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German Pages XXI, 164 [170] Year 2020
Martina Kahl-Scholz
Du studierst doch Medizin, sag mal ... Alltagsbeschwerden einfach erklärt – Dermatologie
Du studierst doch Medizin, sag mal …
Martina Kahl-Scholz
Du studierst doch Medizin, sag mal … Alltagsbeschwerden einfach erklärt – Dermatologie
Martina Kahl-Scholz Münster, Deutschland
ISBN 978-3-662-60321-5 ISBN 978-3-662-60322-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Umschlaggestaltung: deblik Berlin Fotonachweis Umschlag: ©Claudia Styrsky, München Planung/Lektorat: Christine Stroehla Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Für all jene, die am Anfang denken: Das passt nie alles in meinen Kopf! Doch, passt es!
Vorwort
Wer kennt es nicht – man ist mitten im Medizinstudium, hat zwar schon einiges, aber längst noch nicht alles gelernt und fühlt sich in Sachen Diagnosestellung alles andere als sattelfest. Und dann kommt sie, die unvermeidliche Frage auf der nächsten Familienfeier: „Du, sag mal, Du studierst doch Medizin, kannst Du mir sagen, was das hier ist?“ – und ehe man es sich versieht, wird man mit veränderten Hautstellen, geschwollenen Mandeln und weiteren Symptomen konfrontiert, die man gar nicht unbedingt von seiner näheren Bekannt- und Verwandtschaft sehen und wissen wollte. Einerseits schlägt da stolz das Herz in der Brust, andererseits aber nur so lange, wie man mit den Symptomen auch etwas anfangen kann. Was, wenn die Frage zur schuppenden Hautstelle vor dem Semester kommt, in dem die Dermatologie dran ist? Und wenn man auch nicht aus dem eigenen Erfahrungsfundus schöpfen kann? Was, wenn man zwar dunkel ahnt, was Besenreiser sind, aber keine Antwort auf die Frage parat hat, ob man etwas dagegen machen muss? VII
VIII Vorwort
Dieses Buch und die dazugehörige Reihe sollen auf eine leicht verständliche Art helfen, die meisten und gängigsten „Alltagszipperlein“ zu erklären und zu erkennen. Welche Fragen sollten Sie anderen oder sich stellen, um auf die richtige Fährte zu kommen und Mögliches von Unwahrscheinlichem abzugrenzen? Die Themen sind nicht nur für Medizinstudenten gedacht, sondern auch für interessierte Laien, die ihr medizinisches Vorwissen vertiefen möchten. Jedes Krankheitsbild beginnt mit einer Beschreibung einer Situation, in die jeder, der Medizin studiert, kommen könnte. In dieser Situation verbergen sich schon all jene Symptome, die zusammengefasst zur richtigen Verdachtsdiagnose führen. In den folgenden Abschnitten werden dann – knapp und übersichtlich – die infrage kommende Erkrankung und ihre Differenzialdiagnosen erklärt, ergänzt um eine Box mit Hintergrundwissen, das etwas mehr „Ins Eingemachte“ geht. Zum Abschluss wird die beschriebene Situation noch einmal aufgegriffen und je ein Beispiel dafür gegeben, wie man die Diagnose dem Patienten und wie man sie dem Kollegen vermitteln könnte. Zu diesem letzten Aspekt ein paar persönliche Worte, denn er liegt mir besonders am Herzen und hat deswegen in diesem Buch und in den anderen Büchern dieser Reihe auch einen ganz zentralen Platz, denn: Was für Sie am Anfang des Studiums sicher noch schwer sein wird – all die vielen Fachbegriffe und Abkürzungen zu verinnerlichen –, wird schon während und spätestens am Ende Ihrer Studienzeit so in Fleisch und Blut übergegangen sein, dass Sie es selbst gar nicht mehr wahrnehmen, wenn Sie „Fachchinesisch“ sprechen. Und so ärgerlich es ist, aber das, worum Sie am Anfang so gekämpft haben – all das zu verstehen und sich so ausdrücken zu können –, müssen Sie sich im Gespräch mit dem Patienten wieder abtrainieren.
Vorwort IX
Warum? Stellen sie sich vor, ein Elektriker versucht Ihnen, mit all den ihm zur Verfügung stehenden Fachbegriffen aus Technik und Physik die Schaltkreise in Ihrem WG-Zimmer zu erklären oder ein Bänker in seinem Fachjargon, warum Sie sich nun für das supertolle Konto für Medizinstudenten entscheiden sollten. Sie würden nicht nur Nichts verstehen, sondern vermutlich auch jemand anderes aufsuchen – wobei es in den beschriebenen Fällen „nur“ um Elektrik und Kontoführung ginge, nicht um Ihre eigene Gesundheit. Und gerade im Hinblick darauf würden auch Sie ganz genau wissen wollen, was da gerade mit Ihnen passiert. In der Agenda 2020, dem neuen Studienrahmen, der das Medizinstudium inhaltlich reformieren soll, steht als ein wichtiger neuer Aspekt die Arzt-Patienten-Kommunikation im Fokus. Und das zurecht! Eine gelungene Verständigung zwischen dem Arzt und seinem Patienten ist der Grundstein für alle weiteren diagnostischen und therapeutischen Schritte. Sie behandeln jemanden, Sie versuchen ihm zu helfen, sei es durch Heilung oder durch Linderung seiner Symptome, und der erste Schritt dorthin geht über Verstehen, Verständnis und Sich-Verstanden-Fühlen. Daher gibt es am Ende eines jeden „Falls“ immer die beschriebenen zwei Varianten: die, wie Sie die Diagnose verständlich, umgangssprachlich und dechiffriert dem Patienten erklären, und jene, wie Sie es im Medizinjargon einem Kollegen mitteilen könnten. Ein Buch entsteht nicht nur durchs Schreiben, deswegen gilt mein besonderer Dank Frau Christine Ströhla, die der zündende Funke war, Frau Rose-Marie Doyon, die meine Ideen immer ernstnimmt, und Frau Claudia Bauer für die Betreuung und Mitbegleitung des Projektes. Danke auch allen Akteuren, die im Hintergrund daran mitwirken, dass Gedrucktes entstehen kann.
X Vorwort
Ich hoffe für mich und wünsche Ihnen, dass Sie Spaß beim Lesen haben und an der ein oder anderen Stelle locker und leicht Etwas lernen, das später im Studium nicht mehr zum Wissensberg hinzugefügt werden muss, sondern bereits abrufbar ist. Münster im Frühjahr 2020
Martina Kahl-Scholz
Zusammenfassung
Dermatologie ist ein so vielgestaltiges und breites Feld, Hauterkrankungen sind sich nicht selten so ähnlich, dass ein jahrelanges Fachstudium unabdingbar ist, um ein geschultes Auge und einen zielsicheren Diagnosepfad zu entwickeln. In diesem Buch geht es daher ausschließlich um jene Hauterkrankungen, die sehr häufig – sozusagen als „Volkshautkrankheiten“ – vorkommen und zudem recht eindeutig diagnostiziert werden können. Die nächsten Seiten sollen Ihnen ein erstes Handwerkzeug geben, um – auch schon zu einem frühen Zeitpunkt im Studium – zumindest die gängigen dermatologischen Zipperlein erkennen und (sich und anderen) erklären zu können – was natürlich den erfahrenen Dermatologen nicht ersetzen kann.
XI
Inhaltsverzeichnis
1
…was das hier für ein Ausschlag sein könnte, er juckt schrecklich und wird immer größer 1 1.1 Die Fakten 2 1.2 Der Verdacht 2 1.2.1 Woher kommt denn sowas? 3 1.2.2 Was, wenn es doch…? 4 1.3 Mal nachgefragt… 5 1.4 Klartext 6 Literatur 8
2
…was ist das für ein dicker Hautgnubbel? 9 2.1 Die Fakten 10 2.2 Der Verdacht 10 2.2.1 Woher kommt denn sowas? 10 2.2.2 Was, wenn es doch…? 12 2.3 Mal nachgefragt… 13 2.4 Klartext 13 Literatur 14 XIII
XIV Inhaltsverzeichnis
3
…was könnten diese juckenden Bläschen um den Mund sein? 15 3.1 Die Fakten 15 3.2 Der Verdacht 16 3.3 Woher kommt denn sowas? 17 3.4 Was, wenn es doch…? 18 3.5 Mal nachgefragt… 19 3.6 Klartext 20
4
…was ist das hier für ein roter schuppender Ausschlag, sowas hatte ich noch nie! 23 4.1 Die Fakten 24 4.2 Der Verdacht 24 4.2.1 Woher kommt denn sowas? 24 4.2.2 Was, wenn es doch…? 27 4.3 Mal nachgefragt… 28 4.4 Klartext 28
5
…warum habe ich gerade auf dem Rücken so viele Entzündungen? 31 5.1 Die Fakten 32 5.2 Der Verdacht 32 5.2.1 Woher kommt denn sowas? 33 5.2.2 Was, wenn es doch…? 35 5.3 Mal nachgefragt… 36 5.4 Klartext 36
6
…warum muss ich immer so viele Pausen beim Laufen machen? 39 6.1 Die Fakten 40 6.2 Der Verdacht 40 6.2.1 Woher kommt denn sowas? 41 6.2.2 Was, wenn es doch…? 43 6.3 Mal nachgefragt… 43 6.4 Klartext 44 Literatur 45
Inhaltsverzeichnis XV
7
…wieso habe ich plötzlich überall diese Quaddeln? 47 7.1 Die Fakten 48 7.2 Der Verdacht 48 7.2.1 Woher kommt denn sowas? 49 7.2.2 Was, wenn es doch…? 51 7.2.3 Mal nachgefragt… 52 7.3 Klartext 54 Literatur 54
8
…warum haben sich da sogar Bläschen gebildet? 55 8.1 Die Fakten 56 8.2 Der Verdacht 56 8.2.1 Woher kommt denn sowas? 56 8.2.2 Was, wenn es doch…? 58 8.3 Mal nachgefragt… 58 8.4 Klartext 59
9
…warum hört diese Stelle einfach nicht auf zu schuppen? 61 9.1 Die Fakten 62 9.2 Der Verdacht 62 9.2.1 Woher kommt denn sowas? 63 9.2.2 Was, wenn es doch…? 66 9.3 Mal nachgefragt… 67 9.4 Klartext 67 Literatur 68
10 …warum juckt und brennt mein Hals so? 69 10.1 Die Fakten 70 10.2 Der Verdacht 70 10.2.1 Woher kommt denn sowas? 71 10.2.2 Was, wenn es doch…? 73 10.3 Mal nachgefragt… 73 10.4 Klartext 74
XVI Inhaltsverzeichnis
11 …was ist das für eine komische dicke Wucherung da am Hals? 75 11.1 Die Fakten 76 11.2 Der Verdacht 77 11.2.1 Woher kommt denn sowas? 77 11.2.2 Was, wenn es doch…? 78 11.3 Mal nachgefragt… 79 11.4 Klartext 80 Literatur 81 12 …was könnte das hier zwischen den Haaren sein? 83 12.1 Die Fakten 84 12.2 Der Verdacht 84 12.2.1 Woher kommt denn sowas? 84 12.2.2 Was, wenn es doch…? 86 12.3 Mal nachgefragt… 86 12.4 Klartext 86 13 …was sind diese blauen dicken Schatten an meinen Beinen? 89 13.1 Die Fakten 90 13.2 Der Verdacht 90 13.2.1 Woher kommt denn sowas? 90 13.2.2 Was, wenn es doch…? 94 13.3 Mal nachgefragt… 94 13.4 Klartext 95 Literatur 96 14 …warum habe ich um den Mund diese Entzündungen? 97 14.1 Die Fakten 98 14.2 Der Verdacht 99 14.2.1 Woher kommt denn sowas? 99 14.2.2 Was, wenn es doch…? 101
Inhaltsverzeichnis XVII
14.3 Mal nachgefragt… 102 14.4 Klartext 102 Literatur 103 15 …was kann das bei meiner Oma für eine komische Rötung sein, die immer größer wird? 105 15.1 Die Fakten 106 15.2 Der Verdacht 106 15.2.1 Woher kommt denn sowas? 107 15.2.2 Was, wenn es doch…? 108 15.3 Mal nachgefragt… 109 15.4 Klartext 110 Literatur 111 16 …woher könnten in den letzten Monaten die Rötungen und Pickelchen gekommen sein? 113 16.1 Die Fakten 114 16.2 Der Verdacht 114 16.2.1 Woher kommt denn sowas? 115 16.2.2 Was, wenn es doch…? 116 16.3 Mal nachgefragt… 117 16.4 Klartext 118 17 …warum hat der Nachbar Wunden am Fuß? 121 17.1 Die Fakten 122 17.2 Der Verdacht 122 17.2.1 Woher kommt denn sowas? 123 17.2.2 Was, wenn es doch…? 124 17.3 Mal nachgefragt… 125 17.4 Klartext 125 18 …warum verliere ich so viele Haare? 127 18.1 Die Fakten 128 18.2 Der Verdacht 128
XVIII Inhaltsverzeichnis
18.2.1 Woher kommt denn sowas? 128 18.2.2 Was, wenn es doch…? 130 18.3 Mal nachgefragt… 131 18.4 Klartext 131 19 …was kann das bei meiner Tochter für eine eigenartige Hautrötung sein, die sich immer mehr ausbreitet? 133 19.1 Die Fakten 134 19.2 Der Verdacht 135 19.2.1 Woher kommt denn sowas? 135 19.2.2 Was, wenn es doch…? 137 19.3 Mal nachgefragt… 138 19.4 Klartext 138 Literatur 139 20 …was sind das für komische Knoten an meinen Fingern? 141 20.1 Die Fakten 142 20.2 Der Verdacht 142 20.2.1 Woher kommt denn sowas? 142 20.2.2 Was, wenn es doch…? 146 20.3 Mal nachgefragt… 147 20.4 Klartext 147 21 …warum juckt es mir seit dem Urlaub immer so zwischen den Fingern? 149 21.1 Die Fakten 150 21.2 Der Verdacht 150 21.2.1 Woher kommt denn sowas? 150 21.2.2 Was, wenn es doch…? 152 21.3 Mal nachgefragt… 152 21.4 Klartext 153
Inhaltsverzeichnis XIX
22 …was kann das für ein dicker Knubbel da an der Stirn sein? 155 22.1 Die Fakten 156 22.2 Der Verdacht 156 22.2.1 Woher kommt denn sowas? 156 22.2.2 Was, wenn es doch…? 157 22.3 Mal nachgefragt… 158 22.4 Klartext 158 Stichwortverzeichnis 161
Über die Autorin
Martina Kahl-Scholz Frau Dr. med. Dipl. Päd. Martina Kahl-Scholz hat in Münster Medizin und in Bielefeld Pädagogik studiert. Sie hat nach dem Studium Erfahrung in der Radiologie und Kardiologie gesammelt und sich dann als Copy Editorin, Autorin und Dozentin selbstständig gemacht.
XXI
1 …was das hier für ein Ausschlag sein könnte, er juckt schrecklich und wird immer größer
Es ist ein nettes Fest, alle sitzen nach dem Essen noch am Tisch und unterhalten sich angeregt. Sie haben schon etliche Fragen zu Ihrem Studium beantwortet – dass Sie im 3. Semester studieren; ja, es macht Spaß und ist sehr spannend; und ja, es ist auch sehr anspruchsvoll. Als Sie erklären, was ein „Präp-Kurs“ ist, werden Sie mit einer Mischung aus Entsetzen und Anerkennung angeschaut. Und plötzlich beugt sich die etwas ältere Dame neben Ihnen vertrauensvoll vor und sagt sehr leise: „Wenn Sie Medizin studieren, wissen Sie dann vielleicht, was das hier sein könnte? Ich habe das seit 1 ½ Wochen, es juckt furchtbar und wird immer größer.“ Dabei entblößt sie ihren Unterarm und legt eine kreisrunde Hautstelle frei, die gerötet und eindeutig auch etwas zerkratzt ist. Am Rand erkennen Sie eine Art schuppigen Saum, während der innere Hof weniger betroffen erscheint. Dermatologie liegt in weiter Ferne. Sie merken, wie Ihnen die Röte ins Gesicht steigt und Sie verlegen nach einer Antwort suchen…
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_1
1
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1.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst schildert und zeigt Ihnen die Dame folgende zentrale Symptome: • einen kreisrunden, geröteten Hautausschlag am Unterarm; • dieser wird von einem Jucken begleitet; • er existiert seit 1 ½ Wochen und hat an Größe zugenommen; • der Ausschlag hat einen schuppenden Rand; • im Zentrum erscheint die Haut reizfrei.
1.2 Der Verdacht Besonders auffällig und pathognomonisch (also für eine bestimmte Krankheit charakteristisch) ist der kreisrunde Ausschlag mit schuppendem Randsaum und reizfreiem Innenhof. Diese Kombination – gepaart mit Jucken und Größenzunahme – sollte immer an eine Hautpilzerkrankung (auch Ringelflechte oder Tinea corporis) denken lassen. Jeder kennt vermutlich den lästig juckenden Fußpilz (Tinea pedis), aber auch an vielen anderen Stellen des Körpers kann sich eine Pilzerkrankung entwickeln. Je nachdem, wo sich diese befindet, wird sie noch einmal spezieller bezeichnet: im Gesicht (Tinea faciei), an den Händen (Tinea manus) oder eben an anderen freien Hautstellen (Tinea corporis). Ganz klassisch für einen solchen durch einen Pilz erzeugten Entzündungsherd sind der schuppige, gerötete Randsaum (manchmal begleitet von kleinen Bläschen)
1 …was das hier für ein Ausschlag sein … 3
und das blassere, scheinbar weniger betroffene Zentrum (Abb. 1.1). Dieses Erscheinungsbild kommt daher, dass zentral die Pilze bereits vom Immunsystem des Körpers bekämpft werden und die Entzündung abheilen kann, während sich der Pilz am Rand kreisförmig weiter ausbreitet. Auch der Juckreiz unterstreicht den Verdacht auf eine Hautpilzerkrankung.
1.2.1 Woher kommt denn sowas? Man kann sich mit Pilzen auf vielen Wegen infizieren: Die Übertragung vom Tier auf den Menschen ist genauso denkbar, wie die Ansteckung von Mensch zu Mensch oder durch kontaminierte (also mit dem Pilz besetzte) Gegenstände. Prinzipiell hat das nichts mit mangelnder Körperhygiene zu tun, ebenso wenig wie die Ansteckung mit Fußpilz, die auch jederzeit durch den simplen Kontakt
Abb. 1.1 Klassische Pilzerkrankung der Haut (Tinea corporis): kreisrunde Rötung, leicht schuppender Randsaum und eine zentrale Abblassung im Rahmen des Abheilungsprozesses. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
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mit dem Pilz, z. B. im Schwimmbad, zustande kommen kann. Die Infektion sagt auch nichts über ein intaktes oder nicht-intaktes Immunsystem aus (wie manchmal angenommen wird) – nur, wenn vermehrt Herde auftreten oder nicht abheilen, sollte an eine Immunschwäche gedacht werden. Ins Eingemachte
„Ringerpilz“ (Tinea corporis gladiatorum). Der sog. Ringeroder auch Mattenpilz ist eine Form des Hautpilzes, die oft bei Teilnehmern im Mannschaftssportbereich beobachtet wurde. Die auslösenden Erreger sind meist Fadenpilze (Trichophyten oder Epidermatophyten) und sie übertragen sich durch den engen Kontakt beim Mannschaftssport untereinander (wie beim Ringen) oder mit den gleichen Oberflächen (Sportmatten, Hallenfußboden etc.).
Hautpilze lassen sich gut und lokal mit entsprechenden, den Pilz abtötenden Salben (Antimykotika) behandeln.
1.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Symptome präsentiert werden? • Wanderröte (Erythema migrans): Wie die Beschreibung schon vermuten lässt – hier befindet sich eine rötliche Hautveränderung in Bewegung, um genauer zu sein, ein Ausschlag, der nach einem Zeckenbiss um die Bissstelle herum auftreten kann (Kap. 19). Er breitet sich ebenfalls als roter Saum kreisförmig aus. Wichtige Unterschiede zur Hautpilzerkrankung sind jedoch: in der Regel weder Schuppung am Rand, noch juckende Veränderungen.
1 …was das hier für ein Ausschlag sein … 5
• Schuppenflechte (Psoriasis): Die Schuppenflechte (Kap. 9) ist sehr vielgestaltig, kann sich aber auch als schuppende und gerötete Hautstelle präsentieren, die juckt. Allerdings ist hier eine zentrale Abblassung eher unwahrscheinlich. Zudem kommt die Schuppenflechte vor allem an bestimmten Hautstellen vor: z. B. Knie und Ellenbogen, im Bereich des Kreuzbeins, Kopfhaut, Bauchnabel etc. • Neurodermitis (atopische Dermatitis): Die Neurodermitis wird auch als „das Chamäleon“ unter den dermatologischen Erkrankungen bezeichnet – sie kann zunächst aussehen wie viele andere pathologische Hautveränderungen. Gemeinsam ist ihr mit dem Hautpilz der Juckreiz. Voneinander differenzieren lassen sich beide Erkrankungen aber dadurch, dass die Neurodermitis schubweise auftritt und in der Regel durch bestimmte Trigger ausgelöst oder verstärkt wird. Außerdem sind häufig bestimmte Hautregionen (wie etwa Augenbereich, Nacken, Ellenbeuge, Kniekehlen etc.) betroffen.
1.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es in Ihrer näheren Umgebung weitere Menschen, die eine ähnliche Hauterkrankung haben? → Ansteckung mit Tinea corporis durch andere? 2. Haben Sie in den letzten Wochen einen Zeckenbiss bemerkt/eine Zecke entfernt? → Abgrenzung Wanderröte (Erythema migrans)
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3. Haben Sie weitere Stellen, an denen sich solche Hautstellen entwickelt haben? Wenn ja, welche? → Abgrenzung Schuppenflechte (Psoriasis), Neurodermitis (Atopische Dermatitis)? 4. Hatten Sie solche Veränderungen schon mehrmals in der Vergangenheit? → Abgrenzung Neurodermitis (Atopische Dermatitis)? 5. Wird der Ausschlag/das Jucken durch bestimmte Nahrungsmittel oder Ähnliches schlimmer? → Abgrenzung Neurodermitis (Atopische Dermatitis)?
1.4 Klartext Sie haben die Symptome, Sie haben einen Verdacht und Differenzialdiagnosen weitestgehend ausgeschlossen, aber haben Sie auch die richtigen Worte? Das eine ist, eine Krankheit bestimmen zu können, das andere, sie dem Patienten auch verständlich zu vermitteln. Mindestens genauso wichtig, wie Ihr Wissen und Ihre Diagnosefähigkeit, ist es, dass der Patient versteht, was ihn krank macht und was er dagegen tun kann.
Im Studium lernen Sie sehr präzise, wie Sie sich von Kollege zu Kollege mit kurzer knapper Fachsprache erklären können. Das ist wichtig und effizient. Würden Sie aber den gleichen Text an einen Patienten weitergeben, um ihm seinen Zustand zu erklären, wäre der Effekt vermutlich der gleiche, als würden Sie japanisch mit ihm reden. Daher hier wie in den folgenden Kapiteln jeweils ein Beispiel dafür, wie Sie interkollegial erklären
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könnten, was Ihre Verdachtsdiagnose ist, und ein weiteres, wie Sie dem Patienten seine Erkrankung verständlich machen könnten. Wohlgemerkt: Beides ist bewusst als „Schwarz-weiß-Malerei“ dargestellt, um den Kontrast deutlich zu machen – natürlich können Sie mit Ihrem Kollegen auch umgangssprachlicher reden als hier dargestellt. Von Arzt zu Patient Das sieht nach einem Hautpilz aus – sehen Sie hier den schuppigen Rand? Und das hellere Innere? Das ist ganz typisch für einen Pilz. In der Mitte hat Ihr Immunsystem schon erfolgreich gegen den Erreger gearbeitet, während er sich am Rand weiter ausbreiten kann. Auch der Juckreiz und die zunehmende Größe sind ziemlich typisch für einen Hautpilz, mit dem man sich letztlich überall anstecken kann – bei jemand anderen, der sich angesteckt hat, ebenso wie an Gegenständen, auf denen sich der Pilz befindet. Prinzipiell ist das aber eine harmlose Hauterkrankung, die man gut mit speziellen, pilztötenden Salben behandeln kann. Ich rate Ihnen dringend, zum Hautarzt Ihres Vertrauens zu gehen und noch einmal einen prüfenden Blick darauf werfen zu lassen – er wird Ihnen dann die entsprechende Salbe verschreiben.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hierbei um eine sich zentrifugal ausbreitende, kreisförmige Effloreszenz mit squamösen Randsaum, allgemeiner erythematöser Veränderung und zentraler Abblassung. Der begleitende Pruritus und die Form der Ausbreitung lassen auf eine Tinea corporis schließen, die am ehesten mit einem Antimykotikum behandelt werden sollte. Die Konsultation eines Dermatologen ist anzuraten.
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Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
2 …was ist das für ein dicker Hautgnubbel?
Sie sind schon lange nicht mehr Zuhause gewesen, aber dieses Wochenende hat es endlich geklappt und neben Ihrer Familie sehen Sie auch endlich Ihre beste Freundin Gina wieder. Sie sitzen gerade über einer Pizza und streamen die letzte Folge Ihrer Lieblingsserie, als sich Gina mit besorgtem Gesichtsausdruck zu Ihnen beugt und mit gedämpfter Stimme sagt: „Du bist doch jetzt schon was länger am Studieren, kann ich Dich mal was fragen?“ Augenblicklich sind Sie angespannt. „Klar?!?“ antworten Sie mehr fragend als überzeugt. „Mein Vater hat an der Achsel mehrere kleine, komische Wucherungen, die sind schon länger da, sind ganz weich und tun wohl auch nicht weh, aber so richtig weiß er auch nicht, was das ist und ob es vielleicht doch gefährlich sein könnte. Der geht ja nie wegen irgendwas zum Arzt und wenn’s nicht wehtut, erst recht nicht – leider. Und irgendwie mach’ ich mir auch Sorgen. Das sieht ein bisschen so aus wie ein Riesenhautgnubbel, der an einem dünnen Stil baumelt. Die sind etwas größer geworden im Laufe der Zeit, aber nicht viel. Darf ich Dir mal ein Foto (Abb. 2.1) zeigen? Vielleicht fällt Dir ja was dazu ein?“ Sie nicken knapp und hoffen, irgendeine zündende Idee zu haben…
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_2
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2.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst schildert Gina folgende zentrale Beschreibungen: • Mehrere Hautveränderungen im Achselbereich; • die kugelartig aussehen und an einem schmalen Stil hängen; • sie sind hautfarben; • sie sind weich und verschieblich; • sie haben nur wenig an Größe zugenommen; • sie sind schmerzfrei.
2.2 Der Verdacht Die beschriebene Hautveränderung lässt am ehesten an ein weiches Fibrom (Fibroma molle) denken. Es handelt sich dabei um eine harmlose, gutartige Hautveränderung, die manchmal einzeln, eher aber in Gesellschaft Gleichgesinnter auftritt. Vor allem in Bereichen, in denen „Haut an Haut“ reibt (Achseln, unterhalb der Brust, Leistenund Halsregion), treten weiche Fibrome bevorzugt auf. Vom Aussehen her zeigt es sich (Abb. 2.1) als hautfarbene, weiche Papel, die an einem dünnen Stil mit der Haut verbunden ist.
2.2.1 Woher kommt denn sowas? Generell treten weiche Fibrome häufiger ab dem 40. Lebensjahr auf und stehen im Zusammenhang mit Übergewicht.
2 …was ist das für ein dicker Hautgnubbel? 11
Abb. 2.1 Foto der Hautveränderung an der Achsel. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
Oder anders gesagt: Wer etwas zu viel auf die Waage bringt, neigt auch eher dazu, diese letztlich freundlichen Wucherungen zu entwickeln. Ins Eingemachte
Von Gut und Böse. Auf das weiche Fibrom passt exemplarisch sehr gut, was man generell für die Unterscheidung zwischen guten (benignen) und bösartigen (malignen) Wucherungen sagen kann:
• Benigne…: …sind tumoröse Veränderungen, die langsam wachsen, sich auf ihr Gebiet beschränken (also meist gut verkapselt und gegen den Untergrund verschieblich sind) und sich en toto, also komplett entfernen lassen. • Maligne…: …sind tumoröse Veränderungen, die genau das Gegenteil machen: Sie wachsen rasch, überschreiten dabei „ihr Gebiet“ und sprießen aggressiv in andere Strukturen ein (weswegen sie meist auch nicht
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mehr en toto entfernt werden oder für sich getastet und verschoben werden können). Im schlimmsten Fall haben es bereits Tumorzellen bis in die Blutbahn geschafft und sorgen für eine Streuung: Metastasen entstehen. In aller Regel sind weiche Fibrome aber allerhöchstens optisch störend und können dann mit einem Skalpell oder Scherenschlag entfernt werden – allerdings gilt es dabei zu beachten, dass sie ihre eigene Blutversorgung haben und deswegen möglichst nicht in Eigenregie entfernt werden sollten.
2.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Beim weichen Fibrom ist schon recht eindeutig, was und worum es sich hierbei handeln könnte. Die Differenzialdiagnose beschränkt sich daher eher darauf, ob es sich um eine andere Fibrom-Form handelt: • Hartes Fibrom: Der Name lässt es vermuten – um „weich“ und „verschieblich“ geht es hier eher nicht. Die auch als „Fibroma durum“ oder Histiozytom beschriebene Hautveränderung entsteht meistens nach einer kleinen Verletzung (z. B. einem aufgekratzten Mückenstich). Allerdings ist es eher typisch für Frauen und kommt dann auch meistens an den Beinen und nicht in der Aschel vor. Zudem tastet es sich hart und ein Stil fehlt ebenfalls. • Reizfibrom: Diese Fibrom-Form kommt durch eine andauernde Reizung oder eine chronische Entzündung zustande. Allerdings tritt das Reizfibrom eher im
2 …was ist das für ein dicker Hautgnubbel? 13
Mundbereich, um genauer zu sein in der Mundhöhle auf und kommt hier ebenfalls nicht als Verdachtsdiagnose infrage.
2.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Wie alt ist die betroffene Person? → Hinweis auf Altersgruppe Fibrom 2. Ist die betroffene Person eher schlank oder – sagen wir mal – etwas kräftiger? → Hinweis auf Übergewicht im Zusammenhang mit weichen Fibromen 3. Gab es im Vorfeld irgendeine Reizung/Entzündung? → Abgrenzung hartes Fibrom/Reizfibrom
2.4 Klartext Sie haben zwar noch keine Dermatologie gehabt, aber die Hautveränderung haben Sie Gottseidank schon einmal während Ihres Pflegepraktikums bei einem älteren Patienten gesehen – und sich erklären lassen, was genau das sein könnte. Also atmen Sie erleichtert aus und antworten:
Von Arzt zu Patient Das sieht nach einem sogenannten weichen Fibrom aus. Das ist nichts Schlimmes, es passt alles ganz gut zusammen – dass Dein Dad mehrere davon hat, auch die Stelle, an der sie sind, der Stiel, der kugelige Gnubbel. Er ist doch auch etwas – ich
14 M. Kahl-Scholz sage mal – kräftiger, oder? Das wäre ebenfalls typisch. Er kann sich beim Dermatologen die Absicherung holen, dass es nichts besorgniserregendes ist, wozu ich eh raten würde, denn so Ferndiagnosen sind immer eine schwammige Sache. Aber generell glaube ich, dass das eine ganz harmlose Hautveränderung ist, die er sich – wenn sie ihn rein optisch stört – auch entfernen lassen kann. Er sollte nur nicht selber dran rumfummeln, die können schon auch arg bluten, diese weichen Fibrome.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hierbei sehr wahrscheinlich um ein Fibroma molle bei einem leicht adipösen Mann mittleren Alters an einer klassisch intertriginösen, mechanisch beanspruchten und damit prädestinierten Stelle (axillär). Klassisch zeigt sich die hautfarbene, gestielte, weiche Papel und das Auftreten in Mehrzahl. Sollte es den Patienten kosmetisch stören, kann es per Scherenschlag oder Skalpell entfernt werden.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
3 …was könnten diese juckenden Bläschen um den Mund sein?
Der Vorlesungen am Vormittag sind vorbei und Sie sind gerade mit Eva, einer guten Bekannten, die Pharmakologie studiert, auf dem Weg zur Uni-Kita, um mit ihr gemeinsam ihr Kind dort abzuholen. Der Kleine ist drei Jahre alt und seit sechs Monaten dort. Als er seiner Mama entgegenrennt, wirkt er quengelig und verschwitzt. Er schmiegt sich eng an sie und greift sich immer wieder ins Gesicht. „Ben, was ist los?“ fragt ihre Bekannte besorgt, denn er scheint anders als sonst irgendwie sehr müde zu sein. Da entdeckt sie an seinem Mund lauter kleine, wässrige Pusteln, an die Ben auch immer wieder fasst, um sich dort zu kratzen. „Was ist das denn?“ fragt Eva erstaunt. „Du studierst doch Medizin!“, wendet sich Eva an Sie, „Hast Du so einen Ausschlag schon einmal gesehen?“
3.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_3
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Zusammengefasst zeigen sich Ihnen folgende Symptome: • Ein Ausschlag um den Mund herum; • es handelt sich um kleine Pusteln, die jucken; • scheinbar hat das betroffene Kind eine erhöhte Temperatur und ist abgeschlagen.
3.2 Der Verdacht Gerade bei Kindern ist es meist schwierig, Ausschläge richtig einzuordnen. Von einer allergischen Reaktion, einem postviralen Geschehen bis hin zu einer handfesten Infektion kann es meist alles (und nichts) sein. In diesem Fall grenzen aber die o. g. Fakten den Verdacht doch etwas ein. Um den Mund herum ein juckender, pustulöser Ausschlag, das hört sich am ehesten nach Borkenflechte (Impetigo contagiosa) oder dem Hand-Mund-Fuß-Ekzem an. Da es sich um kleine juckende Pusteln handelt, die sich scheinbar zunächst nur auf einen Bereich beschränken und nicht mit weiteren schweren Krankheitssymptomen vergesellschaftet sind, schiebt sich die Impetigo auf Platz 1 der Verdachtsdiagnosen. Meistens bilden sich zu Beginn kleine rote Punkte, die dann zu wässrigen Bläschen werden. Unabhängig davon, ob zunächst wässrig, werden die Bläschen rasch eitrig und die Haut darunter entzündlich gerötet. Kommt dann noch Juckreiz dazu, ist die Gefahr der Ansteckung groß, denn das Sekret ist – wer hätte es gedacht – kontagiös (nicht ohne Grund heißt diese Form der Impetigo so, wie sie heißt).
3 …was könnten diese juckenden Bläschen um … 17
3.3 Woher kommt denn sowas? Von unseren kleinen Freunden, den Bakterien. Im Fall der Impetigo contagiosa sind es vornehmlich Staphylococcus aureus, seltener auch β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) oder Mischinfektionen, durch die die Erkrankung hervorgerufen wird. Beide Vertreter aus der Staphylokokken- und Streptokokken-Liga sind bei vielen von uns friedlich im Nasen-Rachen-Raum angesiedelt (ohne Schaden anzu richten) und übertragen sich durch Schmierinfektionen oder durch Kratzen auf andere (manchmal sehr kleine) Menschen. Die sich bildenden Bläschen treten vor allem im Gesichtsbereich auf, wobei man noch einmal zwischen der „kleinblasigen“ und „großblasigen“ Form unterscheidet. Bei ersterer bilden sich zunächst (kleine) wasserklare Bläschen – platzen diese, bleibt eine honiggelbe (da eitrige) Verkrustung zurück. Bei der großblasigen Variante (bullöse Impetigo contagiosa) bilden sich zunächst auch wässrige Bläschen, die dann aber im Verlauf grau-gelb eintrüben, bevor sie platzen – zurück bleiben nicht gelbe Krusten, sondern ein geröteter Untergrund. Diese Form ist in der Regel immer durch Staphylococcus aureus bedingt. Ins Eingemachte
Von Durchreisenden und Bleibenden. Was dort oben beschrieben wird über Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes, die sich immer mal wieder in unserer normalen Keimbesiedlung (Flora) finden, wird auch als transient und resident bezeichnet. Einige Bakterien haben ihren festen Platz in und auf uns, sind also residente Besiedler; andere schauen nur auf eine kurze (aber Gottseidank freundliche) Stippvisite vorbei und sind transiente Besucher. Solange alles im Gleichgewicht und unser Immunsystem im besten Zustand ist, stellt diese Situation auch
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kein Problem dar. Nimmt aber der ein oder andere sonst friedliche Bakterienstamm das Zepter in die Hand und breitet sich aus oder fährt – aus welchen Gründen auch immer – unsere Immunabwehr kurz das System runter, können sonst wohlgesinnte Keime zum Problem werden.
Da die Erreger sehr gerne feuchtwarmes Milieu mögen, gibt es immer wieder „Hochphasen“ im Spätsommer, in denen sich die Impetigo vor allem in Kindergärten oder Schulen ausbreitet. Das „Gute“ an der Erkrankung ist aber: Es fehlen in der Regel weitere Symptome, allenfalls tritt leichtes Fieber hinzu, und sie heilt ohne Narbenbildung aus. Sinnreich ist in jedem Fall ein Abstrich, um den bakteriellen Übeltäter zu entlarven. In der Regel reicht zur Behandlung dann eine antibiotische Salbe oder desinfizierende Creme. Nur bei schweren Verläufen wird auf die orale Antibiotikatherapie zurückgegriffen.
3.4 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Wie schon oben erwähnt ist ein Ausschlag im Kindesalter gerne „Alles“ und „Nichts“. Wenn er sich aber lokal begrenzt, wie hier am Mund, findet, dann sollte man zumindest an drei weitere Möglichkeiten denken: • Hand-Mund-Fuß-Krankheit: Hierbei handelt es sich auch um eine weitere klassische Kinderkrankheit und auch hier kann es zu einem Ausschlag um den Mund kommen. Allerdings handelt es sich dabei eher um Pusteln, denn um Bläschen und der Verlauf ist anders. Es gibt zwar etliche Fälle, in denen sich die Krankheit nicht ausgeprägt zeigt, aber „klassisch“ kommt es
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zunächst zu Fieber, Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und Veränderungen an der Mundschleimhaut (die dann auch in Form von Bläschen auftreten können). Außerdem benennt die Erkrankung auch gleich ihre Prädilektionsstellen: Auch an Hand und Fuß kommt es in der Regel zum Ausschlag. Weiter wichtiger Unterschied zu der Impetigo contagiosa: Hier ist ein Virus der Verursacher, nicht ein Bakterium! Eine antibiotische Therapie wäre also grundlegend falsch. • Lippenherpes: Auch daran sollte man kurz denken. Allerdings wären die Bläschen dann sehr wahrscheinlich nur punktuell an einer Seite (nicht um den Mund herum) und hautpsächlich am Übergang zwischen Lippenrot und Gesichtshaut. • Nahrungsmittelunverträglichkeit: Gerade bei Kindern kann es dazu kommen, dass sie auf bestimmte Nahrungsmittel mit einem Ausschlag reagieren. Das muss gar nicht eine handfeste allergische Reaktion mit weiteren Begleitsymptomen sein, sondern kann sich schlicht in einem diffusen (manchmal auch juckenden) Ausschlag äußern.
3.5 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gab es vorab schon Symptome, die sich gezeigt haben (vielleicht auch nach der Aufnahme bestimmter Nahrungsmittel), oder ist der Ausschlag plötzlich aufgetreten? → Abgrenzung Hand-Mund-Fuß-Krankheit/ Unverträglichkeit 2. Gibt es weitere Stellen, die betroffen sind, wie Mundschleimhaut, Hand, Fuß? → Abgrenzung Hand-Mund-Fuß
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3. Was wurde gegessen/getrunken/gefrühstückt? War etwas Neues dabei, dass das Kind zum ersten Mal probiert hat? → Abgrenzung Unverträglichkeit
3.6 Klartext Sie stehen etwas ratlos vor Eva, denn gerade, was Kinder angeht, haben Sie nicht wirklich einen Plan, Pädiatrie ist noch ein paar Semester weit entfernt. Als Sie gerade zu einer Antwort ansetzen wollen, kommt die Kindergärtnerin hinzu und meint: „Den Ausschlag habe ich schon am Vormittag bemerkt, er ist auch ansonsten recht unzufrieden und etwas quengelig heute. Für mich sieht das sehr stark nach Borkenflechte aus, das geht gerade auch bei uns rum. Am besten gehen Sie zum Kinderarzt und lassen das einmal abchecken. Meistens reicht dann eine Salbe, damit es besser wird.“ In dem Fall waren Sie also eher der Statist, aber für das nächste Mal könnten Sie antworten:
Von Arzt zu Patient Ich glaube, dass das eine Borkenflechte sein könnte, die man auch Impetigo contagiosa nennt. Die Bläschen um den Mund und der rötliche Untergrund, dass es juckt, die Temperatur etwas erhöht, Ben aber ansonsten gut zurecht ist, das geht schon in die Richtung. Am besten gehst Du mal zum Kinderarzt, wo vermutlich ein Abstrich genommen wird, denn wenn es die Borkenflechte ist, dann ist ein Bakterium der Verursacher. Dagegen wirst Du dann vermutlich eine Salbe erhalten. Achte nur auch darauf, dass Du Dich nicht ansteckst, das breitet sich schnell aus. Also solltest Du Handtücher, Bettwäsche etc. möglichst täglich auswechseln, auch, wenn es lästig ist.
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Von Arzt zu Arzt Die Verdachtsdiagnose lautet Impetigo contagiosa. Die wasserklaren Bläschen bzw. roten Makula, der Pruritus, die periorale Ausbreitung bei ansonsten wenig Allgemeinsymptomatik lässt darauf schließen. Sinnreich wäre ein Abstrich und dann ggf. Anbehandlung mit einer antibiotischen Lokaltherapie (Retapamulin, Fusidinsäure) oder antiseptische Cremes (z. B. Chlorhexidin) bzw. antiseptische Umschläge (z. B. mit Octenidin- oder Polihexanid-Lösung). Die Mutter muss auf die hohe Kontagiosität und die entsprechenden vorbeugenden Hygienemaßnahmen (gute Körperhygiene, Vermeidung direkter Körperkontakte, regelmäßige Händedesinfektion, täglicher Wechsel von Kleidung, Handtüchern und Bettwäsche) hingewiesen werden.
4 …was ist das hier für ein roter schuppender Ausschlag, sowas hatte ich noch nie!
Endlich! Zuhause. Jemand, der das Lieblingsessen kocht, die Wäsche macht und nicht ständig das Klo besetzt – WG-Leben ist was Feines, hat aber auch seine Schattenseiten. Außerdem ist hier mehr Ruhe, um die Doktorarbeit weiterzuschreiben. „Kommst Du mal kurz runter und hilfst beim Tischdecken?“ Andererseits…. In der Küche nehmen Sie Teller und Besteck entgegen und wollen gerade ins Esszimmer gehen, als Ihnen an der Hand Ihrer Mutter Rötungen zwischen den Fingern auffallen, die leicht schuppig und nässend wirken. „Was hast Du denn da gemacht?“ fragen Sie erstaunt. „Ach das, ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.“ Ihre Mutter streckt die Hand aus und hält Ihnen die roten Stellen direkt unter die Augen als seien Sie kurzsichtig. „Da, Frau Doktor, dann sag doch mal, was das sein könnte. Ich habe so einen Ausschlag noch nie gehabt, er juckt fürchterlich. Und an einigen Stellen nässt er auch.“ Sie sind zunächst etwas ratlos und fragen ins Blaue hinein: „Hast Du denn in letzter Zeit irgendetwas anderes benutzt? Seife, Handcreme oder sowas?“ „Ich habe mir neulich so Händedesinfektionsmittel bestellt, man hört ja immer öfter, wie schnell man sich Keime fangen kann. Das benutze ich regelmäßig. Meinst Du, das kann daher kommen?“ Meinen Sie? © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_4
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4.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Ausschlag in den Fingerzwischenräumen, • der erstmalig aufgetreten ist • und sehr juckt und nässt. • Er steht scheinbar im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Desinfektionsmitteln.
4.2 Der Verdacht Das, was hier beschrieben wird, klingt am ehesten nach einer allergischen (Kontakt-)Reaktion in Form des Kontaktekzems.
4.2.1 Woher kommt denn sowas? Die Berührung mit etwas, das wir nicht vertragen bzw. das unser Körper als Allergen – also fremd und damit schlecht – wahrnimmt, löst eine Abwehrkaskade aus. Zunächst nur in der Form, dass der Körper ein Phantombild anfertigt und den Übeltäter „im Gedächtnis“ behält (was auch als „Sensibilisierung“ bezeichnet wird). Kommt dieser dann ein zweites Mal mit der Haut in Berührung, gibt es kein Abwarten mehr, sondern nur die Flucht nach vorne: Abwehrzellen, wie T-Lymphozyten, wandern in die Kontaktstelle für den direkten Kampf ein. Etwa 2–3 Tage später tritt dann das eigentliche Ekzem erst auf.
4 …was ist das hier für ein roter schuppender … 25
Ins Eingemachte
Sofort oder Spät?. Allergien können sich umgehend oder – wie oben beschrieben – nach einem weiteren Kontakt und dann tatsächlich erst nach 2–3 Tagen bemerkbar machen. Man spricht hier von unterschiedlichen Allergietypen.
• Typ I ist eine Allergie mit sofortigen (meist sehr akuten) Symptomen, von Ödemen, Nesselsucht bis hin zum anaphylaktischen Schock. • Typ II beschreibt eine Allergie vom sog. zytotoxischen Typ. Hier kommt es zur Bildung von Immunkomplexen, die durch den Kontakt mit z. B. Blutgruppen, Medikamenten etc. entstehen. Die Reaktion lässt in der Regel 6–12 h auf sich warten. • Typ III wird auch als Immunkomplextyp beschrieben, bei der das Komplementsystem eine wichtige Rolle spielt und hyperaktiv eingebunden ist. Auch hier erfolgt die Reaktion meistens 6–12 h später. • Typ IV ist nun der Typ, der im o. g. Beispiel naheliegt: Die Immunreaktion vom Spättyp, die sich in der Regel erst 1–3 Tage nach dem Kontakt mit dem Allergen klinisch zeigt. Eine Kontaktallergie kann durch alle möglichen Allergene hervorgerufen werden. Die bekanntesten sind Nickel, Duftstoffe, Konservierungsmittel oder Chromat (das sich z. B. in gegerbtem Leder befindet). Zunächst zeigen sich dann meist an der betroffenen Stelle Hautrötungen, auf denen sich kleine (meist juckende) Bläschen bilden, die aufplatzen können. Zurück bleiben Krusten. Kommt die Stelle nicht mehr mit dem Allergen in Berührung, kann das Ekzem abheilen; findet aber immer und immer wieder ein erneuter Kontakt statt (zum Beispiel mit Desinfektionsmittel), wird der Ausschlag chronisch. Im letzteren Fall stehen
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vom Hautbild her nicht mehr die Bläschen im Vordergrund, sondern die Rötung und Schuppung, zu denen auch Einrisse (Rhagaden) und eine Verdickung der Haut (Lichenifikation) hinzukommen können. Das wichtigste ist deswegen, dem Übeltäter auf die Spur zu kommen. Wurde etwas Neues verwendet (von Duschgelen über Shampoos bis hin zu Handseife oder neuem Waschmittel, um nur einige wenige Beispiel zu nennen) oder bei chronischen Varianten: Gibt es Zuhause oder bei der Arbeit etwas, das infrage käme? Ein Epikutantest kann dann Gewissheit bringen. Ins Eingemachte
Über oder Unter?
Epi…, klingt nach Epizentrum und damit nach Erdbeben, heißt aber nichts anderes, als dass der Test auf der Haut gemacht wird, um genauer zu sein auf dem Rücken. Bei einem Epikutantest werden Pflaster mit den vermuteten allergenen Stoffen präpariert und auf die Haut des Rückens geklebt. Dort verbleiben sie für 48 h. Stoffe, die der Körper tatsächlich angreift, sorgen für gerötete, juckende, nässende Stellen. Dieser Test eignet sich also hervorragend zur Feststellung einer Kontaktallergie bzw. einer Allergie vom Spättyp.
Ein anderer Allergietest ist der sog. Pricktest, bei dem mögliche Allergene in gelöster Form auf den Unterarm „getropft“ werden und dann mit einer Lanzette angeritzt unter die Haut gebracht werden. Ein Tropfen ist dabei zur Kontrolle mit Histamin angereichert, diese Stelle muss also reagieren (Positivkontrolle). Ein anderer Tropfen ist komplett wirkstofffrei, hier sollte also gar keine Reaktion stattfinden (Negativkontrolle). Nach 20 min schaut man sich die aufgetropften Stoffe an und vergleicht sie mit der Positiv- bzw. Negativkontrolle. Dieser Test wird verwendet, um Allergien vom Typ I – also vom Soforttyp – dingfest zu machen.
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Die beste Therapie ist natürlich die Vermeidung dessen, was die Allergie auslöst. Meistens heilt dann das Ekzem gut ab. Bei chronischen Formen kann manchmal eine kortisonhaltige Creme hilf- und sinnreich sein – vorübergehend, versteht sich.
4.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Rötung, kleine Bläschen, Krusten ggf. schuppige Hautareale – das kann alles und nichts sein. Meist ist der Zusammenhang zu einem bestimmten Auslöser herstellbar und damit die Allergie identifiziert, zusätzlich denken könnte man aber auch an: • Bakterielle Infektionen der Haut: wie zum Beispiel die Impetigo (Kap. 3), die sich aber vor allem im Gesicht findet und eitrige Krusten hinterlässt. • Krätze (Scabies): Zumindest bei Läsionen an der Hand, vor allem in den Fingerzwischenräumen, sollte man kurz auch an diese Möglichkeit denken. Juckreiz, Rötung, ggf. auch Schuppung wären jedenfalls identisch. Aber bei der Krätze (Kap. 21) verursachen die verantwortlichen Milben kleine feine, spinnennetzartige Gänge in der Haut, die sich als dünne Aufhellungen zeigen. • Neurodermitis (atopische Dermatitis): Das Chamäleon unter den Hauterkrankungen kann sich natürlich auch so zeigen, wie hier beschrieben, aber da es klassische Prädilektionsstellen und meist auch eine Begleitanamnese gibt, ließe sich auch das recht rasch ausschließen.
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4.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es zusätzliche Hautveränderungen (Eiter, Aufhellungen)? → Ausschluss bakterieller Infekt/Skabies 2. Gibt es andere Hautstellen, die betroffen sind (z. B. Ellenbeugen, Kniekehlen)? Gibt es Begleiterkrankungen (z. B. allergisches Asthma, Rhinokonjunktivitis)? → Ausschluss atopisches Ekzem
4.4 Klartext Sie halten einen Moment inne und erinnern sich dann an Biochemie und das Immunologiekapitel, da ging es auch schon um Allergien und wie sie entstehen. Typ IV war zellvermittelt, hauptsächlich durch TH1-Zellen, aber das hilft Ihrer Mutter jetzt auch nicht wirklich weiter. Also fassen Sie innerlich kurz die Ihnen noch präsenten Fakten zusammen und antworten:
Von Arzt zu Patient Und ob es das sein kann. Vermutlich reagierst Du auf das Händedesinfektionsmittel allergisch. Lass es bitte mal weg und warte ab, ob der Ausschlag besser wird. Sollte es nicht besser werden, dann kann es das eigentlich nicht sein. Aber zu einer Kontaktallergie passt das alles schon recht gut: die Rötung, die Bläschen, dass es juckt. Wenn es aber in den nächsten Tagen nicht besser werden sollte, dann solltest Du besser mal zum Hautarzt gehen.
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Von Arzt zu Arzt Sehr wahrscheinlich liegt hier ein Kontaktekzem, also eine Allergie vom Typ IV nach Coombs und Gell vor. Die erythematösen und papulovesikulären Veränderungen und der zeitnahe Zusammenhang zum Gebrauch eines möglichen Allergens (in diesem Fall ein Hautdesinfektionsmittel) sprechen ebenso wie der Pruritus dafür. Es wäre sinnreich, das potenzielle Allergen zu meiden und die Entwicklung abzuwarten.
5 …warum habe ich gerade auf dem Rücken so viele Entzündungen?
Es ist ein sommerliches Wochenende und Sie sind zur Geburtstagsfeier Ihrer Tante eingeladen. Es sind viele gekommen, u. a. auch Ihr Großcousin, der mittlerweile 16 Jahre alt ist, und mit dem Sie sich immer schon gut verstanden haben. Er fragt nach, wie es im Studium läuft und lässt sich fasziniert-gruselnd beschreiben, was Sie im P räp-Kurs bisher gemacht haben. Freundschaftlich boxen Sie ihm gegen die Schulter und wollen gerade sagen, dass er, wenn ihn das alles so interessiert, ja auch Medizin studieren könnte, als er schmerzverzerrt ein kurzes Stöhnen von sich gibt und seine Hand schützend auf die Stelle legt, auf der Sie gerade noch ihre Faust hatten. „Hallo? Nicht Dein Ernst, oder? Das war doch nur leicht von der Seite!“ ziehen Sie ihn auf. „Doll wars nicht, aber ich habe da schon länger Entzündungen, die echt wehtun und immer wiederkommen. Auf beiden Schultern und auch am oberen Rücken. Du studierst doch Medizin! Was könnte das sein?“ Erst jetzt fällt Ihnen so richtig auf, dass er auch im Gesicht etliche entzündete Stellen hat. „Kannst Du mir mal kurz zeigen, wie die Entzündungen aussehen?“ Ihr Cousin zieht sein T-Shirt am Oberarm so weit wie möglich nach oben und sie sehen auf seiner Schulter genau
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_5
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32 M. Kahl-Scholz die gleichen tiefen, knotig wirkenden Entzündungen wie im Gesicht, teilweise sogar kleinere Narben, die scheinbar von abgeheilten Stellen zurückgeblieben sind. „Seit wann hast Du das?“ fragen Sie nach. „Weiß nicht, angefangen hat es so mit 14, aber da wars erstmal nur im Gesicht und ich dachte: Akne halt. Aber es war dann schnell auch am Rücken und auf den Schultern. Manchmal geht’s, aber meistens sind das richtig dicke Entzündungen, die richtig wehtun.“ Sie nicken langsam…
5.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Knotige Entzündungen mit Narbenbildung; • betroffen sind vor allem Gesicht, Rücken und Schultern; • Beginn in etwa mit der Pubertät, Verschlimmerung im Laufe der Zeit.
5.2 Der Verdacht Ihr Cousin beschreibt und zeigt zunächst ein klassisches Bild der Akne, allerdings nicht einer „Durchschnitts“-Akne, sondern der sog. Acne congoblata, einer besonders schweren Verlaufsform. Zunächst kommt es auch hier wie bei jeder Akne zur vermehrten Bildung von Mitessern und entzündeten Talgdrüsen, aber der Entzündungsprozess reicht bei der Acne conglobata wesentlich tiefer, was dazu führen kann, dass sich (schmerzhafte)
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Knoten, Zysten und Fistelgänge bilden können. Neben dem Gesicht sind häufig betroffene Stellen Brust, Rücken, Schultern, Nacken, Kopfhaut und Arme.
5.2.1 Woher kommt denn sowas? Akne ist eine Erkrankung, die durch viele Ursachen, die zusammenwirken, ausgelöst werden kann. Man spricht von einer „multifaktoriellen Genese“, bei der nicht der eine Faktor, sondern das Zusammenspiel mehrerer Faktoren eine Erkrankung auslösen. Im Fall der Akne geht man zum einen von einer genetischen Ursache aus – die Veranlagung für diese Hauterkrankung wird also in den meisten Fällen mit in die Wiege gelegt. Daneben können ein erhöhter Spiegel an Wachstumsfaktoren (die wiederum Einfluss auf den Testosteronspiegel haben) genauso mitwirkend sein wie eine zu starke Hornbildung durch die Keratinozyten. Ist das Propionibacterium acnes in zu hoher Anzahl an den Talgdrüsen vorhanden, kann das ebenfalls eine Entzündung begünstigen. Nicht zuletzt spielt die Ernährung eine Rolle: Milchprodukte und Nahrungsmittel, die sehr viel Zucker beinhalten, stehen im Verdacht, Akne-Erkrankungen zu verstärken. Medikamente (allen voran Anabolika, aber auch Kortikosteroide oder Psychopharmaka) können ebenfalls die Entstehung einer Akne fördern. Am häufigsten sind Jugendliche (Männer wie Frauen) im Alter zwischen 15 und 18 betroffen. Die „normale“ Akne (Acne vulgaris) geht meist nach einigen Jahren spontan von selbst zurück. Bei 1/3 der Betroffenen liegen aber schwere Formen, wie die beschriebene Acne conglobata vor.
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Es gibt nicht die eine Form…. Hört man „Akne“, hat man sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Aber von dieser Erkrankung gibt es weitaus mehr als nur die eine Form:
• Acne vulgaris: Die „gewöhnliche“ Akne kann noch einmal in zwei Unterarten aufgeteilt werden – die Acne comedonica und die Acne papulopustulosa: – Acne comedonica: Durch einen Talgstau entstehen zunächst Mitesser (comedere aus dem Lateinischen: essen, mitessen), die auch leicht prominent als kleine Zyste sichtbar sein können. Es gibt geschlossene (weiße) und offene (schwarze) Komedonformen. – Acne papulopustulosa: Geschlossene Komedone können sich durch Entzündungen in Papeln und Pusteln umwandeln. • Acne conglobata: Hierbei handelt es sich um eine besonders schwere Verlaufsform der Akne mit oben beschriebenem Erscheinungsbild. • Acne fulminans: Diese erweiterte Form der Acne conglobata geht mit systemischen Anzeichen wie Fieber und Gelenkschmerzen einher. • Acne tarda: Von dieser späten Akneform sind vor allem Frauen ab dem 25. Lebensjahr betroffen. Sie zeigt sich mit entzündlichen Veränderungen an Kinn und unteren Wangen und steht häufig im Zusammenhang mit hormonellen Veränderungen (prämenstruelles Syndrom, polyzystische Ovarien). • Bodybuilder- oder Doping-Akne: Diese Variante kommt bei übermäßigem Einsatz von Anabolika vor. • Öl-/Teer-Akne/Chlor-Akne: Diese Formen sind meist berufsbedingt und bedingen durch den Kontakt zu Öl, Teer oder Chlor eine entsprechende Akne-ähnliche Hautveränderung.
5 …warum habe ich gerade auf dem Rücken … 35
Um die Akne in den Griff zu kriegen, werden – je nach Schwere und Form der Akne – unterschiedliche Substanzen kombiniert, die die Talgproduktion eindämmen, die Verhornungsstörung lösen, Entzündungen bekämpfen und ein hormonelles Gleichgewicht wiederherstellen, wenn dieses gestört und das die (Haupt-)Ursache ist.
5.2.2 Was, wenn es doch…? Sollte sich die Akne durch die konventionellen Mittel nicht gut bekämpfen lassen, sollte man auch an folgende Erkrankungen denken: • Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCO): Das PCO zeichnet sich aus durch veränderte Hormonwerte, allen voran durch einen erhöhten Testosteron- und Androstendion-Spiegel. Neben Akne-ähnlichen Hautveränderungen kann es zusätzlich noch zu anderen Symptomen (vor allem den Zyklus und die Fruchtbarkeit betreffend) kommen. • Adrenogenitales Syndrom: Auch hier kommt es zu einer Überproduktion, und zwar von männlichen Geschlechtshormonen, die in der Folge zu den entsprechenden Veränderungen der Haut führt. Es gibt unterschiedliche Formen, die sich in der Regel aber schon ab der Geburt durch Symptome bemerkbar machen. Eine seltenere Form (late onset) verläuft milder und kann sich erst später in der Entwicklung zeigen.
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5.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Seit wann existieren die Hautveränderungen und wo treten sie am Körper auf? Gibt es andere Personen in der Familie, die davon betroffen sind? → Klassifizierung der Akneform 2. Wird es bei Kontakt mit bestimmten Materialien/ Stoffen schlimmer? → Berufsbedingte Akne? 3. Gibt es weitere Symptome wie z. B. (bei Frauen) Menstruationsbeschwerden/-unregelmäßigkeiten? → Abgrenzung PCO/adrenogenitales Syndrom
5.4 Klartext Akne, so viel ist Ihnen auch klar, und Sie haben auch schon einmal gehört, dass es unterschiedliche Formen gibt, eben auch die ganz aggressive Acne conglobata, daher lautet Ihre Erklärung:
Von Arzt zu Patient Was Du da hast, ist ziemlich wahrscheinlich Akne – allerdings nicht die „Durchschnitts-Akne, sondern eine schwerere Form mit aggressiveren Entzündungen. Dafür spricht, dass sie sich auch auf Deinem Rücken und den Schultern ausgebreitet hat, dass es viele entzündlich-schmerzhafte Pusteln gibt, und dass sich auch bereits als Folge Narben gebildet haben. Ich rate Dir dringend, mal zum Hautarzt zu gehen, da kann man was gegen machen – umso früher Du damit beginnst, desto besser!
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Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hierbei allem Anschein nach um eine Acne conglobata. Die konfluierenden entzündlichen Effloreszenzen, der Krankheitsbeginn mit Einsatz der Pubertät sowie die Prädilektionsstellen Schulter und Rücken sprechen dafür. Anzudenken wäre eine Behandlung mit einem Retinoid bzw. einer Antibiose, je nach Ausprägung und Leidensdruck des Patienten.
6 …warum muss ich immer so viele Pausen beim Laufen machen?
Seitdem Lea Medizin studiert, kommen immer wieder Verwandte – allen voran ihre Eltern – vorbei, um sich anzuschauen, wie es sich als Student leben lässt. Heute kommt ihr Onkel zu Besuch, ein Mitte 50-jähriger, stämmiger lustiger Mann, meist eine Zigarette zwischen den verschmitzt grinsenden Lippen. Sie haben zusammen in der Stadt einen Kaffee getrunken und gehen jetzt die schöne grüne Promenade runter, um sich noch etwas die Beine zu vertreten. Besser gesagt: Lea und ihr Onkel versuchen es, denn jedes Mal, wenn sie einige Meter gegangen sind, wird Leas Onkel langsamer und bleibt kurz stehen: Zuerst, um sich eine neue Zigarette anzuzünden, dann, um den Blick auf die schöne Promenade zu genießen oder die Zigarette auszumachen und in den Mülleimer zu werfen. Aber immer legt er dafür eine richtige Pause ein, sodass von spazieren gehen nicht die Rede sein kann, es ist mehr ein Stop-and-Go, das Lea so stutzig macht, dass sie vorsichtig nachfragt: „Du sag mal, ist alles okay bei Dir? Tut Dir was weh?“ Ihr Onkel blickt etwas verlegen auf den Boden und antwortet leise: „Ich weiß auch nicht, seit einiger Zeit kann ich nicht mehr so viel und lange laufen.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_6
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40 M. Kahl-Scholz Es zieht und schmerzt dann irgendwann in den Waden. Ich bin sonst kerngesund, bis auf den Diabetes, den mein Arzt vür ber drei Jahren festgestellt hat. Aber damit kann das doch nichts zu tun haben, oder?“
6.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Es handelt sich um einen Mitte 50-jährigen Mann, • der zumindest leicht adipös ist und starker Raucher, • und bei dem Diabetes mellitus (Typ 2, aller Wahrscheinlichkeit nach) festgestellt wurde. • Eine Gehstreckung ohne Unterbrechung über 200 m scheint nicht mehr möglich.
6.2 Der Verdacht Der hier beschriebene Symptomkomplex deutet am ehesten auf eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) hin, die vermutlich schon dem Stadium IIB (s. u.) entspricht, also einer ausgeprägten Claudicatio intermittens. (Die Dermatologie befasst sich nicht nur mit Erkrankungen, die sich auf der Haut befinden, sondern auch den Erkrankungen, die die Gefäße betreffen und gleichzeitig Auswirkungen auf die Hautgesundheit haben. Daher gehört die pAVK nicht nur zum internistischen Gebiet, sondern tatsächlich auch in den Bereich der Dermatologie).
6 …warum muss ich immer so viele Pausen beim … 41
6.2.1 Woher kommt denn sowas? Die pAVK ist eine Durchblutungsstörung (die sich vor allem im Bereich des Beckens und der Beine manifestiert), bei der es zur Verkalkung der Arterien kommt (Arteriosklerose), durch die der Blutfluss reduziert (Stenosierung) bis ganz verhindert (Verschluss, Okklusion) werden kann. Die Gebiete, die diese Arterien versorgen, erhalten nicht mehr genug Sauerstoff über das Blut, es kommt zur sog. Gewebshypoxie und Entzündungsprozessen. Ändert sich dieser Zustand nicht, stirbt das Gewebe irgendwann ganz ab (was sich meist zunächst an den Zehen zeigt) und es entstehen Nekrosen. Risikofaktoren, die das Entstehen einer pAVK begünstigen, sind all jene, die die Gefäße auf die eine oder andere Weise schädigen: • das Rauchen, • der Bluthochdruck, • ein nicht gut eingestellter Diabetes mellitus (also häufig sehr hohe Blutzuckerwerte), • zu viel Fette (LDL, Triglyzeride) im Blut. Die ersten Anzeichen, dass eine pAVK vorliegen könnte, sind sehr schnelle Blauverfärbung der Füße bei Kälte und eine Marmorierung der Beine. Spätestens, wenn bei Belastung ein Schmerz in den Beinen entsteht, der dann in Ruhe wieder zurückgeht, sollte an eine pAVK gedacht werden (Tab. 6.1). Die Fußpulse sind meist nicht gut tastbar und die Haut der Füße kalt und bläulich. Ins Eingemachte
Die Schaufensterkrankheit. Das Symptom (Schmerzen in den Beinen bei Belastung, die unter Ruhebedingungen wieder verschwinden) wird als Claudicatio intermittens (also „zeitweiliges
42 M. Kahl-Scholz Tab. 6.1 Stadien der pAVK nach Fontaine und nach Rutherford. (Modifiziert nach Goebeler und Hamm 2017) Fontaine Stadium I
Klinik
Rutherford Grad Kategorie Klinik 0
IIA
Asympto0 matisch Gehen >200 m I
IIB
Gehen >200 m I
2
I
3
II III
4 5
III
6
III IV
Ruheschmerz Ulcera, Nekrosen
1
Asymptomatisch Leichte Claudicatio Mittelschwere Claudicatio Schwere Claudicatio Ruheschmerz Kleine Nekrosen Große Nekrosen
Hinken“) bzw. Schaufensterkrankheit beschrieben, weil die Betroffenen – wie bei einem Schaufensterbummel – immer wieder stehenbleiben und kurz verweilen müssen, damit die Schmerzen vergehen. Die pAVK kann so weit fortschreiten, dass die Schmerzen auch dann auftreten, wenn gar keine Belastung stattfindet, also in Ruhe. Wenn Gewebe tatsächlich abstirbt, kann es zudem zu tiefen Wunden, sog. Ulzerationen kommen (Tab. 6.1).
Die Therapie besteht zunächst darin, die Ursachen zu identifizieren und möglichst zu bekämpfen. Das heißt konkret: auf Zigaretten verzichten, ggf. eine Ernährungsumstellung und eine optimale Einstellung von Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechsel, um weiteren Schaden an den Gefäßen zu verhindern. Konventionell kann auch – wenn die pAVK noch nicht weit fortgeschritten ist – mit einem Gehtraining versucht werden, die Durchblutung peu à peu wieder zu verbessern. Ist die pAVK sehr weit fortgeschritten, wird versucht, chirurgisch
6 …warum muss ich immer so viele Pausen beim … 43
über Bypässe die Durchblutung zu fördern. Die letzte Möglichkeit bei bereits großflächig abgestorbenen Bereichen ist die Amputation.
6.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Eine pAVK spricht schon sehr eindeutig für sich durch die klassischen Symptome, allen voran die Claudicatio intermittens. Wichtig ist es hier eher herauszufinden, was die Ursache ist, also eine gute Diagnostik zu führen und weitere Erkrankungen (sog. Komorbiditäten, zu denen in diesem Fall die KHK, Herz- und Niereninsuffizienz zählen) abzuklären, die eine pAVK zusätzlich verschlimmern könnten. Neben den konventionellen Diagnoseverfahren (Abtasten der wichtigsten Fuß- und Beinarterien und Gehstreckentest), sollte auch durch bildgebende Verfahren versucht werden, sich eine genaue Vorstellung von den Gefäßverhältnissen zu machen. Dafür kommen z. B. die farbkodierte Duplexsonographie, ggf. CT-Angiographie, Magnetresonanzangiographie und digitale Subtraktionsangiographie infrage.
6.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können?
44 M. Kahl-Scholz
1. Liegen eine Hypertonie, ein Diabetes mellitus oder erhöhte Fettstoffwechselwerte vor? → Klärung von Risikofaktoren 2. Gab oder gibt es einen übermäßigen Tabakkonsum? → Risikofaktor Rauchen 3. Gibt es Begleiterkrankungen? Beschwerden mit dem Herzen oder den Nieren? → Risikobelastete Begleiterkrankungen vorhanden?
6.4 Klartext Lea kann sich erinnern, dass in der Biochemie zum Thema Insulin und Diabetesvarianten die Spätfolgen diskutiert wurden – und dazu gehörte, da ist sie sich sicher, dass die Gefäße Schaden nehmen, vor allem die kleineren Gefäße (Mikroangiopathie). Sie erinnert sich auch, dass in irgendeiner Vorlesung was zum Zusammenhang von Rauchen und Gefäßen gesagt wurde. Sie verspricht ihrem Onkel, noch heute nachzulesen, was es sein könnte, und ihn abends anzurufen. Als die beiden miteinander telefonieren erklärt Lea:
Von Arzt zu Patient Ich habe mir noch einmal durchgelesen, wie das alles miteinander zusammenhängen kann und tatsächlich ist der Diabetes, der bei Dir festgestellt wurde, da vermutlich nicht ganz unbeteiligt, denn ein zu hoher Blutzuckerspiegel schädigt auf lange Sicht die Gefäße. Wenn die Gefäße geschädigt sind, können sie das Gewebe, zu dem sie den Sauerstoff transportieren, nicht mehr optimal versorgen, das kann Schmerzen verursachen. Offen gestanden ist das Rauchen da wie Öl ins Feuer zu gießen – es sorgt dafür, dass die Gefäße noch mehr geschädigt werden. Ich würde unbedingt nochmal zu Deinem Hausarzt gehen und mit ihm reden. Das, was Du da hast, nennt man auch Claudicatio intermittens, die Schaufensterkrankheit, weil
6 …warum muss ich immer so viele Pausen beim … 45 die betroffenen Personen immer wieder stehenbleiben müssen, damit der Schmerz in den Beinen vergeht. Bitte geh wirklich nochmal zum Arzt und lass das näher untersuchen – man kann da was machen, aber allem voran ist wichtig, und ich weiß, dass Dir das schwerfällt, darüber nachzudenken, das Rauchen sein zu lassen.
Von Arzt zu Arzt Das vorliegende Symptom ist sehr wahrscheinlich eine Claudicatio intermittens im Rahmen einer pAVK Stadium IIB nach Fontaine. Der betroffene, leicht adipöse Patient hat einen Diabetes mellitus Typ 2. Es sollte zunächst überprüft werden, wie gut der Diabetes eingestellt ist und im Blutbild LDL, Triglyceride etc. bestimmt werden. Ferner sollten die Durchblutungsverhältnisse der Beine z. B. mittels Doppler-Sonographie für eine weiterführende Therapie genauer untersucht werden. Da der Patient starker Raucher ist (50 py), sollte ihm erklärt werden, welchen Einfluss das Rauchen auf seine Symptomatik hat und entsprechende Entwöhnungsprogramme/-hilfen vorgeschlagen werden.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
7 …wieso habe ich plötzlich überall diese Quaddeln?
Das Smartphone klingelt und auf dem Display erscheint das Bild von Tom, über das Pascal einmal mit dem Finger wischt. „Hi?!?“ meldet er sich verwundert, „Alles klar bei Dir?“ Die beiden haben sich schon länger nicht gesehen und ein Anruf um 7:00 h morgens erscheint dann doch verdächtig. „Ja, ne, nicht so.“ kommt als Antwort. „Warum?“ fragt Pascal, „Was los?“ „Ich sehe seit heute Nacht aus wie ein Klingone und überall am ganzen Körper habe ich so rote Flecken, die furchtbar jucken – ich werde noch verrückt!“ Tom hört sich wirklich ziemlich müde und geknickt an. „Wow, das klingt nicht gut.“ antwortet Pascal, „Was heißt genau, Du siehst aus wie ein Klingone? Und hast Du irgendeine Idee, womit das zusammenhängen kann? Hast Du irgendwas Exotisches gegessen oder nimmst Du gerade Medikamente?“ Es folgt ein kurzes Schweigen. „Ich hab` doch gerade wieder diese entzündeten Zahnfleischtaschen und da sollte ich so ein Antibiotikum nehmen, warte…äh… Amöbizitin oder so.“ „Amoxicillin?“ fragt Pascal nach. „Ja, genau, das ist es. Und man, ich meine mit Klingone, dass ich aussehe, als hätte mich jemand als Luftballon missbraucht, vollkommen aufgedunsen und verschwollen im Gesicht, ich krieg die Augen kaum auf. Du studierst doch
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_7
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48 M. Kahl-Scholz Medizin! Was könnte das sein? Geht das von allein wieder weg oder sollte ich mal zu meinem Hausarzt gehen?“
7.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • „Rote Flecken“, die sich in recht kurzer Zeit gebildet haben und die jucken, • eine (scheinbar generelle) Schwellung im Gesicht, besonders aber um die Augen herum, • während der Einnahme von Amoxicillin im Rahmen einer zahnmedizinischen Behandlung.
7.2 Der Verdacht Das, was Tom seinem Freund beschreibt, stellt das klinische Bild einer (sofortigen) Arzneimittelreaktion dar, bei der es begleitend zu einer „Nesselsucht“ (Utrikaria) und zu einer Schwellung (Angioödem, auch Quincke-Ödem genannt) kommt. Es bilden sich rote Quaddeln (im Fall einer Amoxicillin-Allergie vor allem am Oberkörper, Beinen, Armen und Gesicht), die jucken können, begleitend kann es auch zur Rötung und Fieber kommen. Die Schwellung im Gesicht entsteht dadurch, dass die Gefäßwände kurzzeitig durchlässiger für Flüssigkeiten werden, was auch an der Schleimhaut des Mund-/ Rachenraums (Lebensgefahr!) und an den Genitalien passieren kann.
7 …wieso habe ich plötzlich überall diese … 49
7.2.1 Woher kommt denn sowas? Wie bei allen Allergien reagiert das Immunsystems des Körpers übermäßig auf einen Eindringling von außen (oder sogar gegen sich selbst), den es für schädlich hält. In diesem Fall ist es das Amoxicillin (ein Antibiotikum aus der Penicillin-Reihe; generell gelten β-Lactam-Antibiotika, Metamizol und bestimmte Chemotherapeutika als Triggersubstanzen), das der Übeltäter ist. Zunächst bildet der Körper Antikörper (in diesem Fall IgE), quasi als Abwehrfront. Kommt es zum erneuten Kontakt mit dem als „Feind“ identifizierten Verursacher, binden sich die bereits vorhandenen Antikörper an diesen, was wiederum über die Aktivierung von Mastzellen und basophilen Granulozyten zur Ausschüttung von Histamin, Leukotrienen und Prostaglandinen führt. Das kann im schlimmsten Fall zu schockartig allergischen und daher lebensgefährlichen (anaphylaktischen) Reaktionen führen. Ins Eingemachte
Die große Familie der Antikörper. Das Immunsystem des Menschen ist hochkomplex und setzt sich aus vielen unterschiedlichen Abwehrlinien zu einer Gesamtfront zusammen. Dabei spielen die Antikörper (Ak, auch als Immunglobuline bezeichnet, und dann Ig abgekürzt) eine wichtige Rolle, allerdings jedes eine andere (siehe auch Tab. 7.1):
• IgM: Als Antikörper ist IgM das Immunglobulin an erster Front – es ist nämlich der erste messbare Parameter, der bei einer „frischen“ Infektion/Immunantwort erhöht ist. Außerdem aktiviert IgM das Komplementsystem und damit eine sehr potente weitere Schutzwand des Körpers. • IgG: Dieses Immunglobulin ist mengenmäßig der häufigste Vertreter der Antikörper (ca. 80 % der
50 M. Kahl-Scholz Tab. 7.1 Weitere Aufgaben der Immunglobuline im Überblick. (Nach Heinrich et al. 2014) IgM Neutralisierung von Toxinen/ Krankheitserregern Opsonierung Komplementvermittelte Zytotoxizität Antikörperabhängige zelluläre Cytotoxizität Mastzellsensibilisierung
+ +
IgG
IgA
+
+
IgD
IgE
+ + + +
Immunglobuline sind IgG) und besonders stark darin, Toxine und Mikroorganismen zu neutralisieren. Außerdem kann es als einziges Ig die Plazentaschranke passieren und wichtige (Leih-)Immunität von der Mutter auf den Säugling übertragen. • IgA: Antikörper dieser Klasse finden sich vor allen Dingen auf der Schleimhaut der Atemwege, des Gastrointestinal- und Urogenitaltraktes, in der Bindehaut der Augen und der Muttermilch (die darüber direkt Immunschutz an den Säugling weitergibt). • IgD: Auch wenn IgD gemeinsam mit IgM sehr häufig auf B-Zellen zu finden ist, ist über seine Funktion bisher noch nicht viel bekannt. Man geht bisher davon aus, dass es eine wichtige Rolle beim Erkennen und Beseitigen von Bakterien in den Atemwegen hat. • IgE: Dieser Antikörper ist zwar nur in einem geringen Maß vertreten, spielt aber eine wichtige Abwehrrolle, wenn es um das Bekämpfen von Parasiten – wie z. B. Würmern – geht. Reagiert das System um die IgE-Produktion über, kann es zu allergischen Reaktionen vom Soforttyp wie Asthma bronchiale kommen. Wie oben schon beschrieben, sorgt IgE dafür, dass die Mastzellen ihren Inhalt freisetzen – und das ist vor allem Histamin, das wiederum für viele Symptome rund um eine anaphylaktische Reaktion verantwortlich ist.
7 …wieso habe ich plötzlich überall diese … 51
Das wichtigste ist zunächst, dass man herausfindet, was die allergische Reaktion hervorgerufen hat, und den Stoff/ das Medikament umgehend meidet/absetzt. Wird ein pharmazeutisches Mittel als Auslöser identifiziert, sollte ein Allergiepass ausgestellt werden, damit im Notfall klar ist, dass dieses Medikament dem Patienten auf gar keinen Fall gegeben werden darf!
Man muss auch bedenken, dass es bei Medikamenten eine Kreuzreaktivität geben kann, d. h. man reagiert nicht nur auf das Medikament himself, sondern auch auf andere Substanzen, die ähnliche Oberflächenbindungsstellen (Epitope) besitzen und deswegen als „eineiige Zwillinge“ vom Körper bzw. Abwehrsystem wahrgenommen werden! Neben der Meidung des Auslösers kann man systemische Antihistamika nehmen, die den Juckreiz dämpfen und die allergische Reaktion rascher abklingen lassen.
7.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Die Nesselsucht kann durch unterschiedliche Ursachen auftreten, in Kombination mit dem Angioödem ist aber immer auch an eine allergische Reaktion zu denken. Weitere Formen der Urtikaria sind: • Physikalische Urtikaria: Hier werden die Quaddeln durch Wärme, Kälte, Druck, Reibung oder Vibration hervorgerufen. • Spontane Urtikaria: Diese Form tritt ohne nachvollziehbare Triggerfaktoren aus und kann chronisch werden (in dem Fall ist genauer zu prüfen, ob
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Intoleranzen oder chronische Infektionen Ursache sein können). • Darüber hinaus kann die Nesselsucht durch den Kontakt mit Wasser (aquagene Urtikaria), die Erhöhung der Körpertemperatur (cholinerge Urtikaria) oder durch körperliche Anstrengung hervorgerufen werden. • Makulopapulöses Arzneimittelexanthem: Gerade Antibiotika wie Penicilline lösen häufig ein sogenanntes makulapapulöses Arzneimittelexanthem aus. Es zeichnet sich aus durch kleine, beidseitig vorkommende flecken-/knotenartige (makulapapulöse) Hautveränderungen (Abb. 7.1), die sich immer weiter ausbreiten können, nach Absetzen des Auslösers aber auch wieder zurückbilden. Ein begleitendes Angioödem ist eher untypisch.
7.2.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Ist der Ausschlag schon einmal aufgetreten? → Urtikaria anderer Genese? 2. Wenn ja, in welchem Zusammenhang? → Urtikaria anderer Genese 3. Gibt es Unverträglichkeiten/Allergien anderer Medikamente? → Kreuzreaktivität
7 …wieso habe ich plötzlich überall diese … 53
Abb. 7.1 a,b a Klassisches Bild der Utrikaria. b Großflächiges Arzneimittelexanthem. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
54 M. Kahl-Scholz
7.3 Klartext Pascal ist zwar noch nicht im Hauptstudium, erinnert sich aber an das Thema „Immunologie“ aus der Biochemie und an die Allergietypen (Kap. 4). Und auch daran, was für Symptome auftreten können, und dass damit ganz bestimmt nicht zu spaßen ist. Also antwortet er:
Von Arzt zu Patient Du solltest unbedingt, und zwar gleich, zu Deinem Hausarzt gehen. Das, was Du beschreibst, hört sich nach einer allergischen Reaktion auf das Amoxicillin an und die ist nicht ohne. Zumindest passt Dein juckender Ausschlag und Deine Schwellung im Gesicht dazu. Dein Hausarzt wird Dir Medikamente verschreiben, die dafür sorgen, dass der Ausschlag, der Juckreiz und auch die Schwellung nachlassen. Er sollte Dir aber unbedingt einen Allergiepass ausstellen, denn beim nächsten Mal wirst Du vermutlich so oder noch heftiger auf das Medikament oder vielleicht auch auf andere Penicilline reagieren.
Von Arzt zu Arzt Die Symptome des Patienten weisen auf eine Arzneimittelreaktion auf Amoxicillin hin. Urtikaria und Angioödem stehen im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme. Wichtig wäre daher das sofortige Absetzen des Medikaments und die Ausstellung eines Allergiepasses sowie zur Symptomlinderung die Gabe eines Antihistaminikums wie z. B. Cetirizin.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg Heinrich PC et al (2014) Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie. Springer, Heidelberg
8 …warum haben sich da sogar Bläschen gebildet?
„Ich wollte doch einfach nur eine Runde in die Sonne, wer konnte ahnen, dass ich dann einschlafe?“ Ihre WG-Mitbewohnerin schaut erst Sie und dann ihre Beine unglücklich an. Beine, die äußerst rot, ziemlich angeschwollen und mit kleinen Bläschen übersät sind. „Wenigstens hat der Rest von Dir unter dem Sonnenschirm gelegen, aber die Sonne wandert nun einmal, you know? Ich möchte meinen, Du hast einen waschechten Sonnenbrand und ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber leicht ist der nicht.“ sagen Sie mit Blick auf das Desaster. „Ach! Erzähl mir Neues!“ kommt es patzig vom Sofa „Das ist mir wohl auch schon aufgefallen. Aber danke für den Hinweis, Herr Doktor. Kannst Du mir dann auch erklären, warum ich nicht – wie sonst auch – einfach nur eine Rötung habe, sondern auch noch eine Schwellung und Blasen dazugekommen sind?“ Können Sie?
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_8
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8.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • (Ungewollt lange) Sonneneinstrahlung der Beine mit der Folge von: – stark geröteten Hautbereichen, – Schwellungen – und Bläschenbildung.
8.2 Der Verdacht Ziemlich eindeutig – allein aufgrund des Zusammenhangs mit der vorherigen Sonnenexposition – handelt es sich hierbei um einen Sonnenbrand (Dermatitis solaris).
8.2.1 Woher kommt denn sowas? Der UV-B-Anteil in den Sonnenstrahlen ist der Grund, warum unsere Haut bei längerem (ungeschützten) Kontakt mit der Sonne Schaden nimmt. 6 bis 24 h, nachdem eine zu starke Sonnenexposition stattgefunden hat, erreichen die Symptome, die bei einem Sonnenbrand entstehen, ihre Maximalauswirkungen. Es kommt zu der Weitstellung von Blutgefäßen (und damit verbunden zu einer Schwellung der betroffenen Region), zur schmerzhaften Rötung und in schwereren Fällen auch zu der Ausbildung von Blasen (die dadurch zustande kommen, dass sich die Oberhaut – Epidermis, die eigentliche Übersetzung wäre „auf der Dermis“ – von der
8 …warum haben sich da sogar Bläschen gebildet? 57
itgeschädigten Unter-/Lederhaut – Dermis – ablöst), die m auch nässen und dann später krustig werden können. Wenn der Sonnenbrand besonders schwer war, kann es auch zu systemischen Symptomen wie Fieber, Übelkeit etc. kommen. Ins Eingemachte
Oberflächlich oder tief? Je nachdem, wie lange die Haut ungeschützt der Sonne ausgesetzt ist, kann es entsprechend zu leichten oder schweren Schädigungen kommen. Das, was passiert, ist nichts anderes als eine Verbrennung der Haut – im Regelfall 1. oder 2. Grades. Die Schweregrade einer Verbrennung unterteilen sich (wie in der Physiologie besprochen) in den:
1. Grad mit schmerzhaften Rötungen und eventuell leichten Schwellungen der Haut: die Oberhaut (Epidermis) ist betroffen; diese Schädigung kann sich vollständig zurückbilden. 2. Grad, bei dem es zu einer sehr schmerzhaften Blasenbildung kommt, weil nicht nur die Oberhaut, sondern auch die Lederhaut (Dermis) betroffen ist. Eine vollständige Heilung ist genauso möglich (Stadium 2a), wie die Heilung unter der Ausbildung von Narben (Stadium 2b). 3. Grad, der für einen Sonnenbrand nicht mehr relevant ist, der Vollständigkeit halber aber auch kurz erwähnt werden soll. Die Zerstörung der Haut reicht bis in die Unterhaut (Subkutis) mit der Ausbildung von schwarzen, abgestorbenen Hautbereichen (Nekrosen). Die Schmerzen sind tatsächlich eher geringer, weil auch die Nerven mit zerstört werden (nekrotisieren). 4. Grad, der Verkohlung. Die wichtigste Therapie ist zunächst natürlich das Vermeiden von weiterer Sonne und vor allem die Anwendung
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von gutem Lichtschutz. Kühlung und Ruhe sind ebenfalls hilfreich. Bei besonders schweren Fällen können auch Glukokortikoide oder entzündungshemmende Mittel helfen.
8.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Der Sonnenbrand steht aufgrund der Anamnese klar als Verdachtsdiagnose im Raum. Andere Ursachen für die beschriebenen Symptome sind sehr unwahrscheinlich. Weitere Beispiele für blasenbildende Hauterkrankungen sind: • Bullöses Pemphigoid: Diese Erkrankung gehört zu den blasenbildenden Autoimmundermatosen, das heißt: Der Körper greift sich in einer autoimmunen Reaktion selbst an und es kommt zur Ausbildung von größeren Blasen auf zunächst gerötetem Grund. Begleitend ist aber zum einen meist ein starker Juckreiz vorhanden und zum anderen steht wie schon geschrieben hier der zeitliche Zusammenhang zwischen Sonnenexposition und Symptomen gegen diese Differenzialdiagnose.
8.3 Mal nachgefragt… Wie schon geschrieben, kann hier sehr sicher von einer Dermatitis solaris ausgegangen werden, weitere Fragen zu anderen Krankheitsbildern sind nicht zielführend.
8 …warum haben sich da sogar Bläschen gebildet? 59
8.4 Klartext Sie denken kurz nach, an das, was neulich in Physiologie zum Thema Verbrennungen gesagt wurde, und antworten Ihrer WG-Mitbewohnerin:
Von Arzt zu Patient Ja, kann ich. Was Du da hast ist eine Verbrennung 2. Grades. Weil der Hautschaden tiefer geht, löst sich die oberste von der darunterliegenden Hautschicht und es kommt zur Blasenbildung. Ich würde zum Hausarzt gehen, damit der Dir was gegen die Entzündung und die Schmerzen geben kann. Und meide erstmal die Sonne! In der Regel heilt das ohne, dass was zurückbleibt, aus.
Von Arzt zu Arzt Die Patientin hat nach einer intensiven Sonnenexposition eine Dermatitis solaris mit Verbrennungen 2. Grades. Sie sollte weitere Sonneneinstrahlung zunächst meiden, kühlen und ggf. mit Glukokortikoiden und Antiphlogistika behandelt werden.
9 …warum hört diese Stelle einfach nicht auf zu schuppen?
„Was machst Du denn da?“ fragt Lilly ihren Freund. Sie liegen gemeinsam auf dem Sofa und schauen sich „Big Bang Theorie“ an. Ben schaut sie fragend an. „Wieso? Was meinst Du?“ „Merkst Du gar nicht, dass Du Dich immer wieder kratzt? Du schubst mich dabei fast vom Sofa!“ erklärt sie entrüstet. „Oh.“, Ben ist sichtlich überrascht und geknickt, „Das tut mir sehr leid, dass wollte ich nicht, wirklich nicht. Ich habe da an den Ellenbogen so Stellen, die jucken und hören einfach nicht auf. Das ist so unangenehm.“ Er zieht seine Ärmel hoch und zeigt Lilly unregelmäßig große schuppige-trockene, gerötete Hautareale über den Ellenbogen. Dann greift er sich an eine Stelle im Nacken oberhalb des Haaransatzes und ergänzt: „Und ich befürchte, hier fängt es auch an. Da juckt es genauso und die Haut fühlt sich ähnlich trocken an.“ „Hmmm“ Lilly macht ein nachdenkliches Gesicht, „Reagierst Du vielleicht auf etwas allergisch?“ Ben grinst „Oh, Sprechstunde bei Frau Doktor.“ Lilly boxt ihn in die Seite und muss auch grinsen „Blödmann, Du weißt genau, dass ich erst angefangen habe, Medizin zu studieren. Aber im Ernst: Hast Du vielleicht irgendetwas gegessen oder irgendwas neu verwendet? Deo, Waschlotion, Shampoo,
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_9
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62 M. Kahl-Scholz irgendwas?“ „Nö, definitiv nicht.“ antwortet er. „Und seit wann hast Du diesen Ausschlag?“ Ben überlegt und antwortet: „Och, schon was länger, aber es juckt nicht immer, nur manchmal. Und ab und zu ist es insgesamt besser oder fast ganz weg.“ Er schweigt einen Moment. „Jetzt wo ich darüber nachdenke, ich kann mich daran erinnern, dass auch meine Mutter immer mal wieder solche Hautstellen hatte.“ Lilly versucht, sich darauf einen Reim zu machen. „Schon eigenartig.“ meint sie. „Du solltest auf alle Fälle zeitnah zum Hautarzt gehen. Und ich schaue mal in meinen Büchern zuhause und im Internet, ob ich etwas finde, was Sinn ergibt.“ „Also doch zur Sprechstunde!“ grinst Ben und gibt Lilly einen Kuss.
9.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Ausschlag an den Streckseiten der Arme (in diesem Fall den Ellenbogen), • beginnend auch am Haaransatz im Nacken, • schuppige-trockene, gerötete Hautareale, • die nach Angaben des Betroffenen auch in der Familie schon einmal aufgetreten sind.
9.2 Der Verdacht Die hier beschriebenen Symptome könnten in einige verdachtsdiagnostische Richtungen weisen, am ehesten passen sie aber zur Schuppenflechte (Psoriasis).
9 …warum hört diese Stelle einfach nicht auf zu … 63
9.2.1 Woher kommt denn sowas? Die Schuppenflechte ist eine Erkrankung, die durch viele Faktoren mitbedingt wird (also multifaktoriell verursacht ist), und von der Frauen wie Männer gleichermaßen betroffen sind. Ein Faktor, der eine der Hauptrollen im multifaktoriellen Grundszenario einnimmt, ist eine genetische Veranlagung (Disposition) für Psoriasis. Die meisten Gene, die dabei in Verdacht stehen, die Übeltäter zu sein, sind gleichzeitig auch Gene, die in irgendeiner Weise das Immunsystem beeinflussen. Wie genau dieser Einfluss aussieht, ist noch nicht im Detail erforscht, aber daraus hat man geschlossen, dass es durch eine Fehlregulation des Immunsystems zu c hronisch-entzündlichen Veränderungen der Haut kommt, die man dann als Schuppenflechte zusammenfasst. Diese immunassoziierten Veränderungen bewirken, dass die Hornzellen (Keratinozyten) der Haut sich stärker vermehren, was auf alle Hautschichten Auswirkungen hat (Stratum spinosum verbreitert, Stratum corneum verdickt, Stratum granulosum fehlt oder ist – wie die Oberhaut bei dieser Erkrankung generell – sehr dünn). Zu den weiteren Faktoren, die als „Trigger“ für eine Psoriasis bekannt sind, zählen: Medikamente (z. B. Beta-Blocker, Chloroquin, Interferon), Infektionen (Streptokokken, HIV), Stress, Rauchen, Alkohol, mechanische Reize (Kratzen, Piercing etc. = KöbnerPhänomen) und Sonnenbrand. Ins Eingemachte
Unterschiedlich und doch gleich…. Die Schuppenflechte kann in unterschiedlichen Varianten auftreten (Abb. 9.1). Generell gibt es zunächst zwei Typen: Die Typ-I-Psoriasis fängt früh an (vor dem 40. Lebensjahr) und ihr Auftreten ist eher mit
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Abb. 9.1 a-e Klassisches Bild der Psoriasis-Formen. a, b Psoriasis vulgaris. c Nagelpsoriasis. d Psoriasis pustulosa generalisata. e Pustulosis palmoplantaris. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
einer genetischen Veranlagung verbunden. Die Typ-II-Psoriasis beginnt im höheren Lebensalter und zeigt sich meist nicht so ausgeprägt, wie der Typ I. Neben dieser Einteilung gibt es die Unterscheidung nach dem Bild, das sich klinisch präsentiert:
• Die häufigste Form ist die Psoriasis vulgaris (Abb. 9.1a,b), die sich vor allem durch Hautstellen auszeichnet, die scharf begrenzt, gerötet und schuppend sind. Besonders häufig betroffene Stellen sind Ellenbogen, Knie, die Pofalte, Kopfhaut, äußere Gehörgänge und der Bauchnabel.
9 …warum hört diese Stelle einfach nicht auf zu … 65
• Bei Kindern/Jugendlichen kann es – vor allem nach Infekten der oberen Atemwege mit Streptokokken – zur sog. Psoriasis guttata kommen, bei der nicht so stark schuppende Hautstellen über der gesamten Haut (auch der behaarten) verteilt vorkommen. • Die Nagelpsoriasis findet sich – wer würde es vermuten – an den Nägeln, was bei der Hälfte der von Psoriasis betroffenen Patienten der Fall ist (Abb. 9.1c). • Die Psoriasis pustulosa geht zusätzlich mit Pusteln einher. Bei der Psoriasis pustulosa generalisata (Abb. 9.1d), die sehr selten und schwer im Verlauf ist, kommt es zusätzlich zu systemischen Symptomen (Fieber, Schüttelfrost etc.). Die Pustulosis palmoplantaris (Abb. 9.1e) hingegen findet sich nur auf den Handflächen. • Psoriasis inversa: Bei dieser Form sind nicht die Streck-, sondern die Innen-/Beugeseiten der Beine und Arme betroffen. Diese Variante schuppt weniger. • Seborrhiasis: Diese Form zeichnet sich durch eine geringere Schuppung, dafür aber ein mehr fettendes (seborrhoisches) Hautbild aus. • Acrodermatitis: Auch hier finden sich Pusteln (an Fingern und Zehen) und es kann ein Gelenkbefall hinzukommen. • Psoriasisarthritis: Neben der Haut können auch die Gelenke betroffen und schmerzhaft sein. Die Diagnostik wird in der Regel aufgrund der klinischen Symptome gestellt. Zusätzlich gibt es aber auch bestimmte Untersuchungsphänomene, die sich bei der Schuppenflechte hervorrufen lassen. Dazu zählen z. B. das „Kerzenwachsphänomen“, bei dem durch Kratzen mit einem Holzspatel Schuppen (oder sogar ein Teil der Oberhaut, die ja sehr dünn ist = „Phänomen des letzten Häutchens“) leicht gelöst werden können, was zu punktförmigen Blutungen führen kann (= „Phänomen des blutigen Taus“).
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Die Therapie setzt sich – je nach Ausprägungsform der Psoriasis – aus lokal und systemisch wirksamen Mitteln zusammen, die dabei helfen sollen, die Schuppen zu lösen (Keratolyse) und die Entzündung/Schuppenbildung zu hemmen. Die Lichttherapie wird ebenfalls therapeutisch eingesetzt zur Verbesserung des Hautbildes. Ins Eingemachte
Licht ins Dunkle bringen…. Licht soll helfen, eine Hauterkrankung zu verbessern? Wie das? „Lichttherapie“ wäre zu allgemein formuliert, eigentlich handelt es sich um eine UV-B-Lichttherapie. Durch die UV-Strahlen wird die Ent zündungsreaktion in der Haut heruntergefahren und die Zellteilung (in dem Fall stehen da als Ziel vor allem die Hornzellen an Top 1) vermindert.
9.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? • Seborrhoisches Ekzem: Die Seborrhiasis kann im ersten Moment an ein seborrhoisches Ekzem denken lassen. Allerdings tritt dieses vor allem im behaarten und Gesichtsbereich auf. • Kontaktekzem: Auch das Kontaktekzem kommt differenzialtherapeutisch in Betracht. Allerdings wäre hier ein symmetrischer Befall an den Streckseiten zunächst ebenso unwahrscheinlich, wie eine dichte Schuppung. Eher bilden sich kleine Pusteln und es kann nässen. Im chronischen Stadium kann es zwar ebenso zu Abschuppungen kommen, bei denen aber nicht die o. g. typischen Psoriasis-Phänomene dargestellt werden können.
9 …warum hört diese Stelle einfach nicht auf zu … 67
9.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es andere Hautstellen, die betroffen sind? → Abgrenzung Form der Psoriasis 2. Sind derartige Hautveränderungen schon einmal aufgetreten? Wenn ja, wo? → Abgrenzung Form der Psoriasis 3. Gibt es bestimmte Faktoren, die dafür sorgen, dass die Erkrankung schlimmer wird? → Abgrenzung TriggerFaktoren/Ekzematöses Geschehen
9.4 Klartext „Okay, ich bin bereit.“ Lilly klingt siegessicher. Ben muss lachen. „Na dann mal los, lustiges Diagnoseraten.“ Er ist mittlerweile beim Dermatologen gewesen und hat erfahren, was die Hautstellen zu bedeuten haben. Lilly hat sich mittlerweile belesen und mit Wissen bewaffnet. Sie ist sich fast sicher, dass sie eine passende Diagnose gefunden hat. „Na gut, bleiben wir doch mal beim Bild der Sprechstunde.“ sagt Lilly mit fester Stimme. „Dann würde ich Dir jetzt mitteilen, dass…“
Von Arzt zu Patient Nach den Symptomen zu urteilen, handelt es sich bei den Hautstellen am ehesten um eine Hautveränderung im Rahmen einer Schuppenflechte, die vermutlich familiär vererbt ist. Es wäre hilfreich, mit einem Holzspatel noch einige Tests durchführen zu können, um sicherzugehen. Es gibt einige Faktoren, die eine Schuppenflechte verschlechtern können, wie z. B. bestimmte Medikamente, Stress, Rauchen, Alkohol, mechanische Reize und Sonnenbrand.
68 M. Kahl-Scholz Wenn einer dieser Faktoren zu noch mehr trockenen Hautstellen führt, sollte er möglichst gemieden werden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die Schuppenflechte zu behandeln. Da es sich hier allem Anschein nach um eine leichte Form handelt, schlage ich zunächst Salben vor, die man lokal auftragen kann und die helfen, die Schuppungen in den Griff zu kriegen.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hier um eine Typ-I-Psoriasis vulgaris, die familiär bedingt zu sein scheint. Klassisch sind die Streckseiten der Armen betroffen. Zur Sicherung können die klassischen Phänomene getestet werden. Es ist wichtig, den Patienten über die Trigger-Faktoren aufzuklären. Therapeutisch können Harnstoff- und Salicyl-haltige Cremes verschrieben und eine UV-Therapie angewendet werden,
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
10 …warum juckt und brennt mein Hals so?
Eva und Annemarie sitzen auf dem Campusgelände in der Sonne. Es ist Frühling, die erste Wärme weht über die Haut und nimmt die Erinnerung an kalte Wintertage mit sich. Endlich kann man wieder draußen sein, wenn gerade keine Vorlesung ist. Beide unterhalten sich über das anstehende Kopf-Hals-Testat in Anatomie. Während des Gesprächs greift Eva sich immer wieder geistesabwesend an den Hals und kratzt sich, was Annemarie auffällt. „Alles okay bei Dir? Oder haben Dich die Bettwanzen gebissen?“ fragt sie grinsend. „Was? Wieso? Ach, weiß auch nicht, irgendwie juckt mein Hals gerade furchtbar.“, entgegnet Eva. „Du bist da auch ganz rot, kann aber auch vom Kratzen sein.“, meint ihre Freundin. Als die beiden abends telefonieren, erzählt Eva Annemarie, dass das Jucken schlimmer geworden sei, sich der Ausschlag ausgebreitet habe und sich auch kleine Bläschen gebildet hätten. „Ich glaube, ich gehe morgen zum Dermatologen, ich werd’ noch wahnsinnig!“ „Guter Plan.“ antwortet Annemarie, „Ich geb’ Dir dann meine Aufzeichnungen von der Vorlesung.“ Als sich die beiden am nächsten Tag mittags in der Mensa treffen, fragt Annemarie sofort nach, was der Besuch beim Arzt
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_10
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70 M. Kahl-Scholz gebracht hat. „Er hat mich alles Mögliche gefragt, auch, ob ich in letzter Zeit vielleicht irgendetwas Neues benutzt habe, sowas wie Cremes oder Deos oder Parfums. Tatsächlich hab` ich erst vor zwei Wochen von meiner Ma ein neues Parfum geschenkt gekriegt, das ich noch nicht oft benutzt habe. Daraufhin hatte der Doc eine Idee.“ Eva macht eine Pause und sieht Annemarie erwartungsvoll an. „Uuuuuund?“ fragt diese. „Nix und. Sag’ Du mir doch mal, Frau Kollegin, welchen Zusammenhang es da geben kann.“ Eva grinst und wartet.
10.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Juckender, roter Ausschlag am Hals, • der sich bei Sonneneinstrahlung entwickelt, • und weiter ausgebreitet hat, • im Verlauf kommt es zur Ausbildung kleiner Bläschen, • es scheint ein Zusammenhang zu bestehen zum neu verwendeten Parfum,
10.2 Der Verdacht Die hier beschriebenen Symptome, vor Kombination aus Sonneneinstrahlung und wendeter Substanz auf der Haut, lässt photoallergische Reaktion (photoallergische dermatitis) schließen.
allem die neu verauf eine Kontakt-
10 …warum juckt und brennt mein Hals so? 71
10.2.1 Woher kommt denn sowas? Es gibt Substanzen, die in Kombination mit UV-Licht zu einer Allergie führen können. Diese Substanzen nennt man „Photoallergene“ und sie können lokal außen (also topisch) wirken (hierzu zählen bestimmte Duftstoffe in Parfümen oder Bestandteile von Sonnenschutzmitteln) oder – selten – auch systemisch (was z. B. bei der Einnahme von nicht steroidalen Antiphlogistika der Fall sein kann und dann als systemische Photoallergie bezeichnet wird). Wie bei einem allergischen Kontaktekzem (Kap. 4) findet zunächst ein erster Kontakt mit dem Allergen statt (in diesem Fall das erste Aufsprühen der Duftstoffe im Parfum) und das Immunsystem wird für das Allergen sensibilisiert. Erst bei einem weiteren Kontakt kommt es zu einer allergischen Reaktion. Diese Sensibilisierung besteht ein Leben lang (und damit auch die Bereitschaft, allergisch auf den entsprechenden Stoff zu reagieren)! Ins Eingemachte
Photoallergisch vs. phototoxisch. Was genau ist der Unterschied zwischen einer Photoallergie und einer phototoxischen Reaktion?
• Eine phototoxische Reaktion liegt vor, wenn es durch die Einnahme von Substanzen (wie bestimmten Medikamenten, zu denen auch Tetrazykline und Thiaziddiuretika zählen) oder den äußerlichen Kontakt mit bestimmten Stoffen (klassisches Beispiel ist die Wiesengräserdermatitis durch das Berühren von Pflanzen, die Furanocumarinenthalten) und der kombinierten Bestrahlung mit UV-Licht zu der Schädigung von Gewebe kommt. Auch Prophyrine, die jeder Mensch ganz natürlich in sich trägt (z. B. als Baustein der Katalase), haben
72 M. Kahl-Scholz
photoxisches Potenzial. Zusammengefasst: Phototoxische Substanz + UV-Licht = Gewebsschädigung (die sich meist in Form einer sonnenbrandähnlichen Hautrötung, ggf. mit Blasenbildung, zeigt). • Bei einer photoallergischen Reaktion kommt es durch ein bestimmtes Allergen und die körperliche Sensibilisierung auf dieses Allergen in Kombination mit UV-Bestrahlung zu einer allergischen Reaktion vom Spättyp. Hier kann es neben den direkt betroffenen Hautbereichen zu sog. „Streuherden“ kommen, die nicht zwangsläufig mit dem Allergen in Kontakt getreten sein müssen, sondern eine Art „Überallergiereaktion“ des Körpers darstellen (also in dem beschriebenen Fall das Ausbreiten des Ausschlages). Um die Diagnose zu sichern, kann man – wenn die Anamnese und das Hautbild nicht eindeutig sind – einen sog. Photoprovokations- bzw. Photopatchtest durchführen. Dafür werden die im Verdacht stehenden Substanzen epikutan (also auf die Haut) am Rücken aufgetragen. Es werden jeweils zwei Testfelder nebeneinander mit der gleichen Substanz versehen, aber nur eines wird mit UV-Licht bestrahlt. Liegt eine Photoallergie vor, reagiert nur das Feld, das eine UV-Bestrahlung erfahren hat. Liegt eine klassische Allergie vom Spättyp vor, würden Hautreaktionen in beiden Feldern sichtbar sein. Wichtigste Maßnahme ist das Erkennen und Nicht-mehr-verwenden der Substanz, die als Auslöser im Verdacht steht (in dem geschilderten Fall also des Parfums). Gegen Symptome wie Juckreiz etc. können Glukokortikoide bzw. Antihistaminika auf die betroffenen Stellen gegeben werden.
10 …warum juckt und brennt mein Hals so? 73
10.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? • Kontaktekzem: Möglich wäre natürlich ein Kontaktekzem, das unabhängig von UV-Licht entsteht. Um das herauszufinden, kann man den oben geschilderten Photopatchtest durchführen. • Nahrungsmittelunverträglichkeit/-allergie: Sicher sollte auch daran gedacht werden, dass eine Unverträglichkeit von Nahrungsmitteln zu allergischen Symptomen mit Flush-Symptomatik führen kann, die sich im Gesichts-/Halsbereich zeigt. Allerdings wäre es eher wahrscheinlich, wenn dann auch andere – vor allem gastrointestinale – Symptome mit hinzukämen. Außerdem wäre hier die Blasenbildung nicht wirklich bezeichnend.
10.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Sind die Symptome schon einmal aufgetreten? Wenn ja, an welcher Körperstelle? → Hinweis auf Kontaktekzem 2. Entstehen die Symptome in der Sonne oder werden dann schlimmer? → Abgrenzung Photoallergie vs. Allergie vom Stättyp ohne UV-Beteiligung 3. Wurde vorher etwas gegessen? Gibt es aus Erfahrung Lebensmittel, auf die Sie allergisch reagieren? → Abgrenzung Nahrungsmittelunverträglichkeit
74 M. Kahl-Scholz
10.4 Klartext Annemarie guckt etwas überrumpelt. „Keine Ahnung.“, gibt sie zu. „Hatte ich doch vorher auch nicht.“, meint Eva und beginnt zu erklären:
Von Arzt zu Patient Das ist eine sog. photoallergische Reaktion, bei der Duftstoffe aus dem neuen Parfum und die Sonnenstrahlen, genauer das UV-Licht darin dazu geführt haben, dass der Körper auf die Duftstoffe allergisch reagiert. Deswegen die Rötung, das Jucken und auch die Bläschen. Wichtig ist, dass kein Kontakt mehr zu dem Duftstoff zustande kommt. Auf die Stellen sollten eine Kortison- und Antihistamin-haltige Salbe gegeben werden, damit das Jucken etwas nachlässt. Das Ganze klingt in der Regel von allein wieder ab, nur die Sonne ist erstmal nicht mein Freund.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hierbei sehr wahrscheinlich um eine photoallergische Reaktion, mit Erythem, kleinen Vesikula und Streuherden, im Sinne einer Allergie Typ IV. Vermutlich sind Duftstoffe aus dem neu verwendeten Parfum der Auslöser. Zur Sicherung kann ein Photopatchtest gemacht werden. Der Patientin ist anzuraten, die direkte Sonneneinstrahlung vorerst zu vermeiden. Antihistaminika und Kortikosteroide zur topischen Anwendung können die Symptome lindern.
11 …was ist das für eine komische dicke Wucherung da am Hals?
Sie sind gerade am Anfang Ihres Pflegepraktikums und auf einer geriatrischen Station eingeteilt. Es ist noch schwer, alle Schritte zu bedenken und in den Stationsalltag reinzukommen. Die alten Damen und Herren freuen sich aber jedes Mal, Sie zu sehen und ein paar Worte wechseln zu können. Gerade sind Sie bei einem 79-jährigen Mann, der aufgrund von Volumenmangel (Exikose) und Verwirrtheit in die Klinik eingeliefert wurde. Mittlerweile, nach etlichen Infusionen und viel Diagnostik, ist er wieder gut zurecht und flachst fröhlich rum, während Sie ihm das Frühstück ans Bett bringen. Gedankenverloren fasst er sich an den Hals und bleibt an einer Stelle hängen, die Ihnen auch schon in den letzten Tagen aufgefallen ist. Eine dunkle Verfärbung, etwa 2 cm groß, mit einem klar definierten Rand, der leicht erhaben über der Hautoberfläche liegt und dunkelbraun ist. Die Oberfläche wirkt uneben und leicht zerklüftet (Abb. 11.1). „Ich weiß auch nicht“, meint der Patient zu Ihnen, „das Ding hier ist eigenartig. Ich habe das schon länger und es wird kaum merklich größer. Drumherum haben sich mit der Zeit auch andere solche Stellen gebildet. Ein bisschen gibt mir das schon zu denken, gerade, nachdem ich mich jetzt wieder berappelt
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Abb. 11.1 Hautveränderung am Hals. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
habe. Was könnte das sein, Herr Doktor?“ Er grinst Sie halb spitzbübisch, halb verunsichert an und Sie fühlen sich kalt erwischt. Woher sollen Sie darauf jetzt schon eine Antwort haben? Sie denken nach, kommen kurz ins Schlingern und werden rot, fassen sich dann aber wieder und antworten ruhig: „Naja, der ‚Herr Doktor‘ ist noch weit entfernt, aber ich hätte alternativ die Schwester Agnes im Angebot – bin gleich wieder da.“
11.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Bräunliche Hautveränderung am Hals, ca. 2 cm groß, bei 79-jährigem Patient, • scharfe Begrenzung, • leichte Erhabenheit, • unregelmäßige Oberfläche, • langsames Wachstum.
11 …was ist das für eine komische dicke … 77
11.2 Der Verdacht Das, was hier beschrieben wird, klingt am ehesten nach einer sog. Alterswarze, auch seborrhoische Keratose oder Verruca senilis genannt.
11.2.1 Woher kommt denn sowas? Alterswarzen gehören bei sehr vielen Menschen zu den ganz normalen (Haut-)Veränderungen, die das Altern mit sich bringt. Tückisch ist aber an ihnen, dass sie durchaus aussehen können, wie z. B. ein Malignes Melanom, was natürlich ausgeschlossen werden muss. Tatsächlich liegt der Entstehung von Alterswarzen auch eine (somatische) Mutation zugrunde, die aber kein Potenzial mitbringt für Entartungen, also in dem Sinne „benigne“, gutartig ist. Alterswarzen können (Handinnenfläche und Fußsohlen ausgenommen) quasi am ganzen Körper auftreten. Besonders häufig sind sie z. B. an Brust, Rücken, Kopf und Hals. Sie sind einige Millimeter bis Zentimeter groß, scharf begrenzt, graubraun, meist etwas erhaben und unregelmäßig in ihrer Oberfläche. Sie glänzen meist etwas fettig, was ihnen auch den Zusatz „seborrhoisch“ eingetragen hat. Alterswarzen können auch in einer gestielten Variante auftreten und zudem manchmal jucken (was die Gefahr des Aufkratzens und einer damit verbundenen Entzündung erhöht). Sie wachsen langsam und sind gutartig (benigne), können aber als sog. Leser-Trélat-Zeichen in Vielzahl und dann als Begleiterscheinung einer malignen Tumorerkrankung auftreten.
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Zeichen der Zeit. Die Lentigo seniles/solaris, die auch als Altersflecken bezeichnet werden (s. u.), kommen dadurch zustande, dass die Haut mit der Zeit und mit dem „Ausgesetzt sein“ vermehrter Sonneneinstrahlung zunehmend an einigen Stellen verdickt/verhornt (quasi als „Schutz“, woraus sich auch die aktinische Keratose entwickeln kann, s. u.). Und in dieser dickeren Hautoberschicht wird auch vermehrt Melanin, das für die Braunfärbung der Haut verantwortlich ist, eingelagert. Darüber hinaus nimmt im Laufe der Zeit die Festigkeit und Elastizität des Bindegewebes ab – die Haut entwickelt Falten und fängt hier und da an, sich der Schwerkraft zu beugen.
Die Klinik lässt meistens schon in eine bestimmte Richtung denken, dermatoskopisch lässt sich die Verdachtsdiagnose darüber sichern, dass Alterswarzen sich durch sog. „(Pseudo-)Hornperlen“ auszeichnen (wichtige Abgrenzung zum Lentigo senilis und maligna, s. u.). Eine Therapie ist nur dann erforderlich, wenn die Patienten sich kosmetisch beeinträchtig fühlen, dann kann eine Abtragung mit dem scharfen Löffel oder – wenn nicht wirklich gesichert eine Malignität ausgeschlossen werden kann – eine komplette Exzision angestrebt werden. Auf jeden Fall sollte – unabhängig ob Kürettage oder Exzision – eine histologische Untersuchung erfolgen, um die Gutartigkeit zu bestätigen (oder eine bösartige Veränderung nicht zu übersehen).
11.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? • Lentigo senilis/solaris: Die Lentigo senilis sind das Pendant zu den Alterswarzen im Bereich der flächigen Hautveränderungen und werden auch als
11 …was ist das für eine komische dicke … 79
„ Altersflecken“ bezeichnet. Sie bilden sich vor allem an Stellen der Haut, die viel UV-Bestrahlung ausgesetzt waren. Ihre Form ist meist rundlich, kann aber auch unregelmäßig sein. Sie sind hell- bis dunkelbraun und meist scharf begrenzt. • Aktinische Keratose: Auch für die aktinische Keratose gilt – da wo die Sonne immer wieder über Jahrzehnte die Haut berührt hat, kann es zu Veränderungen kommen, in diesem Fall zu einer übermäßigen Verhornung. Sie zeigt sich aber eher als rauer, verhornte Fleck oder Papel, der/die hautfarben bis rötlichbraun und nur wenige Millimeter groß ist. • Lentigo maligna: Ein Lentigo maligna findet sich auch vor allem an Stellen, die häufig einer Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren. Es handelt sich um einen bräunlich bis schwarzen Fleck, der in sich inhomogen gefärbt und unscharf begrenzt sein kann. Er gilt als in-situ-Melanom. Wenn er die Basalmembran durchbricht und in die Unterhaut übertritt, wird er zum Lentigo-maligna-Melanom. Hier ist die ABCDE-Regel ein erster diagnostischer Anhalt (Tab. 11.1).
11.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es andere Stellen, die betroffen sind? → Ggf. weitere Abgrenzung zu Lentigo senilis/maligna 2. Hat sich die Hautstelle in kurzer Zeit stark verändert? Wenn ja, inwiefern? → Hinweis auf malignes Geschehen, Lentigo maligna
80 M. Kahl-Scholz Tab. 11.1 ABCDE-Regel zur Beurteilung bei Malignen Melanom Buchstabe
Bedeutung
Benignität
Malignität
A
Asymmetrie
Nicht symmetrisch
B C
Border (Grenze) Colour (Farbe)
D
Durchmesser
Meist symmetrische (z. B. runde oder ovale) Hautveränderung Meist klar abzugrenzen Gleichmäßige Färbung Langsames Wachstum
E
Erhabenheit/ Entwicklung
Unregelmäßige Begrenzung Unterschiedliche Pigmentierung Rasches, expansives Wachstum Langsames Ent- Rasches und schnell stehen und expansives Wachstum Wachstum auf ansonsten normalem Gewebe
3. Gab oder gibt es in der Familie bereits Hauttumore, die entfernt werden mussten? → Familiäre Häufung bei Lentigo maligna
11.4 Klartext Schwester Agnes sieht sich den Fleck am Hals genau an und sagt:
Von Arzt zu Patient Für mich sieht das nach einer Alterswarze bzw. mehreren Alterswarzen aus, aber ich bin keine Hautärztin. Ich denke, es wäre sinnreich, wenn das noch einmal von einem
11 …was ist das für eine komische dicke … 81 achmann begutachtet wird, um ganz sicherzugehen, aber F aus meiner Erfahrung heraus würde ich sagen: sehr wahrscheinlich ein Zeichen des Alters.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich wahrscheinlich um eine seborrhoische Keratose, die im Zuge der Seneszenz eine ganz normale Effloreszenz darstellt. Um sicherzugehen, sollte eine dermatoskopische Untersuchung erfolgen. Sollte sich der Verdacht bestätigen, würde sich keine weitere therapeutische Maßnahme anschließen, es sei denn, der Patient leidet optisch unter der Veränderung und möchte diese entfernt wissen. Dann sollte jedoch auch eine histologische Untersuchung zum sicheren Ausschluss angeordnet werden.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
12 …was könnte das hier zwischen den Haaren sein?
„Gesa, Finger weg, nicht kratzen.“ Gesas Mutter schaut streng auf ihre Tochter und dann wieder zu Ihnen. Es sind Semesterferien, endlich. Sie müssen zwar für das Physikum lernen, aber eben nicht jeden Tag. Heute besuchen Sie Ihre Tante und Ihre kleine Nichte, die Sie nachträglich zum 5. Geburtstag eingeladen hat. Zwischen Benjamin-Blümchen-Torte, Luftschlangen und aufgerissenem Geschenkpapier sitzt Gesa, und greift sich immer wieder hinter die Ohren, um sich dort zu kratzen. Gute 10 s hält sie es nach der Ermahnung ihrer Mutter aus, dann wandert die Hand wieder an die scheinbar sehr stark juckenden Stellen. „Ich versteh das nicht, das hatte sie vorher noch nie.“ Gesas Mutter schaut etwas verärgert zu ihrer Tochter, die gerade wieder die Hände hebt, es dann aber doch lässt, als ihre Mutter streng den Kopf schüttelt. „Vielleicht eine Allergie? Nehmt ihr ein anderes Shampoo?“ „Nein.“ Gesas Mutter denkt nach. „Nein, definitiv nicht. Gesa hat ja auch sonst keine Allergien, ich habe keine Ahnung. Aber schau mal hier.“, sie winkt Gesa zu sich heran und streicht vorsichtig zwei Haarsträhnen auseinander. „Siehst Du diese weißen Stippen? Sie hatte auch noch nie Schuppen und jetzt das.“ Sie schauen sich
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84 M. Kahl-Scholz die „weißen Stippen“ genauer an. Sie sehen nicht aus wie Schuppen, überhaupt nicht. Eher wie kleine ovale Körner… oder…ja, ein wenig, wie…Eier? „Du sag mal“, fragen Sie Ihre Tante, während auch Sie anfangen, sich am Kopf zu kratzen, „gibt es in dem Kindergarten Deiner Tochter vielleicht irgendeine Krankheit, die gerade umgeht?“ Ihre Tante schaut irritiert: „Nö, wieso?“ „Ich mein, ich bin kein Experte und steh noch am Anfang des Studiums, aber wenn ich das hier so sehe, habe ich einen ziemlich eindeutigen Verdacht…“
12.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Ständiges Kratzen, vornehmlich hinter den Ohren, • ovalförmige, weiße kleine „Körner“ in den Haaren.
12.2 Der Verdacht Die geschilderten Symptome lassen am ehesten einen Verdacht auf den Befall mit Kopfläusen zu (Pediculosis capitis).
12.2.1 Woher kommt denn sowas? Kopfläuse kommen häufig bei Kindern (3- bis 12-Jährige) und dann vor allem in Kitas und Schulen vor, wo sie sich auch rasch ausbreiten können.
12 …was könnte das hier zwischen den Haaren … 85
Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) lebt im menschlichen Kopfhaar (und kann sich auch nicht lange außerhalb aufhalten). Sie wird bis zu 3,5 mm groß und legt kleine, ovalförmige Eier (aus denen nach ca. 1 Woche die nächsten Läuse schlüpfen). Sie sticht durch die Kopfhaut, um Blut zu saugen, und genau das sorgt für den Juckreiz, der häufig so schlimm ist, dass die Kopfhaut aufund zerkratzt wird. Durch den Kontakt von Kopf-zu-Kopf wandern die Läuse von einem Wirt zum anderen. Ins Eingemachte
Wer hätte es gedacht. Tatsächlich sind Mädchen häufiger betroffen, weil sie eher dazu neigen, engen Körper- (in dem Fall Kopf-)Kontakt zu halten. Eine lebende Laus reicht aus, um eine aktive Infektion zu beweisen! Um die Läuse und die Eier aus den Haaren herauszukriegen bzw. welche als Beweis zu finden, gibt es einen speziellen (Läuse-)Kamm. Vor allem die behaarten Stellen an den Schläfen, hinter den Ohren und im Nacken sollten im wahrsten Sinne durchkämmt werden, denn sie sind besonders häufig betroffen von einem Läusebefall.
Als Therapie werden Dimeticone eingesetzt, die auf Siliziumbasis bestehen. Die Läuse werden durch diese Mittel mit einer wasserunlöslichen Schicht überzogen, sie ersticken. Die Therapie muss nach etwa 9 bis 10 Tagen erneut durchgeführt werden, um den Erfolg zu sichern. Um die Ausbreitung zu dämmen und die Therapie zu unterstützen, sollten Bettwäsche, Handtücher etc. bei 60 Grad gewaschen, Bürste und Kamm in Seifenlösung eingelegt, Kontaktpersonen untersucht und alle vier Tage die Haare mit einer Pflegespülung ausgekämmt werden.
86 M. Kahl-Scholz
12.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Ein Kopflausbefall ist schon recht eindeutig diagnostizierbar. Einzig ist zu unterscheiden, ob es sich wirklich um die Eier der Kopflaus (also die sog. Nissen) oder doch eher um Schuppen oder trockenes Haargel/ Shampoo/Haarspray handelt. Die Eier kleben sozusagen parallel an den Haaren, haben alle eine ähnliche ovale Form und lassen sich nur schwer entfernen. Schuppen oder trockene Reste von Drogerieartikeln sind unregelmäßig geformt und lassen sich leichter abstreifen.
12.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es andere Personen im Umfeld, die von Juckreiz am Kopf betroffen sind? → Abklärung Ausbreitung
12.4 Klartext Es juckt Sie schon beim Gedanken daran überall und Sie müssen sich sehr beherrschen, nicht ständig an Ihren Kopf zu fassen. Sie holen tief Luft und erklären:
12 …was könnte das hier zwischen den Haaren … 87
Von Arzt zu Patient Das sieht sehr nach Kopfläusen aus. Die weißen, ovalen Körnchen sind die Eier, auch Nissen genannt. Und auch das Kratzen hinter den Ohren passt dazu, das ist eine der Stellen, wo Läuse gerne nisten. Der Verdacht muss gesichert werden, indem mit einem Kamm Läuse und Eier aus den Haaren geholt werden. Es gibt Mittel, die man gegen die Läuse einsetzen kann, wobei die Therapie einige Tage später noch einmal wiederholt werden muss. Wichtig ist, dass auch Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Dazu zählt, Bettwäsche, Handtücher etc. bei mindestens 60 Grad zu waschen, Bürsten, Haargummis usw. in Seifenlauge einzulegen und einen gewissen Abstand von Kopf zu Kopf zu halten. Personen in der näheren Umgebung sollten ebenfalls auf Läuse untersucht werden.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich um eine Pediculosis capitis, die durch den Nachweis einer adulten Laus gesichert werden und danach mit Dimeticon behandelt werden sollte. Ebenfalls müssten die Kontaktpersonen untersucht werden, um eine Ansteckung auszuschließen.
13 …was sind diese blauen dicken Schatten an meinen Beinen?
Es ist ein spätsommerlicher Abend, das Semester ist schon länger vorbei und Sie sind bei Ihrer Tante zu Besuch, die zum Grillen eingeladen hat. Es sind einige Leute aus Familie und Freundeskreis gekommen und während sich die Dämmerung senkt, geht Ihre Tante fröhlich von einem zum anderen, um mit ihm zu reden. Ihnen fällt auf, dass sie trotz der sommerlich-warmen Temperaturen eine lange Jeanshose trägt. Ganz offensichtlich ist das eigentlich zu warm, denn sie wischt sich immer wieder den Schweiß von der Stirn, auch, als sie sich zu Ihnen setzt. „Alles okay?“ fragen Sie. „Vielleicht solltest Du Dir einfach mal etwas Luftigeres anziehen?“ Ihre Tante guckt etwas verlegen auf den Boden und antwortet: „Das würde ich sehr gerne, aber wenn Du wüsstest, wie meine Beine aussehen, dann wüsstest Du auch, warum ich lieber lange Sachen trage.“ Sie sind erstaunt und fragen nach: „Wieso? Was ist mit Deinen Beinen?“ „Tja, was ist mit meinen Beinen. So genau weiß ich das auch nicht. Ich habe da schon länger auf beiden Seiten so blaue, dickere Schwellungen, das sieht nicht schön aus, erinnert irgendwie an blaue Regenwürmer. Meine Freundin meinte, das könnten Krampfadern sein, hatte ihre Mutter auch.“ Ihre Tante schaut unglücklich an
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90 M. Kahl-Scholz ihrer Hose herab. „Und das wird immer schlimmer. Zwar nicht so schnell, aber trotzdem merke ich das. Und ab und an habe ich mittlerweile auch Schmerzen in den Beinen und es juckt häufiger, ich weiß aber nicht, ob das damit zu tun hat.“ „Darf ich das mal sehen?“ fragen Sie vorsichtig. Ihre Tante zuckt mit den Schultern, beugt sich nach vorne und schiebt vorsichtig eines ihrer Hosenbeine nach oben. Sie sehen, was ihre Tante meint und nicken. „Du hast doch Ahnung, sind das wirklich Krampfadern?“ fragt Ihre Tante und sieht Sie erwartungsvoll an.
13.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Bläuliche, geschlängelte Verdickungen an den Beinen, • die mittlerweile begleitet werden von Juckreiz und Schmerzen.
13.2 Der Verdacht Die hier beschriebenen Symptome lassen als erstes an das denken, was auch schon als Verdacht in der Fallbeschreibung genannt wurde: Krampfadern (Varizen).
13.2.1 Woher kommt denn sowas? Bei Krampfadern handelt es sich um erweiterte, oberflächliche Venen, bei denen die Gefäßwände aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr genug Stabilität aufweisen und deswegen auseinandergehen (dilatieren). Auch die
13 …was sind diese blauen dicken Schatten an … 91
Venenklappen funktionieren nicht einwandfrei, was die Belastung der Gefäße verstärkt, weil Blut nicht mehr effektiv in die eine Richtung transportiert wird, sondern „versackt“. Faktoren, die das begünstigen können, sind z. B. das ständige Stehen (durch das sich ebenfalls mehr Blut in den Venen staut), hohes Körpergewicht (Adipositas), ungenügend Bewegung und Schwangerschaft. Das Krampfaderleiden (Varikosis) kann „in der Familie liegen“, also anlagebedingt sein. In diesem Fall spricht man von einer primären Varikosis. Entsteht eine Varikosis jedoch als Folge von z. B. Thrombosen oder einer generellen Schwäche des tiefen Venensystems, spricht man von einer sekundären Varikosis. Prinzipiell sind Krampfadern sehr häufig, aber nicht zwangsläufig problematisch. Viele Betroffene haben weniger tatsächliche klinische als vielmehr ästhetische Probleme mit den Varizen. Ins Eingemachte
Auch Kleine werden groß. Zunächst kann man Krampfadern anhand ihrer Größe und Lage unterscheiden. Die kleinste Variante, die es da geben kann, sind die Besenreiservarizen (Abb. 13.1a), also kleine, sich in der Haut befindende Krampfadern. Die nächstgrößere Form sind retikuläre Varizen, die meist mit den Besenreisern in Verbindung stehen bzw. diese „unterhalten“/mit Blut versorgen. Nicht mehr ganz funktionsfähige Vv. perforantes werden als Perforansvarizen bezeichnet und von den Seitenastvarizen (Abzweigungen der V. saphena magna und parva) als nächstgrößere Variante abgelöst. Die größte Krampfaderform sind die Stammvarizen (Abb. 13.1b, V. saphena magna und parva), die als unregelmäßig geschlängelte Verdickungen zu sehen sind. Krampfadern lassen sich zusätzlich in verschiedene Klassifikationssysteme einordnen (siehe auch Tab. 13.1). Hierbei stehen die klinischen Symptome im Vordergrund. Bei der CEAP-Klassifikation, die heute die gängige in
92 M. Kahl-Scholz
Abb. 13.1 a,b Größenverhältnisse bei Krampfadern. a Besenreiser (Aus Vogt und Broermann 2011). b Stammvarizen. (Aus Strölin und Adamczyk 2018)
Abb. 13.2 Ulcus cruris. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
13 …was sind diese blauen dicken Schatten an … 93 Tab. 13.1 Einteilung der klinischen Ausprägung bei Varikosis nach Widmer Grad
Krampfadern
Beschwerden
1 2
Vorhanden Vorhanden
3
Vorhanden
4
Vorhanden
Keine Keine Keine Leichte, wie z. B. jucken, Schwereund Spannungsgefühl, Wadenkrämpfe, Schmerzen Stärker ausgeprägt Zeichen der Minderdurchblutung, Hautveränderungen. Atrophie Stärker ausgeprägt Wie 3 bis hin zu Nekrosen/Ulcus cruris (Abb. 13.2)
Komplikationen
der Praxis verwendete Variante ist, gibt es sechs Stufen (C0 bis C6):
• • • • • • • •
C0 Keine sichtbaren Zeichen C1 Besenreiser/retikuläre Varizen C2 Varizen C3 C2 mit Ödem C4a C2 mit reversiblen Hautveränderungen C4b C2 mit irreversiblen Hautveränderungen C5 Abgeheiltes Ulcus cruris C6 Aktives Ulcus cruris
Jedes C (ausgenommen C0) kann dann noch zusätzlich mit „s“ für symptomatisch oder „a“ für asymptomatisch ergänzt werden.
Zur Diagnostik werden die Doppler- und Duplexsonographie eingesetzt.
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Die Therapie richtet sich dann danach, in welchem Stadium der Erkrankung sich der Patient befindet. Von konservativen Maßnahmen in den Anfangsstadien (wie z. B. die Beine schlicht und ergreifend hochzulagern bei Schwellungen oder körperlicher Bewegung zur Muskelkräftigung – Stichwort aus der Physiologie: „Muskelpumpe“!) über Kompressionsverbände und Verödungsbehandlungen können in späteren Stadien auch chirurgische Eingriffe (Varizenstripping oder Crossektomie) infrage kommen (auch, wenn der Patient sich optisch von den Krampfadern gestört fühlt).
13.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Varizen bzw. die Varikosis sind schon sehr eindeutig anhand des klinischen Bildes und der bildgebenden Diagnostik festzumachen. Es geht eher um die Einteilung und Differenzierung, ob es sich „nur“ um eine Varikosis oder bereits eine venöse Insuffizienz handelt, und ob die betroffene Person Symptome hat/darunter leidet.
13.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Wie lange bestehen die Hautveränderungen schon? Haben auch andere Familienmitglieder diese Hautveränderungen (gehabt)? → Abklärung primäre/sekundäre Variante
13 …was sind diese blauen dicken Schatten an … 95
2. Haben Sie irgendwelche Beschwerden an/mit den Beinen? Beim Laufen? → Abklärung Gradeinteilung 3. Stören Sie die Krampfadern (unabhängig von Symptomen)? → Abklärung ästhetischer Aspekt und damit Planung des weiteren Vorgehens
13.4 Klartext Sie denken kurz nach und klären Ihre Tante auf, dass Ihr Studium mehr oder weniger gerade erst angefangen hat. Deswegen sei es wichtig, dass Ihre Tante zum Arzt gehe und das abklären ließe. Prinzipiell hätten Sie aber folgende Meinung:
Von Arzt zu Patient Ich glaube schon, dass das Krampfadern sind. Was erst einmal nicht schlimm sein muss, vor allem nicht, wenn Du keine weiteren Beschwerden hast. Wenn es aber ab und an juckt oder schmerzt, ist das schon ein Zeichen dafür, dass die Krampfadern zum Problem für das umliegende Gewebe werden. Das sollte also richtig untersucht werden, z. B. mit einem Ultraschallgerät, mit dem man sehr gut die Gefäße und Gefäßwände beurteilen kann. Je nachdem, was das Ergebnis ist, kann man dann entsprechend handeln. So oder so: Es gibt Möglichkeiten, etwas gegen Krampfadern und den Problemen, die sie mit sich bringen, zu tun. Aber dafür sollte man zunächst wissen, wie ausgeprägt sie sind.
Von Arzt zu Arzt Hier liegt eine Varikosis C2s vor (Pruritus sowie Schmerzen im betroffenen Gebiet), es sollte zunächst via Doppler-Untersuchung eine genaue Einschätzung der Venenverhältnisse erfolgen, um dann mit der Patientin über eine mögliche Therapie zu sprechen.
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Literatur Brandes R et al (2019) Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg Strölin A, Adamczyk A (2018) Erkrankungen der Venen. In: BBraun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie. Springer, Heidelberg Voht K, Broermann M (2011) Besenreiser und retikuläre Varikosis. Der Gynäkologe 44:235–244
14 …warum habe ich um den Mund diese Entzündungen?
„Oh Gott, was ist Dir passiert?“ fragt Lara und starrt entsetzt auf den Touchscreen und damit ins Gesicht von Nicole, ihrer Freundin, mit der sie über FaceTime chattet. Seitdem Lara Medizin studiert, sehen sie sich nicht mehr so oft. „Ja, ich weiß, sieht furchtbar aus!“ entgegnet Nicole und fasst sich vorsichtig an die geröteten und mit zahlreichen kleinen Bläschen versehenen Stellen um ihren Mund (Abb. 14.1). „Das hat ganz harmlos angefangen, da war die Haut nur etwas trocken, hat gespannt und geschuppt und ich habe etwas mehr von meiner Feuchtigkeitscreme benutzt, weil ich dachte, das würde bestimmt helfen. Aber von wegen – es wurde schlimmer. Gestern war ich dann beim Hautarzt, der hatte ziemlich schnell eine Idee, was es sein könnte.“ Nicole schaut Lara an und schweigt. „Ja, und? Was meinte er?“ fragt Lara ungeduldig. „Das müsstest Du doch eigentlich wissen, Du studierst doch Medizin!“ entgegnet Nicole und schaut herausfordernd. „Wie witzig, ich bin im 3. Semester, glaubst Du ernsthaft, es gibt 12, weil man nach dem 3. schon alles weiß?“ Sowas kann Lara gar nicht leiden, zugegebenermaßen auch, weil sie sich dann irgendwie unfähig und hilflos fühlt. „Schon gut, weiß ich doch“ sagt ihre Freundin sofort beschwichtigend, „also der Doc meinte…“
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_14
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Abb. 14.1 Rötungen und Bläschen um den Mund. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
14.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Ausschlag im Bereich um den Mund (perioral), • der vor allem durch Rötungen und kleine Bläschen gekennzeichnet ist. • Wie auf dem Bild zu erkennen, wirkt der Bereich direkt um die Lippen etwas weniger betroffen und heller. • Vermehrtes cremen hat zur Verstärkung der Symptome geführt.
14 …warum habe ich um den Mund diese… 99
14.2 Der Verdacht Hier könnten mehrere Diagnosen in Betracht kommen (Abschn. 14.2.2), aber der Symptom(-Anamnese-)komplex deutet am ehesten auf eine periorale Dermatitis hin.
14.2.1 Woher kommt denn sowas? Woher die periorale Dermatitis kommt, weiß man nicht genau. Man geht davon aus, dass eine übermäßige Pflege der Haut dazu führt, dass sie ihre eigenen Schutzbarrieren und -funktionen nicht mehr aufrechterhalten kann. Die Folge sind schuppende und trockene Bereiche (vor allem um den Mund), die meistens noch mehr gepflegt werden, woraufhin ein Teufelskreis entsteht. Auch Glukokortikoide können zur Entstehung so einer perioralen Dermatitis beitragen. Eine genetische Veranlagung wird diskutiert, zumal Menschen mit Neurodermitis häufiger betroffen sind. Das klassische Bild einer perioralen Dermatitis sind die um den Mund herum (perioralen) entzündlichen Rötungen der Haut und die Ausbildung von Pusteln mit einer kleinen Aussparung um den Bereich der Lippen. Vor allem die Falten von der Nase abwärts zu den Wangen (Nasolabialfalten) sind meist stark betroffen. Ins Eingemachte
Natürlich geschützt. Bei allen Möglichkeiten, die Kosmetika und Pflegeprodukte bieten, sollte man sich immer wieder vor Augen führen, wie hervorragend unsere Haut in Sachen Pflege und Schutz selbst aufgestellt ist:
• pH-Wert: Der Haut-pH-Wert liegt zwischen 4,5 und 5,75 (also damit im sauren Bereich) und spielt eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Hauterkrankungen.
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Der Säureschutzmantel ist der Schlüssel zur Hautschutzbarriere. Ständiges Cremen und Waschen kann den pH verändern und damit dem Säureschutz schaden. • Talgdrüsen: Durch die Talgproduktion (1–2 g pro Tag, im Alter weniger) wird die Haut vor der Austrocknung bewahrt. Gerade häufiges Waschen mit Waschlotionen sorgt dafür, dass der Talg gebunden und weggespült wird – die Haut trocknet schneller aus und ist angreifbarer. • Mikroflora: Die Hautflora beherbergt viele dort „fest lebende“ (residente) und immer wieder „zu Besuch kommende“ (transiente) Keime, die, ohne eine Krankheit hervorzurufen, unsere Außenhülle bevölkern. Der Vorteil: Solange sie das tun, tut es kein unangenehmer, pathogener Keim. Zu viel Pflege und Hygiene kann die Mikroflora schädigen, daher gilt auch hier: Manchmal ist weniger mehr. Die Therapie besteht darin, den möglichen Auslöser (also z. B. die verwendete Creme) abzusetzen. Man kann mit stark feuchtigkeitsgesättigten (hydrophilen) Cremes versuchen, die Trockenheit und Schuppung zu bekämpfen. Schwarzteeumschläge (wirken antientzündlich, antimikrobiell und die Gerbstoffe verbessern die Hautbarriere) sollen ebenfalls helfen, genauso wie Calcineurin-Antagonisten und Metronidazol-haltige Cremes. Glukokortikoide dürfen nicht gegeben werden. Auch wenn die Symptome unter der Therapie erst einmal abklingen, kann es zu einem starken Wiederauftreten nach dem Absetzen kommen.
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14.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Ein Ausschlag um den Mund? Das kann alles und nichts sein. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen, an die man denken sollte, sind im Folgenden aufgeführt: • Ekzem: Möglich wäre ein seborrhoisches Ekzem, das ähnlich in der Lokalisierung und im Erscheinungsbild ist. Allerdings ist es meist eher „flächig“ und weniger pustelig, dafür stärker schuppend. Außerdem kann es sich auch in anderen Bereichen ausbreiten. • Rosazea: Auch Rosazea (Kap. 16) ist ein Krankheitsbild, an das man bei den geschilderten Symptomen differenzialdiagnostisch denken sollte. Allerdings ist die Kupferfinne eher an den Wangen oder der Stirn lokalisiert und die Pusteln sind gröber. • Akne: Es ist eher unwahrscheinlich, dass Akne lokalisiert nur um den Mund herum auftritt und dass es zusätzlich zu flächigen Rötungen kommt (diese sind eher lokal da, wo auch die entzündeten Follikel sind). Außerdem sind meist auch recht viele Mitesser zu erkennen. • Scharlach: Auch Scharlach kann mit Rötungen im Gesicht einhergehen, bei denen Teile des Mundbereiches ausgespart sind (klassisches „Dreieck“ um den Mund). Allerdings ist Scharlach mit vielen anderen Symptomen verbunden (Fieber, Schüttelfrost, Erbrechen, geschwollene Mandeln, „Himbeerzunge“, Ausschlag am Rumpf bzw. Achseln und Leisten etc.), die vorher oder begleitend auftreten würden.
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14.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Ist so etwas in der Familie bekannt/bereits aufgetreten? → genetische Disposition? 2. Gibt es eine Neigung zu Unreinheiten? → Abgrenzung zur Akne 3. Gibt es weitere Entzündungsherde im Gesicht? → Abgrenzung Akne/Ekzem/Rosazea
14.4 Klartext Nicole erklärt Lara, dass es sich um eine Überreaktion der Haut auf das viele Cremen handelt, und dass man etwas dagegen tun kann. „Das nächste Mal weißt Du also, was es ist und was Du sagen könntest“ grinst sie, „zum Beispiel…“.
Von Arzt zu Patient Das sieht nach einer perioralen Dermatitis aus, also einer Hautirritation um den Mund herum, die sich vermutlich aus dem häufigen Gebrauch der Creme entwickelt hat. Ganz wichtig: Erst einmal die Creme, die vermutlich Auslöser ist, absetzen. Wenn das Hautgefühl zu trocken sein sollte oder die Haut zu sehr schuppt, gibt es andere Salben, die man verwenden kann. Aber in der Regel bilden sich die Symptome rasch wieder zurück.
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Von Arzt zu Arzt Es handelt sich der Anamnese und dem klinischen Erscheinungsbild nach zu urteilen um eine periorale Dermatitis mit der klassischen Aussparung eines Streifens um das Lippenrot sowie nasolabial follikulär gebundene Papeln auf erythematösem Grund. Vermutlich ist der Gebrauch der neuen Hautpflege und das häufige Nachcremen Ursache. Wichtig ist der Auslassversuch und ggf. das Verordnen von Schwarzteeumschlägen und hydrophilen Cremes zur Linderung.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
15 …was kann das bei meiner Oma für eine komische Rötung sein, die immer größer wird?
„Ich mache mir echt Sorgen.“ sagt Anna und blickt verzweifelt auf das Bild auf ihrem Handy, auf das Sie beide gerade starren (Abb. 15.1). Fuß und Unterschenkel sind darauf zu sehen. Um den Knöchel sieht man eine starke Rötung, die sich nach oben an den Unterschenkel fortsetzt. Das Bein wirkt geschwollen und man erkennt an den Zehen und hinten oberhalb der Ferse verschorfte Wunden. „Das kann ich gut verstehen.“ antworten Sie. „Für mich sieht das auch nicht gerade gut aus.“ Anna blickt Sie verzweifelt an und seufzt: „Meine Oma ist jetzt 73 Jahre alt und kein bisschen weiser. Sie geht einfach nicht zum Arzt. Wegen ihrem Diabetes mellitus müsste sie viel häufiger zur Kontrolle als sie es dann in Wirklichkeit macht. Und seit einiger Zeit nun das, die Rötung breitet sich immer weiter aus. Tut ihr auch nicht weh, sonst würde sie wahrscheinlich doch mal zu ihrem Haus- und Wiesendoc. Ich weiß, Du bist noch nicht so weit im Studium, aber hast Du vielleicht trotzdem eine Idee, was das sein könnte?“
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_15
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Abb. 15.1 Sich ausbreitende Rötung am Fuß und Unterschenkel. (Aus Goebeler und Hamm 2017)
15.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • 73 Jahre alte Frau mit Diabetes mellitus, • (eventuell geschwollener) geröteter, schmerzhafter Fuß und Unterschenkel, • die Rötung breitet sich immer mehr aus, • am Fuß sind Wunden zu sehen.
15.2 Der Verdacht Das, was hier beschrieben wird, klingt am ehesten nach einem Erysipel (Wundrose).
15 …was kann das bei meiner Oma für eine … 107
15.2.1 Woher kommt denn sowas? Das Erysipel ist eine bakterielle Infektion (am häufigsten sind β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A die Bösewichter), die sich in den Lymphspalten und -gefäßen ausbreitet. Der Unterschenkel ist eine häufige Stelle für eine Wundrose. Gerade vorhandene Wunden (wie in diesem Fall), aber auch Rhagaden (also Risse in einer sehr trockenen Haut) an den Füßen oder offene Stellen durch z. B. einen Fußpilzbefall können der „Türöffner“ für die verursachenden Bakterien sein. Vor allem Menschen, die unter Diabetes mellitus leiden (Stichwort: diabetisches Fußsyndrom), aber auch Menschen mit chronisch-venöser Insuffizienz (Kap. 13) oder Lymphödemen sind gefährdeter. Klassische Symptome, die ein Erysipel ausmachen, sind: • Rötung (die sich ausbreitet), • Schwellung, • Überwärmung, • Spannungsgefühl, • Druckschmerzhaftigkeit, • Schüttelfrost, Übelkeit, Kopfschmerz, geschwollene Lymphknoten und Fieber sind möglich, • Ausbreitung entlang der Lymphgefäße (also eher „streifen-“ oder „zungenförmig“) • Bläschenbildung bei schweren Infektionen möglich Ins Eingemachte
Flammen am Bein. Wenn man sich in einem Anatomieatlas den Verlauf der Lymphgefäße am Bein einmal genauer anschaut, kann man erkennen, dass sie sich wie kleine Ranken weiter nach oben schlängeln. Breitet sich nun ein Erreger in den
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Lymphbahnen weiter aus und verursacht so eine Entzündungsreaktion, dann schlängelt sich die begleitende Rötung ebenfalls am Bein hoch – sie verfolgt ja einfach nur die Strecke der Lymphbahnen. Das ist das, was man als flammenartige oder zungenförmige Ausbreitung beim Erysipel bezeichnet.
Bei der Wundrose handelt es sich um einen Notfall, der sofort (mittels Antibiose) behandelt werden muss!
Die Komplikationen, die entstehen können, sind zum Teil lebensbedrohlich. Neben dem Weiterwandern der Entzündung in tiefere Schichten (Abszedierung, Phlegmonbildung) kann es zur Sepsis, tiefen Beinvenenthrombose und zum Wandern der Keime mit der Folge von z. B. Myo- oder Endokarditis kommen. Die Diagnose wird anhand der Klinik und des Blutbildes gestellt (u. a. CRP-Erhöhung, Leukozytose, Akute-Phase-Reaktion). Therapeutisch ist die Gabe von Antibiotika die erste Maßnahme, die rasch erfolgen sollte (s. o. – es handelt sich um einen Notfall!). Die Schwellung und das Spannungsgefühl lassen sich durch kühlende und desinfizierende Umschläge lindern.
15.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Bei der Wundrose gibt es gleich mehrere Differenzialdiagnosen, an die man denken sollte: • Phlegmone: Phlegmone (meistens durch Staphylococcus aureus verursacht), also eine eitrige Ausbreitung einer
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bestehenden Entzündung im tieferen Gewebe, treten meist um Wunden herum auf und zeigen sich ebenfalls mit einer dunkelroten Färbung, die aber eher eine unscharfe Begrenzung hat. Systemische Entzündungszeichen können fehlen. Aus einem Erysipel kann sich eine Phlegmone entwickeln. Schwere Phlegmone zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit Nekrosen einhergehen. • Abszess: Auch ein Abszess kann dazu führen, dass das umliegende Gewebe mitreagiert und gerötet ist. Allerdings liegt beim Abszess ein eitriges Geschehen zugrunde (beim Erysipel nicht). • Nekrotisierende Fasziitis: Diese schwere Erkrankung wird durch Toxine ausgelöst, die von hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A gebildet werden. Hier zeigt sich aber im klinischen Verlauf ein wesentlich dramatischeres Bild mit rascher Zustandsverschlechterung und heftigen Schmerzen. • Wanderröte nach Borrelieninfektion: Nach einem Zeckenstich kann es zum sog. Erythema migrans, der Wanderröte kommen. Allerdings liegt hier in der Regel nicht eine durchgängige Rötung vor, sondern ein roter „Herd“ mit weißem Randsaum, um den herum wiederum ein roter Ring „nach außen wandert“. Zudem sind Schwellung und Spannungsgefühl unwahrscheinlich (Jucken und Brennen jedoch möglich).
15.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können?
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1. Hatten Sie eine solche Rötung schon einmal? → vorangegangenes Erysipel 2. Wie rasch hat sich die Rötung ausgedehnt und wie haben sich die Schmerzen entwickelt? → Abgrenzung Phlegmone/Fasziitis 3. Gab es in den letzten Tagen/Wochen viele Wanderungen durch Wald und Wiese? Wurde ein Zeckenstich bemerkt? → Abgrenzung Erythema migrans
15.4 Klartext Ihnen fallen gleich mehrere Möglichkeiten ein, von denen Sie zumindest schon einmal gehört haben. Am ehesten und nach Abwägen der vorliegenden Fakten erscheint Ihnen dann aber doch folgende Diagnose passend:
Von Arzt zu Patient Das sieht für mich nach einer „Wundrose“, einem sog. Erysipel aus. Wenn ich das richtig erkenne, sind am Fuß mehrere Wunden, vor allen an den Zehen, und über die haben sich sehr wahrscheinlich Erreger unter die Haut geschmuggelt und breiten sich jetzt entlang der Lymphwege aus. Deswegen geht auch die Rötung immer weiter nach oben Richtung Knie. Gerade Diabetiker wie Deine Oma sind leider für solche Wundrosen anfällig, vor allem, wenn da schon über eine Wunde ein Türchen für die Erreger offen ist. Wichtig ist unbedingt, dass sie umgehend zum Arzt geht. Das hier ist ein Notfall und der muss sofort behandelt werden, was man zum Glück mit Antibiotika kann.
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Von Arzt zu Arzt Es handelt sich im vorliegenden Fall sehr wahrscheinlich um ein Erysipel. Die Patienten leidet unter Diabetes mellitus und hat mehrere offene Stellen am Fuß, die sehr wahrscheinlich als Prädilektionsstellen für die Erreger gedient haben. Es sollte ein Labor gemacht (unter anderem auch Anti-Streptolysin-Titer) und eine systemische Antibiotikatherapie angeordnet werden.
Literatur Goebeler M, Hamm H (2017) Basiswissen Dermatologie. Springer, Heidelberg
16 …woher könnten in den letzten Monaten die Rötungen und Pickelchen gekommen sein?
„Ich finde das alles andere als schön.“ betrübt schaut Sabine in den Spiegel und streicht sich über die geröteten Stellen, die sich auf den Wangen und um die Nase abzeichnen. Kleinere Pusteln sind auch zu sehen. „Ich habe das jetzt seit einigen Monaten, mal mehr, mal weniger deutlich sichtbar. Aber vor allem die Rötung wird schlimmer, wenn ich mich anstrenge, aufrege oder neulich auch beim Mongolen, als ich mal eine Sauce gewählt habe, die mit drei Chilischoten bewertet wurde. Danach sah ich aus wie ein Drache.“ Ronka blickt ihre Tante mitleidig an. Sie stehen beide in der Damentoilette des kleinen Cafés, das sich auf dem Campus befindet, und schauen in den Spiegel. Eigentlich wollten sie sich schon viel eher mal treffen. Seitdem Ronka Medizin studiert, ist sie quasi von der Arbeit ihrer Tante nur noch einen Katzensprung entfernt. Aber das neue Semester hat so turbulent angefangen, dass sie es erst jetzt geschafft haben, sich auf einen Cappuccino zu sehen. „Tut es Dir denn weh? Oder juckt es? Ich kann Dich verstehen, aber das kann man doch überschminken.“ „Nein, das nicht, aber manchmal brennt es, vor allem, wenn die Rötung gerade stärker ist. Und sicher kann ich das überschminken, aber das ändert
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_16
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114 M. Kahl-Scholz nichts daran, dass es da ist. Sag mal, Du studierst doch Medizin, Du hast nicht vielleicht irgendeine Idee, was das sein könnte?“ Ronka sieht zuerst sich selbst und dann ihre Tante erschrocken im Spiegel an. „Du, ich bin erst ganz am Anfang, über sowas reden wir noch nicht im Detail. Manche Krankheiten werden zwar schon in Physiologie oder Biochemie beschrieben, aber ich bin froh, wenn ich die Grundfunktionen verstehe…“ Sie überlegt einen Moment, dann hellt sich ihr Blick auf: „Ich habe eine gute Freundin, die schon im klinischen Teil des Studiums ist, die hatte letztes Semester Dermatologie, also Hautheilkunde, und will auch später Dermatologin werden, die frag ich mal!“
16.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Rötungen (Erytheme) und kleinere Pusteln im Wangenbereich und um die Nase herum (zentrofaszial), • bei einer 44-jährigen Frau, • scharfes Essen oder Anstrengung verstärkt die Rötung, • manchmal tritt ein Brennen hinzu.
16.2 Der Verdacht Die Kombination aus Alter, Geschlecht, Rötungen (Flushing, verstärkt durch Faktoren wie Anstrengung oder scharfes Essen, aber auch bleibende Rötungen der Haut), Pusteln und das Auftreten im mittleren, zentrofaszialen Gesichtsbereich lassen am ehesten an eine Rosazea
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(„Kupferfinne“) denken. Auch Teleangiektasien (also die sichtbare Erweiterung kleiner Gefäße, die unter der Haut liegen) wären für die Rosazea typisch.
16.2.1 Woher kommt denn sowas? Die Kupferfinne ist eine recht häufige chronische Entzündung, die vor allem bei Menschen ab dem 40. Lebensjahr auftritt. Woher die Erkrankung kommt, ist ungeklärt, man geht aber davon aus, dass das Immunsystem in eine Dysbalance gerät (möglicherweise getriggert durch Mikroorganismen wie Staphylococcus epidermidis und begünstigt durch dauerhafte UV-Bestrahlung). Dadurch entstehen Entzündungen und eine verstärkte Gefäßneubildung (die sich in Form von Teleangiektasien zeigt). Weitere Trigger-Faktoren sind Hitze, scharfe Speisen, Anstrengung und Stress, die vor allem die zeitweise Rötung (den Flush) verstärken und auch ein Brennen hervorrufen können. Durch die ständige Reizung kann es zusätzlich zur Entstehung von Entzündungen (Papeln und Pusteln) kommen. Ins Eingemachte
What kind of…? Rosazea ist nicht gleich Rosazea. Es gibt unterschiedliche Subtypen:
• Subtyp I: Rosacea teleangiectatica (vornehmlich gekennzeichnet durch erweiterte feine Blutgefäße), Rosacea erythematosa (vornehmlich gekennzeichnet durch Hautrötungen) → eher bei Frauen • Subtyp II: Rosacea papulopustulosa (vornehmlich gekennzeichnet durch Papeln und Pusteln) → eher bei Frauen • Subtyp III: Rosacea phymatosa: z. B. Rhinophym (= Knollennase) → eher bei Männern
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• Subtyp IV: okuläre Rosazea (Ophthalmorosacea): hier zeigen sich pathologische Veränderungen am Auge wie Keratitis, Konjunctivitis sicca, Blepharitis, Iridozyklitis • Sonderformen: granulomatöse Rosazea, Rosacea fulminans Die Diagnose erschließt sich aus der klinischen Diagnostik, da aber auch die Augen betroffen sein können (Ophthalmorosacea), sollte eine augenärztliche Untersuchung erfolgen. Die Therapie besteht darin, die Haut vor UV-Strahlen zu schützen (genügend Lichtschutz) und mit lokal angewendeten, teilweise das Immunsystem veränderten Mitteln die Symptome zu linden (z. B. mit Metronidazol, das die Rötung, die Papeln und Pusteln verbessert). Glukokortikoide helfen in der Regel nicht!
Systemisch können Antibiotika wie Tetrazykline zum Einsatz kommen oder Retinoide wie Isotretinoin (allerdings nur bei schweren Verlaufsformen der Rosazea), die helfen, die Talgdrüsen zu verkleinern und den Talgfluss etwas zu reduzieren (und die deswegen auch bei der Akne, Kap. 5, zum Einsatz kommen). Teleangiektasien können – falls sie kosmetisch stören – mit dem Laser behandelt werden. Der Laser zerstört die Gefäße, nicht aber die Haut, wodurch die sichtbaren Äderchen „verschwinden“.
16.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden?
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• Periorale Dermatitis: Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei der perioralen Dermatitis (Kap. 14) um eine Hautveränderung, die sich vor allem „um den Mund herum“ befindet und die zudem nicht durch Trigger wie scharfes Essen, Anstrengung, Wärme oder UV-Licht verstärkt wird, sondern allenfalls durch übermäßiges Cremen der Haut. • Ekzem: Möglich wäre ein seborrhoisches Ekzem, das ähnlich in der Lokalisierung und im Erscheinungsbild ist. Allerdings ist es meist eher „flächig“ und weniger pustelig, dafür stärker schuppend. Außerdem kann es sich auch in anderen Bereichen ausbreiten. • Akne: Es ist eher unwahrscheinlich, dass Akne lokalisiert nur an den Wangen und um die Nase herum auftritt und dass es zusätzlich zu flächigen Rötungen kommt (diese sind eher lokal da, wo auch die entzündeten Follikel sind). Außerdem sind meist auch recht viele Mitesser zu erkennen. • Flush-Symptomatik anderer Genese: Ein Flush kann im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auftreten, z. B. ganz harmlos bei einer Lebensmittelunverträglichkeit oder generell einer Allergie oder sehr ernst in Verbindung mit einem sog. Karzinoid-Syndrom. Für beide Beispiele gilt, dass nicht der Flush allein auftreten, sondern noch weitere Symptome begleitend hinzukommen würden (gastrointestinale Symptomatik etc.).
16.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können?
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1. Gab/gibt es Probleme mit unreiner Haut? Gibt es andere betroffene Körperstellen, die gerötet sind oder auf denen sich Pusteln gebildet haben? → Abgrenzung Akne/Ekzem 2. Gibt es eine bekannte Unverträglichkeit/Allergie in Bezug auf Nahrungsmittel/andere Stoffe? → Abgrenzung Flush anderer Genese 3. Gab oder gibt es Reaktionen/Unverträglichkeiten auf Kosmetika? Gab es ähnliche Hautbereiche, die sich um den Mund herum entwickelt haben? → Abgrenzung periorale Dermatitis 4. Gab oder gibt es wiederkehrende Probleme im Magen-Darm-Bereich (Durchfall, Schmerzen, Übelkeit)? → Abgrenzung zu anderen systemischen Ursachen wie Unverträglichkeit, Karzinoid-Syndrom etc.
16.4 Klartext „Ja?“ Sabines Stimme am anderen Ende klingt ein wenig gehetzt und kurz angebunden. „Hi, hier ist Ronka. Wie geht’s Dir?“ „Ach, hallo Ronka“, antwortet Sabine, „danke, mir geht’s soweit ganz gut, nur die Stellen im Gesicht – Du weißt schon – sind einfach nicht besser geworden und….“ „Genau deswegen rufe ich an“ unterbricht Ronka ihre Tante aufgeregt, „Ich habe mit meiner Freundin gesprochen, Du weißt noch? Die, von der ich Dir erzählt habe, die schon Dermatologie hatte und sich sehr dafür interessiert. Ich habe ihr beschrieben, was für Symptome Du hast, und sie hatte eine Idee!“ „Echt?“ jetzt ist auch Sabine aufgeregt. „Was hat sie gesagt?“ „Also, das ersetzt zwar keinen Besuch beim Dermatologen, den Du unbedingt noch nachholen solltest,“ fängt Ronka an zu berichten, „aber Sie hat gesagt…“
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Von Arzt zu Patient Das scheint eine sog. Rosazea zu sein, im Volksmund auch Kupferrose oder Kupferfinne genannt. Woher das genau kommt, ist nicht klar, aber man weiß, dass Menschen ab 40 vermehrt betroffen sind und bestimmte Faktoren das Auftreten oder Fortschreiten der Rosazea verschlimmern bzw. vor allem das „Rot-werden“ verstärken. Dazu zählen z. B. UV-Strahlen, Wärme, aber auch Stress oder körperliche Anstrengung und scharfe Speisen, hinter denen drei Chilischoten stehen. Es gibt unterschiedliche Formen, hier scheint am ehesten die bei Frauen häufigere Form, die durch Hautrötungen bzw. durch Pusteln gekennzeichnet ist, vorzuliegen. Wichtig ist der Schutz vor Sonne und es gibt einige Salben bzw. auch Medikamente, die man verwenden kann, um die Symptome zu lindern.
Von Arzt zu Arzt Es scheint sich um eine Rosazea Subtyp I (Rosacea erythematosa) bzw. Subtyp II (Rosacea papulopustulosa) zu handeln. Durch Anstrengung und Wärme wird die Flush-Symptomatik nach Auskunft der Patientin stärker. Sie sollte über die wesentlichen Trigger-Faktoren aufgeklärt und über die Wichtigkeit eines potenten Sonnenschutzes aufgeklärt werden. Ggf. sollte je nach Symptomlage und -schwere über eine topische oder systemische Begleittherapie nachgedacht werden.
17 …warum hat der Nachbar Wunden am Fuß?
Sie sollen nur eben rüber gehen und nach einer Packung Milch fragen, der alte, 81-jährige Herr neben dem Haus Ihrer Eltern hilft immer gerne aus. Und nutzt die Gelegenheit natürlich, um ein kleines Pläuschchen zu halten. Seitdem seine Frau tot ist, ist er sehr einsam und immer dankbar für ein wenig Gesellschaft. Er bietet Ihnen seine Lieblingsplätzchen an, von denen er immer eine Schüssel auf dem Tisch stehen hat, und stellt die üblichen Fragen, die Sie wie routiniert beantworten. Wie es Ihren Eltern geht, Ihrer Schwester, dem Hund und natürlich, wie es im Studium läuft und dass Sie ja dann bald hier als Landarzt anfangen könnten, der alte würde doch schon längst gerne in Pension gehen. Und zur regelmäßigen Diabetes-Kontrolle könne er sicher auch gut zu Ihnen kommen. Sie lachen und sagen, dass es noch etwas länger dauert, bevor das Studium sich dem Ende neigt und dass es ja auch gut sein kann, dass Ihnen die Chirurgie gut gefällt oder die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Ihr Nachbar setzt sich, während Sie reden, stöhnend hin und zieht ohne Vorwarnung einen seiner Socken aus, um Ihnen seinen blanken Fuß zu präsentieren. „So Jungchen, dann sag`mir doch mal, was meinem Schochen fehlt, ich habe da ja nicht
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122 M. Kahl-Scholz mehr so viel Gefühl drin und nun das…“ Er deutet auf seinen Fuß und Sie sehen zwei offene Stellen, vorne an den Zehen. „Wie ist denn das passiert?“ fragen Sie erschrocken. „Keine Ahnung Jungchen.“ antwortet Ihr Nachbar. „Ich spür doch nix mehr, vermutlich habe ich mich da irgendwo gestoßen. Aber die Stellen wollen nicht zuheilen. Du bist doch quasi Arzt. Was kann das denn sein?“ Sie kramen tief in den Bausteinen, die Ihnen aus der Biochemie noch präsent sind zum Thema Stoffwechsel, Diabetes und Gefäße und irgendwas kommt Ihnen in dem Zusammenhang bekannt vor…
17.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • 81-jähriger Mann mit vermutlich seit Jahren bestehendem Diabetes mellitus, • er hat nach eigenen Angaben kein richtiges Gefühl mehr in den Beinen • und zwei offene Stellen am Fuß (vorne an den Zehen), • die nicht zuheilen.
17.2 Der Verdacht Die hier beschriebene Konstellation aus langjährigem Diabetes, Sensibilitätsstörungen und Wunden, deren Entstehung nicht bemerkt wurde und die nicht zuheilen, deutet auf ein diabetisches Fußsyndrom hin.
17 …warum hat der Nachbar Wunden am Fuß? 123
17.2.1 Woher kommt denn sowas? Wenn der Glukosespiegel immer wieder, also chronisch erhöht ist, werden dadurch auch die Funktionen der kleinsten Körperzellen beeinflusst. Durch die Bildung von AGEs (advanced glycation endproducts) werden entzündliche Prozesse in Gang gesetzt, reaktive Sauerstoffradikale gebildet und schützende Enzyme gehemmt. Die Folgen sind die diabetische Mikro- und Makroangiopathie, die wiederum dazu führen, dass das umliegende Gewebe nicht ausreichend durchblutet wird – eine Hypoxie ist das Resultat, Nerven werden geschädigt und können ihre Funktion nicht mehr erfüllen: Schmerzen werden nicht mehr so wahrgenommen, wie es für eine adäquate Warnfunktion wichtig wäre (Diabetiker können auch einen „stummen“ Herzinfarkt erleiden!). Beim diabetischen Fußsyndrom („diabetischer Fuß“) führen die Veränderungen an Gefäßen und Nerven dazu, dass kleinere Verletzungen zum einen nicht wahrgenommen werden und zum anderen schlechter abheilen. Es kommt zu Ulzerationen mit einem sehr stark verhornten (hyperkeratotischen) Wundrand. Je nach Schwere der Wunde können auch Gelenke und Knochen mit betroffen sein. Im schlimmsten Fall kann es zum kompletten Absterben des Gewebes kommen (diabetische Gangrän), die sich zudem noch infizieren kann. (Diabetiker haben generell eine erhöhte Infektgefahr.). Ins Eingemachte
Der honigsüße Durchfluss. Diabetes mellitus ist – leider – mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden, wobei bei dieser Aussage vor allem der Typ 2 gemeint ist, bei dem es aufgrund unterschiedlicher schlechter Grundparameter zu einer Resistenz gegenüber Insulin kommt. (Im Gegensatz zum Typ 1, bei
124 M. Kahl-Scholz
dem eine Zerstörung der Insulin-produzierenden ß-Zellen der Pankreas vorliegt.). Weltweit leiden rund 300 Mio. Menschen an Diabetes mellitus. Bisherige Schätzungen gehen allein in Deutschland von 7–9 % Diabetiker aus. Der Typ-2-Diabetes ist dabei – vor allen in den westlichen Industrieländern – auf dem Vormarsch und eng assoziiert mit dem“Metabolischen Syndrom” (Zusammenspiel aus Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und Insulinresistenz). Was aber auch heißt: Hier kann mit einer Umstellung der Lebensbedingungen schon ein erster wichtiger Schritt zur Besserung erreicht werden. Der honigsüße Durchfluss – so genannt wegen dem erhöhten Zuckergehalt im Harn bei Diabetikern – ist alles andere als eine leichtzunehmende Volkskrankheit, denn ist das Insulin aus dem Lot, schwankt der Blutzuckerspiegel in gefährliche Extreme. Und je häufiger der Blutzuckerspiegel sich außerhalb der Gaußschen Normalverteilung befindet, desto höher ist die Gefahr, dass Gewebe und Organe Schaden nehmen (s. o.).
Neben einer engmaschigen und guten Blutzuckereinstellung kann man beim diabetischen Fußsyndrom eine bildgebende (duplexsonographische bzw. kernspintomographische) Untersuchung des Gefäßstatus und eine bakteriologische Diagnostik in Erwägung ziehen. Auch der neurologische Status einer vorhandenen Polyneuropathie (also Sensibilitätsstörungen, Koordinationsstörungen, ggf. Lähmungen) sollte erhoben werden. Therapeutisch stehen neben den generellen Maßnahmen, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren (z. B. diätetische Maßnahmen), die den Fuß entlastende Maßnahmen im Vordergrund. Dazu zählen Druckentlastung (geeignetes Schuhwerk!) und Wundsanierung (ggf. Antibiose).
17.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden?
17 …warum hat der Nachbar Wunden am Fuß? 125
• pAVK: Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit ist nicht unbedingt eine Differenzialdiagnose, sondern kann eine „Komorbidität“ sein (also begleitend schon vorher dagewesen sein und jetzt zeitgleich als Erkrankung bestehen). Diabetes begünstigt das Auftreten einer pAVK, die auch mit einer Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff (Gewebshypoxie) und den sich daraus ergebenden Folgen einhergeht (Kap. 6). Allerdings sind die Schmerzen hier zunächst belastungsabhängig und zunehmend, nicht tendenziell abnehmend wie bei der durch Diabetes verursachten Polyneuropathie.
17.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Liegen andere Symptome vor? Schmerzen beim Gehen? → Abgrenzung pAVK 2. Sind die Fußpulse tastbar, Haut rosig oder eher bläulich-blass? → Abgrenzung pAVK
17.4 Klartext Sie erinnern sich an die Folgen, die ein erhöhter Blutzuckerspiegel auf das Gewebe haben kann, und was das bedeutet: Gewebshypoxie, Polyneuropathie, Mikro- und Makroangiopathie – auch mit allen Folgen für die Organsysteme. Sie versuchen einfache Worte zu finden und erklären Ihrem Nachbarn:
126 M. Kahl-Scholz Von Arzt zu Patient Das hat sehr wahrscheinlich etwas mit Ihrem Diabetes zu tun. Der Blutzuckerspiegel hat auch Auswirkungen auf die Gefäße und die Nerven. Mit der Zeit kann beides geschädigt werden, was erklärt, warum Sie nicht mehr so viel spüren können und warum die Wunden nicht richtig zuheilen. Es ist sehr wichtig, dass Sie das Ihrem Hausarzt zeigen, damit er die Wunden behandeln kann. Außerdem sollte auch der „Langzeitblutzuckerwert“ gemessen und in den Beinen/Füßen nachgeschaut werden, wie die Gefäße aussehen – das passiert ganz schmerzlos über Ultraschall oder eine Magnetresonanztomographie.
Von Arzt zu Arzt Die vorliegenden Ulzera scheinen im Rahmen eines diabetischen Fußsyndroms in Folge einer langjährigen Diabetes-Erkrankung entstanden zu sein. Es ist sinnreich, den HbA1c zu kontrollieren, eine angiographische Gefäßdarstellung der unteren Extremitäten und eine Wundsanierung anzustreben. Auch der neurologische Status sollte ermittelt werden.
18 …warum verliere ich so viele Haare?
„Das ist schon eigenartig.“ Ihre Bekannte schaut Sie verwirrt an, während sie sich geistesabwesend durch die Haare fährt. Wieder hat sie ein paar in der Hand. „Siehst Du?“ Ja, Sie sehen es. Tatsächlich fallen ihr auffallend viele Haare auf einmal aus. Sie wollen gerade etwas sagen, als ein kleiner Schrei dazwischenkommt, zuerst ganz leise und dann immer lauter und fordernder. „Ich muss einmal nach dem Kleinen sehen.“ Sie steht auf und verschwindet im Nachbarzimmer, um kurze Zeit später mit einem kleinen Bündel auf dem Arm wieder zu erscheinen – mit einem sehr süßen, gerade 12 Wochen alten Bündel. „Ist ja gut, ist ja gut.“ versucht sie den Kleinen zu beruhigen. „Er hat Hunger.“ sagt sie etwas lauter und fast entschuldigend, um gegen die Lautstärke ihres Sohnes anzukommen. „Ich muss sowieso los, aber es war schön, Dich mal wiedergesehen und den Kleinen kennengelernt zu haben.“ Sie beugen sich vor und umarmen beide vorsichtig. „Du?“ ihre Bekannte zögert „Du hast nicht vielleicht eine Idee, warum das hier mit den Haaren so komisch ist? Ich dachte, naja, Du
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_18
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128 M. Kahl-Scholz studierst doch jetzt Medizin, und…vielleicht fällt Dir was ein?“ Sie denken angestrengt nach, etwas kommt Ihnen in den Sinn…Hormone, Haarwachstum…es gab da einen Zusammenhang…
18.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Haarausfall nach Geburt.
18.2 Der Verdacht Das, was hier beschrieben wird, ist recht häufig und wird als (telogener) Haarausfall (Effluvium) beschrieben.
18.2.1 Woher kommt denn sowas? Haarausfall kann viele Gründe und viele Erscheinungsformen haben (s. u.). Macht er sich klinisch bemerkbar, sieht man also tatsächlich eine Ausdünnung der Haare oder gar kahle Stellen, wird er auch als Alopezie bezeichnet. In der Regel sind es Schadstoffe, die das Haar zu irgendeinem Zeitpunkt in seinem Wachstum stören oder hindern. Diese Schadstoffe müssen nicht von außen, sondern können auch vom Körper selbst produziert werden bzw. nicht mehr produziert werden, wie in diesem Fall. Es handelt sich hierbei um die häufigste Variante des Haarausfalls, nämlich um den telogenen Haarsaufall, bei dem es zu einem vorzeitigen
18 …warum verliere ich so viele Haare? 129
Beenden der Wachstumsphase der Haare (Anagenphase) kommt, was wiederum ein schnelleres Ende für die darauffolgenden Phasen und damit auch für die Lebenszeit des Haares hat. Um noch genauer zu werden, handelt es sich hierbei um einen postpartalen (also nach der Geburt eines Kindes auftretenden), telogenen Haarausfall, der letztlich noch als „physiologisch“ eingestuft werden kann. Warum ist das so? Die Hormone (vor allem der schwangerschaftsbedingte erhöhte Östrogenspiegel) sind schuld. Während sie in der Schwangerschaft zu einer Verlängerung der Wachstumsphase und dadurch zu vollerem Haar führen, sorgt ihr Wegfall nach der Geburt dafür, dass sich die Lage auf dem Kopf wieder normalisiert – und ganz physiologisch mehr Haare ausfallen. Wäre es nicht dieser Grund, könnte ein telogener Haarausfall z. B. auch durch Stress, Infektionskrankheiten, Schilddrüsenerkrankungen, Kollagenosen, Unterernährung, Eisenmangel, Zinkmangel und vielen anderen Ursachen ausgelöst werden. Ins Eingemachte
Es wächst und fällt. Noch einmal zur Erinnerung: Haare wachsen in einem vorbestimmten Zyklus, der aus drei Phasen besteht.
• Die Wachstumsphase, in der sich die meisten Haarfollikel befinden, wird auch als Anagenphase bezeichnet. Sie dauert etwa 2–7 Jahre. • Die Rückbildungsphase, die auch als Katagenphase bezeichnet wird, dauert etwa drei Wochen und wird dann abgelöst durch die • Ruhephase, die etwa 2–4 Monate dauert und als Telogenphase bezeichnet wird. Danach fällt das Haar aus (was täglich für 50–100 von den Kopfhaaren gilt).
130 M. Kahl-Scholz
Darüber hinaus. Neben dem oben beschriebenen telogenen Haarausfall gibt es noch andere Varianten. Hierzu zählen:
1. Anagener Haarausfall: Hier liegt in der Regel ein Kontakt zu einer das Haar schädigenden Substanz (z. B. ionisierende Strahlen im Rahmen der Strahlentherapie, Kontakt mit Schwermetallen etc.) vor, der die Wachstumsphase umgehend unterbricht. Das führt, weil sich der meiste Teil der Haare im Wachstum befindet, zu einem sehr starken Haarverlust. 2. Androgenetischer Haarausfall/Alopezie: Dieser Haarausfall ist vererbt und durch Androgene mitgesteuert. Mit der Zeit kommt es zu einem immer kürzer werdenden Haarzyklus und zu immer kleiner werdenden Haarfollikeln – das Haar „dünnt“ aus. Bei Frauen sind typische Stellen dafür die Schläfen-/ Stirnregion, beim Mann vor allem die Schläfenregion (Geheimratsecken), später auch der Scheitel, bis nur noch ein schmaler „Kranz“ übrigbleibt. 3. Kreisrunder Haarausfall: Die Alopecia areata ist eine Autoimmunerkrankung, die dafür sorgt, dass der Körper seine Immunabwehr gegen ein noch nicht erforschtes Antigen der Haarfollikel richtet. Es entsteht eine Entzündung und die Wachstumsphase wird „angehalten“, es kommt zum Haarausfall oder -abbruch.
18.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Haarausfall ist zunächst erst einmal Haarausfall! Die Frage ist also, wofür er stehen, wodurch er ausgelöst werden könnte. In diesem Fall ist die Ursache klar und harmlos. Generell ist aber die Suche und Diagnostik bei den unterschiedlichen Haarausfallvarianten sehr mühsam und auch nicht selten für den Patienten frustrierend.
18 …warum verliere ich so viele Haare? 131
18.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es in Ihrer Familie Fälle von frühzeitigem Haarverlust/Entstehung von kahlen Stellen? → Abgrenzung androgenetischer Haarverlust 2. Geht das Haar vereinzelt oder büschelweise aus? → Abgrenzung Alopecia areata 3. Gibt es andere Faktoren wie Stress, Unterernährung etc., die zu beachten sind?
18.4 Klartext Sie können sich wieder erinnern, Östrogene hatten doch auch Einfluss auf die Wachstumsphasen der Haare und wenn die erhöhten Hormonspiegel wegfallen, wie nach einer Schwangerschaft, dann…
Von Arzt zu Patient Das scheint ein Haarausfall zu sein, der sehr oft Frauen nach einer Schwangerschaft betrifft, aber in keinster Art und Weise bedenklich ist. Durch die erhöhten Hormonspiegel während der Schwangerschaft ist die Phase, in der die Haare wachsen, verlängert. Fallen die Hormone dann nach der Geburt des Kindes plötzlich ab, normalisiert sich das Haarwachstum wieder, der Haarausfall ist also eigentlich ein Schritt hin zum Normalzustand. Sollte er aber anhalten oder sollten so viele Haare ausgehen, dass die Haare insgesamt viel dünner werden oder sich kahle Stellen zeigen, dann muss genauer nachgeforscht werden.
132 M. Kahl-Scholz Von Arzt zu Arzt Es handelt sich hierbei um ein postpartales telogenes Effluvium, das im physiologischen Rahmen stattfindet. Der Patientin sollte erklärt werden, dass durch die hormonelle Umstellung postpartal, insbesondere der veränderten Östrogenkonzentration, sich die Telogenphase wieder normalisiert. Bei einem Persistieren der Symptome oder der Weiterentwicklung zu einer Alopezie, sollte die Patientin erneut vorstellig werden und eine genauere Ursachenforschung erfolgen.
19 …was kann das bei meiner Tochter für eine eigenartige Hautrötung sein, die sich immer mehr ausbreitet?
„Tante Tine! Tante Tine!“ die kleine Lotte schlingt die Arme um ihre Tante und drückt sie fest. „Krawallgemüsealarm! Nicht so stürmisch!“ sagt Tina lachend und schiebt ein „Außerdem reicht Tine vollkommen.“ brummelig hinterher. Sie möchte nicht so gerne „Tante“ genannt werden, obwohl sie gerade erst mit dem Studium angefangen hat, fühlt sie sich dann alt. Lottes Mama Diana kommt hinter ihrer Tochter zum Vorschein und drückt Tina ebenfalls herzlich. „Na, Schwesterlein, schön Dich zu sehen. Und schön zu sehen, kleine Maus“, sie wendet sich Lotte zu, „dass es Dir scheinbar doch etwas besser geht.“ Diana wendet sich an ihre Schwester: „Du musst wissen: Lotte gings in den letzten Tagen nicht so gut, sie war irgendwie schlapp und lustlos, aber irgendeinen handfesten Grund dafür gabs nicht.“ Tina hält Lotte, die sich eng an sie schmiegt, immer noch in ihren Armen. „Dabei war letzte Woche Waldwoche im Kindergarten und Lotte ist wild durch die Gegend gehüpft.“ Diana runzelt die Stirn, als sie den hochgeschobenen T-Shirt-Ärmel von Lotte sieht und eine darunterliegende Hautstelle, die auffällig rot ist (Abb. 19.1). „Da hat Lotte zum ersten Mal Bekanntschaft mit einer Zecke gemacht, fiese Biester. Aber ich habe sie
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134 M. Kahl-Scholz
Abb. 19.1 Zentrale Rötung der Haut. (Aus Wendt et al. 2019, copyright CDC/James Gathany)
problemlos entfernen können. Hier am Oberarm hat sie gesessen.“ Ihr Schwester deutet auf die auffällige Hautstelle, die sich jetzt auch Tina anschaut. Eine zentrale gelegene Rötung ist von einem blassem inneren Ring umgeben, auf den ein roter randständiger Kreis folgt. „Oh, das sieht aber nicht so aus, als sollte das so sein.“ meint Tina nachdenklich. „Ja, ich habe mir auch schon überlegt, dass ich morgen damit zum Kinderarzt gehe,“ entgegnet Diana, „dieser rote Rand, der weitet sich immer mehr aus. Und das finde ich irgendwie komisch. Lotte hat zwar keine Schmerzen, aber ich habe kein gutes Gefühl dabei.“ „Ich auch nicht“ bestätigt Tina. „Hältst Du mich auf dem Laufenden, wenn Du was Neues weißt?“ „Aber sicher doch, kleine Schwester, und jetzt lass uns endlich ein Eis essen gehen!“
19.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären?
19 …was kann das bei meiner Tochter für eine … 135
Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Kindergartenkind nach einem Zeckenbiss vor ca. einer Woche, • Kind ist seit 2 Tagen schlapper und müder, • an der Biss-Stelle findet sich eine zentrale Rötung, mit einem reizlosen inneren Ring und einem geröteten randständigem Ring, der sich immer weiter nach außen bewegt und scheinbar schmerzlos ist.
19.2 Der Verdacht Das, was hier beschrieben wird, entspricht am ehesten der sog. „Wanderröte“ (Erythema migrans) infolge eines Zeckenbisses.
19.2.1 Woher kommt denn sowas? Durch einen Zeckenbiss können Erreger – im Fall der Lyme-Borreliose, um die es in diesem Fall geht, Borrelia burgdorferi – in die Blutbahn gelangen und für eine Entzündung sorgen (wobei es nach einem Zeckenbiss nur in 1,5 bis 6 % der Fälle zu einer Infektion kommt). Diese kann über den Blutweg auch Gelenke, zentrales und peripheres Nervensystem und das Herz erreichen. Wenn die Erreger nicht sofort an Ort und Stelle (also dort, wo der Zeckenbiss erfolgt) vom Körper niedergemetzelt werden, kann es zunächst zu einer lokalen Infektion kommen, die sich in Form des Erythema migrans zeigt (und damit ein wichtiges Warnsignal für eine Entzündung durch Borrelien nach Zeckenbiss ist). Das Erythema migrans tritt nach einigen Tagen bis Wochen auf und zeigt sich sehr klassisch wie auch schon
136 M. Kahl-Scholz
oben beschrieben: Um die (meist sichtbaren) Biss-Stelle herum entsteht ein rötliches, begrenztes und sich langsam ausbreitendes Erythem (daher auch der Begriff „Wanderröte“). Die Abblassung zwischen gerötetem Ring und Biss-Stelle, wie in diesem Fall, muss nicht zwangsläufig vorliegen, es kann sich auch um eine komplette Rötung handeln, die fortschreitet. Manchmal kann das Erythema migrans durch ein leichtes Jucken oder Brennen begleitet sein. Es kommt auch häufiger zu begleitenden Allgemeinsymptomen, wie Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Fieber. Ins Eingemachte
Nicht nur eine Rötung… Die Borreliose lässt sich in mehrere Krankheitsstadien einteilen.
• Stadium I entspricht einer lokalisierten Frühinfektion der Haut mit Erythema migrans und dem Borrelien-Lymphozytom. • Stadium II beschreibt eine Infektion, die sich bereits ausgebreitet hat (disseminierte Frühinfektion) mit ggf. multiplen Erythemata migrantia, kutanen Lymphozytomen, früher Neuroborreliose (lymphozytäre Meningitis, Hirnnervenparesen, Meningoradikuloneuritis Bannwarth), akute intermittierende Lyme-Arthritis und Karditis. • Stadium III entspricht einer Spätinfektion mit Organmanifestationen (Acrodermatitis chronica atrophicans der Haut, chronische Lyme-Arthritis der Gelenke, chronische Enzephalomyelitis). • Das postinfektiöse Syndrom (Post-Lyme disease) zeigt sich durch Muskel- und Gelenkschmerzen sowie postinfektiöse Neuropathien durch persistierende Entzündungsreaktionen nach erfolgreicher Antibiotikatherapie.
19 …was kann das bei meiner Tochter für eine … 137
Die klinischen Symptome und vor allem die Anamnese (Zeckenbiss) weisen bereits den Weg zur Verdachtsdiagnose. Anhand des Borrelien-Titers lässt sich dieser Verdacht bestätigen, allerdings muss bedacht werden, dass nur in 60 % der Fälle die Serologie auch positiv ausfällt. Daher gilt: Eine antibiotische Anbehandlung bei einem begründeten Verdacht ist der aufwändigen Labordiagnostik (Nachweis von Borrelien-DNA) vorzuziehen!
Als Antibiotika kommen für Kinder bis zum 9. Lebensjahr Amoxicillin oder Cefuroxim infrage. Bei älteren Kindern kommt wie bei erwachsenen Doxycyclin zum Einsatz.
19.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Der Zusammenhang zwischen Zeckenbissstelle und den Symptomen, die sich dort zeigen, ist schon recht eindeutig. Trotzdem kann man im weitesten Sinne auch an folgende andere mögliche Ursachen denken: • Erysipel: Das Erysipel ist tatsächlich auch gekennzeichnet durch eine Rötung, die sich ausbreitet (Kap. 15), aber das tut sie eher fingerförmig entlang der Lymphbahnen und zudem ist auch eine Schwellung typisch. Weitere Symptome wie Überwärmung, Spannungsgefühl und Druckschmerzhaftigkeit können hinzutreten. • Phlegmone: Phlegmone treten meist um Wunden herum auf und zeigen sich ebenfalls mit einer dunkelroten Färbung, die aber eher eine unscharfe Begrenzung
138 M. Kahl-Scholz
hat. Systemische Entzündungszeichen können fehlen. Es gibt aber auch hier einen Entstehungsherd und vor allem Schmerzen, die die Entzündung begleiten. • Abszess: Auch ein Abszess kann dazu führen, dass das umliegende Gewebe mitreagiert und gerötet ist. Allerdings liegt beim Abszess ein eitriges Geschehen zugrunde und er ist mit Schmerzen verbunden.
19.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gab es an dieser Stelle schon vorher Entzündungen/ Wunden? → Abgrenzung andere Infektionsgeschehen wie Abszess 2. War oder ist die Stelle/die Rötung schmerzhaft/auf Druck schmerzhaft? → Abgrenzung andere Infektionsgeschehen wie Abszess
19.4 Klartext Am nächsten Morgen ruft Diana ihre Schwester direkt nach dem Kinderarztbesuch an. „Sagt Dir das…warte…ich hab`s mir extra aufgeschrieben…hier…das Erythema migrans etwas?“ fragt sie Tina. „Nein, ehrlich gesagt, nicht wirklich, mit Physik hat es glaub ich nichts zu tun.“ entgegnet Tina verlegen. „Nein, ich denke nicht.“ bestätigt Diana. „Also, der Arzt meinte….“
19 …was kann das bei meiner Tochter für eine … 139
Von Arzt zu Patient Durch den Zeckenbiss haben sich, so wie es aussieht, Bakterien übertragen, Borrelien, um genauer zu sein, und die sorgen für eine Infektion, die sich als die sichtbare „Wanderröte“ darstellt. Das heißt auch, die Borrelien sind im Körper und könnten sich weiter ausbreiten. Um das zu verhindern, sollen so rasch wie möglich Antibiotika eingenommen werden. Die Heilungschancen sind Gottseidank gut.
Von Arzt zu Arzt Durch Infektion mit Borrelia burgdorferi nach Zeckenbiss befindet sich die Patientin im Stadium I einer Borreliose mit einem frischen Erythema migrans. Um ein Fortschreiten in weitere Stadien zu verhindern, sollte mit Amoxicillin anbehandelt werden. Die Eltern sollten über die Möglichkeit einer Borrelien-Diagnostik aufgeklärt werden. Allerdings sollte dabei auch auf die Dauer hingewiesen werden, bis die Auswertungen vorliegen, und dass es hier immer noch zu falsch-negativen Werten kommen kann.
Literatur Wendt et al (2019) Durch Zecken übetragbare Erkankungen. CME 16:53–71
20 …was sind das für komische Knoten an meinen Fingern?
„Was kratzt Du Dich denn immer an den Fingern?“ Tim sieht seinen Freund Max fragend an. „Keine Ahnung.“ flüstert Max und reibt schon wieder über die Innenseiten seiner Finger. Beide sitzen im Hörsaal bei der Biologievorlesung und machen sich auf ihrem Tablet Notizen zum Thema „virale Replikation“. „Zeig mal her.“ wispert sein Freund und Max hält ihm die juckende Hand hin. „Am schlimmsten ist es an den Fingerinnenseiten.“ raunt Max, „Hier am Mittel und Zeigefinger, da sind auch so kleine Knubbel.“ Tim schaut sich die kleinen Dellen genau an und meint: „Das sieht aus wie kleine Verdickungen mit einer weißen Delle in der Mitte, seit wann hast Du das?“ Max überlegt einen Moment und antwortet: „Ich war Anfang letzter Woche mit meinen Cousins schwimmen, da war auch Sam mit dabei, mein 8-jähriger Großcousin. Der hatte auch so Knötchen an der Hand und hat sich immer wieder mal gekratzt. Wenn ich darüber so nachdenke: ein paar Tage danach hat es angefangen.“ Beide grübeln vor sich hin und schauen auf die Präsentation, in der gerade der Virusbefall einer Hautzelle zu sehen ist. „Also irgendwas Ansteckendes, wie es scheint.“ schließt Tim. „Scheinbar.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_20
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142 M. Kahl-Scholz Vermutlich gehe ich doch einmal zum Hautarzt, irgendwie hört das nicht auf, ich habe eher noch das Gefühl, dass immer mehr kleine Dellen dazukommen…“ Er seufzt und tippt „doppelsträngige Virus-DNA in Wirtszellen“ auf seinen Screen.
20.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Kleine Knötchen mit einer zentralen hellen Delle an den Innenseiten der Finger, • die jucken, • sich scheinbar nach dem Kontakt mit einer anderen betroffenen Person übertragen haben • und die sich vermehren.
20.2 Der Verdacht Das hier geschilderte Symptom-Pack lässt am ehesten an Dellwarzen (Molluscum contagiosum) denken (Abb. 20.1).
20.2.1 Woher kommt denn sowas? Verantwortlich für die Entstehung von Dellwarzen ist das Molluscum-contagiosum-Virus (ein doppelsträngiges DNA-Virus) aus der Gruppe der Pockenviren, das sich durch Schmierinfektionen oder durch Kratzen (Autoinokulation) übertragen kann (Inkubationszeit: 1 Woche
20 …was sind das für komische Knoten … 143
Abb. 20.1 Dellwarzen. (Aus Hamm und Goebeler 2017)
bis Monate). Es gelangt über kleinste Wunden in die Hornzellen (Keratinozyten) der Haut, in denen es sich dann vermehrt. Meistens sind Kinder betroffen (häufige Schwimmbadbesuche begünstigen eine Ansteckung/Entstehung), aber auch eine Infektion im Erwachsenenalter ist möglich (sollte aber immer auch eine Immunsuppression im Rahmen anderer Erkrankungen oder an vorbestehende prädispositionierende Hauterkrankungen wie Neurodermitis denken lassen). Dellwarzen kennzeichnen sich aus durch: • eine weiße bis rosafarbene, bis zu 5 mm große Papel, die in der Mitte gedellt ist, • auf Druck kann sich eine weißliche Maße zeigen, die mit Virusmaterial gefüllt und damit hochinfektiöse ist, • sie können prinzipiell überall am Körper und einzeln oder – gerade, wenn es zur Ausbreitung kommt durch „Aufkratzen“ der Papeln – in Gruppen auftreten,
144 M. Kahl-Scholz
• bei Patienten, die z. B. immunsupprimiert sind, kann es zur Ausbreitung mit mehreren 100 Mollusken kommen (sog. Eczema molluscatum). Ins Eingemachte
Die große HPV-Familie. Warzenvarianten gibt es viele, der Verursacher ist aber häufig ein Vertreter der gleichen Familie: er kommt in der Regel aus der humane Papillomaviren(HPV)-Reihe (Tab. 20.1). Das HP-Virus ist bekannt durch die dazugehörige Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, für dessen Entstehung es mit verantwortlich gemacht wird. Aber H PV-Viren gibt es viele und dadurch auch etliche Krankheitsvarianten, die durch sie ausgelöst werden. Dabei unterscheidet man Hochrisiko-Viren, die besonders tückisch und vor allem für wesentlich gefährlichere Folge-Erkrankungen wie eben dem Gebärmutterhalskrebs verantwortlich gemacht werden (dazu zählen die high-risk-Typen 16 und 18) und Niedrigrisiko, also low-risk-Formen (wie die Typen 6 und 11).
Dellwarzen lassen sich durch eine Blickdiagnose identifizieren und können, sofern der Patient bei guter Gesundheit ist, zunächst abwartend behandelt werden (meistens ist die Krankheit selbstlimitierend). Wichtig dabei ist aber die gute Hautpflege, denn jede noch so kleine Eintrittspforte (im Sinne von einem Mikrotrauma) kann dazu beitragen, dass sich die Viren wieder durch die Hautbarriere mogeln und die nächsten Keratinozyten befallen. Darüber hinaus ist eine Therapie mit Kaliumhydroxidoder Tretinoin-haltigen Lösungen möglich. Diese bekämpfen zwar nicht die Viren, sorgen aber dafür, dass die Haut gereizt und damit das Immunsystem am Ort des Geschehens noch stärker aktiviert wird. Mit etwas Glück so viel aktiviert, dass es zur Bekämpfung der HPV-Viren und damit der Warzen reicht.
20 …was sind das für komische Knoten … 145 Tab. 20.1 Warzenformen und -erreger. (Adaptiert nach Hamm und Goebler 2016) Variante
Verursachender Virus
Klinisches Bild
Verrucae vulgaris
HPV 1,2,4
Verrucae plantares
HPV 1,2,4
Verrucae planae
HPV 3, 10
Fleischerwarzen Dornwarzen
HPV 7
s. o Besonders betroffen: Hände und Finger Diese Warzenform wächst nicht nach außen, sondern aufgrund der mechanischen Belastung und dem damit verbundenem Druck am Fuß nach innen. Zwei Varianten sind die Dorn- und Mosaikwarzen (s. u.) Besonders betroffen: Fußsohlen Kleine, rundliche, flache Warzen, die eine glatte Oberfläche haben Besonders betroffen: Gesicht, Handrücken Besonders betroffen: Hände
Mosaikwarzen
HPV 2, 4
HPV 1
Dornwarzen wachsen nach innen und können dabei mit der Zeit druckschmerzhaft werden. Im Gegensatz zu den Mosaikwarzen (s. u.) wachsen sie einzeln Besonders betroffen: Füße Mosaikwarzen wachsen wie für Plantarwarzen üblich ebenfalls nach innen, stehen aber nicht einzeln, sondern fließen sozusagen ineinander, was sie manchmal den Schwielen ähnlich sein lässt. Allerdings weisen sie – als Abgrenzung – kleinere Einblutungen auf Besonders betroffen: Fußsohle (Fortsetzung)
146 M. Kahl-Scholz Tab. 20.1 (Fortsetzung) Variante
Verursachender Virus
Klinisches Bild
Filiforme Warzen
HPV 1,2,4
Condylomata acuminata
HPV 6, 11
Im Bartbereich und in der Augenumgebung können sich filiforme (faden-, zapfenförmige) Warzen ausbilden, die durch Ausbreitung (durch z. B. eine Rasur) dicht und in Vielzahl auftreten können In der Genitalregion verursachen HP-Viren kleine spitze, weiche Papeln, die sich immer weiter ausdehnen und sich zu größeren Tumoren entwickeln können. Je nach Größe können sie auch Juckreiz, Brennen und Schmerzen verursachen
Bei sehr starkem Befall kann auch ein operativer Eingriff im Sinne einer Abtragung (Kürettage) oder Vereisung (Kryotherapie) in Betracht gezogen werden.
20.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? Die wichtigsten Differentialdiagnosen sind bereits in der Tab. 20.1 aufgeführt. Man sollte an die anderen Warzenformen denken, allem voran an: • Verrucae planae: Wie der Name schon sagt, weisen diese aber eine glatte Oberfläche auf und nicht wie für Dellwarzen typisch eine zentrale Einebnung. • Fleischerwarzen: Warum diese Warzen so heißen, hat tatsächlich damit zu tun, dass sie speziell bei Metzgern
20 …was sind das für komische Knoten … 147
an den Händen auftreten. Sie werden vom Typ 7 (s. o.) verursacht und kommen häufiger bei stetigen Hautverletzungen vor.
20.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Liegt eine andere Erkrankung vor, die das Immunsystem negativ beeinflusst? → Ermittlung Pathogenese und Abschätzung Ausbreitungswahrscheinlichkeit 2. Gibt es andere Stellen am Körper, die betroffen sind? → Abgrenzung andere Warzenformen 3. Sind diese Veränderungen schon einmal aufgetreten? → Rezidiv
20.4 Klartext Max wedelt die Lösung seines Problems quasi gerade direkt vor der Nase herum. Würde er am nächsten Morgen zum Dermatologen gehen, würde dieser ihm vermutlich sagen:
Von Arzt zu Patient Das sieht sehr nach Dellwarzen aus, an denen Sie sich – ebenso wahrscheinlich – vermutlich durch einen Kontakt, besser gesagt eine sog. Schmierinfektion bei Ihrem Großcousin angesteckt haben. Dellwarzen werden durch einen bestimmten Virenstamm, sog. DNA-Viren der Humane Papilloma-Viren-Reihe verursacht. In der Regel gehen sie aber von selbst wieder weg. Wichtig ist, dass
148 M. Kahl-Scholz Sie bitte nicht kratzen und darauf achten, ihre Hände gut zu pflegen – jeder noch so kleine Kratzer kann eine Ausbreitung begünstigen. Ich würde vorschlagen, Sie kommen in 3–4 Wochen noch einmal in die Praxis und lassen uns sehen, wie sich alles entwickelt hat. Oder natürlich vorher, wenn es schlimmer werden sollte.
Von Arzt zu Arzt Hier handelt es sich um Mollusca contagiosa, übertragen durch Schmierinfektion. Da die Erkrankung in der Regel selbstlimitierend ist und der Patient in einem guten Immun- und Allgemeinzustand, empfiehlt sich, zunächst beobachtend abzuwarten und ggf. mit Kaliumhydroxidoder Tretinoin-haltigen Lösungen den Heilungsprozess zu fördern.
21 …warum juckt es mir seit dem Urlaub immer so zwischen den Fingern?
Freitagvormittag, Physiologie-Vorlesung und in Gedanken eigentlich schon im Wochenende, sitzen Sie etwas unkonzentriert im Hörsaal. Neben Ihnen ein guter Freund, der genauso abwesend wirkt, sich aber nervigerweise immer wieder an den Händen kratzt. Sie stupsen ihn vorsichtig mit den Ellenbogen in die Seite, deuten auf seine Finger und fragen „Was los?“. „Keine Ahnung, es hört einfach nicht auf zu Jucken, ich werde nachts noch verrückt, und jetzt habe ich da auch noch so eigenartige Gnubbel, hier guck mal.“ Er zeigt Ihnen die Innenseiten seines Zeige-, Mittel- und Ringfingers, wo sich kleine helle Streifen in der Oberhaut zu befinden scheinen, an deren Ende sich die Haut vorwölbt. Abschürfungen und Rötungen vom vielen Kratzen sind ebenfalls zu sehen. „Hmmm, eigenartig.“ Aber mehr fällt Ihnen auch nicht ein. „Ja“, entgegnet Ihr Freund. „Ziemlich. Hab’ mich schon gefragt, ob das irgendetwas mit meiner Reise vor vier Wochen in die Anden zu tun haben könnte. Glaubst Du, da gibt es einen Zusammenhang?“ Glauben Sie?
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Kahl-Scholz, Du studierst doch Medizin, sag mal ..., https://doi.org/10.1007/978-3-662-60322-2_21
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21.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Juckende Hautbereiche zwischen den Fingern, • die sich durch feine helle Streifen, an deren Enden sich Vorwölbungen befinden, auszeichnen, • nachts scheint der Juckreiz besonders schlimm zu sein, • es gab einen Auslandsaufenthalt in Südamerika, der einige Wochen zurückliegt.
21.2 Der Verdacht Die Konstellation aus Juckreiz (der nachts schlimmer wird) und dem Ort „zwischen den Fingern“, die feinen hellen Streifen, an deren Ende sich Verdickungen der Haut befinden, sollten im Zusammenhang mit dem Auslandsaufenthalt an Krätze (Skabies) denken lassen.
21.2.1 Woher kommt denn sowas? Krätzmilben (mit dem schönen Namen Sarcoptes scabiei varietas hominis ) gehören zu den recht häufigen und vor allem in tropischen bis subtropischen Ländern vorkommenden parasitären Hauterkrankungen. Vor allem dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, können sie sich schnell von Wirt zu Wirt ausbreiten (auch wenn sie nur begrenzt außerhalb der Haut lebensfähig sind). Intensiver, enger Körperkontakt kann ebenfalls eine Übertragung und damit eine Ausbreitung begünstigen.
21 …warum juckt es mir seit dem Urlaub … 151
Die Milben bohren sich in die Hornschicht der Haut (vor allem im unbehaarten Bereich, oft sind z. B. Fingerzwischenräume, Fingerseiten, Handgelenksbeugen, Ellenbogen, Nabelregion etc. betroffen) und legen täglich mehrere Eier ab. Daraus schlüpfen Larven, die wiederum heranwachsen und neue Eier legen. Tatsächlich lassen sich manchmal die feinen Gänge, die gebohrt werden, unter der Haut als helle, spinnenfadendünne Streifen erkennen, an deren Ende dann ein sog. Milbenhügel ist, eine Runde Auftreibung. Es können sich im Laufe der Zeit auch kleine Knoten, Bläschen und an ein Ekzem denken lassende Veränderungen zeigen. Durch den Juckreiz als Reaktion auf die Milbenrückstände (der klassischerweise nachts schlimmer ist) können auch aufgekratzte, teils entzündete Stellen auftreten. Ins Eingemachte
Es kribbelt und krabbelt. Parasiten, die uns zum Fressen gerne haben, gibt es viele. Die Krätzmilbe ist nur einer davon. Neben Läusen (Kap. 12) können auch Flöhe für kratzende Unruhe sorgen, ganz ab von einer Vielzahl von Bakterien, Viren und Pilzen, die sich als Mitreisende an unseren Körper andocken können. Dabei können selbst Parasiten, die den Darm befallen, zu Hautirritationen führen (klassisches Beispiel ist die Nesselsucht, Urtikaria, bei Wurmbefall), die dann nicht selten überhaupt der Grund für die weitere Ursachenforschung sind.
Um die Verdachtsdiagnose zu sichern, kann man mit dem Lichtmikroskop auf Milbensuche gehen (indem man aus einem geöffneten Milbenhügel etwas „Material“ auf einen Objektträger bringt). Auch dermatoskopisch kann man eine Milbe dingfest machen: Man sieht eine ovale, feine Struktur mit einem dunklen Dreieck vorne und einem Milbengang hinten (was auch als „Jet mit Kondensstreifen“ bezeichnet wird),
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Das Mittel der Wahl ist Permethrin 5 % Creme, die auf die gesamte Haut (!) vom Unterkiefer abwärts (bei sehr kleinen Kindern oder sehr alten Menschen wird das Gesicht nicht ausgespart) aufgetragen und am nächsten Tag wieder abgewaschen wird. Diese Prozedur wird meist nach 1–2 Wochen wiederholt. Wichtig ist auch die Mitbehandlung enger Kontaktpersonen. Wichtig sind Hygienemaßnahmen! Unterwäsche, Schlafanzug, Bettwäsche, Handtücher bei 60 °C waschen; übrige Kleidung und Gegenstände mit längerem Körperkontakt mindestens 3 Tage lang über 20 °C trocken in verschlossenen Plastiksäcken lagern.
21.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden? In dem Moment, in dem weder ein Milbengang noch eine Milbe diagnostisch gesichert werden können, kann der beschriebene Ausschlag Alles oder Nichts sein. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist in solchen Fällen an alle Hauterkrankungen zu denken, die einen juckenden Ausschlag auslösen – und das sind viele! Um nur ein paar zu nennen: atopisches Ekzem, Kontaktekzem, seborrhoische Dermatitis, Psoriasis, Ektoparasitosen wie Tierkrätze, Pediculosis corporis.
21.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können?
21 …warum juckt es mir seit dem Urlaub … 153
1. Gibt es eine bekannte Allergie? Hat die Haut schon einmal mit einem allergischen Ausschlag reagiert? → Abgrenzung Kontaktekzem 2. Sind andere Hauterkrankungen in der Vorgeschichte aufgetreten? Ist eine Neurodermitis oder Schuppenflechte bekannt? → Abgrenzung Psoriasis, atopisches Ekzem etc. 3. Gab/gibt es Kontakt zu Tieren? → Abgrenzung Ektoparasitosen
21.4 Klartext Sie sind sich nicht sicher und tippen in Ihr Smartphone „Auslandaufenthalt, Jucken, Fingerzwischenräume“ und das erste, was google ausspuckt, ist „Krätze – Wenn in der Nacht das große Jucken beginnt“. „Oh, oh...“ murmeln Sie vor sich hin. „Was oh oh?“ Ihr Freund ist hellhörig geworden und schielt auf das Display. „Schon einmal was von Krätze gehört?“ fragen Sie leise. „Nicht im Ernst, oder“? er starrt zuerst Sie und dann seine Hände entgeistert an. „Doch, mein Lieber, wenn es nach den Symptomen geht, dann…“
Von Arzt zu Patient …sieht das sehr wahrscheinlich nach Krätze aus, also einem Befall mit der Krätzmilbe, die vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten vorkommt, das heißt, man kann sowas aus dem Urlaub mitbringen. Die befallenen Stellen, die feinen Gänge in der Haut, die kleinen Auftreibungen am Ende – das passt alles zu diesem Befund. Eine genau – schmerzfreie – Untersuchung der Haut kann den Verdacht bestätigen. Es gibt eine Salbe gegen Krätze, wichtig ist vor allem aber auch, dass die Kleidung und Bettwäsche regelmäßig gewechselt und auch nahestehende Personen mit der Creme mitbehandelt werden.
154 M. Kahl-Scholz Von Arzt zu Arzt Es liegt ein begründeter Verdacht auf Scabies vor, an der der Patient wahrscheinlich durch einen Aufenthalt in Südamerika erkrankt ist. Der Verdacht sollte lichtmikro- und dermatoskopisch gesichert werden. Bestätigt sich Scabies, sollte mit Permethrin 5 % Creme behandelt werden. Ferner sind die Hygienevorgaben und die Mitbehandlung von nahen Kontaktpersonen zentral.
22 …was kann das für ein dicker Knubbel da an der Stirn sein?
„Das nenn ich mal ein Hörnchen!“ Hannah hat ihren älteren Bruder schon fast ein ¾ Jahr nicht mehr gesehen und starrt amüsiert auf eine ziemlich dicke, runde Beule, die sich fast mittig auf seiner Stirn befindet. „Wo bist du gegengerannt?“ sie grinst ihn an. Er presst die Lippen zusammen wie eine Zitrone und sieht Hannah tadelnd an. „Das war keine Dummheit, ich habe nicht die geringste Ahnung, woher das Ding kommt, es wächst seit Monaten.“ „Und Du warst noch nicht beim Arzt? Tut es denn weh?“ Hannah ist entsetzt. „Richtig, war ich noch nicht!“ ihr Bruder wirkt trotzig. „Ich…ich…hatte noch keine Zeit und …weiß auch gar nicht zu wem. Und nein, es tut nicht weh.“ stammelt er und sieht sie verlegen an. „Vermutlich besser wenn, dann würdest Du wenigstens doch mal zum Doc gehen.“ Hannah stupst ihn an, sie weiß, dass dahinter eigentlich die Angst vor einer Diagnose steckt, ihr Bruder war schon immer ängstlich, wenn es um Ärzte ging. Er nimmt sie von der Seite in den Arm und lacht: „Aber Du studierst doch jetzt Medizin, Schwesterherz, Du kannst mir doch sicher sagen, was das sein könnte, oder?“ Hannah windet sich aus seiner Umarmung und schaut ihn entrüstet an: „Du weiß genau, mein Lieber, dass ich im
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156 M. Kahl-Scholz Grundstudium bin, und dass mich solche Fragen schwer in Verlegenheit bringen.“ „Okay, okay, dann wohl doch mal zum Arzt.“ entgegnet ihr Bruder und sieht dabei alles andere als glücklich aus. „Ganz genau, Großer, und ich werde Dich so lange nerven und nachfragen, bist Du wirklich da warst!“
22.1 Die Fakten Was für Fakten können Sie aus der geschilderten Situation heraus sammeln, die für eine erste Verdachtsdiagnose wichtig wären? Zusammengefasst nehmen Sie folgende Aspekte wahr: • Rundliche Verdickung an der Stirn, • die in den letzten Monaten an Größe zugenommen hat, • ansonsten aber keine Beschwerden verursacht.
22.2 Der Verdacht Aus der Blickdiagnose heraus einen Verdacht zu äußern, ist schwierig, aber wie in der Medizin häufig gilt der (vielleicht zunächst etwas plumpe, trotzdem nicht weniger wahre) Satz: „Was häufig ist, ist häufig, was selten ist, ist selten.“ Also hier als erstes an einen bösartigen Tumor zu denken, läge weniger nah, als von einer gutartigen Fettwucherung unter der Haut, einem sog. Lipom auszugehen.
22.2.1 Woher kommt denn sowas? Ein Lipom ist eine gutartige Geschwulst, die aus dem subkutanen Fettgewebe hervorgeht. Dieser Tumor kommt ab
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dem 40. Lebensjahr häufiger und dann eher bei Männern vor. Wenn viele Lipome auf einmal auftreten, spricht man von einer sog. Lipomatose. Lipome sind meistens mehrere Zentimeter groß, tasten sich weich und lassen sich(wichtiges Kriterium gerade im Hinblick benigne/maligne) gut gegen den Untergrund verschieben. An der Stirn kann ein Lipom etwas weniger mobil sein, weil sie direkt unterhalb der Faszie liegen. Ein Angiolipom ist mit zahlreichen Gefäßen durchsetzt und kann auf Druck schmerzhaft sein. Ins Eingemachte
Never alone. Lipome können schlicht und ergreifend aus Fettgewebe bestehen. Nicht selten mischt sich aber das Fett- mit anderen Gewebearten, sodass es eine sehr große Anzahl von Lipom-Subklassen gibt. Ein paar Beispiele sind:
• • • •
Fibrolipome (+ Bindegewebe) Myolipome (+ Muskelgewebe) Chondrolipome (+ Knorpelgewebe) Hibernome (+ braunes Fettgewebe)
Wenn die klinische Diagnostik nicht eindeutig ist, kann auch durch eine sonographische Kontrolle geschaut werden, ob es sich um Fettgewebe handelt, das für den Tumor verantwortlich ist. Wenn das Lipom optisch stört, kann es entfernt (exstirpiert) werden. Sind viele Tumore vorhanden, kann man diese auch mittels Fettabsaugung entfernen.
22.2.2 Was, wenn es doch…? An was für Differenzialdiagnosen sollten Sie denken, wenn Ihnen die o. g. Indizien präsentiert werden?
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• Liposarkom: Jeder „gute“ Spieler hat meistens auch einen „schlechten“ Gegenspieler – beim Lipom nennt sich dieser Liposarkom. Für Liposarkome ist typisch, dass sie schnell wachsen, bei Druck Schmerzen verursachen und nicht gut verschieblich gegen den Untergrund sind (weil sie meistens umliegende Gewebe infiltrieren und sich dadurch „festwachsen“).
22.3 Mal nachgefragt… Welche Fragen könnten Sie stellen, um Ihren Verdacht zu erhärten und andere Differenzialdiagnosen sicherer ausschließen zu können? 1. Gibt es andere Stellen am Körper, bei denen sich solche Veränderungen gezeigt haben? → Abgrenzung Lipomatose 2. Ist der Tumor druckschmerzhaft? → Abgrenzung Angiolipom/Liposarkom 3. Lässt sich der Tumor gut verschieben? → Abgrenzung Liposarkom
22.4 Klartext „Und, wie schauts aus? Warst Du endlich beim Arzt?“ Hannah klingt am Telefon resolut und etwas streng. „Du wirst es nicht glauben, weil Du mir eh nie was glaubst, aber ja, war ich tatsächlich.“ Stille. Damit hätte Hannah tatsächlich nicht gerechnet. „Okay….das ist gut! Oder? Ist es gut? Was hat der Arzt gesagt?“ Hannah hört am anderen Ende, wie ihr Bruder scharf die Luft einzieht, es wird ihr Angst und bange. „Also“, beginnt er zu erzählen,…
22 …was kann das für ein dicker Knubbel ... 159
Von Arzt zu Patient Das ist eine Fettwucherung, ein sog. Lipom. Der Arzt hat auch extra noch einmal mit dem Ultraschall geguckt und ist sich sicher. Das ist nichts Schlimmes, ein gutartiger Tumor, der sehr langsam wächst und den man entfernen kann, wenn er einen stört.
Von Arzt zu Arzt Es handelt sich um ein Lipom, wie sich auch in der Sonographie bestätigt hat. Wenn der Patient es wünscht, kann eine Exstirpation vorgenommen werden.
Stichwortverzeichnis
A
Abszess 109, 138 Acne congoblata 32 Akne 32, 101, 117 Formen 33 Allergietyp 25 Alterswarze 77 Arzneimittelexanthem 52 B
periorale 99, 117 solaris 56 E
Effluvium 128 Ekzem 101, 117 Epikutantest 26 Erysipel 106, 137 Erythema migrans 4, 135
Borkenflechte 16 F D
Dellwarzen 142 Dermatitis atopische 5, 27
Fasziitis, nekrotisierende 109 Fibrom hartes 12 weiches 10
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162 Stichwortverzeichnis
Fibroma molle 10 Fleischerwarze 146 Fußsyndrom, diabetisches 122
M
Molluscum contagiosum 142 N
H
Nesselsucht 48 Neurodermitis 5, 27
Haarausfall 128 Hand-Mund-Fuß-Krankheit 18
P
I
Impetigo contagiosa 16 K
Keratose aktinische 79 seborrhoische 77 Kerzenwachsphänomen 65 Kontaktdermatitis, photoallergische 70 Kontaktekzem 24 Kopfläuse 84 Krampfadern 90 Krätze 27, 150 Kupferfinne 115
Pediculosis capitis 84 Pemphigoid, bullöses 58 Phänomen des blutigen Taus 65 des letzten Häutchens 65 Phlegmone 109, 137 Photoallergen 70 Pilzerkrankung der Haut 3 Pricktest 26 Psoriasis 62 Psoriasis vulgaris 5 R
Reaktion photoallergische 71 phototoxische 71 Reizfibrom 12 Rosazea 101, 114
L
Lentigo maligna 79 senilis 78 Liposarkom 158
S
Scabies 27 Scharlach 101 Schuppenflechte 62
Stichwortverzeichnis 163
Skabies 150 Sonnenbrand 56 Staphylococcus aureus 17, 109 Streptococcus pyogenes 17 Syndrom, androgenitales 35 T
Tinea corporis 2 Tumor benigner 11 maligner 11
physikalische 51 spontane 51 V
Varizen 90 Verruca senilis 77 Verrucae plana 146 Verschlusskrankheit, periphere arterielle (pAVK) 40, 125 W
U
Urtikaria 48
Wanderröte 109, 135 Wundrose 106