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German Pages [628] Year 2012
EIN HÄNDLER » E N T A R T E T E R « KUNST BERNHARD A . B Ö H M E R UND SEIN NACHLASS
SCHRIFTEN DER FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« BAND
III
EINE I N I T I A T I V E DER F E R D I N A N D - M Ö L L E R - S T I F T U N G ,
BERLIN
EIN HÄNDLER »ENTARTETER« KUNST B E R N H A R D A . B Ö H M E R U N D SEIN N A C H L A S S
H E R A U S G E G E B E N VON M E I K E H O F F M A N N
Akademie Verlag
INHALT
VORWORT U N D DANK
Vom »Wunderkind« z u m Kunsthändler Stationen im Leben von Bernhard A. Böhmer Marie-Luise Tapfer
» M e i n guter wie mein böser Engel« Ernst Barlach und Bernhard A. Böhmer Volker Probst
Im Widersprüchlichen vereint Rolf Hetsch und Bernhard A. Böhmer Frédérique Régincos
Beschlagnahmte Kunstwerke im Atelier Ernst Barlachs Böhmer als Händler der Aktion »Entartete Kunst« und die Auslagerung von deren Restbeständen nach Güstrow Andreas Hiineke
VL Inhalt Güstrow 1 9 4 5
89
Zwischen Chaos und Neubeginn Detlev Brunner
Geplündert, geborgen, sichergestellt, verkauft
97
Der Nachlaß von Bernhard A. Böhmer Meike Hoffmann
Sicherung im Dienste der Kunst
135
Kurt Reutti und die Werke »entarteter« Kunst in Güstrow und Rostock Dorothee Grafahrend
B e w a h r t in R o s t o c k
151
Zum Schicksal eines Teilbestands aus dem Nachlaß von Bernhard A. Böhmer Heidrun Lorenzen
Zwischen Begehrlichkeit und Rückführungspflicht
175
Rückgaben an die Museen der D D R Susanna Koller / Wolf Karge
Umstrittene Kunst
199
Die Rezeption »entarteter« Kunst nach 1945 und ihre Auswirkungen auf das Kulturhistorische Museum in Rostock Maike Steinkamp
I m Schatten des Meisters
211
Böhmers Nachgüsse von Werken Wilhelm Lehmbrucks Meike Hoffmann
V o m Reichsvermögen zum Bundesvermögen Das rechtliche Schicksal des Nachlasses von Bernhard A. Böhmer Harald König
Tafeln und A b b i l d u n g e n
227
Inhalt _ V I I
Katalog W e r k e »entarteter« K u n s t im N a c h l a ß v o n B e r n h a r d A. B ö h m e r
241
Meike Hoffmann
I. Von Kurt Reutti sichergestellte und an das Museum der Stadt Rostock und andere Sammlungen iibergebene Werke II. Im Erbteil nachgewiesene Werke »entarteter« Kunst
249 387
III. Von Nachbarn in Besitz genommene Werke aus dem Nachlaß
441
IV. Sonderfälle (nicht identifizierbare Werke)
444
Anhang
WERKVERZEICHNISSE
453
KONKORDANZ NACH EK-NUMMERN
459
KONKORDANZ NACH HERKUNFTSMUSEEN
466
ABBILDUNGSNACHWEIS
479
REGISTER
483
Vorwort und Dank
Bernhard A. Böhmer gilt als einer der wichtigsten Kunsthändler im »Dritten Reich«. Sein Name taucht im Umkreis der größten Machtinhaber des nationalsozialistischen Regimes auf. Nachweislich vermittelte er Werke an das geplante »Führermuseum« in Linz und soll als einer der zentralen Verbindungsmänner die Handelsströme zu Adolf Hitler aus dem In- und Ausland organisiert und zusammengefaßt haben. Böhmer arbeitete unter anderem zusammen mit Walter Andreas Hofer, dem Hauptlieferanten für Hermann Görings Kunstsammlung, und gehörte zu den wenigen Kunsthändlern, die von Joseph Goebbels' Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zur »Verwertung« der 1 9 3 7 in deutschen Museen als »entartet« beschlagnahmten Kunstwerke ermächtigt waren. Und doch ist bis heute über Bernhard A. Böhmer und seine Rolle im NS-System wenig bekannt. Als er sich im Mai 1 9 4 5 beim Einmarsch der Roten Armee in Güstrow das Leben nahm, hinterließ er keine Geschäftspapiere - so wird es zumindest von seinen Zeitgenossen überliefert. Ohnehin müssen wir davon ausgehen, daß Böhmer über den notwendigen Briefwechsel hinaus seine Transaktionen nicht schriftlich festhielt. Trotz fehlender Anhaltspunkte wird Böhmer in summarischen Abhandlungen immer wieder einer pauschalen Beurteilung unterzogen. Im allgemeinen gilt er als ein skrupelloser Profiteur des Hitler-Staates. Neuerdings wird er auch als Retter
Χ
Vorwort und
Dank
zahlreicher Kunstwerke stilisiert. Beide Darstellungsweisen sind eindimensional und helfen kaum, damalige Sachverhalte aufzuklären. Vielmehr versperren sie den historisch-kritischen Zugang. Sie entspringen landläufigen Strömungen der Vergangenheitsbewältigung, die auf ein eindeutiges Täter-Opferschema rekurrieren. Auch wenn die zwölf Jahre des »Dritten Reichs« zu den Abschnitten der deutschen Geschichte gehören, die außerordentlich gut erforscht und dokumentiert sind, müssen wir auf dem Gebiet des nationalen und internationalen Kunsthandels der Zeit noch große Wissenslücken beklagen. Bevor nicht anhand von schriftlichen Quellen die Einzelgeschichten der Hauptfiguren sowie deren Möglichkeiten und Grenzen des Agierens rekonstruiert sind, lassen sich keine endgültigen Aussagen treffen. Erst mit dem Blick aufs Detail wird man sich Schritt für Schritt der Person Böhmers und von hier aus ihrer Position und Reichweite innerhalb des vielschichtigen Kunsthandels der nationalsozialistischen Zeit mit seinen kompliziert ineinander greifenden Mechanismen nähern können. So war es eine glückliche Fügung, als im September 2007 ein Anruf aus Rostock die FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« in Berlin erreichte. Heidrun Lorenzen, Leiterin des Kulturhistorischen Museums, berichtete von ihrem Plan, im Folgejahr eine Ausstellung mit Werken aus der »Sammlung Böhmer« zu zeigen. Seit 1947 befindet sich die dort sogenannte »Sammlung« des Kunsthändlers in Rostock. Z u diesem Bestand gehören Meisterwerke der Klassischen Moderne von namhaften Künstlern wie Otto Dix, Lyonel Feininger, Erich Heckel, Paul Klee, Franz Marc, Gerhard Mareks, Alexej von Jawlensky, M a x Pechstein, Christian Rohlfs, Oskar Schlemmer und vielen mehr. Ungeachtet ihrer außerordentlichen Bedeutung hatte die »Sammlung« von Anfang an einen schweren Stand, was vor allem auf ihre Provenienz zurückgeführt werden muß. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung den in der sowjetischen Besatzungszone noch befindlichen Restbestand aus der nationalsozialistischen Aktion »Entartete Kunst« ausfindig machen und sicherstellen. Im Nachlaß von Bernhard A. Böhmer fand man davon 1 . 1 6 2 Werke und deponierte sie bis auf weiteres im Museum der Stadt Rostock. Innerhalb von nur zehn Jahren wurde die einst verfemte Kunst quasi ein zweites Mal beschlagnahmt, wenn auch mit anderem Hintergrund und Ziel. Ursprünglich war geplant, die aus ostdeutschem Museumsbesitz stammenden Objekte den Herkunftsinstitutionen zurückzugeben. Dies konnte jedoch nur sukzessive und nicht vollständig verwirklicht werden, da die Eigentumsverhältnisse fraglich blieben. Böhmer hatte die Werke zum Teil durch Kauf oder Tausch erworben, zum Teil nur in Kommission übernommen, wobei unklar war, um welche Werke es sich im letztgenannten Fall handelte. Darüber hinaus kam mit Beginn der sogenannten Formalismus-Debatte Ende der vierziger Jahre erschwerend hinzu, daß die in der »Sammlung« vertretenen Stiltendenzen wiederum nicht der Staats-
Vorwort und Dank _ XI
ideologie - jetzt dem Sozialistischen Realismus - entsprachen. Museumsmitarbeiter, die sich dem offiziellen Geschmacksurteil widersetzten, wurden entlassen, Ausstellungen der »Sammlung« frühzeitig geschlossen. Einzelwerke ließen sich in Rostock bisweilen zeigen und waren auch als Leihgaben durchaus begehrt, aber in seiner Gesamtheit durfte der Bestand aus dem Böhmer-Nachlaß öffentlich nicht thematisiert werden. Heute befinden sich noch 6 1 3 Werke (27 Gemälde, 6 Plastiken, 23 Aquarelle, 20 Zeichnungen, 537 Druckgraphiken) aus Böhmers Hinterlassenschaft im Kulturhistorischen Museum Rostock. Es handelt sich hierbei um das umfangreichste Konvolut ehemals beschlagnahmter »entarteter« Kunst in Museumsbesitz. Nachdem man sich in den achtziger und neunziger Jahren innerhalb des Museums bereits vergeblich um eine Ermittlung der Tatbestände bemüht hatte, widmete sich Heidrun Lorenzen nun der längst überfälligen Aufgabe, die »Sammlung« wieder ins öffentliche Interesse zu rücken und ihre unheilvolle Geschichte restlos aufzuklären. Zunächst einmal mußte der Bestand wissenschaftlich erfaßt werden. Hierfür bat Heidrun Lorenzen die FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« um M i t h i l f e
beim Abgleich der in Rostock befindlichen Werke mit der 1 9 3 7 beschlagnahmten Kunst. An der Freien Universität Berlin, wo die FORSCHUNGSSTELLE Ende des Jahres 2.002 auf Initiative der Ferdinand-Möller-Stiftung (Berlin) unter der Leitung von Uwe Fleckner angesiedelt wurde, wird seit Sommer 2005 eine Datenbank zur Beschlagnahmeaktion »Entartete Kunst« geführt, in der alle davon betroffenen Objekte inventarisiert und dokumentiert werden. Andreas Hüneke, ausgewiesener Kenner der Kunstpolitik im »Dritten Reich« und Mitbegründer der FORSCHUNGSSTELLE, untersucht die Schicksalswege der verfemten Kunst und den Handel damit seit mehr als dreißig Jahren. In diesem Zusammenhang rückte Bernhard A. Böhmer neben seinen Händlerkollegen Hildebrand Gurlitt, Ferdinand Möller und Karl Buchholz schon früh in Hünekes Blickfeld. Aus seiner Feder stammen die ersten profunden Textbeiträge zur »Verwertung« und zum heutigen Verbleib der »entarteten« Kunst. Auch in Rostock hatte er bereits recherchiert, ohne seine Untersuchungen jedoch abschließen zu können. Auf diese Grundlage konnte das neue Projekt gestützt werden. Gemeinsam mit Heidrun Lorenzen haben Mitarbeiter der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« in Rostock den gesamten Bestand mit Hilfe der bereits ermittelten Daten neu aufgenommen. Dabei stellte sich heraus, daß auf mehreren Gemälden und zahlreichen Graphiken Aufkleber beziehungsweise Stempel der Herkunftsmuseen sowie die Nummern des NS-Inventars - die sogenannten »EK-Nummern« - erhalten geblieben sind. Böhmer hatte also die Spuren der Herkunft und Beschlagnahme nicht konsequent von den Kunstwerken entfernt, wie es den Händlern vom Reichs-
XII .Vorwort
und
Dank
ministerium für Volksaufklärung und Propaganda eigentlich vorgeschrieben war. Ob dies bewußt unterlassen wurde, mag zunächst einmal dahingestellt bleiben - auf jeden Fall besteht hier eine authentische Verbindung zu den damaligen Vorgängen und zwar in einer einzigartigen Materialfülle. Außerdem konnte ermittelt werden, daß viele der in den NS-Dokumenten als zerstört gekennzeichneten oder heute als verschollen geltenden Werke mitnichten verloren sondern vielmehr in Rostock erhalten geblieben sind. Mehrere der im Verlauf der Forschungen erfaßten Arbeiten auf Papier - Zeichnungen wie Druckgraphiken - fehlen in den aktuellen Werkverzeichnissen; die Exemplare in Rostock scheinen die einzig erhaltenen zu sein, von denen bisher kaum jemand Kenntnis hatte. Ähnlich ergiebig war die Überprüfung der Rückgaben, die ab 1949 aus Rostock erfolgten. Welche Werke wurden wann auf wessen Initiative an wen zurückgesandt? Erstmals fand eine systematische Auswertung der relevanten Dokumente aller betroffenen Institutionen statt. In Absprache mit den zuständigen Museumsmitarbeitern und durch Bestandskontrollen vor Ort ließen sich Abweichungen und Irrtümer klären. Tatsächlich wurden insgesamt 4 1 8 Werke an die ostdeutschen Herkunftsorte rückgeführt und weitere 85 Werke aus den Museen in Königsberg, Breslau, Stettin und Saarbrücken an die Berliner Museen übergeben. Von 46 sichergestellten Werken fehlt jede Spur: einige haben ihren Bestimmungsort nie erreicht, andere sind trotz dokumentierten Rückerhalts heute nicht mehr auffindbar. Als eine vorläufige Bilanz der Forschungen fand die von Heidrun Lorenzen geplante Ausstellung von Mai bis September 2008 im Kulturhistorischen Museum und in der Kunsthalle in Rostock statt. Parallel dazu wurden die aktuellen Zwischenergebnisse zu Bernhard A. Böhmer in einer Vortragsreihe und im September 2008 auf einem viel beachteten Kolloquium in der Hansestadt vorgestellt. Aufgrund des großen Publikumsinteresses an den Kunstwerken und an der Offenlegung ihrer problematischen Provenienz folgten ein halbes Jahr später zwei weitere Ausstellungen sowie Vorträge über die neu gewonnenen Erkenntnisse. Im Zuge dieser Veranstaltungen ließen sich Ziele erreichen, die etwas abseits des eigentlichen Forschungsauftrags liegen. Zum einen konnte für die Stadt Rostock die lang angestrebte Vermögenszuschreibung des Bestands »entarteter« Kunst aus dem Nachlaß Bernhard A. Böhmers im Frühjahr 2009 endgültig vorgenommen werden. Und zum anderen ereignete sich ein sensationeller Fund: Rund 1.000 Farbdiapositive aus dem sogenannten »Führerauftrag Monumentalmalerei«, die zum Nachlaß Böhmers gehörten, sind überraschend in Finnland wieder aufgetaucht. Mit der im Auftrag von Adolf Hitler zwischen 1943 und 1 9 4 5 durchgeführten Fotokampagne sollten angesichts der drohenden Zerstörung durch Bombenangriffe alle bedeutsamen Dekorationsprogramme des gesamten Reichsgebiets fotografisch dokumentiert werden. Schon lange wurde vermutet, daß ein Teil der Aufnahmen bei Bernhard A.
Vorwort und Dank _ XIII
1
Nils Hansen, H E I L I G E R EUSTACHIUS AUS DEM ZYKLUS CHRISTUS ALS WELTENRICHTER,
Pfarrkirche Sankt Klemens, Schwarzrheindorf bei B o n n , Wandbild (Detail), Mitte i z . J h . , D i a a u f n a h m e » F ü h r e r a u f t r a g M o n u m e n t a l m a l e r e i « , 1 9 4 4 , M ü n c h e n , Zentralinstitut f ü r Kunstgeschichte
Böhmer in Güstrow verwahrt wurde. Gleichwohl fehlte bislang jede Spur. Erst jetzt konnte mit Hilfe des Güstrower Heimatforschers Ulrich Schirow ein wenig Licht in das Dunkel der Affäre gebracht werden. Der heute auf der finnischen Insel Nasby lebende Pastor Wolfgang Schmidt hatte als Schüler 1945 am Heidberg in Güstrow Farbdias geborgen und seit dem mit sich geführt, ohne die näheren Umstände und die Brisanz seines Fundes zu kennen (Abb. 1-2).
Auf Vermittlung von Ulrich Schi-
row gelangten die Bestände für eine erste Auswertung in die FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« nach Berlin, von wo aus sie mittlerweile dem Münchner Zentralinstitut für Kunstgeschichte - der zentralen Forschungsstätte des »Führerauftrags Monumentalmalerei« - übergeben wurden. Spätestens mit diesem zufälligen Fund war klar, wie undurchsichtig die damaligen Vorgänge in Güstrow noch sind. Zunächst schien jedoch nur realistisch, die 1947 nach Rostock übergebenen Werke und die von dort vorgenommenen Rückgaben »entarteter« Kunst dokumentieren zu können. Dies änderte sich bald. Nach Beginn der Recherchen ließ sich frühzeitig ein Kontakt zu den Nachfahren Bernhard A. Böhmers herstellen. Das Forschungsvorhaben stieß dort auf wohlwollendes Interesse und in ganz uneigennütziger Art erhielten wir Einsicht in den umfangreichen schriftlichen Nachlaß von Peter B. Böhmer, dem Sohn des Güstrower Kunst-
X I V . V o r w o r t und Dank
2
N i l s H a n s e n . KAPITEL AUS DEM CHOR DER OBERKIRCHE, Pfarrkirche Sankt Klemens,
Schwarzrheindorf bei Bonn, Mitte 1 2 . Jh., Diaaufnahme »Führerauftrag Monumentalmalerei«, 1 9 4 4 , München, Zentralinstitut für Kunstgeschichte
händlers. Nach einer ersten Prüfung stellte sich heraus, daß anhand der neuen Dokumente realisierbar war, was bislang unmöglich schien: einen Überblick über die von Bernhard A. Böhmer nach seinem Tod 1945 in Güstrow hinterlassenen Werke aus dem Beschlagnahmegut der Aktion »Entartete Kunst« zu erhalten, die der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung vorenthalten worden waren und darum bei der Sicherstellung 1947 nicht erfaßt werden konnten. Der Aktenbestand enthält den geschäftlichen Briefwechsel von Peter B. Böhmer und seiner Tante Wilma Zelck, die zunächst das Erbe aus Güstrow für ihren unmündigen Neffen übernahm. Korrespondenzpartner sind Leiter und Mitarbeiter von Museen, Rechtsanwälte, Ministerialbeamte, Privatsammler, Galeristen, Auktionatoren und Kunsthändler, wie zum Beispiel Albert F. Daberkow, dem zeitweiligen Lebenspartner von Wilma Zelck. Kommuniziert wurde über zahlreiche Werke »entarteter« wie auch anderer Kunst aus dem Nachlaß Bernhard A. Böhmers. Viele der in den Blick genommenen Transaktionen zogen sich über längere Zeiträume hin und sind in den Unterlagen schwer nachvollziehbar, sobald ohne weitere Eingrenzung etwa nur von einem »Gemälde Kirchners«, einer »Landschaft Schmidt-Rottluffs« oder »Badenden Otto Muellers« die Rede ist. Nicht jedes genannte Werk ließ sich einwandfrei identifizieren. Immerhin war es möglich - neben den 6 1 3 Werken in Rostock und den 503
V o r w o r t und
an ostdeutsche Museen rückgeführten Werken - mehr als sechshundert weitere Skulpturen und Plastiken sowie Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen und Druckgraphiken aus dem Beschlagnahmegut der Aktion »Entartete Kunst« in Böhmers Hinterlassenschaft zu benennen und für jedes dieser Werke den schriftlichen Nachweis, die Absatzform sowie den Weg ab 1945 wenigstens bis zum ersten Besitzerwechsel zu dokumentieren. Dadurch wird das Wissen um den Handel mit »entarteter« Kunst sowie deren Verbleib erheblich bereichert. Gleichsam liegen uns mit den recherchierten Daten allgemein einsichtige Kriterien des nationalen Kunsthandels im »Dritten Reich« und den Nachkriegs jähren vor, insofern Bernhard A. Böhmers Aufstieg zu einem der damals wichtigsten Händler mit der »Verwertung« der »entarteten« Kunst begann und in diesem Teilbereich wesentliche Antriebskräfte für die Ausdehnung seines Wirkungskreises generiert wurden. Die vorliegende Publikation erscheint als erste Monographie zu Bernhard A. Böhmer. Die Textbeiträge widmen sich sowohl seiner Person, insbesondere seinen Praktiken als Händler und seinen Kontakten im NS-Staat, als auch dem Nachlaß, den daraus erfolgten Veräußerungen sowie dem Umgang mit den Werken im Kontext der Rezeption der »entarteten« Kunst nach 1945. Eine Schilderung der sich wandelnden Gesetzeslage zur Beschlagnahme klärt drängende Fragen zur Rechtmäßigkeit der Besitzerwechsel bis zum heutigen Stand. Die Texte sind von Kunsthistorikern, Historikern und Juristen verfaßt, um dem interdisziplinär angelegten Inhalt gerecht werden zu können. Es kommen bekannte Fachspezialisten zu Wort wie auch junge Wissenschaftler, die sich durch die Themenwahl ihrer Abschlußarbeiten für diese Publikation qualifiziert haben. Dem Textteil folgt die Dokumentation »entarteter Kunst« im Nachlaß Bernhard A. Böhmers, wobei für jedes Werk Angaben zum Objekt, zur Beschlagnahme, zur Form seiner »Verwertung«, zum Verbleib in der Nachkriegszeit und zum Quellennachweis verzeichnet sind. Besonders hervorzuheben ist das reichhaltige Bildmaterial der Publikation. Zwei Drittel der Textabbildungen werden hier erstmals veröffentlicht. Einige Beiträge sind durch ausgewählte Dokumente in Abbildung der Originale ergänzt. Der Werkkatalog wird von 53 Färb- und 1 0 7 Schwarzweißabbildungen eingeführt, bei denen es sich auch im Falle der Skulpturen und Druckgraphiken jeweils um das beschlagnahmte Exemplar handelt. Insgesamt wird der Band mit neuen Fakten, Sichtweisen und kunsthistorischen Analysen sowie mit seinen umfangreichen Werklisten samt Bilddokumentation einen Teil zur geschichtswissenschaftlichen Aufarbeitung der Kunstpolitik im Nationalsozialismus beitragen, wie es sich die FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« z u m Z i e l gesetzt hat.
Dank-XV
XVI . V o r w o r t u n d Dank
Ich möchte an dieser Stelle all jenen danken, die zum Gelingen der Publikation beigetragen haben. In erster Linie gilt Heidrun Lorenzen (Rostock, Kulturhistorisches Museum) mein herzlicher Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Während der zweieinhalbjährigen Beschäftigung mit Bernhard A.Böhmer stellten sich uns Schwierigkeiten in den Weg, die vorher kaum geahnt und allein nicht zu bewältigen gewesen wären. Besonderer Dank gebührt auch Volker Probst (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung), der mit großem Engagement für das Projekt wichtige Kontakte vermittelte, auf unbekannte Quellen hinwies und zahlreiche der bisher unpublizierten Fotografien zur Verfügung stellte. Beiden Kollegen sei darüber hinaus vielmals gedankt für die Bereicherung der Publikation durch ihre das jeweilige Thema erschöpfend durchdringenden Textbeiträge. In diesen Dank sind alle weiteren Autoren des Bandes einbezogen, mit deren fachwissenschaftlicher Kompetenz das inhaltlich eng gestrickte Konzept erst zu realisieren war: Detlef Brunner (München/ Berlin, Institut für Zeitgeschichte), Dorothee Grafahrend (Berlin), Andreas Hüneke (Berlin, Freie Universität, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« ), Wolf Karge (Schwerin), Susanna Koller (Berlin, Freie Universität, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« ), Harald König (Berlin, Bundesamt für zentrale Dienste und offenen Vermögensfragen), Frédérique Régincos (Berlin), Maike Steinkamp (Universität Hamburg, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«) und Marie Luise Tapfer (Bad Homburg). Zahlreiche Leiter und Mitarbeiter von Museen, Archiven und Ämtern sowie Wissenschaftler themenverwandter Projekte haben unsere Recherchen mit ihrer Unterstützung wesentlich vorangetrieben: Gundula Ancke (Berlin, Stiftung Stadtmuseum), Andrea Bambi (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen), Doris Dieckow-Plassa (Güstrow, Stadtmuseum), Stephan Frey (Bern, Ars Sc Acta), Kristin Gäbler (Dresden, Städtische Galerie), Günther Gercken (Hamburg), Rainer Horstmann (Hamburg), Richard Hüttel (Leipzig, Museum der bildenden Künste, Graphische Sammlung), Ralph Jentsch (Rom), Florian Karsch (Berlin, Galerie Nierendorf), Hans-Ulrich Lehmann (Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett), Petra Lewey (Zwickau, Kunstsammlungen, Städtische Museen), Sonja Lohff (Chemnitz, Kunstsammlungen), Mario-Andreas von Lüttichau (Essen, Museum Folkwang), Karsten Müller (Hamburg, Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma), Dörte Mulsow (Rostock, Kulturhistorisches Museum), Birgit Neumann-Dietzsch (Grasberg), Fridolin Reutti (Rheinzabern), Wolfgang Schöddert (Berlinische Galerie), Rainer Stamm (Bremen, Kunstsammlungen Böttcherstraße), Gerda Wendermann (Weimar, Klassik Stiftung Weimar - Museen), Annette Wittboldt (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung), Kyllikki Zacharias (Berlin, Museum Berggrün und Sammlung Scharf-Gerstenberg) und viele mehr. Hervorzuheben sind unter ihnen Ernst Barlach (Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzgesellschaft), Anita Beloubek-Hammer (Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kultur-
V o r w o r t und Dank _ X V I I
besitz, Kupferstichkabinett), Iris Briidgam (Güstrow, Stadtmuseum), Peter Hahn (Berlin), Elmar Jansen (Berlin), Bärbel Kovalevski (Berlin), Cornelia Nowak (Erfurt, Angermuseum), Petra Winter und Jörn Grabowski (Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv) sowie Christoph Zuschlag (Universität Koblenz-Landau, Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst), die das Projekt mit ungebrochenem Interesse verfolgt, uns zahlreiche Hinweise und wiederholt Auskunft erteilt beziehungsweise bereitwillig Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben. Ein ganz herzlicher Dank geht auch an Ulrich Schirow (Güstrow), der in Güstrow fehlende Dokumente aufgespürt und mir wichtige Informationen übermittelt hat. Mit Nachdruck möchte ich meine große Dankbarkeit gegenüber der Familie Böhmer betonen, ohne deren Entgegenkommen die vorliegenden Forschungsergebnisse nicht in diesem Umfang hätten erzielt werden können. Großzügig wurden mir Aktenordner, Fotoalben und Einzeldokumente aus dem Nachlaß Peter B. Böhmers zur wissenschaftlichen Auswertung übergeben und darüber hinaus in zahllosen Gesprächen ein tiefer Einblick in die Familiengeschichte gewährt. Die vorbehaltlose Unterstützung ist nicht selbstverständlich, zumal eine wissenschaftlich dargestellte Personengeschichte - insbesondere eine der NS-Zeit - das eigene, durch emotionale Bindungen geprägte Bild immer schmerzlich verändert. Ebenso wenig möglich wäre ein solches Unterfangen ohne die finanzielle Unterstützung wohlmeinender Förderer. Die Ferdinand-Möller-Stiftung (Berlin) begleitet und finanziert seit langem unsere Forschungen zur »entarteten« Kunst. Namentlich Wolfgang Wittrock, Vorstand der Stiftung und Initiator der FORSCHUNGSSTELLE in Berlin, setzt sich beherzt und unermüdlich für unsere Belange ein. Ihm gilt mein aufrichtiger Dank für sein persönlich motiviertes Engagement wie auch für sein Vertrauen in unsere Tätigkeit. Ein herzlicher Dank gebührt auch der Gerda Henkel Stiftung (Düsseldorf), insbesondere den beiden Vorstandsmitgliedern Angela Kühnen und Michael Hanssler für die langjährige Förderung und individuelle Betreuung unserer Forschungsprojekte. Die International Music and Art Foundation (Vaduz) trägt dankenswerter Weise die Kosten für die Drucklegung der Bände unserer Schriftenreihe. Dem Vorstand Walter Feilchenfeldt sei einmal mehr gedankt für den Einbezug der Böhmer-Publikation in diese großzügige Fördermaßnahme. Der Hermann Reemtsma Stiftung (Hamburg) und hier dem Geschäftsführer Sebastian Giesen ist für eine generöse Zustiftung zu danken, mittels der die reichhaltige Bildausstattung des Bands ermöglicht wurde. Herzlicher Dank ist gleichfalls dem Akademie Verlag (Berlin) auszusprechen, der Leiterin Sabine Cofalla, der Mitarbeiterin Katja Richter sowie Hellmudt Schulz (Gräfenhainichen, Werksatz) und der Designerin Gitti Krogel (Hamburg) für die umsichtige Herstellung und ansprechende Gestaltung der Publikation.
. V o r w o r t und Dank
Zum Abschluß richte ich meinen Dank an die Leiter und Mitarbeiter der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«. U w e Fleckner, Leiter der
FORSCHUNGS-
STELLE an der Universität Hamburg, und Klaus Krüger, Leiter der FORSCHUNGSSTELLE an der Freien Universität Berlin, sei für die aktive Unterstützung des Pulikationsprojektes sowie der daran anknüpfenden Veranstaltungen zum Kunsthändler Bernhard A. Böhmer gedankt. Petra Gördüren hat den umfangreichen Band redigiert; Linda Philipp-Hacka, Joachim Wessel und Julia Zietlow haben unter vielen anderen unerläßlichen Arbeiten bei der Detailrecherche mitgewirkt. Ihnen allen danke ich für die Mithilfe sehr. Mein ganz besonders tief empfundener Dank gilt meinen Kollegen in Berlin, Andreas Hüneke und Susanna Koller, wie auch Annette Seeler, die zeitweise für die FORSCHUNGSSTELLE tätig war. Mit ihrer Arbeit haben sie die Publikation wesentlich mitgeprägt. Berlin, im Januar 2 0 1 0
Meike Hoffmann
Vom »Wunderkind« zum Kunsthändler Stationen im Leben von Bernhard A. Böhmer M a r i e - L u i s e Tapfe
H ·
VON BIELEFELD NACH GÜSTROW
Das Leben Bernhard A. Böhmers war von seiner Tätigkeit für den Bildhauer Ernst Barlach geprägt. Böhmer, der selbst eine bildhauerische Ausbildung absolviert hatte, wurde in den zwanziger Jahren Barlachs Sekretär und vertrat fortan die Interessen des Bildhauers. Während des »Dritten Reichs« war Böhmer eine zentrale Figur im deutschen Kunsthandel, da er im Auftrag der Nationalsozialisten »entartete« Kunst verkaufte. Trotz der unbestrittenen, wenn auch zwiespältig zu beurteilenden Bedeutung Böhmers existiert bis heute keine Monographie zu seinem Wirken.1 Im folgenden wird seine Biographie nachgezeichnet, beginnend mit seiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Bielefeld bis zu seinem Selbstmord in Güstrow 1945. Bernhard Aloysius Böhmer wurde am 10. Juni 1892 als eines von fünf Kindern des Rechnungsrats Anton Hubert Böhmer und seiner Frau Gertrude, geborene Kirchesch, im westfälischen Ahlen geboren (Abb. 3).1 Schon in der Kindheit zeigte sich Böhmers künstlerische Neigung. Die Zeitschrift W O C H E stellte 1902 den damals Zehnjährigen als »Wunderkind der Malerei« vor.3 Seine Motive sollen bevorzugt Landschaften und Tierdarstellungen gewesen sein. An der 1907 gegründeten Staatlich-Städtischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Bielefeld
2-Tapfer
5
W. Block.
B E R N H A R D A. B Ö H M E R ,
um
192.5,
Fotografie, Privatbesitz
absolvierte er ein Studium mit den Schwerpunkten Malerei und Bildhauerei. Nachweislich war er 1 9 1 o als Schüler in der Bildhauerklasse von Hans Perathoner eingeschrieben, der sieben Jahre in Bielefeld lehrte, bevor er 1 9 1 4 an die Kunstgewerbeschule in Berlin-Charlottenburg wechselte.4 Im April 1 9 1 1 wurden im Bielefelder KUNSTGEWERBEBLATT "Werke von Schülern der Kunstgewerbeschule vorgestellt, darunter auch die Skulptur einer Ziege, die ihr Junges säugt, von Bernhard A. Böhmer.5 Von seinem künstlerischen Werk ist bis auf einige Ölgemälde jedoch wenig erhalten. In Bielefeld lernte Böhmer seine fünf Jahre ältere Mitschülerin Margarete Graeber, genannt Marga, kennen, die 1 9 1 7 seine erste Frau wurde (Abb. 4). Als Tochter des an Altertumskunde interessierten Bielefelder Baurats Friedrich Wilhelm Graeber, der die Archäologen Wilhelm Dörpfeld und Heinrich Schliemann auf Ausgrabungen nach Kleinasien begleitet haben soll, wurde auf ihre künstlerische Ausbildung ebenso wie der ihrer jüngeren Schwester Phia großer Wert gelegt/ Nachdem Marga im Anschluß an ein abgebrochenes Musikstudium sich an der Kunstgewerbeschule einschrieb, besuchte sie als einzige Frau Perathoners Klasse. Zudem studierte sie, vermutlich schon gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Böhmer, in Köln, Düsseldorf und schließlich Krefeld, wo das Paar seit dem Winter 1 9 1 3 wohnte (Abb. 5). Aus Marga Böhmers Korrespondenz geht hervor, daß zumindest sie zu dieser Zeit versuchte, sich als selbständige Bildhauerin zu etablieren und Auftragsarbeiten auszu-
Vom »Wunderkind« zum Kunsthändler _ 3
4
Unbekannter
Fotograf. BERNHARD
MIT KOMMILITONEN
Unbekannter
Fotograt, MARGA UND
A. B Ö H M E R
UND
MARGA
IN B I E L E F E L D , u m I 9 I 2 ,
BERNHARD
IM A T E L I E R
A. B Ö H M E R
IN K R E F E L D ,
GRAEBER Privatbesitz
MIT
FREUNDEN
I9 18,
PrivatbeSltZ
4-Tapfer
führen. Ferner läßt sich aus ihren Briefen schließen, daß vermutlich die Besetzung des Rheinlands 1918 das jung verheiratete Paar zu einem Umzug nach Mecklenburg veranlaßte.7 Zunächst wohnten sie in einem heute verfallenen Gutshof, ab 1922 lebten sie in Schwaan und schließlich erwarben sie 1924 ein Haus mit Grundstück am etwas außerhalb der Stadt Güstrow gelegenen Inselsee.
mm
ASSISTENT, SEKRETÄR U N D F R E U N D ERNST BARLACHS
Begeistert vom Expressionismus, wollten Bernhard und Marga Böhmer ihre künstlerische Ausbildung im Atelier des von ihnen bewunderten Bildhauers Ernst Barlach fortsetzen. 1963, also noch zu Lebzeiten Margas, erschien der Artikel eines unbekannten Autors in der N E U E N B E R L I N E R I L L U S T R I E R T E N , der die erste Begegnung mit dem Bildhauer schilderte. Nach diesem recht ausführlichen Bericht sahen Bernhard und Marga Böhmer schon vor ihrer Übersiedlung nach Güstrow in einem dortigen Café einen Mann mittleren Alters, der ihre Aufmerksamkeit auf sich zog: »Böhmer beachtet mißtrauisch, daß seine Frau kaum den Blick von ihm wenden kann. >Ein Strolch! Guck mal, die zerfransten Ärmel!< Sie widerspricht lebhaft. >Das ist kein Strolch. Schau dir doch nur diese Hände an!< [...] Als das Ehepaar Böhmer ein halbes Jahr später auf der Suche nach einem Wohnsitz abermals nach Güstrow kommt, zieht es Marga zurück in jenes Café. Der >Strolch< ist Stammgast, wie zuvor. Der dicke Kellner, den sie fragt, meint, daß jener wohl Künstler sein müsse. [...] Aber wie er heißt, das wisse er auch nicht. [...] Er heißt - Ernst Barlach. Am nächsten Tag soll Böhmer den Meister zu ihnen zu Tisch bitten. [...] Barlach erklärt, er habe selbst einen Hausstand und esse zu Hause. Aber sie würden sich ja wieder sehen. Wenige Tage später sitzt er bei Marga am Tisch. Und nach dem zweiten Schwedenpunsch erklärt sie ihm, wie gerne sie beide seine Schüler hätten werden mögen; ob nicht doch jetzt ... Barlach lehnt ab. Er hatte nie Schüler. Aber in sein Atelier lädt er sie ein: >Es wird auch saubergemacht, wenn Sie kommen!< Marga ist in Ateliers aufgewachsen. Dennoch, solche Kargheit hat sie nie zuvor gesehen. Auf einer Kiste läßt sich Barlach neben ihr nieder und beginnt, ihr vorzulesen. Liebeslyrik. Sie ist verlegen, möchte gerne seine Plastiken und Modelle betrachten. [...] Und zum ersten Mal erlaubt Barlach jemandem, das Atelier ohne ihn zu betreten.«8 Schon früh baute sich eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem jungen Paar und dem um zwanzig Jahre älteren Künstler auf. Barlach wurde regelmäßiger Gast des Ehepaars Böhmer in ihrem Haus auf dem Heidberg, und Böhmer begann, dem Bildhauer bei der Arbeit im Atelier zu helfen (Abb. 6-7 u. 16). Mitte der zwan-
Vom »Wunderkind« zum Kunsthändler _ 5
Unbekannter
F o t o g r a f . B E R N H A R D A. B Ö H M E R M I T DEN M I T T E L F I G U R E N DES
»MAGDEBURGER
EHRENMALS«
IM A T E L I E R VON E R N S T B A R L A C H IN D E R G Ü S T R O W E R W A L K M Ü H L E N S T R A S S E , Um I 9 2 8 , Privatbesitz
Unbekannter
F o t o g r a f . B E R N H A R D A. B Ö H M E R N E B E N DER R E C H T E N F I G Ü R E N G R U P P E DES EHRENMALS«
IM ATELIER VON ERNST B A R L A C H
IN D E R G Ü S T R O W E R
»MAGDEBURGER
WALKMÜHLENSTRASSE, u m 1 9 2 8 , Privatbesitz
6 _Tapler
8
U n b e k a n n t e r F o t o g r a l , ERNST B A R L A C H , M A R G A UND B E R N H A R D A. B Ö H M E R ,
u m 1 9 3 5 , Privatbesitz
ziger Jahre ist die Ehe der Böhmers nur noch formell, denn seit 192.4 pflegte Marga eine vertraute Freundschaft mit Barlach. Der Bildhauer sollte in den kommenden Jahren sowohl in Margas als auch in Bernhard Böhmers Leben eine zentrale Rolle spielen. Nach ihrer Scheidung im Juni 1927 bis zum Tod Barlachs 1938 lebte Marga Böhmer mit dem Bildhauer zusammen. Bernhard Böhmer heiratete im Dezember 1 9 3 1 in zweiter Ehe die wohlhabende Rostocker Unternehmertochter Hella Otte (190Z-1945). Ungeachtet der neuen privaten Verhältnisse blieb die freundschaftliche Beziehung sowohl zwischen Böhmer und Barlach, als auch zwischen Böhmer und seiner geschiedenen Frau bestehen (Abb. 8). Bei der engen Arbeitsbeziehung zwischen Böhmer und Barlach blieb es jedoch nicht aus, daß der Bildhauer seine Gedanken über das Privatleben seines Assistenten zum Ausdruck brachte. In Barlachs posthum erschienenen Roman D E R G E S T O H L E N E M O N D begibt sich dessen Protagonist Wau, in dem Bernhard A. Böhmer zu erkennen ist, auf Brautschau in exklusive Ferienorte, um eine möglichst wohlhabende Ehefrau zu finden.' Aus Böhmers zweiter Ehe ging als einziges Kind der Sohn Peter (1932-2007) hervor (Abb. 9). Das Vermögen Hella Ottes erlaubte der Familie Böhmer eine luxuriöse Lebensweise. Das Paar reiste regelmäßig zur Kur nach Bad Kissingen, sie fuhren einen großen Wagen, und ihre Wohnung war mit allem Komfort eingerichtet. Zu Ostern 1933 bezogen Böhmers eine Wohnung in Barlachs neuem Atelierhaus, wo sie
Vom » W u n d e r k i n d « zum Kunsthändler _ 7
9
U n b e k a n n t e r F o t o g r a f . B E R N H A R D A . UND P E T E R Β .
BÖHMER,
S o m m e r 1 9 4 4 , Privatbesitz
bis zu ihrem Tod im Mai 1945 blieben (Abb. 10-11).
Das Atelierhaus war 1 9 3 1 auf
dem Heidberg in unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen Wohnhauses der Böhmers errichtet worden, in dem nun Marga Böhmer und Ernst Barlach wohnten. Die Arbeit für Barlach bestimmte das Leben von Bernhard A. Böhmer. Eng wurde die Verbindung zwischen den beiden Männern nach dem Tod Paul Cassirers 19x6, der Barlach seit 1908 in seiner Berliner Galerie vertreten und alle Werke des Künstlers gegen ein festgesetztes Gehalt übernommen hatte. Aus dem Galeriebestand erwarb Böhmer Graphiken Barlachs, um sie »vor Verramschen zu schützen«. 10 Z u diesem Zeitpunkt scheint er auch erstmals im Kunsthandel aktiv geworden zu sein, vor allem mit dem Verkauf von Arbeiten des Künstlerfreunds. Neben seiner Tätigkeit als Assistent des Bildhauers, übernahm Böhmer die Rolle eines Privatsekretärs und Repräsentanten. Über die Arbeit in Barlachs Atelier schrieb Böhmer an einen gemeinsamen Freund, daß er, angetrieben von der Ungeduld des Künstlers, Barlachs Tonmodelle in Holz übertrage, um dem Meister schließlich die Weiterarbeit an den vorbearbeiteten hölzernen »Rohlingen« zu erleichtern. 11 Als Barlachs Sekretär leitete Böhmer die Vertragsverhandlungen bei Verkäufen von Werken des Bildhauers und trug die Verantwortung für die Organisation seiner Ausstellungen. Böhmers Tätigkeit fand in zahlreichen Briefen Barlachs Erwähnung. So schrieb der Künstler etwa, daß Böhmer, dessen Arbeit für ihn unabkömm-
8-Tapfer
10
Unbekannter Fotograf, H E L L A UND PETER Β. B Ö H M E R AUF DER T E R R A S S E DES
VON ERNST BARLACH AM H E I D B E R G , u m 1 9 3 7 ,
ATELIERHAUSES
Privatbesitz
lieh sei, kein regelmäßiges Gehalt bezöge, sondern sich freiwillig und uneigennützig für seine Belange einsetze. Bei vermittelten Verkäufen habe er, Barlach, dann aber auf einer Provision für Böhmer bestanden. 1 1 Passagen in Böhmers Briefen aus jenen Jahren, in denen er für den Künstler arbeitete, berichten zudem von geschäftlichen Aufenthalten in Berlin, w o er mit wichtigen politischen Persönlichkeiten und Mitarbeitern des KUNSTDIENSTES Kontakt pflegte. Eine offizielle Dépendance betrieb er in Berlin jedoch nicht. Erst ab 1942. ist eine Wohnung Böhmers in BerlinTiergarten nachweisbar. 1 3
I M DIENSTE DES » D R I T T E N R E I C H S «
Als Kunsthändler im Auftrag Ernst Barlachs regelmäßig in Berlin tätig, pflegte Böhmer spätestens seit 1 9 3 3 regen Kontakt zum KUNSTDIENST der evangelischen Kirche. Der KUNSTDIENST hatte in diesem J a h r auf Weisung des Propagandaministers Joseph Goebbels die Ausrichtung des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung in Chicago übernommen und Barlach eingeladen, sich mit mehreren Skulp-
Vom »Wunderkind« zum Kunsthändler _ 9
Unbekannter Fotograf,
DIE
BIBLIOTHEK VON
ERNST
VON
BERNHARD
BARIACH
AM
A.
BÖHMER
HF.IDBERG,
IM
ATELIERHAUS
UM I 9 4 5 ,
Privatbcsirz
turen zu beteiligen. Ein Bereich dieses Pavillons widmete sich der Repräsentation zeitgenössischer deutscher Kirchenkunst. Der KUNSTDIENST war 1 9 2 8 als freie evangelische Arbeitsgemeinschaft von Kirchenmitarbeitern und Künstlern in Dresden gegründet worden, um religiöse Kunst zu fördern. 1 9 3 3 verlegte die Arbeitsgemeinschaft ihren Sitz nach Berlin und wurde dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterstellt. Z u Ausstellungszwecken hatte der KUNSTDIENST Räumlichkeiten im Schloß Schönhausen zur Verfügung gestellt bekommen, in denen später die als »international verwertbar« eingestufte »entartete« Kunst gelagert wurde. Bernhard A. Böhmer besuchte die Ausstellungen im Schloß regelmäßig und hinterließ im Gästebuch den Eintrag »B. A. Boehmer, Atelier Ernst Barlach«. 1 4 Während des »Dritten Reichs« setzte Böhmer sein diplomatisches Geschick ein. Er nutzte seine Beziehungen in Berlin, um Barlachs Werk vor den Restriktionen der nationalsozialistischen Kulturpolitik zu schützen. Unter anderem ist ein Briefwechsel von 1 9 3 5 mit Hans Hinkel erhalten, dem Geschäftsführer der Reichskulturkammer, in dem Hinkel um einen Besuch Böhmers in Berlin bittet, da er mit ihm »die Angelegenheit Barlach eingehend besprechen und klären« wolle.' 5 Böhmer
10. Tapfer
engagierte sich auch für die Rettung der 1 9 3 7 von den Nationalsozialisten aus deutschen Museen beschlagnahmten Arbeiten Barlachs. Wie Barlach an den Verleger Reinhard Piper schrieb, konnte Böhmer beispielsweise erreichen, daß mehrere Werke des Bildhauers aus der Ausstellung ENTARTETE KUNST zurückgezogen wurden und im Frühjahr 1 9 3 8 auf der Station in Berlin nicht mehr zu sehen waren. 1 6 Nach Barlachs Tod nahm Böhmer die Funktion eines Geschäftsführers im Barlach-Gremium ein, welches zur Pflege und Bewahrung des künstlerischen Nachlasses gegründet worden war. Neben Böhmer wirkten im Gremium anfangs der Güstrower Zeichenlehrer Friedrich Schult und der Pastor Johannes Schwartzkopf, sowie Barlachs Cousin Karl Barlach, der niedersächsische Künstler Hugo Körtzinger und Hermann F. Reemtsma. Vermutlich leiteten die Kontakte, die Böhmer in Berlin knüpfen konnte, seine spätere Tätigkeit für die vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels 1938 einberufene »Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst« ein. Als damit definitiv die Verwertung und Abstoßung der diffamierten Kunst aus Museumsbesitz beschlossen worden war, präsentierte man Kaufinteressenten die Werke in Schloß Schönhausen. Seine Verbindung zum KUNSTDIENST ermöglichte Böhmer einen persönlichen Kontakt zu Goebbels. Ebenso stand er neben seiner bereits erwähnten Verbindung zu Hinkel in Kontakt mit dem Hauptschriftleiter der Reichskulturkammer Stephan Hirzel, der auch stellvertretender Leiter des KUNSTDIENSTES war, wie auch mit Rolf Hetsch, der zunächst in der Reichskammer der bildenden Künste und später im Propagandaministerium für die Inventarisierung und Koordinierung der »Verwertung« der »entarteten« Kunst zuständig war. Böhmers Kontakte begünstigten zweifelsohne die Abwicklung seiner Geschäfte mit »entarteter« Kunst und später die Wahl Güstrows als Auslagerungsort der Restbestände des beschlagnahmten Kunstguts. Einem Brief Ernst Barlachs ist zu entnehmen, daß Böhmer sich im August und September 1 9 3 7 in München aufhielt: »[...] und anschließend geht es nach München, der Hauptstadt der Bewegung, um dort nach dem Rechten zu sehen.« 17 Z u dieser Zeit fand in München die GROSSE DEUTSCHE KUNSTAUSSTELLUNG im Haus der Deutschen Kunst statt, die am 1 8 . Juli eröffnete, sowie die Ausstellung ENTARTETE KUNST in den Hofgarten-Arkaden, die einen Tag später der Öffentlichkeit zugänglich war. Die Ausstellungen fanden als zentrale Bestandteile kulturpolitischer Propaganda ein großes Medienecho, und auch wenn kein Dokument einen Besuch Böhmers ausdrücklich erwähnt, wird er wegen der ausgestellten Werke Ernst Barlachs zumindest die ENTARTETE KUNST gesehen haben. Die im Zuge der Aktion »Entartete Kunst« seit Sommer 1 9 3 7 von den Nationalsozialisten aus deutschem Museumsbesitz beschlagnahmten Werke moderner Kunst wurden im Frühjahr 1 9 3 8 von einer eigens zu diesem Zweck gegründeten
Vom »Wunderkind« zum Kunsthändler _ 1 1
Kommission in international »verwertbare« und » un verwertbare« Werke unterteilt. 18 Mit der »Verwertung« von Einzelwerken, das heißt mit ihrem Verkauf ins Ausland gegen Devisen, beauftragte die Kommission hauptsächlich die Kunsthändler Ferdinand Möller und Karl Buchholz aus Berlin, Hildebrand Gurlitt aus Hamburg und schließlich Bernhard A. Böhmer aus Güstrow. Der Schweizer Galerist Theodor Fischer bewarb sich für einen größeren Posten »entarteter« Kunstwerke beim Propagandaministerium. Am 30. Juli 1939 fand unter seiner Leitung in Luzern schließlich die A u k t i o n G E M Ä L D E
UND PLASTIKEN
MODERNER
MEISTER
AUS
DEUTSCHEN MUSEEN statt, in der 1 2 5 Meisterwerke des Beschlagnahmeguts angeboten wurden. Böhmer war selbst bei Fischers Auktion in Luzern anwesend und erwarb dort Kunstwerke. 19 Nach der Auktion kaufte er zudem zurückgegangene Arbeiten. Vermutlich vermittelte Böhmer einen großen Teil der von ihm übernommenen Werke an ausländische Interessenten. Nachweisbar sind jedoch vor allem seine Tauschgeschäfte, bei denen er altmeisterliche Gemälde gegen Werke der »entarteten« Kunst einwechselte. Der spektakulärste Handel wurde am 16. Juli 1940 abgeschlossen und umfaßte den Austausch des Gemäldes HEIMKEHR DER MÖNCHE INS KLOSTER ( 1 8 1 6 - 1 8 1 8 ) von Carl Gustav Carus gegen 48 Werke der »entarteten« Kunst, darunter Arbeiten namhafter Expressionisten. 20 Die »Verwertung« der »entarteten« Kunst wurde schließlich offiziell am 30. Juni 1 9 4 1 abgeschlossen.
DAS E N D E EINER KARRIERE
In den vierziger Jahren intensivierte sich Böhmers private Bekanntschaft mit dem Künstler Hugo Körtzinger vermutlich durch die Arbeit beider im Nachlaß-Gremium von Ernst Barlach. Körtzinger stand mit Böhmer bereits seit Mitte der dreißiger Jahre in Kontakt. Er hatte zwischen dem Hamburger Industriellen Hermann F. Reemtsma und Barlach vermittelt, der für den Sammler den FRIES DER LAUSCHENDEN von 1 9 3 5 (Hamburg, Ernst Barlach Haus) fertigstellte. Ungefähr ein Jahr vor Kriegsende wurden für eine Übersiedlung Böhmers nach Schnega in Niedersachsen, wo Körtzinger wohnte, Vorkehrungen getroffen. Böhmer plante sich mit seiner Familie sowie mit seiner Schwägerin Wilma Zelck und deren Mann Günther sowie mit dem befreundeten Güstrower Industriellen-Ehepaar Richard und Elisabeth van Tongel in einer zu diesem Zweck errichteten Wohnbaracke niederzulassen. Zuvor hatte Böhmer schon einige große Arbeiten Barlachs nach Schnega transportieren lassen, so etwa den zerlegten GEISTKÄMPFER aus Kiel von 1928, den er selbst 1940 aus den Beständen der »entarteten« Kunst erworben hatte (Kat.-Nr. II.2). Nach Kriegsende vertrat Körtzinger den Erben Böhmers gegenüber den Standpunkt, er habe damals das Eigentumsrecht an einigen in Schnega gelager-
12-Tapfer
ten Arbeiten Barlachs von Böhmer erworben. Da dazu aber keine schriftlichen Dokumente vorlagen, mußte eine Einigung beider Parteien gefunden werden. Die Besitzverhältnisse an den Werken aus dem Bestand Bernhard A. Böhmers lassen sich aus heutiger Sicht schwer ermitteln, da der Händler eine genaue Buchführung über seine Kunstbestände vermieden hatte. Böhmers Umzug nach Schnega fand nicht statt. Unter dem Eindruck einer baldigen Niederlage des Deutschen Reichs sprach sich Körtzinger im letzten Kriegswinter gegen eine Umsiedlung der befreundeten Familien von Güstrow nach Schnega aus. Ein Brief, den Körtzinger im Dezember 1944 an Böhmer schrieb, legt die Gründe für seine Ablehnung dar: »[...] inbezug auf die eine Ihrer Beziehungen muß ich es aufs Allerentschiedenste zu Ihren und zu unser aller Gunsten noch einmal und mit aller Unerbittlichkeit betonen: Sie dürfen dem vorangeschickten Bungalow nie und nimmer folgen, wenn Sie nicht vorher alles und jedes Seekreislerische, das ja sowieso nur eine äußere Verbindung für Sie ist, abgetan haben ... Ich will und will nicht das allermindeste damit zu tun haben.« 11 Körtzinger befürchtete, Böhmer könne aufgrund seiner bis heute nicht ausreichend geklärten Kontakte zu den nationalsozialistischen Machthabern von den Alliierten, die damals schon als die Gewinner des Kriegs betrachtet wurden, zur Rechenschaft gezogen werden, und er selbst von Repressalien betroffen sein. Bernhard A. Böhmer handelte zwar im Sonderauftrag der Nationalsozialisten mit »entarteter« Kunst, doch läßt sich ihm bisher keine politische Zugehörigkeit zur NSDAP nachweisen. Er gehörte nicht einmal, weder als Bildhauer noch als Kunsthändler, der Reichskammer der bildenden Künste an, wozu er verpflichtet gewesen wäre." Im April 1945 war es schließlich für Böhmer und seine Familie zu spät, eine Fahrt in den Westen nach Schnega anzutreten und vor der näher rückenden Roten Armee zu fliehen. Sämtliche Elbbrücken waren bereits den verstärkten Bombenangriffen der Alliierten zum Opfer gefallen. Böhmer blieb nichts anderes übrig, als in Güstrow zu bleiben. Als die Rote Armee dort einmarschierte, nahmen sich Bernhard und Hella Böhmer am Abend des 3. Mai 1945 das Leben. Aus Erzählungen geht hervor, daß der Sohn Peter betäubt wurde, um den Selbstmord seiner Eltern nicht bewußt mitzuerleben.13 Marga Böhmer fand das Ehepaar und den leblos scheinenden Jungen. Sie kümmerte sich in den folgenden Tagen um den Zwölfjährigen. Auf Wunsch der Verstorbenen nahm Wilma Zelck, die Schwester Hella Böhmers, ihren Neffen bei sich auf (Abb. 12, 46 u. 5z). Böhmers hatten sie knapp einen
Vom » W u n d e r k i n d « z u m K u n s t h ä n d l e r _ 13
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M o n a t zuvor testamentarisch zum Vormund ihres Sohns bestimmt. Der Hausstand in Güstrow wurde aufgelöst und Wilmas M a n n Günther Zelck transportierte in den ersten Wochen nach dem Tod der Böhmers einen Teil des beweglichen Nachlasses aus Güstrow nach Rostock, den Hauptwohnsitz der Zelcks. Darunter befanden sich auch zahlreiche Gemälde aus dem Kunstbestand Böhmers. Im Zuge dieser Transportfahrten soll Günther Zelck in eine Straßenkontrolle geraten sein, die seine Inhaftierung zur Folge hatte. Ein Fluchtversuch scheiterte, und Zelck wurde erschossen. 24 In den folgenden Monaten begannen Wilma Zelck und ihr neuer Lebensgefährte Albert Daberkow mit dem Verkauf der Werke aus Böhmers Kunstbestand. 1 5 Vollständig ist das Konvolut der Werke »entarteter« Kunst, die über Böhmer verkauft wurden, heute kaum mehr rekonstruierbar. Der im Rostocker Kulturhistorischen Museum befindliche Bestand vermittelt jedoch einen Eindruck von der Heterogenität der Werke, die Bernhard A. Böhmer aus den von den Nationalsozialisten konfiszierten Beständen übernommen hat. Gesichert ist jedoch, daß Böhmer zwischen 1 9 3 8 und 1 9 4 5 zahlreiche »entartete« Kunstwerke an ausländische Interessenten vermittelte und auch - entgegen den Bestimmungen zur Verwertung des beschlagnahmten Kunstguts - an deutsche Sammler verkaufte. Wie auch immer sein Handeln zu bewerten sein mag, er entzog diese Werke damit der Vernichtung durch die Nationalsozialisten.
14-Tapfer
1 Derzeit entsteht an der FORSCHUNGSSTELLE »ENT-
ARTETE KUNST« der Freien Universität Berlin die Dissertationsschrift der Autorin mit dem Arbeitstitel B E R N H A R D A. B Ö H M E R U N D D E R H A N D E L M I T DER »ENTARTETEN KUNST« IM »DRITTEN R E I C H « . EINE BIOGRAPHIE.
2 Als junger Erwachsener änderte er die Schreibweise seines Vornamens (»Bernard«) sowie seines Nachnamens (»Böhmer«) und schrieb sich fortan »Bernhard A.Boehmer«. Auf offiziellen Dokumenten behielt er allerdings die alte Schreibweise des Nachnamens. 3 Die Woche 1902 zitiert nach Emst Barlach: Die Briefe (hrsg. v. Friedrich Droß), München 1968-1969, 2 Bde., Bd. 2, S. 876, Verzeichnis der Briefempfänger, unter Böhmer. 4 Vgl. Bielefeld, Stadtarchiv, SVA 856, I. Freundliche Auskunft von Gerhard Renda, Bielefeld, Historisches Museum. 5 Vgl. Kunstgewerbeblatt (Neue Folge) 7/1911, S. 127. Freundliche Auskunft von Gerhard Renda, Bielefeld, Historisches Museum. 6 Vgl. Ditte Clemens: Marga Böhmer. Barlachs Lebensgefährtin, Schwerin, 3. Auflage 2003, S. 91 u. S. 94. Margas Schwester Phia studierte ebenfalls an der Kunstgewerbeschule in Bielefeld; vgl. Clemens 2003, S. 100 f. Nachweislich korrespondierte Graeber mit dem Direktor der Berliner Antikensammlung Alexander Conze, dessen archäologische Ausgrabungen des antiken Pergamons wegbereitend für Wilhelm Dörpfeld wurden. Auch ein Briefwechsel mit dem Münchner Archäologen Adolf Furtwängler läßt sich nachweisen. Die Briefe befinden sich im Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts in Berlin; vgl. Hertha Simon: Gelehrtenbriefe im Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts zu Berlin. Ein Verzeichnis, Berlin 1973, Β Sim ι . 7 Vgl. Clemens 2003, S. 15. 8 Neue Berliner Illustrierte 43/1963, zitiert nach Clemens 2003, S. 28 f. 9 Vgl. Ernst Barlach: Der gestohlene Mond (hrsg. v. Friedrich Droß), Berlin 1948; Brief von Ernst Barlach an Karl Barlach, 23.November 1 9 3 1 , in: Barlach 19681969, Bd. 2, S. 284 f., Nr. 954. 10 Brief von Ernst Barlach an Karl Fischoeder, 17. November 1936, in: Barlach 1968-1969, Bd. 2, S. 668 f., Nr. 1338. 11 Vgl. Brief von Bernhard A. Böhmer an Hugo Körtzinger, 18. Februar 1937, in: Curd Ochwadt: Ernst Barlach, Hugo Körtzinger und Hermann Reemtsma. Auch ein Beitrag zur Biographie der letzten Lebensjahre
Ernst Barlachs, Hannover 1988, S. 69, Dokument Nr. 38. 12 Vgl. Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 18. März 1934, in: Barlach 1968-1969, Bd. 2, S. 456, Nr. 1128. 13 Berliner Adressbuch 1942, Berlin: Scherl 1896-1943, Berlin, Zentral- und Landesbibliothek, online-Datenbank: www.adressbuch.zlb.de. Im Januar 1945 stellte Böhmer für die zerstörten Räumlichkeiten eine hohe Schadensersatzforderung an das Kriegssachschädensamt des Verwaltungsbezirks Berlin-Tiergarten, vgl. Berlin, Bundesarchiv, RK G7, 2536-2546. 14 Vgl. Hans Prolingheuer: »Herr Böhmer, mein Helfer in manchen Nöten ...«, in: Barlach-Journal. Texte, Reden, Kritik 1/1997-1998, S. 106-125, S. τ τ ° · 15 Brief von Bernhard A. Böhmer an Joseph Goebbels, 12. Juni 1935, zitiert nach Walter Tarnowski (Hrsg.): Ernst Barlach - Reinhard Piper. Briefwechsel 19ü0193$, München u. Zürich 1997, S. 685 f.; vgl. Prolingheuer 1997-1998, S. 1 1 2 . 16 Vgl. Brief von Ernst Barlach an Reinhard Piper, 6. März 1938, in: Barlach 1968-1969, Bd. 2, S. 760 f., Nr. 1448. 17 Brief von Ernst Barlach an Hugo Körtzinger, 20. August 1937, in: Ochwadt 1988, S. 70 f., Dokument Nr. 40. 18 Am 31. Mai 1938 wurde das »Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst« verabschiedet. Es legalisierte die Beschlagnahmen nachträglich; vgl.: Hildegard Brenner: Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus, Reinbek 1963, S. 205 f. Der Ministerialrat und Leiter der Abteilung Bildende Kunst im Propagandaministerium Franz Hofmann war zum Geschäftsführer der »Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst« bestimmt worden. Hofmanns Referent Rolf Hetsch oblag die Inventarisierung der konfiszierten Arbeiten und eine Vorauswahl »verwertbarer« Werke; vgl. Andreas Hüneke: Bilanzen der »Verwertung« der »Entarteten Kunst«, in: Eugen Blume u. Dieter Scholz (Hrsg.): Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus, Köln 1999, S. 265-274, S. 272. Hüneke zitiert in diesem Zusammenhang Tagebucheintragungen von Joseph Goebbels. Am 13. Januar 1938 notierte der Minister: »Einiges davon wollen wir im Ausland gegen gute Meister austauschen.« Am 29.Juli 1938 folgte der Eintrag: »Bilder aus der entarteten Kunst werden nun auf dem internationalen Kunstmarkt angeboten. Wir hoffen, dabei noch Geld mit dem Mist zu verdienen.« 19 Dies geht aus Ferdinand Möllers Notiz eines Telefongesprächs mit Böhmer hervor; vgl. Eberhard Roters: Galerie Ferdinand Möller. Die Geschichte einer Ga-
Vom » W u n d e r k i n d « z u m K u n s t h ä n d l e r _ 1 5
lerie für Moderne Kunst in Deutschland Berlin 1984, S. 167 f.
1917-1956,
2D Vgl. Tauschvertrag vom 16. Juli 1940, Berlin, Bundesarchiv, R 55, 2 1 0 1 9 , Bl. 1 5 2 - 1 5 7 ; Beiträge von Frédérique Régincos und Andreas Hüneke im vorliegenden Band, S. 5 3 - 7 1 u. S. 73-88. 21 Brief von Hugo Körtzinger an Bernhard A. Böhmer, Dezember 1944, zitiert nach Ochwadt 1988, S. 3 1 , Anmerkung 16. Der Brief ist nur als Durchdruck im Nachlaß von Hugo Körtzinger erhalten. 22 In den Akten von Böhmers Schadensersatzantrag an das Kriegssachschädenamt Berlin Tiergarten im Januar 1945 ist vermerkt: Böhmer sei kein Mitglied der Kammer, da er »kaum im freien Kunsthandel tätig war«; Berlin, Bundesarchiv, RK G7, 2540.
23 Mündliche Auskunft Peter Böhmers gegenüber der Autorin am 19. Juli 2006. 24 Ibid. 25 Der aus Düsseldorf stammende Daberkow, der in Rostock als Maler tätig war, veranlaßte über seinen Wohnsitz in Berlin Verkäufe von Gemälden des Bestands in den westlichen Besatzungszonen. Nach seiner Trennung von Wilma Zelck zog er Anfang der fünfziger Jahre nach Bad Homburg im Taunus. Das Adressbuch für den Obertaunuskreis führte Albert Daberkow ab 1953 als Kunsthändler; vgl. Beitrag von Meike Hoffmann im vorliegenden Band, S. 9 7 131
» M e i n g u t e r wie m e i n b ö s e r E n g e l « Ernst Barlach und Bernhard A. Böhmer Volker
l ^ m ERSTE B E G E G N U N G IN GÜSTROW
Zu welchem Zeitpunkt es zu einer ersten Begegnung zwischen dem Bildhauer Ernst Barlach und dem Ehepaar Böhmer kam, ist nicht mehr genau festzustellen. Kennengelernt hatten Marga und Bernhard A. Böhmer den Künstler um 1924 im Hotel Erbgroßherzog in Güstrow, als die beiden aus dem Rheinland kommend sich in Mecklenburg eine neue Existenz aufbauen wollten (Abb. 13).1 Gewiß ist auch, daß diese Begegnung sich für alle Beteiligten als folgenreich erwies. Das Ehepaar Böhmer ließ sich 192.7 scheiden, und die lose Bekanntschaft zwischen Marga Böhmer und Barlach entwickelte sich nun zu einer intensiven persönlichen, ja, intimen Beziehung. In den folgenden Jahren gestaltete sich die Lebens-, Wohn- und Arbeitssituation dieser drei Menschen kompliziert/ Entscheidend war Barlachs Entschluß - wohl von Böhmer angeregt und von ihm auch maßgeblich organisiert - , ein großes Atelier- und Wohnhaus am Güstrower Inselsee in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haus von Marga Böhmer zu errichten. Das repräsentative Gebäude war im Mai 1 9 3 1 bezugsfertig, und Barlach nutzte in der Folge vor allem die beiden Atelierräume im Erdgeschoß. Im Mai 1933 bezog Böhmer mit seiner zweiten Frau Hella und dem 1932 geborenen Sohn Peter eine Wohnung im Atelierhaus (Abb. 14).
Probst
18 _Probsl
Güstrow — PiarhlrailHotel „Erbjrotherzoa"
15 HOTEL ERBGROSSHERZOG IN GÜSTROW, um 1935, Ansichtskarte, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Für Aufenthalte von Barlachs Sohn Nikolaus, der zeitweise in Marga
Böh-
mers Haus wohnte, stand dort auch nach Barlachs Tod ein Zimmer zur Verfügung. 3 Als die Böhmers Barlach kennenlernten, hatte der Bildhauer eine persönliche Krise bewältigt. Wenige Jahre zuvor hatte er vergebens um die Hand der Frau seines Freunds und späteren Nachlaßverwalters Friedrich Schult angehalten (Abb. -ij"j.4 Barlachs persönliche Lebenssituation gestaltete sich zudem schwierig, denn bis zu ihrem Tode 1920 hatte seine Mutter Louise mit ihm und dem Sohn Nikolaus in der Schweriner Straße gelebt und den gemeinsamen Haushalt besorgt. Neben der Arbeit im Atelier widmete sich Barlach der Erziehung seines Sohns, die eine nicht unproblematische Entwicklung nahm. 5 Während sich bei Barlach aus der anfänglichen Sympathie für Marga Böhmer eine Liebesbeziehung entwickelte, begann Bernhard A. Böhmer für das praktische Leben des Künstlers hilfreich, in den dreißiger Jahren sogar unentbehrlich zu werden. Barlach hatte umfangreiche Aufträge übernommen, die ihm als einem der bekanntesten und geschätzten Bildhauer in der Weimarer Republik angeboten wurden. Beherrscht waren diese Jahre von Barlachs Arbeiten an den Ehrenmalen für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Bei diesen großen Aufgaben unterstützte Böhmer,
» M e i n guter wie mein b ö s e r Engel« _ 1 9
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Unbekannter
AM H E I D B E R G
Fotograf, DAMENZIMMER
IM ERDGESCHOSS
DES ATELIERHAUSES
(MIT » Z W E I M Ä D C H E N AM TISCH VOR DEM F E N S T E R «
VON E R N S T
VON K A R L H O F E R ) ,
I945,
BARLACH PrivatbcSltZ
der wie Marga Böhmer eine Ausbildung als Bildhauer an der Bielefelder Kunstgewerbeschule absolviert hatte, Barlach in vielfältiger Weise. So sorgte Böhmer nicht nur für die Beschaffung einer elektrischen Bohrmaschine aus der Güstrower Eisengußfabrik Richard van Tongels, mit der in den Jahren 1928 und 192.9 die großen Holzblöcke für das
MAGDEBURGER
EHRENMAL
ausgehöhlt wurden
(Abb. 16).6 Mit Beilen richteten Marga und Bernhard A. Böhmer - von Barlachs Sohn Nikolaus unterstützt - die Hölzer zunächst grob zu, während Böhmer dann mit Hilfe einer Punktiermaschine die Details des Gipsmodells im Maßstab 1 : ζ auf das liegende Holz übertrug und weiter herausarbeitete. In einem Brief an den Bruder Hans berichtete Barlach: »Wir sind jetzt eine Woche an dem Holz, es ist ein Mordsstück Arbeit, wir helfen uns mit vielem Sägen, wodurch man zunächst große Stücke losbekommt. D. h. ich schaue einstweilen zu, wie Böhmer und Klaus sein Meister im Holzhauen, Schumann, mit groben Meißeln wütend umgehen. Meine Zeit wird noch kommen, wenn das dicke Holz weg ist und der Rest nach haarscharfem dünnen Stahl schreit.« 7
20 _ Probst
15 R e i n h a r d Piper. FRIEDRICH SCHULT UND ERNST BARLACH AM NEBEL-KANAL BEI GÜSTROW, 1 9 1 9 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Barlach übernahm schließlich selbst mit Holzbeitel und Bildhauereisen die endgültige Bearbeitung der nun aufgerichteten Werkstücke. 8 Das große Vertrauen, das Barlach bei diesen Arbeiten Böhmer entgegenbrachte, bezeugt erneut ein Brief an den Bruder: »Das Mittelstück der Arbeit wird jetzt ausgehöhlt. Wir haben von van Tongel einen elektr. Bohrapparat geliehen, damit geht's voran, sonst wäre es in eine wüste Hackerei ausgelaufen, für solche Auswege ist ja der sonst bedenkliche Böhmer der geeignete Mann.« 9 Wie weit Barlachs Vertrauen in Böhmers handwerkliche Fähigkeiten und dessen künstlerisches Einfühlungsvermögen bei aller Skepsis dem Lebenswandel seines Gehilfen und späteren Sekretärs gegenüber ging, läßt sich dadurch erahnen, daß er Böhmer sogar feine Arbeiten wie die Oberflächenglättung am fast fertiggestellten und noch feuchten Tonmodell des BETTLERS ( 1 9 3 0 ) aus der GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN ausführen ließ. 1 0 Von Böhmers eigenen künstlerischen Arbeiten ist wenig bekannt. Ein Gemälde mit dem Motiv der Güstrower Gertrudenkapelle von seiner Hand hat sich erhalten." Eigene plastische Arbeiten von Böhmer sind nicht überliefert, jedoch verfügte er offenbar über ein großes handwerkliches Geschick. Böhmer hatte sich alle notwendigen Arbeitsgänge während des Kunststudiums in Bielefeld angeeignet, er beherrschte Techniken wie Gipsabformung, Gipsgießen, Vergrößern, Holzbearbeitung und anderes mehr. Aus seiner Studienzeit haben sich
»Mein guter
16
Berthold
Kegebein.
B E R N H A R D A. B Ö H M E R
BEI DER ARBEIT AM » M A G D E B U R G E R
wie m e i n b ö s e r E n g e l « . 2 1
EHRENMAL«
IM ATELIER
VON
ERNST BARI.ACH IN DER GÜSTROWER WALKMÜHLENSTRASSE, um 1 9 2 8 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
acht Hohl- und Flacheisen zur Holzbearbeitung mit seinem Monogramm »BB« erhalten. 1 2 In späteren Jahren führte Böhmer nach vorhandenen Gipsmodellen einige Holzskulpturen mit Barlachs Genehmigung aus, die der Künstler in einzelnen Details eigenhändig bearbeitete und schließlich Böhmer zum Verkauf überließ."
BARLACHS »UNENTBEHRLICHER«
HELFER
Neben der handwerklich-technischen Unterstützung wurde seit Anfang der dreißiger Jahre Böhmers geschäftliches Wirken für Barlach zunehmend bedeutsam. Böhmer erledigte als Barlachs Sekretär nahezu den gesamten Schriftverkehr. Als Barlach seinen Kunsthändler Paul Cassirer 1 9 2 6 durch Freitod verlor, übernahm alsbald Böhmer dessen Aufgaben, da das Vertrauen des Bildhauers in eine erfolgreiche Fortführung seiner Interessen durch den Kunstsalon Paul Cassirer zunehmend schwand. 1 4 Auch der Kunsthändler Alfred Flechtheim, der zunächst für Barlach die Rolle Cassirers übernommen und erstmals kleine Gipsmodelle für limitierte Gußauflagen in Bronze herausgebracht hatte, stand nicht länger zur Verfügung. 1 ' Schon
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17 B e r t h o l d K e g e b e i n ,
MARGA
B Ö H M E R , B E R N H A R D A. B Ö H M E R U N D ERNST B A R L A C H IM
GARTEN
DES A T E L I E R H A U S E S A M H E I D B E R G , u m 1 9 3 5 , G ü s t r o w , Ernst Barlach Stiftung, A r c h i v
frühzeitig wurde Flechtheim aufgrund seiner jüdischen Herkunft von rechtsnationalen Kreisen angegriffen. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten reiste er in geschäftlichen Angelegenheiten nach Paris, setzte sich von dort nach London ab, w o er 1937 starb." 5 Die gemeinsamen Besprechungen mit Böhmer im Atelierhaus am Heidberg (Abb. ιγ),
deren Notwendigkeit Barlach wohl erkannte, empfand der Künstler als
ermüdend und vor allem als zeitraubend: »Nach dem Frühstück tutet Böhmers Auto an der Pforte, dann wird der böse Baldow angekettet, und Herr und Hund Böhmer fahren ein, meistens zu einer langwierigen Konferenz beim Kaffee, denn da der magen- und herzkranke Mann zu Hause bloß Milchsuppen und Kinderfutter bekommt, hält er sich hier draußen schadlos. Er ist seit kurzem zum erstenmal Vater, aber ich glaube, er fühlt sich in seiner Luxuswohnung doch im goldenen Käfig und freut sich, auf einige Stunden verschwinden zu müssen, wenn dabei auch meistens kein M u ß in Frage kommt.« 1 7 Besprochen wurden vor allem geschäftliche Angelegenheiten, vornehmlich Kunstverkäufe und Aufträge. Nach 1933 beschäftigte zunehmend die Frage: In wel-
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U n b e k a n n t e r F o t o g r a f . B E R N H A R D A. B Ö H M E R IN B E R L I N , 1 9 3 0 ,
Güstrow,
Ernst Barlach Stiftung, Archiv
chem Verhältnis steht der Künstler zum neuen Staat, dessen totalitäre Struktur und umfassender Machtanspruch sich unmittelbar auf Kunst und Kunstschaffende auszuwirken begann, und in welcher Weise sollte sich Barlach einem solchen Staat gegenüber verhalten? Böhmer verfügte über ausgedehnte Geschäftsbeziehungen, über Verbindungen zu Repräsentanten der Partei und Parteiorganisationen sowie zu politischen Entscheidungsstellen in Berlin (Abb. 18). Zu diesen nahm er bei konkreten Anlässen Kontakt auf, um sich für Barlach und dessen Werk zu verwenden. Nach 1939 nutzte er seine Kontakte, um Geschäfte bei der »Verwertung« von Werken »entarteter« Kunst zu tätigen. Trotz Barlachs vordergründiger und einziger »Treuebegründung« zum neuen Regime - nach längerem Drängen setzte Barlach widerwillig neben siebenunddreißig weiteren deutschen Künstlern auch seine Unterschrift unter einen »Aufruf der Kulturschaffenden« - , die Peter Paret als den »einzigen Fehler« Barlachs unter der nationalsozialistischen Diktatur bezeichnete, nahmen die Angriffe auf den Künstler stetig und an Heftigkeit zu. 18 Erste Hetzattacken konservativer, reaktionärer und national gesinnter Kreise setzten bereits im Zusammenhang mit Barlachs Ehrenmalen in Güstrow (1927), Kiel (1928) und dann massiv beim MAGDEBURGER EHRENMAL (192.9) ein. 19 Barlach beriet sich mit Böhmer über die Art und Weise, wie er darauf reagieren sollte. Neben massiven verbalen Angriffen von
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Friedrich Hildebrandt, dem »Reichsstatthalter« für Mecklenburg und Lübeck, hatte Barlach sich immer wieder gegen die neue Staatsmacht in Berlin zur Wehr zu setzen, desgleichen wurde 1936 ein Buch mit Zeichnungen des Künstlers verboten, im gleichen Jahr in Berlin eine Ausstellung geschlossen und schließlich 1938 der Austritt aus der Preußischen Akademie der Künste erzwungen. Die wohl schwierigste Auseinandersetzung mit den Repressionen des NS-Staates hatte Barlach bei der Beschlagnahme der Publikation E R N S T B A R L A C H . Z E I C H N U N G E N zu führen, deren Herausgabe ein lang gehegter Wunsch seines Verlegerfreunds Reinhard Piper gewesen war (Abb. 19). Barlach hatte sich nach langwierigen Diskussionen mit Piper auf eine Auswahl von Zeichnungen verständigt, und der Schriftsteller Paul Fechter schrieb die Einführung zu diesem Buch.10 Der Zeichnungsband, für den Barlach eigens einen Schutzumschlag entworfen hatte, wurde in einer Auflage von etwa 4.400 Stück gedruckt. Im Mai 1936 kam es zu einem Verbot und zur Beschlagnahme der restlichen 3.280 Exemplare, die in der Folge vernichtet wurden. Im Beschluß der Bayerischen Politischen Polizei wurde die Beschlagnahme und Einziehung des Werkes damit begründet, daß »der Inhalt geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden«. 11 Der Verleger intervenierte mit mehreren Schreiben an das Propagandaministerium gegen dieses Verbot. Er war dabei ebenso wenig erfolgreich wie Böhmer, der persönlich wiederholt im Propagandaministerium in Berlin vorsprach, um zu erfahren, welche Zeichnungen als »staatsgefährdend« eingestuft worden waren und wie diese Einschätzung begründet wurde. Böhmers Interventionen in Berlin mußten im kulturpolitischen Machtkampf dieser Jahre scheitern, der hinter den Kulissen zwischen dem Propagandaministerium von Joseph Goebbels und dem Amt Alfred Rosenbergs geführt wurde. 11 Barlach ging zu diesem Zeitpunkt immer noch davon aus, daß auch im Deutschen Reich nach 1933 Rechtstaatlichkeit herrschte und er diese Rechtsposition in Anspruch nehmen könne. So wandte er sich selbst in einem ausführlichen Schreiben vom 25. Mai 1936 an Goebbels mit der Bitte um Aufklärung, weshalb seine Zeichnungen die öffentliche Ordnung gefährden würden.13 Nach einem Besuch des Wallraf-Richartz-Museums in Köln hatte Goebbels 1924 zwar über Barlachs Kunst tief beeindruckt in seinem Tagebuch notiert: »Moderne Kunst. Malerei und Plastik. Viel Kitsch und Mache. [...] Am meisten packt mich eine Plastik. Barlach: Berserker. Das ist der Sinn des Expressionismus. Die Knappheit zur grandiosen Darstellung gesteigert.«14 Doch nun erhielt der zunehmend verfemte expressionistische Bildhauer vom Propagandaminister keine Antwort. Subalterne Dienststellen setzten das Verbot des Buchs und seine Vernichtung durch und legten den Fall zu den Akten. 15 In der Rückschau liest sich das Verbot der Publikation wie der Auftakt zur infamen Aktion »Entartete Kunst« des Jahres 1937. In einer Art von visionärer
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Engel«-25
U M S C H L A G VON » E R N S T B A R L A C H . Z E I C H N U N G E N « , Piper Verlag, M ü n c h e n
1935,
Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Ahnung hatte Barlach 1 9 3 6 die Plastik einer stehenden Frau geschaffen - später DAS SCHLIMME JAHR 1 9 3 7 genannt - , welche die Erschütterungen seiner noch verbleibenden Jahre in einer überzeugenden Zusammenschau plastisch vereinte. Bei der Beschlagnahmeaktion 1 9 3 7 wurden nach neuesten Erkenntnissen mehr als 670 Werke Barlachs aus öffentlichen Sammlungen entfernt und als »entartete« Kunst konfisziert. 16 Er gehört damit zu denjenigen Künstlern, die von der verwerflichen Aktion am schwersten betroffen waren. Bei der Ausstellung ENTARTETE KUNST in München wurden ab 19. Juli 1 9 3 7 von Barlach die Gruppe DAS WIEDERSEHEN (CHRISTUS UND T H O M A S ) , eine Bronze von 1 9 2 5 und der Band sei-
ner Zeichnungen aus dem Piper-Verlag gezeigt (Abb. 20). Die Femeausstellung war bis 1 9 4 1 in mindestens zwölf weiteren deutschen Städten zu sehen. 17 Barlachs WIEDERSEHEN und sein Band mit Zeichnungen wurden zwar auf der Berliner Station der Ausstellung nicht mehr gezeigt, jedoch wurden »nach Böhmers Okularinspektion [..,] drei oder vier Lithos, größere Einzelblätter« Barlachs »mit der Zensur: Kulturschänder« präsentiert, wie der Bildhauer an Piper berichtete.18 Z u den widersprüchlichen Erscheinungen in der Kulturpolitik des »Dritten Reichs« zählt, daß Barlach, obwohl bereits heftig angegriffen, auf der Weltausstellung EIN JAHRHUNDERT DES FORTSCHRITT 1 9 3 3 in Chicago und sogar auf der XIX. BIENNALE in Venedig 1934 offiziell vertreten war. So wandte sich der KUNST-
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20 Unbekannter Fotograf, BLICK IN DIE AUSSTELLUNG »ENTARTETE KUNST« (MIT »DAS WIEDERSEHEN« VON ERNST BARLACH), München 1 9 3 7 , Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv
DIENST kurzfristig an Barlach, u m die Holzskulptur des LESENDEN KLOSTER-
SCHÜLERS von 1 9 3 0 (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung) und die Klinkerfigur SÄNGER von 1 9 3 2 (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung) für die Abteilung religiöser deutscher Kunst zu erhalten und mit nach Chicago zu schicken.29 Böhmer oblag dann die organisatorische Umsetzung dieser Ausstellungsbeteiligung Barlachs. Der NATIONALSOZIALISTISCHE
DEUTSCHE
STUDENTENBUND
des Krei-
ses Berlin-Brandenburg hatte in einem Schreiben vom 1 0 . Juni 1 9 3 3 an Bernhard A. Böhmer vorgeschlagen, Barlach als der »deutscheste aller deutschen Künstler« solle Präsident des RINGS DEUTSCHER KÜNSTLER werden. 30 Dies scheint ein weiterer Beleg dafür zu sein, daß Böhmer schon frühzeitig gute Verbindungen zu verschiedenen Parteiorganisationen besaß. Anliegen der Anfrage sei es, »im Interesse der deutschen Kunst und des kulturellen Ansehens Deutschlands im Auslande das künstlerische Prestige der Bewegung zu retten«, und daher habe sich »die Führung des nationalsozialistischen Studentenbundes und Norddeutschlands entschlossen, die Maler und Bildhauer zu einem Zusammenschluß unter der Präsidentschaft Ernst Barlachs aufzufordern«. Das Schreiben Schloß mit der Bitte, »Herrn Professor Barlach mitzuteilen, daß wir ihm für seine Bereitwilligkeit, unserem Vorschlag zuzustimmen, zu besonderem Dank verpflichtet sind«. 31 Als weitere Namen, die für den Vorstand vorgesehen waren, wurden genannt: Artur Degner, Willy Jaeckel,
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H. H e n t s c h e l . BERNHARD A. BÖHMER IN EINEM SEINER A U T O M O B I L E , vor 1 9 3 4 , F o t o g r a f i e , G ü s t r o w , Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Gerhard Mareks, Christian Rohlfs und Alfred Kubin. 32 Bekanntlich ging dieser »Expressionismus-Streit« zugunsten einer flachen und provinziellen Blut-undBoden-Kunst aus, der schließlich in der Verfolgung und Vernichtung der Klassischen Moderne gipfelte, zu deren Opfern auch Ernst Barlach gehörte. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft übernahm Böhmer zunehmend die Aufgaben von Barlachs früheren Kunsthändlern, verhandelte über Verkäufe und Ausstellungen und erledigte Barlachs umfangreichen geschäftlichen Schriftverkehr. Böhmers Vorliebe für ein mondänes Leben, insbesondere für schnelle Autos (Abb. zi u. 43), war für Barlach von Nutzen, auch wenn er den Lebenswandel seines Adlatus mitunter kritisch kommentierte: »Heute ist Böhmer abgefahren, um, ausgerüstet wie ein Prinz für ein erstrangiges Hofzeremoniell, nach Oberhof ins fürnehmste Hotel zu gehen, um am Z9sten dieses selben Monats Frl. Hella Otte zu ehelichen. Er ist nunmehr ein großer Herr geworden und in diesem Punkte somit an das Ziel seiner Wünsche gelangt.« 33 So fuhr Böhmer mit Barlach nach einem Besuch bei Hugo Körtzinger in Schnega in der östlichen Lüneburger Heide über Ratzeburg nach Lübeck, wo der Bildhauer seine drei monumentalen aus Klinker errichteten Figuren D E R
BETTLER,
DER
SÄNGER
und FRAU
IM WIND von
1 9 3 0 -
1 9 3 2 (Lübeck, Katharinenkriche) aus der G E M E I N S C H A F T H E I L I G E N in der pro-
visorischen Aufstellung innen im hohen Chor der Katharinenkirche sehen konnte. 34
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Unbekannter Fotograf, M A R G A
BÖHMER
UND ERNST BARLACH, u m 1 9 3 8 ,
Güstrow,
Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Als Barlach aufgrund seines sich zunehmend verschlechternden Gesundheitszustands wiederholt in Begleitung von Marga Böhmer zu Kuren in den Harz und in das oberfränkische Bad Kissingen reiste, brachte Böhmer sie in die Kurorte. 35 Einen letzten Fahrdienst leistete Böhmer, als er den kranken Barlach nach Rostock in die Privatklinik St. Georg brachte. Die letzten Lebenswochen Barlachs waren von Leiden gekennzeichnet, aber auch vom Entschluß des Künstlers, sich von seinem Atelierhaus am Inselsee in Güstrow zu trennen (Abb. 22). Barlach hatte zunächst einen Makler mit dem Verkauf beauftragt, jedoch hat sich Böhmer schließlich der Angelegenheit angenommen. Böhmer ergriff dann im Juli 1938 die Initiative und berichtete in einem Brief an Körtzinger von Barlachs desolater persönlicher wie wirtschaftlicher Lage. 36 In enger Abstimmung mit Barlach führte Böhmer die weiteren Verkaufsverhandlungen mit dem Hamburger Industriellen und Sammler Hermann F. Reemtsma, der am Erwerb des Atelierhauses ernsthaft interessiert war. Der Verkauf für einen Preis von 50.000 Reichsmark kam schließlich nicht zustande, da Barlach am 24. Oktober 1938 in der Rostocker Klinik verstarb.
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^ • I EINE G E D E N K S C H R I F T F Ü R ERNST B A R L A C H
Nur wenige Tage nach Barlachs Tod in Rostock, der Trauerfeier in seinem Atelierhaus in Güstrow und der Beisetzung auf dem Friedhof in Ratzeburg regte sein Mäzen Hermann F. Reemtsma eine Publikation an, in der des Bildhauers angemessen gedacht werden sollte. An Hugo Körtzinger schrieb er: »Wie froh war ich, daß ich Barlach vor meiner Abfahrt noch einmal sah. - Ich halte es für richtig und gegeben, ein Gedenkheft - in memoriam - herzustellen mit den wichtigen Ansprachen, Briefen und Worten dazu. Alle äußere Förderung ist von meiner Seite gesichert. Ich halte das sehr für richtig. Die Hefte würden dann dem Barlach-Kreis zugehen, der sich jetzt bei seinem Tode legitimiert hat.« 37 Reemtsma gab nicht nur die Anregungen für diese Publikation, sondern gewährleistete auch deren Finanzierung. Aus der zunächst als »Gedenkheft« bezeichneten Veröffentlichung wurde ein Buch mit festem Einband, das als Privatdruck »in beschränkter Auflage gedruckt bei Gustav Petermann in Hamburg« 1 9 3 9 erschien, wobei jedes Exemplar handnumeriert wurde. Im einem darin veröffentlichten Nachruf spricht Körtzinger nicht nur eigene Worte des Gedenkens, sondern zitiert zahlreiche anteilnehmende Stimmen zu Barlachs Tod, unter ihnen Georg Kolbe, Heinrich George, M a x Planck, Hermann Hesse, Ernst Wiechert, Fritz Schumacher, Reinhard Piper, Karl Scheffler, Emil Waldmann, Ludwig Justi und Oskar Loerke. In dem Abschnitt »Bekenntnisse« dieser FREUNDESWORTE ERNST BARLACH
ZUM GEDÄCHTNIS ist neben Hans Carossa, Friedrich Schult, Käthe Kollwitz und Leo von König auch Bernhard A. Böhmer mit einem Text vertreten. Dieser Beitrag ist insofern von Interesse und einiger Bedeutung, da er unseres Wissens die einzig bekannte Quelle ist, in der Böhmer aus einer sehr persönlichen und privaten Perspektive sein Verhältnis zu Ernst Barlach darstellte. In drei kurzen Abschnitten spricht Böhmer die für ihn wesentlichen Aspekte seiner Beziehung zu Barlach an. Er beginnt mit einem grundlegenden und offenherzigen Bekenntnis, wenn er schreibt: »Ernst Barlach hat einen entscheidenden Einfluß auf mich ausgeübt. Er ist in Wahrheit mein geistiger Vater. In den Jahren unserer gemeinsamen Tätigkeit wurde unser Verhältnis für mich von einem starken verwandtschaftlichen Gefühl getragen, das alle Unterschiede persönlicher Art auf eine freie Weise überbrückte. Immer war es die Stimme des Vaters, die zu mir sprach, immer war es ein gütiger, besorgter Hinweis, der mir aufs herzlichste zuteil wurde.
30_Probst
Das will viel sagen in einer Zeit, die das Väterliche nicht sehr hoch achten zu können glaubte. Es ist nicht auszudrücken, was er mir war und was er mir gab und was ich ihm an Dank schuldig bin. Seit er von uns gegangen ist, fühle ich mich um vieles vereinsamt, und es ist niemand mehr da, an Stelle seiner reinen Herzensgüte zu raten und zu helfen. Wir müssen uns bemühen, in seinem Sinne weiterzuleben und die Welt mit seinen Augen zu betrachten!«38 Für Böhmer hatte sich nach eigenen Worten ein enges Verhältnis, sogar eine Art Vater-Sohn-Beziehung zwischen dem Bildhauer und ihm herausgebildet. Barlach kam es zu, dem »Sohn« mit verständnisvollem Rat zur Seite zu stehen. Daß der Bildhauer sich in etlichen Äußerungen zu Böhmers Lebenswandel kritisch, ja, mitunter abwertend äußerte, überdeckt Böhmer mit dem Hinweis, »alle Unterschiede persönlicher Art [seien] auf eine freie Weise«, das heißt wohl auch in gegenseitiger Achtung und Toleranz überbrückt worden.35 Die Wohn- und Lebenssituation am Heidberg mit Barlach und Marga Böhmer auf der einen und Bernhard A. Böhmer mit seiner zweiten Frau Hella auf der anderen Seite war vielen Güstrowern immer suspekt gewesen. Die Protagonisten jedoch hatten für sich ein Arrangement gefunden, das ein auskommendes Neben- und Miteinander der Lebens- und Arbeitswelt ohne große Mißklänge gewährleistete (Abb. 23-24). Ob Barlach nach eigenem Verständnis der Vaterrolle, die ihm Böhmer posthum zuwies, zu Lebzeiten entsprochen hat, bleibt ungewiß. Auch im zweiten Abschnitt, in dem er von seinem Einsatz für den Bildhauer spricht, bleibt Böhmer allgemein, ohne auf konkrete Ereignisse direkt Bezug zu nehmen: »Wo immer ich seine Sache zu vertreten hatte, so geschah es nie ohne ein Bewußtsein seiner lebendigen Fürsorge für die Aufgabe innerer und äußerer Natur, die sich in keinem Fall mit einer nur sachlichen oder nur geschäftsmäßigen Regelung der Angelegenheit begnügt hätte. Immer war er der bis ins letzte verantwortliche Künstler, der niemals seinen Stand verriet. Umso bitterer hat er das an ihm begangene Unrecht empfunden, er, der niemals seine persönlichen Interessen über seine überzeitliche Aufgabe gestellt hat, der niemals seinen Nutzen höher geachtet hat als den Fortbestand seiner Arbeit.«40 Man kann davon ausgehen, daß Böhmer mit der Formulierung »seine Sache zu vertreten« zuvörderst Situationen meinte, in denen er sich nach 1933 für Barlach bei verschiedenen Stellen der nationalsozialistischen Kulturpolitik eingesetzt hatte. Dies gilt nicht nur für Ausstellungsvorhaben, wie der Weltausstellung 1933 in
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Unbekannter Fotograt, E R N S T
BARLACH
AUF
DEM WEG
IN S E I N A T E I . I E R H A U S
AM H E I D BE R G , um
Güstrow, Ernst Barlach Stiftung,
Chicago, sondern vor allem auch bei dem gesamten Verfahren, das mit dem Verbot des Bandes ZEICHNUNGEN von Barlach und in der Folge mit der Aktion »Entartete Kunst« von 1 9 3 7 in Zusammenhang steht. Immerhin spricht Böhmer von dem am Künstler »begangenen Unrecht« durch die Nationalsozialisten, ohne dieses allerdings konkret zu benennen. Daß Barlach sich trotz der tiefen Demütigungen, massiven Verfolgungen und persönlichen Bedrohungen durch seine Gegner - nicht nur in Mecklenburg, sondern auch im Propagandaministerium in Berlin - nicht korrumpieren ließ und seinem Berufsethos unbeirrbar treu blieb, betont Böhmer besonders. Dessen Wirken als Kunsthändler für Barlach bleibt hingegen unerwähnt. Böhmer beschließt seinen Text mit einem gewissermaßen intimen Blick in das Allerheiligste, in das Atelier des Künstlers: »Nun muß ich mich des schönen, tiefen Schweigens erinnern, das bei der gemeinsamen Arbeit im Atelier eintrat, wenn Ernst Barlach alle Anweisungen gegeben hatte und nur noch Hände und Werkzeug zu vernehmen waren. Da erschien das Glück des Schaffens, mit dem jedem Künstler das Ungemach ver-
1935, Archiv
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Unbekannter Fotograf. B E R N H A R D A. B Ö H M E R , M A R G A B Ö H M E R S S C H W E S T E R L I L L Y G R A E B E R
UND ERNST BARLACH, um 1 9 3 5 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
gölten wird, im schweigsamen Formen. Und ich weiß, daß in diesem Schweigen aller Unverstand, der sich an einem Großen vermaß, spurlos untergeht, so, wie es immer war und wie es immer sein wird.« 4 1 Mit seiner persönlichen Sicht auf die Arbeitssituation stellt sich Böhmer selbst auf eine Stufe mit dem verehrten Bildhauer, denn er spricht von »gemeinsamer Arbeit«, wobei dokumentiert ist, daß Böhmer in der Regel meist vorbereitende Arbeiten ausführte. Dennoch vermittelt seine kurze Schilderung, in der er den Blick für den Leser ins Atelier öffnet, den Eindruck, eine sakrale Handlung vollziehe sich in heiligem Schweigen. Die Archaik des Bildes, es waren »nur noch Hände und Werkzeuge zu vernehmen«, verstärkt den Eindruck einer kultischen Handlung, des Religiösen. In diesem Schweigen selbst findet die Ungerechtigkeit, die Barlach durch die Nationalsozialisten widerfahren ist, gewissermaßen ihre Neutralisierung und letztlich ihren spurlosen Untergang. Böhmer nutzte seinen Beitrag in den FREUNDESWORTEN offensichtlich dazu, durch eine geschickte Selbstdarstellung sein persönliches Verhältnis zu Barlach zu inszenieren, vor allem auch dadurch, daß er die Konflikte ausblendete, die bekanntlich in dieser Beziehung lagen. Neben diesem Dokument einer offensichtlich schwierigen Beziehung zweier ungleicher Männer steht das geschäftliche Handeln
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Böhmers, der als einer der begünstigten Kunsthändler im »Dritten Reich« einerseits mit den Machenschaften eines Unrechtsstaats paktierte, andererseits sich für die Rettung einzelner Werke Barlachs einsetzte, aber auch dessen Nachlaß und seine Zugriffsmöglichkeiten darauf für seine eigenen finanziellen Zwecke zunehmend nutzbar zu machen wußte.
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B Ö H M E R U N D DAS B A R L A C H - G R E M I U M
Nach Barlachs Tod stellte sich die dringende Frage, wie das umfangreiche Lebenswerk des verfemten Künstlers in Güstrow bewahrt werden könne. Nach intensiven Verhandlungen kam es im Frühjahr 1939 zu einem Vertragsabschluß zwischen dem Sohn Nikolaus Barlach als alleinigem Erben und einer Gruppe von Freunden des Bildhauers - dem sogenannten Barlach-Gremium - , der alle wesentlichen Fragen zur Nachlaßpflege behandelte. Vertraglich wurde am 19. M ä r z 1939 folgendes festgelegt: »Klaus Barlach, als alleiniger Erbe des Künstlers Ernst Barlach, überträgt dem Gremium, welches sich als >Verwaltung des Kunsterbes Ernst Barlachs< bezeichnet, die Entscheidung in allen die Pflege, Aufbewahrung, den Verkauf, Rückkauf und die verlegerische Auswertung des künstlerischen Nachlasses betreffenden Fragen auf die Dauer von 5 Jahren.« 41 Diesem Barlach-Gremium gehörten der Bruder Hans Barlach, der Vetter Karl Barlach, Hans Carossa, Friedrich Droß, Friedrich Düsel, Hugo Körtzinger, Hermann F. Reemtsma, Rolf Hetsch und Friedrich Schult an. 43 Die treibende Kraft zur Bildung eines solchen Zusammenschlusses war wohl Bernhard A . Böhmer. So reiste er Ende 1938 eigens zu Friedrich Droß nach Kiel und zu Karl Barlach nach Neumünster, um die Vereinbarung vorzubereiten. 44 Unverständlich ist, wie es möglich war, daß Rolf Hetsch - ein Beamter aus dem Propagandaministerium und wesentlicher Protagonist bei der »Verwertung« von »entarteter« Kunst - gegen den ausdrücklichen Willen von Nikolaus Barlach Mitglied im diesem Gremium werden konnte. Es ist jedoch zu vermuten, daß Hetsch auf Anraten und Intervention von Böhmer eingebunden wurde, der ihn auch als Verbindungsmann bei der Rückgewinnung von konfiszierten Werken Barlachs und seinen anderen Geschäften einsetzte. 45 Die Wahl von Hetsch in das Gremium hatte zudem einen sachlichen Grund: Man wollte auch einen Kunsthistoriker als Berater zur Seite haben, der sich trotz der Verfemung Barlachs für dessen Werke an offizieller Stelle einsetzen konnte. 46 Der Vertrag regelte neben Aufgabenfeldern und Verfahrensweisen auch die Rolle Böhmers, der nicht Mitglied des Barlach-Gremiums war. Böhmer wurde da-
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rin eine Sonderstellung zugewiesen und ihm wurden Rechte und Pflichten eingeräumt: »Bei Rückkauf von Kunstwerken Ernst Barlachs durch Herrn Böhmer, den dieser auf eigne Rechnung vornimmt, ist er verpflichtet, die zurückerworbenen Werke durch Vermittlung des Gremiums Herrn Klaus Barlach zum Erwerb anzustellen und zwar zu dem von ihm selbst bezahlten Preise zuzüglich eines Aufschlages von 40 v. H. Herrn Klaus Barlach steht ferner das Vorkaufsrecht beim Weiterverkauf durch Herrn Böhmer zu.«47 Damit waren die Aufgaben Böhmers, aber auch seine Verpflichtungen bei der Weiterveräußerung von aus der Aktion »Entartete Kunst« zurückgekauften Werken Barlachs eindeutig festgelegt. Etliche konkrete Fälle des Rückkaufs von beschlagnahmten Werken Barlachs durch Böhmer belegen jedoch - etwa der Kieler G E I S T K Ä M P F E R (Kat.-Nr. II.2) und das M A G D E B U R G E R E H R E N M A L (Kat.-Nr. 1.1$) -, daß er nicht nach diesen vertraglichen Bestimmungen gegenüber Nikolaus Barlach gehandelt hat. Zweifellos hat Böhmer im Hinblick auf die Rettung von Werken Ernst Barlachs, die bereits von den NS-Kulturschergen konfisziert worden waren, Wichtiges geleistet. So reiste Böhmer mit Rolf Hetsch nach Luzern, um persönlich an der Versteigerung von zahlreichen aus deutschen Museen beschlagnahmten Kunstwerken teilzunehmen, die in der Galerie Fischer devisenbringend veräußert werden sollten.48 In der Auktion G E M Ä L D E U N D P L A S T I K E N M O D E R N E R M E I S T E R A U S D E U T S C H E N M U S E E N kamen drei Holzskulpturen, zwei Bronzeplastiken, sowie je eine Plastik aus Porzellan und Böttgersteinzeug Barlachs zum Aufruf, die sich heute wieder in öffentlichen oder privaten Sammlungen befinden.45 Böhmer erwarb unter anderem die Holzskulptur D E R W A R T E N D E aus dem Jahr 1 9 1 4 und verkaufte das Werk in der Folge an einen privaten Sammler.50 Das Geschäftsgebaren Böhmers gab immer wieder Anlaß zu Auseinandersetzungen zwischen Böhmer und dem Barlach-Gremium einerseits und Nikolaus Barlach andererseits (Abb. 25). Aus den nur lückenhaft überlieferten Dokumenten geht hervor, daß Böhmer selbst noch zu Lebzeiten Barlachs keine korrekte Abrechnung über Verkäufe von Bronzen des Künstlers durchgeführt hatte. Nikolaus Barlach schrieb wenige Tage vor dem Tod seines Vaters: »Ich wundere mich nur, daß Böhmer derartige geschäftliche Vollmachten hat. Vater scheint ihm, trotz der nie erfolgten Abrechnung (es handelt sich um viele 1000 M. die Vater schon verloren gibt) doch noch viel zu vertrauen.«SI Böhmer ging scheinbar so weit, daß er alle Bronzegüsse, die er zu Barlachs Lebzeiten wohl ohne dessen Wissen in Auftrag gegeben und auch veräußert hatte, nachträglich von Barlachs Sohn autorisieren ließ, ohne diese
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Unbekannter
Fotograf. N I K O L A U S
BARLACH
VOR
DEM
ATELIERHAUS um
ERNST
BARLACHS
AM
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HEIDBERG,
1 9 4 0 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
jedoch abzurechnen, wie aus einem Brief von Hans Barlach an Nikolaus hervorgeht: »Vermutlich wird Böhmer dann von Dir eine Entlastung verlangen, dahingehend, daß Du bis zu dem Datum alles als richtig anerkennst. / Eine solche schriftliche Erklärung abzugeben, ist manchmal nicht ganz leicht, besonders dann nicht, wenn eine umfassende schriftliche Grundlage über alle Vermögenswerte fehlt, wie es vermutlich der Fall sein wird und man in der Revision von Abrechnungen und Büchern keine Übung hat.« 5 1 Unmittelbar um den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen Nikolaus Barlach und dem Barlach-Gremium zur Nachlaßpflege w a r Böhmer in verschiedenen Richtungen aktiv. Z u m einen Schloß er am 1 1 . M ä r z 1 9 3 9 einen ersten Kommissionsvertrag mit der Abteilung Bildende Kunst des Propagandaministeriums über die »Verwertung« von Werken der »entarteten« Kunst ab, nachdem er bereits im Februar des Jahres ein Gebot auf drei Skulpturen des Bildhauers eingereicht h a t t e . " Diese Geschäfte und weitere bildeten die Grundlage für Böhmers umfang-
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reichen Handel mit Werken der »entarteten« Kunst bis in die Jahre 1944 und 1945. Zum anderen trat Böhmer zu diesem frühen Zeitpunkt mit potentiellen Käufern und Sammlern in Verhandlung, so auch mit Hermann F. Reemtsma, dem er Werke Barlachs zum Kauf anbot: »Sie haben sicherlich davon erfahren, dass es mir gelungen ist, die bedeutendsten Werke Barlachs zuriickzuerwerben, bevor diese der Gefahr der evtl. Zerstörung verfielen. Es hat mich unendlich viel Mühe und Zeit gekostet, diese Verhandlungen zu führen und auch einen Weg des Erwerbs zu finden, und habe schnell auf eigene Kosten und Gefahr handeln müssen. Es ist mir dieses nur möglich gewesen infolge meiner Verbindung mit Ausländern sowie meiner Beziehung zum Propaganda-Ministerium, da Auslandsvaluta zu zahlen Bedingung war. Natürlich habe ich mich dadurch erheblich bis an die Grenze finanziell stark festgelegt, sodass ich darauf angewiesen bin, schnell eines der Stücke zu realisieren. In Frage kommen: / >Wiedersehen< Nat. Galerie / >Die Verlassenen< dto (Foto). / Uber diese Stücke u. a. mehr habe ich ungeachtet der Rechte der Gremien freie Verfügung. U.a. wäre auch der >Zweifler< nach Fühlungnahme mit dem Gremium zu erwerben. Auf alle Fälle werde ich das >Wiedersehen< nach Schnega schaffen lassen und werde Hugo Körtzinger Abschrift dieses Briefes übersenden. / Oder sollten Sie geneigt sein, falls Sie zu einem jetzt festen Ankauf eines der Werke sich nicht entschließen können, mir in meiner augenblicklichen so schwierigen Situation zu helfen, mir ein Darlehen auf kurze Monate zu geben gegen Sicherheitsleistung durch Übereignung des Magdeburger Ehrenmals, bis ich dieses in Ruhe dann veräußern kann (oder falls es Ihnen lieber ist, sobald dieses die Übereignung vom >Wiedersehen< und die >Verlassenen< zu erhalten, stelle ich in Ihr Belieben).«54 Böhmer nahm in seinem Schreiben zwar kurz auf das Gremium Bezug - er hätte diese Werke, die sich in Güstrow befanden und in Barlachs großem Atelier gelagert wurden, zuerst Nikolaus Barlach anbieten müssen - , geht aber davon aus, sie rechtmäßig Dritten offerieren zu können (Abb. 2 6). Zudem greift Böhmer bei seinen geschäftlichen Aktivitäten auch Gremiumsentscheidungen vor, indem er etwa Barlachs Holzskulptur Z W E I F L E R von 1937 (Güstrow, Ernst Barlach Stiftung) zum Kauf in Aussicht stellt. Dieses Taktieren blieb weder dem Gremium noch Nikolaus Barlach verborgen und löste immer wieder Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen den Parteien aus. In dem Brief wird zudem ersichtlich, daß Böhmer erhebliche Mittel benötigte, um alle geplanten und noch zu erwartenden Käufe aus den konfiszierten Werken der »entarteten« Kunst tätigen und weiter veräußern zu können. Eine Quelle der für die Ankäufe von beschlagnahmten
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Unbekannter
F o t o g r a f , DAS G R O S S E ATEI.IER VON E R N S T B A R L A C H
MIT WERKEN
»ENTARTETER·«
KUNST,
nach 1 9 3 9 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
Werken der Moderne notwendigen Finanzmittel bildete Böhmers ausgedehnter Handel mit Bronzen von Ernst Barlach.
DER HANDEL MIT POSTHUMEN GÜSSEN
Böhmers kommerzielles Interesse beim Weiterverkauf der Werke Barlachs, aber auch die Finanzierung seiner Geschäfte bei der »Verwertung« von Werken der »entarteten« Kunst mittels Bronzen, die der Händler bei der Berliner Gießerei Noack in Auftrag gab, bestimmten weitgehend sein geschäftliches Handeln nach dem Tod des Künstlers. Schnell verstärkte Böhmer seine Bemühungen, auch Werke des Künstlers zu verkaufen, die von den Nationalsozialisten nicht beschlagnahmt worden waren, sondern sich im Nachlaß in Güstrow befanden. Nikolaus Barlach berichtete diesbezüglich von erheblichen Unstimmigkeiten zwischen Böhmer und ihm: »Ich erhielt von Onkel Karl einen Brief: Böhmer wollte schon Sachen (die lachende Hexe) von Vater verkaufen und wollte dazu meine Einwilligung. Die ich aber aus Gründen der Nicht-Berechtigung verweigerte. Es wurde in dem Brief von Karl von Verwaltung durch Böhmer gesprochen, die aber meines
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Erachtens nicht im Sinne von Vater ist. Denn gerade dann wollte er zur Abstobbung von Böhmers Verdienewut eine nicht beteiligte Gesellschaft von Leuten haben, die die Notwendigkeiten und das zu viel scharf ins Auge faßten. Daß er ein paar Bronzen oder auch sonst im Laufe der Jahre einiges verkauft ist billig; aber gerade das abschreckende Beispiel von Gauls Erben, die den M a r k t von Deutschland mit Figuren verstopften w a r für Vater so abschrekkend.« 5 5 U m den künstlerischen Nachlaß vor Böhmers zügelloser »Verdienewut« zu schützen, traf Nikolaus Vorkehrungen und sicherte den Güstrower Nachlaß seines Vaters: »Böhmer ist übrigens, so viel ich von Onkel Karl weiß, eingeschnappt weil ich die Zeichnungen versiegelt habe, von denen viele herumschwirren (für mehrere i o o o M k ) und er behauptet nicht zu wissen w o und daß sie weg sind. Aber M a r g a Β. weiß es.« 5 Í Böhmer ließ den Sohn Barlachs, für dessen berufliche Ausbildung er sich noch zu Lebzeiten des Künstlers verschiedentlich eingesetzt hatte, über alle geschäftlichen Angelegenheiten weitgehend im Unklaren: »Böhmer hat mich noch in keiner Sache von irgendwelchen Maßnahmen in Kenntnis gesetzt. Auch von steuerlichen Maßnahmen nicht.« 5 7 Für Böhmer w a r offensichtlich vor allem der Handel mit Bronzen von Barlach sehr lukrativ, wie Nikolaus nach einem Telefongespräch mit dem Händler notierte: »Trotzdem noch nicht alle früher gegossenen Bronzen verkauft seien, wolle er ca. i o neue Bronzen giessen lassen, um einer evtl. Bronzeverknappung vorzugreifen. Es sei damit auch der Bedarf an zu Geschenkzwecken geforderten Bronzen zu befriedigen. Den Gusspreis trage er selber. Er habe dieses schon auf der Gremiumstagung in Othmarschen am zi. 1 0 . 1 9 3 9 mit Karl Barlach, Neumünster besprochen. U m welche Figuren es sich handelt sagte Β. A . Böhmer nicht [...]. Es ist dies das erste M a l dass ich von Β. A . Böhmer über Guss und geschäftliche Angelegenheiten benachrichtigt bin, ich möchte wünschen dieses doch von vergangenen Güssen und in schriftlicher Form zu erhalten, damit ich nicht selber einen Actenvermerk zu machen brauche.«' 8 Auch die Sitzungsprotokolle des Barlach-Gremiums belegen, daß Böhmer seine Verhandlungspartner über die Geschäfte mit Bronzen von Barlach nicht ausreichend informierte, wenn er nicht sogar ganz bewußt falsche Angaben machte. Die Problematik beschäftigte das Gremium wiederholt: »Über Güsse wird Herr Böhmer demnächst ein Verzeichnis vorlegen. M i t der Begrenzung der Anzahl weiterer Güsse soll sich eine spätere Tagung beschäftigen«. 5 9 Ein solches Verzeichnis hat Böhmer nie erstellt. Er behauptete dagegen immer wieder, es habe keine Verkäufe von Bronzen
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gegeben. Im April 1940 wurde bei einer Gremiumssitzung als neunter Punkt der Tagesordnung protokolliert: »Es wird davon Kenntnis genommen, daß sowohl der Kieler Kampfengel, als auch das Güstrower Mal sich in sicherer Verwahrung befinden. Verkäufe von Plastiken sind nicht vorgenommen und für die nächste Zeit nicht zu erwarten.«60 Im Februar 1941 wird vermerkt: »Um das plastische Werk herrscht wohl keine Bewegung.«61 Und im Mai desselben Jahres heißt es im Hinblick auf das plastische Werk schließlich: »Die weiteren Verkaufsverhandlungen (Borsig, Doebbeke) sind im Sand verlaufen. Die Absicht weiterer Verkäufe besteht nicht. Dagegen sollen selbstverständlich Abgüsse weiterhin verkauft und nach Möglichkeit auch neu gefertigt werden.« Die Frage nach den von Böhmer veranlaßten Güssen eskalierte Ende 1939. Nikolaus Barlach wandte sich in einem ausführlichen Schreiben an seinen Onkel, in dem er von Böhmers ausweichenden Antworten auf seine konkreten Fragen und von dessen »unlauterem Geschäftsgebaren« berichtete: »Auf meine Frage: Gusszettel? Erhielt ich die Antwort: Es sind bisher nur mündliche Abmachungen getroffen, es soll aber in Zukunft anders sein. Das war eine Unwahrheit, denn ich habe derartige Bestätigungen gesehen (vom 11.38) Und in seiner Abwesenheit abgeschrieben.« An der Integrität des Gießers Noack hatte Nikolaus Barlach offensichtlich keinen Zweifel, mißtraute aber Böhmer aus den bekannten Sachverhalten: »Ich halte auch dafür, dass H. Noack streng geschäftlich vorgeht und keine Hintertreppengeschäfte macht. Böhmer aber hat einen schlechten Ruf, wie mir Frl. Leben sagte. Die Gussmitteilung, die vom 1. Okt 38. bis jetzt geht schlägt dem Fass den Boden aus. Unter >über die bisher im Auftrage des Herrn Böhmer gegossenen und an ihn gelieferten Bronzen< 1938 Dezember: 1 Wiedersehen. Da ich weiss, dass im 1 1 . 3 8 nicht für ca. 300,-, sondern über/3000,-RM gegossen ist, ja sogar einige Adressen von Leuten kenne an die von Noack direkt Figuren geschickt wurden.«63 Böhmer gab nicht nur Bronzegüsse in Auftrag, sondern ließ auch auf eigene Rechnung Barlachs Werke sogar in Stukko nachgießen, wie Nikolaus weiter berichtete: »Auch für Stuccofiguren möchte ich Gußbelege haben, Böhmer hat diesen Stuccogiesser gegen mich aufgebracht. Durch diesen Betrugsversuch steht die Rechnung verdreht, ich schulde B. in diesem Augenblick ca. 3000,- RM, nicht er mir ca. 10000,~.« 64 Ungeachtet der Entscheidungen des Gremiums und der Rechte von Nikolaus Barlach erteilte Böhmer weiterhin eigenmächtig Aufträge an die Gießerei Noack in Berlin zur Herstellung von Bronzeplastiken Barlachs. Nach Barlachs Tod verzeich-
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nen die Bücher der Gießerei für den Zeitraum vom 3. November 1 9 3 8 bis 7. September 1 9 4 2 insgesamt 1 1 8 Bronzen nach Werken des Künstlers. Wie viele Gipsund Stukko-Güsse Böhmer zudem noch fertigen ließ, ist bislang nicht zu bestimmen. Böhmer betrieb also einen ausgedehnten Handel mit Barlachs Bronzen, ohne dies mit Nikolaus Barlach abzurechnen: »Die Sachen mit Böhmer und wie die Geschäfte stehen, sind scheinbar ganz im Nebel verschwunden. Ich habe die Steuern zu bezahlen von dem böhmerschen Umsatz, bekomme aber das Geld nicht, weil, er sagt, daß dieses erst nach der Abrechnung geschähe. Was nicht korrekt ist, da er ja noch einen Kontrakt über 2, Jahre hat. Es wird noch soweit kommen, daß ich die Steuern nicht mehr zahlen kann.« 65 Böhmer hatte durch seinen Kunsthandel im »Dritten Reich« und mit den Barlach-Bronzen außerordentlich gut verdient, wie aus einem weiteren Brief von Nikolaus Barlach aus dem Kriegswinter 1 9 4 2 hervorgeht: »Ich bin zu Weihnachten bei Böhmers im Heidberg gewesen, es ist scheinbar viel verdient durch seine Bilderkäufe, er hatte vor kurzem 70000 R M an Steuern nachzuzahlen. Wir haben geschlemmt in Puten, Gänsen, Hasen, Rehrücken etc. während in Rußland und Griechenland die Leute zu hunderten hungers sterben.« 66 Diese Schilderung gibt nochmals ein Bild von Böhmers Hang zu luxuriösem Lebenswandel, wirft aber vor allem erneut ein Licht auf seine undurchsichtigen Geschäftspraktiken wie auf seine Unzuverlässigkeit, die auch anderen nicht verbogen geblieben war: »Von Lebens hörte ich dass Böhmer ihnen die 2000,- nun schon seit 1 1 / 4 Jahren vorenthält (für den Abguss der Kule Graaksch) Ich finde auch sonderbar dass keiner aus dem Gremium sich gegen den Verkauf der 50 Zeichnungen gewandt hat, die wahrscheinlich nur als Kapitalsanlage in Böhmerschen Besitz übergegangen sind unter Vorgabe eines Verkaufs. Ich werde doch wohl besser in Zukunft selber entscheiden was zu tun ist und was nicht. «Ä7 Böhmers Versuch, den Nachlaß Barlachs unter Vorgabe vermeintlicher Verkaufsgeschäfte auszunutzen, erkannte Nikolaus und fühlte sich in dieser Situation vom Barlach-Gremium nicht in seinem Sinne vertreten. Bei einer solch umfangreichen Entnahme aus dem Nachlaß wäre eine Beratung mit ihm als dem Eigentümer dringend erforderlich gewesen. Jahre später kommt Nikolaus Barlach nochmals auf diesen Vorfall zurück, der vom Gremium anscheinend nicht weiter behandelt worden war:
» M e i n guter wie mein böser Engel« _ 4 1
»Reemtsma hat sich vom Gremium die Gussrechte für 2. Figuren aus Bienertschen u Möller van d. Bruck-Besitz gesichert was Karl Barlach ihm einfach ohne Klausel zusicherte. Schult allerdings, über den die Gussaffaire geht nimmt wohl an, dass sie regulär bezahlt werden, unter Aufrechnung der Preise gegen die R. Hypothek im Heidberghause. Schult ist auf Draht! Ich bin sogar der Meinung wenn man noch einmal eine solche Massregel zu meinen Ungunsten macht, so verzichte ich auf weitere Mitarbeit des Gremiums (der Verkauf der Zeichnungen 1944 war dieselbe Sache) (Resultat nur Verlust.)« 68
VERÖFFENTLICHUNG VON BARLACHS NACHGELASSENEN TEXTEN
Neben seinen kommerziellen Interessen an Barlachs Werk kümmerte sich Böhmer nach dem Tod des Bildhauers um Veröffentlichungen seiner Texte als Verlagsproduktion. Das Barlach-Gremium hatte intensive Verhandlungen mit dem Berliner Verlag Ulrich Riemerschmidt aufgenommen, in dessen Auftrag Böhmer verschiedentlich Gespräche führte. Ob Böhmer tatsächlich der Hauptansprechpartner für den Verlagsleiter gewesen ist, steht nicht zweifelsfrei fest. Bei den einzelnen Projekten waren auch andere Mitglieder des Gremiums an den Verhandlungen beteiligt, so etwa Rolf Hetsch bei den Werkverzeichnissen. Von den verschiedenen Publikationsvorhaben wurden im Verlag Riemerschmidt zwei realisiert. 1939 erschien eine Sammlung mit frühen Texten Barlachs, deren Zusammenstellung er noch begleitet hatte. Für die Herausgeberschaft zeichnet Friedrich Droß verantwortlich, der später in den fünfziger Jahren auch je zwei Bände mit Prosaschriften und Briefen Barlachs vorlegen wird. 69 Barlachs
F R A G M E N T E AUS SEHR FRÜHER
ZEIT
erschienen in einer Auflage von 4.000 Exemplaren bei Riemerschmidt. 70 Auch dieses Buch war mit einem Schutzumschlag Barlachs versehen wie schon der Band ERNST BARLACH. Z E I C H N U N G E N von
I935.
Die zweite Veröffentlichung wurde 1940 publiziert und brachte eine Art Faksimile· Ausgabe von Barlachs Skizzenheft der
Z E I C H N U N G E N Z U M MICHAEL KOHL-
HAAS. Diese Ausgabe hatte Friedrich Schult bearbeitet und im separat beiliegenden Begleitwort geschrieben: Die »Entwürfe zum Michael Kohlhaas [...], die für den Holzschnitt bestimmt waren, lagen ihm, wie später die Nibelungen, nahe am Herzen«. 71 Schuhs Hinweis auf Barlachs Zeichnungen zum Epos
DIE
NIBELUNGEN
sollte möglicher Kritik an Barlachs Kunst vorbeugen und ihr mit dem Hinweis auf dessen Affinität zur nordischen Mythologie begegnen. Immerhin konnte auch dieses Buch eines 1 9 3 7 und 1938 deutschlandweit als »entartet« gebrandmarkten Künstlers in numerierter Ausgabe »für die Freunde Ernst Barlachs in einer einmaligen Auflage von 1000 Exemplaren gedruckt im Sommer 1940« erscheinen, als die Invasion der deutschen Wehrmacht im Osten gegen Rußland in vollem Gange war. 71 Im
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Verlag Riemerschmidt sollten als weitere Bände FRAGMENTE, eine Ausgabe des R U S S I S C H E N T A G E B U C H S , d e s S E L B S T E R Z Ä H L T E N LEBENS u n d d i e W e r k v e r z e i c h -
nisse Barlachs erscheinen, zu deren Realisierung es aber nicht mehr kam. 73 Z u Barlachs erstem Todestag am 2.4. Oktober 1 9 3 9 gab Böhmer einen in der Güstrower Ratsdruckerei hergestellten Privatdruck BARLACH IM GESPRÄCH heraus. Er vereinte Gespräche, die Friedrich Schult mit dem Bildhauer seit ihrer ersten Begegnung im Jahr 1 9 1 4 geführt und gesammelt hatte. Die 350 Exemplare waren für die Freunde Barlachs bestimmt. Zum zweiten Todestag folgte in ähnlicher Aufmachung das zweite Heft, das ebenfalls »in 350 Stücken im Auftrag von Bernhard A. Böhmer in der Güstrower Ratsdruckerei gedruckt und an die Freunde Barlachs ausgegeben [wurde] am 24. Oktober 1940«. Überraschenderweise wurden zweihundert weitere Exemplare der Auflage von der Buchhandlung Opitz & Co. in Güstrow für den Handel verlegt. Dies ist umso erstaunlicher, als während des sich ausweitenden Kriegs das Papier kontingentiert war, und Barlach immer noch als Exponent der »entarteten« Kunst galt. Ob Böhmer auch mit veranlaßte, daß 1943 in Verden an der Aller ein kurzer Auszug aus Barlachs umfangreichem GÜSTROWER TAGEBUCH der Jahre 1 9 1 4 bis 1 9 1 7 als Privatdruck in der Transkription des Pfarrers Wolfgang Theopold erfolgte, ist bislang nicht erwiesen. 74 Neben diesen verstreuten Publikationen hatte Rolf Hetsch Mitte 1 9 3 9 mit der Inventarisierung von Barlachs bildnerischem Werk im Hinblick auf ein mehrbändiges Werkverzeichnis begonnen, die jedoch in den Anfängen stecken blieb. Von Hetschs Vorarbeiten haben sich eher zufällig wenige Aufzeichnungen erhalten. 75 Erst Friedrich Schult, Barlachs Nachlaßverwalter nach 1 9 4 5 , hat die Werkverzeichnisse im Auftrag der Akademie der Künste Berlin (Ost) zwischen 1959 und 1 9 7 1 erarbeitet, die im westdeutschen Verlag von Hauswedell & Co. in Hamburg veröffentlicht wurden. 76 Der Bibliothekar an der Landesbibliothek in Schwerin Wilhelm Heeß verzeichnete in seiner GESCHICHTLICHEN BIBLIOGRAPHIE VON MECKLENBURG v o n
1944 zahlreiche Veröffentlichungen, die über Barlach und sein Werk während der Weimarer Republik und sogar noch im »Dritten Reich« erschienen sind. Dieses Verzeichnis ist keineswegs vollständig; dennoch vermittelt die Aufstellung, was an Publikationen zu einem der am heftigsten bekämpften »entarteten« Künstler im Kompetenzstreit der nationalsozialistischen Kulturpolitik möglich war. 77
H ·
BARLACHS »GUTER WIE BÖSER ENGEL«
Eine endgültige Bewertung der Beziehung zwischen Ernst Barlach und Bernhard A. Böhmer erweist sich aufgrund der lückenhaften Dokumentenlage, die an die Fragestellung unmittelbar heranführte, als schwierig. Für die frühe Bildung eines per-
» M e i n guter wie mein böser Engel« _ 4 5
sönlichen Vertrauensverhältnisses spricht, daß der Bildhauer Böhmer auch die Sorgen um seinen Sohn Nikolaus anvertraute. Die schwierige Vater-Sohn-Beziehung war sicherlich gegenseitig begründet und in ihren Ursachen komplex. Böhmers Verbindungen nicht nur zu Kunstsammlern, sondern auch zu Unternehmern eröffneten Barlach eine Möglichkeit, sich für das berufliche Fortkommen des Sohns Nikolaus einzusetzen. Dessen schulischer und beruflicher Lebensweg gestaltete sich problematisch, und Barlach zeigte sich zuversichtlich, als Böhmer seine Bereitschaft erklärte, sich bei dem Güstrower Fabrikanten van Tongel für eine Lehrstelle einzusetzen.78 So schrieb Barlach an seinen Bruder Hans: »Mit Klaus ist die Sache auf dem toten Punkt. [...] morgen nimmt ihn Böhmer noch einmal zu van Tongel, um unter Führung des Juniors van Tongel das Werk zu besichtigen. Böhmer hat auch nähere Bekanntschaft mit dem Prokuristen der Firma Voß, wo er gewiß als Volontär eintreten könnte. Aber nun zwinge mal jemand einen Menschen, der nichts sagt, zu etwas!«79 In den dreißiger Jahren bemühte sich Böhmer auch in Strelitz, Senftenberg und Berlin um eine Ausbildungsmöglichkeit für Nikolaus. Barlach wiederum übernahm als immerhin schon über Sechzigjähriger 1932. die Patenschaft für Böhmers Sohn Peter. Fotografien zeigen Barlach und Marga Böhmer, wie sie sich liebevoll um den kleinen Jungen bemühen (Abb. 2γ). In der Gedenkschrift F R E U N D E S W O R T E . E R N S T B A R L A C H Z U M G E D Ä C H T NIS ergriff Böhmer die Möglichkeit, in einer Art von persönlichem »Bekenntnis« sein Verhältnis zu Barlach darzustellen. Böhmer spricht von einer Vater-SohnBeziehung im Geistigen; er erwähnt seinen Einsatz für den Künstler im allgemeinen. Dieser Selbstdarstellung Böhmers konnte Barlach nicht mehr widersprechen. Auch von anderer Seite wurde diese nicht öffentlich korrigiert, was in Zeiten der Nationalsozialisten im Falle Barlach auch nicht möglich war. Aus den Briefen des Sohns Nikolaus wird eine andere Seite Böhmers ersichtlich: das fast ausschließlich auf das Profitable ausgerichtete geschäftliche Agieren Böhmers. Andere Quellen bestätigen diese Einschätzung, so etwa die Korrespondenz von Hugo Körtzinger, der mit Böhmer bis kurz vor Kriegsende in sehr engem, auch geschäftlichem Kontakt gestanden hat. Trotz seiner schwierigen Persönlichkeitsstruktur kann Körtzinger als authentischer und glaubwürdiger Zeitzeuge gelten.80 Barlachs eigene Erfahrungen mit Böhmers Unzuverlässigkeit in geschäftlichen Angelegenheiten werden auch von anderer Seite bestätigt. Über Böhmers Taktik und seine überhöhten Preisvorstellungen bei Verkaufsverhandlungen mit der Galerie Arnold in München, bei denen es in den Jahren 1940 und 1941 um Gemälde von Fritz von Uhde, Max Slevogt und Lovis Corinth ging, war der Inhaber Ludwig Gutbier sieht-
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U n b e k a n n t e r F o t o g r a f , MARGA BÖHMER UND ERNST BARLACH MIT PETER Β. BÖHMER VOR DEM ATELIER-
HAUS, u m 1 9 3 4 , G ü s t r o w , Ernst Barlach Stiftung, Archiv
lieh ungehalten. In einem Brief an Böhmer gab Gutbier seinem Mißfallen Ausdruck: »Mit großer Betrübnis muss ich hierbei nun feststellen, dass wir in all den Punkten nicht einen Schritt vorwärts gekommen sind [...]. Seit dem sind nun wieder 4 Wochen vergangen und ich habe wieder nichts von Ihnen gehört. Ich kann mir diese Verzögerung durchaus nicht erklären, da ich sowohl aus unserer früheren Korrespondenz, wie aus unserer Besprechung vor mehr als zwei Monaten glaubte entnehmen zu können, dass Ihnen an einer Verbindung mit mir gelegen sei.« 8 1 Und Gutbier schließt mit der eindringlichen Aufforderung an Böhmer: »Ich bitte Sie darnach, das Versäumnis nunmehr beschleunigt nachzuholen und mich anderen gegenüber nicht weiter zurückzustellen. Insbesondere warte ich noch auf Bescheid einer weiteren Landschaft von Corinth.« 8 2 Barlach selbst, der zu Böhmer in einem zwiespältigen Verhältnis stand, äußerte sich ebenfalls zu dessen undurchsichtigen Geschäftspraktiken: »Hier ist alles beim alten, Böhmer ist derselbe in ewiger Verschleierung und Verwirrung der Geschäfte,
» M e i n guter wie mein b ö s e r E n g e l « _ 4 5
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K a r l Heinz Wulf, ERNST BARLACH, Sommer 1 9 3 8 , Fotografie, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
aber wie immer anschlägig und anstellig, wo Auskünfte gefunden werden müssen.« 83 Dennoch war ihm doch daran gelegen, Böhmer mit einem gewissen Respekt und gerecht zu begegnen: »Böhmer ist immer derjenige gewesen, der auf Abhandeln einzugehen gedrungen hat, er steht keineswegs im Gehalt bei mir, tut für mich freiwillig unerhört viel, reist, verhandelt und erspart mir nicht nur >manches< an Mühe und Umständen, sondern soviel, daß ich, der ich an eigener Schreiberei übermäßig kranke, ohne ihn überhaupt den Betrieb größtenteils liegen lassen müßte. Daß er bei einem von ihm besorgten Verkauf eine mäßige Provision hat, geschieht nicht auf Anspruch durch ihn, sondern ich fühle mich dazu verpflichtet, sie ihm zu geben.« 84 Auch schätzte Barlach durchaus seine Erfahrungen und bezeichnete Böhmer als »meinem in vielen Dingen erfahrenen Ratgeber«. 85 Es bleibt eine Ambivalenz in dieser komplizierten Beziehung auf beiden Seiten zu konstatieren. Zum einen war Barlach dankbar für die Hilfe bei seiner Arbeit und die Unterstützung in organisatorischen wie geschäftlichen Angelegenheiten durch Böhmer. Er ist aber gleichzeitig von dessen ausschweifendem und unstetem Lebenswandel abgestoßen, den er in
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Briefen gelegentlich mit spöttischen Bemerkungen kommentiert. Glaubt man Böhmer in den F R E U N D E S W O R T E N , SO spricht aus ihnen eine tiefe emotionale Bindung an den großen Menschen und Künstler Barlach. Böhmers engagierter Einsatz und seine Bedeutung bei der Rettung von Barlachs Werk nach dessen Tod vor der Vernichtung durch die Nationalsozialisten ist ohne Zweifel sehr hoch einzuschätzen, ohne ihn wären nicht so viele Werke erhalten geblieben. Ungeachtet dessen handelte Böhmer keineswegs selbstlos, sondern verfolgte ein stark ausgeprägtes materielles Eigeninteresse. Seine Verehrung für den Künstler hinderte Böhmer nicht, sich an Barlachs Werk zu bereichern und auch vor unlauteren Methoden nicht zurückzuschrecken. Ernst Barlach war sich der eigenen zwiespältigen Haltung schon frühzeitig bewußt und offenbarte sich seinem Vetter Karl: »>Mein< Herr Böhmer bewährt sich. [...] Dann gebiert er Anschläge, von denen vielleicht der eine oder der andre glückt. >Wir< machen dies oder das, er ist Optimist, und Glück gehört dazu, denkt er. Alles in allem wird er wohl ebensosehr mein guter wie mein böser Engel sein, ich kann bei angestrengtestem Nachdenken nicht entscheiden, ob so oder so.« 8S Bis zu seinem Lebensende fand Barlach keine Antwort auf diese bohrende Frage, und nicht zuletzt hat er diesem inneren Konflikt zwischen ihm, Böhmer und der erdrückenden Zeit des Nationalsozialismus eine fiktionale Form gegeben und ihr literarische Gestalt in seinem unvollendet gebliebenen Roman D E R G E S T O H L E N E M O N D verliehen (Abb. 28).87
» M e i n guter wie m e i n b ö s e r E n g e l « . 4 7
1 Vgl. Ditte Clemens: Marga Böhmer, Schwerin 1996; Nicole Röck: Marga Böhmer. Die fürsorgliche Lebensgefährtin, in: Christian Juranek (Hrsg.): Unerhörtes Abenteuer im Irgendwo. Ernst Barlach und der Harz, Ausstellungskatalog, Schloß Wernigerode, Quedlinburg 2 0 0 6 , S. 4 9 - 5 6 ; Christina Wittler: »Du bist mir so kostbar, daß ich keine Ausdrücke dafür suchen mag ...« Marga Böhmer - Bildhauerin und Lebensgefährtin Ernst Barlachs, in: Ravensburger Blätter 2 / 2 0 0 2 , S.
1-2,5.
2 Böhmers sind als Einwohner von Güstrow ausgewiesen: »Im Heidberge [d.i.Heidberg 11; ...] Bildhauer u. Landwirt Bernhard A. Böhmer« in: Adreßbuch 1 9 2 7 der Stadt Güstrow, S. 32; »Böhmer, Bernhard Α., Bildhauer, Heidberg 15. / Marga, Frau, Heidberg 11«, in: Adreßbuch der Stadt Güstrow 1937, S. 1 0 . Dabei bezeichnet »Heidberg 1 5 « das Atelierhaus Ernst Barlachs, »Heidberg 11« die auf dem Nachbargrundstück liegende Villa von Marga Böhmer. Obwohl Barlach mit Marga Böhmer in ihrem Haus zusammenlebte und in seinem Atelierhaus >nur< arbeitete, wird seine Adresse mit »Heidberg 1 5 « angegeben, in: Adreßbuch der Stadt Güstrow 1937·, S. 4. 3 Vgl. Hans Prolingheuer: » Herr Böhmer, mein Helfer in manchen Nöten . . . « , in: Barlach-Journal. Texte, Reden, Kritik 1 / 1 9 9 7 - 1 9 9 8 , S. 1 0 6 - 1 2 5 ; Nicole Röck: Bernhard A. Böhmer. Eine komplizierte Beziehung, in: Juranek 2 0 0 6 , S. 4 1 - 4 8 . k Vgl. Brief von Ernst Barlach an Tilla Durieux, 10. September 1 9 2 1 , in: Ernst Barlach: Die Briefe (hrsg. v. Friedrich Droß), München 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , 2 Bde., Bd. 2 , S. 6 4 0 - 6 4 1 , Nr. 5 0 2 . Zur Biographie von Friedrich Schult vgl. Tom Crepon: Friedrich Schult, Schwerin 1 9 9 7 . 5 Barlachs intensive Beschäftigung mit seinem Sohn wird nicht nur aus dem erhaltenen Briefwechsel deutlich, sondern vor allem durch seine Aufzeichnungen im Güstrower Tagebuch. 1914-1917 (hrsg. von Ulrich Bubrowski), Hamburg 2 0 0 7 , als kritische Leseausgabe »In der Fassung der Handschrift« erstmals ungekürzt veröffentlicht. 6 Die große Holzfassung kam im Dom zu Magdeburg 1929 zur Aufstellung; vgl. Elisabeth Laur: Ernst Barlach. Das plastische Werk, Güstrow 2006 (Sämtliche Werke, Bd. 11), Nr. 439; vgl. Ilona Laudan: Ernst Barlach. Das Denkmal des Krieges im Dom zu Magdeburg, Magdeburg 2 0 0 9 . 7 Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 28. April 1929,
Nr.
in:
Barlach
1968-1969,
Bd.
2,
S.
163-164,
796.
6 Vgl. Volker Probst: Aus Barlachs Werkstatt, in: id. u. Helga Thieme (Hrsg.): Ernst Barlach. Theodor Däub-
lery Ausstellungskatalog, Ernst Barlach Stiftung, Güstrow 2 0 0 1 , S. 5 1 - 7 8 . 9 Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 2. Juni 1 9 2 9 , in: B a r l a c h 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , B d . 2 , S. 1 6 7 , N r . 7 9 9 .
10 Belegt ist dieser Arbeitsgang durch eine historische Aufnahme, die Böhmer am Tonmodell des B E T T L E R S zeigt. Daß es sich nicht nur um eine Pose handelt, zeigen die Tonkrümel, die sich zu Füßen der Figur durch das gleichmäßige Abziehen mit dem Bildhauerwerk zeug gesammelt haben. 11 Es handelt sich um das Gemälde D I E G E R T R U D E N K A P E L L E I N G Ü S T R O W , 1 9 2 7 , Öl auf Leinwand, 7 2 Χ 56 cm, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. M B N 69; vgl. Nachlass Marga Böhmer (hrsg. v. Ernst Barlach Stiftung, Güstrow, red. v. Volker Probst), Ausstellungskatalog, Atelierhaus am Heidberg, Güstrow I995> S. 42, Nr. 69, Abb. S. 65. 12 Die Werkzeuge befinden sich in der Ernst Barlach Stiftung Güstrow, ohne Inv.-Nr.; weiterhin gibt es dort drei Eisen zur Holzbearbeitung mit dem Monogramm »MG« für Marga Graeber, Böhmers erster Frau. Sie stammen ebenfalls aus der gemeinsamen Bielefelder Studienzeit. 13 Es handelt sich um folgende Werke: D E R S Ä N G E R ( 1 9 3 I ; Laur 4 9 1 ) ; H A M B U R G E R EHRENMAL (1932; Laur 5 1 0 ) ; D I E E R W A R T E N D E ( 1 9 3 5 ; Laur 5 7 7 ) ; D E R B E G N A D E T E ( I 9 3 5 ; Laur 5 7 9 ) ; S I T Z E N D E S MÄDCHEN ( 1 9 3 7 ; Laur 6 1 1 ) . Η Vgl. Helga Thieme u. Volker Probst (Hrsg.): Berlin SW - Victoriastraße 55. Ernst Barlach und die Klassische Moderne im Kunstsalon und Verlag Paul Cassirer, Ausstellungskatalog, Ernst Barlach Stiftung, Güstrow
2003.
15 Vgl. Bronzen von Ernst Barlach, Galerie Flechtheim, Ausstellungskatalog, Berlin u. Düsseldorf 1 9 3 0 . 16 Vgl. Alfred Flechtheim. Sammler, Kunsthändler, Verleger, Ausstellungskatalog, Kunsthalle, Düsseldorf / Westfälisches Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte, Münster 1 9 8 7 - 1 9 8 8 ; Brief von Ernst an Hans Barlach, 3 1 . Januar 1 9 3 4 , in: Barlach 1 9 6 8 1 9 6 9 , Bd. 2 , S. 4 4 1 - 4 4 2 , Nr. I i 1 6 : »Lieber Hans, ich las Deinen Brief an Böhmer, dazu muß ich Nebensächlichkeiten berühren, die am Ende wohl anders formuliert werden müßten. Einmal der Passus von den jüdischen Verlegern. Cassirer hat mir sein Wort gehalten: Solange er lebe, würde ich keine Sorgen haben. Wie groß sein Nutzen durch Verkäufe war, läßt sich nun nicht mehr feststellen, aber erstens haben Juden mich vorerst gekauft, und ich habe von 1908 bis 1 9 2 5 sorglos leben können. Daß da etwas nicht in Ordnung war bei Cassirers Tode, ist mir gewiß, nachzuweisen ist es
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nicht. Flechtheim h a t immerhin M 2.0000 Baugelder als Bürge an die hiesige Kasse gezahlt. [...] aber d a n n hat ihn der J u d e n b o y k o t t ruiniert, u n d meine von ihm schon halbwegs a n e r k a n n t e n Ansprüche gingen vorerst durch den J u d e n b o y k o t t flöten.« 17 Brief von Ernst Barlach an Karl Barlach, 24. O k t o b e r 1 9 3 2 , in: Barlach 1968-1969, Bd. 2, S. 329, Nr. 1 0 0 2 . 18 Vgl. Bekenntnis zu Adolf Hitler! Ein Aufruf der Kulturschaffenden, 1 7 . August 1934, in: Völkischer Beobachter, Ausgabe A, 1 8 . August 1 9 3 4 ; Peter Paret: Ein Künstler im Dritten Reich. Ernst Barlach, Berlin 2 0 0 7 , S. 1 0 2 .
19 Z u r Frage, wie Barlach u n d sein Werk in verschiedenen Epochen - im Deutschen Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem »Dritten Reich«, der D D R u n d der BRD - rezipiert w u r d e , vgl. Volker Probst: »Ich glaube, wer den Krieg malen will, muß erst den Frost malen lernen. « Ernst Barlach - Werk und Wirkung im Wandel politischer Systeme, in: Politische Skulptur. Barlach, Kasper, Thorak, Wotruba, Ausstellungskatalog, Landesgalerie, Linz 2008, S. 1 3 - 2 4 . 20 Z u n ä c h s t w a r der damals bekannte Kunsthistoriker Wilhelm Pinder, bei dem Rolf Hetsch promoviert hatte, von Piper wegen einer Einleitung angefragt worden, hatte aber entschieden abgelehnt. Fechter, der schließlich die E i n f ü h r u n g verfaßte, hatte bereits in den zwanziger Jahren m e h r f a c h über Barlach geschrieben, nach dessen Tod 1 9 3 8 in der DEUTSCHEN RUNDSCHAU einen N a c h r u f verfaßt u n d sich auch später immer wieder schriftlich zu Barlach geäußert. Fechters Typoskript seiner E i n f ü h r u n g zum Band der Zeichnungen Barlachs aus dem J a h r 1 9 3 5 mit eigenhändigen A n m e r k u n g e n Barlachs befindet sich seit 2007 in der Ernst Barlach Stiftung G ü s t r o w ; ohne Inv.-Nr.; vgl. Reinhard Piper: Nachmittag, M ü n c h e n 1 9 5 0 , S. 1 8 5 . 21 Ernst Piper: Ernst Bar lach und die nationalsozialistische Kunstpolitik, M ü n c h e n , Zürich 1 9 8 3 , S. 1 3 0 . Diese Publikation enthält die immer noch gültige Materialsammlung zur Beschlagnahme von ERNST BARLACH. ZEICHNUNGEN.
22 Vgl. Ernst Piper: Alfred loge., M ü n c h e n 2005.
Rosenberg.
Hitlers
Chefideo-
23 Vgl. Brief von Ernst Barlach an Joseph Goebbels, 2 5 . M a i 1 9 3 6 , in: Barlach 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , Bd. 2, S. 6 3 6 - 6 3 8 , N r . 1 3 0 7 .
24 Joseph Goebbels: Tagebücher 1 9 2 4 - 1 9 4 5 (hrsg. v. Ralf Georg Reuth), M ü n c h e n u. Zürich, 4. Auflage 2008, 5 Bde., Bd. 1, S. 1 4 7 (Eintrag v o m 29. August 1924). 25 Ungeklärt ist in diesem Z u s a m m e n h a n g , unter welchen U m s t ä n d e n die umfangreiche M o n o g r a p h i e Carl Diet-
rich Carls: Ernst Barlach. Das plastische, graphische und dichterische Werk, Berlin 1 9 3 5 , zeitgleich mit Pipers Band Ernst Barlach. Zeichnungen in einer erweiterten Auflage als »8. bis 1 0 . Tausend« - also in i m m e r h i n 2.000 E x e m p l a r e n - erneut erscheinen k o n n t e , o h n e d a ß der Berliner Rembrandt-Verlag von der nationalsozialistischen Zensur behelligt wurde; vgl. Ernst Barlach. Skulpturen im Bild des RembrandtVerlages Berlin (bearb. v. Andreas Roloff), Ausstellungsfaltblatt, Landesbibliothek Mecklenburg-Vorp o m m e r n , Schwerin 2008. 26 Paul O r t w i n Rave ging 1949 noch von 3 8 1 konfiszierten Werken von Ernst Barlach aus; vgl. Paul O r t w i n Rave: Kunstdiktatur im Dritten Reich, H a m b u r g 1 9 4 9 , S. 85. Der aktuelle Stand des Beschlagnahme inventars der FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST« nennt dagegen 674 Werke des Künstlers. 27 Vgl. Christoph Zuschlag: »Entartete Kunst«. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland, Worms 1995 (Heidelberger kunstgeschichtliche A b h a n d l u n g e n , N e u e Folge, Bd. 2 1 ) . 28 Brief von E m s t Barlach an Reinhard Piper, 6. M ä r z 1 9 3 8 , in: Barlach 1968-1969, Bd. 2, S. 7 6 0 - 7 6 1 , Nr. 1 4 4 8 . 29 Vgl. H a n s Prolingheuer: Hitlers fromme Bilderstürmer. Kirche & Kunst unterm Hakenkreuz, Köln 2 0 0 1 , S. 2 1 - 3 0 ; Volker Probst: Die fiktive Reise von Barlachs Lesendem Klosterschüler über die Ostsee, in: Jürgen Doppelstein, Volker Probst u. Heike Stockhaus (Hrsg.): Ernst Barlach. Artist of the North, Ausstellungskatalog, Ernst Barlach Stiftung, G ü s t r o w / Ernst Barlach Gesellschaft, H a m b u r g 1998, S. 2 7 0 - 2 8 0 . 30 Brief des N a t i o n a l s o z i a l i s t i s c h e n D e u t s c h e n Studentenbundes an Bernhard A. Böhmer, 1 0 . Juni 1 9 3 3 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung. 31 Ibid. 32 Barlach hatte in dieser Angelegenheit umgehend bei A l f r e d K u b i n n a c h g e f r a g t : »Sehr geehrter H e r r Kollege, Sie w e r d e n als Mitglied einer Ausstellungsgemeinschaft >Ring deutscher Künstler< aufgeführt, [...] deren Präsident ich werden soll. Z w e c k : gegen französisches Ästhetentum - für bodenständige deutsche Kunst. [...] Wissen Sie davon, oder sind Sie bereits Mitglied geworden? Ich bitte Sie dringend u m ein p a a r aufklärende Worte, da ich völlig im Dunklen tappe, indem ich von dem allen erst seit gestern weiß«; Brief von Ernst Barlach a n Alfred Kubin, 1 2 . Juni 1 9 3 3 , in: Barlach 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , Bd. 2, S. 380, Nr. 1 0 4 9 . 33 Brief von Ernst Barlach an H a n s Barlach, 26. Dezember 1 9 3 1 , in: Barlach 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , Bd. z, S. 286, Nr. 958. Vgl. Brief von Ernst Barlach an H a n s Barlach,
» M e i n guter wie mein böser Engel« _ 4 9
9. Februar 192.9, in: ibid., S. 151, Nr. 780: »Wie es dann allerdings mit der Arbeit w e r d e n wird, ist noch zu bequasseln. Böhmer ist im Jubel u n d Trubel des f r e u d e n r e i c h e n Gesauses, u n d im z e i t g e m ä ß e n Schwung des flotten Tanzbeines genießt er sein Leben. Da solche Holzarbeit die ganze Kraft eines frischen Menschen braucht, werde ich ihn vor die Wahl stellen müssen, da ich selbst die Leistung im groben nicht bringe. H e u t e ist er, o b w o h l schwer erkältet, von den van Tongels auf den Rostocker Theatermaskenball verschleppt - im H a u s e kein Wasser, Frau Böhmer holt es von der N a c h b a r s c h a f t heran, aber H e r r Sausewind muss davonsausen. Nebenbei verschlingt das Geld d a f ü r mehr, als ich zu zahlen gewillt bin«; Brief von Ernst Barlach an H u g o Körtzinger, 18. April 1938, in: C u r d O c h w a d t : Ernst Barlach, Hugo Körtzinger und Hermann Reemtsma, H a n n o v e r 1988, S. 7 9 - 8 0 . 34 Vgl. Jürgen Fitschen u. Volker Probst (Hrsg.): Die Gemeinschaft der Heiligen. Der Figurenzyklus an der Katharinenkirche zu Lübeck und das monumentale Werk Ernst Barlachs, Ausstellungskatalog, GerhardM a r c k s - H a u s , Bremen / Ernst Barlach S t i f t u n g , G ü s t r o w 2.001. 35 Vgl. J u r a n e k 2006, S. 53. 36 Vgl. Brief von Bernhard A. Böhmer an H u g o Körtzinger, 22.. Juli 1938, in: O c h w a d t 1988, S. 86-87. 37 Brief von H e r m a n n F. Reemtsma an H u g o Körtzinger, 5. N o v e m b e r 1938, ibid., S. 9 5 - 9 6 . 39 Freundesworte. Ernst Barlach zum Gedächtnis, Privatdruck, H a m b u r g 1939, S. 42. Böhmers Text wird im folgenden ungekürzt wiedergegeben, da der Privatdruck selten und nur schwer auffindbar ist. 39 Ibid. 40 Ibid.
Böhmers Wirken f ü r die Nachlaßpflege verrechnet, hatte Böhmer faktisch n u r die H y p o t h e k zu bedienen. Z u d e m sollte Nikolaus Barlach bei einem Auszug Böhmers 50 Prozent der von diesem aufgebrachten Umbaukosten tragen; vgl. Mietvertrag zwischen Nikolaus Barlach und Bernhard A. Böhmer, 19. M ä r z 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 43 Vgl. Vertrag zwischen N i k o l a u s Barlach und dem Barlach-Gremium, 19. M ä r z 1939, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv. Nr. FSN, Α 1. 44 Vgl. Brief von H e r m a n n F. Reemtsma a n H u g o Körtzinger, 1 2 . D e z e m b e r 1938, H a m b u r g , Ernst Barlach H a u s , Stiftung H e r m a n n F. Reemtsma, Archiv. 45 Vgl. Uli Eisel im Interview mit N i k o l a u s Barlach, 1986, Tonbandabschrift, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 46 Vgl. den Beitrag von Frédérique Régincos im vorliegenden Band, S. 5 3 - 7 1 . 47 Vertrag zwischen Nikolaus Barlach und dem BariachG r e m i u m , 19. M ä r z 1939, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, Α 1. 48 Vgl. Frédérique Régincos: Rolf Hetsch und die » Verwertung der Produkte entarteter Kunst«, MagisterArbeit (unpubliziert), Freie Universität Berlin, Berlin 2007, S. 78. 49 Vgl. Gemälde und Plastiken moderner Meister aus deutschen Museen, Auktionskatalog, Galerie Fischer, Luzern 1939 (Auktion vom 30. Juni), S. 4 u. S. 6, Abb. auf Taf. S. 5 u. S. 7. Es handelt sich u m folgende im Katalog verzeichnete Werke DER RÄCHER, 1912, Holz (Los 3) H a m b u r g , Ernst Barlach H a u s ; LESENDE MÖNCHE, 1932, Holz (Los 4) Berlin, Staatliche M u seen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie; HIRTENPAAR, 1909, Porzellan (Los 5) Standort unbekannt;
41 Ibid. 42 Vertrag zwischen N i k o l a u s Barlach u n d dem BariachGremium, 19. M ä r z 1939, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv. Nr. FSN, Α 1. Der Vertrag w u r d e a m 5. Juni 1952 bis zum 31. M ä r z 1954 verlängert. N a c h Barlachs Tod nutzte Böhmer auch das Erdgeschoß des Atelierhauses als W o h n u n g , wobei das große Atelier vertragsgemäß in seiner vorhandenen Form erhalten bleiben m u ß t e . N e b e n den darin verbliebenen Werken aus Barlachs N a c h l a ß lagerte Böhmer Werke des Bildhauers und weiterer Künstler, die er aus der Aktion »Entartete Kunst« zurückerworben, gekauft oder in K o m m i s s i o n g e n o m m e n hatte. Böhmer hatte mit N i k o l a u s Barlach einen Vertrag ausgehandelt, der zwar monatliche Mietzahlungen vorsah, aber durch die Klausel, die geldwerte Z a h l u n g w e r d e d u r c h
BILDNIS
Standort
WEGENER,
unbekannt;
1930,
Bronze
SCHWEBENDER
(Los
MANN,
6)
1922,
Böttgersteinzeug (Los 7) Standort u n b e k a n n t ; DAS WIEDERSEHEN, 1926, Bronze (Los 8) M a n n h e i m , Kunsthalle; DER WARTENDE, 1924, Holz (Los 9), Standort u n b e k a n n t . 50 Böhmer hat von einigen Holzskulpturen, die er aus dem Beschlagnahmegut der Aktion »Entartete Kunst« z u r ü c k k a u f t e , für »Archiv- bzw. Sicherungszwecke« A b f o r m u n g e n in Gips beziehungsweise in Stukko, der teilweise auf Holz getönt w u r d e , hergestellt. D a r u n t e r befanden sich folgende Werke FRIERENDES MÄDCHEN (1917, Laur 254 u. 254,1) DER RÄCHER (1922, Laur 349 u. 349,1), DER WARTENDE (1924, Laur 376, 376,1 u. 376,2); DAS WIEDERSEHEN (1926; Laur 392 u. 392,1).
50_Probst
51 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Barlach, 16. Oktober 1938, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung.
62 Sitzungsprotokoll des Barlach-Gremiums, 18. M a i 1 9 4 1 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN,
52 Brief von Hans Barlach an Nikolaus Barlach, 2. November 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand hat Böhmer im Zeitraum vom 18. Juni 1937 bis 5. September 1938 in der Berliner Gießerei Hermann Noack dreißig Bronzen Barlachs in Auftrag gegeben; vgl. Exzerpte der Gußbücher Gießerei Hermann Noack, Berlin, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung; Volker Probst: Die Bronzen im Werk Ernst Barlachs, in: Ursel Berger, Klaus Gallwitz u. Gottlieb Leinz: Posthume Güsse,
63 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Barlach, 26. November 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung.
B e r l i n 2009, S. 1 0 6 - 1 2 3 u. S. 1 9 8 - 2 0 2 .
53 Vgl. Régincos 2007, S. 73. 54 Brief von Bernhard A. Böhmer an Hermann F. Reemtsma, 27. März 1939, Hamburg, Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma, Archiv, Korrespondenz Akte »Nachlaßverwaltung Ernst Barlach«. 55 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Bartach, 13./ 14.Dezember 1938, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 56 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Barlach, 3. Januar 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. Auf einer tabellarischen Aufstellung zum nachgelassenen Bestand von Barlachs Handzeichnungen notierte Schult handschriftlich: »Am 7. und 8. August zusammen mit Dr. Hetsch die Zeichnungen durchgezählt, versiegelt und am 8. abends Β. A. Böhmer übergeben. / Friedrich Schult. / 1939«; Schriftwechsel der Ernst-Barlach-Nachlaßverwaltung, j./S. August 1939, Ernst Barlach Stiftung Güstrow, Inv.-Nr. FSN, A 149. 57 Brief von Nikolaus Barlach an H a n s Barlach, 22. Februar 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 58 Aktenvermerk von Nikolaus Barlach nach einem Telefongespräch mit Bernhard A. Böhmer, Stralsund, 29. Oktober 1939, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 59 Sitzungsprotokoll des Barlach-Gremiums, 4. Juni 1939, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, A 149.
60 Sitzungsprotokoll des Barlach-Gremiums, 6. April 1940, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, A 149.
61 Bericht über den Stand der Geschäfte des Gremiums Ernst Barlach, 1 5 . Februar 1 9 4 1 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, A 149.
A 149.
64 Ibid. 65 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Barlach, 18. August 1940, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 66 Brief von Nikolaus Barlach an H a n s Barlach, 16. Januar 1942, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 67 Brief von Nikolaus Barlach an Hans Barlach, 18. August 1944, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 68 Brief von Nikolaus Barlach an H a n s Barlach, 7. August 1947, Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. 69 Vgl. Ernst Barlach: Die Prosa I (hrsg. v. Friedrich Droß), München, 2. Auflage 1973, S. 508-509. 70 Ernst Barlach: Fragmente aus sehr früher Zeit, Berlin 1939· 71 Friedrich Schult: Ernst Barlach. Zeichnungen zum Michael Kohlhaas, Beiblatt zu: [Ernst] Barlach: Skizzenbuch, Berlini94o, unpaginiert. 72 Ibid. 73 Vgl. Bericht über die Entwicklung seit der Sitzung in Berlin a m 6. April 1940, Neumünster, 26. Oktober 1940, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, A 149; Vertrag zwischen Nikolaus Barlach, vertreten durch das Gremium Ernst Barlach, und dem Riemerschmidt-Verlag, 30. Juni 194 χ (Neuauflage der FRAGMENTE AUS SEHR FRÜHER ZEIT I 9 3 9 ) ; V e r t r a g
zwischen Nikolaus Barlach, vertreten durch das Gremium Emst Barlach, und dem Riemerschmidt-Verlag, Ι. Juli 1 9 4 1 (RUSSISCHES TAGEBUCH), Ratzeburg, Ernst Barlach Lizenzverwaltung. Die Abrechnungen sollten jeweils über Böhmer erfolgen. Barlachs RUSSISCHES TAGEBUCH lag bereits gedruckt in ungebundenen Bogen vor, wurde aber durch die Geheime Staatspolizei beschlagnahmt und in der Folge vernichtet; vgl. Ernst Barlach: Reise ins Herz des südlichen Rußland (1906-1911) (hrsg. v. Ulrich Bubrowski), Hamburg 2008, S. 225-227. Bezüglich der Herausgabe des Werkverzeichnisses wurde folgendes vereinbart: »Herr Ulrich Riemerschmidt wurde [...] zugezogen. Er erklärte sich, nachdem ihm mitgeteilt
»Mein guter wie mein böser Engel« _ 51
war, wie sich die Herausgabe des Werkverzeichnisses nach den vorstehenden Beschlüssen gestalten würden bereit, den Verlag auch in dieser Form auf Grundlage des durch Herrn Böhmer übermittelten Angebots zu übernehmen«; zitiert nach Sitzungsprotokoll des Barlach-Gremiums, 6. April 1940, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. FSN, A 149. 74 Die Ernst Barlach Stiftung besitzt mehrere Exemplare der schmalen Schrift, u.a. eines mit folgender handschriftlicher Widmung: »Mit herzlichen Wünschen! / Ingeborg und Wolfgang Theopold / (Der Plan zu diesem Heft wurde in Ihrem Hause gefasst)«. Jedoch konnte die Person, der der Herausgeber Wolfgang Theopold diese Dedikation zueignete, bislang nicht ermittelt werden. 75 Mappe mit Listen und Notizen, Briefentwürfe, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Inv.-Nr. AG 6. 76 Vgl. Volker Probst Ernst Barlach - die Werkverzeichnisse. Eine Genese von 1939 bis 2012, in: Kunstprozesse im Spannungsfeld zwischen den Kunstzentren und der Peripherie. Die Entwicklung der bildenden Kunst in Mecklenburg und Pommern zwischen 1880 und 19$o, Tagungsband (Kolloquium vom 22. November 2008) Universität Greifswald, Caspar-DavidFriedrich-Institut (in Vorbereitung). Die von 1959 bis 1 9 7 1 durch Friedrich Schult herausgegebenen Werkverzeichnisse Ernst Barlachs werden seit 1998 im Rahmen eines langfristigen Forschungsprojekts der Ernst Barlach Stiftung Güstrow völlig neu bearbeitet. Bislang abgeschlossen und publiziert sind DIE DRUCKGRAP H I K ( 2 0 0 1 ) u n d DAS P L A S T I S C H E W E R K ( 2 0 0 6 ) . D e r
Corpus der Handzeichnung Barlachs befindet sich seit 2005 in Bearbeitung und wird voraussichtlich 2012 gedruckt vorliegen. 77 Vgl. Wilhelm Heeß: Geschichtliche Bibliographie von Mecklenburg, Rostock 1944, 3 Bde., Bd. 2, S. 1 1 9 4 1 1 9 5 , B d . 3 , S. 2 7 5 - 2 7 6 .
78 Nicht nur die Briefe Barlachs sind eine wichtige Quelle für das Verständnis der Beziehung des Künstlers und seines Sohns, vor allem auch Barlachs Güstrower Tagebuch 2007. Vgl. Barbara Möller u. Ulrich Schirow: Er hat mir Glück gebracht. Vater-Sohn-Bild im »Güstrower Tagebuch« von Ernst Barlach, Schwerin 2008.
79 Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 16. März 1 9 2 7 , in: B a r l a c h 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , B d . 2 , N r . 6 9 6 , S . 9 0 .
80 Hugo Körtzinger schrieb an das Barlach-Gremium in Zusammenhang mit der von ihm und Böhmer durchgeführten Sicherung des GÜSTROWER EHRENMALS (2. Guß von Anfang 1939): »Ich hatte diese Angelegenheit allein mit Böhmer zu bewerkstelligen, dem autorisierten Vertreter Ernst Barlachs, welchen dieser später im »Gestohlenen Mond< wohl moralisch, im persönlichen Verkehr aber niemals desavouiert hat. Böhmer als immerhin Förderndes Mitglied der SS riskierte nicht allzuviel, und was er eigentlich unternahm und welche Geschäftspraktiken er verfolgte, davon hatten selbst seine nächsten Angehörigen keine Kenntnis«; zitiert nach Brief von Hugo Körtzinger an das BarlachGremium, 7. August 1950, Hamburg, Ernst Barlach Haus, Archiv. 81 Brief von Ludwig Gutbier an Bernhard Böhmer, 24. Januar 1 9 4 1 , Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, Inv.-Nr. NL Arnold/ Gutbier I C-19. Für den Hinweis auf die Geschäftsbeziehungen Böhmers zur Münchner Galerie Arnold danke ich Ruth Negendanck, Nürnberg. Vgl. Ruth Negendanck: Die Galerie Ernst Arnold (1893-1951), Kunsthandel und Zeitgeschichte, Weimar 1998. 82 Brief von Ludwig Gutbier an Bernhard Böhmer, 24. Januar 1 9 4 1 , Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, Inv.-Nr. NL Arnold/ Gutbier I C-19. 83 Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 1 7 . Februar 1 9 3 0 , in: B a r l a c h 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , Bd. 2 , S. 2 0 8 , Nr. 8 5 2 .
84 Brief von Ernst Barlach an Hans Barlach, 18. März 1934, ibid., S. 456, Nr. 1 1 2 8 . 85 Brief von Ernst Barlach an August Hoff, 26. September 1 9 3 3 , ibid., S. 402, Nr. 1 0 7 1 . 86 Brief von Ernst Barlach an Karl Barlach, 23. Novemb e r 1 9 3 1 , i b i d . , S. 2 8 4 - 2 8 5 , N r . 9 5 4 .
87 Die Erstausgabe des Romans erschien posthum: Emst Barlach: Der gestohlene Mond (hrsg. v. Friedrich Droß), Berlin u. Frankfurt am Main 1948.
Im Widersprüchlichen vereint Rolf Hetsch und Bernhard A . Böhmer
Frédérique
Régincos
ZWEI MÄNNER V O R EINEM A U T O M O B I L
Auf einer vermutlich 1944 in Güstrow aufgenommenen Fotografie sind in einer Personengruppe vor einem eleganten Cabriolet zwei Männer in Staubmänteln und mit den Mützen der zeitgenössischen Automobilisten zu sehen: Der Oberregierungsrat in der Abteilung Bildende Kunst des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda Rolf Hetsch und der Barlach-Intimus und Kunsthändler Bernhard A. Böhmer (Abb. ¿9). Während der Bonvivant Böhmer in großkariertem Jackett und auffällig gemusterter Krawatte lässig in die Kamera blickt, wirkt der neben ihm stehende Hetsch auf den ersten Blick wie sein personifizierter Gegensatz - beflissen und verhalten, ein wenig wie ein Schuljunge, der stolz darauf ist, zum ersten Mal im Kreis der rauchenden Großen zugelassen worden zu sein. Dennoch verband diese beiden Männer mehr als nur ihre Zusammenarbeit bei der sogenannten »Verwertung« der »entarteten« Kunst durch das Propagandaministerium. Hetsch war Mitglied des Barlach-Gremiums, das nach dem Tod des Künstlers dessen Nachlaß verwaltete und mit dem Böhmer eng zusammenarbeitete. Allem Anschein nach bestand über die geschäftlichen Beziehungen hinaus außerdem eine aufrichtige Freundschaft zwischen ihnen. Geeint waren sie überdies durch ihr widersprüchliches Wesen, das
54 _ Régincos
29
Hugo Körtzinger.
BERNHARD
GOTTHOLD
A. B Ö H M E R
UND
SCHNEIDER STEPHAN
VOM
»KUNSTDIENST«,
HIRZEI. VOM
HELLA
»KUNSTDIENST«,
BÖHMER,
Güstrow um
ROLF I944,
IIETSCH, Fotografie,
Berlin, Freie Universität, Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Archiv
sie beide zu undurchsichtigen, zugleich aber auch interessanten Persönlichkeiten aus dem Umkreis der »entarteten« Kunst macht.
^ • i
EINE B L I T Z K A R R I E R E I M
PROPAGANDAMINISTERIUM
Geboren wurde Rolf Reinhard Bernhard Hetsch, der jüngere der beiden, 1 9 0 3 in Berlin. Auf Wunsch seiner Eltern absolvierte er ein Jurastudium in Marburg und Frankfurt am Main, wandte sich jedoch nach einer kurzen Tätigkeit als Gerichtsreferendar am Oberlandesgericht Frankfurt am M a i n von der Rechtswissenschaft ab. Sein eigentliches Interesse galt der Kunst. Wohl schon in Frankfurt begann er ein Studium der Kunstgeschichte, das er 1 9 3 5 in München bei Wilhelm Pinder mit einer Promotion
über den spätgotischen
Bildhauer
Heinrich
Douvermann
abschloß. Zielstrebig verfolgte er danach eine Museumslaufbahn. Er trat eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Staatlichen Kunstsammlungen in Kassel
Im Widersprüchlichen v e r e i n t . 5 5
an und bewarb sich im April 1 9 3 7 an den Dresdner Museen, wo er bereits während seiner Studienzeit als Volontär gearbeitet hatte. Hetsch wurde ein Posten als Assistent des Direktors an den Staatlichen Porzellansammlungen und als Leiter des Münzkabinetts zugesprochen, der von ihm aufgrund seiner Beschäftigung innerhalb des nationalsozialistischen Behördenapparats jedoch nie zufriedenstellend ausgefüllt werden konnte. Von August 1 9 3 7 bis April 1938 befand sich der Kunsthistoriker - von kurzen Unterbrechungen abgesehen - fast durchgängig im Dienst der Reichskammer der bildenden Künste und war als Sachbearbeiter im Sonderreferat »Entartete Kunst« beschäftigt. Diese Tätigkeit, die ihm vermutlich von seinem Cousin Adolf Ziegler, dem Präsidenten der Reichskammer, vermittelt worden war, dürfte durchaus den politischen und weltanschaulichen Neigungen Hetschs entsprochen haben: Schon während seiner Studienzeit war er zahlreichen, mit den Nationalsozialisten sympathisierenden Vereinigungen beigetreten; er war unter anderem Mitglied der rechtsradikalen, antisemitischen Organisation CONSUL, kurzzeitiges Mitglied der SA und seit 1 9 3 5 Fördermitglied der SS. Im Sommer 1 9 3 7 stellte er einen ersten Antrag auf Aufnahme in die NSDAP, welche schließlich zum ι . Juli 1 9 4 1 erfolgte. Hetschs Aufgabe in der Reichskammer der bildenden Künste bestand darin, die ab Juni 1 9 3 7 durch Zieglers Kommissionen als »entartet« aus Museumsbesitz beschlagnahmten Werke zu inventarisieren und zu katalogisieren. Im zentralen Depot in der Köpenicker Straße, in das bis Ende 1 9 3 7 aus verschiedenen deutschen Städten sukzessive Gemälde, Plastiken und Graphiken eintrafen, gingen mehr als zwanzigtausend Werke durch seine Hände. Hetsch und seine Mitarbeiter versahen jedes Werk mit einer Inventarnummer - der sogenannten EK-Nummer - , anschließend verzeichnete Hetsch die Werke in einem funktional nach verschiedenen Kriterien gegliederten Inventarverzeichnis. 1 Nach Abschluß dieser Tätigkeit Ende März 1 9 3 8 kehrte Hetsch auf eigenen Wunsch zunächst an die Dresdner Museen zurück, wurde jedoch bereits im Juli desselben Jahres vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda angefordert, in dessen Zuständigkeit die »entartete« Kunst inzwischen übergegangen war. Am 19. August 1 9 3 8 trat Hetsch seinen Dienst in der für die Bildende Kunst zuständigen Abteilung des Ministeriums an, die nach der entschädigungslosen Enteignung der beschlagnahmten Werke im Mai 1938 mit deren »Verwertung« beauftragt worden war. Die Wahl Rolf Hetschs für die Koordination der Veräußerung der »entarteten« Kunst lag nahe, hatte er sich doch während der Inventarisierung und Katalogisierung der Werke nach ihrer Beschlagnahme als vermutlich Einziger einen umfassenden Einblick in die Materie erarbeitet. In völliger Verkennung der Dauer und des Umfangs der »Verwertungsmaßnahmen« war Hetschs Tätigkeit zunächst auf drei Monate anberaumt worden. Doch auch nach deren Ablauf wurde er immer
56 _ Régincos
wieder tage- oder wochenweise nach Berlin beordert. Schon bald kam der Leiter der Abteilung Bildende Kunst Franz Hofmann zu der Erkenntnis, daß die »Verwertung« der eingezogenen Werke sich auf Dauer kaum ohne seinen Sachreferenten würde durchführen lassen. Gleichzeitig wuchs von Seiten der Dresdner Museen zunehmend der Unmut über den ständig abwesenden Mitarbeiter, so daß Hetsch zur Zufriedenheit aller am i.Januar 1940 endgültig in die Abteilung Bildende Kunst übernommen wurde (Abb. 30). Rolf Hetsch, der während des gesamten Krieges als unabkömmlich eingestuft und somit nicht von der Einziehung zur Wehrmacht bedroht war, gelang es mühelos, sich in das Propagandaministerium einzufügen. Er tat sich durch großen Fleiß und selbständiges Arbeiten hervor und machte dort zügig Karriere: Bereits im Februar 1940 stieg er zum stellvertretenden Abteilungsleiter auf, 1941 zum Regierungs- und 1943 zum Oberregierungsrat.1 Eine der vorrangigen Aufgaben Hetschs bei der »Verwertung« der »entarteten« Kunst war, den Kontakt mit den Kunsthändlern Bernhard A.Böhmer, Karl Buchholz, Hildebrand Gurlitt und Ferdinand Möller zu halten, die zum Verkauf der Werke ermächtigt waren. Als Mittler zwischen dem Propagandaministerium und den Händlern führte Hetsch den notwendigen Schriftwechsel und verhandelte direkt mit diesen Händlern über ihre Gebote auf »entartete« Kunst (Dok. 1 a-b). Welchen Einfluß Hetsch auf die Beschlüsse der Abteilung Bildende Kunst sowie auf die Preise für die »entartete« Kunst nahm, läßt sich nicht mehr konkret ermitteln; da er jedoch mit allen Aufgabenbereichen der »Verwertung« befaßt und somit an den entsprechenden Entscheidungsfindungen beteiligt war, ist davon auszugehen, daß er beim Abschluß von Kauf- oder Tauschverträgen über einen gewissen Handlungsspielraum verfügte.3
• H
DIE »VERWERTUNG« DER »ENTARTETEN« KUNST
Wann Rolf Hetsch und Bernhard A. Böhmer sich kennenlernten, konnte bisher nicht geklärt werden. Daß ihre Bekanntschaft - wie Wilhelm F. Arntz nahelegt bereits vor 1933 bestand, erscheint jedoch wenig wahrscheinlich.4 Laut Friedrich Schult, der sowohl Böhmer als auch Hetsch persönlich kannte, stellte der K U N S T D I E N S T , der seit einigen Jahren Kontakt zum Kreis um Ernst Barlach hatte, nach dem Tod des Bildhauers Ende 1938 die Verbindung zwischen den beiden Männern her.5 Dies erscheint durchaus plausibel: Spätestens seit Herbst 1938 war Rolf Hetsch mit dem KUNSTDIENST-Mitglied Günter Ranft bekannt, der das Depot für die zum Verkauf vorgesehenen Werke der »entarteten« Kunst in Schloß Schönhausen verwaltete und daher eng mit ihm zusammenarbeitete. Es ist demnach denkbar daß es Hetsch war, der Bernhard A. Böhmer Ende 1938 oder Anfang 1939 eine Autorisierung als Händler der »entarteten« Kunst beschaffte und ihm somit den Zu-
Im Widersprüchlichen v e r e i n t . 5 7
50
U n b e k a n n t e r Fotograf, ROLF HETSCH, 1 9 3 9 , Berlin, Bundesarchiv
gang zu den Depots in der Köpenicker Straße und im Schloß Schönhausen ermöglichte. Anhand der Quellenlage können bis heute jedoch weder der genaue Beginn von Böhmers Tätigkeit als Kunsthändler für das Propagandaministerium noch die damit zusammenhängenden Umstände eindeutig rekonstruiert werden. Das früheste erhaltene Angebot Böhmers für Werke der »entarteten« Kunst stammt vom 1 0 . Februar 1 9 3 9 und berücksichtigt unter anderem drei Plastiken von Barlach: DAS WIEDERSEHEN v o n 1 9 2 6 ( Ε Κ 1 1 2 4 7 ) , DIE VERLASSENEN von 1 9 1 3 (EK 1 2 3 8 3 ) und FRIERENDES
MÄDCHEN
von 1 9 1 7 (EK
15735).6
Darüber hinaus w a r Böhmer im
November 1 9 3 9 der erste unter den Kunsthändlern, der einen Tauschvertrag abschloß. 7 Hetsch hat Böhmer vermutlich auch darin unterstützt, im Februar 1 9 3 9 möglichst viele Werke aus dem Depot in der Köpenicker Straße in Kommission zu nehmen und somit dem Zugriff des Leiters der Abteilung Bildende Kunst Franz Hofmann zu entziehen, der seit längerem darauf drängte, die für »unverwertbar« erachteten Restbestände zu verbrennen. Im M ä r z und April desselben Jahres Schloß Böhmer je einen Kommissionsvertrag
über dort ausgewählte Werke ab, ein
Nachtrag zum Vertrag vom M ä r z 1 9 3 9 erfolgte im Januar 194ο. 8 Betrachtet man die stellenweise mit handschriftlichen Vermerken Hetschs versehene Korrespondenz zwischen Böhmer und der Abteilung Bildende Kunst des
58 — Régincos
Propagandaministeriums, so scheinen beide Männer hervorragend zusammengearbeitet zu haben. Schon anläßlich seines ersten Gebots hatte Böhmer angekündigt, er werde im Propagandaministerium anrufen, »um zu einer etwaigen mündlichen Verhandlung noch sofort zur Verfügung zu stehen«.9 Wie die weiteren schriftlichen Gebote bezeugen, kam es auch in der Folge zu zahlreichen persönlichen Gesprächen zwischen Hetsch und dem Kunsthändler: Man traf sich zu Besprechungen oder diskutierte die Preise telefonisch. Bei diesen mündlichen Verhandlungen scheinen Hetsch und Böhmer sich weitgehend geeinigt zu haben. In der Regel kam es zu relativ zügigen Vertragsabschlüssen; mehrmals betonte Böhmer in seinen Angeboten nachdrücklich die Dringlichkeit der Angelegenheit und den Wunsch seiner Interessenten nach einem baldigen Übereinkommen, worin ihm Hetsch meist entgegenkam. 10 Auffallend ist darüber hinaus, daß nach Ablehnung des ersten Tauschvorschlags seitens der »Kommission zur Verwertung der Produkte entarteter Kunst« alle schriftlichen Offerten Böhmers angenommen wurden, die in den Akten vorliegen. Die von der »Verwertungskommission« vorgenommenen Preiserhöhungen von Böhmers Gesamtgeboten oder Geboten auf einzelne Werke fielen bei knapp der Hälfte dieser Offerten recht moderat aus. Schon zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt konnte Böhmer auch eine Korrektur der vorgegebenen Richtpreise nach unten für seine Kommissionsware erwirken: Im Juli 1939 bat er das Propagandaministerium unter Verweis auf die Versteigerung »entarteter« Kunst im Luzerner Auktionshaus Fischer, die im Juni desselben Jahres stattgefunden hatte und ihm zufolge das vermeintlich begrenzte Interesse des Auslandes an bestimmten Künstlern offenbart habe, um eine Senkung der Richtpreise, der im Folgemonat stattgegeben wurde. Vor allem die Preise für Werke bekannterer Maler wie etwa Oskar Kokoschka, Emil Nolde oder Lyonel Feininger wurden dabei von Hetsch erheblich reduziert.11 Generell scheint Hetsch sich darum bemüht zu haben, Böhmers oftmals niedrige Gebote gegenüber dem Leiter der Abteilung Bildende Kunst zu unterstützen, wovon handschriftliche Vermerke auf den Briefen zeugen. Nicht nur setzte er sich für die Annahme der Gebote ein, sondern begründete in einigen Fällen ausdrücklich seine Empfehlungen, beispielsweise indem er auf die scheinbar mangelnde Nachfrage und die vermeintliche »Unverwertbarkeit« bestimmter Werke verwies (Dok. 2). Dies entsprach jedoch durchaus nicht immer den Tatsachen, wie sich anhand eines Beispiels verdeutlichen läßt: Im April 1940 hatte Böhmer dem Propagandaministerium ein Gemälde des Romantikers Carl Gustav Carus, die zwischen 1 8 1 6 und 1818 entstandene H E I M K E H R DER M Ö N C H E INS K L O S T E R (Essen, Museum Folkwang), im Tausch gegen 48 Werke der »entarteten« Kunst angeboten. 12 Hetschs Behauptung, die ausgewählten Werke seien »bislang ohne Nachfrage geblieben und auch in Zukunft schwer verwertbar«, ist in einigen Fällen nachweis-
Im W i d e r s p r ü c h l i c h e n
lieh falsch (Dok. 3 a-b).I} Interesse an Werken etwa von Kokoschka oder Barlach, die in der Tauschofferte enthalten waren, lagen seit Beginn der »Verwertungsaktion« vor, und auch auf das konkret angefragte S T I L L E B E N Karl Hofers war bereits im Oktober 1939 durch den Kunsthändler Karl Buchholz geboten worden. 14 In diesen Fällen erscheint eine Kooperation zwischen Hetsch und Böhmer wahrscheinlich. Vermutlich gründete sie in dem Bemühen, möglichst viele Werke rasch zu verkaufen, um sie auf diese Weise vor einem ungewissen Schicksal in Sicherheit zu bringen. Hetschs Urteile über die Verkaufschancen der Werke lassen sich dabei durchaus als Versuch interpretieren, Böhmers niedrige Gebote zu begründen und die Entscheidungen seiner Vorgesetzten zugunsten des Kunsthändlers zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang steht auch die Preisreduzierung von Böhmers Kommissionsware durch Hetsch. Die zum Teil erhebliche Herabsetzung der Richtpreise bedeutete eine massive Entwertung, bot aber potentiellen Interessenten einen zusätzlichen Kaufanreiz. Auch dies kann als gezielte Bemühung gewertet werden, den Verkauf - im wahrsten Sinne des Wortes - um jeden Preis zu fördern. Die genauen Details der Zusammenarbeit zwischen Hetsch und Böhmer bei der »Verwertung« der »entarteten« Kunst liegen jedoch ebenso im Unklaren wie die individuellen Motive möglicher Absprachen zwischen beiden Verhandlungspartnern. Zwar hat es durchaus den Anschein, daß beide in weitaus stärkerem Maße kooperiert und konkretere Vereinbarungen getroffen haben als Hetsch und die anderen mit dem Verkauf der »entarteten« Kunst beauftragten Kunsthändler; dafür sprechen abwertende Äußerungen Hetschs zu einzelnen Werken, die in dieser Form nur zur Rechtfertigung von Böhmers Geboten nachgewiesen sind. Dennoch kann nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, daß diese Kooperation vor allem von Böhmers finanziellen Interessen bestimmt wurde, denen Hetsch - bewußt oder unbewußt - hilfsbereit zuarbeitete. Es ist jedoch zu vermuten, daß sowohl Hetsch als auch Böhmer durchaus persönliche Gründe hatten, ausgewählte Werke vor der Vernichtung oder vor einem Verkauf ins Ausland zu bewahren, wie dies zweifellos im Falle des Œuvres von Ernst Barlach erfolgte.
ENGAGEMENT FÜR ERNST BARLACH
Tatsächlich bemühte sich Bernhard A. Böhmer in erster Linie um das beschlagnahmte Werk Ernst Barlachs. Er erwarb zahlreiche Plastiken und Graphiken des bewunderten Freunds und schützte diese somit vor der potentiellen Zerstörung, zumindest aber vor einer Verbannung aus Deutschland und einer Zerstreuung in alle Winde. Daß er dabei auch im Interesse Rolf Hetschs handelte und von diesem tatkräftig unterstützt wurde, liegt nahe: Hetsch war - vermutlich durch Vermittlung Böhmers - zum Mitglied des nach dem Tod des Bildhauers gegründeten, klan-
vereint.59
60 _ Régincos
destinen Barlach-Gremiums ernannt und als solches im Sommer 1 9 3 9 mit der Herausgabe eines Werkverzeichnisses des Bildhauers und Graphikers beauftragt worden. Friedrich Droß, später der Herausgeber der Briefe des Künstlers, beschrieb nach dem Krieg Hetschs Einbeziehung in das Projekt und dessen Aufgabenbereiche folgendermaßen: »Uns fehlte ein Kunsthistoriker, der es wagte (denn unter dem Nazi-Regime war das ein Wagnis!), die Herausgabe eines umfassenden Gesamtwerke-Katalogs vorzubereiten. Dieser Katalog, dessen Umfang wir auf etwa 1 0 Bände in Großlexikon-Format schätzten, sollte das gesamte plastische und graphische Werk Ernst Barlachs umfassen und sollte in aller Stille vorbereitet werden, um bei einer künftigen Änderung der politischen Lage alsbald veröffentlicht werden zu können. Unsere Wahl fiel auf [...] Dr. Dr. Rolf Hetsch, weil er die beiden Eigenschaften vereinigte, die für diese Arbeit erforderlich waren: einmal das fachliche Wissen und Rüstzeug und zweitens den persönlichen Mut, diese Arbeit trotz der parteiamtlichen Hetze gegen Barlach durchzuführen. [...] [Hetsch] hat dann jahrelang unserem Ausschuß angehört, an dessen Sitzungen laufend teilgenommen, ungezählte Verhandlungen geführt, mit Besitzern von Kunstwerken Barlachs wegen deren Aufnahme und photografischer Wiedergabe im Werkkatalog verhandelt und die Herausgabe soweit vorbereitet, wie dies unter den Kriegsverhältnissen überhaupt möglich war.« IS Für seine Tätigkeit im Barlach-Gremium arbeitete Hetsch unter anderem mit dem Künstler Leo von König zusammen, dessen beschlagnahmte Werke er - ebenso wie die Werke Barlachs - im Propagandaministerium zu »verwerten« half und damit ihre Diffamierung als »entartet« unterstützte. 16 Trotz dieser paradoxen Situation scheint Hetsch sich die Vorhaben des Barlach-Gremiums zu eigen gemacht zu haben. In einem Brief an Hugo Körtzinger schrieb er über die Arbeit am Werkkatalog: »[...] ich widme mich ihr mit tiefer Freude und mit allem Fleiß, nicht um des Selbstzwecks sondern um der Verpflichtung willen, die uns Allen das Werk Ernst Barlachs auferlegt.« 17 Hetsch arbeitete bis 1945 an der Erstellung des Werkverzeichnisses. Neben Bernhard A. Böhmer, der - laut Arntz - den Kunsthistoriker bei der fotografischen Erfassung der Graphiken von Ernst Barlach unterstützte, war ihm auch Friedrich Schult behilflich, der ihn mit Informationen zu Werken des Künstlers in Privatbesitz versorgte. Hetschs Ehefrau zufolge waren die Vorarbeiten zum Werkverzeichnis bis zu einer ausführlichen Karteianlage gediehen. 18 Die Einbeziehung Hetschs in das Barlach-Gremium und seine Beauftragung mit dem Werkverzeichnis waren sicherlich ein geschickter Schachzug: Aufgrund seiner Position in der Abteilung Bildende Kunst des Propagandaministeriums verfügte
Im Widersprüchlichen vereint . 6 1
31 U n b e k a n n t e r Fotograf, ROLF HETSCH IM ATELIERHAUS AM HEIDBERG VOR DEM »MAGDEBURGER EHRENMAL« VON ERNST BARLACH, nach 1 9 3 9 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Archiv
er über uneingeschränkten Zugang zu den beschlagnahmten Werken des Künstlers sowie zu wichtigen, deren »Verwertung« betreffenden Informationen. Darüber hinaus gehörte er wohl zu den indirekten Entscheidungsträgern bei der Liquidation der »entarteten« Kunst und hatte vermutlich die Möglichkeit, das Schicksal der Werke Barlachs zu beeinflussen. Inwiefern dies im einzelnen tatsächlich geschah, kann nicht abschließend geklärt werden. Vermerke zu Geboten Böhmers sowie Schults Feststellung, Hetsch sei am Rückerwerb von Barlachs MAGDEBURGER EHRENMAL von 192.9 (Kat.-Nr. I.15) und dem Holzrelief DIE VERLASSENEN (Abb. ;γ) durch Böhmer beteiligt gewesen, sprechen jedoch durchaus dafür, daß er seine Möglichkeiten zur Rettung der Werke ausgeschöpft hat (Abb. 3 1 ) . 1 9
VEREINT IM WIDERSPRÜCHLICHEN
Neben der offiziellen Zusammenarbeit bei der »Verwertung« beschlagnahmter Kunst im Propagandaministerium und der inoffiziellen Arbeit am Verzeichnis der Werke Ernst Barlachs trafen Hetsch und Böhmer wiederholt und zu unterschiedlichen Gelegenheiten zusammen. Einiges deutet darauf hin, daß beide an der gegenseitigen Gesellschaft Gefallen fanden. Nach dem gemeinsamen Besuch der Luzerner Auktion Fischer im Juni 1 9 3 9 reisten Hetsch und Böhmer einen Monat später erneut gemeinsam in die Schweiz, wo sie Georg Schmidt im Basler Kunstmuseum aufsuchten. 20 Ebenso fanden sie sich mehrfach gemeinsam in der Berliner Nationalgalerie im Büro von Paul Ortwin Rave ein, verabredeten sich in der Abteilung Bildende Kunst des Propagandaministeriums und trafen sich regelmäßig in Güstrow in den Räumen des KUNSTDIENSTES oder im Atelierhaus auf dem Heidberg, teilweise gemeinsam mit ihren Ehefrauen Mariam und Hella. 21 Über das eigentliche
62 _ Régincos
Wesen ihrer Beziehung kann nur gemutmaßt werden: Vielleicht hat Böhmer es geschickt verstanden, sich der Bekanntschaft mit Hetsch für seine Zwecke und Interessen zu bedienen, vermutlich verband beide jedoch tatsächlich eine aufrichtige Freundschaft. Hetsch jedenfalls scheint den Kontakt zu Böhmer und dem Barlach-Kreis durchaus genossen zu haben. Diese Verbindung ermöglichte ihm die Bekanntschaft mit weiteren Künstlern und Kunstfreunden, und Hetsch, der seit 1928 bereits die Nähe zum Kreis um Otto Modersohn gesucht hatte, wird sich ihnen gerne angeschlossen haben. Dabei versuchte er sowohl Friedrich Schult als auch Hugo Körtzinger durch Gefälligkeiten dienlich zu sein, wodurch offensichtlich wird, daß ihm die Zugehörigkeit zu diesen Kreisen außerordentlich am Herzen lag. Zugleich jedoch pflegten und nutzten Hetsch und Böhmer ihre Verbindungen zum Propagandaministerium und anderen nationalsozialistischen Behörden, die Künstler wie Barlach oder Körtzinger öffentlich diffamierten. 11 Die Ambivalenz ihres Charakters, aber auch ihres Handelns ergibt sich aus der paradoxen Nähe, die beide einerseits zu den nationalsozialistischen Machthabern, andererseits aber zu solchen Künstlern und Intellektuellen suchten, die in ihrem Schaffen in keiner Weise der nationalsozialistischen Doktrin entsprachen, ja, sich dieser sogar - wie etwa Barlach - völlig widersetzten. Hetsch, der sich selbst als Behüter, gar als Retter der »entarteten« Kunst verstand und tatsächlich nachweislich zum Erhalt einiger Werke beitrug, gleichzeitig aber an der »Verwertung« und wenn auch indirekt - Vernichtung Tausender von beschlagnahmten Gemälden, Plastiken und Graphiken durch seine Behörde beteiligt war, scheint sich in dieser Zwiespältigkeit eingerichtet zu haben. 13 Nichts weist darauf hin, daß er das Widersprüchliche seines Handelns reflektiert hätte. Vielmehr bemühte er sich sogar, den von ihm protegierten Künstlern wie Otto Modersohn oder Hugo Körtzinger im nationalsozialistischen Staat zu offizieller Ehrung und Wertschätzung zu verhelfen, und verquickte damit private Motivation und offizielles Handeln. Böhmers und Hetschs Zeitgenossen jedoch haben die Zerrissenheit ihrer Wesen durchaus erkannt und auch benannt; so deckt sich die Charakterisierung Böhmers durch Ernst Piper auffallend mit der Hetschs durch Paul Ortwin Rave. Piper hat Böhmer klarsichtig als »Mensch zwischen den Fronten« bezeichnet. Weiter führt er aus: »Einerseits wirkte er maßgeblich an den offiziellen Aktionen gegen die >entartete Kunst< mit, andererseits suchte er das Barlachsche Werk so weit wie möglich zu schützen, ja meinte möglicherweise, das eine tun zu müssen, um das andere zu können.« 14 Rave charakterisierte Hetsch ähnlich. Diesem sei »ein böses Schicksal zugefallen, sein Leben zwiespältig führen zu müssen«. 15 Und er stellte sich die bis heute ungeklärte Frage, ob die Anpassung Hetschs an die historischen Zustände vordergründig erfolgt war: »Wollte er etwa mit den Wölfen heulen, um das Lamm vor dem Zerreißen zu retten?« 16
Im Widersprüchlichen v e r e i n t - 6 3
»ENTARTETE« KUNST AUF D E M HEIDBERG
Die Verbindung Hetschs zu Böhmer führte schließlich zu einer endgültigen Verquikkung von Privatem und Geschäftlichem. Aus Angst vor den Bombenangriffen auf Berlin evakuierten Rolf und Mariam Hetsch ihre private Bibliothek und Teile ihres Kunstbesitzes nach Güstrow auf den Heidberg. Nach Kriegsende fanden sich dort außerdem mehrere aus dem Propagandaministerium stammende Kästen mit Diapositiven des von Hetsch geleiteten »Führerauftrags Monumentalmalerei«, von denen jetzt ein Teil wiederentdeckt werden konnte (Abb. 1-2).17 Ebenso lagerten dort etliche als »entartet« beschlagnahmte Werke, die Böhmer nicht offiziell übernommen oder erworben hatte. Diese Werke, die nach Abschluß der »Verwertungsaktion« im Sommer 1 9 4 1 zunächst in einem Keller des Propagandaministeriums verwahrt worden waren, gelangten vermutlich um 1943 auf Veranlassung Hetschs und in Vereinbarung mit Böhmer nach Güstrow, wofür jedoch keine amtlichen Dokumente überliefert sind.18 Uber das Schicksal der nach Güstrow ausgelagerten Werke aus den Beständen der »entarteten« Kunst konnten schließlich weder Hetsch noch Böhmer wachen. Bernhard A. Böhmer nahm sich beim Einmarsch der russischen Truppen in Güstrow im Mai 1945 gemeinsam mit seiner Frau Hella das Leben. Rolf Hetsch hingegen, der noch bis mindestens Mitte April 1945 im Propagandaministerium tätig war, wurde unmittelbar nach der Kapitulation in Berlin festgenommen und als politischer Gefangener inhaftiert. Im November 1945 erhielt Mariam Hetsch das letzte Lebenszeichen ihres Mannes, danach verliert sich seine Spur.2' Hetsch, der zum Zeitpunkt seiner Festnahme anscheinend bereits schwer erkrankt war, starb vermutlich in einem russischen Gefangenenlager nahe Berlin; die genaue Todesursache sowie der exakte Todeszeitpunkt sind bis heute unbekannt. Seine Vorarbeiten zum Barlach-Werkverzeichnis gingen in der Nachkriegszeit ebenso verloren wie etliche Werke der »entarteten« Kunst, die den Krieg selbst wohlbehalten auf dem Heidberg überstanden hatten. Zahlreiche Gemälde, Plastiken und Graphiken aus den dortigen Beständen sind jedoch erhalten und befinden sich heute in Rostock und an anderen Orten. Hat Wilhelm F. Arntz also Recht, wenn er Böhmer und Hetsch als »Schlüsselfiguren in der Durchführung, aber auch in der Sabotierung der Entarteten-Aktion« bezeichnete?30 Die Frage nach den genauen Umständen der Zusammenarbeit zwischen Hetsch und Böhmer sowie nach der eigentlichen Motivation ihres Handelns wird sich bis auf weiteres nicht abschließend beantworten lassen. Arntz betrachtete sie als eine Art »kunstideologischer Widerstandskämpfer« und läßt beide damit sicherlich glanzvoller erscheinen, als sie es tatsächlich waren. Die Tatsache aber, daß Museumsbesucher sich heute im Rostocker Kulturhistorischen Museum und
6 4 _ Régi neos
an anderen öffentlich zugänglichen Institutionen tatsächlich einen Teil jener Werke anschauen können, welche die Nationalsozialisten vollständig aus Deutschland verbannt sehen wollten, ist vielleicht zum Teil auch ihnen zu verdanken.
Im Widersprüchlichen v e r e i n t - 6 5
1 Vgl. den Beitrag von M e i k e H o f f m a n n im vorliegenden Band, S. 1 4 1 - 2 4 7 .
3 1 . J u l i 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 2 4 8 ; Liste zum Kommissionsvertrag mit Bernhard A. Böhmer mit handschriftlich von R o l f Hetsch reduzierten Preisen,
2 Vgl. Personalakte R o l f Hetschs aus dem Reichsmini-
r i . M ä r z 1 9 3 9 , ibid., B l . 2 2 4 - 2 2 8 .
sterium für Volksaufklärung und Propaganda, Berlin, Bundesarchiv (BArch Berlin), R 5 5 / 2 2 2 3 4 .
12 Vgl. Brief von Bernhard A. B ö h m e r an das Reichsministerium
3 Vgl. Frédérique Régincos: Rolf wertung
der
Produkte
Hetscb
entarteter
und die » VerMagister-
Kunst«,
arbeit (unpubliziert), Freie Universität Berlin 2 0 0 7 . 4 Vgl. Wilhelm F. Arntz: Bildersturm
in Deutschland,
und
Propaganda,
1 6 0 ; den Beitrag von Andreas Hüneke im vorliegenden Band, S. 7 3 - 8 8 .
in:
7 / 1 9 6 2 , S. 2 6 - 2 9 , S. 29.
Das Schönste
für Volksaufklärung
2 2 . April 1 9 4 0 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 1 5 9 -
13 Aktenvermerk
von
R o l f Hetsch
im
Tauschvertrag
von Bernhard A. B ö h m e r mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 1 6 . Juli 1 9 4 0 ,
5 Vgl. Brief von Friedrich Schult an Wilhelm F. Arntz,
BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 1 5 8 .
2 5 . Juli 1 9 6 2 , Staatliche M u s e e n zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv ( S M B - Z A ) , V/Sachthemat. Slg. 40.
14 Karl Hofer, G E M Ü S E S T I L L E B E N , 1 9 2 9 , Stuttgart, Privatbesitz
(ehemals
Berlin,
prinzen-Palais, Kat.-Nr. 6 Vgl. Brief Bernhard A. Böhmers an das Reichsministe-
Nationalgalerie,
Kron-
Vgl. Brief von Karl
II.150).
Buchholz an das Reichsministerium für Volksaufklä-
rium für Volksaufklärung und Propaganda vom 1 0 . Fe-
rung
bruar 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 2 0 5 . Es
Berlin, R 55/ 2 1 0 1 7 , Bl.
und Propaganda,
10. Oktober
BArch
1939,
106.
handelte sich um folgende Werke: Ernst Barlach, DIE VERLASSENEN, 1 9 1 3 , Holz, Höhe: 1 3 2 c m (Berlin, Neue Nationalgalerie); MÄDCHEN,
Ernst Barlach,
FRIERENDES
1 9 1 7 , Holz, Höhe: 7 6 , 7 cm, Hamburg,
15 Brief von Friedrich D r o ß an M a r i a m Hetsch, 6. Februar 1 9 4 6 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, N a c h l a ß Friedrich Schult, A 1 6 0 .
Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma (ehemals
Dresden,
Staatliche
Skulpturensammlung);
Ernst Barlach, DAS WIEDERSEHEN, 1 9 2 6 , Holz, Höhe:
16 Vgl. Ernst
Barlach:
Die
(hrsg. v.
Briefe
Friedrich
D r o ß ) , M ü n c h e n 1 9 6 8 - 1 9 6 9 , 2 Bde., Bd. 1, S. 7 .
9 0 cm, H a m b u r g , Ernst Barlach Haus, Stiftung Hermann
F. R e e m t s m a
(ehemals
Schwerin,
Staatliche
Sammlungen).
17 Brief von R o l f Hetsch an H u g o Körtzinger, 15. M ä r z zitiert nach
1940, Hugo
7 Vgl. Tauschvertrag von Bernhard A. B ö h m e r mit dem
Körtzinger
Curd Ochwadt:
und Hermann
Ernst
Barlach, Hannover
Reemtsma,
1 9 8 8 , S. 9 6 , D o k u m e n t Nr. 6 1 .
Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 2 4 . N o v e m b e r 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 , 2 1 0 1 9 , Bl. 2 1 7 .
18 Vgl. Arntz 1 9 6 2 , S. 2 9 ; M e m o r a n d u m von M a r i a m Hetsch, November 1 9 4 5 , S. 4 , Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, N a c h l a ß Friedrich Schult, A 1 6 0 ; Brief von
β Vgl. Kommissionsvertrag zwischen Bernhard A. Böh-
R o l f Hetsch an Friedrich Schult, datiert auf »Pfingsten
mer und dem Reichsministerium für Volksaufklärung
1940«,
und Propaganda, 11. M ä r z 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 /
Friedrich Schult, A 1 6 0 .
Güstrow,
Ernst
Barlach
Stiftung,
Nachlaß
2 1 0 1 9 , Bl. 2 2 2 ; Brief von Bernhard A. Böhmer an das Reichsministerium
für Volksaufklärung und
Propa-
ganda, 15. April 1 9 3 9 , ibid., Bl. 2 2 3 u. Bl. 2 2 9 - 2 3 0 ; Brief vom Reichministerium für Volksaufklärung und Propaganda an Bernhard A. Böhmer, 26. J a n u a r 1 9 4 0 , ibid., Bl. 4 0 - 4 2 .
19 Vgl. Friedrich Schult: Ernst
Barlach.
Werkverzeichnis,
H a m b u r g 1 9 6 0 - 1 9 7 1 , 3 Bde., Bd. 1, S. 9 7 u. S. 1 9 4 . 20 Vgl. Arntz 1 9 6 2 , S. 3 1 ; Brief vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda an Karl Buchholz, 1 9 . Dezember 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 7 ,
9 Brief von Bernhard A. B ö h m e r an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 1 0 . Fe-
Bl. 1 9 0 ; G e o r g Kreis: » E n t a r t e t e « Kunst für Basel. Herausforderung
Die
von 1 9 3 9 , Basel 1 9 9 0 , S. 7 4 .
bruar 1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 2 0 5 . 21 Vgl. Taschenkalender und Notizbücher von Paul Ort10 Vgl. Briefe von Bernhard A. Böhmer an das Reichsministerium
für Volksaufklärung
und
Propaganda,
win Rave 1 9 3 4 - 1 9 4 3 (Einträge vom 9. Juni 1 9 3 9 u. 2 4 . April 1 9 4 0 ) , S M B - Z A , N a c h l a ß Paul O r t w i n Rave;
1 0 . Februar 1 9 3 9 , 2 3 . August 1 9 3 9 u. 1 1 . O k t o b e r
Curd O c h w a d t (Hrsg.): Hugo
1 9 3 9 , BArch Berlin, R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 2 0 5 , 2 6 3 u. 2 5 1 .
stiken, Schriften,
Körtzinger.
Bilder,
Pla-
Hannover 1 9 9 1 , S. 3 6 ; Brief von M a -
riam Hetsch an Friedrich Schult, 11. M ä r z 1 9 4 9 , Gü11 Vgl. Brief von Bernhard A. B ö h m e r an das Reichsministerium
für Volksaufklärung
und
Propaganda,
strow, Ernst Schult, A 1 6 0 .
Barlach
Stiftung,
Nachlaß
Friedrich
66 _ Régincos
22 Vgl. Ochwadt 1991, S. 34. 23 Vgl. Brief von Rolf Hetsch an Otto Modersohn, 18. November 1939, Fischerhude, Otto-ModersohnArchiv, Korrespondenz. 24 Vgl. Ernst Piper: Nationalsozialistische Kunstpolitik. Ernst Barlach und die »entartete Kunst«. Eine Dokumentation, München 1987, S. 20 f. 25 Vgl. Paul Ortwin Rave: Kunstdiktatur im Dritten Reich [1949] (hrsg. v. Uwe M. Schneede), Berlin 1987, S. 114. 26 Ibid. 27 Vgl. Stephan Klingen: Die Überlieferungsgeschichte des Farbdiabestandes aus dem »Führerauftrag« von 1943 bis zur Digitalisierung, in: Christian Fuhrmeister et al. (Hrsg.): »Führerauftrag Monumentalmalerei«.
Eine Fotokampagne 1943-1945, Köln 2006 (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, Bd. 18) S. 63-81, S. 65 f.; Andreas Hüneke: Bilanzen der »Verwertung« der »Entarteten Kunst«, in: Eugen Blume u. Dieter Scholz (Hrsg.): Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus, S. 165-174, S. 167 ff. 28 Vgl. den Beitrag von Meike Hoffmann im vorliegenden Band, S. 97-13 z. 29 Vgl. Memorandum von Mariam Hetsch, November 1945, S. 4, Brief von Mariam Hetsch an einen unbekannten Adressaten, 8. März 1946, u. Brief von Mariam Hetsch an Friedrich Schult, 11. März 1949, Güstrow, Ernst Barlach Stiftung, Nachlaß Friedrich Schult, A 160. 30 Arntz 1961, S. 28.
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Bundesarchiv (Berlin, BArch R 55 / 2 1 0 1 9 , Bl. 240)
68 _ Régincos
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B I L D E N D E K U N S T A N D E N K U N S T H Ä N D L E R B E R N H A R D A . B Ö H M E R , A p r i l 1 9 3 9 , S e i t e 2., B e r l i n , Bundesarchiv (Berlin, B A r c h R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl. 2 4 0 )
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Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Berlin Betrifft; Entartete Kunst Auf folgende mir zum Verkauf angebotene Bilder entarteter Kunst habe ich Kaufangebote in folgender Höhe vorliegen und bitte um Genehmigung: ^
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H A N D S C H R I F T L I C H E R V E R M E R K R O L F H E T S C H S ZU B E R N H A R D A . B Ö H M E R S A N G E B O T AUF Z W E I
S K I Z Z E N V O N M A X L I E B E R M A N N , M a i 1 9 4 0 , B e r l i n , B u n d e s a r c h i v ( B e r l i n , B A r c h R 55 / 2 . 1 0 1 9 , Bl. 1 4 8 )
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158
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A k t Das τοπ dem Kunsthändler Β . A . Böhmer zum Tausoh angebotene Gemälde von Carus "Heimkehr der Mönche i n s K l o s t e r " h a t in meinem B e i s e i n dem S t e l l v . L e i t e r der N a t i o n a l g a l e r i e Dr.Have v o r g e l e g e n und i s t von ihm a l s v o r z ü g l i c h e s S a l e r l e s t ü c k , das f ü r e i n J e d e s Museum von Bedeutung i s t , b e u r t e i l t worden.Auch der g e f o r d e r t e P r e i s ' v o n 8 . 0 0 0 EM i s t nach den Erfahrungen der l e t z t e n Kunstauktionen durchaus angemessen. Die N a t i o n a l g a l e r i e z e i g t s i c h f ü r d i e Überweisung des Gemäldes u n t e r An- * r e c h n u n g d e r Kaufsumme auf die E r s t a t t u n g s b e t r ä g e i n t e r e s s i e r t . Die a l s Tausch vorgeschlagenen Objekte s i n d b i s l a n g ohne Nachf r a g e g e b l i e b e n und auch in Zukunft schwer v e r w e r t b a r . Ber Tauschvorschlag h a t d i e B i l l i g u n g des A b t e i l u n g s l e i t e r s g e funden.
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Nachstehender Tai^gphvertra« i s t doppelt zu f e r t i g e n , das zw»!te,.Exemplar ohne Kopfbogen und ohne U n t e r s c h r i f t . An Herrn Bernhard A. Böhmer 10
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Ottstrow/Mecklbg.
Auf Grund I h r e s S c h r e i b e n s vom 2 2 . A p r i l 1 9 * 0 wird f o l g e n d e r Tausehvertrag mit Ihnen g e s c h l o s s e n , der Ihnen in d o p p e l t e r A u s f e r t i g u n g mit der B i t t e , e i n Exemplar mit I h r e r U n t e r s c h r i f t versehen zurückzusenden, übersandt wird! T a u S o h v e r t r a g
.
Das B e i c h , v e r t r e t e n durch den Herrn H e i c h s m i n i s t e r f ü r Volksaufklärung und Propaganda und Herr Bernhard A.Böhmer in GUstrow/Me c k l b g . s c h l i e ß e n folgenden Tausahvertrag a b ! Das B e i c h e r w i r b t aus dem B e s i t z Herrn Böhmers im Tauschwege das Ölgemälde von ..Parus »Heimkehr der Mönche i n s K l o s t e r " im Wert von 8 . 0 0 0 . — HM gegen die in a n l i e g e n d e r , einen B e s t a n d t e i l des V e r t r a g e s bildenden L i s t e a u f g e f ü h r t e n Werke im Gesamtwert von 3 . 2 D 5 . - f . Die
DOk. 3 a
AKTENVERMERK
VON WERKEN
ROLF HETSCHS
»ENTARTETER«
(Berlin, B A r c h R 5 5 / 2 1 0 1 9 , Bl.
ÜBER DIE ANGEBLICHE
»UNVERWERTBARKEIT«
KUNST, Juli 1 9 4 0 , Seite ι , Berlin, Bundesarchiv 158)
Im Widersprüchlichen vereint _ 71
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m
Die ttbernahme der genannten Produkte e n t a r t e t e r Kunst e r f o l g t durch Herrn Böhmer in dem Depot Schloß Nlederaehonhauaen.
5.)
; "•':'·;..»Entarteten Kunst< stammenden Objekte, die sich zur Zeit in Rostock befinden« stattgibt.13 Unterzeichnet wurde das Schreiben von Gerhard Strauß. Eine Rückgabe von Graphiken an das Kupferstichkabinett und an das Stadtmuseum in Dresden erfolgte allerdings nachweislich erst im Jahr 1 9 5 1 . 1 4 Ein Mitarbeiter des Kupferstichkabinetts teilte in einem Schreiben dem Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Max Seydewitz am zo. März 1959 mit: »Dreiundzwanzig graphische Blätter kamen am 16. Mai 19 51 aus dem Stadtmuseum in Rostock zurück, ein weiteres Blatt am 9. Mai 1957.« 1 5 Im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen in Dresden gibt es eine »Aufstellung der unter >entartete< Kunst beschlagnahmten Graphischen Blätter«, in der »alle mit einem Kreuz (x) versehenen Blätter [...] am 1 6 . 5 . 1 9 5 1 vom Stadtmuseum Rostock zurückgegeben« wurden.16 In dieser Liste sind zwanzig Blätter mit einem Kreuz versehen, allerdings können nur neunzehn dieser Blätter tatsächlich in Dresden nachgewiesen werden. Das mit einem Kreuzchen versehene Blatt Z W E I B L I N D E von Schmidt-Rottluff wurde von Reutti nicht sichergestellt und demzufolge auch nicht zurückgegeben, was auf einen Fehler beim Erstellen der Liste schließen läßt. Bei der Durchsicht der einzelnen Graphiken und alten Inventarkarteien im Dresdner Kupferstichkabinett wurden aber drei weitere Blätter gefunden, die von Reutti in Rostock sichergestellt worden waren. Es handelt sich zum einen um Conrad Felixmüllers Holzschnitt F I S C H E R V O N H E L G O L A N D (Abb. 114) und dessen Titel-
Z w i s c h e n Begehrlichkeit und Riickführungspflicht
radierung zur Graphikmappe FRAU (Kat.-Nr. I.243) rung DAS TOR (Kat.-Nr: I.191).
sowie um Feiningers Radie-
Diese drei Blätter wurden wahrscheinlich erst im
Jahr 1 9 5 7 zurückgegeben. Für das Stadtmuseum Dresden haben sich bisher wenige Hinweise auf die erfolgten Rückgaben im Archiv gefunden. Dennoch lassen sie sich rekonstruieren. Denn auf der historischen Liste mit dem Titel »eingezogene Werke« findet sich nur bei K a r l Schmidt-Rottluffs TALWEG (heute STRASSE DURCHS GEBIRGSTAL MIT
OCHSENWAGEN, Kat.-Nr.
I.770),
folgende Notiz: »Am 4 . 5 . 1 9 5 7 vom Stadtmus.
Rostock zurück«. 27 Hinter den neun Blättern Lasar Segalls, die sich wieder im Stadtmuseum befinden, ist auf gleicher Liste nur der Eintrag »zur.« als Abkürzung für »zurück« vermerkt. Z w a r fehlt die Datumsangabe, aber eine Rückgabe im Jahr 1 9 5 1 ist wahrscheinlich. Hinter den fünf aufgelisteten Graphiken aus der Mappe ZEHN LITHOGRAPHIEN von Otto Mueller (Kat.-Nr. / . 5 3 4 . 1 - 5 ) und auf den zugehörigen Karteikarten wurde nichts verzeichnet, aber auch sie sind wahrscheinlich bereits 19 5 1 zurückgekehrt. Die graphischen Blätter sowohl des Kupferstichkabinetts als auch des Stadtmuseums wurden von Gertrud Rudloff-Hille, der Direktorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, selbst abgeholt. Entsprechend hatte sie in der Hauptverwaltung der Staatlichen Museen, Schlösser und Gärten in Dresden um eine Beteiligung an den Reisekosten gebeten. 18 Im Frühjahr und Sommer 1 9 5 7 , genau zwanzig Jahre nachdem die deutschen Museen durch die Aktion »Entartete Kunst« ihre Bestände an moderner Kunst verloren hatten, erfolgte unverhofft und, was die Aktenlage in den Archiven anbelangt, anscheinend ohne großes Aufsehen eine regelrechte Rückgabewelle aus dem Rostocker Böhmer-Bestand. Allerdings wurden dabei nur die Herkunftsmuseen auf dem Gebiet der D D R berücksichtigt. Es erhielten die Museen der Städte Altenburg, Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Dresden, Erfurt, Halle, Jena, Leipzig, Magdeburg, Weimar und Zwickau ihre Bestände zurück - in einigen Fällen auch nur teilweise. Es ließ sich ermitteln, daß im Januar 1 9 5 7 die Kunstsammlung Karl-Marx-Stadt an das Rostocker Museum mit der Bitte um Rückgabe ihrer Werke herangetreten war. Direktor Günter Lange aus Rostock wandte sich deshalb an das Ministerium für Kultur, Hauptabteilung kulturelle Massenarbeit, mit der Bitte um eine grundsätzliche Klärung, da nach dieser Rückgabe »weitere Museen aus der D D R , wie Erfurt, Weimar und Halle ihre Bestände gern zurückgeführt hätten«. 19 Darüber hinaus bat er, die »Rückführung nach den westdeutschen Museen mit zu klären« und empfahl »nochmals eine eingehende Aussprache zur Klärung dieser Angelegenheit herbeizuführen, wozu auch der damalige verantwortliche Bearbeiter Dr. Strauss mit hinzugezogen werden könnte und soweit noch auffindbar, ebenfalls der Bildhauer Reutti«. Grundsätzlich stimmte Lange einer Rückgabe an die Museen der D D R zu, »obwohl wir dadurch einen Teil unserer Bestände, die so quasi dem Rostocker
181
182 _ Koller / Karge
Museum in den letzten Jahren so stillschweigend einverleibt wurden, verlieren würden«. Einen formalen Rechtsanspruch der Museen auf ihr früheres Eigentum Schloß Lange aber aus, da sie von der »Nazi-Regierung angekauft« worden seien. Diese Bitte um Klärung schickte Lange auch an die Fachstelle für Heimatmuseen in Halle, die als dem Ministerium nachgeordnete Behörde 1 9 5 4 gegründet worden war. Damit waren mehrere zentrale Institutionen der D D R über die Angelegenheit informiert. Daß der Status des gesamten Bestands seit seiner Deponierung ungeklärt geblieben war, ließ auch Lange nicht unberührt, und so strebte er eine generelle, abschließende Lösung an. Allerdings war ihm durchaus bewußt, daß seinem Museum dadurch eine vielfältige Sammlung moderner Kunst verloren gehen könnte. Obwohl bis heute keine Dokumente hierfür aufgefunden werden konnten, erteilte offenbar das Kulturministerium der DDR schließlich die Anordnung zur Rückgabe. Propagandistisch wurden diese Rückgaben vom Ministerium jedoch nicht genutzt, so daß es spekulativ bleibt, ob es sich der zwanzigsten Jährung der Aktion »Entartete Kunst« bewußt war.
R E K O N S T R U K T I O N D E S VERLAUFS
Die erste Rückgabe von Werken aus dem Böhmer-Bestand in Rostock nach den Dresdner Rückführungen 1 9 5 1 erfolgte wahrscheinlich im April 1 9 5 7 an das Angermuseum Erfurt. Am 3. April 1 9 5 7 teilte Museumsdirektor Lange seinem Erfurter Kollegen Herbert Kunze mit, daß »bei Durchsicht der 1947 in unserem Museum sichergestellten Werke Bestände der sogenannten entarteten Kunst aus der Böhmerschen Sammlung in Güstrow« ein Konvolut graphischer Blätter gefunden wurde, »die aus dem Besitz des Angermuseums Erfurt stammen«. Weiter schrieb er: »Nach Rücksprache mit dem Ministerium für Kultur, möchten wir Ihnen diese Bestände wieder übergeben und bitten Sie daher, uns mitzuteilen, ob wir Ihnen diese Blätter per Post schicken sollen, oder ob Sie diese aus Rostock abholen lassen.« 30 Dem Brief war eine Liste der Erfurter Graphiken beigefügt, die neben dem Künstler, den Titel, die Technik des Blattes, die ursprüngliche Inventarnummer des Erfurter Museums und die EK-Inventarnummer verzeichnete. Unter dem Schreiben ist handschriftlich, wahrscheinlich von Kunze selbst, vermerkt: »Hinfahren nötig« sowie darunter von anderer Hand, »16/4. in Rostock gewesen«. Aus diesen Bemerkungen geht hervor, daß sich Kunze bei einigen Graphiken unsicher war, ob sie bis 1 9 3 7 der Sammlung des Erfurter Museums angehörten. Eine Kontrolle vor Ort sollte wohl dazu dienen, sich anhand der auf den Blättern noch erhaltenen Museumsstempel und Inventarnummern von der Richtigkeit der Auflistung zu überzeugen. Zudem hoffte man darauf, weitere Werke zu finden. Die Blätter wurden auf der Rückfahrt
Zwischen Begehrlichkeit und Rückführungspfticht _ 185
nicht mitgenommen, sondern per Post nach Erfurt gesandt. Die Ankunft der graphischen Blätter am 29. April 1 9 5 7 wurde in einem Brief bestätigt: »Die übersandten Blätter stimmen mit Ihrer Liste vom 3 . 4 . 1 9 4 7 überein. [...] Wir bestätigen Ihnen den Rückerhalt von 24 Stücken, es sind unsere Inventarnummern [...]. Dazu ein Holzschnitt von Feininger ohne Nummer.« 31 Zudem wurde nochmals eine Liste der zurückerhaltenen Werke beigefügt. Geradezu merkwürdig ist es daher, daß sich zwei der auf der Liste als »zurückerhalten« gekennzeichneten Blätter tatsächlich noch immer im Rostocker Museum befinden, also gar nicht nach Erfurt gelangt sind. Auch weitere Blätter des ursprünglichen Erfurter Bestands verblieben in Rostock. Ebenfalls im April 1 9 5 7 erfolgte die Rückgabe von zwei Gemälden an das Hallenser Museum. Es handelt sich um ein Gemälde Lyonel Feiningers, MARIENKIRCHE MIT DEM PFEIL (Kat.-Nr.
I.186),
sowie um das Gemälde AKTE IN
ABENDLICHER LANDSCHAFT von Otto Mueller (Taf. XXXVI).
Die Rückgaben
an das Museum in Halle sind mit der Datumsangabe April 1 9 5 7 nur auf den Inventarkarteikarten verzeichnet. 31 Auch die Staatliche Kunstsammlung in Weimar erhielt im Frühjahr 1 9 5 7 ihre graphischen Blätter und Mappenwerke zurück. Unter den Graphiken waren Arbeiten von Lyonel Feininger, Karl Peter Röhl, Hans Groß, Oskar Kokoschka und Georg Muche sowie eine Mappe mit zehn Lithographien von Johannes Itten und zwei Bauhaus-Mappen. 33 Die Weimarer Museumsmitarbeiter hegten ebenfalls nach Erhalt der Blätter die Hoffnung, daß sich weitere Werke aus der eigenen Sammlung unerkannt in Rostock befinden könnten, und so wurde Anfang August 1 9 5 7 Annegret Janda, die wissenschaftliche Assistentin von Direktor Walter Scheidig, nach Rostock geschickt, um sich die Bestände dort zeigen zu lassen und mit der eigenen Liste der 1 9 3 7 beschlagnahmten Kunstwerke zu vergleichen.34 Da sich im Weimarer Archiv keine weiteren Dokumente befinden, ist anzunehmen, daß Janda in Rostock nicht fündig wurde. Dennoch befinden sich noch heute im Kulturhistorischen Museum Rostock insgesamt fünf druckgraphische Blätter aus Weimar. In gleicher Weise erhielten wohl auch die beiden Dresdner Sammlungen ihre Druckgraphiken zurück, das Stadtmuseum am 4. Mai 1 9 5 7 und das Kupferstichkabinett am 9. Mai 1 9 5 7 . Am 4. Mai gingen weitere Arbeiten auch an das Museum für bildende Künste, damals Dimitroff-Museum, in Leipzig. 35 Am 29. Mai erfolgte die Rückgabe von drei graphischen Blättern an das Stadtmuseum Jena. Nur auf den Karteikarten sind die Rückgaben mit folgendem Vermerk versehen: »am 2 9 . 5 . 1 9 5 7 vom Museum Rostock kostenlos überwiesen und ehemals im Besitz des Kunstvereins Jena«. 3 6 Auch das Museum in Karl-Marx-Stadt, von dem Anfang des Jahres 1 9 5 7 die Initiative zu den Rückgaben ausging, erhielt - wenn auch nicht ganz vollständig - aus dem in Rostock lagernden Böhmer-Bestand seinen einstigen Besitz
184 _ Koller / Karge
zurück. Die druckgraphischen Blätter kamen wahrscheinlich bereits im Mai 195 7 ins Museum, Schmidt-Rottluffs Gemälde L A N D S C H A F T I M H E R B S T (Kat.-Nr. I.728) aber erst am 3. Juli 1957, wie auf der Inventarkartei verzeichnet ist (Dok. 9). Für die Rückgabe der Druckgraphiken T A N Z E N D E S P A A R von Edwin Scharff (Kat.-Nr. I.718) an das Museum in Altenburg und F I S C H E R K O P F V I von Max Pechstein (Kat.-Nr. 1.627) nach Zwickau haben sich keine Dokumente erhalten. Fünf von Reutti sichergestellte Graphiken aus Dessauer Besitz sind nicht an das Ursprungsmuseum zurückgegeben worden.37 Die Blätter H E R R E N B I L D N I S von Ludwig Meidner (Kat.-Nr. I.442), K U G E L S P I E L E R und D E R R Ü D E R E R von Max Pechstein (Kat.-Nr. 1.646.1-2) sowie S E L B S T P O R T R Ä T M I T P F E I F E von Richard Seewald aus dem Jahr 192.1 (Kat.-Nr. 1.816) befinden sich heute im Depot des Kulturhistorischen Museums der Stadt Rostock; der Standort von Max Pechsteins Holzschnitt D A S G E S P R Ä C H (Kat.-Nr. 1.643) ' s t unbekannt. Georg Muches T I E R K O P F von 1 9 2 1 (Kat.-Nr. I.480) wurde dagegen fälschlicherweise nach Weimar gegeben. Warum die Blätter nicht nach Dessau zurückgekehrt sind, ist nicht bekannt. Für Magdeburg gilt ähnliches. Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob die dortige handkolorierte Fassung des Holzschnitts A K R O B A T E N I von Pechstein (Kat.-Nr. 1.583) aus Rostock in das Museum zurückgelangte.38 Seewalds BILD E R B U C H V O M K R I E G befindet sich nicht in Magdeburg, sein heutiger Standort ist unbekannt. Die anderen ehemaligen Magdeburger Blätter sind heute in Rostock.39
M ·
G E Z E R R E U M G E M Ä L D E AUS D E M N A C H L A S S VON B E R N H A R D A . B Ö H M E R
Im Jahr 1957 plante die Nationalgalerie in Ost-Berlin, ihre Abteilung zur Kunst des 20. Jahrhunderts neu aufzubauen. Da Justi seit 1949 bekannt war, daß sich im Rostocker Böhmer-Bestand Werke befanden, die die moderne Sammlung der Nationalgalerie bereichern würden, forderte er Ende April 195 7 die in Frage kommenden Werke an.4° Dieser Brief erreichte den Rostocker Museumsleiter zu einer äußerst ungünstigen Zeit, da bereits im April die ersten Rückgaben nach Erfurt, Halle und Weimar erfolgt und weitere Rückgaben in Vorbereitung waren. Obwohl Lange wußte, welchen Stellenwert die Nationalgalerie innerhalb der Kunstmuseen der DDR einnahm, stellte er in einem Antwortschreiben, das allerdings erst am 26. Juli 1957 erfolgte, eine Liste von Werken zusammen, die den Ansprüchen Justis - bis auf zwei Arbeiten von Christian Rohlfs - nicht genügen konnten, wie die Aufstellung der Werke (Dok. 10), aber auch Justis Antwortschreiben bezeugen.41 So schrieb dieser im September erneut an Lange:
Zwischen Begehrlichkeit und Rückführungspflicht _ 185
»Wenn wir hier Leihgaben anderer Museen ausstellen, dann muß es sich wirklich um Werke erster Ordnung handeln. Da mir bekannt ist, daß im Rostocker Museum gerade aus dem Nachlaß Böhmer sehr bedeutende Werke expressionistischer Künstler vorhanden sind, diese Werke infolge der Neuordnung des Museums, das von einem Kunstmuseum in ein Heimatmuseum umgewandelt wurde, nicht mehr zur Ausstellung gelangen, und wir im November des Jahres eine Neuordnung unserer Ausstellung der Kunst des 20. Jahrhunderts planen, wären mir die bedeutenden Stücke aus dem Rostocker Museum als Ergänzung unserer Ausstellung natürlich sehr willkommen, jedoch nur Werke, die auch dem Charakter einer Ausstellung in der National-Galerie entsprechen. Ich möchte Sie daher bitten zu erwägen, ob Sie nicht andere Werke aus dem Nachlaß Böhmer als Leihgaben der National-Galerie zur Verfügung stellen könnten und würde mich freuen, wenn Sie mir neue Vorschläge übermitteln würden.« 42 Obwohl dieser Brief vergleichsweise moderat formuliert ist, war Lange jedoch nicht bereit, sich dem Wunsch Justis zu beugen und schob in seiner folgenden Argumentation zunächst das Ministerium für Kultur vor: »Mein Angebot beruht auf einer Empfehlung von Herrn Heese der mir sagte, daß wir die Gemälde, die bei uns für die Ausstellung nicht in Frage kämen, bzw. von den Künstlern, die mit mehreren Gemälden vertreten sind, Ihnen anbieten sollten.« 43 Vielleicht auch etwas gekränkt durch den neuen Status als Heimatmuseum, war Lange nicht bereit, die besten Werke einfach nach Berlin zu übergeben, denn immerhin eröffnete das Museum der Stadt Rostock als eine der ersten Sammlungen Deutschlands bereits im Oktober 1945 mit einer Ausstellung zum Gedenken an Ernst Barlach. Zudem hatten die Leiter und Mitarbeiter in Rostock seit der Deponierung des BöhmerBestands immer wieder versucht, mit den Werken in ihrem Hause Ausstellungen zu gestalten und sie somit in ihre Sammlung zu integrieren.44 Entsprechend heißt es dann auch weiter: »Ebenfalls möchte ich Ihnen mitteilen, daß die Neuordnung unseres Museums durchaus nicht in dem Sinne erfolgt, aus einem Kunstmuseum ein Heimatmuseum zu entwickeln. Wir haben nach wie vor als das einzige Museum der Stadt Rostock eine Kunstabteilung. Im Zuge unserer Neuordnung wollen wir auch noch bis spätestens Oktober ds. Js. unseren Gemäldesaal, der die Kunst des 20. Jahrhunderts beinhalten wird, aufbauen. Aus diesen Gründen kann ich Ihnen keine anderen Vorschläge für Leihgaben an die National-Galerie unterbreiten. Lassen Sie uns bitte Nachricht zukommen, ob Sie die angebotenen Gemälde, außer den beiden Rohlfs, nun doch übernehmen wollen.« 45
186 _ Koller / Karge
Die Antwort Langes war so vehement vorgetragen, daß Justi sich beugen mußte. Ein erneuter Versuch, Werke aus Rostock zu erhalten, konnte von Justi nicht mehr unternommen werden, da er am 1 9 . Oktober 1 9 5 7 verstarb. Einige Jahre später entdeckte der Direktor des Angermuseums in Erfurt, daß ein Werk aus der einstigen Sammlung in der Ausstellung CHRISTIAN ROHLFS 1849-1938.
GEMÄLDE, ZEICHNUNGEN, DRUCKGRAPHIK in Weimar gezeigt
wurde, und bat brieflich um die Rückgabe des Blattes: »Sehr geehrter Herr Kollege! In der Rohlfs-Ausstellung in Weimar stellten wir fest, dass das im Weimarer Katalog unter No. 68 aufgeführte Aquarell >Tannen 1 9 2 0 ' zu den Kunstwerken gehört, die 1 9 3 7 in unserem Museum beschlagnahmt worden sind. Es war die N o 9 6 1 1 unseres Inventares. Ich bitte sie deshalb, das Blatt an das Anger Museum zurückzugeben und anzuweisen, dass es nach Schluss der Ausstellung in Weimar, bzw. in Berlin an uns gesandt wird.« 46 Der kühle Ton dieses so knappen und sachlichen Schreibens Karl Römplers vom 1 3 . August 1963 kann die Empörung über die im Jahr 1 9 5 7 unvollständig erfolgten Rückgaben aus der Aktion »Entartete Kunst« nicht ganz überdecken. So konnte doch nicht ausgeschlossen werden, daß noch weitere Werke aus dem ehemals eigenen Bestand in den Rostocker Depots lagerten. Die Antwort des Rostokker Museumsdirektors Wilhelm Schult vom 6. September 1963 liest sich dann auch eher als Verteidigungsschrift, zumal die Rückgaben im Jahr 1 9 5 7 unter seinem Amtsvorgänger Lange durchgeführt wurden; doch kündigte er auch die Rückgabe des Aquarells an, die schließlich 1964 erfolgen sollte (Taf. XLVII): »In Ihrem recht kühl gehaltenen Schreiben vom 23. 8.63 teilen Sie uns mit, daß das Aquarell (Katalog Nr. 68) von Christian Rohlfs zu den Kunstwerken gehört, die 1 9 3 7 von den Nazis in Ihrem Museum beschlagnahmt worden sind. [Der] Kunsthändler [...] Böhmer hat 1945 Selbstmord begangen, und seine Sammlung, die unter Sequester fiel, kam teilweise als Staatseigentum ins Museum der Stadt Rostock. Die Werke, die den Museen der Republik gehörten und als solche gekennzeichnet waren wurden von uns aus an die Eigentümer zurückgegeben (1957); außerdem veranstaltete das Museum eine Ausstellung und forderte alle Museen auf, ihre Ansprüche an das Museum Rostock zu stellen. Das Ihnen gehörende Blatt ist nicht als Eigentum des Erfurter Museums gekennzeichnet; enthält zwei Inventarnummern, worunter die Nr. 9 6 1 1 in den Unterlagen verzeichnet ist. Durch Ihren Brief wissen wir nun, daß es Ihnen gehört, und da Sie die Nr. 9 6 1 1 angeben, ist die Glaub-
Zwischen Begehrlichkeit und RücklührungspUicht _ 187
Würdigkeit gegeben. Sie werden das Aquarell nach Schluß der Ausstellung in Berlin zurückerhalten.« 47 Geht aus diesem Brief hervor, daß 1 9 5 7 nur die durch einen Museumsstempel zweifelsfrei den ehemaligen Eigentümern zuzuordnenden Kunstwerke zurückgegeben wurden, so wird deutlich, wie wenig vorbereitet dieses Unternehmen war. Denn erst im Zuge der Rückgaben des Jahres 1 9 5 7 wurde der Böhmer-Bestand für das Museum der Stadt Rostock mit entsprechenden Werkangaben inventarisiert. Das bedeutet aber auch, daß das Museum 1 9 5 7 möglicherweise selbst keine Abschrift der von Kurt Reutti 1949 für die Zentralverwaltung für Volksbildung angefertigten Liste besaß. Anhand dieser hätte man weitaus mehr Werke den Herkunftsmuseen zuordnen und somit auch zurückgeben können, da diese Liste trotz kleinerer Fehler die Werke nach ihren Herkunftsmuseen sowie mit den entsprechenden EK-Inventarnummern verzeichnete.48 Der Brief an den Erfurter Museumsdirektor verrät aber noch etwas. So sollte die a m i z . J a n u a r 1 9 5 8 eröffnete Ausstellung DEUTSCHE GRAFIK DES FRÜHEN
XX. JAHRHUNDERTS, die unter anderem Werke aus dem Böhmer-Nachlaß zeigte, in Rostock auch dazu genutzt werden, die Direktoren und Mitarbeiter der Museen in der DDR einzuladen, Werke aus ihren einstigen Sammlungen wiederzuerkennen und entsprechende Ansprüche geltend zu machen. Daß dieses Angebot nicht genutzt werden konnte, hängt mit der raschen Schließung der Ausstellung noch im Januar und der Einziehung des Katalogs zusammen.49 Der amtierende Direktor Lange wurde zudem von seinem Amt suspendiert und durch Wilhelm Schult ersetzt, der zuvor in der Kreisleitung Rostock der SED tätig war. Das hatte sogar in der DDR für Empörung aus der Fachstelle für Heimatmuseen und aus Museumskreisen gesorgt. Die letzte Rückgabe aus Rostock betraf das Gemälde BEGRÄBNISZUG MIT ZWEI POPEN von Robert Steri (Taf. LUI). Der erste Direktor der 1969 eröffneten Rostocker Kunsthalle Horst Zimmermann hatte festgestellt, daß es sich um ein Kunstwerk der Staatlichen Gemäldegalerie Dresden handelte. Als Zimmermann an die Dresdner Museen wechselte, forderte er das Gemälde für seine Sammlung ein. Im Jahr 1987 wurde es an die Gemäldegalerie Neue Meister der Staatlichen Museen Dresden übergeben. 50 Damit endet die Liste der Rückgaben. Zwar war das Museum der Stadt Rostock daran interessiert, eine Lösung im Umgang mit den Werken aus dem Nachlaß des Kunsthändlers Bernhard A. Böhmer zu finden; nicht zuletzt, um mit den dort deponierten Werken zu arbeiten. Allerdings ging die Initiative nie vom Rostocker Museum selbst aus. Es bedurfte immer einer Anfrage von außen, um sich der Problematik zu stellen. Wurde 1949 auf Initiative von Kurt Reutti ein großer
188-Koller / Karge
Teil der in Rostock lagernden Bestände aus Berlin, Breslau, Königsberg, Stettin und Saarbrücken ohne Wissen der Deutschen Verwaltung für Volksbildung nach Berlin überführt, konnte im Jahr 1 9 5 7 der Rostocker Museumsdirektor Lange die Werke vor dem Übernahmeversuch durch Justi verteidigen. Die Kenntnis über die in Rostock verbliebenen und als »Sammlung Böhmer« bezeichneten Werke aus der Beschlagnahme im Rahmen der Aktion »Entartete Kunst«, die überwiegend aus westdeutschen Museen stammten, war im Kulturministerium der D D R durchaus vorhanden. Als im Rahmen des Kulturabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der D D R seit 1988 wieder Rückgaben von kriegsbedingt verlagertem Kulturgut erfolgten, gab es auch Nachfragen aus dem Büro Schutz Kulturgut im Kulturministerium der DDR nach der »Sammlung Böhmer«, aber es folgten keinerlei Vorbereitungen für eventuelle Rückgaben. 51
Zwischen Begehrlichkeit und Rückführungspflicht _ 189
1 Innerhalb des Museums der Stadt R o s t o c k wurde mit
Kunstwissenschaftlichen Institut der H u m b o l d t Uni-
dem Bestand gearbeitet und Werke in einigen Ausstel-
versität zu Berlin wurde er 1 9 5 8 berufen. W ä h r e n d sei-
lungen gezeigt. Vgl. die Beiträge von Heidrun Loren-
nes Studiums wendete er sich bereits der SPD zu und
zen und M a i k e
trat in die Sozialistische Studentengruppe ein;
Steinkamp im vorliegenden
Band,
1932
erfolgte sein Eintritt in die K P D . Der N S D A P trat er
S. 1 5 1 - 1 7 2 u. S. 1 9 9 - 2 1 0 .
1 9 3 7 mit »Wissen und Billigung der Genossen« bei. 2 Der Befehl Nr. 1 7 7 des »Obersten Chefs der Sowje-
N a c h Ende der Kriegsgefangenschaft erneuerte er seine
tischen Militäradministration über die Rückführung
Mitgliedschaft in der K P D , ab 1 9 4 6 w a r er Mitglied
der M u s e u m s w e r t e
der S E D ; vgl. O l a f Kappelt: Braunbuch
und die Wiedereröffnung
der
DDR.
Nazis
in
Berlin 1 9 8 1 , S. 3 8 2 ; Akten bei der Bundes-
M u s e e n « vom 1 8 . J u n i 1 9 4 6 ist als Grundlage für die
der DDR,
Ermächtigung
beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits-
der D W
(Deutsche Verwaltung
für
Volksbildung) durch die S M A D (Sowjetische Militär-
dienstes der ehemaligen Deutschen
administration Deutschland) speziell zur Sicherstellung
Republik (BStU), M f S , H A X X , AP, 2 6 3 7 3 / 9 2 . , S. 7 -
Demokratischen
und R ü c k g a b e der Werke aus der Aktion »Entartete
15-
Kunst« vom 8. O k t o b e r 1 9 4 6 anzusehen. D e r Wortlaut des Befehls Nr. 1 7 7 wird zitiert in: Ministerium
5 Vgl. Andreas Hüneke: Das
für Auswärtige Angelegenheiten der D D R (Hrsg.): Um
Eine
ein antifaschistisch-demokratisches
moderner
kumente
aus
den
Jahren
Deutschland.
Do-
Berlin
1968,
1945-1949,
S. 2 8 5 f.
Dokumentation Kunst
zur
schöpferische
Geschichte
Museum.
der
Sammlung
Halle 2 0 0 5 , S. 2 3 1 - 2 7 7 .
1908-1949,
6 Die Abtransporte von Kunstwerken durch die Sowjetische Militäradministration
aus den Ehemals
Staat-
Volksbildung
lichen Museen vollzog sich in zwei Phasen. Die erste
wurde im August 1 9 4 5 gegründet, ihr Präsident w a r
erfolgte kurz nach der Kapitulation im M a i 1 9 4 5 als
Paul Wandel. A b 1 9 4 6 wurde sie im Behördenverkehr
die R o t e Armee die Auslagerungsorte der Kunstwerke
Deutsche
(Flakbunker am Z o o , Flakbunker im Friedrichshain)
3 Die Deutsche
Zentralverwaltung
Verwaltung
nannt. Die D W
für
für Volksbildung
(DW)
ge-
ist das deutsche Pendant der Ab-
besetzte und die dort deponierten Werke abtranspor-
teilung Volksbildung der Sowjetischen Militäradmini-
tierte. Die zweite Beschlagnahmewelle
stration. In Anlehnung an diese wurden in der Deut-
Dezember 1 9 4 5 ein und endete im April 1 9 4 6 . Sie
schen Zentralverwaltung für Volksbildung im August 1945
die Hauptämter für allgemeine
Volksbildung,
setzte
Mitte
betraf einen großen Teil der Werke, die Museumsmitarbeiter seit Beendigung der Kampfhandlungen
aus
Wissenschaft und Forschung, Schulwesen, Kunst und
den zerstörten Museen geborgen, gereinigt und in
Literatur sowie allgemeine Verwaltung
ihren
eingerichtet.
Museen
gelagert
hatten;
vgl.
Petra
N a c h Gründung der D D R im O k t o b e r 1 9 4 9 ging die
»Zwillingsmuseen«
D W im Ministerium für Volksbildung der D D R auf,
kriegsgeschichte
dessen erster Minister ebenfalls Paul Wandel war; vgl.
1945-1958,
Helga A.Welsh: Deutsche
M u s e e n , N.F., Bd. 50), S. 16 ff. u. 28 ff.
bildung
(DW).
für
und personelle
(Hrsg.):
SBZ-Handbuch.
Parteien,
gesellschaftliche
Führungskräfte
in der
Staatliche
1945-1949,
Weber
Verwaltungen,
Organisationen Sowjetischen
Volks-
der Berlin
Staatlichen 2008
Berlin. Museen
(Jahrbuch
Winter:
Zur
Nach-
zu
der
Berlin Berliner
Zusam-
in: Martin Broszat u. Hermann
mensetzung,
Deutschlands
Zentralverwaltung
Organisation
im geteilten
und
ihre
Besatzungszone
München 1 9 9 3 , S. 2 2 9 - 2 3 8 .
4 Gerhard Strauß ( 1 9 0 8 - 1 9 8 8 ) hatte ab 1 9 2 8 unter an-
7 Vgl. M a i k e Steinkamp: Das unerwünschte Rezeption lungen
»entarteter«
und Museen
lin 2 0 0 8
Kunst der SBZ
Erbe.
in Kunstkritik, und frühen
(Schriften der Forschungsstelle
Die
AusstelDDR,
Ber-
»Entartete
K u n s t « , Bd. 2), S. 2 3 9 ff. 8 Brief von Kurt Reutti an Ferdinand Möller, 5. Juli
derem Kunstgeschichte in Königsberg, Köln und Wien
1949,
studiert und 1 9 3 5 mit seiner Dissertation FREIPLA-
( B G - G F M ) , M F 5 3 1 7 , 9 4 7 - 9 4 8 . Zwischen Strauß und
STIK
WESTLICH
Ferdinand M ö l l e r gab es wohl Vereinbarungen, die
DER PASSARGE bei Wilhelm Worringer abgeschlossen.
vorsahen, daß die Werke etwa zu dem Preis zurückge-
BIS
I45O
IN
OSTPREUSSEN
UND
Berlinische
Galerie,
Ferdinand-Möller-Archiv
Von 1 9 3 6 bis 1 9 3 9 w a r er wissenschaftlicher M i t -
kauft werden sollten, für den M ö l l e r sie erworben
arbeiter beim Provinzialdenkmalamt in Königsberg,
hatte. M ö l l e r hatte auch vorgeschlagen, Werke aus sei-
von 1 9 3 9 bis 1 9 4 5 Assistent am Stadtgeschichtlichen
nem Privatbesitz dem zu gründenden M u s e u m moder-
M u s e u m in Königsberg.
1 9 3 9 wurde er zur Wehr-
ner Kunst in Berlin zur Verfügung zu stellen, wenn er
macht einberufen und geriet von M a i bis September
dessen Direktor würde; vgl. Brief von Kurt Reutti an
1 9 4 5 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. N a c h seiner
Gerhard Händler, 1 7 . Dezember 1 9 5 1 , Berlin, Staat-
R ü c k k e h r w a r er bis 1 9 5 1 als Hauptreferent bei der
liche Museen Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv
Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung tätig,
( S M B - Z A ) , V/ Sachthemat. Slg. 69.
bis 1 9 5 8 w a r er am Institut für Theorie und Geschichte der Baukunst der Deutschen Bauakademie beschäftigt, deren Direktor er 1 9 5 3
wurde. Z u m Professor am
9 N a c h der administrativen Spaltung Berlins Ende 1 9 4 8 wurde M a x Kreuziger als Stadtrat für Volksbildung
190 _ Koller / Karge
eingesetzt, der das Amt bis zum 31. August 19 51 ausführte; vgl. Übersicht über die Bestände des Landesarchivs Berlin zu C Rep. 1 2 0 und C Rep. 1 1 1 , http:// www.landesarchiv-berlin.de/lab-neu/start. html. 10 Das Amt Museen und Sammlungen versuchte durch einen Brief des Leiters Siegfried Behrsing den Berliner Stadtrat Kreuziger für diese Angelegenheit zu gewinnen: »Obwohl seit der Entdekkung der seinerzeit von den Nazis beschlagnahmten >Entarteten Kunst< bereits über zwei Jahre vergangen sind, scheint mir besonders im Hinblick auf die in nächster Zukunft stattfindende Eröffnung der Galerie des zo. Jahrhunderts der Versuch lohnend, diese Kunstwerke bzw. was von ihnen noch übrig ist, wieder nach Berlin zurückzubringen. Da dies nicht ohne Erlaubnis der Deutschen Verwaltung für Volksbildung geht, wäre ich für Unterzeichnung des beiliegenden Schreibens (Entwurf) dankbar«; Brief von Siegfried Behrsing an Max Kreuziger, 16. April 1949, Berlin, Landesarchiv (LAB), C Rep. 1 2 0 , Nr. 5 0 9 , S. 5 8 . 11 Brief von Max Kreuziger an Paul Wandel, 19. April 1 9 4 9 , LAB, C Rep. 1 2 0 , Nr. 5 0 9 , S. 5 9 . 12 Auch Ludwig Justi, der Generaldirektor der Berliner Museen, unternahm einen Versuch und bat bei Paul Wandel um Rückgabe des früheren Berliner Besitzes aus den Beständen der »Entarteten Kunst«. Es erfolgte keine Antwort; vgl. Kurt Reutti: Abschlußbericht über die Sicherstellung von Werken »entarteter Kunst« in der SBZ, 30. Dezember 1 9 5 1 , SMB-ZA, V/ Sachthemat. Slg. 69, S. 1 3 .
18 Vgl. den Beitrag von Maike Steinkamp im vorliegenden B a n d S. 1 9 9 - 2 1 0 .
19 Protokoll der Besprechung am 7. Juni 19 51 in der Nationalgalerie zwecks Übergabe von Kunstwerken aus dem Besitz des Magistrats von Berlin an die Galerie des 20. Jahrhunderts und an das Märkische Museum, 5. Juli 1 9 5 1 , SMB-ZA, VA 8399, S. 4 ff. 20 Brief von Kurt Reutti an Ludwig Justi, 7. September 1949, SMB-ZA, V/ Sachthemat. Slg. 35 (Kopie aus dem Getty Research Institute, Los Angeles, »Wilhelm Arntz papers«). 21 Vgl. Brief von Ludwig Justi an das Hauptamt Wissenschaft und Forschung Berlin, 15. September 1 9 4 9 , LAB, C Rep. 1 2 0 Nr. 5 0 9 , S. 63. 22 Brief von Günter Lange an das Ministerium für Kultur, Hauptabteilung kulturelle Massenarbeit, 1 2 . Januar 1 9 5 7 , Berlin, Stiftung Stadt-Museum, Archiv des Instituts für Museumswesen, IFM 0098. 23 Brief von Gerhard Strauß an die Landesregierung Mecklenburg, Ministerium für Volksbildung, Abteilung Kunst und Literatur, 28. Februar 1 9 5 0 , Rostock, Stadtarchiv (StArch Rostock), 2.1.0, 1398. 24 Die Unstimmigkeit zwischen der Aussage von Günter Lange, die Werke seien 1950 zurückgegangen, und dem im Kupferstichkabinett verzeichneten Rückgabedatum 1 9 5 1 kann darin begründet sein, daß der Rostocker Museumsdirektor mit 1 9 5 0 das Antragsjahr der Landesregierung Sachsen meint.
13 Ibid., S. 14. 14 LAB, C Rep. 1 2 0 Nr. 509, S. 55, 56. Ein dritter, fast gleichlautender Brief, wurde auch an Ferdinand Möller nach Zermützel geschickt, der diesen aber nicht mehr erreicht haben dürfte, da sich Möller bereits in WestBerlin aufhielt; vgl. Brief vom Amt Museen und Sammlungen Referat Rückführungen von Kunstwerken an Ferdinand Möller, 16. Juli 1949, LAB, C Rep. 1 2 0 Nr. 5 0 9 , S. 5 7 .
25 Brief eines Mitarbeiters des Kupferstichkabinetts an Max Seydewitz, 20. März 1959, Dresden, Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett, Akte 8, S. 6 (unvollständige Kopie), Berlin, Freie Universität, F O R S C H U N G S S T E L L E » E N T A R T E T E K U N S T « ,
Archiv. 28 Aufstellung der unter »entartete« Kunst beschlagnahmten Graphischen Blätter, undatiert (Kopie), Berlin,
15 TELTOW II von Feininger blieb bis zum Jahr 1 9 5 7 in Rostock und wurde dann an das Moritzburg-Museum in Halle zurückgegeben. 16 Bestätigung Kurt Reuttis an das Museum der Stadt Rostock über den Erhalt der Werke, 2 1 . Juli 1949, SMB-ZA, V/ Sachthemat. Slg. 35 (Kopie aus dem Getty Research Institute, Los Angeles, »Wilhelm Arntz papers«) sowie Kurt Reutti: Werke aus der Aktion »Entarteten Kunst«, undatiert, SMB-ZA, V/ Sacht h e m a t . Slg. 6 9 , S. 1 5 u. S. 2 4 - 2 6 .
17 Kurt Reutti: Werke aus der Aktion »Entarteten Kunst«, undatiert, SMB-ZA, V/ Sachthemat. Slg. 69, S. 14.
Freie
Universität,
FORSCHUNGSSTELLE
»ENT-
ARTETE KUNST«, Archiv. Das kopierte Material des Kupferstichkabinetts wurde Susanna Koller freundlicherweise von Hans-Ulrich Lehmann und Andreas Pischel bei einem Besuch im Kupferstichkabinett am 2 1 . Februar 2008 zur Verfügung gestellt. 27 Zitiert nach einem Brief von Kristin Gäbler, Städtische Galerie Dresden, an Susanna Koller, 15. Februar 2008. 28 Vgl. Brief Gertrud Rudloff-Hille an Herrn Jenke, 10. April 1 9 5 1 , Dresden, Archiv der Staatlichen Kunstsammlungen, Kupferstichkabinett, Vorakten (Kopie), Berlin, Freie Universität, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Archiv: »Nach Rücksprache
Z w i s c h e n B e g e h r l i c h k e i t und R ü c k l ü h r u n g s p f l i c h t _ 1 9 1
mit dem Vertreter Mecklenburgs in Berlin beabsichtige ich, in der Woche vor Pfingsten nach Rostock zu fahren, um die Graphik zu übernehmen. D a es sich um Bestände der Staatlichen Sammlungen und des Stadtmuseums handelt, wäre es angebracht, wenn die Stadt sich an den Reisekosten, die ja ziemlich hoch sind, beteiligen würde.« 29 Brief von Günter Lange an das Ministerium für Kultur, Hauptabteilung kulturelle Massenarbeit vom I 2 . J a n u a r 1 9 5 7 , Berlin, Stiftung Stadt-Museum, Archiv des Institutes für Museumswesen, IFM 0098. O b aus Unwissenheit oder Taktik Lange in dem Brief sogar zweimal erwähnt, daß die Werke 1 9 3 7 - 1 9 3 8 von der Naziregierung zwangsweise aufgekauft worden seien, ist nicht eindeutig zu beantworten. 30 Brief von Günter Lange an Herbert Kunze, 3.April 1 9 5 7 , Erfurt, Stadtarchiv, 1 - 5 / 3 8 1 3 - 3 1 3 0 . 31 Brief einer Erfurter Museumsmitarbeiterin an Günter Lange, 30. April 1 9 5 7 , Erfurt, Stadtarchiv, 1 - 5 / 3 8 1 3 -
2008, Berlin, Freie Universität, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE KUNST«, Archiv.
36 Günter Krüger: Das druckgraphische steins, Tokendorf 1 9 8 8 , S. 1 3 6 .
Werk Max Pech-
39 Einen Sonderfall stellt Barlachs MAGDEBURGER EHRENMAL (Kat.-Nr. Lis) dar, vgl. den Beitrag von Dorothee Grafahrend im vorliegenden Band, S. 1 3 3 149.
40 Vgl. Brief von L u d w i g Justi an Günter Lange, 30. April 1 9 5 7 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 4 3 : »Wie Herr Heese vom Ministerium für Kultur mitteilte, würde das Ministerium befürworten, die z. Zt. im Rostocker M u s e u m befindlichen restlichen Gemälde und Bildwerke aus dem Nachlass Böhmer, Güstrow, an die National-Galerie Berlin zu übergeben, da hier die Absicht besteht, sie auszustellen. Ich möchte Sie bitten, eine Aufstellung der in Betracht kommenden Kunstgegenstände zu übersenden und mitzuteilen, wann die Werke von uns in Rostock abgeholt werden können.«
3130.
32 Vgl. Hüneke 2005, S. 1 8 3 f. (Feininger), S. 1 0 2 f. (Mueller). 33 Vgl. Brief von Günter Lange an Walter Scheidig mit einer Auflistung der Werke, 3. April 1 9 5 7 ; Brief von Günter Lange an Walter Scheidig, 3. Mai 1 9 5 7 ; Brief von Walter Scheidig an Günter Lange, 5. April 1 9 5 7 , Weimar, Archiv der ehemaligen Kunstsammlungen (heute Klassik Stiftung Weimar), Akte L 1 0 .
41 Brief von Günter Lange an Ludwig Justi, 26. Juli 1 9 5 7 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 4 3 . 42 Brief von Ludwig Justi an Günter Lange, 4. September 1 9 5 7 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 4 3 . 43 Brief Günter Lange an Ludwig Justi, 11. September 1 9 5 7 , StArch Rostock, 2 . 3 8 , 1 4 3 . 44 Vgl. den Beitrag von Heidrun Lorenzen im vorliegend e n B a n d , S.
34 Brief von Annegret J a n d a an Günter Lange, 1. August I 9S7J Weimar, Archiv der ehemaligen Kunstsammlungen (heute Klassik Stiftung Weimar), Akte L 1 0 . 35 Vgl. Brief von Günter Lange an Georg Johannes Jahn, Direktor des Museums für bildende Künste in Leipzig, mit einer Aufstellung der graphischen Blätter, 4. Mai 1 9 5 7 (Kopie); Brief des Kustos Paul Angerholm an Günter Lange, 1 5 . Mai 1 9 5 7 (Kopie), Berlin, Freie Universität, FORSCHUNGSSTELLE »ENTARTETE
KUNST«,
Archiv. 36 Maria Schmid: Das Inventarbuch des Jenaer Kunstvereins für die 1911 begründete Sammlung moderner Kunst, in: Rausch und Ernüchterung. Die Bildersammlung des Jenaer Kunstvereins. Schicksal einer Sammlung der Avantgarde im 20. Jahrhundert (hrsg. v. Jenaer Kunstverein, Städtische Museen Jena u. Kulturstiftung Jena), Jena 2008, S. 1 4 6 f. u. S. 1 5 5 . Die genauen Angaben erhielt Susanna Koller telefonisch von Mitarbeitern des Städtischen Museums Jena im Januar 2008.
37 Vgl. Brief von Margit Schermuck-Ziesché, Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, an Susanna Koller, 6. Februar
151-172.
45 Brief von Günter Lange an Ludwig Justi, r i . September 1 9 5 7 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 4 3 . 46 Brief von Karl RÖmpler, Direktor des vom Angermuseums Erfurt, an die Direktion des Museums der Stadt Rostock, 23. August 1 9 6 3 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 6 . 47 Brief von Willi Schult an Karl Römpler, 6. September 1 9 6 3 , StArch Rostock, 2 . 3 8 . 1 6 . 46 Z w a r wurde im Rostocker Stadtarchiv keine Liste von Kurt Reutti gefunden, dafür aber zwei andere Auflistungen, die den Böhmer-Bestand betreffen. Dabei handelt es sich erstens um eine von dem damaligen Archiv- und Museumsdirektor Ludolf Fiesel im November 1 9 4 7 verfaßte Liste über »Anschaffungen, Sicherstellungen und Aufbewahrungen im Museum seit M a i 1 9 4 5 « , die auch eine Zusammenstellung der von Kurt Reutti bei Wilma Zelck sichergestellten Kunstwerke enthält. Diese listet aber nur den Künstler, den Titel und die Technik der Werke auf, ist also für die Zusammenstellung der zurückzugebenden Kunstwerke gänzlich unbrauchbar; StArch R o s t o c k , 2 . 1 . 0 . 1 3 9 5 , S. 0 6 9 - 0 8 1 . Die zweite Liste, von der sich
192 __ Koller / Karge
nur eine Seite erhalten hat, umfaßte eine ausführlichere Aufstellung, die neben dem Künstler, der Technik, dem Titel auch das Herkunftsmuseum und die EK-Inventarnummer, soweit vorhanden, bezeichnet; StArch Rostock, 2.1.13.75. Da hier noch Werke aus dem Breslauer Museum aufgeführt sind, die im Juli 1949 von Kurt Reutti eigenmächtig dem Leiter der Berliner Nationalgalerie Ludwig Justi überantwortet worden waren, ergibt sich als Entstehungszeitpunkt ein terminus ante quem. Aber auch diese Liste scheint als Grundlage für die Rückgaben im Jahr 1957 nicht genutzt worden zu sein. 49 Die genauen Umstände, die zur Schließung der Ausstellung geführt haben, sind noch nicht erforscht, allerdings scheint der Ausstellungskatalog Stein des Anstoßes gewesen zu sein. Zwar wurde eine Druckgenehmigung von der Druckgenehmigungsstelle des Rates des Bezirks Rostock am 12. Dezember 1957 ausgestellt, die dafür zuständigen Zensoren scheinen allerdings nur flüchtig das Manuskript gelesen zu haben. Denn aus den wenigen erhaltenen Manuskriptseiten wird ein durchaus positives Bild zum Expressionismus gezogen, der zwar als abgeschlossen betrachtet wird, dessen Auswirkungen jedoch in die Gegenwart hineinrage und dessen neue Sprache den aktuellen Formenschatz bereichern könne. An anderer Stelle heißt es: »In ihrem subjektiven Wollen unbedingt wahrhaftig und ehrlich, sind die Expressionisten zu künstlerischen Aussagen gelangt, deren Kraft sich kaum ein aufgeschlossener Mensch entziehen kann. Wollen und Können schmelzen in den besten Werken zu einer Einheit zusammen, die zum Eindrucksvollsten gehört, was die deutsche Kunst der ersten Jahrhunderthälfte zu geben
hatte. In diesem Sinne darf hier auch die Frage nach dem Sinn dieser Kunstepoche für unsere Gegenwart positiv beantwortet werden: nicht in der sklavischen Nachahmung ihrer entfesselten Formen, sondern in der inneren Wahrhaftigkeit ihrer Schöpfer, die für ihr Anliegen adäquate Ausdruckmittel gewannen und sie mit großem handwerklichen Können verwirklichten, liegt im übertragenen Sinne das Vermächtnis. Unsere Aufgabe wird es sein, für unsere Zeit mit gleicher innerer Wahrhaftigkeit und ebenso großer handwerklicher Meisterschaft uns gemäße Formen für den sozialistischen Inhalt der Kunst unserer Tage zu finden.« Nicht die Ablehnung des Expressionismus, wie während der Formalismusdebatte Ende der vierziger Jahre, sondern eine aktive Auseinandersetzung mit dieser Kunstrichtung, auch um die gegenwärtige Kunstproduktion zu befruchten, wird postuliert; dies hat sicherlich in einigen Kreisen zu Unverständnis geführt, weshalb die Ausstellung geschlossen wurde und der Leiter des Rostocker Museums seines Amts enthoben wurde. Vgl. Günter Lange: Vorwort II, Manuskript des Ausstellungskataloges Deutsche Graphik des frühen XX. Jahrhunderts, StArch Rostock, 2.28.178. 50 Vgl. Datenblatt »Robert Steri, Prozession, Inv. Nr.: M 269«, Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inventar. 51 Vgl. Brief von Werner Wolf, Ministerium für Kultur der DDR, Abteilung Museen und Denkmalpflege, an den Staatssekretär Kurt Löffler, 15. April 1988, Berlin, Bundesarchiv, DR 1, 8979, S. 53; Hausmitteilung von Dr. Kuhn, Kulturgutschutzkommission, an Staatssekretär Kurt Löffler, 26. Mai 1988, Berlin, Bundesarchiv, DR 136, 5, S. 121.
Zwischen Begehrlichkeit und Rückführungspflicht _ 195
Λ
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ν;·,;:··'· · , . . . > Amt Museen und Sammlungen: Referat Rückführung von Kunstwerken .'•·••.
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•.··'· V-.
Herrn Friedrich S o h u 1 t , güatrow/fteldberg.. ~T~.Mecklenburg.
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RVisa
U X / 2
'-.;.' Schö ""'
•
'
42 5401: ;• Erfurt, Angermuseum
(ehemals Erfurt, Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr. I . 1 6 1
103
H e i n r i c h M a r i a Dabringhausen, TANZ DES I R R E N , 1 9 2 2 , L i t h o g r a p h i e , 6 1 , 5 Χ 4 2 , 5 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches Museum (ehemals München, Staatliche Graphische Sammlung), Kat.-Nr. L i 64
104
Otto Di*. STREICHHOLZHÄNDLER, 192.0, R a d i e r u n g , z8 χ 32. cm, R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals M a i n z , Städtisches M u s e u m ) , Kat.-Nr.
Ì.166
105
OttO O i X . S E L B S T B I L D N I S
(MIT
Z I G A R E T T E ) , 1 9 2 2 , R a d i e r u n g , 3 7 Χ 3O c m ,
Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. L i 67
106
Otto D i x . SKETCH, ohne Blattnummer,
»Zirkus«, 191Z,
Radierung, 39,3 χ 29,7 cm,
Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Königsberg, Städtische Kunstsammlung), Kat.-Nr. L i 7 0 . 2
107
O t t o Dix. M A N I T S C H K A , 1 9 2 . 3 , L i t h o g r a p h i c , 3 4 , 9 χ ι 8 , ι c m , R o s t o c k , K u l t u r h i s t o r i s c h e s M u s e u m (ehemals Stuttgart, Staatliche Galerie), Kat.-Nr. I.168
108
E w a l d D i i l b e r g . BILDNIS OTTO KLEMPERER, 1 9 2 0 , Holzschnitt, 39,4 Χ 23,4 cm, Rostock, Kulturhistorisches
Museum (ehemals Köln, Wallraf-Richartz-Museum), Kat.-Nr. 1 . 1 7 6 109
A d o l f J o s e f M a r i a de Haer. MALER ST., 1 9 2 3 , Radierung, 27 χ 1 9 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum
{ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. I.280
110
H e i n r i c h E h m s e n . O h n e Titel, Blatt 9,
»Gerhart H a u p t m a n n . Der N a r r in Christo Emanuel Q u i n t « , 192.7, R a d i e r u n g , 2.4 χ 1 9 , 7 cm, R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals O l d e n b u r g , L a n d e s m u s e u m ) , Kat.-Nr. I . 1 8 3 . 7
111
Heinrich Ehmsen. Ohne Titel, Blatt i t , »Gerhart H a u p t m a n n . Der N a r r in Christo F.manuel Quint«, 1 9 2 7 , Radierung, 1 9 , 9 χ 2.4,2 cm, R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m {ehemals Oldenburg, Landesmuseum), Kat.-Nr. 1 . 1 8 3 . 9
112
L y o n e l F e i n i n g e r , PARISER HÄUSER,
1 9 2 0 , Holzschnitt, 37,5 x 2,7 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum {ehemals Erfurt, Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr, 1.2.19
113
L y o n e l F e i n i n g e r , GELBE DORFKIRCHE
I I I , 1 9 3 1 , Holzschnitt, 18,9 χ ζ2.,6 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Kaiserslautern, Gewerbemuseum), Kat.-Nr. I.2Z4
114
Conrad Felíxmiiller. M A L E R F A M I L I E , 1 9 2 0 , Stahlstich, 2 4 , 5 χ 2 4 , 5 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals H a m b u r g , Kunsthalle), Kat.-Nr. I . 2 3 5
115
Conrad Felixmüller, FISCHER VON
HELGOLAND, 1 9 2 4 , Holzschnitt, 5 0 χ 4 0 c m , Dresden, Kupferstich-Kabinett (ehemals Dresden, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. I . 2 4 2
116 P a u l G a n g o l f , VORSTADTLOKAL, 1932, Radierung, 11,4 χ 15,9 cm, Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. 1.251
117
W a t t e r G r a m a t t é . MÄDCHEN MIT GOLD KETTE, 1 9 2 3 , R a d i e r u n g ,
3 0 , 4 χ 2 2 , 3 c m , Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. I . 2 6 5
118
W a l t e r G r a m a t t é . F R A U E N K O P F , o. J . , Lithographie, 2 0 χ 1 7 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Leipzig, M u s e u m der bildenden Künste), K a t . - N r . 1 . 2 6 7
119
Hans Groß, G R A B LE GUN G, O. J . , Holzschnitt, zz Χ zo c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals Weimar, Staatliche K u n s t s a m m l u n g e n ) , K a t . - N r . I . 2 7 4
120
George G r o s z , S T R A S S E N S Z E N E , 1 9 1 9 - 1 9 2 0 , Blatt 4, » D e u t s c h e K ü n s t l e r « , W e i m a r 1 9 2 1 , L i t h o g r a p h i e ,
39 χ ι 8 c m , B e r l i n , K u p f e r s t i c h k a b i n e t t ( e h e m a l s B r e s l a u , S c h l e s i s c h e s M u s e u m d e r B i l d e n d e n K ü n s t e ) , K a t . - N r . I . 2 7 7
121
Richard Haizmann. WEIBLICHER BRONZEKOPF, 1926, Bronze, 37 cm hoch, Hamburg, Museum für Kunst und
Gewerbe {ehemals Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe), Kat.-Nr. I.2.84
122
Erich Heckel. BEIM VORLESEN, 1914,
Holzschnitt,
30,4 χ 26 cm, Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Stettin, Städtisches Museum), Kat.-Nr. I.293
123
Erich Heckel. IN DER MUSCHELSTUBE I I , 1 9 1 6 , Lithographie, 27,8 χ 2o,2 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum {ehemals Stettin, Städtisches Museum), Kat.-Nr. I.300
124 B e r n h a r d Hoetger. Ohne Titel, Blatt (i), »Mappe I. 6 Lithographien«, τ92.1, Farblithographie, 6 8 x 5 5 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Dortmund, Städtisches Kunst- und Gewerbemuseum), Kat.-Nr. I.314.τ
125 B e r n h a r d Hoetger. Ohne Titel, Blatt { 3 ) , »Mappe I. 6 Lithographien«, 1921, Lithographie, 5 4 χ 3 4 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Dortmund, Städtisches Kunst- und Gewerbemuseum), Kat.-Nr. I.314.3
126 B e r n h a r d Hoetger. Ohne Titel, Blatt {2.), »Mappe I. 6 Lithographien«, 1 9 2 1 , Lithographie, 3 8 χ 2 9 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Dortmund, Städtisches Kunst- und Gewerbemuseum), Kat.-Nr. 1.314.2
128
B e r n h a r d H o e t g e r . O h n e Titel, Blatt (5), » M a p p e I . 6 L i t h o g r a p h i e n « , 1 9 2 1 , Lithographie, 48 χ 4 1 c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals D o r t m u n d , Städtisches K u n s t - und G e w e r b e m u s e u m ) , K a t . - N r . 1.3 1 4 . 5
129
Bernhard Hoetger. Ohne Titel, Blatt (6),
»Mappe I. 6 Lithographien«, 192.1, Lithographie, 55 χ 4 0 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Dortmund, Städtisches Kunst- und Gewerbemuseum), Kat.-Nr. I . 3 1 4 . 6
130
Bernhard Hoetger. Ohne Titel, Blatt (7), »Mappe I. 6 Lithographien«, 1 9 2 1 , Lithographie, 38 χ 2,9 cm, Rostock,
Kulturhistorisches Museum (ehemals Dortmund, Städtisches Kunst- und Gewerbemuseum), Kat.-Nr. I . 3 1 4 . 7
151
F r i t z H u f . MAX LI Ε Β ERMANN, 1923, Bronze, 33 cm hoch, Berlin, Alte Nationalgalerie (ehemals H a m b u r g , Kunsthalle), Kar.-Nr. I.32.2
152
Heinrich Hoerle. W E I B L I C H E R H A L B A K T , O. J . ,
Kreide, 3 8 χ 2.5,5 cm, R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Köln, Wallraf-Richartz-Museum), Kat.-Nr. I . 3 1 3
133
Willy Jaeckel. PORTRÄT EINER TÄNZERIN, um 192.4,
Radierung, 2.4,6 X i 8 , 8 c m , Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Breslau, Schlesisches M u s e u m der Bildenden Künste), Kat.-Nr. I.32.8
154
Willy Jaeckel. HIOB UND SEINE F A M I L I E , Blatt 2 , » D a s Buch H i o b « , Berlin, 1 9 1 7 , Lithographie, ¿ 5 χ 23 c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals M a n n h e i m , Städtische Kunsthalle), K a t . - N r . I . 5 5 1 . 1
135
A l e x a n d e r K a n o l d t . SUBIACO, 1924, Lithographie, 33 Χ 2.0,2. cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum
(ehemals Münster, Landesmuseum), Kat.-Nr. L335
Joachim Karsch. LESENDES PAAR, 1 3 3 3 , Hol/., 9 - , 5 cm hoch, Berlin, Neue Nationalgalerie (ehemals Kssen, Museum Folkwang), Kar.-Nr. II. 1 - 0
157
Max Ka us. KNABENKOPF I, 1 9 1 9 , Lithographie, 40 Χ 33 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum
(ehemals Hamburg, Kunsthalle), Kat.-Nr. 1.3 3 7
138
E r n s t L u d w i g K i r c h n e r , Z I E G E N UND WÖLKEN, 1 9 1 9 , R a d i e r u n g , 2 0 Χ ¿ 5 c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals H a m b u r g , Kunsthalle), K a t . - N r . 1 . 3 4 0
139
P a u l K l e i n s c h m i d t . Ü B E R F A L L , 1 9 2 . 3 , R a d i e r u n g , 2 4 , 7 Χ 2 9 , 6 c m , Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. 1 . 3 5 2
140
O s k a r K o k o s c h k a , MAX REINHARDT (BRUSTBILD), T 9 1 9 , Lithographie, 63 χ 48 c m , Berlin,
Kupferstichkabinett (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. I.367
141
O s k a r K o k o s c h k a , W O L F G A N G G U R L I T T ALS
ZAUBERPRINZ, 192.3, Lithographie, 58,7 x 48,3 cm, Berlin, Kupferstichkabinett (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. I.376
142
Oskar Kokoschka,
PORTRÄT GIGAS
STEMATIAS,
o. J., Kreide, 63,ζ χ 49,4 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Stettin, Städtisches Museum), Kat.-Nr. I.359
143
F r a n z M a r c , TIGER, 1912., Holzschnitt, 1 0 Χ ζ ^ , ζ cm, Rostock, Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals Bielefeld, Städtische Kunsthalle), Kat.-Nr. I.407
145
F r a n z M a r c , GEBURT DER WÖLFE, 1 9 1 3 , Holzschnitt, 2.4,7 χ i 9 cm, R o s t o c k ,
Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Weimar, Staatliche Kunstsammlungen), Kat.-Nr. ¡ . 4 1 2
146
G e r h a r d M a r e k s , STEHENDER JUNGE, um 1 9 2 4 , Bronze, 67 cm hoch, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Essen, Museum Folkwang), Kat.-Nr. I . 4 1 5
147
L u d w i g M e i d n e r . SELBSTBILDNIS MIT STICHEL, 1 9 2 0 , R a d i e r u n g , 1 9 , 9 Χ 1 5 , 9 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches M u s e u m {ehemals Stettin, Städtisches M u s e u m ) , K a t . - N r . I . 4 3 0
148
Carlo Mense, XYLOPHONSPIELER, 192.0-192.4, Lithographie, 3 1 , 4 χ 22,8 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum {ehemals Hamburg, Kunsthalle), Kat.-Nr. 1.447
149
Carlo Mense, D I E S T I G M A T I S A T I O N DES H E I L I G E N F R A N Z I S K U S , um 1 9 2 2 , Blatt 9,
»Deutsche Künstler«, Weimar 1 9 2 3 , Lithographie, 38,1 x 23 cm, Chemnitz, Kunstsammlungen (ehemals Chemnitz, Städtische Kunstsammlung), Kat.-Nr. I.448
150
Arthur Meyer, REDNER, 1 9 1 9 , Holzschnitt, 14,8 Χ ζ 1,5 cm, Rostock, Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. I.450
151
J o h a n n e s M o l z a h n , G E O M E T R I S C H E S P I E L E , 1 9 1 9 , Holzschnitt, 4 0 χ 5 0 cm, Rostock, Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals E r f u r t , M u s e e n der Stadt, A n g e r m u s e u m ) , K a t . - N r . I . 4 - 0
152
J o h a n n e s M o l z a h n . K O M P O S I T I O N MIT Z W E I W E I B L I C H E N A K T F I G U R F . N , OPUS 5 , o . J . , B l e i s t i f t , 2.5 Χ 2.9 c m ,
Berlin, K u p f e r s t i c h k a b i n e t t (ehemals Breslau, Schlesisches M u s e u m der Bildenden K ünste ), K a t . - N r . I . 4 6 4
155
Wilhelm Morgner. G E K R E U Z I G T E R , 1 9 1 4 ,
Kohle, 32,3 χ 24,4 cm, G ü s t r o w , S t a d t m u s e u m (ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen d e r S t a d t ) , K a t . - N r . III. 1 2
154
Wilhelm Morgner. ANBETUNG DER H I R T E N , 1 9 1 4 , F a r b s t i f t e u n d K o h l e , 29,3 Χ 3 7 , 9 c m , G ü s t r o w , S t a d t m u s e u m ( e h e m a l s Soest, S t ä d t i s c h e s M u s e u m ) , K a t . - N r . III.11
155
W i l h e l m M o r g n e r . TIERDRESSUR, 1912., Holzschnitt, 40 χ 58 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum
(ehemals Hamburg, Kunsthalle), Kat.-Nr. I.477
156
W i l h e l m M o r g n e r . GROSSE KREUZIGUNG, um 1 9 1 3 , Holzschnitt, 40 χ 58 cm, Rostock,
Kulturhistorisches Museum {ehemals Hamburg, Kunsthalle), Kat.-Nr. I.478
157
Georg Muche. TIERKOPF, 1 9 Z I , Blatt 9 , »Meister des Staatlichen Bauhauses in Weimar«, Weimar, 1 9 2 z , Radierung, 1 5 χ 1 0 cm, R o s t o c k , Kulturhistorisches Museum (ehemals Köln, Wallraf-Richartz-Museum), Kat.-Nr. I . 4 8 2 . 1
158
O t t o M u e l l e r . S E L B S T B I L D N I S M I T M O D E L L UND M A S K E , 1 9 1 1 , L i t h o g r a p h i e , 3 8 , 7 x 2 9 , 5 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches Museum (ehemals Köln, Wallraf-Richartz-Museum), Kat.-Nr. I.522
159
Otto Mueller, M Ä D C H E N - H A L B A K T IM P R O F I L , 1922., Lithographie, 2 1 , 9 χ 1 7 , 5 c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Essen, M u s e u m F o l k w a n g ) , Kat.-Nr. I.52.4
160
Otto Mueller, MUTTER UND KIND, um
1919,
Lithographie, 4 3 , 5 χ 3 2 , 5 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett (ehemals Dresden, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr. I.503
161
Otto Mueller, ACHT BADENDE, um 192.2.,
Lithographie, 4 1 , 5 χ 3 1 , 5 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Erfurt, Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr. I.527
162
H e i n r i c h N a u e n , BLUMENSTILLEBEN, O. J., Farblithographie, 39 χ 54
cm
> Rostock, Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals E r f u r t , Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr. I.541
163
H e i n r i c h N a u e n , BILDNIS ERICH HECKEL, 1 9 1 4 , R a d i e r u n g , 31,5 Χ 23,3 c m , R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m
(ehemals Erfurt, Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr. I.535 164
Franz Nölken. Z W E I NACKTE F R A U E N , 1 9 1 4 , R a d i e r u n g , 2.4,6 Χ 2.o c m , R o s t o c k , K u l t u r h i s t o r i s c h e s M u s e u m
(ehemals Mannheim, Städtische Kunsthalle), Kat.-Nr. 1.548
165
R i c h a r d P a l i n g , BILDNIS EINES
MANNES,
192z, Radierung, 30 Χ 16 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. I.557
166
Max Pechstein,
EXOTISCHE
K Ö P F E I , 1 9 1 8 , Blatt 1 . »Exotische K ö p f e « , Berlin 1 9 1 9 , Holzschnitt, 3 0 χ z i
R o s t o c k , Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kat.-Nr.
cm, I.606
167
M a x Peiffer W a t e n p h u l . REITERIN,
um 192.0, Radierung, 1 1 χ 1 2 , 3 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Essen, Museum Folkwang), Kat.-Nr. I.652
168
Hans Purrmann. INTERIEUR PORTO D'ISCHIA, 1 9 2 1 - 1 9 2 2 , Blatt ι , »Fünfte Jahresgabe des Kreises graphischer
Künstler und Sammler«, Leipzig 1 9 2 5 , Radierung, 24,2 χ 19,3 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Nürnberg, Städtische Galerie), Kat.-Nr. 1.857.1 169
C a r l A n t o n R e i c h e l , PANDÄMONISCHE LANDSCHAFT, 1 9 1 4 , Radierung, 20 Χ i6 cm, Rostock, Kulturhistorisches
Museum (ehemals Köln, Wallraf-Richartz-Museum), Kat.-Nr. I.660
170
Karl Peter Röhl, B I L D N I S J O H A N N E S
S C H L A F , 1 9 3 I , L i t h o g r a p h i e , 7 6 χ 53>5
c m
' Erfurt,
Angermuseum
(ehemals E r f u r t , M u s e e n der Stade, A n g e r m u s e u m ) , K a t . - N r .
1.66-
171
O l g a R ü b s a m - A n h a l z e r . NONNEN AUF DER B R Ü C K E , 1 9 2 5 , Radierung, νη Χ 3 6 c m , R o s t o c k ,
Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. 1 . 6 8 6
E d w i n S c h ä r f t , ZWEI FRAUEN, 192.5, Bronze, 55 cm hoch, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Ulm, Stadtmuseum), Kat.-Nr. 1.692
173
Karl Schmidt-Rottluff,
STRALSUNDER
TÜRME, 1 9 1 2 , Holzschnitt, 35,5 χ 2,9,5 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Mannheim, Städtische Kunsthalle), I p p l p ^
Kat.-Nr. I.736
174
Karl Schmidt-Rottluff,
CHRISTUS
FLUCHT
DEM FEIGENBAUM, Blatt 5, »Schmidt-Rottluff. 9 Holzschnitte«, München 1 9 1 8 , Holzschnitt, 50 χ 39,5 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Stuttgart, Staatliche Galerie), Kat.-Nr. I.748
175
O t t o A n d r e a s S c h r e i b e r , KUH AUF DER W E I D E , o. J . , Holzschnitt, 4 0 , 5 Χ 35-4
Herlin, Kupferstichkabinett
(ehemals Berlin, Kupferstichkabinett), Kar.-Nr. I . - 8 5
176
R i c h a r d S e e w a l d , ASCONA, 1 9 2 0 , Radierung, 16 Χ ZI,8 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals
München, Staatliche Graphische Sammlung), Kat.-Nr. 1 . 8 1 1
177
L a s a r S e g a l l . I R R E N D E F R A U E N , 1 9 1 9 , Holzschnitt, 2 2 , 9 Χ 28,5 cm, Rostock,
Kulturhistorisches M u s e u m (ehemals Freiburg, Städtische Sammlung), Kat.-Nr. I . 8 2 8
178
L a s a r S e g a l l . K Ö P F E I N E S M A T R O S E N U N D S C H O R N S T E I N E , 1 9 3 0 , Radierung, 2 1 , 7 Χ 2 7 cm, Rostock, K u l t u r h i s t o r i s c h e s M u s e u m ( e h e m a l s B r e s l a u , Schlesisches M u s e u m der Bildenden K ü n s t e ) , K a t . - N r . 1.8 3 1
179
Lasar S e g a l l . PORTRÄT PROF, SCHWANGARD, O. J., Radierung, 23,7 Χ 1 9 , 5 cm, Dresden,
Städtische Galerie (ehemals Dresden, Stadtmuseum), Kat.-Nr. I.834 180
S i n o S e v e r i n ! . HARLEKIN-FAMILIE, um 192.2., Blatt 1 1 , »Italienische und russische Künstler«,
Weimar 1 9 2 4 , Lithographie, 30,3 χ 20,4 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Erfurt, Museen der Stadt, Angermuseum), Kat.-Nr. I.836
181
P a u l T h e s l n g . EN CASA DELLA ANGELA, Blatt 4,
»Damas de Noche«, Dusseldorf, 1 9 2 1 , Lithographie, 59 χ 46 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt), Kat.-Nr. 1 . 8 4 1 . 6
182
Max T h a l m a n n , BLICK AUF DIE STRASSE, 1 9 2 3 - 1 9 2 4 , ohne Blattnummer, »America im Holzschnitt«, Jena 1927, Holzschnitt, 24 χ io cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (Herkunft unbekannt), Kat.-Nr. 1.840.1
183
Max T h a l m a n n , HOCHBAHN, 1 9 2 3 - 1 9 2 4 , ohne Blattnummer, »America im Holzschnitt«, Jena 1927, Holzschnitt, 24 χ 20 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (Herkunft unbekannt), Kat.-Nr. I.840.2
184
Max T h a l m a n n , ÜBER DEN STRASSEN, 1 9 2 3 - 1 9 2 4 , ohne Blattnummer, »America im Holzschnitt«, Jena 192^, Holzschnitt, 24 x 20 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (Herkunft unbekannt), Kat.-Nr. 1.840.4
185
Max T h a l m a n n , NEUBAU, 1 9 2 3 - 1 9 2 4 , ohne Blattnummer, »America im Holzschnitt«, Jena 1 9 2 7 , Holzschnitt, 24 χ 20 cm, Rostock, Kulturhistorisches Museum (Herkunft unbekannt), Kat.-Nr. 1.840.3
186 Christoph Voll. SELBST, Blatt ι , »Christoph Voll. 7 Original-Radierungen«, 192,1, Radierung, 2.6,8 x 19,7 cm, Chemnitz, Kunstsammlungen (ehemals Chemnitz, Kunsthütte), Kat.-Nr. I.845
KATALOG
Werke »entarteter« Kunst im Nachlaß von Bernhard A . Böhmer Meike Hoffmann
Die im Nachlaß von Bernhard A. Böhmer nachgewiesenen Werke aus der nationalsozialistischen Aktion »Entartete Kunst« wurden von Meike Hoffmann, Susanna Koller und Annette Seeler auf der Grundlage des Beschlagnahmeinventars »Entartete Kunst« von Andreas Hiineke bearbeitet und katalogisiert. An der Bearbeitung der Werke im Kulturhistorischen Museum, Rostock, waren zudem Heidrun Lorenzen und Dörte Mulsow beteiligt. Die Werke aus dem Nachlaß sind in vier Kategorien unterteilt und alphabetisch nach Künstlern geordnet, innerhalb dieser Ordnung nach Gattungen (Skulptur, Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik), sodann chronologisch nach Entstehungsjahr und schließlich alphabetisch nach Werktiteln. Graphikmappen folgen am Ende dieser Auflistung, während herausgelöste und einzeln beschlagnahmte Blätter innerhalb der oben angegebenen Ordnung verzeichnet sind. Graphikmappen mit Blättern mehrerer Künstler sind am Ende der Rubriken aufgeführt. Bei den Blättern einer Graphikmappe werden Sonderbestände und Nachweise für den Erbteil nur dann genannt, falls diese auch im NS-Inventar oder in den Dokumenten des Böhmer-Archivs ausdrücklich für das Einzelblatt angegeben werden; ansonsten sind diese Hinweise nur für die gesamte Graphikmappe summarisch verzeichnet.
_ Hollmann
I. VON KURT REUTTI SICHERGESTELLTE UND AN DAS MUSEUM DER STADT ROSTOCK UND ANDERE SAMMLUNGEN ÜBERGEBENE WERKE
Hier sind jene Werke aufgeführt, die der Bildhauer und Graphiker Kurt Reutti im Auftrag der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) im März 1947 bei Böhmers Schwägerin Wilma Zelck in Rostock und an Böhmers ehemaligem Wohnort in Güstrow sichergestellt und in einer 33 Seiten langen Liste (»Reutti-Liste«) verzeichnet hat. Den Hauptteil dieser Werke übergab Reutti dem Museum der Stadt Rostock. Einen kleinen Teil ließ er vorerst in Verwahrung bei Friedrich Schult, insbesondere Werke von Ernst Barlach, Plastiken verschiedener Künstler sowie Nachgüsse Böhmers von Werken Wilhelm Lehmbrucks. Reutti führte die Sicherstellung mit dem Ziel einer späteren Rückführung an die Herkunftsmuseen im Ostteil Deutschlands durch. Während seiner Amtszeit konnte er 1949 noch die Rückgabe der in Berlin beschlagnahmten Werke an die Ehemals Staatlichen Museen zu Berlin veranlassen. Hierhin übergab er auch Werke aus den Museen in Stettin, Königsberg, Breslau und Saarbrücken, die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme 1 9 3 7 innerhalb des reichsdeutschen Gebiets lagen. Spätere Rückgaben erfolgten durch das Museum der Stadt Rostock. Für die Dokumentation wurden die Werke anhand der von Reutti geführten Liste im Abgleich mit dem Beschlagnahmeinventar von Andreas Hüneke katalogisiert und die Angaben vor Ort in den Museen am Original sowie anhand der von den betroffenen Institutionen verwahrten Dokumente überprüft, ergänzt und korrigiert. So konnte bei zahlreichen Werken die Herkunft geklärt werden, die Reutti bei der Bearbeitung seiner Liste nicht ermittelt hatte. Außerdem stellte sich heraus, daß der Verbleib mehrerer der von Reutti dem Museum der Stadt Rostock übergebenen Werke seither unbekannt ist, zahlreiche der von Reutti als zurückgegeben verzeichneten Werke in den Herkunftsmuseen nie angekommen sind, und daß Reutti 1949 mehr Werke an die Ehemals Staatlichen Museen zu Berlin zurückgegeben beziehungsweise übergeben hat, als in seiner Liste vermerkt sind.
II. IM ERBTEIL NACHGEWIESENE WERKE »ENTARTETER« KUNST
In diesem Bestand sind jene Werke verzeichnet, die über die erste Kategorie hinaus im Nachlaß von Bernhard A. Böhmer nachgewiesen und als Beschlagnahmen aus dem Jahr 1 9 3 7 identifiziert werden konnten. Wilma Zelck hat das Vorhandensein dieses Konvoluts sowie der Werke der beiden nachfolgenden Rubriken bei der Sicherstellung verschwiegen. Reutti erfuhr nur in vereinzelten Fällen von Verkäufen aus dem Nachlaß. Der Nachweis gelang durch die Auswertung der Dokumente aus
Werke » e n t a r t e t e r « Kunst im Nachlaß von Bernhard A. B ö h m e r . 2 4 3
dem Böhmer-Archiv (Privatbesitz). Die bei jedem Werk genannten Belege (Briefe, Werklisten, Einlieferungs- und Ergebnislisten) beziehen sich auf Erwähnungen, Einzelverkäufe, Versteigerungsaufträge sowie auf Rückgaben an Vorbesitzer und auf Leihgaben an Museen durch die Erben. Zur Klärung und Bestätigung der Sachverhalte wurden Dokumente aus dem Nachlaß von Friedrich Schult in der Ernst Barlach Stiftung in Güstrow, dem Barlach Archiv in Ratzeburg, dem Zentralarchiv der Berliner Museen, dem Stadtmuseum und Stadtarchiv Güstrow, den Standortmuseen sowie deren Eingangs- und Inventarbücher herangezogen, die hier im einzelnen nicht nachgewiesen sind. Ebenfalls sind spätere Besitzerwechsel nicht verzeichnet. Ausführlichere Provenienzen zu jedem Werk werden im Rahmen der bevorstehenden Freischaltung der von der F O R S C H U N G S S T E L L E » E N T A R T E T E K U N S T « an der Freien Universität Berlin geführten Datenbank des gesamten Beschlagnahmeinventars öffentlich zugänglich.
III. VON NACHBARN IN BESITZ GENOMMENE WERKE AUS DEM NACHLASS
In dieser Rubrik sind jene Werke verzeichnet, die nach Bernhard A.Böhmers Tod von Nachbarn in der Umgebung des Heidbergs geborgen oder aus dem Atelierhaus Barlachs, in dem Böhmer gewohnt hatte, entnommen wurden und nicht wieder in den Nachlaß zurück gelangten. Laut Aussage der Nachbarn, wie zum Beispiel Sybille Rienäcker und Hedwig Wolter, handelt es sich dabei um Werke, die Böhmer ihnen vor seinem Tod bereits verkauft beziehungsweise zugesprochen hatte. Hierzu gehören auch solche Werke, die Friedrich Schult 1945 in der Nähe des Gutshauses Magdalenenlust auf der Nordseite des Inselsees sowie in Gebäuden des Gehöfts Schabernack bergen konnte und der Stadt Güstrow übergab (Abb. 42, 45).
IV. SONDERFÄLLE (NICHT IDENTIFIZIERBARE WERKE)
Die hier aufgeführten Werke konnten aufgrund der wenigen Angaben, die in den Dokumenten ermittelt wurden, keinem Eintrag im Beschlagnahmeinventar zugeordnet werden. Häufig gab es mehrere Möglichkeiten der Zuordnung, wie zum Beispiel bei druckgraphischen Blättern von Lyonel Feininger mit Titelangaben wie »Marine« oder »Stadt«, die der Künstler mehrfach vergeben hat, und die an unterschiedlichen Orten beschlagnahmt und von Böhmer erworben wurden. Entsprechendes gilt für die Blätter von Ernst Barlach, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Christian Rohlfs und anderen in dieser Rubrik genannten Künstlern.
244 _ Hoffmann
NUMERIERUNG
Die Numerierung innerhalb der einzelnen Abschnitte setzt sich aus einer Nummer für die Rubrik (römische Ziffer) sowie der fortlaufenden Nummer (arabische Ziffer) für jedes Werk zusammen. Bei Mappenwerken wird zusätzlich jedes einzelne Blatt gezählt. Die nicht identifizierbaren Werke in der Kategorie IV bleiben ohne Numerierung, da sie zum Teil wie in den Dokumenten als Konvolute aufgeführt sind.
KÜNSTLER (LEBENSDATEN)
Vor- und Nachname sowie die Lebensdaten erscheinen nur zu Beginn der Werkliste eines jeden Künstlers. TITEL, DATIERUNG
Titel und Jahreszahl folgen dem jeweiligen Werkverzeichnis beziehungsweise den Angaben des Standortmuseums oder anderweitig recherchierten Daten wie zum Beispiel eigenhändigen Angaben des Künstlers auf dem Werk. T E C H N I K , MASSE
Angegeben ist jeweils nur das primäre Material, also Öl auf Leinwand, Bronze oder Aquarell, beziehungsweise bei Druckgraphiken die Grundart der Technik, also Holzschnitt, Radierung oder Lithographie, sowie deren Farbvarianten ohne Angaben zu Spezialverfahren. Bei den Maßen ist Höhe vor Breite in Zentimetern angegeben, die sich normalerweise auf das Bildmaß beziehen. Die Verwendung von Blattmaßen ist ausdrücklich gekennzeichnet.
BEZEICHNUNG
Berücksichtigt werden ausschließlich die Signatur des Künstlers und seine Datierung auf dem Werk. WERKVERZEICHNIS
Angegeben ist für jedes Werk das relevante Werkverzeichnis - soweit vorhanden mit den Nachnamen der Bearbeiter und der Werkverzeichnisnummer (vgl. Werkverzeichnisse, S. 453 ff.). Werke, die in diesen Katalogen nicht verzeichnet waren, sind mit »nicht bei [folgt Nachname des Werkverzeichnisbearbeiters]« gekennzeichnet. Nicht verzeichnete Zustände von Druckgraphiken verweisen mit »vgl.« auf die entsprechende Werkverzeichnisnummer.
Werke »entarteter« Kunst im NachlaB von Bernhard A. B ö h m e r - 2 4 5
HERKUNFTSMUSEUM, INVENTARNUMMER
Genannt sind die zum Zeitpunkt der Beschlagnahme gebräuchlichen Namen der Institutionen einschließlich der damaligen Inventarnummern, soweit diese sich ermitteln ließen. E K - N U M M E R , SONDERBESTAND IM NS-INVENTAR
Über die EK-Nummer erfolgt die Zuordnung des jeweiligen Werks zum Beschlagnahmegut, sie entspricht der Numerierung des im Zuge der Beschlagnahme angelegten Inventars. Mappenwerke, die dort als Konvolut mit nur einer EK-Nummer geführt sind, haben in der vorliegenden Dokumentation eine Einzelblattzählung erhalten, die sich aus der originalen EK-Nummer und einer Ergänzung zusammensetzt. Zum Beispiel folgen bei der Graphikmappe DER ARME VETTER von Ernst Barlach (EK-Nummer 8335) aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau im vorliegenden Band auf »EK 8335« für die gesamte Mappe (Kat.-Nr. II.29), die Bezeichnung »EK 8 3 3 5 - 0 1 « für das Titelblatt, »EK 8335-02« für den Innentitel, »EK 8335-03« für Blatt 1 und so weiter. Diese Art der Aufnahme entspricht der von der Forschungsstelle vorgenommenen Numerierung in der Datenbank des Beschlagnahmeinventars. Werke mit der Kennzeichnung »ohne EK« sind im NS-Inventar nicht aufgeführt, gehören aber zum Beschlagnahmegut, da sich Stempel oder Aufkleber der Herkunftsmuseen auf den Werken befinden oder ihre Zugehörigkeit durch andere Dokumente nachgewiesen werden konnte. Werke mit der Kennzeichnung »EK unbekannt« ließen sich aufgrund der allgemeinen Angaben keiner konkreten Nummer des NS-Inventars zuordnen. War ein Werk laut NS-Inventar einem Sonderbestand zugewiesen, folgt ein Hinweis darauf hinter der EK-Nummer. Die »Sammlung für Zeitgeschichte« enthielt ausschließlich Druckgraphiken des Berliner Kupferstichkabinetts und sollte für Schulungszwecke aufbewahrt werden. Der »Bestand im Magazin des R M V P (Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda)« ist in seiner Sonderfunktion bis heute nicht geklärt. Der »Restbestand >Entartete KunstEntartete Kunst m NS-Inventar als »Sammlung für Zeitgeschichte« verzeichnet
B e c k m a n n _ 261
Berlin, Kupferstichkabinett,
I-94-i
SELBST IM HOTEL, Blatt I , I 9 2 2 Lithographie, 4 5 , 5 χ 3 2 , 5 c m
Inv.-Nr. 3 2 3 - 1 9 1 3 , 5
H o f m a i e r 2 1 3 B. 1.93.6
DER NEGER, Blatt 6, 1 9 2 I
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Radierung, 2 8 , 9 χ 2 5 , 9 c m
Inv.-Nr. 1 2 6 . 1 - 1 9 2 4
signiert und datiert unten rechts
E K 1 4 3 2 7 , im NS-Inventar als zerstört
H o f m a i e r 1 9 6 II A.
verzeichnet
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 1 - 1 9 2 4
Inv.-Nr. 3 2 2 - 1 9 2 3 E K 1 2 9 9 3 , im NS-Inventar als »Sammlung
1-94-2
DIE ENTTÄUSCHTEN I , Blatt 2, I 9 2 I
für Zeitgeschichte« verzeichnet
Lithographie, 49 χ 3 7,6 cm
Berlin, Kupferstichkabinett,
H o f m a i e r 2 1 4 B.
Inv.-Nr. 3 2 2 - 1 9 2 3 , 6
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 2 - 1 9 2 4
1.93.7
DAS KARUSSELL, Blatt 7 , 1 9 2 1
E K 1 4 3 2 $ , im NS-Inventar als zerstört
Radierung, 28,9 χ 2 6 c m
verzeichnet
signiert unten rechts
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 2 - 1 9 2 4
Hofmaier 1 9 7 ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
1-94-3
DIE NACHT, Blatt 3, 1 9 2 2
Inv.-Nr. 3 2 1 - 1 9 2 3
Lithographie, 4 5 , 5 χ 3 6 c m
E K 1 2 9 9 2 , im NS-Inventar als »Sammlung
Hofmaier 2 1 5 B.
für Zeitgeschichte« verzeichnet
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 3 2 1 - 1 9 2 3 , 7
Inv.-Nr. 1 2 6 . 3 - 1 9 2 4 E K 1 4 3 2 4 , im NS-Inventar als Restbestand
1.93.8
NIGGERTANZ, Blatt 9, I 9 2 I
»Entartete Kunst« im R M V P verzeichnet
Radierung, 2 5 , 6 X 2 5 , 6 c m
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 3 - 1 9 2 4
signiert und datiert unten rechts H o f m a i e r 1 9 9 Α.
1.93.9
1-94-4
DER SCHLITTSCHUHLAUFER, Blatt 5, 1 9 2 2
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Lithographie, 49 χ 3 7 c m
Inv.-Nr. 3 1 9 - 1 9 2 3
H o f m a i e r 2 1 7 B.
Ε Κ 1 2 9 9 1 , im NS-Inventar als »Sammlung
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
für Zeitgeschichte« verzeichnet
Inv.-Nr. 1 2 6 . 5 - 1 9 2 4
Berlin, Kupferstichkabinett,
E K 1 4 3 2 8 , im NS-Inventar als zerstört
Inv.-Nr. 3 1 9 - 1 9 2 3 , 9
verzeichnet
Abb. 94
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 5 - 1 9 2 4
SCHLANGENDAME, Blatt IO, 1 9 2 1
1-94-5
DAS THEATERFOYER, Blatt 8, I 9 2 2
Radierung, 29 χ 2 5 , 5 c m
Lithographie, 49 χ 4 0 c m
signiert und datiert unten rechts
H o f m a i e r 2 2 0 B.
H o f m a i e r 2 0 0 II A.
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Inv.-Nr. 1 2 6 . 8 - 1 9 2 4
Inv.-Nr. 3 2 5 - 1 9 2 3
Ε Κ 1 4 3 2 1 , im NS-Inventar als zerstört
E K 1 2 9 9 6 , im NS-Inventar als »Sammlung
verzeichnet
für Zeitgeschichte« verzeichnet
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 8 - 1 9 2 4
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 3 2 5 - 1 9 2 3 , 1 0
1-94-6
DIE KASCHEMME, Blatt 9, I 9 2 2 Lithographie, 4 5 , 1 χ 34 c m
I.94
BERLINER REISE 1 9 2 2 , 7 Blätter der
H o f m a i e r 2 2 1 B.
Graphikmappe mit 1 0 Lithographien, Verlag
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett,
Graphisches Kabinett I. B. N e u m a n n , Berlin
Inv.-Nr. 1 2 6 . 9 - 1 9 2 4
1922
E K 1 4 3 2 2 , im NS-Inventar als zerstört
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett
verzeichnet
R ü c k g a b e an die Ehemals Staatlichen Museen
Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 9 - 1 9 2 4
zu Berlin 1 9 4 9 Berlin, Kupferstichkabinett
2 6 2 _ I. Von K u r t R e u t t i s i c h e r g e s t e l l t e u n d a n das M u s e u m d e r S t a d t R o s t o c k u n d a n d e r e S a m m l u n g e n
I.94.7
DER
SCHORNSTEINFEGER,
Blatt
IO,
ehemals Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 1 0 - 1 9 2 4 EK 1 4 3 2 3 , im NS-Inventar als zerstört verzeichnet Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1 2 6 . 1 0 - 1 9 2 4
Peter Behrens (1868-1940) Siehe Mappenwerke mit Blättern verschiedener Künstler, S. 360 ff.
René Beeh (1886-1922)
1.96
1 9 1 4 , Blatt der Graphikmappe » 1 9 1 4 « , Verlag Hans Goltz, München 1 9 1 4 Lithographie, koloriert, 3 2 , 1 χ 2Θ,2 cm Matuszak 147
Josef Bell (1891-1935)
GEFANGENER,
Ι.ΙΟΟ
DER
KRIEG,
I 9 1 7
ehemals Essen, Museum Folkwang EK 4494-15, im NS-Inventar als zerstört verzeichnet
Holzschnitt, 30 x 22 cm signiert und datiert unten rechts ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt, vermutlich Inv.-Nr. 1 9 - 1 2 1 3 EK 2 5 5 5 , im NS-Inventar als zerstört verzeichnet
Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 332 G
Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 5 o 7 G
DER
SÜNDENFALL,
Rudolf Belling (1886-1972)
1 9 1 9
Lithographie, 30 χ 35 cm signiert und datiert unten rechts ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen der Stadt, Inv.-Nr. zo-50 EK 2 5 5 4 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 328 G 1.97
Werke
ehemals München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 3 61 D / 1 9 1 9 / 2 0 EK 1 5 6 5 8 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 329 G
1922
Lithographie, 45 χ 33,5 cm Hofmaier 222 B.
1.95
übergebene
DANIEL
IN
DER
LÖWENGRUBE,
Ι.ΙΟΙ
DREIKLANG,
I924
Holz, 91 cm hoch Nerdinger 20 ehemals Berlin, Nationalgalerie, KronprinzenPalais, Inv.-Nr. Β 449 E K
15029
geborgen und verwahrt von Friedrich Schult, Güstrow; Rückgabe an die Ehemals Staatlichen Museen zu Berlin 1949 Berlin, Neue Nationalgalerie, Inv.-Nr. Β 449
I92O
Lithographie, 29 χ 20 cm signiert und datiert unten rechts ehemals München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 3 6 2 D / 1 9 1 9 / 2 0 EK 1 5 6 5 7 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 3 3 1 G 1.98
INSULANERINNEN,
EK 1 5 6 5 9 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 330 G ROMANTISCHE
ENTFÜHRUNG,
Lithographie, 3 1 , 5 Χ 26 cm signiert und datiert unten rechts
1920
KOPF
IN
MESSING
(TONI
FREEDEN),
1925
Messing, 39 cm hoch Nerdinger 49 ehemals Berlin, Nationalgalerie, KronprinzenPalais, Inv.-Nr. Β 480 E K 1 5 0 4 7 , im NS-Inventar als Restbestand »Entartete Kunst« im R M V P verzeichnet Rückgabe an die Ehemals Staatlichen Museen zu Berlin 1949
192Ο
Lithographie, 3 1 , 5 χ 23,5 cm signiert und datiert unten rechts ehemals München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 363 D/1919/20
1.99
1.102
Berlin, Neue Nationalgalerie, Inv.-Nr. Β 480 1.103
KOPF
IN
MESSING
(TONI
FREEDEN),
I925
Messing, 39 cm hoch Nerdinger 49 ehemals Essen, Museum Folkwang E K 4 8 2 7 , im NS-Inventar als Restbestand »Entartete Kunst« im R M V P verzeichnet geborgen und verwahrt von Friedrich Schult, Güstrow; Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Ρ 690 Tafel VI
Beckmann - Bötlicher _ 265
Constanze Bischoff (Lebensdaten unbekannt) I.IO4
Inv.-Nr. Κ 407 G
LANDSCHAFT, O. J. Radierung, 20 χ 22,3 cm
1.109
K R E U Z I G U N G I,
I91O
signiert unten rechts
Farbholzschnitt, 32,5 x 29,3 cm
ehemals Düsseldorf, Kunstsammlungen
Steinmetz H 13
der Stadt, Inv.-Nr. 30-120
ehemals Essen, Museum Folkwang
EK 2556, im NS-Inventar als zerstört
EK 4042, im NS-Inventar als Rückgabe
verzeichnet
verzeichnet
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Inv.-Nr. Κ j o o G
Inv.-Nr. Κ 402 a G
Emil Bizer (1881-1957) Ι.ΙΟ5
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
I.HO
KREUZIGUNG II,
19IO
Farbholzschnitt, 32,5 x 29,3 cm
Ü B E R L I N G E R L A N D S C H A F T , O. J.
Holzschnitt, 5 1 x 3 6 cm
Steinmetz H 13
ehemals Frei bürg, Städtische Sammlung,
ehemals Essen, Museum Folkwang
Inv.-Nr. G 31/14
EK 4043, im NS-Inventar als Rückgabe
ΕΚ I 4 0 2 I , im NS-Inventar als Bestand
verzeichnet
im Magazin des R M V P verzeichnet
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Inv.-Nr. Κ 4 0 1 b G
Inv.-Nr. Κ 434 G 1.111 1.106
KREUZIGUNG III, Ι9ΙΟ
Umberto Boccioni (1882-1916)
Farbholzschnitt, 32,5 χ 29,3 cm
FORTBEWEGUNG (RADFAHRER),
signiert unten rechts
I914,
Blatt 2, »Italienische und russische Künstler«,
Steinmetz Η 13
Weimar 1924 (Bauhaus Drucke. Neue euro-
ehemals Essen, Museum Folkwang
päische Graphik, 4. Mappe)
EK 4044, im NS-Inventar als Rückgabe
Lithographie, koloriert, 22 x 3 r cm
verzeichnet
signiert unten rechts
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Wingler IV/2
Inv.-Nr. Κ 402 c G
ehemals Erfurt, Museen der Stadt,
Tafel V
Angermuseum, Inv.-Nr. II 129-2 EK 1920-07
1.112
MUSIK,
1910
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Holzschnitt, 34 χ 29,2 cm
Inv.-Nr. Κ 803 G
signiert unten rechts
Abb. 96
Steinmetz H 8
Walther Bötticher (1885-1916)
EK 4047, im NS-Inventar als Rückgabe
DIE WELLE, 191O
verzeichnet
Farbholzschnitt, 30,5 x 51,4 cm
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
signiert und datiert unten rechts
Inv.-Nr. Κ 413 G
ehemals Essen, Museum Folkwang Ι.ΙΟ7
Steinmetz H 10 ehemals Essen, Museum Folkwang,
1.113
JUNGE MÄDCHEN,
I911
EK 4808, im NS-Inventar als Rückgabe
Holzschnitt, 33,2 χ 28,4 cm
verzeichnet
signiert unten rechts
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Steinmetz Η 18
Inv.-Nr. Κ 4 1 2 G
ehemals Essen, Museum Folkwang EK 4806, im NS-Inventar als Rückgabe
1.108
EXLIBRIS WALTHER BÖTTICHER,
verzeichnet
1910
Holzschnitt, 9,5 x 8,1 cm
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
signiert unten rechts
Inv.-Nr. Κ 4 1 0 G
Steinmetz H 3 6 ehemals Bremen, Kunsthalle
1.114
U N D SIE W U R D E N
GEWAHR,
EK 9237, im NS-Inventar als Bestand
D A S S SIE N A C K T W A R E N ,
im Magazin des R M V P verzeichnet
Blatt 5, »Genesis«, Graphikmappe mit
191I,
2 6 4 _ I. Von Kurt Reutti s i c h e r g e s t e l l t e und an das M u s e u m der Stadt Rostock und andere S a m m l u n g e n ü b e r g e b e n e Werke
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
6 Holzschnitten, Hören-Verlag, Berlin 1 9 1 3
Inv.-Nr. Κ 403 G
Holzschnitt, 1 7 , 4 χ 1 7 , 9 cm signiert unten rechts Steinmetz H i i e
1.118.2
SIE SAH D E N B A U M , UND SIE S A H , DASS EIN L U S T I G E R B A U M WAR, Blatt 3,
ehemals Magdeburg, Kaiser Friedrich-Museum E K 1 1 8 9 1 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 404 G
ES
1911
Holzschnitt, 1 7 , 9 χ 1 7 , 5 cm signiert unten rechts Steinmetz Η 1 6 c ehemals Bremen, Kunsthalle, Inv.-Nr. 13/363 E K 9238, im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet
I.II5
VERWUNDETE, I 9 I I
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
Holzschnitt, 26 X 38 cm
Inv.-Nr. Κ 405 G
signiert und datiert unten rechts Steinmetz H 1 9
1.118.3
S I E
W U R D E N G E W A H R , DASS
NACKT W A R E N , Blatt 5,
E K 4 0 5 7 , im NS-Inventar als Rückgabe
Holzschnitt, 1 7 , 4 χ 1 7 , 9 cm
verzeichnet
signiert unten rechts Steinmetz Η 1 6 e
Rostock, Kulturhistorisches Museum,
DER KOBOLD,
SIE
1911
ehemals Bremen, Kunsthalle, Inv.-Nr. 13/365 E K 9236, im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 404 a G
Inv.-Nr. Κ 4 o 8 G I.ILÉ
U N D
ehemals Essen, Museum Folkwang
I9I3
Holzschnitt, 45,5 χ 3 5 , 1 cm signiert und datiert unten rechts Steinmetz Η 25 ehemals Erfurt, Museen der Stadt,
1.118.4
GOTT T R I E B SIE AUS D E M
Blatt 6, 1 9 I I
E K 1 3 5 7 , im NS-Inventar als Bestand
Holzschnitt, 1 7 , 4 χ 17,8 cm signiert unten rechts Steinmetz Η 1 6 f ehemals Bremen, Kunsthalle, Inv.-Nr. 13/366
im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 4 1 1 G 1.117
U N D
Angermuseum, vermutlich Inv.-Nr. 6805
DREI AKTE,
GARTEN,
E K 9 2 4 1 , im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 406 G
1913
Holzschnitt, 20,8 χ 36,7 cm signiert und datiert unten rechts Steinmetz H zj ehemals Essen, Museum Folkwang E K 4807, im NS-Inventar als Rückgabe verzeichnet
Walter Bondy (1880-1940) Siehe Mappenwerke mit Blättern verschiedener Künstle^ S. 360 ff.
Rostock, Kulturhistorisches Museum, Inv.-Nr. Κ 409 G
Carl Friedrich Brust (1897-1960) 1.118
I.I18.I
GENESIS, 4 Blätter der Graphikmappe mit 6 Holzschnitten, Horen-Verlag, Berlin 1 9 1 3 ehemals Bremen, Kunsthalle Rostock, Kulturhistorisches Museum ER LIESS DEN M E N S C H E N IN E I N E N S C H L A F F A L L E N , Blatt 2,
I.II9
T O T E R A M B A U M S T A M M , O. J .
Kohle und Tusche, Maße unbekannt ehemals Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, Inv.-Nr. 1 0 1 6 EK459 Verbleib unbekannt
TIEFEN
1911
Holzschnitt, 1 7 , 9 X 1 7 , 5 cm
Carl Buchheister (1890-1964)
signiert unten rechts Steinmetz Η 1 6 b ehemals Bremen, Kunsthalle, Inv.-Nr. 1 3 / 3 6 2 E K 9240, im NS-Inventar als Bestand im Magazin des R M V P verzeichnet
I.IZO
DIAGONALKOMPOSITION
1 3 3 A, I 9 3 3
Tempera, 35,5 x zz cm signiert unten links Kemp u. Buchheister i