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German Pages 29 [56] Year 2022
Ehrgeiz und Liebe.
Ein Lustspiel in zwei Aufzügen.
Personen. Brisach/ rin sehr reicher Banquier.
Vicror Brisach/ dessen Sohn. Laroline, von Brisach erzogen.
Graf pinau. Arnold, ein Genealogist. Renrmeister Solkheim.
Der Lammerdirner.
Die Handlung ist in Wien in Brisach- Hause.
Erster Aufzug. ( Ein gut rneublirter Saal mit drei Thüren. )
Erster Auftritt. Victor. ( reich gekleidet. ) ( aus der Seitenthüre rechter Hand, mit einem unversiegelten Briefe in der Hand.)
' Philip! Johann ! Ludwig! (zieht heftig an einer Unerhört! zwölf Be diente im Hause, und keinen zur Bedienung! — Meines Vaters Nachsicht gegen seine Leute steckt auch meine an. Aber ich will euch zeigen, daß ich zu be fehlen weiß! — Noch heute iag' ich alle fort, (klingelt heftig.) Philip! Johann! Ludwig! A2 Glocke neben der Mittclthirre. )
( 4 ) Zweiter
Brisach. (aus der Mittelthüre.)
Victor.
Dris.
Auftritt.
Was.aicbt's mein Sohn ? Du machst ja UN-
bändigen Lärmen. Ich will einen Brief siegeln, und schott
Victor.
seit einer Viertelstunde taf ich meine Schurken von BedientenDris.
Ist der ein Schurke, der nicht hört? Ei, so
bedaurc ich die Tauben! — Aber nimm den Schurken zurück, Victor — sie können nicht hören — sie
sind nicht da. Victor.
Dris.
Was? alle sechse?
Der Kammerdiener ist der siebentedec
Lauser der achte, der Vorreuter der neunte; der Kut
scher der zehnte- — Weil Du schriebst, wollte Dich
keiner stören, und um die Erlaubnis bitte», den vortreflichen Mann zu hören, der heute zum zweitenmale predigt-
Vielleicht bessert sich einer von den Wind
beuteln, dachte ich! und bewilligt« ihnen hinzugehnVictor. Dris.
Aber wahrhaftig, Ihre Güte — Ei, so bald es auf Menschenbesserung an
kommt, kann man nicht zu gut seyn
— A propoSl
wie stehst Du mit Deinem Herzensfreunde, dem Gra
fen Pina»? er war ja seit acht Tagen nicht hier.
Habt Ihr Euch entzweit? Hm! ich hab' es voraus-
c 5) gesehn- Nnr Ähnlichkeit der Gesinnungen erhält Freundschaft, (lächelnd.) Er hat zu viel gesunde Ver nunft, um lange Dein Freund zu bleibenVicror. (empfindlich.) Hm! mein Vater — er ist mir noch immer werth, so wie ich ihm. Aber die Antretung seiner väterlichen Erbschaft hat ihn seit kur zem in einen wichtigen Prozeß verwickelt. Da ist er denn fast stündlich bei dem Minister, der ihm zum Vergleiche räthBris. Ich auch — denn des Grafen Sache steht so so — Ich höre aber, daß es ihm zu diesem Ver gleiche an baarem Gelde fehlt. Victor. < gicichgümq.) So hab'ich auch gehört. Bris. Hat er denn jetzt Geld? Victor, (wie vorhin.) Ich glaub' es. Brrs. Du glaubst es? Drollige Antwort! — Warum glaubst Du es? Victor, (wie vorhin.) Er würde sich mir vertraut haben. Bris. Sehr gleichgültig, wenn von dem Glücke eines wahren Freundes die Rede ist! Zum Henker! Du erwartest, daß ein Mann vom Stande, der Dich seiner Freundschaft würdigt, öe- und wehmüthig um Deine Hülfe bitte? — Um den Preis ist sie sehr theuer. — Freundschaft mnß zuvor kommen. Victor. Aber — A 3
( 6 )
Kris.
Aber mein Sohn! Du hast gefehlt-
Der ungewisse Ausgang Ihres Prozesses
Victor.
hat mich in meinen Ausgaben etwas zurückhalten der gemacht.
So?
Kris
Haben Sie die nähern Nachrichten, mein
Victor.
Vater? können Sie den Prozeß verlieren?
Ich kann, aber ich sollte nicht, wenn Ge
Drif.
rechtigkeit in der Weit ist — und also werde ich auch
nickt. Victor.
Wenn Ihr Vertrauen auf Redlichkeit
Sie nur nicht unglücklich macht! Kris
Ich bin gefaßt — Mir bleiben auf alle Fälle
meine Leibrenten, von denen kann ich leben. — Das einzige, was mir Unruhe machen k-nnte, ist, daß der Prozeß sehr mächtige Häuser in Frankreich interessirt,
die mit unsern ersten Häusern in Verbindung stehn — und ein reicher Mann hat immer Feinde-
Victor.
Krii".
Drei Millionen! das wäre entsetzlich!
Hm ! das wird wohl nichts zu sagen haben.
Sey nur verschwiegen, und wenn Du willst, so schränke
vor der Hand Deine unnbthigen Ausgaben etwas ein-
Ueberhaupt, mein Sohn, wendest Du Dein
Geld nicht aus die beste Art an.
Denk nur, was
Dich Dein närrischer Licbeshandcl kostet! Victor. Der ist vorbei, mein Vater, gänzlich vorbei.
( 7 ) Bris. Ja, wer's glaubt! Victor. So wahr ich lebe! Bris. Verliebter Verdruß! Vicror. Wollen Sie den Abschied lesen, den ich ihr eben schicken wollte? Bris. O ja. Victor. Hier! (er giebt ihm den unversiegelten Brief.) Bris. (liest.) „Ich höre mit Vergnügen, daß sich „eine sehr vortheilhaste Gelegenheit darbietet, Ihr „Glück zu bevestigen. Lassen Sie sie nicht entgehn„Da in solchen Fällen Geld ein treuer Freund ist, „so bitte ich Sie, bekommende Summe anzuneh„men- Es ist die kleinste Aufmerksamkeit, die Ihnen „schuldig ist, Ihr ergebenster Freund und Diener. „Vittor Brisach." Victor. Sie ließ mich wissen, daß sie eine Vortheil hafte Herrath schließen könne, und ich ergreife mit Freuden diese Gelegenheit, mit ihr zu brechen. Bris. Wie viel wolltest Du ihr schicken? Victor. Tausend Dukaten. Bris. Hm! mein Sohn! Du wirst das Billet nicht hiuschicken. Vicecr. Auf Ehre! Bns. Ich kenne Dich! die Summe wäre größer, wenn Du völlig brechen wolltest. A4
( 8 ) Wenn Sie glauben, mein Vater, so will
Victor.
ich sie vcrdopeln; und damit Sie völlig gewiß sind,
so senden Sie selbst das Billet hinDris.
Und Du solgst dem Billette in ein paar
Stunden — wirfst Dich ihr zu Füßen, und bittest um Vergebung —
Auf Ehre, mein Vater! ich will sie nicht
Victor.
wieder sehn; nichts von ihr hören, noch lesen.
, Vris.
Gut, so nehm' ich die Kommission an, und
will das Geld auslegen.
Caroline wird sich rrchf
freuen. Ums Himmelswillen, lieber Vater! geben
Victor.
Sie doch die Hosnung auf, mich mit dem Mädchen
vcrheirathet zu sehn'. Bris.
Die geb' ich nicht auf, denn Du liebst sie
von ganzer Seele!
und hast auch warlich Ursache.
Pun ihr hast Du Dein bischen
savoir vivre und
favoir faire, UNd alle Möglichen savoirs zu danken.
Sie war der einzige Sporn, der Dich antricb, etwas zu lernen.
Don Deiner zartesten Jugend an steckte
Hir der nichtswürdige Gedanke im Kopfe, daß nur der Arme Kenntnisse nöthig habe.
Ihr hast Du
Deine leserliche Hand, Deine Sprachen, Deine Mu
sik, Dein Tanzen, und sogar Dein bischen Menschen verstand zu danken.
Und doch, obgleich ffinf Jahre
alter, bei gleichen Lehrern und Stunden — wie weit
C
9 )
bistD» hinter ihr zurück geblieben ? Aus wessen Beispiel ist Dir zuweilen der Schuß der Wohlthätigkeit angekommen-, die sie aus dem reinsten Gefühle ausübt, und — Victor. (iLchOnd.) Genug, lieber Pater, genug! — Sie werden nie den Vorwurf aus sich laden, dass die väterliche Liebe Sie parteiisch macht- — Ich schätze Carolinens Vollkommenheiten sosehr, als Sir. Ich würde sie ihrem ganzen Geschlechte verzieh», wenn — aber zu der Tochter eines Pachters kann ich mich nicht erniedrigen. Bris, (lachend.) Victor, Du vergißst, daß sie mit Deiner seligen Mutter verwandt ist. Victor. (seufzend.) O nein, mein Vater! das war ein Streich, den Ihnen die Liebe spielte — für den jch mich aber hüten werde. — Ich wünsche ihr dar größte Glück! Es macht mir Vergnügen, daß Sie das arme Mädchen zu sich nahmen, und als Ihr Kind erzogen; daß Sie ihr ejnesoMe Aussteuer be-, stimmt haben — Sollte ich Sie überleben ; ich will noch mehr sür sie thun; aber meine Frau — ich habe höhere Aussichten. Bris. Victor! die höchste Aussicht ist Luft — doch genug davon! Ich freue mich, daß Dein Liebethaydel zu Ende ist. Don der Thorheit wärst Du nun A s
( IO ) los — aber Du ha- deren noch st viele, mein Sohn! so viele — Victor, (tackelnd.) Thorheiten knüpfen die Bande der Gesellschaft.
Dris. Deiner Gesellschaft — ganz recht- Sieh, mein Sohn, daß Du so viel Geld verschwende-, das mdgte hingchn! Wir haben bis jetzt dessen genug, und wirklich muß ein junger Mensch er- Geld verschwen de«, eh' er «S kennen lernt- Aber, daß Du es auf eine so eitle, tbörigte Art ausser Deinem Kreise ver schwell Lisi, das ist nicht recht. Ein Kavalier aus de« ersten Häusern, geht kaum am Gallatage so prächtig gekleidet, wie Du täglich. Du funkelst von Gold, Silber und Iuvelen, daß einem die Augen übergehn. Ein simples Kleid, zum Henker! und damit gut — wir sind ja Bürger. Du stinkst von Parfümerieen, wie rin Widehopf — giebst dreifache Livree — hältst dopp elte Equipage — hast sechs riesenmäßige Bedien ten, unter denen Du wie ein Jwerg herumgaukrlst — hast Lunge und Lebe» eines armen Narren, auf Dei nem Gewissen, den man Läufer nennt, und der vor Teufels Dank mit Pferden rivalisircn muß. — Laß diese Thorheiten den Lenken vom ersten Range, und begnüge Dich mit den Thorheiten Deines Standes, vicror. Glauben Sie mir, mein Vater, daß die
ser Aufwand weder meinem Geschmacke, noch meine«
(11 )
Grundsätzen gemäß ist. Nur die Nothwendigkeit, mich geltend zu machen; die Rache, die zu demüthi gen, die ein Zufall in einem hohem Stande geboren werden ließ, sind die Triebfedern meines Betragens. Als ich zuerst unter Standespersonen erschien, war ich bescheiden, zurückhaltend, — und ward verachtet; — als ein Dummkopf behandelt- Ich bediente mich also der Vortheile, die mir Ihr Reichthum und Ihre Güte gab, machte mehr Aufwand, als sie; verdun kelte sie bei allen Gelegenheiten; stürzte mich in die rasendsten Spiele, und entlockte ihnen gar bald ein : il joue plus noblement, que nous.
Bris. Der wahre Adel kann das nicht gesagt haben, mein Sohn. — Also aus Rachel — eine sehr närrische Rache! Victor, (seufzens ) In welche Verlegenheit wird ein Mensch gesetzt/ der adlich denkt, und nicht ad, lich ist! Bris. Giebt's keine Tugenden, die den Fehler, wenn es einer ist, bedecken? Victor. Können alle Vollkommenheiten uns den Glanz einer erlauchten Geburt geben? — Für den Mann vom Stande spricht sein Name. Bris. Ls ist doch besser, wenn Verdienste sprechen. Victor. Wahr! aber das Voruktheil ist stärker, als die Vernunft.
( 12 ) O mein Sohn,
»risi
da Du die Dinge schon
heim rechten Name» nennst, — Vor urtheile
so wird die Vernunft auch bald über Deine Schwach heit siegen. Sie macht mir Vorwürfe; aber sie heilt
Victor.
mich nicht. »vif.
Sie wird Dich schon heilen — laß ihr nur
ein wenig ihren WillenAch! es giebt ein Mittel — ein unfehl
Victor.
bares Mittel — das von Ihnen abhängt. Bris.
Von mir? — Ich versprech Dir das Mittel.
Victor.
Sie werden mir zum zweitenmalr das
geben geben. »vif.
Wie nennt sich das Mittel?
Victor, (siebt nach Der Ubr. ) »vis.
Du siehst nach der Uhr? — Muß das Mit
tel zu einer gewissen Zeit gereicht werden? Victor.
In diesem Augenblicke wird jemand kom
men — der — Sie müssen die Güte haben, ihn zu hören.
Lris.
Sehr gern, denn ich bin auf das Rezept
neugierig, das ich verschreiben soll. — Unterdessen
soll mein Caffirer Deine Kommission besorgen.
Hm!
hm', (im Mbgeim.) Werd' ich zum Doktor, ohne ein
Wort von der Medizin zu verstehn!
(av.)
( 13 )
Dritter Auftritt. Victor. Entweder es gelingt mir jetzt, oder nie — er ist in vortreflicher Laune. — (iw nach der utr.) Wo der verdammte Kerl bleibt'. — Die Leute von Talent sind oft unausstehlich.' — Besser, ich lasse ihn suchen, als daß ich den günstigen Augenblick verliere. Aber es ist ja kein einziger meiner Leute zu Hause. Vierter Auftritt. Victor. Soltheim. Vicror. Was will der Mann? Solch, (wirft sich ihm zu Fußen.) O mein Wohlthä ter! mein Erretter! lassen Sie mich Ihre Knie umfassen. Victor. Was wollen Sie, mein Herr? wer find Sie? Solch. Ich bin der unglückliche Rentmeister Solp heim, den Sie aus dem Gefängnisse retteten. Victor. Ich? Solch. O, das ist mehr als menschlich, Wohl thaten auf diese Art erzeigenVictor. Sie irren sich! stehn Sie auf! Solch. Sie verschmähen meinen Dank? er wird dafür zum Himmel steigen, und reichen Seegen für Sie erflehen.
( 14 ) Victor.
Stehn Sie aus, und erklären Sie sich.
Wodurch sind Sie unglücklich geworden? und wo durch hab' ich Sie gerettet?
Solch, (fwauf.) Ein Bösewicht, den ich schon als meinen Sohn betrachtete, erbrach die mir anver
traute Lasse, und stahl sechstausend Guldenward ins Gefängniß geworfen,
Ich
unterdessen meine
Frau und Tochter mit dem schmählichsten Elende
kämpften.
Ach! noch bin ich um meines Weibes Le
ben besorgt; mein Unglück warf ste aufs Krankenbette. Victor.
Und was hab' ich für Sie gethan?
Solch.
Was Sie für mich gethan haben? —
Grvsmüthiger Man«! Sie haben die Summe für
mich bezahlt; mich aus dem Gefängnisse befreit, und wollen mir auch das Vertrauen meiner Obern wie
der schenken.
Victor.
Ich beneide Ihren Wohlthäter um dieser
edlen That von ganzer Seele — aber ich bin es nichtSolch, (erstaunt.)
Sie sind cs nicht? — Haben
Sic die Güte, diesen Brief zu lesen-
Victor. Meines Vaters Hand! —(etlieft.) „Mein „ Herr i Da wichtige Geschäfte meinen Sohn abhal„ten. so hat er mich ersucht, Ihnen folgendes in
„seinem Namen zu schreiben: Er hörte von Ihrem
„Arrest, aber er hielt sie für strafbar.
Nun ist er
„vonIhrer Unschuld und dem unverdienten Elende-
( 15 ) »Ihrer Familie überzeugt-
Sie sind frei; Ihre
„ Schuld ist bezahlt, und beiliegende tausend Guide» „giebt er Ihnen zu Ihrer neuen Einrichtung-
Auch
„ wird er keine Mühe sparen, Ihnen das Vertraue» „Ihrer Vorgesetzten zu erwerben-
Diese Pflicht der
„Menschheit, die er Ihne» erweist, kostet ihm nichts,
„da es nur auf Ersparnis einiger höchst minöthigeir „Thorheiten;
einer Equipage, eines Lausers und
„drei bis vier Bediente ankommt-
Dies sind die
„Worte meines Sohnes — und daß ich, sein Vater,
„sie Ihnen melden kann, macht mirunaussprechli„ ches Vergnügen.
Ihr ergebner Franz Brisach. “ —
Ich verstehe den Wink, guter Vater. — Was für ei» Mann! was für ein vortreflicher Wann! — Ich bedaure von Herzen, daß ich mir das Verdienst Ihrer
Rettung nicht zueigoen kann — es gehört meinem
Vater-
Sie sehen aus den letzten Zeilen, welche
Lehre die That «nd der Bries für mich enthält. — Rechnen Sie darauf, daß ich zu Ihrer Unterstützung
dem Fingerzeige meines Vaters folgen werde- —
Morgen seh' ich Sie in Ihrem Hause. Solch,
(seine Hand ergreifend.)
£> Mei» Wohlthär
ter! — meine Thränen —
Victor.
Ich bitte, gehn Sie.
mich unaussprechlich.
Ihr Dank beschämt
Wenn Sie danken wollen, so
danken Sie meinem Vater.
c «6) Solch. (im A'og-hn.) Gott segne diesen Wohnsitz
der reinsten Menschenliebe l
Fünfter Auftritt. Victor. (tinrubig aus tmi> abgehend )
Ich bitt so gerührt -r
so beschämt i — Was sür ein Mann! was sür ein Vater! — O könnt' ich mich doch ganz nach seinen
Neigungen bequemen. Aber ich fühl's, der edle Durst
nach Stand und Ehre ist miauslöschbar in mir.
Ich
muß hin zu dem Ziele, das ich mir aufstcckte, oder das Unglück meines Lebens ist entschieden.
Sechster Auftritt. Victor.
35rif.
Vrisach.
Das ist besorgt, mein Sohn. — Ist der
Mann noch nicht da, der mich zum Doktor promoviren soll?
Victor.
Nein; aber der Rentmeister Soltheim
war da. Dris.
Ich weis — ich schickte ihn zu Dir herein.
Victor,
(still«-and küssend.)
Mein guter lieber
Vater!
»vis. Victor.
Das bin ich, mein Sohn, das bin ich.
Warum wollten Sie das Verdienst einer
so vortreflichen Handlung mir zuschieben? »vis.
( 17 )
Warum, Mein Sohn? HM! Uck Dich solche
Bris.
Auftritte kennen $« lehren, die Dir wohl völlig fremd sind.
Victor. Nein, bester Vater — nicht völlig fremd.
Zugleich wollt' ich Dir einen sehr herrlichen
Bris.
Augenblick verschaffen. — Und was ist herzlicher, ent zückender, als der frohe Dank eines Menschen, den man vom Untergänge gerettet- Sieh, mein Sohn —
Du weißst, ich prahle nicht — solcher seeligcn Augen
blicke hab' ich viele — drum dacht' ich, laß Deinem
Victor auch tiiitn solchen Augenblick jukommcn. Victor. ( wieder Sie Hand fassen». ) ( mit zärtlichem Verwürfe. )
Guter Vater!
Aber der Wink von der
Equipage, dem Lauser und den Bedienten —
Bris.
Sieh nur,
Victor! ich wollte Dir gern
wahres Verdienst bei der Handlung geben.
Ist es
verdienstlich, auf der einen Seite siebentausend Gul den zur Ehre der Menschheit hinzugcbc», und auf.der
andern Seite dreißigtausend Gulden zur Ehre der
Narrheil? Victor.
Wenn man aber —
©tetxnter Auftrktt. Vorige. Lammerd.
Victors Kammerdiener.
Herr Arnold!
Victor, (freudig. ) Ehrgeiz u. Liebe.
Er soll kommen. B
( 18 ) Anmmerd. cgeht ab.)
Das ist der Mann, liebster Vater! —
Vicror.
Der Doktormacher ?
Bris.
Der meine Bitte durch Gründe unter
Vicror. stützen soll.
Achter Auftritt. Vorige. Arn.
Arnold.
Ihr unterthänigster Diener, mein Herr Ba
ron von Brisach! Bris.
Zwei Worte wenigstens find ru viel in
dem Komplimente.
Ich heiße Brisach schlechtweg.
Waö verschalt mir die Ehre Ihrer Gegenwart? Arn.
Ich komme, um Ihnen meine Dienste an-
jubieten — den Beistand der edelsten Kunst. Bris.
Doch nicht der Goldmacher«?
Arn.
DaS ist eine Kunst der Phantast«!
Bris.
Das sag' ich nicht. Durch Glück, Fleiß und
Verstand macht man Gold. — Wie nennt sich den» Ihre Kunst? Arn.
Die Heraldik.
Bris. Nehmen Sie es mir nicht Übel—aber so wahr ich «in ehrlicher Mann bin! ich kenne die Kunst nicht. Arn. Wie hoch schätzen Sie eine erlauchte Geburt?
Bris.
So viel ich auch in meinem Leben berechnet
habe, so hab' ich mir doch nicht die Mühe genom,
( i9 > meit, dar zu berechnen, (zu Dieter.) Dein Doktormacker ist nicht richtig im KopfeArn. Eine hohe Geburt hat hohen Werth- Reich thum ist freilich ein sehr reelles Gut, das ich unge mein hoch schätze; aber das erste aller Güter ist eine edle Geburt. »vif. Das Gut hab' ich nicht- Gott sey Dank, daß ich das andre habe. Arn. LS ließe sich finden — »vif. Wahrhaftig nicht, und wenn Sie bis an den jüngsten Tag suchten- Seit der Sündfluth gab es keinen Adel in meiner FamilieArn. Es findet sich gleichwohl, daß ein Baron Jacob von Brisack, der mit einer Anna Kunigunda vermahlt war, sich im twblsten Jahrhunderte sehr be rühmt gemacht. Vris. Daran hat et wohl gethan — Arn. Sie sehn, wohin ich ziele — »vif. Nein, auf Ehre nichtArn. Der Baron starb — Dris- Sonst lebte er noch. Arn- Das heißt: sein Stamm erlosch. — Der Name ist vakant, und Sie können ihn sich zueignen. Ich habe alles ins klarste Licht gesetzt. Keine einrigo Lücke, weher in der männlichen noch weiblichen LiB»
( 20 )
nie*
ÄlleS ist in deutllchster Ordnung I untersuchest/
prüfen Sie selbst.
(Jtiilt ihm einen Stammbaum. )
Was Henker ist das?
Bris.
Arn. Der chronologische und genealogische Baum-
Ich bedaure Sie herzlich,
Srif.
mein Freund!
der Baum wird Ihnen keine Früchte tragen. — Wer
fen Sie ihn in« Feuer. Mein Vater, Ihre Weigerung setzt mich
Vicror-
in Erstaunen!
Bris. cMtnB.) Mein Sohn, Du bist ein Narr! Dieses Prädikat gehbtt keinem lebendi
Victor.
gen Menschen. So gehört es uns auch nicht. Wir leben ja.
Bris.
Werde« die Baronen von Brisach be
Vicror-
leidigt, daß wir ihren erloschtten Namen wieder er/
wecken, und von ihnen abstammen wollen? Bris.
Es^-witd's ihnen freilich niemand sagen.
Aber lerne vornmir, mein Sohn, daß eia falsch ge münzter Baron weit weniger, als ein gut gemünzter
Bürgerist.
Und wenn Mr auch die ganze. Welt
glaubte, so glaub' ich's doch Nicht-
Nein, nein,
ich will sterben, wie ich gelebt habe. AM.
Das leid' ich nicht.
Ich beweise, daß Sie
wirklich von den Baronen Brisach herstammen, und
wir «ollen setzn, wer von uns Recht behalten wird. Ihr Läugnen geb' ich für falsche Bescheidenheit aus;
( 21 )
Kenn meine Beweise sind so deutlich, daß kein Kunstverständiger mir ein einrig Quartier abstreiten kann. Dris.
Ich soll also durchaus ein Baron seyn?
Arn.
Durchaus,
I.ch werde zwar Kosten haben,
aber auch unsterblich werden, denn meine Arbeit i|i rin Meisterstück.
»vif. (wc fiel».) Der Narr macht Ernst. Arn.
Ich lasse den Stammbaum in Ihrem Na
men drucken, (icisc zu Dick.) Es soll schon gehen. Dris.
Ein paar Worte — geben Sir genau Acht!
Arn.
Sehr genau!
Dris.
Zweihundert Dukaten, wenn Sie mir de«
Baum geben, und alles unterdrücken
— Nichts,
wenn er gedruckt wird.
Arn.
Meine Unsterblichkeit ist dahin — aber da
ist der Stammbaum. Es wird eine hübsche Flamme geben« Kom
Dris.
men Sie,
und empfangen Sie Ihr Geld.
Sohn! Ich bin kein Doktor für Dich. Narrheit hab' ich kein Mittel.
Mein
Für Deine
.) Daß dich der Abgrund ver schlinge, mit deiner zweiten Mettuet' Larol. c vor sich-) Nun standhaft, arme Caroline! Victor. (vor sich. ' Ich muß diese Heirath tren«rn, e« koste, war t# wolle! Larol. c iicbt auf und will Mn-) Leben Sie wohl, Herr Brisach! Viccor. Caroline, ists möglich! Sie lieben den Grafen? Larol. Verdient er'S nickt? Vicrsr. Q>a — aber — < bitter.) aber sollte der Titel Gräfin, nicht etwas zu dieser Liede bei tragen ? Larol. Wenn es wäre — Sie könnten mich darum nickt tadeln Victor. Ich verstehe! (Taufe, al« ob et nicht« zu sa gen wüßte.) Sie werden sich unglücklich machen! Heirath ohne Liebe — Larol. Liebten Sie die Baronin Dornbusch? Victor. Nein, so wahr ick lebe' Ick — Larol. Und dennoch war eine Verbindung mit ihr der zweite Wunsch Ihres Herzens, vicrsr. Wie? —
( 4l ) Carol Ich denke anders. Daö Verdienst des Grase!:, nicht sein Rang, gewann mein Herz. Victor, (sich vergessend, deftig.) Ha, beim Himmel! pr soll nie der Ihrige werden. Carol. Mit welchem Rechte wollen und können Sie sich dem Millen Ihres Vaters widersetzen? Victor. Wie? mit welchem Rechte? — (sich fassend.) Ihr Glück liegt mir am Herzen. Car l- Und wollen es hindern? Vicror Arme Caroline! welch Schicksal wartet Ihrer! Sie kennen die Geschickte alter und neuer Zelten. Ward je ein Bürgermädchen durch einen Edelmann glücklich? — Ist sie nicht der Verachtung beiber Stande ausgesetzt? Den Damen ist Ke eine Räuberin die sich fremder Rechte bemächtigt; den Bürgerweibern eine Närrin, die sich über fit erbeöt. Ihr Mann wird täglich tn die Nothwendigkeit ge setzt werden Spott und Verachtung zu ahnden; ftine Liebe wird dadurch erkalten; er wird Sie auf ein einsames Landgut verweisen, wo Sie die Folgen einer ungleichen Heirath bitter beweinen werben. Carol. Nun erwägen Sie, Herr Brisach, da Sie mir mit einem so edelmüthigeu Manne dies Schick sal prophezeihen — was Ihnen mit der Baronin Dornbusch bevorstand.
( 42 ) Victor.
Ich bin ein Mann, und mein Verwögen
schützt m>ch gegen alle UnfälleCarol.
Ich bin zwar nur ein Weib — aber mein
Wandel soll mich gegen Ihre Prophezeihung schützen.
Victor.
Ueberdies ist Pinau als Gras sehr arm.
Carol.
Er ist reich an Tugenden-
Victor.
Wenn auch der Prozeß zu seinem Vorr
theile ausfällt — was kann man mit zehntausend Gulden Einkünfte machen?
Carol.
Man kann mit «och weniger glücklich
leben-
Victor.
Er ist Offizier — muß sich jährlich von
Ihnen trennen. Carol. Desto mehr «erd' ich seine Gegenwart
schätzenVictor.
ES kann Krieg werden — eine Kanonelft
kugel den geliebten Mann tbdte«. Carol.
Nicht jede Äugel trift.
Victor, rostig.)
Aus dieser Heirath kann und
darf nichts werden- — Der Graf sagte, daß mein Vater Sie m i r bestimmt hätte.
Carol.
Das erfuhren Sie erst durch den Grafen?
Victor.
Ich vermuthete so etwas — aber da mein
Vater nie bestimmt sprach —
Carol.
Victor! Wo bleibt Wahrheit und Ldel-
muth 1 So hätte der Gras nicht gegen Sie gehandelt
( 43 )
Nun wohl — Mädchen, das ju meiner
Victor.
Quaal erschaffen ward! — ich liebe Sie, und nim# Vermehr soll Sie ein andrer besitzen. Carol.
Sie scherzen sehr ernsthaft!
Victor.
Hören Sie Mich, Caroline, und beurthei
len Sie mich nicht nach dem, was mein Vater von mir speicht-
So wahr es ist, daß ich mir Mühe gab,
meine Liebe für Sie zu unterdrücken, so innig fühl
ich bei der Gefahr Ihres Verlusts,
daß es meine
Kräfte übersteigt- — Entsagen Sie dem Grafen, und
geben Sie mir Zeit, das Ziel zu erreichen, das ich mir vorsteckte.
Ich bin überzeugt, daß ich mir den
Weg bfncn werde,
meinem Vaterlande näher am
Throne zu nutzen, dann —
Carol.
Warum soll ich aus Dinge warten, die ich
fetzt in dem Grafen vereinigt finde? — Und verdient
er nicht den Vorzug? Er, der mich so edelmüchig
nur um mein selbstwillen liebt — der nicht zwischen
mir und einer Grille wankt. Victor
So geb' ich sie denn 'auf, diese Grille.
Schalten Sie mit mir nach Ihrem Willen, und wer den Sie mein.
Carol.
Zu spät, Herr Brisach. — Ich gestehe —
daß vor einer gewissen Zeit eine Verbindung mit
Ihnen mein höchster Wunsch war. — Aber Ihr Ehr-
( 44 ) geiz, Ihr« bisherige so merkliche Verachtung gegen
mich — haben mich mir und, der Vernunft wieder
geschenkt. Victor.
Carol.
Caroline! Und Ihr jetziges Anerbieten — legen Sie
die Hand auf Ihr Herr, und strafen Sie mich Lügen — wem hab' ick es zu danken, als dem schimpflichen Billette der Baronin Dornbusch.
Victor-
Ist's möglich! so sehr verkennen Sie
mich? — Caroline! bei meiner Liebe, bei der Rechtschaffeiibeit meines VaterS — Carol.
Lassen Sie uns ein Gespräch abbrechen,
das — Leben Sie wohl!
c,,« geht.)
Victor, (legt di« Arm« übereinander, und steht starr.)
Carol, c schon an 6er Thürk
Nein, nein, ich kann
nicht, und sollt’ es mein Unglück seyn. — Hören Sie mich, Victor! Ihr Vater besteht mehr als jemals
auf unsre Vereinigung; die Heirath mit dem Grafen
ist Erdichtung.
Noch mehr, man wird Sie bald aus«
wahrscheinlichste überreden, daß der gewisse Prozeß verloren, und Ihres Daker» Vermögen und Ehre
dahin sey
So Host er, Sir von Ihrer Adelsucht,
Ihrer Verschwendung und andern Vorurtheilen zu heilen; so Host er, Ihnen wahre, ungetheilte Liebe r« mir, rinzustößen, und uns wechselseitig glücklich
machen. — Aber ich bin unfähig, ein Herz durch
( 45 )
Betrüg zu erschleichen; und Ihr Glück, sollt' es auch
nur ein geträumtes Glück seyn, ist mir tu theuer, um es zu stören.
(gebt
Sechster Auftritt. Victor. (Nach einer Paust.) Wie die Decke vor meinen Au
gen fällt! — Welch ein Mädchen! und ich, welch em Thor!
der im Begriffe stand, Wirklichkeiten für
Hirngespinste hinzugebcn.
Ja, es ist Dir gelungen,
guter Vater! ich bin auf immer von meinen Thor heiten genesen.
Ich eile zu ihm —
Siebenter Auftritt. Victor. Victor,
Was will Er 3
Kammer». Victor.
Kammerdiener.
Es gehn sonderbare Dinge vor.
Nu« ?
Kammer».
Lin paar Herren, die ich nicht kenne,
haben sich mit Ihrem Herrn Vater eingeschlossen. Das machte mich aufmerksam, und ich lauschte ein
wenig an der Thüre.
Vicror-
So, Herr Naseweis 3
Kammer».
Da hörte ich denn allerhand bedenk
liche Worte von Ihrem Herr» Vater,
als: mein
armer Sohn! — solche Ungerechtigkeit — mein gan-
( 46 )
res Vermögen — ein Bettler — Mein armer Sohlt!
lind dergleichenVictor,
(rot M)
Komödie! —
Aha!
die jweite Scene der
(laut und sehr etnsttzast.)
Das hat er
gehört? Lammerd.
Victor.
5(uf meine Ehrei
Wacheiid, oder im Traume?
Lammeid.
Wachend, wie jetzt-
Victor. (versttNt.) Ist es möglich! — mein armes, Ürmer Vater! — Geh Lr!
Lammerd.
(vot sich.) Cs hat geivürkt. Ich habe
meine Sache vortreflich gemachtVictor,
(allein.)
< gest
Hm! riemlich wahrscheinlich an
gelegt! sich meines KaMmerdienerS zu bediene«! —> Was wird nun kommen?
Achter Auftritt. Victor. Graf.
GrafPinau.
O mein Freund! — Ich bin außer mir-' —
Retten Sie sich! retten Sie von Ihrem Vermögen,
was Sie können, und flüchten Sie. Victor, (falt ) Warum?
Graf.
Ich komme vom Minister, dem ich meine
Heirath ««kündigte — Victor.
Graf.
Und er wtderrieth sie Ihnen? Nichtsweniger i -
( 47 ) Viftor. Sonderbar! und ist doch von altem Adel. Graf. Hdten Sie mich! — Idr Vater hat einew Prozeß verloren, der wahrscheinlich sein Vermöge» iidcrsteigt — und da fich unglücklicher Weise noch Etaatsursachen in diesen Prozeß mischen, so besorge ich eine gerichtliche und strenge Nntersuchung. Victor. Mein Vater ist rin rechtschaffener Mann An sein Vermögen kann man kommen; nicht an seine EhreGraf. So kalt- so ruhig? Victor. Der Weise muß sich in sein Schicksal zu finden wissen; und daß rS nicht Eitelkeit ist, daß ich ans diesen Titel Anspruch mache, wird Sie die Folge lehrenGraf, (vet nch.) Sonderbar! Victor. Wenn nur unser Unglück keinen Einfluß auf Carolinens Schicksal hat — wenn Sie noch entschlossen And — Graf. Jetzt mehr- als jemals. Victor. So bin ich ruhig. Graf, (vor sich.) Wie sehr hat Ach der Alte geirrt! — er liebt sie nicht-
( 48 )
Neunter Vorige.
Auftritt. Brisach.
Vris. (Viktor Ntracbtcn».) Mein lieber Sohn— ist Dir Dein Unglück schon bekannt? Victor. Mein Unglück? — Nur, wenn es St« niederschlägt, kann es mich betrübenVris. DieBoslwit und Ungerechtigkeit der Men schen raubt uns nicht allein.mein Vermögen; auch mein guter Name soll ihr Opfer werdenVictor. Der ist sicher; ich kenne meinen Vater. Vris- Ich werd' ihn erhalten. — Aber Deine Aussichten sind dahin, mein Sohn! — Ach! Du wirst, Du kannst den Stur» nicht so gelassen ertra gen, als ich. Victor. Die Aussichten jedes vernünftigen Men schen müsse« sich nach den Umstanden richten. — Ich schwöre Innen, lieber Vater! ich bin bei dieser Ver änderung wenigstens eben so gelassen, als Sie. Vris. Ist« möglich! — O wen« Du so denkst, mein Sohn, so bin ich wieder der Alte; so bin ich wieder ganz in meiner Laune. Victor. Und warum sollten Sie nicht? Bei Ihrer mäßige» Lebensart sind Ihre Leibrenten hinlänglich. Vris..
( 49 ) Vris
Für Dich tiiib mich, wenn Du denkst, wie
Du sprichst. — Denk, Victor, wenn Dich das Uiv
glück als neugedackner Baron betroffen batte i Victor.
Freilich wär' es mir dann empfindlicher
gewesen. Vris.
Wie würde der Adel Dich verspottet
haben r
Victor. Vris.
Und mit Recht. Wie würde der Bürger Dich verspottet
haben!
Viccor.
Und mit Recht.
Vris. (ihn scharr be'krirchkend.) Victor! — ist Dein Betrage» verbissene Wuth,
oder wahre Ruhe des
Geistes ? Victor.
Vris.
Wahre Ruhe deS Geistes. So bi» ich glücklich, und gehe Mit Hei/
terkeit meinem Verhöre entgegen-
Ich soll ki;t
vor einer Kommission erscheinen — ViLor.
Wollten Sie nicht vorher eine Sache zu
Stande bringen, an der Ihnen, glaube ich, noch
mehr als mir liegt? Vris.
Victor.
Die wäre? —
Sehn Sie, mein Vater! dieser vortreft
liche junge Mann, dieser wahre Cavalier läßt sich durch unser Unglück nicht abschrecken — ihm ist
Caroline als Bettlerin noch eben so werth, als vor Ehrgeiz u- Liebe,
D
( 50 ) einer Stunde, da ihre Mitgabe die Äitgabe der
reichsten Gräfin in unserm Lande überstieg. Warum
soll ihr Glück verzögert werden? — Ich, ihr Bru der, will das vortrestiche Mädchen seinen zärtlichen
Armen übergebem (geht ad.)
Zehnter Auftritt. Bnsach. Graf Pinau. ( Beide sehn einander voll Erstaune» an. )
Gras. Was sage» Sie dazu?
Srif. (kalt.) NichtsGraf. Wer hätte da- vermuthet? Bris. Ich nicht.
Graf.
Die Gleichgültigkeit gegen den Verlust de-
Vermögen- kann ich einestheils begreifen. Bris. Ich auch. Graf.
Aber da dieser Verlust alle seine Plane
zerstört, so ist -e mir doch widersprechend. Bris. Mir auch.
Graf. Sie waren von feiner Siebe gegen Carolis
nett so vest überzeugt! — Bris. Ich war blind.
Graf. Bas nun zu thun? Bris. (Mta,a» »er IM) $# Tische gehn!
( 5i )
Aras. Sonderbarer Mann! itttttw in gleicher Laune. Lrts. Was soll ich machen ? Graf. Er kommt!
Elfter Auftritt. Vorige.
Victor.
Caroline,
vicror. Da, mein Freund, empfangen Sie das Kostbarste, was wir geben konnten; das Einzige, was wir noch geben können — aus der Hand Ihres treusten Freundes! Graf. O, wie viel bin ich Ihnen schuldig! Bris. Victor! Du beraubst Dich in unsern jetzi gen Umständen des kostbarsten, des einzigen Gutes, das Dich glücklich machen kann? Vtrcor. Mein Glück würde ihr Unglück seyn, drum geb' ich sie willig hioBris. (stampft mit r«m Fuß«, UN» nimmt Caroline in sein« Ann«.) Komm, mein einziges KindLeb' wohl auf ewig, Herr Baron! Vicror. (tritt zwischen beide und hält sie. )' O Wun der über Wunder! mein Vater ist in übler Laune! Dris. Hat er etwa nicht Ursache?
Vicror. Nein. Ich danke Ihnen aber herzlich, daß Sie mich bei so großem Verluste einer solchen D -
( 5S )
Gleichgültigkeit fähig hielten. die gute Meinung nicht;
Mer' ich
verdiene
ich wußte alles.
Was, alles?
Bris.
Viccor.
Die erdichtete Heirath, den erdichteten
Prozeß. Durch wen — (steht Carolinen an.)
Bris.
Dum
me Frage! — das ist der Verrathet! Zürnen Sie nicht, liebster Vater! Ihn
Larol.
durch
Betrug erhalten —
ach!
das konnt' ich
nicht. Nun die Hcilart verunglückt ist, so ist's
Bris.
vorbei, und Du hast den jungen Menschen aus Dei«em Gewissen.
Victor.
Ich bin geheilt, mein Vater! so gut,
als Sie es wünschen können, und cs zu meiner
Glückseligkeit nöthig war. — Sie find mein, Ca roline!
ans ewig
ber Graf, suchen
mein.
Sie
Und Sie,
mein
lie
fich eine Frau aus Ihrer
Klasse.
Bris.
O, mein Victor! mein Victor! c umarmt
ib».) Ich bin um Millionen reicher; mein Sohn ist vernünftig geworden.
Nun verdienst Du den
Namen Victor; Du hast über Deine Thorheiten
gesiegt.
Meine gute Caroline! — Last uns nun
an die Beschleunigung Eurer Heirath denken —
( T3 ) Beste» Vater! ja nicht, janicht so schnell
Carol.
— eS können Rückfälle kommen —
Victor, (zärtlich.) Caroline! Du hast Reckt, Mädchen. — D« musst
Bris.
ein Probejahr aushalten, Victor!
Victor.
Mein Vater!
Ein Probejahr, ein Probejahr-
Dns.
Victor.
Nun gut-
Ich werde in der Prob«
stehen. ( geht zu Carolinen und tilgt ihre tzand.)
Graf, (leist zu Brisach.) Wollen Sie ihn mm nicht mit der Baronistruüg überraschen? Dris.
(leist.)
Um alles in der Welt nicht; auch
in dem Punkte bedarf er eines Probejahrs.'
Carol, (lächelnd zu Victor.) Das Haus der Baronin Dornbusch steht Ihnen noch wie ehmals offen. Victor.
Bns.
So? und das Billet —
Ist ihr von mir durch den Grasen diktirt
worden. Victor. (empfindlich.) Ei, mein Vater! — Bris.
Da stehst Du, Victor! was ich für Tcu-
fclskünste anwendon mußte, um Dich zu kuriren. Gras.
Es ist der Baronin schwer geworden, das
Billet zu schreiben; dcnu sie schätzt Sic wahrhaft. Dris.
Und nun, mein Victor! wirf Deinen um
nützen Staat und Prunk von Dir; kleide Dich bür gerlich, und handle edel; sei bescheiden gegen Vor-
( 54 ) nehme««, und gütig gegen Geringere.
Gei nicht
stolz auf Deinen Reichthum, das Ohngefähr gab ihn Sir.
Verwalt' ihn zum Vortheile Deiner lei
denden Mitmenschen, und lege täglich Deinem Ge wissen Rechnung ab. — Dann, mein Sohn! dann
bist Du Edelmann, Baron, Gras, Fürst — und Dein Sterbekiffen wird nicht minder sanft sepn,
dlS das Sterdekiffen Deines Vaters. (Victor und Caroline ergreifen VrisachS Hände und werfen sich ihm zu Süßen- Der Graf umarmt ihn. )
s « d e.