli sarà possibile» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. Februar 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45).

VIII.3 Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie

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Tag, dem 26. Februar 1457, im Konsistorium der Kardinalshut überreicht118 und am 9. März 1457 San Clemente als Titelkirche zugewiesen.119 Dem Kardinal von Pavia, von dem Ottone del Carretto sagte, er werde bald an der Kurie wohl nicht mehr zu den Zweitrangigen zählen,120 mag es als gutes Omen gegolten haben, daß ihm mit San Clemente gerade jene Titelkirche zugeteilt wurde, über die einst das große Familienvorbild Kardinal Branda verfügt hatte.121 Auch dürfte ihn mit 118 «Sabbato matina, congregato [il] colegio cardinalium, da quali era stato honorifice acompagnato in pallazo, per mane de signore nostro papa prendete il capello» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 2. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Daß der Kardinalshut Giovanni di Castiglione am 26. Februar 1457 überreicht wurde, läßt sich auch einem Schreiben Ottone del Carrettos von diesem Tag entnehmen, in dem dieser seinem Herrn von seinen Bemühungen berichtete, eine Audienz beim Papst zu erhalten: «havendo questa matina le lettere a hore XVI fece instantia per havere audientia, finita la solemnità del capello del reverendissimo monsignore de Pavia, la qual durò fin a hore XVIII; et licet il nostro signore fusse molto stracco; nondimeno per sua clementia et affectione che porta a vostra excellencia me l’haveria datta, ma essendolì la moltitudine de cardinali et dicendo io a sua sanctità, portandoli la coda in lo intrare della camera, havea da parlarli alcune cose in secreto, disse retornasse la sera […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Beffa Negrini geht wohl fälschlicherweise davon aus, der rote Hut sei Giovanni, wie einstmals Kardinal Branda, nach Ungarn zugesandt worden (Elogi historici, S. 307). 119 Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 62; vgl. das Schreiben des Giovanni di Castiglione an den Mailänder Herzog vom 10. März 1457, Bibl. Ambr., cod. Z. 219 sup. 120 «Credo in brevi serà non de li minori de questa corte perché apresso a tutti ha summa gratia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 2. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 121 Von den Castiglione zeugt in der nahe dem Kolosseum stehenden Basilika heute noch das unter dem Kardinalshut gemalte Familienwappen mit dem schwarzen, aufrecht stehenden, in seiner rechten Pranke ein Kastell mit zwei Türmen emporhebenden Löwen, welches sich an der Spitze des Eingangsbogens der von Branda im südlichen Kirchenschiff errichteten Kapelle der heiligen Katharina von Alexandrien befindet. Das Emblem wurde von Masolino, der die Kapelle zwischen 1428 und 1431 im Auftrag Brandas ausgestaltete, genau im Schnittpunkt eines virtuellen Kreuzes arrangiert, an dessen oberster Spitze ein Bildnis von Gott Vater angebracht ist. Dieser wiederum hat seinen Blick auf die am rechten Eckpunkt des Querbalkens plazierte Jungfrau Maria gerichtet, welcher der Erzengel Gabriel vom linken Eckpunkt des Querbalkens aus gerade die Geburt ihres Sohnes verkündet. Maria blickt ihrerseits auf den gekreuzigten Jesus herab. Wenn Kardinal Branda diese Kapelle von Masolino zudem mit einem Freskenzyklus aus dem Leben der Katharina von Alexandrien ausgestalten ließ, so mag dies nicht allein eine Hommage an seine gleichnamige Großmutter mütterlicherseits gewesen sein, der zu Ehren bereits deren Gemahl, Stefano Porro, das Sposalizio di Santa Caterina di Alessandria sowohl im Oratorium von Mocchiolo als auch in der von ihm errichteten Kirche Santo Stefano in Lentate hatte anfertigen lassen, sondern kann wohl auch darauf zurückgeführt werden, daß Branda diejenigen sehr schätzte, die – wie Katharina – durch ihre Gelehrsamkeit zu beeindrucken wußten. – Da die Kreuzigung die zentrale Szene an der Hauptwand ist, wird diese Kapelle auch als Cappella della Crocifissione bezeichnet. Neben den Darstellungen der Kreuzigung (an der Hauptwand) und der Verkündigung (oberhalb des Eingangsportals), der vier Evangelisten und der Kirchenväter (an der Decke) sowie der Apostel (unterhalb des Eingangsportals) und des heiligen Christophorus finden sich in der Kapelle auch Szenen aus dem Leben des heiligen Ambrosius sowie natürlich aus dem Leben der heiligen Katharina. Detaillierte Beschreibungen dieser Fresken bei Eileen Kane, San Clemente. The Saint Catherine Chapel, Rom 2000; zu San Clemente generell: San Clemente Miscellany, Bd. 2: Leonard E. Boyle/ Eileen M. C. Kane/ Federico Guidobaldi, Art and Archaeology, Rom 1978; zu Branda und San Clemente: Cazzani, Il cardinale Branda, S. 250; zu Masolino siehe oben, Kap. V Anm. 106. – Wenn in der Lünette über dem größten Portal der von Branda in Castiglione Olona errichteten Stiftskirche ein Bildnis des heiligen Clemens erscheint

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VIII. Auf dem Weg zum Purpur

Genugtuung erfüllt haben, daß Francesco Sforza, um dessen Anerkennung er jahrelang geworben hatte, sich nun sogar regelrecht um seine Gunst bemühte. Der herzogliche Gesandte, Ottone del Carretto, hofierte ihn sogar geradezu,122 weil er erkannt hatte, daß sich auch seine Position durch die Ankunft des Kardinals erheblich zu verbessern versprach.123 Giovanni di Castiglione, der alsbald dem Markgrafen von Mantua Ludovico Gonzaga und Francesco Sforza von all den ihm bei seiner Ankunft in Rom widerfahrenen Ehrungen berichtete,124 glaubte denn auch die Situation gleich nutzen zu können, um dem Herzog zu signalisieren, daß er großes Interesse an in der Diözese Pavia freigewordenen Benefizien und insbesondere an einer ihm vom Herzog versprochenen einträglichen Pfründe hätte.125 Francesco Sforza, dem die politische Bedeutung eines einflußreichen, und diesem Papst zudem eine Kapelle im nördlichen Kirchenschiff geweiht ist, so dürfte dies gewiß auch eine Bezugnahme auf Brandas Wirken als Kardinal von San Clemente sein; siehe hierzu Cazzani, Castiglione Olona, S. 364, 373. 122  So schrieb Ottone del Carretto am 4. März 1457 an Francesco Sforza: «Essendo venuto il reverendissimo cardinal de Pavia, io li son andato incontra, visitatolo a casa et aliquando acompagnatilo a palazo, et asay credo me lo renderò benivolo, ho comunicato con sua signoria alchune cose […], et a la giornata, secondo mi parere, piglierò fede de sua signoria, la qual mostra però esser afectionata a vostra excellencia grandemente […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 123 «Io mi pare molto megliorato de condicione et di favore per la venuta d’uno così fatto prelato, il qual molto è affetto a vostra excellencia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 2. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 124 Schreiben des Giovanni di Castiglione an Ludovico Gonzaga vom 2.  April  1457. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 745 Anm. 4. – Das Schreiben, das Giovanni di Castiglione am 4. März 1457 an den Mailänder Herzog gesandt hatte, ist nicht erhalten. Wir verfügen lediglich über die entsprechende Antwort Francesco Sforzas vom 16. März 1457: «per le vostre lettere del quarto del presente et per quelle ce ha scritto misser Otho del Carretto siamo avisati diffusamente de li honori et grate accoglienze sono facte per la sanctità de nostro signore et per signori cardinali et tutta quella corte Romana ad la vostra reverendissima signoria in questa sua venuta ad Roma et la celebre solemnità et cerimonia del suo capello, del che havemo havuto singulare piacere et contentamento; et se in questa venuta è parso ad la reverendissima vostra paternità che anche per nostro respecto gli sia facto honore nuy ne havemo piacere assay et tutto reputiamo facto ad la nostra propria persona, benché la signoria vostra el meriti et anche più» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Wie in diesem Brief angedeutet wurde und wie ebenfalls aus einem weiteren Schreiben ersichtlich wird, das Francesco Sforza am 16.  März  1457 an seinen Gesandten schickte, hatte auch Ottone del Carretto seinem Herrn über die Giovanni di Castiglione zuteilgewordenen Ehrungen berichtet: «Havemo recevuto le vostre lettere, doe del secundo, tre del quarto, doe del septimo et tre del octavo del presente, per le quale distinctamente havemo inteso quanto ne scrivete. Responderemo ad quelle parte che ne pareno necessarie. Primo alla parte de la venuta lì del reverendissimo cardinale de Pavia, del honore et visitatione et reverentia gli havete facta, de la solemnità grande del suo capello etc.; dicemo che ne havemo havuto grande piacere et del tutto ve ne commendiamo, et così scrivemo per l’alligata ad la sua signoria, congratulandose con essa de queste cose, quale lettera gli presenterete» (Ebd., sub die). 125 «Ceterum, parlando con sua reverendissima signoria, m’è parso comprendere che intende se vacarà alchuna cosa in diocesi de Pavia vorrà disponere a suo modo; et pare, secondo dice, habbi in questo la voluntà de vostra excellencia. Item mi disse che vostra excellencia li havea promesso de farli degna provisione de uno bono beneficio, per tanto prego essa se degni avisarme circa queste cose quello ho a fare con esso reverendissimo monsignore […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 4. März 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Gleichzeitig bemühte Giovanni

VIII.3 Die Rückkehr des Giovanni di Castiglione an die Kurie

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ihm wohlgesinnten Kardinals an der Kurie durchaus vor Augen stand, zeigte sich diesem Ansinnen gegenüber zunächst auch recht zugänglich und versprach, Giovannis Bitte zu genügen, sobald er den Bedürfnissen der päpstlichen Neffen nachgekommen sei,126 deren Wohl Calixt III. sehr am Herzen liege.

di Castiglione sich auch um eine Propstei im Bistum Eichstätt sowie um weitere Benefizien in den Diözesen Bamberg, Lüttich, Worms und Konstanz (siehe hierzu RG VII/1, n° 1340 mit Verweisen auf weitere Dokumente aus dem ASV). – Auch seine Ansprüche in der Auseinandersetzung mit den Grassi (siehe hierzu oben, Kap. VII Anm. 260) machte Giovanni di Castiglione nun als Kardinal erneut geltend (siehe hierzu seine Briefe an den Herzog vom 21. März 1457 sowie vom 4. und 30. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 126 So schrieb Francesco Sforza denn auch Ottone del Carretto am 28. März 1457: «Circa el facto del prefato monsignore cardinale havemo inteso quanto ne scrivete; la sua signoria sa molto bene l’animo nostro, quanto è desyderoso ad fare cosa che gli sia grata; el è necessario prima satisfare per qualche modo alla rechiesta del legato de Bologna [= Luis Juan de Mila], poi nuy ne adaptaremo ad fare ogni cosa che gli sia honore et utile et augumento de la sua reverendissima signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Daß jedoch die päpstlichen Neffen bereits die Pläne des Kardinals durchkreuzt hatten, legt ein Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 14. März 1457 nahe, heißt es hier doch: «monsignore de Pavia molto se dubita che questo desiderio del papa non impazi quella provisione che sua signoria expetta da vostra excellencia, de la quale se tene come certo. Sì che in questo piaza a vostra excellencia avisarmi come debbo fare et con il nostro signor papa per li soy nepoti et con monsignore de Pavia […] perché, non havendo io altro da vostra excellencia, me sforzaria sempre de impedire e l’uno e l’altro quanto mi fusse possibile» (Ebd., sub die).

IX. Die römischen Jahre IX.1 „Seine Heiligkeit würde mich gerne versetzen, wenn es Eurer Durchlaucht recht wäre“1 – Bemühungen um die Diözese Novara Hatte Branda di Castiglione nach dem Erhalt des Purpurs sein Bistum Piacenza abgeben müssen, so gelang es Giovanni di Castiglione, die Diözese Pavia auch nach seiner Erhebung ins Kardinalat für sich zu bewahren. Doch da die Führung eines Kardinalshaushaltes und ein angemessener Lebensstil, wie er wußte, hohe Kosten verursachten,2 schien es geboten, nach weiteren, einträglichen Versorgungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.3 Gewiß war diese Frage einer adäquaten Ausstattung und Ausstaffierung keinesfalls die einzige Materie, die den Kardinal in den folgenden Monaten bewegte. An der Kurie selbst mochte sie gar nur eine geringfügige Rolle spielen. Doch da der bereits skizzierte, vor allem auf Täuschen, Blenden, Heucheln, Schmeicheln, Bluffen und Simulieren basierende „Wettkampf “ zwischen dem Herzog und Giovanni di Castiglione sich gerade auf diesem Gebiet dank einer ungewöhnlich dichten Quellenlage ausgesprochen gut bis hin zu den kleinsten Manövern und Kunstgriffen nachzeichnen läßt, sei dieser für die Darstellung des Karrierewesens während des Renaissancepapsttums nicht unwichtige Aspekt im folgenden exemplarisch in allen Details ausgeführt.

1 «Sua sanctità […] volentera me transferireve quando fusse grato a vostra excellentia» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45; siehe hierzu unten, Kap. IX Anm. 19). 2  Zu den hohen Kosten, welche die Führung eines Kardinalshaushaltes verursachte, siehe etwa David Sanderson Chambers, The Economic Predicament of Renaissance Cardinals, in: Studies in Medieval and Renaissance History 3 (1966), S. 289–313; Ders., A Renaissance Cardinal and his Worldly Goods [wie oben, Kap. I Anm. 35]; Ders., Renaissance Cardinals and their Worldly Problems, Aldershot u. a. 1997 (Variorum. Collected Studies Series 553); Mary Hollingsworth, The Cardinal’s Hat. Money, Ambition and Housekeeping in a Renaissance Court, London 2004. 3 In der Absicht, sich selbst im Herzogtum weitere Unterhaltsquellen zu sichern, fuhr Giovanni di Castiglione auch damit fort, Informationen über die Vorfälle im Reich und in Ungarn sowie über die Geschehnisse in Rom direkt an Francesco Sforza weiterzuleiten [siehe hierzu etwa die Schreiben, die Giovanni di Castiglione am 9., 18. und 30. April 1457 an den Herzog sandte (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die)]. Der Kardinal setzte ebenfalls seinen wachsenden Einfluß an der Kurie zum Vorteil der herzoglichen Prätendenten ein, wenn es um die Vergabe von Benefizien ging.  –  Zu den im Mailändischen gelegenen Benefizien siehe auch Ansani, «Curiales» lombardi, S. 415–471.

IX.1 Bemühungen um die Diözese Novara

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Seine Bitte, im Falle der Vakanz einer Pfründe seiner zu gedenken, trug Giovanni di Castiglione dem Herzog zunächst recht verhalten vor.4 Auch dessen Hinweis, er müsse zuerst die päpstlichen Neffen versorgen,5 schien Giovanni di Castiglione anfangs zu akzeptieren.6 Bald schon konkretisierte der Kardinal von Pavia jedoch seine Vorstellungen: Ende April 1457 meldete er sein Interesse an der Diözese Novara an, war ihm doch nicht verborgen geblieben, daß es um die Gesundheit des Bischofs von Novara,7 seines einstigen Konkurrenten bei der Anwartschaft auf das Kardinalat, schlecht bestellt war.8 Francesco Sforza 4 «Se altro ce resta a fare siamo sempre presti a li commandamenti de la signoria vostra, la quale preghiamo si vogla ricordare di alcuna provisione per nuy, quando accaderà il caso di alcuna sufficiente vachatione […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Auch zwei Tage später, am 6. April 1457, betonte Giovanni noch in einem an Francesco Sforza gerichteten Schreiben, daß er in der Frage der Benefizien mit all dem zufrieden sei, was Francesco Sforza zusage: «A la parte de la provisione de benefitii […] nuy restiamo contenti de tuto quello piace a la signoria vostra, dal canto nostro faremo honesta diligentia, secundo la mente vostra, perché di tuto et di quello anche ch’avemo al presente la vostra signoria può pienamente disponere» (Ebd., sub die). 5 Siehe hierzu auch oben, Kap. VIII Anm. 126. 6 Daß es sich bei dieser Begründung wohl um eine Ausrede handelte und Francesco Sforza offensichtlich nicht daran dachte, in nächster Zukunft dem Wunsch des Kardinals nachzukommen, läßt ein Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 7. April 1457 erahnen, heißt es hier doch: «Circa il fatto del reverendissimo monsignore de Pavia ha accettata sua signoria molto bene la scusa, pure dice che vostra excellencia li scrive che de quello li disse achadendo non li mancharà, et questo dice essere de l’abbatia de Chiaravalle o de quella de San Martiano da Terdona, o altro bono e non ville beneficio qual acchadesse, et che de questo me stringeria asay occorrendo. Io li resposi bone parole generale, et, quando accada non havendo altro in mandatis da vostra excellencia, me ingegnerò non se fazi alcuna cosa senza saputa de vostra excellencia» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 7 Davon, daß das Verhältnis zwischen dem Kardinal und dem Bischof von Novara, dessen Ruf Giovanni di Castiglione an der Kurie systematisch zu untergraben gesucht hatte, nie sonderlich gut war, ist in den Schreiben des Giovanni di Castiglione natürlich keine Rede; im Gegenteil: der Kardinal gibt Francesco Sforza gegenüber am 6. Mai 1457 vor, Bartolomeo Visconti sehr gern zu haben: «et cossì iterum me recommando a la vostra excellentia, a la qualle scrivo questo in caso de la morte, de la qualle me dolereve perché amo monsignore de Novara e quando li potesse fare cosa grata lo fareve de bon core» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 8  «[…] lo reverendissimo monsignore, lo vescovo de Novaria, è pur gravato de quella soa passione de stomacho, et non è senza dubitacione della vita» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 21.  April  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45).  –  Der Bischof von Novara starb, dem Mailänder Herzog zufolge, am 2.  Mai  1457 [siehe hierzu dessen Schreiben an Ottone del Carretto vom 4.  Mai  1457 (Ebd., sub  die)]. Bereits am 28.  April  1457 hatte man Francesco Sforza (offenbar fälschlicherweise) mitgeteilt, daß Bartolomeo Visconti an diesem Tag aus dem Leben geschieden sei; der Herzog hatte die Nachricht jedoch nur unter Vorbehalt an Ottone del Carretto weitergeleitet: «Havereti veduto quello ve habiamo scripto per un’altra nostra che notificati alla sanctità de nostro signore el caso della infirmitade del reverendissimo monsignore, lo vescovo de Novara. Et suplicati alla soa sanctità che, occorrendo il caso delli ultimi dì suoy, volesse reservare quello vescovato ad chi per nuy gli fosse preposto, como in esse nostre littere se contene. È accaduto dapoy che questa matina ad hore XI dicto reverendissimo monsignore vescovo è passato de questa vita, per tanto, havendo voy obtenuto dalla sanctità soa che sia contenta de reservare quello vescovato ad chi per nuy gli sarrà preposto, de novo lo refirmati con la soa sanctità, advisandola della morte d’esso monsignore […]. Nonobstante che de sopra dicemo

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hatte zwar seinen Gesandten an sich um strenge Geheimhaltung ersucht,9 als er ihn Ende April drängte, dem Pontifex angesichts der Erkrankung des Bischofs das Zugeständnis abzuringen, diese Diözese einem herzoglichen Favoriten vorzubehalten,10 doch verbreiteten sich an der Kurie dennoch Gerüchte über den baldigen Tod des Prälaten.11 Ottone del Carretto hatte daher einige Kardinäle, darunter gewiß auch Giovanni di Castiglione, über das Begehren Francesco Sforzas unterrichtet.12 Angesichts der Relevanz, die der Herzog diesem Ersuchen beimaß,13 schien es Ottone del Carretto geboten, die Kardinäle rechtzeitig auf affirmative de la morte d’esso episcopo, nondimeno non ne siamo anchora ben certi, ma domane ne seremo più chiari et ve ne avisaremo» (Ebd., sub die).  9  «et pregati la soa sanctità che de questo non voglia farne parola alchuna, né vuy ve ne alargati con persona alchuna […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 30. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 10 «[…] per tanto captata la opportunità volemo ne dichati una parola alla sanctità de nostro signore, parlando in modo ch’el non parà nuy mettamo questo facto per spazato, et suplicariti alla soa sanctità che quando dio facesse altro de luy voglia reservare de conferire dicto vescovato ad chi per nuy gli sarrà proposto, certificando soa sanctità che nuy gli preponeremo persona omni ex parte digna et commendabile. […] messer Otto, vuy sapiti quanto in quella città consista la salute del stato nostro, sì che, acadendo el caxo, provedeti et operati alla galiarda, como sia bixogno, che nissuno se impazasse de questo facto» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 21. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). Siehe hierzu auch das Schreiben des Herzogs an Ottone del Carretto vom 28. April 1457 (Ebd., sub die). 11 So heißt es in einem Brief Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 30. April 1457: «Heri ad hore XVII receveti lettere de vostra excellencia de dì XXI de questo, per le quale essa solo me scrive de monsignore de Novara. Sono già alcuni dì che qui è venuta la voce de tal cosa [= über den baldigen Tod] […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 12 «ma per lo parlare chi è fatto qua già più dì, dicendo che potria accadere che, essendo infermo, mancheria, ho fatto praticha con pareghi cardinali de questa cosa modestamente per obviare a chiunque pensasse de attenderli» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Daß die meisten Kardinäle in der Sache Novara die herzoglichen Wünsche zu respektieren bereit seien, teilte der herzogliche Gesandte seinem Herrn auch bald darauf, am 15. Mai 1457, mit: «Circa il fatto del vescoato de Novara ha me promesso il nostro signore et così la più parte de li reverendissimi signori cardinali de non farne novità alcuna, se non quanto serà de voluntà de vostra excellencia» (Ebd., sub die). 13 Die Bedeutung Novaras und den Sachverhalt, daß dieses Bistum nur ein herzoglicher Kandidat erhalten dürfe, hatte Francesco Sforza seinem Gesandten am 28. April 1457 eingeschärft: «Sarriti de novo alli pedi de soa sanctità, et significandogli la morte de esso monsignore intercedereti con la soa sanctità che per ogni modo sia contenta de reservare questo vescovato per chi per nuy sarrà preposto, suplicando alla soa sanctità che voglia dare repulsa ad qualuncha gli facesse richiesta de questo, perché questa è la più importante dignità habiamo nel dominio nostro, como voi sapiti, che, havendo el dominio in spirituale et pro maiori parte in temporale in la cità et districto nostro novarexe, non è altro a dire, se non che tenga le chiave da quello canto del stato nostro, nuy per questa non scrivemo altro della persona ad chi intendiamo sia conferita dicta dignità, parendone sia grande pexo al stato nostro ad mettere lì persona che satisfaza ad nuy et ad quella dignità, […] così porriti certificare ogniuno, che non sia persona alchuna chi se impazi de questo, che ad nissuno lo consenteriamo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Am 30. April 1457 unterstrich der Herzog abermals Ottone del Carretto gegenüber die Wichtigkeit dieser Diözese als „Schlüssel“ zu einem Teil seines dominium: «Recordando vuy alla soa sanctità quanto importa al stato nostro havere ad quella dignità de quella nostra città persona ad nuy grata et affectionata, essendo la chiave da quello canto del dominio nostro, como

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seine Linie einzuschwören, zumal er die Erfahrung hatte machen müssen, daß es alles andere als einfach war, diese für sich zu gewinnen.14 Gerade das Insistieren des herzoglichen Gesandten wird dazu beigetragen haben, daß das Interesse Giovanni di Castigliones an dieser Diözese sich noch verstärkte. Am 5. Mai 1457 konnte er direkt mitverfolgen, wie Ottone del Carretto bei einer päpstlichen Audienz abermals darum bat, mit der Vergabe dieses in vieler Hinsicht so wichtigen Bistums zu warten, bis der Herzog entschieden habe, wem er es übertragen wolle.15 So entwickelte er, auch mit Blick darauf, daß die Reihe an Bewerbern für diese Diözese recht lang sein würde,16 unversapeti» (Ebd., sub die). – Ein weiterer an del Carretto gerichteter Brief, in dem Francesco Sforza darauf drängte, daß der Papst die wichtige Diözese unbedingt einem herzoglichen Kandidaten vorbehalten müsse, stammt vom 4. Mai 1457 (Ebd., sub die). – Auch im Laufe des Monats Mai unterstrich der Herzog wiederholt, wie sehr ihm die Angelegenheit der Diözese Novara am Herzen liege: «questa è una cosa che molto ne è al cuore», heißt es etwa in dem Schreiben, das er am 14. Mai 1457 an del Carretto sandte (Ebd., sub die). 14  «Questi clerici [= die Kardinäle] prompti al torre et tardi al lassare tutti quanti non se pono così facilmente pigare […]» (Ottone del Carretto an Cicco Simonetta, 7. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). Und der herzogliche Gesandte del Carretto fügte unter Bezug auf den Kardinal von San Marco hinzu, er habe hinsichtlich dieser Angelegenheit so viel Kraft aufwenden müssen, daß es ihm beinahe erschienen sei, als habe er um das Papsttum verhandelt: «Hoghi di novo son stato con monsignore de San Marco [= Pietro Barbo] et strettello molto per quello […] et fattoli tanta instantia che me crederia obtenere il papato […]» (Ebd.). 15 «Io mando cum celerità queste lettere a la illustrissima vostra signoria, et cossì prego essa vostra signoria se degna farme resposta prestamente. Heri in mia presentia messere Otto como fidelissimo vostro servitore et desideroso de acomplire tutti li vostri commandamenti supplica a nostro signore che, acadendo la vacatione de la giesa de Novaria, la sanctità sua soprasedesse a disponere finché la vostra signoria deliberasse a chi volesse essere provisto perché questa era de importanza per molti respecti. nostro signore respose che, compiacendo luy a la vostra signoria in cose picole, maioremente lo farà in cose grande. […] Qui se sostegnarà ogni provisione fin a tanto che la vostra signoria me darà resposta» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Selbstverständlich berichtete auch del Carretto dem Herzog von dem Gespräch, bei dem er – in Anwesenheit des Kardinals von Pavia – sehr darauf insistierte, daß der Pontifex die Entscheidung über die Vergabe dieser Diözese dem Herzog überlassen möge. Doch kann man, und dies ist durchaus bemerkenswert, dem Schreiben auch entnehmen, daß der Gesandte, gerade wegen der Präsenz von Giovanni di Castiglione, nicht den gesamten herzoglichen Plan offenbarte: «Heri sera a meza hora de notte hebbi lettere de vostra excellencia, per le quale me fa avisato como lo reverendissimo monsignor de Novara stava in extremis et de l’opera dovia fare con la sanctità de nostro signore, et per le altre pochi dì fa havea recevute già ne havea fatta parola con sua sanctità et pregatella, quando altro accadesse, volesse diferire la colatione de tal vescoato a voluntà de vostra excellencia, et così disse de fare. Questa matina ancora lì son tornato, et con grande instantia ho supplicata sua sanctità, dandoli ad intendere de quanta importantia sia cotal cosa, trovosi presente monsignor de Pavia, ne lassay però de fare l’ambasiata» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 5. Mai 1457, ebd.). 16 In der Tat hatten bereits Anfang Mai 1457 mehrere Prälaten, darunter etwa auch Giacomo Antonio Della Torre (Schreiben an Francesco Sforza und dessen Sekretär Cicco Simonetta vom 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45), ihr Interesse bekundet, als sich herumsprach, daß Bartolomeo Visconti schwerkrank war: «essendo già più dì fa la voce in questa terra che monsignore de Novara era infermo gravemente, molti hanno praticato de havere quello viscoato» (Ottone del Carretto an Cicco Simonetta, 6. Mai 1457, ebd.). – Bereits am Vortag hatte der Papst dem herzoglichen Gesandten bedeutet, daß er von vielen Seiten auf diese Diözese angesprochen

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züglich eine Strategie, der zufolge er seine Belange so darstellte, als entsprächen sie dem päpstlichen Willen.17 Calixt III. – so der Kardinal von Pavia – habe sich mit Blick auf die Einträglichkeit dieses Bistums äußert verwundert darüber gezeigt, daß er, Giovanni, Novara nicht für sich einfordere, zumal Pavia kaum halb soviel einbringe.18 Angesichts dieser höheren Dotierung sei der Papst, sofern sich der Herzog einverstanden erkläre, bereit, ihn, Giovanni, nach Novara zu transferieren.19 Wenn indes dem Herzog Informationen darüber vorlägen, daß die worden sei: «sua sanctità […] disse che già questi dì passati lì era stato per alcuni fatta instantia de questo vescoato et que motu proprio havea risposto de non volere fare senza voluntà de vostra excellencia, molto più essendone adesso pregato strettamente per parte de vostra excellencia, ma che pregava ben essa che vollesse provedere a questo de persona sufficiente» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 5. Mai 1457, ebd.). Daß viele sich, wenn wohl auch vergeblich, um das Bistum Novara bemühten, erwähnte der herzogliche Gesandte wenige Tage später erneut: «[…] non accade a scrivere altro circa il vescoato de Novara, salvo che molti fano pratiche, ma tutti invano se non hanno il consentimento de vostra excellencia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 11. Mai 1457, ebd.). 17  Wenn der herzogliche Gesandte berichtete, daß es der Kardinal von Pavia sehr eilig damit gehabt habe, einen Brief an den Herzog abzuschicken, mag dies mit Giovanni di Castigliones neuem Plan zusammenhängen [«Heri sera mi disse il reverendissimo monsignore de Pavia che volleva mandare una littera a vostra excellencia de grande importantia, quale me mandaria la matina per tempo che la volessi mandare sine mora et così ho fatto. Quanto posso comprehendere deve essere circa il vescoato de Novara o circa altro beneficio qual sia per vacare» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 7. Mai 1457, ebd.)]. Dieser Plan war wohl nicht sehr orginell, denn auch der Bischof von Modena verfiel auf eine ähnliche Idee. Ottone del Carretto hielt Giacomo Antonio Della Torre, der von sich sagte, daß ihm der Papst die Diözese offeriert habe, an sich für einen aussichtsreichen Kandidaten (und somit für eine ernsthafte Bedrohung der herzoglichen Pläne), weshalb er ihn auch gleich von diesem Vorhaben abzubringen suchte: «et disseme monsignore de Modena che il papa stesso gle ne parlò et offrirli [!] ditto vescoato, dicendo che era amico de lo illustrissimo nostro signor duca et che verisimilmente esso seria contento de tal promotione, di novo e parlandomi esso monsignore, dimandandomi quale novelle havessi d’esso monsignore de Novara, gli resposi non altro salvo che era infermo et ch’el signore me scrivea che volesse supplicare la sanctità del nostro signore quando altro accadesse se dignasse ritardare la promotione de tal vescoato a petitione de sua excellencia et che a chiunque persona cercasse quello, fusse che se volesse, dovessi notificare non se ne impazasseno perché non harebbeno honore, e così confortay esso monsignore a desistere da cotale pratiche con papa et cardinali, li quali credo facilmente gli serebbeno propicii et liberali a darli quello che essi non posseno torre per sé […]» (Ottone del Carretto an Cicco Simonetta, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Noch am 1. Juni 1457 betonte Giacomo Antonio Della Torre gegenüber dem Herzog, daß ihm der Papst und die Kardinäle gerne die Diözese Novara zugestanden hätten: «io scripsi a la celsitudine vostra a dy passati per lo vescovato de Novara, il quale vacava, et il papa cum contento de tuti et piacere de tuti cardinaly me lo daseva de bona voglia […]» (Ebd., sub die). 18 «Dapoy hogi siando communicatione per certo modo con la sua sanctità, et inteso de lo valore de la dicta giesa, cioè de IIII mila ducati o più, se fece admiratione che io non facieva instantia per mi, attenduto che Pavya non vale molto più de la mità» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Laut Eubel brachte die Diözese Novara 600 Florenen ein, das Bistum Pavia 400 Florenen (Hierarchia, Bd. II, S. 205, 212). 19 «et segondo posse comprehendere la sua sanctità, siando el valore como se dice, volentera me transferireve quando fusse grato a vostra excellentia» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Wenn der Kardinal anschließend beteuerte, es würde ihm, wie er dem Herzog schon mehrmals mündlich versichert habe, nie in den Sinn

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Diözese keinesfalls so einträglich sei, wie allgemein angenommen, dann wolle er sie nicht übernehmen, sondern lieber auf etwas anderes, wie beispielsweise die Abtei Miramondo, warten und nur eine Pension aus Novara beziehen, sofern Francesco Sforza damit einverstanden sei.20 Mag Giovanni di Castigliones Versprechen, er werde, wenn ihn Francesco Sforza mit Novara und einigen weiteren kleinen Pfründen ausstatte, zum Wohle des Herzogs und des Vaterlandes agieren und diesen (in Geldfragen) nicht mehr belästigen,21 dem Herzog auch nicht unwillkommen gewesen sein, so wog ein weiteres Argument des Kardinals gewiß schwerer: falls er als Kardinal einen ärmlichen Lebensstil zu führen gezwungen sei, werde man sicherlich darüber reden, was letztlich wiederum auf Francesco Sforza zurückfallen müsse, da er, Giovanni, ja ein mailändischer Kardinal sei.22 Ferner betonte Giovanni di Castiglione, wie positiv der Papst und die Kardinäle sich äußern würden, wenn sie von einer herzoglichen Verfügung zu seinen Gunsten hörten,23 und bat, der Herzog möge, wenn ihm die Translation gut und nützlich erscheine, vertraulich und „im geheimen“ an den Pontifex und an ihn kommen, dieses oder ein anderes Benefizium gegen den Willen Francesco Sforzas für sich zu beanspruchen, denn dieser sei ihm das Liebste und Teuerste auf der Welt (Ebd.), so wird er gehofft haben, den Herzog durch diese schmeichelnden Worte milde zu stimmen und zum Einlenken bewegen zu können. Einen erneuten Machtkampf, wie er damals um das Bistum Pavia entbrannt war, wollte Giovanni di Castiglione gewiß verhindern, da er auch nicht unbedingt davon ausgehen konnte, daß Calixt III., dem insbesondere die Förderung seiner eigenen Verwandten am Herzen lag, ihn in dem Maße unterstützen würde, wie es einst Nikolaus V. getan hatte. 20 «Scrivo aduncha con segurtà et singulare fiducia a la vostra signoria. In primis che se degna de consigliarme se questa translatione serea honesta et utile, la signoria vostra debe essere informata de lo vero valore de quella de Novaria, per che, se non excedesse como dicto è, non parireve cosa a fare, ma più presto de attendere a l’abbadia de Miramondo o altra vacasse per la mezanità de la giesa de Novara. Anchora attenduto è suo valore potereve farme reservare sopra la giesa de Novara qualche honesta pensione, tutto segondo la voluntà de vostra excellentia» (Ebd.). – Die Abtei wurde übrigens 1462 an die Castiglione vergeben, für eine Summe, die Gerüchten zufolge 5.000 Dukaten überstiegen haben soll (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Oktober 1462, Bibl. Ambr., ms. Z 219 sup., n° 9329). – Zu der jährlichen Pension von 500 Dukaten, die sich Pius II. bei Matteo di Castiglione zunächst für Kardinal Ammanati vorbehielt, siehe Ansani, La provvista, S. 53 Anm. 224, u. a. mit Verweis auf zwei Schreiben des Herzogs an Ottone del Carretto vom 13. Februar 1463 und 16. Mai 1463 (ASMi, Sf., PE, Roma 54, sub die) sowie auf die entsprechende Bulle vom 25. März 1463 (ASV, Reg. Vat. 492, fol. 92v). 21 «[…] fatto questo con pocha altra provisione potereve continuare honestamente el stato mio ad laudem de la vostra illustrissima signoria, de lo payse et mia, et non dareve più caricho a lo dominio vostro» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 6. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 22 «[…] me studiarò che non se dica che lo cardinale vostro viva miseramente, et per la gratia de dio fin adesso non è manchamento teste la voce et lo parlare de questa corte, ma in questo non me extendo più» (Ebd.). 23 «Quando nostro signore el papa et quisti signori cardinali intenderano che la vostra signoria è sollicita de la mia provisione, non serano senza granda extima et laudo de essa vostra signoria […]» (Ebd.).

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schreiben.24 Überdies solle Sforza, falls er sich mit jemandem über die Vorteile der Vergabe der Diözese Novara an ihn, Giovanni, auszutauschen wünsche, seinen Sekretär Cicco Simonetta – mithin den Gatten von Zanone di Castigliones Nichte Elisabetta  –  und dessen Onkel Angelo zu Rate ziehen. Diese habe er, Giovanni, entgegen früherer Gewohnheit nicht direkt kontaktiert und um Fürsprache ersucht.25 Schließlich vergaß er nicht, einmal mehr auf seine  –  dem Herzog wichtigen und willkommenen – Kontakte zum Reich und zu Ungarn hinzuweisen, wobei er erneut das Thema der Investitur streifte.26 Es wird Giovanni di Castiglione aufgrund seiner früheren Erfahrungen mit dem Herzog indes kaum verwundert haben, daß Francesco Sforza sich gegen ihn entschied – einen Entschluß, den der Herzog ihm erst sehr spät persönlich mitteilte, lange nachdem er diese Entscheidung gefällt hatte.27 Dabei gab er am 24. Mai 1457 vor, Pavia sei ohnedies das würdigere Bistum, und betonte, bezüglich der Einkünfte bestünden ohnehin keine großen Unterschiede.28 Daß 24  «Lo adiuto si è che, parendo a la vostra signoria la translatione essere honesta et utile, scrivesse a la sanctità de nostro signore et a mi secretamente» (Ebd.). 25 «Siando la vostra signoria contenta, credo che pocho mancha utilità haverà disponando ad altri de lo veschovato de Pavya como de quello de Novara, anche io de dì in dì me studiarò farve cose grate. Scrivo solamente a la vostra signoria, la qualle, se pur vorrà communicare con altri, laudareve che con messeri Angelo et Ciccho [Simonetta], a li quali etiam non scrivo perché tutto questo remetto a lo iudicio de vostra signoria, la qualle non voglio altramente importunare» (Ebd.). 26 Den „Aufhänger“, das Thema der Investitur, nach einer Beschreibung der ungarischen Situation anzusprechen, fand Giovanni di Castiglione, indem er seine Verwunderung darüber äußerte, seit so langer Zeit nichts mehr von dem Boten gehört zu haben, der sich deswegen zum Kaiser begeben hatte: «Illustrissimo signore, a mi apparà, segondo se dice, che le cose de Ungaria non vano tropo bene, ma presto ne haveremo certeza. Molto me maraveglio che non ci è novella de quello cavalaro andò a lo imperadore» (Ebd.). – Zu diesem Boten siehe auch unten, Kap. IX Anm. 75. 27 Giovanni di Castiglione hatte indes schon vorher von der herzoglichen Entscheidung erfahren, obgleich del Carretto die Boten um größte Diskretion gebeten hatte; so teilte der herzogliche Gesandte seinem Herrn am 19. Mai 1457 mit: «Intendando la speranza grande che havea lo reverendissimo monsignore de Pavia che vostra excellencia dovesse de primi beneficii vacanti provederli, et, vedendo a questo inclinato il nostro signore et prompti tutti li cardinali, dubitava de far fare la promotione del vescoato de Novara in lo reverendissimo d. abbate, ymo teneva la cosa secreta, et non havea lassate a presentare alcune lettere quale venessero a le mie mane, perché so che molti per via de cavallari scriveno molte cose, pur essendo heri sera venuti quelli del abbate preditto con altre lettere de vostra excellencia, licet li amonessi che non fecessero parola con persona de questa cosa, tum per altra via, non so come, havea inteso il prefato monsignore de Pavia et molti altri de questa deliberatione de vostra excellencia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Damals hatte sich del Carretto sogleich zum Kardinal von Pavia begeben, um „Schadensbegrenzung“ zu betreiben [«per la qual cosa mi parse andare da quella cum sicurtà et fidanza et comunicare quello che vostra excellencia me havea scritto a chi voleva fusse datto il vescoato et che fusse supraseduto in la colatione de l’abbatia donec vostra excellencia scrivesse de persona a chi dovesse essere datta» (Ebd.)]. 28 «Respondendo ad doe lettere ricevute alli dì passati dalla vostra reverenda paternità, zoè alla prima continente tre parte, et primo alla prima parte che tocha la permutatione del vescovato de Pavia ad quello de Novara, dicemo che non ce pare de farlo perché lo vescovato de Pavia

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sich Francesco Sforza geradezu demonstrativ für Crivelli, den Abt von Rivalta, einsetzte,29 seinen einstigen Konkurrenten im Kampf um das Bistum Pavia, wird Giovanni di Castiglione nicht sonderlich erfreut haben.30 Weil ihm der Widerstand gegen die klar erkennbaren Absichten Francesco Sforzas jedoch nicht sinnvoll erschien,31 änderte Giovanni di Castiglione nun seine Taktik und unterstützte den Abt wohl in der Annahme, so nicht nur den Herzog für

è più degno et più honorevele vescovato che non è quello de Novara. Et similiter dicemo che de intrata et valore anno non è multa differentia, ymo pochissima dal uno al altro. Alla parte de reservare suso quello de Novara certa pensione annua dicemo che, como havemo dicto, non siando dicto vescovato de Novara de multa più intrata che soa, non ne pare sia da fare per dicto respecto et casone» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Zur Einträglichkeit der Diözesen Pavia und Novara siehe oben, Kap. IX Anm. 18. 29 «Vederete per l’inclusa copia quanto supplicamo ad la sanctità de nostro signore et al sacro collegio de reverendissimi signori cardinali in favore et commendatione del venerabile misser frate Iacomo Philippo di Crivelli, abbate de Sancta Maria de Rippalta de Tertonese, per essere promosto al vescovato de Novara novamente vacato per la morte del reverendissimo quondam monsignore d. B[artolomeo] di Vesconti, la quale assay ne è rincresciuta. Et possete assay intendere quanto habiamo al cuore che questa cosa succeda ad effecto perché principalmente gli va del honore nostro, havendo nuy za bon tempo fa promisso alli spectabili conti Ugolino et Antonio di Crivelli, suoy fratelli, de restaurarli del honore et reputatione sua quando ad nostre persuasione se distolsero dal vescovato de Pavia, quale gli haveamo promisso per compiacere al reverendissimo monsignore nunc cardinale de Pavia. Et quanto siano nostri dicti fratelli et quanti li meriti suoy apresso nuy, lo sapete como nuy stessi. Pertanto supplicarebe ad nostro signore et al prelibato sacro collegio con quelle più efficace preghere et honesta instantia che vi sia possibile che questo vescovato sia conferito al prefato d. l’abbate solemente, et dove bisogna intercedere appresso signori cardinali in specialità, ad li quali similiter scrivemo, et altrove per expeditione de questa cosa usateli ogni diligentia et studio. Et fate pensiero che non ne poresti fare maiore piacere che questo. Et se per caso cognosceste che veruno se volesse mettere de mezo, né fare concorrentia ad questa cosa, harite molto bene ogniuno che non se mettano in questa prova perché in eterno non patiriamo questo manchamento. Sì che quanto più presto possete curate ch’el sii expedito et avisatene volantissime» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (mit „ss“ gekennzeichnetes Schreiben), 7./8. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45]. – Am 14. Mai 1457 erinnerte Francesco Sforza seinen Gesandten erneut daran, sich für die Vergabe des Bistums Novara an Crivelli einzusetzen, die ihm sehr am Herzen liege (Ebd., sub die). – Zur Nominierung Crivellis siehe auch das herzogliche Schreiben vom 6. Mai 1457, ASMi, RD 156, fol. 27r. 30 Welch großen Wert der Herzog dieser Entscheidung beimaß, sieht man nicht zuletzt daran, daß er, weil ihm der erste in Diensten der Crivelli stehende Kurier nicht schnell genug erschien, noch eine weitere Nachricht zugunsten des Abtes von Rivalta verfaßte und diese durch einen eigenen Boten nach Rom bringen ließ: «Nuy havemo scritto le lettere per lo vescovato de Novara per misser l’abbate de Rivalta de Tortenese, fratello de li conti Ugolino et Antonio Crivelli, quale ha portato uno messo suo chi se partì heri, mo le havemo facto de novo replicare et mandiamone le alligate perché queste prima zongerano che quelle, s’el vi parirà expectare dicto messo che presente le sue […] fate come vi parirà che sete sul facto […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (chiffriertes Schreiben), 9. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 31 Der Herzog zog sogar seinen Kandidaten für die Abtei Santa Marta in Novara zurück und billigte diese dem päpstlichen Neffen zu, um Calixt III. im Hinblick auf die Vergabe des Bistums an Crivelli geneigt zu stimmen: «Ma prima che parlate del vescovato […] viate prima de edificare bene l’animo de nostro signore circa el facto de Sancta Marta et pacificarlo in modo che resti ben contento […]» (Ebd.).

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sich einzunehmen, sondern auch die finanzkräftige Familie Crivelli hinter sich bringen zu können.32 Ein Engagement für Crivelli mochte Giovanni di Castiglione zudem umso vorteilhafter und aussichtsreicher erscheinen, als Francesco Sforza offenbar von mehreren Seiten zugetragen worden war, daß sich Ottone del Carretto im Hinblick auf seine Pflichten dem Herzog gegenüber etwas nachlässig verhalte und eher eigenen, den herzoglichen Wünschen zum Teil zuwiderlaufenden Interessen nachgehe.33 Sollte diese Kritik,34 gegen die sich Ottone del Carretto freilich verwahrte,35 auch nur ansatzweise zugetroffen haben, hätte sie Giovanni 32  Zumindest ist in dem Schreiben vom 19. Mai 1457, das Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza sandte, sobald er von dessen Entscheidung erfahren hatte, nicht nur die Rede davon, daß er durch sein Tun dem Herzog zu gefallen wünsche, sondern auch davon, daß er begierig sei, der großen und noblen Familie Crivelli einen Dienst zu erweisen: «Hogi ho recevute le lettere de la signoria, la qualle cordialissimamente recommanda la promotione de lo reverendo padre messere l’abbate de Rippalta a lo veschovado de Novaria. Signore mio, sono in primis a compiacere a la excellentia vostra et non vulgarmente, sed ex toto corde. Anche sono desideroso de fare cosa grata a quella nobile et granda famiglia de li Crivelli, como intendarano pur de dì in dì […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 33 So heißt es in einem Schreiben des Mailänder Herzogs: «Nuy intendiamo più dì fa et per molte relatione che in el facto di beneficii vuy non vi portate con quella caldeza et solicitudine et diligentia che se rechiede, anzi usate in ciò negligentia et tepidità pur assay, et lassate andare le cose traverse et pegio che ad alcuni mettete vie et partiti inanze contrarii ad quello che scrivemo, donde ne vengono di rincrescimenti et molestie che impazano nostri desegni et dano affanno assay, il che è forte ad credere, et s’el fosse vero ne trovaressimo molto malcontenti et male serviti da vuy perché la principale casone perché vi havemo mandato ad Roma è per mantenirce in la usanza et iurisdictione de questi beneficii che non siano usurpati, né dilacerati, né lassarce stalcagnare da capi chiericati, li quali hanno la gola insatiabile, et non gli bastaria tutto el spirituale che voriano anche el temporale, et questa usanza non l’havemo principiata nuy, ma l’havemo trovata continuata per li nostri antecessori signori Vesconti, come etiam hano facto et fanno molti altri signori et signoretti in Italia, et siate certo che non possiamo intendere cosa che più ne despiacia che sentire che li beneficii ne siano traversati, como più volte vi havemo scritto et replicato […], per tanto ve dicemo che debiate […] mettere ogni pensiero et cura che queste cose di beneficii passano con altro ordine et celerità et facilità che non sono passate fin a qui, et parlare arditamente et monstrare el volto ad papa et cardinali et ogniuno, né habiate paura de brutti volti ad exequire quello che vi scrivamo, perché ad nuy ne bisogna havere de così facti che non stiano per paura, né se moveno per passione ad fare li facti nostri, et lassate el pensiero ad nuy se altri murmurano o cridano perché dovete sapere che anche nuy intendiamo el facto nostro et non scrivemo senza casone […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (chiffriertes Schreiben), 26. Mai 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 34 Offensichtlich war del Carretto schon im Frühjahr 1457 mit derartigen Vorwürfen konfrontiert worden, hatte ihm doch der herzogliche Sekretär bereits am 3. Mai 1457 versichert, daß er, im Unterschied zu anderen, an dessen Pflichtbewußtsein glaube (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 35 So appellierte der herzogliche Gesandte am 4. Juni 1457 an die gute Menschenkenntnis des Herzogs, wies derartige Vorwürfe der Nachlässigkeit und Feigheit entschieden zurück und bat, gewisse, bei der Benefizienvergabe aufgetretene Schwierigkeiten  –  als durch die widrigen Rahmenbedingungen verursacht – zu entschuldigen [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)].  –  Ottone del Carretto räumte lediglich ein, bescheiden und nicht arrogant aufgetreten zu sein: «vero è che più tosto ho cercato de fare con honestà et modestia che con petulancia

IX.1 Bemühungen um die Diözese Novara

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di Castiglione ohne Frage eine „Einbruchstelle“ geboten, von der er profitieren konnte, um sich zu profilieren. Immerhin ergab sich für den Kardinal von Pavia wegen der mutmaßlich etwas unachtsamen Arbeitsweise des herzoglichen Gesandten die Gelegenheit, die eigenen, für die Schützlinge Francesco Sforzas im Bereich der Benefizienvergabe errungenen Verdienste stärker herauszustellen. Selbst aktiv zu werden und sich beim Herzog in ein vorteilhaftes Licht zu rücken, dürfte für Giovanni di Castiglione umso wichtiger gewesen sein, als er sich zu diesem Zeitpunkt wohl nicht des Eindrucks erwehren konnte, Francesco Sforza versuche  –  von ein paar Einzelfällen abgesehen36  –, sich als ihm gegenüber nicht zu Dank verpflichtet darzustellen und ihn deshalb aus der mailändischen Benefizienpolitik herauszudrängen.37 In der Absicht, sich nicht allzu sehr an den Kardinal von Pavia zu binden, wird der Herzog seinen Gesandten auch am 7. Mai 1457 gebeten haben, sich insbesondere mit den Kardinälen Domenico Capranica, Prospero Colonna und Guillaume d’Estouteville auszutauschen.38 et arrogantia perché mi pare de fare meglio et cum più honore et satisfatione de vostra excellencia» (Ebd.). 36 Einer der wenigen, für den Francesco Sforza den Kardinal zu intervenieren gebeten hatte, war Lazzaro La Porta (siehe hierzu sein Schreiben an Ottone del Carretto vom 14. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Das Unterfangen, Lazzaro La Porta Benefizien in Novara zu beschaffen, erwies sich jedoch, wie wir aus einem weiteren Bericht des herzoglichen Gesandten wissen, als äußerst mühsam, weil der Pontifex über diese Benefizien bereits andersweitig verfügt hatte [siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Cicco Simonetta vom 24. Mai 1457 (Ebd., sub die)]. Francesco Sforza wollte sich jedoch mit dieser Entwicklung nicht abfinden und forderte, wenn die entsprechenden Pfründen schon vergeben seien, müsse der Papst eben mit allen Mitteln dazu bewegt werden, diese Vergabe zugunsten von La Porta zu widerrufen [siehe hierzu sein Schreiben an Ottone del Carretto vom 11. Juni 1457 (Ebd., sub die)]. 37 So kontaktierte Francesco Sforza den Kardinal von Pavia zu jener Zeit nicht nur selten in Benefizienangelegenheiten, sondern richtete in diesen Tagen, am 7. Mai 1457, auch nur einen kurzen, relativ nichtssagenden Brief an ihn, in dem er sich für das bislang Geleistete bedankte und ankündigte, mit Prospero da Camogli einen weiteren Gesandten nach Rom geschickt und del Carretto von allem Notwendigen unterrichtet zu haben. Sofern wieder Bedarf bestünde, könnten sie sich ja an Giovanni di Castiglione wenden. Den Kardinal versuchte der Herzog zudem, mit der Aussicht auf in der Sache Martino Grassi zu erzielende Fortschritte zu besänftigen: «Havemo recevuto le vostre lettere et inteso quanto ne scrive la reverendissima vostra signoria del facto de mandare Conrado, nostro fratello, ad Sena, et item de le gente ne hanno rechiesti Bolognesi, […] del che ringratiamo essa d. reverendissima signoria […], l’avisamo come havimo mandato là Prospero da Camogli, nostro famiglio, instructo de tutte queste cose et de novo scrivimo ad misser Otho, li quali referirano et comunicarano con vostra reverendissima signoria quanto serà bisogno. Item Prospero vi dirà del facto de Martino Grasso […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Zu der Hoffnung, die Angelegenheit Martino Grassi bald zu einem positiven Ausgang geführt zu haben, siehe auch die vier Zeilen, die Giovanni di Castiglione wohl als Begleitschreiben seinem an den Herzog gerichteten Brief vom 17. Mai 1457 beifügte (Ebd., sub die). Wenige Wochen später, als Giovanni di Castiglione von dem Tod seines Kontrahenten erfuhr, sah der Kardinal jedoch seine Chancen, endlich zu seinem „Recht“ zu kommen, schwinden [siehe dazu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 14. Juni 1457 sowie das Ottone del Carrettos an den Herzog vom 20. August 1457 (Ebd., sub die)]. – Zu Prospero da Camogli siehe S. 322 Anm. 39. 38 «Et similiter vogliati comunicare et participare con monsignore de Fermo [= Capranica], Coluna, Rothomagense [= Estouteville] et quelli altri cardinali con chi ve parerà potere comuni-

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IX. Die römischen Jahre

Giovanni di Castiglione, der diese Gefahr offenbar rechtzeitig wahrnahm, gelang es aber, dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Dabei kam ihm Mitte Mai nicht zuletzt auch der kurze Aufenthalt des herzoglichen Familiars und Gesandten Prospero da Camogli in Rom zugute,39 der sich von ihm beim Papst einführen ließ40 und offenbar mit dem Kardinal zu gutem Einvernehmen fand, bevor er sich schließlich für mehrere Wochen nach Neapel begab. Möglicherweise bestärkte Prospero da Camogli den Kardinal, dessen kurzzeitig gehegte Hoffnung, mit der Abtei Miramondo entschädigt zu werden, im Sande verlaufen war, darin, für sich statt des Bistums die nun durch die Translation Crivellis freiwerdende Abtei von Rivalta zu fordern.41

care et che vadano fidelemente, et cossì sforzatevi de havere l’amicicia de ogniuno in quella corte, la quale non p[u]ò se non zovare grandemente in ogni bisogno et alla reputacione et comoditate de le facende nostre et di subditi nostri» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 39 Prospero da Camogli war am 14. Mai 1457 in Rom eingetroffen: «Prospero da Camulio gionse qua heri sera» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 15.  Mai  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45). Vgl. auch das Schreiben des Prospero da Camogli vom 15.  Mai  1457 (Ebd., sub  die).  –  Zu Prospero da Camogli siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd.  I, S. 227 f.; Leverotti, Diplomazia e governo, S. 203 f. 40 «questa matina il nostro signore fece dire che dovessemo andare domane a XX hore da sua sanctità che ne daria comoda audientia et così havemo preso ordine et faremo» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15.  Mai  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45).  –  Aus einem Schreiben des Prospero da Camogli an Francesco Sforza von eben diesem Tag erfahren wir, daß man sich vor der Audienz beim Papst eingehend beraten hatte: «hoggi siamo stati il magnifico domino Otto et io cum lo reverendissimo domino cardinale de Pavia in longo sermone» (Ebd., sub die). – Ottone del Carretto erwähnte indes in seinem Brief an den Herzog vom 17. Mai 1457 lediglich kurz die Audienz vom Vortag: «Heri sera ce admisse a l’audientia sua il nostro signore, presente il reverendissimo monsignore de Pavia» (Ebd., sub die). – Auch der Kardinal von Pavia schrieb am 17. Mai 1457 an den Herzog und berichtete von dem erfolgreichen Ausgang der Audienz: «Per le lettere de la vostra illustrissima signoria et nanze in la venuta de Prospero vostro famiglo sono stato pienamente instructo de le cose haveva a fare el ditto Prospero, del qualle, como fu venuto, ne advisà la sanctità de nostro signore, dapoy lo presentay con messere Otto a la sanctità sua, nanze a la qualle expose pienamente et generalmente la commissione sua, et con quella informatione luy haveva fatto inanze, como apartene a lo mio debito, la sanctità del papa lodì volentera in ogni cosa, tanto de lo fatto senense, bolognense et ianuense, et remane la sanctità sua satisfactissima et contentissima, et in vero io sono teste idoneo, la sanctità sua sempre ha demonstrato portare singulare amore a la vostra signoria, de la qualle se fida senza ullo retardamento, et de questa se stia la excellentia vostra de bona voglia» (Ebd., sub die). 41 «Signore mio, ayo inteso che la signoria vostra […] s’è determinata a messere l’abbate de Rippalta quanto a lo veschovato de Novaria, credeva che la signoria vostra ne compiacesse al abbate de Miramondo, e cossì io conseguisse l’abbadia per alchuna mia provisione, como era raysonato nanze el mio partire con alchuni. Nientedemeno, faciendose segonda la voluntà de la vostra signoria del ditto veschoato, io con segurtà me farò conferire l’abbadia de Rippalta, perché, acadendo in tempo cosa più sufficiente, sempre se ne disponarà a lo vostro beneplacito» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, um den 17. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45).

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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IX.2 „… lieber heute ein Ei als morgen ein Huhn“42 – Bemühungen um die Abtei Rivalta Für seinen Plan, die durch die Translation Crivellis freiwerdende Abtei Rivalta zu übernehmen, konnte der Kardinal von Pavia sehr bald den Pontifex gewinnen, der  –  zumindest nach Giovannis Bekunden  –  schon keine Einwände gehabt hatte, als es darum gegangen war, ihm das Bistum Novara zuzugestehen.43 Giovanni di Castiglione wußte, daß es auch in diesem Falle mehrere Kandidaten für diese Position geben würde,44 für die der Herzog Mitte Mai 1457 angekündet hatte, er werde in den nächsten Tagen seinen Favoriten benennen.45 Daher traf Giovanni di Castiglione noch eine weitere Vorkehrung, obwohl er an sich hoffte, der Herzog werde die Ansprüche „seines Kardinals“ nicht denen der anderen unterordnen.46 So knüpfte er seine Unterstützung der Promotion Crivellis an die 42  «[…] vole più tosto oghi l’ovo che domane la galina [et molto mi pregò fecesse con vostra excellencia che li compiacesse]» (Ottone del Carretto [über den päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila] an Francesco Sforza, 31. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 43 «[…] nostro signore a questa hora me ha commessa questa expeditione et proprio motu ha ditto a messere Otto che volentera me haverea dato el ditto veschoato se fusse stata cosa utile a qualche mia provisione, ma poyche cossì piace a la signoria vostra et anche io non men ho fatto grande caso per non essere bene informato de lo vero valore, la sua sanctità me ha ditto et anche a messere Otto che per qualche principio de provisione me vole dare l’abbadia de Rippalta […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 19. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 44 «Io ho inteso che molti fano grande instantia apresso la vostra signoria de la ditta abbadia» (Ebd.). 45 «Circa el facto della abbatia de Rippalta domane over lunedì ve scriveremo de una persona, a la quale haveremo promesso et della quale ciascuno per la sufficientia sua ne potrà remanere contento, et è persona tale che nuy non possiamo fare altramente che non gli ne compiaceamo et tanto più voluntiera lo facemo quanto che le sue virtù et honestà lo meritano […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 14. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Da Francesco Sforza die ganze Zeit sehr bemüht war, den Namen seines Kandidaten noch nicht zu nennen, kann man mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß er Giovanni di Castiglione nicht als diesen im Blick hatte, denn ansonsten hätte der letzte Satz dieses Schreibens kaum gelautet: «Apresso nuy facemo certa risposta al reverendissimo monsignore de Pavia, de la quale per vostro avisamento ve ne mandiamo la copia qui inclusa» (Ebd.). – Dafür, daß Giovanni di Castiglione nicht der vom Herzog Auserkorene war, spricht auch die Tatsache, daß der Herzog seinem Gesandten bereits am 9. Mai 1457 in einem chiffrierten Brief bedeutet hatte, er habe die Abtei jemandem fest zugesichert [«L’abbatia de Rippalta havemo promessa ad una altra persona sufficientissima et gratissima ad chi non se porà negare, et domane ve mandaremo le lettere» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die)]. – Davon, daß er bereits einen Kandidaten für die Abtei gefunden hatte, sollte – so die Instruktion Francesco Sforzas – der Papst jedoch noch nichts erfahren. Wenn der herzogliche Gesandte später dieses Thema vor dem Pontifex zur Sprache brächte, müsse Calixt III. im Glauben gelassen werden, daß auch del Carretto soeben erst von diesen Verfügungen gehört habe: «[…] et poy da lì ad dui o tri dì darete le prefate lettere non monstrando de haverne havuto prima notitia alcuna, et guardate essere ben cauto quando farete expedire el vescovato che anche l’abbatia sii tenuta suspesa et conferita ad quello per chi scriveremo» (Ebd.). 46 «[…] credo che la signoria vostra in questo non me postponaré ad altri, le promesse mee vano inanze a queste nove […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 19. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45).

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IX. Die römischen Jahre

Übertragung der Zisterzienserabtei Santa Maria in Rivalta an ihn selbst. Dieses Rezept war von ihm bereits drei Jahre zuvor erfolgreich angewandt worden, als er Nikolaus V. dafür gewonnen hatte, die Akzeptanz seiner eigenen Translation nach Pavia zur Voraussetzung für die dem herzoglichen Bruder Gabriele Sforza zu leistende Unterstützung bei dem Erhalt des Erzbistums Mailand zu machen.47 Augenscheinlich vermochte Giovanni di Castiglione, dem Papst nun das Versprechen abzunehmen, mit der Vergabe der Diözese Novara zu warten, bis Francesco Sforza ihm ein Schreiben betreffs Rivalta geschickt habe.48 Vermutlich brachte der Kardinal ebenfalls Ottone del Carretto auf seine Seite, denn auch dieser plädierte alsbald dafür, die Vergabe des Bistums von derjenigen der Abtei nicht mehr zu trennen.49 Des weiteren dürfte sich Giovanni di Castiglione der Unterstützung Estoutevilles, seines langjährigen Bundesgenossen, versichert haben. Doch war dieser Kardinal gerade damals infolge seines Insistierens auf ein Benefizium in Parma bei Francesco Sforza ein wenig in Ungnade gefallen, insbesondere, nachdem sein Bote versucht hatte, dieses Benefizium zu kaufen.50 Giovanni di Castiglione orientierte sich daher zudem sehr stark an dem einflußreichen Kardinal Barbo, der den Mailänder Herzog bei der Durchsetzung von dessen Anliegen an der Kurie schon mehrfach unterstützt hatte.51 Die meisten anderen Kardinäle hatte Giovanni di Castiglione ebenfalls hinter sich scharen können, so daß sich Ottone del Carretto genötigt sah, den Papst um eine geheime Audienz ohne Zeugen zu ersuchen.52 Doch war der Pontifex trotz der 47 Siehe

hierzu oben, Kap. V.4. intendo che monsignore de Pavia ha havuta promessa da la sanctità del nostro signore che non farà provisione alcuna de episcopatu Novarien[si] finché vostra excellencia responda a le lettere d’esso monsignore de Pavia, quale ha scritto circa questa materia, quale intendo siano quelle ch’io manday questi dì passati» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 17. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 49 «Item perché mi pare sia meglio fare tutto un colpo del vescoato et de l’abbatia, perché se faremo dare il vescoato anzi de pareghi dì che l’abbatia, benché forse il papa promettesse de fare de ditta abbatia a modo de vostra excellencia, non so se poy stesse constante a l’instantia de molti, quali già hanno fatte in ciò diverse pratiche, sì che mi pare meglio coglierli a la sproveduta, et questo differire non pare che possa nocere, havendo ben edificato il papa a non disponere del vescoato, se non quando vostra excellencia comandarà» (Ebd.). 50 Wie wenige Jahre zuvor, als Guillaume d’Estouteville Giovanni di Castiglione in Pavia unterstützt hatte, zahlte sich auch diesmal die Hartnäckigkeit des Kardinals aus. So gelang es ihm nicht nur, den französischen König als Fürsprecher für seinen Kandidaten zu gewinnen, sondern auch die Mehrheit der Kardinäle und Calixt III. für sich einzunehmen. Daß weitere Bitten des Herzogs zugunsten von dessen Kandidaten Antonio dell’Oddi vor diesem Hintergrund zwecklos sein würden, teilte del Carretto seinem Herrn am 13. Juni 1457 mit (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 51 So schrieb Ottone del Carretto am 24. Mai 1457 an Cicco Simonetta: «[…] in vero monsignore de San Marco [= Pietro Barbo] è quello chi p[u]ò più in questa corte et etiam più ce aiuta in le cose nostre» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)]. 52 «Intendando quanto in queste cose beneficiale sia stimulato il nostro signore non compiacere a vostra excellencia et vedendo in questa abbatia de Ripalta la sanctità sua essere già disposta a compiacere al reverendissimo monsignore de Pavia, et in questo vedeva concorrere tutti li cardinali, chi per uno rispetto, chi per un altro, parendomi pur già in questo intendere la 48 «[…]

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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Bitten des herzoglichen Gesandten nicht von seiner Entscheidung abzubringen, die Abtei dem Kardinal von Pavia zuzuweisen. So ließ er Francesco Sforza ausrichten, er sei gerne bereit, die herzoglichen Wünsche bei sehr wichtigen Angelegenheiten zu berücksichtigen, aber bei den kleineren möge der Herzog es ihm nachsehen, wenn er anders entscheide, zumal ohnehin schon Stimmen des Protests an der Praxis, Francesco Sforza ein so großes Mitspracherecht eingeräumt zu haben, laut würden und gefordert werde, man solle mit diesem Brauch brechen.53 Ottone del Carretto versuchte es daraufhin auf anderem Wege, indem er gegenüber Calixt III. vorgab, nur das Beste für Giovanni di Castiglione im Sinn zu haben. Als einer, dem sehr an dem Wohle des Kardinals liege  –  so fuhr der Gesandte fort  –, müsse er dem Papst raten, Giovanni di Castiglione die Abtei nicht zuzusprechen, weil dem Kardinal von Pavia, wenn er Rivalta gegen den erklärten Willen Francesco Sforzas in Besitz nehme, nur Schaden entstehen könnte. Würde Giovanni di Castiglione aber die Verärgerung des Herzogs, der schon andere Verfügungen getroffen habe, auf sich ziehen, wäre dies sehr unvorteilhaft und abträglich für ihn, da er ja auch im Hinblick auf weitere Benefizien auf das Wohlwollen des Herzogs letztlich angewiesen sein werde. Daher möge der Papst den Kardinal – so Ottone del Carretto – davon abhalten, diese Abtei als die seine einzunehmen.54 Allem Anschein stimmte dies den Papst nachdenklich, denn wenn er auch Francesco Sforza nach wie vor bat, Rivalta Giovanni di Castiglione zuzugestehen, versicherte er immerhin, diese Abtei nicht an jemanden gegen den ausdrücklichen Willen des Herzogs vergeben voluntà de vostra excellencia, la qual sopra ogni altra studio exequire, curay senza molti testimoni havere audientia quieta e comoda, et post multa vedendo sua sanctità essere in rasonamenti grati, descendendo a le cose beneficiale, feci grandissima instantia con sua sanctità che volesse secondo la solita sua clementia compiacere a vostra excellencia come soleva, dicendoli quanto a grato fusse ad essa vostra excellencia cotal gratia […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 24. Mai 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 53 «Tandem mi rispose molto cordialmente de volerlo fare in le cose de importantia, ma in le cose minime pregava vostra excellencia non l’havesse a male per fare tacere molti chi reprehendeveno questa sua facilità verso vostra excellencia, qual non usava verso li altri principi, et qui disse multo del stimulo che havea da molti in rompere questa usanza de vostra excellencia, ma che per ogni modo se deliberava compiacervi, maxime in le cose non picole» (Ebd.). 54 «Tandem venni a pregare sua sanctità che in l’abbatia de Ripalta se dignasse farne quanto scrivea vostra excellencia, qual me scriveva che per quella proponerea persona dignissima et molto sufficiente per ogni respetto et, come quello che amava singularmente monsignore de Pavia et vorey il suo bene, mi parea per suo meglio che non cerchasse de impetrare questa abbatia contra voglia de vostra excellencia, ricordando a sua sanctità quanto monsignore de Pavia dovesse ­extimare la benivolentia de vostra excellencia et quanto seria imputato da chi li volesse male che in questi principii cominciasse a pigliare cotale ponte et che seria posto in campo l’impresa del vescoato de Pavia et molte altre cose. et che me era sforzato et sforzaria fare cotal relatione d’esso a vostra excellencia che portandosi bene come havea fatto fin a qui non gli era per mancare de boni beneficii, sì che pregava sua sanctità li recordasse il suo bene et confortasello a non pigliare questa impresa, se non con bona voluntà de vostra excellencia, et quando pur la pasione il straportasse in volere pur impetrare, dicendo che poy se pigliaria meglio accordio, pregava la sanctità sua non lo concedesse perché seria cosa ad esso monsignor dannosa, a vostra excellencia molesta et a me de non picolo affano» (Ebd.).

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IX. Die römischen Jahre

zu wollen. Zugleich verwies Calixt III. jedoch auf den Druck der Kardinäle, die entschlossen seien, Giovanni di Castiglione zu unterstützen.55 Sie setzten sich für den Mann aus ihrer Reihe sogar so sehr ein, daß Ottone del Carretto den Herzog am 29. Mai 1457 warnte, wenn er die Abtei Rivalta nicht Giovanni di Castiglione zuspräche, würden diese, selbst falls der Pontifex seine Meinung änderte, dafür Sorge tragen, daß auch kein anderer herzoglicher Kandidat die Abtei erhielte.56 Obgleich Giovanni di Castiglione an sich mit einer baldigen Antwort gerechnet hatte,57 ließ ein herzogliches Schreiben auf sich warten. Der Kardinal von Pavia, der zwar den Papst prinzipiell hinter sich wußte, sah diesem Brief umso ungeduldiger entgegen, als er die Abtei an sich nicht ohne die herzogliche Zustimmung übernehmen wollte.58 Am genehmsten wäre es ihm ohnehin gewesen, wenn der Herzog erklärt hätte, er würde „seinem Kardinal“ die Abtei aus eigenem Antrieb zuweisen,59 denn in diesem Falle hätten ihn viele, wie er glaubte oder zumindest den Herzog glauben machen wollte, um seinen so sehr für ihn sorgenden Landesherrn beneidet.60 Je mehr Zeit verstrich, desto stärker dürften indes seine Zweifel geworden sein, ob der Herzog je seinen Wunsch erfüllen 55 «Sua sanctità comendò il parlare mio et dissemi l’instantia fattali per molti cardinali in questa cosa et che per ogni modo faria che monsignore de Pavia non facesse se non quanto vostra excellencia volesse, benché per molte ragione pregava se dignasse providere ad esso monsignore, il qual era de vostra excellencia devotissimo, et che sua sanctità non faria colatione alchuna de ditta abbatia, nisi secondo la voluntà de vostra excellencia, et cossì molto affermò et ingegneromi de tenerlo constante a mio potere, benché intenda che questi cardinali tutti andarano sottosopra per farla spazare, come sia expeditto il vescoato, per la qual cosa volentiere ho fatto soprasedere in esso finché havesse altra risposta, come per altre ho scritto» (Ebd.). 56 «Item perché non dandola vostra excellencia a monsignore de Pavia so che molti cardinali hano ditto non patirebeno che alcuno altro l’havesse in comenda, etiam s’el papa inclinasse a vostre pregere» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 57 Zumindest heißt es in dem Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 17. Mai 1457: «[…] Credo che presto la signoria vostra scriverà de questo, et presto spero havere resposta a le mee lettere che scrisse sopra de ciò et per più grande celeritate le manday per le vostre poste» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 58  «Quanto a l’abbadia de Rippalta, nostro signore è disposto de darmela et se già sarebbe fatto, ma io expecto che questo vegna a la vostra intercessione, et in vero spero che la signoria vostra non me anteponerà altri» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 26. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 59 «[…] como per le altre mee mandate con celerità haverà visto la signoria vostra, et de quelle de hora in hora aspecto la resposta, vorreve havere fatto bona penitentia et che la signoria vostra de suo proprio movimento havesse scritto a la sua sanctità de questa provisione. Scrivo questo succinctamente, credo che el ditto messere Otto plus ad plenum scriverà, et anche de altre cose raisonate da nostro signore» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 19. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 60 «[…] ma io so quanto valereve che la vostra signoria de suo proprio movimento havesse scritto a nostro signore per lo suo cardinale et simile cosa molto fareve a la reputatione, e sarrareve la bocha a molti che dicano ‹guarda, como el tuo ducha e[s]t molto sollicito de li fatti toi› […]. Non se disponerà de la abbadia tanto che habiamo resposta» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 26. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45).

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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würde, wofür sich, dem Vernehmen nach, sogar die Herzogin eingesetzt hatte.61 Vor diesem Hintergrund erinnerte denn auch Giovanni di Castiglione, der seinerseits, wie er Francesco Sforza am 26. Mai 1457 beteuerte, alles getan habe, um seinen guten Willen zu zeigen und die Promotion Crivellis voranzutreiben, den Herzog an die letzte „Klausel“, die es zu respektieren gelte und die dem Abschluß der Translation des Abtes nach Novara bislang noch im Wege gestanden habe: eben an die herzogliche Zusage, daß Rivalta an ihn, Giovanni, fallen würde.62 Trotz des bisherigen, ihm unerklärlichen Ausbleibens einer solchen Instruktion bzw. trotz des in der herzoglichen Korrespondenz mit Giovanni di Castiglione zu konstatierenden Aussparens all dessen, was die Abtei Rivalta betraf,63 versprach der Kardinal schließlich, seinen Teil der Abmachung zu erfüllen und in den nächsten Tagen im Konsistorium die Promotion Crivellis zu thematisieren.64 Am 31.  Mai  1457 konnte er denn auch dem Herzog mitteilen, daß infolge seines Berichts und seiner Mithilfe am vorherigen Tag im Konsistorium die Ernennung des Abtes von Rivalta zum Bischof von Novara beschlossen worden sei.65 Angesichts solcher Verdienste bat Giovanni di Castiglione den Herzog an 61 Von dem Eintreten der Herzogin zu seinen Gunsten wird Giovanni di Castiglione umso angetaner gewesen sein, als er sie dieses Mal offensichtlich gar nicht um Hilfe gebeten hatte. Dennoch wäre es ihm lieber, so bedeutete der Kardinal zumindest Francesco Sforza, wenn es (in Zukunft) der Intervention anderer nicht mehr bedürfe und er nur noch vom Herzog abhängig wäre: «Signore, altra volta de questo scrisse solamente a la vostra excellentia perché reputo non sia necessario verso ela havere intercessore, de tanto sono più obligato a madona la duchessa, la qualle intendo havere fatto instantia per mi et alchuni altri, questo fu la loro bonitate, ma in vero como ho ditto vorreve che non fusse bisogno de tanto afano, de questo sono contento che pur sono che intendeno. Non vorreve havere dependentia se non da la signoria vostra, la qualle ho tosto o tarde pensarà de la provisione mia» (Ebd.). 62 «Recevute le lettere de la vostra signoria, per le qualle intendo quanto vostra illustrissima signoria desidera la promotione de messere l’abbate de Rippalta a la giesa de Novara, ho dato tutto quello ordene è necessario a la satisfactione de la mente vostra, et hora serebbe spaciato se non fusse lo respecto de una ultima clausula de le mee lettere, cioè che se expectarebbe la resposta de la vostra signoria […]» (Ebd.). 63 Der Herzog dankte in seinen Schreiben, die er zu dieser Zeit dem Kardinal von Pavia schickte, lediglich für die Übermittlung früherer Informationen und leitete dem Kardinal diverse Neuigkeiten aus dem Reich weiter (siehe hierzu etwa das Schreiben Francesco Sforzas an Giovanni di Castiglione vom 14. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 64 «et in vero molto me maraveglio che attenduto el tempo non habia s’entrato qualche cosa, ma poyché horamai passarà el tempo de la resposta, affinché la signoria vostra sia certa che ha qui chi desidera acomplire li vostri commandamenti, venerdì qui vene, o a lo più tarde lunedì, farò la relatione in consistorio per la promotione de lo ditto messere l’abbate, a lo qualle e tutta la casa sua sono affectionato, et desidero de compiace[r]li como chiaramente vederano» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 26. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 65 «Per honore de la signoria vostra et per compiacere a messere Time l’abbate de Rippalta et a tuta la soa casa ne siamo studiato de dare spacio a la sua promotione a lo veschoato de Novaria, et cossì heri in consistorio fecemo la relatione, la qualle fatta nostro signore pronuncià el ditto messere l’abbate a la ditta giesa» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Dem Brief zufolge, den del Carretto am 31. Mai 1457 an Francesco Sforza richtete, klingt es so, als sei der Abt erst an diesem Tag zum Bischof von Novara ernannt worden: «aviso vostra excellencia come hoghi in consistorio è stato pronuntiato il reverendissimo d. abbate de Crivelli vesco de Novara» (Ebd.,

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diesem Tag sehr eindringlich, ihn nicht zu vergessen und sich endlich in der causa Rivalta zu erklären, falls er dies noch nicht getan habe.66 Zugleich signalisierte er Francesco Sforza, er würde sich auch mit einer anderen Lösung zufriedengeben. Voraussetzung sei freilich, daß dies bald geschehe, denn – dies müsse der Herzog berücksichtigen – eine zusätzliche Einnahmequelle benötige er schon allein deshalb, um die eigene und die herzogliche Ehre in Rom aufrechterhalten zu können.67 Zudem solle der Herzog bedenken, daß er, Giovanni, nicht unersättlich sei und umso schneller von seinen Behelligungen Abstand nehmen könne, je eher seine Bitte nach einer Pfründe erfüllt werde.68 Am 1. Juni 1457 appellierte Giovanni di Castiglione noch ein weiteres Mal an seinen Landesherrn, doch den Nutzen zu sehen, der ihm aus einem ihm wohlgesonnenen Kardinal an der Kurie erwachse. Der Herzog solle deshalb alles tun, um die Reputation seines „Schützlings“ zu steigern, was durch die Zubilligung der Abtei von Rivalta, die ihm der Pontifex ohnehin zuzugestehen bereit sei, leicht gewährleistet werden könne.69 In der Tat hegte der Papst, wie er Ottone sub die). Einen Tag später, am 1. Juni 1457, ließ der Gesandte dann seinen Herzog wissen: «In super come per altre mie ho avisato vostra excellencia ancora de novo avisola come lunedì proximo passato fu promosto in consistoro il reverendo d. abbate de Crivelli al vescoato de Novara et circa questo se è havuta votiva expeditione et credo le bolle se fornirano de expedire hoghi del tutto» (Ebd., sub die). 66 «[…] vacca adesso l’abbadia de Rippalta, per la qualle como intendiamo è fatta granda instantia nanze la signoria vostra et da molti. Speriamo che la signoria vostra haverà memoria de la nostra provisione, nostro signore ne l’a promessa, ma nuy, como quello desideramo che da la signoria vostra se facia demonstranza tale che la reputatione accrescha, havemo sopraseduto fin adesso, attenduto che spesso et per via de le vostre poste havemo scritto sopra de ciò, et anche non havemo resposta, de la qualle cosa ne marevegliamo assay, prego caramente la vostra signoria, se scritto non ha, non ne voglia postponere perché de qua la bregata ne fareve de molti penseri» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 67 «Quando pur in tempo la signoria vostra ne volesse altra dispositione sempre et questo et tutto quello havemo è a lo piacere de essa vostra signoria, la qualle intende che è necessario habiamo altra provisione, senza la qualle pocho serebbe salvo et vostro et lo mio honore. Se credessemo essere necessarii intercessore in lo aspecto de vostra excellentia li interponerevemo, ma la grande fiducia havemo in la vostra celsitudine ne fa credere non essere bisogno» (Ebd.). 68  «La vostra signoria quanto più tosto ne compiace tanto più presto serà sublevata de le nostre molestie. Nuy se contentaremo de raisone perché non siamo insatiabile» (Ebd.). 69 «[…] signore, per simile acti et più grande che acadano ogni giorno, è bono che la signoria vostra abia el vostro cardinale et servitore in questo loco, ma è necessario che la excellentia vostra se studia de sempre augmentare la mia reputatione, e questo debbe la signoria vostra reputare bona utilitate, e però già per molte mee lettere ho pregato la signoria vostra voglia scrivere a la sanctità de nostro signore o a mi o a messere Otto che l’abbadia de Rippalta, la qualle vacca per la promotione fatta a mia relatione de messere l’abbate a la giesa de Novaria, nostro signore è in tutto determinato de darmela, ma in vero io fin adesso ho aspectato che questo vegnesse de vostro proprio movimento, perché benché sia cossa picola nientedemeno el modo serà molto notato, per che iterum pregove che me faciata questa consolatione, sempre tutto è a lo commandamento vostro, molto me maraviglio che non ayo resposta a le mee lettere, le qualle tutte ho dato a messere Otto per mandare da le vostre poste. Como sa la signoria vostra fu contenta che de li beneficii boni vacasseno qui in corte, como è questa, io me li fecisse dare, e cossì sarebbe fatto, ma io per dare intendere a la bregata che la signoria vostra pensa de li fatti mei, et che poy in li fatti vostri

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del Carretto an diesem Tag mitteilte, nach wie vor die Hoffnung, der Herzog, den er nicht zu verstimmen wünsche, werde seine Meinung ändern, so daß man Giovanni di Castiglione die Abtei Rivalta zuweisen oder ihn zumindest gleichwertig entschädigen könne.70 Der herzogliche Gesandte hatte seinerseits von Francesco Sforza schon seit längerem die Anweisung erhalten, Giovanni di Castiglione zu vertrösten und dafür Sorge zu tragen, daß die Abtei dem aus Tortona stammenden Giacomo Begurri zufalle.71 Nachdem die Ernennung Crivellis zum Bischof von Novara sia più creduto, ho voluto differire, ma facia la signoria vostra che questo non me nosa» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 1.  Juni  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45).  –  Giovanni di Castiglione bat den Herzog in diesem Schreiben ebenfalls – wohl dem Kardinal von San Marco zuliebe, der ihn bislang stark unterstützt hatte –, Marco Cattanei als neuen Bischof für das durch die Translation des dortigen Bischofs nach Orvieto vakant gewordene Alessandria zu akzeptieren (siehe hierzu auch das Schreiben, das del Carretto am selben Tag in dieser Angelegenheit an Francesco Sforza sandte, ebd.). Dieser auch von Pietro Barbo geäußerten Bitte kam der Herzog nach [siehe hierzu dessen Schreiben an den Kardinal von San Marco vom 12. Juni 1457 (Ebd., sub die)]. [Ein ähnlicher an den Kardinal von Pavia abgefaßter Brief in derselben Angelegenheit scheint diesen jedoch nicht erreicht zu haben (siehe hierzu das Schreiben des Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom 23. Juni 1457 und das Schreiben des Mailänder Herzogs an Giovanni di Castiglione vom 13. Juli 1457 (Ebd., sub die)]. 70 «L’altro heri a hore III de notte habbi littere de vostra excellencia de XXIIII del passato et hoghi ho havute altre de quello medesmo tenore, et per quelle ho inteso quello delibera vostra excellencia sia fatto de l’abbadia de Ripalta, […] non poté heri havere audientia per mille turbatione quale sono qua. Hoghi l’ho havuta, et perché in questa cosa molto è stimulata la sanctità de nostro signore per d. Papiense, holli declarata la mente de vostra excellencia et portateli la supplicatione per farla signare, sua sanctità post multa me ha ditto quanto laudarey et harey molto a caro che vostra excellencia compiacesse ad monsignore de Pavia perché per questa via se lo fa obligato et allegò molte rasone, per le quale seria utile et honore de vostra excellencia, tutavia disse confortaria a monsignore de Pavia condescendere et stare contento a la voluntà de vostra excellencia; ma che, non possendolo fare, pregava la excellencia vostra se inclinasse a compiacerli. Pure tandem stringendolo mi disse che in ultimo non vorria sua sanctità dispiacere per questo a vostra excellencia, ma ben asay la pregava a cossì fare» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 71 So stammt das entsprechende, mit „ss“ gekennzeichnete herzogliche Schreiben, in dem Francesco Sforza seinen Gesandten Ottone del Carretto bat, für den Prior Giacomo Begurri [Begurra] zu intervenieren, und in dem er diesen Schritt damit rechtfertigte, daß die Stadt Tortona Druck ausübe und diese wichtige Abtei nicht als reine Kommende vergeben werden könne, sondern einen dort residierenden Abt erfordere, bereits vom 18. Mai 1457: «Per le conventione, quale habiamo cum la comunità nostra de Tertona per li respecti quali intendereti per la inclusa copia, et per quello ne hano exposto li ambassatori a nuy venuti per parte de la dicta comunità, siamo obligati et mosti a supplicare a la sanctità de nostro signore per le alligate ch’ella se digna etiam per nostra singulare complacentia promovere il venerabile d. Iacomo di Begurri, priore de la chiesa de Sancto Matheo del ordine de canonici regulari de Sancto Augustino de la cità nostra de Tertona, a la abbatia de Sancta Maria de Rippalta, pocho fora de la dicta cità, quale soleva tenere messere Iacomo Filippo di Crivelli, forse già promosto al veschoato de Novara. Siamo ancora mosti ad questo per la sufficientia et virtute del dicto priore, quale studia ragione canonica et già anni sette è intrato in la dicta regula, et è de etate de anni trenta. Et perché la dicta abbatia è in loco molto importante al stato nostro et tanto propinqua a la dicta cità che per nuy non se faria la fosse tenuta per persona che non ne fosse fidele et affectionata […], sì anche perché dicta abbatia non patisse essere data in commenda, imo rechede essere recta et governata da persona

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erfolgt war und Ottone del Carretto nicht mehr fürchten mußte, diesem Prälaten, an dessen Erhebung dem Herzog viel gelegen hatte, zu schaden, dürfte der herzogliche Gesandte dem Kardinal von Pavia auch das herzogliche Schreiben übergeben haben,72 das die Mitteilung enthielt, Rivalta sei Giacomo Begurri zuzuerkennen.73 Der Aufbau dieses an Giovanni di Castiglione gerichteten Briefes, che lì facia residentia, ve caricamo et volemo che una cum lo reverendissimo monsignore cardinale da Castiglione, al quale scrivemo opportunamente sopra di ciò, vi vogliati retrovare a li pedi de la prefata sanctità et supplicarli per la parte nostra che per li respecti predicti et per singulare nostro contentamento et de gratia ne voglia compiacere in questo et promovere il dicto priore a la abbatia predicta, et ulterius dareti opera cum affecto ch’el dicto priorato de Sancto Matheo, a la dispositione nostra, sia reservato per certi digni respecti quali presto intendereti» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Zur Vergabe der Abtei an Begurri siehe auch das herzogliche Schreiben vom 18. Mai 1457 (ASMi, RD 146, fol. 36v). – Schon am 7. Juni 1457 zahlte Niccolò Ossona als Prokurator Begurris der apostolischen Kammer die für den servizio comune üblichen 140 Florenen (ASV, Cam. Ap., OS 76, fol. 173v). 72 «Io serò con d. Papiense et darolli le lettere de vostra excellencia […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 73  Am 24. Mai 1457, an dem Tag, an dem Francesco Sforza sich an Giovanni di Castiglione wandte, ließ er auch del Carretto ein weiteres Schreiben zukommen, in dem er diesen erneut darum bat, dafür Sorge zu tragen, daß die Abtei an Begurri falle, und in dem er diesen aufforderte, sich gegenüber Giovanni di Castiglione damit zu entschuldigen, daß man der Bitte der Stadtgemeinde Tortona nach Begurri Rechnung zu tragen habe. Auch sollte Giovanni di Castiglione mit dem Versprechen, bald ein anderes Benefizium zu erhalten, und mit der Zusicherung, auch die Angelegenheit „Grassi“ bald zu seiner Zufriedenheit gelöst zu sehen, über diesen Verlust hinweggetröstet werden: «De l’abbadia de Rivalta haverete inteso quanto per altre ve havemo scripto per d. Iacomo di Berguri, terdonese, che gli sia conferita, così credemo che haverete facto. Et perché el reverendissimo monsignore cardinale de Pavia ne scrive de volere impetrarla da nostro signore, et poi ne farà quello che ne parirà a nuy, volimo che ve retrovati con essa sua signoria, alla quale scrivemo per l’alligate questa medesma substantia, et gli dicati per nostra parte che nuy volunteri voressemo potere satisfare alla voluntà et desyderio de la sua reverendissima paternità in questo facto, ma che nuy siamo constretti et per capituli et per obligatione che havemo con Terdonesi et per supplicatione et instantia ne fa tuttavia quella comunità che non possiamo fare che non compiaciamo ad costuy, perché el[l] è pur di principali de quella terra et per molti altri urgenti respecti, donde preghiamo la sua signoria che la non voglia impazare questa provisione. Imo essere contenta che la dicta abbatia se conferisca secundo che havemo supplicato, avisandola che in li altri beneficii che vacaranno, nuy ne adaptaremo et sforzaremo de provederli per modo che la serà ben contenta da nuy, et faremolo voluntiera et reputiamone debitori de farlo per ogni rispecto, ma como è dicto vogli essere contenta questa volta che impetramo quello che supplicamo, preterea direte ad sua signoria che Martino Grasso se retrova de presente ultra monte, et presto debbe ritornare in qua, et como sia retornato provederemo opportunamente al facto suo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die – zu Martino Grassi siehe oben, Kap. VII Anm. 260). – Eine ähnliche Instruktion sandte Francesco Sforza erneut am 26. Mai 1457 an del Carretto: «Al facto de l’abbatia de Rippalta et del prefato reverendissimo monsignore cardinale havemo inteso quanto ne scrivete havervi dicto nostro signore et così el dicto monsignore cardinale, nuy voluntieri li compiacessimo se non fossero li oblighi et conventione che havemo con Tertonesi et tanti altri urgenti respecti et rasone et casone che sono in contrario como per altre duplicate lettere haverite inteso, sì che non sapiamo che replicare più, se non che preghiate monsignore per nostra parte che li piacia lassare passare questa abbatia in quello d. Iacomo di Begurri, tertonese, priore de Sancto Matheo, perché havemo supplicato ad nostro signore, et essere contento de expectare che vacha qualche altra cosa perché nuy ne sforzaremo de fare contenta sua signoria, perché el[l] è rasone che habii qualche cosa donde

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dessen Eintreffen der Prälat seit langem erwartet hatte, ist im übrigen bemerkenswert. So wurde die recht knapp gefaßte Absage – nicht ungeschickt – hinter zwei Mitteilungen versteckt: a) hinter der kürzeren, daß der Bote, den Giovanni di Castiglione zum Kaiser geschickt und nach dessen Verbleib sich der Prälat bereits erkundigt hatte,74 zurückgekommen sei;75 b) hinter einer längeren Schilderung der Vorfälle in Ungarn, von denen Giovanni d’Ulessis, der kurze Zeit nach dem besagten Boten den Herzogshof erreichte, nach seiner Heimkehr berichtet hatte.76 Im Anschluß an diese Nachrichten erwähnte Francesco Sforza beiläufig, daß er Rivalta zwar gerne dem Kardinal von Pavia übertragen hätte, die Abtei jedoch aus seiner Verpflichtung Tortona gegenüber Giacomo Begurri hätte zugestehen müssen, weshalb er auch Giovanni di Castiglione, für dessen Wunsch nach einer besseren Ausstattung er volles Verständnis habe, bitten müsse, sich noch ein wenig zu gedulden.77 possi vivere honeratamente, avisandolo che nuy ne recordaremo de la sua signoria in modo che la cognoscerà che l’habiamo al cuore» [Ebd., sub die (II)]. 74  Siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 26. 75 Von dieser Rückehr habe er Giovanni di Castiglione bislang noch nicht in Kenntnis gesetzt, lesen wir in dem herzoglichen Schreiben vom 24. Mai 1457, weil der Bote keine großen Neuigkeiten überbracht habe, da sich Giovanni d’Ulessis, mit dessen Eintreffen man kurze Zeit später rechnete, deren Übermittlung selbst vorbehalten habe: «Più dì sonno passati che lo cavalaro, che portò le lettere della vostra signoria ad Nova Città continente el facto nostro appresso alla maiestà imperiale, è ritornato, quantunqua della ritornata sua non habbiamo facto notitia alla vostra signoria, et questo perché dicto cavalaro non riportò cosa alchuna, se non una lettera de ser Iohanne, el quale ne scripse per dicto cavalaro che luy presto ritorneria et a bocha reportaria quanto era seguito per la presentatione de dicte lettere […]. Ser Iohanne […] è ritornato et […] dice che […] luy haveva havuto spazamento et grata risposta della prefata maiestà per mizo del camermastro, zoè che soa maiestà era contenta de rimoverse da quelle lanciate et del censo annuo purché nuy se mettessimo ad una honesta summa, la quale remeteva in nuy perché diceva che la summa havea nominata la vostra reverendissima paternità in le sue littere era poca, et con questo se dovea partire dicto ser Iohanne […]. Et siando da poy partito ser Iohanne et accapitando ad uno loco del imperatore chiamato Laubagh, altramente in vulgare Iubigliana [= Ljubljana], dicto ser Iohanne trovò lì uno delli consiglieri imperiali chiamato misser Iorio et, volendo dal dicto ser Iohanne intender quello riportava dalla maiestà imperiale del facto nostro et intendendo dal dicto ser Iohanne como havea seguito ut supra, se dolse assay che la maiestà imperiale non havea usata più liberalità inverso nuy in concedervi li privilegii che non havea facto, et disse il dicto ser Iohanne che ce dovesse dire che ce dessimo bona voglia che subito che luy possea abocarse con lo imperatore che faria che la cosa haveria votivo effecto et che subito me mandaria uno messo che non staria multo dricto ad ser Iohanne […]» (Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 24. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Zu Giovanni d’Ulessis siehe oben, Kap. VI Anm. 142. 76 Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 24. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45. 77 «alla seconda lettera continente el facto della abbatia de Rivalta de Tertonense dicemo che siando venuti da nuy li ambassatori de Tertonensi ne hanno facto grande instantia che vogliamo scrivere per d. Iacobo de Begurri de Sancto Mattheo de Terdona, et nuy, vedendo non potere con honesta recusarlo, sì per capituli, obligatione et promesse habbiamo cun quella comunità et sì per la grande instantia de dicti Tertonesi, sì anche perché è delli primi de quella terra, nuy habbiamo scripto là et crediamo che alla ricevuta de questa sarà pronuntiato et exequito quanto habbiamo scripto. Sì che la signoria vostra […] al presente de questa cosa ne habbia per excusati, et stia de bono animo la vostra signoria che con el tempo accaderanno delle cose che ce sarà el modo a fare ben satisfacta la vostra signoria come è nostra intentione et voluntà» (Ebd.). – Diesem Schreiben

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Giovanni di Castiglione indes taktierte ebenso geschickt – der herzogliche Gesandte, der seinem Herrn bereits zuvor angedeutet hatte, daß es nicht leicht sein würde, den Kardinal von Pavia von seinem Vorhaben abzubringen,78 sollte sich hierin nicht täuschen. Nachdem Giovanni di Castiglione wohl Anfang Juni 1457 klargeworden war, daß es ein vergebliches Unterfangen sein würde, auf die Zustimmung Francesco Sforzas zu warten, und nachdem Calixt III. ihm vermutlich auch bereits angedeutet hatte, daß der herzogliche Gesandte schon mehrfach bei ihm gewesen sei, um ihn zur Verleihung der Abtei an Begurri zu bewegen,79 leitete der Kardinal von Pavia mit Hilfe seiner Standesgenossen am 3. Juni 1457 einen weiteren Schachzug ein. Diese erinnerten an diesem Tag den Papst nach dem Konsistorium an das Versprechen, das er Giovanni di Castiglione gegeben hatte.80 Auch konnten sie wohl Calixt III. dazu bewegen, den anwesenden herzoglichen Gesandten zu nötigen, das wiederholen zu lassen, was er bezüglich der herzoglichen Linie dem Papst unter vier Augen gesagt hatte.81 Giovanni di Castiglione vermochte es offensichtlich, auch dank der Rückendeckung der Kardinäle, siegreich aus der sich anschließenden Diskussion hervorzugehen, so daß sich der Papst schließlich entschied, ihm die Abtei Rivalta zuzuweisen, ohne ein vorheriges Placet von Francesco Sforza abzuwarten. So bat der Pontifex den ließ der Herzog am 26. Mai 1457 einen weiteren Brief folgen, in dem er sich nochmals für Giovanni di Castigliones Einsatz für Crivelli bedankte und wegen der Vergabe der Abtei an Begurri um Verständnis bat: «Havemo havuto singulare piacere et contentamento, intendendo per le vostre lettere de dì XVIII del presente che la reverendissima signoria vostra habii havuta la […] promotione del reverendo misser l’abbate di Crivelli al vescovato de Novara, la quale ne rendiamo certi che za mo sia facta et deducta ad votum, et tanto più ne troviamo contenti perché sia passato per le vostre mane, quanto che questi zentilhomini di Crivelli intendano la prefata vostra signoria esserli stata propicia et favorevole et reputandose esserli obligata grandemente, sì che non ne accade dire altro, se non ringratiare la reverendissima paternità vostra et pregarla se altro pur gli resti ad fare che lo vogli expedire. Circa el facto de l’abbatia de Rippalta per altre nostre havemo resposto ad la signoria vostra et dicto quanto bisogna, nuy ne persuademo che la vostra signoria serà rimasta contenta et haverà intese le rasone urgentissime sono in facti et lasserà passare la cosa secundo che havemo supplicato […]» (Ebd., sub die). 78 «mi sforzarò quanto mi sia possibile a ridurlo benché sia dificile perché li pare in le cose de vostra excellencia sia così promto, et è per lo vero, che non li pare in queste sue prime necessità debia vostra excellencia habandonarlo» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 79 Davon, daß er wegen dieser Angelegenheit mehrfach beim Papst gewesen sei, hatte auch Ottone del Carretto selbst seinem Herrn am 4. Juni 1457 berichtet: «Poyché per mie del primo de questo scrissi a vostra excellencia son poy statto due fiate con la sanctità del nostro signore in combatere per questa abbatia, facendoli intendere essere voluntà immutabile de vostra excellencia che l’havesse quelluy per chi vostra excellencia scrivea, et condusello ad promettermi faria quello che fusse voluntà de vostra excellencia […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (II)]. 80 «Poy, essendoli heri matina tutti li cardinali post consistorium, lo pregareno et strinssero che attendesse a la promesse de d. Papiense […]» (Ebd.). 81 «[…] propter instantiam cardinalium fuy de novo in molte argumentatione de questo con sua sanctità. Tandem fece chiamare monsignore de Pavia et volse in sua presentia dicesse quello a sua sanctità havea ditto et cossì dissi, ricordando quanto se potea ricordare per distorre monsignor de Pavia da questa impresa […]» (Ebd.).

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herzoglichen Gesandten nur, seinen Herrn von dieser Entscheidung in Kenntnis zu setzen, die er als Papst gleichsam als pater familias für seinen liebsten Sohn, den Mailänder Herzog, zu dessen Bestem gefällt habe.82 Auch der Kardinal von Pavia stellte Francesco Sforza am 4. Juni 1457, nachdem er abermals auf sein Verdienst bei der Promotion Crivellis verwiesen und zudem hervorgehoben hatte, daß ihn dies sehr viel Geld gekostet habe,83 sozusagen vor vollendete Tatsachen, so wie er es auch schon beim Streit um Pavia getan hatte. Er ließ den Herzog wissen, daß er dessen Briefe gesehen habe, in denen dieser sehr für Begurri eingetreten sei, und daß er mitbekommen habe, wie sehr sich Ottone del Carretto für den Prior aus Tortona verwendet habe. Doch sei der Papst – so fuhr Giovanni di Castiglione fort –, aus Gründen, die der herzogliche Gesandte seinem Herrn sicher näher ausführen werde, nicht bereit gewesen, Begurri die Abtei zuzusprechen. Daher habe Calixt III. ihm, Giovanni, in Gegenwart des herzoglichen Gesandten, um allen Zweifeln ein Ende zu setzen, die Abtei Rivalta zuerkannt, wie es schon immer seine Absicht gewesen sei. Der Prior habe jetzt zwar nicht Rivalta erhalten, doch müsse dieser sich eigentlich sogar darüber freuen, denn der Papst wolle ihn künftig bei allen anderen Dingen als sehr empfehlenswert im Auge haben. Der Herzog möge daher, schon ihm selbst zuliebe, darauf achten, daß Begurri die gerade erworbene päpstliche Gnade nicht gleich wieder verspiele. Er, Giovanni, werde ebenfalls alles tun, um den Bürgern von Tortona ein guter Abt zu sein. Zudem wolle er sich bemühen, dem Prior bei allem, so gut er könne, behilflich zu sein. Daher brauche der Herzog den Papst nicht weiter zu belästigen.84 82 «Tandem sua sanctità con molte losenghe, dicendo et scongiurando che facea questo per honore et utile de vostra excellentia, et come padre de quella, qual amava più che altro signore del mondo, voleva che questa abbatia fusse de monsignore de Pavia et che se rendea certo che intendando vostra excellencia quanto qui se tractava del honore d’essa seria ben contento, et qui disse multa. Possi dire asay questa fu la conclusione et cossì mi comandò scrivesse a vostra excellencia fusse contenta per ogni modo […]» (Ebd.). 83 «Como per le altre mee intenderà la vostra illustrissima signoria è stato fatta la promotione de [tunc] messere l’abbate de Rippalta, tutto ad votum de la vostra signoria, per respecto de la qualle, et anche per servire a quella nobile fameglia, ho fatto como per mi, et ultra lo ceto spaciamento gli o sparagnata una grande somma de dinari, li qualli se rechedeveno per galee» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 84 «Ceterum al fatto de l’abbadia de Rippalta ho visto quanto caldamente la signoria vostra scrive per quello priore de Terdona, et cossì a messere Otto, el qualle ha fatto ogni instantia etiam importuna, ma in vero nostro signore mai non li haverea data per certi respecti, de li qualli credo scrive a la signoria vostra el ditto messere Otto, in la presentia de lo qualle la sanctità sua per amputare tutti dubii et molestie ne l’a conferita, como sempre fui la sua intentione etiam coram de mei signore cardinale, etiam nante che la vostra signoria scrivesse per alchuno, ma in vero se debbe alegrare lo ditto priore et tutti li sui che la sanctità de nostro signore largamente dice lo volerò havere recommendatissimo in tutte altre cose per reverentia de la vostra illustrissima signoria, la qualle prego affectuosamente se degna remaneri contenta et persuadere a quello priore facia per modo non perda la gracia che ha trovata in conspectu del papa per amore vostro, et io sempre li serò ad adiuto in tutto quello poterò, et non debbe mancho extimare simile gracia, et essere contento de la vostra excellentia, como se havesse havuto la ditta abbadia, et non solamente nostro signore per questo vole havere recommendato luy, ma tutti quilli citadini de Terdona, li qualli debeno molto caripendere questo. Anche io per questa casone me studiarò de compiacerli

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Giovanni di Castiglione vergaß ebenfalls nicht zu erwähnen, daß hinter ihm bedeutende Freunde standen.85 Einige Tage später ließ er den Herzog überdies wissen, daß die Chancen des Priors nicht schlecht wären, zum Abt der in der Diözese Pavia gelegenen Abtei Breme ernannt zu werden.86 Diese hatte man den Papst ebenfalls freizuhalten gebeten, bis der Vorschlag Francesco Sforzas eingegangen sei.87 Dennoch hielt der Herzog seinerseits nach wie vor an Begurri als Abt von Rivalta fest: zum einen, weil die Herzogin Bianca Maria wünschte, daß Breme ihrem Verwandten Pietro Visconti zugesprochen werde,88 und zum et fare per talle modo, tanto a lo governo de l’abbadia como in tutte altre cose, che dirano havere uno bono abbate, et per non perdere tanti beneficii et benivolentie non è necessario sopra de ciò molestare più la sanctità de nostro signore, perché le conditione de questa cosa sono talle che non rechedeno altra importunità. In ogni tempo la vostra signoria loro p[u]ò fare gracie et piacere, et in vero io sono loro molto affecto» (Ebd.). 85 «Anche adviso la signoria vostra che se non fusse statto lo mio respecto et che non sono senza amici forse ne serebbe disposto altramente, et pur o tosto o tarde conveno che la signoria vostra demonstra pensare de la mia provisione» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 8. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 86 «[…] havemo dicto al papa se degna de soprasedere in conferire l’abbadia de Bremide [= Breme] finché la vostra signoria scriva, et se vi piace satisfare a quello priore de Terdone non serà se non bene perché la sanctità de nostro signore luy serà inclino per amore nostro» (Ebd.). 87 Ende Mai 1457 hatte man Francesco Sforza über den Tod des Abtes in Kenntnis gesetzt, woraufhin der Herzog gleich am 29.  des Monats seinen Gesandten instruierte, den Papst zu bitten, diese Abtei für seinen Kandidaten freizuhalten. «Heri fossemo avisati como l’abbate de Breme del diocese de Papia è passato de questa vita, il perché volemo che subito vi ritrovati cum la sanctità de nostro signore, et faciati opera cum effecto che quella abbatia sia reservata perché presto preponeremo a la prefata sanctità persona sufficiente et utile al regimento de la dicta abbatia, et grata a nuy, però che è loco assay importante al stato nostro» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub  die).  –  Am 11.  Juni  1457 ließ der Herzog seinem Gesandten erneut eine derartige Anweisung zukommen, in der allerdings nicht ausgeschlossen wurde, daß der Abt möglicherweise doch noch am Leben sei, in diesem Falle allerdings nur durch ein göttliches Wunder dem Tod werde entrinnen können: «Demum perché habiamo inteso l’abbate da Breme del diocesi pavese essere morto, et s’ello non è morto non potere campare se non per divino miraculo, volemo che ritrovandovi cum la prefata sanctità faciati reservare quella abbatia perché havuta la certeza de la morte d’esso abbate li preponeremo persona grata, digna et sufficiente» (Ebd., sub die). 88 So betonte der Herzog auch Ottone del Carretto gegenüber am 30. Juni 1457, als Calixts III. Neffe Luis Juan de Mila ebenfalls Anspruch auf diese Abtei erhob, er bedauere, daß er Breme nicht dem päpstlichen Verwandten zusprechen könne, aber er sei seiner Gattin und deren Verwandten Pietro Visconti, dem Herrn von Breme, verpflichtet: «Preterea havemo inteso quanto ne scrivete del humanissimo et sapientissimo parlare vi ha facto nostro signore che l’haveria caro sua sanctità che nuy motu proprio gli proferissimo una abbatia nel dominio nostro per lo reverendissimo monsignore cardinale suo nepote, la qual cosa ne è molto piaciuta; vogliamo che dicate ad sua sanctità ch’el[l] è molto bene et debito et rasonevole et che lo volemo fare, et haveriamolo za facto se gli havessimo veduto la aptitudine, et maxime novamente che è accaduto vacare questa abbatia de Breme, s’el non fosse che siamo stati tanto pregati et constretti dal magnifico misser Petro Vesconte et da la illustrissima nostra consorte, madona Biancha, per luy de consentirla ad uno suo stretto parente, et del vero el ci è stato forza haverli grandissimo respecto perché el[l] è pur el principale de la casa di Vesconti et chi ha meritato grandemente luy et li suoy appresso li illustrissimi signori passati et etiam considerato che la terra de Breme è sua, data molti anni fa ad li suoy per dicti signori, como sapete, sì che non havemo potuto denegarglilo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die).

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anderen, weil Begurri dem Herzog bereits im September  1453  sechshundert Florenen für die Abtei Rivalta als Anzahlung geboten hatte.89 Gerade das pekuniäre Moment, das in der Vergangenheit den Herzog häufig gegen Giovanni di Castiglione hatte Position ergreifen lassen, mochte aber diesmal den Ausschlag dafür gegeben haben, daß der Papst, dem die simonistische Praxis des Herzogs schon seit längerem ein Dorn im Auge war, dem Kardinal von Pavia diese Abtei zugestand. Möglicherweise hatten die Helfer des Giovanni di Castiglione dem Papst, der den Herzog schon mehrmals vergeblich ermahnt hatte, diese Praxis einzustellen,90 nahegelegt, es sei nun die Zeit gekommen, ein Exempel zu statuieren. Zumindest sah Ottone del Carretto, der dem herzoglichen Sekretär schon Wochen zuvor bedeutet hatte, man müsse in Zukunft bei den für die Vergabe von Benefizien erfolgenden Zahlungen sehr viel diskreter vorgehen,91 in dem Bekanntwerden der Nachricht, daß der Prior dem Herzog für die Abtei Rivalta Geld gegeben hatte, einen der wesentlichen Gründe für das einstweilige Scheitern des Versuches, Begurri die Abtei zu verschaffen.92 Vermutlich wird Ottone del Carretto darüber verärgert gewesen sein, daß er, der ohnehin schon wegen seines angeblich mangelnden Einsatzes in die Kritik des Herzogs geraten war,93 Francesco Sforza nun trotz allen Engagements wegen der Aktionen des Kardinals von Pavia und der Hilfe von dessen Standesgenossen94 noch einen weiteren Miß89 Ansani, La provvista, S. 34. – Dreieinhalb Jahre später scheint sich die gezahlte Summe bereits auf 4.000 Florenen belaufen zu haben, siehe hierzu unten, Kap. IX Anm. 92. 90 «de novo pregava vostra excellencia non volesse redemere per questo denari da li subditi, alegando molte ragione circa questo, come altre volte ho scritto in questa materia» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 25. Mai 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 91 «Circa quel’ altra facenda mi pare più che necessario che se prehendi qualche remedio et se queste cose de le decime et de le altri avisi non pareno cose fatibile almemo mi pare seria bene che quando de beneficii se prenda denari se fecesse più secreto, sì che qua non ne venesse fama, et io dicesse al nostro signore che è deliberato il nostro illustrissimo signore de lassar tal usanza, ma che sua excellencia vorria non li fusse denegato al manco de conferire li beneficii a sua rechiesta per aquistarsi amici al suo stato» (Ottone del Carretto an Cicco Simonetta, 24. Mai 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 92 «Inter cetera è statto scritto hora di novo che vostra excellencia ha havuto fiorini IIII mila da questo priore per l’abbatia de Ripalta, et gli l’ha datta con patto che non possendo cossì facilmente obtenere de qua se possa constituirli sopra una provisione de ducati CLta, quali insieme con il priorato se dagha a chi il papa volesse dare l’abbatia. […] Queste et molte simile cose se scriveno qua chi me guastano il zogo, et cossì extimo che de qua sia chi scrive in là et sforzeno de tormi ogni auctorità et qui et là perché non sia chi exequisca queste cose […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 4. Juni 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 93 Siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 33 ff. 94 Daß sich die Kardinäle gegenseitig zu unterstützten pflegten, beklagte del Carretto in seinem an Francesco Sforza gerichteten Schreiben vom 4. Juni 1457: «[…] non mancarò a mio potere, ma questo ha fatto l’instantia de cardinali, quali volentiere se grateno l’uno l’altro. Item alcuni perché o vostra excellencia ceda overo vegnando essa a negarlo fazeno quelli chi deveno essere amici vi siano inimici, et cossì se studiano de rumpere qua vostri desegni, come per altre scrissi. Item non tacerò più ch’io non dica quello che malvolentiere diceva. Sono in quella corte de vostra excellencia chi scriveno qua molte cose et fano molto damno ad potere exequire la voluntà de vostra excellencia» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)].

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erfolg vermelden mußte. Aber auch Giovanni di Castiglione, der gewiß anfänglich gehofft hatte, Ottone del Carretto – ebenso wie dessen Vorgänger – auf seine Linie einschwören zu können, wird relativ enttäuscht gewesen sein, als er erfuhr, daß der Gesandte hinter seinem Rücken im Auftrag des Herzogs sehr deutlich für Begurri Stellung bezogen hatte. Davon, daß sein Verhältnis zu Giovanni di Castiglione, nachdem er in Gegenwart des Papstes seine in Wirklichkeit verfochtene Linie hatte offenlegen müssen, fortan erheblich belastet sein würde, ging Ottone del Carretto zweifellos aus. So schrieb er seinem Herrn denn auch am 4. Juni 1457, der Kardinal von Pavia würde wohl nie sein Freund sein.95 Die Wahrscheinlichkeit, daß sich das Verhältnis zwischen Giovanni di Castiglione und Ottone del Carretto sogar noch verschlechtern würde, war umso größer, als der herzogliche Gesandte nach wie vor die Vorgabe erhielt, für Begurri zu wirken. Diesem gegenüber fühlte sich Francesco Sforza infolge der geleisteten Zahlungen so sehr im Wort, daß er meinte, Giovanni di Castiglione weiter vertrösten zu müssen.96 Doch der Kardinal, dessen Erfolgsrezept – was Ottone del Carretto 95 «forse non serà may mio amico» (Ebd.). – Da der herzogliche Gesandte wohl davon ausging, daß sich sein Verhältnis zu Giovanni di Castiglione in unmittelbarer Zukunft schwierig gestalten könnte, forderte er seinen Herrn an diesem Tag auch erneut auf, doch dem Wunsch des Kardinals von San Marco [= Pietro Barbo] nachzukommen und dessen Kandidaten Marco Cattanei das Bistum Alessandria zuzusprechen (siehe hierzu oben, Kap.  IX  Anm. 69). Den Kardinal von San Marco nun bei Laune zu halten, schien del Carretto, wie er den Herzog am 4. Juni 1458 wissen ließ, umso notwendiger, als er glaubte, daß dieser Prälat der einzige sei, der bereit sei, ihnen bei der Besetzung der Benefizien mit den gewünschten Kandidaten zu helfen: «Prego vostra excellencia se degni compiacere al reverendissimo monsignore de San Marco de dare il vescoato de Alexandria a quello frate Marco [Cattanei] de li capitanei de Novara, abbate de Sancta Trinità da Siena, homo tutto da bene et sufficientissimo a magior cosa, perché ella haverà persona de quale se contenterà et benificarà quello vescoato. Item compiacerà ad esso monsignore de San Marco, qual in queste cose beneficiale è solo quello chi ce aiuta […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)]. 96 «Messer Otto, havemo assay intexo quello ne scrive il reverendissimo nostro monsignore cardinale de Pavia circa la commenda della abbadia de Rivalta Terdonexe. Così restamo advisati de quanto diciti voy, al che rispondendo breviter, ve dicemo che in vero el ne grava et dole fino al core non possere de questo compiaxere ad esso reverendissimo monsignore como sarria il piaxere et voluntà nostra, como havite intexo nuy havimo compiaxuto de questa abbadia ad uno d. Iacomo di Bigurri, nostro citadino terdonexe, priore de San Matheo de Terdona, persona docta et de optima vita, ad summa instantia et requisitione universalmente de tucta la comunità nostra de Terdona, et havimone facto tale promessa ad bocha et in scriptis ad essa nostra comunità così facto fare per Zorzo de Annono [= Giorgio Annoni, siehe unten, Kap. XI Anm. 99], nostro commissario de quella città, che nullo pacto porriamo retrarse dalla promessa, se non con nostro grande vituperio et extrema desperatione de tucti quelli nostri citadini, havendone loro richiesta questa abbadia con tanta efficentia et havendogline nuy compiaxuto così volentieri et liberalmente, poy havendo loro de novo remandato ad nuy ad dolersi de questa commenda, quali havimo remandato ad caxa et promessogli suxo la fede nostra che provederimo dicto d. Iacomo haverà dicta abbadia con effecto. Sì che non è possibile per alcuno modo che possiamo compiaxere ad monsignore per questa volta, che possendolo fare lo farriamo tanto volentieri quanto desidera soa signoria perché cognoscimo per infiniti rispecti et nostro debito et interesse ad aiutare la sua signoria, et volemolo fare di bona voglia quando bene la soa signoria non ne dicesse cosa alcuna, per tanto siati con la sua signoria, alla quale diciti per nostra parte che voglia havere paciencia

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freilich nicht wußte  –  jahrelang darin bestanden hatte, die Kontakte zu den Männern aus der zweiten Reihe zu pflegen, war an einer Verschlechterung der Beziehungen zum herzoglichen Gesandten keineswegs interessiert. Vermutlich weil er wußte, daß er sich darauf verlassen konnte, daß der Papst seine Position bezüglich Rivaltas nach der Vergabe nicht mehr ändern und seine Entscheidung nicht widerrufen würde,97 reagierte Giovanni di Castiglione anders, als es Ottone del Carretto erwartet hatte. Gewiß war der Kardinal nicht bereit, von seinem Anspruch auf Rivalta abzurücken und sich, wie von Francesco Sforza angeregt, mit einer Pension abspeisen zu lassen, und er gab dieses dem herzoglichen Gesandten auch deutlich zu verstehen;98 doch zog sich Giovanni di Castiglione keineswegs de questa abbadia et lassa pensero ad nuy de providergli de megliore cosa de questa. nuy siamo contenti che la soa signoria voglia dicto priorato in commenda, quale vale ducati CCC l’anno, et se reservi suxo essa abbadia pensione annuale ducati CCC° perfino la signoria soa sarrà proveduta d’altro. Et siamo contenti che la soa signoria dà mo impetto l’abbadia de San Marciano como acada vacare, quale è megliore et assay più digna et de molto maiore intrata, così voi per nostra parte ne diriti et suplicariti ad la sanctità de nostro signore como parerà ad soa signoria, governando questa cosa secretissimamente como intendeti è bixogno. Messer Otto, quantumche siamo certi non bixognerà confortati et pregati monsignore che de questo voglia havere pacientia, et non gli saria altra replicacione o exceptione per non darne tanto caricho et vituperio qui et là et da ogni canto, como per infiniti rispetti la soa signoria deve cognoscere meglio de nuy che farria quale ha ad fare, penserò che ogni nostro honore et bene sia suo proprio, como nuy faremo della soa signoria et ad nuy stessi, et solicitati la expedicione delle bolle per esso d. Iacomo quanto più presto sia possibile […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 18. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 97 Daß der Papst seine zugunsten von Giovanni di Castiglione gefällte Entscheidung nicht zu widerrufen gewillt war, mußte der herzogliche Gesandte bereits am 9. Juni 1457 seinem Herrn mitteilen: «Circa l’abbatia de Breme sua sanctità ha promesso de non farne altro come vostra excellencia scriverà, de l’altra sta pur in quella che vostra excellencia ne debia compiacere a monsignore de Pavia» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Und auch mehrere Wochen später ließ sich der Pontifex durch die Bitten des herzoglichen Gesandten nicht erweichen. Calixt III. bedeutete dem Gesandten lediglich, er wisse schon, was für Francesco Sforza am besten sei, der eigentlich ein ebenso großes Interesse daran haben müsse, seinen Kardinal versorgt zu sehen, wie der König von Aragon und der Kaiser es hätten, die sich bereits mehrfach mit der Bitte an ihn gewandt hätten, ihre Kardinäle mit Benefizien aus ihren Gebieten auszustatten: «Dissi poy a sua sanctità volesse confortare monsignore de Pavia a lassare quella abbatia de Ripalta, allegandoli molte rasone, per le quale mi parea meglio d’esso monsignore a compiacere a vostra excellencia, et che sua sanctità faria cosa summamente grata a vostra excellencia, la qual io non intendeva per niuno modo potesse ritrarse da la promisione fatta a quello priore terdonese. In effecto sua sanctità rispose come la maiesta del re da Ragona scriveva novamente per lo cardinal de Neapoli [= Rinaldo Piscicelli]. Item la sacra maiestà del imperatore scriveva per monsignore de Sena che fusseno proveduti de beneficii in le terre sue, et cossì pareva vostra excellencia dovesse fare il simile, et che pregava vostra excellencia lo fecesse per ogni bono respetto, et altro non ne potti cavare, se non che sapeva bene quello era bene de vostra excellencia in questo fatto» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 28. Juni 1457, ebd.). 98 So schrieb der herzogliche Gesandte am 28. Juni 1457 an seinen Herrn: «De questa cosa ne parlay ancora molto diffuse con monsignore de Pavia, et in effetto disse che sapea bene come se havea a governare con vostra excellencia, a la qual non deliberava fare cosa molesta, ma che questo seria a vostra excellencia et a sua signoria troppo vergognoso et che se rendeva certa che quando vostra excellencia li pensasse meglio non vorria tanto [fu] suo mancamento,

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aus genereller Verstimmtheit vom herzoglichen Gesandten zurück. Im Gegenteil bemühte er sich nun umso stärker darum, diesen bei anderen Fragen und Problemen wie etwa bei der Ablehnung der Erhebung des Kreuzzugszehnten im Mailänder Territorium zu unterstützen.99 Dabei hegte Giovanni di Castiglione wohl zum einen die Hoffnung, er werde Francesco Sforza, von dem er sich zumindest Hilfe bei der Verleihung eines weiteren kleinen Benefiziums wünschte, auf diese Weise geneigt stimmen und zum Einlenken bewegen;100 zum anderen spekulierte er wohl darauf, durch das Bekunden großer Loyalität dahin zu gelangen, daß ihn der Herzog an seinen „geheimen Gedanken“ teilhaben ließ,101 um sich durch dieses Wissen ein gewisses „Druckmittel“ und folglich eine gewisse Position zu sichern. Giovanni di Castiglione wurde daher nicht müde, Francesco Sforza gegenüber sein großes Engagement zu betonen, das er teilweise sogar an den Tag legte, ohne vom Herzog explizit dazu aufgefordert worden zu sein.102 Er ging sogar soweit, darauf hinzuweisen, er habe Ottone del Carretto gegenüber geäußert, wie schade er es doch fände, daß er dessen Gedanken nicht lesen könne, denn ansonsten würde er dessen Wünsche erfüllt haben, noch bevor dieser sie ausgesprochen et con molte bone parole. Pur sta saldo in non volere lassare ditta abbatia né con pensione né altramente» (Ebd.).   99  Über den guten Willen des Giovanni di Castiglione heißt es allgemein in einem Schreiben del Carrettos an Francesco Sforza vom 11. Juni 1457: «Havendo captata opportunità del tempo per havere audientia quieta, fui heri sera con la sanctità del nostro signore […]. Et perché monsignore de Pavia molto si monstra affecto et voluntaroso ad aiutare le cose de vostra excellencia non refutay la sua presentia et favore a porgere queste cose […]» (ASMi, Sf., PE, Roma  45, sub die). – Am folgenden Tag wies der Kardinal von Pavia den Herzog darauf hin, wie eindringlich er sich mit del Carretto und dem aus Siena stammenden Gesandten über einiges, was Ottone wohl näher ausführen werde, beraten habe (Ebd., sub die). – Speziell zur Erhebung des Kreuzzugszehnten siehe die Schreiben del Carrettos an den Herzog vom 9., 17., 23. und 28. Juni 1457 sowie die Briefe des Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom 14. und 29. Juni 1457 und das Schreiben des Abtes von Sant’Ambrogio an den Herzog vom 26. August 1457 (Ebd., sub die). 100 Von diesen Hoffnungen zeugt auch das Schreiben, das der Kardinal am 8. Juni 1457 an Francesco Sforza sandte: «Per le poste de vostra illustrissima signoria ho scritto como nostro signore me ha conferito l’abbadia de Rippalta per alchuno principio de mia provisione. A questo tempo uno me vale tri, et in vero vorrea fare una grande penitentia che la vostra signoria de suo proprio movimento havesse scritto per mi per molti et molti respecti, et per questo facieva differire la collatione, ma poyché non è fatto prego caramente essa vostra signoria facia alchuno segno li piacia quello è fatto, […] attenda la signoria vostra ad una modesta et mezana provisione mia, la qualle fatta non molestarò may la vostra excellentia. Sa bene la signoria vostra che me dice essere contenta che de li beneficii acadesseno vaccare in corte me fecisse diligentia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 101 «[…] e stey la signoria vostra attenta, et se li piace participame li penseri secrete» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 12. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 102 «Per lettere de messere Otto intenderà la vostra illustrissima signoria quanto sia seguito de lo fatto de quella sententia, benché de questo la vostra signoria non me habbia scritto, nientedemeno anchora me sforzarò de farne una ponta con bono modo, del fatto similemente de Balbiano, el tempo lo poterà achonciare, de simile cose, benché la signoria vostra non scriva, a la relatione de messere Otto facio ogni int[r]oductione […]» (Ebd.).

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habe.103 Ottone del Carretto mag dieses Verhalten mit umso größerer Freude und Erleichterung registriert haben, als er nun mit Giovanni di Castiglione einen Mann an seiner Seite hatte, der über sein großes Engagement, das in letzter Zeit von Francesco Sforza ja in Frage gestellt worden war, ein positives Zeugnis ablegen konnte.104 Auch wenn Giovanni di Castiglione, der den Herzog am 12. Juni 1457 abermals gebeten hatte, das Seinige zur Steigerung der Reputation „seines“ Kardinals beizutragen,105 am 23.  Juni  1457 noch vorgab, tagtäglich auf die Briefe mit der herzoglichen Zustimmung zur Inbesitznahme Rivaltas zu warten,106 dürf103  «[…] sa la excellentia vostra che stagando mi con essa li dixe che se io sapesse li sui penseri me sforzareve de acomplire ante omnem requisitionem» (Ebd.). 104 «[…] et tanto lo accettay più volentiere perché possa fare vera testimonanza con quanta instantia et vehementia io parli quando bisogni» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 11. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – In der Tat verhalf Giovanni di Castiglione, der die Vorteile dieses Schrittes zweifelsohne durchschaut hatte, dem herzoglichen Gesandten, der bislang bei der Durchsetzung der herzoglichen Wünsche bei der Benefizienvergabe so wenig erfolgreich gewesen war, dazu, daß dieser Francesco Sforza nur wenige Tage später vermelden konnte, es sei ihm gelungen, für Francesco Della Croce (zu diesem siehe unten, Kap. XI Anm. 125) einige Pfründen zu erlangen, obgleich dieses anfänglich als ein hoffnungsloses Unterfangen erschienen sei, weil diese Pfründen an sich nur einem Kardinal zugestanden hätten [«Mi scrisse questi dì passati vostra excellencia fecesse fare una gratia a d. Francesco de la Croce circa alcuni beneficii, la qual gratia quantunque sia exorbitante et may non se soglia concedere, maxime per questo papa, a nullo se non è cardinale perché è specialissima prerogativa de quelli, etiam non sempre ma di raro, pur vedendo con quanta instantia vostra excellencia scriveva, etiam attentis le singulare virtù et prestantia d’esso d. Francisco, expectando tempo opportuno, ha obtenuta ditta gratia per esso d. Francesco non senza grandissima faticha. Et questo ho conceduto la sanctità de nostro signore a precipua complacentia de vostra excellencia, a la quale se reputa in questo fare non picola gratia, et in vero così vostra excellencia deve estimare perché è cosa singulare et insolita» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 13. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45)]. Um seine eigenen Verdienste nicht zu schmälern, erwähnte Ottone del Carretto freilich nicht explizit, daß Giovanni di Castiglione ihm dabei unter die Arme gegriffen hatte, doch geht aus dessen Briefen deutlich hervor, daß er sich eben in dieser Angelegenheit eingesetzt hatte: «A questi dì nuy et misser Otto havemo fatta tra le altre cosse instantia a la sanctità de nostro signore de la supplicatione de misser Francisco da la Croce, e perché è una cossa molto insolita nostro signore per modo alchuno non la voleva signare, pure li fecemo tanta instantia che la signò poso molte testificatione da nuy che questa cossa era molto a cuore a la signoria vostra, a la quale è molto ubligato el dicto misser Francisco. Ma in vero signore per nostro ricordo la signoria vostra doveria reservare che si facessero puncte de altre cosse più digne perché quando el papa satisfa a queste tale cosse peregrine li pare havere fatto gran cossa et ne le altre se rende puoi più difficile» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Juni 1457, ebd.). – Auch von einem Kleriker aus Bergamo, dem man, dank seiner Intervention, die entzogenen Pfründen wieder zurückerstattet hatte, wußte der Kardinal an diesem Tag zu berichten: «Insuper havemo obtenuto mandato da remettere quello di Pergamo a li suoi benifitii de li quali era privato. E cussì può intendere quanto vagla presso de nuy vostre intercessione et commandamenti» (Ebd.). 105 «[…] ma nota la signoria vostra che dal suo canto se sforza dare et augmentare la reputatione per tale modo che siamo creduti, et ad questo non antepona la excellentia vostra alchuni parlare né ogni picola utilitate» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 106 «Aspetiamo che de dì in dì la vostra signoria ne scriva qualche cossa del suo contentamento circa l’abbadia de Rippalta, la quale nostro signore ne ha conferita motu proprio per alcuno principio de nostra provisione. La signoria vostra può assay intendere le nostre necessitate – de-

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te er sich darüber keinen Illusionen hingegeben haben, daß Francesco Sforza nicht in unmittelbarer Zukunft einlenken würde. Möglicherweise hoffte er, daß Roberto da Sanseverino, der Sohn von Francesco Sforzas Schwester Elisa, der am 24.  Juni  1457, ein wenig früher als erwartet, in Rom angelangt, von ihm gebührend empfangen und dem Papst angekündigt worden war,107 sich beim Mailänder Herzog positiv für ihn einsetzen würde. Sein besonderes Bemühen um Roberto da Sanseverino108 war in der Tat insofern erfolgreich, als der herzogliche Verwandte, der am 26.  Juni  1457 gemeinsam mit dem päpstlichen Neffen bei Giovanni di Castiglione speiste und am Abend desselben Tages mit dem Kardinal von Pavia beim Kardinal von San Marco zu Gast war,109 tatsächlich Giovanni di Castiglione beim Herzog lobte und diesen bat, den Wünschen des Kardinals von Pavia Folge zu leisten.110 Doch nicht nur Roberto da Sanseverino und der Papst111 wandten sich Mitte des Jahres 1457 zugunsten von Giovanni di Castiglione an Francesco syderamo molto (et di questo ne vorriamo fare una bona secreta penitentia) che la vostra illustrissima signoria de suo proprio movimento facesse alcuna dimostratione per la quale ciascaduno intendesse quanto siamo de la signoria vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 107 «Anchoy alle XV hore gionsi qui a Roma, dove sono stato benissimo veduto, et alhora mi parse debita anday a visitare el reverendissimo monsignore de Pavia, dal quale humanissimamente fuy riceuto e veduto, et per la brevità del tempo del dì do, anchoy non ho visitato niuno altro. domatina andarò ad visitare la sanctità de nostro signore, et farò quanto vostra signoria me ha comisso, tra domane chi è sabato et domenica visitarò tuti l’altri signori cardinalli. Lunedì matina seguitarò el mio camino […]» (Roberto da Sanseverino an Francesco Sforza, 24. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45). In dem Schreiben, das Ottone del Carretto vier Tage später an Francesco Sforza sandte, heißt es zudem: «ma poy che è stato venuto, molto è stato honorato et ben veduto da la sanctità de nostro signore, da cardinali, dal capitaneo et da ogni persona, et inter cum primum nostro signore intesse sua venuta dal reverendissimo monsignore de Pavia diede ordine che la matina seguente, che fu a XXV de questo, andasse a sua presentia» (Ebd., sub die). Aus diesem Brief geht auch hervor, daß der herzogliche Verwandte früher als angekündigt eingetroffen war und daher die Empfangskomitees noch nicht bereit standen (Ebd.). 108 Auch Calixt III., den Roberto da Sanseverino am 25. Juni 1457 gemeinsam mit Giovanni di Castiglione und Ottone del Carretto aufsuchte und der die Einladung aussprach, Roberto möge doch am folgenden Tag mit dem päpstlichen Neffen speisen, begegnete dem herzoglichen Verwandten, wohl aus strategischen Erwägungen, mit großer Aufmerksamkeit [siehe hierzu die Berichte del Carrettos an Francesco Sforza vom 25. und 28. Juni 1457 sowie das Schreiben von Roberto da Sanseverino an den Herzog vom 28. Juni 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die)]. 109 «[…] et il lunedì monsignore de Pavia diede disnare ad esso signore Roberto et al capitaneo. La sera fu esso monsignore de Pavia et signore Roberto a cena a casa de monsignore de San Marco [= Pietro Barbo] et in effecto è stato summamente honorato et carezato da tutti […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 28. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 110 «De monsignore de Pavia non bisogna che aricorda a vostra signoria quanto gli sia afectionato et partexano, per il che accadendo vostra signoria faria bene ad satisfare alle rechieste de sua signoria […]» (Roberto da Sanseverino an Francesco Sforza, 28. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 111 Der Pontifex bat den Mailänder Herzog, wie wir aus der Korrespodenz zwischen Francesco Sforza und dessen Gesandten wissen, ebenfalls mehrfach, sich der Versorgung von Giovanni di Castiglione anzunehmen: «Alla parte che nostro signore vi dixe de provedere ad monsignore de Pavia et tenercelo affectionato, dicemo che […] lo volemo fare de bona voglia et così direte

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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Sforza.112 Auch der Kardinal von San Marco, Pietro Barbo, dessen Nähe der Kardinal von Pavia, wie bereits erwähnt, gesucht hatte, nutzte am 29. Juni 1457 ein Dankesschreiben, das er anläßlich der Erhebung seines eigenen Kandidaten zum Bischof von Alessandria abfaßte, um den Herzog zu ersuchen, Giovanni di Castiglione mit Benefizien zu versehen.113 Im Sommer dieses Jahres hatte der Kardinal von Pavia immerhin schon zwei kleinere Erfolge erzielen können: Zum einen hatte er seine Loyalität so überzeugend zur Schau gestellt, daß der Herzog seinen Gesandten anwies, unbedingt auf den Rat des Kardinals zu hören,114 und ferner anordnete, Ottone del Carretto solle nur diesem ein bestimmtes brisantes Schreiben zeigen.115 Zum anderen war insofern ein Fortschritt zu verzeichnen, als Francesco Sforza  –  auch wenn er, angeblich wegen der von ihm eingegangenen Verpflichtungen den Bürgern Tortonas gegenüber, nach wie vor noch nicht bereit war, Giovanni di Castiglione die etiamdio ad esso monsignore» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 13. Juli 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 112  Der Herzog ließ Giovanni di Castiglione (allerdings aber auch den meisten anderen Kardinälen) immerhin für die Freundlichkeit danken, mit der man dem herzoglichen Verwandten begegnet war: «[…] et così ringratiarete sum[m]amente monsignore de Sancto Marco et de Pavia et tutti li altri signori cardinali et prelati perché tutto quello che hano facto ad esso Roberto reputiamo facto ad la persona nostra propria» (Ebd.). 113  Das Schreiben von Pietro Barbo an Francesco Sforza vom 29. Juni 1457 findet sich in ASMi, Sf., PE, Roma  45, sub  die.  –  Zur Vergabe des Bistums Alessandria siehe oben Kap. IX Anm. 69. 114 So hieß es etwa in einer Instruktion Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 23. Juni 1457: «Del facto de Barbiano scrivemo assay diffuso al reverendissimo monsignore el cardinale de Pavia como vedereti, lassareti che sua signoria facia questa puncta, et s’el vi dirà che faciati circa ciò più una cosa che un’altra governatevi secundo el parere suo et così etiam in el facto de la sententia» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Der in dieser Instruktion erwähnte, an den Kardinal von Pavia gerichtete Brief stammt vom Vortag. Er fällt, was durchaus ungewöhnlich ist, viel detaillierter aus als die diesbezügliche für den Gesandten bestimmte Anweisung; so heißt es unter anderem: «[…] la preghiamo che li piacia adiutare questa cosa con nostro signore et intraponerli ogni vostra cura et auctorità che non ne sentiamo più affanno […]. et circa questo vostra reverendissima signoria vogli usare quelli remedii et modi che li parirano utili et necessarii che obtegniamo questa cosa» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Zur causa Barbiano siehe auch das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 26. Juli 1457 (I) und das Schreiben Giovanni Caimis an Francesco Sforza vom 15. August 1457 (Ebd., sub die). 115 In diesem herzoglichen Schreiben an Ottone del Carretto vom 23. Juni 1457, das von den Entwicklungen in Genua handelte, hatte Francesco Sforza sich kritisch über Alfons V. geäußert: «De le cose de Zenoa havemo littere da Zorgo de Annono, commissario ad Terdona (zu diesem siehe unten, Kap. XI Anm. 99), et da uno chiamato Angelo da Ranascheri, de le quale ve mandiamo la copia inclusa, monstraretile ad monsignore el cardinale et teneretile in voy perché non curamo ch’el se sapii che scriviamo cose siano in disfavore de la maiestà del re» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Auch als es um die „Entfernung“ des Bischofs von Parma aus seiner Diözese ging (siehe hierzu oben, Kap. V Anm. 248), bat der Mailänder Herzog seinen Gesandten hinsichtlich dieser Materie größte Diskretion walten zu lassen und lediglich den Ponitfex und Giovanni di Castiglione in dieses Projekt einzuweihen (siehe hierzu das mit „ss“ gekennzeichnete Schreiben des Mailänder Herzogs an Ottone del Carretto vom 22. Juli 1457 und das entsprechende an Giovanni di Castiglione gerichtete Schreiben vom selben Tag, ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die).

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IX. Die römischen Jahre

Abtei Rivalta zu überlassen116 – nicht mehr länger versuchte, diesen mit Ausreden hinzuhalten, sondern die Notwendigkeit sah, dem Kardinal eine Entschädigung bieten zu müssen. So stellte der Herzog ihm in Aussicht, er werde veranlassen, daß Begurri das Amt des Priors von San Matteo, das dieser bislang innegehabt habe und das 300 Dukaten einbringe, für ihn resignieren werde. Zudem bot Francesco Sforza dem Kardinal von Pavia an, er werde ihm so lange eine jährliche Pension von 300 Dukaten für Rivalta zahlen, bis man eine bessere Versorgung gefunden hätte. Überdies könne Giovanni di Castiglione – so eine weitere Offerte des Herzogs – die ebenfalls in Tortona gelegene Abtei San Martiano übernehmen, sobald diese frei werde, denn diese sei ohnehin viel ehrenwerter und einträglicher als diejenige von Rivalta.117 Mit all diesen Angeboten konnte der Herzog, der wohl zunächst davon überzeugt war, daß der Kardinal auf seine Vorschläge eingehen werde,118 Giovanni 116 «Respondendo ad quanto ne scrive la vostra reverendissima signoria per più sue lettere circa el facto de l’abbadia de Rivalta novamente vacata per la promotione del reverendo monsignore di Crivelli al vescovato de Novara, dicemo ch’el è debito et più che rasonevole che la signoria vostra sia proveduta in modo che possi vivere honoratamente et degnamente secundo el grado suo del cardinalato, et de questo ne siamo molto contenti et havemolo ad memoria et non ne siamo manco desyderosi che ley stessa, sì per l’honore nostro et de la patria como per l’amore et cordiale affectione che portiamo ad la prefata reverenda vostra signoria. Et in vero nuy vi compiaceressimo più che voluntieri de questa abbatia, se non fossero le preghere, l’instantie et continuy stimuli ne dano questi nostri citadini tertonesi, quali questi dì ne mandarono oratori ad suplicarne con grandissima instantia circa questo, et li oblighi havemo con quella comunità per questi beneficii, ne constringe etiamdio la promessa che li havemo facta, quale con nostro honore nullo pacto porriamo revocare […]» (Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 17. Juni 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 117 «[…] ma repensando assay fra nuy stessi quale forma potessimo dare ad questa materia che fosse con satisfactione de vostra signoria et anche senza malcontenteza de Tertonesi et de questo d. Iacomo di Beguri, priore de Santo Matheo, el ne è parso aconzarla in questo modo, cioè che vostra signoria se togle questo priorato che è d’intrata fiorini trecento et meglio et se reserva una pensione annuale de altri trecento fiorini su l’abbatia finché la signoria vostra serà proveduta de qualche altra meglior cosa, como è nostra intentione, et lassi dicta abbatia in titulo d’esso d. Iacomo; et vostra signoria vogli havere patientia et tuore questo pocho con bona voluntà sua et nostra benché siamo certi che questo non è quello che satisfacia al vostro bisogno et expectare la opportunità che vachi qualche altra bona cosa, donde se possi restaurare, avisandovi che fin adesso nuy siamo contenti et per questo vi dicemo che tutta volta che accada vacare l’abbatia de Sancto Martiano de Tortona la vostra signoria l’impetri et sia liberamente la vostra et la quale è molto più digna et più honorevele et de assay megliore intrata de questa» (Ebd.). 118 «[…] sì che, monsignore, nuy confortiamo et preghiamo et sconzuramo la prefata vostra reverendissima signoria che gli piacia acceptare questo partito […] perché ad nuy farà cosa gratissima et acceptissima et levarane grande caricho […] da le spalle, et anche se la consydera bene, et vene col tempo ad fare guadagno et avantazare el facto suo, non vogliamo essere più longhe per questa perché sapiamo che la signoria vostra non bisogna troppo preghere né exhortatione, ch’el[l]’è sapientissima et discretissima, neanche n’è parso scrivere ad nostro signore per vostro honore et nostro et perch’el facto de Sancto Martiano sii secreto, ma ne scrivemo ad misser Otho che sii con vostra signoria. Hormay adunque non expectiamo altro che votiva resposta et executione de quanto è dicto sopra, stringendo la vostra signoria quanto possemo che voglia interponere ogni soa opere alla expeditione delle bolle d’esso d. Iacomo como ne rendiamo certissimi farà» (Ebd.). – Daß er nun wohl alle, also auch den Kardinal von Pavia, zufriedengestellt

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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di Castiglione jedoch nicht locken. Sicherlich war der Prälat erleichtert darüber, daß Francesco Sforza nunmehr größeres Verständnis für sein Bedürfnis nach einer adäquaten Versorgung zeigte119 und auf diese Weise schon einmal eine „Verhandlungsmasse“ geschaffen worden war. Doch schienen ihm die Bedingungen noch nicht so attraktiv, als daß er diese hätte akzeptieren wollen. So gab er dem Herzog zu bedenken, daß der Papst, der um die Notwendigkeit seiner Versorgung wußte, ihn, nachdem er schon bereitwillig auf die Diözese Novara verzichtet habe, nicht noch länger habe vertrösten wollen und ihm daher, aus den Gründen, die Ottone del Carretto dem Herzog eigentlich hätte mitteilen sollen, die Abtei Rivalta zugewiesen habe. Selbst wenn Francesco Sforza sich durch ein Versprechen gegenüber Begurri gebunden fühle, dürfe er nicht übersehen, daß die Vergabe der Abtei durch Calixt III. an ihn, den aus der Lombardei stammenden Kardinal, ein päpstliches Bekenntnis der „Milde, der Liebe und der Wertschätzung“ gegenüber dem Mailänder Herzog gewesen sei. Daher dürfe man die Gefühle des Papstes nicht verletzen und dessen Autorität nicht dadurch untergraben, daß man von ihm die Rücknahme dieses Zugeständnisses verlange.120 Auch müsse der Herzog sich vor Augen führen, daß er seiner eigenen Autorität erheblich schade und seine Glaubwürdigkeit unterhöhle, wenn er sich an der Kurie, wo Francesco viele Gegner habe, die nach der kleinsten Schwäche Ausschau hielten, nicht offenhabe, schrieb der Herzog seinem Gesandten am 30. Juni 1457: «Nuy havemo mo compiaciuto ad ogniuno nel facto de questi beneficii, ad monsignore de Rohano [= Estouteville] nel facto de la commandaria de Parma […], havemo compiaciuto al reverendissimo monsignore de Sancto Marco [= Barbo] nel facto del vescovato de Alexandria, havemo satisfacto ad monsignore cardinale de Pavia de la pensione sulla abbatia de Rivalta […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 119 So bekundete der Kardinal von Pavia am 28. Juni 1457 auch seine Dankbarkeit ob des von Francesco Sforza gezeigten Verständnisses: «Havemo recevute le littere de la vostra illustrissima signoria, per le quale intendiamo quanto essa vostra signoria è desyderosa de la nostra provisione, como quella che per sua prudentia intende quanto ne habiamo bisogno, di questa vostra optima voluntà molto ringratiamo la vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 120 «Nientedemeno intendando la sanctità de nostro signore più chiaramente la nostra presente necessità non ha voluto […] differire, accadendo la opportunità piena d’ogni honestà et habiando nuy proceduto tanto liberalmente ne la expeditione del vescovato di Novara, vachando in corte l’abbadia di Rippalta, proprio motu ne l’a conferida per molti rispecti, li quali disse in nostra presentia a misser Otto. Non sapiamo se luy, como debito era, li habii explicati a la vostra signoria, la quale per le sue littere, benché (como ditto havemo) desyderi la nostra provisione, pure ne scrive voglamo per adesso stare contenti et lassare questa abbadia a quello priore […], alega la vostra signoria certi capituli fatti cum Terdonesi et la promessa fatta al dicto priore. Signore, ogni vostra voluntà n’è grata, et in tuto interpetramo le littera de la vostra signoria in bona parte, et sapemo bene che l’importunitade de li domandatori spesse volte precipitano le bone inclinatione de li principi, et non guardino tanto a conservare l’honore de signori quanto ad exequire li suoi appetiti, ma consideri la signoria vostra imprima l’auctorità et clementia de nostro signore, el quale cum tanta demonstratione d’amore inversò la vostra excellentia e tale quale è nostra persona. E chi intende quanto vaglano simele cosse vederà quanto sia honesto a preponerne una simele privata persona. Consideri anche la vostra signoria quanto honore gl’è instare presso nostro signore una tale rivocatione, la quale, quando il mondo fusse in tanta corruptella che solum si pensasse cum quanta ingnominia si tractarebela, essendo notissima a tuti cardinali et a questa corte, siamo certi che quello priore non il seria sufficiente a purgare questa macula […]» (Ebd.).

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kundig zu seinem Kardinal bekenne.121 Diesen beiden gewichtigen Argumenten ließ Giovanni di Castiglione noch eine Reihe weiterer Gründe folgen, etwa, daß der Herzog gegenüber Begurri zwar eine Zusage gegeben habe, daß jedoch bei genauer Betrachtung das Versprechen, ihn, Giovanni, im Falle einer Vakanz zu versorgen, älter und sein Anspruch auf die Abtei demzufolge berechtigter sei, oder auch, daß Rivalta, wenn es ihm nicht zugefallen wäre, gewiß einem anderen als Begurri zugesprochen worden wäre und der Herzog dann immer noch eine Versorgung für diesen hätte auftun müssen.122 Vielleicht sei er es ja nicht wert, daß der Herzog sich so für ihn einsetze, wie es der Kaiser, der König von Aragon und der König von Kastilien für ihre Kardinäle täten123 – so fuhr Giovanni di Castiglione fort –, doch verlange Francesco Sforza nun sogar von ihm, auf das zu verzichten, was ihm infolge seiner Bedürftigkeit zugeteilt worden sei.124 Die Vorschläge, die der Herzog ihm unterbreitet hätte, stellten keine Alternative für ihn dar: Zum einen fürchte er den Widerstand Begurris, sollte ihm das Priorat entzogen werden, zum anderen halte er es für unwahrscheinlich, daß man ihm die jährliche Pension von 300 Dukaten regelmäßig auszahlen könne. Auch sei der derzeitige Abt von San Marziano, Kardinal Fieschi, noch kerngesund und dächte gar nicht daran, aus dem Leben zu scheiden.125 Er bedauere es sehr – so schloß Giovanni di Castiglione –, daß er so viele Worte verlieren und seinem Herrn 121 «Consideri la signoria vostra la nostra presente necessità, in la quale al presente più tiene locho uno dinaro che al avenire non terrano molti, consideri la signoria vostra in questa corte, como per altre nostre havemo scripto, sono di più varie fo[r]ze che in corte del mondo, como serà interpetrato lo essere fra nuy duy diseptato; consideri anche la excellentia vostra quanto in fatti suoi seremo creduti, si a posta di ciaschaduno privato siamo postposti» (Ebd.). 122 «Al facto de capituli sapiamo bene quanto siano liciti et quanto si possino extendere in simele cosse, et per questo non ne faciamo altro caso. Le conditione de tempi fano fare di molte cosse, ma la ragione sempre è di sopra: Quanto a la promessa, questa è molto fresca per rispecto a la nostra, la quale si fu che de benefitii vacasseno in corte ne facessemo nostra diligentia. Et in vero signore crediteni che, si questa abbadia non fusse venuta ne le man nostre, andava in altro luocho. Epure anche vi rimaneva il caricho di qualche nostra provisione, a la quale quanto più presto la vostra excellentia darà executione serà più commendata et a nuy più grata et più commoda. E seremo contenti di mediocre provisione perché, como spesse volte havemo dicto, non siamo insatiabili» (Ebd.). 123 «Può essere che nuy non siamo digni et forsi non l’havemo meritato che la excellentia vostra facia cum nuy como fano li altri principi verso suoi cardinali. Lo imperatore ricomanda stretamente el cardinale fatto a sua instantia. El re di Ragona hogi ha scripto a nostro signore che senza altro rispecto né aspectare altra littera de la sua serenità vogla la sua sanctità accadendo provedere al cardinale di Napoli [= Rinaldo Piscicelli] per suo stato, el re de Ispania per lo suo cardinale Zamorrense [= Juan de Mella] […]» (Ebd.). 124 «E per nuy si scrive debiamo lassare quello n’è conferito per nostra necessità» (Ebd.). 125 «Quanto al facto del priorato non vorriamo al presente fare questa iniuria al priore di toglierli il suo priorato però che puoi havria casone di lamentarsi de fatti nostri. De la pensione de CCC fiorini sopra l’abbadia pocho satisfaria a nostri bisogni perché siamo certi che anche non pagharia tuto ad un tracto. Al fatto de l’abbadia di San Marchiano monsignore el cardinale di Zenova [= Giorgio Fieschi] dice che non è sua intentione anchora di morire, et interim el vostro cardinale staria pure a questo modo. Anche non è di tale conscientia che vogla vivere sotto tale speranza» (Ebd.).

IX.2 Bemühungen um die Abtei Rivalta

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Kummer zufügen habe müssen, dessen Ehre und Ruhm ihm in einem so starken Maße am Herzen lägen, doch sei es unerläßlich, daß er den Herzog bitte, ihm gegenüber eine andere Haltung einzunehmen und ihm die Inbesitznahme von Rivalta zu erlauben, dem er als ein guter Abt vorstehen werde.126 Vermutlich glaubte sich Giovanni di Castiglione Anfang Juli, als er den Herzog bat, ihm doch bald eine positive Antwort zuzusenden,127 seinem Erfolg schon recht nahe.128 Zwar stimmte der Herzog seinen Forderungen noch nicht offen zu, doch wies er sie auch nicht mehr direkt zurück. So kam das Thema Rivalta in der Korrespondenz, die in den nächsten Wochen zwischen Giovanni di Castiglione und dem Mailänder Herzog gewechselt wurde, nicht mehr zur Sprache, sieht man von einem kleinen Nebensatz in einem Brief vom 13. Juli 1457 ab.129 126  «Ne dispiace che habiamo a fare tante parole et instantie et a gravare la mente de la vostra signoria, per lo cui honore et gloria et exaltatione mettiamo a scotto de giorno et di nocte quanto ne ha datto l’altissimo dio. E se quelli che lo vedano et ne hanno chiara experientia referiscano il vero non bisogna laboriamo per darlo ad intendere a la excellentia vostra. Di questa nostra immobile dispositio gli sono idonei testimonii et ben grandi. Preghiamo la signoria vostra si degni altrimenti portarsi cum nuy, et in parte dimostrare che siamo vostri e per tal modo che chiascaduno l’intenda. Nuy havemo mandate le bolle nostre. Preghiamo la vostra excellentia che non ne impedisca la possessione, vederano quelli citadini che havrano uno bono abbate, et che non mancharemo de niente al governo de l’abbadia tanto nel spirituale quanto nel temporale. E siamo certi che non siamo tanto mal voluti in quella cità di Terdona che quando si buttassero le ballotte a fare uno abbate […]» (Ebd.). 127 «Signore, aspetiamo che la signoria vostra ne facia risposta circa il facto de l’abbadia et tale che la possiamo monstrare dovi serà bisogno, et meritamente si possa indicare l’amore et affectione ne porta la excellencia vostra et anche del nostro servire ne portiamo premio, maxime dimonstrando la vostra signoria che non ne vogla postponere ad una privata persona» (Zusatz des Giovanni di Castiglione, wohl zu einem am 5. Juli 1457 an Francesco Sforza gerichteten Schreiben, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 128 Wenn Giovanni di Castiglione im Laufe dieses Monats – trotz des von Francesco Sforza bekundeten Unwillens – begann, im verstärkten Umfang vakante Pfründen in Pavia seinen eigenen Leuten zuzuführen, und wenn er, selbst nachdem der Herzog bereits signalisisert hatte, daß er diese Entscheidungen nicht abzusegnen bereit sei, noch längere Zeit auf diesen Zuweisungen beharrte, so hoffte er vermutlich, wenn er schließlich von diesen abließ, dies so darstellen zu können, als hätte dieses Einlenken für ihn ein großes Opfer bedeutet – und dieses erbrachte „Opfer“ wiederum, so hätte er wohl angedeutet, verlangte nach einer gewissen Entschädigung (die etwa im Hinblick auf Rivalta hätte erbracht werden können). – Zum herzoglichen Unwillen über Giovannis Praxis siehe die Schreiben, die Francesco Sforza am 26. Juli 1457 an Ottone del Carretto und an Giovanni di Castiglione richtete (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die); zum Streit über die Vergabe der in Bassignana (in der Diözese Pavia) gelegenen Propstei von San Giovanni Battista siehe das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 29. Juli 1457, die des Herzogs an Ottone del Carretto vom 13. Juli, 13. August und 3./7. September 1457 und den Brief Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 5. August 1457 (Ebd., sub die); zur Erklärung des Verzichts auf eine Pfründe von Giovannis Sekretär Stefano de Robeiis zugunsten des herzoglichen Kandidaten Cicco Simonetta siehe das Schreiben des Kardinals von Pavia an den Herzog vom 18. Juli 1457, die Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 5. und 16.  August  1457 sowie dessen Schreiben an seinen Gesandten vom 27.  August  1457 (Ebd., sub die). 129 In diesem dankte der Prälat dem Herzog für die positive Antwort im Hinblick auf Rivalta, die dieser der Familie Castiglione gegeben habe, und verwies darauf, daß er Francesco Sforza

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IX. Die römischen Jahre

IX.3 „… verzeihen Sie, daß ich immer dasselbe Lied singe“130 – Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta Ende Juli schien es Giovanni di Castiglione, der im Laufe dieses Monats durch sehr verdienstvolles Verhalten die Dankbarkeit des Herrschers zu erwerben gesucht hatte,131 sinnvoll, den Fall Rivalta gegenüber dem herzoglichen Gesandten erneut zur Sprache zu bringen und zu betonen, daß der Herzog lieber jetzt als später Abhilfe schaffen und „für ein Heilmittel sorgen solle“.132 Auch Kardinal die entsprechenden Bullen schon vor einiger Zeit zugesandt habe: «[…] quanto a quella di Rippalta ringratiamo la excellentia vostra de la bona risposta data a nostri. Nuy già più giorni havemo mandate le bolle» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Ansonsten beherrschten neben den klassischen Untertänigkeitsbekundungen die üblichen Themen Giovanni di Castigliones Korrespondenz des Monats: etwa der Fortgang (bzw. die Stagnation) der Verhandlungen um den Kreuzzugszehnten, die Vorbehalte des Papstes bezüglich der Entsendung herzoglicher Truppen nach Bologna, die Aktionen der Türken und des Söldnerführers Giacomo Piccinino, der Verlauf der Streitigkeiten zwischen den Colonna und den Orsini, besondere Missionen der Mitglieder der Kurie, die Vorfälle im Reich und in Ungarn, Todesfälle wichtiger Personen aus dem Umfeld des Papstes, das Engagement für herzogliche Kandidaten bei der Vergabe von Benefizien usw. – Siehe hierzu die Schreiben, die Giovanni di Castiglione am 5., 13., 18., 22. und 26. Juli 1457 an Francesco Sforza sandte, und die Briefe, die Ottone del Carretto am 5., 9., 12., 22. und 26. Juli 1457 an den Mailänder Herzog schickte, sowie die Schreiben, die Francesco Sforza am 13. und am 29. Juli 1457 an Ottone del Carretto richtete (Ebd., sub die). 130 «perdoneme la excellentia vostra se continuamente canto questo verso» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. Dezember 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46 (dort fälschlicherweise eingeordnet unter dem Datum des 10. Dezember 1457)]. – Zu diesem Zitat siehe auch unten, Kap. IX Anm. 291. 131 So setzte er sich – dem herzoglichen Wunsch gemäß – dafür ein, den Bischof von Parma aus dessen Diözese „entfernen“ zu lassen und die Translation des von Francesco Sforza seinerseits sehr geschätzten und erst kurz vorher in den herzoglichen Rat aufgenommenen Bischofs von Modena in die Diözese Parma zu bewerkstelligen [zu diesem Projekt siehe die Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 22. Juli 1457 (mit „ss“ gekennzeichnet) sowie vom 13. und 28. September 1457; das Schreiben Francesco Sforzas an Calixt III. vom 23. Juli 1457 sowie die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 9. August 1457 (chiffriert), vom 26. September 1457 und vom 27. Oktober 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45/46, sub die)]. Desgleichen bemühte Giovanni di Castiglione sich, in dem Konflikt um die Abtei Breme vermittelnd einzugreifen, die ja der päpstliche Neffe, Luis Juan de Mila, der Legat von Bologna, für sich beanspruchte, die der Herzog jedoch – auf Wunsch von seiner Gemahlin Bianca Maria und von deren einflußreichem Verwandten, Pietro Visconti – an Baldassar di Sacchi zu übertragen beabsichtigte. Von den großen vom Kardinal von Pavia in dieser Hinsicht unternommenen Bemühungen berichtete Ottone del Carretto seinem Herrn am 5. August 1457 [«il reverendissimo monsignore de Pavia temptase più oltra» (Ebd., sub die)]. – Zu diesem Thema siehe auch das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 13. Juli 1457, die Briefe des Ottone del Carretto an den Herzog vom 9., 12. und 26.  Juli  1457 sowie die Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 13. Juli 1457 (mit „ss“ gekennzeichnet) und vom 26. Juli 1457 (Ebd., sub die). 132 «[…] licet li parea honore suo obtenere libere questa abbatia, pur esso monsignore de Pavia monstra mecho che malvolentieri lo fecesse. Quicquid sit vacando altro sua reverendissima signoria delibera ancora de impetrare et così più volte me ha ditto, per tanto ho vogliuto vostra excellencia sia avisata perché quando essa deliberasse compiacerli de questa, sì che per alchun dì havesse pacientia de altre vacante, seria bene forse che vostra excellencia gli lo feccesse intendere

IX.3 Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta

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Estouteville, seinen langjährigen Verbündeten, der ja zuweilen – wie auch der Kardinal von San Marco – als Fürsprecher des Herzogs an der Kurie auftrat,133 hatte Giovanni di Castiglione wohl ersucht, die causa Rivalta in einer Unterredung mit Ottone del Carretto zu thematisieren.134 Als am 2.  August  1457 der herzogliche Gesandte Giovanni Caimi in Rom eingetroffen war und sich daraufhin zu Giovanni di Castiglione begeben hatte,135 dürfte der Gesandte dem Kardinal, mit dem er seit jeher in gutem Einvernehmen stand, bedeutet haben, daß der Herzog nicht bereit sei, ihm mehr als die besagte Pension zuzugestehen. Daraufhin variierte Giovanni di Castiglione seine Taktik ein wenig: Solange sich Caimi an der Kurie aufhielt, nahm er von der Praxis, Erzählenswertes zu berichten, Abstand.136 Wenn er hierauf vorübergehend verzichtete, so wird dies nicht allein damit zusammenhängen, daß es, nachdem der eine herzogliche Kurier erkrankt und dem anderen herzoglichen Boten in der Nähe von Viterbo das Pferd gestohlen worden war,137 schwierig geworden war, perché meglio se li daria rimedio anti che poy, et sua reverendissima signoria come quella ch’io intendo a vostra excellencia obsequentissima non farà più oltra come essa voglia, credo, in questo et in le altre cose» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 133 Dies wird beispielsweise auch darin ersichtlich, daß Francesco Sforza seinen Gesandten am 10. Juli 1457 ersuchte, gerade diese beiden sowie Giovanni di Castiglione zu kontaktieren, als es um die Ernennung des Magisters Roberto da Leccio zum Vikar ging (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub  die); zu diesem Thema siehe auch das Schreiben des Herzogs an seinen Gesandten vom 14. Juli 1457 sowie dasjenige, das Ottone del Carretto am 23. Juli 1457 an seinen Herrn sandte (Ebd., sub die). – Seinerseits hatte Giovanni di Castiglione eben Guillaume d’Estouteville und Pietro Barbo gebeten, ihn zu unterstützen, als er die Abtei Breme für den herzoglichen Kandidaten gegen den päpstlichen Neffen sichern wollte: «Secundo la voluntà de vostra signoria havemo fatta instantia de l’abbadia di Bremide. E per puotere meglo adoperare havemo conducti cum nuy li reverendissimi monsignori Rotthomagense [et] San Marco» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 21. August 1457, ebd.). 134 Daß Estouteville gegenüber Ottone del Carretto das Thema Rivalta anklingen ließ, weiß man aus dem Schreiben, das der herzogliche Gesandte am 26. Juli 1457 an Francesco Sforza schickte: «Perché vostra excellencia meglio possi deliberare in agendis, secondo mi disse pochi dì fa il reverendissimo monsignore de Rohano, monsignore de Pavia fazando instantia, vostra excellencia se reducerà a torre quella pensione su l’abbadia de Ripalta […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (II)]. 135 «[…] m’è parso scrivere questa come il secundo dì de questo rivay qui […] et per quel dì non potimo fare altro che visitare lo reverendissimo cardinale de Pavia et messer Otto et dirgli la racon di nostra venuta» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 4. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Daß Giovanni Caimi am 2. August 1457 eingetroffen war, bestätigte auch Ottone del Carretto dem Herzog in seinem Schreiben vom 5. August 1457 (Ebd., sub die). 136 Die einzigen beiden Nachrichten, die der Kardinal von Pavia im Stile des Vormonats in der zweiten Augusthälfte (am 21. August 1457) Francesco Sforza zukommen ließ, betreffen die Ernennung des päpstlichen Neffen Pier Luigi Borgia zum Präfekten von Rom sowie den Einfall der Türken in Albanien und den damit verbundenen Rückzug Skanderbegs (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 137 «Trovandosi duy de li cavalari de questa posta a Napoli, de quali l’uno è infermo là et l’altro che era qua, ritrovandosi essere venuto pochi dì fa con altre lettere verso Viterbio et ancora non è tornato perché in la tornata deve cerchare de rehavere il suo cavalo, qual pochi dì fa li fu rob-

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IX. Die römischen Jahre

Nachrichten zu versenden – immerhin stellte dies auch für Ottone del Carretto kein wirkliches Hindernis dar, weiterhin seine ausführlichen Berichte anzufertigen.138 Da der Kardinal, der durch seine Kooperation mit Ottone del Carretto und Giovanni Caimi eng in die herzoglichen Belange involviert blieb,139 jedoch temporär nur Schreiben verfaßte, die sich ausschließlich um die Abtei Rivalta bzw. um seine Versorgung drehten, ist man geneigt anzunehmen, er habe für die Zeit, in der sich Giovanni Caimi an der Kurie aufhielt, eine bessere Möglichkeit aufgetan, für sich zu werben, als sie die eigenen Darstellungen boten: So setzte der Kardinal – solange Giovanni Caimi in Rom weilte – darauf, daß dieser von seinem Engagement äußerst lobend berichten würde, was dieser dann auch tatsächlich tat.140 Zudem änderte Giovanni di Castiglione – dieser Eindruck sollte zumindest nach außen entstehen – mit dem Eintreffen des herzoglichen Gesandten Caimi seine Haltung hinsichtlich der Abtei Rivalta. Offensichtlich traf er, bevor er dem Herzog diese neue Position bekannt gab, mit diesem Gesandten ein geheimes Arrangement, wie er es mit Ottone del Carretto, der ihm bei aller Zusammenarbeit stets etwas fremd blieb, wohl nie hätte abschließen können: So erklärte sich der Kardinal  –  der Giovanni Caimi sehr lobte und betonte, wohl kaum bato, son più tardo in scrivere per non havere messo» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 138 Siehe etwa die Schreiben Ottone del Carrettos an den Mailänder Herzog vom 1. und 5. August 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45). 139 So konferierte Ottone del Carretto, nachdem er von Domenico Capranica ganz im Geheimen Neues über die Pläne des nun den Bund mit dem päpstlichen Neffen suchenden Giacomo Piccinino erfahren hatte, mit Giovanni di Castiglione über dieses Thema (siehe hierzu das chiffrierte Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 1. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). Und wenige Tage später, als Ottone del Carretto und Giovanni Caimi den Papst aufsuchten, war Giovanni di Castiglione ebenfalls anwesend (siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 5. August 1457, ebd., sub die). 140 Bereits zwei Tage nach seiner Ankunft äußerte sich Caimi sehr positiv über Giovanni di Castiglione, der versprochen hatte, eine Unterredung beim Papst zu arrangieren, um – nachdem bei der älteren Tochter des Markgrafen von Mantua, die den Sohn des Mailänder Herzogs hatte heiraten sollen, eine erbliche Deformation der Wirbelsäule festgestellt worden war – bei Calixt  III. einen Dispens sowie dessen Zustimmung zur Heirat Galeazzo Maria Sforzas mit der jüngeren Tochter des Markgrafen von Mantua zu erwirken. Giovanni Caimi hatte diesen Dispens bereits selbst durchzusetzen gesucht, doch hatte sich der Pontifex diesbezüglich sehr zurückhaltend gegeben (siehe hierzu das Schreiben Giovanni Caimis an Francesco Sforza vom 4.  August  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  45). Giovanni di Castiglione  –  so heißt es zudem in einem weiteren Schreiben Caimis vom 9. August 1457 an die Herzogin, in dem der Gesandte die besondere Ergebenheit des Kardinals herausstellte – habe nicht nur sogleich eingegriffen, als es ihm selbst wegen der Festlichkeiten und der anschließenden Krankheit des Papstes nicht mehr möglich gewesen sei, Audienzen zu erhalten, sondern er habe die Eheverhandlungen auch zu einem guten Ende führen können (Ebd., sub die). Von dem offenbar am Abend des 9. August 1457 errungenen Erfolg setzte Giovanni Caimi den Herzog sogleich in Kenntnis (Ebd., sub die); vgl. das Schreiben Ottone del Carrettos vom selben Tag (Ebd., sub die). – Darauf, daß die Verhandlungen über die Heirat zur Zufriedenheit aller verlaufen waren, verwies der Kardinal indes selbst erst wesentlich später, am 21. August 1457, in seinem Schreiben an Francesco Sforza (Ebd., sub die).

IX.3 Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta

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ein anderer hätte ihm je dieses Zugeständnis abringen können141 – unter zwei Prämissen142 bereit, das herzogliche Angebot anzunehmen und von der Abtei Rivalta gegen eine jährliche Zahlung von 1.000 Florenen abzulassen, die einmal unverzüglich und ab dem Folgejahr in zwei gleichen Teilen zu Sankt Michael und zu Ostern zu entrichten sein sollte.143 Zum ersten müsse er vor einer Verzichtserklärung die Abtei erst offiziell vom Herzog zugewiesen bekommen144 (somit wäre Giovanni di Castiglione, zumindest nach außen hin, als der eigentliche Gewinner des Handels erschienen, der, nachdem er sich durchgesetzt hatte, großmütig nachgab). Zum zweiten wünsche er, daß niemand außer ihm, dem Herzog und Giovanni Caimi, insbesondere nicht Ottone del Carretto, von dieser Übereinkunft in Kenntnis gesetzt werde145 (was ihn letztendlich nach außen hin noch stärker als den Sieger erscheinen ließ). – Klug war es von Giovanni di Castiglione gewiß auch, daß er in seinem sehr unterwürfig abgefaßten Schreiben an Francesco Sforza vom 10. August 1457 den Eindruck zu erwecken vermochte, als müsse der Herzog, nachdem er ihm schon so weit entgegengekommen sei, zumindest diese beiden kleinen Zugeständnisse machen.146 141 «[…] et subito quella havuta, resignarò segondo la mente de vostra excellentia con quella pensione et conditione me haviti mandato a dire per lo ditto Iohanne Caymo, el qualle ho voluto in questo honorare, non so se altri li fusseno parvenuti» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 10. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 142 «ma vole doe gratie da vostra excellencia» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 9. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 143 «Cum el prefato nostro monsignore de Pavia ho conza la cosa de l’abatia de Rippalta de Terdona in quel modo me comunicasse vostra signoria, cioè la soa signoria habia mille fiorini de nostra moneta l’anno de apensione, comenzando havere de presente milli fiorini per li fructi presenti, et deinde anuatim 1000 fiorini da essere pagati in duy termini, l’uno ad San Michele [29. September] per la mità e l’altro a la pascha per l’altra mittà […]» (Ebd.). 144 «[…] l’una, che quella faccia mettere a la possessione de la dicta abatia el suo factore ch’el a in quelle parte per honore de la signoria vostra et per suo perché vole monstrare che la vostra signoria gli ha compiacciuto volentere et che luy lo simile compiaccia ad quella […]» (Ebd.). 145 «L’altra gratia è ch’el prega […] vostra signoria faccia tenere questa cosa secrettissima, et così m’a dato sacramento che non ne participi né cum d. Otto specialiter, né cum persona che sia, se non cum la signoria vostra» (Ebd.). – In der Tat schien Ottone del Carretto nichts von diesen Vorgängen zu ahnen, denn sonst hätte er kaum dem Herzog am 9. August 1457 bedeutet, daß der Kardinal von Pavia auch gegenüber Giovanni Caimi in Bezug auf Rivalta hart und unnachgiebig bleiben werde: «Monsignore de Pavia pare staghi duro con Iohanne Caymo in non volere lassare l’abbatia de Ripalta […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 146 «Ho inteso quanto me ha exponuto Iohanne Caymo ciercha el fato de l’abbadia de Rippalta, vedo che la signoria vostra pocho a ponderato le raysone et respecti, li qualli pienamente scrisse a dì XXVII Iunii, li qualli meritamente deveveno movere la excellentia vostra a compiacerme; me despiace che non trovo altro favore et recommendatione, et questo non l’o inciputo a la bonitate vostra, ma a la mya desgratia. Ben cognosco che non sono da tanto che la excellentia vostra debia haverme respecto, degna cosa è compiacere a quilli che pono più di mi, et io lo porto como debito e patientemente, una volta me sono offerto ad stare a li vostri commandamenti, non m’è licito né voglio resigliri, et sono contento che ogniuno me sia preferido, et steino alegre, et se possono avantare in sale et in camere havere obtenuto el campo, prego la signoria vostra per non me confundere in tutto se degna lassarme havere la possessione, et subito quella havuta resignarò

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IX. Die römischen Jahre

Francesco Sforza, der selber andere zu täuschen verstand,147 aber seinerseits von Giovanni di Castiglione schon so manches Mal überlistet worden war,148 traute diesem Angebot jedoch nicht oder wollte sich zumindest nicht darauf einlassen. Gewiß hatte Giovanni Caimi die Zweifel des Herzogs mit der Zusicherung zu zerstreuen gesucht, Giovanni di Castiglione würde die ersten 1.000  Florenen der jährlichen Pension, die er nur so lange beziehen werde, bis die in Tortona liegende Abtei San Marziano vakant werde, von ihm in Form von Wechselbriefen erst erhalten, nachdem er seinen Verzicht offiziell erklärt habe.149 Doch mochte gerade die enge Koppelung dieses Vorhabens an Giovanni Caimi ein weiterer Schachzug des Kardinals sein; denn Giovanni Caimi plante, zu dem Zeitpunkt, als er und Giovanni di Castiglione ihre Schreiben anfertigten, nur noch zwei Wochen in Rom zu sein, das er wegen der „mörderischen Kälte“ [!] alsbald verlassen wollte.150 Eine Ausführung dieses Projekts mußte also entweder sehr bald erfolgen oder würde hinfällig werden, was allein schon aufgrund der Zeitspanne, die für die Hin‑ und Rückbeförderung der Botschaften verstreichen würde, nicht ganz unwahrscheinlich war. Am 15. August 1457, fünf Tage bevor Caimi die Stadt verlassen wollte, nahm dieser erneut auf sein vorheriges Schreiben Bezug und riet dem Herzog, das Geld, auf dessen Ankunft man nun warte, falls er nicht mehr in Rom sei, dem Vertreter des herzoglichen Kandidaten für die Abtei von Rivalta zu geben.151 Ob dieses Geld dann an Giovanni di Castiglione segondo la mente de vostra excellentia con quella pensione et conditione me haviti mandato a dire per lo ditto Iohanne Caymo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 147 So teilte Francesco Sforza etwa Giovanni di Castiglione am 28. Oktober 1457 mit, daß er die Herzogin und alle anderen „an der Nase herumgeführt habe“, indem er sie nach Lodi beordert und dort auf ihn warten gelassen habe, während er sich heimlich und zu aller Überraschung nach Mantua zum erkrankten Markgrafen begeben habe (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). Es ist bezeichnend – und mag in gewisser Hinsicht eine Art Warnung gewesen sein, ihn nicht zu unterschätzen –, daß der Mailänder Herzog nur Giovanni di Castiglione gegenüber diese Finte näher ausführte, während er in dem entsprechenden Schreiben an Ottone del Carretto vom 28. Oktober 1457 die äußeren Umstände nicht schilderte und lediglich andeutete, daß er den Markgrafen aufgesucht habe (Ebd., sub die). 148 Giovanni di Castiglione hatte den Herzog etwa in einer vergleichbaren Situation dadurch überlistet, daß er das Bistum Pavia  –  nachdem er einmal dorthin versetzt und vom Herzog anerkannt worden war – nicht, wie zuvor vereinbart, durch eine weitere Translation geräumt hatte (siehe hierzu oben, Kap. V Anm. 237). 149 In diesem Sinne schrieb Giovanni Caimi an Francesco Sforza am 9. August 1457: «[…] et che metuto sia a la possessione el suo factore se mandi qui per lettere de cambio in mie mane li 1000 fiorini, li quali non li farò dare fin a tanto non l’abia facta la renuntia et ch’el sia signata la supplicatione in nome del priore et se offere ad adiutare ad favore la cosa per la apensione ch’el haverà, la quale apensione se intenda fin a tanto gli sia proveduto de l’abadia de Sancto Martiano de Terdona, e poy la lassa» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 150 «La soa signoria scrive ad plenum ad vostra excellencia sopra ciò, la quale cum summa divotione prego humilmente se degni far fare tale et così presta provisione ad questo facto che io non habia ad fare dimora più che XV dì, che me morirò de fredo s’el tempo perseverà come l’ha cominzato da IIII° dì in za, che è facto grandissimo fredo» (Ebd.). 151 «Cum lo reverendissimo monsignore de Pavia ho facto come per un’altra mia ho scripto, son certo vostra excellentia ha inteso etiam per le sue lettere non se aspecta altro che la risposta

IX.3 Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta

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ausgehändigt werden oder letztendlich nur die „Entschädigung“ für den Prior sein sollte, wird dabei freilich nicht deutlich artikuliert. Doch stellte sich diese Frage dann letztlich auch nicht, weil der Herzog ohnehin nicht auf diesen Vorschlag einging. Er beharrte nach wie vor darauf, Giovanni di Castiglione solle sich vorerst mit der besagten Pension zufriedengeben und könne dann, wenn die einträgliche Abtei San Marziano frei werde, diese übernehmen.152 Der Kardinal versuchte daraufhin, einmal mehr zu suggerieren, daß er dem Herzog bei der Erledigung von dessen Angelegenheiten nur größere Reputation einbringen könne, wenn sich der Herzog seinerseits bereit zeige, das Ansehen des Prälaten zu vergrößern. Des weiteren deutete er an, an der Kurie munkele man bereits, der Herzog würde seinen Kardinal nicht angemessen versorgen.153 Auch tat er nun seinerseits Interesse an der in Parma gelegenen Abtei San Martino kund, die gerade vakant geworden war.154 Da er wohl von Giovanni Caimi wußte, daß der Herzog auch für diese einen Kandidaten hatte, handelte es sich hierbei vermutlich um eine Finte, derart wie der Kardinal sie einst beim Erwerb des Bistums Pavia eingesetzt hatte. Damals hatte er – in dem Wissen, daß Francesco Sforza seinen Bruder Gabriele in Mailand zu plazieren gedachte – dem Herzog signalisiert, wenn er, Giovanni, nicht Pavia erhalten könne, dann wolle er sich eben mit Mailand zufriedengeben, was auch der Pontifex begrüßen werde.155 Hatte er zu jener Zeit – zu Recht – darauf spekuliert, daß der Herzog, vor die Wahl gestellt, seinem Bruder das Erzbistum absprechen zu müssen oder Giovanni di Castiglione als Bischof von Pavia anzuerkennen, letzteres als das kleinere Übel wählen werde, so hoffte er wohl dieses Mal, daß Francesco Sforza ebenfalls seine Einstellung überdenken werde, wenn er, Giovanni, verlauten ließe, daß

cum li denari, li quali, se non me trovo qui […] perché spero serò expedito, a li XX vel circa di questo me partirò, siano dati ad quello preyte ch’è in questa terra per quello priore che ha ad essere abbate de Ripalta, et così ho dato l’ordine cum luy et informatolo de quanto l’haverà ad fare» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 152 «Al facto della pensione su la abbatia de Ripalta, como per più altre ve havimo scritto, operareti con monsignore el cardinale ch’el togli quella pensione, la quale ne pare bona et honorevele per lo presente fino a tanto che accada vacare quella de Sancto Martiano che non andarà molto alla longa, et poy lassare dicta pensione et tore quella altra de Sancto Marciano, la quale è de rendita presso che firini doamilia secundo ne è referito, et provedete con soa signoria in modo che hormay non habiamo più fatica de scrivervi per questa casone» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 11. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 153 «[…] è necessario che vostra signoria habia quelli rispecti che si richiedeno in simel cosse, et non seguire in tuto li appetiti d’altri et inanze a tante promesse havere memoria del vostro cardinale, el quale ne le cosse vostre haverà tanta reputatione quanta vuy gli dariti. E volesse idio che la excellentia vostra li havesse altrimente pensato, non seriano quelle parole [in] questa corte oldiamo, voglamo o non» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 21. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 154 «È vachata l’abbadia di San Martino da [Pa]rma, pensavamo che sotto la bona speranza data del tempo a venire la signoria vostra si [rico]rdassi de fatti nostri […]» (Ebd.). 155 Siehe hierzu oben, Kap. V Anm. 222.

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IX. Die römischen Jahre

ihn Guillaume d’Estouteville und der Kardinal von San Marco beim Erhalt der Abtei San Martino unterstützen würden.156 Bei seinen Kalkulationen hatte Giovanni di Castiglione jedoch seine Rechnung ohne Ottone del Carretto gemacht, der – nachdem sein Engagement und seine Redlichkeit erst kürzlich in Frage gestellt worden waren157 – nun das gute Einvernehmen, das zwischen seinem Kollegen Giovanni Caimi und dem Kardinal von Pavia bestand, mißtrauisch beobachtete. Argwöhnisch verfolgte Ottone del Carretto, wie der Kardinal von Pavia seinem Kollegen zu einem Zeitpunkt, als Audienzen schwer zu erlangen waren,158 mit großen Mühen zu einer Unterredung mit dem Pontifex verhalf.159 Auch wird Ottone del Carretto sich in seinem Mißtrauen bestärkt gefühlt haben, als er sah, daß Giovanni di Castiglione seinem Kollegen Ratschläge gab, wie er herzogliche Anliegen dem Papst wirkungsvoll präsentieren könne.160 Das sichtbare Einvernehmen, das sich zwischen beiden 156 «Il reverendissimo monsignore de Pavia, havendo seco monsignori de Roan [= Estouteville] et de San Marco [= Barbo], fecce instantia per havere la expeditione de quella de Parma, dicendo seria facilius poy indurre vostra excellencia a lasar al legato [= Luis Juan de Mila] quella de Breme […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 20.  August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 157 Siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 33. Ottone del Carretto war zudem beschuldigt worden, bei der Vergabe von Benefizien Geld in die eigene Tasche gesteckt zu haben – ein Vorwurf, der im übrigen auch früher gegen Nicodemo Tranchedini und Giacomo Calcaterra erhoben worden war und sogar zur Abberufung Tranchedinis aus Rom geführt hatte (siehe hierzu das Schreiben des Cicco Simonetta an Ottone del Carretto vom 10. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 158 So heißt es hinsichtlich der Schwierigkeit, Audienzen zu erlangen, in Ottone del Carrettos Schreiben vom 9. August 1457: «Per le rarissime audientie che dà nostro signore, sì per il tempo caldo, sì per le turbatione de questi sospetti, sì ancora perché da tre dì in qua ha havuto doglia nel genochio, non se spaza cosa alcuna […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Ähnlich lautete auch der Tenor des Briefes, den Giovanni Caimi an eben diesem Tag an den Mailänder Herzog sandte: «Fin’a questo dì Bartolomeo Bonato [= der mantuanische Gesandte] né mi, nec etiam d. Otto, da la prima visitatione in fora, dal sancto padre non habiamo poduto havere audientia, sì per le occupatione ha havute soa sanctità per far celebrare la festa de la transfiguratione [6. August], sì etiam perché ’l è stato et è nel lecto cum le doglie in li genochii che dio voglia lo mandino nel sancto paradixo» (Ebd., sub die). 159 Über diese Audienz berichtete Giovanni Caimi dem Herzog am 13. August 1457: «Questa sera cum grande difficultà, mediante la via del nostro reverendissimo monsignore cardinale de Pavia, ho havuto l’audientia secunda dal sancto padre, presente esso prefato monsignore e d. Otto, perché neanche luy più tosto l’ha poduta havere […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Bereits am 9. August 1457 hatte Ottone del Carretto seinem Herrn gegenüber erwähnt, daß sich Giovanni di Castiglione sehr um das Erlangen einer Audienz für Giovanni Caimi bemühe: «[…] non ha ancora possuto havere audientia Iohanne Caymo, licet il reverendissimo monsignore de Pavia se sia adoperato quanto li sia statto possibile, ma per li respetti preditti non s’è possuto» (Ebd., sub die). – Wie sehr er auf die Audienz mit Giovanni di Castiglione beim Pontifex warte, hatte Giovanni Caimi schon am 9. August 1457 in einem Schreiben an Francesco Sforza hervorgehoben, in dem er sich zugleich sehr erstaunt zeigte, daß der Papst aufgrund seines Unwohlseins noch nicht einmal die Kardinäle vorgelassen habe, wo doch der Herzog, selbst wenn er krank sei, seine Gesandten zu empfangen pflege (Ebd., sub die). 160 Daß er dem Papst die Ansichten Francesco Sforzas über die Stationierung herzoglicher Truppen in Bologna und in Siena zum Schutze gegen den Sölnderführer Giacomo Piccinino auf die Weise vorgetragen habe, zu der ihm Giovanni di Castiglione – und auch Enea Silvio Picco-

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zeigte, hatte somit zur Folge, daß sich das Verhältnis zwischen dem Kardinal von Pavia und Ottone del Carretto verschlechterte. So riet letzterer dem Herzog am 16. August 1457 davon ab, Giovanni di Castiglione weiterhin in die Benefizienvergabe einzubinden, weil dieser – im Kleinen wie im Großen – zuweilen, zu seinem eigenen Wohle wie auch zu Gunsten der Seinen, von den herzoglichen Wünschen abzuweichen pflege.161 In anderen Dingen wäre es jedoch sinnvoll, sich weiterhin auf Giovanni di Castiglione zu stützen, weil dieser dem Herzog sehr ergeben sei und vom Papst und den Kardinälen sehr geschätzt werde. Zudem würde Giovanni di Castiglione einen vollkommenen Vertrauensentzug schlecht aufnehmen, und in diesem Falle sei damit zu rechnen, daß der Kardinal ihn fortan bei seiner Tätigkeit zu behindern suche.162 Die Vergabe der Abtei San Martino wollte Ottone del Carretto denn auch hinter Giovanni di Castigliones Rücken aushandeln.163 Dieses Unterfangen scheiterte jedoch letztlich daran, daß der Papst zu dieser Zeit kaum Audienzen gewährte und die Kardinäle von Rouen und San Marco, die Calixt III. häufiger aufsuchten und die der Gesandte diesbezüglich um Hilfe gebeten hatte, es ablehnten, ihn bei diesem Vorhaben zu unterstützen, nachdem sie gehört hatten, daß ein solches Engagement Giovanni di Castiglione, der selbst Interesse an dieser Abtei zeigte, zum Schaden gereichen würde.164 lomini – geraten hätten, teilte Giovanni Caimi seinem Herrn am 13. August 1457 mit: «[…] a la cui sanctità, dapoy le debite recomendatione per parte de vostra excellentia facte, gli explicay el facto de Bologna in quel modo ad unguem quella me ha comisso, adiungendoli alchun’altre parole quale m’avea ricordato et consigliato prefato monsignore ch’io dovesse dire […]. Item gli recomenday li facti de Sena in quello modo che era parso a li reverendissimi cardinali de Pavia et de Siena et così ad d. Otto, ricordandogli li suspecti quali de dì in dì cresceveno del conte Iacomo. […] El nostro reverendissimo cardinale de Pavia dice che dapoy la sua sanctità è così pertinace e dura che lauda vostra signoria de quisti facti de Bologna né de Sena non gli ne mandi a dire più cosa veruna […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 161 «Intendando io quanto vostra excellencia desideri che in le cose de beneficii sia exequita in tutto sua voluntà, et vedendo lo reverendissimo monsignore de Pavia pure in picoli et in grandi passare alcuna fiata la voluntà de vostra excellencia sì per sé, sì per li amici suoy, mi parea […] necessario in cotale cose fare senza luy» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 162  «Poy considerando quello in ogni altra cosa monstrarsi a vostra excellencia devotissimo et così da papa et cardinali essere riputato, mal mi parea schivarmi da luy, et cognosceva esso haverlo a male, et per questo seguirne alcuno impedimento a li spazamenti mei» (Ebd.). 163 Über seine ersten in dieser Richtung unternommenen Schritte berichtete Ottone del Carretto seinem Herrn am 5.  August  1457: «De l’abbatia de Santo Martino da Parma heri […] feci modo de parlarne con nostro signore, licet non havesse tempo de parlarli molto, et mi promesse de farne a voluntà de vostra excellencia, et perché vostra excellencia scrive che me manda le lettere opportune a la sanctità de nostro signore et pur non l’ha mandate, item perché non son informato de la conditione de quello Sigismondo se sia prete o frate non ho fatto fare la supplicatione, ho poy inteso che è simplex clericus, et cossì ho fatto fare la supplicatione, et spero domane expedirla» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 164 «[…] vincendo la voglia de satisfare a vostra excellencia vacando l’abbatia de Santo Martino da Parma, mi sforzava de spazarla secretamente, et così credo haria fatto s’el papa havesse datta audientia poyché me promesse de soprasedere in quella, ma, essendo le audientie più dì statte scarse ad ogniuno, mi sforzay de fare che monsignore de San Marco et monsignore de Roano,

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Als der Kardinal von Pavia erfuhr, daß Ottone del Carretto eine Audienz beim Papst zu erwirken suchte, um hinter seinem Rücken die Vergabe der Benefizien zu klären, zeigte sich Giovanni di Castiglione irritiert, was er Ottone del Carretto freundlich, doch unmißverständlich signalisierte.165 Zugleich warnte er den Gesandten, er werde schon zu verhindern wissen, daß dieser gegen ihn bzw. an ihm vorbei zu agieren suche,166 und er riet ihm, sich mit ihm zu arrangieren, weil er dann alles in seiner Macht Stehende [für den Herzog] in die Wege leiten werde.167 Zwar wollte Ottone del Carretto den Anschein erwecken, als lenke er, stets das Wohl des Herzogs im Auge habend, nur allzu bereitwillig ein,168 doch dürfte der Gesandte keineswegs erfreut darüber gewesen sein, daß Giovanni di Castiglione seinen ursprünglichen Plan durchkreuzt hatte und er sich selbst einmal mehr als der taktisch Unterlegene erwiesen hatte. Ottone del Carrettos Beteuerung, es gebe nichts Schöneres für ihn, als sowohl an der Kurie als auch beim Herzog alles ihm Mögliche für die Steigerung der Reputation und der Autorität des Kardinals zu tun, dürfte daher kaum aufrichtig gewesen sein.169 Auch mag Ottone del Carretto verärgert haben, daß Giovanni di Castiglione die Gelegenheit, seine Dienste und seine Loyalität anzubieten, einmal mehr nutzte, um seine Erwartung anzudeuten, daß sich der Herzog seinerseits ihm und den

a quali accade visitare nostro signore, mi fecesseno spazare ditta abbatia, et l’uno et l’altro lo harebbe fatto volentieri, ma intendeveno, secondo che poy un altro m’a ditto, che seria molesto al reverendissimo monsignore de Pavia, il qual havea già inteso cotal vacatione […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 16. August 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 165 «Essendo nostro signore megliorato, solicitando io de havere audientia et intendando il reverendissimo monsignore de Pavia che venerdì doveva haverla, humanamente et con summa carità in presentia de Giohanne Caymo mi disse molte bone parole, ricordandomi quanto era affectionato a vostra excellencia et volanteroso a compiacere a quella, et come era di costume de corte che quando era uno cardinale d’una signoria overo d’uno paese, accadendo tractare cose de quello signore o de quello paese, non era altro cardinale chi intraprendesse simil cosa senza saputa et voluntà de quello, et così al papa parirea malconvenevole se fecesse altramente et quando se temptasse de fare pocho honore se ne harebbe, et dolsessi di me che per via d’altri cerchasse de fare li fatti de vostra excellencia essendolì luy» (Ebd.). 166 «[…] dicendo ch’io non harebbe honore, né vostra excellencia seria servita per questa via, et che per suo honore, vedendomi tenere tali modi, havea proveduto non me venesse fatto quello ch’io cercava» (Ebd.). 167 «[…] sì che mi confortava ad intendermi et drizarmi con esso luy, il qual se offereva apparichiato a fare ogni cosa a sé possibile» (Ebd.). 168 «Parse a me soa reverendissima signoria mi sublevasse de grande affano, dandomi casone de intendermi con essa et levarmi de quello dubio dove era per li respetti sopraditti, unde summamente rengratiay sua reverendissima signoria per parte de vostra excellencia et ancora per la benignità verso me usata, et aperselli la casone per la qual in queste cose beneficiale me era riguardata et quando sua reverendissima signoria deliberasse in cotale cose favorire li desideri de vostra excellencia et aiutarli non potria havere cosa più grata come ricorere per aiuto et consiglio da luy […]» (Ebd.). 169 «[… ] non potria havere cosa più grata come […] darli reputatione et auctorità quanta mi fusse possibile et apresso vostra excellencia et etiam in questa corte» (Ebd.).

IX.3 Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta

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Seinen erkenntlich zeige.170 Rivalta dürfte hier erneut im Raum gestanden haben, möglicherweise auch San Martino. Diese Abtei hatte Calixt III. – sehr zum Mißfallen Ottone del Carrettos – kurz zuvor als Alternative zur Abtei von Breme für seinen päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila ins Auge gefaßt.171 Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese „Anregung“ auf Giovanni di Castiglione zurückging, der seinerseits erkannt hatte, daß der Herzog ihm auch diese Abtei nie zusprechen würde. Davon, daß diejenigen, die dem Mailänder Herzog übelwollten, die „Schwäche“ des Papstes für seine Verwandten auszunutzen pflegten172 und ihm daher – in der Hoffnung, Francesco Sforza Schwierigkeiten zu bereiten – nahelegten, doch die Seinen mit Pfründen in dem Herrschaftsbereich des Mailänder Herzogs zu versorgen, sollte Ottone del Carretto in der Tat denn auch am 24. August 1457 berichten.173 Doch unabhängig davon, ob Giovanni di Castiglione nun damals in dieser Richtung tätig geworden war oder nicht, fest steht zumindest, daß es dem Kardinal von Pavia gelang, von Calixt III. den Auftrag zu erhalten, über die Ausstattung des päpstlichen Neffen mit einer dieser beiden Abteien zu wachen.174 Ohne Frage widerstrebte dem herzoglichen Gesandten die Tatsache sehr, daß er gleich an Giovanni 170 «[…] così concluse sua reverendissima signoria de volere fare et che staria de li beneficii a discretione de vostra excellencia, qual era certa sua signoria che li seria cortese, sì per luy, sì per li soy. Intende vostra excellencia per questo la bona voluntà del reverendissimo monsignore de Pavia, il qual credo si mova per bene de vostra excellencia quanto per suo» (Ebd.). 171 «[…] la sanctità del papa, quando gli supplicay ch’el facesse opera che suo nepote [= Luis Juan de Mila] lassasse l’abatia de Breme, me interrupe el parlare et disse: ‹perché non ce fati vuy dare questa abatia de Sancto Martino da Parma che è vacata noviter? […]› » (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 15. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). 172 Wie wichtig es war, die Neffen des Papstes zufriedenzustellen, insbesondere den Legaten von Bologna, Luis Juan de Mila, der nach eigenen Worten lieber „heute ein Ei als morgen ein Huhn“ haben wollte (siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 42), unterstrich Ottone del Carretto auch Ende August  1457. Wenn dessen Wunsch nicht erfüllt werde, so warnte der Gesandte seinen Herrn am 31. des Monats, würde man beim Pontifex gar nichts mehr erreichen können: «me pare comprendere, non compiacendoli vostra excellentia, serà duro havere expeditione de cosa alcuna de importantia perché così s’è posto in capo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 173  «Questo ogni dì è stimulato da questi soy nepoti et chiunque vole mal a vostra excellencia cercha de riscaldare sua sanctità in queste cose quando intendeno che voglia provedere a nepoti perché quella cupidità de provederli lo acecha in modo che ogni cosa li entra in capo per cotal via, et così si fa duro in disponere de li beneficii a modo de vostra excellencia […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)]. 174 Von diesem Auftrag setzte der Kardinal von Pavia den Herzog am 21. August 1457 in Kenntnis: «[…] la sanctità de nostro signore è disposta havere per lo nepote o l’una o l’altra, iuxta le promesse et speranza datoli [da] la excellentia vostra ne le sue littere, la expeditione de una è commissa a nuy, de la quale havemo a fare relatione in consistorio, quando sua sanctità serà certificata d’una di quele, como pienamente debbeno scrivere a la signoria vostra misser Otto et Zohanne Caymo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Der Streit um die Abtei San Martino zog sich indes in die Länge: Der Herzog hoffte noch Anfang September 1457, daß es Ottone del Carretto mit Hilfe der Kardinäle von Rouen, San Marco und Pavia gelingen würde, den Pontifex davon abzubringen, dessen Neffen Luis Juan de Mila die Abtei Breme oder die Abtei San Martino zuzusprechen [siehe hierzu die Schreiben vom Beginn dieses Monats (Ebd.)].

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IX. Die römischen Jahre

di Castiglione weiterverwiesen wurde,175 als er den Pontifex wegen der Abtei San Martino kontaktieren wollte.176 Förderlich für das Verhältnis zwischen Giovanni di Castiglione und Ottone del Carretto dürfte hingegen gewesen sein, daß Giovanni Caimi schließlich nach Mailand zurückkehrte177 – gewiß voll des Lobes über den Kardinal von Pavia und mit einigen wichtigen Botschaften von diesem an das herzogliche Paar.178 175 «[…] nostro signore non volse pigliare con nuy altra conclusione, salvo che ce disse dovessemo essere con il reverendissimo monsignore de Pavia […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 16. August 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. – Diesem Schreiben vom 16.  August  1457 ist deutlich die päpstliche Entschlossenheit zu entnehmen, seinem Neffen Luis Juan in jedem Falle eine dieser Abteien zuzuweisen. Zum konsequenten Festhalten von Calixt III. an diesem Plan siehe auch die Briefe, die Ottone del Carretto am 20. und 24. August 1457 an den Mailänder Herzog sandte (Ebd., sub die). – Zu den herzoglichen Versuchen hingegen, seine Kandidaten durchzusetzen, zu seinen Alternativvorschlägen für den päpstlichen Neffen und zu den Anweisungen, welche Abtei im Notfall „geopfert“ werden solle, siehe etwa dessen Schreiben an Ottone del Carretto, das in zwei nahezu identischen Fassungen, vom 3. und 7. September 1457, überliefert ist; siehe auch die herzogliche Instruktion an Ottone del Carretto vom 6.  September  1457 (Ebd., sub  die).  –  Zu den Schwierigkeiten, die sich beim Umsetzen dieser Anweisungen ergaben, siehe u. a. das Schreiben, das Ottone del Carretto am 18. September 1457 an Francesco Sforza richtete (Ebd., sub die). 176 Die Verärgerung darüber, daß Giovanni di Castiglione nun sogar offiziell mit der Domäne betraut war, von der Ottone del Carretto ihn eigentlich hatte fernhalten wollen, mag auch erklären, warum der herzogliche Gesandte wenige Tage später einige Spitzen in einen an Francesco Sforza gerichteten Brief einstreute: So schrieb er am 20. August 1457 in einem Nachsatz, er habe sich nur so ausführlich (zur Vergabe von San Martino) geäußert, weil ihm Giovanni di Castiglione dies auferlegt habe [«se scrivo tropo largo vostra excellencia me perdoni perché [il cardinale de Pavia] me ha imposto debba così scrivere» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die)]. Mit diesen Worten relativierte der Gesandte auch die Passage, derzufolge der Herzog darauf achten solle, sich nicht nur mit dem päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila, sondern auch mit einem sich mit verhältnismäßig wenig zufriedengebenden Kardinal von Pavia zu arrangieren (Ebd.), erweckte er doch den Eindruck, daß es sich bei diesem Rat weniger um seine eigene Meinung als um eine Vorgabe des Kardinals von Pavia handele. Eine Bemerkung in diesem Schreiben dürfte ebenfalls indirekt gegen Giovanni di Castiglione gerichtet gewesen sein, wies der Gesandte seinen Herrn doch darauf hin, unbedingt dafür zu sorgen, daß es – wenn der Herzog schon dem päpstlichen Neffen Luis Juan die Abtei Breme oder die in der Diözese von Parma gelegene Abtei San Martino zuweisen müsse (was wohl unvermeidlich sei) – zumindest so auszusehen habe, als habe er diesen Schritt aus freiem Willen getan und nicht auf Anweisung von dritten hin [«pur quando vostra excellencia lo debbia fare laudo et conforto facia che sia sentuto grato ad essa et non ad altri, che parà vostra excellencia far questo per proprio voluntà, non per arte o instantia d’altruy» (Ebd.)]. 177 Die Reise Caimis zog sich allerdings wegen der damals grassierenden Pest ein wenig in die Länge, und so erachtete es Ottone del Carretto für ratsam, Francesco Sforza schon einmal am 31. August 1457 vorab einige wichtige Sachen per Brief mitzuteilen: «[…] perché per rispetto de la peste Giohanne Caymo forse non vegnerà così presto a la presentia de vostra excellencia, et li havea datto circa il modo hè da servare qua alcuna instructione, ho deliberato mandarla qui inclusa perché è necessario se proveda […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 178 Davon, daß Giovanni Caimi seinem Herrn von Giovanni di Castiglione einige Nachrichten im Hinblick auf das Herzogtum wie auf Benefizienangelegenheiten und die Verdienste des Kardinals mündlich übermitteln sollte, zeugt der Brief, den der Kardinal von Pavia an Francesco Sforza am 28.  August  1457 anläßlich der Heimkehr Caimis schrieb und in dem er überdies einmal mehr betonte, daß sich alles für den Herzog nur zum Besten wenden könne, wenn er

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Dienlich für das nach der Abreise Caimis wieder stärker greifende Zweckbündnis zwischen Giovanni di Castiglione und Ottone del Carretto wird auch gewesen sein, daß es dem Kardinal gemeinsam mit Pietro Barbo gelang, den Pontifex dazu zu bringen, ihnen die Vorbereitungen für die Vergabe jener im Mailändischen liegenden Benefizien zu überlassen, die durch den Tod des an der Pest verstorbenen Giuseppe de Brippio, eines Familiars des Kardinals von San Marco,179 vakant geworden waren und auf die viele Kardinäle für die Ihren bereits Ansprüche erhoben hatten.180 Da Ottone del Carretto wollte, daß die herzoglichen Wünsche bei der Verteilung Berücksichtigung fanden, mußte er sich zwangsläufig mit dem Kardinal von Pavia gutstellen,181 zumal er nun, anders als noch einige Wochen zuvor, offenbar die Ausweitung des Kompetenzbereiches des Giovanni di Castiglione um gerade diese Kernaufgabe als vorteilhaft begriff.182 endlich etwas für die Steigerung der Reputation „seines Kardinals“ tue: «Ritorna da la signoria vostra Zohanne Caymo, instructissimo de le cosse occorreno qui, et […] non si extendiamo più ultra. Le havemo commisse più cosse da dire a la excellentia vostra, tanto de stato quanto de benefitii, in li quali, se la vostra signoria non li dà qualche ordine, se serà sempre in affanni, et ne seguirano molti disordini et altro […]. Se la signoria vostra, como sempre habiamo ditto, ne darà reputatione tuto pervenirà a vostra consollatione […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Der Brief, den der Kardinal von Pavia an eben diesem Tag für Bianca Maria verfaßte, fiel indes etwas knapper aus (Ebd., sub die). 179  So liest man in einem Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 24. August 1457: «Adesso […] è morto de peste d. Joseph de Brippio, il qual non è statto amalato se non duy o tre dì» [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)]. – Da der Verstorbene [zu diesem siehe oben, Kap. IV Anm. 64] der familia von Pietro Barbo angehört hatte, oblag diesem Kardinal ohnehin die Mitsprache bei der Neuvergabe von dessen Benefizien. So heißt es auch in einem Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 11. September 1457: «secundo l’usanza qui di corte el papa non dispone communamente de benefitii de servitori de cardinali senza la voluntà et consentimento de quelli cardinali a chi sono stati servitori et famigli» (Ebd., sub die). 180 «Essendo passato de questa vita il venerando quondam d. Ioseph de Brippio et dicendo la sanctità de nostro signore che de questi beneficii che vacheno in corte vostra excellencia non deve havere a male che sua sanctità ne dispona a suo modo, come è di costume de la corte, disponendone in persone del dominio de vostra excellencia. Come per altre de XXIIII scrissi a vostra excellencia, havendo molti cardinali rechiesta sua sanctità che fusse proveduto ad alcuni suoy servitori, fu contenta che li reverendissimi monsignori de Santo Marco [= Pietro Barbo] et de Pavia distribuisseno questi beneficii come a loro paresse ad homeni del dominio de vostra excellencia, compiacendo ancora a quelli cardinali quali haveno dimandato qualche cosa, aciò che se satisfecesse a molti. Item volse che a tre nepoti del quondam d. Ioseph fusse proveduto de qualche cosa, et così li ditti cardinali fecero la distributione come vederà vostra excellencia per l’inclusa lista […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 31. August 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Siehe hierzu auch das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 24. August 1457 (Ebd., sub die). 181 So schrieb Ottone del Carretto dem Herzog am 31. August 1457: «[…] et vedendo io che così era voluntà de nostro signore che non expettando aliter la voluntà de vostra excellencia se conferisseno, cerchay de adattarmi a la voluntà de monsignore de Pavia quanto mi fusse possibile, sì perché a vostra excellencia credo sia più grato ch’io compiacia a sua signoria che ad altri, sì ancora perché quelli suoy a chi è proveduto me hanno promesso de fare sempre in questo et ogni altra cosa quello che vostra excellencia comandarà» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 182 Zumindest heißt es in einem Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 6. September 1457: «Ho referito al reverendissimo monsignore il cardinale de Pavia quanto vostra

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Doch brachte diese Aufgabe für Giovanni di Castiglione nicht nur den Vorzug einer stärkeren Annäherung an Ottone del Carretto mit sich, sondern bot ihm, ebenso wie dem Kardinal von San Marco,183 auch die Gelegenheit, für sich und die Seinen184 einige Zuweisungen von Pfründen in die Wege zu leiten. Davon, daß der Kardinal von Pavia und dessen familia in jedem Fall zu den Nutznießern des Ablebens von de Brippio zählen würden, ging auch der herzogliche Gesandte aus.185 Es mag zunächst erstaunen, daß Giovanni di Castiglione gerade an einer Pfründe großes Interesse anmeldete, die einer der päpstlichen Neffen für seinen Kanzler forderte,186 und daß er gerade auf dieser – unterstützt vom Kardinal von San Marco – hartnäckig insistierte.187 An sich galt an der Kurie die Devise, daß man sich gerade mit den päpstlichen Neffen gutstellen müsse.188 Giovanni di Castigliones Absicht dürfte es keinesfalls gewesen sein, der „Gier“ des päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila auf diese Weise Einhalt zu gebieten, was wiederum Ottone del Carretto forderte.189 Für einen derartigen Schritt, der wohl zwangsexcellencia mi scrive esserli grata la conclusione prefata con sua reverendissima signoria de fare expedire le cose beneficiale per opera et mane sue, del che essa molto s’è monstrata contenta aciò che ogniuno intenda l’affectione sua a vostra excellencia essere cognosciuta» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 183 Kardinal Barbo bestand etwa darauf, daß sein Familiar Pietro Luciardo [auch Luxardi oder Luxiardo] unbedingt versorgt werden müsse (Ebd.). – Wie zwei herzogliche Schreiben an Ottone del Carretto vom 12. und 16. November 1457 zeigen, sollte Pietro Luciardo – nachdem sich auch Giovanni di Castiglione für diesen eingesetzt hatte  –  schließlich mit Benefizien in Piacenza, die durch den Tod de Brippios vakant geworden waren, ausgestattet werden (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 184 Konkrete Hinweise auf die zur familia des Kardinals Gehörenden gibt es, wenn man von den im Zusammenhang mit der Benefizienvergabe gefallenen Namen absieht, in der zwischen Mailand und Rom gewechselten Korrespondenz kaum. Lediglich am 16. August 1457 erwähnte Ottone del Carretto in einem Brief an den Herzog, daß ein Verwandter des Magisters Pietro Visconti sich im Haus des Kardinals von Pavia aufhielt [ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die (I)]. 185 «[…] credo la sanctità de nostro signore provede parte a li nepoti de d. Ioseph, quali sono tre, parte ad alchuni de monsignore de Pavia, parte ad altri Lombardi, quali dice serano accetti a vostra excellencia, perché dice se non li satisfa de quelli che vachano in corte non li p[u]ò satisfare de li altri» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 24. August 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 186  «Credo ancora sua sanctità voglia che l’ordinaria del domo quale havea d. Ioseph sia datta ad uno cancellero del capitaneo, et così serà se li reverendissimi monsignori de Pavia e de San Marco [= Pietro Barbo] non li danno remedio, li quali attendeno a fare che esso monsignore de Pavia l’habi per luy» (Ebd.). 187 «ho ritenuto il cavalaro sin a questa hora per intendere questa matina s’el se spazava li beneficii de d. Ioseph, […] non sono ancora spazati perché la sanctità de nostro signore vole [dare] la ordinaria al canzelero del capitaneo, monsignore de Pavia la voria per sé et insta et cum luy il reverendissimo monsignore de San Marco» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 24. August 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 45]. 188 Ottone del Carretto unterstrich gegenüber Francesco Sforza am 31. August 1457 nachdrücklich, daß es an sich keinen Kardinal an der Kurie gäbe, der es wagen würde, etwas gegen die Familienmitglieder von Calixt III. vorzubringen: «[…] né è cardinal chi ardisca parlarli contra nepotes» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 189 «[…] bisogna intendersi con il legato [= Luis Juan de Mila] che questa sua cupidità non proceda in infinito» (Ebd.). – Daß man klare und konkrete Absprachen mit Luis Juan de Mila

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läufig zum Bruch mit diesem päpstlichen Nepoten geführt hätte, wäre Giovanni di Castiglione viel zu umsichtig gewesen.190 Wahrscheinlich spekulierte er einmal mehr darauf, daß der Papst ihn, wenn er schließlich nachgäbe, aus Erleichterung über das Einlenken entsprechend entschädigen würde. Nachdem er im großen und ganzen für eine Vergabe der durch den Tod de Brippios vakant gewordenen Benefizien im herzoglichen Sinne Sorge getragen hatte, hoffte Giovanni di Castiglione gewiß auch, den Druck auf Francesco Sforza hinsichtlich der Abtei Rivalta erhöhen zu können. So bedeutete er dem Herzog, daß er zwar die Vergabe der Pfründen nach dessen Wünschen dank seiner Autorität als Kardinal und mit Hilfe seines Mitbruders von San Marco mit großen Mühen habe durchsetzen können,191 doch gab er Francesco Sforza treffen müsse, damit dieser nicht immer weitere Forderungen erhebe, hatte Ottone del Carretto bereits am 24. August 1457 in seinem Schreiben an den Mailänder Herzog angedeutet (Ebd., sub die). 190  Sein bedachtes Verhalten gegenüber Luis Juan de Mila, der damals mit einer Kooperation mit Giacomo Piccinino liebäugelte, zeigt sich auch auf einem anderen Gebiet: Obgleich der Kardinal von Pavia nach der Abfahrt Caimis seine Berichterstattung wieder aufnahm, um sich nun – nachdem die wiederholten Erwähnungen seiner Person in den Schreiben dieses herzoglichen Gesandten entfielen – durch das Versenden eigener Briefe dem Herzog in Erinnerung zu bringen, beschränkte er sich dabei bewußt auf Neuigkeiten über die Türken sowie auf Nachrichten über Skanderbeg, König Ladislaus, die Friedensverhandlungen zwischen diesem und dem Kaiser sowie über Kardinal Carvajal (siehe hierzu etwa sein Schreiben vom 7. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). Bewußt sparte Giovanni di Castiglione hingegen – ganz anders als Ottone del Carretto, der mitunter mehrseitige Berichte über den nach wie vor Unruhe stiftenden Söldnerführer Piccinino verfaßte [siehe etwa seine passagenweise chiffrierten Schreiben an den Mailänder Herzog vom 20. und 31. August 1457 sowie dasjenige vom 6. September 1457, ebd., sub die] – jegliche Bemerkungen über diesen aus und mied somit das potentielle Risiko, den Unmut des – eine Allianz mit Piccinino in Erwägung ziehenden – päpstlichen Neffen heraufzubeschwören und sich durch das Tangieren dieses heiklen Themas selbst zu schaden. Seine Taktik, sich von diesem Gebiet fern zu halten, sollte vorerst aufgehen; so ist es bezeichnend, daß der Papst, als es im September 1457 die Vorgehensweise gegen Piccinino zu besprechen galt, nicht den Kardinal von Pavia, sondern Domenico Capranica, Pietro Barbo und Enea Silvio Piccolomini rufen ließ [siehe hierzu das chiffrierte Schreiben des Ottone del Carretto an Francesco Sforza vom 6. September 1457 (Ebd., sub die)]. Auch als über das Schicksal von Sigismondo Malatesta verhandelt wurde, gegen den Giacomo Piccinino im Auftrag des Königs von Neapel Krieg zu führen beabsichtigte, konnte es der Kardinal von Pavia so einrichten, daß der Papst die Kardinäle von Fermo, San Marco und Siena, nicht aber ihn zur Beratung zu sich einbestellte [zu diesen Beratungen siehe das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 2. Oktober 1457 (Ebd., sub die)]. 191 «E non c’era altro modo, se non il rispecto de la persona nostra. Et anche cum questo gl’è stato assay a fare et a dire, et per amore nostro monsignore di San Marco non li ha lassato manchare niente per adiuto […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 11. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). Wie schwierig die Erfüllung der herzoglichen Wünsche gewesen war, die es niemandem, der nicht den Rang eines Kardinals bekleidete, zu realisieren möglich gewesen wäre, hatte auch Ottone del Carretto Francesco Sforza am 31. August 1457 berichtet: «[…] Così dico ancora de quello altro, del qual monsignore de Pavia ha fatto provedere al nepote de mesere Cicho, perché questi farano quanto vostra excellencia vorrà et non più. De l’ordinaria del domo con grande faticha ha obtenuto il reverendissimo monsignore de Pavia li sia statto proveduto a sua signoria perché a peticione del capitaneo la sanctità de nostro signore voleva fusse datta ad uno

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gleichzeitig zu verstehen, ihm wäre dies wesentlich leichter gefallen, wenn der Herzog etwas für die Steigerung seiner Reputation (etwa durch die Zubilligung der Abtei Rivalta) getan hätte.192 Zwischen den Zeilen stand deutlich die Nachricht, daß der Herzog in Kürze unbedingt etwas Derartiges unternehmen müsse, wenn ihm daran gelegen sei, daß er, Giovanni di Castiglione, in Zukunft weiter für ihn erfolgreich agieren könne. Dem Vorschlag, den Giovanni di Castiglione und Giovanni Caimi ihm Mitte August unterbreitet hatten,193 wollte der Herzog jedoch keinesfalls zustimmen, ja er sah sich schließlich sogar nur noch zu einer Zahlung einer jährlichen Pension von 600 Florenen bereit.194 Zudem war der Herzog, obgleich er der Angelegenheit ein schnelles Ende zu bereiten wünschte, nach wie vor keineswegs geneigt, die Abtei zunächst Giovanni di Castiglione zu überlassen, damit dieser dann ehrenvoll resignieren könne. Statt dessen wollte er sie direkt Begurri zuweisen, dessen Neffen er diesbezüglich bereits an die Kurie geschickt hatte.195 Der Kardinal selbst hatte damit vermutlich schon gerechnet. Daher erwähnte er die mit Giovanni Caimi entworfene Lösung zunächst nicht, obgleich er davon ausgehen mußte, daß Caimi inzwischen wieder am herzoglichen Hofe eingetroffen war und mit Francesco Sforza gesprochen hatte. Vermutlich dürfte dies secretario d’esso capitaneo et così li havea già signata la supplicatione, tandem pur è obtenuta per esso monsignore de Pavia post longam contentionem, et chiunche altri l’havesse voluta se non fosse statto in persona cardinalis non l’harebbe havuta, così stava dura sua sanctità, et è bisognato darli un altro beneficio, del qual, se parerà a vostra excellencia, li potrà compiacere ad instantia d’esso capitaneo, il qual credo per questa cosa scriverà a vostra excellencia, da la qual se confida molto de obtenere ogni cosa […]» (Ebd., sub die). 192 «Se la signoria vostra per lo passato ne havesse dato credito et reputatione forsi simel cosse seriano andate più secundo la mente de la signoria vostra» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 11. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 193 Siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 141 ff. 194 «Vederiti per la copia inclusa quello scrivimo al reverendissmo monsignore de Pavia per lo facto della abbadia da Rivalta de Terdona, scrivimo alla signoria soa como vederiti che voglia essere contenta de tuore suso essa abbadia la pensione de fiorini seycento l’anno» (zu Teilen gestrichene Passage des Entwurfes eines Schreibens des Francesco Sforza an Ottone del Carretto vom 3. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). Leider ist die am 3. September 1457 erstellte Abschrift dieses Briefes nur fragmentarisch erhalten (Ebd., sub die). Das in diesem Entwurf erwähnte, an Giovanni di Castiglione gerichtete Schreiben fehlt indes in dem entsprechenden Bestand vollständig. 195 «Volemo ve retrovati con la soa signoria et operati in modo et forma che hormai se daghi fine ad questo facto, governandovi in tucto secondo i termini scrivimo alla soa signoria, confortando et pregando la soa signoria che per honore nostro et suo et per non far fare fabule lì in corte della signoria soa et de nuy […] non voglia fare più poncte in questa materia, solicitando la expeditione delle bolle, cioè della abbadia in titulo et del priorato in commenda per quello d. Iacomo Begurra, […] perché de questo non porressimo mai removersi. Vene lì Corrado nepote d’esso d. Iacomo per questa sola caxone socto la fede et promessa nostra de essere spazato subito, sì che pregati monsignore non ne fare vergogna, como nostra disposicione è de non fare alla soa signoria, alla quale diceti che lassi lo caricho ad nuy del facto suo perché nuy lo havemo non mancho ad cuore che la soa signoria et lo reputamo nostro maiore interesse che la soa signoria […] non pigli mancho cura di facti nostri che delli suoy proprii» (Entwurf des Schreibens des Francesco Sforza an Ottone del Carretto vom 3. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46).

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ein Indiz dafür sein, daß ihm ohnehin, wie oben bereits angedeutet, nicht allzuviel an der Durchsetzung dieses Projektes lag und er das Angebot Francesco Sforza nur zum Schein unterbreitet hatte, um seine vermeintliche Disponibilität zu demonstrieren.196 Daß derartige Manöver zum Repertoire Giovanni di Castigliones gehörten, zeigen auch die Versuche, den Angehörigen seiner familia zu Benefizien zu verhelfen. Gewiß beschritt er nicht selten den klassischen Weg der Bittschreiben197 und gewiß verschaffte er den Seinen etliche Benefizien, indem er hin und wieder von der Neuvergabe von Benefizien der verstorbenen Familiare seiner Kardinalskollegen profitierte;198 doch griff er auch zuweilen – vor allem dann, wenn ihm der zu Versorgende nahestand – auf gewisse Finten zurück. So scheint es, als habe er dem Herzog signalisiert, wem er welches Benefizium gerne verschaffen würde, und dann zuweilen dafür Sorge getragen, daß ein anderer Name für das entsprechende Benefizium lanciert wurde. Er hoffte, daß Francesco Sforza, der selbst

196 So schrieb Giovanni di Castiglione dem Herzog am 11. September 1457 lediglich sehr allgemein, jetzt, wo Giovanni Caimi nach Mailand zurückgekehrt sei, habe er gewiß dem Herzog von den Dingen, die das Herzogtum und die Benefizien beträfen, Bericht erstattet und unterstrichen, wie ergeben er dem Herzog sei, dem zu dienen und den zufriedenzustellen ihm ein großes Anliegen wäre. Auch habe Caimi gewiß gesagt, daß er, Giovanni di Castiglione, bei der Vergabe der Benefizien, die durch den Tod Giuseppe de Brippios vakant geworden seien, versucht habe, im Sinne des Herzogs Schaden abzuwenden (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 197 Als Beispiel für derartige an den Herzog gerichtete Suppliken seien hier etwa der für Agostino Rossi verfaßte Brief vom 8. Juni 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die) oder auch das im Fall des Neffen von Rolando Giorgio aufgesetzte Schreiben vom 12. September 1457 angeführt [Rolando Giorgio, der mit dem Herzog vereinbart hatte, seinem Neffen, dem Sohn von Giovanni di Castigliones Cousine, ein Haus zu übertragen, war verstorben, bevor diese Übereinkunft rechtskräftig geworden war, so daß der Kardinal von Pavia nun Francesco Sforza darum bat, dem Wunsch des Toten zu willfahren (Ebd., Roma 46, sub die)]. Der Herzog wiederum schien mit dieser Verfügung einverstanden zu sein, wie sich einem Schreiben entnehmen läßt, das der Kardinal knapp drei Wochen später, am 2. Oktober 1457, an den Mailänder Herzog sandte (Ebd., sub die). 198 Dies war etwa beim Tod von Giuseppe de Brippio und von Pietro Carpalica, einem Angehörigen des Kardinals von Fermo, der Fall. So heißt es etwa in einem Schreiben des Kardinals von Pavia an den Herzog von Mailand vom 11. September 1457: «Ricomandiamo a la signoria vostra li nostri strictissimamente, a li quali habiamo fatto provedere d’alcuni di questi benefitii de quali prima ne ha compiaciuto el prefato monsignore de San Marco, el quale teneva misser Ioseph per uno de la sua famigla, e monsignore de Fermo [= Domenico Capranica] d’alcuni benefitii che sono vacati per la morte de misser Petro de Carpalica, suo famiglo […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Giovanni di Castiglione nahm sich sehr geschickt des Paveser Propstes Pietro Capranica zu eigenem Vorteil an, als dieser, bereits erkrankt, sich zur Klärung eines Streites mit Giacomino da Loreto an die Kurie begeben hatte [siehe hierzu etwa das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom  16.  August  1457 (I) (Ebd., sub  die)]. Schon Anfang August 1457 zeigte Giovanni di Castiglione dem Papst sein Interesse an den in seiner Diözese liegenden Benefizien des erkrankten Capranica an: «D. Petro de Capranica, preposito de la chiesa del domo de Pavia et ha altri canonicati boni, ut dicitur, è graviter infermo. Hogi son statto avisato che monsignore de Pavia ha richiesto al papa quelli beneficii che tene questuy quali sono in sua diocesi» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 5. August 1457, ebd.).

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über die Pfründenvergabe zu bestimmen wünschte, daraufhin fordern würde, daß das entsprechende Benefizium dem ersten Kandidaten zufallen solle.199 Giovanni di Castigliones zum eigenen Wohle wie zum Nutzen der Familiaren eingesetzte Winkelzüge mochten zwar in gewisser Hinsicht abwandelbar sein, doch blieben sie nur wirkungsvoll, wenn sie nicht zu häufig angewandt wurden. So überrascht es nicht, daß Giovanni di Castiglione, der bereits vor dem Hintergrund der Translation nach Pavia seine eigenen Ansprüche auf das Erzbistum Mailand ins Spiel gebracht hatte, dasselbe nicht ein zweites Mal im Hinblick auf seine Anerkennung in Rivalta tat, als er Mitte September 1457 vom Tode Gabriele Sforzas, des Erzbischofs von Mailand, erfuhr.200 Dennoch wird ihn der Erhalt des Erzbistums ohne Frage gereizt haben. Das Erfordernis zu variieren, zwang Giovanni di Castiglione jedoch dazu, seine Ansprüche nicht offen zu artikulieren, sondern eine subtilere Methode anzuwenden.201 So teilte er Francesco Sforza am 19. September 1457 mit, Ottone del Carretto 199  Die Strategie hatte häufig Erfolg, wie man etwa im Falle des Paolo Terzago, des Sekretärs von Giovanni di Castiglione, sieht. So trat Francesco Sforza, wie man einem Schreiben des Herzogs an Ottone del Carretto vom 12. November 1457 entnehmen kann, nachdrücklich für Terzago ein, nachdem ein „Gegenkandidat“ aufgetaucht war: «In la distributione che fo facta lì de li beneficii de messere Iosep da Brippio doppo la morte sua intesimo fo designato a Paulo da Terzago, secretario del reverendissimo cardinale de Pavia, il canonicato de Sancto Nazaro de Milano, quantuncha dapoy d. Zohanne Balioto l’habia obtenuto. Et perché nuy desideraressimo molto ch’el dicto canonicato remanesse al dicto Paulo per alcuni digni respecti, nonobstante che ne scriviamo a la sanctità de nostro signore et al reverendissimo cardinale de Sancto Marco [= Pietro Barbo], ve caricamo et volemo de ciò ne faciati ogni opera et instantia possibile presso la prefata sanctità et cum lo prefato monsignore il cardinale, pregandolo se possibile è che obtengamo questo piacere perché la prefata sanctità haverà bene il modo de provedere altramente al dicto Balioto» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 200 Das Schreiben, in dem der Kardinal von Pavia dem Herzog sein Beileid zum Verlust des herzoglichen Bruders kundtat, stammt vom 19. September 1457: «Per le littere de la signoria vostra scripte a misser Otto, per le quale significava la morte del nostro carissimo fratello et amico l’archiveschovo de Milano, ne siamo stati tanti dolente che male il poteriamo explicare e de tanto più che quasi inopinato ne pare essere questo suo caso et transito […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die (I)]. – Der entsprechende Brief, in dem der Herzog seinen Gesandten vom Tode des Erzbischofs unterrichtete, trägt das Datum des 12. September 1457 (Ebd., sub die). Er scheint am 18. September 1457 in Rom eingetroffen zu sein, heißt es doch in dem Schreiben, das der herzogliche Gesandte an diesem Tag an Francesco Sforza sandte: «hogi hebbi le lettere de vostra excellencia, per le quale mi notifica il dolendo caso de lo reverendissimo arcivescho de Milano» (Ebd., sub die). – Zu den weiteren Instruktionen, die Francesco Sforza infolge des Todes des Erzbischofs von Mailand an Ottone des Carretto sandte, siehe das herzoglichen Schreiben vom 14. September 1457 (Ebd., sub die). 201 Ein Variieren der Vorgehensweise war in dieser Situation auch umso notwendiger, als Francesco Sforza seinem Gesandten gegenüber am 12. September 1457 die klare Anweisung getätigt hatte, er solle den Papst dazu bringen, demjenigen keine Audienz zuzugestehen, der mit ihm eigenmächtig über die Zukunft dieses so wichtigen Erzbistums sprechen wolle: «Et quantunche siamo certi che niuno parlaria de questo, pur perché […] è […] la principale dignità et più importante al stato nostro che sia in tutto el nostro dominio volimo supplicati la sanctità soa che se degni non fare novità alcuna in questo, et se alcuno gli ne parlasse o facesse parlare non gli dia audiencia, ma repulsa perché ad tale dignitate bisogna sia persona virtuosa, sufficientissima et fidata como nuy medesmi […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die).

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gleich nach dem Erhalt der traurigen Nachricht über den Tod des herzoglichen Bruders eine Audienz verschafft zu haben, bei der er selbst den Pontifex gebeten habe, nur einen dem Herzog genehmen Erzbischof zu ernennen. Des weiteren legte er Francesco Sforza nahe, ihm zu vertrauen und einen geeigneten Kandidaten auszuwählen, der einer solchen Aufgabe als Erzbischof würdig sei.202 Bemerkenswerterweise setzte der Kardinal von Pavia, der diese Nachricht noch um einige weitere Informationen ergänzte, welche die Friedensverhandlung zwischen den Orsini und dem Grafen Everso sowie die Bekämpfung der Türken betrafen,203 an eben diesem 19. September noch ein weiteres Schreiben äußerst ähnlichen Inhaltes an den Herzog auf. In diesem präzisierte er die Nachrichten über den Verhandlungsstand zwischen den Orsini und dem Grafen Everso ein wenig,204 streute ein paar weitere kleinere Mitteilungen ein205 und bat Francesco Sforza abermals, das Amt des Erzbischofs nur einer würdigen Person zukommen zu lassen.206 Die Intention war klar: Nicht der (ohnehin geringe) Mehrwert an Informationen, den dieses zweite Schreiben enthielt, stand im Vordergrund; 202 «Giunta questa insperata novella subitamente andassemo da nostro signore per introdure misser Otto. E quantunque la sua sanctità alhora fosse molto occupata, nondimanco a nostra intercessione hebbe audientia. La sanctità sua molto si dolsi perché in vero n’haveva bona informatione, et maxime continuamente da nuy. Satisfarà sua sanctità al desiderio de la signoria vostra, la quale debbe havere tanta fiducia de nuy suo servitore che quando questo fu observato nel veschovato di Alesandria non si faria mancho in quello de Milano, e de altri de simile importantie. Ben preghiamo la signoria vostra che per la dignità di quella vostra cità et chiesia la vostra signoria per suo honore facia ellectione de persona conveniente a tanto governo et cura» [ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die (I)]. Siehe hierzu auch den entsprechenden Bericht von Ottone del Carretto vom 18. September 1457 (Ebd., sub die). 203 Siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 19. September 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 46. 204 Siehe hierzu das zweite Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 19. September 1457 (II) (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Daß sich ein Waffenstillstand zwischen diesen verfeindeten Familien keineswegs reibungslos herbeiführen ließ, zeigt, neben den zahlreichen Bemerkungen, die sich dazu in den Schreiben des herzoglichen Gesandten vom Sommer und Herbst 1457 finden, auch der Brief, den der Kardinal von Pavia am 2. Oktober 1457 an Francesco Sforza sandte (Ebd., sub die). 205  So verwies der Kardinal von Pavia in seinem zweiten Schreiben vom 19. September 1457 etwa darauf, daß er sich für eine Audienz Ottone del Carrettos eingesetzt habe, und fügte hinzu, daß dieser Francesco Sforza nun Näheres über Sigismondo Malatesta, die Vergabe der Abteien und den Zehnten berichten werde: «[Doppo con]sistorio piglassemo l’hora per misser Otto di havere audientia da nostro signore. Per sue [lettere in]tenderà la signoria vostra la risposta circa il fatto del signore Sigismondo, de le abbadie [e de la de]cima […]» [ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die (II)]. – Desgleichen erwähnte Giovanni di Castiglione, daß er der Meinung sei, daß sich Giacomo Piccinino wohl zum Aufbruch rüste, daß man von anderen aber Gegenteiliges höre: «El conte Iacomo si moverà et sempre [sia]mo stati di questa oppinione, quantunque per altri si iudicasse altrimente» (Ebd.). 206 «Como per l’altre nostre debbe havere inteso la vostra signoria, havuta la novella de la morte del reverendissimo misser l’archiveschovo nostro de Milano, subito ne avisassemo nostro signore insieme cum misser Otto. La sua sanctità non ne disponerà altrimente como serà deliberato per la excellentia vostra, la quale preghiamo di novo per suo honore et di quella venerabile chiesa vogla ellezere persona idonea a tanto caricho» (Ebd.).

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auch war das Plädoyer für Francesco Besozzi, seinen Familiar und Prokurator in Pavia,207 das sich in diesem Schreiben fand, nicht das Entscheidende. Vielmehr zielte dieser Brief wohl auf das erneute „Sich-in-Erinnerung-bringen“ und sollte auf subtile Weise anzeigen, daß man doch selbst über die Qualitäten verfügte, derer es für die Verwaltung eines derart bedeutenden Erzbistums bedurfte. Als Giovanni di Castiglione nun vernahm, daß der Herzog das Erzbistum dem Abt von San Celso, Carlo da Forlì, zuzugestehen gedachte,208 begab er sich mit Ottone del Carretto unverzüglich zum Pontifex, um diesem das herzogliche Begehren mitzuteilen und sich von Calixt  III. damit betrauen zu lassen, für die Erhebung Carlo da Forlìs zum Erzbischof wie für die Vergabe der Abtei Sorge zu tragen.209 Offenbar spielte er kurzzeitig auch mit dem Gedanken, dem Rat zu folgen, den ihm – wie er schreibt – „viele und bedeutende Männer“ gegeben hätten, nämlich sich die durch die „Versetzung“ von Carlo da Forlì vakant 207  Der Herzog, so bat der Kardinal von Pavia, möge doch Francesco Besozzi die Propstei von S. Giovanni Battista in Bassignana zugestehen (Ebd.). Bereits am 18. September 1457 hatte Ottone del Carretto dem Herzog geraten, Giovanni di Castiglione diesen Wunsch zu erfüllen, weil dieser sich dann wohl auch gegenüber den herzoglichen Anliegen noch disponibler zeigen würde (Ebd., sub die). Mitte Oktober wandte sich Giovanni di Castiglione erneut mit der Bitte an den Mailänder Herzog, seinem getreuen Besozzi die Propstei zuzuweisen, und versprach, dem herzoglichen Kandidaten dafür ein Kanonikat in der Kirche von Bassignana zu verschaffen (Ebd., sub die). 208 «Nuy havemo expedito dui messi con nostre lettere ad la sanctità de nostro signore ad signori cardinali et ad vuy, l’uno per la promotione del reverendo misser Carlo da Forlì, de presente abbate de Sancto Celso de questa nostra cità, al arcivescovato de Milano novamente vacato per la morte del reverendissimo d. Gabriel, nostro fratello […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (mit „ss“ gekennzeichnetes Schreiben), 26. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 209 «Hogi havemo veduto quanto scrive la signoria vostra a misser Otto circa l’archivescovato et consequenter de l’abbadia di San Celso, per che subito havemo introducto a la sanctità de nostro signore misser Otto, el quale, essendo la sua sanctità molto occupata, gli exposi breviter il desiderio et deliberatione de la signoria vostra, per satisfactione del quale nostro signore ne ha commissa la expeditione. E nuy li faremo quanto il debito de la devotione nostra richiede verso la excellentia vostra […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma  46).  –  Daß der Kardinal von Pavia diese Aufgabe übernommen hatte, schien den Mailänder Herzog sehr zu freuen: «ad la parte del arcivescovato de Milano et de l’abbatia de Santo Celso che nostro signore habii facto la commissione al reverendissimo monsignore el cardinale nostro de Pavia, el quale doveva fare la relatione ad li dì XVII, dicemo ch’el ne piace summamente […], sì che ad questo non accade dire altro, nisi che ringratiate nostro signore et el prefato monsignore el cardinale quanto vi parirà conveniente» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 28. Oktober 1457, ebd.). – Zu den Vorgängen im unmittelbaren Vorfeld der Ernennung des Erzbischofs von Mailand, zu den Gründen für die leichte Verzögerung, die sich bei der Ernennung ergab, sowie zur schließlich erfolgten Nomination siehe die Schreiben des Ottone del Carretto an Francesco Sforza vom 15. und 18. Oktober 1457 (Ebd., sub die). Zur Nomination des Abtes von San Celso zum Erzbischof von Mailand siehe auch den Brief des Kardinals von Pavia an den Mailänder Herzog vom 16. Oktober 1457 (Ebd., sub die) sowie die Schreiben, die der Papst und Kardinal Calandrini am 19. und am 21. Oktober 1457 an Francesco Sforza richteten (Ebd., sub die). – Zu Carlo da Forlì [auch seltener: Carlo Nardini] siehe zudem: Carlo Marcora, Carlo da Forlì, arcivescovo di Milano (1457–1461), in: Memorie storiche della diocesi di Milano 2 (1955), S. 235–333.

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werdende Abtei San Celso zuweisen zu lassen.210 Da Francesco Sforza jedoch bereits sehr früh verkündet hatte, er wünsche, daß Antonio Baldironi der neue Abt von San Celso werde,211 gab Giovanni di Castiglione dem Herzog zwar am 2. Oktober 1457 zu verstehen, er habe eigentlich erwartet, daß Francesco Sforza ihm wenigstens diese Abtei als Ausgleich zu Rivalta anbieten würde, doch zugleich erklärte er sich aus Loyalität bereit, auch die Vergabe der Abtei an den herzoglichen Kandidaten herbeizuführen.212 Wenn Giovanni di Castiglione von der Abtei San Celso so leicht wieder abließ, mochte dies mehrere Ursachen haben: Zum einen hoffte er wohl, der Herzog würde sich ihm gegenüber für die getreue Erfüllung seines Auftrages zu Dank verpflichtet fühlen und sich auf anderem Wege doch noch mit der Abtei Rivalta erkenntlich zeigen.213 Zum zweiten hatte der Kardinal zu diesem Zeitpunkt bereits eine weitere alternative Versorgungsmöglichkeit ins Auge gefaßt: die Abtei San Marziano, deren „Inhaber“, Kardinal Fieschi, schwer erkrankt war und deren Erhalt ihm der Herzog einst in Aussicht gestellt hatte.214 Und zum dritten schienen ihm ein „loyales“ Ausführen 210 «[…] molti e grandi me persuadeveno la devesse domandare, ma voglio che chiascaduno intenda la integrità mia verso la excellentia vostra» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 16. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 211 Schon am 26. September 1457 hatte der Herzog seinen Gesandten Ottone del Carretto aufgefordert, sich in enger Absprache mit Giovanni di Castiglione ebenso für Carlo da Forlì wie auch für Antonio Baldironi einzusetzen (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 212 «E nuy li faremo quanto il debito de la devotione nostra richiede verso la excellentia vostra, bensi credevamo che la signoria vostra havesse memoria de fatti nostri quanto a l’abbadia, et cum questa seria satisfacto a la voluntà vostra de quella da Rippalta. E se quelli Milanesi che fano tanto caso de dare in commenda si volessero ricordare del governo, il quale era in l’abbadia di San Celso al tempo che la bona memoria di monsignore de Piacenza nostro […] la teneva e de quello è stato dappoi, forsi per loro devotione seriano in altra sententia, salvo se non allegasseno quod sepe filii dissimillimi sunt patrum. E se non fosse stata una grande reve[re]ntia vi portiamo como è debito l’haveriamo impetrata per nuy. Ma siamo deliberato expectare si tandem la excellentia vostra de suo proprio animo ordinarà qualche honesta provisione per nuy. E tanto como la necessità nostra poterà sostenire viveremo a vostra discretione, benché molti non laudeno troppo questo vivere» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Zur Vergabe der Abtei San Celso siehe auch das Schreiben, das der Kardinal von Pavia am 16. Oktober 1457 an den Mailänder Herzog richtete (Ebd., sub die). 213 Letztlich beließ es der Herzog am 28. Oktober 1457 in seinem Schreiben an den Kardinal von Pavia jedoch allein beim Dank für die Sorgfalt und die Klugheit, mit der dieser bei der Ernennung des Erzbischofs von Mailand und der Vergabe der Abtei von San Celso vorgegangen sei: «Postremo havemo inteso con quanta cura et diligentia la vostra signoria ha intrapreso el facto de questo arcivescovato de Milano et de l’abbatia de Sancto Celso che credemo in questo dì gli habii expedito, il che ne è stato summamente grato et così ne ringratiamo la prefata vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 214 Siehe hierzu oben, Kap. IX Anm. 125; siehe auch eine weitere herzogliche Instruktion, in der es heißt: «perché nuy siamo avisati ch’el cardinale dal Fiescho sta male et dubitase assay che non porà campare troppo dì, essendo così siamo contenti vi ritrovati con monsignore de Pavia et vi consigliate con luy de quello se habii ad fare circa l’abbatia de Sancto Martiano perché sua signoria intenda che siamo verso essa de quella bona dispositione che per altre nostre gli habiamo scritto» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 3./7. September 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46).

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der herzoglichen Wünsche und ein konsequentes Unterstützen des herzoglichen Gesandten wohl vorteilhaft, weil er hoffte, Ottone del Carretto noch stärker an sich binden zu können. Diesem wollte er nun klar vor Augen führen, daß er an der Kurie ohne den Beistand eines Kardinals nur wenig auszurichten vermochte und daß überhaupt ein „Weltlicher“ bei Benefizienangelegenheiten bei weitem nicht an die Einflußmöglichkeiten heranreichte, über die ein Kardinal verfügte. Giovanni di Castiglione wußte, daß Ottone del Carretto bislang noch keine allzu großen Erfolge hatte vermelden können und daß es um dessen finanzielle Verhältnisse sehr schlecht bestellt war.215 Daher setzte er darauf, daß dieser – sobald sich der Eindruck bei ihm verfestigte, er selbst könne von einer Prestigesteigerung des Kardinals nur profitieren – schon allein um des eigenen Vorteils willen den Herzog zugunsten des Kardinals anginge und darum bäte, den Kardinal noch mit weiterer Autorität auszustatten. Dies war ohne Frage wesentlich effektiver, als wenn der Prälat derartige Bitten selbst äußerte. Die Taktik schien in der Tat aufzugehen: Schon am 6.  September  1457 richtete der herzogliche Gesandte ein derartiges Schreiben an Francesco Sforza.216 Auch ein weiterer Rat, den Ottone del Carretto dem Herzog gab, um zu verhindern, daß die Benefizienangelegenheiten „einen dunklen, den Interessen des Herzogs zuwiderlaufenden Gang nehmen würden“, dürfte durchaus im Sinne Giovanni di Castigliones gewesen sein. Der herzogliche Gesandte, der noch wenige Monate zuvor eine ganz andere Line vertreten hatte, forderte Francesco Sforza nämlich nun dazu auf, dem Papst erneut zu verstehen zu geben, welch großes Vertrauen er in den Kardinal von Pavia setze. Überdies solle der Herzog – so der Hinweis des Gesandten – Calixt III. explizit darum ersuchen, künftig, zum Wohle des Herzogtums und der Untertanen, sämtliche Benefizien, die im herzoglichen Einflußbereich vakant würden, mit Wissen und unter Konsultation Giovanni di Castigliones zu vergeben, der seine Wünsche kenne und geeignete Kandidaten vorschlagen könne.217 Da Giovanni Caimi offenbar schon 215 Wie notwendig der herzogliche Gesandte einiger Zuwendungen bedurfte, geht deutlich aus dem Schreiben hervor, das Ottone del Carretto am 29. Oktober 1457, nach einem zehnmonatigen Aufenthalt in Rom, an Francesco Sforza sandte (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 216 «[…] et per quanto io posso intendere me pare, havendo il reverendissimo monsignore de Pavia questa facultà da vostra excellencia, li serà più facil cosa a sua signoria aiutare la dispositione de vostra excellencia che non serebbe ad uno seculare, sì per havere più credito et auctorità con il papa et cardinali, sì perché non sia così exosso che per via de cardinali se dispona de beneficii come per via de seculari, et mi rendo certo che sua reverendissima signoria, lassando da parte ogni sua specialità, haverà caro sempre satisfare al desiderio de vostra excellencia, et quanto più auctorità et favore li darà vostra excellencia tanto meglio potrà et vorrà compiacere a quella. Et a questo non mi move sallo ydio passione alcuna, se non quanto mi pare che per questo modo vostra excellencia possa meglio fare circa beneficii a suo modo, et per questa via se stringa molto a la sua benivolentia esso reverendissimo cardinale, qual a vostra excellencia et a li figlioli p[u]ò essere commodo a molte cose» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 217 «[…] ma perché meglio se possa adimpire quello che esse desidera li pare de bisogno che vostra excellencia scriva a la sanctità de nostro signore, come, essendo qua il reverendissimo monsignore de Pavia, in lo qual vostra excellencia ha grandissima confidentia, cum lo qual così in cose beneficiale come de stato l’oratore vostro qua ha a comunicare et consigliare ogni cosa, pare bene ad essa per la confidenza preditta et ancora per utile de lo paese vostro, de li subditi

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mit einer ähnlichen Botschaft zu Francesco Sforza gesandt worden war,218 spricht einiges dafür, daß Giovanni di Castiglione auch Ottone del Carretto diese Linie suggeriert hatte. Daß Ottone del Carretto die „Vorgaben“ des Kardinals regelrecht verinnerlicht hatte, zeigt sich auch daran, daß er von nun an in seinen Briefen an den Herzog stets das tadellose Engagement des Giovanni di Castiglione für die Belange Francesco Sforzas lobte219 und ebenfalls gute Worte für die Familiaren des Prälaten einlegte.220 Überdies vertraute er dem Kardinal von diesem Zeitpunkt an auch etliche der an ihn gerichteten herzoglichen Schreiben an, die andere Bereiche als die Benefizienangelegenheiten betrafen. Um Einsicht in diese Dokumente zu erhalten, war Giovanni di Castigliones Argument wohl, er werde sie dem Papst vorlegen, da der Gesandte keine Audienz bekommen habe221 – eine Konstellation, et de li beneficii che sua sanctità se degni conferire li beneficii quali accaderà vachare in quelle parte cum saputa d’esso monsignore, il qual cognoscendo vostra excellencia li proponerà persone ydonee e sufficiente, et cetera come parà a vostra excellencia che meglio se possa commovere l’animo de sua sanctità ad intendere il desiderio de vostra excellencia essere che con voluntà d’esso monsignore de Pavia se conferisca tali benificii et non aliter perché, intendando sua beatitudine così essere vostra voluntà, non dubita farà per modo che nullo o ben pochi beneficii andarano in sinistro o contra la dispositione de la excellencia vostra […]» (Ebd.). 218 «Et questa conclusione ha commesso sua reverendissima signoria […] ad Iohanne Caymo debia referire per sua parte a vostra excellencia» (Ebd.). 219  So heißt es in einem Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 19. Oktober 1457: «Il reverendissimo monsignore de Pavia optimamente si è deportato in satisfare a quello che vostra excellencia ha scritto et così fa in le altre cose a suo podere» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Am 27. Oktober 1457 liest man dann in einem weiteren Schreiben del Carrettos an den Herzog, der Kardinal von Pavia könne sogar die Benefizien, die außerhalb des Herzogtums lägen, im Sinne Francesco Sforzas von allen Unwettern fernhalten und sicher in den Hafen bringen: «La causa del vescoato Hulmicensis [= Olmütz] per lo reverendissimo d. Prothasio de Zarnora [= Protasius von Boskowitz und Černohora], electo da la maiestà del re de Boemia et dal capitulo, è comissa al reverendissimo monsignore de Pavia perché sia exequita la voluntà de vostra excellencia, per le cui intercesione la cosa è drizata in questo porto e tolta fuori de molte tempeste […]» (Ebd., sub die). 220 So setzte der herzogliche Gesandte etwa am 8.  Oktober  1457 ein sehr wohlwollendes Empfehlungsschreiben auf, als sich der Abt von Santa Cristina, einer der Schützlinge des Giovanni di Castiglione, zum Mailänder Herzog begab (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die; ein entsprechendes Schreiben von Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom 1. Oktober 1457 findet sich ebd., sub die). – Und nicht nur der herzogliche Gesandte konnte als Fürsprecher für diesen Abt gewonnen werden: auch – und das zeugt von dem Einfluß, dessen sich der Kardinal von Pavia erfreute – die Kardinäle Barbo, Colonna, Capranica und Piccolomini verwendeten sich Giovanni di Castiglione zuliebe zugunsten dieses Abtes [siehe hierzu deren Schreiben vom 1., 3. und 6. Oktober 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die)]. – Giovanni di Castiglione schrieb seinerseits, wohl auf Bitten des Kardinals Bessarion, am 29. Oktober 1457 an Francesco Sforza und legte diesem die Ankunft des Emanuele Paleologo ans Herz (Ebd., sub die). 221 Daß er ein herzogliches Schreiben Giovanni di Castiglione gegeben habe, damit dieser es dem Pontifex vorlese, und Calixt III. von diesem Brief so angetan gewesen sei, daß er den herzoglichen Gesandten und Giovanni di Castiglione am nächsten Tag gemeinsam zu sich beordert habe, berichtete Ottone del Carretto dem Herzog am 10. September 1457: «essendo molto occupata sua sanctità con tutti li cardinali, sì per la solemnità de la festa, sì per dare ordine a queste cose, per le quale cose non poteva così subito havere comoda audientia, diedi al reverendissimo monsignore de Pavia quelle lettere de vostra excellencia che le monstrasse al nostro signore et

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die Giovanni di Castiglione möglicherweise selbst arrangiert hatte, ohne daß es del Carretto gemerkt hatte.222 Wie effizient das Vorgehen des Giovanni di Castiglione war und wie intensiv er – der täglich mit Ottone del Carretto konferierte223 und vermutlich auch das Vertrauen zweier weiterer auf ihrem Weg nach Neapel kurzzeitig an der Kurie verweilender herzoglicher Delegierter224 hatte gewinnen können – nunmehr in die „herzogliche Politik“ eingebunden wurde, zeigen auch deutlich die folgenden herzoglichen Instruktionen. In diesen wurde nicht nur die Notwendigkeit einer Kooperation mit Giovanni di Castiglione hervorgehoben,225 sondern sie wurden seit Oktober 1457 auch häufig gleich in zweifacher Ausfertigung, für den hercosì fece. Sua sanctità molto bene le volse legere et relegere, et li piaqueno molto, et disse ch’io ritornasse il dì seguente da sua sanctità et così ritornandolì heri sera, presente il reverendissimo monsignore de Pavia, molto comendò il scrivire de vostra excellencia et l’opera qual essa faceva in conservare questa pace […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 222  Im Oktober  1457 brachte Giovanni di Castiglione den herzoglichen Gesandten dazu, etliche Nachrichten zu verfassen, die der Kardinal dem Pontifex dann überreichte und mitunter kommentierte; so etwa im Falle des am 9. Oktober 1457 verstorbenen Stefano Caccia, eines engen Vertrauten des Enea Silvio Piccolomini, der ein Kanonikat in der Kirche von Novara innegehabt hatte. Dieses hätte der Bischof von Siena gerne dem Neffen des Verstorbenen übergeben, doch Ottone del Carretto bat darum, erst letztgültig darüber zu verfügen, wenn eine diesbezügliche Instruktion des Herzogs eingegangen sei (siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 10. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 223 «[…] misser Otto cum il quale de giorno in giorno communicamo […]» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 28.  Oktober  1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 224 Francesco Cusano, der am 15. Oktober 1457 gemeinsam mit Giacomo del Borgo in Rom eingetroffen war, berichtete dem Herzog bereits am 18. Oktober 1457 davon, daß Giovanni di Castiglione ihnen zu einer schnellen Audienz verholfen habe (ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub die). – Daß der Kardinal von Pavia damit rechnete, daß sich auch diese Gesandten positiv über sein Engagement äußerten, läßt sich einem chiffrierten Schreiben entnehmen, das Giovanni di Castiglione am 20. Oktober 1457 an den Mailänder Herzog richtete (Ebd., sub die). – Zu Francesco [da] Cusano [auch de Cusano, Cusani] siehe Leverotti, Diplomazia e governo, S. 160 ff.; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 173. 225 Dies galt sogar für kleinere Angelegenheiten: So hieß es etwa Anfang Oktober 1457 im Hinblick auf das Kloster Sankt Gallen: «[…] volimo che sieti con monsignore de Pavia, con lo quale vi intenderiti, et […] cum la paternità soa vogliati fare ogni opera et honesta instantia» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 1. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Dieses Sujet läßt im übrigen erahnen, daß es mit großer Wahrscheinlichkeit auf Dauer zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen Giovanni di Castiglione und Enea Silvio Piccolomini kommen würde, hatte sich doch Giovanni di Castiglione im Auftrag des Herzogs darum bemüht, daß ihm diese causa anvertraut wurde, und war sicher nicht allzu angetan davon, daß man ihm mitteilte, er solle sie an Enea Silvio Piccolomini abtreten, weil das Interesse des Kaisers an Sankt Gallen noch größer sei als das der Italienischen Liga: «Al fatto del monastero di San Gallo de la dyocesi di Constantia subito havute le littere de la excellencia vostra fussemo cum nostro signore, el quale ne comise la causa, ma puoi si trova che prima ad instantia de la parte adversa era comissa a monsignore di Siena perché dicono havere in questa cossa più interesse lo imperatore et la casa de Austria che quelli de la liga. Nientedemeno si studiaremo fare tanto che intenderano quanto presso di nuy vaglano le intercessione de vostra signoria» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 28. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46].

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zoglichen Gesandten und für den Kardinal, ausgestellt.226 Freilich bedeutete dies, daß Giovanni di Castiglione nun auch stärker in die causa Piccinino227 involviert wurde und somit ein Terrain beschreiten mußte, das er bislang stets zu meiden vermocht hatte. Um zumindest nach außen hin nicht als Experte für diese Materie gehandelt zu werden,228 bat der Kardinal von Pavia den Herzog am 3. Oktober 1457 vorsichtigerweise, er möge, wenn er Informationen, etwa an Cosimo de’ Medici, weiterleite, nicht sagen, daß diese von ihm stammten.229 Zugleich ersuchte er Francesco Sforza auch, in seiner Antwort an ihn keinesfalls darauf Bezug zu nehmen,230 daß er entsprechende Informationen von ihm erhalten habe. Überdies ließ der Kardinal auch zum größeren Schutz entsprechende Passagen der eigenen Korrespondenz chiffrieren.231 Weitaus stärker als über die Berichterstattung über Giacomo Piccinino232 beabsichtigte Giovanni di Castiglione, sich im Herbst 1457 auf anderen Gebieten zu profilieren. Eines der dem Herzog am Herzen liegenden Projekte, für das sich 226  Dies gilt etwa für das Schreiben vom 30. Oktober  1457, in dem der Herzog sein Engagement für die Beibehaltung des inneritalienischen Friedens unterstrich. Zwar ist nur die an den herzoglichen Gesandten gerichtete Fassung überliefert, doch heißt es in dieser: «Et in simili forma scrivimo al reverendissimo monsignore cardinale de Pavia, con lo quale vogliati comunicare et concordarvi in tucto quello bisognarà» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 227 Daß der Pontifex dem Söldnerführer das Durchzugsrecht durch den Kirchenstaat genehmigen wollte, nachdem König Alfons V. verkündet hatte, er wünsche nicht, daß Piccinino noch länger in seinem Königreich bleibe, hatte Giovanni di Castiglione Anfang Oktober 1457 im Konsistorium erfahren und Ottone del Carretto unverzüglich mitgeteilt [siehe hierzu dessen chiffrierte Schreiben an Francesco Sforza vom 3.  Oktober  1457 (ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub die) sowie das entsprechende Schreiben, das Giovanni di Castiglione selbst aus diesem Anlaß am 3. Oktober 1457 an den Herzog richtete (Ebd., sub die)]. Dem Kardinal von Pavia und del Carretto war es nicht möglich, eine Unterredung mit dem königlichen Gesandten Michele Riccio, den Giovanni di Castiglione bereits von den Verhandlungen aus Wiener Neustadt kannte, zu führen, weil dieser, den Alfons V. wegen dieser causa an die Kurie geschickt hatte, kaum daß er in Rom angelangt war, schwer erkrankte und starb [siehe hierzu Ottone del Carrettos Schreiben an Francesco Sforza vom 3. Oktober 1457 (Ebd., sub die)]. – Zu den Vorkehrungen, die der Pontifex im Hinblick auf Piccininos Durchquerung des Kirchenstaates traf, siehe auch die Schreiben, die Ottone del Carretto am 5. und 19. Oktober 1457 an den Mailänder Herzog sandte (Ebd., sub  die).  –  Zu Piccininos Durchzug durch den Kirchenstaat, der ohne großen Schaden vonstatten ging, siehe das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 27. Oktober 1457 (Ebd., sub die). 228 Giovanni di Castiglione traf sicher auch deshalb einige „Schutzvorkehrungen“, weil ihm gewiß noch das Bild des Bischofs von Novara vor Augen stand, der seine Kräfte auf diesem Feld, wo es so wenig Ruhm zu ernten gab, verschlissen hatte (siehe hierzu oben, Kap. VII.2). 229 «Se la signoria vostra vole de questo participare con Cosmo ov altri, scriva la signoria vostra che ha inteso non da mi» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 230 «Anche se la excellentia vostra me rescrive, como serebbe in simile cosse necessario, similimente me scriva como se da mi non havesse havuto altro. In vero, signore, io facio questa cossa ponderose, et più che molti non penseno me pare de vedere grande revolutione» (Ebd.). 231 Siehe hierzu etwa das Schreiben, das Giovanni di Castiglione am 20. Oktober 1457 an Francesco Sforza richtete (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 232 Dieser versuchte Giovanni di Castiglione sich auch alsbald wieder zu entledigen, indem er am 14. November 1457 den Herzog darauf verwies, er könne derartige Neuigkeiten in Zukunft viel besser aus der Romagna erfahren: «Crediamo che da quest’hora inanzi la signoria vostra

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der Kardinal von Pavia engagierte, war etwa die Errichtung des Ospedale grande.233 Wie erleichtert der Herzog war, als es dem wegen seiner Klugheit, seiner Diskretion und seiner Güte vom Papst sehr geschätzten Giovanni di Castiglione234 gelang, sich vom Pontifex auch offiziell mit dieser Materie betrauen zu lassen, zeigt deutlich ein Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto. In diesem Brief bekundete der Herzog, wie beglückt er sei, daß sich der Kardinal von Pavia dieses Gegenstandes angenommen habe, da er wisse, daß dieser die Sache viel besser ausführen werde, als er, Francesco Sforza, es je erbitten könne.235 Auch für die Translation des Bischofs von Parma, den der Mailänder Herzog als seinen „Intimfeind“ erachtete und unbedingt aus dieser Diözese entfernt wissen wollte,236 setzte sich Giovanni di Castiglione intensiv in Francesco Sforzas Sinne ein,237 was dieser denn auch mit Dankbarkeit registrierte.238 Dem Kardinal von intenderà quelle cosse meglio per la via di Romagna che di qua, pure nondimanco di quanto sentiremo ne avisaremo la excellencia vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 233  Zum Projekt der Errichtung des Ospedale grande und den päpstlichen Vorbehalten gegenüber diesem Vorhaben siehe das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 28. Oktober 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Zu diesem Ospedale siehe auch Franca Leverotti, Ricerche sulle origini dell’ospedale maggiore di Milano, in: ASL  107 (1981), S. 78–113. 234 «perché sua sanctità, confidandosi de la prudentia, discretione e bontà sua, faria quanto referisse essere utile» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 28. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 235 «Havemo recevuto le vostre littere de dì XXVII del passato et inteso quanto ne scrivete, primo de la commissione facta per nostro signore al reverendissimo monsignore el cardinale nostro de Pavia circa ’l facto del hospitale grande de Milano. Respondendo dicemo ch’el ne piace che la cosa sii reducta in mano de la sua reverendissima signoria perché siamo certi la governarà meglio noy saperessimo domandare» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (eigenhändig unterzeichnetes, mit „ss“ markiertes Schreiben), 5. November 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. – Allzu einfach gestaltete sich die Umsetzung des herzoglichen Unterfangens freilich nicht: So warnte der Kardinal von Pavia den Herzog bereits am 28. Oktober 1455 in einem chiffrierten Schreiben, daß – auch wenn ihm diese Materie übertragen worden sei – der Papst wegen des großen Umfangs des Projektes dennoch Schwierigkeiten bereite: «Al facto del hospitale de Milano havemo fatto instantia presso la sanctità de nostro signore, la quale per la grandeza et […] de simile cosse ne fa gran difficultà, pure ne ha commissa questa cossa cum commandamento che maturamente intendiamo tute le circunstantie […]» (Ebd., sub die). Daß der Kardinal sich nicht täuschte und die Realisierung dieses Projektes in der Tat viel Geduld erforderte, zeigt auch ein späteres Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog vom 22.  Januar  1458 (Ebd., sub  die).  –  Zu den weiteren Entwicklungen hinsichtlich des Ospedale grande siehe auch das Schreiben des Herzogs an Giovanni di Castiglione vom 13. Februar 1458 und das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 15. Mai 1458 (Ebd., sub die). 236 Zu dieser Angelegenheit siehe oben, Kap. V Anm. 248. 237 Vermutlich hoffte der Prälat, daß er im Falle eines Erfolges nicht nur den Herzog wohlwollend gestimmt hätte, sondern auch mit der Dankbarkeit des neuen Bischofs von Parma rechnen und diesen seinerseits um Gefälligkeiten für die Seinen bitten könnte. 238 «Da misser Otho […] siamo avisati quanto caldamente la vostra reverendissima signoria se interpone et affatica per satisfare al bisogno et desydero nostro circa el facto del vescovato de Parma in transferire questo d. Delfino de la Pergula [= Delfino Della Pergola] altrove et redure quello de Modena [= Giacomo Antonio Della Torre] ad Parma, et che la prefata vostra reverendissima signoria se confida de trovargli qualche bona via et bono modo, el che ne è

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Pavia erschien es darüber hinaus jedoch wichtig, nicht nur die Vorhaben zu befördern, denen der Herzog Bedeutung beimaß,239 sondern sich auch einiger Anliegen der Herzogin Bianca Maria anzunehmen,240 deren Fürsprache gleichfalls molto piaciuto, et ve ne ringratiamo summamente. Et non cessaremo de pregare et confortare la prefata reverendissima vostra signoria che gli metta ogni sua diligentia et studio et aucterità per farne de ciò contento perché non vi poressimo scrivere né dire quanto habiamo questo facto al cuore et quanto importa al stato nostro per essere dicto d. Delfino homo de malissima conditione, nostro capitalissimo inimico et suscitatore de ogni scandalo et inconveniente, como per più lettere havemo scritto […], Monsignore, pensati che la vostra signoria ne farà una [!] grande piacere et una grande gratia ad levarci de questa molestia […], iterum atque iterum ve ne preghiamo […] perché, como havemo dicto, l’havemo tanto al cuore quanto dire se possa et molto più che altri forse non pensano» (Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 5. November 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Zu dieser Angelegenheit und zum diesbezüglichen Engagement Giovanni di Castigliones siehe auch die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 5. und 6. November 1457 (Ebd., sub die). – Zum Optimismus Giovanni di Castigliones, mit ein wenig Geduld die – keinesfalls einfachen – herzoglichen Wünsche entsprechend umsetzen zu können, siehe auch das Schreiben des Kardinals von Pavia an Francesco Sforza vom 14. November 1457 (Ebd., sub die). – Die Schuld dafür, daß sich der Vorgang verzögerte und es nicht – wie vom Herzog vorgesehen – sogleich gelang, Giacomo Antonio Della Torre nach Parma zu transferieren, schob der Kardinal von Pavia schließlich dem Bischof von Modena selbst zu, der den Papst durch sein ungeschicktes Verhalten gegenüber Francesco dal Legname, gegenüber dem Bischof von Ferrara, erzürnt habe (siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 19. November 1457, ebd.). – Zu dieser Angelegenheit: Ansani, La provvista, S. 23 f. Anm. 87. 239 Als ein weiteres herzogliches Anliegen ist beispielsweise noch das Engagement für die Familie Spinola, insbesondere für Alessandro Spinola, zu nennen, siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 8. Dezember 1457 [ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die (das entsprechende Schreiben an den Kardinal von Pavia, das in diesem Brief erwähnt wird, ist nicht im Bestand ASMi, Sf., PE, Roma  46 überliefert)].  –  Bereits im Januar  1458 mußte Giovanni di Castiglione jedoch dem Herzog mitteilen, daß der Papst nicht gewillt war, Alessandro Spinolas Wunsch nach einer Kommende in Genua zu erfüllen, weil er diese bereits für den Großmeister von Rhodos vorgesehen hatte, und zwar als Entschädigung für die großen Mühen und hohen Ausgaben, die dieser täglich habe (siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog von Anfang Januar 1458, ebd.). – Zugunsten Giuliano Spinolas, des Abts der in der Diözese Tortona gelegenen Kirche Santo Stefano, der Aspirationen auf das Bistum Mariana in Korsika hatte, aber auch auf seine Abtei nicht verzichten wollte, trat der Herzog am 17. Dezember 1457 über Ottone del Carretto an Giovanni di Castiglione heran (Ebd., sub die). 240 So setzte er sich etwa auf Wunsch der Herzogin Bianca Maria für die Befreiung Mansueto Sforzas [auch: Mansueto Crivelli], eines Halbbruders des Herzogs, von der Kerkerhaft ein und konnte immerhin bewirken, daß der Papst einwilligte, daß frate Mansueto, der einstige Abt des in der Diözese Cremona gelegenen San Lorenzo, in ein Kloster gebracht wurde, das auf einer nahezu unzugänglichen Insel inmitten eines Sees in den Abruzzen lag, die man nicht ohne Genehmigung verlassen konnte [siehe hierzu die Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 14. November 1457 und vom 22. März 1458, die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 19. November 1457, vom 28. Januar 1458, vom 25. Februar und vom 19. März 1458, die Schreiben Giovanni di Castigliones an Bianca Maria Visconti vom 28. Januar, vom 26. Februar und vom 21. März 1458 und die Schreiben des Herzogs an Ottone del Carretto vom 15. Februar, vom 16. sowie vom 24. März und 13. April 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die)]. – Zu frate Mansueto siehe Felice Fossati, Francesco I Sforza e il fratellastro Mansueto Sforza, abate di S. Lorenzo in Cremona, in: ASL s. 8, 10, 87 (1960), S. 471–495.

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von großem Nutzen sein konnte, wenn es bei Francesco Sforza (etwa in Hinblick auf die Abtei Rivalta) etwas zu bewirken galt.241 All die Themen, die Francesco Sforza als Belästigung empfand, sparte Giovanni di Castiglione hingegen möglichst aus. So drängte der Kardinal den Herzog bewußt nicht zum Kreuzzug, wie es Calixt III. wohl gerne gesehen hätte,242 insbesondere nachdem ein Gesandter des Stjepan Tomaš, des Königs von Bosnien, den Papst um Beistand ersucht hatte.243 Hätte Giovanni di Castiglione seine Kontakte nach Bosnien, wohin er 1450 gesandt worden war, um Hilfe gegen die Türken zu mobilisieren, sicher einige Jahre zuvor noch breit ausgeführt, so blieb es nun, da er den Herzog weder drängen noch reizen wollte, zunächst nur bei einer kurzen Erwähnung des bosnischen Gesandten. Dieser Botschafter – so heißt es in dem Schreiben des Kardinals von Pavia  – ziehe nun in Erwägung, zu Francesco Sforza weiterzureisen, nachdem er, Giovanni, dem König von Bosnien so viel (Positives) über den Mailänder Herzog geschrieben habe.244 Die 241  Zur Rolle Bianca Marias siehe u. a. Daniela Pizzagalli, Tra due dinastie. Bianca Maria Visconti e il ducato di Milano, Mailand 1988 (Storia e storie). 242 Der Papst hatte bereits am 8. Oktober 1457 an den Mailänder Herzog appelliert, Hilfe gegen die Türken zu leisten und für den Monat Dezember einen oder mehrere mit einem diesbezüglichen Mandat ausgestattete(n) Gesandte(n) an die Kurie zu schicken (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 243  «Qui è uno ambasiatore del re de Bosna qual in effetto dimanda aiuto contra li Turchi» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 15. Oktober 1457 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 46]. Auch darüber, daß die Türken nach ihren großen Verlusten in Albanien eine Delegation nach Rom schicken könnten, wurde an der Kurie gemunkelt: «Qui si dice che Turci hanno havuto gran conflicto et mortalitate in Albania e dicono alcuni vengano de là ch’è in segno di questo che si mandano dece ben vestiti a loro modo al papa» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2. Oktober 1457, ebd.). 244 «Qui è lo ambassatore de lo re de Bosna, el qualle se offerisse largamente contra lo Turcho, pure habia qualche adiuto; hoggi l’ho fatto havere audientia grande in mia presentia, e nostro signore me ha commisso el suo spacio, de tutto serà avisata la signoria vostra, et forse questo ambassatore vegnarà da la excellentia vostra, de la qualle ho scripto molte cose al ditto re» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 16. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46) (die in diesem Brief erwähnten Schreiben des Giovanni di Castiglione an den bosnischen König wurden bislang noch nicht aufgefunden). – Als die Reise zum Herzog konkretere Formen annahm, stellte Giovanni di Castiglione noch eine äußerst positive Empfehlung für den bosnischen Gesandten aus, in der er abermals seine eigenen Kontakte zum bosnischen König erwähnte: «Havemo instato per la expeditione di misser Nicolò di Iacobo, testa di Bosna, cavallero et ambassatore del serenissimo re di Bosna, del quale siamo convinctissimo amico. Ritorna el dicto ambassatore, per lo quale scrivemo al prefato re, confortandolo ad essere fermo et fervento in questa impresa ne la fede nostra. Ha deliberato visitare la signoria vostra, preghiamola lo vogla como sempre suole ricevere benignamente però che ultra il rispecto regale luy è cavallero notabile et persona da bene. El prefato re altre volte, conferindo nuy cum la sua serenità de le virtù et essere de la excellencia vostra, maxime ad ornamento de l’altre laude la probità et summa vera disciplina nel mestero de l’arme, ne prendeva summa consollatione, et quantunque sia in luntano paese, pure desidera la vostra amicitia et ha grandissima vogla di vedere vostra signoria et portavi reverentia assay» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 28. Oktober 1457, ebd.]. – Auch Ottone del Carretto kündigte seinem Herrn den bosnischen Besucher an [siehe hierzu die Schreiben des herzoglichen Gesandten vom 27.  Oktober und 7.  November  1457 (Ebd., sub  die)].  –  Ein Ziel des Gesandten war wohl, Verhandlungen über eine Vermählung

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Tatsache hingegen, daß der Papst alle christlichen Fürsten bitten wollte, Gesandte nach Rom zu schicken, um gemeinsam über ein Vorgehen gegen die Türken zu beratschlagen, wird in Giovanni di Castigliones Schreiben bezeichnenderweise nicht in Zusammenhang mit der Mission des bosnischen Gesandten gebracht, sondern vielmehr als ein bereits seit langem gefaßter Plan beschrieben, den der Pontifex nun wieder aufgegriffen habe.245 Auch wenige Wochen später, als der Abt von Sant’Ambrogio bereits im Auftrag Calixts III. auf dem Weg war, um in Mailand, Florenz und Genua für den Zug gegen die Türken und die Abordnung von Gesandten nach Rom zu werben,246 bedrängte Giovanni di Castiglione den Herzog nicht, konkrete Schritte in diese Richtung zu unternehmen. Vielmehr beließ er es am 4. November 1457 bei einer Empfehlung des Abtes sowie bei der schlichten Bitte, der Herzog möge dem Papst zeigen, daß ihm die Sache der Christen am Herzen liege.247 einer Tochter des Mailänder Herzogs mit dem Sohn des Königs von Bosnien zu führen – ein Projekt, in das offenbar Calcaterra im Jahr zuvor (möglicherweise auf Anraten des Giovanni di Castiglione) involviert gewesen war. Bemerkenswerterweise thematisierte der Kardinal von Pavia im Herbst 1457 dieses Projekt jedoch nicht, obwohl es zu dieser Zeit durchaus Gesprächsstoff war, wie ein chiffriertes Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 6. November 1457 (Ebd., sub die) zeigt. 245 «Nostro signore cum el collegio ha deliberato mandare a tutti li principi christiane voglione mandare li sui ambassatore da la sanctità sua, instructo de quello chiascaduno vole fare a la impresa contra lo Turcho, e in vero già è molti mesi che li dixe questo essere necessario a fare cosa degna e stabile, mandarà a la signoria vostra, la qualle, ho per novi ambassatori ov per commisione qua, se monstrarà la excellentia vostra essere quello che non vole manchare a tanto bene» (Giovanni di Castiglione an den Herzog vom 16. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 246 Daß man den Abt von Sant’Ambrogio wohl zum Herzog entsenden werde, hatte der Kardinal von Pavia gegenüber Francesco Sforza bereits am 28. Oktober 1457 angekündigt (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Zum Aufbruch des Abtes am 5. November 1457 und zu dessen Mission, die ihn, wie bereits angedeutet, auch nach Florenz und Genua führen sollte, siehe gleichfalls die Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 4. und 7. November 1457 [Ebd., sub die (letzteres Schreiben, ein Postscriptum, ist im ASMi, Sf., PE, Roma 46, fälschlicherweise eingeordnet unter dem Datum des 10. November 1457)]. – Zu dieser Materie siehe auch die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 27. Oktober und 9. November 1457 (Ebd., sub die). Vgl. auch das Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 22. November 1457, aus dem hervorgeht, daß der Herzog wünschte, daß sich der Abt von Sant’Ambrogio zunächst nach Genua begeben solle, bevor er nach Mailand käme (Ebd., sub die). 247 «Como per altre nostre havemo avisata la signoria vostra, deliberando la sanctità de nostro signore di fare vera provisione contra quello perfido et inimico del nome di Christo Turcho, manda a tutti signori et principi christiani ambassate. Per che anche manda a la signoria vostra il reverende patre miser l’abbate di Sancto Ambrosio, presente portitore, il quale, perché se intenda che vostra excellentia ha persone qui in corte digne et di capitale, et anche per la doctrina et virtute sue sono reputate, l’havemo preponuto, et cussì havendolo nuy carissimo et accepto, quantunque siamo certi non bisogna, ha magiore abundantia, nondimeno et per la persona sua et per che si manda et da chi lo ricommandiamo a la excellentia vostra, et preghamola che nella expeditione sua si vogla dimonstrare tale et si prompto che la sanctità de nostro signore intenda l’affectione vostra circa quello concerne la exaltatione del populo et nome christiano, nel quale siamo certi la signoria vostra essere ardentissima […]» [ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub die (I)]. – Francesco Sforza wollte für die in Rom einberaumte Versammlung keinen neuen Gesandten abstellen, doch konnte er zumindest dazu bewegt werden, Ottone del Carretto mit

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Bei all den unliebsamen Dingen, die Giovanni di Castiglione dem Herzog gegenüber ausklammerte oder zurückschraubte, gab es freilich eine Ausnahme in eigener Sache: die Zukunft der Abtei Rivalta. So verwies Giovanni di Castiglione am 2. Oktober 1457 nun doch auf den Vorschlag, den Giovanni Caimi dem Herzog unterbreitet hatte,248 und betonte, daß dieser eine elegante Lösung für viele Schwierigkeiten biete – eine Lösung, die insbesondere ermöglichte, das Problem des Papstes zu umgehen, der von einem Widerruf des von ihm Beschlossenen nichts hören wolle.249 Als Ottone del Carretto den Kardinal wenige Tage später auf Rivalta ansprach, teilte dieser ihm mit, er wolle so lange nichts unternehmen, bis er vom Herzog eine Antwort hinsichtlich des von Caimi unterbreiteten Angebotes erhalten habe.250 Auch wenn er nach wie vor betonte, wie sehr man sich an der Kurie allgemein darüber wundere, daß Francesco Sforza ihm die Abtei immer noch nicht zugestanden habe,251 vermittelte der Kardinal von Pavia offenbar den Eindruck, er werde sich letztlich dem Willen Francesco Sforzas beugen. Als Giovanni di Castiglione dem herzoglichen Gesandten riet, er solle den Papst aufsuchen, um mit diesem zu einem Arrangement zu kommen,252 wußte er wohl, einer Vollmacht auszustatten und für diese Konferenz als seinen Vertreter zu bestimmen [siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 22. November 1457 sowie das chiffrierte Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 5.  Januar  1458 (Ebd., sub die)]. – Francesco Sforza war im übrigen bei weitem nicht der einzige, welcher der päpstlichen Bitte nach der Entsendung eines speziellen Gesandten nicht unmittelbar nachkam. So berichtete Ottone del Carretto dem Herzog noch am 4. Januar 1458 in einem chiffrierten Schreiben, daß sich bislang keine für diese Beratungen abgeordneten Gesandten an der Kurie eingefunden hätten: «Qui non è ancora venuto ambasiatore alcuno per questa cosa del Turcho […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 248 Giovanni di Castiglione hatte angeboten, seinen Verzicht auf die Abtei zu erklären, sobald der Herzog ihm Rivalta offiziell zuerkennen würde. Siehe hierzu oben, Kap. IX S. 349. 249 «Perché aspetiamo communicato che haverà Zohanne Caymo cum la signoria vostra del modo havemo avisato, aciò che si satisfacia a la voluntà vostra et levarli li affani et dispiaceri occoreno ogni giorno, et non accadere inconvenienti di sollicitare revocatione, de le quale molto malvoluntieri ne ode parlare nostro signore, la excellentia vostra dia tale ordine che si potrano condure tute queste cosse a bon porto et senza tante difficultate. È vero che a nuy serà qualche affano, ma per mettere la mente vostra in riposso et tollere via una gran parte del parlare de la gente sosteniremolo voluntieri et passerano le cosse cum gran quiete, maxime d’essa vostra signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 250 «De l’abbatia de Ripalta il reverendissimo monsignore de Pavia non volea fare altro, dicendo che li seria mancamento non aspettare risposta da vostra excellencia de quello havea mandato per Iohanne Caymo, per lo qual diceva havere speranza se moveria vostra excellencia a novi partiti» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 10. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 251 «[…] perché in cose de pocho non voglio occupare la signoria vostra ho scripto a messere Stephano [de Robeiis], mio secretario, quanto acade cierca l’abbatia de Rippalta e benché me sia caricho et de honore et comodo, nientedemeno tutto supplisse l’amore et reverentia ho a la signoria vostra, altramente haverea monstrato quanto caricho ha pigliato sopra de si quello priore. […] È vero che è fatto certe parole e se maraveglieno che la signoria vostra me habia fatta tanta resistentia in quella de Rippalta» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 16. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 252 «[…] poych’io hebbi queste lettere del primo del mese ho fatto nova instantia et fattoli con bono modo intendere la voluntà de vostra excellencia, sì che credo molto havere commovuta

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daß die Vereinbarung keineswegs in so greifbarer Nähe lag, wie es Ottone del Carretto annahm. Der Kardinal von Pavia war sich durchaus im klaren darüber, wie gering angesichts der zwischen dem Papst und dem Herzog gegenwärtig wegen der Vergabe der lombardischen Benefizien bestehenden Streitigkeiten253 das Risiko war, daß der Pontifex die zu Gunsten der Castiglione gefällte Entscheidung widerrufen würde. Er wußte, wie verstimmt Calixt III. – der glaubte, dem Mailänder Herzog mehr Privilegien als jedem anderen Herrscher eingeräumt zu haben254 –  gewesen war, als er davon erfuhr, daß Francesco Sforza sich darüber beklagte, an der Kurie gar nichts mehr erreichen zu können.255 Auch daß der Herzog angekündigt hatte, nun eine andere Gangart einschlagen zu wollen256 und zu zeigen, daß er in jeglicher Hinsicht der Herrscher „in seinem Hause“ sei,257 hatte den Papst sehr verärgert.258 Der Groll des Papstes war noch sua reverendissima signoria, et me ha ditto ch’io torni hogi da sua signoria che vederà se potremo pigliare modo a lo accordio» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 10. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 253  Dieser zwischen Calixt III. und Francesco Sforza ausgetragene Machtkampf hatte bereits im Frühjahr 1457 einen ersten Höhepunkt erreicht, als der Mailänder Herzog, der bislang gegenüber den Wünschen des päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila sehr entgegenkommend gewesen war und nahezu alle Begehren dieses Mitgliedes der Familie Borgia erfüllt oder gebührend zu entschädigen versucht hatte [siehe hierzu etwa das Schreiben des Mailänder Herzogs an Ottone del Carretto vom 1. April 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die)], sich erstmals bei der Vergabe der in Novara gelegenen Abtei Santa Marta entschieden einer Forderung des Verwandten von Calixt III. widersetzt hatte. – Zur Verärgerung des Papstes über diese Weigerung siehe die Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom am 25. und 30. April 1457 sowie dessen Brief an Ottone del Carretto vom 3. Mai 1457 (Ebd., sub die). – Damals hatte Francesco Sforza, wohl auf Anraten seines Gesandten und Giovanni di Castigliones, nach einiger Zeit eingelenkt und dem päpstlichen Neffen die Abtei Santa Marta zugestanden (siehe hierzu die Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 6. und 17. Mai 1457 sowie dessen Brief an Ottone del Carretto vom 24. Mai 1457, ebd.). 254 «[…] et disse molte cose de la benivolentia che porta a vostra excellencia, maravigliandosi che vostra excellencia se lamentasse de sua sanctità circa le cose beneficiale, in le quale compiaceva più a quella che a signore del mondo, come ancora pocho avanti me havea ditto […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 14. November 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 255 «non possiamo obtenere cosa che domandiamo, né vale essere andato con ogni reverentia et humilità, né quello che havemo facto. Non vale havere compiaciuto ad questo et ad quello per reverentia de sua sanctità, hormay non sapiamo più che fare né che più debba zoveare» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 1. Oktober 1457, Bibl. Ambr., ms. Z 219 sup., n° 9457). 256 «Poiché questo non è valuto fin ad qui, nuy ne usaremo mo un’altra via» (Ebd.). 257 «et vederemo se ad casa nostra nissuno potrà più che nuy» (Ebd.). 258 Die Verstimmung des Papstes mochte umso größer gewesen sein, als er bereits im Sommer einen Machtkampf mit Alfons V. auszufechten hatte. Giovanni di Castiglione schwieg bezeichnenderweise über diese Unstimmigkeiten. Lediglich Ottone del Carretto berichtete dem Herzog am 25. Juni 1457 über die Auseinandersetzungen des Papstes mit dem königlichen Gesandten, der mit der Appellation an ein Konzil drohte und vom Pontifex schließlich verwünscht wurde (ASMi, Sf., PE, Roma  45, sub  die).  –  Hinsichtlich Alfons’  V. hatte der Kardinal von Pavia ohnehin stets große Zurückhaltung walten lassen. Ein am 2.  April  1457 verfaßtes Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza zeigt, daß Giovanni di Castiglione die diesbezüglichen Informationen an den herzoglichen Gesandten weiterleitete und diesem bei diesen Belangen die alleinige Berichterstattung überließ (Ebd., sub die).

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gestiegen, als Francesco Sforza aus Unmut über den exzessiv betriebenen päpstlichen Nepotismus259 dann sogar so weit ging zu verkünden, jeder, der wolle, solle doch Benefizien verteilen, allerdings müsse er bedenken, daß über eine Bulle zu verfügen, noch lange nicht heiße, ein Benefizium tatsächlich zu besitzen.260 Als der Mailänder Herzog sich schließlich beharrlich weigerte, die päpstlichen Günstlinge anzuerkennen, denen in seinem Territorium liegende Pfründen zugewiesen wurden, und als er es auch ablehnte, Calixts III. Nepoten Luis Juan de Mila, dem Kardinallegaten von Bologna, die Abtei S. Pietro di Breme als Kommende zuzugestehen, wie es der Pontifex seit längerem wünschte, hatte es mit der Geduld des Papstes ein Ende. Er erklärte die herzogliche Verfügungsgewalt über sämtliche lombardische Benefizien für null und nichtig.261 Francesco Sforza verkündete seinerseits im Gegenzug, sämtliche bisher erlassenen Bullen, welche die Vergabe der Kommenden in seinem Territorium beträfen, seien ungültig.262 Zudem riet der Herzog allen Prälaten, sich zukünftig vor jeder Auseinandersetzung mit ihm zu hüten, betonte aber auch, daß diejenigen, die seine Bedingungen akzeptierten, von ihm anerkannt würden und ihre Pfründen behalten dürften.263 Berücksichtigt man diese Konstellation, so wird man verstehen können, warum Giovanni di Castiglione auf die Unnachgiebigkeit des Papstes264 in der Sache Rivalta bauen und ein eigenes Einlenken vortäuschen konnte.265 259 Zum Ärger, den der Nepotismus auch bei den Kardinälen auslöste, siehe Ansani, La provvista, S. 14. 260 «Conferiscano et impetrano beneficii chi se vogli, se haverano le bolle non haverano za la possessione» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 1.  Oktober  1457, Bibl.  Ambr., ms. Z 219 sup., n° 9457). Vgl. Ansani, La provvista, S. 14 Anm. 48. 261 Ansani, La provvista, S. 13. 262 Die betroffenen als Kommenden vergebenen Abteien werden am 2. November 1457 in einem an Ottone del Carretto gesandten Schreiben aufgelistet. Es sind neben der Abtei von Breme, die sich in den Händen des Kardinals Scarampo befindliche Abtei Chiaravalle Milanese, die Kardinal Calandrini zugeteilte Abtei Cerreto sowie das diesem ebenfalls zugewiesene reiche Priorat von Campomorto und die diesem gleichermaßen zufließenden Einkünfte aus der Abtei San Giovanni; des weiteren die bei Tortona liegende, Kardinal Fieschi unterstehende Abtei von San Marziano, die Kardinal Colonna zugesprochene Abtei Acquafredda in der Diözese Como und die gleichfalls in diesem Bistum liegende Abtei Sant’Abbondio, die zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht Giovanni di Castiglione gehörte, wie man bei Ansani liest (Ebd., S. 13). 263 «Et però volemo che ne avisati cardinali, prelati et qualunque altri de quella corte che ve parirà che per l’avenire voglino guardarse da queste concorrentie con nuy, et non darce materia de corrozarse con loro; perché chi ne serà contrario, s’el serà forestero et haverà le bolle, le porrà tenere, et nuy faremo che altri goderà, né da nuy in eterno haverà la possessione» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. November 1457, ASMi, RD 156, fol. 182v). Vgl. auch Ansani, La provvista, S. 13 f. 264 Der Papst schien wohl ohnehin Ende Oktober 1457 nach der schweren Erkrankung seines Neffen sehr unleidlich zu sein und kaum Audienzen zu gewähren: «D. Borge, nepote de nostro signore, è gravemente infirmo de febre, dubitasi de la vita sua, per la qual cosa nostro signore sta molto de mala voglia et dà pocha audientia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 27. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 265 Seine Bekundung von Disponibilität in der Sache Rivalta nahm der Kardinal von Pavia jedoch zum Anlaß, um erneut die ihm am Herzen liegende causa „Grassi“ zu thematisieren (zur

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Auch als sich die Wogen zwischen dem Herzog und dem Pontifex allmählich wieder glätteten,266 manipulierte Giovanni di Castiglione den herzoglichen Gesandten weiterhin, so etwa beim Beschaffen von päpstlichen Audienzen.267 Als Vorgeschichte der Angelegenheit Martino Grassi siehe auch oben, Kap. VII Anm. 260). So erinnerte der Kardinal von Pavia zu dieser Zeit einmal mehr an seinen Anspruch – unter Verweis auf die Tatsache, daß man sich an der Kurie schon wundere, warum der Herzog sich so wenig um seinen Kardinal bemühe, und unter Verwendung des Wortspiels, sich doch nicht nur um die „Grassi“ (die „Fetten“), sondern auch um die „Mageren“, wie ihn, Giovanni, zu kümmern: «[…] se maraveglieno che la signoria vostra me habia fatta tanta resistentia in quella de Rippalta. Item in quello fatto de Martino Grasso, et io cum altri coloro tutto e facio la excusa, haveva commesso a Iohanne Caymo feciesse instantia a la signoria vostra che fecisse fin a quella causa de li Grassi, et compatisse un pocho a li Magri como sono yo, e se la excellentia vostra lo intendesse bene non me dubito me favorezareve altramente» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 16. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 266 Am 7. November 1457 hatte der Kardinal von Pavia dem Herzog zu verstehen gegeben, mit welcher Bitterkeit der Papst auf ein Schreiben reagiert hätte, in welchem Francesco Sforza seinen Unwillen über die Benefizienangelegenheiten geäußert hatte – und diese Gelegenheit nutzte der Kardinal, um dem Herzog zu versprechen, mit aller Kraft für ihn zu wirken (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). Der Herzog lenkte alsbald ein. Gegen die Verfügungen, die der Pontifex zugunsten seines Neffen getroffen hatte, erhob er keinen Einspruch mehr; er wies lediglich darauf hin, als wie lästig und störend er es empfinde, daß die in seinem Einflußbereich liegenden Benefizien nicht an seine Untertanen und Diener fielen, sondern beständig an andere vergeben würden (siehe hierzu sein Schreiben an Ottone del Carretto vom 16. November 1457, ebd.). – Daß er dem päpstlichen Neffen Luis Juan de Mila die Abtei Breme zugestehe würde, hatte der Herzog dem Pontifex bereits einige Tage zuvor durch seinen Gesandten und den Kardinal von Pavia mitteilen lassen. Zur Freude des Papstes über das Einlenken des Herzogs siehe die Briefe Giovanni di Castigliones und Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 14. November 1457 (Ebd., sub die). – Die höfliche Bitte Francesco Sforzas, der Papst möge in Zukunft bei der Vergabe von lombardischen Benefizien stärker die herzoglichen Wünsche berücksichtigen, findet sich in dessen Schreiben an Ottone del Carretto vom 22. November 1457 (Ebd., sub die). 267 Nach außen hin vermochte es Giovanni di Castiglione so darzustellen, als ob er dem herzoglichen Gesandten selbst dann zu Audienzen verhalf, wenn der Pontifex an sich keine Zeit hatte (siehe hierzu etwa das Schreiben des Kardinals von Pavia an Francesco Sforza vom 2. Oktober 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). Doch ließ er zuweilen, weil er vor dem herzoglichen Gesandten seine Karten nicht ganz offenlegen wollte, Ottone del Carretto erst später zu Unterredungen, die er mit dem Pontifex über die herzoglichen Belange führte, dazustoßen, was er etwa am 7. November 1457 Francesco Sforza gegenüber damit rechtfertigte, daß er Calixt III. erst allein habe vorbereiten und auf die herzoglichen Anliegen einstimmen wollen (Ebd., sub die). Doch kann man diese Zeilen auch so verstehen, daß er del Carretto nicht von Beginn an dabei zu haben wünschte, weil er zunächst einige Dinge zu klären beabsichtigte, die nicht für die Ohren des herzoglichen Gesandten (und noch weniger für die des Herzogs) bestimmt waren. Francesco Sforza schöpfte jedoch keinen Verdacht (siehe hierzu das herzogliche Schreiben an Ottone del Carretto vom 23. November 1457, ebd., sub die). Wenn er nicht mißtrauisch wurde, so mag dies auch damit zusammenhängen, daß Ottone del Carretto die Argumentation des Kardinals so sehr eingeleuchtet hatte, daß er sie dem Herzog am 7. November 1457 sogar als das Ergebnis gemeinsamer Überlegungen präsentierte (Ebd., sub die). Weit davon entfernt, seinen Gesandten zu etwas Vorsicht und Mißtrauen zu ermahnen, ordnete Francesco Sforza diesem sogar am 18. Dezember 1457 an, auch in Zukunft den Ratschlägen des Kardinals von Pavia Folge zu leisten (Ebd., sub die). – Diese Technik des „Nachholens“ des Gesandten ließ sich freilich nicht immer praktizieren, und so nahm Giovanni di Castiglione den Gesandten offenbar in der folgenden Woche einmal gleich zu Anfang der Unterredung mit, allerdings nicht ohne ihn

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es dann um die Vergabe des Bistums Como ging, unterschätzten sowohl Ottone del Carretto als auch der Herzog den Kardinal von Pavia. Giovanni di Castiglione hatte sich – nachdem sein Verwandter Antonio Pusterla, der Bischof von Como, Ende Oktober gestorben war  –  zum Ziel gesetzt, dessen Bruder Martino als Nachfolger durchzusetzen. Francesco Sforza, der offensichtlich den Wunsch dieser einflußreichen Familie nach außen hin nicht deutlich abzulehnen wagte, hatte zunächst offiziell seinem Gesandten wie auch Giovanni di Castiglione den Auftrag erteilt, die Erhebung dieses Prälaten zu betreiben.268 Insgeheim aber hatte er den Papst und seinen Gesandten gebeten,269 diese Ernennung zu unterbinvorher genau instruiert zu haben, wie er sich während dieses Gesprächs – inbesondere hinsichtlich der Frage der Vergabe von Benefizien an den päpstlichen Neffen – verhalten solle [siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 13. November 1457 (Ebd., sub die)]. Doch wird es kein Zufall gewesen sein, daß der Kardinal von Pavia den gemeinsamen Besuch beim Pontifex ein wenig hinauszögerte. Indes fiel dies dem herzoglichen Gesandten nicht negativ auf, weil Giovanni di Castiglione – der dem Papst schon vorab eine schriftliche Nachricht hatte zukommen lassen  –  das Abwarten zunächst damit entschuldigte, daß er am 11. November 1457, dem Tag des Heiligen Martin, das Fest des Kardinals von Rouen aufzusuchen habe (dessen Titelkirche San Martino in Monte war), und dann unterstrich, daß er es für ratsam halte, sich noch nicht am 12., sondern erst am 13. November 1457 zum Papst zu begeben, weil bis dahin noch weitere wichtige Schreiben des Herzogs eingetroffen sein könnten [siehe hierzu den Brief Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 12.  November  1457 (Ebd., sub die)]. – Wenige Tage später indes scheint Giovanni di Castiglione allein den Pontifex aufgesucht zu haben. Zumindest fällt der Name del Carrettos weder in seinem Schreiben vom 16. November 1457, in dem er von seiner am folgenden Tag stattfindenden Unterredung mit dem Pontifex berichtete (Ebd., sub die), noch in einem weiteren, etwas später verfaßten Brief, in dem der Kardinal sein Gespräch mit dem Papst sogar zum Teil in indirekter, zum Teil in direkter Rede wiedergab (Ebd., sub die). 268 «[…] ad dì XXX de octobre proxime passato è accaduto il caso, secundo ch’è piaciuto a dio, ch’el reverendo d. Antonio da Pusterla, olim vescovo lì, è mancato de questa presente vita, donde supplicamo per l’alligate ad soa beatitudine et al sacro collegio de reverendissmi signori cardinali per la promotione del egregio doctore d. Martino da Pusterla, fratello quondam del prefato vescovo, et de Petro nostro da Pusterla, et in specialitate etiamdio scrivemo al reverendissimo monsignore nostro cardinale de Pavia, como vederete per la inclusa copia, per tanto volemo che subito vedute le presente, participato prima et consultato col prefato monsignore cardinale, ve ritroviati ad li pedi de soa sanctità et gli supplicate quello medesmo che scrivemo, et exponate questo essere nostro proposito, nostro desiderio et nostra voluntà ch’el dicto d. Martino sii promosto ad questa dignitate per li respecti che scrivemo. Et così solicitarete, operarete et instarete con ogni cura, studio et diligentia che obtegnamo questo nostro desiderio et non gli mancarete in cosa alcuna […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (eigenhändig unterzeichnetes, mit „ss“ markiertes Schreiben), 3. November 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. – Zum Dank des Giovanni di Castiglione, daß sich der Herzog für diesen Kandidaten entschieden hatte, siehe das Schreiben des Kardinals von Pavia an Francesco Sforza vom 13.  November  1457 (Ebd., sub die). – Zur ursprünglichen Zuversicht des Kardinals von Pavia, daß man Martino Pusterla innerhalb weniger Tage zum Bischof von Como ernannt haben würde, siehe den Nachsatz zum Schreiben des Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom 16.  November  1455 (Ebd., fälschlicherweise unter dem Datum des 14. November 1457). 269 Die entsprechende Instruktion ist ebensowenig erhalten wie die spätere Anfrage des Herzogs, ob seine Anweisungen nicht rechtzeitig eingetroffen seien, doch nahm Ottone del Carretto in seinem Brief vom 9. Dezember 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die) auf diese Schreiben Bezug. – Wenn Ottone del Carretto in seinen vorherigen Schreiben den Ahnungslosen spielte

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den.270 Der Kardinal von Pavia hatte jedoch in der Zwischenzeit äußerst effektiv für seinen Verwandten Martino Pusterla geworben. Der Grund dafür, daß sich der herzogliche Wunsch bislang nicht erfüllt habe – so teilte Ottone del Carretto denn auch seinem Herrn am 9. Dezember 1457 mit – sei nicht etwa gewesen, daß die herzogliche Instruktion nicht rechtzeitig eingetroffen wäre oder der Papst nicht hinter dieser gestanden hätte, sondern daß Giovanni di Castiglione ein so starkes Plädoyer für den Verwandten gehalten habe, daß es kaum mehr möglich erschienen sei, um dessen Ernennung herumzukommen.271 Es hat den Eindruck, als habe der Kardinal sogar mit Hilfe eines „fingierten“ herzoglichen Schreibens operiert272 und nicht zuletzt durch das Verlesen dieses Briefes die Stimmung im Konsistorium zugunsten Pusterlas verändert.273 Da auch der Pontifex eine Ablehnung Martino Pusterlas vor diesem Hintergrund nicht mehr rechtfertigen zu können glaubte und befürchtete, daß ein derartiges Verhalten zwangsläufig einen und angesichts der Haltung des Papstes Ratlosigkeit vorgaukelte [siehe hierzu die Schreiben Ottone del Carrettos vom 21. und 29.  November sowie dasjenige vom 4.  Dezember  1457 (Ebd., sub die)], so tat er dies wohl, weil er glaubte, daß Giovanni di Castiglione diese Briefe lesen könne. – Bereits im Falle von Rivalta divergierten die Nachrichten, die der Herzog seinem Gesandten und Giovanni di Castiglione zukommen ließ: «Al prefato monsignore cardinale respondemo ad certe sue lettere circa el facto de l’abbatia de Rivalta opportunamente, como vedrete. Item ad vuy scrivemo per una altra separata circa el facto de quelle abbatie como vi harete ad governare con nostro signore, donde credemo satisfare ad l’uno et ad l’altro adbastanza» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 28. Oktober 1457, ebd.). 270 Zur Verzögerung, die sich bei der Ernennung von Martino Pusterla zum Bischof von Como ergab, siehe das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 29. November  1457 (ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub  die) sowie das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 15. Dezember 1457 (Ebd., fälschlicherweise unter dem Datum des 10. Dezember 1457). 271 «vostra excellencia desidera intendere perché è manchato che il desiderio d’essa non habia havuto effetto circa il veschoato da Como, osia perché sia stato tardo l’aviso o perché la voluntà del papa sia stata contraria, dico che l’aviso fu a tempo et prima parlay con sua sanctità che alcuno altro et promissemi de fare quello gli richiedeva, poy quando vide che il reverendissimo cardinale de Pavia con tanta ferventia li parlò, dicendo che era suo parente, […] parse fusse mutato ogni cosa, et alhora disse sua sanctità che, essendo stato a tutti accepta tale nominatione et essendo parente del cardinale de Pavia, li seria troppo grande stimulo de li cardinali quando volesse fare resistentia, como per altre più largamente io scrisse, et per propria dispositione se mosse ad questo, et io ho compreso di [ques]to che il reverendissimo monsignore de Pavia non ha inteso questa cosa né altra persona che sua sanctità et io. Hogi non è stato tempo, sì per lo consistorio, sì per altre occupatione de nostro signore, de havere audientia, vederò de haverla domane, et circa il vescoato da Como farò quanto vostra signoria me scrive […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 272 Giovanni di Castiglione hatte Francesco Sforza bereits am 14.  November verkündet, daß er in Anbetracht des noch ausstehenden herzoglichen Schreibens zugunsten von Martino Pusterla etwas Unübliches getan (das heißt wohl einen entsprechenden Brief verfaßt) hätte: «Et non essendo certo respecto senza altra littera né provisione, havriamo fatta cossa non usata per compiacere prima a la signoria vostra, puoi al nostro carissimo cusino domino Pietro da Pusterla» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 273 «[…] et lesse in consistorio quella littera che vostra signoria scrivea a la sanctità sua et al collegio de cardinali in laude et commendatione de misser Martino, parse fusse mutato ogni cosa» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 9. Dezember 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46].

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großen Skandal hervorrufen würde, war er höchst erfreut, als ihm Ottone del Carretto schließlich von dem Einlenken des Mailänder Herzogs und dessen Entscheidung für Martino Pusterla als Bischof von Como berichtete.274 Möglicherweise mag es der Erfolg dieses für Martino Pusterla abgefaßten Schreibens gewesen sein, der den Kardinal von Pavia dazu beflügelte, nach dem überraschenden Tod seines Fürsprechers König Ladislaus von Böhmen-Ungarn, von dem man in Rom am 22. Dezember 1457 erfuhr,275 ein weiteres Schreiben zu seinen eigenen Gunsten „anfertigen“ zu lassen – einen äußerst wohlwollenden Brief, den Ladislaus zwei Tage vor seinem unerwarteten Tode geschrieben haben soll und den dessen Bote im Januar 1458 Giovanni di Castiglione an der Kurie überreichte276 (als man keine Rückfragen mehr an den angeblichen Aussteller richten konnte). 274 «Del veschoato de Como la sanctità de nostro signore ha havuto molto ad caro che la vostra signoria se sia mosta a compiacere a misser Martino, dicendo che quando li havea ben pensato non gli sapeva fare exceptione alcuna sopra la quale havesse havuto alcuna assay colorata rasone de denegare che […] misser Martino non l’havesse perché tanto era molestato da monsignore de Pavia et d’altri cardinali che non haria possuto sua sanctità sostenere tanto senza scandolo grande. Et in vero conoscho che il prefato monsignore cardinale molto pigliava questa cosa a petto et faceva instantia mirabile per vie exquisite, ma la sanctità de nostro signore li havea tagliato ogni via de favellarli più de questa cosa, dicendo non li dicesse più de questo finché sua sanctità li dicesse altro, et erano nati diversi sospetti, ma non me so may aveduto che sua signoria né altri habbi may preso sospetto de questo facto» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 19.  Dezember  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  46].  –  Um sein Gesicht zu wahren, bat Francesco Sforza, der bis zum Schluß großen Wert darauf gelegt hatte, daß Giovanni di Castiglione nichts von seinen zwischenzeitlichen Aktionen gegen Martino Pusterla erfuhr (siehe hierzu etwa dessen chiffriertes Schreiben an Ottone del Carretto vom 30.  November  1457, ebd.), seinen Gesandten am 8. Januar 1458, dem Kardinal von Pavia seinen großen Dank für dessen Engagement auszusprechen (Ebd., sub die). Zugleich richtete der Herzog an diesem Tag an Giovanni di Castiglione ein direktes Dankschreiben (Ebd., sub die). – Der Kardinal wiederum bedeutete Francesco Sforza am 22. Januar 1458, er habe sich auch Pusterla zuliebe so sehr engagiert, weshalb der Herzog sich nicht zu bedanken brauche (Ebd., sub die). 275 «Questa matina venne la novella a la sanctità de nostro signore, quale li disse il reverendissimo monsignore de Siena, como lo serenissimo re de Ungaria è stato morto con veneno, et così hogi m’ha ditto ancora il reverendissimo cardinale de Fermo» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 22. Dezember 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. Siehe hierzu auch die Nachricht des Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom selben Tag (Ebd., sub die). – Am 31. Dezember 1457 bestätigte Ottone del Carretto diese Nachricht erneut (Ebd., sub die). 276 Auf die Existenz dieses Schreibens, in dem Ladislaus zum Ausdruck brachte, wie sehr er den Kardinal schätzte, wies Giovanni di Castiglione den Mailänder Herzog am 22. Januar 1458 selbst hin: «Piacene che vostra signoria resti avisata de le cosse d’Ungaria, non siamo anchora senza dolore de la morte d’un tanto principe, il quale cordialmente ne amava. ne ha renovato il dolore il recevere de le littere ne ha portata uno suo proprio messo mandato a nuy, scripte de duy giorni inanzi quella immature morte, amplissime et di gran carità, vero argumento del amore suo verso nuy, et de la cordiale fiducia prendeva de fatti nostri. Per certo questo è tanto da considerare quanto dire si possa che forsi gran tempo nostro non incontro il simile, cioè di tanto signore cussì giovene nel contrahere de tanto matrimonio et cum tanto apparechiamento in cussì breve tempo spaciarsi un grande exempio de la nostra fragilità et misera condictione humana» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die).

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Aus seinen einstigen Kontakten zu Ladislaus noch einmal Nutzen zu schlagen, dürfte dem Kardinal umso notwendiger erschienen sein, als nach dessen Tod zu befürchten stand, daß über die Nachfolge heftige Streitigkeiten entbrennen würden.277 Mithin konnte Giovanni di Castiglione, der bislang wesentliche Informationen aus Ungarn an den Herzog weitergeleitet hatte,278 nicht abschätzen, ob diese so wie bisher weiterfließen würden. Da es von Rom aus erheblich schwieriger war, Kontakte zu einem neuen Herrscher aufzubauen, mußte er zudem davon ausgehen, daß in nächster Zeit aus diesem Raum wenig  –  indirekte  –  Hilfe für sein weiteres Vorankommen zu erwarten war. Auch in das Reich, wo man derzeit – zu Giovanni di Castigliones Mißfallen – den Erlaß einer Pragmatischen Sanktion nach französischem Vorbild in Erwägung zog,279 durfte 277  Daß ihn der Tod des ungarischen Königs Ladislaus nicht nur persönlich traf, sondern auch deshalb, weil nun weitere Schwierigkeiten zwischen Friedrich III., dessen Bruder Herzog Albrecht und dem Herzog Sigismund von Tirol zu erwarten standen, gab der Kardinal von Pavia dem Herzog bereits am 22.  Dezember  1457 zu verstehen (ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub die). – Am 31. Dezember, als der Sekretär des böhmischen Kanzlers Prokop von Rabenstein die Nachricht vom Tod des Königs bestätigt hatte, erweiterte Giovanni di Castiglione in einem Schreiben an den Herzog die Menge der potentiellen Konfliktparteien noch um die Namen des Königs Kasimir von Polen, des Herzogs Wilhelm von Sachsen, des böhmischen Gubernators Georg von Podiebrad, des Bruders der Witwe von János Hunyadi, und um den des Despoten von Serbien, die ebenfalls Aspirationen auf die Herrschaft über Böhmen und Ungarn anzumelden schienen (Ebd., sub die). Der Brief des Giovanni di Castiglione vom 24. Dezember 1457, den der Kardinal in diesem Schreiben erwähnte, ist leider nicht im Bestand ASMi, Sf., PE, Roma überliefert. 278 So betonte etwa Ottone del Carretto am 25.  Juni  1457 dem Herzog gegenüber, daß Giovanni di Castiglione über die Neuigkeiten aus Ungarn berichten würde: «Delle novelle de Hungaria scrive monsignore de Pavia a sufficientia, secondo m’ha dicto sua signoria» (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). – Der entsprechende Brief des Kardinals von Pavia stammt vom 29. Juni 1457 (Ebd., sub die). 279 Giovanni di Castiglione schwieg wohl bewußt über diese Entwicklungen, und so war es Ottone del Carretto, der den Herzog am 27. Oktober 1457 hierüber unterrichtete: «De Alamagna se ha novelle dal reverendissimo monsignore il cardinale Augustense [Peter von Schaumberg], qual è alamano, come quelli signori alamani ecclesiastici et seculari sono per accettare la pragmatica sanctione al modo che fano in Franza, nisi la sanctità de nostro signore subito li proveda per persona, qual fia potente opere et sermone, dio adrizi in bona via» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Schon am 25. Juni 1457 hatte Giovanni di Castiglione die Nachrichten, daß man sich im Reich über den Papst und die Erhebung des Türkenzehnten beklage, daß man dort über die Übernahme der Pragmatischen Sanktion diskutiere und daß man in Köln sogar einen Priester, der das Eintreiben des Kreuzzugszehnten predigte, von der Kanzel gejagt habe und nur um Haaresbreite mit dem Leben habe davon kommen lassen, dem Herzog nicht selbst berichtet, sondern sie durch Ottone del Carretto übermitteln lassen (Ebd., Roma 45, sub die). – Auch am 27. Januar 1458 war es der herzogliche Gesandte und nicht Giovanni di Castiglione, der Francesco Sforza in einem chiffrierten Brief den Unmut beschrieb, der im Reich über die von Calixt III. betriebene Politik herrschte: «D’Alamagna ho vedute littere del reverendissimo cardinale Augustense [Peter von Schaumberg], quale scrive al papa et ad uno cardinale qua in corte, como quelli signori d’Alamagna tutti sonno malcontenti et pexime del governo […] de questo pontifice per molte exorbitantie factegli in quelle parte, in modo che non delibereno più patirle, como più volte è stato scritto qua. Et che parendoli non se facia ad questo altra provisione hanno deliberato questo febraro in lo dì della purificatione de nostra dona [2. Februar] fare una dieta a

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der Kardinal von Pavia keine allzu großen Hoffnungen setzen. Allerdings wollte er auch hier keine Möglichkeit auslassen, die ihm auf Umwegen vielleicht doch zur Abtei Rivalta oder einer anderen adäquaten Versorgung verhalf. So versuchte Giovanni di Castiglione den Herzog nun mit der Investitur dadurch zu locken, daß er eine weitere Figur ins Spiel brachte: den Kanzler des Mainzers, Martin Mair,280 der ihm wohlgesonnen sei und ihm gern einen Gefallen tun wolle. In einem Brief, den der Kardinal bezeichnenderweise eigenhändig aufsetzte, was er seit längerem nicht mehr getan hatte,281 teilte er dem Mailänder Herzog am 30. November 1457 mit, Mair habe ihm signalisiert, daß der Zeitpunkt gegenwärtig sehr günstig sei, um das Thema der herzoglichen Investitur zur Sprache zu bringen.282 Daher möge der Herzog in dieser Angelegenheit doch weitere Instruktionen von einem vertrauensvollen Boten mündlich überbringen lassen oder per Brief zusenden.283 Man wird wohl davon ausgehen können, daß der Herzog  –  sollte er sich schriftlich äußern  –  die ausgefeilte Codierung nutzen Nuribergh, ad la quale sarà lo serenissimo imperatore et l’altri signori d’Alamagna per deliberare in questa cosa […]» (Ebd., Roma 46, sub die). 280 Zu diesem siehe Georg Schrötter, Dr. Martin Mair. Ein biographischer Beitrag zur Geschichte der politischen und kirchlichen Reformfrage des 15. Jahrhunderts, München 1896; Rainer Hansen, Martin Mair. Ein gelehrter Rat in fürstlichem und städtischem Dienst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts [Kiel, Univ. Diss., 1982 (masch.-schriftl.); 1992 Mikrofiche]; Voss, Dietrich von Erbach, S. 347 ff., 574. 281 Seinen Sekretär ließ Giovanni di Castiglione  –  möglicherweise um nach außen hin zu verschleiern, daß er dieses Schreiben aufgesetzt hatte – an diesem Tag ebenfalls zwei relativ unverfängliche Briefe niederschreiben: Zum einen einen kurzen Bericht über die Entwicklungen des Konfliktes zwischen den Orsini und dem Grafen Everso; zum anderen ein Empfehlungsschreiben für den Protonotar Giovanni Matteo Bottigella, ein Mitglied eben jener Familie, aus der Giovanni Stefano Bottigella stammte, der einst der Kandidat des Paveser Kapitels und somit Giovanni di Castigliones Konkurrent gewesen war, als es 1453 einen Bischof für Pavia zu bestimmen galt (siehe hierzu die entsprechenden Schreiben des Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza vom 30.  November  1457, ASMi, Sf., PE, Roma  46; siehe auch oben, Kap. IV Anm. 119). – Knapp drei Wochen später, als die Diözese Cremona vakant geworden war, verfaßten am 22. Dezember 1457 auch die Kardinäle Capranica und Colonna entsprechende Empfehlungsschreiben für den Protonotar Bottigella (Ebd., sub die). 282 «Nanze la venuta de messere Giorgio [Hessler? – zu diesem siehe oben, Kap. VIII Anm. 4], auditore mio, et poy per luy, messere Martino [Mair], cancellero del Maguntino [= Dietrich Schenk von Erbach], et mio amicissimo, si me ha fatto dire che molto se maraveglia che non li ho scrito alchuna cosa del fatto de la investitura vostra del ducato et confirmatione de privilegii vostri etc. perché ha speranza, quando la signoria vostra li voglia intendere, che el suo patrone conducerà bene questa facienda, tanto per honore de la excellentia vostra che per amore mio, perché in vero el Maguntino molto desidera farme piacere, et molto de dì in dì più piglia fiducia de my, et in cose molte secrete. Anche me ha fatto exponere el dicto cancellero che adesso serea tempo de tractare questa cosa perché el Maguntino ha grande et stretta intelligentia cum lo imperadore, el qualle molto li compiace» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 283 «De questo aviso la signoria vostra affinché, se deliberà dare ordene alchuno, me la facia sapere, o per lettere o per messo fidato. E quando fusse necessario rimandarrà per sollicitare questa expeditione el dicto messere Giorgio [Hessler ?], el qualle molto se lauda de la signoria vostra. La signoria vostra a questo me dia presto resposta che possa fare alchuna resposta al dicto cancellero [= Martin Mair], el qualle ha grande voglia de servirme e compiacere a mi perché sa che questa cosa m’è a core» (Ebd.).

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würde, die Giovanni di Castiglione Anfang des Monats ausgearbeitet hatte, da ihm die bisherige Verschlüsselung als zu schwach erschienen war.284 Entschied sich Francesco Sforza indes für die mündliche Übermittlung, so konnte er auf Giovanni di Castigliones Sekretär Stefano de Robeiis285 rekurrieren, den der Kardinal von Pavia zur Klärung einiger brisanter Fragen nach Mailand zu schicken beabsichtigte.286 Da diese den Papst selbst bzw. dessen Empfindlichkeit bei der Vergabe spezieller Benefizien betrafen, wollte Giovanni di Castiglione angesichts des noch leicht gereizten Klimas, das zwischen dem Pontifex und dem Herzog weiterhin bestand, diese Punkte nicht schriftlich fixiert wissen. Diese Gesandtschaft, der andere an den Herzogshof folgen sollten,287 gab Giovanni di Castigliones Sekretär die Möglichkeit, stärker in das Blickfeld Francesco Sforzas zu rücken.288 Zugleich bot sich für Giovanni di Castiglione die Gelegenheit, einen Informanten im herzoglichen Umfeld zu postieren, der auf die am Mailänder Hof kursierenden Gerüchte achten und die dort bestehenden Stimmungen aufnehmen konnte. Wichtigster Verhandlungspunkt war mit großer Wahrscheinlichkeit die Zukunft der Abtei Rivalta. Offenbar erweckte Giovanni di Castiglione einmal mehr den Eindruck, als sei er bereit, sich mit einer Pension von 600  Florenen zu begnügen, die er so lange beziehen wollte, bis ihm im Herrschaftsgebiet des Mailänder Herzogs Benefizien im Wert von mindestens 284 «[…] perché forse per l’avenire accaderà scrivere più sovenzo in zifera che non è facto per lo passato et quella havemo con el nostro illustrissimo signore è un puocho debile, ne havemo facto un’altra, la quale ve mandiamo qui inclusa, avisandone che con quella non ve scriveremo finché non habiamo vostre littere de la receptione d’essa» [Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta, 4. November 1457 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 285 Seinen Kaplan und Sekretär Stefano de Robeiis hatte Giovanni di Castiglione bereits im Vorjahr an den Herzogshof geschickt, als es die causa Grassi zu klären galt (siehe zu dieser Entsendung das Schreiben des Kardinals von Pavia an Francesco Sforza vom 27.  April 1456, ASMi, Sf., PE, Alemagna 569). 286 Zur (erneuten) Entsendung von de Robeiis heißt es in einem Schreiben, das Ottone del Carretto am 6. November 1457 an den Herzog richtete: «Per tanto lo reverendissimo monsignore de Pavia ha deliberato che vegna prete Stephano suo capellano, qual intenda li partiti, quali sua reverendissima signoria li proponerà vi debbia referire, aciò se daghi ordine a questo fatto [Rivalta], et così ha voluto io me sia sottoscritto, come vederà vostra excellencia per quelle littere et vostra excellencia potrà intendere per il ditto o per altri che li piacerà quelli partiti che sua reverendissima signoria proponerà […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Daß er darauf warte zu hören, was Francesco Sforza mit Stefano de Robeiis besprochen habe, teilte der Kardinal von Pavia dem Herzog am 13. November 1457 mit: «Ceterum aspetiamo intendere quanto la signoria vostra haverà in ogni cossa deliberato cum d. Steffano, nostro secretario» (Ebd., sub die). 287 So war de Robeiis Anfang Dezember 1457 noch nicht einmal von seiner Gesandtschaft zurückgekehrt, als der Kardinal von Pavia schon seine neue „Mission“ plante: «Ne piaceria che misser Steffano, nostro secretario, vengha ben instructo de la mente vostra. Li diremo insieme cum misser Otto largamente ogni nostro aviso, et presto lo rimandaremo a la signoria vostra» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 4. Dezember 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 288 Stefano de Robeiis hatte von seinem Meister gelernt. Er nutzte die Chance und sollte es später tatsächlich schaffen, nicht nur zahlreiche Benefizien zu erwerben, sondern auch 1467 Bischof von Ventimiglia zu werden; siehe Ansani, La provvista, S. 18 Anm. 67, S. 75 f. Anm. 323; Eubel, Hierarchia, Bd. II, S. 268.

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IX. Die römischen Jahre

1.200 Florenen zufielen.289 Um Alternativvorschläge hinsichtlich anderer Abteien war Giovanni di Castiglione in der Tat nicht verlegen. Nachdem er die Nachricht vom Tod des Bischofs von Cremona vernommen hatte, gab er dem Herzog am 15. Dezember 1457 zu verstehen, daß er, falls diese Diözese einem Abt, etwa dem Abt von Chiaravalle, zugesprochen werden sollte, dessen Kloster gerne übernehmen werde, vor allem dann, wenn der Herzog dieses öffentlich als Ausweis der Wertschätzung erkläre, die er seinem Kardinal entgegenbringe.290 Er bedauere es sehr, daß er „immer die gleiche Leier spielen“ müsse, doch sei es notwendig 289 Die Replik des Giovanni di Castiglione auf das Schreiben, in dem Stefano de Robeiis mitgeteilt hatte, mit welcher Dankbarkeit der Herzog dessen Offerte aufgenommen habe, ist so allgemein wie möglich gehalten. Konkrete Fakten der Abmachung werden in diesem an Francesco Sforza gerichteten Brief vom 23. November 1457 nicht genannt: «Per littere de misser Steffano, nostro secretario, siamo avisati quanto ha havuto grato la signoria vostra intendere la promptitudine nostra in compiacerli de l’abbadia de Rippalta. Debbe essere certa la excellentia vostra che in ogni cossa deliberamo acostarsi a la mente et oppinione sua in quanto conosceremo puotervi compiacere. Aspetaremo che si mandi qui il procuratorio sufficiente et dal canto nostro non mancharemo a fare quanto serà bisogno» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Der Herzog war indes in seinem Schreiben, das er am 14. Dezember 1457 an Ottone del Carretto sandte, weit weniger diskret und nannte die genauen Bedingungen und Bestimmungen: «Quanto siamo stati desyderosi de vedere posto fine con lo reverendissimo monsignore nostro cardinale de Pavia al facto de l’abbadia de Rippalta de Terdonese doveti haverlo assay inteso, et per tante nostre lettere et per nostri messi ad bocha. Esso reverendissimo monsignore è remasto contento de farne la voluntà nostra, de che volimo rigratiati per nostra parte strictamente la signoria soa, così siamo remasti d’acordio qui con pre Stefano da Robio, in nome de la reverendissima signoria soa, et con li agenti per d. Iacomo Bigurra, priore de San Matheo da Terdona, futuro abbate d’essa abbadia, al qual priore siamo contenti resti dito priorato in commenda, ultra lo titulo de la abbadia, per la pensione de firini 600, quali resta al prefato monsignore suso essa abbadia, como vederiti per la copia inclusa de la littera scrivemo al prefato reverendissimo monsignore. Pertanto intendendove con la signoria soa, quale pregate per nostra parte voglia restare ben contenta de quanto havemo facto con esso pre Stefano, et scrivemo a la signoria soa, como siamo certi farà, operate con ogni studio et diligentia con la sanctità de nostro signore che subito siano expedite le bolle, così del titulo d’essa abbadia, como de la commenda d’esso priorato in persona d’esso d. Iacomo […], le bolle de la pensione de li firini sexcento suso l’abbadia volemo dire che essa pensione duri donec per sedem apostolicam provisum fuerit al dicto reverendissimo monsignore nel dominio nostro de uno o duy beneficii, videlicet abbadia o priorato de valuta annuale ad minus de firini milliducento […]» (Ebd., sub die). 290  «poyché io intese la vacatione del veschovato de Cremona scrisse a la illustrissima signoria vostra pregandola che, acadendo desiderasse se promovesse alchuno abbate, la cui abbatia fusse cosa apta per alchuna mia provisione, volesse recordarse de la speranza a mi data et promessa etc. dapoy ho inteso che messer l’abbate de Chieravalle in Piasentina [= Alberigo Garimberti, Abt von Chiaravalle della Colomba] fa instantia per lo dicto veschovato, la qualle cosa se cossì è la signoria vostra poterebbe satisfarme et per questo mezo fare quello che tanto tempo ho desiderato, cioè che in qualche aperto segno la excellencia vostra demonstrasse ad ogniuno che li sia grato, e che in le vostre cose ogni homo me potesse dare fede senza nullo retardamento, cossì de novo prego caramente la signoria vostra me voglia compiacere perché compiacerà a si stessa» [ASMi, Sf., PE, Roma 46 (dort fälschlicherweise eingeordnet unter dem Datum des 10. Dezember 1457)]. – Zu Chiaravalle siehe Ferdinando Reggiori, L’abbazia di Chiaravalle, Mailand 1970; Angelo Maria Caccin, L’abbazia di Chiaravalle milanese. Il monastero e la chiesa. Storia e arte, Mailand 1977 [1979]; Marco Pellegrini, Chiaravalle fra Quattro e Cinquecento. L’introduzione della commenda e la genesi della congregazione osservante di San Bernardo, in: Paolo Tomea (Hg.), Chiaravalle. Arte e storia di un’abbazia cistercense, Mailand 1992, S. 92–120.

IX.3 Weitere Bemühungen um die Abtei Rivalta

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zu demonstrieren, wie sehr der Herzog ihn achte. Würde Francesco Sforza ihm diesen Wunsch erfüllen und ihm auch eine Residenz in Mailand zuweisen, damit er den Herzog von Zeit zu Zeit aufsuchen könne, dann garantiere er, ihn fortan mit derartigen Anliegen nicht mehr zu belästigen.291 Wohl auch, um dem Herzog die Möglichkeit zu nehmen, einfach zu behaupten, er habe dieses Schreiben nicht erhalten, verfaßte Giovanni di Castiglione wenige Tage später nochmals einen ähnlichen Brief, in dem er den Herzog auch daran erinnerte, daß er, da er sich bereits hinsichtlich der Abtei Rivalta zurückgehalten habe, dringend einer positiven Geste des Herzogs, eben der Zuweisung der Abtei, bedürfe.292 Der Kardinal von Pavia hatte jedoch einmal mehr das Nachsehen, denn der Herzog hatte für das Bistum Cremona keinen Abt, sondern den apostolischen Protonotar Bernardo Rossi im Blick.293 Es dürfte ein kleiner Trost für Giovanni di Castiglione gewesen sein, daß dieser immerhin sein Verwandter war.294 291 «perdoneme la excellentia vostra se continuamente canto questo verso perché non me pare vedere l’hora che la gente intendeno per alchuna via l’amore et affectione me porta la excellentia vostra. In vero la utilità non me move principalmente perché dio non me mancho may, cossì sempre spero in la sua gratia. Sia certa la signoria vostra che havuta qualche honesta provisione non aggraverò altramente la excellentia vostra, salvo che ultra ogni cosa molto desidero de havere qualche bono reducto in Millano, et honesto loco, quande acadesse como propono de tempo in tempo visitare la signoria vostra, a la qualle iterum me recommando» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. Dezember 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 292 «Sono certificato de la morte del veschovo de Cremona, forse acadarà la signoria vostra proponarà qualche abbate per la cui promotione vegnarà a vaccare abbadia de qualche bona intrata. Prego la signoria vostra se degna recordasse de li fatti mei, et monstrare in qualche cosa la signoria vostra me habia grato, dio sa que opininone hano molti per quella resistentia me ha fatto la excellentia vostra in quella de Rippalta, et io per satisfare a la mente vostra ho postponuto et l’honore et la utilitate. Siandone vaccate tante parireve a la bregata dovesse la excellentia vostra altramente pensare del suo cardinale, faciame la signoria vostra tanto piacere, e metitene in scontro de quella tale qualle utilitate vi facesse altro, non serà se non bono schambio, la excellentia vostra me ha data tanta speranza et promessa, et già più volte è acaduta oportunità e pur non ho sentite fructo che horamay serebe tempo scaricharse almancho d’una parte. Iterum prego la signoria vostra che facia qualche demonstratione de haverme caro» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, o. D. (wohl um den 20. Dezember 1457), ASMi, Sf., PE, Roma 46 (das Schreiben ist hinter den exakt datierten aus dem Dezember des Jahres 1457 eingeordnet)]. 293  Siehe hierzu das Schreiben des Francesco Sforza an Ottone del Carretto vom 20. Dezember 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die), in dem der Herzog seinen Gesandten bat, Giovanni di Castiglione einzuweihen und als Fürsprecher für Rossi zu gewinnen: «Et del tucto participarete con il reverendissimo monsignore cardinale de Pavia». Da dieser Brief vom 20. Dezember 1457 jedoch nicht von Francesco Sforza eigenhändig unterschrieben war und auch keine geheimen Zeichen aufwies, vereinbarte der herzogliche Gesandte mit dem Pontifex, davon zunächst niemanden – auch nicht Giovanni di Castiglione – in Kenntnis zu setzen. Man entschied, so lange abzuwarten, bis ein weiteres Schreiben des Herzogs mit den entsprechenden Symbolen eingetroffen war [siehe hierzu den chiffrierten Begleitbrief des Schreibens, das Ottone del Carretto am 30. Dezember 1457 an Francesco Sforza sandte (Ebd., sub die)]. – Offensichtlich hatte der Herzog jedoch nur vergessen, das Schreiben zu unterzeichnen und mit den entsprechenden Symbolen zu versehen, denn am 24.  Dezember  1457 bat er seinen Gesandten erneut, sich, mit Hilfe des Kardinals von Pavia, für Bernardo Rossi als Bischof von Cremona einzusetzen, und fügte diesmal neben seiner eigenhändigen Unterschrift ein „ss“ für die besondere Tragweite hinzu (Ebd., sub die). – In der ersten Januarhälfte 1458 hatte sich dann die herzogliche

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IX. Die römischen Jahre

IX.4 „Gerne hätten wir Eure Durchlaucht … vorgewarnt, aber weil diese Resignation viele Gefahren mit sich bringt …, haben wir sie akzeptiert und die Bullen bereits ausstellen lassen“295 – Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio Anfang Januar 1458 gab es, wohl weil der Papst nach wie vor krank daniederlag,296 wenig zu berichten – von Giacomo Piccinino einmal abgesehen. Doch dieses Thema überließ Giovanni di Castiglione lieber Ottone del Carretto,297 nachdem er Francesco Sforza darauf aufmerksam gemacht hatte, daß er stets ausgiebig mit Präferenz an der Kurie so weit herumgesprochen, daß viele den Papst bereits um die Benefizien ersuchten, die Rossi bislang inngegehabt hatte und von denen man annahm, sie würden nach dessen Erhebung zum Bischof neu vergeben – eine Entwicklung, die Ottone del Carretto aufzuhalten versuchte [siehe hierzu dessen Schreiben an Francesco Sforza vom 8. Januar 1458 (Ebd., sub die)]. – Der Versuch, die Benefizien für Rossi zu retten [vgl. etwa das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 11. Februar 1458 (Ebd., sub die)], mißlang jedoch, wie Giovanni di Castiglione dem Herzog wenig später mitteilte (Ebd., o. D.) und wie der Kardinal von Pavia dann nochmals am 19. April 1458, einen Tag nach der Ernennung Rossis zum Bischof, vermeldete (Ebd., sub die); siehe hierzu auch das Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 17. April 1458, in dem u. a. die Rede davon war, daß der Kardinal von Pavia sich selbst eines dieser Benefizien zugeschlagen habe (Ebd., sub die). – Zur Reaktion des Herzogs siehe dessen Antwort an Ottone del Carretto vom 11. Mai 1458 (Ebd., sub die). 294 Da Giovanni di Castiglione Bernardo Rossi als seinen Verwandten bezeichnete, dürfte davon auszugehen sein, daß der neue Bischof auch ein Angehöriger des Agostino Rossi war, für den sich der Kardinal von Pavia am 8. Juni 1457 bei Francesco Sforza stark gemacht hatte (ASMi, Sf., PE, Roma 45, sub die). 295 «Ne havressemo voluntieri […] avisata vostra excellentia, ma considerato che in queste resignatione possono cadere di molti periculi […] l’habiamo acceptata et habiamo fatto spaciare le bolle […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Juni 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). Zu diesem Zitat siehe unten, Kap. IX Anm. 344. 296 So schrieb Ottone del Carretto am 4. Januar 1458 in einem chiffrierten Brief an Francesco Sforza: «Il reverendissimo monsignore de Pavia non ha ancora havuto il tempo de fare altro in le cose de Bologna quantunche molto desideri fare cosa grata a vostra excellencia. Quivi dormeno tute le facende de corte giacendo il papa come fa» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). – Bereits am 31. Dezember 1457 hatte der herzogliche Gesandte seinem Herrn berichtet, daß Giovanni di Castiglione hinsichtlich Bolognas bzw. hinsichtlich der von dieser Stadt zum Schutz vor Giacomo Piccinino erbetenen herzoglichen Truppen gerne etwas unternommen hätte, dazu aber aufgrund der Krankheit des Papstes nicht in der Lage gewesen wäre: «Haveva deliberato il reverendissimo cardinale de Pavia parlare con la sanctità de nostro signore circa le cose de Bologna, secondo che vostra excellencia scrivea, ma per lo impedimento de le gotte et altre occupatione havute da nostro signore non gli ha havuto ben il tempo, ma andando questa sera io a la sanctità sua, licet giacesse in letto, benignamente me intromisse […]» (Ebd., sub die). – Erst am 12. Januar 1458 vermochte del Carretto, dem Herzog ein Zeichen der Verbesserung des päpstlichen Gesundheitszustands zu vermelden: «[…] heri l’altro se levò de letto e tiene signatura publica, cosa che non havea fatta un mese fa, il che è bono signal de sua sanctità» (Ebd, sub die). 297 Auch in den folgenden Monaten sollte Giovanni di Castiglione diese Praxis beibehalten und das Thema des Söldnerführers so weit wie möglich meiden. Lediglich am 21. März 1458 ließ er sich in einem Schreiben an den Herzog einmal kurz auf dieses Sujet ein (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die).

IX.4 Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio

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dem herzoglichen Gesandten kommuniziere.298 Er versprach jedoch, sich mit ausführlicheren Nachrichten zu melden, sobald sein Sekretär Stefano de Robeiis, dessen Ankunft wohl unmittelbar bevorstehe, wieder in Rom eingetroffen sei und über seinen Besuch beim Herzog referiert habe.299 Am 11. Januar  1458, etwa eine Woche nachdem Ottone del Carretto und Giovanni di Castiglione dem noch bettlägerigen Papst einen Besuch abgestattet hatten,300 langte de Robeiis offensichtlich spätabends in Rom an. Als der Kardinal sich am folgenden Tag an Francesco Sforza wandte, hatte er jedoch nur kurz mit dem Sekretär sprechen können und lediglich in Erfahrung gebracht, daß es dem Herzog gut ging.301 298  Welch großes Anliegen es Francesco Sforza seinerseits war, daß der herzogliche Gesandte und der Kardinal von Pavia sich miteinander berieten, zeigt etwa dessen Schreiben an Giovanni di Castiglione vom 19. Januar 1458: «Per le vostre del ultimo del passato et de V et VIIII del presente restiamo pienissimamente avisati de li avisi et ricordi ne fa la reverendissima vostra signoria, quali havemo inteso molto voluntieri, et la ringratiamo grandemente, et così haremo caro che li piacia fare per lo venire, sì in scrivirci qualche cosa digna como ha facto fin ad qui, sì in communicare con misser Otho et drizarlo et consigliarlo in quelle cose vi parirano de bisogno. Ad la reverendissma vostra signoria non scrivemo più lungo perché ad esso misser Otho havemo scritto diffusamente quanto accade, et lui sempre communicarà con la vostra signoria perché così ha in commissione et commandamento da nuy de fare noto ad la prefata vostra signoria ogni cosa che accada o del male o bene, non altramente che ce faci noto ad nuy stesso» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 299  «Havemo pienamente communicato cum misser Otto di quanto accade al presente et de li pensieri faciamo non senza colore maxime de le trame poteriano accadere per conte Iacobo. Però al presente non si extendiamo più ultra. Remettiamo ogni cossa al megliore iuditio de la signoria vostra. Ben li ricordamo se per nuy gl’è a fare più una cossa como un’altra ne voglia avisare. Quanto a le cosse beneficiale misser Steffano anchora non è venuto. L’aspetiamo de hora in hora» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 9. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 300 Bei diesem Besuch dürften sie den Pontifex darüber unterrichtet haben, daß der Herzog del Carretto per Mandat zu seinem Delegierten für die gegen die Türken zu treffenden Vorkehrungen bestimmt hatte: «A dì V de questo fui col reverendissimo cardinale de Pavia a la presentia de nostro signore, il qual pur ancora giace in letto, et presentali la littera de vostra excellencia directiva a sua sanctità circa questa cosa del Turcho, qual volse ch’io la legesse, gli monstray lo mandato et lesello distinctamente, li dissi ancora certe parole de la bona dispositione de vostra excellencia, et in tal modo li proposi la cosa che rimasse molto satisfatta, et disse molte bone parole referendo molte gratie, et disse per breve voleva rispondere a vostra excellencia rigratiandola et confortandola. Poy cominciò a fare un gran parlare quanto desiderava che le cose d’Italia se firmasseno in modo che vostra excellencia potesse con secureza del suo stato andare personaliter a questa impresa contra il Turcho, dicendo quanto essa sarebbe atta a tal governo del exercito christiano, et per lo suo grande nome seria a terrore e spavento a l’inimici, et qui disse molte cose in commendacione de vostra excellencia, monstrando de havere l’animo molto acceso a disponere queste cose, poy concluse ch’io tenesse cotal mandato apresso di mi donec me dicesse altro […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 8. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Anfang Februar waren allerdings für die an der Kurie zu führenden Gespräche über ein Vorgehen gegen die Türken noch keine Gesandten anderer Mächte eingetroffen: «Per le convocatione de li ambasiatori de principi christiani fatta per la sanctità de nostro signore per le cose del Turcho fin a qui non è venuto ambasciator alcuno» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 4. Februar 1458 (chiffriertes Schreiben), ebd.]. 301 «Heri sira tarde giunsi d. Steffano nostro, dal quale per alcune nostre occupatione non havemo inteso, né cierchato altro, salvo de la prosperità et stato de la signoria vostra et de tuti vostri, però che questa è la mazore consolatione che possiamo havere. Inteso che haveremo il dicto miser

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IX. Die römischen Jahre

Was Stefano de Robeiis dem Kardinal von Pavia ausrichtete, läßt sich nicht genau rekonstruieren; das Thema Rivalta dürfte ein Gegenstand gewesen sein. Dennoch war es Ottone del Carretto selbst fünf Tage nach der Ankunft von Giovanni di Castigliones Sekretär noch nicht geglückt, eine definitive Aussage des Kardinals hinsichtlich der Abtei zu erhalten.302 Giovanni di Castiglione berichtete zunächst lieber über anderes, wie etwa die Vorfälle in Ungarn.303 Erst nachdem er sich wohl abermals versichert hatte, daß der Papst nach wie vor seine „Oberhoheit“ bei der eigentlichen Entscheidung zu demonstrieren suchte304 und daher die Resignation des von ihm zum Abt von Rivalta ernannten Kardinals ablehnte,305 verkündete der Kardinal von Pavia seine prinzipielle Bereitschaft, dem herzoglichen Wunsch auf einen Verzicht nachzukommen. Gleichzeitig bat er den herzoglichen Kandidaten, alles weitere ihm zu überlassen.306 Nachdem Giovanni Steffano a tuto faremo risposta» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 12. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 302  «Con il reverendissimo monsignore de Pavia non ho ancora possuto pigliare ferma conclusione nel fatto de l’abbatia de Ripalta, ma domane spero caverone l’ultima sua deliberatione» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 16. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 303 So vermeldete Giovanni di Castiglione dem Herzog am 22. Januar 1458, der Papst habe ihm berichtet, daß die ungarischen Prälaten und Barone demnächst einen neuen König zu wählen gedächten: «Nostro signore heri sira, puoi ch’ebbemo introducti da la sanctità sua misser Otto et Francisco da Cusano, el quale hogi si partì da qui, ne disse como haveva littere che quelli prelati et baroni d’Ungaria havevano deliberata la sua giorna a questa purificatione [2. Februar] per elezere un re, dio per sua misericordia presti loro gratia di fare bona electione per bene de tuta christianità […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 304 Noch am 2.  Juli  1458 schrieb Francesco Coppini dem Mailänder Herzog, Calixt  III. habe gesagt, Francesco Sforza wäre ein Edelstein, wenn er nicht beständig versuchte, sich in die Benefizienvergabe einzumischen: «Quantunque demostrasse dolerse che intra tanta excellencia de virtù che illustra la persona vostra lì fosse quella parte dell’impaciarse del spirituale, id est circa el modo del conferire li beneficii. […] Et concluse che se de questa cosa vostra excellencia se limasse sareste una gemma» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 305 Giovanni di Castiglione hatte dem herzoglichen Gesandten bereits am 4.  Januar 1458 bedeutet, daß der Pontifex nicht mit dieser Lösung einverstanden sein und kaum das Priorat, das (sein Kontrahent) Crivelli bislang innegehabt habe, als Kommende vergeben würde: «Circa l’abbatia de Ripalta il reverendissimo monsignore de Pavia rimane contento de quanto ha ordinato vostra excellencia et dice cercherà de fare exequire la voluntà de quella, ma dubita asay che la sanctità de nostro signore non se renda dura in concedere lo priorato in commenda, dicendo che li saperà male de l’abbatia, come altre volte disse a me sua sanctità, molto più li parerà male darli in commenda ancora il priorato, maxime havendo tante volte vostra excellencia dolutesse de le commende, ne moverà sua sanctità che questo se faci in recompensa de la pensione perché a sua sanctità non sia grato tal contratto, pur dice farà totis viribus, et così ho pregato et confortato a sua signoria perché se per sua intercesione non lo fa il papa non vedo modo a questo, maxime tochando questo ad esso monsignore. Credo la venuta de prete Stephano da Robio, qual vegnerà informato de la voluntà de vostra excellencia, gioverà molto ad ascaldare sua signoria, et io non li mancherò per quanto potrò» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 4. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 306 «De l’abbatia de Ripalta il reverendissimo d. Papiense monstrasi volunteroso in exequire la voluntà de vostra excellencia, et dissemi questi dì che non prhendesse [!] altro caricho de questo et che lassasse la fatiga a luy, et così poy m’ha ditto havere la supplicatione, la qual sua reverendissima signoria et il procuratore del priore hanno fatto ordenare secondo quello vostra excellencia ha

IX.4 Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio

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di Castiglione zunächst allein mit dem Pontifex gesprochen hatte (angeblich, weil er glaubte, den Papst auf diese Weise am ehesten zum Einlenken zu bewegen), ließ er die herzoglichen Gesandten Ottone del Carretto und Francesco Cusano hinzurufen, um gleich zwei Zeugen für das offizielle Verbot des Papstes zu haben, auf die Abtei Rivalta zu verzichten.307 Giovanni di Castiglione drückte sein „tiefes Bedauern“ über diese Entwicklung aus.308 Er konnte nun freilich seine Hände in Unschuld waschen, lag die Schuld für die Nichterfüllung des herzoglichen Auftrags doch nunmehr beim Papst. Wenige Tage später erfuhr der Kardinal von Pavia von der schweren Erkrankung des Abtes von Sant’Abbondio und meldete Interesse an dieser in der Diözese Como gelegenen Abtei an. Allerdings war er immerhin so taktvoll, daß er sich nicht sogleich direkt an den Herzog wandte, sondern zunächst das Gespräch mit Ottone del Carretto suchte. Durch diesen wiederum ließ er Francesco Sforza signalisieren, welch großen Gefallen dieser ihm tun könne, wenn er ihm die Abtei zuspräche, die zu denjenigen zähle, welche er dem Herzog bereits bei seinem letzten Besuch in Mailand als Alternativen zu Rivalta genannt hätte.309 Ottone del Carretto, der mit dem Kardinal zu Anfang des Jahres – insbesondere bei der Behandlung von Bittgesuchen der herzoglichen Kandidaten für diverse

scritto, et così credo exequirano, licet il papa alias se sia monstrato difficile» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 21. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 307 «Como per molte altre nostre la signoria vostra puote havere inteso, nuy eravamo dispositi compiacere a vostra signoria in resignare l’abbadia de Rippalta […] et de acceptare quella pensione etc. E cussì novamente, essendo qui il mandato del dicto priore, fecemo ordinare la supplicatione et facessemo instantia presso la sanctità de nostro signore si dignasse admittere la nostra resignatione et dispensasse cum il dicto priore tanto circa la mutazione del habito quanto in ritenire il priorato finché durasse la pensione etc. Questa […] habiamo fatta soli, credando nuy puotere meglo obtenire, et puoi, in presentia di misser Otto et di Francisco da Cusano, nostro signore rispuose et a nuy et a dicti misser Otto et [Francesco da Cusano] che sempre è disposto di fare cossa grata a la signoria vostra quando che non sia cum suo mancha[mento] et de la fede apostolica. E perho non è disposito fare questa dispensatione. E tuti potessano dire quanto ne piaque, non li fu remedio, como vostra signoria et per littere de misser Otto et per relatione di Francisco puoterà havere inteso più a compimento» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 28. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Zu Francesco Cusano siehe, Kap. IX Anm. 224. 308 «Nuy lì siamo venuti sinceramente et molto più che non dovevamo per respecto de la signoria vostra, et di questo siatevi certo. Si maraveglarebbe vostra excellentia si intendesse le parole sono state in questa facenda, preghiamo vostra signoria si degna haverne per excusato. Ben è vero che la sanctità de nostro signore sempre fu di questa oppinione, como largamente dissea misser Otto» (Ebd.). 309 «Essendo hogi in ragionamento col reverendissimo monsignore il cardinale nostro de Pavia m’ha ditto essere avisato come l’abbate de Santo Abondio da Como [= Beltramo da Montone] era in grave infirmità, in modo che non se havea più speranza de la vita sua et che questa era una de l’abbatie quale sua reverendissima signoria essendo a Milano nominò a vostra excellencia accadendo vachare che fusse contenta che esso l’impetrasse, et che voleva scrivere a vostra excellencia che a questa volta de sua signoria se ricordasse […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. Februar 1458 (post scriptum, III), ASMi, Sf., PE, Roma 46].

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IX. Die römischen Jahre

Benefizien – eng zusammengearbeitet hatte310 (ja eigentlich sogar eng zusammenarbeiten mußte, weil von seiten des Kardinalskollegiums zunehmend versucht wurde, den Gesandten, die über Benefizen verhandelten, nach mehrmonatigen Aufenthalten an der Kurie deren Status abzuerkennen311), unterstützte Giovanni di Castiglione bei diesem Ersuchen nachdrücklich. Möglicherweise fiel seine Befürwortung aber auch deshalb so positiv aus,312 weil er sich geschmeichelt fühlte, daß sich der Kardinal an ihn gewandt und mit ihm besprochen hatte, statt den direkten Weg zu wählen und den Herzog eigenständig zu kontaktieren. Wenn Francesco Sforza seinen Gesandten etwa zu dieser Zeit ermahnte, er solle

310 Als

herzogliche Kandidaten, für die sich Giovanni di Castiglione zu dieser Zeit einsetzte, seien hier exemplarisch genannt: Luca da Rimini [siehe hierzu das an del Carretto gerichtete Schreiben Francesco Sforzas vom 10. Januar 1458 sowie das Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog vom 2.  Februar  1458 (I) und den Brief Francesco Sforzas an Giovanni di Castiglione vom 13.  Februar  1458 (ASMi, Sf., PE, Roma  46, sub  die)]; Niccolò da Pesaro (der Schwager des herzoglichen Arztes) sowie der Sohn einer in den Diensten der Herzogin Stehenden namens Palmina [siehe hierzu die Briefe Francesco Sforzas an del Carretto vom 8., 12. und 26. Januar 1458, dessen Schreiben an Francesco Sforza vom 10. und 18. Februar 1458 sowie vom 26. Mai 1458, das Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog vom 2. Februar 1458 (I) sowie dessen Schreiben an Giovanni di Castiglione und Ottone del Carretto vom 13. Februar 1458 (Ebd., sub die)]; Achille Stampa, dessen Bruder dem Herzog einst bei der Einnahme von Alessandria große Dienste geleistet hatte [siehe hierzu das mit „ss“ gekennzeichnete Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 22. Januar 1458, dessen Schreiben an den Herzog vom 18. Februar und 26. März 1458 sowie die Briefe Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 19. Februar und 19. April 1458 und an dessen Gattin Bianca Maria vom 27. März 1458 (Ebd., sub die)]; Antonio da Foligno [siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 22. Januar 1458 sowie dessen Schreiben an den Kardinal von Pavia vom 13.  Februar  1458 (Ebd., sub  die)]; der Sohn von Leonardo Gariboldo [siehe hierzu das mit „ss“ gekennzeichnete Schreiben Francesco Sforzas an del Carretto vom 16. Februar 1458 und das Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog vom 3. April 1458 (Ebd., sub die)]; Graf Filippo Borromeo, der Bruder des einstigen Rivalen von Giovanni di Castiglione um das Kardinalat [siehe hierzu das chiffrierte Schreiben del Carrettos an Francesco Sforza vom 18. Februar 1458 (Ebd., sub die)]. – Rückschlüsse auf einige weitere Tätigkeitsfelder, in denen Giovanni di Castiglione den herzoglichen Gesandten unterstützte, lassen sich aus einem Schreiben Francesco Sforzas an dessen Gesandten vom 18. Januar 1458 sowie aus einem Brief del Carrettos an den Herzog vom 4. Februar 1458 ziehen (Ebd., sub die). 311 «praticasi ancora de fare per constitutione che tutti li ambasciatori di principi, i quali vegnano a Roma per remanerce a solicitare benefitii et altre coxe di loro signori, passati du o tre mesi non possino più tenere el luoco de li ambasciatori, ma sieno tractati come procuratori et solicitatori. Comprehendo questa sia inventiva di alcuni cardinali che vorriano li signori andasseno per le lor mane, per farseli più obligati» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 4. März 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 312 «[…] per la qual cosa, parendome bene de vostra excellencia che li compiaza per li respetti in la lettera mia heri scritti, ho deliberato confortare et pregare vostra excellencia, offerendosi cotal caso, voglia a questa fiata in un tratto dare rimedio a tanti affani et non apprire tanto le oreghie a le stimulatione de quelli che serano presenti che ancora non si a havuto memoria de li abscenti, maxime de questo reverendissimo monsignore, al qual mi pare vostra excellencia habbi troppo grande obligacione, come per molte altre mie ho scritto ad essa […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 1. Februar 1458 (post scriptum, III), ASMi, Sf., PE, Roma 46].

IX.4 Von der Abtei Rivalta zur Abtei Sant’Abbondio

391

sich nicht in die Abhängigkeit von anderen begeben,313 spielte der Herzog damit wahrscheinlich auf den von Giovanni di Castiglione ausgehenden Einfluß an.314 Diese Rüge mag denn auch erklären, warum der Gesandte, als ihn der Kardinal von Fermo fragte, ob man sich bei wichtigen Dingen auf Giovanni di Castiglione verlassen könne, sich nicht mehr enthusiastisch für diesen aussprach, sondern relativ distanziert antwortete, er glaube schon, daß Giovanni di Castiglione dem Herzog gegenüber loyal sei, aber der Kardinal von Fermo wisse das sicher besser als er.315 313 «Ricordandomi io alla monicione datame per la signoria che non voleva che dovendo essere alli suoy servicii dovesse havere dependencia d’altri che da soa excellencia, item cognoscendomi non essere de tanta auctorità che me specti darli consiglio alla signoria né havere né ardire intercedere per altri perché la signoria vostra non credesse per le littere, quale ho scritte circa li facti del reverendissimo monsignore de Pavia, essere in me altra opinione, ho deliberato per questa farne chiara la signoria vostra, avisandola che, essendo da esso monsignore che cossì facesse, non ho olsato denegarlo perché per utile de le cose ho ad fare per la signoria vostra comprendo essere de bisogno ch’io me comporti bene con sua signoria et apena posso tanto fare che non li parà ch’io faci poco, et so quello ch’io dico, sì che prego la signoria prenda lo mio scrivere in bona parte, et quando li fosse molesto harò caro intenderlo perché […] ho deliberato studiarmi de satisfare ad quello sia voluntà della signoria vostra […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 1. Februar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 314 Finanziell war der herzogliche Gesandte alles andere als gutgestellt, doch bestand wohl – wie ein späteres Schreiben zeigt – keine Gefahr, daß sich del Carretto in ein Abhängigkeitsverhältnis begab, indem er Zuwendungen annahm. So heißt es in einem Schreiben vom 17. Juni 1458, in dem er Francesco Sforza auf seine Bedürftigkeit aufmerksam machte, die daraus resultiere, daß er keine Einnahmequellen außer den herzoglichen Zuwendungen haben wolle: «Ritrovandomi adesso bisognoso molto de denari, bisogna pure ricorrere a vostra excellencia che se degni farmi provedere, et quantunque io debba et voglia contentarmi de quello piacerà a vostra excellencia, nondimeno rendendomi certo sia voluntà d’essa ch’io habbi quelle cose me bisogneno a vivere honestamente, quanto si convene a vostra excellencia, non havendo altro refugio che quella, ho deliberato notificarli me essere molto indebitato per mantenirme decentemente et con honestà, et se vostra excellencia non mi fa provedere habundantius non vedo mi possa mantenere secondo che se conviene. Io ho havuto ducati XL o al più alcuna volta fin i XLI pagati qui per ogni mese, me son pur ancora aiutato de quella da casa, non è stato possibile potermi conservare senza debiti. Io non ho altri guadagni né voglio havere, come la celsitudine vostra p[u]ò essere informata. Prego adonche quella se degni farmi provedere secondo li parerà de bisogno. Avisandola ch’io non voglio havere altro guadagno con essa, se non servendo fideliter aquistarmi la gratia de quella, a la quale humilmente me ricommando apparechiato sempre et con provisione et senza fare quanto potrò senza excusatione» (ASMi, Sf., PE, Roma  47, sub  die).  –  Zu del Carrettos finanziellen Nöten siehe auch dessen Schreiben an den Herzog vom 21. Januar 1458 (Ebd., Roma 46, sub die). 315 «[…] Pare a sua reverendissima signoria [Domenico Capranica] essere molto più certa che la signoria de Venetia cerchi dissogliere questa liga, il che forse gli sia facile, non havendo megliore capo et conservatore de quella como habiamo adesso, il perché gli pare bisognare aprire più li ogii. Et per tanto como quello che se monstra essere desideroso del bene de vostra signoria et credo che sia me ha dicto che a lo vere intendere queste cose et dare li remedii expedienti li seria molto utile havere uno cardinale del quale se potesse fidare, con chi comunicasse et facesse le opere se potriano fare de intendere et remediare. Et dimandemi se gli consigliava prendesse piena fede in talibus del reverendissimo cardinale de Pavia, al quale risposi quanto poteria comprehendere il reverendissimo cardinale predicto pareva amasse vostra signoria et cerchasse il bene de quella, tuttavia sua reverendissima signoria cognosceria meglio la qualità d’esso reverendissimo

392

IX. Die römischen Jahre

Giovanni di Castiglione, der die Spannungen wohl spürte, war daraufhin um Beruhigung bemüht. So unterstützte er nachdrücklich die Verbindung einer seiner Cousinen mit Lancellotto da Figino, einem Familiar des Herzogs, der bereits seit über zehn Jahren in dessen Diensten stand, und empfahl diesen Francesco Sforza sehr.316 Der Kardinal von Pavia, der ohnehin schon seit einigen Monaten die Rückkehr ihm Nahestehender in die Lombardei begrüßte317 und der sogar monsignore de Pavia, et quello che in questo fusse utile ad fare, tandem, non dandoli io più ferma secureza, disse che io li pensasse aliquantum et sua reverendissima signoria li pensaria anchora perché bisognava havere molti rispetti in questo. Sì che ho vogliuto avisare vostra excellencia de questo, aciò ch’ella me amonisca de quanto è a fare in questa cosa» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 16. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. – Diese Antwort war offenbar genau im Sinne des Herzogs: «[…] havemo inteso quanto ne scrivete del parlamento havete havuto col reverendissimo monsignore el cardinale de Fermo […] et perché dicete che sua signoria vi nominò monsignore el cardinale nostro de Pavia se ’l era idoneo con chi se potesse communicare queste cose etc. dicemo che gli respondesti bene, et è il vero che ad nuy pare idoneo et sufficiente et credemo ch’el faria ogni cosa bene et fidelmente, ma nientedemeno avisarete el prefato monsignore de Fermo et certificate sua signoria che nuy non havemo cardinale né prelato in quella corte de chi prendiamo più fede né più speranza che in sua signoria perché sapemo ch’ella ne vole bene per sua gratia et ha l’auctorità et pratica et longa experientia de le cose et molto meglio le intende et sa governare che veruno altro […], sì che pregarete la sua signoria per nostra parte ch’el gli piacia prendere cura et pensiero de le cose nostre per lo venire como ha facto per lo passato et tanto più quanto che la cognoschi sii el bisognio perché nuy haramo sempre caro ogni suo ricordo et consiglio et gli ne seremo obligato, et che gli piacia avisarne o communicare con vuy quando accada se havimo ad fare più una cosa che una altra perché ne governaremo secundo el parere et consiglio de sua signoria, et così vuy communicarete con essa le cose nostre secundo che accadrà ad la zornata» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (chiffriertes Schreiben), 4. Februar 1458, ebd.]. 316 «Non si dubitiamo debba già più giorni havere inteso vostra signoria de l’amicitia et parentato ha fatto cum nuy Lanzaloto da Figino, famiglo de vostra excellentia, in tuore una nostra cusina, de la quale cossa havemo presa summa consolatione per le virtute del dicto Lanzaloto. E quantumque si rendiamo certissimi ch’el suo servire et la fede et devotione singulare porta a la signoria vostra et stato suo assay il debbano ricomandare, nondimanco a soprabundantia ricomandiamolo a la excellentia vostra, la quale preghiamo che per nostro amore et rispecto ultra l’usato gli vogla fare si fatta dimostratione ch’el dicto Lanzaloto intenda l’amicitia che ’l a fatta cum nuy essere stata cara a vostra excellentia, la quale in questo ne farà singularissimo piacere […]» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 2. Februar 1458 (II), ASMi, Sf., PE, Roma 46]. – Am 26. Februar 1458 empfahl der Kardinal von Pavia dann dem Herzog erneut Lancellotto da Figino: «Havemo havuto summo contentamento et piacere che vostra signoria habia havuto bon mezo in fare ch’el nobile Lanzaloto da Figino habia contrato cum nuy parentato, del quale ogni giorno se ne troviamo più contenti per molti rispecti. Et nonobstante che comprehendiamo la signoria vostra haverlo caro pure di novo lo ricomandiamo insieme cum nuy» (Ebd., sub die). – Der Herzog wiederum hatte dem Kardinal von Pavia bereits am 15.  Februar  1458 mitgeteilt, wie sehr er diese Verbindung begrüße und auch fördere (Ebd., sub die). – Zu Lancellotto da Figino siehe oben, Kap. VII Anm. 226. 317 Im November 1457 kehrte Gasparino Visconti an den Herzogshof zurück. Der Kardinal von Pavia hatte Gasparino bei seinem letzten Besuch in Mailand mit Billigung Francesco Sforzas mit sich genommen, dieser war jedoch der patria wesentlich länger ferngeblieben, als es der Herzog an sich erlaubt hatte – was Giovanni di Castiglione freilich am 4. November 1457 mit dessen Erkrankung zu rechtfertigen wußte [ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die (III)]. – Im März 1458 wiederum begab sich Anselmo Magio in die patria. Zu den Empfehlungsschreiben, die Giovanni di Castiglione für diesen am 16. März 1458 an Francesco Sforza und dessen Gemahlin richtete,

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Verwandten aus der Normandie in die patria zu ziehen riet,318 dürfte wohl die Hoffnung gehegt haben, mit Lancellotto einen weiteren Vertrauten Francesco Sforzas durch die verwandtschaftliche Beziehung an sich zu binden und für seine Zwecke einsetzen zu können. Die Vorteile, welche die Kontakte zu einem weiteren Mitglied aus dem Umkreis des Herzogs mit sich brachten, werden sich kaum von der Hand weisen lassen. Auch in der familia des vom Mailänder Herzogs zumindest im Jahre 1458 sehr geschätzten Kardinals Capranica319 hatte Giovanni di Castiglione, der einst selbst in den Diensten dieses Kardinals gestanden hatte, einen Verwandten zu plazieren vermocht.320 Vermutlich hatte der Kardinal von Pavia auch seine Hand mit im siehe ebd., sub  die. [Domenico Capranica hatte bereits am 15.  März  1458 zugunsten von Anselmo Magio an den Herzog und an die Herzogin ein Empfehlungsschreiben gesandt, und auch Guillaume d’Estouteville hatte sich am 15. März zu dessen Gunsten bei Francesco Sforza verwendet (Ebd., sub die)]. 318  So ließ er seinen Verwandten Guglielmo di Castiglione nach Pavia kommen und betraute ihn dort, während seiner eigenen Absenz, mit der Verwaltung dieser Diözese: «Havendo sempre havuto nel animo nostro di provedere al bon governo de la chiesia di Pavia et l’altre cosse nostre cussì nel spirituale como nel temporale dal canto di là, et non havendo bene potuto havere persona più idonea né più grata a nuy che per l’absentia nostra puotesse meglo satisfare al desyderio nostro, havemo fatto venire de Normandia el venerabile et carissimo nostro cusino misser Guielmo, el quale altre volte governava el nostro veschovato de Costanza, e per la cui virtù et prudentia speriamo quelle nostre cosse doverse ben comporre et redrizare, maxime intervenendolì l’auctorità et favore de la excellentia vostra, ne la quale consiste ogni nostro pensero et assay repossiamo. Il perché ex corde preghiamo la excellentia vostra si degna haverlo ricomendato […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 25. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Auch wenn es in diesem Schreiben heißt, Guglielmo habe bereits zuweilen während seiner Jahre als Bischof von Coutances in Zeiten seiner Abwesenheit das Bistum Coutances „regiert“, so war doch der eigentliche Generalvikar Guillaume de Varroc gewesen (zu diesem siehe oben, Kap. II Anm. 145). 319 Domenico Capranica erfreute sich spätestens seit dem Frühjahr 1458 großer Popularität beim Herzog. Dies sieht man nicht zuletzt daran, daß Francesco Sforza damals häufig seinen Gesandten bat, sowohl den Pontifex als auch die Kardinäle von Fermo und von Pavia zu konsultieren. So sind Wendungen wie «ricordarete ad sua sanctità et così ad lo prefato monsignore de Fermo et al nostro de Pavia che […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (fragmentarisch überliefertes Schreiben), 28. April 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46] nicht untypisch. 320 Als dieser Verwandte, der zugleich Giovannis Namensvetter war und dem der Kardinal von Pavia im Vorjahr die Propstei der Mailänder Basilika San Nazaro beschafft hatte (siehe hierzu das Schreiben des Francesco Sforza an Ottone del Carretto vom 12. November 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die), sich im April 1458 nach Mailand begab, um Francesco Sforza unter anderem um ein Benefizium zu bitten, das sein Bruder Piero bislang nicht hatte in Besitz nehmen können, erreichte es der Kardinal von Pavia, der sich am 25. April 1458 bei dem Herzog für seinen Verwandten Giovanni einsetzte (Ebd., sub die), daß etliche seiner Kardinalskollegen für diesen ein Empfehlungsschreiben verfaßten (zu den Briefen, die etwa Kardinal Colonna am 23. April 1458 und Kardinal Estouteville am 25. April 1458 an Francesco Sforza und dessen Gemahlin richteten, siehe ebd., sub die). Naheliegenderweise wandte sich auch der Kardinal von Fermo zugunsten seines Familiars an den Mailänder Herzog und dessen Gattin [siehe hierzu die beiden Schreiben vom 24. April 1458 (Ebd., sub die)]. Da den beiden letztgenannten Schreiben zu entnehmen ist, daß Piero, der Bruder des Namensvetters von Giovanni di Castiglione, Theologie lehrte, könnte man sich durchaus vorstellen, daß es sich bei diesem Piero um jenes Familienmitglied

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Spiel, als Antonio da Pistoia321 mit der Begründung, er könne dem Herzog auf diese Weise zu wertvollen Informationen verhelfen, verkündete, er werde jetzt in den Dienst des kürzlich zum Vizekanzler ernannten päpstlichen Neffen treten,322 dessen Einfluß dank seines Onkels immer mehr stieg.323 Mochte es Giovanni di Castiglione auch glücken, seine Angehörigen und Bekannten an Schlüsselstellen zu positionieren, so konnte er dennoch nicht verhindern, daß der Herzog bereits Ende Februar wieder entschieden darauf drängte, daß die Abtei Rivalta Begurri zufallen solle.324 So sah Francesco Sforza handelte, das in der Normandie an der Universität von Caen Theologievorlesungen hielt (siehe hierzu oben, Kap. II Anm. 171). 321  Da Antonio da Pistoia (zu diesem siehe oben, Kap. IV Anm. 61) schon seit einiger Zeit wegen seiner beständigen Absenz von Pavia Schwierigkeiten mit dem Erhalt seiner dortigen Kantorei hatte, hoffte er vielleicht, der Herzog könne ihm dieses Engagement danken, indem er sich bei den Pavesern für ihn verwendete. Zu dieser causa, die sich auch Giovanni di Castiglione zu lösen bemühte, siehe die Schreiben des Antonio da Pistoia an Francesco Sforza vom 5., 11. und vom 17. Januar 1458 und an Cicco Simonetta vom 16. April 1458, den Brief des Giovanni di Castiglione an den Herzog vom 9. Januar 1458, das Schreiben des Ottone del Carretto an Francesco Sforza vom 21. Januar 1458 und den Brief des Mailänder Herzogs an Antonio da Pistoia vom 27. April 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 322 Davon, daß der päpstliche Neffe Rodrigo Borgia, der zuvor als Legat in der Mark Ancona gewirkt hatte, zum Vizekanzler ernannt worden war, hatte der Kardinal von Pavia dem Herzog am 3. Oktober 1457 berichtet (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 323 Giovanni di Castiglione mag Antonio da Pistoia auch dazu geraten haben, das Schreiben, das er für diesen Übertritt in den Dienst des päpstlichen Neffen benötigte, selbst zu verfassen und dem Herzog am 11. Februar 1458 mit der Bitte zuzusenden, ihm ein ähnliches Schreiben zukommen zu lassen: «[…] la sanctità di nostro signore ha cominciato a dare uno grande credito et reputatione al reverendissimo monsignore vicecancellero, suo nepote [= Rodrigo Borgia]. Et fin adesso la sua signoria spaccia più cose da per si che non fanno tutto el resto del collegio inseme. Et pur her sera ho sentito da bon luoco ch’el papa ha deliberato cometterli la signatura et darli facultà ch’el possa concedere ogni gratia come se lui fusse el papa. Et non solamente vuole ch’el possa signare in presentia, come faceva fare Eugenio, ma ancora in la sua camera privatamente, che dal darli la mitra infore non so che li possa far più. Il perché ho pensato farmi domestico del ditto cardinale, et non ci so meglior mezo che quello de la signoria vostra. Et ogni volta che io haverò bona pratica cum lui, non potrà tornare altro che utile a la vostra excellentia. Et però ho fatto la minuta de una lettera, la quale mando a questa inclusa. Et essendo honesta, supplico a la signoria vostra me ne mandi qua una simile sigillata, acioché cum ditta lettera io possa dare buon principio al domesticarmi cum monsignore anteditto» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). Drei Tage später, am 14. Februar 1458, bat Antonio da Pistoia den Herzog erneut um die Zustellung dieses Briefes (Ebd., sub die). Francesco Sforza scheint ein entsprechendes Schreiben tatsächlich angefertigt zu haben, das, wie einem späteren Brief Antonio da Pistoias zu entnehmen ist, in der Tat wohl Wirkung zeitigte [(siehe hierzu dessen Brief an Francesco Sforza vom 15. April 1458, sowie den des Mailänder Herzogs an Antonio da Pistoia vom 27. April 1458 (Ebd., sub die)]. 324 «Credemo haveriti inteso asay lo animo nostro circa la abbadia de Ripalta de Terdona per le ultime nostre lettere ve abiamo scripto ultra le altre havevati havuto inanzi, dapoy è retornato el messo [= Stefano de Robeiis?], quale è stato circa dece mesi là per questa casone, quale giunto havemo havuto tanto stimulo e tante doglianze de questa cosa da ogni canto che hormay non [sap]emo più che dire, haveressemo molto caro fosti qui per una meza hora che […] meglio intenderesti la mente nostra, ma dovevati pur considerare quanto nuy debiamo restare satisfacti, essendo stato questo messo là per questo tanto tempo et essendo facta la conclusione qui cum quello pre’ Stefano [de Robeiis] ad nome de monsignore della pensione delli fiorini mille, donec

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der nächsten Gesandtschaft des Stefano de Robeiis erwartungsvoll entgegen.325 Als der Kardinal von Pavia im März 1458 vernahm, daß Francesco Sforza sehr negativ über ihn spreche,326 schien für ihn jedoch der Zeitpunkt gekommen, an dem er den Herzog nicht mehr allein mit Gerüchten über die Türken327 oder mit anderen Nachrichten aus dem Reich und aus Mitteleuropa328 „ablenken“ konnte, sondern an dem er definitiv von der Abtei Rivalta ablassen mußte, um es sich gli sia proveduto nel dominio nostro de intrata de fiorini mille ducento, como conteneno le nostre lettere sopra ciò, a le quale ce refferimo, nella quale siamo condesesi a dover pagare de borsa nostra fiorini quatrocento, et ad consentire a lo abbate futuro [= Begurri] lo priorato in commenda per li altri seycento fiorini monta dicta pensione, del che ne pare pure monsignore havesse a contentarsi et restare paciente. Et che mo quando se aspectava la expeditione delle bolle vuy scriveti che nostro signore non vole acceptare la reassignatione d’essa abbadia da monsignore per fare de canonico de Sancto Augustino abbate de castello, como se fosse una cosa nunquam facta, et contra dio et contra il mondo. D. Otho nuy non volemo circha questo dirvi se non queste poche parole che siati cum monsignore et lo pregati che hormay voglia desistere da questa contesa cun nuy, quale non dà reputatione ad sua signoria né ad nuy, ma siamo certi da […] dire assay alli emuli soy et nostri. Et voglia sua signoria che per opera sua se daghi hormay expeditione ad questa cosa, del titulo della abbadia et della comenda, lo abbate futuro non assenteria alla dicta pensione. Scaldati, stringeti et provedeti ad questa cosa per ogni modo et via como vi pare, che più non vi habiamo ad scrivervi per questo se extimati lo amore et gratia nostra. Se pur quello havimo in tante volte et scripto et mandato ad dire fino al presente in questa materia non basta, avisandone nuy per vostra lettera, gli farimo qualche altra provisione. Qui alligata haveriti la supplicatione ad monsignore, anche ne scrivemo per la alligata, quantunche non possiamo credere che alla havuta de questa non gli habiati dato expeditione […]» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto (mit „ss“ versehenes Schreiben), 25. Februar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 325 Am 25. Februar 1458 hatte Ottone del Carretto dem Herzog angekündigt, daß Stefano de Robeiis wohl in vier Tagen aufbrechen werde, um sich nach Mailand zu begeben (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). Aus den letzten Februartagen dürfte auch ein Schreiben des Kardinals von Pavia stammen, in dem dieser das baldige Kommen seines Sekretärs in Aussicht stellte und betonte, daß dieser mit dem Herzog auch über das Ospedale grande und die Translation des Bischofs von Parma sprechen werde (Ebd., o. D.). Ein weiteres, ebenfalls nicht genau datiertes Schreiben ähnlichen Inhalts richtete Giovanni di Castiglione Anfang März an den Herzog (Ebd.). – Am 19. März 1458 ging Giovanni di Castiglione davon aus, daß sein Sekretär mittlerweile am Herzogshof eingetroffen war (Ebd., sub die). 326 «Havemo inteso per alcuni de nostri è replicato che, accadendo alle volte essere facto mentione al duca de Milano de li facti nostri, la signoria soa pur publicamente dice […] tale parole per le quale lassamo andare che n’è […] (?) la reputatione, pare più tosto procedano d’animo indinato et pieno de desdegno che d’amore et bona intelligencia, per che ve pregamo se cossì è ne vogliati avisare, acioché circa el vivere nostro possamo fare un fundamento et non impazarse de le cose più como bisogna» [Giovanni di Castiglione an Cicco Simonetta (chiffriertes Schreiben), 20. März 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46]. 327 Zwischenzeitlich hieß es etwa, Mehmed II., der Eroberer von Konstantinopel, sei gestorben. Von dieser Nachricht setzte Giovanni di Castiglione den Herzog am 7. und 8. März 1458 in Kenntnis (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 328 So berichtete der Kardinal dem Herzog etwa am 7. und 8.  März  1458 von der Wahl des Matthias Corvinus zum ungarischen König und dem Tod des serbischen Despoten Lazar Branković († 20. Februar 1458) (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). Ottone del Carretto hatte dem Herzog diese Nachrichten bereits am 6.  März  1458 weitergeleitet (Ebd., sub  die). Von der Wahl des neuen Königs hatte Francesco Sforza ohnehin schon seit mehreren Wochen über Venedig erfahren, wie er Ottone del Carretto am 12. Februar 1458 wissen ließ (Ebd., sub die); zudem hatte ihn Raffaele Caimi bereits am 22. Februar 1458 aus Rom über diese unterrichtet

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nicht gänzlich mit dem Herzog zu verderben. Daher brachte er – so stellte er es zumindest nach außen hin dar – gemeinsam mit Ottone del Carretto den Papst nach langen Diskussionen, hartnäckigem Insistieren und unter Aufwendung aller erdenklichen Kunstgriffe dazu, unter der Bedingung einzulenken, daß er mit den nächsten freien Benefizien im Lombardischen bedacht werde – ein Vorbehalt, den auch der herzogliche Gesandte nachdrücklich unterstrich.329 Wenn das Mailänder Herzogspaar Giovanni di Castiglione im April 1458 zum Paten für sein in Kürze erwartetes Kind erwählte,330 so dürfte diese Manifestation der Wertschätzung dem Kardinal von Pavia, der für den Tag der Taufe des kleinen Ottaviano331 seinen Verwandten Guarnerio di Castiglione als seinen Vertreter (Ebd., sub die). – Zu Corvinus siehe Jörg K. Hoensch, Matthias Corvinus. Diplomat, Feldherr und Mäzen, Graz u. a. 1998. 329  «Como per altre de VI de questo deve havere inteso vostra excellencia la sanctità de nostro signore non havea voluto consentire de dare quello priorato in comenda al futuro abbate de Ripalta, poy con ogni arte et industria mi son sforzato a fare con sua sanctità è stata contenta l’habbi in comenda durante pensione et me ha signata la supplicatione in optima forma, sì che resta solo havere li denari opportuni per l’expeditione de le bolle. Vero è, signore mio, che con grandissima et inextimabile faticha io ho ridutto il papa a fare questo, et me ha ditto che senza alcuna exceptione de li primi beneficii vacanti nel dominio de vostra excellencia li fia forza provedere al reverendissimo monsignore de Pavia, che altramente facendo li seria troppo insupportabile caricho, et cossì me ha comesso ch’io preghi vostra excellencia sia contenta, esso monsignore, quanto è in sé cum suma modestia et voluntà grande de satisfare a la mente de vostra excellencia, non solum è rimasto contento de quanto la sanctità de nostro signore ha fatto, ma etiam cum summa instantia più volte li ha pregato se dignasse cossì fare, sperando pur che vostra excellencia li debbia fare altra provisione bona, et cossì prego vostra excellencia lo voglia fare perché in questo et in ogni altra cosa demostra grande obsequentia et affectione a la prefata vostra excellencia […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 12. März 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – In dem entsprechenden Schreiben des Kardinals von Pavia vom Folgetag, das etwas nüchterner abgefaßt ist und auf den Brief del Carrettos verweist, heißt es: «Per altre nostre vostra signoria haverà inteso quanto havevamo facto per la resignatione de l’abbadia de Rippalta et como la sanctità de nostro signore stava dura a volere dispensare con quello priore del priorato etc., doppo havemo anchora tanto instato et cum tanta importunità che sua sanctità è restata contenta, et di questo como del resto crediamo vostra signoria ne debba havere da misser Otto pieno aviso» [Ebd., sub die (dies ist bezeichnenderweise eines der wenigen Schreiben, unter das Giovanni di Castiglione es vermied, seine Unterschrift zu setzen)]. 330  «Benché fra la reverendissima signoria vostra et nuy sia summa benivolentia, amore et carità et questa nostra amicicia et coniunctione non habii bisognio de maiore vinculo, pur nientedemeno per adiongere se veruna cosa gli p[u]ò essere adiuncta, et per essere così colligati con la prefata reverendissima signoria de vinculo sacro et spirituale como siamo in le altre cose, el ce è andato per animo ad la illustrissima madona Biancha, nostra consorte, et ad nuy de invitare la paternità vostra de compaternità per el parto, el quale è proximo d’essa nostra consorte. Pertanto la confortiamo et preghiamo che li piacia essere de ciò contenta et mandare la carta de procura in chi parirà ad la prefata vostra reverendissima signoria che habii ad intervenire per essa et levare de sacro baptismatis fonte el figliolo o figliola che dio per sua gratia ce donarà del dicto parto, la qual cosa ne serà summamente grata et accepta» (Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 18. April 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). 331 Die Nachricht, daß der Herzogin ein Sohn geboren war, erreichte Rom am 7. Mai 1458: «Cum summa leticia ho ricevute questa sera lettere de vostra excellencia de XXX del passato, per le quale ho inteso la iocundissima natività del bello figliolo de vostra excellencia da la illustrissima mia madona, de la qual cosa sia laudato ydio, chi ce accresse questo piacere al cumulo de le gratie

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abstellte,332 zweifelsohne geschmeichelt haben, selbst wenn er wußte, daß er daraufhin den Sforza einige Zugeständnisse würde machen müssen.333 Doch hielt infinite a vostra excellencia concesse, per la tardità de l’hora non l’ho possuta notificare a la sanctità de nostro signore, ma domane non mancharà gli la farò nota, et mi rendo certo ne haverà grandissimo piacere, come quella chi d’ogni bene de vostra excellencia ne piglia grande consolatione e dilletto» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 7. Mai 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 332  «Havemo recevute le littere de la signoria vostra, per le quale, havendo inteso il desiderio de la excellentia vostra per confirmatione de la devotione nostra verso vostra signoria mediante il spirituale contracto di compaternitate, subito ne habiamo fatto fare uno procuratorio in bona forma in persona di missere Guarnero da Castilione, il quale habiamo mandato. Non poteriamo haver inteso cossa più grata che nel vero questo è stato uno evidente argumento del amore et dilectione ne porta vostra signoria. Nuy non possiamo agiungere più obligo che quello che habiamo verso vostra excellentia. Ben si sforzaremo di fare in forma che la excellentia vostra intenderà quanto ne sia stato caro che vi siati degnata di richiederni cum tanta humanità, di che restiamo ubligati a vostra signoria, a la quale si ricomandiamo» (Giovanni di Castiglione an Bianca Maria Visconti, 22. April 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46). – Der besseren Vorkehrung halber entschloß sich Giovanni di Castiglione, wie er den Herzog am 2. Mai 1458 wissen ließ, noch einen zweiten Prokurator zu ernennen: «Havemo doppo inteso la illustrissima madona vostra consorte essere vicina al parto, et de l’humanità sua in richiederni a compaternità. ne ringratiamo assay et vostra et sua signoria et a ciò condescendiamo cum quella fede et sincerità che meritamente debiamo. E quantunque a l’affectione et vera nostra devotione verso vostra excellentia non si gli possa più agiungere, nondimanco havemo singulare contentamento cum spirituale vinculo confirmarlo. E cussì havendo littere de la prefata vostra consorte subito gli havemo mandato uno procuratorio, et a mazor cautella ne mandiamo un altro» (Ebd., Roma 47, sub die). – Daß es schließlich doch Guarnerio di Castiglione war, der den Täufling als Prokurator Giovanni di Castigliones hielt, geht aus einem Schreiben des Herzogs an den Kardinal von Pavia vom 28. Mai 1458 hervor: «Pretera havemo havuto carissimo el vinculo de la compaternità novamente contracta fra vostra reverendissima signoria et nuy et nostra consorte de questo novo figliolo che dio ce ha dato, el quale ha tenuto al baptesimo el spectabile misser Guernerio in vostro nome, et gli havemo misso nome Octaviano, sì che metteremo questo insieme con li altri beneficii […] de la prefata vostra reverendissima signoria» (Ebd., sub die). 333 Als Bianca Maria Visconti den Kardinal von Pavia kurze Zeit später um einen Gefallen hinsichtlich der Bestätigung des podestà der Gemeinde Cecima bat, fühlte sich dieser in der Tat genötigt, ihr eben aufgrund der ihm zuteil gewordenen Ehre diesen Wunsch zu erfüllen: So schrieb er der Herzogin am 4. Juni 1458: «havemo recevuto le littere de la signoria vostra, per le quale ne richiede la confirmatione de la potestaria de Cecima per uno anno, respondendo dicemo che, perché questa è la prima richiesta ne ha facta la signoria vostra doppoy la contracta compaternitate, siamo molto contenti per uno anno, per duy, per tri, et per quanto piacerà a la vostra signoria. Et cossì in questo como in ogni altra cosa ne sia possible a fare, la signoria vostra sempre ne può commandare. Il simile scrivemo per le alligate al locotenente nostro in Pavia» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Dem Herzog zuliebe setzte sich Giovanni di Castiglione dafür ein, Giacomo Mondella die Abtei Sant’Eusebio in Cannobio zu verschaffen [siehe hierzu das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 6. Mai 1458 sowie den Brief del Carrettos an den Herzog vom 28. Juni 1458 (Ebd., sub die)]. Auch für den Franziskaner Michele Carcano verwandte sich Giovanni di Castiglione wohl auf Bitten des Herzogs [siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Ottone del Carretto vom 24.  April  1458 (Ebd., sub die)]. – Zudem setzte sich der Kardinal von Pavia für den Herzog in dessen Konflikt mit Savoyen ein [siehe die Schreiben des Giovanni di Castiglione an den Herzog vom 2. und 3. Mai 1458, diejenigen des Ottone del Carretto an Francesco Sforza vom 7., 12. und 19. Mai sowie vom 3. Juni 1458 und die Briefe, die der Herzog am 3. Mai 1458 und am 18. Juni 1458 an Ottone del Carretto und am 28. Mai 1458 an Giovanni di Castiglione richtete (Ebd., sub die)]. Überdies bot Giovanni di Castiglione dem Herzog zuliebe an, Giacomo Antonio Della Torre,

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der Kardinal von Pavia nach wie vor nach einer materiellen „Anerkennung“ Ausschau. Neben der Bekundung seiner fortgesetzten Kompromißbereitschaft vergaß der Prälat freilich auch nicht, seine wichtige Stellung als Kontaktperson führender Persönlichkeiten hervorzuheben. So unterstrich er etwa, daß der Patriarch Ludovico Scarampo ihn um Hilfe ersucht habe, um von seiner Legation aus gesundheitlichen Gründen entbunden zu werden.334 Auch wies Giovanni di Castiglione darauf hin, daß sich sowohl der Gubernator von Böhmen, der ihn von seiner Wahl zum König persönlich in Kenntnis gesetzt habe, als auch dessen Kontrahent, der Herzog von Sachsen und Gemahl der älteren Schwester des verstorbenen Königs, bemühten, ihn, Giovanni di Castiglione, auf ihre Seite zu ziehen.335 Nachdem sich die Ausstellung der Bullen für Begurri, Giovanni di Castigliones Rivalen um die Abtei Rivalta, noch bis Ende Mai verzögert hatte, da dieser – trotz der Klagen des Kardinals – zunächst nicht die entsprechenden Zahlungen tätigte,336 schien Giovanni di Castiglione Anfang Juni das gesuchte „Ersatzobjekt“ den Bischof von Modena, zu unterstützen, der sich zunächst nach Neapel begeben hatte, um den erkrankten König Alfons V. aufzusuchen, und der Anfang Juni 1458 an die Kurie zurückkehrte, um als herzoglicher Vertreter an den dort anberaumten Gesprächen teilzunehmen, auf denen über das weitere Vorgehen sowohl gegen Giacomo Piccinino als auch gegen die Türken beraten werden sollte [siehe hierzu Giovanni di Castigliones Brief an den Herzog vom 2. Mai 1458, die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 15. und 21. Mai 1458 und vom 3., 8. und 17. Juni 1458, den von del Carretto gemeinsam mit Giacomo Antonio Della Torre verfaßten Brief an den Herzog vom 19. Mai 1458 sowie den Brief des Bischofs von Modena an den Herzog vom 20. Mai 1458 und die herzoglichen Schreiben an Ottone del Carretto vom 1. Juni 1458 (Ebd., sub die)]. 334 «Hogi havemo ricevute littere dal reverendissimo monsignore il patriarcha, per le quale ne prega voglamo fare instantia presso la sanctità de nostro signore ch’el vogla ritrare da quello caritto, attendute la sua infirmitate, debilitate et anche etate» (Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza, 17. Mai 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 335 «Scripsemo a vostra signoria como il governatore di Boemia [= Georg von Podiebrad] era ellecto in re, como per sue littere ne haveva avisato. Puoi havemo littere dal duca di Saxonia [Wilhelm III.], il quale, havendo la mazor sorella [= Anna] del re morto, dice il reame spectare a luy. Et pregani voglamo instare et operare per luy» (Ebd.). 336  «Il reverendissimo cardinal de Pavia spesso s’è doluto e dole che lo priore de Biguri non habbi fatta debita provisione qua de li denari opportuni per spazamento de le bolle de l’abbatia de Ripalta, facendo scrivere al bancho che accetasse le bolle et mandasselle al bancho a Milano, dove fusse pagato a sua reverendissima signoria fiorini mille de quella moneta, secondo li è stato promesso. Io li ho datte sempre bone parole, avisando Zaneto [= Zanetto Zaccaria], cancellero de vostra excellencia, qual di tal cosa me havea scritto che fecesse provedere al bancho de lettere opportune. Vedendo pur il cardinal prefato non essere proveduta ancora, molto si dolse heri sera con mecho, dicendo che debbia avisare vostra excellencia che may non farà esso resignatione libera se non li è mandati qua ditti mille fiorini, pagando però esso lo cambio perché cognosse che quando le bolle fussero spazate non se curereveno poy de riscoterle così presto dal bancho, et così m’è parso mio debito a sua rechiesta fare noto a vostra excellencia aciò che faci quelli li provedeno opportune perché questo suo nuntio, qual vene qua, portò lettere de cambio fatte già più mesi fa, et erano poy state revocate, preterea non erano in bona forma, secondo che esso Zaneto è avisato. Se non li fusse manchato più che XX ducati io li haveria fatto prestare sopra di me, ma a tanta summa io non voglio intrare in questi impazi, né voglio usare la brigata a queste

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ausgemacht zu haben. Er schwieg jedoch zunächst hierüber, ebenso wie er auch in den letzten Monaten über etliche andere Themen kein Wort verloren hatte.337 Als im Juni 1458 eine neue Pestwelle ausbrach, erwog Giovanni di Castiglione, wie viele Kardinäle die Stadt zu verlassen.338 Da er bereits im April 1458 einmal schmerzhaft erkrankt war, mag sein Bedürfnis, sich im Sommer in der gesünderen Luft des Umlandes aufzuhalten, umso größer gewesen sein.339 Daß er wohl am folgenden Tag nach Tivoli reisen werde und sich dann nach San Cosimato zu begeben gedenke, teilte der Kardinal von Pavia dem Herzog am 9. Juni 1458 mit.340 usanze perché non me li potria mantenire et altri per chi ho promesso alcuna fiata me hano dato caricho asay, non pagando in tempo» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 7. Mai 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Erst Ende Mai 1458 kann del Carretto dem Herzog den Vollzug melden: «De l’abbatia de Ripalta, havendo le lettere del cambio opportune, vedremo farla expedire quamprimum et non li mancharò» (Ebd., sub die). 337 Dazu zählten etwa die stadtrömischen Unruhen, der labile Gesundheitszustand des Papstes, die ernsthafte Erkrankung von König Alfons von Neapel, der schließlich Ende Juni 1458 verstarb, die mögliche erneute Kreation von Kardinälen, der Besuch von Skanderbegs Gesandten an der Kurie oder der Mailänder Hochstapler, der sich und seine Pferde mit dem Wappen des Kardinals von San Marco geschmückt und behauptet hatte, der Sekretär dieses Prälaten zu sein und dessen Vorhut anzugehören, und der auf diese Weise von der Gastfreundschaft vieler profitiert hatte [zu diesen von Giovanni di Castiglione bewußt ausgelassenen Sujets siehe die Schreiben Antonio da Pistoias an Francesco Sforza vom 11. und 14. Februar 1458, vom 4., 13 und 27. März 1458, vom 2., 8. und 21.  April 1458, vom 10.  Mai  1458 und vom 9.  Juni  1458 sowie die Briefe Ottone del Carrettos an den Herzog vom 19. und 27. März 1458, vom 12. April 1458, vom 15. und 19. Mai 1458 sowie vom 1., 3., 8., 10. und 29. Juni 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die)]. – Auch den Besuch des kaiserlichen Gesandten sollte Giovanni di Castiglione, was noch bemerkenswerter ist, nicht erwähnen. Bezüglich dieser Gesandtschaft heißt es in einem Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 7. Mai 1458: «Lo serenissimo imperatore etiam mandò questi dì un suo nuntio qua, et dicessi mandare pro re hac altri ambasatori» (Ebd., sub die). 338 «Qui non è altro de novo, salvo che la peste comincia a tochare in molte case in questa terra, in modo che qui tutti li cardinali penseno de dare locho, et ogniuno sta in gran dubio» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 3. Juni 1458, ASMi, Sf., PE, Roma  47].  –  Ähnlich lautete auch der Tenor in dem Schreiben Antonio da Pistoias an den Herzog vom 9. Juni 1458: «Quasi tutti questi signori cardinali hanno tolto stantie per li paesi circumstanti et questa estate staranno fora di Roma. Non credo ch’el papa remane cum più che quatro cardinali per fin nel octobre, maxime perché e[s]t pur suspecto et anco effecto di qualche peste» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 339 Hinsichtlich dieser Erkrankung heißt es in einem Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 5. April 1458: «Il nostro reverendissimo monsignore de Pavia già quatro dì fa sta in casa alquanto infermo de dolori per la persona, non però gravemente, pur sta a letto» (ASMi, Sf., PE, Roma 46, sub die). 340 «Como per altre habiamo avisata vostra signoria, le quale crediamo non siano anchora giunte, nuy si partiremo demane per andare a Tyvoli et puoi andaremo ad un altro locho chiam[at]o San Cosmato del nostro titulo, pure lì vicino. Se havessemo havuto il modo voluntieri seressemo venuto a visitare la excellentia vostra, madona e tuti quelli illustrissimi figloleti et maxime il nostro inclito figlocio» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – In diesem Brief bedeutete Giovanni di Castiglione dem Herzog auch, daß er am Vortag ein Schreiben über die Nachfolge Ferrantes als König von Neapel erhalten habe, welches er beilegen wolle, und signalisierte dem Herzog ebenfalls, man habe vernommen, Georg von Podiebrad, der designierte König von Böhmen, sei gestorben und der Herzog von Sachsen habe nun unter Verweis auf die Abstammung seiner Frau

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Bevor Giovanni di Castiglione am 10. Juni 1458 aufbrach, verfaßte er, wohl weil der Transport der Briefe aus Rom wesentlich schneller erfolgte als aus dem Umland, noch ein an die Herzogin gerichtetes Empfehlungsschreiben für einen Familiar des Kardinals Colonna namens Geronimo Raimondi,341 der von der Kurie in die lombardische patria zurückzukehren wünschte,342 wozu ihn Giovanni di Castiglione möglicherweise ermutigt hatte. Für ihn wäre es gewiß nur von Vorteil gewesen, wenn Geronimo Raimondi in seiner Heimatstadt Como, wohin er zu gehen gedachte, „Stimmung“ für ihn gemacht hätte, da der Kardinal die dortige Abtei Sant’Abbondio ins Auge gefaßt hatte. Wollte der Kardinal von Pavia diese Botschaft vom 9. Juni 1458 schnell absenden, so sparte er sich andere Nachrichten bewußt für die Zeit nach seiner Abreise auf, in dem Wissen, daß sich deren Weiterleiten nun, nach seinem Aufbruch, erheblich verzögern würde. So informierte er den Herzog erst am 11. Juni 1458 von Tivoli aus, daß sich der altersschwache Abt von Sant’Abbondio zurückzuziehen wünsche und sein Kloster motu proprio Giovanni di Castiglione übertragen wolle, weil er es so in guten Händen wisse. Aufgrund der angeschlagenen Gesundheit des Abtes, so die geschickte Argumentation des in Tivoli nun schlechter greifbaren Giovanni di Castiglione, habe die Zeit gedrängt, so daß es leider unmöglich gewesen sei, Francesco Sforza zu fragen, ob diese Lösung, die ihm selbst im übrigen nur wenig einbringe, weil der Abt eine Pension für sich einfordere, die herzogliche Zustimmung finde.343 Einige Tage später schien es – so die Datierung des entsprechenden Schreibens auf den Ansprüche auf die Königskrone erhoben (Ebd). – Die Nachricht, daß der König von Ungarn eventuell Frieden mit den Türken geschlossen haben könnte, erwähnte Giovanni di Castiglione indes nicht [(zu diesem Gerücht siehe das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 8. Juni 1458 (Ebd., sub die)]. 341 Am 17. Juni 1458 verfaßte auch Colonna zugunsten von Geronimo zwei Schreiben an Francesco Sforza und an die Herzogin Bianca Maria (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 342 «El nobile Ieronimo de Raymondi, citadino di Como, nostro singulare amico et antiquo cortesano desyderoso di revedere la patria, suoi parenti et amici, viene portitore de le presente. Et perché l’habiamo sempre per le virtute sue amato cordialmente havemo caro ogni suo concio valer honore, il perché strectissimamente lo ricommandiamo a vostra excellentia, et preghiamola che per nostro amore et rispecto si degna haverlo nelle cose sue ricommandato, perché ultra che gl’è persona da bene et che merita esserli facto ogni favore et adiuto a nuy farà singularissima gratia se intenderemo specialmente nostre littere al dicto Ieronimo essere state favorevele presso vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 343 «Messer l’abbate de Sancto Abundio de Como, non possando per la sua vegeza et altre incomodità attendere utiliter al suo monastero, mostò propria conscientia et desideroso a li sui dì vedere uno sotto cui governo prosperasse el ditto monastero, me ha pregato voglesse piglare el caricho e cossì motu proprio ha mandato procura de renuncia, et io a satisfare al suo desiderio li ho consentito. È ben vero che volentera de questo ne haveria fato noticia a la excellentia vostra, ma perché como se dice è molto infermo e anche simili cose se mutano de hora in hora, et cossì acade periculo, maxime per una regula de la cancelaria de XX dì, non s’è fato, ma confidentemente ho colto el caricho, et benché io ne haverò pocho fructo, maxime per la pensione a luy reservata, pur in tempo ne haverò qualche utilità et adiuto a sustentare questo povero mio stato, al quale seria tempo che la signoria vostra li faciesse altro pensere che el tempo passato, io aio constituito mio procuratore Pietre Arnolphino, canonico de Como, el qualle affectuosamente recommando a la excellentia vostra, pregandola che non li lassa dare impacio, ma pienamente

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14. Juni 1458 zutreffend ist – Giovanni di Castiglione jedoch sinnvoll, einen ähnlichen Text noch einmal von Rom aus zu versenden,344 wohin er offenbar für ein bis zwei Tage zurückgekehrt war.345 Den Herzog vor vollendete Tatsachen zu stellen, hielt Giovanni di Castiglione anscheinend nach seinen bisherigen Erfahrungen für die einzige Möglichkeit, um in einer absehbaren Zukunft zu einer adäquaten Versorgung zu kommen. Gewiß war sich der Kardinal darüber bewußt, daß ihm dieser Schritt wohl kaum Sympathien seitens des Herzogs einbringen würde. Er mag jedoch gehofft haben, daß die Sommermonate, die er – auch infolge der Pest – außerhalb von Rom und damit außerhalb der generellen „Kommunikationslinie“ der Boten und somit auch außerhalb der unmittelbaren Reichweite Francesco Sforzas346 zu verbringen possa intendere al governo de quello locho per honore mio» [ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die (eigenhändig verfaßtes Schreiben)]. 344 So hieß es in diesem Schreiben Giovanni di Castigliones vom 14. Juni 1458, das möglicherweise auch deshalb sehr ähnliche Informationen enthielt, weil der Prälat nicht zwangsläufig davon ausgehen konnte, daß der zuvor aus Tivoli abgeschickte Brief vor diesem eingetroffen sein würde: «Ceterum l’abbate di Sancto Abondio da Como, ritrovandossi vechio et infermo et mal apto al governo del suo monastero, desyderando provederli per non havere tanto carico sopra di sé et per sgravarsi la conscentia, non solamente non facendoni nuy instantia, ma né etiam pure havendoli circa di ciò niuno minimo pensero, ha mandato qui uno proprio messo suo procuratore a resignare l’abbadia ne le man nostre cum una honesta reservatione di pensione per sustentatione de la vita sua. Ne havressemo voluntieri per debito nostro avisata vostra excellentia, ma considerato che in queste resignatione possono cadere di molti periculi, maxime per rispecto del ordini et constitutione di cancellaria apostolica, l’habiamo acceptata et habiamo fatto spaciare le bolle, le quale mandiamo. Siamo certi vostra signoria ne serà contenta, considerato che serà per haverne affano da latto alcuno et anche per l’utile et ben nostro, quantunque sia pocha cossa, pure serà a supplimento d’una parte de le spese et carichi nostri, sopra li quali (cum supportatione) vostra signoria per lo passato ha fatto pocho pensero. E nuy per le necessitate nostre siamo streti, non puotendo fare altrimenti, piglare di quelli che possiamo havere, mazormente senza di concio e tedio de vostra signoria. Per che, mandando nuy a prendere la possessione et provedere al dicto monasterio di quanto serà bisogno, preghiamo vostra signoria si degna per nostro rispecto havere ricomandato il procuratore nostro presente portatore, e cussì le cosse del dicto monastero, secundo richiederà dicto procuratore et serà necessario, e speriamo ne l’humanità de la signoria vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 345  Bereits am folgenden oder spätestens am übernächsten Tag plante der Kardinal von Pavia, sich aus gesundheitlichen Gründen mit der Erlaubnis des Papstes und des Kardinalskollegiums wieder ins nahe gelegene Tivoli zu begeben, wo die Luft besser sei: «Doppo che a questa festa de la resurectione passata havessemo quella passione de certi dolori, di che crediamo vostra signoria havesse notitia, nuy se siamo puoy assay bene sentiti prosperosi de la persona, pure n’è consigliato per molti rispecti il mutare de l’ayre. Il perché siamo deliberati andare per alcuni giorni a fare la residentia nostra a Tivoli: Ne havemo voluto avisare la signoria vostra, acioché, accadendo cossa alcuna, per la quale fusse necessaria la presentia nostra, seremo cussì vicini che presto si potremo transferire qui, benché habiamo ricomandato misser Otto a chi bisogna in ogni caso occurrente. Nuy havemo havuto licentia da la sanctità de nostro signore et anche da questi reverendissimi nostri signori cardinali et partiremo domane o l’altro. Preghiamo vostra signoria non habia rispecto alcuno (quantunque si ritrovassemo defora di Roma) a commetterne perché sempre ad ogni cossa piglaremo bon partito per satisfare in quanto si possa a la mente de la excellentia vostra» (Ebd.). 346 Gewiß konnten Giovanni di Castiglione auch an seinem neuen Aufenthaltsort Schreiben zugestellt werden; so sandte Ottone del Carretto ihm etwa einen Brief nach, welcher das

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gedachte, ausreichen würden, um den Groll des Herzogs über das eigenmächtige Vorgehen zum Abklingen zu bringen. Zudem glaubte er wohl, nach seiner Rückkehr durch gute Erfolge bei der Umsetzung und Ausführung der zahlreichen Anliegen des Herzogs347 dessen Unmut besänftigen zu können.

Ospedale grande betraf, da er davon ausging, daß ohne die Unterstützung des Kardinals von Pavia nichts bewirkt werden könne  –  doch war dieses ein verhältnismäßig umständlicher Vorgang (siehe hierzu den Brief Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 23. Juni 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Zu dem nachgesandten Schreiben, das dasjenige vom 12. Juni 1458 gewesen sein dürfte, siehe ebd., sub die; zu dem Ospedale grande siehe auch del Carrettos Briefe an den Herzog vom 3. und 17. Juni 1458 sowie dessen Schreiben an Ottone del Carretto vom 19. Mai 1458 (Ebd., sub die). 347 Dieser hatte ihn gerade erst gebeten, sich eines frate Gabriele anzunehmen; siehe hierzu sein Schreiben an Ottone del Carretto vom 5. Juni 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47.

X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458 X.1 „Es steht außer Frage, daß der Papst höchstens noch zwei Monate zu leben hat“1 – Die Zeit vor dem Konklave Am 3. Juli 1458 schrieb der Kardinal von Pavia aus San Cosimato an Francesco Sforza, um diesem unter anderem für das Einverständnis zur Übernahme der Abtei Sant’Abbondio zu danken.2 Wenn Giovanni di Castiglione geglaubt hatte, daß sich während der Sommermonate, während seines (angeblich gesundheitsbedingten3) Rückzuges ins römische Umland, keine bedeutenden Ereignisse in der Ewigen Stadt zutragen würden, sah er sich getäuscht: In der zweiten Julihälfte verschlechterte sich der Gesundheitszustand Calixts III. so sehr, daß der herzogliche Prokurator Antonio da Pistoia am 24. Juli vermeldete, der Papst sei nun schon seit 20 Tagen sehr schwach und nach Auskunft des Arztes könne er plötzlich, ohne daß es jemand merke, verscheiden.4 Am vergangenen Samstag – so fügte Antonio da Pistoia hinzu – sei, wie er von dem Kardinal von Avignon, Alain de Coëtivy, wisse, dies beinahe eingetreten: Man habe den Papst bereits für tot ge1 «Tiensi del certo ch’el papa non possa vivere a la più longa dui mesi» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 24. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 2 «Ceterum ho inteso quanto benignamente la signoria vostra se è portata in quella resignatione a mi fata per l’abbate de Sancto Abondio, de che sommamente rengratio essa vostra signoria; la necessità me constrenge ad inclinarme a simile vitale beneficii, poyché de li boni et sufficienti è fatto commo ben sa la excellentia vostra. Io pur me rendo certo che tandem la signoria vostra haverà respecto altramente a la mia provisione. Io me contentarò de cosa rasonevelle, et poy mai non serà da mi molestata la signoria vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 3 Seine Absenz von der Kurie hatte Giovanni di Castiglione bereits am 14. Juni 1458 gegenüber Francesco Sforza mit einer nach überstandener Erkrankung erforderlichen Luftveränderung gerechtfertigt: «Doppo che, a questa festa de la resurectione passata, havessemo quella passione de certi dolori, di che crediamo vostra signoria havesse notitia, nuy se siamo puoy assay bene sentiti prosperosi de la persona, pure n’è consigliato per molti rispecti il mutare de l’ayre, il perché siamo deliberate andare per alcuni giorni a fare la residentia nostra a Tivoli» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Von seiner Genesung schrieb Giovanni di Castiglione dem Herzog einige Wochen später, am 3. Juli 1458, erneut: «Io cercha de ciò non scrivo altro perché sono a tempo in questa meza grata tamen solitudine per redurme al stato mio pristino de sanità» (Ebd., sub die). 4 «Come per altra scripsi, el papa è molto mancato da 20 dì in qua. Dice maistro Simone [di Marco], suo medico, che non bixogna aspectare che la sua sanctità habia male alcuno perché se n’anderà ad un tratto, che l’homo non se ne avederà» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 24. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

halten, doch habe er sich wieder erholt, auch wenn es ihm jetzt schlechter gehe als vorher.5 Er selbst könne dies nur insofern bestätigen, als am letzten Samstag [22. Juli] keine Urkunden unterzeichnet worden seien; eine Amtshandlung, die der Pontifex sonst stets an diesem Wochentag ausführe.6 Die Nachrichten über Calixts  III. Gesundheitsstand verschlimmerten sich tagtäglich;7 auch er selbst schien sein Ende zu spüren und nahm noch rasch von seinem Krankenlager aus ihm wichtige Ernennungen vor.8 Manche Kardinäle trafen bereits Vorkehrungen für die Nachfolge.9 Auch ließen sie  –  als in den Straßen erste Unruhen gegen die verhaßten Katalanen, die Entourage des 5  «Et sabbato proxime passato quasi l’intervenne, […] li venne uno accidente tale che si iudicò morto, pure si è rehabuto, et sta qualcosa pezo che l’usato. Questo me ha detto monsignore de Avinione [= Coëtivy] esser certissimo» (Ebd.). 6 «Io so bene che sabbato preditto non si spacciò cosa alcuna da la sua sanctità, che tutte le bolle racholte la septimana che passano per camera si sogliano spaciare el sabbato, et questa volta sono rimase adreto, fra le quale era una mia» (Ebd.). 7  «La sanctità de nostro signore sta molto debile et giace in letto da tre dì in qua, heri hebbemo audientia da sua sanctità in letto» (Ottone del Carretto und Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 24. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47); «La sanctità de nostro signore se dice non sta troppo bene, non dà audientia alcuna» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 25. Juli 1458, ebd.); «[…] la sanctità de nostro signore pur sta gravata, […] non posso intendere se stia molto male perché ogniuno de palazo sta serrato et a nullo dà audientia» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1458 (I), ebd.]; «Aviso la excellencia vostra che la sanctità de nostro signore sta gravissimo, et questa nocte ha havuto febre grande cum dolore de fianchi, et urina pietre per modo che comuniter se extima non possi sublevarsi da questa infirmità, et lo vicecanzelero [= Rodrigo Borgia], qual era andato a Tivoli per fugire lo malo aiero, venne questa notte a la mezanotte» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1458 (II), ebd.]; «et perché so vostra excellencia dovere star in suspesso per quello ch’io ho scrito de la infirmità del nostro signore papa, ho deliberato mandare il presente cavalaro senza aspetar altro, avisando la prefata excellencia vostra che da domenica in qua hè stato molto grave et ha continua febre, licet non molto grande, ha havuti nomiti dolori de fianchi de gotte, ha urinato pietre, qui se dice per ogniuno non p[u]ò campare. Dio facia quello hè per lo meglio. Lo vicecanzelero et lo capitaneo son pur qui et hanno le gente d’arme qui vicine a dua miglia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 28. Juli 1458, ebd.). 8 «Comprendo pure ch’el papa farà da vero di lassarci presto; imparo li è sopravenuta la fevre, non però molto grande, ma poco male basta ad un decrepito. Monsignore vicecancellero, che era fugito el mal aere a Tiboli, è tornato questa nocte a Roma a VII hore. Misser Borges non raxona più di partire. Nulla cosa si segna più già sono X dì per man di nostro signore, ma questa mattina verso l’hora di desinare fu mandato per li cardinali, et benché el papa stesse male, nondimeno per fare bene a misser Bartholomeo Ragaz [= Regas] fece stando in lecto uno concistorio molto breve, et in effecto transferì el vescovo di Barzalona al arcivescovato di Monreale, et lo vescovato di Barzalona ha dato al ditto misser Bartholomeo [Regas] [in Wirklichkeit wurde Giovanni Soler 1459 von Monreale nach Barcellona versetzt], et al cardinale Niceno [= Bessarion] che domandava l’arcivescovato di Monreale ha dato el vescovato di Pampalona vacato nuovamente qui in corte. Erano queste tre promotioni apte a tenere el concistorio almanco due hore et nondimeno furono spacciate in una quarta de hora. Ciascuna di queste chiese passano el valore di 4 mila ducati. È opinione quasi di ogni homo ch’el papa si cognosca mancare et habia fatto hogi questa fretta per far bene a li preditti avanti el mora» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 27. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 9 «Per li cardinali si comincia a fare de le pratiche circa el papato» (Ebd.).

X.1 Die Zeit vor dem Konklave

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Papstes, aufflammten10  –  aus Sicherheitsgründen des Nachts viele Güter aus dem Papstpalast in die Engelsburg bringen.11 Trotz dieser Alarmzeichen kehrte Giovanni di Castiglione nicht sogleich in die Ewige Stadt zurück, obwohl er dem Herzog noch am 14. Juni 1458 zugesichert hatte, in der Nähe Roms zu verbleiben, um sich jederzeit im Bedarfsfall unverzüglich an die Kurie begeben zu können.12 Er hegte wohl die Befürchtung, im letzten Augenblick noch in den Konflikt um die Thronfolge im Königreich Neapel involviert zu werden und sich hier aufzureiben, verfolgten der Herzog und der Papst hier doch diametral entgegengesetzte Interessen: Francesco Sforza unterstützte Ferrante, einen Bastardsohn des verstorbenen Königs Alfons V.;13 der Pontifex hingegen lehnte diesen Prätendenten bis zuletzt entschieden ab.14 Er traf sogar Vorbereitungen zum Kampf gegen Ferrante,15 weil er das Königreich Neapel seinem Neffen 10 «Dio vorà che la malivolentia acquistata per li Cathelani in questa terra non sia caxone del disfaccimento di cortexani, mancando el papa, che già si comincia a buttare strani bottoni» (Ebd.). 11  «Intendo per bona via che questa nocte è stata portata molta roba di palazo in Castello Sancto Angelo» (Ebd.). 12 «Ne havemo voluto avisare la signoria vostra, aciò che, accadendo cossa alcuna, per la quale fusse necessaria la presentia nostra, seremo cussì vicini che presto si potremo transferire qui, benché habiamo ricomandato misser Otto a chi bisogna in ogni caso occurrente. […] Preghiamo vostra signoria non habia rispecto alcuno (quantunque si ritrovassemo di fora di Roma) a commetterne perché sempre ad ogni cossa piglaremo bon partito per satisfare in quanto si possa a la mente de la excellentia vostra» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 13 Welch großes Anliegen dem Herzog die Unterstützung Ferrantes war, zeigen etwa die chiffrierten Schreiben, die Ottone del Carretto am 1. August 1458 an Francesco Sforza sandte, und die Briefe, die der Mailänder Herzog am 22. Juli 1458 sowie am 2. und 19. August 1458 an Ottone del Carretto richtete (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 14 Wie verärgert seinerseits der Pontifex über diese Position des Herzogs war, ließ Ottone del Carretto diesen am 21. Juli 1458 in einem chiffrierten Schreiben wissen: «Heri sera de nocte gionse qui Iohanne Cayme, semo stati subito con la sanctità de nostro signore. Lectoli la instructione et dictoli a boca quanto esso Iohanne ha havuto in commissione da la excellencia vostra la sanctità soa remasi tutta sinarita (?) […] perché aspectava altra resposta da la excellencia vostra de l’ambassata ve debbe havere facta el vescovo de Modena [= Giacomo Antonio Della Torre] et che io ve scrisse, credeva la signoria vostra se dovesse adherire a li suoy penseri et fantasie. È remasta la sanctità soa tutta refredata […], la prefata sanctità ha preso tanto affanno de questa resposta vostra […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 15 So hatte Calixt  III. am 14.  Juli  1458 eine Bulle erlassen, in der er verkündete, daß das Königreich Neapel nach dem Tode von Alfons V. wieder an die Kurie zurückgefallen sei. Zehn Tage später, am 24.  Juli  1458, heißt es diesbezüglich in einem Schreiben Antonio da Pistoias für Francesco Sforza: «Misser Borges [= Pier Luigi] è ancora qui, ma ha aviati alcuni di soi verso el reame a octo et X per volta. Non so s’el lo fa perché non si saprà quanti sono. El papa ha mandato un suo sergente d’arme over maziero con molte bolle del tenore de la bolla publicata l’altro giorno circa fatti del reame, et halle mandate a presentare a li prelati del reame, cum comandamento che le apichino a le lor chiesie et publichino secondo usanza. Credo che ditto maziero sarà ricevuto con altro che con malvagia […]» (ASMi, Sf., PE, Roma  47, sub die). – Zur Ablehnung Calixts III. gegenüber diesem neuen König siehe auch die Schreiben, die Ottone del Carretto am 7. und 14. Juli 1458 und Antonio da Pistoia am 12. und 21. Juli 1458 an Francesco Sforza sandten (Ebd., sub die). – Zu den Anfangsjahren der Herrschaft Ferrantes siehe u. a.: Emilio Nunziante, I primi anni di Ferdinando d’Aragona e l’invasione di Giovanni d’Angiò 1458–1464. Studio storico su documenti inediti dell’archivio di Milano, della biblioteca

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

Pier Luigi Borgia zusprechen wollte. Wäre Giovanni di Castiglione angesichts dieser verhärteten Fronten der Bitte des Herzogs nachgekommen und hätte sich für Ferrante eingesetzt,16 hätte er zwangsläufig die Verärgerung Calixts III. auf sich gezogen und wäre möglicherweise sogar an der Kurie in Ungnade gefallen. So erschien es ihm wohl günstiger, keine Position zu ergreifen, sondern vorerst im „Abseits“ auszuharren und abzuwarten, welchen Lauf die Dinge nehmen würden. Selbst nachdem bekannt geworden war, daß der Papst keinesfalls den 9. August 1458 überleben werde,17 und es hieß, daß spätestens zehn Tage nach dem Tode Calixts III. das Konklave zusammentreten solle,18 vermied es Giovanni di Castiglione, sich zu exponieren. Gewiß war dies kein ungefährliches Spiel, mußte er doch damit rechnen, daß sich einige seiner Konkurrenten  –  etwa die Kardinäle Capranica und Orsini  –  seine Abwesenheit von der Kurie zunutze machen würden, indem sie sich hinsichtlich der herzoglichen Wünsche engagierten (oder zu engagieren vorgaben) und Ottone del Carretto für sich einzunehmen wußten.19 Auch blieb ihm durch seine Absenz von Rom die Möglichkeit versperrt, in die zwischen dem Herzog und Ottone geführte Diskussion einzugreifen, welcher Kardinal beim Erwerb der Tiara zu unterstützen sei.20 Doch wollte er, der sicher insgeheim mit dem Pontifikat liebäugelte, vielleicht auch gar nicht, daß sein Name im Vorfeld der Papstwahl allzu stark lanciert wurde. Vermutlich hielt er sich bewußt lange Zeit im Hintergrund, weil er seine nazionale di Parigi ecc., Neapel 1898; David Abulafia, The Inception of the Reign of King Ferrante I of Naples. The Events of Summer 1458 in the Light of Documentation from Milan, in: D. A. (Hg.), The French Descent into Renaissance Italy 1494–1495. Antecedents and Effects, Aldershot 1995, S. 71–90; Francesco Senatore/Francesco Storti, Spazi e tempi della guerra nel mezzogiorno aragonese. L’itinerario militare di re Ferrante (1458–1465), Salerno 2002 (Iter Campanum 10). 16 «Circa autem el facto de d. Ferrando vogliamo digati alla soa signoria che la intentione nostra è de aiutare et favorire esso d. Ferrando, et per la conservacione et mantenimento del stato d’esso fare dal canto nostro quanto ne sia possibile perché cossì ne pare essere obligati per la liga et per l’affinità havemo con luy, et cossì confortamo et pregamo soa signoria voglia dal canto suo dargli ogni favore et fare per luy, como ne rendemo certissimi farà, che tutto quello farà verso luy, reputaremo sia facto verso nuy proprii […]. Questa substancia vogliati dire al prefato monsignore cardinale et con quella honestà posseti, et co[sì] la signoria soa pregare usi ogni suo ingenio et industria et tutto con honesta in favore d’esso d. Ferrando» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 8. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 17 «Come per altre ho scripto, el papa si consuma, et remedio non ha da campare quantunque el mal suo parà picolo, ma si tiene per fermo che a la più longa non passerà la renovatione de la luna che è a VIIII de agosto» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 31. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 18 «[…] post mortem infra dice dì se fa la ellectione» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1458 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 47]. 19 Wie eng Ottone del Carretto und Domenico Capranica zu dieser Zeit zusammenarbeiteten, zeigen etwa die beiden Schreiben, die der Mailänder Herzog am 22. Juli 1458 seinem Gesandten zukommen ließ (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 20 «Illustrissimo signore mio, adesso bisogna aprire l’ochio a vedere de far un papa qual sia amico et aiuti a sollevare et exaltare vostra excellencia et li incliti figlioli suoy et deprimere li inimici» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (I)].

X.1 Die Zeit vor dem Konklave

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Ambitionen nicht frühzeitig preiszugeben wünschte. Gewiß dürfte ihm bekannt gewesen sein, daß gerade im Falle eines anstehenden Konklaves diejenigen, die dieses von vornherein als große Favoriten betraten, oft nicht diejenigen waren, die dieses als Gewinner verließen, wohingegen wenig gehandelte Kandidaten, die aber geschickt zu taktieren vermochten, von den Machtkonstellationen häufig zu profitieren wußten. So war er wohl auch darüber unterrichtet, daß es im Konklave von 1447 weder dem von Alfons  V. befürworteten Prospero Colonna, noch dem von den Orsini, Franzosen, Florentinern, Mailändern und Venezianern unterstützten Giovanni Berardi di Tagliacozzo gelungen war, sich durchzusetzen, gleichwohl sie als unumschränkte Favoriten galten. Daß es im Konklave von 1455 ähnlich zugegangen war, als sich weder Prospero Colonna und Domenico Capranica (die von der Partei der Colonna und dem Mailänder Herzog begünstigt wurden), noch Pietro Barbo und Ludovico Scarampo (die von den Orsini, der Serenissima und König Alfons V. gefördert wurden) behaupten konnten, dürfte Giovanni di Castiglione ebenfalls gewußt haben. Die eigene Erfahrung hatte ihn zudem gelehrt, wie nützlich es gerade an der Kurie sein konnte, erst verhältnismäßig spät aus dem Schatten herauszutreten. So war es für ihn gewiß kein Nachteil gewesen, daß er, nachdem er bereits in der Normandie weitreichende diplomatische Erfahrungen hatte sammeln können, sozusagen als Fremder ohne Makel und Feindschaften das Parkett der Kurie betreten und dort brillieren konnte. Die Hoffnung, daß er – wenn er sich nur lange genug bedeckt hielt  –  gleichsam aus dem Schatten als Überraschungskandidat hervortreten könnte, dürfte Giovanni di Castiglione wohl gehegt haben; vermutlich erwog er auch seine Erfolgsaussichten. Selbst wenn er – schon allein dadurch, daß er noch verhältnismäßig jung war – gewiß nicht der chancenreichste Aspirant war, so gab es doch einige Punkte, die für oder zumindest nicht gegen ihn sprachen. Wie schon die große Unterstützung erahnen läßt, die ihm die Kardinäle bislang hatten zuteil werden lassen, war er bei seinen Kollegen sehr beliebt. Die Kardinäle hatten sich nicht nur wiederholt (und in großer Zahl) beim Mailänder Herzog für ihn verwendet, sondern ihm auch durch den entschiedenen Widerstand, den sie seinem Kontrahenten, Francesco Sforzas Protegé Bartolomeo Visconti, entgegengebracht hatten, effektiv zum roten Hut verholfen. Des weiteren stammte Giovanni aus einer namhaften italienischen Familie, was in Zeiten nur von Vorteil sein konnte, in denen „Fremden“ – nicht zuletzt in Reaktion auf den von Calixt III. exzessiv betriebenen, die Katalanen fördernden Nepotismus  –  Unmut seitens der Römer entgegenschlug und in denen die Befürchtung groß war, ein Franzose könne versuchen, die Kurie nach Avignon zurückzuführen. Auch mochte für ihn sprechen, daß er keiner Fraktion angehörte bzw. weder von den Colonna noch von deren Kontrahenten, den Orsini, unterstützt wurde. Da für die Wahl des Papstes eine Zweidrittelmehrheit vonnöten war und sich diese Fraktionen in der Regel gegenseitig hemmten und behinderten, so daß den jeweiligen Aspiranten entscheidende Stimmen fehlten, spielte dieser Faktor eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

An seine persönlichen Fähigkeiten, das heißt an seine Gabe, Leute im entscheidenden Augenblick für sich einzunehmen, an sein Geschick, die richtigen Bündnisse zu schließen, und an seine Qualitäten als Taktiker und Stratege, die ihn schon – trotz verhältnismäßig aussichtslos erscheinender Situationen – so viel hatten erreichen lassen, dürfte Giovanni di Castiglione ebenfalls gedacht haben. In der Tat waren seine bisherigen Erfolge, wenn er sie Revue passieren ließ, durchaus beachtlich. Trotz der Nachteile, die aus dem Tod Brandas und aus den finanziellen Engpässen der Familie erwachsen waren, und ungeachtet aller Widerstände, die ihm der Mailänder Herzog entgegengesetzt hatte, hatte er stets seine Ziele verwirklichen können. So war er bislang nahezu der einzige gewesen, der gegen den expliziten Willen Francesco Sforzas ein Bistum in dessen Herrschaftsbereich hatte erlangen können und der trotz der Vorbehalte seines Landesherrn mit dem Purpur bedacht worden war. Auch die Tatsache, daß Giovanni di Castiglione mit Papst Coelestin einen Verwandten anzuführen wußte, der bereits die Tiara getragen hatte, mochte sich – wie der Kardinal von Pavia wohl annahm – günstig für ihn auswirken. Überdies ging er vermutlich davon aus, daß es, solange er sich nicht direkt in Rom aufhielt, schwerer sei, ihn zu verpflichten, für einen bestimmten Kardinal zu votieren. Daß er angesichts des ambivalenten, zwar nicht durchweg schlechten, doch auch keineswegs ungetrübten Verhältnisses kaum der eigentliche Favorit Francesco Sforzas sein würde, konnte Giovanni di Castiglione sich wohl ausrechnen. In der Tat hatte Ottone del Carretto den Herzog bereits wissen lassen, man müsse dafür Sorge tragen, daß Giovanni di Castiglione für Domenico Capranica stimme, denn es gebe keinen geeigneteren künftigen Papst als diesen.21 Die Kardinäle Orsini und Colonna könnten aufgrund der seit Jahrzehnten geführten Familienfehden ohnehin nicht durchgesetzt werden, und auch die ultramontanen Kardinäle begrüßten die Wahl des Kardinals von Fermo.22 So riet Ottone del Carretto nun, wie es ihm der Kardinal von Fermo durch einen Boten am Morgen 21 «[…] et per quanto ho possuto comprehendere non c’è homo più atto che lo cardinale de Fermo [= Capranica] […], sì che, havendo il voto del reverendissimo cardinale de Pavia, non hè da dubitare […]» (Ebd.). 22 «[…] et intendendo questi cardinali lo bisogno che ha questa sede de restauratione et molte altre cose che concoreno in questo, non hè da dubitare serà facile cosa farlo, et a questo se concorda così Orsino como Colonna perché intendeno non poter tochare ad alcuno de loro, et etiam fra li Ultramontani questo hè meglio voluto […]» (Ebd.). – Ganz so sicher schien die „Anwartschaft“ des Kardinals von Fermo auf das Papsttum jedoch nicht zu sein: Immerhin hielt Antonio da Pistoia, wie er Francesco Sforza am 31. Juli 1458 mitteilte, nicht Domenico Capranica, sondern die Kardinäle Juan de Torquemada und Filippo Calandrini für die aussichtsreichsten Prätendenten: «S’el papa more, dio ci dia qualche altro bon pontefice che bixogno ne habiamo. La mazor parte stima ch’el cardinal di San Sixto [= Torquemada], spagnolo, succederà, ma rare volte se indivina. Se si farà papa italiano credo tocherà a Bologna [= Calandrini] perché è bon homo et generalmente ben voluto dal collegio […]. Credo la signoria vostra harà intexo che quel maziere che portò le bolle nel reame publicate qui contra el re è ritornato a Roma a piedi, senza denari et senza haver potuto presentare le bolle, neanco riportarle indreto, ha solum rep[orta]to certe bastonate» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die).

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des 26. Juli 1458 nahegelegt hatte, der Herzog solle den Kardinal von Pavia instruieren, all sein Geschick aufzuwenden, um die Wahl Capranicas zu ermöglichen, sofern er selbst keine Chance hätte, auf den Stuhl Petri zu kommen.23 Es mag wenig überraschen, daß Sforzas Präferenz dem Kardinal von Fermo galt, der sich  –  ebenso wie auch der Kardinal von San Marco  –  insbesondere in den Jahren  1457 und 1458 geschickt auf dem Terrain engagiert hatte, das Giovanni di Castiglione bewußt gemieden hatte, nämlich beim Vorgehen gegen Giacomo Piccinino. Schon 1457 hatte es geheime Vereinbarungen Francesco Sforzas mit Capranica für den Fall des Todes des Papstes gegeben, die auf dessen Wunsch aus Sicherheitsgründen jedoch nicht schriftlich fixiert, sondern nur mündlich durch einen Boten weitergegeben worden waren.24 Weit mehr als die Haltung des Herzogs erstaunt hingegen, daß diesmal auch Cicco Simonetta den Kardinal von Pavia, seinen Verwandten, nur unter Vorbehalt unterstützte. So ließ der herzogliche Sekretär verlauten, er müsse eigentlich aufgrund der familiären Bande für Giovanni di Castiglione als neuen Papst sein, doch zeige dieser ein so anmaßendes Verhalten, daß man dessen Ernennung zum Pontifex an sich nicht vertreten könne.25 Hier zeichnet sich ein großer Fehler im Kalkül des Giovanni di Castiglione ab: Nach der Vergabe des roten Hutes hatte sich der Kardinal von Pavia zwar offensichtlich weiter um den Gesandten des Herzogs in Rom bemüht, jedoch nicht mehr – wie sich der Korrespondenz entnehmen läßt – die Verbindung zu Cicco Simonetta im selben Maße wie früher gepflegt. Aus der Sicht des Kardinals war es nun von größerem Vorteil, ohne 23 «[…] poy questa matina per messer Galeotto [= Agnesi] [da] Napoli me ha mandato a dire questo in effetto che bemché il ditto cardinale de Pavia molto li sia amico et spere asay in luy, nondimeno li pare necessario per totale sicureza che vostra excellencia li scriva come ella desidera che esso cardinale sia promovuto a questa sede, et così me scrive a me vogli operare quanto mi sia possibile per parte de vostra excellencia, dove sia de bisogno, per esso cardinale de Pavia, ma quando non potesse cadere in sua signoria questa sorte, che la prega e stringe per quella amicicia che haveti insieme, se may desidera fare cosa sia grata a vostra excellencia, vogli usare ogni arte, studio et industria che sia promovuto al pontificato lo cardinale de Fermo [= Capranica] perché oltre che a la chiesa universale serà utille tal pastore a vostra excellencia […]» [Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. Juli 1458 (I), ASMi, Sf., PE, Roma 47]. 24 «Heri matina se partì da qui Iohanne de la Guardia, al quale ho dicto alcune cose che referirà a vostra signoria de quello già più dì fa me havea dicto il reverendissimo d. Firmano [= Capranica] circa la pratica de fare novo papa quando accadesse la morte de questuy, quale cose sua reverendissima signoria volse li prometesse non scrivere, ma per fidato nuntio certificasse vostra excellencia, e non altra persona, da quello anchora intenderà li modi che se servino in rebus occurrentibus» (chiffrierte Passage eines Schreibens von Ottone del Carretto an den Mailänder Herzog vom 14. April 1457, ASMi, Sf., PE, Roma 45). – Zum herzoglichen Familiar Giovanni Della Guardia, der von 1453 bis 1456 Gesandter in Genua gewesen war, siehe Leverotti, Diplomazia e governo, S. 183 f. 25 «[…] lo intento del signor è che quello pontificato sia in monsignor nostro de Fermo, como quello in chi ha più fede et gli pare più digno et merito de tale peso et carico quanto è questo. […]. E benché ad mi apartenga per respecto de mia mogliere monsignore de Pavia, è tanta l’ambitione et superbia sua che non satisfa ad questo» (nicht datiertes Schreiben von Cicco Simonetta an Ottone del Carretto, BNF, ms. it. 1588, n° 113).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

Umwege und Fürsprache dritter direkt mit dem Herzog zu kommunizieren.26 Je höher Giovanni di Castiglione die Karriereleiter emporgestiegen war, desto weiter war er von etlichen herzoglichen Vertrauten, von vielen Männern aus der zweiten Reihe, abgerückt.27 Ob ein gesteigertes Standesbewußtsein oder taktische Gründe hinter dieser Distanzierung standen: ein größerer Rückhalt in der herzoglichen Entourage wäre für den Kardinal von Pavia zu diesem Zeitpunkt sicherlich förderlich gewesen, gerade weil Giovanni di Castiglione weder in Rom noch in Mailand vor Ort war, als entscheidende Weichen gestellt wurden. Als sich am 30. Juli 1458 vorschnell das Gerücht vom Tod des Papstes verbreitete, hatten die Kardinäle von Rouen, Avignon, Nizäa und San Marco, die man damit beauftragt hatte, für Sicherheit an der Kurie und in ihrem Umfeld zu sorgen, große Mühe, der Haßwelle, die den Katalanen entgegenschlug, zu begegnen sowie die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß Calixt III. noch am Leben war.28 Es gelang jedoch nicht, das Volk dazu zu bewegen, sämtliche Waffen niederzulegen. So brachten nicht nur die Florentiner Kaufleute, sondern auch viele Prälaten und wohlhabende Höflinge ihre Güter in Sicherheit.29 Selbst nach dem (tatsächlichen) Tod Calixts III. am 6. August 1458 begab sich Giovanni di Castiglione nicht unmittelbar nach Rom. Erst wenige Tage vor der

26 Siehe hierzu etwa das Schreiben Giovanni di Castigliones an den Herzog vom 6. Mai 1457 (ASMi, Sf., PE, Roma 45). 27 Zu Ottone del Carretto hatte Giovanni di Castiglione ohnehin nie den Zugang in einer Weise und Intensität finden können, wie er etwa zu Giovanni Caimi bestanden hatte. Wäre Caimi Giacomo Calcaterras Nachfolger in Rom geworden oder häufiger nach Rom abgeordnet worden, hätte sich die Situation vielleicht anders entwickelt. Doch Caimi hielt sich im Juli 1458 nur ein paar Tage an der Kurie auf, bevor er am 25. des Monats, wie es seine Mission erforderte, nach Neapel, an den Hof des neuen Königs Ferrante, weiterreiste (siehe hierzu die Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 25. und 26. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 28 «Li signori cardinali hanno fatto quatro deputati tra loro che habiano auctorità di provedere a quanto bixognasse per rispetto a li scandali che si dubita saranno in la terra, li quali deputati sono Niceno [= Bessarion], Rothomagensis [= Estouteville], Avignon [= Coëtivy] et San Marco [= Barbo], et ogni dì sono insieme; hanno fornito Campidoglio di circa 200 fanti, et messovi per capo l’arcivescovo di Ragusa [= Giacomo da Racaneto], el qual vi cominciò a dormire questa nocte passata. Heri a hore XVIII si levò nuova ch’el papa era morto, et subito una brigata di ghiotti romani preseno l’arme et havevano di strane parole contra Cathelani, et in mia presentia ne amazarono uno apto zovane solamente dicendo ‹Mora, cathelano›. Li 4 cardinali, sentendo questo, monterono incontinenti a cavallo, andando in qua et in là per Roma per monstrare al popolo ch’el papa viveva […]» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 31. Juli 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 29 «andando in qua et in là per Roma […] per fare deponer l’arme, ma benché altro scandalo non seguisse, nientedimeno l’arme non è lassata, anco quasi tutti li zovani romani vanno adesso con l’arme, li mercanti fiorentini, quando videno heri quel principio, subito feceno transportare in case di amici el meglio de le robe loro, et lo simile hanno fatto li prelati et altri richi cortixani. Misser Borges [= Pier Luigi Borgia] si stima non si tenirà securo de le sue gente perché sono quasi tutti italiani et non tropo ben tractati da lui, et però si crede se ne anderà a Spoleto et starassi in la rocha finché habia pacti dal futuro papa. Et forsi anco si metterà a far qualche pazia in Roma, del che haverà mal partito perché è tropo malvoluto universalmente» (Ebd.).

X.1 Die Zeit vor dem Konklave

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Eröffnung des Konklaves traf er an der Kurie ein.30 Für Ottone del Carretto, der von Francesco Sforza in der Zwischenzeit sogar eine mit einem dreifachen „s“ unterzeichnete Instruktion erhalten hatte und angewiesen worden war, dafür Sorge zu tragen, daß man auf jeden Fall Kardinal Capranica zum neuen Pontifex wähle,31 dürfte es daher recht schwierig gewesen sein, dem herzoglichen Auftrag gemäß, Giovanni di Castiglione Sforzas Botschaft beizubringen. Ottone del Carretto sollte dabei den Eindruck vermitteln, der Kardinal von Pavia sei der bevorzugte Kandidat des Herzogs;32 zugleich sollte er Giovanni di Castiglione 30 Daß kurz nach seiner Rückkehr nach Rom das Konklave begann, betonte Giovanni di Castiglione am 19.  August  1458 in einem Schreiben an den Herzog: «Più giorni passati non havemo scripto a vostra signoria, sì per l’essere stato nostri di fora, sì etiam perché, doppo fossemo ritornati, quasi continue siamo stati in presone» (ASMi, Sf., PE, Roma  47, sub die). – Vermutlich dürfte der Kardinal von Pavia um den 11. August wieder an der Kurie eingetroffen sein, spricht doch Ottone del Carretto am 12. August 1458 in einem Schreiben an Francesco Sforza davon, daß bis auf Juan de Torquemada alle Kardinäle, die sich in Italien aufgehalten hätten, in Rom angelangt seien: «Il legato de Bologna [= Calandrini] heri gionse qua, et domane deve venire il cardinal de San Sisto [= Torquemada], poy serano venuti tutti quelli chi erano in Italia. Il camerlengo [= Scarampo] dicessi deve venire, ma non s’extima possi giongere ad hora» (Ebd., sub die). 31 «Havemo recevuto le vostre lettere de XXVI del passato et inteso el caso de la infirmità et febre grande che havea nostro signore el papa, et de quanto ve ha dicto el reverendissimo monsignore nostro cardinale de Fermo  [=  Capranica], et quanto ve ha dicto poy d. Galeoto [= Agnesi] da Napoli, confortandoce et persuadendoce che, accadendo el caso della morte del papa, vogliamo operare che monsignore de Pavia gli daga la soa voce, dicemo che, recevuta questa, ve trovati con la soa reverendissima signoria, et ad quella dati questa nostra lettera aligata che gli scrivamo de nostra mano, per la quale intenderà largamente l’animo et voluntà et totale desyderio nostro et quella pregare et exortare et domandare de gratia che non lassa cosa alcuna ad fare per obtenere quello loco del pontificato perché teneremo gli sia bona memoria de Sforza, nostro patre, o nuy stessi, et nisuno altro gli potria essere, et sia che se voglia, quale a la mente et animo nostro satisfacesse, se non la soa signoria. Il perché volimo che interponati ogni vostra opera et ogni vostro ingenio ad fare che l’habia la voce de monsignore de Pavia, al quale ancora per l’aligate gli scrivamo soscritta de nostra mano quando bisogna circa questa materia; et gli scrivemo sì stretamente che nuy crediamo pur ch’el debia fare, et che nol facendo, ch’el pensi de essere nostro inimico capitale, avisandone che maiore consolatione, né maiore piacere, né maiore gratia non porressemo recevere nec havere in questo tempo che dicto reverendissimo monsignore fosse in quella sedia perché l’amicitia et benivolentia havemo cum la signoria soa è la più vechia et la più vera et intrinseca et cordiale che habiamo in Italia cum prelati, né signori temporali, né altre parte […]. Et ultra ciò remandamo lettere de credenza sottoscritte de nostra mano a tuti li cardinali, aciò che possiate pregare tutti l’altri cardinali et nostri amici che aiutano et concorano in questo, governando la cosa como al prefato reverendissimo monsignore parerà et piacerà. Et per nostra consolatione avisatene presto de quanto sarà seguito» [Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. August 1458 (Entwurf), ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die; unter diesem Datum existiert ebd. auch noch eine weitere Abschrift dieses Briefes]. – Dieses Schreiben sollte nach Erhalt verbrannt werden (siehe hierzu Ilardi, Crosses and Carets, S. 1139). – Zur Freude Capranicas über die Haltung und das Engagement des Herzogs siehe das in Teilen chiffrierte Schreiben Ottone del Carrettos vom 12. August 1458 (Ebd., sub die). 32 So liest man etwa in einem weiteren herzoglichen Schreiben vom 1.  August  1458, das wohl eigens dazu verfaßt worden war, es Giovanni di Castiglione vorzulegen: «Respondendo ad quando ne scrivati per una vostra data a XXVI del passato, per la quale ne significati la sanctità de nostro signore essere in assay grave caso de infirmità, et per questo ne recordati che vogliamo

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

dennoch dazu bewegen, für Domenico Capranica zu votieren.33 Vorderhand hatte es für Giovanni di Castiglione so auszusehen, als plane Francesco Sforza ein Spiel über die Bande zu seinen Gunsten. Tatsächlich war er aber nicht einmal für den Fall, daß man den Kardinal von Fermo nicht wählte, der nächste „Wunschkandidat“ des Mailänder Herzogs. In seiner chiffrierten Nachricht hatte Francesco Sforza seinem Gesandten die Weisung erteilt, daß er, wenn Capranica nicht zum Papst gemacht werden könne, dafür Sorge tragen solle, daß sowohl Domenico Capranica als auch Giovanni di Castiglione für Prospero Colonna stimmten.34 Gebe es auch für diesen keine Option, so solle Giovanni di Castiglione den Kandidaten unterstützen, für den der Kardinal von Fermo plädiere.35 Auf jeden Fall – und auf diesen Punkt legte der Herzog ganz besonderen Wert – müsse der Eindruck entstehen, daß dem letztendlich aus dem Konklave hervorgehenden Pontifex von vornherein seine Unterstützung gegolten habe. Zu diesem Zweck legte der Mailänder Herzog seinem Gesandten sogar einen nicht adressierten, ver-

scrivere et mandarvi lettere opportune, adciò che possiati adiutare nostro reverendissimo monsignore cardinale de Pavia, dicemo che sempre l’animo nostro è penduto in la soa signoria, quando el caso occoresse de fare ogni aiuto perché la soa signoria sia promossa et assumpta nel pontificato, parendone che siando la soa signoria in quello loco che lì fosse uno nostro patre et benefactore et quodammodo nuy stessi, il perché volemo che faciati ogni opera et diligentia in quello modo et forma che ad essa parerà per aiuto et favore suo; et in questo poneti ogni vostra industria, studio et opera et ingenio perché maiore piacere né maiore gratia non poressemo havere che el nostro monsignore fosse in quella sedia. Et cossì pregamo dio che sia quello che alla signoria soa et a nuy ce conceda la gracia che habiamo questa consolatione a li dì nostri. Expectaremo con summo desyderio et expectatione sentire bone novelle […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 1. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 33 Der Brief, in dem der Mailänder Herzog den Kardinal von Pavia bat, für Capranica zu stimmen, sofern er sich im Konklave nicht selbst als Sieger durchsetzen könne, stammte vom 2. August 1458. Dieses Schreiben ist nicht mehr erhalten, doch existiert noch eine an Ottone del Carretto gesandte Abschrift dieses Dokuments vom selben Tag: «Per lettere del nostro oratore d. Otto siamo avisati como la sanctità de nostro signore è in grave caso de infirmità. Et perché desyderamo la exaltacione vostra per le virtute vostre et affectione verso nuy, scriviamo al prefato d. Otto che, occorendo el caso, voglia fare ogni opera con quilli reverendissimi cardinali nostri amici et tutti l’altri per la promocione et assumptione vostra al papato; sì che el dicto d. Otto se governarà et farà in aiuto et favore vostro como essa gli ordenarà et rechiederà et non gli mancarà in cosa alcuna perché questo saria nostro summo desyderio. Et, quando pur per caso facta che fosse ogni opera vostra et nostra et che la sorte non potesse tocare alla vostra signoria, ve pregamo, strengemo et caricamo quanto più possemo che la voce vostra ve piaza de dare ad quello che in tale caso ve rechiedesse d. Otto, al quale in questo et in ogni altra cosa piaza alla signoria vostra integramente credere quanto che se nuy proprii a boca gli parlassemo» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Zu dieser herzoglichen Taktik siehe auch Senatore, «Uno mundo», S. 181 Anm. 74; Ilardi, Crosses and Carets, S. 1139 f. 34 Siehe hierzu das an Ottone del Carretto gerichtete Schreiben vom 2.  August  1458 (Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., n° 9464–65); vgl. Senatore, «Uno mundo», S. 181 Anm. 74; Ilardi, Crosses and Carets, S. 1139 f., siehe auch das an Ottone del Carretto gerichtete Schreiben vom 2. August 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 35 Ebd.

X.1 Die Zeit vor dem Konklave

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siegelten Brief an den künftigen Pontifex bei, auf den der Gesandte zu gegebener Zeit den Namen des Auserkorenen einsetzen konnte.36 Der Herzog mochte alles mit Akribie geplant haben, sein Kalkül ging jedoch nicht auf: Sein eigentlich aussichtsreichster Kandidat, Domenico Capranica, für dessen Wahl der herzogliche Gesandte unter den Kardinälen weitere Befürworter gefunden hatte,37 erholte sich nicht von einer Erkrankung38 und starb am 14. August 1458, nur wenige Tage vor der Eröffnung des Konklaves.39 Für Giovanni di 36 «Et non exprimemo el nome in l’una delle littere, in le quale è una croce de sopra in lo capelleto della littera, et in l’altra è lo nome expresso, como per dicte copie vedereti, perché quella senza nome possiati usare secondo el bisogno ve occorerà et in favore de chi ve parerà et siati certi debia cadere la sorte» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. August 1458, Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., n° 9464–9465). – Zu diesem nicht erhaltenen Blanko-Schreiben, das Francesco Sforza seinem chiffrierten Brief vom 2. August 1458 beilegte, siehe Ilardi, Crosses und Carets, S. 1139 f., 1148; Senatore, «Uno mundo», S. 181. 37  Siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 12. August 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 47). 38 Bereits am 3. August 1458 hatte Ottone del Carretto dem Herzog mitgeteilt, daß Domenico Capranica von seiner Erkrankung noch sehr geschwächt sei: «Il reverendissimo d. cardinal de Fermo [= Capranica] è stato molto grave per fluxo de corpo, et ancora è molto debile in modo che non attende ancora a dare audientia» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). Zehn Tage später, am 13. August 1458, vermeldete dann Antonio da Pistoia dem Herzog, daß es um die Gesundheit Domenico Capranicas sehr schlecht bestellt sei und er sich kaum vorstellen könne, daß der Kardinal das Konklave überlebe: «Per altre mie facende fui heri a visitare el cardinale di Fermo che è stato amalato più dì, et, secondo el iudicio mio, credo morirà, quantunque molti dicano ha poco male. Io tengo del certo che s’el si fa portare in conclave haverà gran fatica uscirne vivo, et se pur ne uscirà vivo non campa di questo male, che ne riceverà gran danno la natione italica» (Ebd., sub die). Und in einem Nachsatz zu diesem Schreiben, den Antonio da Pistoia am folgenden Tag hinzufügte, heißt es, der Zustand des Kardinals habe sich so verschlimmert, daß die Ärzte davon ausgingen, daß er spätestens bis Mitternacht aus dem Leben geschieden sei: «Ritenuta la presente fin questo dì XIIII detto, el cardinale di Fermo è tanto pezorato che per li medici non si iudica vivo a mezanocte el più» (Ebd.). 39 «el cardinale di Fermo è morto in quest’hora XX, habiamo in conclavi una voce manco italiana et la più digna. Dio vorà ch’el papato remanga in Italia» (Post scriptum vom 14. August 1458 zu dem Schreiben, das Antonio da Pistoia am Vortag an Francesco Sforza gerichtet hatte, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Ottone del Carretto betonte in der Nachricht, in der er am 14. August 1458 den Herzog vom Tod des Kardinals von Fermo in Kenntnis setzte, nochmals dessen ursprünglich große Chancen, zum Papst gewählt zu werden: «et quando indubitanter credevemo vederlo papa, et luy non cerchandolo, tutti li cardinali et Ursini et Colonesi, et Ultramontani et Citramontani, erano d’acordio in haverlo in pastore, alora vederemo le lacrimose et dolorose funerali, et così vanno li casi mondani, et così ce vene falita ogni speranza. Onde ho deliberato questa novella quantunque acerbissima notificarla a vostra excellentia» [Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup.; vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 865. Siehe dazu auch Alfred A. Strnad, Johannes Hinderbachs Obedienz-Ansprache vor Papst Pius II. Päpstliche und kaiserliche Politik in der Mitte des Quattrocento, in: RHM 10 (1966/67), S. 43–183, hier: S. 55 Anm. 36; Barbara Baldi, Pio  II e le trasformazioni dell’Europa cristiana (1457–1464), Mailand 2006 (Collana politica estera e opinione pubblica), S. 18 Anm. 52]. – In den Commentarii des Enea Silvio Piccolomini [Pius II] heißt es dazu: «Sed dum celebrantur exequiae, cardinalis Firmanus, lenta febre correptus, Callistum, cui supra modum succedere aspirabat, ad sepulchrum sequitur» (I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 196).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

Castiglione war dies zweifelsohne eine glückliche Fügung, steigerte das Schicksal doch seine eigenen Erfolgsaussichten nicht unerheblich. Auch mochte es ihm in die Hände spielen, daß es nun aufgrund der vorangeschrittenen Zeit zu spät war, als daß Ottone del Carretto weitere Instruktionen aus Mailand hätte einholen können.40 Ohnehin hatte Giovanni di Castiglione das zuvor vom Herzog betriebene Spiel durchschaut – möglicherweise war er mißtrauisch geworden, weil ihm zu Ohren gekommen war, daß der herzogliche Gesandte auch den Kardinälen Pietro Barbo und Basileios Bessarion bedeutet hatte, sie seien die eigentlichen Favoriten des Herzogs,41 oder weil er gehört hatte, daß Ottone del Carretto mit den Gesandten des Königs von Neapel übereingekommen war, Enea Silvio Piccolomini zu stützen.42 Zumindest beklagte Giovanni di Castiglione sich mit Verbitterung darüber, zwar an der Kurie stets als der Kardinal des Mailänder Herzogs zu gelten, jedoch von Francesco Sforza nie wie ein solcher behandelt zu werden; ja, man bezichtige ihn nun auf einmal sogar, Mailänder Staatsgeheimnisse dem Kardinal von Rouen preiszugeben.43 Daß der Vorwurf der Weitergabe wichtiger Informationen vielleicht nicht ganz unberechtigt war, kann man sich durchaus vorstellen. So ist denkbar, daß Giovanni di Castiglione, voraussehend, einmal mehr vom Mailänder Herzog nicht 40 Die Nachricht vom 6. August 1458, in der Ottone del Carretto den Herzog vom Tode des Papstes in Kenntnis setzte (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die), erreichte den Herzog wohl erst, als das Konklave bereits im Gange war. Zumindest stammt dessen Antwort erst vom 18. August 1458. Zu Beginn dieses vom Herzog eigenhändig unterzeichneten und mit „ss“ markierten Briefes heißt es: «Havemo recevuto le vostre lettere de dì VI del presente, per le quale ne avisate de la morte de la felice memoria di papa Calisto, de la quale havemo recevuto grande despiacere perché ad soa sanctità portavamo singulare reverentia et devotione, et quella, per sua clementia, sempre ce monstrò grande benivolentia et amore quanto ad figliolo et servitore. Preghiamo l’omnipotente dio che per sua misericordia ce doni degno successore in quello summo pontificato, che sii ad bene et honore de la chrystiana religione et ad quiete et tranquillità de tutta Italia, et così expectamo de hora in hora essere avisato che serà creato» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 41 Daß Ottone del Carretto dieses den Kardinälen Pietro Barbo und Basileios Bessarion bedeutet hatte, wissen wir aus dem Schreiben des herzoglichen Gesandten vom 20. August 1458 (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Antonio da Pistoia wiederum hatte, wie seinem Schreiben an Francesco Sforza vom 13. August 1458 zu entnehmen ist, wohl mit Guillaume d’Estouteville und Alain de Coëtivy gesprochen: «Et fui con li reverendissimi signori cardinali de Roano et di Vignone, et ad ambi ricomandai la vostra signoria, et offersi come mi fu imposto. Acceptarono gratiosamente et, cum la berretta in mano, mi commisseno rendessi molte gratie et ricomendassili a la vostra excellentia» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 42 «Doppo la morte del monsignore predicto, siando stato con lo ambassiatore vostro et lui dicendomi che la signoria vostra se contentaria del cardinale de Siena, […] me son intromisso che in costui concorrano quelli che concorrivano in monsignor morto, et deo gratias Ursino [= Latino Orsini] se gli è adducto. Et spero le cose haveranno effecto» (Galeotto Agnesi an Francesco Sforza, 15. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). Siehe hierzu auch das Schreiben Ottone del Carrettos an den Mailänder Herzog vom 14. August 1458 (Ebd., sub die; ed. in: Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. II, S. 714). 43 Siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 12. August 1458 (Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup., sub die).

X.2 Der Verlauf des Konklaves

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die gewünschte Unterstützung zu erhalten,44 abermals auf seine mitunter etwas fragwürdige Praxis der „Selbsthilfe“ zurückgegriffen hatte, um seine Ausgangsposition im Konklave zu verbessern. Dabei über den Beistand eines so einflußreichen Kardinals wie Estouteville zu verfügen, der zwar seinerseits Ambitionen auf das Pontifikat hatte, sich aber schon mehr als einmal auf seine Seite gestellt hatte, konnte für ihn – das wußte Giovanni di Castiglione sehr wohl – bei einem so wichtigen Ereignis nur von Vorteil sein. Zweifelsohne suchte der Kardinal von Pavia die Nähe Estoutevilles, doch kalkulierte er anders, als man zunächst vermuten sollte.

X.2 „… wenn die Kardinäle tatsächlich im Konklave sind, täuschen sie sich gegenseitig, trotz aller Versprechungen, die sie sich vorher gegeben haben“45 – Der Verlauf des Konklaves Was sich genau in der Abgeschiedenheit des Konklaves zugetragen hat, bei dem sich achtzehn der sechsundzwanzig damaligen Kardinäle46 am 16. August 44 Dennoch hielt der Herzog eine Wahl des Kardinals von Pavia durchaus für denkbar. Ansonsten hätte er wohl kaum den Namen „Castiglione“ neben denen von Calandrini und Fieschi explizit in der Instruktion genannt, in der er Francesco Cusano am 20. August 1458 anwies, darauf einzuwirken, daß die lombardischen Kommenden des neu gewählten Papstes durch ihn, Francesco Sforza, vergeben werden dürften: «Appresso o el cardinale de Bologna [= Calandrini] o de Pavia o dal Fiesco o qualunche altro cardinale che acada essere assumpto al pontificato de quelli che hanno beneficii in commenda nel nostro dominio, volimo te trovi con misser Otto, […] procurati, qualunche de li sopradicti sarà papa, che quelli beneficii, se trovarà havere in comende in nostro dominio, siano lassati alla voluntà et dispositione nostra, che ne possiamo fare quello ne parerà, et in questo volimo che […] tali beneficii non siano tranferiti [!] in mane de altri cardinali, ma siano lassati a la voluntà et arbitrio nostro como è dicto» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Zur Einführung von Francesco Cusano beim Pontifex siehe das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 3. September 1458 sowie den Brief, den Francesco Cusano gemeinsam mit Ottone del Carretto am 2. September 1458 an den Mailänder Herzog richtete (Ebd., sub die). – Zu den wichtigen Gesprächen, die der Kardinal von Pavia und Ottone del Carretto mit Francesco Cusano gleich nach dessen Ankunft führten, siehe das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 5. September 1458 (Ebd., sub die). – Francesco Cusano blieb bis zum 18. September 1458 in Rom [siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos an den Herzog vom 17. September 1458 (Ebd., sub die)]. – Zu Francesco Cusano siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 173 f. mit weiterer Literatur. 45 «[…] questi cardinali, quando sonno sul facto in conclave, nonostante le pratiche et promesse se fano fra loro inanti che intrano in conclavi, dapoy se ingannano l’uno l’altro […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 2. August 1458, Bibl. Ambr., cod. Z 210 sup., n° 9464 f.); vgl. Baldi, Pio II, S. 19. 46 An dieser Papstwahl nahmen mit Pietro Barbo, Filippo Calandrini, Giovanni di Castiglione, Prospero Colonna, Giorgio Fieschi, Latino Orsini, Enea Silvio Piccolomini sowie Giacomo Tebaldi acht italienische Kardinäle teil. Zu diesen kamen zwei aus Frankreich, Guillaume d’Estouteville und Alain de Coëtivy, zwei Griechen, Basileios Bessarion und Isidor von Kiew, und sechs Kardinäle von der iberischen Halbinsel: Rodrigo Borgia, Antonio de la Cerda, Luis Juan de Mila, Juan de Mella, Juan de Torquemada und Jaime de Aviz. Acht Kardinäle waren

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

145847 versammelt hatten, entzieht sich unserer Kenntnis. Laut den wesentlich später abgefaßten Commentarii von Enea Silvio Piccolomini [Pius  II.], die als Hauptquelle für das Konklave von 1458 gelten,48 entfielen in der ersten Abstimmung, die am 18.  August  1456, einen Tag nach der Ausarbeitung der Wahlkapitulation,49 vorgenommen wurde, jeweils fünf Stimmen auf Enea Silvio Piccolomini und auf Filippo Calandrini,50 keine hingegen auf Estouteville. Von den anderen Kardinälen (die nicht namentlich genannt werden) hingegen soll keiner mehr als drei Stimmen auf sich vereint haben.51 Nach dem Mittagessen – so liest man in diesem Bericht weiter – hätten die einflußreichsten Kardinäle kleine Zirkel gebildet, in denen sie für sich oder für Freunde das abwesend (Juan de Carvajal, Nikolaus von Kues, Peter von Schaumberg, Dionysius Széchy, Jean Rolin, Richard Olivier de Longueil, Pierre de Foix und Ludovico Scarampo. – Näheres zum damaligen Kardinalskollegium bei Walter Schürmeyer, Das Kardinalskollegium unter Pius II., Berlin 1914 [ND Vaduz 1965] (Historische Studien 122); Marco Pellegrini, Pio II, il collegio cardinalizio e la Dieta di Mantova, in: Arturo Calzona (Hg.), Il sogno di Pio II e il viaggo da Roma a Mantova [Atti del convegno internaz., Mantova, 13–15 IV 2000], Florenz 2003 (Ingenium 5), S. 15–76. 47 So heißt es etwa in dem Schreiben Antonio da Pistoias an Francesco Sforza vom 13. August 1458: «Attendesi a fare le exequie, et mercore che viene, a XVI del presente, saranno fornite, et quel medemo giorno dapoi le exequie si rinchiuderanno li cardinali in conclave, quantunque el termine loro sia el dì sequente, cioè la giobra, perché debano stare X dì dapoi la morte, ma vorano contare per uno dì el zorno de la morte che fu verso la nocte a VI detto […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 48 «È proprio lo stesso Pio II, qualche anno più tardi, ad offrirci una ricostruzione degli avvenimenti che hanno accompagnato la sua elezione: un racconto vivo, ricco, e che, como è stato già osservato, costituisce, al di là di pochi altri riferimenti, la fonte principale, privilegiata per la storia di questo conclave. Si tratta di una situazione sicuramente eccezionale, forse unica, su cui la storiografia ha già richiamato l’attenzione: così, ad esempio, il Pastor ha osservato come ‹all’infuori di questa relazione dell’eletto, non esistono intorno al conclave del 1458 che pochi dispacci degli inviati di Milano›. E molti anni dopo, Vincent Ilardi, a sua volta, definisce il resoconto del Piccolomini ‹an unique account of this fateful conclave written by the successful candidate himself›, indicandolo come la fonte coeva più rilevante relativa all’elezione del pontefice, integrata al più dai dispacci dei diversi ambasciatori e agenti presenti a Roma, presso la corte romana. I Commentarii, insomma, per quanto riguarda il conclave, restano, se non l’unica, certo la fonte più importante» (Baldi, Pio II, S. 3 f.). – Zur Darstellung des Konklaves in den Commentarii siehe auch Dies., ebd., S. 3–28 [«L’elezione di Pio II, il conclave e la storiografia»]. 49 «Ipsa die ingressus nihil actum est circa electionem; sequenti, capitula quaedam edita sunt, quae observari a novo praesule statuerunt, iuraruntque singuli ea se servaturos, si sors super se caderet» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 196]. 50 Enea Silvio weist in den Commentarii darauf hin, daß die Bevölkerung, als er mit Filippo Calandrini in Rom eingezogen sei, bereits davon ausgegangen sei, daß einer von ihnen beiden der nächste Papst sein würde: «Haec cum accepisset Philippus cardinalis Bononiensis, qui apud Balneum Regium per aestatis caumata declinaverat, Viturbium venit et cum Aenea simul ad electionem futuri praesulis Romam profectus est. Cumque ambo una Urbem peterent, universam Curiam et maiorem populi partem extra moenia occurrentem invenere, affirmantibus cunctis eorum alterum in pontificem maximum electum iri» (Ebd., S. 194, 196). 51 «Tertia die, facta re divina, cum ventum esset ad scrutinium, inventum est Philippum cardinalem Bononiensem et Aeneam Senensem paribus votis ad summum pontificatum postulari, utroque vocibus quinque vocato. Ex reliquis nemo tres superavit. Vilhelmum cardinalem Rhotomagensem, sive dolus fuit, sive odium, nemo ea vice elegit» (Ebd., S. 196, 198).

X.2 Der Verlauf des Konklaves

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Pontifikat gefordert, erfleht und die anderen mit Versprechungen gelockt oder Drohungen ausgestoßen hätten.52 Da unter jenen, die Eigenwerbung betrieben, neben Guillaume d’Estouteville, Pietro Barbo und Antonio de la Cerda auch Giovanni di Castiglione aufgeführt wird,53 dürfte anzunehmen sein, daß der Kardinal von Pavia zu den einflußreicheren Prälaten im Konklave zählte. Enea Silvio zufolge soll insbesondere Guillaume d’Estouteville die „gierigen Kardinäle“ mit Versprechungen geködert und gleichsam „das Gewand Christi ohne Christus“ verkauft haben. Zu den Kardinälen, mit denen Guillaume d’Estouteville symbolträchtigerweise bei den Latrinen ein geheimes Abkommen getroffen haben soll, zählten – laut Enea Silvio Piccolomini – außer den Griechen Basileios Bessarion und Isidor von Kiew auch Giorgio Fieschi, Juan de Torquemada, Alain de Coëtivy, Prospero Colonna, der Vizekanzler Rodrigo Borgia und Giovanni di Castiglione.54 Filippo Calandrini, Latino Orsini und Giacomo Tebaldi seien zwar noch unentschlossen gewesen, hätten aber – so der Kardinal von Siena  –  noch für den Kardinal von Rouen gewonnen werden können.55 Wären wiederum elf Stimmen zusammengekommen, so hätte sich auch bald das zwölfte, für eine Zweidrittel-Mehrheit entscheidende Votum gefunden.56 Aus diesem Grund – so steht es in den Commentarii zu lesen – sei er, Enea Silvio, von Kardinal Calandrini um Mitternacht geweckt und über die Vorgänge in den Latrinen informiert worden. Dieser habe ihm angeraten, Kardinal Estouteville die eigene Stimme zu versprechen, da dieser wohl der neue Papst sein werde.57 52 «Itum est ad prandium. Exin multae conventiculae factae sunt. Qui potentiores erant in Collegio, auctoritate atque opibus excellentes, alios ad se vocabant et, aut sibi ipsis, aut amicis, apostolatum quaerebant; rogabant, promittebant, minas ingerebant» (Ebd., S. 198). 53 «nec defuerunt qui, sine rubore, omni modestia procul reiecta, pro se ipsis verba facerent summumque sibi pontificatum arrogarent, sicut Vilhelmus Rhotomagensis, Petrus Sancti Marci [= Barbo] et Iohannes Papiensis cardinales; nec Ilardensis [= Antonio de la Cerda] sese negligebat» (Ebd., S. 198). 54 «Vincebantur non pauci magnis pollicitationibus et quasi muscae capiebantur abdomine; vendebaturque Christi tunica sine Christo. Convenere apud latrinas plerique cardinales eoque loco, tamquam abdito et secretiori, pacti inter se sunt quonam modo Vilhelmum pontificem eligerent, scriptisque et iuramentis se astrinxerunt. Quibus ille confisus, mox sacerdotia, magistratus et officia promisit, ac provincias partitus est. Dignus locus in quo talis pontifex eligeretur: nam foedas coniurationes ubi convenientius ineas quam in latrinis? Aderant Vilhelmo certi ex cardinalibus: duo graeci [= Bessarion und Isidor von Kiew], Genuensis [= Fieschi], Sancti Sixti [= Torquemada], Avinionensis [= Coëtivy], Columnensis [= Colonna], Papiensis et Vicecancellarius [= Borgia]» (Ebd., S. 200, 202). 55 «Bononiensis [=  Calandrini] vero, Ursinus [=  Orsini] et Sanctae Anastasiae [=  Tebaldi] dubii erant, pauloque momento accessuri videbantur; et iam propemodum spem dederant» (Ebd., S. 202). 56 «Et, cum undecim concurrere viderentur, non dubitabant quin duodecimum statim haberent» (Ebd., S. 202). 57 «Iamque noctis medium effluxerat, cum ecce Bononiensis Aeneam adit et dormientem excitans: ‹Quid agis,› inquit ‹Aenea? Nescis quia iam papam habemus? In latrinis convenere aliquot cardinales statueruntque Vilhelmum eligere nec aliud expectatur quam dies. Consilium meum est ut surgens e lectulo illum adeas vocemque tuam illi offeras prius quam eligatur […]› » (Ebd., S. 202).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

Dem eigenen Bericht nach will Enea Silvio diesen Vorschlag jedoch energisch abgelehnt58 und zugleich Calandrini dazu gebracht haben, nicht für den Kardinal von Rouen zu votieren.59 Auch den Vizekanzler, Rodrigo Borgia, will er am nächsten Morgen dank seines rhetorischen Könnens in einem Einzelgespräch überzeugt haben, nicht für den Franzosen zu stimmen,60 indem er Rodrigo vor Augen geführt habe, daß er sein Amt unter Estouteville bestimmt an den Kardinal von Avignon werde abtreten müssen.61 Bei Giovanni di Castiglione habe es indes gereicht – so Enea Silvio Piccolomini – an das vaterländische Bewußtsein und an die Verpflichtung seiner patria gegenüber zu appellieren. So habe er ihn darauf hingewiesen, wie unwürdig er doch im Vergleich zu seinem Verwandten Branda sei, der einst alles daran gesetzt habe, um die Kurie aus dem Reich, vom Konstanzer Konzil, nach Italien zurückzubringen. Er, der Neffe, zerstöre nun das Werk seines Verwandten, weil er jetzt dazu beitrage, die Kurie wieder nach Frankreich zu verlegen.62 Er, Giovanni, der Italiener, denke mehr an Frankreich als an seine 58  «Cui Aeneas: ‹Consilium tuum tecum,› inquit ‹Philippe, referto. Mihi nemo suaserit ut eum beati Petri successorem eligam, quem prorsus indignum puto. Absit a me hoc peccatum. Si alii eum eligent, ipsi viderint. Ego mundus ero ab eo scelere, nec me conscientia expunget mea. Dicis durum esse papam non habere benivolum. Nihil hoc ego vereor. Scio me non interficiet quoniam eum non elegerim. At non amabit, non dabit stipem, non adiuvabit, paupertate premeris. Non est assueto dura paupertas. Inopem vitam duxi hactenus, quid si moriar inops? Musas mihi non auferet, quae sunt in fortuna tenui suaviores. Ceterum non ego is sum qui arbitrer passurum Deum in manu Rhotomagensis Ecclesiam sponsam suam deperire. Nam quid magis alienum est a Christi professione quam vicarium eius simoniae atque impudicitiae deservire? Non feret divina pietas hoc Palatium, quod tot sancti patres habitavere, aut speluncam latronum, aut lupanar meretricum fieri. A Deo datur apostolatus non ab hominibus. Rhotomagensi qui demandare pontificatum conspiravere, homines sunt, quorum cogitationes vanas esse quis nescit? Pulchre apud latrinas coniuratio facta est: in secessum conatus ibunt et sicut ariana perfidia in loco foedissimo finem accipient iniquissima machinamenta. Crastina dies ostendet Romanum praesulem a Deo eligi non ab hominibus. Tu, si christianus es, eum in Christi vicarium non assumes quem nosti Diaboli membrum esse› » (Ebd., S. 204, 206). 59 «Atque his dictis Philippum terruit ne Rothomagensi accederet» (Ebd., S. 206). 60 Dennoch stimmte Rodrigo Borgia bei der nächsten Wahl zunächst nicht für Enea Silvio Piccolomini, was dieser freilich nicht erwähnt. 61 «Exin summo diluculo Rhodericum [= Borgia] vicecancellarium conveniens, percontatus est an sese Rhotomagensi vendidisset. ‹Et quid vis agam?› respondit ille. ‹Acta res est. Convenere apud latrinas multi atque hunc statuerunt eligere. Mihi non est ex usu cum paucis extra gratiam novi praesulis remanere. Concurro cum parte quae maior est et causae meae consului. Cancellariam non perdam. Scedulam enim promissionis habeo. Si non eligo Rhotomagensem, eligent alii; et ipse privabor officio meo›. Cui Aeneas: ‹O stulte› inquit ‹iuvenis! Ergo tuae nationis hostem in apostolatum collocabis? Et scedulae fidem dabis eius hominis qui non habet fidem? Tu scedulam habebis, Avinionensis [= Coëtivy] Cancellariam. Nam quod tibi promissum est illi et promissum et affirmatum est. Illine an tibi servabitur fides? Gallo an Cathelano Gallus amicior erit? Extero an civi magis consulet? Cave tibi, inexperte iuvenis, cave, stulte! Et si non est tibi Ecclesiae Romanae cura, si religionem christianam nihili pendis et Deum contemnis, cui talem vicarium praeparas, at saltem tui ipsius curam habeto, qui, Gallo papatum tenente, in postremis eris›. Audivit haec patienter ab amico Vicecancellarius seque admodum cohibuit» (Ebd., S. 206). 62 «Post haec videns Aeneas cardinalem Papiensem: ‹Audio› inquit ‹et te cum hisce sentire, qui Rhotomagensem eligere statuerunt. Quid ais?›. Tum ille: ‹Bene› inquit ‹audivisti. Promisi vocem illi dare, ne solus remanerem. Iam enim certa res eius est, tot sunt qui ei promisere›. Cui ille:

X.2 Der Verlauf des Konklaves

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patria ! («Italus homo, Galliae melius quam Italiae consulis».63) Wie könne er schließlich nur so naiv sein zu glauben, er werde in der Lage sein, Estouteville daran zu hindern, die Kurie nach Frankreich zurückzuführen? («gallus in Galliam cum summa dignitate advolabit».64) Und wie könne er, der Italiener, es mit sich vereinbaren, daß mit seiner Unterstützung und mit seinem Rat Italien, das schon das Imperium verloren habe und dem nur noch die Kurie als das letzte Licht leuchte, nun auch noch dieses Glanzes beraubt werde? Wie könne er, nachdem er es erlebt habe, wie unter Calixt III. die Katalanen die wichtigen Funktionen übernommen hätten, nun zulassen, daß die Italiener zu Sklaven der Franzosen würden?65 Wo seien sein Gewissen, sein Eifer, sein Gerechtigkeitssinn und sein Menschenverstand? Wie könne er zusehen, wie die Kirche einem Menschen wie Estouteville zufalle? Wo sei seine Liebe zum Vaterland? Wenn er, Giovanni, den Franzosen gewinnen ließe, enttäusche er nicht nur Enea, sondern betrüge auch sich selbst und die patria!66 Von diesen Worten unendlich getroffen und überwältigt von Schmerz und Beschämung, sei der Kardinal von Pavia  –  so Enea Silvio Piccolomini  –  in Tränen ausgebrochen, habe einen Seufzer ausgestoßen und beteuert, wie sehr ‹Alium te› inquit ‹virum esse existimavi quam invenio. En quantum a tuis maioribus degeneras! Patruus tuus, sive avunculus fuit, Branda cardinalis Placentinus, cum esset pontificatus maximus ultra montes in Germania – nam Iohannes tertius ac vigesimus, instituto Constantiensi Concilio, Romanam Curiam trans Alpes adduxerat – numquam quievit donec in Italiam Primam Sedem reduxit; cuius arte, studio atque ingenio factum est ut, abdicatis summo pontificatu qui de eo contendebant, Martinus quintus eligeretur, natione romanus ex domo Columnensi. Branda Curiam apostolicam ex Germania in Italiam reportavit. Tu eius nepos ex Italia transferes in Galliam!› » (Ebd., S. 206, 208). 63 Ebd., S. 208. 64 Das vollständige Zitat lautet: «At Rhotomagensis nationem suam praeferet Italicae, et gallus in Galliam cum summa dignitate advolabit. Dices: ‹Iuratum est; non ibit absque senatus consilio extra provinciam; non consentiemus ire volenti›. Et quis cardinalium est qui sedenti in apostolico trono audeat adversari? Primus tu eris qui, obtenta aliqua divite commenda, ‹Ito› inquies ‹quo velis, pater sancte›. Et quid est nostra Italia absque Romano praesule?» (Ebd., S. 208). 65 «Retinemus apostolatum, Imperio amisso, atque hoc uno lumine videmus lumen; et hoc, te fautore, suasore, adiutore privabimur? Aut ibit in Galliam pontifex gallus, et orbata est dulcis patria nostra splendore suo, aut manebit inter nos, et serviet regina gentium Italia extero domino, erimusque mancipia Gallicae gentis. Regnum Siciliae ad Gallos perveniet; omnes urbes, omnes arces Ecclesiae possidebunt Galli. Callistus admonere te potuit, quo sedente nihil Cathelani non occuparunt. Expertus Cathelanos experiri Gallos cupis? Cito poenitebit expertum. Videbis Collegium Gallis plenum, neque ab illis amplius eripietur papatus. Adeone rudis es ut non intelligas hoc pacto perpetuum imponi iugum nationi tuae» (Ebd., S. 208, 210). 66 «Quid de vita hominis dicam? An non pudet homini lubrico et cui anima venalis sit, Christi vices committere? En paraninphum egregium Sponsae Christi praeparas! Ovem lupo committes! Ubi conscientia? Ubi iustitiae zelus? Ubi hominis mens? Siccine a te ipso recessisti? Num te saepe dicentem audivimus perituram Ecclesiam, si in manus Rhotomagensis inciderit, et te mori malle quam ipsum eligere? Quae causa mutationis? An ex daemonio repente in angelum lucis transfiguratus est ille? An tu ex angelo in diabolum, qui libidines eius et spurcitias et avaritiam diligas? Ubi amor patriae et vox illa semper Italiam ceteris nationibus praeferens? Existimabam, recedentibus ceteris ab eius caritate, te nunquam recessurus. Fefellisti me, immo vero te ipsum et patriam tuam Italiam, nisi resipis» (Ebd., S. 210).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

er von Reue erfüllt sei. Vor die Alternative gestellt, Estouteville gegenüber sein Wort zu brechen oder als Vaterlandsverräter zu gelten, habe sich Giovanni di Castiglione schließlich für ersteres entschieden67 – soweit die Version Enea Silvio Piccolominis. Im abschließenden scrutino, in dem er gegen Estouteville angetreten sei – heißt es in den Commentarii weiter –, hätten neun Kardinäle ihn, Enea Silvio, gewählt (außer Filippo Calandrini und Giovanni di Castiglione auch Giorgio Fieschi, Latino Orsini, Antonio de la Cerda, Pietro Barbo, Luis Juan de Mila, Juan de Mella und Jaime de Aviz). Zu diesen Voten seien dann durch das accessum68 noch die Stimmen von Rodrigo Borgia, Giacomo Tebaldi und schließlich von Prospero Colonna hinzugekommen.69 So wertvoll Enea Silvio Piccolominis Beschreibung vom Konklave auch zweifelsohne sein mag, sie ist natürlich, wie das gesamte Werk, hochgradig stilisiert.70 Schon allein die angebliche Wahl der Latrinen als vom Widersacher auserkorener Ort verdeckter Absprachen ist symptomatisch. Es überrascht daher nicht allzu sehr, daß sich ein etwas anderes Bild ergibt, wenn man die Berichte der Mailänder und Mantuaner Gesandten heranzieht, die unmittelbar nach dem Ende des Konklaves abgefaßt wurden. Da diese Berichterstatter nicht persönlich in das Geschehen involviert waren, bestand für sie keinerlei Notwendigkeit, die tatsäch67 «Obstupuit his auditis Papiensis et, correptus dolore simul ac verecundia, illacrimatus est et post aliquot suspiria: ‹Pudet me,› inquit ‹Aenea; sed quid agam? Promisi. Nisi Rhotomagensem eligo, proditionis arguar›. Cui ille: ‹Eo ventum est› ait ‹quantum intelligo, ut quocumque te vertas, proditoris nomen incurras. Nunc eligendum est: Italiam, patriam, Ecclesiam, an Rhotomagensem malis prodere?›. Victus his, Papiensis Rhotomagensi deficere minus probri existimavit» (Ebd., S. 210, 212). 68 Zur Funktionsweise des accessum siehe ebd., S. 198. 69 Ebd., S. 216, 218. 70 “We need not place complete reliance at this version of the conclave, written years after the event, by a man widely known for his vanity and addition to self-praise” (Ilardi, The Italian League, S. 149). – Zur Selbstdarstellung des neuen Papstes siehe auch Gerhart Bürck, Selbstdarstellung und Personenbildnis bei Enea Silvio Piccolomini (Pius II.), Basel u. a. 1956 (Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 56); Luigi Totaro, Pio II nei suoi Commentarii, Bologna 1978 (Il Mondo medievale. Sezione di storia delle istituzioni, della spiritualità e delle idee 5); Arnold Esch, Enea Silvio Piccolomini als Papst Pius II. Herrschaftspraxis und Selbstdarstellung, in: Hartmut Boockmann  u. a.  (Hg.), Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Politik – Bildung – Naturkunde – Theologie. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1983 bis 1987, Göttingen 1989 (Abh. Akad. Wiss. in Göttingen, Philolog.-Histor. Kl. III 179), S. 112–140; Claudia Märtl, Wie schreibt ein Papst Geschichte? Zum Umgang mit Vorlagen in den Commentarii Pius’II., in: Rudolf Schieffer/Jarosław Wenta (Hg.), Die Hofgeschichtsschreibung im mittelalterlichen Europa, Thorn 2006 (Subsidia historiographica  3), S. 232–251; Dies., Pius II. (1458–1464). Offensive und defensive Strategien seiner Selbstdarstellung als Papst, in: Michael Matheus/ Lutz Klinkhammer (Hg.), Eigenbild im Konflikt. Krisensituationen des Papsttums zwischen Gregor VII. und Benedikt XV., Darmstadt 2009, S. 63–87; Claudia Märtl, Les Commentarii de Enea Silvio Piccolomini (Pie II, 1405/1458–1464), in: Pierre Monnet/Jean-Claude Schmitt (Hg.), Akten des Kolloquiums «Les autobiographies souveraines» [Paris 14–15 III 2008] [im Druck].

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lichen Entwicklungen zu verschweigen, zu verfälschen oder zu beschönigen. Ihren Schilderungen zufolge hat es den Anschein, als ob Enea Silvios Gegenspieler Guillaume d’Estouteville nicht erst ganz am Ende durch Piccolomini ausgeschaltet wurde, sondern schon vor der eigentlichen Schlußabstimmung unterlegen war. Und hierzu trug offensichtlich kein anderer so maßgeblich bei wie Giovanni di Castiglione, der zuvor seinem langjährigen Verbündeten Kardinal Estouteville geschworen hatte, ihn zu unterstützen.71 Die Rolle des Kardinals von Pavia im Konklave beschränkte sich also keinesfalls auf die ihm durch Enea Silvio zugedachte eines reumütigen Umkehrers, der – wie wir in den Commentarii lesen –, mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert, um Gnade dafür bat, daß er ursprünglich für Estouteville zu stimmen gedacht hatte. Offensichtlich hatte Giovanni di Castiglione im Konklave anfangs nur Position für Estouteville bezogen, um dessen „tiefste Geheimnisse“ und dessen modus procedendi zu erkunden und um diese Erkenntnisse schließlich, ohne daß Estouteville es merkte, der Gegenseite zu verraten. Laut dem Bericht des mailändischen Gesandten vom 21. August 1458 trug Giovanni di Castiglione in der Tat wohl alle Pläne und Trümpfe des Kardinals von Rouen dessen Kontrahenten zu.72 Das Ziel des Kardinals von Pavia war jedoch nicht nur, die Wahl Estoutevilles zu verhindern (was ihm wirklich gelang – so betonte auch Nicodemo Tranchedini, daß Estouteville wohl zum Papst erkoren worden wäre, wenn Giovanni di Castiglione nicht seine Pläne durchkreuzt hätte73). Der Kardinal von Pavia gedachte vielmehr, die Lager gegeneinander auszuspielen: Er hoffte wohl auf den Zuspruch aus der Fraktion von Estouteville, denn dessen Anhänger wollte er glauben machen, ihr Favorit ließe sich lediglich wegen des französischen Hintergrundes nicht durchsetzen.74 71 «[…] [ha] promesso al cardinale de Roan et, secondo che molti dicono, giurato de darli la voce […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 21. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). Vgl. Baldi, Pio II, S. 20. 72 «[…] manegiando luy in conclavi le pratiche del cardinale de Roan et aprendoli quello ogni suo secreto, lo ha inganato […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 21. August 1458, ebd.). 73 «pare che Andegavense [=  Estouteville] era papa se il Pavia non lo avesse contrafacto» (Nicodemo Tranchedini an Francesco Sforza, 28. August 1458, ASMi, Sf., PE, Firenze 269); vgl. Baldi, Pio II, S. 20 Anm. 57. 74 In der Tat mag bei vielen Kardinälen wohl die von Giovanni di Castiglione und Enea Silvio Piccolomini heraufbeschworene Angst, man könne in die Zeiten des avignonesischen Exils der Kurie zurückfallen, für die Entscheidung gegen den Kardinal von Rouen ausschlaggebend gewesen sein. Wie groß die Erleichterung war, als man schließlich hörte, die Gefahr, einen Franzosen zum Papst zu bekommen, habe gerade noch abgewendet werden können, zeigt auch das Schreiben des Antonio da Pistoia an Francesco Sforza vom 21. August 1458: «Come credo sarà avisata la signoria vostra gran pericolo fu che non havemo papa franzoso, et io sapevo tal pratica tra Roano et Vignone [= Coëtivy] che era quasi impossibile ch’el papato non tochasse a uno loro duy. Laudato Dio che è remaso in Italia» (vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. II, S. 714). – Die Befürchtung, ein nicht italienischer Papst könne die Kurie ins „Ausland“ verlegen, war übrigens bereits bei der Wahl Calixts III. laut geworden, wie wir aus einem Schreiben des Florentiner Erzbischofs Antonio Pierozzi vom 24. April 1455 wissen (siehe hierzu Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 644).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

Deshalb – so lautete wohl die Argumentation Giovannis – müsse man ihn als vermeintlich engen langjährigen Bundesgenossen des Kardinals von Rouen stützen.75 Mit diesen Stimmen und denjenigen aus dem gegnerischen Lager glaubte er, ausreichend Voten auf sich zu vereinen, um selbst zum Papst gewählt zu werden.76 Alles hing freilich davon ab, daß diese Absicht nicht durchschaut wurde. Das Vorhaben muß beinahe geglückt sein, denn die mantuanischen Gesandten, die aus Florenz der Markgräfin Barbara Gonzaga das Ergebnis der Papstwahl mitteilten, unterstrichen, Giovanni di Castiglione habe ganz dicht hinter dem Kardinal von Siena gelegen.77 Nach Aussagen der Mantuaner war also nicht der Kardinal von Rouen, sondern der Kardinal von Pavia der eigentliche Kontrahent des Bischofs von Siena in der Endabstimmung.78 Augenscheinlich kam man schließlich doch hinter Giovanni di Castigliones Vorgehensweise, woraufhin ihm eine Welle des Hasses seitens der Franzosen entgegenschlug.79 Der Kardinal von Pavia versuchte nun zu retten, was zu retten war: Ihm mußte klar sein, welche unangenehmen Folgen es nach sich zog, wenn der neu gewählte Pontifex einen Kardinal als Widersacher betrachtete und ent75 «Si può di qui desumere il quadro abbastanza attendibile, secondo il quale, tramontata la candidatura dell’Estouteville (sospetto perché sostenuto dal re di Francia), sia subentrata quella, del resto preannunciata, dal Castiglioni, che raccolse i voti del partito filo-francese, in contrapposizione al Piccolomini, candidato di parte imperiale, che risultò, come ora apprendiamo, di poco prevalente» (Fubini, Niccolò V, S. 184). – Alain de Coëtivy, dem zweiten Franzosen, etwa mochte es nicht allzu schwergefallen sein, von Estouteville abzulassen, ging es ihm doch – zumindest laut Enea Silvio Piccolomini – ohnehin nicht um „nationale Beweggründe“, sondern vielmehr um die feste Zusicherung, das Amt des Vizekanzlers übernehmen zu dürfen: «Astabat ei Alanus cardinalis Avinionensis, homo audax ac venalis, eiusque causam modis omnibus adiuvabat; non tantum quia gallicus gallico favebat, quantum quod ex promotione Vilhelmi ecclesiam Rhotomagensem et domum eius in Urbe et Cancellariam expectabat» [Piccolomini (Pius II.), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 200]. Ein solches Versprechen hätte ihm auch Giovanni di Castiglione geben können. 76 «credendosse esso che la cosa post longam discussionem tocasse a sé […], lo ha inganato, et discoprendo a suoy inimici lo dessigno suo et quello che haveva in mano, sperò de impazare quello senza che se ne avedesse, et cossì esso venesse havere Roano et la sua secta et questi altri ancora, et in questo modo farsi papa» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 21. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 77 «se ha come Sena è electo papa, et che Castione non li fu molto da la longa» (Bartolomeo Bonatto an die Markgräfin Barbara Gonzaga, 23.  August  1458, Carteggio degli oratori mantovani, Bd. I, S. 163) bzw. «Pigello [Portinari] ha da Roma che sabato proximo passato el fue creato Siena ad hore 14 et che Papia etiam gli fue appreso» (Vincenzo della Scalona an die Markgräfin Barbara Gonzaga, 23. August 1458, ebd.). Vgl. Fubini, Niccolò V, S. 184; Baldi, Pio II, S. 20 Anm. 57. – Zu Bonatto siehe Roberto Zapperi, Bonatto, Bartolomeo, in: DBI 11 (1969), S. 608–610. 78 «Secondo fonti mantovane, che si riferivano alla fidata via del Banco Medici di Milano, nelle votazioni conclusive il vero competitore del Piccolomini fu appunto il nostro Castiglioni» (Fubini, Niccolò V, S. 183). 79 «Ma è remasto inganato, et l’una parte et l’altra lo intese, del che quelli proprii a chi ha iurato [= die Franzosen] ne diceno male» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 21. August  1458, ASMi, Sf., PE, Roma  47).  –  Siehe hierzu auch die entsprechenden Schreiben Giovanni di Castigliones, unten, Kap. X Anm. 88 ff.

X.2 Der Verlauf des Konklaves

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sprechend behandelte.80 Daher engagierte er sich nun mit Eifer und großem Einsatz für Enea Silvios Wahl. So ging Antonio da Pistoia bereits kurze Zeit nach Ende des Konklaves davon aus, daß der Kardinal von Pavia ob seines beträchtlichen Engagements für Enea Silvio und seines Votums gegen den französischen Kardinal, der nun sehr ungehalten über diesen sei, hinter dem Papst und dem Kardinal von Bologna der wichtigste Mann an der Kurie werde.81 Zu all dem äußerte sich Enea Silvio Piccolomini jedoch nicht. Vermutlich hielt er es mit Blick auf den Spannungsbogen seiner Schilderung82 und die „Fallhöhe“ seines Antagonisten für eindrucksvoller, den äußerst wohlhabenden, schon 1439 zum Kardinal erhobenen Estouteville zum eigentlichen Kontrahenten aufzubauen.83 Dieser kam umso mehr als großer Widersacher in Betracht, als er ein entfernter Verwandter des französischen Königshauses war und man ihm – zu einer Zeit, da die zunehmende französische Einflußnahme auf die Staatenwelt Italiens84 ohnehin vielerorts mißtrauisch verfolgt wurde – leicht „unehrenhafte“ Absichten unterstellen konnte, so etwa, daß er die Kurie nach Avignon verlegen wolle. Über einen solch einflußreichen Konkurrenten, der sich sogar als „Diabolus“85 inszenieren ließ, den Sieg davon zu tragen, konnte als viel größerer Triumph gewertet werden als die Überwindung des erst gegen Ende des Jahres 1456 mit dem Purpur bedachten, wenig begüterten Giovanni di Castiglione. Auch wollte Enea Silvio wohl seinen Erfolg nicht schmälern, indem er einräumte, wie sehr es 80 Die Warnung, daß sich eine Opposition gegen den schließlichen Gewinner des Konklaves unerfreulich auswirken würde, hatte Calandrini, der sich einst der Wahl von Calixt III. widersetzt hatte, wie wir in den Commentarii lesen, mit Blick auf Estouteville auch gegenüber Enea Silvio ausgesprochen: «Consilium meum est ut surgens e lectulo illum adeas vocemque tuam illi offeras prius quam eligatur, ne, si te adversante pontificatum obtineat, odiosus fiat tibi. Ego mihi consulam, ne priores incidam laqueos. Novi quid sit inimicum habere pontificem. Callistum expertus sum, qui nunquam pacificis oculis me intuitus est, quoniam eum non elegissem. Mihi ex usu videtur eius qui pontifex sit futurus ante venari gratiam. Ego, quod mihi consilium accipio, id tibi do» [Piccolomini (Pius II), Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 202, 204]. 81 «In questo principo ha grande stato presso al papa il cardinal di Bologna [= Calandrini], et Pavia serà el secondo perché fu molto favorevole a la sua electione et contrario a monsignore de Roano, per il che sono fatti inimici» (Antonio da Pistoia an Francesco Sforza, 21. August 1458, Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup.); vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. II, S. 714. 82 Vgl. Baldi: «Questa caratterizzazione in negativo del cardinal di Rouen è costruita dal Piccolomini in una sorta di crescendo fin dal racconto del primo scrutinio e del suo esito, in una prospettiva che tende a mettere in luce soprattutto la brama di potere e la superbia del cardinale francese» (Pio II, S. 8 Anm. 19). 83 Nach den Commentarii soll Guillaume d’Estouteville selbst seinen Vorrang postuliert haben: «Ego in cardinalatu senior sum, nec me imprudentem nosti; et doctrina pontificali sum praeditus; et regium sanguinem prae me fero; et amicis abundo et opibus, quibus subvenire Ecclesiae pauperi possum. Sunt et mihi beneficia ecclesiastica non pauca, quae dimissurus inter te et alios dispertiar» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 200]. 84 1458 übernahm Frankreich die Herrschaft über Genua, und Anjou erhob erneut Anspruch auf die Nachfolge in Neapel, wo bis 1435, bis zu ihrem Tod, Johanna von Anjou Königin gewesen war. Siehe hierzu auch unten Kap. XI Anm. 65. 85 Enea Silvio Piccolomini nannte ihn «diaboli membrum» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 206].

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

letztlich Giovanni di Castigliones Intervention zu verdanken war, daß Guillaume d’Estouteville der Erhalt der Tiara vereitelt wurde. Als Giovanni di Castiglione den Mailänder Herzog am 19. August 1458, unmittelbar nach Beendigung des Konklaves, vom Sieg des Kardinals von Siena86 in Kenntnis setzte, erwähnte er seine Verdienste um den Ausgang der Wahl noch nicht, sondern hob lediglich hervor, der „bessere Teil“ der Kardinäle hätte sich nach reiflicher Überlegung dazu durchringen können, Leidenschaften und Divergenzen zu vergessen, um eine Entscheidung zu fällen, die Italien zum Ruhm gereiche.87 Wenig später stellte er jedoch in einem am 3.  September  1458 an den Herzog gerichteten Schreiben heraus, welch großer Anteil ihm an der Wahl von Pius II. zukomme.88 Am 13. September 1458 nochmals nachdrücklich hervorzuheben, daß er nur zur Ehre der Nation, zum Wohl des Herzogs und aus Liebe zur Kurie agiert habe, als er sich von Guillaume d’Estouteville distanziert und für Enea Silvio Piccolomini engagiert habe,89 und zu betonen, daß ihm sein 86  Ottone del Carretto hatte es am 19. August 1458 so eilig, seinem Herrn von der Wahl Enea Silvios zu berichten, daß er sich noch nicht einmal die Zeit nahm, in Erfahrung zu bringen, wie viele Päpste den Namen des neuen Pontifex bereits getragen hatten: «Questa solum è per avisare vostra excellencia come in quest’hora, per la gratia de dio, è creato summo pontifice il reverendissimo cardinale de Sena; per altre scriverò più a pieno; me ricomando humiliter a vostra signoria. Rome, die XVIIII augusti 1458, hora XIIII. Dimandasi Pius, non so quale, o III o IIII […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Auch der neapolitanische Gesandte Galeotto Agnesi, der an diesem Tag an den Mailänder Herzog schrieb, irrte sich hinsichtlich des Namens des Papstes. Er vermeldete, der neue Pontifex werde sich „Clemens  secundus“ nennen (Ebd., sub die). 87 «[…] pure tandem doppo l’intrata del conclave insieme cum questi altri reverendissimi signori cardinali, ventilato maturamente et cum bona pace de tuti nuy la meglor parte, lassando alcune passione et anche tale differentie per riguardo de la gloria et exaltatione italica et anche per bene del stato vostro, li quali habiamo sempre nel animo cum ogni studio et diligentia, se siamo hogi curati de venire (non senza sdegno di alcuni chi cierchaveno il contrario) a la electione del papa Pio secundo, olim monsignore di Siena, la quale nel vero non dubitiamo serà utile et salutifera a la chiesa di dio; et crediamo ne debba seguire grandissima consolatione a tuta la christianitate et exaltatione de la fede nostra perché sempre nuy l’habiamo conosciuto persona prudente experta et docta […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Zudem bat der Kardinal von Pavia den Herzog an eben diesem 19. August 1458, bald eine Delegation zu schicken, die dem Papst die Oboedienz des Herzogs verkünden sollte: «Il perché laudiamo a vostra signoria che quanto più presto vi sia possibile mandati qualchi notabili homini per ambassatori a prestarli obedientia; et se per nuy si può fare più una cossa como un’altra sempre seremo a vostri comandi» (Ebd.). 88 «Per l’altre nostre avisassemo vostra signoria de la electione facta del summo pontifico, la quale è fata ad laude de dio, ad exaltatione de la natione nostra et anche per l’opera et possibilità nostra, non mancho per ben del stato vostro. E quantunque per alcuni, de quali siamo certissimi vostra excellencia ne habia notitia, ne sia stato fatto de le cosse, et nuy siamo baptizato a lor modo, nondimancho, considerato il bon fine a che nuy habiamo operato e che la levità loro è stata molto in questo como nel resto dispensata, ne habiamo havuta una bona patientia, considerato maxime che ogni detractione, quale in questa cossa hano cierchato di farne, è ritornata in laude et honore nostro et infamia loro. Nuy ne siamo per ogni rispecto patientissimi» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 89 «Per altre nostre replicate vostra excellentia debbe havere inteso como a la electione di questo nostro summo pontifice, considerato l’honore de la natione, il bene et utile del stato

X.2 Der Verlauf des Konklaves

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Gewissen keine andere Wahl gelassen habe,90 schien Giovanni di Castiglione nun umso wichtiger, als er befürchten mußte, daß dem Herzog Mitte September 1458 bereits diverse Gerüchte über sein Verhalten zu Ohren gekommen waren.91 Daß der Kardinal von Rouen über ihn verärgert war92 und daß dessen (ursprüngliche) Befürworter ihm mit Feindseligkeit begegneten, üble Nachreden über ihn verbreitet wurden und man sogar sein Wappen verunglimpfte,93 konnte Giovanni di Castiglione dem Herzog gegenüber nicht bestreiten. Er zeigte sich jedoch alles andere als schuldbewußt und gab vor, ihn würden diese Anschuldigungen nicht berühren, weil „kleingeistige und windige Leute nur imstande seien, Kleingeistiges und Rauch hervorzubringen“ und sich auch dieser Rauch bald verziehen würde.94 Da er gehandelt habe, wie sein Gewissen es erforderte,95 könne sich auch Kardinal Estouteville nicht über ihn beschweren.96 Vor allem aber war Giovanni di Castiglione bemüht, den eigentlichen Grund für diese Anfeindungen zu verschleiern: seinen „Wortbruch“, den er begangen hatte, um sich selbst die Tiara zu verschaffen. Hierüber äußerte er sich natürlich gegenüber Francesco Sforza nicht. In seinem Schreiben nannte er als Ursache für die Unstimmigkeiten vorde la signoria vostra et anche per exaltatione de sancta chiesa, nuy si conducessemo cum ogni nostro pensiero et animo deliberato a fare et mandare ad effecto quanto è seguito» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). 90 «Non gli l’habiamo datta perché la conoscientia nostra per molti rispecti non el consentiva; et essendo un’altra volta a questa sempre per tuti li respecti fariamo quanto habiamo fatto per bene de sancta chiesa, honore de la natione e pace de tuta Italia» (Ebd.). 91 «E perché forsi a vostra excellentia serà scripto di queste cosse variamente, secundo le varie oppinione de l’homini, nuy ve ne habiamo voluto scrivere il vero, et cussì […] vi replicamo per dicti rispecti nuy siamo conducti a la dicta dignissima electione […]» (Ebd.). 92 «Fra gl’altri il nostro monsignore Rothomagense è stato di nuy malcontento perché non li habiamo voluto dare voce nostra» (Ebd.). 93 «E secundo pure habiamo inteso (quantunque non ne possiamo trovare fundamento, né principio alchuno) hanno fatto de l’arme nostre alcuni vilipendii, debile vendetta di tanta iniuria (se iniuria appellare si può)» (Ebd.). – Zu einer Abbildungen des Wappens der Familie Castiglione, welches einen aufrecht stehenden Löwen (leone / lione) zeigt, siehe etwa http://www. exalunnecastiglioni.it/Castiglione_Olona.htm (12. V. 2010). – Eine Abbildung von Giovanni di Castigliones Wappen findet sich in Macerata, in der Biblioteca Comunale, im Ms. 1170 [Stemmi dei governatori e prefetti della provincia di Macerata dal 1195 al 1912, disegnati da Gregorio Marinelli e Giuseppe Rossi (1885–1912)]. 94 «[…] ma considerato che da homini lezeri et ventosi non può uscrire altro che lezereza et fumo, nuy se ne spassiamo, et habiamone uno pocho pensiero, però che vediamo cum effecto che quanto questi ne voglano imputare, cierchando infamia, tuto cum loro extremo manchamento et vituperio, ne ritorna apresso bone persone et degni homini universalmente in gloria et exaltatione nostra. E lassiamo andare questo fumo temporale et mundane che ne conduce molte volte ad extremi errori […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 13. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Überdies verwies der Kardinal von Pavia ein weiteres Mal darauf, wie wenig ihn dieses Gerede tangiere: «[…] de quanto hano sparlato non curamo. E di quanto dicessi hano fatto li faciamo pocho pensero (perché non li trovamo minimo fondamento)» (Ebd.). 95 Siehe hierzu oben, Kap. X Anm. 90. 96 «Monsignore di Roano di nuy non ha neanche suoi cagione di lamentarsi […]» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 13. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47).

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X. Der Höhepunkt der Karriere: Das Konklave von 1458

nehmlich das Bedürfnis der anderen, ihre Fehler zu kaschieren.97 Wäre die Wahl anders ausgegangen, hätte es sein können, daß die Kirche Gottes und ganz Italien großen Schaden genommen hätten – so Giovanni di Castiglione mehrfach –, aber der wahre und gerechte Gott lenke ja in seiner grenzenlosen Güte die Seelen und Gedanken und sorge häufig auf geheimnisvolle Weise für das Wohl der Seinen.98 Mochte auch Francesco Sforza, der bekanntlich den Einfluß Frankreichs auf der italienischen Halbinsel einzudämmen wünschte,99 die von Giovanni di Castiglione gelieferten Argumente akzeptieren, in einem wichtigen Punkt ging das Kalkül des Kardinals von Pavia nicht auf: Hatte er geglaubt, seine entschiedene Unterstützung Enea Silvio Piccolominis in der Endphase des Konklaves werde sein intrigantes Verhalten zuvor vergessen lassen und ihm Aussichten auf eine zentrale Stellung unter dem neuen Pontifex eröffnen, so hatte er sich getäuscht. Zum einen dürfte der Umstand, Giovanni di Castiglione ob dessen großen Engagements anhaltend zu Dank verpflichtet zu sein – woran dieser sicher hin und wieder mit Geschick zu erinnern gewußt hätte –, bei Pius II. wenig Behagen ausgelöst haben; zum anderen wird der Papst erhebliche Zweifel an der Loyalität des Kardinals von Pavia gehabt haben. Er kannte das Potential Giovanni di Castigliones und dessen Virtuosität im Ränkeschmieden ohnehin aus früheren Zeiten, in denen die beiden Seite an Seite gearbeitet hatten. Nachdem der Kardinal von Pavia gerade erst seinen Verbündeten Estouteville hintergangen hatte und beinahe selbst zum Papst erkoren worden wäre, dürfte Pius II. ihn kaum als vertrauenswürdig erachtet haben. Eher wird der neue Pontifex den ambitionierten Kardinal von Pavia als störend und gefährlich eingeschätzt haben, als einen Menschen, den es klein zu halten und, wenn möglich, aus dem unmittelbaren Umfeld der Kurie zu entfernen galt. Das „Ausschalten“ des Giovanni di Castiglione mochte dem Pontifex auch deshalb als unerläßlich erscheinen, weil sich der Kardinal von Pavia  –  trotz aller Vorbehalte, die ihm Francesco Sforza entgegenbringen mochte – mittlerweile als Mediator zwischen Mailand und der Kurie etabliert hatte, Pius II. jedoch den direkten Zugang zum Herzog anstrebte und daher auch in dieser Hinsicht den Kardinal von Pavia als „Störfaktor“ empfand. 97 «Alchuni sono sdegnati, e contra nuy spetialmente, sparlando et dicendo varie cosse cum volerni imputare, credendo forsi coprire loro errori et manchamenti […]» (Ebd.). 98 «[…] se l’opera nostra li fusse manchata et fusse seguita a quello che molti speravano forsi le cosse seriano conducte in forma che e la chiesa di dio e tuta Italia ne havrebbe sentito extrema iactura, essendoli spincto il principale honore et summa dignità, et anche seria stata fuora d’ogni bona speranza di may puoterla rihavere; ma dio, vero et iusto iudice de gl’animi e penseri nostri, molte volte cum grandissimi misterii provede al ben nostro, non havendo a nostri peccati et infiniti demeriti, ma a sua infinita bontà degno riguardo» (Ebd.). 99 Dennoch wies Antonio da Pistoia den Herzog am 21. August 1458 darauf hin, daß sich der Papst fortan mit den französischen Kardinälen gut arrangieren müsse, die wohl schon wieder etwas planten: «Ma credo bixognerà per forza ch’el papa habia bona intelligentia con questi dui franzosi, se vorrà havere obbedientia da la lor natione, che è sempre el principale membro di questa corte. Et già li ditti duy cardinali franzosi cominciano a fare strecte pratiche insieme …» (vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. II, S. 714).

XI. Niedergang und Ende XI.1 „… zu dieser sechzehnten Stunde hat mir Seine Heiligkeit im Konsistorium mit Zustimmung aller Kardinäle die Legation für die Marken übertragen“1 – Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460) Wenn Pius II. darauf sann, den ihm zu unbequem gewordenen Giovanni di Castiglione auf unauffällige Weise alsbald von der Kurie zu entfernen, dann bot sich für dieses Vorhaben eine Legation an, der sich der Kardinal von Pavia kaum widersetzen konnte. Dem neuen Pontifex dürfte bei diesem Plan gewiß vor Augen gestanden haben, wie sich sein Vorgänger des einflußreichen Kardinals Scarampo entledigt hatte, indem er ihn – gegen dessen Wunsch – am 17. Dezember 1455 zum Legaten und Admiral der päpstlichen Flotte ernannt und zur Bekämpfung der Türken entsandt hatte.2 Bei der Suche nach einer Region, die zunächst Giovanni di Castigliones ganze Aufmerksamkeit erfordern und dessen Kräfte binden würde, erschien dem Papst die Mark Ancona3 ein geeignetes Terrain zu sein, gärte es hier doch seit längerem. Überdies hatte der Söldnerführer Giacomo Piccinino in dem sich nach dem Tod des Borgiapapstes bildenden Machtvakuum eine günstige Gelegenheit erblickt, sich Teile des Kirchenstaates anzueignen, was in den ohnehin recht bewegten Marken noch zu weiteren Unruhen geführt hatte. So war der condottiere, der augenscheinlich nach wie vor die Hoffnung hegte, sich ähnlich wie einst Francesco Sforza eine eigene Herrschaft erstreiten zu können, 1 «Illustrissime princeps, in quest’hora circha le XVI la sanctità de nostro signore in consistorio cum unanime voluntà e conscentimento de questi nostri reverendissimi signori cardinali ne ha data la legatione de la Marcha» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 2 Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. I, S. 673 f.; Pio Paschini, La flotta di Callisto III (1455–1458), in: Archivio della Reale Società Romana di Storia Patria 53–55 (1930–32), S. 177– 254. 3 Die Mark Ancona war Ende des 11. Jahrhunderts aus der Fusion der Gebiete der früheren Pentapolis [Marca Anconitana] mit der Marca Camerinese und der Marca Fermana hervorgegangen, als die Gräfin Mathilde von Tuszien die letzteren beiden Gebiete Robert Guiskard abtrat, der bereits 1080 von Gregor VII. mit der Marca Anconitana belehnt worden war. 25 Jahre später vergab Heinrich IV. das fusionierte Gebiet unter diesem Namen. Bald darauf fiel die Mark Ancona an den Kirchenstaat; Innocenz III. führte sie 1198 als eine der vier Provinzen des Kirchenstaates auf; als eine solche wurde sie 1357 in den von Kardinal Albornoz erlassenen Constitutiones Aegidianae bestätigt. – Zu einer Beschreibung dieses Gebietes siehe: Descriptio Marchiae Anconitanae, hg. v. Emilia Saracco Previdi, Ancona 2000 (Fonti per la storia delle Marche 3).

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XI. Niedergang und Ende

nachdem er seinen Kampf gegen Sigismondo Malatesta von Rimini4 eingestellt hatte, am 15. August 1458 in Assisi einmarschiert5 und hatte in den folgenden Tagen auch Nocera und Gualdo besetzt.6 Es ist umstritten, ob Piccinino bei diesem Unternehmen mit Rückendeckung Ferrantes, des noch nicht allgemein anerkannten Bastardsohnes des verstorbenen Königs Alfons  V., agierte. Dieser versprach sich von den Unruhen möglicherweise nicht nur ein rasches Ende des Konklaves, sondern auch die Ablehnung eines frankophilen, das heißt die Ansprüche der Anjou auf Neapel befördernden Papstes7 und seine offizielle Anerkennung als Herrscher über das Königreich Neapel durch den neugewählten Pontifex und Lehnsherrn.8 Fest steht in jedem Fall, daß sich der Söldnerführer 4  Zu Sigismondo Malatesta siehe u. a. Francesco Ambrogiani, Vita illustrata di Sigismondo Pandolfo dei Malatesti, signore di Rimini e Fano, hg. v. Fabrizio Cotti, Rimini 2003 (Microstorie 28). 5 Hierüber berichtete Ottone del Carretto dem Herzog am 20. August 1458: «Essendo questi dì li reverendissimi signori cardinali in conclavi, vene novella, la qual se afferma essere vera, che il conte Iacobo havea havuto Asisi con la rocha magiore, con voluntà de quelli de la terra; la qual cosa diede da dubitare asay, et rechiesero questi signori cardinali a li ambasiatori de la maiestà del re che scrivessero a sua maiestà se dignasse provedere ch’el conte Iacomo non fecesse tali inconvenienti et restituisse le cose tolte, così loro scrissero, et se extima che, intendando la ellectione fatta de tal homo digno et accetto a li signori de Italia, non harà ardire de procedere più oltra, ymo farà integra restitutione; avegna che dica et facia scusa che suo padre l’havea havuta per bolla autentica da papa Eugenio» [ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die (I)]. – Am selben Tag faßte Ottone del Carretto noch einen weiteren Brief für Francesco Sforza ab, in dem es hieß, Ferrantes Gesandte seien nun endlich von den Kardinälen als königliche Gesandte akzeptiert worden (Ebd., sub die). 6 «Deve havere inteso per altre mie lettere vostra excellencia come il conte Iacobo havea pigliato Asisi et una de le roche, poy ha havuto ancora l’altra rocha et così ha havuto Gualdo, et dicesi era a campo a Nocera et credessi l’habbi havuta» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 26. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Wenige Tage später hieß es in einem Schreiben Ottone del Carrettos und Francesco Cusanos an Francesco Sforza vom 2.  September  1458: «Qui è venuta novella come il conte Iacomo ha havuta Nocera et Gualdo con la rocha et ogni cosa, monstra non volere procedere più oltra. Pur intendando che la sanctità de nostro signore li provochi le potentie de la liga contra, se dubita che non se metta a fare peghio avanti che la furia li vegna a le spalle» (Ebd., sub die). 7 Zur Einstellung von Pius II. gegenüber den Franzosen siehe Patrick Gilli, Les éléments pour une histoire de la gallophobie italienne à la Renaissance: Pie II et la nation française, in: MEFRM 106 (1994), S. 275–311. 8 In seinem Brief an Francesco Sforza vom 21. August 1458 gab Ferrante zumindest vor, den Einfall Piccininos in den Kirchenstaat zu mißbilligen (ASMi, Sf., PE, Napoli 198, sub die). Auch dem Schreiben, das Federico da Montefeltro, Graf von Urbino, am 4. September 1458 an den Herzog von Mailand sandte, ist zu entnehmen, daß Ferrante zumindest beteuerte, Piccinino habe ohne sein Wissen und gegen seinen Willen gehandelt: «Como da prima scrisse a vostra signoria così de novo ve rescrivo che la impresa ha facta el conte Iacomo fo senza niuna conscientia […] et expressamente contra ogne intentione et voluntà de la maiestà soa. Et dapoi ch’el seppe, per triplicate littere, che l’ultima fo de soa mano propria, ha scritto che se debia levar da quella impresa et restituire quello havesse tolto et tornare de qua, dolendosse et gravandosse de quello havesse facto, siando suo locotenete et havendo havuto el denaro suo. Et dicendo che questo non era, né el bisogno, né la mente sua, perché naturalmente è inclinato ad essere bono et devoto fiolo de sancta chiesa, et che la gloriosa memoria del serenissimo re suo padre a la fine sua gli comandò sempre dovesse essere così. Et ultra ciò è obligato per rispecto della liga a la defesa

XI.1 Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)

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schließlich trotz aller (vermeintlichen) Bitten und Drohungen des Königs von Neapel9 weigerte, die besetzten Gebiete wieder zu räumen.10 Dem Kardinal von Pavia gerade diese Legation zu erteilen, scheint Pius  II. für opportun gehalten zu haben, da er Giovanni di Castiglione, der all die Jahre sorgsam darauf bedacht gewesen war, die causa „Piccinino“ zu meiden, um dem Los eines Bartolomeo Visconti zu entgehen,11 auf diese Weise eine Lektion erteilen konnte. Zudem brachte ein solcher Auftrag den Vorteil mit sich, daß er sich nach außen hin als Ehrung und Auszeichnung darstellen ließ, hatte doch Calixt III. einst diese Legation seinem Neffen Rodrigo zugedacht, bevor er ihn zum Vizekanzler ernannte.12 Die damit intendierte Maßregelung Giovanni di Castigliones dürfte demnach nur von wenigen als eine solche verstanden worden sein.13 Dies galt umso mehr, als einleuchtend schien, daß gerade der Kardinal des de lo stato de la chiesa» (ASMi, Sf., PE, Marca 143, sub die). – Doch viele, darunter auch der an den neapolitanischen Hof geschickte herzogliche Gesandte Giovanni Caimi, glaubten nach wie vor, daß Ferrante bei diesen Aktionen seine Hand mit im Spiel hatte: «Certificando vostra excellentia che, per quello che intendo, non se può credere ch’el conte Iacomo non tegnia dicte terre occupate per consentimento de la maiestà de lo serenissimo re fin a tanto che quella non vede le conclusione gli fa la prefata sanctità nel facto de la investitura de lo reame, overo la confirmatione de quelle cose feceno le felice memorie de papa Eugenio e papa Nicola […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 17. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). – Auch der Papst schien diesen Verdacht zu hegen, schrieben Ottone del Carretto und Francesco Cusano doch am 15. September 1458 an Francesco Sforza: «Il papa ancora non ha datta risposta a li ambasiatori del re Ferrando circa la confirmacione de la investitura del regno et credemo non sia senza qualche sospetto che in questa cosa del conte Iacobo il re non proceda con quella sincertà che sua sanctità vorreve, avegna che le demonstracione siano in contrario» (Ebd., sub die).   9 «Poy ce disse quello che ancora ce havea ditto li ambasiatori del signore re Ferrando che la maiestà del re havea mandato uno d. Ambrosio de la Rocha ambasiatore al conte Iacomo a confortarli e comandarli che non solum desista, ma restituisca ogni cosa tolta, aliter che se reputi haverlo per inimico et che pur ha qualche speranza che restituirà, aliter che sua sanctità piglierà guerra ad ogni modo, et non delibera tolerare questa iniuria» (Ottone del Carretto und Francesco Cusano an Francesco Sforza, 6. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 10 «Il conte Iacomo secondo che ha scritto messer Ambrosio de la Rocha non volle restituire quello che ha tolto, né ancora monstra de partirse, né de seguire la impresa contra el signore Sigismondo [= Malatesta], del che nostro signore si monstra de malavoglia et fa mencione de mandare le gente sue a le frontere, le quale per la magiore parte ancora sono qui […]» (Ottone del Carretto und Francesco Cusano an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 11 Siehe hierzu oben, Kap. VII.2. 12 Zu Rodrigo Borgia als Legaten siehe Pompeo Compagnoni, La reggia Picena ovvero de’ presidi della Marca, Bd. II [parte seconda inedita], hg. v. Nicola Lorenzo Barile u. a., Macerata 2006, S. 17 f. – Ende 1457 ernannte der Pontifex seinen Neffen Rodrigo zum Vizekanzler und holte ihn an die Kurie zurück. In der Mark Ancona verblieb als Statthalter und Generalvikar der apostolische Protonotar Stefano Nardini, der 1456/57 Thesaurar in den Marken gewesen war (siehe hierzu ebd., S. 18 f.; Monaldus Leopardus, Series Rectorum Anconitanae Marchiae, Recanati 1823, Bd. I, S. 43). 13 Auch in der Literatur wird die Erteilung dieser Legation häufig fälschlicherweise als wohlwollende Auszeichnung gedeutet; vgl. schon Antonio Maria Spelta: «Il qual cardinale per sua grandezza e valore conosciuto da Pio Secondo […] fu mandato […] nella Marca d’Ancona […]» (Historia delle vite di tutti i vescovi che dall’anno di nostra salute 45 fino al 1597 successivamente ressero la chiesa dell’antichissima et regal città di Pavia …, Pavia 1597, S. 421).

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XI. Niedergang und Ende

Mailänder Herzogs diesen Auftrag erhielt, hatte Francesco Sforza doch Giacomo Piccinino – wie auch in früheren Jahren dessen Vater Niccolò – schon mehrmals in die Schranken verwiesen. Auch diesmal hoffte man, der Herzog werde das Seine dazu beitragen, um den Söldnerführer in Schach zu halten.14 So appellierte etwa der condottiere und spätere Herzog von Urbino, Federico da Montefeltro,15 am 15.  September  1458 an Francesco Sforza, als „Medicus“ in dieser Region gegen Giacomo Piccinino heilend einzugreifen.16 Es überrascht nicht, daß nach der offiziellen Krönung von Pius II. am 3. September  145817 noch nicht einmal zwei Wochen vergingen, bis der neue Papst Giovanni di Castiglione unter Zustimmung aller Kardinäle im Konsistorium zum Legaten18 für die Mark Ancona ernannte.19 Ebensowenig wie diese rasche Nomi14  «La sanctità de nostro signore si ritrova insieme cum li reverendissimi signori cardinali malcontenti de le novità del conte Iacomo. Si ha speranza ne la excellentia vostra» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 3. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 15  Zu Federico da Montefeltro, der von 1445 bis 1451 im Dienst der Stadt Florenz gestanden hatte, in der Folgezeit als Generalkapitän für die aragonesischen und päpstlichen Truppen zuständig war und später (1474) Herzog von Urbino wurde, siehe u. a. die drei Studien von Gino Franceschini: La prima giovinezza di Federico da Montefeltro ed una sua lettera ingiuriosa contro Sigismondo Pandolfo Malatesta, in: AMDM s. 9, 11 (1956), S. 8–75; Per la storia della biblioteca di Federico da Montefeltro duca d’Urbino, in: AMDM s.  9,  12 (1959), S. 41–78; Federico da Montefeltro dalla concessione del vicariato apostolico alla pace di Lodi, 1447– 1454, Sansepolcro 1961; des weiteren Walter Tommasoli, La vita di Federico da Montefeltro 1422–1482, Urbino 1978; Jan Lauts/Irmlind Luise Herzner, Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino. Kriegsherr, Friedensfürst und Förderer der Künste, München u. a. 2001; Bernd Roeck/Andreas Tönnesmann, Die Nase Italiens. Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, Berlin 2005 [2007 (Wagenbachs Taschenbücherei 558)]. 16 «In questa materia del conte Iacomo io delibero che la signoria vostra sia advisata de quanto dapoi io scrissi a quella è occorso et de quanto ho sentito et cossì de tutto quello comprendo in questa materia perché la signoria vostra bisogna sia el medico […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 143, sub die). Gegen Ende des Briefes vom 4. September 1458 wird das Bild des Arztes ein weiteres Mal aufgegriffen: «et bisogna che a questo male la illustrissima signoria vostra sia el medico in fare chiaro al papa che omne cosa li serà restituito, ma che voglia havere uno poco de pazientia» (Ebd., sub die). 17 Zu dieser siehe Bernhard Schimmelpfennig, Die Krönung des Papstes im Mittelalter dargestellt am Beispiel der Krönung Pius’ II (3.9.1458), in: QFIAB 54 (1974), S. 192–270. 18 Zur Rolle des Legaten bzw. des rettore siehe Giuseppe Ermini, I rettori provvinciali dello stato della chiesa da Innocenzo III all’Albornoz. Ricerche storico-giuridiche, in: Rivista di storia del diritto italiano 4, 1(1931), S. 22–109, hier: S. 49. 19 Vgl. das Schreiben Giovanni di Castigliones an Francesco Sforza vom 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (I) (zit. oben, Kap. XI Anm. 1). – Auch Ottone del Carretto und Francesco Cusano benachrichtigten Francesco Sforza am 15. September 1458 auf Giovanni di Castigliones Wunsch von dieser Ernennung: «Questa mattina in consistorio è stato pronunciato legato de la Marcha il reverendissimo cardinal de Pavia, de la qual cosa ce ha commisso avisamo vostra excellencia perché tal legatione è de non pocha importantia, maxime in questi tempi. […] in la venuta de mi, Francesco, a vostra excellencia, il qual mi partirò domane o l’altro, dice me commetterà circa questa sua legacione alcune cose haverò a dire a la prefata vostra excellencia, le quale merito li doverano essere grate» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Ottone del Carretto verwies noch am selben Tag in einem zusätzlichen Brief an den Herzog darauf, daß er diese Wahl unterstützt habe; er tat dies vermutlich weniger, weil auch er Giovanni

XI.1 Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)

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nierung erstaunt, daß der Papst offensichtlich auch sehr darauf drängte, Giovanni di Castiglione solle diese Legation so schnell wie möglich antreten.20 So wie sich Bartolomeo Visconti einst widerwillig der päpstlichen Anordnung hatte fügen und zum Schauplatz der Auseinandersetzung mit Piccinino hatte begeben müssen,21 gab es auch für Giovanni di Castiglione keine Alternative. Er mußte die Legation akzeptieren.22 Vielleicht hoffte er, sein Herzog, der sich zwischenzeitlich bemüht hatte, ihn und Guillaume d’Estouteville miteinander auszusöhnen,23 werde den Papst bitten, ihn an der Kurie zu belassen und einen anderen Kardinal in die Marken zu entsenden; vielleicht schrieb er deshalb, er habe die Legation, auf die di Castiglione aus Rom entfernt wissen wollte, sondern weil er die Taktik des Papstes nicht durchschaut hatte, diese Auszeichnung für eine Ehre hielt und glaubte, daß diese Legation für Francesco Sforza nützlich sein könne: «Per lettere comune de Francesco et mie intenderà vostra excellencia como è pronunciato legato il reverendissimo cardinal de Pavia, la qual cosa quanto ho possuto ho adiutata, sì per utilità de sua reverendissima signoria, sì per li respetti quali scrissi a vostra excellencia per lettere de dì XII de questo. Et se fusse sta[to] possibile operare la dilatione voulentieri l’harei fatto per havere risposta de vostra excellencia de quello che alora scrissi, ma non possendosi più diferire propter multos competitores è bisognato fare così per giochare al securo […]» (Ebd., sub die). – In einem Schreiben Giovanni Caimis an Francesco Sforza vom 17. September 1458 liest man indes lediglich: «Lo nostro reverendissimo cardinale de Pavia è electo legato in la Marcha» (Ebd., sub die). 20  Wie sehr Pius  II. darauf insistierte, den Kardinal von Pavia unverzüglich in die Mark Ancona zu entsenden, läßt sich dem Schreiben entnehmen, das Giovanni di Castiglione nach seiner Ernennung am 15. September 1458 an den Mailänder Herzog richtete. Darin betonte er, man habe ihm die Legation sehr rasch übertragen, da es angesichts der Entwicklungen in den Marken notwendig gewesen sei, dort tätig zu werden: «[…] ne ha data la legatione de la Marcha, la quale tanto più presto ne ha conferita quanto per le innovatione de le cosse pareva essere molto necessario provedere a quelle parte» [ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die (I)]. – Auch in dem entsprechenden Schreiben, in dem Ottone del Carretto und Francesco Cusano den Herzog am 15. September 1458 von dieser Ernennung in Kenntnis setzten, liest man, der Kardinal werde wohl binnen acht oder zehn Tagen zu seiner Legation aufbrechen: «dice che delibera la sanctità de nostro signore che se parti infra octo o dece dì» (Ebd., sub die). 21 Daß der Bischof über diese Mission sehr unglücklich gewesen war, aber wußte, daß man sich dem päpstlichen Gebot nicht widersetzen durfte, betonten seinerzeit auch die herzoglichen Gesandten: «Al fatto de monsignore de Novara [= Bartolomeo Visconti] che veramente crediva che luy fosse malcontento havere tolto questo incaricho, ma como prelato de la ghiexa de dio el papa li haviva motu proprio comandato e mal poteva contradicere […]» (Sceva da Curte und Giacomo Calcaterra an Francesco Sforza, 30. Januar 1456, ASMi, Sf., PE, Roma 43). – Zu dieser Mission siehe oben, Kap. VII.2. 22 «E benché nuy siamo insufficiente a tanto carico nondimeno per non repugnare a la voluntà de la sanctità de nostro signore e de prefati signori cardinali […] l’habiamo acceptata» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (I)]. 23 «Similiter dicti ambassatori se hanno ad retornare con el reverendissimo monsignore de Roan et interponerse fra l’uno et l’altro per reconciarli et pacificarli inseme et usare ogni remedio che restano benivoli et infine interprendere le parte de monsignore nostro de Pavia et demonstrare che l’honore et ben seno è nostro proprio […] per tanto de queste cose ve havimo voluto dare noticia aciò siate prevenute et che col prefato monsignore de Pavia conservate bona moderatione et che faciate honore et bona demonstracione et ch’el intenda che gli vogliamo bene et havemo caro l’honore et ben de soa signoria quanto nuy medesmi» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 14. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47).

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XI. Niedergang und Ende

Leitung und die Vorgaben des Herzogs vertrauend, angenommen.24 Möglicherweise erklärte er sich auch aus diesem Grund am Tag seiner Ernennung zum Legaten für die Marken zum Verzicht auf die noch ausstehenden vierhundert Florenen für die Abtei Rivalta bereit,25 weil er glaubte, auf diese Weise Francesco Sforza geneigt stimmen zu können. Dieser ließ ihn zwar am 23. September 1458 wissen, er hätte es lieber gesehen, wenn sein Kardinal in Rom geblieben wäre, zumal zu erwarten sei, daß er, nach dem, was er im Konklave für Enea Silvio getan habe, fortan beim Papst und an der Kurie besonders angesehen sei,26 doch unternahm er 24 «[…] et anche confidandossi ne la directione de vostra excellentia l’habiamo acceptata» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (I)]. 25  «A giorni passati siamo stati avisati como per le bolle de l’abbadia de Rippalta forono paghati secento fiorini de Millano e che de quatrocento restavano vostra signoria ne haveva fatta a Pigello [Portinari] promessa, di tuto n’hebbemo piacere, et ristassemo contenti. Puoi è stato da nuy misser Otto, el quale doppo molti exordii (che nel vero cum nuy non bisognaveno), ne ha per parte de vostra excellentia richiesto dicti quatrocento fiorini. Signore, nuy siamo povero, et secundo il stato e spesa habiamo condecentemente, secundo il grado nostro, a sostenire, nuy habiamo una minima intrata, ma quando comprehendessemo che vostra excellentia in caso alcuno bisognasse de quel pocho habiamo non poteriamo havere più singulare piacere quanto compiacerne a vostra excellentia. E cussì cum sincero animo et liberalmente al dicto misser Otto habiamo risposto che questa n’è stata summa gratia e di bona vogla siamo contenti di donarli, da che cussì piace a vostra signoria richiederli, una cossa ne rincresce che la summa sia pocha. Però che quanto fossero stati più, tanto ne seria stata mazor gratia compiacerve. Comprehendiamo vostra signoria portarne amore quanto amorevolmente ne richiede. E cussì la preghiamo si degni usare verso nuy, e ne le cosse concerneno le facultate et la roba et persona nostra ne dispongha vostra excellentia senza un riguardo o rispecto al mondo perché non potressemo havere mazor consolatione, e dio sa quanto ne seria caro potere cussì nel resto cum nostro honore compiacere a vostra signoria. Scrivemo a Pigello che ad ogni richiesta de vostra signoria cassi la fideiussione, si ricomandiamo a la signoria vostra» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (II)]. – Der Herzog hatte seinen Gesandten bereits zuvor den Auftrag erteilt, das Thema Rivalta mit dem Kardinal von Pavia zu besprechen. Doch bis zum 12. September 1458 bot sich diesen noch keine Möglichkeit dazu: «Con il cardinal de Pavia non havemo havuto il tempo de parlare de quello pagamento per l’abbatia de Ripalta» (Ottone del Carretto und Francesco Cusano an Francesco Sforza, 12. September 1458, ebd.). – Das Schreiben des Mailänder Herzogs vom 14. September an Ottone del Carretto, in dem Francesco Sforza mitteilte, daß die nach Rom abgeordnete Gesandtschaft auch Giovanni di Castiglione des herzoglichen Wohlwollens versichern und den Kardinal um Verständnis für die Maßnahmen des Herzogs bitten solle, läßt zudem erahnen, daß Francesco Sforza auch hinsichtlich der Abtei Sant’Abbondio „Abzüge“ avisierte: «Li nostri ambassatori che vengono ad nostro signore fra le altre cose che hanno in instructione et commissione da nuy se retrovarono col reverendissimo monsignore cardinale nostro de Pavia per lo facto della abbacia de Sancto Abondio de Como et gli parlarano humanamente et dolcemente quanto nuy siamo ben disposti et affectionati ad soa signoria et desyderosi de compiacerli in tutte quelle cose ne siano possibile, poy gli farano vedere et intendere li respecti, rasone et argumenti son in questa materia, in modo credamo che soa signoria ne restaré satisfacta et cognoscerà che se la fosse in nostro loco non poria fare altramente con suo honore, como più largamente intendereti da li dicti nostri ambassatori» (Ebd., sub die). 26 «Havemo […] inteso quanto ne scrive de la legatione de la Marcha conferitali per la sanctità de nostro signore con unanime voluntà et consentimento de tuti quelli reverendissimi cardinali. Dicemo che nuy rengraciamo la signoria vostra del tale aviso quale n’è stato gratissimo tanto quanto sia in piacere et contentamento d’essa vostra signoria perché ogni honore et bene d’esse

XI.1 Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)

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offenbar nichts, um diese Legation zu verhindern. Vermutlich waren dem Herzog die Hände dadurch gebunden, daß Anfang September die Anschuldigung in Rom kolportiert wurde, er arbeite mit Piccinino zusammen.27 Zwar hatte der Mailänder Herzog gerade erst am 23. August 1458, kaum daß er von der Wahl Enea Silvios in Kenntnis gesetzt worden war, beteuert, er empfinde ob dieser Entscheidung ungemeine Freude und großen Trost, denn gerade ihn habe er sich mehr als jeden anderen als neuen Pontifex gewünscht,28 doch Pius II. ahnte offensichtlich, daß er havemo caro quanto el nostro proprio, ma quanto a la specialità nostra saressemo stati più contenti che la signoria vostra fosse restata in corte perché, essendo ley cossì devotamente affecionata a la sanctità de nostro signore et havendo facto in la creatione soa cossì animosamente come ha operato et facto, ne rendiamo certi che la prefata signoria vostra saria sempre stata ben veduta et honorata in corte et haveria havuto degno et grato loco presso la beatitudine soa. Pur come se sia, come è dicto, nuy siamo contenti de quello piacia a la signoria vostra et che sia honore, bene et commodità soa» (ASMi, Sf., PE, Marca, sub die). 27 Vermutlich hing dieser Vorwurf damit zusammen, daß Piccinino sich zu diesem Zeitpunkt an den Mailänder Herzog anzunähern suchte. So berichtete Ottone del Carretto seinem Herrn am 26. August 1458: «Esso conte Brocardo [da Persico] fu da me con gratiose parole monstrando il conte Iacobo essere a vostra excellencia deditissimo et che per lo passato, vivendo la maiestà del re Alfonso, quantunque esso desiderasse riconcilarsi con vostra excellencia, nondimeno essendo apresso quello signore sospetoso non havea ardire de farne altra demonstracione, ma al presente che intendeva fra la maiestà del re presente et de vostra excellencia essere tanta convictione de benivolentia il conte Iacomo poteva arditamente dimonstrarsi figliolo et servitore de vostra illustrissima signoria et così tutti li suoy poteveno con quelli de vostra excellencia liberamente adimesticarsi et conversare, et qui se extese molto in dire de la bona voluntà che il prefato conte Iacomo haveva d’essere obedientissimo figliolo et servitore de vostra excellencia et de le bone parole che vostra illustrissima signoria li haveva risposto, quale molto lo havevano confortato. Io mi congratulay con luy che il conte Iacobo havesse tal animo verso vostra excellencia et che havesse trovata quella così benigna in le risposte, confortandolo ad perseverare perché niuna era più secura via che questa per molte rasone, monstrandoli quanto bene li poteva de questo seguire […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). [Zu dem in diesem Schreiben erwähnten Brocardo, dem Kanzler von Giacomo Piccinino, siehe Serena Ferente, La confessione di Brocardo da Persico, cancelliere di Jacopo Piccinino, e il partito braccesco a Firenze, in: ASI  161 (2003), S. 249–260]; sowie Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 207 mit weiterer Literatur. – Am 6. September 1458 schrieben Ottone del Carretto und Francesco Cusano an Francesco Sforza, sie hätten vernommen, daß man dem Papst zugetragen habe, Giacomo Piccinino wäre nie so weit gegangen, wenn er sich nicht mit dem Mailänder Herzog so gut verstünde: «Intendando noy che a la sanctità de nostro signore erano molti quali diceveno il conte Iacomo essere de bona intelligenta con vostra excellencia et che senza essa non haveria ardire de fare, semo stati poy da la sua sanctità in confirmarli quello che già per parte de vostra excellencia li era ditto e offerto […]» (ASMi, Sf., PE, Roma 47). 28 «In questa hora havemo recevuto le vostre lettere de dì XVIIII del presente, le quale ne hano annunciata la felice novella de la creatione del novo summo pontefice, olim reverendissimo monsignore misser Enea cardinale de Sena et mo Pius secundus. Misser Otho, non potresti credere quanto piacere et consolatione ne havemo havuto, et così dio ne adiuti, ch’ell’è stato quello che nuy desyderavamo tanto o più che persona che viva perché bon tempo fa cognoscemo quello signore et sapemo che per sua humanità ce ha sempre portato singulare amore. In ogni logho dove el si è ritrovato el ha usato verso nuy l’officio de bono padre, et dapoy che sua signoria fu creata cardinale el ce ha scritto troppo humane et dolci littere et facto dire molte amorevolissime parole che ce ne trovaramo obligatissimi ad sua sanctità. Rengratiamo l’omnipotente dio che per sua infinita misericordia ce habii dato sì degno et sì desyderato summo pontifice» (Francesco

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keineswegs Francesco Sforzas Wunschkandidat war.29 Auch wenn der Papst weiterhin versicherte, den lauteren Absichten des Herzogs Glauben zu schenken,30 fürchtete Francesco Sforza wohl, daß es mißverstanden werden könnte, falls er gegen eine Entsendung Giovanni di Castigliones plädierte, zumal er gerade erst beteuert hatte, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um gegen den Söldnerführer vorzugehen.31 Das Risiko, unglaubwürdig zu erscheinen, wäre wahrscheinlich auch umso größer gewesen, als der Pontifex und die Kardinäle die Nomination eines Mailänders zum Legaten offensichtlich als eine Geste des Wohlwollens gegenüber dem Herzog darzustellen wußten, die diesen wiederum verpflichtete, als Gegenleistung ein noch größeres Engagement zu zeigen.32

Sforza an Ottone del Carretto, 23. August 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). Vgl. auch Marcello Simonetta, Pius II and Francesco Sforza. The history of two allies, in: Zweder von Martels/ Arjo Vanderjagt  (Hg.), Pius  II. «El più expeditivo pontifice». Selected Studies on Aeneas Silvius Piccolomini (1405–1464), Leiden u. a. 2003 (Brill’s Studies in Intellectual History 117), S. 147–170, hier: S. 148 Anm. 1. 29 So schreibt Pius II. auch in seinen Commentarii über Francesco Sforza: «etsi alium pontificem exspectabat, Aeneae tamen cognita electione gavisus est, quem olim in castris contra Mediolanum honorasset» [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 228]. – Zu den entsprechenden Instruktionen, die der Herzog vor dem Konklave an Ottone del Carretto gesandt hatte, siehe oben, Kap. X Anm. 31 ff. 30 «[…] Sua sanctità molto bene l’accetta et intende, dicendo havere in vostra illustrissima signoria più fede e speranza de aiuto che in tutti li altri signori et potentie de Italia e che quantunque da molti li sia ditto cotal zanze, nondimeno sì per la fede che ha posto in vostra excellencia, sì ancora perché ogni rasone è in contrario non potria credere che vostra illustrissima signoria volentieri vedesse il damno de la chiesa, né la grandeza del conte Iacobo […]» (Ottone del Carretto und Francesco Cusano an Francesco Sforza, 6. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 31 «[…] certificarete sua sanctità per nostra parte che nuy dal canto nostro seremo parechiato et promptissimo et con la persona et con la gente et stato et ogni nostra facultà ad fare contra el dicto conte Iacomo […]» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 20. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). 32 «E quantunque sua sanctità intenda la inclinatione et devotione de vostra signoria verso sancta chiesia et sua sanctità et sia certissima che vostra excellentia per defensione et augumento del stato et honore de la beatitudine sua [vostra signoria] debba fare ogni bon pensero et exforzo, nondimancho (per lo rispecto de vostra excellentia) hano monstrato el prefato signore nostro et tuti cardinali inclinarsi maxime a questa promotione in nuy, sperando che ultra la fede et devotione de vostra signoria verso sancta chiesia anche il rispecto de la persona electa grata a la excellentia vostra, como quella che intende, debba, per l’amore ne porta, fare un passo più» [Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 15. September 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47 (1)].  –  Der Mailänder Herzog begnügte sich zunächst mit der Abordnung eines Gesandten, den er zuerst nach Florenz und dann gemeinsam mit deren Delegierten zu Giacomo Piccinino zu schicken beabsichtigte: «Et quello d. Galeoto [Agnesi] da Napoli, commissario del papa, è venuto da nuy. Et havemo inteso quanto ne ha exposto in li facti del conte Iacomo per parte de la beatitudine soa, al quale havemo resposto quanto n’è parso conveniente et deliberato mandare uno di nostri al prefato conte Iacobo, el quale se partirà de presente. Et farà la via de Firenza. Et da lì in là andarà con un altro de signore firentino al prefato conte Iacomo. Et farà quanto sarà de bisogno in honore et bene al stato de la chiesa, como per un’altra ve havemo scripto» (Francesco Sforza an Ottone del Carretto, 24. September 1458, ebd.).

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Während Giovanni di Castiglione insgeheim seinen Weggang aus Rom beklagt haben mag, traf man in Macerata,33 seit dem Ende des 13. Jahrhunderts traditionelle Residenzstätte der päpstlichen Legaten,34 bereits Vorbereitungen für dessen baldige Ankunft. So ließ der dortige Consiglio di Credenza35 am 25. September 1458 ein Komitee aus acht Bürgern zusammenstellen,36 das dem Kardinal – laut Compagnoni – einen prunkvollen Empfang bereitete.37 Allem Anschein nach stand Giovanni di Castiglione mit den Bewohnern Maceratas, wo er Anfang Oktober 1458 seine Residenz bezog,38 in guten Beziehungen. Angespannter indes war sein Verhältnis zu Ancona: hier spitzte sich die Situation schon nach kurzer Zeit so zu, daß es im November 1458 zu einer regelrechten Erhebung gegen den Kardinal kam, der darauf mit der Verhängung des Interdiktes reagierte.39 Es erstaunt allerdings, daß weder die Vorsteher Anconas oder der anderen Kommunen,40 noch der Bischof von Fermo,41 noch die herzoglichen in den Marken stationierten Gesandten42 auf diesen Konflikt 33  Zu Macerata siehe Philippe Jansen, Démographie et société dans les Marches à la fin du Moyen Âge. Macerata aux XIVe et XVe siècles, Rom 2001 (Coll.EFR 279). 34 Siehe hierzu Pompeo Compagnoni, La reggia Picena ovvero de’ presidi della Marca, Bd. I, Macerata 1661 [ND: Bd. I, hg. v. Nicola Lorenzo Barile u. a., Macerata 2005], S. 242; Libero Paci, Le vicende politiche, in: Aldo Adversi u. a. (Hg.), Storia di Macerata, Bd. I: Le origini e le vicende politiche, Macerata 1971, S. 115 ff., 175. 35  Zum Consiglio di Credenza siehe Marco Caravale, Lo stato pontificio da Martino V a Gregorio XIII, in: M. C. / Alberto Caracciolo, Lo stato pontificio da Martino V a Pio IX, Turin 1978 [ND 1997] (Storia d’Italia 14), S. 1–371, hier: S. 14, 29; Paci, Le Vicende, S. 85, 113, 123, 181 f. 36 Siehe hierzu ASMa, A. Priorale, Reformanze 29, fol. 331v. 37 «Avea la Santità sua designato alla Legazione della Marca il Card. Giovanni Castiglioni, Vescovo Ticinese del titolo di S. Clemente, e Legato, datone prima aviso alla Città di Macerata come capo di Provincia. Vi fu ricevuto con magnificenza, e con applausi universali […]» (Compagnoni, La reggia Picena, Bd. II, S. 19). 38 Siehe hierzu ASMa, A. Priorale, Reformanze 29, fol. 40v; siehe auch Compagnoni, La reggia Picena, Bd. II, S. 19 f. – 1286 wurde auf Kosten der Kommune der Palazzo della Ragione gebaut, den zunächst die Prioren bezogen. Das später Palazzo dei Priori genannte Gebäude, in dem dann die päpstlichen Legaten Residenz zu beziehen pflegten, steht noch heute an der Piazza della Libertà (siehe Giuseppe Pallotta, Notizie della torre ed altre memorie storico-artistiche della Città di Macerata, Macerata 1885, S. 41). 39 Siehe hierzu Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 157. 40 Das einzige aus Ancona an den Herzog gerichtete Schreiben, auf dessen Existenz wir dank der Antwort Francesco Sforzas vom 6.  April  1459 rückschließen können, scheint sich nicht auf den Streit mit dem päpstlichen Legaten bezogen zu haben, sondern lediglich eine Anfrage nach einem Studenten mit dem Namen Angelo dalle Scale gewesen zu sein (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 41 In dem Schreiben, das Niccolò Capranica, der Bischof von Fermo, am 24. Februar 1459 an den Mailänder Herzog sandte, wird Giovanni di Castiglione mit keinem Wort erwähnt (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 42 Ein Gesandter namens Bartolomeo hatte Francesco Sforza Anfang Dezember 1458 lediglich von dem freundlichen Empfang berichtet, den ihm der Legat bereitet hatte: «Io ho visitado monsignore de Pavia, legato apostolico in questa provincia, et per contemplazione de la signoria vostra me ha veduto volontieri et datomi ogni favore gli ho demandato» (ASMi, Sf., PE, Marca 143, o. D.).

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zu sprechen kamen. Wenn Giovanni di Castiglione in seinen Schreiben an den Herzog nicht auf die Schwierigkeiten einging, mit denen er in den Marken konfrontiert wurde, verwundert dies kaum, da er ja letztlich für Francesco Sforza nur so lange von Bedeutung war, wie er sich als kompetenter Gefolgsmann zu präsentieren vermochte und den Eindruck vermittelte, alles unter Kontrolle zu haben und Wichtiges für den Herzog bewirken zu können. In dieser Lage entschied sich der Kardinal offensichtlich, die Korrespondenz mit dem Herzog stark zu reduzieren43 – trotz der Bitte Francesco Sforzas, ihn auch während der Legation über alles Berichtenswerte, das an der Kurie und an anderen Orten vorfalle, zu informieren.44 Dies vermochte er vermutlich mit dem unbestritten schwierigeren Nachrichtentransfer zwischen Macerata und Mailand zu rechtfertigen,45 wie auch mit der Tatsache, daß die Vorfälle in den Marken für den 43 Aus dem Jahr 1458 liegen uns lediglich zwei in den Marken abgefaßte Briefe vor: Ein aus Macerata versandtes Schreiben vom 8. Oktober 1458, das Francesco Sforza nur die Rückkehr von dessen Familiar Lancellotto da Figino [siehe oben, Kap. VII Anm. 226] ankündigte (siehe hierzu ASMi, Sf., PE, Marca 143, sub die), sowie ein Brief, den Giovanni di Castiglione am 15.  November  1458 von Castignano aus versandte und der, abgesehen von den üblichen Beteuerungen des Wohlwollens und des Dankes für die Zubilligung der Abtei Sant’Abbondio durch den Herzog, vor allem Informationen über die Entwicklungen in Ascoli enthielt, wohin der Legat sich unverzüglich begeben wollte, um sich der Mißstände anzunehmen und um zum Wohl des Papstes und des von Pius II. unterstützten Königs von Neapel zu intervenieren «[…] il che, havendo inteso e conoscendo che il procedere di questa cossa più inanzi poteria generare gran dispiacere a la sanctità de nostro signore e del re Fernando, subitamente siamo mosti da Macerata per andare ad Esculo et provedere a questo inconveniente, et forsi è in questa nostra andata operaremo qualche bene in quella terra» (Ebd., sub die). Auch wenn hier die Entwicklungen in den Marken erstmals angedeutet werden, will Giovanni di Castiglione am Beispiel Ascolis offensichtlich nur suggerieren, wie gut er die Lage unter Kontrolle hatte. So unterstrich er, daß er auch im Falle Ascolis kaum Bewaffnete mit sich zu führen brauche [«Non havemo menato cum nuy se non pocha gente d’arme. E cussì domane intraremo Esculi» (Ebd.)]. Überdies betonte er, daß er den Leuten, die mit ihren Anliegen zu ihm kämen und ihm beteuerten, Diener Francesco Sforzas zu sein, zu demonstrieren suche, welch große Autorität der herzogliche Name bei ihm habe [«In questa provincia, como è di usanza, molti ricorreno da nuy, et tra le altre persuasione, quando voglano havere da nuy qualche cossa de gratia o di favore, dicono essere servitori de vostra signoria. E nuy di quanto n’è possibile si sforziamo de dimostrare di quanta auctorità è il nome de vostra excellentia presso de nuy» (Ebd.)]. 44 «[…] pregandola che, quando se retrovarà in la dicta legatione, gli piacia tenirne avisata de quanto cognoserà essere degno de nostra notitia che gli accada tanto de corte quanto d’ogni altro loco […]» (Francesco Sforza an Giovanni di Castiglione, 23. September 1458, ASMi, Sf., PE, Marca 143). 45 Wie schlecht die Übermittlung von Nachrichten zwischen Mailand und den Marken funktionierte und daß man sich insbesondere der Organisation des Postweges zwischen Bologna und den Marken annehmen müsse, betonte auch Alessandro Sforza in einem Schreiben an seinen Bruder Francesco vom 17. Dezember 1459: «Io scripsi a la excellentia vostra ch’el me pareva che se dovesse ordinare le poste di cavallari da Bologna in qua in questo modo che da Bologna fosse una posta fin a Castelbolognese et da Castelbolognese a Savignano et da Savignano qui a Pesaro. Da Bologna verso Milano non possono stare se non bene, fin qui non intendo gli sia messo ordine alcuno, anci el Todeschino, cavallaro chi venne hieri da Bologna, dice che da Bologna in qua non gli ha trovato né posta né cavallaro alcuno; sì che voglia la signoria vostra commandare che questa cosa sia ordinata» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die).

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Herzog nicht in demselben Maße von Interesse waren wie die römischen Ereignisse an der Kurie, zumal Francesco Sforza diese Regionen ohnehin nicht nur in vorteilhafter Erinnerung hatte.46 Möglicherweise mag Giovanni di Castiglione als Rechtfertigung für seine selten versandten Briefe auch gegolten haben, daß bereits Francescos Bruder Alessandro Sforza,47 der über Pesaro herrschte, dem Herzog über den Söldnerführer Bericht erstattete. Der Pontifex wiederum nutzte die Absenz Giovanni di Castigliones, um seine direkte Verbindung zu Francesco Sforza zu vertiefen,48 da er der Unterstützung des Mailänder Herzogs für einen von ihm in Mantua geplanten (Türken‑) Kongreß dringend bedurfte.49 (Die Befürchtung, der Kardinal von Pavia könne 46  Zu Francesco Sforzas Herrschaft in den Marken siehe Antonio Gianandrea, Della signoria di Francesco Sforza nella Marca secondo le memorie e i documenti dell’archivio jesino, in: ASL [s. 1] 8 (1881), S. 68–108; Ders., Della signoria di Francesco Sforza nella Marca secondo le memorie e i documenti dell’archivio settempedano, Mailand 1885; Ders., Della signoria di Francesco Sforza nella Marca secondo le memorie e i documenti dell’archivio fabrianese, in: ASI s. 5, 2 u. 3 (1888/1889), S. 29–77; Gioacchino Valeri, Della signoria di Francesco Sforza nella Marca secondo le memorie e i documenti dell’archivio di Serrasanquirico, in: ASL 11 (1884), S. 35–78, 252–304; Giovanni Bedadduci, Della signoria di Francesco Sforza nella Marca e peculiarmente in Tolentino (dicembre 1433 – agosto 1447). Narrazione storica con 164 documenti inediti, Tolentino 1892 [ND Sala Bolognese 1980]; Michele Rosi, Della signoria di Francesco Sforza nella Marca secondo le memorie dell’archivio recanatese, Recanati 1895, S. 15; Luigi Bignami, Condottieri viscontei e sforzeschi, Mailand 1934, S. 81 ff.; Paci, Le vicende, S. 148 ff., 162 ff.; Leopardus, Series Rectorum Anconitanae Marchiae, Bd. I, S. 193. 47 Der 1403 in Cotignola geborene Alessandro Sforza, der in den Marken seit Juli 1435 als Statthalter seines Bruders fungiert hatte, war 1444 durch seine Heirat mit Costanza, der Tochter Piergentile da Varanos, zum Herren von Pesaro geworden. Als sich Francesco Sforza 1448 in die Lombardei begab, beschloß Alessandro, der zwei Jahre zuvor in zweiter Ehe Sveva da Montefeltro geheiratet hatte, in den Marken zu bleiben. – Zu Alessandro siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 230, mit weiterer Literatur. – Alessandros Sforzas Sohn Costanzo hoffte, eines Tages in die Dienste Francesco Sforzas treten zu können. So schrieb er auch am 23. November 1458 aus den Marken an den Mailänder Herzog, er betreibe eifrig Studien, damit der Herzog, wenn er eines Tages nach ihm schicken sollte, keinen Grund habe, ihn als unnütz zu befinden (ASMi, Sf., PE, Marca 143, sub die). 48 Der Papst hatte Ottone del Carretto bereits Ende Oktober  1458 versichert, er würde dem Herzog mehr als allen anderen trauen (siehe das Schreiben des herzoglichen Gesandten an Francesco Sforza vom 27. Oktober 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47). Nachdem Francesco Sforza seinerseits Anfang November 1458 erklärt hatte, den Pontifex bei seinen Plänen unterstützen zu wollen (Schreiben des Herzogs an del Carretto vom 2. November 1458, ebd., sub die), ließ ihm Pius II. weitestgehende Freiheit bei der Vergabe von Benefizien im Lombardischen (siehe hierzu Ansani, La provvista, S. 22 f.). 49 Welche Bedeutung Pius II. dem Mailänder Herzog zu diesem Zeitpunkt beimaß, sieht man auch daran, daß der Papst den Kongreß gern im Herrschaftsbereich des Mailänders abgehalten hätte, wenn er nicht damit Friedrich  III., auf dessen Kommen er ebenfalls hoffte, brüskiert hätte, betrachtete der Kaiser Francesco Sforza doch nach wie vor als Usurpator. – Wie sehr auch der Herzog auf die Wahl des Tagungsortes achtete, sieht man daran, daß er del Carretto am 23. Dezember 1458 den Auftrag erteilte, dafür Sorge zu tragen, daß die Versammlung keineswegs in Ferrara abgehalten werde (ASMi, Sf., PE, Roma 47, sub die). – Zum schließlich in Mantua einberufenen Tag siehe Giovanni Picotti, La dieta di Mantova e la politica de’  Veneziani, Venedig 1912 (Miscellanea di storia veneta  3,  4) [ND Trient 1996 (Reperti. Dipartimento di Scienze Filologiche e Storiche. Università degli Studi di Trento 3)]; Müller, Kreuzzugs-

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diese direkten Kontakte beeinträchtigen und sich wieder als unverzichtbarer Mittelsmann zwischen ihn und den Mailänder Herzog schieben, mag im übrigen Pius II. dann auch dazu bewogen haben, Giovanni di Castiglione nicht an der Versammlung in Mantua teilnehmen zu lassen – obgleich dessen Rat nicht zuletzt durch seine auf den Türkenreichstagen von Regensburg, Frankfurt und Wiener Neustadt gesammelten Erfahrungen sicher von Wert gewesen wäre.) Ohnehin war die Entscheidung, welche Kardinäle ihn begleiten durften,50 vorrangig eine politische, legte sich Pius II. doch bevorzugt auf sehr einflußreiche Männer, wie Guillaume d’Estouteville, fest, von denen er glaubte, es sei besser, sie im Blick zu behalten. Im Fall Giovanni di Castigliones bot sich als naheliegende Lösung an, ihn einfach als Legaten am fernen Ort zu belassen. Bei einem Treffen des Kardinals mit dem nach Mantua reisenden Pius II. zu Perugia51 dürfte der Papst eine eventuelle Bitte Giovanni di Castigliones, ihn zu begleiten, abgelehnt haben. Für ihn lag der Hinweis auf der Hand, daß eine längere Abwesenheit des Legaten aus den Marken die dort schwelenden Konflikte nur verstärken könne. Da Giovanni di Castiglione mithin die Möglichkeit verwehrt blieb, sich auf dem Kongreß von Mantua hervorzutun, sann er nach einem anderen Weg, um sich beim Mailänder Herzog in Erinnerung zu bringen: So ließ er Francesco Sforza am 14. Februar 1459 zwei Körbe mit getrockneten Feigen als Geschenk zukommen  –  eine kleine und winzige Gabe, die er Seiner Exzellenz nur zu schicken beschlossen habe, um zu verstehen zu geben, daß er bei kleinen Angelegenheiten wie auch bei den sehr großen Seiner Exzellenz immer gedenke,52 hieß es in dem beigefügten Schreiben. In diesem bat Giovanni di Castiglione den Herzog zugleich, nicht das Präsent, sondern die sich darin äußernde Gesinnung zu sehen, und er versprach, in Zukunft noch würdigere Beweise seiner Zuneigung pläne, S. 106 Anm. 4c; Arturo Calzona u. a. (Hg.), Il sogno di Pio II e il viaggio da Roma a Mantova [Atti del convegno internaz., Mantova, 13–15 IV 2000], Florenz 2003 (Ingenium 5), darin insb. Michael Mallett, Venezia, i Turchi e il Papato dopo la pace di Lodi, S. 237–246 sowie daran anschließend Marcello Simonetta, Il Duca alla Dieta: Francesco Sforza e Pio II, S. 247–285. – Zur päpstlichen Haltung hinsichtlich der Türken siehe überdies u. a. Johannes Helmrath, Pius  II. und die Türken, in: Bodo Guthmüller/Wilhelm Kühlmann  (Hg.), Europa und die Türken in der Renaissance, Tübingen 2000 (Frühe Neuzeit 54), S. 79–137. 50 Alle Kardinäle konnte und wollte Pius II. nicht mit nach Mantua reisen lassen. Er mußte auch einige von Rang in Rom belassen, um die ohnehin über seine Abreise verstimmte Bevölkerung zu besänftigen. 51 Pius  II. hielt sich vom 1. bis 19.  Februar  1459 in Perugia auf (ASV, Arm.  XXXIX,8, fol.  28v). Zum Aufenthalt des Papstes in Perugia siehe auch den schlecht erhaltenen Brief Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 12.  Februar  1459 (ASMi, Sf., PE, Roma  48, sub die). – Das Treffen zwischen Pius II. und dem Kardinal von Pavia erwähnt Petrucci in Castiglioni, Giovanni, S. 157. 52 «Mandiamo a la signoria vostra due capse de fiche seche, fructo conveniente a la qualità del tempo, piciolo et minimo dono a la excellentia vostra, che solamente habiamo deliberato mandare perché vostra signoria intenda che et ne le cosse minime como anche ne le grandissime havemo continua memoria de vostra signoria illustrissima» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 14. Februar 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144).

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und Loyalität zu erbringen.53 Da diese das Geschenk begleitenden Zeilen heute noch erhalten sind (im Gegensatz zu all den anderen verhältnismäßig „banalen“ Schreiben derartigen Inhalts, die der Herzog von mancher Seite gewiß erhalten haben wird), ist wohl davon auszugehen, daß der Kardinal mit seiner Gabe, den gerade in der Fastenzeit sehr geschätzten getrockneten Feigen,54 zumindest eine gewisse Aufmerksamkeit erregte. Zwei Monate später setzte Giovanni di Castiglione dann ein anderes Mittel ein, um sich dem Herzog ins Gedächtnis zu rufen. Er verfiel in den Ton eines fordernden „Querulanten“, den er in den Vorjahren bei den Benefizienstreitigkeiten des öfteren gewählt hatte. So schrieb er am 12. April 1459 dem Herzog von dem in den Marken gelegenen Fabriano aus recht forsch, er warte noch darauf, daß dieser sein Versprechen einlöse, bei der Vakanz von Benefizien seiner zu gedenken, und auf diese Weise demonstriere, wie wichtig er ihm sei.55 Auch daß der Herzog ihm die diesjährige Pension aus der Abtei Rivalta vorenthalte und darüber hinaus noch den bischöflichen Generalvikar in Pavia zu Abgaben zwinge, die ihm der Herzog sowohl mündlich als auch schriftlich zu erlassen zugesichert hätte, bemängelte der Kardinal an diesem Tag.56 Die selbstbewußte Diktion, die in einem gewissen Kontrast zur früher so oft bekundeten Demut steht, sollte wohl den Eindruck vermitteln, daß die Position Giovannis auch in den Marken alles andere als geschwächt war.57 Die Beschwerde zeigte offensichtlich Wirkung, sah sich Francesco Sforza, der bislang nur Empfehlungsschreiben zugunsten dritter 53 «Preghiamo si degna vostra excellentia riguardare non il dono, ma l’animo et l’affectione nostra, et compensare il lungo camino et malvagità di tempi che sono al presente. Sforzaremossi per l’avenire in altra cossa più digna reamendare questo tale manchamento, sempre ricomandandossi a la signoria vostra, la quale dio conservi» (Ebd.). 54 Maggie Black zufolge sollten die Feigen insbesondere in der Karwoche an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnern. In den Klöstern waren sie, so Black, eine Festspeise (Küchengeheimnisse des Mittelalters. Kulinarische Entdeckungen und Rezepte, Würzburg 1998, S. 66). Josy Marty-Dufaut betont, daß Feigen zu dieser Zeit als «dessert roi» galten (Gastronomie du Moyen Age. 170 recettes adaptées à nos jours, Marseille 1999, S. 242). – Auch Giovanni di Castiglione spricht in seinem Schreiben vom 14. Februar 1459 von einer «fructo conveniente a la qualità del tempo» (siehe oben, Kap. XI Anm. 52). 55  «[…] [speravamo] nuy secundo le larghe promisse de vostra excellentia et che in tante vacatione de benefitii, saltim per qualche parte, de nuy havesse memoria et spontaneamente vostra signoria ne facesse qualche provisione, aciò che ciaschaduno intendesse che vostra signoria ne ha accepto […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 56 «Siamo avisati che [la] prefata vostra signoria ne turba il paghamento de la pensione de Rippalta di quest’anno. Et ultra ha lassato constrinzere il nostro locotenente a paghare li dinari del bove per casone del veschovato, del quale bove vostra excellentia, et a bocha et per sue lettere, me haveva fatto liberale dono» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). – Auch darüber, daß Ambrogio Grassi ihm gegenüber noch nicht seine Schulden beglichen habe, beklagte sich der Kardinal: «et anche fin qui non havemo potuto consequire il debito nostro da quelli di Ambrosio Grasso» (Ebd.). 57 In der Tat wird man wohl kaum von großer Unterwürfigkeit sprechen können, wenn Giovanni dem bescheidenen „wir wissen, daß wir wenig von Eurer Durchlaucht verdient haben“ («Sapiamo bene havere pocho meritato cum vostra excellentia», ebd.) das selbstsichere „wir wissen aber auch, daß wir nicht nichts verdient haben“ («Sapiamo ben anche non havere

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XI. Niedergang und Ende

an den Kardinal gerichtet hatte,58 doch am 10. Mai 1459 zu einer Stellungnahme veranlaßt, die in ihrer Länge den Umfang der üblicherweise an den Kardinal gerichteten Schreiben gut um das Vierfache überstieg. Die Notwendigkeit einer solch ausführlichen Antwort, welche die von Giovanni di Castiglione erhobenen Vorwürfe erforderten, unterstrich auch der Herzog selbst zu Beginn seines Schreibens.59 Auf die Vorhaltung, Francesco Sforza ließe ihm keine Benefizien zuteil werden und unterstütze ihn nicht hinreichend, entgegnete der Herzog, wenn Giovanni genau hinsehe, würde er erkennen, daß er sich gegen ihn genauso großzügig und aufmerksam gezeigt habe wie einem Vater oder Bruder gegenüber. Mehr könne er zur Zeit nicht tun, da er auch die Bedürfnisse anderer zu bedenken habe. Schließlich dürfe Giovanni nicht vergessen, daß er bereits mit der Zuerkennung von Pavia einen Konflikt mit dem alten und vornehmen Hause Crivelli auf sich genommen habe.60 In dem Bewußtsein, an der Einstellung des Herzogs schließlich nichts ändern zu können, lenkte Giovanni di Castiglione am 24. Mai 1459 in dieser Sache ein.61 demeritato», ebd.) folgen läßt und mit den Worten schließt, daß er eine derartige Behandlung nun wirklich nicht verdiene (Ebd.). 58 Am 6.  April  1459 hatte Francesco Sforza den Kardinal von Pavia etwa gebeten, seine schützende Hand über einen Mann namens Scipio Gallo zu halten, welcher nach einem Skandal Ancona hätte verlassen müssen und nun in die Marken zurückzukehren wünsche (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 59 «Havemo recevuto le vostre lettere date ad Fabriano ad dì XII del passato, per le quale la reverendissima vostra signoria in pochi versi toccha cose assay, insomma dolendose de nuy che – expectando quella che in tante vacatione de beneficii, saltem per qualche parte et spontaneamente, vi facessimo qualche provisione – nuy gli turbamo el pagamento della pensione de Rippalta de questo anno et che lassiamo constringere el vostro logotenente ad pagare li denari del bove, et item ch’ella non p[u]ò conseguire el debito suo da quelli de Ambroso Grasso; ad le quali vostre lettere non saperessimo rispondere così breve [danach gestrichen: ne forse così piacevolmente] perché ad chiarire el tutto gli bisogna più parole et ha bisogno de maiore expositione et commento che non ha l’apocalypsi né forse così dolce […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 60 «Circa adunque la prima parte che in tante vacatione de beneficii expectavate vi facessimo qualche provisione acciò che ciascuno intendesse che nuy habiamo accepta la signoria vostra, dicemo che se vuy studiate in el bono libro et examinate le cose senza passione atrovarete che nuy havemo facto tale stima et capitale de la signoria vostra et factoli tale demonstratione de amore et affectione che s’ella ne fosse stata patre o fratello; lassiamo stare el principale conteso che como sapete gli ne sono molti et molti […] de chi fu facto estima et capitale et per nobilità de sangue et per virtù, non haveressemo saputo fare più; et non l’habiate ad male se dicemo così perché el ne pare dire la verità. In prima nuy vi havemo proveduto del vescovato de Pavia che è la principale et più degna et più notabile chiesa de Lombardia. In la qual cosa la vostra signoria sa le difficultà che gli erano et li stimuli et bataglie ne dava questa casa di Crivelli, la quale se sa chiaramente quanto sia antiqua et reputata in Milano et quanto nuy gli siamo obligati […] per havere facto quello che ha facto verso nuy et lo stato nostro […]» (Ebd.). 61 Zu diesem in Cingoli verfaßten Schreiben siehe ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die. – Einen anderen Punkt wollte der Kardinal von Pavia indes nicht auf sich beruhen lassen: So hatte er bereits am 9. Mai 1459, von Fabriano aus, Einspruch dagegen erhoben, daß das in seiner Diözese gelegene Porta Albara seit mehreren Monaten unter einigen Angehörigen der herzoglichen Truppen zu leiden habe, welche sich wider aller Absprachen und trotz der von den Bewohnern geleisteten Zahlungen weigerten, das Bistum zu verlassen (Ebd., sub die).

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Im Sommer  1459 hielt sich Giovanni di Castiglione in Fabriano auf.62 Am 2. August 1459 wiederum forderte der Legat von hier aus die ihm unterstehenden Orte Ancona, Camerino, Recanati, Osimo, Iesi, Macerata und San Severino auf, ihm 1.300 Fußsoldaten zur Verfügung zu stellen,63 um den Söldnerführer Giosia Acquaviva64 abwehren zu können, der sich in der Region von Ascoli einiger Gebiete bemächtigen wolle. Es spricht einiges dafür, daß dem Legaten  –  in Anbetracht der von Acquaviva ausgehenden Gefahr und angesichts des befürchteten Zuges von Renés von Anjou ältestem Sohn Johann von Kalabrien nach Neapel65 – der Zusammenhalt der einzelnen Kommunen in der Mark Ancona wichtiger denn je war. Vor diesem Hintergrund schien es ihm auch sinnvoll, über die Divergenzen mit Ancona hinwegzusehen und das über die Stadt verhängte Interdikt am 5. August 1459 wieder aufzuheben.66 Am 16. des Monats verfügte der Kardinal von Fabriano aus, daß man den Anhängern des Anjou weder Proviant noch Waffen liefern dürfe.67 Doch bald schon trat Piccinino auf die Seite der Franzosen, wie Alessandro Sforza seinem Bruder Francesco am 1. November 1459 mitteilte.68 Daraufhin wurde von Federico da Montefeltro in 62 Dies läßt sich einem Bericht eines Presbyters mit dem Namen Petrus Parvunculus entnehmen, welcher der Herzogin Bianca Maria am 6. Juli 1459 mitteilte, daß er die für den Legaten bestimmten Briefe nach Fabriano weitergeleitet habe (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). Daß Giovanni di Castiglione zu dieser Zeit in Fabriano weilte, geht ebenfalls aus einem Schreiben hervor, das sein Sekretär Paolo Terzago am 10. Juli 1459 dort aufsetzte (Ebd., sub die). Dieser Brief ist im übrigen das einzige uns erhaltene ausschließlich von Paolo Terzago unterzeichnete Dokument. Entsprechend „privater“ fällt auch ein Großteil des Schreibens aus. 63 Die angeforderten Kontingente teilten sich wie folgt auf: «Ancona – pedites CCC; Camerinum [= Camerino] – pedites CCC; Racanetum [= Recanati] – pedites CL; Auximum [= Osimo] – pedites CL; Exium [= Iesi] – pedites CL; Macerata – pedites C; Sanctum Senverenum [= San Severino] – pedites CL» (Verfügung Giovanni di Castigliones vom 2. August 1459, ASMa, A. Priorale, Reformanze 29, fol. 41rv, hier: 41v). 64 Siehe hierzu Leopoldo Cassese, Acquaviva, Giosia, in: DBI 1 (1960), S. 179 f. 65 Nach dem Tode Johannas II. von Anjou († 1435) hatte sich Alfons V. von Aragon im Kampf um Neapel gegen René von Anjou durchgesetzt, war 1442 in der Hauptstadt eingezogen und 1443 vom Papst im Vertrag von Terracina anerkannt worden. Bis zu seinem Tod im Jahre 1480 hoffte René jedoch, seinen Ansprüchen auf das Königreich Neapel doch noch Geltung verschaffen zu können. Mit Freude wird er daher gesehen haben, daß ein Teil des neapolitanischen Adels nach Alfons’  V. Tod seinen Sohn Johann  II. von Anjou [von Kalabrien] ins Land rief, der seinerseits 1435 zum Herzog von Kalabrien ernannt worden war, seit 1452 als Herzog von Lothringen wirkte und 1459 vom französischen König als Gouverneur von Genua eingesetzt worden war. – Hierzu siehe u. a. Johannes Haller, Die Belehnung Renés von Anjou mit dem Königreich Neapel, in: QFIAB 4 (1902), S. 184–207 [ND in: J. H., Abhandlungen zur Geschichte des Mittelalters, Stuttgart 1944 [1984], S. 369–392]; Élisabeth Verry, L’impossible héritage. La deuxième maison d’Anjou et l’Italie (1380–1480), in: L’Europe des Anjou. Aventure des princes angevins du XIIIe au XVe siècle [publié à l’occasion de l’exposition «L’Europe des Anjou. Aventure des princes angevins du XIIIe au XVe siècle», 15 VI–16 IX 2001], Paris 2001, S. 255–257. 66 ASMa, A. Priorale, Reformanze 30, fol. 48rv. 67 ASMa, A. Priorale, Reformanze 30, fol. 47v. 68 «Io mando a la signoria vostra alcune copie de litere che scrive Brocchardo [da Persico] al conte Iacomo, et ho retenute le vere apresso di me che le ha vedute deciferare el magnifico messer Antonio Cincinello, ambaxiatore del re. Credo che la signoria vostra serà certa per queste

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XI. Niedergang und Ende

Urbino Anfang Dezember eine Krisensitzung einberufen, an der neben der aus Alessandro Sforza und Giovanni Caimi bestehenden herzoglichen Delegation und neben den Gesandten des Königs Ferrante von Neapel und des Papstes auch ein Vertreter Giovanni di Castigliones teilnahm.69 Am 14. Dezember 1459, als sich alle Delegierten eingefunden und über die gegen Giacomo Piccinino zu treffenden Maßnahmen beratschlagt hatten,70 teilte Giovanni Caimi dem Herzog mit, er würde den Legaten im Anschluß an diese Versammlung persönlich in Fabriano aufsuchen, um ihn zu bestärken, so fortzufahren wie zuvor.71 Vermutlich dürfte diese Mission auch auf Anraten Alessandro Sforzas hin erfolgt sein, schrieb dieser doch seinem Bruder am 17. Dezember, er habe Caimi am Vortag zu Giovanni di Castiglione nach Fabriano geschickt, wohin sich im übrigen auch Francesco dal Legname, der Bischof von Ferrara, als päpstlicher Kommissar begeben habe.72 Ein Ergebnis der Beratungen zwischen Caimi und dem Kardinal von Pavia scheint dessen Angebot gewesen zu sein, dem herzoglichen Gesandten bei Gesprächen mit Giulio da Varano, dem Herrn von Camerino, zur Seite zu stehen,73 litere […] che la praticha del conte Iacomo cum i Francesi sia vera, et è da dubitare del conte Iacomo nel rehame, qui a Pesaro et dove el potesse far male, et è tanto tempo ch’io ho avisato et ch’io ho solicitato, et pur niuna provisione se è facta, né de le gente del signore, né questi del papa, né Giohanne Malavolta non ha havuto commissione niuna et ha pocha gente [ …]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). – Zu Giovanni Malavolta siehe Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 191. 69 Am 8. Dezember 1459 setzte Alessandro Sforza seinen Bruder in einem weitgehend chiffrierten Brief darüber in Kenntnis, daß er Giovanni di Castiglione gebeten habe, eine geeignete Person nach Urbino zu senden: «[…] ho scripto al reverendissimo monsignore el legato de la Marcha ch’el voglia subito mandare ad Urbino, dove seremo tucti, uno qualche homo da bene, pratico et intendente, sì de le vie et sì de le altre cose che se habino a fare, perché possiamo conferire insieme et intenderne et dare li ordini et modi de quello sia da fare […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). – Seinerseits war auch der Herzog von der Einbeziehung Giovanni di Castigliones in die Abwehr von Giacomo Piccinino sehr angetan: «Ne piace che habii scripto al legato de la Marcha et factoli quelle provisione che ne scrivi» (Francesco Sforza an Giovanni Caimi, 9. Dezember 1459, ebd.). 70 Über diese Versammlung heißt es in einem in weiten Teilen chiffrierten Schreiben Giovanni Caimis an Francesco Sforza vom 14. Dezember 1459: «[…] poy lo illustrissimo signore Alessandro se ne vene qui ad Urbino, ove si li son retrovati uno per lo reverendissimo monsignore el legato messere Bartolomeo di Quarteri et per Iohanne Malavolta Andrea Corso et un altro per quelli de la cità de Castello cum questi illustrissimi signori et magnifici ambassadori de la sanctità del papa et de la maestà del re per intenderse insieme et ordinare che a li bisogni se retrovano de le conclusione che sono facte, non ne scrivo perché lo prefato illustrissimo signore Alexandro, vostro fratello, integramente ne avisa vostra excellentia […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 71 «È deliberato ch’io vada dal reverendissimo legato per fare intendere soa signoria el tuto et confortarlo a perseverare in la soa bona opinione» (Ebd.). 72 «Io ho ben scripto al reverendo messere lo vescovo de Ferrara [= Francesco dal Legname] e ricordatogli et confortatolo che luy como commissario de nostro signore voglia scrivere questo a Siena et anche al governatore de Orvieto, el quale vescovo era andato a Perosa [= Perugia], mo credo sia andato a Fabriano a conferire cum monsignore el legato che è lì, dove heri mandai Iohanne Caym per conferire cum l’uno et cum l’altro» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 73 «Io deliberay parlare cum esso signor Iullio [da Varano] dapoy che me trovava lì presso. Et ne conferì cum esso lo reverendissimo legato, el quale me lo confortò et disse de volerghi [!]

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dessen Herrschaft als die Schwachstelle galt, an der am leichtesten ein Durchzug Giacomo Piccininos erfolgen konnte. So schrieb auch Alessandro Sforza am 17. Dezember 1459 seinem Bruder, es gebe für den Söldnerführer theoretisch vier Möglichkeiten, um nach Neapel zu ziehen: der erste Weg führe durch die Marken. Diesen werde der condottiere jedoch gewiß wegen der auf Initiative von Giovanni di Castiglione durch Pietro da Summa gesperrten Pässe und wegen der ausgehobenen 3.000 Mann und der 400 Pferde, die unter dem Kommando des päpstlichen Legaten stünden, zu meiden wissen.74 Die zweite Route führe durch Camerino, die dritte über Città di Castello, die vierte durch die Toskana. Da die dritte Strecke relativ ungangbar sei und die vierte ohne große Schwierigkeiten gesichert werden könne, sei der zweite Weg wohl für Giacomo Piccinino der bequemste. Aus diesem Grunde habe man bereits Gesandtschaften zu Giulio da Varano, dem Herrn von Camerino, geschickt, um ihn davor zu warnen, dem Söldnerführer freien Durchzug zu gewähren.75 Die Gesandten, die hier Erwähnung finden, dürften wohl Giovanni di Castiglione und Giovanni Caimi gewesen sein. Zumindest berichtet Caimi von einer Begegnung, die zustande gekommen war, nachdem der Legat in einem Schreiben an Giulio da Varano angekündigt hatte, er werde sich von Fabriano nach San Severino begeben und gerne den Herrn von Camerino bei einer in der Nähe von San Severino gelegenen Kirche treffen, um sich mit ihm über die Gerüchte, die man über ihn höre, und über seine Absichten, die so sehr denen des Papstes widersprächen, zu unterhalten.76 essere presente […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 24. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144). 74 «quanto al facto del provedere del obstare al passare del conte Iacomo, trovamo ch’el haveria quattro vie: l’una seria atraverso la Marcha, ma questa non dubitamo ch’el se mettesse mai a farla perché non se faria per luy per ogni respecto, ma specialmente per li passi chi sono relevati et che meglio se relevaranno et provederano secondo l’ordine dato cum Piero da Summa et poi per lo essere lì del reverendissimo monsignore el legato cum quelle gente d’arme che gli ha et cum III mila homini paesani ch’el ha commandato che ad ogni prima rechiesta serano sempre aparechiati […], sì che como ho dicto el conte Iacomo non faria questa via atraverso la Marcha» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). – Über die von Giovanni di Castiglione getroffenen Vorkehrungen scheint Alessandro Sforza seinen Bruder auch schon früher unterrichtet zu haben, zeigte sich der Herzog doch am 18. Dezember in einem Schreiben an Alessandro mit den von dem Legaten eingeleiteten Maßnahmen sehr zufrieden: «Ne piace ch’el legato de la Marcha sia cossì ben disposto de contrastare al conte Iacomo et ch’el vegna ad Cersio con quelli CCCC° cavalli et ch’el comanda quelli III mila homini et facia rellevare li passi come tu ne scrivi che è bona et favorevele provisione» (Ebd., sub die). 75 «La seconda via seria per quello de Camerino et questa gli seria più factibile et più commoda, et a noi seria più dificile el reparargli, quantunque per questi ambaxiadori sia stato facto intendere al signor Iulio [da Varano] ch’el se guardi inanci et ch’el guarda como el se facia a dare passo et favore al conte Iacomo, el quale signor Iulio dice bene ch’el ben farà, pure ch’el consenteria a questo, ultro che anche per questo se ne piglia altro suspecto» (Alessandro Sforza an Francesco Sforza, 17. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144). 76 «Et così lo prefato monsignore [= Castiglione] gli scripse che l’averia voluntiera conferito cum luy nel suo andare da Fabriano ad Sanseverino, lo confortava ch’l vegnesse su la via, et gli veneré ad una giesa presso Sanseverino quatro miglia sotto Castelrimondo; gli disse benché per

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XI. Niedergang und Ende

Während sich Giovanni di Castiglione um das Vertrauen Giulio da Varanos bemühte, versuchte Alessandro Sforza, auf dessen Verwandten Rodolfo da Varano einzuwirken.77 Von diesem wiederum erfuhr Alessandro Sforza, daß Giulio da Varano, wie befürchtet, in der Tat beabsichtigte, Giacomo Piccinino gegen Zahlung von 3.000  Dukaten das Durchqueren seines Gebietes zu erlauben.78 Möglicherweise war dies eine falsche Fährte, trugen doch andere Informanten Alessandro Sforza zu, daß einige Getreue Giacomo Piccininos79 nun begonnen hätten, auch die Marken nach passierbaren Wegen auszuspähen. Diese Nachricht gab Alessandro Sforza sogleich an Giovanni di Castiglione mit der Bitte weiter, die Vorsichtsmaßnahmen zu verstärken und zu überprüfen, ob die wichtigsten

altre mie littere havesse avisato le signorie loro de le novelle et voce che se dicevano maxime de luy, et che perseverando pur dicte voce et novelle, che erano tute contra la dispositione et mente de la sanctità de nostro signore, de la quale erano subditi et vicarii, per fare mio debito, conoscendo vostra excellentia li portava amore come ad figlioli, li avisava e ricordava che dovesse ben considerare che cosa era ad fare contra la voluntà d’uno suo signore comme era la prefata sanctità […]» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 24. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144). – Diese Unterredung müßte vor dem 21. Dezember 1459 stattgefunden haben, unterrichtete Alessandro Sforza doch zu dieser Zeit seinen Bruder davon, daß Caimi noch an diesem Tag aus Fabriano zurückerwartet werde und dann zu Sigismondo Malatesta nach Cesena geschickt werden solle: «Advisando la signoria vostra che Iohanne Caym, el quale hoggi de questo dì deve essere tornato ad Urbino da Fabriano, dove el mandai per conferire col reverendissimo monsignore el legato et col reverendo messer lo vescovo di Ferrara, et de lì da Urbino insieme cum messer Octaviano deve andare a Cesena per conferire col signor messer Malatesta […]» (Ebd., sub die). 77 «El serenissimo messer Redolfo [da Varano], suo fradello cusino, serà qui questa sera, el quale per soa cortesia vene per visitarme, al quale ne parlerò quanto me parerà che rechieda la materia, benché questa cosa sta più a la dispositione del signor Iulio [da Varano], però ch’el signor Iulio è quello chi ministra più vivamente le cose de quello stato [di Camerino] che non fa el serenissimo messer Redolfo, el quale è molto freddo, più che non è uno ghiazo, noi per questo non desistaremo però de reparargli et de fargli tutto quello ce serà possibile» (Alessandro Sforza an Francesco Sforza, 17. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144). 78 «Io scripsi a la excellentia vostra per altre mie ch’el signore Rodulfo da Camerino deveva venire qui, el quale per soa cortesia veneva per visitarme. Et cossì è seguito che gli è venuto, con lo quale rasonando de diverse cose gli dissi fra l’altre che al signore Iulio, suo cosino, seguiria gran manchamento presso el papa et el re Ferdinando perché se intendeva ch’el consenteria et daria el passo al conte Iacobo et ch’el se intenderia con luy. El quale me fece questa resposta et me la disse in penitentia et volse ch’io li prometesse che non ne participaria, se non con la vostra dominazione, che ’l è vero ch’el signore Iulio promette el passo al conte Iacomo et conducesse con luy, el quale gli dà 3000 ducati, con li quali se starà questa invernata, et poi al bon tempo gli farà de le conditione ch’el havera a remanere contento et satisfacto. Et dice ch’el fa questo con voluntà et consentimento del signore Sigismondo […]» [Alessandro Sforza an Francesco Sforza (chiffriertes Schreiben), 21. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144 (I)]. 79 Piccinino war mittlerweile von dem westlich von Pesaro gelegenen Sant’ Agata aufgebrochen und rückte allmählich nach Süden vor. So heißt es in einem Schreiben, das Alessandro Sforza am 21. Dezember 1459 an seinen Bruder Francesco richtete: «Doppo scripta l’altra mia ultima de XVIII del presente, continuando io li ordeni mei pigliati per intendere di successi ne li facti del conte Iacomo, como ne advisai la excellentia vostra, ho saputo per lo certo de conte Iacomo essere partito da Sancta Agata […]» [ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die (II)].

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Straßen und Pässe gesichert seien.80 Der Bruder des Herzogs setzte volles Vertrauen in den Kardinal von Pavia und signalisierte Francesco zugleich, er zweifele nicht daran, daß der Legat sich bestens um alles kümmere. Wenn Piccinino davon erfahre, werde er von seinem Plan, in Kürze durch die Marken ziehen zu wollen, gewiß wieder abrücken.81 Doch nicht nur das Problem Piccinino und die Tatsache, daß die Herzogin die Abwesenheit Giovanni di Castigliones zu nutzen gedachte, um den Kanzler des Bistums Pavia durch dessen Sohn Pietro ersetzen zu lassen,82 bereiteten dem Legaten zu dieser Zeit Schwierigkeiten. Auch einige in den Marken gelegene Kommunen lehnten sich gegen den Kardinal auf, allen voran Fermo und alsbald auch Recanati,83 das anfänglich noch um Vermittlung bemüht war. Das Zerwürf80  «Ulterius ho anche advisato primo correro a posta monsignore el legato como ho saputo, è così è la veritade, ch’el conte Iacomo lui et li soi più fidati et magiori vano perscrutando molto subtilmente de le vie de la Marca et di passi se sono relevati et in que modo et se ce sono di strami a le campagni. Et più ch’el conte Iacomo ha mandato di soi ad vedere el tucto. Unde per questo se comprende che forsi ello haveria qualche pensiero de metterse a passare, trovando ch’el pensiero glie potesse reussire, el perché voglia la sua reverendissima signoria de novo fare revedere et reconzare li dicti passi che siano bene relevati et ben proveduti, et per questa cura et questo incaricho voglia dare a Piero da Summa persona intendente et sufficiente et apta a simil cosa et informatissima del paese et de li lochi de la Marcha, el quale venne a conferire cum noi ad Urbino, mandato da monsignore el legato, et optimamente lo informassemo de tucto el bisogno, et così voglia la sua reverendissima signoria comandare che li strami che se possono reponere se repongano, et lo resto se dia ordine se brusi tucto subito se accaderà el bisogno» (Ebd.). 81 «Non dubito che monsignore provederà oportunamente al tucto, però che gli è optimamente bene disposto, et lassiamo stare che a fare queste provisione el sia bene facto, ma sentendolo el conte Iacomo como ello sentirà bene forsi se refredaria et retrariase dal pensiero del passare» (Ebd.). 82 Giovanni di Castiglione widersetzte sich diesem Vorhaben entschieden, wie man seinem Schreiben an Bianca Maria Visconti vom 4. Februar 1460 entnehmen kann: «Illustrissima madona nostra […] Havemo recevute le littere de vostra signoria, per le quale ne ricomanda Petro, figliolo de Salvagnino quondam da Mombretto, cancellero del nostro veschovato di Pavia, et fane vostra excellentia instantia ch’el voglamo substituire in loco del patre a dicta cancellaria. Rispondendo dicemo […] che et in questo et in ogni altra cossa haveriamo sempre caro potere fare cossa grata a vostra illustrissima signoria, ma, considerato che ditta cancellaria è di quella importantia che gl’è et che in quella consiste gran parte del honore e manchamento nostro circa le cosse occurrente al dicto nostro veschovato, preghiamo vostra signoria non ne vogla astringere a questo. Ma lassi il caricho a nuy, che considerate tute le circunstantie de dicta cancellaria quanto maxime al honore nostro ne sforzaremo sempre di fare cossa grata a vostra signoria […]» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 83 Möglicherweise lagen die Ursachen des Konflikts zwischen Recanati und Giovanni di Castiglione auch darin, daß Macerata, der offizielle Sitz des Legaten, in den Zuständigkeitsbereich des Bischofs von Recanati fiel. Zwar hatte Papst Johannes XXII. am 18. November 1320 mit der Bulle Sicut ex debito den Bischofssitz von Recanati nach Macerata verlegt (siehe hierzu Otello Gentili, Macerata sacra. Memorie storiche, Recanati 1947 [Rom 1967], S. 22; Paci, Le vicende, S. 92); auf Betreiben des Kardinals Albornoz hin hatte Innocenz VI. diesen Beschluß jedoch 1357 wieder aufgehoben und Recanati erneut zum Bischofssitz erklärt und mit Macerata zusammengeschlossen, so daß sich der Bischof von nun an «vescovo di Recanati e Macerata» nannte (Gentili, Macerata sacra, S. 25 f.; Paci, Le vicende, S. 106; Joseph Anton Vogel, De ecclesiis Recanatensi et Lauretana earumque episcopis commentarius historicus, Recanati 1859,

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nis nahm sogar solche Dimensionen an, daß Recanati im Januar 1460 Pius II. um die Entsendung eines neuen Legaten ersuchte.84 Giovanni Caimi scheint bereits am 29. Dezember 1459 das Gerücht vernommen zu haben, der Pontifex werde Giovanni di Castiglione alsbald abziehen.85 Der herzogliche Gesandte war sich der Brisanz dieser Fama allem Anschein nach bewußt, hielt er es doch für angebracht, die entsprechende Passage – und nur diese – in seinem Schreiben vom 29. Dezember 1459 zu chiffrieren.86 Wenn Caimi aber im weiteren darlegte, er glaube nach einem Gespräch mit dem Legaten nicht, daß die Abberufung noch in diesem Sommer erfolge,87 mag man sich fragen, inwieweit er die Situation richtig einschätzte. Vermutlich dürfte ihm Giovanni di Castiglione zu verstehen gegeben haben, daß er seine Legatenfunktion derzeit als ungefährdet betrachte – ob der Kardinal dabei die Zeichen seinerseits falsch deutete oder seine Situation bewußt beschönigte im Wissen, daß Caimi die Information an den Mailänder Herzog weitertragen würde, ist schwer zu sagen. Unter Umständen ist auch denkbar, daß Caimi, der in der Vergangenheit eng mit Giovanni di Castiglione zusammengearbeitet hatte, die Situation bewußt entdramatisierte, um den päpstlichen Legaten zu schützen bzw. um diesem nicht noch mehr zu schaden. Er wußte, daß der „Nutzen“ des Kardinals durch seine Absenz aus Rom und durch sein mit dieser Abwesenheit einhergehendes langfristiges Abgeschnittensein von vielen wichtigen Informationsquellen ohnehin für den Mailänder Herzog erheblich gesunken war, zumal es Pius II., der sich offensichtlich mit dem herzoglichen Gesandten Ottone del Carretto ausgezeichnet verstand,88 in der Zwischenzeit gelungen war, ein gutes Verhältnis zu Francesco Sforza herzustellen. Bd. I, S. 123). – Zu Zeiten Giovanni di Castigliones stand Niccolò dall’Aste [Niccolò (Asti) de Forolivio], der einst an der Universität von Bologna Philosophie, Astronomie und Medizin gelehrt hatte und dann als Gesandter Eugens IV. in Florenz und Vendig gewesen war, dieser Diözese vor (siehe Gentili, Macerata sacra, S. 64 ff.). Erst Sixtus V. trennte 1586 die Diözese Macerata endgültig von der Diözese Recanati (siehe hierzu ebd., S. 308 ff.). 84 Petrucci, Castiglioni, Giovanni, S. 157. 85 «Io ho alcuno sentilla che el papa vole mutare legato in la Marcha» (ASMi, Sf., PE, Marca 144, sub die). 86  Ebd.  –  Im Monat Dezember finden sich ohnehin sehr viele chiffrierte Passagen in den Briefen Giovanni Caimis und Alessandro Sforzas, die – so der herzogliche Bruder in seinem Schreiben an Francesco Sforza vom 21. Dezember 1459 – verhindern sollten, daß «le lettere andassero in sinistro» (ASMi, Sf., PE, Sf., Marca 144, sub die). 87 «[…] me pare ch’el sia vero per alcune parole che me disse esso legato che ho accozate inseme non per questa estate» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 29. Dezember 1459, ASMi, Sf., PE, Marca 144). 88 „[…] Der Papst hat ,ein umgängliches und ehrliches Wesen‘, so Ottone del Carretto, der freilich auch einen Stein bei ihm im Brett hatte. Nach den Grundsätzen der mailändischen Diplomatie sollten stets Gesandte verwendet werden, die dem zu besuchenden Machthaber persönlich angenehm waren. Dies war bei Carretto und Pius in höchstem Maß der Fall: der mailändische Gesandte wurde für Pius im Laufe der Zeit nicht nur aus politischen Gründen zum unentbehrlichen Gesprächspartner, sondern geradezu zum guten Freund, dem er auch Dinge anvertraute, die nicht in die Ohren des Herzogs gelangen sollten, womit er den Gesandten gegen Ende seines Pontifikats in Loyalitätskonflikte gestürzt zu haben scheint […]“ (Märtl, Alltag,

XI.1 Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)

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Giovanni di Castiglione sollte seine Legatentätigkeit bis zu seinem Tod, der kurze Zeit später, im April 1460 erfolgte, ausüben.89 Offizielle Dokumente von päpstlicher Seite, die von den Plänen eines Legationsentzuges zeugen, gibt es keine, auch wenn der Pontifex zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon mit Francesco Todeschini-Piccolomini einen neuen Kandidaten für diese Legation ins Auge gefaßt hatte.90 Stutzig stimmt allerdings eine Aussage von Kardinal Estouteville, unterstrich dieser doch einem mantuanischen Gesandten gegenüber, der Pontifex trage eine Mitschuld am Tod von Giovanni di Castiglione, weil dieser die Enttäuschung über den Entzug der Legation nicht habe verkraften können und aus Kummer über diesen gestorben sei.91 Doch sind die Fragen, ob der Pontifex tatsächlich eine Aberkennung der Legatenfunktion Giovanni di Castigliones ernsthaft erwog und  –  falls dies der Fall sein sollte – inwieweit Anfang April 1460 schon Vorbereitungen für einen derartigen Schritt in die Wege geleitet worden waren, nicht die einzigen, die in diesem Zusammenhang unbeantwortet bleiben müssen. Noch mehr Rätsel als die Bemerkung Estoutevilles über Giovanni di Castigliones Schmerz über die entzogene Legation gibt ein Schreiben Giacomo Ammanati-Piccolominis, des Sekretärs von Pius II., auf, der kurze Zeit zuvor vom Pontifex adoptiert worden war,92 unterzeichnete er doch am 1.  April 1460 einen Brief an die Herzogin S. 143 f.). – Zum guten Verhältnis zwischen Pius II. und Ottone del Carretto siehe auch ebd., S. 123. 89 So untersagte Giovanni di Castiglione etwa am 25. Februar 1460 die Belieferung Piccininos mit Waffen und Nahrungsmitteln (ASMa, A. Priorale, Reformanze 30, fol. 49r–50r) und erließ am 9. März 1460 eine Verfügung hinsichtlich der Aufstellung von Hilfstruppen, derzufolge im Hinblick auf das befürchtete Eintreffen der Söldnertruppen jede Familie einen Mann zur Verteidigung abzustellen hatte (Ebd., fol. 50v). – Zur Billigung dieser Anweisung durch den Consiglio di Credenza am 21. März 1460 siehe ebd., fol. 214r. 90 Pius II. hatte Francesco Todeschini-Piccolomini am 6. Februar 1460 zum Administrator des Erzbistums Siena ernannt und ihn am 26. März zudem zum Kardinaldiakon von Sant’Eustachio erhoben. Bereits Anfang Mai begab sich Francesco Todeschini-Piccolomini in Begleitung von Angelo Maccafani, des Bischofs von Marsi, als Legat in die Marken (siehe hierzu etwa das Schreiben Ottone del Carrettos an Francesco Sforza vom 3. Mai 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259 sowie ASV, Reg. Vat. 515, fol. 247). – Zu diesem päpstlichen Neffen siehe Alfred A. Strnad, Francesco Todeschini-Piccolomini. Politik und Mäzenatentum im Quattrocento, in: RHM 8/9 (1964/65 und 1965/66), S. 101–425; Cerioni, Diplomazia sforzesca, Bd. I, S. 208 f. mit weiterer Literatur. 91 «Essendo intrato cum el prefato monsignore [=  Guillaume d’Estouteville] in altri rasonamenti e tandem del cardinale de Pavia, me hebe a dire chel papa lo haveva facto morire de menenconia, perche facto chel hebe el nepote cardinale [= Francesco Todeschini Piccolomini], subito el privò de quella legatione e non gli haveva dato più termine che per tuto el mese passato a levarsene, de che quello povero signore se misse tanto affano che è stato casone de la morte sua, e chel papa seguiva tropo li apetiti suoi» (Mantova, Archivio di Stato, Archivo Gonzaga, b. 1099 c. 344; zit. nach Märtl, Italienische Berichte, S. 253). 92 Zu Ammanati-Piccolomini siehe Giuseppe Calamari, Il confidente di Pio  II, cardinal Jacopo Ammannati Piccolomini, 2 Bde., Rom 1932; Ders., Il cardinale di Pavia Jacopo Am­man­ nati-Piccolomini, in: Bolletino di ricerche e studi per la storia di Pescia e di Valdinievole 3 1/2 (1929), S. 3–26; Edith Pásztor, Ammannati (poi Ammannati Piccolomini), Jacopo, in: DBI 2

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XI. Niedergang und Ende

Bianca Maria mit „Electus Papiensis“ – einem Titel, den er gar nicht befugt war zu verwenden und den er offiziell erst ab dem Juli dieses Jahres führen sollte.93 Über die Datierung dieses Schreibens auf diesen Tag besteht laut Cherubini kein Zweifel.94 Dies ist umso mysteriöser, als man von einer schweren – und plötzlich aufgetretenen – Erkrankung Giovanni di Castigliones95 an der damals in Siena weilenden Kurie überhaupt erst am 15. April 1460 erfuhr,96 einen Tag nachdem der Kardinal im Alter von nicht einmal fünfzig Jahren, nach einem heftigen Fieberanfall, verstorben war.97 Zwar hatte Ottone del Carretto dem Mailänder Herzog bereits am 4.  April  1460 aus Siena beunruhigt mitgeteilt, daß er seit neun Tagen keine Nachricht mehr von Giovanni di Castiglione erhalten habe; da jedoch auch die Mitteilungen Federico da Montefeltros und Alessandro Sforzas und die der anderen Berichterstatter aus den Marken ausgeblieben waren,98 stand dieser Informationsausfall wohl weniger mit dem Gesundheitszustand Giovanni di Castigliones als vielmehr mit den allgemeinen Entwicklungen in den Marken in Zusammenhang, die Giacomo Piccinino zu durchqueren gelungen war.99 Hin(1960), S. 802 f.; Anett Ladegast, Die Zwillingsgrabmäler des Kardinals Jacopo AmmanatiPiccolomini und seiner Mutter Costanza Ammanati-Piccolomini in S. Agostino, Rom. Die Verbindung von Memoria und Liturgie. Möglichkeiten und Grenzen einer Grabmalsstrategie [Berlin, HU, 2007, Magisterarbeit bei Horst Bredekamp]. 93  Wenn Gioacchino Paparelli fälschlicherweise davon ausgeht, daß Giovanni di Castiglione bereits am 31. März 1460 verstarb (Enea Silvio Piccolomini, S. 237), dürfte dies vermutlich eine Folge dieser Unterschrift von Giacomo Ammanati-Piccolomini vom 1. April 1460 sein. 94 Iacopo Ammannati Piccolomini, Lettere (1444–1479), 3 Bde., hg. v. Paolo Cherubini, Rom 1997 (Pubblicazioni degli archivi di Stato. Fonti 25), hier: Bd. I, S. 332 Anm. 2. 95 So heißt es bei Compagnoni: «[…] se non fu che assalito dal male improvisamente si fermasse in Macerata […]» (La reggia Picena, Bd. II, S. 24). 96 «Io intendo ch’el reverendissimo monsignore el cardinale de Pavia è gravissimamente infirmo per modo che più presto se teme de la morte che se speri de la vita, nientedemanco dio li facia misericordia e lo restituissa a la pristina salute» (Niccolò Forteguerri an Francesco Sforza, 15. April 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259). – Einen Tag später erreichte, wie Tommaso Piccolomini dem Herzog sogleich mitteilte, Siena die Nachricht, der Gesundheitszustand des Kardinals habe sich erheblich verschlimmert: «Lo reverendissimo cardinale di Pavia sta grandementi gravato, et più se spera di la morte che di la salute sua […]» (Ebd., sub die). 97  GC, Bd. XI, S. 893. – Compagnoni geht fälschlicherweise davon aus, daß der Kardinal bereits am 12. April 1460 verstarb: «[…] il 12 d’Aprile con duolo universale della Città tutta, glorioso andò a riposare in cielo» (La reggia Picena, Bd. II, S. 24). 98 «Già sonno circa VIIII dì che del conte Iacobo non havemo dal reverendissimo legato de la Marcha, né dal conte d’Urbino, né da li altri nostri novella alcuna […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 4. April 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259). 99 «né per altra via ancora se intende certamenti quello sia seguito perché dicessi variamenti, chi dice è passato per le terre d’Ancona, chi dice ha passato il Tronte, chi ad un modo, chi ad un altro, pur è comune opinione sia passato» (Ebd.). – Laut Giorgio Annonis Schreiben an den Herzog vom 4. Mai 1460 war es Federico da Montefeltro, der schließlich – um den Krieg von seinem eigenen Territorium fernzuhalten – entschied, dem Söldnerführer den Durchzug nicht zu verwehren: «alchuni de li principalli et più fidati al re hanno havuto ad dire ch’el conte Iacomo è passato per casone del conte d’Urbino, quale ha voluto levarese il focho da caxa per meterlo a casa del compagno» (ASMi, Sf., PE, Roma 48, sub die). – Zu Annoni siehe Nicola Raponi, Annoni (Annone, de Annone), Giorgio, in: DBI 3 (1961), S. 358 f.

XI.1 Die Entsendung in die Mark Ancona (1458–1460)

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weise auf eine gravierende Erkrankung Giovanni di Castigliones – oder auch nur auf das leichteste Unwohlsein des Kardinals – gibt es, wenn man die Mailänder Korrespondenz der Jahre 1459 und 1460 betrachtet – vor dem 15. April 1460 nicht.100 Auch existieren keine vorherigen Zeugnisse dafür, daß zuvor eine Absetzung Giovanni di Castigliones als Bischof von Pavia je im Gespräch war oder je über einen Ringtausch diskutiert worden wäre. Man weiß lediglich aus den Schreiben des Niccolò Forteguerri, des Kardinals von Santa Cecilia,101 daß sich der Pontifex unmittelbar um eine Übertragung des Bistums Pavia an seinen Sekretär Giacomo Ammanati bemühte, als die Nachricht über den schlechten Gesundheitszustand Giovanni di Castigliones am 15.  April  1460 die sich derzeit in Siena aufhaltende Kurie erreichte.102 Doch selbst als am 17. April 1460 an der Kurie die Mitteilung über den Tod des Kar100 Die Nachricht von der Erkrankung des Kardinals scheint erst im Laufe des 15. April 1460 eingetroffen zu sein, denn in dem immerhin dreiseitigen Brief, den der herzogliche Gesandte (wohl als erstes Schreiben) an diesem Tag verfaßte, vermißt man zumindest einen entsprechenden Hinweis auf diese Krankheit. Zwar stößt man auf den Namen des Kardinals von Pavia, jedoch wird er an dieser Stelle lediglich erwähnt, weil der herzogliche Gesandte dem Legaten geschrieben hatte, um Erkundungen über die Haltung Giulio da Varanos einzuholen: «A la parte de condure il signor de Camerino la sanctità sua sta pure dura per le rasone altra volta scritte, tutavia io, Otho, ho scritto al reverendissimo legato de la Marcha mi vogli dare aviso se questo partito d’esso signore de Camarino, qual per sua reverendissima signoria più dì fa era proposto, potria più havere loco, et essendo da la reverendissima signoria sua avisato che dal canto loro questa cosa sie fatibile, venendo qua qualcuno de la maestà del re, vederemo de persuaderlo […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 15. April 1460, Sf., PE, Siena 259). – Mehrere Stunden später kamen dem herzoglichen Gesandten wohl die Nachrichten über die angegriffene Gesundheit Giovanni di Castigliones und über die päpstliche Absicht, Giacomo Ammanati-Piccolomini zum neuen Bischof von Pavia zu ernennen, zu Ohren, so daß er noch ein weiteres Schreiben aufsetzte: «Mi disse sua beatitudine: ‹Nuy havemo d. Iacobo da Luca [= Ammanati-Piccolomini], nostro secretario, caro et dilectissimo quanto se ce fusse figliolo, il qual desideriamo locare in parte, dove poy di noy sia ben locato. Et perché sapiamo che luy ama lo illustrissimo signore duca et è di maiore condicione che sua signoria oltre il respetto nostro per sua virtù ancora l’haria ben caro, nuy siamo avisati che il cardinale de Pavia sta molto male, onde, accadendo la sua morte, voriamo che quello illustrissimo signore fusse contento che dessemo quello vescoato al prefato d. Iacobo› […]. De li altri beneficii de ditto cardinal de Pavia è contenta la prefata sanctità disponere come piacerà a vostra excellentia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 15. April 1460, Bibl. Ambr., cod. Z 219 sup.; vgl. Simonetta, Pius II, S. 159 f. Anm. 24). 101 Zu diesem siehe Anna Esposito, Forteguerri, Niccolò, in: DBI 49 (1997), S. 156–158. 102 «E per questo la sanctità de nostro signore, accadendo la morte del prefato cardinale, havea animo e pensiero de volere provedere de quello vescovato de Pavia al suo secretario missere Iacomo da Luca, come ancho per el breve de sua sanctità vostra illustrissima signoria intenderà. Per tanto prego vostra excellentia quanto posso volia esser contenta de compiacerne che la prefata sanctità ne possa provedere a questo suo secretario come è suo pensiero e intentione, facendo certa vostra excellentia che esso missere Iacomo è homo benissimamente merito et virtuoso e tale che vostra signoria rimagnirà ogne dì ben contenta e ben satisfatta de tal prelato […]» (Niccolò Forteguerri an Francesco Sforza, 15. April 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259). – Das in diesem Brief erwähnte Schreiben, das Pius II. zugunsten von Giacomo Ammanati an den Mailänder Herzog richtete, stammt vom selben Tag. Auch in diesem Schreiben wird die schwere Erkrankung Giovanni di Castigliones thematisiert (Ebd., sub die).

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XI. Niedergang und Ende

dinals von Pavia eintraf,103 konnte sich Ammanati noch nicht „electus“ nennen, da der Mailänder Herzog mit dessen Nachfolge keineswegs einverstanden war,104 sondern einen anderen Kandidaten für das Bistum Pavia im Blick hatte. Erst drei Monate später, im Juli 1460, lenkte Francesco Sforza ein.105 Was Giacomo Ammanati-Piccolomini veranlaßte, bereits Anfang April 1460 mit diesem Titel zu unterschreiben, ist unklar. Stellt einen schon das Leben des Giovanni di Castiglione vor viele Rätsel und Widersprüche, so tun dies die Ungereimtheiten um dessen Tod – von dem einige unbestritten profitierten106 – noch viel mehr.107 103  «Hogi è venuta novella certissima de la morte del reverendissimo cardinale de Pavia» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 17. April 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259). 104 Daß er Giacomo Ammanati nicht für die optimale Besetzung des Paveser Stuhls halte, hatte Ottone del Carretto seinem Herrn bereits am 17.  April  1460 mitgeteilt: «Et perch’io intendo de quanta importantia sia al stato vostro havere uno vescuo a vostra excellentia fidato et idoneo ac quantumque quello per chi prega la sanctità de nostro signore sia da bene assay, tamen credo n’habiati altri più fidati e grati» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 17. April 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259). – In eben diesem Schreiben bemühte sich der herzogliche Gesandte zudem, Francesco Sforza eine Lösung vorzuschlagen, die er mit dem kurz zuvor ins Kardinalat erhobenen Forteguerri ausgearbeitet hatte und von der er meinte, daß sie sowohl dem Herzog als auch dem Papst entgegenkommen müsse. Er schlug vor, Giacomo Ammanati die Benefizien des Protonotars aus Forlì zuzuweisen und letzteren zum Bischof von Pavia zu ernennen. Auch eine zweite, komplexere Lösung bot er an: Diese sah eine Translation Giacomo Antonio Della Torres, des Bischofs von Modena, nach Pavia vor, sowie eine Versetzung des Bischofs Delfino Della Pergola von Parma nach Modena, woraufhin Giacomo Ammanati-Piccolomini die freigewordene Diözese Parma übernehmen könne (siehe hierzu das Schreiben Ottone del Carrettos vom 17. April 1459, ebd., sub die). – Diese Anregung sollte jedoch von seiten des Papstes keine Akzeptanz finden. – Im Mai 1460 tat sich für Francesco Sforza noch eine weitere Möglichkeit auf, hoffte er doch, infolge der schweren Erkrankung Giovanni Barbavaras, des Bischofs von Tortona, dem päpstlichen Familiar Giacomo Ammanati diese Diözese als „Kompensation“ für Pavia übergeben zu können. Doch der päpstliche Familiar war, wie wir aus einem Schreiben Ottone del Carrettos vom 23. Mai 1460 wissen, nicht bereit, in dieses Angebot einzuwilligen (Ebd.). 105 Siehe hierzu Ansani, La provvista, S. 24. 106 Francesco Todeschini-Piccolomini und Giacomo Ammanati-Piccolomini waren nicht die einzigen Nutznießer. Vermutlich bestärkte der Pontifex auch seinen Verwandten Tommaso Piccolomini, den Herzog um die Abtei Sant’Abbondio zu bitten. Dies tat Tommaso denn auch bereits zwei Tage nach dem Tode Giovanni di Castigliones, am 16. April 1460: «Io ho continuamenti desiderato havere qualche beneficio ne la iuriditione di vostra excellentia per potere col tempo venirmi ad riposare sotto la protectione d’essa vostra excellentia. Se caso di morte seguitasse del cardinale vacaria l’abbadia di Sancto Abundo extra muros Cumanos, dignandose vostra excellentia di compiacermene, gli supplico volia scrivere sopra ciò et caricarne la sanctità di nostro signore per me» (ASMi, Sf., PE, Siena 259, sub die). Giovanni di Castiglione hatte indes, wie wir aus einem Bericht des Ottone del Carretto wissen, in seinem Vermächtnis andere Vorkehrungen getroffen: «Il reverendissimo cardinal de San Marcho, lassato executore del testamento del prefato cardinal, con grande instantia cercha la sanctità de nostro signore daghi l’abbatia da Como ad uno d. Iohanne da Castiglione et l’ordinaria del domo a d. Stephano da Robio, dicendo ch’è de usanza che de beneficii de cardinali chi moreno se provede a parenti et servitori suoy, et maxime se deve fare de questi» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 17. April 1460, ebd.). 107 Giovanni di Castiglione selbst hielt wohl einen Giftanschlag nicht für unmöglich. Zumindest ist in dem Inventar des Nachlasses von Giovanni di Castiglione, das mir Frau Professor Märtl freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat (ASV, Cam. Ap., Div. Cam. 29, fol. 243r–244v), eine

XI.2 Die damnatio memoriae

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XI.2 „… und er sprach so schlecht über ihn, daß es mich mit großer Verwunderung erfüllte“108 – Die damnatio memoriae „Johannes aber war, obwohl er aus der Familie Castiglione stammte, die den Mailändern als edel galt, durch seine Sitten unadelig. Sein Hochmut war dergestalt, daß er es nicht ertrug, mit jemandem verglichen zu werden. Er behauptete, gewandt in der rhetorischen Kunst, der Politik, der Philosophie und der Theologie zu sein und den Ärzten in nichts nachzustehen. Und – seinem eigenen Urteil zufolge  –  war er ebenfalls der beste Architekt, Musiker, Mathematiker und Koch [!].“109 Giovanni di Castiglione sei sehr geizig und habgierig gewesen, doch habe er als freigebig erscheinen wollen – so fuhr Enea Silvio fort. Aus diesem Grund hätten die Städte in den Marken auch darum gebeten, sie von diesem Prälaten zu befreien, und da sie das nicht hätten erreichen können, sei ihnen der Tod des Legaten sehr gelegen gekommen.110 Mit dieser abschätzigen Beurteilung und Charakterisierung wie auch durch die Anführung einer Reihe überzogener nachteiliger Beispiele aus der Vita des Kardinals – etwa der angeblich völlig mißlungenen Rede des Legaten auf dem Frankfurter Reichstag111 oder des schmachvollen Zusammenbruchs im Konklave von 1458112 – zielte Pius II., der seine Zeitgenossen mit messerscharfen Worten zu exekutieren vermochte, in seinen nach dem Tode Giovanni di Castigliones verfaßten Commentarii darauf ab, dessen Reputation bei späteren Generationen nachhaltig zu untergraben. Schon unmittelbar nach Giovanni di Castigliones Ableben hatte der Pontifex bereits auf sehr raffinierte Weise versucht, den Kardinal auch bei dessen Landesherrn Francesco Sforza zu diskreditieren. Er ließ den Mailänder Gesandten Giovanni Caimi, der Anfang Mai das Begräbnis des Kardinals vorzubereiten beabsichtigte,113 in sein Badezimmer rufen, um ihm beim Entkleiden  –  und somit ganz Schlangenzunge verzeichnet, die ihm, wie so einigen seiner Zeitgenossen, als Indikator diente und anzeigen sollte, ob Speisen vergiftet waren. 108 «Et ne disse tanto male che me parse una grande admiratione» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 4. Mai 1460, ASMi, Sf., PE, Roma 48); vgl. Märtl, Alltag, S. 123 Anm. 39. 109  Siehe hierzu oben, Kap. I Anm. 13. 110 «[…] cumque avarissimus et rapacissimus esset, perliberalis videri volebat; ob quam rem petiere civitates eum a suis cervicibus amoveri; quibus non impetrantibus expectata et admodum desiderata mors venit […]» (Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 686). 111 Siehe hierzu oben, Kap. VI Anm. 47. 112 Siehe hierzu oben, Kap. X Anm. 67. 113 Erstaunlicherweise scheint der Leichnam Giovanni di Castigliones knapp zweieinhalb Wochen nach seinem Tod noch nicht beigesetzt worden zu sein [«anchora el corpo del cardinale de Pavia è sopra terra» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 4. Mai 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259)]. Ebenso bemerkenswert ist, daß er nicht – wie es die Castiglione vielleicht gerne gesehen hätten – in der Familienkapelle in Mailand bestattet wurde, und auch nicht in Castiglione Olona, Pavia oder Rom, sondern auf Wunsch des Papstes in Ancona: «Pur per honore de la nostra patria et ch’el se diceva ch’el era el cardinale de Lombardia et de la signoria vostra, io pregay ch’el fosse contento ch’el corpo fosse sepelito secundo ch’el haveva ordinato, cioè in Anchona» (Ebd.; vgl. auch Märtl, Alltag, S. 122 Anm. 39). Vielleicht insistierte der Pontifex auf Ancona, um

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XI. Niedergang und Ende

vertraulich – Schreckliches über Giovanni di Castiglione zu berichten.114 Pius II. wird diese Situation wohl ganz bewußt inszeniert haben, weil anzunehmen war, daß Caimi den Herzog über die Unterredung in Kenntnis setzen würde – schon allein wegen der Ehre, in die Intimsphäre des Papstes vorgelassen worden zu sein, was einen für einen Gesandten nicht gerade alltäglichen Gunst‑ und Vertrauensbeweis darstellte. Allerdings scheint der Pontifex die Diskretion dieses Gesandten, der mit Giovanni di Castiglione stets in gutem Einvernehmen gestanden hatte,115 unterschätzt zu haben. Denn Caimi bedeutete dem Herzog nur, er glaube, daß Seine Heiligkeit mit ihm aufs Vertraulichste gesprochen habe und nicht glücklich wäre, wenn seine Worte in andere Ohren gelangten,116 und hielt sich deshalb bei der Wiedergabe der Vorwürfe gegen Giovanni di Castiglione sehr bedeckt. Er beließ es bei vagen Andeutungen („Er sagte mir so unglaubliche Sachen, daß ich nicht wage, sie zu wiederholen“117) und konkretisierte lediglich eine Anschuldigung, daß nämlich Giovanni di Castiglione den Angaben des Papstes zufolge die apostolische Kammer um mehr als elftausend Dukaten beraubt haben sollte.118 Die Vorstellung, daß einer seiner „Konfidenten“ eine derartige Summe unterschlagen haben könnte, dürfte nicht nur dem Fürsten, sondern auch anderen Zeitgenossen mißfallen haben; umso bemerkenswerter ist, daß bei aller in den Commentarii gegenüber Giovanni geäußerten Kritik gerade dieser gravierende Vorwurf krimineller Energie von Pius II. nicht erhoben wird.119 dem Verstorbenen keine so prunkvolle Bestattung zuteil werden zu lassen, wie sie bedeutende Mitglieder der Familie Castiglione erhalten hatten; so etwa Branda, dessen Verdienste Guarnerio di Castiglione in einer bewegenden Grabrede pries (siehe hierzu oben, Kap. II Anm. 129), oder auch Brandas Neffe Baldassare di Castiglione, auf den kein geringerer als der Humanist Francesco Filelfo die oratio funebris hielt (Bibl.  Ambr., ms.  N  165  sup., fol.  63v–65v).  –  Der Leichnam Giovannis wurde wohl erst nach dem Tode Pius’ II. in die Familienkapelle der Castiglione nach Mailand überführt. Zu Giovannis Epitaph siehe Oldoini, Athenaeum Romanum, S. 399–400; siehe auch GC, Bd. XI, S. 892–893; Argelati, Bibliotheca, S. 368. 114 «La sanctità del papa intrando nel bagno me fece domandare dentro; non guardandose de mi ad farse spogliare, me disse: ‹Se qualchuno de quilli de quello cativo homo vene da ti ad recommandarsene, adciò che tu sapi que respondere informete da d. Giliforte […]› » (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 4.  Mai  1460, ASMi, Sf., PE, Siena  259); vgl. Märtl, Alltag, S. 122 Anm. 39. 115 Siehe hierzu oben, etwa Kap. VII Anm. 109. 116 «Illustrissimo signore, io credo però che soa beatitudine habia parlato domesticamente cum mi et che non seria però contenta che queste parole andassero a le orechie de altri» (Giovanni Caimi an Francesco Sforza, 4. Mai 1460, ASMi, Sf., PE, Siena 259); vgl. Märtl, Alltag, S. 122 Anm. 39. 117 «Me rispose cose stupende, in modo ch’io non ebbe ardire più de parlarne» [Ebd. (Märtl, Alltag, S. 123 Anm. 39)]. 118 « ‹[…] informete da d. Giliforte [Buonconti, Thesaurar] li soy tradimenti ch’el ce ha facto, che per soy libri trovamo ne ha robata la camera de più de XI mila ducati› » (Ebd). 119 Allein als «avarissimus et rapacissimus» wird Giovanni di Castiglione dort beschrieben [Piccolomini (Pius II), I Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 686]. – Da sich sonst keine Belege für diese Anschuldigung finden, wird man diesen gegen Giovanni di Castiglione erhobenen Vorwürfen nicht vorbehaltlos vertrauen dürfen.

XI.2 Die damnatio memoriae

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Wenn die Commentarii das Bild Giovanni di Castigliones in der Nachwelt so nachhaltig prägten, mag dies ebenfalls dadurch bedingt sein, daß zu dem Zeitpunkt, als diese Aufzeichnungen bekannt wurden, alle einflußreichen Verwandten des Kardinals, die gegen diese Anschuldigungen auf den Plan hätten treten und die Rehabilitation von Ehre und Ansehen des Kardinals hätten bewirken können, nicht mehr unter den Lebenden weilten. Zanone di Castiglione war bereits 1459 verstorben,120 Guarnerio am 15. Mai 1460, knapp einen Monat nach Giovanni, und Franchino sowie Zanones Bruder Giacomo fanden 1462 den Tod. Das Schicksal wollte es, daß die führenden Köpfe des Mailänder Zweiges der Familie innerhalb kurzer Zeit dahingerafft wurden.121 Opizzo, Guarnerios einziger überlebender Bruder, war derartig verschuldet,122 daß er nichts bewirken konnte; und Guarnerios Söhne aus seiner Ehe mit Antonia Visconti Carmagnola waren zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig.123 Giovanni di Castigliones natürlicher Sohn Ludovico wiederum, der seit 1453 als Lektor an der Universität Pavia belegt ist und nicht den geistlichen Weg einschlug, sondern sich zur Vermählung mit Maria Pusterla entschied,124 dürfte sich ebenfalls kaum in einer Position befunden haben, wie sie zur Ehrenrettung seines Vaters erforderlich gewesen wäre.125 120 Ein Schreiben, das Rolando Talenti zu Zanones Tod an den herzoglichen Sekretär Cicco Simonetta, den Gemahl von Zanones Nichte Elisabetta, sandte, findet sich in: Bayeux, Bibl. Mun., ms. 5, fol. 37rv. 121 Giovanni, der älteste der Brüder Guarnerios, war 1444 verstorben, und Giovanni Antonio, welcher am studio pavese gelehrt und dem Mailänder Collegio dei nobili Giureconsulti angehört hatte, war 1450 zu Grabe getragen worden (Villa, Guarnerio, S. 61). 122 Guarnerio di Castiglione hatte schon 1428 seinem Bruder Opizzo dessen Güter in Gerenzano abkaufen müssen; 1459 wiederum hatte Guarnerio nur mit Mühe dessen – bereits vom Magistrat eingezogenen, ebenfalls im Mailänder Umland liegenden – Besitz in Bizzozero, Gurone und Mozzate zurückkaufen können. Die vier Töchter Opizzos vermochten es laut Notarsakt vom 1. August 1459 angesichts dieser finanziellen Misere nicht zu verhindern, daß nach dem Tod ihrer Mutter Margherita Cotta deren Güter ebenfalls konfisziert wurden (Ebd., S. 61). In diesen Kontext gehört auch die nicht datierte, an die Herzogin Bianca Maria gerichtete Supplik, aus der die finanzielle Abhängigkeit Opizzos von seinem Bruder und die daraus resultierenden Differenzen der Geschwister deutlich ersichtlich werden: «supplica con ogni debita reverentia il vostro fidele servitore Oppizo da Casteliono, come luy habia molti debiti he differentie con d. Guarnerio da Casteliono, suo fratelo, che per l’officio e posanza ha da la signoria vostra lo malmena he ghe fa grande forza he iniustitia, he non p[u]ò esso supplicante usare de la sua raxone, he non trova iudice ghe faza raxone né iustitia […]» (ASMi, Famiglie, cart. 49: Castiglioni). 123 Zu Francesco und dessen Brüdern Luigi, Battista und Giovanni Antonio siehe Villa, Guarnerio, S. 65 f. 124 Ludovico di Castglione wurde am 25. Januar 1462 Giacomo Ammanati-Piccolomini von Francesco Sforza empfohlen. Das entsprechende Schreiben findet sich in ASMi, RD 5, fol. 60v. 125 Gegen die Einziehung der Güter des Kardinals durch die Kurie erhob Ludovico di Castiglione jedoch Widerspruch. Zu Beginn des Jahres 1462 begab er sich wegen deren Restitution nach Rom. Insbesondere ersuchte er um die Rückgabe des väterlichen palazzo, welchen Pius II. entgegen der testamentarischen Verfügung Giovanni di Castigliones dem Kardinal Niccolò Forteguerri zugewiesen hatte (siehe hierzu das Schreiben Francesco Sforzas an Giacomo Ammanati vom 25. Januar 1462, ASMi, RD 5, fol. 60v). Die Herausgabe des palazzo gestaltete sich anscheinend schwierig. Am 3. Mai 1462 richtete Francesco Sforza erneut an Francesco TodeschiniPiccolomini und an Giacomo Ammanati-Piccolomini die Bitte, sich zugunsten Ludovico di

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XI. Niedergang und Ende

Fortuna und virtù sind äußerst förderlich für den Aufstieg eines Privatmannes [zum Herrscher], heißt es – wie eingangs erwähnt – im Principe.126 „Tüchtig“ war Giovanni di Castiglione fraglos bis zu seinem Tod, auch wenn ihm in seinen letzten Lebensjahren gravierende Fehler unterliefen. Diese ließen sich aber auf Dauer nicht mehr kompensieren, da ihn (und die Seinen) am Ende auch jenes Glück verließ, das ihm anfangs so hold gewesen war. Ohne dieses aber boten sich nicht die Gelegenheiten, derer die virtù zu ihrer Entfaltung und Wirkung bedurfte. Wirkung auf Dauer entfalteten die Commentarii von Pius II., und damit stand das negative Bild Giovanni di Castigliones in der Nachwelt fest. „Es ist üblich, daß man eher Schlechtes als Gutes (nach)sagt“127 – dieses letztlich banale Diktum des Herzogs wurde zwar nicht im Zusammenhang mit dem Kardinal von Pavia geäußert, trifft aber dennoch auf das Schicksal des toten Giovanni di Castiglione zu.

Castigliones zu verwenden (Ebd., 5, fol. 77v). – Die testamentarischen Verfügungen des Kardinals von Pavia sind nicht überliefert. Wir wissen lediglich aus einem Brief, den Francesco Della Croce 1472 an Branda di Castiglione sandte, daß der den Castiglione eng verbundene Absender, der den Kardinal von Piacenza bereits auf das Basler Konzil begleitet hatte und Ratgeber von Franchino und Guarnerio di Castiglione war, auch als ein Testamentsvollstrecker Giovannis in Erscheinung trat [siehe hierzu Mirella Ferrari, Un bibliotecario milanese del Quattrocento: Francesco della Croce, in: Ricerche storiche sulla Chiesa Ambrosiana  10 (1981) (=  Arch. Ambr. 42), S. 175–270, hier: S. 175. – Zu Francesco Della Croce siehe zudem den Artikel von Franca Petrucci, in: DBI 36 (1988), S. 794 ff.]. 126 Siehe hierzu oben, Kap. I Anm. 25. 127 «el[l] è consuetudine che più tosto se dica el male ch’el bene» (Francesco Sforza an Antonio da Pistoia, 8. Januar 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 46).

XII. „… auch ändern sich vergleichbare Dinge von Stunde zu Stunde“1 – „Aufstieg“ und „Fall“ des Giovanni di Castiglione: eine Bilanz „Als Ziel des Lebens, zum Ende der Mühen, unternahmst Du das Wagnis, mit drei Kronen2 Dein Haar zu schmücken, Dich zum Herrn von Rom und seiner Hügel zu machen“, heißt es in einem Sonett über Giovanni di Castiglione.3 Wie wurde man Mitte des 15. Jahrhunderts Kardinal und folglich zum Kandidaten für die Tiara? Diese Frage dürfte nicht nur die damals an der Kurie Agierenden bewegt haben. Freilich ist in Anbetracht der wenigen Monographien, die zu den Kardinalskarrieren der Jahre von 1440 bis 1460 vorliegen, die Erarbeitung eines detaillierten Rasters, das sich auf die einzelnen Viten übertragen ließe, bislang noch nicht möglich, weshalb sich diese Untersuchung auch nur als ein erster Baustein für weitere Arbeiten versteht. Diese können dann – wenn weitere entsprechende biographische Untersuchungen zur Verfügung stehen – spezifische Charakteristika der Kirchenlaufbahn am Übergang vom Spätmittelalter zur Neuzeit ermitteln und demgemäße, generalisierende Muster für ins Kardinalat und eventuell bis zum Papat führende Karrieren liefern. Doch läßt sich ungeachtet dieser Desiderate zumindest festhalten, daß die fünf allgemeineren die Karriere und den Erhalt des Purpurs – insbesondere im Verbund – befördernden Faktoren, die Dieter Girgensohn für die Zeit des Großen Abendländischen Schismas erarbeitet hat,4 trotz des erheblichen Wandels der kirchenpolitischen Situation auch noch für die Jahre galten, in denen Giovanni di Castiglione seinen Aufstieg in der Kirchenhierarchie vorantrieb. Zum ersten waren zweifelsohne günstige politische Konstellationen bzw. gute diplomatische Beziehungen des als Protektor fungierenden, in erster Linie Loyalität einfordernden Landesherrn zum Papst von Vorteil, wenn man an der Kurie Karriere machen wollte.5 Zum zweiten 1 «anche simili cose se mutano de hora in hora» (Giovanni di Castiglione an Francesco Sforza, 11. Juni 1458, ASMi, Sf., PE, Roma 47, siehe oben, Kap. IX Anm. 343). 2 Mit diesen „drei Kronen“ ist natürlich die Tiara gemeint. 3 Dieses Sonett ist zitiert in: Beffa Negrini, Elogi historici, S. 304. 4 Dieter Girgensohn, Wie wird man Kardinal?, S. 138–162. 5 So heißt es bei Girgensohn etwas überspitzt: „[…] jene Einflußmöglichkeiten wurden als so wichtig eingeschätzt, daß dem Gonzaga eben nicht die schon vorhandenen amici unter den Kardinälen ausreichten; um deren Unterstützung hatten sich die Gesandten ohnehin regel-

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vermochte auch die Zugehörigkeit zu einem reputierten, alten Adelshaus, in Rom etliche Tore zu öffnen. Gewiß blieb ein Aufstieg bis ins Kardinalskollegium auch jenen, die nicht aus angesehenen Familien stammten, nicht von vornherein gänzlich verwehrt, doch wurden diejenigen, die  –  wie etwa Giovanni di Castigliones Kollege Kardinal Scarampo  –  die „aristokratische Zugangskarte“ nicht vorzuweisen vermochten, zumeist von den „Alteingesessenen“ wegen der niederen Herkunft belächelt und abgelehnt;6 ein Pontifikat kam also für sie kaum in Frage. Ebenso hinderlich wie eine zu niedere Herkunft konnte – so paradox dies zunächst klingen mag – zu Beginn des 15. Jahrhunderts auch die unmittelbare Zugehörigkeit zur „allerersten Garnitur“ bzw. zu einem Herrscherhaus sein, befürchtete der Pontifex doch, einzelne Herrscher könnten durch das Einbringen ihrer Angehörigen in die Kurie zu starken Einfluß auf diese nehmen. Bevorzugt mit dem roten Hut versehen wurden also – um mit den Worten Girgensohns zu sprechen – Mitglieder der „guten“, jedoch nicht der „besten“ Familien.7 Freilich änderte sich diese Praktik gegen Ende des 15.  Jahrhunderts in dem Maße, in dem der Kardinalshut – und nicht selten auch die Tiara – im wahrsten Sinne des Wortes „käuflich“ wurde.8 Doch zu Zeiten Giovanni di Castigliones, als Geld und Abkunft aus einem Herrschergeschlecht beim Erwerb des Purpurs noch nicht den späteren zentralen Stellenwert besaßen, dürfte der verarmte Adlige Giovanni di Castiglione gut positioniert gewesen sein. Zum dritten wirkte sich – laut Girgensohn – eine zuvor bekleidete exponierte Stellung in der kirchlichen Hierarchie positiv für den Erhalt des roten Hutes aus.9 Zwar blieb es Giovanni di Castiglione verwehrt, Erzbischof von Mailand zu werden, aber er wurde in seiner Zeit als

mäßig zu bemühen, wie sie genauestens berichten. Das Interesse weltlicher Mächte war so stark, daß der für das Kardinalat in Aussicht genommene Kandidat anscheinend über sonstige Qualitäten – neben der Fähigkeit, für ‚seinen‘ Fürsten zu wirken – fast nicht verfügt zu haben braucht“ (Ebd., S. 145 f.). 6 „Es ist begreiflich, daß sich zwischen den vornehmen Kardinälen und denen mit geringerer Herkunft eine Kluft auftat, die selbst die gleiche Würde nicht zu überwinden imstande war. Der vornehme und reiche Fürstensohn sah mit Geringschätzung auf die unedlen Elemente an der Kurie herab, während letztere in dem Vornehmen den üppigen Schmarotzer und unreligiösen Müßiggänger sahen“ (Schürmeyer, Das Kardinalskollegium, S. 106). – Konkret zur Verachtung, mit der etwa Kardinal Barbo Kardinal Scarampo begegnete, siehe ebd., S. 17. – Bei Arne Karsten heißt es zudem über die heterogene Zusammensetzung des Kardinalskollegiums mit Blick auf die Frühe Neuzeit: „zu den Charakteristika des Kardinalskollegiums gehört[e] […], Individuen mit ganz unterschiedlichem gesellschaftlichen Hintergrund zu vereinen: in den Konsistorien, der Versammlung aller in Rom anwesenden Kardinäle unter dem Vorsitz des Papstes, saßen Fürstensöhne neben den Kindern von kleinen Handwerkern, Nachkömmlinge der großen römischen Adelsfamilien neben Sprösslingen von Landadeligen oder Patriziern italienischer Stadtrepubliken; innerhalb einer weitestgehend ständisch geprägten Gesellschaft eigentlich ein Skandalon“ (Einführung, in: Ders., Jagd nach dem roten Hut, S. 9). 7 Girgensohn, Wie wird man Kardinal?, S. 146 ff. 8 Siehe hierzu etwa Volker Reinhardt, Der unheimliche Papst. Alexander  VI. Borgia, 1431–1503, München 2005, S. 7. 9 Girgensohn, Wie wird man Kardinal?, S. 149 f.

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Bischof immerhin mit Legationen von so bedeutender Tragweite betraut, wie sie normalerweise nur Kardinälen zukamen. Auch mit Gelehrsamkeit, die Girgensohn als vierten die Karriere befördernden Faktor aufführt,10 konnte Giovanni di Castiglione aufwarten. Zu einer Zeit, zu der sich mit Nikolaus V., Calixt III. und Pius II. drei Persönlichkeiten die Tiara sichern konnten, die durch ihre Bildung zu beeindrucken vermochten, und zu der in den Wahlkapitulationen gefordert wurde, die vom Kaiser, den Königen oder Fürsten für das Kardinalat Empfohlenen sollten den Doktorgrad in der Theologie oder im Recht besitzen oder, falls sie den fürstlichen Häusern selbst angehörten, zumindest durch „hinlängliche Wissenschaft befähigt sein“,11 kam es Giovanni gewiß zugute, daß er den Doktortitel sowohl in utroque iure als auch in Theologie vorweisen konnte. Die Bewährung in päpstlichen Diensten – Girgensohn zufolge die fünfte den Aufstieg ins Kardinalat befördernde Komponente12 – vermochte Giovanni di Castiglione ebenfalls für sich geltend zu machen, insbesondere durch seine Mittlertätigkeit zwischen Mailand und der Kurie sowie durch die bereits erwähnten Legationen, die ihn nach Ungarn und Böhmen und vor allem auf die Reichstage von Regensburg, Frankfurt und Wiener Neustadt geführt hatten, aber auch durch seine Gesandtschaft, die ihn 1456 an den Kaiserhof in Wiener Neustadt und nach Wien zurückkehren ließ und seine Teilnahme an der Reichsversammlung von Nürnberg bedingte. Überdies lassen sich für die Lebzeiten Giovanni di Castigliones weitere „Karrierefaktoren“ hinzufügen, etwa die richtige „Nationalität“: Die italienische Landsmannschaft erleichterte nicht nur denjenigen die Integration an der Kurie, die – wie Giovanni di Castiglione nach dem Verlassen der Normandie – nach einem Aufenthalt in der Fremde allein in Rom eintrafen. Sie war ebenfalls beim Erwerb des roten Hutes – wie auch der Tiara – von Vorteil. Dies zeigt sich beispielsweise daran, daß der Gesandte Giovanni Caimi seinem Herzog Francesco Sforza im Januar 1456 vermeldete, wenn Calixt III. nicht nur „Ultramontane“ (zwei seiner eigenen Nepoten und einen Infanten des Königs von Portugal) hätte ernennen wollen, sondern auch einen Italiener auf die Liste der zu erhebenden Kardinäle gesetzt hätte, wäre dessen Vorhaben zur Vergabe des roten Hutes nicht im Dezember des Vorjahres gescheitert.13 Möglicherweise hätte auch Bessarion 10 Ebd.,

S. 150 f. Baptist Saegmüller, Die Papstwahlen und die Staaten von 1447 bis 1555 (Nikolaus V. bis Paul IV.). Eine kirchenrechtlich-historische Untersuchung über den Anfang des staatlichen Rechtes der Exklusive in der Papstwahl, Tübingen 1890, S. 77. 12 Girgensohn, Wie wird man Kardinal?, S. 151 f. – Ähnliche Faktoren nennt auch Firpo: „Geschick und Erfahrung im Umgang mit den Angelegenheiten der Kurie, Verwandtschaftsbeziehungen oder Freundschaft mit den jeweiligen Päpsten, in einigen seltenen Fällen eine leitende Stellung in einem religiösen Orden, die Protektion fremder Fürsten im Rahmen der Außenpolitik des Kirchenstaates – dies waren die Faktoren, die es im 15. und 16. Jahrhundert, vielleicht auch unter Zahlung mit klingender Münze, ermöglichten, an die Spitze der Kirche zu gelangen“ (Der Kardinal, S. 88). 13 Siehe hierzu oben, Kap. VII Anm. 158. 11 Johann

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im Konklave von 1455 die Tiara erhalten, wenn er nicht durch seine „griechische Herkunft“ benachteiligt gewesen wäre und wenn nicht der Kardinal von Avignon, Alain de Coëtivy, deswegen gegen ihn Stimmung gemacht hätte.14 Auch den französischen Kardinälen begegnete man im Konklave von 1458 mit Argwohn, weil man befürchtete, diese könnten die Einflußnahme Frankreichs auf die italienische Staatenwelt, vor allem auf Neapel, begünstigen und zudem danach trachten, die Kurie nach Avignon zurückzuführen. Insbesondere mit Blick auf das Konklave spielte auch das „Freisein“ von Fraktionszugehörigkeiten eine wichtige Rolle. So zählten bei den Wahlen von 1447 und 1455, infolge der zwischen den Familien der Colonna und der Orsini bestehenden Gegnerschaft und der Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit zur Elektion, die jeweils von diesen Häusern unterstützten Aspiranten, die ursprünglich als große Favoriten das Konklave betreten hatten, schließlich zu den Verlierern. Dagegen vermochten wenig gehandelte Kandidaten, die aber geschickt taktierten, von den Machtkonstellationen zu profitieren. Dieser Umstand mußte Giovanni di Castiglione bekannt gewesen sein. Des weiteren wußte Giovanni di Castiglione um das Erfordernis, zur rechten Zeit, wenn das Konklave anstand, in Rom präsent zu sein, da damals in der Regel nur ein anwesender Purpurträger Aussichten auf die Tiara hatte.15 Es dürften jedoch nur wenige Zweifel darüber bestehen, daß diese Kriterien letztlich nur den Hintergrund, den Rahmen für den Aufstieg ins Kardinalat und den Griff nach der Tiara, bildeten. Sie ermöglichten es dem Betreffenden, „wettbewerbsfähig“ und „wettbewerbsberechtigt“ zu sein, um sich – als einer unter vielen – auf dem Parkett der Kurie bewegen zu können. Die Qualitäten indes, die den Verlauf der Karriere in der Mitte des 15. Jahrhunderts primär bestimmten und die letztlich den Ausschlag gaben, gründeten nicht zuletzt in spezifischen Erfahrungen sowie in individuellen Charakterzügen und persönlichen Anlagen.16 14 Piccolomini

(Pius II), Commentarii, hg. v. Totaro, Bd. I, S. 154. de Carvajal und Nikolaus von Kues etwa mochten noch so viele Verdienste zukommen, doch da ersterer bis 1461 in Ungarn wirkte, wo er die Abwehr der Türken zu organisieren half, und letzterer zu dieser Zeit in seinem Bistum Brixen gebunden war, konnten sie 1458 nicht als Anwärter auf das höchste Amt gelten. Peter von Schaumberg mied offenbar die Kurie, ja suchte diese möglicherweise sein ganzes Leben lang nicht auf. Auch Dionysius Széchy war äußerst selten in Rom anzutreffen. Gleiches galt für Jean Rolin und Richard Olivier de Longueil, die als Diplomaten und Ratgeber des Burgunderherzogs und des französischen Königs wichtige Positionen bekleideten und daher Burgund und Frankreich kaum verließen. Pierre de Foix wiederum bevorzugte es, in Zurückgezogenheit in seinem Bistum Avignon zu leben (siehe hierzu Schürmeyer, Das Kardinalskollegium, S. 19 f.). Kardinal Scarampo hingegen beabsichtigte eigentlich, am Konklave teilzunehmen, traf jedoch nicht mehr rechtzeitig zur Papstwahl ein (siehe hierzu oben, Kap. X Anm. 30). 16 „Gerade im Subjektiven, Einzigartigen, Unwiederholbaren liegt der Reiz, sich mit dem Leben eines einzelnen Menschen zu beschäftigen. Im Mittelpunkt einer Biographie steht deswegen seit jeher nicht der rein äußerliche Daseinsvollzug eines Lebewesens, sondern die Auseinandersetzung eines Individuums mit seiner Umwelt – ob es an ihr leide oder sie beherrsche“, heißt es nicht von ungefähr bei Malte Prietzel (Guillaume Fillastre, S. 18). 15 Juan

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Besaß man etwa keine virtù und vermochte es nicht, sich auf die Verhältnisse einzustellen und aus ihnen den größtmöglichen Nutzen zu ziehen, so konnten sich auch günstige Umstände nicht positiv auswirken.17 Dies gilt insbesondere für diejenigen Personen, deren Aufstieg nicht dem – im Laufe des 15. Jahrhunderts immer stärker zunehmenden – Nepotismus zuzuschreiben war, sondern die über große Strecken weitgehend durch persönliche Verdienste und aus eigener Kraft die einzelnen Stufen der Karriereleiter erklommen. Auch dies zeigt sich bei Giovanni di Castiglione deutlich, wie sich exemplarisch an drei Faktoren festmachen läßt, die seinen individuellen Werdegang und damit sein Profil prägten: an dem von Branda di Castiglione ausgehenden Einfluß, an den spezifischen in der Normandie gesammelten Erfahrungen sowie an der besonderen Konstellation Mailand – Rom. Giovanni di Castiglione hatte insofern mehr Fortune als seine Mitstreiter ohne einflußreiche Angehörige, als er sich dank seines Verwandten in einer guten Ausgangsposition befand: Branda ermöglichte ihm nicht nur eine exzellente Ausbildung, sondern bereitete ihn auch konkret auf einen Aufenthalt in der Normandie vor, wo sich um 1430  –  wiederum auf Initiative Brandas und in Anbetracht der zeitweiligen Perspektivlosigkeit für die Familie unter Filippo Maria Visconti – eine kleine italienische Enklave herausgebildet hatte. Des weiteren – und dies ist ebenso bedeutend – lebte der Kardinal ihm, sozusagen als Mentor, exemplarisch vor, wie man durch Charisma, Kompetenz und geschicktes Taktieren zu einem von nahezu allen europäischen Herrschern sehr geschätzten Berater avancieren konnte. Überdies wurde Giovanni vor Augen geführt, daß die große Bandbreite von Brandas Aktivitäten gegenüber einer einseitigen Festlegung auf einen Herrscher nur von Vorteil sein konnte, mußte er sich doch nur die Aufstiegschancen vergegenwärtigen, welche dieses weitläufige Beziehungsnetz Mitgliedern der Familie in den verschiedensten Regionen eröffnet hatte. Gerade die Möglichkeiten, welche eine Ausrichtung nach Osten für das eigene Vorankommen bot, hatte die Vita Brandas aufscheinen lassen, dem der rote Hut nicht zuletzt für sein Engagement in Mitteleuropa zugedacht worden war. Hätte der pater familias sich nicht über längere Zeit schwerpunktmäßig in dieser Region betätigt, hätte sich auch Giovanni di Castiglione vielleicht nicht darum bemüht, mit Gesandtschaften nach Bosnien, nach Ungarn und ins Reich betraut zu werden. Eventuell zeitigten auch hier die großen Leistungen Brandas ihre Wirkung und ermöglichten es seinem Verwandten überhaupt erst, als ein erfolgversprechender Kandidat für eine derartige Mission gehandelt zu werden, die ihm wiederum die Möglichkeit eröffnete, zu brillieren und sein diplomatisches Geschick unter Beweis zu stellen. Wäre Branda nicht in die Bekämpfung der Hussiten involviert gewesen, so hätte vielleicht Giovanni auch nicht die Bedeutung erkannt, die an der Kurie das Versprechen bot, sich für den Kreuzzug zu verwenden. Nicht zu-

17 Siehe

hierzu oben, Kap. I Anm. 25.

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fällig hoffte Enea Silvio wohl, dank seiner Bemühungen auf diesem Sektor mit dem Purpur bedacht zu werden. Da Giovanni 1443, beim Tode Brandas, noch ganz am Anfang der Karriere stand, konnte er von den durch das Familienoberhaupt aufgebauten Verbindungen freilich nur bedingt profitieren: Das Netzwerk war letztlich so eng an die Person des Kardinals geknüpft, daß es sich bald nach dem Tod des pater familias aufzulösen begann. Es zeigte sich, daß keiner der verbliebenen Verwandten die Befähigung besaß, die durch diesen Verlust entstandene Lücke auch nur ansatzweise zu schließen. Hinzu kam, daß viele bedeutende Persönlichkeiten, zu denen Branda di Castiglione enge Kontakte unterhalten hatte, wie etwa Sigismund, bereits verstorben waren, als Giovanni di Castiglione in eine Position vorrückte, die ihn an weiträumige Ziele und größere Pläne denken lassen konnte. Er mußte also, da die Familie keinen großen Rückhalt zu geben vermochte, sein eigenes Netzwerk aufbauen. Dieses konnte schon aufgrund der – gemessen an der von Branda di Castiglione – kurzen Lebenszeit Giovannis am Ende nicht so weitumspannend wie das seines Verwandten ausfallen, hatte aber, für sich allein gesehen, dennoch beträchtliche Ausmaße. Zweifelsohne bewirkte das Exempel Brandas auch, daß Giovanni, der sich nach dem Tode des pater familias wegen besserer Karrieremöglichkeiten sehr eng an die damals über die Normandie herrschenden Engländer zu binden genötigt sah, dennoch schon früh nach einer Alternative Ausschau hielt und diese in der Kurie fand. Anders als ältere Angehörige, die sich darauf eingestellt hatten, allein auf Branda di Castigliones Wirken und finanzielle Unterstützung zu vertrauen, meisterte Giovanni di Castiglione das Umschlagen vom „Gefördert-werden“ zum „Gefordert-sein“ – also die Wende hin zum „produktiven Zwang“, den weiteren Weg überwiegend aus eigener Kraft beschreiten zu müssen. Möglicherweise hing dies damit zusammen, daß er aus einem verarmten Zweig der Familie stammte und daher ehrgeiziger, zäher und willensstärker als viele seiner Verwandten war. Die Notwendigkeit, nach Brandas Tod in jungen Jahren plötzlich selbst für sein Vorankommen Sorge tragen zu müssen, prägte seinen weiteren Lebensweg ohne Frage ebenso wie die durch Branda gesetzten Impulse. Entscheidend wirkten sich auch die in der Fremde gesammelten Erfahrungen aus. Gewiß war es für einen aufwärtsstrebenden, humanistisch gebildeten Italiener im 15.  Jahrhundert, der keine einflußreichen Verwandten hatte, nicht ungewöhnlich, Erfolge zunächst fern der patria zu suchen; doch mußten sich die meisten – wie Enea Silvio Piccolomini – über Jahre mit den Aufgaben eines Sekretärs begnügen. Kaum einer wurde schon durch die Wahl des Studienortes – in diesem Fall Paris  –  so gezielt auf einen „Auslandsaufenthalt“ vorbereitet wie Giovanni di Castiglione. Auch hatte selten jemand das Glück, in der Fremde eine bereits vom Familienoberhaupt eingerichtete italienische Enklave vorzufinden, und nur wenige konnten in der Ferne so rasch wie Giovanni di Castiglione einen Bischofssitz einnehmen.

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Zudem sollte das spezielle Profil der Normandie bei Giovanni di Castiglione seine Spuren hinterlassen. So dürfte ihm beim Ringen um das Kardinalat später zugute gekommen sein, daß er durch die Wirren des Hundertjährigen Krieges, das heißt angesichts der Konstellation zweier großer sich bekämpfender Machtblöcke, mit Fingerspitzengefühl zu agieren und zu taktieren gelernt hatte. In der Normandie hatte Giovanni di Castiglione sich zu eigen gemacht, Situationen richtig einzuschätzen und dementsprechend rasch Konsequenzen zu ziehen. Er erfaßte etwa realistisch, daß sich ihm als einem aus der Fremde stammenden „Kollaborateur“ unter den neuen Herren über die Normandie, in der sich das durch die großen Siege neu erstarkte französische Selbstbewußtsein und die ersten xenophoben Tendenzen auszuwirken begannen, keine weiteren Aufstiegsperspektiven bieten würden. Nachdem er den Verbleib der Seinen in der Normandie gesichert hatte, kehrte er daher konsequent seinem bisherigen Wirkungsbereich den Rücken, um einen Neuanfang an der Kurie zu versuchen. Zu dieser hatte er bereits geschickt seine Kontakte intensiviert, als sich der Niedergang der Engländer anzubahnen schien. Die Entscheidung, sich von der Normandie abzuwenden, deutete bereits einen Kurs an, dem Giovanni di Castiglione nach seiner Rückkehr in die patria noch häufig und wesentlich konsequenter folgen sollte: das schnelle Verlassen eines ausgetretenen Weges, sobald zu erkennen war, daß dieser nicht zu dem angestrebten Ziel – dem weiteren Aufstieg – führen würde, sowie die große Flexibilität und hohe Risikobereitschaft beim Erproben immer neuer Pfade, die zuweilen auch recht unwegsame Schleichwege bzw. bewußt gewählte Umwege und Zickzackkurse sein konnten. Überdies hatte Giovanni di Castiglione in der Normandie die Erfahrung machen müssen, daß in dieser Region der rhetorischen Kunst eines Humanisten bei weitem nicht die Rolle zukam, die man ihr in der italienschen patria beimaß. In der Normandie waren es nicht in erster Linie die Sprachfertigkeit und stilistische Brillanz, sondern vielmehr Wachsamkeit, Geduld, Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl, die einen ambitionierten jungen Mann weiterbringen konnten. Diese in der Normandie gewonnene Einsicht sollte auch nach seiner Rückkehr in die italienische Heimat sein weiteres Vorgehen beeinflussen. Denn das rhetorische Talent, dank dessen viele Zeitgenossen des Mailänders in einer Epoche, als sich der Humanismus nahezu zur Leitkultur aufgeschwungen hatte, Karriere machten, blieb für Giovanni di Castiglione eine eher nachrangige Qualifikation. Seine ars war nicht die Wortkunst, sondern vielmehr seine Analytik, gepaart mit einem suggestiven Wesen. Und noch eine in der Normandie gewonnene Erkenntnis sollte für Giovanni di Castigliones weiteren Lebensweg prägend sein, hatte ihn doch die Anwesenheit vieler Familienangehöriger in dieser Region in den letzten Jahren in gewissem Maße in seiner Wendigkeit und Handlungsfreiheit eingeschränkt. Da er Rücksicht auf seine Verwandten nehmen mußte und diese keinesfalls der Feindseligkeit der Engländer aussetzen wollte, blieb ihm ein Wechsel in das Lager des französischen Königs, Karls VII., in einer wichtigen Phase des Krieges verwehrt. Infolge dieser

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Erfahrung löste er sich nach seiner Rückkehr in die Heimat ein Stück weit aus seinen familiären Bindungen und knüpfte verstärkt neue, ihn weniger einengende Kontakte, die sich vermeintlich im Bedarfsfall – anders als die Blutsbande – jederzeit wieder kappen ließen. Insbesondere in der italienischen Staatenwelt, wo er mit der Mentalität seiner Mitmenschen recht vertraut war, gelang es ihm wohl in Gesprächen unter vier Augen, genau die Personen an sich zu binden, deren Freundschaft für seine Karriere von Bedeutung sein konnte.18 Einer der wertvollsten Bündnispartner  –  und auch hier dürften sich die normannischen Erfahrungen ausgewirkt haben – wurde ihm Kardinal Estouteville, an den Giovanni di Castiglione sich klug anlehnte, da er wußte, daß seine eigene Translation in die patria zwar den Italienern keine unmittelbaren Vorteile bot, wohl aber für den aus einer alten normannischen Familie stammenden Kardinal von Interesse war. Beim Gewinnen seiner Verbündeten orientierte Giovanni di Castiglione sich jedoch – anders als viele seiner Zeitgenossen – nicht nur nach oben. Vielmehr achtete er über einen langen Zeitraum hinweg sorgfältig darauf, daß er sich auch mit Gleichrangigen und insbesondere mit den „Männern aus der zweiten Reihe“, das heißt vor allem mit den herzoglichen Gesandten und Sekretären, gutstellte und sogar verwandtschaftliche Verbindungen mit diesen förderte, um sie sich noch stärker zu verpflichten. Gewiß, hin und wieder versprach sich Giovanni di Castiglione von seiner Familie noch einigen Nutzen und griff insbesondere in recht heiklen Situationen, wo es absoluter Diskretion bedurfte, auf deren Unterstützung zurück. Für die Seinen war er jedoch – anders als noch Branda di Castiglione – nicht mehr bereit, sich allzu sehr zu engagieren, was freilich nicht ausschloß, daß er ihnen gelegentlich einige Versorgungsmöglichkeiten auftat. Doch Suppliken für die Verwandten sind kaum erhalten, waren aber vermutlich auch nicht sehr zahlreich  –  hierin unterscheidet sich Giovanni di Castiglione ebenfalls von vielen seiner einen deutlichen Nepotismus pflegenden Kollegen. Und noch aus einem anderen Blickwinkel erwies sich die Zeit in der Normandie als wesentlich: Aufgrund der in der Fremde verbrachten Jahre betrat Giovanni di Castiglione das Parkett der Kurie erst im Alter von etwa siebenunddreißig Jahren, auf dem Höhepunkt seiner intellektuellen Fähigkeiten, unverbraucht, sozusagen „als unbeschriebenes Blatt“. Feindschaften, wie sie etwa gegen Bartolomeo Visconti bestanden,19 hatte Giovanni, dadurch daß er in Italien nicht präsent gewesen war, nicht auf sich ziehen können. Giovanni di Castiglione kam zu Beginn der fünfziger Jahre aus der Fremde und war dennoch nicht mit dem „Ausländermalus“ behaftet. Wohl kaum einer der italienischen Prälaten hatte das Glück, zu einem so günstigen Zeitpunkt mit einer derartigen diplomatischen 18 Weniger erfolgreich war er indes auf den Reichstagen, wohl auch aufgrund der Sprachbarrieren, die sich im Reich nicht selten in den „face-to-face-Situationen“ ergaben. 19 Dieser hatte sich ehemals in den 1430er Jahren in jugendlicher Unvernunft dazu verleiten lassen, an einem von seinem Verwandten Filippo Maria Visconti initiierten Komplott gegen Papst Eugen IV. teilzunehmen, was ihm die älteren Kardinäle auch in den 1450er Jahren nicht verzeihen konnten und wollten.

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Erfahrung, wie sie Giovanni di Castiglione gesammelt hatte, plötzlich von außen in den „Dunstkreis“ der Kurie zu treten, noch bevor man sich ein genaues Bild von seiner Persönlichkeit hatte machen können und noch ehe seine Schwächen bekannt wurden und er irgendwelche Gegnerschaften auf sich ziehen mußte. Der einzige ernsthaftere Antagonismus, mit dem Giovanni di Castiglione schon kurz nach seiner Rückkehr nach Italien konfrontiert wurde, bestand letztlich in der Auseinandersetzung zwischen dem Pontifex und dem Mailänder Herzog um die Entscheidungshoheit bei der Vergabe der lombardischen Benefizien. Damit ist vom dritten spezifischen Faktor zu reden, der für den Weg Giovanni di Castigliones von Belang war. Diese Situation war in gewisser Hinsicht singulär, denn sie führte dazu, daß ihm insbesondere Nikolaus V., der ihn zu seinem Kandidaten erkor, den er gegen Francesco Sforza im Machtkampf um die lombardischen Benefizien durchsetzen wollte, eine sehr starke Unterstützung zuteil werden ließ. Mochte diese Konstellation für Giovanni di Castiglione im Hinblick auf die Intensität der päpstlichen Protektion günstig sein, so engte der Dualismus dennoch seinen Handlungsspielraum wiederum stark ein. Er mußte  –  im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen, die an der Kurie in der Regel auf Rückendeckung durch ihren Landesherrn zählen konnten – stets davon ausgehen, daß dieser ihn nicht als „seinen Mann“ in Rom betrachten würde. Giovanni di Castiglione hatte sogar damit zu rechnen, daß Francesco Sforza seinem Vorankommen Widerstand entgegensetzen würde, weil der Herzog fürchtete, einen Präzedenzfall zu schaffen, der ihn schrittweise seiner – aus der Bulle von 1450 abgeleiteten – Rechte auf Mitbestimmung bei der Benefizienvergabe verlustig gehen ließ. Diese waren ihm ursprünglich nur gewährt worden, um nach der umstrittenen Übernahme des Herzogtums seine Position zu festigen. Er hatte sie inzwischen jedoch viel weiter ausgelegt, als vom Pontifex ursprünglich intendiert worden war. Wenn Giovanni di Castiglione, anders als vielen Bischöfen und Kardinälen, nie die ungeteilte Zuneigung und die entschiedene Protektion seines Landesherrn zukam, so läßt sich dies sowohl auf rein persönliche Faktoren (etwa eine gewisse Antipathie) als auch auf finanzielle Gründe zurückführen: Angesichts der prekären materiellen Verhältnisse konnten die Castiglione nicht – im Gegenzug zur herzoglichen Unterstützung beim Erhalt gewisser Ämter und Benefizien – die finanziellen Zuwendungen bieten, derer Francesco Sforza seinerseits zur Festigung und zum Ausbau seiner Position bedurfte. Die Erfahrung wiederum, daß er wegen eines Herzogs, der sich das ihm 1450 von Papst Nikolaus V. erteilte Recht auf eine Mitsprache bei der Vergabe von Benefizien und Posten im Lombardischen in barer Münze vergüten ließ, hinter den Kandidaten wohlhabenderer Familien zurückstehen mußte, forderte Giovanni di Castiglione schon früh dazu heraus, das „Manko“ der eigenen bescheidenen pekuniären Mittel durch andere Qualitäten zu kompensieren. So arbeitete er stets daran, diejenigen seiner Fähigkeiten zu entfalten, die ihn für den Mailänder Herzog „wertvoll“ und unverzichtbar machten und ihm zu dem erwünschten lombardischen Bistum und dem erhofften Kardinalshut verhelfen sollten. Überdies war die Situation Mailands

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deshalb eine besondere, weil es über Jahrzehnte wegen der kurienfeindlichen Haltung von Francesco Sforzas Vorgänger, Filippo Maria Visconti, keine Ernennung lombardischer Kardinäle gegeben hatte und sich Giovanni di Castiglione daher in Rom auch niemand aus dem Kardinalskolleg aus regionalpatriotischen Motiven verbunden fühlte. Ein diplomatisch sehr versierter Protektor, dessen Leben zum Vorbild gereichen konnte, der jedoch verstarb, bevor Giovannis eigentliche Karriere begann; eine ganz spezielle, hochbrisante Situation in der Normandie, die zur Selbstbehauptung in der Konfrontation zweier großer Machtblöcke die Herausbildung eines besonderen Fingerspitzengefühls erforderte, und ein Landesherr, den man infolge der nicht vorhandenen finanziellen Ressourcen mit anderen Fertigkeiten beeindrucken mußte – all dies waren Faktoren, welche Giovanni di Castiglione als Persönlichkeit prägten. Der Pluralismus der Eindrücke wirkte sich für Giovanni gewiß bereichernd aus. Es dürfte außer Frage stehen, daß er, der sich in der noch stark spätmittelalterlich geprägten Lebenswelt – mithin in der Normandie und in Mitteleuropa – ebenso zu behaupten vermochte wie in der italienischen Welt der Renaissance, aufgrund seines Erfahrungshorizontes und seiner Perzeptionsvielfalt ein ganz anderes Potential besaß als jemand, der nur einem Herrschaftsraum verhaftet geblieben war und der lediglich einen Kommunikationskonnex kannte. So wurde er, dem zweifellos ein einnehmendes Wesen anhaftete, zur geschickt taktierenden Kämpfernatur bzw. zu einem sehr agilen Karrieristen, der über ein ebenso sicheres Gespür für die Schwächen der Gegner wie über einen Instinkt für entscheidende Momente, vorteilhafte Situationen, geeignete Tätigkeitsfelder und für die optimalen Bündnispartner verfügte und der nahezu alle Widerstände durch strategisches Denken, Scharfsinn, Raffinesse, Risikobereitschaft und Zähigkeit zu überwinden vermochte. Dank seiner intellektuellen Fähigkeiten, seiner schnellen Auffassungsgabe und einer gewissen Skrupellosigkeit konnte er den diplomatischen Drahtseilakt trotz der fehlenden finanziellen Mittel lange Zeit mit der ihm eigenen Behendigkeit und Gewandtheit geschickt vollführen. Er hielt so gut die Balance, steuerte derart beharrlich sein Ziel an und strapazierte mit immer wechselnden Taktiken – und auch mit der ihm eigenen Penetranz – diejenigen, die sich ihm zu widersetzen suchten, so sehr, daß er am Ende meist selbst dort Erfolge verbuchen konnte, wo andere längst aufgegeben hätten. So war er, neben Giovanni Campesio und dem päpstlichen Nepoten Giacomo AmmanatiPiccolomini, einer von nur drei Kandidaten, die sich in einem Zeitraum von rund fünfzehn Jahren gegen den erklärten Willen des Mailänder Herzogs in einem lombardischen Bistum etablieren konnten. Aber nicht nur der schnelle Aufstieg, sondern auch sein schließlicher abrupter Absturz ist in einem hohen Maße auf individuelle Dispositionen zurückzuführen, unterliefen Giovanni doch im Vorfeld des Konklaves wie im Konklave selbst einige schwere Fehler, die allein er zu verantworten hatte: So vernachlässigte er, der nach dem Erhalt des Purpurs, wenn man den Worten seines Verwandten Cicco Simonetta Glauben schenken darf, offenbar zu einer gewissen Arroganz und

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Selbstüberschätzung neigte, unvorsichtigerweise in zunehmendem Maße die einst so sorgsam gepflegten Kontakte zu den Männern aus der zweiten Reihe – eine Achtlosigkeit, die gravierende Folgen haben sollte, waren es doch gerade diese getreuen, unauffälligen Helfer, die durch ihr Wirken und ihre Kooperation etliches zur Translation nach Pavia und zum Erhalt des Kardinalshutes beigetragen hatten. Auch Giovannis zweiter großer Fehler des zu gewagten Doppelspiels und unvorsichtigen „Überreizens“, den er im Konklave beging, läßt sich wohl durch einen gewissen Leichtsinn erklären. So übernahm er sich bei dem Versuch, dem mächtigen, als recht aussichtsreicher papabile geltenden Guillaume d’Estouteville dessen modus procedendi zu entlocken und diese Informationen unbemerkt der Gegenpartei zuzuspielen. Giovanni hoffte, mit deren Stimmen und mit den Voten der – nichtsahnenden – Anhänger von Estouteville, die ihn für dessen engsten Vertrauten halten und glauben sollten, Guillaume ließe sich nur wegen seines französischen Hintergrundes nicht durchsetzen, zum Papst gewählt zu werden. Zweifellos hatte er sich bereits zuvor stets als sehr couragiert, ambitioniert und risikobereit gezeigt. Auch war er nach dem später von Machiavelli in Worte gefaßten Prinzip verfahren und hatte wie die umsichtigen Bogenschützen agiert, die  –  wenn ihnen das angestrebte Ziel zu entfernt erschien  –  in dem Wissen um die Reichweite ihres Bogens einen Punkt anpeilten, der weit über diesem lag; nicht, weil sie mit ihrem Pfeil tatsächlich eine so große Höhe zu erreichen beabsichtigten, sondern um mittels des hohen Anvisierens imstande zu sein, das ursprünglich gesetzte Ziel zu treffen.20 Doch waren Giovanni di Castigliones Aktionen, so gewagt sie auch wirken mochten, über einen langen Zeitraum hinweg alles andere als tollkühn gewesen, denn generell hatte er stets dafür Sorge getragen, abgesichert zu sein: So hatte er auf Raum zum Manövrieren und Lavieren ebenso geachtet wie auf das Vorhandensein von alternativen Wegen, die unverzüglich eingeschlagen werden konnten, falls sich der gewählte Pfad als nicht zielführend erwies. Auch hatte er nie zuvor „alles auf eine Karte gesetzt“, wie er es letztlich im Konklave tat. Hier jedoch überspannte Giovanni di Castiglione – wenn man bei Machiavellis Bild bleibt – den Bogen. Der Pfeil entglitt und ging daneben. Die anvisierte Tiara wurde verfehlt, dafür aber das Vertrauen des langjährigen Verbündeten Kardinal Estouteville tief verletzt. Giovanni di Castiglione verspielte durch das Bekanntwerden seiner Intrige ebenfalls das Wohlwollen der meisten Kardinäle und verlor somit nach seinen Helfern aus der zweiten Reihe auch noch diejenigen aus der ersten Reihe, die ihn einst bei der Vergabe des roten Hut unterstützt und ihm somit die Gelegenheit gegeben hatten, ein papabile zu werden. Er büßte auf diese Weise alle Fürsprecher ein, die sich zu seinen Gunsten bei Francesco Sforza hätten 20 «[…] debbe uno omo prudente […] fare come gli arcieri prudenti, a’ quali parendo el luogo dove desegniano ferire troppo lontano, e conoscendo fino ad quanto va la virtù del loro arco, pongono la mira assai più alta che il luogo destinato; non per aggiugniere con la loro freccia a tanta alteza, ma per potere con lo aiuto di sì alta mira pervenire al disegno loro» (Machiavelli, Il Principe, VI).

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verwenden können, der ihm gegenüber ohnehin stets gewisse Vorbehalte hegte. Und was noch gravierender war: Giovanni di Castiglione verwirkte durch sein mißglücktes, kaum ausgereiftes Manöver während des Konklaves auch alle seine Chancen, unter dem neuen Pontifex eine einflußreiche Stellung zu bekleiden. Enea Silvio Piccolomini profitierte zwar davon, daß Giovanni di Castiglione Kardinal Estouteville unwählbar hatte werden lassen, auch bediente er sich beim Erwerb der Tiara der Unterstützung des Kardinals von Pavia, doch die mit hohen Ehrungen verbundene Erkenntlichkeit des neuen Papstes, mit der Giovanni di Castiglione wohl rechnete, blieb aus. Im Gegenteil wurde er, dessen Ambitionen nun offenlagen und ersichtlich als Bedrohung empfunden wurden, durch eine Legation aus Rom entfernt. Mit dem Abzug von der Kurie, „dem Zentrum des Gesandtschaftsverkehrs schlechthin“,21 verlor Giovanni di Castiglione den Zugang zu vielen wichtigen Informationsquellen, was für ihn verhängnisvoll war, basierte doch ein erheblicher Teil seiner Strategie gerade auf der Weiterleitung von schwer zugänglichen Nachrichten in die patria Mailand. Für ihn, der offensichtlich ein einnehmendes Wesen besaß und der wohl in Einzelgesprächen, wenn er dem anderen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, hohe Suggestivkraft entfalten konnte, war es geradezu fatal, daß ihm durch seine nur scheinbar ehrenvolle Entsendung in die Marken der Weg versperrt blieb, die an der Kurie anwesenden „großen Eminenzen“ sowie die Männer aus der zweiten Reihe in „Vieraugengesprächen“ für seine Ziele einzunehmen. Wenn er auch die humanistische „Klaviatur“ infolge seiner Ausbildung zweifellos beherrschte, gehörte die Manipulation mittels rhetorisch brillanter Briefe, wie seine Schreiben eindeutig zeigen, nicht zu seinen Stärken. Giovanni di Castiglione brauchte die räumliche Nähe, um andere Menschen für sich einnehmen zu können; vielleicht, weil er darauf angewiesen war, sein Gegenüber zu „durchschauen“; möglicherweise auch, weil der Prälat die eigene physische Präsenz zu nutzen wußte. In der Abgeschiedenheit der Marken jedenfalls begann das „Glück“, das dem Prälaten in den Jahren zuvor so hold gewesen war (und das er zuweilen bewußt forciert hatte), vollends zu zerrinnen. Für den Mailänder Herzog, dem er als Protegé der Päpste galt und zu dem ohnehin stets ein ambivalentes Verhältnis bestand, verlor er jetzt, da er diplomatisch auf einem Abstellgleis stand, zunehmend an Interesse. Dies war umso mehr von Belang, als nun Pius II. eine andere Linie der Politik einschlug, indem er den direkten Kontakt zum Mailänder Herzog suchte22 und nicht mehr den Weg über Mediatoren, wie Giovanni di Castiglione, zu gehen bereit war. Dazu vermochte es der Pontifex, den herzoglichen Gesandten, Ottone del Carretto, zu dem Giovanni di Castiglione ohnehin nie ein freundschaftliches Verhältnis hatte aufbauen können, fest an sich zu binden.23 Auch dieser Zugang 21 Märtl,

Italienische Berichte, S. 247. heißt es auch bei Claudia Märtl: „Die politische Zusammenarbeit zwischen der Kurie und Mailand war nie enger als unter Pius II. […]“ (Alltag, S. 111). 23 Pius II. gab Ottone del Carretto nicht nur dadurch das Gefühl, sein besonderes Vertrauen zu genießen, daß er ihm viele Audienzen unter vier Augen gewährte, auch wisperte er ihm häufig, 22 So

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war somit für Giovanni di Castiglione versperrt. Trotz seiner „Abschiebung“ in die Mark Ancona resignierte der Kardinal nicht – und auch dieser Wille, nicht aufzugeben, sondern gemäß dem Prinzip «chi la dura si la vence» stets weiterzukämpfen, dürfte ohne Frage ein individueller Charakterzug Giovanni di Castigliones gewesen sein. In der Tat gelang es ihm dank dieses starken Willens, die aufständischen Kommunen in den Marken einigermaßen zu beruhigen. Auch hätte er sich möglicherweise große Ehre erworben, wenn sein Plan geglückt wäre, mit den ausgehobenen Truppen den Durchzug Giacomo Piccininos durch die Marken und dessen Vorstoß ins Königreich Neapel zu unterbinden. Doch sein plötzlicher Tod, an den sich sogleich eine Art Rufmordkampagne anschloß, verhinderte dieses. Vervollständigt der tiefe Fall des Giovanni di Castiglione in erster Linie das Bild, das von dessen Persönlichkeit zu entwerfen ist, so erlaubt wohl im stärkeren Maße der vorangegangene Aufstieg eine Betrachtung, die das Individuum in seinem historischen Kontext eingebettet zeigt. Wenn Giovanni di Castiglione nicht als brillanter Rhetor, nicht als Nepot und nicht als Geistlicher mit frommer Lebensführung, sondern als politisch klug agierender Praktiker durch das zuweilen skrupellose Ersinnen immer neuer Schach‑ und Winkelzüge in große Höhen, nahezu bis ins Papsttum, aufsteigen konnte, so zeigt dies die große Flexibilität des „italienischen Systems“. Dieses stand nicht nur humanistischen Aufsteigern, Männern mit einflußreichen Verwandten und Protegés der Landesherren sowie condottieri24 offen, sondern auch Persönlichkeiten, die über diplomatische Fähigkeiten verfügten und die sich selbst aus ihren Anlagen heraus zu behaupten vermochten. Wenn diese Renaissancemenschen nach immer mehr Macht strebten, so taten sie es jedoch zumeist nicht, weil sie höhere, uneigennützige, weltliche oder geistliche Ziele verfolgten und diese aufgrund des neu gewonnenen Einflusses und des Erlangens einer besseren Position leichter verwirklichen zu können glaubten. Männer wie Giovanni di Castiglione waren keine Eiferer, nicht einmal Visionäre. Sie ergriffen nicht dogmatisch Partei. So ist es durchaus symptomatisch, daß uns von Giovanni di Castiglione keine Traktate zu kirchenpolitischen und theologischen Fragen überkommen sind, daß derartige Gegenstände in seinen Briefen nicht erörtert werden und daß auch das Thema der Türkenbekämpfung in seiner Korrespondenz so gut wie keine Rolle spielt. Auch auf den Reichstagen warb Giovanni di Castiglione nicht deshalb für den Zug gegen die Türken, weil ihm die Verteidigung der Christenheit mehr denn alles andere am Herzen lag, sondern weil er diese Versammlungen als günstige Foren erachtete, um seine Karriere weiter voranzutreiben. Gerade dieses Verhalten veranschaulicht gut, wie wenn viele zugegen waren, einige Nachrichten ins Ohr: «Heri mi chiamò la Santità de Nostro Signore cossì da parte e dissemi a l’orechia […]» (Ottone del Carretto an Francesco Sforza, 30. Juni 1462, ASMi, Sf., PE, Siena 262, zit. nach Märtl, Alltag, S. 123 Anm. 41). 24 Siehe hierzu Michael Mallett, Der Condottiere, in: Garin  (Hg.), Der Mensch der Renaissance, S. 49–78.

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sehr diese Renaissancekarrieristen selbst bei all ihren diplomatischen Tätigkeiten an sich und an die aus ihren Aktivitäten für sie persönlich resultierenden Vorteile dachten. Die bloße und stete Akkumulation der Macht betrieben sie zum reinen Selbstzweck. Die jeweilige Materie selbst galt ihnen wenig, sie war nur Mittel zum Zweck, weshalb sie sich zum Teil auch gar nicht daran störten, wenn eine konkrete Lösung der Probleme ausblieb, ja zuweilen begrüßten sie es sogar insgeheim, wenn Angelegenheiten vertagt wurden, da dies die Möglichkeit bot, noch länger als Mittler zu fungieren. Gelang es, den Schein und den Eindruck des eifrigen Einsatzes und Engagements nach außen zu wahren, so konnte man Angelegenheiten sogar künstlich in der Schwebe halten, so wie es Giovanni di Castiglione angesichts der Investitur des Herzogs zu tun vermochte. „Schein“ und „Sein“ sowie „Machterwerb“ und „Machterhalt“ – diese Termini, die später in Machiavellis Principe eine so große Rolle spielen sollten, dürften zweifelsohne Schlüsselbegriffe für Giovanni di Castiglione und die Männer seines Schlages gewesen sein, die sich im Italien der Renaissance allmählich als talentierte uomini politici etablierten und die auch vermehrt in die Kardinalsränge aufsteigen konnten. Wohl nicht ohne Grund sollte man nur wenige Pontifikate später sogar von den „politischen Päpsten“ sprechen.

Anhang Ungedruckte Quellen BAYEUX

Bibliothèque Municipale (Bibl. Mun.) Ms. 5 [Codex des Rolando Talenti] CAEN

Archives Départementales du Calvados (AD du Calvados) Ms. 205 CASTIGLIONE OLONA

Archivio Castiglioni (ACC) Arcipretura, cart. 1, fasc. 1 Cappellanie, cart. 2, fasc. 2 Famiglie Castiglioni, cart. 8, fasc. 2, fasc. 4, fasc. 5 Memorie, cart. 1, fasc. 1–3 FRANKFURT / MAIN

Reichstagsakten, „Quellenfundus“ Karton 19/VII MACERATA

Archivio di Stato di Macerata (ASMa) Archivio Priorale (A. Priorale): ­Reformanze 29, 30

Registri ducali (RD) 5, 35, 97, 101, 156 Registri delle Missive (RM) 15, 16, 19, 25 Sforzesco, Potenze Estere (Sf., PE) Alemagna 569 Firenze 267, 269 Mantova 392 Marca 143, 144, 145 Napoli 198 Roma 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 54 Romagna 156 Siena 259, 262 Biblioteca Ambrosiana (Bibl. Ambr.) B 116 sup. I 20 sup. N 165 sup. Z 219 sup. Pergamene, Regesti 10 PARIS

Bibliothèque Nationale de France (BNF) Manuscrits français (ms. fr.) 20882 Manuscrits italiens (ms. it.) 1585, 1586, 1587, 1595 Manuscrits latins (ms. lat.) 1702, 8537 PAVIA

Biblioteca Comunale (Macerata, Bibl. Com.) Ms. 1170 MAILAND

Archivio di Stato di Milano (ASMi) Autografi 11 Famiglie 49: Castiglioni

Archivio di Stato di Pavia (ASPv) Ospedale S. Matteo, c. 12, fasc. 2 Archivio Storico Diocesano di Pavia (ASDPv) Pergamene, n° 47, n° 302 Registrum Vetus Vescovi pavesi, c. 3, fasc. 4 (früher 6)

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Anhang

Archivio del Collegio Ghislieri Arm. XVI, Fondo Castiglioni ROM

Archivio di Stato di Roma (ASR) Fondo Camerale I, 832, 1122 ROUEN

Archives Départementales de Seine-Maritime (ADSM) G 2127, 2133, 2134

Camera Apostolica (Cam. Ap.) Introitus et Exitus (IE) 427, 428, 429, 430, 431, 432 Obligationes et Solutiones (OS) 63 A, 72, 76 Registri delle Suppliche (Reg. Suppl.) 398, 403, 456, 459, 483, 491, 494, 497, 498, 499, 500, 505, 510 Registri Lateranensi (Reg. Lat.) 209, 410, 472, 484, 499, 519, 521, 533, 541 Registri Vaticani (Reg. Vat.) 402, 412, 427, 443, 446, 447, 450, 452, 457, 492, 500, 515

[VALLADOLID

Biblioteca Apostolica Vaticana (BAV) Chigi Chis. CVII Ottob. lat. 347 Vat. lat. 1321

Biblioteca Universitaria Ms. 325] VATIKANSTADT

Archivio Segreto Vaticano (ASV) Arm. XXXI,52, XXXIX,7, XXXIX,8

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1 Der Einheitlichkeit innerhalb der englischen Titel halber werden im folgenden alle Nomen und Adjektive in diesen groß geschrieben, auch wenn dies auf den jeweiligen Titelblättern nicht der Fall sein sollte. Bei den französischen und italienischen Titeln sind divergierende Schreibungen etwa von „renaissance“ / „Renaissance“ und „quattrocento“ / „Quattrocento“ ebenfalls durch Großschreibung vereinheitlicht, ansonsten werden nur konkrete Namen groß geschrieben.

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Personenregister Der Protagonist dieser Studie, Giovanni di Castiglione, wurde wegen allzu zahlreicher Einträge nicht in den Index aufgenommen. Auch von sehr häufig auftretenden Stichwörtern wie „Karriere“, „Verwandtschaft“, „Benefizien“ etc. wurde abgesehen, um den Rahmen des Registers nicht zu sprengen. Einige unbedeutendere Persönlichkeiten, die nur in einer einzigen Anmerkung flüchtig Erwähnung finden, wurden nicht in den Index integriert. Das gleiche gilt für kleinere, unbekanntere Ortschaften, die nur einmal auftreten, für die Vita Giovanni di Castigliones nicht zentral sind und unter denen kaum ein Leser je nachschlagen dürfte. Wurden im Text insbesondere bei geistlichen Würdenträgern mitunter Synonyme verwandt (etwa „der Bischof von Siena“ statt „Enea Silvio Piccolomini“), so findet sich der entsprechende Eintrag  –  anders als zuweilen bei den weltlichen Herrschern und deren Machtbereichen – nicht in dem Orts‑ und Sachregister unter der entsprechenden Diözese, sondern lediglich im Personenregister unter dem entsprechenden Namen. Um eine Identifizierung zu erleichtern, sind aus diesem Grunde im Index bei den geistlichen Würdenträgern, wie auch bei den wichtigen weltlichen Herrschern und bei all denen, für die im Text Synonyme verwandt wurden, entsprechende kurze Erklärungen hinter die einzelnen Einträge gesetzt worden. Bei den Kardinälen wurden die Bistümer und Erzbistümer, denen diese vorstanden oder einst vorgestanden hatten, allerdings nur dann angegeben, wenn diese für diese Studie von Relevanz sind. Die Herrscher finden sich, wenn sie nicht aus dem italienischen Bereich stammen, zumeist unter ihrem Vornamen; deren Verwandte mit wenigen Ausnahmen unter dem Namen der entsprechenden Dynastie. Damit etwa sämtliche Mitglieder der Castiglione hintereinander aufgeführt werden konnten und die familiären Zusammenhänge besser ersichtlich werden, wurden die einzelnen Personen, so die Namen nicht nur die bloße Herkunftsbezeichnung eines einzelnen beschreiben, nicht nach ihren Vornamen sortiert. Kursive Zahlen weisen darauf hin, daß die entsprechende Information auf dieser Seite in den Fußnoten steht. Acciaiuoli, Angelo ​72 –, Niccolò ​87 Achery, Jean d’, Bischof von Senlis ​29 Acquaviva, Giosia ​441, 441 Agnesi, Astorgio, Kard. (Erzbf. von Benevent) ​68, 68 f., 96 f., 97 –, Galeotto ​409, 411, 414, 424, 434 Agnifili, Francesco ​206 f. Albornoz, Egidio [Gil Álvarez Carrillo de], Kard. ​427, 445

Albrecht Achilles von Brandenburg, Markgf. von Ansbach und Kulmbach ​ 152 f., 163 f., 163 ff., 178, 178 f., 187, 187, 192, 198, 200, 204, 289, 289 Albrecht V. von Österreich (später Kg. Albrecht II.) ​2 Albrecht VI., (Erz‑)Hzg. von Österreich ​ 90, 152, 179, 200, 200, 285, 289, 289, 381 Alemanni, Boccaccino ​74

504

Personenregister

Alessio de’ Cesari, Bf. von Chiusi ​210 Alexander VI., Papst (→ auch Borgia, Rodrigo) ​8 Alfons V., Kg. von Aragon / Neapel ​3, 74, 81 f., 89, 90 f., 93 f., 93 ff., 100, 100, 111, 137, 159, 186, 189, 189, 192, 192 ff., 194, 209, 224, 230, 230 ff., 234, 235 f., 245 f., 251 f., 264 f., 264, 266, 300, 300, 337, 341, 344, 344, 359, 369, 375, 398 f., 405, 405, 407, 428, 428, 433, 441 Alfons V., Kg. von Portugal ​238, 238, 242, 244, 245, 264, 264, 270, 286, 295, 457 Amadeus VIII., Kard., Hzg. von Savoyen (→ Felix V.) ​96 Ambrosius, Kirchenvater ​61, 309 Amidani, Niccolò, Bf. von Piacenza, Erzbf. von Mailand ​17, 84 ff., 84 ff., 102, 102, 105, 105 f., 108, 108 f., 167, 173 –, Vincenzo ​85 Amman[n]ati(‑Piccolomini), Giacomo [Jacopo], Bf. von Pavia ​44, 72, 173, 317, 447 ff., 450, 453, 464 Anguillara, Everso (degli), Gf. ​363, 382 Anjou (Familie) ​3, 423, 428 –, Johann II. von, u. a. Hzg. von Kalabrien, Hzg. von Lothringen ​441, 441 –, Johanna II. von, Kg. von Neapel, Gf. d. Provence ​423, 441 –, Jolande [Yolande] von ​52 –, Margarete von, Gattin von Kg. Heinrich VI. ​52, 52 –, René von, u. a. Hzg. von Bar, Hzg. von Lothringen, Hzg. von Anjou ​122, 122, 441, 441 Annoni, Giorgio ​336, 341, 448 Antonio da Pistoia, hzgl. Prokurator, Gesandter ​111, 118, 118 ff., 121, 125 f., 128, 390, 394, 394, 399, 403 f., 403 ff., 408, 410, 413 f., 416, 421, 423, 423, 426, 454 Antonio da Rho ​39 Appiano [Appiani], Giovanni da ​61 Arces, Jean d’, Kard. ​96 Arcimboldi, Niccolò degli ​39, 92, 140, 140, 145

Aristoteles ​24 Aste, Niccolò dall’, Bf. von Macerata ​ 446 Aviz, Jaime de [Jaime de Portugal], Kard. (Erzbf. von Lissabon) ​238, 238, 242, 244, 245, 263, 264, 270, 295, 295, 415, 420, 457 Baldironi, Antonio, Abt von San Celso ​ 365, 365 Barbavara, Francesco ​50 –, Giovanni, Bf. von Como / Tortona ​ 212 ff., 223, 450 Barbo, Pietro, Kard. (Bf. von Vicenza / Padua; später Papst Paul II.) ​170, 236, 315, 324, 324, 329, 336, 340 f., 340 f., 343, 347, 347, 352 f., 352 ff., 357 ff., 357 ff., 361 f., 367, 399, 407, 409 f., 410, 414, 414 f., 417, 417, 420, 450, 456 Bardekem, Petrus [Vardekem] ​284 Barius, Nicolaus ​178, 185 Barzizza, Gasparino ​24, 27, 33, 50 –, Guiniforte ​24 Basin, Thomas, Bf. von Lisieux ​55 Battista da Padova ​48 Beaufort, Henry, Kard. (Bf. von Lincoln / Winchester) ​28 f., 27, 37 f., 47, 50, 52 Bebenburg, Georg von ​196, 204 Beccaria, Antonio ​38 f. Begurri [Begurra], Giacomo ​329–336, 329–337, 342 ff., 342 ff., 350 f., 351, 360, 360, 384, 388, 388 f., 394, 395 f., 398, 398 Beltramo da Montone, Abt von Sant’Abbondio ​389, 389, 400, 400 f., 403 Benvoglienti, Leonardo (dei) ​131, 188 Berardi di Tagliacozzo, Giovanni, Kard. (Erzbf. von Tarent) ​407 Besozzi, Francesco ​364, 364 Bessarion, Basileios, Kard. (Erzbf. von Nicäa) ​301, 367, 404, 410, 410, 414, 414 f., 417, 417, 457 Biassonno, Agostino ​23 Biondo, Flavio ​39 Bisticci, Vespasiano da ​4, 26 Bonatto, Bartolomeo, mantuanischer Gesandter ​352, 422

Personenregister

Bonifaz IX., Papst ​42 f., 54, 105 Borgia (Familie) ​375 –, Alfonso (→ Calixt III.) ​203 –, Cesare ​8, 8 –, Pier Luigi ​340, 347 f., 358, 358 ff., 404 f., 405 f., 410 –, Rodrigo, Kard. (Erzbf. von Valencia; später Papst Alexander VI.) ​236, 238 f., 238, 244, 245, 263, 263 f., 270, 278 f., 295 f., 295, 311, 313, 358, 394, 394, 404, 415, 417 f., 417 f., 420, 429, 429, 457 Borromeo (Familie) ​78, 82 –, Filippo, Gf. ​80, 80 f., 101 f., 102, 390 –, Giacomo, Bf. von Pavia ​77 ff., 77–83, 83, 93, 94 f., 101, 101 f., 112, 113, 115 f., 117, 212, 390 Boskowitz und Černohora, Protasius von, Bf. von Olmütz ​367 Bottigella, Giovanni Matteo ​126, 382 –, Giovanni Stefano (später Bf. von Cremona) ​126, 126, 382 Bracciolini, Poggio ​24, 33, 43, 68, 68, 306, 306 Branković, Durad, Despot von Serbien [Raszien] ​144, 181, 204, 219, 219, 225, 271 –, Lazar, Despot von Serbien [Raszien] ​ 381, 395 Brendis, Battista de ​269, 293 f., 293 ff., 299 ff., 300, 303, 305 Brippio [Brivio], Giuseppe de ​112, 357 ff., 357 f., 361 f. Buonconti, Giliforte (de’) ​452 Caccia, Stefano [di Fara] ​209, 368 Caetani, Onorato, Gf. von Fondi ​94 Caimi, Giovanni, hzgl. Gesandter ​70, 70, 216 f., 233, 233, 236, 240–250, 240–262, 253–261, 263, 266 ff., 266 ff., 273 f., 276 f., 286, 341, 347– 352, 347–357, 356 f., 359, 360, 361, 366, 367, 374, 374, 377, 404 f., 410, 429, 431, 442 f., 442 ff., 446, 446, 451 f., 451 f., 457 –, Raffaele ​395 Calandrini, Filippo, Kard. (Erzbf. von Bologna) ​85, 91, 91, 96, 212 f., 236,

505

376, 408, 411, 415 ff., 416 ff., 420, 423, 423 Calcaterra, Antonio ​213 –, Filippo ​213 –, Giacomo, hzgl. Gesandter ​73, 211– 219, 213 f., 221–227, 222, 224 ff., 229–240, 233, 235, 237 ff., 248–254, 249–252, 254, 257, 261, 261 f., 263 f., 264, 266 ff., 266–273, 271 f., 274, 275–280, 276 f., 279, 283, 288, 292, 292 ff., 294, 296, 352, 373, 410, 431 Calixt III., Papst ​18, 19, 85, 148 f., 173, 197, 203, 206, 207–216, 208–213, 215 f., 218–224, 219–224, 227, 229, 229–252, 232, 234–239, 241, 243– 247, 250, 254–264, 255 ff., 260, 262– 269, 262 f., 266–281, 271 f., 276, 278, 280 f., 283 f., 285 f., 291 f., 294–304, 294 f., 297–302, 304 f., 307, 309–330, 311–317, 322 ff., 328, 332–337, 332–344, 340, 343, 346 ff., 352–359, 352–364, 363 f., 366 f., 366–381, 370, 372–379, 383, 384–389, 386 ff., 393– 399, 394, 399, 401, 403–407, 403 ff., 408–414, 409 f., 419, 419, 421, 423, 427, 429, 429, 431, 457 Calvi, Giacomo ​112 Campano, Giannantonio ​183 Campesio, Giovanni, Bf. von Piacenza ​ 107 ff., 107 ff., 113, 120, 173, 464 Cantier, Guillaume de, Bf. von Évreux ​ 29 Capistran, Johannes (von) ​176, 176, 179, 184 f., 185, 189 f., 195, 195, 197, 197, 206, 288 Capranica (Familie) ​29, 46 –, Domenico, Kard. (Bf. von Fermo) ​ 43 f., 43 f., 70, 70, 110 f., 168, 168, 171, 197, 239 f., 250, 250, 274, 294, 301, 304, 304 f., 321, 321, 348, 359, 361, 367, 380, 382, 391, 391 ff., 393, 406 ff., 406, 408 f., 411 ff., 411 ff. –, Niccolò, Bf. von Fermo ​435, 435 –, Paolo, Bf. von Évreux / Benevent ​46 Carlo da Forlì [auch Nardini, Carlo], Erzbf. von Mailand ​173, 364, 364 f. Carvajal, Juan de, Kard. ​91, 91, 110 f., 121, 121, 128, 128, 130, 130, 138,

506

Personenregister

139, 143, 143 ff., 153, 156, 166, 170, 178 ff., 182 f., 187–194, 188 ff., 204, 206 ff., 219, 220, 229 f., 230, 274, 281, 296, 359, 416, 458 Casati, Antonio ​113 Castiglione di (Familie) ​1, 5 f., 6, 18, 21 f., 21 f., 25 f., 28, 31 ff., 31 f., 35 f., 38, 40, 42 f., 45, 45 f., 47, 48, 49 ff., 50 f., 56 ff., 57, 60–64, 63, 69, 70 f., 71, 77, 80, 84, 84, 89, 92, 97, 101, 105, 114 ff., 116, 122, 148, 188, 232, 275, 277, 309, 317, 345 f., 375, 393 f., 408, 425, 451, 451 f., 453, 454, 463 –, Aloisio di ​296 –, Antonio di ​58 –, Argenta di ​23, 23 –, Baldassar(e) (di),Verfasser des Cortegiano ​22 –, Baldassar(e) di, Neffe Brandas ​24, 27, 27, 452 –, Bartolomeo di ​27, 27, 103 –, Battista di ​453 –, Beltramolo di ​30, 30 –, Bernardo di ​30, 30 –, Bonetta di ​23, 23 –, Branda di ​2, 2, 4 ff., 4 ff., 10, 23–32, 23–27, 30 f., 33 f., 39–52, 40, 42 f., 45 f., 48 ff., 53 f., 60, 65 f., 68, 89, 91, 103, 103, 105, 105, 126, 138, 142 f., 146 ff., 146 f., 150, 270, 284, 303, 306, 309, 309, 312, 408, 418, 419, 452, 454, 459 f., 462 –, Branda (der Jüngere bzw. II.) di (später Bf. von Como) ​34, 34, 58 f., 58 f., 92 f., 112, 454 –, Caterina di ​35, 35, 57, 113 –, Cristofero di, Neffe Zanones ​34, 34 –, Cristofero di, Urgroßvater des Verfassers des Cortegiano ​22, 22, 25, 48 –, Felicita di ​23, 23 –, Francesco di, Bf. von Piacenza ​21 –, Francesco di, Bruder Brandas ​27 –, Francesco di, Neffe Brandas ​27, 27 –, Francesco di, Sohn Guarnerios ​453 –, Francesco di, Student in Caen ​36, 58 –, Franchino di, hzgl. Ratgeber ​31, 31, 50 f., 51, 68, 96, 97, 270, 270, 306, 453, 454

–, Giacomo di ​27, 27, 33, 33 f., 453 –, Giovanna di ​27, 48 –, Giovanni di, Bf. von Vicenza ​22, 22, 25, 48 –, Giovanni di, Bruder Brandas ​27, 27 –, Giovanni di, Bruder Guarnerios ​453 –, Giovanni di, Bruder Pieros ​393, 450 –, Giovanni di, Vater Goffredos ​22 –, Giovanni Antonio di, Bruder Guarnerios ​112, 453 –, Giovanni Antonio di, Sohn Guarnerios ​453 –, Goffredo di (→ Coelestin IV.) ​2, 2, 22, 22 –, Guarnerio di, hzgl. Ratgeber ​4, 24, 27, 30 f., 31, 39, 49 ff., 49 ff., 61 f., 63 ff., 64, 68, 70, 75 f., 75 f., 79, 96, 97, 147, 243, 244, 284, 306, 396, 397, 452 ff., 453 –, Guglielmo di ​57 ff., 58, 393 –, Guido di, Bruder Brandas ​27, 27 –, Guido di, Familiar Kard. Giovannis ​ 284 –, Leonardo di ​40, 188, 208 –, Ludovico di, Bruder Kard. Giovannis ​ 23 –, Ludovico di, Sohn Kard. Giovannis ​ 453, 453 f. –, Luigi di, Sohn Guarnerios ​453 –, Maffiolo di, Neffe Brandas ​27 –, Maffiolo di, Vater Brandas ​23 –, Maffiolo di, Vater Kard. Giovannis ​23 –, Marco di ​30, 30 –, Matteo di ​317 –, Opizzo di ​453, 453 –, Piero di ​36, 36, 58, 58, 393 –, Rigolo di ​47 –, Zanone di, Bf. von Lisieux / Bayeux ​ 2 f., 6, 18, 24, 27 f., 27, 30, 31, 32–39, 33 ff., 38 f., 41–47, 42, 44 ff., 50 ff., 50–59, 54 ff., 58 f., 61, 68, 89, 98, 98, 113, 113, 147, 244, 276, 318, 453, 453 Castracani, Castruccio ​8, 8 Cattanei [Cattaneo], Marco, Bf. von Alessandria ​173, 329, 336, 341 Cauchon, Pierre, Bf. von Beauvais ​33

Personenregister

Cerda, Antonio de la, Kard. (Erzbf. von Messina) ​96, 300, 300, 415, 417, 417, 420 Cesarini, Giuliano, Kard. ​43 Christian I., Kg. von Dänemark / Norwegen (später auch Schweden) ​136, 159, 179, 185, 189 Cicero ​24, 38, 40, 183 Cilli, Ulrich von, Gf. ​195, 195, 225 Cincinello, Antonio ​441 Ciocchi, Marco de’ ​22 Coelestin IV., Papst ​2, 2, 22, 408 Coëtivy, Alain de, Kard. (u. a. Bf. von Avignon) ​96, 121, 121, 168, 168, 170, 219, 403, 404, 410, 410, 414 f., 417 f., 417 f., 421 f., 426, 458 Colli [de Collis], Giovanni ​124, 124 f., 133 Colombière, Jean de ​34 Colonna (Familie) ​346, 393, 407, 419, 458 –, Prospero, Kard. ​70, 233, 237, 240, 247 f., 248, 321, 367, 376, 382, 400, 400, 407 f., 408, 412, 413, 415, 417, 417, 420 Comborn, Pierre de (Treignac de), u. a. Bf. von Évreux ​55 Condulmer, Francesco, Kard. ​105, 107 ff., 107 ff., 111, 116 ff., 118, 120, 120 f., 125, 234 Coppini, Francesco, Bf. von Terni ​388 Corio, Bernardino ​45 –, Marco ​34, 34, 39 Corso, Andrea ​442 Corvinus, Matthias [eigent. Hunyadi], u. a. Kg. von Ungarn ​395 f., 400 Cotta, Margherita ​453 Courcy, Richard de ​33 Crivelli (Familie) ​103 f., 106, 119, 123, 125, 125, 319 f., 320, 327, 332 f., 342, 440, 440 –, Antonio ​117, 117, 319 –, Cassandra ​22 –, Giacomo Filippo, Abt von Rivalta ​ 103 f., 106, 113, 117, 119, 123, 123 f., 125, 126, 132, 148 ff., 148 ff., 173, 212, 318 ff., 319 f., 322 f., 322, 327, 327 ff., 329 f., 332 f., 333

507

–, Ugolino ​319 Curte [Corte], Sceva da ​72, 89, 91–95, 93 ff., 131 f., 131 f., 139 ff., 139 ff., 148 ff., 151, 153, 153 ff., 159 f., 168, 168, 177, 201, 217, 231, 231–235, 233 ff., 237, 237, 245, 248–257, 249– 253, 255 f., 260–264, 261–268, 266 ff., 270, 273, 276 f., 276 f., 279, 281 ff., 290, 290, 431 Cusano [Cusani], Francesco (da) ​295 f., 368, 388 f., 389, 415, 428–434 Cusanus → Kues, Nikolaus von Dal Legname [de Lignamine], Francesco, Bf. von Ferrara ​306, 371, 442, 442, 444 Decembrio, Pier Candido ​31, 38 f., 38 f. Del Carretto, Corrado, hgzl. Gesandter ​ 30 –, Ottone, hzgl. Gesandter ​19, 173, 292, 294, 294, 299–305, 299–305, 307 ff., 307–311, 313–330, 314 f., 320 f., 324 ff., 328 ff., 332 f., 332–343, 335–339, 341, 343, 345–381, 346 ff., 352–358, 362, 364, 366–370, 374 f., 377 ff., 383–406, 386–391, 396, 406, 408 f., 408–415, 411 ff., 421, 421 f., 424, 428–434, 437 f., 446, 446–450 f., 448, 466, 466 f. Della Croce, Francesco ​339, 454 –, Manfredo ​126 Della Guardia, Giovanni ​409 Della Pergola, Delfino, Bf. von Parma / Modena ​173, 341, 346, 370, 370 f., 395, 450 Della Robbia, Andrea ​184 Della Rocca, Ambrogio ​429 Della Rovere, Giuliano, Kard. (u. a. Bf. von Coutances / Vercelli; später Papst Julius II.) ​58 Della Scalona, Vincenzo ​422 Della Torre (Torriani) (Familie) ​22 –, Giacomo Antonio, Bf. von Modena / Parma ​69 f., 70, 173, 233, 233, 239 ff., 239 ff., 246 ff., 246 ff., 255, 255, 258 f., 258, 261, 261, 267, 267, 272 ff., 272 ff., 276, 276–280, 278, 315 f., 346, 370 f., 398, 405, 410, 450

508

Personenregister

Della Torre, Napo(leone) ​22 Demosthenes ​183 Duremont, Gilles de, Bf. von Coutances ​ 51, 53 Edward, Hzg. von York (später Kg. Edward IV.) ​47, 52 Eleonora von Portugal ​92 Erhard von Regensburg ​284 Esquay, Jean d’ ​33 Estaing, Guillaume Hugues d’, Kard. ​96 Este, Borso d’, Hzg. von Modena und Reggio, Markgf. (später auch Hzg.) von Ferrara ​136, 137, 179, 224 –, Niccolò (III.) d’, Markgf. von Ferrara ​ 146 f., 146 f. Estouteville, Guillaume d’, Kard. (u. a. Bf. von Angers, Erzbf. von Rouen) ​1, 1, 4, 56, 73, 89, 97–113, 97–111, 113, 115, 115, 117, 117–125, 119 ff., 123 f., 128–133, 130 ff., 138, 145, 148 f., 148 f., 167 f., 168, 170 f., 170 f., 173 f., 213, 229, 229, 231 f., 234 ff., 234 ff., 260, 301, 301, 303, 321, 321, 324, 324, 343, 346, 347, 352 f., 352 ff., 378, 393, 410, 414–426, 414–423, 425 f., 431, 431, 438, 447, 447, 462, 465 f. Eugen IV., Papst ​24 f., 27, 32 f., 33, 41 ff., 48, 50–54, 53 f., 74, 98, 146, 264, 300, 394, 428 f., 441, 446, 462 Eytzinger, Ulrich ​225 Felix V., Papst (→ Amadeus VIII.) ​96 Ferrante [Ferdinand] von Aragon [von Neapel], Kg. von Neapel ​7, 399, 405 f., 405 f., 408, 410, 414, 428 f., 428 f., 433, 436, 441 f., 442, 444, 448 f. Fieschi, Giorgio, Kard. (Erzbf. von Genua) ​344, 344, 365, 365, 376, 415, 417, 417, 420 Fieschi da Soncino, Stefano ​33 Figino, Lancellotto [Lancillotto] da ​32, 262, 392 f., 392, 436 Filelfo, Francesco ​39, 62, 92, 294, 452 Fillastre, Guillaume, Bf. von Verdun / Toul / ​Tournai ​160, 163 f., 184 f., 184, 192

Foix, Pierre de, Kard. ​416, 458 Forteguerri, Niccolò, Kard. (Bf. von Teano) ​448 ff., 449, 453 Foscari, Francesco, Doge von Venedig ​ 136, 137 Franco, Tommaso ​38, 38 Fresnel, Pierre, Bf. von Noyen / Meaux / Lisieux ​29 Friedrich (I.) (der Siegreiche) bei Rhein, Pfalzgf. bei Rhein ​179, 200, 297 f., 298 Friedrich (II.), Hzg. von Sachsen, Markgf. von Meißen, Landgf. von Thüringen ​152, 179, 196 Friedrich (II.), Markgf. von Brandenburg ​ 200, 200, 297 f., 298 Friedrich III., Kaiser ​3, 82, 87–95, 90 ff., 103, 103, 127–131, 127, 129 f., 133–143, 133–142, 144 f., 145, 147, 150 ff., 150–156, 155–161, 158 ff., 163 f., 163 ff., 166, 166, 171, 175 ff., 176 ff., 180, 183 f., 186, 186, 188, 190, 192 f., 192, 195 f., 195 ff., 198– 206, 200 f., 203 f., 207 f., 217 f., 218 f., 221–229, 221–230, 246, 246, 264, 264, 281, 282 ff., 283, 285, 287 ff., 287, 289 ff., 296 f., 296 f., 318, 331, 331, 337, 344, 344, 359, 368, 381 f., 399, 437 Gaillart, Nicolas ​59 Gaisler, Jörg ​178 Garimberti, Alberico, Abt von Chiaravalle ​384, 384 Ghilini, Biagio, Abt von Sant’Ambrogio ​ 338, 373, 373 –, Vasino Stefano, Bf. von Bobbio ​173 Giacomo da Racaneto, Erzbf. von Ragusa [Dubrovnik] ​215, 217, 217, 259, 259, 410 Giovanni IV., Markgf. von Montferrat ​ 136 Giussani, Giovanni Antonio ​220 Gonzaga, Barbara, Markgf. von Mantua ​ 200, 200, 422, 422 –, Carlo ​62, 136, 300 –, Dorotea ​348 –, Francesco, Kard. ​72

Personenregister

–, Ludovico, Markgf. von Mantua ​72, 136, 136, 141, 179, 200, 200, 308, 310, 310, 348, 350 Gonzaga, Susanna ​348 Grassi (Familie) ​270, 311 –, Ambrogio ​439 f. –, Giovanni ​59 –, Giovanni Marco ​59 –, Luca ​59 –, Martino ​270, 285, 308, 321, 330, 376 f., 383 Gregor VII., Papst ​427 Gregor XII., Papst ​105 Grumbach, Johann (III.) von, Bf. von Würzburg ​192, 298 Habart, Nicolas, Bf. von Bayeux ​30, 33 Harcourt, Louis d’, Erzbf. von Rouen ​29 Hartung von Kappel ​179 Heimburg, Gregor ​179 Heinrich IV., Kaiser ​427 Heinrich IV., Kg. von Kastilien und León ​ 241, 263, 264, 286, 344, 344 Heinrich V., Kg. von England ​2, 28 f., 28 f., 36 f., 46, 52, 52 Heinrich VI., Kg. von England ​29, 33, 36, 37, 47, 47, 52, 53 f., 54, 136, 286 Heinrich von Gera ​179 Hessler, Georg ​284, 297, 382 –, Hans ​297 –, Johann ​284 Hinderbach, Johannes (später Bf. von Trient) ​145, 145, 152, 152, 218, 222 ff., 222 ff. –, Konrad ​222 f., 223 Hogenstein, Jodocus ​172 Humphrey von Lancaster, Hzg. von Gloucester ​3, 37 ff., 37 f., 45, 45 ff. Hunyadi, János, Gubernator von Ungarn ​ 144 ff., 144, 147, 152, 180, 185, 194, 200, 205, 225, 270 f., 281, 286, 286, 288, 288 f., 381 Innocenz III., Papst ​427 Innocenz VI., Papst ​445 Innocenz VIII., Papst ​105 Isidor von Kiew [Isidor von Thessa­ loniki], Kard. ​415, 417, 417

509

Jakob II., Kg. von Schottland ​136 Jeanne d’Arc [Johanna von Orléans] ​37, 37 Johann (I.), Hzg. von Kleve ​200 Johann (III.) von Eych [Eich], Bf. von Eichstätt ​297, 297 Johann (III.) von Grumbach, Bf. von Würzburg ​192, 298 Johann Ohnefurcht, Hzg. von Burgund ​ 28 Johann von Brandenburg, Markgf. von Brandenburg-Kulmbach ​200 Johann von Lancaster, Hzg. von Bedford ​ 29, 52 Johannes XXII., Papst ​445 Johannes XXIII., Papst ​419 Johannes der Täufer ​147 Johannes von Olmütz ​4, 23, 23 Jouffroy, Jean, Kard. (Bf. von Arras) ​5, 11 Julius II., Papst ​8 Juvénal des Ursins, Guillaume ​55 Kalteisen, Heinrich, Erzbf. von Drontheim, Titularerzbf. von Caesarea ​179, 182, 185, 189, 189 Kapistran → Capistran Karl (I.), Markgf. von Baden ​152, 178, 179, 192 Karl VI., Kg. von Frankreich ​28 Karl VII., Kg. von Frankreich ​28, 37 f., 52, 52, 55 f., 55 ff., 86, 86, 88, 93 f., 98, 100, 100, 132, 132, 136, 136, 186, 281, 286, 324, 422, 441, 458, 461 Karl VIII. [Karl Knutsson Bonde], Kg. von Schweden [ / Norwegen] ​136, 159 Kasimir IV. Jagiello, Kg. von Polen ​136, 157, 157 f., 159, 172, 172, 192, 381 Kemp, John, u. a. Erzbf. von York / Canterbury, Lordkanzler ​46 Kosača (Familie) ​66 Kosača Kotromanić, Katarina, Kg. von Bosnien ​67 Kotromanić (Familie) ​67 –, Stjepan Tomaš, Kg. von Bosnien ​66, 67, 372, 372 f.

510

Personenregister

–, Stjepan Tomaševič, Kg. von Bosnien ​ 67 –, Stjepan Tvrtko II., Kg. von Bosnien ​ 66 Kues, Nikolaus von, Kard. (Bf. von Brixen) ​11, 91, 96, 131, 156 ff., 156, 158, 165, 165, 176, 176, 187, 189 f., 219, 416, 458 La Hazardière, Pierre de ​40 f. –, Pierre de, Neffe des oben Genannten ​ 41 Ladislaus (Jagiello), Kg. von Polen ​2 Ladislaus (Postumus), Kg. von Böhmen und Ungarn ​3, 127 f., 127, 129 f., 136, 142–146, 143 ff., 161, 161, 172, 172, 179, 180, 184, 186, 191, 192, 194 f., 194 ff., 202–206, 204 ff., 218 f., 219, 225, 230, 262, 262, 264, 264, 271, 274, 281 f., 281, 285, 287 ff., 287 ff., 296, 359, 367, 380 f., 380 f., 398 La Marche, Olivier de ​181 Lampugnani, Angela ​23 –, Donato ​23 Landriani, Gerardo, Bf. von Lodi / Como ​ 50 La Palud, Louis de, Kard. ​96 Legrand, Mathieu [Mathieu de Beke] ​26 Leubing, Heinrich ​196, 204 Lisci, Niccolò ​207 Lolli, Gregorio ​153, 179, 182 f., 191, 191 f., 206 Longueil, Richard Olivier de, Kard. (Bf. von Coutances) ​110, 112, 118, 119, 303, 308, 416, 458 Longueville, Richard de ​284 Luciardo [Luxardi / Luxiardo], Pietro ​ 358 Ludovisi, Ludovico ​302 f. Ludwig (der Ältere), Hzg. von Savoyen ​ 82, 90, 136, 179 Ludwig (der Reiche), Hzg. von Bayern​ (‑Landshut) ​152, 154, 156, 200, 297 Ludwig von Valois, Hzg. von Orléans ​ 49, 86 Lukian ​24 Lutek von Brzezie, Jan ​157 f., 157 f., 164, 172

Luxembourg, Louis de, Kard. (Bf. von Thérouanne / Ely, Erzbf. von Rouen) ​ 50 Lysura, Johannes von [Johannes von Lieser] ​144, 152, 155, 162, 162, 178 f., 178, 185, 185 Maccafani, Angelo, Bf. von Marsi ​447 Machiavelli, Niccolò ​6 ff., 7 ff., 60, 60, 79 f., 80, 454, 465, 468 Mair, Martin ​382, 383 Malatesta (Familie) ​29, 46 –, Pandolfo, Bf. von Coutances / Patras ​ 30, 46 –, Sigismondo (Pandolfo), Signore von Rimini ​359, 363, 428, 428 f., 444 Malavolta, Giovanni ​442 Maletta, Alberigo, hzgl. Gesandter ​ 212 ff., 223, 263, 263, 268, 268 –, Francesco, hzgl. Gesandter ​113 Margarete von Österreich, Tochter Maximilians I. ​202 Marinone, Marco, Bf. von Alessandria / Orvieto ​329 Marle, Jean de, Bf. von Coutances ​29 Marliani, Michele, Bf. von Tortona / Piacenza ​173 Marni, Venturino de, Bf. von Cremona ​ 384, 385 Martelli, Roberto ​115, 122, 128 Martin V., Papst ​25, 27, 29, 33, 36, 36, 41, 419 Masaccio [Tommaso di Ser Cassai] ​146 Masolino da Panicale ​5, 146 f., 146 f., 309 Mathilde von Tuszien ​427 Maximilian I., Kaiser ​201 Medici, de’ (Familie) ​7, 9, 93, 103, 281, 422 –, Bernardo de’ ​233 –, Cosimo de’ ​42, 42, 72, 102 f., 103, 262, 262, 264, 264, 369, 369 –, Filippo de’ ​72 Mehmed II., Sultan ​161, 288, 288 Mella, Juan de, Kard. (Bf. von León / Zamora) ​263, 264, 303, 306, 344, 395, 415, 420 Mila, Luis Juan de, Kard. (Bf. von Lérida) ​ 238 f., 238, 242, 244, 245, 263, 263 f.,

Personenregister

270, 278 f., 295 f., 295, 311, 311, 313, 323, 334, 346 f., 352, 355, 355 f., 358 f., 358 f., 375, 376, 377 f., 415, 420, 457 Moers, Dietrich von, Erzbf. von Köln ​ 166, 179, 192, 200 Monferrato, Guglielmo di ​71 –, Teodoro di ​71 Monte, Piero da, Bf. von Brescia ​45, 45, 264, 264 Montefeltro, Federico da, Gf., später Hzg. von Urbino ​74, 428, 430, 430, 441, 448, 448 –, Sveva da ​437 Montjeu, Philibert de, Bf. von Coutances ​ 53 Muffel, Niklas ​192 f., 194 Nardini, Carlo → Carlo da Forlì –, Stefano, Erzbf. von Mailand (später Kard.) ​173, 429 Nikolaus V., Papst ​1, 1, 18, 54, 54, 56, 63–71, 63 ff., 68 f., 71 ff., 73–80, 75–81, 82 ff., 83, 85, 87 ff., 87 f., 90–96, 91, 93–97, 98 ff., 99 f., 102 ff., 102, 104–131, 106, 108, 110–117, 119, 121–125, 127–135, 134–139, 138 f., 142 f., 143, 147, 149 ff., 150–154, 155 f., 156, 158 ff., 159, 161, 164, 164 f., 166–173, 167–172, 175 ff., 175 ff., 180, 180, 182, 183 ff., 185 f., 188, 189 ff., 190 f., 193, 193 ff., 198, 198, 202 f., 202 ff., 208, 210, 210, 212 f., 216, 223 f., 223 f., 234, 279, 281, 316 f., 324, 351, 429, 457, 463 Noceto, Pietro da ​78, 78, 95, 95, 105, 117, 119, 142, 150, 152, 188, 192 –, Taddeo da ​119, 222, 223 Nußdorf, Ulrich von, Bf. von Passau ​ 179, 188, 188 Obizzi, Giovanni ​48 Orsini (Familie) ​346, 363, 363, 382, 407, 458 –, Latino, Kard. (Erzbf. von Bari) ​96, 259, 300, 300, 406, 408, 408, 413 ff., 417, 417, 420

511

Ossona, Giovanni da ​61 –, Niccolò ​330 Otto der Große, Kaiser ​21 Pallavicini, Carlo, Bf. von Lodi ​173 Panigarola, Giovanpietro [Giovanni Pietro], hzgl. Gesandter ​92 Panormita [Beccadelli, Antonio] ​39 Pappenheim, Heinrich von ​179 Paul II., Papst (→ auch Pietro Barbo) ​ 59, 184 Persico, Broccardo da ​433, 441 Petrarca, Francesco ​184 Philipp der Gute, Hzg. von Burgund ​28, 29, 41, 41, 136, 155 f., 155 f., 158, 158, 160, 160, 162 ff., 163 f., 179, 179, 182, 192, 194, 205, 286 Philippe de la Rose ​110, 112 Picchetti, Antonio ​126 Piccinino, Giacomo ​210 f., 210 f., 215 f., 215 f., 230 f., 231, 245, 245, 257, 265, 295, 300, 346, 348, 352 f., 359, 363, 369, 369, 386, 386 f., 398, 409, 427–431, 428 ff., 433 f., 433 f., 437, 441–445, 441–445, 447 f., 467 –, Niccolò ​428, 430 Piccolomini, Enea Silvio, Kard. [Bf. von Triest / Siena; später Papst (→ Pius II.)] ​ 5, 5 f., 44, 49, 70, 70, 90, 93, 95, 110, 127 ff., 127–131, 134, 134, 138, 139– 145, 143, 145, 150, 152 f., 152–158, 155 ff., 160 ff., 160–167, 164 ff., 171, 176, 176, 178 ff., 178–183, 182 ff., 185–197, 187–193, 196–200, 199, 201, 203, 203 f., 206 f., 206 ff., 217 f., 218, 221 ff., 222, 225–332, 225–230, 232, 234, 234, 240, 246, 246, 262, 262, 264, 264, 270, 281, 282, 282, 303, 303 f., 306, 306, 337, 344, 352 f., 359, 367–380, 414, 414–424, 416– 424, 426, 428, 432 f., 433 f., 448, 451, 451 f., 458, 460, 466 –, Tommaso ​448, 450 Pierozzi, Antonio, Erzbf. von Florenz ​ 421 Pirckheimer, Hans ​192 ff. Piscicelli, Rinaldo, Kard. (Erzbf. von Neapel) ​303, 337, 344

512

Personenregister

Pius II. (→ Piccolomini, Enea Silvio) ​ 5 f., 6, 10, 13, 16, 18, 59, 72, 184, 317, 415 f., 420, 423 f., 423 f., 426 f., 426–438, 429–434, 437 f., 442, 442, 444, 446 f., 446 f., 449, 449–453, 451 f., 454, 457, 466, 466 f. Pizzolpasso, Francesco, Erzbf. von Mailand ​49, 49 Plankenfels, Friedrich III., Bf. von Regensburg ​152, 157 Platon ​39, 39 Podiebrad, Georg von, Gubernator von Böhmen, später Kg. ​185, 194, 196, 196, 381, 398, 398 f. Porro, Antonio ​48 f. –, Galeazzo ​48 f. –, Stefano ​309 Portinari, Pigello ​422, 432 Přibik von Klenau [Klenová] ​195, 195 f. Prospero da Camogli, hzgl. Gesandter ​ 92, 321 f., 322 Pusterla (Familie) ​32 –, Antonio, Bf. von Como ​173, 378, 378 –, Maria ​453 –, Martino, Bf. von Como ​173, 378 ff., 378 f., 380 –, Pietro, Bruder Martinos ​378 f. –, Pietro, Schwager Brandas ​27, 48, 62 Quartari [Quarteri], Bartolomeo ​442 Quintilian ​24 Rabenstein, Prokop von ​131, 142, 142, 179, 196, 381 Raimondi, Geronimo ​400, 400 Regas, Bartolomeo ​404 René der Gute → Anjou, René von Ricavo [da Cenni], Orfeo da, hzgl. Gesandter ​270 ff., 271 f., 276 ff., 281 Riccio, Antonio ​50 –, Michele, Gesandter von A ­ lfons V. ​ 189, 189, 192, 194, 369 –, Zanino ​31, 50, 50 Riederer, Ulrich ​289, 289 Robeiis [Robiis (de), Robio da, Rossi, Rubeis], Stefano de, Sekretär Giovanni di Castigiones (später Bf. von Venti-

miglia) ​374, 383, 383 f., 387 f., 387 f., 394 f., 395, 450 Robert Guiskard, Hzg. von Apulien und Kalabrien ​427 Roberto da Sanseverino, Gf. von Caiazzo ​ 340, 340 f. Rochetaillée, Jean de, Kard. (u. a. Erzbf. von Rouen) ​30 Rolin, Jean, Kard. (Bf. von Autun) ​96, 416, 458 Rosenberg, Ulrich von ​128, 128 Rossi, Agostino ​361, 386 –, Bernardo, Bf. von Cremona (später auch Novara) ​173, 385, 385 f. Rotenhan, Anton von, Bf. von Bamberg ​ 297, 297 Rottenauer, Konrad ​178 f., 183–187, 184 ff. Roussel, Raoul, Erzbf. von Rouen ​47, 51 Ruprecht, Kg. ​90 Rustici, Cencio ​43, 43 Sacchi, Baldassar di ​346 Saint-Avit, Jean de, Bf. von Avranches ​ 30 Sallust ​24, 198, 198 Scarampo [Scarampi], Lazzaro, Bf. von Como ​173 – [Scarampi, Trevisan], Ludovico, Kard. (Patr. von Aquileia) ​65, 68, 68 f., 81, 81, 121, 121, 199, 204, 207, 216, 216 f., 237, 245, 245, 256, 256, 266 ff., 266 f., 376, 398, 398, 407, 411, 416, 427, 456, 456, 458 Schaumberg, Peter von, Kard. (Bf. von Augsburg) ​297, 297, 381, 416, 458 Schenk von Erbach, Dietrich, Erzbf. von Mainz ​179, 192, 200, 200, 297 f., 298, 382, 382 Schenk von Limpurg, Gottfried ​152, 192 Schildtknecht, Heilman ​298 Scolari, Filippo ​146 f. Secchi, Bartolomeo ​213, 236 Segovia, Johannes, Kard. ​176 Seneca ​24, 40 Senftleben, Heinrich ​139, 144 f., 145, 171

Personenregister

Sforza (Familie) ​14, 201, 397 –, Alessandro, Signore von Pesaro ​92, 92 f., 236 f., 237, 436 f., 437, 441–445, 442–446, 448 –, Corrado ​321 –, Costanzo ​437 –, Elisa ​340 –, Francesco, Hzg. von Mailand ​1, 1, 3, 7 f., 9, 16, 17, 19, 19, 31 f., 50, 61–66, 62 ff., 68–127, 68–133, 130 ff., 137– 141, 137, 139–143, 143–151, 148 ff., 153, 154 f., 159, 159 f., 163, 166–173, 167–173, 175, 175, 177 f., 177 f., 187 f., 199 ff., 199–203, 209–215, 209–261, 217–235, 237–261, 262– 296, 263 f., 266–281, 284 ff., 289–295, 299 ff., 299–305, 307 f., 307–363, 310–357, 359–396, 364–406, 400 ff., 405–414, 408–416, 421–444, 424 ff., 430–443, 445 f., 446–454, 448, 450 ff., 454, 457, 463 ff., 467 –, Gabriele, Erzbf. von Mailand ​167– 172, 172 f., 324, 351, 362 f., 362 f. –, Galeazzo Maria, Hzg. von Mailand ​ 92, 92, 348 –, Ludovico [il Moro], Hzg. von Mailand ​ 201 –, Mansueto [auch Crivelli, Mansueto] ​ 371 – [degli Attendoli], Muzio ​212, 411 –, Ottaviano ​396, 397 Sierck, Jakob von, Erzbf. von Trier ​152, 155 f., 162, 163, 178 f., 178, 190, 192, 192, 194, 194, 196, 198 f., 199 f., 202, 202, 204, 204, 206, 206 f. Sigismund, Kg. ​2, 22, 27, 30 f., 30 f., 49, 146 f., 146 f., 460 Sigismund, Hzg. von (Österreich‑)Tirol ​ 156, 165, 204, 381 Simonetta, Andrea ​89 –, Angelo ​89, 318, 318 –, Antonio ​89 –, Cicco, hzgl. Sekr. ​16, 17, 32, 50, 74, 85, 85, 89, 89, 99, 108, 112, 112, 114 f., 114 f., 117, 119, 122, 138, 152, 216, 240–247, 241–245, 252, 252 f., 256, 259, 259 f., 261 f., 262, 270, 276, 276, 280 f., 281, 284 ff., 286,

513

290, 290 f., 296, 308, 315 f., 318, 318, 320 f., 324, 335, 335, 345, 352, 359, 383, 394 f., 407, 409, 453, 464 –, Giovanni ​62, 89 –, Margherita ​89 Sixtus V., Papst ​446 Skanderbeg [Kastriota, Georg], alb. Fürst ​ 347, 359, 399 Sonnenberger, Ulrich, Bf. von Gurk ​ 152, 155 f., 156, 162, 179, 207, 207, 289, 289 Spinola (Familie) ​371 –, Alessandro ​371 –, Giuliano ​371 Stampa, Achille ​390 Stefano da Forlì ​72, 450 Sternberg, Zdenko von ​196 Stilicho [Stilicon] ​21 Summa, Piero da ​443, 443, 445 Széchy, Dionysius, Kard. [Erzbf. von Esztergom (Gran)] ​196, 219, 416, 458 Talenti, Antonio ​34, 34, 36, 36 –, Gabriele ​39 –, Rolando ​18, 24, 31 f., 34, 34 f., 39, 39, 46, 46, 50, 50, 52, 54 ff., 56, 59, 61, 89, 98, 453 Tani [Thanis], Angelo ​184 Tebaldi, Giacomo, Kard. (Kard.priester von Sant’Anastasia, Bf. von Monte­ feltro) ​300, 303, 415, 417, 417, 420 –, Simone di Marco, Arzt Calixts’ III. ​ 303, 403 –, Tommaso (da Bologna), hzgl. Gesandter ​167–171, 169 ff., 229, 231 f., 231 f. Terenz ​24 Terzago, Giovanni ​58, 58 –, Paolo ​362, 382, 441 Themsmonte, Walter de ​284 Todeschini-Piccolomini, Francesco, Bf. von Siena (später Kard.; Papst Pius III.) ​ 447, 447, 450, 453 Tolomei, Francesco ​206 Torquemada, Juan de, Kard. ​408, 411, 415, 417, 417 Toscano, Galeotto ​62, 64 Tranchedini, Giovanni ​74

514

Personenregister

–, Nicodemo (da Pontremoli), hzgl. Gesandter ​17, 63, 66, 68, 70 f., 73–85, 74–85, 88, 89, 90 f., 94 f., 97–102, 99 ff., 108, 109, 112, 139 f., 168 ff., 168 ff., 209, 211, 213 ff., 213, 215, 223, 352, 421, 421 Trapezunzio, Giorgio (di) [da Trebisonda] ​ 184 Traversari, Ambrogio ​38 Tregory, Michael ​36 Trivulzio, Giacomello da, hzgl. Gesandter ​ 72, 88 f., 88, 92, 94, 94 f., 131 f., 139 f., 148 ff. Troylo, hzgl. Gesandter ​264, 264, 266 Ulessis [Ulessi, Ulesis], Giovanni de ​ 199 ff., 200 ff., 225, 292, 331, 331 Ungnad, Johann ​91, 152, 155, 200, 289, 331 Urban III., Papst ​22 Urrea, Pedro de, Erzbf. von Tarragona ​ 219, 230 Valois, Johanna von, Tochter Karls VII. ​ 52 –, Katharina von, Tochter Karls VI., Gattin Heinrichs V. ​28 Varano, Costanza da ​437 –, Giulio da ​442 ff., 442 ff., 449 –, Piergentile da ​437 –, Rodolfo da, Signore von Camerino ​ 444, 444 Varroc, Guillaume de ​53, 58, 86, 86, 393 Vaudémont, Ferry [Friedrich] de, Gf. ​52 Vegio, Bartolomeo ​113 Venningen, Jost von ​157, 157 f., 185 Vergil ​24 Vetési, Albert, Bf. von Veszprém ​172 Visconti (Familie) ​17, 22, 82, 199, 320, 334 –, Az[z]one ​35 –, Bartolomeo, Bf. von Novara ​74, 209 ff., 211 f., 213–217, 214 ff., 220, 223, 233, 233, 239 f., 240 f., 244–248, 244–251, 251 ff., 253–264, 255–260, 262 ff., 267 ff., 268 f., 271 f., 271 ff., 276, 276–280, 278, 281, 283, 283, 288, 292 ff., 292 ff., 299 ff., 299 ff.,

304 f., 304 f., 307, 307, 313 f., 313 ff., 319, 342, 369, 407, 429, 431, 431, 462, 462 –, Bianca Maria, Hzg. von Mailand ​82, 126, 141, 151, 151, 242, 327, 327, 334, 334, 346, 348, 350, 356, 357, 371, 371 f., 390, 392 f., 396, 396 f., 400, 400, 441, 445, 445, 447 f., 453 –, Elisabetta, Nichte Zanone di Castigliones ​32, 35, 50, 113, 113, 244, 276, 286, 286, 318, 409, 453 –, Filippo Maria, Hzg. von Mailand ​2, 14, 24, 24, 30 f., 31, 33, 35, 38 f., 45, 61 f., 61 ff., 77, 82, 90, 101, 114 f., 114, 126, 146 f., 169, 221, 240 f., 256, 300, 459, 462, 464 –, Gaspare ​35 –, Gasparino ​35, 392 –, Giacomo Bonifacio ​35 –, Gian Galeazzo [Giangaleazzo], Hzg. von Mailand ​22, 48 f., 90 –, Giovanni, Erzbf. von Mailand ​99 –, Giovanni Maria, Hzg. von Mailand ​ 126 –, Guiniforte ​32, 34, 35, 57, 113 –, Ottone, Erzbf. von Mailand ​22 –, Pietro ​334, 334, 346, 358 –, Valentina, Gattin des Hzg. Ludwig von Orléans ​49, 86 – Carmagnola, Antonia ​453 Vitéz, János, Bf. von Großwardein [später Erzbf. von Esztergom (Gran)] ​127, 127, 142 ff., 144, 154, 179, 185, 185, 194, 195, 198, 198, 203 ff., 203 ff. Vittorino da Feltre ​38 Vogg, Hans ​195 f., 199, 202, 204 Volkensdorf, Georg von ​152 – [Volkersdorf], Sigismund, Erzbf. von Salzburg ​154, 192 Vukčić [Kosača], Stjepan ​66 Wenzel, Kg. ​90 Wilhelm III., Hzg. von Sachsen, Schwager von Kg. Ladislaus ​204, 381, 398, 398 Zaccaria, Zanetto ​398 Zöbing zu Kranichberg, Walter von ​200

Orts‑ und Sachregister Aachen ​155 Albanien ​347, 372 Aldeneik ​40 Alessandria ​329, 336, 341, 341, 343, 390 Ambrosianische Republik ​32, 61, 61 ff., 63 f., 90 Amselfeld ​66 Ancona ​394, 435, 435, 440 f., 441, 448, 451 Angers ​37, 98 Ascoli ​436, 441 Assisi ​428, 428 Augsburg ​192 Avignon ​7, 407, 421, 423, 458, 458 Avranches  30, 47 Azincourt ​28 Baden ​206, 206, 289, 289 Bamberg ​311 Barcellona ​404 Basel ​192 Basler Konzil ​13, 33 f., 41, 41, 48, 53, 60, 454 Bassignana (Pavia) ​345, 364 Bayeux ​2, 26, 30, 32 f., 33 f., 35 ff., 40, 40, 46, 47 f., 56, 56 f., 59, 68, 96, 98 Beauvais ​33 Belgrad ​285, 286, 288, 288 Benevent ​46 Bergamo ​339 Böhmen ​2 f., 9, 30, 53, 66, 127, 136, 142 f., 142 ff., 149 f., 163, 179, 180, 184, 185, 186, 194, 194 ff., 196, 203 f., 296, 367, 380, 381, 398, 398 f., 457 Bologna ​41 f., 42, 68, 92, 141, 151 f., 170, 191, 193, 204, 207, 210, 210, 228 ff., 228 ff., 238, 242, 245, 278, 281, 290 f., 295, 308, 308, 321 f., 346, 352 f., 386, 436, 446

Bosnien ​9, 66 f., 67, 129 f., 372 f., 372 f., 459 Bratislava [Preßburg] ​287 Breme ​334, 334, 337, 346 f., 352, 355, 355 f., 376, 376 f. Brixen ​458 Brüx ​207 Buda ​144 f., 144, 180, 196, 225 Bulgarien ​225 Burgund ​15, 28 f., 29 f., 33, 40, 136, 155 f., 155 f., 158, 158, 160, 160, 162 ff., 163 f., 179, 182, 192, 194, 458 Caen ​35 f., 35 ff., 40 f., 54, 58 Camerino ​441 ff., 441, 443 f., 449 Cartagena ​26 Castiglione Olona ​1, 4 f., 21, 21 f., 23 f., 27, 42, 50, 52, 146, 146, 148, 232, 232, 309, 451 Cerreto ​85, 125, 125 f., 148, 148, 212 f., 236, 376 Cesena ​444 Cherbourg ​56, 56 Chiaravalle (Abbazia) ​313, 376, 384, 384 Cingoli ​440 Città di Castello ​442, 443 Collegio Castiglione (Collegio di Sant’Agostino) ​25 f., 25 ff., 42, 148, 284 Como ​59, 92, 169, 284, 376, 378, 378 ff., 380, 389, 389, 400, 400, 432, 450 Coutances ​3, 5, 9, 29, 30, 32, 40, 40, 46, 48, 48, 50–54, 51–55, 56, 58, 58 f., 86, 93, 96 ff., 96, 99, 101, 101, 103 ff., 104, 106, 109, 111 f., 114, 114 ff., 116, 118, 119, 121, 393 Cravant ​36

516

Orts‑ und Sachregister

Cremona ​126, 199, 258, 258, 283, 371, 384 f., 382 Dänemark ​136, 159, 185, 189 Deutscher Orden ​154, 157, 158, 159, 163 Donauwörth ​30 Eichstätt ​311 Eik ​40, 40, 42 England ​2 f., 28 f., 28 ff., 33, 33, 35 ff., 37 f., 40, 44–48, 44–48, 52 f., 52 ff., 55 ff., 59, 96, 98, 136, 219, 286, 460 f. Évreux ​29, 47, 48, 55 Fabriano ​439, 440–444., 441 ff. Fasanenfest von Lille ​155, 181 Fermo ​435, 445 Ferrara ​63, 92, 92, 136, 185, 228, 230, 285, 437 Florenz ​7, 17, 41 f., 45, 63, 66, 72, 74, 81, 84, 84, 87, 88, 89, 92, 94, 94, 110 f., 111, 131, 137, 140, 140, 146, 159, 214 f., 233, 233, 237, 245, 255, 257, 264, 300, 302, 302, 373, 373, 407, 422, 430, 434, 446 Fougères ​55 f. Frankfurt (→ auch Reichstag zu Frankfurt) ​3, 163, 165, 175 ff., 175–179, 184–188, 185 f., 188, 192 f., 193, 196, 298, 438, 451, 457 Frankreich (→ u. a. auch Normandie) ​ 2 f., 15, 28 f., 45, 47, 48 f., 52, 55, 55 f., 57, 59, 65 f., 66, 86 f., 86 ff., 90, 92 ff., 93 f., 96, 96, 98 ff., 98 ff., 102, 102, 109, 111, 115, 118, 131, 132, 136, 168, 168, 175, 190 f., 194, 196 ff., 198, 219, 241, 286, 298, 305 f., 306, 324, 381, 407, 418 f., 419, 421 ff., 422 f., 426, 426, 428, 441, 442, 458, 458, 461, 465 Friede von Lodi ​3, 159, 159, 175, 187, 198, 201, 209 f., 210, 281, 369 Genua ​66, 88, 89, 137, 186, 194, 322, 341, 371, 373, 373, 409, 423, 441 Graz ​127

Hall ​165, 165 Hundertjähriger Krieg ​2 f., 28 f., 28, 36, 46 f., 52, 55, 55 ff., 461 Hussiten ​30, 459 Iesi ​441, 441 Interdikt ​435, 441 Investitur – Bistum Alessandria ​173, 329, 336, 341, 343, 363 – Bistum Bayeux ​33, 33, 59 – Bistum Bobbio ​173 – Bistum Como ​50, 59, 173, 378 ff., 378 ff. – Bistum Coutances ​48, 51, 51 f., 98 ff., 101 f., 104, 104, 106, 111 f., 114, 114, 118, 119, 122, 460 – Bistum Cremona ​126, 173, 382, 384 ff., 385 – Bistum Lisieux ​30, 32, 53 – Bistum Lodi ​173 – Erzbistum Mailand ​84, 98–105, 99, 101 f., 104 ff., 108, 115, 115, 117, 117, 122, 124, 124, 167 f., 167, 169– 173, 170 f., 324, 351, 362 ff., 362 ff., 456 – Hzgm. Mailand ​3, 82, 90, 90, 92, 93, 96, 103, 130, 137–141, 140 f., 150 f., 150 f., 153, 160, 160, 163, 166, 175, 177, 177, 188, 199–203, 199 ff., 217 ff., 218, 221 f., 221 f., 225–230, 225–230, 281, 281, 284 ff., 284 f., 287, 289 ff., 289 ff., 298, 318, 318, 331, 382, 382, 407, 468 – Kgr. Neapel ​3, 399, 405, 405, 428, 429, 441 – normannische Bistümer allgemein ​29, 29 f. – Bistum Novara ​173, 312–318, 312– 320, 322 ff., 322 ff., 326 ff., 327, 329 f., 332 f., 333, 342 f., 343 – Bistum Parma ​173, 346, 370 f. – Bistum Pavia (und Translation in die patria) ​3, 97, 102 ff., 102–106, 110– 126, 114–126, 128, 130 ff., 130 ff., 138, 145, 148 ff., 148 ff., 153, 166 ff., 167, 170 ff., 171 ff., 175, 187, 201, 212, 212 f., 234, 316 ff., 324, 324 f.,

Orts‑ und Sachregister

333, 351, 362, 382, 408, 440, 440, 449 f., 449 f., 462 ff. – Bistum Piacenza ​102, 102, 104–109, 105–109, 113, 120, 124, 126, 173 – Erzbistum Rouen ​47, 50, 109 ff., 109, 113, 119 – Bistum Tortona ​173 Irland ​44, 44, 48 Jajce ​67 Kalabrien ​441 Kardinalserhebung ​3 f., 9 f., 45, 59, 70 f., 70 ff., 75–79, 75–84, 82 ff., 92–96, 93 ff., 98 f., 101 f., 114, 117, 139, 142 f., 147, 150, 166, 166, 209, 212, 214, 216, 216, 220, 233, 233, 236, 237–242, 238–262, 244–248, 250 ff., 255–279, 262–280, 281 ff., 292–297, 294 f., 299–305, 299–309, 307, 309, 312, 399, 404, 407 f., 423, 433, 434, 450, 455 ff., 455 ff., 463 ff. Kastilien ​241, 263, 264, 286, 344, 344 Katalonien ​219 Ključ ​67 Köln ​155, 192, 208, 297, 381 Kongreß von Mantua ​437 f., 437 Konklave ​8, 174, 214, 403, 406 f., 411 ff., 411–424, 415–420, 423 f., 426, 428, 428, 432, 434, 451, 458, 458, 464 ff. Konstantinopel ​110, 110 f., 127, 127, 129, 133, 134, 137, 161, 161, 179, 181, 181, 288, 288, 395 Konstanz ​29, 298, 311, 368 Konstanzer Konzil ​13, 24, 28 f., 418, 419 Konzil von (Ferrara‑)Florenz ​42 Konzil von (Pavia‑)Siena ​36 Korsika ​371 Kreuzzug (→ auch Türken) ​127 ff., 134 f., 142, 155, 155, 161 ff., 165 f., 166, 176, 179, 180, 184 ff., 185 f., 193, 196, 197, 198 f., 203 ff., 207, 211, 219, 221, 221 f., 230, 230, 265, 285 f., 286, 288, 288, 290, 296, 338, 338, 346, 372, 373, 381, 459 Kurie ​1, 1, 3, 8 f., 13, 16, 17, 19, 27, 33, 41 ff., 42, 45, 47, 53 f., 54, 62 f., 63,

517

65, 66, 68, 69 ff., 71, 73, 74 f., 76 ff., 80, 84, 86, 88 f., 93, 93 f., 96, 98, 98, 100 ff., 100, 104, 104, 110, 112, 116, 116 ff., 118, 121, 122, 123, 124, 128 ff., 129, 132 ff., 132–137, 138 f., 139, 142 f., 144, 145, 148, 148, 150, 165, 166 f., 166, 169–173, 170–173, 175, 181, 183, 186 f., 188, 190, 190 f., 193 f., 197 ff., 203, 203, 206 ff., 211, 214–218, 219, 220 f., 222, 223 f., 229, 230 ff., 231 ff., 237, 239 ff., 240, 254, 258 ff., 259, 262, 264, 265, 266, 268, 270, 274, 276, 276 f., 278, 281, 282, 292, 293 ff., 294 f., 302 f., 305 f., 309, 310, 311 f., 312 f., 314, 317, 322, 324, 324, 328, 328, 335, 338, 343, 343 f., 346, 347 f., 351, 351, 354, 354, 357 f., 361, 366, 368, 369, 372 ff., 374 f., 377, 380, 381, 386 f., 390, 392, 398 f., 400, 403 f., 405 ff., 405, 410 f., 410 f., 414, 416, 418 f., 419, 421, 423 f., 426 f., 426, 429, 431 f., 432 f., 436 f., 436, 448 f., 453, 455–463, 456 ff., 466, 466 Lega Italica ​3, 159, 210, 252, 368, 428 Lille ​155 Lisieux ​26, 26, 29 f., 30, 32, 36, 47 f., 53 f., 56 Ljubljana [Laibach] ​331 Lodi ​89, 171, 350 Lothringen ​441 Lucca ​137, 302, 302 Lüttich ​26, 26, 40, 40, 284, 311 Luxemburg ​163 Lyon ​86, 86, 88 Macerata ​435 f., 435 f., 441, 441, 445 f., 448 Mähren ​53, 142, 143, 153, 180 Mailand (→ auch Investitur) ​3, 5, 9, 14 f., 17, 21, 26 f., 31, 31, 34, 37, 40, 42, 45, 48, 50, 55, 58, 61 ff., 61 ff., 66, 67 f., 68, 72 f., 77, 81 f., 84, 87–93, 87–94, 96, 98 f., 98 f., 101 f., 101 f., 104 f., 104, 106, 108, 110, 111, 115, 116, 117, 118, 123 ff., 124, 130, 133, 133, 137, 140 ff., 141 f., 147, 153,

518

Orts‑ und Sachregister

159, 167 f., 168, 170 f., 170 ff., 186, 188, 199, 201, 209, 210, 211, 212, 217, 218, 220, 220 f., 224, 226, 226, 228, 228 f., 230 f., 231 f., 237, 240, 241 f., 264, 268, 270, 276, 280 f., 288, 291, 298 f., 298, 307 f., 307 f., 312, 317, 324, 331, 338, 351, 356 f., 356, 358, 361–365, 362, 364, 369, 370, 373, 373, 383, 385, 385, 389, 389, 392 f., 398, 407, 410, 414, 420, 422, 426, 432, 434, 434, 436, 436, 440, 446, 451, 451 ff., 454, 457, 459, 463, 466, 466 Mantua ​15, 141, 185, 308, 308, 348, 350, 420, 422, 422, 437 f., 437 f., 446 Mariana ​371 Marken (bzw. Mark Ancona) ​3, 9, 89, 89, 210, 394, 427, 427, 429 ff., 430 ff., 435 f., 435 ff., 438 f., 440, 441, 442 f., 443 ff., 445–449, 448, 451, 466 f. Miramondo (Abtei) ​172, 317, 317, 322, 322 Modena ​45, 136, 224, 450 Monreale ​404 Monterau ​28 Montferrat ​136 Mont-Saint-Michel ​28, 36 f. Monza ​89, 91, 113, 113 Nancy ​52 Neapel ​3, 7, 15, 17, 66, 78, 81, 81, 84, 87–91, 88 ff., 93 f., 94, 100, 103, 110 f., 121, 159, 220, 230 ff., 230, 232 f., 234, 246, 246, 251, 264, 264, 288, 322, 347, 368, 369, 398 f., 405, 405, 408, 410 f., 414, 419, 423 f., 428, 429, 434, 436, 441 ff., 441 f., 458, 467 Nocera ​428, 428 Nördlingen ​195 f., 199, 202, 204 Normandie ​2, 3, 10, 18, 26, 28 f., 28 f., 31 ff., 33 f., 35 ff., 38, 39 f., 44 ff., 46 f., 48, 49, 51 f., 51 ff., 54–61, 55–59, 65, 86, 91, 96, 97 f., 101, 109, 109, 114, 284, 308, 393, 393 f., 407, 457, 459 ff., 464 Novara ​214, 215, 312–318, 314–322, 322 ff., 324, 327, 327 ff., 329, 332, 336, 342 f., 343

Nürnberg ​3, 150, 153, 153, 165, 175, 184, 188, 188 ff., 192, 192 f., 291, 291 f., 296 ff., 296 ff., 368, 375, 382, 457 Olmütz ​367 Orden vom Goldenen Vlies ​155 Orléans ​37, 37 Orvieto ​329, 442 Osimo ​441, 441 Padua ​22, 24, 27, 38, 256 Pamplona ​404 Papst (→ insb. auch Nikolaus V., Calixt III. und Pius II.) ​66, 69 f., 74, 88, 93, 148, 203, 203, 206 ff., 207 f., 286, 336, 408 f., 408, 410, 412 f., 414, 417, 421 ff., 426, 428, 431, 433, 433 f., 455 f., 457, 463, 465 f. Papstwahl (→ auch Konklave) ​6, 9 f., 54, 207, 207, 209, 209, 260, 404, 406–426, 406, 408 f., 411–428, 432 ff., 433, 455 ff., 455, 465 f. Paris ​29, 29, 33, 36, 37, 40 ff., 47, 59, 460 Parma ​26, 27, 42, 45, 324, 343, 346, 351, 352 f., 355 f., 370, 370 f., 450 Passau ​187 ff., 187 ff. Patras ​46 Pavia ​3, 9, 22, 24 ff., 25 f., 31 f., 40 ff., 45, 48 f., 97, 99, 102 ff., 102, 104 f., 108, 112 ff., 114–119, 118–126, 121 ff., 126, 130 ff., 133, 137 f., 137, 141 f., 141 f., 148 ff., 148 f., 150 f., 153, 166 ff., 168, 170 ff., 171 ff., 175, 177, 177, 188, 199, 212, 212, 220, 222 f., 223, 234, 238, 253, 280, 280 f., 284, 296, 307, 307, 310, 312, 316, 316 ff., 318 f., 324, 324 f., 333 f., 334, 345, 350, 351, 361, 362, 364, 382, 393 f., 439 f., 439 f., 445, 445, 448 f., 449 ff., 453, 453 Perugia ​438, 438, 442 Pesaro ​436 f., 437, 442, 444 Piacenza ​26, 45, 101 f., 102, 104–108, 105–109, 113, 120, 126, 312, 358 Polen ​30, 136, 157 ff., 157 f., 164, 172, 172, 185, 192, 219

Orts‑ und Sachregister

Portugal ​238, 242, 244, 245, 264, 264, 286, 295, 457 Prag ​128, 128, 142 ff., 163, 180, 184 Pragmatische Sanktion von Bourges ​98, 381, 381 Preußischer Bund ​157 Raszien (→ auch Serbien) ​67, 219, 225 Recanati ​441, 441, 445 f., 445 f. Regensburg ​3, 30, 127, 135, 141, 141, 144, 150–156, 151–156, 158 f., 158, 161, 163, 163, 165 ff., 165, 171 f., 175, 175, 177 f., 178, 180, 180, 183 f., 184, 187, 190, 192, 192 f., 196, 438, 457 Reggio Emilia ​45 Reich ​2 f., 9, 30, 48, 66 f., 67, 82, 88, 89 f., 90, 127, 129 f., 129, 133, 135 f., 138 f., 142, 146, 148 f., 150, 150, 153, 155, 157 f., 163, 164, 166, 171, 173, 175 f., 184, 185, 187, 189, 194, 197, 198 f., 200 f., 203, 204, 210 f., 217 ff., 217 ff., 223, 226, 226, 228, 230, 230, 232, 239, 270, 274, 280, 281, 283, 284, 285, 288 f., 291 ff., 296, 297, 299, 303, 305 f., 306 ff., 312, 318, 327, 346, 381, 381 f., 395, 418, 419, 459, 462 Reichstag ​5, 129, 135, 138, 141, 152, 163 ff., 175, 219, 462, 467 Reichstag zu Frankfurt ​3, 135, 145, 145, 163, 165, 167, 172 f., 175 ff., 175–179, 180–189, 185 ff., 190 f., 193, 193 f., 196, 196 f., 198, 198, 438, 451, 457 Reichstag zu Regensburg ​3, 127, 133, 135 ff., 135 f., 138 f., 141, 141 f., 144, 150–167, 152–165, 171, 171, 175, 175–187, 178–187, 189 f., 192, 196, 284, 438, 457 Reichstag zu Wiener Neustadt ​3, 135, 175, 183, 185 ff., 185 ff., 190–194, 192–203, 196 f., 202 f., 205, 206, 207, 225, 292, 369, 438, 457 Reichsversammlung von Nürnberg ​150, 291, 296 ff., 457 Rhodos ​219, 230 Rimini ​428

519

Rivalta (Abtei Santa Maria di Rivalta) ​ 318 f., 322–335, 322–339, 337, 339, 342–346, 342 ff., 347, 348 f., 349 ff., 354, 359, 360, 362, 365, 365, 372, 374, 374, 376, 376 f., 379, 382 f., 383 ff., 385 f., 388 f., 388 f., 394 f., 394 ff., 398, 432, 432, 439, 439 f. Rom (→ auch Kurie) ​3, 16, 41, 43, 54, 54, 56, 61 f., 62 f., 65 ff., 71 ff., 80, 81, 84, 84, 88, 88, 90 f., 90 ff., 96, 98 f., 99, 111 f., 118, 121, 122, 125, 132, 134, 138, 142, 145, 145 f., 149, 149, 165 f., 166, 169 ff., 171 f., 187 f., 187, 189 f., 193, 207, 207 ff., 211, 212 f., 213 ff., 215, 217 f., 217 f., 220, 221, 223, 228 f., 228 f., 231, 234, 236, 237 f., 241 ff., 241 f., 248 f., 263 f., 268, 268, 270, 276, 276, 287, 287 f., 292 ff., 292 ff., 299, 302, 302 f., 305 ff., 306 ff., 310, 310, 312, 319 ff., 322, 328, 335, 340, 340, 343, 345 f., 346 ff., 350, 351 f., 358, 360, 362, 366, 368 f., 372 f., 373, 380 f., 387, 390, 395 f., 398 f., 399 ff., 401, 403, 404 f., 405 f., 408 ff., 408, 410 f., 415 f., 422, 431, 432 f., 432, 437, 438, 446, 451, 453, 456 ff., 456, 458, 463 f., 466 Romagna ​209, 210, 369 f. Rouen ​26, 29, 34, 36, 40, 40, 47, 47 f., 51 ff., 55, 55, 57, 58 f., 59, 109 ff., 109, 113, 119, 422 Sachsen ​152, 179, 204 f., 204, 207, 398 f. San Celso (Mailand) ​364 f., 364 f. San Cosimato ​399, 399, 403 San Martino (Parma) ​151, 351 ff., 351, 353 ff., 355 f. San Marziano (Tortona) ​313, 337, 342, 342, 344, 344, 350, 350 f., 365, 365, 376 San Matteo (Tortona) ​329, 342, 342, 344 San Severino ​441, 441, 443, 443 Sankt Gallen ​24, 368 Sant’Abbondio (Como) ​376, 386, 386, 389, 400, 400 f., 403, 403, 432, 436, 450

520

Orts‑ und Sachregister

Santa Marta (Novara) ​319, 375 Savoyen ​31, 164, 397 Schisma ​3, 7, 96 Schottland ​44, 44, 48, 136 Schweden ​136, 159 Sées ​48 Senlis ​29 Seprio ​21 f. Serbien ​66, 204, 219, 225, 271, 395 Siena ​22, 30, 137, 141, 154 f., 165, 165 f., 191, 207, 210, 217, 217, 228, 228 f., 230, 231, 233, 237, 245, 255, 257, 283, 302, 302, 321 f., 336, 338, 352 f., 442, 447 f., 448 f. Slawonien ​285 Spoleto ​410 Straßburg ​154, 179, 192 Tivoli ​399 f., 399, 401, 403 f. Tortona ​27, 248, 319, 329, 329 ff., 331, 333, 333 f., 336, 341 f., 342 f., 345, 350, 371, 376, 450 Türken ​3, 66 f., 110, 110 f., 127 ff., 127 f., 130 f., 134 ff., 134–138, 138, 142, 142 ff., 151, 154, 161 f., 161 f., 164 f., 165 f., 166, 178, 180 f., 182, 185 f., 186, 193, 193 ff., 196, 197 ff., 198 f., 204 f., 207, 210, 210 f., 218 f., 219, 221, 221, 225, 230, 245, 270 f., 274, 274 f., 283, 284–288, 285 f., 288, 290, 290, 296 f., 297, 346 f., 359, 363, 372 f., 372 ff., 381, 387, 395, 398, 400, 427, 437 f., 458, 467 Turin ​22 Ulm ​155, 155, 192, 297 Ungarn ​2 f., 9, 30, 30 f., 66 f., 89, 103, 127, 127, 129, 129 f., 136, 142–150, 142, 144 f., 147, 153, 161, 162, 172, 172, 179, 180, 182, 182, 185, 185, 191, 193 ff., 194 ff., 200, 203, 203, 205, 211, 217 ff., 218 ff., 225, 225,

230, 262, 262, 264, 264, 270, 270, 274 f., 274 f., 281 f., 281, 285, 285, 287 f., 288, 290, 290, 296, 297, 303, 303, 305 f., 306, 308, 309, 312, 318, 318, 331, 346, 380 f., 380 f., 386, 388, 395, 400, 457, 458, 459 Universität (Angers) ​37; (Bologna) 41 f., 41, 54, 446; (Caen) 35 ff., 35 ff., 40 f., 41, 54, 54, 58, 96, 394; (Orléans) 37; (Oxford) 38; (Padua) 22, 24; (Paris) 33, 36, 37, 40 ff., 41, 54; (Parma) 22; (Pavia) 22, 24 f., 24 ff., 31, 41 f., 42, 48 f., 54, 116, 149, 222, 238, 453, 453; (Siena) 22; (Turin) 22 Urbino ​428, 430, 430, 442, 442, 444 f. Utrecht ​59 Valencia ​219 Varese ​21 Venedig ​31, 66, 68, 78, 81, 81 f., 87, 88 ff., 90 f., 93 f., 93 f., 100, 100, 103, 110, 110 f., 121, 125, 127, 136, 137, 146, 159, 159, 165, 166, 186, 194, 207, 207, 210, 213 f., 218, 233, 233, 245, 260, 288, 391, 395, 407, 446 Verneuil ​36 Verona ​38 Vertrag von Terracina ​441 Vertrag von Troyes ​28 Veszprém ​26, 148 Visegrád ​31 Viterbo ​293, 293, 347, 347, 416 Wahlkapitulation ​416, 416, 457 Wien ​127, 184, 194, 195, 202, 204 ff., 204 f., 287 ff., 287 ff., 457 Wiener Neustadt ​3, 93, 128, 133, 142, 155 f., 171, 183, 185 ff., 185 f., 189, 189, 192, 192–197, 194 ff., 200 ff., 202, 205 f., 207, 285, 285, 287, 288 ff., 289, 291, 292, 331, 369, 438, 457 Worms ​178, 178, 311