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German Pages 112 [113] Year 1793
Die
Entführung. Ein
Lustspiel.
Von
I.
F.
Zunge r.
L e i p z i g-,
bey Georg Joachim Goschen, l/A r.
Die Entführung ein Lustspiel in drey Aufzügen.
Personen.
Herr von Sachau. Henriette von Sachau, seine
To»rev.
Wilhelmine von Sachau, seine Nichte. Baron Rosenthal,
6entietten5 beltimmtcr SBtüutiäam.
Herr v. Buchenhain,
Johann,
Rosenthals Bedienter.
Ein Kellner.
Sesselträger. Bediente.
Henriettens Liebhader.
Erster Aufzug. Erster Auftritt. Zimmer Im Häufe des Herrn von Sachall. Wilhelmine unv Henriette.
Henriette
ein erbrochenes Dillet in der Haud.
9?ein liebes Mübmchen; nein, ich kann mich
unmöglich dazu entschließen.
Wilhelmine.
Du kannst nid)*? Geh
dock! — Mach mich nicht zu lachen! Wenn eS
närrischen Streich zu
drauf ankomml einen
wachen, fö möcht' ich doch wessen, zu was sich
ein Mädchen nicht entschließen konnte' — Und warum kannst du denn nicht, wenn man
fragen darf? Henr.
Dedenke nur: Sich entführet zu
lassen! —> A
2"
Die Entführung,
4
Wilhelm.
Nun du mein Himmel!
als
ob das so etwas außerordentliches wäre! Haben wir denn das nicht in Romanen und Komödien
hundeitmahl gelegen?
Höre einmahl:
du hast
das „sich entführen lassen « mit einem qewissen Nachdruck ausgesprochen; ick glaube du stößt dich
mehr an den Ausdruck, als an die Sache selbst; sage einmahl entführt werden, und ich wette —
Henr.
Wie du auch über meine traurige
Lage'noch scherzen kannst!
Wilhelm. ger Ernst.
Nein, nein, es ist mein völli
Sieh nur; wenn die Leute sagen:
DasFiäulein von Sachau hat sich von dem Herrn von Duchenhain entführen lassen — pfui, das
klingt garstig! Aber wemrs heißt:
Sie ist vom
Herrn von Duchenhain entführt worden;
ist
etwas ganz anders.
das
»Je nun “ wird man
sagen, „was kann ein armes wehrloses Mädchen
dafür, wenn ein Mann mit ihr davon lauft?«
Henr.
O da kennst du die Welt nicht! —
Die Verläumdung —
Wilhelm«
Ey was! Verläumduna hin,
Verläumdung her! — Die Weiber, die sich über
Ein Lusispies.
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solche Dinge am meisten skandalisiren,
sind ge
rade diejenigen, die trotz aller angewandten Mühe
noch niemanden Lust machen konnten mit ihnen
davon tu laufen: alte übrig gebliebene Jungfrauen, oder Weiber, die keine Männer würden bekorm
men haben, wenn sie fern Geld gehabt hätten — Laß doch einmahl sehen, tva" dein Kol idon schreibt. Sie nimmt ihr da- Billet aus der Hanv, und Nest.
»Meine
anaebethere Henriette) Ich bin in der äußersten Verzweiflung “ — —
Was du für ein ver
zweifeltes Mädchen bist, deinen Liebhaber so in Bezweiflung
zu
sehen.'—
äußerten Verzweiflung.
also —
„in der
Der Gedanke Sie zu
verlieren macht mich unsinnig “ —
Nun das
nenne ich mir einen Schäfer, der den Reihen sei ner Lalaqe Ehre macht — „Ich beschwöre Sie bey allem was Ihnen lieb und heilig ist, willigen
Sie in den Vorschlag, den ich Ihnen so oft ge than habe.
Meine Tanre erwartet uns.
Gut liegt nur zwo Meilen weit von hier.
Ihr
Mein
Leben und Tod steht jetzt in Ihren Handen; ent schließen Sie Sich.6 eine Schande ist? Wenn ich ihr nicht dann und mann das unschuldige Vergnügen
wackre,
und über ihren liehen Papa so recht
von Herzen loszog, (b — ~ Sachau.
wich nickt
Nickte!
äußerste!
kck saqe dn's,
treibe
Du hast hisher einen
guten Onkel an mir gehabt, aber — Wilhelm.
Jst's denn etwa nickt wahr?
Wie Sie Sich manchmahl auftühren! Weiß der
liebe Gott,
wer Sie in unsere Familie hinein
geschwärzt hat!
Mein verstorbener Vater war
doch Ihr leiblicher Bruder,
aber der war ein
ganz anderer Mann, als Sie; in meinem gan
zen Lcken habe ich nickt den geringsten Wort
wechsel mit ihm gehabt, und ich war doch schon beynahe fünf Wocken alt, als er starb, Sachau muß wider Willen lachen.
Dummer
Schnickschnack!
Wilhelm,
ibn parodirend.
Onkel, ich
sag's Ihnen — treiben Sie mich nicht auf's
Ern Lustspiel.
rz
juße^e!— Sie haben bisher eine gute Nichte
an mir gehabt, aber — Sachau.
Ueber die Närrinn! — fccbeiOi Nun denn, daSmahl mag's
Wilhelm.
so hingehen! Geben Sie Sick nur zufrieden; ich will Ihnen nichts thun. Da, ihm die Hand hinhaltend, zum Zeichen,
daß ich wieder gut
bin. —
Hieher geküßt! Sachau ihre Hand wegstoßend.
Geh Mit
deinen Possen! Wilhelm.
Ein galanter Onkel sind Sie;
Has muß man Ihnen lassen.
Die schone Hand
Ihrer schonen Nichte nicht einmahl zu küssen, wenn sie sich herab läßt, sie Ihnen selbst darzu reichen! Und ich dächte doch, meine Hand wäre
so übel nicht! —> Loben Sie sie doch ein wenig, Onkelcben!
sie gehört ja auch mit in Ihre
Familie, und alles was dazu gehört ist hübsch. Sie zum Beyspiel um ibn herum gehend Sie sind
ein scharmanter Mann, dagegen ist nichts zu
sagen; aber Sie wären noch tausendmahl scharr
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Die Entführuns.
ttionter, wenn Sie das fatale Projekt mit Hen« rieltens Heirath aufgäben! — Sachau. machen?
Willst du mich wieder böse
Wilhelm, eitlen». einige Zeit aufschöben l
Sachau.
Oder wenigstens noch
Laß mich zufrieden.
Wilhelm, fiel) an Ilm schmiegen!).
HerzenS-
Onkelchenl Nur auf kurze, kurze Zeit! —
Sachau eafii». Keinen Tag, keine Stunde, keine Minurel Wilhelm, «'nearoeiren». Keinen Augen blick, — keine Sekunde — Seh mir einer den Trotzkopf an! —* Onkel! — Onkel — man muß erschrecklich viel Geduld mir Ihnen haben.'
Sachau wider Willen lachend. Man kann über die Närrinn nicht böse werden. — Wilhelm. Oder wissen Sie was? Da mit Sie sehen, daß wir billige Mädchen sind; wir wollen mit uns handeln lassen: sagen Sie
Eia Lustspiel.
iS
uns wenigstens den Namen des anüerwählten Bräutigams.
Es ist doch traurig für die arme
Henriette, ihren künftigen Bräutigam nicht ein mahl dem Namen nach zu kennen.
Sachau.
Wenn
sie
ihn
vor'm Altar
erfährt, ist's auch Zeit.
Wilhelm,
an Ihm Bongen).
Otlfel!
aus
Barmherzigkeit! Bedenken Sie, daß wir Frauen
zimmer sind,
und daß die Neugier «ns das
Herz abdrückt. Sachau. Wilhelm.
Nichts,
nichts!
Aber liebes, goldenes, Her-
zrns-Onkelchen! —
Sachau. Wilhelm..
Es wird nichts draus! — Nur den ersten Buchstaben!
Bitte, bitte!
Sachau ftöBt sie von
stampft mit Bem Fuße,
wacht eine Bewegung mit Bem Munde al» od er reden wellte, geht »der ad.
und ich wollte probwen, solchen Dinge saß'.
wie es sich in einem
Und da kam der gnädige
Herr da mir vielen Leuten,
und sagte:
die
Träger sollten mid) ihm nachtragen; und da eö
mir
eigentlich
einerley
war,
wo sie mich
hinrrugen — Rosenrh. Sachau.
Halr's Maul! Das geht nicht von rechten
Dingen zu!
Wilhelm.
Das glaub' ich selbst! Sie
holten Henrietten von ihrer Tante, lieber Onkel!
setzten sie unrerweges in einen Sessel, weil sie
krank wird, und jetzt hat sie sich in den Bedien
ten des Barons verwandelt. —
Wenn wir
noch in dm Zerren der Feen lebten —
Ein Lustspiel.
iog
Sachau. Hat sich denn alles wider mich verschworen? — Heraus muß e< einmahlr HaNig, tu «xofent6ai. Herr Baron! — ich hatte eine Tochter — Rosenth. Das weiß ich, Herr von Sachau! und ich will Ihnen noch mehr sagen: diese Tochter haben Sie noch. Sachau. Nein! man hat mir sie entführt!
Rosenth. Auch darüber kann ich Ihnen Auskunft geben! Ich war's, der sie entführte!
Sachau Sie? Rosenth. Ja, ich! Sie war, seit sie au- Ihrem Hause ist, bey mir versteckt. Sachau. Herr! — wenn da« ist — Sie sind Kavalier — Sie werden wissen, wie Sie das gut machen müssen! Rosenth. E« giebt nur Eine Art so etwas gut zu wachen, Herr von Sachau! Sie Überlassen e« mir also ganz?
Sachau. Braucht 's noch zu ftagen ? —< Sie sind Kavalier!
II o
Die Entführung.
Nolenrh. Das heißt so viel als: Mann von Ehre. — Sie sollen mit mir zufrieden seyn t Er geht »um Kabinet, und führt Henrietten und Buchenhain heraus.
Letzter Auftritt. DieVorigen. Ducdenhain, ».Henriette. Henriette auf ihren Barer ru. Mein Vater! Sachau. Geh mir aus den Augen, ungerochenes Kindl R o se n t h. Lieber Duchenhain? Herr von Sachau hat mir aufgetragen, einen gewissen Corsas! wieder gut tu machen. — Indem er Hen riettens Hand in Duchendain's Hand legt. Ich glaube
das ist die beste Art! Sachau. Wie! — was? — Nein, Herr! Sie müssen mein Schwiegersohn werden, oder — Rolenth. Herr von Sachau! Ich hatte Zh-e Tochter für meinen Freund entführt. Aber wenn ich ste auch für ihn beirarben sollte — ich glaube, er selbst würde finden, daß das die Freundschaftsdienste ein wenig zu weit treiben hreß. — Also Ihre EmwilUguna, Herr von
Sachau! Und damit das in Einem htngehrz
Ein Lustspiel.
in
er stellt Ito ntften Wilhelmine», hier steht noch eilt Paar! Sachau. Wie! Sie wollen meine Nichte heirathen? Rosenth. Za,Herrvon Sachau! wenn Sie nicht« dagegen haben. Wilhelm. Was bas für eine 2(rt ist! Mich fragt er gar nicht! Ey, ey — Herr Da« ron! Wenn Sie schon mit Ihrem Mädchen so despotisch umgehen, wie werden Sie erst mit Ihrer Frau verfahren? Rosenth. Heißt das despotisch seyn, wenn man sich freywlllig in eine ewige Sklaverey begiebt? Sachau, ter Inteffea nochgedacht tat, für sich.
Auf die Art werde ich sie alle beyde los, und bekomme Ruhe. — taut. Meinetwegen — je eher je lieber! Henr. küßt itm tie 4>an». 1 Ich danke Ihnen, mein I Vater! I Buchenh. Auch ich danke Ihnen!
Wilhelm. Auch ich!
!» gleicher Zeit,
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Die Entführung.
Sachau. Nun! nun! ist das ein Geschrey! — Ich glaube schwerlich, daß ihr mir über's Jahr noch so danken werdet.
Henriette. Ist das der Segen, den Sie uns mitgeben, mein Vater? Sachau. Ey was, Segen! Führt euch gescheut auf; das ist der beste Segen, den ich euch mitgeben kann! Eure Männer mögen sehen, wie sie mit euch zurechte kommen. Aber zu mir kommt nicht klagen, das sag' ich euch! Bor allen Dingen rathe ick dir, Henriene, daß bii deinem Mann nicht etwa auch so davon läufst^ wie deinem Barer; denn ich mfxtre dir nicht dafür stehen, ob er sich so viele Mühe geben dürfte, dich wieder zu finden, als ich mir gege ben habe.
Der Vorhang fällt.