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German Pages 656 Year 2007
Susanne Friedrich Drehscheibe Regensburg
Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg Colloquia Augustana Herausgegeben von Johannes Burkhardt, Theo Stammen und Wolfgang E. J. Weber
Band 23
Susanne Friedrich
Drehscheibe Regensburg Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700
Akademie Verlag
Gedruckt mit Unterstützung privater Spender und der Stadt Augsburg.
Einbandabbildung: Reichstag zu Regensburg. Der Kupferstich von Andreas Geyer aus dem Jahr 1729 zeigt die Auffahrt der Gesandtschaften vor dem Regensburger Rathaus anlässlich einer Reichstagssitzung. © dpa - Bildarchiv
ISBN 978-3-05-004204-6 ISSN 0946-9044
© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2007 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: Jochen Baltzer, Berlin Druck: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany
Vorwort
Es gibt Themen, die einen blitzartig überfallen. Die vorliegende Arbeit ist das Ergebnis eines solchen ,Überfalls'. Beim Blättern in den Londorpschen ,Acta Publica' schoß mir der Gedanke durch den Kopf: das, was den Immerwährenden Reichstag eigentlich ausmacht, sind Kommunikation und Information! Damit war das Thema gefunden, doch bedurfte es noch einer Menge Zeit und Arbeit, bis die Dissertation im Wintersemester 2003/04 an der Philosophischen Fakultät der Universität Augsburg eingereicht werden konnte. Sie liegt hier in einer in Teilen gekürzten und durch eine Auswahl jüngerer Titel ergänzten Fassung vor. Die Entstehung einer solchen Studie begleiten eine Vielzahl von Menschen. Mein herzlicher Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Johannes Burkhardt, der mir während der Erstellung dieser Arbeit und darüber hinaus stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein besonderer Dank geht auch an Herrn Prof. Dr. Rolf Kießling, der die Zweitkorrektur übernahm und wertvolle Ratschläge gab. Für hilfreiche, ermunternde und kritisch hinterfragende Diskussionen danke ich den Mitgliedern des Augsburger Graduiertenkollegs ,Wissensfelder der Neuzeit', einer Gruppe von Mitstipendiaten darüber hinaus auch für die nicht minder anregenden Gespräche im geselligen Umfeld und der zum Teil tatkräftigen Unterstützung. Die umfangreichen Recherchen erleichterte die stets freundliche und sachkundige Betreuung durch die Mitarbeiter der besuchten Archive und Bibliotheken. Daß diese Arbeit konzentriert und frei von finanziellen Sorgen vor sich gehen konnte, verdanke ich einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Augsburger Graduiertenkollegs. Die Drucklegung finanziert sich zu einem großen Teil aus dem Preisgeld des Mietek-Pemper-Forschungspreises der Stiftung der Universität Augsburg, für den ich mich besonders bedanke. Für die sorgfaltige redaktionelle Betreuung und Lektorierung sowie die Hilfestellung in allen Fragen hinsichtlich der Einrichtung des Typoskripts, die insbesondere im Bereich der Anpassung an die Zitierregeln der Reihe nicht ohne Tücke war, danke ich Yvonne Choinowski, Tanja Mück und Tobias Brenner. An die Herausgeber der ,Colloquia Augustana' ergeht mein Dank für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe ebenso wie an Herrn Manfred Karras, der den Band von Seiten des Akademie Verlags betreute.
Den seelischen Rückhalt jedoch, ohne den alles andere nicht weiterhilft, verdanke ich meinen Eltern. Ihnen ist das Buch gewidmet.
München, im März 2007
Susanne Friedrich
Inhaltsverzeichnis
I.
Einleitung
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II. Hintergrund und Material 1. Der Immerwährende Reichstag und das europäische Gesandtschaftswesen
25
2. Die Grundzüge der Kommunikationskonventionen um 1700
35
3. Zwischen Öffentlichkeit und Geheimnis
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4. Die Nachrichtenmedien und der Medienmarkt um 1700 oder: Zu den ,Quellen' dieser Arbeit
53
III. Die Determinanten des Informationsflusses am Reichstag 1. Die Informationsinfrastruktur Regensburgs
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2. Die Kompetenzen und Aufgaben des Reichstags
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3. Die Beteiligten und ihre Organisation
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3.1 Die Reichsstände 3.1.1 Die Reichsstandschaft 3.1.2 Die kuriale Gliederung: Die Kollegien 3.1.2.1 Der Kurffirstenrat 3.1.2.2 Der Fürstenrat 3.1.2.3 Der Reichsstädterat 3.1.3 Die konfessionelle Gliederung: Die Corpora 3.2 Komplementär zu den Ständen: Der Kaiser
80 80 81 81 84 86 90 94
8
Inhaltsverzeichnis
3.3 Einflußreiche Beobachter: Die Vertreter europäischer Mächte 3.4 Die Akteure: Gesandte und Agenten
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4. Das Verfahren
106
5. Der Rang und das Zeremoniell als Kommunikationsregulative
111
IV. Das Informations- und Kommunikationssystem des Reichstags 1. Die institutionell bedingte Kommunikation und ihre Medien 1.1 Die Diktaturen 1.1.1 Die Reichsdiktatur 1.1.2 Die Rolle des Druckes in der Diktatur 1.1.3 Der Mainzer Einfluß auf die Reichsdiktatur 1.1.4 Die Privatdiktaturen 1.2 Die amtlichen Schreiben 1.3 Die Abstimmungen und ihre Protokolle 1.4 Die Treffen auf dem Rathaus und in den Corpora 1.5 Die Berichte und Reskripte
2. Die Informationsweitergabe außerhalb des Kollegs 2.1 Der gesuchte persönliche Kontakt: Visiten, Audienzen, Privatbesuche und Treffen am dritten Ort 2.2 Kontakte bei gesellschaftlichen Ereignissen 2.3 Formen der Informations weitergäbe 2.4 Eine spezielle Form der unspezifischen Informationsweitergabe: Der Druck 2.5 Gründe zu informieren und Gründe zu schweigen
3. Die Informationsbeschaffung und -aufnähme durch den Gesandten 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Die Bitte um Information und der Zwang zur Stellungnahme Die Briefwechsel, Korrespondenzen und geschriebenen Zeitungen Die Flugschriften und Amtsdruckschriften als Informationsquelle Die Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften Das Nachschlagen in Gesandtschaftsarchiven und Büchern ,Geschenke', Verräter und Spione
125 125 125 128 130 13 3 134 140 147 151
158 158 164 171 179 184
194 194 199 206 216 223 231
Inhaltsverzeichnis
3.7 Die Beobachtungen und Gerüchte
4. Beobachtungen zu den Regensburger Netzen 4.1 Das Kolleg, die Gruppen und die ,Parthey' 4.1.1 Die Kontakte der Gesandten außerhalb der institutionell bedingten Kommunikation: Eine statistische Erhebung 4.1.2 Die ,Parthey' und die Konfidenten' 4.1.3 Die ständischen Gruppen: Altfürstliche und Korrespondierende 4.2 Die ,Person' des Gesandten 4.3 Vertrauen und Vertraulichkeit
9 242
252 252 252 254 262 269 277
V. Information und Persuasion: Leistungen des Informations- und Kommunikationssystems für die Stände 1. Drei Stände: ihre Stellung im Reich und ihre Berichterstatter 1.1 Das kurfürstliche Kolleg: Bayern 1.1.1 Die Stellung im Reich 1.1.2 Die personelle und finanzielle Ausstattung der Gesandtschaft 1683-1704 1.2 Das fürstliche Kolleg: Ansbach 1.2.1 Die Stellung im Reich 1.2.2 Die Vertreter und Berichterstatter 1683-1713 1.3 Das reichsstädtische Kolleg: Augsburg 1.3.1 Die Stellung im Reich 1.3.2 Die Abgesandten und Korrespondenten 1683-1713 1.4 Bayern, Ansbach und Augsburg im Vergleich
287 287 287 290 296 296 298 303 303 305 310
2. Die Reichstagsberichte als Ergebnis von Nachrichtenselektion
314
2.1 Reichstagsberichte und -korrespondenzen im Vergleich 2.2 Die Selektionskriterien 2.3 Die Bewertungskriterien für Informationen
314 321 335
3. Beispiele für Informationspolitik, Mediennutzung und Veränderungen des Kommunikationsnetzes von Ständen 3.1 Bayern 3.1.1 Die Kölner Wahl 1688
346 346 346
10
Inhaltsverzeichnis
3.1.2 Veränderungen der Kommunikationssituation Bayerns 1701-1704 3.2 Ansbach 3.2.1 Das Generalat der Kavallerie 1702/1703 3.2.2 Der Dauerkonflikt um den Zoll 1706-1711 3.3 Augsburg 3.3.1 Ein federführender' Abgesandter: Thomanund das Münzwesen 3.3.2 Die Indemnisationsverhandlungen 1704-1706 3.4 Meinungsbildung und Informationspolitik zwischen institutionellen Zwängen und ,Öffentlichkeitsarbeit'
355 371 371 373 382 382 387 395
VI. Die Reichstagsöffentlichkeit und die Öffentlichkeit des Reichstags 1. Die Medien der aktuellen Information 1.1 1.2 1.3 1.4
Die Reichstagskorrespondenzen und geschriebenen Zeitungen Die Flugschriften und Amtsdruckschriften Die Zeitungen Die historisch-politischen Zeitschriften
2. Die Medien der diachronen Information 2.1 Die archivierten Akten 2.2 Die Akteneditionen 2.3 Die Sammelwerke mit chronistischer Funktion 2.3.1 Die Meßrelationen: Das Frankfurter Beispiel 2.3.2 Die Chroniken: Das ,Theatrum Europaeum' als Beispiel
3. Die Schnittstellen des Informationsflusses 3.1 Die Zeremonien der Information und das ,öffentliche' Fest 3.2 Der Umgang mit dem Geheimnis auf dem Reichstag 3.3 Veröffentlichung'und Reichstag
405 407 419 428 448
460 460 468 475 475 483
490 490 504 516
4. Die ,Partitur' vertikal gelesen
524
VII. Zusammenfassung
537
Anhang
543
Inhaltsverzeichnis
11
Abkürzungsverzeichnis
564
Ungedruckte Quellen
565
Gedruckte Quellen und zeitgenössische Literatur
568
Literatur nach 1740
578
Register
635
I. Einleitung
Wenn aus einem Reichstag ein , Immerwährender' wird, stellt sich die Frage nach den Ursachen. Anton Schindling ging ihr nach und kam zu dem Schluß, daß dieser Wandel aus der Unmöglichkeit die negotia remissa des Reichstags von 1653/54, die so brenzlige Angelegenheiten wie die Erstellung einer ständigen Wahlkapitulation oder eine Reform des Verteidigungs- und Sicherheitswesens beinhalteten, endgültig zu lösen resultierte. Diese Beratungen bewirkten die institutionelle Verdichtung des Reichstags zu einem permanenten Reichsorgan. Der Kaiser erkannte darin schließlich ein Forum zur Darstellung seiner Politik. Durch den allgemeinen Prozeß der ,Verrechtlichung' wandelte sich der Reichstag zu einem rechtlich gewährleistenden und garantierenden Organ, das zugleich die Einheit des Reiches symbolisierte.1 Johannes Burkhardt hat darauf hingewiesen, daß die Verstetigung des Reichstags die logische Konsequenz der im Westfälischen Frieden festgesetzten Mitregierung der Stände gewesen war. Eine dauernde Institution war nur auf Grundlage des Verfassungsauftrages der negotia remissa möglich. Dies aber belastete das Ansehen des Reichstags, da man von einem solchen schnelle Lösungen und dann das Auseinandertreten der Stände erwartete.2 Diesen Deutungen wird hier die Funktion des Reichstags als Drehscheibe im reichinternen Informations- und Kommunikationssystem zur Seite gestellt. Die Verstetigung des Reichstags war auch das Resultat des ständigen Kommunikations- und Informationsbedürfnisses der Stände, das vor dem Hintergrund der gesamteuropäischen Entwicklung des ständigen Gesandtenwesens eine völlig neue Dimension erhielt. Die Verstetigung der Institution ,Reichstag' brachte ein spezifisches Medien- und Kommunikationssystem zum Transfer politischer Information hervor, das es zu analysieren gilt. Regensburg hatte bereits um 1700 den Ruf, daß man dort über politische Aktionen in ganz Europa gut Bescheid wußte. Der englische Resident Etherege Anton Schindling: Die Anfänge des Immerwährenden Reichstags zu Regensburg. Ständevertretung und Staatskunst nach dem westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte. Bd. 143). Mainz 1991, S. 229-242. Johannes Burkhardt: Verfassungsprofil und Leistungsbilanz des Immerwährenden Reichstags. Zur Evaluierung einer frühmodernen Institution, in: Heinz Duchhardt/Matthias Schnettger (Hg.): Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum. Mainz 1999. S. 151-183, hier S. 152-161.
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I. Einleitung
schrieb: „In this place all publique affaires that are transacted in Christendom are known and carefully examin'd". 3 Der Reichstag wurde in der Forschung bereits mehrmals en passant als Nachrichtenzentrum, 4 „Nachrichtenbörse und Informationszentrale", 5 „Informationsbörse ersten Ranges" 6 oder „immense caisse de resonance" 7 bezeichnet. Zudem sei ein großes Publikum für die Tagespublizistik vorhanden gewesen. 8 A u f die politische Ebene zielend nannte Anton Schindling den Reichstag eine „Stelle formalisierter Kontaktmöglichkeiten". Im Bereich der Information und Kommunikation habe er anders als im politischen keinen Funktionsverlust erlitten, sondern sogar eine Aufwertung erfahren. 9 Detailliert untersucht wurde dieser Aspekt bisher aber nicht und so ist die Forschungslage schnell zusammengefaßt. Andreas Gestrich beschrieb 1994 auf knapp vier Seiten eine v o n ihm als ,Reichstagsöffentlichkeit' bezeichnete spezielle Form der Öffentlichkeit für den Anfang des 18. Jahrhunderts. Er klassifiziert sie als Unterform der ,Welt des Adels und der Herrschaftsträger'. Zwar äußert er sich skeptisch über die politische Bedeutung der Institution, doch hätten v o n hier aus Nachrichten schnell den W e g in die Medien des Reiches gefunden. Zudem sei Regensburg „ein Feld für die in-
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Schr. Ethereges an Corbet vom 13. Mai 1688, in: Frederick Bracher: Letters of Sir George Etherege. Berkeley, Los Angeles 1974. S. 197. Manfred Schort, Die Publizistik des Siebenjährigen Krieges, in: Wolfgang E. J. Weber (Hg.): Wissenswelten. Perspektiven der neuzeitlichen Informationskultur. Augsburg 2003 (Mitteilungen des Instituts für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, Sonderheft). S. 329-348, hier S. 330; Manfred Schort ernennt Regensburg in: Politik und Propaganda. Der Siebenjährige Krieg in den zeitgenössischen Flugschriften. Frankfurt 2006 (Europäische Hochschulschriften. Reihe III. Bd. 1023). S. 219 sogar zum „allesüberragenden Nachrichtenzentrum des Reiches". Gert Hagelweide bezeichnete in dem von ihm herausgegebenen Band Kaspar Stieler: Zeitungs Lust und Nutz. Neudruck der Ausgabe 1695. Bremen 1969. S. 294, Anm. 115, Regensburg als „einen zentralen Umschlagplatz von Nachrichten" und Jochen Vötsch, Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Frankfurt a.M., Berlin, Bern u.a. 2003. S. 90 spricht vom „Kommunikations- und Nachrichtenzentrum." Karl Härter: Das Kurmainzer Reichstagsdirektorium: eine zentrale reichspolitische Schaltstelle des Reichserzkanzlers im Reichssystem, in: Peter Claus Hartmann (Hg.): Der Mainzer Kurfürst als Reichserzkanzler. Funktionen, Aktivitäten, Ansprüche und Bedeutung des zweiten Mannes im Alten Reich. Stuttgart 1997. S. 171-203, hier S. 173. Johann Schmuck: Der ,Immerwährende Reichstag, in: Bodo-Michael Baumunk (Hg.): Hauptstadt. Zentren, Residenzen, Metropolen in der deutschen Geschichte. Köln 1989. S. 164-176, hierS. 174. Charles Boutant: L'Europe au grand tournant des annees 1680. La succession palatine. Paris 1985. S. 139. Der Autor bezeichnet Regensburg auf S. 138 zudem als Quell- und Diffusionsort von Information. Vgl. S. 640. Bspw.: Markus Baumanns: Das publizistische Werk des kaiserlichen Gesandten Franz Paul Freiherr von Lisola (1613-1674). Ein Beitrag zum Verhältnis von absolutistischem Staat, Öffentlichkeit und Mächtepolitik in der frühen Neuzeit Berlin 1994 (Historische Forschungen. Bd. 53). S. 353; Erich Everth: Die Öffentlichkeit in der Außenpolitik von Karl V. bis Napoleon. Jena 1931 (Politik und Öffentlichkeit). S. 164. A. Schindling (Anm. 1) S. 187 (hier das Zitat), 232.
Einleitung
15
formelle Beeinflussung der Reichspolitik durch Veröffentlichung von Deduktionen, Flugschriften, Pressemeldungen oder einfach die Verbreitung von Gerüchten" gewesen.10 Erwähnenswert ist zudem Karl Härters Aufsatz über ,Das kurmainzer Reichstagsdirektorium', worin er die kommunikativen Funktionen des Reichstags hervorhebt und die Aufgaben des Mainzer Reichstagsdirektoriums als „Kommunikationsmanagement" bezeichnet.11 Martin Dallmeiers Aufsatz Kommunikation und Publikation am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg' beschäftigt sich vor allem mit der Post, also den technischen Aspekten der Nachrichtenvermittlung.12 In Johannes Arndts Forschungsprojekt,Herrschaftskontrolle durch Öffentlichkeit' spielen dagegen die informationellen und kommunikativen Funktionen des Reichstags eine Rolle. Er bezeichnet es als Ziel, die Triebkräfte, die das Mediensystem aufbauten zu erforschen und zu hinterfragen wie dieses als eigenständiger Organisationszusammenhang wirksam wurde, welche Position Produzenten, Kunden und Kontrolleure hatten und was das Mediensystem fur die Politik im Reich bedeutete. Er geht dabei von einer Gleichrangigkeit von politischem und medialem System aus, wobei das ,Mediensystem' als autopoietisches Kommunikationssystem im Sinne Niklas Luhmanns betrachtet wird. Während Arndt für letzteres, das sich bisher weitgehend auf das Zeitungswesen beschränkt, diesen elaborierten Systembegriff anwendet, konstatiert er in bezug auf das Reich nur, daß es verschiedene Systembegriffe gäbe.13 Viele der aufgeworfenen Fragen gleichen denen, die hier an den Reichstag gestellt werden, doch werden die Akzente anders gesetzt und ein anderes Vorgehen gewählt, das sich dieser Institution in einer Mischung aus Deskription und Analyse nähert, ohne sich auf ein einziges Instrumentarium zu beschränken. Die Forschungen stehen also noch ziemlich am Anfang, was bedeutet, daß eng an den Akten und der zeitgenössischen Literatur gearbeitet werden muß. Das in 10
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Andreas Gestrich: Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Göttingen 1994. S. 96-100, Zitat auf S. 98. K. Härter (Anm. 5) 171-203, Zitat auf S. 175. Martin Dalimeier: Kommunikation und Publikation am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg, in: Ders. (Hg.): Reichsstadt und Immerwährender Reichstag (1663-1806). 250 Jahre Haus Thum und Taxis in Regensburg. Kallmünz 2001 (Thum und Taxis-Studien. Bd. 20). S. 35-51. Johannes Arndt: „Pflicht=mässiger Bericht". Ein medialer Angriff auf die Geheimnisse des Reichstags aus dem Jahre 1713. In: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte. Bd. 4. 2002. S. 1-31; Johannes Arndt: Gab es im frühmodernen Heiligen Römischen Reich ein „Mediensystem der politischen Publizistik"? Einige systemtheoretische Überlegungen, in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte. Bd. 6. 2004. S. 74-102, v.a. S. 75-82. Die Wiederholung des Nachrichtendurchlaufes, mit den Stufen Input-Verschriftlichung-ÜbersendungSclektion -Druck und Transport-Rezeption, führe zur Geschlossenheit des Systems. Dies ist jedoch eine problematische Prämisse, die nicht einmal als idealtypischer Nachrichtendurchlauf von Zeitung und Zeitschrift aufrecht erhalten werden kann. Zudem ist fraglich, wo der Nutzen der Interpretation als Luhmannsches , System' liegt. Die Systemtheorie kann zwar helfen, komplexe Vorgänge zu strukturieren, indem sie ein Denkwerkzeug an die Hand gibt, doch ist sie aufgrund ihrer enormen Flexibilität kaum falsifizierbar.
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I. Einleitung
Frage kommende Material ist dabei derart gewaltig, daß eine vollständige Erfassung unmöglich ist. Dem Umfang und der teilweisen Unübersichtlichkeit kann nur mit Begrenzung und exemplarischem Arbeiten begegnet werden. Zur Verbindung der kommunikationsgeschichtlichen mit der institutionellen Perspektive wird aus jeder Reichstagskurie ein Stand herausgegriffen, wobei beide konfessionellen Corpora vertreten sein sollen und es sich um einen für sein Kolleg durchschnittlichen Stand handeln soll. Die Basis der Darstellung bilden daher die reiche Überlieferung an Reichstagsberichten des Kurfürstentums Bayern, des Fürstentums Ansbach und der Reichsstadt Augsburg. Zeitlich ist die Untersuchung um 1700, konkreter zwischen dem Regensburger Stillstand 1683/84 und der vorübergehenden Verlegung der Versammlung nach Augsburg 1713 angesiedelt. Politisch gesehen ,passiert' in dieser Zeit auf dem Reichstag nicht allzuviel. Zwei Reichskriegserklärungen 1689 und 1702, der Vereinheitlichung des Kalenders 1700, der Einführung der neunten Kur, der Readmission Böhmens und mehr oder weniger gescheiterten Versuchen an Friedensverhandlungen mitzuwirken, stehen Jahre der Untätigkeit, verursacht durch den Streit um die neunte Kur, die Rijswijker Klausel und Zeremonialprobleme gegenüber. Kurz: der Reichstag dieser Zeit erscheint manchem Historiker als zu vernachlässigende Größe. Zeitgenössisch sahen das politische Praktiker wie Theoretiker keineswegs so. Um das zu begreifen, muß man den Reichstag aus einem anderen als dem rein politik- oder verfassungsgeschichtlichen Blickwinkel betrachten, die wesentliche Dimensionen seines Wirkens, nämlich sämtliche kommunikativen Funktionen, außer Acht läßt. Es handelt sich hier bewußt nicht um einen Beitrag zur Ereignisgeschichte des Reichstags. Wer etwas über die konkreten Ereignisse auf dem Immerwährenden Reichstag von 1683 bis 1713 wissen will, sei gleich im vorhinein gewarnt: eine zusammenhängende Schilderung wird hier nicht zu finden sein.14 Der klassischen Politik- und Verfassungsgeschichte ist es vor allem deshalb nicht gelungen, das Funktionieren der Reichspolitik und damit das Reich selbst vollständig zu erfassen, da sie den Beziehungsaspekt zu wenig beachtet. Barbara Stollberg-Rilinger möchte in der Reichsverfassung dagegen ein „Bedeutungsgeflecht" sehen und fordert die Einbeziehung der kulturalistischen Perspektive in die Reichsgeschichte, wobei sie besonders für die Beachtung der symbolischen 14
Einen Überblick vermitteln Karl Otmar von Aretin: Das Alte Reich 1648-1806. Bde. 1/2. Stuttgart 1993/1997 und Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495-1806. München 1999. Für die Zeit des Spanischen Erbfolgekriegs liegt die chronologisch darstellende Dissertation Gerhard Granier: Der Deutsche Reichstag während des Spanischen Erbfolgekrieges (1700-1714). Bonn 1954 vor. Die Jahre davor behandelt Anna Sinkoli: Frankreich, das Reich und die Reichsstände 1697-1702. Frankfurt, Berlin, N e w York u.a. 1995 (Europäische Hochschulschriften. Reihe III. Bd. 652), wobei der Reichstag eine wichtige Rolle spielt, obwohl der Schwerpunkt auf den Beziehungen zwischen Frankreich und den Ständen 1697-1702 liegt. Daneben gibt es noch Einzelstudien, die an den entsprechenden Stellen zitiert werden.
Einleitung
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Praxis plädiert, welche die politisch-soziale Ordnung mit konstituiere.15 Die Einbeziehung der kulturhistorischen Perspektive kann tatsächlich helfen, zentrale Probleme der Reichsgeschichte darzustellen. Politik ist dabei als Prozeß aufzufassen, in dem neben den Strukturelementen kollektive und individuelle Akteure, mit jeweils eigenen Wahrnehmungen und Sinnzuschreibungen zusammenwirken. Strukturen und Bedeutungsgeflechte bestehen aber nicht einfach, sie werden durch Handeln geschaffen und müssen ständig aktualisiert werden.16 Diese Prozesse werden von Information und Kommunikation geprägt. Politik und Diplomatie werden hier aus dem Blickwinkel der Kommunikation und Information betrachtet, wie das bereits eine Reihe anderer Studien taten. Nachdem die Politik- und Diplomatiegeschichte lange Jahre als ,unmodern' galt, erlebt sie seit einiger Zeit international ein Comeback. In Frankreich entstand in Antwort auf die Probleme der , Annales' eine Bewegung, deren Ziel eine ,histoire culturelle du politique' ist. Besonders die Schule um Ernest Labrousse bemüht sich um die Einbeziehung der Kulturgeschichte in die Politikgeschichte. Durch empirisches und undogmatisches Vorgehen sollen sowohl Mentalitäten als auch Individuelles Berücksichtigung finden. Auch in den USA etablierte sich in den Achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts eine neue Richtung, deren Ziel die Wiederbelebung der Politikgeschichte war. Anregungen dazu kamen hier ebenfalls aus den Lager der ehemaligen ,Gegner'. Durch die Anwendung von Methoden und Ergebnissen der Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte breiteten sich neue Perspektiven in der Politik- und Diplomatiegeschichte aus. Als Scharnier zwischen den verschiedenen Wissenschaftstraditionen erwiesen sich allgemein die ,Kultur', konkret vor allem die Kommunikation und Information. Politisches Handeln, so wurde erkannt, ist immer kommunikatives Handeln. Jede Sprechhandlung begleitet zudem eine nicht minder wichtige Verstehenshandlung. Daher ist nach dem Gesprochenem ebenso zu fragen, wie nach Formen nonverbaler Kommunikation, den Handelnden, das sie umgebende Umfeld und den Strukturen, in die sie eingebunden sind und die sie reproduzieren.17 Die Argumentati15
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Barbara Stollberg-Rilinger: Die zeremonielle Inszenierung des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte?, in: Matthias Schnettger (Hg.): Imperium Romanum - irreguläre corpus - Teutscher Reichs - Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie. Mainz 2002 (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Beiheft 59). S. 233-246, hier S. 235-239. Es kann aber nicht darum gehen, mit einem kulturhistorischen Ansatz nur das ,Fremde' zu suchen, weil dieses gerade besonders gut vermittelbar ist. Vielmehr sollte er genutzt werden, um politisches Handeln an sich darzustellen. Alles andere wäre eine Einschränkung seines Potentials. Willem Frijhoff: Communication et vie quotiedienne ä la fin du moyen äge et ä la epoque moderne: reflexions de theorie et de methode, in: Kommunikation und Alltag im Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Wien 1992 (Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte. Bd. 596). S. 9-37, hier S. 10. Statt einer Aufzählung sei nur auf einige Überblicksdarstellungen verwiesen: Ute Frevert: Neue Politikgeschichte, in: Joachim Eibach/Günther Lottes (Hg.): Kompass der Ge-
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I. Einleitung
ons- und Verhandlungsstrategien, die Mentalität der Regenten, Regierungsbeamten und Diplomaten, das Zeremoniell, sowie Konzepte von , Staat' und Souveränität werden Teil der Untersuchung.18 ,Diplomatie' und ,Politik' dürfen bis ins 18. Jahrhundert hinein nicht zu eng mit der Vorstellung von ,auswärtigen Beziehungen' oder ,Staaten' verbunden werden. Es handelte sich eher um Interaktion zwischen Besitzern von Macht, wobei darunter nicht nur souveräne Herrscher und Republiken, sondern auch Stände, Institutionen, lokale Machtträger und sogar Untertanen fallen.19 Es muß darauf hingewiesen werden, daß sich das Wort ,Diplomatie' nicht vor Ende des 18. Jahrhunderts durchsetzte, doch gab es die damit verbundenen Handlungsweisen, Methoden, Institutionen und Professionen, wenn auch noch nicht voll ausgeprägt, seit Ende des 17. Jahrhunderts.20 Durch die Ausbildung des ständigen Gesandtenwesens begann sich die Diplomatie zu institutionalisieren, was Auswirkungen auf den Reichstag hatte. Eine der wichtigsten Aufgaben der Gesandten war das Sammeln und gezielte Weitergeben von Information. ,Information' ist ein bereits um 1700 benutztes Wort. Seit dem 15. Jahrhundert kannte man es im Deutschen in der Bedeutung von ,Unterweisung' oder .Belehrung', seit dem 16. Jahrhundert auch als ,Auskunft' und ,Benachrichtigung'.21 ,Informieren' übersetzte Kaspar Stieler 1695 mit: „sich erkundigen/Nachricht einholen/die Sachen einnehmen, It: unterrichten/ Nachricht geben".22 ,Informieren' war also sowohl in der aktiven, wie in der pas-
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schichtswissenschaft. Göttingen 2002. S. 152-164, bes. S. 158-163; Ute Frevert: Neue Politikgeschichte: Konzepte und Herausforderungen, in: Dies./Heinz-Gerhard Haupt (Hg.): Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung. Frankfurt, New York 2005 (Historische Politikforschung. Bd. 1). S. 7-26, bes. S. 14-21; Andreas Wirsching: Internationale Beziehungen, in: J. Eibach/G. Lottes (Anm. 17) S. 112-125, hier S. 121-123; Jean-Fran^ois Sirinelli: De la demeure ä l'agora. Pourune histoire culturelle du politique, in: Serge Berstein/Pierre Milza (Hg.): Axes et methodes de l'histoire politique. Paris 1998. S. 381-398. Bsp. für Arbeiten, die diese Ansätze für die Frühneuzeit nutzbar machen sind: Christina Lutter: Politische Kommunikation an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Venedig und Maximilian I. (1495-1508). Wien 1998 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 34) und eingeschränkt Christine Pflüger: Kommissare und Korrespondenzen. Politische Kommunikation im Alten Reich (1552-1558). Köln 2005. Mit einem traditionelleren Ansatz: Lucien Bely: Espions et ambassadeurs au temps de Louis XIV. Paris 1990. Vgl. Daniela Frigo, Introduction, in: Dies. (Hg.): Politics and Diplomacy in Early Modern Italy. The structure of Diplomatie Practice 1450-1800. Cambridge 2000. S. 1-24, hier S. 6 und die Aufsätze in diesem Band. Ähnlich: D. Frigo (Anm. 18) S. 9. Vgl.: Lucien Bely: Representation, negotiation et information dans Γ etude des relations internationales ä l'epoque moderne, in: S. Berstein/P. Milza (Anm. 17) S. 213-229, hier S. 215. Roland Bernecker: Information, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Tübingen 1998. Sp. 376-382, hier Sp. 376. K. Stieler (Anm. 4) S. 205.
Einleitung
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siven Form bekannt. Die Information verband sich immer enger mit dem Fluß von Nachrichten. Der Informationsbegriff der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen ist dagegen sehr disparat und schwankt zwischen den Polen einer objektivistischen Fixierung durch die technische Informationstheorie und der völligen Relativierung.23 Die Geschichtswissenschaft verfügt über keinen allgemein anerkannten Informationsbegriff. In Esther-Beate Körbers Arbeit wird beispielsweise Information zunächst als Mitteilungen „die nicht erst in einen Kulturzusammenhang eingeordnet werden müssen, sondern sofort und unmittelbar zum Gebrauch und Verbrauch dienen können" definiert. An anderen Stellen der Arbeit werden dann aber zum Teil konträre Aussagen gemacht, so daß ein einheitlicher Begriff nicht gegeben scheint.24 Meist wird Information aber einfach synonym zu Nachricht gebraucht.25 Hans Pohl hat jedoch zu Recht daraufhingewiesen, daß sich die Nachricht' von der ,Information' unterscheide, da erstere nur verbal sein kann, während eine Information nicht unbedingt verbal sein muß.26 Ein Problem der Definition von Information ist, daß damit sowohl ein Inhalt, als auch ein Vorgang bezeichnet werden kann. So verstehen konstruktivistische Ansätze darunter eine kognitive Leistung des Individuums, während sie für die einflußreiche Informationstheorie Claude E. Shannons und Warren E. Weavers ein mathematisch definierter Datenbestand ist. Der Informationsgehalt eines Zeichens ergibt sich dabei aus seiner statistischen Wahrscheinlichkeit, nicht aus seiner Bedeutung.27 Dagegen wird Information hier als Parameter für den Überra23
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Vgl. Sascha Ott: Information. Zur Genese und Anwendung eines Begriffs. Konstanz 2004, der besonders die Definitionen in den Naturwissenschaften, der Philosophie, Ökonomie und Soziologie gut darstellt, während die Politologie, Medien- und Kommunikationswissenschaften zu wenig beachtet wurden. Vgl. die Aufsätze in: O. G. Folberth, C. Hackl (Hg.): Der Informationsbegriff in Technik und Wissenschaft. München, Wien 1986; R. Bernecker (Anm. 21); Klaus Merten: Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Bd. 1. Grundlagen der Kommunikationswissenschaft. Münster 1999. S. 148f.; Bernhard Hassenstein: Information und Nachricht, in: Kommunikation. Berlin 1969. S. 9-18; zur Etymologie und den daraus resultierenden Deutungen: Rafael Capurro: Information. Ein Beitrag zur etymologischen und ideengeschichtlichen Begründung des Informationsbegriffs. München, New York u.a. 1978. Esther-Beate Körber: Öffentlichkeit der Frühen Neuzeit. Teilnehmer, Formen, Institutionen und Entscheidungen öffentlicher Kommunikation im Herzogtum Preußen von 1525 bis 1618. Berlin, New York 1998. S. 17 (hier das Zitat), 342, 305f., 336, 368 Bspw. Peter Burke: Information und Kommunikation im Europa der Frühen Neuzeit, in: Frühneuzeit-Info 2. Heft 1. 1991. S.13-19; Agnes Krup-Ebert: Geschichte und Perspektiven der Information. Zum Stand einer Diskussion, in: Hans-Albrecht Koch (Hg.): Welt der Information. Wissen und Wissensvermittlung in Geschichte und Gegenwart. Stuttgart 1990; J. Arndt. 2004 (Anm. 13) bes. S. 79. Hans Pohl: Einführung, in: Ders. (Hg.): Die Bedeutung der Kommunikation fur Wirtschaft und Gesellschaft. Stuttgart 1989 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 87). S. 7-18, hierS. 8f. Roland Burkart: Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder. Umrisse einer interdisziplinären Sozialwissenschaft. 4. überarbeitete Aufl. Wien, Köln, Weimar
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I. Einleitung
schungsgrad einer Repräsentation von Wirklichkeit definiert. Sie dient der Beseitigung von Ungewißheit und resultiert so vor allem aus der ,Neuheit' des Inhalts, wobei nicht gesagt ist, daß dieser richtig oder nützlich sein muß. In vielen Fällen deckt sie sich mit der Nachricht, doch läuft der Informationsaustausch über alle fünf Sinne. Information vermittelt nicht nur die Sprache, sondern auch andere zu hörende, sehende, riechende, fühlende und schmeckende Eigenschaften und Handlungen.28 Sie ist ein Angebot, das durch Verarbeitung in Wissen überführt werden kann, wobei die Deutung ein subjektiver, individuell ablaufender Vorgang ist.29 Die Möglichkeiten zum Erhalt gerade politischer Information entscheiden mit über die soziale Position eines Menschen, während umgekehrt auch die Position die Chancen beeinflußt. Der Gegenwert für Information kann Loyalität, Geld, Einfluß, Wohlwollen oder ebenfalls Information sein. Information steht somit in einem direkten Verhältnis zur Macht. Eng mit dem Begriff der Information verbunden ist der, der ,Kommunikation'. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden in den USA Ansätze zur Erforschung zwischenmenschlicher Kommunikation. Klassisch wurde die ,Formel' Harold D. Lasswells: „Who says what in which channel to whom with what effect?" 30 Dieses eindimensionale Modell wurde immer stärker ausdifferenziert, wobei Rückkoppelungseffekte und die Faktoren des Umfelds, wie soziale Beziehung und Wertvorstellungen berücksichtigt werden. Die vorgeschlagenen Definitionen von Kommunikation sind in ihrer Vielzahl kaum mehr darstellbar.31 Man muß sich bewußt sein, daß jede von ihnen etwas anderes meint, als das um 1700 gebräuchliche Wort ,Communication'. Die Verwendung des Begriffs der Kommunikation' ist somit ein bewußter Anachronismus. , Communication' hatte eine im Vergleich zur Kommunikation eingeschränkte Bedeutung. Seit dem 14. und 15. Jahrhundert wurde mit dem davor auf den kirchlichen Bereich beschränkten Wort ,Communicatio' auch das Weitergeben von Rat und den Austausch bei
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2002. S. 426-428; K. Merten (Anm. 17) S. 150; Gernot Wersig: Informations- und Kommunikationstechnologien. Eine Einführung in Geschichte, Grundlagen und Zusammenhänge. Konstanz 2000. S. 14, 19f. Heinz Pürer: Pulizistik- und Kommunikationswissenschaft. Ein Handbuch. Konstanz 2003. S. 64-67, 70f.; R. Burkart (Anm. 27) S. 392f. Die Definition lehnt sich damit an Gregory Bateson an, nach dem Information ein „Unterschied ist, der einen Unterschied macht". Vgl. Manfred Faßler: Was ist Kommunikation? München 1997. S. 103, 119-123; HansDieter Kübler: Mediale Kommunikation. Tübingen 2000 (Grundlagen der Medienkommunikation). S. 23f. Mit Peter Burke: Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft. Berlin 2001. S. 20 könnte man Information demnach als das ,Rohe' und Wissen als das .Gekochte' bezeichnen. Harold D. Lasswell: The Structure and Function of Communication in Society, in: Lyman Bryson (Hg.): The Communications of Ideas. New York 1948. S. 37-51, hier S. 37. Einen Überblick vermitteln R. Burkart (Anm. 27) S. 20-66; H. Pürer (Anm. 28) S. 58-105, v.a. 58-74; Gerhard Maletzke: Kommunikationswissenschaft im Überblick. Grundlagen, Probleme, Perspektiven. Wiesbaden 1998. S. 37-55; Klaus Merten: Kommunikation. Eine Begriffs- und Prozeßanalyse. Opladen 1977. S. 42-89, zählte 1977 bereits 160 verschiedene Definitionen von Kommunikation; vgl. K. Merten (Anm. 17) S. 79.
Einleitung
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weltlichen Verhandlungen bezeichnet.32 Man verstand darunter zudem eine Figur der Rhetorik, die sich an den Zuhörer adressierte und seine Meinung vernehmen zu wollen vorgab. Als ,Communicatum' galt analog eine Schrift, auf die der Empfänger antworten sollte.33 Hier wird dagegen unter Kommunikation jede Bedeutungsvermittlung zwischen Menschen verstanden, was an sich einem engeren Kommunikationsbegriff entspricht. Ein Kommunikationsprozeß besteht vereinfacht aus jemandem, der etwas mitteilt (Sender), einer Aussage, einem Codesystem und einem Medium, das diese transportiert (Kanal) und schließlich jemandem, der die Botschaft empfangt (Empfänger). Kommunikation ist ein wechselseitiger Prozeß, der ein Gegenüber benötigt, selbst wenn dieses nicht vor Ort ist. Die Vermittlung zwischen Menschen erfolgt durch Sprache und, bei nonverbaler Kommunikation, durch Zeichen. Zur Verständlichkeit bedarf es dabei eines oder mehrerer Codesysteme. Die Übereinstimmung der Sprache oder zumindest ein gemeinsamer Vorrat an Zeichen sind Voraussetzung für das Verstehen. Es handelt sich zudem um einen reziproken Prozeß, bestehend aus der ,Mitteilungshandlung' des Senders und der ,Verstehenshandlung' des Empfängers, wobei bei Formen gegenwartsbezogener Kommunikation der Sender mit der Reaktion des Empfängers konfrontiert wird, was ihm selbst wieder Rückschlüsse erlaubt.34 Es arbeiteten bereits eine beträchtliche Anzahl historischer Darstellungen mit dem Begriff der ,Kommunikation', wobei entweder der Informationsausfluß oder alle Formen von Verkehr und Austausch so bezeichnet werden. Immer wieder wird darauf hingewiesen, daß Kommunikationsprozesse alle Formen der Vergesellschaftung tragen, wohingegen umgekehrt die Gesellschaft die Rahmenbedingungen für Kommunikation festlegt. Gesellschaften und Räume werden demnach durch Kommunikation strukturiert, da verdichtete Kommunikation Gruppen und Regionen kennzeichnet.35 Das gilt auch für das Reich, das durch ein Kommunika32
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Vgl. hierfür, wie auch für den Gebrauch von ,communicare' im kirchlichen Bereich: Martin Kintzinger: Communicatio personarum in domo. Begriff und Verständnis einer Mitteilung von Wissen, Rat und Handlungsabsichten, in: Heinz-Dieter Heimann/Ivan Hlaväcek (Hg.): Kommunikationspraxis und Korrespondenzwesen im Mittelalter und in der Renaissance. Paderborn, München, Wien u.a. 1998. S. 139-164. v.a. S. 149-153, 161-164. Johann Heinrich Zedier, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden [...]. 68 Bde. Leipzig, Halle 1732-1754. Bd. 6. Sp. 845f. R. Burkart (Anm. 27) S. 63-73; H. Pürer (Anm. 28) S. 58-74. Zur Kommunikationsgeschichte: Roland Burkart: Zur Zukunft der Kommunikationsgeschichte, in Wolfgang Duchkowitsch (Hg.): Mediengeschichte. Forschung und Praxis. Wien, Köln, Graz 1985. S. 51-59; Wolfgang Duchkowitsch: Mediengeschichte zwischen Historie und Soziologie. Auf dem Weg von innen nach außen, in: Ders. (Anm. 35) S. 3750. Zur Konstituierung von Regionen: Wolfgang E.J. Weber: Die Bildung von Regionen durch Kommunikation. Aspekte einer neuen historischen Perspektive, in: Carl A. Hoffmann/Rolf Kießling (Hg.): Kommunikation und Region. Konstanz 2001 (Forum Suevicum. Bd. 4). S. 43-67, sowie die anderen Aufsätze in diesem Band; Georg Mölich/Gerd Schwerhoff: Die Stadt Köln in der Frühen Neuzeit, Kommunikationszentrum - Kommuni-
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I. Einleitung
tionsnetz mit eigenen Strukturen zusammengehalten war. Einen wichtigen Knotenpunkt bildete dabei der Reichstag. Für den Transport von Information durch Raum und Zeit ist ein Medium nötig, das so elementarer Bestandteil jedes Informations- und Kommunikationssystems ist. Der Begriff ,Medium' ist bislang nicht allgemeingültig definiert. 36 Allen D e finitionsversuchen ist gemein, daß damit nach seiner lateinischen Bedeutung etwas ,Vermittelndes' gemeint ist. D o c h hier enden die Gemeinsamkeiten. Selbst die genannte Zahl der Medienbegriffe differiert. 37 Die historischen Wissenschaften arbeiten bevorzugt mit einem abgeschwächt technischen Medienbegriff, 3 8 der auch hier verwendet wird. Unter ,Medium' wird somit ein zum Z w e c k der Datenvermittlung produzierter, materieller Zeichenträger verstanden, der als Kommunikationskanal fungiert. D i e s ist zugleich ein engerer Begriff, während die nach Harry Pross so genannten ,primären' Medien, wie Sprache, Gestik und Mimik unter den Kommunikationsbegriff subsumiert werden. 3 9 Die Geschichte der M e -
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kationsraum - politische Öffentlichkeit, in Dies. (Hg.): Köln als Kommunikationszentrum. Studien zur fmhneuzeitlichen Stadtgeschichte. Köln 1999 (Der Riss im Himmel. Bd. 4). S. 11-38 und die übrigen Aufsätze in diesem Band. G. Maletzke (Anm. 31) S. 51; H. Pürer (Anm. 28) S. 208; R. Burkart (Arnn. 27) S. 40. G. Maletzke (Anm. 31) S. 51 geht von acht Begriffen aus, H.-D. Kübler (Anm. 29) S. 5-9 von sechs. Die wichtigsten sind: 1) Der ,universale Medienbegriff bezeichnet alles als Medium, was vermittelt ist oder sich selbst vermittelt. Er umfaßt den symbolisch generalisierten und den Begriff McLuhans, der Medium als „extensions of man" definiert, d.h. alles, was die menschlichen Kräfte und Sinne technisch erweitert. 2) Der ,organisationssoziologische Medienbegriff beschriebt Medien als gesellschaftsabhängige publizistische Organisationen. 3) Der in der Semiotik wurzelnde ,elementare Medienbegriff versteht Medium als Code oder Zeichensystem. 4) Der .technische Medienbegriff benennt den materiellen Zeichenträger so. Der konsequente technische Medienbegriff, wie ihn Michael Giesecke: Der Buchdruck in der Frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informationsund Kommunikationstechnologien. Frankfurt 1991. bes. S. 39, verwendet, zwingt zu sehr abstraktem Argumentieren, was hier wenig Erkenntnisgewinn brächte. Harry Pross: Medienforschung. Film, Funk, Presse, Fernsehen. Darmstadt 1972. S. 127262. unterteilt den technisch-materiellen Träger nach dem technischen Aufwand bei Entstehung und Rezeption in primäre Medien, die Kommunikation ohne technische Unterstützung vermitteln, sekundäre, die auf der Senderseite ein technisches Mittel benötigen, und tertiäre, die auf Sender- und Empfängerseite eines technischen Hilfsmittels bedürfen. Es ist fraglich, ob es sich bei den ,primären Medien' Sprache, Gestik und Mimik nicht eher um Codesysteme handelt, denn die ,Träger' wären die Schall- und Lichtwellen. Die dafür von Werner Faulstich: Medien zwischen Herrschaft und Revolte. Die Medienkultur der frühen Neuzeit (1400-1700). Göttingen 1998 (Geschichte der Medien. Bd. 3) vorgeschlagene Bezeichnung ,Menschmedium' hilft kaum weiter, da Menschen Botschaften nicht unverändert übermitteln und durch die Vermischung von Sender und Medium analytische Probleme entstehen. Allgemein zu beachten gilt, daß jede Äußerung in einem primären Medium heute nur noch in schriftlicher Form greifbar ist, die nie frei von Interpolationen durch den niederschreibenden Teil ist.
Einleitung
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dien kann aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden,40 wobei hier vor allem deren Funktionen im Zentrum stehen. Medien sind nicht nur Informationsspeicher und Distributeure, sondern selbst ein Kulturfaktor und -objekt. Ziel muß daher sein, die Medien und die auf sie bezogenen Handlungsweisen in Bezug zu ihrem kulturellen Umfeld zu setzten. Das bedeutet aber auch, daß sich der Stellenwert der Quelle ändert. Die als Medium verstandene Quelle soll nicht (nur) der Rekonstruktion historischer Handlungsabläufe - im wahrsten Sinne des Wortes dienen, sondern wird selbst zum Objekt der Untersuchung. Dies hat den Vorteil, daß nicht der vermeintliche Wahrheitsgehalt den ,Wert' eines Schriftstücks bestimmt, sondern seine Funktion und Wirkung. Bei der Thematisierung von Information und Kommunikation kann so an Fragestellungen und Methoden der Öffentlichkeits-, Kommunikations- und Mediengeschichte angeknüpft werden. Die Integration kommunikationswissenschaftlicher und soziologischer Aspekte ist vor dem Hintergrund der fortgeschrittenen Spezialisierung dieser Wissenschaften jedoch nicht unproblematisch. Ihre Kompatibilität ist nicht immer gegeben und zwingt, um den Nutzen einzelner Ideen zu erhalten, zum freieren Umgang mit Ansätzen und Methoden. Ein gewisser Eklektizismus ist folglich nicht zu leugnen. Das unterschwellige Leitsystem bildet dabei stets die historische Hermeneutik. Die Arbeit entwickelt sich in mehreren Stufen. Zunächst werden einzelne Faktoren des Hintergrunds geschildert, die für die Analyse des Umgangs mit Information auf dem Reichstag von besonderer Bedeutung erscheinen. Anschließend wird nach den durch die Institution und ihre Regeln verursachten Determinanten des Informationsflusses gefragt. Daran knüpfen drei Teile an, die jeder eine andere Perspektive auf den Reichstag schildern. Der erste thematisiert das Funktionieren von Informations- und Kommunikationssystemen innerhalb Regensburgs. Der nächste widmet sich den Ständen, wobei es darum gehen soll, welche Informationen sie vom Reichstag erhielten, welche sie erwarteten und wie sie sich selbst in Regensburg präsentierten. Zum dritten werden ausgehend von den einzelnen Medien die Öffentlichkeitskreise und Teilöffentlichkeiten analysiert. In allen drei Teilen wird eine Vielzahl von Medien berücksichtigt. Für keines konnte folglich die vollständige Überlieferung ausgewertet werden, dennoch erlaubt der Umfang
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Vgl.: W. Duchkowitsch (Anm. 35); Werner Faulstich (Hg.): Grundwissen Medien. 3. Aufl. München 1998. S. 29-31; Ders.: Das Medium als Kult. Von den Anfängen bis zur Spätantike. Göttingen 1997 (Geschichte der Medien. Bd. 1). S. 9f.; Dieter Prokop: Der Kampf um die Medien. Das Geschichtsbuch der neuen kritischen Medienforschung. Hamburg 2001; Michael Schanne: Mediengeschichte, in: Otfried Jarren, Heinz Bonfadelli (Hg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern, Stuttgart, Wien 2001. S. 47-68. Helmut Schanze: Handbuch der Mediengeschichte. Stuttgart 2001. S. 3f., 9, 208-554; Jürgen Wilke: Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte. Von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Köln, Weimar, Wien 2000. S. 1 f.; Jutta Schumann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. Berlin 2003 (Colloquia Augustana. Bd. 17). S. 28.
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I. Einleitung
des ausgewählten Materials Aussagen 2x1 synchronen und diachronen Entwicklungen. Um möglichst viele Aspekte des Verhältnisses von Information, Kommunikation und Reichstag berücksichtigen zu können, werden in einzelnen Kapiteln zudem verschiedene Darstellungsstrategien verwendet. Neben Überblicksdarstellungen zu bestimmten Phänomenen stehen detaillierte Analysen einzelner Begebenheiten. Zugleich sind einige Kapitel eher deskriptiv, andere mehr analytisch angelegt. In der Kombination soll dabei ein möglichst facettenreiches Bild des Informations- und Kommunikationssystems des Reichstags entstehen. Zum Schluß sind noch einige technische Bemerkungen vorauszuschicken. Die Zitate aus dem Archivmaterial sind in Kursivschrift gesetzt, wohingegen solche aus der gedruckten Überlieferung in Anführungszeichen stehen. Bei der Übertragung handschriftlicher Texte wurde die zeitgenössische Orthographie beibehalten, allerdings die Anfangsbuchstaben außer bei Satzbeginn, Eigennamen, Monatsbezeichnungen sowie Siglen für Titel und Anredeformen kleingeschrieben. Das hochgestellte ,e' wird mit Punkten wiedergegeben und Abkürzungen werden nur dann aufgelöst, wenn sie nicht leicht verständlich sind. Die Daten folgen im Text dem neuen Kalender, während in den Anmerkungen die auf den Schriftstücken angeführten Kalendertage übernommen wurden. War es doppelt datiert, richtet sich die Angabe nach dem neuen Kalender. Für undatierte Schreiben wird, wenn möglich, ein terminus post oder ante quem gesetzt.
II. Hintergrund und Material
1. Der Immerwährende Reichstag und das europäische Gesandtschaftswesen Wie so vieles professionalisierte sich auch die Diplomatie im Laufe der Frühen Neuzeit. Einen fundamentalen Wandel bedeutete dabei die Ausbildung des ständigen Gesandtschaftswesens.41 Während die frühen Kontakte zwischen ,Machthabern' einen eher improvisatorischen Charakter aufwiesen,42 setzte sich die Ansicht von der Nützlichkeit ständiger Beziehungen im 17. Jahrhundert allmählich durch.43 Nach 1648 kam es folgerichtig in ganz Europa zu einer Ausweitung des Gesandtschaftswesens. Stetigkeit wurde nun zu einem Merkmal der Diplomatie. Der ständige Gesandte wurde anfangs vor allem als Spion betrachtet.44 Reminiszenzen an diese Sichtweise finden sich noch in Abraham de Wicqueforts 1680/81 erschienenen ,L'Ambassadeur', wo der Diplomat als Akteur einer interessengeleiteten Politik beschrieben wird, bei der es auch darum ging, sich Vorteile gegenüber dem Empfänger zu verschaffen 45 Francis de Callieres betrachtete dage41
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C.-G. Picavet: La diplomatie frangaisc au temps de Louis XIV. (1661-1715). Institutions, mceurs et coutumes. Paris 1930. S. 2f.; Pietro Gerbore: Formen und Stile der Diplomatie. München 1964. S. 14-17, 19, 23-25; Otto Krauske: Die Entwicklung der ständigen Diplomatie vom fünfzehnten Jahrhundert bis zu den Beschlüssen von 1815 und 1818 Leipzig 1885 (Staats- und socialwissenschafliche Forschungen. Bd. 15/3). S. 30-95; Erich H. Markel: Die Entwicklung der diplomatischen Rangstufen. Erlangen 1951. S. 21-30; Garrett Mattingly: Renaissance Diplomacy. London 1962. Riccardo Fubini: Diplomacy and Government in the Italian City-States of the Fifteenth Century (Florence and Venice), in: D. Frigo (Anm. 18) S. 25-48, hier S. 27f. Zu Überlegungen in diese Richtung vgl.: Geoff R. Berridge: Richelieu, in: Ders./Maurice Keens-Soper/Thomas G. Otte: Diplomatie Theory from Machiavell to Kissinger. Basingstoke 2001 (Studies in Diplomacy). S. 71-87, hier S. 73-76. Unter den Gegnern ständiger Gesandtschaften waren Paschalius, Grotius und Conring. O. Krauske (Anm. 41) S. 17. Einige Traktate des 15. bis 17. Jahrhunderts in: De Legatis et Legationibus Tractatus Varii. Hg. von Vladimir E. Hrabar. Dorpat 1905. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts befaßten sich die meisten mit dem nach Bedarf entsandten Diplomaten. Um 1600 finden sich erste Erwähnungen des ständigen Gesandten. Vgl. O. Krauske (Anm. 41) S. 14-18. Abraham de Wicquefort: L'Ambassadeur, oder Staats-Bothschaffter/und dessen Fonctions, und Staats-Verrichtungen/Durch [...] Herrn De Wicquefort, herauß gegeben, übersetzt von Johann Leonhardt Sauter. Frankfurt 1682. Zu Wicquefort: Maurice Keens-Soper: Wicque-
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II. Hintergrund und Material
gen 1716 in ,De la maniere de negocier avec les souverains' die ständigen Gesandtschaften bereits als Notwendigkeit und feste Institution eines geordneten europäischen Staatensystems. D i e Aufgabe der Diplomatie sei dabei die Generierung v o n Vertrauen. 46 Ständiges Gesandtenwesen und Diplomatie wurden so immer stärker sowohl als dienendes w i e auch als konstituierendes Element der europäischen Ordnung begriffen. N e b e n dem Führen v o n Verhandlungen galt das Sammeln und Weiterleiten v o n Information als die zentrale Aufgabe der Diplomaten. 4 7 Die Akkumulation v o n Daten über das eigene w i e über fremde Territorien in einem bis dahin unbekannten Ausmaß ist ein hervorstechendes Merkmal der frühneuzeitlichen Regierungen. Daran hatte sich auch die Diplomatie zu beteiligen. Entsprechend voll mit Hinweisen z u m Sammeln v o n Informationen sind die Handbücher, wobei die Mittel, die dazu eingesetzt werden durften, bis zur Spionage reichten. 48 Zur A u f rechterhaltung v o n Kontakten, über die Informationen zu erlangen waren, sollte der Gesandte aber auch selbst welche wohl dosiert weitergeben. Zugleich sollte er durch gezielte Nachrichtenpolitik das Ansehen seines Herrn fördern.49 Durch den ständigen Kontakt zwischen den Regierungen entstand ein Beziehungsnetz, das
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fort, in: Ders./G. R. Berridge/T. G. Otte (Anm. 43) S. 88-105; Charles H. Carter: Wicquefort on the Ambassador and his Functions, in: Studies in History and Politics. Bd. 2. 1981/82. S. 37-59; Guido de Bruin: Geheimhouding en verraad. De geheimhouding van staatszaken ten tijde van de Republiek (1600-1750). 's-Gravenhage 1991. S. 493-505. Das Werk wurde um 1700 viel gelobt. Vgl. Justinus Presbeuta [= Heinrich Henniges]: Discursus de Jure Legationis Statuum Imperii. Elevtheropoli 1701. Vorwort l v . Francois de Callieres: De la maniere de negocier avec les souverains: Ou de l'utilite de negotiations, du choix de ambassadeurs & des envoyes, & des qualites necessaires pour reussir dans ces emplois. 2 Bde. Rijswijck 1757 [erstmals: 1716]. Nach den dort beschriebenen Regeln bezeichnete Harold Nicolson: The Evolution of Diplomatie Method. London 1954. S. 48-71, diese Form des diplomatischen Umgangs als ,French system'. Zu Callieres: Maurice Keens-Soper : Callieres, in: Ders./G. R. Berridge/T. G. Otte (Anm. 43) S. 106-124. Nach F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 6, wurden ständige Gesandtschaften unterhalten „pour decouvrir tout ce qui s'y passe, & pour en etre informes avec diligence & avec exactitude", was die Grundlage jeder guten Regierung sei. Vgl. Heinrich Wilhelm von Bülow: Über Geschichte und Verfassung des gegenwärtigen Reichstags. 2 Bde. Regensburg 1792. Bd. 2. S. 195; Matthew Smith Anderson: The Rise of Modern Diplomacy 1450-1919. London, New York 1993. S. 41; William James Roosen: The Age of Louis XIV. The Rise of Modern Diplomacy. Cambridge 1976. S. 129-161. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 685-691; F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 64; Julius Bernhard von Rohr: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaffit der grossen Herren. Berlin 1733. Nachdruck hg. und mit einem Nachwort versehen von Monika Schlechte. Leipzig 1990. S. 383f.; Vgl. Klaus Müller: Das kaiserliche Gesandtschaftswesen im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden (1648-1740). Bonn 1978 (Bonner Historische Forschungen 42). S. 253; P. Gerbore (Anm. 41) S. 155-157. Der Gesandte wurde häufig als „honorable espion" bezeichnet. Vgl. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 20f.; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 24; Pierre Ayrault, L'ordre, formalite et instructions, § 15, in: De Legatis (Anm. 44) S. 112; K. Stieler (Anm. 4) S. 16 ; weitere Bsp.: O. Krauske (Anm. 41) S. 16f. Deutlich bei: F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 15, 119. Vgl.: W. J. Roosen (Anm. 47) S. 152; M. S. Anderson (Anm. 47) S. 43.
1. Europäisches
Gesandtschaftswesen
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bereits als eine Form von ,Öffentlichkeit' beschrieben worden ist. 50 Der Immerwährende Reichstag war Teil dieses Netzes, konnte aber aufgrund der prekären völkerrechtlichen Lage der Reichsstände auf dem politischen Parkett Europas keine bedeutende Rolle spielen. A l s er 1663 einberufen wurde, war das Gesandtschaftswesen der meisten deutschen Stände noch im Aufbau begriffen. 5 1 Der Reichstag führte kaiserliche und ständische Vertreter an einem Ort zusammen und bot die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen, ohne eine Vielzahl von Gesandtschaften finanzieren zu müssen. Zudem waren auswärtige Mächte vertreten. Dadurch, daß der Reichstag nicht mehr beendet wurde, entwickelte sich Regensburg zum ständigen Gesandtschaftsort. 52 Ein Indiz dafür, daß man ihn als ständige Kontaktstelle zu schätzen begann, ist die immer seltener werdende Diskussion um sein Ende. Wurde vor 1670 häufig darüber debattiert, fanden sich Anregungen in diese Richtung erst wieder 1680, 1687 und anläßlich des Todes Kaiser Leopolds I. 1705. 5 3 Ein Auseinandergehen ohne Schluß wäre für einen
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Als höfische Öffentlichkeit bezeichnet sie Barbara Stollberg-Rilinger: Höfische Öffentlichkeit. Zur zeremoniellen Selbstdarstellung des brandenburgischen Hofes vor dem europäischen Publikum, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte. NF. Bd. 7. 1997. S. 145-176, während sie A. Gestrich (Anm. 10) S. 78-100, mit Karl Marx ,Le Monde' nennt, wobei er den niederen Adel und die Diplomaten einbezieht. Nicht vergessen werden dürfen jedoch die nicht-adeligen Regierungen der Republiken. Heinz Duchhardt: Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 17001785. Paderborn, München, Wien u.a. 1997 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Bd. 4). S. 23. Für Brandenburg: O. Krauske (Anm. 41) S. 130-138. Selbst ein Stand wie Braunschweig-Lüneburg hatte 1684 nur eine Gesandtschaft in Regensburg. Erst 1692 kamen Den Haag, London, Stockholm und Wien, später auch Dresden, Berlin, Brüssel und Kopenhagen hinzu. Georg Schnath: Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674-1714. Hildesheim, Leipzig 1938-1982 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen. Bd. XVIII) Bd. 1-4. Bd. 1. S. 331. Bd. 2. S. 349-351. Bd. 3. S. 56f. Der Kaiser begann ebenfalls erst Ende der fünfziger Jahre mit dem Ausbau seiner Vertretungen. K. Müller (Anm. 48) S. 61, 63-85. Savoyen unterhielt 1684 nur in Paris, München, Rom, Regensburg und der Schweiz Vertreter, ab 1690 auch in England, Spanien, Österreich und den Niederlanden. Christopher Storrs: Savoyard Diplomacy in the Eighteenth Century (1684-1798), in: D. Frigo (Anm. 18) S. 210-253, hier S. 215f. Viele europäische Mächte verfügten über kein größeres Netz. Für England: C. Brinkmann: The Relations between England and Germany, 1660-1688, in: The English Historical Review. Bd. 24. 1909. Nr. 94. S. 247-277 und Nr. 95. S. 448-469, hier S. 247f„ 467; für Venedig: Andrea Zannini: Economic and Social Aspects of the Crisis of Venetian Diplomacy in the Seventeenth and Eighteenth Century, in: D. Frigo (Anm. 18) S. 109-146, hier S. 11 If. So auch: Lupoid von Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert. Darmstadt, Marburg 2003 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Bd. 137). 2 Bde. Bd. l . S . 536. Johann Jacob Moser: Von denen Teutschen Reichs-Taegen, nach denen Reichsgesetzen und dem Reichsherkommen, wie auch aus denen Teutschen Staats-Rechts-Lehrern und eigener Erfahrung. Frankfurt, Leipzig 1774 (Neues Teusches Staatsrecht. Bde. 5/1 und 5/2). S. 29; Helmut Neuhaus: Das Reich in der Frühen Neuzeit. München 1997 (Enzyklopädie Deutscher Geschichte. Bd. 42). S. 39; A. Schindling (Anm. 1) S. 131.
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II. Hintergrund und Material
Diplomaten dem Abbruch der Beziehungen gleichgekommen, die aufrecht zu erhalten seine Aufgabe war. Aus der im 16. Jahrhundert von Räten in höchster Position dominierten Einrichtung wurde ein Diplomatenkongreß. So fügt sich die Verstetigung des Reichstags in den Rahmen sich ausweitender, ständiger diplomatischer Beziehungen. Dies blieb nicht ohne Auswirkungen. Seit Albericus Gentiiis galt als Gesandter eine Person „qui non modo publice, sed publico etiam nomine et publica indutus persona missus est".54 Abgeordnete von Untertanen oder Kommissare der Obrigkeit an diese gehörten nicht dazu.55 Die von Herrschern entsandten Diplomaten konnten zudem von unterschiedlichem .Charakter', das heißt Rang, sein. Eine Rangfolge kann für die Zeit um 1700 allerdings nur mit Vorsicht gegeben werden, denn die Zeitgenossen waren sich selbst nicht einig. Die Mehrheit der Theoretiker ging von zwei Rängen aus, während es durch die Minderachtung der Agenten in der Praxis bereits eine Drei-, nach der Anerkennung des Vorrangs der ,Envoyes extraordinaires' an einigen Höfen sogar eine Vierteilung gab. Am geringsten achtete man die Agenten, die meist nicht im direkten Dienstverhältnis zu einem Herrn standen, sondern gegen Bezahlung berichteten und gelegentlich Aufträge erledigten. Zum zweiten Rang wurde der Envoye, der Abgesandte und der Resident gerechnet. Das Ansehen der Residenten sank jedoch, nachdem Ende des 17. Jahrhunderts der ,Envoye extraordinarie' aufkam. Den ersten Rang nahmen die Ambassadeurs ein. Daneben gab es noch eine Reihe von Bezeichnungen für Diplomatenstellen, deren Rang nicht immer klar ist, wie Plenipotentiarius, Kommissar, Deputierter und Procurator.56 Nur die Gesandten ersten Ranges repräsentierten ihren Absender und konnten die Rechte fordern, die diesem bei persönlicher Anwesenheit zukommen würden. Die der zweiten Klasse waren dagegen Geschäftsträger.57 Aus dem Repräsentativcharakter des Ambassadeurs erwuchsen eine Reihe von zeremoniellen Vorrechten. Demnach erhielten sie die erste Visite von Gesandten zweiten Ranges, die ihnen den Vorrang und sogar in ihrem eigenen Quartier die Oberhand zu ge-
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Zitiert bei Hasso Hofmann: Repräsentation. Studien zur Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis ins 19. Jahrhundert. Berlin 1974 (Schriften zur Verfassungsgeschichte. Bd. 22). S. 183. Arnold Clapmarius: De Arcanis Imperii, magnam partem correctus, auctus & castigatus, per Martinum Schoockium, Frankfurt/Oder 1668. S. 105; Gentiiis, De Legationibus Libri tres, in: De Legatis (Anm. 44) S. 125; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 1. Sp. 120. J. Presbeuta (Anm. 45) S. 57-64, 96-98, 119; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 70-83; J. B. v. Rohr (Anm. 48) S. 377-381; P. Gerbore (Anm. 41) S. 91-94; M. S. Anderson (Anm. 47) S. 82 f; E. Markel (Anm. 41) S. 35-39, 53-72; O. Krauske (Anm. 41) S. 165-184; K. Müller (Anm. 48) S. 79-82; C.-G. Picavet (Anm. 41) S. 5, 75; W. J. Roosen (Anm. 47) S. 59-61, 87-91; Zu undifferenziert: Nikolaus Leiher: Die rechtliche Stellung der auswärtigen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg. Eine rechtshistorische Untersuchung unter Auswertung der Schriften zum Ius Publicum des Alten Reiches. Aachen 2003 (Berichte aus der Rechtswissenschaft). S. 13f. H. Hofmann (Anm. 54) S. 183-185; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 1. Sp. 117,119.
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ben hatten. Ihnen stand der Titel ,Exzellenz' zu. Demgegenüber erhielten die Gesandten zweiten Ranges deutlich weniger Ehrenbezeigungen.58 Der Sender selbst hatte den Rang seines Gesandten zu bestimmen, aber nicht jeder durfte solche ersten Ranges schicken, das war nach dem Völkerrecht allein den Souveränen vorbehalten. Kleinen Staaten und Fürsten ohne königlichen Rang wurde es verweigert.59 Die Durchsetzung des modernen Völkerrechts ging so mit einer Vielzahl schmerzhafter Anpassungsprozesse einher, die besonders auch die Reichsstände trafen. Das Staatensystem, das sich diesen Regeln verpflichtet sah, war mit dem Westfälischen Frieden entstanden. Dieser war zwar ein „Gleichordnungsvertrag"60 gewesen, der das streng hierarchische Prinzip gekippt hatte, doch folgten der Hierarchie Klassen. Die Souveränität gewann dabei für die Zuordnung besondere Bedeutung. Die Frage, ob die Stände souverän waren oder nicht, war während des Dreißigjährigen Krieges besonders virulent geworden,61 aber der Westfälische Friede hatte sie nicht beantwortet. Die Auseinandersetzung mit dem Bodinschen Souveränitätsbegriff war von der deutschen Staatsrechtslehre vor allem in der ersten Hälfe des 17. Jahrhunderts geführt worden, hatte jedoch die völkerrechtliche Qualität der Stände nicht klären können.62 So blieb die Frage der Souveränität für alles politische Handeln im 58
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Johann Christian Lünig: Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum Oder Historisch- und Politischer Schau-Platz Aller Ceremonien [...], so wohl in Ecclesiasticis, als Politicis, vorgegangenen solennen Actibus beobachtet worden; [...]. 3 Bde. Leipzig 1719-1720. Bd. 1. S. 368f. Nur ein Ambassadeur hatte Anrecht auf die ,honores regii'. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger: Honores regii. Die Königswürde im zeremoniellen Zeichensystem der Frühen Neuzeit, in: Johannes Kunisch (Hg.): Dreihundert Jahre Preußische Königskrönung. Eine Tagungsdokumentation. Berlin 2002 (Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. NF. Bd. 6). S. 1-26, hier S. lOf. Daß das Gesandtschaftsrecht an der Souveränität hänge, postulierte z. B. Hugo Grotius. G. R. Berridge: Grotius, in: Ders./M. Keen-Soper/T. G. Otte (Anm. 43) S. 50- 70, hier S. 54; Abraham de Wicquefort (Anm. 45) S. 18, erklärte, daß man „das Ambassaden-Recht von der Souverainete nicht trennen noch absondern" könne. Vgl. J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 1. Sp. 118; Christian Gotthelf Ahnert: Lehrbegriff der Wissenschaften, Erfordernisse und Rechte der Gesandten. 2 Bde. Dresden 1784. Bd. 1. S. 169; E. Markel (Anm. 41) S. 40f. Heinz Schilling: Der Westfälische Friede und das neuzeitliche Profil Europas, in: Heinz Duchhardt (Hg.): Der Westfälische Friede. München 1998 (Historische Zeitschrift. Beiheft 26). S. 1-32, hier S. 25f. Zu den Brüchen in der französischen Haltung: Andreas Oslander: The States Systems of Europe 1640-1990. Peacemaking and the Conditions of International Stability. Oxford 1994. S. 82-89. Johannes Burkhardt: Der Dreißigjährige Krieg. Frankfurt 1992 (Neue Historische Bibliothek. edition suhrkamp, NF. Bd. 542). bes. S. 99-107. Souveränität' wurde von Jean Bodin in den ,Six livres de la Republique' (1576) definiert und zum konstituierenden Merkmal des ,Staates' gemacht. In der lateinischen Ausgabe übersetzte er ,souverenite' mit ,maiestas' oder ,summa potestas', die beide im Reich eher Verwendung fanden. Im Reich wurde die Souveränität' entweder dem Volk, dem Kaiser oder Reichstag und Kaiser zugeschrieben. Die komplizierte Diskussion führte nie zu einer Lösung. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. verschwand der Begriff aus den Beschreibungen der Reichsverfassung. Vgl. Helmut Quaritsch: Souveränität. Entstehung und Entwicklung des Begriffs in Frankreich und Deutschland vom 13. Jahrhundert bis 1806. Berlin 1986
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II. Hintergrund und Material
Reich zentral und die in der ,Souveränitäts-Debatte' entstandenen Staatstheorien behielten ihre Bedeutung, da sie für die Stände Argumente zur juristischen Untermauerung politischer Forderungen bereitstellten. 63 A u f europäischer Ebene half die weitgehend ergebnislose Debatte nicht, vielmehr bedienten sich die Mächte der Argumente in der ihnen jeweils passenden Weise. So stachelte der französische Plenipotentiarius Robert de Gravel die Fürsten in Regensburg an, ihre Souveränitätsrechte wahrzunehmen, 6 4 während sein späterer Nachfolger Louis Rousseau de Chamoy in ,L'Idee du parfait ambassadeur' die Tatsache, daß Frankreich mit den Ständen des Reiches keine Gesandten v o n Ambassadeur-Rang austausche, mit deren fraglicher Souveränität begründete. 65 Die Stände galten also auf europäischer Ebene zwar als Völkerrechtssubjekte, aber nicht unbedingt als Souveräne. 6 6 Ihnen wurde im Westfälischen Frieden das
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(Schriften zur Verfassungsgeschichte. Bd. 38). S. 39-42, 46-91; Dieter Wyduckel: Ius Publicum. Grundlagen und Entwicklungen des Öffentlichen Rechts und der deutschen Staatswissenschaft. Berlin 1984 (Schriften zum Öffentlichen Recht. Bd. 471). S. 119-124, 131202; Dietmar Willoweit: Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt. Landesobrigkeit, Herrschaftsrechte und Territorium in der Rechtswissenschaft der Neuzeit. Köln, Wien 1975 (Forschungen zur Deutschen Rechtsgeschichte. Bd. 1). S. 138-170; Gerhard Henkel: Untersuchungen zur Rezeption des Souveränitätsbegriffs durch die deutsche Staatstheorie in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Marburg 1967. bes. S. 50-90, 115-127; G. Schmidt (Anm. 14) S. 186-191; Peter Schröder: Reich versus Territorien? Zum Problem der Souveränität im Heiligen Römischen Reich nach dem Westfälischen Frieden, in: Olaf Asbach/ Klaus Malettke/Sven Extenbrink (Hg.): Altes Reich, Frankreich und Europa. Politische, philosophische und historische Aspekte des französischen Deutschlandbildes im 17. und 18. Jahrhundert. Berlin 2001 (Historische Forschungen. Bd. 70). S. 123-143; Merio Scattola: Die Frage nach der politischen Ordnung: >Imperiummaiestassumma potestas< in der politischen Lehre des frühen siebzehnten Jahrhunderts, in: Martin Peters/Peter Schröder (Hg.): Souveränitätskonzeptionen. Beiträge zur Analyse politischer Ordnungsvorstellungen im 17. bis zum 20. Jahrhundert. Berlin 2000 (Beiträge zur Politischen Wissenschaft. Bd. 119). S. 13-39. Zum Verhältnis Reichstag-Souveränität: Friedrich Hermann Schubert: Die deutschen Reichstage in der Staatsrechtslehre der frühen Neuzeit. Göttingen 1966 (Schriftenreihe der historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 7). S. 269f„ 316f., 337-345, 350f., 354f. 358-422, 427, 468-471, 474-520, 528f., 533-537, 541f„ 547, 550, 576f. Meike Hollenbeck: Die Schwächeren suchen Recht und Gleichheit. Die Betrachtungen des fürstlichen Geheimen Rates Dr. Otto Johann Witte zum Problem der Beständigen Wahlkapitulation am Vorabend des Immerwährenden Reichstags, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Bd. 69. 1997. S. 229-245, v.a. S. 235-240 arbeitet die Standpunkte der Kurfürsten und der fürstlichen Opposition zur Abfassung der Wahlkapitulation heraus, wobei deren abweichende Verfassungsinterpretationen deutlich werden. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 68. Louis Rousseau de Chamoy: L'Idee du Parfait Ambassadeur [1697]. Hg. von L. Delavaud. Paris 1912. S. 15f. Zur französischen Debatte um die Souveränität der Reichsstände vgl. Klaus Malettke: Les relations entre la France et le Saint-Empire au XVIIe siecle. Paris 2001 (Bibliotheque d'histoire moderne et contemporaine. Bd. 5). S. 64f. Heinhard Steiger: Der Westfälische Frieden - Grundgesetz für Europa?, in: H. Duchhard (Anm. 60) S. 33-80, hier S. 68f.; Heinhard Steiger: Konkreter Friede und allgemeine Ordnung - zur rechtlichen Bedeutung der Verträge vom 24. Oktober 1648, in: Klaus Bußmann/
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,ius territoriale' und ein Bündnisrecht mit Auswärtigen verbrieft, letzteres unter dem Treuevorbehalt gegen Kaiser und Reich.67 Die meisten Theoretiker hielten die Landeshoheit der Majestät oder Souveränität für ähnlich, sie sei diesen aber nicht gleich.68 Dennoch war es möglich, sie als ,superioritas territoriale' zur Voraussetzung des .Gesandten Abfertigungs-Rechts' zu machen, das die Berechtigung zur Entsendung von Ambassadeurs beinhalte.69 Es war den Ständen zwar auch möglich, das Recht Gesandte zu schicken, aus dem Herkommen abzuleiten,70 doch über deren Rang sagte das nichts. Gerade das Herkommen konnte jedoch die enge Verbindung zwischen gesandtschaftlichem Rang und Souveränität unterlaufen. Wer beweisen konnte, daß er schon immer königliche Ehren erhalten hatte, bekam sie weiterhin.71 Die Kurfürsten sollten laut der Goldenen Bulle gleich nach den Königen rangieren und in den Wahlkapitulationen bedingten sie sich aus, daß ihren Gesandten am kaiserlichen Hof nur solche von Königen, königlichen Witwen und unter Vormundschaft stehenden künftigen Königen vorgehen sollten, keinesfalls aber andere.72 In der europäischen Politik zählte das nicht. Die europäischen Mächte verhielten sich in diesem Punkt nicht eindeutig. Hatte man auf dem Westfälischen Friedenskongreß den Kurfürsten das königsgleiche Tractament zugestanden, wollten England, Frankreich und Schweden dieses in Nimwegen nur mehr deren jeweils ersten Gesandten geben, was die Kurfürsten nicht hinzunehmen bereit waren. In Rijswijk schließlich wurden auch die kurfürstlichen Gesandten nur als Deputierte des Reiches behandelt.73
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Heinz Schilling (Hg.): 1648. Krieg und Frieden in Europa. Münster 1998. Bd. 1. S. 437446, hier S. 441; N. Leiher (Anm. 56) beachtet dies nicht. IPO Art. VIII, § 2, 2; Ernst Wolfgang Böckenforde: Der Westfälische Frieden und das Bündnisrecht der Reichsstände, in: Der Staat. Bd. 8. 1969. S. 449-478. Die Stände lehnten das französische Angebot souverän zu werden ab. A. Oslander (Anm. 60) S. 36-38. J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 16. Sp. 500-546. F. H. Schubert (Anm. 62) S. 506; J. H. Zedier (Aiim. 33) Bd. 10. Sp. 1216. So argumentierte u.a. J. Presbeuta (Anm. 45) S. 6-43; IPO. Art. VII. § 2. Nach J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 2, wurde die zeremonielle Position „aus eigener Bewegniß und Willkühr, durch ein stillschweigenden Consens, ausdrücklichen Vergleich, Usurpation, Posses und Praescription" festgelegt. Auch A. Wicquefort (Anm. 45) S. 401 betont die Bedeutung des Herkommens. Vgl. B. Stollberg-Rilinger (Anm. 58) S. 6-8. O. Krauske (Anm. 41) S. 214-217; E. Markel (Anm. 41) S. 51f. B. Stollberg-Rilinger (Anm. 58) S. 17-19, 21; B. Stollberg-Rilinger (Anm. 50) S. 157, 169f.; Christine Roll: Die preußische Königserhebung im politischen Kalkül der Wiener Hofburg, in: J. Kunisch (Anm. 58) S. 189-227. hier S. 189f.; H. Duchhardt (Anm. 51) S. 23; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 1. Sp. 119; Presbeuta (Anm. 45) S. 40; Axel Gotthard: Säulen des Reiches. Die Kurfürsten im frühneuzeitlichen Reichsverband. Husum 1998 (Historische Studien. Bd. 457). 2 Bde. Bd. 2. S. 800-802; v.a. Frankreich gestand den Reichsfürsten nicht zu, Ambassadeurs zu entsenden. Nach A. Wicquefort (Anm. 45) S. 52 f, 58, 69, lag das daran, daß sie sich als Untertanen des Kaisers betrachteten. Vgl.: L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 15f. Zu den Problemen während des Westfälischen Friedens: A. Oslander (Anm. 60) S. 82-89; Günther Christ: Der Exzellenz-Titel für die
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II. Hintergrund und Material
Das Verhalten der internationalen Diplomatie war jedoch Gradmesser für den Rang eines Fürsten.74 Nur wer zu den Mächten zählte, die Gesandte ersten Ranges entsenden konnten, konnte im europäischen Staatensystem gleichberechtigt mitreden. Es handelte sich also, wie Barbara Stollberg-Rilinger zu Recht betont, um keinen graduellen, sondern um einen kategorialen Unterschied.75 Zwischen Souverän' und ,Untertan' gab es nichts. Für die Reichsstände war problematisch, daß das Reich auf anderen Rechts- und Verfassungstraditionen beruhte, als denen, die nun in Europa zum Kriterium der Mitbestimmung wurden. Die Reichsstände waren weder souverän noch Untertan. Eine Herabsetzung war mit ihrem ausgeprägten Standes- und Ranggefühl nicht vereinbar. Noch dazu, da die ,honores regii' auch Republiken und mit Savoyen sogar einem Reichsstand zugestanden wurden.76 Die Konsequenz mußte sein, daß man alles daran setzte, im europäischen System als gleichberechtigtes Mitglied aufgenommen zu werden. Davon hingen die Möglichkeiten zur Mitgestaltung der europäischen Politik ab. Auf das Zeremoniell wurde besonders geachtet, denn es galt als getreuer Spiegel des Ranges, über den man sich im „Medium der zeremoniellen Konventionen"77 verständigte. Die Adressaten waren dabei auch die anderen Regierenden, wobei das Zeremoniell die Funktion hatte, Ehre und Ansehen als das symbolische Kapital'78 zu wahren oder zu mehren.79 Die ersehnte Gleichstellung der
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kurfürstlichen Gesandten auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: Parliaments, Estates and Representation. Bd. 19. 1999. S. 89-102. W. J. Roosen (Anm. 47) S. 458-464, 475f., empfiehlt das diplomatische Zeremoniell zur Annäherung an „the relative positions of states in the international hierarchy" (S. 475). Β. Stollberg-Rilinger (Anm. 58) S. 13. Keith Hamilton, Richard Langhorne: The Practice of Diplomacy. Its Evolution, Theory and Administration. London, New York 1995. S. 64; C. Storrs (Anm. 51) S. 237-239; Robert Oresko: The House of Savoy in Search for a Royal Crown in the Seventeenth Century, in: Robert Oresko/G. C. Gibbs/H. M. Scott (Hg.): Royal and Republican Sovereignty in Early Modern Europe. Essays in memory of Ragnhild Hatton. Cambridge 1997. S. 272-350; Horst Dreitzel: Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft. Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz. Köln, Weimar u.a. 1991. 2 Bde. Bd. 1. S. 202; B. Stollberg-Rilinger (Anm. 58) S. 16f. B. Stollberg-Rilinger (Anm. 50) S. 155. Zum symbolischen Kapital vgl. Pierre Bourdieu: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: Reinhard Kreckel (Hg.): Soziale Ungleichheiten, Göttingen 1983 (Soziale Welt, Sonderband 2). S. 183-198, bes. S. 187, 194f.; Barbara Stollberg-Rilinger: Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Reichstags, in: Neue Studien zur Frühneuzeitlichen Reichsgeschichte. Berlin 1997 (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 19). S. 91-132, hier S. 107. J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 5; J. B. v. Rohr (Anm. 48) S 1. Vgl. Andreas Gestrich: Höfisches Zeremoniell und sinnliches Volk. Die Rechtfertigung des Hofzeremoniells im 17. und frühen 18. Jahrhundert, in: Jörg Jochen Berns/Thomas Rahn (Hg.): Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Tübingen 1995 (Frühe Neuzeit. Bd. 25). S. 57-73; Thomas Rahn: Psychologie des Zeremoniells. Affekttheorie und -pragmatik in der Zeremoniellwissenschaft des 18. Jahrhunderts, in: Jörg Jochen
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Stände fand so Ausdruck in Werken wie dem ,Ceremoniale Brandenburgicum' (1699), in dem es um die zeremoniellen Rechte Brandenburgs und seiner Diplomaten ging. 80 Gleiches gilt auf Ebene der Fürsten für Gottfried Wilhelm Leibniz' 1677 unter dem Pseudonym Caesarinus Fürstenerius vorgelegtes ,De Jure Suprematus ac Legationis Principum Germaniae', worin das volle Gesandtschaftsrecht der deutschen Fürsten bewiesen werden sollte.81 Das vordringlichste Ziel aller ständischen Politik dieser Epoche läßt sich daher mit dem Schlagwort ,Anerkennung' fassen. Doch um auf europäischer Ebene anerkannt zu werden, mußte man diese Rechte zuerst im Reich durchsetzen. Das hatte Auswirkungen auf den Reichstag. Nach Anton Schindling war der Reichstag nicht vom europäischen Völkerrecht geprägt und auch nicht verbunden „mit den dynamischen politischen Kräften des modernen Staatensystems", sondern ein von älteren Traditionen geformtes Ständeorgan.82 Dennoch gab es Interferenzen zwischen ihm und den Regeln des europäischen Gesandtschaftswesens, was besonders auf der zeremoniellen Ebene greifbar ist.83 Das Reichstagszeremoniell basierte auf der reichsinternen Rangordnung und damit anderen Kriterien als das europäische Gesandtschaftsrecht. Die kurfürstlichen und fürstlichen Reichstagsgesandten zählten sich jedoch zu den Gesandten. Dies bewirkte eine Neuausrichtung des Reichstagszeremoniells, die eine Vielzahl von Zeremonialkonflikten heraufbeschwor. Es paßte sich immer mehr dem europäischen Standard an, was schon Zeitgenossen beobachteten.84 Dies hatte Auswirkungen auf den Informationsfluß. Gleichzeitig veränderte
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Berns/Thomas Rahn (Hg.): Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Tübingen 1995 (Frühe Neuzeit. Bd. 25). S. 74-98. Vgl.: Milos Vec: Zeremonialwissenschaft im Fürstenstaat. Studien zur juristischen und politischen Theorie absolutistischer Herrschaftsrepräsentation. Frankfurt 1998 (Ius Commune, Sonderhefte, Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte. Bd. 106). S. 15-24. Caesarinus Fürstenerius [=Gottfried Wilhelm Leibniz]: De Jure Suprematus ac Legationis Principum Germaniae. 1677, in: Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. 4. Reihe. Politische Schriften. Bd. 2. Hg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften Berlin. Berlin 1963. S. 12-270, unterschied dazu das ,suprematum', das mit der Souveränität identisch sei, von der ,superioritas territoriali', die jeder Stand habe. Er definierte (S. 18): „Suprematum ergo illi tribuo qui non tantum domi subditos manu militari regit, sed et qui exercitium extra fines ducere, et armis, foederibus, legationibus, ac caeteris juris gentium functionibus aliquid momenti ad rerum Europae generalium summam conferre potest." Dieses komme den mächtigen deutschen Fürsten zu. Widerspruch gegen diese Theorie regte sich v.a. auf kurfürstlicher Seite. Vgl. H. Hofmann (Anm. 54) S. 182f.; H. Quaritsch (Anm. 62) S. 77-79; K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 1. S. 354f.; P. Schröder (Anm. 62); A. Gotthard (Anm. 73) Bd. 2. S. 803-806. A. Schindling (Anm. 1) S. 34, 222 (dort das Zitat), 223. Ansatzweise auch: A. Gotthard (Anm. 73) Bd. 2. S. 824, 851. J. Presbeuta (Anm. 45) S. 302, schrieb zum Rang der österreichischen Reichstagsgesandten: „[...] hodie nos ceremonialem rem & qualitates Legatorum, unde locus & honores dependent, non amplius ex formula antiquitates metiri, sed ad novas regulas exigere soleamus". Auch Leibniz betont, daß die Qualität der früheren Reichstagsdeputierten nicht mit den neuen Regeln zu bemessen sei, da sie anderen Traditionen gehorchte. Nun würden sie zu den Legati gerechnet. C. Fürstenerius (Anm. 81) S. 21, 179-185.
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II. Hintergrund und Material
sich der Reichstag, da sich die ständischen Vertreter mehr und mehr als Gesandte im Sinne des europäischen Gesandtschaftswesens verstanden.
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Kommunikationskonventionen
2. Die Grundzüge der Kommunikationskonventionen um 1700 Die Informationsbeschaffung und -weitergäbe basierte im wesentlichen auf 85
Kommunikation. Kommunikationstheorien gibt es in großer Menge, wobei sie zum Teil eine Komplexität erreichen, die sich für den Historiker nicht mehr operationalisieren läßt. Bei der Anwendung von Begriffen und Modellen der Kommunikationstheorie handelt es sich stets um Rückprojektionen. Das heißt nicht, daß es um 1700 keine Überlegungen zum Funktionieren sprachlich oder nonverbal vermittelter Interaktion gab. Ziel aller in Frage kommenden Darstellungen war jedoch nicht deren Erfassung aus der Perspektive des Außenstehenden, sondern die praktische Anleitung der Kommunizierenden.86 Sie enthalten die Verhaltenserwartungen, die gestellt werden konnten, sind aber nicht als objektive Beschreibung der Wirklichkeit anzusehen.87 Dennoch sind sie eine wertvolle Hilfe, will man sich dem Problemkreis ,Kommunikation' nähern. Den Rahmen der Kommunikationshandlungen bildet die Höflichkeit. Ihre Regeln koordinieren die einzelnen Sprechhandlungen, was die Verständigungschancen erhöht und Konfliktpotentiale entschärft.88 Für die Anwendung des Codes und des Mediums sowie die Gestaltung des Inhalts bestehen ebenfalls Konventionen. Die gesellschaftlichen Spielregeln geben vor, was in bestimmten Situationen gesagt oder getan werden kann und darf. Diese Regeln sind kulturell und zeitlich variabel. Über ihre Anwendung entscheidet dabei neben den Gegebenheiten des Umfelds der ,Beziehungsaspekt', das heißt das Verhältnis der Beteiligten zueinander und ihre subjektive Interpretation der Gesprächssituation.89 85
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Einen Überblick geben R. Burkart (Anm. 27) S. 20-66; H. Pürer (Anm. 28) S. 58-105; G. Maletzke (Anm. 31) S. 37-55. So auch: Manfred Beetz: Frühmoderne Höflichkeit. Komplimentierkunst und Gesellschaftsrituale im altdeutschen Sprachraum. Stuttgart 1990. S. 56, 64, 111-119; Markus Hundt: „Spracharbeit" im 17. Jahrhundert. Studien zu Georg Philipp Harsdörffer, Justus Georg Schottelius und Christian Gueintz. Berlin, New York 2000 (Studia Linguistica Germanica. Bd. 57). S. 420f. M. Beetz (Anm. 86) S. 10-12; Boy Hinrichs: Rhetorik und Poetik, in: Albert Meier (Hg.): Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bd. 2. Die Literatur des 17. Jahrhunderts. München, Wien 1999. S. 209-232, hier S. 213215; Alain Montandon: Einleitung, in: Alain Montandon (Hg.): Über die deutsche Höflichkeit. Entwicklungen der Kommunikationsvorstellungen in den Schriften über Umgangsformen in den deutschsprachigen Ländern. Bern, Berlin, Frankfurt u.a. 1991. S. 5-20, hier S. 7f.; Eckart Machwirth: Höflichkeit. Geschichte, Inhalt, Bedeutung. Trier 1970. S. If. Harald Haferland/Ingwer Paul: Eine Theorie der Höflichkeit, in: Harald Haferland/Ingwer Paul (Hg.): Höflichkeit. Oldenburg 1996 (OBST. Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie. Bd. 52). S. 7-69, hier S. 47. R. Burkart (Anm. 27) S. 79-86, 116-128, 482-484; E. Machwirth (Anm. 87) S. 8f.; H. Pürer (Anm. 28) S. 70f. Zum Rahmen: Erving Goffmann: Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen. Frankfurt 1980. Passim, die Definition auf S. 19.
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II. Hintergrund und Material
Die barocken Vorstellungen dessen, was heute als Umgangsformen bezeichnet wird, sind bezogen auf Stand und Region vielgestaltig, so daß hier nur ein grober Überblick über die Tendenzen gegeben werden kann. Der Schwerpunkt liegt auf den Normen für die Angehörigen des deutschen' gehobenen Standes, zu dem die Reichstagsgesandten zählten.90 Richtungweisend waren die verschiedenen Ausformungen der Anstandsliteratur91 und der Rhetorik. Darin fand sich die Grammatik der Kommunikation und des Verhaltens, deren Anwendung über die kommunikative Kompetenz entschied. Auch Aspekte nonverbaler Kommunikation und durch Beobachtung zu erschließender, subkutaner Information, wie das Äußere, die Reaktionen des Körpers und des Gesichts, wurden als Lehre von der ,actio' thematisiert, während die Affektpragmatik der Rhetoriken und Klugheitslehren zum einen das Erzeugen zum anderen das Verbergen von Gefühlen lehrte.92 Der Einzelne wurde dabei immer in Bezug zu seiner Umgebung gesehen und beurteilt.93 Vor dem Hintergrund dieser Theorien konnten Verhalten und sprachliche Äußerungen vom Empfänger oder einem unbeteiligten Beobachter ,gelesen'
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Zum Inhalts- und Beziehungsaspekt: Paul Watzlawick, Janet Η. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. 8. Aufl. Bern, Stuttgart, Toronto 1990. S. 53-56. Zu Operationalisierungsproblemen: Hans-Georg Soeffner: HandlungSzene-Inszenierung. Zur Problematik des „Rahmen"-Konzeptes bei der Analyse von Interaktionsprozessen, in: Werner Kallmeyer (Hg.): Kommunikationstypologie. Handlungsmuster, Textsorten, Situationstypen. Düsseldorf 1986 (Sprache der Gegenwart. Bd. 67). S. 7389. Die kulturelle Variabiliät zeigen ethnologische Studien. M. Beetz (Anm. 86) S. 133, 181; Henning Scheffers: Höfische Konvention und die Aufklärung. Wandlungen des Honnete-Homme-Ideals im 17. und 18. Jahrhundert. Bonn 1980 (Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik. Bd. 93). S. 16, 23, 25. M. Beetz (Anm. 86) S. 33-56; mit anderen Beurteilungen einzelner Werke: Egon Cohn: Gesellschaftsideale und Gesellschaftsroman des 17. Jahrhunderts. Studien zur deutschen Bildungsgeschichte. Berlin 1921 (Germanische Studien. Bd. 13). S. 6-32; zur französischen Tradition und dem ,honnete homme', aber mit fragwürdiger Interpretation: H. Scheffers (Anm. 90) S. 11-85; zum ,Cortegiano': Peter Burke: Die Geschicke des Hofmanns. Zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten. Berlin 1996. Volker Kapp: Die Lehre von der actio als Schlüssel zum Verständnis der frühen Neuzeit, in: Ders. (Hg.): Die Sprache der Zeichen und Bilder. Rhetorik und nonverbale Kommunikation in der frühen Neuzeit. Marburg 1990 (Ars Rhetorica. Bd. 1). S. 40-64; T. Rahn (Anm. 79) S. 94f.; überpointiert vom „Primat des Äußeren" spricht Hubert Christian Ehalt: Ausdrucksformen absolutistischer Herrschaft. Der Wiener Hof im 17. und 18. Jahrhundert München 1980 (Sozial- und Wirtschaftshistorische Studien 14). S. 75-77. Die Affektkontrolle war in den Klugheitslehren zentral, vgl. Baltasar Gracian y Morales: Die Kunst der Weltklugheit, Deutsch von Arthur Schopenhauer. Wien, Berlin [o. J.]. Maxime 8. S. 15. Norbert Elias: Die höfische Gesellschaft. Untersuchungen zur Soziologie des Königtums und der höfischen Aristokratie mit einer Einleitung: Soziologie und Geschichtswissenschaft. 4. Aufl. Darmstadt 1979 (Soziologische Texte. Bd. 54). S. 159 (im folgenden Anm. 93); Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. 7. Aufl. Frankfurt 1980. 2 Bde. Bd. 2. S. 375.
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Kommunikationskonventionen
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werden. Die genaue Beobachtung des Gegenübers legten Diplomatietraktate dem Gesandten daher besonders ans Herz.94 Eckpunkte der inneren und äußeren Gestaltung eines Kommunikationsvorgangs waren die Umstände und die zu beredende Sache.95 Die ,civilitas' oder ,Höflichkeit' definierte beispielsweise Johann Christoph Wagenseil als die Klugheit, sich gegen Höher-, Niedriger- und Gleichgestellte richtig und schicklich zu verhalten.96 Jede Kommunikationssituation zeichnete sich durch eine Mischung aus zeremoniell bestimmten Regelkanon und einem dem Einzelnen überlassenen Teil aus, wobei deren Mischungsverhältnis zum Gelingen entscheidend beitrug.97 Gelang die Balance, gestaltete sich die Begegnung so, daß keiner einen Vorwurf furchten mußte. Den rezeptiven und produktiven Umgang mit Sprache bestimmte vor allem die Rhetorik, die elementarer Bestandteil des Unterrichts bürgerlicher' gehobener Schulen, Ritterakademien und Universitäten im protestantischen wie im katholiQO
sehen Umfeld war. Zu ihrem Geltungsbereich gehörten nicht nur Rede und Poesie, sondern auch der Brief, das Kanzleischriftgut und das Gespräch. Ziel war, bei Zuhörern oder Lesern eine bestimmte Wirkung zu erzielen und sie durch Rührung, Unterrichtung und das Bereiten von Freude zu überzeugen.99 Die Rede war zwar gewissen Regeln unterworfen, doch die wahre Meisterschaft zeigte sich in ihrer souveränen und scheinbar mühelosen Handhabung.100 Zur ,sprezzatura' kam bei den barocken Theoretikern teils aus Rücksichtnahme auf höhere Werte, teils
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Bei Christopherus Warsevicius, De Legato et Legatione. S. 88f. hieß es zur Berichterstattung darüber: „[...] & adeo vel verba inserat ipsa, quae, & a quo, & quo loco, quo vultu, gestu, tempore ad eum prolata sunt [...]", in: De Legatis (Anm. 44) S. 137. Hierbei wurde an das ,aptum' der antiken Rhetorik und das ,decorum' der antiken Ethik angeknüpft. M. Beetz (Anm. 86) S. 120, 150-153, 222-239; B. Hinrichs (Anm. 87) S. 217 f, 222-225; Volker Sinemus: Poetik und Rhetorik im frühmodernen deutschen Staat. Göttingen 1978 (Palaestra. Bd. 269). S. 53-65, 100-108; Karl-Heinz Göttert: Kommunikationsideale. Untersuchungen zur europäischen Konversationstheorie. München 1988. S. 11-14; Vgl.: N. Elias (Anm. 93) S. 162-167. [Johann Christoph Wagenseil]: Curiosum Aletophilum, Tractatus Politico Historicus, Moribus, Ritibus ac Ceremoniis in aulis Regnum & Principum Legationibus Congressibus & conventibus Magnatum, Usitatis Omnibus aulicus Legatis ac peregrinatibus utilissimus. Cosmopoli 1687. S. 8: „[...] prudentia bene & decenter se gerendi in vita civili, erga superiores, inferiores & aequales". E. Machwirth (Anm. 87) S. 5-7. Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren gesellschaftlichen Grundlagen. 2. Aufl. Tübingen 2002. S. 241-447; B. Hinrichs (Anm. 87) S. 209f. W. Barner (Anm. 98) S. 74, 271; B. Hinrichs (Anm. 87) S. 218; bspw. Christian Weise: Politischer Redner. Das ist: Kurtze und eigentliche Nachricht Wie ein sorgfaltiger Hofmeister seine Untergebene [!] zu der Wolredenheit anführen soll [...]. Leipzig 1691 (erstmals: 1679). S. 888-923. W. Barner (Anm. 98) S. 237f.; M. Beetz (Anm. 86) S. 304f.
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II. Hintergrund und Material
aus Taktik die Forderung nach Verschleierung der eigenen intellektuellen Überlegenheit. 101 Eine spezielle Form der Rhetorik war der in der Reichspolitik herrschende kanzlistische Stil, der politische, juristische und ständische Realitäten in Sprache zu fassen hatte. Der ,stylus curiae' war vielfachen Änderungen unterworfen, so daß er als nur praktisch zu erlernen galt und empfohlen wurde, sich genau an Vorbilder zu halten. 102 Die ,ars dictandi' wurde in Sekretariatslehren, Briefstellern 103 und Komplimentierbüchern behandelt, die zum einen regelrechte Briefund Urkundenmuster enthielten, zum anderen über korrekte Titulaturen, Formalien und den jeweils angemessenen Stil informierten. 104 Die landesherrlichen Kanzleien verfügten teils über eigene Traditionen hinsichtlich der Formulierungen und der Verwendung regionaler Ausdrücke. 105 Die Kanzleisprache galt vor 1700 als Muster guter deutscher Sprache. Seit etwa 1710 war sie aber für alltägliche Schreiben nicht mehr in Mode, wodurch sie sich zu einem Spezifikum von Regie-
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Das Verbergen der Mühe wurde seit Baidassare Castigliones wegweisenden ,11 libro del Cortegiano' als ,sprezzatura' bezeichnet. Allerdings gab es seit dem 16. Jahrhundert Theorien, nach denen ,Kunst' in der Konversation nichts zu suchen hatte. Vgl. K.-H. Göttert (Anm. 95) S. 20-43. Er beschreibt auf S. 196f. diese ,Künstlichkeit' als das grundlegende Element barocker Konversationstheorie. C. Weise (Anm. 99) S. 194, 197, 804; Kaspar Stieler [?]: Der Allzeitfertige Secretarius oder: Anweisung/Auff was Masse ein jeder Halbgelehrter bey Fürsten/Herren/Gemeinden und in Sonderleben/nach jetziger Art/einen guten wolklingenden und hinlänglichen Brief schreiben und verfassen könne. Nürnberg 1697. S. 686; Cornelia Vismann: Akten. Medientechnik und Recht. Frankfurt 2000. S. 217-225; Zur Titelinflation um 1700: M. Beetz (Anm. 86) S. 249f. Die Literatur bezieht sich meist auf den ,Privatbrief: Reinhard M. G. Nickisch: Die Stilprinzipien in den deutschen Briefstellern des 17. und 18. Jahrhunderts. Mit einer Bibliographie zur Briefschreiblehre (1474-1800). Göttingen 1969 (Palaestra. Bd. 254). S. 77-96, 101-140; Agnes Roseno: Die Entwicklung der Brieftheorie von 1655-1709 (Dargestellt an Hand der Briefsteller von Georg Philipp Harsdörfer, Kaspar Stieler, Christian Weise und Benjamin Neukirch). Würzburg 1933; Ulrich Wendland: Die Theoretiker und Theorien der sogen, galanten Stilepoche und die deutsche Sprache. Ein Beitrag zur Erkenntnis der Sprachreformbestrebungen vor Gottsched. Leipzig 1930. S. 24-47; Kirsten Erwentraut: Briefkultur und Briefsteller, Briefsteller und Briefkultur, in: A. Meier (Anm. 87) S. 266285; Norbert Oellers: Der Brief als Mittel privater und öffentlicher Kommunikation in Deutschland im 18. Jahrhundert, in: Alexandra Dutu/Edgar Hösch/Norbert Oellers (Hg.): Brief und Briefwechsel in Mittel- und Osteuropa im 18. und 19. Jahrhundert. Essen 1989 (Brief und Briefwechsel im 18. und 19. Jahrhundert als Quellen der Kulturbeziehungsforschung. Bd. 1). S. 9-36, hier S. 9f., 14f. W. Barner (Anm. 98) S. 150-159, 170-172; M. Beetz (Anm. 86) S. 20, 58 f; 203-210; V. Sinemus (Anm. 95) S. 61-65, 85f.; Bernhard Sowinski: Kanzleistil, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Tübingen 1998. Bd. 4. Sp. 882-887, hier Sp. 882f., 885; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 40. Sp. 1472f.; K. Stieler (Anm. 4) S. 184. Für den täglichen Gebrauch gab es spezielle Handbücher. W. Barner (Anm. 98) S. 171f., Anm. 149; Bspw. verfugte die Reichsstadt Augsburg über Titulaturbücher: Wolfgang Wüst: Von Rang und Gang. Titulatur- und Zeremoniestreit im reichsstädtisch-fürstenstaatlichen Umfeld Augsburgs, in: J. J. Berns/T. Rahn (Anm. 79) S. 484-510, hier S. 495, 500-507.
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rangen und Administrationen entwickelte.106 Auch die Kanzleisprache der Reichstagsdokumente wies einige Eigenheiten auf. Ihr Deutsch ist mit lateinischen Termini durchsetzt, denn unverkennbar stark war der Einfluß der juristischen Fachsprache. Fremdworte anderer als lateinischer Herkunft sind dagegen selten.107 Typisch waren ausgesprochen lange Satzperioden in hypotaktischer Reihung, Tautologien und die Verwendung bestimmter Partikel.108 Auf Formalien, Titulaturen und Formulierungen wurde peinlich genau geachtet. Man war sich der Bedeutung von Bezeichnungen bewußt, da die dahinter stehenden Vorstellungen gesehen wurden.109 Ein Streit um das richtige Wort konnte sich so lange hinziehen. Dies war aber mit ein Grund, daß Regensburg als Ort galt, in dem ein besonders guter Stil geschrieben wurde.110 Zielgruppe aller Arten von Anstandsliteratur, Briefstellern und Rhetoriken waren neben Hofleuten und Adel auch Großbürgertum, Beamte und Gelehrte. Zu diesem Kreis gehörten die Diplomaten.111 Vom Gesandten wurde weltgewandte Höflichkeit erwartet, die es ihm ermöglichte, auch in schwierigen Situationen Kontakte zu knüpfen und Kompromisse zu schließen. In den diplomatischen Handbüchern der Zeit findet sich immer wieder der Hinweis, er habe sich beliebt zu machen, wobei gute Umgangsformen und zweckgerichtete Kommunikation als zentrale Mittel beschrieben wurden.112 Er sollte Rückschlüsse aus dem Verhalten anderer ziehen, sich selbst jedoch hinter den Regeln verstecken. Höflichkeit wurde hier zur Strategie. Dabei durfte sich der Gesandte der ,Dissimulation', also dem Verschweigen, in Ausnahmesituationen auch der , Simulation' oder Vorspiegelung, bedienen.113 Für beides gab es Grenzen, die aber je nach Theoretiker un106 107
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A. Roseno (Anm. 103) S. 13, 44. Sogar ein Purist wie Kaspar Stieler gestand zu, daß einige dieser Worte kaum zu verdeutschen waren. Kaspar Stieler: Des Spatens Teutsche Secretariat-kunst/Zeigende/Was sie sey/worvon sie handele/was darzu gehöre/welcher Gestalt zu derselben glück- und gründlich zu gelangen; [...]. 2 Bde. 3. Aufl. Frankfurt, Leipzig 1705. S. 450. Mit negativer Wertung: Georg Steinhausen: Geschichte des deutschen Briefes. 1889/91. Nachdruck Zürich, Dublin 1968. 2 Bde. Bd. 1. S. 121-125; Bd. 2. S. 34-37, 43-45, 55-62; Heinrich Otto Meisner: Archivalienkunde vom 16. Jahrhundert bis 1918. Göttingen 1969. S. 311. 1679 gab es eine Auseinandersetzung um die korrekte Benennung der versammelten Stände. Die Fürsten wollten den Kurfürsten „das liberum Arbitrium über den Reichs-Stylum und Usum Verborum" nicht überlassen. Johann Joseph Pachner von Eggenstorff: Vollständige Sammlung aller von Anfang des noch fürwährenden Teutschen Reichs-Tags de Anno 1663 biß anhero abgefaßten Reichs-Schlüsse. 4 Teile. Hg. Karl Otmar von Aretin und Johannes Burkhardt. Hildesheim, Zürich, New York 1996. Bd. 1. S. 228-230, Erklärung des Fürstenrats vom 20. Sept. 1679, Zitat auf S. 229. K. Stieler (Anm. 4) S. 37. M. Beetz (Anm. 86) S. 94-100. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 14 -19, 115 f; Bd. 2. S. 51. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 756-770; B. Graciän y Morales (Anm. 91) Maxime 13. S. 18f.; Vgl. O. Krauske (Anm. 41) S. 15f.; K. Müller (Anm. 48) S. 326; Zur Situationsabhängigkeit der Verpflichtung zur Wahrheit: Steven Shapin: Α Social History of Truth. Civility and Science in Seventeenth-Century England. Chicago 1994. S. 101-107.
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II. Hintergrund und Material
terschiedlich ausfielen. Arnold Clapmarius etwa verbot Dissimulationen, die gegen „fides, honestas, virtus" verstießen.114 Don Diego Saavedra Fajardo sah dagegen sogar die Lüge gerechtfertigt, wenn sie sich gegen den Betrug eines anderen richtete.115 Eine Lüge wurde aber von den meisten Theoretikern nicht für opportun gehalten, da sie nicht nur ein moralischer Verstoß sei, sondern auch Ansehen und Glaubwürdigkeit untergrabe, was auf Dauer nur schaden könne.116 Die Instrumentalisierung von Kommunikation fand sich auch in den Lehrbüchern der um 1700 im protestantischen Bereich herrschenden politischen' Richtung, bei der eine auf den persönlichen Erfolg ausgerichtete Lebensführung im Zentrum stand. Sie übertrug die Taktiken der Staatsräson auf die allgemeine Lebensführung und verband dies mit der traditionellen Rhetorik. Beim ,Politicus' handelte es sich um den idealen Angehörigen der Funktions- und Bildungselite. Dieser sollte sich von der ,prudentia' und seinem Judicium', weniger aber von der Moral leiten lassen.117 Ähnliche Maximen wurden zuvor bereits in den Klugheitslehren dargestellt, etwa im psychologisierenden ,Oräculo manual, y arte de prudencia' des spanischen Jesuiten Baltasar Graciän y Morales, das seit 1684 in französischer und drei Jahre später auch in deutscher Übersetzung weite Verbreitung fand und vermutlich die politische' Richtung beeinflußte. Ziel war, die ,Bosheit der Menschen' durch überlegenes Denken, Handeln und Reden zu überwinden und das , Glück' anzuziehen, ohne den Pfad der Tugend zu verlassen. Alle Ratschläge zielten auf das Hervorrufen eines guten Eindrucks.118 In bestimmten Situationen wurde die Kommunikation jedoch von anderen Regeln, als denen von Höflichkeit und Rhetorik beherrscht. Das galt stets, wenn wie
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A. Clapmarius (Anm. 55) S. 16. Nach: Karl-Heinz Mulagk: Phänomene des politischen Menschen im 17. Jahrhundert. Propädeutische Studien zum Werk Lohensteins unter besonderer Berücksichtigung Diego Saavedra Fajardos und Baltasar Gracians. Berlin 1973 (Philologische Studien und Quellen. Bd. 66). S. 80-88, 144-150. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 27, 36-46; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 768f. W. Barner (Anm. 98) S. 135-142, 183-185; M. Beetz (Anm. 86) S. 129, 195f.; K.-H. Göttert (Anm. 95) S. 14f., 96-100; B. Hinrichs (Anm. 87) S. 215-217; V. Sinemus (Anm. 95) S. 108-140; R. M. G. Nickisch (Anm. 103) S. 101-111; H. Dreitzel (Anm. 76) Bd. 2. S. 604f„ 620-622. Zum engeren Konzept des ,Politicus': Wolfgang E.J. Weber: Die Erfindung des Politikers. Bemerkungen zu einem gescheiterten Professionalisierungskonzept der deutschen Politikwissenschaft des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts, in: Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. München 2004 (Historische Zeitschrift Beiheft 39). S. 347-370, zur Stellung der Klugheitslehren v.a. S. 359-361. B. Graciän y Morales (Anm. 91). Zum Menschenbild: Maxime 13: S. 18f., 26: S. 26f., zur Höflichkeit: Maxime 40: S. 36, 118: S. 85, 191: S. 136f„ 274: S. 190, zu Simulation und Dissimulation: Maxime 43: S. 38, 45: S. 39f., 73: S. 57, 98: S. 72, 109: S. 79, 126: S. 91, 130: S. 93f., 133: S. 95f., 145: S.104 , 154: S. 111, 181: S. 129, 219: S. 155f.; Zu Graciän: K.-H. Göttert (Anm. 95) S. 44-67; K.-H. Mulagk (Anm. 115) S. 194-282; W. Barner (Anm. 98) S. 124-131, 142-150. Zu den Klugheitslehren: M. Beetz (Anm. 86) S. 36-38.
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Kommunikationskonventionen
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an Universitäten,119 Gerichten, den Institutionen des Reichs und der Territorien120 ein bestimmtes Verfahren einzuhalten war. Eine sehr strenge Form der Kommunikationsregelung war auch das Zeremoniell. Anders als die Anstands- und Komplimentierregeln war es nicht frei handhabbar. Während das Zeremoniell auf strikte Einhaltung der Statusrelationen bedacht war, arbeitete die Höflichkeit mit deren bewußter Verzerrung durch Aufwertung des Gegenübers. Sie verzichtete dabei (vorgeblich) auf die Demonstration des Ranges, ersetzte diese jedoch durch den Beweis der gesellschaftlichen Qualifikation. Das Zeremoniell war dagegen Ausdruck des rechtlichen Status und der Empfänger hatte darauf Anspruch. Ein Zuwenig war ebenso unverzeihlich wie ein Zuviel.121 Der fundamentale Unterschied zwischen beiden bestand darin, daß eine Geste der Höflichkeit weder das rechtliche ,Sein' des Gebenden noch des Empfangenden veränderte,122 eine Änderung des Zeremoniells dies aber sehr wohl tat. Wo letzteres wirkte, hob es folglich elementare Grundlagen der Höflichkeit auf,123 was in seiner Auswirkung auf die Kommunikation nicht unterschätzt werden darf. Von den Reichstagsgesandten wurde erwartet, daß sie sich innerhalb der Regeln von Zeremoniell, Verfahren und Höflichkeit bewegten. Sie waren theoretisch auf fast alle Kommunikationssituationen vorbereitet und wußten, was sie sagten und taten. Das ermöglichte es ihnen, Information und Kommunikation adäquat zu rezipieren und auch strategisch einzusetzen.
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Zur Disputatio: W. Barner (Anm. 98) S. 393-407; Martin Gierl: Pietismus und Aufklärung. Theologische Polemik und die Kommunikationsreform der Wissenschaft am Ende des 17. Jahrhunderts. Göttingen 1997 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Bd. 129). S. 125-127. Zum Gerichtsverfahren: Wolfgang Sellert: Prozeßgrundsätze und Stilus Curiae am Reichshofrat im Vergleich mit den gesetzlichen Grundlagen des reichskammergerichtlichen Verfahrens. Aalen 1973 (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. NF. Bd. 18). M. Beetz (Anm. 86) S. 13If.; A. Montandon (Anm. 87) S. 9. Nach Rohr sollte man sich auf höfliches Entgegenkommen nichts einbilden, denn es sei „kein Recht hiedurch zu erlangen, sintemahl dieses blosse Würckungen der Höflichkeit" wären. Julius Bernhard von Rohr: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privatpersonen, Berlin 1728. Nachdruck hg. und mit einem Nachwort versehen von Gotthardt Frühsorge. Leipzig 1990. S. 110. Gesten der Höflichkeit können allerdings eine Veränderung des Status des Empfangenden bewirken, da sie sein symbolisches Kapital' erhöhen. M. Beetz (Anm. 86) S. 121-124; F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 134.
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Hintergrund und Material
3. Zwischen Öffentlichkeit und Geheimnis Die Frage nach der Zugänglichkeit von Information für wieviele Personen auch immer, zwingt zur Auseinandersetzung mit den Paradigmen von , Öffentlichkeit' und ,Geheimnis', die seit einiger Zeit in Fluß geraten sind. Öffentlichkeit' ist ein oszillierender Begriff, der erst seit etwa 1800 als politisch-sozialer Terminus genutzt wird.124 Ausgangspunkt der neueren Diskussion war Jürgen Habermas' Strukturwandel der Öffentlichkeit', worin er die Öffentlichkeit als historische Kategorie beschrieb. Habermas polarisierte dabei zwei Öffentlichkeitstypen, die sich durch ihr unterschiedliches Verhältnis von Staat und Gesellschaft unterscheiden. Die von einer kritischen Haltung zu Politik und Staat geprägte bürgerliche Öffentlichkeit' folge demnach in den 1770er Jahren der repräsentativen', in der sich eine Elite vor dem Volk präsentiert habe.125 Noch vor Habermas verband Reinhard Koselleck die Entstehung der modernen Öffentlichkeit mit der Aufklärung. Politik habe im absolutistischen Staat' mit Moral und Gewissen, die dem Bürger im Inneren zugestanden waren, nichts gemein gehabt. Die aufklärerische Kritik habe sich ausgehend vom Privatraum zur Öffentlichkeit geweitet. Öffentlichkeit sei nun auch von den Machthabern gefordert worden und habe schließlich durch den Abbau sämtlicher Tabus alle Lebensbereiche erfaßt.126 Die Ergebnisse von Lucian Hölschers begriffsgeschichtlicher Untersuchung stützen die zentrale Bedeutung der Aufklärung für die Entstehung der modernen Öffentlichkeit. Im 18. Jahrhundert sei es im privaten Bereich zur Konstituierung eines ,Publikums' gekommen, aus dem sich die kritische .Öffentlichkeit' entwickelte.127
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Lucian Hölscher: Öffentlichkeit, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Stuttgart 1978. Bd. 4. S. 413-467, hier S. 446; zur Begriffsgeschichte: Lucian Hölscher: Öffentlichkeit und Geheimnis. Eine begriffshistorische Untersuchung zur Entstehung der Öffentlichkeit in der frühen Neuzeit. Stuttgart 1979 (Sprache und Geschichte. Bd. 4); Lucian Hölscher: Die Öffentlichkeit begegnet sich selbst. Zur Struktur öffentlichen Redens im 18. Jahrhundert zwischen Diskurs- und Sozialgeschichte, in: Hans-Wolf Jäger (Hg.): "Öffentlichkeit" im 18. Jahrhundert. Göttingen 1997 (Das achtzehnte Jahrhundert Supplementa. Bd. 4). S. 11-31; zur Zulässigkeit des „kontrollierten Anachronismus": Peter von Moos: Das Öffentliche und das Private im Mittelalter. Für einen kontrollierten Anachronismus, in: Gert Melville/Peter von Moos (Hg.): Das Öffentliche und das Private in der Vormoderne. Köln, Weimar, Wien 1998 (Norm und Struktur 10). S. 3-83, v.a. S. 9-11; zu den Anwendungsproblemen: Carl A. Hoffmann: >Öffentlichkeit< und >Kommunikation< in der Forschung zur Vormoderne. Eine Skizze, in: C. A. Hoffmann/R. Kießling (Anm. 35) S. 69-110, hierS. 72-75. Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Mit einem Vorwort zur Neuauflage. Berlin 1990. S. 51, 5885, 140f. Reinhart Koselleck: Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt. Frankfurt 1973. S. 11-32, 41-48, 68, 96f. L.Hölscher. 1979 (Anm. 124).
3. Öffentlichkeit und Geheimnis
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Dieses Entwicklungsschema - ,Absolutismus' kontra kritische Öffentlichkeit zu Ende des 18. Jahrhunderts - stieß auf Widerspruch. Angesichts der zahlreichen Auseinandersetzungen erübrigt sich eine detaillierte Diskussion. N e b e n der mangelnden empirischen Fundierung der Arbeiten v o n Habermas und Koselleck wurde deren enger Öffentlichkeitsbegriff gerügt, der den Blick darauf verstelle, daß es bereits vor dem 18. Jahrhundert Formen öffentlicher Kritik gegeben habe. Es wurde darauf hingewiesen, daß es nie eine einheitliche öffentliche Meinung gab. 1 2 8 Ein Manko ist zudem die schemenhafte Darstellung der Obrigkeit, wobei die zur Ausübung von Herrschaft nötigen kommunikativen Prozesse mit den Untertanen, w i e auch die gegenüber anderen Obrigkeiten und intermediären Gewalten gegebenen Rechtfertigungs- und Legitimationszwänge, die ihrerseits ohne Kommunikation nicht aufzulösen waren, nicht berücksichtigt wurden. 1 2 9 Folglich ist ein integratives Modell nötig, das Öffentlichkeit nicht durch den Gegensatz zu Staat und Obrigkeit konstituiert. D i e s e s zu entwickeln ist nicht Ziel der Arbeit, doch wird ein weiter Begriff zugrundegelegt, der die Herrschaften als Teil von Öffentlichkeiten betrachtet. Das Hauptproblem der an Kant angelehnten Vorstellung einer ,Öffentlichkeit', welche die öffentliche Meinung inkarnieren soll, ist aber, daß sie stark ideolo-
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J. Habermas (Anm. 125) S. 12-44 stellt im Vorwort zur Auflage 1990 selbst einige kritische Anmerkungen vor. Die wichtigsten Kritikpunkte faßt Andreas Würgler: Unruhe und Öffentlichkeit. Städtische und ländliche Protestbewegungen im 18. Jahrhundert. Tübingen 1995 (Fühneuzeit-Forschungen. Bd. 1). S. 31-39 zusammen. Vgl. auch: A. Gestrich (Anm. 10) S. 16-19, 28-33; Günter Berghaus: Die Aufnahme der englischen Revolution in Deutschland 1640-1669. Bd. 1, Studien zur politischen Literatur und Publizistik im 17. Jahrhundert mit einer Bibliographie der Flugschriften. Wiesbaden 1989. S. 76f.; Jörg Jochen Berns: „Parteilichkeit" und Zeitungswesen. Eine medienpolitische Diskussion an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, in: Massen/Medien/Politik. 1976 (ArgumentSonder-Bände AS 10). S. 202-233, hier S. 227f.; Holger Böning: Welteroberung durch ein neues Publikum. Die deutsche Presse und der Weg zur Aufklärung. Hamburg und Altona als Beispiel. Bremen 2002 (Presse und Geschichte 5). S. 186f., 277; J. Schumann (Anm. 40) S. 17f.; Peter Ukena: Tagesschriftum und Öffentlichkeit im 16. und 17. Jahrhundert in Deutschland, in: Presse und Geschichte. Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung. München 1977 (Studien zur Publizistik. Bd. 23). S. 35-53, hier S. 35f.; Martin Welke: Die Legende vom „unpolitischen Deutschen", Zeitungslesen im 18. Jahrhundert als Spiegel des politischen Interesses, in: Jahrbuch der Wittheit zu Bremen. Bd. 25. 1981. S. 161-188, hier S. 162f.; Bob Harris: Politics and the Rise of the Press. Britain and France, 1620-1800. Lonon, New York 1996 (Historical Connections). S. 104f., kritisiert Habermas' undifferenzierte Sicht der Wirtschaft, hält aber an den Grundthesen fest. Die Meinung der Untertanen war für die Herrschenden keine irrelevante Größe. Die Unruhe- und Protestforschung zeigte ebenso wie die Forschungen zu propaganda' und ,Image', daß Forderungen nach Offenlegung von Rechten und der Legitimation von Herrschaft ein die ganze Frühe Neuzeit durchziehendes Phänomen waren. Bspw. A. Würgler (Anm. 128) v.a. S. 116-126, 329f.; G. Schmidt (Anm. 14) S. 142-144; A. Gestrich (Anm. 10); J. Schumann (Anm. 40); Joseph Klaits: Printed Propaganda under Louis XIV. Absolute Monarchy and Public Opinion. Princeton 1978; Peter Burke: Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Berlin 1993.
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II. Hintergrund und Material
gisch geprägt ist. Peter von Moos betont dagegen die begriffliche Unschärfe von Öffentlichkeit', die mit ,staatlich' und ,allgemein zugänglich' zwei sehr unterschiedliche Bedeutungsebenen in sich vereine, was sich an den beiden Gegenbegriffen ,privat' und ,geheim' zeige. 130 Geht man nicht vom Gegensatzpaar ,öffentlich' - ,privat' aus, sondern wählt als Antonym ,geheim', führt dies zu einer anderen Definition von Öffentlichkeit, die darunter vor allem Zugänglichkeit versteht. Diese wird hier auf den Reichstag angewendet. Die Zugänglichkeit war nicht unpolitisch, da es sich um Zugang zu politischen Informationen handelte. Sie war nicht ohne Folgen für die, die Zugang erhielten und die, welche ihn gewährten oder gewähren mußten. Information fordert zu Bewertung und Kritik heraus. Die Forschung versucht den Formen von Öffentlichkeit durch mehrere Parameter näherzukommen, die in unterschiedlicher Weise gemischt werden. Zum einen wird die Größe des erfassten Personenkreises thematisiert, wobei mehrere Öffentlichkeiten nebeneinander existieren können. Während sich einige nicht auf eine konkrete Anzahl von ,Öffentlichkeitskreisen' festlegen, werden von anderen drei, fünf oder auch mehr beziffert. Als Gliederungsprinzip werden dabei oft recht unterschiedliche soziale und gesellschaftliche Kriterien gewählt. 131 Dabei werden auch Formen von Öffentlichkeit postuliert, deren konstituierendes Merkmal der Bezug zu einer Institution, wie einem Parlament oder dem Reichstag ist. 132 Im Zusammenhang mit den Kreisen steht die Intensität der Verbreitung. Da nie die gesamte Bevölkerung oder auch nur ein ganzer Öffentlichkeitskreis erreicht
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Peter von Moos: Die Begriffe „öffentlich" und „privat" in der Geschichte und bei den Historikern, in: Saeculum. Bd. 49. 1998. S. 161-192, hier S. 161-180. Peter von Moos: „Öffentlich" und „privat" im Mittelalter. Zu einem Problem der historischen Begriffsbildung. Heidelberg 2004 (Schriften der Philologisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Bd. 33). S. 42-64. Vgl. L. Hölscher. 1978 (Anm. 124) S. 420-426. Für das Mittelalter postuliert Bernd Thum die ,okkasionelle Öffentlichkeit', die neben körperlicher Präsenz davon abhing, wen ein spezieller Vorgang etwas anging. Bernd Thum: Öffentlichkeit und Kommunikation im Mittelalter. Zur Herstellung von Öffentlichkeit im Bezugsfeld elementarer Kommunikationsformen im 13. Jahrhundert, in: Hedda Ragotzky/Horst Wenzel (Hg.): Höfische Repräsentation. Das Zeremoniell und die Zeichen. Tübingen 1990. S. 65-87. S. 65-72; Ders.: Öffentlich-Machen, Öffentlichkeit, Recht. Zu den Grundlagen und Verfahren der politischen Publizistik im Spätmittelalter mit Überlegungen zur sog. „Rechtssprache", in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik. Bd. 37. 1980. S. 12-69, hier S. 47f.; A. Gestrich (Anm. 10) S. 235-237 stellt für das späte 17. und frühe 18. Jahrhundert eine Dreiteilung in Herrschaft-Gebildete-Volk fest.; Werner Faulstich: Die bürgerliche Mediengesellschaft (1700-1830). Göttingen 2002 (Die Geschichte der Medien. Bd. 4). S. 11, geht von fünf Kreisen aus, nämlich einer höfisch-repräsentativen, religiösen, bürgerlichen, zünftischen und regional-lokalen Öffentlichkeit. Die Adjektive zeigen, daß kein einheitliches Gliederungsprinzip zugrundeliegt. Er beruft sich auf Wolfgang Ruppert: Bürgerlicher Wandel. Studien zur Herausbildung einer nationalen deutschen Kultur im 18. Jahrhundert. Frankfurt, New York 1981 (Campus Forschung. Bd. 194). S. 96, 110, 130, 145. L. Hölscher. 1997 (Anm. 124) S. 18.
45
3. Öffentlichkeit und Geheimnis 133
werden könne, wird von ,Teilöffentlichkeiten' gesprochen. Auch die Qualität öffentlicher Meinung wird mit den Kommunikationskreisen verknüpft. Sie wird meist an der Fähigkeit zur wirksamen Äußerung von Meinung gemessen, die bis weit ins 18. Jahrhundert auf bestimmte Stände beschränkt gewesen sei.134 Den zweiten Faktor bildet der Kommunikationsraum, der die „Reichweite öf135 fentlicher Kommunikation" bestimmt. Hierbei kann an die Mediengeschichte angeknüpft werden, die neue Formen von Öffentlichkeit mit neuen Techniken 11ii
und Medien verquickt. Die Informationsübertragung kommt hier ebenfalls ins Spiel.137 Neben der sich intensivierenden Erfassung größerer Räume, rückt die Forschung zunehmend Phänomene einer örtlichen oder regionalen Öffentlichkeit ins Blickfeld.138 Die Verortung der Kommunizierenden im Raum ist besonders dann von Bedeutung, wenn Formen der ,face-to-face'- und visueller Kommunikation einbezogen werden.139 Carl A. Hoffmann fordert daher eine Differenzierung 133 134
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P. V. Moos (Anm. 124) S. 35. J. Schumann (Anm. 40) S. 24-26; Winfried Dotzauer: Der publizistische Kampf zwischen Frankreich und Deutschland in der Zeit Ludwigs XIV. Der Publizist Antoine Aubery und seine Gegner (1667-1669), in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins. Bd. 122. 1974. S. 99-123, hier S. 101. C. A. Hoffmann (Anm. 124) S. 71. Als Zäsur erscheint die Erfindung des Buchdrucks. J. Wilke (Anm. 40) S. 12-17, 39; M. Giesecke (Anm. 38) bes. S. 185-187, 474. Auch das Erscheinen der Zeitung wird als Einschnitt genannt. M. Welke (Anm. 128) S. 162f., 170; Wilhelm Bauer: Die öffentliche Meinung in der Weltgeschichte. Potsdam 1930. S. 186; Wolfgang Behringer: „Die Welt in einen anderen Model gegossen". Das frühmoderne Postwesen als Motor der Kommunikationsrevolution, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Bd. 53. 2002. S. 424-433, hier S. 428f.; W. Faulstich (Anm. 39) S. 236-239; Als Voraussetzung charakterisieren sie: Wolfgang Duchkowitsch: Absolutismus und Zeitung. Die Strategie der absolutistischen Kommunikationspolitik und ihre Wirkung auf die Wiener Zeitungen 1621-1757. Wien 1978. S. 90f., 425; H. Böning (Anm. 128) S. 277-283; M. Baumans (Anm. 8) S. 32-36. Andere weisen der Zeitschrift diesen Stellenwert zu. Johannes Weber: Götter-Both Mercurius. Die Urgeschichte der politischen Zeitschrift in Deutschland. Bremen 1994. S. 152f.; Otto Dann: Die Zeitschrift im Rahmen der deutschen Aufklärungsgesellschaft, in: Michael Stolleis (Hg.): Juristische Zeitschriften. Die neuen Medien des 18.-20. Jahrhunderts. Frankfurt 1999 (Ius Commune, Sonderheft 128). S. 1-13, hier S. 1; W. Faulstich (Anm. 131) S. 225. H. Böning (Anm. 128) S. 283f. nennt die Moralischen Wochenschriften. W. Behringer (Anm. 136); Wolfgang Behringer: Im Zeichen des Merkur. Reichspost und Kommunikationsrevolution in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2003 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte. Bd. 189). S. 672-681; J. Arndt 2004 (Anm. 13). S. 92. Die Stadt als Kommunikationsraum beschreiben, ohne dabei von ,Öffentlichkeit: G. Mölich/G. Schwerhoff (Anm. 35), die jedoch den Terminus Öffentlichkeit' nicht verwenden. Robert Scribner fand verschiedene Formen öffentlicher Meinung' innerhalb einer Stadt. Robert W. Scribner: Mündliche Kommunikation und Strategien der Macht in Deutschland im 16. Jahrhundert, in: Kommunikation und Alltag (Anm. 18) S. 183-197. Robert W. Scribner: Flugblatt und Analphabetentum. Wie kam der gemeine Mann zu reformatiorischen Ideen?, in: Hans-Joachim Köhler (Hg.): Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit. Beiträge zum Tübinger Symposion 1980. Stuttgart 1981 (Spätmittelalter und Frühe Neuzeit. Bd. 13). S. 65-76, hier S. 75; Rainer Wohlfeil: >Reformatorische Öffentlichkeit
Die zwangloseren Gesellschaften boten die Gelegenheit, mit Gesandten in Kontakt zu kommen, mit denen man sonst wegen zeremonieller Probleme nicht verkehren konnte. Bestanden aber gravierende Probleme, wurde selbst ein solches Treffen vermieden. Dabei gab es unterschiedliche Interpretationen dessen, was ein gravierender Konflikt war. Solange das Zeremoniell zwischen Kurfürsten und dem Prinzipal- sowie dem Konkommissar nicht geregelt war, verzichteten einige Kurfürstliche auf den Besuch von deren Gesellschaften. Als 1701 der Konkommissar zu einer Gesellschaft lud, ging unter den Kurfürstlichen eine gegenseitige Befragung über das Verhalten los. Der Bayer wurde vom schwankenden Sachsen gefragt, ob er einen Besuch mißbillige, worauf dieser antwortete, er gehe nicht, aber es handle sich hier wohl um eine Privatsache. Der Trierer, Sachse, Brandenburger und Pfalzer nahmen die Einladung schließlich an, während der Mainzer und Bayer auf strenge Verhaltensvorschriften ihrer Herrn verwiesen.881 Die einzige Möglichkeit für die Mitglieder des kurfürstlichen Kollegs mit dem Prinzipalkommissar Fürst Lobkowitz in Kontakt zu treten, war bei inoffiziellen Besuchen. Das Kolleg hatte wegen des offenen Zeremoniells beschlossen, keine offizielle Visite abzulegen. Lobkowitz aber lud keinen Gesandten ein, der ihm diese nicht gegeben hatte. Der Mainzer, Sachse, Brandenburger und Bayer hatten daher Bedenken, dessen Gesellschaften zu besuchen. Der Pfälzer, Kölner und Trierer hatten diese Skrupel nicht. Der Bayer Neuhaus versuchte - so warfen es ihm zumindest der Mainzer, Sachse und Brandenburger vor - für sich einen Ausweg zu finden. Über seine Frau erführ er, die Fürstin Lobkowitz würde es sehr begrüßen, wenn er zu den Einladungen, die sie in ihrem Appartement gebe, komme. Nach Neuhaus' Darstellung schlug die Fürstin vor, er könne dem Fürsten beim Kirchgang en passant die Referenz erweisen, worauf Neuhaus einging. Er wollte sich 878
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So lud er 1711 mehrmals die Gesandten von Weimar, Wolfenbüttel, Hessen-Kassel und Ansbach, um mit ihnen die Probleme des Reichstags während der Vakanz des kaiserlichen Throns zu bereden und die Wahlkapitulation voran zu bringen. StAN. Fm. Ansbach. RTA 206, Ber. vom 20 und 27. Mai 1711 (jew. Ausf.). Über die Verhandlungen zur Wahlkapitulation diskutierte er 1712 mit mehreren fürstlichen Gesandten während einer Mahlzeit. StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Ber. vom 2. März 1712 (Ausf.). StadtAA. RTA 370, Ber. vom 5. Juni 1708 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 23. Juni 1711 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 4. Aug. 1701 (Ausf.).
170
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
so die Möglichkeit erschließen, wenigsten inoffiziell mit dem Prinzipalkommissar zu verkehren. Der Brandenburger Gesandte mißbilligte jedoch dieses Vorgehen, denn er interpretierte das als offizielle Visite, da der Bayer am selben Tag um einen Termin bei Lobkowitz nachgesucht habe. Der Bayer bestritt den offiziellen Charakter des Treffens. Brandenburg ahndete schließlich sein Verhalten beim bayerischen Kurfürsten, der aber Neuhaus nach mehreren Schreiben gewähren ließ.882 Auch Privatgesellschaften waren also nicht frei von Zeremonialproblemen. Es war eine stillschweigende Übereinkunft über die Interpretation solcher inoffiziellen Kontakte nötig, da ansonsten ein Gast ausblieb. Deshalb diskutierten die Kurfürstlichen 1698, als wieder ein französischer Plenipotentiarius nach Regensburg kommen sollte, wie das Zeremoniell mit diesem zu handhaben sei, denn würde man ihm gewisse Vorrechte zugestehen, breche der Kontakt zur Kaiserlichen Kommission ab, ia sogar die zusammenkhunft in privat gesöllsschaften werde unmöglich.883 Normalerweise informierte sich ein Gesandter über die Gästeliste, wenn er Anlaß hatte, ein Zusammentreffen mit einem Kollegen zu meiden. War dieser ebenfalls geladen, entschuldigte er sich, wobei Krankheit ein beliebter Grund war.884 Auf gesellschaftlichem Parkett konnten sich trotzdem Gesandte verfeindeter Staaten begegnen, wobei von ihnen gefordert war, sich höflich zu verhalten.885 Bei Gesellschaften war es zudem leichter, mit einem Gesandten ins Gespräch zu kommen, zu dem man keinen engen Kontakt hatte oder aus politischen Gründen keinen haben durfte. So ergriff Tattenbach 1699 die Gelegenheit mit Chamoy in discurs zukommend6 Der Ansbacher Metternich beschrieb 1702 sein Verhältnis zum englischen und niederländischen Vertreter dahingehend, er habe zu diesen keinen Kontakt, außer was bey denen sogenanten gesellschafften und zufalliger weise geschehen,887 Die gesellschaftlichen Kontakte, besonders die weniger formeller Natur, waren so ein wichtiger Pfeiler des Kommunikationssystems, obwohl sie nur schwer zu fassen sind. Sie eigneten sich besonders gut zur Anbahnung und Intensivierung von Kontakten, zum zwanglosen Gespräch und natürlich auch zum Austausch von Gerüchten.
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BHStA. KB. K. schw. 14993; K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus an ? vom 7., 14. Apr., 16. und 19. Mai 1695 (jew. Konz.). Vgl. J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 1040f. BHStA. KB. ÄA 3485, Ber. vom 13. Febr. 1698 (Ausf.). J. B. v. Rohr (Anm. 48) S. 401. J. B. v. Rohr (Anm. 48) S. 401. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 5. Okt. 1699 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Ber. vom 16. Aug. 1702 (Ausf.).
2.
Informationsweitergabe
171
2.3 Formen der Informationsweitergabe Neben dem persönlichen Gespräch gab es zudem eine ganze Reihe von Formen der Informationsweitergabe, die genutzt wurden, wenn eine Information keine Chance hatte, diktiert zu werden oder wenn sie sowieso nicht zur Verhandlung kommen sollte. Viele davon charakterisieren durch die Art ihrer Zustellung und medialen Form ihren Stellenwert. Bei manchen war die Weitergabe von der Herrschaft befohlen, bei anderen handelte der Gesandte auf eigene Faust. Die herrschaftlich angeordneten lassen sich wiederum in offizielle und inoffizielle unterteilen, wobei bei ersten manche zeremoniell bedingt waren, andere politisch. Die ,Notifikation' gehörte in den Bereich der zeremoniellen Höflichkeit. Der Gesandte teilte so wichtige Ereignisse, meist dynastischer Natur, seinen Kollegen mit. Machte der Gesandte diese nicht auf dem Rathaus bekannt,888 konnte er die Nachricht durch den Sekretär, einen Kanzlisten oder einen Diener in die Quartiere der übrigen Vertreter bringen lassen. Der betreffende Gesandte antwortete je nach Inhalt mit einer Gratulation oder Kondolenz, die er durch einen Gesandtschaftsangehörigen desselben Ranges, wie ihn der Übermittler hatte, ablegen ließ. Welche Person man sandte, hing vom ständischen Verhältnis zwischen Sender und Empfänger ab. Über den Rang, den der Bote haben mußte, gab es wie bei allen Fällen, in denen der Rang eine Rolle spielte, Auseinandersetzungen. So empfingen die Kurfürstlichen ausschließlich den höchstrangigen Gesandtschaftsangestellten, das heißt den Sekretär. Auch hier beanspruchten die Fürstlichen die Gleichbehandlung, die ihnen die Kurfürstlichen verweigerten, die als Überbringer an fürstliche Gesandte nur Kanzlisten einsetzen wollten. Teilweise machten sie zudem einen Unterschied zwischen einzelnen Häusern. So sandte 1691 der Sachse die Nachricht vom Tod seines Herrn an die Brandenburger Fürsten, den Dänen, Burgunder, Schweden und Österreicher durch den Sekretär, an die übrigen Fürstenratsmitglieder aber durch einen Kanzlisten. Gotha, Braunschweig und Hessen-Kassel monierten umgehend diese Herabsetzung.889 Doch galt die Verweigerung der Gratulation oder Kondolenz geradezu als Zeichen von Ungehobeltheit. Als 1693 der Münsteraner, Bamberger, Würzburger, Gothaer und Wolfenbüttler wegen des bei der Notifikation an Kurfürstliche und Fürstliche gemachten Unterschieds ihre Kondolenz an den bayerischen Gesandten zum Tod der Kurfürstin zurücknahmen, empfanden das dieser, die bayerische Regierung und die übrigen Kurfürstlichen als ausgesprochen unhöflich und beleidigend. Man begann über eine Bestrafung nachzudenken.890 Der Zeremonialstreit zwischen Kurfürsten und Fürsten erlebte einen neuen Höhepunkt.
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J. J. Moser (Anm. 277) S. 67-71; Ders. (Anm. 53) Bd. 1. S. 238. StAN. Fm. Ansbach. RTA 182, Ber. vom 17. Okt. 1691 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3477, Ber. vom 22. Jan., 16., 19. Febr., 19. März, 2. Apr. 1693 (jew. Ausf.).
172
IV. Informations- und Kommunikationssystem
Eine Möglichkeit zu einer gezielten, inoffiziellen Mitteilung war, jemanden etwas lesen oder kopieren zu lassen. Diese Form konnte im Rahmen eines persönlichen Treffens oder durch die Überbringung des entsprechenden Schriftstücks vonstattengehen. Verjus zum Beispiel ließ dem Bayern 1688 mitteilen, er habe Originalakten zu Trarbach erhalten, die er einigen Kurfürstlichen sehen und teils abschreiben lassen wollte, ansonsten solle die Sache geheim bleiben.891 Der Franzose versuchte wohl, Sympathien bei den Kurfürsten zu erwerben, da er ihnen Informationen zur Verfugung stellte, die er anderen nicht gab. Interessant war diese Form der Mitteilung nur bei unbekannten Dokumenten. Jemanden etwas lesen, aber nicht kopieren zu lassen892 oder ihm etwas vorzulesen, erfolgte mit dem Hintergedanken, ihm eine Information zu verschaffen, den genauen Wortlaut aber zurückzuhalten. Deutlich wird diese Absicht, wenn man, wie das 1701 der Franzose bei einem mit Anmerkungen versehen kaiserlichen Schreiben an den Papst tat, den Gesandten das Schriftstück zwar zu lesen gab, jedem aber nur eine Stunde damit sie es ja nicht abschreiben laßen können.893 Die Lektüre war in solchen Fällen überwiegend selektiv und orientiert an den spezifischen Fragestellungen des eigenen Standes. Der Augsburger etwa erhielt Anfang 1712 die neue Wahlkapitulation ad statum legendi. In seinem Bericht hob er das hervor, was ihm wichtig erschien, nämlich, daß diese die Reichsstädte schlechter stelle als die vorhergehende.894 Ähnlich verhielt es sich, wenn man etwas vorgelesen bekam. Der Ansbacher schildert, es sei ihm eine Wiener Nachricht zum bevorstehenden Krieg der Russen mit den Türken vorgelesen worden, deren Schilderung er einleitete mit: woraus ich folgendes behalten [...].895 Etwas lesen zu lassen konnte auch dazu dienen, das, was man mitteilen wollte, zu unterstreichen. Als es 1713 um die Frage einer Fortsetzung des Krieges ging, bat der Prinzipalkommissar den Ansbacher zu sich und ließ ihn ein Protokoll mit Reden Straffords, des zweiten englischen Gesandten beim Friedenskongreß in Utrecht, lesen. Er wollte damit beweisen, daß Frankreich das Reich vom Kaiser trennen wolle, was er mit dem Appell verband, sich das nicht gefallen zu lassen, sondern nochmals alle Kräfte zum Krieg anzuspannen.896 Eine gebräuchliche Bezeichnung für solche und alle möglichen anderen Formen der Mitteilung war die ,Communication'. Bei ihr vermischen sich der Akt 891
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Letzteres verwunderte den Bayern, denn die Angelegenheit sei notorii negotium commune delmperio. BHStA. KB. ÄA 3460, Ber. vom 26. Febr. 1688 (Ausf.). Bspw. gab der Schwede 1699 dem Bayern die Garantierequisition des Dänen und Wolfenbüttlers zu lesen (BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 29. Jan. 1699 (Ausf.)) und Chamoy gab ihm 1701 etwas zu lesen, erlaubte aber keine Kopie (BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 10. Febr. 1701 (Ausf.)). StadtAA. RTA 380, Korresp. vom 5. Juli 1701 (Ausf.). StadtAA. RTA 378, Ber. vom 2. Febr. 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 206, Ber. vom 7. Jan. 1711 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 212, Ber. vom 17. Mai 1713 (Ausf.). Das Protokoll hatte Graf Stadion aufgezeichnet, um es an Mainz zu senden, das es an Wien weiter reichte, von wo aus es nach Regensburg gekommen war.
2.
173
Informationsweitergabe
der Mitteilung und das Mitgeteilte zu einem kaum zu trennenden begrifflichen Konglomerat. Was sie hauptsächlich Zusammenschloß, war ihr inoffizieller Charakter. Communication' und ,communiciren' waren zwei äußerst dehnbare Begriffe. Nach Kaspar Stieler verstand man darunter „gemein machen/hernach mitteilen/zur Unterredung und Wissenschaft einreichen. [...] Daher komt Communi897
cation, Gemeinmachung/Mitteilung/Unterredung." Entscheidend war nur, daß eine Information flöß. Während sich communiciren und Communication nicht auf eine bestimmte Form der Mitteilung bezog, bezeichnete ein Communicatum in der Regel etwas Geschriebenes oder Gedrucktes. Etwas communicieren konnte man daher auf verschiedene Arten. Zum einen konnte ein Schriftstück, das aus bestimmten Gründen nicht diktiert wurde, in der Diktatur verteilt werden. Wesentlich war, daß ein Communicatum nicht Teil der offiziellen Reichstagsakten und nicht beraten wurde. Eine Communication konnte aber auch eine allgemeine Mitteilung eines Gesandten sein, die man durch Bediente abholen ließ. Sie konnte ebenfalls nie Gegenstand von Beratungen werden. Geheime Communicationen waren ebenfalls möglich.898 Wollte ein Mitteilender ungenannt bleiben, so schrieb der Gesandte von einer durch eine vertraute hand communicierten Nachricht.899 Etwas communicieren konnte man auch einem ausgewählten Publikum. Die Gesandten sprachen selbst dann davon, wenn sie die einzigen waren, die es erhielten. So schrieb der Augsburger, die Stadt Nürnberg hätte ihm zum Botenwesen noch eines und andere [...] grosg. communiciren laßen.900 Solche Exklusivität konnte als Auszeichnung verstanden werden.901 Durch eine Communication konnten Informationen und Schreiben ebenso an einen ausgewählten Personenkreis weitergegeben werden. Der Schwede erhielt 1688 etwa den Befehl wegen der angestrebten Neutralität Dänemarks mit denen wohl intentionirten vertraulich zu communiciren902 Doch konnte etwas auch allen Statibus Imperii communiciret
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K. Stieler (Anm. 4) S. 187. Gegenüber dem mittelalterlichen Gebrauch, der darunter mitteilen' und .austauschen' verstand, wobei bereits im 15. Jh. im politischen Bereich ,Communicationes' mündliche oder schriftliche Mitteilungen an den Fürsten oder an einen anderen in dessen Auftrag bezeichnen konnten (M. Kintzinger (Anm. 32) v.a. S. 161-164), zeigt sich hier bereits eine Bedeutungsausweitung. Zur Communication allgemein: J. J. Moser (Anm. 53) Bd. 1. S. 389-391, 405; Ders. (Anm. 398) Bd. 46. S. 395. StadtAA. RTA 377, Ber. vom 22. Sept. 1711 (Ausf.). StadtAA. RTA 340, Ber. vom 15. Okt. 1686 (Ausf.). Bspw. ließ 1699 der französische Gesandte dem Bayern vor anderen von der in druckh verförttigten französ. liste mit den Orten, die unter die Rijswijker Klausel fielen, ein Exemplar mit einem kurzen Gruß überbringen. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 16. Juli 1699 (Ausf.), vorne im Akt liegt die , Liste Des Lieux Compris Par La Derniere Clause Du Quartieme Article Du Traite De Riswik' mit dem eingeklebten Zettel Chamoys. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 19. Nov. (a.S.) 1688 (Ausf.). Auch der Holsteiner teilte 1685 zwei Drucke zu einem Konflikt mit Dänemark an alle Gesandtschaften mit. BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 9. Juli 1685 (Ausf.).
174
IV. Informations- und Kommunikationssystem
werden.903 Wenn ein Communicatum über die Diktatur lief, erreichte es potentiell alle. Solche Mitteilungen gingen häufig aber auch von Hand zu Hand. Jeder reichte sie seinen Bekannten weiter. Die Umlaufgeschwindigkeit war dabei, je nachdem wie vielen es der ursprüngliche Sender gegeben hatte, unterschiedlich. So berichtete der Augsburger Korrespondent 1691 von einem Münzbedenken, das zwar schon vorige wochen under einiger gesandten hende gewesen, ich habe aber desselben communication erst vorgestert erhalten,904 Die Reihenfolge scheint dabei teilweise vom Rang des Abschreibenden beeinflußt. So bemerkte 1688 ein Augsburger Korrespondent, er habe ein Schreiben erst quinto loco erhalten.905 Der Rangunterschied äußerte sich häufig in zeitlichen Verzögerungen.906 Dem Rang folgende inhaltliche Abstufungen wurden offensichtlich 1692 vom Dänen gemacht, als er den Kurvertrag Hannovers mit dem Kaiser bekannt machte. So sandte der Nürnberger einige Konditionen ein, während Schwegerle, ein Vertreter eines fürstlichen Standes, einen ausführlicheren Extrakt hatte. Der Reichsstädter berichtete, man wollte dem ganzen fast keinen Glauben schenken, besonders da der Hannoveraner heftig dementierte, doch habe der Däne hohen Personen eine beglaubigte Abschrift gezeigt.907 Der Bayer sandte - allerdings ohne Herkunftsangabe - den Vertrag ein.908 Eine Woche darauf erhielt auch Ansbach den Vertrag in Kopie. Noch eine Woche später bekam auch die Reichsstadt den vollständigen Vertrag.909 Eine selektive Weitergabe konnte das allgemeine Bekanntwerden kaum vollständig unterbinden, aber sie konnte einem bestimmten Personenkreis einen zeitlichen Vorsprung verschaffen. Kriterien der Auswahl konnten nicht nur die Zugehörigkeit zu einem Stand oder einer ,Partei' sein, sondern auch die zu einem Kreis. Der Brandenburger etwa zeigte 1704 ein Reskript zur Kriegsrüstung vor allem den schwäbischen und fränkischen Ständen, das heißt denen, die vom Krieg besonders betroffen waren und die daher ihre Kreise zu einer Militärmacht aufgerüstet hatten.910 Daneben gab es noch präzisierende Bezeichnungen über die Art der Informationsweitergabe. Sollte eine Nachricht oder ein Schriftstück alle oder bestimmte 903
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Der Brandenburger machte 1708 auf diese Weise einen Berliner Druck zu den Erbansprüchen seines Herrn auf Mecklenburg bekannt. StadtAA. RTA 387, Korresp. vom 9. Okt. 1708 (Ausf.). StadtAA. RTA 350, Korresp. Schwegeries vom 24. Apr. 1691 (Ausf.). StadtAA. RTA 344, Korresp. vom 23. Dez. 1688 (Ausf.). Dem Augsburger Agenten waren 1706 etwa die preußischen und holländischen Schreiben an den Kaiser zur Münsteraner Wahl versprochen worden. Er erhielt sie aber erst eine Woche später. Das lag nicht daran, daß sie noch nicht da gewesen waren, denn der Ansbacher sandte das preußische ein, viel eher hatte hier wohl der unwichtige' Agent vor anderen zurückstehen müssen. StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 26. Aug. und 2. Sept. 1706 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Ber. vom 25. Aug. 1706 (Ausf.). StadtAA. RTA 353, Korresp. Richters und Schwegeries vom 30. Sept. 1692 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3476, Beilage zum Ber. vom 29. Sept. 1692 (Kop.). StadtAA. RTA 353, Korresp. Richters vom 14. Okt. 1692 (Ausf.). StadtAA. RTA 364, Korresp. vom 14. Febr. 1704 (Ausf.).
2.
Informationsweitergabe
175
Regierungen erreichen, genügte es, sie in den Gesandtschaftsquartieren bekannt zu machen.911 Durch diese sogenannte Mitteilung ,ad aedes' konnte auch der Kreis der Erstempfänger genau bestimmt werden. Als Übermittler dienten der Legationssekretär oder ein sonstiger Gesandtschaftsangehöriger.912 Der Hannoveraner ließ 1708 dem Augsburger Abgesandten einen Sieg etwa durch einen Heiducken mitteilen.913 Auch durchreisende Bediente hatten teilweise den Auftrag, in Regensburg etwas zu verteilen.914 Als unschicklich galt es dagegen, sich eines Kolporteurs zu bedienen.915 Ins Haus zugestellte Schriften konnten, sofern der Sender klar war, unter Protest zurückgegeben werden.916 Eine sogenannte Information unter der Hand' war ebenfalls eine nicht offizielle Form der Weitergabe, die sowohl gezielt wie unspezifisch sein konnte. Sie erfolgte, wie auch der heutige Gebrauch nahelegt, heimlich oder gar unter Bruch von Normen. Dies wird deutlich, wenn 1692 der bayerische Gesandte zwei Schreiben der fürstlichen Opposition gegen die neunte Kur einsandte und hinzufügte, man habe sie unter der handt erhalten, auch niemandt wissent, das solche scripta unter der churf. gesanden handen seyen.917 Die gezielte Informationsweitergabe konnte so einen engen Konnex mit Geheimnis und Vertrauen aufweisen. Dem Empfänger wurde geschmeichelt, da ihm Dinge anvertraut wurden, die nicht oder noch nicht öffentlich werden sollten. Dabei konnte man feine Unterschiede machen. Als 1687 der Kaiser in Rom und am französischen Hof auf die mit einer Kriegsdrohung gegen das Reich verbundene Vorstellung Kardinal d'Estrees antworten ließ, erhielt die österreichische Gesandtschaft davon Nachricht, sollte die Antwort aber erst nach deren Übergabe einigen bekanntmachen. So vertrauten sie dem Bayern an, sie solle von dieser allein under der handt die substantialia, und zwar nur denen confidentioribus forderist aber dem Chur Bayer, gesandten mitteilen. Der Bayer meldete, die Österreicher hätten sie auf dem Rathaus einigen als Privatnachricht vorgelesen, aber nur er habe eine Kopie erhalten.918
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912 913 914
915 916 917 918
So wurden 1688 bspw. gedruckte ,Vindiciae Vindiciarum, Oder gründliche enervatio [...]' vom katholischen Teil Nassau-Siegens (StadtAA. RTA 344, Korresp. vom 7. Dez. 1688 (Ausf.)) und 1712 ein Druck gegen Weimar von Schwarzburg in den Quartieren verteilt (StAN. Fm. Ansbach. RTA 209, Ber. vom 3. Aug. 1712 (Ausf.)). Der Lothringer übersandte 1712 jedem Vertreter einige Exemplare eines Memorials mit den bei einem Frieden zu berücksichtigenden Wünschen seines Herrn nebst einem compliment ad aedes. (StadtAA. RTA 378, Ber. vom 15. März 1712 (Ausf.)). C. F. Haeberlin (Anm. 331) Bd. 1. S. 495. StadtAA. RTA 370, Ber. vom 17. Juli 1708 (Ausf.). So verteilte ein durchreisender Nassau-Siegener Bedienter 1707 einen Druck. StAN. Fm. Ansbach. RTA 198, Ber. vom 8. Juni 1707 (Ausf.). C. F. Haeberlin (Anm. 331) Bd. 1. S. 495. J. J. Moser (Anm. 53) Bd. 1. S. 395. BHStA. KB. ÄA 3475, PS. zum Ber. vom 28. Juli 1692 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 20. (darin das Zitat) und 24. Febr. 1687 (jew. Ausf.). Der Augsburger berichtete, der Österreicher habe diese einigen Kurfürstlichen vorgelesen, aber keine Abschrift erlaubt. StadtAA. RTA 30, Ber. vom 25. Febr. 1687 (Ausf.).
176
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Eine Verteilung unter der Hand konnte auch an größere Kreise gehen. 1696 wurde sogar eine Deklaration Schwedens wegen schwedischer Truppen in Mecklenburg unter der Hand herumgegeben.919 In ironischer Weise beschrieb 1686 der schwedische Sekretär das Vorgehen bei solchen Mitteilungen. Der französische Plenipotentiarius hatte nämlich einen Brief an den Schweden adressiert, der von diesem für eine versuchte Diskreditierung bei potentiellen Verbündeten gehalten wurde. In der Antwort hieß es, der Brief sei wohl der löbl. praxi gemäs unter der hand im höchsten vertrauen, aber doch allen vom Jacober Thor an, über die Heyd, bis an das Osterthor communicirt worden.920 Auf diese Weise wurden auch Deduktionen zu gerichtshängigen Fällen921 oder Darstellungen und Überlegungen zu bestimmten Themen zur Kenntnis gebracht.922 Die Stände nutzten die Information unter der Hand ebenfalls, wenn sie von einem anderen auf dem Reichstag angegriffen worden waren, aber aus bestimmten Gründen nicht offiziell antworten wollten. Man konnte nicht vollkommen schweigen, da dies bedeutet hätte, man habe keine Gegenargumente. Daher ließen zum Beispiel die Braunschweiger 1711 getrukhte facti species undter der hand verteilen, um ihr Vorgehen gegen Hildesheim, welches das Stift an den Reichstag gebracht hatte, zu verteidigen.923 An diesem Fall läßt sich zudem ein weiteres Einsatzgebiet dieser Veröffentlichungsart illustrieren. Sie wurde genutzt, wenn die Gesandten schnell antworten wollten, um vorzubeugen, daß sich die Argumente des Gegners festsetzten, diese Antwort aber noch nicht die offizielle war, deren Erstellung meist länger dauerte. So teilte Hildesheim kurz nach Erscheinen der Braunschweiger ,Facti Species' unter der Hand ,Vorläuffige Remarques' aus.924 Relativ häufig zirkulierten Aufsätze oder Schriften. Es handelte sich dabei oft um Vorschläge zum Ablauf von Verhandlungen oder um Zusammenstellungen von Argumenten zu aktuellen Materien. Auch Dokumente und Aktenstücke, wie 1696 der Neutralitätsvertrag zwischen Österreich und Frankreich, ließ man unter der Hand herumreichen.925 Bei in Umlauf gesetzten Schreiben konnte (und woll919
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StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 17. Apr. 1696 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 18. Apr. 1696 (Ausf.). StadtAA. Kreisakten 110, Sehr, des Sekretärs an Verjus (Kop.). Bspw. StadtAA. RTA 376, Ber. vom 16. Sept. 1710 (Ausf.). Der Augsburger Holzapfel setzte 1711 einen Schriftsatz auf, der das Recht der Reichsstädte bei Introduktionen gefragt zu werden belegen sollte, um ihn unter der hand pro informatione bekannt zu machen. StadtAA. RTA 377, Ber. vom 16. Juni 1711 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 31. März 1711 (Ausf.). Die ,Species Facti Wegen Der ChurBraunschweigisch-Lüneburgischen Differentien mit dem Dohm Capitul zu Hildesheim' liegen bei. StadtAA. RTA 377, Ber. vom 7. Apr. 1711 (Ausf.). Dabei auch: ,Vorläuffige Remarques, Auf die von Chur-Braunschweig vor einigen Tagen in offenen Druck heraus gegebene [...] Facti Speciem [...]'. Die Braunschweiger antworteten zwei Monate später mit dem ,Examen Der an Seiten des Dohm-Capituls zu Hildesheim bey dem Reichs-Convent zu Regensburg distribuierten Remarquen [...]'. StadtAA. RTA 377, Ber. vom 8. Juni 1711 (Ausf.). StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 6. Nov. 1696 (Ausf.).
2. Informationsweitergabe
177
te) der Gesandte die Empfänger nicht genau vorherbestimmen. Regelrechte Zirkularschreiben sollten die Meinungen der Gesandten in eine bestimmte Richtung lenken. Der Brandenburger Gesandte Metternich etwa unterstützte die Wünsche seines Herrn zur Regelung des Münzwesens 1690 durch einen Aufsatz, den er durch die Hände der Kanzlisten gehen ließ. Anlaß dazu gab eine Flugschrift des niederländischen Residenten Valkenier, die angeblich in Wien großen Anklang gefunden hatte. 926 Die in solchen Schriften Angegriffenen versuchten immer wieder deren Verbreitung zu verhindern. 1709 zum Beispiel meldete der Augsburger Abgesandte, daß die dem Reichshofrat Wohlgesinnten eine Schrift der Fürstlichen zur Verteidigung des Rekurses an den Reichstag zu unterdrücken suchten, er habe sie aber trotzdem gesehen. 927 Die Autoren blieben oft unbekannt, was zu Spekulationen Anlaß gab, wer dahinterstecke, um die Schrift besser einordnen zu können. 1702 etwa glaubte man, daß umlaufende Reflexionen über die Mandate an Köln vom französischen Plenipotentiarius stammten. 928 Innerhalb Regensburgs ließ man sich auch Briefe und Notizen zukommen. Von diesen Briefen hat sich wenig erhalten. Nur durch Zufall fanden sich drei Schreiben des Mainzers Scheffer an den Bayern Wämpel aus dem Jahr 1687, in denen er die Äußerungen des Franzosen Verjus de Crecy und Handlungen der kaiserlichen Gesandten schilderte.929 Der Augsburger erwähnte 1706 ein billet des Passauers. 930 Auch Korrespondenten und Sekretäre schrieben einander. So berichtete der ehemalige Augsburger Sekretär und damalige Korrespondent, der Streit zwischen Rothenburg und Nürnberg sei durch kaiserliche Resolution entschieden, er habe dazu zugeschribene formalia vom Nürnberger Korrespondenten Strauch.931 Einzelne Schriften und Briefe sandte man auch mit der Post, besonders wenn die Gefahr bestand, daß sie anders nicht angenommen würden. 932 Die postalische Zustellung stellte sicher, daß etwas die Aufmerksamkeit der Gesandten erregte, was andernfalls etwa bei Drucken nicht unbedingt gegeben war. 933 War es nicht opportun, mit einer Sendung in Verbindung gebracht zu werden, bediente man sich eines unbekannten Siegels. 1695 erhielten die Katholiken scar-
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StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Ber. vom 31. Mai 1690 (Ausf.). StadtAA. RTA 371, Ber. vom 17. Jan. 1709 (Ausf.). Die Schrift stand im Zusammenhang mit mehreren Rekursen gegen Urteile des Reichshofrats, welche die Fürsten aufgehoben sehen wollten. Vgl. G. Granier (Anm. 14) S. 111-113. StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 28. März 1702 (Ausf.). Die Schreiben Scheffers an Wämpl vom 7. Febr., 3. und 7. Apr. 1687 (jew. Ausf.) finden sich in: BHStA. KB. K. schw. 7708. StadtAA. RTA 367, Ber. vom 12. Jan. 1706 (Ausf.). StadtAA. RTA 370, Korresp. vom 27. Sept. 1707 (Ausf.). C. F. Haeberlin (Anm. 331) Bd. 1. S. 495. Zum Beispiel erhielten 1702 verschiedene Gesandte ein gedrucktes Schreiben des Kölner Kapitels an den Kaiser. StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 2. Febr. 1702 (Ausf.).
178
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
teken in einem ganz schlechten compert [Kuvert] gegen das Celler Konsistorium.934 Solche Sendungen wurden wie hier häufig negativ bewertet. 1693 erhielten die Gesandten die ,Antwort eines Sachsen-Lauenburgischen Edelmanns unter unbekanntem sigel.9iS Diese Flugschrift Leibniz' gehört in den Rahmen der Auseinandersetzung Dänemarks mit Braunschweig um das Erbe der 1690 ausgestorbenen Sachsen-Lauenburger. Die Braunschweiger hatten, obwohl es auch andere Prätendenten gab, das Land besetzt, was es zum Nachbarn Dänemarks machte. Dieses erklärte 1693, es könne die Besetzung der Festung Ratzeburg nicht dulden, forderte deren Schleifung und drohte, sie selbst zu zerstören. Mehrere Mächte versuchten eine gütliche Einigung zu vermitteln.936 Die Flugschrift wandte sich gegen die dänischen Forderungen. Die Reaktion des dänischen Gesandten war bemerkenswert. Er begnügte sich nicht mit der üblichen Vorstellung, sondern ließ die Flugschrift in schwarzes Papier binden, vorne einen Kupferstich mit einer Verbrennungsszene aufkleben und sie dem Gesandten ins Haus schicken.937 Damit machte er deutlich, daß er sie für eine der Verbrennung würdige Propagandaschrift hielt. Einen Monat später erhielten die Gesandten per Post eine ,Replica Auff Die Andwort eines Sachsenlauenburgerischen Edelmanns, an seinen Vetter in Holstein'.938 Nach Beschreibung des Ansbachers waren davon einige Exemplare an Kaufleute geschickt worden, andere wurden durch gemeine leuthe in die häuser gebracht, die alßdann nicht zu sagen gewust, von wehm sie dieselbe empfangen, wieder andere wurden an die hiesigen juden gesandt. Da die Schrift als Pasquil gewertet wurde, wurde eine große Anzahl auf der Post abgefangen, den Buchhändlern der Verkauf und den Juden die Verteilung verboten.939 Die Schilderung zeigt die Bandbreite der Verteilungsmöglichkeiten, ohne daß eine Gesandtschaft in Erscheinung treten mußte. Neben Buchhändlern und nicht näher bezeichneten Juden, nutzte man gemeine leuthe (Kolporteure?) um die Schrift an das Regensburger Publikum zu bringen. Den Gesandten standen jenseits der institutionellen Wege viele Formen der Informationsvermittlung zur Verfügung. Neben der zeremoniellen Notifikation, deren Empfangerkreis politische und zeremonielle Rücksichten bestimmte, standen Formen der gezielten oder der unspezifischen Informationsweitergabe, die es erlaubten, feine Unterschiede zu machen oder möglichst ,alle' zu erreichen.
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BHStA. KB. ÄA 3481, Ber. vom 15. Sept. 1695 (Ausf.). Im selben Jahr erhielt der Ansbacher ein Schreiben mit der Post, das er als charteque bezeichnete. StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 21. Dez. 1695 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 19. Aug. 1693 (Ausf.). Von dieser Schrift gab es auch eine französische Version. Zu diesem Konflikt vgl. K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 2. S. 63; G. Ueberhorst (Anm. 343) S. 230-263; G. Schnath (Anm. 51) Bd. 2. S. 64f. StAN. Fm. Ansbach. RTA 84, Ber. vom 26. Aug. 1693 (Ausf.). StadtAA. RTA 354, Korresp. vom 29. Sept. 1693 (Ausf.). Der Druck liegt bei. StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom [7.] Okt. 1693 (Ausf.).
2.
Informationsweitergabe
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2.4 Eine spezielle Form der unspezifischen Informations weitergäbe: Der Druck Der Druck ist eine Form der unspezifischen Informationsweitergabe. Mit dem Drucker war zudem ein Fachmann nötig, der keine Bindungen an die Herrschaft des Gesandten hatte. Gab ein Gesandter etwas in den Druck, hatte er, sofern er nicht besondere Konditionen ausgehandelt hatte, keine Möglichkeit, den Kreis der Empfänger vorherzubestimmen. Bei Drucken, die über den Handel verteilt wurden, war ein möglichst breiter Leserkreis intendiert. Durch die Aufmerksamkeit, die diesen in Regensburg geschenkt wurde, war ziemlich sicher, daß davon jeder Gesandte und Korrespondent erfuhr. Dies konnte man nutzen, um Ideen und Fakten in Umlauf zu bringen. Es konnten aber nicht alle Arten von Schriften ohne weiteres gedruckt werden. Davor mußten sie durch die Zensur. Als 1684 ein französisches Memorial gegen den Willen der Stadt gedruckt wurde, verbot der kaiserliche Prinzipalmitrepräsentant Windischgrätz kurzerhand die Verteilung. Allerdings hatten es viele Gesandte bereits in Händen, so daß dies relativ wirkungslos war.940 Einen zumindest verzögernden Effekt hatte dagegen 1688 das Verbot des Nachdrucks des als Beilage zu einem Memorial eingereichten französischen Manifests. Der Mainzer Diktator hatte mitgeteilt, man könne dieses bei der französischen Gesandtschaft abholen, der aber schnell die Exemplare ausgingen. Unter strengen Auflagen erlaubte die Stadt einen Nachdruck. Ein Einspruch von kaiserlicher Seite verhinderte ihn aber schließlich ganz.941 Die Herausgabe eines Drucks konnte sowohl nutzen wie schaden. Daher gab es immer wieder Versuche, einen Druck oder seine Verteilung zu verhindern. Es kam vor, daß Dinge zuerst in den Druck gegeben, dann aber zu supprimiren gesucht wurden.942 Selten war das Vorgehen dabei so radikal wie 1702, als ein Nachdruck eines schwedischen Memorials aus dem Haag, den der schwedische Gesandte bestellt hatte, dem buchdrucker aber nichts destoweniger theuer zu stehen kommet, massen es der Chur Sächsische gesande dahin zubringen gewust, daß ihm deßhalb die druckerey niedergelegt worden,943 Das Memorial gehörte in den Zusammenhang des beginnenden Nordischen Krieges, in dem sich Schweden und Sachsen feindlich gegenüberstanden. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts verbesserte sich die Situation der Regensburger Drucker, wenn sie auf Wunsch eines Gesandten produzierten. Bestand die Möglichkeit, daß der Druck Anstoß erregte, war es nun üblich, daß der Auftrag940
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StadtAA. RTA 333, Ber. vom 13. Juni 1688 (Ausf.). Das ,Memoriale DN. Ludovici Venus Comitis de Crefy, Suae Christianissimae Regiae Majest. Plenipotentiary, Dictatum Ratisbonae die 28. May/7. Juni Anno 1684' findet sich unter den Beilagen. StadtAA. RTA 343, Korresp. Schwegeries vom 5. Okt. 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 361, Korresp. vom 1. Juni 1700 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Ber. vom 28. Juni 1702 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
geber den Buchdrucker in Schutz nahm, womit er vor Strafe sicher war.944 Anlaß eines dahingehenden Fürstenratschlusses von 1709 war der Druck des Projekts der Wahlkapitulation. Die langwierigen Auseinandersetzungen um die ständige Wahlkapitulation hatten nach der allein vom Kaiser und den Kurfürsten vorgenommenen Ächtung der Kurfürsten von Bayern und Köln an Schärfe gewonnen. Zur Beilegung des Konfliktes erging am 5. September 1707 ein Kommissionsdekret, das die Verhandlung der Wahlkapitulation forderte. Es kam jedoch nicht sofort zu Beratungen und die Ächtung Mantuas, die Restitution der Oberpfalz an die Kurpfalz sowie die Verleihung Leuchtenbergs an Franz Anton von Lamberg, die alle ohne die Einbeziehung des Reichstags vorgenommen wurden, verursachten neuen Ärger bei den Fürsten. Sie protestierten am 12. Juli 1709 und forderten die Proposition der Wahlkapitulation.945 Nachdem die Beratungen begonnen hatten, erschien das Projekt mit dem bisherigen Verhandlungsstand in Druck, den ein Fürstlicher, angeblich der Münsteraner Gesandte, veranlaßt hatte. Der Mainzer reagierte mit einem Befehl an den Buchführer Seidel, sofort alle vorhandenen Exemplare abzuliefern und das Kurfürstenkolleg ordnete die eidesstattliche Befragung des Druckers an, um zu erfahren, wer ihm das Dokument gegeben habe. Die Fürstlichen waren sehr ungehalten, denn dieses Vorgehen lief ihrer Meinung nach darauf hinaus, daß man nichts ohne Mainzer Zensur drucken lassen könne. Außerdem sei das Projekt bereits in mehreren Traktaten und Büchern zu finden.946 Regensburg fragte daraufhin beim Reichstag nach, wie es sich verhalten solle. Vom Fürstenrat erhielt es die Antwort, daß all das jenige, was ein gesander auf vorwehrendem Reichstag gedruckt zu haben verlange, ohne unterschied und ausnahm, auch ohne weithere anfrag zuerlauben seye, jedoch periculo deßen, so was drucken lasset. Die Verordnung der beiden höheren Kollegien an die Stadt vom 19. Oktober 1709 war identisch.947 Damit war die Zensur für Gesandte ausgehebelt. Als 1711 die Fürstlichen erneut den Druck des Projekts der Wahlkapitulation verlangten, weigerte sich der Mainzer zwar, dies unter seiner authoritet und nahmen tun zu lassen, den Druck selbst aber behinderte er nicht.948 Doch war bereits davor eine Vielzahl von Drucken durch Gesandte veranlaßt worden, ohne daß es zu Zensurmaßnahmen gekommen wäre. Viele Neue Zeitun944 945
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C. F. Haeberlin (Anm. 331) Bd. 1. S. 495. Zur Geschichte der Wahlkapitulation bis 1709 vgl. E. Pick (Anm. 328) v.a. S. 77-109; A. Schindling (Anm. 1) S. 134-156. StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 23. Okt. 1709 (Ausf.); StadtAA. RTA 388, Korresp. vom 24. Sept. 1709 (Ausf.); RTA 373, Ber. vom 8. Okt. 1709 (Ausf.). Der Druck hieß: .Capitualatio perpetua.' StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Antwort des Fürstenrats an Regensburg, diktiert 19. Okt. 1709, Beilage zum Ber. vom 23. Okt. 1709 (Kop.). Die Verordnung in: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 395; Fälschlich auf den 23. Sept. datiert J. J. Moser (Anm. 53) Bd. 1. S. 314. StadtAA. RTA 377 Ber. vom 14. und 28. (darin das Zitat) Juli 1711 (jew. Ausf.). Der Druck hieß: ,Project Der gewissen und beständigen Kayserlichen Wahl-Capitulation cum Appendice [...] und den 8. obgedachten Monats und Jahrs vom Hochlöbl. Churfürstl. Maynzischen Reichs-Directorio per privatam dictaturam communiciret worden ist.'
2.
Informationsweitergabe
181
gen entstanden dadurch, daß ein Gesandter eine Nachricht drucken ließ. Metternich belehrte 1690 die Ansbacher Regierung, daß die sacken, so hier gedruckt und von mir bey wöchentlichen relationen eingesandt werden, etwas anders, alß gemeine Zeitungen anzusehen seyn, massen dieselbe auß der gesandten briefe oder communicatis gezogene und nur darumb zum druck gegeben worden, daß man des vielen abschreibens überhoben seyn könnet Bei allgemein interessierenden und keiner besonderen Geheimhaltung unterliegenden Ereignissen scheint die Weitergabe selbstverständlich gewesen zu sein. Der Ansbacher beschrieb, wie es mit Nachrichten zum bayerischen Bauernaufstand gehalten wurde: wann sonst an den Cardinal [Lamberg] oder andern etwas sicheres von dergleichen Sachen einlauffet, pfleget es sofort gedruckt zu werden, oder wird doch sonst gemein,950 Wurde bekannt, daß jemand über besondere Nachrichten verfügte, wurden diese Ziel der Begehrlichkeit. Der Bayer sah sich 1695 veranlaßt, die Übergabepunkte Namurs, die er per Kurier erhalten hatte, drucken zu lassen, da mann bey dennen gesandtschafften deren communication sehr euffrig desiderirte.951 Manche Gesandte und Residenten, wie der Niederländer Petrus Valkenier, waren besonders rührige Nachrichtenvermittler und Publizisten. Der englische Resident trug ihm nach, daß er eine falsche Nachricht vom Sieg des Duke of Monmouth, der gegen Jakob II. rebellierte, in Druck gebracht habe.952 Valkenier gab 1688 auch die Deklaration Wilhelms von Oranien an die Engländer und Schotten in Druck, die er dann verkaufen ließ.953 Zudem veranlaßte er mehrere Drucke zur Expedition Wilhelms von Oranien nach England.954 Der englische Resident versuchte 1688 gegen die pro-oranische Publizistik des Niederländers anzugehen, weshalb er mehrmals um Informationen von Seiten des englischen Königs bat, aber anscheinend nicht sonderlich gut bedient worden ist.955 Als er die gegen die Behauptung der Illegitimität des Prinzen von Wales gerichtete Verteidigung des Königs erhielt, zeigte er sie zuerst dem Prinzipalkommissar. Dieser riet, die R e position' bekannt zu machen „to undeceive people". Der Däne Esaias Pufendorf 949 950 951
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StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Ber. vom 24. Juli 1690 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 196, Ber. vom 27. Jan. 1706 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3481, Ber. vom 11. Aug. 1695 (Ausf.), die ,Articles Proposes le 3eme Jour d'Aoust 1695. Pour la Capitulation de la Ville de Namur & de son Banlieu ä S. A. de Baviere [...]' liegen bei. Vgl. StadtAA. RTA 286, Korresp. vom 13. Sept. 1695 (Ausf.). Sehr. Etherege an Captain Slater vom 13. Febr. 1687, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 89. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 8. Dez. 1688 (Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3463, Ber. vom 15. Nov. 1688 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 178, Korresp. vom 20./30. [!] Febr. 1689 (Ausf.), worin es heißt, eine Beilage habe der hießige holländ. minister trucken lassen. Vgl. die in dieselbe Richtung gehenden Bemerkungen in: StAN. Fm. Ansbach. RTA 178, Korresp. vom 2. März 1689 (Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3463, Ber. vom 6., 16. Dez. 1688; StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 27. Dez. 1688 (a.S.) (Ausf.); Zu den Drucken: M. Born (Anm. 200) S. 36/Anm. 2 und 132/Anm. 1. Vgl. Sehr. Etherege an Wynne vom 27. Sept. 1688, Sehr, an Earl of Middleton vom 25. Okt. 1688, Sehr, an Viscount Preston vom 29. Nov. 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 237, 243, 254.
182
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
ging noch weiter und überzeugte ihn, die Schrift ins Deutsche übersetzen und drucken zu lassen.956 Es scheint fraglich, ob er damit seiner Sache diente, denn gab es etwas das Ansehen eines Königs stärker verletzendes, als die Tatsache, sich vor seinem Volk dafür rechtfertigen zu müssen, daß sein präsumptiver Nachfolger auch wirklich sein Sohn sei? Es kam vor, daß Akten im Druck herauskamen, ohne daß man wußte, wer den Auftrag erteilt hatte. So erschienen 1695 die Friedenskonditionen der Alliierten, die allhier in geheim getruckt worden?51 Der Veranlasser verfolgte damit vermutlich nicht nur das Ziel, den Reichstag in Kenntnis zu setzten, sondern erhoffte sich eine bestimmte Reaktion der Gesandten. Inhalt und Zeitpunkt der Weitergabe informativer Schriften waren häufig genau kalkuliert. Die Kurzlebigkeit der Gattung bedingte, daß Drucke punktgenau kommen mußten, wenn sie etwas bewirken sollten. So beschwor der Augsburger Abgesandte seine Herrn von einem Druck, der die Augsburger Wünsche bei den Friedensverhandlungen in Erinnerung rufen sollte, nichts auskommen zu lassen, weill sonst bey künfftigen friedensnegotio es nichts neyes mehr, und folgsamb zu dem abziehenden intent [...] nicht mehr so angenehmb und diensamb seyn derfte,958 Man machte sich die (berufsbedingte) Neugierde der Gesandten zunutze, die sie veranlaßte, neue Schriften zu rezipieren, an bereits Bekanntem aber wenig Gefallen zu finden. Eine termingerechte Verteilung sollte gewährleisten, daß die Argumente noch frisch im Gedächtnis waren, wenn über die Sache gehandelt wurde. Damit eine Schrift vollständig gelesen wurde, durfte sie eine bestimmte Länge nicht überschreiten. Daher zog der Nürnberger Abgesandte 1708 die wesentlichen Punkte der ,Kurtzen doch gründliche Vorstellung' zu einem Pro Memoria zusammen, da die Vorstellung' weder hier noch an denen höfen derer Hohen Herrn Principalen, bey vielen andern geschäften durchgelesen werden möge.959 Einige Gesandte verteilten nicht nur Schriften oder veranlaßten deren Druck, sondern griffen selbst zur Feder, um die Meinungen in die von ihnen gewünschte Richtung zu lenken. Die Verfasser von Flug- und Amtsdruckschriften sind nur selten namentlich bekannt, denn bei agitierenden Werken fehlte diese Angabe meistens und Amtsdruckschriften kamen im Namen des Auftraggebers heraus. Letztere entstanden häufig in Zusammenarbeit mehrerer Beamter, nicht selten
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Sehr. Ethereges an Viscount Preston vom 2. Dez. 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 255. Der Titel des Druckes lautet: ,Abdruck der in Londen publicirten Deposition, Uber Deß Printzen von Wallis Geburth.' in: StadtAA. RTA 279, Beilagenteil. Vgl. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 15. Dez. 1688 (Ausf.); Κ. H. Göller (Anm. 423) S. 159f. StadtAA. RTA 286, Korresp. vom 4. Jan. 1695 (Ausf.). Vgl.: RTA 356, Korresp. vom 4. Jan. 1695 (Ausf.). Gleiches geschah 1697 mit einem französischen Friedensprojekt, das nicht mitgeteilt werden konnte, da der Prinzipalkommissar nicht vor Ort war. Es war bei einigen Gesandtschaften bereits bekannt und wurde sotto mano in truckh gegeben. StadtAA. RTA 359, Ber. vom 6. Aug. 1697 (Ausf.). StadtAA. RTA 370, Ber. vom 14. Aug. 1708 (Ausf.). StAN. RS. Nürnberg. Differentialakten 207, Ber. vom 21. Mai 1708 (Ausf.).
2.
Informationsweitergabe
183
aber stammten das zugrundeliegende Konzept oder eine der Überarbeitungen vom Regensburger Gesandten. 960 Mehrere Reichstagsgesandte waren bereits bekannte Publizisten, bevor sie nach Regensburg kamen. Vom Passauer Philipp Wilhelm von Hörnigk etwa stammten die drei berühmten Schriften der ,Francopolita' und die ,Historische Anzeig Von den Eigentlichen Ursachen Der Privilegierung Des Hoch-löblichsten Ertz-Hauses Österreich'. 961 Als 1689 spekuliert wurde, ob er Reichsdirektor werde, schrieb Henniges, um in Ansbach eine Vorstellung zu vermitteln, wer das sei, dieser wäre der Autor von ,Österreich über alles' und der ,Fecialis Gallicus'. 962 Der französische Plenipotentiarius Verjus de Crecy führte, bevor er an den Reichstag kam, lange Jahre einen heftigen Flugschriftenstreit mit dem damals bekanntesten kaiserlichen Autor, Franz Paul von Lisola.963 Einige, wie der Konkommissar von Seilern, der wegen seiner Schriften geradezu gefürchtet war, schrieben neben ihrer Regensburger Tätigkeit. Von diesem hieß es, die Feder sei sein bestes Schwert. 964 Dem Burgunder Neuveforge wurden ebenfalls mehrere Flugschriften zugeschrieben. 965 Auch Hörnigk verfaßte noch weitere Flug- und Amtsdruckschriften. 966 Der Regensburger Johann Ludwig Prasch trat dagegen als Dichter hervor. 967 Die Beispiele ließen sich problemlos vermehren. Die auswärtigen Gesandten verfaßten gleichfalls Flugschriften, so der Franzose Chamoy oder der Niederländer Valkenier, dessen Münzbedenken 1690 offent. allhier verkhaufft wurde. 969 Es war nicht immer problemlos, sich als Vertreter einer bei Mächtigen nicht gern gesehenen Gruppe zu Wort zu melden. So fürchtete Metternich, wenn er für die Korrespondierenden schreibe, wisse es zum großen danck [...] gleich alle weit, daß ich die feder geführet und der schlimme mann sey, der die andern aufhetze,970 Schon Jahre zuvor hatte er bemängelt, von den Korrespondierenden wolle sich keiner in die gefahr der Verantwortung setzen, und die feder fuhren.971 Dennoch 960 961
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969 970 971
Vgl. die in V. 3.1.2, V. 3.2.2 und V. 3.3.1 genannten Bsp. K. Hölscher (Anm. 200) S. 15-53; Heinz-Joachim Brauleke: Leben und Werk des Kameralisten Philipp Wilhelm von Hörnigk. Versuch einer wissenschaftlichen Biographie. Frankfurt, Bern, Las Vegas 1978 (Europäische Hochschulschriften Reihe III. Bd. 108). S. 78113; J. Schillinger (Anm. 200) S. 228f., 236-239, 271f.; die ,Historische Anzeig' in: StadtAA. RTA 279. StAN. Fm. Ansbach. RTA 179, Korresp. vom 29. Juni 1689 (Ausf.). M. Baumanns (Anm. 8) S. 85, 257f„ 331; J. Klaits (Anm. 129) S. 89-93. BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 22. Aug. 1701 (Ausf.). Vgl. Kap. IV. 3.3. F. Niedermayer (Anm. 396) S.137. Karl Dachs: Leben und Dichtung des Johann Ludwig Prasch (1637-1690), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg. Bd. 98. 1957. S. 5-219, hier S. 200. J. Klaits (Anm. 129) S. 98f., 300-305; Vgl. StAN. Fm. Ansbach. RTA 189, Ber. vom 21. Sept. 1701 (Ausf.). StadtAA. RTA 348, Korresp. Schwegeries vom 4. Juli 1690 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Ber. vom 10. Febr. 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 17. Juli 1709 (Ausf.).
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nutzten viele Reichstagsgesandte Flugschriften, um die Meinung ihrer Herrn oder ihre eigene einem breiteren Publikum bekannt zu machen.
2.5 Gründe zu informieren und Gründe zu schweigen Die Informationsweitergabe erfolgte selten aus selbstlosen Motiven. Erich Everth erstellte einen Katalog von Gründen, warum sich Staatsmänner an die Öffentlichkeit wandten. Er nannte dabei erstens die Absicht, den Gegner bloßzustellen, zweitens die Verteidigung der eigenen Position, drittens den Schutz vor einem Ausbrechen des Gegenübers und der Nichterfüllung von Zusagen, viertens die Vorsicht vor einer zu großen Nachgiebigkeit der eigenen Seite und schließlich fünftens die Demonstration von Aufrichtigkeit.972 Andreas Gestrich betont daneben Ehre und Reputation als Faktoren, die einen „Veröffentlichungsdrang oder -zwang" bewirkten.973 Bestimmte Publikationen der Obrigkeiten gelten zudem als Versuch, die öffentliche Meinung zu beeinflussen.974 Viele dieser Gründe lassen sich auch auf Informationsweitergaben am Reichstag übertragen. Dabei sollen hier die nicht ins Verfahren eingebundenen Informationen im Vordergrund stehen. Die Memoriale und Schreiben hatten die Aufgabe, den Reichstag zu einem Beschluß im Sinne des Antragstellers zu bewegen oder auf einen Mißstand aufmerksam zu machen. Anzeigen und Notifikationen dienten dagegen der Bekanntgabe bestimmter Ereignisse und Handlungen, wobei die dahinterstehende Absicht von der Erfüllung zeremonieller Normen bis zur Anforderung konkreter Hilfsleistungen reichen konnte. War die Weitergabe dieser Informationen schon nicht mehr unmittelbar mit den Aufgaben des Reichstags verbunden und damit eigentlich nicht erforderlich, traf das auf viele Informationen, die außerhalb der Kollegien flössen, noch viel weniger zu. Die Rechtfertigung der eigenen Politik war eine der stärksten Motivationen, Informationen weiterzugeben. Militärische Aktionen und andere wichtige staatsrechtliche Akte waren zu legitimieren. So erhielt der Brandenburger die Weisung, über die Annahme der preußischen Königswürde das publicum zu informiren,975 Besonders deutlich wurde der Legitimationszwang bei Manifesten. Als Manifeste galten Schreiben, mit denen bei Kriegsbeginn die politischen Gründe und die juristische Rechtfertigung vorgebracht wurden. Sie waren potentiell für jeden bestimmt.976 Typisch war das Bemühen, alle Schritte rechtlich zu untermauern. 972 973 974
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E. Everth (Anm. 8) S. 4-6. A. Gestrich (Anm. 10) S. 79. Bspw. H. Duchhardt (Anm. 51) 66-68; M. Baumarms (Anm. 8) S. 65; J. Haller (Anm. 201) S. lOf. Nach einzelnen Medien differenziert: J. Schumann (Anm. 40) bes. S. 376-380. StAN. Fm. Ansbach. RTA 189, Ber. vom 29. Dez. 1700 (Ausf.). Johann Heinrich Boeder: De clerigatione et manifestis. 1644 definierte: „script publica, quae princeps vel respublica in bellorum causas omnibus et singulis demonstrandas, toti orbi exponi omniumque lectioni commendat." zitiert bei: Konrad Repgen: Kriegslegitimatio-
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Ziel war, die Meinung der anderen Höfe für sich zu gewinnen. 977 Diese Absicht verfolgte auch Dänemark, als es 1693 eine in Kopenhagen gedruckte Deduktion zu den Ursachen des Einfalls in Lauenburg in Abschrift communicieren ließ. Allerdings erreichte diese nicht bei allen ihren Zweck, der Bayer zumindest sprach davon, sie diene der beschönigung.m Solche Schreiben wurden also keinesfalls unkritisch aufgenommen. Dennoch ging jedem Krieg ein Federkrieg voraus und begleitete ihn.979 Regensburg war einer der wichtigsten Verteilerorte von Manifesten, Deduktionen und Deklarationen. Rechtfertigende Drucke verteilten nicht nur die Stände oder der Kaiser, der über die Kommissionsdekrete als einziger die Möglichkeit hatte, sie diktieren zu lassen,980 sondern auch andere kriegsführende europäische Mächte. 981 Konrad Repgen erschloß aus einer Vielzahl von Manifesten zwölf Leitbegriffe. Es handelte sich um: die Abwehr einer Universalmonarchie, die Erhaltung des Gleichgewichts, die Verteidigung der ständischen Freiheiten, die präventive Abwehr, Erbansprüche, die Bekämpfung einer Rebellion, die Verteidigung des Religionsrechts, ein Kreuzzug, der Schutz der Untertanen vor Übergriffen, die Erfüllung von Vertrags- und Beistandspflichten, die Wiedergutmachung erlittenen Unrechts und die Handelsinteressen. 982 In den auf dem Reichstag zirkulierenden Manifesten des Untersuchungszeitraums sind davon das Gleichgewicht, die Handelsinteressen und das Religionsargument selten oder gar nicht sowie der Kreuzzug nur gegen die Türken zu finden. Hinzuzufügen wäre jedoch der Bruch von Friedensschlüssen und Verträgen. Häufig erfolgte noch vor der Verteilung des Manifests eine erste mündliche Rechtfertigung. Diese konnte sowohl auf dem Rathaus als auch bei Besuchen vorgetragen werden. Der Sachse beispielsweise erhielt 1700 den Auftrag, die Gründe für den sächsisch-polnischen Angriff auf Schweden zunächst mündlich nen in Alteuropa. Entwurf einer Historischen Typologie, in: Historische Zeitschrift. Bd. 241. 1985. S. 27-49, hier S. 46, vgl. auch: S. 36-46. C. G. Ahnert (Anm. 59) Bd. 2. S. 529, fügt die Bekanntgabe wichtiger Ereignisse hinzu. 977 G. Mentz (Anm. 200) S. 8. 978 BHStA. KB. ÄA 3478, Ber. vom 31. Aug. 1693 (Ausf.). 979 Andreas Gestrich: Krieg und Öffentlichkeit in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Angela Giebmeyer/Helga Schnabel-Schüle (Hg.): „Das Wichtigste ist der Mensch", Festschrift Klaus Gerteis zum 60. Geburtstag. Mainz 2000 (Trierer Historische Forschungen. Bd. 41). S. 21-36, hier S. 22-25; Andreas Gestrich: The Early Modern State and the Public Sphere in 18th Century Germany, in: Peter Eckhard Knabe (Hg.): Opinion. Berlin 2000. S. 1-13, hier S. 5. Zum Siebenjährigen Krieg vgl.: Schort. 2006 (Anm. 4). 980 So lag das Manifest vom 18. Okt. 1688 dem Kommissionsdekret vom 1. Nov. 1688 bei: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 2. S. 638-646. 981 J7Q2 e r s c hienen die Kriegserklärungen Englands und der Niederlande an Frankreich (StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 30. Mai 1702 (Ausf.)). Während des Nordischen Krieges gab der Däne das ,Manifest Oder eine Summarische Erklährung/Uber die rechtmäßige und hochwüchtige Ursachen [...]' in öffentlichen trukh. StadtAA. RTA 374, Ber. vom 26. Nov. 1709 (Ausf.). Sachsen verteilte 1711 ein Manifest. StadtAA. RTA 390, Korresp. vom 7. Sept. 1711 (Ausf.). 982 K. Repgen (Anm. 976) S. 43.
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vorzustellen, damit nun hierüber bey denen gnädigsten herren keine ungleiche supgon erwachsen möchte,983 Man bemühte sich, durch schnelle Mitteilung die Meinungen für sich zu gewinnen, bevor dies der Gegner tat. Dieser wiederum versuchte die Stände zu überzeugen, daß die Sache ganz anders sei, als sie der Gegenpart den redtlichen und unpassionirt gesinnten gemütheren beyzubringen bemüehet sei.984 Bei Konfrontationen, die nicht oder noch nicht kriegerischer Natur waren, wurden ebenfalls Deduktionen und Deklarationen eingesetzt. Fast zu jedem Konflikt, war er nun politischer oder juristischer Natur, was sich im Reich oft mischte, erschienen solche Schriften in Regensburg. Unter einer Deduktion ist eine meist längere, detaillierte Darlegung von Rechtsgründen und rechtserheblichen Tatsachen zu verstehen.985 Die Argumentation solcher Schriften war zwangsläufig eine juristische. Manch modernerer Bearbeiter kreidete ihnen das als Fehler an, bezeichnete sie als spröde und unterstellte einen mangelnden politischen Blick.986 Dieses Urteil resultiert aus der Fehleinschätzung der Funktionen dieser Amtsdruckschriften und einer ungenauen Vorstellung der politisch wichtigen Faktoren. Deduktionen wurden nicht nur zur Rechtfertigung verteilt, sondern auch, wenn man sich Hilfe in einem rechtshängigen Fall erhoffte. Dazu wurden die für die Reichsgerichte bestimmten Drucke verteilt. Da es keine klare Gewaltentrennung gab, konnte die Unterstützung einer Partei seitens der Stände positive Wirkung haben. Daher forderte der Augsburger Thoman 1687, ihm 30 bis 40 Exemplare der am Reichshofrat eingereichten Klageschrift gegen die Reichspost zu schicken, damit er sie nicht nur dem reichsstädtischen Direktorium geben könne, das eine Intercession an den Kaiser schicken sollte, sondern die übrige hernach sowohl under die reichsstätt. abgesandte v. deroselben vertrettere, alß auch under die wohlgesinnte Herrn Fürst: ausgetheilet werden könnten.987 Deduktionen wurden durchaus gelesen und die Regierungen versuchten sich aus den von beiden Seiten eingereichten Schriften ein Bild zu machen. Daß sie nicht immer der Wahrheit entsprachen, war bekannt. So meinte im Fall Dänemark gegen Holstein-Gottorp der bayerische Rat, es seind zwar gwise schön [?] deduct[ion]es verbanden, so ein und anderer theil sowol schrüftlich als im truck zu behauptung seines praetendirten rechtens bisher herausgegeben: dieweilen wir aber eines unparteischen dritten stands information und judicium daryber vernemmen mögten, so hastu dich destwegen bei ein- und andern der benachbarten ständ abgesandten zuerkundi-
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BHStA. KB. ÄA 3488, Ber. vom 18. März 1700 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 14. Juni 1700 (Ausf.). Die Aussage bezieht sich auf eine Vorstellung Dänemarks zur Belagerung von Tönningen. Eine Definition versucht: A. Gestrich (Anm. 10) S. 307, Anm. 266. Ihre enge Verbindung zu den Gerichten betont: A. Würgler (Anm. 128) S. 186f. J. Haller (Anm. 201) S. 21. StadtAA. RTA 341, Ber. vom 3. Juni 1687 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3450, Reskr. vom 15. Sept. 1684 (Konz.).
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Die Bekanntmachung von Verträgen und Schreiben konnte ebenfalls der Legitimation dienen. So teilte der Schwede 1691 den Gesandten der Alliierten ein Bündnis mit Hannover mit, damit widrige impressiones, welche bißhero etwa davonn geschöpfft worden dardurch benommen werden möchten.9*9 Hier war das Ziel die Beruhigung der Verbündeten durch die Offenlegung eines Vertrags. Der Kölner vermutete 1690, daß Rechtfertigung ebenfalls der Grund war, weshalb Dänemark einen Brief, den es an Holstein gesandt hatte, bekanntmachte. Man wolle damit wohl beweisen, das so wol die vorgegebene anziglichkeitn und harte wort, von welchen sie ohne grundt beschuldiget werden, darinen nicht enthalten990 Ein solches Vorgehen verteidigte nicht nur den eigenen Standpunkt, sondern stelle zugleich den Gegner bloß. Eine zusätzliche Steigerung des Effekts war ein Druck ausgewählter eigener oder gegnerischer Akten.991 So beabsichtigte der Kaiser 1706 die Forderungen der ungarischen Malcontenten und seine Antwort drucken zu lassen, um jedermann zuzeigen, daß die rebellen keinen frieden eingehen wolten 992 Ebenfalls auf die Bloßstellung des Gegners zielte 1689 der Burgunder, als er die gedruckte französische Kriegserklärung an Spanien verteilte, was ansonsten eher ungewöhnlich war. Da sich das Reich bereits geschlossen gegen Frankreich gestellt hatte und in der Kriegserklärung an Spanien mit ähnlich fadenscheinigen Gründen argumentiert wurde wie gegen das Reich, konnte er es riskieren und mit einem Umkehreffekt rechnen.993 Durch die Veröffentlichung eines Schreibens konnte man zudem Druck ausüben. So communicierte der Mainzer 1689 die Schreiben des Kaisers an Sachsen und Hessen-Kassel gegen deren eigenmächtige Quartiernahmen im Mainzer Bistum. Die Veröffentlichung der kaiserlichen Intervention gab den Klagen ein noch größeres Gewicht, als es die Beschwerde allein bewirkt hätte, denn so kam deren Nichtachtung zu den , Sünden' des Angeklagten. Daher empfand dies der Sachse als unfreundlichen Akt und erinnerte, daß man dem Mainzer seine Lande vor den Franzosen gerettet habe.994 Information konnte aber noch auf andere Weise als , Waffe' eingesetzt werden, nämlich indem man vorführte, daß es dem Gegenspieler nicht gelungen war, etwas geheim zu halten. Besonders die Erfolge der französischen Plenipotentiarii bei der Entdeckung von Schreiben des Kaisers und der Stände wurden immer wieder beklagt, da sie zu des Reichs, und der Stände großem spott und nachtheil
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BHStA. KB. ÄA 3473, Ber. vom 1. Nov. 1691 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3468, Ber. vom 23. Febr. 1690 (Ausf.). Dies konnte bis zu einem ,Kanzleienstreit' gehen. Vgl.: J. Burkhardt (Anm. 61) S. 226f. StadtAA. RTA 385, Korresp. vom 13. Juli 1706 (Ausf.). Der Druck hieß: ,FriedensPuncten, Welche von Seiten der Hungaris. Deputation [...] Ihrer Kays, und Königl. Maj. Commission den 15. Juni eingegeben, auch durch diese wieder beantwortet worden.' BHStA. KB. ÄA 3465, Ber. vom 2. Mai 1689 (Ausf.), in der Beilage: .Ordonnance Du Roy De France Portant Declaration De Guerre [...]'. BHStA. KB. ÄA 3464, Ber. vom 21. März 1689 (Ausf.).
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IV. Informations- und
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publiq gemachet würden.995 Dies kam besonders bei Bündnissen zum Tragen, deren Verträge man geheim zu halten suchte. Einem Bündnis, dessen konkreten Inhalt man nicht kannte, konnten alle möglichen Ziele zugeschrieben werden. Geheimhaltung erregte immer Verdacht. Daß er nicht sofort an den Vertag kam, war wohl einer der Gründe, weshalb der französische Gesandte Verjus de Crecy die Augsburger Allianz als sehr gefährlich einstufte. Den am 9. Juli 1686 unterzeichneten Vertrag konnte er erst einen Monat später erhalten, was für ihn ziemlich spät war. Dann jedoch sandte er ihn dem Hannoveraner kommentarlos zu, der das Dokument schließlich weitergab. Zudem ließ der Franzose den Vertrag von seinen Leuten gar auf der gaßen einem u. dem andern scribenten umb einen halben gulden copialiter anbieten.996 Das Bekanntwerden des Vertrags, den man geheim halten wollte, war dabei nur das halbe Mißgeschick für den Kaiser und seine Verbündeten. Nun aber hatte der Franzose damit auch noch seine artes gezeigt.997 Das Problem war somit ein zweifaches, nämlich einmal das Bekanntwerden des Vertragsinhaltes und zum anderen die Tatsache des Informationsflusses an sich. Die Weitergabe von Dokumenten zum rechten Zeitpunkt konnte auf positiven Effekt berechnet sein. Die Stadt Augsburg etwa überlegte 1708 die specificierte haupt-acta mittelst einer zu concertieren stehenden vorgängnen [!] kurzen relation drucken zu lassen, um an die durch mehrere Reichsgutachten zugesagte Entschädigung für Verluste während der französisch-bayerischen Besetzung zu erinnern. Ziel war, kurz vor den Friedensverhandlungen bey denen hohen gesandtschaften sich darmit zu insinuieren, und benevolentiam pro salutari clausula in instrumenta pads obtinendä zu captiern.99S Die Verbreitung einer Schrift konnte aber auch dazu dienen, Dritte zum Beitritt zu einem Vertrag oder zum Beistand zu animieren. Es kam immer darauf an, wer etwas wann und wie mitteilte. Das Werben um Beistand war wohl der Zweck der Verteilung eines Drucks durch den Pfälzer und Schweden 1685. Dieser gab einen Bericht des brandenburgischen Gesandten in Paris über dessen Unterredung mit Colbert de Croissy wieder, in welcher der Gesandte die Gründe seines Herrn für die Unterstützung der Neuburger Erbfolge in der Kurpfalz dargelegt hatte. Für den Pfälzer war dies eine Stärkung seiner Position, da deutlich wurde, daß der wichtige Kurfürst von Brandenburg seinen Herrn unterstütze. Gleichzeitig wurde Brandenburg offen auf die Unterstützung festgelegt. Der Brandenburger, der offiziell noch immer einen profranzösischen Kurs vertrat, geriet dadurch gegenüber seinem französischen Kol-
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StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Korresp. vom 3. Okt. 1687 (a.S.) (Ausf.). StadtAA. RTA 339, Ber. vom 6. Aug. 1686 (Ausf.). Zur Augsburger Allianz: Richard Fester: Die Augsburger Allianz von 1686. München 1893; R. Fahraeus: Sverige och forbundet i Augsburg är 1686, in: Historisk Tidskrift. Bd. 16. 1896. S. 201-236; Hans von Zwiedineck-Südenhorst: Die Augsburger Allianz von 1686. Wien 1890. StadtAA. RTA 339, Reskr. vom 9. Aug. 1686 (Konz.). StadtAA. RTA 370, Ber. vom 14. Aug. 1708 (Ausf.).
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legen in Erklärungsnöte und bezeichnete den Druck schlicht als Fälschung.999 Dies zeigt eine der Rückwirkungen, die ein Medienprodukt haben konnte. Zumindest eine Erklärung wurde fällig, wenn man von einer Publikation betroffen war. Anlaß zur Weitergabe von Information war so nicht immer, daß man gerne etwas weitergeben wollte, zum Teil war man gezwungen, Meldungen zu widersprechen und die wirksamste Form des Widerspruchs war es, mit Fakten zu kontern. So meldete Ende 1688 der Korrespondent an Augsburg in einer Wiener Zeitung stünde, die Stadt hätte Frankreich Kontributionen gezahlt. Das leugneten die Stadtväter nicht nur, sondern stellten zudem eine Gegenvorstellung in Aussicht.1000 Ein Protest diente gemäß seiner Definition der Wahrung der Rechte gegenüber einem bestimmten Publikum.1001 Die angegriffene Partei konnte und durfte den Angriff nicht ignorieren, sondern war zur Antwort gezwungen, alles andere hätte als Schuldeingeständnis gewertet werden können und dem Ehrenkodex widersprochen.1002 Bei Flugschriften und Amtsdruckschriften, die im Zuge kontroverser Auseinandersetzungen erschienen, ergaben sich so des öfteren Ensembles von Schriften, da man auch auf eine Verteidigungsschrift wieder antworten mußte.1003 Sie endeten meist nur mit einer Entscheidung des Konflikts oder wenn beide Seiten an einer Atempause interessiert waren. Trotzdem gab es Publikationen, auf die zu antworten unter der Würde gewesen wäre. Handelte es sich um einen anonymen Anwurf oder die Veröffentlichung eines ehemaligen Dieners, mit dem man in Streit lag, wurde nicht offiziell reagiert.1004 Dennoch flössen auch in solchen Fällen Informationen, doch wurden diese quasi privat oder unter der Hand gegeben. Die Informationsweitergabe konnte der Selbstdarstellung dienen und damit zu dem werden, was heute als .Öffentlichkeitsarbeit' oder ,Propaganda' bezeichnet wird.1005 Viele Auftragsdrucke wurden in imagefördernder Absicht produziert und sei es nur, um zu belegen, daß man nichts zu verbergen habe oder daß man den Alliierten alle relevanten Informationen zur Verfügung stelle. Berichte, Relationen, Dokumente und ähnliches konnten dabei entweder durch den Standpunkt ihrer Schilderungen oder aufgrund einer gezielten Auswahl der Öffentlichkeitsarbeit dienen. Daß solche Darstellungen, besonders wenn sie sich auf militärische 999 1000
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Den Vorgang schildert: C. Boutant (Anm. 7) S. 339. StadtAA. RTA 344, Korresp. vom 21. Dez. 1688 (Ausf.), Reskr. vom 24. Dez. 1688 (Konz.). C. G. Ahnert (Anm. 59) Bd. 2. S. 536. A. Gestrich (Anm. 10) S. 82 verweist in diesem Zusammenhang auf die Verletzung der Ehre des Angegriffenen. So auch: J. Schwitalla (Anm. 197) S. 23f. So riet der Ansbacher Gesandte auf ein Schreiben des ehemaligen Superintendenten Händel, nicht zu reagieren. StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Sehr. Metternichs an [Voit von Salzburg?] vom 27. Jan. 1712 (Ausf.). Zur Verwendung der Begriffe in historischen Arbeiten vgl. J. Schumann (Anm. 40) S. 2936.
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IV. Informations- und
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Ereignisse bezogen, nicht der reinen Wahrheit verpflichtet waren, ergibt sich aus einem Zusatz zu einem Schreiben des Grafen Hofkirchen vom 23. Juli 1688, das von einer Schlacht berichtete. Dort war ein Postskriptum angefügt, daß der Inhalt wahr sei, da der Graf das Schreiben nur an kaiserliche Minister geschickt habe. Der Nürnberger schrieb, er habe es nach dem Original kopieren lassen, welches später gedruckt worden sei.1006 Drucke und briefliche Informationen konnten sich durchaus widersprechen, wie das 1707 bei einem Schreiben Trautmannsdorfs an den Mainzer der Fall war, nach dem die Alliierten in Spanien geschlagen worden seien, während ein Druck das Gegenteil behauptete.1007 Bei solchen Veröffentlichungen konnten sich richtiggehende Serien entwickeln. Häufig geschah dies bei Berichten aus dem Feldlager.1008 1 686 etwa findet sich eine Serie mit dem Titel , Fernere Fortsetzung/Dessen Was sich nach Eroberung der Stadt und Vestung Ofen begeben [...]'. Alle waren datiert und mit ,Wienn' als Absendeort bezeichnet. Sie erschienen regelmäßig zweimal pro Woche.1009 Auch 1701/02 entstand eine mit ,Relation, Von demjenigen/Was bey der Käyserlichen Armee in Italien vom [...] biß auf den [,..]/Anno [...] fürgangen.' betitelte Serie, die in wöchentlichen Abständen von den Vorkommnissen des Italienfeldzuges berichtete.1010 1702 kam dazu eine Reihe mit Berichten vom Oberrhein, die vermutlich ebenfalls aus offizieller Feder stammten.1011 Solche Serien entstanden häufig, aber nicht ausschließlich bei militärischen Konflikten. 1700 etwa erschien eine Reihe zu den Erlebnissen der kaiserlichen Gesandtschaft in Konstantinopel.1012 Sah sich ein Stand durch eine Nachricht nicht genug gewürdigt, kam es vor, daß er eine zusätzliche herausgab. Als die Sachsen 1683 meinten, ihre Verdienste beim Entsatz Wiens seien nicht genug beachtet worden, ließen sie eine Relation drucken, die diese ins rechte Licht rückte.1013 Ebenfalls zu einer Frage des ,Images' konnte die Weitergabe von Dekreten werden. So bat der Augsburger 1687 darum, stets einige Exemplare neuer Münzdekrete übersandt zu bekommen, da sie den Eifer der Stadt zeigten und Nürnberg 1006
StadtAA. RTA 343, Korresp. Richters vom 10. Aug. 1688 (Ausf.), eine Kopie des Schreibens und des PS. liegt bei. 1007 StadtAA. RTA 369, Korresp. vom 31. Mai 1707 (Ausf.). 1008 W. Duchkowitsch (Anm. 136) S. 209f. 1009 Vgl. StadtAA. RTA 339, Ber. vom 24. Sept., 3. Okt. 1686; RTA 340, Ber. vom 15. und 22. Okt. 1686, die Drucke liegen bei. Diese sind datiert auf Wien den: 15., 19., 29. Sept., 3., 6., 10., 13. und 17. Okt. 1686. 1010 Vgl. die Beilagen zu: StadtAA. RTA 380, Korresp. vom 9. Aug., 20. Sept., 11. Okt., 1., 8., 15. Nov. 1701; RTA 381, Beilagen zu den Korresp. vom 3., 24. Jan., 21. Febr., 20. Juni 1702. 1011 Die Verfassung solch offizieller Relationen ist auch vom ,Großen Kurfürsten' bekannt. Vgl. G. Mentz (Anm. 200) S. 7. 10,2 ,Fernere Relation, Von demjenigen/Was vom [...] biß auf den [...] in Constantinopel/bey der Käyserlichen Groß-Gesandtschafft passiret. Vgl. StadtAA. RTA 361, Beilagen zu den Korresp. vom 11., 18. Mai, 22., 29. Juni 1700. 1013 StadtAA. RTA 332, Ber. vom 16. Nov. 1683. Die ,Relation, Von der Victoria Der Christen/So sie Bey Entsatz der Statt Wienn/gegen die Türcken erhalten' liegt bei.
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das auch immer täte.1014 Hier kam als Motiv hinzu, daß man nicht hinter anderen zurückbleiben wollte. War es üblich geworden, gewisse Informationen weiterzugeben, konnte man sich dem nicht entziehen. Hatte man erst einmal begonnen, bestimmten Leuten Nachrichten zu vermitteln, konnte man damit nicht einfach wieder aufhören.1015 Die Weitergabe mancher Informationen diktierte schlicht die Gewohnheit. Dazu gehören vor allem die Notifikationen. Der Bayer sah sich 1701 gezwungen, die Nachricht von der Geburt des fünften Kurprinzen auch an den Konkommissar zu geben, da ihn dieser sonst der Unhöflichkeit bezichtigen würde.1016 Bestimmte Informationen bekannt zu machen wurde als selbstverständlich erachtet. So erregten sich die Ansbacher Vertreter 1703, es sei fast unglaublich, und eine schände zu sagen, daß von einer Schlacht bei Ditfurth erst 10 tage hernach eine zuverlässige Meldung kam.1017 Erhielt ein Gesandter Nachricht von einem freudigen Ereignis, zögerte er nicht, diese weiterzugeben. Als 1685 ein Kurier die Eroberung Neuhäusels und einen Sieg über die Türken meldete, wurde das sofort bekannt gemacht. Der Augsburger sandte zudem specialia, die er vom Konkommissar erhalten hatte.1018 Die Gepflogenheit, Korrespondenzteile drucken zu lassen, wurde bereits beschrieben. Es war ebenso üblich, über Instruktionen zu sprechen und sie in Auszügen mitzuteilen, um sich das gegenseitige Vertrauen zu beweisen.1019 Häufig wurde eine Instruktion an den Stand weitergegeben, der direkt davon betroffen war, bevorzugt natürlich dann, wenn sie für diesen positiv ausgefallen war.1020 Es bildeten sich Gruppen von Gesandten, die sich regelmäßig zur Absprache trafen, was natürlich nicht zu machen war, wenn man sich nicht gegenseitig seine Instruktionen anvertraute.1021 Allerdings gab es Informationen, die weiterzugeben bedenklich oder nicht ratsam erschien. Es galt, auf die eigene Reputation zu achten und sich nicht selbst bloßzustellen. Ein Memorial der Kurpfalz löste daher 1699 Verwunderung aus, da darin über französische Gewalttätigkeiten wegen ausstehender Zahlungen geklagt wurde. Man zweifelte an der Qualität der Räte, die rieten, die Beilagen dergestalten publique zu machen, anerwogen vor das erste deroselben hoche reputation nit nur allein an der vorgenommenen französ. procedur, sondern auch in der von dem König in Franckreich erthailten [...] antwort durch die hierinnen befindliche
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StadtAA. RTA 341, Ber. vom 10. Juni 1688 (Ausf.). Als der Braunschweiger 1686 auf dem Rathaus ein Reskr. zum Konflikt zwischen Dänemark und Hamburg vorlas, nahm ihm der Bayer das Versprechen ab, ihn weiterhin mit Meldungen zu diesem Thema zu versorgen. BHStA. KB. ÄA 3457, Ber. vom 9. Sept. 1686 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 25. Juli 1701 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 191, Ber. vom 14. März 1703 (Ausf.). StadtAA. RTA 336, Ber. vom 23. Aug. 1685 (Ausf.). Dies war auch auf Kongressen üblich. Vgl. L. Bely (Anm. 17) S. 497f. Bspw. StAN. Fm. Ansbach. RTA 198, Ber. vom 5. Jan., 27. Juli 1707 (jew. Ausf.). Vgl. hierzu Kap. IV. 4.1.
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IV. Informations- und Kommunikationssystem 1022
verschiedentliche expressionen mercklich touchirt ist. Es gab zudem Dinge, die man schlicht nicht weitergeben konnte, etwa wenn sie sich gegen die Ehre, das Gesetz oder das gemeinsame Interesse richteten. So meinte der Ansbacher Gesandte, als er im Auftrag Brandenburgs 1703 zu Verhandlungen mit Bayern um eine Neutralisierung des Territoriums riet, man könne für Verhandlungen mit dem bayerischen Gesandten viele Gründe finden, dann es verstehet sich von selbst, daß die vera causa hier müsste verschwiegen werden.1023 Mitteilungen konnten eingestellt werden, wenn sie nicht den erwünschten Effekt hatten, wie das 1701 dem Schweden befohlen wurde, als sein König feststellte, daß die Katholiken ihm die militärischen Erfolge mißgönnten. Der Gesandte durfte daraufhin keinen der Berichte aus dem Feldlager mehr mitteilen oder drukken lassen, wie er es bisher selbstverständlich getan hatte.1024 Doch gab es auch Regierungen, wie etwa die bayerische, die der Informationsweitergabe generell skeptisch gegenüber standen. Sie teilten zwar dem Vertreter wichtige Fakten mit, verboten ihm jedoch, andere davon zu unterrichten. So wurde Tattenbach 1697 nicht gestattet, Informationen, die er aus dem Haag erhielt, an die Kurfürstlichen weiterzugeben, damit man sich darüber gemeinschaftlich mit fundament justificiren köndte.1025 Offensichtlich hätte er gerne mit Kollegen über die Friedensverhandlungen gesprochen und dazu etwas beizutragen gehabt. Selbst Schreiben, deren Inhalt bereits bekannt war, durften aus strategischen Gründen teilweise nicht preisgegeben werden. 1684 etwa verbot ein kayser: special befelch, das Schreiben an den Fränkischen Kreis, in welchem der Kaiser geschrieben hatte, er wolle den Stillstand mit Frankreich auf drei Jahre begrenzen, sehen zu lassen, obwohl das Schreiben auf dem Kreistag bereits diktiert worden war.' 026 Auch Rechnungen waren eine Form der Information, die als nicht mitteilbar galt. Als die Kaiserlichen 1686 meinten, die Anstrengungen des Schwäbischen Kreises hätten nicht einmal den Umfang von 50 Römermonaten, bat der Augsburger zu Hause um die genaue Höhe des Quantums. Die Stadt sandte ihm ein Bauschkonto, aus dem zu ersehen war, daß sich die Kosten auf 83 Römermonate beliefen. Der Abgesandte glaubte, das sei sehr nützlich, um sich darauf zu beziehen, versprach jedoch, es wie angeordnet niemanden zu communicieren.1027 Ein Gesandter konnte sich entscheiden, eine Nachricht nicht weiterzugeben, selbst wenn es bei der Art der Meldung ansonsten üblich war und es kein Befehl verbot. Als 1685 die Kunde von der Eroberung Neuhäusels Regensburg erreichte, hieß es, der französische Plenipotentiarius hätte davon schon seit gestern vormit1022
1023 1024 1025 1026 1027
Der Mainzer Kurfürst ließ sogar nachfragen, ob das Memorial tatsächlich diktiert werden solle. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 17. Sept. (dort Zitat) und 5. Okt. 1699 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 192, Ber. vom 17. Mai 1703 (Ausf.). StadtAA. RTA 380, Korresp. vom 6. Sept. 1701 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3484, Ber. vom 29. Juli 1697 (Ausf.). StadtAA. RTA 333, Ber. vom 11. Apr. 1684 (Ausf.). StadtAA. RTA 338, Ber. vom 26. März, 16. Apr. 1686 (jew. Ausf.) und Reskr. vom 12. Apr. 1686 (Konz.).
2.
Informationsweitergabe
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tag um 10 uhr gewußt, es aber niemandem mitgeteilt, da es vor seinen König nichts annehmliches sei.1028 Sein Schweigen wurde gegen den Franzosen gewendet, dem unterstellt wurde, nicht nur unkollegial gehandelt zu haben, sondern sich auch über einen Sieg der christlichen Waffen gegen die Ungläubigen nicht zu freuen. Die Weitergabe von Informationen auf dem Reichstag beruhte auf politischen Gründen und Fragen des ,Images', das sich mit Vorstellungen von Ehre und Reputation verband. Sie konnte sich gegen jemanden richten oder für einen selbst werben. Sie war somit sowohl negativ als positiv einsetzbar. Soweit entsprachen die Gründe denen, welche auch die anderen europäischen Mächte veranlaßten, bestimmte Handlungen zu erklären. Die Tendenz, wichtige Fakten mitzuteilen, verstärkten sich gesamteuropäisch im Kontext der Ausbildung des ständigen Gesandtenwesens, da es hier nötig war, Vertrauen zu generieren. Doch wurzelte die Motivation bei vielen Reichsständen noch in einer anderen Tradition. Das Reich wurde als Einheit begriffen, die auf gegenseitigem Vertrauen basierte und dazu gehörte eben auch das Wissen übereinander. Dennoch war es nicht üblich, alles mitzuteilen, insbesondere dann nicht, wenn es einem selbst schaden konnte.
1028
StadtAA. RTA 336, Ber. vom 23. Aug. 1685 (Ausf.).
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
3. Die Informationsbeschaffung und -aufnähme durch den Gesandten Die Gesandten konnten nicht einfach warten, daß Informationen zu ihnen kamen, sondern sie mußten sich aktiv darum bemühen. Gelegenheit dazu bot sich bei persönlichen Kontakten, wo man zwanglos nachfragen konnte. Ob man immer eine Antwort erhielt, war eine andere Sache. Jeder Vertreter hatte zudem Kontakte außerhalb Regensburgs. Der Anteil der Gesandten an den Korrespondenznetzen zwischen Regierungsvertretern war beträchtlich. Unabhängig von der Kooperationsbereitschaft von Kollegen konnte man durch das Lesen von Flug- und Amtsdruckschriften, Büchern oder Akten an nötige Informationen gelangen. Einen hohen Stellenwert hatte daher die Beschaffung von Nachrichten über den Medienmarkt. Dafür benötigte man Geld.1029 Information war aber nicht nur dort eine Ware. Die Weitergabe, Übermittlung oder die Verschaffung eines Zugangs dazu, waren im wahrsten Sinne des Wortes Geld wert.1030 Das galt auch, wenn es darum ging, an zurückgehaltene Informationen zu kommen. Eng damit verbunden waren die Beobachtung und sonstige Praktiken, bei denen der Gesandte zum Spion mutierte.
3.1 Die Bitte um Information und der Zwang zur Stellungnahme Die Beschaffung von Informationen erforderte wenig Aufwand, wenn man jemanden, der darüber verfügte, bat, sie weiterzugeben. Da es im Ermessen des Gesprächspartners lag, ob er diese vollständig, teilweise oder überhaupt nicht mitteilte, bewegte sich diese Form zwischen der Nachrichtenbeschaffung und der -weitergäbe. Die Fragen konnten sehr konkret sein. Wollte man wissen, was in einer Konferenz vorgefallen war, so erkundigte man sich bei jemand, der dabei gewesen war. Über die 1691 stattfindenden Beratungen der Fürstlichen über das Zeremoniell erfuhr der Kanzler von St. Emmeram beispielsweise auf[...] anfragen beim Salzburger.1031 Nachgefragt wurde, wenn man zu einer Nachricht noch mehr Details haben wollte. Der Augsburger Abgesandte etwa legte zur Eroberung Neuhäusels das bei, was er fiir specialia von des Kay: H. Concommissarif Excellz. davon bekommen können,1032 Wenig erhöhte die Neugier eines Gesandten so, als zu wissen, daß es etwas oder noch mehr zu wissen gäbe. Des öfteren stößt man in Berichten auf Hinweise, wie den des bayerischen Gesandten Neuhaus, er hoffe 1029 1030 1031 1032
Das betont auch M. Giesecke (Anm. 38) S. 415. Für die Zeit um 1500 zeigt dies: V. Groebner (Anm. 166) S. 230f. StadtAA. RTA 350, Korresp. vom 12. Juni 1691 (Ausf.). StadtAA. RTA 336, Ber. vom 23. Aug. 1685 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
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bald hinter ein Vorhaben der Korrespondierenden, das sehr secretirt werde, zu kommen1033 oder den des Kölner Gesandten, angeblich habe Dänemark hart auf ein Holsteiner Schreiben geantwortet, er werde sich bemühen, es zu erhalten.1034 War ein Teil eines Briefwechsels bekannt geworden, versuchte man den zweiten Teil zu beschaffen. Der Augsburger Abgesandte schrieb 1704, daß ein Schreiben der Kurfürstin von Bayern an Augsburg, das auf den 9. Oktober datiert war, am 29. bereits in Regensburg bekannt war. Nun begehrten die Gesandten auch die Antwort zu wissen.1035 Wurde in einer Anzeige ein Schriftstück erwähnt, begannen die Nachforschungen. Diese waren nicht immer gleich von Erfolg gekrönt, wie das aus einer Bemerkung hervorgeht, einen Extrakt habe man auf fleissiges erkhundigen noch nit zu sehen, weniger ad statum describendi bekhommen khönen.m6 Ähnlich war es, wenn ein Gesandter im Gespräch etwas beiläufig erwähnte, wie 1688 der Celler gegenüber dem Augsburger Korrespondenten, als er sagte, zum Handwerkerwesen gäbe es einige Erinnerungen. Dieser bemühte sich daraufhin, sie sich zu verschaffen und brachte sie schließlich verwichne wochen ex privata communication zu handen.mi Benötigte man Hintergrundinformationen, wandte man sich an jemanden, der es wissen konnte. Den Augsburger fragten daher 1708 mehrere Gesandte nach Informationen zum schwäbischen Kreisdirektorium, da es bei einer Kommission Streit um die Stellung Hannovers im Niedersächsischen Kreis gegeben hatte.1038 Eine spezielle Form war die Nachfrage nach der Meinung der Regierung, was als ,sondieren' bezeichnet wurde und zu jeder Entscheidungsfindung parallel lief. Dazu mußte die Möglichkeit zum Gespräch gegeben sein, was nicht immer der Fall war. So berichtete der Bayer 1691, er habe bei den Fürstlichen nicht sondieren können, da ein Zeremonialstreit die Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen, unterbinde.1039 Hatte ein Gesandter Kollegen auf die nächste Post vertröstet, konnte er sicher sein, daß sie kurz nachdem diese angekommen war, erschienen oder anfragten.1040 Vermutete man, ein Gesandter könne über seine Verbindungen eine Information oder ein Dokument besorgen, so bat man ihn darum. So ersuchte der Bayer 1701 seinen sächsischen Kollegen, von dem er wußte, daß er mit seinem Amtskollegen in Berlin korrespondiere, diesen um das neue Hofzeremoniell zu bitten,
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BHStA. KB. ÄA 3480, Ber. vom 23. Dez. 1694 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3468, Ber. vom 17. Jan. 1690 (Ausf.). StadtAA. RTA 364, Ber. vom 29. Okt. 1704 (Ausf.). StadtAA. RTA 350, Korresp. vom 10. Juli 1691 (Ausf.). StadtAA. RTA 342, Korresp. vom 18. Mai 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 371, Ber. vom 18. Dez. 1708 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3471, Ber. vom 4. Jan. 1691 (Ausf.). So wurde der Bayer 1694, nachdem er die der Hannoveraner Kur zustimmenden Kurfürsten und den Hannoveraner auf eine Instruktion in der nächsten Post vertröstet hatte, nach Ankunft der Post von diesen aufgesucht. BHStA. KB. ÄA 3479, Ber. vom 18. Jan. 1694 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
was geschah.1041 Der Hannoveraner und Österreicher wollten 1711 vor der Kaiserwahl eine Beschreibung der 1690 in Augsburg erfolgten Wahl und wandten sich mit der Bitte an den Abgesandten der Stadt, er möge ihnen ein Exemplar des Drucks ,Das geehrte Augspurg' besorgen. Die Stadt sandte die gewünschten Schriften zu.1042 Begehrt waren auch Ordnungen und Münzdekrete. Der Augsburger zum Beispiel erbat 1685 von zu Hause ein bis sechs Exemplare des Münzanschlags, weil selbige von einem und andern vornehmen abgesandten sehr desiderirt wurde.1043 Wenn wie 1688 von den Kurfürsten zu einem Aufsatz gegen die Vergabe von Voten an die Ritter noch Dokumente benötigt wurden, fragte man ebenfalls bei Vertretern von Ständen nach, die diese im Archiv haben konnten und die vermutlich ein Interesse an der Weitergabe hatten. Im vorliegenden Fall wurde dem Nürnberger, der mit Augsburg korrespondierte, mitgeteilt, man wünsche die letztere extension des keis. privilegii Rudolphini communicirt zuerhalten. Die Reichsstadt schrieb aber, diese könne sie nicht weitergeben.1044 Bei solchen Wünschen mußte man seinem Gegenüber nicht immer die Wahrheit über dessen Zweck sagen. Als etwa der Augsburger Unterhändler zur Indemnisationssache in Wien Informationen über einige Regensburger Privilegien brauchte, die als Vorbild herangezogen werden konnten, sollte sie ihm sein Regensburger Kollege beschaffen. Dieser ersuchte den Regensburger Vertreter darum, der daraufhin vermutete, ein kaiserlicher Minister wolle vielleicht Regensburg gegen Bayern helfen. Der Augsburger schrieb, er habe ihn bei diesem Verdacht auch gerne gelassen, da er sonst die Privilegien wohl nicht erhalten hätte.1045 Damit hatte er nicht direkt gelogen, aber den wahren Grund geschickt verschwiegen. Ein Beispiel für den Nutzen einer Dissimulation. Die Weitergabe war aber nicht immer eine reine Gefälligkeit. So wünschte der Schwede 1696 von Metternich die Mitteilung eines Protokolls des Fränkischen Kreistags. In der Proposition habe er gesehen, der Kreis wolle über die vorgeschlagene schwedische Friedensvermittlung beraten und er wüßte gerne, wohin die Meinungen gingen. Ansbach rang sich mit einigen Skrupeln dazu durch, das gewünschte Protokoll weiterzugeben, obwohl man meinte, daß mit dergleichen communication behuetsam zu verfahren. Er machte zur Bedingung, daß der Schwede damit vorsichtig umgehe, damit nicht kunt werde, daß die communicati1041
BHStA, KB, ÄA 3491, Ber. vom 21. Juli 1701 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 16. Juni 1711 (Ausf.), Weisung vom 19. Juni 1711 (Konz.). Es handelte sich vermutlich um einen der beiden Drucke unter dem Titel ,Das Hochbeehrte Augsburg'. Die vollständigen Titel finden sich im Literaturverzeichnis. 1043 StadtAA. RTA 336, Ber. vom 16. Okt. 1685 (Ausf.). Offensichtlich reichten diese aber nicht, denn kurz darauf wünschte er weitere. StadtAA. RTA 337, Ber. vom 29. Jan. und 12. Febr. 1686 (jew. Ausf.). Auch vom Münzverruf 1687 wollte er einige Drucke. StadtAA. RTA 342, Ber. vom 9. Dez. 1687 (Ausf.). 1044 StadtAA. RTA 343, Korresp. Richters vom 31. Aug. 1688 (Ausf.), Reskr. vom 3. Sept. 1688 (Konz.). 1045 StAA. RS Augsburg. MüB Lit. 52 a, Sehr. Holzapfels an Heyland vom 27. März 1705 (Ausf.). 1042
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
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on von uns geschehen, ehedem die sache von creises wegen selbst angebracht und eröffnet worden.1046 Es stellt sich die Frage, warum Ansbach das geheim zu haltende Protokoll weitergab und warum sich der Schwede über Metternich an Ansbach wandte, obwohl dieser mit Bayreuth einen der fränkischen Ausschreibenden und den Kreisobristen vertrat. Die Vermutung liegt nahe, daß sich der Schwede und vielleicht auch Metternich das Protokoll eher von Ansbach als von Bayreuth erwarteten, denn dieses war durch sein Amt dem Kreis enger verpflichtet. In Ansbach regierte mit Georg Friedrich zudem ein junger Fürst, der seine Regierungsaufgaben nicht sonderlich ernst nahm. Da er gerade abwesend war, führte der Rat die Geschäfte.1047 Dazu kam noch der größere Machtunterschied zwischen Ansbach und Schweden, als zwischen diesem und Bayreuth. Die Wahrscheinlichkeit, eine Antwort zu erhalten, erhöhte sich, wenn zwischen Bittenden und Gebetenem ein Machtgefalle bestand. Stände von niedrigerem Rang sahen sich eher veranlaßt, eine Information weiterzugeben, um sich einen Ranghöheren zu verpflichten oder ihm zumindest keinen Anlaß zur Verärgerung zu geben. Aus ähnlichen Gründen wandte man sich auch gerne an Stände, die ein Anliegen an den Reichstag gebracht hatten, insbesondere, wenn deren Erfolg noch nicht sicher war. Hinter der freundschaftlich formulierten Bitte konnte sich so ein Verhältnis verbergen, das nach Regeln funktionierte, die sich denen von Patronagebeziehungen näherten, wobei sich das Verhältnis zusätzlich komplizierte, da der Gesandte seinen Herrn zwar vertrat, es aber eben doch nicht war. Die Weitergabe von Informationen war jedoch nicht immer eine einseitige Sache. Häufig funktionierte sie nach den Regeln des ,do-ut-des\ Ergab sich die Möglichkeit fur eine Auskunft oder ein Dokument etwas Gleichwertiges anzubieten, wurde diese wahrgenommen. Der Augsburger erhielt etwa vom Nürnberger den fränkischen Kreisrezeß und erbat sich für diesen dagegen copiam von dem schwäb: außschreiben.ms Zwischen den beiden Städten herrschte bald ein reger Austausch von Kreisakten. Es wurden aber nicht nur Gesandte um Informationen angegangen. Man schreckte nicht davor zurück, Minister anderer Stände direkt zu fragen. So schrieb der Bayer Neuhaus 1694, der Brandenburger Metternich lasse der ,Exzellenz' für die Kooperation bei der Beschaffung eines Briefes des bayerischen Kurfürsten an Polen danken.1049 Korrespondenten baten die sie beauftragenden Regierungen ebenfalls um Informationen. Der Nürnberger Richter wollte 1690 von Augsburg etwa den Schluß zum Münzwesen, die Proben der schlechten Sorten und die Be1046
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StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 31. Okt. und 5. Dez. 1696 (jew. Ausf.), Reskr. vom 30. Okt. 1696 (Konz.) darin die Zitate. Johann Matthias Groß: Burg- und Markgräflich-Brandenburgische Landes- und RegentenHistorie, Darinnen von des Burggrafthums Nürnberg, Und insonderheit Beeder Löblicher Fürstenthümer Brandenburg-Culmbach und Onolzbach Ursprung, Wachsthum und jetziger Consistenz, Dann Deren Regenten, Bis auf diese Zeiten, zuverläßige Nachricht ertheilet wird. Schwabach 1749. S. 511. StadtAA. RTA 333, Ber. vom 11. Apr. 1684 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 15 030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 24. Jan. 1694 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
schlüsse des Kreistags in Ulm, was ihm alles versprochen wurde. 1050 Eine weitere Quelle waren Durchreisende. 1693 zum Beispiel schilderte der bayerische Sekretär die Wiener Haltung wegen der Readmission Böhmens, die ihm der Brandenburger mitgeteilt hatte, der es von einer persohn, so von Wien hier durchgangen erfahren hatte. 1051 Sogar die Regenspurg. schiffleuthe dienten hin und wieder als Ausskunftgeber. 1052 Eine andere Form der ,Bitte' um Information war es, jemanden mit einem Schreiben oder einem Gerücht zu konfrontieren und seine Stellungnahme einzufordern. Der Gesandte war dann in der Situation, irgendwie antworten zu müssen. Für ein Dementi entschied sich 1696 der Däne, als 19 Punkte eines angeblichen Vertrages zwischen Dänemark, den Niederlanden und England bekannt wurden. Er gab zusätzlich einen schriftlichen Protest heraus, doch die gewünschte Wirkung trat nicht vollständig ein, denn einige Gesandte glaubten, daß er das nur zum Schein tat.1053 Die Gefahr, angelogen zu werden, war aufgrund der herrschenden Politikauffassung hoch. So dementierte der bayerische Gesandte 1695 einfach vorsorglich die ihm vorgelegten Kölner und bayerischen Konditionen zur Readmission Böhmens und erkundigte sich erst im Anschluß bei einem Minister, da er über deren legalitet gar nichts wußte. 1054 Solche Situationen konnten für einen Gesandten äußerst unangenehm sein. Der Augsburger Thoman schilderte beispielsweise den Verlauf eines Gesprächs, das der Württemberger 1684 auf dem Rathaus mit ihm führte. Nach einem unverfänglichen Beginn fragte dieser, warum Augsburg an Bayern schriebe, es solle auf einen Kreistag drängen. Thoman antwortete, auch der Kurfürst sei ein schwäbischer Kreisstand, außerdem stünde das doch im Schreiben. Der Württemberger behauptete daraufhin, Augsburg wolle den Kreis in eine Offensivallianz drängen. Dem widersprach der Städter heftig. Sein Gesprächspartner verwies auf das Schreiben. Schließlich stellte sich heraus, daß das Schreiben falsch kopiert worden war und aus einer Defensiv- eine Offensivallianz geworden war. Der Augsburger stellte dem Württemberger sofort eine Kopie seiner Kopie zu und warnte die Stadt vor möglichen weiteren Unannehmlichkeiten. 1055 Die Bitte nach Information wurde also in den unterschiedlichsten Zusammenhängen ausgesprochen und häufig scheint sie nicht umsonst geäußert worden zu sein. Dabei gab es eine ganze Reihe von graduellen Unterschieden, die solche Vorgänge im Spannungsfeld zwischen Gefälligkeit und Zwang verorteten.
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StadtAA. RTA 348, PS. zum Korresp. vom 15. Aug. 1690 (Ausf.), Reskr. vom 18. Aug. 1690 (Konz.). BHStA. KB. ÄA 3478, Ber. vom 3. Aug. 1693 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 174, Korresp. vom 25. Apr. 1685 (Ausf.). StadtAA. RTA 287, Sehr. Richters an Lauber vom 11. Dez. 1696 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 8. Aug. 1695 (Konz.); vgl. ÄA 3481, Ber. vom 18. Aug. 1695 (Ausf.). StadtAA. RTA 332, Ber. vom 22. März 1684 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
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3.2 Die Briefwechsel, Korrespondenzen und geschriebenen Zeitungen Briefe und geschriebene Zeitungen bildeten wichtige Quellen im Informationsnetz der Reichstagsgesandten, die durch Post oder Boten nach Regensburg kamen. Callieres empfahl dabei weder Kosten noch Mühen zu scheuen.1056 Blieben sie aus, fragten die Gesandten den Postmeister nach dem Verbleib ihrer brieff oder wochentliche[n] zeitungs correspondenz}051 Diese müssen sehr umfangreich gewesen sein, doch sind sie nur selten überliefert. Das Briefnetz, die Korrespondenzen und handgeschriebenen Zeitungen der Gesandten sind so schwer zu fassen. Im wesentlichen muß man aus Erwähnungen in den Relationen Rückschlüsse ziehen. Nicht immer wurde dabei der Name des Korrespondenten genannt. So sandte der bayerische Gesandte Wämpl 1686 ein Schreiben Bayreuths an die Ausschreibenden des Schwäbischen Kreises, welche mir in meiner privat correspondenz zuekhommenm% oder nannte das neue Datum des fränkischen Kreistages, das er durch eine privat correspondenz aus Nirnberg erhielt.1059 Der Gesandte stand mit verschiedenen Personenkreisen in brieflichem Austausch. Beispiele dafür finden sich in den wenigen erhaltenen Privatschreiben des Augsburger Abgesandten Thoman. Als Briefpartner tauchen viele Augsburger auf wie sein Schwager Benedikt Winkler, sein Amtskollege Dr. Hans Georg Klosterbauer oder Joseph Adrian Imhoff, daneben der Nürnberger Ratsschreiber Dr. Magnus Fezer, der Württemberger Rat Heinrich Backmeister und Nikolaus Abt von Marchtal.1060 Schreiben erhielt er auch vom Konstanzer Kanzler.1061 Die genannten Personen gehören zu den für eine Gesandtenkorrespondenz typischen Gruppen: Familie, Amtskollegen, Bekannte in vergleichbarer Position und höhergestellte Korrespondenzpartner. Hinzuzufügen wären noch Gesandte an anderen Orten und in einzelnen Fällen Gelehrte. Zuerst waren es die Familienmitglieder, denen man schrieb. Vorteilhaft für den Gehalt an beruflich nutzbaren Informationen war es natürlich, wenn nahe Verwandte wichtige Ämter innehatten, wie etwa der Bruder des Ansbacher Korrespondenten Fabricius, der Vizekanzler in Celle war, was wohl der Grund war, weshalb er über Vorkommnisse in den Braunschweiger Territorien und deren Umgebung gut Bescheid wußte.1062
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F. de Callieres (Amn. 46) Bd. 1. S. 117. Bspw. waren Anfang Juni 1700 die Hamburger Briefe ausgeblieben, da Celler Truppen die Elbe blockierten. BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 3. Juni 1700 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3454, Ber. vom 25. März 1686 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3454, Ber. vom 21. Febr. 1686 (Ausf.). StadtAA. EWA 291. StadtAA. RTA 336, Ber. vom 16. Okt. 1685 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Korresp. vom 29. Nov. 1686 (a.S.) (Ausf.). Dem Ber. an Bayern vom 25. Apr. 1689 (BHStA. KB. ÄA 3465) liegt ein Extrakt eines Schreibens des
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Es war üblich, daß der Gesandte mit bestimmten Personen in der heimischen Regierung korrespondierte, denen er Dinge schrieb, die im Bericht nicht berührt werden konnten und die im Gegenzug Informationen sandten, die über die in den Reskripten enthaltenen hinausgingen. Der Bayer Tattenbach korrespondierte etwa mit dem bayerischen Kabinettssekretär Corbinian von Prielmayer und dem Geheimsekretär Neusönner. Sein Nachfolger Zindt schrieb ebenfalls an Neusönner und den Kabinettssekretär Johann Nikolaus Reichardt.1063 Ernst von Metternich schrieb einige Male an die Ansbacher Georg Christian Seefried und Johann Christoph von Bredo.1064 Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Manche Gesandte standen im Austausch mit Kollegen an anderen Orten. In den Handbüchern wurde geraten, zum Zweck der Information Korrespondenzen an andere Höfe zu unterhalten.1065 Einige Regierungen trugen ihren Vertretern sogar auf, miteinander zu korrespondieren.1066 Diese Form des Kontakts der Gesandten war nicht bei allen Ständen selbstverständlich. Die bayerische Regierung etwa wies dem Reichstagsgesandten 1697 an, mit seinem Kollegen beim Friedenskongreß in Grafenhaag zu korrespondieren.1067 Kurz darauf schrieb er nach München, da in Wien vieles vorfalle, das zu wissen für ihn nützlich wäre, sei zu überlegen, ob dero residenten in Wien nit nur von dergleichen, und anderen alda in publicis passierenden: sonderlich aber in das hiesige ministerium miteinlauffenden materien von zeit zu zeit communication zu pflegen, gnädigst anzubefehlchen belieben wollen,1068 Anscheinend kam der Kontakt zustande, denn in einem späteren Akt finden sich Schreiben Tattenbachs an Mörmann und umgekehrt.1069 Einen dichten Wechsel von Briefen gab es meist dann, wenn Aktionen an verschiedenen Orten zu koordinieren waren. So korrespondierte der Augsburger Abgesandte in Regensburg während der Indemnisationsverhandlungen rege mit dem Wiener.1070 Dabei flössen nicht nur die nötigen geschäftlichen Informatio-
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Celler Kanzlers an den Weimarer Fabricius bei. Weipert Ludwig Fabricius war Celler Vizekanzler und Geheimer Rat. G. Schnath (Anm. 51) Bd. 2. S. 110. Vereinzelte Briefe liegen den Akten BHStA. KB. ÄA 3488, 3490-3497 bei. Eingelegte und eingebundene Briefe in: StAN. Fm. Ansbach. RTA 191. Bspw. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 105. W. J. Roosen (Anm. 47) S. 141 f; Für Frankreich: James Westfall Thompson, Saul Κ. Padover: Secret Diplomacy. Espionage and Cryptography 1500-1815. 2. Aufl. New York 1965. S. 88. Ob dies beim burgundischen Gesandten der Fall war, der Nachrichten von seinem Wiener Kollegen erhielt (StadtAA. RTA 282, Korresp. vom 9. Okt. 1691 (Ausf.)), ist ebenso fraglich, wie beim Briefwechsel zwischen Windischgrätz und dem kaiserlichen Gesandten in Paris (BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 2. Jan. 1687 (Ausf.)). BHStA. KB. ÄA 3483, Reskr. vom 30. Apr. 1697 (Konz.). BHStA. KB. ÄA 3483, 13. Mai 1697 (Ausf.). Eingelegt in: BHStA. KB. ÄA 3487. StadtAA. RTA 365, Ber. vom 24. Febr. 1705 (Ausf.). Teile des Briefwechsels finden sich im StAA. RS Augsburg. MüB Lit. 52 a.
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
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nen, sondern auch sonstige Nachrichten. Holzapfel bat etwa um Meldungen aus Ungarn.1071 Einen wichtigen Baustein des Briefnetzes eines Gesandten bildeten Schreiben von Freunden, Bekannten und Kollegen.1072 Jeder Vertreter hatte eine Reihe solch nützlicher' Bekannter. Diese waren meist in vergleichbaren Positionen in derselben oder in anderen Regierungen. Dem Bayern Neuhaus wurden etwa vom kaiserlichen Gesandten in Dresden Informationen über den Stand der Verhandlungen mit Sachsen in vertrauen zuegeschickt,1073 Die Gesandten bemühten sich, diesen Korrespondentenkreis möglichst auszuweiten. So schrieb der Nürnberger Richter an den Augsburger Dr. Christoph Jacob Lauber, als der Augsburger Abgesandte gestorben und dessen Sohn verreist war, aus guter r[eich]s städt. intention und vertraulicher correspondenz und berichtete, was Nürnberg an Augsburg weitergegeben haben wollte.1074 Damit begann ein jahrelanger Briefwechsel. Die Nachrichtenbeschaffiing über Briefe beruhte im wesentlichen auf Austausch. Richter sandte 1688 an Lauber die Cöln: und Berliner blät: und bot an, dies fortzusetzen, wenn ihm der Augsburger dafür Münchner Briefe beschaffen könne.1075 Er bat Lauber sogar, ihm den Münchner Korrespondenten zu nennen, von dem die Stadt Nachrichten bezog.1076 Zudem äußerte er den Wunsch, den neuen Augsburger Ratskonsulenten Dr. Johann Marci kennenzulernen.1077 Ab 1692 korrespondierte Richter mit dem Augsburger Konsulenten Dr. Daniel Mair.1078 Die brieflichen Informationsnetze waren so sehr dicht. Jeder versuchte möglichst viele gut informierte Partner zu haben. Es kam vor, daß einzelne Personen mit mehreren Regensburger Gesandten gleichzeitig korrespondierten. Zum Teil ersuchten sie sogar einen ihrer Korrespondenten, an den anderen etwas weiterzugeben.1079 Viele Kontakte resultierten aus persönlichen Treffen, etwa auf Kongressen. Der Bayer Wämpl zum Beispiel erhielt immer wieder Nachrichten über die Stimmung im Schwäbischen Kreis durch Briefe.1080 Diese stammten wohl vom Kanzler des Fürstbistum Konstanz, der einer seiner Briefpartner war.1081 Er korrespondierte zudem mit Johann Paul Stang, einem Bamberger Minister,1082 den er 1071
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StAA. RS Augsburg. MüB Lit. 52 a, Sehr. Holzapfels an Heyland von 19. Mai 1705 (Ausf.) fol. 634 v . C.-G. Picavet (Anm. 41) S. 109. BHStA. KB. ÄA 3474, Ber. vom 21. Apr. 1692 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 30. März 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 31. Aug. 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 13. Juli 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 3. Apr. 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 283, Sehr. Richters an Lauber vom 26. Febr. 1692 (Ausf.). Der Bayer erfuhr vom Stand der Verhandlungen Ecks mit Köln über den Österreicher Lamberg, den dieser gebeten hatte, das weiterzugeben. BHStA. KB. ÄA 3477, Ber. vom 23. März 1693 (Ausf.). Bspw. BHStA. KB. ÄA 3455, Ber. vom 18. Apr., 3. Juni 1686 (jew. Ausf.). Von dieser berichtete er in: BHStA. KB. ÄA 3454, Ber. vom 24. Jan. 1686 (Ausf.). Bspw. BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 17. Apr., 8. und 19. Mai 1687 (jew. Ausf.).
202
IV. Informations- und Kommunikationssystem
ebenfalls von gemeinsam besuchten Kreistagen kannte. Auch Kontakte, die in Regensburg geknüpft wurden, führten oft zu Briefwechseln. Der Augsburger Thoman korrespondierte mit seinem Nürnberger Kollegen, wenn dieser nicht in Regensburg war. Dieser erfuhr so, was in Regensburg und im Schwäbischen Kreis vor sich ging, Thoman erhielt im Gegenzug Nachrichten über Vorkommnisse in Nürnberg und im Fränkischen Kreis.1083 Bei manchen Briefwechseln handelte es sich nicht um einen Austausch unter Gleichen. Dies war bei Korrespondenzen mit regierenden Fürsten oder leitenden Ministern der Fall. Der Kölner Gesandte Holzemius etwa unterhielt mit Kardinal Fürstenberg eine paricular correspondenzl0M und Konkommissar Seilern hatte eine gar genauhe corespondenz mit dem Trierer Kurfürsten.1085 Der Däne Piper von Löwencron korrespondierte mit Herzog Anton Ulrich von Wolfenbüttel. Allerdings zeigte sich hier deutlich, daß Informationen nur so lange flössen, wie man sich im selben Lager wähnte. Als sich Dänemark von den Korrespondierenden abwandte, schrieb der Herzog, der Gesandte werde verstehen, daß er ihm nicht schreibe, was er mit Gotha verhandelt habe und fügte an: „Unsere Correspondentz wird sonsten hinfüro wol von anderen Materien müssen handeln."1086 Der briefliche Austausch wurde häufig nicht aus privatem Interesse unterhalten. Gesandte sollten möglichst genau über alle politischen Entwicklungen Bescheid wissen. Briefe konnten hier sehr genaue Informationen vermitteln. Der Bayer etwa sandte einen Extrakt aus einem Schreiben an einen der Braunschweiger, die zu den Überlegungen zur Gewährung eines Elbzolls an Dänemark durch ire correspondenten mehrere particularien, als an die g[n&\diste Churfiirsten und Herrn von Irer Mt. dem Kayser selbsten überschriben wordn, hatten.1087 Da Briefe als glaubwürdiger galten als Zeitungsnachrichten wurde ihnen, wenn es verschiedene Berichte gab, der Vorzug gegeben. 1711 glaubte man den kolportierten schwedischen Sieg gegen Rußland nicht, da der Sachse einen Brief aus dem russischen Lager hatte, in dem nichts Dahingehendes stand.1088 Die Schreiben wurden auch zur Unterstützung bei der Auswahl aus einem Angebot verschiedener Nachrichten herangezogen. Der bayerische Gesandte sandte 1691 eine Schilderung eines Sieges aus den Wiener Korrespondenzen, da sie am besten mit den Fakten im Handbrief Ludwigs von Baden an den Prinzipalkommissar übereinstimme.1089 Briefe dienten so als Korrektiv zu anderen Informationen. Briefliche Kontakte wurden auch zur Beschaffung benötigter Fakten aktiviert. Das Corpus Evangelicorum bat 1698 beispielsweise den Schweden über einen 1083 1084 1085 1086
1087 1088 1089
Einzelne Briefe finden sich im StAN. RS Nürnberg. RTA 314, 315 und 317. BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 6. Jan. 1687 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 15 030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 21. Apr. 1695 (Konz.). Sehr. Anton Ulrichs an Piper vom 22. Aug. 1700, in: G. Schnath (Anm. 51) Bd. 4. Aktenanhang Nr. 91. S. 545. BHStA. KB. ÄA 3469, Ber. vom 10. Juli 1690 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 207, Ber. vom 12. Aug. 1711 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3473, Ber. vom 3. Sept. 1691 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
203
Briefpartner nähere Nachrichten zu den angeblichen Übergriffen der Protestanten in Kirn einzuholen, die der französische Plenipotentiarius an den Reichstag gebracht hatte. 1090 Ebenso verschaffte man sich Informationen, die man in Regensburg schlecht erbitten konnte, über Korrespondenzen. So bat der Nürnberger Richter seinen Augsburger Korrespondenten 1695 um das Scheidungsurteil des Hannoveraner Erbprinzen welches er hier nit gern begehren mochte. 1091 Ein gutes Korrespondenznetz versorgte einen Gesandten zudem mit Nachrichten, die er austauschen und zum eigenen Vorteil einsetzen konnte und sei es nur um einen Kontakt zu unterhalten. Richter etwa gab Extrakte aus seiner Augsburger Korrespondenz an die Kaiserliche Kommission, den Sachsen und den Schweden weiter. 1092 Der Österreicher teilte dem Bayern 1688 etwas zum Münzwesen mit, was er aus seiner privat correspondenz nach Wien wußte. 1093 Zum selben Thema verlas der Brandenburger einen Brief eines Leipziger Kaufmanns. 1094 Lamberg stellte dem Bayern aus einem Schreiben Claris' 1095 vor, daß Sachsen wegen der starken Rüstung Hannovers beunruhigt sei.1096 Der Passauer Hörnigk ließ dem Augsburger etwas über den Wahltag aus seinen Frankfurter Briefen zukommen. 1097 Die Reihe ließe sich um eine Vielzahl von Beispielen vermehren. Daß Nachrichten weitergegeben wurden, wußten auch die Korrespondenten. Und das nicht nur, weil sie es selbst so handhabten, sondern da ihnen manchmal berichtet wurde, wer diese oder jene Nachricht erhalten hatte. 1098 Informationen aus Briefen hatten einen hohen Wert, wenn es sich um Detailinformationen, Lageeinschätzungen, geheimes Material oder um Nachrichten aus entfernteren Regionen handelte. Einige Vertreter wurden sogar mit bestimmten Regionen verbunden, da man wußte, daß sie dorthin Beziehungen unterhielten. Vom Niederländer Petrus Valkenier erwartete man etwa Nachrichten aus den Niederlanden und England, die er auch fleißig weitergab. 1099
1090
1091 1092
1093 1094 1095
1096 1097 1098
1099
StadtAA. RTA 289, Sehr. [Richters] an den evangelischen Ratsteil vom 8. Juli 1698 (Ausf.). StadtAA. RTA 286, Sehr. Richters an Lauber vom 5. März 1695 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 14. Nov. und 21. Dez. 1688 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3460, Ber. vom 8. Jan. 1688 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3460, Ber. vom 12. Jan. 1688 (Ausf.). Vermutlich handelte es sich um Johann Georg Marx Graf von Clary und Aidlingen, der den Kaiser vom 14.3.1686-19.4.1689 in Dresden vertrat. Vgl. Repertorium der Diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Hg. von Ludwig Bittner/ Lothar Groß. Nachdruck der Ausgabe 1936. Berlin 1976. 3 Bde. Bd. 1. S. 163. BHStA. KB. ÄA 3472, Ber. vom 21. Juni 1691 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 15. Sept. 1711 (Ausf.). So schrieb der Nürnberger Richter seinem Augsburger Korrespondenten, er habe die Kreisschlüsse weiter an Nürnberg gesandt. StadtAA. RTA 280, Sehr. Richters an Lauber vom 8. Nov. 1689 (Ausf.). Es wurde sogar berichtet, wenn er nichts Neues erhalten hatte. StAN. Fm. Ansbach. RTA 178, Korresp. vom 16. Febr. 1689 (Ausf.).
204
IV. Informations- und Kommunikationssystem
Ebenfalls postalisch kamen Korrespondenzen und handgeschriebene Zeitungen nach Regensburg, die jedoch bezahlt werden mußten. Die Gesandten nutzten auch sie als Quellen, aus denen sie Meldungen in Regensburg oder nach Hause weitergaben. Dabei blieb der Autor meist anonym.1100 Korrespondenzen stammten vor allem aus Orten mit wichtigen politischen oder juristischen Organen. Beliebt waren Korrespondenzen aus Wien. Der Augsburger Holzapfel unterhielt eine Wiener Korrespondenz, die er an den Rat weitergab. Er bat dabei, die nachrichten in etwaß zu menagieren, weilen zu zeithen sachen darinn enthalten, so denen correspondenten ungelegenheit verursachen könnten.1101 Als sein Korrespondent nicht mehr in loco war, wollte er trotzdem nicht auf eine Wiener Korrespondenz verzichten.1102 Einige Monate daraufhatte er sich dort wiederum eine geheimbe correspondenz [...] erworben, die er ebenfalls einsandte.1103 Ab September dieses Jahres schickte er sie sogar extra am Donnerstag ein.1104 Henniges übermittelte die jeden Montag ankommenden ordinär advisen von Wien nach Ansbach.1105 Korrespondenzen nach Wien hatte auch der Hannoveraner.1106 Aus dem Haag bezog der Burgunder Korrespondenzen.1107 Auch Henniges hatte holländische Briefe.1108 Vom Burgunder erhielt der Bayer Meldungen aus einer Pariser Korrespondenz.1109 Der englische Resident Etherege hatte ebenfalls einen Korrespondenten in Paris.1110 Vom kaiserlichen Prinzipalmitrepräsentanten Windischgrätz ist bekannt, daß er später als Reichsvizekanzler wöchentlich sieben handgeschriebene Zeitungen des Venezianers Giovanni Quorlis zu 30 Dukaten bezog.1111 Der Mainzer erwähnte dagegen 1703 gegenüber dem Bayern Münchner correspondenzen.nn Aller Wahrscheinlichkeit nach war das Korrespondenzwesen sehr dicht, doch macht sich hier ein Überlieferungsproblem bemerkbar. Korrespondenzen wurden selten erwähnt und verschwanden, wenn sie den Berichten beige1100
Nur der Augsburger Korrespondent Elenbrecht bezeichnete einmal Sternhöck, den schwedischen Gesandten in Wien, als Autor der Nachricht, daß ein schwedischer Sekretär auf dem Weg zum König sei. StadtAA. RTA 389, Korresp. vom 18. Febr. 1710 (Ausf.). Nach L. Bely (Anm. 17) S. 93 stand Sternhöck auch in französischem Sold. 1101 StadtAA. RTA 371, Ber. vom 1. Jan. 1709 (Ausf.). 1102 StadtAA. RTA 376, Ber. vom 6. Mai 1710 (Ausf.). 1103 StadtAA. RTA 376, Ber. vom 29. Juli 1710 (Ausf.). 1104 StadtAA. RTA 376, Ber. vom 2. Sept. 1710 (Ausf.). 1105 Bspw. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 25. Nov. 1688 (Ausf.). Henniges schreibt, sie seien ,vorgestern' angekommen. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 8. Dez. 1688 (Ausf.). Da er mittwochs berichtete, muß es sich um Montag handeln. 1106 BHStA. KB. K. schw. Sehr. Neuhaus an ? vom 14. März 1695 (Konz.). 1107 BHStA. KB. ÄA 3448, Ber. vom 8. Juni 1684 (Ausf.). 1108 Bspw. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 1., 8., 15. Dez. 1688 (jew. Ausf.). 1109 BHStA. KB. ÄA 3457, Ber. vom 12. Dez. 1686 (Ausf.). 1110 Sehr, an Betterton vom 26. Mai 1687, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 119. 1111 Mario Infelise: Le marche des informations ä Venise au XVIIe siecle, in: Henri Duranton/ Pierre Retat (Hg.): Gazettes et information politique sous l'Ancien Regime. St. Etienne 1999. S. 117-128, hier S. 124, 126. 1112 BHStA. KB. ÄA 3495, Ber. vom 31. Mai 1703 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
205
legt waren, oft aus den Akten. Sind sie jedoch erst einmal vom Bericht getrennt, ist ihre Zuweisung kaum mehr möglich. Dasselbe gilt für die handgeschriebenen Zeitungen. Diese waren relativ leicht erhältlich. Der englische Resident Etherege sandte bereits kurz nach seiner Ankunft ein Wiener „paper of News".1113 In Regensburg gab es mindestens eine Nachrichtenagentur, welche die eingehenden Nachrichten handschriftlich vervielfältigte und verkaufte.1114 In den bayerischen Akten von Ende 1688/Anfang 1689 haben sich zufällig einige wenige Blätter erhalten. Sie übermittelten Nachrichten aus Amsterdam, Augsburg, Berlin, Ehrenbreitstein, England, Frankfurt, Gand [?], Haag, Hanau, Henneberg, Kannstatt, Köln, London, Nürnberg, Paris, der Pfalz, Rom, Rottweil, Schussenried, Straßburg, Stuttgart, Ulm, Waldshut, Weinsberg und Zürich.1115 Neben großen Metropolen standen kleine Orte, die aufgrund militärischer Vorkommnisse ins Blickfeld rückten. Der Schwerpunkt lag auf den Aktionen der Franzosen im Rheingebiet und den vorderen Kreisen sowie auf den englischen Vorkommnissen. Die aus Regensburg vermittelten handgeschriebenen Zeitungen, die 1699-1701 der Augsburger evangelische Ratsteil bezog, vermitteln einen Eindruck von der Fülle der potentiell zu erwerbenden Zeitungen. Die auf 777 Blatt verteilten 1 465 Meldungen stammten aus 78 Orten, wobei Meldungen aus Süd- und Südosteuropa aufgrund der Eigenheiten dieses Bestands kaum vertreten waren.1116 Handgeschriebene Zeitungen wurden natürlich auch vor Ort gelesen. Die Gesandten und Korrespondenten behielten den Markt im Auge, um auf dem neuesten Stand zu sein. Dies zeigen Bemerkungen wie angestern seind zerschidenegeschribene
novellen alhier zum Vorschein
khommen.lul
Die Rolle der durch die Post vermittelten Informationsträger Brief, Korrespondenz und handgeschriebene Zeitung ist kaum zu überschätzen. Während Korrespondenzen und geschriebene Zeitungen eher dem Informationsmarkt angehörten, war der Austausch zwischen Beamten und Diplomaten Teil des persönlichen Kommunikationsnetzes der Gesandten, der ihnen jenseits der Fürstenkorrespondenz und des Medienmarktes Zugang zu Nachrichten verschaffte. Durch diese in ihrer Dichte bisher kaum erfaßten Netze übersprangen interne Informationen relativ leicht die Territoriumsgrenzen. Die Briefwechsel beruhten auf Gegenseitigkeit. Zwar gab es auf der Ebene der Gesandten bereits Ansätze zu einem Austausch aufgrund des Dienstverhältnisses, doch bestimmten über die Struktur eines Netzes vor allem die persönlichen Kontakte. Die in Regensburg erfolgenden Tauschprozesse erweiterten den Kreis der Mitwisser nochmals erheblich. Der Briefwechsel der Gesandten bildete so eines der großen Informationsreservoire. 1113
Sehr. Ethereges an Earl of Middleton vom 27. Nov. 1685, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 9. Zu den Wiener handgeschriebenen Zeitungen: J. Goldfriedrich (Anm. 178) S. 46. 1114 Vgl. Kap. VI. 1.1. 1115 BHStA. KB. ÄA 3463, Beilagen zu den Ber. vom 29. Nov., 6., 13., 20., 27., 30. Dez. 1688; ÄA 3464, Beilagen zu den Ber. vom 6., 17. Jan. 1689. 1116 Vgl. Kap. VI. 1.1 und Anhang 8. 1117 StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 2. Sept. 1706 (Ausf.).
206
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
3.3 Die Flugschriften und Amtsdruckschriften als Informationsquelle Die Informationsweitergabe durch Flugschriften und Amtsdruckschriften wäre sinnlos gewesen, wenn sie nicht auch eine Informationsquelle gewesen wären. Man rechnete fest damit, daß sie in Regensburg beachtet und von dort an die Herrschaften vermittelt würden. Der französische Plenipotentiarius Rousseau de Chamoy behauptete sogar, mit Pamphleten erreiche man dort mehr als mit Gesprächen, da die Gesandten diese gerne zu berichten vergäßen, einen Druck aber immer einsendeten.1118 Auch die Forschung berichtet von der großen Beachtung, die den Drucken in Regensburg geschenkt wurde.1119 Diese ging so weit, daß man Flugschriften sogar abschreiben ließ, wenn sie aus irgendeinem Grund von Interesse waren.1120 Manche Flugschriften sollten die Meinungen zu einem bestimmten Thema lenken oder dieses überhaupt erst zu einem Thema machen. Der Augsburger Thoman etwa brachte mehrere Münztraktate in den Druck, obwohl er fürchtete, es werde wenig darauf/ reflectirt.U2X propagandistische' Flugschriften finden sich in den Akten aber relativ wenige. Von den 273 für die Jahre 1683-1713 bei Hubert Gillot aufgeführten Drucken gegen Ludwig XIV. können zum Beispiel nur 16 nachgewiesen werden.1122 Den höchsten Anteil an den Kleindrucken hatten neben den Amtsdruckschriften die Nachrichtendrucke. Wissenschaftliche Schriften finden sich ebenfalls in erwähnenswertem Umfang. Die Neugier der Gesandten erstreckte sich auch auf verbotene Schriften. Als 1693 eine Flugschrift aus dem Verkehr gezogen wurde, Schloß der Ansbacher die Schilderung des Vorgangs mit dem bezeichnenden Satz: Wan mir hiernechst ein exemplar davon zu handen kommen solte, werde ich solches sofort übersenden,1123 Die kritische Lektüre von Flugschriften durch die Gesandten ist durch den Gebrauch kommentierender Adjektive wie ärgerliche,1124 schmähliches,1125 unwah1118 1119
1120
1121 1122 1123 1124 1125
J. Klaits (Anm. 129) S. 104. J. Haller (Anm. 201) S. 6; L. Bely (Anm. 17) S. 263f.; A. Gestrich. Berlin 2000 (Anm. 979) S. 6; E. Everth (Anm. 8) S. 164; M. Baumanns (Anm. 8) S. 101; M. Schort. 2006 (Anm.4) S. 264-274, 466f. Der Ansbacher ließ 1708 von den gegen Hessen-Darmstadt verteilten Succincta Status causae repraesentatio eine Abschrift anfertigen, obwohl es sich nicht um eine offizielle Darstellung handelte (StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Ber. vom 21. Nov. 1708 (Ausf.)). 1685 sandte der Korrespondent an Ansbach die Abschrift einer angeblich in Bozen gedruckten Schrift gründlicher bericht von der neuen ketzerischen alliance der sinnlosen bauern von Deffereggen mit dem ruchlosen luther-thumb ein (StAN. Fm. Ansbach. RTA 174, Korresp. vom 21. Okt. 1685 (a.S.) (Ausf.)). StadtAA. RTA 339, Ber. vom 8. Okt. 1686 (Ausf.). H. Gillot (Anm. 199) S. 315-363. Nicht mitgezählt wurden einige Journale. StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom [7.] Okt. 1693 (Ausf.). StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 4. Mai 1702 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 194, Ber. vom 17. Dez. 1704 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
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1126 1127 rer, heßlicher pasquille oder patriotische u. wohlgefasste staats reflectioim nes in den Berichten zu erschließen. Der Augsburger Holzapfel lobte 1711 ein herrliches und grundlehrreiches tractätl, in dem das Recht und die Autorität der Landstände verteidigt werde.1129 Bei Memorialen ging es dagegen meist um Fragen des Rechthabens. Der Gesandte trat hier als Berater seiner Regierung auf. Dabei finden sich Urteile, die nicht aus der juristischen oder politischen Perspektive gefällt wurden. So meinte der Ansbacher 1704 in der ,Gründliche[n] Vorstellung/[...]/An Einen Hochlöbl. Reichskonvent zu Regenspurg [...]', den einer der Präsidenten des Kammergerichts und einige Assessoren einreichten, seien seltsahme dinge enthalten.u3° Bei Nachrichtendrucken stand der vermutliche Wahrheitsgehalt im Zentrum der Überlegungen.1131 Von den Regierungen lancierte Meldungen betrachtete man mit besonderer Skepsis. Der Ansbacher berichtete 1703 über solche aus Tirol, die der Hoff-Canzler zu Wien, Graf Bucellini hatte drucken lassen, merkte aber an, ihm scheine der Verlust der Bayern fast unglaublieh.1132 Flugschriften, die eine Regierung herauskommen ließ, versuchte man einzuordnen. So wunderte sich der Nürnberger 1688 über das Erscheinen der ,Historischen Anzeige Von den Eigentlichen Ursachen der Privilegierung des HochLöblichsten Erzhauses Oesterreich' und rätselte zu was end nun solches anjetzo geschehen seyU33 Da viele Drucke ohne Angabe des Autors erschienen, bemühte man sich besonders bei agitierenden um dessen Entlarvung, um die Schrift besser einschätzen zu können. Stand der Verfasser in enger Beziehung zu einer Regierung, nahm man an, sie gäbe deren Meinung wieder. Als 1695 ein erstlich zu Wien ohnlängst vorgekommener, und anjezo allhier nachgedruckter tractat zur böhmischen Kur erschien, spekulierte man, ein Kanonikus habe es geschrieben.1134 Die ,Vindiciae Sacri Romani Imperii' wurden 1695 dem Burgunder Louis de la Neuveforge zugeschrieben, da er in Diskussionen dieselben Argumen1126 1127 1128 1129
1130 1131
1132 1133 1134
StAN. Fm. Ansbach. RTA 174, Korresp. vom 21. Okt. 1685 (a.S.) (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Ber. vom 16. Nov. 1690 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 8. Dez. 1711 (Ausf.). StadtAA. RTA 377, Ber. vom 26. Mai 1711 (Ausf.). Die Schrift liegt nicht bei. Möglicherweise handelte es sich um eine Auflage des ,Discurs Von Land-Ständten', der 1709 erschien. 1711 kam dazu auch eine Refutation heraus. Vgl. Martin Bircher: Deutsche Drucke des Barock 1600-1720 in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Abt. A/Bde. 1-15. Abt. B/Bde. 1-20. Abt. C/Bde. 1-6, Abt. D. München, New Providence, London, Paris. 1977-1995. Β 15362, Β 15363, Β 15364, Β 15365. StAN. Fm. Ansbach. RTA 193, Ber. vom 3. Juni 1704 (Ausf.). So meinte der Ansbacher 1710: Die gedruckte zeitung von dem Könige in Schweden sub C hat keine wahrscheinligkeit. StAN. Fm. Ansbach. RTA 205, Ber. vom 9. Juli 1710 (Ausf.), beiliegend: ,Das erfreute Schweden/Uber Die glückliche Ankunfft eines erwünschten Couriers aus Ungarn/Welchen Seine auf den Marsch begriffene Königl. Majestät von Schweden Carolus XII.[...]'. StAN. Fm. Ansbach. RTA 192, Ber. vom 18. Juli 1703 (Ausf.). StadtAA. RTA 343, Ber. vom 20. Juli 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 356, Korresp. vom 17. Mai 1695 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
te verwendete.1135 Vom ,Advertissement An gesambte Hohe Herrn Alliirte', das Bedingungen zu Friedensverhandlungen mit Frankreich formulierte, wurde vermutet, es stamme vom Trierer oder dem Burgundischen Gesandten.1136 Im selben Jahr wurde letzterem zudem ein französisches Traktat gegen den Waffenstillstand zugeschrieben.1137 Bezüglich des ,Jus Austriacum In Monarchiam Hispanicam Assertum' behauptete der Bayer sichere Nachricht zu haben, daß solches von 1138
einem Passauischen Rhatt, nahmens Horneck seye verfasset worden. Solche Vermutungen waren meist nicht das Produkt der Phantasie eines einzelnen Gesandten, sie entstammten der Regensburger Diskussion. Drucke wurden nicht nur in der stillen Kammer gelesen, sondern bildeten häufig einen Ansatz zum Gedankenaustausch. Solche Diskussionen wurden von Flugschriftenautoren sogar fingiert, wobei sie ihre Argumente einem Gesandten in den Mund legten. Im , Abdruck Zweyer nach- und von Regenspurg verwechselten Schreiben' wurde 1692 [?] ein Briefwechsel zwischen einem die dänische Position vertretenden Holsteiner und seinem Freund in Regensburg geschildert. Im zweiten Brief wird ein Gespräch bei einer Gesellschaft über den Briefwechsel wiedergegeben, den der Holsteiner habe drucken lassen. Bei der Lektüre seien viele Ungereimtheiten und Unwahrheiten aufgefallen. Danach sei ein Hamburger Brief verlesen worden, den die Anwesenden für glaubwürdiger hielten. Dänemark wurde beschuldigt, gegen die Avocatorien verstoßen zu haben, wobei man sich auf holländische Zeitungen berief.1139 Der Gegenspieler des Berichterstatters wurde als scharfsinniger Diskutant dargestellt, der die Übrigen überzeugte. Den Hamburger Argumenten wurde so die größere Überzeugungskraft zugesprochen. Diskussionen, die ähnlich abliefen, gab es vermutlich tatsächlich. Sie können meist nur aus Bemerkungen erschlossen werden. Der Bayer etwa las dem Sachsen 1691 aus einer Flugschrift vor.1140 Die Rezeption fand häufig im kleinen Kreis statt, konnte aber auch größere Gruppen in Bewegung bringen. So berichtete der Ansbacher, die Evangelischen würden gegen eine Flugschrift, die der Pfälzer 1135
StAN. Fm. Allsbach. RTA 185, Ber. vom 3. Aug. 1695 (Ausf.). Der Druck hieß: ,Vindiciae Sacri Romani Imperii Regionum inter Rhenum, Mosam & Mosellam sitarum. Adversus Fallaces Gallorum pacis propositiones, omnibus ad Justam pacem anhelantibus dictae.' 1695, eingelegt in: BHStA. KB. ÄA 3482. 1136 StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 10. Okt. 1696 (Ausf.); StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 11. Okt. 1696 (Ausf.). Der Titel lautete: ,Advertissement An gesambte Hohe Herrn Alliirte/Daß sich wegen der Frantzösischen Friedens-Declarationen circa praeliminaria genugsam praecautioniren möge/ehe man zu den Friedens-Tractaten selbst schreite.' 1137 StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 23. Nov. 1695 (Ausf.). Möglicherweise handelte es sich um ,La politique fran9aise demasquee'. Vgl. F. Kleyser (Anm. 198) S. 102-113. 1138 BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 6. Juni 701 (Ausf.). 1139 Abdruck zweyer Nach- und von Regenspurg verwechselten Schreiben, Die Hamburgische Gravamina contra Dennemarck betreffende. 2. Teil: Näherer Bericht Aus Regenspurg/Auff Eines Freundes aus Holstein unter den 2ten Novembr. dahin abgelassenes Antwort-Schreiben/de dato 7. Decembr. 1691. 1140 BHStA. KB. K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 1. Febr. 1691 (Konz.).
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Kurfürst zum Streit um das Simultaneum vermehren und wieder auflegen ließ, scandalisiren und überlegten, ob sie antworten sollten.1141 Flugschriften fanden in einigen Fällen Eingang in offizielle Vorstellungen. Der Mainzer nahm 1689 in seiner Stellungnahme zum bayerischen Wunsch nach dem Kommando beispielsweise auf die disseminirte also genante Reponse d 'un Gentilhomme Ligeois Bezug, indem er sein Befremden darstellte, daß Bayern darin so hart angegriffen werde.1142 An eine offizielle Antwort auf eine von einer Privatperson herausgegebenen Flugschrift war grundsätzlich nicht zu denken. Dennoch reagierten einige Gesandte mit anonymen Gegenschriften. Der Burgunder beantwortete beispielsweise den Miroir de la Ligue.n43 Nachfragen provozierten dagegen besonders Nachrichtendrucke. So sah sich der bayerische Gesandte 1690 mit der Frage konfrontiert, ob ein Schreiben Bayerns an Brandenburg, in dem es um die Lauenburger Erbfrage ging, echt sei oder ob es sich um ein in Hollandt selbst verfastes gedieht handle. Anlaß gab eine Übersetzung eines undeitlich gedruckten holländischen schreibens.1144 In Regensburg kamen fast wöchentlich Kleindrucke auf den Markt, welche die Reichstagsverhandlungen nicht betrafen und mit denselben ganz keine communication oder rapport hatten.1145 Bei den meisten Drucken, die sich in den Reichstagsakten finden, handelt es sich um Neue Zeitungen. Sie enthielten in der Regel eine einzige Meldung politischen oder militärischen Inhalts.1146 Neben Gesandten gaben auch Korrespondenten den Druck solch Neuer Zeitungen in Auftrag.1147 Drucker und Buchführer sorgten ebenfalls für die Vervielfältigung bestimmter Schriften. Den Auftrag zum Druck des bereits erwähnten Projekts der Wahlkapitulation erteilte 1709 beispielsweise ein hiesiger buchfiihrer.n4& Vorlagen wurden von ihnen aus kommerziellem Interesse den Korrespondenzen und geschriebenen oder gedruckten Zeitungen entnommen. So wurden 1690 Berichte zur Verschwörung in England mehrentheils aus den holländischen couranten vertirt1149 und
1141 1142 1143
1144 1145 1146
1147 1148 1149
StAN. Fm. Ansbach. RTA 189, Ber. vom 20. Jan. 1700 (Ausf.). BHStA. KB. Ä A 3464, Beilage zum Ber. vom 28. Febr. 1689 (Kop.). StadtAA. RTA 356, Korresp. vom 4. Jan. 1695. Nach der im Reskr. vom 7. Jan. 1695 (Konz.) festgehaltenen Meinung des Augsburger Rates hatten seine Ausführungen mehr Solidität. Beim ,Miroir' handelte es sich um: ,Miroir Historique De La Ligue De Γ An 1464: Ού peut se reconnoitre La Ligue de Γ An 1694 pour y decouvrir ce qu'elle a a craindre Des Proportions De Paix Que la France luy fait. Par l'Auteur du Salut de l'Europe. Cologne 1694'. Eine Antwort hieß: ,Avis D' Un Amy A L'Autheur Du Miroir Historique De La Ligue De L'An 1464. Cologne 1694.' Ob das die Schrift des Burgunders war, ist jedoch unklar. BHStA. KB. Ä A 3469, Ber. vom 22. Juni 1690 (Ausf.). Das Translat liegt bei. StAN. Fm. Ansbach. RTA 178, Korresp. vom 9. Febr. 1689 (Ausf.). Vgl. K. Pfarr (Anm. 202) S. 102, 107, 148. Nach der Auszählung S. 124f. enthielten sie fast zu Dreiviertel nur politisch-militärische Nachrichten. Bspw.: BHStA. KB. Ä A 3452, Ber. vom 14. Mai 1685 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 23. Okt. 1709 (Ausf.). StadtAA. RTA 281, Korresp. vom 18. Juli 1690 (Ausf.).
210
IV. Informations- und Kommunikationssystem
1694 ließ der Konkommissar den Druck von angeblichen französischen Friedenspropositionen nach denen frantzös. gazetten konfiszieren.1150 Drucke nicht aus Regensburg stammender Nachrichten und Dokumente wurden des öfteren als Nachdrucke bezeichnet.1151 Insbesondere ausländische Produkte wurden einfach nachgedruckt.1152 Die Akten enthalten Flugschriften in deutscher, lateinischer und französischer, selten in italienischer oder niederländischer Sprache.1153 Sie wurden manchmal auch übersetzt, während sich ursprünglich englische oder spanische Texte nur in Übersetzung finden.1154 Nicht alle Flugschriften, die in Regensburg auf den Markt kamen, waren dort gedruckt worden. Von den 2 032 in den Reichstagsakten Bayerns, Ansbachs und Augsburgs zu findenden Drucken stammen 360 oder 17, 7 % von Regensburger Druckern. Da der Drucker oder der Druckort selten angegeben ist und der Nachweis nur über Aussagen in den Berichten gefuhrt werden kann, ist dies ein erstaunlich hoher Prozentsatz, der vermuten läßt, daß tatsächlich ein beträchtlich größerer Teil der Drucke dort produziert wurde. Die meisten der nicht in Regensburg gedruckten Flugschriften stammten aus dem Reich. Neben Wien1155 finden sich Produkte der Leipziger Drucker Johann Friedrich Gleditsch1156 und Chri1157 1158 stoph Günther, der Felseckerschen Erben in Nürnberg oder des Cöllners 1150
StadtAA. RTA 285, Korresp. vom 23. Nov. 1694 (Ausf.). Das wird deutlich, wenn man bspw. die Drucke der ersten Monate des Jahres 1697 betrachtet: StadtAA. RTA 288, Korresp. vom 22. Jan., 12. Febr., 21., 26. März, 2., 16., 23. Apr., 14., 28. Mai 1697 usw. 1152 Bspw.: ,Nomina Et Cognomina Eminentissimorum Ac Reverendissimorum Dominorum S. R. Cardinalium [...] Juxta Exemplar Impressum Romae Typis Reverend. Cam. Apostol. 1691.' in: StadtAA. RTA 282, Beilagenteil. 1153 Niederländische Flugschriften: BHStA. KB. ÄA 3463, Beilage zum Ber. vom 6. Dez. 1688; StadtAA. RTA 275, Beilagenteil; niederländisch und deutsch: StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Beilage zum Ber. vom 9. Juni 1706. Beispiele italienischer Drucke: StadtAA. RTA 334, Beilage zum Ber. vom 7. Nov. 1684; RTA 336, Beilage zum Ber. vom 11. Sept. 1686; BHStA. KB. ÄA 3487, Beilage zum Ber. vom 2. März 1699. 1154 Bspw. der Ber. Öttingens über seine Reise nach Konstantinopel aus dem Italienischen. StadtAA. RTA 361, Korresp. vom 30. März 1700 (Ausf.); der lateinische Traktat zum österreichischen Anrecht auf Spanien wurde übersetzt. StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 12. Juli 1701 (Ausf.). Vgl.: ,Kurtze Relation, Auß dem Spanischen übersetzt [...]' (Beilage in: StadtAA. RTA 367, Ber. vom 8. Juni 1706) oder den ,Abdruck der in Londen publicirten Deposition, Uber Deß Printzen von Wallis Geburth.' (in: StadtAA. RTA 279, Beilagenteil). 1155 1702 z.B. kam das Mantuaner Testament von Wien getruckter anhero. StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 16. Mai 1702 (Ausf.). 1156 Bspw.: ,Außführlicher Entwurff Derer Zwischen itzigem Papste Innocentio XI. und Ludovico XIV. [...] wegen der Von Franckreich für Seine zu Rom residirende Ambassadeurs und Ober-Staats-Ministres mit Bestand zu praetendiren befugt-vermeynter FreyheitsBerechti-gungen [...]'. Leipzig 1688. StadtAA. RTA 279, Beilagenteil. 1157 ,Als der Durchlauchtigste/Großmächtigste Fürst und Herr/Herr Johann Georg der Dritte/ Hertzog zu Sachsen [...] zum ersten mahl das sehnende Leipzig mit Seiner höchstverlangten Gegenwart Gnädigst erfreute [...]', Leipzig 1683 in: StadtAA. RTA 274, Beilagenteil. 1151
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
211
Hans Peter Gallion. 1 1 5 9 A u c h ausländische Drucker w i e der Pariser Francois Mugnet 1 1 6 0 und Drucker aus den Niederlanden waren vertreten. 1161 Nur wenige Schriften w i e s e n Pseudonyme wie „A Cologne, Chez Pierre Marteau" 1162 oder „Impresse Germanopoli" 1 1 6 3 auf. Die Regensburger Buchfuhrer bemühten sich, rasch an interessante Neuerscheinungen zu kommen und wurden dadurch zu wichtigen Informationsvermittlern. Die Wahlkapitulation Karls VI. wurde 1712 in Regensburg sogar erst bekannt, als sie endlich ein buchfuhrer angeschajfet}m Die Buchhändler achteten bei der Gestaltung ihres Sortiments auf die gerade aktuellen Themen. Verhandlungsgegenstände wie die Kalenderreform des Corpus Evangelicorum wurden durch eine Vielzahl v o n Flugschriften begleitet. Die Angleichung der Kalender war bereits mehrfach auf Reichstagen thematisiert worden, ohne daß es zu einer Einigung gekommen wäre. Seit den Achtziger Jahren warb der Jenaer Professor Erhard Weigel für die Errichtung eines Collegium Artis Consultorum, das auch die Kalendervereinigung vornehmen sollte. 1 1 6 5 Mitte Februar 1698 erschien sein bereits 1695 publizierter Vorschlag zusammen mit einer Entschuldigung' erneut, nachdem der Kaiser das Collegium am 27. Juli 1697 bewilligt hatte. 1166 A m 14.
1158
, Müntz-Probations-Abschied/Der Drey im Müntzwesen correspondierenden Löblichen Creyse [...]', in: StadtAA. RTA 286, Beilagenteil. 1159 ,Aus des nach dem Parnassus eilenden Mercurii Fell-Eisen communicirte Curiositäten [...]', StadtAA. RTA 288, Beilagenteil. Gallion ist bisher weder für Köln noch für Berlin (Cölln a.d. Spree) belegt. Es scheint aber unwahrscheinlich, daß es sich um ein Pseudonym handelt. 1160 Von ihm: ,Actes Des Assemblee Du Clerge De la Ville & Fauxbourgs de Paris', in: StadtAA. RTA 279, Beilagenteil. 1161 1690 kam ein Druck mit Schweizer Nachrichten heut aus Holland. StadtAA. RTA 347, Korresp. Richters vom 8. März 1690 (Ausf.). Er ist sehr eng gesetzt und auf dünnes Papier gedruckt. 1162 ,Reflections Sur Le Discours Et Memoire De Monsieur Le Comte d'Avaux', 1688, in: StadtAA. RTA 279, Beilagenteil. Zum Pseudonym: Karl Klaus Walther: Die deutschsprachige Verlagsproduktion von Pierre Marteau, Peter Hammer, Köln. Zur Geschichte eines fingierten Impressums. Leipzig 1983. (Zentralblatt für Bibliothekswesen. Beiheft 93). S. 18-20. 1163 ,Cum Deo! Media, Quibus Abjuratissimo Caesaris Imperiiq'; hosti Gallo mire resisti [...]', in: StadtAA. RTA 347, Beilage zum Korresp. Richters vom 27. Dez. 1689. 1164 StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Ber. vom 27. Januar 1712 (Ausf.). 1165 Jürgen Hamel: Erhard Weigel und die Kalenderreform des Jahres 1700, in: Reinhard E. Schielicke/Klaus-Dieter Herbst/Stefan Kratochwil (Hg.): Erhard Weigel - 1625 bis 1699. Barocker Erzvater der deutschen Frühaufklärung. Thun, Frankfurt 1999. S. 135-156. (Acta Historica Astronomiae. Bd. 7). S. 135-142. Zu Weigel: J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 54. Sp. 288-291. 1166 ,Erhardi Weigelii Cons. Caes & Pal. Entschuldigung/Weß wegen er vor andern seines gleichen/[...] umb Auffrichtung eines Collegii Artis Consultorum [...] angemeldet.' in: StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 18. Febr. 1698, Beilagen. Vgl. Monatlicher StaatsSpiegel (Anm. 578) Juli 1698. S. 32-45; J. Hamel (Anm. 1165) S. 143f. Zu 1695: StadtAA. RTA 356, Korresp. vom 4. Jan. 1695, das ,Rechenschafftliches Verzeichnüß des grossen
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Oktober 1698 wurde im Corpus Evangelicorum ein Memorial Weigels zur Kalenderfrage diktiert.1167 Der Zeitpunkt war günstig, da sich das Corpus seit August mit einem Kalenderstreit in Marktbreit auseinandersetzen mußte, den man für eine mere-politica hielt.1168 Fast gleichzeitig erschien ein Nachdruck der 1668 entstandenen Dissertation ,De Aureo Numero Chronologica',1169 nachdem im September bereits eine 1674 in Altdorf gehaltene Dissertation zu juristischen Fragen einer Kalenderreform wieder aufgelegt worden war.1170 Mitte Dezember wurde im Corpus erneut ein Memorial Weigels diktiert. Parallel brachte der Verlag Hoffmann dessen ,Entwurff Der Conciliation Deß Alten und Neuen CalenderStyli' und einen Summarischen Bericht Von der Bißhero differenten/Künfftig zu conciliirenden/Zeit- und Fest-Rechnung' heraus.1171 Vorschläge anderer Mathematiker blieben ebenfalls nicht aus.1172 Im Februar wurde ein weiteres Memorial Weigels mitgeteilt, in dem er schrieb, daß die Reform nicht mehr 1699, sondern erst für 1700 umgesetzt werden könne.1173 Die Sache kam entscheidend voran, als der Sachse im Mai 1699 Befehl erhielt, sie zu unterstützen. Das Corpus beschloß, an Schweden zu schreiben, ob es bei der Reform mitmachen wolle.1174 Anfang Juli teilte der Schwede mit, sein König beabsichtige erst die Mathematiker zu befragen, die deutschen Provinzen hätten sich aber an den Schluß des Corpus' zu halten.1175 Die offizielle Antwort wurde erst am 26. September diktiert. Am 23. September wurde der Schluß zur Kalenderreform gefaßt.1176 Die Professoren Johann Meyer aus Regensburg, der nach Weigels Tod dessen Reformvorschläge
1167
1168 1169
1170
1171
1172 1173
1174 1175 1176
Nutzens im H. Rom. Reich/von der Bestellung Eines Collegii Artis Consultorum oder eines Kunst-Collegii [...]' liegt bei. StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 22. Okt. 1698 (Ausf.), beiliegend: ,Erhardi Weigelii consil. Caes & Pal. Unmaßgebiger Vorschlag/Die Zeit-Vereinigung auf das fuglichste zutreffen [...]'. Vgl. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Okt. 1698. S. 18-43; J. Hamel (Anm. 165) S. 144. StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 6. Aug. 1698 (Ausf.). StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 30. Okt. 1698 (Ausf.). Die Dissertation Christian Eberhards Morians, die bei Michael Walter gehalten wurde, liegt bei. ,Dissertatio Juridica, De Calendario, Anno MDC LXXIV. Sub Praesidio Dn. Heinrici Linckens [...]', in: BHStA. KB. ÄA 3486, Ber. vom 11. Sept. 1698 (Ausf.) und Beilage. Das Memorial vom 22. Nov. wurde am 15. Dez. diktiert. StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 17. Dez. 1698 (Ausf.); StadtAA. RTA 189, Korresp. vom 23. Dez. 1698 (Ausf.), die Drucke liegen bei. Vgl. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Nov./Dez. 1698. S. SSSS. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Febr. 1699. S. 45-54. Das Memorial vom 20. Jan. wurde am 3. Febr. diktiert. StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. vom 18. Febr. 1699 (Ausf.); Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Febr. 1699. S. 5558; J. Hamel (Anm. 1165) 144f. StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. vom 6. und 13. Mai (jew. Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. vom 8. Juli (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. 14. Okt. 1699 (Ausf.); StadtAA. RTA 290, Korresp. vom 13. Okt. (Ausf.); Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Okt. 1699. S. 35-43.
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
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am nachdrücklichsten vertrat, 1177 Johann Christoph Sturm aus Altdorf und Georg Albrecht Hamberger aus Jena erarbeiteten im Auftrag des Corpus ein ,Unvorgreifliches Bedencken'. 1178 Am 28. November wurde die Osterrechnung angenommen, die sich von der des gregorianischen Kalenders unterschied. Das Corpus formulierte ein Publikationsmandat und lud durch Schreiben Schweden, England, die Niederlande und die reformierten Schweizer Kantone zum Beitritt ein. Das ,Schema, Deß Verbesserten Calenders' erschien in Druck. 1179 Der neu verbesserte[r] oder reformirte[n] calender, wie ihn die Protestanten zu nennen beschlossen,1180 trat am 18. Februar 1700 in Kraft. Die Verhandlung der Kalenderreform gab Anlaß zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen, welche die Gesandten aufmerksam verfolgten. Zu den Vorschlägen Weigels erschien bei den Friedrich Lanckischen Erben in Leipzig das ,Unpartheyische Bedencken Uber die von Tit. Herrn Prof. Weigelio [...] proponirte Calender-Vereinigung gestellet an einen Astronomum durch U. J. U., Eines unbenandten Authoris Anmerckungen über das unpartheyische Bedencken [...] nebst einer Beantwortung derselben' von Ulrich Juni.1181 Von den Regensburger Druckern tat sich besonders Johann Georg Hoffmann, der die Schreiben Weigels verlegte, hervor. Bei ihm erschienen zudem Joachim Tiedius' ,Calendarium Novum' mit Anmerkungen zu einem Projekt Samuel Reyhers, die Summarische Beantwortung Ein und andern Puncts/So in dieser Spieissischen Schrifft Wider Herrn Weigelii vorgeschlagene Zeit-Conciliation', die auf eine Schweizer Schrift antwortete, und die , Anmerckungen Uber Das ohnlängst zu Hoff im Voigtland in Druck heraus gegangene Unvorgreiffliche Bedencken Die Calender-Vereinigung betreffend.' 1182 Es entspann sich zudem ein Flugschriftenstreit zwischen dem
1177
1178
1179
1180
1181 1,82
Im Apr. gab er dazu ,Rationes' heraus. StadtAA. RTA 290, Korresp. vom 21. Apr., 1699 (Ausf.); Es folgten weitere Schriften. Vgl. J. Hamel (Anm. 1165) S. 145-147. ,Unvorgreifliches Bedencken/wegen vorhabender völliger Calender-Verbesserung/auf gnädige Veranlassung eines Hochlöbl. Corporis Evangelici unterthänig verfasst von einigen Mathematicis.' Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Febr. 1700. S. 9-30. Zu Hamberger und Sturm: J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 12. Sp. 332, Bd. 40. Sp. 1417-1424. StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. vom 2. Dez. 1699 (Ausf.); RTA 189, Ber. vom 13.-27. Jan., 31. März 1700 (jew. Ausf.); StadtAA. RTA 290, Korresp. vom 20. Okt., 24. Nov., 8. Dez. 1699 (jew. Ausf.); RTA 379, Korresp. vom 12., 26. Jan., 9., 23. Febr. (jew. Ausf.). Vgl. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Dez. 1699. S. 10-27, Febr. 1700. S. 78-121. Gemeinsam mit dem Reich wechselte Dänemark, im Laufe des nächsten Jahres die Niederlande und die meisten der Schweizer Kantone. Schweden nahm den Kalender erst 1752 an. Hermann Grotefend: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. 13. Aufl. Hannover 1991. S. 27. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 8. Okt. 1699 (Ausf.). Der Brandenburger hielt von Anfang an eine andere Bezeichnung als gregorianisch' für nötig. StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 5. Nov. 1698 (Ausf.). StadtAA. RTA 290, Korresp. vom 3. März 1699 (Ausf.), der Druck liegt bei. StadtAA. RTA 360, Beilagen zum Korresp. vom 10. und 31. März 1699. Von der Schrift Tiedius' ist auch eine Kieler Auflage bekannt. Vgl. zur Spleisschen Schrift: Monatlicher
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
Autor des Hofer Druckers Gottfried Minzel und den Mathematikern, die bei Hoffmann drucken ließen. 1 1 8 3 Eine Vielzahl anderer Autoren beteiligte sich mit Schriften an der Diskussion. A u f den im Februar bei Hoffmanns Konkurrenten August Hanckwitz verlegten ,Kurtzen Bericht/Von einer neuen Erfindung/betreffend die Verbesserung und Vereinigung D e s Alten und N e u e n Calenders' erfolgte eine ,Eilfertige und Unvorgreiffliche Antwort', 1 1 8 4 die beide anscheinend keine weitere Verbreitung fanden. Bei Hoffmann erschien der , Abdruck Eines also intitulirten/aus dem Holländischen übersetzten Mathematisch- und Arithmetischen Send-Schreibens'. 1 1 8 5 Zu kaufen gab es zudem die Neuauflagen einer Wittenberger Dissertation z u m Gregorianischen Kalender v o n 1660 und einer 1695 in Bremen erschienen Disputation über die ,Ursache der Ungleichen Osterfeste'. 1 1 8 6 Joachim Tiedius gab Mitte Juni ,Eine Eilfertig abgeflossene Missiv, A d Generosum D o m i n u m Dn. Urano-Theorum Astrophum Gestellt und Übersandt v o n Silenosemantere Heliognoste Theodulo, D i e Einleitung Zu der längst verlangten [...] Calender-Kunst [...]' gemeinsam mit einer lateinischen Version heraus. 1 1 8 7 Weitere Schriften publizierten Samuel Reyher, Hiob Ludolf, Michael Keller, Johann Meyer und ande1188 re. Die Beratungen zur Kalenderreform lösten eine intensive wissenschaftliche
Staats-Spiegel (Anm. 578) Febr. 1699. S. 48-54; zum ,Unvorgreifflichen Bedencken: Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) März 1699. S. 44-55. 1183 Zuerst kam aus Hof eine freundliche Antwort/Auff Die zu Regenspurg neulich gestellte Anmerckungen', die eine ,Freundliche Gegen-Antwort/auf dasjenige/so in der sogenandten Freundlichen Antwort [...]' konterte (StadtAA. RTA 290, Beilagen zum Korresp. vom 14. Apr. 1699; Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Apr. 1699. S. 28-71). Bei Minzel erschien darauf die ,Abermahlige Antwort Auf die Regenspurgische Gegen-Antwort', bei Hoffmann wiederum die .Beantwortung/Der Abermaligen Antwort von Hof/Die CalenderVereinigeng betreffend.' (Beide liegen dem Akt StadtAA. RTA 290 bei). 1184 StadtAA. RTA 290, Beilage zum Korresp. vom 3. Febr. 1699 und die .Eilfertige und Unvorgreiffliche Antwort/Uber eine Nachricht von Regenspurg/nacher Schaffhausen/Wegen empfangenen gedruckten Kurtzen Berichts/Von Verbesserung und Vereinigung deß Alten und Neuen Calenders.' in: StadtAA. RTA 360, Beilage zum Korresp. vom 31. März 1699. Keine fand sich in Bibliothekskatalogen. 1185 StadtAA. RTA 290, Beilage zum Korresp. vom 2. Juni 1699. 1186 ,De Computo Gregoriano, Seu Stylo Novo, Dissertatio, Dn. Aegidii Strauchii', in: StadtAA. RTA 358. Die Dissertation Wilhelm Fresens fand 1660 unter Vorsitz Ägidius Strauchs statt. ,Ursache Der Ungleichen Oster-Feste zwischen uns und denen RömischCatholischen [...], Praesident: Johann Christian Schulenburg, Respondent: Johann Georg Berger', in: StadtAA. RTA 290, Beilage zum Korresp. vom 8. Sept. 1699. 1187 StadtAA. RTA 360, Beilagen zum Korresp. vom 23. Juni 1699. Die lateinische Fassung hieß: ,Selenoemanteris Heliognostis Theophili Brevis, est dilucida Chronologiae doctrina & delineatio [...]'. Die Schriften Meyers in: Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Dez. 1699. S. 14-27. 1188 Alle als Beilagen zu Korresp. des Jahres 1699, in: StadtAA. RTA 290. Samuel Reyher: , Aller- und Unterthänigster Vorschlag/Wie die bißhero gebräuchliche Calender also vereiniget werden können [...]' (Beilage zum 19. Mai); Hiob Ludolf: ,Unvorgreifliche Meynung/ Wie Am gründlichsten/sichersten und beständigsten eine Continuirliche Zeit-Rechnung/[...]
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
215
Diskussion aus, was auch viele in handschriftlicher Form verbreitete Bedenken zeigen.1189 Die komplizierte astronomisch-mathematische Diskussion wurde offensichtlich auch vom unternehmerischen Eifer des Druckers Hoffmann unterstützt. Die Gesandten verfolgten sie und nahmen die Argumente auf, wobei sie sich Hilfe von renommierten Fachleuten holten. Benötigte ein Gesandter Informationen zu anstehenden Themen, suchte er die Buchhändler auf. Der Bayer Neuhaus etwa kaufte 1692 bei Johann Georg Hoffmann mehrere tractätl zum münzwesen, das gerade wieder einmal verhandelt wurde. Er erstand unter anderem fünf Exemplare des Regensburger und drei des Hamburger Münzrezesses, zwei kaiserliche Kartenpatente, einen französischen und einen lateinischen Traktat, ein Bedenken zum Frieden sowie einen italienischen halben Bogen, einen lateinischen Bogen und einen halben Bogen zu Wardein.1190 Neuerscheinungen wurden den Gesandten auch in ihren Häusern angeboten. Zumindest berichtete der bayerische Gesandte Tattenbach 1701 davon, ein Buchdruckeijunge bringe gewöhnlich Exemplare der einlauffenden und von seinem herrn nachgedruckten nouvellen oder nachrichten [...] ins hauß zukauffen)m Der Preis einer Amtsdruckschrift oder Flugschrift war mit zwei bis drei kr. pro Bogen zu veranschlagen.1192 Die Drucke wurden teilweise pro Jahr abgerechnet. So forderte der Ansbacher Anfang 1691 Geld, da unter anderem die, so die gedrukte sachen lieferten, um Bezahlung baten.1193 Die Gesandten beachteten nicht nur die Neuerscheinungen auf dem Regensburger Markt. Der Augsburger Abgesandte berichtete 1702 von einem bayerischen Antwortschreiben an den Kaiser, das in München gedruckt worden sei, aber in Regensburg noch nicht zu bekommen war,1194 der Korrespondent wußte 1707
einzurichten sey [...]' (Beilage zum 28. Juli ); Michael Keller: kalendarische Reformation, Oder neuer Calenderbutzer [...]' (Beilage zum 1. Sept.). 1189 Bspw. Bedenken zu den Vorschlägen Dr. Ludolphs, Extrakt-Schreiben katholischer und evangelischer Mathematiker, eine Sentenz der theologischen Fakultät der Universität Heidelberg, StadtAA. RTA 290, Beilagenteil; StadtAA. RTA 360, Beilagen zu den Korresp. vom 31. März 1699. Zum Vorschlag des Altdorfer Professors Sturm vgl. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Aug. 1699. S. 48-50. 1190 BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 353, Spesierungsextrakt vom Mai 1692 (Ausf.), Beiliegend die Quittung Hoffmanns vom 22. Apr. 1692 (Ausf.). Da die fremdsprachigen Drucke nicht näher bezeichnet sind, können sie nicht benannt werden. Die Bögen waren vermutlich Nachrichtendrucke, wobei es sich bei dem zu Großwardein um eines der zahlreichen Diarien aus dem Feldlager gehandelt haben dürfte. Neben dem Kaiserlichen Edikt gegen das Falschspiel vom 29. Febr. 1692 (StadtAA. RTA 283, im Beilagenteil), lassen sich der ,Hamburgische[r] Müntz-Recess, Wie er bey der Conferentz daselbst den 16. Septembr. 1691 endlich adiustiert' und das Dekret der drei korrespondiernden Kreise zum Münzwesen vom 1. Okt. 1691 identifizieren (beide im Beilagenteil von StadtAA. RTA 282). 1191 BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 27. Juni 1701 (Ausf.). 1192 Vgl. Anhang 2. 1193 StAN. Fm. Ansbach. RTA 182, Ber. vom 19. März 1691 (Ausf.). 1194 StadtAA. RTA 362, Ber. vom 31. Okt. 1702 (Ausf.).
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IV. Informations-
und
Kommunikationssystem
von einem in Leipzig gedruckten Frieden1195 und 1712 hieß es, es gäbe bereits Drucke der Wahlkapitulation in Mainz und Frankfurt.1196 Auch durch Korrespondenzen kamen sie an Flugschriften. Der bayerische Gesandte beurteilte eine ihm 1691 zugesandte, die er als la Campagne de Allmans 1690 benennt, als das Werk eines Bösewichts und vermutete ein Holländer stecke dahinter, da deren Verdienste so betont würden.1197 Hörte ein Vertreter von einem Druck, den er als interessant einstufte, bemühte er sich um dessen Beschaffung. Der Augsburger Holzapfel berichtete 1705 von einem in Paris gedruckten bayerischen Manifest, das er nun aufgetrieben habe und das ehender nicht zu bekhommen gewesen, und noch in höchster geheim gehalten wirdt.im Flugschriften und Amtsdruckschriften hatten also einen festen Platz im Informationssystem. Bei der Rezeption von Flugschriften ging es entweder um aktuelle Information, was vor allem die Neuen Zeitungen leisteten oder um die Aufnahme von Argumenten.
3.4 Die Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften Zeitungen und Zeitschriften vermittelten Informationen in periodischen Abständen und richteten sich nicht an ein bestimmtes Publikum. Jeder, der über genug Geld verfügte, konnte sie kaufen. Autoren und Vermittler traten hinter der anonymen Nachricht zurück. Die Obrigkeiten nutzten beide, um sich zu informieren.1199 Der häufige Verweis auf die Zeitungen zeigt, daß die Gesandten annahmen, auch die Regierung hätten sie gelesen. So kommentierte der Augsburger Korrespondent 1712 die Nachricht von der Belehnung Hannovers mit dem Erzamt, dies werde aus denen getruckten Wiener Zeitungen schon bekannt seyn1200 und der Ansbacher bezog sich, als er 1710 ein aus dem Russischen übersetztes Projekt einsandte, hinsichtlich der Umstände einfach auf die Gazetten.1201 Die Wendung etwas stünde in allen gazetten1202 bedeutete, daß sie als bekannt vor1195 1196 1197 1198 1199
1200
1201 1202
StadtAA. RTA 386, Ber. vom 12. März 1707 (Ausf.). StadtAA. RTA 378, Ber. vom 26. Jan. 1712 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 1. Febr. 1691 (Konz.). StadtAA. RTA 365, Ber. vom 10. März 1705 (Ausf.). A. Fritsch (Anm. 172) Kap. II/I, meinte sogar, Fürsten, die keine Zeitungen hätten, „non dicuntur Politici". Als Ergänzung zu Berichten und Korrespondenzen empfiehlt sie: K. Stieler (Anm. 4) S. 74f. StadtAA. RTA 391, Korresp. vom 13. Dez. 1712 (Ausf.). Ähnlich: StadtAA. RTA 352, Korresp. Schwegeries vom 15. Juli 1692 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 205, Ber. vom 10. Sept. 1710 (Ausf.). Bspw. StadtAA. RTA 379, Korresp. vom 23. März 1700 (Ausf.). Ähnlich zu interpretieren ist der Hinweis auß denen gemeinen Zeitungen. StadtAA. RTA 343, Korresp. vom 22. Juni 1688 (Ausf.); Vgl. StadtAA. RTA 347, Korresp. Richters vom 25. Apr. 1690 (Ausf.); BHStA. KB. Ä A 3480, Ber. 25 Okt. 1694 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 182, Ber. vom 2. Juli 1691 (Ausf.); RTA 197, Ber. vom 22. Dez. 1706 (Ausf.); RTA 201, Ber. vom 4. Juli 1708 (Ausf.); RTA 205, Ber. vom 20. und 27. Aug. 1710 (jew. Ausf.); RTA 208, Ber. vom 24. Febr. und 16. März 1712 (jew. Ausf.); RTA 211, Ber. vom 1. Febr. 1713 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
217
ausgesetzt wurde. Dabei bestand der Anspruch, daß die Informationswege der Herrschenden schneller sein sollten als die der Zeitungen. Insofern war die Bemerkung des Ansbacher Gesandten, die Diarien, die er aus der Kriegskanzlei erhalte, seien so alt, daß die Nachrichten in den öffent. gedruckten Zeitungen schon eher zufinden gewesen,1203 weniger ein Hinweis auf die Aktualität der Zeitungen, als vielmehr die Feststellung, nicht adäquat informiert zu werden. Die regelmäßige Lektüre von Presseerzeugnissen war nach den diplomatischen Handbüchern Teil der Aufgaben eines Gesandten. Sie sind somit eine Art ,Berufsleser'. 1204 Zeitungsmeldungen dienten ihnen, wie jedem anderen Rezipienten, zuerst als Quelle von Informationen. 1687 wurde zum Beispiel ein Billett des Marquis de Croissy bekannt, da es über Straßburger Schreiben in die Zeitungen gelangte.1205 Auch über die Konditionen der Übergabe der Festung Rheinfels von Hessen-Kassel an Hessen-Rheinfels wußte man in Regensburg nur, was die gedruckte zeitungen wahres oder unwahres davon sagen.1206 Rousseau de Chamoy forderte von Diplomaten die Lektüre aber noch aus einem anderen Grund. Den Nutzen der Zeitungen sah er weniger in der unmittelbaren, als in der mittelbar daraus zu ziehenden Information. Zeitungen würden das Stimmungsbild der Orte spiegeln, an denen sie geschrieben wurden.1207 Man ging nämlich davon aus, daß wegen der Vorzensur nichts gedruckt wurde, was der offiziellen Regierungsmeinung widersprach. Daraus erklärt sich auch die 1702 erfolgte Wolfenbüttler Anzeige, der Herzog habe eine Ahndung an die Niederlande ergehen lassen, da er selbsten aus denen öffentl. holländ. gazetten ersehen müßen, diese hätten seine Rüstungen schlecht ausgelegt.1208 Die Zeitung wurde als Vehikel der Interpretation durch die Obrigkeit verstanden. Jede Meldung, die nicht der Wahrheit entsprach oder der Außendarstellung eines Standes zuwider lief, wurde dementiert und geahndet. 1690 bestritt der Schwede Meldungen in den gazetten, die schwedischen Hilfstruppen für den Türkenkrieg würden nur langsam anmarschieren.1209 1702 wurde der Nachricht von
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StAN. Fm. Ansbach. RTA 198, Ber. vom 27. Juni 1707 (Ausf.). O. Groth (Anm. 209) Bd. 2. S. 302, unterscheidet mit dem Neuigkeits- und Sensationsleser, dem Wissenssammler, dem Bildungsleser und dem Informations- und Orientierungsleser vier Typen von Zeitungslesern, denen er ein jeweils anderes Rezeptionsinteresse unterstellt. In der Praxis wird sich keiner dieser Typen in Reinkultur nachweisen lassen, auch nicht der dem vierten Typ zugerechnete ,Berufsleser', d.h. der regelmäßige und gezielt Nachrichten für den beruflichen Gebrauch selektierende Leser. Gleiches gilt für den ,Berufsleser' bei Rolf Engelsing: Die Perioden der Lesergeschichte in der Neuzeit. Das statistische Ausmaß und die soziokulturelle Bedeutung der Lektüre, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens. Bd. 10. 1970. Sp. 945-1002, hier Sp. 947. BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 21. Apr. 1687 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 21. Mai 1698 (Ausf.). L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 35. StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 20. Juni 1702 (Ausf.). StadtAA. RTA 281, Korresp. vom 10. Okt. 1690 (Ausf.).
218
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
einer schweren Krankheit des Herzogs von Celle widersprochen.1210 Die Erkrankung oder der Tod einer hochstehenden Person, wie dies 1701 auch den Münsteraner Bischof traf, war eine der häufigsten Zeitungsenten.1211 Zeitungen galten als unzuverlässige Informationsquellen.1212 Ihnen haftete zudem der Ruf an, zu Übertreibungen zu neigen. Daraus erklärt sich auch der Kommentar Metternichs, der Sieg bei Tirlemond 1706 sei in Wirklichkeit noch größer, als er selbsten in den Zeitungen gemachet würde,1213 Eine Meldung untermauerte trotzdem die Wahrscheinlichkeit einer Nachricht. So bekräftigte der Ansbacher 1700 die Bestätigung des bayerischen Kurfürsten als Gouverneur der Spanischen Niederlande mit dem Hinweis, dies meldeten die gedruckten Zeitungen ebenso.1214 Zeitungsberichte dienten auch als Korrektiv zu einseitigen Darstellungen. So fand die dänische Rechtfertigung des Einmarsches in Holstein-Gottorp wenig Glauben, da das Gegenteil aus publiquen Zeitungen satsam bekannt war.1215 Meist bezogen sich die Gesandten nicht konkret auf eine bestimmte Zeitung oder Zeitschrift. Detaillierte Aussagen über deren Lektüre finden sich nur dann, wenn einzelne Meldungen besondere Aufmerksamkeit erregten. Das kam vor, wenn sie wichtige Informationen enthielten oder der Gesandte sie einer Ahndung für würdig hielt. Zeitungen und Zeitschriften sind daher nur in Ausnahmesituationen zu identifizieren. Die dabei genannten Blätter können aber als Beispiele für die Zeitungslektüre der Gesandten aufgefaßt werden, wobei man sich klar sein muß, daß nur ein sehr geringer Teil zu fassen ist. Ahndungen wurden zudem auf Befehl der jeweiligen Regierungen ausgesprochen. Deren Vermittler mußte also die Zeitung gegen die er protestierte nicht unbedingt gelesen haben. Sicherere Indizien für eine in Regensburg erfolgte Lektüre sind dagegen Hinweise auf bestimmte Artikel. Doch auch dann kann nicht geschlossen werden, daß der Gesandte das Blatt regelmäßig las. Möglicherweise war er von jemand anderem darauf angesprochen worden. Eine solche Nennung besagt also nur, daß ein Angehöriger irgendeiner Gesandtschaft die betreffende Zeitung rezipiert hatte. Natürlich wurde die häufig eingesandte örtliche , Wöchentlich Reichs Ordin: Zeitung' auch in Regensburg gelesen. 1691 fiel dabei dem Augsburger Korrespondenten ein Artikel Wienn von 25. pass, auf, in dem über französische Frie-
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StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 3. Jan. 1702 (Ausf.). BHStA. KB. RTA 3491, Ber. vom 7. Nov. 1701 (Ausf.). 1702 hieß es, der Due d'Anjou sei gestorben. StadtAA. RTA 364, Korresp. vom 11. Apr. 1702 (Ausf.). C. Weise (Anm. 173) S. 140 schränkte die Glaubwürdigkeit der Zeitungen hinsichtlich genealogischer Meldungen ein: „Neque tarnen hac in parte supra omnem exceptionem sunt Novellae, quo minus Principum mortes et Natales falso rumore aeeeptos communicent." Vgl.: H. Böning (Anm. 128) S. 166, 170; R. Bülck (Anm. 179) S. 20. An diesen Einschätzungen änderten auch Beteuerungen, wie die K. Stielers (Anm. 4) S. 58, daß das meiste in den Zeitungen wahr sei, nichts. StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Ber. vom 2. Juni 1706 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 189, Ber. vom 1. Dez. 1700 (Ausf.). StadtAA. RTA 379, Korresp. vom 15. Juni 1700 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
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densvorschläge berichtet wurde, die Schweden übermittelt haben sollte. 1216 Zeitungen von außerhalb fanden ebenfalls ihr Publikum. Diese kamen mit der reitenden Ordinaripost, die sich mit dem Zeitungsvertrieb befaßte, der bei den Oberpostämtern lag, während die lokalen Postmeister die ihnen gelieferten Zeitungen unentgeltlich zuzustellen hatten. Das Regensburger Postamt bezog jedoch um 1700 in Umgehung des Oberpostamts selbst Zeitungen. 1217 Eine davon war nach Aussage des Nürnberger Postmeisters Johann Jakob Oexle von Friedenberg 1686 ein ,Courir' des Nürnberger Druckers Lochner. 1218 Anfang September 1694 erregte ein französisches Friedensangebot in den lateinischen Kölner Novellen allgemeine Aufmerksamkeit. 1219 Ebenfalls in den ,Relationes Ordinariae' des Kölner Verlags Hilden stand im selben Jahr unter der Rubrik Ex Superiori Tractu Rheni vom 9. November einiges zu den Geheimverhandlungen zwischen dem Konkommissar von Seilern und dem französischen Gesandten Verjus de Crecy, das Seilern hartnäckig leugnete. 1220 Dieselbe Kölner Zeitung fiel den Gesandten 1698 durch eine unliebsame Meldung aus Regensburg auf. 1221 Ob es sich auch bei der 1694 dem bayerischen Gesandten vom Burgunder zugestellten Kölner Zeitung um das lateinische Blatt handelte, ist unklar.1222 1693 meldete Richter nach Augsburg, der Prokurator des Reichskammergerichts dementiere eine in das Frankfurtische Journal eingerückte Meldung. 1223 Das Journal' erschien seit 1677 im Frankfurter Verlag Serlin und war um 1680 mit einer Auflage von 1500 Stück eine der meist gelesenen Zeitungen. 1224 Die 1216
StadtAA. RTA 349, Korresp. Schwegeries vom 6. Febr. 1691 (Ausf.). Auch Thoman bezog 1685 eine Nachricht aus dem alhiesigen zeitungs blätlein. StadtAA. RTA 336, Ber. vom 28. Aug. 1685 (Ausf.). Zur Regensburger Zeitung vgl. Kap. VI. 1.3. 1217 Martin Dalimeier: Die kaiserliche Reichspost zwischen Zeitungsvertrieb und Zensur im 18. Jahrhundert, in: Presse und Geschichte (Anm. 212) S. 233-258, hier S. 235-237. Allgemein: E. Kießkalt (Anm. 256) S. 261, 264; Margit Dorn/Andreas Vogel: Geschichte des Pressevertriebs in Deutschland. Mit einem Schwerpunkt auf der Entwicklung des Pressehandels. Baden-Baden 2001 (Stiftung Presse-Grosso, Bd. 2). S. 23-25. 12,8 W. Zimmermann (Anm. 235) S. 95; vgl. F. Fuchs (Anm. 202) S. 121. 1219 StadtAA. RTA 356, Korresp. vom 7. Sept. 1694 (Ausf.). Zur Kölner Zeitung: Christian Juncker: Christian Weisens Curieuse Gedancken von Novellen oder Zeitungen. Leipzig 1703. S. 10. 1220 StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 21. Nov. 1694 (a.S.) (Ausf.). Die Geheimhaltung der Verhandlungen war für den Kaiser nicht nur deshalb wichtig, da sie hinter dem Rücken der Alliierten stattfanden, sondern auch, da es um die Bewahrung katholischer Einrichtungen in den von Frankreich zurückzugebenden Gebieten gegangen war, was bei den Protestanten Empörung verursacht und zu schweren Spannungen im Reich geführt hätte. Vgl.: K. O. v. Aretin (Anm. 755) S. 238f. 1221 StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 23. Sept. 1698 (Ausf.). Der Korrespondent scheint die Zeitung nicht selbst gesehen zu haben, da er formuliert, die Meldung soll in der Cölln. Zeitung 1222
stehen.
BHStA. KB. K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus' an ? vom 24. Jan. 1694 (Ausf.). 1223 StadtAA. RTA 354, Korresp. vom 14. Apr. 1693 (Ausf.). 1224 Else Bogel/Elger Blühm: Die deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts. Ein Bestandsverzeichnis mit historischen und bibliographischen Angaben. 3 Bde. Bremen 1971. S. 243f.;
220
IV. Informations- und Kommunikationssystem
Zeitung des Frankfurt benachbarten Hanau wurde ebenfalls gelesen. 1695 beschwerte sich der Däne in einem Pro Memoria wegen Nachrichten, die der Hanauische[r] gazettier in das Europäische[s] Blattei unter Kopenhagen vom 13. August 1695 und im nochmals unter Kopenhagen den 16. August gesetzt hatte.1225 Es handelte sich dabei um die Hanauer ,Europaeische Zeitung' des Verlags Böff. 1226 Diese las offensichtlich auch der französische Plenipotentiarius Chamoy, der als man ihn 1698 um eine Übersetzung seines französischen Credentials bat, gesagt haben soll, dieses sei in den Zeitungen „und sonderlich in dem so genannten Hanauischen Europaeischen Blätlein" besser übersetzt, als er es könne.1227 Anfang 1703 erregte die Zeitung des Augsburger Druckers Andreas Maschenbauer den Zorn des Münsteraner Gesandten, da in der Ausgabe vom 25. Januar gemeldet worden war, Münster verhandle mit Frankreich und Spanien, also mit den deklarierten Reichsfeinden. Der Münsteraner dementierte nicht nur, sondern forderte gemeinsam mit dem Mainzer die Bestrafung des Druckers und die Preisgabe seines Informanten.1228 Bei der Zeitung handelte es sich um die ,Augspurgische Ordinari-Post-Zeitung', die in den 1680er Jahren gegründet worden war. Nach Aussage des Augsburger Abgesandten wurde sie in Regensburg von vielen 1229 Gesandten gelesen.
M. Lindemann (Anm. 187) S. 40; J. Goldfriedrich (Anm. 178) S. 48f.; Vom Jahrgang 1693 hat sich wenig erhalten, so daß sich die Meldung nicht auffinden läßt. 1225 StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 12. Okt. 1695 (Ausf.); StadtAA. RTA 356, in den ungeordneten Beilagen nach dem Korresp. vom 12. Juli 1695 (Kop.). 1226 E. Bogel/E. Blühm (Anm. 1224) Bd. 1. S. 252-254, Bd. 3. S. 145. Vom Jahrgang 1695 sind im ZWE Deutsche Presseforschung Bremen Ζ 97 nur Einzelexemplare vorhanden, die Kopenhagener Meldungen ließen sich nicht finden. 1227 Theatri Europaei (Anm. 489) Bd. 15. S. 410; Identisch: Relationis (Anm. 498) Herbstmesse 1698. S. 54. 1228 StadtAA. RTA 382, Korresp. vom 30. Jan. 1703 (Ausf.); RTA 149, Ber. vom 6. Febr. 1703 (Ausf.); RTA 363, Ber. vom 13. Febr. 1703 (Ausf.). Die Stadt, an die Münster schrieb, gab die Sache an die Zensurbeauftragten weiter und entschuldigte sich bei Münster. StadtAA. RTA 149, Weisung vom 9. Febr. 1703 (Konz.); RTA 363, Weisung vom 20. Febr. und 2. März 1703 (jew. Konz.). 1229 StadtAA. RTA 371, Ber. vom 30. Apr. 1709 (Ausf.). Zur Zeitung: Josef Mancal: Zu Augsburger Zeitungen vom Ende des 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Abendzeitung, Postzeitung und Intelligenzzettel, in: Helmut Gier/Johannes Janota (Hg.): Augsburger Buchdruck und Verlagswesen. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wiesbaden 1997. S. 683733, hier S. 693-697, 702f.; Volker Büchler: Die Zensur im frühneuzeitlichen Augsburg 1515-1806, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben. Bd. 84. 1991. S. 69-128, v.a. S. 101; G. Costa: Die Rechtseinrichtung der Zensur in der Reichsstadt Augsburg, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg. Bd. 42. 1916. S. 1-82, hier S. 62-64; Rudolf Freytag: Post und Zeitung. Ein Streifzug durch die Geschichte des Postund Zeitungswesens bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, in: Archiv für Postgeschichte in Bayern. Heft 1. 1928. S. 24-50; J. Weber (Anm. 235) S. 326-331; nicht beachtete Aktenstücke in: StadtAA. RTA 147, aus denen hervorgeht, daß Maschenbauer am 21. Febr. 1698 in das Privileg aufgenommen wurde und er nach dem Tod Jacob Koppmayers Anfang 1701 die Leitung innehatte.
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
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Auch ausländische Zeitungen wurden beachtet. So sandte der Augsburger Korrespondent 1695 einen Artikel, den der Kanton Zürich auf ein französisches Memorial in dasiger zeitung inserirn laßen.1230 Der Ansbacher Korrespondent bezog sich 1688 auf die Parißer gazette,1231 Sehr beliebt waren die holländischen Blätter. Nach Etherege diskutierte der Reichstag 1688 die „Holland Gazets". 1232 Neben Erwähnungen in vagen Quellenangaben wie holländische briefe und gazetten berichten,1233 wurden einzelne Zeitungen namentlich benannt. Der bayerische Gesandte sandte 1686 zwei Auszüge, in denen behauptet wurde, der Papst habe die Herausgabe des Originalvertrags der Augsburger Allianz gefordert, um ihn verbrennen zu lassen. Die Abschnitte stammten angeblich aus dem Amsterdamer oder Leydener Raisonneur vom 4. November und der Utrechter Zeitung vom selben Tag, die allerdings noch ergänzt hatte, man glaube diese Meldung nicht. Der Gesandte vermutete dahinter franzö[s\sche] finessen.1234 Eine Leydener Zeitung wurde auch 1712 erwähnt.1235 Es wird sich um die ,Gazette de Leyde' gehandelt haben, die als das Diplomatenblatt Europas galt. Wie die , Gazette d'Utrecht' war sie eine der auflagestärksten französisch-sprachigen Zeitungen der Niederlande. 1236 Auch die französische Vertretung verfolgte die holländischen Gazetten. So sandte 1687 der Sekretär Frischmann einen Artikel ein, in dem der Protest des schwedischen Gesandten in Regensburg gegen den Bau des Forts Mont-Royal hervorgehoben wurde. 1237 Die Gesandten ahndeten nicht nur unliebsame Berichte über ihre Herrn, sondern auch solche über den Reichstag. 1709 rügte der Mainzer gegenüber dem Reichsstädtischen Kolleg, daß schon vor 1 oder 2 wochen sogar in denen öffentlichen Augspurg- und Nürnbergischen Zeitungen die jüngst privatim ad collegia beschehene und die kriegs-verfassung für nechst instehende Campagne betreffende proposition mit angehängter tabell der zu stel-
1230
StadtAA. RTA 286, Korresp. vom 4. Jan. 1695 (Ausf.). Der Name der Zeitung wurde nicht genannt. In Frage kämen die ,Montägliche Wochenzeitung' oder die ,Ordinari WochenZeitung'. Vgl. E. Bogel/E. Bliihm (Anm. 1224) Bd. 1. S. 196f., 225f. 1231 StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 10. Dez. 1688 (a.S.) (Ausf.). Es ist nicht klar, ob es sich um eine gedruckte Zeitung handelte. Die ,Gazette de France' käme in Frage. Vgl. Dictionnaire des journaux. 1600-1789. Hg. von Jean Sgard. Paris 1991. 2 Bde. S. 443449; S. Schultheiß-Heinz (Anm. 213) S. 257-259 mit weiteren Literaturhinweisen. 1232 Sehr. Ethereges an Earl of Middleton vom 10. Mai 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 194. 1233 StadtAA. RTA 282, Korresp. vom 22. Mai 1691 (Ausf.). 1234 BHStA. KB. ÄA 3457, Ber. vom 14. Nov. 1686 (Ausf.) mit Auszügen. Der Extrakt aus der sog. Leydener oder Amsterdamer Zeitung ist französisch, ein , Raisonneur' ist aber nicht nachzuweisen. Die französische ,Gazette d'Amsterdam' bestand erst nach 1691. Vgl. Pierre Retat: La Gazette d'Amsterdam. Miroir de l'Europe au XVIIIe siecle. Oxford 2001 (Studies on Voltaire and the eighteenth Century). S. 22-28. 1235 Sie brachte eine Meldung aus Basel vom 10. Febr. 1712, welche die Protestanten um Straßburg furchten ließ. StadtAA. RTA 391, Korresp. vom 9. Febr. 1709 (Ausf.). 1236 Michel Morineau: Die Holländischen Zeitungen des 17. und 18. Jahrhunderts, in: M. North (Anm. 198) S. 33-43, hier S. 35; E. Everth (Anm. 8) S. 229; Dictionnaire (Anm. 1231) S. 450f., 468. 1237 C. Boutant (Anm. 7) S. 567f., 604, Anm. 57.
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IV. Informations-
und
Kommunikationssystem
len seyenden manschafft divulgiert worden wäre.l23S Die Abgesandten Nürnbergs und Augsburgs mahnte er kurz darauf nochmals, die comitialia, sonderlich, was zu secretiren wäre nicht in die Zeitungen drucken zu lassen,1239 Durch Erwähnungen nachweisbar ist somit die Lektüre von Blättern aus Augsburg, Frankfurt, Hanau, Köln, Leyden, Nürnberg, Paris, Regensburg, Utrecht, Wien und Zürich. Es ist anzunehmen, daß dies nicht alle waren. Die Zeitungslektüre gab Anstoß zu weiteren kommunikativen Handlungen. Ein Artikel konnte zum Anlaß genommen werden, um den Gesandten des davon betroffenen Standes über dessen Richtigkeit zu befragen. So erkundigte sich der bayerische beim Kölner Gesandten, ob die Meldung von einer Allianz zwischen Köln und Frankreich korrekt sei. Er erfuhr, das sei sie mitnichten, sie stamme wohl aus dem Hag.1240 Es konnte vorkommen, daß die Zeitung Nachrichten enthielt, von denen alhie niemand nichts wissend war.1241 Daraus ist nicht nur zu schließen, daß Zeitungen trotz all der anderen Informationsquellen den Gesandten manchmal Neues vermittelten, sondern auch, daß sich der Schreibende, dem ein Bericht aufgefallen war, an seine Kollegen um genauere Information gewandt hatte, die ihm diese nicht geben konnten. Ab den Neunzigern wurde auch das neue Medium der Zeitschrift rezipiert. Da sie wegen ihrer größeren Periodizität als Lieferant neuer Nachrichten kaum in Frage kam, läßt sie sich nur in seltenen Fällen fassen. Etwa wenn der Nürnberger einem Augsburger Konsulenten Juli 1692 schrieb: Deß Hofmanns monat. Mercurius ist curios.1242 Er bezog sich dabei auf die vom Nürnberger Drucker Johann Hoffmann verlegten ,Des Teutschen MERCURII Monatliche Unterredungen'. Diese standen im Juni 1692 aufgrund von Interventionen einiger Reichstagsgesandter kurz vor einem Verbot.1243 Den Augsburger Reichstagsakten ist zu entnehmen, daß auch der dort gedruckte ,Monatliche Staats-SpiegeP mehrmals Ziel von Ahndungen war.1244 1704 rügten, der Magdeburger Gesandte den Abdruck einer kaiserlichen Vorstellung anläßlich der Besetzung Regensburgs im Spanischen Erbfolgekrieg und der Mainzer Gesandte den, der Memoriale zu den Differenzen am Reichskammergericht.1245 1706 meldete der Agent, man wundere sich sehr über den ,Staats-Spiegel', den der H. Cur Maynz. wiederholter einen Schelmen Spiegel getaufet, da dieser den
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StadtAA. RTA 371, Ber. vom 26. Febr. 1709 (Ausf.). StadtAA. RTA 371, Ber. vom 12. März 1709, anbei die Mitteilung des Nürnberger Abgesandten (Ausf.). BHStA. KB. Ä A 3454, Ber. vom 7. März 1686 (Ausf.). StadtAA. RTA 333, Ber. vom 2. Mai 1684 (Ausf.). StadtAA. RTA 283, Sehr. Richters an Lauber vom 29. Juli 1692 (Ausf.). J. Weber (Anm. 136) S. 139-145; Gertie Denecke: Johann Hoffmann. Ein Beitrag zur Geschichte des Buch- und Kunsthandels in Nürnberg, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens. Bd. 1. 1958. S. 337-364. Zum .Monatlichen Staats-Spiegel' vgl. Kap. VI. 1.4. StadtAA. RTA 364, Ber. vom 16. Dez. 1704 (Ausf.).
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Reichsstädten das Recht abgesprochen habe, in Introduktionsfallen gefragt zu werden. Augsburg sah dadurch den Ruf seiner Zensur in Gefahr, sandte einen Bericht der Zensoren nach Regensburg und ließ verkünden, die Zeitschrift werde nicht mehr in der Stadt gedruckt.1246 1709 riet der Mainzer von der in der Augsburger Zeitung angekündigten Fortsetzung ab.1247 Im Fall des ,Monatlichen Staats-Spiegels' kann sogar der Buchhändler benannt werden, der die Zeitschrift in Regensburg verkaufte: es war Johann Zacharias Seidel.1248 Nürnberg schickte seinem Abgesandten 1710 die ,Electa Juris Publici' zu, die einen Artikel zum Zollstreit zwischen der Reichsstadt und den Brandenburger Markgrafen enthielten, wobei der Verfasser für letztere parteiisch erschien. Der Nürnberger vermutete, der Artikel stamme aus der Feder des preußischen Gesandten Henniges und riet von einer Refutation ab.1249 Die Gesandten lasen eine Vielzahl von Zeitungen und Zeitschriften. Diese dienten ihnen hauptsächlich zur Orientierung darüber, was am Ort des Drucks an Nachrichten verfügbar war und was als bekannt vorausgesetzt werden konnte. Die Zeitung bildete für die Gesandten stärker als für die meisten anderen Leser eine Hintergrundlektüre, vor der sie Informationen aus anderen Quellen bewerteten und sortierten. Sie war nur ein Lieferant aktueller politischer Informationen neben anderen, was ihre Bedeutung als Medium der Erstinformation in diesem Kreis schmälerte. Doch konnten Artikel den Anlaß für ein Gespräch und die Weitergabe von Informationen bilden.
3.5 Das Nachschlagen in Gesandtschaftsarchiven und Büchern Benötigte der Gesandte Informationen zu rechtlichen Fragen oder historischen Entwicklungen, konnte er im Gesandtschaftsarchiv suchen oder in seinen Büchern nachschlagen. Da der Zugang zum Archiv auf den Gesandten beschränkt war, während Bücher grundsätzlich jedem zur Verfügung standen, waren dies natürlich Informationen sehr unterschiedlichen Charakters.
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StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 16. Nov. (darin das Zitat), 13. Dez. 1706 (jew. Ausf.), Reskr. vom 15. Dez. 1706 (Konz.). StadtAA. RTA 371, Ber. vom 12. März 1709 (Ausf.), die Mitteilung des Nürnberger Abgesandten liegt bei. StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 13. Dez. 1706 (Ausf.). StAN. RS Nürnberg. Differentialakten 209, PS. zum Ber. vom 22. Jan. 1710 (Kop.?). Die ,Electa Juris Publici, worinnen die vornehmsten Staatsaffairen in Europa recensiret werden' gab ab 1709 Georg Melchior Ludolf heraus. Vgl. Joachim Kirchner: Das deutsche Zeitschriftenwesen. Seine Geschichte und seine Probleme. Bd. 1. Von den Anfängen bis zum Zeitalter der Romantik. 2. Aufl. Wiesbaden 1958. S. 45f.; Hubert Max: Wesen und Gestalt der politischen Zeitschrift. Ein Beitrag zur Geschichte des politischen Erziehungsprozesses des deutschen Volkes bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Essen 1942 (Pressestudien. Bd. 1). S. 55.
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Gesandtschaftsarchive entstanden mit Aufkommen der ständigen Vertretungen, können aber um 1700 nicht als allgemein üblich betrachtet werden.1250 Ein Archiv setzt eine gewisse stabilitas loci und ein fortwährendes Interesse an früheren Vorgängen voraus. Beides war am Reichstag gegeben. Das wichtigste dieser Archive war das von Mainz verwaltete Reichsarchiv.1251 Alle darin aufgenommenen Schreiben waren amtlich zur Kenntnis genommen. Doch auch andere Stände verfugten über Gesandtschaftsarchive,1252 von denen aber wenig erhalten ist.1253 Nur die ständig vertretenen Stände wie Bayern besaßen ein ordentliches Gesandtschaftsarchiv, das in der Regel der Legationssekretär verwaltete.1254 Die bayerischen Akten wurden vor Ort zu Folianten in weißem Pergament gebunden1255 und kamen im Quartier in grosse kästen und gestölle,1256 1 68 8 waren 5 neue Kästen zu nothwendiger conservierung der von dem ungeziffer berait schon angegriffenen, und beschädtigtn Akten angeschafft worden.1257 Stände wie Ansbach, das nicht ständig präsent war, verfügten über kein umfassendes Archiv. Die Serie der Reskripte setzt dort erst Ende 1688 ein. Die Vertreter nur sporadisch anwesender Stände, wie die Augsburgs, legten überhaupt keine Archive an. Sie konnten nur über ihre Privatsammlungen verfugen. Das Bemühen darin die wichtigsten Akten zu den laufenden Verhandlungen zu haben, zeigt sich aber an der Formulierung damit ich die acta beysammen behalten könne, mit der Thoman die Bitte nach Übersendung eines Schreibens Augsburgs an Bayern unterstrich.1258 Nach Ende der Tätigkeit wurde von ihnen die Herausgabe der Geschäftsschriften verlangt. Als Thoman 1688 in Regensburg verstarb, sandte Augsburg den Ratskonsulenten
1250
K. Müller (Anm. 48) S. 113f. Später war es selbstverständlich: J. J. Moser (Anm. 53) S. 237. 1251 J. Presbeuta (Anm. 45) S. 310. 1252 Pachner konnte die von ihm veröffentlichten Akten in „vornehmen Chur- und Fürstlichen Comitial-Archiven" sammeln. Ders. (Anm. 109) Bd. 1, Vorbericht, 2r. 1253 Nach Gemeiner drückten Anfang des 19. Jh. die verkauften Gesandtschaftsarchive den Altpapierpreis. Vgl. Heribert Sturm: Archive in Regensburg, in: Archivalische Zeitschrift. Bd. 58. 1962. S. 95-118, hier S. 105. Dagegen berichtet E. Probst: Reichstag und Prinzipalkommissariat. Der Immerwährende Reichstag im Spiegel der Archivalien, in: Unser Bayern. Heimatbeilage der Bayerischen Staatszeitung. Bd. 12. 1963. S. 79f., hier S. 80, es seien 1806 die Archive verbrannt worden. Von den hier herangezogenen Überlieferungen haben sich nur für Ansbach Bände aus dem ehemaligen Regensburger Archiv erhalten. 1254 H. W. v. Bülow (Anm. 47) Bd. 2. S. 203. 1255 BHStA. KB. HR I, Fase. 315/Nr. 352, Spesierungsextrakt Aug. 1683, anbei die Quittung des Buchbinders (jew. Ausf.); Fase. 316/Nr. 353, Spesierungsextrakt vom Okt. 1686, anbei die Quittung des Buchbinders (jew. Ausf.); Fase. 316/Nr. 353, Spesierungsextrakte Juni 1697 und Juni 1698 (jew. Ausf.); HR II, Fase. 378, Rechnung 1699 (Ausf.). 1256 BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 252, Spesierungsextrakt vom Okt. 1696 (Ausf.). 1257 BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 253, Spesierungsextrakt vom Nov. 1688 (Ausf.). 1258 StadtAA. RTA 332, Ber. vom 22. Febr. 1684 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
225
und -aufrahme
Johann Andreas Scheidlin, damit er den Erben die Akten abfordere. Er fand alles in guter Ordnung vor. 1259
Den gesandtschaftlichen Akten kam der Status von Herrschaftswissen zu, das nicht in fremde Hände fallen sollte. Der bayerische Gesandte Zindt veranlaßte deshalb nach seiner Ausweisung 1704 die Überführung des Gesandtschaftsarchivs.1260 Aus dem gleichen Grund sorgte sich 1688 sein Vorgänger, der ehemalige Kölner könne das Archiv mitnehmen und es Frankreich zuspielen.1261 Nach einer Unterredung mit dem Prinzipalkommissar, fuhr er gemeinsam mit dem kaiserlichen Kanzleidirektor, zwei Legationskanzlisten und 12 Bewaffneten am 10. November zum Haus Holzemius' und forderte die Herausgabe der Akten.1262 Jeder Stand, dem das möglich war, verhinderte auch die sogenannte Obsignierung durch das Marschallsamt. Dieses sah sich befugt, beim Tod eines Gesandten dessen Akten zu versiegeln, was von den Ständen jedoch als Eingriff in ihre Herrschaftsrechte abgelehnt wurde.1263 In den Regensburger Archiven befanden sich neben den auf dem Reichstag anfallenden Schreiben, die Reskripte, Berichte und vereinzelt Schriftgut zu älteren Vorgängen, die in den Verhandlungen auf dem Reichstag eine Rolle spielten. Im Gesandtschaftsarchiv konnten also ein früherer Verhandlungsstand,1264 alte In1 ~if.C
ι *)f.f.
struktionen, Muster des Zeremoniells und Informationen, die der Gesandte 1267 der Regierung weitergeben konnte nachgeschlagen werden. Ein neuer Gesandter konnte sich über den aktuellen Stand und die allgemeinen Gepflogenheiten orientieren.1268 Der bayerische Gesandte schlug zum Beispiel 1690 während des Streits um die Mainzer Legitimation in den Akten nach und fand in einem Kur1259
StadtAA. RTA 342, Sehr, der Stadt an Jakob Ernst Thoman vom 30. Jan. 1688 (Konz.), Ber. von Scheidlin vom 3. Febr. 1688 (Ausf.), darin das Zitat. Einige Akten Thomans finden sich im EWA. 1260 BHStA. KB. HR I, Fase. 313/Nr. 350 (2), Weisung an den Rentmeister von Straubing vom 25. Okt. 1704 (Kop.). Aussagen, welche die Bedeutung des Archivs betonen: ÄA 3492, Ber. vom 20. Apr. 1702 (Ausf.); BHStA. KB. K. schw. 12770 Ber. vom 8. März 1703 (Ausf.). 1261 BHStA. KB. ÄA 3463, PS. zum Ber. vom 28. Okt. 1688 und PS. zum Ber. vom 1. Nov. 1688 (Ausf.). 1262 HHStAW. RK. APK. Fase. 29 b, Ber. vom 14. Nov. 1688 (Ausf.); StadtAA. RTA 344, Korresp. Schwegeries vom 16. Nov. 1688 (Ausf.). 1263 Jakob Ernst Thoman verhinderte dreimal die Obsignierung der Akten seines Vaters. StadtAA. RTA 342, Ber. vom 27. Jan. 1688 (Ausf.). 1264 Bspw. BHStA. KB. ÄA 3460, Ber. vom 19. Jan. 1688 (Ausf.); ÄA 3464, Ber. vom 31. Jan. 1689 (Ausf.). 1265 BHStA. KB. ÄA 3484, Ber. vom 17. Okt. 1697 (Ausf.). 1266 So BHStA. KB. ÄA 3462, Ber. vom 15. Sept. 1688 (Ausf.); ÄA 3482, Ber. vom 29. Okt., 29. Nov. 1696 (jew. Ausf.). 1267 Bspw. BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 11. Jan. 1685 (Ausf.); ÄA 3485, Ber. vom 16. Jan. 1698 (Ausf.); ÄA 3487, Ber. vom 5. Febr. 1699 (Ausf.); StadtAA. RTA 378, Ber. vom 26. Jan. 1712 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Ber. vom 30. Mai 1708 (Ausf.). 1268 Zindt wurde 1701 zur Orientierung an die Gesandtschaftsregistratur verwiesen. BHStA. KB. ÄA 3491, Instruktion vom 14. Nov. 1701 (Konz.).
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
fürstenratsprotokoll vom 23. Januar 1663 einen ähnlichen Vorgang, auf den er sich beziehen konnte.1269 Es ist bezeichnend, daß 1704 bei einer Auseinandersetzung der Konfessionsparteien um die Benennung von Deputierten, die Argumentation im wesentlichen von Ständen mit umfangreicherem Gesandtschaftsarchiv geführt wurde, die, wie die sich auf Präzedenzfälle stützende Beweisführung zeigt, ausgiebig benutzt worden waren.1270 Verfügte eine Gesandtschaft über kein Archiv, fehlte ihr ein Informationsreservoir, das bei Verhandlungen wichtig sein konnte. Eventuell benötigte Akten mußten erst angefordert und nach Regensburg gebracht werden.1271 Jede dieser Anforderungen begleitete ein zeitraubender Such-, Ausleih- und Transportvorgang. Es kam vor, daß unter den Gesandten Akten ausgetauscht wurden, doch geschah dies nur vorsichtig. So fragte Richter, als er 1689 die ,Rationes' Thomans gegen die Verlegung des Reichskammergerichts nach Augsburg nicht finden konnte, nur bei den Städtern und evangelischen Ständen, wie Sachsen, Brandenburg und Schweden danach,1272 da diese ein Interesse daran haben konnten, ihn zu unterstützen. Die Bücher, über welche die Gesandten verfugten, waren soweit festzustellen ihr Privatbesitz. Über Umfang und genaue Zusammensetzung dieser Handbibliotheken lassen sich keine konkreten Angaben machen.1273 Die wenigen Fälle, in denen einzelne Werke zu identifizieren sind, zeigen aber Tendenzen bezüglich der thematischen Schwerpunkte. Bücher werden hier nur in ihrer Funktion als Nachschlagewerke gerade benötigter Information, nicht aber in der als Bildungsoder Erholungslektüre greifbar. Die Lektürehaltung der Gesandten ist zumindest in diesem Bereich als kursorisches Informationslesen zu charakterisieren.1274 1269 1270
1271
1272 1273
1274
BHStA. KB. ÄA 3468, Ber. vom 20. Apr. 1690 (Ausf.). Die Protokolle vom 3.-17. Okt. 1704 finden sich bei: [H. Henniges] (Anm. 287) Bd. 2. S. 693-758. Bspw. StAN. Fm. Ansbach. RTA 202, Ber. vom 19. Juni 1709 (Ausf.); RTA 206, Ber. vom 29. Apr. 1711 (Ausf.); StadtAA. RTA 341, Ber. vom 15. und 22. Apr. 1687 (jew. Ausf.), Reskr. vom 18. Apr. 1687 (Konz.); RTA 359, Ber. vom 25. Juni, 2. und 30. Juli 1697 (jew. Ausf.); RTA 362, Ber. vom 5. Dez. 1702 (Ausf.). StadtAA. RTA 280, Sehr. Richters an Lauber vom 11. Jan. 1689 (Ausf.). Zur Ermittlung des Buchbesitzes werden bevorzugt Nachlaßinventare herangezogen. Dies war hier nicht möglich, denn die Gesandten nahmen nur eine Auswahl ihrer Bücher mit nach Regensburg. Reinhard Wittmann: Gibt es eine Leserevolution am Ende des 18. Jahrhunderts?, in: Roger Chartier/Guglielmo Cavallo (Hg.): Die Welt des Lesens. Von der Schriftrolle zum Bildschirm. Frankfurt, New York, 1999. S. 419-454. Zu den Arten des Lesens und Exzerpierens: Helmut Zedelmaier: Lesetechniken, in: Ders./Martin Mulsow (Hg.): Die Praktiken der Gelehrsamkeit in der Frühen Neuzeit. Tübingen 2001 (Frühe Neuzeit. Bd. 64). S. 11-30, hier S. 14-25. Einen Überblick über den Stand der Leseforschung vermitteln die Aufsätze in: R. Chartier/G. Cavallo (Anm. 1274); Roger Chartier (Hg.): Histoire de la lecture. Un bilan des recherches. Actes du colloque des 29 et 30 janvier 1993. Paris 1995; Paul Goetsch (Hg.): Lesen und Schreiben im 17. und 18. Jahrhundert. Studien zu ihrer Bewertung in Deutschland, England, Frankreich. Tübingen 1994 (SkriptOralia, Bd. 65). Zu Fragen und
3. Informationsbeschaffung
und -aufnähme
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Benötigte ein Vertreter Informationen zu gerade anstehenden Themen, kam es vor, daß er neue Bücher erwarb. Der Bayer Neuhaus etwa verrechnete 1692 unter anderem Thomae münz-tractat in fol., der mit 4 fl. 30 kr. zu Buche schlug.1275 Bei diesem könnte es sich um die ,Acta Publica Monetaria' von David Thoman von Hagelstein handeln.1276 Der Schwerpunkt des Einkaufs lag auf Werken zum Münzwesen, was mit den Beratungen des Reichstags zu diesem Zeitpunkt korrelierte. Der Kauf diente also der Informationsbeschaffung, um bei den Verhandlungen mitreden zu können. Bücher wurden genutzt, wenn ein kniffliges Problem auftrat, das der Gesandte nicht aus eigenem Wissen beantworten konnte oder wenn es schwierige Argumentationen zu führen galt. So zitierte der Bayer Tattenbach, als er 1701 den burgundischen Gesandten entgegen seiner Instruktion nicht bedingungslos unterstützte, zu seiner Verteidigung Werke des Völkerrechts und der Diplomatietheorie. Der strittige Punkt war, ob einem Diplomaten auch dann der Gesandtenstatus zukomme, wenn er noch nicht legitimiert ist, was Tattenbach verneinte, da er von denen wenige habenten publicisten keinen der meinung zusein gefunden hatte. Er berief sich auf drei Werke, wobei er neben dem Autor, einen Kurztitel, den Band und die Seite, bzw. den Paragraphen angab.1277 Es handelte sich zum einen um den Klassiker des Völkerrechts, Hugo Grotius' ,De iure belli ac pacis libri tres', um Rudolph Gottfried Knichens ,Opus Politicum in tribus libris' und um Justinus Presbeutas ,Discursus de iure legationis statuum imperii'. 1278 Letzteres war erst 1701 erschienen, also brandneu. Bemerkenswert erscheint, daß Tattenbach das Pseudonym Presbeuta nutzt, obwohl der Autor sein Magdeburger Kollege Heinrich Henniges war. Unklar ist, ob er das nicht wußte oder ob er die Beweiskraft dieses Werkes nicht dadurch schmälern wollte, daß er einen Diplomaten eines mit dem Kaiser verbündeten Standes als Autor bezeichnete. Eines der klassischen Handbücher des Diplomaten besaß mit Abraham Wicqueforts ,L'Ambassadeur' Ansätzen: Georg Jäger: Historische Lese(r)forschung, in: W. Arnold/W. Dittrich/B. Zeller (Anm. 222) S. 484-507. Für die Zeit vor 1600, aber mit einigen Ausblicken: Uwe Neddermeyer: Von der Handschrift zum gedruckten Buch. Schriftlichkeit und Leseinteresse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Quantitative und qualitative Aspekte. Wiesbaden 1998 (Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem deutschen Bucharchiv München. Bd. 61). 2 Bde. 1275 BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr.353, Spesierungsextrakt vom Mai 1692 (Ausf.), Beiliegend die Quittung Hoffmanns vom 22. Apr. 1692 (Ausf.). 1276 Vgl. Kap. V. 3.3.1. Der relativ hohe Preis spricht gegen eine Flugschrift. Zum Vergleich: in Württemberg kostete 1705 eine Bibel 2 fl. 45 kr. Petra Schad: Buchbesitz im Herzogtum Württemberg am Beispiel der Amtsstadt Wildberg und des Dorfes Bissingen, Enz. Stuttgart 2002 (Stuttgarter Historische Studien. Bd. 1). S. 61. 1277 BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 22. Aug. 1701 (Ausf.). 1278 Hugo Grotius, De iure belli ac pacis. Welche der zahlreichen Auflagen benutzt wurde ist nicht klar; R. G. Knichen (Anm. 468); zu Grotius: G. R. Berridge (Anm. 59) v.a. S. 58-60; Gerd Kleinheyer, Jan Schröder (Hg.): Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. Eine biographische Einfuhrung in die Geschichte der Rechtswissenschaft. 4. Aufl. Heidelberg 1996. S. 176-182.
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
der englische Resident Sir George Etherege. An dessen Ratschläge hat sich der extravagante Engländer allerdings nicht gehalten. Statt dessen empfahl er dem Earl of Middleton die Lektüre maliziös als ebenso interessant wie die Schilderungen des Zeremonialstreits auf dem Reichstag.1279 Nötig waren Nachschlagewerke, wenn ein Gesandter Deduktionen verfassen mußte. So bat der Augsburger Thoman 1686, seinen Aufsatz zum Botenwesen besonders genau zu prüfen, da er nur das verarbeiten konnte, was meine wenige bücher u. documenta mir dazu an die hand gegeben,1280 Er scheint also nicht seine gesamte Bibliothek, von der er kurz vor seinem Tod schrieb, sie sei recht gut, mit nach Regensburg genommen zu haben.1281 Eine solche Handbibliothek, in der sich hauptsächlich Werke der Staatsrechtslehrer befunden haben dürften, besaßen viele Gesandte. So berichtete der Ansbacher Wolf von Metternich 1708, er könne leider bei den publicisten nicht feststellen, ob der Kaiserlichen Kommission bei Revisionen ein Stimmrecht zukomme oder nicht. Dies war eine der entscheidenden Fragen bei den Verhandlungen in der Münsteraner Erbmännersache, bei der es in der Revisionskommission zu einem Patt gekommen war.1282 Nur einmal nannte er seine Bezugsquelle genauer, indem er sich auf Limnaeus berief.1283 Allgemein auf den Abdruck bey denen publicisten bezog sich 1701 der Augsburger Korrespondent Elenbrecht, als er den Neudruck des Burgundischen Vertrags von 1548 kommentierte. Der Bayer dagegen konnte diesen bei seinen publicisten nicht finden.1284 Von den Akteneditionen wurden Londorps ,Acta Publica' am häufigsten zitiert. Henniges rekurrierte 1689 auf den fünften Band, in dem ein Reichsschreiben an die Schweiz von 1641 zu finden sei, das beim Aufsatz des jetzigen als Vorlage
1279
Sehr. Ethereges an Earl of Middleton vom 30. Aug. 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 230. Ebenda S. 286f. und Letterbook (Anm. 423) S. 376-378 findet sich eine Liste seines Buchbesitzes. Sie umfaßte neben 13 englischen 49 französische und zwei italienische Titel. ,L'Ambassadeur' ist verzeichnet. Daneben finden sich lateinische Klassiker auf Französisch, einige historische Werke, Theaterstücke, zwei Lexika und eine Ausgabe von Machiavellis Werken. 1280 StadtAA. RTA 340, Ber. vom 3. Dez. 1686 (Ausf.). 1281 StadtAA. RTA 128, Sehr. Thomans an den Rat vom 13. Jan. 1688 (Ausf.). 1282 StAN. Fm. Ansbach. RTA 200, Ber. vom 14. März 1708 (Ausf.). Zum Fall: R. v. O. (Anm. 648). Uneins befand er die publicisten zur Frage, ob der Reichshofrat protestantische Ehestreitfälle verhandeln dürfe. StAN. Fm. Ansbach. RTA 211, Ber. vom 4. Jan. 1713 (Ausf.). 1283 StAN. Fm. Ansbach. RTA 198, Ber. vom 20. Apr. 1707 (Ausf.). Es handelt sich um: Johannes Limnaeus: Ius publicum imperii Romano germanici libri IX, die zwischen 1629 und 1634 erschienen. Limnaeus war als Prinzenerzieher, Geheimer Rat und Kämmerer in Ansbach tätig gewesen, was sein Werk dort zur Standardreferenz machte. Doch war es auch ein allgemein anerkannter Klassiker. Deutsche und Europäische Juristen (Anm. 1278) S. 245-248; F. H. Schubert (Anm. 62) S. 502; W. E. J. Weber (Anm. 469) S. 27. 1284 StadtAA. RTA 380, Korresp. vom 22. Febr. 1701 (Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 24. Febr. 1701 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
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dienen könne.1285 Wieder auf Londorp verwies er im Zusammenhang mit einem Aufsehen erregenden ,Unvorgreiflichen Bedenken', das die kleineren Stände vor der Willkür der Armierten zu schützen forderte. In dessen Sammlung fände sich ein fast gleichlautendes von 1641. 1286 Damit sprach er dem Aufsatz die Originalität ab. Die Gesandten waren bezüglich neuer Publikationen durchaus auf dem Laufenden. So erwähnte Thoman eine dieses Jahr in halb octav große zu Ulm gedruckte Reichsmatrikel, in der alle moderierten Stände außer Esslingen und Isny zu finden seien.1287 Der neben seiner Arbeit in der Brandenburger Gesandtschaft noch publizistisch tätige Heinrich Henniges war ebenfalls auf dem neuesten Stand. In seinem 1706 bis 1712 erschienenen Hauptwerk, den ,Meditationvm Ad Instrumentvm Pacis Caesareo-Svecicvm', einem einflußreichen Kommentar zum Westfälischen Frieden, zeigt sich das in den Literaturverweisen. Von den 51 in den Specimen zitierten Schriften waren mindestens 15 erst nach dem Jahr seines Dienstantritts in Regensburg (1679) erschienen.1288 Wie er sich darauf Zugriff verschaffte, ob er sie alle selbst besaß oder auslieh, ist unbekannt. Zur Beschaffung neuer Bücher mobilisierte man auch seine Korrespondenzpartner. So versuchte der bayerische Gesandte Tattenbach über seinen Wiener Kollegen an Bücher zu kommen, die über den Buchhändler vor Ort nicht zu beziehen waren. Tattenbach wünschte das repertorium yber die reichs abschide dann das buch de jurisprudentia publica & privata beede des ReichsHofRhatts Andlers opera. Er erhielt allerdings nur das letztere, denn das , Corpus Constitutionum imperialium'
1285
StAN. Fm. Ansbach. RTA 178, Korresp. vom 20./30.[!] Febr. 1689 (Ausf.). Zu den .Acta Publica' vgl. Kap. VI. 2.2.2. 1286 StAN. Fm. Ansbach. RTA 179, Korresp. vom 27. Apr. 1689 (Ausf.). 1287 StadtAA. RTA 340, Ber. vom 12. Nov. 1686 (Ausf.). 1288 [Henniges], Meditationum, 3 Bde. Es handelte sich um: Gottfried Ferdinand von Buckisch und Löwenfels: Observationum historico-politicarum in Instrumentum Pacis OsnabrugoWestphalium. Wien 1694; Johann Deckherr: Consultatio de pace civili religioni in instumento pacis caesareo-suecicae Monasterii et Osnabrugae confectae. Speyer 1680; Johann Deckherr: Consultationum forensium libri duo. Frankfurt 1691; Ahasver Fritsch [verm. Additionum ad ius publicum Johannis Limnaei, tomus novus ac tertius cum adnotamentis ad instrumentum pacis Osnabrugo-Monasteriense. Straßburg 1680]; Johann Georg Kulpis: De legationibus statuum imperii commentatio. Giesen 1679; Heinrich Lincke: Tractatus de Jure Episcopali. Altdorf 1694; Tobias Pfanner: Historia pacis germano-gallo-svecicae monasterii atqve Osnabrugae. [mehrere Aufl.]; Tobias Pfanner: Historia comitiorum imp. celebratorum A. O. R. MDCLII.LIII & LIV. Vinariae 1694; Samuel Pufendorf: De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni, Electoris Brandenburgici, Commentariorum Libri Novendecim. Berlin 1695; Samuel Pufendorf: Schwedische Geschichte [verm.: Commentariorum de rebus Sueciis libri 26. Utrecht 1686]; Johann Friedrich Rhetius: Institutiones Juris Publici Germanici Romani. [versch. Aufl., erstm. Frankfurt/O. 1683]; Franciscus de Roye: Juris Canonici Institutionum Libri tres [versch. Aufl. erstm. Leipzig 1684]; Johann Strauch: Institutionum Juris Publici Specimen. Frankfurt 1683; Christian Thomasius: Das Recht Evangelischer Fürsten In Theologischen Streitigkeiten. [Halle 1696].
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
war vergriffen. 1 2 8 9 Daß die Herausgeber völkerrechtlicher Werke mit dem Interesse der Reichstagsgesandten rechneten, zeigt die 1693 erfolgte Verteilung werbender Handzettel für Gottfried Wilhelm Leibniz' ,Codex Juris Gentium'. 1 2 9 0 W e g e n einer Ankündigung des Regensburger Buchhändlers Seidel, erkundigte sich der Nürnberger 1695 bei seinem Augsburger Korrespondenzpartner. Er wollte wissen, ob es stimme, daß Seidel und der Augsburger Kroniger Guillimannus ,Habsburgica' wieder auflegten, denn das Werk sei rar und gesucht. 1 2 9 1 A u c h über Rezensionen war man orientiert. So schrieb Metternich 1696 nach Ansbach, über das schöne buch Pufendorfs zur Historie Friedrich Wilhelms habe jemand ein schlecht judicium gefället,1292 D i e Mehrheit der erwähnten Werke gehörte zum Jus publicum und dem Völkerrecht. Gleiches galt für die Bibliothek des Regensburger Vertreters Johann Ludwig Prasch. 1293 Damit reiht sich der gesandtschaftliche Buchbesitz, soweit er zu greifen ist, in die Reihe der überwiegend aus beruflichem Interesse zusammengestellten Bibliotheken mit juristischem Schwerpunkt ein. 1 2 9 4 N e b e n aner-
1289
BHStA. KB. ÄA 3487, Sehr. Tattenbachs an Mörmann vom 25. Sept. 1699 (Kop?), Sehr. Mörmanns an Tattenbaeh vom 21. Okt. 1699 (Konz.). Es handelt sich um: Franz Friedrich Andler: Jurisprudentia qua politica qua privata, die erstmals 1672 erschienen war und 1699 wieder aufgelegt wurde. Andlers ,Corpus constitutionum imperialium' erschien 1675 und wurde 1700 nachgedruckt. Andler war ein bekannter Publicist. Vgl. Cassander Thücelius [= Christoph Leonhard Leucht]: Des Heiligen Römischen Reichs-Staats Acta Von jetzigen XVIII. Seculo sich anfallend [...] zu des gemeinen Wesens Besten/zum öffentlichen Druck an das Licht gegeben. 5 Bde. Frankfurt, Leipzig 1715-1719. Vorwort l v ; Filippo Ranieri (Hg.): Biographisches Repertorium der Juristen im Alten Reich. 16-18. Jahrhundert. Frankfurt 1989 (Ius Commune. Sonderheft 40). S. 137. Der Augsburger Holzapfel dankte 1712 einem Korrespondenzpartner für die Übersendung eines discurs Gundlingii. StadtAA. RTA 110, Sehr. Holzapfels an Dr. Ritter [?] vom 11. Febr. 1712 (Ausf.). Möglicherweise handelte es sich um Nicolaus Hieronymus Gundlings Praeliminar-Discurs, Halle 1710. Vgl. Notker Hammerstein: Jus und Historie. Ein Beitrag zur Geschichte des historischen Denkens an deutschen Universitäten im späten 17. und 18. Jahrhundert. Göttingen 1972. S. 209-211. 1290 StadtAA. RTA 354, Beilage zum Korresp. vom 7. Apr. 1693. Der Titel findet sich im Literaturverzeichnis. 1291 StadtAA. RTA 286, Sehr. Richters an Lauber vom 22. März 1695 (Ausf.). Der Titel lautete: Franciscus Guillimannus: Habsburgica sive de antiqua et vera origine domus Austriae, vita et rebus gestis comitum Vindonissensium sive Altenburgensium in primis Habsburgiorum. Mailand 1605. Zu Kroniger vgl.: Hans-Jörg Künast: Dokumentation: Augsburger Buchdrucker und Verleger, in: H. Gier/J. Janota (Anm. 1229) S. 1205-1340, hier S. 1248. 1292 StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 1. Febr. 1696 (Ausf.). Es handelte sich um S. Pufendorf. 1695 (Anm. 1288). 1293 Zur Bibliothek Praschs: Michael Drucker: Bürger und Bücher. Die Bibliothek der Reichsstadt Regensburg. Ausstellungskat. Regensburg 1999. S. 7-12. 1294 Vgl. die bei Karl Bräuer: Studien zur Geschichte der Lebenshaltung in Frankfurt a.M. während des 17. und 18. Jahrhunderts. 2 Bde. Frankfurt 1915 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Frankfurt a.M. Bd. 2). Bd. 1. S. 291 f. erwähnten Bibliotheken Frankfurter Amtsleute. Auch in Frankreich besaßen juristisch Gebildete am häufigsten Bücher. Roger Chartier: Lesewelten. Buch und Lektüre in der frühen Neuzeit. Frankfurt, New York 1990. S. 94, 104.
3. Informationsbeschaffung
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kannten Klassikern wie den Werken von Grotius, Limnaeus oder die Quellensammlung von Londorp, standen neue Schriften, wie die Presbeutas, sowie Neuauflagen, wie die Werke Andlers. Zur Spezialliteratur ist der Münztraktat zu rechnen. Ein Nachschlagewerk war die Matrikel. Vereinzelt lassen sich andere Interessen der Gesandten fassen. Der Augsburger Thoman war offenbar pharmazeutisch interessiert, denn er bat 1686 den Rat, man möge ihm ein Exemplar der Pharmacop[eia] Augustana übersenden. 1295 Holzapfel dagegen scheint ein Liebhaber teurer Kupferstichbücher gewesen zu sein, denn er verehrte 1705 dem Württemberger ein solches Werk, so ich für mich mit herunter genohmen.1296 Bücher dienten häufiger als Geschenke. So überreichte Veijus de Crecy 1688 dem Bayern Wämpl und dem Trierer Umbscheiden je einen schön gebundenen „Confucius", der Münsteraner Plettenberg erhielt mehrere Bücher, „la plus part des controverses". 1297
3.6
, Geschenke', Verräter und Spione
Nach Wicquefort beobachteten manche Gesandte nur, andere seien regelrechte Kundschafter. Man dürfe sich auch bezahlter Verräter bedienen, solle aber immer darauf achten, daß die Bestechung wie ein Geschenk aussähe. Er behauptete: „in dergleichen Kunst-Griffgen/und eigentlich zu sagen/Betrügereyen/bestehet heute zu Tage des gröste Theil der Ambassades". 1298 Wenn sie auch nicht den größten Teil des diplomatischen Geschäfts ausmachten, so spielten Bestechung und Spionage bei der Informationsbeschaffung doch eine Rolle. Die Annahme von ,Geschenken' durch Funktionsträger wurde daher in der moralisch-normativen Literatur kritisch gesehen. Schon in den Traktaten des 16. Jahrhunderts wurde der Gesandte gewarnt, daß er sich dadurch leicht dem Verdacht des Verrats und der Untreue aussetze.1299 Bald wurden die Geschenke differenziert. So dürfe ein Gesandter Geschenke annehmen, die er zur Ehre oder aus Wohlwollen erhielt, nicht aber solche, die der Bestechung dienten. Als Leitsatz 1295
1296 1297 1298 1299
StadtAA. RTA 339, PS. zum Ber. vom 3. Sept. 1686 (Ausf.), PS. zum Reskr. vom 6. Sept. 1686 (Konz.). Der Titel lautete: Enchiridon sive, ut vulgo vocant, dispensatorium medicamentorum pro Reipub. Augstburgensis pharmacopoeis. Das Werk, das 1564 erstmals erschienen war, stellte die in Augsburg erlaubten Arzneimittel zusammen. Während des 16.-18. Jh. wurde es mehr als achtzehnmal aufgelegt. Vgl. Gerhard Gensthaler: Das Medizinalwesen der freien Reichsstadt Augsburg bis zum 16. Jahrhundert mit Berücksichtigung der ersten Pharmakopoe von 1564 und ihrer weiteren Ausgaben. Augsburg 1973 (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 21). S. 71-170, hier S. 136f. Die Auflage von 1686 erwähnt er nicht. Er veranschlagte dafür 150 fl. StadtAA. RTA 366, Ber. vom 21. Mai 1705 (Ausf.). Comptes generaux, in: G. Pages (Anm. 266) S. 87. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 685f., 690 (dort das Zitat). Petrus Aerodius: De Legationibus (1588) stellte den Vergleich an: „Ut mulier quae ä non marito accipit, impudicitiae; ita Legatus, proditionis, maleque obitae legationis notam ac suscipionem non effugit. Quinquimö fides, constantiaque nusquam est, ubi cupiditas & avaritia versatur [...]", in: De Legatis (Anm. 44) S. 107.
232
IV. Informations- und Kommunikationssystem
galt: „nicht alles, nicht zu jeder Zeit und nicht von Allen".1300 Martin Zeiller hielt eine Verehrung für akzeptabel, „wann sie offentlich/auß gutem geneigten Willen gegen dem Abschickenden/vnd zu Ehren; nicht aber auß einem Privat Affect gegen dem Gesandten/einen Nutzen durch ihn zu suchen geschehen".1301 Probleme mit Geschenken hatten aber nicht nur Gesandte, sondern auch Beamte und Sekretäre. Ahasver Fritsch schildert deren Entgegennahme zwar als gängig, verurteilt sie jedoch als Verstoß gegen Moral und christliche Tugenden. Durch Bestechung erkaufte Gewährung von Vorteilen widerspreche dem Ideal des guten Beamten und untergrabe die gerechte Regierung.1302 Kaspar Stieler verbot den Sekretären die Annahme von Gaben, denn sie „machen einen wollen, daß er sonst nicht will/sie ziehen durch eine verborgene Kraft auch die widerstrebenden und unwissende/und zwingen das Gemüht von der Tugendstrasse ab."1303 Geschenke können demnach die Beziehung zwischen Geber und Nehmer neu strukturieren, da die Normen der Dankbarkeit und Reziprozität den Empfänger verpflichten, ebenfalls etwas zu geben. Dieses ,Etwas' konnte auch ein Vorteil, Loyalität oder eine Information sein.1304 Die Entgegennahme von Geschenken und Bestechungen erscheint in der historischen Forschung als ein typisches Problem der Frühen Neuzeit. Ihr unkontrollierter Fluß wurde lange als archaisch und anti-staatlich betrachtet, in neueren Beiträgen wird er dagegen als typisches Element im Aufbau begriffener Staatlichkeit und elementarer Bestandteil der politischen Kultur beschrieben.1305 Va1300
Johannes Gerhardus: An Legati munera accipere possint? (1623), in: Discursus Academicorum Arumei. Bd. 4. Disc. XII. Nach: De Legatis (Anm. 44) S. 222, dort das Zitat: „nec omnia, nec quovis tempore, nec ab omnibus." 1301 Martin Zeiller: 606 Episteln oder Send-schreiben von allerhand Politischen Historischen und anderen Sachen. 2 Bde. 2. Aufl. Ulm 1656. Bd. 1. 66. Epistel. S. 186. 1302 Ahasver Fritsch: Der Beschämte Geschenck-Fresser (1684). Hg. von Detlef Ignasiak. Tübingen 1995. S. [61]-[84]. 1303 K. Stieler (Anm. 107) Bd. 1. S. 29. Nach seinem Katalog auf S. 60f. war ein Geschenk, das allein Ausdruck einer persönlichen Beziehung, Lohn für eine Leistung oder allgemein üblich war, gestattet, eines, das politische oder ökonomische Implikationen hatte, nicht, besonders dann nicht, wenn es der Obrigkeit verborgen blieb. 1304 Zum Geschenk als Mittel zur Konstituierung und Festigung von Beziehungen: Sharon Kettering: Gift-Giving and Patronage in Early Modern France, in: French History. Bd. 2. 1988. S. 131-151, hier S. 131f. 1305 Es gibt wenig historische Forschung zu Fragen des Geschenks und der Bestechung, die über eine Beispielssammlung hinausgeht. Zu historischen und soziologischen Interpretationen: Beate Wagner-Hasel: Egoistic Exchange and Altruistic Gift. On the Roots of Marcel Mauss's Theory of the Gift, in: Gadi Algazi/Valentin Groebner/Bernhard Jussen (Hg.): Negociating the Gift. Pre-Modern Figurations of Exchange. Göttingen 2003 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts fur Geschichte. Bd. 188). S. 141-171; V. Groebner (Anm. 166) S. 21-29, 96-100; Natalie Zemon Davis: The Gift in SixteenthCentury France. Oxford 2000. S. 5-13, 220f.; Wilhelm Brauneder: Korruption als historisches Phänomen, in: Christian Brünner (Hg.): Korruption und Kontrolle. Wien, Köln, Graz 1681 (Studien zu Politik und Verwaltung. Bd. 1). S. 75-104; L. Bely (Anm. 17) bes. S. 163-171; G. de Bruin (Anm. 45) S. 97-103, 373-386, 614; Ragnhild Hatton:
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lentin Groebner zeigte, daß sich hinter dem ,Geschenk' höchst ambivalente Vorstellungen verbargen, konnte es doch auch als Euphemismus für Abhängigkeiten eingesetzt werden. Es gab konkrete Vorstellungen vom Tatbestand der Korruption und Bestechung, doch nicht jeder Transfer von nicht festgelegten Geld- oder Sachleistungen wurde als solche begriffen. Das geschah erst, wenn der Rahmen des durch die jeweilige Interpretation Erlaubten überschritten und der Konsens zwischen Beamten, Bevölkerung und Obrigkeit verletzt wurde.1306 Die Grenze variierte dabei von Zeit zu Zeit.1307 Die enge Verbindung mit Kategorien der Mo-
Gratifications and Foreign Policy: Anglo-French Rivalry in Sweden during the Nine Years War, in: William III and Louis XIV. Essays 1680-1720 by and for Mark A. Thomson. Hg. von Dies./J. S. Bromley. Liverpool 1968. S. 68-94; S. Kettering (Anm. 1304); John T. Noonan, Jr.: Bribes. New York, London 1984. S. 366-391; W. J. Roosen (Anm. 47) S. 152f., 165-168. Überholt: Jakob van Klaveren: Die historische Erscheinung der Korruption, in ihrem Zusammenhang mit der Staats- und Gesellschaftsstruktur betrachtet, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Bd. 44. 1957. S. 289-324; Bd. 45. 1958. S. 433-504; Bd. 46. 1969. S. 204-231. Neue Perspektiven im Sammelband: G. Algazi/ V. Groebner/B. Jussen (Anm. 1305). In der politologischen Literatur ist die historische Sicht wenig beachtet und wenig empirisch. Eine Ausnahmen bildet: Arnold J. Heidenheimer/Michael Johnston/Victor T. Le Vine: Political Corruption. A Handbook. New Brunswick, Oxford 1989. In der Soziologie herrschte lange in Anschluß oder in Opposition zu Marcel Mauss: Essai sur le don. Forme et raison de l'echange dans les societes archai'ques, in: L'Annee sociologique. Bd. 1. 1923/24. S. 30-186, eine idealisierende Sichtweise. Die Gabe wurde zum symbolischen Ursprung der Gesellschaft stilisiert oder dem Profitstreben kontrastiert und eine Verfallsgeschichte geschrieben. Insgesamt erwies sich der Gegenstand als komplexer, als es mit Mauss' Gegensatzpaaren freiwillig-verbindlich und unentgeltlich-eigennützig erschien. Zu Mauss: Patrick J. Geary: Gift Exchange and Social Sience Modeling. The Limitation of a Construct, in: G. Algazi/V. Groebner/B. Jussen (Anm. 1305). S. 129-140; Maurice Godelier: Das Rätsel der Gabe. Geld, Geschenke, heilige Objekte. München 1999. Wichtige soziologische Aufsätze bei: Aafke Komter: The Gift: An interdisciplinary Perspective. Amsterdam 1996. An der Verfallsthese hält fest: Helmuth Berking: Schenken. Zur Anthropologie des Gebens. Frankfurt, New York 1996. S. 185-229. 1306 y Q r o e b n e r (Anm. 166) S. 96-242; Valentin Groebner: Accountancies and Arcana: Registering the Gift in Late Medieval Cities, in: Esther Cohen/Mayke B. de Jong (Hg.): Medieval Transformations. Text, Power, and Gifts in Context. Leiden, Boston, Köln 2001 (Cultures, Beliefs and Traditions. Bd. 11) S. 219-243; Valentin Groebner: Liebesgaben. Zu Geschenken, Freiwilligkeit und Abhängigkeit zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert, in: Soziale Beziehungen im Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit. Zürich 2002 (traverse 1002/2. Zeitschrift für Geschichte. Bd. 9) S. 39-52; Gadi Algazi: Introduction. Doing Things with Gifts, in: G. Algazi/V. Groebner/B. Jussen (Anm. 1305) S. 9-27, hier S. 10-13, 18; W. Brauneder (Anm. 1305) S. 87. 1307 J. T. Noonan (Anm. 1305) S. 687-690, 696-699; V. Groebner (Anm. 166) S. 129-135, 155158; G. Algazi (Anm. 1306) S. 15 plädiert dafür ,Geschenk' nur als .Familiennamen' zu nutzen und den Terminus nicht definitorisch einzuengen. Problematisch ist auch die Definition von Bestechung und Korruption. Vgl.: Annemarie Imhof: Korruption. Zürich 1999. S. 1-37.
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
ral und die Möglichkeit der Instrumentalisierung der Bezeichnungen1308 erschwert die Darstellung nicht unerheblich. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die in der Diplomatie üblichen Erscheinungsformen, die zwischen Geschenk und Bestechung liegen. ,Gratifikationen' oder ,Remunerationen' von Seiten des Verhandlungspartners waren nach einem erfolgreichen Vertragsabschluß genauso gängig wie Gaben bei Abreise eines Diplomaten.1309 Auch auf dem Reichstag war es üblich, sich bei Gesandten, die ein Vorhaben besonders eifrig unterstützt hatten, mit einer Gabe zu bedanken. Dabei konnte es sich durchaus um größere Summen handeln.1310 Eine solche Remuneration konnte je nach Standpunkt des Betrachters schnell den Geruch von Korruption annehmen.1311 Einen Spezialfall stellen Pensionen, also regelmäßige 1312
Zuwendungen einer anderen als der sendenden Regierung, dar. Diese wurden als Gefahr für die Loyalität eines Gesandten begriffen.1313 Auch in Regensburg kamen sie vor. Einige der Geschenke unter Diplomaten können dagegen als ,Höflichkeitsgeschenke' klassifiziert werden. Bei diesen handelte es sich meist um Sachgeschenke, die dazu dienten, eine Beziehung zu festigen oder jemanden freundlich zu stimmen.1314 An untergeordnete Funktionsträger wie die Reichserbmarschallischen Kanzlisten wurden bei Verrichtungen Trinkgelder gegeben.1315 Gut informiert ist die Forschung über die Geschenke, die der französische Plenipotentiarius Verjus de Crecy von 1680 bis Juni 1687 und von November 1687 bis zu seiner Ausweisung 1688 verteilte. Die Summen, die er pro Jahr dafür ausgab, waren beträchtlich. Den Höhepunkt bildete das Jahr des Regensburger Stillstands 1684 mit 37 615 livres. Im Jahr daraufwandte er 6 400 livres auf, 1686 18 500, 1687 noch 14 987 und in seinem letzten Jahr 13 234 livres. Der Löwenanteil ging an Angehörige des Kurfurstenrats. Besonders der Mainzer und 1308
W. J. Roosen (Anm. 47) S. 167 warnt davor, jedem Bericht einer Bestechung zu glauben, da Gesandte ihr Scheitern gerne als Resultat einer solchen ausgegeben hätten. 1309 M. S. Anderson (Anm. 47) S. 51; K. Müller (Anm. 48) S. 310, 312; R. Hatton (Anm. 1305) S. 69; L. Bely (Anm. 17) S. 164f.; Zur Verteidigung des Abschiedsgeschenks: A. Wicquefort (Anm. 45) S. 664-676 ; L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 43. Schwankend: Kirchner, in: De Legatis (Anm. 44) S. 195f. 1310 Nach der Introduktion der Hannoveraner Kur 1708 z.B. erhielt der Mainzer Gesandte vom neuen Kurfürsten 6 000 fl. jeder der anderen kurfürstlichen Gesandten und die Direktoren des Fürstenrats 3 000 fl., viele der übrigen Fürstlichen 1 500 fl. G. Granier (Anm. 14) S. 169. 1311 Bspw. interpretierten die Fürstlichen 1711 die von den Reichsstädten dem Mainzer im Falle einer Unterstützung ihrer Anliegen bei der Kaiserwahl zugesagte Belohnung als eine corruption. StadtAA. RTA 377, Ber. vom 13. Okt. 1711 (Ausf.). 1312 Zum Begriff vgl. V. Groebner (Anm. 166) S. 159. 1313 P. Gerbore (Anm. 41) S. 179-182. 1314 R. Hatton (Anm. 1305) S. 69f. 1315 StadtAA. RTA 369, Korresp. vom 10. Mai 1707 (Ausf.); RTA 370, Reskr. vom 21. Okt. 1707 (Konz.). L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 43 riet gegenüber den Beamten großzügig zu sein.
3. Informationsbeschaffung
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Brandenburger Gesandte strichen hohe Summen ein. Der Mainzer Scheffer kam 1684 auf die Spitzensumme von 14 015 livres. Der Brandenburger von Jena folgte mit 11 000 livres im selben Jahr. Die Gelder, die an die beiden flössen, bewegten sich durchschnittlich zwischen 3 000 und 6 000 livres pro Jahr. Dazu kamen noch geringere Summen an den jeweiligen zweiten Gesandten und den Mainzer Diktator. Nach Abberufung von Jenas 1687 sanken die an die Brandenburger gegebenen Gelder auf die Größe von Aufmerksamkeiten: Der Bündniswechsel des Kurfürsten zeitigte seine Auswirkungen. Mit geringeren Summen wurden zweimal der Kölner Gesandte und 1684 der Trierer und Pfälzer bedacht, wobei es sich hier um Gratifikationen handelte. Der bayerische Gesandte erhielt 1687 eine silberne Chocolatiere zu 92 livres und 1688 drei Medaillen und ein Buch im Wert von zusammen 642 livres. Zumindest die Chocolatiere und das Buch sind als Höflichkeitsgeschenke zu verbuchen. Gegenüber den fürstlichen Gesandten zeigte sich der Franzose weniger spendabel. Zweimal wird der Münsteraner von Plettenberg genannt, wobei es sich einmal ,nur' um ein Buchgeschenk im Wert von 25 livres handelt. Der Däne Pufendorf strich dagegen schon im ersten Jahr seiner Anwesenheit insgesamt 3 180 livres ein. Von den Reichsstädtern wird als einziger der Esslinger Schäffer, der Verjus im Vorfeld der Augsburger Allianz mit Nachrichten aus dem Schwäbischen Kreis versorgte, mit 1 500 livres bedacht.1316 Dazu kamen noch kleinere Gaben und Galanteriewaren an Frauen und Kinder von Gesandten, die Veijus auf insgesamt 400 bis 500 Ecus schätzte.1317 Deutlich wird, daß einflußreiche Persönlichkeiten bevorzugt wurden. An den Mainzer und Brandenburger flössen fast regelmäßig Gelder, ohne Pensionen zu sein. Allerdings verletzten sie mit einer frankophilen Haltung die Interessen ihrer Herrn nicht.1318 Die Gaben dienten dazu, diese Einstellung zu erhalten, die sich zum einen in den Berichten niederschlagen konnte, zum anderen die Bereitschaft zur Kooperation und Weitergabe von Informationen verstärkte. So meinte der Augsburger Abgesandte 1686 resignierend, Verteidigungsbündnisse zu schließen sei fast nicht möglich, denn Frankreich komme durch trewlose
händ hinder alle
derselben
.,. 1319 consilia.
Die Haltung der Gesandten zu Geschenken war unterschiedlich. Der Mainzer von Otten hatte 1707 etwa kein Problem, vom potentiellen Münzfälscher Christian Ehewaldt für Fürsprache Malereien im Wert von 600 fl. anzunehmen. Der Trierer lehnte ein solches Angebot ab.1320 Auch hinsichtlich der Akzeptanz der 1316
1317 1318 1319 1320
Bernd Wunder: Frankreich, Württemberg und der Schwäbische Kreis während der Auseinandersetzungen über die Reunionen (1679-97). Ein Beitrag zur Deutschlandpolitik Ludwigs XIV. Stuttgart 1971 (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Bd. 64). S. 74. Dessen ,Comptes generaux' sind abgedruckt bei: G. Pages (Anm. 266) S. 74-88. G. Pages (Anm. 266) S. 89. StadtAA. RTA 338, Ber. vom 21. Mai 1686 (Ausf.). StadtAA. RTA 369, Korresp. präs. 31. Mai 1707 (Ausf.). Ein Schreiben für Ehewaldt und die Antwort der Stadt in: RTA 158.
IV. Informations- und Kommunikationssystem
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Gaben, welche die Stadt Augsburg 1705 als Dank für die Unterstützung ihrer Indemnisation machte, gab es Unterschiede. Der Trierer und Mainzer nahmen an, der Passauer wollte die erhaltenen Schaumünzen seinem Herrn zeigen, der Pfälzer vor der Entgegennahme um Erlaubnis fragen und der Württemberger lehnte sofort ab, als er Geld im Papier sah. Ein wertvolles Buch mit Kupferstichen dagegen akzeptierte er. Die Annahme von Gegenständen, deren Preis nicht ersichtlich war, scheint also weniger problematisch gewesen zu sein als die von Geld. Jeder der Beschenkten wurde zur Verschwiegenheit verpflichtet,1321 was darauf hindeutet, daß sich die .Verehrungen' am Rande des Vertretbaren bewegten. Der Sprachgebrauch in solchen Fällen ist bezeichnend. Nie wird explizit von 1322 1323 1324 Bestechung gesprochen, sondern von Verehrung, realem danck, gratial, Erkenntlichkeit', 1325 remuneration, 1326 discretion 1327 oder ähnlichem. Sprachlich bewegte man sich auf der Ebene von freiwilliger Gabe und Dank. Dabei war dieser ,Dank' häufig vorher versprochen, oft sogar in konkreter Höhe.1328 Das war allgemein bekannt und so kursierten Gerüchte, was dieses oder jenes Gutachten 1329
gekostet hatte. Das heißt nicht, daß jedes Gutachten zu kaufen gewesen wäre, aber gezielte Gaben konnten eine Sache beschleunigen und die Fürsprache wärmer werden lassen. Dabei hatten sich Gesandte davor zu hüten, als bestechlich zu gelten, was ihre Handlungsfähigkeit untergraben konnte1330 und zudem als verwerflich galt. Bestechungen sind so nur in den Akten der Bestechenden zu greifen, da der Bestochene kein Interesse hatte, das Ereignis festzuhalten. Handelte es sich um Geld für Informationen, wurde der Bestechende häufig zur Geheimhaltung verpflichtet, so daß man zwar weiß, daß, aber nicht wer bestochen wurde.1331 Anders als bei den Geschenken für Unterstützung und Wohlverhalten bewegt man sich hier nicht mehr nur auf der Ebene der Gesandten, sondern auch jener der Sekretäre und Bediensteten. Zahlungen, um an Informationen zu gelangen, gehören in den Bereich der Spionage. Das sich theoretisch auf weite Bereiche erstreckende Geheimnis bewirkte, daß ein Teil der Beschaffung aktueller Information über , dunkle Kanäle' lief. 1321
StadtAA. RTA 366, PS. zum Ber. vom 21. Mai 1705 (Ausf.). StadtAA. RTA 369, Korresp. präs. am 31. Mai 1707 (Ausf.). 1323 StAN. Fm Ansbach. AGR. Rescripte. 1688-1706, Reskr. vom 23. Jan. 1703 (Ausf.). 1324 StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Ber. vom 27. Jan. und 28. Juli 1706 (jew. Ausf.). 1325 StadtAA. RTA 365, Ber. vom 24. März 1705 (Ausf.). 1326 StadtAA. RTA 377, Ber. vom 13. Okt. 1711 (Ausf.). 1327 BHStA. KB. K. schw. 12770, Sehr. Zindts an ? vom 28. Febr. 1704 (Ausf.). 1328 Vgl. Kap. IV. 3.2.1 und IV. 3.3.2. Zur Rhetorik des Schenkens als Euphemismus vgl.: V. Groebner (Anm. 166) S. 113-119; S. Kettering (Anm. 1305) S. 132-141, 147. 1329 Das zur Indemnisation soll den Bischof von Augsburg 20 000 Taler wert gewesen sein. StAN. Fm. Ansbach. RTA 204, Ber. vom 26. Febr. 1710 (Ausf.). 1330 M. Keens-Soper (Anm. 45) S. 99; L. Bely (Anm. 17) S. 116. 1331 Bspw. findet sich in einem bayerischen Reskr. Ende 1702 eine Zahlungsanweisung über 100 Specietaler erwähnt, bestimmt für die bekante confldente persohn. BHStA. KB. ÄA 3493, Reskr. vom 16. Dez. 1702 (Konz.). 1322
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
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Diplomatie und Spionage gehörten eng zusammen. 1332 Der Gesandte galt als ehrenwerter Spion, da es zu seinen Pflichten zählte, hinter die Geheimnisse des Ortes zu kommen, an dem er sich aufhielt. 1333 Johann Peter Ludewig behauptete daher, die Qualität einer Relation hänge mit davon ab, was sich der Prinzipal die Nachrichten kosten lasse.1334 Für Geld waren in Regensburg auch die eigentlich geheimzuhaltenden Protokolle und Schriftstücke zu haben. Verjus bezahlte für die Protokolle jährlich 600 livres.1335 Der englische Resident Etherege verrechnete für Akten von September 1687 bis Ende Mai 1688 und deren Übersetzung ins Französische 20 £.1336 Leider ist deren Inhalt nicht ersichtlich. Der französische Plenipotentiarius Rousseau de Chamoy berichtete 1698, er könne für jährlich dreihundert bis vierhundert Ecus die Protokolle erhalten. Eben so viel schlug er für Memoriale und Schriftstücke an.1337 Da drei livres etwa einen Ecu ausmachten, waren die Preise also gestiegen. Sein Nachfolger Gergy erhielt 1716 vom Wolfenbüttler Sekretär das Angebot, er könne ihm, wie er es bereits für Chamoy getan habe, die Protokolle und Schriftstücke geben. Dafür verlangte er 100 Francs im Monat und absolute Verschwiegenheit. 1338 Geld war jedoch nicht nur ein Schlüssel zu Reichstagsdokumenten, sondern auch zu sonstigen Informationen. Der Augsburger Agent berichtete 1706, er habe den Vertrag zwischen den Kurfürsten von Sachsen und Stanislaus Leszczynski von einer kurfürstlichen Gesandtschaft verkauft bekommen. 1339 Zur Bestechung griff 1693 der bayerische Gesandte Neuhaus, als er auf Gerüchte über eine Fürstenunion gegen die neunte Kur Erkundigungen einzog, um von dieser sonst alhier under ihnen sehr geheimb gehaltenen union eine begründte communication zu erhalten, zu solchem ende auch einiche auffgewendte Unkosten nicht angesehen. Schließlich bekam er den Vertrag. 1340 Den Kuropponenten blieben solche Anschläge nicht verborgen. Mitte Juni schickte der Augsburger Korrespondent einen Protokollextrakt ein, nach dem sie beschlossen hatten, dagegen vorzugehen, 1332
Zu diesem Zusammenhang: J. W. Thompson/S. K. Padover (Anm. 1066); L. Bely (Anm. 17); Eckhard Opitz: Diplomacy and Secret Communication in the Seventeenth Century. Some Remarks on the Method of Gaining News in the Age of Absolutism, in: Wilhelm Agrell/Bo Huldt (Hg.): Clio goes Spying: Eight Essays on the History of Intelligence. Malmö 1983 (Lund Studies in International History). S. 64-84; vor Überbewertungen warnt: W. J. Roosen (Anm. 47) S. 153-157. 1333 F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 20, 58; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 24. 1334 J. P. Lud[e]wig (Anm. 180) S. 83. 1335 G. Pages (Anm. 266) S. 80, 82-84, 86, 88. 1336 Rechnung, übersandt am 30. Juli 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 291. Die Summe entsprach etwa 140 fl. 1337 Ber. Rousseau de Chamoys vom 3. Mai und 17. Juni 1698, in: L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 52f. 1338 J. Ulbert (Anm. 411) S. 150, Zitat aus dem Ber. Gergys vom 6. Okt. 1716 in Anm. 17. Zum Wolfenbüttler Sekretär vgl. A. Sinkoli (Anm. 14) S. 332. 1339 StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 9. Okt. 1706 (Ausf.). 1340 BHStA. KB. ÄA 3477, Ber. vom 5. März 1693 (Ausf.).
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
daß Bediente von gewissen leuthen allhier [...] auf alle weise zu corrumpiren würcklich tendiret worden. Wer erwischt werde, solle hart bestraft werden.1341 Daß dies nicht allzuviel half, zeigt schon die Tatsache, daß der Extrakt in den Akten einer Reichsstadt liegt. Als besonders anfallig für Bestechungen galten Sekretäre und Schreiber.1342 Diese wußten oft genauso gut Bescheid wie die Gesandten, verdienten aber erheblich weniger. Seit dem Mittelalter verlangten die Eide der Schreiber Treue, Unbestechlichkeit und Verschwiegenheit.1343 Im ,Allzeitfertigen Sekretarius' wurde dieser ermahnt, daß er „um Gabe/Gunst und Ungunst willen/kein Recht verfalsche/viel weniger die Acta verstümle/niemanden nichts vor der Zeit kund thue/ oder ohne Befehl und Erlaubniß/etwas zur Abschrift communicire [,..]".1344 Trotz oder gerade wegen solcher Vorgaben wurden immer wieder die Sekretäre und Angestellten des Geheimnisverrats verdächtigt, was zum Teil zutraf. So belieferte während des Spanischen Erbfolgekriegs der Wolfenbütteler Sekretär, auch als der Herzog nicht mehr zum französischen Bündnissystem gehörte, den bayerischen Gesandten, der zweifelsfrei dazu zählte, mit Extrakten aus den Reskripten. Der bayerische Kurfürst ließ ihm dafür eine generose[n] discretion versprechen.1345 Der Autor des ,Pflicht-mäßigen Berichts Von dem Secreto Comitiali' sah in der Bestechung von Schreibern und Dienern eine der wesentlichen Ursachen für die mangelhafte Geheimhaltung auf dem Reichstag. Diese würden ihr Wissen sogar offensiv verkaufen. Sie schrieben alles ab, „schlagen einen Mantel um, und bringen es bey Nachtzeit an den Ort, wo man ihnen einen Thaler in die Hand drucket, wann gleich das Communicatum manchmahl nicht einen Weißpfennig werth ist."1346 Der seinem Gesandten gegenüber selbst illoyale englische Sekretär Hugh Hughes meinte, man müsse einem deutschen Bediensteten nur etwas als geheim anvertrauen, wenn man wolle, daß es bekannt würde.1347 Ähnlich beurteilte der Ansbacher Metternich seinen Sekretär. Dieser sei die qualität, daß wenn man etwas public machen will man es ihm nur vertrauen und woll einbinden darff, es ja niemanden zu sagen. Zudem vermutete er, der auf Brandenburg vereidigte Sekretär gebe weiter, was er gegen die Kurfürstlichen schrieb.1348 Er schilderte seine teils klischeehafte Sicht der Sekretäre folgendermaßen: Die hießige correspondenz- und communications-pest steckt also bald alle die leüte 1341
1342 1343
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StadtAA. RTA 354, Protokollextrakt vom 31. Mai 1693 (Kop.), Beilage zum Ber. vom 16. Juni 1693. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 173. Sabine Wienker-Piepho: „Je gelehrter, desto verkehrter?". Volkskundlich-Kulturgeschichtliches zur Schriftbeherrschung. Münster 2000. S. 41, 53f.; W. Brauneder (Anm. 1305) S. 83f. [K. Stieler?] (Anm. 102) S. 47. BHStA. KB. K. schw. 12770, Sehr. Zindts an ? vom 28. Febr. 1704 (Ausf.) Pflicht-mäßiger (Anm. 603) fol. 6r. Sehr. Hughes an ? vom 6. Febr. 1687, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 304. StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Sehr. Metternichs an einen Freiherr und Geheimen Rat [Voit von Salzburg?] vom 27. Jan. 1712 (Ausf.).
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an. Sie haben untereinander ihre compagnien und freundschaften; ein kännechen bier und pfeifchen tobac muß nicht vergeßen werden; da will dann ein jeder nicht der dummeste und unerfahrenste seyn, drüber wischt eins nach dem andern heraus, geschichts nicht aus boßheit, so ists aus Unbedachtsamkeit und Unverstand; zugeschweigen, daß man mit allerhand corruptionen hinter die leüte her ist.u49 Metternich unterstellte ihnen nicht generell, korrupt zu sein, aber doch Unbedachtsamkeit. Ob Ersteres oder Zweites zutraf, als der österreichische Legationskanzlist Johann Baptist Dietsch gestern nachts von einem gewissen Chfiirst. Bayr. Canzley Verwandten in vertrauen erfuhr, daß Bayern keinen Generalpaß für den Reichstag ausstellen werde, kann nicht nachvollzogen werden.1350 Das Beispiel zeigt aber, daß das Gesandtschaftspersonal nicht nur an der Weitergabe, sondern auch an der Beschaffung von Information Anteil hatte. Mangelnde Geheimhaltung wurde in einzelnen Fällen auf Verrat durch Gesandte zurückgeführt, die für Vorteile Informationen an den politischen Gegner weitergäben. Insbesondere die korrespondierenden Fürstlichen hatten damit zu kämpfen. Der Ansbacher schrieb, in ihren Konferenzen werde nicht ein wort geredet [...], das nicht dem Herrn Cardinal [dem Prinzipalkommissar, S.F.] wieder zugetragen würde, wobei sich die hervortäten, die besonders eifrig gegen den Kaiser sprächen.1351 Der Reichstag erschien in der Beschreibung des frustrierten Gesandten als das reinste Haifischbecken. In einem Schreiben äußerte er: Hier ist nichts als verrähterey. Das Postskript des Briefes Schloß er nach einer topisch anmutenden Klage gegen die Falschheit und den Betrug in der Welt1352 mit den defätistischen Worten, bei all den Betrügereien falle es schwer, sich selbst zu bewahren um nicht durch den troß mit weggerißen zu werden [...].1353 Die Gesandten beteiligten sich auch an der Abwehr von Spionage. Sie meldeten sofort, wenn sie bemerkten, daß Informationen über Aktionen umliefen, die geheim bleiben sollten. So warnte der bayerische Gesandte 1703 ein Regierungsmitglied, es würden Vorhaben des Kurfürsten aus Ingolstadt hier gleich an enden und orthen, wohin es nit gehörig, bekannt. Er riet, bei Truppenbewegungen den Ingolstädter Boten aufzuhalten.1354 Der Postweg war stets ein Risiko. Anders waren Schreiben aber kaum von und nach Regensburg zu transportieren. Diese jedoch erlaubten Rückschlüsse auf die Haltung eines Standes und enthielten teils geheime Informationen. Besonders in Kriegszeiten kam es vor, daß die Post der Gesandten geöffnet wurde. So stellte der französische Plenipotentiarius Chamoy 1349
StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, PS. zum Ber. vom 9. März 1712 (Ausf.). StadtAA. RTA 363, Korresp. vom 19. April 1703 (Ausf.). 1351 StAN. Fm. Ansbach. RTA 205, Ber. vom 17. Dez. 1710 (Ausf.). 1352 Zu diesem Topos: Franz Mauelshagen: Netzwerke des Vertrauens. Gelehrtenkorrespondenzen und wissenschaftlicher Austausch in der Frühen Neuzeit, in: Ute Frevert (Hg.): Vertrauen. Historische Annäherungen. Göttingen 2003. S. 119-151, hier S. 121. 1353 StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Sehr. Metternichs an einen Freiherr und Geheimen Rat [Voit von Salzburg?] vom 27. Jan. 1712 (Ausf.). 1354 BHStA. KB. ÄA 3494, Sehr. Zindts an ? vom 8. Febr. 1703 (Ausf.). 1350
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
kurz vor seiner Ausweisung fest, daß an ihn adressierte brieff intercipirt werdten.1355 Dabei bestand die Gefahr, daß das Schreiben gegen einen verwendet wurde. Der englische Resident wurde beispielsweise Mitte August 1688 vom Brandenburger mit einer ins Französische übersetzten Passage aus einem seiner Briefe konfrontiert, in der es schien, er habe den niederländischen Residenten bedroht, falls dieser eine bestimmte Schrift drucken lasse. Tatsächlich berichtete er, er habe mit diesem offen gesprochen. Die kleine Veränderung kratzte jedoch an seinem ,Image'. Der Resident teilte seinem Briefpartner mit, er vermute einen Spion in der Kanzlei des Secretary of State. Das Leck war jedoch sein Sekretär, der dem Niederländer Valkenier Einblick in eine Kopie des Briefbuches gewährte.1356 Um Berichte vor schneller Lesbarkeit zu schützen, hätte man Chiffren verwenden können, wie das ansonsten üblich war.1357 In den Reichstagsakten ließ sich das aber kein einziges Mal finden. Offensichtlich war der Inhalt der Schreiben nicht so geheim, daß er auf diese Art geschützt werden mußte. Zur Sicherung der Briefe konnte man auch Kuriere und Deckadressen verwenden, wie das bei der bayerischen Gesandtschaft zu Beginn des Spanischen Erbfolgekriegs zu beobachten ist.1358 Der bayerische Gesandte Zindt beteiligte sich damals zudem als Vermittler am bayerischen Spionagesystem. Mehrmals sorgte er dafür, daß intercipierte Schreiben, die er aus Amberg erhielt, weitergeleitet wurden.1359 In den Rechnungen für November 1703 findet sich ein Posten mit Geldern um vertraute personen umb kundtschafft nach Amberg, und selbige refier zu schicken sowie um Nachrichten von dort weiterzubefördern.1360
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BHStA. KB. ÄA 3492, Ber. vom 15. Juni 1702 (Ausf.), ähnlich: Ber. vom 22. Juni 1702 (Ausf.). Sehr. Ethereges an Wynne vom 19. Aug. 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 222f., vgl. Anm. 1; Letters (Anm. 3) S. 32f.; Karl Möseneder (Hg.): Feste in Regensburg. Von der Reformation bis in die Gegenwart. Regensburg 1986. S. 259; Nach J. W. Thompson/S. K. Padover (Anm. 1066) S. 95 nahm er auch Geld von Windischgrätz; Κ. H. Göller (Anm. 423) S. 163-165. Dem schwedischen Gesandten widerfuhr 1691 ähnliches. Er erhielt seinen Ber. ins Französische übersetzt und mit Anmerkungen versehen zugeschickt. Der Gesandte verkündete, daß er auf die spur kommen wolte, wie er sey verrathen worden. StAN. Fm. Ansbach. RTA 182, Reichstagszeitung vom [28.?] Mai 1691 (Ausf.). Zur Chiffre: F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 76-79; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 829; L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 40; L. Bely (Anm. 17) S. 153-157. So sandte ihr der Regensburger Domkapitular Johann von Neuhaus 1702 ein Päckchen, das ihn sein Bruder, der bayerische Oberstkämmerer, zuzustellen gebeten hatte. BHStA. KB. ÄA 3493, Sehr. Johann von Neuhaus' an Zindt vom 16. Dez. 1702 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3495, Sehr. Zindts an ? vom 13., 22. Mai, 13., 14. Sept. 1703 (jew. Ausf.). BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 353 (5), Spesierungsrechnung für November 1703 (Ausf.). Die Oberpfalz war zu diesem Zeitpunkt bereits großteils kaiserlich besetzt. Amberg ergab sich am 28. Nov. 1703. Stephan Deutinger: Die Situation in Kurbayern nach der Schlacht von Höchstädt, in: Johannes Erichsen/Katharina Heinemann (Hg.): Brennpunkt Europas 1704. Die Schlacht von Höchstädt. Ausstellungskat. Ostfildern 2004. S. 81-89, hierS. 81.
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
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Spionage und Informationskauf beschränkten sich nicht auf den Kreis der Gesandten. Deshalb sei hier ein kurzer Ausblick über das engere Thema dieses Kapitels gestattet. Der Reichstag war offenbar selbst Ziel von Aktionen von Personen, die außerhalb desselben standen. 1705 meldete der Hamburger , RelationsCourier', ein bayerischer Sekretär namens Lier, der sich als kaiserlicher Offizier ausgegeben habe, sei zusammen mit einem französischen General und einem Oberst, die sich als seine Lakaien verkleidet hätten, als Spione aufgegriffen worden.1361 Die Korrespondenzen vermittelten ebenfalls Informationen gegen Geld. Einige davon fallen in den Bereich des Geheimnisverrats, wie die, welche der ehemalige bayerische Kanzlist Johann Helwig Laelius von Möns aus unterhielt. Er übersetzte sie und gab sie dem französischen Gesandten Rouille, der sie an monseigr. le Marquis de Torcy, den französischen Außenminister', vermittelte.1362 Erhalten haben sich Schreiben von Mai 1707 bis September 1708. Um zu verhindern, daß die Korrespondenz aufflog, benutzte Laelius Freunde als Vermittler. Davon saßen einige in Leyden und Amsterdam,1363 während einer der Briefe an Monsieur Hoffmann sur le Nadlberg ά Basle adressiert war.1364 Dem Regensburger Korrespondenten waren pro Jahr 100 Pistolen versprochen worden. Dieser forderte, daß ihm das Geld jeweils für drei Monate im voraus zukomme, andernfalls werde er sich auf ein ungewises [...] mit meiner vertrauten correspondenz nicht weiters hazardiren.m5 Dem Korrespondenten ging es also ums Geld. Das war der Anreiz, eine als riskant empfundene Tätigkeit, die in der Reichskriegserklärung vom 30. September 1702 explizit verboten war,1366 fortzusetzen. Jede Form der Spionage fand ihre Grenzen am Risiko, doch konnten finanzielle oder andere Anreize die Risikobereitschaft erhöhen. Von den von Lucien Bely genannten drei Hauptgründen für Spionagetätigkeit und Verrat - Geld, Liebe, Religion1367 - wirkte in Regensburg anscheinend vor allem das Geld. Beim öfter genannten Wolfenbüttler Sekretär kam möglicherweise Anhänglichkeit an den ehemaligen Bündnispartner Frankreich hinzu. Über weitere Anreize wie ideologische, religiöse oder Förderung der Karriere könnte in einzelnen Fällen spekuliert werden. Die Annahme von Geschenken, Korruption und Verrat waren Phänomene, die alle Ebenen des Personals erfaßten. Ihre Bedeutung fur die Informationsbeschaffung ist noch kaum konkret abzuschätzen. Die wenigen Beispiele zeigen jedoch, daß sie dazu beitrugen, das Geheimnis auszuhöhlen. 1361 1362
1363 1364 1365
1366 1367
Hamburg. Relations-Courier. 23. Woche. 1. Stück 1705, Regensburg vom 22. Mai. BHStA. KB. K. schw. 4680, bes. die Sehr, vom 7. Juni 1707, 27. Aug. 1707, 10. Okt. 1707 (dort das Zitat); Vgl. L. Bely (Anm. 17) S. 93. BHStA. KB. K. schw. 4680, Sehr. Laelius' an Malknecht vom 7. Juni 1707 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 4680, Korresp. aus Regensburg vom 3. Okt. 1707 (Kop.?). BHStA. KB. K. schw. 4680, Sehr, vom 26. Mai 1707 (Kop.). Der Korrespondent bestand auch später darauf, das Geld pünktlich zu erhalten. BHStA. KB. K. schw. 4680, Sehr. Laelius' an Malknecht vom 10. Okt. 1707 (Ausf.), Korresp. vom 2. Juni 1707 (Kop.?). J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 33. L. Bely (Anm. 17) S. 52, 163, 208.
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
3.7 Die Beobachtungen und Gerüchte Wenn ein Gesandter anderen gegenüber mißtrauisch sei, schrieb Julius Bernhard von Rohr, beobachte er „alle Tritte und Schritte die sie thun, die Häuser in denen sie sich aufhalten, die Leute mit denen sie umgehen, die Expressen die sie erhalten und abschicken, um ihre Messures darnach zu nehmen."1368 Callieres empfahl den Diplomaten grundsätzlich auf Verdächtiges, wie häufige Treffen, außerordentliche Audienzen oder häufiges Ankommen von Kurieren, zu achten. Falls ihm etwas Dahingehendes auffalle, solle er auf jeden Fall berichten, auch wenn er nicht wisse, worum es gehe.1369 Beobachtungen bezogen sich auf die Äußerlichkeiten von Aktionen. Kommunikation zwischen Personen konnte kaum erfolgen, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen.1370 Kam ein Kurier, war das Anzeichen einer politischen Entscheidung oder eines Ereignisses. Sofort wurde überlegt, was er mitgebracht haben könnte. Sah man sie häufig ein- und auslaufen, vermutete man eine wichtige Sache dahinter.1371 Auffälligkeiten forderten die Kombinationsgabe des Gesandten heraus. Auch häufige Konferenzen gehörten zu diesen Anlässen.1372 Treffen der Kurfürsten führten 1699 etwa dazu, daß man muthmasset, sie würden über das Zeremoniell verhandeln,1373 womit man richtig lag. Der Ansbacher beobachtete 1693, daß der Münsteraner nach seiner Rückkehr von einer Reise zur Erweiterung der Opposition gegen die neunte Kur, den Bamberger, Würzburger und Eichstätter nicht zur Relation einlud. Daraus folgerte er, der Münsteraner habe nichts erreicht.1374 Aus kleinen Dingen konnten weitreichende Schlüsse gezogen werden. So vermutete der Augsburger Korrespondent 1701, der Franzose glaube nicht, noch lange da zu sein, da er kein Holz für den Winter gekauft habe.1375 Auffalliges konnte Nachfragen veranlassen. Gesandte erkundigten sich bei anderen, die vielleicht wußten, was dahintersteckte.1376 1702 ließ man sogar dem Prinzipalkommissar durch den Mainzer vorstellen, daß man eine Menge Kuriere ein- und auslaufen und ihn mit dem Bayern verhandeln sehe, aber noch nicht 1368 1369 1370 1371
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J. B. v. Rohr (Anm. 48) S. 401. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 79. A. Gestrich (Anm. 10) S. 137. Bspw. wurde 1692 ein spanischer Kurier beobachtet (StadtAA. RTA 351, Korresp. Richters vom 5. Febr. 1692 (Ausf.)), 1699 ein französischer (StadtAA. RTA 360, Korresp. vom 6. Jan. 1699 (Ausf.)). Starke Bewegungen bayerischer Kuriere meldete der Augsburger 1703. StadtAA. RTA 149, Ber. vom 9. Jan. 1703 (Ausf.); RTA 363, Ber. vom 20. Febr. 1703 (Ausf.). Bspw. StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 25. Sept. 1696 (Ausf.); RTA 288, Korresp. vom 28. Mai 1697 (Ausf.). StadtAA. RTA 361, Korresp. vom 29. Sept. 1699 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 11. Febr. 1693 (Ausf.). StadtAA. RTA 380, Korresp. vom 8. Nov. 1701 (Ausf.). So schrieb der Bayer er habe von anderen in erfahrung gebracht, was der Kurier an Veijus brachte. BHStA. KB. ÄA 3445, Ber. vom 20. Sept. 1683 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung
und -aufrahme
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informiert worden sei, worum es eigentlich gehe. Dieser reagierte ungehalten und antwortete, er sei nur dem Kaiser Rechenschaft schuldig.1377 Was gesehen worden war, waren die Spuren der Verhandlungen zwischen Bayern und dem Prinzipalkommissar, der zu Beginn des Spanischen Erbfolgekrieges versuchte, dieses doch noch auf die kaiserliche Seite zu ziehen. Auch Korrespondenten stellten Beobachtungen an. 1688 gelangte beispielsweise ein Bericht in den ,Nordischen Mercurius', daß sich der französische, englische und dänische Gesandte täglich träfen. Es wurde hinzugefügt, dies sei wohl nicht wegen „ihrer vor Alters her gehaltenen Bekandt- u. Freundschafft", sondern weil sie eine neue Allianz verhandelten.1378 Da die Diplomaten damit rechnen mußten, daß ihr Gegenüber falsch spielte und daß offizielle Erklärungen nicht der Wahrheit entsprachen, waren Verhalten und Aussagen des Gesandten wichtige Indizien zur Einschätzung der Politik eines Standes. Nach Bekanntwerden eines Vertrags Brandenburgs mit den Niederlanden im September 1685 kamen in Frankreich Zweifel an der Zuverlässigkeit des Verbündeten auf. Der Reichstagsgesandte Verjus erhielt die Anweisung, es wäre gut, „que vous observiez de prez quelles sont les demarches du S. Jena danz cette conjoncture". Die Überwachung des Brandenburger Gesandten sollte Aufschluß geben. Allerdings rechnete man nicht damit, daß der Kurfürst dessen frankophiles Verhalten als Deckmantel nutzte.1379 Stetig beobachtet wurde, mit wem sich ein Gesandter traf und wie er dabei agierte. So registrierte der Bayer 1701, daß sich der Trierer, der Österreicher Windischgrätz und der Brandenburger Metternich öfter als gewöhnlich trafen. Er meldete dies, ohne einen Schluß zu ziehen, als bemerkenswert.1380 Daraus, daß man den Kölner eine Gesellschaft Windischgrätz' besuchen sah, folgerte er dagegen, daß auf die Loyalität des Kölner Gesandten nicht zu bauen sei.1381 Beobachtungen machten sich an Details fest. In ,Benimmbüchern' und Rhetoriken wurde gelehrt, wie man Reaktionen des Gegenübers bei Begegnungen und Gesprächen einzuordnen hatte. Wich er aus, war er peinlich berührt, wechselte seine Gesichtsfarbe? Die Menschenbeobachtung war eine der wichtigsten Kunstfertigkeiten eines geschulten Mitglieds der Gesellschaft. Die Gegenstrategie war absolute Selbstbeherrschung und Bändigung der Affekte. 1382 Jede Auffälligkeit regte die Gerüchteküche an. Beobachtungen gaben Anlaß zu Spekulationen und Hypothesen. Sie konnten ein bestehendes Gerücht beeinflussen, indem sie es wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher erscheinen ließen. 1377 1378 1379 1380 1381 1382
StadtAA. RTA 362, Ber. vom 24. Okt. 1702 (Ausf.). Nordischer ... N° 67. 27. Apr. 1688, Regensburg vom 22. Apr. C. Boutant (Anm. 7) S. 338f„ Zitat auf S. 338; vgl.: K. Malettke (Anm. 65) S. 465f. BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 3. Sept. 1701 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 11. Juli 1701 (Ausf.). N. Elias (Anm. 93) S. 159-162, 168-170. Als sich bspw. der Bayer, nachdem er 1702 neue Befehle erhalten hatte, vergnügt zeigte, wurde vermutet, entweder werde er abberufen oder Bayern verhalte sich nun besser. StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 19. Okt. 1702 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
Neue kamen auf, wenn angenommen wurde, Informationen würden vorenthalten.1383 So beobachtet man 1689 die Ankunft eines Kuriers aus dem Haag, der, so vermutete man, Nachrichten vom Unternehmen Wilhelms von Oranien brachte. Es hieß, die Iren seien geschlagen worden. Die Zeitungen meldeten dagegen einen Rückzug der Protestanten. Die Folge war, daß allgemein spekuliert wurde.1384 Das Gerücht war (und ist) ein elementarer Bestandteil des Kommunikationssystems. Dennoch gibt es dafür keine allgemein anerkannte Definition. Nach JeanNoel Kapferer hat das Gerücht keinen offiziellen Charakter und verbreitet sich in einer Art Kettenreaktion „außerhalb der üblichen Kanäle". Zur Information werde es, wenn es die Medien aufgriffen. Zudem sei es eine Gegenmacht, welche die Autorität zum Sprechen zwinge. Diese verlöre dabei den Status als einzig legitime Quelle glaubwürdiger Information.1385 Diese Definition ist ungenügend, denn erstens ist auch das Gerücht eine Information, zweitens verbreitet es sich durchaus über „übliche Kanäle" und drittens stehen die (nicht näher beschrieben) Autoritäten nicht außerhalb des Informationssystems. Die Beschreibung Gordon Allports und Leo Postmans ist ebenfalls problematisch, da sie das Gerücht weitgehend auf die mündliche Kommunikation beschränkt.1386 Nach T. Shibutani handelt es sich um improvisierte Nachrichten, die Ergebnis eines kollektiven Diskussionsprozesses sind.1387 Ganz ähnlich ist das Gerücht für Andreas Gestrich eine unbestätigte Nachricht, die durch Interpretation von Indizien und Teilinformationen entstünde.1388 Jakob Vogel versteht darunter Informationen, deren Wahrheits1383
Andreas Gestrich: Politik im Alltag. Zur Funktion politischer Information im deutschen Absolutismus des 18. Jahrhunderts, in: Klaus Gerteis (Hg.): Alltag in der Zeit der Aufklärung. Hamburg 1991 (Aufklärung. Bd. 5,2). S. 9-27, hier S. 14; Vgl.: Ralph L. Rosnow/Gary Alan Fine: Rumor and Gossip. The Social Psychology of Hearsay. New York, Oxford, Amsterdam 1976. S. 16. 1384 StAN. Fm. Ansbach. RTA 179, 27. April 1689 (Ausf.). 1385 Jean-Noel Kapferer: Gerüchte. Das älteste Massenmedium der Welt. Leipzig 1996. S. 2530. Zur Kritik: Andreas Ernst: Mutmaßungen über Gerüchte. Zu Jean-Noel Kapferers Untersuchungen über das Gerücht, in: Jakob Vogel (Hg.): Politik des Gerüchts. Hamburg 1996 (Werkstatt Geschichte. Bd. 15). S. 105-108, hier S. 105f. 1386 „[...] a specific (or topical) proposition for belief, passed along from person to person, usually by word of mouth, without secure standards of evidence being present." Gordon W. Allport/Leo Postman: The Psychology of Rumor. New York 1965. S. IX. Was „secure standards of evidence" sind, wird nicht erläutert. 1387 J.-N. Kapferer (Anm. 1385) S. 17, Shibutani versucht die Entstehung eines Gerüchts aus mehrdeutigen Ereignissen zu erklären. Dies trifft aber nicht auf alle Gerüchte zu. Weitere Definitionen: Ebenda S. 1 lf., 20. Das Gerücht wurde unter sozialpsychologischen Aspekten v.a. in den USA untersucht. Zur Tradition vgl. R. L. Rosnow/G. A. Fine (Anm. 1383) S. 50-61. Die Volkskunde interessierte sich hauptsächlich für die ,modernen Legenden', wie die Arbeiten von Rolf Brednich: Die Spinne in der Yucca-Palme. Sagenhafte Geschichten von heute. München 1990 und Die Maus im Jumbo-Jet. Neue Sagenhafte Geschichten von heute. München 1991 zeigen. 1388 Andreas A. Gestrich (Anm. 10) S. 136f.; in J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 9. Sp. 198 wird die ,Fama' als „eine gemeine Meynung oder Geschrey, so überall erzählet wird, und aus einer Muthmasung entstehet" ähnlich definiert.
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
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gehalt sich erst noch erweisen müsse, die jedoch als möglich betrachtet werden.1389 Diese relativ offene Beschreibung wird hier übernommen. Das Verhältnis von Gerücht und Herrschaft ist sehr komplex. Das Gerücht gilt in der Forschung als ausgesprochen subversiv und wird teilweise zur Kommunikationsform unterdrückter Schichten stilisiert. Von Andreas Gestrich, Gerhard Sälter und Andreas Würgler wird es als die der Arkanpolitik entsprechende Form der Öffentlichkeit betrachtet, die sich gegen die Veröffentlichungspolitik der Regierung richtete.1390 Tatsächlich reagierten alle Herrschenden ausgesprochen sensibel auf Gerüchte, die sie betrafen. Das steigerte sich noch in Zeiten krisenhafter Erscheinungen wie Kriegen und Unruhen, in denen der allgemeine Hunger nach Nachrichten besonders groß war.1391 Allerdings bildeten Gerüchte für die Herrschenden keine Form der Information, auf die sie aufgrund besserer Quellen hätten verzichten können. Das gilt auch für die Reichstagsgesandten.1392 Unter ihnen zirkulierten Gerüchte sehr schnell. Nun waren manche davon schichtspezifisch, der Großteil aber resultierte aus den strukturellen Defiziten des Nachrichtensystems. Ein System, das Meldungen erst mit einem gewissen zeitlichen Abstand transportierte, in das Informationen aus unterschiedlichsten Quellen eingespeist wurden und das geheime Informationen als besonders begehrenswert betrachtete, war zwangsläufig anfällig für Gerüchte.1393 Fragliche Nachrichten wurden nicht nur als gerächt bezeichnet,1394 sondern auch als bruit,1395 wodurch es mit Geräusch und Lärm in Verbindung gebracht
1389
Jakob Vogel: Die Politik des Gerüchts. Soziale Kommunikation und Herrschaftspraxis in Frühneuzeit und Moderne, in: Ders. (Anm. 1385) S. 3-10, hier S. 5. Das Gerücht ist für die Frühe Neuzeit wenig erforscht, während für das 19. und 20. Jh. einige Untersuchungen vorliegen. In der französischen Forschung fand das 18. Jh. Beachtung. Für die Frühe Neuzeit sind neben A. Gestrich (Anm. 10) S. 136-141 der Sammelband von J. Vogel (Anm. 1385) und der Aufsatz von Pia Holenstein/Norbert Schindler: Geschwätzgeschichte(n). Ein kulturhistorisches Plädoyer für die Rehabilitierung der unkontrollierten Rede, in: Richard van Dülmen (Hg.): Dynamik der Tradition. Studien zur historischen Kulturforschung IV. Frankfurt 1992. S. 41-108, in dem jedoch das 17. Jh. etwas zu kurz kommt, erwähnenswert. Thematisiert wird das Gerücht bei: L Bely (Anm. 17) S. 243-251; A. Würgler (Anm. 128) S. 199f. 1390 A. Gestrich (Anm. 1383) S. 13; Gerhard Sälter: Gerücht als subversives Medium. Das Gespenst der öffentlichen Meinung und die Pariser Polizei zu Beginn des 18. Jahrhunderts, in: J. Vogel (Anm. 1385) S. 11-19; Andreas Würgler: Fama und Rumor. Gerücht, Aufruhr und Presse im Ancien Regime, in: J. Vogel (Anm. 1385) S. 20-32. 1391 Bsp. bei: L. Bely (Anm. 17) S. 244f.; A. Würgler (Anm. 128) S. 197. Zur Gerüchtekontrolle in Frankreich: G. Sälter (Anm. 1390); Arlette Farge: Lauffeuer in Paris. Die Stimme des Volkes im 18. Jahrhundert. Stuttgart 1993. v.a. S. 36-47. 1392 Nach A. Gestrich (Anm. 10) S. 98, 136-141 kursierten in allen Schichten Gerüchte. Als einen der Zirkulationskreise beschreibt er den Reichstag. Zu den Zirkulationskreisen: G. W. Allport/L. Postman (Anm. 1386) S. 180-184. 1393 Ebenso: A. Gestrich (Anm. 10) S. 136f. 1394 Bspw. StadtAA. RTA 387, Korresp. vom 3. Jan., 16. Mai 1708 (jew. Ausf.); RTA 389, Korresp. vom 1710 (Ausf.).
IV. Informations- und Kommunikationssystem
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wurde, was sich auf eine Art seiner Entstehung und Weitergabe, das Hörensagen, bezog. Die Intensität, die dem ,Geräusch' dabei zugewiesen wurde, erlaubte Rückschlüsse auf seine Verbreitung und Einschätzung. So wurde [ge]murmelt,im 1 iQ7
1 "IQÖ
die sag konnte umgehen oder man konnte etwas sagen, es konnte viel redens sein 1399 oder es rouliret alhie die rede.1400 Entsprechend vernimbt man etwas. 1401 Während bei diesen Umschreibungen eine gewisse Distanz mitschwingt, verringert sie sich, wenn etwas für gewiß verlauten will. 1402 Die Verbreitung und damit der Verlust des ursprünglich heimlichen Charakters eines Gerüchts kam zum Ausdruck, wenn alle weit davon sprach1403 oder etwas communis vox et fama wurde.1404 Eine gefährliche und unberechenbare Form nahm es an, wenn daraus ein geschrey wurde.1405 In diesen Formulierungen wurde die Mündlichkeit betont. Die Bezeichnung als spargiment,m6 also etwas Ausgestreutes, bezog sich dagegen auf die Verbreitung, der eine gewisse Absichtlichkeit unterstellt wurde. Gerüchte konnten sich auf ein vermeintlich bereits vorgefallenes oder ein demnächst zu erwartendes Ereignis beziehen. Häufig betrafen sie Personen. Gerne wurde über die bevorstehende Abreise oder Ankunft eines Gesandten spekuliert.1407 Die Gerüchteküche regten auch anstehende Stellenbesetzungen oder vermutete Umbesetzungen an.1408 Selten jedoch waren diese Gerüchte so spektakulär, wie das zur Ermordung des Grafen von Königsmarck in Hannover 1694. Der schwedische Graf, der an der schlechten Beziehung zwischen dem Kurprinzen und seiner Frau schuld sein sollte, ging eines Abends aus und kam nie wieder. In Regensburg wunderte man sich, wie er verlohren gehen konnte. Der Sachse 1395
Bspw. StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 8. Juli 1698 (Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 3. Jan. 1701 (Ausf.); K. Stieler (Anm. 4) S. 183 übersetzte es mit „das gemeine Geschrey/Ruf oder Sage/Nachklang und Zeitung"; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 10. Sp. 1206 nennt als Synonyme: „Gerücht, Fama, Rumor, Renomee, Bruit". 1396 StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 4. Sept. 1696 (Ausf.). 1397 StadtAA. RTA 378, Ber. vom 12. Jan. 1712 (Ausf.). 1398 StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 30. Sept. 1698 (Ausf.). 1399 StAN. Fm. Ansbach. RTA 174, Korresp. vom 11. Nov. 1685 (a.S.) (Ausf.). 1400 StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 10. Jan. 1702 (Ausf.). 1401 StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Korresp. vom 30. März 1686 (a.S.) (Ausf.). 1402 StadtAA. RTA 384, Korresp. vom 20. Okt. 1705 (Ausf.). 1403 StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 27. Nov. 1696 (Ausf.). 1404 StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 17. Sept. 1688 (a.S.) (Ausf.). 1405 StadtAA. RTA 392, Korresp. vom 25. Apr. 1713 (Ausf.). 1406 Bspw. StadtAA. RTA 368, Korresp. vom 2. Sept. 1706 (Ausf.); K. Stieler (Anm. 4) S. 231 umschrieb es als „gemeine Rede und Ausstreuung [...]". 1407 1688 verlautete, der Franzose reise bald ab (StadtAA. RTA 343, Korresp. Richters vom 28. Sept. 1688 (Ausf.)) und von Werthern und Metternich wurde 1711 gesagt, sie kämen nicht wieder (StadtAA. RTA 377, Ber. vom 10. März 1711 (Ausf.)). 1408 1 693 und 1696 ging es um diplomatische Posten (BHStA. KB. ÄA 3478, Ber. vom 3. Sept. 1693 (Ausf.); StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 26. Juni 1696 (Ausf.)). 1708 wurde über die Vergabe der Stelle des Reichshofratspräsidenten spekuliert (StadtAA. RTA 387, Korresp. vom 16., 23. Okt. und 6. Nov. 1708 (jew. Ausf.)) und 1712 über die Besetzung der Gesandtschaft nach Utrecht (StadtAA. RTA 391, Korresp. vom 20. Sept. 1712 (Ausf.)).
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
247
behauptete offen, der Hof habe ihn ermorden lassen. Die Kuropponenten nutzten das, um möglichst viel Staub aufzuwirbeln.1409 Andere Gerüchte zirkulierten fast regelmäßig, wie der Tod eines wichtigen Fürsten1410 oder vor 1700 der Karls II. von Spanien, jedes Frühjahr ein Kriegsbeginn,1411 aber auch angebliche Bündnisse, 1412 Verhandlungen und ähnliches. Gerne wurden Heiratspläne1413 oder Verschwörungen gegen den Konfessionsfrieden kolportiert.1414 Diese Dauerbrenner resultierten aus Ängsten, Hoffhungen oder Aggressionen, die häufig auf Stereotypen beruhten,1415 aber auch aus der Erwartung von Vorkommnissen, bei denen nur mehr der Zeitpunkt fraglich war. Gerüchte waren von einer Art von Unsicherheit, die Claude Labrosse als „l'evenement dans l'air" und Lucien Bely nicht weniger treffend als „fantömes de nouvelles" bezeichnen.1416 Die Diplomaten waren interessiert, möglichst schnell und umfassend auch über geheime Informationen zu verfügen. Sie wurden dabei mit verschiedensten Nachrichten und Gerüchten konfrontiert, von denen sie nicht wußten, welche wahr waren.1417 Ereignisse, die möglicherweise schon geschehen waren, erhielten so bis zu ihrer Bestätigung oder Widerlegung eine Art virtueller Realität. Man mußte damit rechnen, ohne fest davon ausgehen zu können. Ein erfahrener Diplomat kennzeichnete solche Nachrichten aber immer.1418 Insofern ist die Tatsache, daß am Reichstag wie auf jeder Nachrichtenbörse zahlreiche 1409
StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 18. Aug. 1694 (Ausf.). 1696 hieß es, der Kurfürst von Hannover sei tot (StadtAA. RTA 287, Sehr. Gradenthalers an Mair vom 28. Aug. 1696 (Ausf.)) und 1711 der Trierer Kurfürst. (StadtAA. RTA 376, Ber. vom 13. Jan. 1711 (Ausf.)). 1690 hieß es, Ludwig XIV. sei gestorben. (StadtAA. RTA 281, Sehr. Richters an Lauber vom 13. Juni 1690 (Ausf.)). 1411 Im Frühjahr 1689 dementierte der Schwede einen durch Schweden vom Zaun gebrochenen Krieg im Norden. BHStA. KB. ÄA 3465, Ber. vom 5. Mai 1689 (Ausf.). 1412 1692 wurde verbreitet, es gäbe einen Vertrag zwischen Sachsen lind Hannover zur Eroberung Erfurts: BHStA. KB. ÄA 3476, Ber. vom 16. Okt. 1692 (Ausf.). 1702 gab es Gerüchte über schwedische Bündnisse: StadtAA. RTA 381, Korresp. vom 10. Jan. 1702 (Ausf.). 1413 Bspw. hieß es 1696, der römische König solle eine Savoyerin heiraten (StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 31. Juli 1696 (Ausf.)), 1698 war es eine Ansbacherin (StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 1. Juli 1698 (Ausf.)). 1712 sollte der Prinz von Wales mit einer Schwester der Kaiserin verheiratet werden (StadtAA. RTA 378, Korresp. vom 26. Jan. 1711 (Ausf.)). 1414 Bspw. glaubten einige Katholiken 1688 an eine protestantische Liga (StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 15. Dez. 1688 (Ausf.)). 1694 wurde von katholischen Absprachen wegen der neunten Kur berichtet (StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 14. Juli 1694 (Ausf.)). 1683 sprach man von einer Potsdamer Konferenz wegen der ungarischen Protestanten (BHStA. KB. ÄA 3446, Ber. vom 8. Nov. 1683 (Ausf.)). 1415 Robert H. Kapp unterschied 1942 diese drei Kategorien. Vgl. R. L. Rosnow/G.A. Fine (Anm. 1383) S. 23. 1416 Claude Labrosse: L'incertain et le virtuel. L'evenement en perspectives dans les gazettes du 18e siecle, in: Hans-Jürgen Lüsebrink/Jean-Yves Mollier (Hg.): Presse et evenement: Journaux, gazettes, almanachs (XVIIIe-XIXe siecles). Bern 2000. S. 7-25, hier S. 8; L. Bely (Anm. 17) S. 245. 1417 W. J. Roosen (Anm. 47) S. 156. 1418 L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 39. 1410
248
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Gerüchte kursierten, weniger problematisch, als es manchem Forscher erschien.1419 Das eigentliche Problem war, daß die Deklaration einer Information zum Gerücht die Sichtweise des Sprechers wiedergab, der sich als Inhaber einer höheren Wahrheit betrachtete.1420 Es wurden also nur solche Nachrichten mit diesem Namen belegt, die eher nicht geglaubt wurden.1421 Nachrichten wurde kein vorbehaltloser Glaube geschenkt und sie wurden aus Regensburg nicht unüberlegt weitergegeben. Ein Beispiel hierfür ist der russische Sieg bei Poltawa 1709. Während der Ansbacher Wolf von Metternich Anfang August nur eine Kopie des Briefs des Zaren an General Golz einsandte, stellte es der Augsburger Korrespondent Elenbrecht Mitte August so dar, als besagten Gerüchte, daß Schweden in Poltawa eine katastrophale Niederlage erlitten hätte. Grundlage sei der in denen öffent. Zeitungen verbreitete Brief des Zaren und ein Bericht des päpstlichen Nuntius in Polen, Spinola. Es gäbe allerdings Zweifel, da die Briefe aus Polen, die eine Bestätigung hätten bringen können, lange ausgeblieben seien. Den Versicherungen des russischen Gesandten in Wien wurde eine Woche später immer noch nicht völlig geglaubt, da man keine Nachricht aus Schweden hatte. Erst als ein Originalschreiben an den russischen Gesandten angekommen war und sich die Detailinformationen häuften, begann man nicht mehr daran zu zweifeln. Anfang September wurde die schwedische Niederlage für höchstwahrscheinlich gehalten. Der schwedische König, so hieß es nun, sei nach Bender geflüchtet.1422 Offensichtlich hielten einige König Karl XII. für schwer besiegbar und trauten Rußland das Potential nicht zu. Die Einschätzung einer Nachricht war immer ein Spiel mit dem Wahrscheinlichen. Man konnte Zweifel anmelden oder eine Nachricht schlicht für falsch erklären. Als Autorität hinter den Urteilen stand dabei oft ,man' oder ,viele'. Damit wurde die persönliche Einschätzung des Schreibers abgefedert und auf eine verschwommene allgemeine Meinung Bezug genommen, die meist auf einem Vergleich mit .sicheren' Fakten beruhte. So schrieb der Augsburger über die Nachricht, Frankreich belagere Basel, man halt es aber für ein lähres und falsches spargiment, da die Tagsatzung beendet worden sei und sich die Schweizer untereinander verbündet hätten.1423 Die Nachricht, Teile Bayerns wären an England und die Niederlande verpfändet worden, wurde 1706 dagegen nur von viele[n] für ein leeres spargiment gehalten.1424 Auf jeden Fall regten Gerüchte die Kommunikation an, wobei es darum ging, sie zu verifizieren oder zu widerlegen. Zuerst wurde meist der Vertreter des betroffenen Standes befragt. Der Bayer wurde daher 1701 darauf angesprochen, ob es stimme, daß Bayern und Österreich einen 1419 1420 1421 1422
1423 1424
Etwa V. Press (Anm. 405) S. 67. J. Vogel (Anm. 1389) S. 4f. J.-N. Kapferer (Anm. 1385) S. 22-25. StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 7. Aug. 1709; StadtAA. RTA 388, Korresp. vom 13., 20., 23. Aug. und 3. Sept. 1709 (jew. Ausf.). StadtAA. RTA 338, Ber. vom 5. März 1686 (Ausf.). StadtAA. RTA 385, Korresp. vom 4. Mai 1706 (Ausf.).
3. Informationsbeschaffung und -aufnähme
249
Vertrag ausgehandelt hätten, nach dem der Kurfürst Burgau erhalte. Er bezeichnete dies als statsgedicht und schwaches raisonnement.1425 Teilweise wurde aber der Vertreter selbst irritiert. Der Augsburger etwa fragte 1712 nach, da man ihn mit dem Gerücht konfrontiert hatte, die Stadt wolle das Reichskammergericht aufnehmen, ob das vielleicht stimme.1426 Bestand die Möglichkeit, daß andere wußten, ob an einer zweifelhaften Meldung etwas dran war, fragte man auch diese. Als es 1692 hieß, der Kaiser wolle die neunte Kur an den Reichstag bringen, begann der Bayer Erkundigungen einzuziehen. Der Österreicher Lamberg wisse davon nichts und der Brandenburger und Sachse in Wien hätten ebenfalls nichts Dahingehendes geschrieben, folglich glaube er das nicht.1427 Es gab jedoch Gerüchte, die schwer zu verifizieren oder falsifizieren waren. Das berichtete der Bayer 1691 von einer Nachricht, nach der Hannover monatlich 40 000 Reichstaler Subsidien von Frankreich erhalte, wovon ein Teil weiter an Gotha gehe.1428 Selbst wenn dem so gewesen wäre, hätte es keiner der Beteiligten zugegeben und ein Dritter hätte es nicht wissen können. Gerüchte konnten gefahrliche und reputationsschädigende Ausmaße annehmen. Daher blieb oft nichts anderes als ein Dementi, häufig in Form einer Vorstellung auf dem Rathaus. Der Österreicher dementierte 1688, der Kaiser habe nicht vor, sich ernsthaft gegen Frankreich zu engagieren, denn tatsächlich werde bereits ein Friede verhandelt. Er argumentierte, das sei nicht nur unwahr, sondern eine französische Finte, um die Verbündeten zu trennen.1429 Er versuchte also, das Gerücht gegen Frankreich zu wenden. Dänemark ließ 1691 dem Gerede widersprechen, das besagte, es habe die Avocatoria in seinen Ländern nicht veröffentlicht, was bedeutet hätte, daß es den Konsens mit dem Reich aufgekündigt habe.1430 Auch 1693 sah es sich wieder als Opfer einer Verleumdungskampagne, die derο innocenteste actiones bey der weit anschwäzen [!] wolle und ließ Absichten auf Hamburg oder das Reich widersprechen.1431 Häufig begleiteten Ahndungen gegen den Urheber und die Verbreiter das Dementi.1432 Da dieser in den selten1425
BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 28. Juli 1701 (Ausf.). Die Überlassung Burgaus wurde ein Jahr später zwischen Bayern und Österreich verhandelt. Michael Döberl: Entwicklungsgeschichte Bayerns. Bd. 2. Vom Westfälischen Frieden bis zum Tode König Maximilians I. 2. Aufl. München 1912. S. 121-124. 1426 StadtAA. RTA 378, Ber. vom 12. Jan. 1712 (Ausf.). 1427 BHStA. KB. ÄA 3476, Ber. vom 23. Okt. 1692 (Ausf.). 1428 BHStA. KB. ÄA 3472, Ber. vom 28. Juni 1691 (Ausf.). 1429 StadtAA. RTA 344, Korresp. vom 14. Dez. 1688 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 3. Dez. 1688 (a.S.) (Ausf.). 1430 BHStA. KB. ÄA3474, Ber. vom 31. Dez. 1691 (Ausf.). 1431 StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 1. Juli 1693 (Ausf.). 1432 So kündigte Mainz 1700 an, wenn es erfahren könne, wer in Umlauf gebracht habe, es introduziere Hannover auch ohne den Konsens der Kurfürsten, werde es die Sache ahnden (StAN. Fm. Ansbach. RTA 189, Ber. vom 7. Sept. 1700 (Ausf.)). Österreich bekundete 1702 die Absicht, die Verbreitung des Ondits, Bayern habe Ulm mit kaiserlichem Konsens erobert, zu ahnden (StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Ber. vom 20. Sept. 1702 (Ausf.)).
250
IV. Informations- und
Kommunikationssystem
sten Fällen benannt werden konnte, blieb dies meist nur eine Drohung. Sie bewirkte jedoch, daß andere Herrschaften die Verbreitung solcher Nachrichten in den Druckmedien ihres Territoriums unterbanden, dämmte also die Ausbreitung ein. Ein fur eine Regierung negatives Gerücht zu widerlegen war nicht einfach, da jeder wußte, daß es Tatsachen gab, die man einfach nicht zugeben konnte. Dementis allein reichten also nicht aus. Sofern das Ondit nicht offensichtlich absurd war, konnte man ihm nur mit fundierter Information begegnen. Daher erbat sich 1685 der Augsburger Informationen zu den Verhandlungen der Stadt mit Bayern, da verlautete, der Augsburger habe nicht einmal Audienz erhalten.1433 In schwerwiegenden Fällen dementierte man nicht nur auf dem Rathaus, sondern ließ den Gesandten Visiten ablegen, in denen er seine Kollegen überzeugen sollte. Der Prinzipalkommissar mußte 1684 in Einzelgesprächen gegen ein Gerücht vorgehen, nach dem der Kaiser mit den Türken Frieden schließen wolle, um dann gestärkt von der Türkenhilfe Frankreich anzugreifen.1434 Wegen des schwerwiegenden Vorwurfes, Mainz habe im Einverständnis mit den Franzosen gehandelt und ihnen die Stadt kampflos gegen Geld übergeben, suchte der Mainzer Gesandte 1689 den Bayern auf, um ihm zu versichern, daß das nicht stimme.1435 Nicht zuletzt dieses Gerücht dürfte in Wien Überlegungen angeregt haben, dem Mainzer das Erzkanzleramt zu nehmen. Nun aber zeigten erste Sondierungen, daß dies auf wenig Gegenliebe stieß.1436 Noch weiter gingen die Verteidigungsmaßnahmen, die 1704 der Passauer Bischof ergriff. Er ließ zwei Drucke verteilen, die darlegen sollten, daß sich Passau den Bayern nicht, wie es hieß, zu früh ergeben habe.1437 Kurz darauf schickte er noch zwei weitere Drucke, bevor er am 8. Februar ein Memorial einreichte, in dem er bat, ihn beim Kaiser gegen die disreputierlichen Äußerungen des kaiserlichen Generals Gronsfeld in Schutz zu nehmen.1438 Obwohl sich der Reichstag schnell auf die Seite des Bischofs stellte und eine entsprechende Intercession abgab, veröffentlichte Passau weitere Flugschriften zu seiner Verteidigung.1439 1433 1434 1435 1436
1437
1438
1439
StadtAA. RTA 336, Ber. vom 30. Okt. 1685 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3450, Ber. vom 25. Dez. 1684 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3464, Ber. vom 17. Jan. 1689 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3464, Reskr. vom 8. Febr. 1689 (Konz.) und Ber. vom 17. Febr. 1689 (Ausf.); C. Boutant (Anm. 7) S. 881. Es handelte sich um: ,Beylag Num. 1. Articulirte Vorstellung: Betreffend Die Beschaffenheit der Stadt Passau zur Zeit dero Besetzung Von Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. zu Bayern/Und wie sich damit verloffen. Anno 1704' und die ,Beylag Num. 2. Kurtzer Extract Auß der Frey-Herrn Peter Georgs von Spilberg [...] Relation.' StAN. Fm. Ansbach. RTA 193, Ber. vom 30. Jan. 1704 (Ausf.), die Drucke liegen bei. StadtAA. RTA 364, Korresp. vom 7. und 14. Febr. 1704 (jew. Ausf.). Die Drucke befinden sich als Beilage beim Sehr, vom 7. Febr. Ende Feb. erschien die .Entdeckte Defension Deß Passauischen Schlosses Oberhauß. 1704' (StadtAA. RTA 369, Korresp. vom 28. Febr. 1704 (Ausf.)) und im Apr. ein gedrucktes Manifest (StadtAA. RTA 383, Korresp. vom 22. Apr. 1704 (Ausf.)). Zur Intercession:
3. Informationsbeschaffung
und -aufrahme
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Die Phobie vor Gerüchten ging so weit, daß sich einige Gesandte veranlaßt sahen, selbst solchen entgegenzutreten, die nicht sehr verbreitet waren. Brandenburg ließ 1691 dementieren, daß es Bistümer säkularisieren wollte. Als der Gesandte dies dem Bayern vortrug, war dieser reichlich erstaunt und sagte, er habe davon nichts gehört, im übrigen hielte er es nicht für glaubwürdig.1440 Das Gerücht war also nicht unbedingt subversiv, konnte aber gefährlich sein. Trotz allem war es auch für die Diplomaten und Herrscher ein Eckpfeiler des Informationssystems. Es besetzte die Stellen, an denen beglaubigte Information fehlte und trieb die Kommunikation voran, indem es zu Verifizierung oder Widerlegung seines Inhalts anstachelte und durch seine potentielle Gefährlichkeit manche Mitteilung nötig machte, die anders unterblieben wäre. Letztes hatte sie mit der Beobachtung gemein, die jedoch, da sie auf Augenschein beruhte, stets einen Teil empirisch gesicherter' Information enthielt. Beobachtung und Gerücht waren Informationsquellen, deren Wert sich nur dem erschloß, der über Hintergrundwissen und Kombinationsgabe verfügte.
1440
J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 100-102. Zum Vorgang: F. Niedermayer (Anm. 396) S. 132-137. BHStA. KB. ÄA 3472, Ber. vom 2. Juli 1691 (Ausf.). 1710 berichtete der Ansbacher von einem Memorial der Pfälzer Protestanten an das Corpus Evangelicorum, in dem es um ein Gerücht ging, das weder er noch sein Brandenburg vertretender Bruder je gehört hatten. StAN. Fm. Ansbach. RTA 205, Ber. vom 30. Juli 1710 (Ausf.).
252
IV. Informations- und Kommunikationssystem
4. Beobachtungen zu den Regensburger Netzen Unter den Gesandten bestand nach Francois de Callieres ein „commerce d'avis reciproques, il faut en donner, si on veut en recevoir".1441 Damit wäre der Informationsaustausch eine Form von ,do-ut-des'-System, das auf Reziprozität beruhte. Bei näherer Betrachtung wird aber deutlich, daß Informationsweitergabe und - erhalt nicht nur auf Formen eines gleichberechtigten Austausches beruhten. Information hatte ihren Wert und ihren Preis. Der Gegenwert war nicht immer ebenfalls Information, er konnte auch Loyalität, Geld, Einfluß oder Wohlwollen sein. Der Informationsfluß stellte dabei Beziehungen her und wurde über Beziehungen vermittelt. Ein Augsburger Korrespondent beschrieb den Weg sächsischer ,Facti Species' wie folgt: vom Sachsen seien sie denen anderen churfürt. gesandten communicirt worden, von welchen, oder sonsten selbe under der handt anderen gesandten, wie dan auch solche mir verwichne wochen zukhommen.HA2 Wie waren diese Netze strukturiert? Welche Rolle spielte dabei die Persönlichkeit eines Gesandten? Um das ermitteln zu können, müssen die Kontakte, die ein Reichstagsgesandter außerhalb des Bereichs der institutionell bedingten Kommunikation unterhielt, beschrieben werden.
4.1
Das Kolleg, die Gruppen und die ,Parthey'
4.1.1 Die Kontakte der Gesandten außerhalb der institutionell bedingten Kommunikation: Eine statistische Erhebung Da es unmöglich ist, das gesamte Beziehungsgeflecht des Reichstags für die Jahre 1683-1713 darzustellen, wird hier auf Basis der Überlieferungen des Kurfürstentums Bayern, des Fürstentums Ansbach und der Reichsstadt Augsburg argumentiert. Dazu wurden in den Reichstagsberichten die Kontakte mit Personen erhoben, die nicht im Rahmen einer Kollegsversammlung oder einer zeremoniell bedingten Visite stattfanden. Die Zahlen erfassen nicht das vollständige soziale Netz eines Gesandten, da die Basis örtlich auf Regensburg und personell im wesentlichen auf seine Kollegen begrenzt ist. Es kann nicht einmal die gesamte Regensburger Kommunikation eines Gesandten außerhalb der institutionell unumgänglichen Begegnungen erhoben werden, sondern nur das, was er berichtete. Es vermittelt sich so jedoch ein Eindruck von den Kontakten, die er für wichtig hielt. Ein Vergleich zwischen den Berichten der ausgewählten Stände zeigt aber 1441 1442
F. de Callieres (Anm. 46) S. 15. StadtAA. RTA 347, Korresp. Schwegeries vom 4. Apr. 1690 (Ausf.).
4. Beobachtungen
253
schnell, daß die Meldungen der Kontakte, welche ihre Vertreter miteinander hatten, nicht übereinstimmten. 1443 Die Gesandten bewerteten die Bedeutung dieser Unterredungen offenbar unterschiedlich. Die Listen der Kontakte wurden dahingehend ausgewertet, welchem Kolleg die Kontaktpersonen angehörten oder welchen Rang sie hatten (Anhang 4). Falls sie keine ständischen Gesandten waren, wurden sie in Residenten auswärtiger Mächte und sonstige unterschieden, eine weitere Aufgliederung bot sich nur beim bayerischen Gesandten Zindt an, bei dem die ,bayerischen Bedienten' gesondert gezählt wurden. Die Vertreter Österreichs und Böhmens wurden nicht zu ihren Kollegien gerechnet, sondern bilden gemeinsam mit der Kaiserlichen Kommission eine Gruppe, da die Kommunikation mit ihnen wesentlich vom Faktor, Vertreter des Kaisers zu sein, geprägt war. Für die beiden höheren Kollegien stellte sich heraus, daß die meisten Gespräche mit Mitgliedern des eigenen Kollegs geführt wurden. Meist bewegen sie sich bei etwa der Hälfte der Gesamtzahl. Bei Bayern war dieser Befund eindeutig, bei Ansbach wurde die Reihe durch Ernst von Metternich durchbrochen, der mehr Kontakte zu kurfürstlichen als zu fürstlichen Gesandten meldete. Dies erklärt sich jedoch daraus, daß er mit Brandenburg einen Kurfürsten vertrat. Bei Augsburg stellte sich die Sache komplizierter dar. Nur zu Zeiten Thomans und während des dritten Aufenthalts Holzapfels fanden die meisten der berichteten Unterredungen mit reichsstädtischen Abgesandten statt. Richter und Holzapfel, während der ersten beiden Phasen seiner Anwesenheit, berichteten dagegen mehr über Kontakte mit kurfürstlichen Gesandten, Schwegerle mit fürstlichen. Bei Schwegerle läßt sich das damit erklären, daß er als Kanzler von St. Emmeram einen Angehörigen des Fürstenrats vertrat. Die Gespräche während Holzapfels Aufenthalt 1704-1706 spiegeln die Bemühungen um eine Entschädigung Augsburgs wider, die viele Treffen mit kurfürstlichen Gesandten, insbesondere mit dem fast als Patron auftretenden Mainzer, nötig machten. Die Tatsache, daß sowohl Richter als auch Holzapfel 1702/03 mehr Kontakte mit Kurfürstlichen als mit Städtern berichteten, wird im wesentlichen auf die schwache Besetzung des reichsstädtischen Kollegs zurückzuführen sein. Dagegen sind städtische Abgesandte in den Berichten an Bayern und Ansbach selten erwähnt, nur in wenigen Fällen überspringt ihr Anteil am Gesamtaufkommen die 5%. Neben ihrer geringen Anzahl spielte dabei die Geringschätzung eine Rolle, mit der man sie behandelte, was den Städtern schmerzlich bewußt war. So klagte der Augsburger Thoman in einem Privatbrief, daß er wol verspüre, daß einige dafür halten, es seye bedenck und verkleinerlich mit einem rchs stätt. sich so weit einzulassen.1444 Die Angehörigen des eigenen Kollegs und die kurfürstlichen Gesandten erscheinen als die erwähnenswertesten Gesprächspartner. Die Dominanz der Kur1443
Bspw. berichtete Thoman von einer Unterredung mit dem Bayern zum Münzwesen, während Wämpl diese nicht erwähnte. StadtAA. RTA 336, Ber. vom 23. Okt. 1685 (Ausf.). 1444 StadtAA. EWA 291, Sehr. Thomans vom 24. Jan. 1686 (Ausf.).
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
fürstlichen tritt noch stärker zu Tage, wenn man bedenkt, daß es sich nur um sieben Gesandte handelte. Setzt man die Zahlen in Relation zur Menge der dahinter verborgenen Personen, verschiebt sich aber auch die Bedeutung der Kaiserlichen als der zahlenmäßig kleinsten Gruppe nach oben. Die Statistik der Kontakte zeigt zudem eine große Übereinstimmung zwischen den Gesprächspartnern eines Gesandten und den jeweiligen politischen Beziehungen des vertretenen Standes. Bei Bayern wird das besonders deutlich. So meldete Johann von Wämpl, der Gesandter während einer Phase enger Zusammenarbeit mit dem Kaiser war, häufig Gespräche mit dessen Vertretern. Sie lagen zu seiner Zeit an zweiter Stelle, während sie bei Johann Rudolf von Wämpl und Neuhaus nur mehr den dritten Platz einnahmen. Die kontinuierliche Abnahme der Kontakte zu den Kaiserlichen führte unter Tattenbach schließlich dazu, daß sie von denen zu , Auswärtigen' überrundet wurden, wobei diese vollständig auf das Konto des französischen Gesandten gehen. Kontakte mit diesem wurden dabei erst ab Mitte 1698 gemeldet, als Tattenbach bereits zwei Jahre Gesandter war. In den Berichten Zindts, der den Kurfürsten während des Spanischen Erbfolgekriegs vertrat, liegen die Kaiserlichen zwar wieder an dritter Stelle, was wohl vor allem daran lag, daß der Vertreter des mit Bayern verbündeten Frankreichs Mitte 1702 ausgewiesen worden war, doch mit dem in diachroner Perspektive schlechtesten Wert. Der relativ hohe Prozentsatz der Kontakte zu Städtern resultiert aus den Verhandlungen Zindts mit Regensburg um die Assekuration der Stadt. Die in den Berichten dargestellten Netze der Gesandten deckten sich weitgehend mit den Gegebenheiten des von ihnen vertretenen Standes. Bei kurfürstlichen und fürstlichen Gesandten bildete das eigene Kolleg den Hauptbezugspunkt. Das erklärt sich aus der Notwendigkeit von Rücksprachen zur Vorbereitung von Entscheidungen und gemeinsamen ständischen Interessen. Als Variable kristallisierte sich die politische Haltung eines Standes heraus, die sich auf die von seinem Gesandten gemeldeten Gespräche auswirkte.
4.1.2 Die ,Parthey' und die ,Confidenten' In den Berichten erschienen kontinuierlich einige Gesandte als bevorzugte Gesprächspartner. Sie bildeten also eine Gruppe.1445 Deren Basis war meist eine Koalition zur Wahrung gemeinsamer Interessen. Unterschieden werden kann dabei die kurzfristige, auf ein Ziel orientierte Zusammenarbeit, mittelfristige Koalitionen, die meist auf Bündniszugehörigkeit basierten, und längerfristige Interessen, wie sie sich aus Standeszugehörigkeit und Konfession, also dem Stand anhaftenden und nicht einfach zu verändernden Merkmalen, ergaben. Bei längerer Zusammenarbeit ist dabei eine immer systematischere und geregeltere Organisa-
1445
Nach George Caspar Homans: Theorie der sozialen Gruppe, Köln. Opladen 1960. S. 1.02, definiert sich die Gruppe durch die Interaktion ihrer Teilnehmer, wobei die Kontakte mit Mitgliedern der Gruppe zahlreicher sein müssen, als die mit Außenstehenden.
4. Beobachtungen
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tion festzustellen, die sich in standardisierten Treffen oder vertraglich festgelegten Zielen manifestierte. In der Außenperspektive wurden vor allem die aus mittelfristigen Koalitionen resultierenden Gruppen gerne als ,Parthey' bezeichnet. 1446 Darunter wurden keine streng organisierten und institutionalisierten Verbände verstanden, wie das heute von einer politischen Partei angenommen wird. Eine vorübergehende Handlungsgemeinschaft reichte jedoch nicht aus, um sie als ,Parthey' zu definieren. Man sprach in der Regel erst davon, wenn eine Übereinstimmung mehrerer Stände hinsichtlich fundamentaler Interessen vorlag, die über einen längeren Zeitraum hinweg virulent war und zudem das Potential hatte, den Reichstag zu spalten. Parteien galten seit der Antike als Zeichen schlechter Staatsformen, was sich in der Concordia-Lehre des Mittelalters noch verstärkte. Partei war ein in Theologie und Staatsphilosophie negativ besetzter Begriff. Sie wurde mit Zwietracht gleichgesetzt, dem Gegenteil eines funktionierenden Gemeinwesens, das sich durch Einigkeit auszeichnete. Seit dem 16. Jahrhundert setzte hier ein langsames Umdenken ein. Anscheinend war es zuerst Machiavelli, der zwischen eigennützigen und am Gemeinwohl orientierten Parteien unterschied.1447 Neben der ,Parthey' sprach man von der .Faction', was eine Gruppe bezeichnete, die „wieder die andere ihren Zweck zu erhalten suchet, mehr um ihre besonderen Absichten, als um des gemeinen Besten willen"1448 und folglich noch negativer besetzt war. Gruppierungen, konnten, zumindest solange es sich um die eigene handelte, positiv gesehen werden, wurden aber als Gefahr betrachtet, wenn sie zu ,factiones' wurden, wobei bevorzugt die anderen solche bildeten.
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Bspw. nutzt K. Stieler (Anm. 4) ,Parthey' öfters im Sinne einer politischen oder Gesinnungsgemeinschaft. Unter einer Partei verstand man im militärischen Bereich eine Abordnung von Soldaten mit Spezialauftrag und im juristischen die Streitenden vor Gericht. J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 26. Sp. 1049-1057. Erwin Faul: Verfemung, Duldung und Anerkennung des Parteiwesens in der Geschichte des politischen Denkens, in: Politische Vierteljahresschrift. Bd. 5. 1964. S. 60-80, hier S. 62-69; vgl.: Winfried Schulze: Concordia, Discordia, Tolerantia. Deutsche Politik im konfessionellen Zeitalter, in: Johannes Kunisch (Hg.): Neue Studien zur friihneuzeitlichen Reichsgeschichte. Berlin 1987 (Zeitschrift für Historische Forschung. Beiheft 3). S. 43-79. Bsp. für den Gebrauch der Begriffe im 17. Jh. bei: Ivo Cerman: „Kabal", „Parthey", „Faction" am Hofe Kaiser Leopolds I., in: Jan Hirschbiegel/Werner Paravicini (Hg.): Der Fall des Günstlings. Hofparteien in Europa vom 13. bis zum 17. Jahrhundert. Sigmaringen 2004 (Residenzenforschung. Bd. 17). S. 235-247. J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 9. Sp. 64; K. Stieler (Anm. 4) S. 199 übersetzte ,Factiones' einfach mit „Zerteilungen/Meutereyen/Rottirungen". Dieser Sprachgebrauch findet sich auch auf dem Reichstag. So drückte der Schwede 1694 gegenüber dem Bayern seine Sorge aus, das Reich zerfalle in ,factiones', wenn man die Angelegenheit der neunten Kur nicht regeln könne. BHStA. KB. ÄA 3479, Ber. vom 1. März 1694 (Ausf.). Bsp. fur den Gebrauch des Begriffes „factiones" für den Kaiserhof: Katrin Keller: Der Wiener Hof von außen. Beobachtungen zur Reflexion des Kaiserhofes im Reich im 17. und 18. Jahrhundert, in: Frühneuzeit-Info 12. Heft 2. 2001. S. 21-31, hier S. 25.
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
In der Literatur zum Immerwährenden Reichstag wird häufig der Eindruck eines Antagonismus' einer französischen und einer kaiserlichen Partei vermittelt. Diese zwar klar strukturierende, aber vereinfachende Sicht war bereits den Zeitgenossen eigen. Die französische Außenpolitik nannte in den achtziger Jahren die ihr freundlichen Kurfürsten und Fürsten die ,bien intentionnes'. Bis 1685 waren das im Kurfürstenrat die Vertreter von Mainz, Köln, Trier, Brandenburg und der Pfalz. Dem französischen Plenipotentiarius war es bisher stets gelungen dafür zu sorgen, daß die Entscheidungen des Kurkollegs die französischen Interessen berücksichtigten.1449 In einer Zeitung wurde 1684 in diesem Zusammenhang auf „Chur-Mäyntz und dessen Partey" und ihre Nähe zum französischen Gesandten verwiesen.1450 Von den Außenstehenden in Regensburg wurde sie eher als eine von Frankreich dominierte und unter Führung Brandenburgs stehende Gruppe wahrgenommen. Im Oktober 1685 bemerkte etwa der Bayer, der Kölner sei auf die ChurBrandenburg: intention von der zeith, da ewer Churfiirst: Dht: mit ihrer Kay: Mt: in die engere allianz getretten, generaliter instruirt,1451 Der Brandenburger von Jena debattiere täglich mit Verjus. 1452 Der Ansbacher Korrespondent Fabricius vermutete, daß dabei auch Informationen flössen, die nicht aus Jenas Brandenburger Reskripten stammten, wie etwa solche über den fränkischen Kreistag, die von Jena aus Bayreuth erhalten habe.1453 Seinen ,Confidentioribus' vertraute der Franzose im Gegenzug Schreiben und den Inhalt seiner Instruktionen an, die über die Kanäle des Reichstags bald allgemein bekannt wurden.1454 Er hielt von Jena für besonders intelligent, witzig, redegewandt und trickreich, der zweitbeste sei der ebenfalls profranzösische Münsteraner von Plettenberg.1455 Nicht nur das ,Gute', sondern auch die .Intelligenz' wurden so für die eigene Gruppe vereinnahmt. Diese Parteien waren nicht unveränderlich. So bröckelten in den Achtzigern die ,bien intentionnes' auseinander. Die Reunion Pfalz-Zweibrückens, eines Schweden gehörendem Territoriums, hatte die seit dem Dreißigjährigen Krieg bestehende Allianz zwischen den Garantiemächten gesprengt. 1682 verbündete sich Schweden mit dem Kaiser. Die französischen Diplomaten rechneten den schwedischen Gesandten fortan zum Anhang des Kaisers.1456 Die Pfalz kam 1685 durch Erbfolge an das dem Kaiser verbundene Haus Pfalz-Neuburg. Der französi1449
C. Boutant (Anm. 7) S. 332. Berlin. Sonntagischer Mercurius. 47. Woche 1684, Regensburg vom 9. Nov. 1451 BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 22. Okt. 1685 (Ausf.). 1452 BHStA. KB. ÄA 3449, Ber. vom 14. Aug. 1684 (Ausf.). 1453 StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Korresp. vom 24. Mai 1686 (a.S.) (Ausf.). 1454 So gab er 1684 seinen Vertrauten eine Kopie der kaiserlichen Legitimation zu den Stillstandsverhandlungen, die dadurch entlich bei dem ganz. Reich public wurde. BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 16. Aug. 1685 (Ausf.). 1455 Hans Prutz: Gottfried von Jena als brandenburgischer Reichstagsgesandter 1679-87, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Bd. 18. 1905. S. 387470, hier S. 398-401, 405. 1456 K. Malettke (Anm. 65) S. 421; H. Prutz (Anm. 1466) S. 467. 1450
4. Beobachtungen
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sehe Plenipotentiarius kommentierte das mit: „Voilä le college electoral gaste" und glaubte, nur noch auf die drei geistlichen Kurfürsten zählen zu können. 1457 Durch militärische Aktionen verscherzte Frankreich aber die Sympathien der Kurfürsten von Trier und Mainz. Ein Parteiwechsel geschah weder abrupt noch offen. Frankreichs Macht war für die rheinischen Kurfürsten immer noch bedrohlich und seine Subsidien ein gewichtiges Argument. Dennoch gab es nach 1686 keine starke .französische Partei' mehr. 1458 Der Bündniswechsel Brandenburgs, das am 22. März 1686 einen geheimen Vertrag mit dem Kaiser geschlossen hatte, wurde durch die offene Ermahnung des zu frankophil auftretenden Reichstagsgesandten und dessen Abberufung am 4. März 1687 manifest. 1459 Sein Nachfolger Schmettau galt als kaiserlich gesinnt. 1460 Danach zählte die französische Politik nur noch Köln und Mainz zu den ,bien intentionnes', wobei Mainz als Wackelkandidat eingestuft wurde. 1461 Eine große ,Partei' in variierender Besetzung versammelten auch die Kaiserlichen um sich. Unter ihnen ist ebenfalls eine erhöhte Binnenkommunikation festzustellen. Beispielsweise bat der Prinzipalkommissar, als die Verhandlungen um den zwanzigjährigen Stillstand 1684 in die heiße Phase eintraten, eine Reihe von Ständen zu Beratungen in das außerhalb Regensburgs liegende Prüll. 1462 Einen Monat später berief die österreichische Gesandtschaft erneut die Gesandten zusammen, so sie confidentiores nennet,1463 Der Einfluß Österreichs auf den Reichstag wurde für groß gehalten. Der englische Resident Etherege urteilte 1685, die Kaiserlichen beherrschten über die Direktoren den Fürstenrat, wobei er ihre Anhänger als die „Count de Windichgratz Faction" bezeichnete. 1464 Der Ansbacher Gesandte meinte 1709, die Städte täten, was der Kaiser wolle, die Kurfürsten seien kaiserlich unterwandert und bei den Fürsten würden die Geistlichen und Neufurstlichen nichts gegen Österreich zu sagen wagen. 1465 1457
K. Malettke (Anm. 65) S. 463. C. Boutant (Anm. 7) S. 332-341. 1459 Richard Fester: Die Abberufung Gottfrieds von Jena vom Regensburger Reichstage, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. Bd. 15. 1902. S. 159183; H. Prutz (Anm. 1466) S. 444-462; C. Boutant (Anm. 7) S. 517; K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 2. S. 22. 1460 StadtAA. RTA 342, Ber. vom 2. Dez. 1687 (Ausf.). 1461 C. Boutant (Anm. 7) S. 590, 740f. Der Mainzer Gesandte Scheffer galt jedoch als zuverlässiger Anhänger Frankreichs, der sich nach Aussage des Bayern nicht scheute, die Meinungen Veijus zu verbreiten. BHStA. KB. ÄA 3456, Ber. vom 15. Aug. 1686 (Ausf.). 1462 Anwesend waren Bayern, Sachsen, Burgund, der Deutschmeister, Bamberg, Würzburg, Eichstätt, Schweden, Gotha, Altenburg, Coburg, Hessen-Kassel und Anhalt. BHStA. KB. ÄA 3448, Ber. vom 4. Mai 1684 (Ausf.); StadtAA. RTA 333, Ber. vom 9. Mai 1684 (Ausf.). In der Aufzählung in StadtAA. RTA 275, Korresp. vom 9. Mai 1684, sind auch Salzburg und die Braunschweiger erwähnt. 1463 BHStA. KB. ÄA 3448, Ber. vom 5. Juni 1684 (Ausf.). 1464 Sehr. Ethereges an Earl of Middleton vom 10. Dez. 1685, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 13. 1465 StAN. Fm Ansbach. RTA 202, Ber. vom 1. Mai 1709 (Ausf.); ähnlich: RTA 201. Ber. vom 6. Juni 1708 (Ausf.); vgl. J. J. Moser (Anm. 53) Bd. 2. S. 55. Als dem Kaiser ergeben gal1458
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
Man darf sich diese ,Parteien' aber nicht so fest gefugt vorstellen, als ob der Kaiser oder Frankreich die Politik ihrer ,Wohlintentionierten' vollkommen gelenkt hätten. 1466 Die jeweilige Haltung eines Standes bestimmten weniger ideologische Gesichtspunkte, obwohl die jeweilige Auffassung von der für das Reich erstrebenswerten Entwicklung eine Rolle spielte, als vielmehr zweckrationale Überlegungen, wie die eigenen Interessen am besten durchzusetzen wären. Das zeigen immer wieder zu beobachtende, dem ,Parteiensystem' nicht entsprechende Handlungen. Besonders größere Stände waren nicht immer einfache Parteigänger, sie verfolgten eigene Interessen. So opponierten in Zeremonialfragen Bayern und Brandenburg immer wieder gegen Vorstellungen des Kaisers und das zu einem Zeitpunkt, als an ihrer Zugehörigkeit zu dessen Bündnissystem nicht gezweifelt werden konnte. 1467 Die Übereinstimmung in der Mehrheit der politischen Meinungen genügte nicht, Zugeständnisse in dieser Frage zu machen, die sich auf dauernde ständische Interessen bezog. Der Brandenburger Sekretär rechnete daher seinen Herrn auch 1690 in einer Phase engster Zusammenarbeit nicht zum bedingungslosen Anhang des Kaisers. 1468 Die ,Parteien' waren eng mit dem Bündnisnetz im Reich verbunden, bei dem Frankreich und der Kaiser wesentliche Anknüpfungspunkte waren. Da Bündnisse wie ,Parteien' das Ergebnis von übereinstimmenden Interessen und strategischen Überlegungen waren, spiegelten sie einander. Nur beim Bündniswechsel eines Standes, den dieser nicht sofort publik werden lassen wollte, bestand eine Diskrepanz zwischen Bündnissystem und ,Partei'. Da die Gesandten enge Kontakte zu den Angehörigen ihrer Gruppe und vergleichsweise weniger ausgeprägte zu denen der anderen ,Partei' unterhielten, war ein Bündniswechsel oft mit einem Gesandtenwechsel verbunden, wodurch man beiden Seiten einen unbelasteten Gesprächspartner bot. 1469 Mit den Angehörigen einer anderen Gruppierung hatte ein Gesandter dagegen normalerweise keinen so engen Kontakt. Der Bayer begründete 1700 sein wenig enges Verhältnis mit dem Kölner etwa damit, daß sich dieser mehr zu der andern faction hält.] 410 Er konnte somit nicht sicher sein, daß ver-
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ten besonders die katholischen Fürstenratsmitglieder. So auch: A. Schindling (Anm. 1) S. 235. Zu weit geht Α. P. Luttenberger (Anm. 311) S. 21 der meint, der Prinzipalkommissar und das österreichische Direktorium hätten „die Meinungsbildung und Stimmführung der kaiserlichen Partei im Fürstenrat programmatisch steuern" können. K. Malettke (Anm. 65) S. 463 warnt zu Recht davor, jede Entscheidung gegen einen Vorschlag des Kaisers als pro-französischen Akt zu werten. Vielmehr hätte dies auch der Wunsch, Unabhängigkeit zu demonstrieren oder die Furcht vor französischen Repressalien bewirken können. Gleiches gilt in umgekehrter Richtung. Anfang 1692 etwa konstatierten sie, Mainz, Trier und die Pfalz zeigten dem Kaiser in diesen Fragen eine sonderbare deferenz und brächten dadurch die kurfürstliche Präeminenz in Gefahr. BHStA. KB. ÄA 3474, Ber. vom 3. Jan. 1692 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Korresp. vom 5. Apr. 1690 (Ausf.). 1687 traf es den Brandenburger von Jena und 1701 den Dänen Detlev Piper von Löwencron. BHStA. KB. ÄA 3488, Sehr. Tattenbachs an Neusönner vom 8. Febr. 1700 (Ausf.).
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4. Beobachtungen
trauliche Informationen geheim blieben und bevor er das Risiko einging, unterblieb der Kontakt. Die Bevorzugung der Bündnispartner war bereits in den Instruktionen grundgelegt, die stets befahlen, zu den Alliierten ein besonderes Vertrauensverhältnis aufzubauen und ihnen bestimmte Informationen weiterzugeben.1471 Der Kurbayer erhielt 1684 explizit die Anweisung, die Zustimmung Bayerns zum zwanzigjährigen Stillstand und deren Konditionen den Kurfürstlichen und den Fürstlichen, deren pinzipaln allianz stehen anzuzeigen. 1 4 7 2
mit uns in näherer correspondenz
und
Informationen wurden bevorzugt innerhalb der eigenen Gruppe weitergegeben und erfragt. Deutlich wird das, wenn der jeweilige bayerische Gesandte Kollegen bat, dem Sekretär die wichtigsten Meldungen weiterzugeben solange er abwesend sei. 1684 wurde der sächsische Gesandte angegangen.1473 Anfang 1685 wandte man sich an den Trierer.1474 Mitte 1686 bat Wämpel den Mainzer um diesen Dienst.1475 1 693 berichtete der Sekretär auf Basis von Informationen, die er vom Brandenburger, Kölner, Sachsen und vermutlich auch vom Schweden und Celler erhielt.1476 1694 bis 1697 wandte sich der Sekretär an die Vertreter von Brandenburg, Köln, Sachsen, Mainz und Hannover.1477 1 698 wurden der Mainzer, Sachse und Brandenburger erwähnt,1478 1699 nur der Mainzer und Brandenburger.1479 1700 kamen zu diesen wieder der Sachse und Hannoveraner.1480 Im Jahr darauf gaben der Mainzer, Sachse, Kölner und Däne Informationen weiter.1481 1702 sind allein der Kölner und Wolfenbüttler genannt.1482 Die Auswahl der Kollegen entsprach der jeweiligen Bündnissituation. So erweiterte sich der Kreis der Informanten zunächst analog zur Vergrößerung des kaiserlichen Bündnissystems. 1701 dagegen werden die Auswirkungen der bayerischen Politik bezüglich der spani1471
1472 1473 1474 1475 1476 1477
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Vgl. die französischen Instruktionen: Recueil des instructions donnees aux ambassadeurs et ministres de France depuis les traites des Westphalie jusqu'ä la Revolution fran?aise, Bd. XVIII, Diete Germanique. Hg. von Bertrand Auerbach. Paris 1912. S. 45f.; allgemein: W. J. Roosen (Anm. 47) S. 119. BHStA. KB. ÄA 3448, Reskr. vom 4. Juli 1684 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3450, Ber. vom 9. Okt. 1684 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 29. Jan. 1685 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3455, Ber. vom 6. Juni 1686 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3478, Ber. vom 16. Juli-7. Sept. 1693 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3480, Ber. vom 19. Aug.-4. Nov. 1694 (jew. Ausf.); ÄA 3481, Ber. vom 26. Mai-4. Aug. und 3. Okt.-8. Dez. 1695 (jew. Ausf.); ÄA 3482, Ber. vom 21. Juni-30. Juli, 24. Sept.-10. Okt. 1696 (jew. Ausf.); ÄA 3483, Ber. vom l . - l l . Apr. 1697 (jew. Ausf.); ÄA 3484, Ber. vom 19. Aug.-10. Okt. 1697 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3485, Ber. vom 1. Mai-23. Juni 1698 (jew. Ausf.); ÄA 3486, Ber. vom 3.21. Juli, 18. Sept.-9. Okt. 1698 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 30. Apr.-15. Juni, 17. Aug.-10. Sept., 19. Okt-2. Nov. 1699 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 29. Juli-4. Okt. 1700 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 2.-16. Mai 1701 (Ausf.); ÄA 3491, Ber. vom 8.-20. Aug., 3. Okt.-19. Nov. 1701 Qew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3492, Ber. vom 26. Jan.-27. März 1702 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
sehen Erbfolge deutlich: Hannover und Brandenburg, die sicher im kaiserlichen Lager standen, wurden nicht mehr erwähnt. 1702 waren schließlich nur mehr mit Frankreich verbündete Stände unter den Informanten. Den Gesandten war der Zusammenhang zwischen ,Partei' und Intensität der Beziehung durchaus bewußt. So vermutete der englische Resident Etherege, der Grund dafür, daß sein Kontakt zu Windischgrätz nur auf Höflichkeiten beschränkt sei, sei der, daß ihn dieser zur französischen Partei rechne.1483 Dabei fühlten sich die Reichstagsangehörigen durchaus als Vertreter einer bestimmten Grundeinstellung, die sie mit anderen, aber nicht mit allen teilten. Dies kam meist nur unterschwellig zum Ausdruck. So bedauerte 1684 der bayerische Gesandte Wämpl den Tod seines sächsischen Kollegen, da er nun allein pro bono Imperii stehe, während ihn der Sachse immer unterstützt habe. Die anderen Kurfürstlichen hielten dagegen zu Frankreich.1484 Wämpl sah sich und den Sachsen als Angehörige einer reichstreuen Gruppe, für die er in Anspruch nahm, das Gute für das Reich zu wollen. Auch später sprach er von den reichs gutgesinnten,1485 Solche Bezeichnungen der eigenen Gruppe sind sehr aufschlußreich. Des öfteren ist zu lesen, daß die Kaiserlichen von wolgesintenm oder „wohlintentionir1487 ten" unterstützt wurden oder diesen etwas mitteilten. Durch diese Bezeichnungen verband sich die ethische Kategorie des ,Guten' mit der eigenen Gruppe, deren Mitglieder dadurch sprachlich in ihrer Haltung bestätigt wurden. Entsprechend wurden Vertreter anderer Ansichten im Extremfall als die ybel gesinnete oder ybel intentionirte bezeichnet.1488 Auch die Bezeichnungen ,Confidente' und ,Confidentioribus' sind gut geeignet, ein Zusammengehörigkeitsgefühl aufkommen zu lassen, wobei hier ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Ausdruck kam. Gruppen mit diesen Bezeichnungen umgaben nicht nur Österreich. Nach dem Weimarer Fabricius hatte auch Brandenburg solche.1489 So teilte 1700 der Brandenburger den mit ime in gueten verthrauen stehenten en amy die Annahme der Königswürde mit.1490 Der bayerische Gesandte sprach über den Stillstand mit den confidentioribus1491 und 1685 mit einzelnen davon.1492 Er selbst zählte sich 1686 zu denen des Schweden, der gegen Aussagen des Franzosen, welcher die schwedische Armee schlecht machte, seinen confidentioribus also auch mir einen 1483
Sehr. Etherege an Marquis d'Alberville vom 23. Juni 1687, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 124. 1484 BHStA. KB. ÄA 3450, Ber. vom 4. Dez. 1684 (Ausf.). Vgl. C. Boutant (Anm. 7) S. 340. 1485 BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 19. Juli 1685 (Ausf.). 1486 BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 4. Jan. 1685 (Ausf.). 1487 Berlin. Sonntagische Fama. 35. Woche 1683, Regensburg vom 19. [Aug.]. 1488 Bsp. für beides in: BHStA. KB. ÄA 3492, Ber. vom 1. Mai 1702 (Ausf.). 1489 Nach dem Einmarsch französischer Truppen ins Reich habe dessen Gesandter den ,Wohlintentionierten' die Absichten seines Herrn erläutert. StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 11. Okt. (a.S.) 1688 (Ausf.). 1490 BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 9. Dez. 1700 (Ausf.). 1491 BHStA. KB. ÄA 3448, Ber. vom 27. Juli 1684 (Ausf.). 1492 BHStA. KB. ÄA 3452, Ber. vom 7. Mai 1685 (Ausf.).
4. Beobachtungen
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Überschlag der Heeresstärke gab.1493 1699 besprachen sich der Celler und Hannoveraner mit ihren confidentioribus wegen der Garantieanfrage Dänemarks und Wolfenbüttels bei Frankreich.1494 Der englische Resident benachrichtigte 1688 noch vor dem Erhalt der offiziellen Bestätigung seine confidentioribus von der Geburt eines Prinzen von Wales.1495 Einen Kreis von Gesandten mit denen er besonders eng verbunden war, hatte offenbar jeder Gesandte. So auch ein Reichsstädter wie der Augsburger Thoman, der 1684 versprach, mit einigen vornehmen confidenten über ein bayerisches Schreiben zu reden.1496 Am Reichstag sind so Prozesse zu beobachten, wie sie ,we-groups' und ,others-groups' kennzeichnen. Während gegenüber den Angehörigen der eigenen Gruppe Solidarität, Sympathie, Loyalität und Vertrauen auftraten, entstanden gegen Außenstehende Gefühle der Entfremdung, des Argwohns und der Angst.1497 Da sich der Mainzer als Parteigänger des Kaisers erwies, fand es der Bayer 1704 beispielsweise fast yberschwär, mit diesem ministro in beständigem glimpf zuverharren.U9% Die Zugehörigkeit zu verschiedenen politischen Lagern hatte sich hier zu einer persönlichen Antipathie entwickelt, die keineswegs von Anfang an gegeben war. Gegenüber Freunden und ,Confidentioribus' war das Gebot der Geheimhaltung gelockert1499 und auch die Zurechnung zur Gruppe der ,Wohlintentionierten' entschied mit, ob man eine Information erhielt oder nicht. So erfuhr der bayerische Gesandte das, was 1684 bei den Stillstandsverhandlungen zwischen Windischgrätz und Verjus vorfiel von den Österreichern, wußte jedoch, daß auch der Franzose seinen Vertrauten davon berichtet hatte.1500 Der Bayer selbst gab 1686 die ihm vom Österreicher mitgeteilte Haltung des Kaisers zu den Limitenverhandlungen mit Frankreich an seine ,Confidenten' weiter.1501 Ausgehend von einem bestimmten Kreis von ,Confidentioribus' verbreiteten sich so in Wellen die Nachrichten. Der bayerische Gesandte etwa erhielt 1687 den Befehl, über das französische Ultimatum zur Umwandlung des Stillstands in einen Frieden, das München für nicht so geheim hielt, mit diesen zu sprechen, da es der Mainzer seinen Confidentioribus' sicher auch schon mitgeteilt habe. Der französische Botschafter hatte zur Jahreswende in Rom ein Ultimatum vorgetragen, das die Umwandlung 1493
BHStA. KB. ÄA 3455, Ber. vom 25. Apr. 1686 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 26. März 1699 (Ausf.). 1495 StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 5. Juli 1688 (Ausf.). 1496 StadtAA. RTA 332, Ber. vom 18. Jan. 1684 (Ausf.). 1497 Hans Proesler/Karl Beer: Die Gruppe. The Group - Le Groupe. Ein Beitrag zur Systematik soziologischer Grundbegriffe. Berlin 1955 (Nürnberger Abhandlungen zu den Wirtschaftsund Sozialwissenschaften. Bd. 7). S. 20f., 42. 1498 BHStA. KB. ÄA 3496, Ber. vom 28. Febr. 1704 (Ausf.). 1499 Daher konnte man 1700 folgern, als der Schwede eine Anzeige nur ausgewählten Gesandten bekannt machte, er glaube wohl wenig Freunde zu haben, da er so ein Geheimnis daraus mache. StadtAA. RTA 361, Korresp. vom 4. Mai 1700 (Ausf.). 1500 BHStA. KB. ÄA 3450, Ber. vom 25. Dez. 1684 (Ausf.). 1501 BHStA. KB. ÄA 3455, Ber. vom 2. Mai 1686 (Ausf.). 1494
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des Regensburger Stillstands in einen Frieden forderte, ansonsten greife Frankreich das Reich an. Rom benachrichtigte den kaiserlichen Gesandten und der Papst notifizierte die Sache dem Nuntius. Bayern erfuhr sie ebenfalls aus Rom und gab die Nachricht an den Reichstagsgesandten weiter. Dieser sollte nun mit der österreichischen Gesandtschaft und den ,Wohlintentionierten' sprechen. Der Gesandte schrieb zurück, er werde das tun, obwohl bisher weder die Fürstlichen noch der Sachse und Pfälzer etwas davon wußten und es nur durch die gdist. anbevolchene weitere communication mehrers eclatierte.1502 So wußte in Kürze jeder vom Ultimatum, obwohl der Kaiser den Reichstag erst am 2. April offiziell benachrichtigen ließ.1503 Das zeigt, wie durch die Vernetzung der Gesandten untereinander aus einem bisher noch unentdeckten ein offenes Geheimnis wurde. Im Kreis der Vertrauten wurden auch Instruktionen getauscht. Meist handelten die Gesandten hier aus eigenem Antrieb. So waren Nachfragen wie die des Bayern, er hoffe, es sei recht, wenn er über den punctus securitatis publicae mit den confidentioribus nach der hand correspondire, relativ selten.1504 Moser schilderte es als völlig normal, daß sich „die sogenannte Confidentiores" träfen, um sich zu beraten, wie man einen bestimmten Schluß erhalten könne oder worauf man sich einigen konnte.1505 Solche Treffen waren von großer Bedeutung zur Vorbereitung von Entscheidungen. Durch gegenseitiges Sondieren und Informieren konnten die Gesandten meist schon vor der Abstimmung deren Ausgang mit relativer Sicherheit vorhersagen. Das Eingebundensein in eines dieser Kommunikationsnetze war folglich von fundamentaler Bedeutung. Die Nachrichtenbeschaffung hing wesentlich von der Situation ab, in der sich der Gesandte befand, die wiederum zu einem großen Teil vom Bündnissystem und dem Verhalten seiner Herrschaft bestimmt wurde.
4.1.3 Die ständischen Gruppen: Altfürstliche und Korrespondierende Gruppen und Parteibildungen resultierten daneben auch aus dem Stand anhaftenden Merkmalen, wie der ständischen Stellung, der Kreiszugehörigkeit oder der Dynastie, da aus diesen spezifische Interessenslagen erwuchsen. Die Rücksicht auf Interessen des Reichskreises1506 war in den beiden niederen Kollegien und hier besonders bei den Angehörigen des Fränkischen, Schwäbischen und Ober1502
1503
1504 1505 1506
BHStA. KB. ÄA 3458, Reskr. vom 21. Jan. 1687 (Konz.), Ber. vom 23. Jan. 1687 (Ausf.), darin das Zitat. Kommissionsdekret vom 2. Apr. 1687, in: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 2. S. 608-616. Zum Ultimatum: C. Boutant (Anm. 7) S. 492-513. BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 2. Jan. 1687 (Ausf.). J. J. Moser (Anm. 398) Bd. 47. S. 347. Einen Überblick zur Geschichte der Kreise liefert: Winfried Dotzauer: Die deutschen Reichskreise in der Verfassung des Alten Reiches und ihr Eigenleben (1500-1806). Darmstadt 1989; Ders.: Die deutschen Reichskreise (1383-1806). Stuttgart 1998.
4. Beobachtungen
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rheinischen Kreises relativ hoch. Dies kam bei Verhandlungen zur Reichskriegsverfassung, Steuern und zu Moderationen zum Tragen. So wünschte sich der Augsburger Abgesandte 1685 mehr städtische Vertreter aus dem Schwäbischen Kreis, um die Kreisinteressen besser vertreten zu können.1507 Dynastische Interessengemeinschaften wurden deutlich, wenn etwa Ansbach 1707 den Gesandten anwies, daß er, falls er keine andere Instruktion habe, dem Magdeburger Votum beitreten solle, da Brandenburg die Hausinteressen berücksichtige.1508 Einige der bedeutendsten Gruppenbildungen gehen auf die ständische Zugehörigkeit zurück. Die hohe ständische Differenziertheit des Reichs leistete ihnen Vorschub. Der Wahrung grundsätzlicher, auf Hierarchie und Zeremoniell bezogener Interessen dienten die Vereine. Sie traten selten in Erscheinung, waren aber schnell zu aktivieren und wirkten dann an der Koordination von Entscheidungsprozessen und Informationsnetzen mit. Diese Vereine konnten wie der Kurverein dem Kolleg eine zusätzliche Stütze geben oder es wie die Vereine des Fürstenrats differenzieren. Unter den Angehörigen des Fürstenrats bestanden die größten Unterschiede. In den Reichsabschieden des 16. Jahrhunderts waren vier Gruppen gebildet worden: geistliche Fürsten, weltliche Fürsten, Prälaten und Grafen.1509 Die weltlichen Fürsten unterschied man zudem in alte und neue. Die sogenannten ,Altfurstlichen' umfaßten alle weltlichen fürstlichen Häuser, die zwischen Bayern und Mömpelgard saßen. Sie setzten sich von den Neufurstlichen ab und beanspruchten diesen gegenüber aufgrund des Alters ihrer Rechte die Präeminenz.1510 Auf dem Immerwährenden Reichstag traten sie nur dann in Aktion, wenn sie diese in Gefahr sahen. Als Direktor fungierte Bayern, das der vornehmste weltliche Stand war. In dessen Aufgabenbereich fiel der obligatorische Protest zur Wahrung des zeremoniellen Vorrangs bei Introduktionen.1511 Auf seine Initiative projektierten die Altfürstlichen 1688 auch ein Schreiben gegen die Aufnahme der Ritter in das fürstliche Kolleg.1512 1699 ersuchten einige Fürstliche den bayerischen Gesandten eine Zusammenkunft zu veranlassen, da Wolfenbüttel gegen das Zeremoniell verstieß, indem es Münster den Vortritt gab.1513 Die Altfürstlichen verstanden sich als Gegengewicht zum Kaiser, der die Städte, Geistlichen und Neufürstlichen 1507 1508 1509 1510 1511
1512
1513
StadtAA. RTA 334, Ber. vom 20. Febr. 1685 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. AGR. Rescripta 1707, Reskr. vom 28. Apr. 1707 (Ausf.). H. Neuhaus (Anm. 503) S. 90, Anm. 153. Zu den Altfiirstlichen: J. J. Moser (Anm. 314) S. 594-550. Nach vorhergehenden Absprachen protestierte es z.B. gegen die Waldecker Einführung. BHStA. KB. ÄA 3457, Ber. vom 7., 11. und 18. Nov. 1686 (jew. Ausf.), Reskr. vom 15. Nov. 1686 (Konz.). BHStA. KB. ÄA 3459, Ber. 2. Okt. und 1. Dez. (jew. Ausf.), Reskr. vom 6. Okt., 16. Dez. 1687 (jew. Konz.); ÄA 3460, Ber. vom 1., 8., 12. Jan. 1688 (jew. Ausf.), Reskr. 5., 19. Jan. 1688 (jew. Konz.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Ber. vom 12. Jan., 19. März, 19., 23. Apr., 4., 11., 18. Juni, 5. Juli 1688 (alle Daten a.St.) (jew. Ausf.). Zu den Ambitionen der Ritter: J. J. Moser (Anm. 314) S. 1384f. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 22. Jan. und 5. Febr. 1699 (jew. Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
dominiere und viele Kurfürsten auf seiner Seite habe.1514 Trotzdem sind in dieser Gruppe Auflösungserscheinungen nicht zu übersehen. Absprachen waren auf das Gebiet des Zeremoniells und des Statuserhalts begrenzt. Als problematisch erwies sich die bei einigen Häusern anzutreffende Personalunion mit Mitgliedern des Kurfürstenrats, denn deren Interessen waren im Hinblick auf die Präeminenz geradezu konträr zur Zielsetzung der Altfürstlichen. Doch fand sich besonders bei den Fürstlichen ohne eine solche Verbindung, wie auch in den fürstlichen Zweigen der kurfürstlichen Familien, ein besonderes Selbstverständnis, das für ihre Politik von Bedeutung war. Zudem stellte dieser nur selten aktiv werdende Verein sowohl einen Legitimationsgrund als auch feste kommunikative Strukturen zur Verfügung, auf die im Bedarfsfall aufgebaut werden konnte. Als fürstliche Aktionspartei mit wechselnder Besetzung sind die korrespondierenden' Fürsten zu nennen, die sich hauptsächlich aus den altfürstlichen Häusern rekrutierten. Sie sind als Nachfolger der Fürstenpartei anzusehen. Ziel des am 20. April 1662 geschlossenen Fürstenvereins zwischen den Braunschweiger Linien, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Württemberg und Pfalz-Neuburg war der Erhalt der fürstlichen Rechte und die Erstellung der ständigen Wahlkapitulation.1515 Sie verband eine zweifache Phobie, nämlich die vor der Übermacht der Kurfürsten und die vor einer Aufwertung der Grafen und Städte, die beide ihrer Stellung Schaden zufügen könnten. Da die fürstliche Partei im Fürstenrat über keine Mehrheit verfügte, versuchte sie weitere Mitglieder zu werben und bemühte sich stets um enge Beziehungen zu den Garantiemächten Frankreich und Schweden, von denen letzteres für seine deutschen Territorien dem Verein beitrat.1516 Die Korrespondierenden verloren in den Achtzigern und zu Beginn der Neunziger mit dem Aufstieg Pfalz-Neuburgs und Hannovers ihre Wortführer. Die Erhebung Hannovers zum Kurfürstentum polarisierte die Stände jedoch derart, daß es zu einer erneuten Konfrontation ständischer ,Parteien' kam, wobei sich die fürstliche Opposition wieder ,Korrespondierende' nannte. Außer Wolfenbüttel, das sich als älteste der Braunschweiger Linien übergangen sah, gab es bis Mitte 1692 keine erklärten Gegner der neunten Kur.1517 Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel wandte sich an Münster und Dänemark, den nun führenden Ständen der fürstlichen Opposition. Ende Juni war klar, daß sich die Fürsten der Kur, zu deren Einführung sie nicht gefragt werden sollten, widersetzen würden.1518 Anfang Juli wurden die ersten Konferenzen gemeldet und zu dessen Mitte eine Deputation an den Prinzipalkommissar, die Münster und Sach1514
StAN. Fm. Ansbach. RTA 202, Ber. vom 1. Mai 1709 (Ausf.). Zum Fürstenverein: M. Hollenbeck (Anm. 63); A. Gotthard (Anm. 73) Bd. 1. S. 420. 1516 Zur Strategie: M. Hollenbeck (Anm. 63) S. 242-245; zu den Aktivitäten vgl. A. Schindling (Anm. 1) bes. S. 91-97, 103f., 134-156; A. Gotthard (Anm. 73) Bd. 2. S. 787-799. 1517 StadtAA. RTA 352, Korresp. Richters vom 10. Juni 1692 (Ausf.). 1518 BHStA. KB. ÄA 3475, Ber. vom 30. Juni 1692 (Ausf.). Vgl. Clemens Schwarte: Die neunte Kur und Braunschweig-Wolfenbüttel. Münster 1905 (Münsterische Beiträge zur Geschichtsforschung. Bd. 9). S. 21 f. 1515
4. Beobachtungen
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sen-Altenburg übernahmen.1519 Kurz darauf ging ein Schreiben an den Kaiser.1520 Die Opposition begann sich zu formieren. Am 27. August verhandelte der Fürstenrat über die Kur und faßte ein Conclusum, nach dem auch die Fürsten bei der Einführung einer Kur zu fragen waren. Der Bayer folgerte, es gäbe nun eine öffentliche opposition}521 Immer mehr Fürstliche wurden damit in Verbindung gebracht: Salzburg, die sächsischen Häuser, Hildesheim, Paderborn, Trient, Fulda, Kempten, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Württemberg, Baden-Baden, Hersfeld, Bayreuth, Waldeck und Dänemark.1522 Die Kuropponenten hielten fast täglich Konferenzen und entfalteten einen ausgedehnten Briefwechsel. Während sich bei den Fürstlichen eine Trennung der traditionell zusammengehörigen Attribute kaiserlich und katholisch abzeichnete, traten im Kurkolleg Risse entlang der Konfessionsgrenze auf. Trier, Köln und die Pfalz, die konfessionelle Bedenken hatten, wollten dem am 17. Oktober gegen ihren Wunsch nach Aufschub erfolg1523
ten Mehrheitsbeschluß für die Einführung der neunten Kur nicht zustimmen. So spaltete sich auch das Kurkolleg in zwei Parteien, nämlich die Assentierenden' und die dissentierenden'. Nach langen Beratungen schlossen Sachsen-Gotha, Wolfenbüttel, Dänemark und Münster am 18. Dezember 1692 einen Fürstenverein ab, dem im Februar Bayreuth, Bamberg, Eichstätt, Württemberg, Baden-Baden und Baden-Durlach beitraten.1524 Am 14. Februar 1693 versuchten die Korrespondierenden dem Prinzipalkommissar eine ,Declaratio nullitatis' zu überreichen, welche die Kur für nichtig erklärte, die dieser aber nicht annahm.1525 Die fuhrenden Kräfte der Kuroppostition suchten nun den Kontakt zu Frankreich und verbündeten sich untereinander. Jede Woche wurde über Konferenzen und Aktionen der opponierenden Fürsten berichtet. Sie griffen zu einer strikten Verweigerungspolitik und blockierten den Reichstag lange Jahre völlig, bis die Friedensverhandlungen von Rijswijk zu Gesprächen zwangen. Die opponierenden Fürsten wurden auch außerhalb des Reichstags als geschlossene Gruppe wahrgenommen, wobei sie in den Medien als
1519
BHStA. KB. ÄA 3475, Ber. vom 17. Juli 1692 (Ausf.); StadtAA. RTA 352, Korresp. Richters vom 1. Juli und Schwegeries vom 22. Juli 1692 (jew. Ausf.). 1520 BHStA. KB. ÄA 3475, Ber. vom 28. Juli 1692 (Ausf.); StadtAA. RTA 352, Korresp. Schwegeries vom 29. Juli 1692 (Ausf.). 1521 BHStA. KB. ÄA 3475, Ber. vom 28. Aug. (darin das Zitat), 1. Sept. 1692 (jew. Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 183, Ber. vom 3. Sept. 1692 (Ausf.). Vgl. C. Schwarte (Anm. 1518) S. 23. 1522 StadtAA. RTA 352, Korresp. Richters vom 12. Aug. und Schwegeries vom 26. Aug., 9., 23. Sept. 1692 (jew. Ausf.); RTA 353, Korresp. Richters vom 30. Sept. und Schwegeries vom 7. Okt. 1692 (jew. Ausf.). 1523 BHStA. KB. ÄA 3476, Ber. vom 13. und 20. Okt. 1692 (jew. Ausf.). 1524 C. Schwarte (Anm. 1518) S. 30-39. 1525 BHStA. KB. ÄA 3477, Ber. vom 16. Febr. 1693 (Ausf.); StadtAA. RTA 354, Korresp. vom 17. Febr. 1693 (Ausf.). Die beiliegende Kopie der ,Declaratio' ist auf den 10. Febr. datiert.
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
die korrespondierenden Fürsten' oder schlicht als die korrespondierenden' bezeichnet wurden.1526 Die weitere Entwicklung der Kuropposition ist hier nur kurz zu umreißen.1527 Mehrere Kongresse sollten sie koordinieren, wobei Wolfenbüttel und Dänemark versuchten, die Opponenten auf die französische Seite zu ziehen. Nach dem Frieden von Rijswijk 1697 unterstützte Frankreich die Korrespondierenden, aus denen es den Kern einer pro-französischen Partei formen wollte. Damit waren viele der opponierenden Fürsten nicht einverstanden, da sie in den meisten anderen politischen Fragen kaiserlich orientiert waren und es nicht zum endgültigen Bruch mit Wien kommen lassen wollten. Dem Tod Ernst Augusts von Hannover 1698 folgten nochmals Aktionen, um die Investitur seines Sohnes zu verhindern. Im November 1698 plante Wolfenbüttel die Anrufung der Garanten des Westfälischen Friedens, was aber nur Dänemark unterstützte. Am 9. Dezember 1698 fragten der Däne und Wolfenbüttler beim französischen Plenipotentiarius Chamoy an, doch Versailles reagierte zurückhaltend und verlangte von mehreren gebeten zu werden. Nachdem sich die Kurfürsten in einer erneuten Abstimmung am 18. November 1699 einstimmig für die Kur erklärt und damit ihren Dissens überwunden hatten,1528 gewann die fürstliche Opposition nochmals an Dynamik. Dänemark und Herzog Anton Ulrich von Wolfenbüttel konnten sich aber mit ihrem aggressiven und profranzösischen Kurs nicht durchsetzen und wurden als Scharfmacher zunehmend isoliert. Nach langem Hin und Her rangen sich die Korrespondierenden aber doch dazu durch, am 25. August 1700 die Garanten des Westfälischen Friedens um Vermittlung zu bitten. Durch die akut werdende Spanische Erbfolgefrage traten aber bald andere Probleme in den Vordergrund und eine Verbindung mit Frankreich wurde für fast alle Fürsten indiskutabel. Nachdem Dänemark bereits im Frieden von Travendal 1700 und Wolfenbüttel durch den Einmarsch Hannovers in sein Territorium 1703 gezwungen worden waren, die Kur anzuerkennen, bestand dagegen kaum noch eine ernsthafte Opposition. Trotzdem zogen sich die Verhandlungen um die Readmission Böhmens und ein Votum supernumerarium für die Katholiken in die Länge, da sich auch gegen diese Widerstand formierte. Der zustimmende Reichsschluß erfolgte erst am 30. Juni 1708.1529 1526
Bspw. Theatri Europaei (Anm. 489) Bd. 17. S. 16f. Die Darstellung folgt: C. Schwarte (Anm. 1518); G. Schnath (Anm. 51) Bd. 1. S. 637f., Bde. 2 und 3 passim; A. Sinkoli (Anm. 14) S. 49-70, 178-193, 277-296, 333-343; G. Granier (Anm. 14) S. 20-25, 118-120, 137, 144f.,147, 159-161, 223-226, 276; K. Malettke (Anm. 65) S. 522-526; K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 2. S. 63-66; J. J. Moser (Anm. 314) S. 696-707; Bernhard Erdmannsdörffer: Deutsche Geschichte vom Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen 1648-1740. Meersburg, Naunhof, Leipzig 1932. 2 Bde. Bd. 2. S. 54-60. 1528 BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 19. Nov. 1699 (Ausf.). 1529 StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Ber. vom 27. Juni und 4. Juli 1708 (jew. Ausf.); StadtAA. RTA 370, Ber. vom 3. Juli 1708 (Ausf.). Der Reichsschluß bei: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 320-323 und das ratifizierende Kommissionsdekret vom 6. Sept. 1708: S. 340342. 1527
4. Beobachtungen
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Bereits während der Kuropposition hatten sich die Korrespondierenden auch der Wahrung der fürstlichen Rechte verschrieben, was für die meisten bald das wesentliche Element fürstlicher Oppositionspolitik bildete. 1530 Ein zentraler Punkt war dabei die Erstellung der ständigen Wahlkapitulation, die seit 1693 explizit zum Programm gehörte. 1531 Gegen die allein mit Zustimmung der Kurfürsten erfolgte Ächtung Bayerns und Kölns, von der sie erst durch ein Kommissionsdekret am 10. Mai 1706 in Kenntnis gesetzt wurden, protestierten sie nach längeren Verhandlungen am 20. Januar 1707. Brandenburg unterstützte sie dabei verdeckt, während sich Schweden offen auf ihre Seite stellte, wodurch es bald zu einer der führenden Kräfte der Opposition wurde. Das Ergebnis des Protestes war, daß Kaiser und Kurfürsten die Beratung der Wahlkapitulation in Aussicht stellten, dazu kam es jedoch nicht. 1532 Weitere Themen der Korrespondierenden waren die seit 1707 vielfach vorgebrachten Wünsche nach Introduktion in den Fürstenrat, 1533 die Übertragung der Oberpfalz an die Kurpfalz ohne Rücksprache mit den Fürsten und eine Vielzahl anderer Fragen, bei denen das fürstliche Interesse zu wahren war. 1534 Den Kern der Korrespondierenden bildeten ab ca. 1710 die sächsischen, brandenburgischen, Braunschweiger, hessischen und württembergischen fürstlichen Häuser. 1535 Tendenziell handelte es sich also um einen Zusammenschluß protestantischer altfürstlicher Häuser. Allerdings war das konfessionelle Moment, obwohl es bei manchen immer wieder deutlich hervorbrach, nicht so dominant und die Ziele bei anderen Fürsten konsensfähig, so daß je nach verhandelter Sache weitere, auch katholische, Fürstliche kooperierten. 1706 etwa gehörten zu den in gedachter bann-sache correspondirenden Salzburg, Bremen-Schweden, Sach-
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1535
Vgl. J. J. Moser (Anm. 314) S. 707. J. Vötsch (Anm. 4) S. 225; G. Granier (Anm. 14) S. 223f. G. Granier (Anm. 14) S. 118-120; StAN. Fm. Ansbach. RTA 196, Ber. vom 12., 25. Mai 1706 (Ausf.); RTA 197, Ber. vom 29. Juli, 1., 15. Sept., 22. Dez. 1706 (jew. Ausf.); RTA 198, Ber. vom 5., 13., 17., 19., 26. Jan., 9., 23. Febr., 6. Juli 1707 (jew. Ausf.); RTA 199, Ber. vom 7., 14. Sept. 1707 (jew. Ausf.); RTA 202, Ber. vom 27. Febr. 1709 (Ausf.); StadtAA. RTA 386, Korresp. vom 22. Febr., 15. März 1707 (jew. Ausf.); Vgl.: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 144, 162f„ 182f. G. Granier (Anm. 14) S. 126-135; J. J. Moser (Anm. 314) S. 204, 211, 623-645; J. Vötsch (Anm. 4) S. 233-242. Vgl. StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Ber. vom 8. Aug., 5. Sept. 1708 (jew. Ausf.); RTA 202, Ber. vom 24. Apr., 29. Mai, 5., 26. Juni 1709 (jew. Ausf.); RTA 203, PS. zu den Ber. vom 17., 24, 31. Juli, 4., 11. Sept., 6., 20. Nov. 1709 (jew. Ausf.); RTA 204, PS. zum Ber. vom 5. Febr. 1710 (Ausf.); RTA 205 PS. zu den Ber. vom 22. Okt., 12. Nov. 1710 (jew. Ausf.); RTA 206, PS. zum Ber. vom 29. Apr., 13. Mai 1711 (jew. Ausf.); RTA 207, PS. zu den Ber. vom 3., 17. Juni, 8., 9. Juli 1711(jew. Ausf.); RTA 208, PS. zu den Ber. vom 2., 9., 16., 23. März 1712 (jew. Ausf.); RTA 209, PS. zu dem Ber. vom 11. Mai, 8., 22. Juni, 13. Juli, 31. Aug. 1712 (jew. Ausf.); RTA 210, PS. zu den Ber. vom 21. Sept., 12. Sept. 1712 (jew. Ausf.). Vgl. J. J. Moser (Anm. 314) S. 707.
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
sen-Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel und Württemberg.1536 Wegen des Banns traten 1707 Bayreuth und Ansbach bei.1537 Letzteres beteiligte sich zudem an der Opposition gegen die Übertragung der Oberpfalz und ab 1709 generell.1538 Zu einer Erneuerung des Vereins kam es 1708 in Braunschweig.1539 Die Korrespondierenden versammelten sich je nach Bedarf und sprachen ihr gemeinsames Vorgehen ab. 1709 regten sie eine Erneuerung des Vereins der Altfürstlichen an, die jedoch im Sande verlief.1540 Der häufige Verweis auf die Altfürstlichen ist bezeichnend für die Zielsetzung der Korrespondierenden, die sich ganz in deren Tradition sahen, dabei jedoch aus der ständischen Gruppe eine ,Parthey' formten. Dies war nicht ohne Probleme. Unter den Korrespondierenden gab es Stimmen, welche die Koordination untereinander als zu gering bezeichneten. So beanstandete 1710 der Ansbacher, die Schwächeren hätten sich bei einem Beschluß zur Kriegsmaterie binden lassen müssen, da sie über ihr wahres interesse nicht genug miteinander kommunizierten.1541 Eine Bedrohung bildete die mangelnde Geheimhaltung innerhalb der Gruppe. Metternich klagte, als es um die Beratung der Monita zur Wahlkapitulation ging, sie könnten zu unserem unglück nichts geheim tractirn, was dazu führe, daß die verrähter die redlich gesinnete inutil machten.1542 Im Monat darauf berichtete er, da man nicht wisse wer es sey, so scheüet sich ein jeder seine gedancken zu eüßern, noch mehr aber die feder zu führen,1543 Die Angst vor Verrat führte fast zur Lähmung der fürstlichen Opposition. Die Partei der Korrespondierenden war aufgrund ihrer wechselnden Zusammensetzung und der disparaten Ziele ihrer Mitglieder brüchig. Die ihr Angehörenden hielten sich nicht an Absprachen, wenn für sie in einer Frage andere Überlegungen Priorität hatten. Es genügte schon, wenn ein Gesandter, der viele Stimmen vertrat und daher einflußreicher war, nicht da war. Aus diesem Grund überging der Ansbacher 1712 bei der Abstimmung zur Moderation Speyers die Ver1536
StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Ber. vom 29. Juli 1706 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 198, Ber. vom 19. Jan. und 9. Febr. 1707 (jew. Ausf.). 1538 StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Ber. vom 8. Aug. 1708 (Ausf.); RTA 202, Ber. vom 10. Apr. 1709 (Ausf.). 1539 J. J. Moser (Anm. 314) S. 696-713. Zum Fürstenverein: E. Pick (Anm. 328) S. 76f., 108; J. Vötsch (Anm. 4) S. 226. 1540 StAN. Fm. Ansbach. RTA 202, Ber. vom 5. Juni 1709 (Ausf.). 1541 StAN. Fm. Ansbach. RTA 205, Ber. vom 1. Okt. 1710 (Ausf.). Zwei Jahre später beklagte er den mangelnden Zusammenhalt der Fürsten, mit denen der Kaiser so machen könne, was er wolle. StAN. Fm. Ansbach. RTA 209, Ber. vom 1. Juni 1712 (Ausf.). 1542 StAN. Fm. Ansbach. RTA 207, Ber. vom 9. Juli 1711 (Ausf.). Schon davor erinnerte er daran, daß ein verräther unter uns ist, der dem gegentheil alles zusteckt und zweifelte, ob es klug sei, alles in Regensburg zu besprechen. StAN. Fm. Ansbach. RTA 206, Ber. vom 29. Apr. 1711 (Ausf.). 1543 StAN. Fm. Ansbach. RTA 206, Ber. vom 13. Mai 1711 (Ausf.). Im Jahr daraufliest man immer noch von ein bis zwei Verrätern unter den Korrespondierenden. Der Ansbacher stellte fest, daß kurz nach Ende einer Besprechung im Haus des Münsteraner Gesandten alle übrigen Bescheid gewußt hätten. StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Ber. vom 16. März 1712 (Ausf.). 1537
4. Beobachtungen
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einbarung der Korrespondierenden, keine Moderationen zu verhandeln. Einige mit vielen Stimmen seien nicht gekommen, weshalb sich er und andere nicht mehr gebunden gefühlt hätten, zumal sie keinen Sinn darin sahen, ihren Herrn allein alles odium zu zuziehen,1544 Trotz dieser Probleme waren die Korrespondierenden eine einflußreiche ,Partei' mit eigenen kommunikativen Strukturen und einer Größe, mit der man rechnen mußte. Die Stände und ihre Gesandten hatten ein ausgeprägtes Gespür dafür, wann sich die Wahrung von Interessen in eine ,Parthey' verwandelte. Außen- und Innenwahrnehmung gingen dabei meist Hand in Hand. Die Geschichte der Korrespondierenden zeigt aber auch symptomatisch die Probleme solcher Gruppen. Das Anlehnungsbedürfnis gerade kleinerer Stände und die Frontstellung der Mächte auf europäischer Ebene machte eine flexiblere Gestaltung der ständischen Politik und das Durchhalten einer ,Parthey'-Position entgegen der eigenen Bündniszugehörigkeit beinahe unmöglich. Die häufigen Überschneidungen verschiedener Interessen taten ein übriges und führten dazu, daß sich innerhalb der ,Partheyen' Geschlossenheit und Parteidisziplin bei Ständen wie Gesandten nur selten auf Dauer ausprägten. Es bestand durchaus eine Vorstellung von solchen Gruppen, die Mitgliedschaft wurde jedoch flexibel gehandhabt. So wurde zwar teilweise der Eintritt, selten jedoch der Austritt deutlich markiert, was zu einem etwas verschwommenen Bild der ,Partheyen' auf dem Reichstag beiträgt. Dennoch waren sie als Interessensgruppen von hoher politischer und kommunikativer Bedeutung. Außenstehende bemühten sich daher über die jeweiligen Mitglieder und die Aktivitäten der Gruppierungen informiert zu sein, woraus nicht zuletzt deren Geheimhaltungsprobleme resultierten.
4.2 Die ,Person' des Gesandten Das interne Kommunikationssystem des Reichstags weist immer wieder einzelne Verwerfungen auf, die sich nicht durch die Formen von Informationsweitergabe und -gewinnung oder die ,Partheyen' erklären lassen. Dieses Kapitel befaßt sich daher mit einer heiklen Frage: Wie wirkte sich die Person des Gesandten auf seine Möglichkeiten zu Kommunikation und Informationsbeschaffung aus? Bisher wurden Techniken und Umstände der Weitergabe und Akkumulation von Information geschildert, dabei wurde deutlich, daß sich die Chancen der Gesandten nicht gleichmäßig verteilten. Der Stand, Kollegs-, Konfessions- und Parteizugehörigkeit und finanzielle Ressourcen determinierten sie in spezifischer Weise. In jeder Kommunikationssituation ist zudem die Persönlichkeit der Kommunikationspartner wichtig. Verständigung hängt maßgeblich von der individuellen Per-
1544
StAN. Fm. Ansbach. RTA 210, Ber. vom 12. Okt. 1712 (Ausf.).
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
spektive der Beteiligten ab, besonders davon, wie sie ihre Beziehung definieren.1545 Daß die Persönlichkeit eines Diplomaten wichtig ist, betonten alle Kataloge, welche die Eigenschaften des idealen Gesandten aufzählten.1546 Bekanntlich ist es aber unmöglich, eine historische Person auf Basis von Berichten zu charakterisieren. Eine Charakterstudie ist jedoch nicht nötig, wenn man den Gesandten als Darsteller einer ,Rolle' begreift, dies natürlich nur unter dem Vorbehalt, daß es sich um ein heuristisches Modell handelt.1547 Die Person als eigenständiges Subjekt kann so von der Rolle, die hier im Sinne einer spezialisierten Funktion verstanden wird, getrennt werden.1548 Deren Beurteilung ist eine subjektive Angelegenheit, doch bietet es sich an, die subjektiven Reaktionen der Gesandten auf das Verhalten eines Kollegen als Anhaltspunkt zu nehmen. Dabei werden Beziehungen zwischen Personen sichtbar, die indirekt Rückschlüsse auf den Eindruck, den jemand hinterließ, erlauben. Dieser kann je nach Standpunkt unterschiedlich sein, da er sich nicht auf das Rollenspiel bezieht, sondern auf die Bedeutung, die es für den Urteilenden hat. Die Gesandten spielten ihre Rolle keineswegs in einem theaterhaften Sinn, sondern suchten den allgemeinen Vorstellungen und Verhaltensregeln, die mit dieser Position verbunden waren, zu genügen. Eine solche Vorstellung erleichtert, daß der Gesandte bereits zeitgenössisch in vielen Traktaten als , Schauspieler' bezeichnet wurde und seine Rechte und Pflichten, welche die Rolle determinieren, relativ klar formuliert sind. Frangois de Callieres gebrauchte die Metapher des Komödianten, „expose sur le theatre aux yeux du Public pour y joüer de grands röles".1549 Dieser Vergleich war im Zeitalter des Barock nicht nur auf die Diplomatie beschränkt. Die Welt wurde häufig als Theater bezeichnet, in dem der Mensch seine ihm zugewiesene Rolle zu spielen habe. Er hatte sich ihr in Sprache, Gebärde, Mienenspiel und Kostüm anzupassen. Stand, Beruf, Geschlecht und Alter waren wesentliche Eckpunkte bei 1545
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1548 1549
R. Burkart (Anm. 27) S. 117-121; P. Watzlawick/J. H. Beavin/D. D. Jackson (Anm. 89) S. 53-56. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 13f.; R. G. Knichen (Anm. 468). Sp. 804; A. Wicquefort (Anm. 45) bes. S. 119-127; L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 19-25; Vgl.: W. J. Roosen (Anm. 47) S. 7 8 ί ; M. S. Anderson (Anm. 47) S. 45; W. E. J. Weber (Anm. 469) S. 236. Zum Ansatz: Erving Goffmann: Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. 4. Aufl. München, Zürich 1983. Den modernen Diplomaten beschrieb R. Cohen (Anm. 448) als ,Schauspieler', wobei der Schwerpunkt seiner Arbeit auf der nonverbalen Kommunikation liegt. Die Kritik an der Theatermetapher beruht teils auf einer mangelnden Differenzierung zwischen Selbstdarstellung und Selbstvergewisserung sowie auf der unterstellten Manipulation der Darbietung. Vgl. Karl Heinz Spiess: Kommunikationsformen im Hochadel und am Königshof im Spätmittelalter, in: Gerd Althoff (Hg.): Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter. Stuttgart 2001 (Vorträge und Forschungen. Bd. 51). S. 261-290, hier S. 272f.; Thomas Zotz: Zusammenfassung I, in: G. Althoff (Anm. 1547) S. 455-472, hier S. 458. Vgl. E. Goffman (Anm. 89) S. 147-149. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 16. Ebenso: A. Wicquefort (Anm. 45) S. 8.
4. Beobachtungen
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deren Definition. Die Lehrwerke zu Höflichkeit, Rhetorik, Zeremoniell und die Klugheitslehre, sollten ermöglichen, sich in der Rolle zurechtzufinden. Um 1700 gab es eine relativ differenzierte Rollentheorie, welche die Handlungsfreiheit des Darstellenden erhöhen sollte. Jeder Mensch habe verschiedene Status zu spielen. 1550 Die Rollen des Gesandten und wie er sie erfüllte, wirkten sich auch auf seine Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung und die Art der Informationsweitergabe aus. Sein Verhalten mußte den Regeln entsprechen, ansonsten wurde er mit Mißachtung gestraft und ein Kontakt möglichst vermieden. So erging es offensichtlich dem niederländischen Residenten Spanheim, der in den Hannoveraner Berichten als ungehobelt und von anstößigem Benehmen beschrieben wird. 1551 Nach Beschreibung seines Sekretärs ließ auch der englische Resident Sir George Etherege keine Chance aus, mit unwürdigen Personen umzugehen und im wahrsten Sinne des Wortes aus der Rolle zu fallen, was zur Folge hatte, daß ihn die Gesandten schnitten.1552 Dieses Bild ist durch die Abneigung Hughes verzerrt, doch allein, daß ihm in England geglaubt wurde, zeigt, daß man in solchen Kategorien dachte. Die Selbststilisierung Ethereges als ,wit' und seine offene Mißachtung des Zeremoniells 1553 waren nicht geeignet, sich als Diplomat Respekt zu verschaffen, was seine Möglichkeiten immer wieder einschränkte. Andersherum erwarb eine gewinnende Persönlichkeit und ein entsprechendes Auftreten dem Gesandten ein Ansehen, das ihm sämtliche Chancen der Informationsgewinnung eröffnete. Ein Beispiel hierfür war der Prinzipalkommissar Kardinal Lamberg. Er galt bereits in seiner Zeit als österreichischer Gesandter als ein Mann, der zu leben wisse. 1554 Selbst der französische Gesandte lobte ihn 1701 nach seinem ersten Besuch als sehr höflich. 1555 Als er 1712 starb, wurde das von allen Seiten bedauert. Der Ansbacher fürchtete, man werde keinen mehr bekommen, der solche liebe bey allen habe}556 Das Bedauern der Gesandten wurde sogar in der Meßrelation erwähnt und das ,Theatrum Europaeum' hob sein vermittelndes Wesen hervor, das auch den konfessionellen Ausgleich eingeschlossen 1550
Die Metapher war facettenreich. Sie wurde theozentrisch, mit Gott als Autor, Spielleiter und Zuschauer, stoisch, wobei dem Schauspieler die Erkenntnis des jeweils Angemessenen abverlangt wurde oder deskriptiv-satirisch, was die Unsinnigkeit menschlichen Handelns ins Blickfeld rückte, interpretiert. Die Frage, ob eine Tragödie oder Komödie zugrunde liege, blieb unentschieden. Vgl. W. Barner (Anm. 98) S. 86-131, 142-150; Richard Alewyn: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste. München 1985. S. 87-90; M. Beetz (Anm. 86) S. 151-154; Α. V. Hartmann (Anm. 149) S. 440f.; M. Vec (Anm. 80) S. 170175. Zur ,Status'-Theorie: H. Dreitzel (Anm. 76) Bd. 2. S. 622-627; J. B. v. Rohr (Anm. 122) S. 506. 1551 G. Granier (Anm. 14) S. 15. 1552 Sehr. Huges an ? vom ? Nov. 1686, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 292-300. 1553 Für eine positivere Bewertung Ethereges tritt Κ. H. Göller (Anm. 423) S. 151-160 ein. 1554 Sehr. Ethereges an Viscount Taafe vom 12. Febr. 1687, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 87. 1555 BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 28. Juli 1701 (Ausf.). 1556 StAN. Fm. Ansbach. RTA 210, Ber. vom 26. Okt. 1712 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
habe.1557 Doch auch bei Gesandten, die den Rollenerwartungen, die man an sie stellte, gerecht wurden, waren graduelle Unterschiede festzustellen, die auf die Persönlichkeit zurückzufuhren waren. So meinte der Bayer 1701, daß der neue Mainzer von Otten bezüglich der Weitergabe von Instruktionen viel mehrers als sein antecessor an sich haltet,1558 Die Rolle ,Gesandter' konnte sehr unangenehm werden, wenn man einen isoliert stehenden Stand vertreten mußte. In einigen Schreiben Zindts, der den wegen seiner Aktionen während des Spanischen Erbfolgekriegs zunehmend mit einer Mischung aus Angst und Verachtung betrachteten bayerischen Kurfürsten vertrat, finden sich Sätze, die darauf schließen lassen, daß ihn seine Rolle und die Tatsache, daß sie seine Aussagen unglaubwürdig erscheinen ließ, psychisch zu schaffen machte. So klagte er 1703, er könne sich gegen die täglichen Beschwerden seiner Kollegen wegen der Behinderung der Post nicht mehr helfen.1559 In einem Brief aus demselben Jahr bezeichnete er sich als armen tropfen 560 und in einem anderen beschreibt er, er werde für einen verlognen Beyrn ausgeschryen.1561 Problematisch konnte es werden, wenn ein Gesandter mehrere Voten vertrat, sich aber die Interessen der Kommittenten in einer Frage deutlich unterschieden. Der Gesandte geriet so in einen Loyalitätskonflikt, der zugleich ein Rollenkonflikt war. Dieses Problem hatte 1712 Wolf von Metternich, als ihm Ansbach einen für es selbst günstigen Zeremonialvergleich mit Bayreuth sandte, damit er ihn bekannt mache, denn Metternich vertrat auch dieses. Bayreuth nun war mit dem Vergleich nicht zufrieden und Brandenburg als weitere hohenzollersche Linie mißbilligte ihn. Der Gesandte teilte so nur einigen die wesentlichen Punkte mit, riet dann aber Ansbach, das Ganze als Haussache ruhen zu lassen, zumal manche auf den Gedanken kommen könnten, es wolle sich mit dem Erfolg brüsten.1562 Dadurch kappte er den eigentlich intendierten Informationsfluß. Es gab jedoch Interessenkonflikte, die nicht so einfach zu lösen waren. Dazu gehörte, wenn zwei Stände, die ein Gesandter vertrat, in einer politischen Richtungsfrage nicht übereinstimmten. So überließ der Brandenburger Gesandte Metternich die Vertretung Ansbachs 1709 seinem Bruder, als sich dieses den Korrespondierenden gegen die neunte Kur angeschlossen hatte, umb kein mißtrauen bey Chur- und Fürst, zu erwecken,1563 Hätte er als Kurfürstlicher gleichzeitig die Versammlungen der auf die Wahrung der fürstlichen Rechte bedachten korrespondierenden Fürsten besucht, hätte er auf beiden Seiten Anstoß erregt.
1557
Relationis (Anm. 498) Herbstmesse 1712. S. 24; Theatri Europaei (Anm. 489) Bd. 19. 1712. S. 101. 1558 BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 23. Juni 1701 (Ausf.). 1559 BHStA. KB. ÄA 3494, Ber. vom 21. März 1703 (Ausf.). 1560 BHStA. KB. ÄA 3494, Sehr, an ? vom 23. März 1703 (Ausf.). 1561 BHStA. KB. ÄA 3494, Sehr. Zindts an ? vom 16. März 1703 (Ausf.). 1562 StAN. Fm. Ansbach. RTA 210, Ber. vom 16. Nov. 1712 (Ausf.). 1563 StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 17. Juli 1709 (Ausf.).
4. Beobachtungen
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Der Kreis der Reichstagsgesandten war von überschaubarer Größe. Rechnet man die ausländischen Vertreter dazu, umfaßte er im Schnitt etwa 45 Personen. Folglich kannte jeder jeden. Zum Teil bestanden zudem noch andere Beziehungen als die durch das Kolleg, das Corpus oder die ,Partei' vorgegebenen. In einigen Fällen bestand eine Verwandtschaft.1564 So waren Ernst und Wolf von Metternich Brüder. Der eine vertrat Brandenburg und der andere Bayreuth und Ansbach. Auch Johann Adam und Franz Lorenz Sauer zum Schreyerhof, die verschiedene geistliche Fürsten vertraten, waren Brüder.1565 Der Frankfurter Binder war mit der Stieftochter des sächsischen Gesandten Schott verheiratet. Bevor er auf den Reichstag kam, setzte sich der Sachse gegenüber dem Nürnberger und Augsburger für den Vorrang des Frankfurters ein, da er auf der rheinischen Bank sitze und die ihm dort Vorsitzenden nicht da seien. Die beiden Städter von der Schwäbischen Bank gaben jedoch auch dann nicht klein bei, als der Sachse drohte, er werde an seinen Kurfürsten berichten.1566 Es ist unwahrscheinlich, daß sich der Sachse für die Präzedenz Frankfurts eingesetzt hätte, wenn er mit dessen Vertreter nicht verwandt gewesen wäre. Verwandtschaften konnten auch genutzt werden, um einen Gesandten zu einem Zugeständnis zu bewegen. So meinte der Mainzer von Otten auf seinen Schwager Johann Jakob Albrecht von Lauterburg, den Gesandten Brixens, des Deutschen Ordens und weiterer katholischer Stände, genügend Einfluß zu haben, um ihn bewegen zu können, nicht zum Rat zu kommen.1567 Eine familiäre Verbindung erleichterte zudem die Kontaktaufnahme. So hatte der Bayer von Tattenbach von Anfang an gute Kontakte zum österreichischen Gesandten Leopold Joseph Graf von Lamberg, da ihre Familien verwandt waren.1568 Über solche Verbindungen, von denen hier nur einige genannt wurden, liefen natürlich auch Informationen. Eine erworbene Beziehung war eine Freundschaft. Sie veränderte das Rollenverhalten der Gesandten nicht unerheblich. Sie galt als Möglichkeit das Zeremoniell, das sie in ihrer offiziellen Funktion aufrecht zu erhalten hatten, zu unterlaufen.1569 Hinter dem Terminus ,Freundschaft' konnten sich sehr unterschiedliche Phänomene verbergen. Die Gleichheit, die elementarer Bestandteil der Freundschaft war, war oft nur ein Ideal und die Bezeichnung selbst ein Euphemismus für ein Patronageverhältnis.1570 So konnte Graciän Freunde von Vertrauten unter1564
1565
1566 1567
1568 1569 1570
Wolfgang Reinhard: Freunde und Kreaturen. „Verflechtung" als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen Römische Oligarchie um 1600. München 1979 (Schriften der Philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg. Bd. 14). S. 25 rechnet sie unter die zugeschriebenen Beziehungen. Walter Fümrohr: Gesandtennepotismus auf dem Immerwährenden Reichstag, in: Genealogie. Bd. 13. 1976. S. 161-173, hier S. 165, 171. StadtAA. RTA 333, Ber. vom 9. Mai 1684 (Ausf.). StadtAA. RTA 366, Ber. vom 16. Juli 1705 (Ausf.). Ottens Frau war eine geborene von Lauterburg. BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 27. Apr. 1699 (Ausf.). A. Gestrich (Anm. 10) S. 160f. F. Mauelshagen (Anm. 1352) S. 128.
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IV. Informations- und
Kommunikationssystem
scheiden, die eine Auswahl aus Ersteren seien.1571 In der Höflichkeitsliteratur wurde das Verhalten dementsprechend vom Grad der Bekanntschaft abhängig gemacht. So wurde zwischen wahren Freunden und Komplimetierfreunden unterschieden. Erst Vertraulichkeit, ein Zeichen echter Freundschaft, hob den Kanon des Decorums auf, doch wurden an eine freundschaftliche Beziehung strenge Maßstäbe angelegt.1572 Graciän betonte, wie schwer es sei, gute Freunde zu finden.1573 Ähnlich klagte Mitte des 17. Jahrhunderts Martin Zeiller, Freundschaft sei „sonderlich dieser Zeit/da fast alles auff den Schein vnd Nutzen gerichtet ist/auch vnter den Blutsverwandten/vnd mit naher Schwagerschafft zugethanen Personen/sehr thewr".1574 Die pessimistische Sicht der eigenen Zeit verband sich mit der Vorstellung, daß man nur das Äußere, nicht das Innere eines Menschen sehe und nur höre, was er sage, nicht aber was er denke. Ein Freund könne auch ein falscher sein.1575 Gerade unter Diplomaten war dies keine unbegründete Warnung, was etwa der in dieser Hinsicht reichlich naive englische Resident Etherege 1688 erfahren mußte. Nach dem Fest anläßlich der Geburt des englischen Prinzen verbesserte sich sein bisher schlechtes Verhältnis zum kaiserlichen Prinzipalmitrepräsentanten Windischgrätz, so daß er schrieb, man sei nun „good friends" und hinzufügte, er stehe nun mit allen kaiserlichen Diplomaten gut, vorausgesetzt sie handelten „as sincerely as I do." Die Freundschaft währte jedoch nicht lange, denn kurz darauf berichtete er einen Vertrauensbruch Windischgrätz'.1576 Ähnlich erging es ihm mit dem Österreicher Lamberg, den er für seinen Freund hielt, der jedoch ein vertrauliches Gespräch im Rat bekannt machte.1577 Mit der Warnung, daß aus einem Freund schnell ein Feind werden könne, forderte Johann Christoph Wagenseil daher vom Diplomaten: „fingenda est amicitia cum alivibus, sed nimia familiaritas vitanda."1578 Daß man ein gutes Verhältnis zum eigenen Nutzen suchte, war gängige Praxis. Tattenbach berichtete zum Beispiel er und der Brandenburger pflegen auch mit ein: und andern in der chursach opponirenten, in so weit es ad nostrum finem dienstlich, gutes vernehmen.1579 Solche Freundschaften zeichneten sich durch die Weitergabe von Informationen aus. Der Augsburger Holzapfel erhielt vom Passauer von Hörnigk, den er als mein sonders guetter freund bezeichnete,1580 1 711 Briefe mit Nachrichten zur 1571
B. Graciän y Morales (Anm. 92) Maxime 111. S. 80f. M. Beetz (Anm. 86) S. 308-312; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 48. Sp. 33f. 1573 Bspw. B. Gracian y Morales (Anm. 92) Maxime 158. S. 114. 1574 M. Zeiller (Anm. 1301) Bd. 1. 283. Epistel. S. 833. 1575 Vgl. F. Mauelshagen (Anm. 1352) S. 123f. 1576 Sehr. Ethereges an Earl of Carlingford vom 11. Aug. 1688 und Sehr. Ethereges an Earl of Middleton, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 217, 224. 1577 Sehr. Etherges an Viscount Preston vom 9. Dez. 1688, in: G. Etherege (Anm. 3) S. 257. 1578 [J. C. Wagenseil] (Anm. 96) S. 99. Unter Familiarität verstand man „Gemeinschaft/Vertraulichkeit/genaue Bekantschaft" vgl. K. Stieler (Anm. 4) S. 199. 1579 BHStA. KB. ÄA 3488, Ber. vom 17. Mai 1700 (Ausf.). 1580 StadtAA. RTA 365, Ber. vom 6. Jan. 1705 (Ausf.). 1572
4. Beobachtungen
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Kaiserwahl in Frankfurt.1581 Dies ist zwar die einzige konkrete Meldung einer Informationsweitergabe von dieser Seite, was jedoch angesichts der Tatsache, daß die Vermittler nur ausgesprochen selten genannt wurden, nicht erstaunt. Der Österreicher Leopold Josef Graf von Lamberg stand mit dem Bayern Neuhaus in gar vertraulichen vernehmen. In diesem Fall diente diese Bemerkung der Untermauerung der Glaubwürdigkeit einer Nachricht.1582 Freundschaften wurden von den Gesandten als Möglichkeit zum Fluß von Informationen angesehen. Der Bayer etwa vermutete, der Hannoveraner habe bestimmte Nachrichten zu einem französischen Friedensangebot vom Schweden, mit dem er in gutem vernemmen stand.1583 Die Tatsache, daß der Kasseler ein ,Confident' des Gothaers von Schönberg war, nutzten 1692 die Protestanten, um jenen wissen zu lassen, daß sie es nicht dulden wollten, wenn er mit dem Weimarer in der Kirche einen Streit um den Vorrang vom Zaun breche.1584 Hier wurde der Kontakt also genutzt, um eine inoffizielle Warnung weiterzugeben, die einen Konflikt vermeiden sollte. In einer kleinen Gruppe von Freunden konnte auch ein Geheimnis besser gewahrt werden. So berichtete 1712 der Ansbacher, man habe unter drei Freunden Anmerkungen zum Conclusum des Corpus Catholicorum vom 31. Mai, in dem dieses seine Wünsche an den Friedensschluß formuliert hatte, ausgemacht, da das im Corpus Evangelicorum leider nicht möglich sei.1585 Solche ,Freundschaften' entsprachen vielfach den ,Parteien'. So stand der Däne Detlev Niclas Piper von Löwencron, der einer der führenden Köpfe der fürstlichen Korrespondierenden war, mit dem französischen Plenipotentiarius Rousseau de Chamoy in sonderbahren guetten vernemmen. Es hieß, er gäbe diesem alle Informationen weiter.1586 Auch mit dem Niederländer Spanheim pflegte er eine sonderbahre familiarität, obwohl man verabredet hatte, diesen nicht aufzusuchen.1587 Da es sich häufig um Zweckfreundschaften handelte, überstanden sie einen politischen Wandel meist nicht. Der Bayer etwa beobachtete, daß 1701 der französische Plenipotentiarius in kurzer zeit seine Kontakte verlor, da viele seiner früheren Vertrauten, wie etwa der Däne, nun um ihren Posten fürchteten. Er selbst jedoch unterhielt noch Beziehungen zu Rousseau de Chamoy, allerdings begründete er sie nicht mit der politischen Parteigängerschaft des Kurfürsten, sondern damit, daß dieser ein angenehmer Gesprächspartner sei.1588 Die Beherrschung der 1581 1582 1583 1584 1585 1586
1587 1588
StadtAA. RTA 377, Ber. vom 15. Sept. 1711 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3476, Ber. vom 23. Okt. 1692 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3482, Ber. vom 2. Juli 1696 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 183, Ber. vom 16. Apr. 1692 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 209, Ber. vom 29. Juni 1712 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 16. Juli 1699 (Ausf.); zur Informationsweitergabe: ÄA 3488, Ber. vom 27. und 31. Mai 1700 (jew. Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3485, Ber. vom 14. Apr. 1698 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 23. Aug. 1701 (Ausf.).
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
Konversation, wie sie die Diplomatietraktate forderten, brachte dem Franzosen einen zusätzlichen Pluspunkt. ,Echte' Freundschaften konnten dagegen quer zur Parteizugehörigkeit laufen, was den eigentlich zu erwartenden Informationsfluß veränderte. So war allgemein bekannt, daß der Kölner Ungelter in gutem Einvernehmen mit dem Trierer stehe und sich von diesem lange zeithero [...] gänzlich dirigieren ließ.1589 Dem Bayern Tattenbach wurde versichert, der Kölner habe mit dem Trierer einen Pakt, mit mir in keiner vertrauligkeit oder correspondence [zu] leben, sondern ihme, Chur Trierer vor allem attachiret zu bleiben.1590 In einem Bericht fügte er hinzu, daß man diesen gerne hinzuziehen würde, um eine Verbindung der Hannoveraner Introduktion mit der Readmission Böhmens zu verhindern, doch fürchte man, daß dadurch Informationen in falsche Hände gerieten. Der Kurfürst solle deswegen an Köln schreiben und erwähnen, daß dem Gesandten die Geheimhaltung seiner Instruktionen zu befehlen sei, denn von der letzten hätten sich in Wien und bei den Regensburger kaiserlichen Gesandten sofort Kopien gefunden.1591 Der Bayer Zindt mißtraute 1701 dem Sachsen Georg Wilhelm von Werthern, da dieser alles, was er erfahre, den Österreichern weitergebe und mit der Meinung seines Herrn nicht konform ging.1592 Der Kölner meinte ebenfalls, daß auf den Sachsen kein Verlaß sei, da er ganz österreichisch wäre.1593 Ähnlich beurteilte 1687 der französische Plenipotentiarius Verjus den neuen Brandenburger Ernst von Metternich, den er für den Grafen von Windischgrätz ergeben hielt. Daher meinte er, es sei besser zu ihm „nulle confiance" zu haben.1594 Mangelndes Vertrauen behinderte den Informationsfluß ebenso, wie die Einschätzung eines Gesandten als Intrigant, demgegenüber man sich besser nur vorsichtig äußerte.1595 Der Gesandte als ,Person' hatte also einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf das interne Kommunikationssystem. Nicht nur, daß jeder von ihnen über ein spezifisches Netz an Kontakten verfügte, auch sein Verhalten beeinflußte seine Möglichkeiten. Besonders wichtig war ein den Erwartungen, die man an ihn aufgrund der Rolle ,Gesandter' stellte, konformes Verhalten. Doch waren diese Rollenmuster nicht so eng gefaßt, daß sie nicht auch einen gewissen Spielraum ließen. Je nachdem, wie dieser genutzt wurde, bestand die Chance die Position innerhalb des Systems zu verändern. Das Verhältnis zu einem Kollegen konnte sich jedoch auch durch andere Bindungen, wie ,Freundschaft' wandeln, was zu einem 1589
1590 1591 1592 1593 1594 1595
StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 5. Jan. 1702 (Ausf.). Vgl. die Mitteilung des französischen an den bayerischen Gesandten in: BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 10. Juni 1700 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3488, Sehr. Tattenbachs an ? vom 17. Mai 1700 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3488, Ber. vom 13. Mai 1700 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 19. Dez. 1701 (Ausf.). BHStA. KB. K. schw. 12770 Ber. vom 24. Nov. 1701 (Ausf.). H. Prutz (Anm. 1466) S. 468. Der Bayer hielt den Trierer für einen solchen. Vgl. BHStA. KB. ÄA 3491, Ber. vom 29. Aug. 1701 (Ausf.).
4. Beobachtungen
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Wechsel der Rolle und zu einer Neudefinition der Beziehung führte. Problematisch wurde es jedoch, wenn die an ihn gestellte Rollenerwartung und seine Performance durch den Einfluß persönlicher Freundschaften oder politischer Überzeugungen weit auseinander klafften.
4.3 Vertrauen und Vertraulichkeit Für eine Zeit, deren politische Theorie so stark vom Geheimnis geprägt war, wie die um 1700, wurden relativ viele Informationen , freiwillig' weitergegeben. Man könnte argumentieren, daß ein Austausch zur Koordination gemeinsamer politischer Aktionen einfach nötig war und läge damit nicht falsch. Damit wird aber nicht das ganze Problem erfaßt. Warum gab man wichtige Informationen weiter? Und warum glaubte man überhaupt, was einem mitgeteilt wurde, wo doch Simulation und Dissimulation gängige Taktiken waren? Dahinter steht ein sehr komplexes soziales Phänomen: Vertrauen. Vertrauen gilt bei Cicero, Hobbes, Locke, den Denkern des Naturrechts und vielen modernen Soziologen und Psychologen als eine Voraussetzung fur jede Form der Sozialität.1596 In der Geschichtswissenschaft hat ,Vertrauen' als Forschungsfeld bis auf einige neuere Ansätze noch kaum Beachtung gefunden.1597 In
1596
Martin Endreß: Vertrauen. Bielefeld 2002 (Einsichten). S. 25-27; John Dunn: Trust and Political Agency, in: Diego Gambetta (Hg.): Trust. Marking and Breaking Cooperative Relations. New York, London 1988. S. 73-93, hier S. 81-83; Ute Frevert: Vertrauen in historischer Perspektive, in: Rainer Schmalz-Bruns/Reinhard Zintl (Hg.): Politisches Vertrauen. Soziale Grundlagen reflexiver Kooperation. Baden-Baden 2002 (Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft. Bd. 2). S. 39-59, hier S. 49 f; S. Shapin (Anm. 113) S. 8-15. 1597 Die Erforschung von , Vertrauen' als historischem Phänomen verbindet sich v.a. mit dem Forschungsprojekt von Frevert. Leider wurde dabei die Frühe Neuzeit nur wenig beachtet, so daß die beabsichtigte Widerlegung der soziologischen Entwicklungstheorien nur bedingt gelingt. Vgl.: Dies.: Vertrauen. Historische Annäherung an eine Gefühlshaltung, in: Claudia Benthien/Anne Fleig/Ingrid Kasten (Hg.): Emotionalität. Zur Geschichte der Gefühle. Köln, Weimar, Wien 2000. S. 178-197; U. Frevert (Anm. 1596); Dies.: Vertrauen - eine historische Spurensuche, in: Dies (Anm. 1352) S. 7- 66; F. Mauelshagen (Anm. 1352). Unbeachtet blieb dabei die politische Dimension von Vertrauen. In der Diplomatiegeschichte wird Vertrauen beim Aufbau des ständigen Gesandtschaftswesens für wichtig erachtet. Systematisch untersucht ist das noch nicht. Thematisiert wurde , Vertrauen' in einigen Untersuchungen zur Wissenschaftsgeschichte, zur Wirtschaftsgeschichte, im Zusammenhang von Netzwerkanalysen und bei der Erforschung von Krisensituationen. Soziologen bemängeln jedoch zu Recht das Fehlen einer historischen Entwicklungstheorie (M. Endreß (Anm. 1596) S. 66). Die bisher zu findende, auf Niklas Luhmann: Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität. Stuttgart 1968 (Soziologische Gegenwartsfragen. NF) gestützte Annahme einer zunehmenden Ersetzung von persönlichem durch Systemvertrauen, sollte nicht übernommen werden, da dabei verschiedene Ebenen von Beziehung vermischt werden. Ein alternativer Ansatz könnte von einer ,Vertrauenskultur' nach Piotr Sztompka: Trust. Α Social Theory. Cambridge 1999. S. 68, 86, 99-101 ausgehen, die er als kultur- und zeit-abhängig begreift. Seine problematische Definition müßte deshalb nicht
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IV. Informations- und Kommunikationssystem
der Soziologie ist es dagegen seit vielen Jahren eines der modernen Themen. Je nach Perspektive werden unterschiedliche Aspekte betont, doch liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Ebene der Gesellschaftstheorie. Grundsätzlich differieren dabei die Auffassungen vom Vertrauen als reflexivem Phänomen und die vom präreflexivem, fungierendem Modus, beziehungsweise Gefühl.1598 Ähnlich wird in Zedlers Universal Lexicon (1746) gegründetes und ungegründetes Vertrauen unterschieden. Das gegründete sei der Hoffnung ähnlich, beinhalte aber mehr Gewißheit, die aus der Annahme resultiere, daß einem das Gegenüber nicht nur helfen kann, sondern auch will. Als Beispiele werden Gottvertrauen und Vertrauen zwischen Arzt und Patient genannt. Zwischen Menschen sei es jedoch nur eine „wahrscheinliche Erkänntniß", d.h. stets mit Risiko behaftet.1599 In Anlehnung an das apokryphe Buch Sirach wurde davor gewarnt, einem Freund zu vertrauen, der sich nicht in der Not als solcher erwiesen habe.1600 Vertrauen wurde an Erfahrung gekoppelt. Im Zedier wurde diesem vernunftgeleiteten ein ,ungegründetes' (gefühlsmäßiges?) Vertrauen kontrastiert, von dem abgeraten wurde.1601 Die Frage, ob Vertrauen eine Haltung oder eine rationale Handlung ist, kann so
übernommen werden. Auch Frevert 2003 (Anm. 1597) S. 52 fordert eine historische Annäherung an die „Kultur des Vertrauens". 1598 M. Endreß (Anm. 1596) S. 5-9, 28-50 nennt als vier soziologische Theorieperspektiven: 1. Der systemtheoretische Ansatz nach Niklas Luhmann interpretiert Vertrauen als Reduktion der Komplexität der Umwelt, das so soziale Systeme stabilisiere. 2. Das RationalChoice-Konzept, vertreten durch James S. Coleman: Foundations of Social Theory. Cambridge, London 1990, das in der Tradition der Ökonomietheorie steht. Vertrauen basiert hier auf dem potentiellen Eigennutzen. Ausschlaggebend sei die rationale Einschätzung des zu erwartenden Verhaltens des Gegenübers. 3. Bei der strukturationstheoretischen Theorie Anthony Giddens steht Vertrauen im zwischenmenschlichen Bereich und in (modernen) Institutionen und Mechanismen im Vordergrund. Es ersetzt dabei vollständige Information. 4. Der politisch-soziologisch ausgerichtete Ansatz Piotr Sztompkas stellt die .Vertrauenskultur' ins Zentrum, die er als variabel beschreibt. Daneben gibt es noch verschiedene andere Theorien politisch-soziologischer Ausrichtung, z.B. Robert D. Putnam: Making Democracy Work. Civic Traditions in Modern Italy. Princeton 1993; Toshio Yamagishi: Trust and Co-operation, in: Adam Kuper/Jessica Kuper (Hg.): The Social Science Encyclopedia. 2. Aufl. London, New York 1996. S. 884; Martin Hartmann: Einleitung, in: Martin Hartmann/Claus Offe (Hg.): Vertrauen. Die Grundlage des sozialen Zusammenhalts. Frankfurt 2001. S. 7-34, hier S. 14-27. Zur Kritik an Coleman: Kay Junge: Vertrauen und die Grundlagen der Sozialtheorie - Ein Kommentar zu James S. Coleman, in: Hans-Peter Müller/Michael Schmid (Hg.): Norm, Herrschaft und Vertrauen. Beiträge zu James S. Colemans Grundlagen der Sozialtheorie. Opladen, Wiesbaden 1998. S. 26-63. Zur Sozialpsychologie: Martin Schweer (Hg.): Interpersonales Vertrauen. Theorien und empirische Befunde. Opladen, Wiesbaden 1997; Ders.: Vertrauen und soziales Handeln. Facetten eines alltäglichen Phänomens. Neuwied, Kriftel, Berlin 1997; politiologische Ansätze: R. Schmalz-Bruns/R. Zintl (Anm. 1596). 1599 J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 48. Sp. 19f. 1600 F. Mauelshagen (Anm. 1352) S. 126. 1601 J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 48. Sp. 20.
4. Beobachtungen
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weder für die heutige noch die damalige Zeit beantwortet werden, denn anscheinend gibt es beide Formen.1602 Nach der um 1700 gängigen Auffassung der Moralphilosophie sollte man Gott, nicht den Menschen trauen. War man doch zu letzterem gezwungen, sollte man äußerst vorsichtig sein. Um damit umgehen zu können, wurde einerseits eine Kasuistik mit zeitlich, regional und konfessionell relativ flexiblen Stereotypen entwickelt. Andererseits forderten die Tugendlehren die ,fides' ein, zu der auch Zuverlässigkeit und Wahrhaftigkeit gehören. Vertrauen konnte so auf den unterstellten Tugenden des Gegenübers basieren. Das Problem blieb jedoch die praktische Erkenntnis der Haltung des Gegenübers.1603 Unter Gesandten wurde es dadurch verschärft, daß die Diplomatietheorie den christlichen Tugendkanon relativierte und durch eine Art von Notwendigkeitstugend ergänzte, der gerade für das Vertrauen zentrale Elemente wie Wahrhaftigkeit und Worttreue modifizierte. Nach den Diplomatietheoretikern durfte der Gesandte neben der Dissimulation in Ausnahmesituationen sogar die Simulation anwenden.1604 Für beide gab es Grenzen, die je nach Theoretiker unterschiedlich ausfielen.1605 Trotzdem konnte der Gesandte nicht offen den generellen Zweifel kultivieren, da dies nicht nur seine Kommunikationssituation negativ beeinflußt hätte, sondern auch gegen die Höflichkeitsregeln verstoßen hätte. Vertrauen anzubieten, gehörte zum Höflichkeitsrepertoire eines Gesandten. Bei jeder Veränderung des Status' eines Gesandten wurden Notifikationen und Besuche nötig. Dabei wurde häufig der Wunsch oder der Befehl zur Vertraulichkeit erwähnt. Chamoy etwa versprach bei seiner Antrittsvisite 1698 dem bayerischen Gesandten vertreuliche correspondence,1606 Und der Kölner bot dem Sachsen 1691, als dieser den Tod seines Herrn notifizierte, was bedeutete, daß seine Legitimation erloschen war, an, das vertrawliche vernehmen weiters zu cultivieren.1601 Wenn von Vertrauen gesprochen wurde, handelte es sich daher häufig um Topoi, die in bestimmten Situationen abgerufen wurden. Trotzdem waren diese 1602
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Eine Richtung der Sozialpsychologie geht davon aus, daß dies keine alternativen Vertrauensformen, sondern Komponenten des Vertrauens sind. Vgl. Michael Koller: Psychologie interpersonalen Vertrauens, in: M. Schweer (Anm. 1598) S. 13-26, hier S. 21-24. F. Mauelshagen (Anm. 1352) S. 120-123. Zu entsprechenden Forderungen an den ,Hofmann' und den ,Gentleman' vgl. S. Shapin (Anm. 113) S. 42-101. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 756-770; B. Graciän y Morales (Anm. 92) Maxime 13. S. 18f.; Vgl. O. Krauske (Anm. 41) S. 15f.; K. Müller (Anm. 48) S. 326. A. Clapmarius (Anm. 55) S. 16 verbot Dissimulationen, die gegen „fides, honestas, virtus" verstießen. Don Diego Saavedra Fajardo sah sogar die Lüge gerechtfertigt, wenn sie sich gegen den Betrug eines anderen richtete. Nach: K.-H. Mulagk (Anm. 115) S. 80-88, 144-150; C. Deupmann gen. Frohues (Anm. 158) S. 122f. Eine Lüge wurde von vielen Theoretikern nicht fur opportun gehalten, da sie nicht nur ein moralischer Verstoß sei, sondern auch das Ansehen und die Glaubwürdigkeit untergrabe. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 27, 36-46; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 768f. BHStA. KB. ÄA 3486, Ber. vom 11. Aug. 1698 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3473, Ber. vom 4. Okt. 1691 (Ausf.).
280
IV. Informations- und Kommunikationssystem
Formeln der Versuch, eine Beziehung herzustellen. Entscheidend war die Reaktion des Angesprochenen. Unter den genannten Voraussetzungen konnte Vertrauen nie vorbehaltlos sein. Für den Gesandten war jede Kommunikationssituation von einem doppelten Zwiespalt begleitet. Er mußte abwägen, ob er seinem Gesprächspartner genug vertraute, ihm eine Information zu glauben und zugleich überlegen, welche Informationen er ihm anvertrauen durfte. Gerade im Zusammenhang der Kommunikation auf dem Reichstag wurde häufig von .Vertrauen', ,Vertraulichkeit', ,Confidenz' und ähnlichem gesprochen. Die Alltagssprache unterschied hier nicht immer zwischen Formen des Vertrauens und der Vertraulichkeit. 1608 Vertraulichkeit galt als Element der Freundschaft. 1609 Zugleich wurde mehr vor Vertraulichkeit, als vor Vertrauen gewarnt. Christian Thomasius riet von zu großer Vertraulichkeit ab. Er zitierte den bekannten Satz „Traue/aber schaue wem" und präzisierte: „Wenn auserlesene conversacion ohne alle Vertrauligkeit wäre/würde es eine Anzeigung seyn/daß man einander noch nicht traue und also noch keine freundschafft hege. Allzugrosse Vertreuligkeit aber würde zeigen/daß man die Klugheit nicht beobachte." 1610 Julius Bernhard von Rohr mahnte, keinem bereits bei der ersten Begegnung aus „Confidence" Dinge mitzuteilen, die geheim seien oder die man dafür hielte, denn damit würde man sich die Blöße mangelnder Erfahrung geben, da man nicht zuerst geprüft habe, mit wem man es zu tun habe. 1611 Beide verbanden die Warnung nicht nur mit einer Art von Selbstdarstellung, sondern fürchteten auch, man könne zu viel verraten. Selbst seinen Freunden, so wurde geraten, solle man nur soweit trauen, als ob sie morgen die schlimmsten Feinde wären. 1612 Diese Gefahr war für einen Gesandten nicht so irreal, wie es scheinen will. So wurde etwa eine Rüge der Kaiserlichen Kommission an den dänischen Gesandten wegen eigenmächtiger Überschreitung seiner Kompetenzen bekannt, weil ein mit ihme eine zeit lang in enger Vertraulichkeit gestandtener, nunmehro aber unwisslich warumben zu anderen gedanckhen gekommener Gesandter sie weitergegeben hatte. 1613 1608
Niklas Luhmann: Familarity, Confidence, Trust: Problems and Alternatives, in: D. Gambetta (Anm. 1596) S. 94-107 differenziert zwischen Vertrauen, das keine Alternative bedenkt (confidence), einem bewußten Vertrauen (trust) und Vertraulichleit (familarity). P. Sztompka (Anm. 1597) S. 24f., unterscheidet dagegen hope (Hoffnung), confidence (Zutrauen) und trust (Vertrauen). U. Frevert (Anm. 1596) S. 46 weist auf Unterscheidungsprobleme zwischen Vertrauen, Zutrauen, Vertraulichkeit, Glaube und Hoffnung hin und fordert eine historische Semantik der Begriffe. Zur mittelalterlichen Semantik vgl.: Dorothea Weltecke: Gab es „Vertrauen" im Mittelalter? Methodische Überlegungen, in: U. Frevert (Anm. 1352) S. 67-89. 1609 M. Beetz (Anm. 86) S. 308-312; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 48. Sp. 33f. 1610 Thomasius, Einleitung zur Sittenlehre. S. 155, 157, zitiert nach: K.-H. Göttert (Anm. 95) S. 99. 1611 J. B. v. Rohr (Anm. 122) S. 296. 1612 B. Graciän y Morales (Anm. 92) Maxime 217. S. 154. 1613 BHStA. KB. ÄA 3487, Ber. vom 22. Juni 1699 (Ausf.).
4. Beobachtungen
281
Im Sprachgebrauch der Gesandten haftete der Vertraulichkeit daher die Aura des Geheimnisses an. Verschwiegenheit war erwünscht, wenn jemand etwas im vertrauen,1614 in dem guetten vertrauen,1615 in summa confidential oder in son1617 derbahren vertrauen erhielt. Es wurde erwartet, daß mit solchen Nachrichten vorsichtig umgegangen werde, damit dem Mitteilenden daraus kein Schaden erwachse. Zum anderen war es als Auszeichnung des Empfängers gedacht, dem signalisiert wurde, man vertraue ihm. Eine Mischung aus Vertrauen und Vertraulichkeit beinhaltete die Herkunftsangabe aus vertrauthen discoursen.im Sie bedeutete aber zugleich, daß es sich um eine Form des Gerüchts handelte. Die vertraute Hand' ist eine der häufigsten Quellenangaben in Reichstagsberichten. Der Mitteilende wurde nicht genannt, da er mit der Mitteilung anscheinend beinahe einen Tabubruch begangen hatte. Da dies leicht mißbraucht werden konnte, um Intrigen zu spinnen oder Mißtrauen zu streuen, wurde die Bitte um namenslose Weitergabe nicht immer erfüllt. Woraus sich folgern läßt, daß der Berichterstatter dem Mitteilenden doch nicht genug vertraute. So meldete der Ansbacher Metternich 1706, der Sachse, der gebeten habe, ihn nicht zu nennen, habe ihm und dem Gothaer Gesandten mitgeteilt, die Schweden planten in Gotha, Wolfenbüttel und Bayreuth Kontributionen zu erheben.1619 Da Sachsen im Nordischen Krieg gegen Schweden koalierte, scheint Metternich dieser Aussage nicht ganz getraut zu haben, weil sie aber so wichtig war, daß sie unbedingt berichtet werden mußte, nannte er seinen Informanten. Vertrauen war nicht leicht zu erringen.1620 Die Regulierung des eigenen Verhaltens zur Erzeugung des Anscheins von Vertrauens- und Glaubwürdigkeit war daher eines der entscheidenden Ziele der Verhaltenslehren. Dafür sollte man sich seiner Rolle und Umgebung entsprechend verhalten. Einen ähnlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten und seinen Rahmenbedingungen sehen Soziologen.1621 In den Kommunikationswissenschaften spielt der Aspekt des Vertrauens vor allem in der psychologisch orientierten Wirkungsforschung eine Rolle. Dem1614
1615 1616
1617 1618 1619 1620 1621
BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 26. Juli 1685 (Ausf.); StadtAA. RTA 289, Korresp. vom 18. Febr. 1698 (Ausf.); RTA 363, Ber. vom 27. Febr. 1703 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 21. Jan. 1685 (Ausf.). StadtAA. RTA 284, Korresp. vom 3. Febr., 17. März 1693 (jew. Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3453, Ber. vom 26. Nov. 1685 (Ausf.). Bspw.: StAN. Fm. Ansbach. RTA 191, Ber. vom 21. März 1703 (Ausf.). StadtAA. RTA 156, Ber. vom 25. Mai 1706 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 197, Ber. vom 15. Sept. 1706 (Ausf.). Bspw. B. Grecian y Morales (Anm. 92) Maxime 154. S. 111. Nach P. Sztompka (Anm. 1597) S. 71- 81, hängt Vertrauen von drei Dingen ab, nämlich der Reputation, die auf Erfahrungen in der Vergangenheit und dem, was man über eine Person in Erfahrung bringen kann, beruht. Den zweiten Faktor nennt er die .Performance', worunter das aktuelle Verhalten im Vergleich zu vorigen Darbietungen zu verstehen ist. Als dritter erscheint Appearance', also mehr die äußere Erscheinung wie das Geschlecht, die Rasse, der Besitz, die Kleidung usw. Insbesondere dieser Faktor ist stark von Stereotypen geleitet.
IV. Informations- und Kommunikationssystem
282
nach trägt die dem Kommunikator zugewiesene Vertrauenswürdigkeit maßgeblich zur Aufnahme der Botschaft bei. Neben der zugeschriebenen Kompetenz gilt sie als Voraussetzung fur Glaubwürdigkeit. Dabei entscheidet hauptsächlich die Reputation des Mitteilenden oder, sollte er persönlich nicht bekannt sein, die der 1622
1623
Gruppe, der er angehört. Formulierungen wie von vertrauter hand, durch eine vertraute hand,1624 unter vertrauter hand1625oder von ein vertrauten orthi626 deuten daraufhin, daß der Gesandte den Mitteilenden und damit die Nachricht für glaubwürdig hielt. In eine ähnliche Richtung gingen die Kennzeichnungen von 1627 1628 einem guten freunde oder durch ein confidenten. Es handelte sich um eine Überbrückung von Unwissen bezüglich der Glaubwürdigkeit der Nachricht durch Beteuerung der Vertrauenswürdigkeit der Quelle. Gegenseitiges Vertrauen war ein wesentlicher Faktor der Kommunikation auf dem Reichstag. Wenn es fehlte, ging auch die Wichtigkeit der Mitteilungen zurück. So klagte der Mainzer 1702, es gäbe momentan soviel diffidenz, also Mißtrauen, daß man wichtige Verträge nicht zu sehen bekomme, da alles auf das geflissinste secretin werde.1629 Mißtrauen konnte aber nicht nur die Auswirkung haben, daß etwas überhaupt nicht mitgeteilt wird, sondern auch die, daß Inhalte verzerrt wurden, da sich die Gesprächspartner verstellten.1630 Zindt urteilte zum Beispiel über eine Visite des Brandenburgers, sie habe mehr der Sondierung, als der Vertrauensbildung gedient.1631 Er vermutete, dieser habe ihm etwas vorgespielt und wolle ihn nur aushorchen. Entsprechend zurückhaltend wird er sich geäußert haben. Mangelndes Vertrauen war auch der Grund, weshalb der KurBrandenburger Gesandte Metternich 1690 von den Protestierenden gegen die Wahlkapitulation ausgeschlossen wurde, obwohl er die fürstlich brandenburgischen Voten vertrat.1632 Ähnlich erging es dem Ansbacher, als er 1709 den Korrespondierenden mitteilte, sein Herr wolle wegen der Wahlkapitulation causam communem machen. Ernst von Metternich wollte als kurfürstlicher Gesandter 1622
R. Burkart (Anm. 27) S. 201, 467; Partha Dasgupta: Trust as a Commodity, in: D. Gambetta (Anm. 1596) S. 49-72, v.a. S. 52-54, 63; Michael Platzköster: Vertrauen. Theorien und Analyse interpersoneller, politischer und betrieblicher Implikationen. Essen 1990. S. 39-41; H. Pürer (Anm. 28) S. 446. 1623 Bspw.: StadtAA. RTA 160, Ber. vom 3. Mai 1712 (Ausf.); BHStA. KB. ÄA 3447, PS. zum Ber. vom 10. Apr. 1684 (Ausf.). 1624 StadtAA. RTA 377, Ber. vom 22. Sept. 1711 (Ausf.). 1625 So: BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 18. Jan. 1685 (Ausf.). 1626 StadtAA. RTA 353, Korresp. vom 29. Juli 1692 (Ausf.). 1627 StadtAA. RTA 284, Korresp. vom 24. März 1693 (Ausf.); Vgl.: RTA 287, Korresp. vom 28. Dez. 1696 (Ausf.). 1628 StadtAA. RTA 359, Ber. vom 6. Aug. 1697 (Ausf.). 1629 BHStA. KB. ÄA 3493, Ber. vom 7. Sept. 1702 (Ausf.). 1630 Vgl. hierzu die Ergebnisse psychologischer Forschungen: Glen D. Mellingen Interpersonal Trust as a Factor in Communication, in: The Journal of Abnormal and Social Psychology. Bd. 52. 1956. S. 304-309, hier S. 304, 308. 1631 BHStA. KB. ÄA 3493, Ber. vom 31. Aug. 1702 (Ausf.). 1632 StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, PS. zum Ber. vom 31. Aug. 1690 (Ausf.).
4. Beobachtungen
283
nicht selbst an den Konferenzen teilnehmen, was ihm die Korrespondierenden auch schwerlich erlaubt hätten, sondern das seinem Bruder überlassen. Die Korrespondierenden aber fürchteten, Ansbach habe vor Brandenburg soviel attache1633
ment, daß es im Zweifel nicht gegen die Kurfürsten Front mache. Details des Vorhabens wurden dem Gesandten nicht mitgeteilt. Der Fall zeigt, wie wichtig Vertrauen für die Informationsweitergabe war, aber auch, daß es häufig durch Kooperation entstand. Allerdings muß schon vor deren Beginn eine Art von Vertrauen vorhanden sein.1634 Im Fall von Ansbach war zumindest ein , Teil vertrauen' gegeben, da man ihm bestimmte Informationen gab, ohne alles zu verraten. Das änderte sich bald und Wolf von Metternich zählte dann zum harten Kern. Bei Vertrauen oder ,Confidenz' ging es nicht unbedingt um persönliches Vertrauen zwischen zwei Diplomaten, sondern um eine Art von politischem Vertrauen, das aus einer Übereinstimmung der politischen Ziele der Herrschaften oder einer Allianz beruhte. Die Gesandten wurden angewiesen, mit wem sie eine vertrauliche Korrespondenz zu pflegen hätten. Daher entsprach der Kreis der Konfidenten' und ,Confidentiores' in der Regel dem Bündnissystem. In den Diplomatietraktaten war zu lesen, daß es gut sei, wenn der Gesandte Kollegen, mit denen er kooperierte und Leuten „de la confiance" Hinweise gab, die nicht zu weit von der Wahrheit entfernt waren.1635 An diese Fehlinformationen weiterzugeben, wurde abgelehnt, wobei dies hauptsächlich aus utilitaristischen Erwägungen geschah, da es um die Erhaltung der Vertrauenswürdigkeit ging.1636 Kontakte wurden gezielt unterhalten, um an Informationen zu gelangen. Der Bayer Tattenbach sprach deutlich aus, er bemühe sich darum, mit denen außwärttigen ministris in solcher verthreulichen Intelligenz zustehen, damit waß anderweitig vorfallet, und Ew. Churfurstl. Drt. zu gdisten wissenschafft diennen möchte, erfahren und darmit gehorsambist andinnen könnet1 Einer seiner Vorgänger versuchte das Vertrauensverhältnis zum Mainzer Gesandten immer mehr zu impatronieren, da dieser von allem wisse, was am Reichstag vorfalle und von zu Hause viele wichtige Dinge erfahre.1638 Vertrauen war somit eher der Ausdruck eines Verhältnisses, als der einer Haltung, wobei diese Komponente eine Rolle spielen konnte. Das Fortbestehen des Vertrauens zu einem Gesandten hing nicht nur von dessen Persönlichkeit, sondern auch von der Politik seines Herrn ab. In der Situation, der einzige Vertreter der französischen ,Partei' auf dem Reichstag zu sein, mußte der Bayer Zindt spüren, daß er an keinem ainzigen orth nit das geringste verthrauen fand
1633 1634
1635 1636 1637 1638
StAN. Fm. Ansbach. RTA 202, Ber. vom 27. Febr. 1709 (Ausf.). Diego Gambetta: Can We trust Trust?, in: D. Gambetta (Anm. 1596) S. 213-237, hier S. 225-229; David Good: Individuals, Interpersonal Relations, and Trust, in: D. Gambetta (Anm. 1596) S. 31-48, hier S. 33, 37f. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 15. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 2. S. 27, 36-46; A. Wicquefort (Anm. 45) S. 768f. BHStA. KB. ÄA 3490, Ber. vom 30. Mai 1701 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3458, Ber. vom 6. Febr. 1687 (Ausf.).
284
IV. Informations- und Kommunikationssystem
und selbst niemandem vertrauen konnte.1639 Das Mißtrauen war für Zindt ein doppeltes Problem. Zum einen erhielt er keine Informationen und zum anderen wurde seinen Aussagen nicht geglaubt. Vertrauenswürdigkeit wird daher zu Recht als ,soziales Kapital' bezeichnet.1640 Diese Vorstellung entspricht jener der Diplomatietraktate, die, ohne den Begriff zu verwenden, die Aufrechterhaltung zumindest des Anscheins von Vertrauenswürdigkeit als unverzichtbaren Faktor für das Gelingen von Kommunikation und Verhandlungen schilderten.1641 , Vertrauen' und ,Vertaulichkeit' waren fester Bestandteil des Wortschatzes der Gesandten, um Beziehungen und Informationen zu charakterisieren. Die Bereitschaft, wichtige Fakten weiterzugeben, verstärkte sich im gesamteuropäischen Kontext mit der Ausbildung des ständigen Gesandtenwesens, da es hier nötig war, sich gegenseitig Vertrauen entgegenzubringen. Dies bezog sich in erster Linie auf das Vertrauen zwischen Regierungen, doch die Ebene, die es zu vermitteln hatte, war die der Gesandten. Instrument und Ergebnis einer Vertrauensbeziehung waren dabei Kommunikation und Information. Die Beschwörung des Vertrauens hatte so auf dem Reichstag noch eine weitere Dimension. Man sah darin stets einen der Gründe für die Notwendigkeit eines dauernden Reichstages. Es war eine feste Formel, wenn als dessen Ziel die Aufrechterhaltung des gegenseitigen Vertrauens genannt wurde.1642 So ließ Württemberg nach dem Tod Josephs I. 1711 vorstellen, der Reichstag müsse bestehenbleiben, „dieweil sonst gar leicht das bißherige gute Vertrauen gestöhret werden möchte."1643 Die Meßrelation meldete, auch der Mainzer meinte, es wäre nötig, das „Comitialische gute Vertrauen zu continuiren".1644 Solche Formeln wurden zwar automatisch abgerufen, müssen aber nicht inhaltsleer sein. Dahinter stand die auch von den neuen Diplomatietheorien formulierte Erkenntnis, daß sich aus Kooperation eine Vertrauensbeziehung entwickeln konnte, die auf positiven Erfahrungen beruhte.1645 Im Reich überlagerte sie sich zudem mit den traditionellen 1639
BHStA. KB. ÄA 3493, Sehr. Zindts an einen Freiherrn vom 12. Dez. 1702 (Ausf.). M. Endreß (Anm. 1596) S. 11; P. Sztompka (Anm. 1597) S. 15; F. Mauelshagen (Anm. 1352) S. 120. 1641 F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 24f., Bd. 2. S. 22 warnte davor, den guten Glauben zu erschüttern, da dies den Erfolg der Mission gefährde. Vgl. G. R. Berridge (Anm. 805) S. 15f.; Ders.: Guiccardini, in: Ders./M. Keens-Soper/T. G. Otte (Anm. 43) S. 33-49, hier S. 43. 1642 Bspw. Ahasver Fritsch: Electa Juris publici varia, de gravissimis quibusdam Imperii Romano-Germanici rebus, ex actis Imperialibus cum primis compilata, & in certa capita, quae sequens pagina docet, congesta. Nürnberg 1688. Praefatio, Γ: Der Reichstag solle u.a. „fidemque publicam servari". ,Vertrauen' kam also entgegen der Annahme Freverts (Anm. 1597) S. 23, im politischen Wortschatz Zentraleuropas vor und spielte darin sogar eine wichtige Rolle. Die Vertraulichkeit' war im späten 16. Jh. eng mit der Concordia oder Einigkeit der Stände verbunden. Vgl. W. Schulze (Anm. 142) S. 61. 1643 Theatri Europaei (Anm. 489) Bd. 19. S. 373. 1644 Relationis (Anm. 498) Herbstmesse 1711. S. 15. Zum Hintergrund: J. Vötsch (Anm. 4) S. 212. 1645 M. Endreß (Anm. 1596) S. 73; M. Koller (Anm. 1602) S. 15. 1640
4. Beobachtungen
285
Vorstellungen von ,Reichsvertrauen' und ,Concordia', die man auf einem politischen Grundkonsenses gegründet sah.1646 Man war sich bewußt, daß ständige Kommunikation Vertrauen generieren konnte, wobei Vertrauen selbst eine politische Idee mit dem Wert eines Ideals war.
1646
Der Verlust der religiösen Einheit wurde im Laufe des 16. Jh. durch eine Aufspaltung des , Concordia'-Begriffes gelöst, indem die Vorstellungen von der Einheit des Reiches mehr und mehr auf den politischen Bereich verengt wurden. Vgl. W. Schulze (Anm. 1447).
V. Information und Persuasion: Leistungen des Informations- und Kommunikationssystems für die Stände In diesem Kapitel wird die Perspektive gewechselt. Es geht nicht mehr um das Funktionieren des Informations- und Kommunikationssystems ,Reichstag', sondern um den Umgang der Stände mit diesem System. Was forderten und investierten sie, was erhielten sie und wie stellten sie sich dar? Zur Beantwortung der gestellten Fragen wird in drei Schritten vorgegangen. Zuerst wird die Stellung der drei ausgewählten Stände im Reich betrachtet, welche die Kommunikationskreise, denen ihr Vertreter angehörten, nicht unwesentlich mitbestimmte. Zugleich werden die Gesandten und Korrespondenten dieser Stände vorgestellt und die Ausstattung der Regensburger Vertretung thematisiert. Im zweiten Schritt werden die Berichte unter die Lupe genommen, wobei es nicht nur um deren Inhalt gehen soll, sondern auch warum eine Nachricht ausgewählt und wie sie bewertet wurde. Im dritten Teil werden pro Stand zwei Situationen betrachtet, in denen ein besonderes Interesse an Entscheidungen des Reichstags bestand, die schließlich als Basis für Überlegungen zu Meinungsbildung und Informationspolitik dienen sollen.
1. Drei Stände: ihre Stellung im Reich und ihre Berichterstatter 1.1 Das kurfürstliche Kolleg: Bayern 1.1.1 Die Stellung im Reich Bayern war noch nicht lange Kurfürstentum. Maximilian I. gelang es 1628 sich als Gegenleistung fur seine Unterstützung des Kaisers im Dreißigjährigen Krieg die Kurwürde der Pfälzer Wittelsbacher und die Oberpfalz zu sichern. Der Westfälische Friede bestätigte die Übertragung der nach Böhmen höchsten weltlichen Kur.1647 Das katholische Bayern hatte mit etwa 41 150 km2 ein relativ großes und herrschaftsrechtlich geschlossenes Gebiet. 1647
D. Albrecht (Anm. 323); IPO Art 4 § 3.
288
V. Information und Persuasion
Es war Mitglied des Bayerischen Kreises. Dieser war keiner der besonders aktiven, spielte aber im politischen Leben um 1700 eine Rolle. Der Kurfürst war wegen der Größe seines Landes, der Funktionen als ausschreibender Fürst und Kreisobrist, sowie als Inhaber mehrerer Stimmen der mächtigste Stand im Kreis. Den schwächeren Gegenpol bildete Salzburg. Es teilte sich mit Bayern das Ausschreibeamt, bei der Führung des Direktoriums wechselten sie sich ab. Seit 1682 hatte kein Kreistag mehr stattgefunden. Doch bemühte sich Max Emanuel den Kreis bei der Realisierung seiner Politik zu nutzen und Schloß für diesen mit den benachbarten Kreisen Assoziationen und Korrespondenzen ab. 1697 gehörte der Bayerische zur in Frankfurt geschlossenen Assoziation der vorderen Kreise. Auch auf die Beratungen eines Bündnisses der vorderen Kreise versuchte der Kurfürst 1701 über den Bayerischen Kreis Einfluß zu nehmen, was jedoch scheiterte. Auch gelang es ihm nicht, die Truppen des Kreises völlig zu vereinnahmen.1648 Nach dem Tod Ferdinand Marias (1679) löste sich Bayern vom langjährigen Bündnispartner Frankreich und näherte sich dem Kaiser. Der junge Kurfürst Maximilian II. Emanuel schloß mit diesem am 26. Januar 1683 eine Defensivallianz, der weitere Subsidienverträge folgten.1649 Noch im selben Jahr trat Bayern der Laxenburger Allianz und dem Haager Garantietraktat bei. Der Kurfürst benötigte Geld zur Unterhaltung des Heeres, dessen Reorganisation und Modernisierung eine seiner ersten Maßnahmen war. Er war ehrgeizig, neigte zu emotionalen, teilweise launischen Entschlüssen und pokerte politisch oft zu hoch.1650 Eine Möglichkeit, Ruhm zu erwerben, bot zunächst der Türkenkrieg. Das bayerische Heer war 1683 als eines der ersten zum Entsatz Wiens angetreten und auch in den folgenden Jahren beteiligte es sich an den Feldzügen gegen die Osmanen. Der Kurfürst konnte nicht davon abgehalten werden, alljährlich selbst in den Krieg zu 1648
1649
1650
Vgl.: Peter Claus Hartmann: Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803). Strukturen, Geschichte und Bedeutung im Rahmen der Kreisverfassung und der allgemeinen institutionellen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches. Berlin 1997 (Schriften zur Verfassungsgeschichte. Bd. 52). S. 200-208, 237; Peter Claus Hartmann: Der bayerische Kreis, in: Wolfgang Wüst (Hg.): Reichskreis und Territorium: Die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise. Stuttgart 2000 (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens. Bd. 7). S. 297-309. Zur Kreispolitik 1700-1702: Bernd Wunder, Die bayerische „Diversion" Ludwigs XIV. in den Jahren 1700-1704. Kurbayern, Schwaben und Franken zwischen Habsburg und Bourbon zu Beginn des spanischen Erbfolgekrieges, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 37. 1974. S. 416-478, hier S. 435-441, 451. K. Malettke (Anm. 65) S. 373, 420f.; Zum Vertrag: Chronologisches Verzeichnis der bayerischen Staatsverträge vom Tode Herzog Georgs des Reichen (1503) bis zum Frankfurter Territorial Receß (1819). Hg. von C. M. Freiherr von Aretin. Passau 1838, S. 249-260; Clive Parry (Hg.): The Consolidated Treaty Series. Bde. 16, 25. London, New York 1969. Bd. 16. S. 319-323. Ludwig Hüttl: Die Politik des bayerischen Kurfürsten Max Emanuel im Lichte der Französischen und Österreichischen Quellen, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 39. 1976. S. 693-775, hier S. 707-711.
1. Drei Stände
289
ziehen, während er die Regierung dem Geheimen Rat überließ. Dieser war bei weitreichenderen Entschlüssen an die Weisungen Max Emanuels gebunden, was Entscheidungsprozesse in die Länge zog. Zur Erhöhung des Prestiges seines Hauses heiratete er 1685 die Kaisertochter Maria Antonia. Sie war die einzige Tochter aus der ersten Ehe Leopolds I. mit einer spanischen Prinzessin. Max Emanuel mußte im Ehevertrag versprechen, keine Ansprüche auf Spanien zu stellen, sollte dafür jedoch den Posten eines Gouverneurs der Spanischen Niederlande erhalten. Doch der ließ auf sich warten. Eine Belastung der Beziehungen zu Wien waren auch seine Forderungen nach dem Oberbefehl, beziehungsweise einem eigenständigen Kommando im Türkenkrieg. Letzteres konnte er für 1686 durchsetzen, den Oberbefehl aber wollte Leopold I. seinem Schwiegersohn auf keinen Fall zugestehen. Vom Kaiser enttäuscht, war Max Emanuel zunehmend offen für französische Angebote. Doch die Überlassung des Oberkommandos in Ungarn 1688 und der Einfall Ludwigs XIV. in die Pfalz brachten den Kurfürsten noch einmal an die Seite des Kaisers. Am 4. Mai 1689 wurde ein erneuter Allianzvertrag geschlossen. 1691 trat Bayern in die Große Allianz ein. Ende diesen Jahres kam endlich die Ernennung zum Gouverneur der Niederlande. Der Kurfürst zog nach Brüssel, in Bayern regierte wieder der Geheime Rat. Die Statthalterschaft erhöhte zwar das politische Gewicht des Kurfürsten, erschöpfte aber zusehends die Ressourcen seines Stammlandes.1651 Eine neue Perspektive eröffnete der Teilungsvertrag vom 24. September 1698, nach dem sein einziger Sohn aus der Ehe mit der Habsburgerin Spanien, die Spanischen Niederlande und die Kolonien erhalten sollte, während die übrigen Prätendenten mit den italienischen Besitzungen abgefunden werden sollten. Der spanische König bestimmte den Kurprinzen sogar zum Universalerben. Die erstrebte Königskrone schien in greifbarer Nähe. Der Kurprinz aber starb, bevor der Erbfall eingetreten war.1652 Im folgenden Teilungsvertrag vom 25. März 1700 zwischen Frankreich und den Seemächten wurde Bayern nicht mehr beachtet.1653 Max Emanuel strebte weiterhin nach einer Krone, egal wo. Nur so, meinte er, könne er in der großen Politik eine Rolle spielen. Er war immer noch Gouverneur der Niederlande, womit er für Ludwig XIV. zum begehrten Bündnispartner wurde. Aber auch in Wien überlegte man, wie man ihn gewinnen könne. Als der spa1651
1652
1653
Vgl. Andreas Kraus: Bayern im Zeitalter des Absolutismus (1651-1745). Die Kurfürsten Ferdinand Maria, Max II. Emanuel und Karl Albrecht, in: Max Spindler (Hg.): Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 2. Das Alte Bayern. Der Territorialsaat vom Ausgang des 12. Jahrhunderts bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. 2. Aufl. München 1977. S. 411472, hier S. 423-430; M. Döberl (Anm. 1425) S. 86-109. Zu den bayerischen Erbansprüchen auf Spanien: Reginald De Schryver: Max II. Emanuel von Bayern und das spanische Erbe. Die europäischen Ambitionen des Hauses Wittelsbach 1665-1715. Mainz 1996 (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Abt. Universalgeschichte. Bd. 156). S. 16-26, 74-100. K. Malettke (Anm. 65) S. 539-542.
290
V. Information und Persuasion
nische Erbfall Ende 1700 eintrat, war noch keine Entscheidung gefallen. Max Emanuel war einer der Ersten, die das Testament zugunsten Philipps von Anjou, der sein Neffe war, anerkannte. Die Politik des Kurfürsten angesichts des heraufdämmernden Erbfolgekriegs wird weiter unten dargestellt werden. Er entschied sich schließlich für die Seite, von der er sich die größeren Vorteile erhoffte: die französische. Am 19. August 1702 ratifizierte er den Bündnisvertrag. Die sich abzeichnende Isolation Bayerns im Reich nahm weiter zu, als Max II. Emanuel im September überraschend die Reichsstädte Ulm und Memmingen eroberte. 1703 und 1704 gab es zum Teil recht erfolgreiche bayerischfranzösische Militäroperationen, die auch die Stadt des Reichstags in die Hand des Kurfürsten brachten. Doch als sich 1704 die englisch-niederländische Armee unter dem Herzog von Marlborough und die kaiserlich-reichische unter Prinz Eugen dem süddeutschen Kriegsschauplatz zuwandten, stellten sich zunehmend Verluste ein. Die Schlacht bei Höchstädt am 13. August 1704 brachte die endgültige Niederlage. Als die erhoffte Hilfe aus Frankreich ausblieb, mußte der Kurfürst fliehen. Seine Stammlande kamen unter kaiserliche Verwaltung. Der Reichshofrat hatte den Bann über Köln und Bayern bereits am 16. November 1702 ausgesprochen, doch fanden sich die Kurfürsten dazu noch nicht bereit. Erst am 27. November 1705 kam ein zustimmender Kollegialschluß zustande. Im Kommissionsdekret vom 10. Mai 1706 teilte der Kaiser die Ächtung der beiden Wittelsbacher mit. Erst nach dem Frieden von Rastatt 1714 konnte Max II. Emanuel nach München zurückkehren. 1654
1.1.2 Die personelle und finanzielle Ausstattung der Gesandtschaft 1683-1704 Die bayerische Gesandtschaft in Regensburg war bis 1704 kontinuierlich besetzt. Nach dem Umzug unter Neuhaus im Oktober 1689 in die neu erpaute dem Teutschmaister. Orden zugehörige behausung1655 war die Gesandtschaft bis 1704 dort in Miete. In diesem Gebäude befand sich auch das Gesandtschaftsarchiv. Die bayerische Legation kann als Beispiel für eine gut ausgestattete Vertretung die1654
1655
Zur Gesamtdarstellung vgl. K. Malettke (Anm. 65) S. 561, 563, 598-600; M. Döberl (Anm. 1425) S. 109-146; B. Erdmannsdörffer (Anm. 1527) Bd. 2. S. 183-197, 204f.; K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 2. S. 119-124; B. Wunder (Anm. 1648) S. 458-463; Michael Döberl: Bayern und Frankreich. Vornehmlich unter Kurfürst Ferdinand Maria. München 1900. S. 558-576; Zu den Verhandlungen 1702: Max Braubach: Die Politik des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern im Jahre 1702, in: Historisches Jahrbuch. Bd. 43. 1923. S. 53-92; zur Schlacht von Höchstädt: Marcus Junkelmann: Feldzug und Schlacht von Höchstädt, in: J. Erichsen/K. Heinemann (Anm. 1360) S. 55-67; Das Kommissionsdekret in: J. J. Pachner (Anm. 109) Bd. 3. S. 144, 162f., 182f. BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 353 (3), Spesierungsextrakt Okt. 1689 (Ausf.). Es handelt sich dabei vermutlich um das 1683 umgebaute Komtureigebäude. Vgl. Paul Mai: Die Deutschordens-Kommende St. Ägid, in: Peter Schmid (Hg.): Geschichte der Stadt Regensburg. Regensburg 2000. Bd. 2. S. 821-828, hier S. 824.
1. Drei Stände
291
nen, wie sie bei den Kurfürsten üblich war. Sie bestand aus dem Gesandten, dem Legationssekretär, zwei Legationskanzlisten und weiterem Personal. Die beiden ersten Gesandten des Untersuchungszeitraums stammten aus der bürgerlichen Landshuter Familie Wämpl. Dr. utr. jur. Johann Wämpl wurde um 1620 geboren. Nach dem Studium der Rechte in Ingolstadt heiratete er 1646 die Tochter des späteren Geheimen Ratskanzlers Johann Adelzreiter und wurde drei Jahre später Hof- und Revisionsrat. Nachdem er für Bayern bereits auf dem Reichstag 1653/54 gewesen war und es bei der Reichsdeputation vertreten hatte, führte er 1667-1668 und 1679-1684 die Geschäfte in Regensburg. Auch in den Jahren dazwischen wurden ihm verschiedene diplomatische Missionen aufgetragen. Ab 1657 beaufsichtigte Wämpl das Innere Archiv, 1672 wurde er Geheimer Hofrat, nachdem er im Jahr zuvor zum Pfleger in Kraiburg bestellt worden war. 1677 wurde er zum Hofkanzler ernannt. Seine diplomatische Karriere ermöglichte ihm den sozialen Aufstieg mit der Aufnahme in die Landstandschaft, der Ernennung zum Edelmann und der Zuerkennung des Adelstitels ,νοη Tettenweis und Karpfham' im Jahr seines Todes. Auf eigenen Wunsch verließ er zum 2. Oktober 1684 Regensburg. Er starb am 11. September 1694 in München.1656 Nachfolger wurde sein Vetter Dr. utr. jur. Johann Rudolf Wämpl. Geboren 1638, begann er seine Laufbahn nach dem Jurastudium in Ingolstadt als Regimentsrat in Landshut. Den Hofratstitel erhielt er 1666, sieben Jahre später wurde er Revisionsrat und 1684 Geheimer Rat. Wämpl erledigte mehrere diplomatische Aufgaben, bevor er sich Ende Oktober 1684 in Regensburg legitimierte. Er verließ die Stadt am 21. Juni 1688,1657 um in München die Stelle eines Geheimen Rats und Konferenzrats anzutreten. Gleichzeitig wurde er Pfleger von Reichenberg-Pfarrkirchen. 1691 stieg er zum Geheimratsvizekanzler und 1693 zum Oberlehensprobst auf. Zwei Jahre später wurde ihm der Titel eines Edelmanns und 1695 der eines ,Freiherrn zu Possenhofen und Pöcking' verliehen. Er verstarb am 9. Dezember 1704.1658 Ferdinand Maria Franz Freiherr von Neuhaus auf Greifenfels und Ehrnhaus legitimierte sich am 30. Juli 1688 für die bayerischen Voten.1659 Er war am 4. Janu1656
1657 1658
1659
Zum Lebenslauf: H. G. Raster (Anm. 253) S. 901-904; Walter Fürnrohr: Kurbaierns Gesandte auf dem Immerwährenden Reichstag. Zur baierischen Außenpolitik 1663 bis 1806. Göttingen 1971. S. 53-59; Friedrich Wilhelm Euler: Der Aufstieg des Kanzlergeschlechts Wämpl, in: Adolf Roth (Hg.): Familienkunde, Volkskunde, Heimatgeschichte. Festgabe für Joseph Demleitner. München 1953-1956. S. 28-48. S. 30, 41; Theresia Münch: Der Hofrat unter Kurfürst Max Emanuel von Bayern (1679-1726). München 1975 (Miscellanea Bavarica Monacensia. Bd. 58). S. 178; Wolfgang Leesch: Die deutschen Archivare 1500-1945. München, New York, London u.a. 1985/1992. 2 Bde. Bd. 2. S. 642; BHStA. KB. HR I, Fase. 252/Nr. 570; Fase. 505/Nr. 111. BHStA. KB. ÄA 3461, Reskr. vom 23. Aug. 1684 (Konz.), Ber. vom 24. Juni 1688 (Ausf.). Zum Lebenslauf: H. G. Raster (Anm. 253) S. 905-907; F. W. Euler (Anm. 1656) S. 32, 43; T. Münch (Anm. 1656) S. 178; W. Fühmrohr (Anm. 1656) S. 59-61; BHStA. KB. HR I, Fase. 396/Nr. 1242; Fase. 440/Nr. 15; Fase. 518/Nr. 64. BHStA. KB. ÄA 3462, Ber. vom 2. Aug. 1688 (Ausf.).
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V. Information und Persuasion
ar 1655 als Sproß aus adeligem Haus zur Welt gekommen. 1677 wurde er Hofrat, 1680 Kämmerer und 1682 Pfleger von Traunstein. Um die Stelle eines Wirklichen Geheimen Rats anzutreten, verließ er Regensburg, wie er es schon länger wünschte,1660 am 20. September 1696.1661 Der Ratstitel war ihm bereits 1689 verliehen worden.1662 Neuhaus tauschte 1699 die Pflegschaft von Traunstein mit dem Landrichteramt in Waldeck. Am Hof machte er Karriere, wo er 1703 Oberstkämmerer und 1707 Oberhofmeister der Kurfurstin wurde. Bei der Landschaft brachte er es bis zum Verordneten fur das Unterland. Während der Besatzung Bayerns durch Österreich vertrat er eine vermittelnde Linie. Neuhaus starb 1716 völlig überschuldet.1663 Vom 10. Oktober 1696 (legitimiert: 23. Oktober 1696) bis Ende September 1701 führte Ferdinand Joseph Maria Graf zu Rheinstein und Tattenbach die Stimmen Bayerns. Geboren am 14. November 1659, stammte er aus einer bayerisch-österreichischen Adelsfamilie. Er hatte in Ingolstadt studiert und wurde danach Oberistjägermeister und Oberiststallmeister. Bis zu seiner Berufung nach Regensburg stand er im Kölner Dienst, war seit 1681 Hofrat ohne Sold und seit 1685 bayerischer Kammerherr.1664 Da Tattenbach der ab 1700 betriebenen profranzösischen Politik des Kurfürsten nicht eifrig genug folgte, wurde er abberufen und auf den Posten eines Oberhofmeisters der Kurfürstin ,befördert'. 1665 Seit 1686 versah er auch die Stelle eines Pflegers von Schongau. Im August 1701 erhielt er das Prädikat eines Geheimen Rats.1666 Am 2. Oktober 1712 wurde er, der sich auf seine Landgüter zurückgezogen hatte, ermordet.1667 In Regensburg folgte mit Kaspar Marquard Freiherr von Zindt (auch Zündt) auf Angelberg und Kentzingen ein Anhänger einer frankreichfreundlichen Politik nach. Vor 16341668 geboren, studierte er in Dillingen und Ingolstadt Jura. Nach einer Kavalierstour wurde er 1664 Truchseß. Er erhielt nach mündlicher Prüfung 1666 eine Hofratsstelle und stieg in den folgenden Jahren zum Kämmerer, Revisionsrat sowie Geheimen Rat auf und wurde Pfleger von Mindelheim. Ab 1678 war er Gesandter in Sachsen. Aufgrund seiner Verdienste wurde Zindt 1686 in den Freiherrnstand erhoben und 1701 zum Wirklichen Geheimen Rat befördert. Als Direktor des Speyerischen Rats ab 1691 konnte er seine Kenntnisse im Reichsrecht unter Beweis stellen. Seit 29. November 1701 befand er sich in Re1660 1661 1662
1663 1664 1665 1666 1667
1668
BHStA. KB. K. schw. 15030, Brief Neuhaus' vom 15. Dez. 1695 (Konz.). BHStA. KB. ÄA 3482, Ber. vom 20. Sept. 1696 (Ausf.). BHStA. KB. HR I, Fase. 250/Nr. 434, Dekret an den Hofrat vom 14. Jan. 1689, Dekret an den Geheimen Rat vom 6. Febr. 1696 (jew. Kop.). Zum Lebenslauf: W. Fürnrohr (Anm. 1656) S. 62-65. BHStA. KB. HR I, Fase. 2/Nr. 13/2, Memorial Tattenbachs o.D. (Ausf.). BHStA. KB. HR I, Fase. 2/Nr. 13/2, Dekret ans Hofzahlamt vom 24. März 1702 (Konz.). BHStA. KB. HR I, Fase. 245/Nr. 155, Dekret an die Hofkammer vom 8. Aug. 1702 (Kop.). Zum Lebenslauf: T. Münch (Anm. 1656) S. 136; fehlerhaft: W. Fürnrohr (Anm. 1656) S. 66-68. Er soll bei seiner Ausweisung 1704 über 70 Jahre alt gewesen sein. Vgl. Monatlicher Staats-Spiegel (Anm. 578) Sept. 1704. S. 83.
1. Drei Stände
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gensburg, konnte sich aber erst am 12. Juli 1702 legitimieren. Er versah die Stelle bis zu seiner Ausweisung am 11. September 1704. Daraufhin ging er nach Namur ins Exil. Er starb, bevor er die ihm erneut angetragene Stelle am Reichstag antreten konnte, am 19. August 1715.1669 Die offiziell zweite Stelle in der Gesandtschaft nahmen die Legationssekretäre ein. Über sie ist nur wenig in Erfahrung zu bringen. Seit ca. 1667 bis zu seinem Tod am 18. März 1694 diente Wolfgang Dürr in Regensburg, wobei er die letzten neun Jahre wegen Krankheit nur noch begrenzt einsatzfähig war.1670 Dürr war 1658 in die Hofkanzlei aufgenommen worden und wurde von dort als Kanzlist und Protokollist nach Regensburg geschickt. Nach 1673 wurde er zum Sekretär befördert.1671 Ihm folgte Franz Anton Mauerberger. In seinem Bewerbungsschreiben aus dem Jahr 1693 gab er an, daß er seit acht Jahren als Regierungssekretär in Landshut arbeite und der Gesandte Neuhaus ihn als Sekretär wünsche. Falls er angestellt würde, erbat er sich neben der bisherigen Besoldung zuzüglich der für einen Legationssekretär auch die Offenhaltung seiner bisherigen Stelle für den Fall, daß sich der Reichstag auflöse.1672 Mauerberger blieb bis 1704 in Regensburg. Zum von München bezahlten Gesandtschaftspersonal gehörten zudem zwei Legationskanzlisten. Bei wenigen ist mehr als der Name zu erfahren. Zu Beginn des Untersuchungszeitraums dienten Virgilius Laichinger, der im Juli 1684 starb1673 und Johann Andre Mayr als Kanzlisten. Als Nachfolger Laichingers wurde Johann Emerl nach Regensburg versetzt, der im April 1685 nach einem dreiviertel Jahr Dienst einer Krankheit erlag.1674 Da Mayr bereits im März 1685 auf einer Dienstreise in Ulm gestorben war,1675 stand die Gesandtschaft ohne Kanzlisten da und konnte so keine Protokolle einsenden. Die Regierung schickte Ende April 1685 Johann Kandier, der seit acht Jahren in der Geheimen Kanzlei tätig war, nachdem er zuvor neun Jahre Unter- und Oberschreiber der Stadtschreiberei gewesen war.1676 Der am 23. August 1644 geborene Kandier war im 1669 1670
1671 1672
1673
1674
1675 1676
Zum Lebenslauf: H. G. Raster (Anm. 253) S. 830-832; W. Fürnrohr (Anm. 1656) S. 69-73. Das Jahr der Einstellung ist geschätzt nach der Angabe Dürrs, er arbeite seit sieben Jahren und 9 Monaten als Legationssekretär in einem undatierten Memorial, auf das ein Dekret am 11. Juli 1675 erging (BHStA. KB. HR I, Fase. 298/Nr. 111). Das Sterbedatum nach: BHStA. KB. ÄA 3479, Ber. vom 18. März 1694 (Ausf.). BHStA. KB. HR I, Fase. 411/Nr. 262, Exspectanz vom 5. Okt. 1673 (Kop.). Trotz dieser Forderung setzte er sich gegen drei Mitbewerber durch. BHStA. KB. ÄA 3479, Memoriale Franz Anton Mauerbergers, Max Joseph Vacchieris, Johann Helwig Laelius' und Wolf Jakob Schlossers, alle o. D. (jew. Ausf.), Reskr. vom 3. Apr. 1694 (Konz.). BHStA. KB. ÄA 3449, Ber. vom 31. Juli 1684 (Ausf.); BHStA. KB. HR II, Rechnungsarchiv, Fase. 356, Jahresrechnung für die Regensburger Gesandtschaft 1685. BHStA. KB. ÄA 3449, Reskr. vom 8. Aug. 1684 (Konz.); ÄA 3452, Ber. vom 19. Apr. 1685 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3451, Ber. vom 29. März 1685 (Ausf.) und HR I, Fase. 300/Nr. 200. BHStA. KB. HR I, Fase. 298/Nr. 108, Bittschreiben Kändlers o. D.; HR I, Fase. 297/Nr. 55; ÄA 3452, Reskr. vom 24. Apr. 1685 (Konz.).
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V. Information und Persuasion
Münchner Jesuitenkolleg erzogen worden. Etwa 1673 trat er in den kurfürstlichen Dienst. Von Regensburg wurde er 1693 in die Geheime Registratur berufen und versah seit 1695 auch die Bibliothekarsstelle, fur die er aber erst zwei Jahre vor seinem Tod am 5. Oktober 1718 angestellt wurde. In München gab er gemeinsam mit anderen Hofbediensteten von 1702 bis 1704 die erste bayerische Zeitschrift heraus, die durch eine ausgesprochen probayerische und katholische Grundhaltung auffiel. 1677 Im Mai 1685 kam mit Johann Hellwig Laelius von Lilienfelt ein weiterer Kanzlist an den Reichstag. Er zeichnete sich durch großen Ehrgeiz aus. So bewarb er sich 1694 erfolglos auf die Sekretärsstelle, bat 1699 um den Titel eines Hoffkammersekretarius, was zunächst als unüblich abgelehnt, 1702 doch genehmigt wurde und 1695 gelang es ihm, die bisher von seinem Kollegen Trinkhgelt geführte Spesierungsrechnung an sich zu ziehen. Daneben führte er die Korrespondenz mit Leuchtenberg, die zuvor der jeweilige Sekretär zu versehen hatte. 1678 Nach der Ausweisung Zindts 1704 ging Laelius mit ins Exil, wo er 17061708 Regensburger Korrespondenzschreiben an den französischen Gesandten vermittelte. Nach 1715 war er bis zu seinem Tod 1734 als Legationssekretär in Regensburg tätig. 1679 Die Stelle Kandlers versah seit Juli 1693 Joseph Trinkhgelt. 1680 Wie dieser war er zuvor in der Geheimen Kanzlei tätig gewesen. Nachdem 1681 seine Wohnung abgebrannt war, war er verschuldet. Als er nach Regensburg ging, wurde ihm die Führung der Spesierungsrechnung aufgetragen. Bald jedoch stellten sich Unregelmäßigkeiten ein. Er rechnete zu spät ab und rief mehr von den Deputatsgeldern des Gesandten ab als er verrechnete. Die Hofkammer übertrug die Rechnungsführung schließlich 1695 auf Laelius.1681 Die Klagen Regensburger Kaufleute gegen Trinkhgelt setzten sich aber fort und als er am 23. Januar 1700 starb, hinterließ er
1677
1678
1679 1680
1681
BHStA. KB. HR I, Fase. 366/Nr. 241; Fase. 244/Nr. 107; Uwe Pusehner: Der Beginn des Zeitschriftenwesens in Kurbayern. „Nutz- und Lust-erweckende Gsellschaft Der Vertrauten Nachbarn am Isarstrom" (1702-1704), in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 46. 1983. S. 559-592, hier S. 566; Karl von Reinhardstöttner: Die Nutz- und Lusterweckende Gesellschaft der Vertrauten Nachbarn am Isarstrom, in: Forschungen zur Geschichte Bayerns. Bd. 8. 1900. S. 253-291, hier S. 255. BHStA. KB. HR I, Fase. 299/Nr. 140; HR I, Fase. 300/Nr. 189; HR I, Fase. 300/Nr. 197, Gutachten Tattenbachs vom 28. Apr. 1700 (Ausf.); K. schw. 4680, Sehr, an Zindt vom 12. Juni 1702 (Kop.). BHStA. KB. HR I, Fase. 300/Nr. 189. Trinkhgelt wird im Juli 1693 erstmals in der Besoldungsliste geführt. BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 353 (2), Spesierungsrechnung Juli 1693; vgl.: BHStA. KB. HR I, Fase. 298/Nr. 108 Reskr. vom 13. Juni 1693 (Kop.). BHStA. KB. HR I, Fase. 298/Nr. 108; HR I, Fase. 300/Nr. 200, Dekret an Neuhaus vom 1. Juli 1694 (Kop.); HR I, Fase. 300/Nr. 189, Memorial Laelius' ohne Datum (Ausf.), Entscheid des Hofkammerrats vom 13. Febr. 1695 und Dekret an Neuhaus vom 6. Apr. 1696 (Konz.).
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beträchtliche Schulden.1682 Sein Nachfolger wurde der ebenfalls vorher in der Geheimen Kanzlei tätige Johann Rueprecht, der die Stelle bis 1704 versah. Neben diesen von Bayern bezahlten Bedienten gab es noch die privaten Diener des Gesandten. Über diese ist nur durch Zufall etwas zu erfahren. Von den Privatsekretären ist zum Beispiel nur derjenige Zindts, Johann Lenz, bekannt.1683 Über die Kosten der Gesandtschaft geben die Spesierungsrechnungen Auskunft. Die monatlichen Extrakte waren zusammen mit den Quittungen und der Jahresabrechnung einmal pro Jahr an die Hofkammer einzureichen. Das Geld wurde von 1688 bis 1701 vom Bräuamt in Weix ausbezahlt. Danach wurde die Gesandtschaft zuerst direkt an die Hofkammer verwiesen, bis der Kurfürst im Dezember 1701 anordnete, daß der Salzbeamte in Stadtamhof die Gelder auszahlen sollte.1684 Der Lohn der Gesandten und Bedienten war weitgehend konstant. Beide Wämpl, Neuhaus sowie Tattenbach erhielten monatlich 300 fl. zuzüglich 40 fl. für die Miete und einige Sonderzulagen. Das Deputat Zindts dagegen, der das Amt in einer kritischen Situation versah, lag mit 500 fl. monatlich, zu dem noch das Hausgeld kam, weit darüber. Diese Beträge erhielten sie zusätzlich zur Besoldung, die sie bisher bezogen hatten.1685 Im Einzelfall verfügte der Gesandte noch über Einnahmen aus anderen Ämtern, Grundbesitz oder Gratifikationen.1686 Trotz der guten Entlohnung galt Regensburg als teurer Posten. So meinte Neuhaus, ein Grund, warum ein Anwärter auf die Gesandtenstelle kein Interesse mehr habe, sei wohl, daß er fürchte, es koste zu viel.1687 Er selbst soll 120 000 fl. aus seinem Privatvermögen aufgewandt haben.1688 Auch die Gehälter der übrigen Gesandtschaftsangehörigen waren überdurchschnittlich. Bei ihnen kam das Deputat ebenfalls zum bisherigen Lohn. Es betrug für den Sekretär 40 fl. monatlich zuzüglich 3 fl. Hauszins. So rechnete die Hofkammer dem Sekretär Mauerberger, der eine Lohnerhöhung wollte, vor, daß er mit jährlich 816 fl. mehr verdiene als ein Hofrat in München. Trotzdem wurden seine Bezüge auf 60 fl. pro Monat erhöht.1689 Die Kanzlisten erhielten zu ihrem bisherigen Lohn 30 fl. monatlich, 1682
1683
1684
1685
1686
1687 1688 1689
BHStA. KB. ÄA 3482, Reskr. vom 23. Juni 1696 (Konz.); ÄA 3488, Ber. vom 25. Jan. 1700 (Ausf.). Anmerkung zu seiner Reisekostenabrechung im Dekret an Laelius vom 18. Sept. 1704, in: BHStA. KB. HR I, Fase. 317/Nr. 354 (I). BHStA. KB. HR I, Fase. 313/Nr. 350 (1); HR I, Fase. 315/Nr. 352 (4), Fase. 316/Nr. 353 (l)-(5), Spesierungsextrakte (jew. Ausf.). Zu den Deputaten: BHStA. KB. K. schw. 4179, Dekret an die Hofkammer vom 13. Juli 1686 (Kop.), Ber. der Hofkammer vom 11. Sept. 1715 (Kop.); Spesierungsextrakte 16831703, in: HR I, Fase. 315/Nr. 352 (l)-(5) (jew. Ausf.); Vgl. W. Fürnrohr (Anm. 1656) S. 56. Die bayerischen Gesandten waren im Vergleich nicht schlecht bezahlt. Der Mainzer von Otten erhielt z.B. 5 200 fl. als jährliches Deputat. Vgl. T. Niederquell (Anm. 473) S. 134137. BHStA. KB. K. schw. 15030, Sehr. Neuhaus' vom 15. Dez. 1695 (Konz.). W. Fürnrohr (Anm. 1656) S. 63. BHStA. KB. HR I, Fase. 300/Nr. 197, Gutachten der Hofkammer vom 26. Mai 1700 (Ausf.) und Dekret vom 17. Sept. 1700 (Kop.).
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V. Information und Persuasion
wozu noch der Hauszins von 3 fl., beziehungsweise für den Rechnungsführer 4 fl. kamen. Kandier bezifferte sein jährliches Einkommen mit um die 600 fl.1690
1.2 Das fürstliche Kolleg: Ansbach 1.2.1 Die Stellung im Reich Ansbach war ein lutherischer Reichsstand mit einem Territorium von 689 Quadratmeilen und damit mittlerer Größe.1691 Die Markgrafschaft war ein territorium non clausum. Das Land war von zahlreichen Enklaven durchsetzt. Die Herrschaft basierte auf Vogteirechten, der Steuer- und Wehrhoheit sowie dem Gesetzgebungs- und Verordnungsrecht. Aus der Vielfalt sich überschneidender Rechte rührte ein steter Grenz- und Zollkonflikt mit der Reichsstadt Nürnberg.1692 Militärisch war das sich in ständiger Finanznot befindliche Fürstentum unbedeutend.1693 In Ansbach regierte von 1672 bis 1686 Markgraf Johann Friedrich. Er bemühte sich um eine bessere Administration und unternahm Schritte zu einer kameralistischen Wirtschaftsreform, dennoch ging es mit den Finanzen bergab. Seine äußere Politik richtete sich auf einen Ausgleich mit den Nachbarn. Ansonsten Schloß er sich eng an Brandenburg an. Von 1686 bis 1694 stand das Fürstentum unter der Vormundschaft Brandenburgs und Baden-Durlachs. Das Tagesgeschäft führte der Geheime Rat, der bei wichtigeren Entscheidungen an den Konsens der Obervormundschaft gebunden war. Markgraf Georg Friedrich übernahm 1694 die Regierung. Er kümmerte sich wenig um die Regierungsaufgaben, sondern reiste lieber und beteiligte sich an Feldzügen, wobei er auf die Warnungen vor einer nahenden Zahlungsunfähigkeit nicht achtete. Er strebte nach persönlichem militärischem Ruhm und einem eigenen Kommando. Am 28. März 1703 fiel er in der Schlacht bei Schmidmühlen. Ihm folgte sein erst 17-jähriger Halbbruder Wilhelm Friedrich, der bis 1723 regierte. Unter seiner Regierung gewann der Zollstreit mit Nürnberg an Heftigkeit. Mit Bayreuth kam es wegen des Kreismitausschreibamtes zu einem Streit, der 1712 zunächst im Vertrag von Günzenhausen durch eine
1690 1691
1692
1693
BHStA. KB. HR I, Fase. 366/Nr. 241, Supplikation Kandlers o. D. (1695) (Ausf.). Einen Überblick vermitteln: Alois Gerlich/Franz Machilek: Staat und Gesellschaft. Erster Teil: bis 1500, in: Max Spindler/Andreas Kraus (Hg.): Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 3/1. Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts. 3. Aufl. München 1997. S. 537-701, hier S. 582-585. Hans Hubert Hofmann: Ansbach. Physiognomie eines Territoriums und seiner Städte, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 36. 1973. S. 645-661, hier S. 647-650; Rudolf Endres: Staat und Gesellschaft. Zweiter Teil 1500-1800, in: M. Spindler/A. Kraus (Anm. 1691) S. 702-782, hier S. 702-706, 760. R. Endres (Anm. 1692) S. 763.
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Alternation gelöst, 1719 endgültig zu Gunsten Bayreuths entschieden wurde. Politisch löste er sich zunehmend von Brandenburg.1694 Neben dem benachbarten Bayreuth waren die Markgrafen die wichtigste fränkische Linie der Hohenzollern. Man war einander trotz aller Rivalität politisch verbunden und unterhielt zur Wahrung gemeinsamer burggräflicher Rechte den Gemeinschaftlichen Rat.1695 Einfluß nahm die kurfürstliche Linie. Brandenburg betrachtete sich als Patron seiner fränkischen Verwandten und handelte entsprechend, was diese, die auf ihre politische Eigenständigkeit Wert legten, nicht immer gerne sahen.1696 König Friedrich I. von Preußen versuchte verstärkt durch Erbverträge in Süddeutschland Fuß zu fassen, natürlich auch bei den fränkischen Vettern, was jedoch dank der Politik der Schönborn nicht gelang. Ansbach hatte sich bereits vor Bayreuth von diesen Plänen distanziert und den Anschluß an Hannover gesucht.1697 Auch in der Reichspolitik vertrat man nun eine eigene Linie. Ansbach schloß sich den Korrespondierenden an und instruierte den Gesandten teilweise gegen preußische Wünsche.1698 Eine große Rolle in der Ansbacher Politik spielte der Fränkische Kreis. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts umfaßte er 25 Territorien mit Stimmrecht.1699 Das Ausschreibamt des konfessionell gemischten Kreises teilten sich der Fürstbischof von Bamberg und der Markgraf von Brandenburg-Kulmbach (Bayreuth). Erster versah auch das Direktorium, während der Markgraf das Kreisobristenamt innehatte. Keiner der Stände war stark genug, die anderen zu dominieren. Anfang der Achtziger trat der Kreis verstärkt mit einer eigenständigen Reichs- und Verteidi1694
Günther Schuhmann: Die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Eine Bilddokumentation zur Geschichte der Hohenzollern in Franken. Ansbach 1980 (Jahrbuch des historischen Vereins für Mittelfranken. Bd. 90). S. 158-161, 173-175, 184-188; Roland-Götz Foerster: Herrschaftsverständnis und Regierungsstruktur in Brandenburg-Ansbach 1648-1703. Ein Beitrag zur Geschichte des Territorialstaates im Zeitalter des Absolutismus. Ansbach 1975 (Mittelfränkische Studien. Bd. 2). S. 154-175; Franz Willax: Das Fürstentum BrandenburgAnsbach und die Reichsstadt Nürnberg im Spanischen Erbfolgekrieg. Zur Politik des Fränkischen Kreises. Ansbach 1984 (Mittelfränkische Studien. Bd. 5). S. 15-17. 1695 G. Schuhmann (Anm. 1694) S. 337. 1696 So ließ es 1703 den Gesandten mit Bayern über eine Verschonung Ansbachs und Bayreuths von Kriegshandlungen nahmens Sr. Königl. Mat. in Preußen verhandeln. Die Bedingung des Bayern wäre gewesen, daß sich Ansbach feindlicher Handlungen enthalte. Dieses versprach zwar, allein nichts gegen Bayern zu unternehmen, wollte jedoch von den Beschlüssen des Kreises nicht abrücken. StAN. Fm. Ansbach. RTA 191, Ber. vom 18. Apr. 1703 (Ausf.), darin das Zitat und AGR. Rescripta 1688-1706. Reskr. vom 10. Mai 1703 (Ausf.). 1697 Rudolf Endres: Franken in den Auseinandersetzungen der Großmächte bis zum Ende des Fränkischen Reichskreises, in: M. Spindler/A. Kraus (Hg.) (Anm. 1691) S. 496-516, hier S. 505f.; F. Willax (Anm. 1694) S. 80f. 1698 Bspw. wollte es sich 1710 nicht vom Kollegsschluß zur Moerser Introduktion trennen, wie das Brandenburg wünschte. StAN. Fm. Ansbach. RTA 204, Anzeige des Geheimen Rats vom 6. März 1710 (Ausf.). 1699 Die Angaben schwanken in der Literatur. Die Zahl entspricht der, der nach den Protokollen zur Stimmabgabe aufgerufenen Territorien. Die Protokolle sind bspw. in die Kreistagsakten Nürnbergs und Ansbachs eingebunden. Beide Bestände befinden sich im StAN.
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V. Information und Persuasion
gungspolitik hervor. Durch die Reunionen sah man sich veranlaßt, das Heer schrittweise auf 5 527 Mann Sollstärke zu erhöhen, was mehr war, als die Reichsrepartition von 1681 vorsah. Da auch die Beratungen der Reichskriegsverfassung auf dem Reichstag keine endgültige Lösung erbrachten, betrieb der Kreis eine Assoziationspolitik, die im Juni 1682 zur Laxenburger Allianz führte. Nachdem nach dem Regensburger Stillstand Stimmen laut geworden waren, die Bündnisse nicht zu verlängern, trug das durch die Pfälzer Erbfolgefrage wieder ausgeprägtere Bedrohungsgefühl dazu bei, daß der Kreis auch in den folgenden Kreisassoziationen eines der wichtigsten Mitglieder war. In den Kriegen 1688-1697 und 17011714 wurde er als Militärmacht auf Seiten des Kaisers aktiv. In beiden Kriegen wurde Ansbach durch Kriegshandlungen, Einquartierungen und französische Kontributionsforderungen in Mitleidenschaft gezogen.1700
1.2.2 Vertreter und Berichterstatter 1683-1713 Die häufigen Regierungswechsel in der Markgrafschaft Ansbach verhinderten eine Gesandtschaft auf kontinuierlich gleichem Niveau. Bis zum 15. April 1684 war der Brandenburger Karl von Schönbeck mit der Vertretung betraut.1701 Es gibt jedoch keinen Hinweis, daß Ansbach von Beginn der achtziger Jahre bis 1688 sein Stimmrecht selbst wahrnahm. In den Korrespondenzschreiben, denn um Berichte handelte es sich nicht, ist dazu nichts erwähnt und auch die Serie der weisungsgebenden Reskripte setzt erst Ende 1688 ein. Aus einem Schreiben des Brandenburger Gesandten Gottfried von Jena vom 14. Juli 1686 ergeben sich Indizien, daß die Schreiben von einem Sekretär stammten. Er dankt darin für die Übersendung der Schreibgebühr und fügt hinzu, daß man nicht mehr so billig wie etlicher viel jähr hero fortfahren könne.1702 Es war von Jena, der sich um die Organisation des Informationsflusses nach Ansbach kümmerte. Der von ihm vermittelte neue Berichterstatter war der Bayreuther Legationskanzlist Johann Tobias Eberlin, der seit spätestens Anfang August 1686 berichtete.1703 1700
1701
1702
1703
Einen Überblick vermitteln: W. Dotzauer (Anm. 1506) v.a. S. 122-130; Hans Hubert Hofmann: Reichskreis und Kreisassoziation. Prolegomena zu einer Geschichte des fränkischen Kreises, zugleich als Beitrag zur Phänomenologie des deutschen Föderalismus, in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Bd. 25/11, 1962. S. 377-413; Bernhard Sicken: Der Fränkische Reichskreis. Seine Ämter und Einrichtungen im 18. Jahrhundert. Würzburg 1970 (Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Bd. 1); Ders.: Das Wehrwesen des fränkischen Reichskreises. Aufbau und Struktur (1681-1714). Würzburg 1966. 2 Bde.; F. Willax (Anm. 1694). Der im Repertorium (Anm. 1095) S. 18 als Gesandter bis zum 15.4.1684 genannte Dr. Johann Christoph von Püchler läßt sich für diesen Zeitraum nicht nachweisen. Bayreuth, in dessen Dienst er stand, rief ihn bereits 1670 ab. Die Übereinstimmung des angegebenen Revokationsdatums mit dem Schönbecks spricht für eine Verwechslung. StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Sehr, vom 14. Juli 1686 (Ausf.). Der in dem Schreiben erwähnte Johann Niclas Becker kann nicht der Berichterstatter für die Jahre 1683/84 sein, da er nach P. Bahl (Anm. 473) S. 427 bereits Anfang 1679 verstarb. StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Korresp. vom 27. Nov. 1686 (Ausf.).
1. Drei Stände
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Ab 26. April 1686 schrieb zudem der Sachsen-Weimarer Gesandte Georg Philipp Fabricius1704 regelmäßig, nachdem er bereits 1685 sporadisch Korrespondenzen eingesandt hatte, die wohl als eine Art Bewerbung zu verstehen waren. Da seine Korrespondenz die bei weitem informativere war, beschloß die Vormundschaftsregierung 1687, daß Fabricius ab sofort auch die Diktata, Protokolle und andere comitialia dan die extra comitialia einsenden solle.1705 Die Korrespondenz mit Eberlin wurde gekündigt. Ende des Jahres 1687 griff der Kurfürst von Brandenburg als Vormund ein. Er wünschte, daß das seither einiger zeit vacierende Brandenbg.-Onolzbachische votum zu gedachten Regensburg wenigstens so lange bis vermelte unsere satisfactions-sache ihre richtigkeit erlanget wircklich wider gefiihret und vertretten werde. Um Kosten zu sparen, schlug er vor, die Vollmacht auf die Brandenburger Legation auszustellen. Der Gesandte Wolfgang von Schmettau hatte seine Dienste bereits angeboten.1706 Der Widerspruch des anderen Vormunds Baden-Durlach gegen dieses nicht uneigennützige Ansinnen änderte nichts und Schmettau legitimierte sich am 8. April 1688. Nachdem er knapp ein halbes Jahr später von Brandenburg abberufen wurde, übernahm der Brandenburger Ernst von Metternich das Mandat. Die Berichte schrieb aber bis 19. April 1690 der Legationssekretär J. U. Lie. Heinrich Henniges. Geboren wurde dieser überzeugte Protestant in Holstein. Nach einem Studium der Rechte trat er in Brandenburger Dienste. Ende 1678 zum Geheimen Sekretär ernannt, versah er seit 1679 die Stelle eines Legationssekretärs in Regensburg. Dabei bewährte er sich so gut, daß er am 19. April 1692 zur Führung der fürstlichen Stimmen legitimiert wurde. 1707 vertraute man ihm auch das Votum im Kurfürstenrat an. Im Jahr darauf wurde er in den preußischen Adel erhoben und zum Geheimen Rat befördert. Henniges starb als Brandenburger Gesandter auf dem Wahltag zu Frankfurt am 26. August 1711. Er war Autor zahlreicher juristischer Abhandlungen,1707 deren bekannteste die 1706-1712 erschienenen ,Meditationem ad Instrumentum Pacis Caesareo-Sueciae' waren.1708 Die Berichterstattung an Ansbach als Einkommensquelle verlor Henniges durch die Diskussion zur Wahrung des Geheimnisses auf dem Reichstag 1690. Dadurch und durch den Konflikt mit Ansbach wegen der Bezahlung, sah sich Metternich veranlaßt, die ordentliche relationes unter meinem nahmen und siege!
1704 1705 1706
1707
1708
Zu Fabricius: L. v. Lehsten (Anm. 52) Bd. 2. S. 269f. StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Dekret vom 15. März 1687 (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Sehr. Brandenburgs an Ansbach vom 29. Nov. 1687 (Ausf.), Sehr. Ansbachs an Brandenburg vom 12. Dez. 1687 (Konz.). Zum Lebenslauf: P. Bahl (Anm. 473) S. 499; A. Berney (Anm. 391) S. 429-431; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 14. Sp. 1407 (mit Werken); G. Granier (Anm. 14) S. 12f.; zum Legitimationsdatum im Kurfürstenrat: StAN. Fm. Ansbach. RTA, Ber. vom 23. Febr. 1707 (Ausf.). Vgl. Reinhold Koser: Brandenburg-Preußen in dem Kampfe zwischen Imperialismus und reichsständischer Libertät, in: Historische Zeitschrift. Bd. 96. 1906. S. 193-242, hier S. 204f.; F. Wolff (Anm. 375) S. 201f.; K. O. v. Aretin (Anm. 14) Bd. 1. S. 38.
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V. Information und Persuasion
zu erstatten.™9 Ernst Freiherr von Metternich stammte aus der Linie Chursdroff mit Sitz in der Mark Brandenburg. Setzt man voraus, daß er eine ähnliche Ausbildung erhielt wie sein Bruder, so sind ein Studium und eine anschließende Kavalierstour zu vermuten. 1687 wurde er an den Reichstag gesandt, als Gottfried von Jena in Ungnade fiel. Am 1. Dezember (a.S.?) des Jahres legitimierte er sich zur Führung der fürstlichen Voten Brandenburgs. Der französische Plenipotentiarius Verjus hielt ihn für einen „homme devoue ä Mr. de Windischgrätz.", also für einen Anhänger des Kaisers. 1710 Nach dem Weggang Schmettaus 1688 besuchte er auch den Kurfürstenrat, für den er sich aber erst am 14. April 1692 legitimierte. Leopold I. erhob ihn 1697 in den Grafenstand. Zwischen 1706 und 1709 sicherte er seinem Herrn aus der umstrittenen Oranischen Erbschaft das Fürstentum Neuchätel, zu dessen Gouverneur er bestellt wurde. 1711 1707 wurde er zum königlich preußischen Wirklichen und Geheimen Staatsrat befördert. 1710/11 vertrat er Brandenburg als Gesandter in Wien und auf den Wahltag in Frankfurt. Danach versah er mit einer Unterbrechung 1712/13, als er beim Friedenskongreß in Utrecht war, bis zu seinem Tode im Dezember 1727 die Regensburger Gesandtschaft. Berühmt wurde seine Konversion zum katholischen Glauben auf dem Sterbebett. 1712 Die Führung der Reichstagsgeschäfte Ansbachs und Bayreuths überließ Ernst in einem langsamen Prozeß seinem jüngeren Bruder Wolf von Metternich. In einem Schreiben an Ansbach, in dem er für diesen um den Titel eines Geheimen Rats und die Mitführung des Votums bat, schilderte er dessen Werdegang. Wolf studierte sechs bis sieben Jahre und ging im Anschluß auf Reisen. Nach seiner Rückkehr arbeitete er 10 Jahre als Neumärkischer Konsistorial- und Regierungsrat. Beide Wünsche wurden gewährt. 1713 Fortan unterschrieben bis zum 11. August 1706 beide die Relationen, danach zeichnete nur noch Wolf von Metternich. Er, dem eine Reihe theosophischer und alchimistischer Werke zugeschrieben werden, vertrat die fränkischen Brandenburger, bis er 1726 zum SchwarzburgRudolstädter Kanzler berufen wurde. Er starb am 17. Dezember 1731.1714
1709
StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Sehr. Metternichs vom 17. Apr. 1690 (Ausf.). Zitiert nach: H. Prutz (Anm. 1466) S. 468. 1711 E. Pick (Anm. 328) S. 146. 1712 Zum Lebenslauf: NDB. Bd. 17. S. 232-235; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 20. Sp. 1398f.; G. Granier (Anm. 14) S. 12; R. Reiser (Anm. 248) S. 140; Anton Reger: Der Sinneswandel des Grafen Metternich, in: Die Oberpfalz. Bd. 67. 1979. S. 13-15; zu den Legitimationsdaten: Verzeichnüß (Anm. 356); zur Erhebung in den Grafenstand: StAN. Fm. Ansbach. RTA 186, Ber. vom 8. Mai 1697 und Walter von Hueck: Adelslexikon. Bd. 9. Limburg 1997 (Genealogisches Handbuch des Adels 116). S. 3. 1713 StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Bittschreiben vom 4. Okt. 1702 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. Rep. 1171 Bestallungsbriefe. Nr. 418, Gewalt für Wolf v. Metternich vom 16. Dez. 1702 (Ausf.). 1714 Zum Lebenslauf: ADB. Bd. 21. S. 527; NDB. Bd. 17. S. 234; J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 20. S. 1396. 1710
1. Drei Stände
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Wie viele fürstliche Gesandtschaften war die Ansbacher nicht mit Sekretär und Kanzlisten ausgestattet. Als Sekretär war seit etwa 1691 Christoff Reuthuber legitimiert. In einer Liste der Legationssekretäre von 1713 wird er als Ansbacher und Halberstädter Sekretär geführt. 1715 Reuthuber war auf Kurbrandenburg vereidigt, jedoch für die Ausfertigung der Berichte an Ansbach zuständig. Wolf von Metternich mißtraute ihm aus diesem Grund und hielt ihn außerdem für schwatzhaft. Er bat daher um weitere 100 fl., damit er einen verschwiegenen Kanzlisten anstellen könne. 1716 Als ihm das erlaubt wurde, schrieb er zurück, einen Kanzlisten habe er bereits für Ansbach legitimiert, dem aber auch nicht zu trauen sei, deshalb beabsichtige er einen studiosum, den er seit zehn Jahren kenne, für 200 fl. einzustellen. 1717 Das Ergebnis des Mißtrauens des Gesandten war, daß Reuthuber weiter die offizielle Relation schrieb, dem entweder ein zweites Schreiben oder ein Postskript von anderer Hand beigelegt wurde. Streng vertrauliche Nachrichten faßte Metternich selbst in eine Nachschrift. Der stets angespannten Haushaltssituation Ansbachs entsprach das Bemühen um möglichst kostengünstige Formen der Vertretung und Berichterstattung. Dem unbekannten Korrespondenten von 1683-86 wurden Mitte 1686 100 Reichstaler (= 150 fl.) für zweieinhalb Jahre zugedacht, was einem Jahresentgeld von 60 fl. entsprach. Von Jena meinte allerdings, das werde nicht mehr ausreichen, aber mit 100 Reichstalern pro Jahr werde man auskommen, was vor einen vornehmen R[eichs]Fürsten, oder einer hochf. regierung nicht viel sei.1718 Die ergiebigere Korrespondenz mit Fabricius kostete dagegen nur 100 fl. pro Jahr. So beschloß die Vormundschaftsregierung, dieser solle für eine ausgebaute Korrespondenz jährlich 100 Reichstaler ( = 150 fl.) erhalten. 1719 Diese wurde zu Beginn des Jahres 1690 eingestellt, nachdem Henniges seit Ende 1688 ausführliche Berichte sandte. Die Vormundschaftsregierung hatte 1690 für den Gesandten jährlich 200 Reichstaler und für den Sekretär 50 Reichstaler verordnet. 1720 Henniges hielt die ihm zugewiesenen 50 Reichstaler für nicht ausreichend, da er auch Diktata, Protokolle und Druckschriften einsende und für die Korrespondenz einen eigenen Schreiber engagierte.1721 Er bat mehrmals um die Bezahlung der von ihm eineinhalb Jahre geführten Korrespondenz und mußte sich 1691 schließlich mit 50 Reichstalern zufrieden geben. 1722
1715 1716 1717
1718 1719 1720 1721 1722
StadtAA. RTA 141, Liste vom 4. Nov. 1713. StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Sehr. Metternichs vom 27. Jan. 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Reskr. vom 1. März 1712 (Konz.), Ber. vom 9. März 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Sehr, von Jenas vom 14. Juli 1686 (a. St.) (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Dekret vom 15. März 1687 (a. St.) (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Sehr, an Metternich vom 15. Apr. 1690 (a. St.) (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Sehr. Henniges vom 15. März 1690 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181,2 Sehr. Henniges an die Vormundschaftsregierung und an Staudacher vom 2. Okt. 1690 (Ausf.); RTA 182, Sehr. Henniges vom 18. Jan. 1691 (Ausf.), Dekret an die Rentei vom 16. März 1691 (Konz.).
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V. Information und Persuasion
Auch Ernst von Metternich wurde nicht regelmäßig bezahlt. 1690 erinnerte er an zwei ausstehende Jahresgehälter. 1723 Insbesondere nach einer 1703 rückwirkend bis 1699 geforderten Lohnerhöhung auf 300 Reichstaler pro Jahr lief eine beträchtliche Summe auf, die sich nach der Restantenliste vom 14. Februar 1703 auf 1243 Reichstaler, 67 Kreuzer und 2 Pfennige summierte. Die Forderungen Metternichs betrafen die Jahre 1699 bis erstes Viertel 1703, die des Sekretärs Reuthubers den Zeitraum 1700 bis 1703.1724 Ein halbes Jahr später erinnerte er daran, daß die Gesandtschaftskosten zu den Landsteuern gehörten und schlug vor, es so zu regeln wie Bayreuth, wo die Landstände monatlich die Gehälter zahlten. 1725 Zu einer solchen Regelung kam es aber nicht. Wolf von Metternich erhielt für die ersten Jahre gar nichts, da ihm der Titel Geheimer Rat und die Legitimation nur deshalb gewährt wurde, da sein Bruder argumentierte, daß dies nichts koste. 1726 Auf sein Bitten beschloß der Rat 1708, nachdem er die Berichte seit fast 1727
zwei Jahren allein anfertigte, ihm jährlich 200 fl. zukommen zu lassen. Als ihm 1712 die Legitimation zum Brandenburger Gesandten für den Fürstenrat Rückhalt gab, forderte Metternich, ihm auch die gage beyzulegen, 1770 die andere 1 7*78 dero geheime räthe haben. Ansbach wollte ihn unbedingt halten, folglich wird es zu einer Lohnerhöhung gekommen sein. Der Geldtransfer wurde meist über den Nürnberger Kaufmann Pflüger abgewickelt. 1730 Zu den regulären Gehaltskosten kamen noch die Kosten für die Post und Sonderzulagen zu bestimmten Anlässen. Die Berichte von Regensburg nach Nürnberg beförderte der Regensburger Bote, da dieser mit 12 fl. im Jahr billiger war als die Post und trotzdem früh genug eintraf, um den Postkurs nach Ansbach zu erreichen. Sonderzulagen wurden zu dynastischen Ereignissen oder bei Erledigung spezieller Aufgaben fallig. Auch die Anordnung von Trauer war mit erheblichen Mehrkosten verbunden. 1703 betrug die Summe anläßlich des Tods des Markgrafen zum Beispiel 1 200 fl. 1731
1723 1724
1725 1726 1727
1728 1729 1730 1731
StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, PS. zum Ber. vom 7. Juni 1690 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 191, Ber. vom 14. Febr. 1703 (Ausf.) und Sehr. Metternichs an [Bredo?] vom 19. März 1703 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 192, Ber. vom 10. Okt. 1703 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Bittschreiben vom 4. Okt. 1702 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 201, Anzeige des Geheimen Rats an den Fürsten vom 6. Juni 1708 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 210, Ber. vom 28. Dez. 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 211, Sehr. Ansbachs vom 16. Jan. 1713 (Kop.). Bspw. StAN. Fm. Ansbach. RTA 212, Ber. vom 23. Aug. 1713 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. AGR. Rescripta 1688-1706, Reskr. vom 14. Apr. 1703 (Ausf.).
I. Drei Stände
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1.3 Das reichsstädtische Kolleg: Augsburg 1.3.1 Die Stellung im Reich Die alte Römerstadt Augsburg hatte um 1700 etwa 21 000 bis 27 000 Einwohner1732 und keinen nennenswerten Landbesitz. Militärisch war sie zu vernachlässigen. Ihre Bedeutung erwuchs allein aus der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Augsburgs beste Zeiten, so sahen das zumindest die Stadtväter, waren bereits vorbei. In einem Druck von 1706 beschrieben sie ihre Situation: Es habe „von einem Saeculo her dieser Stadt florissante Status sich dermassen verändert/daß kaum ein schatten dermahlen mehr darvon übrig/auch sich künfftig wieder dahin erschwingen zu können keine vernünfftige Hoffnung zu machen ist."1733 Da die Beschreibung das Ziel hatte, die erhaltene Moderation und Exemption durchzusetzen, tendierte sie zur Betonung der vorhandenen negativen Trends.1734 Es wird deutlich, daß sich die Stadt als Handels- und Gewerbestadt definierte. Allgemein aber hatte sie immer noch das Image einer reichen Metropole. Die Forschung geht von einem erneuten Aufschwung Augsburgs nach dem Dreißigjährigen Krieg aus. Demnach hatte sich das städtische Ärar bis etwa 1670 wieder weitgehend erholt und auch die neuen Belastungen brachten es nicht dauerhaft aus dem Gleichgewicht.1735 Die städtische Wirtschaft verlagerte sich auf den Silberhandel im Verbund mit Bankgeschäften, das Kunsthandwerk und auf den um 1690 eingeführten Kattundruck.1736 Einen Rückschlag brachte aber die Besetzung der Stadt durch französisch-bayerische Truppen 1703/04, welche die Stadt plünderten und ihr 500 000 fl. abforderten. 1737 Die Stadt war seit 1648 paritätisch, das heißt in Regiment und Verwaltung mußte jeder Posten entweder mit einem Evangelischen und einem Katholiken oder im Wechsel zwischen den Konfessionen besetzt werden. Die Pflege der Beziehungen zu Kaiser und Reich gehörte zu den Aufgaben des Geheimen Rats, in dem die Patrizier ein Übergewicht hatten.1738 Als Reichsstadt hatte sie den 1732
1733
1734
1735
1736 1737 1738
Detlev Schröder: Stadt Augsburg. München 1975 (Historischer Atlas von Bayern. Teil Schwaben. Bd. 10) S. 72; Paul Münch: Das Jahrhundert des Zwiespalts: Deutschland 16001700. Stuttgart, Berlin, Köln 1999. S. 36. Wichtige Considerationes, Uber Den dermahligen Zustand der Reichs-StadtAugspurg/Auch die Deroselben von Ihr. Kayserl. Majestät und dem Reich jüngst zuerkannte respective Exemption und Moderation ihrer Reichs- und Crayß-Praestationen. [Augsburg, 1706]. S. 10. Vgl. Peter Fassl: Wirtschaft, Handel und Sozialstruktur 1648-1806, in: Gunther Gottlieb/Wolfram Baer/Josef Becker u.a. (Hg.): Geschichte der Stadt Augsburg. 2000 Jahre von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart 1985. S. 468-480. S. 468. Ingrid Bäton: Reichsstädtisches Regiment, Finanzen und bürgerliche Opposition, in: G. Gottlieb/W. Baer/J. Becker u.a. (Arnn. 1734) S. 457-468, hier S. 458-460. P. Fassel, Wirtschaft (Anm. 1734) S. 469-473, 475. Vgl. Kap. V. 3.3.2. Die Parität wurde in IPO V, § 3-6 festgeschrieben. Sie führte nicht zu einer Vermehrung der Stellen. Zur Verfassung: Ingrid Bätori: Die Reichsstadt Augsburg im 18. Jahrhundert.
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V. Information und Persuasion
Kaiser als Stadtherrn über sich. Wien hielt die Stadt immer noch für Großereignisse geeignet. So fand hier 1689/90 die Wahl des römischen Königs, dessen Krönung und die Krönung Kaiserin Eleonores statt.1739 1 7 1 3/14 wurde sie wegen der in Regensburg grassierenden Pest zum Sitz des Reichstags. Augsburg behauptete einen der vorderen Ränge im Städterat. Auf der Schwäbischen Bank saß sie direkt hinter Regensburg als der gastgebenden Stadt. Bedingt durch die Parität hatte sie jedoch keinen Platz in einem der Corpora. Sie war nur sporadisch durch eigene Abgesandte präsent,1740 doch kommen zu dieser Zeit nur wenige auswärtige Städte, wie Nürnberg und Ulm, auf eine ähnliche Dichte.1741 Eine Gesandtschaft war teuer1742 und so war deren Unterhaltung vor allem eine Frage der Finanzen. Wichtig war für die Stadt die Zugehörigkeit zum Schwäbischen Kreis, der einer der aktivsten war. Er umfaßte etwa 100 stimmberechtigte Mitglieder. Als ausschreibende Fürsten fungierten Württemberg und Konstanz, wobei ersteres das Direktorium führte. Bis 1691 betrieb der Kreis eine Neutralitätspolitik, da Frankreich nahe war und so entsprechend Druck ausüben konnte. Danach war er eine der treibenden Kräfte beim Aufbau der Kreisassoziationen, die in Ermangelung einer vollständigen Reichsverteidigung die vorderen Kreise vor Übergriffen von Feind und Freund schützen sollten. Im Kreis hatte Ulm Augsburg den Rang abgelaufen. Doch gehörte Augsburg weiterhin zur Ordinarideputation, die aus je zwei Mitgliedern der fünf Bänke bestand, und war Mitglied des seit 1645 bestehenden Engeren Konvents, der als schneller arbeitender Ersatz des Kreistages diente. Der Enge Konvent hatte dieselbe Zusammensetzung wie die Deputation und trat zwischen 1679 und 1708 fast jährlich zusammen.1743 Die Städte des Kreises hatten unmittelbaren Einfluß auf die Entsendung eines Augsburger Vertreters nach Regensburg. 1692 vereinbarten sie auf dem Kreistag eine gemeinsame Vertretung. Dabei sollte Augsburg die katholischen und Ulm die protestantischen Städte vertreten. Jede Stadt hatte einen Römermonat an eine gemeinsame Kasse zu zahlen. Augsburg beschloß 1698 den Konsulenten Klosterbauer nach Regensburg zu senden. Die Vollmachten der katholischen Städte waVerfassung, Finanzen und Reformversuche. Göttingen 1969 (Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte. Bd. 22) bes. S. 28, 31, 54. 1739 Josef Beilot: Politische Ereignisse und Festlichkeiten, in: G. Gottlieb/W. Baer/J. Becker u.a. (Anm. 1734) S. 451-456, hier S. 452f. 1740 Im Untersuchungszeitraum: Okt. 1684-Januar 1688, Juni-Aug. 1697, Okt. 1702-Mai 1703, Okt. 1704-Juni 1706, Mai 1708-Juni 1712. 1741 Für Nürnberg um 1700: G. Schmidt (Anm. 14) S. 21 lf. 1742 Vgl. StadtAA. Bauamt, Rechnungen 297-301, jeweils Konto 79. 1743 Einen Überblick über die relativ gut erforschte Geschichte des Kreises bei: Bernd Wunder: Der Schwäbische Kreis, in: Claus Peter Hartmann (Hg.): Regionen in der Frühen Neuzeit. Reichskreise im deutschen Raum, Provinzen in Frankreich, Regionen unter polnischer Oberhoheit: Ein Vergleich ihrer Strukturen, Funktionen und ihrer Bedeutung. Berlin 1994 (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 17). S. 23-29; Dotzauer 1989 (Anm. 1506) S. 205-236; Ders. 1998 (Anm. 1506) S. 142-179.
I. Drei Stände
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ren bereits eingelaufen, als dieser verstarb. Ein allgemeines Mahnschreiben Mainz' vom 2. September 1702 veranlaßte Augsburg schließlich, den Oberrichter zu entsenden.1744 Auf einen erneuten Kreisschluß wurde dieser im Mai 1708 abermals an den Reichstag gesandt.
1.3.2 Die Abgesandten und Korrespondenten 1683-1713 Die Mischung aus Phasen eigener Vertretungen mit solchen reiner Agententätigkeit, wie sie für Augsburg mit einer überdurchschnittlich guten Überlieferung zu greifen ist, ist durchaus typisch für eine Reichsstadt. 1683 sandte Augsburg den protestantischen Ratskonsulenten Dr. David Thoman von Hagelstein nach Regensburg, der dort am 25. Oktober ankam.1745 Der am 28. April 1624 geborene Thoman stammte aus einer patrizischen Lindauer Familie und war 1652 in den Dienst Augsburgs getreten.1746 Als Ratskonsulent hatte er Aufgaben im juristischen, öffentlichen und diplomatischen Bereich.1747 Ein Studium der Rechte war Voraussetzung. Die Konsulenten bekamen zudem besondere Funktionen in der Stadtverwaltung zugewiesen. Thoman war seit 1665 Aufseher über die Druckereien, außerdem seit 1671 Oberschulherr sowie Herr zum Münzwesen und Herr über die Notarsexamen.1748 Auch während seiner Zeit am Reichstag fertigte er für die Stadt Gutachten an, er war also nicht völlig von diesen Aufgaben befreit.1749 In Regensburg war er besonders fur seine hohe Kompetenz zu Fragen des Münzwesens bekannt.1750 Neben Augsburg vertrat er Lindau, Leutkirch, Biberach,
1744
1745 1746
1747 1748
1749 1750
StadtAA. RTA 110, Sehr. Mainz' vom 2. Sept. 1702 (Ausf.). Die Vollmachten für Ciosterbauer in: StadtAA RTA 7 (jew. Ausf.); RTA 362, Instruktion für Holzapfel (Konz.). StadtAA. RTA 332, Ber. vom 26. Okt. 1684 (Ausf.). StadtAA. EWA 389. Das Geburtsdatum folgt der Angabe auf dem Porträtstich von E. Heinzelmann in den Städtischen Kunstsammlungen Lindau, G.l.p.d. 35a. Zur Familie: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Hg. von Hans Vollmer. Leipzig 1939. Bd. 33. S. 57; Paul von Stetten: Geschichte der adeligen Geschlechter in der freyen Reichs-Stadt Augsburg sowohl in Ansehung ihres besonderen Standes als auch einer jeden einzelnen Familie. Augsburg 1762. S. 444 führt die Familie unter den Mehrern. 1. Bätori (Anm. 1738) S. 66. StadtAA. Rep. 39, Benedict von Paris, Besetzung aller Aemter in der Reichsstadt Augsburg angefangen A 1548. Vgl. zu Münzfragen: StadtAA. RTA 334, Ber. vom 28. Nov. 1684 und 19. Dez. 1684. Thomans Ruf als Kenner der Münzproblematik blieb nach seinem Tod bestehen. Die Nachfrage nach seinen Traktaten veranlaßte einen Augsburger Drucker sie 1692 gemeinsam mit Thomans Sammlung zum Münzwesen als Acta Publica Monetaria herauszugeben; vgl. J. H. Zedier (Anm. 33) Bd. 12. Sp. 172.
306
V. Information und Persuasion
Kaufbeuren, Kempten und Wangen.1751 Er starb nach längerer Krankheit am 20. Januar 1688.1752 Nach dem Tod Thomans bestellte die Stadt keinen neuen Abgesandten, sondern zwei Korrespondenten, nämlich den katholischen Lict. Johann Schwegerle, der seit dem 4. Mai 1688 berichtete, und den Protestanten Dr. Georg Sigmund Richter. Schwegerle war Kanzler von St. Emmeram und vielbeschäftigter Korrespondenzschreiber. Er verstarb am 15. Dezember 1692.1753 Sein Kollege Richter war der Abgesandte Nürnbergs. Er hatte Jura studiert und diente einige Jahre dem Grafen von Leinigen, bevor er Konsulent seiner Heimatstadt wurde.1754 Die Korrespondenz mit ihm, der ausführliche Antwortschreiben erhielt, gestaltete sich intensiver als die mit Schwegerle. Er berichtete, solange er Nürnberg vertrat, das heißt bis zu seiner Abberufung im Juli 1695 und erneut von Oktober 1698 bis Anfang Februar 1700. In der Zwischenzeit sandte Lazarus Gradenthaler, der Richter als Schreiber gedient hatte, die Diktata und sonstige Communicata ein, anscheinend ohne einen Bericht beizulegen. Auch 1700 bot er an, dies wieder zu tun,1755 diesmal ohne Erfolg. Von 20. Juni bis zum 22. August 1697 war der Augsburger katholische Konsulent Dr. Johann Christoph von Dirrheim in Regensburg. Er hielt sich nicht lange auf, denn Augsburg war als eine von zwei katholischen Städten zur Vertretung der Reichsstädte auf dem Friedenskongreß in Rijswijk bestimmt. Ähnlich wie sein Nürnberger Kollege, sollte er aber zuerst die Kostenfrage in Regensburg klären, was sich als nicht möglich erwies. Augsburg und Nürnberg beschlossen schließlich die Kosten vorzuschießen und Dirrheim reiste nach Haag.1756 Nach Richters zweiter Abberufung warb die Stadt Johann Baptist Dietsch als Korrespondent an. Dieser hatte als österreichischer Legationskanzlist auf dem Reichstag begonnen. Vor Mitte 1702 wurde er Osnabrücker Legationssekretär.1757 An Augsburg berichtete er vom 6. April 1700 bis 18. März 1704. 1702 sandte die Stadt mit Johann Jacob Holzapfel von Herxheim und Kötz wieder einen eigenen Stimmvertreter. Holzapfel stammte aus einer katholischen 1751
1752
1753 1754 1755 1756
1757
Vgl. Stadt AA, RTA 332, Ber. vom 4. Jan. 1684 und die in den Konzepten erwähnten Städte, in: StadtAA. RTA 274-279. Kurz vor seinem Tod dankte er, der sich als sehr krankh, aber doch gehorsam-willigster diener bezeichnete, der Stadt für 36 Jahre Dienst und bat sich seiner Söhne und des Schreibers anzunehmen. StadtAA. RTA 128, Sehr. Thomans vom 13. Jan. 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA, Sehr. Schwegeries vom 16. Dez. 1692 (Ausf.). StadtAA. RTA 335, Ber. vom 29. Mai 1685 (Ausf.). StadtAA. RTA 361, Sehr. Gradenthalers vom 4. Febr. 1700 (Ausf.). StadtAA. RTA 359, Ber. (jeweils Ausf.) und Reskr. (jeweils Konz.) zwischen 25. Juni und 22. Aug. 1697. Wann genau er diese Stelle erhielt, ist unklar. Er unterzeichnete StadtAA. RTA 362, Korresp. vom 25. Juli 1702 (Ausf.) mit Joh. Baptista Dietsch Hochfiirstl. Osnabrügg. LegationsSecretar. Vermittelt hatte ihn wohl der Österreicher von der Halden, denn Osnabrücker Gesandte waren zuerst dessen Halbbruder und dann sein Sohn. 1713 wird er als Osnabrükker Sekretär geführt. StadtAA. RTA 141, Liste der Legationssekretäre vom 4. Nov. 1713.
1. Drei Stände
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Elsässer Ritterfamilie, die seit 1628 zu den Augsburger Geschlechtern zählte. Er gehörte seit 1698 dem Großen und Kleinen Rat der Stadt an. Nachdem er zahlreiche Ämter innegehabt hatte, wurde er 1705 Oberlichter. Den Höhepunkt seiner Laufbahn bildete das Amt des katholischen Stadtpflegers, das er vom 18. Juli 1730 bis zu seinem Tod am 21. September 1741 versah. Holzapfel wurde als erster, der nicht von außerhalb kam, von den Kaisern Joseph I. und Karl VI. mit der Augsburger Landvogtei belehnt. Joseph I. bestätigte 1705 auch den Adel und das Recht sich ,νοη Herxheim' zu nennen. 1758 Holzapfel traf am 15. Oktober 1702 in Regensburg ein. Er blieb aber nur bis Anfang Mai 1703.1759 Nach der schweren Besetzung Augsburgs durch bayerische und französische Truppen 1703/04 wurde Holzapfel erneut nach Regensburg geschickt, wobei die Indemnisation und Restitution die Hauptziele seiner Mission waren. Er kam Ende Oktober an.1760 Im Juni 1706 reiste er nach Wien, von wo aus er nicht mehr nach Regensburg zurückkehrte. Als die Städte des Kreises ihre Beschlüsse von 1692 und 1706 in die Tat umsetzten und Augsburg den Vertreter für die katholischen Städte stellen mußte, sandte die Stadt ihn im Mai 1708 abermals an den Reichstag. Sein Aufenthalt wurde durch mehrere Reisen nach Augsburg und diplomatische Missionen unterbrochen. Die Berichte Holzapfels aus Regensburg enden mit dem 28. Juni 1712. Danach sandte der böhmische Legationskanzlist Posch die Diktata und Communicata ein.1761 Das ursprüngliche Aussehen dieser Korrespondenz ist schwer rekonstruierbar, da sie wie die letzten Jahrgänge der Holzapfeischen Berichte Brandspuren aufweist und besonders für 1713 keine vollständige Überlieferung vorhanden ist.1762 Über das Personal der Abgesandten ist sehr wenig bekannt. Johann Georg Textor diente seit 1683 als Schreiber Thomans. Der Gesandte lobte ihn, er habe sich ämsig, nüchtern, vigilant, sorgfältig und wohl verhalten und aufgeföhrt. Er bat, diesen nach seinem Tod in die Stadtkanzlei aufzunehmen. 1763 Textor aber blieb 1758
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1761 1762
1763
Zum Lebenslauf: P. v. Stetten (Anm. 1746) S. 279f.; zur Laufbahn: B. v. Paris (Anm. 1748) und StadtAA. Rep. 39/2, Bericht und Anzeigen Der Löblichen Kaiserlichen Reichs-Statt Augspurg Aller Herrn Stattpflegern, fol. 46, 48; zur Familie: Emst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. Leipzig 1863. Neudruck Hildesheim, New York 1973. Bd. 4. S. 459. StadtAA. RTA 362, Ber. vom 17. Okt. 1702 (Ausf.); RTA 363, Reskr. vom 27. Apr. 1703 (Konz.), Ber. vom 1. Mai 1703 (Ausf.). StadtAA. RTA 364, Instruktion für Holzapfel Okt. 1704 (Konz.), Ber. vom 28. und 29. Okt. 1704 (jew. Ausf.). StadtAA. RTA 110. Die Akten ab etwa 1702 erscheinen unordentlicher als die vorangehenden. Sie weisen Lücken auf, die nicht nur zu Lasten der Berichterstatter gehen. Zum Teil finden sich einzelne Ber., Korresp. und Beilagen in ungebundener Form in StadtAA. RTA 149, 152, 153, 156, 158, 160, 166 und 167. Viele davon, insbesondere die beiden letztgenannten, zeigen starke Brandspuren. Die Schriftstücke in RTA 166 und 167 waren durch das Ankleben von Papierstreifen zum (erneuten?) Binden vorbereitet worden. Auch der Akt von 1712 (RTA 378) besteht aus angebrannten Schriftstücken. StadtAA. RTA 128, Sehr. Thomans an den Rat vom 13. Jan. 1688 (Ausf.).
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V. Information und Persuasion
als Kanzlist des Reichserbmarschallamtes in Regensburg.1764 Als Holzapfels Kanzlist wurde Joseph Adam Strauß bezeichnet.1765 Strauß schrieb der Stadt nach dessen Abreise vom 14. Juni 1706 bis 15. November 1707 als Agent. 1708 wurde Holzapfel gestattet, sich einen anderen Kanzlisten zu wählen, Strauß werde woanders eingesetzt. Bis Mitte 1709 wurde er weiter als Agent bezahlt.1766 Die Ausgaben für die Vertretung in Regensburg schwankten jährlich. In den Rechnungen sind unter Reuttgelt die Beträge notiert, welche die Abgesandten zusätzlich zu ihrem Lohn erhielten. Die höchste an Thoman ausgezahlte Summe betrug 2 177 fl. 55 kr.1767 Dazu kam noch das Post- und Botengeld. Sein Schreiber erhielt nach eigenen Angaben bei freier Kost jährlich 52 fl.1768 Die Stadt empfand diese Kosten als belastend, so daß sie sich im September 1684 entschloß, den Abgesandten abzuberufen. Die Abreise unterblieb aber, da der Prinzipal- und der Konkommissar intervenierten. Augsburg wollte daraufhin die anderen durch Thoman vertretenen Städte an der Finanzierung beteiligen, dieser war diesbezüglich aber skeptisch.1769 Er erhielt jedoch von den Städten, mit denen er korrespondierte eine jährliche Diskretion sowie die Postgelder und Schreibgebühren.1770 Im Vergleich war eine Korrespondenz, selbst wenn man sich mit Schwegerle und Richter zwei Korrespondenten leistete, sehr viel billiger. Beide erhielten je 100 fl. pro Jahr, ihre Schreiber weitere 6 fl. Bei der Korrespondenz mit Richter fielen noch schwankende Unkosten und die Kosten für die gedopplte wochent: zeitungen an.1771 Ab 1697 sandte Gradenthaler die Diktata und Communicata, was mit 50 fl. jährlich honoriert wurde. Dazu kamen seit 1699 noch 20 fl. Honorar und sonstige Auslagen. Sein Nachfolger Dietsch bekam bis 1702 ebenfalls jeweils 50 fl. jährlich, ab 1703 zweimal jährlich 37 fl. 30 kr., was pro Jahr 75 fl. aus-
1764
Nach J. J. Moser (Anm. 398) Bd. 46. S. 29f. stellte er Vequs im Dez. 1688 die Ausweisung zu. Er überbrachte 1703 auch Zindt und dem Kölner Zeller die Ausweisung. HHStAW. RK. APK. Fase. 35, Ber. vom 22. und 25. Sept. 1703 (jew. Ausf.). 1765 StadtAA. RTA 110. 1766 StadtAA. Baumeisteramt. Rechnungen 298, Konto 89 (Ausf.). 1767 1683: 27 fl. 50 kr., 1684: 897 fl. 25 kr. 4 Pf., 1685: 748 fl., 1686: 1462 fl. 20 kr., 1687: 2177 fl. 55 kr. StadtAA. Baumeisteramt. Rechnungen 272-274, jeweils Konto 73 (jew. Ausf.); Rechnungen 275, Konto 103 (Ausf.); Rechnungen 176, Konto 73 (Ausf.). 1768 StadtAA. RTA 5, Sehr. Textors o.D., weitergeleitet an das Einnehmeramt am 13. März 1688 (Ausf.). 1769 StadtAA. RTA 334, Reskr. vom 5. Sept. 1684, 20. Okt. 1684 (jew. Konz.), Ber. 24. Okt. 1684 (Ausf.). 1770 So dankte er Kaufbeuren 1685 für 66 fl. und Leutkirch sandte 1688 seinen Erben 87 fl. 30 kr. an ausstehendem Salär. StadtAA. RTA 276, Ber. vom 24. Apr. 1685 (Konz.); RTA 128, Sehr. Leutkirchs vom 22. Febr. 1688 (Ausf.). 1771 StadtAA. Baumeisteramt. Rechnungen 277, Konto 81 (Ausf.); Rechnungen 278, Konto 90 (Ausf.); Rechnungen 279, Konto 81 (Ausf.); Rechnungen 180-284, jeweils Konto 88 (jew. Ausf.).
1. Drei Stände
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machte. Letzteres entsprach auch dem Jahresentgelt des Agenten Strauß für die Jahre 1708 und 1709. 1772 Ein größeres Loch in die Kasse rissen die Absendungen Holzapfels. Für seine Regensburger Aufenthalte 1702/03 und 1704-1706 erhielt er in Quartale eingeteilt 1 500 fl. pro Jahr. Dazu kamen noch die Unkosten für Reisen, Trauerkleidung anläßlich des Todes des Kaisers 1705 und Präsente an Gesandte, die es fur die Augsburger Indemnisation zu gewinnen galt. Die zweite Mission Holzapfels kostete den Rat insgesamt 7 645 fl. 37 kr. 8 Pf. 1773 Der Abgesandte unterhielt eine Kutsche und mehrere Lakaien. 1774 Als er 1708 wieder an den Reichstag gesandt wurde, gab er zu verstehen, das einmahl mit 1 500 fl. allda in Regenspurg nit auszukommen möglich seye. Bei seinem letzten Aufenthalt habe er jährlich 1 000 fl. aus seinem Privatvermögen beisteuern müssen. Man solle die Städte des Kreises dazu bringen, jedem Abgesandten mindestens 2 000 fl. jährlich zu geben. Das Ratsdekret vom 3. Mai 1708 bewilligte ihm schließlich 400 fl. im Quartal, wozu noch die Reisekosten, die Schreibgebühr und das Briefporto kamen. 1775 Eine Besonderheit ist, daß der evangelische Ratsteil Augsburgs eine eigene Korrespondenz unterhielt, in der er sich neben den allgemeinen Vorkommnissen besonders über die Angelegenheiten des evangelischen Wesens informieren ließ. 1776 Bedingt durch die Parität der Stadt enthielten die an den Rat gesandten Berichte keine Informationen zu konfessionellen Fragen. Auffällig ist, daß die Aufwendungen des evangelischen Ratsteils für die Informationsbeschaffung aus Regensburg gerade dann stiegen, als sie bei der Stadt ihren Tiefstand erreichten. Seit Januar 1682 bis mindestens 1687 berichtete Ludwig Ernst Neuburg. Dafür verlangte er 25 Reichstaler pro Jahr. 1777 Bis 1694 zahlte die Evangelischen Wesenskasse einem Korrespondenten über Ratskonsulent Dr. Kolb jährlich 30 fl. Es kann nur vermutet werden, daß es sich dabei noch um Neuburg handelt. Im März 1695 wurde erstmals Johann Hellwig Elenbrecht, der Legationskanzlist der Braunschweig-Celler Gesandtschaft, genannt. 1778 1 7 1 3 wird er als Legationsse-
1772
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StadtAA. Baumeisteramt, Rechnungen 284, Konto 88 (Ausf.); Rechnungen 285, Konto 92 (Ausf.); Rechnungen 286, Konto 88 (Ausf.); Rechnungen 286-298, jeweils Konto 89 ( j e w · Ausf.). StadtAA. Baumeisteramt. Rechnungen 292-296, jeweils Konto 79 (jew. Ausf.). Die 1159 fl. 12 kr. für Silberwerk (Baumeisteramt. Rechnungen 295, Konto 79 (Ausf.)) wurden nicht mitgerechnet. Der Speyrer erwähnt, er sei bei seiner Visite bei Holzapfel von drei Lakaien empfangen worden. Zur Gegenvisite kam dieser „gefahren". J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 1061. StadtAA. RTA 370, Ber. an das Einnehmeramt o.D., Präsenzvermerk vom 17. März 1708 (darin Zitat) (Ausf.) und Ratsdekret vom 3. Mai 1708 (Kop.). Vgl. StadtAA. Baumeisteramt, Rechnungen 297-301, jeweils Konto 79 (jew. Ausf.). Diese ehemals zum EWA gehörenden Akten und Zeitungen sind heute dem gemeinsamen Reichstagsakten untermischt. Es handelt sich für den Zeitraum von 1683-1713 um: RTA 128, 135, 145-148, 150, 151, 274-290 und 379-392. Vgl. Extrakte der Korrespondenz 1678-91, in: StadtAA. RTA 135. StadtAA. RTA 286, Sehr, vom 15. März 1695 (Ausf.).
310
V. Information und Persuasion
kretär Braunschweig-Calenbergs und Grubenhagens bezeichnet.1779 Auch Elenbrecht erhielt anfangs jährlich 30 fl., ab 1706 36 fl. in zwei Raten ausbezahlt.1780 Neben dieser Korrespondenz bezog man von Mitte 1695 bis Ende 1701 über Lazarus Gradenthaler, den Richter vermittelt hatte, geschriebene Zeitungen. Pro Jahr wurden dafür 12 fl. fällig. Dieselbe Summe für Zeitungen hatte man seit 1688 an Richter bezahlt,1781 der bis zu seiner Abberufung 1695 zudem einen Briefwechsel mit dem Konsulenten Dr. Lauber unterhielt. Dafür ließ ihm der evangelische Ratsteil hin und wieder etwas zukommen.1782 Lauber führte 1698 auch einen Briefwechsel mit dem Esslinger Jeremias Godelmann, dem ersten Gesandten, den die evangelischen schwäbischen Städte gemeinsam zu unterhalten gedachten. Da ihn Esslingen schon im August wieder abberief, währte diese Korrespondenz nicht lange.1783 Im katholischen Wesensarchiv hat sich für den Untersuchungszeitraum nichts Vergleichbares erhalten. Es finden sich nur wenige Schreiben, die sich allein an den katholischen Ratsteil richteten.1784 Das heißt nicht, daß der katholische Teil an den Vorgängen auf dem Reichstag weniger interessiert gewesen wäre.1785 Vielmehr schlugen sich hier wohl der unterschiedliche Institutionalisierungsgrad der Corpora und deren konfessionell divergente Beurteilung nieder.
1.4 Bayern, Ansbach und Augsburg im Vergleich Ein Vergleich Bayerns, Ansbachs und Augsburgs zeigt zunächst, daß sich ihr politisches Aktionsfeld jeweils anders gestaltete. Während Bayern auf dem europäischen Parkett mitspielen wollte, auch wenn dies die europäischen Mächte nicht immer wahrnahmen, beschränkte sich der Aktionsradius Ansbachs im wesentlichen auf das Reich. Von Augsburg kann man dagegen nicht behaupten, daß es auch nur in der Reichspolitik eine Rolle spielte. Seine politischen Aktionen jenseits der Stadtgrenze beschränkten sich meist auf die unmittelbare Nachbarschaft, den Kreis und das Reich, nur in Angelegenheiten, die den Handel betrafen, agierte es in einem größeren Zusammenhang. Bayern war bis 1704 ständig auf dem Reichstag präsent und ein Faktor in der Reichspolitik, mit dem man rechnen muß1779 1780
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StadtAA. RTA 141, Liste der Legationssekretäre vom 4. Nov. 1713. Zu den Beträgen für die Korrespondenzen 1686-1713 vgl. StadtAA. EWA 595, Continuatio oder Einnahm und Außgab deß Evangel. Aeraij (Ausf.). StadtAA. RTA 280, Sehr. Richters an Lauber vom 22. Jan. 1689 (Ausf.). 1691 sandte man Richter bspw. sechs Schaupfennige. StadtAA. EWA 600/1, Aufstellung der Schaupfennige durch Lauber vom Apr. 1691 und Sehr, vom 20. Apr. 1691 (Konz.). Die Schreiben Godelmanns befinden sich in: StadtAA. RTA 145, darin auch die Liste der Postgelder, die Lauber für den evangelischen Ratsteil auslegte. Es handelt sich um zwei Ber. Holzapfels: RTA 153, Ber. vom 13. Febr. 1703 (Ausf.) und RTA 387, Ber. 26. Juli 1708 (Kop.?). Einer der Gründe für die Abberufung Thomans 1684 war neben dem finanziellen auch die Forderung des katholischen Teils nach Alternation. StadtAA. RTA 137, Reskr. vom 1. Sept. 1684 (Konz.).
1. Drei Stände
311
te. Ansbach war dagegen nicht durchgängig von einem Gesandten vertreten. In den vor 1688 liegenden Jahren des Untersuchungszeitraums kann keine aktive Teilnahme an der Reichspolitik festgestellt werden. Nur unter den Metternichs kann davon gesprochen werden, wobei eine von Kurbrandenburger Maßgaben unabhängigere Politik erst mit Wolf von Metternich zu beobachten ist. Auch Augsburg war nicht ständig mit einem Stimmfuhrer vor Ort. War es vertreten, hatte der Abgesandte im Reichsstädtekolleg ein erhebliches Gewicht, auf den gesamten Reichstag gesehen, litt er jedoch unter dem Problem aller Reichsstädter, nämlich daß er als nicht gleichwertig betrachtet wurde. Es waren bei Ansbach und Augsburg vor allem die erheblichen Kosten einer Gesandtschaft, der eine ständige Vertretung als unmöglich erscheinen ließen, in Ansbach kam zeitweilig ein Legitimationsproblem des regierenden Geheimen Rats dazu. Bei beiden ist eine Intensivierung der Bemühungen um Einflußnahme auf dem Reichstag festzustellen, wenn der Stand eigene Anliegen vorzubringen hatte. Dies äußerte sich dann auch in einem erhöhten Kostenaufwand. Dennoch bezogen alle drei der hier behandelten Stände über den ganzen Zeitraum hinweg Nachrichten aus Regensburg. Bayern war durch die Gesandtschaftsberichte informiert. Ansbach und Augsburg erwarben in der Zeit, in der sie keinen Stimmvertreter unterhielten, zumindest Korrespondenzen. Besonders die Stadt zeigte ein reges Interesse an Nachrichten aus Regensburg, die sie sich etwas kosten ließ. Die für die Korrespondenzen aufgewandten Summen erscheinen im Vergleich mit den bayerischen, die sich vor 1700 - nur Deputate und Hauszins gerechnet - auf jährlich 5 400 fl. beliefen, als nicht übermäßig hoch, waren aber doch ein Vielfaches der Ansbacher Aufwendungen. In Ansbach wollte man ebenfalls ein Mindestmaß an Nachrichten aus Regensburg nicht missen. Es zeigte sich hier aber deutlich, daß man maximale Leistung für möglichst wenig Geld haben wollte. Korrespondenzen hatten die Eigenschaft, sich bei längerer Dauer zu verteuern, ohne daß man deshalb mehr Nachrichten erhielt. Mit einem Gesandten zu korrespondieren, war zudem tendenziell teurer als mit einem Gesandtschaftsangestellten. Die genauere Betrachtung der persönlichen Umstände der Berichterstatter ergab erhebliche Unterschiede, die sich auf die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und das Verhältnis zum Kommittenten auswirken mußten. Alle Gesandten hatten eine fundierte juristische Ausbildung. Bei den bayerischen handelte es sich in drei Fällen um Bürgerliche, Neuhaus stammte aus niederem Adel, während die Tattenbachs zum gehobenen landständigen Adel zählten. Außer letzten hatten sich alle im bayerischen Dienst hochgearbeitet und einen hohen Status erreicht. Die Reichstagsvertretung war für einige von ihnen das Sprungbrett in höchste Regierungsämter. Von den Ansbacher Vertretern kam dagegen keiner aus dem Territorium selbst oder war zuvor im markgräflichen Dienst gestanden. Es handelte sich durchweg um Brandenburger, die außer Wolf von Metternich alle im Dienst der Brandenburger Gesandtschaft standen und somit dem Kurfürsten verbunden waren. Dies war nur solange kein Problem, als sich dessen
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V. Information und Persuasion
Politik mit der Ansbacher deckte. Die Reichsstadt Augsburg entsandte dagegen Angehörige der obersten städtischen Regierungs- und Verwaltungsebene. Der Rangunterschied zwischen den Korrespondierenden war folglich nicht immer gleich groß. Die bayerischen Gesandten wurden in den Reskripten mit dem befehlenden ,du' angesprochen, während dies bei denen der Reichsstadt Augsburg nicht zu beobachten ist. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um ein Dienstverhältnis, doch war das soziale Rangverhältnis ein anderes, wenn der bayerische Geheime Rat im Namen des Kurfürsten an einen Gesandten bürgerlicher Herkunft schrieb, als wenn der Kleine Rat der Stadt Augsburg an einen Vertreter schrieb, der ihm wie Holzapfel selbst angehörte.1786 Auch die Zusendung eines Reskripts sagt viel über das Verhältnis aus. Ein Reskript erging auf einen Bericht in der Regel, bei der Korrespondenz dagegen nicht zwingend. So weist der Korrespondenzwechsel Augsburgs mit dem Nürnberger Richter Ähnlichkeiten zu dem eines Rats mit seinem Abgesandten auf. Richter empfing Reskripte, in denen ihm die Meinung der Stadt mitgeteilt wurde. Demgegenüber beschränkte sich etwa der Kontakt zwischen Ansbach und dem Weimarer Gesandten Fabricius auf das Einsenden von Korrespondenzen. Da Ansbach und Augsburg nur sporadisch vertreten waren, verfügte keiner der Stände über ein ständiges Quartier oder ein Archiv vor Ort. Von einer „Grundausstattung" der Gesandtschaft mit Gesandtem, Sekretär, Kanzlisten und einer beliebigen Anzahl von Dienern1787 kann nicht allgemein ausgegangen werden. Von den drei Ständen unterhielt nur Bayern eine Gesandtschaft mit vom Kurfürsten bezahlten Sekretär und Kanzlisten. Ansbach bewilligte erst auf Ansuchen des Vertreters die Anstellung eines Kanzlisten. Der Augsburger Thoman zahlte dagegen, wie das bei Städten und kleineren Herrn üblich war, seinen Schreiber selbst. Der Status dieser Sekretäre, Agenten und Schreiber erscheint relativ mobil, wobei ihr Ziel war, eine dauerhafte Stellung als Kanzlist oder Sekretär einer größeren Gesandtschaft zu erhalten. Einigen, wie dem Sekretär Textor, gelang es nach dem Verlust seiner Anstellung beim Augsburger Abgesandten in eine dauerhafte Position zu wechseln. Auch der Korrespondent Konrad Ramming fand eine Stelle als „Kanzlist bei der braunschweigisch-lüneburgischen Gesandtschaft, wenn auch nicht in erster Stellung".1788 Andere wie Strauß verdingten sich fortan als Agenten der Stände, in deren Vertretung sie zuvor gearbeitet hatten. Gradenthaler etwa übernahm einige Korrespondenzen seines ehemaligen Arbeitgebers. Als dieser zurückkam, kam es zum Konflikt, denn Richter sollte nach Wunsch des Augsburger Rats im September 1698 die Korrespondenz wieder übernehmen. Gradentha1786
Holzapfel wurde als Wohledelgebohrn etc. etc. angesprochen, während er seine Berichte an die Wohledelgebohrne, wohlgebohrner, hoch und wohlweiße herrn herrn stattpflegere und geheime räthe, gebiethendt, hochgeneigt auch grg. hochgeehrte herrn sandte. Schon daß er den selben Titel erhielt, wie die in der Relation zuerst Genannten zeigt, daß er diesen ebenbürtig war. 1787 So: M. Freitag (Anm. 249) S. 179. 1788 J. Kleinpaul (Anm. 187) S. 84, 132 dort das Zitat.
1. Drei Stände
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ler sah sich daraufhin in seiner Existenz gefährdet und schrieb einen flehentlichen Brief an einen Augsburger Konsulenten. Der Nürnberger habe verlauten lassen, daß solche correspondenz er mir von dem maul wolle wegnehmen. Er bat ihm wenigstens die 50 fl. Kopiergelder zu lassen, da er auch weiterhin die Beilagen abzuschreiben habe. Dazu wollte er ordentlich bestellt werden. 1789 Solche in relativer sozialer Unsicherheit lebenden Schreiber scheint es in Regensburg mehrere gegeben zu haben. Es stellte kein Problem dar, in Zeiten erhöhten Schriftverkehrs vorübergehend Schreibkräfte zu engagieren. 1790 Selbst Sekretäre wie Henniges konnten es sich leisten, einen Schreiber anzustellen, wenn sie eine Korrespondenz unterhielten. Dies erhöhte den Kreis derer, die Kenntnis von den Vorkommnissen auf dem Reichstag hatten und so ihrerseits zu Mittlern werden konnten. Die Ausgangslage der drei untersuchten Stände war sowohl nach Stand unterschiedlich als auch zeitlichen Schwankungen unterworfen. Allen dreien gemeinsam ist ein Interesse am Reichstag, wenn auch nicht immer an der Stimmführung. Gerade am Beispiel Ansbachs und Augsburgs zeigte sich deutlich, daß man, selbst wenn die Stimme ruhte, zumindest Informationen aus Regensburg bezog, zum einen um zu wissen, wann die Entsendung eines eigenen Vertreters wegen eines wichtigen Themas notwendig wurde, zum anderen aber auch, um zu erfahren, was im Reich vor sich ging, welche Nachrichten kursierten und wie sie eingeschätzt wurden.
1789 1790
StadtAA. RTA 289, Sehr. Gradenthalers vom 25. Sept. 1698 (Ausf.). Bspw. StadtAA. RTA 364, Ber. vom 29. Okt. 1704 (Ausf.).
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V. Information und Persuasion
2. Die Reichstagsberichte und Reichstagskorrespondenzen als Ergebnis von Nachrichtenselektion 2.1 Die Reichstagsberichte und -korrespondenzen im Vergleich Im wesentlichen auf der Basis der Berichte entschieden die Stände über ihre Maßnahmen. Insofern war es wichtig, was berichtet wurde und wie es dargestellt war. Der Informierung der Herrschenden über die Vorkommnisse in Regensburg dienten vor allem zwei Arten von Schreiben: der Reichstagsbericht und die Reichstagskorrespondenz. Was sie unterschied, war die Stellung des Senders. Während hinter dem Bericht ein Dienstverhältnis stand, handelte es sich bei der Korrespondenz eher um eine Geschäftsbeziehung.1791 Da die Reichstagskorrespondenz oft als Ersatz für die Berichte diente, sollen hier auch solche berücksichtigt werden, die diese Ersatzfunktion hatten. Deren Form schwankte zwischen der des Berichts und der handgeschriebenen Zeitung. Handelte es sich beim Korrespondenten um einen Gesandten eines anderen Standes, so war sie meist wie ein Bericht gestaltet, wobei ihr Inhalt eine gekürzte und modifizierte Fassung der Gesandtschaftsrelation sein konnte. War der Korrespondent aber ein Legationssekretär oder eine sonstige Person, so fehlte meist die Unterschrift und das Schreiben näherte sich eher einer Zeitung. Johann Peter Ludewig schilderte den Bericht als vorzügliche Informationsquelle, da zum einen die Schreiber meist „Staats-Verständige und kluge Leute" seien, die täglich mit gut informierten Personen zusammenträfen, zum anderen wende jeder Prinzipal für Nachrichten viel Geld auf. Allerdings gäbe es viele Fehlermöglichkeiten, die den Wert eines Berichts schmälerten.1792 Diese konnten demnach sehr unterschiedlich ausfallen. Bei einem Vergleich der Reichstagsberichte und -korrespondenzen des Kurfürstentum Bayern mit denen des Fürstentum Ansbach und der Reichsstadt Augsburg fallen bei aller Ähnlichkeit relevante Unterschiede auf. Erste Divergenzen ergeben sich bezüglich der Frequenz der Berichte. An Bayern wurde mit großer Regelmäßigkeit zweimal, in den Jahren 1697/98 teilweise nur einmal pro Woche berichtet. Die bayerischen Vertreter schrieben oft auch,
1791
Richter meinte z.B. eine Korrespondenz könnten auch Sekretäre und Kanzlisten unterhalten. StadtAA. RTA 283 Sehr. Richters an Lauber vom 30. Sept. 1692 (Ausf.). 1792 J. P. Lud[e]wig (Anm. 180) S. 82-84.
2.
Reichstagsberichte
315
wenn es nichts zu berichten gab.1793 Der Münchner Geheime Rat erteilte regelmäßig Reskripte, wobei es sich manchmal bloß um eine Empfangsbestätigung handelte. Die Relation wurde normalerweise an den Geheimen Rat gesandt. War der Kurfürst jedoch im Feld oder residierte er als Statthalter in Brüssel, hatte eine weitere Ausfertigung an ihn zu gehen.1794 Die Reskripte erstellte in solchen Fällen der Geheime Rat, der Kurfürst griff nur selten durch Weisungen ein.' 795 War der Gesandte nicht vor Ort, berichtete der Sekretär, der seine Schreiben an den Ratsvizekanzler adressierte. In den Jahren 1688-1692 sprang jedoch der Kölner Gesandte Benedikt von Gallenstein ein. Das Fürstentum Ansbach bezog bis 1690 nur Korrespondenzen. Zwar waren die Brandenburger Karl von Schönbeck, Wolfgang von Schmettau und Ernst von Metternich zur Führung des Votums legitimiert, sie sandten aber keine Berichte. Die Korrespondenz weist einen (teils unregelmäßigen) wöchentlichen Rhythmus auf. Bis 1686 war sie karg und beschränkte sich oft auf eine halbe Seite mit den wichtigsten Vorkommnissen sowie den Diktata und Protokollen als Beilagen.1796 Der Vormundschaftsrat war damit nicht zufrieden, denn seit Mai 1686 bezog er Korrespondenzen des Sachsen-Weimarer Gesandten Georg Philipp Fabricius, der 1686 einmal und ab 1687 meist zweimal pro Woche berichtete. Ende 1688 vermittelte Ernst von Metternich den Bezug von Berichten des Brandenburger Sekretärs Heinrich Henniges.1797 Im April 1690 übernahm Metternich selbst die Berichterstattung.1798 Sein Versprechen, mindestens einmal pro Woche zu berichten, hielt er aber nicht ein. In den Jahren des Streits um die neunte Kur kam es vor, daß wochenlang ausgesetzt wurde, insbesondere für die Jahre 1696 bis 1705 kann nicht von Regelmäßigkeit gesprochen werden. Metternich nahm sich vom 26. März bis 4. Juni 1691 die Freiheit, nur Zeitungen ohne Unterschrift zu senden, solange er nichts zu berichten habe, so das Hochf. haus Onolzbach ins besonder angehen, oder aber ich ein schreiben von Hlöb. Obervormundschafftlichen Regirung zu beantworten habe}199 In Situationen, in denen Ansbach ein intensives Interesse an den Vorgängen auf dem Reichstag hatte, wurde der Rhythmus verdichtet, so daß man auf zwei bis fünf Berichte pro Woche kam.1800 Ernst von 1793
So schrieb Gallenstein, es gäbe ganz und gar nichts schrifftwyrdiges. BHStA. KB. ÄA 3473, Ber. vom 12. Nov. 1691 (Ausf.); Vgl. BHStA. KB. ÄA 3483, Ber. vom 21. Jan.1697 (Ausf.). 1794 BHStA. KB. ÄA 3449, Reskr. vom 22. Aug. 1684 (Konz.). Einige der doppelten Ber. finden sich in: BHStA. KB. ÄA 3462, 3481, 3482, K. schw. 4656, 8536, 12773. 1795 BHStA. KB. ÄA 3449, Reskr. vom 24. Aug. 1684 (Konz.). 1796 Gottfried von Jena, der sie vermittelt hatte, dankte 1686 nur für die Übersendung der schreibe-gebühr der publice dictatorum und des reichß-ßirstenrahts protocoll[en], es scheint also nicht mehr vereinbart gewesen zu sein. StAN. Fm. Ansbach. RTA 175, Sehr. v. Jenas vom 14. Juli 1686 (Ausf.). 1797 StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Sehr. Metternichs vom 20. Sept. 1688 (Ausf.). 1798 StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Sehr. Metternichs vom 17. Apr. 1690 (Ausf.). 1799 StAN. Fm. Ansbach. RTA 182, Ber. vom 9. März 1691 (a.S.) (Ausf.). 1800 So finden sich zwischen 14. März und 2. Apr. 1703 10 Ber. StAN. Fm. Ansbach. RTA 191.
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V. Information und Persuasion
Metternich zog seinen 1703 als Substituierten legitimierten Bruder Wolf zunehmend zur Berichterstattung hinzu. Vom 7. März 1703 bis 11. August 1706 unterzeichneten beide die Relationen, danach signierte bis zum 5. Juli 1713 nur noch Wolf von Metternich, dem sein Bruder die Berichterstattung nach dem Beitritt Ansbachs zu den Korrespondierenden 1709 überließ.1801 An Wolfs Berichten fällt die große Menge Postskripten auf, deren Zahl auch wegen dessen Mißtrauen gegen den Sekretär stieg. Nach der Rückkehr Emsts 1713 zeichneten wieder beide das Hauptschreiben, während viele Postskripte allein von Wolf stammen. An die Reichsstadt Augsburg berichteten die Abgesandten David Thoman von Hagelstein, Johann Christoph Dirrheim und Johann Jakob Holzapfel von Herxheim und Kötsch jeden Dienstag. In der Zeit, in der die Stadt nicht vertreten war, bezog sie Korrespondenzen. Von 1688 bis 1692 sandte Johann Schwegerle wöchentlich ein Schreiben mit Beilagen. Gleiches gilt von 1688 bis zu seiner Abberufung im Mai 1695 für Dr. Georg Sigmund Richter. Nach dessen Zurückkommen begann die Korrespondenz im Oktober 1695 erneut und dauerte bis zur abermaligen Abberufung im Februar 1700. Johann Baptist Dietsch und der Agent Joseph Adam Strauß fertigten ebenfalls wöchentlich Korrespondenzschreiben. Von Juli 1695 bis Oktober 1698 erhielt der Rat von Lazarus Gradenthaler und nach Mitte 1712 von Posch einmal pro Woche die jeweiligen Diktata und Communicata zugesandt, offenbar ohne daß ein Schreiben beigelegt gewesen wäre. So wechselten sich Phasen intensiver mit solchen sehr bescheidener Berichterstattung ab. Unabhängig davon bezog der evangelische Ratsteil während des gesamten Zeitraums im siebentägigen Rhythmus Korrespondenzen. Vergleicht man den Inhalt der Schreiben und deren Beilagen, zeigt sich zunächst eine gewisse Konsonanz, die dadurch bedingt ist, daß alle vom selben Ort berichteten. So fand sich alles, was über die Mainzer Diktatur lief, meist im darauffolgenden Bericht erwähnt und als Aktenstück in den Beilagen. Damit war sichergestellt, daß die Herrschaft alle Dokumente, die am Beginn und am Ende eines Beratungsvorganges standen, schnell erhielt. Die Statistik (Anhang 5) der den Berichten beigelegten amtlichen Schreiben, wie Memorialen, Kommissionsdekreten sowie Reichsgutachten und -schlüssen, zeigt, daß sie zuverlässig eingesandt wurden. Die bayerische Überlieferung ist bis auf das Jahr 1692 und die zu den Ausnahmesituationen zählenden Jahre 1703/04 nahezu vollständig. Selbst bei den Memorialen und Schreiben, die sich als die verlustanfälligste Form der Diktata erwiesen, sind Fehlquoten von über 20 %, wenn nicht gravierende Überlieferungslücken bestanden, eher selten. Am vollständigsten waren stets die Reichsgutachten und -schlüsse, gefolgt von den Kommissionsdekreten. Die Conclusa fanden sich dabei nicht nur als einzelne Schriftstücke, sie waren auch in die Protokolle integriert. Koinzidenzen bestehen zwischen der Vollständigkeit der genannten amtlichen Schreiben und den Berichterstattern. In den geringen Fehlquoten der bayerischen 1801
StAN. Fm. Ansbach. RTA 203, Ber. vom 17. Juli 1709 (Ausf.).
2. Reichstagsberichte
317
Überlieferung macht sich der Vorteil einer ständig besetzten Gesandtschaft bemerkbar. Ähnlich wirkte sich in Ansbach die Übernahme der Vertretung durch Wolf von Metternich aus. Die Augsburger Berichte wiesen zu Thomans Zeiten ebenfalls einen hohen Grad an Vollständigkeit auf. Aber auch eine Korrespondenz konnte zur Erreichung der Gesamtmenge der amtlichen Schreiben fuhren, beispielsweise die Schwegeries (1690) und Richters (1693/94) an Augsburg. Sogar die bloße Einsendung von Diktata und Communicata ohne Berichte, wie die Gradenthalers an die Reichsstadt (1696-1698) fällt nicht übermäßig ab, wohingegen die sich durch Hintergrundberichterstattung auszeichnende Korrespondenz Georg Philipp Fabricius' mit Ansbach 1687 bei den amtlichen Schreiben schlecht abschneidet, obwohl er diese seit diesem Jahr mit einsenden sollte,1802 während er 1686 überhaupt keine Diktata und Protokolle und nur in seltenen Fällen ,Comitialia' oder ,Extracomitialia' geschickt hatte. Die ebenfalls eher schlechte Quote in den Augsburger Akten nach 1700 erklärt sich durch die schwierige Überlieferungssituation 1803 und dadurch, daß weder der Abgesandte Holzapfel noch der Agent Strauß kontinuierlich vor Ort waren und so der Berichtrhythmus öfter unterbrochen wurde. Ziemlich gleichmäßig waren die offiziellen Notifikationen und zum Zweck der Information verteilten Communicata in den drei Überlieferungen vertreten, sofern sie nicht nur für ein einzelnes Kolleg bestimmt gewesen waren. Metternich versprach zum Beispiel, den relationen die gedruckten und geschriebenen communicata, wiewohl nach gestalten Sachen zuzeiten, und wann dergleichen dinge nicht von sonderlicher importanz, ohne allegation beizufügen. 1804 Bei allen anderen Teilen ergaben sich mehr oder weniger große Abweichungen. Dies beginnt bei der Berichterstattung aus den Kollegien, die ja getrennt berieten. Das eigene Kolleg stand stets im Vordergrund, für dessen Beratungen eine ausreichende Instruierung nötig war, die wiederum nur dann gegeben werden konnte, wenn alle wesentlichen Details bekannt waren. Dazu diente auch die Übersendung der Protokolle. Da diese nur für die Mitglieder des jeweiligen Kollegs gedacht waren und ansonsten der Geheimhaltung unterliegen sollten, konnte man allein durch Indiskretion oder Beibringung der Protokolle Kenntnis von den Beratungen der anderen Kollegien erhalten. Vorteilhaft war, wenn man wie Bayern Mitglied in beiden höheren Kollegien war. Die Protokolle des Fürstenrats jedoch fanden sich in den reichsstädtischen Akten ebenfalls in relativer Dichte. Unterschiede zwischen den Berichten ergaben sich natürlich auch in den Teilen, die den individuellen Handlungen des Gesandten gewidmet waren. Er schilderte hier Gespräche mit Kollegen, was er erfahren hatte, welche Informationen er weitergegeben hatte, wen er besuchte und wer zu ihm gekommen war und was er schriftlich aufgesetzt hatte. Vergleicht man aber die gemeldeten Kontakte, so 1802
StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Dekret vom 15. März 1687 (a.S.) (Konz.). Vgl. Anm. 1762. 1804 StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Ber. vom 21. Apr. 1690 (Ausf.). 1803
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V. Information und Persuasion
sind jene, welche die Gesandten der untersuchten Stände miteinander melden, der neuralgische Punkt und hier stimmten die Meldungen oft nicht überein. So schilderte der Nürnberger Richter ein Gespräch mit dem Augsburger, dieser jedoch meldete zwar Nachrichten, die wohl daraus stammten, aber nicht die Tatsache des Kontakts an sich.1805 Die Stimmvertreter berichteten also nicht immer alles, was sie wußten und kennzeichneten nicht immer genau, von wem sie was hatten. Das bestätigt sich beim Blick auf die Visiten. Vergleicht man das Diarium des Abgesandten Speyers, Johann von der Mühlen, mit den Berichten, wird klar, daß diese kein vollständiges Bild vermitteln. So enthält das Diarium unter dem 21. Mai 1710 die Notiz, den Augsburger besucht zu haben, dieser meldet davon nichts.1806 Ebenso verhält es sich mit der am 2. April beim Ansbacher gemachten Visite.1807 Unterschiedlich waren die Schreiben auch hinsichtlich der Nachrichten, die nur mittelbar oder nichts mit dem Reichstag selbst zu tun hatten. Bei den Zeitungen und ,Extracomitialia' handelte es sich um Meldungen, die in den verschiedensten Medienformen unter den Gesandten oder über den Regensburger Medienmarkt weitergegeben wurden. Dabei variierten nicht nur die Herkunftsorte, sondern - soweit zu rekonstruieren - auch der Umfang, in dem sie eingesandt wurden. Die Berichte der bayerischen Gesandten konzentrierten sich mehr als die der Ansbacher oder Augsburger auf das Geschehen in Regensburg. Nach München wurden weniger Zeitungen berichtet, während Augsburg die meisten erhielt. So fehlen in den bayerischen Akten weitgehend die ansonsten häufigen Nachrichten aus Wien oder in den achtziger und neunziger Jahren die vom ungarischen Kriegsschauplatz. Nur in den frühen Berichten Neuhaus' waren sie in größerem Umfang beigelegt. Dies zeigt sich beispielsweise bei den gedruckten Beilagen. Vergleicht man die Menge der eingesandten nicht-periodischen Kleindrucke (Anhang 6), ergibt sich folgendes Bild: die Stadtväter von Augsburg erhielten bis auf wenige Jahre (1688, 1704, 1710, 1713), in denen sie von Ansbach überrundet wurden die meisten. Wirft man einen Blick auf die Korrespondenzschreiben, die der evangelische Ratsteil Augsburgs bezog, stellt man fest, daß diese in 18 von 31 Jahren die Spitzenwerte aufweisen. Bayern fallt dagegen deutlich ab. Die meisten der dorthin eingesandten Drucke fallen zudem in den Bereich der Amtsdruckschriften, Neue Zeitungen und andere Flugschriften, wie sie sich zahlreich in den anderen Überlieferungen finden, sind dagegen selten. Es erscheint erstaunlich, daß die Gesandtschaft, die bis 1704 am kontinuierlichsten berichtete, die wenigsten Drucke einschickte. Da die Berichte ansonsten detailliert und umfangreich schildern, kann mangelnde Sorgfalt nicht der Grund sein. 1805
1806 1807
StAN. RS Nürnberg. RTA 315, Ber. Richters vom 13. Mai (a.S.) 1686 (Ausf.); im Vergleich: StadtAA. RTA 338, Ber. vom 21. und 28. Mai 1686 (jew. Ausf.). In einem Sehr, an Richter schildert Thoman ein Gespräch mit dem Schweden, erwähnt es in seinem Ber. an Augsburg aber nicht. StAN. RS Nürnberg. RTA 315, Sehr. Thomans an Richter vom 6. Juni 1686 (Ausf.). J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 1061; im Vergleich: StadtAA. RTA 375. J. C. Lünig (Anm. 58) Bd. 1. S. 1059f.; im Vergleich: StAN. Fm. Ansbach. RTA 204.
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Reichstagsberichte
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Zunächst vermutet man eine Überlieferungslücke. Verluste sind nie auszuschließen, aber meist gibt es Hinweise. So kann aus Erwähnungen geschlossen werden, daß den Augsburger und teilweise den Ansbacher Berichten und Korrespondenzen die gedruckte Regensburger Zeitung beilag, diese aber immer entfernt wurde.1808 Beilagen, die dem Gesandten erwähnenswert schienen und dazu gehörten zumindest bei den Ansbacher und Augsburger Vertretern die meist gekauften Drucke, wurden in den Berichten ,allegiert', das heißt sie wurden als beigelegt vermerkt und mit einer Nummer oder einem Buchstaben versehen.1809 Solche Erwähnungen von Drucken gab es in den bayerischen Akten kaum. Für die bayerische Gesandtschaft sind jedoch die Rechnungen überliefert, in denen die gekauften Drucke als Posten aufgeführt wurden (Anhang 3). Bis auf vier Jahrgänge wurden die Kosten nur pauschal angegeben. Nur in der Zeit von Januar 1689 bis Mai 1692 wurden die Schriften einzeln mit ungefährem Titel aufgeführt, so daß sie identifiziert werden können (Anhang 2). Ein Vergleich mit den in den Akten vorhandenen Drucken ergab, daß 1689 14 Druckschriften gekauft worden waren, von denen bis auf zwei alle in den Akten zu finden sind. Allerdings gab es dort noch 20 weitere, die nicht in der Rechnung standen. Davon wurden zehn in den Berichten als verteilt bezeichnet, für einige der anderen ist es, da es sich um Amtsdruckschriften handelt, ebenfalls wahrscheinlich. 1690 waren zehn Drucke überliefert, während acht gekauft worden waren, wobei sich einer der gekauften nicht in den Akten fand. Im folgenden Jahr stehen zehn gezahlten Drucken, von denen zwei nicht mehr vorhanden waren, vier in den Rechnungen nicht erwähnte gegenüber.1810 Unterstellt man nun aufgrund dieser Ergebnisse1811 eine Verlust1808
1809
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1811
Erwähnungen finden sich bspw. in: StadtAA. RTA 336, Ber. vom 28. Aug. 1685 (Ausf.); RTA 349, Korresp. Schwegeries vom 6. Febr. 1691 (Ausf.); StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 1., 8., 15., 22., 29. Dez. 1688, 6. Jan. 1689 (jew. Ausf.); RTA 178, Korresp. vom 12., 19., 26. Jan., 2., 16., 23., 30. [!] Febr., 9., 16., 23., 30. März 1689 (jew. Ausf.) usw. Auch Kaufbeuren bezog die Regensburger gedruckte Zeitung. StadtAA. RTA 276, Korresp. vom 24. Apr. 1685 (Konz.). Für Erwähnungen gab es verschiedene Systeme. In der Regel wurde innerhalb eines Berichts numeriert, seltener buchstabiert. In diesen Fällen kann man durch Lücken in der Zählung auf fehlende Beilagen schließen. Eine seltener verwendete Möglichkeit war, wie es z.B. Holzapfel übte, die fortlaufende Numerierung, bei der schnell sehr hohe Zahlen erreicht wurden. Hier lassen sich auch Lücken erkennen, welche die jeweils letzten, möglicherweise nicht erwähnten Beilagen betrafen, die im ersten Fall nicht zu fassen sind. BHStA. KB. HR I, Fase. 316/Nr. 353 (2); HR I, Fase. 316/Nr. 353 (3); im Vgl.: BHStA. KB. ÄA 3464-3473. Weitere Gegenüberstellungen zwischen den vorhandenen Drucken und den Rechnungen sind wenig aussagekräftig. Vergleicht man z.B. die Jahre 1693 und 1694, in denen jeweils fünf Drucke eingebunden sind, mit den Ausgaben, stellt man fest, daß 1693 mit 1 fl. 36 kr. dreimal soviel ausgegeben wurde wie 1694 mit 32 kr. Nach den Berichten als verteilt bezeichnet wurden 1693 ein Druck und 1694 zwei. Berücksichtigt man den Umfang der Drucke, erscheint die 1693 benötigte Papiermenge nicht viel größer als die von 1694. Das Problem ist, daß die gekaufte Anzahl der Drucke nicht zu rekonstruieren ist. Betrachtet man die der 1689-1691 erworbenen Drucke schwankte die Menge zwischen zwei Stück und fünf Dutzend. Damit wird ein Vergleich sinnlos.
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V. Information und Persuasion
quote von 10 bis 20 %, schneidet Bayern im Vergleich zu Ansbach besser ab, erreicht aber die Zahlen Augsburgs bei weitem nicht. Zudem kam es sicher auch in Ansbach und Augsburg zu Verlusten. Unterschiede hinsichtlich der Zusammensetzung bestanden auch zwischen den Korrespondenzen, die eine Regierung bezog. So sandte Fabricius an Ansbach 1686 keine Diktata und Protokolle, sondern beließ es bei Schreiben, denen er in einigen seltenen Fällen Beilagen zugab. Daß dennoch Diktata und Protokolle vorhanden sind, ist der vom Brandenburger Gesandten vermittelten Korrespondenz zu verdanken. 1687 wurde Fabricius zum alleinigen Korrespondenten bestellt, wobei er gegen einen Aufpreis nun auch die Diktata, Protokolle, Comitialia und extra comitialia einsenden sollte.1812 Der ihm nachfolgende Henniges sollte allen Vorgang aus dem fiirstl: collegio, neben einsendung der beym reichsconvent vorkomende communicatorum auch waß sonsten in publicis desmahl passirt berichten. 1813 Nach Henniges Aussage bestanden seine Briefe nicht in einer bloßen wöchentlichen relation, sondern ich schicke zu gleich alle dictata und protocolla, sowie alle vorhandne getruckte Sachen.1814 Vergleichbar sind die Anforderungen, welche die Reichsstadt Augsburg an Richter stellte. Man unterhielt bereits eine Korrespondenz mit dem Kanzler von St. Emmeram und wollte nun, so Richter, von ihm neben dem was H. Schwegerl in publicis von hier berichtet und übersendet, was in denen r[eich].y städt. Sachen bey diesen r[cic\\\s-convent vorgehet, und sonsten unter der hand communicirt zu erhalten haben. 1815 Zwischen ihnen gab es also eine Aufgabenteilung, die sich auf den Inhalt der Schreiben und die Beilagen auswirkte. So lagen den Schreiben Richters vor 1692 keine Diktata bei, während bei Schwegeries kaum Zeitungen zu finden sind. Inhaltlich beruhte also viel auf einigen Entscheidungen der Herrschaft vor Bezug der Korrespondenzen. Die Schreiben bestanden aus verschiedenen Teilen, deren Zusammengehörigkeit nicht thematisch, sondern vor allem funktionell bedingt war. Die Teilbereiche unterlagen gewissen Wertigkeitsvorstellungen. Daraus ergab sich ein Schema der Zusammensetzung von Berichten und Korrespondenzen, das zwar wenig über die Menge von Nachrichten aus einem der Bereiche aussagt, sich aber an dem ihnen zugemessenen ,Wert' orientiert. Am wichtigsten waren die Bereiche, auf die Instruktionen nötig waren. Sie standen in den Berichten meist an erster Stelle. Es handelte sich dabei um die Schilderungen der Vorkommnisse in den Kollegien, wobei das eigene Kolleg im Vordergrund stand, während die anderen in der Reihenfolge kurfiirstliches-fiirstliches-städtisches folgten. Damit verknüpft waren die Protokolle. Zu ihnen gesellten sich die über die Diktatur vermittelten Dokumente. Ebenfalls einen hohen Stellenwert hatten Informationen zu den Tätigkeiten des Gesandten außerhalb des Kollegs. Hoch 1812 1813 1814 1815
StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Dekret vom 15. März 1687 (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Sehr, an Metternich vom 9. Nov. 1688 (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 181, Sehr. Henniges vom 15. März 1690 (Ausf.). StadtAA. RTA 279, Sehr. Richters an Lauber vom 15. Juni 1688 (Ausf.).
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Reichstagsberichte
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eingestuft waren hiervon die Handlungen der Interessengemeinschaften, wie der Corpora, ,Parteien' und ständischen Vereine. Im Vordergrund standen auch hier die, in denen man selbst Mitglied war, während die Aktivitäten der anderen Gruppen zwar reges Interesse hervorriefen, aber schon aufgrund der Hindernisse bei der Nachrichtenbeschaffung weniger intensiv besprochen wurden. Ebenfalls als wichtig wurden Notifikationen und Communicationen von Seiten der Gesandten betrachtet. Visiten und Gespräche wurden berichtet, wenn sie als relevant eingestuft wurden. Zur Kategorie der minderen Nachrichten zählten dagegen Zeitungen, die nur als Ergänzung oder Notbehelf betrachtet wurden. So schrieb der bayerische Gesandte 1698, er müsse sich, da von dennen comitial affairen fast nichts referirens würdiges zuberichten ist [...] einig anderer in particular brieffen einlauffendten novellen bedienen.1816 Und der Ansbacher argumentierte 1702, er habe lieber das Schreiben einige Zeit unterlassen, als sich mit italiänischen, niederländischen oder pohlnischen alten Zeitungen oder sonsten nichts- und Ew. Hochfürstl. Durchl. unwürdigen dingen zu behelfen. 1817 Dennoch sind sie in jedem Bericht zu finden. Gerne wurde die Regensburger gedruckte Zeitung bestellt.1818 Es handelte sich um den Bereich mit der größten thematischen Vielfalt. Die oben geschilderte Kanalisierung der Kommunikation durch die Institution, die ,Parteien' und Netze spiegelt sich also in den Berichten.
2.2 Die Selektionskriterien Welche Nachrichten gab ein Diplomat weiter? William James Roosen beantwortete diese Frage mit: „The answer is that seventeenth century diplomats were interested in many different problems. The amount and variety of information which they wrote about cannot be overemphasized." 1819 Die Beispiele, die er aufzählt, scheinen das ebenso zu bestätigen, wie der Eindruck, den die Reichstagsakten vermitteln. 1820 Trotzdem ist die Antwort unbefriedigend. Berichteten sie einfach ,alles' oder wählten sie aus? Die oben festgestellten Unterschiede der Berichte zeigen, daß die Gesandten nicht alle verfügbaren Informationen meldeten. Die Kommunikationswissenschaften entwickelten Theorien zur Nachrichtenauswahl durch den Journalisten. Diese können nicht ohne weiteres auf histori1816
1817 1818
1819 1820
BHStA. KB. ÄA 3486, Ber. vom 28. Aug. 1698 (Ausf.); ähnlich: ÄA 3487, Ber. vom 16. Nov. 1699 (Ausf.) und StadtAA. RTA 336, Ber. vom 13. Nov. 1685 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 190, Ber. vom 28. Juni 1702 (Ausf.). So orderte Kaufbeuren 1685 neben dem Ber. die gedruckte Zeitung. StadtAA. RTA 276, Ber. vom 24. Apr. 1685 (Konz.). W. J. Roosen (Anm. 47) S. 143. Beispiele S. 143-150. Einen Überblick über die thematische Vielfalt der Ber. vermittelt z.B. ein Blick in das sehr detailliert ausgearbeitete Repertorium der hessen-kasselschen Reichstagsakten im Hessischen Staatsarchiv Marburg: Hans Philippi: Bestand 4. Politische Akten nach Philipp d. Gr. 1567-1806. Abteilung E: Kaiser, Reichs- und Kreissachen. Marburg 1976 (Repertorien des Hessischen Staatsarchivs Marburg). S. 163-204, 273-277, 281, 285-291, 306, 311, 318-321.
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sches Material übertragen werden, geben jedoch Anregungen. Es wird davon ausgegangen, daß der Journalist ständig gezwungen ist, aus einem großen Angebot die Nachrichten auszuwählen, die weitergegeben werden. Er ist so nicht der objektive Mittler, sondern wählt, bewußt oder unbewußt, das aus, was durch die Medien vermittelt wird, die damit aktiv ein Bild von der Wirklichkeit entwerfen. Die Ansätze zur Nachrichtenauswahl lassen sich grob in drei Richtungen unterteilen. So fragen die ,Gatekeeper'-Studien vor allem nach den individuellen Prädispositionen und institutionellen Zwängen, welche die Auswahl beeinflussen. Die nahestehende ,News Bias'-Forschung beschäftigt sich mit den Tendenzen der Berichterstattung, die durch subjektive Prädispositionen der Journalisten entstehen. Während bei diesen Ansätzen mehr die Vermittler im Zentrum stehen, betrachtet die Nachrichtenwert-Theorie die Beschaffenheit der Nachrichten selbst und thematisiert, welche Faktoren sie erwähnenswert machen. Ein häufig benutztes Schema erarbeitete in zwei Studien Winfried Schulz, der 20 Nachrichtenfaktoren fand, nach denen sich Journalisten richteten.1821 In der historischen Medienforschung wurde versucht, zumindest einige der Kategorien auf Zeitungen und Neuen Zeitungen des 17. Jahrhunderts zu übertragen. Dabei wurde deutlich, daß Modifikationen schon durch das anders geartete Umfeld nötig sind. Als eine Art von Selektionsfaktoren können zusätzlich die aus der Sprachwissenschaft stammenden ,Maximen des Informierens' verstanden werden, worunter Aktualität, Relevanz, Informativität, Verständlichkeit und Wahrheit subsumiert werden.1822 1821
Die Dreiteilung folgt Joachim Friedrich Staab: Nachrichtenwert-Theorie. Formale Struktur und empirischer Gehalt. Freiburg, München 1990 (Alber-Broschur Kommunikation. Bd. 17). S. 11-92. Einen Überblick vermitteln: R. Burkart (Anm. 27) S. 275-283, 494-497; H. Pürer (Anm. 28) S. 128-133; Winfried Schulz: Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse der aktuellen Berichterstattung. Freiburg, München 1976 (Alber-Broschur Kommunikation. Bd. 4). S. 7-24; J. Wilke (Anm. 210) S. 13-26; K. Pfarr (Anm. 202) S. 45-48. Die , Gatekeeper' Forschung stammt aus den USA. In Anschluß an ein Konzept des Psychologen Kurt Lewin entwickelte es David Manning White: The „Gate Keeper": A Case Study in the Selection of News, in: Journalism Quaterly. Bd. 27. 1950. S. 383-390. Bruce Westley/Malcolm S. MacLean nutzten den Ansatz 1955/57 bei ihrer modelltheoretischen Darstellung der Nachrichtentransformation. Die NachrichtenwertTheorie wurde neben amerikanischen Studien v.a. durch die Aufsätze von Einar 0stgaard: Factors Influencing the Flow of News, in: Journal of Peace Research. Bd. 2. 1965. S. 39-63 und von Johan Galtung/Mari Holmboe Rüge: The Structure of Foreign News. The Presentation of the Congo, Cuba and Cyprus Crises in Four Norwegian Newspapers, in: Journal of Peace Research. Bd. 2. 1965. S. 64-91 angestoßen. Eine Differenzierung erfuhr das Konzept durch W. Schulz (Anm. 1281) S. 25-34, der den Schwerpunkt von der negativ konnotierten Konstruktion der ,Medienrealität' auf die psychologischen, sozialen, politischen, ökonomischen und technischen Faktoren der Nachrichtenauswahl verlagerte. Davon ausgehend erweiterte J. F. Staab (Anm. 1821) S. 120f., 216-226 die Faktoren auf 22. 1822 Mit Nachrichtenwertfaktoren arbeiten J. Wilke (Anm. 210) und K. Pfarr (Anm. 202), die einzelne auswählt. Mit den Prinzipien der Nachrichtenauswahl beschäftigt sich auch T. Schröder (Anm. 183) S. 145f., der auf S. 218-305 die sprachwissenschaftlichen Maximen des Informierens' nach Grice und Muckenhaupt einbezieht. Schröder verwendet diesen Ansatz in: Die Sprache (Anm. 209) S. 286-314.
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Ohne auf Theorien der Nachrichtenauswahl einzugehen, eruierte Esther-Beate Körber aus den Titeln des frühen 16. Jahrhunderts Wahrheit, Neuheit und Sensationswert als typische Auswahlkriterien der , Öffentlichkeit der Informationen'.' 8 2 3 Eine klassische Analyse der Nachrichtenauswahl kommt hier nicht in Frage, 1824 doch die Grundüberlegung, ein Medium als Ergebnis von Selektionsvorgängen aufgrund technischer, normativer, kulturell bedingter und persönlich beeinflußter Kriterien zu begreifen, ist interessant. Bei der Suche besteht sowohl die Gefahr, die Individualität des Gesandten aufzulösen als auch die, die Eigenart eines Einzelnen überzubetonen. Die im folgenden dargestellten Selektionskriterien sollen daher als modellhafte Zusammenstellung von Möglichkeiten verstanden werden. Denn fur den Gesandten bestand das Problem, auswählen zu müssen, wobei die Auswahl auf meist unbewußt gehandhabten Selektionskriterien und einer routinierten Arbeitsweise beruhte. Einen Einblick in die Arbeitsweise eines Abgesandten und Korrespondenten vermitteln die für 1683 bis 1688 erhaltenen Konzepte der Relationen des Augsburgers Thoman. 1825 Dieser korrespondierte mit den Städten Lindau, Leutkirch, Biberach und Kaufbeuren. Das Konzept nahm anscheinend der Schreiber auf. Dann korrigierte es Thoman und bestimmte welche Teile an welche der Städte zu senden waren. Nach diesen Angaben fertigte der Schreiber die Ausfertigungen und gab sie dem Abgesandten zur Unterschrift. Da wir kaum das ursprünglich zur Verfügung stehende Material rekonstruieren können und mit dem Bericht lediglich das Ergebnis der Auswahl kennen, kann nur von diesem ausgehend auf die Kriterien geschlossen werden, die einer Information über die Rezeptionsschwelle verhalfen. Dabei ist besonders auf die meist nur in knappen Nebensätzen angedeuteten selbstreferentiellen Äußerungen der Gesandten über ihre Auswahlkriterien zu achten. Daneben sind die Rahmenbedingungen der Auswahl zu berücksichtigen. So muß zwischen ,nachrichtendistinkten' und ,nachrichten-immanenten' Faktoren unterschieden werden, woraus sich zwei Bündel von Selektionsfaktoren konstruieren lassen:
1823
E.-B. Körber (Anm. 24) S. 336-345, 376. Zur .Neuheit' und Wahrheit vgl. die Bemerkungen bei: M. Giesecke (Anm. 38) S. 427-432, 499. 1824 I.d.R. werden solche Untersuchungen auf quantitativer Basis durchgeführt. Da eine Auszählung allein nach Nachrichten qualitative Unterschiede zu stark einebnet, müßte eine objektiv zu prüfende Codierungseinheit, wie die Wortzahl, erfaßt werden, was angesichts verschiedener Schreibstile zu Verschiebungen führte. Eine Skalierung der Intensität der Faktoren würde die teil-subjektive Entscheidung des Gesandten einer erneuten teil-subjektiven Entscheidung des Historikers unterwerfen. Probleme würden besonders die kulturell determinierten Faktoren bereiten. Zudem ist der Reichstagsgesandte kein Journalist, der Bericht kein Massenmedium. Von einem angestrebten Universalismus kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. 1825 StadtAA. RTA 128, 274-279.
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A) ,Nachrichten-distinkte' Faktoren: 1. Eigenschaften des Mediums/Kanalkapazität 2. Normative Vorgaben: a) allgemein: · durch die Theorie • durch die Herrschaft b) spezielle/thematische Vorgaben 3. Zeit: a) Frequenz der Berichte b) Ablaufzeitpunkt der Post/des Boten 4. Produktionsform: a) Druck b) Abschrift c) eigene Niederschrift 5. Bedingungen der Nachrichtenbeschaffung 6. Loyalität/Verhältnis des Gesandten: a) zu seinem Herrn b) zu Dritten/zu einer ,Partei' c) zu seiner Konfession d) Selbstdarstellung Β),Nachrichtenimmanente' Faktoren: 1. Vollständigkeit 2. Neuheit 3. Nähe: a) geographisch: · zu Regensburg • zum Empfänger b) politisch c) ständisch d) konfessionell e) Relevanz: · allgemein • speziell 4. Bedeutungszuschreibung durch a) Bezug zu einer Macht b) einflußreiche Person/,Prominenz' c) ökonomische Bedeutung d) Omen 5. Dynamik: a) Überraschung b) Intensität/Häufung 6. Kontinuität der Thematisierung 7. Wertigkeit: a) Konflikt/Aggression b) Kriminalität/Schaden c) Erfolg 8. Wahrscheinlichkeit Zwischen den Faktoren besteht zum Teil ein enger Zusammenhang, auch sind nicht alle von gleicher Wichtigkeit. Doch je mehr dieser Faktoren eine Nachricht beinhaltete, desto sicherer wurde sie ausgewählt. Das gilt nicht für alle Berichtteile, denn bei Diktata oder Protokollen gab es nichts auszuwählen, bei vielen anderen Nachrichten war man jedoch dazu gezwungen.
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Die Eigenschaften des Berichts und der Korrespondenz wurden bereits dargestellt, doch bleibt die Frage, ob das Nachrichtenangebot größer war als die Kanalkapazität. Die Länge des Berichts war anders als die einer gedruckten Zeitung nicht vorgegeben, so daß sie sich potentiell nur nach der Leistungsfähigkeit des Schreibers richtete. Doch mußte der Gesandte seine Fähigkeit, das Wissenswerte herauszufiltern, unter Beweis stellen. Der Umfang schwankte entsprechend. So kamen die Berichte und Korrespondenzen an Ansbach auf eine Viertelseite bis 36 Seiten, wobei bei letzterem noch das dritte von vier Postskripta fehlt. 1826 Aber auch die Leistungsfähigkeit der Post, die den Bericht vermitteln mußte, war zu berücksichtigen. Es kam vor, daß die Beförderung eines Drucks zu teuer geworden wäre und er deshalb zurückblieb. 1827 In der Regel wurde er in solchen Fällen einem Boten mitgegeben. Die Kapazität der Berichte wäre also in einigen Fällen noch größer gewesen. Für den Bericht gab es Vorgaben, die bestimmten, welche Informationen erwartet wurden. Quellen der allgemeinen Normen sind neben den Diplomatietraktaten die Sekretariatslehren und Briefsteller. 1828 Kaspar Stieler hielt den Bericht für eine besonders schwierige Form des Schreibens. Neben der inneren Logik und Ordnung sowie den Hinweisen an die Herrschaft, war vor allem die Auswahl des zu Berichtenden und zwar sowohl hinsichtlich der Menge als auch der Relevanz der Grund dafür. 1829 Viele Herrn wollten „die allergeringste Umstände der Zeit/Ort/Personen/Worte/Gebehrde/und andern Vorgangs wissen". 1830 Stieler gibt Tips, wie zu berichten sei, was zu berichten sei, scheint dagegen von der Herrschaft und einem nicht weiter erörterten Empfinden von Relevanz abhängig. In den Handbüchern für Diplomaten erfährt man ähnliches. Es sei Pflicht des Diplomaten, regelmäßig und möglichst umfassend zu berichten, wobei er auf das zu achten habe, was seinen Herrn interessiere. Nach Rousseau de Chamoy sollte er sich „über die Konstitution des Staates, über seine Interessen, Prätensionen, Pläne, seine Streitkräfte zu Land und See, seine ordentlichen und extraordinären Einnahmen sowie seinen Handel" Kenntnisse verschaffen. Der Schwerpunkt der Berichte solle auf seinen Handlungen und Gesprächen liegen und am Schluß sollten die umlaufenden Neuigkeiten berichtet werden. Wichtig sei, sich auf das We1826
StAN. Fm. Ansbach. RTA 209, Ber. vom 1. Juni 1712 (Ausf.). StadtAA. RTA 349, Korresp. Schwegeries vom 24. Okt. 1690 (Ausf.). 1828 Diese sind bisher noch nicht systematisch erforscht. In den wenigen Darstellungen geht es hauptsächlich um den Privatbrief bzw. die Stilentwicklung. Bspw. A. Roseno (Anm. 103). 1829 „[...] sowol wegen der Umstände/welche auserlesen und abgekürzt/deutlich und mit eigentlichen Worten ausgeführet werden müssen/als auch wegen der Ordnung/welche wol in einander gefüget und ohne Wiederrede sich zusammen reimen muß/zugeschweigen daß darbey ein trefliches Urteil dessen/was gesagt und verhälet werden soll/von nöthen ist/und man iezuweilen eine unmasgebliche Veranlassung zu dem/was bey der Sache zu thun oder zulassen/wiewol verdeckt/mit anzuführen hat." K. Stieler (Anm. 107) S. 431. 1830 K. Stieler (Anm. 107) S. 431. Ähnlich: Christopherus Warsevicius, De Legato et Legatione. S. 88f.: „[...] & adeo vel verba inserat ipsa, quae, & a quo, & quo loco, quo vultu, gestu, tempore ad eum prolata sunt [...]", in: De Legatis (Anm. 44) S. 137. 1827
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sentliche zu beschränken.1831 Ähnliches verlangt de Callieres, der betont, der Bericht über die Gespräche und Handlungen müsse im Vordergrund stehen und auch über die Motive der Handelnden Aufschluß gegeben werden. Fielen dem Gesandten Aktionen auf, die auf wichtige Vorhaben verwiesen, solle er darüber 1832 1833 berichten. Wicqueforts Ratschläge zielen in dieselbe Richtung. Man erfährt, daß die Handlungen des Gesandten im Vordergrund stehen sollten, er aber auch sonstige Meldungen zu berücksichtigen habe. Neuheit, Vollständigkeit, Relevanz und Wahrscheinlichkeit können indirekt als Selektionskriterien erschlossen werden. Die normativen Vorgaben der Herrschaft waren ein klarer formuliertes Selektionskriterium. Es wurde angefordert, was man haben wollte. Beispielsweise verlangte der bayerische Geheime Rat zu wissen, was der zeit sonsten in discursen und in ander weeg zu Regensp. vorkommt.1834 Er wollte nicht nur die Fakten, sondern auch ein Bild des Meinungsklimas. Durch die Auswahl der Teilbereiche bestimmte der Empfänger die enthaltenen Informationen. Jeder zusätzliche Teil war bei einer Korrespondenz mit erhöhten Kosten verbunden. Neben Berichtteilen konnten Informationen zu bestimmten Themen ausgesucht werden.1835 Das Informationsbedürfnis der Herrschaften schwankte von Zeit zu Zeit. Der Regensburger Informationspool wurde immer dann besonders interessant, wenn man eine Information haben wollte, an die man anders nicht herankam. So beauftragte Bayern 1693 seinen Gesandten, den Allianzvertrag des Koblenzer Bündnisses zu beschaffen. Diesem gelang das nicht sofort, erst einige Wochen später sandte er die wichtigsten Punkte des Vertrags zwischen Trier, der Pfalz und Hessen-Kassel, fügte aber hinzu, es solle noch einen Geheimartikel geben, den er nicht kenne.1836 Ansbach wünschte 1712 Nachrichten von den Friedensverhandlungen in Utrecht, da es außer aller zuverläßiger correspondenz sei.1837 Metternich schrieb zurück, dafür wisse er keinen canal, alß was ich von einem hiesigen gesanten, der zimlich gute correspondenz dahin hat, etwa erlangen kan.mi Es zeigt die Bedeutung Regensburgs als Informationsknotenpunkt, wenn man sich von dort das erwartete, was man sonst nicht erhalten konnte, wenn auch aus zweiter oder dritter Hand und zeitverzögert. 1831
1832 1833 1834 1835
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1837 1838
„[...] de la Constitution de l'Etat, de ses interests, de ses pretensions, des ses desseins, de ses revenus ordinaires et extraordinaires et de son commerce [...]" L. Rousseau de Chamoy (Anm. 65) S. 34, 38f. F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 126f.; Bd. 2. S. 79. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 824-833. BHStA. KB. ÄA 3448, Reskr. vom 26. Mai 1684 (Konz.). Schwegerle z.B. bot 1691 an, er könne Communicata zur Münzkonferenz zwischen Bamberg, Bayern, Regensburg und Nürnberg schicken. StadtAA. RTA 350, Korresp. Schwegeries vom 1. Mai 1691 (Ausf.). BHStA. KB. ÄA 3477, Reskr. vom 7. Apr. 1693 (Konz.), Ber. vom 9. und 23. Apr. 1693 (jew. Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. AGR. Rescripta 1711-1714, Reskr. vom 30. Jan. 1712 (Ausf.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 208, Ber. vom 3. Febr. 1712 (Ausf.).
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Die Faktoren Zeit und Produktionsform hingen eng zusammen. Während die Frequenz der Berichte den Zeitraum vorgab, aus dem die Ereignisse und Nachrichten auszuwählen waren, setzte der Ablaufzeitpunkt der Post einen Terminus ante quem. Was bis dahin nicht eingelaufen, verarbeitet, kopiert oder fertig gedruckt war, konnte nicht berücksichtigt werden. Es war eine Art technischer Selektion, wenn eine Nachricht zu spät ankam1839 oder der Kanzlist mit der Abschrift nicht rechtzeitig fertig wurde.1840 Die Produktions- und Reproduktionsform einer Meldung spielte folglich eine Rolle, so war der Erwerb eines Drucks zwar mit Kosten verbunden, er konnte aber sofort beigelegt werden. Bei einer Abschrift war die Leistung des Schreibers zu berücksichtigen, die häufig gut beschäftigt waren.1841 Noch aufwendiger war eine Niederschrift, die in der Gesandtschaft gefertigt wurde, denn dann kamen noch weitere Arbeitsgänge hinzu, wobei neben der Arbeit des Schreibers auch die des Gesandten nötig war. Erst mußte ein Konzept erstellt und korrigiert werden, bevor es ins Reine geschrieben werden konnte, ein Arbeitsgang, der bei einer Abschrift entfiel. Die Probleme der Nachrichtenbeschaffung sind ebenfalls zu berücksichtigen. Man konnte nichts einsenden, wenn die Zahl der Drucke nicht reichte1842 oder ein Druck nicht mehr zu haben war.1843 Auch eine Zugangsbeschränkung hatte ähnliche Wirkung. Diese konnte sowohl institutionell bedingt sein, wenn sich eine Beratung oder Informationsweitergabe auf ein Kolleg oder ein Corpus beschränkte, als auch vom Informationsgeber gesetzt sein, wenn er die Nachricht nur einem ausgewählten Kreis weitergab. Damit verschlechterten sich die Chancen, davon zu erfahren. Für den Reichstag gilt allerdings, daß es sich meist um kein unüberwindliches Hindernis handelte. Die Auswahl nahmen mit den Gesandten Personen mit individuellen Loyalitäten und Beziehungsnetzen vor. Diese sind vor allem dann zu fassen, wenn sie entschieden, eine Meldung nicht weiterzugeben, obwohl sie einen Nachrichtenwert besessen hätte. Dabei wandelte sich die ansonsten eher unbewußte Selektion in eine intentionale. Das Hineinspielen von Loyalitäten in die Nachrichtenauswahl oder in deren Beurteilung kann wieder an den Konzepten des Augsburgers Thoman gezeigt werden. Die Schilderungen der Vorkommnisse im Kolleg gingen an alle. War eine Anfrage weiterzuleiten oder ein bestimmter Auftrag zu erledi1839
So sandte Holzapfel 1708 die Beilage eines Memorials, das kurz vor Postabgang diktiert wurde, nicht ein, da er sie noch nicht erhalten hatte. StadtAA. RTA 371, Ber. vom 4. Sept. 1708 (Ausf.). Wegen forteilender post unterblieb 1687 auch die Einsendung des Wiener Blattes nach Ansbach. StAN. Fm. Ansbach. RTA 176, Korresp. vom 5. Dez. 1687 (a.S.) (Ausf.). 1840 Bspw. war eine Antwort Triers an Mainz noch nicht fertig kopiert: StadtAA. RTA 354, Korresp. vom 27. Jan. 1693 (Ausf.). 1841 Thoman meinte, seiner habe arbeit und geschäfft vorhin überflüßig gnug und wenig zu feyren. StadtAA. RTA 338, Ber. vom 26. März 1686 (Ausf.). 1842 Bspw. StadtAA. RTA 386, Korresp. vom 8. Nov. 1707 (Ausf.); RTA 370, Korresp. vom 10. Jan. 1708 (Ausf.); RTA 387, Korresp. vom 24. Apr. 1708 (Ausf.). 1843 Bspw.: StadtAA. RTA 355, Korresp. vom [25. Mai 1694] (Ausf.).
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gen, so erhielt die betreffende Stadt darüber gesonderte Nachrichten. Einige Kommentare sandte Thoman dagegen nur an Augsburg. Ebenfalls dorthin gingen seine Ratschläge zum Münzwesen und die Konzepte seiner Veröffentlichungen. Die Stadt erhielt die mit Abstand meisten Nachrichten, zudem auch die vertraulicheren. An Zeitungen und nicht unmittelbar mit dem Reichstag in Verbindung stehenden Informationen erhielt sie ebenfalls mehr. So meldete er am 12. Juni 1685 zwar an alle Auftraggeber die Einschiffung der für Ungarn bestimmten Rekruten des Schwäbischen Kreises, Augsburg allein wurde noch mitgeteilt, daß er erfahren habe, es gäbe etwa 30 Deserteure, die er benannte. 1844 Da alle anderen Auftraggeber ebenfalls zum Schwäbischen Kreis gehörten, wäre das für sie von Interesse gewesen, doch Thoman verschaffte hier seinem Arbeitgeber einen Informationsvorsprung. Lindau, die Geburtsstadt Thomans, wurde über bestimmte Angelegenheiten ebenfalls etwas besser informiert. Dies betraf das Münzwesen und die Angelegenheiten des Corpus Evangelicorum, von denen Thoman dem paritätischen Augsburger Rat nichts mitteilte.1845 Dagegen wurden Kaufbeuren und Leutkirch nicht so zuvorkommend bedient. Als der Schreiber Ende August 1685 mit den Kopien des Kommissionsdekrets zum Sieg über die Türken nicht rechtzeitig fertig wurde, mußten sie sich gedulden. 1846 Klar wurde, daß Thoman genaue Vorstellungen hatte, was wen anging und was für wen interessant sein würde. Augsburg erhielt schon deshalb längere Berichte, da es auf der politischen Bühne präsenter war, doch genügt dies allein als Erklärung nicht. Thoman hatte als dort angestellter Ratskonsulent zu dieser Stadt die engsten Kontakte und ein besonderes Vertrauensverhältnis. Stark bemerkbar machten sich Loyalitäten gegenüber Augsburg. So warb Thoman in seinen Korrespondenzen um das Engagement Lindaus im Prozeß, den Augsburg, Nürnberg und Frankfurt gegen die Taxis-Post vor dem Reichshofrat angestrengt hatten. 1847 Deutlich werden Loyalitäten vor allem im Urteil. Der Brandenburger Ernst von Metternich bezeichnete 1698 gegenüber Ansbach ein Memorial des Stifts Quedlinburg als eine monstrose production, der Gesandte sei darüber öffentlich zum gelächter geworden. 1848 Weder der bayerische noch der Augsburger Berichterstatter beurteilten das Memorial, das sich gegen eigenmächtige Einquartierungen Brandenburgs wandte, auf diese Weise. Die Loyalität Met1844 1845
1846 1847 1848
StadtAA. RTA 276, Ber. vom 12. Juni 1685 (Konz.). Bspw. StadtAA. RTA 276, Ber. vom 17. Juni 1685 (Konz.), worin er die Intercession des Corpus allein an Lindau sandte mit der Bitte, niemand anderem communication davon zu thun. Die Antwort Salzburgs sandte er am 18. Sept. 1685 an Lindau und Leutkirch (StadtAA. RTA 276, Konz.). Diese erhielten 1686 auch die Klagen der Evangelischen gegen Frankreich (StadtAA. RTA 277, Ber. vom 6. Aug. 1686, (Konz.)). Den paritätischen Städten Biberach und Kaufbeuren wurden sie vorenthalten. StadtAA. RTA 276, Ber. vom 4. Sept. 1685 (Konz.). StadtAA. RTA 276, Ber. vom 18. Sept. 1685 (Konz.). StAN. Fm. Ansbach. RTA 187, Ber. vom 10. Dez. 1698 (Ausf.). Ein späteres Memorial bezeichnete er als scarteque. StAN. Fm. Ansbach. RTA 188, Ber. vom 18. März 1699 (Ausf.).
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ternichs zu Brandenburg konnte bis zur Informationsverweigerung gehen. 1694 sandte er eine gegen ein Magdeburger Votum gerichtete Schrift mit der Begründung, diese sei so nicht beschaffen, daß ich meine hochgeehrten Herren dieselbe einsenden dörffe, einfach nicht. Brandenburg habe die Verbrennung der Schrift gefordert, dem hätten jedoch Münster, Wolfenbüttel und Dänemark widersprochen.1849 Loyalität verspürten die Gesandten auch gegenüber ihrer Konfession. Da diese in der Regel mit der des Auftraggebers übereinstimmte, kam es hier kaum zu Konflikten. Greifbar wird sie wieder in den Konzepten Thomans. Was in den Berichten an Augsburg völlig fehlt, sind, wie erwähnt, Meldungen aus den konfessionellen Corpora. Das heißt nicht, daß Thoman nicht gewußt hätte, was im evangelischen Corpus vorging. Er meldete die Vorkommnisse dort seinen evangelischen Mandatsgebern und dem evangelischen Ratsteil Augsburgs. Diese erhielten auch, so weit er sie hatte, Vorkommnisse aus dem Corpus Catholicorum. Der katholische Ratsteil erhielt zu konfessionellen Fragen dagegen überhaupt keine Informationen, obwohl es ihn sicher interessiert hätte. Thoman jedoch war Protestant. Nicht zu vergessen ist, daß ein Bericht der Rechenschaftsablage diente. Der Gesandte gab nicht nur weiter, was in Regensburg vorgefallen war, sondern er stellte sich auch selbst dar. Dieser Aspekt findet bei fast allen Theoretikern Erwähnung und sie gaben entsprechende Hinweise, was berücksichtigt werden solle.1850 So war darauf zu achten, wie die Nachrichten aufgenommen werden würden. Wolf von Metternich entschuldigte sich daher 1707, weil er des öfteren die zur Zahlung ausstehenden Römermonate erwähnt hatte, mit dem Hinweis, wenn er gewußt hätte, daß man sie nicht zahlen wolle, sollte der Chur-Mainz. gesante lange genug geprediget haben, ehe ich davon hette etwas gedencken wollen.1*51 Nicht jedes Ereignis ist schon eine Nachricht. Die Berichtwürdigkeit einer Meldung hing von einer Reihe von Faktoren ab, die in ihrer Beschaffenheit begründet lagen. Eine Nachricht hatte zunächst vollständig zu sein, wozu man einige Rahmendaten verlangte. Der Ansbacher Gesandte zählte 1703 die Kriterien auf, nach denen er die Nachrichten zur Vereinigung des bayerischen und französischen Heeres analysierte: es waren dies die umbstände des orths, der zeit, der 1849
1850
1851
StAN. Fm. Ansbach. RTA 184, Ber. vom 3. Febr. 1694 (Ausf.). Der bayerische Gesandte bezeichnet die Schrift als .Remarques'. BHStA. KB. ÄA 3479, Ber. vom 2. Febr. 1694 (Ausf.). Es ist unklar, ob es sich dabei um einen Druck handelte. Nach Richter erklärten die drei Stände, daß die Schrift ihnen zwar vorteilhaft sei, aber nicht von ihnen stamme. StadtAA. RTA 355, Korresp. vom 2. Febr. 1694 (Ausf.). Machiavelli lehrte, wie der Gesandte seine Meinung vorteilhaft präsentieren solle. Vgl. G. R. Berridge (Anm. 805) S. 19. A. Wicquefort (Anm. 45) S. 824f., 829, 831f. meinte, der Gesandte solle zeigen, daß er Verstand habe und hielt einen knappen, unaffektierten Stil für wichtig. Nach F. de Callieres (Anm. 46) Bd. 1. S. 120, Bd. 2. S. 144 sollte er sich hüten, seine Person herauszustellen und mehr zu versprechen als er einhalten könne. Zudem sollte er sich um einen angemessenen Stil bemühen. StAN. Fm. Ansbach. RTA 199, Ber. vom 14. Sept. 1707 (Ausf.).
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menge, der arth und weise, wann, wo und wiem2 Metternich nutzte hier vermutlich den ,Inventionshexameter', den er im Rhetorikunterricht kennen gelernt haben dürfte.1853 Die Gesandten verfügten aufgrund ihrer Ausbildung über gewisse Maßstäbe, die angelegt werden konnten, wenn es darum ging, den Wert einer Nachricht zu beurteilen. Es wurde teilweise darauf hingewiesen, wenn eines der faktischen Kriterien nicht erfüllt war. So bemerkt der Ansbacher Gesandte zu einer sächsischen Anzeige, es fehle das Datum1854 und der Augsburger Korrespondent monierte 1696 das Fehlen einer Ortsangabe.1855 Zeitungen und Schreiben, die unvollständig oder aus irgendwelchen Gründen nur bedingt glaubwürdig waren, wurden nicht eingesandt, da es nicht werth ist, deßen zugedencken}%56 Eine Erwähnung, daß es sie gäbe, war das Äußerste. Ein für beide Seiten selbstverständliches Kriterium war die Neuheit einer Nachricht. Der Gesandte sandte das, von dem er meinte, es sei noch nicht oder nicht so detailliert bekannt. So berichtete Wolf von Metternich Nachrichten zur Kaiserwahl in Frankfurt 1711, die er privat bekommen hatte, da er nicht wußte, ob man solche erhalte.1857 Dagegen sandte er das ,Pürckische Echo, oder Widerschall' nicht, da er vermutete, es sei bereits aus Wetzlar gekommen.1858 Richter meinte, er sende die Vorstellung des kaiserlichen Gesandten in Köln nicht, da man sie aus der Kölner Korrespondenz kennen werde.1859 Ausgewählt wurde also nicht nur nach den Vorgaben, sondern auch nach dem vermuteten Bedarf. Eng mit der Neuheit verbunden war die Schnelligkeit der Nachrichtenübermittlung. So begründete der bayerische Gesandte Tattenbach 1700 die Tatsache, daß er nur aus Regensburg schreibe damit, Dinge aus anderen Orten würden euer Churfiirst: Drt: vorhin durch dero aigene ministros oder ein anderen weeg zeitlicher als von hier aus benachrichtet werdten.mo Das erklärt, warum sich in den Münchner Berichten weniger Zeitungsnachrichten finden als in denen der beiden anderen Stände. Bayern hatte von den dreien das dichteste Gesandtschaftsnetz. Nachrichten aus Wien mußten nicht über Regensburg vermittelt werden. Das Informationsbedürfnis eines Standes wurde durch die Gestalt seines sonstigen Netzes bestimmt. Informationen, die aus Orten kamen, in denen eine Gesandtschaft unterhalten wurde, fielen durch das Raster. Gab es schnellere Wege, wurden diese bevorzugt. So stellte der Ansbacher Korrespondent die Übersendung
1852
StAN. Fm. Ansbach. RTA 192, Ber. vom 9. Mai 1703 (Ausf.). Der Hexameter: ,Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando?' wird Matthieu de Vendome zugeschrieben. Vgl. B. Hinrichs (Anm. 87) S. 220. 1854 StAN. Fm. Ansbach. RTA 200, Ber. vom 4. Jan. 1708 (Ausf.). 1855 StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 13. Nov. 1696 (Ausf.). 1856 StAN. Fm. Ansbach. RTA 185, Ber. vom 30. Dez. 1696 (a.S.) (Ausf.). 1857 StAN. Fm. Ansbach. RTA 207, Ber. vom 2. Sept. 1711 (Ausf.). 1858 StAN. Fm. Ansbach. RTA 194, Ber. vom 3. Dez. 1704 (Ausf.). 1859 StadtAA. RTA 343, Korresp. Richters vom 3. Aug. 1688 (Ausf.). Ähnlich: StadtAA. RTA 362, Ber. vom 31. Okt. 1702 (Ausf.). 1860 BHStA. KB. ÄA 3489, Ber. vom 4. Nov. 1700 (Ausf.). 1853
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der Wiener Zeitung ein, als ihm bedeutet wurde, man erhielte sie über Nürnberg schneller.1861 Neben der zeitlichen Nähe des Geschehens gilt die geographische ,Nähe' als wichtiges Auswahlkriterium. Nach Thomas Schröder spielte sie für die frühen Zeitungen kaum eine Rolle, wohl aber für die Korrespondenzorte, von denen aus man für das 17. Jahrhundert nach ,Nähe' zu suchen habe. 1862 In den Berichten und Korrespondenzen war dagegen geographische Nähe in zweifacher Weise ein Faktor. Zum einen wurde aus Regensburg berichtet. Und zwar nicht nur vom Reichstag, sondern auch aus der Stadt. Dekrete des Rats, Feuer, Unwetter, Kometen und Verbrechen, die, wenn sie einen anderen Ort betrafen, meist keine Beachtung fanden, wurden berichtet. Auch die Erstürmung des Regensburg gegenüberliegenden Stadtamhofs 1704 beschrieb der Korrespondent an Augsburg in allen Einzelheiten. 1863 Zum anderen wurde die geographische Nähe zum Empfänger berücksichtigt. Der Augsburger Korrespondent Schwegerle begründete die Einsendung eines Württemberger Memorials zu einem bevorstehenden französischen Einbruch mit der am Donnerstag über München gehenden Post etwa damit, daß Württemberg ein wichtiger schwäbischer Stand sei.1864 Durch die Kreiseinteilung überschnitten sich geographische und politische Nähe. Weitere Formen der Nähe, die sich niederschlugen, waren die ständische und die konfessionelle. Dabei spielte zum einen die Einteilung in Kolleg und Corpora eine Rolle, da sie die Informationen ,vorsortierte', zum anderen gingen die Vorgaben durch die Herrschaft klar in diese Richtung. Ein wichtiges Kriterium war das der Relevanz. Sie zielt unmittelbar auf den Leser. Ein Ereignis konnte allgemeine und spezielle Relevanz besitzen. Unter allgemeiner Relevanz sind Nachrichten zu fassen, die das Reich in seiner Gesamtheit und damit auch jeden Stand betrafen. Darunter fallen Informationen zu Vorkommnissen in einem Reichskrieg, im Türkenkrieg oder der Tod des Kaisers. Eine spezielle Relevanz hatten dagegen Nachrichten, die den Stand unmittelbar betrafen. Dies trat etwa ein, wenn er ein Ansuchen gestellt hatte. In diesen Situationen lag der Schwerpunkt der Berichterstattung auf dem speziellen Anliegen. Darunter fallen aber ebenso Diskussionen in Regensburg über einen Vorfall, der den Stand betraf. So wurde Augsburg 1688 gemeldet, eine Unruhe in der Stadt, würde höcher, alß dieselbe gewesen sein mag gemacht. 1865 Diese Art der Relevanz umfaßte aber auch Handlungen, die eine Rückwirkung haben konnten. So
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1865
StAN. Fm. Ansbach. RTA 179, Korresp. vom 29. Juli 1689 (Ausf.). T. Schröder (Anm. 183) S. 106-110, 145. StadtAA. RTA 383, Korresp. vom 13. Aug. 1704 (Ausf.). StadtAA. RTA 343, Korresp. Schwegeries vom 21. Okt. 1688 (Ausf.). Aus demselben Grund sandte er auch ein Ulmer Memorial früher. StadtAA. RTA 344, Korresp. vom 11. Nov. 1688 (Ausf.). StadtAA. RTA 343, Korresp. Schwegeries vom 29. Juni 1688 (Ausf.).
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V. Information und Persuasion
war ein Bayerisches Münzverbot für Augsburg von Belang, da es zu verhindern galt, daß die schlechten Münzen nun in die Reichsstadt geschoben würden.1866 Daß ein Ereignis, dem man besondere Bedeutung zumaß, eher berichtet wurde, als eines, auf das dies nicht zutraf, muß nicht weiter erläutert werden. Bedeutung erwuchs etwa durch den Bezug zu einer europäischen Macht. Es war kein Zufall, daß Frankreich häufiger erwähnt wurde als Guastalla. Bei der Berichterstattung über den Kaiser, Ludwig XIV., Wilhelm von Oranien, die Kurfürsten, den schwedischen König Karl XII. sowie über den russischen Zaren Peter I. spielte zudem die Prominenz eine Rolle, doch darf man nicht vergessen, daß das Wohl des Staates noch sehr von dem des Regenten abhing. So waren die Schilderungen über die Befindlichkeit des spanischen Königs nicht nur Ausdruck von dessen Prominenz. Bei jeder Unpäßlichkeit wurde der Ausbruch eines Erbfolgekrieges gefürchtet. Auch Hochzeiten, über deren Anbahnung spekuliert wurde, hatten weitreichendere Bedeutung. Damit verbunden waren nicht nur Gesichtspunkte, wie die Sicherung der Dynastie oder ein prachtvolles Fest, sondern auch die Frage des politischen Verhältnisses der Dynastien, aus denen die zukünftigen Eheleute stammten.1867 Trotzdem gab es Meldungen, die sicher ausgeblieben wären, wenn nicht ein Beteiligter einen hohen Bekanntheitsgrad gehabt hätte, wie etwa ein leichter Sturz des bayerischen Kurfürsten vom Pferd 1868 oder daß der kaiserliche Hof von einem ohnbekandten betrieger ludificirt worden war.1869 Vor allem in der Überlieferung Augsburgs war auch die ökonomische Bedeutung einer Meldung ein Grund sie weiterzugeben. Des öfteren warnte der Abgesandte vor schlechten Münzen. 1685 meinte er, wegen solcher aus Leipzig und der Schweiz, solle der Kreis eingeschaltet werden, um ökonomischen Schaden zu verhindern.1870 Ein in seiner Bedeutung zurückgehender Selektionsgrund war das Omen. Während im frühen 16. Jahrhundert das Übereinstimmen mit Prognosen oder Omen noch ein Grund für die Versicherung der Wahrheit einer Information sein konnte,1871 war das Ende des 17. Jahrhunderts für keinen Gesandten mehr ein Argument. Die zunehmende Skepsis gegenüber Wahrsagung und Weltuntergangsszenarien blieb nicht wirkungslos.1872 Dennoch finden sich Beispiele für Nachrichten, die in den Bereich des Omens und des Wunders eingeordnet wur1866
StadtAA. RTA 336, Ber. vom 13. Nov. 1685 (Ausf.). Bspw. hieß es 1696 Savoyen wolle zur Sicherung des Bündnisses mit dem Kaiser eine Heirat des römischen Königs mit einer Savoyerin. StadtAA. RTA 287, Korresp. vom 31. Juli 1696 (Ausf.). 1868 StAN. Fm. Ansbach. RTA 177, Korresp. vom 5. März 1688 (a.S.) (Ausf.). 1869 StadtAA. RTA 336, Ber. vom 11. Sept. 1686 (Ausf.). 1870 StadtAA. RTA 337, Ber. vom 27. Nov. 1685 (Ausf.). 1871 Benedikt Mauer: >Gemain Geschrey< und >teglich RedenReformatorische ÖffentlichkeiK, in: Ludger Grenzmann/Karl Stackmann (Hg.): Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Stuttgart 1984 (Germanistische Symposien Berichtbände. Bd. 5). S. 41-52. Wolf, Armin: Die Entstehung des Kurfürstenkollegs 1198-1298. Idstein 1998 (Historisches Seminar. Ν F 11). Wolff, Fritz: Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum auf dem Westfälischen Friedenskongreß. Die Einführung der konfessionellen Ständeverbindungen in die Reichsverfassung, Münster 1966 (Schriftenreihe des Vereins zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V. Bd. 2). Ders.: Vorwort, in: Acta Pacis Westphalicae. Serie III. Abt. A. Protokolle. Bd. 4. Die Beratungen der katholischen Stände. Bd. 1 (1645-1647). Münster 1970. Woolf, Daniel: News, History and the Construction of the Present in Early Modern England, in: Brendan Dooley/Sabrina A. Baron (Hg.): The Politics of Information in Early Modern Europe. London, New York 2001 (Routledge Studies in cultural History. Bd. 1). S. 80-118. Wiirgler, Andreas: Unruhe und Öffentlichkeit. Städtische und ländliche Protestbewegungen im 18. Jahrhundert. Tübingen 1995 (Frühneuzeit-Forschungen. Bd. 1). Ders.: Politische Kultur in der „Provinz" zur Zeit der Aufklärung. Unruhen und Öffentlichkeiten in Süddeutschland, in: Hans Erich Bödeker/Etienne Frangois (Hg.): Aufklärung/Lumieres und Politik. Zur politischen Kultur der deutschen und französischen Aufklärung. Leipzig 1996 (Deutsch-Französische Kulturbibliothek. Bd. 5). S. 79-104.
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Register A Abgesandte (als Gruppe) 28, 88, 103, 105, 165, 253, 304, 306, 323 Abschrift 119, 129, 145, 145, 148, 174, 175, 185 , 206, 238, 324, 327,351,516 Abstimmung in circulo 107, 140 adaedes 175,175, 400 Adjoustierung 108, 141 Agent 28, 55, 99, 222, 305, 308, 312, 431 Aitzing, Michael von, Autor 62 Akten 462-468 Aktenedition 61, 63, 228, 451, 455457, 460, Kap. VI.2.2, 475, 525f., 527, 562f. Allianz, Augsburger 188, 221, 235 Allianz, Große 289, 492 Allianz, Haager 78, 160, 361 Allianz, Laxenburger 188, 288 Allport, Gordon 244 Altdorf (b. Nürnberg) 212f. Alternation 115, 115, 117, 297, 310, 544f. Altfürstliche 81, 121, Kap. IV.4.1.3, 263f, 268 Altona 434, 438,440f. Ambassadeur 28, 30f., 97 Amberg 240 amicabilis compositio 91, 91 Amsterdam 205, 221, 221, 241, 416, 497, 556 Amtsdruckschrift 53, 57f., 70, 182f., 186, 189, Kap. IV.3.3, 318f„ 398, 405, Kap. VI. 1.2, 481, 487, 517, 520, 522, 524f. - Definition 57f.
Amtssprache 105, 126 Andler, Franz Friedrich, Reichshofrat 230, 231 Anhalt 104, 257, 412,515 Anjou, Philipp von 355-357 Ansage 107, 119, 124, 375, 377, 380, 385f., 391 f. Ansagzettel 84,107 Ansbach s. Brandenburg-Ansbach Appoldt, Georg Nicolaus, Hofrat 377, 379 Approbation 73, 108, 138, 377 arcanum 48-50, 48, 50, 504-506, 528, 540 s.a. Geheimnis Archiv 53, 61, 89, 144, 196, 290f., 310, 410, 428, Kap. VI.2.1, 469, 469, 473f„ 528, 554 s.a. Gesandtschaftsarchiv, Reichsarchiv Aretin, Karl Otmar von 164 Arndt, Johannes 15, 64 Arumaeus, Dominicus, Publicist 114 Assemblee 166f. Assentierende 265 Assoziation, Heidenheimer 356 Assoziation, Nördlinger 356 Audienz 95f., 119, 158f„ 158, 242 Augsburg (Bistum) 101, 235, 390 Augsburg (Reichsstadt) 16, 53, 63, 65-68, 71, 78, 88/., 89, 105, 109, 111, 122, 129, 140, 143/, 144, 146, 146, 149, 150, 156, 159161, 172f„ 174 f., 174/, 176, 177, 182, 188-192, 194-201,203, 203/, 206f„ 209, 210, 215f., 218-226, 230, 231, 235-237, 242, 242, 250, 252f., 263, 273f„ Kap. V.l.3, Kap. V.l.4, 312, 314f„ Kap. V.2, 359, 362, 373,
Register
636 Kap.V.3.3, 396, 400, 408f, 410, 413-415, 418f., 420, 424, 431, 443, 445, 447, 450f., 452, 458f„ 463, 465-466, 480, 493, 498, 502, 506f., 510, 513, 514, 518, 520, 522, 527, 549, 553f. Augustinus 529 Axtelmeier, Stanislaus Reinhard, Autor 450,516 Β Backmeister, Heinrich, Rat 199 Baden 82 Baden-Baden, Hermann von, Prinzipalkommissar 95, 120, 503 Baden-Baden, Ludwig von, Reichsgeneralfeldmarschall 126, 143, 202, 371 Baden-Baden 265 Baden-Durlach 265, 296, 299 Baden-Hochberg 544 Baltheser von und zu Löwenfeld, Wilhelm, Dr., Österreichischer Gesandter 138 Bamberg 171, 201, 242, 257, 265, 297, 326, 384-386, 384 Basel 227, 241, 248, 544, 557 Baumanns, Markus 57 Bayern 16, 53, 67, 69, 69, 82, 86, 101, 117, 120, 122, 132, 142, 145, 147, 148, 149, 150, 152157, 159-162, 161, 168-172, 172f., 175f., 177, 180f., 185, 192, 195f, 198, 201-204, 201, 207-210, 216, 218f„ 221f„ 227, 229, 231, 235, 239-242, 243, 243f., 248-254, 249f., 253, 255, 257, 258-263, 267, 272, 275f„ 279, 297, Kap. V.l.4, Kap. V.2.1, 326, 326, 328-330, 329, 333, 339-342, 339, 341f., 345,
Kap. V.3.1, 373, 384-390, 393f., 396f., 398f„ 401 f., 419, 439, 445, 463f., 481, 486, 493, 497, 501 f., 504-506, 511, 514, 519, 521-523, 532, 544, 550f„ 553f. - Maximilian I., Kurfürst 287 - Max II. Emanuel, Kurfürst 288290, 347, 355f., 358, 363, 370, 387,402, 446, 459, 520 - Joseph Clemens s. Köln Bayreuth s. Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth Belgrad 351, 446 Bely, Lucien 18, 241, 247, 397 Bencard, Johann Melchior, Verleger 469 Bender 248,334 Beobachtung 36f., 97, 194, 242f„ 251 Berghaus, Günter 56 Bericht (Gesandte) 47, 54, 54f., 62, 68, 95, 99, 145, 147, 153f., Kap. IV. 1.5, 159, 163, 172, 188f, 195, 200, 205, 207, 210, 225, 237, 240, 252-254, 270f„ 276, 281, 287, 298, 299, 301f„ 306-309, 31 lf., 312, Kap. V.2.1 u. 2.2, 340, 344f„ 348f., 363, 398, 407, 411, 413, 418, 422, 432, 435, 460, 462-464, 467f., 498, 537f., 550f., 554 Beringersdorf 376, 379 Berlin 54, 68, 155, 195, 201, 205, 350, 408, 413, 416, 416, 435, 441,444, 488,556 Bern (Kanton) 97, 132 Berns, Jörg Jochen 490, 498 BesanQon 85, 87 Besold, Christoph 531 Bestechung 146, 231-234, 232-234, 236-238,473,513 Beziehungsaspekt 16, 35 Biberach 305, 323, 328
Register
Binder, Friedrich, Frankfurter Abgesandter 273 Bien intentionnes 256f. Bodin, Jean 29, 29, 533, 533 Boeder, Johann Heinrich, Publicist 184, 336 Böhmen 16, 82f„ 96, 168, 198, 253, 266, 276, 287, 411, 514, 523, 543 Bog, Ingomar 75 Bolgaro, Giovanni Battista Conte, Savoyer Gesandter 544 Boten(wesen) 66, 68f., 68f., 139, 152, 173, 199, 228, 239, 302, 324f„ 363,416, 4/5,511,518 Botero, Giovanni 49 Boutant, Charles 146 Bourdieu, Pierre 396 Brandenburg 29, 33, 51, 67f., 82f., 86,57, 93,93, 99, 107, 109, 118, 122, 133f„ 139, 140, 146, 148, 148, 150, 155, 162f„ 168-170, 174, 174, 184, 188, 192, 198, 203, 209, 213, 226, 229, 235, 238f., 243, 249, 251, 251, 253, 256-260, 263, 267, 273-276, 283, 296, 297, 296-300, 302, 311, 315, 320, 328, 333, 339, 348350, 353f., 358f., 364f., 367-369, 368f., 371, 376, 378f., 382, 388, 398, 409, 441, 486, 486, 492f„ 501, 502, 505f, 511, 514f., 514, 519, 535 - Friedrich I., König von Preußen 297,498 - Friedrich Wilhelm I., Kurfürst 230 Brandenburg-Ansbach 16, 53, 65, 68, 129, 129-131, 132, 134, 137, 140f., 141, 142, 143, 145, 150, 153-156, 156, 168, 169, 172, 174, 174, 178, 178, 181, 183, 191 f., 196f„ 204, 206-208, 206f„
637 210, 215-218, 221, 224, 224, 230, 239, 242, 251, 252f„ 257, 263, 268, 272f., 275, 283, Kap. V. 1.2, Kap. V.l.4, Kap. V.2.1, 325f., 328-330, 333, 337, 339f., 340-342, 344, 368, Kap. V.3.2, 389, 397-400, 402, 409, 419, 456, 458, 463-465, 492, 502, 514f„ 517,522, 553 - Georg Friedrich d. J., Markgraf 197,296,371 - Johann Friedrich, Markgraf 296 - Wilhelm Friedrich, Markgraf 296, 465 Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth 143, 197, 199, 256, 265, 268, 272f„ 281, 296-298, 297f., 300f., 368, 371, 373, 375f„ 379-381, 511,515 Braunschweig-Calenberg 86,310 Braunschweig-Celle 86, 103, 118, 178, 195, 199, 799/, 218, 257, 259, 261, 309, 373, 383, 385f., 408, 431, 451, 451, 458 Braunschweig-Grubenhagen 86,310 Braunschweig-Lüneburg/Hannover 27, 67, 70, 82, 86, 93, 115, 122, 160, 163, 168f„ 171, 174f„ 178, 187f., 191, 195f., 195, 203f., 216, 234, 246, 247, 249, 249, 257, 259-261, 264f„ 266, 271, 275f., 297f„ 312, 360, 368, 371, 373, 383, 385f„ 388f., 407, 415, 451,486,514, 545, 548, 556 - Ernst August, Kurfürst 266 Braunschweig-Wolfenbüttel 94, 101, 115, 169, 171, 172, 217, 238, 241, 261, 263-268, 281, 329, 356, 360f„ 371, 406, 457, 484, 493 - Anton Ulrich, Herzog 202, 266, 360
Register
638 Bredo, Johann Christoph von, Hofmeister 200 Brenner, Sebastian, Autor 475 Brief 37f„ 54f„ 54, 63, 65, 67-69, 67, 69f., 149, 160, 176f, 181, 187, 195, 197, 199-205, 200, 208, 221, 239-241, 248, 253, 341, 390, 394, 395, 412, 414f„ 418, 418, 421 f., 433f., 443f. Briefsteller 38f., 325 Bruckmayer, Sebastian, Verleger 71 Brüssel 289,315,414, 557 Buch/Bücher 60, 180, 194, Kap. IV.3.5, 235f., 392, 457, 484, 491, 528 Buchffihrer/-händler 64, 70f., 71, 178, 180, 209, 211, 215, 223, 229f., 400, 421, 421, 458, 520, 528 Buchhinrichtung 491 Bülow, Heinrich Wilhelm von, Diplomat 95 Burkhardt, Johannes 13, 541 Burgund 85, 105, 148, 171, 183, 187, 200, 204, 207-209, 219, 227f, 257, 357, 444
c Callieres, Francis de, Diplomat 25, 199,242, 252, 270, 326, 335 Castiglione, Baidassare 38 Chronik 60-63, 336, 428, 453, 460, 475, Kap. VI.2.3.2, 503, 526 Clapmarius, Arnold, Publicist 40, 49, 279 Cocceji, Heinrich, Publicist 102, 102 Colbert Marquis de Croissy, Charles, Minister 188, 217 Communication, Begriff 20, 172174
Communicatum, Begriff 21, 174f. Conclusum 88f„ 92, 108, 133, 140, 141, 143, 145, 163, 265, 275, 316, 437, 442, 444, 453, 472, 507 Conclusum commune 88, 106, 108 Conclusum duorum collegiorum s. Conclusum commune Conclusum trium collegiorum s. Reichsschluß Confidente/Confidentiores 160, 175, Kap. IV.4.1.2, 275, 282f. Corpus Catholicorum 81, Kap. III.3.1.3, 106, 133f„ 151, 159, 273, 321, 327, 329, 355, 362, 470, 472,512,518 Corpus Evangelicorum 81, Kap. III.3.1.3, 106, 115, 130, 133f„ 151, 159, 202, 21 lf., 251, 273, 275, 321, 328, 329-331, 341, 355, 362, 368, 411, 439, 441, 451, 470, 472, 485, 512, 513f., 518f., 521 Curiositas s. Neugier
D Dänemark 85f., 96, 105, 115, 122, 147, 149, 159, 168, 171, 172f„ 173f., 178, 185-187, 185f., 191, 195, 198, 202, 208, 213, 220, 249, 259, 261, 264f., 266, 275, 286, 329, 422, 437, 450, 471, 493, 498, 521 Dallmeier, Martin 15 Dallnsteiner, Paul, Drucker 70 Deduktion 15, 51, 57f., 129, 176, 185f„ 228, 348, 348, 376f., 400, 424, 470, 472,518, 522, 527 Deggendorf 417, 417
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Deputation 78f., 106, 108, 116f., 151, 264, 365, 495, 506, 514 s.a. Ordinarideputation Den Haag 27, 78, 148, 179, 192, 204f„ 244, 288, 306, 347, 414, 417,431,450,512, 556 Dietsch, Johann Baptist, Kanzlist/ Sekretär 239, 306, 306, 308, 316 Diktatum 55, 127, 129, 152, 299, 301, 306-308, 315-317, 320, 324, 407, 409, 467, 473, 487, 508511,516f„ 519, 527f. Diktatur 95, 107, Kap. IV.1.1, 133, 137, 173f„ 316, 320, 339, 350, 351, 364, 377-380, 382, 390, 397f., 400f., 420, 438, 440, 443, 456, 472, 477, 486, 508, 511, 516-518, 523, 527, 538 s.a. Privatdiktatur Diplomatie 17f„ 25f., 32, 227, 234, 237,270, 279, 541 Diplomatietraktat/diplomatisches Handbuch 28, 37, 39, 104, 155, 200, 217, 228, 276, 283f„ 325, 335 Dirrheim, Johann Christoph von, Dr., Augsburger Abgesandter 306,316 Dissentierende 265 Dissimulation 39f., 196, 277, 279, 279 Dörfler, Johann, Sekretär 412 Donauwörth 87, 87, 546 Dortmund 87, 133 Drechsel, Johann Gottlieb 408 Dresden 68, 201, 203, 350, 419, 557 Druck 56f., 58, 64, 71, 125, Kap. IV. 1.1.2, 132f„ 137, 139, 159, 177, 179-182, 185-188, 190, 196, 206-210, 215f., 223, 250, 301, 303, 318f. 324f„ 327, 342, 349, 352f„ 362f„ 366, 373f„ 376, 378-380, 382, 391, 394, 395,
399f„ 405, 407, 418, 420-423, 426-428, 458, 464, 466, 473, 481, 488, 493, 503, 517-525, 521, 527, 530, 547-549, 554 Drucker 64, 70f, 129, 179f., 209f., 222, 305, 305, 352, 377, 388, 391, 394, 399, 413, 418, 420f., 420, 427, 430, 431, 442, 452, 456, 458, 472, 475, 519f., 521, 527, 528 Druckprivileg 52, 64, 64, 220, 442, 451f., 457, 475f. Dürr, Wolfgang, Sekretär 293, 293 Ε Eberhard, Peter, Verleger 476 Eberlin, Johann Tobias, Kanzlist 298f„ 333, 409 Eichstätt 242, 257, 265 Elenbrecht, Johann Hellwig, Kanzlist 55, 204, 228, 248, 309, 333, 334, 408, 411, 451 Emerl, Johann, Kanzlist 293 Engelhard, Anna Kunigunda, Verlegerin 476 England 27, 31, 97f., 105, 122, 139, 139, 157, 160f., 170, 181, 185, 198, 203, 205, 209, 213, 240, 248, 271, 333, 334, 355, 361, 361, 389, 389, 391, 432f„ 434, 437, 443, 450, 471, 521 - Jacob II. 160f„ 522 Envoye 28, 122f. Envoye extraordinaire 28 Erbfolgekrieg, Pfalzischer 410, 491 f. Erbfolgekrieg, Spanischer 69, 78, 82, 139, 222, 238, 240, 243, 254, 272, 290, 387, 410, 414, 482, 485, 491 Esslingen/56, 229, 310
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640 Etherege, George, Sir, Englischer Gesandter 13, 98, 157, 161, 163165, 167, 204f„ 221, 228, 237, 257, 260, 271, 274, 498, 500, 502, 522 Exekutionsordnung 76 Exzellenz, Titel 29, 120, 120, 122, 122, 134, 158, 197
F Faber, Anton s. Leucht, Christoph Leonhard Fabricius, Georg Philipp, Weimarer Gesandter 150, 199, 200, 256, 260, 301, 312, 315, 317, 320, 409, 409, 551 Faction 255f., 255, 257, 258 s.a. Partei Felsecker, Nürnberg, Druckerei 63, 210, 413, 431 Fest/Feier 164-166, 274, 332, 351 f., 363, Kap. VI.3.1. Fezer, Magnus, Dr., Ratsschreiber 199 Flugschrift 15, 53, 56-58, 62-64, 70, 164, 177f„ 183f., 189, 194, Kap. IV.3.3, 227, 250, 318, 351, 383, 386f, 395, 397, 398f., 403f., 407, Kap. V.l.2, 487, 492f., 504, 516f„ 522, 524f. - Definition 56 Fogel, Michele 490, 496 Francus, Jacobus s. Brenner, Sebastian; Lauterbach, Conrad Frankfurt 62, 64, 68, 90, 105, 203, 205, 216, 219f., 222, 273, 275, 288, 299f„ 328, 330, 342, 383f., 410, 413-416, 429, 453, 469, 475f„ 478, 483, 488, 494, 557 Frankreich 30f., 31, 71, 85, 87, 93, 97f„ 105, 122, 127, 128, 142,
145, 148, 148, 159f„ 168, 172, 176, 185, 187, 189, 192, 205, 208, 219, 220, 222, 225, 230, 235, 241 f., 258-250, 254, 256258, 257, 260-262, 264-266, 276, 288-290, 304, 328, 329, 332, 334, 337f., 339, 342-345, 342f„ 347-357, 359, 361f., 366f, 370, 387f., 401, 410, 414, 422, 425f., 432f., 436-438, 443, 447, 450, 454f., 486, 491 f., 495f., 504, 508 510, 514, 520, 5 2 1 , 5 ^ , 5 5 8 - Ludwig XIV., König 77, 98, 128, 160, 206, 247, 289, 332, 348f., 350, 351, 355, 433 Frantz, Johann Ernst, Drucker 70 Friedberg 389f. Frischmann, Johann (Sohn), Sekretär 221 Fritsch, Ahasver, Kanzler 51, 216, 229, 232, 284, 335, 424, 530f. Fürstenberg, Wilhelm Egon von, Kardinal 202, 347-354, 403 Fürstenerius, Caesarinus s. Leibniz, Gottfried Wilhelm Fürstenrat/Fürsten 29f., 33, 53, 8183, Kap. III.3.1.2.2, 87, 90, 96, 101-103, 116-119, 121f, 131f., 140, 145f., 148, 155, 158, 163, 171, 177, 180, 194f„ 253, 257f„ 263-265, 267, 302, 317, 341, 351, 371 f., 375, 382, 385, 393, 399, 402, 423f., 438, 458, 487, 489, 505, 507, 509f„ 514f., 518f„ 537, 544, 550f. Fulda 265, 548
G Gallenstein, Benedikt von, Kölner Gesandter 315 Gallion, Hans Peter, Drucker 211
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Geheimnis/Geheimhaltung Kap. II.3, 146, 153, 175, 237f., 241, 262, 268, 275-277, 281, 299, 317, 391, 399, 418, 425, 477, Kap. VI.3.2, 508, 512-516, 515, 527, 530, 532, 534f., 540 Gentiiis, Albericus 28,104 Gerücht 15, 154, 160, 170, 198, 236f„ Kap. IV.3.7, 281, 334, 337, 338, 340, 342, 353, 361, 364, 373, 432, 436, 441, 447, 513 Gesandte 18, Kap. II.l, 39, 53, 66f., 71, 82, 86, 95-98, 99-105, 108f„ 110, 115, 117-123, Kap. IV, 291, 312, 314, 317f„ 320f., 323-327, 329f., 332, 334f., 336-339, 341, 343-346, 396f„ 398-400, 403, 408, 411, 413, 420, 422, 463, 473, 480, 486, 491, 495f., 500f., 506-510, 512f., 515, 520f„ 523, 527, 537f., 540 Gesandtenwesen, ständiges 13, 18, 26, 193,284,537 Gesandtschaftsarchiv Kap. IV.3.5, 290, 312, 353, s.a. Archiv, Reichsarchiv Geschenk 231, Kap. IV.3.6, 346, 372, 376, 390f„ 395, 398 Geschriebene Zeitung 53-55, 54, 199, 204f., 209, 310, 314f„ 331, 338, 405, 407, 409f„ 412f„ 412, 418, 431, 433, 468, 481, 521, 524,556-558 - Beschreibung: 55f. Gespräch 37, 103, 150, 150, 159161, 164, 167, 170f., 194f., 198, 206, 208, 223, 243, 250, 253f„ 274, 280, 282, 317f„ 318, 321, 325f„ 354, 359, 364f„ 365, 368370, 368, 373, 382, 387, 395, 407,422, 550
Gestrich, Andreas 14, 47, 64, 184, 244f., 427f., 475, 490, 516 Gleditsch, Johann Friedrich, Verleger 210 Godelmann, Jeremias, Esslinger Abgesandter 310 Goldene Bulle 31, 80f„ 114 Gracian y Morales, Baltasar 40, 273f., 335, 335 Gradenthaler, Lazarus, Sekretär 306, 308-310, 312f,316f., 414 Gratifikation 168, 234f., 295, 398 Graupitz, Johann Balthasar, Verleger 476 Gravel, Robert de, Französischer Plenipotentiarius 30, 441 Greilinger, Georg, Zeitungsverleger 435 Grenzscheidung/Limitenverhandlung 105, 260, 383, 436, 442 Grotius, Hugo 25, 29, 227, 231 Günther, Christoph, Drucker 210 Guillimannus, Franciscus, Autor 230 Gundling, Nikolaus Hieronymus, Publicist 230, 533 Η Habermas, Jürgen 42f., 46, 490f. Härter, Karl 15 Halden zu Trazberg, Franz Rudolf Freiherr von der, Österreichischer Gesandter 306 Hagen, Johann Martin, Verleger 71 Hagen, Moritz, Drucker 456 Hagenau 414, 558 Haller, Johannes 57, 516 Hamberger, Albrecht, Mathematiker 213 Hamburg 68, 199, 208, 215, 241, 249, 413-416, 418, 429, 431,
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642 434f., 438, 440-442, 444, 447, 483,519,556 Hanau 205, 220, 222 Hanckwitz, August, Drucker 70, 214 Hannover s. Braunschweig-Lüneburg/Hannover Hartmann, Johann Peter, Autor 530 Hartnack, Daniel, Autor 420, 475, 480, 529f., 532 Heidelberg 416, 425, 557 Heil, Quirin, Buchhändler 71 Heilbronn 417, 557 Henneberg 85, 205 Henniges, Heinrich, Brandenburger Gesandter 55, 102, 119, 119, 183, 204, 204, 223, 227-229, 231, 299, 301, 313, 315, 320, 333, 379, 408, 413, 431, 492, 521 Herford 87, 145 Herkommen 31, 31, 121, 80, 90, 106, 113, 119, 127f„ 350, 460, 538 Hessen-Darmstadt 129, 206, 264f., 371 Hessen-Kassel 67, 104, 161, 163, 169, 171, 187, 217, 257, 264f., 275,326, 371, 377 Heuß, Heinrich, Zeitungsverleger 440 Heyland, Enoch, Abgesandter 390, 394 Hilden, Verlag 219 Hildesheim 176, 265 Höchstädt 290, 370, 388, 454, 497 Höflichkeit 35, 37, 39-41, 40, 103, 113, 159, 171, 260, 271, 274, 279 Hölscher, Lucian 42 Hörnigk, Philipp Wilhelm von, Passauer Gesandter 183, 203, 208, 274, 274 Hoffmann, Carl A. 45
Hoffmann, Christian Gottfried, Autor 452, 457, 528 Hoffmann, Johann, Drucker 222 Hoffmann, Johann Georg, Drucker 70,129, 212-215, 215 Hofpost 66 Holstein-Gottorp 159, 173, 178, 186f„ 195, 208, 218, 299, 339, 416,422 Holzapfel von Herxheim und Kötz, Johann Jacob, Augsburger Abgesandter 100, 122, 150, 165, 169, 176, 201, 204, 207, 216, 230, 231, 253, 274, 306-309, 309, 312, 312, 316f., 319, 327, 388398, 389, 398, 411, 411, 466, ¥66,551 Holzemius, Peter, Kölner Gesandter 202, 225,347-350,352-354, 403 Hopfer(er), Daniel Paul, Dinkelsbühler Abgesandter 410 Hovland, Carl I. 399 Hughes, Hugh, Sekretär 98, 238, 271 I Indemnisation 78, 136, 196, 200, 236, 236, 307, 309, Kap. V.3.3.2, 396, 402, 507,513 Information, Definition 19-21 Information unter der Hand, Begriff 175f. Ingolstadt 239, 291f.,389 Instruktion s. Reskript Interloquiren 141 Introduktion 82, 85, 116, 176, 223, 234, 263, 267, 276, 297, 353, 423, 507 Italien 190, 342, 342, 345, 432, 446, 450, 471 itio in partes 91-93
643
Register
J Jena 211,213,243, 455, 471, 483 Jena, Gottfried von, Brandenburger Gesandter 104, 235, 256, 257, 298, 300f., 315 Juncker, Christian, Autor 60, 452, 534, 534 Juni, Ulrich, Mathematiker 213 Κ Kaiser 13, 27, 27, 31, 67f., 69f., 72f., 78, 80, 83, 86, 87, Kap. II.3.2, 97f„ 99, 103, 106, 108f., 119-122, 126, 130, 130, 134f., 137-139, 150, 153, 156, 161, 163, 165f, 167, 168, 172, 174f., 174, 177, 179f., 185-188, 190, 192, 196, 201 f., 211, 215, 219, 222, 227f., 239, 249f., 253f., 256-258, 258, 263, 265-267, 268, 287-290, 298, 300, 303f., 309, 330f„ 332, 341 f., 342f., 345-348, 350f., 353-361, 363-370, 372f., 374f„ 379-383, 385-391, 393, 395f., 397, 401-403, 426, 43lf., 433, 43 7f., 444, 451, 454, 457, 475, 485f., 488, 492, 493-497, 501 f., 514, 518, 527, 534, 537, 538,541 - Friedrich III. 373 - Joseph I. 82, 109, 284, 307, 345, 502 - Karl IV. 374 -Karl VI. 211,307, 345, 395 - Karl VII. 107 - Leopold I. 27, 96, 161, 289, 300, 355f., 393, 437, 502, 504, 539 Kaiserliche Kommission 70, 95f., 100, 117, 120-122, 128, 163,
203, 228, 253, 280, 348-350, 352-355, 361, 367, 376, 394, 432,444, 493,507,514, 520 Kaiserliches Kommissionsdekret 95, 106, 108, 111, 126, 131, 137, 148, 180, 185, 185, 267, 290, 316, 328, 334, 339, 350, 344, 351, 352, 361, 363, 366f., 371, 373, 376, 394, 425-427, 437, 440f., 443, 443, 452, 470-472, 474, 477, 488f., 506, 506, 509, 552, 560, 562 Kalender 24, 344f., 435, 435, 439, 456 Kalenderreform 16, 211-214 Kandier, Johann, Kanzlist 293-296 Kant, Immanuel 43 Kanzleisprache 38f. Kanzlist s. Legationskanzlist Kapferer, Jean-Noel 244 Kaschuba, Wolfgang 46 Kaufbeuren 306, 308, 319, 321, 323, 328, 328, 431 Kehl, Reichsfestung 76, 478, 511, 557 Keller, Michael, Mathematiker 214 Kempten 265, 306, 390, 393, 513, 545 Klausel, Rijswijker 16, 98, 151, 159, 173, 344, 355 , 362, 439, 441, 512,524 Klosterbauer, Hans Georg, Dr., Ratskonsulent 199, 304 Klugheitslehre 36, 36, 40, 50, 271, 335 Knichen, Rudolph Gottfried, Publicist 227 Köhler, Hans-Joachim 57 Kolb, Johann Jacob, Dr., Ratskonsulent 309 Köln (Kurfürstentum) 82, 139, 145, 148, 162, 169, 177, 180, 187, 195, 198, 201, 202, 222, 225,
Register
644 235, 243, 256f., 258f., 265, 267, 276, 279, 290, 290, 315, 330, Kap. V.3.1.1, 342, 356, 359-361, 359, 400, 402f., 481, 486, 500 - Joseph Clemens, Kurfürst 347354 - Max Heinrich, Kurfürst 346 Köln (Stadt) 62, 205, 219, 222, 413417,432, 444, 557 Körber, Esther-Beate 19, 46, 323 Kolporteur 175, 178, 429 Kommunikation, Definition 20-22 Konkommissar 95, 120f., 162f., 166, 169, 183, 191, 194, 202, 210, 219, 308,356-357, 501, 514, 521 Konstantinopel 190,411 Konstanz 136, 147, 199, 201, 304, 388, 392 Kopenhagen 27, 185, 220, 416, 521, 556 Koppmayer, Jacob, Drucker 63, 220, 451 f. Korrelation s. Re- und Korrelation Korrespondenz 54, 191, Kap. IV.3.2, 209, 241, 294, 298f, 301, 306, 307-313, Kap. V.2.1, 325f„ 328, 330f., 342, Kap. VI. 1.1, 428, 431-434, 436-440, 442f., 446, 451, 467f., 473, 481, 487f., 490, 497f., 506, 509, 519, 521, 524, 539, 552 - Beschreibung 54f. Korrespondierende 121, 183, 195, 202, 239, Kap. IV.4.1.3, 272, 275, 282f., 297, 316, 441, 478, 512, 514f. Koselleck, Reinhard 42f. Kroniger, Verleger 230 Kuhn, Johann Michael, Drucker 456 Kunczik, Michael 397 Kupferstich 178, 231, 236, 392, 395, 477, 483, 503 Kuriatstimme 84, 88
Kurfürstenrat/Kurfürsten 31, 53, 80f„ Kap. III.3.1.2.1, 84, 86f., 93,96, 98, 102f„ 113f„ 117-122, 127, 131, 134, 143-146, 161f., 169f., 171f., 180, 196, 234f., 242, 253f„ 256f„ 264, 266f„ 283, 289f„ 299, 332, 345, 347, 349f., 352-354, 358, 362, 366, 370, 375, 385, 387f„ 392f„ 400, 423, 487, 505f., 509, 513f„ 537, 543, 550f. Kurfürstentag 83 Kurier 68f., 69, 126, 139, 161, 181, 191, 240-244, 242, 334, 342, 348, 352, 362, 369, 446 Kurverein 83, 263
L Labrosse, Claude 247 Labrousse, Ernest 17 Laelius von Lilienfelt, Johann Hellwig, Kanzlist 241, 294, 410 Laichinger, Virgilius, Kanzlist 293 Lamberg, Franz Anton Graf von 180, 544 Lamberg, Johann Philipp Graf von, Bischof von Passau, Prinzipalkommissar 95, 104, 118, 120, 169, 180f„ 273, 275, 354, 386, 494f., 494, 503 Lamberg, Leopold Joseph Graf von, Österreichischer Gesandter 104, 104, 117f., 118, 133, 201, 203, 249, 274f. Landau 389, 416, 557 Landshut 67, 291, 293 Lang, Johann Baptist, Drucker 70 Lange, Gottfried, Hofrat 454 Lasswell, Harold D. 20 Latomus, Verlag 475
645
Register
Lauber, Christoph Jacob, Dr., Ratskonsulent 201, 310 Lauterbach, Conrad, Autor 475 Lauterburg, Johann Jakob Albrecht von, Gesandter d. Deutschen Ordens 273 Lechhausen 393-395 Leibniz, Gottfried Wilhelm 33, 33, 75,120f, 178, 230, 461 Leipzig 59, 62f„ 150, 203, 210, 213, 216, 332, 386, 410, 416, 420, 427, 428f., 434, 444, 454, 455, 4701, 473f„ 471, 473, 477f., 483, 526, 528 Legationskanzlist 96, 100, 105, 107, 125, 126, 127-129, 151f„ 171, 177, 225, 234, 239, 241, 291, 293f., 298, 301, 306f„ 309, 312f., 314, 327, 368, 407f„ 408, 451,451, 507-510 Legationssekretär 100, 108, 117, 126, 175, 224, 291, 293f„ 293, 299-301, 306, 306, 314, 501f. s.a. Sekretär Legitimation (diplomatische) 117f., 133, 159, 225, 256, 279, 293, 302f., 349, 352f., 360, 507f„ 508 Leucht, Christoph Leonhard, Autor 455f., 455, 469f„ 474 Leuchtenberg 86, 116, 180, 294, 344,515,544 Leutkirch 305, 308, 323, 328, 328 Leyden 221f„ 221, 241 Limnaeus, Johannes, Publicist 228, 228, 231 Limitenverhandlung s. Grenzscheidung Lindau 68, 305, 323, 328, 328, 416 Lisola, Franz Paul von, Diplomat 183 Lobkowitz, Ferdinand August Fürst von, Prinzipalkommissar 95, 120, 162, 166, 169f.
Lochner, Drucker 219 Löwenstein-Wertheim, Maximilian Karl, Fürst von, Prinzipalkommissar 95 London 205, 340, 544 Londorp, Michael Kaspar, Pseudonym 228, 231, 453, 468-471, 469, 563 Lorentz, Johann, Zeitungsverleger 442 Lothringen 175, 178, 508 Ludewig, Johann Peter 53, 55, 237, 314, 409, 418, 452, 469, 516, 530f. Ludolf, Hiob 214 Ludolf, Georg Melchior, Publicist 223, 508 Lünig, Johann Christian, Publicist 32, 113, 160, 468-474, 469, 471f., 526, 527f., 562f. Lüttich 347, 350, 426, 544 Luhmann, Niklas 15 Lukian 340, 340 Μ Maastricht 434, 557 Mabillon, Jean 473 Machiavelli, Niccolö 49, 158, 228, 255, 329, 396 Magdeburg 109, 117, 141, 163, 222, 227, 329, 379, 385, 416, 493, 510,556 Mailand 338, 342, 558 Mainz 15, 67, 82f., 88, 92, 94, 97, 99-101, 107f., 116f., 118f„ 121f„ Kap. IV.1.1, 138f., 144f., 144, 146, 156f., 161-163, 169, 177, 179f., 187, 190, 204, 209, 216, 220-225, 234, 234f., 242, 249, 250, 253, 256f., 257f„ 259, 261, 283, 284f., 305, 316, 327, 329,
646 341, 345, 349f„ 352f„ 357, 359361, 364, 368f„ 371f., 374-380, 388-395, 397f., 400, 416, 447, 461, 452, 485, 505, 509-512, 514f., 517-519, 520 Mair, Daniel, Dr., Ratskonsulent 201 Manifest 57, 150, 179, 184f„ 184f., 216, 336, 352, 357, 357, 360, 365, 368, 370, 401, 425-427, 480f„ 518 Mannheim 416, 557 Mannheim, Ernst 46 Mantua 180, 210, 357 Marchtal, Nikolaus Abt von 199 Marci, Johann, Dr., Ratskonsulent 201 Marlborough, John Churchill, Duke of 85, 458, 507,545 Marperger, Paul Jakob, Autor 409, 412, 531,534 Maschenbauer, Andreas, Verleger 220, 220, 451,451 Matrikel 72, 77, 80, 80, 229, 231, 393, 395 Mauerberger, Franz Anton, Sekretär 293, 293, 295 May, Franz Matthias, Dr., Konkommissar 96 Mayr, Johann Andre, Kanzlist 293 Mayr, Marx von, Geheimer Rat 103 Mecklenburg 174, 176, 344, 408, 425, 477, 548, 556 Medium, Definition 22f. Mehrheit/Mehrheitsprinzip 93, 108110, 140-142, 145f., 264f, 347, 401 Memmingen 144, 290, 362, 393, 523 Memorial 58, 89, 92, 97, 106, 127135, 137, 179, 184, 191, 207, 212, 221, 237, 250, 316, 328, 331, 331, 347, 351f. 354, 359,
Register
362, 374, 375-381, 388, 391-398, 400f., 428, 439, 441, 452, 458, 470, 472, 477f., 481, 511, 516519, 527, 552, 560-563 - Definition 134f. Merian, Verlag 483 Meßrelation 60-63, 271, 284, 453, 460, Kap. VI.2.3.1, 483, 487489, 494, 503, 525-527 - Beschreibung 62f. Metternich, Ernst von, Brandenburger Gesandter 110, 148, 152, 153, 156, 170, 177, 181, 196f„ 200, 230, 243, 246, 253, 273, 276, 282, 299-302, 311, 315-317, 328-330, 334, 343f„ 371-374, 493,514,516, 551 Metternich, Wolf von, Ansbacher Gesandter 101, 104, 183, 218, 228, 238f., 248, 268, 272f., 281283, 300-302, 311, 316f„ 326, 329f., 334, 372, 374, 376-281, 502,512, 551 Meyer, Johann, Mathematiker 212, 214 Meyer, Martin, Autor 469 Mindelheim 85, 393, 545 Minzel, Gottfried, Drucker 214, 214 Moderation 77, 136, 136, 145, 263, 268f., 303, 393-395 Monita 108, 108, 126, 169, 268, 385,387,510 Moos, Peter von 44 Mortaigne, Moses de, Niederländischer Gesandter 98 Moser, Johann Jacob, Publicist 162, 262 Mühlhausen 87 Müller, Johann Joachim, Autor 469, 469f., 474 München 67, 204, 215, 290f., 293f., 295, 330f., 340, 342, 347, 349,
647
Register
352, 358, 362, 443, 446f., 463, 482 Münster 115, 131, 142f., 146, 168, 171, 174, 180, 218, 220, 220, 231, 235, 242, 256, 264f., 268, 329, 334, 344, 359, 359, 365, 369,377,513,522, 544 Miinsteraner Erbmänner 131, 132, 135, 141, 146, 228,344 Münzwesen 74, 145, 150, 153, 161, 174, 177, 197, 203, 206, 215, 227, 253, 305, 328, Kap. V.3.3.1, 398, 402f., 424, 437 Mugnet, Frangois, Drucker 211 Ν Nachdruck 64, 129, 179, 210, 212, 352, 391, 428, 428, 505, 518f. Namur 149, 181,293,338 Nassau-Siegen 156,175 negotia remissa 13, 72, 106 Neuburg 339, 366, 396, 486 Neuburg, Ludwig Ernst, Korrespondent 309 Neue Zeitung 57, 63, 180f., 209, 216,318, 322, 443,447, 481 Neugier/Curiositas 182, 206, 529531 Neuhäusel 191f., 194, 337 Neuhaus auf Greifenfels und Ehrnhaus, Ferdinand Maria Franz Freiherr von, Bayerischer Gesandter 154, 169f, 194, 197, 201, 215, 227, 237, 240, 254, 275, 290-293, 295, 311, 318, 348-354, 550 Neumann, Heinz-Georg 434 Neunte Kur 16, 82, 127, 175, 237, 242, 247, 249, 255, 264f„ 272, 315, 344, 355, 423f., 493, 495,
511, 514f., 524f. s.a. Korrespondierende Neusönner, Geheimer Sekretär 200, 387 Neuveforge, Johann Heinrich de la, Burgundischer Gesandter 167, 357f. Neuveforge, Louis de la, Burgundischer Gesandter 183, 207 Niederlande/Holland 97f., 122, 139, 139, 157, 161, 163, 165, 167, 170, 174, 185, 198, 203, 210, 213, 213, 217f., 221, 243, 248, 334, 342, 343, 351, 355, 361, 389, 389, 391, 413, 415, 417, 432f., 433, 450f., 471, 480, 485, 502, 504, 511, 520 Niederlande, Spanische 218, 289, 355f., 358, 521 Nimwegen 31,87 Notifikation 123, 171, 178, 184, 191,279,317,321,348 Nürnberg 63, 65-68, 105, 122, 130f., 144, 165, 173f., 177, 182, 190, 196f., 199, 201-203, 205, 207, 210, 219, 221-223, 230, 273, 296, 297, 302f„ 306f., 312f., 318, 326, 328, 331, 344, Kap. V.3.2.2, 383-385, 396f., 400, 403, 407-410, 413-417, 429, 431, 447, 453, 455, 474, 510, 514, 516,518, 555, 557 Ο Obsignierung 225, 225 Öffentlichkeit 14f, 23, 27, 42, Kap. II. 3, 56, 112, 184, 189, 245,323, 350, 397, 441, 490f., 496f., 501, 518-520, 535, 539f. Öffentlichkeitsarbeit 189, Kap. V.3.4
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648 Öffentlichkeitskreis 23,44, Ali., 52, 397 s.a. Teilöffentlichkeit Oelhafen, Georg Tobias, Nürnberger Abgesandter 105 Ofen 191,334, 558 Oranien, Wilhelm III., Prinz von, 160f„ 181, 244, 334, 334, 420, 459, 492f., 502, 520, 522 Ordinarideputation 116f. d'Orville, Johann Joachim, Hessischer Gesandter 104 Österreich 33, 67, 85f„ 96, 101, 103f„ 103f., 109, 117f., 121, 131, 138, 140, 142, 148, 149, 150, 154f„ 156, 171, 175f„ 175, 183, 196, 201, 203, 207, 239, 243, 248f., 249f., 253, 257f., 258, 260-262, 271, 273-276, 292, 306, 340, 342, 354-356, 358, 365f., 368, 372, 386, 388, 393, 394, 401, 403, 414, 426, 432, 444, 454, 480, 486, 489, 509f„ 514 Öxel, Johann Jacob, Postmeister 431 Osnabrück 115, 306, 545 Otten, Iganz Anton Freiherr von, Mainzer Gesandter 99, 104, 132, 235, 272f., 273, 295, 365, 390f., 394,398, 408 Ρ Paar, Grafen von s. Hofpost Pachner von Eggenstorff, Johann Joseph, Reichstagsgesandter 463, 469 Pader von Paderskirchen, Johann Peter Freiherr, Österreichischer Gesandter 96, 514
Paris 27, 188, 200, 204f„ 211, 216, 222f„ 245, 342, 439, 518, 521, 522, 558 Partei/Parthey 107, 174, Kap. IV.4.1.2, 269, 273, 275, 283, 321, 324, 349, 357, 359, 359, 370, 403, 403, 420, 486, 505, 541 Passau 95, 120, 165, 177, 183, 203, 208, 236, 250, 274, 333, 391393, 522 Pappenheim, Graf von, Reichserbmarschall 84, 495 s.a. Reichserbmarschall Papst 172, 221, 262, 341, 347-351, 351, 353f., 454 Pasquier, Estienne 534 Peetz, Johann Conrad, Drucker 70 Pension 234, 235, 393,410 (Kur)Pfalz 82, 85f„ 93, 110, 117, 130f., 151, 162, 169, 180f„ 188, 191, 205, 208, 235f., 251, 256f., 257, 264f„ 267, 289, 326, 340, 346-350, 360, 371, 373, 392, 425, 432, 437-439,451,518 Peucer, Tobias 340, 530-532 Pfalz-Lautern 86, 117 Pfalz-Neuburg 86, 188, 256, 264 Pfalz-Sulzbach 412, 417, 519 Pfalz-Veldenz 85,128,130, 519 Pfalz-Zweibrücken 78, 86, 256 Philippsburg, Reichsfestung 76, 478, 511 Piper von Löwencron, Detlev Niclas, Dänischer Gesandter 202, 258, 275 Plenipotentiarius 28, 97, 105, 122, 187 Plettenberg, Dietrich Heinrich von, Münsteraner Gesandter 231, 235, 256, 359, 365 Plotho, Ludwig Otto, Edler von, Geheimer Rat 379
649
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Pötting, Sebastian von, Bischof von Passau, Prinzipalkommissar 95, 131,138, 333, 494, 495 Pohl, Hans 19 Polen 139, 197, 248, 341f., 444, 450, 484, 487, 577,518 Poltawa 248 Posch, Kanzlist 307, 316 Post 15, 55, 63, 65-70, 74, 149, 152f., 177f„ 186, 195, 199, 205, 219, 239, 272, 302, 308, 310, 324f., 327, 327, 331, 338, 353, 356, 363, 367, 408, 412-418, 421, 426, 429, 437, 442, 446, 491,521 s.a. Thum und Taxis Post, landesherrliche 66f., 69, 416 Postman, Leo 244 Postskript 153f., 154, 161, 190, 239, 301,316, 325,462 Posttag 66, 147, 412, 445, 488 Präeminenz 82, 102, 117, 263f., 258 Prag 66f., 334 Prasch, Johann Ludwig, Regensburger Abgesandter 183, 230f. Presbeuta, Justinus s. Henniges, Heinrich Prielmayer, Corbinian von, Kabinettssekretär 200 Prinzipalkommissar 94-96, 100f., 106, 108, 109, 115-118, 120f„ 13 lf., 131, 137f., 159, 161, 162, 165-170, 166, 172, 181, 182, 202, 225, 239, 242f„ 250, 257, 258, 264f„ 271, 333, 341, 349, 352f., 357, 360, 362-366, 372, 391-394, 438, 446, 458, 481, 493-497, 497, 501, 503, 505, 514f, 520 Prinzipalkommission s. Kaiserliche Kommission Privatdiktatur Kap. IV. 1.1.4, 512
Propaganda 51, 56, 178, 189, 206, 397,443, 490 Proposition 72, 106f., 125, 137, 140, 143, 148, 180, 196, 210, 221, 354, 360f„ 391 f., 447, 509, 513, 517 Pross, Harry 22 Protest 93, 94, 115, 132, 148, 175, 189, 198, 221, 263, 263, 267, 348f., 352, 364, 438, 458, 491493,505,518, 521,520/ Protokoll 55, 93, 108f., 115, Kap. IV.1.3, 148f„ 151 f., 172, 172, 196f„ 226, 237, 293, 299, 301, 315f„ 315, 320, 324, 354, 400, 435, 467, 470, 487, 507-509, 507/, 516, 527 Protokollist 100, 144, 149, 293, 507, 509 Prüll, Karthause 257, 523 Pütter, Johann Stephan, Publicist 472 Pufendorf, Esaias, Dänischer Gesandter 159,235 Pufendorf, Samuel, Publicist 230 punctus securitatis publicae 72, 76, 140, 148, 262, 383, 477
R Rafetseder, Hermann 491 Raith, Johann Aegidius, Drucker 70 Ramming, Konrad, Kanzlist 312, 408f., 408, 451 Rang 29f., 31f., 33, 41, 85f., 95, 100, 102, 107, Kap. II.5, 140142, 158f„ 165f., 171, 174, 197, 253, 312, 373, 490, 495, 501f, 541 Rastatt 290
650 Rathaus 66, 147, 149f„ 160, 160, 162f., 171, 175, 185, 191, 198, 249f., 361,400, 410, 466, 502 Ratifikation 141, 367, 369, 393f., 433, 44If. Raumer, Friedrich Gottlieb von, Anhaltiner Gesandter 104 Recommendation 136, 142, 379, 400,518,522 Regensburg, Reichsstadt 144, 139, 254, 263f., 326, 375, 532 Regensburger Stillstand 16, 98, 234, 262, 298, 383, 436, 442, 445, 446 Registratur 225, 294, 460, 462-464, 475 Reichardt, Johann Nikolaus, Kabinettssekretär 200, 363 Reichsabschied 125, 263, 474, 517 Reichsabschied, Jüngster 116, 135 Reichsacht 72, 82, 180, 267, 290, 357,546 Reichsarchiv 224 Reichsdiktator 125, 398 Reichserbmarschall 84, 100, 107, 125,140, 225,234,308, 495 Reichserzkanzler 250 s.a. Mainz Reichserzmarschall 84, 162f., 482 Reichsgutachten 73, 76, 76, 78, 90, 90, 95, 709/, 118, 138, 155, 188, 236, 316, 375-377, 381f., 387, 390, 392f„ 409, 423, 437, 441, 452, 470-472, 474, 477f„ 481, 489,548, 552, 560-563 Reichshofrat 74, 90, 145, 156, 177, 177, 186, 228, 246, 290, 328, 3441 374f.; 378-381, 396, 402, 476,528 Reichskammergericht 72, 74, 77, 90, 109, 127, 132, 135, 207, 219, 222, 226, 249, 374f„ 378, 380, 428, 452, 469, 477f., 481, 483, 483, 487, 546
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Reichskreis 72, 74, 76-78, 80, 80, 136, 136, 138f., 156, 174, 205, 262, 310, 356, 364, 382, 401, 441,470, 483,486, 488f. - Bayerischer 132, 157, 288, 357, 382 - Burgundischer 359 - Fränkischer 76, 135, 161, 192, 196f„ 202, 256, 262f., 297, 339, 360, 362, 366, 368, 371, 382, 385,516 - Oberrheinischer 262 - Niedersächsischer 195 - Schwäbischer 76, 89, 89, 129, 192, 195, 198f„ 201f., 235, 262f., 304, 307, 309, 328, 33 lf., 362, 366, 373, 382, 384f„ 389f., 391-395,480,513,516 Reichskriegserklärung 16, 78, 78, 163, 241, 342, 356, 361-363, 363, 371, 401, 414, 446, 478f., 491f., 507 Reichskriegsverfassung 76, 97, 263, 298, 371 Reichsmerkantilismus 75, 75 Reichsschreiben 78, 138f., 139, 228, 425f., 487, 510f., 518 Reichsschluß 79, 108f., 138, 140, 150, 266, 316, 361-369, 375, 393, 395, 425, 428, 452f„ 455, 470,472, 511, 552, 560, 562 Reichsstädterat/Reichsstädte 53, 83, Kap. III.3.1.2.3, 93, 106, 108, 122, 144, 165, 169, 223, 253, 257, 264, 303, 311, 375, 379, 383, 385, 387, 399, 402, 487, 507, 509, 537, 546, 550f. Reichsstandschafit Kap. II.3.1.1, 86f., 468 Reichstagsöffentlichkeit 14, 47, 516, 540 Reichstagsdirektorium 83 s.a. Mainz
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Rekurs (an den Reichstag) 73, 109, 177,177, 377 Relation s. Bericht Remuneration 234, 236 Repgen, Konrad 185, 47If. Reprotest 148, 350, 438 Resident 28, 55, 97, 123, 177, 181, 253,407, 431,502 Reskript (auch Instruktion) 53, 66, 94, 107, 110, 127, 137, 141f. 146f., Kap. IV. 1.5, 160f„ 167, 174, 191, 200, 224f„ 227, 238, 256, 259, 262f., 272, 276, 298, 312, 315, 320, 353f., 358, 361, 376f„ 386, 389, 433, 444, 465, 513,515, 539 Re- und Korrelation 106, 108, 110, 116, 147, 375, 507 Reuthuber, Christoff, Sekretär 30If., 502 Reyher, Samuel, Mathematiker 213f. Rhetorik 21, 36-40, 243, 271, 330, 336f., 533 Richter, Georg Sigmund, Dr., Nürnberger Abgesandter 136, 146, 197, 201, 203, 203, 219, 226, 253, 306-308, 310, 310f., 312, 315-318, 318, 320, 329, 330, 410,413, 508, 514, 551 Rijswijk 31, 77, 93, 97, 137, 156, 159f„ 265f., 306, 441, 478 s.a. Klausel, Rijswijker Rittberg 109, 377 Rohr, Julius Bernhard von, Autor 41, 166, 242,280 Rom 175,205, 261f.,413f. Rousseau de Chamoy, Louis, Französischer Plenipotentiarius 30, 97, 127, 159f., 168, 170, 172f., 183, 206, 217, 220, 237, 239, 266, 275, 279, 325, 355, 358360, 439, 454, 517f.
Rueprecht, Johann, Kanzlist 295 Runge, Christoph, Zeitungsverleger 441 f. Rußland/Moskau 172, 202, 248, 342, 471, 450 - Peter I., Zar 332
S Saavedra Fajardo, Diego, Don 40, 279 (Kur)Sachsen 67, 82, 84f„ 92f, 133, 150, 150, 162, 168f„ 171, 178f„ 185, 185, 187, 190, 195, 201, 203, 208, 210, 212, 226, 237, 246, 247, 249, 252, 259f., 262, 273, 276, 279, 281, 333, 335, 348-350, 352f„ 359, 364, 368f„ 382, 385, 415, 438, 447, 486, 512,515, 520, 521,532 Sachsen-Altenburg 257, 265 Sachsen-Coburg 115, 257, 415, 557 Sachsen-Gotha 115, 171, 202, 249, 257, 265, 268, 275, 281, 356, 361,369,577 Sachsen-Lauenburg 85, 116, 168, 175, 178, 185,209,438 Sachsen-Weimar 115, 260, 275, 299, 312, 315, 339, 372, 388, 408, 474 Sachsen-Weißenfels 341, 515 Salter, Gerhard 245 Salfeld, David, Zeitungsverleger 442 Salzburg 67f„ 85, 101, 146, 147, 163, 194, 257, 265, 267, 288, 328, 341, 342, 364, 391, 429, 514 Sauer zum Schreyerhof, (Franz) Lorenz Freiherr von, Passauer Gesandter 273
652 Sauer zum Schreyerhof, Johann Adam, Dr., Würzburger Gesandter 273 Savoyen 27, 32, 78, 78, 332, 357, 501, 544 - Eugen, Prinz, Hofkriegsratspräsident 290 Schäffer, Johann Philipp, Esslinger Abgesandter 235 Scheffer, Johann Kaspar, Dr., Mainzer Gesandter 177, 235, 257 Schenk von Castell, Marquard, Bischof v. Eichstätt, Prinzipalkommissar 95, 165,166, 503 Schenk von Geyern, Graf von 410, 410 Scherer, Johann von, Dr., Österreichischer Gesandter 138 Schindling, Anton 13f., 33, 86 Schlechte, Monika 112 Schmettau, Wolfgang von, Brandenburger Gesandter 257, 299f., 315 Schmidmühlen 296, 373 Schneider, Daniel, Autor 483-485, 483, 489, 508 Schönbeck, Karl von, Brandenburger Gesandter 104, 298, 298, 315 Schönberg, Christian Ludwig von, Gothaer Gesandter 275 Schönwetter, Johann Baptist, Verleger 469,475, 528 Schongau 393 Schott, Anton, Sächsischer Gesandter 273 Schreiben 134, 395, 400f. Schreiber 75, 126, 149, 238, 301, 306, 306, 307f., 312, 323, 325, 327f„ 412f., 416f., 455 , 473, 508, 516f. Schröder, Thomas 331, 405, 435 Schulz, Winfried 322 Schulze, Winfried 46
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Schumann, Jutta 397 Schwabach 456, 458 Schwabeck 393 Schwäbisch Hall 68 Schwarzburg-Rudolstadt 175, 300 Schweden 31, 85f„ 96, 105, 131, 147, 148, 160f„ 163, 171, 172, 173, 176, 179, 185, 187f., 192, 196f„ 202f., 207, 213, 217, 219, 226, 240, 247, 248, 255, 256, 257, 259f., 261, 264, 267, 275, 281, 318, 334, 341, 341, 343, 389, 432, 450, 471, 486, 520, 519, 548, 556 - Karl XII, König 248, 332, 521 Schwegerle, Johann, Kanzler 163, 174, 253, 308, 316f„ 320, 326, 331,431, 551 Schweiz 78, 137, 139, 139, 213, 213, 228, 248, 332, 340, 413416, 425f, 432, 437, 450, 510, 511, 522 Secretum 50, 506, 510f, 514 Seefried, Georg Christian, Rat 200 Seidel, Johann Zacharias, Buchhändler 71, 180, 223,230 Seilern, Johann Friedrich von, Konkommissar 96, 103, 162, 167, 183, 202, 219, 356f, 357, 359, 363, 370, 393 Sekretär 53, 96, 98, 100, 105, 105, 118, 144f, 149, 153, 171, 176f„ 198, 221, 232, 236-241, 258f., 271, 293-295, 298f, 301, 306, 312f, 314, 315f, 333, 363f„ 368, 389, 407f, 408, 412, 431, 435, 466, 501f, 502, 507-510, 514 s.a. Legationssekretär Senckenberg, Heinrich Christian, Publicist 73, 473 Session 115f., 144, 438,544 Serlin, Verlag 219, 483
653
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Seyfert, Johann Caspar, Archivar 468 Shannon, Claude Ε. 19 Shibutani, T. 244 Simulation 39, 277, 279 Sinold gen. von Schütz, Philipp Balthasar, Autor 453 Snoilsky, Georg Friedrich von, Schwedischer Gesandter 148f. Solms-Laubach, Friedrich Ernst Graf von, Reichskammergerichtspräsident 483, 487 Souveränität 18, 29-31, 29f., 33, 79, 537 Spanheim, Friedrich von, Niederländischer Gesandter 98, 122, 271,275 Spanien 85, 96, 160, 187, 220, 247, 289, 332, 344f, 355, 358, 432f, 450, 486, 521 - Karl II., König 247, 355 Speyer 74, 89, 144, 160, 163, 268, 292,318,416, 546f. Spion/Spionage 25, 26, 26, 194, 231,236, 239-241,368,410 Sprachen 104f., 105, 127, 210, 339, 421,450 Stadtamhof 70, 295, 331, 370 Städtetag 86, 86, 89, 144 St. Gallen 68, 344 St. Emmeram, Regensburg 101, 163, 194, 253, 306, 320, 495f., 497, 520, 521 Steindecker, Johann, Verleger 475 Stetten, Johannes von, Ratsherr 466 Stieff, Christian, Autor 454 Stieler, Kaspar, Autor 18, 38, 48, 50, 54, 55, 60, 151, 173, 218, 232, 232, 245f., 255, 325, 325, 335, 338/., 340, 343, 407, 431, 430/, 432, 435, 484, 511, 530-534, 532 Stieve, Gottfried 113
Stollberg-Rilinger, Barbara 16, 32, 114,541 Straßburg (Bistum) 85, 347f. Straßburg (Stadt) 87, 205, 217, 221, 340, 347f„ 392, 414-417, 414, 558 Straub, Johann Lucas, Zeitungsverleger 445 Straub, Lucas, Zeitungsverleger 445 Strauch, Bernhard, Korrespondent 177 Strauß, Joseph Adam, Kanzlist 308f., 312, 316f. Strophe 115 Sturm, August, Drucker 63 Sturm, Johann Christoph, Mathematiker 213 stylus comitialis 106, 126 stylus curiae 38 stylus imperii 117 Sulzer, Wolfgang Jacob, Registrator 467 Τ Tattenbach, Ferdinand Joseph Maria Graf zu Rheinstein und 103, 153, 167f„ 170, 192, 200, 215, 227, 229, 254, 273-276, 283, 292, 311,330, 334, 358, 550 Te Deum 348, 351, 490, 496f., 496 Teilöffentlichkeit 23, 45, 47, 46, 52, 397, 516 s.a. Öffentlichkeitskreis Textor, Johann Georg, Schreiber 307,312 Thoman von Hagelstein, David, Dr., Augsburger Abgesandter 110, 150, 186, 198f., 202, 206, 219, 224-229, 231, 253, 253, 261, 305f„ 305, 308, 310, 312, 316f„ 318, 323, 327-329, 327, 333,
Register
654 339, Kap. V.3.3.1, 398, 402, 424, 432, 431, 466, 513, 520, 551 Thomasius, Christian 280, 457, 492 Thücelius, Cassandrus s. Leucht, Christoph Leonhard Thum und Taxis 66-70, 328, 415f. s.a. Post Tiedius, Joachim, Mathematiker 213f. Tirol 207, 340, 368 Titulatur 38f., 38, 121, 126, 132, 135,135, 341,400 Toggenburg 91, 97, 132, 344 Trarbach 172, 557 Treffen am dritten Ort 158, 162 Trier 82, 127, 162, 169, 202, 208, 231, 235f„ 243, 247, 256f„ 258, 259, 265, 276, 276, 326, 327, 338, 342, 353, 358, 371, 388f., 392, 394 Trinkhgelt, Joseph, Kanzlist 294f., 294 Türken 46, 77, 106, 137, 138, 145, 149, 165, 172, 185, 191, 217, 250, 288f., 328, 331, 432, 436, 437, 442-444, 492 Turin 338, 342 U Ulm 89, 89, 104, 122, 144, 198, 205, 229, 249, 290, 293, 304, 331, 345, 361 f., 387, 393, 396, 415, 557 Umbscheiden, Johann Adam, Trierer Gesandter 231 Umfrage 85, 107, 114f., 140, 546 Ungarn 121, 201, 289, 328, 436, 441,443 Ungelter von Deisenhausen, Johann Ludwig Freiherr von, Kölner Gesandter 150, 276, 402
Urbich, Johann Christoph Freiherr von, Russischer Gesandter 97 Utrecht 78, 172, 221f., 246, 300, 326 V Valkenier, Petrus, Niederländischer Gesandter 98, 157, 161, 177, 181, 183,203,240, 431 Vec, Milos 534 Venedig 204,415 Verden 86, 548 Verein 83f., 263-265, 321 Verjus Comte de Crecy, Louis, Französischer Plenipotentiarius 69, 97, 105, 172, 177, 183, 188, 219, 231, 235, 237, 243, 242, 256, 257, 261, 276, 300, 308, 339, 347, 352, 403, 425, 444 Verlaßnahme 107 Verrechtlichung 13, 90 Vertrauen 26, 69, 96, 100, 161, 175f., 191, 201, 238, 259-261, 274, 276, Kap. IV.4.3, 328, 339, 354, 362, 370, 402, 431, 512, 515,538,541 Virilstimme 84 Visite 28, 95, 118f., 122f., 158-164, 170, 252,318, 321,388,515 Vogel, Jakob 244 Von der Mühlen, Johann, Speyrer Abgesandter 160, 160, 165, 309, 318 Vorpommern 86, 544 Votum informativum 148
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Register
W Wämpl, Johann von, Dr., Bayerischer Gesandter 254, 291, 295, 550 Wämpl, Johann Rudolph von, Dr., Bayerischer Gesandter 177, 199, 201, 231, 253, 254, 260, 291, 295, 347, 550 Wagenseil, Johann Christoph, Autor 37,274 Wahlkapitulation 13, 70, 72, 81f., 107, 129, 155, 169, 172, 180, 209, 211, 216, 264, 267f„ 282, 455,505, 518f. Waldeck 85, 145, 263, 265, 545, 548 Walder, Daniel, Drucker 451 Wambold von Umstadt, Christoph Freiherr, Geheimer Rat 379 Weaver, Warren E. 19 Weigel, Erhard, Mathematiker 211213 Weise, Christian 336, 338, 340, 484, 529, 531, 533f. Wendler, Johann Christoph, Regensburger Abgesandter 410 Werthern, Georg Wilhelm von, Sächsischer Gesandter 104, 246, 276 Wertingen 389, 393f. Westfälischer Frieden 13, 29-31, 72f., 72, 77, 79, 82f., 86, 90, 91f, 94, 98, 103, 106, 113, 116, 127, 229, 266, 287, 350, 353, 506, 545 Wetzlar 74, 330, 380f. Whitworth, Charles, Englischer Gesandter 98 Wicquefort, Abraham de, Diplomat 25, 227, 231,326
Widmann, Paul Lorenz, Sekretär 455 Wien 65-68, 96, 108, 120, 169, 172, 177, 189f., 196, 200, 202-205, 207, 210, 216, 218, 222, 229, 248-250, 266, 276, 288f., 300, 304, 307, 318, 326, 330f„ 333, 340f„ 343, 355, 359, 361, 366, 369, 372, 381, 388, 390, 393f„ 395, 398, 408, 410f., 413f., 424, 427, 429, 432, 441, 443, 444, 495, 498, 528, 557 Wiering, Thomas von, Zeitungsverleger 438,483 Windischgrätz, Ernst Friedrich Graf von, Österreichischer Gesandter 96, 243 Windischgrätz, Gottlieb Graf von, Prinzipalmitrepräsentant 95, 117, 131, 131, 138, 161, 165, 179, 200, 204, 240, 260f„ 274f„ 276, 300, 348, 350, 408, 498, 502 Winterfeld, Friedrich Wilhelm von, Autor 113 Winterling, Aloys 500 Wittenberg 214 Woelker, Georg Karl, Dr., Nürnberger Abgesandter 376, 378f. Wohlfeil, Rainer 46 Wohlintentionierte 258, 261f., 260, 363 Worms 127, 546 Würgler, Andreas 47, 245 Württemberg 67, 135, 147, 168, 198f., 227, 231, 236, 264f„ 268, 284, 304, 331, 360, 365, 365, 371, 372, 388f., 392f„ 395, 406, 415, 458, 461, 480f., 489, 507 Würzburg 101, 132, 171, 242, 257, 371,437
Register
656 Ζ Zech, Johann David, Dr., Ulmer Abgesandter 104 Zeiller, Martin, Autor 232, 274, 469, 469 Zeitschrift 15, 45, 60f., 60f. 63f., Kap. IV.3.4, 294, 339, 405, 422, 424, Kap. VI. 1.4, 470-472, 475, 481 f., 494, 503f., 525-529, 533f„ 560 - Beschreibung 60f. Zeitung 54, 58-61, 63f. 70, 148, 189, 209, Kap. IV.3.4, 244, 248, 256, 310, 319, 320-322, 325, 330f, 334f„ 336, 340, 339, 342, 343, 345, 349, 405f„ 418f„ 422, 428, Kap. VI. 1.3, 448, 452, 455, 458, 464, 475, 481, 487f., 494, 496f., 498, 503, 508, 510, 525-527, 530, 532-534 - Definition 58f. - als Nachricht 152, 318, 321f„ 328, 330, 349, 468 Zeitungsdebatte 529-531 Zeitungs-Sucht 529f.
Zeller, Freiherr von Leibersdorf, Franz Ferdinand, Kölner Gesandter 308, 360f., 482 Zensur 52, 179f., 217, 223, 397, 412, 447, 451, 453, 457, 474, 491,510, 520, 527,527 Zeremonialwissenschaft 113, 534 Zeremoniell, Zermonial- 16, 18, 28, 32f., 37, 41, 78, 84f„ 95, 97, 100-105, 107, Kap. II.5, 119, 134, 137f„ 140, 154, 158-160, 162, 164, 166f., 169-171, 178, 184, 194f„ 225, 228, 242, 252, 258, 263f., 270-273, 355, 438, 490, 493-495, 503, 506, 514, 534, 537, 541 Zindt auf Angelberg und Kentzingen, Kaspar Marquard Freiherr von, Bayerischer Gesandter 101, 104, 154, 200, 225 , 225, 240, 253f., 272, 276, 283f„ 292-295, 308, 358-370, 365, 403, 482, 550 Zschakwitz, Johann Ehrenfried, Autor 528 Zürich 97, 132, 205, 221f., 406 Zwantzig, Zacharias, Autor 113